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Full text of "Onomatisches wörterbuch"

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— — oo ve N 





Harvard College Library 





FROM THE LIBRARY OF 
GEORGE ADAM SCHMITT 
OF BOSTON 


Instructor in German in Harvard University 
1856-1863 


Captain in the zoth Mass. Vols. 
1861-1863 


8. Dec. ı, 1837 
d. Sept. 21, 1898 





Received Sept. 15, 1899 














Dnomaliſches Wörterbud), 
mu 
Beitrag zu einem auf die Sprache 
klaffifchen Schrifeller 
gegründeten 


Wörterbuch der nenhochdentihen Sprache, 


von 


Joſeph 
* ——— chen —— m. zu Rang tm Aa — 
— Sa Yin Yrenbenn —— und des ende! SE: den 
fine: Übefondere bie alte Erzdioceſe Köln 


Zweite Ausgabe. 


Wiesbaden, 
Berlag von Chr. Limba 


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sa 7 a tern — — Runge 5 —— = —— | ee) ee A * — Ka CM 


8252.41.%. 


sy Harvard Colleg: Librazy 
Sept. 10, 1898 
Frun: tie’ Library of 
Geor;e Adam Scamfft. 


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Vorwort. 


„Die Onomatik ſetzt die Geſetze der Wortbildung voraus, 
veſchãftigt ſich nicht mit der Betrachtung dieſer Geſetze, ſon— 
dern mit der Anwendung derſelben auf die in der Sprache 
vorhandenen Wurzeln, Stämme, Ableitungen und Zuſammen— 
fegungen, Summa, auf den ganzen Wortſchatz. Die deutfche 
Onomatik weiſt erjtens die Wurzeln der beutfchen Sprache 
nad; und gibt ihre Bedeutungen an. Sie zählt zweitens alle 
die Stämme auf, welche durch Ab- nnd Inlaut aus den vor: 
bandenen Wurzeln erwachſen find, und gibt wieder ihre Be- 
Deutungen an. Sie zählt damı drittens alle die Ableitungen 
anf, welche durch Vor- und Naclaut von den Stämmen her- 
kommen, und gibt endlich die vorhandenen Zıfammenfegungen 
an. Die Onomatik begnügt ſich aber nicht damit, daß fie 
den ganzen Wortfchag, fnftematifch geordnet, verzeichnet und 
von jedem Worte bie verfchiedenen Bebentungen (nrfprüng: 
liche, weitere, metaphorifche) angibt; fie gibt auch die finn- 
verwandten Wörter (Synonymen) au und zeigt, in wiefern 
Diefefben einestheils übereinftimmen, anderntheils fich unter- 
ſcheiden.“ 

So erklärt Dr. Mager die Aufgabe der Onomatif *) 
md fügt dann bei: „Weder geben wir alle Wörter der 


*) Deutſches Sprachbuch, Anfänge der Grammatif, Onomatik und 
Sprahfunf, von Dr. Mager Stuttgart 1842. 8. ©. 177 f. 





IV 


deutfchen Sprache, noch fügen wir den mitgetheilten Wörtern 
Erläuterungen bei, indem wir diefe dem mündlichen Unterricht 
überlaflen.” Uber gerade bei dem mündlidhen Unter- 
richt treten mancherlei Schwierigkeiten ein, wie jeder Lehrer 
finden kann, der es verfucht, die an fich reiche Sanımlung 
von Dr. Mager, wenn auch nur theilweife, mit Schülern 
durchzunehmen, umd dies um jo mehr, als außer den „Er- 
läuterungen” auch die „Synonymen“ fehlen. Dadurch veran- 
laßt, äußerten mir einige wadere Lehrer an höheren Schul- 
anftalten (Gymnaſien und Schullehrerfeminarien), die den Un- 
terriht in der deutfchen Sprache gerne fo fruchtbringend als 
möglid) machen möchten, den Wunſch, ich möchte e8 verjuchen, 
die Lücke auszufüllen, welche Dr. Mager in diefer Hinficht 
abfichtlih in feinem Buche gelafjen. Überzeugt, daß durch 
ein tüchtiges Betreiben der Onomatik, wie Dr. Mager deren 
Aufgabe geftellt, das Verſtändniß unferer Mutterfprache ge- 
fördert, das Hineinbliden in die Werkftätte des deutſchen 
Sprachgeiſtes erleichtert und damit die Liebe zu Thuiskons 
Sprade, der es „ein Spiel ift, den Gedanken, die Em- 
pfindung, treffend und mit Kraft, mit Wendungen der Kühn- 
heit, zu jagen“ (Klopftod), allgemeiner werden könnte, war 
ich gerne bereit, zur Ausfüllung jener Lücke, mein befcheides 
nes Scherflein beizutragen. — Daß ich bei der Ausarbeitung 
die Werke von Grimm, Graff, Shmeller, Wader- 
nagel, Ziemann, Diefenbad, Stieler, Adelung, 
Campe, Heinfius, Schmitthbenner, Schwend, 
Heyfe, Weyh, Weigand u. 4. fleißig gebraucht habe, 
wird der Lefer auch ohne meine Verficherung bald erjehen. 
Den größten Werth meines Buches, das dem Sprad- 
forfcher wie dem Laien, dem Lehrer wie dem Schüler, jedem 


V 


— — — — 


Frennde' der deutſchen Sprache willkommen und nicht ganz 
ohne Nugen fein möchte, glaube ich darin fehen zu dürfen, 
daß es die einzelnen Wortbildungen nach Bedentung und Form 
durch zahlreiche Beiſpiele aus unfern Elaffifchen Schriftſtellern 
zu erhärten fucht. Die Sprache der Klaffiler muß die Grund- 
fage aller Lerifalifchen Werke bilden. Dies gilt für unjere 
Zeit um fo mehr, als duch die Schriftfteller unferer zweiten 
klaſſiſchen Periode (18—19. Jahrhundert) die neuhochdeutſche 
Sprache eine Ausbildung gewonnen hat, wie man fie am An- 
fang des 18. Jahrhunderts nicht erwarten konnte. Daß 
übrigens nicht zu jedem Worte (namentlich zu den zahlreichen 
Zufammenfegungen), nicht zu jeder Bedeutung und gramma— 
tiihen Fügung eines Wortes Beiſpiele gegeben find, wirb ber 
nachfichtige Leſer entfchuldigen. Die angeführten Formen der 
früheren Sprache dienen zur Erläuterung, da manches Wort 
in der jegigen Geftalt ohne NRüdfiht auf die frühere unver: 
ftändlich bleiben würde, 3. B. bequem verglichen mit To m- 
men. Auch zur allmählichen Berbefferung und Feftftellung un- 
ferer unficheren und vielfach fehlerhaften Orthographie dürfte 
das Hinweifen auf die frühere Form des Wortes dienen. 
Daß hier und da aud auf die Volksſprache Rüdficht genom- 
men ift, bedarf wol feiner Entfchuldigung. 

Die Anordnung des Ganzen beruht auf den Formen des 
Ablautes mit Beachtung des auf den Wurzelvofal folgenden 
Konfonanten, und folgt im Allgemeinen der von Dr. Mager 
gegebenen Reihenfolge. Doch glaubte ich im Befonderen von 
feiner Anordnung abweichen, auch manches von ihm angeführte 
Wort (wie meiftens, nicht immer, die fubftantivifch gebrauch— 
ten Imfinitive und die eine Handlung oder einen Zuftand aus- 
drüdenden weiblichen Bildungen auf — ung) auslafjen zu 








VI 


— — —a— Hm — — — 


dürfen. An der Hand unſerer Klaſſiker iſt es mir dagegen 
gelungen, viele von Dr. Mager abſichtlich oder nuabſichtlich 
übergangene, auch in unfern beften Wörterbüchern zur Zeit 
noch fehlende Wörter anführen zu können. Die Beifpiele 
jelbft find in der Schreibweife der Verfaſſer (aus den Origi- 
nalausgaben) augeführt, wenn ich diefelbe auch nicht überall 
billigen Tann. Die Anführungen aus Shakeſpeare find aus 
der meifterhaften Schlegel-Tiedifchen Überfegung. Ein am 
Ende beigegebenes Verzeichniß der angeführten und größ- 
tentheils erklärten Wortformen wird zeigen, daß ich, ohne den 
Borwurf der Unbeſcheidenheit fürchten zu müſſen, mein Bud, 
das zunächſt nur die ftarfen Verba (deren Ablaut als die 
weſentlichſte, Tebendigfte Kraft der deutfchen Sprache erfcheint) 
mit den dazu gehörigen Bildiingen und Synonymen behandelt, 
anch einen, und zwar ziemlich reichen „Beitrag zu einem auf 
die Sprache der klaſſiſchen Schriftfteller gegründeten Wörter- 
buch der neuhochdeutſchen Sprache“ nennen darf. 
Gerne hätte ich noch eine gedrängte Einleitung über die fo- 
genannten Vor- und Nachfylben nah Form und Bedeu— 
tung beigegeben, aber der Raum wollte dies nicht geftatten. 
Ich verweife darum, neben dem Einzelnen, was hier und da 
gegeben ift, 3. B. bar, lich, fam u. U., den nachlichtigen 
Lejer auf meine „Grammatik der neuhochdeutfchen Sprade“, 
1. Xheil, 2. Abtheilung. 


J. Kehrein. 








N 1 i 
v u u 
: e | a (eu 50) | 1a 18 





| a: 0 v o 0 


Bei diefer Tabelle gibt e8, wie bei der folgenden, mande Ab⸗ 
weichungen. Man vergleiche inzwifchen: gr. ayoos, Tat. ager, goth. 
akrs, ahd. achar und ahhar, mhd. acker und aker, nhd. Ader, 
agf. äcer, altn. akr. — Tat. is, goth. is, ahd. ir (Er), mhd. ör 
(im pl. ir), uhd. er (pl. ihr), agf. he, (gen. his, pl. hi), altn. hann 
(gen. hans, ohne pl.); Tat. piscis |. 3. Tab. und daf. Yo, — goth, 
sunus, ahd. sunu, mhd. sum, nhd. Sohn, agf. sunu, altn. sunr. — 
gr. 3£, lat. sex, goth. saihs, ahd., mhd. sähs, nhd. ſechs, agf. six, altn. 
sex; goth. hafrda, ahd. hörta, md. hört, nhd. Herd, agf. heord, altn. 
hiörd. — lat. cornu, goth. hatirn, ahd. mhd. nhd. agf. altn. horn. 

1 





2 


2 Verhältniß der langen Vocale und Doppellaute. 


Mittel: | Pteu: 
® “ l d. ® 
Griech Goth a thoch —æE Angelf. Altnord 











































7 — & a (0) — „| 4 
0,01 6,ä 0 u Ö 0 
o jae,oe,ü| äi 6 ei| e,ei | Al) |ei(e) 
ov dau, o, uſ äu d, ou o, | eä 
— 
sv iu, i io | iu, ie | eu, ie — io, y 








Vgl. gr. mw, lat. mensis, goth. m&na, ahd. mäno, mhd. 
mäne, älter nhd. man, nun Mond, agf. möna, altn. mäne. — 
geazwp etc. f. bei der 3. Tabelle. — gr. xolvos, Tat. communis, 
goth. gamäins, ahd. gimeini, mhd. gemeine, nhd. gemein, agſ. 
gemzne, altn. gemen; goth. sväit, ahd. sueiz, inhd. sweiz, nhd. 
Schweiß, agf. svät, altn. sveiti; lat. unus, goth. äins, ahd. ein, 
mhd. ein, nhd. ein, agf. An, altn. einn. — gr. ovs, lat. auris, 
goth. Ausd, ahd. ôra, mhd. Ore, nhd. Ohr, agf. eäre, (altn. aur?); 
ahd. kouch, mhd. gouch, nhd. Gauch, agſ. geäc, altn. gaukr. — 
gr. Alvor, lat. linum, goth. lein, ahd. lin, mhd. lin, nhd. Leim, 
agſ. lin, altn. Hin; gr. zgeis, Tat. tres, goth. threis, ahd. dri, inhd. 
dri, nhd. drei, agf. thri, altn. thri; goth. hveits, ahd. huiz, mhd. 
wiz, nhd. weiß, agf. hvit, altn. hvitr. — gr. xevw, (lat. gutta), 
goth. giuta, ahd. kiuzu, mhd. giuze, nhd. gieße, agſ. geöto, altn. gyt. 


Anm. Dem agſ. u. altn. y gebührt ein Circumfler; diefes Zeichen i eben 
nicht vorrätbig. 


3 
3. Berhältniß ber Eonfonanten. 












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d, t 
(dh, th) d | bd,t |th,dh |th, dh 








e(g) |uc(g) 


Die hier aufgeftellte Tabelle erleidet allerdings manche Abs 
beifungen, doch wird ihre Richtigkeit im Allgemeinen durch folgende 
4* 





4 


Beifpiele beftätigt: gr. xarraßıs, Tat. canmabis, (got. fehlt), ah. 
hanaf, mhd. hancf, nhd. Hanf, agf. hanp, altn. hanpr; goth. diups, 
ahd. Hof, mh. tief, nhd. tief, agſ. dEop, altn. diupr. — gr. raw, 
lat. pecus, goth. faibu, ahd. vihu, mhd. vihe, nhd. Vieh, agf. 
löch, altn. fe. — gr. goarop, lat. frater, guth. bröthar, ahd. 
pruoder, mhd. bruoder, nhd. Bruder, agf. brödhar, altn. brödhir- 
— gr. dalxsıs, Tat. dicere, goth. teihan, ahd. zeigöon, mhd. zeigen, 
nhd. zeigen; guth. häitan, ahd. heizan, mhd. heizen, nhb. heißen, 
agf. hätan, altn. heita. — gr. ne (lat. fera), goth. dius, ahd. 
tior, mhd. tier, nhd. Thier, agf. döor, altn. dyr. — gr. zeivew, 
lat. tendere, goth. thanjan, ahd. denen und ihenan, mhd. denen, 
nhd. dehnen; gr. «v, lat. tu, goth, thu, ahd. dü, mhd. dä, nhd. 
du, agf. thd, altn. thö (f. auch goazae.) — gr. &ya, Iat. ego, 
goth. ik, ahd. ih, mhd. ich, nhd. ih, agf. ic, altn. ẽk; goth. 
liugan, ahd. liukan, mhd. liegen, nhd. Tügen ftatt liegen, agſ. 
feogan, altı. liuga. — gr. xamaßıs, ſ. oben. — gr. yögros, lat, 
hortus, goth. gards, ahd. karto, mhd. garte, nhd. Garten, agf. 
seard, altn. gardr. — gr. oyl&ew, lat. scindere, goth. skäidan, 
ahd. skeidan, mhd. scheiden, nhd. ſcheiden, agſ. sceadan; lat. 
piscis, goth. fisks, ahd. visc, mhd. visch, nhd. Fiſch, agſ. fisc, 
altn. fiskr. — gr. (dom = id ſage), lat. verbum, goth. vaurd, ahd. 
wort, mhd. wort, nhd. Wort, agf. vord, altn. ordh (für ord); 
Iat. vermis, goth. vaurms, ahb. wurm und worm, uhd. wurm, 
nhd. Wurm, agf. vyrm und vorm, altı. ormr. (Bergl. unten nod) 
hehlen, gebären, brechen, gähren, weben, wiegen, flechten.) 


5 


Ber, empfehlen. 
(Wurzel fal, fil, falh, filh, fanffr. val.) 


Befehle, befahl, befohlen, befehlen (ahd. pivilihu, pi- 
valah, pivalähumeds, pivolohaner, pive&lahan u. piv&lehen; mh. 
bevilhe, bevalch, bevulhen, bevolhen, bevolen u. bevoln, be- 
völhen u. bevelchen; von goth. filhan, ahd. velahan, altn. fela, 
ſanſtr. val — bedecken, begraben) bedeutet eigentlich übergeben und hat 
mit fehlen (ſ. dasſ.) nichts gemein. Aus dem Begriff des Ueber⸗ 
gebens entwidelt fi die Bedeutung Jemanden unfere Willensinei- 
nung übergeben, und daraus etwas Fund geben, was. ein Anderer 
thun oder unterlaffen fol. — Gott befohlen, Brüder! Schiller, 
die Schlacht. In meiner Königin jelbfteigne Hand befahl fie mir 
den Brief zu übergeben. Schiller, Maria Stuart, 2, 4. Verhaf—⸗ 
ten wollt’ ich ihn, wie du befahlſt. Schiller, Tell. 3, 3. 

Gebieten (ahd. gapiutan, mid. gebieten) wird nur von ber Willensers 
flärung eines Höheren, felbft des höchſten Weſens und von der Nothwendigkeit 
gefagt. Heißen (ahd. heizan, mb). heizen) zunächft zu etwas mündlich ans 
zegen, Jemanden mündlich fagen, was er fhun fol. Vorſchreiben (von 
abt. furigascriban, von ahd. scriban, scripan, mhb. schriben = fchreiben 
von lat. scribere, pracscribere) Regeln des Berhaltens geben (zunächit 
ſchriftlich); etwas fund geben, damit man ſich in feinem Thun und Laſſen dar⸗ 
nach richten fol. VBerorbnen (mhb. orden, ordenen, von lat. ordinare) 
Richtſchnur für die Handlung geben, eigentlich machen, daß. die Handlungen 
einer gewiſſen Orbnung folgen. — Verachteſt tu fo deinen Kaiſer Tell, und 
mich, der hier an, feiner Statt gebietet? Schiller, Tell 3, 3. Heiß mid 
nicht reden, heiß mid, ſchweigen. Göthe, Mignon. Kein Kaifer bat dem. 
Herzen vorzufchreiben. Schiller, Wallenfteing Tod 2, 7. Berurpnet iſt 
im englifhen Geſetz, daß jever Angeflagte durch Geſchworne von Seines⸗ 
gleichen full gerichtet werben. Schiller, Marla Stuart 1, 7. 

Empfehlen (mbb. enphälhen, enpfelen, empfeln) in Jemando 
Geneigtheit bittend übergeben, Jemands gute Meinung für ſich in 
Anſpruch nehmen; weggehen und. beim Weggehen fi eines An- 
dern Gunft übergeben. — Ih fheute mich, gleich mit den erſten 
Worten, und dringend ihm den Süngling zu empfehlen. Göthe, 
Taffo 3, 1. Er empfiehlt fih Ihnen tauſendmal. C. 5. Weiße 
die Poeten n. d. M. 1, 3. Herr Oraf! Erlaubt mir, daß ich mic 
empfehle. Schiller, Piccolomini 4, 3. . 

Greifen (mhd. prisen von franz. priser; vergleiche Tat. protium) alle 
gemein das Genehmſein wovon vorſtellig machen. Anpreiſen drückt zugleich 
aus, daß man das Geprieſene an den Andern zu Bringen, ihn für baffelbe zu 
gewinnen ſuche. — Gottlob! daß ih fingen und preifen fann, zu fingen 
and preifen den bravm Mann. Bürger, 2. v. br. M. Dagegen wollte fie 








6 


dem Propheten Samuel nicht vie mindeſte Aufmerfjamfeit fchenfen, wenn ihr 
gleich Wilhelm das Bruſtſchildchen anpries. Gothe, Meiſters Lehrjahre 1, 3. 
Anbefehlen und anempfehlen if das verftärfte be- und em- 
pfehlen. — Er (der Burgvogt) hab’ ihr anbefohlen, ihm ein 
Bad zu rüften. Schiller, Tell 1, 1. Uns ward Liskow fehr früh als 
> vorzüglicher Satyrifer ... gepriefen und anempfohlen. Göthe, 
eben. 7.2. 
Befehl (mhd. bevälch), Empfehl, — befehleriſch, Be⸗ 
ehlshaber, Befehlsweiſe, Befehlbuch (Schiller, Wallenſteins Lager 11.); 
its⸗, Landes-, Raths⸗, Regierungsbefehl; Empfehlungsbrief, — 
ſchreiben; empfehlenswerth, — würdig. — Ich, ſein Chef, gab ihm 
Befehl, ausdrücklichen, nicht von dem Platz zu weichen. Schiller, 
Piccolomini 2,7. Beförderung geht euch nach Empfehl und Gunſt. 
Shakſpeare, Othello 1,1. Jago warb ſchon befehligt was zu 
thun. Daſ. 2, 3. 

Gebot, Geheiß, Vorſchrift, Verordnung ergeben ſich aus den Zeit⸗ 
wörtern bei befehlen. — Satzung (mhd. satzunge von setzen und dieſes 
von sitzen, ahd. sizan, goth., agſ. sitan, altn. sitia — ſitzen, ahd. sazjan, 
sezjan, goth. satjan, agſ. stetan, settan, altn. setja — ſeten; vergleiche lat. 
sedere, sidere, gt. ilsır, ELedIaı) was geſetzt, feſt eingerichtet iſt, damit 
man fih darnach richte Geſetz (ahd. geser, mhb. gesetze, gesetzede) 
Aufftellung von Gebot und Regel, wornach fih das Allgemeine, alfo nicht bloß 
ein Ginzelnes, nothwendig richten oder beſtimmen muß. — Ge ift ein Gebot 
Du fol den Namen deines Herrgotts nicht eitel ausframen. Schiller, Wal: 
lenſteins Lager 7. Auf mein Geheig entfernte fi die Fürftin Eboli. Schil⸗ 
ler, Don Karlos 1, 6. In meine Borfchrift if des beſondern Falles 
nicht gedacht. Daf. 1, 8. Ter nen erwählte König kann mehr als das, fann 
die Berorbnungen bes Abgefchledenen durch das Feu'r vertilgen. Daf. 1, 
5. Nicht durch eitelen Zank um Geheimnig ober um Saßung nahen wir 
Gott. Voß, Luife 2, 194. 


Hehlen. 


(Wurzel bal, hil, fanffr. hul — bedecken; vgi. lat. cel-are, oc-cul-ere, 
occultare — verbergen, verheimlidhen, gr. xaA-unrew — verbergen, 
x.enzren — fehlen, verhehlen.) 


ehle, hehlte (früher hahl), gebeblt, hehlen; gebräuchlicher 
verheble, verhehlte (früher verhahi), verhohlen, ee, 
verbeblen (ahd. hilu, hal, hälumds, holandr, hölan; mhb. hil, 
hal, hälen, geholn, heln; auch ah. v(f)Jarhelan, mhd. verhöln) 
eigentlich (jedoch wenig gebräuchlich) in einen hohlen Raum ver- 
fhjließen, etwas mit einer Hülle verfehen und fo den Augen ver- 








7 





bergen; dann auf eine pflichtwidrige Weiſe etwas geheim a 
der Wahrnehmung entziehen, daß es nicht zur Deffentlichfeit kommt. 
— Wer bürgt ung dafür, daß wir nicht Opfer ver Befchlüffe find, 
die man vor uns zu hehlen nöthig adtet? Schiller, Wallenfteing 
To 1, 5. Daß Sie fo treulos, fo hämiſch mir bis auf Diefen 
Augenblid die Gefahr verhehlen dürfen, die meiner Liebe droht. 
Leſſing, Emilie Galotti 1, 6, Jetzt werft die Hülle der verichwieg- 
nen Nacht von euch, die euren ſtillen Zug verhehlte. Schiller, 
Jungfrau von Orleans 2, 4. 

Bergen (ahd. perakan, bergan, mhb. börgen, agf. bẽorgan, altn. 
biarga; vergleiche ge. yapyrvu, Ypayırı ich berge, ſchließe ein) in Si: 
cherheit bringen oder crhalten; davon dann ver Wahrnehmung entziehen. Vers 
beryen (ab. farbörgan, farpirkan, mihd. verbergen) drückt diefen Begriff 
deutlicher und nachbrüdlicher, aber audy allgemeiner aus. Berfchweigen 
(ahd. versatgen, farsulgdn, nıhb. verswigen, von ahd. sulgen, mh. swigen, 
agſ. svigan, svigjan — fihmeigen) etwas durch Schweigen verbergen, d. 1. 
darch Worte nicht befaunt machen; dann übechaupt nicht befannt- machen, es 
mag fein, anf welche Welfe es wolle. Verheimlichen (abgeleitet von heim» 
lich, uhd. heimlich = zum Haufe (heima) gehörig, beimlichen — zum 
Hnfenthalt nehmen, vann- in fih bewahren) etwas heimlich (in Ruhe und Si⸗ 
cherheit vor allem unangenehm Störenven) halten und fo verbergen. — Vers 
halten Enhd. virhalden und ahd. haltan, halden — halten, bewahren) be 
dentet mit Kraftanwendung machen, baß etwas, was von da, wo es iſt, hers 
ansfrebt, zurückbleibt und nicht ausfommt; dann im Befonderen machen, daß 
etwas im Bewußtfein zurüdgehalten ift und vor dem Andern unbefannt bleibt. 
Hinterkalten etwas, was dem Andern zur Kenntniß -fommen follte ober 
fann, feiner Kenntniß entziehen, nur damit es nicht zu feiner Renntniß komme. 
Berduckeln, befier vertucdeln (aus ahd. fartuchalan — überſchütten und 
verbergen, wol von tiahan, tühan == tauchen) mit Sorgfalt etwas geheim 
halten, damit nichts davon befannt wird. Bertuſchen (mhd. vertüschen) 
das Kundwerben untervräden, Siehe noch verſtechen. — Hier wo wir ge⸗ 
borgen vor Stürmer md Sorgen des Lebens uns freu'n. Gotter. Er if 
gerettet doch und wohl geborgen? Schiller, Tell 1, 4. Den Mörver gebt 
herans, den ihr verborgen. Des Wegs Fam er, umfonft verhehlt ihr ihn, 

- Schiller, Tel 1,1. Daß ich das verſchweigen foll, der Seligkeit fo viel 
in dieſe Bruſt vermauern foll, it ſchrecklich. Schiller, Don Karlus 2, 4. Nun 
ja! Ich dent’, Ihr fürchtet feinen Vater, weil Ihr's vor dem, vor feinem Bas 
ter, mein’ ich, fo fehr verheimlicht. Schiller, Piccolomini 3, 8. Ste fah 
ihm in bie Angen, die von verhaltenen Thränen blinkten. Böthe, Meifters 
Lehrjahre 2,14. Herr Walther Fürſt, ich will Euch nicht verhalten: nicht 
eine müß’ge Neugier führt mich ber; mich drücken fihwere Sorgen. Schiller, 
Tell 1, 4. 86 geht in mandymal wohl ein wenig funterbunt und garftig zu 
anf diefem Erdenrund, das läßt fich freilich nicht vertufchen. Wieland. 

Anm, Unterſchlagen = veruntreuend zu eignem Nutzen verwenden, ifl 





7 


nwellen etwas — nit verhelmlichen. Ich Timmte mit bir zanken. 
aß du ein Gehbeimniß doch vor mir gehabt, ein Abentener mir voch unter« 
ſchlagen. Leffing, Nathan der Welfe 4, 4. - 

Hehl (der) wird nur in den Redensarten: Feinen Hehl haben, 
ohne Hehl gebraucht. — Er hat es feinen Hehl, daß wir um fei- 
netwillen hieher berufen find. Schiller; Piccolomini 3, 1. Jetzt wen⸗ 
ben fie rüdlenfend ihren Lauf, und ohne Hehl, gilt ihre Abſicht 
Cypern. : Shaffpeare, Othello 1, 3. . 

Anm, Stieler führt in feinem Mörterhbudy vom Jahr 1601 vie Redensarten 
an:.&8 hat noch feinen häl. Man -Fann nichts häl vor ihm haben. 

Hehler (mhb. helre — Hehler, hölere — heimliger Auf- 
paſſer) der etwas verhehlt, -befonders in der Nedensart: Wäre der 
Hehler nicht, fp wäre der Stehler nicht. | 

Berhohlen, unverhoblen (ahd. .vCf)arholan, unfarholan, mhd. . 
verholen, unverholen) find Mittelwörter, werden aber nhd. nur 
als Bei- und Nebenwörter gebraucht. Dre ſchwache Form bat mehr 
ee Bedeutung und. verbale Kraft. — Ihr nun brüdt’ er die 

and, unverhehlt den Liebenden Eltern. Voß, Luife 1,797. Ganz - 

unverbohlen hörteſt du. mich ſagen. Shaffpeare, Othello 1, 1. 

- Helm (goth. hilms, ahd., mhd., alti., agſ. helm, altn. hiälmr) 
die edle (erhabene) metallene Kriegsbededung des Kopfes als Schutz⸗ 
waffe. — Kein Menſch vermag zu fagen, ob er nicht des Helmes 
braucht. Ein ſtählern Dad ee Daupt ift jetzo mehr werth als - 
ein fteinern Haus. Schiller, Jungfrau von Orleans, Prolog &. — 
Helmbinde, — dach, —fenfter, —förmig, —gewölbe, —gitter, 
—famm, —Iehen, —teif, —roft,. —fRiße, ‚—ftange, — Rod, —ftuß, 
—taube, —zeihen; Ritterh elm. — | 

Haube (mi. hübe, mit houbet = Ganyt, wol zu keben gehoöͤrig) 

bedeutet zunächft die Kopfbefleidung -überhaunt; fig, die Befleivung ber oberſten 

Spigen erhabener Dinge; bie metallene Kopfbekleidnag uhne ritterlichen Schmud? 

und gemeiniglich für die Knechte. — Der grane Thalvogt konnnt, dumpf brüllt 

der Firn (Gletfcher), der Mythenftein zieht feine Haube an. Schiller, Teil 1,1. 

Anm. 1. Die ältere Sprache gebraucht helm auch fig. im Eiune von Schuß, 
wie auch in ber. Hl. Schrift (1. zhef. 5,8.) Helm ber Hoffnung des Heils — 
Mit dieſem Worte werben viele Gigennamen gebildet, 3. B. Hölmburgis (Schuß: 
burg), Anshelm, (Ans — Gott) Wilihelm, Willcheim, (vilja, wili = Bi, ; 

«8. Sehr eniftellt it Hellebarte aus helmparten, helembart d. i. 

2 = (mid. barte = Streitärt), Art, breites Echlagbeil zum Berfchmettern ber 

Held (kommt erft im 12. Jahrhundert vor, ahd. helid, mhd. 
hetet, heit, agf. häleth) eigehtlih wol der Gehelmte; dann der 
muthvolle, tapfere und auch insbefonbere fampffundige Kämpfer, der 
Kampf mag beftehen, worin es fei; dann jeder, der worin ausge- 
zeichnete Stärke befigt. — Heldenarm, — bahn, —brief, —buch, 
—frau, —gediht, —geift, —gefhichte, —haft, —hand, — heer, 


—her,, kraft, — lied, — lob, — if, — mat, — maͤßtg, — muth, 
—müthig, —oper, — probe ‚ —reih, —farg, —faal, ſqhwerl 
—finn, —ſpiel, — ſprache, —ſtark, — ſtirne, that; —tod, 
—tugend, —weib, — zeit; Olaubens— , Kriege—, Wonheld. 
Hölle für Helle, wie — im 17. — (goth. hali = 
Hölle und Höhle, ahd. helja, hella, mhd. helle) 1) (veraltet, noch 
in der Volksſprache) ein hohler, verftedter Drt, z. B. in der Schmiede 
unter dem Herd, die Rebenfeite einer Malzdarre neben dem Eibofen, 
der enge Kaum, den am einem Winfel der Stube der Ofen mi 
ber Wand Silbet; I) Aufenthaltsort . erg Ft ” 
Himmels. — Höllenangft, —bran wi 
— hund, — kind, a hoitsfpraih: für — = ein, — 
(Moos⸗art); Hol 
‚Hohl ( uk Ih ahd., mhd., agf. hol, altn. holr) „ leeren 
Raum im ern babend: Baum; 2) nad innen. gebogen: hohle 
— "opt gefchtiffenes Glas; 3) (fig.) Teer an Inhalt, dieſer fei 
lid, Ton ꝛc. — Warum nicht einem leeren. boplen Hut? 
Bash du dich doch vor einem hohlen Schädel. Schiller, Tell 8, 8. 
Bes ih, ob diefe Stäbe nicht durchgefeilt, au dieſes Zimmers 
Boden, dieſe Wände, Außen feſt, nicht h von Innen ſind? 
Shitier, Maria Stuart 1, 1. Es ſchaut ihr Meter Blick mit der 
Begier des Aolers um fd her. Böthe, Iphigenia 3,1. Mutter! 
Mutter! Spricht fie hohle Worte. Göthe, Braut von Eorinth. Die 
ungeftüme Srefferin, die ae, ber nicht mit — Namen, Figu⸗ 
ranten gedient iſt. Schiller, allenfteing Tod 1, 

Ausgehöplt (Mittelwort aus aushöhlen, ne ahnen; ahd. ar- 
holon, in der Bolfsfprache auch anshuljen, aushulchen) bedeutet Hohl 
gemacht, von einem Gegenitand gebraucht, der vorher nicht Hohl war und auch 
nicht von ſelbſt hohl geworben if. Leer (ahb. läri, mhd., agf- lære) ohne 
Inhalt. — Ich fol’ es wohl mit anſeh'n, wie es: uch von Tag zu Tag 
anshöhlen wirb His auf die Zehen? Leſſing, Nathan ver Weife‘ 2, 9. Graf 
Balfy Hat ein leeres Glas vor fh. "Schiller, Piccolomint 4,5. 


Hohlader, —äugig, —bädig, —beere (Himbeere), — bofrer, 
-deichſei, — ode, —eifen, —feile, —flöte, —gefäjroi, —glaß, 
—häring, — fehle, -kirſche, —flinge, —krähe, —kreiſel, —lauch, 
—meiſel, — mütze, — ring, — röhre, ſchnaͤbler fpiegel, —taube, 
—ireppe, — weg, —wert, —wurz, —zahn, —ziegel, —zirkel. 

Yım. finder, in der Bolf 1 d 1 d. 
holafu)ntar, ———— holunder, u — ra, hohe ; RN a 
hoker) wirb von Abelung u. A. von hohl abgleitet. Die Endung der (ahd. tar, 
der, dir) it wahrfcheinlich aus goth. triu, ahd. triu, tera, tira, altf. tr&o, alin. 
tre, agf. treöw, — ſlav. — — Rn Baum en Ir Aie : 
Ihr lich dag noch unau ndene holan, we d 

wo holen, Tr einen Recjenden Strauß ober Baum bedeutet. Zu derſelben ; 
Bıryel gehört ahd. hulis ‚ huliz, mh. huls = Stedpalme. 


10 


Höhle (ahd. holi, agſ. hale, altn. mhd. hol) überhaupt leerer 
Raum im Innern eines Körpers, dieſer Raum mag groß ober klein 
fein. — Welch Aeußerftes ift noch zu fürchten, wenn der Stern des 
Auges in feiner Höhle nicht mehr ficher iſt? Schiller, Tell 1, 4. 
Ihr wagtet euch bis in des Tiegers Höhle? Daſ. 2,2. — Augen—, 
Bauch —, Baum, Bers—, Bruft—, Dachs —, Dradien— , Fuchs⸗ 
höhle u. a. — Höhlung; höhlen gebräudlicher aushöhlen. 

Grotte (franz. grotte, abgeleitet aus lat. crypla, gr. zerar, = ver⸗ 
deckter Ort, unterirbifches Gewölbe) bedeutet eine gewölbte Erd⸗, Berg⸗ oder 
Belfenhöhle, vorzüglich wenn diefe angenehm zum Aufenthalte, im Beſonderen 
Tünftlich oder Doch wie künſtlich bereitet il. Kluft (ahd. chluft = Scheere, 
von chliupan = ſpalten) ift die weite Erd⸗,, Berg- oder Felſenſpalte, auch 
überhaupt eine weite tiefe Deffnung zwifchen Bergen oder Felſen. — Und wie 
der Flare Duell aus dunkler Grotte, fo drangen unaufhaltfam helle Thränen 
aus hen lichtlofen Höhlen ihrer Augen. Houmwald, das Bild. Erſchrocken 
fliehen auf zerftreuten Wegen die Bunter, die Teufrer mit Affan, in Klüften 
fih, in Höhlen einzufchliegen. Schiller, Aeneis 4, 30. 

Anm. Abd. huliwa, mhd. hülwe — Lade, Höhlung im Boden mit Waſſer 
efüllt, daher auch hülloch d. i. hülweloch, hat fi in dem Hül her Bolfs- 
prache erhalten, 3. B. Grashül, Miſthül, Roßhuͤl (Pferdeſchwemme). 

Hülle (ahd. hulla, aud) heli, helina, mhd. hülle) wird dag 
über einem Gegenftande Befindliche genannt, was ihn ganz umfchließt, 
fo daß man nichts von ihm fehen Fann. — Falſcher Pontus, deine 
Stille war nur des Verrathes Hülle. Schiller, Hero und Leander. 
Erde, .. wo Gott in ven Hüllen der Menſchheit wandelt, Klopſtock, 
Meftas 3, 86, 

Dede (ahd. decchi, mhd. decke; vergleiche dach, gr. r#/os, lat. tec- 
tum) bezeichnet den Begriff allgemeiner, ohne Rüdficht darauf, ob das über 
dem Gegenſtande Befinvliche über Dem ganzen Gegenſtande oder nur über eis 
nem Theile besfelben if. Bedeckung, nur von dem Deden bes ganzen Ge⸗ 
genftandes gefagt, bezeichnet zunächft die Handlung des Dedens; dann wer 
diefe Handlung ausübt, das Dedenve ſelbſt. — Über uns fehlen eine rothe 
Dede fih zu legen. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 3. Über euch fenkt fich 
bie Dede ber tiefiten Geheimniſſe nieder. Klopſtock, Meffias 5, 771. Bu 
Bedeckung der Brüde wurden an beiden Enden derfelben ſtarke Baſteien 
aufgeführt. Schiller, Belagerung von Antwerpen. 


Anm. 1. Gehilb, beſſer Gehilw (mhd. gehilwe) was den Himmel be- 
det, einhüllt, ſowol der feine Dunft oder Nebel, der an ſchönen Somntertagen die 
Atmofjphäre umzieht, der f. g. Herchud (mol von ahd. heiön == fengen), als 
auch fürmliches Gewoͤlk. Davon vie Adj. gehilt, gebilw, gehil, gehilwig. 

Anm. 2. Die Redensart die Hülle und Külle haben (victu et amictu 
abundare) heißt foviel Haben, daß man ſich (äußerlich) einhüllen und (innerlich) 
anfüllen ann. Ich habe Guts vie Hull’ und Fülle Lefling, vie Brille 


Hüllen (goth.,. ahd. huljan, mh. hüllen) in einen biegfamen 
Körper wideln und fo dem Anblick entziehen. — Bor feinem Gefichte, 


11 


das_in trauernbee Dunkel, in fhreiflidee Schwermuth Hütte, fap 
er Dualen gehäuft auf Dualen zur Ewigkeit eingehn. Klopftod, 
Meſſias 2, 629. 

Deden (abt. dechan, decchan, dachan, mhb. deken, decken) und 
Bededen erflären fi aus Dede und Beredung. — Der Wirth, er deckte 
ſelbſt mich zu mit feinem fühlen Schatten. Uhland, bie Einkehr. Wie ihm 
ver Kaiſer ſelbſten erlaubt, zu bedecken fein fürftlih Hanpt. Schiller, Wallen⸗ 
Reine Lager 11. | 


Ein-, ent-, um-, verhüllen (früher auch noch be=, zuhüllen) 
bebürfen feiner mweitern Erklärung — So hüllt er alles, was 
den Menſchen nur ehrmwürbig, Tiebenswürbig machen kann, ins blü- 
hende Gewand der Fabel ein. Göthe, Taflo 1, 4. Den Erwählten 
bab’ ich enthüllt das Geheimniß meiner Sendung und deiner Gott⸗ 
heit. Klopſtock, Meſſias 4, 1327. Salom ging indeß, mit Dampf 
und Wolken umbüllet. Dal. 2, 237. a du uns auf reid 
bebauter Flur mande leicht perhüllte Spur einer lieben Seele 
zeigteſt. Böthe, an Lottchen. Hell und heller wird es fchon um 
die unverhüllten Glieder. Göthe, an Luna. 

Mit enthüllen (etwas uns Unbekanntes ganz zu unferer Kenntniß brins 
gen, fo daß es in allen Theilen und Umfländen vor unferer Anfchauung fich 
befindet) ſinnverwandt find entdecken (ahd. intdecchan), das überhaupt ge⸗ 
fagt wird, wenn etwas, defien Dafein uns unbekannt ifl, zu unferer Kenntniß 
gebracht wird, befonders auch von Geheimniſſen, und entwideln (urſprüng⸗ 
lid von ahd. wiccho oder wichta — Binde, daher auh Wide oder Wied 
— Dodt, Koll. wike, engl. wiek) eigentlid ein Gebinde aus einander Löfen; 
daher fig. etwas in feinen einzelnen Theilen,, fowie viefe aus einander her: 
vorgehen, nach einander zur Kennjniß oder auch zur Anſchauung bringen, fo 
daß zugleich der innere Zufammenhang des Dinges vor unferm Geiſte ſteht 
— Ich bin entdedt, ih bin durch ſchaut! Schiller, Maria Stuart 4, 2. 
Doch würd' ich Eure Majeität beſchwoͤren, um Ihrer Ruhe willen Sie be- 
ſchwoͤren, bei dem Cutdeckten fill zu ſtehn, das Forſchen in ein Geheimniß 
eig aufzugeben, das niemals freudig fih entwideln kann. Schiller, Don 
Rarlos 3, 4. 


Hülſe (ahd. hulse, eig. hulisa, mit der ſchwäbiſchen Neben- 
form DHelbe, ahd. helawa, mhd. hulst, hulft) bedeutet eigentlich 
und gerwwöhnlidy Das fchmale, aus zweien durch eine ſ. g. Naht verbundes 
nen Klappen zufammengefeßte hautartige Fru Beh dann fig. 
Hülle, fcheidenartiger Behälter. — Ihr treffet Hülfen an und 
Schalen ohne Kern. P. Flemming. AU die verbaßten Hülfen 
des Standes. Schiller, Don Karlos 1, 3. Die Ffünftli gebohrten 
und gefüllten Hülfen (bei einem Feuerwerk). Göthe, Meifters 
Lehrjahre 2,1. — Hälfen, ab—, aushülſen; hülfig; Hülfenfrucht. 

Schale (ahd. scala, scala, mhb. schal, schale, schäle, auch — Platte, 





12 


Schäffeligeibe und Trinkbecher) ahldebarer Naturüberzug, allgemein natürlicher 
Fruchtbehaͤlter. Davon abgeleitet iſt Schalfe (ahd. sceliva, mhb. schelve) 
Baumfchale, Holzrinde, der aufgeblähete Häufige Fruchtüberzug; Klappen einer 
Gülfe. Hochdeutſch felten ft Schlaue oder Schlaube (uus niederd. slüe) 
für Schlaufe (mhd. sloufe), worin man ſchlieft (fchlüpft), aufgeblähete 
Hülle der. f. g. Hülfenfrüchte, dann die äufßerfte Fruchthülle. Schote (mhd. 
schöte, vielleiht-v. ahd. scuan — befchatten) das aus zwei durch. Nähte ges 
ſchloſſenen Tänglichen Klappen gebilvete Eamengehäufe. — Die Schale kann 
nur bitter fein; der Kern iſt's fiher nicht. Leffing, Nathan ber Weiſe 2, 5. 
Man will den. wahren Kern und fättigt fi & mit Schelfen. Günther. So 
hoffe ich nicht, man werbe tie- fünf Kapitelreihen von Schlauben wieder 
abdruden laſſen, ohne ‚mit einer Note wenigſtens Winke zu geben, wo ber 
Kern liegt. Herber. (Ge fielen) bie ran in bie Schuten. Göthe, eat 
dercourage. 


Halm un halm, mho. halm, haln, agf. helıne, höalme, 
altn. 2. olksſprache Helme, Tat. calamus, gr. sarauos), Stengel 
der Grasarten, befonders des Getreives, wird von Grimm uw | 
a (hohl) zu dieſer Wurzel: gerechnet, alfo eigentlich das Hohle. 

grünt ung fein Halm, es. wädhft Feine Saat. Schiller, Wal⸗ 
lenſteins Lager 11. 


Ahre (ahd. daz ahir, ahar, mbb. — — agſ. &ar, noch im 16. 
Jahrhundert das äher; vergl. gr. .axpog, lat. acer = in eine Spige aus 
laufend, fcharf) bedeutet den oberſten fpigenvollen Theil der Getreide und — 
her andern Grasarten, worin dicht am Stengel die Fruchtkoͤrner ſitzen. 
Kolben, weniger gut bie Kolbe (ahd. der cholpo, mhd. kolbe, 
kylfa u. kolfr) ift eigentlich das Furze vide runde Ende eines Dinges, 3. 2. 
eines Stores; dann aher bie kurze dice Ähre, z. B. des Waizens, Spelzes, 
beſonders die Yurge dicke rundliche Blutenwalze mancher Gewaͤchſe. Die Riſpe 
(mhd. respe — Reiſich, von rispen — ſammeln, kraͤuſeln) begeichnet den 
obern Theil der Gras: und Getreidearten, infofern er ſich in eine Menge 
längerer und. Fürzerer Aftchen zertheitt, woran auf einfachen Stielchen bie 
Blüten und Sruchtkörner figen, fo daß das Ganze eine längliche Geftalt Hat, 
3. B. an Hafer, Hirfe, Schilfgras. — Der (Windhalm) ſprach zu einem 
Halm mit einer vollen Ahre. J. N. Goͤtz, bie beiden Kornaͤhren. Jetzo 
ſchwebte der Kahn am krummen Geſtad' um ein Röhricht und braunfolbiges 
Mied. Voß, Luiſe, 1, 604. 


th. hulihs, ahd. mh. hold, agſ. huld, hold) geneigt, 
lwollend, wohlthuend, — chuenden Eindrug machend, 
rimm wahrfch einlich urzel hal, N aber wol 
et yon ahd. halden, — hyldan — fi en, wie 
de (ahd. halda, —* halde) die ab Au e Seite 

Huld (ahd. huldi, mhd. hulde) das mohlthuende 
jegen Jemanden, beſonders des Höheren gegen ben 


13 





Geringeren. — Wenn die Natur ˖ der Dichtung hol de Gabe aus 
reicher Willkür freundlih mir geſchenkt. Goͤthe, fi 1,3. Sie 
fub das füßefte, lieblichſte, hald ſe ligſte, beſte Gefchöpf unter ber 
Sonne, ganz -Güte und Großmuth, "ganz Unfchuld und. Freude! 
Leſſing, Minna von. Barnhelm 5, 9. Was find wir, wenn faifers 
fihe Huld fih von uns wendet!’ -Schiller, Piccolomini 2, 2. Ich 
Rand auf Berges Halde, als. Sonn’ hinunter ging. Rüdert, Abend⸗ 
lied. > Zr u VE F 
Aumuth, anmuthig, fanfte Begierde‘ erregend, nämlich an d. f. nach 
ch; fo daß man eine fanfte Begierde nach Tan) dein Gegenſtand hat,’ wels 
dyer den Sinnen gefällt. Grazie (von franz. gräce, ans bem lat. gratia) 
bezeichnet die anmuthige Schönheit in der Beweguitg und Haltung wie der Ge⸗ 
berden, Mienen, Stimmen u. dgl. (S. weiter angenehm, annehmlic, 
. gewogen.) — Ihre Zormen find voller Aumuth, ganz in der griechtichen 
fifen Würde hingeftellt. $. P. Sturz 4. Brief, Holdfelig Kind, bu, meine 
füße Freude, anmuthig wie der Wei. J. R. Götz, Warnung au einen 
ihönen Knaben. Gie wandelt in einer verborbenen Zeit, im Gewühle ver 
Hofintriguen und Künſte, mit einer Grazie, welche ben Weltmann eutzückt 
und einer Tugend, bie ven Himmel befriedigt. Sturz, 5. Brief. 
Anm. Hierher rechnet Wi Wackernagel auch das zugebende, erklärende 
und — mundartlich auch haltexs. halter! ch (abo. halto, mhd. 
halt) eigentlich ſich vorwärts ſenkend, geneigi. Richtiger faſſen Grimm (Gram. 
3, 240) und Schmeller (bayer. Wörterb. 2, 185) dies Wort als ein" verbales 
Ayverbium für halte ich, wie nhb. gef hweige d. 1. ich geſchweige, mh. ich 
geswige danne. — manig, täsent séle wirt-halt von .der selben sünde ges 
irret; ich hab dich. Halt. gar zu lieb; "es wirt michs, Halt ich, nuch je keiner 
überreden. Avent. Ahron: . Bl, 


..  Stehlen 
(Wurzel stäl, stil.) 


Stehle, ſtähl, geftohlen, fehlen (ahd. stilu, stal, stälumds, 
stolaner, stelan und stilan; ınhd. stil; stal, stälen, geäteln, stäln; 
goth. stilan, agſ. stelan, steelan, altn. stela) ift eigentlich heimlich 
thun; dann. heimlich Anderer Eigenthum ſich zueignen, es mag dabei 
Widerſtand zu überwinden fein oder nicht. -— Denken Sie nicht 
etwa, daß ich durch ne Beine ige a in feine 
Gunft mich. ſt ahl. Schiller, Piccolomini 1, 3.. Ja Mer auch nur 
Eine Seele fein nennt auf dem Erdenrund!’ Und wer's nicht Ber 
lount, der ſtehle weinend de Ar are Bund !. Schiller, an bie 
Freude.  Krogt, wo haft du das Halsband geftohlen? Schiller, 
Ballenfteins Lager & biefer Stunde wird's ein eleitet, bie Armee. 
dr Kaifer zu Mehlen und. bem Geinbe zupufügren! Sciket, Piece 


( ae 


14 


Euntwenden (von goth. vandjan, ahd. wenten, mhb. wenden = wenden, 
. factitiv zu wintan, winden = winden) eigentlich |. v. a. einenr Andern weg⸗ 
und fi zuwenden; dann allgemein Anderer Eigentpum fi zueignen, aber 
nur jenes, das wirklich wegbewegt werben kann, infofern dies nicht mit offener 
Gewalt geſchieht. Rauben (ahd. roub(p)ön, nihd. rouben, von ahd. 
raub, mhb. roup, agf. röaf, zunächft auf Gewand zurüdzuführen; mittellat. 
rauba, franz: robe; dann die den befiegten Feinde entzogene Rüftung) if 
vffen und mit Gewalt weguehmen. Maufen (von einenr verloren Zeitworte 
entfproffen, wovon ſich in den :Malbergifchen Gloſſen ahd. musido oder mö- 
sido — Diebflahl findet; die Wurzel iſt fanffr. mush — ſtehlen; nhr. ift 
maufen an maufen = Mäufe fangen, mhb. müsen, angelehnt) heimlich Klei= 
nigfeiten entwenden. (Im mittelrhein. Bolfspialeft hört man dafür ſchnauſen 
— ſchnauzen? gleihfam mit der Schnauze wegtragen?) Plündern (von 
Blunder, mit unficherer Wurzel) des beweglichen Gutes berauben, wie dies 
im Kriege zu gefchehen pflegt. Stipitzzen fein und liſtig Kleinigfeiten fehlen. 
— Ib bin mir felbft entwandt, fie iſt es mir. Göthe, Taſſo 5, 5. Die 
Welt wird nie das Glüd erlauben, als Beute wird es nur gehafcht; ent= 
wenden mußt du's oder rauben, eh dich die Mißgunſt überrafcht. Schiller, 
das Geheimnig. Dort raubt man mir bad Herz, bier wird es mirgeftohlen, 
weil Chloris ſchneller zwar, doch Doris fichrer fiegt; tie Schönheit zeigt ſich 
dort im freien Feld, und liegt in Doris Zügen hier ale hinterm Buſch 
verholen. Ch. Wernide. Was foll dir's (das Taſchentuch) nun, daß du fo 
eifrig drängft, ihr’ wegzumanfen? Shaffpeare, Othello 3, 3. Als ob 
ih ihm was gemaußt. C. F. Weiße, d. Boeten n. d. M. 2, 3. Dur 
Plünderung ber niederfächfifchen und weſtphäliſchen Stifter fammelten fie 
Kräfte, die Bisthümer am Oberrhein zu plündern. Schiller, Sojähriger 
Krieg 2. B. Herr Galgendieb! weiß er die Kirfchen, die verfchmigt er vor 
dem Maul mir wegftipigt? Bürger, zum Spag. 

Ab-, aus⸗, be«, er-, weg, zufammenftehlen bedürfen Feiner 
weitern Erklärung. — (Sie) meinen, daß die Unterfehrift von neu= 
lich, die abgeftohlne, fie zu nichts verbinde Schiller, Wallen- 

eins Tod 2, 5. Wollen Sie, daß ich die unerzogene Waife eine® 
a beitehlen fol? Lefling, Minna von Barnhelm 1, 6. Bän— 
der, die den Damen entfallen find, begierig wegzuftehlen. Schiller, 
Don Karlos 2, 8... Du haft dich vom frohen Mahle hinwegge— 
ſtohlen. Schiller, Räuber 3, 1. Der firdenräubrifhe Mord ift in 
des Tempels — gebrochen, und hat das Leben draus hin— 
weggeftohlen. iller, Macbeth 2, 8, 

Verſtohlen (ahd. Adv. stulingun, mhd. verstolne) heimlidy, 
meift als Adverbium gebraudt. — So. müffen wir auf unferm eignen 
Erb’ und väterlihen Boden und verſtohlen zufammen fchleichen. 
Schiller, Tel 2, 2 Was bedeuten dieſe ſtummen Winfe, die du 
verſtohlen heimlich mit ihr wechſelſt? Schiller, Wallenfteins 
Top 3, 12. Sie genießen es mit einer ſolchen verſtohlnen, 








15 


ne Furcht, die einen großen Theil des kindiſchen Glücks aus⸗ 
macht. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 5. 

Stehler, Diebſtahl (ahd. diu stäla, agf. stal, stala, mhd. 
stäle und diepstäl). — Du willft den Diebſtahl bereuen, fobald 
du das Geftohlene in Sicherheit weißt. Schiller, Rabale und Liebe 5, 1. 


Nehmen. 


(Wurzel nam, nim, fanffr. nam, ni-yam.) 


Nehme, nahm, genommen, nehmen (ahd. nimu, nam, nämumes, 
nomaner, nẽman; mhd. nim, nam, namen, genomen und genumen, 
nemen; goth. niman, agf. niman und neman, altn. nema). Die 
Grundbedeutung iſt wol ſich worauf hinwenden, um es zu erlangen; 
dann etwas von einem Andern weg⸗ und zu ſich bewegen. Daraus 
entwiceln ſich die einzelnen Anwendungen, und das Wort bedeutet 1) alls 
gemein in feine Gewalt fommen maden: Gelb, ein Glas; 2) in ein 
nahes Berhältniß des Zuſammenſeins mit ſich kommen machen: zur Ehe, 
zum Begleiter; 3) (in verfchievenen Redensarten) in einen Zuftand 
verfegt werben durch das Nehmen irgend einer Sade: Schaden, 
ein Ende, eine gute Wendung, das nimmt mid Wunder; 4) (fig.) 
in verſchiedenen Redensarten: die Flucht, Urlaub, fein Nachtlager, 
das Maß zu etwas, fi die Mühe, Antheil, eine Abfchrift, etwas 
in Adht, etwas zu Herzen ꝛc. — Nehmet Holz vom on 
Schiller, Glocke. Er meldet, Regensburg fei genommen. iller, 
Wallenſteins Lager 4. Der Landesammann nehme feinen lag. 
Schiller, Tel 2, . Er nehme feine Weite, wies Brau * 
Da. 3, 3. Der jede Sorge mir vom Haupte nahm. _ er 
Taſſo 1, 3. Als ich den Urlaub fhon genommen. Schiller, Pics 
colomini 2, 2. Nehmet euch in Acht. Schiller, Wallenfteins Tod 
1,5. Das nimmt mid Wunder. Schiller, Don Karlos 2, .5. 

Faſſen (ahd. fnzön, mhd. vazzen, wol zu vaz == Gefäß gehörig; ver⸗ 
gleiche lat. vasa colligere und convasare — bie Gefäße ſammeln; np. fich 
faften wie fc fammeln) mit Glievern oder einem Werkzeug auf zwei ober mehr 

Seiten zufammennehmen zum Halten; dann in weiterem Sinne. abreichenn in 

feine Gewalt befommen. Greifen (ahd. grifan und greifön, mhp. grifen und 

greifen) zum Nehmen geöffnete Glieder oder ein fo geöffnetes dber gefrimmtes 

Berfzeng woraufbin bewegen, um durch Schließung derfelben ven Gegenſtand 

in feine Gewalt zu bekomnen. — Wir laſſen los, was wir begierig faßten. 

Göthe, Taſſo 3, 2. Zurüd! des Gatten denke, den das ſcharfe Schwert, der 

Kinder, die des Haufes Flamme tobend fat. Göthe, Borfpiel am 19. Seyt. 

1807. Auch dieſes Lepte follen wir verfuchen, eh’ wir zum Schwerte greifen. 

Schiffer, Tell 2, 2. Wollt ihr mein Wort nicht gelten laſſen, follt ihr's mit 

Gründen greifen ımd faffen. Schiller, Wallenfteins Lager 11. 





16 


Abnehmen 1) von einem höheren Orte herab: den Hut vom 
Kopfe, die Früchte vom Baume, Die. oberen Karten im Spiele; 
2) von einer Perfon oder Sache weg: eine Laſt; 3) durch Schneiden 
wegnehmen: ein Glied, den Bart; 4) abbinden, entwöhnen (in ber 
Landwirthſchaft); ein Kalb; 5) abfaufen, meiſt mit dem Nebenbegriff, 
dag- dem Verkäufer dadurch irgend eine Erleichterung wird ; 6) ab⸗ 
legen Jaſſen: einen Eid, die Sehnung; 7) aus etwas erfennen, ur⸗ 
theffenz daraus fann man abnehmen; 8) ſich allmälih verändern, 
langſam vermindern an Eörperlicher Größe ,‚ an Vermögen, Anfehen, - 
Dauer, innerer und äußerer Stärfe. — Bier nahm er den Hut ab. 
Böthe, Leben 6.3. Franzisfa, nimm- dem Herın Major den 
Ring ab. Leifing, Minna von Barnhelm 5, 5. AS id) Apollen 
bat, das gräßliche Geleit der NRachegeifter von ber Seite mir ab⸗ 

unehmen. Göthe, Iphigenia 2, 1. Ruhig, wie im Zagen guter 
rdnung, nahm er des Amtes Rechenſchaft mir ab.- Schiller, 
Wallenfleins Tod 4, & Seine Kräfte nahmen fihtbar ab. Göthe, 
Meifterd Lehrfahre 4, 16. En Ce © 
Abſallen (von fallen, ahd. fallan, mhb. vallen, urſpruͤnglich wol fidh 
bewegen, vorzüglich abwärts; vergleiche gr. mallo, lat. pello — ich ſchwinge, 
ſtoße) raſch abnehmen, fehnell ſchwinden. GBinfallen mager werben im 
. Bärffien Sinne Berfallen eine ſolche Verminderung des volllummenen 
Zuſtandes erleiven, daß biefe in eine gänzliche Unvollfommenheit, ja bie zur 
gänzlicyen. Auflöfung übergeht. — Kann man denn keinen alten Dann vor- 
..Rellen,. ohne ihm bürre Beine, einen fahlen Kopf und ein eingefallenee 
Geficht zu. geben? Leifing, ant. Briefe 5. Während daß diefer König feine 
Gelehrſamkeit erfchöpfte, um ben: Urfprung ber koͤniglichen Majeftät im Him⸗ 
- mel aufzufuchen, ließ ex die feinige auf Erden verfallen. Schiller, Sojährige 
Krieg 2. Buch. | 

‚Annehmen 1) ein Dargebotenes in Empfang nehmen‘, übers 
nehmen, mit der Befchränfung, daß man etwas in ein ausdrücklich 
nahes. Verhältniß des Zufammenfeins mit fih kommen made: ein 
Gefchenf, "einen Bedienten, einen Auftrag zur Beforgung, ein Amt, 
eine Waiſe an Kindes Statt, guten Rath, fih einer Sache; 2) fi} 
eigen machen: eine ernſte Miene; 3); mit dem Verſtand, zugeben, 

Satz als wahr, etwas für Ernſt; 4) zu etwag 
als (zum) Bürger, Mitglied einer Geſellſchaft; 5) 
unehmen , gedeihen: das — an. — 
it, das ——— an ˖ von Gott. Schiller, Tell 5, 2. 
ch der Uninündigen mit großem Eifer an. Göthe, 
re 1, 1. Es iſt billig, daß wir das beſte, nicht. 
von ihm annehmen. Leſſing, ant. Briefe 28. 
nich zum Genoſſen an. Schiller, Bürgſchaft. 

0. D etwas in die Höhe. heben, zu ſich in die Höhe 
bringen, wobei ‘die Art des Hebens unbeſtimmt gelaffen wird: einen 


17 


Kreuzer von der Erde; 2) ausmefim, abzeichnen (in der Zeichens und 
Meßkunſt), nieverfchreiben: einen Ader, eine fehöne Gegend, ein ° 
Protokoll; 3) in eine Verbindung, Bejelfchaft nehmen, einen Aufent⸗ 
halt en ed mag derfelbe Fury oder lang fein; 4) borgen, als 
ein Anlehen zu fi nehmen: Geld; 5) von einer gewiffen Seite 
(geiftig) betrachten und feine Empfindungen darüber äußern: etwas 
ut, übel; 6) ſich mit Jemanden in einen (körperlichen oder geiftigen) 
ampf einlaffen: im Fechten, Rechnen; 7) (Boltsipradhe) zuneh⸗ 
men, wachen (auch bei der Begattung empfangen, vom Vieh ge- 
bräuhlih): der Mond nimmt ed beim Striden eine (um eine) 
Mache aufnehmen. — Ein Bildnis nehm’ ih vom Boden auf. 
Schiller, Turandot 1, 3. Gaftlih haben wir's (das fremde Ge⸗ 
ſchlecht) aufgenommen. Schiller, Braut.von Meffin. Nehmt 
mich auf in euern Bund. Schiller, Tel 5, 3. Nimm auf, bei 
wem du fannft und wie du fannft! Geh’, borg’, verſprich. Leſſing, 
Nathan der Weife 3, 2. Wie nahm man's auf, daß ih Gemahlin, 
Tochter zu diefer Winterzeit hierher beſchieden? Schiller, Piccolos 
mini 2, 2 Das erfte, was wir thun follten, fagte der Hauptmann, 
wäre, daß ich die Gegend mit der Magnetnadel aufnähme. Göthe, 
Raplverwandtichaften 1, 3. Man fagt, du nehmft e8 auf mit je 
dem Ehügen? Schiller, Tell 3, 3, 


Unfbeben (mh. üfheben und heven, ahd. hevjan — heben) in bie 
Höße bringen, meilt mit dem Nebenbegriff von Kraftanwendung. Empfangen 
(ahd. intfankan, intphähan, antfähan, mhd. enpfangen, enpfähen eigentlich 
einfangen, erhalten) Jemanden, der zu uns Fommt, bei uns annehmen, es 
mag ber Kommende fich bei uns aufhalten oder nit. Auch bewillfummen 
laͤßt dies nubeſtimmt; f. dasſ. — D hebt Ihn (den Kranz) auf, ihr Götter, 
und verflärt ihn zwifchen Wollen, daß er buch und höher und unerreichbar 
ſchwebe. Böthe, Taffo 1, 3. Empfangt mich, Heillge Schatten! Ihr hohen, 
belanbten Gewölbe, der ernften Betrachlung geweiht, empfangt mich. Kleiſt, 
Srähling. Herzog Albrechts fürftlihe Gemahlin, Graf Harrachs edle Tochter 
Bätte fo, nicht eben fo empfangen werden follen! Schiller, Piccolomini 1,2. 


Ausncehmen IT) aus einem Orte heraus: einen Zahn, den 
Fiſch, den Hafen (d. h. aus dem F., H.); 2) unter andern Dingen 
derielben Art nicht mitbegreifen, ansfhliefen: alle waren da, ausgenom⸗ 
men du; 3, fid) von andern gleichartigen Dingen unterſcheiden, aus- 
zeichnen: das Kleid, fie nimmt ſich in dieſem Kleide fehr gut aus, 
fie iR ausnehmend ſchön; 4) ausbebingen und 5) ausforfchen ind mehr 
der a angehörig. — Die Klöfter find ausgenommene 
Refter. Schiller, Wallenfteind Lager 8. Alle Befehlshaber haben 
mir Gründe gefagt, ausgenommen die fungen. Leffing, Philotas 5. 
Als fie fertig waren, empfanden fie alle ein ausnehmendes Ber- 
grügen. Goͤthe, Meiſters Lehrjahre 4, 2. Wie nimmt ein leiden⸗ 








18 


(Haft Stammeln gefchrieben ch fo feltfam aus! Göthe, Bor- 
lage. | 

. Die Synonymen von audnehmend (d. i. durch ho ad von 
Eine — in bie Sinne — ſiehe ——— m. 

Benehmen 1) ven Gebraud einer Sache hindern, entfernen: 
einem die Ausficht, jeden Vorwand, das benimmt dir nichts; 2) ſich 
betragen, fehen oder erfennen laffen, wie man in Beziehung worauf 
ift oder wozu thut: fi Hug, ungefchidt (früher und auch zumeilen 
noch bloß nehmen); 3) fid berathen, verfländigen mit Jemanden: 
ih habe mich mit ihm benommen. — Yerbinand wollte diefem noch 
nicht ale Hoffnung benehmen. Schiller, SOjähriger Krieg 2.2. 
Das foll euch Rechas wegen alle Scrupel nur benehmen. Leſſing, 
Nathan der Weife 3, 10. Wie nimmt fidh der Kolalto ? iller, 
Piccolomini 2, 6. Ich Hätte mich noch wohl anders dabei nehmen 
fönnen. Leffing, Emilie Galotti 2, 6. Der Knabe benahm ſich 
nicht zum beften. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 4. 

Sich verhalten (mh. verhalten hat andere Berentung anfallen, vers 

heimlichen), von Perfonen gefagt, eine gewiffe Art und Weile auf Anderes 
hin haben oder annehmen. Sich beitragen (mhd. sich tragen) fi Außern 
durch feine Handlungen als Ausprud feiner geiſtigen Eigenfchaften, feines Ge⸗ 
fühls, feiner Beflnnung. Sih aufführen (von führen, ahd. fuaren, mhb. vüe- 
ren, factitiv zu fahren) eigentlih zur Höhe führen, dann auf eine gewiffe 

Art und Weife es äußerlich treiben und thun, in Beziehung darauf, was ſich 

nach den in der menfchlichen Gefellfhaft Herrfchenden Anfichten gebührt. — 

Wenn fie fih nur gleich ruhigen Unterihanen betrügen . . Sie müßten felber 

fih ruhig verhalten. Schiller, ZOjähriger Krieg furtgefept yon Woltmann 

5. B. Siehe weiter gebaren. — Ungeachtet des harten Benchmens ei⸗ 

nes Lehrheren gegen feinen Lehrling, war das Verhalten dieſes doch fo 

ruhig und gebuldig, und fein Bletragen fo tabellos, daß jener ihm das 

Zeugniß einer guten Aufführung geben mußte. 

Anm. Sinnverwandt, aber weniger gebräuchlich if, fih gehaben. Sch 
fürdyt', auch du bift nur ein Afterbild, und doch, mein Treu, gebabft du dich 
ale König. Shaffpeare, König Heinrich IV., 1. Thl. 5, 4. 

Durchnehmen 1) der Reihe nach vornehmen; 2) tabeln, in 
biefer Bedeutung auch her- und herumnehmen. — Indem er 
das Vergangene wieder burhnahm, warb ihm ein Umſtand... 
immer widriger. Göthe, Meifters Lehrfahre 4, 12. Der flatt ans 
derer mid) gar oft mit Worten herummahm. Göthe, Hermann 
und Dorothea 2, 174. 

Durchgehen ilt mit durch nehm en finnverwanbt, hat jedoch wicht den 
Nebenbegriff bes Tadelns, der meiit bei durchnehmen ſich findet. Durhlaufen 
it, ver Zufammenfegung gemäß, ein fchnelles Durchgehen. — Was hätte es 
helfen fönnen, wenn ich einen Tempel nach dem andern burchgegangen wäre 7 
Was ich von den Statuen des einen fagte, hätte ih von den Statuen aller 


19 


fagen müßen. Lefling, ant. Briefe 8 Laufen Se geſchwind die ganze 

Schrift des Herm Klop durch. Daf. 16. 2 

Einnehmen 1) hinein, hereinnehmen: die Segel, frifches Waſ⸗ 
fer (in das Schiff); 2) zu fich nehmen, in fich aufnehinen: Arznei, dag 
Frühftüd, Bittere Vorwürfe; 3) in Befig nehmen (oft nit Gewalt: - 
eine Stadt; 4) einen Raum ausfüllen: den ganzen Gafthof; 5) be 
haupten, inne haben: einen ehrenvollen Poften, den unterftien Platz4 
6) eine Wirfung äußern: der Wein hat ihn den Kopf eingenommen, 
mein Kopf ift mir heute fehr eingenommen; 7) die Kräfte der Seele 
beſtimmen, auf fie (angenehmen oder unangenehmen) Eindrud machen: 
für oder gegen ‘jemanden, von Zorn, Furcht, Anmuth eingenommen 
fein, fi) einnehmen laſſen; 8) in Empfang nehmen: Geld; 9) (früher, 
mit 2 verwandt) verfiehen, faſſen. — Ewig flößt der Kahn ‚vom 
Lande, doch nur Schatten nimmt er ein. Schiller, Klage ber 

. Er follte bereit fein, ung morgen in bie Feflung einzu: 

nehmen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 233. Unfer Freund hatte 
ein trauriges Abendeffen eingenommen. Göthe, Meifterd Lehr: 
jahre 1, 13. Wo die Pferde * Futter einnahmen. Daſelbſt 4,5. 
Der übrige Raum des Schiffes, den der Kaſten nicht einnahm, 
wurde mit Steinen ausgefüllt. Schiller, Belagerung von Antwerpen. 
So ein Bramarbas und a will ie alle feſten 
Shlöffer. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Sie ift Feine vollendete 
Schönheit, aber dennoch einnehmend in ihrem ganzen Anftand. 
9. P. Sturz, 4. Brief, Wir nahmen viel (Geld) ein. Göthe, 
Meifters Lehrjahre 4, 16, 

Erobern fih zum Dbern (Herrn) machen über eine Sache, unb zwar 
infofern dies mit Gewalt gegen Widerſtand gefchieht. Erbenten (noch nicht 
alt, von Beute, altn. bytt = Umtaufh und Beute, byta — taufchen und 
austheilen, älter uhd. beuten — vertheilen, 3. B. beraubt bie Kirchen, beutet 
alles unter die Soldaten. Aventin. bayr. Chron.) duch Beutemachen, d. t. 
als ein Gut nach Kriegegebraud in Beflg nehmen. — Ihre ganze Artillerie, 
ige ganzes Lager war erobert, über hunvert Bahnen und Standarten er: 
bentet. Schiller, 30jähriger Krieg 2. B. 

Entnehmen 1) (oberveutfh) von der Stelle wegnehmen: Brot 
dem Schranfe; 2) einen des Befiges berauben; 3) entlehnen (fiehe 
aufnehmen): Geld, eine Stelle aus einem Bude; 4) (bei Kaufleuten) 
eine Summe auf einen (traffieren, Wechfel auf ihn nehmen); 5) be⸗ 
freien: Jemanden der Sorge, Gefahr, fremder Gerichtsbarkeit; 6) 
erieben, verftehen (fiehe abnehinen): aus deinem Brief entnahm id). 
O entnimm mid der Erbe, mein Vater! Hölty, der arme Hein- 
rich. — Ad Fürft, ih bin verſchenkt, und bin mir felbft ent: 
nommen. Hoffmannswaldan. 

Entgegenuehmen wird nur von dem gebraucht, was vermittelft 
der Haͤnde oder gleihfam wie mit ihnen angenomunen. wird, und 


20 








2 

ift als gewählter Ausdruck gebraudt, meift von einem Annehmen 
bei en ber Kaiſer hat meine Bittfchrift entgegenzuneh⸗ 

men gerubt, 
ansnehmen 1) etwas aus einem Drte oder aus andern 
Dingen: Geld aus zem Beutel, einen Vogel aus dem Nefte; 2) ſich 
erausnehmen, aus Ueberhebung etwas thun, wozu man nicht be- 
t iſt; fich eine Freiheit gegen Andere erlauben, welche einem nicht 
zuſteht. Der Ausdrud gehört mehr der gewöhnlichen Sprache an. — 
(Dragoner:) Der Piccolomini, der junge, thut fie (Pappenheims 
Küraffiere) jegt führen, den haben fie fih aus eigner Macht zum 
Dberft gefeßt in der Lützener Schlacht, als ver —— umge⸗ 
kommen. (Arkebufter:) Haben fie ſich ſo was ausgenommen? 
(Dragoner:) Dieß Regiment hat was voraus, Schiller, Wallen- 
fleins Lager 11. Ich denfe nicht, daß ich mir zu viel heraus: 
nehme, wenn ich mich auch noch an einem andern Orte von Herrn - 
Klog gemeint glaube, wo er mich nicht nennt. Leſſing, ant. Briefe 9. 

Sich ermächtigen (von mächtig, Macht, mhd. mahtig, maht) ſich aus 
eigner Willfür die Macht wozu beilegen und fo aus eigner Macht handeln. 
Der Dreifte nimmt ſich etwas heraus, der Kühne ermächtigt fi), der 

Kecke und Berwegene maßt fih an. Siehe anmaßen bei anfpreden. 

Fr — Daß fle (die Engländer) ſchon die große Stabt Paris Inn’ hätten und bes 

Meiches ſich ermächtigt. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 10. 

Übernehmen 1) in Empfang nehmen, e8 fei für uns. oder für 
einen Andern: in Gut, ein Geſchäft; 2) an oder auf fid) nehmen, 
fih zu etwas freiwillig anheiſchig machen: eine Arbeit; 3) zupiel 
auf oder zu ſich nehmen: ſich im Effen, mit Arbeit; 4) zuviel von 
einem: beim Kaufen und Verfaufen; 5) (felten) ftol auf etwas fein: 
fi) einer Sache; 6) überwältigen: Laß did den Argwohn 
nicht übernehmen. — Du übernimmft die fpanifchen Regimenter. 
Schiller, Walenfteinsg Tod 2, 1. Den Roßberg übernehm’ id 
zu erfleigen. Schiller, Tel 2, 2, Da übernahm mid der gerechte 
Zorn. Daf. 1, 4 Sanft hat der Schlaf den Holden übernom- 
men. Göthe, Fauft 2, 86. u: 

Unternehmen, ſich beftlinmen Iaffen, etwas zu thun, wozu flär- 
fere Wirkfamfeit gehört. Diefe allgemeine Bedeutung {ft entitanden 
aus dem ahd. untarnöman fo viel als breden d. i. zwiſchenein 
ein Aufhören machen, daher mhd. sich undernömen = ſich gegen- 
feitig umfaffen. — Er führt's zum Biel, was er auch unters 
nommen. Schiller, Tell 4, 1. 

Eich unterfangen (aus ahd. untarfähan — aufnehmen, dann heimlich 
wegnehmen, mhd. sich undervangen — ſich gegenfeitig umarmen) fich bei 
wirklich oder anfcheinend unzureichender Kraft vder bei anmaßlicher Neberhebung 
mehr, als zuſteht, zu einer Handlung beftimmen laſſen. Sich unterfichen, 
au bloß unterfiehen (mb. sich understän) eigentlich ſich zwiſchenſtellenb 


21 


machen, daß eimas nicht gefchteht; dann fo viel als unternehmen, und 
weiter durch zu viel Meinung von fih und feinem Kraftgefühl fi mehr zu 
einer Handlung beflimmen laſſen, als zufeht. Sih unterwinden (ahd. 

sich untarwintan) zunächft fo viel als bezwingen, dann fi mit Schwie⸗ 
rigfeit auf etwas einlaffen; daraus mit anfttengender Kraftanwendung bei eis 
aan Bewußtfein unzureichender Rraft ſich zn einer ſchwierigen Handlung bes 
innen. — Siehe noh wagen: — Das will ich zu entfcheiden mich nicht 
anterfangen. Schiller, Don Karlos 4, 9. Ich werd’ mich unterftehn, 
ea das zu wehren. Schiller, Teil 1, 2. (Er wollt) ih alles vermeffen 
und unterwinden. Schiller, Wallenſteins Lager 6. 


Bernehmen 1) ein Ding oder deffen Gegenwart durch die 
Ginne, in engerer und gewöhnlicher Bedeutung durch den Sinn des 
Gehör empfinden, 2) mit Gegenwart des Geiftes, mit Bewußtſein 
anhören: vernimm meine Stimme; 3) deffen, was uns durch) Laute 
mitgetheilt wird, bewußt werben, ohne es gerabe immer zu ver- 
ſtehen; 4) durch das Gerücht, die Rede Anderer erfahren: ich habe 

ihtd davon pernommen; 5) einen gerichtlich verhören; 6) ſich ver⸗ 
nehmen laffen, fagen oder machen, daß ein Anderer ung hört, — 
Oft höor! ich fchon, und dieſe Tage wieder hab’ ich's gehört, ja hätt’ 
ER nit vernommen, ſo müßt ichs denen. Göthe, Taffo 2, 1. 
ige ‚ deren Ohr ihn (den Schöpfer) in dem mächtigen Raufchen 
des Sturmwinds hört, im Donner, der rollt, oder im Tifpelnden 
Bade, Unerfhafner, dich vernimmt! Klopflod, der Allgegen- 
wärtige. Hat man je vernommen von dergleihen? Schiller, 
Tell 1, 3. Denn wer weiß, ob die Gerechtigkeit nicht auch nöthig 
findet, mid zu vernehmen. Leſſing, ilie Galotti 5, 9. — 
Vernehmlich. — Ganz Teife fpricht ein Gott in unfrer Bruft, ganz 

leife, ganz vernehmlich. Göthe, Taffo 3, 2. 
. Hören (goth. häusjan, ahb. hörjan, mhb. hoeren; vergleiche gr. uxovev. 

— hören, lat. auris = Ohr, aulire — hören; Ohr, goth. Ausd, ahd. mhd. 

öre, ör) allgemein durch den Sinn des Gehörs empfinden. Verſtehen (ah. 

varstantan, virstän, mhbb. verstän, verst@n) urfprünglich fi vor oder 
gegen etwas abhaltenn oder verbedend binftellen, daß es nicht weiter kann; 
tan überhaupt vor etwas flehen: daher denn 1) vor etwas hin ſtehen, übers 

Haupt anf etwas aufachten, damit ihm nichts Uebles wiberfahre; 2) fich gegen 

ein Ding Hinrichten, vornehmlich um es feinem Geiſte gegenwärtig zu machen; 

daraus ſich deffen bewußt werten, was fich aus dem, das fich dem Geiſte mit- 
theilt, zu erkennen gibt. — Wir hören und wir glauben zu verftehn. 

Göthe, Taſſo 2, 1. 

Yum. Das Subſtantiv das Vernehmen Hat noch die beim Zehtwort vers 
altete Berentung ſich mit Jemanden benehmen, berathichlagen, umgehen: Unglüd: 
licher Weiſe flanb er mit denen, welche fie (die ſchoͤnen Wiſſenſchaften) enltivirten, 
wicht im beflen Bernehmen. Göthe, Leben 6.2. 


. Bornehmen 1) vor ſich (dem Orte nad) uehmens eine Schürze, 


22 


einen Auffag; 2) den Anfang, Anftalten zu etwas machen: eine 
Reife, eine Arbeit; 3) fih vornehmen feinen Willen worauf richten, 
um ed wirflih zu maden, mit dem Nebenbegriff, daß die Perfon 
das Ziel für fi gewählt habe. — Damit er ihn (den engel nittenen 
Bart) gleich wieder vornehmen (vorbinden) fann. Göthe, Meis 
fters Lehrjahre 4, 1. Die DVerloofung (ward) abermald® vorge: 
nommen. Göthe, Leben 6. B. Ich wette, wenn ich Ihren Bett- 
ler nun vornehme, daß aud diefer eben fo wenig Stich halten 
wird. Leffing, Minna von Barnhelın 4, 6. Aber wir hätten ung 
aud) vornemen follen, an HA zu denfen. Dafelbft 4, 1. 
Kaum bemerkte man, daß das Eis ſich verlor, fo wurde von den 
Belagerern der Bau der Schiffbrüde nun mit allem Ernſte vorge- 
nommen. Schiller, Belagerung von Antwerpen, 

Sich entfchließen (mb. entsliezen = auffchließen) bezeichnet das Selbſt⸗ 
beſtimmen mit Rüdficht auf die vorausgehende Unbeſtimmtheit. Vorhaben 
und fih vorfegenm bezeichnen die Richtung auf das nach unferem Willen zu 
verwirflichende Ziel vor und. — Daß der König fih zu andern Maßregeln 
entfchließen müſſe. Göthe, Cgmont 2. Du felber follft uns fagen, was 
tu vor haft. Schiller, Wallenfteins Tod 8, 15. 


Zunehmen zu etwas Anderem hinzunehmen; dann allgemein 
durch ein Dazu ein fleigendes Verhältniß erhalten, Gegenſatz zu ab⸗ 
nehmen. — Diefe Eftacade Tief von beiden entgegenftehenden Ufern 
ſo weit in den Strom hinein, als es die aueh ende Tiefe und 
Gewalt des Waſſers geftattete. Schiller, Belagerung von Antwerpen. 
Taf ihre Furcht fi) verringerte, und ihr Muth zunahm. 
Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 4. 

Wachſen (ahd. wahsan, mh. wahsen; vergleiche lat. vigere — leben, 
befonders von Pflanzen gefagt) drückt das Zunehmen als ein Werden aus, das 
ein tätiges iſt, ſich gleichfam von Innen fortfegt, im Beſonderen als Keim 
und aus dem Keime fich fortentwidelt. Gedeihen (früher einfach dihen, fo 
noch in ter Volfsfpradje) gutes Dafein und fofort Geſtalt und Körperlichfeit 
gewinnen; daher (figürlich) glüdlichen Zortgang in feinem Eein haben. — 
Des Landes Heerſtrom wuchs und ſchwoll. Bürger, Lich vom braven Mann. 
Miewohl die Kamille, jemehr fie getreten wird, um fo fchneller währt, fo 
wird doch die Jugend, je mehr man fie verſchwendet, um fo fchneller abges 
nutzt. Shaffpeare, König Heinrich IV. 1. Theil 2, 4. Redlichkeit gedeiht in 
jedem Stande. Schiller, Tell 2, 2. 


Fort«, her⸗, herab-, herein-, hin-, dabin-, mit, nach·, um-, 
voraus«, wahr-, weg-, binweg-, wieder⸗, zuräd-, zufammenneb- 
men bedürfen Feiner weitern Erklärung. — Deine Locke nehm’ ich 
mit mir fort, N Braut von Corinth. Aber wo mirft du 
mehr hHernehmen, Werner? Leffing, Minna von Barnhelm 5, 1. 
Indem er die Stipouette Leonorens, die an einem himmelblauen 


23 


T 


Bande hängt, herabnimmt. Schiller, Fiesko 1, 4. - Der Bater 
macht ihm dieſe Freude, er nimmt die Vögel glei herein. Gellert, 
ver Zeifig. Nehmt hin die Welt! Schiller, die Theilung der Erde. 
Er nahm mein Herz dahin. Derf. Aeneis 4, 5. Sie nehmen 
Jahrszeit mit. Der. Don Karls 2, & Die Herren 
(Collegium der Achte) ließen mich rufen und machten wid) 
tätig herunter, ſowohl weil ih in der Jade gelaufen fan, da die 
andern Mäntel umgenommen hatten, als weil die Herren ſchon 
ze Haufe einzeln durch meine Gegner eingenommen waren. Gö— 
; venuto Gellini 1, 3. So nimm deinen Danf porauß, 
ler, Fiesko 1, 2. Hat Niemand wahrgenommen, ob der 
Zafant Bertraute a Schiller, Don. Karlos 2, 12. Du fennft 
ven Prinzen Heraflius nicht? den braven Mann nicht, der Perfien 
weggenommen? Leſſing, Minna von Barnheln 1, 12. Ein 
icher, gut ober böfe, nimmt fidh feinen Lohn mit feiner That 
hinweg. Böthe, Iphigenia 2, 1. Ein Errötben zurückzuneh— 
men, haben . Ihon der Schande ſich geopfert. Schiller, Don 
Karlos 2, 15 an muß dergleichen Stellen forgfältig alle zu- 
fammennehmen, ehe man entjcheidet, ob er im Ganzen eimen I 
tigen Begriff davon gehabt oder nicht. Leſſing, ant. Briefe 28. 
Und es nahm fi zufammen der trefflihe Jüngling und fagte. 
Göthe, Hermann und Dorothea 4, 71. > 


Anm. 1. Theilnehmen if, in der Zufammenfegung, nur im Participtum 
gebrãuchlich: Er hatte feine Angen auf vie fünften, hoben, ftillen, theilnch- 
menden Geſichtszüge der Ankommenden gerichtet. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 6. 

Yum. 2, Selten it die Form mißnehmen d. h. falfch, übel aufnehmen, 
Bruder von Gloſter, ihr mißnehmt die Sache. Shuffpeare, König Richard 1, 3, 


Nehmer (ah. nämo, nomo, numen, nömari) {ft nur in Zus 
fammenfegung mit Ab», Ein⸗, Ueber-, Unter, Theil-, Wahr: ge: 
branhlid. in Brief von eurem Ginnehmer. Goͤthe, Eg⸗ 
ment 3. — Die frühere Sprache hatte noch andere, z. B. arpinomo 
(Srbnehmer), mietanẽmo (Miethnehmer), nötnumeo (Nothnehmer, 
Räuber), sigunömo (Siegnehmer, Sieger). 


Genehm für genäm (ahd. ganämi, mhd. genseme, geneme) 
was gern genommen wird, Ben und genähm (jet Tieber gäng und 
gebe, auch gäbe, ſ. geben); in biefer Bedeutung wie in der von Gern⸗ 
empfundenem veraltet. Gebraͤugii iſt noch die Redensart einem 
erwas genehm halten. Genehmhaltung, genehmigen, Ge— 
nehmigung. — Ohne unſer Genehmhalten ſich nicht von ung 
zu trennen. Schiller, Piccolomini 4, 1. Auf die Antwort, daß 
man fich gerne dazu bequemen werde, wenn Servien c8 genehm 
halte, begaben fie fich zu dieſem. Schiller, 3Ofähriger Krieg fort: 
gefegt von Woltmann 5. B. Wir genehm’gen Alles; für einen 





24 


Freund ift und kein Preis zu hoch. Schiller, Jungfrau von Or⸗ 
leans 3, 2. | 
Zugeben (ahd. zuoköpan, zuog&ban) eigentlidh fu viel ale hin⸗ 
zugeben: dann ſich dahin äußern, daß man etwas fo fein laſſe, wie es ber 
Andere haben will uber vorbringt (während genehmigen bedentet, etwas, was 
Jemand will, fagt, thut, für gut, gern annehmbar halten, daß man erflärt, 
es folle fo fein, wie es it). Zugefehen (mhd. zuo gesiän) ſich unauss 
weichend dahin vernehmen laffen (geflehen), daß man einverflanben fei mit tem, 
was von Eeiten eines Andern verlangt, vorgebracht, geihan wird. Gins 
ränmen (von räumen, ahd. rümen, mÄt. rümen — Raum laſſen) dem, 
was der Andere will oder urtheilt, nachlafien (Raum geben), um frei zu geben, 
dag es Statt haben kann. Wie die genannten Verka von äußern Hand⸗ 
Iungen wie von Vorftellungen gefagt werben, fo bes und einwilligen (nad 
mhd. willigen, von willic — geneigten Willen hatend, wilig) bloß von 
äußern Handlungen. — Doc zugegeben, daß bie alten Gemälte in heiten 
Stüden eben fv vollfommen waren, als vie beten Gemälde neuerer Zeit. 
Leſſing, ant. Briefe 9. Sie wären fchlechtertings in ter Nothwentigfeit, an 
Sranfreih Bortheile zuzug eſtehen. Eifer, BOjähriger Krieg, fortgefeßt 
von Woltmann 5. B. Das räum Ich ein. Aber, gute Claudia, hatteft du 
darum Recht, weil dir der Ausgang Recht gibt? Leifing, Emilie Galvtt 2, 4. 
Wiewohl viefelben alle Hauptpunfte der Forderungen des Gegenthelle bewilligt 
hatten. Schiller, SOjähriger Krieg, fortgefeht von Wolimann 5. B. Entlich 
nach langer Verzögerung willigte man ein, ber a zu weichen. 
Schiller, univerfalhiftorifhe Ueberſicht. 


Angenehm (goth. andandms, ahd. und mhd. ohne an) was 
ben Sinnen gefällt, iſt weniger als anmuthig und anmuths⸗ 
voll. Siehe hold. — Der Springquell fällt mit angenehmem 
Rauſchen. Schiller, die Erwartung. Es iſt wohl angenehm, 
ſich mit fich felbft befchäftigen. Göthe, Taffo 2, 3. 

Lieblich (ahd. Jinplib, mh. lieplich — zur Liebe gehörig) leidenſchaft⸗ 
‚liche Neigung zu ſich erregend, freundlich ſchimmernd (da ahd. Jiupt und Kup 
au Licht und Schimmer bedeutet), — Echön ift der Triebe! Ein lieblicher 

Knabe liegt er gelagert am ruhigen Bad. Edhiller, Braut von Meifina. 


2 und angenehm), Annehmlichkeit. — 

Der $ de einige annehmlidhe Erbietungen 

der © Kae Krieg 2. B. Die Damen 

haben ſelb lie und ihre Abfiht war, 

durd) den Goldftüden) die annehmlifte 
Form ſiers Lehrjahre 4, 1. 


amten ſagt der Bolfswig: Er ift ein gar ans 
nehmlicher Herr. — Annehmlichkeit überhaupt iſt biejenige augeborne 
ober erworbene Gigenfchaft, durch deren Wahrnehmung Empfindungen: anges 
regt werben, welche man gerne hat. Reiz (von reizen, einer Rebenform 


25 


von zeigen, mhb. rizen) if die genannte Gigenfchaft, imfofern fe ein leb⸗ 
haftes und flarfes Begehren (Hinreißen) zu fich zugleich In jenen Empfindungen 
erregt. — Ueberdieß wüßte ich feinen Stand, ber fo viel Annehmlich⸗ 
feiten, fo viel reigende Ausfühten barböte. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 14. 
Das müfen Reize fonder Gleichen fein, bie einen reis in folches Feuer 
ſegen. Schiller, Maria Stuart 2, 8. 

Bornehm, auch alterthämlich fürnehm (mhd. vürneeme und 
vorneme) viel mehr, als Anderes, genehm durch Werth und Ans 
Kin, worin tiefe auch beſtehen. — Raum hatt? idy mid in bie 

t gefptelt und fing an aufzutauchen, als man mid ſchon fo vor⸗ 
nehm hielt, mich zu mißbrauden. Göthe, Sprihwörtlid. Sie 

un, als wenn fie zu fürnehm wären. Schiller, Wallenfteins . 
— Muß ein fürnehmer Geiſt jetzt in ihn fahren. Da⸗ 
Der Vornehme hat Anfchen des Ranges, beſonders In der bürgerlichen 
Geſellſchaft. Der Hohe nimmt, befonders In der bürgerlichen Geſellſchaft 
einen folchen Rang ein, daß er welt über Anbere iſt, und biefe ihm unterges 
ordnet find. Der Große ſteht in einem weit hervorragenden, einflußreichen 
gleichſam erfien Rauge. — Es iſt der Fluch der Hohen, daß bie Niebern 
füch ihres ofimen Ohres bemaͤchtigen. Schiller, Brant von Meifina. Laſſen 
wir bie Broßen, der Erbe Fürſten um die Erde loſen. Schiller, Jungfrau 
von Orleans, Prolog 8. — Vornehmlich (faft nur Nebenwort) vor Andern 
feiner Art oben au Geltung und Rang. Borzäüglich (von Vorzug, zu ziehen) 

mehr, als Andere, durch ben weit über dieſe erhebenden Grad ber Geltung im 

Urtheil. — Die Figuren auf den Münzen gehören vornehmlich zur Bilder⸗ 

ſyrache. Leffiug, amt. Briefe 7. Franz Wilhelm, Biſchof zu Osnabrüd, 

wohnte aufpaſſend der Sendung bei, welche vorzüglich wegen ber Heffifchen 

Sache noch an Trautmannsdorf geſchah. Schiller, ZOjähriger Krieg, fortger 

fest von Boltmenn 5. 2. 

Yum. ® ellt (Meifters ahre 5, 16) einen treffenden Unterjchieb 
zwilchen —— es a A a “ Der Se —5* iſt 
negativ ... . er ſucht Alles zu vermeiden, was unwürdig, was gemein iſt... es 


ſucht ein änferliches Gleichgewicht zu erhalten, innerlich mag es flärmen, wie er 
will Der edle Menſch kann ſich in Momenten vernachläffigen, der vornehme nie ır. 


Die Nahme (ahd. näma, mhd. näme, näm), gewaltthätiges 
Nehmen, gemwaltthätig Genommenes (Beute), ift nhd. nur In Au 
fammenjegung mit Ab-, Ans, Auf, Aus, Ein, Rach⸗, Ueber, Zus, 
Theil⸗ gebraͤuchlich. Siehe die entfprechenden Beitwörter. 

Bernunft (ahd. vale)rnumft, —nunft, —nunst, vernume(i)sti, - 
mhd. vernunft, älter nhd. Vernumft, Vernumpft, bei Rüdert, ges 
fammelte Gedichte 4, 126 Vernumft, gereimt auf gefchrumft, von 
neman, wie Zunft von zöman, Kunft von quäman, fo auch heri- 
mi — Beute, notnunft — Gewaltthätigfeit) zunächft das Ver⸗ 
mögen, daß ber Geiſt von außen her empfängt, Vorſtellungen hat, 


26 


biefe verbindet und fchließt, alfo nad dem Empfangenen gleihfam 
aus ſich fchafft, ſich durch dieſe Vorftellungen zu einem Thun bes 
flimmen läßt (in diefer Bedeutung aud) auf die Thiere übertragen); 
davon dann weiter 1) das aus Fr feldft erzeugende Geiſtesvermoͤgen 3 
2) das fittlich = geiftige Vermögen; 3) Inbegriff ver felbftthätig er- 
fannten und erfchloffenen überfinnlihen Wahrheiten, im Gegenſatz 
der Offenbarung, bed Inbegriffs der durch ein höheres Wefen 
mitgetheilten überfinnlihen Wahrheit. — Vernunftlos (feine Ver⸗ 
nunft habend, feine Wirkung der Vernunft zeigend), vernünftig, 
unvernünftig (feine Vernunft habend, die Vernunft verlebend). 
Berftand (ah. varstant, virstand) 1) das Bermögen, finnlidh (ver⸗ 
mittel der Sinne) eine Vorſtellung zu haben, durch welche man ſich des Gegen⸗ 
flandes bewußt iſt; 2) das Vermögen, finnliche VBorftellungen zu haben und fie ges 
dantenthälig angemeffen zu verwenden; 8) die Weife, wie der Geiſt etwas, was Ihm 
von einem geifligen Wefen vorgeftellt wird, aufzufafien Hat. Nach philoſophi⸗ 
ſchem Sprachgebrauch iſt Berftand das Bermögen, daß etwas auf dem Erfah⸗ 
rungeiwege (a posteriori) zum Bewußtfein fommt oder dem Geiſte gegenwärtig 
wird; Vernunft das Vermögen, daß man aus Gründen und nur durch und 
ans fi ſelbſt (a priori) überfinnlidh erkennt. — Das Thier hat au Ber⸗ 
nunft; das wiflen wir, die wir die Gemſen jagen; die Rellen Flug, wu fle 
zur Weide gehen, 'ne Borhut aus, die fpist das Ohr und warnet mit heller 
Pfeife, wenn der Jäger naht. Schiller, Tell 1, 1. So laßt uns jept mit 
Zleig betrachten, was durch die ſchwache Kraft entfpringt; den ſchlechten 
Mann muß man verachten, der nie bevadht, was er volldringt. Das 
iſt's ja, was den Menfchen zieret, und dazu warb ihm der Verſtand, daß 
er im innern Herzen fpüret, was er erfchafft mit feiner Hand. 
"Schiller, Blode. Mein Schwiegerfohn full nicht allein Fener und Lebhaftigs 
feit und gute Manieren haben, ſondern auch einen feinen Berftand und fo 
viel Vernunft ale man forbern fann. 9. C. Schlegel, der Geheinmißvolle 
1, 6. — Der Berftändige finvet faſt alles Läherlih, der Vernünftige 
fat nichts. Goͤthe, Wahlverwanpfchaften, aus Ottiliens Tagebach. 


Yum. 1. Auch Abend (ah. Abant, Abunt, mhb. Abend, nurb. aftan, agſ. 
sefen) wird als Partieipium von dem fchweizerifchen Aben (mol verfürzt aus 4. 
abandèn, mhd. äbenden = Abend werden; vergleiche sende für senende von 
senen — fehnen, hälde für hälende von höln — hehlen) d. i. abnehmen, hierher 
erechnet, fchwerlich mit Recht. her darf man ein Anlehnen viefes Aben an bie 
Bartifel aba, abe, ab annehmen. 

Anm. 8. Nennen (gofh. namnjan, ahd. namnjan, nammjan, nannjan, 
nemman, nemnan, nennan, mh. nennen, nemnen, nemmen, agf. nemnian, 
altn. nefna) wird von manchen Gelehrten (3. B. Grimm II., 30) zu nöman ge⸗ 
rechnet, befunders wegen Name (goth. namö, ahb. namöd, mhb. name, agf. na- 
ma, altn. namn, nafn, flav. imja (vergleiche flavifchk imu — ich nehme). Die 
eigentliche Wurzel liegt aber nah Bott und Graff Im fanffritifhen dschnA un® 
lat, gnoscere (noscere), gr. yravas, ahd. chnähan, agf. cnawan, engl. know 
— kennen, wiflen; fansfr. naman Rat dschäman, lat. nomen, pr- Ovoya, neugr. 
van, alle mit abgelloßenem Anlaut, welcher noch erfichtlich ift im lat. agnomen 
Rait adgnomen, cognomen flaft con-, cumgnomen. 


277 


Kommen. 
(Wurzel quam, quim, fanffr. gam — gehen. 


Komme, Tam, gekommen, Tommen (ahd. quimu, quam, 
quämunds, quomandr, qu&man; mhd. kome, kam (und m), 
kämen, gekomen, komen; goth. quiman, agf. cuman, altn. koma) 
1) eigentli an dem Orte der redenden Perfon gegenwärtig werben, 
wobei das Wie oft durch das Mittelmort eines andern Verbums 
ausgedrüdt wird; 2) (figürlich), mit verſchiedenen Präpofitionen, in 
allerlei thätige und Teidentliche Beränderun en, Umftände sc. kommen: 
an einander, an das Licht, aus der Noth, auf den Gedanken, zu 
Gnaben, um fein Vermögen, hinter etwas, von Sinnen; 3) (von 
leblofen Dingen) einem andern Dinge gegenwärtig gemacht werben; 
(in verſchiedenem Sinne) entftehen, herrühren, koſten: der Brief ifl 
mit der Poft, das Bud ift ihm nie aus der Hand gekommen; der 
Sommer fommt, einem zu Ohren, zu Statten, an den Tag foms 
men, es fommt 20 fl. — Wann wird der Retter kommen dieſem 
Lande? Schiller, Tell 1, 1. Egmont kam auf den Markt ges 
ritten. Göthe, Egmont 4. Woher kam euch die Kunde? Schil⸗ 
ler, Tell 5, 1. Daß der Zufall jo gern den Treulofen zu Statten 
kommt! elling, Minna von Barnhelm 5, 10. Wie fommen 
Sie zu diefem Ringe? Daſ. 2%, 2. Ich bin um die_ Hand gelom> 
men. Schiller, Wallenfteins Lager 11. 

Berlieren (ahb. varliosan, mbb. verliesen und verlieren, agf. far 
leosan, eines Stammes mit 106, ahd. los) bebeutet etwas, was man gehabt 
hat, nicht mehr haben, daß es dahin it, zunächft wider den Willen deſſen⸗ 
der e8 Hatte; dann ohne einen erwarteten Erfolg bleiben (thun) Einbüßen 
fo viel als in die Buße (mhb. buoge, zu bag — gut gehörig) hinein kom⸗ 
men; daher dazu fommen, daß man eiwas, was man hat, laſſen muß, um 
genugzuthun; dann allgemein in etwas, was gefchieht oder vorgeht, und worauf 
bin man in einer gewifien Beiheiligung oder Beziehung iſt oder doch dafür ans 
geichen wirt, erleiden, daß etwas, was man hat, hin if. — Wer über ger 
voifie Dinge den Verſtand nicht verliert, der hat keinen zn verlieren. 
Leſfing, Smilie Galotti 4, 7. Die Geſchichte gewinnt bei dieſem Geſichtepunkt, 
was fhre Helven einbüßen. Schiller, in Hoffmeiflers Nachlefe 4, 40. 

Abkommen 1) fich entfernen, abirren: vom rechten Wege, yon 
feinem Vorhaben (früher mit dem Genitiv ſich eined Dinges ent 
levigen); 2) aus dem Gebraude kommen: diefe Mode ift abgefom- 
men; 3) Kplehter ; geringer, fhwächer werben (au herab» und 
berunterfommen). Der Infinitiv flieht auch (als Hauptwort) 

Sinne von Uebereinfommen, friedlicher Berfländigung — Wir 
fommen ab vom Spiele. Leſſing, Nathan ver Weiſe 2, 1. Ein 
fribliges AbEo mmen war notpwendig, ober eine Schlacht mußte 





23 





entfcheiden. H. Luden, Schlacht bei Straßburg im Jahr 336. Mas 
trauren wir denn viel, daß der und jener ftirbt, und kömmt der 
Sorgen ab. Opitz. Siehe, wie ih ab fei fommen, wie mir 
alle Kraft genommen. Opitz. 

Einnverwandt mit abgefommen find: abgebracht, abgefhafft, 
abgeftellt — nicht mehr int Gebrauch. Dies drückt abgefommen allgemein 
aus, die übrigen Auédrücke aber „durch irgend eine Cinwirkung abgekommen.“ 
Abgeftellt und abgefchafft veutenan, daß dies von Höheren bei Untergebe = 

nen geſchehe; abgebracht hat diefen Nebenbegriff nicht. — Wenn man den 

Tod abfchaffen Fönnte, dagegen hätten wir nichts. Goͤthe, nachgelaſſene 

Werke 9, 116. 

Unm. Abftellen kommt von ftellen 2.1. zum ftehen bringen, ahb. staljan, 
stallan, stellan, mhb. stellen, gehört mit Stall, ahb., mh. stal, altu. stallr, 
Stolle, mhd. stolle und Stuhl, ahd. stöl, stual, stuol, mhb. stmol zu 
einer Wurzel mit gr. drilley —= fielen. — Abſchaffen von fchaffen, goth. 
skapan, agf. sceapan, scepan, sceppan, Scapan, altn. skapa, ahb. scaffan, 
scafan, mhb. schaffen beveutet überhaupt thätig fein, daß etwas zum Dafein 
fommt. — Abgebracht von abbringen, bringen, goth. briggan, ahd. prinkan, 
bringan, agf. bringan, mhr. bringen, brengen — herbeibewegen. 

Ankommen 1) nahe kommen, ſich nähern; 2) vorgelaffen wer⸗ 
ben: es kann heute niemand bei dem König ankommen; 3) übel auf- 
enommen werden: du wirft bei ihm ankommen; 4) Unterfommen, 
erforgung finden: feine Tochter ift gut angefommen; 5) empfunden 
werben, befallen werden, von Gutem oder Böſem, mit dein Neben- 
begriffe, daß es bald vorübergehe: das Lachen ift ihm angefommen, 
die Arbeit Fam ihm hart an; 6) auf etwas beruhen, mit dem Neben- 
begriff des Ungewiſſen, Zweifelhaften, Zufälligen, was ben beſtim⸗ 
menden Grund betrifft: bei diefer Sache kommt ed auf feine Ent⸗ 
ſcheidung an; 7) (früher) anfommen um ein Ding — verweifen, 
anfahren. — Ein Eilbot ift Ruben ner Schiller, Wallenfteins 
Lager 4. Komme du in der Geftalt des rauhen Eishärs auf mid) 
an. Schiller, Macbeth 3, 8 Geh’ nur, du wirft mit der guten 
Zeitung bei ihm anfommen! ©. %. Weiße. Bedenkt, worauf es 
anfommt Schiller, Piccolomini 4, 7. Mir fommt ein eigen 
Grauen an bei diefem Segen. Schiller, Jungfrau von Orleans, 
Prolog 2. 

Aulangen, eintreffen fiche bei treffen. Abhangen (minder gut 
abhängen, von ahd. hangen, mhd. hangen, zu hähen gehörig wie vähen 
zn vangen) bezeichnet die Verbindung, den Bufammenhang mit bem den ber 
ſtimmenden Grund enthaltenden Dinge, und fofort auch das durch diefes “Ding 
notäwendige Bedingtſein. Anlaufen (ah. anahloufan, mhb. anloufen) 
deutet (wie anlommen) zunächft auf den Thäter und das Unangenehme, das 
er durch die üble Aufnahme feines Thuns empfindet, zugleich mit dem Neben⸗ 
begriff des Vorelligen in der That, wad ankommen und anfloßen (ah. 


anastözan, mhd. anstögen, vom golf. stäutan, altn. steyta,' ahb. stözan, 


möb. siögen — floßen) nicht ausbrüden. Anſtoßen beutet vorzüglich auf 
die unangenehme Empfindung des Andern, ber das Thuu übel aufnimmt. Ans 
wandeln (von ahd. wantaldn, mht. wandeln = treiben, verändern, auch 
Arafen, gehört zu wandön, wenden — wenden) befallen werven, wie ans 
fummen, nur ebler und mil dem Nehenbegriff, daß es weniger fchnell ges 
ſchehe. — Bon dem Befige viefer beiden Forte fchien der ganze Erfolg ver 
Belagerung abzuhängen. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Laßt fie 
nur anlaufen. Schiller, Räuber 2, 3. Ia freilich iſt er uns Allen ein 
Stein des Anſtoßes nnd Argernifiee. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Drum 
Bab’ ich meine Haut dem Kaifer verhandelt, daß feine Sorg' mich mehr ans 
wandelt. Schiller, Wallenſteins Lager 6. 


Auffommen 1) in die Höhe fommen: aus dem Waffer, von 
der Erde, von einer Krankheit, Zweifel fommt ihm auf; 2) auf- 
wachen, von XThieren und Pflanzen gefagt; 3) zu Anfehen und 
Bermögen kommen; 4) gebräuchlich werden, mit dem Nebenbegriff 
bes Gewinnens ober Crlangend der Herrfchaft über Anderes; 9) 
(Boltsiprache) offenbar werden, flatt ausfommen — Komm t 
vom Lager auf, und gibt Gott Fried im Staat, gelobt der kranke 
Star, fo werb ih ein Soldat. Leſſing, der franfe Star. Franz, 
ſteh auf ‚und laß das Weinen! Ih kann wieder auffommen. 
Goͤthe, Götz von Berlichingen 5. Es ift der Natur der Sache ges 
mäß, dag jene (Siegelringe) Tängft in Gebrauch waren, ehe 
diefe (Siegelringe mit gefrhnittenen Steinen) aufgelommen. ef 
fing, ant. Briefe 22. | 


Gebräuhli werden und Mode werden haben ven Nebenbegriff von 
auffommen nit. — Dieje Unterbrechung rührt von der fürzlih aufges 
fommenen Neuerung her... ‚diefe find jept Mode. Shakſpeare, Hamlet 
2,2. Siehe unten Herfommen. 


Auskommen 1) aus einem verichloffenen Raume kommen, auch 
berausfommen: ich bin heute noch nicht ausgelommen, die juns 
gen Hühner find ſchon ausgelommen; 2) zur Kenntniß kommen, 
von etwas gefagt, das geheim gehalten werden follte; 3) entitehen: 
es ift Feuer in der Stadt ausgefommen; 4) zu einem gewilfen 
Zwede jo viel haben, ald man dazu braucht, aber nur von den 

Inden Perfonen gefagt: mit dem Geld, dem Zeug; 5) feine 

t erreichen: fiehe, wie du damit ausfommft; 6) fi) mit einem 
vertragen: er konnte mit ihm nicht ausfommen. — Clavigo kann 
das Papier nit ausfommen laſſen. Göthe, Clavigo 3. Wenn 
wir in ber Stadt zufammenfommen, werden wir ausgefpürt, Eriegen 
Zuhörer, und die Sache kommt aus. Shaffpeare, Sommernachts⸗ 
traum 1, 1. Dan fommt nicht aus mit fanften Mitteln. Schil⸗ 
ler, Jiccolomini 1, 2. Überfluß kommt eher zu grauen Haaren, 
aber Auskommen lebt länger. Shaffpeare, der Kaufmann von 


Venedig 1, 3. Weil doch meift hinter der Stärke eine Gutmuͤthig⸗ 
feit verborgen Tiegt, fo ift im Nothfall auch mit ihnen (den Kriegs- 
leuten) auszufommen. Göthe, Wahlverwandfchaften 2, 5 (aus 
Ottiliens Tagebud)). 


Bekannt werden allgemein zur Kenntnig kommen. — Ausreichen 
von ahd. reichan, mhd. reichen, agf. reecan, abgeleitet von ahd. rihhan 
— viel vermögen) und auslangen (von ahb.,langön, langen = nad 
Entferntem fireben; mhd. ift langen — lang werben, dann f. v. a den Arm 
wonach weit ausitreden) drüden durch ihre Grundwörter aus, daß nur das 
Nöthigfte vorhanden fei, um zu dem Zwede zu gelangen. Zulangen (menis 
ger finnverwandt mit auskommen) drückt ein erforberlihes Borhandenfein 
zum Biele oder Zweck aus. — Der Prinz von Dranien hatte die Sröffnungen 
von d'Eſtrades ale eine fcherzhafte Höflichkeit angefehn, fobald faft zu gleicher 
Zeit befannt wurde, daß Spanien fich dem fchiebsrichterlichen Urtheil der 
Königin Mutter hingegeben habe. Schiller, 80jähriger Krieg, fortgefegt von 
Woltmann 5. Bud. Das arme Thier, durchſichtiger ale Gras, ſchien 
kaum belebt genug, bis Bagdad auszureichen. Wieland, Oberon 4, 30. 
Fordere mehr, wenn es nicht zulangt. Leſſtng, Minna von Barn⸗ 
"helm 2, 8. 


Belommen 1) allgemein empfangen, e8 mag das, was einem 
Dinge zufommt, woher zu ihm kommen, over ſich aus demfelben 
entwideln, und wir mögen ed wollen oder nidht: Briefe, Geld, 
Schläge, Vorwürfe, Sonnenfhein, einen Mann, einen Antrag, die 
Pflanzen befommen Blätter, Früchte; 2) Folgen oder Wirfung 
haben, zum Bortheil oder Nachtheil gereihen: der Gang befommt 
ihm gut, ſchlecht; 3) (früher) fortfoımmen, gedeihen, von Pflanzen 
und Thieren; 4) (früher) br, begeben, ereignen; 5) (Bolfsiprache) 
begegnen. — Noch hat er feinen Biffen Brod aus meiner Hand 
befommen. Xefling, Minna yon Barnhelm 1, 8 Nehmen fie 
ung das Unſre in Seffeln, müffen wir’ wieder befommen in 
Löffen. Schiller, Wallenfteins Lager 1. Ich glaubte nur, daß ich 
den Herrn in meinem Leben wieder nie zu fehn befommen würde. 
Leſſing, Nathan der Weife 4, 1. Sie befam euch übel, bie 
Lection. Schiller, Wallenfteins Lager 6. 

Empfangen (ahd. aCi)ntfankan, infähan, mhb. enpfähen — einfan- 
gen, in ſich Hineinfangen, in fich nehmen) in ſich annehmen, wobei zugleich 
eingefchloffen if, daß das, was wir fo annehmen, woher zu uns fomme, und 
dag wir Handeln, damit wir das zur Annahme zu und Kommende haben 
Binnen. Erhalten bedeutet etwas, was uns zufommt, nehmen, um es feft 
zu haben (halten); daher etwas zur Befibnahme bekommen, zu dem Belle 
von etwas gelangen; darans endlich machen, daß der Bell von etwas bleibt. 
Kriegen (urfprüngli nieberdeutfh, mhd. krigen) ift eigentlih mit ber 
Hand ergreifen, und bat alfo den Nebenbegriff des Gtrebens nad etwas. — 


31 


Roc gar nicht war das Heer. Erſchaffen erſt mußt’ es der Friedlaud; er 
empfieng es wicht, er gab's dem Kaifer! Bon dem Kalfer nicht erhiel⸗ 
tew wir den Wallenflein zum Felbherrn. So iſt es nicht, fo niht! Bon 
Woallenflein erhielten wir den Kaiſer erſt zum Germ, er Mnäyfi uns, er 
allein, an dieſe Fahnen. Schiller, Piccolomini 1, 3. Schaf dein Geſicht 
mir aus den Angen! Seiton! ih kriege Herzweh, wenn ich's fehe, Seiton! 
Schiller, Macbeth 5, 4. 
Beikommen 1) näher kommen: der Feſtung, den DManne; 
2) glei fein: diefer Wein kommt jenem nicht bei; 3) fi) beifommen 
laffen, wagen; 4) GVolksſprache) mit einer Sache gut oder übel 
beitommen, Bortheil oder Nachtheil dabei haben. — Die Natur hat 
fo viel eit vorbehalten, daß wir mit Wiffen und Willens 
ihr nicht — —— beifommen, oder fie in die Enge 
n können. Göthe, Aelteres, nachgelaffene Werfe 10, 73. - Daß 
es Steine von einer geringeren Gattung find, welde dem alten 
— mehr oder weniger beikommen. Leſſing, ant. Briefe 
». Et’ ih nur dem Tempelheren erft beizufommen. Leffing, 
Rattan der Weile 4, 6. Er Tiefe es fih nicht beifommen, 
dem römifchen Volke in feiner Macht, in feinen Mafregeln und 
Berhlüffen entgegenzutreten. Dfenbrüggen, Ciceros Rede für ven 
Milo, Einleitung Seite 17. j 
en 1) durch einen Drt reifen: der Kaiſer ift heute 
bier durchgekommen; 2) Überwindung von Hinderniffen wohin 
langen: fie Tonnten nicht (durch den Fluß, das Gedränge, die 
Schiwierigfeiten des Verſtehens einer Stelle) durchkommen; 3) völlig 
mit etwas zu Ende, zu Stande: mit einer Arbeit, einem Buch, mit 
dem Arm (durch den Armel); 4) die Abficht erreichen, aus einer 
Berlegenheit, Gefahr Fommen. — Wo wir nur durchgekommen 
find, erzählen Kinder und Kindeskind nad Hundert und aber u 
dert Jahren von dem Holf noch und feinen Schaaren, Schiller, 
Wallenſteins Lager 6. in braver Reiter und ein rechter Regen 
fommen überall durch. Göthe, Götz von Berlichingen 8. 
Einfommen 1) mit einem Anliegen einer Bitte, Beſchwerde 
fih an eine höhere Behörde wenden; 2) eintreffen: es find Beſchwer⸗ 
den gegen ihn eingefommen; 3) zur (oder in die) Kaffe fommen, be: 
zahlt werben; 4) einfallen, in Gedanken kommen, in dieſer Bes 
deutung öfters bei Leſſing; 5) (Volksſprache) in die Wochen foms 
men. — Ich werde noch einige Zeit warten, und ſodann zum dritten⸗ 
male einfommen. Leſſing, Briefe an feinen Bruber 80. Gegen 
den Bifor fommen viele Klagen ein. Shaffpeare, König Heinrich 
IV., 2 Theil 5, 1. Wir dürfen fühn verthun, in Hoffnung deffen, 
was einfommt. Shaffpeare, König Heinrih IV., 1. Theil 4, 1. 
Wie follte mir einfommen, daß der mir feine Dienfte anbieten 
würde, der auf das Feindfeligfte mich zu übermwältigen trachtete, 





Göthe, Götz von Berlichingen 3. Wem ift es vor ihm einges= - 
fommen, das Geringfle von Perfpective darin zu finden? Beffing, 
antig. Briefe 12. Wer follte wegen der Berneinung feiner Geburt 
fi) einfommen laſſen, an ein bedeutendes Etwas zu denfen? 
Schiller, Räuber 4, 3. | | 

Entlommen 1) allgemein davon kommen, entfliehen: er ift im 
den Wald entfommen; 2) abhanden fommen, verloren gehen: ver 
Hund ift mir entkommen. — Ein Wunder war’d, daß ihr ent- 
fommen. Schiller, Tell 4, 1. 


Die nachfolgenden finnverwandten Ausbrüde geben mit dem daß zugleich 
bie Art an, wie man ſich hinmwegbegibt. Entweichen (mhb. entwichen) 
hebt den Begriff hervor, daß der Ort und die Richtung verändert werde, be= 
ſonders auch, daß man vor dem Drange des Nebels, oder der Gefahr nach⸗ 
gebe. Gntfliehen (ahd. vliohan, mhb. vliehen) drückt die Eile des Weg⸗ 
begebens aus. Entwifchen (von dem Gmpfindungslaut ver Schnelle wits, 
witfh — wips, mh. intwisken) hat befonders Die Bedeutung des Schnellen 
und zugleich des lnerwarteten, Unbemerften und Heimlihen. Entgehen 
(mh. eng(k)An) wird eigentlich von Fortbewegung überhaupt gebraucht; daher 
figürlich in der Fortbewegung unbemerkt laſſen. Gntlaufen hat ben Bes 
griff des geſchwinden Fortbewegens, im befondern auch (wie entgehen) vorn 
lebendigen Dingen mit den Füßen. Entrinnen (fiche rinnen) bezeichnet, 
dag das geſchwinde Fortbewegen mit Stärke oder Heftigkeit geſchehe. Ent⸗ 
fpringen (flehe fpringen) hat: den Begriff, daß füch der Körper lebhaft ſtark 
erhebt und durch eine fchnelle Fortbewegung über Hinderniſſe wegeilt, ohne 
diefe zu berühren, und fo fih dann frei fühlt. Entſchlüpfen (ahd. ant- 
slupfen, mhb. enslifen, von ahd. ‚sluphan, sluphen, mhb. slupfen, altf. 
sloppen, slupjan = ſchlüũpfen, ans, ausziehen; vergleiche fchleifen) hebt 
den Begriff ver Geſchwindigkeit und auch der Gewandtheit hervor, mit der et= 
was durchhin entkommt. — Und drei, mit gewaltigen: Streichen, erlegt er, bie 
andern entweichen. Schiller, Bürgichaftl. Eur Zräulein Trudchen ift ent- 
flohn. Bürger, die Gntführung. Als diefer die Arbeit gethan und die 
Beinde entwifcht ſah.. Das Frohloden der Armee war um fo größer, nach⸗ 
dem man erſt die große Gefahr vernommen, der die Schiffe nur eben ent⸗ 
gangen waren. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Jener, leicht zu 
Zuß, entlief mir. Shaffpeare, Othello 2, 3. Wollt Ihr die Folgen tragen, 
wenn er zum Feind entrinnt durch unfre Schuld? Schiller, Wallenſteins 
Tod 4, 6. Und glaubt er fliehend zu entfpringen, geflügelt find wir ba. 
Schiller, Kraniche des Ibykus. Wir ‚öffnen willig unfre . Hände, daß uns 
wiverbringlich uns ein Gut entfchlüpfe Göthe, Taſſo 2, 4. 


Entgegentonmmen dahin fich bewegen, woher ein Anderes fich 
— wobei es unbeſtimmt bleibt, ob es mit oder ohne Abſicht 
860 of Und entgegen kommt ihm Philoftratus. Schiller, 

gſcha 


33 


in ———— — —— 


Begegnen (mhd. begegenen) läßt wie entgegenkommen unbeſtimmt, 
ob es mit oder ohne Abſicht auf das Andere geſchehe, drückt aber wie auch 
entgegenfommen in jedem Falle aus, daß ein Zuſammentreffen von beiden 
Seiten Statt findet. Begegnen wird allein auf den Zeitpunct angewendet, in 
welchem man in dieſer Bewegung zu einander gelangt, man mag nun übrigens 
ſich an einander vorüber bewegen, oder nicht. Entgegen gehen deutet an, 
dag die Bewegung abſichtlich gefchieht, um mit dem andern ſich herzubewe⸗ 
genden Dinge zufammenzutreffen, dabei aber unheftimmt bleibt, ob dies Zur 
fammentreffen wirflih Statt finde oder nicht. — Iſt aus dem Innern doch 
ber Feind verjagt; dem Feind von Außen wollen wir begegnen. Schiller, 
Tell 5, 1. (Mancher) empfand es ſelbſt, mie göftergleich dem armen Irren⸗ 
ben ein freundlich Menfchenangefiht begegnet. Göthe, Iphigenie 4, 2. 
Geh ven Weibern zart entgegen, du gewinnit fie auf mein Wort. Göthe, 
Antivorten. 

Fortkommen 1) von (aus) einem Drte wegkommen; 2) (eig. 
und fig.) vorwärtsfommen: man fann auf dem Wege nicht fortkom⸗ 
men, die Pflanze kommt fort. — Macht, daß ihr fortfommt. Schiller, 
Wallenſteins Tod 2, 7. Und wer rafch ift und verwegen, Fommt 
vielleicht noch beffer fort. Göthe, Antworten. Für Görgen iſt mir 
F nicht bange, der kömmt gewiß durch ſeine Dummheit fort. 

llert, der ſterbende Vater. 

Herkommen 1) eig. ſich (von einem Orte her) ber redenden 
Perfon nähern: der Wind kommt von Often her; 2) abſtammen, 
die Wirkung einer Urfadhe fein: er kommt von jenem Herrn ber, 
biefe Beichuldigungen kommen yon ihm her; 3) (fig.) üblich fein: 
es it ſo hergekommen — gebräuchlich im ſubſtantiviſchen Inf. das 
Herfommen). — Seine Tochter wird heut Abend auf dem Gute, 
von dem er herkommt, dem Grafen Appiani angetraut. Leffing, 
Emilie Galotti 2, 3. — die wenigſten (Fehler) von ihm 
ſelbſt herko mmen mögen. Leſſing, ant. Briefe 31. - 

Abſtammen bezeichnet mehr das blutsverwandtliche Entſproſſenſein von- 
Boreltern oder einer vorelterlihen PBerfon in Anfehung der Zwifchenglieber, 
wird aber wie herfommen auch fig. gebraucht. Siehe Geburt, Abr 
Inuft, Herfunft. — Es rühmt ſich diejes Für, von Ammon abzuſtam⸗ 
men. Schiller, Aeneis 4, 37. Untet allen Neigungen, die von dem Schoͤn⸗ 
beitögefübl abftammen, und das Bigenthum feiner Seelen find, empfiehlt 
feine ich Dem moralijchen Gefühl fo fehr, als der verevelte Affect der Liebe. 
Schiller, über die nothwendigen Grenzen beim Gebrauche ſchöner Bormen. 
Nachkommen 1) eig. hinter etwas kommen, ſich in Beziehung 

zu etwas, das räumlich oder zeitlih vor ift, fortbewegen; daraus 
2) auf die Willensbeftimmung eines Andern oder überhaupt auf eine 
gegebene Hin feinen freien Handlungen ihre Richtung zur Erfüllung 
jener geben: dem Befehle, Gefege. — Als wir yon Nürnberg weg- 
gingen, ift er uns nicht damit (mit ber Garderobe) nachgefvus 


3 








34 





men. Leffing, Dinna von Barnhelm 3, 1. Sie ermaßne fie alfo 
ernſtlich, auch ihren Verheißungen gleichfalls nachzukommen. 
Schiller, Abfall der Niederlande 3. B. 


Folgen (ahd. mhd. folgen, altſ. folgön, agf. fyligean, altn. fyIgja) bedeutet 
zunächſt auf ein Anderes (uach) fein oder kommen, was räumlich ober zeitlich 
vor ift; davon mit Jemanden oder mit etwas fein, was räumlich oder zeitlich 
zuerft if; dann feine freien Handlungen ver wirklichen ober nur fo angenom- 
menen Willensbeitimmung eines Andern oder überhaupt einer gegebenen unter: 
orbnen, anch auf ben Andern felbit, nicht bloß auf die Willensbefimmung 
bezogen. In beiderlei Beziehungen fleht auch gehorchen (verflärft von ge⸗ 
hören, ahd. kihorjan — hören, gehurchen), aber mit dem Nebenbegriff des 
Aufmerfens auf den Andern und auf bie von ihm gegebene (nicht aud aus 
den Umfländen gefchloffene, wie beifolgen) Willensbeftimmung, fo wie des 
Erfennenlafiens viefes Aufmerkens. Befolgen flieht, wie nachkommen, 
nur in Beziehung auf eine Willensbeflimmung und nicht auf die Perfun, von 
der diefe ausgeht. — Zwar feh’ ih nicht, wie ich dem Ruth des Treuen 
folgen full. Goͤthe, Iphigenie 1, 2. Sag’ nidyt, da müßelt der Nothwen⸗ 
digfeit gehorchen und dem Dringen deines Volks. Schiller, Marta Stuart 
2, 3, Wieder ein Gebot ift: Du follft nicht ftehlen. Ja, das befolgt ihr 
nah dem Wort. Schiller, Wallenfteins Lager 8. 


Niederfommen wird wie entbunden werden fig, und Anftan- 
des halben verhüllend von der Geburt eined Kindes gefagt. Nie 
berfommen (wie Niederfunft) bezeichnet die Beburt von Sei⸗ 
ten der Schwäche und des Unwohlſeins der Gebärerin; entbunden 
werden (wie Entbindung) bezeidinet fie von der Seite, daß die 
Gebärerin von etwas Beichwerlichem befreit werde. Entbinden 
(und Entbindung) wird mehr von hohen Perfonen, zugleich au 
von der bei der Geburt befchäftigten helfenden Perfon (Arzt, Amme 
gefagt. Die Ausdrucksweiſe in die Wochen fommen berüdfich- 
tigt die Zeit, welche die Gebärerin nad) der Geburt noch im Bette 
‚zubringen muß. — Die Wittwe freite wieder, und kam mit einem 

Knaben nieder, den man den Eleinen Töffel hieß. Lichtwer, der 
Heine ZTöffel. Hier auf dem Strohe Tiegt die erfi entbundene 
Frau des reichen Befigers. Göthe, Hermann und Dorothea 2, 32. 
Kommt die Hoheit in die Wochen! Paten, die verhängniß- 
volle Gabel 5. | 

Anm. Die frühere Sprache hatte genefen (ahv. ganesan, mhb. genösen, 
ju nerjan, goth. nasjan — nähren, gehörig) in der Bedeutung kefreit werben 
von etwas, bann finnverwanbt mit entbunden werden, was ſich uhd. noch 
zuweilen: findet, } B. wie ich der übeln nöt genöse; diu (bie) eines kindes 
sol genösen. ©ie. ift genefen eines Knabens. Luther, Iſaias 66, 7. Der ift 
der Noth im Tod genefen. W. Smets, die Leichenbegleitung. Sein Weib, ein 
ihm fehr ee war eines Kindleins erfl genefen. Langbein, der Hirte 
von ger . . 





35 


Werkommen 1) über etwas: der Fluß iſt zu breit, ich kam 
nicht überfommen;, 2) erhalten: Madt, ein Amt; 3) überfallen 
werden: es überfam ihn ein unbezwingbarer Schlaf; 4) (früber) 
überfommen einen eines Dinges — ihn deffen überweilen. — Die 
großen Geldſummen, jagen fie, welche Penneranda überfomuren 
bat, um fie in der Verfammlung auszutheilen, machen ung viel 
Kummer. Schiller, 3Ojähriger Krieg, fortgefegt von Woltmann 5. 2. 
Die Gefar, fo fie bald überfommen dörfte. Weichmann, Poefie 
der Niederſachſen 1, 6. | i 

Unterfommen 1) unter etwas, ein Obdach; 2) (fig.) feine 
Verſorgung finden; 3) (früher) unterbleiben, verhindern, abftellen, 
— Ich muß wo anders (in einem andern Wirthshaus) unterzu- 
fommen ſuchen. Leſſing, Minna von Barnheln 1, 3. Er wolle 
aunterzufommen (eine Stelle zu finden) ſuchen. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 1, 11. 

Berfommen 1) dahin fein, ohne daß man weiß, wohin es 
gekommen ift: das Buch ift mir verfommen; 2) nad) und nad) ges 
ſchwächt werden, daß das Dafein dahin ift Lin der Volksſprache 
verfamen und verlamden); 3) (jeltner) übereinfommen mit 
Jemanden; 4) früher) vorbauen, verhindern. — Da wohnt’ und 
weint’ er, und verkam, durch feines Mädels Schuld, vor Gran, 
verlöfchend wie ein Licht. Bürger, Bruder Graurod. | 

Berloren geben (von verlieren, fiehe beifommen) dahin fein, daß 
man es nicht mehr Hat; fo werden, daß: eimas ohne ben erwarteten Erfolg 
dahin (zu Ende) if. — Auf dem langen Wege, aus dem Auge durch ven 

Ara in den Pinfel, wie viel geht da (bei dem Maler) verloren. Leſſing 

Exwmilie Galotti 1, 4. a 


Borkommen 1) Anderes, was voraus oder in gleichmäßiger 
Bewegungslinie iſt, Hinter fih zurüdlaffen, fei e8 durd wirkliche 
räumliche Fortbewegung, oder überhaupt, 3. DB. durch Übertrefs 
fen; 2) in gewiffer Beziehung mit der nämlichen Handlung - eher 
fertig fein, als ein Anderer (gewöhnlicher zuporfommen); 3) zu 
Jemanden kommen, ohne daß die Perfon genannt zu werden braucht: 
ich fonnte nicht vorlommen; 4) in Beziehung auf ein wahrnehm⸗ 
bares Wefen anegenwärtig und von ihm wahrgenoinmen werden; 
dem Sinne oder dem Geiſte fi vergegenwärtigen mit Ungewißheit, 
ob es Wirkliches fei oder nicht, oder aud) mit dem Bemußtfein, 
dag es Unwirkliches iſt; 5) unvermuthet gegenwärtig werben, ſich 
ereignen; 6) (urjprünglih und noch zumeilen in der Volfsiprache) 

orkommen. — Der Borderfte, der ſtürzt, und fo fomm’ id 
nun yor. Leffing, Nathan ver Weife'5, 1. Seine Liebe, raſch wie 
kin Sporn, gab ibm ſo ſchnelle Flügen, daß er uns lang zu vor⸗ 
lam Gꝙiller, Mar eth 1, 13. Die Ausdrücke der Leidenſchaft, 

3* 


36 


von Freude zur Wuth, follen flüchtig, wie fie im Leben vorfom- 
men, aufgezeichnet werden. Göthe, Abendmahl von Leonardo da 
Vinci Bd. 39, 1233. Ihre wechlelnden wunderlichen Stimmen famen 
mir Höchft ehrwürdig vor. Göthe, Meifters Lehrfahre 1, 2. Je⸗ 
dem fommt fie wie fein Liebehen vor. Göthe, Fauſt 1, 219. 
Überholen (mhd. überholn == herüberholen) etwas, mas voraus iſt, 
hinter fich zurüdlaffen, fowol im eigentlichen Sinne, wenn es durch Gefchwindigfeit 
geichieht, als auch überhaupt, dann auch übertreffen durch Nacheiferung. — 
Scheinen (goth. skeinan, ahd. agf. scinan, mhd. schinen, alta. skina, 
erft mhb.. unperfönlich, urfprünglich Licht von ſich geben) bedeutet Hier Außer- 
Ich in die Sinne fallen mit zweifelhafter oder feiner Wirklichkeit des Innern; 
dann überhaupt etwas finnlichgeiftig empfinden ohne Wirklichkeit oder doch 
mit Ungewißhelt. — Er (der Pfeil) überholt aber auch den Sturm aus dem 
hohen Nord. Klopflod, Hermanns Schlacht 2. Man fand, dag ich in der 
Mufif und im Tanzen den Unterricht und das Beifpiel, das fie mir geben 
Eonnte, bald überholte. Wieland. Ind ehe das dritte Morgenroth fcheint. 
Schiller, Bürgfchaft. Sin Glanz vom Himmel ſchien die Hohe zu umleuchten- 
Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 9. 


Zukommen 1) zu etwas fommen, in örtlicher Beziehung in 
ein Gegenwärtigfein und dann in ein Dafein ſich bewegen: er Tann 
nicht zufommen, zufomme uns dein Reich; 2) überbradht werden: 
die Nachricht tft mir zugefommen; 3) allgemein als Beftimmung fich 
zu einem Dinge fo verhalten, daß fie in Beziehung deffelben bejaht 
wird; Jemandes Pflicht und Befugniß gemäß fein. — Wahrhaftig, 
(er) iſt's, kömmt auf und zu. Leſſing, Nathan der Weile 1, 2. 
Um diefe Zeit fam mir die Kunde zu. Schiller, Maria Stuart 
1, 6. Erlauben Sie mir, Ihnen die näheren Erörterungen nad) 
und nad zufommen zu laſſen. Lefling, ant. Briefe 14. Dar- 
über werd’ ich dem Erflärung geben, dem's zufommt, dieſe Frag’ 
an mich zu thun. Schiller, Wallenfleins Tod 2, 6. 


Gehören (ahd. kali)hörjan, mhd. gehoeren) wen fein, als in einer 
gewiffen Beziehung der Abhängigkeit zu ihm flehend; damn überhaupt wen 
mit Grund fein, mit Grund zukommen, feinen zureichenden Grand worte 
haben. Zuftehen wirb nur gefagt, wenn die Beſtimmung eine freie Hand⸗ 
lung ift, deren Ausübung angefprochen werben kann. Giche noch gebühren. 
— Das Feld gehört dem Biſchof und dem König. Ediller, Tell 3, 8. 
Beil... ven Wangeliſchen ſchwere Verantwortung zuftehn möcte. Schiller, 
30jähriger Krieg, fortgefept von Woltmann 5. B. 


Zufammentommen d. i. fid) aus er Sein zu einem Zu⸗ 
fammenfein, Beieinanderfein bewegen: Menſchen, Kugeln, Linien. — 
Wer zählt die Völker, nennt die Namen, die gaftlich hier zufam- 
men famen? Schiller, Kraniche des Ibykus. 








37 


Sammeln (ahd. samandn, seminön, nihd. samenen, agf. samnjan, 
somnjan, von sam, sama — zugleich und zufammt) bebeutet allgemein aus⸗ 
einander feiende Dinge bei einander fommen machen. Berfammeln bezeich⸗ 
net den Begriff von fammeln beitinnmter, und wird nur In Beziehung auf Les 
beubiges (oder das poetifch belebt dargeftellte Leblofe) gebraucht. Beide Derba 
ſetzen immer eine Abficht zum *Beieinanderfein voraus, während das Zuſam⸗ 
menfonmen eben ſowol abſichtslos gefcheben fan. — Um tes Lichts gefell’ge 
Flamme ſammeln fi die Hausbewohner. Schiller, Glocke. Folgt mir nad) 
Frauenberg, wo alle Treuen bei Gallas ſich und Altringer verfammeln. 
Schiller, Wallenſteins Tod 2, 6. 

Keiner weitern Erflärung bedürfen: dahin-, dar- (auf einen), 
darüber-, darunter-, a wifchen-, heim, herauf⸗, herans-, 
berbei-, berein-, herwieber-, herüber-, herum⸗, herunter-, bervor-, 
bin-, binab-, hinan⸗, hinau . hinaus-, binein-, binüber-, hinun⸗ 
ter⸗ hinzu⸗, lo®-, mik, ü erein⸗ (ſ. entſprechen), um⸗, voran⸗ 
vorbei-, vorüber-, weg⸗, wieder⸗, zurück⸗, zuvorkommen, 
von denen manche meiſt getrennt geſchrieben, auch theilweiſe in 
verſchiedenen Bedeutungen gebraucht werden. — O Gott des Him⸗ 
mels! Muß es dahin kommen! Schiller, Maria Stuart 3, 4. 
Es möchte noch ein Unheil zwiſchen kommen. Schiller, Turan⸗ 
dot 3, 4. Man ſagt, er habe ſtracks, ſobald er heimgekom— 
men, ſich hingelegt. Wieland, Oberon 1, 54. Nirgends baut die 
Milde, die her ab in menfdlicher Geftalt vom Himmel fommt, ein 
Reich ſich fchuglter. Göthe, Iphigenie 4, 2. Freundlich famen 
beran die n. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 65. Und 
zu mir mein Bater, wie Todtengeftalt Herauffam. Klovftod, Meſ—⸗ 
fias 3, 723. IIe weniger id) etwas dabei hberausfommen fah. 
Böthe, Leben 6. Bud. Dies fommt heraus, drum meld’ ich 
dieſen Ort. Shaffpeare, König Richard 1, 4 Damit c8 nicht 
herausfomme, als ob Sie mir zu Gefallen rede. Leffing, Minna 
son Barnheim 3,4. Der enticheidende Augenblick fchien endlich ber- 
beigefommen zu fein. Schiller, dreißigjähriger Krieg 1. Bud). 
Und e8 behaget fo wohl, wenn mit dem gewünfceten Weibchen auch 
in Körben und Kaften die nüglihe Gabe hereinkommt. Göthe, 
Hermann. und Dorothea 2, 172. Bis Nahridt ung herüber 
tommt vom Walde. Schiller, Tell 1, 4. Sie famen hinter Ant- 
werpen herum. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Ich bin 
hberuntergefommen (vom Berge), und weiß doch felbft nicht 
wie. Goͤthe, Schäfers Klagelied. Sie fommen hervor (aus ben 
Stäbern), ein Weib da, ein Mann. Göthe, Tedtentanz. Wo Fam 
der Baidmann!) hin, mit dem ich ſprach? Schiller, Tell 4, B. 


2) Befir Wei dmann (mhb. weileman) von ahd. weida, mid. weide = 
das Ausgehen auf den Bang von Wild, Vögeln, Fiſchen, Lebensnahrung; ah. 
weidanon — fagen. 









38 


Laßt mich, ich komme bald zu euch hinab: .Göthe, Iphigenie 2,1. 
Endlih famft du zur Laube hinan. Göthe, Aleris und Dora. 
Einftens war des Zwergekönigs Majeſtät Hinaufgefommen 9. 
Neumann, die Riefen und bie au Das fommt auf reiche 
Augen und arme Hände hinaus. Shakſpeare, So wie e8 euch ge- 
fällt 4, 4. Als id nun endlich vor's Thor und auf bie Straße 
binausfam. Göthe, Hermann und Dorothea 2, 16. Bon außen 
fommt nichts in Sie hinein. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 16. 
Die gnädige Frau läßt Sie fehr bitten gleih hinüber zu Fommen. 
Göthe, Stella 1. Wollt er biefen Abend ? 
Paten, Treue um Treue 5. Horchend wundert’ ich mich, — als 
ih hinzukam, kannt' ich Reineken ſtracks. Göthe, Reineke Fuchs 


1, 74. Es iſt für Sie recht gut, Herr Major, daß Sie auf dieſe 


Weiſe von ihr losgekommen ſind. Leſſing, Minna von Barn⸗ 
heim 4, 7. Wie ärgerlich mir es geweſen, daß Du nicht mitkom⸗ 
men können, brauche ich Dir nicht zu ſagen. Leſſing, Briefe an ſei⸗ 
nen Bruder 127. Der Piccolomini war's, der umgekommen. 
Schiller, Wallenſteins Tod 4, 6. Das Ding kommt um (d. i. uns 
ter die Leute). Schiller, Räuber 2, 3. Sie kamen nicht bei Dir 
vorbei? Schiller, Macbeth 4, 5. Ein Kaufzug, hat er vernom⸗ 
men, wird frühe vorüberfommen. Uhland, —** Rechberger. 
Ich bin bei dieſem noch fo ziemlich weggekommen. Leſſing, Minna 
von Barnhelm 2, 2. Mach nur, daß wir wegkommen. Leſſing, 
Emilie Galotti 4, 8. Wenn Sie von Brüffel wiederfommen. 
Schiller, Don Karlos 2, 5. Wer nicht vorwärts geht, der fommt 
zurüde. Göthe, Hermann und Dorothea 3, 66. Willſt Du mit 
nee That zuvor ihn kommen. Schiller, Wallenſteins 


Bequem, ein Reft der älteren Form, (ahd. piquämi, mhd. 
bequeme, agf. gecveme), eigentlih zufommend, übereinftimmend 
womit; dann Feine Beichwerlichfeit macdend und daher zum Ges 
brauche angemeffen; davon auf die Perfon übertragen, Angemefjen- 
beit zum Gebrauche Tiebend und darum Beſchwerlichkeit feheuend. — 
Davon unbequem, bes (unbe-) quemlih, Be- (Unbes) 
quemlicdfeit, fi bequemen. — Der glatten Pferde wohlges 
nährte Zucht ift von den Bergen glüdlich beimgebradht zur Wins 
terung in den bequemen Ställen. Sciller, Tel 1, 2. So war 
ich heiter, aller Menfchen Freund, behülflih, wach, zu Rath und 
That bequem. Göthe, die natürliche Tochter 3, 4. Macht's Euch 
bequem. Schiller, Picecolemini 4, 6. er aber recht bequem 
iſt und faul, flög’ dem eine gebratene Taube ind Maul, er würde 
höchlich ſich's verbitten, wär’ e nicht auch gefchict zerfchnitten. Göthe, 
Sprichwörtlich. Sollte e8 nicht vollfommen nad * Gnaden Be⸗ 
quemlichkeit geweſen ſein, ſo geruhen Ihro Gnaden nur zu bes 








fehlen. Leifing, Minna von Barnhelm 2, 2. Kein Ehrenmann 
wird fih der Schmach bequemen. Schiller, Tel 1, 3 Wir, in 
Heindes Land, mußten derweil uns fchleht bequemen. Schiller, 
Wallenſteins Lager 6. 

Gelegen (mh. gelögen, von ahd. likan, mhb. ligen) zunächft anges 
meſſen nach der Lage, dann dadurch ohne Befchwerlichkeit für den Gebrauch. 
Semädlid (mhp. gemacheltch, von ahd. mah, kimah, mhb. gemach 
— Ruhe und Wohnfl) wird nur von ſolchem gefagt, was mit Ruhe vers 
bunten tft, ohne Unannehmlichfeit. — Wird darum auch Ihr unvermutheter 
Aublid ihm gelegen fein? Leffing, Smilie Galotti 4, 6. Dom fichern 
Bort läßt ſich's gemächlich rathen. Schiller, Tell 1, 1. 

Aum. Ganz unfer bequem dem Sinne nach iſt das fchweizerifche komm⸗ 
li& (mbb. kumenlich, im 17. Jahrhundert Fumlich, engliih comely = zu⸗ 
fagend, tanglih). ES Hagelt ſchwer; kommt in die Hütte, Vater, es iſt nicht 
fommlich, bier im Freien haufen. Schiller, Tell 4, 1. 

Das Herlommen (mit dem Grundbegriff des aus früherer Zeit 
auf die fpätere unverändert Uebergegangenen und Erhaltenen) erflärt 
fh aus berfommen 3. Davon Derfömmlich. —. Das urfprüngs 
lihe Berlangen über die Neligiongfreiheit der Unterthanen war. jegt 
gemildert, indem nicht mehr verlangt wurde, daß diejenigen, welche 
die öffentliche Ausübung ihres Glaubens nit durch Herfommen 
und Berträge hätten, nod Freiheit haben follten, fie einzurichten, 
Schiller, dreißigjähriger Krieg, fortgefegt von Woltmann 5. 2, 
Es iſt dieſes eine herkömmliche Sache. Göthes Leben 13. B. 
Drum iſt mlich feit der Väter grauen Zeit, daß vor Ge— 
richt fein gegen den Schotten, fein Schotte gegen jenen zeugen 
darf. Schiller, Maria Stuart 1, 7. 

Sebrauch (ahd. prüäh) und altertbämlich Brauch, eine gleichfürmige, 
darch Wiederholung entilandene Beobachtung und Uebereinftimmung. Ges 
wohnheit (ahb. giwonaheit, mhb. gewonheit, von ah. giwon = gewohnt, 
wenjan = gewöhnen, wonen = fich gewöhnen, gewohnt fein, wini, mhb. wine 
— Geliebter) wird gejagt, wenn jene gleichförmige Beubachtung oder Uebereinſtim⸗ 
mung obue deutliches Bewußtſein der Beſtimmungsgründe, fo und nicht anders zu 
handeln, geſchieht, weil dieſes Handeln durch feine öftere Wiederholung une fo vor 
Anderm zu eigen (zur Natur) geworben ift, daß wir es nicht lafien fönnen und 
festwährend ohne deutliches Bewußtfein und Meberlegung dazu getrieben wer: 
en. Die Sitte (ahd. der sita, mh. dör und die site, goth., agf. sidu, 
alte. sidr) eigentlich die Form zu handeln und zu leben, fe mag gut ober 
übel fein; dann mit der näheren Beſtimmung, daß fle herrſchend if, und daß 
fe ans dem Sefichtspuncte und nach dem Gefühle der Schicklichleit und Ans 
Rönbigkeit beurtheilt wird, welchen Nebenbegriff Gebrauch und Gewohn⸗ 
heit nicht haben. Belä)remonie (aus lat. ce(se)remonia, ce(s#)rimonia) 
uebereinſtimmung freier Handlungen mit dem unterfcheivenden Nebenbegriff ei⸗ 
ner gewiften Feierlichleit. Mode (franz. la mode, aus lat. medus) hat den 











40 


—— tn 


Mebenbegriff des Veraͤuderlichen und häufigen Wechfeld je nach dem Geichuade 

der Zeiten und Völker. Weiſe (ahd. wisä, mh. wisc) bebentet allgemein 

die Befchaffenheit des Handelns. — Ihn Hält in Schranfen nur das beutliche 

Geſetz und ver Gebräuche tiefgetretne Spur. Schiller, Wallenfleins Tob 4, 2- 

Ein tiefer Sinn wohnt in den alten Bräuchen. Schiller, Maria Etuart 

1,7. Ich fürchte, daß jeder die armfeligen Gewohnheiten bes Winkele 

in dem er geboren worden, für die eigentlihen Sitten des gemeinfchaftlichen 

Baterlandes halten dürfte. Leſſing, Hamburger Dramaturgie 1, 22. Ich follte 

meinen, daß es ſonach um fo weniger Schwierigkeit haben fünne, bie Gere 

monde bis zu ihrer Zurückkunft auszufegen. Lefling, Emilie Galotti 2, 10. 

Wenn das in Frankreich Mode if, warum foll’s nicht in Spanien fein ? 

Goͤthe, Clavigo 1. Die kommen eben von ber Reife, man fieht’s an ihrer 

wunderlihen Weife. Göthe, Fauft 1, 108. 

Abkömmling, Nachkomme, Nachkösmmling Heißt, wer von 
einem Andern abftammt; der erfte Ausdruck deutet auf das Gefchlecht, 
bie beiden andern auf bie Zeitfolge; Nahfömmling hat dabei 
oft den Nebenbegriff eines unedeln Urfprungse. — Diefer (Karl von 
Durazz0), ein Abkömmling Karls II., befand fich Tange in Un⸗ 
garn. Paten, Gefchichten des Königreichs Neapel 1, 1. Gnug, 
‚ wenn verfeßt in höhre Sphären ein Nachkomm uns ing Hellre 
jest. Leſſing. Dergleihen unzerftörliche höchſt achtungswerthe Er⸗ 
innerungen an die Voreltern find es, um derentwillen wir bie Feh⸗ 
ler ” Nahfömmlinge verzeihen. Göthe, nachgelaffene Werfe 
9, 192. 

Die Nachkommen (früher oft, 3. B. bei Opitz, die Nachkom⸗ 
menen) nennt man Menichen als in der Zeitfolge von andern abs 
ftaınınende, es mögen num einzelne fein, oder man mag ımter den 
Nachkommen eine Gefammtheit der Menfchen bezeichnen. Der 
Gegenfag iſt Borfahren. — Er mußte ſich zulegt gedrungen füh⸗ 
len, auch die Regeln feiner Kunft, in fo fern er fie einfehen gelernt, 
den Nahfommen zu überliefern. Göthe, Anhang zum Leben des 
Bevenuto Cellini XV., 3. 

Nachwelt ift Gegenfab von Borwelt, wie auch das alterihänliche 
Afterwelt (von ahd. aftar, mhd. after — nach, hinten) das aber oft den 
Nebendegriif des Unechten, des Schlechten hat. — Wenn ich nur nichts von 
Nachwelt hören follte; geſetzt daß id) von Nachwelt reden wollte, wer 
machte denn der Mitmwelt Spaß? Göthe, Fanſt, Prolog. Vergebens ſchreiben 
wir für Welt und Aftermwelt. Hagedorn. ” 

Anm. Zuweilen flieht auch Nachkommenſchaft. Ich fah in ihnen ſchon 
Nachkommenſchaften, die dereinft, wie ung, die Vorſicht glücklich macht. Gieſeke. 

Vollkommen, gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts oft noch 
vollenfommen, (ahd. fullechomen, mhd. vollenkomen ımd vol- 
komen) bedeutet nn volführt, erfüllt, zu Ende gebradit; dann 
jeden feiner Theile in dem gehörigen Grade ber Güte, der inneren 








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Stärfe, der gehörigen Größe und Weite (von Kleidun n) habend. 
Davon Bollfommendpeit, vervollfommnen, Bervollfomm- 
nung. — Wenn mid ja zu Rom die Freunde nicht vollfommen 
überzeugen. Göthe, Taffo 4, 4. Bringft du es (das Gedicht) voll: 
fommener dann zurüd; wir werden und des höheren Genuffes 
rem. Daf. 5, 2. Jede Arbeit behalte Jange für dich, und fpare 
keine Zeile, fie zu vervollfommnen. Platen, Lebensregeln 49. Der 
Zweck deines Lebens fei Vervollkommnung im Guten. Daf. 13. 
Ganz (ahd. kanz, mhd. ganz) deutet an, daß ein Ding alle Theile Hat, 
bezeichnet zugleich das Ungetheiltjein der Größe. Vollſtändig d. i. alle zu ſei⸗ 
nee Beſtimmung nöthigen einzelnen Theile habend. — Nach und nach nahm 
de jo mein ganzes Herz, meinen ganzen Kopf ein, daß jebt noch etwas 
andere Mühe bat ein Plägchen zu gewinnen. Göthe, die Geſchwiſter. Was 
jene durch eine geheime Verbindung mehrerer durch die Melt zerfireuter thä⸗ 
tiger Glieder zu bewirken ſuchen, will der Letztere, vollitändiger und fürzer, 
turdh ein einziges Subject ausführen. Schiller, 10. Br. über Don Karlos. 
Willkommen (ahd. willicomo, willecome, mhb. willekomen, 
in der pollftändigen Redensart sit, sista willekomen) und das 
verftärfte Sottwillfommen (mhd. gotewillekomen, vollftändiger 
bis d. i. fei got und mir wilkome, Wadernageld altd. Leſebuch 
984, 37) drüdt den Inhalt des Grußes aus; denn der Ausdrud 
bedeutet zur Freude oder angenehm (nad dem Willen) gefommen, 
und ift alfo audy nur Zuruf zum Empfange des Ankommenden. Das 
Wort fteht auch adjertivifh, ohne Rüdfiht auf Gruß. Da bei den 
alten Dentſchen für den eintretenden Gaft der gefüllte Becher die 
erfte Gabe des freundlichen Empfanges war, fo wurde Died Trinf- 
geſchirr auch der Willfomm genannt. — Bewillfommen Yes 
manden, der zu uns kommt, bei uns aunehinen, er mag fidh bei 
und aufhalten oder nicht, mit dem Nebenbegriff, daß ung der Kom: 
mende angenehin komme. — Willkommen, Vater! euch grüßt 
Drei. Göthe, Iphigenie 3, 2 Seid hochwillkommen unter 
meinem Dach! Schiller, Tel 1, 4 Willkomm, Herr Vater, 
Gottwillfomm! Uhland, drei Fräulein. Auch aus Einfalt 
hatten fich oft in diefen Mäandern (Höhlen) arme Thiere gefangen, 
willfommene Beute dem Räuber. Göthe, Reineke Fuchs 2, 29. 
Mein Herz zum wenigften bewillkommt Ale Schiller, Mac- 
8, 8 


Gruß (ahd. kruog, mfd. gruoz) iſt nrfprünglid; der Aneuf, fowol der 
freundliche als auch der feinpliche, mhb. der freunblicde Anruf, ſei er zum 
Impfang oder zum Abfchiede u. f. wm. Begrüßt iſt der Imperativ von 
grüßen (ahb. kruogan, mhd. grüezen). Gmpfangen f. bei aufneh⸗ 
men. — D Herr, verjelht ven rohen Gruß! GBöthe, Kauft 1, 1237. Be: 
grüßet feld mir, edle Herrn, gegräßt ihr, fehöne Damen! Gölhe, der 





42 


. Das einfache Quuft (ahd. chamfi) if allmaͤlich aufer Gebrauch 

mmen; das abgeleitete fünftig (ahd. chumftig) fo wie die zu⸗ 

imengejegten Zufunft, zufünftig und die Adverbien künftig⸗ 
hin und (obwol felten) hinkünftig werden von ben beften Schrift⸗ 
ftellern gebraucht. — Er flarb im Yadr nach unfers Heilands Kunft 
vierkundert zwanzig ſechs. Shafipeare, König Heinrich V. 1, 2 
Wenn fie (die Propheten) aus — Geſicht des Heilands Kunft 
berichtet. Bürger, St. Stephan. Laſſen Sie mich feine Zukunft 
denfen, wo ich mich felbft haffen müßte. Lefling, Minna von Barn⸗ 
beim 5, 5. Da fand ich die Tafel voll vom Schidjal, das unfre 
fünftige Größe verfündigt. Klopſtock, Meſſias 2, 319. Sollten 
nicht uns in der Jugend wie im Schlafe die Bilder zukünftiger 
Schickſale umfchweben? Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 9. Reineken 
follt ihr. überall ehren mit Weib und mit Rindern, wo fie euch im- 
mer bei er oder Nacht hinkünftig begegnen. . Göthe, Reineke 


Fuchs 6, | 

Abkunft bezeichnet überhaupt ein blutsverwandtſchaftliches Ent⸗ 
fproffenfein, im Beſondern aber in Beziehung auf die Voreltern und 
beren. Stand, | | | 

Herkunft bezeichnet dasfelbe, nur mehr in Dinficht. des Fort⸗ 
gehend auf die Gegenwart. &. weiter Geburt. — Die Abfunft 
von dem Zeus erhebt ihr Herz. Schiller, Phäpra 3, 3. O fage, 
wenn dir ein Verhängniß nicht die Lippe fchließt, aus weldem unſ⸗ 
rer u: du deine göttergleihe Herfunft zählt. Göthe, Iphi⸗ 
genie 2, 2. ae 

Auskunft Belehrung über etwas, woraus wir nicht fommen 
fönnen, es mag uns basjelbe nun unbefännt, verworren, oder dunkel 
fein. * ſetzt ein Sein in der Sache poraus, und deutet das 
rauf — daß man einzelne Theile nicht gehörig mit dem Geiſte zu 
burchichauen vermag. — Für den Wald fanden wir eine gute Aus⸗ 
funft. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 7, Sie gab die Ausfunft, 
u eben eine Geſellſchaft Iuftiger Gefellen aus dem Staliäner Keller 
nebenan heraus taumle. Daf. 1, 8. 


Aufklärung (von Elar, aufklären, mh. clären — hell werben; vers 
gleiche lat. clarus) {ft Belehrung Hber etwas, wenn fie alles binwegbringt, 
was bie leichte und volle Erkenntniß hindert, fo daß die Sache geiſtig durch⸗ 
fhaut und fo in Ihren Theilen erfannt werben kann. Aufſchluß (von auf: 
fehließen, ahd. antsliogan, mbb. entsliogen, von dem einfachen ahd. sliugan, 
sliogan, mhb. sliegen = fchließen, ſchleußen it Belehrung, wenn fie uns über etwas 
ertheilt wird, in das wir nicht geiſtig einzubringen vermögen. Auflöfung (von 
anflöfen, mhd. loesen = lus machen), wenn etwas fo verfuupft und verwickelt if, 
daß man nur mit Mühe in dasjelbe geikig hineinkommen und es auseinander 
bringen kann. Antwort (ahd. antwurti eig. Gegenwort d. i. was anf eis 





43 
was Anderes gefagt wird) iſt allgemein Erwiederung auf etwas mündlich aber 
fchriftlich Borgebrachtee. Beſcheid (mhd. bescheit, von bescheiden — ei⸗ 
nem etwas deutlich auseinander feßen, vom ahb. sceidan, nmıhb. scheiden, 
goth. skaidan, agf. sceadan — ſcheiden) ift eine beſtimmte Antwort, die Jes 
munden zu Theil wird, überhaupt die Untergebenen auf Anfragen, Bitten und 
wul. ertheilte; dann audy beflimmte Erflärung, 3. B. über eine dunkle Stelle. 
— Bir gaben einanver wechfelweife fo viel Aufflärung, als einem jeden 
beliebte. Goͤthe, Campagne in Frankreich, Werke B. 30, 311. Vorzüglich wers 
ven einige Haushaltungs- und Rechnungsbücher gefchägt, welche über vie Les 
beusweife jener Zeiten befündere Auffchlüffe geben. GBöthe, Anhang zum 
Leben des Benvenuto Bellini XV, 5. Das iR die Auflöfung bes Näthfele. 
Leifing, ant. Briefe 17. Hat er den Queſtenberg mit einer guten Autwort 
entlaſſen? Schiller, Wallenfleins Tod 3, 3. Grwarte feinen andern Bes 
ſcheid. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 5. 
Einfünfte und Einkommen bezeichnet allgemein was Jemand 
an Geld oder andern Nupungen zu beziehen hat, er mag dieſe im 
eignen Beſitze oder in einen andern übergeben haben; überhaupt bes 
deuten dieſe Ausprüde einen regelmäßigen Bezug von Geld oder an- 
derem beweglichen Gut. Einkommen und Einnahıne bezeichnet 
auch Bloß die Handlung, und dann als wirklich gefchehen. — Die 
@infünfte ver Länder nehmen wir aus Tafchenbüdern und Tas 
hellen. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 17. Doc fünnte er mir fein 
Einfommen eines ganzen Jahre geben. Göthe, Egmont 4. 
Einnahme drückt eigentlich ‚die Handlung des Ginnehmens aus, ſodann 
was man einnimmt an Geld oder beweglichem Gut überhaupt, es mag nun 
zum eignen Befik gehören, ober nur in des Cigenthümers Namen eingenoms 
men werden. Renten (von ahd. rentön, mhb. renten — ergeben; das 
franz. rente flammt aus dem Deutfchen) und Binfen (ah. pl. zinsä und 
zinsi, mihd. zins, alt. tins, wol vom lat. census, oder wenigſtens damit 
wurzelverwandt) find nur ein Theil der Ginfünfte, nämlich nur das, was 
man als Rugung von Gütern, Bapitalien und Rechten bezieht. Renten bes 
deutet den Ertrag von dem wirklichen. oder zur Nutzung ausgeſetzten Vermögen, 
und wird von dem Bmpfänger gefagt; Zinfen fieht auch in Hinſicht des 
Geber, was er für Rubung an Jemanden zu deſſen Bezug zu geben hat. 
Für Zinfen vom Beld fagt die Volksfprache oft Intereffen (vom lat. in- 
. teresse — bazwilchen fein, nützen). Wenn er feine Einnahme einiger: 
maßen der Ausgabe gleich fegen will. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 14. Täg⸗ 
lich, fiehft dan, wachfen meine Jungen und die Zahl von ihren Korberungen, 
aber meine Renten nicht. Gödingk 17. Epiftel, Er iſt da, ber große fchöne 
Angenblid, der endlich des hohen Pfunbes Zinfen von mir fordert. Schiller, 
Don Karlos 3, 2. Sie follen mir es (das gelichene Geld) ſodann mit In⸗ 
tereffen wieder geben. Leſſing, Minna von Barnhelm 8, 7. 


Übereinfunft beveutet eigentlich f. v. a. Verhältniß zu An⸗ 
derm, daß gegenfeitig in Gewiſſem basfelbe if; daher dann gegen 








44 


feitiges Zufammengehen der Gedanken verfchiedener Perfonen über 
etwas in eins, was dann gegenfeitig dasfelbe iſt; Feſtſetzung einer 
gegenfeitig in eins gehenden Willendmeinung. — Da man bald ver- 
nahm, es fei eigentlih nur eine Uebereinfunft, daß die Vor— 
poften Friede halten follten. Göthe, Compagne in Frankreich, Werfe 
Br. 30, 83, 

Vereinigung (von vereinen, mhb. vereinen — übereinfommen, vers 
fühnen) if 1) Bewirken eines gegenfeitigen DBerhältniffes zum Ginigfein, fo 
wie dieſes Verhaͤltniß felbit, und zwar zu feſtem Berbundenfein in Ginigfelt ; 
2) das VBerbundenwerven in eins, und das hierdurch begründete gegenfeitige 
Verhältniß. Vertrag bedeutet zunächft f. v. a. Überhebung einer Sache 
(Sorttragen verfelben); davon dann Ausgleichung, gegeufeitig feftgefepte Wil⸗ 
Ienserflärung als fefte Beftimmung gegenfeitiger Rechte und Berbintlichkeiten 
über etwas. — Die Häupter der Union, anftatt diefe gefährliche Bereinigung 
der Ligue mit dem Kaiſer zu Hintertreiben, wenbeten vielmehr Alles an, fie 
zu befchleunigen. Schiller, Zojaͤhriger Krieg 1.B. Mein Bertrag erheifcht’e 
daß alle Raiferheere mir gehorchen. Schiller, Piccolomini 2, 7. 


Anfömmling, feltner Kömmling (ahd. chumelinc), An-, 
Dazwifchen-, Zwifchen-, Herauf⸗, Rieder, Rück⸗, Zurüd:, Wie⸗ 
der-, Zufammenfunft bevürfen feiner weitern Erflärung. Cine 
feltne Form iſt Überfunft. — Nicht ihre Hand allein, auch ihre 
Gunſt droht mir der neue Antömmling zu rauben. Schiller, 
Maria Stuart 2, 8. Lieber Kömmling! Göthe, Fauſt 2, 298. 
Ich dächte, Sie Tiefen die ganze Schreiberei bis auf die Ankunft 
meines Oheims. Leffing, Minna von Barnhelm 2, 2. Ingleichen 
die Sequeſtration dem.. mit Dazwiſchenkunft des Reiche zu Augs- 
burg errichteten Vergleich zumiderläuft. Schiller, ea Krieg, 
fortgefegt von Woltmann, münfterifcher Friedensſchluß Artikel 5, 8. 
Ihn Hinderte des nahen Feindes oder Gottes Zwifhenfunft. 
Göthe, Fauſt 2, 183. Sei ftolz ob meiner Herauffunft. Klop- 
ſtock, Meſſias 2, 118. Frau Melina erwartete ängftlich ihre Nie- 
derfunft. Göthe, Meitters Lehrjahre 4, 7. Ich freute mid auf 
feine Rüdfunft. Göthe, Götz von Berlichingen 5. Sch follte mei= 
nen, daß es fonach um fo weniger Schwierigfeit. haben fönne, bie 
Geremonie bis zu ihrer Zurüdfunft auszufegen. Leſſing, Emilie 
Galotti 2, 10. Meld' ihm meine Wiederkunft. Leffing, Nathan 
der Weife 1, 4. Habe ich ihn nicht in diefem Briefe auf heute um 
eine Zufammenfunft bier auf Dolofa gebeten? Leffing, Emilie 
Galotti 4, 3. Das Anfuchen der Regentin um bie perfönliche Über: 
funft (aus Spanien in die Niederlande) des Königs. Schiller, 
Abfall der Niederlande 3. Bud). ' 

Anm. 1. Die frühere Sprache hat noch andere Formen, bie von fommen 


gen find. Sp führt z. B. Stieler in feinem Wörterbuch (v. 3. 1691) an: bes 
mmlich (paftend), Bes, Durchs, Ent⸗, Fort⸗ Vor⸗, Los⸗, Übers, Ber-, Ums, Wei: 


| 





ns /gebären. Verwandelnd uyge 


45 


tefommung. — Yu © ares König Heinrich V., 2, 2 ſicht vie feine Form: 
®ott fei Dank für die uU DET nn Lg 

Anm. 3. Seltne Formen find die in Weichmanns Poeſie ver Nieverfachfen 
(1,146. 2,127) vorfommenden Ankunft für Abfunft und Willtunft. Die 
Anfunft und der Stand wird gleichfalls übergangen. Das Hamburg uns zur 
Billtunft hoffen lafit? 


Gebären fiatt geberen. 


(Rurzel p(b)ar, p(b)ir, fansfr, bhri (bhar), gr. gYEpsır, gogelr, 
lat. fer(e)re —= tragen, bringen.) 

Gebäre, gebar, geboren, gebären (ahd. kapiru, kepar, ke- 
pärum&s, keporaner, kapäran; mhd. gebir, gebar, gebären, 
geborn, gebern; aud) einfady peran, bern, goth. bairan) bedeutet 
eigentlich tragen, dann Erzeugted zur Welt bringen, zunächſt und 
sornehmlih von Menſchen und Thieren, dann (dichterifh) auch von 
andern Dingen hervorbringen wie durch Zeugung. — Gebier mir 
feine Tochter! Schiller, Macbeth 1, 15. Eine Stadt ja hat uns 
geboren. Schiller, Braut von Meffin. Was dem glühenden 
Strahl Afrikas Boden gebiert. Schiller, Spaziergang. Und will 
fih nimmer erfchöpfen und leeren, als wollte dag Meer noch ein 
Meer gebären. Schiller, Tauder. Das aber ift der Fluch der 
böfen t, daß fie, fortzeugend, immer Böfes muß gebären. 
— Piccolomini 5, 1. — Gebärerin, (Ge⸗hbärmutter; bär⸗ 
haft und unbärhaft (= fruchtbar und — alte Sprache) 
geboren, an⸗, ein⸗, nach⸗ ums (Göthe, Rinaldo), uns, wieder⸗, 
blind⸗, erſt⸗, hoch⸗, neu⸗, wohlgeboren. 

Anm. 1. Gingeboren kommt in doppelter Bedeutung vor: ter eing e⸗ 
borne Sohn Gottes. — Bingeboren auf dem Grunde ſelnes (des Dichters) 


tert fie fi in viel Beftalten. — ben fo felten 
iM ausgebären (gebräudhliher if Ausgeburk): Wie vie fchwangere Phantafle 
Sebilde von unbefannten Dingen ausgebiert. Shaffpeare, Sommernadhtstraum 5,1. 
—— Shakſpeare (König Lear 4, 1) gebärt ſtatt gebiert, auf be: 
= 

Entbehren (ahd. antperan, intpöran, mhd. enbörn) bedeutet 
eigentlich in ſich tragen, daher ſ. v. a. meinen, wie e8 auch ahd. 
vorfommt; dann fih außer der Richtung nad) einem gewiſſen Ziele 
halten (gleihjam ent — wegtragen); daraus endlich ertragen, daß 
man etwas nit hat. — on entbehrt ein Würb’ger eine Krone. 
Böthe, Taffo 2, 3. Erft heute fand fie eine Tochter, und leicht 
entbehrt fie, was fie nie beſaß. Schiller, Braut von Meſſina. — 
Davon entbehrlih, unentbehrlih. Der Friede hat ihnen 
mehre meines Gleichen entbehrlich gemacht, und am Ende iſt 
ihnen Riemand unentbehrlid, dehin Minna von Barn⸗ 
fein 1, 12. 


Aus währt vie ſchoͤne Blume der Weisheit hervor. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 2. 


. 2. Aud — — Gedichte 4, 335) Hut dus feltene um⸗ 


u 
HL 








46 


Ertrafhen (mid. rät haben eines dinges =) Abhilfe, Rath haben 
für ein Ding, es zu laffen wifien, es nicht nöthig Haben. Miffen (ap. 
missan, mhd. missen, von misso, misse, missi — Mangel, Verſchieden⸗ 

- heit) ein Ding nicht haben, indem es uns empfinblih if, daß es uns fehlt. 
Bermiffen (mhb. vermissen) drückt dies noch flärfer aus und fügt hiermit 
binzu, daß der Mangel ein unfreiwilliger if, und man flarfes Berlangen nach 
dem fehlenden Gegenftande hat. — Ihrer Dienfte kann ich nicht entratben. 
Schiller, Marla Stuart 1, 2. Wenn e6 fein muß, felbft auch das zu miffen, 
was man liebt und fchäßel. Gödingf 17. Gpiftel. Den Sänger vermiß’ 
ich, den Bringer der Lufl. Schiller, Graf von Habsburg. 


Gebaren (ahd. kipäran, kebärön, mhd. gebären, aus dem 
Präter. par, bar) und ſich gebaren ein geinifies äußerliches An⸗ 
+ annehmen, äußerlich thun; dann ſich auf eine gewiffe Art und 

eife äußerlich in Haltung, Bewegung, Handlung zeigen. — Wie 
fie auf dem Lande mit der Gefellihaft gebarte, fo that fie es 
aud bier. Göthe, Leben 11. Mit diefem allem weiß ich zu ger 
bahren. Böthe, Fauſt 2, 37. ALS ein Held wollt’ er gebaren. 
Nüdert, gefammelte Gedichte 4, 389, Was will der Fürft denn 
ſelbſt fo fharf auf fie gebahren? Lohenftein, Sophonisbe 4, 501. 
Wie Flug hat die Natur mit Dir und mir gebahret. Derfelbe, 
Rofen 39. | 

Anm. Die Synonymen fiehe bei benehmen. 


Gebühren (ahd. kipurjan, mhd. gebürn, agf. gebyrian) und 
fih gebühren ift eigentlich fich für Jemanden erheben, daß es ihm 
zufommt, geſchieht; dann fi) zutragen, Jemanden gefchehen, und 
daraus Jemanden zufommen, wie e8 recht if. — Die an die 
ihm gebührt, geb’ ih ihn gern. Schiller, Tell 2, 1. elchem 
nun gebührt's, das Haupt zu geben der Gemeinde? Daſelbſt 
2, 2. Unterwürfig, wie ſich's gebührt, trat ich dem Herrn ent⸗ 

egen. Daſelbſt 1, 2. — Davon die Gebühr; gebührlich, Ge- 
a Pas, Selten ift — (gereimt 
auf würde). Rückert, geſammelte Gedichte 4, 38. 


Sig fchicken (mhd. sich schicken — fi paßlich geftalten, thätige 
Form von so&han, gascähan, geschöhen = durch höhere Sendung, Schickung 
fich ereiguen) fo fein, daß fih Eins zum Andern orbnet, einrichtet, oder wie 
Eins zum Andern nad Anordnuug, Ginrihtung fein muß. Sich paffen 
(franz. passer) eigentlidh fo fein, daß ins durch das Andere durchgeht (pafs 
Kert), alfo Eins in das Andere ſich orbnet; bann allgemein fo fein, wie 
Eins zum Andern fein muß. Biemen und fich ziemen (ahd. zöman, mhb. 
zämen, wol zu lat. domo, gr. Ssuo;, danam gehörig) nach gebilbeter Anficht 
zufländig fein. Gtärfer und voller drückt dieſen Begriff geziemen (gezämen) 
ans. — Gewöhnlich wählte ih daher bei der Austheilung diejenigen (Rollen) 
welche fih gar nicht für mih ſchickten. Goͤthe, Meifters Lehrjahte 1, 8. 





47 


Das ſiel mir mein Lebtag une: ein, daß wir fo gnt zuſammen paffen. 
Schiller, Wallenfeins Lager 11. Die verfolgen, die uns nicht betrübten, das 
jiemt uns nit und will uns nicht gebühren. Schiller, Tell 5, 1. Zum 
Wale, das wir ermit bereiten, geziemt fi wol.ein ernſtes Wort. Schiller, 
Glode. - . J > 

Yum. Das ahb. perj 8 parjan), mhb. bern, altn. berja = floßen 
uk bilden, Fneten it ta 290 ana Da: Mat Sehe va afer Mar 
wit fuer baut zeſamen pert ben waichen laim. Werners Maria), nhb. beren 
(m den — gebraͤuchlich) = ſtoßen, ſtampfen, und abberen, ab: 
hören (Volksſprache) — durchprügeln gehört. wol zu par, pir, bair, wie lat. 
ferire zu ferre. . E —— 

Dar (ahd. päri, mhd. bære, agſ., altn. bær), früher ein 
Ajectiv, jetzt dem Anſcheine nach eine bloße a bedeutet 
1) tragend, hervorbringend: ehrbar, luſtbar; 2) die Möglichfeit, Zus 
Kslihfeit einer Handlung ausdrüdend: erflärbar, lesbar; 3) unbe: 
dedt, bloß, frei von etwas: harfüßig, aller Schuld bar; 4) gegen: 
wärtig, vor Augen Tiegend: bares Geld. — Wer yon Ergebung 
ſpricht an Deftreich, foll rechtlos fein und aller Ehren baar. Sdjil: 
in, zu 2, 2. Wenn ih baar Geld in dem Schreibpult ver: 
muthete hatte. Leſſing, Minna von Barnhelm 1, 3. Hab ich die 
Daarfhaft gerettet imd meinen Körper, fo hab’ ich alles gerettet. 
Götfe, Hermann und Dorothea.2, 5. 

Anm. 1. Im einzelnen Fällen Röpt Jich mit dar zufanmen. Diefes lich 
we fam, fchon frühe gleichfam zu bloßen Nachſylben gefehmoäch (urfbrünglich Adj. 
mb Bron., goth.leiks, ah. Iih, mhb. lich, galeiks, kalth, gelich = 2? ähnlich ; 

sama, altn. samr — berfelbe) brüden in ver Iufammenfegung, bie he Iden, eine 
lichkeit aus; Jam geht dabei mehr auf Einn und Charakter, Lich mehr auf 
vie äußere Natur der IR fam iſt mehr thätig (activ), Lich mehr leidentlich 
(air). Bergleiche rathfam und räthlich, forgfam und forglich, ehrfam und ehr: 
lich ———— und bezwinglich, erklarbar und erklärlich, lesbar und leſerlich (für 


Yum. 2. Ob bar (baar) i , fann zweifelhaft er: 
Keinen. ar ift feer- — leer, ae — al nn nadt, har — 
‚ bar = unbedeckt. Man muß bar faſſen als im angebornen, natürlichen 
ande befintlih. Vergl. ahd. parn, mh. barn (von bern) das Kind. Die 
a. Sprache hat noch die Zeitwörter parön, kaparön == bloß machen. 
Bahre (ahd. pära, mhd. bäre, im 16. Jahrhundert auch böre, 
we niederdentſch bare und boere) überhaupt Werkzeug zum Tragen 
(fe Trage); dann im Befonderen die Todtenbahre, Traggeftell, um 
bie Tobtenfärge zur Gruft zu bringen; zuweilen der Sarg felbfl. — 
Rat eine Bahre von Aften. Göthe, Göß von ans 8, 
Bean wir das Land befreit, dann legen wir den friichen Kranz des 
Siegs ihm auf die Bahre. Schiller, Tel 4, 2. Als ich wieder zu 
wir felber kam, lag id ſchon in der Bahre, und ins Leichentuch 
wie ein Todter. Ich krazte an dem Dedel ber Bahre. 
ward — Es war finſtere Nacht, mein Sohn Franz ſtand 
ver mir. Bas? rief er mit entſetzlicher Stimme, willſt bu denn 








48 





ewig Ieben? Und gleich flog der Sargpedel wieder zu. Schiller, 
Räuber 4, 6. 

Anm. In der allgemeinen Bedentung unterfcheiden fih Bahre und Trage 
nicht. Sie bereiteten eilig aus abgehauenen Aftlen und eingeflochtenem Reiſig eine 
Trage, luden den Verwundeten a — ni log in feinen warmen Weber: 
ro gehüllt, ruhig auf der Bahre. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 7. 

Empor (ahd. in bore, inpor, mhd. enbor, aus in und por, bore 
— Höhe) in die Höhe, ift nhd. etwas entftellt. Davon fommt em: 
pören (mhd. enboeren) eigentlidy in die Höhe heben; dann weiter 
ſich feindlich erheben gegen die Obrigfeit, und die Zufammenfegungen 
Borbühne, de —ſcheune. — Und diefe Schwerter, die 
wir bier empören, nicht ehr zu fenfen. NRüdert, Gedichte 2, 14. 
Empört bat fih der Herzog, zu dem Feind hat er fi fchlagen 
wollen. Schiller, Wallenfteind Tod 3, 12. — Davon Empörer, 
—ung. 

Sich erheben (ahd. arhafen, arheven, mhd. erheben), aufftehen 

(mhd. üf stän, vom ahd. stan, sten; vergleiche lat. stare, gr. orar in Äornu) 

werden fowol von ber MWiverfeglichfeit gegen die eigne Staatsgewalt ober 

Obrigfeit gefagt, ale auch überhaupt gegen drohende oder drückende frembe 

Gewalt. Sich erheben if ein gelinverer Ausdruck. Sich auflehnen (f. ab: 

lehnen bei weigern) und ſich empoören bezeichnet ſtets ein offen feindliches 

Wivderſetzen gegen bie eigne Stantsgewalt oder Obrigkeit. Sich empöüren 

wird von thätlichem Widerfegen, fih auflehnen von dem offenen vorfäßlichen, 

feindlichen Verweigern des Gehurfams gegen die Befehle und Berfügungen 
der Obrigkeit gefagt. — Nicht erhebe di, Kiſſave. Göthe, neugriechifches 

Helvenlied 6. Die ganze Armee würde furchtbar gährend fih erheben. Schil⸗ 

ler, Bircolomini 2, 7. Aufftehn würde Englands ganze Jugend, Fein 

Schwert in feiner Scheide. müflig bleiben, und die Empörung mit gigam« 

tifchem Haupt durch dieſe Friedensinſel fchreiten. Schiller, Maria Stuart 

1, 6. Meifter Jakob meinte dabei: Ich thäte wohl, wenn ih alles fichen 

und liegen ließe und mich nicht mit den rafenden Narren gegen ven Pabſt auf: 

lehnte. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 8. ° 

Anm. 1. Logau gebraucht noch das einfache Bor für Höhe: Wer bei Hof 
am mindften wäget, fleigt am meiften in vie Bor. 

Anm. 2. In Zuſammenſetzungen der früheren Spra a n 
allzu, z. B. lan == ai y Tan. * an — ne 
thümlichen borz lang (vom Durchfall gefagt), wenn man nicht lieber borz ans 
dem baieriſchen borzen (bei Hans Sachs pürken) — hervurftehen und Blrzel 
(mit der Abfeitungstorm zen, zel) von aht. perön — hervorfichen, purjan = 
emporheben, mhb. beren = ag erheben, ‚buren, büren, bürn = emporhalten, 
erflären will. 

Geberde und Gebärde (ahd. kipärida, mhd. gobserde und 
geberde) bedeutet zunächft überhaupt das äußerlich fichtbare Der 
tragen, die Art wie man ſich äußerlich zeigt in Bewegungen und 
Handlungen; dann jede Bewegung ober Stellung des Körpers oder 


49 


* 

kiner rer es mag dadurch etwas inneres ausgebrüdt werben 
oder nicht, die Bewegungen mögen willfürlih oder unwillkürlich 
kin. — Schweigend, mit göttlidy heitrer Geberd', erhub fich ver 
Grrapf. Klopfiod, Meffias 1, 184. Nun bebt fi der Schenfel, 
um wadelt das Bein, Gebärden da gibt es vertradte. Göthe, 
Tedtentanz. ALS nun das Heer vorüber war, yerraufte fie ihr Ra⸗ 
benhaar, und warf fich hin zur Erde mit wüthigee Geberde. Bür- 
ser, Leonore. — Davon fih geberden, Geberdenfpiel, —kunſt, 

dig. — Wundert euch, ir Freunde, nicht, wie ich mich ges 
berde. Göthe, Tifchlied. Wenn ich zu Magen und mich unge- 
bärdig zu flellen anfing. Göthe, Leben 6, 2. 

Miene (franz. mine, wahrfcheinli” aus ahd. meina, mhb. meine — 
Acht, Debeutung, Weiſe, Gefinnung) bezeichnet nur die Befichtszäge und 
ihre Bewegung ober Stellung und zwar 1) als Ausprud der Seele ober deſſen, 
was in ihr vorgeht und 2) infofern jene Bewegung oder Stellung willkürlich 
R Grimaffe (franz. grimace, ital. grimazzo, aus ahd. kramizi oder 
gramizza — das Murten, der Zorn und bie zornige Geberde) bezeichnet zus 
söhR die durch Zorn und dergleichen verzerrte Geberde; dann allgemein vie 
«bihtlich verzerrte Geberde, vorzüglich wenn fie ins Komiſche ober auch ine 
Biderliche geht, ober fich aus DVerflelluug erzeugt, wo dann das Wort fo 
vd als erheuchelte Miene bedeutet. — Was wollen diefe Mienen fagen? 
Schiller, Don Karlos 2, 2. Die Tiefenbacher machen böfe Mienen. Schil⸗ 
ir, Ballenfteins Tod 8, 7. Ich Iäugne nicht, daß ein fchöner Mund, der 
ſiq ein wenig ſpoͤttiſch verzieht, nicht felten um fo viel ſchoͤner iſt. Aber, 
wohl gemerkt, ein wenig; die Berziehung muß nicht bie zur Brimaffe gehen, 
wie bei dieſer Graͤfſin. Leifing, Emilie Galotti 1, 4. 


Sehurt (ahd. kapurt, mhd. geburt) 1) die Handlung des 
Gebaͤrens; 2) die Abflammung, die Herkunft, das Entfproffenfein, 
Eltern, Ort und Zeit bezogen. — Indem die Bürgerlichen eis 
nen rühmlichen Fleiß anwenden, durch Talente den Mangel der 
Gedurt zu erfegen. Göthe, Göp yon Berliingen 1. Gefällt 
dirs, weil die Sonne fo brennt, in der Geißblattlaub’ an dem 
Vache deine Geburt (Geburtstag) zu feiern?! Voß, Luiſe 1, 20. 
— Davon gebürtig, aud bloß bürtig, ebenbürtig, vollbürtig; Ges 
Dartsadel, — brief, —fehler, —helfer, —jahr, — land, —Iifte, 
ot, —ſchein, —ſtadt, —ſtunde, —tag, —zeit; After—, Aus, 
ER—, Nach —, Wieder—, Spottgeburt — Fauſt 1, 185). — 
Ein junger Menfch, von den canarifchen Inſeln bürtig. Göthe, 
Cavigo 1. Nun hoff’ id mir das Recht vollbürt’ger Kinpfchaft 
ahmlih zu erwerben. Göthe, die natürliche Tochter 1, 6. Er er- 
lte, daß er aus Böhmen gebürtig ſei. Novalis, Heinrich von 
gm 1, 5. 
Der Stamm (ahd. mhb. stam, altf. stamn, agf. stämn, altı. stofn; 
- 4 





50 


vergleiche gr. srayılv und srapig — das in die Höhe Stehende) in bilvlicher 
Anwendung vom Baumflamme hergenommen, bezeichnet überhaupt eine Ders 
wanbtichaftslinie oder auch eine Blutsverwanbtichaft in Rückſicht auf bem 
Stifter und-als eine Befammtheit.. Eine feltuere Form iſt e6, wenn Herber 
(Eid 33) fagt: Ins Geſicht' nenn ich euch foldye, eure Borfahr'n, euren Abs 
ffamm. Abſtammung bezeichnet das blutsverwandtichaftliche Cntſproſſen⸗ 
fein von Voreltern oder einer vorelterlichen Berfon in Anfehung der Zwiſchen⸗ 
glieder. — Ob uns der See, ob une die Berge jcheiden, fo fiud wir Eines 
Stammes doch und Bluts. Schiller, Tell 2, 3. Das if genug, fie in ben 
heirurijchen Werfen zu erklären, ohne deswegen zu einer unmittelbaren Ab⸗ 
fammung von ben Aegypten feine Zuflucht nehmen zu dürfen. Leifing, 
ant. Br. 18. 


Bürde (ah. purdi, mhb. bürde, agf. byrdhen von buren, 
bürn — erheben, Partic. burt für geburt) das Tragbund, die Laft, 
für einen Menfchen oder ein Thier; dann (eigentlih und figürlich) 
das überhaupt Schwerzutragende, während Laſt (ahd. hlast, mhd. 
last, vom ahd. hladön, mhd. laden; vergleiche Tat. clitella = Sats 
tel) den Nebenbegriff des Schweren nicht nothwendig hat, — Will 
er zu hohen Ehren und Würden, büd’ er fi unter die goldenen 
Bürden. Schiller, Wallenfteins Lager 11. Armut, Keufchheit 
und Gehorfam, drei Gelübde, deren Is einzeln betrachtet, der 
Natur das Unausſtehlichſte fcheint, fo unerträglih find fie alle. 
Und fein ganzes Leben unter diefer Laſt, oder der weit brüdenderen 
Bürde des Gewiſſens muthlos zu keuchen! Göthe, Goötz von Ber⸗ 
lichingen 1. — Davon bürden, gebräucdlicher aufbürden, Bürde⸗ 
ſtahl (Steiermärf. Stahl.) 


Anm. Zu einer Wurzel mit gebären werden von einigen Gelehrten noch 
ee ei Birke, — Börſe. Das 
ord (ahd. port) urſprün wol das Tragende, das Bret, ahd. auch der Tiſch. 
Der Bord (ahd. port, iiihd. bort, agſ. und alte. bord) Fr — über Bi 
werfen, an Bord geben; dann auch (bichterifch) Binfaffung, äußerſte Grenze eines 
Dinges überhaupt: dee Bord der Höhle (Voß); am blumenvollen Bord des flich- 
enden Kriftalls. (Wieland). Der Bort und die Borte (ahb. port, porti, mbd. 
ort, borte? Band von Seide und Gold als Belag von Kleidun sftäden. Deere 
(ahd. peri, mhb. altn. ber, agf. beria, goth. basi, davon unfer Befing d. 1. Blau⸗ 
beere) das fleifhige Samengehäufe der Pflanzen. Davon viele Zufammenfegungen : 
Heldel—, Maul—, Stadel— u. a. Birke lab. pirihha, mh. birke, agf. biork, 
niederf. barke, hol. berke, engl. birch) und die Sufammenfegungen Dickhupn, 
— oh —wurzel; Birkenpilz, —faft, —ſchwamm, — wald. Birne (ahb. pira, 
mbb. bir, holl. peere, engl. pear) eigentlich das Erzeugte, Betragene; dann Frucht. 
Davın Birmapfel, —baum, —mofl, — probe (in der Fe, —quitte, —faft, 
—ſtiel, —wein; Apfelbirne, Honig , Jacobs , Könige— , Pfund—, Weinbirme 
u . en e (franz. bourse, ahb. purssa, purissa) eine Art leverner Beutel, 
e 


51 


Berften. 


(®urzel pCb)rast, p(bjrist; vergleiche Tat, frustum — Stück, fru- 
stare — zerſtückeln.) 


Berſte, barſt (borit) geborſten, berſten (verſetzt aus ahd. 
pristu, prast, prâústumèés, prostaner, prẽstan; mhd. briste, brast, 
brasten, gebrosten, brẽsten; agſ. börstan, aliniederd. bersten, 
eine Verſtaͤrkungsform von brechen, ſ. df.) bezeichnet zunächſt' das 
Geränfh des Brechens; dann allgemein mit Gewalt und Heftigfeit 

— Auf Seen und Strömen das Grundeis borftl. Bürger, 
Lied vom braven Mann. Schrei, bis du berfteft, Schurke. Schils 
Ir, Tel 3, 3. Berſtend reißt der Boden unter meinen Füßen. 
Böthe, Taſſo 5, 5. Knoſpen berftien, Blätter —— Salis, 
Maͤtzlied. Des Schmerzes Höllenqual durchdringt der Wolfen Schoß 
mit beriendem Geheule (clamores simul horrendos ad sidera 
tolli. Schiller, Aneis, 2, 38. 

Springen (cafe. springan, agſ. springan, sprincan, altn. sprin- 

g, nhb. springen, Nebenform von ahd. sprikan — brechen; vergleiche 

das landſchaftliche ſprock — zerbrehlih) wird von dem fchnellen Auss 

einanderfahren feſter Körper geſagt. Platzen (mhd. plaz — ſchallender 

Schlag, mit agf. blatjan, mit Blatter und Blaſe — Auftreibung aus dem 

Imern, verwandt) bedentet ein Brechen, welches dadurch geſchieht, daß der 

Körper durch innere Gewalt zu ſehr ausgedehnt wird. — Seht, hinter une 

wie die Kartetfche fpringt! Schiller, die Schlacht. Die befonnten Hügel 

grünen, und des @ifes Rinde fpringt. Schiller, Klage ver Ceres. Bis 

Reigend die farbige Blaſe geplast war. Voß, Luife 1, 336. 

Aufberſten dv. i. durch DBerften geöffnet werben: die Blume 
Nuß, Erde, ver Baum ift aufgeborften. Zerberften ift flärfer 
als en. — Zerborften und zertrümmert ſchoß ein Pfeiler nad) 
dem andern fort. Bürger, Lied vom braven Mann. Im Leib, ver 
foh zerbarft. Shaffpeare, König Richard II. 1, 4 Bis daß 
der Halm zerbirftet. Alringer, Doolin 3, 3, — Berftgrag, 
—fraut, er — hilf. 

Das Gebreften (ahd. bresto, brösta, hrösti = Mangel; 
mbd. der gebreste — Gebrechen, Mangel, in der Volksſprache der 
Braft) innerer fehwerer Kummer, — So ernft, mein Freund? Ich 
feane dich nicht mehr. Schon viele Tage ſeh' ich's ſchweigend an, 
wie finftrer Trübfinn deine Stirne furcht. Auf deinem Herzen 
drückt ein ſtill Gebreſten, vertrau’ es mir, ich bin bein treües 
Weib, und meine Hälfte fordr' ich deines Grams. Schiller, Tell 
1,2. — Davon das landſchaftliche fi breften und fih abbreſten 
— inneren Summer leiden (ahd. gebröstan, ınhd. gebrösten — 
gebrechen, mangeln). 

4# 





52 


Kummer (mhb. kumber, von ahd. kümjan, chümöda = betrauern ; 
vergleiche franz. comble, lat. cumulus — Haufe, hier Belaftung des Ge⸗ 
müthes) bebentet anhaltend augreifende, fich ſelbſt verzehrende Betrübniß über et⸗ 
was. Bram (agf. grama — die gereizte Aufwallung, mhb. gram — abs 
hold, Präter. von grimmen — wüthen, raſen; vergleihe gr. zoeuddr — 
zunächft wiehern von Pferden, dann überhaupt Getoͤſe, Geräuſch machen) if 
urfprünglich eine Nebenform von Grimm (mhb. grim) und bebentet uhd. au⸗ 
haltende und fich fortwährenn nährende (gleichfam über einem Übel hinbrütende) 
tiefe nagende büftere Betrübniß, die innerlich verzehren fann. Harm (abb. 
haram, mhb. harm, altn. harmr —= Schmach, Schmerz baräber) tiefer au⸗ 
haltenver innerlich verfräntender (und fo verzehrender) Schmerz. Herzeleid 
(mh. daz hörzeleit, diu hörzeleide) fränfungsvolle (durch bittere Kränfungem 
erzeugte) Betrübniß; dann überhaupt bittere, jammervolle Betrübniß. Schwer 
muth (mb. sweerer muot) krankhaftes Bertieftfein der ganzen Seelenkraft 
in eine Betrübnig. — Laßt ihren Kummer reden! Laßt fie klagen! Miſcht 
eure Thränen mit den ihrigen! denn einen großen Schmerz hat fie erfahren. 
Schiller, Wallenfteins Tod 4, 9. Der Bram, das lange Kerkerelmd nagt 
an meinem Leben. Schiller, Maria Stuart 1, 2. Gib deinen Schmerzen 

Worte. Harm, der nicht ſpricht, erflict das volle Herz, und macht es brechen. 
Schiller, Macbeth 4, 7. Mit dem Unglädstag fing’s an, das große Herze⸗ 
leid des Landes. Schiller, Piccolomini 4, 5. Neigeft dich mit leifem Tröften 
an de Schwermuth dumpfes Ohr. GSalie, das Mitleid. 

Yuam. 1. In der früheren Sprache Hatte brast audı die Bedeutung Lärın, 
Menge, Pracht. Die heutige Volksſprache gebraucht noch Braſt und Braf (beide 
auch von Stieler im 17. Jahrhundert angeführt) für läflige Menge, Mafie, Blunder. 


Anm. 2. Zu einer Wurzel mit berften, breiten gehört auch praffeln 
(mb. brasteln, Berfleinerungsform von brasten, ahd. prastön — knittern, praſ⸗ 
feln) Ft braften. Dabin auch das vollsthümlide brafteln, brofteln, 
broffeln = elfertig thun (ohne Noth und Zweck), vermuthlich zunächfl den mit 
einem folchen Thun verbundenen Lärm, Braſt andeutend. — Zu derfelben Wurzel 
fönnte, nach dem agf. brustjan — hervorbrechen, auch Bruft (goth. brusts, ab 
prast, mh. brust) gerechnet werben (das Vorbrechende, Knofpende), wenn nicht 
il breost und altn. briost und bryst (Brüftcyen) auf ein wurzelhaftes u hin⸗ 
wiefen. — In der früheren Sprache Hatte der Bruft (von braften, berfin) tie 
nn Bruch, Sebrechen, Verluſt eines Gerichtshandels. Davon Wolken⸗ 
Gruft = Wolkenbruch. 


Treffen. 


(Wurzel traf, trif; vergl. fanffr. tri = hinübergehen, gr. HAlBar 
— drüden, preſſen.) 

Treffe, traf, getroffen, treffen (ahd. trifu, traf, träfumds, 
trofaner, tr&fan; mhd. triffe, traf, träfen, getroflen, träffen; 
agf. drẽpan, altn. drepa) iſt 1) zunächſt fo viel als ih wohin 
erſtrecken, dann berühren, womit ſich weiter der Begriff des wahr 
nehbmbaren oft nachbrüdlichen Berührens verbindet; 23) Semanden 


53 


an einem Drte perfönlich gegenwärtig finden; 3) in einen Zuftand 

gerathen, gleichſam von einer (meiſt unangenehmen, übeln) Sache 

Gear werden: die Reihe, das Unglück hat ihn getroffen; 4) das 

uchte oder Berlangte von ungefähr oder durch Verfuche, durch 

Nuthmaßung ausfindig machen: den rechten Weg, bie rechte Me- 

Iodie; 5) Cin der Malerei) ein Vorbild genau nachmalen; 6) (in 
fen Redensarten) etwas veranftalten; 7) eine verlangte Abficht 

Veranſtaltung, gleichfam als von ungefähr, erreichen: eine 
sute Heirat, Wahl; 8) (unperfönlid) fich treffen fo viel als ein- 
treten, geſchehen. — Weil du den Apfel triffft vom Baume auf 
hundert Schritte. Schiller, Tell 3, 3. Da wär’ es denn ganz 

artig, wenn er und zur guten Stunde träfe. Göthe, Taſſo 1, 1. 

Des Baterd Wort hat heute ne fränfend getro {fen. Goͤthe, 

.Hermann und Dorothea 4, 157. Fluch treffe fie! Schiller, Jung⸗ 

au von Orleans, Prolog 3. Sieh! fieh! da treffen wir Tuftige 
te. Schiller, Wallenfteins Lager 5. Und jeder rief, fie iſt 

RE fen (genau gemalt). Gellert, Selinde. Man muß zum 

iderſtand die Borfehrungen gegen Schottland treffen. Shak⸗ 
feare, König Heinrich V. 1,2. Es traf ſich grade, gmäb’ge 

‚ daß wir Schaufpieler unterweges eingeholt. Shaffpeare, 

amlet, 2, 3. 

Sälagen (goth., ahd. slahan, mhb. slahen, slAn, agf. slän, slagan, 
elcagan, altn. slä) eine mit Heftigkeit die Luft durchfchneidenne Bewegung 
machen (mur nicht ruckweiſe wie ſtoßen), wobei ein Gegenſtand ſtark berührt 
wird. Die Schloſſen treffen das Getreide manchmal fo, daß fie alles zer⸗ 
ſchlagen oder vo niederfchlagen. — Mein Amt war nicht, zu fchlagen, 
fprach dranf der Mann mit Herzeleid. &. Schwab, Karls des Kühnen Tod. 
Schlagt ihn todt, ven Hund! Böthe, Recenſent. 

Antr 1) etwas, oder Jemanden, deſſen Dafein an einem 

Drt uns nicht befannt ift, dafelbft gewahr werden, es gefchebe ab: 

kart oder zufällig; 2) (felten) anlangen, betreffen: es traf Leib 

und Leben. — Ich treff ihn bier fogar bei euch nicht an. Göthe, 

Taffo, 1, 2. Wenn wir einen Brief, den wir unter gewiffen Um⸗ 

Händen gefchrieben und gefiegelt haben, der aber den Freund, an 

den er gerichtet war, nicht antrifft, fonbern wieder zu ung zurüd- 

er. t wird, nad) einiger Zeit eröffnen, überfällt uns eine — 
findung. Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 2. 

Finden (ahd. agſ. findan, mhb. vinden, altn. finna) bezeichnet allge⸗ 
mein etwas, deſſen Daſein an einem Orte uns nicht bekannt iſt, daſelbſt ges 
wahr werben; finden wird auch dann geſagt, wenn ber Gegenfland ber burch 
das Wort bezeichneten Thätigfeit erft durch dieſe in das Dafeln Fommt: eine 
bisher nicht bekannte allgemeine Wahrheit, einen mathematifchen Beweis. — 
Drangfal hab’ ich zu Haus verlafien, Drangfal find’ ich hier. Schiller, 
Ta 1, 4. 





nn 


Betreffen 1) über einer Cböfen) That antreffen: in (bei, über) 
dem Diebftahl; 2) eine unerwartete ae a Veränderung von 
außen erleiden: eine Krankheit, ein Unglüd hat ihn betroffen; 3) 
anlangen, das beabfichtigte Ziel erreichen, in nächſter oder unmittels 
barer Beziehung, meift mit dem Nebenbegriff der Stärfe. Zuweilen 
ftebt auch anbetreffen und in etwas verſchiedenem Sinne mit> 
betreffen — Fleuch, bevor dich Schehriars Trabanten, voll Bes 
gier nad) deinem Blut, betreffen. Paten, bie Abbaffiden 2, Nicht 
einen jeden betrifft es anzufangen von vorn fein ganzes Leben 
und Wefen. Göthe, Hermann und Dorothea 2, 162. Meine Eine 
würfe, von der Schwierigfeit hergenommen, die Homeriſchen Fabeln 
zu malen, was betreffen fie effing, antig. Briefe. Was leſet 
Ihr, mein Prinz? Worte. Doc anbetreffend, mein Prinz? Shake 
fpeare, Hamlet 2, 2. Iſt's was, Ihr Herrn, das ung mitbetrifft? 
Schiller, Wallenfteing Lager 11. ; 

Ungehen überhaupt in Beziehung auf etwas flehen; anlangen (ſiehe 
auslangen) in entfernterer. — Was geht dich's au? Göthe, Fauſt L, 
1835. Was Hamlet angeht und fein Liebögetändel, fo nimm's als Sitte, 
als ein Spiel des Bluts. Shakſpeare, Hamlet 1, 3. Was das Regiment 
der Frauen anbetrifft.... Und was anlangt ihre Gleichheit? Herder⸗ 

Eid 18. 


Eintreffen 1) ankommen zu rechter Zeit oder am rechten Orte; 

2) in Erfüllung gehen; 3) in Übereinftimmung fein; in etwas wirke 

lich jo werden, wie es beflimmt ober gegeben iſt. — Der König ift 

gen vor Abend in Madrid noch einzutreffen. Schiller, Don 

arlos 1, 1. Sie treffen diefen Vormittag noch ein. Schiller, 
Piccolomini 1, 1. 


Ankommen f. bei fommen. Anlangen drüdt ein Ankommen von 
fernher aus. Zutreffen hebt mehr die Übereinftimmnng, eintreffen mehr 
das Gegenwärtigwerben worin hervor. — Allen Ziebhabern der übernatürlichen 
Phyſik wird Hierdurch befannt geinacht, daß vor ein paar Tagen der weltbe⸗ 
rühmte Zauberer Philadelphus Philadelphia allhier auf der orbinären Po 
angelangt ift, ob es ihm gleich ein Leichtes gewefen wäre, durch die Luft 
zu fommen ©. H. Lichtenberg. Wohl trifft e8 zu, daß dieſe Schreckge⸗ 
Kalt in Waffen unfre Wacht befucht, fo ähnlich dem König, der der Anlaß 
diefes Kriegs. Shaffpeare, Hamlet 1, 1, 


Ubertreifen ehedem hervorragen; hervorſtehen im Berhälmiß 
zu Anderem, fo daß ſich diefes darunter befindet; dann durch Zus 
fommen eines höheren Grades Anderes in etwas als geringer unter 
fi Tafjen. — Homer läßt feine Helden von den Männern, wie fie 
Neſtor in feiner Sn gefannt hatte, noch an Stärfe weit über- 
treffen. Leffing, Laokoon 12. 

Überfteigen (ahd. uparstikan, ubarstigan, mhb. überstigen, agf. ofer- 





55 








stigan, alin. yürstiga; vergleiche gr. Greizev — fleigen) ſich über etwas 
zur Höhe Gehendes hinausbewegen, dann Entgegemflchendes bewältigen durch 
Daruberhinausbewegen zur Höhe; dann durch höheren Groͤßengrad mehr fein, 
als ein Anderes, infofern das Mehrfein ale ein Höhergehen angefehen wird. 
— Bie Hoch die Leipziger den Nachbar überfleigen. Gimther. Seine 
Nachahmungsgabe überftieg allen Glauben. Goͤthe, Meifters Lehrjahre 4, 18. 


Übereintreffen gegenfeitig in Gemiffen ſich berühren, daß in 
dem einen wie in dem andern Ding dasfelbe ift, gerne mit dem 
Rebenbegriff des Zufälligen. Siehe weiter entfpreden — In 
wie fern mein Urtheil mit dem Urtheil wohlunterrichteter Menfchen 
übereintrifft. Göthe, Schweizer Reife. 

Zufammentreffen bezeichnet allgemein an einem Orte von wo⸗ 
her in Berührung oder in ein Oegenwärtigfein womit fommen. — 
— Bieled traf men, das ich zu unſerm Vortheil nutzen 
fonnte. Göthe, Taſſo 1,4. Noch er fie den Schweiß der erften 
Schlacht von ihrer Stirn gewifcht, verjuchten. fie das Glüd in einem 
neuen Rampf, und hart zufammentreffend Tieß ich beide Heere. 
Schiller, Macheth 1, 2. 

Aufftoßen (mh. wider stözen, fiehe flogen) unerwartet womit zus 
ſammentreffen. Begegnen (ahd. pikakanan, mhd. begegenen) bezeichnet 
den obigen Begriff, wenn die Berührung oder das Begenwärtigfein des einen 
Gegenftandes in Beziehung des andern von anderswoher kommt, als viefer 
fi bewegt. — Diehrere Beweife, wie fchlecht er die Onellen gebraucht bat, 
werben uns bei jedem Schritte aufſtoßen. Leffing, ant. Br. 17. Di heißt 
dein eigen Herz ihn freundlich und vertraulich zu begegnen. Göthe, Iphi⸗ 
genie 1, 2. 


Dos Treffen, das feindliche Aufeinandertreffen mit Gebrauch 
der Kräfte und Waffen gegen einander, wird. vorzüglich von Heeres⸗ 
theilen geiest , bie gegen einander find, felten von einzelnen Perfo- 
nen. Daher werden auch gewifle, aus mehreren Reihen Soldaten 

bildete, Abtheilungen eines in Schlachtordnung flehenden Heeres 
Ereffen genant: das Vorbers, Hinter, Mitteltreffen. 


Gefecht ffiche Fechten) und Kampf (ahd. champh, mhb. kampf) wer; 
ven fowol von ganzen Heeresmaflen, wie auch von deren Abtheilungen, von 
ein zelnen Berfonen, ja fogar von ben Thieren und einzelnen Perſonen und 
Tieren gegen einander gefagt. Gefecht deutet auf (körperliche oder geiflige) 
Bafen. Kampf bezeichnet jebe angefirengte Bemähung, feinen Gegner zu 
überwinden, es mag mit oder ohne Waffen gefchehen. Bon dem Waffenges 
brauche, den ganze feinbliche Heeresmaſſen gegen einander machen, wird 
Schlacht (ahd. slaht und slahta, mhd. alaht) gefagt, mit dem Nebenbegriff, 
daß es um Leben ober Tod fl Handelt. Das Sharmütel (mib. schar- 
mätzel, aus bem ital. scaramuccio, franz. escarmouche) iR ein unbebeus 
imberes Gefecht zwiſchen Pleinen Heerhanfen, auch, wiewol ungewbhnlich, 





56 


zwifchen einzelnen Berfonen. Das Gerenne (von rennen) iR ein veralteter, 

aber der Erneuerung weriher Ausdruck für ein geringes Keitergefecht. — So 

entfteht bald hier bald ba ein Zweikampf, ein Scharmäsel ober eine 

Schlacht. Goͤthe, römijcher Carneval. Das Scharmüpel iſt aber noch 

kein Treffen, in welches ich mich zn feiner Zeit Paragraph für Paragraph 

einzulaffen gefonnen bin. Leifing, gegen Wald. Unbedeutende Gerenne bei 

Gplingen (1314) und bei dem Judenkirchhofe zu Speer abgerechnet, verfloffen 

indeſſen mehrere Sabre, ohne daß die fireitenden Parteien fi in Deutfchland 

in offenem Felde begegneten. Schmitthenner. Schlacht und Kampf fiche 
oben (S. 55) bei zufammentreffen. 

Der Treff (mhd. der traf, in der nude 2 der Triff) 
ein derber Schlag. — Der Treffer (beim Spielen) ein Loos, wel⸗ 
ches trifft, einen Gewinn erhaͤlt, im Ge egenfoß zu Niete "om 
6 man niet, das Nichts.) — Diefes bunte Lotto bes Lebens, worin 
o mancher feine Unfchuld und feinen Himmel fest, einen Tr effer 

"ba hen. Schiller, Räuber 3, . — Treffichuß; trefflich, Treffs 
lie eit; — lallerihumlich fürtrefflich, Vortrefflichkeit). 


zu Li ai “en .. Li et — — 


Pr Zur: 


Ausnehmend f. ausnehmen. Ausgezeichnet (von fich auszeichnen) 
beveutet zunaͤchſt fo viel als vor Anderm befonders kenntlich gemacht; dann 
vornehmlich ale ein vor Anderm in hohem Grabe Kenntliches vorteilhaft im 
die Sinne fallend. Vorzüglich (von Borzug, mhb.vürzoc) bebeutet eigent⸗ 
lid an Geltung über Andere im Urtheile geſetzt; dann mehr, als Anbere, 
durch hohen Brad der Geltung im Urtheile. Trefflich Cälternhb. tröffenlich ſtatt 
tröffentlich)) bebeutet zunächft fo viel ale auf ganz befondere, den Gegenſtand ans 
gehende (treffende) Weife; daher dann in hohem Grade hervorſtechend, höchſt 
vortheilhaft für ſich bemerklich; wird and gebraucht zu Exäftiger Bezeichnung 
eines höchft bemerklichden Grades, von Ungutem oft ironiſch. Vortrefflich 
(ahd. vuritreffant) drüdt mehr aus ale trefflich, wird aber im Gebrauch 
von biefem nicht unterſchieden. Ausbündig, In der Schweiz auch für⸗ 
bündig (älter nhd. üzbüntig, ausbüntlich, von Ausbund eigentlich bei den 
Krämern das außen auf das Waarenpaket gebundene Schauflüd als ein 
auserlefenes der Waare) beventet auserlefen oder einzig in feiner Art. Herr⸗ 


Lich (fat Hehrlich, abe. herlib, mhb- herlich, herelich von her — hehr)- 


einem Herrn (ahb. heriro, mhd. herre, Komparativ von her) gemäß, im 
hohem Grade durch Anfchengebendes ausgezeichnet; als hoͤchſt vorerefflich im 
die Sinne fallend oder dem Geiſte genehm — Da ver ausgezeichnete Bi- 
fchof von Würzburg, Johann Philiyp von Schönborn, nun auch Kurfürf von 
Mainz geworben. Schiller, SOjähriger Krieg, fortgefeht von Woltmann, 5- 
B. Weil er die vorzüglichfte Bigenfchaft. befaß. Göthe, Rochusfel. Das 
treffliche Geſpann. Schiller, Tel 1, 4. Salmaflus macht über biefe 
Stelle einen treffliden Wirrwar. Leifiug, ant. Br. 80. Dieß ift es, was 
uns auch in ben vortrefflich ſten Stüden der griechiſchen Bühne etwas zu 
wünfchen übrig läßt. Schiller, über tragiſche Kunfl. Der Hochfelige hat im⸗ 
mer groß gedacht von Cuer Gnaden fürtrefflihdem Verſtand und Jelb⸗ 


— —— u a —1 — — 4—u 2401 


de — — ——— — —— — — 








87 


berengaben. Schiller, Vallenſteins Tod 1, 5. Wenn gleichwohl biefer Aus⸗ 
band aller Menfchen fo ein gemeiner Jude wäre. Leffing, Rathau der Weife 
4, 4. Dieß iſt der allerausbündigfke Spitzbube. Shakſpeare, König Heins 
rich IV., 1. Theil 1, 2. Iſt denn der Engländer fo ausbündig im Trins 
in? Shaffpeare, Othello 2, 3. Zwar herrlich ift die liedeswerthe That, 
doch fchön iſt's auch, der Thaten flärffle Fülle durch würd'ge Lieber auf bie 
Nachwelt bringen. Göthe, Taffo 2, 1. Und herrlich, in der Jugend Prans 
gen, wie ein Gebild aus Himmelshöh’n, ficht er die Jungfrau vor ſich ſtehn. 
Schiller, Slode. 
Zeiftig *) (erſt nhd., von tref en bedeutet zunächft na —— 
lich berührend; dann die Sache na cklich berührend, im 
ſaß des Verfehlenden, Unzulaͤn —* — nachbrüdtich und mit 
Beſtimmtheit wirkend. — Er ft, wie er zurückkam, Das uneriwars 
tete Blendwerk mit den triftigften Gründen beinahe aus der Seele 
vertrieben. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 17. 

Erheblich (erft nhd, von erheben) aan, finnlich ober geiftig her⸗ 
vorgehoben und In Folge hiervon beachtet zu werden. — Ein gewifler Giani⸗ 
beili ans Nantua, der ſich in der Stadt niebergelaffen und ihr in der Folge 
biefer Belagerung fehr erhebliche Dienfte leiſtete, that ven Borfchlag. Schil⸗ 
ler, Belagerung von Antwerpen. Siehe weiter wichtig. 

Betroffen (aus dem 18. oder Ende des 17. Jahrhunderts ſtam⸗ 

— über einem Thun auf einmal Ale und dadurch hefti 

Dr nn elle — Gnädiger Herr, ich bin aͤußerſt Aal, 

— e Galotti 1, . Der (Feind), hochbetroffen, 

Beht semegungie, mit weit geöffnet ftarrem Blick das Wunder ans 
Raunend. Schiller, Jungfrau yon Orleans 1, 9. - 

Berlegen (Mittelwort von verliegen) mit beforgter und furdifamer 
Unruhe des Verhaltens unfelt zu einer Willensbeftimmung. Betreten (Mits 
telwort von betreten) durch etwas, befien man ſich nicht verficht, in feinen 
Gevanten, denen man ſich überläßt, anf einmal gehemmt und außer Gemuͤtho⸗ 
faßung gefommen. Das Wort iſt wenig mehr in Gebrauch. Befürzt (bie 
zum 18. Jahrhundert auch verſtürzt, Mittelwort von beſtürzen, ahd. 
b(p)isturzen, mhb. besturzen von aht. sturzen, mhb. stürzen — flürzen, 
fallen und fällen) zeigt ven hödften Grad dieſes Gemüths zuſtandes in feis 
ner heftigen plöglichen Erſchütterung an, daß man nicht weiß, was man 
venfen oder thun fol. Verblüfft (Mittelwort von dem niederd. verblüfs 
fen, verbluffen, dluffen, eine Nebenform des Ianpfchaftlichen bleffen, 
blaffen ſchlagen) bedeutet eigentlich durch etwas, was winerfährt, fo ſcheu 
gemacht, daß man wie vor ben Kopf geſchlagen ſich benimmt; dann über etwas 


”) Gin anderes le iſt von nieder. Trift = Trieb, alſo von trei⸗ 
den — — Er a gkeit. — (Sr ſchafft dem Gewachf Trif⸗ 
ee ———— irrthumlich, trift ig in beiden ae von 
dieſem 








58 


Unerwartetes ganz betäubt, wie vor den Kopf geſchlagen. Berbugt, auch 
bedugt (von mhp. betützen — durch ſchen muchende Betäubung außer Faſſung 
bringen, angelehnt an das landſchaftliche du zen, duttfen, bogen —= mit 
einem Kopf an ben andern Eurz und fchnell flogen) mit kurzer fchnellee Bes 
müthserfcgütterung anflehend vor etwas, wie wenn man mit dem Kopfe wider⸗ 
gerannt iſt. — So verlegen bin ich nie geweſen. Göthe, Kauft, Borſpiel. 
Sie dürfen nicht darüber betreten fein. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 16. 
Sie war beſtürzt über meinen Antrag. Göthe, Götz von Berlichingen 8. 
. Herr von Lormenil if ganz verblüfft über die fonderbare Aufnahme. Schil⸗ 
ler, Neffe als Onkel 2, 1. Wenn er fyürt, daß es Ernft if, Friccht fein thea⸗ 
traliicher Eifer gewiß zum Kreuz, er kehrt bedutzt nah Zranfreich zurück. 
Gothe, Glavigo 4, 1. Er feilt in ein ganz unverdutzt. Ghamifo, ber 
rechte Barbier. 
um. über fagte man auch noch befugt, von Volksſprache) für 
flogen: Doc) — mir — Be ob — — fich Ara e Gie 
2 ae diefen Ginwürfen beſt utzt befand. Hofmannswaldau, ber ſterbende 


Drefchen. 
(Wurzel drasc, deisc; vergleiche fanffr. trut — brechen, Tat. terere 


= reihen, triturare dreſchen, gr. rgver, zalger — reiben, auf- 
reiben.) . 


Drecſche, draſch (droſch), gedroſchen, drefchen (ahd. drisku, 
drasc, draskuméês, droskaméêr, drẽskan; mhd. drische, drasche. 
dräschen, gedroschen, dreschen; goth. thriskan, agſ. dhrescan, 
dherscan, altıt. threskia) 1) die Fruchtkörner aus ben Achren oder 
Schalen fchlagen (früher auch treten); 2) (Bollsfpradhe) prügeln; 
3) Cheffer dräuſchen) heftig reguen, eigentlidy den Schall des hef- 
tigen Regens nachahmen; 4) (lieber trätfchen) plaudern. — Uns 
fere Pferb’ auch follen mir heut’ an der Krippe voll Habers ſchwel⸗ 
gen, und. unfere Küh' ungedrofchener Garben fi weiblich fäts 
tigen. Voß, Luife 3, a, 59%, Mir macht der böfe (Müßiggang) 
keine Noth: ich dreſch' ihn fhief und frumm. Claudius, der glüds 
liche Bauer, j — 
Anm. Draͤ ‚b ‚drei „ ber Bo örend, 
ſcheinen Racafımın > Yes ——— fein, De Ben er — en 
von dem aus treten abgel. ſchweiz. trätfchen — langfam und träge gehen, 
müßig ſchlendern, Bedeutet zunächft gehaltlus a in müßigem Stägehen aflen ; 
dann .austragend ſchwatzen. — Bängt, weil er ſchon den Handel halb vergefien, 
ärchen ſtets ‚von vorne wieder an ... Die Mutter hört zuleht zu fragen, 
und er zu trätſchen auf. Wieland, Pervonte. Run fügte fie noch hinzu, was 
weiter würde geträtfcht werben. Goͤthe, Werther. 


Ab⸗, alt, ab», durch⸗ nad», über-, ver⸗ vor⸗, zerdreſchen be⸗ 
dürfen feiner weitern Erklaͤrung. Früher ſagt man auch noch ent⸗ 


— — —— 


und verdreſchen. — Ueberhaupt follte man einmal ven abge» 
brofhenen Zank über Driginalität aufgeben. Platen, das Theater 
als Nationalinftitut. Klip und Elap! Droͤſchet auf und ab! Voß, 
Drojcherlied. (Sn der Auswahl letzter Hand, Leipzig 1833 fteht 
immer dröſchen.) Hier drifht man die Frucht gleich aus, 
Böthe, ital. Reife, St. Agata 24. Februar 1787. Und fie mit der 
Dfengakel... weiblich durchdroſch. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 
18. Wärme mir einer das verdrofchene —2 — von Redlich⸗ 
keit auf. Schiller, Fiesko 1, 8. Ward er auf einmal angefallen, 
son einigen Perfonen feitgehalten, inveffen andere auf ihn wader 
—— und ihn im Finſtern ſo zerdraſchen, daß er beinahe 
iegen blieb. jet Meifters Lehrjahre 3, 9. Dreichen, Drefchung; 
Dreicheriohn, — flaub; en —knoten, — machine, —tenne, 
— wagen, —zehute, — zeit; Drifdel (ahb. driseil, driscila Drefche 
Hegel), —kürbiß. 

Anm. der Vo ache eigen find: das Gedraͤſch, Gedre d. 
—— — einmal reden En ber Druſch (ei dih LAW 

ofcgene, das zu Drefchende, das einmalige Abprefhen; driſcheln obenhin 
dreſchen, Teicht überbrefchen die Garden, um bie reifften und beiten Körner als 
Berfprung zum Ausfien zu erhalten. An andern Orten fagt man dafür anbo Le 
(son mh. ern — floßen, „ Iolagen, dreſchen, woher au Amboß, mhd. anebög 
= das worauf gefchlagen wird). 


Brechen. ; 
urzel b(p)rab, b{pJrih, fanffer. bhra-nj; lat. frangere, fregi 
fractum = brechen; vergleiche gr. —**& —= ſpalten, fägen.) 


Breche, brach, gebrochen, brechen (ahd. prihhu, prah, prä- 
hum£s, prohhaner, prehban; mhd. briche, brach, brächen, ge- 
brochen, bröchen; gr brikan, agf. bräcan, brecan, breacan, 
altn. bräka). Die Grundbedeutung dieſes Wortes, das intranfitiy, 
tranfitio und reciproc, im eigentlichen und figürliden Sinne gebraucht 
wird, iſt Das fchnelle Hervorfommen von Tiht und Schall, dann 
erſt das Auseinandergehen und zwar mit brecdendem Schall. 1) gläns 
zend heroorfommen: die Sonne bricht durch die Wolfen; 2) vor⸗ 

en fein, aber nur von Erzen und Steinen gefagt, mit dem Nes 
beubegrijf des Slanzes: bier brechen Erze; 3) plöglih und mit Hef⸗ 

t zum Vorſchein fommen: die Thränen brechen ihm aus den 

ugen; 4) mit mühfamer Neberwindung körperlicher Hinderniffe an 
einen Ort (oder aus demfelben) gelangen: aus dem Gefängnif, in 
das Haus; 5) zerbrechen im eigentlichen Sinn: das Eifen bricht, der 
Baum ift gebrochen; 6) der Kraft beraubt werben: die Augen (der 
Muth) find (iſt) ihm gebrochen; 7) unvermoͤgend werden zu bezahlen: 
das größte Handelshaus in diefer Stadt iſt gebrochen; 8) heftigen 
Schmerz, Mitleiden empfinden (in Verbindung mit Herz): das Herz 





60 


wollte ihm brechen bei diefem Anblid; 9) Feſtes gewaltſam trennen: 
Seffeln, Flachs (bei Hanf und Flachs auch zumeilen ſchwach); 10) 
abbrechen: Blumen, Obſt, (figürlih) eine Urfache vom Zaune; 11) 
mit Gewalt trennen: Steine, das Schloß von der Thüre; 12) öff- 
nen, gangbar machen: Bahn (oft figürlih); 13) zufammenbiegen, 
—legen: einen Brief, Bogen Papier; 14) eine von ber graben 
Linie abweichende (doch nicht Frumme) Richtung geben: gebrochenes 
Dach, gebrochene Schrift, die Strahlen brechen fi; 15) kraftlos 
machen: Kalte brechen die Säure, 16) zähmen, überwinden: den 
Willen, Eigenfinn; 17) theilen: ein Wort, eine Zeile; 18) über: 
treten, nicht mehr beobachten: ein Geſetz, das Stillfhweigen, den 
Frieden; 19) von ſich geben durch Erbrechen: Blut, Galle (auch in⸗ 
tranfitip: der Kranke hat gebrochen und reciproc fi) gebrochen); 20) 
fih plöglich trennen:. die Wellen, Wolfen brechen fi: 21) fih äns 
dern: die Kälte hat fi gebrochen; 22) mit einem, d. I. das 
frühere Verhältniß auflöten. — Die Seele war’s, die, sn lang 
tel durch alte Feſſeln jegt auf einmal brad. Schiller, Die 
egegnung. Jene breden aus dem Hinterhalt. Schiller, Tel 4, 
1. Dem fredhen Buben hab’ ich den Finger mit dem Stab ges 
brochen. Daſelbſt 1, 4. Da brad ihr die Taffe fo hart an dem 
Munde. Göthe, Wirkung in die Kerne, Steht die Burg noch, und 
Schloß Sarnen Tiegt in Aſche und der Roßberg iſt gebrochen? 
Schiller, Tel 5, 1. Er ruft e8, und fein auge bridt. Schiller, 
Kraniche des Ibikus. Da zittert’ er, brach ihm in der Wehmuth 
das Herz. Klopſtock, Meſſias 6, 185. So bricht der letzte Anfer 
unfrer Hoffnung. Schiller, Tell 4, 1. Knabe ſprach: ih breche 
did, Röslein auf der Helden! Göthe, Heidenröslein. Der hat 
nie das Glück gefoftet, der die Frucht des Himmels nicht raubend 
an des Höllenfluffes ſchauervollem Rande bricht. Schiller, Hero 
und Leander, Durd den Vorhack des Lagers ... will der Nieges 
ag flürmend Bahn fih brechen. Schiller, Piccolomini 2, 7. 
er Aftuarius gehot ihr zu ſchweigen, und hielt feine Feder über 
den gebrochenen Blatte. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 13. Da 
war e8 Zeit, den flogen Willen bir zu breden. Schiller, Wallen- 
ſteins Tod 1, 7. Sie brachte ihre Antworten in einem gebrodes 
nen Deutfh vor. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 4. it meinem 
Slüde {chloß er den Bund und bricht ihn. Schiller, Wallenſteins 
erbet nicht verlangen, daß ich meinen Eid brechen 
von Berlidingen 2. Den (Waffenftillftand) euer 
av gebrochen. Leiling, Nathan ver Weife 1, 5. 

el — nahe, ich wohl das lange Schwei 
r, Braut von Meſſina. Sanfter brechen 
8 Ufers Felſenwand ... die Brandung bricht 
ſchäumend ſich am Fuß der Klippen. Schiller, Hero und Leander. 





61 


RR du nicht förmlich Drehen mit dem Hof. Schiller, Picco- 
lomini 2, 6. | 


Pflücken (agſ. pluccjan, mhb. pflüäcken) bebentet zunächk mit den 
Fingerfpigen ausziehen, faſt mur auf Beflevertes angewandt; dann mit ben 
Fingerſpigen abbrechen, und zwar auf eine feine, zierliche Weil. — G8 
pflüdte Blümlein mannigfalt ein Mägblein auf der lichten Au. Uhland, 
der Kranz. Kommt doch, und pflüdt Erpbeern! Voß, Luife 1, 176. Aber 
pflüdten indeß fie Küffe von anderen Lippen. J. Baflow, Küffe d. I. Se 
— 13. 


Das mhb. bröhen (wol von bröchen) we lenchten (vergleiche 
ed. — und ſcheint eines Stammes zu fein mit börhten (abe. perahten 


Srüher waren noch andere Revensarten gebräuchlich: bie 4 
Kit — Sn fauer; diu schalkheit in ze süre brach — die Schalfheit ſchl Ing 
ihn ins Saure um; einem das Fell bredien rc burchprägeln; den Wurf 
Sprunge bredjen — über die Wurfweite hinausfpringen. 

Abbrechen (auch öfters herabbrechen) 1) durch Brecdhen von . 
einander trennen und getrennt werben: der Aft, die Nabel iſt abge 
brochen; 2) plögli inne halten, ohne daß die Sache zu Ende ge 
bracht it: bei dieſem Worte brach er ab; 3) mit Gewalt wegnehmen 
und entziehen: das Schloß, einem etwas an der Koft (früher in 

biefer Bedeutung au 2. ohne Acc.: Warum dürften wir dem Leib ab» 
en en? Opik); ) niederreißen: ein Haus; 5) Cfelten) nn 
vermindern. — Da kam arabiſch Raub — brach mein 
haͤuschen ab. Leifing, Nathan der Weiſe 4, 7. Wie wenn ein Ger 
ſpraͤch abbricht rebfeligen "Greifen. Voß Luiſe 2, 491. Brecht 
ab, Es iſt umfonft, fie zu bewegen. Schiller, Jungfrau yon Or⸗ 
leans 3, 4. Abbrechen, einziehen, fparen will ich gern. Leffing, 
Nathan“ der Weiſe 2, 2, Da man ben Spr gen . Zeit und 
Aufmerkfamfeit ab bradı. Gothe, Leben 6, 
Aufbören = nicht fortfahren, die Sache — zu Ende ſein oder nicht. 

— Wenn ich einmal zu fürchten angefangen, hab' ich zu fürchten aufgehört. 

Schiller, Don Karlos 1, 6. 

Yum. Sinnverwandt mit abbredhen 2, nur flärfer iſt abreißen bei Schil⸗ 
ler, Aeneis 4, 14: Gin — Geſpraͤch wirr fehüchtern angefangen, ſchnell reißt 
vie Furcht es wieder ab 

Anbrechen ( (auch öfters heranbrechen) 1) plötzlich (und oft 
mit Gewalt) in die zeitliche Wirklichkeit treten: der Tag, die Schlacht 
bricht an; 2) das erſte Stück, den erſten Theil von etwas nehmen: 
Brot, Wein; 3) (Minder gebräuchlich) en faulen: das Obft 
iſt angebroshen. — Shladt, du brichſt anl Körner. Der Tag 
bricht am, and Mars regiert die Stunde. Schiller, Wallenfteind 
Tod 1,1. Und eh’ der Tag, der eben jegt am Himmel verhängs 
sipnoll heranbricht, umerdeht. Schiller, Piccolomini 5, 2. Das 

Obſt, das Bier bricht an, wird fanl, wird ſauer. Steinbach. 


Aufangen (abb. anafähan, mid. anvähen) hervortreten in bie Wirklich⸗ 
keit der Zeit oder dem Raume nach; das Erſte fein im Raum in Bezug auf 
das Uebrige. Beginnen (ahb. biginnan, iihd. beginnen, audy einfach gin- 
nen; vergleiche ahd. anakin = Anbeginn) Kervortreten in bie Wirklichkeit von 
Sandlungen oder von einem Ding überhaupt gefagt. Anheben (mhb. an- 
heben) auf gewaltige ober’ feierliche Weife beginnen. — Das Werk if anges 
fangen, nicht vollendet. Schiller, Tel 5, 1. Dort fängt meines Reiches 
Graͤnze an. Schiller, Maria Stuart 8, 1. Was ver Vater glorreih be⸗ 
gonnen, will der Sohn vollenden. Schiller, Tell 4, 8. Ichova Hub das 
Gericht an. Klopftod, Meſſtas 5, 346. 

Aufbrechen 1) aufgebrochen werden, durch innern Trieb fi} 
öffnen: die Knofpen find aufgebrochen; 23) den Drt feines Aufent- 
haltes verändern, gewöhnlich von Heeren, größeren Geſellſchaften 
und fürftlihen Verfonen; 3) durch Brechen öffnen ‚ ohne nothwendig 
den Nebenbegriff der Erreihung eines Zweckes mit einzufchließen: 
die Thüre, den Brief, das Straßenpflafter; 4) (früher) für an⸗ 
bredden. — Doc auf dem Regensburger Fürftentag da a Br 
auf! da lag es fund und offen. Schiller, Piccolomini 2, 7. t’ 
Nacht in aller Stille brecht ihr auf mit allen leichten Truppen. 
Schiller, Wallenfteind Tod 2, 15. Sein Brief iſt aufgebroden. 
Schiller, Wallenfleind Top 3, 10. 

Ausbrechen (auch öfters herausbrechen) 1) ausgebrochen wer⸗ 
den oder felbft ausbrechen: ein Zahn iſt ihm ausgebrochen; 2) fid) mit 
Gewalt aus einem Orte befreien: der DBerhaftete iſt ausgebrochen ; 
3) heftig, plöglih (mit Gewalt) ind Dafein treten: der Krieg, ein 
Feuer, eine heftige Krankheit ift ausgebrochen; 4) mit Heftigfeit laut 
werben: ein Gefchrei, er ift in ein lautes Gelächter ausgebrochen 5 
5) (meift durch Zerbrechen) herausnehmen: einen Zahn; 6) (gemein) 
durch Erbrechen von ſich geben; 7) ausbrechen Taffen, etwas, bag 
aus einem Innern nad Außen ftrebt, nicht hemmen, mit dem Neben 
begriff eines heftigen und gewaltfamen Strebens nad Aufen. — 
Brecht nit in eitle Klagen aus. Schiffer, Wallenfteins Tod 3, 2, 
Da bricht die Menge tobend aus. Schiller, Kampf mit dem Dra> 
hen. (Es) ift ein Wetter ausgebrochen. Alringer, Doolin, 5. 
5. Welches (Murren) ftündlih in eine offenbare Meuterei aus⸗ 
zubredhen drohte. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Durch 
Grethens Entfernung war der Knaben und Sünglingspflanze dag 
Herz ausgebrodhen. Göthe, Leben, 6.2. Racdem er von 
dem Unheil, das unter diefen Freunden ausgebrochen, Nachricht 
erhalten. Göthe, Wahlverwandfchaften 1, 18. Der Arzt hatte die 
dringendſten Urfachen, das Leiden des Laofoon nicht in Gefchrei 
hberausbredhen zu Taffen. Leffing, Laofoon 6. 

Entftehen (ahb. instantan, mh. entstän, entsten) aus etwas hervor 
- gehend anfongen zu fein. Austaffen (mhb. Ggläzen, üzlän) allgemein 


63 


chsas, das ans einem Junern ſtrebt, nicht hemmen. — Nun iſt der Unterfchied 
von 16 auf 166 Thaler ohne Zweifel zu groß, als daß er bloß von der mehr 
ober weniger trefflichen Arbeit hätte entfichen follen. . Leffing, ant. Briefe 
3. Laffen Sie Ihren Schmerz in verdiente Berwünfchungen aus. Leffing. 


Durchbrechen 1) durch Brechen öffnen, Bahn machen: der Dieb, 
er it auf dem Eis durchgebrochen, Das Waffer hat den Damm durch⸗ 
brochen; 23) in Stüde zerbrechen: einen Stod; 3) gezeichnete Figu⸗ 
ren in Blech, Holz, Leinwand ꝛc. ausſchneiden, ausnaͤhen, nur im 
Partie. gebraucht. — Wie ein reißender Gewitterfirom durchbrach 
er würgend unfre Reihen. Schiller, Machetb 1,2. Was 2 | 
durchbrach, fchlugen euch auf der Flucht die Bauernweiber m 
Haden und Miftgaben tobt. Göthe, Egmont 1. Wenn jene (Gries 

und Römer), unter einem glüdlidheren Himmel, ihr Dach auf 

en ruben ließen, ſo entfland ja ſchon an und für ſich eine 
durchbrochene Wand. Göthe, Leben 12. 2. 

Einbrechen 1) plöglich oder gewaltfam kommen, beginnen, meift 
mit dem Nebenbegriff des Unvermutheten: bie Kälte, die Nacht bricht 
ein; 2) nad innen und unten fallen: bas Eis, die Dede iſt eins 
gebrochen; 3) überhand nehmen: allerlei Unordnungen find eingebros 
chen; 4) mit Zerbrecdhen der Hinverniffe in etwas hineindringen: 
der Dieb iſt eingebrochen, die Reiterei follte in den Feind einbrechen; 
5) niederreißen: ein Haus. — Kaum bricht der Abend ein, Schils 
er, Aneis 4, 14. Wenn fie (die Brüde) nicht einbricht unter 
eurer Schub. Schiller, Tel 5,2. Das wilde Thier zu jagen, das 
en: in bie fihre Hürte Schiller, Wallenfteins 

ed 1,06. | 


Eriureißen hat den Nebenbegriff, daß das Trennen aus feſtem Zuſammen⸗ 
bang, das Überhanduehmen mit Schnelligkeit und Gewalt gefchieht. — Reißt 
tie Mauer ein! Schiller, Tel 5, 1. Der Lohenftelnifche Gefchmad reißt 
wieber ein. C. F. Weiße, die Poeten nach der Mode 1, 4. 


Entbrechen fih 1) ſich mit Gewalt von etwas zurüdhalten, 
fo daß es bei ung unterbleibt; 2) ſich losreißen, abfondern, entzie⸗ 
ben, den Umgang mit einer Perfon, den Gebraud einer Sache vers 
meiden, fih zurüdhalten: fid alles Gehorfams entbrechen, du wirft 
dich meiner nicht —— ih kann mich kaum der Thränen ent⸗ 
breden; 3) (früher, ohne fih) einer Klage entgehen, indem man 
fie von ſich abwehrt, ſich rechtfertigt: einem Kläger um eine Sache 
entbrechen = deshalb gegen ihn Iosgefprochen werden. — Ein Thräs 
nenfirom entbricht dem Auge. Hermes. Hat, ſprach er, ver Cid 
geichworen, was er wohl nicht fchwören follte: jo entbrech' er fi, 
und Einen herzunennen, den Er wählt. Herder, Eid. 33. Daß man 
fih des enibricht Lfrei von Antonius macht). Lohenſtein, Cleo⸗ 
yatra 3,39. Was Weiſe hat fie denn des Lebens fi entbrochen? 


64 


on Du mußt dich oder willſt dich meiner felbft entbrechen. 
er 


Sich enthalten hat nur die Bebeutung fi von etwas zurädhalten, fo 
daß es bei uns unterbleibt. — Wer ann dabei ber Thränen fih enthalten? 
Wieland, Oberon 6, 72. 

Erbrechen 1) mit Gewalt (mit Anwendung einer Thätigkeit 
ze! einen Gegenftand) öffnen, mit dem (in er Tiegenden) Nebenbes 
ff der Erreichung eines Zwedes; 2) (fi) übergeben: der Kranke 
Bat fih erbrochen. — Als er fein Zimmer neulih erbrocden glaubte. 
Böthe, Taffo 1, 2. Briefe nad) Brabant erbri a ber König. 
Schiller, Don Karlos 2, 15. Endlich wollt’ ih mid erbrechen, 
und —8 öffne ſchon den Mund. Platen, der romantiſche Oedipus 3. 
ebrechen ige da fein, infofern dadurch eine Unvolllommen⸗ 
heit entfteht, vie als ein Übel erfcheint. — Beinah gebricht aud 
mir die Stärke, diefen Auftritt zu ertragen. Schiller, Jungfrau yon 
Drleans 3, 2, Wenn e8 dir an Faſſung ganz gebricht, fo fol 
mir's an Geduld gewiß nicht fehlen. Böthe, Taſſo 5, 5. 

Mangeln (ahb. mangolön, mh. mangelen, verwandt mit lat. mancus, 
woher ital. mancare, franz. manquer) bebeutet allgemein nicht da fein, fo 
daß dadurch eine Unvollfommenheit entſteht. Fehlen (ahd. nicht da, mhd. 
failieren, fälieren, von franz. faillir, dann veelen, älter nhb. failen, feilen, 
mittelniederd. velen, veilen, ital. falläre, fallire, urfprünglich von lat, fallere 
— täufhen, gr. dpyallsım — fällen, dann zweifelhaft machen) beveutet nicht 
da fein, da es da fein ſollte Abgehen (mhd. abe gAn) beveutet mit etwas 
fo fein, daß nichts mehr davon ba iſt; fo fein, daß etwas nicht da iſt, was 
udthig oder erwünfcht wäre. Entſtehen (mhd. enstän) beventet aufhören, 
zu Ende fein, ferne gehalten fein, infofern doch ber Befitz ober Genuß des 
Nichtvafeienden gewünfcht wird. — Es foll Ihren Vollkommenheiten nit an 
Bewunderern fehlen, und meinem Glüde wird es nicht an Neivern gebre= 
hen. Leffing, Minna von Barmhelm 5, 9. Dem alles mangelte, was 
mein Bruder befaß: Genie, Leben, Geiſt und rafches Weſen; an dem ſich 
aber auch alles fand, was jenem abging: Liebe zur Orbnung, Fleiß. Goͤthe, 
Meifters Lehrjahre 4, 16. Wie du fehoneft, jo müſſe die Schlingen in Lemnos 
dein muntres Weib bir verzeihn, und nie deiner Umarmung entfiehn. Ranıler. 

Nachbrechen 1) Hinter einer Perfon oder Sache her brechen: 
als die Wand meggenommen war, brady bie Dede nad; 2) brechend 
nacharbeiten (beſonders vom Bergbau gebraudt): die Schweine bres 
chen den Suchen auf dem Ader, die Leute brechen dieſer Ader nach; 
8) (früher) fih um etwas abarbeiten, nad einem. Dinge fehr ver⸗ 
langen. 
: Umbrechen 1) umbiegen, daß etwas bredhe: einen Baum; 2) 
(zuweilen) umpflügen, umgraben, fo daß das Unterfte zu oberft fommt ; 
8) das Gebrochene von neuem brechen: eine Serviette, die gefeßte 


Schrift. 


nn Be 9 | Ts 


| 


L_ L 2 


65 


Unterbredhen die Fortdauer eines Dinges, einer Handlung auf 
eine gewifle Zeit hindern. — Schweig’ und unterbrich mid nicht. 
Böthe, Taſſo 2, 4 Wollen wir allein ung eigenfinnig fteifen und 
verftoden, die Länderkette ihm zu unterbrechen? Schiller, Tell 2,1. 

Verbrechen (felten) ab= (zuweilen aud vorn ab⸗) brechen: eine 
Gerte; 2) völlig brechen: den Stod; 3) übertreten, Geſetz, Gebot 
Borfhrift, jedoch ohne daß diefe Wörter dabei ftehen (früher ug 
einfach brechen, wie altn. brek — das Verbrechen); 4) (vorzügli 
in der Jaͤgerei gebräuchlich) durch abgebrocdhene Dinge, befonders 
Zweige, etwas bezeichnen; 5) (felten) verluftig gehen, nach dem frü- 
beren Gebrauche: die Hand verbredien — ſich wieder verehelidhen, 
son Witwen und Witwern gefagt. — Zu einer ſchweren That beruft 
ein Gott ven edeln Mann, der viel verbrad, und leg ihm auf, was 
uns unmöglic) ſcheint zu enden. Göthe, Iphigenie 2, 1. Sie hatten gleich⸗ 
wol fih am Kenfer hoch verbrocen. Lohenftein, @leopatra 1, 291. 

Zerbrechen 1) in Stüde brechen (auch fig.); 2) (Volksſprache) 
von Kühen geſagt, die von zu vielem Gras⸗ und Kleefreſſen bis zum 
Berſten anſchwellen. — Zerbrechen wollte mir das Herz. Göckingk, 
5. Ep. Seine Feſſeln zerbricht der Menſch, ver Beglückte! Zer⸗ 
riß er mit ven Feſſeln der Furcht nur nicht den Zügel der Scham! 
Schiller, Spaziergang. 

Keiner weitern Erklaͤrung bebürfen: entzwei—, herein—, 
berunter—, hervor —, (alterthümlih herfür— ), hinein—, 
los —, nieder—, rad—, vor—, weg—, zufammen—; früher 
(17. Jahrhundert) bebrehen — umbreden, beibrehen — beis 
nahe brechen, mn. — durch Drehen aufbewahren. — Ewig⸗ 
feit fchwingt über ihnen Kreife, bricht die Senfe des Saturns 
entzwei. Schiller, Gruppe aus dein Tartarus. Die Nacht drohte 
bereinzubredhen. Göthe, Meifters Lehrjahre 4,6. Bon welchen 
(Gebäuden) . . . andere big auf ven dritten, zweiten, erften Stod 

eruntergebroden find. Göthe, italienifche Reife, Meffina 18. 
ai 1787. So brad ein neues Schredniß aus dem Schoße des 
Siegs hervor. Schiller, Macbeth 1, 2. Daß fold’ ein grauſam 
mörd'riſch Ungewitter gaͤhlings herfürbrach aus des Gottharbe 
ünden. — Kell 8 brechen 5 Acht auf 
peare, Kön in — ‚2 Das Bol t auf, 
der Sturm bridt 108. Körner, Männer und Buben. Die Sorge 
war groß, auch dieſe möchten auf ung losbrechen. Göthe, Cams 
pagne in Frankreich 27. September. Dort lehrt man ums, wie man 
Sprache verbirbt, mit Schrauben fie foltert und radbricht ). Pla⸗ 
ten, die verhängnißvolle Gabel 4 Bis ... der treulos mürbe 
Ban zufammenbridt. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 8. 








9 Befer radbrecht, da radbrechen nad ver ſchwachen Gonjugation geht. 
5 


Die Breche (ahd. bröcha, mhd. bröche) 1) ein Werkzeug zum 
Brechen, befonvders des Hanfes, Flachſes; 2) die Breche und ber 
Sucher (noch im 18. Jahrhundert) eine Borrichtung , in welder 
Perfonen, die fi gewiſſe Bergehungen gegen bie Sitienpolizei hatten 
zu Schulden kommen laſſen, zur Strafe der öffentlihen Beſchämung 
ausgeftellt wurden. — Ei8—, Hanf, Flachs —, Nuß—, Sten—, 
Ochſenbreche (Pflanze). 

Anm. Das franz. breche (Brefche), der Bruch in einer Mauer ober in 
einem Walle, ift urfprünglich dentſch. — Cine Breſche ift jever Tag, die viele Men⸗ 
ſchen erſtürmen. Göthe, Sprichwoͤrtlich. 

Brecher (ahd. prẽnhbo, prẽchari) iſt einfach nur als Eigen⸗ 
name, dann aber in Zuſammenſetzung gebräuchlich: Ehe—, Eid—, 
Mauer —, Sorgen—, Stein—, Verbrecher. 

Synonym mit Verbrecher (ver das Geſetz abſichtlich verlegt) find: Sün- 

der (ahd. sundärc, mhr. sundzere, von Sünde, ahd. sundja, sunta, mv. 

sündc, agf. syn, altn. eynd; vergleiche Tat. sons ſchuldig, , fräflid) der 

vom religidfen und Sittengefeb abweicht; Frevler (von ehb. fravali, mhb. 
vreyel = vermegen, wnerfchrorfen, dann leichtfertig gewaltthaͤtig), der vorfäg- 
lich Böfes thut zum empfindlichen Schaden des Andern, meik aus Vergnügs 
lichfeit um bes Böfen willen; Lakerhafter (von Lafter, ahd. Jastar‘) ; ver- 
gleiche goth. laian = fihmähen,; ahd. Iahan — verbieten), der mit groben, 
befleckenden Sünden behaftet ift und Yertigfeit zu fündigen hat; Böfer (von 

688, ahd. pösi), ver Andern fittlich zuwider und daher thätig if, ihnen Nach- 

heil zuzufligen; Boshafter, ber ans Neigung und Luft böfe if; Boͤſe⸗ 

wicht (aus mh. hoser wibt = Wefen, Greatur), böjer, elender, verächtlidyer 

Menſch, befonders der grabe, nichtswürbige Verbrecher; Tückiſcher (aus mp. 

tak flatt zuc = haflige Bewegung nach etwas, erinnernd an tücken ſchnell 

unter etwas ſich verſteckend nieverfahren), ber durch heimliche, hinterliſtige Ver⸗ 
ſteſlung fich äußernde Boshafte; Gpnttlofer, der ohne Achtung gegen Gott ' 
und göttliche Gebote fih Zeigende; Ruchloſer (aus ahd. ruohläs, mEb. 
rnochlös == forglos, narhläffig, v. ruohha, rugh = Sorge, davon geruben, ver⸗ 
ſchieden von Ruhe ahd. ruewa) der alles Geſetz und alle Rüdficht auf Gewiſſen, 

Ehre und Schante außer Acht Sebende; Berrudter, der Ruchloſe im. höchſten 

Grad. — Berfolgt den Verbrech er! Goͤthe, Iphigenie 3, 1. Der (Hymnus) 

durch das Herz zerreißend dringt, die Bande um ben Sünder frhlingt. Schil⸗ 

Jer, Kraniche des Ibifus, Er fürchte den Frevler mehr als euch. Göüthe, 

Reineke Fuchs 1, 49. Wenn Selt und Zuder ein Fehler it, fo helfe Bott - 

ven Lafterhaften. Shaffpeare, König Heincich IV. 1. Theil 2, 4. Erſt 

eine Reihe Böfer.oner Suter bringt enblich das Entſetzen, bringt die Freude 
ker Welt hervor. Göthe, Iphigenie 1, 8. Denn es if Reineke falſch une 
boshaft. Goͤthe, Reineke Gurke 1, 379. Es geßehn pie Boͤſewichter, 
geiroffen von der Rache Strahl. Schiffer, Kraniche des Ibikne. Tädifch 
*) Laſter, agf."I&ahtar!, beveutete ehedem: Tadel, Vorwurf, Schmach, die 


Ehre Kraͤnkendes. Lichtenterg (über Phnfiognomif) fagt: „LE im D 
heißt urfyrunglich a und nit — mens 


X ——— 





67 


hatte ſchon Threſt, auf ſchwere Thaten ſinnend, lange dem Bruder einen Sohn 
entwaudt. Goͤthe, Iphigenie 1, 3. Ich bin, die rechte Wahrheit zu ſagen, 
wicht viel beffer, als einer von den Gottloſen. Shaffpeare, König Heinrich 

IV. 1. Theil 1, 2. Was man Berruchten thnt wird micht gefegnet. Goͤthe, 

Sphigente 1, 3. 

Das Gebrechen (mhd. där gebröche) bedeutet das Nichtdaſein 
von etwas als ein Uebel; dann auch eine Abweichung der Form im 
Aeßern als ein verunftaltendes oder unfüchtig machendes Uebel, vor⸗ 
nebmlich bei dem menfchlihen Körper. — Doc ſchäme dich nicht ber 
Gebrechen. Böthe, Vorklage. 

Mangel (mhd. mangel) und Fehler (mhd. veele) ergeben ſich ans 
mangeln nnd fehlen, bei gebrechen. — (Du) fpenbeit, wenn der Mans 
gel bat. Galis, das Mitleid. Wenn bu verirreft, fuch’ ich allemal die Tu⸗ 
genb unter Hunderten zu rathen, die ich des Fehlers zeifen Tann. Schiller, 
Don Karlos 2, 15. 

Das Berbrechen (ahd. und myhd. nicht vorhanden) ergibt fid 
in feiner Bedeutung aus Verbrecher und verbreden 3, — 

Sünde, Laſter, Gottlofigkeit, Frevel ꝛc., fiche bei Verbrecher. 
Bergehen beveutet Berirrung vom Geſetz als Zuwiderhandlung gegen dass 
felbe in milderem Sinne. Mifjethat (ahb. missatät, mhb. missetät), jetzt 
in engerer Bedentung als früher, bedeutet gemüthshäßliche, ber Leibes⸗ ober 
Lebensftrafe fchuldige That; in religiöfer Beziehung überhaupt was gegen 
Gottes Geſetz gethan wird. Unthat (ahd., mhd. untät) böfe, Iafterhafte, 
kefoubers die wibernatürlige, Abſchen erregende That. Uedelthat Cahb. 
ubiltät) eine That, von’ welcher man fühlt, daß fie im Wiverfpruch mit Recht 
and Geſetz il. Bubenfiäc iſt zunächit leichtfertige and böfe That, üblicher 
aber iſt nie härtere Bedeuiung bie nienrige, mutbwillige, boͤſe That. — Wenn 
tiefe Bergehungen auch wahre Berbrechen, wenn es auch vorfäglidhe 
Laſter wären: ad! ich würde ihr (der Tochter) doch vergehen. Leſſing, Mig 
Sara Sampfen 1, 1. Sprich, welcher Sünde zeiht bi dein Gewiſſen? 
Schiller, Matia Stuart 3,7. Wars ein Vergehn, nach ſolchem But zu 
ſtreben? Ela Srevel wär's, es zaghaft aufzugeben! Schiller, Turandot 5, 3, 
Böfes Werk muß untergehen, Rache folgt ver. Frevelthat. Schiller, das 
Siegesfeſt. Unglacklich ſchwere Thaten find gejchehen, und eine Frevels 
haudlung faßt die andere in enggeſchloßner Kette granfend an. Schiller, 
Wallenfleins Tod 3, 18. Die Gotter rächen ver Bäter Mifferhat nicht an 
vem Sohn. Göthe, Iphigenie 2, 1. Gin Gefhäft, das, an ſich felbR ver 
widelt, nun gar durch Unthaten fo verworren erfchien. Goͤthe, Keben 12.2. 
So gerecht er auch fel nad Übelthaten verwehret. Gothe, Reineke Fuchs 
1, 168. Ohngeachtet der vielen Kerzen, welche ihnen zu ihrem Bubenflüde 
leuchteten, wurbe kein Ginziger erfannt. Schiller, Abfall der Niederlande. B. 

Bredung, Handlung des Brechens, tt weder in allen Bebeu- 

kungen von brechen nod in allen mit brechen vorkommenden Zu- 
5* 


68 


fammenfegungen gebräuhlih 9. — Ab—, An—, Aus—, Durch —, 
Erbredung u. a. Ä 
Brechbohne, —eifen, — falle, —fieber, —graupe Lim Bergbau), 
—haar, — hammer, —haus (Krankenhaus), —fanne, —folben, 
—ling (dh), — mittel, —mühle, —nuß, —pulver, —punet, 
—fhraube, —flange, —tanne (Xerdhenbaum), —pitriol, —veide 
(Hedens oder Zaunfirfhe), — wein, —weinftein, —wurz, —zjange, 
— zeug. — Brechlich, gebr—, —keit; zerbr—; brechbar (früher audy 
brechhaft, brechſam); verbrecheriſch. 
Die Brache (ahd. prähha, brächa, mhd. bräche, brächunge) 

1) das Umbrechen, das erite Pflügen des Bodens nad der Ernte; 
2) die Ruhe, welche man die Aeder genießen läßt, nachdem fie zwei 
Jahre Cin manden Gegenden ein Jahr) lang bearbeitet und befüet 
. waren. — Brachen (ahd. prächön, brächan, mhd. brächen, in 

der Volksſprache bröcden, broͤchbauen, brochackern, broͤchzackern); Bra= 
her; Brachacker, —feld, —flur, —furche, —gras, — heu, —huhn, 
— hut, —käfer, —korn, —land, — läufer, (was), —lerche, —männ⸗ 

en (Champignon), —monat, —ſchein (im Kalender, Neumond im 

uni), —fhlag, —ſchnepfe, —vogel, —waid (Färbepflanze), —wiefe, 
—wurzel (triticum repens L.), —;zeit. 

YAum 1. Das Beiwort brach fcheint aus einer Bllipfe: zur Brach, für vie 
Brach entitanden. — Im brachen Feld hat Lülh und Schierling und das geile 
Erdrauch ſich eingeniflet. Shafjpeare, König Heinrich V. 5, 2. 

Anm. 2. Das erwähnte gadern leitet Schmitthenner (Deutfches Mör- 
terbuch 558) von Sacke ab; beſſer denkt man mit Schmeller und Anden an 
das ahd. zi akare gän, ze acker gen — yflügen. 


Der Bruch (ahd. pruch, mh. bruch, agf. bryc) 1) das Bre- 
en oder ©ebrochenfein: eines Deines; 2) die durch Brechen ent⸗ 
andene Oeffnung ober Deigäbigung: in einem Damm, Papier, bei 

einem Menfchen (bernia); 3) die Stelle des Bruͤches, der Ort wo 
etwas ie wird: des Minerals, der Marmorbruch; 4) das 
was gebrochen wird: Zahl; 5) der (dad) Brüd (ahd. daz pruoh, 
mh. daz bruoch) Sumpfmwiefe; 6) der Brücd (ahd. daz bruch, 
mi. daz bruoch, altn. brök) eine Art langer weiter Beinfleiber ; 
7) (früher) Entgang, Gebrechen, Beeinträdtigung: auf daß Niemanden 
an Borfprehern Mangel oder Bruch beſchehe; 8) (früher) Unter- 
laffungsfhuld, Hinderung, Anfland: daß das ihrer halben feinen 
Bruch hätte. — Da das Nadte unter den Falten Tiegt, fo werden 
die Brüche anſchaulich durch die Lage und Bewegung der Glieder 
gewirft, 9. P. Sturz, 6. Brief. Eon gezadet ift ver Bruch. 

R : 


*) Menn aus dem goih. al in gewiffen Faͤllen, befondere vor r und h, ein 
Ei und mhb. & wird, jo nennt Grimm bies Brechung, z. 2. goth. stairnd, 
ahd. sterno, mhd. sterne, nhd. Stern. 


Schiller, Glocke. Noͤth'ge mich zu einem Tauten Bruche vor ber 
Jeit. Schiller, Piccolomini 5, 3. Aus dem Fels bruch wiegt ſich 
der Stein. Schiller, Spaziergang. Wenn fie einen Bruch in der 
Rechnung findet. Schiller, Fiesko 1, 4. Die wohl einfahen, daß 
die Summe unfrer Exiſtenz, durch Vernunft dividirt, niemals rein 
aufgehe, fondern daß immer ein wunderlicher Bruch übrig bleibe. 
Böthe, Meifters Lehrjahre 4, 18. Dieß Meierhöfchen im Brüche, 
das mit Riedgras gededt ift und mit geflochtenen Binfen. Ramler, 
Catuſl 19, 1. 
Hoyer (nieverf. mudder, mudde , älter nhd. motter, Bolkoſprache auch 
Muth), durch ſtehende Fenchtigkeit der Feſtigkeit benommene und fo mehr 
ober weniger anfgelöfte Erde. Moraft (mittelnieverl. marassch, neuniederl. 
maras, moeras, wol eine erweiterte Rebenform von goth. marei = Meer) 
wäflerige tieffothige Bodenfläche, tiefer naffer Koth. Das (der) Moor (ahd., 
mh. mwor, agf. mör, aus marei) eine Fläche wäflerigen Koihlandes, es mag 
aun feier oder weich, bewachfen fein oder nicht, vornehmlich mit fetter Erde 
darchzogen. Marſch (agi. mersco, niederd. marsch, Nebenform der Altern 
Ynsoräde für Morafl) tiefliegende naffe, aus fetter Erbe angefchlänmte und 
zu üppigen Gras» und Kornwuchs fich eiguende Bobenfläche In niebrigen 
Bafergegentn. Sumpf (ahd. sunft, suumft, mhb. sunft, vielleicht zu ahd. 
swimman, goth., agf. svimman, altn. svema, mhb. swimmen = ſchwim⸗ 
men gehörig; vergleiche ahd. gisuumftin = den Schwinmenden, goth. svumse 
= Ehwimmplag, ahd. gasuumft — das Schwimmen ; altı. sund = Sund, aus 
sumd, svamd, svumad T) feichtes ſtehendes Sewäfler über Schlammboben, worauf . 
man einfiuft. Ried (bei Anbern Niet, Rieth, ah. hriot, agf. hröod, mh. 
riet) der mit Sumpfgras (Ried) und Binfen bewachfene Grund, befonvere 
tiefgelegene Wieſen. — Ahd. war hosa (pl. hosun) die untere Beinbefleivung 
anjwärts bis zum Knie, gleichfam der Stiefel oder Strumbf (daher löderhosa 
— Gtiefel); ſchon mhd. bedeutet hose die ganze Bedeckung des Beines von 
den Hüften an bis auf den Fuß (ahd. dafür pruch, auch mh. noch neben 
hose gebraucht). — Für Baukerott (franz. banqueroute, ital. bancorottn, 
ververbt aus lat. hanqua rupta, woher engl. bankrupt, bebeutet urfprünglich 
eine zerbrochene Wechſelbank, weil ehedem den Wechölern in Italien, wenn fie 
zu bezahlen aufhörten, die Wechſelbank umgeworfen oder zerbrochen wurde) 
fagt man auch Bruch over Bankbruch. — Läßt den trägen Beil in dem 
viden Morafte zurüce, wie das träge Maulthier im zähen M oder die eiferne 
Sohle. Ramler, Catull 17, 25. Und waten tief duch Sumpf und Moor. 
Bürger. Wie die Bappel, welch' auf feuchter Marſch an großen Sümpfen 
enporwuchs. Bürger, Ilias 4, 482. Jetzo ſchwebte ver Kahn am frummen 
Geſtad' um ein Möhricht und braunfolbiges Ried. Voß, Euife 1, 694. 


I, An—, Auf, Aus — Durch — Einbruch erflären ſich 
aus Bruch und den Zuſammenſetzungen von brechen. — Wenn die 
Natur in dem moraliſchen Bau der Geſellſchaft ihre Mannigfaltig- 








70 


feit zu behanpten ftrebt, fo darf der moralifchen Einheit dadurch det 
Abbruch gefchehen. Schiller, über vie äfthetifhe Erziehung des 
Menfchen 4. Brief. Worin (im Gebet) er den Himmel anrief.. . . 
or (den Bergleuten) reihe Anbrüche zu befcderen. Rovaliß, 
einrih von DOfterdingen 1,5. Bis Anbruch der Racht fl Jeder⸗ 
mann Herr feiner Zeit. Schiller, Macbeth 3, 2. Wartet nicht erſt 
auf Befehl zum Aufbrud. Dafelbft 3,8. Das deutet und auf einen 
nahen Ausbruch der Empörung. Schiller, Piccolomini 1,8: 
er im Leben mäßig, von wildem Ausbrud frei in Luft and Zorn. 
Shaffpeare, König Heinrih V. 2, 3. Wer eine lenenihaftlich Ent- 
zündete bet Einbruch der Nacht von dem Wege zu ihrem Liebhaber 
abhalten will. Göthe, nachgelaffene Werte 6, 291. Nur muß er 
ben Pfiff nicht bis zum Einbruch in meine Grundfäbe treiben. 
Scilfer, Kabale und Liebe 1, 5. 


Der Nachtheil beveutet das Zufommen von ÜBelem, infofern baburch 
einem Ding viel oder wenig in etwas benommen wirb und es fo gegen Andere 
zurüditeht, dann auch viefes Übel ſelbſt. Verluſt (nicht Verlurſt, wie man 
zumeilen findet, fiche verlieren), Hinwegkommen eines Butes wider ben 
Willen deſſen, der es hat; dann auch das Hinweggefommene fell. Schaden 
(ahd. scado, mhd. schade, scade, altn. skadi; vergleiche gr. Syirdsog == 
verwegen) eigentlich Verlegung, dann eine als Üibel erſcheinende Minderung in 
Beziehung auf etwas einen Zuftand Vervollkommnendes, gleichfam Berlegung 
am Gut und was als Gut angefehen wird. — Sinnverwandt mit Ausbruch 
(ein von neuem hearbeitetes Grundftäk) find Neubruch (ahb. niwibruht) 
neu urbar gemachtes Land, in Hinficht des nen aufgebrouchenen und ſchwer 
bearbeiteten Bodens; bie Neurode (das Neuteut, ahd. niuriute, mit. niu- 
weriute, daher viele ahd. Ortsnamen) neu umgearbeifetes Land, infofern das 
darauf befindliche Gehölz und wilde Wacheſhum ausgetilgt (ausgerottet) wer⸗ 
den mußte. — Daß mir zum Nachtheil fein Menfchenfind, auch felbfl der 
Kaiſer nicht, bei der Armee zn fagen haben follte. Schillet, Piccolomini 2, 7. 
Der Berluft aller dieſer Plätze entrig den Antwerpern jede Huffnung. Schil⸗ 
fer, Belagerung von Antwerpen. Man muß, um nicht zu Grunde zu geben, 
mit Schaden und Kunmer fpielen. Böthe, Meifters Lehrjahre 1, 14. Liegt. 
eine Matte heimlich im Gehoͤlz, das Nütli heißt fie hei dem Volk ver Hir⸗ 
ten, weil dort die Waldung ausgereutet ward. Schiller, Tel 1, 4. 


Brucharzt, —band, —beere (Heivelbeere), —beule, —dadh, 
— dorf, —broffel, —gold, —holz, —fraut, —mandel, —ort, — Pflanze, 
—pflafter, —faß, —ſchiene, —ſchneider, —fchnepfe, —filder, —ftein, 
—ftüd, — waſſer, —weide, —wurz, —zahl; Bein—, Che—, Fries 
dens—, Nabel, Schiff —, Stein—, Woilkenbruch u. a. 

Brüchig. (Mag fie ſich immer ergänzen eure brüchige Welt 
in fih! Göthe, weſtöſtlicher Divan Suleika.) Bund—, eid —, gicht —, 
treubrüdig. An —, aus —, laut —, verbrüchig find wenig mehr im 


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71 


Gebrauch. Unverbrüchlich, —keit. Wolfs Philoſophie wurde 
damahls noch als anbrüchig angeſehen. Michaelis. Unverbrüch— 
liche Geſetze. Bürger, Nachtfeier der Venus. — See: 15—17. 
Jahrhundert) findet fih auh Brüdler — Kleinhändler mit Lein- 
wand ımd Garn. Diefe Händler waren vielleicht zugleich Verferti⸗ 
ger von Brüchen (Hofen). 

Brüchen und brüchten (nieverfähfifh) an Geld ftrafen, von 
Brühe, Brüchte (mhd. brüchte, agf. bryce urfprünglid — 
Brechung des Geſetzes, fpäter die Entrichtung der Buße dafür). 

Der Brode und Broden (ahd. proccho, brocco, mhd. brocke) 
von brechen, bedeutet zunächft ein abgebruchenes over abgelöftes Stüd 
son einer fefteren Maffe, befonders von Brot, Kuchen, Fleiſch. — Die 
follen wir glei an uns Ioden mit gutem Schlud und guten Brok⸗ 
ten. Schiller, Wallenfteins Lager 2. 


Brocken (ahd. procchön, m. brocken) tn Ffleine Stüde 
(Broden) brechen (früher auch für abbrechen, 3. B. Roſen broden, 
Lilien abbroden, bei Pater Abraham); brödeln; ab —, ein—, zubroden ; 
ab —, zer—, zubrödeln. — Hier läßt der Ritter, da ihn Die Sonne zu 
drüden begarin, fih Brot in friiche Milch von einer Hirtin broden, 
Wieland, Dberon 2, 8. Die gefräßige Zeit, vielleicht auch heftige 
Erverfhütterungen , haben von dem NRiefenhanpte des Brodens jo 
manches Zelfenftüd abgebrodt. Campe. Ich war der Mann, der 
biefe Suppe einbrodte Schiller, Fiesko 8, 7. Sieht man frei 
Ich den fo Sr fih bröckelndeu Muſchelkalk. Göthe, italieniſche 
Reiſe, Gir 25. April 1787. Damit ih nicht . . . die Berge 
nah Schiffpfunden zugebrödelt bekomme. J. P. Richter. Daß 
man doch nicht zerbrödele, ſtatt ven Fortſchuß des Ganzen zu 
fühlen. Herder. Das Geſpräch zerbrach oder a ſich. 
Göthe, Leben 14. B. — Die Brodeln (ital. brocooli, franz, 
broques de choux, von ital. brocio, franz. brooe = Spike) 
Kohiſproſſe, eine Art Blumenkohl. Das fremde (romaniſche) Wort 
kommt aus dem Deutfchen, wie auch Brorat titel. brocato, franz, 
brocard), ein mit Blumen durchwirktes (durchbrochenes) Zeug, auch 
als Beiwort gebraͤuchlich. — Bei ver unglaublichen Conſumtion 
von Gemäfen machen wirklich die Strünke und Blätter von Bl 
menfohl, Broccoli.x. einen großen Theil des Neapolitanifchen 
Kehrichts and. Göthe, italienifche Reiſe Neapel, 28. Mai 1787. Sie 
tragen brocatene over geftidte Weſten. Göthe, roͤmiſches Carneval. 

Die Renme (mid. crumen; agſ. crame, engl. ram, Volksfprache Kräs 
mde und Krumelcher) und bie Brofame (ahd. prosamo, prosama, brosma, 
brosmo, nhb. broseme, brosme, in ver Volksſprache Brufem *), bezeichnet 


« itthennex (Mörterbuch 78) fchreibt ahd. prösAma und prösämo 
77) — ee und samo jä a gleichfam Brottorn, —*8 mit 





72 


das weiche Innere des Brotes, im Gegenfah ber harten Aufera Brotrinbe 
oder Krufle; dann auch ein Fleines abgeriebenes oder uhgebrödeltes Theilchen 
biefer weichen innern Brotmafle, oder überhaupt des Brotes. Brofam kaun 
aud die Brotbrocken bedeuten, Krume aber nur das Fleine abgerichene ober 
abgebrochene Brottheilchen; Krume wirb auch von einem Heinen abgeriebenen 
oder abgebrochenen Theilchen einer feſten Speife überhaupt, 3. B. Kuchen, 
Zuder, Salz ıc, gefagt, Brofam aber nit. — Da fammelte bie Heine 
Minna die Krümchen und Brofamen, bie übrighlieben, und bewahrte fie. 
Krummacher, die Fleine Wohlthäterin. j 


Sprechen. 
(Wurzel sprah, sprih.) 


Spreche, ſprach, geſprochen, fprechen (ahd. sprihhu, sprah, 
eprähumds, eprohhaner, sprehhan ; mhd. spriche, sprach, sprächen, 
gesprochen , spröchen; agf. spröcan und specan, engl. speac, 
aͤlternhd. auch fpechen, Volksſprache noch hier und da fpädhten). 
Das Wort fheint den Urbegriff des Zerlegens, gleihfam des Zer⸗ 
äftelns, hier auf die Sprache angewandt, zu haben. Verwandt Das 
mit ift der Begriff des Hervorfprießens, den Andere als Grundbe⸗ 

riff annehmen, auf ahd. spräk, mhd. spröke — Flecken auf der 
So (davon mhd. sprikeläht, sprökeln = fpridelicht, bunt, fprideln) 
ſich beziehend. Agſ. heißt sprẽc, altn. sprök Reis, Holzſtücken; ahd. 
sprähhulla, mhd. sprächel Schote, Hülfe, Abſchneidſel; ahd. spräh- 
hön, mhd. sprächen — zerſchneiden, und ſich beſprechen, ſchwatzen 
(letztere Bedeutung noch hier und da in dem landſchaftlichen geſprocht, 
beſprocht, das wie sprähhön, sprächen nach ſchw. Conj. geht). Sprechen 
en nun verinittelft der Stimme Töne oder Wörter hervorbringen ; 
ann vermittelft der Stimme Gedanfen und Empfindungen in Worten 
ausdrüden, wobei die Art und Weife wie, die Perfon, zu welcher, 
bie Sache, über weldye gefprochen wirb, durch beigefügte Ausdrücke 
näher bezeichnet wird. Zuweilen fteht ſprechen auch in figürlichem 
Sinn Gedanken, Gefühle durch Mienen und dergleichen beutlich 
machen. — Er ſprach mit Teiferer Stimme Klopſtock, M 
1, 61. Die Lüge befreit nicht, wie jedes andre wahr J——— 
Wort, die Bruſt. Göthe, Iphigenie 4, 1. Das Unglüd ſpricht 
—5— zu ve — ehe * 2. Den u &s h 
üchtern fragen, un verſtand ich, was er ſprach. il⸗ 
ler, das Geheimniß. — So (der ich) itzund fo lange Zeit getheidigt 


Recht. Weigand denkt mit größerem Necht an eine Nebenform bes alte. briôta 
== bredden, Wadernagel an brösten, berften, brechen. 


783 
en) und gefpragt habe. Hofmannswaldau, der flers 


Meden (goth. rödjan, ahb. redjön, redinön, mhd. reden, altn. roeda; 
vergleidge goth. rathjan = berechnen, ſchließen, goth. rathjo, lat. ratio = 
Beruunft, gr. pnrpa — Webe) beveniet zunächkt fich vermittelſt der Stimme 
in Wörtern äußern, in welcher Beventung das Wort bei dem Gebrauch uns 
&ler ſcheint, als ſprechen; dann gedankenverbindend vermittelll der Stinme 
ſich änfern, beſonders in fortgehender Gedankenverbinvung. Sagen (ahd. 
sagen, saton, Bagjan, sejan, wihb. Sagen, agſ. Sagun, SEgan, SECgan, 
secgan, alin. segia) bebeutet überhaupt durch Sprachtäne ober Wörter zu er⸗ 
keanen geben, zunächfl wermittelfi ver Gtinmme, dann allgemein wie nach In: 
Salt, Ausdruck, Siun u. dgl. zu erkennen geben. — Was ſagſt du? Wels 
des Wort hal du geredet? Schiller, Braut von Reſſina. Ich ſchone dich; 
denn ſonſt würd' ich dir fagen: IR’s edel, fo zu reden, wie du ſprichſt? 
Göthe, Taſſo 5, 4. Rur flets zu fprechen, ohne was zu fagen, das war 
von je der Redner größte & Blaten, Shah des Rhampfinit 1. Wer 
viel ſprech en, aber Nichts zu fagen, gefchweige recht und gefällig zu fagen 
weiß, if ein Ungebildeter. Gerber. — Wer reden will, muß ſprechen fünuen 
and zu fageu willen, was feinen Geift bewegt. 


Abſprechen 1) durch ein Urtheil, einen Ausſpruch etwas ent- 
sehen, verneinen, auch die Erlangung eines fünftigen Gutes: einem 
ein Haus, eine Eigenfchaft, die Aerzte haben dem Kranfen das Le- 
ben abgefprochen; 3) abſprechend urtheilen: er fpricht über Alles ab; 
3) (jeltner) Unrecht geben: ich kann ihm darin nicht abfprechen; 4) 
Bolksſprache) etwas mit einem verabreden; 5) (früher) abichaffen. — 
Oft begrub ſchon der Kranfe den Arzt, der das Leben ihm kürzlich 
abgefprohen. Göthe, Achilles. Er will durchaus nicht leiden, 
dag man den alten Artiften die Perſpective abſpricht. Leffing, 
ant. Br. 9. Ber fpri 2 ihn ab, daß er die Menfchen kenne, 
fie zu gebrauchen wiffel Schiller, Piccolomini 1, 4. Seine Urtheile 
waren richtig ohne abfprechend, treffend ohne Tieblos zu fein. 
Goͤthe, ers Lehrjahre 4, 16. Die Kaiſer haben ſelbſt den Irr⸗ 
thum abgeſprochen. Opitz. 

Anſprechen 1) fo viel als anreden, meiſt grüßend; 2) 
bitten, fih um etwas mit Worten an Jemanden wenden; 3) fi 
durch Worte (mit Recht oder Unrecht) etwas zueignen (früher: einen 
anſprechen um ein Ding — ihn deshalb Beide 9 belangen); 4) 
gefallen, Intereſſe erregen; 5) (Jaͤgerſprache, bei Göthe oft auch in 
anderer Beziehung) mit Worten anzeigen: im 3. Jahre wird ein 
hmgee Schwein — mehr Friſchling angeſprochen. — Denn nie⸗ 

t' ich den für meinen Freund, deß Mund mich nur um einen 
Pfeunig anſpricht zur Löſung des abtrünn'gen Mortimer. Shaf- 
ſpeare, König Heinrich IV., 1. Thl. 1, 3. Mein Geſtirn darf ohne 


3 





74 





Schain jo ſtolzes Glück anſprechen. Shaäkſpeare, Othello 1, 2. 
Daß hinter jedem ſeiner Gedanken ihr Name im Hinterhalt Füge ? 


ihn anfpräcde in jeder Fußtapfe der Natur. Schiller, Fiesko 1, 
1. Mich Hatte eine tiefe, Bedeutende, drangvolle Welt fchon früher 
angef proden. Göthe, Leben 7. B. Aus allen Geftalten blickte 
nur das reinſte Daſein hervor, alle mußte man, wo nicht für edel, 
Doc für gut anſprechen. Goͤthe, Wahlverwandtſchaften 2, 2. 
Bom Fall faum abgehalten warb er in einen: Seffel gebradht, und 
man mußte ihn, — * —— Beihülfe, für todt 
anſprechen. Daſelbſt 2 

Bitten (goth. bidjan, 2 bitjan und piten, nohp: biton) eigentifh fich 
nieberwerfen (vergleiche betto .— Bett, bitch = ſich ſtrecken, darreichen; ver⸗ 
gleiche Tat. pati — leiden, petere — bitten); dann fih an Jemanden wenden, 
daß er nus ans Güte etwas zu Theil werben laſſe. Beten (ah. pẽtön, 
mb. böten) ift eine befondere Art des Bittens, nämlich feine Gedanken, fein 
Gemäth mit einem höheren Weſen befchäftigen, ohne RKückſtcht anf den Inhalt 
dieſer Beſchaͤftigung, ob fe Bitte, Wunſch, Dant u. f. w. fei, und ohne, wie 

bei bitten und flehen, ben Gegenftand zu benennen, an ben dieſe Beſchäf⸗ 
tigung gerichtet iſt. Diefes Lepte iit auch der Fall bei bettela (ah. peta- 
lön, mhb. bötelen), d. h. anhaltend und zudringlich bitten; dann das Bitten 
um eine Babe gleichfam als Gewerbe treiben, um Ach feinen Unterhalt zu vere 
ſchaffen. Flehen (ahd. öhön, mhd. vlehen und vlögen) urfprürglid) ſchmei⸗ 
cheln (wie noch Holländ. vleijen) bebeutet inbrünfig und demüthig bitten. 
Grfuden, anfuhen und nach ſuchen (mh. ersuachen = burh—, aus⸗ 
ſuchen, ansuochen — ſich anſchmiegen, von, goth. sökjan, ahd. söchjan, 
suochjan, suahhan, agſ. soccan, altn. sockia, iihd. -suochen — ſuchen, 
eigentlich nachfolgen einer Sache, um fie zur erreichen, zu finden) drücken aus, 
dag man fich fürmlich (d. i. in der gehörigen Form) an Jemanden wendet, 
damit er uns das, weswegen wir uns an ihn wenden, gemähren möge An: 
ſuchen ift ein Ausdruck größerer Ehrerbletuug als erfuchen, und wird darum 
auch nur von einem Geſuch an Höhere gebraudt. Angehen (eigentlich zu 
einem hingehen) ſich dringlich bittend oder fordernd an Jemanden weuben, 
Antreten eigentlich nahe zu Jemanden treten; daher mit einer Bitte oder 
ung nahe zu Jemanden treten, oft mit den Nebeunbegriff, 

r Jorderung von Wichtigkeit fel, oder daß die Forderung 

ee. Anmaßen (vo mhd. mäzen *z fich enthalten, 

obachten, mẽgan, mözen — meſſen) ſich elne Sache in 

mit Unbeſcheidenheit und widerrechtlich zueignen. Siehe 
Ich bitte in dieſeni Brief um eine große Gunſt. 
t 1,2. Kinder, wir beten zu Bott, dem Unendlichen! 

Voß, Luife 1, 46. Als wär! ih da, um's Gnaden⸗ 

Hiller, Biccolomint, 1,2. Bon ver Barmherzigfeit bes 

ih flebend das Geſchent des Lebens. Schiller, Tell 

Anz noch det Rath von Antwerpen eriheilten ifin eine 


75 


Antwort, bagegen ſetzte mun bie franzsffähen Sefrhgenen Freiheit, um beren 

Loslaffung er angefndt hatie, und fahbte ihm fehne unb ſeiner Offiziere 

Effekten und Kleinodien heraus. Schiller, Abfall der Meverlando, fortgeſetzt 

von Curths 2, 10. Gleich morgen früh will ich die tugendhafte Desdemona 

erfuchen, ſich für mid) zu verwenden .':’: Ith will wieber um eine Stelle 
bet ihm nahfuchen. Shakſpeate, Dihello 2, 3. Hadhbem fie noch einige 

Worte gewechfelt Hatten, ſchied Wilhelm mit dem Verſprechen, morgen ganz 

früh die Eltern anzugehen und zu fehen, was er ausrichten könne. Göthe, 

Meifters Lehrjahre 1, 14. Und als ich Bahn mir mache durch's Gewühl, da 

tritt ein braun Bohemerweib mich an. Sthiller, Jungfrau von Orleans, Bro: 

log 8. Deiner Heiligen Zeichen, 5 Wahrheit, Hat ver Betrug fih angemaßt. 

Schiller, Spaziergang. 

Anm. Göthe (Leben T. Buch) gebrincht anmaßen auch in einen, wie es 
ſcheint, ebleren Sinne, ohne bes Nebeubegriff des Unbeſcheidenen. Man hielt ſich 
(ia ver Boefle) an Beiſpiele, und war auch da nit gebeſſert; die auslänpiichen 
danden zu weit ab, fo ſehr wie die alten, und aus ben heiten inländiſchen blickte 
jeresmal eine enifchiedene Individualität heryor, deren Tugenden man fich nicht 
anmaßen fonnte, und in deren Fehler jü faflen: man fhechten wußte...  - 

Auffprechen (jest wenig im Gebr) Hatte Im 17. Jahrhun—⸗ 
dert die Bedeutung ermahnen, aufregen: einen zum Krieg duffprechen 
— zu den Waffen fufen. Der Aberglaube ſagt auch: ein Schloß 
aufſprechen — es durch geheime Zauberwörte öffnen... . Er 


Anöfprechen: 1).nurch artienlierte Laute Worte, Gedanken, Ger 
fimuugen, Gefühle, Urtheife ec. vernehrilich, vollig ausdrücken; 3) 
(ih) durdy Worte erfchöpfen; 3} bis au. Ende ſprechen. — D,. web 
ches Wort Fpricht meine Fürſtin aus? Göte,:Taffo.%,1.. Haben 
wir und wieder Qusgeſprochen, fo mliag: der Schwarm dann kom⸗ 
mn. Dafelbfi 1, & Der Charakter: fpriche.fih durch Haudlnng 
ud Reve aus. J. P. Richter. Keine Anmerkungen! ver. Text 
fpricht fich feldft aus. BengelsSteman: . nz... } 

Beiprechen 1) etwas und ſich über etwas, daͤruͤber fich berathen, 
wobei mut bleibt, ob Ban zu einem — 
ſei oder nicht; 2) durch Zauberformeln bannen; 3) (ſelten) um etwas 
anſprechen, erſuchen. Früher hatte das Wort noch andere Bedeutun⸗ 
gen, als: zur Rede fepem „zutheilen,anſchulbigen, vor" Bericht 
laden; einem Gelegenheit zur uͤnierretung mit. ſtch verſchaffen. — 
So koöͤnnen wir gemeinſam — — und mit 
Gott es feſt beſchlleßen. Schiller, Tell 1, 4. Auch iſt es ſwhön 
und klinget auch ſelbſt in unſterblichen Ohren lieblich, wenn ‘feine 
Vertrauten von ihm fich zärtlih beſprechen. Klopftock, Meffias 
3, 125. Den hohen — beſfprehen —— gebie⸗ 
tet mir des Hetzeus feur'ger Btaͤng. Sthltler, Aneis 2,48. (ME 
phiſtopheles, die Flamme beſprechend): Sel tng freundlich Ele: 
ment! Göthe, Fauſt 1, 116. Kür jedes ſchöne K 


nd, das uufern- 


76 


Schutz beſpricht, und Wunden zu verlachen. Wieland. 
Udus fäuft den ganzen ; wird er darüber wo befproden? 
Fr Wer recht lebt und gerecht, den ſollſt du nicht beſprechen. 
i 
Abreden, and verabreden, Abrede nehmen, eigentlich zu Cude 
reden, wird nur dann geſagt, wenn ein Beſchluß in der betreffenden Sache 
gefaßt wird. Zuweilen ſteht auch etwas, oder ſich über etwas bereden. Gin 
ſeltener Gebrauch iſt es, wenn Göthe in ähnlichem Sinne ausreden anuwen⸗ 
det. — Was haben Sie mit ihr abgeredet? Leſſing, Emilie Galotti 3, 1. 
Sie Hören ja, daß es verabredet worden. Daſelbſt 4, 3. Da hört’ ich 
wie fie Abred' nahmen. Shaffpeare, Biel Lärm um Nichts 3, 2 Die 
Deputirten der Stände haben die Natificationen ihrer Principalen, in der 
beredeten Form und dem beiliuimten Termin, anszuliefern verſprochen. Schil⸗ 
ler, 30jähriger Krieg, fortgefept von Woltmann, weitphällicher Sriede 17, 12. 
Bir haben viel auszureden, abzuthun. Entſchlüſſe ſind nun zu fallen, 
Briefe viel zu ſchreiben. Göthe, Taflo 1, 2. 

Einſprechen 1) durch Worte etwas, Muth, Troſt x. bei 
bringen; 2) Einſpruch thus; 3) einfebren, ,‚ um Jemanden zu ſpre⸗ 
hen, mit dem Nebenbegriff, daß man nur auf kürzere Zeit eine 
fehre. — Sogleich läßt Priamus der Hände Band ihm Töfen und 
ſpricht ihm Troft mit mildern Worten ein. Schiller, Aeneis 2, 25. 
Dein Perlhühnchen bereits, das verzärtelte, hat fo gefafelt, * un⸗ 
willig der Hahn einſpraq mit eifrigem Strafton. Boß, ai 2, 
3 — geiſtreiche Köpfe für fe einfpragen. Goͤthe, &e- 

hatte manchmal ein Wörtden mit eingefpro- 
* Goͤthe, e 5. B. Mir iſt's unertraͤglich, daß ein Mann 

. dent König und dem Feldherrn unverſchämt einſprechen (wi⸗— 
derſprechen) darf. Herder, Cid 41. Ih muß auch bei dem Grafen 
noch einfpreden. sefling, Emilie Galotti 2, 4. 

Einkehren (von kehren, ahd. chöran, mh. kören, egf. cyrran für cæran 
= eine gewiffe Richtung geben over nehmen; vergleiche altu. keira — antreis 
ben) abwenden von der genommenen Richtung, um fl an einen Dit, zn Je⸗ 

manden zu begeben. — Ju den einfamen Sennhütten kehrt' ih ein. Schiller 

Tell 2, 2. 

Entiprechen (mhd. enspröchen, ahd. dafür Dan Do 
quedan, qhuödan, chuuedan, ımpd. qyöden, chöden, raet. 
chod, davon wahrſcheinlich unjer — 5 vergleiche la at. in- er; 
iſt zumächft fo viel als gegenhin fprechen, auf eine Anſprache erwie- 
bern; dann einem Böſes nachſagen; daneben auch wiederhallen; ba- 
von in allgemeiner Begriffsentwidelung: dem, mas geäußert wird, 

emäß thun, und ganz allgemein fo fein, wie ed Anderm gemä fein 
ol. — So große Hoffnungen man von diefer Allianz geichöpft 
hatte fo EN entf prad ihnen der Erfolg. Schiller, 3Ojähriger 

Krieg 2. 





1 


77 


Übereiutonmen in dem Berhältnig zu Auberm ſtehen, daß gegenfeitig 
in einer gewiffen Sache dasfelbe fein wird. Übereinkimmen eigentlich 
fo viel als einerlei Etimme *) gegenfeitig über etwas geben, d. i. fich über 
einen Gegenſtaud gegenfeitig auf viefelbe Weiſe erflären; dann allgemein in 
Gewiſſem dasſelbe fein (nicht werden, wie bei übereinfommen), wie ein 
anderes Ding. Siehe noch übereintreffen. — Auf das fagte ich: ich 
wollte niemanden ſchaden, ich hätte meine angefangenen Arbeiten geembigt, 
wärbe immer nur mir ſelbſt nnd niemand anders angehören, und wer mid 
brauchte, möchte mit mir übereinltommen. Göthe, Benvenuto Gellini 1,3. 
Denn Recht Hat jeder eigene Charakter, der übereinſtimmt niit fi ſelbſt. 
Schiller, Wallenſteins Tod 1,7. Mit Gerdern konnt' ich nicht Abereinflims 
men, Kanten aber auch nicht folgen. Göthe, nachgelaſſene Werke 10, 51. 
— nhess fommt auch, ——— — — 
vr: e (die Tontänßter — en ereinzuſtim⸗ 
men. Göoͤthe, See Lehrjahre — * = 

Serſprechen 1) mit Worten ſich — verbindlich machen (her⸗ 
vorgegangen aus dem mhd. sich verspröchen ſich son ſich weg⸗ 
und alio einem Andern zufprechen), beflimmte Ausficht n zu 
etwas (eigentlich und figärlih): Jemanden feine Hilfe, die Witterung 
verfpricht eine reiche Ernte; 2) fich verſprechen oder einander ver⸗ 

(Verſprechung, Verſpruch halten) einander die Che geleben; 

3) (fich) ein anderes Wort hören laffen, als das man hören laflen - 
wollte; 4) (jelten) gegen etwas ſprechen, es mißbilligen, tabeln, ableb- 
nen; 5) (ſelten) mit Sprechen hinbringen, verplandern. — Du weißt, 
daß ich vorerſt noch Rom verſprochen bin, und diefer Pflicht muß 
jede andre ſchweigen. Wielaud, Oberon 7, 3. Ich habe. mir der 
Frende viel, ſehr viel, von dieſem Aufenthalt verſprochen, und 
ih habe nicht gefunden, was ich hoffte. Schiller, Don Karlos 1,3. 
Ich foll ja noch hören, daß er verfprocen if. Leffing, Emilie 
Galstti 1, 6. Biele verſprachen fi, ehe fie ſich verſprachen. 
8. Schall, Kinderfpiel 2. Was fangen Sie, Papa? Sie haben fi 
verſprochen. Ich ſollt' erft vierzehn Jahre fen? Nein, vierzehn 
Jahr und fieben Wochen. Gellert. Und id, habe wit euch fo manche 
Stunde verfproden. —— Wer von Füuͤrſten reden will, 
will er Gutes reden nicht, hut’ er ſich, dag auch fein Maul Erbe- 
götter nicht verſpricht. Logan. 

Geloben (ahd. kilopän, mihd. geloben, mit ahd. kiloupan, kalaupan, 
mir. gelouben = glauben wurzelverwankt, zu lieb un loben gehörig) 


*) Gelflige Berbindung ver Duchitaben und Wörter war anfangs finnliches 
Sammeln, Binden, Zählen der Stäbe: ahd. ruota= Ruthe, agf. rddan — ſam⸗ 
i ian — reben; lisan — fanmneln, Iefen wie lat. legere. Darnach 
nicht in Abrede zu flellen zwifchen stiban — flügen, Istab = 

Gab und Stimme goth. stibna, ahd. stimna, stimma, stömna, slömma, mhd. 
stimme, stimne, stimbe, agf. stemm, siöfn, stsefn, stöfen, fehoft. steven, alin, 





70 


mit Worten feierlich ſich wozu verbindlich machen, eigentlich zu was, was 
unſern herzlichen Beifall hat. Verheißen (ahd. farakiheizan, kiheigan, 
mhd. verheizen) zunäcdft fo viel als mit Beſtimmtheit ſagen von ſich weg 
auf einen Andern hin; danon mit einer durch hinzugefügte wörtliche Beglau⸗ 
bigung befefligten Beftimmtheit kund thun, daß etwas gejchehen ober Jemanden 
etwas werben foll. Zufagen eigentlich feſt in Beziehung auf etwas jagen, 
d. 1. von etwas mit Beſtimmtheit fagen, dag es fein foll; dann in Bezichung 
auf etwas, was gewollt wird, erflären, daß es gefchehen full. Sich ver- 
ſprechen und fi verreden (biefes ungewöhnlicher) unterſcheiden ſich wie 
fprechen und reden, Dasuneble ſich verfhuappen, bi. mit ſchnell und 
klappend zufchlagender Mundöffnung auf etwas zufahren, ohne es zu faſſen 
:(mbb. auappen, verflärft aus snaben mit bem Gruubbegriff kurze ſchnelle 
Klappbeivegung machen, baher auch mit kurz und fchnell. klappendem Auftritt 
des Fußes gehen, auch hüpfend gehen, landſchaftlich ſchn appen — hinten? 
bedeutet vorſchnell und unbedacht etwas ſagen, was man geheim halten wollte. 
— ‚Damals gelobt' ich mir in meinem Innern mis fürchtbatem ibfehwur.. - 
Bas ich mir gelobt im jenes Augenblickes Hollenqualen, if eine beif'ge 
Schuld, ich will fie zahlen. Schiller, Teil 4,8. Cie Haben ſich ihm zu eveim 
Waffendienſt gelobt. Dafelbt 3, 2. Denke, daß bie Gunſt der Mufen Un⸗ 
vergaͤngliches serheißt, Ten Gehalt in deinem Buſen und bie Form in dei⸗ 
nem Beil. Böthe, Damen im Wechſel. Indem fie won der einen Seite burdh 
Welt und Jamilie, Bräutigam und eigne Zufage unaufläslich gebunden war. 
Gothe, Wahlverwanbfchaften 2, 10. Wie kommte, daß man ih fo außer⸗ 
ordentlich betreffen findet, wenn man fi verfahrappt Bat? Hermes. . 
Zufprehen 1) einem eine Sade, fie ihm durch Worte (durch 
ein Urteil) zueignen (früher au heimfprehen); 2) ermuntern, 
durch Worte ermahnenz 3) einkehten, Jemanden befuchen, meift mit 
dem Nebenbegriff einer Bitte um etwas; 4) fehlen) fo viel als zu⸗ 
fagen, d. f. dem, was ein Anderes in Beziehung auf ſich Bedingt, 
gerecht (Ubereinſtimmend) fein. — Sie waren: mein, mir gugefpro- 
hen von zwei großen Thronen, mir zuerkannt -von Himmel und 
Natur. Schiller, Dan Kalos 1,5; O {pri mir nicht mit: fünf 
ter Lippe zu. e, Taſſo 5,5. Nachdem fle mie zugeſprochen 
hatte, ich möchte nicht weggehen. &öthe, Reben 10.8, Uns ſpricht 
der Scheinfreund, ſowie du, allein bei guten Tagen zu. Hagedorn. 
Das einfach Schöne ſoll der Kenner ſtchätzen; Verziertes aber ſpricht 
ber Menge zu. Böthe, die natärlihe Toter 2, 8. Was biefer 
an nicht: vollfommen zuſprach, ward verändert. Leffing, Ham⸗ 
burg De ramaturgie 1, 317. Ausgabe von 1776, 
urch —, fort—, frei—., für — los —, mit —, nach —, vor — 
wider —, zuſammenſprechen bedürfen feiner weitern Erklärung. — 
In der Überzeugung, daß man einen Vorſatz nicht ficherer abſtumpfen 
kann, als wenn man fh öfters durchſpricht. Göthe, ee 
wandtſchaften 1,2. Bis bie firengfte Unterſuchung fie Freigeipre- 


es 


79 


chen, will ich ſelbſt aus Guaſtalla nicht weichen. Leſſing, Emilie 
Galotti 5,5. Man bittet mich, bei Ihnen fürzuſ ee Schil⸗ 
ler, Don Karlos 1, 3. Gie bat) mid beſchworen und gefleht, fie 
von der furdtbaren Probe loszuſprechen. Scdiller, Turandot 
5, 1. Indem eine Perfon fpricht, fehen wir zugleich ihre Blicke, ihre 
Geſichtszüge, ihre Hände, ja oft den ganzen Körper ınitfprechen. 
Schiller, über Anmuth und Würde. Sie fünnen fiher nachſpre— 
ben: Sch bin doch der große Reimreih. €. F. Weiße, die Poeten 
nad der Diode 1, 4. Er verftand fein Handwerk vollfommen und 
hörte nicht auf, ihr von Eduard vorzuſprechen. Göthe, -. 
verwanbtichaften 1, 17. Wenn etwa morgen der junge Menſch hier 
vorſprechen Chierherfommen) will, fol er den Grund erfahren. 
Shakſpeare, Was ihr wollt 2, 1. Die Welt ift voller Widerſpruch, 
und follte fich's (das Buch) nicht widerfprehen? Göthe, Vor- 


klage. 

* Widerſprechend überhaupt ſich fo zu einander verhaltend, daß Eins das 
Andre aufhebt. Widerſinnig (älternhd. widerſinns, ſo auch mhd., von 
Sinn, ahd., mhd. sin, altn. sinna, sismi; vgl. lat. sensus, sentire) den Ber: 
Kandesgefehen und überhaupt der Art und Weiſe, wie man nach Geift und 
Gefühl Vie Dinge anzufehen hat, entgegen. — Daß ſowohl die ganze Reihe, 
ale auch manche einzelne Stüde dadurch äußerſt verwirrt, unbegreiflih und 
widerfprechend werden müßte. Leifing, ant. Br. 3. Auch ſchwankt er 
oft im widerfinnigen Leben. Göthe, Fanſt 2, 50. 

Sprecher (ahd. spröhhari, sprähhari. mhd. spröächere — 
Schiedsrichter) überhaupt der Sprechende (verfchleden nad) dem Orte, 
wo und dem Inhalte, woräher er fpricht); dann ein , der 
gerne das große Wort führt. Das. Wort ift in vielen Zufanmens 
jegungen gebräuchlich, z. B. Groß —, Ber —, Nach —, Vor—, Wider—, 
Für— (auch Fürſprach, ahd. furisprähbo);, Sprecherin, Vorſpreche⸗ 
tin; Sprecergewiht (Gothe, Hodzeitfied). —- Über den Gegenfland 
tes Geſpraͤchs hab’ ih den Sprecher vergeffen. Meißner. Wer 
eine Sunft bei mir erlangen will, wurd feines Fürſprachs nöthig 
haben. Schiller, Zurandot 5, 4. Bleibt, ihr geheimnißvollen Sprer 
herinnen. Schiffer, Marbetb 1, 5. Ich müßte einen andern 
Borfpreder wählen. Göthe, Clavigo 2. Aber, gute Bruneschi, 
wo deine Borfprecherin? Leſſing, Emilie Galottt 1, 7. 

Sprechart, —bar, —faal, ar — ſüchtig, — zimmer, Art 
und Ort, wie und wo man fpricht. bb. iſt sprächhüäs — Ge: 

. m Rlofter, dann eupheniftifch (wie auch 

Sprechlich ift nicht gebräuchlich, wol 
nmwiderfprehlid und im 17. Jahr: 
d unverfprehlid, was und was 
werden Fann.— Und ber Unausfpred- 
n. Klopſtock. Duelle des Lesens, un- 





80 


ansſprechlich erer Barmherzigkeit, höherer Onaben Geber. Klop⸗ 
ck. In Verbindung mit andern Stellen fheint e8 mir unwider⸗ 
ſprechlich. Göthe, Meifters Lehrjahre 5. 6. 

Sprihwort (minder gut Sprüdmwort, mhb. sprichwort, 
nieberd. sprekword, aus dem von ahd. sprihhu, mhd. spriche — 
ich fpreche abgeleiteten mhb. spriche — Wort) ift eigentlich ein kurzer 
Say (Wort), der zugleich ein Spruch iſt und dabei unter dem Volke 
allgemein gehört wird. Das Sprichwort Fleidet die in ihm enthaltene 
Wahrheit unter einem gleichnißartigen oder doch bildlichen Ausdruck 
ein. Davon ſprichwoͤrtlich, Spridwörterfammlung, —fpiel. 

Denkſpruch (Sentenz) infofern die darin ansgefprochene Wahrheit von 

Gedaͤchtniß leicht aufgefaßt und behalten werden kann und gegeben wird, um 

fich derfelben in vorkommenden Fällen, die fie angehen, zu erinnern. Ginn- 

ſpruch if die finureiche und wigige Einkleivung einer Wahrheit. IR ein 
folder Spruch zur herrſchenden Regel des Verhaltens geworden, fo if er 

Wahlſpruch (franz. Deviſe). — Ich denke, das heißt, mit dem Sprich⸗ 

wort zu rtden, einen mit feinem eigenen Wette beiräufen wollen. Leſſing, 

ant. Br. 1. Iſt dieß ein Prolog, oder ein Deukſpruch auf einem Ringe? 

Shalkſpeare, Hamlet 3, 1. Gr blieb viel zu lange an eiser bee, ja man 

möchte fagen an ‚einer Senten hängen. Gäthe, Meifters Lehrjahre 5, 1. 

Dadurch wurden biefe Bemerkungen, Beirachiungen, ausgezogene Giun- 

ſprüche und was fonf vorfommen mag, ven Schreibenden ganz befonders 

eigen. Goͤthe, Wahlverwanbifchaften 2, 2. Abwechſelung ohne Zerfireuung 

wäre für Lehrer und Leben ver fchönfte Wahlſpruch. Dafelöfl 2, 7. 

Sprache (ahd. sprähha, mhd. spräche, agf. sprace, spraece) 
1) Gedanfenäußerung vermittelt der Stimme; * die Geſammtheit 
der Wörter eines Volkes; 3) (früher) Rede und Gegenrede vor Ge⸗ 
richt. — Ab—, An—, Aus— , Cin—, Für—, Rüd—, Vor— 
fprade erklären ſich aus dene ntiprechenden Zeitwörtern. Seltner ift 
an? rache: (Er) Tiegt ohne Wartung, ohne Rath und Zuſprach', 
ein Raub der Schmerzen und bes Todes da. Teffing, Nathan ber 
Weile 1, 2. (Sie) danfte ihm für feine Zuſprache auf die röh⸗ 
.rendfte Weiſe. Novalis, Heinrich von Ofterbingen 1, 4. Hatte id) 

doch ſchon manchmal bemerkt, dag . . . die Vorſprache der Groß⸗ 
. oder einer Tante nicht ohne Wirfung geweſen. Göthe, Leben 


Abrede und Verabredung bezeichnet ein zu Ende gebrachtes Reben 
wegen etwas, fo daß man barüber zu einem Beſchluſſe gefommen if. Rüds 
fprache verbindet diefen Begriff nicht, if alfo bloß des beftimmenben Reben 
mit Andern wegen etwas. Ausfprache und Ausrede (wenig gebräudlich) 
beziehen fich auf die Art des änfern Vortrags durch bie Stimme, jene in Bes 
zug anf bie Laute der einzelnen Wörter, dieſe mehr auf den Zufammenhang 
derſelben. — Kommt laßt une mit den Andern Abred nehmen. Gchiller, 


81 





Tell 1, 3. Wir Batten aus feinem Munde uns beide die Wunderlichkeiten 
ver englifchen Ausſprache anzueignen geſucht. Göthe, Leben 6. B. Der, 
ein fo junges Blut, fo. gelehrt fchon, und fo erbaulich prebigte, daß Hell tönte 
die Anored' auch in die Winkel. Voß, Luife 3, b, 11. 


Sprachban, —buh, —fenfter (in den Klöſtern das Fenfter 
im Sprachzimmer, mhd. spröchvönster eine gewiſſe fchügende Lage 
beim Kechten) —forfher, —forſchung, —gebrauh, —gelehrte, —ges 
menge, —geſetz, —gitter (mas rd ‚„ —tenner, —fenntniß, 
—funde, —fundig, —funft, —lehre, —Iehrer (früher auch spräch- 
man Redner vor Gericht, Lehrer der Beredſamkeit), —meifter, — reis 
nigfeit, —richter, — arm, —fertig, —fertigfeit, —gemäß, —ge 
wandt, — lich, — ios (mhd. auch mit der Bedeutung frei vor Anſprache 
vor Gericht), —rihtig, —rihtigkeit, —wibrig, Bauchfprache, 
Bauern—, Diebs—, Grund—, Haupt —, Helden—, KRunft—, Mut: 
ter— ,. Ur— und andere. 
Sprachlos (ahb. sprähhalös, mhd. sprächlös) wird nur von Menſchen 
gefagt und bedeutet zunächft ohne articulierte oder wörtliche Stimmäußerung; 
uülbllicher Weiſe aber beveutet das Wort articulierter ober wörtlicher Stimmäußerung 
vorübergehend benommen. Stumm (ahd., mhb., altj. stam, gehört mit mhb. 
stemmen, altn. stemma — hemmen, nhd. flemmen , das Wafler flauen, zu 
goth. stamms, altn. stamr, ah. stamm — flumm und flammelnd, zungenge: 
kennt, ahd. stammen, stammalön, altn. stama — flammeln, mit der Zunge 
nicht forttönnen) bedeutet unvermögend artieulierte Töne und Wörter hervorzu⸗ 
bringen, fowol von Thieren als Menfchen gefagt; dann überhaupt uhne Laut 
ängerung. Wo fih ſtumm und ſprachlos im Begriffe berühren, iſt jenes 
ſtaͤrker und nacdjbrüdlicher als dieſes. — Bang’ athmend und ſprachlos 
drückt' er die Heine Hand. Voß, Luife 1, 122. Gr umarmte mit Heftigfeit 
Bater und Mutter, ſprachlos. Daſelbſt 1, 792. Manche Tage war’ fie 
| ganz ſtumm, zu Zeiten antwortete fie mehr auf verfchlevene Fragen. Göthe, 
Mefters Lehrjahre 2, 6. Iene ſprach's; doch es ſtaunte ver Bräutigam flumm 
and ſprachlos. Voß, Luife 3, a, 262. | 


Geſpräch (ahd. kisprähhi, gasprähhi, mhd. gespraeche — 
Sähigfeit. zu fprechen, dann Zuſammenſprechung) bedeutet gegenfeitige 
mündliche Gedankenmittheilung. — Liebes— , Hirten— , Religiong- 
geipräh u. a — Gefprädig (ahd. gaspräbhi, —igfeit) gerne 
eine Unterredung führend, früher in biefem Sinne auch gefpräd 
und —— Endlich geſellte ſich ein geſprächiger Gefährte 
zu ihm. Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 3. — Andere Adj. des 16. 
und 17. Jahrhunderts find: anſprächig, viel—, übelgefprächig, ge- 
ſpraächſam (—jamteit), —baft (—haftigfeit), — lich. 

| Zivei- auch Zwiegeſpraäch (in altertümlicher Farbe auch Zwei⸗ und 
J Zwieſprache) gegenſeitige muͤndliche Gedankenmittheilung zweier Perſonen 
zuter einander, ohne Beziehung auf Kunſtform. Dialog (lat. dialogus, gr. 

Ä 6 





‘ 


gen 


dialorog) g. m. ©. von Geiten der Kunfiform beitaditel. Uuterrebung 
g. m. G., gerne mit dem Nebenbegriff, daß dabei etwas behandelt wird. — 
Ein Bläschen Tofayerwein, ein ofines Herz dabei und ein vernünftiges Ge⸗ 
ſpräch, fo lieb’ ich's. Schiller, Piccolomini 4, 6. Das Volk konnte unferm 
Zwiegeſpraäſch zuzuhören nicht fatt werden. Goͤthe, italieniſche Reife, vom 
Brenner bis Verona. (Sie) tritt auf den Kreuzweg bin und pflegt geheime 
Zweifpracd mit ver Luft des Berges. Schiller, Jungfrau von Orleans, 
Prolog 2. Die mit den Himmlifchen umgehen bürfen, fie ale Bälle bewirthen 
und manche Zwiefprache mit ihnen halten. Göthe, Leben 4. B. Den ge: 
fhraubtplatten Dialog (der Scaufpiele) hatte er bald gefaßt. Goͤthe, 
Meifters Lehrjahre 4, 18. Die Unterredung warb lebhaft. Goͤthe, Meiſters 
Lehrjahre 2, 2. ZZ z 
Anm. Selten (zu billigen?) iſt ver * das?) Zweifprad in folgen⸗ 
ben Beiſpielen; So dräut’ er einft, als er in hartem Zweiſprach ah Eis die 
aleitende Streitart gefchleudert. Shakſpeare, Hamlet 1, 1. Im Zwiefprad. 
Derfelbe, König Johann 1, 1. Zum Zwieſprach. Kinkel, Otto der Schütz 10. 
Spruch (ahd. sprüh, mhd. spruch) 1) Geſprochenes, Wort, 
Rede; 2) kurzes oder langes, gereimted oder ungereimtes Kedeftäd, 
infofern e8 auf münbliches Seh en oder Derlamieren berechnet iſt; 
3) was als zu Recht erkannt, in einer Rechtsſache richterlich ges 
fprodhen wird, Urtheil,- Ausſpruch des Richter oder der Schieds⸗ 
leute, früher der Spruhmänner; 4) (früher) Anſpruch, rechtliche 
Forderung oder Klage. — Sen bevor wir's laſſen rinnen, betet ei- 
nen frommen Spruch! Schiller, Glocke. it bunten Wappen: 
fhildern iſt's (das Haus) bemahlt und weifen Sprüchen. Schiller, 
Tel 1, 2. Hat er gerichtet nad) gerethtem Spruch? Dafeltf 5, 1. 
Urtheil (ahd. diu urteil, urteili, urteila und daz urteil, mäb. die’ 
. urteile und dag urteil, agf. ordäl, daraus lat. ordalium, Drdalien, aus 
ar, ir, ur und teilan) allgemein entſcheidender Rechtsſpruch richterliher Ge⸗ 
walt. Das Erfenntniß (aus erkennen, Senneit, goth. kannjan, ahd. chenn- 
jan, mhd. kennen) efgentlih Act und dann auch Inbegriff des Erkennens; 
daraus die nach Unterfuhung und Befund einer Rechtsfache auf has, was 
Rechtens ift, ergehende Beſtimmung. Der Befcheid (von hefchelden, mihd. 
bescheiden = auseinanderſetzen) iſt eigentlich eine beſtimmte Antwort, die 
Jemanden zu Theil wird; dann im Beſondern ſowol die Willenserflärung einer 
Behörde als Antwort auf gemachte Gingabe, als aüch "die eine Rechtsſache 
beendigende richterliche Beſtimmung, oder vielmehr richterliche Verfügung in 
einer Rechtsſache, die an ein dem Gerichte als folchem unterworfenes Subject 
erlaſſen wird. S. S. 48. Der Abſchied, (eigentlich Abſcheid) eigentlich Erledigung 
aus einer gewiſſen Dienſtverpflichtung; dann die zum Schluſſe einer in oͤffentlichen 
Landesangelegenheiten gehaltenen Verſamnlung dazu berechtigter und berufener 
Berfonen 1) niebergelegte endliche Willenserflärung über die gefaßten Be⸗ 
Tehlüffe, welche durch Genehmigung und Bellätigung des Staateoberhauptes 
Rechts» und Geſetzeskraft erhalten, oder 2) gegebene Entichließung dee Staates 





83 


oberhauptes über die Beraikungen und gefaßten Befchlüffe: Reichsabſchiede, 

Landtagsabſchiede. — Ihr. hättek fchöner eure Pflicht gethan, wenn ich dieß 

Urtheil nicht zu ſprechen hätte. Goͤthe, Taſſo 2, 2. Gebt uns Beſcheid, 

was damit werben foll. Schiller, Tel 5, 1. Wer Schaden thut, um ben 

Leuten, bie den Schaden bejehen und darüber erfennen, Diäten zu verfchafs 

fen, iR ein ehrloſer Boͤſewicht. "Lichtenberg, Bemerkungen zut Cpiſtel an Goͤb⸗ 

hard. Ich Hätte mir eher den Tod, als meinen Abſchied vermnthet. Leſ⸗ 

fing, Ninna von Barnhelm 1, 8. 

Au—, Aus—, Ein—, Ver—, Vor—, Wider —, Zuſpruch; 
aufprudslss, —Tofigfeit, — Spruchbuch, — collegium, 
—bidter, — -fägig, — fertig, —Inb, --mamn, — mäßig, —rede, —reid), 
—rei auch Spruchbrief (fhriftlich abgefaßter Ausfprud 
des ters), Spruchmann (Schiedsrichter), Spruchweiſer 
— Anderer Sitten durch Geberden und Stimme ausdrückt, um 

— En): — Bibelfprud, Kern —, Lob—, Macht —, Rich⸗ 
ijtten — u. 

Anſpruch — anſprechen 83.) wird nur dann geſagt, wenn bie zufläns 
bige Forderung geltend gemacht wird. Recht (ahd. mhb. röht) wird nur von 
befunten Forderungen gefagt, man mag fle geltend machen ober nicht. Sins 
fvruch und Cinrede, Widerfprüch und Widerrede erflären ſich aus 
fprechen und reden. — Jebwedem Anfpruc auf bieß Reich entfag’ Ich. 
Schiller, Marla Stuart 8, 4. NS vie Leute von dem. Gotteshaus Binflebeln 

die Alp in Anfpruch nahmen. Schiller, Tell 2; 2. Er hat ein Net 
fein Geſchopf. Schiller, Biccolomini 3, 8. Daß nicht der erfle Bräufl- 
am au dem tar fich zeige mit hinderndem Cinſpruch. Goöthe, Hermann 
und Dorothea 9, 254. Du Haft mir in deinem Leben noch feine Widerrede 
gegeben. Schiller, Räuber 4, 3. ' 

Anm. 1. Durch Borfekung der Partikel be weben aus Subſtantiven viele, 


mitunter etwas auffallende, Verba gebildet. So lieſt man auch von Anf pruch 
hier und da das Verbum beanfpruchen — Anſpruch auf etwas machen. 


Aum. 2. rare find: Gottſprich, — —— als 


Bi 


gotterforich, als eh — das will jagen, gleihfam, nemli 8 find, wie 
es ſcheint, el he ( — aan Redensarten, auch gottwolfeit, 
ri Bit, quit für — an, ſiehe oben entfpre en), Gott geb u.a. 
Gr geht, ale gotte er (ale vb Gott Rune. er haͤtt's Pobagra. 


Stechen! 


(Rurzel stah, stih; vergleihe Tat. instigare, fostinguere = an 
reizen ; gr. orker, Wurzel orıy — ſtechen.) 


Steche, ad, gehochen, Reden (ahd. stihhu, stah, stähumes, 
—— atẽhhan; mhd.atiche, stach, stächen, gestochen, stöchen ; 
stiejan) bedeutet 2 mit der Spitze in etwas bringen, eigentlich und 
ih u und wird fin verfähienenen Conftructionen gebraucht: die 

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84 


Nadel fticht, mit der Nabel ſtechen, einen tobt ftechen, ben Staar 
- ftehen, der Kigel it ihn, ein Bild in Kupfer ſtechen, Sylben 

ſtechen (wol weil die Kinder die Sylben mit fpikigen Griffeln zeig- 
ten); 2) ritterlich mit Lanzen (im QZurnier) kaͤmpfen in ft over 
Scherz; 3 zum Spiel fämpfen, auch ohne Ranzen: im Karten, Wür⸗ 
feliyiel, wo eine Karte, ein Würfel, die andere fliht (überwindet); 
4) (eigentlich und figürlich) einen Schmerz verurfadhen, welcher dem 
von ſtechenden Werkzeugen gleichet: die Sonne flicht, das ſticht ihm 
(ihr) in die Nafe; 5) (hochdeutſch felten) nad etwas fledhen, d. i. 
darnach ftreben. — Röslein ſprach: ich fteche dich. Göthe, Heiden- 
röslein. Flugs dann flich mir im Garten bie a enen Spars 
gel. Voß, Life 2, 330. Stich unverzüglich in die See. Schil- 
ler, Fiesko 5, 15. Wenn id) nur einmal einen Buchhändler bereden 
fönnte, dag er mid in Kupfer ftehen lief. C. 5. Weiße, die 
Poeten nad der Mode 2, 1. Haben Sie Luft, einem alten Narren 
den Staar zu tehen? Derfelbe, die Häushälterin 2, 6. Wollte 
Gott, .... mein Arm (fühlte) Stärfe, einen Feind vom Pferd zu 
ſtechen. Göthe, Gig von Berlichingen 1. Ein Smaragd, auf 
welchen eine Amymone geftuchen war. _Leffing, ant. Br. 33. Wenn 
fie der Muth ſticht. Schiller, Tell 3, 3. Zarte Saatenfpigen fle- 
hen aus den Furchen. Salis, Märzliev. Es wäre wohl der Mühe 
werth, einmal das Berläumden beim Kaffeetiſch als ein Kartenfpiel 
vorzuftellen, wo immer Einer den Andern ſticht. Lichtenberg, Bor- 
fchläge. Der Zweifel durchdrang ihn mit ſtechendem Feuer. Klop- 
ſtock, Meffias 7, 671. Die (Farbe) Wanfelmüth’gen in. die Augen 
ſticht. Shaffpeare, König Heinrich IV., 1. Thl. 5,1. Die Ruhm⸗ 
und Ehrfucht, das Bafthaus der Gebrechen, da Rom und Griechen⸗ 
Iand fo geizig darnach ſtechen. Opitz. 

Abſtechen (in einigen Redensarten auch herabftiechen) 1) mit 
Stidhen von einem höheren Orte berunterbringen: den Gegner vom 
Pferde, Heu vom Wagen; 2) mit einem Stidy abfondern, bezeichnen: 
die Kehle, ein Schwein, den Rafen, ein Lager; 3) im Stechen über: 
treffen: im Ring⸗, Kartenfpiel; 4) mit Stechen oder Graben nach⸗ 
bilden: ein Gemälde in Kupfer, 5) den Wein, wenn er fidh gefeßt 
hat, um ihn vollfftändig zu Jäutern, abziehen, den Bodenfag nehmen; 
6) (mit, verfchienenen Präpefitionen) fehr verfchieden fein in Ver⸗ 

feih mit einem andern Ding. — Er läßt ſich eben ven Hals ab- 
ehen,-wie ein welſches She. Schiller, Turandot 2, 2. Der 
Tauben Atlas ſtach (übertraf) Dianens Silber ab. Günther. Seine 
gelaſſene Außenſeite ſticht gegen die Unruhe meines Charakters fehr 
lebhaft ad, Die ſich nicht verbergen Täßt. Göthe, Werthers Leiden 1. 

Anftechen 1) in die Seitenflähe einer Sache fteden und fo 
antreiben: ein Pferd (ſonſt auch anfladheln); 2) durd Stechen be- 
feftigen: Fleiſch mit ver Gabel; 3) anfangen zu nehmen: ein Faß 


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85 





— 


Bier; 4) (im gemeinen Leben) angeſtochen kommen; 5) empfind⸗ 
liche Borte ſagen; 6) (Zimmermanusſprache) einen Baumflamm an- 
ſtechen, Einfchnitte in denſelben hauen, um ihn deſto leichter mit ber 
Art nad) der Schnurlinie behauen zu Ffönnen. — (Er) ſticht feinen 
Klepper an. Opitz. (Er) flach ein Faß nad dem andern an. 
Kopifh, Noah. Tenokles, den Artftophanes in feinen Fröſchen an» 
Kit. Leſſing. Sticht fie das Mädchen an? Göthe, Jahrınarfte- 
feft zu Plundersweilern. Daß er gern zu neden und die Unbefan- 
genften tückiſch anzuftechen beliebte. Göthe, Leben 14. B. 
Unzwaden (von zwacken, mhb. zwacken, von Zweck, ahd. zu&c, mhd. 
zwöc — nagelförmig zugeſpitztes Stüdchen Holzes oder anderer Maſſe zum 

Ginfchlagen) Iemanden empfindliche Worte fagen, mit Hervorhebung des Em: 

vünblicken. Anzapfen (aus. anzupfen verborben, mhb. zupfen) hat ven 

Rebenbegriff res Muthwilligen und Redifchen. — Was ward deß mir Gewinn 

wenn bie mir zufagenden Rechte du mit Gewalt anzwadl. Voß, Horaz 

Erik. II, 2,23. Daß man glauben follte, dem Satan jelbit müſſe einmal ter 

Kigel vergehen, bie Leute anzuzapfen, die innerhalb des Walles wohnen. 

Lichtenberg, Timorus. . ; 

Auftechen 1) mit Stechen öffnen: ein Geſchwür; 2) eine vor- 
bandene Deffnung mit Stechen erweitern, yon neuen flechen: eine 

enuste Kupferplatte; 3) mit Stehen befeftigen: den Abfag am 

h; 4) mit etwas Spigem in die Höhe heben: Heu mit der 
Babel; 5) (Jägerſprache) auftreiben: einen Hafen; 6) (oberd.) an- 

‚ verklagen; 7) befondere Redensarten: die Kugel des Kegel: 

iebers fticht an, wenn fie vor dem Bret, auf dem fie fortrollen 
ſoll, ven Boden und das Vorderende des Bretes berührt; ein Floß 
ſticht an, wenn ed mit einer Ede irgendwo anſtößt; Bier, Wein 
fiehen an, wenn fie in die Effiggährung überzugehen anfangen, einen 
Stich befommen. — Mit diefen beiden Eifen könnt ihr die Löcher 
aufſtechen. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 6. 

Ansjtechen (in einigen Redensarten auch herausſtechen) 1) durch 
Stechen herausbringen: Torf, einem ein Auge; 2) mit Stechen ab» 
bilden (ausfchneiden, ausbauen): ein Bild; 3) durch Stechen aus: 
hohlen: einen Teih, Graben; 4) vermittelft des Stechhebers aus 
dem Faß holen, (im Scherz) austrinfen ; 5) um Jemandes Gunft 
Bringen. — Was follte der Graf hier? Sich büden, ſchmeicheln 
und friechen, und die Marinellis auszuftehen ſuchen? Lefling, 
Emilie Galotti 2, A. Hier draußen find ein paar muntre Jungen 
and Cypern, die gern eine Slaihe auf die Gefunpheit des ſchwarzen 
Othello ansftehen möchten. Shakſpeare Dtbello, 2, 3. 

Beitechen 1) (Bergmannsfprache) mehrmals in einen Körper 
Reden; 2) im Nähen, fatt eines eingefihlagenen gewöhnlichen Sau: 


. mes, die Enden mit Fleinen Stichen umfchlingen (dafür auch ums 


Rechen und üäberfiehen); 3) durch Geſchenke zu einer unerlaubten 





86 


Handlun — auf ſeine Seite brin 4) einnehmen, blenden: 
der Ösfämad beit den Gaumen, biele Karbe beißt die Augen. 
— Der a... at beftochen werden follen mit dieſem Schmuck 
Shiler, Maria Stuart 1, 1. Der ®is beſticht pic "nicht. Götpe, 
Zaffo 1, 1. Leider aber ward mein Urtheil noch auf eine andere 
Weife beftochen. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 8. 
Durchſtechen 1) durch etwas ftechen, eine Derfon, ne — 

ſtechen; 2) — einen Damm; 3) durchſchaufeln: 
treide; 4) mit Jemanden heimlich etwas Böfes_ verabreden. — wu 
tapfern Pettin, welcher nebft einigen feiner Waffengefährten gefangen 
ward, durchſtach Roubain hohnlachend und Falten Bluts mit eig⸗ 
ner Hand. Schiller, Abfall der Niederlande, fortgeſetzt von Curths, 
Bela von Antwerpen. Man hatte bei Saftingen die Damme 
— en. Schiller, ——— von Antwerpen. 

Ein—, er—, herum —, herunter —, hervor —, nach —, nie⸗ 
der —, über—, um —, ver —, vor —, zer —, zu —, zurück —, zuſam⸗ 
menſtechen bedürfen keiner weitern € ärung. — Gar bald bemerkte 
“ Over u) daß. ein fcharfer Dorn gain die Ballen indes 
war. Göthe, Novelle: das Kind mit dem Löwen. na Sk 
den ein andrer erftach, ließ mir ein Paar glüdliche el nach. Schi 
ler, Wallenſteins Lager 1. Sicher hat man an fo Vielen — 
lang herumgeſtochen. Platen, — verhängnißvolle Gabel 4. 
Sticht die bee gleich fo derb as Shaffpeare, König 
Heinrih V. 2, 2. Und e8 ſtachen ihm doch aus dem Schnappfad 
vor bie geftohlenen Mefler und. Gabeln. . Platen, die verhängnißs 
volle Babel 1. Nach der unter biefen verfchiebenen Farben am 
meiſten hervorſtechen den, zum Grunde liegenden Farbe bekam er 
(der Achat) verſchiedene Namen. Leſſing, ant. Br. 26. Und wenn 
ein Tröpflein Blutes rann, ſo ſtach 9 dich doch nieder. C 
. miffo, der rechte Barbier. Als (fie, die Königin) dem Geſchwiſter 
das Licht der Augen überftad. Göthe, Fauſt 2, 324. Ein Edel: 
mann bielt feine beiden Eltern (ihre über) feil, md wollte fie ale 
gute Knieftüde verftedhen (vertaufhen). J. P. Richter. - Die Un⸗ 
ſchuld ward gerochen, das Unthier jümmerlich zerfiohen. Zadharid, 
der Bär und die Bienen. Stich zu! Platen, die verhängn nißvolle 
Gabel 5. Wir haben fie sufammengefogen. Goͤthe, Goͤtz von 
Berlichingen 5. 

techer (Perfon u. Werkzeug) ; Kupfer—, Petſchaft —, Staar—, 
Bilder— , Beftecher und andere. Abſtecher = kurze ebenteife. — 
Ihr ſeid ein ſcharfer Stecher. Wieland, Oberon 3, 12. Hab’ eis 
nen Abſtech er gemacht nach Gent, © er, Wallenfteing Lager 5. 
Ein ee a neigt ſich dem eichler, dem Beſtecher. 


e au 
Stehapfel, —bahn, — baum, — beere, —beutel, —bolzen, 


87 


‚ —degen, —born, —eide, —eifen, —erling und —eling 
58 —fliege, — gabel, —geld, —ginſter, — groſchen (Abgabe), 
paufen, —heber, — helm ‚ —bol, —famm, —fanne, 
—Effen, Her, —forn, Mont, ange, —laub, —Löffel, —mef- 
kr, ern —nup, Fre dr ha a un ae 
„— ‚— ſchein, — ſchlitten, — ſchwa 
—dwein, —fehe, ; — —ftahl, —ſtaude, — vieh, —waffe, 
—weide, — weite, — winde, —wurm, —wurzel, —zettel. 
— are ang und der Stechend (ahd. stächedo,: nd. stäche) 
für unfer Seitenſtechen. — Wollt ihr Milgweh 
—*5* — en lagen, jo kommt mit-mir. Shak⸗ 


mn Die En 2 ſtech, verfärft flechvoll, ſtechgratatenvoll * 
betrunken. Man vergleiche damit oben ausſtechen 4 und ahd. stöchal, goth. 
stikl = Becher. 

Stich (goth. stiks — Punct, ahd., mhd. stich, agſ. slice) 1) 
die Handlung des Steh af! 2) die dabır - verurfachte Wunde, 
Deffnung (aud) fang. das iſt ein Stich, der nicht blutet, 
von einer anzüglichen e gefagt); 3) die Art und Weife zu fler 
den, befonderd beim Nähen; 4) das — im Kartenſpiel, 
Abdruck einer Kupferplatte; 5) der Ort, geſtochen wird, beſon⸗ 
ders bei dem zu ſchl tenben Vieh; 6) die — —— weier Stiche 
von einander (bei Schuhen); 7) ſaͤuerliche Beſchaffenheit bei Wein 
und Bier; 8) Taufchhandel; 9) die figürliche Redensart Stich halten 
kommt ber von: das Leder, der Zeug hält den Stih nicht, reißt 
and; 10) abfchüffige Stelle | Ha Straße (verhärtete Form aus ahd. 
stikan — fleigen. — Wenn ich fehe, wie- theure “Männer buch 
den ge — — aus dem Nichts hervorſpringen. Rabener, 

Es hat mir in meinem Leben ſo nichts einen 
* — the, Fauſt 1, 182. Ich fürchte, daß 
ihn —* — — eefſing, ant. Br. 12, 

Durch —, Bienen —, Schlangen—, Zunges 
ſtich; da — halten (beide in der Zimmermannsſprache), — blatt 
(am Degen, au ein. Trumpf im Kartenfpiel), —büttel (Stichling), 
— eutfcheid (die Entfcheidung des Präfiventen bei ann ber 
Stimmen), —haltig, —herd, — holz, — ofen, —probe, — wand, 
—ſchmelze, —feite (alte im Hüttenwefen), — maß, —preffe, "füge, 

—tag, — wein (der zur Probe aus dem Faß genoinmen Avird), 
— m —* (und ——e—— ergrimmt, —* 

br ). — Wurm war bie r. 

Wieland, Oberon 4, 75. — 
— allgemein das Berhältuig einer gewiſen Verſchiedenheit (Ents 
gegenfehung) zwiſchen Dingen von gewiffer Ähnlichkeit. Contraſt (ital. 


contrasto, franz. contraste, vom lat. contra = gegen unb stare := fichen) 


88 


wird nur der hervorftechende, oder auffallende Segenfag genannt, natuͤrlich 
zwiſchen Dingen, zwifchen denen wir uns ein gewiſſes Verhältniß zu benfen 
"pflegen. Als deutfchen Ausdruck dafür kann man Abſt ich gebrauchen. — 
Um nun den Gegenſatz zwifchen ver Umgebung eines Bebninen und unferes 
Autors mit wenigem anfchaulich zu machen. Göthe, Note zum weftöftlichen 
Divan, Bergleihung. Das if freilich ein feltfamer Sontraft! die Bernunft 
und bie Narrheit! Zwei allerliebfte Gegenbilder! C. J. Weiße. 

Stichel (ahd. stihhil, mhd. stichel und stickel, agf. sticel, 
altn. stikill) ein Werkzeug zum Stechen, doch nur in einigen Fällen, 
befonders in dem — Grabſtichel. In figürlicher Be⸗ 
deutung kommen die abgeleiteten und ae vor: 
Stidler, Stichelei, Stidhelrede, ſticheln (ſpotten, auch ein 
gewiſſes Kartenſpiel ſpielen). — Jedes Erz, wenn es gegoſſen iſt, 
muß mit Hammer und Grabſtichel De werden. Göthe, 
Benvenuto Gellini 4, 4. Wenn ich die Thätlichfeiten meiner Geſel⸗ 
len fo ziemlidy abzuhalten wußte, fo war ich doch —— ihren 
Stiche leien und Mißreden gewachſen. Göthe, Leben 2. B. Aus 
allerlei Anzüglichkeiten und Stichelreden. hätte man ſchließen fols 
len. Goöͤthe, Meiſters Lehrjahre 4, 7. Laß den Witzling und be⸗ 
ſticheln. Göthe, Muſen und Grazien in der Mark. 

Aufziehen und ſchrauben (altn. seryfa = in einer Schneckenlinie drehen) 
ſich direct auf eine Perſon durch Worte oder Handlung laut äußern, um ſie 
berabzufegen. Spotten (ahd. spotten, spottön, mhb. spotten von spot 
— Scherz, im Gegenfaß des Ernſtes), ſticheln und fih aufhalten gehen 

auf die Sachen, Handlungen, Geäußertes überhaupt, freilich immer in Bes 
ziehung auf eine Perfon; fpotten und ſich aufhalten ſetzen nicht Immer 
laute Außerung voraus. — Werner hörte, wie fehr man Sie mit Ihren For⸗ 

derungen an die Kriegsfaffe aufzicht. Leſſing, Minna von Barnhelm 1, 4. 

Gib Acht, ich ſchraube fie. Göthe, Fauſt 1, 108. Sikingen, Selbig, Ders 

lihingen ſpotten des Faiferlichen Anfcehene. Göthe, Götz von Berlichingen 

I. Auf Blonde Hihelft du? Hagedorn. 

Stachel (ahd. diu_stahilla, stachilla, stacchulla, md. diu 
stachel) ein flechendes Ding, ftechende Spige in verfchievener Form 
und Bedeutung, auch figürlich — Stacheln; fladelig; Stachel⸗ 
Cain (Eiparfette), —bart, — bauch, — beere, —biene, —birne, — boͤrs 
(Fiſch), —dolde, —drache, —eidechſe, —feige, —fiſch, —floh, —floſſe, 
—flunder (Fiſch), —frucht, —gewächs, —gitter, —gras, —gürtel, 
— haar, — hirſe, —hund (Haifiſch), —kafer, —karpfen, —kohl, 
—kopf, —koralle, —krabbe, — kranz, —kraut, —krebs, —kugel, 
—mafrele, — mohn, —natter, —nuß, —reim, —roche, — ſchlitten, 
— ſſchnecke, — ſchwamm, — ſchwein, —thier, — wort. Bienen —, 
. Ehren—., Gewiſſens-Stachel und andere. — Dem Schwachen iſt 
fein Stachel auch gegeben. Schiller, Tell 4, 3. Die Herzen alle 
dieſes biedern Volkes erregt’ ich mit dem Stachel meiner Worte. 


mut Su * 


BA A u — 


— He | ——⏑ 


59 


Daſelbſt 2, 2. Mein Reichthum ſelbſt wär’ eine Würze nur des 
Habens Hunger heftiger zu ſtacheln. Schiller, Macbeth 4, 6. 

‚ Anm. Die Stange des Flößers, Schiffere, die an dem einen Ende mit eis 
win eifernen Safen verjehen if, heißt in ver Bolleſprache Hole, Hoc, and 
Stachel md Städel. 

Stocher Werkzeug zum ſtechen; Zahnſtocher. Stocherer heißt 
auf den Dampfſchiffen ꝛc. der Knecht ‚ der das Feuer aufflicht = 
. mterhält. Stochern ein Intenfivum von ſtechen in verſchiedenen 

Dedentungen. — Dir könnte es alſo freilich einerlei fein, hinter eis 
zen Pult über Iiniirten Büchern zu fiten, Zinfen einzutragen und - 
Reſte herauszu ſt ocher n. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 14. 


Steden. 
(Wurzel, f. ftechen.) 


Stede, ſteckte (fa), geſteckt (geſtocken), ſtecken (ahd. mh. 
Mad, stecchu, stachte, kistachtôr, stecchan aus stacchjan, 
intranfiiiv stecchen; stecke, stacte,: gestact, stecken), eine 
verRärkte, verbickte Form von ſtechen, fommt intranfitio und tran- 
tip vor, in jener Bedeutung nach der flarfen, in diefer nad ver 

hen Form gehend (ohne daß jedoch diefer Unterfchieb von ben 

ftftellern genau gewahrt wird) und bebeutet 1) in etwas Anderem 
nn fein mit mehr oder minder Ge bed Haftens: der Nagel 
in ver Wand, zwifchen Thür und Angel, in Schulden fleden; 

2) feden bleiben, nit von der Stelle können: in einer Rede; 
3) einen fpigigen oder Tangen, dann in weiterer Bedeutung auch ei⸗ 
nen andern Körper in eine enge Deffnung thun: ben Braten an ben 
Spieß, den Finger in das Loch, Geld in den Beutel; 4) in Ges 
wahrſam (Berborpenheit) fein und dahin bringen; 5) verwenden: 
Geld in ein Gefhhäftz 6) Jemanden insgeheim Nachricht geben: er 
hat mir fein Wörtchen davon gef, ih habe e8 ihm geſteckt (derb 
geſagt); 7) in Brand fleden; 8) eine Obrfeige fleden Candy flechen). 
= ganze Unterfchied ift in den Nöden, und ich sn gern mag 
m meinem fteden. Schiller, Wallenfteins Lager 6. enn ich in 
dem en Denise ftäde, fo ging ih in Gottes Namen burd. 
Gothe, Benvenuto Cellini 1, 4. Wenn man einen wirklichen Ring 
daran hätte ſtecke wollen. Leffing, Minna yon Barnhelm 1, 15. 
Die führen heimlich ſpitz'ge Eifen mit, die man geſchwind kann an 
die Stäbe ſtecken. Schiller, Zell 2, 2. Wo das geſteckt hat, Tiegt 
noch mehr. Schiller, Maria Stuart 1, 1. Unter der Bank ftad 
ein hu Packt fchlechter — und Zeuge. Rabener, Kleider 
machen Leute. Ich mag mein Näschen nicht in Alles fieden. Leſ⸗ 
ſing, Nathan der Weiſe 4, 1. Du ſteckteſt noch einen zweiten 








u die. Schiller, Te 3, 3. Ya, wenn Ihro Mafeftät nicht 
—* Da thun, fo feden eine die Kerl am End in Sad. Göõthe, 
Goͤtz von Berlichingen 1. Verwundern Sie ſich nicht, daß ich ſo 
viel Geld — ſtecke. Gellert. So haſt du kürzlich nichts voͤn 
—*— Be nt nicht? Auch ihm nichts geftedt? Leffing, 
eife 4, 8. Er gab demnach Befehl, fie m Burg) 

in — — zu ſtecken. Kleiſt, Ciſſides und Baches 

Anfteden 1) etwas an’ ein anderes Ding: ein Band; 2) mit 

en, von Krankheiten, von Heuer gebraudt; 3) (Bergbau) mit 

fühlen zu befeftigen over zu verbauen anfangen; 4) (aud) anftechen) 
anfangen zu zapfen. — Er nerfegte baranf, daß. ih ihn (den Degen) 
nur frei und ohne Erlaubniß anfteden follte. Göthe, Benvenuto 
5 — 2, 4. Dein weibiſch Anſehn a mir noch die Adern mit 
Seigeit an. "Schiller, Macbeth 5, 4. Ein Rei von Soldaten 
er gründen, die Welt anfteden und entzünden. Schiller, 
Ballenfein Lager 6. Wir fendeten unfere leeren Gefäße zu bem 
a der uns erfuchen 2 Geduld zu haben, bie bie, vierte 
angefedt fe. Göthe, St. Rochus usten, 

Anzünden (goth. intundjyan, ahd. zuntjan, mh. zünden, wol vom cell. 
tan = ®ener) bezeichnet in Brand ſetzen dadurch, daß ein Gegenſtand an eis 
nen andern gebracht wird; dann auch von Allem gefagt, worou das Bil 
des Feuerelements, euer, Olnt, Licht und dergleichen gebraucht wir. Ent» 
zünden bezeichnet überhaupt ven Begriff des Machens, daß ein Rörper brennt 
oder leuchtet, es. mag der Körper durch Annäherung eines andern Körpers 
von außen oder (und zwar vorzüglich) durch Innern Zeuerfloff in Brand ger 
fest werden. — Nicht Zeit iſt's jetzt, ich wieberhol’ es Euch, bie freud'ge 
Hochzeitfackel anzuzünden. Schiller, Marla Stuart 2, 2 D laß an 
— Leben das deinige anzünden. Schiller, Braut von Meſſtna. 

Das — — anpengen iſt das mhd. en — 
ber tige mi, — ans fankjan = anzünden, ahd. ho, mbb. vank 

nfen, goth. fana = Feuer. 

Einfteden 1) in etwas Reden: Degen, Dieb; 2) (mehr dem 
gewöhnlichen eben angehörig) etwas, was widerf z und. wibrig 
au um. wirft, ohne —— und egmung bins 
nehmen; Schinpf, — Schläge. — — Sie ee (das 
Meſſer) ein und ‚gebenfen le meiner babel. Göthe, Meifters Lehr⸗ 
jahre 2, 4. Tobias hatte eine Art Leuchter vorgeſtellt, in wel 
das Horn als * Kerze. eingeſteckt werben ſollte. Goͤthe n⸗ 
— Cellini 1, 12. Der neue Brutus ward ohne Lärmen, 2 

gemeiner Tafchendieb, eingefledt. ©. P. Sturz 6. Dr. 
Di vu; —E mil ang einfteden. hakſpeare, * 

Berbeifen = — — bigen) durch Anfeinanderbeißen ver Bühne 
Kiunlaben over Lippen mit Gewalt eine zum Ausbruch drängende Empfinbung 


91 


winerfitebenb zuräktfhalten, die Empfindung mag übrigens fein, welde je 
wolle, nur nıng fie eine tiefe und heftige fein. Berfchluden und nieder 
ſchlucken (ehr. farsliccan, mh. verslicken, vom ahd. sliocan, sleccan, 
mir. slicken — ſchlecken, ſchlucken) das, was eine unangenehme Empfindung 
erregt, mit Beſchwerniß und ohne Äußerung (Entgeguung) in fich gleichſam 
Sinunterfisßend einnehmen, fo wie eine Empfindung zurüdfloßen, daß fie nicht 
rule kommt. — Gie fuhr auf einmal nach dem Herzen mit eimer 
‚ welche Schmerzen verbeißt.. Böthe, Meiſters Lehrjahre 2, 41. 
eo und verbiffene Wuth hatten meine ganze Seele unmebelt. 
Rinne von Barnhelm 5, 5. Bas fle auch willen mögen, die Macht iſt mein, 
fe müflen’s nieverſchlucken. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 8. Nach 
langem Widerſtande eilte er tief In ver Nacht.nach Hauſe und fm mit einem 
Bläschen kryſtalliſtrten trodnen Salzes zurüd, welches in Waſſer anfgelöfl 
von dem Patienten verjchludt wurde: Goͤthe, Leben 8. Bud. 
Ab—, auf, aus —, be—, bi—, durch — , fort—, herum —, 
— hin hinauf —, hinein —, —* —* um —, un⸗ 
— ver—, vor —, vdran —, weg—, zu J —, zuſanmen⸗ 
Beeh brrürtin feier weiter Erhiinen. a ager war abgeftedt, 
und wir bezogen den für une beſtimmten Raum. Göthe, Campagne 
in Branfreich 19. September. Er Br . Werkzeug , Shaufe 
rührt und Spaten! Das Abge muß fogleich nn 
ge Sa Kauft 2, 318. Ich hab dem Out ni u in 
Scherzes wegen. Schiller, Tell 4 Aa 
Haar war in eine runde Lode aufgefedt, Göoͤthe, Leben 10. B. 
Den Kometen ſteckt er, wie eine Ruthe, drohend am Himmelgsfenſter 
ans. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Dieſes Wort beveutet Leute, 
a — Finger bis an die weißen Naͤgel mit Steinringen be⸗ 
Leſſing, ant. Br. 3, Dann, mit Blumen reich beſtecket, 
eg man e8 3 (das Herz) auf goldner Schaale. Uhland, der Ras 
Rellan von Couci. Die Baronefie hatte es (das Portefewille) ihm 
ri beizufteden gewußt. Göthe, Meiſters Lehrjahre 1, 5. 
aus der Brieftafche mit Geld und bedeutenden P 
——— und ſonſtigen Kleini ‚die man an in erumfledt? 
gne y Sranfreidh 6. Dftober. Wo habe ich a 
Sun) — — — 87— Minna von Barnhelm 5, Ich 
bier d und das Ende (des Bandes) ſtecke ich — 
— — 4. Alſo ließ der Bär ſich bethören und ſteckte 
den Kopf in die Spalte bi8 an die Ohren hinein. Göthe, Reineke 
‚9. Die Sremben beſſer zu erfreuen umſteckt der milde 
den mit dichten Malen Hagedorn. Den (Bücherhaus 
fen), bis and K en. hinauf, ein — Papier umſteckt. 
Böthe, Fauſt laubte, Sn egiment fei bloß unters 
geſteckt — von Barnhelm 4, 6. D ge, 
der... ſich bei — een Yeti irgendwo gegen ein ein ⸗ 





92 


ge unterfledt, iſt deßwegen nody nicht verftoßen. Göthe, ital. 
eife Neapel am 38. Mai 1787. An dem Ehfaal nebenbei ver- 
ſteckt Ihr fi. Schiller, Wallenfleins Tod 5, 1. Kein Thal war 
fo verftedt, ich ſpäht' e8 aus. ler, Tel 2, 1. Das Hohe 
Ziel, das er ſich vorgeftedt fah, fchten ihm näher, Göthe, Mei⸗ 
ſters Lehrfahre 1, 8 Wirth (den Kopf voranſteckend): If es 
erlaubt, meine gnäd’ge Herrfhaft? Leifing, Minna von Barnhelm 
2,2. Ich hätte erft meine Uhrkette weggeſteckt. Lichtenberg, Bemerf. 
zur Epift. an Göbhard. Erft geftern ſteckte er dem Alten ein Juwelen 
täftchen zu. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 8 Er ſteckte einige 
Inſtrumente in feiner ledernen Tafche zuſammen. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 7, 3. Laßt uns unfere Köpfe gu fammenftefen und ei- 
! 


nen weifen Rath pflegen. Shaffpeare, Was ihr wollt 3, 5. 
Verſteckt, das, was in ver Seele vorgeht, tief heimlich vor dem Ans 


dern haltend, daß er es nicht merken fol, vornehmlich in ungater Abficht- 
Berfchloffen un⸗, ober doch ſchwer zugänglich, was die Seele oder dem 
Geiſt angeht. — O mich Hat Höllenkunft getaͤuſcht. Mir fandte ver Algrund 
den verſteckteſten ver Geifter, den lügenkundigſten herauf und ſtellt' ihn 
als Freund an meine Seite. Schiller, Wallenfleins Top 3, 18. Du biſt 
verſteckt und MIN, und bie Leute glauben Wunder was hinter dir verborgen 
fei. Goͤthe, Leben 6. B. Was if dir? So verfchloffen feierlich em⸗ 
pfängft du mich, entziehft dich meinen Armen, als wollte du mich ganz ver⸗ 
flogen? Schiller, Braut von Meſſtna. Er wirbt um dich, ſchon iſt's ber 
dritte Herbft, mit ſtillem Wunfch, mit herzlicdem Bemuͤhn, du ſtoͤßeſt ihn ver 
ſchloſſen, Ealt, zuräd. Schiller, Jungfrau von Orleans, Prolog 2. 

Unm. Selten iR das mit verftedt finnverwandte verbedt. Adramalech 
fam ne ein Geiſt, verruchter ald Satan und verdeckter. Klopſtock, Mefllas 


Anm. 8. Erſtecken braucht Logau für machen, baß etwas erſtickt, 
So jagt auch Hufmannswaldan im flerbenden Sorrates: Sie (bie Seele) liege. 
gang erflarrt durch ſchnoͤdes Fleifch erſtecket. 

Das Beſteck 1) Zutteral, in das Mefler, Gabeln ꝛc. geftedkt 
werden; 2) dieſe Dinge felbft; 3) die Bemerkung eines Ortes auf 
der Seefarte. — Bon diefer Yandesart unterrichtet, hatte man mir 
fhon folde Beftede zugeſhaft die man dort flach und zierlich 
— findet. Göthe, Campagne in Frankreich 5. September. 

ber Tafel gab er jeder ein Beſteck von Golbe fein. Platen, 
ber gläferne Pantoffel 2. 

Der Berfted Hinterhalt, Verbergung. — Daß fold ein König 
fpielt! Verſteck. Shaffpeare, König Rear 1, 5. 

Stedamboß, —bohne — brief, —büchfe, —erbfe, —feder, flug, 
- —garn, —haube, —huften, —forn, —fraut (Orant), -- Teiter, —leuch⸗ 
ter, — el, —nabel, —nagel, —neß, — eis, —rübe, —zirkel, — 
— — Richt ſehr gebrauchlich fdheint das geiviß gute Stedling. 

entſcheidenden Beweis zeigte er bergleihen Stedlinge gar 


93 


„angefän in feinem Garten. Göthe, ital. Nele, Reapel 
—— " = 


Yum. Bei einigen dieſer Zuſammenſetzungen flieht auch Stech. — 


Der Steden (ahd. steccho, mhd. stecke, agf. sticca, altn. 
sticki, älter ahd. Sted) 1) der lange wie kurze — *2 — des eines 
Holzausſchuſſes; 2) (in einigen Gegenden) Benennung eines gewiſſen 
Scheitholzmaßes. — Stedenbündel, Stedenfneht, —pferd, —reiter, 
—roß, — ſchwamm; Hirten—, Bohnen— , Zaunfteden. 

Stab (ahb., mhd. stab, stap, agf. stäf, staf, altn. stafr) bebeutel eis 
gentlich fchmal ausgebehntes flarres Ding von einiger Länge; im Befondern 
dann ein folches Ding von gebildeterer Form nad) Angemefienheit zu feiner 
Beſtimmung; auch ehrenvolles Zeichen der Würde und des Amtes. ©. weiter 
Stod — Fromme Stab! DO hätt’ ich nimmer mit dem Schwerte dich 
vertaufht! Schiller, Jungfrau von Orleans 4, 1. 

Stiden (mhd. sticken, intenfiv von ſtechen) 1) eine gemachte 
Jeihmmg mit Stichen ausfüllen, erhabene Figuren auf etwas nähen; 
2) (veraltet) fo- viel als erftiden, der nöthigen Luft zum —19 
berauben und beraubt werden; 3) (Volksſprache) die Pfähle im Früh⸗ 
jahr in den Weinbergen feftfteden; 4) (Bauweſen) den Raum zwifchen 
zwei Ballen mit dünnen Stäben ausfüllen. — Bet unferer Hochzeit 
werden feine geftidten Kleider parabiren. Göthe, Clavigo 4. Die 
Schönſte war geſchmückt mit einem leichten Kleide, von rofenfarbner 
Seide, mit afengofb durchſtickt. Bürger, Entführung der Europa. 
Da wollte ich geflern meinen Namen in die Guirlande hinein» 
ſticken. Paten, der gläferne Pantoffel 1> Die Botichafter der ab» 
wefenden : weltlishen Churfürften in ihren elle mit Gold 
überflidten Kleidern. Göthe, Leben 5. Bud, 

Stidereis Seiven—, Perlenftiderin; Stickdampf, — dunſt, —eis 
fen, —fieber, — flug, — garn, —gold, —grund, — huſten, — luft, 
—mufter, —nandel, —rahmen, —feide, —filber, —floff, — wert 
— wurz, —zeug. — Ein felden Kleid mit etwas Stiderei, das 
trägt er gern. Göthe, Taſſo — 4. 

.1. Stickßen Mehl, Waͤſche ꝛe. gefagt) in ein offener Luft 

BI ai a Us Der en —* — 2 a teen En 
Bolksſprache an. 

Anm. 2. Die frühere Sprache (wol nur die Volkoſprache hatte auch ge⸗ 
tidel = voll, verflärft fliden und widenvoll; fidzeitig — überreif (von 
Fer: und Gartenfrüchten); ſticker S grell tönend (Hans Sad). 

Stiel (ahd. stichil amd stehho, mhd. stichel und stickel, 
agf. staca, stace) 1) Pflock, fpiber Pfahl: Zaupt; 2) (figärlich) 
dummer, unbehilflicher Menſch, wie auch Stod. 

Anm. Das volksthümliche ſtickelfitzen, fliglfigen — mit Worten auf 
einander ſticheln, fept eine eigene Bebeutung voraus, wahrfcheinlich fitzen = eig. 
mit ver Ruhe hauen. ' 


D 





94 


Der Seicken (nicht ſehr gebräudklich), ein dünnes, langes, vabei 
fpitiges Ding, wofür fonft Stridnadel, Stridftod gefagt wird. — Jetzt 
fühner flört’ ich fie im Striden und nahm ihr Knaul vom Schuß; 
TE chlug fie mit dem Stiden auf meine Finger los. 


Stock (ahd. stoc, stoch, mhd. stoc, agf. Stoc, stocce, altn. 
stockr), theils von ſtechen theils von fleden gebiltet, 1) Stamms 
abfehnitt; dann allgemein ein mit einiger Länge verfehener Abfchnitt 
eines feften Holzausfchuffes; 2) Stamm eines Baumes ober Gewaͤch⸗ 
ſes; 3)° befonders Pflanzen und Gewächſe, fie mögen flaudenartig 
wachſen ober nicht, holzartige Stengel haben over nicht; 4) ein kur⸗ 
zes dickes Stück: Sturz, Rumpf eined Baumes, Geldftod, Bienen 
ſtock; 5) Gefängniß, weil die Gefangenen darin an einem Stod, 
Klon befeftigt, oft auch mit den Füßen in einen ſolchen ausgehöhlten 
Klotz geichloffen waren; 6) ein kurzes vide Werkzeug oder Ding 
(Kunftwort): in der Orgel, Schraubſtock; 7) (Volksſprache) der mitt= . 
lere Theil eines Hemdes ohne Aermel oder Zwickel (and) Rumpf, 
Sturz geifannt); 8) eine Maffe bei einander befinditiher Dinge ei⸗ 
ner Art: Eierſtock; 9) ein unförmlicher Haufen von Dingen einer 
Art, aber wie 8, nur in einzelnen Fällen: im Bergbau, Heuſtock; 
10) Inbegriff aller in einer Höhe over auf einem Boden eines 
Gebäudes befindlichen Zimmer (auch Geſchoß in figärlicher Beden⸗ 

g — vas a Einporgefproßte, von fchleßen) ; 
11) figürlih ein dummer Menſch. Davon ftödig, befonvders in der 
10. und 11. Bedeutung. — In diefem Rod führ’ ich, fieht er, des Kaiſers 
Stod. Schiller, Wallenfteing Lager 7, Im Vordergrund ein mädh- 
tiger in ber Erbe Eulen Stod eines viekjährigen Eich⸗ 
baums. Göthe, ital. Reife, Rom 7. November. Aber den übrigen 
Berg bebedten einzelne Stöde, Fleinere Trauben tragend. Göthe, 
Hermann und Dorothea 4, 32. Höher fleigt aber die Bewunderung, 
wenn man fie (die Bienen) in ihren Stöden felbft beobachtet. 8. 
Den, Beichreibung der Bienen. Daß man ihm ein Paar Zimmer 
im ‚oberften Stode überließ. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 5. So 
viel ich alle (Schaufpieler) beurtheilen Bann, fo tft fein einziger 
Stof darıntr, und Stöde allein find die Tmverbefferlichen. 
Göthe, Meifters Tehrjahre 4, 19. Ich war'meift zu lebhaft und 
zu fi, und ſchien entweder zubringlih oder ſtöckig, je nachdem 
bie Menſchen mid anzogen oder abftiefen. Göthe, Erben 5.2. 

Stande (ahd. städa, mho. städe, Rebeaform von agf. studa — Pfoflen, 
aͤlternhd. Stud = Säule, altı. stydia — flügen, aus einer Wurzel mit ' 
ſtehen, lat. stare) ift eigentlich fo viel als auf einem Flecken vereinigte vers 
zweigte Stengelpflanze; fo wie biefe ganze. Pflanze felbfl. Das Gefläude 
iR ein Sammelwort, aber wenig mehr im Gebrauch. Opitz fagt (Exchäferei 
von ber Nymphe Hareinie ©. 495: durch Hecken und Geſtaͤude. Go blüht 





um eine Geber niedriges Geſt äan de. Alxiuger, Doolin 6,77. Strau (inhd 
sträch, NRebenform von atrut = Geküfch) die Stengelpflange mit einem oder 
mehreren mehr in fyerrigem Gezweige ges und verwachſenen Wurzeltrieben, 
voruehmlich wenn dieſe Holzfiengel find. Buſch (ahd. busc, bosc, mhb. 
busch, altı. büsk, aus dem mittellat. buscus, ital, bosco, franz. bois) bie 
in WBurzeltrieben und Gezweig ober Blättern ſich auebreitenden und dickſtehen⸗ 
ven Gtengels ober Stämmehenpflangen. — Ein Teppich mit wilder Kühnbeit _ 
ans Stauden und Blumen und Gaaten gewebt, bekleidete Thäler und 

Hügel. Kleiſt, Frühling. rel, wie der Fink auf Sträuchern und Bäu- 

men. Schiller, Wallenſteins Lager 7. Und in ber Bern’ erbliden fle in 

Büſchen ein fhönes Schloß. Wieland, Oberon 2, 27. 

Anm. Der Bolföfprache gehören Stockach (ahd. stocchahl), Geſtockicht, 
Geſtocket — Blay mit vielen Wurzelſtöcken von gefällten Bäumen. - i 

- Stodamboß, — arbeiter, band, — degen, —biener, —erbſe, 
— en, —eule, —fäulung, —feder, —fiſch (bei Logau Stödelfifch), 
—garbe, —geige, —hamen, —haue, —haus, — holz, — kohle, —Ta- 
terne, — meifter, — meſſer, —morgel, —narr, —p e —pilz, — 
preffe, — raum, —rinne, —rolle, —rofe, —ſchere, —ſcheit, —fhils 
ling, — ſchlag, — ſchnupfen, —ſchraube, —ſchwamm, — uhr, —viole, 
—wache, — werk, —zahn, —zange, —ziemen; — blind, —dumm, 
—bunfel, —bürre, finſter, —fremd, —fteif, — ſtill, —ſtumm; Lad—, 
Hirten —, Bienen—, Reben—, Rofen—, Hut —, Strick—, Wachs⸗ 
ſtock und andere. — Stodig, ſtoͤckiſch. 

Unm. In vielen Sajammenjepungen druͤckt fo, bald vun der einen bald 
von der andern Bedeutung ausgehend, bloß eine Verſtäͤrkung des einfachen Wortes 
E Stodken (zu eben gehörig) 1) aufhören fi zu bewegen: bas 
zu n gehörig aufhören zu bewegen: 
Blut, das Geld FR 2 (von Stud) das Tuch floden, dasſelbe 
aufs oder zufammenrollen. — Aus—, be—, er—, verfloden — 
Venn du am breiten Fluſſe wohnft,. jeiht fodt er manchmal auf 
vorbei. Gothe, Paraboliih 7. Wie tft, o Sohn, dir Die Zunge 
— die ſchon dir im nde lange Fahre geftodt. Göthe, 
— ann Frl ee > io Ri chwieg er = ne 

eifterd rel, ill und ruhig fpann, ohne nur 
a Roden. Göthe, die Spinnerin. Mir grauft, der Athem fo dt. 
Schiller, Acneis 2, 1. Wollen wir allein uns eigenfEunig fteifen 
und verfioden, bie L fette ihm zu unterbrehen? -Schiller, 
Zei 2, 1. Ich durfte n enfchen auf diefer. Welt anfehen, die 
sehäfligen Gefühlen in ihrem Bufen Raum geben, bie fi gegen - 
das Gute von irgend einer Art verfioden und. fih und Andern 
das Schlechte aufbringen’ wollen. Göthe, Meifters Lehrjahre 6. B., 
Bekenniniſſe einer fhönen Seele. _ 
©&t5 ißt bei den Nadlern der eiferne Lauf, worin ſich der 
Amboß an ber pe befindet. — Anderer Art ift Stödel in dem 
Pflanzennamen Liebftödel (Liebſteckel, ahd. lubistechal, angelf. 











‚lIufestice, Tatein. libusticum, levisticum, kubisticum, ligusti 
von der Landfchaft igurien?). Wenn das Jahr nun alter, no 
vor des Sommers Tod, und der Geburt des frofl’gen Winters, 
dann blühn uns am — Blutnelken und die ſtreif'gen Lie bes⸗ 
ſtöckel (engl. 'gilly flowers), Baſtarde der Natur will man fie 
nennen. Shakſpeare, Wintermahrchen 4, 3. | 

Stück (ahd. stucchi, mhb. stücke, stuck, agf. stycce, sticce) 
bedeutet eigentlich (als zu flechen gehörig) etwas Abgeflochenes;, dann 
‚überhaupt ein ae yon einem Ganzen; davon dann ein für 
ſich beftebendes, aber mit Anderem zufammengezähltes L Vieh, 
Geld, Kanone ꝛc. — Den (Gianibelle) der raſende Pöhel in Stücken 
reißen wollte, Schiller, Belagerung von Antwerpen. Das Stüd 
(dramatifhes) war voller — aber ohne Schilderung wah⸗ 
rer Charaktere. Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 8. Gebt ihr ein 
Stück (dramatiſches), ſo gebt es gleich in Stücken! öthe, 
Fauſt Vorfpiel, (Er) raubte dem Kothurn gar mand) Achtgroſchen⸗ 
ftüd. Göthe, Leben 7. B. Es das Modell) tft immer ein ſchön 
Stüd Arbeit. Göthe, ital. Reife, Münden, 6. September. Die 
Apenninen find mir ein merfwürbigeds Stüd Welt. Dafelöfi, Los 
gano 22. October. 

Theil (goth. däils, ahd. mhd. dör, daz teil, agf. dsel) bedeutet allge⸗ 
mein das mit Anderem ein Ganzes Ausmachende im Gegenfage zu dem Ganzen 
Antheil der Jemanden zukommende Theil, Mitempfindung an eiwas einen 
Andern Betreffendem. Portion (aus franz. portion, lat. portio) bezeichnet 
den Berhältnißtheil. — Keiner... . war fo verächtlich und Kein, daß er fich 
nicht einen Theil der Ehre zueignete. Schiller, Belagerung von Antwerpen. 
AUmfonft in diefem ganzen Kreis umher fpäh’ ich nach einem Auge, das em⸗ 
pfindet. Wo weilen meine Söhne, daß ich Antheil in einem Auge lefe 
Schiller, Braut von Meſſina. Es foll nicht von mir heißen, dag ich Deutſch⸗ 
land zerftüdet hab’, verrathen an ven Fremdling, um meine Portion 
mir zu erfchleichen. Schiller, Piccolomini 2, 5. 

Anm. Der Stud Gypo) führt feinen Namen vom ital, stucco; davon 
stucatore, franz. stucateur = GEypsarbeiter. — An ben Blatter ‚ver Eapitäle 
find Borfprünge, wo fich vielleicht der Stud anfchliegen follte. Goͤthe, ital. Reife, 
Segeft 20. April 1787. j 

Stürkarbeiter, — bett, — boden, —faß, —geftell, —gießer, — gut 
wi —hufe, — junter, -- fappe, — karten, — keller, Tgifen — 
—kohle, — kugel, —ladung, —meifter, — meſſing, —neffel, — ofen, 
—perle, — pferd, —pforte, —probe, —pulver, —-pußer, —richter, 
-ring, —fäge, —fäger Vogel), —ſchuß, — chütze, —feil ı Pers 
fauf (3. Paul), —wagen, —wall, —weife (Adverbium), .—werf, 
—wifher,; Baum —, Garten —, Gold —, Grund —, Haupt —, Kopf—, 
Kraut —, Kunſt —, deib—, Meiſter —, Mittel —, Mund—, Singſtück 
und andere. | ; 


7 





Stücken (ahd. stuechian, mhd. stücken) 1) in Städe theilen, 
es geichehe auf welche Art e8 wolle; 9) ein Ganzes, was eigentlich 
ein zufammenhangendes Ganzes fein follte, aus Stüden zufammens 
ſezen; 3) (Volksſprache) nad) dem Stüde (ſtückweiſe) arbeiten; 4) 
(früher) aus Verdruß eine kurze (gleichfam zerftüdte) Antwort geben, 
wertwechjeln., reizen. Abgeleitet ift ſtückeln. Beide werden zufams 
mengefeßt mit ab, an, auf, aus, be, ein, mit, ver, zer, zus 
ſammen. — Er faffete fein Kebsweib und ftüdte fie mit Bein und 
allem in zwölf Stüde. Luther, Richter 19, 9. Wer hat ven 
Nachdruck und hat den Verftand, diefe geftüdelten Heeresmaffen 
jufammenzufügen und zu paſſen? Schiller, Wallenfteins Lager 11. 
Das Gedicht verhunzt er dann vollends durch Abichneiden und Ans 
ſtücken. ©. Müller. Cine Thätigfeit läßt ſich in die andere ver; 
weben, feine an die andere anftüdeln Göthe, Wahlverwandt- 
ſchaften 2, 8. (Sie) fehnitten die Hüften aus, umbhüllten fie dops 
pelt mit Fette und beftüdelten fie. Bürger, Ilias 1, 460. (Voß 
üßerfeßt: bededten fie dann mit den Stüden ber Glieder.) Es ſtand, 
den Dpferfarren zu zerftüden, Laokoon am feftlihen Altar. Scils 
ler, Aeneis 2, 34. Nun hatte ihm aber fein Unglüd und feine 
Kranfpeit das reine Gefühl der Jugend geraubt und ihm dagegen 
einen Blick auf bie — keit, auf das Zerſtückelte unſers 
Daſeins eröffnet. Göthe. hatte mich die zwar höchſt löbliche, 
aber doch den Eindruck der ſchönen Erdoberfläche vor dem Anſchauen 
des Geiſtes zerftüdelnde Geognoſie nicht angelockt. Göthe, Leben 
18. B. Des Knaben Kleid iſt wunderbar, vielfarb zuſammenge—⸗ 
ſtückt. Uhland, Elein Roland. 


Hächen ſtatt rechen (wie noch im 16. Jahrhundert.) 


(Wurzel rah, rih; wrab, wrih? vergleiche gr. ooyn — Befchaffens 
heit der Seele, innerliches Aufſchwellen, Dom: at. urgere — drängen.) 


Näche, rächte, gerächt (richtiger, aber minder gebräuchlich vo. dh, 
geroden), rächen (ahd. rihhu, rah, rähume&s, rohhaner, r&hhan, 
auch röchan und hröhhan; anhd. riche, rach, rächen, gerochen, 
röchen; goth. vrikan, agj. vrecan, altf. wröcan, mittelniederd, ge- 
wrechen) urfprünglih verfolgen; dann feindfelig ein angethanes 
Uebel pergelten, indem der Beleidigte fo Tange den Beleidiger ver- 
folgt, bis er an diefem feinen Schuuerz gebüßt hat. Das Wort 
wird, in weiterem Sinne, auch vor Gott, als rechtmäßige Wieder. 
vergeltung, als Zufügung von Uebel demjenigen, welcher Uebel ver- 
urfaht hat, als Offenbarung feiner Gerechtigkeit gegen ven Uebel⸗ 
thäter, und von der Obrigfeit, als Dienerin der Gerechtigkeit, ger 


7 











98 


braucht. — Nichts Geſcheh'nes rächen, gedrohtem Uebel wollen wir 
begegnen. iller, Tell 2, 2. Es lebt ein Gott, zu ſtrafen und 
zu rächen. Daſelbſt 4, 3. Oftmals hab’ ich an ihnen nicht Wurf 
noch Steine gerochen. Göthe, Hermann und Dorothea 4, 164. 
Du. fol anf das grimmigfte gerächt werden. Göthe, Clavigo 2. 
Anden (nicht ahnen, ahd. nnadön, andön, mhr. anden, von aht. 
anado, mhb. ande — Son, Unlaft) if nrfprüngfich eifern; dann vergeltend 
nebeles anfügen, mit bem Rebenbegriff einer auf Vergeltung tringenten Eee 
Ienbewegung über die Begangene That. Strafen (ahd. siräfan, mht. sträAfen, 
von ahd. stronfa — Yeftiges Beitreichen) urfprünglich angeftrengt ziehen, dann 
in Begiehung einer begangeren Handlung Weheles leiden machen — O Him- 
mel, verzeihe mir jegliche Echuld, und ahnde nicht mein Verbrehen! Sie 
wähnt, es erhübe fi Geiſtertumult, ihr ſträfliches Zugen zn rädyen. 
Bürger, die Kuh, 
Anm. Fiſchart Hat im 46. Jahrhumdert no: Er rach allen vnbill. Gar⸗ 
gantua S. 289. 

Rächer, früher auch die Zufammenfegungen Gegen—, Ri; 
ber—, Mordräder; rächeriſch, Raͤcherſchwert. — Darım hat un- 
fere Schuld auf ihn den Räder geworfen. Klopſtock, Mefftas 
4, 1105. Die rg ie ergretten fie, des Frevels Rächerinnen. 
Schiller, Watlenfteins Tod 3,31. Du wäreft Selbfträder. Spies. 
Auch in der Vorzeit oft in die Haͤnde der Führer des Volkes gabſt 
dein Rächerſchwert. Pyrker, Rudolph 5. 

R (ahd. rimha, mbb. rache, rächunge, agſ. vracu, altn. 
reeki, altſ. wraoo, wreca, Volfksſprache auch der Rach); Blu t—, 
Selbſtrache. — So lange Toverte ver Rache ſchwarzes Feuer in 
feines Gottes Bruſt. Ramler. 

Nach(e) abkühlung, —auge, —ausruf, — blick, — brennend, 
— bruder, —drang, —bdurft, — dürſtend, — engel, —gebet, — ges 
danfe, —gefühl, —geift, —gelübde, —geriht, —gelättigt, —gier, 
— glühend, —glut, —gott, —göttin, —grimm, — heiß, —Iuft, — mit⸗ 
tel, —fhwert, — ſchweſter, —finn, —ſtoß, — ſucht, —trunfen, — voll, 
—sollftreder, —zorn. — Daß Lift die Herrihaft der Erde und des 
Menfchengeihlechts zur Rahabfühlung dir hingab. Sonnenberg. 
Den Feldherrn, die ihr Gott ruft zu verderben, flammt's vom Rach⸗ 
auge. Klopflod. Und Wuthſchrei'n und Rahausrufen erfholl 
Sumpf auf. Klopſtock. Sem Auge glühte in Racheblick. Benzel- 
Sternau. Werden wir... vahbrennend heraufziehn. Sonnen 
berg. Dort . . . flanden die Rachebrüder. Pyrker, Rudolph 11. 
Im fchwüleften Ra en Sonnenberg. Oder das Bolf der 
Erplinge bier aus lechzendem Rachdurſt ... in füßer Wuth zu 
verderben. Sonnenberg. Ja, rahepürftender Geift, dein Gaumen 
ſoll fid) Iaben an feinem Blut. Wieland, Oberon 1, 46. Barum 
treibt ihn der Racheengel in eine nme Hölle? Sean Paul. 


98 


Und ihr ſtummes Rachegebet rief Tod, Sonnenberg. Meine 
Eerle.durdiwirrt ein Chaos von Rachegedanken. Sonnenberg. 
Rachgedanken toben in dem Buſen. Schiller, Maria Stuart 5,7. 
Und glühend Rachgefühl Hab’ ih gefogen aus ber erlojh’nen 
Some feines Blicks. Schiller, Tel 2, 2. Sie wird... ein 
Rahegeift in deinem Reich herumgehen. Schiller, Maria Stuart 
4,9. Ihr Todesgötter, rechnet mir's nicht zu, daß ich mein De 
lih Rachgehübde brede. Schiller, Jungfrau von Orleans 3, 4. 
Und hohe Wechfelgefpräde gingen im Kreis der. Verſammlung herum, 
we Rahegerichte. Sonnenberg. (Dann) zogen fie heim, ſieg⸗ 
tranfen und rachegefättigt. Pyrker, Rudolph 5. Die le 
fpricht von den begangenen (Verbrechen). Scilfer, Don Karlos 3,4. 
Schon fange dürft’ ich nach der Luft, mein raheglühend Herz in 
keinem Blut zu fühlen. Wieland, Oberon 1,34. Und Götterföhn’ 
anf Wagen hoch rachglühend flürmen an. Göthe, Künftlers Mor- 
enlid. Ihre Rachglut fühlen. Kofegarten. Denn die Rach⸗ 
ötter fchaffen im Stillen. Schiller, Braut yon Meffina. Der 
ein weih’ ich eure Seelen. Schiller, Wallenfteind Tod 
3,3. Auch wie jegliches Trojerherz fubelt vor Racheluſt. Eollin. 
defreit ihn von Gewaltichlag wilder Rachluſt! Göthe, Panbora. 
Egiebiges Rachhemittel. Benzel-Sternau. So fällt das Rache⸗ 
ſhwert mir aus der Hand. Collin. Wenn id) das Rachſchwert 
meines Gottes in Händen führte. Schiller, Jungfrau von Orleans 
8,4 Der Racheſchweſtern Chor. Schiller. (Der) mir in dem 
Herzen glühenden Haß und Rachſucht weit. Pyrker, Rudolph 10. 
Der verzweifelnd, Tiebetrunfen, rachetrunken, fchwergefcholten, in 
bie nachtumhüllten Fluten fih vom Felſen flürzete.. Göthe, Pan⸗ 
dora. Ein glühend rachvoll Angedenken Iebt der Gräuel, bie ge- 
ſchehen auf dieſem Boden. Schiller. As Rachevollſtrecker, als 
ewige Diener heiligen Zorns. Sonnenberg. DBraufend vor Rach⸗ 
jorn. Sonnenberg. | 
. Yum. 1. rüber und noch gtoßentheils im 17. Jahrhundert waren noch ges 
kinglih: Rachebürger (Gerichtsbeifiger), Ruchdegen, Rachvergeſſer; rachlos, rach⸗ 
willig; rächig, gerächig, rächifch, rächerifch, rachfelig, rachgern. — Geiler und 
% von Cyb Haben im 15. Jahrhundert noh Ra hral. \ 
Yum. 2. Zu derfelben Wurzel gehört auch Recke (ahd. reccheo, mhd. reke, 
— rekhe) nie We —— dann — elle fpäs _ 


Schrecken. 
(Wurzel serac, seric.) 
Schrecke, ſchrack, geſchrocken, ſchrecken (mh. schricke, schrac, 


7* 





100 


schräken, geschröcken, schröcken; ahb. scriean, schricchen, 
schröcchön; alt. skrika = wanfen) bedeutet eigentlich auffpringen 
G. 2. in Heufdhrede, ahd. hewischröcchjo), ift aber als Reutram 
in diefer Bedeutung nur noch in Zufammenfegungen mit er‘) und 
auf gebräudjlich (ahd. arscrichan, arserican; mfd. erschricken). 
Das active ſchrecken (ahd. screcjan, screccan, screcchen, aus 
scracjan, ml. schrecken) ‚geht nach der ſchw. Eonjugation. Das 
Wort wird num gebraucht: 1) (Jägerfpradhe) von Rehböcken, wenn 
fie etwas Ungewöhnliches erbliden, dabei ftusen und einen plöglidhen 
Laut von fid) geben; 2) (von las, von Töpfergefhirr) mit einem 
hellen Laut ———— 3) (gewöhnlich) in eine plögliche und hef⸗ 
tige Bewegung, beſonders durch den plöglichen Anblid einer uner=- 
warteten Sad in eine heftige Erfchütterung rn: 4) (actio) 
in eine folche verfegen. — Aufblidend ſchrack der tapfre Diomed. 
Bürger. Seine Heere follen uns nit [hreden. Schiller, Tel 5,1. 
Erfhreden 1) erfchüttert werden durch das plögliche Eintreten 
.von Unangenehmem . oder (jedoch feltner) Angenehmem; 2) einem 
Andern dieſes Erfehüttertwerden verurfahen. — Erfhrid nicht, 
zarte Freundin. Göthe, — 4, 2. Da ſeh' er wundernd dag 
erfhrodne Thier zu einer Nonne Füßen zitternd liegen. Schiller, 
Braut yon Meſſina. Sie erfhridt und hatte Recht ſich zu er— 
fhreden. Hagedorn. Ein Wellenfhlag erfhredt ihr unglüd« 
abnend Ohr. ABieland. 
Entfegen ſich (1. fisen) iR färker und wird nur von lbelem gefagt. 
— Bas entfent Eu fu? Schiller, Maria Stuart 5,5 Da entfept’ 
er ich und wurde blaß. Falk. Entſetzt vernahm ih das Gntfehlidge. 
Schiller, Braut von Meifina. 
Ab —, an —, Wr ein—, fort—, binweg—, ver—, weg—, 
srüd—, zufomm recken bevürfen feiner weiteren Erklärung. — 
nftatt dadurch abgefchredt zu werben, wurden fie nur — 
hitziger. Schiller, Belagerung von Antwerpen. In jren Hütten fie 
(die Belagerer) auffzuwecken, von unfrer Statt (Stadt) fie abzu⸗ 
fhreden. Hans Sachs. Wie in Afrifa Hirtenkinder mit einer 
Peitſche naturhiftorifche Löwen vom Weidevieh abfhreden. Jean 
Paul, Hefperus 17. Rubig naht fie wie der Friede; aber, wie mit 
Schmach bedeckt, fühlt fih zitternd der Alcive von der Tugend an⸗ 
al hredt. Tiedge. Diefer Umſtand mußte Leptere aus ihrer 

icherheit auffchreden. Schiller, SOjähriger Krieg 1.32. Der 
Greis fhrad auf. Langbein. Die Madıt a (das Herz) ein⸗ 
gefhredt Schiller, Wallenfteins Tod 1,9 Cr fhredt Fieber 


1) &6 iR cin feltner Gebrauch, wenn Schiller (Brief an W. v. Humboldt 
12. Sept. 1808) fagt: Ich habe mid, über Fernows Ausfehen, ver felt acht Ta« 
gen bier angefommen if, wirklich erfchroden, fo veraltert erfchien er mir. 








101 
\ | | 
= mbDenichen fort. Soltau Wenn ich entflöhe, fort durch Meere 
—  gefhredt. Voß. Das hohe Meer hat fie binweggefhredt. 
| the, Eugenie 4, I. Entweder entved’ ich fein Geheimniß oder 
ſchreck' ihn durch Liſt aus diefen Mauern ee Schiller, Turandot 
3, 1. Wahre Tugend, erzwingt unmillfürlihe Ehrfurdt und ſchreckt 
auch die verwegenfte Bosheit zurüd. H. P. Sturz, 5. Brief. 
Zufammenfdrad der Ritterdmann. Bürger, vie Entführung. 


. Der Schred, ver (und das) Schrecken (inhd. schric, älternhd. 
ſchrack, in der Volksſprache auch Schroden und Schraden) 
1) das Schreden Verurſachende; 2) der Schreden Empfindende. — 
Noch zittert mir. der red durch jede Nerve. Leſſing, Nathan 
der Weiſe 1, 1. Der Schred ift mir ‚in die Glieder gefahren. 
Göthe, Leben 10. B. Weldy freudig Schreden nimmt mid ein! 
Gellert. Sie waren über mein © en über die Wunden bes 
— aͤußerſt verdrießlich ... enn Luſt und Freude ſehr ge⸗ 
chickt find, die Liebe zuerſt zu erzeugen und im Stillen zu nähren; 
fo wird fie, die von Natur herzhaft ift, durch den Schreden am 
Teichteften angetrieben, ſich zu entfcheivden und zu erklären. Goͤthe, 
Meifters Lehrjahre 6: Befenntniffe einer fchönen Serle. Der fchred- 
lichſte der Schreden das ift der Menfch in feinem Wahn. Schiller, 
®lode. Aber dieſes Schrecken iſt fo wenig eine von den Abfichten 
des Trauerfpiels, daß es vielmehr die alten Dichter auf alle Weiſe zu 
mindern fuchten. Leffing, Hamburger Dramaturgie 2, 74. Daß 
Albion das Schreden der beraubten Ozeane werde. Ramler. — 
Schleunig entftand ein Rufen des Freudeſchreckens. Klopftock, 

Meſſias 11, 1095. (Sie er ihm .freudigerfhroden. Das 
ſelbſt 14, 693.) Ob dieſes u hreden gegen Morgen nad) 
lieg. . iſt ſchwerauszumitteln. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 1. 
Zum Erfchred. Herder, Cid 16, | 


Schrecklich, erſchrecklich, Schreckniß, Erſchreckniß, ſchreckbar, 
ſchreckhaft, erſchrocken, Erſchrockenheit, Unerſchrockenheit ſind an 
fi Har. — Wie ſchrecklich hab’ ich mich verſtrickt! Schiller, Don 
Karlos 2, 8. Schredlich bift du, Weltrichter. Klopftod, Meſſias, 
1, 339... Auch find in einer erfchredlihen Stunde Begierden 
nad) A tief in feiner Seele, die war fonft edler, gewurzelt. 
Das. 3,436. Kür eine Braut hat fie einen erfhredlidhen Appe 

dt Göthe, die Fifcherin. Ein ai. wüthenn Schreckniß if 
der Krieg. Schiller, Tel 1,2 mmt’s, den Schleier al 
wo das nahe Schreckniß droht? Schiller, Kaſſandra. Gottes 
Säredniß fällt noch auf mich. Klopfiod, Meffins 4, 69. Das 
Erſchreckniß macht die Thränen faft zu Steinen. Günther. Das 
Geraͤuſch des Waſſers war —— Ungenaunter bei Campe. 
5 bin fo ſchreckhaft. Schiller, Wallenſteins Tod 3, 3. Der 


102 : 


that fehr erfhroden. Schiller, Piccolomini 5, 2. Mehr Uner- 


ſchrockenheit gäb’ es. Voß, Ilias 10, 228. 


Anm. Bemerkenswerth iſt der mehr ver gewöhnlichen Sprache angehörige 


> 
=) 


Gebrauch von ſchrecklich und erfhredtich für fehr: ſchrecklich groß, lang.x. 


Schon Stieler führt diefen Bebrauch an: Er ift erſchrecklich geduldig, er liebet ihn 
erſchrecklich. 


Schreckbild, —gedanke, —geiſt, —gefpenft, —getön, — herd 
Vogelherd), —horn; — larve, —ling, —pulver, —ſchanze, — ſchuß, 
—ſprung, —ſtein, — ſtimme, —ſtrafe, —thier, —tuch, (bei den Jagern), 


nr tim 


er -_—. rs 
ei = we — ze 


>. 24 


— vogel (mergus serrator L.), —wafler; Schredenberger (eine " 
kurſächſiſche Münze, von dem Dorfe Schredenderg fo genannt), — 


bleih, —erfheinung, —frei, —gang, —gebieter, —geheul, —ges 


rüftet, —geftalt, — 08 , — erfchaffend, —ſchickſal, —fender, — vers : 
bängnig, — voll, —wort; Schredensauftrag, —ausfiht, —bild, 


—botfchaft, —brand, — gang, —gedanke, —gefpenft, —geftalt, — gott, 
‚ — hand, —herrſchaft, — könig, —kraft, —läufte, —mond, — nachricht, 
—nacht, —nähe, —ort, —poft, —ruf, —ſache, —fpur, —ſtunde, 
—tag, —tod, — voll, — wort, — zeit, —zug. — Ich zitterte vor dem 
erhabnen Schreckbild dieſer Tugend. Schiller, Don Karlos 2, 9. 
Oft naht in dem Feld der Furcht erſtatrendes Schreckbild nur dem 
Feigen. Pyrker, Tuniſias 6. Der (Kranke) in des Fiebers Gluth, 
von Schreckgebilden umgeben. Daſ. 7. Die (Minerva) aus 
dem Haupte Jupiters entſproſſen, gleichſam ein ſichtbar gewordener 
mächtiger Schreckgedanke. Herder. Die Schredgefpenfter, 
die ihm drohend entgegenliefen. J. Paul. Nun aber braucht's noch 
Schreckgetön. Goöthe, Fauſt 2, 283. Am Ende ſteht einem das 
————— der Pilatusberg und die Jungfrau vor der Naſe. 
J. Paul, Titan 41. Sobald ſie aufblickte, gerann ihr Herz vor 
der nahen Schredlarve. J. Paul. Der ſchreckenbleiche Mund 
macht ſchnell die Schulpbewußten fund. Schiller, en des Iby⸗ 
fus. Das bange Fräulein (bebte vor) der kommenden recken— 
erſcheinung. Benzel⸗Sternau. Alles ſteht in großer Ordnung, 
ſchreckenfrei. Gleim. Mich nicht zu halten im Schredengang 
der Vollendung. Sonnenberg. Dem Schredengebieter. Voß, 
Ilias 8, 108. Fürchterlich flieg ein Schredengeheul jegt. Sons 
nendberg. Mit dem [hredengerüfteten Engel. Pyrker, Rudolph 5. 
Und da gingen ihm vor den Gedanken bes ewigen Todes Schreden- 
eftalten vorüber. Klopfiod, Meſſias 5, 416. (Der Thron) nun 
n fhredenerfchaffende Näcte gehüllt fand. Daf 10, 16. Und 


jegt reißt mein Shredenfhidfal mid, die Arme, Rettungslofe, : 


in den Strudel dieſes Haffes, dieſes Unglüds mid hinein. Schiller, 
Braut von Meffina. (Er ruft an) den Zeus, den Schredenfen- 
der. Schiller, das Siegesfeſt. Gleih auf der Stelle vertilgt’ u 
Das Schreckenverhängniß. Voß, Odyſſee 2, 251. Die dr er 


ft Ti 


un 


103 


nn — — — — 


ad ſchrecken voll umſteht. Schiller, Braut von Meſſina. Ja, 
des Schrecken worts Gewicht erdrückt mich. Göthe, Eugenie 5, 6. 
Barum heftet ihr fo jchredensvolle Blicke nad der Thüre? 
öhiler, Braut von Meſſina. Ch’ euch ihr — — —— 
iberraſhht. Schiller, Maria Stuart 1, 6. ie Schreckens⸗ 
ausjiht Des Lebens fid zu benebeln. Sonnenberg, (Er) rang 
mm einem Schredensbild zu entfliehn. Pyrker, Rudolph 8. 
dem Bater kömmt die Schredensbotihaft zu. Uhland, nors 
minniiher Brauch. Daß fi die Testen Kohlen von unfers Haus 
ſes Schreckensbrand in mir verglimmen. Göthe, Srpigenie 3, 1. 
Mein Schreckensgang bringt fehgften Gewinn. öthe, Kauft 
2, 7. Erſchüttert im Geiſt vor dem Schredensgedanfen. Pyr⸗ 
fer, Rudolph 1. Yängft wohl ſah ich im Geift mit weiten Schritten 
dad Schreckens geſpenſt heriehreiten. Schiller, Braut von Mef- 
fina. Ob wir jest die a des gorgonifchen Uns 
holds end’ aus Ais Palaſt die furchtbare Perſefoneia. Voß, = 
jee 11, 634. Hat das Geleit der Schreckensgötter fo das Blut 
in deinen Adern aufgetrocknet? Göthe, Iphigenie 3, 1. Wer ift 
fie dann, tie Unbezwinglide, die Schredensgöttin! Schiller, 
Jetzt ift fie da, die falte Schredenshand, die in mein fröhlid 
Hoffen ſchauderud greift. Schiller, Wallenſteins Tod 3, 3. Um 
den erhabnen Schredensfünig. Gries. Ach, meine frühe Blut 
ſchuld, längft ag fie kehrt zurück mit neuer Schredengfraft. 
Schiller, aria Stuart 5, 7. In jenen Schreckensläuften, 
wo Menſchenfluthen Land und Volk erſäuften. Göthe, Fauſt 2, 16. 
Da du vorhin im blutrothdüſtern Schein im Schreckensmond 
an dieſem Himmel hingſt. Schiller, Jungfrau von Orleans 3, 4. 
Sobald nah Franfenland die Schreckens nachricht fchallt. Al⸗ 
ringer, Doolin 9, 38. Zwar verheißt ung die Schrefensnadht in 
dem Kampfe den Bortheil. Pyrker, Rudolph 6. Macht dem Feinde 
eure Schredensnähe durh lauten Schlachtruf fund. Schiller, 
el yon Orleans 2, 4. Was hält mid noh am Schredens 
ort? Böthe, Rinaldo. Zu Ohren brauft ihm wie ein Meer bie 
Schreckens poſt der Dirne Bürger, die Entführung Da be 
täubte ihn Holnarens Schredensruf. Meißner.” Wer fonnte in 
diefer Schredengftunde prüfend wägen? Schiller, Jungfrau von 
Orleans 5,1. An dem furdtbar großen Schrefenstage. Herder. 
Die Todestrommel, die eines Bruders Schreckenstod verfündet. 
Sollin. Und diefe Schreckenszeit ift das Wintermährchen unfrer 
Enfel geworden. Huber. Auch die legte Schredensfpur war vers 
wiſcht. Benzel-Sternau. Jüngft erft kam der Kune heran, dem wil⸗ 
den Tartaren folgend im Schredenszug. Yyrker, Rudolph 8. 


Um. Das ahd. scric= Sprung iſt erhalten in den Alternhd. der Schrick 
Schricken = Sprung im Geſchirr, ploͤtzlicher Knall. 





104 


Göhren fiatt gehren (geren) *). 


(Wurzel g(j)as, gG)is, gG)ar, gG)ir, kas, kis; vergleiche fanffr. era 


— foden.) 


Gaͤhre, gohr, gegohren, gähren (mhd. gir, gar, gären, 
gorn, gern und gären, girn; goth. gaisjan — heftig erfchüttern ; 
ahd. g(j)ẽsan, glj)erjan = gähren, altn. giösa) hat den Begriff 
einer heftigen, inneın Bewegung , befonders von lüffigfeiten, wenn 
fie fhäumend aufbraufen, oder in eine heftige aufwallende Beweguug 


geratben; auch figürlid auf die unruhige Bun im Herzen, im. 


Bolfe übertragen. — Ließ ein längſt begrabener Dann dieſes Fäß- 
chen fchon im Keller jähren. Gödingf 10. Epiftel. Der Moft feines 
heißen Dichten Blutes gor davon Härter. Jean Paul, Titan 4. 
Schnell, unverhofft, bei nächtlich ftiller Weile gährt’s in dem tücki— 
ſchen Feuerfehlunde. Schiller, Wallenfteing Tod 3,18. Wie gährend 
ftieg aus der Erfchlagenen Blut der Mutter Geiſt. Göthe, Iphigenie 
3, 1. Dort trennt ein jährend Sauer das Wafler und das Fett. 
Haller, die Alpen. . 


Gäſchen und (hochdeutſch gebräuchlichen) gifchen, zu verfelten Wurzel 
gehörend, darum auch jäfchen, bezeichnet zunächft das Geräufch, das bei dem 
Gemenge widerſtreitender Blemente entſteht, z. B. des Feuers und des Waffers; 
dann aufdraufend ſchaͤumen. Kochen (ahd. chohhön, chochen, mhb. kochen, 
agf. cueccan, altn. kocka, von lateinifch coquere oder doch Damit verwandt) 
bebeutet in einer durch die Hitze aufwallenden Flüſſigkeit erweichen und zube: 
reiten. In figürlicher Bedeutung geht gähren mehr auf die innere Heftige 
Bewegung, Eochen mehr auf das Aufwallen verfelben nach außen. —Unwillig, 
wie fich euer gegen Wafler im Kampfe wehrt und gifchend feinen Feind 

zu tilgen ſucht. Böthe, Iphigenie 5, 3. Räder gifchten (bei einem Zeuers 
wen). Goͤthe, Wahlverwandtfehaften 1, 15. Hier fehen wir fchäumende 
Meereswogen Den unterwafchnen Bellen umgäfchen. Göthe, Bhilofirate 
Gemälde, Ajar. Wie heftig wilde Gaͤhrung unten kocht. Göthe, Cugenie 
3,4. Der Bürger kocht uns warme Suppen. Schiller, Wallenſteins Lager 11. 


m. Die ſchw ift fehle : Sn dem (B erberhlihe Sä 
von. — gä en — orte, A. — a 


*) Fiſchart (am Ende tes 16. Jabrhunderts) fchreibt jären; giren führt 
Scmeller (2, 62) aus dem Jahre 1618 an; Stieler (Jahr 1691) hat gären, 
ieren, jären, gäricht, gärhaft. — Die nachfolgenden Berba: gähren, 
Poren. ſchwören, weben, wiegen, fechten, flechten, löſchen haben 
nun im Prät. den Ablaut's ſtatt des früheren a. ec 


— 


Ba 


u re DM. 


— U DE. Zur —— 


jur 20 | 


* 


N — — — —— wi 








105 





Ab—, auf, aud—, durch —, mit—, nach—, über—, ver- 
sahren bedürfen feiner weiteren Erklärung. — Wenn e8 (das Bol) 
ih aufgährt und feine Ketten zerreißt? Göthe, Werthers Leiden 
3% Aug — Ich fah hin, und die Unermeßlichfeit gor zu unzähligen 

Hügeln auf, und zum u Sturme. Sean Paul. Welcher 
(Zranf) durch Puls und Mark anfgährt. Voß. (ES) umröthete 
pöslih aufgährender Zorn ihm die bläffer gewordenen Wangen. 
Pier, Tunifiad 9. Ob nicht ein wüthender Sturmwind fern an 
des Himmel Rand aufgährete. Daf. 3. Es war fein Schatten- 
fiel, im Sig der Phantafie aus Weindunft ausgegohren. Wie 
land, Oberon 4, 8. Die Spöttereien über Thoren haben darin 
ausgegohren. Göckingk, 10 Epiftel. Weil euch der Wein behagt uns 
ansgegohren. Platen, Abbaffiden, Prolog, Nicht nur erfcheint 
uster den wirten Kämpfen und Bewegungen des Tages die Maffe 
geitdurchgohrner als je, auch die Richtung auf das Neligiöfe 
wird lebendiger. Augsburg. allg. Zeitung 1847. Nr. 3. Ueberall 
wo und das zur Moral vergorene Getränf dargeboten wird, iſt 
Riht mehr die friſche epifche Thierfabel, fondern bereits ihr Nieder⸗ 
Klag vorhanden. J. Grimm, Vorrede zum Reinefe Tuch. 

Gäſcht und Gifcht CHeffer Geſcht, mhd. gäst, gist, jöst, im 

17. Jahrhundert häufig Jäſcht, niederd. und holländ. gest, gist, 
engl, yest, mittellat. gestum) zunächft gährendes Aufbrauſen, dann 
Gaͤhrungsſchaum, hernach überhaupt aus aufbraufender, heftiger Be⸗ 
wegung entftehender oder entftandener Schaum. — Und ed wallet 
und fievet und braufet und zifcht, wie wenn a mit Feuer ſich 
mengt, bi8 zum Himmel fpriget der dampfende Giſcht. Schiller, 

er. Die Flut von rotem Jäſcht befhäumt. Weichmann, 

Poefie der Nieverfachfen 1, 22. Der Schmertz erregt mir Jäſcht 
md Geifer. Günther, auf das Glück. Schaut, weld ein grüner 
Jaͤſcht fi für (vor) dem Munde fezt. Lohnftein, Cheopatra 5, 485. 
Geſcht, ſchreibt Hoffmannswaldau, der getreue Schäfer 111. 

Schaum (ahd. schm, mh. schüm, älternhd. auch schaim, altu. sküm, 
frau. ecume, altfranz. escume, ital. schiuma) die trübe obenanffigenbe 
Yläschenmenge bewegter Klüffigkeit, welche Bedeutung in Yhfchaum Anmwens 
dung auf ausgeftoßenes Schlechtes findet. Geifer (im Bocab. von 1429 
geiffer, mittelchein. Gawer; Ianbfchaftlih Seifer, ahd. seivar, mhd. 
seiver, älternhb. saifer,. niederd. sever und sabbe, holländ. zabber, wetterau. 
säwer) ber ansfließenne Speichel, 3. B. bA kleinen Kindern, dann ber bei 
heftiger innerer Wallung hervorkommende Speichelfchaum, daher ausbrechende 
boshafte Aufregung. Beim in Süppentfchland für Schaum (ahd. feima, vaim, 
mbb. veim, agf. fAm; vergleiche fanffr. phena, flav. pjena = Schaum) im 
Defonden abgejchäumte Unreinigkeit. Die Hefe, zuweilen auch der Hefen 
(ad. der hefo, der hevilo, agf. häfe, mittelniederd. heffe, lat. faex, fiche 
heben) ber Bodenfag, das Schlechtefle, das aber noch benupt werben kann. Die 


106 


Bärme (agf. böorma, engl. barm, von agf. böoran, ahd. p(b)eêran — tragen, 

heben, fiche gebären ©. 45) mehr nieberd., bezeichnet zunächft den Bierſchaum, 

dann die durch Bährung abgefchievenen und wieder zur Erzeugrng von Gähruug 
dienenden Theile. — Bon den Zähnen rinnt ihm (dem Löwen) Schaum. 

Dip, Ilias 29, 168. Auch vom Schaume rein, muß die Mifchung fein- 

Schiller, Glocke. Er wird nun wohl uuch auf die Hefen gefommen fein. 

Leffing. 

Gähre, Bährung; Gährbottich, —faß, —kammer, — mittel, 
—ſtange, —ſtoff, —teig. — Was in einem ſolchen Geiſte für eine 
Bewegung, was in einer ſolchen Natur für eine Gährung müſſe 
geweſen ſein, läßt ſich weder faſſen noch darſtellen. Göthe, Leben 
10. B. Dort iſt jetzt alles in Gährung. Paten, die verhäng- 
nißvolle Gabel 4. 

Anm. 1. Das Adjectiv gargelocht, bereitet, ahd. karo, karawo, uhd. 
gar. agſ. gearo, göarwe, if eines Stammes mit altu. göra (gera) — machen; 
daher ahd. karawan, mhb. gerwen — bereiten, * (das Leder bereiten). Der 
Gerber Heißt ahd. lédarkarwo. — Damit alles recht gahr werte. Göthe, 
Meiſters Wanderjahre 1, 4. 

Anm. 2. Gier, gieren, begierig, Begier, Begierde, (ahd. keẽron, 
king, mhd. gern, gireo) gehören zu einer andern Wurzel gar, gir, lat. carus = 
lieb, gr. zaloeır ſich freuen. — Boll Gier nach fchnöbem Geldgewinn. Bürger, 
die Entführung. Der nach Speif’ und Wein nur giert. Voß, Odyſſee 20, 378. 
So Ciner ihn (den Wein) gierig verfchludt. Daf. 21, 334. Boller Begier. 
Daj. 22, 359. Sehnfuchtsvoll und begterig. Daf. 22, 50. Allzugroße Be 
gierde wird immer ſchädlich. Wer den Geift der Gierigkeit Hat, er lebt nur 
in Sorgen. Göthe, Reineke Fuchs 11, 66 f. 

Anm. 8. Zur u k(g)is frheint Geiſt (ahd. keist, mhd. geist, altn. 
gustr) zu gehören = der Wehente, Hins und Auffahrende; vergleiche altu. gosa= 
wehen, gustr = das Wehen, geistr — heftig. 

Anm. 4. Gin anders Wort ift ver Behr, Gehre, bei Stieler Geer und 
Oehr VFalte, Zipfel, feilförmiges Stüd Seug. von guth. gäis, lat. gaesum, 
ahd. mhd. er := Werheug zum Stechen, die Feilförmige Schneide des Wnrffpießes, 
der Wurfſpieß ſelbſt. — Wenn jemand heilig Fleiſch trüge In feines Kleives Geren. 
&uther, Bibelüberfepung. Hagg. 2, 13. ve Maß zu nehmen ſchneidet fie aus 
dem Ganzen und weiß dabei alle lecken und Gehren dergeſtalt zu nupen, daß 
großer Bortheil daraus entiteht. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 4. 


Scheren. 


(Wurzel scar, seir; vergleihe fanfft. cAr — durddringen, kar = 
theilen, gr. zeige, Evger ſcheren, lat. cernere — jondern.) 


Schere, ſchor, geichoren, fcheren (ahd. sciru, scar, scäruınds, 
seoraner, sceran; mhd. schir, schar, schären, geschorn, schern; 
agſ. scẽran, altn. sköra) hat überhaupt den Begriff der Tren- 
nung und vebeutet 1) fchneiden, abfchneiven, inden man mit 
einem fcharfen Meſſer über die Oberfläche Hinfährt: den Bart, den 
Kopf; 2) (figürlih, wie ſchneiden) einem zu viel abnehmen: der 





107 


Birth hat feine Gäſte geichoren; 3) (veraltet) theilen, einen Unter⸗ 
fhied machen: wer wollte da fcheren; 4) zutheilen, gebräuchlicher iſt 
das ſchwache befcheren, befonders von dem, was ein höheres Wefen 
oder durch dasjelbe ein Anderer gibt, 5) Mühe und Beſchwerde 
machen, befonders wenn es ohne Noth geichieht; 6) den Ort ſchnell 
verändern: die Störde feheren; 7) in die Länge bewegen, ausſpan⸗ 
nen (in biefer Bedeutung auch Ichieren geſprochen): ein Tau jcheren. 
— Ich wünfchte, dag der Harfenfpieler ſich noch geſchwind ben Bart 
fheren ließe. Göthe, Meifters Lehrjahre 4,1. Leber Nacht wär’ 
er (der Schopf) gefhoren glatt, Schiller, Wallenfteind Lager 8. 
Mit Difteln wird das Tuch gerauhet, d. h. uufgefragt, um es beffer 
zu ſcheren. Sean Paul, Titan 32. Anmerkung. Aber fie eilten 
dur die gefchorne Wieſe. Voß, Luiſe 1, 802. Uns Bäume) 
ſchor Fahlföpfig und ehrlos oft der graufame Gärtıter, die rankende 
Erbſe zu ſtäbeln. Voß, die büßenden Jungfrauen. Und wer nit 
ihiert, der wird geſchoren, fobald er nur den Rüden dreht. 
Günther. Das heißt die Leute ſcheren. Schiller, Piccolomini 1,1. 
Werden ımS viel um den Kaiſer ſcheren. Schiller, Wallenfteing 
Lager 11. Pervonte, den das Alles wenig ſcherte (für fchor). Wie⸗ 
land. Schert euch maus, wenn ihr was auszumachen habt. Göthe, 
Gög von Berlidhingen 1. Schier did zum Satan. Schiller, Ka- 
bale und Liebe 1, 1. Macht was ihr wollt; nur laßt mih unge 
fhoren. Göthe, den Zubringlichen. 
Drillen und trillen (mb. drillen, wol aus dem vom agſ. thyrijan, 
tkirljan — durchbohren abgeleiteten engl. drill = durchbohren und drillen) bes 
deutet zunächft in Freisförmigem Umſchwung umtreiben; bann mit übergroßer 
Mühe und Beſchwerde, überhaupt, uberläftig, empfindlich quälen. Hupdeln 
(vieleicht aus ahd. hutulön = betaiten, oder zufammenhängend mit hudel= 
zerfetztes Zengſtück) achtlos zerarbeitend behandeln; durch unnöthige Mühe und 
Beichwerve achtlos behandeln. — Trille, Räbchen, lang und fein, trille 
fein ein Fädelein, mir zum Bufenfchleier. Bürger, Spinnerlied. Horch! wie 
ver Sturm die Fahne triilt. Bürger, Bruder Sraurock. Doch ich bin 
Herr, mich maß man nicht fo teillen. Hagedom. Die Steuer trillt une 
noch. Logan. Die Zauberin, vie He auf mancherlei Art trillte und foppte. 
Mufäus. Alles Andre thäten He Hudeln und fchänden, den Soldaten trugen 
Re auf ven Händen. Schiller, Wallenfteins Lager 11. Ich rede niemals von 
dieſer Beſtie, und er kann mich nicht ungehupdelt-laffen. Göthe, Benvenuto 
Gellini 4, 5. Hahn! Despotenhudelei! Gott wahre mich vor Selaverei! 
“ Bürger, zum Spa. | 

Ab—, an—, auf—, aus—, be—, ein—, fort— (fh, fo auch 
heim—, weg—), um—, ver—, zuſcheren bevürfen feiner weis 
ten Erklärung. — Denn was die Bafe befchert zum Geburtsta 
der zu Weihnacht. Voß, Luife 1, 671. Früchte, die der Herb 
befhert. Schiller, das eleufliche Heft. Den Armen fei das fhönfte 





108 


Loos befhert. Schiller, die Begegnung. (Ihr habt mir ja doch 
zu verdanken die ganze Ber derung. aten,. dir verh. Gabel 2.) 
Sie ließ ihn behende zwifchen Kopf und Schwanz und Bruft um 
Bauche befheren. Göthe, Reineke Buchs 11, 380. Abgewandt 
vom Gerüfte, befhor er fein bräunliches Haupthaar. Voß, Ilias 
3, 141. Man kann ſich fogleih wieder fortfcheeren. Jean 
Paul, Siebenfäg 2. Und fremde Baum’, ihr junges Haupt ums- 
fhoren, dringt dir Sylvan. Ramler, auf einen Granatapfel. So 
wurde zu dem Thor die Frau hinausgeführt, die Haare weggeſcho— 
ren. Platen, die großen Kaifer. Um wie am feinften on 
Tuche jede Fleine faliche Faſer wegzuſcheeren. Sean Paul, Sie- 
bentäs 3. Der Vogel, der fein Neft erbaut im zugefhornen 
Buchenlaub. Platen, vom. Oedipus 5. 

Scherbank (auf Blechhämmern, bei Webern und Tuchſcherern), 
—becken, — blöd, —bot und —flotte der Schweden), — diſtel, —eiſen, 
—flocke, —futter, —gabel (hei den Webern), —gang (auf ven Schif⸗ 
fen), —garn, —glied (im Bergban), —haare, — haften, —holz, 
— horn (Ammonshorn), —kaſten (bei den Kattunmwebern), — kind 
(Gefelle der Tuchſcherer), — kohle, —kufe (bei den Tuchmachern), 
—latte, — leine (auf den Schiffen), —ling (heracleum sphondylium 
L.), — maus (ahd. scẽro, mhd. schermüs, Maulwurf), —meſſer, 
—meſſerfiſch, — meſſerſchnaͤbler, — mühle, —nidel (Pflanze), — rah⸗ 
men (Haspel der Kattunweber), —ſchwalbe, —ſchwanz (faleo mil- 
vus L.), — ſpann (Richtſpann im Schiffbau), — ſtock (im —— 
—ſtube, —tanz, — tiſch, —tritt, —tuch, —wenzel, — wolle; Schee⸗ 
renaſſel (scolopendra forficata L.), —bot, —flotte, —foͤrmig, 
—ſchleifer, — ſchmied, —ſtock (in den Me — — Ein Scher⸗ 
meſſer babe neben ihm gelegen. Göthe, Meiſters Lehrjahre 8, 10. 

Schere (ahd. scäri, scär, scöra; mhd. schære, altn. 
sceri—= Sichel, scaeri—= Schere, ſchwed. skära), 1) ein aus zwei 
Armen. beftehendes (befanntes) Schneidewerkzeug; 2) (in verfchiebenen 
Revensarten) ein gejpaltenes, in zwei Arme getheiltes Ding: Baum—, 
Bettfhere; 3) ein abgefpaltenes, abgefchnittenes Felsſtück, beſonders 
in der Nord» und Oſtſee; 4) bei den Pferden bie Höhlung, welche 
Durch die oberſten und breiteiten Theile der untern Kinnlade gebildet 
wird. Bart—, Bett—, Liht—, Garten —, Schaf—, Tuh—, Zaun: . 
sichere u. a. — Wenn ich ja übergnädig wär’, fo holt’ ich eine ſcharfe 
Scheer und ſchnitt ihm ab die Flügelein. Bürger, zum Spas. 
Durch Sachſens Kreife 30g die Kriegesfurie, bis an die Scheeren 
des Belts den Schreden feines Namens tragend. Schiller, Piccolo« 
mini 2, 7. Mit Inofuliermeffern und Gartenfheeren. Sean 
Paul, Titan 1. Die eine Lichtſcheere nad einer Kerze binbe- 
wegte. Göthe, Leben 8. 2. | 

Scheer, Schererei; Bart—, Feld —, Leut—, Tuchſcherer. 


gen des Geſetzes, des grauſamen; Gehorfam 


109 


— Der Scesrer mußte flaunend etwas Anderes zerhachen als das 
Kim. Sean Paul, Heiperus4. Führt mi als Bartſcherer bei 
dem Herm nur ein. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 8.. 
Yam. das richtigere Feldſcherer (mh. scherer) fagt &5 
N Ds Feldſch (mb ) fagt the (Reiers 
Scherge (ahd. scarjo, scaro, scerio, mhd. scherge, scheri 
scherig, .schirg) iſt urfprünglicdh (von scara = ‚Derrenauflage, Fro * 
wie in Scharwerk, abgeleitet) Ehrentitel, ſoviel als Scharführer, Schar⸗ 
hauptmann; dann Ausrichter höherer Befehle, Herold; ſofort Krohn, 
Gerichtsbote, Ausrichter richterlicher Befehle; dann Ausrichter pein⸗ 
licher Gerichtspflege; nhd. niederer Yollftreddender Diener des Gerichts 
und der Polizei, bejonders zur Vollftrefung von Strafen. Im ges 
meinen Leben gilt der Ausbrud für niedrig, in höherer Sprache Air 
alterthümlich, auch niit edlerem Anſtrich. Schergenamt, —haft, —volf. 
— ir (ſpricht Gordon, Commandant von Eger) find. nur Scher⸗ 
beißt bie Tugend, um. 
Die der Niedre ſich beiverben darf. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 2. 
Ergreift ihn, ihr. eifernen — Goͤthe, Ballade. So ſteht 
ein Scherge, von einem Wuͤthriche geſandt, daß er die Unſchuld 
dem gehobnen Henkerbeile zuſchleppe, fuͤhllos, taub bei ihrem Angft- 
gehenle. Alxinger, Doolin 4, 9. — (Daß fie) ſelbſt von feinem pri⸗ 
vilegirten Anklaäͤger — und Schergenamte feinen Reſpect haben 
würden. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 18. Sie verſchloß ſcher⸗ 
genhaft ihre rende im Kerker ihres Innern. Benzel⸗Sternau. 
aa Schar des Schergenvolkes fland ihm treulich 


Häſcher (von haſchen, mhd. haschen; vergleiche ital. cacciare, franz. 
chasser — jagen) ber niedere der Sicherheitspoligei wartende bürgerliche Dies 
ner. Henker (von henten, Nebenform von hängen) ift zunächſt der bie 
Strafe an dem zum Galgen Berurtheilten Vollziehende; dann überhaupt ber 
niebere Vollſtrecker des peinlichen Verfahrens an dem Verbrecher; im weiteſten 
Einne der Vollſtrecker eines peinlichen Nrthelld an dem Verurtheilten, doch 
fier mehr umehrliche Benennung. — Ihn fchlugen die Häfcher in Bande, 
Schiller, Bürgfhaft. So müßt’ er fallen durch des Henkers Hand, menn 
wir nach Wien lebendig ihn gefiefert? Schilfer, Wallenfleins Tod 5, 2. 
Anm. Bon 6 Herge in gutem Sinne kommt, mit auegefloßenem c (tie 

follen und Schuld, goth. skulan, skulds, ahb. sculan, scult, mhb. süln, sult 
mb schult) das militärifdye. Sergeant, ital. sergeante, fpan. sargento, älter- 
— sariandus, gemeindeutſch Scherſchant; aͤlternhd. Schergant für Gerichts⸗ 
er. | 

Scherbe (und ver Scherbel und Scherben, mhd. schierbe) 
1) gebrochenes Stück eines gläfernen, irdenen , ſteinernen Gefäßes; 
9 hohles Gefäß von ſolchem zerbrechlichen Stoff: Blumenfderbe; 
3) im Schiffbau eine zwifchen den Enden zweier Planfen oder Höl⸗ 





110 


zer, die: ſich verlängern follen, gemachte Fuge; 4) (in manchen Ge 
genden) ein Maß. — Daß diefer, ohne fidy Tange zu bebenfen, ihm 
die Scherben des Napfs an den Kopf warf. Göthe, Meifters Lehr 
jahre 2, 10. Ein edler Wein läßt fih aus ſchlechten Scherben 
trinfen. Lohenftein. Die Scherben vor meinem Fenſter bethaut’ 
ich mit Thränen, ad)! als ih am früpen Morgen dir diefe Blumen 
brach. Göthe, Kauft 1, 190. Der Ader kann folglih nur noch in 
Blumenfherben am Fenſter blühen. Jean Paul, Giebenfäg 2 
Beilage. In deren Nelkenſcherben nur Konkordien floriert hatten. 
Sean Paul, Titan 38. 

Scherbenblume, —berg, —futter (meffingenes Modell), —ge⸗ 
richt, —gewaͤchs, —farren (in den Harzer Hütten), —fobalt, —kraut 
(serratula tinctoria L.), — kuchen, —nelfe, — rand, —urtheil. — 
Um wichtigere Beete führte er einen bunten muſiviſchen Scherben: 
rand. "Sean Paul, Heiperus 7. 

Scherbe (und Scharbe, mhd. scharbe, scherbe, ahd. scarba) 
ein Waffervogel, Mewe von langfamem, ſchwebendem Fluge (pele- 
canus <arbo L.); fiebe fheren 6. 

Scherben (auch ſchärben und farben, ahd. scarbön, mhd. 
scharben) mehrere zufammengenommene Theile (Kraut, Bohnen) in 
lange, ſchmale Stüde zerſchneiden. — Scharbebrett, —fraut, 


— meffer. 

Gef, Scherflein (auch Schärf, Schärflein gefchrieben, 
ahd. scerf, mhd. scherf, altn. skarfr, ſchwed. skärf) kleines Stüd 
dünngeſchlagenen Metalle (verwandt mit Scherbe); dann eine Fleine 
Münze; allgemein ein fleiner Beitrag, um etwas zu bezahlen, wenn 
es auch nicht mit Geld gefchicht. — Ich muß ernftlih Daran denen, 
durch die Publication meines lang vorbereiteten Werkes ein kleines 
Scherf als Zeichen meiner chriftlichlutherifchen Gefinnung ‘auf den 
Altar des Herrn nieberzulegen. Fr. Jacobs. Ich werde nächſtens 
einmal ein’ paar Scherfe eines erften Beitrags mitbringen. Klop⸗ 
fiod, Gelehrtenrepublif 5. Morgen. Da alle bir ein Schärf- 
lein weihen. Bürger, Lied an den Mond, Schon von dem erften 
Berichte jo großer Leiden gerühret, fehidten wir eilend ein Scherf 
lein von unferm Ueberfluß. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 158. 
Doch ſchlag“ an deine Bruft und gib vom frevlen Glück ein mäßig 
Shärflein, geid dem Heiligthum zurück. Göthe, Fauſt 2, 204. 

Schar (ahd. scära, soar, ınhd. schar; agſ. scaru = Haufen, 
scear, sceära — Theil) 1) gleihfam das Abgefchnittene, Abgetheilte, 
die beftimmte Vielheit, Abtheilungz; 2) die Reihe (Ordnung), in wels 
cher eine ſolche Abtheilung etwas that, mit dem Begriff des Tren- 
nens, Ablöfens, befonderd die Tanztour (dm baieriſchen Oberland); 
8) Verrichtung oder Arbeit, zu welder unter mehreren jeder nad 
feiner Reipenfolge verbunden iſt: Schardienſt, Scharwacht; 4) das 


111 


einſchneidende Schneidewerkzeug am Pfluge (ahb. scaro, scar, anf. 
scær, scear, mho. schar) ; 5) der Einfchnitt an einem Schacht (im 
Bergbau). — Haufen fhanten; allein bald wurden die Haufen zu 
Ehaaren, bald die Schaaren zu Heeren. Klopfiod, Meffias 
20, 585. Fehlen en es nie an Scharen holder Spiele. Bürger, 
Huldigungslied. Ein Heer zu fämmeln ſchnell treibt mid) der edle 
3ern, und mit der Freunde Schar die Veſte zu gewinnen. Schiller, 
Aeneis 2, 56. Ihr Pflug hat feine Räder, und die Pflugſchar if 
nicht beweglich. Göthe, ital. Reife, Perugia 25. October. 

Beer (gofb. harjis, ahd. heri, inhd. her, agf. here, altn. her) bebeutet 
urſprunglich die Berfammlung der Männer aus dem Molke; dann eine große 
Menge, befonders ver Krieggerüfleten. Heerſchar foriel als eine Schar, 
welche ein Heer if. Das von Klopſtock (Meiflas 18, 2. 19, 246) gebrauchte 
Scharenheer = ein aus Scharen beſteheudes Heer, fit eine überaus große 
Menge. Armee (franz. armee, ital. armada, vom lat. armare = bewaff- 
wen) wird nur von Kriegäheeren nenerer Zeit gejagt, aber nicht in ver höheren 
und Dichterifchen Sprache. — Die Sonne löfcht aus, heiß brennt die Echlgcht, 
ſchwarz brütet auf dem Heere die Nacht. Schiller, die Schlacht. Aus⸗ 
faat, o wie reif ſchimmerſt da her! Laut euft im Gefild die Heerfhaar 
zu Der Erndte. Klopſtock, Meſſias 20, 830. Im unendlicher Ferne fah ich 
die Shaarenheere ver Ueberwinder zum Himmel wallen. Daf. 19, 244. 
Die Armee ſich immer muß nen gebären. Schiller, Wallenfleins Lager 5. 
Scharbock (Krankheit, Pflanze), —bolten (bei den Zimmerlens 

tm), — deich, — diſtel (Schartendiſteſ), „gan —Huft (beide im 
Bergbau), —framme (am Pflug), kreuz (in Bergmwerfen), —ling 
(heracleum sphondylium L.), —meilter, —pfahl, —flod, — wage, 
— wer; Bettler—, Brüder—, Buben—, Chriften—, Delphinen—, 
Engel —, Faunen —, Flatter—, Frauen —, Freier—, Geiſter —, Hels 
den—, Hilfs —, Höflings—, Hunde —, Inſecten —, Jäger —, Krieger —, 
Kriegs —, Männer —, Menſchen —, Mohren—, Pilger—, Räuber—, 
Reiter —, Ritter —, Sieger—, Voͤgel —, Vol—, Bor-—, Wimmel: 
har u.a. Scharenführer, —gebieter, —gewähl, —trenner, 
—weiſe. — Mit einem Schaarmwerf von Andacht. Herder, Ans 
trittsrede in Büdeburg. Doch weilt er nicht bei der Bettlerſchaar, 
Uhland, em Roland. Willkommen, faubre Brüderſchaar! Uh— 
land, von den faubern Zechbrübern. Goldgelodte, friſche Buben- 
fbaar. Göthe, Fauſt 2, 240. Drauf fam des Wegs ’ne Chriften- 
Be Uhland, ſchwäbiſche Kunde. — — 
Schiller, Hero und Leander. Kinder, hold wie Engelſchaaren. 
Uhland, Dante. Die Faunenſchaar im luſtigen Tanz. Göthe, Fauſt 
2,55. Der Bübchen Flatter ſch aar. Göthe, Mat. Fürſten der Freier⸗ 
ſchaar. Voß, Odyſſee 4, 629. Denn unter bleichen Geiſter⸗ 
— feh? = dich ſchon feit - vielen hundert Jahren. Göthe, 
Fauſt 2, 172. n fol& Gebilde führt auch unſre Heldenf haar 


112 


vor feinen Urslirafnen her in Farbenglanz. Daf. 2, 208. (Er) 
barrete nur der verheißenen Hülfsſchar. Pyrker, Rudolph 6. 
Die Höflingsihaar Im Kreife verlernet jeden Spott. Uhland, 
des Sängers Fluch. Eine Hundefhaar verfammelte fih um bag 
Eckhaus. Göthe, Tags und Yahreshefte 1801. Um Wandrer ſich 
Inſectenſchaaren ziehen. Göthe, Eugenie 4, 2 Da ritt des 
Könige Sohn mit feinen Jägerſchaaren. Uhland, Mährden. 
Wann Kriegerfhaaren ziehn im Waffenglanze. Uhland, Gejang 
und Krieg. Und rüdt heran mit Kriegesfchaar. Bürger, bie 
Weiber von Weinsberg. Hier überfahen fie den ganzen Weg, bie 
binaufgefchrittene Männerfhaar. Göthe, Wahlverwandtfchaften 
‚1,9. Als ih aus des Kloſters Hut in die fremden Menfchen- 
fharen mich gewagt. Schiller, Braut yon Meffina, And es flieht 
die Mohrenfhaar. Ubland, St. George Ritter 1. en lan 
fhaaren wimmelten die Wege Schiller, Maria Stuart 1, 6. 
Eeit eine Räuberfhaar Amanden mir entrif. Wieland, Oberon 
12, 33. Bon deiner Söhne Ritterſchar begleitet... Schiller, Braut 
von Meffine Bon der Siegerfhaar ummimmelt. Göthe, Fauſt 
23, 28. Die Vögelſchaar an Wäldergipfeln ftreiftl. Göthe, an 
Werther. (Er) —8 die nahende Volksſchar. Pyrker, Rudolph 3. 
Die Vorſchar ſtürzt' auf die —95 Pyrker, Tuniſias 8. 
emſig müßt ihr fein, ihr Wimmelſchaaren. Göthe, Fauſt 2, 139. 
— Und rief dem Schaarenführer freundlich zu. Bürger. Die 
finſteren Scharengebieter folgten dem Könige nad. Pyrker, Ru⸗ 
dolph 3. Seitdem ſtreben wir hier im Schaarengewühl ver 
Achaier. Voß, Ilias 13, 777. Der Scharentrenner Adilleus. 
Voß, Ilias. Und die Mäufe, taufendfärbig, ſchaarenweiſe. Göthe, 
Fauſt 1,205. Was Auge hat, läuft ſchaarenweis herbei. Wieland, 
Dberon 7,7. Meine Mutter umdrängen mit unmwillfommner Bewer 
bung f len Söhne der Männer. Voß, Odyſſee 2, 50. 

Scharen d. i. in Scharen, dann allgemein verfammeln. Davon 
- ent—, um—, zufammenfharen. — Ich fehe fchon, wie fie fi 
fhaaren. Böthe, Fauſt 2, 23. Des. ganzen Gaues Bauern fiehn 
um den Ort gefhaart. Uhland, die drei Könige zu Heimfen. 
Und Wehr und Waffen von ſich werfend entfhaart das gan 
Heer fih im Gefilde. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 9. & 
flop, umſchart in der Luft fort, Pyrker, Zunifias 10. (Es war) 
das mittlere Treffen gefondert, feindumfdhart Daf. 1%. Wo 
im fohimmernden Zeltraum Rudolph, heldenumſchart, fein har 
rete. Porker, Rudolph 10. | Ä 

Anm. Scharlach (mhd. scharlach und scharlät) iſt undentſch, vom mit 
tellat. scarlatum und scarletum gebildet nz — 

Scharwache, gemeinüblich Schar wacht, bedeutet die zur Wache 
beſtellten Perſonen, daß fie durch Umgang in Gemeinſchaft reges 


— —— — — 


Anfachten zur Sicherheit halten, während die Schildwache bie ein⸗ 

jelne zum **— ausgeſtellte bewaffnete, alfo die auf dem Wache⸗ 

ũ ei dem aufgehangenen Schilde) ſtehende Perſon iſt. 

— Indeſſen war die Schaarwache herbei gekommen. Göthe, 

Meiſters Lehrjahre 2,10. Wenn noch fein Poſitivgeſetz dem Schar⸗ 

wächter oder dem Henker Vollmacht ertheilt, ſeinen Dienſt an ihnen 

zu verrichten. Lichtenberg, Epiſtel an Göbhard. Hier kann ich ruhig 
Schil dwach ſtahn. Simrod, der Rekrut auf Philippsburg. 

Wade (ahd. wachä, mh. wache, agſ. wäcoe, nieberl. wake) iſt der 
allgemeinfte Ausbrud und bebeutet zunächk das Aufſein in der Nacht, um 
woranf aufzuachten. Bon Wache abgeleitet if die Wacht (goth. vahtvo, 

ahd. wahta, litthau. wakta), welches Wort uhd. faſt nur in Zufammenfegungen 

vorfommt. Die Garde (älternhb. gwardey, gwardi, gwardy, gvardie, 

entlehnt aus roman. , eigentlich veutichlatein. guardia, altfranz. guarde, vom 

ventfchen warta, warte, Barte = das fcharfaufachtende Wohinfehen) tft vie 

Jemanden beigegebene bewaffnete Mannfchaft zu Schutz und Trug, im Beſon⸗ 

bern bie allein zu Schub und Aufachtung um die Berfon des Fürſten beſtimm⸗ 

ten Truppen, die Leibwache. — Entfernt Cuch, haltet Wache vor der Thür! 

Schiller, Maria Stuart 1, 5. Leibsgwardy. Fiſchart, Gargantua ©. 138. 

Scharf (ah. scarf, öfter sarf, md. scharph, älternhv. scharpf, 

agf. seearp, alin. skarpr), 1) frhneidend; 2) von fchneibender 8 

kung, Empfindung: ein fcharfer Wind; 3) von gleichſam ſchneiden⸗ 

dem, gefchickt wahrnehmenden Erkenntnißvermögen: jharffihtig; 4) 

u eichſam fchneidenden Geiftes, in Aufſuchung, Wahrnehmung, 

ndberung; 5) von einem hoben Grad der Handlung: ſcharf gehen, 

laden, fchießen. — Die Luft geht AL es ift entfeglich kalt; s iſt 

eine ſhneidende und firenge Luft. Shaffpeare, Hamlet 1, 4. 

- & laufht mit ſcharfem Ohr. Wieland, Oberon 7, 59. Bei Leuten, 

‚I De nicht ſcharf denken fünnen, t witzige Blendwerke oft gute 

, Dienfte. Gellert. Man kann’s fo ſcharf nicht nehmen und genau. 

: Schiller, Piccolomini 4,7. Ich Hab’ ihn ſcharf bewacht. Daſ. 2,7. 

, Und bie Gelehrten fritten ſcharf und waren ihm zuwider. Bürger, 

St. Stephan. As mid [härfer Salavin ins Auge faßt. Leffing, 

Nathan der Reife 1, 5. er bort ſeh' ih drei ſcharfe Schüben 

Unter Hand um ein Feuer figen. Schiller, Wallenfteins Lager 1. 
Der Weihrauch dampfte f Yarf. Günther. 

Durchdringend (von dringen, ſ. dasſ.) mit wahrnehmender Kraft bis im 
das Innerſte dringen und das Verborgene zeriheilend. Bein (ahd. fin, mh. 
vin, altn. ſinn =politus, blank, fein gemacht, franz. fin, mittellateln. finus; 
vielleicht von finitus?) das Kleinſte und Zarteſte wahrnehmenn, was dem ges 
wöhnlihen Sinn und Berſtand ſchwer wahrzunehmen if, und dieſe alfo leicht 
unbemerkt laſſen. Scharfſich tig von leicht wahrnehmenber und auffaffender 
(Eirperliher und geiftiger) Sehkraft bis ins Kleine und Berne. Scharffin- 
nig geitgewandt in einer ſelbſt bie in das Innerſte gehennen Wahrnehmung 


< 
KT ⸗ 





114 


3 


des Berborgenen und Unterſcheidenden. — Streng (ahb. strank(g)i, strenk(g)i 
mhe. strenge, agf. sträng, streng, altn. strängr; vergleiche gr. oremns, lat. 
strenuus) von feſter Kraft; flark, kraft⸗ und muthvoll, firaff; in manchen 
Bedeutungen angelehnt an eine dem ahd. strang(c), mbb. stranc, agf. sträng, 
alt. strengr = Strang, dem lat. stringere, gr. drpayyar = fitaff anfpans 
nen, zufammenziehen, zu Grunde liegende Wurzel: unnachfichtlich feR und 
genau in Befolgung eines Verhaltens oder für ein Verhalten, ohne ſich durch 
eine fanftere Gemüthsregung beitimmen zu laffen. — Wir merken erſt, wie 
traurig und unangenehm ein trüber Tag if, wenn ein einziger, durchdrin⸗ 
gender Somnenblid uns den aufmunternden Glanz einer heiter Stunde 
darſtellt. Goöthe, Meiſters Lehrjahre 3, 2. Meiſter war ein hoͤchſt feiner 
und ſcharfſinniger Kopf. Lichtenberg, zum Andenken vou Verſtorbenen. 
GEi, über ven fharffinnigen Mann! Ja, ja, was befien Falfenaugen ent⸗ 
gehen foll! Leffing, ant. Briefe 86. Die Berfafung bat feine Würde zuvers 
läffiger gegen alle Gefahren verfchangt, ſcharfſinniger non bem traurigfien 
Pflichten, von den Leiden der Herrfchaft befreit, als es irgend ein Staats: 
kluͤgler ausdenken mag. H. P. Sturz 5. Brief. Weil ein firenges Gebot 
des fharfen Vaters dich ſchreckte. Ramler, Catull 68, 159. 6000 Thaler 
ein ziemlicher Verſtand, 12000 Thlr. ein feiner Verſtand, 30000 Thlr. 
ein großer Verſtaud, 50000 Thlr. ein durch dringender Verſtand. Has 
Wörterbuch, Derftand. 
eo. angefchlofien, — bau, —blätterig, —blick, —blidend, 
bolzen, g, —eiien, —gefehliffen, —— — hei  —pammer, 
—fantig, — klauig, —klug, —fraut, (asperugo L.), ftig, —maul 
(e realota L.), —rand, (helix albeila L.), —renner, —riditer, 
pe (turbo acutangulus L.), —ſchneidig, ZieuB, —fhüße, 
— ich, — ſichtigkeit, — inn, —finnigfeit, —pigig, —zad1g, PR 
—trennend; haarfharf. — Wo fi der Geifl, verivorren, ! 
quält in fumpfer Sinne Schranken, —— Ioffnem Ket⸗ 
tenſchmerz. Goͤthe, Fauſt 2, 334. Die Sohlen fremder Männer 
hrete bald fein fpähenber Scharfblid. Pyrker, Rudolph 6. 
Ar war der forgfame und ſcharfblicken de Steurer in Berfuchun 
den Meifter zu weden. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 10. Da Do 
er (der a: Hana AHA ihm alsbald auch die Sch 
tern durchfu iſias 8. Doch es ſchüttelten Speere 
die Mori linfene = ——— Frl — 618. Mit 
ee Angel Voß, 9. Scharfllauige 
er. Voß, Odyſſee 16, 217. Wer Nie wohl fo [harfflug, 
fo Pe vernsfen Ya Schiler, Don Karlos 2, 8. (Sie) erreichten des 
Berge fharfluftige Krümmen. Voß, Flias 19, 482. Sein Hals 
wär’ ein rechtes Freſſen für einen Scharfrichter. Golhe, Egmont 2. 
Wenn ich's gerade ſagen ol, Da. (fol er vornehs 
men.) Platen, rom. Debipus 1 En — or 
Acht feine Reinheit eben fo groß war. Sean Paul, T 


115 


Beſonders aber erzürnte er fih über unfern Mangel an Pr. 
finn. Göthe, Leben 10.8. Mit ſcharfſpitziger Lanze Voß, 
Jias 16, 310. Mit Sharfzadigem Marmor. Voß, Ilias 12 
330. Schharfzahnige Hunde. Voß, Ilias 10, 360. Sein ſcharf—⸗ 
trennender Dli zu ſcheiden Beßres vom Schlimmern. Koſe⸗ 
garten, Hymne an die Tugend. 

arfe (ahd. scarpht, mhd. scherpfe) 1) die Eigenfchaft, der 

Zuftand eined fcharfen Dinges (eigentl. und figürl.); 2) ein fcharfes 
Ding, oder der fcharfe Theil eines Dinges; 3) (bei ven Mülfern) 
die und Weile die Muͤhlſteine zu fchärfen. — Denn nun fieht 
ed Allen fürwahr auf der Schärfe des Meſſers, fchmählicher Unter⸗ 
gang ven Achaiern, oder auch Leben. Voß, Ilias 10, 173. Doch 
wurden aud) diefe mit gehöriger Schärfe und Genanigfeit aufge 
fuht. Göthe, Windelmann 2. — Augen—, Amtds— , Degen—, 
Efig—, Rauch —, Sinnnfhärfe u. a, 

Schärfen Cälternhb. scherflen, altn. skerpa) 1) (Jägerſprache) 
ſchneiden; 2) ſchneidend machen Ceigentl. und figürl.).. Davon 
ab—, auf—, aus—, ein—, zufhärfen. — Ein feiner Plan! 
Sein zugefpist! Nur Schade, zu fein geſch I daß die Spipe 
ah! Schiller, Maria Stuart 4, 3. Biel Denken [härft den 
Sinn. Opitz. Kränfen ein liebendes Herz, und fehweigen müflen; 
sefhärfter Fönnen die Dualen nicht fein, die Rhadamant_ fi 

it. Göthe. Ih... werde bie Ernſt einfhärfen. Voß, 
Luiſe 3.38. 195. Vergeßt nur nicht dem Schneider einzufhärfen, 
dag er mir aufs genauefte mißt. Göthe, Kauft 1, 111. Merkfwürs 

war ed, als wir neben der fonft in die Luft gerichteten Spige 
fanden, auf ven Zufhärfungen verfelben Sphinr nad) Sphinren 
anf Das Zierlichfte abgebildet zu fehen. Göthe, zweiter Aufenthalt . 
im Rom, September. 

Wehen (ahd. hwezzan, mhb. wetzen, agf. hwettan, altn. hvetia, 
von agf. hwat, hwäs, altn. hvattr, hvass = ſcharf, ſchneidend) beveutend 
reibend oder ſtreichend fchärfen. Schleifen (f. dasſ.) ift eigentlich fich glei⸗ 
tenb beiwegen; dann glätten, vie Reibung auf der Oberfläche benchmen. — 
Ginprägen (gehört zufammen mit mhd. phrengen —= drängen, drücken, aus 
phrangian, mit eingefchobenem n), wie einfgärfen, machen, daß etwas im 
Berftande eindringlich fe. Cin bindien und einfnüpfen (von ahb. chupfen 
— durch einen Knopf verbinden) machen, daß etwas im Gedächtniß fefthalte. 
— Schon wegte Meiſter Nrlan auf diefen Braten feinen Zahn; Bürger, 
der Raubgraf. ber mächtig befiedert, mit frifh gefchliffener Schärfe, 
bringen die andern (Pfeile Amors) in’s Marl. Gothe, römifche Glegien 8. 
Richt die Gewohnheit zu gehorchen allein möcht” ich dir einprägen. Göthe, 
Egmont 4. (Er) erflärte Wilhelmen, wie das Fräulein ihm eingebunden, 
für die Berlaffene Sorge zn tragen. Goͤthe, Meifters Lehrjahre 4, 9. Daß 
er (Marineli in Lefings Emilie Galotti) nachher dem Angelo eingelnüpft, 


8* 








116 


— nn U 2 


den Grafen nicht bloß zu verwunden; fonbern nieberzufchteßen, davon llegt ber 

wahre Grund in feiner Furcht vor dem Sweifampfe J. I. Engel. 

Scharte (ahd. scarta, mhd. scharte, altn. scard) 1) Einfchnitt, 
eine m‘ Schneiden, Reigen, Brechen ꝛc. verurfachte —— an 
ſcharfen ſchneidenden Werkzeugen, in einer Mauer; 2) (ſig.) Scha⸗ 
den; 3) (früher und noch in der Volksſprache) Tiegel, Pfanne; 
4) (Bolfefpradhe) ein Pr ars abgefprungenes Stüd, Span, 
Splitter. — Du haft fein Iharfes Schwert mit Scharten flunpf 
gemadt. Opitz. Ich maßte mih an, o Borfiht, die Scharten 
deines Schwertes auszuwetzen und beine Partellichfeiten gut zu ma= 
hen. Schiller, Räuber 5, 2. Auswetzen wollt’ er dieſe Schart 
an manchem Städtlerihopf. Schiller, Graf Eberhard der Greiner. 
Wie wurde Fallſtaffs Degen fo ſchartig? Shaffpeare, König Hein⸗ 
rih IV. 1. Theil 2, 4. 

Schartendiftel, —fraut, —fchnäbler (phoenicopterus L.); Ha⸗ 
— Schieß —, Meſſer —, Säge—, Feldſ arte (serratula arven- 
sis L.) 


Anm. Scharte hängt zunächfl mit dem ahd. Adjectiv scart, mhb. schart — 
verlegt, verftümmelt, air scartian, scertan — ſcharten, verlegen, zufammen. 

Schnur (ahd. scurt, mhd. schür) 1) die Handlung des Sche- 
vend (mitunter auch figürl., in der Volksſprache dann oft der Schur); 
2) die Zeit, zu welcher die Schafe gefchoren werden; 3) dos was 
abgefhoren, abgebrochen (im Bergbau), abgemähet wird; davon 
4) überhaupt der Ertrag eines Feldes, — Wie Samſons Haarzopf 
wuchs es nur der gamen Nation zum Schur. Soltau Diefe 
nn chur, Verſammlung iſt fie aller Liebesgdtter. Shaffpeare, 
das Wintermährden 4, 3. 

Schürig, Schurwolle, Feld—, Haar—, Schaf—, Wollſchur. — 
Eine Mufil, die den heiligen und profanen Charafter vermiſcht, ift 
getttoe, und eine halbfhürtge, welche ſchwache, jammervolle, er- 

ärmlihe Empfindungen auszudrüden Belieben findet, abgeſchmackt. 
Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. 

Anm. Gin anderes Wort Id Wildſchur (ein Wolfspelz, an weldhem bie 
Haare auswendig find) mhd. wintschäre (Öberfleiv), wol von dem poln. wilczura 
(Wolfspelz, von wilk = Wolf). — Stolberg, trotz dem Orkan, wie er winiere, 
fomm in $ Iber Wildſchur. Voß, der Winterſchmaus. 

Schurf 1) Wunde, Offnung, Schnitt; 2) (gewoͤhnlich Schorf, 
niederd. schorf, schörft = Grind, vom agſ. scöorfan = nagen) 
Grind, die rauhe Rinde auf einer Wunde, die Krätze. 

ürfen (ahd. scurfan, mh. schürfen, agf. scyrpan, Scyr- 
fan; vgl. scöorfen) eigentlih mit etwas Scharfem aufkragen (im 
Bergbau), einen Ritz, Schnitt, Loch, eine Deffnung ı. — Da⸗ 
von auf—, erſchürfen. — Nach einer Pauſe trat ein Bergmann 
mit einer Bade or und ſtellte, indeß die Andern eine ernfihafte 


117 


Melodie fpielten, die Handlung bes Schürfens vor. Göthe, Mei- 
ers Lehrjahre 2, 14. Nach ihrer Wohnung magft in's Tiefſte 
fhürfen. Göthe, Sant 2, 73. Und e8 wird fich leicht erfchürs 
fen, ob wie beide Gleiches meinen. Göthe, an ‚Sie. 

Schürfer (mhd. schürfeere — Nadrichter, der ben Holzhaus 
fen zum Verbrennen anftedt); Schürfarbeit, —geld, —gezäh (die 
Werkzeuge zum Schürfen), —hobel, —ſchacht, —weien, —zettel; 
fhorfig, Schorfhobel, —Tattig (rumex acutus L.), —m008 (lichenL.). 

Schüren (ahd. scurjan) überhaupt bewegen, gewöhnlich Das 
Heuer zurechtftoßen, damit es brenne; auch ein Kunſtwort der Boͤtt⸗ 
der, wenn fie das brennende Pech in den Fäſſern hin und vn rüts 
teln; den Rod fchüren d. h. ihn aufheben, in die Höhe ziehen. — 
Schürft du das Feuer nicht, bift du nichts werth. Göthe, Pandora. 
Daß meine Liebe felbft, die ich euch zeige, nur eures Haſſes Flamme 
heft'ger ſchüre. Schiller, Braut von Meffina. Ein geheimer Trieb, 
der feine Hoffnung ſchürt. Wieland, Oberon 11, 16. Daß er 
bfie, mich nur bindet, fondern daß er fie auch ſchürt. Logan. 

ob, daß ich ein Junge bin, der nichts zu [hüren hat, Over⸗ 
bed. — Der Opferbrand wird angefchürt. Hagedorn. Noch flammt 
der Streit, den Eris angefhürt. Wieland. Gegen Mitternacht 
wollt’ er fich fein Feuer einmal auffhüren. Grimm, Hausmär⸗ 
den 3. Ein chemiſcher Ofen, der zone Zeit ohne Nachſchüren 
fortarbeitet. I. Paul, Titan 47. Anmerl. Und weilman, fhmähend 
auf den Rauch, am Holsftoß Hingeftredet, zuſchüret. Voß, bie 
drei Diebe. 

Schürer; Schürbaum, —bledh, —bütte, —eifen, —hafen, —herd, 
—-holz, —knecht, -loch, —ſchaufel, —ſtab, —ſtachel, —flol. 

Schürgen (ahd. scurakan ? scurgan ? scurigan ? scorak&n ? 
scorakön ? im Partie. scoragunten Doc. 233°, mhd. schürgen, 
schargen, ſchwed. skurigla) fortftoßen, vorwärts treiben. Davon 
fhurigeln (in der Volksſprache auch ſchoörgeln) plagen, quälen, 
eigentlich berumftoßen. eo (in der Volksſprache Scherg(i)er) 
heißen diejenigen, welde das Gepäd ver Reiſenden 3. B. von den 
Dampfichiffen in Mainz, Eoblenz ıc. in die Stabt bejorgen, mögen 
fie e8 tragen oder fahren. 

Aum. Statt ſchürgen fagt C. F. Weiße (Haushälterin 2, 8): war 
ein Ochfe, daß id 1a a u a f Ay ’ en 

Schierling (ahd. scäriling, scörning, mhd. schörling) eine 
befannte Giftpflanze mit eingefhnittenen Blättern. — Im 
fupfernen Ziegel den Effig kochen mit Baldrian und Donnerneffel 
md Schierling. Voß, der Riefenhügel 123. 

Anm. 1. Ray Schmitthenner und Schwend Hängt and Schaner 


por skura — Sturmwirbel, ahd. schr, mhb. schär = lingewitter, vornehmlich, 
‚ mittelntederd. scure = ®ewitter, agf. scür, scöör, engl. shower = Plap- 








118 


vegen uud ylöglicher Regenguß, altu. skür = Gelagregen) mit ſchüren, ſchu⸗ 


sen zufammen, 


Yum. 2. Adelnug, Shweud'n. A. führen any Schurke (von fur 


gen) und Scherz (glei fam — — auf ſcheren zurük. Weigand 
will lieber an das engl. schark = etrieger, oder an das ital. scoreggi- 
äre — peitſchen (alfo der bie Hide erbient) venten, und bei Scherz au das 
ital. scherzo, verwandt mit ahd. scörön, mhb. schörn, schernen — bie Jeier⸗ 
Runde halten, Muthwillen treiben, fpotten. Schmeller weilt anf altu. akritinn 
= [oe erzhaft, skritn — Boflen und auf mhb. schreczen = fdherzen,, fpielen Hin. 
®: mm findet in diefem Wort eh re ein thierifchee Jauchjen, denn mhb. 
schörzen wird vom geilen Schrei des om blödenven Kalbe, vom wichern 
den Pferde gebraucht. W. —— —8 das gr. Huslpery, Ouuprav = 
hũpfen, fpringen, vorzäglid von re und = — gebraucht. 
Anm. 8. Scharren (ahd. sc . scar, mhbb. schörren) iſt mit 
ſcheren verwandt. So auch das — Er lie 1a urren. — Nieder vie 
enge ruft ſinkt ſchon der Ss, bie ——— Schaufel ſchurrt. — arten. 


— r voraus und ſchurrte auf = runden — hinunter (in den Br 
alis, — J — 1, Ihr Vater, Herr Baron! Iſt er endlich 
— hurrt? — Be ſouſt in ver nn Bolksſprache auch 
brratzen für eben). Voß, Junker Kord 115 


Anm. 4. > ee fchier ift auf bie Wurzel scur = beiegen 
d = vorwärts eilen, urüd 

a en een Dar 
Yum. 5. Gin anderes Wort if das ni che — — 

mb. schir, alte. skir, altſ. und agſ. scir, goth. skeirs; davon 280 

— elkatern, Del made. = Danıe fheuern een CH 

518 erenes Tuch un dazu: „ n Ni 
—BWB fichtige Leinwand, weniger fein, als —S 


Schwären ſtatt ſchweren. 


(Wurzel suar, suir; war, wir? sar?) 


Schwäre, ſchwor, geſchworen, ſchwaͤren (ahd. suiru, suar, 
suArum&s, suoraner, suéran; mhd. swir, swar, swären, gesworn, 
swörn; vgl. ahd. warahk, mhd. warch, gen. warhes, warges = 
Eiter, wärhen fchwären und inhd. ser, sere — Verlegung, Schmerz, 
BOT, serlich — verwundet, fehmerzlich) eigentlich ſchmerzen, empfind⸗ 
Kid. fein; ——— nur in der dritten ern gebraudyt in der Bes 
deutung mit Eiter angefüllt werden. — Dies Amt ziemt einer Frau 
umeift; id, übernehm’ es: tft füß mein Mund, mag meine Zunge 
h wären, und nie mehr meines ns erglüh’nben Zornes Trompete 

„Shalfprare, Wintermährchen 2. Sehen Sie die fhlechte 

sun ung (der Nadeln); jeder Si damit ſchwärt. J. Paul, 

enkaͤs 7. Der ſchwärenden Beulen fchredliche Dual, Border, 
Mofes 2. 

Unm. 1. ner : sfchwär, ſchwuren, et 1 tins ſchwaͤren. Ich 
—— wäre, cr fiwäre, mle (msn; Sa fhwar, 14 fowiee, ge 





119 - 


" (um. 9. MR. hat swörn auch noch vie abgeleitete (fig.) Bedeutung her⸗ 
vorfprießen: dag berndiu bluot swirt e des hörzen blüete d. i. das ge⸗ 
Börende Blut Supiept hervor aus des Herzens Blüthe. Gottfrieds Lobgeſang auf 
Chriſtus und Maria Ze: — 

Ab —, aus —, fort—, herausſchwären bedürfen keiner weiterm 
Erklaͤrung, kommen aber in der Schriftſprache ſelten vor. — Stie⸗ 
ler hat außer a b—, aus—, noch unter —, zer—, zu —, zu— 
fammenfhwären. 

Schwären, der, die Schwäre (ahb. der suero, mhd. swer = 
Vollsſprache Schwärn) eine Erhöhung der äußern Haut, unter wel: 
Ser ſich Eiter ſammelt. Geſchwür (ahd. daz gasuer, mhd. geswer, ' 
bei Etieler Geſchwär, Geſchwür) eine Eiterfammlung unter der 
äußern Haut, aber aud) im Körper. — Wo die Hunde des a 
Mannes ihm die Schwären leden. Shaffpeare, König Heinrich KV." 
1. Theil 4, 2. Aud ging hinweg bie böfe Schwär. Overbeck. 
Jemand flirbt floifh, an einem Geſchwür am Rüden. Lichtenberg, 
wißige und fatgrifhe Einfälle. Dieß ift des Wohlſtands und ber 

Geſchwür, das innen aufbricht, während fi von außen fein 
Grund des Todes zeigt. Shaffpeare, Hamlet 4, 1. 2 

Schwer (ahd. suäri, mhd. swaere, swer, agf. svar, sver, 
ver) Drud- und Schmerzempfindung ausdrüdend, deren Ueberwia⸗ 
bung Mühe Eoftet: Laft, Geld, Zunge, Sorge, Sünde ꝛc. — Die 
Schwere (ahd. suäri, mhd. swaere) die Eigenſchaft eines Dinges, 
da es ſchwer if; früher auch Schmerz, Sorge, Noth. — Keine Irr⸗ 
thümer find ſchwerer zu heben, als die ihren Schuß in dem natür- 
lichen Charakter ihres Geiftes finden. Gellert. Nimmer erweckt ihn 
ber fröhliche Reigen, denn der Schlummer der Todten ift ſchwer. 
Schiller, Braut von Meffina. Denn zu tief fihon hat ver Haß ge- 
freifen, und zu ſchwere Thaten find gefchehn. Dal. Etwas fürd- 
tm und hoffen und forgen muß der Menſch für den kommenden 
Morgen, daß er die Schwere des Dafeins ertrage. Daf. ' 

Sart (goth. hardus, ahd., mh. hart, agf. heard) feſt in feinen Thels 
len; dann (fig.) unangenefm. Empfindlich unangenehme oder durch das 

Unangenehme leicht aufreizende Cindrücke in höherem Grab erregend. Siehe 

ah Gewicht und Wucht. — Der erſte Augenblid muß auf dich eine 

enpfindliche Wirkung machen. Gäthe, Clavigo 8. Iſt denn die Krone 
ein fo einzig Gut! Iſt es fo bitter fh wer, davon zu ſcheiden? Sch kenne, 
was noch [ch werer fich erträgt. Don dieſen trotzig herriſchen Gemüthern 
ſich meiftern loffen, von der Gnade leben Hochfinnig eigenwilliger Bafallen, das 
iſt des Harte für ein ebles Herz, und bittter, als dem Schickſal unterliegen. 

Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 6. — 

Eiſen —, Sorgenſchwere; ſchwerathemig, —athınend, — auf⸗ 
ſtöhnend, — bedeckt, —bebangen, —beladen, —belaftend, —bewaffnet, 
—blütig, — duftend, —fall, —faällig —faͤlligkeit, —faltig, —fläche (in 








120 


ber Mathematit), — flüſſig, —füßig, — geharnifcht, —gefräuft, — 
— —geöote, gem, lau, hal, Ser, pe 
rig, —börigfeit, —köpfig, —kraft, —Taftend, — leder, +-Ieibig, — lich, 
— linie, —löthig, —meifer (die Schwere der Luft zu meffen), —muth, 
— müthig, —punet, —reid, — feinen, —fpath ), —ftein, —flö 
nend, —treffend, —wandelnd, — wichtig; alter(s) ſchwer, bedeu⸗ 
tung—, blei—, donner—, frucht —, gewitter—, inhalt —, ſchickſal —, 
ſchlummer — u. a. Und unter Eines Joches Eiſenſchwere bog 
er verneinend ihren ſtarren Sinn. Schiller, Braut von Meffina. 
.Mißmuth, Neue, Vorwurf, Sorgenfhwere belaftens (das Herz) 
nun in ſchwüler Atnofphäre. Göthe, Elegie. Die tief unter uns 
fhwerathmend wohnen in dem Dualm der Städte. Schiller, 
Tell 2, % Die nun trugen zur Stadt den fhweraufftöhnen= 
den Krieger. Voß, Ilias 14, 43%. Aber aus ſchwerbedeckter 
Enge treibet mich ein eigenes Gewicht. Göthe, Braut von Corinth. 
Entfaltet mir die [hwerbehangenen Aeſte. Göthe, Ilmenau 
3. September 1783. Der (Zag) mir auf einmal jede bange Sorge 
vom ſchwerbeladnen Bufen hebt. Schiller, Braut von Meifina. 
Gehüllt in trauernde [hwerbelaftende Dämmerung. Klopſtock, 
Meffias 9, 56. Denn es war der Greis in der Naht ſchwer⸗ 
duftender Stunden aufgeftanden. Daf, 6, 161. ne bäßliche 
Unart ift das, die Sie ſchwerfälli ß und aldern mad. iller, 
Fiesko 2, 2. (Gewand), das ihre Götterformen edler hervorhob, 
als einft das ſchwerfaltige. Benzel-Sternau, Ein anderer Mann 
aber blieb ernft an feinem ſchwerfüßigen Tifhe ſitzen. Derf. 
Der Spanier fhwergeharnifchte Reiter. Pyrker, Tuniſias 8. 
Schwingt zu Roß fih ſchwergerüſtet. Uhland, Ritter Paris. 
Es beugte ſich der Stolz des Kaifers vor dem Schwergefränften. 
Schiller, Wallenfteing Tod 3, 13. Rachetrunfen, ſchwergeſcholten. 
Böthe, Pandora. Mein Herz, das zu ſchwergläubig war. Thüm⸗ 
mel. Schwerhauptig fanf er. Sonnenberg: er ibm von 
feiner Shwerhörigfeit helfen wollen. 3 Paul, Heiperus 
3. Die Troer umſchlug fchwerlaftender Kummer. Voß, 
Ilias 16, 549. Schwerlich indeß wohl kommt er anfest. Daf. 
17, 709. Kurz darauf betrat Saul die Scene, in großer Verlegen- 
eit über die Sınpertinenz des [hwerlöthigen Kriegers. Göthe,- 
eifters Lehrjahrte 1, 2. (Du) neigeft dich mit Ieffem Tröſten an 
der Schwermuth dumpfes Ohr. Salis, das Mitleid. Ein Mit 
leiden, das felten von empfindfamerr Schwermüthelei begleitet 
wird. Lichtenberg, morl. Bemerkungen. Du bift ung faum ent- 
wichen, und fhwermüthig ziehen aus bumpfen Hölen..... Verdruß 


6 Spat (und zwar richti — 
spand; verpleie fanfte sphatika = amnhall © nn epet. engl 








mb Langeweile. Gothe, an Zacharis. Schwermuthsvoll und 
vumpfig hallt Gelaͤute. Hölty, Elegie. Sein ſchwermuth⸗ 
trankes Bürde. Da der Ehrenpunkt der Schwerpunkt 
war. ul, Titan 11. Wo ich Arybos Tochter, des gar ſchwer⸗ 
reihen*), mich rühme. Voß, Odyſſee 15, 435. Die leichte Be⸗ 
in der ſchwerſcheinen den Rüſtung. Göthe, Meifters 
kehrjahre 5, 11. Ohne zu fürchten Zeus. ſchwertreffenden Zorn. 
Voß, Ilias 13, 624. Mein ſchwerwandelndes Hornvieh. Voß 
Odyſſee 4, 330. So lenke dann die alterfhweren Tritte nach 
jenem wohlbefannten Klofter Hin. Schiller, Braut von Meffina. 
Den Nacken altersfhwer gebeugt. Pyrker, Rudolph 6. Drei 
Vorte hört man, bedeutungfhmwer Schiller, die Worte des 
Vahns. ES Tiegt mir bleifhwer in den Füßen. Göthe, Fauſt 
1, 118. Diefe donnerfhwere Wolfe Schiller, Braut von Mef- 
fm. Daß deine Sprache eine reichhaltige, vollblühende, frucht⸗ 
fdwere... Sprade fe. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Und es 
naht gewitterfchwer. Schiller, Hero und Leander. Drei Worte 
nen’ ich euch, inhaltfhwer. iller, die Worte des Glaubens, 
So hört und fchant das ſchickſalſchwere Blatt. Göthe, Fauſt 
2, 65. (Er) neigt das Haupt, wie ſchlummerſchwer. Uhland, 
der Rofenfranz. i 
Yum. art Hat noch einige andere Infammenfekungen:s Schwermägig, 
ee He ee 102, en . * 
Schwierig (ie iſt bloß Dehnung, ahd. suẽrag, mhd. swirec), 
Schwierigkeit. — Bergvölker find unbezwingbar wegen ber Fels⸗ 
wände und des engen ſchwierigen Zugangs. Meißner. Bis ein 
Verf des Genies, von dem man nur aus der "Erfahrung lernen 
konn, wie viel Schwierigfeiten es zu überfleigen vermag, biefe 
Bedenklichkeiten AN widerlegt. velfing, Hamburg. Dras 
maturgie 1,2%. Da liegt die Schwierigkeit. Wieland, Oberon 4, 61. 
Anm. Für Schwierig flieht bei Schiller oft (meiſt auf Perfonen über: 
tagen) ſch würig, welche Schreibweife nicht nachzuahmen, auch nicht in allen 
Ausgaben beibehalten it. — Der Adel it fh würig. Fiesko 2,18. Alle Stände 
ea g. Biccolomint 1, 8. Auch öfters bei Sölhe, aber mit derfelben Unficher- 


find doch nur ihres Gleichen, das fühlen fie und werden ſchwürig. 
Gig von Berlichingen. Das Bulk wird ſchwierig werden. Egmont 2. ® 


Beſchweren, feltner ſchweren (ahd. svärian, mhd. swieren 
amd beswzeren) 1) ſchwer maden: ven Magen; 2) (figürli) Bes 
ſchwerde maden;.3) fi) beklagen. Davon Beſchwerde (ahd. suẽ- 
rado, suẽrido, suẽrdo, mhd. swẽrde), Beſchwer, beſchwerlich, 
Beſchwerlichkeit, Beſchwerniß, Beſchwerung; erfchwereü. 

®) Nach dem gr. Original (molvyalvov) heißt es eigentlich des an Erz rei: 


den. Die Bollsſprache gebraucht Hier und da das einfache ſchwer in der Bedeu⸗ 
hg wen reich, 3. DB. im Jerjel von Fr. Lennig: „Eich fein e ſchwerer Mann.“ 





122 


— Zerſtreute laͤndliche Wohnungen, freilih von ber kaͤrglichſten 
Sorte, jede von ihren Bewohnern felbft zufaummengezimmert aus ver⸗ 
fehränften Balfen, die großen ſchwarzen Schindeln der Dächer mit 
Steinen befhwert, damit fie der Wind nicht wegführe. age 
Meiſters Wanderfahre 3, 5. Einer will die Sonne, die den Au— 
dern beſchwert. tler, Wallenfteins Lager 11. Ich befhwere 
mich nicht über dieſes Mißtrauen. Leffing, Minna von Barnhelm 5, 5. 
Und ſchweret feven Aft mit einer fügen Frucht. Alringer, Doolin 
6, 53. Vernehmet meine Befhwerden. Göthe, Reinefe Fuchs 
1, 22, DBergeben und vergefien fon tft jeglihe Beſchwerde. 
Bürger, die Entführung. Gern trägt fie die Beſchwerden des 
ungetooßnten Standed. Wieland, Oberon 9, 30. Das macht ihm 
eben fein Beſchwer. Kopiſch, —— (Sie war) —— und haus⸗ 
Bd, fleinlih und beſchwerlich. Göthe, Meifters Lehrjahre 
1: — zu fuͤrchten iſt leicht, aber beſchwerlich, Ehrfurcht zu 
hegen iſt ſchwer, aber bequem. Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 1. 
ing er an, uns, wiewohl mit ann Befhwerlichfeit, Die Ge 
chichte davon zu geben. Göthe, Werther 1.2. 1. Juli. (Sie) 
endeten ohne Beſchwerniß nod an demfelbigen Tag. -VBoß, Odyſ 
fee 8, 335. Was mir tauſendfach die eigne Noth et Hwert. Wie 
land, Oberon 9, 16. . | 
Laͤſtig (von Laft, fiehe Laden) bebentet in hohem Grabe drückend unan: 
genehm, ſehr befhwerlid — Run bift du los der allzu läfligen Schwere. 
Goͤthe, Kauft 2, 49. Der dicke Rauch, welchen dieſe Fadeln in einem engen 
unterirhifchen Raume hervorbringen, . wird den Augen läflig und madyt pas 
Athemholen befhwerlid. N. v. Humboldt, bie Felehöhle von Guadhare. 


Anm. 1. Zu diefee Wurzel gehört wol aud) ahd. ser — Schmerz, wovon 
nhb. verfehren und unverfehrt (ahb.seraw&n — hinſchwinden, nieverf. seren 
= Schmerz erregen, mh. sören — Schmerz erregen, verwunden). Ober {fl an 
gr. Salon — ich verziehe die Lippen, zeige die Zähne, ‚ale Ausprud des Zornes, 
des Hohnes ıc. zu denken? — Dann, andrerfeits, verfehr ich meine Freunde. 
Shaffpeare, König Richard II. 3, 7. Rüdert Hat noch die Sehre. Sie fürd: 
tet eine Sehre, die ihr würde gethan. Nichts ihr bringe Fahr (Gefahr) und S ehr. 
Sefammelte Gedichte 4, 381. 200. | 

Anm. 8. W. Wadernagel rechnet hierher au Schwarte (mhb. swarte, 
agf. swöard, altn. svördr, holland. zwoord) die vide, harte, behaarte Haut des 
Shlerfleifehee früher auch die behaarte Kopfhaut des Menſchen. — Daß die Sch warte 
bavon zufammenfchrumpfte. Göthe, NReinefe Fuchs 8, 303. Bier dutzend Bände, 
in Pan und Schweinfhwarten. Voß, der Horfpfaffe, 

m. 3. warm (ahd. suaram, suarm, mhb. swarm) fünnte man ver- 
fucht fein auch Hierher zu rechnen; befier denft man an fanffr. swr, swri, Bwar 
tönen, swara = Ton, alfo das könende Durcheinanderbewegen. 


Weben. 
(Wurzel wab, wib, agſ. vef, fanffr. vap, vip.) 
Sebe, wob, gewoben, weben; auch ſchwach conjugiert, (ahd. 


Ä wipu, wap, wäpume£s, wöpaner, wöpan; mhd. wibe, — wä- 
ummin 


dag was in ihm lebt md weht und 





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geweben, wöben; goth. bivafbjan — umgeben, den; 
agſ. vefan, altn. vefa, — väfva, daͤn. voeve, engl. weave) 
mit der Grundbedeutung hin und ber bewegen, in diefer Bebeutung 
jedoch veraltet und nur gebräuchlich in beſondern Redensarten: Alles 
Iebt und webt an ihm; gewöhnlid die Fäden hin und her ziehen, 
@infchiegung eines Fadens in einen ausgefpannten Aufzug 
hervorbringen: Tuch, Spiten, auch fi — Liſt, Betrug. — So 
e ſeine Kraft, nie ſeinen 
Geiſt vermi Göthe, Gott, Gemüth und Welt. Im Lenzhauch 
webt der Geift des Herrn. Matthiffen, Naturgenuß. Reich’ ihm 
beinen beil’gen Schleier, der — —— die ihn tragen, 
wmverleglih aus den Grab der Fluten hebt. Schiller, Hero und 
Leander. Der bied Band um eure heilen Sinne wob. Schiller, 
Maria Stuart 1, 3. Daß alle Lift und alles a. Gewebe 
fi) allein in meinem Kopfe fpinnt und webt. Göthe, Taffo 4, 3. 
Da werde der Iuftige Reigen gewebt. Mathiffon, Keenreigen. Hoch 
über der Zeit und dem Raume webt lebendig der höchſte Gedanke. 
Schiller, Worte des Glaubens. Denk dir ein Weib im fchönften 
Jugendlicht nach einem Urbild von dort oben aus Rofenglut und 
kilienſchein gewoben. Wieland. 
ab—, an—, auf—, aus —, durch —, ein —, ent —, fort—, 
mit —, über—, um— , ver—, vor —, zu—, zuſammenweben be- 
dürfen keinerweitern Erklaͤrung, ſind jedoch nicht alle gleich gebräuchlich. 
— Einen Knäuel abweben. Thümmel. Der es beliebt, zu immer 
regem Leben, mit Handlungen die Handlung zu durchweben. 
GBöthe, Feftgefang zum 18. Dezember 1818. Dom Brautfleiv eh’ 
ih fie umbebt, mit Silber und mit Gold durchwebt. Paten, 
. Des Sonnenſcheins grünlid durchwobenes Gold. 
Salis, Elegie an die Ruhe. Nichts erwedt die Neugierde der Jugend 
als Ban nützlicher Kenntniffe in angenehme Gedichte 
eingewebt. Lichtenberg, äfthet. Bemerfungen. Ein Iuftig Gewebe, 
leicht zu entweben. Klopflod, Meſſias 7, 47. Welches (Schids 
9 unfihtbar ſich dem Auge fortwebt, immer ind Dunklre webt. 
lopſtock an Gott. Schwarze Marmormaſſen aufgelöft, zu weißen 
kryſtalliniſchen Säulen und Flächen wieber bergefie t, beuteten wir 
auf das fortwebende Leben der Natur. the, Campagne in 
Frankreich, Duisbnrg im November. Flora fol ihn überweben, 
golden, blau und purpurroth. Bürger, Nachtfeier der Venus. Weile, 
don der fühl, 0 Wandrer, überwebt. Matthiffen, das 
Grabmal, Ihre reine Stirne, von gefräufelten Haaren durchſichtig 
überwebt. J. Paul, Titan 56. Du gebft von Luft ummwoben. 
Pleten, Gefang der Todten. Nun fchaw ich ferne zu, wie bier, mit 
Rohr ummebet, die vothe Wolfe bebet, dort Ente, Schwan und 








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—— — 





Kuh. Voß, der Agneswerder. Und Sinngrün, yon der Freund⸗ 
fhaft Hand gepflegt, verwebte fie mit Mirt’ und Rosmarin. Mat: 
thiffon, das Kloſter. Was vielen ward zu Dornenranfen, hab’ ich 
en a ai ge rom. er . * emp⸗ 
eng uns freundlich, ob ihn gleich nie eine gewiſſe Feierlichkeit ver⸗ 
ließ, die in ſeine Sitten, * in feinen Stil, verwebt if. H. 
P. Sturz 1. Brief, In feine vielverwobnen Gänge nimmt jet 
dev Wald die Pilger auf, Uhland, von den fieben Zechbrüdern. 
AS... der jüngere vorwitzigere Orient die Weisheit des Dichters 
verfannte, bie ſolchen Vorhang der Finſterniß vorgewebt hatte. 
. Herder, So treten beide (Hoffnung und Erinnerung) bin zur Gegen 
wart und weben dies Zwifchendand mit Blumendeden zu. Tiedge, 
Urania 4. Gar mancher würde begreifen, wie ſchwer es fei, ein 
Werk aus Wiffen und Einbildungskraft zufammenzumweben. 
a A ene Werfe 9, 158. 
. Das Bartleipium wird auch mit andern Wörtern ee — 
— B. Und deckt mit dicht gewebtem Flor die lieblichſte von allen Scenen. Goͤthe, 
— 108. Fahret wohl, ihr goldgewebten Träume! Schiller, bie Kinbee: 


Gewebe (ahd. kawẽp, giwẽppi, w&ppi, wuppi, mh. webe, 
webbe, weppe zunächſt Einjchlag, Garn zum Weben, agf. væbb, 
veb, altj. webbi, neunicderd, wewe) 1) Handlung des Wehene: 
das Gewebe währet den ganzen Tag; 2) die Art und Weife des 
(eigentlichen und ngürligen) Webens: das Fünftliche Gewebe des 
Tuches, der Lüge; 3) die gewobene Sache. Voß bat das immer 
mehr veraltende Webe öfters gebraucht. — Welder (Schranf) 
mit Leinwand hausgefponnenes Garns und zarterer Webe des Aus 
lands voll von unten bis oben gedrängt war. Luiſe 3, b. 585. 
Schnell durd Spur’ und Haspel eilt, ſchön gefnäult, drauf vein 
Garn zur Webe. Voß, beim Flachsbrechen. Bergefien. fie das 
ſchreckliche Gewebe eines finnlofen Traumes. Leffing. 

Anm. Das finnverwandte Befpinnft fiche bei fpinnen. 

Spinnengewebe (ahd. spinnaweppi, spinnunweppi, mhd. 
spinnewebe, spinnenweppe), Spinnengewebe (fiehe beide bei fpin- 
nen), Kunftgewebe, Körper— , Nerven— , Spitengewebe; Gewebe 
baum. — Alle Fäden ihres zitternden Körpergewebes ſchwanken 
dann mit ihr. J. Paul, Hefperus 28. Und die zartefte (Kühlung 
der reineren Luft) des Nervengewebes Gleichgewicht halten Hilft. 
Klopftod, der Kamin. In deinem Laubgewebe, Natur. Tiedge. 
Dann zum Gewande wählt dag Runftgewebe des Indiers. Schil— 
Ier, Braut von Meſſina. Den Loden an langfaın das Spitzen⸗ 
gewebe nah. % Paul, Hefperus 27. 


Anm. Fiſchart Hat auch ein Verbum fpinnenmweben: der die ganz Welt 
erfeubert, erläutert, erlaufet vnd fpinnenweppet. (Sie) ſpinnenwebben. 
Gargantun S. 149. 68. 


125 





Weber (ahd. wöberi, mhb. weber), —arbeit, —baum, —blatt, 
—biftel, —ei, —eintrag, —filhlein (cyprinus alburnus L.), —ges 
wid, —famm, — karde, —fueht, — knopf (gyrinus), —fnoten, 
— nf, —meifter, — chaͤmel — if —ſchlichte, —ſpule, —ftube, 
—fuhl, —zettel (auch Webſchiff, —ſtuhl*) u. a.); Kunſt —, Leinen—, 
Bollen—, Strumpfiweber u. a — Das preifen die Schüler aller 
Orten, find aber feine Weber geworden. Göthe, Fauſt 1, 96. 
Jene ovidiſchen Verſe werden von Arachnen gefagt, einer eben fo 
geſchickten als hübfchen und zierlihen Weberin. Göthe, Meifters 
Wanderjahre 2, 4. Er iſt Mufter in feinem Geſchaͤft und verfteht 
was zur Spinnerei und Weberei und vergleichen gehört, vollkom⸗ 
men anzugeben. Dafelbft 3, 5. 

e, meift in der Zufammenfeßung Honigwabe (Gälternhd. 
kungweffel) gebraucht (ahd. wäba, wäbo, mhd. wäbe) iſt nad 
Grimm nicht aus Tat. favus, wie Schmitthenner meint, fondern 
aus ahd. wap (mob) gebildet. — Höher aber fteigt die Bewunderung, 
wenn man fie (die Bienen) in ihren Stöden felbft beobachtet, ihre 
Vaben, ihre Arbeiten. Dfen, Befchreibung der Bienen. Honig, 
der der Wab' entfloß. Salis, Tester Wunſch. (Sie werden) finden 
dich und Taben mit fügen Früchten oder Honigwaben. Platen, 
rem. Dedipug 2, 

Sinmerwanbt, dabei im Gebrauche fehr verbreitet iit der Ausdruck RG 
für Rip, altſ. räta, mhd. räz, älternhd. raeß, roß, fpäter an manchen 
Orten Röft, z. B. auch bei Gellert: Daß unfer (ver Bienen) Roft von Honig 
rinnt. 


Yum. Waffel (nieverb. wafel, wäfel, engl. wafer) ein Gebäd, das einer 
abe ähnlich fieht. — Brachten fodann für Walter und Karl vielrautige Waf⸗ 
feln. Voß, Luife 1, 570. 

Welpe (ahd. wafsä, wefsä, mhd. wäfse, agſ. väps) ſcheint 
vom deutſchen weben gebifbet, dann an das lat. vespa angelehnt, 
daher Wefpe ftatt Wepſe. — Wefpenfalf (falco apivorus L.), 
Age —freffer, —neft, —fid. ’ j 

ebel und Wibel (ahd. wibel, webil, agf. väfel, vifel), 
mhd. wibel, bei Alberus Wuͤbel, Wibbel, Kornmwübel) Käfer, 
Kornwurm. Davon die mehr der Volksſprache angehörigen Zuſam⸗ 
menfeßungen: Dred—, Koın— , Roßwibel. 

Bibeln (auch wiebeln, mhd. wibelen) fich fäferartig bewegen, 
von einer großen Menge Fleiner Thiere gefagt. In Oberdeutfchland 

ver—, zuwiebeln verflehen, zuflopfen, 3. B. ein tod 
in einem Kleidungsftüd. — Da vor Freuden Alles wiebelt, ba 


*) Göthe fagt im Fauſt 1, 30 Webſtuhl und in Meifters Wanderjahren 8, 5 
Bebegefhirr, in verbale Sufammenfegung, font in fubftantivifcher: Webers 
Rupl, Weberbaum, Weberfhiffchen, Webergefhäft in Meiſters Wans 
berjaheen 3, 5. — E86 fank zur Erde das Webſchiff. Voß, Ilias 22, 448, 





\ 


126 


mit Gleichem Gleiches Tiebelt. Logau. Würmwüblend. Fiſchart, 


Gargantua ©. 46. 

Webel und Weibel (ahd. mhd. weibel) 1) Gerichtsdiener; 
2) Inhaber einer Stelle bei den Soldaten: Feldwebel, Freiwebel Cin 
der Schweiz eine obrigfeitlie Perfon unter dem Amtmann). — 
Der Landesammann nehme feinen Plab, und feine Weibel fliehen 
ihm zur Seite. Schiller, Tell 2, 2. Endlich, als die Stunde flug, 
löſt' ihn der Weibel ab und frug: Iſt nichts zu rapportiren? Sins 
rod, der Rekrut auf Philippsburg. 

BWebern, wabern (auf dem Wefterwald wawrichen, uhd. 
waberen, weberen, altn. vafra, bei Fiſchart wäfern, bei Alberus 
webern) fi hin und her bewegen, auch von Gefpenftern gefagt 
(altn, vofa, vofra = das Geſpenſt, dän. vever — behend): Die 
Frau webert den ganzen Tag im Haus herum (ift gefhäftig); es 
webert (fpudt) in diefem Haufe. Beide Wörter gehören jegt mehr 
der Volksſprache an. — Du machſt de was da webert. Luther, 
Pfalm 65, 9. Ich fauff vnd wäfer. Fiſchart, Gargantua S. 485. 
Im Wafler wäferen. Daf. 231. 

Anm. 1. Aus derfelben Wurzel mit weben, jeboch mit veränbertem Lippen 
laut, flammt wahrfcheinlih auch weifen (von ahd. wiljan = weben, woher Sr 
wift = Gewebe, wefal, wöval, mhb. wövel, webel = Cinſchlag beim Gewebe, 
bei Stieler waflel und wiefel; oder von ahd. wifan, mhb. weifen = aufwideln, 
alte. vippa = umdrehen), vermittelt ver Weife abwinden, hajpeln. — Weine 
Meife, ſtets lebendig, hat noch nie fich übereilt. Fäden kommen, Fäden weifen, 
jevem Ten’ ich feine Bahn. Böthe, Fauf 2, 35. 

Yum. 8%. Wabeln, waibeln, wabben, nieverb. quabbeln (mh. wa- 
belen, vergleiche ahd. weipön = zitiernd fi en), von feuchtem Lockerern ges 
fagt, das fich zitternd hin und ber bewegt, ift wahrfcheinlich ſtammverſchieden von 
weben. — Wenn dir's früh im Magen wabbelt. Voß, der Dorfpfaffe. 

.8. Wippen = auf und nieberfchweben, auf⸗ und nieverfchnellen, 
fheint mit weben wurzelverwandt. Davon Wippe, Wipper, Wippgalgen, 
Mippfeil, Wippen Band (im Waſſerbau). — Denn ein gewiſſer Fra Mauritio 
fet ein fehr firenger Auffeher und würde um einer Kleinigkeit willen Sand Johann 
den Täufer felbft wippen lafien. Böthe, Benvenuto —* 2,4 So ſah der 
erſte Menſch im erſten Traum ſich wippen, und ſtieg und fiel bald Hoch, bald 
tief. Thuͤmmel. Wär’ ih auch auf ver Wippe ober allen Foltern in ber Welt, 
fo Sa ich mir's nicht mit Gewalt abnöthigen. Shaffpeare, König Helnrih IV. 
1. Thl. 2,4. Aber es ift für einen Engläuver Fein Verrath, franzöfliche Kronen zu 
befchneiven, und morgen wird der König ſelbſt ein Kipper und Wipper fein. 
Shaffyeare, König Heinrih V. 4, 1. — Firhart (im 16. Jahrhundert) fagt: das 


wibende wabende Wafler. 


Wiegen flatt wigen, wegen. 


(Wurzel wag, wig, fanffe. vah; vergleiche Tat. veh—ere, gr. oy—eir 
— fahren, ſich fortbewegen.) 


Wiege, wog, gewogen, wiegen, in tranfitivem Sinne meift 
ſchwach (ah. wiku, wac, wäkumes, wekaner, wekan; mhd. wige, 


127 


iu wac, wägen (wuoc, wuogen), gewögen, wögen; golf. vigan) 
1h) ſanft Hin und her, auf und ab bewegen; 2) * ewiſſe Schwere 
2] haben; 3) dieſe Schwere durch Wiegen Anden, — Schwankend wies 
3 gen im Morgenwinde fich die jungen Zweige. Göthe, Taſſo 1, 1. 
ı- Bie gend gleitet der Kahn über der leiſen Flut fanft erröthendes 
Blau. Matthiffon, die Waſſerfahrt. Wehe dem Fahrzeug, das jetzt 
unterwegs in vieler furdhtbaren Wiege wird gewiegt. Schiller, 
Zeit 4, 1. Mit Inbrunſt herzte der Greis fein freundliches Kind 
(kuiſe), auf dem Schoße fie wiegend. Voß, Luife 1, 59. Im 
Schimmer der Abendröthe wiegt ihn in Schlummer ber murmelnde 
Bad. Sciller, Braut von Meſſina. Der mittelfte Brillant allein 
wiegt über fünf Karat. Lefling, Minna von Barnhelm 2, 3. Auf 
der Größe Gipfel vergiß nicht, was ein Freund wiegt in der Noth. 
Schiller, Jungfrau von Orleans 3, 4& Die feindlichen Feldherren 
aber, Die ei, diefer Kriegewagichale fhwer wiegen, flellen das 
Gleichgewicht wieder her. Archenholz. Der flag der wag ihm als 
ein wint (galt ihm gleich einem Wind, d. i. nichts). Boner, Fabel 
62. Sparfam und mit Würde wog ber Fürft mir jenes Wort des 
Beifalls. Schiller, Wallenfteind Tod 4, 2. Cr wiegt die innere 
Kraft, die fid) in Körpern regt. Haller, über die Vernunft. 
ãgen (ahd. wegjan, hd. wegen), bie thätige Form von 
wiegen, darum eigentlich ſchwach biegend, bedeutet 1) foviel als 
wiegen (in thätigem Sinn); 2) figürli) die Güte einer (unförpers 
lihen) Sache genau zu erforfchen fuchen. — Das Glück deiner Tage 
wäge nicht mit der Goldwage. Göthe, Sprichwörtlich. Man 
wäge mich, das will ich nicht vermeiden. Göthe, Taffo 2,3. Wie? 
du ſtutzeſt? wägft mich mit dem Auge? Leſſing, Nathan der Welfe 
3,5. Wie wägete die Wage? Herver. Ihm iſt in der richtenden ' 
— fein Blut zum gewiſſen Tode gewogen.*) Klopſtock, Meſſias 


Yum. Fiſchart hat im 16. Jahrhundert noch mehrfach die alten Formen bes 
wehrt: Sie wagen am Gewicht zu ſchwer. Gargantua S. 296. Der nachtheil 
ward erwagen. Daſ. ©. 297. Hugen fagt in feiner Rethorica vom I. 1528 

» 19 b. Achthundert gulbin rechtes gewichts, bezalt, gegeben und gewegen. Daf 
109%. Wir haben den Handel gehört und erwegen. " 
Abwägen und abwiegen 1) die Schwere durch Wiegen erfa hs 

ren: Ste; 2) das Berhältnig einer Sache gegen eine andere bes 
fimmen: Gründe, Zweifel; 3) nad dem Gewichte zutheilen: dem 
Käufer den Kaffee, dem Soldaten das Brot; 4) die wafferrechte 
Lage eines Drtes mit der Waflerwoge erforfchen. — Wenn er ihre 
Sehler und Vorzüge abwiegt. 9 P. Sturz, 1% Brief. Dis 


©) Es laͤßt fih aus dem Präteritum und dem Participium nbp. nicht immer 

atzchmen, ob der Schriftfteller an wiegen oder an wägen gedacht. In thätigen 

Gran follte wiegen und wägen nach ſchwacher, In neutralem dagegen wiegen 
.. 2b Amfer Gonjngation gehen. 


128 


um gewandten abwiegenden Weltmann. Göthe, Meifters Lehr⸗ 
Tahre 4, 16. Friedrich der Zweite, auf feiner Kraft ruhend, ſchien 
noch immer das Schickſal Europens und der Welt abzuwiegen. 
Göthe, Leben 17. B. Nun ging es an ein Abwiegen aller und jeder 
Handlungen. Göthe, Meiſters Lehrjahre 6. Buch, Bekenntniſſe ei⸗ 
ner ſchönen Seele. Längſt hatt' ich alles reiflich abgewogen. Göthe, 
Egmont 4. Die (Rechte) abzuwägen, iſt jetzt keine Zeit. Schiller, 

4, 3. Bis ich ſeine Gründe in aller ihrer Stärke gegen die 
meinigen abwägen kann. Leſſing, Antigöze 8. 

Einwägen 1) wägen und in ein Gefäß thun: Butter; 2) durch 
öfters Wiegen vermindert werben: es wägt ſich gewöhnlich etwas 
ein. Einwiegen 1) in Schlaf wiegen; 2) befänftigen. — Du 
wägft dein Gold und Silber ein, warum mwägft du nicht auch deine 
Worte auf der Goldwage? Luther, Sirach 38, 29. Ihn wiegt: 
nicht die Einfamfeit mehr fehmeihelnd ein, Göthe, Taſſo 1, 2. 

wiegte Schmerz und Sehnfuht und jeden Wunfch mit leiſen 
Tönen ein. Daf. 3, 2 

Erwägen abwägend überlegen, für und wider nad dem Ge⸗ 
wicht prüfen, alfo nach der Wichtigfeit. — Hört, was ih bei mir 
felbft erwogen. Schiller, Braut von Meffina. Das > ih laͤngſt 
auch wohl erwägt. Nüdert, gef. Geb. 6, 28. — Erwiegſt du 
den Berbienft? Opis, Nleberfegung der Troi. des Seneca S, 131. 

Bedenken (ahd. pidenkan, mhd. bedenken) die Umftände und Ber: 
haͤltniſſe von etwas ſich vergegenwärtigen und deutlich machen, um zur Gr⸗ 
kenntniß desfelben zu gelangen. Beherzigen (von Herz, goth. hairts, 
ahd. herzä, hd. hörze) bezeichnet das Thätigfein des Gefühlsvermögens bei 
dem Prüfen, Betrachten (ahb. p(b)itrahton, mh. betrahten, von ahb. 
t(d)rahton, mh. trahten, lat. tractare) denfend und empfindend (geiflig und 
koͤrperlich) anfehen, fo daß die ganze Aufmerkſamkeit auf den Gegenfland ges 
richtet if. Überlegen (mhd. überlegen — belegen, befegen) etwas in fei« 
nem Zufammenhang (fi gleichſam darüber legend) betrachten, um ſich bars 
nach zu entfchliegen ober fein Verhalten zu beflimmen. — Sp erwägen Gie 
bob, fo bedenken Sie doch, wie fehr Sie fi in Disgrace fehen, Lady! 

Schiller, Kabale und Liebe 4,9. Eh ihr zum Schwerte greift, bedenkt 
es wohl. Schiller, Tell 2, 2. Sie mag ihr Heil beherzigen. Schiller, 

Jungfrau von Orleans 1, 5. So laßt uns jetzt mit Fleiß betrachten, was 

durch die ſchwache Kraft entipringt. Schiller, Glocke. Ihr habt's nun über- 

legt; Habt nun gefunden, daß der Patriarch fo unrecht doch nicht hat. Leſ⸗ 

fing, Nathan der Weile 4, 1. 

Berwägen (ober verwegen? wie früher) 1) nad der Reihe 
wägen; 2) falfch wägen, e8 gefchehe abſichtlich oder unabſichtlich (in bei⸗ 
den Bedeutungen nicht ſehr gebraͤuchlich); 3) ſich einer Sache, ſich acht 
und furchtlos einem Uebel unterziehen, nd. weniger im Gebrauch. — 





129 j 


Hat u Landmann folder That verwogen? Schiller, Tell 
4,2 Soldyer Gewaltthat hätte’ der Tyrann wider bie freie Edle ſich 
verwogen? Daf. Der je des Frevels fih verwäget und feine 
Hand an diefen Schleier leget. Wieland, Oberon 12, 6. Der fi 
verwog der Ehriften Gott zu läſtern. Daf. 5, 36. Des ich mid) 
wol vermegen fann. Boner, Fabel 42. 


Sich vermeflen (ah. vermözzan, mhb. vermözzen = das Maß übers 
ſchreiten) ſich zuviel (übermäßig) Zutrauen auf fich felbft in etwas beilegen, 
mit zuviel Zutrauen auf ſich felbit in Beziehung zu etwas hochfahrend, Furcht 

ı und achtlos gegen Mebeles. — Wenn der Squire fi Hiefer That vermeifen. 
. Stiller, Maria Stuart 5, 4. 


: Auf—, aus — dar— ' durch — ] fort — hin —, binauf—, 
wt—, nach —, nieder— , über —, um —, vor—, 30— , zurüd- 
wagen nnd wiegen, ſich hinwiegen bedürfen Feiner weitern Erklä⸗ 
rang, find jedoch nicht alle gleich ſehr im Gebrauch. — Und wiegt denn 
er allein die Schale meines Werthes und meiner Liebe auf? Göthe, 
Taſſo 4, 5. Ja, wenn felber mit Golde dich aufzumägen geböte 
Primus. Voß, Ilias. Es wiegte diefe Thränen nicht auf. 
Shiller, Räuber 5, 2. Sie muften durch Bündniffe unter einander 
eine Macht aufzumägen fuchen, gegen welche fie einzeln nicht bes 
Randen. Schiller, vreißigjähriger Krieg 1.3. (Er) wieget mit 
dem Böglein ſich im Schlife auf und ab. Fr. Stolberg, der Abend. 
Iudeß diefer fehr bald den Teichten, heißen, ftillen Wilbling richtig 
auswog. J. Paul, Titan %7. Cine gute Apotheferwage der The⸗ 
mis, die Skrupel un Daf. 39. Wenn fie auch zehnmal fo 
viel und zwamzigfältige Sühnung hergebracht darwögen. Voß, 
Sid 22, 349. Kaum war ein Schlag dahin geflogen, als ſchon 
für die Auslage ein gleichgewichtiger entge ve Michaeler.. 
Ran wiegt die Gunft hier nicht für Kiften bin. Haller, die Alpen. 
Ber find die Vögel in ven Xeften der Stromes-Pappeln hinge— 
wiegt? Göthe, Zauft, 2,119. Die Welle-wieget unfern Kahn im 
Audertaft Hinauf. Göthe, auf den Ser. So wägt fie ie: 
Sans erſt nad. Soltau. Ich wollte ihn tröften, ich häufte Ge— 
meinfprüche, nub glaubte thn niederzumtegen (zu befänftigen), 
weil er nicht ſprach. Meyer. Er hatte einen überwiegenden 
erfand und konnte ſich in alle BVorftellungsarten verfegen. Göthe, 
Reiters Lehrjahre 6, Buch, Befenntniffe einer fchönen Seele. Nicht 
die Macht des ſchwediſchen Reiches, nur der Geift und das yerfön- 
liche Anſehen feines verftorhenen Beherrfchers hatten ihm ven über 
wiegenden Einfluß erworben. Schiller, 30fähriger Krieg 4.2. 
Ein Duentchen Dante wird, ihn zu vergnügen, die Eentner 
Undanfs völlig überwiegen. Göthe, —* 2,162. Doch wiegt 
Geziere, wiegen Weibertüden dem Männerwort, dem Töniglichen 


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Eid auf eurer Wage vor. Alxinger, Doolin 4, 19, Das Gofe 
wird hurtig vorgewogen. Wieland, Oberon 11, 5. So wollers 
Sie nur die vorgewogne That. Schiller, Don Karlos 3, 10. 
Alſo wägt er ſich felbft jede der Thaten vor. Klopſtock, Friedrich 
der Fünfte. Inzwiſchen daß die Männer, welche mit foldhen Gyps⸗ 
confetti handeln, während des Streites mit Ihren Körbihen geſchäftig 
find, und einem jeden, fo viel Pfund er verlangt, eilig zuwiegen. 
Böthe, römiſches Carneval. Dein Glaube war dein zugewogene$ 
Glück. Schiller, Refignation. Nur fürdte ich beinahe, daß eg un 
möglich fei, dieſem und andern ähnlichen Prädicaten, — Homer 
hier und da Perſonen und Sachen beilegt, richtigen Gehalt im 
Deutſchen zuzuwägen. Bürger, Note zu ſ. Ueberſ. von Homers 
Ilias 1, 7. Daß ns fie wägen die geftrige Schuld die Achaier 
reihlih. Voß, Ilias 13, 744. Alle wiegen r in verſchiedenen 
Zeiten nad) Anarchie oder Knechtſchaft Hin. H. P. Sturz 5. Brief. 
Lange wiegte ih mid fo Hin. Göthe, Meifters Tehrjahre 4, 16. 
Gewogen (ahd. giwägan, mhd. gewäögen), das Participium 
von wiegen, beveutet gewiegt, wird aber nur von einem Höheren 
efagt, der einem Niederen geneigt ift, !infofern diefer der Geneigt- 
t jenes Wichtigkeit und hohe Geltung beilegt, Davon Gewogen⸗ 
eit, ungewogen. Lobenftein fagt bewogen für gewogen, 
oder ift es — — Götter waren ihr gewogen, Menſchen 
waren ihr geneigt. Herder. Weil den Verliebten Beleidigung der 
Art zur Liebe en als zur Gewogenheit reizt. Ramler, Catull 
61, 8. Die Drachen werden uns durch Kirrung ſelbſt bewogen. 
Lohenſtein, Sophonisbe 4, 222, ' 

Zugethan (von zuihun, mhd. zuo tuon) gute Geflnnung für Jemanden 
fußernd. Geneigt (von neigen, ahb. hnikan, mhb. nigen) angenähert zu 
Jemanben hin ans innerem Triebe. Bünftig (mhd. gunstlich, von gunst, 
biefes von ahb. giunnen, mh. gunnen, günnen, ans ge-unnen — zuertheilen, 
agf. unnan — zugeben, goth. unnan, altn. unna — begünfligen, goth ansts, 
ahd. anst = Gunft, ahd. abunst, apanst, altf. abunst, avunst, afonst = 
Abgunſt) Jemandes Abficht oder Wahl fürdernd. Bnädig (ahd. kinddig, 
mbb. gensedec, genädic, von Gnade, ahd. kinAda; vergleiche goth. nithan 
== helfen, nord. nedi = Ruhe, mh. din sunne get ze gnäden = die Sonne 
geht unter) eigentlich fich herablafiend, dann wohlwollend gegen ven @eriuges 
ren, infofern es dieſer unverbient empfängt und nicht verdienen kann. — Die meis 
ften find mir zugethan. Schiller, Don Karlos 1,2. Sein Herz iR dem Bolfe 
nicht geneigt; warum iſt alle Welt dem Grafen Egmont fo Hold? Göthe, 
Egmont 1. Die Gelegenheit IR gänftig. Schiller, Tell 4,3. So acht' ich 
wohl, Bott würb’ euch nicht verlafien und ber gerechten Sache gnädig fein. 
Schiller, Tel 1,2. Daß unfrer Blut die Zeit nicht ſchade, räumt fie kein Recht 
ans Schwachhelt ein, und ihre Gunſt bleibt immer Gnade, nub ich muß im⸗ 
mer dankbar fein. Göthe, Jugendged. nachgel. Werke 7,10. — Siche noch Hold. 


431 


Berwegen ff das in alter Biegung erhaltene Participium Yon 
verwägen, ohne Roth, ohne daß es bie Pflicht erfordert, ſich im 
Gefahr begebend und die Gefahr verachtend; davon Verwegenheit, 
verwegentlid. — Wer mag vermwegen genug fein, Leid und 
Leben zu wagen um biefen bdjen Verräther? Göthe, Reinefe Zucht 
3, 185. Bermwegen wär’ ed, meine Kauft zu rühmen, denn fie 
bat nichts gethan. Göthe, Taſſo 2, 8. Geh den Weibern zart ent 
gegen, du gewinnft fie auf mein Wort; und wer raſch iſt und ver» 
wegen, fommt vnielleicht noch heffer Göthe, Antworten. Ind 
wenn auch der Gatte, ber Vater v t, die heiligen Bande ver» 
wegentlich löſt. Göthe, Ballade. 

Bermeſſen, weniger ſtark vermeſſent lich (nhd. vermezzcenlich), da6 
gern abverbialifch ſteht, ſiehe in feiner Bedeutung bei verwägen. Toll—⸗ 
kühn (ahd. umd mhd. nicht vorhanden, zuſammengeſetzt aus toll und Fühn, 
tol, küene) bebeutet wie verſtandesberaubt und miderfinnig furchtlos gegen 
Gefahr, ohne diefelbe zu achten. Tolldreiſt (nicht dreuſt aus tol und altf. 
thristi, von agf. thritsjan = wagen) furchtlos auf wiberfinnige Weiſe. — 
Ber follte wohl fo fcharfling, fo vermeffen, fo müßig fein, den Karlos 
zu belauſchen? Schiller, Don Karlos 2, &. Daß Macbeth, von dem Blend» 
werk voll, verwirrt und tollkfühn werben fol. Schiller, Mache) 4, 2. Der 
meinen Morgenfchlaf, fo tollfühn unterbridht. Wieland, Oberon 8, 82. 
Graf Ludwig, der nur feinem Unwillen Gehör gab, behauptete tollbreift, 
daß man ohne Zeitverluft zu den Waffen greifen müſſe. Schiller, Abfall der 

Wiege (add. d wiga, mhb ige fpäter wiege) 

iege . waga und wiga, mhb. wage, wige wiege 

Berfzeug damit zu wiegen (ſ. d. Wort). Davon Wiegerin; Wiegen- 
alter, —angebinde, — band, —bret, — feier, —feſt, — fefttag, —fuß, 
—-gefang, —geihent, —fraut, —Iied, mädchen, —pferd, — ſchild, 
—piegel, tu. — Mutterarm ift Kindermwiege. Göthe, Tifch- 
bins Soytlen 6. Er nahm vielmehr ein ungemein liebliches Schau> 
fchh feines innern Menfchen in der Paradewiege wahr. 3. Paul, 
Titan 18. Bon dem Wiegenafter an. Bürger, bei dem Grabe 
meines Großvaters. Sp ein Wiegenfeft Haft du noch nicht erlebt. 
% Saul, Heſperus 7. Nun kam Dina, die melopifche Wederin 
Bun senTchiage Derf. ar Wiegengefang. Böthe, - 

Leiden 1, 13. Mat. ag fi der Thor umaufhörlih mit 
deinem Wiegengefchente L eppen. Berizel-Sternau. Der Mut⸗ 
ter füßes Wiegenlied. Salis, die ſtillende Mutter. Was erblid’ 
ih dort am Wiegenfhilde? Mündhaufen. 

age (ahd. wäga, mhd. wäge, altı. vAg, agf. vB, veg) 
bezeichnet zunächft das Prüfen der Schwere eines Rörpers, od er fi 

eine andere Schwere zur Höhe oder nieberbewegt, auch das 
, wie in der Redensart: Einem die Wage halten; das 
g zu biefer Prafung; Wahrſcheinlichkeit des gleichen Erfolges 


9% 








132 


- 


von beiden Seiten und Ungewißheit, — welcher Seite der Aus⸗ 
ſchlag erfolgen werde. — Mein Mittag iſt dahin, der ohngefehr die 

age des kurtzen Lebens hielt. Caniß, Bereitung zum Tode. Ka⸗ 
merad, die Zeiten find fchwer, das Schwert ift nicht bei ber pe 
mehr. Schiller, Walfenfteind Lager 11. Ewig wanfet des Geſchickes 
Mage. Schiller, Wallenfteind Top 5, 4. So laßt uns denn durchs 
Loos den Hünmel fragen, was für ein. Opfer er verlangt! Iſt Ei- 
ner unter euch, dem vor der Wage bangt? Wieland, Oberon 7,22, 

Bageamt, —balfen, —baum, —geld, —gewicht, —halter, 
— haus, — herr, Moden, — knecht, —funft, —mader, —meifter, 
—nagel (an der Deichfel, an welchem die Wage beweglich ift), 
—recht, — ſäule, —fhale, —ſcheit, —ſchnur, —fhreiber, .- ftange, 
—ftein, — zettel, —zunge; Fiſch —, Fleiſch —, Gerechtigkeits —, Gold —, 
Krämer —, Salz —, Sohl—, Stadtwage u. a. — Der ganze Kör 
per zieht ſich in den wagrechten Stand. Leſſing, Hamburg. Dra⸗ 
maturgie 1, 3. (Der) des Weltgerichts Wagſchal hält in ver 
furdtbaren Hand. Klopftod, Meſſias 5, 319. Im Grunde Eonnte 
nur fein wilder Arın den Degen beffer ald die Geredhtigfeitg- 
waage halten. J. Paul, Heſperus 3. Um zu weinen und einige 
Tropfen für vie Sohlwage des Sapes zu gewinnen. J. Paul, 
Titan 33, 

Anm. Bür unfer Sugabe feet man früher Zuwage. — Dann wann fie 
allda eine Kuh flehlen, fu nemmen fie das Kalb für eine Zuwag. Pater Abraham. 

Wagen (ahd. wäkön, mhd. wägen) eigentlich auf die Wage, 
d. i. die Ungewißheit fegen, nach welcher Seite der Ausſchlag er- 
folgen werde; dann allgemein auf die Ungewißheit feben, wenn 
Wahrfcheinlichkeit des Ausfchlages nad) der übeln Seite bevorftebt, 
mit Gefahr aufs —— ſetzen. — Der ſoll mir's zeugen, ob die 
Fahrt zu wagen. Schiller, Tell 1, 1. Was ſich der Tell getraut, 
das konntet ihr nicht wagen? Daſ. Ihr wagtet euch bis in des 
Tiegers Höhle? Daſ. 2, 2. Darum durften ſie ſich auf der Wel⸗ 
ten furchtbarem Schauplatz, noch ungebildet, ſo bald hervorzutreten 
nicht wagen. Klopſtock, Meſſias 1, 674. — Melina man ſich 
mit feinem Plane hervor. Göthe, Meiſters Lehrjahre 5, 16. Das 
mit fich Fein Ungefchidter Hinaufwagte. Daf. 4, 2 Es dauerte 
lange, bis ih allein mih hineinwagte. Göthe, Leben 4. B. Mir 
— rg fih Zünglinge nicht nachgewagt. Klopftod, mehr Uns 
terricht. 

Anm. 1. Die Synonymen ſiehe bei-unterneh.nen ©. X. 

Anm. 8. Abb. wagan, mhd. en heißt fortbewegen. So findet das 
Mort noch bei Eifehart a Slam of die Wale mi * — 
daher wagen. Gargantua ©. 151. 

Wager, der da wagt; waglich, Wagniß; Wagefahrt, —geiſt, 
—hals, —halſen (ſelten), — mittel, —muth, 2— —piel, 


133 


—fprung, flül, — that. — Wo vom Fü Wager die Bahn 
bir nicht vorgegraben bu fiehft. Göthe, Muth. Sie (die rechte Minne) 
könnte wol aus einem felgen Menfchen einen waglichen beherzten 
Kitter machen. Wieland. Es (das Buch) ift vielmehr beſtimmt die 
Lücke eines Autorlebens auszufüllen, manches Bruchſtück zu ergänzen 
md das Andenken verlorner und verfchollner Bagniffe zu erhalten. 
Göthe, Leben 12.8. Wo auf der ſchönen Erde nur Gewalt, ver- 
ſchmitzte Habfucht, fühne Wagniß galt. Göthe, Feflzug Goͤtz von 
Berliiingen. Auf neues Wagniß enplich blieb doch nur vom beften 
Bollen halb und halbe Spur. Göthe, zu meinen Handzeichirungen 1. 
Das Bagnig*) iſt ohnedieß —— wegen der vielen Vorarbeiten, 
weniger mißlich. Gedike. Mich erfüllt's mit Grauſen, was die 
—* von euern Wagefahrten ſich erzählen. Schiller, Tell 3,1. 
Man müſſe, dei wunderhafter Wagefahrt nach einem koſtbaren 
Taliemann, ... unaufhaltſam vorſchreiten. Göthe, Tag- und Jahres⸗ 
—— Ihr werdet doch Fein folder Waghals En. Wieland, 

n 8, 16. Der's waghalfet. Klopftod, Gelehrtenrepublit. 
Velches ein Anderer nicht hätte waghalfen dürfen Mufäus, 
Waghertz. Fiſchart, Gargantua S. 403. Ich verhehle mein Wag⸗ 
mittel nicht. J. Paul. Fuͤrwahr, dich * noch ſelbſt dein Wage⸗ 
math. Bürger. Im ſich dieſer Wagf aft zu — J. Paul. 
Mit die am wenigſten haͤtt' ich gewünſcht das Wageſpiel der Waf—⸗ 
fen zu verſuchen. Göthe, u» 2,3 Bon des zu Feld den 
Bagefprung zu thun. Schiller, Tel 4, 3. Ein kühnes Wag⸗ 
Küd fomme mir zu Statten. Platen, rom. Oedipus 3. Ohne dich 
das Wageſtück zu enden. Schiller, Don Karlos 5, 3. Der das 
a > chloß mit männlich Fühner Wagethat gewann. Schiller, 


5, 1. 

Wagen, pt. bei den Schriftfieller meift Wagen, felten Wägen 
(aid. wagan, ınhb, wagen, agſ. vaegen, vaegn, fanffr. väha, lat, 
eitcakım, gr. oynua) eigentlih das fi) Fortbewegende, gewöhns 
lih ein Fuhrwerk mit vier Rädern. — Und fo Tag zerbrochen ver 
Bagen und Hilflos die Menfchen. Göthe, Hermann und Dorothea 
1,144. (Man hatte) von umgeworfenen Wagen Bericht zu ers 
Ratten. Göthe, Campagne in Frankreich 38. Auguſt. Zwiſchen 
umgeflüngten Wagen. Daf. 12. Oktober. Befonders freuten mic) 
—*— en mit niedrigen Raͤdern. Göthe, ital. Reife Vicenza 19. 

ember. 


Vagner (ahd. waginari, mhb. wagenzere und wagner) ber 


®) Gampe führt das, fhlechter, die Wagniß an. Bei diefen Bildungen anf 
-ıi ee die — um die Neutra. Uebrigens ſcheint den 
neneren und neueſten Schriftſtellern wieder ein größeres Hinneigen zu dem Fem. 
Ar — Vergleiche weiter Grimm Gramm. IL, 827 und meine Gramm. 


134 


ba — macht In e, —— de ‚ — 


de, ei 
—— —— —geſchitr En u, 
he _ — KH —foften, —felle (bei 4 Stieler) ‚, —tette, 
— — tee, —Jader, —— an 
er, — er, —macher, —wei — —nagel 
— „ rennen, —renner, „orale —furere, — 
—ſchott (dünn gefügtes Eigen, — = ilern), — föprot (grobes 
——— —fig, —iperre —ſterz, firang, —tag (an wel⸗ 
bie Wagefrohnen en getha n es), —tafhe, —theer, —thron, 
ar treppe, —tritt, — wunder, —winde, —jieher; ge—, 
Brot—, — Ri  Pürkd—*), Kolmagen ı und andere, wie 
ans ben nachfolgenben Beifpielen zu en. Die (Zwei — der 
Wagener jetzt abhaut mit blinkendem Ioß Ilias 
Die — eluden Roſſe. Daſ. 15, 354. Im —ã — 
Se nn —— 
wußte nofl af man ehr uneig agenführer 
wo man agenzieber meine, Benzel-Sternau. Auch ift * 
dein Wagengefaͤhrte. Voß, Ilias 8, 104. Aber Odyſſeus tr 
den edlen Molion, des Königes Wagengenoſſen Daſ. 11, 321. 
(Er) entraffte den Bölferhirten Bianor, und darauf den Ge⸗ 
noſſen, ven Wagenlenker Oileus. zur chwang ſich herab vom 
Wagengefhirr. Voß, Slias 11, Sammt dem Wagenge⸗ 
8 — Daſ. 12, 114. Und —— wollt ihr dieſes —* 
gengeficn een, als etwa durch den — ———— 
— Paul. Jetzo er der Held Peiſiſtratos 
es nieder im Wagenkorb. Voß, Odyſſce 15, 130. Auf 
Wagenfund und Männerflärfe vertrauend. Voß, Flias 4, 308, 
Wir fuhren an’s Fenſter und fahen bei'm Schein zweier heilfenihten- 
fie an a Me —— —— Ich 
ügte... einige gebrochene Wagenräder Ö 
26. Mai. Gottlieb trieb mit aller Mü agenfchläffel 
nich auf, 3 Paul, a 14. (Er) feifte —** mit Wagen⸗ 
theer und Fachthrau ein. J. Paul, Heſperus 1. Und dieſer, der 
als Prachtgebilde hier auf dem Wagenthrone prangt? Göoͤthe, 
Kauft 2, 44. Den (Zwiſchenraum) fih der Vater vor der Wagen- 
thüre zur Stubenthüre durchführen ließ. J. za Ei tus — 
Der ihm auf den Wagenfußtritt geholfen. J. P 
Wehrfriß erneuerte, da er ſchon auf ber en A dos Seit 
in biefen (den Wagen) Eehrte, wieder ven a Daf. 11. Achil⸗ 
Ins Wagenwender. Schilier, Aeneis 2, 84. — Der Bauer muß 


*) B Birſch, wie das mhb. birsen = Das Bert font 
von ee bersa (Parkzaun), davon birsare, japen via. Da 


135 


den Saul und den Stier vorfpannen an unfre Bagagewagen. 
Schiller, Wallenſteins Lager 11. Die Aufınerkfamfeit der Zufchauer 
war indef auf ven Bauerwagen gerichtet. Göthe, Meifters Lehr- 
fahre 1, 13. Da flieg er vergöttert auf den Triumph und Don- 
rerwagen neben feiner Liane ein. J. Paul, Titan 22. Während 
die Furie auf dem a. enwagen in die Luft zog. Göthe, Leben 
9. B. Auf ſchwarzen Wolfen rollt des Donners Feuerwagen. 
Wieland, on 3, 62. Sechzehn fehsfpännige Galawagen der 
kaiſerlichen Rammerherrn. Göthe, Leben 5. B. Sie fhien, in ihrem 
Glas w agen uns allen vollkommen fichtbar, ... zu ſcherzen. Göthe, 
Leben 9. B. Wir fehen... vorfahren einen Herrfhaftswagen. 
Gothe, Meiſters Wanverfahre 3, 10. Auch die Bärin, die Ba 
der Himmelswagen genannt wird. Voß, Odyſſee 5, 273 Eher 
reißt ihr einen Stern vom Himmelwagen. Schiller, Jungfrau 
von Orleans 2,7. Eh’ er an die Deichfel des Hof- und Staats⸗ 
wagens gefhirrt wäre J. Paul, Hefperus 8 So fah er über 
den Markt einen Leichenwagen zwiſchen Fackeln ziehen. 3. Paul, 
Zitan 50. Stundenlang konnte er am fchmupigen Lihtwagen (im 
Theater) fliehen. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 15. Sarbenfpiel 
von Benus Mufhelwagen kommt Galatee. Göthe, Kauft 2, 162. 
(Als ih) Packwaͤgen und Chaiſen aufgefahren ſah. Göthe, Cams 
pagne in Frankreich 6. September. Worin er... ordentlich aus⸗ 
feht wie ein grüner Pürfhwagen, an dem die Thierftüde ber 
Jagd angemalet find. % Paul, Hefperus 11. Laß einen 
eifewagen fchnell bereit ar Schiller, Wallenfteing Tod 3, 17. 
Das (Wachstuch) man zu Rüſtwagen ynd ähnlichem Gebrauch 
ste. Göthe, Leben 4 B. Sobald der alte Saturn (d. i. die 
Zeit) dieſe (die Welber) mit feinem Sihelwagen und mit bem 
Neinen Geſchütz und feiner Sanduhr abfällt. J. Paul, Hefperus 8, 
Ms ich mehrere Nächte in einem Schlafwagen zubradte. Göthe, 
Farbenlehre 91. So hielt ver Shwanenwagen. Wieland, Obe⸗ 
ron 6, 5A. (Ein Knäbleind faß in dem Silberwagen. Dal. 
3, 28. Es feffelt mich die herrſchende Natur zu feft an feinen (Almors) 
Siegeswagen Uz, Brief an © Wann fie (die Sunne) im 
Straßlenwagen einher in blauer Himmelsftraße zieht. Bürger, 
an ven Mond. Daß ich feinen Wagen für einen leeren Zeremo» 
sienwagen anrechne. J. Paul, Hefperus 10, 
Boge für Sa (at. vegs — Bewegung; ah. wäc, wäg, 
mi. wäc, wäge, altn. vagr, alt. wäg, agſ. veeg, veg — Woge) 
hochauf fich waͤlzende agree Wafferbogen ver Mafferfläche (au 
fa. gebraudt), während Welle (ahb. wella, mhd. welle; ahd. wel- 
kan, mhd. wellen, agf. vealvian —= wählen; wel = rund; vol. 
lat. volvere, gr. Mer, elävar — wälzen) diefen Waflerbogen all- 
gemein bezeichnet, er mag groß oder Klein fein. — Vieles laſſen fie, 





136 


merin wir gewaltfam WB og’ auf Woge ſehn, wie leichte Wellen 
unbemerft vorüberrauſchen. Göthe, Taffo 2, 1. (Er) fieht des Kor⸗ 
nes bewegte Wogen. Schiller, Glocke. 


Anm. Eigentlich if Woge das gefammte wogende Wafler, daher Merr, 
See, Strudel u. dgl., wie noch der Wog, } B. der große Wog bei Darmflabi. 
Beinahe daeſelbe it Gewog, fonft faft foviel ale das Wogen. — Aus Skaman⸗ 
ders Gewog tratſt du gerettet hervor. Uhland, Achilles. Wann der Sturmwind 
... af des Sees Gewog brauft. Voß, Renſerofo 228. Des Ahrenfelde Ges 
woge lauſcht leif’ am Hügelpfad. Mathiſſon, Abendgemälbe, 


Wogig, wogenhaftz Wogenbahn, —berg, —bett, — 
—drang, —dunkel, —fahrt, —fall, —flut, —gebirge, —gebrauſe, 
—gefilde, —geraäuſch, —geſchwemme, —getöfe, —getümmel, — gewir⸗ 
bel, A eife ,„ —gürtel, —raufdend, —ſchaum, —ſchlag, —fpiel, 
—ſpitze, —ſtrom, —ftrudel, —flurz, —tanz, — weis, —wurf; Geld⸗ 
woge, Heeres —, Lebens —, Luft—, Meeres—, Todes —, Volks —, 
ae Zitter— u. a. — Wende den wogigen Strom. Klop⸗ 
ſtock, Meſſias 7, 582%. Wogig und fihnell frömt der Zeitenlauf. 
Kretſchman. Hochwogig erhebt ſich fein (des Rheines) Strom, 
Klopftod, Aganippe. itten in ber fittlich bürgerlichen Geſellſchaft 
in ſolcher Berworrenheit befangen, die fi wogenhaft um ihn, in 
{hm hin und ber flug. Goͤthe, Meifters Wanderfahre 1, 9_ Und 
nehme meines Todes Zeugen zum Plagevämon mit auf feiner W os 

enbahn, Schiller. Des höheren Weltmeerrs Wogenberge zu 
Fon. Klopftod, die Verwandlung. (Die Sonne) fank in ihr Wo⸗ 
genbett im rofigen Welten. Pyrfer, Tunifius 8. Tauſendſtimmig, 
wie des Ozeans Wogenbruch tofet fein prophet’icher Sprud. Kos 
fegarten. Soll der Bewundrung und der Liebe Wogendrang ben 
Buſen mir fprengen? Schubart. Durch Wogendunfel.bin ich 
fühn gedrungen. Deutfcher Merkur. Daß er, der Wogenfahret 
fhon fatt, vom Ruder fpringt. Ungenannter bei Campe. Bei ges 
linder Wogenflut. Bürger, Nacıtfeier der Venus. Ruhete zwi⸗ 
ſchen Wogengebirgen die einfame Patmos. Klopftod, Meſſias. 
Umgeht dag Wogengefilde den Rebenhügel, Schiller. (Die Wets 
terbäche) reißen die Dämme donnernd mit fort im Wogenges 
ſchwemme. Schiller, Braut von Meffina In Schiffen durch maͤch⸗ 
tiges Wogengetümmel. Voß. Im fhredliden Wogengewirs 
bel. Pyrker, Tuniſias 9, a den Schatten ihm Stortbeferg 
(eines berüchtigten Seeräubers) Schatten in des rothen Phlegethung 
Wogengezifch Fielholen. Klopftod, der Denkſtein. Neptun, dee 
um die Länder feinen Wogengürtel ſchlingt. Schiller, das Sie⸗ 
efeg Am Ufer des wogenrauſchenden Meeres. Stolberg. 

ie Pulverflamme ſchlängelte ſich zwiſchen Wolkenglut und Wogen⸗ 
- fhaum. Benzel-Sternau. Jetzo ruheten wr am Wogenſchlage 
des Meeres. Voß, Odyſſee 4, 430. Ich ſuchte gleich dem Schwim⸗ 


137 





mer im Wogenſpiel etwas zum Anhalten. Benzel-Sternau. (Das 
Shi) auf Wogenfpigen fchwebt. Wieland, Oberon 8,19. In 
den Gefilden zwiſchen Simois und Zanthus Wogenftrömen. Bürs 
ger. Soll mir auch die fefte Bruft im Wogenſtrudel anfämpfen. 
Colin (Da) ein Wogenfturz fi flürzte vom Felſen. Klopftod, 
bie Zrühlingsfeier. Wenn ſich Gedank' und Empfindungsfchaner mit 
leißes Bluts harmoniſchem Wogentanz entichwingt dem Allerhei- 
ligften. Voß. Und aldnun wogenweis im wimmelnden Gebränge 
aus alten Gaſſen ſchon die Menge fih auf den Plag ergoß. Wies 
land. Sie jehen jeden Tebhaften Wogenwurf.. . als linbill des 
Schickſals an. Benzel⸗Sternau. Darauf fohüttete er den Sad vor 
dem Fürſten aus und plättete die Goldwoge auseinander. J. Paul, 
Heſperus 18. Drum hab’ ich euch, ihr wißt's, auch ehrenvoll flet$ 
unterfchieden in der Heeres woge. Schiller, Wallenfteins Top 3, 15 
Es treibt der ungefhwädhte Muth noch frifc und herrfid auf der 
Lebenswoge. Daf. 5, 4 - In die fließenden bunten Licht wo⸗ 
gen, die durch die Augenlieder drangen, tauchte er fih. J. Paul, 
Heſperus 14. Eine Meereswoge, fie ſchwankt und fauftl. Göthe, 
Joh. Sebus. Wie fi) der Liebende freut, wenn nun vie Geliebte, 
ver hohen Tode swog' entflohn, wieder das fer betritt. Klopftod, 
der Eroberungskrieg. Menelas mit Bolfeswogen fommt auf euch 
berangesogen. Göthe, Fauſt 2, 220. Es bligen Waffenwogen 
dem Hügel, ſchwankend, ab. Goͤthe, die glüdlichen Gatten. Blicke 
mbig von dem Bogen deiner un auf Zitterwogen mildeblitzend 
Blanzgewimmel. Göthe, Zauft 2, 158. 

Wogen für wagen (ah. wagön, wagen, ınhd. wagen) fi 
bewegen, erichüttert werben, von großen Maffen Flüſſigkeiten, die 
wechſend fleigen und fallen; dann auch fig. auf andre Dinge übers 
tragen. Davon die Zufammenfegung auf—, daher —, dahin—, 
durch —, einber—, fort—, her—, beran—, berauf—, ber» 
un—, berzu—, hbin—, hinaus—, hinunter—, nach—, nies 
der—, um—, Ver—,vorbei—, vorüber —, zurüd—, zuwogen.— 
Echt hin, wie's brandet, wie es wogt und Wirbel zieht und alle 
Waſſer aufrührt in der Tiefe. Schiller, Tel 1, 1. Erftidt vom 
wogenden Staube. Göthe, Hermann und Dorothea 1,150. Der 
Tod ift los, ſchon wogt der Kampf. Schiller, die Schladt. Im 
Binde wogt das verlilberte Gras. Schiller, Spaziergang. Danft 
ed dem wogenden Slüde, danft dem Gefchide männiglid Gut, 
Böthe, zum neuen Jahr. Nein, was im Buſen mir Iebendig wogt, 
in enge Formeln läßt fid) das nicht dämmen. Collin. Wenn fie 
jest von Auenthal zu den im Sonnengolde wogenden Fenſtern 
unfers Schloffes auffeben. J. Paul. ie (die Nymphen) ſcherzten 
nad wogeten fich auf den Friftallenen Sluten. Mufäus. Sie (bie 
Hut)... . wogte fie al’ in den fchirmenden Hafen. Pyrker, Zus 











138 


um an (nu 


niſias 3. Und wie der Wind das gelbe Laub von den Bäumen 
wirbelte, wogt’ und zerftreute. Voß. Cine der Infeln Liegt in ver 
weitaufmwogenden Meerfiut. Voß, Odyffee 4, 354. Jebt.. - 
wogten fie auf und nieder. Daf. 12, 419. Aufwogen (auf- 
fhwellen) deine wilden Adern. Heydenreich. Wie der Hoden mit 
Bra em Dampfe daherwogt. Voß, Luiſe 1, 145. Wo flache 
ichte Gerfte bei Iebendem Roggen dahinwogt. Salis, Elegie an 
mein Vaterland. Daß das Blut durchwogke die Stadt. fer, 
Rudolph 3. Und“ durch die zwiefach offnen Thore wogen ſchon 
Taufende einher. Schiller, Aeneis 2, 59. (Es) ſchloſſen fünf 
Triumphthore dem Auge die — in eine weitausgeſpannte, wie ein 
grünes Meer fortwogende Ebene auf. J. Paul, Titan 42. Mag 
der Welten Band ſich löſen, eine zweite Wafferflut herwogend 
altes Athmende verfchlingen! Schiller, Maria Stuart 3, 6. Die 
gewaltige Flut, die beranmogt. Voß. Wie im Hauch zwei ſtrei⸗ 
tender Wind’ an ven Ufern wogen die Fluten des See's heranf 
und hinunter. Yyrker, — 9. Den kaum verlaſſenen Raum 
erfüllte ſogleich wieder das hereinwogende Boll, Göthe, Leben 
5. B. Das Hin> und Herwogen der Geſellſchaft. Daſ. 16.2. 
Aus den Gaſſen zur Seite wogt' es dichter herzu. Sonnenberg. 
In weichen (Gedanken) ſich Eduards Angehörige eine Zeitlang hin⸗ 
"und herwogten. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 18. In Eil' 
auf die fehlinmernden Fluten des Meeres wogten die Schiffe hin— 
aus. Pyrker, Tuniſias 4. Weit nachwogt' ihm das Todesgewand. 
Sonnenberg. (Sie) fehreten heim in die meerummogte Behau⸗ 
fung. Pyrker, Tuniſias 6. Die ganze Gegenwart, die ung um- 
wogt. Tiedge. Er griff einen einzigen Dreiflang auf dem Klavier und 
ließ ihn verwogen. 3. Panl. Als der Zug abermals, jedoch abge- 
kürzt und ——— vor unſern Augen vorbeiwogte. Göthe, 
Leben 5. B. Das einfame Vorüberwogen und Schilfgeflüfter 
eines Teife berveglichen Stromes. Daf. 17. B. ine vorbeifreuzende 
Zaube und eine vorüberwogende Taube. J. Paul, Titan 22. 
In fchwanfen Siberwellen wogt die Saat der Ernte zu. Göthe, 
Kauft 2, 5. 
ließen (f. d.) bezeichnet allgemeln das Sichbewegen einer Flüſſigkelt, 
oder (dichterifch) auf (in) einer Klüffigleit. Strömen (von Strom, ah. 
straum, mhbb. stroum, agf. stream, ultn. straumr) verbindet zugleich den 
Begriff ver Größe, Ausbreitung in gewiffen Grenzen, Schnelligkeit; fo auch 
fig. von der ſich ſtromartig fortbewegenden Maffe, 3. B. Menfhen. Rinnen 
(f. d.) wirb fowol von dem Taugfameren, fanfteren, wie auch von dem gefchwin- 
den Sichfortbetvegen tropfbarer Flüſſigkelten (auch fig. von der Zeit) gefagt. 
Riefeln (ahd. hrisilön, mbb. risclen, von ahd. risan, mhb. risen = ſich 
von unten nach oben und von oben nach unten bewegen?) fich mit einem fei⸗ 
nen Beräufch in kleinen hellen allmälich fortbewegen, befoubers zur Tiefe. 





139 


Biuten (von Fiat, ahd. v(f)inot, v(Ü)ldt, mb. vinot, agf. altıı. Mid; davon fiöder 

—= Speiche am Waſſerrade, Gerinne, uhd. Fluder uud Gefluper?) Rd in 

großer Mafte, gleichfam überfchwenmend,, hinbewegen, eig. von Yläffigkeiten, 

dann andy fig. auf andere Dinge übertragen- — Und zu eines Stroms Ge 

Raden kam ich, ver nach Morgen flo. Schiffer, Pilgrim. Es floſſen 

Heden und Hütten und Dächer und Scheuern umher. Kleiſt, Ueberſchwemmung. 

Bo bort Tiefen fie (die Bahn) deckt, ſtroͤmts vielleicht, ſprudeln vielleicht 

Onellen empor . . . ben ungehörten Wogen entfirömt, dem geheimen Quell 

entriefelt der Top. Klopſtock, Bislauf. Laß rinnen ber Thraͤnen ver 

geblichen Lauf. Gchiller, des Maͤdchens Klage. Lieblich iſt's, wie Aber glai⸗ 
sen Kieſeln ſilberhelle Fluten rie ſeln. Schiller, Laura am Clavier. Doch 
wo bie Spur, vie aus der Menge, ver Völker flutendem Gedräͤnge, den 
ſchwarzen Thaͤter kenntlich macht? Schiller, Kraniche des Ibykus. O wie 
anellen, wie riefeln, wie rauchen in mächtigen Bluten nie verflechende 

Stiröm’ ans bir. Kofegarten, Hynme an bie Tugend. 

Unm. Das Bartic. wogend wirb auch noch mit andern Wörtern zuſam⸗ 
mengefeht,, z DB. Am graumogenden Strand. Bob, Ilias 1, 350. In des 
Seers graumogender Schwellung. Daf. 19, 207 uf dunkelwogender 

nt. Boß, fiee 4, 482. 


Degen (goth. vigan — bewegen und bewegt werben; ahd. 
wekan, biwekan, mhd. wegen, bewegen) wird meiſt durch Des 
wegen vertreten und bebeutet allgemein die Stelle im Raum vers 
ändern; dann in Bewegung feten. — Bewegen 1) die Stelle im 
Raum verändern; 2) (fig.) Gefühle und Leivenfchaften erregen, fie 
mögen gelind oder heftig fein: das ganze Haus iſt darliber trauri 
uud beivegt, die Erzählung bewegte ihn zu Thraͤnen; 3) (meiſt ſta 
conj.) durch verfchievene Mittel ven Willen befiimmen; 4) ſich in 
eiwas finden, umzugehen wiſſen: er bewegt fid) mit Anftand in allen 
Geſellſchaften. Davon durch —, fort—, herumbewegenz Bes> 
veger; Beweggrund; Bewegung, —ungskraft, —ungs— 
los; beweglich, —keit und die ſeltneren Bewegniß und be⸗ 
vegſam, —keit. — Sie (die treue Liebe) wegt ſich, fie regt ſich 
und ändert ſich nicht. Göthre, Jery und Baͤtely. Eine Welt des 
Ruhmes bewegt glaͤnzend jenſeits dieſer Berge. Schiller, Tell 
3, 1. Langſam bewegt er feine Schritte. Goͤthe, Taſſo 1, 2. 
Bon mancher —b* bewegt. Daſ. Was Eure Furſtlichteit 
bewegen mag. Schiller, Wallenſteins Tod 1,5, Durch bie Stärke 
dieſer Gründe bewogen, zog ber Herzog feine Macht zufammen. 
Schiffer, Belagerung von . Seine Bruſt war mit einem 
Hänzenden Darnifch bedeckt, — alle Theile ſeines Leibes ſich 
— ie Söthe, das Märchen. Nah dem Maß bewe⸗ 

et alles an mir fort. Göthe, dee Mufenfohn. So darf ver 
fein Problem flehen laſſen und ſich etwa In einiger Entfernung 
va herumbewegen. Göthe, Betrachtungen im Sinne ber Wand⸗ 








2) 


140 


ver. Aber. ver Krieg hat auch ſeine Ehre, der Beweger bes Men- 
ſchengeſchicks. Schiller, Braut von Meſſina. Trotz der Enticheid- 
gründe beim Berflande und trog der Beweggründe beim Willen 
wählt der Menſch ſowol fein Syftem als fein Thun. 3. Paul, 
perus 28. Daß er ibm ja die lauterſten und triftigften Bewe⸗ 
gungegründe gebe. Leſſing, hamburg. Dramaturgie 1,1. Wenn 
die fe die Bewegungen bes Körpers leitet. Göthe, Meifters 
Lehrfahre 2, 11. Gi le und Körperfloff, und 
ich baue fie zur Welt auf. 2. Meifter. Der (Feind), hochbetroffen, 
fieht bewegungslos, mit weit geöffnet ſtarrem Bli das Wunder 
anftaunend. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 9. Es ziemt ſich 
nicht für uns, den heiligen Gebrauch mit leicht bew eg a Bers 
nunft nad unferem Sinn zu deuten und zu Ienfen. Göthe, Iphi⸗ 
genie 1, 3. Er (Ovid) hatte — Beweglichkeit des Gei⸗ 
es. Platen, das Theater als Nationalinſtitut. Erſt ſtand er un⸗ 
ee.‘ Wieland, Oberon 1, 41. Aus 2 Bewegniß. 
Liscov. Eine angenommene Bewegſamkeit. igge. 

Anm. 1. Nicht ſehr gebraͤuchlich (in der hochd. Sasiniveage) iſt das Bei 
Schweizer Schriftitellern fi findende entwegen. — Bei Beurthellung der Flaflis 
fchen Balpurgienadht (in Göthes Zauft) glaube ich nun, müſſe hauptjächlidy viefe 
Rückſicht unentweglich gehalten werben. Cramer, Commentar zur Walpurgis- 
nacht (Zürich und Winterthur 1843) ©. 12. Baſelland ſteht unentwegt dba. 
Frankf. DO. 8. 3. 1846 Nr. 1. aus dem Bafellander Wochenblatt. 

Amm. 2. Fiſchart Hat auch Iufammenfegungen mit Roth: notbeweglidhe 
vrfach vnd vrſächliche notbeweglichkeit. Gargantua ©. 237. notweglide 
anleytung. Daf. 245. 

Anm. 3. Die PBartic. von bewegen geftatten noch andere Zuſammenſetzun⸗ 
gr Den fteinbewegenden Hebel. Säthe. Adilleis. Ein freibewegtes 

n. Göthe, Kauft 2, 136. In die lurmbewegte See. Schiller, Hero unb 
Leander. Alle Näh' und alle Ferne befrievrigt nicht die tiefbewegte Brufl. 
Göthe, Fauſt Prolog. Den vielbewegten Nez der Welt zu meiden. Goͤthe, 
Gugenie 3, 4. Wildbewegte Wünfche flürgen aus den überbrängten Herzen. 
Söthe, Pandora. Nah Paphos trugen Ihn die ſchnellbewegten Flügel. 1, 


Sieg des Liebesgottes 4. 


Gemüthsbewegung überhaupt eine in dem innern Seelenzus 
ftande vorgehende Veränderung (Bewegung) des Fühlens oder Wols 
lens. — Daß er verfprad, lieber einige Zeit zu verreifen, als feine 
Geliebte zu ängfligen und ihr durch diefe Bemüthsbewegungen 
zu ſchaden. Göthe, Meifters Lehrjahre 7, 8. 

Affeet (lat. affectus, von aflicere — anthun, Eindruck machen) bebentet 
das übermäßige inmere Gefühl, d. t. ein folches inneres Gefühl, welches ben 
f. 9. innem Sinn mit größerer Gtärfe bewegt (affidert). Leide uſchaft 
(fiehe Leiden) iR das übermäßige finnliche Begehren over Werabfcheuen, ober 
beides zufammen (gemifchte 2.) und begreift ſolche finnliche Begierden und 
Berabfchenungen, welche ven f. g. Innern Sinn mit größerer Stärke und an: 
dauernd bewegen. — Als der aufgeklärte verfeinerte Wortführer der Bolkeges 
fühle wärbe er (der Volksdichter) dem hervorfirömenden, Sprache ſuchenden 


141 


Affeft ver Liebe, der Freude, ‚der Andacht, bes Traurigkelt, ver Goffnung 

=. a. m. einen reinern geiftveichern Text unterlegen. Schiller, über Bürgers 

Gerichte. Sie (vie Göttinnen des Reizes und ver Schönheit) belohnen nur 

die Leidenſchaft, vie fie einfloͤßten. Daf. | 

Weg— der, (gott. vigs, ahd. wẽe(g), mhd.wöc,agf. veg, altn. vẽgr, 
fanjfr. vaha), 1) der linienartige Raum, durch welchen ober auf 
welchem hin eine Bewegung geſchieht; die Spur, woran ſich erfennen 
läßt, wohinaus das, was fi) fortbemwegt, hin iſt; 2) Art und Weife 
der Handlung in etwas, dann aud Art und Weife des Gelangeng 
zu etwas, während Mittel (von Mitte, ahd. mitti, altn. midja, 
kanffr. madhja, vom Adj. goth. midis, ahd. mitti, mhd. mitte, agf. midde, 
altı.midr, lat. medius, gr. udoes) allgemein das, was angemeffen zur 
Grreihung eines Zweckes ift, bezeichnet. — Laß uns entfliehen! Ich 
fenne die Wege; die Mittel können bir nicht unbekannt fein. Göthe, 
Eomont 5. 

Straße (ahb. sträza, mhb. sträze, ayf. straete, strete, altn. streeti, 
aus lat. via strata, sc. lapidibus- d. i. niedergeftampfter, gepflaftertee Weg 
ans Steinen) iſt allgemein der längere und breitere Meg für Fuhrwerke. Ihr 
fieht entgegen ver Pfad (af. phad, pad, mhd. pfat, wahrjcheinlih aus gr. 
naros) der fihmale betretene Weg, fet er.zum Gehen für Menfchen oder zum 
Reiten für Zugthiere (3. B. Leinpfad) u. dgl.; im Befondern der feft und eben 
getretene Weg neben dem Fuhrweg. Der Steig (mhd. stic, mit stöc und 
stige zu stigen — fteigen gehörig), minder gebräuchlich der Stieg und bie . 
Steige (mhd. stige) der fohmale enge Weg, der nur betreten, nicht befahren 
werden kann; dann lieber der zur Höhe angehende Weg, auf dem man ſtei⸗ 
aen muß. Der Steg (mhd. stec), früher mit Steig gleichbebeutend, ift 
grgenwärtig ein fchmales Holz zum Übergang über ein Waffer over eine Tiefe. 
Tie Bahn (mhd. ban, zu Bühne mhd. bünt geh.) freier, geebneter Plap zum 
Gehen, Reiten u. bgl.; dann der freie zu ungehinderter Fortbewegung gleich« 
gemachte Weg. Der Gang (f. gehen) iſt eigentlich vie Thätigfeit, vermittelft ber 
Füße (des Oehens) ſich fortzubewegen; dann ver zum Gehen geeignete Längens 
taum, befonders zwifchen Gegenſtaͤnden. Die Schhneife (mfb. sneise, bei 
J. Paul Schnait, fiehe ſchneiden) iſt nur noch der ausgefchnittene Wald» 
weg zum Mogelfang (Bougelfchneife); dann überhaupt ausgehauener Waldweg. 
— Hab’ ich den Marft und die Straßen doch nie fo einfam gefehen. Göthe, 
Hermann und Dorothea 1, 1. Durch ihr (der Wieſe) freundliches Grin 
fchlingt fich der Länplihe Pfad. Schiller, Spaziergang. : Gradaus geht des 
Blitzes, geht des Kanonballs fürchterlicher Pfad. Schnell, auf dem nächften 
Bege langt er an, macht fi zermalmend Plab, um zu zermalmen. Mein 
Sohn! die Straße, die ver Menſch befährt, worauf der Segen wandelt, 
diefe folgt der Flüffe Lauf. Schiller, Biccolomini 1, 4. Aber zwifchen ver 
ewigen Höh’ und der ewigen Tiefe trägt ein geländerter Steig flyer ven 
Bantrer dahin. Schiller, Spaziergang. Am Abgrund leitet der fchwinplichte 
Steg. Schiller, Bergliev. Über Schlünve baut’ ih Stege. Schiller, der 








142. 


u ggg nenn 


Pilgrim, Der Gtieg bie Selten hinauf IR gar hubſch angelegt. Gothe, 
Wahlverwandtſchaften 1,1. So erlangte fie eine fchön gefchiwungene Wendung 
gum Aufſtieg. Daf. 1, 8. Und als ih Bahn mir made durchs Gewühl. 
Schiller, Jungfrau von Orleans, Prolog. Und ein anvermal, ale ich bir 
eilend nachging, liefſt du vor mir burch einen langen Bang. Schiller, Bals 
Ienfeins Top 5, 3. Mit Freude über den Bang bes fchillernden Taubenhalſes 
in ver Schnait. J. Paul, Sievenfäs5. Gr getranete fi) mit den Schlingen 
davon die Dohnerſchnait durch den Schwarzwald durchzuführen. Daf. 6. 
Wenlos, wegfam, ummeglih; Wegeamt, —aufieher, —ban, 
—bereiter, —befferer, —blatt (plantago L.), — breit (dasſ.), — di⸗ 
fiel, —dorn, —geld, —genoffe, —gefell, — gras, — kerze (verbascum 
nigrum L.), —foft, —frefie, (alyasum incanum L.), —fümmel 
(carum carviL.), —lagerer, — lattig, — lerche, — leuchte, — meſſer, 
“ — müde, —narr (lacerta salamandra L.), —rich, — ſaͤule, — ſcheide, 
—ſcheu, —ſchlinge (viburnum lantana L.), — ſchnecke, — ſpinne, 
—ftein, —fterz Vaqſtelge)ſtreche —firoh (galium verum L.), 
—tritt (polygonum aviculare L.), —walte (centaurea calcipatra), 
— arte (cichorium intybas L.), — weiſer, — winde, —zehrung, 
— zoll; Ab⸗, Aus—, Durd—, Neben—, Feld—, Wald—, 
MWiefenweg u v. a, wie aus ben nachfolgenden Beifpielen zu 
erſehen. — Die engen Pfade völlig weglos macht. Göthe, zu 
meinen Hanbzeichnungen 6. Mir beut Durhwegfamer Meergrund 
dunfele Bahn. Voß. Als Liane wider Eharitond Erwartung beide 
in einen unwegfamen Eichenhain — bat. J. Paul, Ti⸗ 
tan 45. Eile gerade und nicht umweglich zum Ziele. Wolfe. 
Berlaßt mich bier getreue Weggenoffen! Göthe, Elegie. Auf 
einmal ſchlug mein Weggefell mit beiden Käuften heftig vor 
den Kopf. Göthe, Leben 9. B. Schaffe ſodann Wegtof. Voß, 
Odyſſee 2, 290. (In jenen Zeiten) wurden bie auf die Meffen 
ziebenden Handelsleute von Wegelagerern, edlen und uneblen 
Geſchlechts, willfürlich geplagt. Göthe, Leben 1. B. Uns der Ge 
fahr und Sogwerhäle dieſer Wegſtrecke ausſetzen. Göthe, Xeben 
6. B. Er ging verſäeten ſchwarzen Papierſchnitzeln als Wegwei— 
fern nad. J. Paul, Heſperus 4. Daß er mit reichlichen Gaben 
zur Wegezehrung beglüdt wurde. Göthe Leben, 16. B. — Um 
und hier länger, dort kürzer aufzuhalten, und allenfalls einen Abs 
weg zu nehmen, wo etwas zu befehen war. Buſch. Daß Niemand 
als buch jenen erfien Anweg zu dem Zauberichloffe gelangen 
könne. Göthe, Novelle. Ich ließ mich ge einem folhen Ausweg 
Gr geneigt finden. Göthe Leben 11. DB. Zieh bin auf Hymens 
Iumenwegen! Sciller, an D. Slevoigt. Bis zum Damms 
weg, welden fie ziehn, 1ft’8 immer ein Stündchen. Göthe, Her⸗ 
mann und Dorothea 1, 6. Bis Schoppe den Diagonalmweg 
ausmittelte. J. Paul, Titan 2. (Er) brachte jenen Dorfweg 





143 


wer zur Sprache. 
* Fahrweg der ei Per rar betrete beine —* 
iller, Don Karlos 2, 4. = Ari pi weiße Bruſt der 
über den Bubrieg, I Paul, Heſperus 9. Ging 
Hrfenwen Söthe, Sonette 2. (Er) trat fräflig und ra 
ven Fels we — Goͤthe, Meiſters —— — 
einen nähern Fuß weg einzuſchla Daſ. Sah er auf en Fern 
artenwege die font Geſellſchaft langſam gehen. 
J. Paul, Titan 45. Wo ſich der ſteile Gebirgsweg um eine 
Ede herum ſchnell nach der Tiefe wendete. Göthe, Meiſters Wan⸗ 
ahre 1, 1. Weit durch den Himmel einen Glanzweg ziehend. 
Shiler, Wallenſteins Tod 4,1. Jeder Gnadenweg (iſt) geſperrt. 
Schiller, Maria Stuart 3, 6, Am Hude Heerweg ſtehl's (das 
Hans). Schiller, Tell 1, 2 (Ste ſetzte) ihre Freigebigkeit g 
die Armen auf dem Heimwege fort. Gö Reiters Lehrjahre 
3,4. Zeigm Sie mir den Hinweg, den ne wi gen 
kaben, Goͤthe, Br rel haehiie 1,11. Wenn ihn der 
dineinweg durch das berg eifigte Tyrol — hatte. 
Gothe, Windelmann 1. — ande des Hochwegs irrte 
das knarrende Rad. Göthe = ermann und Dorethea 1,137. Dort 
ver Karavan' auflauernd einfamen Hohlweg Phrker, Zunifiag 
9%, Der Lertor |perrte ihr nit leichter Hand den Eleinften Irrweg 
m J. Paul, Titan 40. Warum laſſen wir und auf Klugheits- 
verleiten | Söthe, Meiſters Wanderjahre 1, 8. Kräft’ge 
Sumnrofie fchleppen bald über Rnüppelwe 280. bald eingehauene 
Stufen hinab ein- buntverworrenes Gepäd. Daf. 2, 7. (Sie) tritt 
af den Kreuzweg hin. Schiller, Jungfrau von Orleans Prolog 2. 
(Sie waren) auf Die Hg N an einen andern wohl 
ntm Runftweg. eifter8 Lehrjahre 1,9. In ſtarken 
emhen werben große Schmerzen und Freuden zu überfchauenven 
Anhöpen des ganzen Lebensweges. J. Paul, Titan 3. (Du) 
dag mir den goldnen Mittelmwe Schiller, Wallenſteins — 
Iſt jeder Rettungsweg abgeſ⸗ nitien. — 4, 
Kidman und Krümmungen ging man. Voß, Jlias 23 6. 
Gleichſam Rut ſchwege für ſchwere Urfleinmaffen. Göthe, Vieiſters 
Vanderjahre 2, 10. F ging den Sandweg. J. ar 
— abermals am Eocibewege. öthe, Meifiers . 
Der a zum Altare war. von den Far 
“ Blktenfinupes emalt, Paul, Titan 43, Indem ich. einen 
a. ngulcälagen AR, Göthe, Leben 18. B. Auf der 
onnenweges an fih auf den zum 
— * look Meſſias 5, 1 Gar mandıe Epanier- 
wege wurden borthin vorgenommen. Böthe, Tags und Jahreshefte 
1801, Und fo ſaß das trauliche Paar unter dem Thorweg. © 





144 


Hermann und Dorothea 1, 59. Der Ummeg. bringt uns auch da⸗ 

hin. Göthe, Meifters Lehrjahre 4,4. Wir müflen-jebt vielen wüſten 

en Köpfen auf ihren werfehrten Unwegen folgen. 
osheim. 

Keineswegs, d. i. auf keine Weiſe, in Feiner Beziehung, ir 
keiner Hinſicht, iſt ein genitiviſches Adverbium, wie auch die ſeltneren 
Formen mittewegs, hälftewegs. — Ich werde, wie es ſcheint, 
leer ausgehen, ſagte Laertes. Mit nichten, verſetzte Philine. Ihr 
ſollt euch keineswegs beklagen. Göthe, Meiſtes ar 2,4 
(Daß er) nunmehr einen gar vortheilhaften Sig nad Bervienft und 
Wunſch erlangen follte, gerade Mittew 2 zwifchen der Akademie 
und dem Oberamtınann gelegen. Göthe, Meifters Wanderjahre 1,8, 
Als ich aber Hälftewegs um Erlaubniß bat, ihn mit in des Amt: 
manns Wohnung zu nehmen. Daf. 2, 12. 

Das präpofitionale Adverbium mit nichten (mhd. n. älternhd. mit nihte, 
von ahd. daz niwiht, aus bem verneinenden ni und wiht, guth. vaihts = 
Ding, und ohne wiiht, ieht) {ft geradezu gewichtige, nachdrückliche Berneinung, 
jedoch abitrafter, als bie. lebendige ber früheren Sprache, worin ver Sinn bes 
Hauptwortes noch gefühlt wurde. 

Wegen (entſprungen aus dem gen. pl. wẽgene, den die mh. 
mittelnieverd. Adverbien aller wögene beftätigen, altn. vegna, ahd. 
wegöno?) und, mit dem Dativ und von, von wegen (mhd. von 
wegen) zeigt den Beweggrund ausdrüdlid an, dag ein Anderes 
von dem herfomme, worauf das Wort hinweife. Wegen bezeid- 
net einen moralifchen, mehr äußern, aber auch einen realen Grund, 
wenn es wirfend oder hindernd ſteht. — Ganz befonders rühınt ınan 
ihn wegen feiner Stärfe im Disputiren. Göthe, Götz von Ber: 
lichingen 1. Eine jede Mahlzeit ward ein Zeit, das fowol wegen 
der Koften, als wegen der Unbequemlichfeit nicht oft wiederpolt 
werben fonnte. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 11. Als man viefes 
Schiff in See brachte, fand ſich's, daß es feiner unbehilflichen Größe 
wegen fchlechterbings nicht zu Ienfen fei. Schiller, Belagerung von 
Antwerpen. Bitten fie von meinetwegen ben Monardien. Schiller, 
Don Karlos 2, 11. Gebt Rechenſchaft dem Könige des Himmels 
von wegen des vergoß’nen Blutes! Schiller, Jungfrau yon Dr- 
leans 1, 11. 

Salb, halben, halber (von dem veralteten Subitantiv Halbe, ahd. 
halp& und halp, mh. halbe und halp = Seite, Gegend; halber fcheint 
morganiſch entflanden aus einer Bermiichung des Subflantivums mit dem Ad⸗ 
jectivum; willkürlich ift die Regel mancher Grammatifer, halben fiehn, wenn 
das Eubflantiv den Artikel oder ein Fürwort vor fih babe, halber, wo bas 
nicht der Fall ſei) zeigen von etwas an, daß anf feiner Seite der Grund 
fi. Um⸗willen (bloß uhd.) bezeichnet den Gegenftand als etwas Perſoͤn⸗ 
liches, duch deſſen Willen wir beitimmt werben, ober auch das, woburd 


145 


unfer Wille beſtimmt wird. Doch wird es and allgemeiner überhaupt in ber 

Bezeichnung des Beweggrundes, ununterfchieben von wegen, gebraucht. Ob 

(aht. oba, mhd. obe), für die Profa veraltet, aber für die Poeſie geadelt, 

iR gleichbebentend mit über, jedoch ohne Beziehung auf eine Fläche, vie äber 

zufonmt; als caufale Praͤp. if ob finnverwandt mit wegen, regiert ahr. 
den Dativ, nhd. Dativ und Genitiv (legterer iſt geläufiger). Meber (ahd. 
ubar, mho. über) bezeichnet Ort und Richtung in Beziehung auf den Gegens 
fland von oben und unten. Als Zeitpräp. bezeichnet über die Gleichzeitigfeit, 
oft auch vie Bleichzeitigfeit eines caufalen Verhältniffes. Um (ahd. umpi, 
nbd. umbe) iſt Orts, Zeits und Zahlpräpofition, bezeichnet auch eine Cigen⸗ 

Ichaft, ben Gegenſtand eines Wiſſens, befonvers den Wechfel, Tauſch, Breit, 

Berluft, und als caufale Praͤp. das Verhaͤltniß des Beweggrundes mit Hinficht 

worauf oder mit Zweckbezlehnng. — Den Herrn erfragend fürflicher Hochbe⸗ 

grüßung Halt. Göthe, Fauft 2, 209. Sie müßten der guten Sache halber 
freilich gewärtig fein, allerlei Verdruß zu erbulten. Lichtenberg, über die 

Ehwärmerei. Der Schulrath warb meinen Helden an, feiner Satire halber. 

J. Baul, Siebenkaͤs 3. Der viel begangenen Frevels halben des Hofs ſich 

enthielt. Göthe, Reinefe Fuchs 1, 14. Ich mußte tem wohl mid, chrens 

balber bequemen. Daf. 12, 123. Um meiner Ruhe willen erklären Sie 
ſich deutlicher. Schiller, Den Karlos 4, 21. Ob dem Altar hing eine Mutter 

Gottes. Schiller, Piccolomini 8, 3 Ihr feid verwundert ob des feltfamen 

Geraͤths. Schiller, Jungfrau von Orleans Prol. 8. ntrüftet fand ich dieſe 

grade Seele u 5 dem gewaltfam neuen Regiment. Schiller, Tell 2, 2. Ueber 

ver Befchreibung da vergaß’ ich ben ganzen Krieg. Schiller, Piccolomini 2, 7. 

Rich ruft die Sorge fort um die geraubte Schweſter. Schiller, Braut von 

Reſſina. 

Aum. In meinet—, deinet—, feinet—, unfert—, euert— ihret—, 
halber, —vegen ſteht —et für —en, wie von meinen, deinen wegen und 

Sermen zeigen. Das t iſt unorganifch angehängt, aber ſchon ie alt. 
Mio. heist e8 minenthalben, ahb. mina halbün, noch im 18. Sahrhuudert ihrent- 
wegen, 3. B. bei Uz. Das hohe Alter des angehängten (gewiſſermaßen adver⸗ 
Belifchen) t zeigen Formen wie allentsit (für in alldn sitön) bei Notfer, ordent- 
Ich, dögintlich n. a. 

Weg, areufativifches Apverbium von Weg (aus dön wöc ent- 
ſtanden), bedeutet bloß Bewegung in bie Ferne, von einem Orte weg, 
ohne daß eine vorherige Verbindung vorausgefeßt wird. — Ich hatt’ 
ihn noch zu fprechen, doch weg war er. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 3. 

Ab (ah. ap, mihd. ab) veutet auf eine Verbindung, bie durch Entfer⸗ 
zung getrennt wird. Wort (goth. n. ahd. nicht vorhanden, agf. fordh, mir. 
vort) bedeutet zuuaͤchſt vorwärts ; dann überhaupt eine Entfernung, eine Bewegung 
aus einem Ort. Hin (ahd. hina, mhb. hin, wahrfcheinli der Accuſ. von 
einem alten Demonſtrativ his) beveutet eine Bewegung von dieſem Ort zu 
jmem. Ent⸗ (ahd. int—, ent—, in—, mbb. ent—, en—) fleht nur in Zu⸗ 
ſammenſetzung mit andern Wörtetn und hat den Begriff des Bewegens zur 

Gerne aus dem Innern hervor. — Daß erſchrocken ab dem Rofie er gefunfen. 


10 


! 











146 


Schlegel, Karl und Roland. Cuer Ruhm iR doch verloren, eure Nacht iR 

hin. Schiller, Jungfrau von Orleans 5, 10. 

Gewicht (ahd. wägt, gawägi, ınld. gewæge, ag. wiht, alte. 
vigt, niederf. die Wicht) die beftimmte Größe (dad Map) ver 
Schwere eines Körpers; Körper, welde zur Erforſchung dieſer 
Schwere gebraudt werben; (figürlih) das fittliche oder geiſtige Maß 
der Schwere von etwas. Davon gewichtig, wiätig, (früher aud) 
wicht), Wichtigfeit; Apotheker—, Kaufmanns —, Gleich —, Ueber: 
gewicht und a.; Gewichtſtein, — uhr, —zeichen. — Es hängt Ge- 
wicht ſich an Gewicht, und ihre Maſſe zieht mich ſchwer hinab. 
Schiller, Wallenſteins Tod 3,23. Zum Gegengewicht deſſen, was 
in der Welt fo ſchnell wechſelt. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 12. 
Das Gleichgewicht in den menjchlihen Handlungen kann leider nur 
durch Gegenfäbe bergeftellt werben. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 7. 
Die Töpfe drunten, voll von Goldgewicht. Göthe, Fauft 2, 21. 
Mit Rednergebärden und Sprechergewicht. Göthe, Hocheitlieh, 
Daß irgend ein Uebergewicht von Außen deine Wahl beftimmen 
möge. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 19. Ein lang und breites 
Volksgewicht. Göthe, Kauft 2, 214. Sammt dem gewid> 
tigen Helm. Voß, Ilias 22, 112, Höret der Mutter vermahnende 
Rede, wahrlich fie fpridht ein gewichtiges Wort! Schiller, Braut 
von Meſſina. Manche Sache, bie am ſich ſehr unwichtig ift, wird 
dadurch wichtig, daß fih Leute von Anſehen fi ihrer annehmen, 
die man für wichtig hält. Lichtenberg, phtlofophifche Bemerfungen. 
Keine Zeit, feine Reue, fein noch fo vollwichtiger Erfag Eonnte 
diefe Verfchuldungen aus dem Gemüthe ihres Herrn vertilgen. Schils 
ler, Abfall der Niederlande 4. B. Siehe die feurige Kraft de ge⸗ 
wichtlos mwölbenden Himmels fchlummert empor. Voß. Das Werd 
x wicter, als ich wohl gedacht. Hoffnannswaldau, der getreue 

chäfer 3, 9. | 
Wichtig iſt uns, was große Folgen hat, es mag nun ein Verlangen zu 
fih oder Wohlgefallen an fi erweden ober nicht. Intereffant (franz. 
interessant, von interesser, lat. interesse —= an etwas gelegen fein) Ber: 
langen oder Beziehung zu fich erregend, daß man mit Vergnügen und Wohl 

gefallen feine Aufmerkſamkeit mit dem Gegenſtande befchäftigt, indem dieſer im 

Hinficht des Beſitzes oder ber Erkenntniß und befonders zugleich des geiſtigen 

Genufies an ihm viel verfpricht oder aud gewährt. Anziehend (ſeltner an⸗ 

züglich, fiehe ziehen) Beziehung zu fich erregeud, mit Kraft finnlich oder 

auch geiſtig an fich kommen machend. — Bedeutend (Barticiplum von bes 
benten, fiehe bei Sinn) ſich als etwas Großes, ober vorzugsweiſe Fenntlich 
machend. Bedeutſam hebt den Begriff von bedeutend mehr als Cigen⸗ 
thümlichkeit, und alfo ſtaͤrker hervor. Anfehnli (ſtehe fehen) Anſehen 
habend, d. i. größer als gewöhnli und dadurch die mit der Meinung von 
Borzügen verbundene Aufmerkſamkeit auf ſich ziehend. Beträchtlich (von 


147 


betrachten &. 1238) in Betracht zu nehmen, wärbig, von ber Größe, daß 

das leibliche oder geiſtige Auge ben Gegenſtand anfieht. Erheblich und 

triftig fie ©. 57. — Macht ihr (der Königin) Stand ſchon äfters ihre 

Unfälle wichtiger, fo macht er fie darum nicht intereffanter. Leffing, 

Hamburg. Dramaturgie 1, 14. reift nur hinein in's volle Menſchenleben! 

Ein jeder lobt's, nicht vielen iſt's bekannt, und wo ihr's padt, da iſt's intes 

teffant. Göthe, Fauſt Borfpie. Ob er (der Stoff) gleih in mehr als 

Ginem Sinne bedeutend und interreffant if. @öthe, Briefwechſel mit 

Schiller 3, 83. Die Beichäftigung mit fo vielen Menfchen von der gemeins 

fien Arbeit bis zu folchen, denen man einen gewiffen Kunſtwerth kaum verfas 

gen Fonnte, war für mich hoͤchſt anziehend. Göthe, Leben 4 Bd. Das 

Alles Hat fo was Anzüglihes. Böthe, Werthere Leiden I, 12. Mai. 

Richts iſt bedeutender in jedem Zuflande, als die Dazwifchenfunft eines 

Dritten. Goͤthe, Wahlverwandtfchaften 1, 1. Auch fiel’ ich mir die Gegend 

&uferft anmuthig und beveutfam vor. Novalis, Heinrich von Ofterdingen 2. 

Er that einen anfehnlidhen Lotteriegewinnfl. Goͤthe, Wahlverwandtſchaf⸗ 

ten 1, 2. 

Die Wucht (aus Be , wie Bucht aus biegen) bebeutet eine 
solle, durch ihren hoben Grad ausgezeichnete Schwere. — Und fie 
nimmt die Wucht des Speeres aus des Tägers rauher Hand. Schil⸗ 
fer, eleuf. Feſt. Und als wollte fie (die Flamme) im Wehen mit fi 
fort der Erde Wucht reifen in gewalt’ger Flucht. Schiller, Glocke. 

ern und verweigern (ahd. weigarön, mhb. weigern, im 
16—18. Jahrhundert meift wegern), eine Verftärfungsform von 
wiegen, bedeutet urfpränglich durch Körperbewegung (Ropfionttefung) 
nicht gewähren, wobei ed natürlih auf den Willen anfoınmt. Davon 
Weigerung, enonel! und das feltnere unweigerlid. — 
Wohl kannte dich dein bin, da er dir Land und Leute weigerte, 
Schiller, Tell 5, 2. DÖttilie verweigerte aber ausdrücklich 
zu geben. Göthe, Bahfverwanifejaften 2, 15. Der Mann, der 
mich jegt mit allen Reichthümern verweigert (nicht haben will), 
wird mich der ganzen Welt ftreitig machen, fobalb er hört, daß ich 
unglücklich und verlaffen bin. Leifing, Minna von Barnhelm 4, 1. 
Er verweigert fi dem großmüthigen Anerbieten, und will fi 
aus -Ulneigennäßigfeit verweigert zu haben fcheinen. Leffing, 
burg. Dramaturgie 1, ®. Mangelte Vertrauen, wo Majeftät 
unweigerlich gebeut? Göthe, Kauft 2, 14. 

Cin Anerbieten mit abgelehnt (von Ichnen, .abt.' hlindn, mhd. 
lEnen; vgl. gr. «Alverv, lat. clinare — neigen, beugen) over ausgefchlas 
gen; ein Begehren wird abgefchlagen, furzweg nicht gewährt, ober vers 
fagt (mhb. versagen), wobei der Verſagende freiwillig oder aus Rothwen⸗ 
digkeit Handelt. — Er lehnte alle Iuterceffiunen Wilhelms für fie mit Achſel⸗ 
zuden ab. Göthe, Mefters Lehrjahre 4, 19. Gr ſchlug die augetragene 
Ehre mit ver größten Verachtung aus. Leſſtug, Emilie Galotti 8, 1. Mein 

10° 








148 


junget Ser, ed bleibt bei tem Entſchluß, dergleichen Billen zu verfagen. 

Ich habe, was ich ihm anitzt verwegern muß, ſchon feinem Bater abge⸗ 

ſchlagen. Hagedorn. 

Anm. Einige leiten auch wiegeln, aufwiegeln, Aufwiegler von 
wiegen ber. Das goth. vigan, ahd. weigjan, agſ. wegean — autreiben, hängt 
zufammen mit guth. veihan, ahd. wigan, agf. vigan — fümpfen. So ilt, wel 
wiegeln, bei Dafypodius Im 16. Jahrhundert weigeln = aufreizen, kaͤmpfen 
machen, zum Streiten over Kriegen aufregen, eine wieverhulente Form von veihan, 
vigan. — Sollte Jemand verwegen genug fein, mich als den Urheber der Ber: 
fhywörung anzuflagen, daß ich damit umgegangen, Pie Branzofen gegen vie ge 
pe Berfon ihres Königs Aulsuwieneln Edhiller, Selpichte der Unruhen 
n Frankreich. Reden wir jebt, verfammeln wir uns jest; fo beißt es, wir gefellen 
uns zu den Aufwieglern. Göthe, Egmont %. 


Fechten. 


| (Wurzel vah—t, vih—t; vaht, viht.) 
echte, focht, gefochten, fechten (ahd. vihtu, vaht, vähtumes, 


vohtaner, vähtan; mhd. vihte, vaht, vähten, gevohten, vöhten; 
agf. fihtan, feahlan, feohtan, altf, fEhton, altfrief. fiuchta, altn. 
Gkta, mittelniederd, veghten, mit altn. fika — raſch bewegen ver- 
wandt) bedeutet 1) mit Waffenbeiwegung thätlich entgegenfein, 2) in 
weiterer Bedeutung fireiten überhaupt, die Waffen mögen fürperliche 
oder geiftige- fein; 3) betteln, beſonders von Handwerksburſchen ge⸗ 
jagt. (Diefer Gebrauch) ſtammt yon der ehemaligen Gewohnheit ber, 
die Soldaten nad) geendigtem Kriege abzudanfen, da denn viele der— 
felben unverfchämte Bettler wurden, weldye ihre ungeflüme und vft 
gewaltthätige DBettelei mit dem anftändigen Namen des Fechtens 
zu bemänteln fuchten) — Ich 2 es (das Volk) fehten fehen bei 
Fapenz. Schiller, Tell 2, 1. Wir Männer fönnen tapfer fechtend 
fterben. Daf. 1, 2. Wir haben mit dem Eee gefochten. Daf. 4, 3. 
Der Franke (nad) der franz. Revolution) ficht; ver Emigrirte gebt 
fechten. Lichtenberg, wißige und komiſche Ausbrüde. 

Kämpfen (ahd. chamfan, chemfan, mijd. kenpfen, agf. campjan, 
altn. keppa, wol aus jat. campus — Feld, oder damit wurgelverwandt) be⸗ 
deutet angefttengt zur Ueberwindung des Gegners fein. Streiten (fiche daeſ) 
allgemein tHätfich entgegen fein. Ringen (fiehe dasſ.) winden, drehen; dann 
mühfam und andauernd in thätlicher Bewegung gegen Hiudernifie fein nach 
einem Gegenſtande. — Auf Ton und Lehen wird gefämpft. Schiller, Tell 4,2 
Willſt heller fehn, als deine edeln Väter, die um der Freiheit koſtbarn Gpel- 
ſtein mit Gut und Blut und Heldenkraft geftritien! Daf. 2,1. Grrang 
noch kaum mit dem Tore. Klopſtock, Meflius 2, 142. 

Anfechten 1) mit Waffen worauf eindringen; 2) überhaupt fi. 
an Jemanden machen, um ihm an Leib oder Leben zu geben (in bei- 
ben Bedentungen veraltet); 3) gegen etwas fi ald Gegner beneh- 


149 


mu 


men, um es nicht gelten zu laffen; einem den Befitz von etwas ſtrei⸗ 
ig machen, es gefchehe mit oder ohne Gewalt: die Ehre eines Mens 
rg eines Andern Meinung, Glauben, von einer Krankheit ange 
fohten werden; 4) ans gegnerifcher (feindlicher) Abficht auf Jemanden 
wirken, daß er Böſes thue: vom Satan angefochten werden; 5) auf 
Jemanden eine Wirfung haben, von ber. er unangenehm berührt 
wird: das ficht mich wenig an. — Umgeben rings von Feinden hält 
mich nur die Volfsgunft auf den angefochtenen Thron. Schil⸗ 
fer, Maria Stuart 4,10. Mich ficht es nicht an. Schiller, Braut 
von Meſſina. Das fiht mid nun alles Feinen. Pfifferling an. 
Gothe, Reineke Fuchs 7, 189. 

Ungreifen (fiche greifen) mit Gewalt und einvringlich (unmittelbar) 
wider Jemanden etwas thun, um Ihm dadurch einen Befik flreitig zu machen. 
Berfuchen (ahb. varsuohhan, mhd. versuochen, wahrfcheinlich zu Sache 
sache gehörig, wie ruochen = Rüdficht nehmen, bedacht fein, unfer geruben, 
ju rahha, racha — Sache, Rede, Rechenfchaft, ruchka, ruoh — Sorge) 
bedeutet allgemein thätig fein auf eine Möglichkeit Hin; dann auf Jemanden 
wirken auf die Möglichkelt bin, daß er fich beſtimmen laſſe, Böfes zu thun. — 
Sie Heben um Erlaubniß anzugreifen. Schiller, Wallenfleins Tod 3, 20. 
Da ihr (Heren) mit Räthfeln ihn (Macbeth) und Zauberworten verfucht zu 
granenvollem Morden. Schiller, Macheth 4,2. Machet und befet, damit ber 
Verſucher nicht über euch komme. Klopſtock, Meffias 5, 479. 


Erfechten (ahd. irfähtan, mhd. ervähten, agf. Afeohtan) eigent- 
lich durch Bekriegung in feine Gewalt befummen; mit Waffen in der 
Hand durchdringen und erlangen, nicht: felten mit dem Nebenbegriff 
des Unftatthaften. — Indem wir hier im Feld gefurgt, fle groß zu 
machen, das höchſte Irdiſche ihr zu A Schiller, Piccolo: 
mm 2, 3, Da finnt ein kluger Mann in durdgewachten Nächten 
bald das, Bald jenes Amt mit Schmeicheln zu erfechten. Halter, 
ſchweiz. Gedichte 5. 

Erftreiten allgemein durd große Anſtrengung und Mühe gegen feind⸗ 
lichen Widerſtand erlangen. Erkämpfen durch einen hohen Grad der An- 
frengung und des Bemühens ven Widerftand überwinden und fo das Erſtrebte 
erlangen. Erringen bezeichnet dies Grlangen, wenn es mit höchft müß- 
fümer und ausdauernter Beirebung, felbft gegen die größten Echwierigfeiten 
verbunden iſt. — Noch ſſeht's euch frei, den Cingang zu erftreiten. Uhland, 
Gefang und Krieg 2. Und trog hemmender Müh’ und Gefahr, in des göft- 
lichen Mannes durcharbeitender Kraft, Ruhm und Bollendung errang. Voß. 
Ab —, ans , he, dur; fort —, mit —, nach — ver—, 

vorfechten bedürfen keiner weitern Erklärung, man muß jedoch im⸗ 
mer an förperliche: und -geiftige Waffen denken, da bald jene, bald 
dieſe — verſtanden fird. —. Nachdem wir. disfes Böhmen mit 
anferm. Blut den Sachſen abgefocht en. Seller, Piccolomini 1, 2. 


150 


Ich habe meine eigne (Sage) aussufehten mit dem XTyranızem. 
Schiller, Tell 4,2. Schade, daß mir's gerade jept an Zeit gebricht, 
ben würb’gen Kampf mit Alba auszufehten. Schiller, Don Kar» 


108 2, 5. So mußt du dich das nicht irre machen laſſen, fjon=- 


dern, wie der große Lacevämonier, im Schatten fortfehtem. 
Kiopftod, Gelehrtenrepublik 1. Morgen. Der (Ritter) faß fo Rols 
darauf, als hätt? er mitgefodhten bei der Croberung 

Graals. Alringer, Doolin 1, 40. Einen Offizier ..., der * 
ſiebenjaͤhrigen Krieg mitgefo ten und fich ein allgemeines Zu⸗ 
trauen erworben habe. Goͤthe, Leben 7. B. Wahrhaftig groß fein, 
a nicht ohne — len fih regen; doch einen Strobhalm 
elber groß verfehten, wenn Ehre auf dem Spiel. Shaffpeare, 
Hamlet 4, 2. Das. Net, das jedem freien Dann die Waffen gibt 
zur Hand, damit er ſiets verfechten kann den Fürften und dag 
Land. ühland, das alte gute Recht. 

Anm. Befechten (defümpfen) und wiberfedhten (ich viertes), früher 
ebräuchlih, kommen wol jetzt nicht mehr vor. Samfon, ale er ward befoch⸗ 
en. Opitz. Ih will all haben recht, obſchon all’ Belt mir widerfecht. 

6. Sache. — Luther ſagt auch: Was fpienelficht er dann mit erbichteten Worten. 
echter (ahd. vähtari, mhd, vähtsere), Fechterin; Fechtb One 


—dbvdegen, — handſchuh, —haus, — kunſt, —meifter, —ort, —plaß, 


—ſchuh, —ſchule, —ſchüler, — flunde — übung; $ehterart, 
gang, —gewanbtheit, —hanbiwerf, -—Eunf, —fpiel, —fprung, 
—Hreih; Feder —, Kiopf⸗ Kunf—, Nacht —, Ber—, Bor—, 
Wort— , Zugenfedhter. — So werben wol Berftand und Vernunft, 


wie zwei Ko pf 18 ter, fid ee en Göthe, Briefw. 


mit Schiller 3, 1 Dem F ederfechter gleich. Duſch. Weiler noch 
morgen an aus — Vorfechter I; dem Themisſchwerte ein 
Nachfechter mit dem Kriegdegen Ad fönnte. J. Paul, Hefperus 12, 
Wenn er fon en bob im diefer in der Sehtfunft weit über- 
legen war, Göthe, Meifterd Lehrfahte 2, 14. Die Tanz: und 
Sehtflunden wollten nicht zum. beften glüden, Daf. 2,9. (Sie) 
festen dabei. ihre‘ Fechtübungen mit großer Anftren ung fort. 
Daf. 5, 8. Zwei Fechtmeiſter befanden fi in der tobt. 

Es fehlte wenig, fo hätten die Fechtſchulen ganz ernftliche ‚Ge 


fechte veranlaßt. "Göthe, Leben 4. aß wir wohl daran thun 
.. einen kritiſchen Beotplag u den Horen zu eröffnen. 
Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 166 (Man konnte). die Legen⸗ 


ben feiner Se — geiten ſaſſen Goͤthe, Tag⸗ und Jahres⸗ 
bei fte 1805. Körperliche Stärke, en eit, die wil⸗ 
Selbſthülfe war dort an der —— ® — 6. — 
eil Baſedow) die Behterfieeide D 
als ich Naturalift zu führen wußte. Dat. Te Ben 
cht (ahd. vehta und kafeht, mho. vöhte und . 


agf. geföcht und gefiht) fiche bei Treffen & 55. — Gefedt- 


151 


Base; Fels —, Schatten—, Schein—, See—, Stier—, Vorder —, 
rpoſten —, Wort—, Spiegefgefeht u. a. — Sie richten ihre 
fdwarzen Segel hierher vom heißen Felsgefecht. Göthe, Fauft 
2, 279. Durch das wanfende Schattengefeht. J. Paul, Zitan 
43. Bei Stiergefecht, Turnier und Streit. Paten, rom. Oedi⸗ 
yus 3. In dem Vordergefeht. Voß, Ilias 18,456. So daß 
man jened ganze Betragen als ein zn anfehen kann. 
Böthe, Leben 18. B. Die Sade if feinem Wortgefecht mehr 
unterworfen. Schiller, Maria Stuart 1, 7. 


Fuchtel nennt man 1) einen Degen mit breiter, gerader Klinge 
pm Fuchteln d. i. ee Hauen oder Schlagen, wie er ehedem 
zur Strafe der Unterofficiere und Junker gebraucht wurde; 2) die 
Etrafe mit einem folhen Degen; 3) (fig.) —* Zucht: einen unter 
die Fuchtel nehmen. Die Volksſprache Br ah ab—, durch—, 
einfuhteln. — Fuchtelmann Heißt im Defterreichifchen ver 

ih, wol von fuchteln = hin und her bewegen, Tebhaft fchlas 
w wie mit flammender Klinge. — Ich verdiente hundert Fuchtel. 

fing, Minna von Barnhelm 5, 14. Ih füchtelte mit der Des 
genfpige auf der Karte hin und her, Risbeck. 


Schwert (ahd. suört, mh. swört, agf. svẽord, altn.svärd) bie gerabe 
gewichtige Hiebwaffe mit breiter Klinge. Der Degen (ah. dekan, mh. 
degen — Diener eines Großen, dann tapferer Kriegsmann, Held; Schwert) 
bat eine lange fchmale, in eine Spike auslaufende Klinge und ift daher Stichs 
waffe. Der Säbel (nieverb. zabel, zunächft von franz. sabre für sable, und 
biefes wahrfcheinli aus dem fpätern gr. Gaßurn krummes Schwert, von 
Gados — krumm, nad) Andern von einem altgall. sappa — frummer Degen) 
zeichnet fih durch eine gefrümmte Klinge aus und ift daher Schneidewaffe. 
Der Ballafch (ruf. palasch) iſt ein Reiterfehwert mit gerader breiter Rüden: 
flinge. Der Sarraß (vielleicht von ber puln. Aufforderung zum Zweikampf 
zarraz — glei, alsbald) iſt ein fehr großer Degen uber Säbel, — Zur 
. Schmiede ging ein junger Held ; er Hatte ein gutes Schwert beftellt. Uhland, 
das Schwert. Wo aber waren denn die tapfern Degen, Saintralles, La 
Hire und Frankreichs Bruſtwehr, der helvdenmüthige Baſtard? Schiller, Jungs 
frau won Orleans Prolog 3. Nehmt Hin! Nicht werth mehr bin ich biefes 
Degens. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 6. Ich feh des Ritters gutes 
Schwert, des Heiden blinfenden Säbel. Wieland, Oberon 1, 1. In der 
Sand hielt er einen eniblößten Pallaſch. O. v. Kopebue, Beſuch der Kö⸗ 
zigin von Tahaili. Sein Sarras war, man glaubt es kaum, fo groß fchier 
wie ein Weberbaum. Glaubius, der Rieſe Goliath. 


Aum. 1. Statt ver hier genannten Synonymen hört man zuweilen auch ben 
Ve meiſten verfelben allgemein bezeichnenden Ausdrud Seitengemwehr, weldyes 
Bort au Böthe gebraucht: Beide Freunde zogen beherzt ihre &ritensen ehre. 
Neiſters Lehrjahre 4, 5. 

Yum. 2. W. Badernagel ſtellt Kauft (abd.füst, mhd. vüst) zufanmen 





152 


mit fechten, gr. zug = Faufl, wuyun = Saufampf, lat. pugnus —= Fauſt, 
pugna — Kampf, Gefecht, pugil = auftfimpfer. Mittellat. heißt fustarc prü- 
geln, ahd. füstön, mhd. vüsten — einen mit Fäuften fchlagen und fechten. 


— — 


Flechten. 


(Wurzel vlah-t, vlih-t; vlaht, vlih-t; vgl. gr. Ada, Tat. plicare, 
plectere = fledhten, falten; fanffr. pre = verbinden.) 


Flechte, flocht, geflochten, flechten (ahd. vhlibtu, vlaht, vläh- 
tum&s, vlohtaner, vlehtan; mhd. vlihte, vlaht, vlähten, gevlohten, 
vlähten; altn. flötta, flietta, flitta, ſchwed. fläta, dän. flette) 1) zwei 
oder mehrere biegſame Dinge in einander fchlingen und ſo der Fänge 
nad) verbinden: die Haare, Bänder in die Haare, Weiden zu einem 
Korbe, einen Miffethäter auf das Rad; 2) dur Flechten hervor: 
bringen, winden: einen Kran, Zaun, Deden aus Baft; 3) fi 
ſchlingen, winden: die Rebe fliht fih um die Ulme; 4) (figürlich) 
füfiefen: einen Bund. — Zweige, die ih in Gedanfen flodt. 
Göthe, Taffo 1, 1. Der die golone Binde ihr um die ſchöne Stirne 
flehten wird. Schiller, Braut von Meffina. Chret die Frauen, 
fie flechten und weben himmliſche Rofen ins irdiſche Leben, flech⸗ 
ten ber Liebe beglüdendes Band, Schiller, Würde der Frauen. 
Doch mit des Gefchides ren ift Fein em’ger Bund zu Flechten. 
Schiller, Glocke. Nur der Körper eignet jenen Mächten, die das 
dunkle Schickſal flechten. Schiller. Ins Innerfte des weißen 
So flicht (verbirgt) die Dulderin ihr thränenvoll Gefiht. Kl. 

midt. 

An—, auf—, aus —, be—, bei—, durch —, ein—, ent—, 
fort—, binein—, nach —, über—, um—, unter—, ver—, VOr—, 
zu—, zurüd— , zufammenflechten bebürfen Feiner weitern Erffä- 
rung, find jedoch nicht. alle gleich gebräuchlich. — Stand das Mütter: 
chen auf vom ee en en Spinnftuhl. Voß, 70. Geburts: 
tag 69. Die Wilden beflodten vie Stangen mit Palmblättern. 
Ungenannter bei Campe. Sie ſprach ein mit Franzöfifh und Ita⸗ 
liäniſch durchflochtenes Deutih. Göthe, Meifters Lehrfahre 2, 6. 
Die weitumherliegenden, mit herrlichen dichten Bäumen befegten und 
durchflochtenen Auen. Göthe, Leben 9. B. Das Haar, wie 
ber Hulbgöttinnen Gekräuſel fhöngelodt, und zierlih mit Gold und 
Silber dur ee Voß. Sie bereiteten eilig aus abgebauenen 
Äften und eingeflochtenem Neifig eine Trage. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 4, 7. Eben der Gott, der Die ganze Welt regieret, hat 
auch unfer Glück, wie er ihren Grund Yegte, in ihren Zufammen- 
hang mit eingeflodhten. Käftner. Als er recht von Herzen lachte, 
flocht' ih das erſte Wort yon Ihrer Sage ein. Benzel-Sternau. 


153 


Heuchler, die fih wit Schmeicheln flechten ein. H. Sads. Die 
Blumen würden ihrem Haar entflochten. Lafontaine. Beide find 
fo genau hineingeflochten. Leifing, Hamburg. Dramaturgie 2, 88. 
Wenn er (der Rebel) wie ein Zugneß Gipfel und Berge über; 
ftiht J. Paul, Hefperus 1. Diefes ſeidne Haar, verfalten fchon 
den finftern Todesmächten, gebrauch's, den Sflaven ewig zu ums 
lebten. Schiller, Maria Stuart 3, 6. Siehſt du nicht bie 
Schlange, die den Bufen mir umflidt? A. W. Schlegel, Mit 
Müh arbeitete fich durch ein edles Pferd, weiß wie ber Schnee; die 
Mähnen, unterflodhten mit Golde, fhimmerten. Alringer, Doolin 
1,42. Bon äußerm Drang unangefochten bleibt Freunde fo in Eins 
verflochten, dem Tage gönnet heitern Blick! Göthe, nachgelaffene 
Berfe 7, 119. Durch das Labyrinth ne Hinderniffe. 
Duſch. Man fann fich nicht erwehren, von einer ſolchen Berpfleds 
tung der Schidfale ſchmerzlich ergriffen zu werden. Schiller, Briefw. 
wit Göthe 6, 133. Da ftand fie num, wie fie gewöhnlich in den 
Garten ging, ihre braunen Paare theild um die Stine fallend, 
theils in ſtarken Zöpfen zurüdgeflodten. Göthe, der Sammler 
und die Seinigen 2. Brief. it feltner Kunft flichtſt du der 
* Rath u deine Wünſche ug in Eins zufammen. Göthe, 
higenie 2, 1. 

Die Flechte (mhd. vlöhte, neuniederd. vlecht, ſchwed. fläta) 
1) Zufammengeflochtenes; 2) yerfchievdene "Dinge (Geſchwüre und 
Panzer), die fih in Geftalt eines Geflechtes ausbreiten. — Das 
Geflecht (ahd. givleht, mhd. gevläht, gevlähtunge) 1) ein ge- 
flochtenes Ding, bier au in manchen Zufammenfegungen —— 
lich; 2) ein Geſchwür auf der Haut. — Umwunden bin ich, römiſche 
Flechten, von euch. Göthe, röm. Elegien 4 Diefe waren ſchlecht 
und veraltet, der weidenen Flechte nicht unwerth. Voß, Philemon 
und Baucis 87. Wo jetzt hohe Waldbäume ihre Gipfel luftig er 
heben, da überzogen einſt zarte Flechten das erdenloſe Geſtein. 
A. v. Humboldt, Ideen zu einer Phyſiognomik der Gewächſe. Jetzt 
drückte ſie das Geflecht der goldnen Haare zurechte. Geßner. Der 
Kuß der letzte, grauſam ſüß, zerſchneidend ein herrliches Geflecht 
verſchlungner Minnen. Göthe, Elegie. Unter'm Schatten üppigen 
Geflechts von Rebenlaub. Uhland, die Bildſäule des un 
— Dorthin, wo fih in Sümpfeu Schlang’ und Tieger durd Rohr 
und Dorngeflechte tüdifch drängen. Göthe, Eugenie 4, 2. Jener 
entriß... eilend des Panzers Kunſtgeflecht von der Bruſt. Voß, 
Bevor des morbenden Heltor blutiges Panzergeflecht ringsher 
um die Bruft du zerriffen. Voß, Sins 16, 839. Durch Zwang 
bes Ruthengeflechtes. Daf. 13, 57%. Durd Tieblihes Wels 
lengeflechte. Göthe, Kauft 2, 173. 

Flechtkorb, — mens, — ſchiene, — wagen, — weibe, —iwerf, 


154 


—zaum; Pau, Kaͤſe —, Mogen—, Hirſen Schwind—, Farbe — 
Licht —, Pech —, Hunds —, Steinflechte; Kunſtgeflecht. — Mit 
allen ihren Waſſerſchößlingen und Flechtmooſen. J. Paul, Tis 
tan 10. Das Flechtwerk eines feinen innern Bandes. Daſ. 13. 
achs (ahd. flahs, mhd. vlahs, agf. flẽax) bezeichnet gewöhn- 
fi die Cbefannte) Pflanze ihrem Bafte nad, und dieſen beſonders 
in feiner Zubereitung, vornehmlich zum Spinnen, während Rein 
(vom Tat. linum, gr. Alvov) die Pflanze als ſolche bezeichnet, und 
nur von Dichtern für Flachs gebraudht wird. — Kein Faden Flach 8 
wird und gefponnen. Göckingf 8. Epiftel. Glänzend unwindet der 
goldene Lein die tanzende Spindel. Schiller, Spaziergang. 
Flächſen; Flachsader (Flechſey, —arbeit, —artig, —bart, 
— bau, —baum, —bereitung, — bläuel (beſſer Bleuel von goth. 
hliggvan, ahd. pliuuan, inhd. bliuwen = fchlagen, bleuen) —blüthe, 
—bofe, —brede, —bündel, — darre, —farbe, —feld, —finfe, 
— gelb, —gras (eriophorum L.), —haar, — handel, —hedhel, —faute, 
—knoppe, (was) — note, — kopf, —kraut, — land, —marft, mühle, 
—raufe, —reifte, —riffel, —röfte, —famen, —fhwinge, —fpinnerin, 
—werg; Frauen—, Seidven—, Waſſer —, Wieſenflachs. 
lechſe (bei Adelung Flaͤchſe) bezeichnet die Sehne als feinfa⸗ 
ſeriges (flachsartiges) Gliederband, oder auch bloß das faſerige Mit⸗ 
telglied zwiſchen Muskeln und Knochen. Die Volksſprache hat davon 
aufflächſen und aufflächſnen vom Metzgerhunde geſagt, wenn 
er das Rind, das er treibt, in die Flechſen der Hinterbeine kneipt, 
ohne es zu beißen. — Flechſenartig, —haube, —haut (beide in 
der Zergliederungsfi..:ft, jene ein Gewebe von Zlechfen, welches ven 
rn Theil der obern Wölbung des Schädeld überziebt; dieſe eine 
reite und dünne Flechſe, die das Anfehen einerhaut hat). — Nun 
waren die Slechfen feiner Arme entzweigefchnitten. 3. Paul, Sies 


benfäs 7. 
Löfchen ftatt Tefchen. 
(Wurzel laa—c, lis—c; lasc, lisc; vergl. fanffr. laj = unmfoms 
men, ſchwinden.) 

Loͤſche, loſch (im 17. Jahrhundert noh Taf), geloſchen, 
löſchen; gebräuchlicher auslöfchen, erlöſchen und verlöfchen, 
zuweilen, —28 ‚ nach ſchwacher Conjuga n (ahd. lisku, lasc, 
läskum6s, loskan@r, löskan, auch arlöskan, irlöskan; mhd. lische, 
lasch, läschen, geloschen, löschen, auch er—, verlöschen) aufs 

ören zu brennen (2. aufhören zu fein): das Feuer, das Lebens⸗ 
icht, die Liebe, die DEN ift erlofchen. — Und es Töfcht das Licht 
der Sterne... Und im Wind erlifcht die Fackel. iller, Hero 
und Leander. Liſch aus, mein Licht, auf ewig aus —— 
Leonore. Mein Sohn, für den die Sonne nicht ausloſch. Klop⸗ 


155 


ſtock, Meffias 11, 1473. Der Brand Taf aus. Lohenſtein, 
Eleopatra 1, 514. Glühend Rachegefühl hab’ ich gefogen aus 
ber erloſchnen Sonne feines Blicks. Schiller, Tel 2, 2. Iſt 
Geift und Wig erlofhen? Göthe, Taſſo 2, 1. Indem ihm auch 
das Licht erlaſch, groß Angft und Forcht fein Herz durchdraſch. 
9. Sachs. Euch iſt die Sonne verloſchen. Klopſtock, Meſſias 
10, 520. Bald verliſcht ein unbegränztes Streben im ſel'gen 
Wechſelblick. Göthe, Weltſeele. So verlifht er por den Ans 
benfen der Menfchen. Göthe, Götz von Berlichingen 5. Ein Bild 
ber Deinen, das in deiner Seele noch nicht verlofchen. Leffing, 
Ratban der Weiſe 3, 1. Er verfam, verlöfhend wie ein Ticht. 
Bürger, Bruder Graurod. In dem feharf gefalznen Thränenquell 
des Grams serlöfchten ihre fhönen Augen. Houwald, das Bild. 
Mit fchnell verlöf nn Zügen fchreiben fie des Lebens Bilder auf 
die glatte Stirne. Hiller, Wallenfteing Tod 3, 7. 
Köfchen (ahd. leskan, mhd. leschen, ans lascjan, altf. lesvjan) 
geht als thätige Form nad) der ſchwachen Konjugation; fo auch ab—, 
aus—, er—, ver—, ne hen. — Wer diefen Ring befigt, dem 
loͤſcht fein Element das Lebenslicht. Wieland. (Die) uns den Ruhm 
erworben, den kaum nad) Tanger Zeit der Enkel Abart Tefcht. Haller, 
verdorbene Sitten. (Da er) bie fertig gebrannte Kalfgrube feines 
Zorns mit Wein ablöſchte. % Paul, Titan 15. Wilhelm hatte 
kaum feine Stube erreicht, als er feine Kleider abwarf und nad 
—— chtem Lichte ins Bett eilte. Göthe, Meiſters Lehrjahre 
2, 11. Iſt es nicht vielleicht ein flüchtiger Eindruck, den man wies 
der auszulöſchen hoffen kann? Göthe, Meiſters Wanderjahre 2,3. 
Doch die Leiden der Freundſchaft Hatten nicht jede Schönheit ver. 
jugendlichen Debora auszulöſchen vermocht. Klopſtock, Meffias 
15, 337. Leſcht das Licht aus. Lohenſtein, Cleopatra 1, 259. 
(Mandye Tafel mußte) gar durch die Erklärungen weggelöſcht 
werden. Göthe, Reben 18. B. Bon der Tafel der Erinnerung will 
th m hen alle thörichten Geſchichten. Shaffpeare, Hamlet 1,5. 
ſchlich und ausloͤſchlich kommen nicht vor, wol aber un= 
ausloͤſchlich, unlöfhbar. — Unaufhörlih rief er fih jene Bes 
ebenheit zurüc, welche einen unauslöfhlihen Eindruck auf fein 
Semüth gemadht hatte. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 9. Urplößs 
lich unloͤſchbar lodert umher Glut. Voß, Jlias 16, 124 
; Löfchanflalt, — brand, —eimer, —faß, —geld, —ges 
räth, — haften, — Horn, —kohle, —Fübel, —mannfgaft, —napf, 
—papier, —plaß, —ihaufer, —fpieß, —trog, — wanne, —wagler, 
—wedel, — wiſch. — Statt der Löfchanftalten fo viele Breman⸗ 
Raften. J. Paul, Heſperns 2 Doch unbraudbar wird fie (die 
are) durd das reimeriihe Loͤſchpapier. Platen, bie verh. 


156 
Selfen. *) | 


(Wurzel hal—f, hil—f; half, hilf; helfan ftatt hölafan, alſo ſchützen 
durch Berbergen?) 


Helfe, half, geholfen, helfen (ahd. hilfu, half, hulfumes, 
holfaner, hölfan; mhd. hilfe, half, hulfen, geholfen, helfen; goth. 
hilpan, 9 hälpan, altn. hialpa. mittelniederd. helpen) Kräfte 
anwenden für etwas auf eine Beftiimmung bin, und zwar 1) zur 
Berbefferung eines ſchlimmen und zur Herbeiführung eines beſſeren 
Zuftandes dienen; guter Rath hilft, hier hilft fein Bitten, es iſt 
ihn nicht mehr zu helfen; 2) zur Erreihung eines Zieles mitwirken, 
eine andere dahin wirkende (befonders unzureichende) Kraft ver: 
ftärfen, feine Kräfte mit denen eines Andern vereinigen: Gott helfe 
euch, einem auf das Pferd helfen; 3) allgemeiner, nützlich fein, zur 
Beförderung eined Zwedes dienen; 4) (älter Sprade) ausftatten, 
verforgen. — Der Strang ift mir entzwei. 4 mir ihn Vater. 
(Tell:) Ih nicht. Ein rechter Schütze Hilft ſich ſelbſt. Schiller, 
Tell 3, 1. Da hilft keine Gegenwehr. Schiller, Wallenſteins 
Lager 6. Wer hilft uns dann wohl zu unſerem Geld? Daſ. 11. 
Was Hilft dir das? Leſſing, Nathan der Weiſe 2,1. Ih Half 
euch von einem Feind und mir zu einem Pferde. Göthe, Götz von 
Berlichingen 3. Es würde mir zu viel mehr Nuben und Ehre ge- 
reihen, wenn ih ihm an feinem filbernen Gefäßen hälfe Göthe, 
Benvenuto GCellini 1,4. Ich hülfe den Griechen, Platen, die verh. 
Gabel 1. Weil id hoffte, er fulle mir helfen und beiftehen, 
baß ich in den Dienft des großen Königs käm. Göthe, Benvenuto 
1,2. Chint (Kinder), den geholfen iſt (vie verforgt, ausgeftattet 
find). Augsburg. Stadtbuch. 

Beiſtehen (ſ. ſtehen) deutet in feiner Iufammenfegung darauf Bin, 
daß der Eine feine Kräfte mit denen. bes Andern zu einem Zwecke ver: 
einigt, beſonders wenn biefe legten zu bemfelben unzureichend erfcheinen. 
Der Ansdruck kann darum nur pon folden Dingen gefagt werben, welche mit 
Abſicht handeln oder zu handeln ſcheinen. Überhelfen eigentlich zum Kum: 
men über etwas hinüber mitwirfen, und dann durch feine Thätigkeit und Mit: 
wirkung feiner Kräfte machen, daß er über eine Echwierigkeit, die ihn in 
Perlegenheit fegt, über ein Uebel hinwegkommt. Früher hatte übers wie 
drüber= und drobhelfen auch die Bedeutung beſchützen. Befördern 
(von fürber = vorwärts, weiter, ahd. vurdir, davon vurdrjan, mıhb. vürdern, 
agf, fyrdrian) machen, daß etwas dem Ziele näher Fomme Beitragen (f. 
tragen) zu dem Vorhandenen noch Hinzuthun auf bad Näherbringen zum 
Ziele Hin, und folcher Weife auf tiefes einwirken. — Beiſte hen follen fe 


*) Mit diefem Verbum beginnt die Ablautsformel e (i), a, o (m). 


157 


mir in meinen Blanen. Schiller, Piccolomini 2, 5. IH half ihm in ſolchen 
Fällen gewöhnlich über, wofür er midy mit aufrichtiger Neigung belohnte. 
Göthe, Leben 9. B. Laßt's mit Afchenfalz durchdringen, das befördert ſchnell 
ven Guß. Schiller, Glocke. Wie iſt's? Will's fördern? Miill's bald 
gehn? Göthe, Fauſt 1, 157. Uebernehmt, meine Lieben, doch das Geſchäft. 
Bin ich hergeſtellt, eh Ihr geendet habt, fo will ich das Meinige beitragen. 
Böthe, Meifters Wanderjahre 1, 6. 
Yum. 1. Die Volksſprache In Süddeutſchland gebraucht Helfen In abver- 
Halem Sinne, fo daß es hilft: Ich will helfen mit bir gehn; form helfen mit! 
Aum. 2%. Der Volfsfprache, theilmeife anch ber Altern Sprache eigen find 
tie Redensarten: Helf Gott! Gott Helf! ale gegen Niefende; Ab⸗ 
weiſangsformel gegen einen Bettler, dem man nichts geben kann oder will. — Muß 
man ten Mund doch, ich follte meinen, nicht weiter aufmachen zu einem Helf 
Bett! Echiller, Wallenſteins Lager 8. 


Yum. 3. Im Mhd. wird aus tem plur. pract. der Conjunctiv gebildet. 
Taran erinnert der uhd. Conj. hül fe von dem ahd. und mhd. hulfumds, hulfen. 
Rh, möchte das mindergebräuchliche hälfe vorzuziehen fein, da wir in halfen 
wie half Das a beibehalten. Im 16. Jahrhundert ſagt Bifchart auch im Indiea— 
tiv: er behulff ſich. 

4. Das goth. hilpam hat den gen. der Perfon, pas ahb. hekan bald 
ten soc. bald den dat., jenen in der fchwächeren Bebentung von nügen, tiefen in 
der Rürfern vor Hilfe fringen. Im Mh. ſieht bei göttlichen, Heiliger Hilfeleiftung 
ver dat. Diefer Unterfchien iſt nhd. nicht ganz verwiſcht: Gott hilft mir, bein 
Glanbe hat dir geholfen, was hilft michs? — Bas hilft mich das? iſt ubjectiver 
geredet, was hilft mir das? perfünlicher. 

Abhelfen 1) von einem höheren Orte berunterbelfen, 2) auf: 
hören madyen, durch Fürſorge verbeffern: einem Uebel, den Be- 
werben, Jemandes Bedürfniß; 3) (früher) einem abhelfen — ihn 
umbringen. — Oder fah er einen Engel unter den Meißel hervor- 
gehen und half viefem Irrthum in der Eile mit einem deſto fchlech- 
tern Herzen ab? Schiller, Rabale und Liebe 5, 7. Ich will auf's 
nächte Dorf und fehn, ob ich nicht mit warnen Ueberfchlägen meis 
nem Uebel abheffen fann. Göthe, Götz von Berlichingen 3. 

Anbelfen tft veraltet. Campe führt e8 an mit der Beden⸗ 
tung: „einem Andern an etwas helfen, einem Andern zur Annäherung 
am eine Sache behülflich fein, mehr in uneigentlicher Bedeutung,” 
Letztere Bedeutung führt auch Stieler an. Im Prompt. von 1618 
bat anheifen die Bedentung — , anfpornen durch die Bes 
gierde, etwas zu thun: da ward jhm erft angeholffen tum pri- 
mum fax ei subjecta est. Dem leicht angeholffen ift zu reden 
ad direndum promptus. 

Behelfen 1) fi zu helfen fuchen, damit durchzukommen fuchen ; 
2) ausfommen , zufrieden fein; 3) (früher) fich einer Perfon, eines 
Dinges behelfen a) ed als Hilfsmittel, zu feiner Entſchädigung ger 
brauchen, vorbringen; b) es dabei bewenden Taffen, fi damit bes 
gnügen. — Der Soldat bepilft und fhidt fi, wie er kann. Schil⸗ 
ler, Piccolomini 3, 1. Denn lange, bis es nicht mehr Tann, be- 


1858 


bilft fich u. mit feilen Sclavenfeelen. Schiller, Wal⸗ 
lenſteins Top 1 Gelt, wenn fo ein Musfe von ſich da und 
bort und dort ann u ſchon herumbeholfen hat. Schiller, 
Kabale und Liebe 1, Wir tollen uns feiner andern Herrſchaft 
gegen gedachter Herrfchaft behelfen. Monam. boica 25, 470. 
Berbeifen, Hüfe leiften zu irgend einem Zwede, mit dem Re 
benbegriff der Erreihung desſelben. — Da Fam der. Schneider zu 
deinem Vater und bat ihn, er möchte ihm zu feinem Geld ver- 
elfen. Göthe, Götz von Berlichingen 1. Indem er mir zur 
öhm’f 2 Rorn .. Belle Schiller, Roltenfteins Top 1, 5. 
den Begriff ber Hilfeleiftung allgemein aus ant 
läßt es m ob der Zweck durch die Hilfe erreicht wird oder wicht. — 
Gr unterrichtete Eduarden, einige Jäger und Bauern, die ihm bei dem Gefchaͤft 
behülflich fein follten. Goͤthe, Wahlverwandtichaften 1, 8. 
Keiner — — beduͤrfen — aus—, bei, ae 
Senke duch—, ein—, — —, heraus —, hin — hinab— 
hi nauf— ‚, hinaus —, "hinein, pinüber—, binunter—., hinweg 
, nah— , wieder—, um—, unter—, vor— , VOTaN-. 
vorbei, weg—, zu—, zurüd— , zufammenpelfen, von denen 
einige ganz veraltet, anbere wenig im ebrauh find. — 8 if 
eine Seele in biefen Tropfen, die mit der unfrigen nahe verwandt 
ift, freundlich ſich zu ihr gefelt ‚und fehwefterlich ihr in den Augen⸗ 
bliden aufbilft, wo i ie ſchaffen und wirken ſoll und eben er 
mangeln will, Göthe, Lila 2. Wenn ältere Gefchwifter alsdann 
für die jüngeren forgen, und das Haus fih in fi 1 felbft bedient 
und aufhilft. Göthe, errang ni 2,7. Gib mir de 
Hand, ich will dir aufhelfen (vom Boden). Spaffpeare, das 
Wintermährchen 4, 2. Die Form des Buches war für den Anfänger 
nicht „ günfig, daß ev ſich ferbft hätte aushelfen können. Götke, 
Leben 4. B. Welcher, wenn Noth eintrat, ihm gern aushalf mit 
dem Brummbaß. 08, Luife 3. b, 82. Wir halten hier gemein⸗ 
ſam Haus, und helfen gern einander aus. Voß, Luiſe 3. a, 428. 
Sie halfen fh durch, indem fie für die Advocaten ſchrieben. 


Böthe, Leben 5. B. Wie ih mir in ſolchen Fällen in der frame 


ſiſchen Sprache die ich doch nicht elernt, mit mehr oder weniger 
Bequemlichkeit Durdgeholfen, se, Leben 3. B. Wem ihr 
mir nicht einhelfen wollt, fuhr er fort, fo werde ich mir felbß 


zu helfen willen. Göthe, Deifterg 8 — 5— 8, 10. So müſſen 


und ſollen mir enthe u die EN on Moyß. Hugen, Rhe 
torica Tübingen 15238 BI. 73 a bat nn er den Armen 
auf der Bruſt, er möchte mir een Benvenuto 
Cellini 2, 12. Niemand fand ſich, der mir aus = n daborinte des 
Geleifteten und Beabfichtigten, der That und des Vorſatzes, des Er⸗ 
bauten und Angeveuteten (des Kölner Domes) hätte berauspelfen 


159 


finnen. Göthe, Leben 14. B. Bis ih ihm hinhelfe. Schiller, 
Räuber 1,2% Der Sprung ift hoch, doch die Spaliere helfen 
wir hinab. Platen, Treue um Treue 3. Wie Tebhaft iſt die Dank⸗ 
barkeit derjenigen, denen wir mit Ruhe über leidenſchaftliche Ver⸗ 
legenheiten DT Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 17. 
Der Mangel an Gelegenheit und das Schild Minervens hatten ihm 
über die Windinonate des Gefühle hHinübergeholfen. J. Paul, 
Heſperus 8. Daß Sie mir fo auf einmal über fo vieles hinweg⸗ 
helfen. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 108. Ihm fendet fein 
baulodiger Bruder des Meers mithelfende Fluten. Voß. So viel 
den Adaiern im Kampf Mithelfende waren. Boß, Ilias 12, 
180, Die Deutfchen willen zu bericht'gen, aber fie verſtehen nicht 
uahzubelfen. Göthe, Sprihwörtlid. Du tadelſt mid, daß ich 
einem jeden in feiner Meinung nachhalf. Göthe, Meifterd Wander⸗ 
jahre 2, 10. Sie bat nur Gott, daß er Ihr nur über biefen Tag 
weghelfen möchte. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 17. 

Heffrant (marrubium vulgare L.), —rebt (Gantredt), 
—nde, — willig (mit beifwilligem Herzen, Wolfe), —wur;. 

Helfer (ahd. helfari, helfäre, mhd. helfsere, hälfer) eine Perfon 
al in Sübbeutfhland auch für Gehilfe Davon Ab—, 
Anf—, Aus—, Ein— , Mit—, Nah—, Unter—, Diebs—, 
Ordnrts—, Map, Selbſt—, Rothhelfer, Helfershelfer. 
— Dem Helfer half der Helfer droben. Göthe, Fauſt 1, 56. 
Bo find die blut'gen Helfer deines Mordes? Schiller, Tell 5, 2. 

diefer Zeit nun fei ihr Die Gegenwart einer fo lieben Freundin 
md Helferin unentbehrlich en. Göthe, Wahlvermandtichaf- 
m2,7. Herr Hans, Helffer in der obern Pfarr. Mederers 

Madt 163 ad 1504. Gleichſam als wären dieſe die Bettauf- 
belfer vom tiefen Erdenlager. I. Paul, Titan 12. Sei ung 
Rithelfer des Kampfes! Voß, Ilias 17, 339. Du dreihauptige 
and, Mitkundige unſeres Beginnens ımd Mithelferin ſtets. Voß. 
Gleich nimm Dies und Diebeshelfer. Schiller, Wallenfteing 

9, 7. Man ging die Tugenden berfelben durch und fand, ar; 
S nit Nothhelter genug geben fünne. Göthe, St. Rochusfeſt. 
Daß ein Geburtshelfer angeftellt wurde. Göthe, Leben 1.8, 

Er beſtellte Meßheifer, damit fie feinen Lebensballaſt ausfchifften. 
Paul, Hefperus 16. Die Geftalt eines rohen, wohlmeinenden 
elbſthelfers in wilder anardifcher Zeit erregte meinen tiefften 
Anteil, Göthe, Leben 10. B. Du warf fein Helfershelfer. 

Her, Räuber 4, 6. Wenn du nicht fein Helfershelfer bif. 

>, Eden, Lift und Rade 8. 
elfershelfer d. 1. der Helfer eines Helfers, alfo untergevröneter 
Sehe, ya $ —— f Helfer Self ſ 8 


. verädhtli Nebenbegriff, ven das Wort im 15. Jahrhundert 
ug nicht rd Siche — —— 2 er = i 





100 





Selferamt, — knecht, — ſatz (beide in den Bergmerfen), —Rab. 
Und dieſe Blumen wahr’ ich deinen Kindern, und biefen Helferkab 
bem Ehgemahl. Herder. 

Gebilfe (minter gut Gehülfe, ahd. gahelfo, mhd. gehölfe) 
eine Perfon, die mit einer andern oder mit andern Perfonen zu ci- 
nerlei Zwecke thätig ift, mit dem Nebendegriff, daß dieſes Thätigſein 
der Werfon dem unzureichenden Thätigfein eines Andern oder An 
derer anf Eine Beftimmung hin zugethan it. — Einem weitläufigen 
Briefe der Borfteherin war eine furze Nachſchrift hinzugefügt, nebit 
einer Beilage von der Hand eines männlihen Gehülfen am In 
ftitut. Göthe, Wahlverwandtfchaften 1, 3. Der junge Mann hatte 
nicht ohne Vorbedacht einer Gehülfin erwähnt. Daf. 2, 7. 

Mitarbeiter (von Arbeit, goth. arbäichs, ahd. arapeit, mhd. archeit, 
arbeit, ſ. Geſchäft) if überhaupt eine Perſon, die mit einer ober mit au 
been Perſonen zu einerlei Zweck thätig if. — Die Vorfleherin der Penſion 
war bereits in Jahren, fie hatte fi unter ihren Mitarbeitern und Mit: 
arbeiterinnen ſchon lange nad) einer Perfou umgefehen, die eigentlich mit 

ihr in Gefellfchaft träte. Göthe, Wahlvermandtfchaften 2, 7. 

Hilfe (minder gut Hülfe, abo. hilfa, helfa, mhd. hilfe, helfe, 
altf. helpa, agſ. hälpe, altn. hiälp, einmal ahd. hulfa, mittelniederd. 
holpe, hulpe) bezeichnet den Begriff der Mitwirkung zu eines Ans 
bern Zweden am allgemeinften, und wird auch gefagt, wann es die 
eignen Zwede gilt, und wann überhaupt die thätige Wirfung auf 
Beförderung ber Zwede hingeht, ohne daß fie gerade immer eine 
Mitwirkung if. In den Gerichten ift Hilfe diejenige gerichtlige 
Handlung, wodurd der Ueberwieſene genöthigt wird, dem Urtheil 
Folge zu Teiften: Hilfsvollſtreckung (Ereeution). — Ja Herr, mit Got 
tes Hülfe getrau’ ich mir's, und helf' ung wohl hiedannen. Schil⸗ 
ler, Tel 4, 1. Und feine alte kranke Muhme, die faum trodned 
Brot hat, muß ihren zugewogenen Haufen Flachs fpinnen für den 
Hof, damit ihr nicht die Hülfe geſchehe. Seume. 

Beiſtand (f. ſte hen und oben ©. 156 helfen) ift Mitwirfung zu des Andern 
Zwecken, oder Thäfigfeit wie Mitwirfung zur Unterftügung bes Andern. Bots 
ſchub (f. ſchieben) eigentlich die Handlung und dann der Zuftand des Bor 
fhiebens, fufort das was vorgefchoben wird, bat demnach die figürliche Be 
deutung: die Thätigkeit zu Jemandes Zwecken in etwas durch Dargeben von 
Mitteln, deren Anwendung die Sache zum Zwede vorwärts bringt. — Re 
gend um ſich her fah er die mindefle Hoffnung zu Hülfe und Beiſtaub 
Goͤthe, Winkelmann 1. Der König verlangt Beiſtand. Göthe, Egmont 4. 
Euer mächt'ger Beiſt and verſichert uns ven glücklichen Erfolg. Schiller, Maria 

Stuart 2, 18. Daß fle den Mördern inmer Vorſchub thun. Schiller, Tell 5, 1. 

Anm. Sticler itt im Irrthum wenn er fagt: „Hülfe, früher Olf, havor 
Adolf v. i. Adelhülf; Gangolf v. 1. Dangkalfı Ludolf d. i. der Lente Hülf: 
Rudolf d. i. Ruhehülf.“ Olf ſteht Hier für Wolf, nit welchem Wort (Wulf) 
im Abd. viele Gigennamen gebildet werben. S. Grimm Il. 380, 881, 887. 


161 


' — Aus—, Bei—, — Geburts 
Rach —, Noth —, Selbſt —, Wechſelhilfe. — Scham ſelber heiſcht 
Abhälfe ſchleunig. Shakſpeare, König Lear 1,4. Jagd und Krieg 
ſind eine folche für den Edelmann immer bereite a lurlı Göthe, 
Bahlverwandtichaften 1, 18. Eine Sparkaffe zur Aufhülfe für 
beruntergefommene Handwerker. Ungenannter bei Campe. Auch 
fan man es ohne große Beihülfe leiften. Göthe, Wahlperwandt⸗ 
ſchaft 1, 3. (Wenn) das Volk, zerreißend feine Kette, zur Eigen» 
älfe fchrediih greif. Schiller, Glocke. Da ich felbft zu jeder 
inhülfe untauglih bin. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 228, 
Hiermit ift eine Anftalt zur unentgeldlihen Geburtshülfe ver- 
bunden. H. P. Surz, Bernflorf. Sie fagte das Feftgefprädh, zu ihrer 
Mutter Gebturtstag gedichtet, bei weniger Nachhuͤlfe gar ſchicklich 
her. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 10. Indeſſen du geheim auf 
meine Mörderhülfe hoff. Schiller, Maria Stuart 2, 6. Die 
wildeſte Selbfthülfe war dort an der Tagesordnung. Göthe, les 
tn 6. B. Der Wechſelhülfe gevenfend. Pyrfer, Rudolph 9. 
Silfreich (davon Helferih, mho. hälferieh), hilflos (app. 
helfalös, mhd. helfelös) und das feltnere hHülfsfertig Cbeffer hilfe 
fertig) find an fih Har. Hülfbar Cheffer hilfbar, mhd. helfe- 
bernde), nt (mhd. helfelich, hälflich, hölfeclich), hilflich, 
abbeiflich, bebelflich (gebräuclicher behilflich) find wenig 
mehr im Gebrauch. — Edel fei der Menfh, hülfreich und gut! 
Gothe, das Göttliche. Der Menſch kömmt ſchwächer und hülflofer 
auf die Welt, als alle andere befeelte Gefchöpfe. Geller. In wel⸗ 
Hülfloſigkeit ich fie verließ. Göthe, Meifters Lehrjahre 2,2. 
diefe Fenſter (Wunden), die ſich aufgetban, dein Leben zu ents 
laſen, träufl’ ih, fieh! hülfloſen Balfam meiner armen Augen. 
Shafjpeare, König Richard III., 1, 2. Daß ein gewaltiger ſowohl 
ideeller als reeller Zubrang biefen fonft en wohlmwollens 
ven und hülfsfertigen jungen Mann oft außer Stand feße fid) 
zu bewegen, geſchweige zu wirfen. Göthe, Campagne in Sranfreich, 
Duisburg, November. Er war fo hülfefertig, fo freunplid 
thaͤtig. J. Paul. Sey mir hülfbar. Lohenftein, Cleopatra 3, 67. 
Bis er mehrere Freifchöpfen antraf, die ihm helfliche Hand Ieifteten. 
J. Möfer, die weftphälifchen Freigerichte. Jeglichein, der euch) ver- 
er tröftlih und hülflich zu fein. Göthe, Einſamkeit. Zu der 
bindung) Wilhelm behuͤlflich geweſen. Göthe, Meifters Lehr- 
jahre 2, 5. Laß fi) dein Heil doch hülflich zu mir neigen. Opitz. 
, —fundig, —fuhend, —verlangend, —winfend, —ges 
fellt, —Teiftung; Hilfsamt, —anlage, —arın, —arbeit, —aufe ° 
Inge, band, —beamte, — ‚ —igfeit, —begriff, —biſchof, 
—bitte, — brief, erbietung, —gebot, —geld, —genoß, — 
—grund, —heer, —kaſſe, —fenntnig, —krieg, — laſche (im Berg⸗ 


11 





162 _ 


bau), —laut, —Tauter (beides für Eonfonant), —Iehrer, —madht, 
mittel, —note (in der Tonkunfl), —organ, —prediger, — quelle, 
—reht, —fag, har, — ſteuer, —flimme (in ker Tonfunft), 
—ftollen (im Bergbau), —thürftod (im Bergbau), —ton, —truppen, 
— vertrag, — voll, —wiflenfchaft, — wort, —zeitiwort, —zwang. — 
Ueberall ber Hülf eruf 2eidender, denen ihr nicht helfen könnt. 
Meyer. Wenn ih das Hülferufen der Geängftigten wieder hörte. 
3. Paul, Nushirwans Gemah war einem jeden Hülfefuhenden 
zu jeder Zeit offen. Meißner. Ob hülfefundig ein Weſen athme, 
dhr Rettung zu bringen. Pyrfer, Tuniſias 9. Starrte mein hülfe- 
verlangendes Auge Klopftod, Meſſias 14, 880. Kein hülfe- 
winfend Boot. Wieland, Oberon 1, 5. Es ſteh' ihm Lichten- 
ftein, fo er dort ermattete, hHülfegejellet. Pyrker, Rudolph 11. 
Eine fünftlide Hülfsanlage. Herder. Mander Hülfsarbeiten 
gedenk' ich nicht. Göthe, Meifters Wanverjahre 3, 12. In hülfe- 
bedürftiger Kindheit. Pyrker, Tuniſias 9._ Das Zutrauen fo 
vieler andern Hülfsbedärftigen. Göthe, Leben 16. 3. Ohne 
neue Hülfgsbegriffe. Herder. Unter fie ward auch id) als Hülfs⸗ 
—— Bürger. Die Hülfsglieder unſerer 
‚ danken. Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 12. Drang und Eile 
augleic nöthigten mid) zu einem wunderbaren Hülfsmittel. Göthe, 
Leben 19. B. Aus gleihgältigen thierifhen Hülfsorganen ruft 
ſich das Licht ein Organ hervor. Göthe, Farbenlehre Einlei 
Die reihen Hülfsquellen verfiegten bald. Göthe, Leben 11. 3. 
(Er) harrte nur der verheißenen Hülfsfharar. Pyrker, Rudolph 6. 
Nicht biet? ih dir Mundvorrath und tapferes Hülfsvolk. rfer, 
Tunifias 10. Bon Sphragiftif und ihren Hülfswiffenfhaften. 
J. Paul, Hefperus 38. Bei ven Hilfswörtern feyn und haben 
werden wir wol nie zur völligen Feſtſetzung gelangen. Klopftod, 
Gelehrtenrepublik. 

Behelf (oberd. auch Behilf) iſt eigentlich Rechtshilfe, die man 
bei Jemanden ſucht; dann das, was man in Ermangelung zureichen⸗ 
der Mittel vorbringt, um von etwas, was unangenehm berührt, 
wegzukommen; auch Genůge mit dem, was man in Ermangelung 
des Zureichenden hat. Davon behilflich (minder gut behülflich, 
oberd. behelflich) eigentlich zu einer Ausrede dienlich, gehörig; 
dem hilfeleiſtend, ſ. oben S. 158. — Dieſen Behelf als 
beſten erſann ſein wählender Scharfſinn. Baggeſen. Du fingſt F 
genug für den Nothbehelf. Shaffpeare, viel Lärm um nichts 2,3, 

He gnaden. und Behelff, fo die weibsperfonen haben. Berichts: 
ordnung von 1520. So war ich heiter, aller Menihen Freund, 
Bepültkig, wach, zu Rath und That bequem. Göthe, Eugenie 3, 4, 

Vorwand (f. vorwenden) das, was als ungegränbeter oder auch ges 
gründeter Beweggrund over Abſicht geäußert wirb, von welchen man glauben 






163 


machen will, fe ſeien bie wirkllchen. Ansflucht (f. fliehen) if hier bild⸗ 

lich das, was unter Borbringung nichtiger Gründe gefchieht, um dem zu ent: 

gehen, wodurch Jemanden zugejept wird oder werden Tann. — Diefer eitle 

Trop wird ſchnell verfchwinden, wenn man ihm den Borwand raubt. Man 

Hätte dieſen Babingten und Tifchhurn ihr in Perfon vorführen, ihre Schreiber 

ihr gegenüber ſtellen ſollen. Schiller, Maria Stuart 1, 8. Damit er feinen 

Borwand hat, mir nicht Wort zu halten. Leſſing, Smilie Balotti 4, 6. 

De Launft des Kaiſers Befehl und ernfle Ordre nicht verhöhuen, nicht länger 

Ausflucht ſuchen. Schiller, Viccolomini 2, 6: 

Beholfen und Beholfenheit find nicht an gebräuchlich, wol. 
aber unbeholfen und Unbeholfenheit. Unbehilflich (minder 
gut unbehülflich) eigentlich unfähtg, im eigner Bewegung Hilfe 
anzuwenden, dann ein fehr träger, an ſich verzweifelter und von ſich 
verlafiener Menſch, (geiftig) in hohen Grabe ungelen? und unges 
wandte. Stärfer fcheint unbeholfen zu fein. — Hier eine Eleine 
fange Frau mit einem großen alten Manne; dort umgefehrt ein klei⸗ 
zer munterer Mann und eine unbehülfliche Riefin. Göthe, Wahl- 
verwandtfchaften 2, 5. Menfchenverftand iſt eine herrliche Sache, 
allein dad unbeholfenfte, unbraudhbarfte Ding von der Welt bei 
ſolchen Gelegenheiten, wo man ihn nicht nöthig hat. Lichtenberg, 
wigige und ſatiriſche Einfälle. Wenn kraftlos Alter, unbeholfne 
Glieder im Armſtuhl deinen Vater hielten feſt. Shaffpeare, König 
Heinrich VI. 1. Thl. 4, 6. Er (Ovid) hatte eine große Beweglich⸗ 
Ishfeit des Geiſtes und die höchfte Meiſterſchaft über bie flarre Un- 
bepulffichfeit feiner Miutterfprache. laten, das Theater als 
Rationalinftitut. | 

Schwerfaͤllig (f. Fallen) mähfam in oder zu der Bewegung aus brüs 

‚ Gender Sewichtmaffe, in hohem Grade mühfam ohne Leichtigkeit und Beweg⸗ 
lichfeit. Plump (vom mittelnieberd. plump = flumpf, plumpen = flumpf 
machen) Kart maflenhaft roh und daher ungefügig zu leichter Bewegung; mafs 
fenhaft roh, fo daß im höchflen Grave das Geſchickte, Feine, Gebildete, Gier 
liche vermißt wird. — Schwerfälliger als die Perioden in den Schriften 
der Reichsgerichte find, gibt es ſcwerlich; plumper ale Kloz konnte felbft 
der Bauernſtolz Feine Recenfionen abfaſſen. Leffing. Cine häßliche Nnart if 
‚vie Ele [hwerfällig und albern macht. Raſch! lebhaft und witzig! 

iller, Fiesfo 2, 2. Der blinde unbehnlfene Koloß, der mit plumpen 
Knochen anfangs Gepolter macht. Daf. 2, 5. Der Blumpe, der nicht 
fgwimmen fann, er will's dem Wafler verweifen. Goͤthe. Schwimme, wer 

ſchwimmen Tann, und wer vIump iſt, geht ımter! Schiller, Räuber 1, 1. 

Dabei‘ benehm' ich mich plump wie Holz. Schiller, Fiesko 1, 9. Jud' ift 

Jude. Ich bin ein plumper Schwab. Leffing, Nathan der Weiſe 1, 6. 


11? 








164 ' 


— — — 


Gelten. 
(Wurzel gal—t, gil—t; galt, gilt.) 


Gelte, galt, gegolten, gelten (ahd. kiltu, kalt, kultumds, 
koltaner, költan; ınhd. gilte, galt, gulten, gegolten, gelten; 
goth. gildan — erftatten, agf. gildan = ſchuldig fein, gelden — 
erftatten, bezahlen, altn. gilda — gelten, den Preis einer Sadye 
beftimmen, gialda — bezahlen) 1) (veraltet) geben, gewähren, zu 
Leiftendes abtragen, den Werth erftatten; 2) (gewöhnlich) einen der 
zu etwas verwendeten Mühe und Koften entſprechenden Werth 
haben, einem Gegenwerth gleich ftehen; 3) überhaupt (ohne daß im- 
mer an Geldwerth gedacht wird) werth fein, Werth und Gehalt 
haben; 4) für etwas Werthvolles, Wichtiges gehalten, dafür ange⸗ 
jeben werden; 5) (in verjchievenen Redensarten, wobei Ergänzung 
von Auslaffungen und Umſchreibung zur Hilfe ee werden 
müffen) zum Ziel haben, erforvert werden: e8 galt ihnen Sieg oder 
Tod, dir gilt nicht diefes Lied, hier giltd einen Kampf; 6) (Volks⸗ 
fprache) einen gelten laſſen = ihm einen gaftfreundlihen Trunf oder 
Bilfen anbieten; 7) (früher) abzahlen, bejonders jährlichen Zing 
zahlen, dieſer beftehe in Geld oder Naturalien. — Daß fie (die 
Wefte) mir zum Beweiſe gegolten. Göthe, Wirkung in bie Ferne. 
Sechs und zwanzig Groſchen gilt mein Thaler. öthe, Sprich⸗ 
wörtlich, Will er erlojchne Rechte wieder geltend machen? Göthe, 
Egmont 1. (Das) morgen gilt, weil’d heute bat gegolten. 
Schiller, Wallenfteinsg Top 1,4. Keine ee mehr. Schil- 
ler, Wallenfteins Lager 6. Wollt ihr mein Wort niht gelten 
Iaffen, folt ihr's mit Händen greifen und faffen. Daf. 11. Did 
fohredt fein Sturm, wenn es zu retten gilt. Sdiller, Tell 3, 3. 
ar gilt das dritte Glas. Göthe, Tiſchlied. Es gilt dein 

eben, du junger Knab. Uhland, des Knaben Tod. Brüder, galt’ 
e8 But und Blut, dem Verdienſte feine Kronen, Untergang der 

Fügendrut! Schiller, an die Freude. Wer erben will, der fol 
aud) gelten, Schmeller, bayr. Wörterb. 2,40. Der Hof zu Infhofen 
bey der großen Faber giltet jerlich ein Schaf (Scheffel) waizes. Daf. 

Koſten (mhd. kosten, fpäter costen, ſteht mit ahb. ch(k)ust = Schägung, 
Werth, c(ch)ostön = koſten, tarieren in Verbindung, warb dann vermifcht 
und durchdrungen von den fpan. und ital. Costare, Costar, franz. Co 
altfranz. couster, von lat. constare) im Kaufwerth fiehen, wirb flets in Be⸗ 
ziehung auf denjenigen gebraucht, dem eine Sache im. Werth, oder überhaupt 
zu ftehen kommt und bebeutet -für einen Aufwand von Werth, wie Arbeit, 
Kraft, Geld 16. zu fiehen kommen. — Gin ununterbrochenes heftige Bomben: 
feuer vegnete mehrere Tage lang in das ſchwediſche Lager, welches dem Könige 
manchen braven Schweden koſtete. Schiller, ZOjühriger Krieg 8. B. Laß 
ich mir's fo viel Foften, in die Höh zu kommen. Schiller, Wallenſteins 


15 





Top 3, 4 Diefer Bernd koſtete ihn feine Freiheit. Schiller, Belagerung 
von Antwerpen. Wenn es ihm nichts als tem Umflurz der Geſetze Foftet? 
Schiller, Don Karlos 1, 5. 


Unm. 1. Abgekürzt ift die in. Süddeutfchland gebräuchliche Redensart Belt 
es Gott! d. i. Bott vergelte es. Davon der Geltsgott ver mündliche Danf. 


YAum. 23. NRürdert (gef. Gedichte 4, 50) fagt: Wenn er (der Klang) gölte 
mir und meinem Grame. Beſſer it gälte, von galt, ſiehe S. 157 Anm. 3. 


Anm. 3. In funtaktifcher Hinfiht mag bier bemerkt werben: Selten fordert 
ig ber Bedeutung von werth f ein den Acc. der Sache und den Dat. der Ber: 
fon; tritt aber die Berfon an die Stelle ver Suche, fo follte man fle im Acc. er: 
warten, die Schriftlleller ziehen aber häufig ben Dativ vor. Jeder Maur galt- 
einen Hieb. Herder, Bin 55. ; 

Ab- und übergelten find nun veraltet. Abgelten, abgilten 
Einem etwas bedeutete früher, ihm die Koften dafür erfeßen, es 
iym ablöfen. Man foll mir ten Bau abgelten. Hat ihm die 
Mauer abgegiltet. Schmeller 2, 41. Uebergelten d. i. an 
Geltung übertreffen. 

Entgelten (ahd. ant(in)geltan — büfen, antgaltjan — ent- 
gelten laſſen, ftrafen, ınhd. engälten — büfen) 1) für eine Schuld 
Gleiches wieder Teiften, ‘ohne auszudrücken, daß fie dadurch völlig 
gut gemacht werde; 2) (früher) entgelten eines Dinges etwas, fo 
und fo viel, d. h. dadurch in fo und fo viel Koften, Schaden Fom- 
men. — Wenn Löwen um die Höhlen ſich befriegen, entgelten 
ihren Zwift harmloſe Lämmer. Shaffpeare, König Heinrih VI, 
5. Thl. 2, 5. Sie bringt dem jüngern Manne feine Kinder; er 
achtet fie, und läßt ſie's nicht entgelten. Göthe, Taffo 3, 2. Und 
hab’ ich auch gedient und gefungen zu Danf, zuerft ald ein Knecht 
and dann als ein Ritter ftarf: fo laßt mich das entgelten am 
heutigen Tag, vergönnet mir auf die Feinde ben erften Sag Uh⸗ 
land, Taillefer. (Hier hat entgelten einen etwas abweichenden Sinn.) 

Büßen (ahd. bogjan, buozjan, puozzan — beſſer machen, goth. ga- 
betan, mhd. büezen, zu ahd. b(p)ag, mhd. baz, altſ. agſ. bet, altn. betr 

— beffer pehörig) Strafe leiden für das gethane Uebel, Gutmachung des⸗ 

felben (Buße), gewöhnlich) mit dem Nebenbegriff des innern Schmerzes über 

das Begangene. Sonft bat büßen noch andere Bedeutungen: 1) durch etwas 

Schmerzhaftes erkaufen: 2) Begierven und Leidenſchaften befriedigen; 3) zur 

Erfegung des zugefügten Schadens anhalten, flrafen; 4) als Buße oder Strufe- 

geben. — Bor jebem Kreuze fallet Bin und büßet mit heißen Reuethränen 

are Schuld. Schiller, Tell 5, 2. Ein Augenblick gelebt im Paradieſe wird 
nicht zu theuer mit dem Tod gedüßt. Schiller. Der Landenberger büßte 
feinen Sohn um Heinen Fehlers willen, ließ die Ochfen, das befte Baar, ihm 

aus dem Pfluge fpannen. Schiller, Tell 1, 4. 

Bergelten 1) -Cveraltet) en erftatten, eigentlich und ur- 

ſprünglich die Abgabe oder den Zins zurüderflatten; 2) für Em- 
_  pfangenes fo viel, als dieſem gleich Fommt, zurüdgeben, es fei dies 








166 


nun Gutes oder Böfes, wobei auf die Gefinnung, das Innere nicht 
geiehen wird. — Die Rad’ ift mein, und ih will vergelten. 
vB, die Leibeigenen 112. Es vergelt’ ihm Gott, der alled ver⸗ 
gilt, in Ewigkeit! Voß, die Freigelaffenen 1239. Sollt’ er fi 
irgend nur vermeflen und mir zum Hohne das Mindefle wagen, 
(et, ih ſchwor' e8 bei Gott! der möge mich firafen, wofern id 
ihm nicht grimmig ver gölte, daß er zu bleiben nicht wüßte. Göthe, 
einefe Fuchs 1, 82%. Wird’ auch fchön zu Tage fommen, daß 
es Fleiß und Kunft vergilt? Schiller, Glocke. Die weil bie 
Pfenning ſtehen unpvergolten: (fo lange das Gelb nicht zurüdbe- 
zahlt if). Amberg. Act bei Schmeller 2, 42. 
Danten (ahd. dankön, agf. dhancjan, mhb. danken, altn. thacka; 
Dank, abp. danc, goth. thanks, agf. dhanc urfpränglih eins mit Danf 
in Gedanke von denken) empfuangenes Gute erwiebern mit befonderer Rückſicht 
auf die Gefinnung (das wohlwollende Gedenken), mit der die Griwviederung 
geſchieht. Belohnen (ahd. lonon, agf. leanıan, altn. launa, altf. Iönos, 
mh. lönen) bezeichnet wie vergelten nur das äußere thätige Erwiedern durch 
ein anderes Gute, ohne dabei anf die Sefinnung zu jehen. Belohnen — für 
etwas Kohn geben, d. 1, eine Gabe, zu welcher wir uns gegen Jemanden, in 
Hinficht feiner geleifteten Dienfte verpflichtet fühlen, ver Lohn mag nun bem 
Dienfte gleich kommen oder nicht. — Ich danfe Gott mit Saitenfviel, daß 
ich kein König worden. Claudius, täglich zu fingen. O da müfleft, wär er 
noch fo felten, doch den Herrn bald finden, der fortan Freund, wie ich bir 
ſei, und das vergelten, was ich leider! nur verbanfen (in wohlwollenver 
GSefinnung) Tann! Gödingf, 17. Ep. Belohnt er Ihre Mühe? Gene 
Freude vergilt.er Ihnen. Schiller, Piccolomini 2, 4. ' 

Bergelter (ahd. antgältari), VBergelterin. — Meint ihr dem 
Arın des Vergelters im öden Neid des Nichts zu entlaufen? 
Schiller, Räuber 5, 1. Wahrhaft Iernen wir dann, daß Gott die 
Perfon nicht anfieht, fondern in allerlei Volk ift, wer ihn fürchtet 
und recht thut, angenehm dem VBergelter. Voß, Luiſe 1, 409. 
Du throneft hier mit des Gerichte Wage und nenneft did Vers 
un Schiller, Refignation. (Der) den Wiedervergelter 

feiner Herrlichkeit fchaute. Klopſtock, Meſſias 11, 630. 

Geld (ahd. k(g)ält, mhd. gält, goth. und agf. gild = Tribut, 
Leiftung an die Obrigfeit und die Götter, altn. giald — Geld, gildi 
— Würde, Ehre) ie eigentlih die Gegenleiftung für etwas, be 
fonders in Bezahlung; dann die fhuldige Herrenabgabe, Zins; end» 
lich Metall als Berfehrmittel unter den Menſchen; davon überhaupt 
das unter den Menſchen übliche Zaplmittel, e8 mag basfelbe nun 
in geprägten Metall oder andern dazu beftimmten Dingen beftehen: 
Papiergeld. — Da fam der Schneider zu deinem Vater und bat 
ihn, er möchte ihm zu feinem Gelb perbeifen. Goͤthe, Götz von 
Berlichingen 1. 


167 


Ränge (ahb. dia muniza und dör muniz, mhb. diu münze, agf. my- 
net, aliftief. menote, oltn. mynt, aus dem lat. moncta) geprägtes Metalls 
flückhen, fei es nun als Berkehrmittel oder nicht, z. B. Denfmünze. Im 
Beſondern ift Münze Sammelwort und beveutet geprägtes Metall ale Verkehr⸗ 
mittel; in engerer Bebeutung Fleinere Münzforten, von welchen bie Fleinilen 
Sceidemünge heißen. — Nein, ſie (Thekla) ift mir ein langgeſpartes Kleis 
nod, die höchite legte Münze meines Schages. Schiller, Wallenſteins Tod 8, 4. 
Anm. Rüdert bat (gefammelte Gebichte 3, 494) die Gelte für Vers 
gzeltung, Bezahlung: das (Haupt) nimm zu meiner Gelte des Ritterfchlages. 

Ungeld (mhd. ungält, fo noch bei Alberus) auch Umgeld be 
bentet zunächſt unpflichtige Verkaufs: und Verbrauchsabgabe; dann 
überhaupt Waaren-, Verkaufs⸗, Verbrauchsauflage als außerordent- 
licher Auffchlag. — Als oft ein fremdes (Stück) Vieh (im Lande) 
verfauft wird, als oft gibt der Hingeber ven Zoll und der Käufer 
den Ungeld. Scmeller 2, 43. Davon verungelden = bad 
Ungeld für eine Waare bezahlen, 

BoH (ahd. mh. zol, altſ. tol, agf. toll, altfrief. tolne, tolene, tolen, 
altn. tollr, aus lat. telonium, mittellat. tolonium, toletum, dies aus ben 
gr. rölos, relovıov eigentlich —= Zwed, dann was zum Zweck des Staats⸗ 
haushaltes entrichtet wird) überhaupt fo viel ale Waaren⸗, Verkanfs⸗, Der: 
fübrungs-, Durchgangsabgabe, uhd. beſonders Verführungs: und Durchgangs⸗ 
abgabe. Maut (ſo bei Grimm, Schmeller u. A., Mauth bei Adelung, 
Gampe u. A. ahd. diu müta, mho. diu muͤte, daraus auch diu muote, aus 
dem mittellat. muta, was von lat. mutare — verändern, wechfeln) die Wech—⸗ 
feltätte des Beleitsgebietes, Zullftätte, das Geleit, dann Durchgangszoll, nhd. 
fowol Mautſtätte, d. i. Stätte, wo die Maut entrichtet wirt, ale auch und 
zwar am üblichflen Berführungszol (Auss und Gingangszoll), d. i. Abgabe 
von Waaren und Bütern bei ihrem Uebergang aus einem Landesgebiet in das 
andere. — Statt des veraltenden Ausdrucks Ungeld ift nun für ben Begriff 
der Berbrauchds und Derfaufsabgabe der fremde Ausbrud die Accife ge 
bräuchlich, ehedem auch ſchlechthin cisa, cysa 3. B. in einer Urkunde von 
1340, Im 15. Jahrhundert Zetfe, Itefe, Syfe, im 16. Jahrhundert verdeutſcht 
Achßeyß, von dem aus lat. accidere — einfchneiden entfprungen mittellat. 
accısia. („Bon den Steuererhebern wurden, bevor Bapierfchrift gewöhnlich war, 
Kerbföde gebraucht, quf denen der Steuerbetrag bes Pflichtigen eingefchnit- 
ten war. Diefe Stöde wurden gefpalten und dienten, indem vie eine Hälfte 
ia ber Hand bes Steuerpflichtigen, die andere in derjenigen bes Erhebers 
blieb, auch zur Quittung und Controle. Daher hieß denn auch die Abgabe, 
befonbers die Grundabgabe, Kerb (incisio, tallia), die noch zur Grundab⸗ 
gabe hinzukommende Abgabe (Neben, Zuabgabe) von Früchten aber accisia, 
Acciſe.“ Schmittheuner.) Unpflicht eine im Verhaͤltniß bes Unterihanen; 
verbandes auferlegte Leilung und Naturallaft oder Geltabgabe, urſprünglich 
Infofern deren Auflage ungewohnt ik, und ber Leiftende ſich dazu nicht recht⸗ 
lich verbunden hält. z 








168 


— nn 


Geldadel, —angelegenheit,. —anwelfung, —arm, —anflage, 
— ausgabe, —auslage, —bedarf, —bebürftig, —begierde, —begierig, 
—beitrag, —belohnung, —befig, —betrag, —beutel, — börfe, —büdhte, 
—buße, — diebſtahl, —durſt, —einnahıne, —erwerb, —fach, —faß, 
—forderung, —gefälle, —gehalt, —geiz, — geſchäft, — geſchenk, —gier, 
—gierig, —gülte, —gürtel, —handel, —haufen, —hilfe, —hunger, 
—jude, —faften, —katze, —Eifte, —Elemm, —klemme, —flumpen, 
— lade, —Iehen, —liebe, — lieferung, —los, —mader, —mäfler, 
—mangel, —männden, —mufhel, —noth, —poſt, —poften, 
— preis, — quelle, —rednung, —reih, —reihthum, —rente, 
—fahe, —fad, —fammler, —ſchachtel, —ſchaffer, — ſchrank, 
—ſchuld, —ſchwinge, —ſendung, —ſteuer, —ftod, —ſtolz, —ſtrafe, 
—ſtück, — ſucht, — ſüchtig, —ſumme, —taſche, —tiſch, —umlauf, 
—verleiher, —verluft, —verpraß, — verſchwender, —vortheil, — wech⸗ 
ſel, —wechsler, — wucher, — wurm, — zulage; An—, Auf—, Mit—, 
Nach —, Um—, Hand—, Kopf—, Lehr—, Löfe—, Poſt—, Reiſe—, 
Schmerzen —, Straf—, Taſchen —, Trink —, Wehr—, Wochengeld 
u. a. — Cotta beklagt ſich, daß ihm Eſcher auf die an ihn abge- 
fhidte Geldanweiſung und auf drei Briefe noch nicht geant⸗ 
worte. Schiller, Briefv. mit Göthe 2, 268. Mich dauert nur ver 
Geldbetrag. Platen, rom. Oedipus 2. Drüdte ihn der Doftor 
langfaın auf ven Stuhl und auf feinen Geldbeutel nieder. 3. Paul, 
Heſperus 17. Die Britten indefjen nahmen den Narren famınt feiner 
Geldbörſe kaum wahr. Daf. 26. Brief und Geldfächer. Göthe, 
Meiftere Wanderjahre 3, 6. Der die fchuldige Geldpoſt abholen 
werde. Daf. 3, 13. Wegen deren (Auffäge) er mic mit manchem 
Geldgeſchenke belohnte. Göthe, Leben 1. B. Alsvdann fol audy 
die Geldrechnung folgen. Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 209. 
Ein unfhäßbarer Geldreichthum. Göthe, Tag- und Jahreshefte 
1805. (Die fi) zu liſtigen Geldfchneidereien hatten verleiten 
laffen. Göthe, Leben 6. Bd. Was das ein Gelpfpiel*) koſt! 
Göthe, Götz von Berlichingen . Womit foll id) den thörichten 
Geldverpraß deden? Thümmel. Da nahm ih Handgeld von 
den Sachſen. Schiller, Wallenfteins Lager 6. Erſt nad bezahls 
tem theurem Lehrgelde. Göthe, Betrachtungen im Sinne der 
Wanderer. Dann gilt’d, wenn nicht fein Leben doch ſchweres Löfe- 
geld. Uhland, der Ueberfall im Wildbade. Poftgeld und Trink— 
geld wurden bezahlt. Göthe, Meifterd Wanderfahre 3, 6. Ich 


*) Spiel (ah. mhb. altn. spil) hat verfchiedene Bedeutungen: 1) das was 
man zu vergnüglicher Zeitfürzung treibt; 2) eine leichte, von blußer Wiltfür abs 
bangende Sache: 8) Sace, Sefchäft überhaupt; 4) lebhafte Bewegung. Gebränge, 
Menge; 5) Be ohne den Nebenbegriff der Bewegung. — Ein anderes Spiel 
if in Beiſpiel ahd. p(b)ispil, p(b)ispel vd. i. Beirede, Gleichnißrede, von sp, 
epel = Rede, Erzählung, wahre wie erdichtete. 


169 


hatte feinen vothen Heller Reifegeld tin Sad. Göthe, Goͤtz von: 
Berlichingen 1, 2. Er konnte ihm einiges Schmerzengeld nit 
verſagen. J. Paul, Hefperusg 9, Die Summe der Strafgelder 
war beftimmt. Göthe, Meifters Lehriahre 3, 4. Melina ſetzte noch 
vie Berficherung eines beftimmten Tafchengeldes hinzu. Daf. 3, 2. 
Kein Wochengeld nad) dem PBerhältniffe zu vermehren. Göthe, 
Verther 1, 11. Zul. | | 

Der Entgelt (bei Campe das €.) d. i. die Entgeltung, ber 
Kachtheil, Schaden, ſchuldbefreiende Leiftung, Gegengabe an Gelb, 
kommt nur mit der Präpofition ohne vor. Davon unentgeltlich 
(nicht unentgelplich) d. i. ohne Gegengabe an Geld, dann allgemein 
ohne dag Bezahlung dafür verlangt wird. Bergelt fo viel als 
Vergeltung. Da ein fremdes Gut ohn' allen Entgelt fie verprafs 
im. Voß, Odyſſee 1, 161. Wie Scipio ihn ohn Entgeld loß 
gelaſſen. Lohenftein, Sophonisbe S. 103. (Der Bettler) nimmt 
1b ein Weib und fcheidet fih davon nen und ohne Pro⸗ 
ceß. J. Möfer. (Die) neues unentgeldplihes Local für die 
vorhandenen Körper anwied. Göthe, Tag: und Yahreshefte 1802, 
Unentgeltlich, wie zu den Sternen des Firmaments, wendet er 
feine Augen zu folhen Wunderwerfen empor. Göthe, Windelmann 1. 
Venn Jemand * dieſer Halbinſel eine Gurgel\für euch überzählig 
hat, befehlt! und ich ſchneide ſie ab, unentgeltlich. Schiller, 
dFiesko 1,9. Daß ihr mich zum Vergelt mit Vorſatz wieder be⸗ 
leidigt. Voß, Odyſſee 2, 73. Daß fie dereinſt zum Vergelt nicht 
nur verftummte. Klopſtock, Weisfagung. 

Umfonft (mhd. umbesust, umbesus, umbsüst, in der Grundbedeutung 
vuufel, vielleicht verwandt mit goth. suns — alsbald, fchnell, alfo das fehnell 
Gethane nnd fomit Nichtige) ohne Erfolg, dann überhaupt, ohne daß eimas 
dafür empfangen vder gegeben wird. — Er würbe zu bebauern fein, wenn er 
eine fo weite Reife umfonft hätte thun follen. Gellert. 

Anm. Hoffmannswaldan fagt: ohne Wiedergelt (d. 1. ohne Gegengabe.) 
der getreue Schäfer 46. 

Siltig (nah Grimm minder gut gültig, da ſchwerlich das 
Subftantiv Gülte zum Grund liegt, mhd. geltid) was Geltung hat, 
im Preife ſteht; 2) (Volksſprache) theuer. — Davon ungiltig, 
vollgiltig; gleichgiltig fo, daß Lebereinfiimmung nad dem 
Verthe in Beziehung auf etwas Statt haben Tann (am gebräud- 
lichſten von Perſonen, infofern in Beziehung anf fie etwas darin 
übereinftimmenden Werth haben kann, ob es iſt oder nicht, hiermit 
auf fie weder einen angenehmen noch unangenehmen Eindruck macht, 
ned) fie dadurch für. oder gegen anregt), während gleichgeltend 

tel ift als Yon a — in Beziehung auf et—⸗ 

— Ihr Engelländ — die Räuberhände nad dieſem Frank⸗ 

br niht Rep noch gült’gen Anſpruch habt auf 


ich aus, wo i 





170 


fo viel Erbe, als eines Pferdes Huf bedeckt. Schiller, frau 
von Orleans 2, 2. Aber wo nicht fie mir büßen des Raubs voll- 
ültige Buße. Voß, Odyffee 12, 382 Die Weiber wiffen — 
o viel aus der ſchweizeriſchen Jurisprudenz, daß vier halbe 
oder —— Zugen einen ganzen oder gültigen überwiegen. 
J. Paul, Siebenkäs 8. Wohl die eu (des Kriegsvolfes) Fam 
aus frembem Dienft feldflüchtig ung herüber, glei gittis— unter’m 
Doppeladler fechtend, wie unter'm Löwen und den Lilien, Sciller, 
Piccolomini 1, 2. —— kann der Menſch nur einen ge⸗ 
wiſſen Grad des Unglücks faſſen; was darüber hinausgeht, vernichtet 
ihn oder ni ihn gleichgültig. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 4. 
ch fage, fie war nit gleichgültig gegen ihn. Göthe, Gög von 
Berlichingen 3. Mit einer angenehmen Gleihgülti gfeit AR er 
broben (auf dem Pferde). Daf. 2. Sie hatte in ihrem Leben ge- 
nugfam einſehen gelernt, wie hoch jede wahre Neigung zu ſchätzen 
fei, in einer Welt, wo Gleichgültigkeit und una eigents 
lid) a Haufe find. Göthe, Wahlverwandtfchaften 1, 3. 
ilte (ahd. gulti, mhd. gülte) 1) (veraltet) Schul, Schul: 
digkeit; 2) die jährliche Schuldigfeit für geliehenes Gut, es beftehe 
in Geld oder Grund und Boden; 3) das jährlihe Einkommen Yon 
einem ſolchen Gut. — Die Römer haben den gewunnen Yanden und 
Leuten zur Gült auffgelegt nur Silber, nit Gold. Av. Chron. bei 
Schmeller 2, 4, 
Bültbar, — bauer, —brief, — buch, —herr; Oras —, Grund —, 
Herren —, Stiftsgülte u. A. — 
Gilde (zunäͤchſt aus dem Angelſ. und Engl. zu und berübenges 
- kommen, agf. gild — Reifung an die Obrigfeit und an die Götter, 
davon Opfer enoffenfchaft, die religiöfe Gemeinde, wie gegilda — 
Genoffe, endlih engl. guild, altengl. gyld = Smmung) ezeichnet 
bie in gleichem Gefchäfte verbundene Körperfhaftz der Ausd iſt 
vorzüglich in Niederdeutſchland gebräuchlich. — Aber er hatte etwas 
aus den Alten gewonnen, was bie Philologen von der Gilde ge: 
wöhnlich zulegt oder gar nicht lernen. Söthe, Windelmann 3. 
ei nun, daß wir aner Familie, einem Stande, einer Gilde, einer 
tadt, oder einem Staate angehören. Göthe, Leben 14. B. Die 
liehfte mir aus der Sibyllengilde. Göthe, Fauſt 2, 138. 

Sunung (ahd. einunga, mäb. einungo = Ginung, Bereinigung, von 
ahd. einon, mhb. einen = einen, vereinen, verbinden) allgemein eine Ber: 
bindung zu einer Körperfchafl. Gewerk (ahd. giwörch, altſ. giwirki, gi- 
wöre, agf. gewöorce = Gebilde, Gewirk, Werk, von ahd. werah, mäb. 
were = Werh) die Gewerksgenoſſenſchaft, d. i. die einerlei Werkgeſchaͤft Bes 
treibenden, dann die Meifter eines Gewerbes ale Innung. Handwerk (ab. 
hantwörch, mhd. hantwörc, altſ. handgiwösc, altu. handverk, basdben 
goth. handuvasrhts = wit der Hann gemacht) die einerlei Werkgefchäft mit 


171 


ver Hand Betreibenben, dann bie Glieder ber Gewerbeimuung, zuwellen auch 
vie verfammelten Gewerbsaͤlteſten oder Borgefehten. “Zunft (ahd. zumft, 
zumfti, mbb. zumft, zunft = Zuſammenkunft, Verſammlung, ahd. kizumft 
— Bertrag, Bund, von goth. gatiman, ahd. zöman, mh. zömen — ziemen, 
übereinfommen, zukommen ober gebühren &.46) eine Körperfchaft, deren Glie⸗ 
ver einerlei Gewerbe treiben, als Abtheilung oder Ordnung der Bürgerfchaft, 
dann. auch des Standes, und überhaupt Leute einer und derfelben Art zufam- 
mengenommen. Innung, Zunft und Bilde werben auch figürlid von 
Ständen gebraudht, Gewerk und Handwerk niht. — Zwei Innungen, 
die Mepger und Weinſchroͤter, Hatten fich hergebrachtermaßen fo poſtirt, daß 
einer von beiden biefer ungeheure Braten zu Theil werben mußte. Goͤthe, 
Leben 5. B. Wo ihr gelahrter Innungen Zöglinge, zur Amtsbefugnlß 
zänftiget für Altar ... Zür jede Zunft auch, und der geformelten Welts 
weisheit, Jünger zur Meifterfchaft mit Brief und ſtolzem Siegel weihend. 
Voß, die Züuftler. Das dritte, die Vollendung (eines Gebäubes) iſt bie 
Sorge gar vieler Gewerke. Böthe, Wahlverwanvtfcpaften 1, 9. Hier bleibt 
genug Boeten einzuweihen, zu fliften Gild- und Haudwerkéneid. Göthe, 
dauſt 2, 245. Mepger und Schneider und Krämer hinterher, und Wirth’ und 
Barbierer und alle Zünfte Schiller, Räuber 1, 2. CEndlich waren die 
Zünfte und das Boll verfammelt. Die Zunft ver Gotteögelehrten kam 
zuletzt. Klopſtock, Gelehrtenrepublik. (Dafelbft if auch von der Zunft der 
Redner, Dichter, Befchichtfchreiber, Naturforſcher, Nechtsgelehrten, Aſtrono⸗ 
men, Nathematiker, Weltweiſen die Rebe.) 


Anm. 1. Ginige Gelehrte (3. B. Schmitthenner) führen au Gold (got. 
. ahd. kolt, agf. gold, mhd. golt, altn. guiD auf gelten zurüd, alfo das 
Rerthoolle, Geltende; befier Ieltet man (mit Grimm) das Wort ab von gelb, 
ae. gelo (masc. nom. gelewer, gen. gölewes), mho. göl (mase. nom. gölwer, 
gen. gelwes), alfo eigentlich das gelbe Metall. 
2. Gulden (früher guldin, guldein, Adjectivum von Gold, eigent- 
der gulpene, goldene Pfennig), aus einer beilimmten Duantität feinen Goldes 
d, war ehedem der Maßſtab für die fllbernen Münzen. Im Jahr 1585 fien 
man an, Gilberftäcde zu fehlagen, die einem ſolchen Gulden (Goldſtück) In Wert 
gleich fein und 60 Kreuzer gelten follten. Man nanute diefe ſilbernen Stüde Gul⸗ 
diaer = Groſchen, Guldiner, Buldner, Reihsguldner, Reichsgul⸗ 
den. Der Werth blieb jedoch nicht immer auf 60 Kreuzer fliehen, er ſank und ftieg. 
Aum. 8. Gelt (eine zur Bejahung aufforderndes verbules Adverbium), bei 
Fiſchart im 16. Jahrhundert gelt und geltet, if aus dem Präf. Gonfunct. ge 
lildet von gelten. — Belt es Loft dich die Band wol etwas? Yifchart, Gars 
garlua von 1582 ©. 184. Geltet ihr Franken, welche nit gern fpinnen, bie 
* gute Wirtin? Daf. 185. Du laͤchelſt? Belt! die Schülerinn iſt weifer 
6 ihre Meifteriun? Schiller, Semele 2. - 


Schelten. 
Burzel scal—t, scil—t; scalt, scilt; zu ahd. scällan mhd. schel- 
ka = fallen, ober zu (dem daraus gebildeten) ah. scaltan, mhd. 
* schalten = ſtoßen gehörig?) 
Schelte, ſchalt, geſchſten, ſchelten (ahd. soiltu, scalt, scul- 


172 


tum&s, scoltaner, scan; mhd. schilte, schalt, schulten, 
scholten, schölten; vergleihe af. scaltan — flofen, dann 
—*— beflecken, wie scälta = Makel, Schmach, gotscelta 
— Öpottesläfterung) 1) einen flarfen, und dann überhaupt einen 
Schall von fi geben (fo pe in der Yägerfpradie *); 2) -Die 
Stimme Taut und ftarf hören Taffen; 3) nennen, einem ein ehren 
oder unehrenhaftes Prädicat beilegen; 4) (gemöhnlicdh) eine ehren 
rührige Aeußerung in Worten gegen Jemanden vorbringen; 5) fei> 
nen Unmillen durd heftige, harte, beleidigende Ausdrücke auslaflen ; 
6) (Volfsfpradhe) —— — (Du) die alle Welt verehrn, Carthago 
wird vergöttern, die Rom für Afrikens Penthaſilea ſchilt (öffentlich 
erflärt). Lohenftein, Sophonigbe 1, 364. Lind diefer Herzog (Phi- 
lipp von Burgund), der fih den Guten fcheften läßt, verfauft fein 
Vaterland, das Erbland feiner Ahnen, dem Reichsfeind. Schiller, 
Piccolomini 1, 4. Man fchalt gewiß mein neueftes Betragen ? 
Daf. 2,2. Schilt oder Iobe meine That. Schiller, Braut von 
Meifina. Aber fie ließ es an Worten nicht fehlen, fie [halt ihn: du 
hantelft als ein Schelm! Göthe, Reinefe Fuchs 3, 122. Da möcht 
ich gleich Halbbagen fluchen und Groſchen ſchelten. Schmeller 3, 360. 
Keifen (f. dasfelbe) aus Unwillen und unfreunblicher Laune ſich zänfifch. 
anslaffen, beſonders wenn es anhalten it. Schmählen (minter gut 
fhmälen, eine Berfleinerungsferm von ſchmähen; vergleiche ahb..smähi, 
mhd. smache — klein, unanſehnlich, ahd. smählih, mhd. smeehenlich, smaeh- 
lich, smältch — ſchmählich, verächtlich, ahd. smähen, mhb. smähen = un: 
bebeutend, werthlos fein, ah. smähjan, mhb. smahen — als ſchlecht oder 
verächtlich daritellen) feinen Unwillen worüber durch gelinde, aber duch mit 
Empfindlichkeit verbundene Worte äußern. — Du weißt, daß Tag für Tag dein 
alter Bater Feift. Voß. Sei's drum, wir laffen fie keifen und fchinaufen. 
Schiller, Fiesko 1, 7. Wen, o du Stolzer, halt du geſchmäht? Klopflock, 
Meifias 11, 1027. Sie werden gefchmält haben, daß der Hansvater fo 
lange auf fich warten Tief. Schiller, Fiesko 4, 6. Wie konnt' ich fonft fo 
tapfer [hmählen, wenn tbät ein armes Mägdlein fehlen! Göthe, Fauſt 
1, 188. Ungebuldig begann Bellyn am Thore zu ſchmählen: Lampe, wollt 
ihr nicht fort? Göthe, Reineke Fuchs 6,279. Nun fing die Mutter an, über 
das flete Lefen zu fchmälen. Böthe, Befenntniffe einer ſchönen Seele. 
Anm. 1. Bon fhölte gilt das oben ©. 165 bei gölte Befagte. 
Anm. %. Das Participium wird auch mit andern Wörtern zufammengefept, 
z. B. Schwergeſcholten. Bölhe, Pandora. 
Auf —, aus—, be—, durch —, gegen—, mit—, nach —, 
über —, wegſchelten bedürfen keiner weiteren Erklaͤrung, fie find je— 


») Heppe ſagt in feinem wohlred. Jäger. 2. A. Regensburg 1779 ©. 312: 
fhallen, ſchalten oder [yelten wird gefprocdhen, wenn ein Thier die Stimme 
von fich hören läßt, die ober nicht anders ins Gehör füllt, ald wenn einer ſtark und 
granzend in die hohl zufamm gehaltene Hände ſchreyet. O, a Da, O! 


173 


dech nicht alle gleich gebräuchlich und gehören zum Theil der Volks⸗ 
fprache an. — Fürwahrl du bit dem Lehrer zu vergleichen, ber 
keinen Zögling ob ——— Kirſchen ausſchalt und ſcheltend 
ſelber ſie gefreſſen. Uhland, Bekehrung zum Sonett. Und Niemand 
darf euch drum beſchelten. Rückert, geſammelte Gedichte 1, 50. 
Als aber der Kerl ſich murrend, ja gegenſcheltend, mit kleinen 
Schritten entfernte. Göthe, Wahlverwandtſchaften 1, 6, ALS der 
Gonverneur ihm noch etwas nachzuſchelten grimmig umkehrte. 
Goͤthe, ital. Reiſe Meſſina 12. Mai 1787. Wir gebens zu, du 
lannſt uns überſchelten. Shakſpeare, König Heinrich IV. 1. Thl. 
4,3. Er ſchalt mich weg und drohte, mich zu ſchlagen. Shals 
ipeare, Sommernaditstraum 3, 2. 
Schelte (ahd. scölta, mhd. schölte) 1) Klage; 2) Scheltwort. 
— Gefhelte, Schelter (ahd. scöltari, schältzere) der da ſchilt. 
— Höre jegliher Schelte Drohn. Göthe, Fauſt 2, 189. ir 
friegen nun Schelten und Streich' bis aufs Blut. Göthe, der 
e Edart. Dieß Gerufe und Geſchelte. Klopfiod, Ges 
republik. — Scheltbar, — brief, —fhrift, — wort. — Wahr: 
heit Redt in dir o Wein! wie will ber denn ſcheltbar fein, der 
die Wahrheit zu ergründen, ſich beym Bachus viel Täßt finden? 
Logan, Sinngedichte 101. ES ziemt, in DVaterfreudenftunde, nicht 
Haß dem Herzen, Scheltwort nicht dem Munde. Göthe, Fauſt 2, 163. 
Unbefcholten, Unbefcholtenheit find von befcholten gebildet. 
— (68 ift die Rede) yon dem . Namen, von der Ehre zweier 
Männer, die bis jetzt unbefcholten, durch dieſe wunderlihe Hands 
lung, wenn wir fie aud nicht anders nennen wollen, in Gefahr 
fommen, vor der Welt in einem höchft feltfamen Lichte zu erfcheinen. 
Böthe, Wahlverwandtfchaften 2, 12. | 


Schwimmen. 
(Wurzel suam, suim; svam, svim.) 

Ehwimme, ſchwamm, geſchwommen, ſchwimmen (ahd. suimmu, 
suam, suummume&s, suummaner, suimman, swimman; mhd. swim« 
me, swam, Swummen, geswummen, swimmen; goth. agf. svim- 
man, altn. svama) 1) von flüfjigen Körpern, fich auf einer Fläche hinbe⸗ 

‚sich in Menge verbreiten; 2) von einem flüffigen Körper, beſonders 
defien Oberfläche getragen und auf bemfelben fortbewegt werben, 
un) (intranfitio) fich ſchwebend erhalten und fortbewegen; 3) (fig-) 
von einem gleichfam flüffigen Körper umgeben oder bevedt fein, daß 
es fe als ſchwimme es in demfelben; 4) fanft und wellenförmig 
gen. — Einſam in der a ſchwomm der Patriarch, 

; A Gedichte 3, 330. Ihr Auge ſchwamm in Tränen. 
Echiller, Maria Stuart 8, & Die Arche der Kirche fhwimmt im 


174 


Blute. Schiller, Wallenſteins Lager 8. (Er) fah fie (die Stabt) 
endlih, wie Trümmer, auf denen bewölfender Dampf ſchwimmt, 
ferne liegen. Klopftod, Meſſias 9, 484, 
Yum. 1. Shwomm if eine abweichende, bei Rückert, der manche Abwei⸗ 
Yung hat, nicht fehr auffallende Form. — Das frühere u im praet. und im 
rtic. bat fich länger erhalten. Opitz (17. Jahrh.) fagt: das Heer fh wummen. 
ifhart (16. Jahrh.) Hat: Er ſchwum, ſchwam; der Igel muß gefhwum: 
men haben. Geſchwummen fagt noch heute bie Volfeſprache⸗ 
. 2. Unter den finten folgenden zuſammengeſezten Jormen find 
mehrere mit fig. Bedeutung. 
Schwemmen (ahd. suammjan, mhd. swemmen), factitiv zu 
immen, bedeutet ſchwimmen machen. — Sanfter brechen ſich die 
ellen an des Ufers Felſenwand, und ſie ſchwemmen, ruhig ſpie⸗ 
lend, einen Leichnam an den Strand. Schiller, Hero und Leander. 
Der Gießbach ſchwemmte den Steg aus-dem Grund. VYyrker, Ru⸗ 
dolph 10. — Da ſchwimmen und ſchwemmen Verba der Bewe⸗ 
gung find, fo werden fie mit den meiſten Ortspräpoſitionen und Par⸗ 
tifeln J ammengeſetzt. Einer weiteren Erflärung bedürfen darum nicht: 
b —, an —, auf—, aus —, be—, bei —, daher —, dahin —, 
durch — ein —, einher —, ent —, entgegen —, er —, fort—, her —, 
erab —, heran —, herauf —, heraus —, herbei — berein—, ber- 
ber—, herum —, herunter —, hervor —, bin—, binab-- , hinan —, 
— —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, 
nweg —, mit—, nach —, nieder—, über—, um—, umber—, 
‚unter—, ver —, vor —, voran —, voraus —, vorbei—, vorüber —, 
—, wider —, zu —, zurück— zuſammenſchwimmen (und, oder) 
—ſchwemmen, die jedoch nicht alle gleich gebräuchlich ſind. — Da⸗ 
her werde der Spip rege mäßig weg= und anfhwimmen. J. Paul, 
Hefperus 1. Zehn Archen Tamen nun fo noch, gleih Noah’, an⸗ 
gefhwommen. Lichtenberg, v. d. ſchwimmend. Batterle. Wann 
muß ich aufhören, über diefem glänzenden ftillen Deere, über dieſem 
fhönen Ankerplatz des Lebens aufzufhwimmen?! % Paul, 
Heſperus 8. Da kam .. . von Tenedos ein gräßlich Schlangen 
paar s. . dahergeſchwommen auf den flillen Wogen. Scilter, 
Amels 3, 34.. Schwamm er in Eile dahin. Voß, Odyſſee 5, 
375. Seht die grünen weiten Räume, von Delphinen raſch durch⸗ 
ne Goͤthe, Rinaldo. Und hättefl du den Ocean durch⸗ 
chwommen. Göthe, Fauſt 2, 74. Das Fahrzeug kam glückl 
einhergeſchwommen. Göthe, Wahlverwandtſchaften 2, 10. 
Glücklich war er ſelbſt entſchwommen. Uhland, Unſtern. Den 
in herunter werden bir die Leichen der. Bürger, der Kinder, der 
ngfrauen entgegenfhwimmen Göthe, Egmont 2. (Er) 
meint das blum'ge Fahrzeng zu erfhwimmen. land, normaͤn⸗ 
oa Brand. Aber ah, die Feten Schmerzen, im Herzen, 
ſchwimmen nit im Strome fort. Göthe, an Mignon. (IH) 


175 \ 


\dwimm’ unter dem Waſſer fort. Schiller, Räuber 2, 3. Der 
Ruhm, wonach du ringft, iſt Luft, iſt Seifenblafe, fleiget ſchwülſtig, 
ſhwimmt fort, und fchimmert, und zerpufft. Voß, reine 

- De. Schwäne fommen aus den Buchten hergefhwommen. 
Böthe, Fauſt 2, 186. Kein Scifflein ſchwimmet gr ihr heran. 
Böthe, Joh. Sebus. Wer ſchwimmet dort herbet, um den bie 
Bogen rollen? Uhland, der Königsfohn 3. Deſto dickere „> 
wolfen ſchwammen vom offnen Krater des Grabes In das grü- 
nende Leben herein. J. Paul, Titan 32. Der Kahn von der 
andern Seite ſchwamm herüber. Göthe, Wahlverwandtfchaften 
1, 15. Sie (die Band) ſchwamm einfam und majeſtätiſch auf 
ben Teiche herum. Leffing, die Sand. Da ſchwamm die Sonne 
mit rotber heißer Bruft goldne Kreife in den Wolfen ziehend her⸗ 
vor. % Paul, Titan 59. Die Gemüth TE nicht von der Natur 
beſtimmt, gi fühl? es leider, auf weichen Element ver Tage froh 
m’s weite Meer der Zeiten hinzuſchwimmen. Göthe, ir 
5, 2. Ringend ſchwamm er hinan. Voß, Odyſſee 5, 399. Da 
fhwimmt der Halbmond hin. Tiedge, Urania 2. (Der Zweig) 
fönnte fuglich zu ihr hinabſchwimmen. Göthe, Meiſters Wan⸗ 
derjahre 1, 1. J wamm hinüber. Göthe, Fauſt 2, 131. 
Die Brüder wateten, ich patſchte, ſcwamm hinüber. Göthe, 

ft 2, 131. Sie werden daß felbft Ternen, es je eine angenehme 
findung, manchmal allein auf dem Waller Hinzufhwimmen 

und fein eigner Fähr- und Steuermann zu fein. Göthe, Wahlver⸗ 
wandtfchaften 1, 12. Die Iäftigfien Kleidungsſtücke wegwerfend, 
ſtürzte er fih in’d Waſſer und * der ſchönen Freundin 
nad. Göthe, Wahlvermandtichaften 2, 10: die wunderl. Nachbarsk. 
Deraufcht von Entzüden und doc, jedes Eindrucks bewußt, ſchwamm 

er gemach dem Teichtenden Strome nad. Novalis, Heinrich von 
nn 1, 1. Ringe umfhwimmt das Fleine Felſeneiland 
ſpaͤhend Affad. Paten, die Abaffiden 7. Die Auftern umſſchwam⸗ 
5 men ihr feiones feuerfarbenes Kleid, Voß. Die (Luft) rings an 
' m Erdball ſchwimmt umher Yyrker, Tuniſias 1. Wann 
laum der Tag am Horizont entglommen, bis er ind Abendroth zuletzt 
verſchwommen. Platen, 59. Sonett. Ob auch die Lebensbahn 
im Nebelmeer verſchwimme. Tiedge, Urania 2. Sie ver- 
een in Glückſeligkeit. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 8. 
ie vor ſchnellen Schiffen ein Hügel aus Wellen vorſchwimmt. 
3 Paul, Titan 34. est mit kaum gehörten Ruderfchlägen ſchwim⸗ 
men wir dem Erlenhafen zu. Ingenannter bei Campe. Di fieheft 
ruhig bie Wolfe des Todes auf die Sonne zufhwimmen. J. Paul, 
18. Daß es Unfinn wäre, zurüdszufhwimmen, wem 

bas ſchon ſo weit hinten liegt. Schiller, Raͤuber 4,8. Wun⸗ 
derbar find wir gekommen, wunderbar zurückgeſchwommen. 


um 
—X ie 


“ er. 
—— 


vI 





176 


Göthe, Rinaldo. Als Garten und Himmel und See wirklich zu 


Einem dunfeln Koloffe zufammenfhwammen. % Paul, Titan 7. 
— Schon mehrmals in ähnlihen Fällen fei ein gewaltfamer Platz⸗ 
regen gefallen und habe die meift un Strab 

Theil rein abgeſchwemmt. Göthe, ital. 

1787. Angeſchwemmtes Sandland und Dünen. Cbeling, bei 
Campe. Es war nicht mehr Verwitterung des Gebirge, fondern 
aufgefhwemmtes, gemiſchtes Erdreich. Göthe, ital. Reife 


3. Sept. 1786. (Daß er) feig verrätherifh Die ſchuldloſe Seele 


dadurch ihm ausgefhwemmt in Strömen Bluts. Shaffpeare, 
König Richard IL 1, 1. Ausgeſchwemmt war der Orund. Voß, 
Ilias 23, 40. Nun foll mein er a Aug’ ihr 
Elend fein. Shaffpeare, König Heinrih VI. 2 Thl. 2, 4 Der 
Felſen Haupt, das fi) fo hoch jegt ftredet, ftand ganz beſchwemmt, 
war mit der Fluth bedecket. Opiz. (Wie Sie) bei ihm die halbe 
Naht mit en an binwegfhwemmten. 
Schiller, Kabale und Liebe 3, 1. Diefe Welle, die das Ufer fchlägt, 
wird, troß ihr (der Weisheit) das Ufer niederfhmwemmen. Tiedge, 
Urania 1. Wenn jener Wogendrang ... die geweihte Höhe der uns 
bewachten Infel überfhwemmt. Tiedge, Urania 6. Die Feinde 
faben fi) umringt und überfhwemmt. Böthe, Egmont 5. Das 
Schloß warb mit Gegenbefuhen überfhwenmt Göthe, Wahl: 
verwandtichaften 2, 4. So treibt das Franfe Schiff mit Tiefen ganz 
befchloffen; mit Waffer unterfhöwemmt, mit Wolfen übergoffen. 
P. Flemming. (Die Gefellen) mit vollem Glas das Lob ver⸗ 
ſchwemmt. Göthe, Fauft 1, 191. Man findet feine Waflerriffe 
noch fonft Verſchwemmtes. Göthe, ital. Reife, Caftel Betrano 
21. April 1787. Biel Abhäng’ auch verſchwemmen bie fchroff 
aushöhlenden Waſſer. Voß, Ilias 16, 391. Wo verfhwemmen 
nicht alles die Strudel der Friegerifhen Heere. Claudius, ine 
eftverfhwemmende lleberfegung. Lavater. Schwenmmt er 
—2*— fie (die Tyrannei) von ihrem Grunde, den fie ſich anmaßt, 
weg! Göthe, Egmont 5. Nie hat noch DBefferung mit einer Flut 
fo rafhen Stromes Fehler weggefhwemmt. Shaffpeare, König 
Heinrich V., 1, 1. Der Weg geht auf den Höhen, wo man unten 
die Iſar fließen fieht, über namen der hwemmte Kisdhügel hin. 
Göthe, ital. Reife, Mittelmald 4. September 1786, 

Schwenme (ahd. swem) bie Handlung des Schwemmens umd 
der Ort, an welchem jene Handlung vorgenommen wird. Daven 
Geſchwemme. — Berlaffen von Pferden, die aus der Schwemme 
nicht zurüdfehrten. Göthe, Kampagne in Sranfreih, vom 13—17. 
September. Es geht nun in die zehnte Woche, da ritt er mit des 
Herrn einzigem und letztem Reitpferde nad der Shwemme” Lehr 
fing, Minna von Barnhelm 8, 2. Jene gewaltigen Wetterbäche . . 


e, wenigftens zum 
Reife, Palerıno 13. April 


—— 


177 


reißen die Brüden und re die Dämme donnernd mit fort im 
Vogen geſchwemme. Schiller, Braut von Meifina. Und feinen 
Ra g vmbſtieß, macht in der Klauffen (Klaufe) ein Ger 
fhwemb. H. Sachs. 
1) eine ſchwimmende Perſon; 2) ein ſchwimmen⸗ 
des Schiff; 3) eine Pflanze (aponogeton L.); 4) Meerpferd (pe- 
gasus natans L.); 5) Lerchenfalfe, weil er in der Xuft ſchwebt; 6) 
ein in Riemen bangender ‚bevedter Wagen. — Wenn des Tages 
— Schimmer bleichet, ſtürzt der kühne Schwimmer in des 
tus finſtre Flut. Schiller, Hero und Leander. Jedes Auge bes 
gleitete ihn, der als neh Schwimmer den Knaben bald sr- 
reichte. Göthe, Wahlverwandtfhaften 1, 15. Daß fih Allınan- 
ſaris der fchönen Shwimmerin gar freundlid und gewogen bes 
mieten hat. Wieland, Oberon 12, 50. Die ganze Sciffbrüde wurde 
von dieſen Shwimmern (Schiffen) gevedt, welche ſowohl ober- 
halb als ımterhalb der Brüde angebracht waren. Schiller, Be: 
lagerung yon Antwerpen. 
wimmaron (orontium aquaticum L.), —blafe, —brud, 
fer, —fuß, —gebirde, —gürtel, — haut, —fäfer, —kleid, 
—frähe, — kunſt, — künſtler, —Tuft, — ſchnecke, —ſchule, —ſchwanz, 
—kin, —ſtunde, —thier, — vogel, —zeug; Schwemmenkraut, 
— ‚ Schwenmfel (in dein Pochwerken, geringes Erz), 
db. — Fiſchſhwimmblaſe. J. Paul, Hefperus 16, 
zudem fie lächerlich mit Shwimmgebärden laufen. Göthe, 
2, 2832. Viktor brachte alfo feinen Shwimmgürtel heraus. 
Saul, Hefperus 16. Im Vertrauen auf feine Shwimmfunft, 
Yaul, Titan 7. Die Schwäne in gefell’gr Schwimmluſt. 


Goͤthe, Fanſt 2, 06. 
—— (goth. svamms — der reinigende Schwamm, dann 
das Gewaͤchs, ahd. suam, suamme, suamp, suamb, nd. swaın, 


a. swamm, altn. svampr) bezeichnet 1) das Gewächs allgemein; 2) 
das davon Bereitete; 3) einen Auswuchs an dem Ihierifchen und menſch⸗ 
lichen Körper. — Die Kranfen find wie Shwamm und Zunber. 
Göthe, das Jahrmarktfeſt zu Plundersweiler. Schon daß er ununs 
terbrochen fchlechten Tabak rauchte, fiel äußert Täflig, um fo mehr 
als er einen unreinlich bereiteten, fchnell euer fangenden, aber häß- 
lih danſtenden Shwamm, nach ausgeraudter Seite ſogleich wieder 
aufſchlug, und jedesmal mit den erſten Zügen die Luft unerträglich 
verpeftete. Ich nannte Diefes Präparat Baſedow'ſchen Stinkſchwamm. 
Böthe, Reben 14. B. Andre, nachdem fie die Tifche mit aufge- 
loderten Schwämmen fäuberten. Voß, Odyſſee 1, 111. | 
Pilz (ahd. plbJuliz, agf. bulat, bolot, im 16. Jahrhundert bulg, ans . 
letus , gr. Bollııyc) bedeutet eigentlich den eßbaren Schwamm, woher 
Die anf den Walbgang zum Pilzefuchen ſich gründende Mebensart: in bie Pilze 

1? 





178 


gehen =: verloren gehen, abhanden kommen. Im gewoͤhnlichen Lehen verfheint 
man unter Pilz ven Fleinen leichten, ſchnell aufſchießenden und bald wieder 
verfaulenden Schwamm. Zunder (ahd. zuntro, agf. tender uns tyndre = 
Kohle und Feuerſchwamm, ahd. mhd. zander — glühende Kohle, gehört zu 
zünden f. dasſ.), brennbarer Körper, Feuerſchwamm, mis ben Rebenbegrifi 
dees ſchnellen Feuerfangens, während in Schwamm bie natürliche Beſch affen⸗ 
» heit vorwiegt. — Soll doch nicht ale ein Bilz ver Menſch dem Boden ent- 
f . wachen, und verfaulen geſchwind an bem Plage, ber ihn erzeugt hat. Gothe, 
- Hermann und Dorothea 3, 9. Slugs dana ſtich mir im Garten Die neuge 
ſchoſſenen Spargel, tie nach dem fruchtbaren Regen die Wärm’ als Bilze 
herusgfoct. Voß, Luife 2, 880. Wäre nicht bie ganze Tragödie darüber iu 
"vie Pilze gegangen? Leffing, Hamburg. Dramaturgie 1, 16. Aber ber 
Hausknecht fing die fprühenden Funken des Stable in ſchwammigen Zun: 
der. Voß, Lulfe 1, 325. 
Schwammig, —artig, —baum, —büchſe, — dampf, — doſe, 
- drücker —* gewahs, —koralle, — kraut, — kuchen, — milbe, 
—matte, —raupe, —feife, — ſtein; Ader—, Blätter, en —, 
Feld —, Milch —, Miſt —, Sternſchwamm u. .- Dieb e8 ge» 
ſchah in einem dicht aa are von Tabaks⸗ nd Shwamm- 
dampf erfüllten Zimmer öthe, Leben 11. 2. 
chweimen (nhb. felten, abb. sulman, ınhd. swimen, swei- 
ınen, mittelniederd. zwimen, altn. sveima, bei Stieler ſchweimnen, 
ſchweimelen, fchwiemen, fehwiemelen) bedeutet zunächſt ſchwebend xy 
bewegen, befonders fliegen; dann unflät umherwandernd ſich Be 
wegen; in fchwindelndem Drehen mit Schwinden ber Sinne fi Gin 
und wieber chwebend bewegen. Das Wort ſcheint mit ſchwimmen 
zu Einer Wurzel zu gehören. — Si (dia sunne, Sonne) sweimet 
80 Morgan nn — Vi ehe Y 2 den luften. — 
umbſchwaimender (lediger) Schn 6. Jahrhundert. 
ſtarres Bild, weg ſchweimt' ih, da ich's ſah. A. W. Schlegel. 
Warten (eines Stammes mit winken ahd. winchan, m$b. winken) 
Rh unfeſt Hiu und her bewegen. Gtärkeres unfeſtes Hin⸗ und 
in vermehrter Schwingung (au figärlich) zeigt ſchwanken (ſ. fhwingen) 
an. Schwanken behält dieſe Bebeutung ohne Rebenbegaifl, wähenn wanten 
(auch figärlich) gerne leiſer oder ſtaͤrker den Begriff bes unfeſten Weichens bei: 
mifcht. Wadeln (agf. wiceljan®, engl. waggle, hollänt.- waggelen, fat. 
vacillare, flammt aus ahd. wachen, mb. wacken — ſich los bis nu 
ber’ beivegen, was eine verbichtete Form vorn wegen, f daeſelbe &. 139) 
fih 106 bewegen, aus Mangel an Feſtigkeit fich wiederholentlich ſchuekler 
hin und ber bewegen. Taumeln (ah. tamilon, mhd. tümehı, von abe. 
tümon ober tuimon = fd, im Kreife drehen) in Freisbrehenn ſchwebeuder afer 
drehend fchwenfender Bewegung durcheinander fein; dann in drehender Be 
wegung durcheinander fein; bann in drehender Bewegung ber Sinne Ehxperlich 
unficher fih hin und Ber bewegen. Das niedrige torfeln (früher dorkeln 


499 


wit Turg = ungewiffes Schwanfen im 14. Jahrhundert, aus dem fat. tor- 
quere — drehen, torcular, ohd. torcul und torcula — Kelten) beventet. 
mit Kreisbrehung ver Sinne fich fallend Hin und her beivegen. — So maus 
des Herz, dad auf der Bahn ber Tugend zu wanfen anfing, hat an dem 
Freunde eine Stütze gefunden. Geller. Halb unter Laub verſteckt, ſah er an 
breit belaubten Kaufen Melonen gleich, fie (die Frucht) auf die Erde wanfen. 
Wieland, Oberon 8, 48. Am ſchwankenden Reifig hängt zwitfchernd der 
Zeig. Salis, Lieb im Freien. Ihr gebt mir ſchwankende Bermuthung. 
Shiler, Don Karlos 3, 4. Tiſch! ... ſtehe fer und wackle nicht! Gellert. 
Doch wel ein Schreden Binterher! vie Glocke kommt gewackelt. Göthe, 
die wandelnde Glode. Trunfner yom lebten Stroh reiß mich, ein Feuermeer 
nur im fchäumenden Aug’, mich geblenvetn Taumelnden in der Hölle 
nächtlicges Thor. Göthe, an Schwager Kronos. So tauml’ ih von Be 
gierde zu Genuß. Mölhe, Sau 1, 171. Wo taymelt eine Seele durch 
Gefilde der Lu, um die Detüubungspüfie wehn? Tiedge, Uraniq 5, Gt 
Änft und torfelt anf vie Erde. Hagedorn. Das vierte, das fünfte, das 
fehle Schwein, fie turfeln fo wüſt in die BVorftapt hinein. Falk, Grau: 
wägtelein. Der Säufer guf den Beinen, der Buhler au den Sinnen, fieht 
Wunder, wer drauf flehet, wie beide torkfeln fünnen. Logau, Sinnged. 2528, 


Aum. Su einer Wurzel mit fhwimmen gehören mahrfcheinlich auch Sumpf und 
Srad (j. ofen S. 69). Pictorius hat ſch wumm für Schwamm und das Schwimmen. 


Klimmen. 
(Wurzel klam, klim.) 


Kimme, klomm, geflommen (minder gut Elimmte, geklimmt), 
klinmen (mhd. klimmu, klam, klummen, gekluminen, klim- 
men; ahd. klimp(b)an, eo climan, mittelniederd. elemben, wahr- 
Keinlich Nebenform yon klemmen) bedeutet 1) (eigentlich) ein müh- 
ſames und fehr anſtrengungsvolles Steigen mittelft Seftfaffene, indem 
Hände wie Füße und and der übrige Körper dabei gleichfam ange⸗ 
brüdt werben fünnen; 2) (figärlih) nach etwas Hoͤhein, Erhabenem 
mit großer Anftrengung fireben. — Einige klimmen“) über die 
Höhen. Göthe, Fauft 1, 77. Die Kühnpeit, mit der ich zu ſchwin- 
delnden Pfaden geklimmt. Zachariä. Wenn bie--getrübte Fluth 
48 in die Wolfen klimmt. Opitz. 

Kletteen (eine Wieverholungsform von Fletten — anhängen, Fleben, 
das auf Klette, ahd. chletta zurücweifet) bedeutet wie Flimmen fi an 
einem Heilen Körber durch Forigreifen und Fehhulten furtbewegen, ift jedoch 
in Bedentung und Gebrauch minder ebel als Elimmen. — Den gothifchen 
Zierrat ergreift nun der Wit und Elettert von Zinne zu Binnen. Goͤthe, 
Tobtenfranz. Ich Flettere anf ven Bam. Goͤthe, Gib von Berlidyingen 3. 
Ber Heißt oft groß? ver ſchnell nach Ehren klettert, ven Kuͤhnheit hebt, 
de Höhe ſchwindlig macht. Hagedorn. a © vn: 


ee — i 
*) In der Ausg. yon 1828 fieht glimmen. 
‘ m 








180 


— [u — 


Ab—, an—, auf—, durch —, empor —, ent—, er—, fort—, 
herab —, beran —, herauf—, heraus —, herein —, herüber — 
herum —, herunter —, hin — hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus — , 
hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter— , hinweg —, mit—, 
nach —, über— , um—, ver —, vor—, voran —, voraus —, vor⸗ 
bei—, zu —, zurückklimmen bedürfen leiner weitern Erklärung, ſind 
jedoch nicht alle gleich gebräuchlich. — Ich klimme ab und auf den 
Lebenshügel, wo dich, o Herr, wo mich ich werde finden. Herder. Wie ge- 
ftidanflimmende Brandung brauft im Drfan. Voß, Fuife 3, b, 521. 
(Er) flomm den fdhmalen Weg auf. Klopftod, Meſſias 10, 383. 
(Er) klomm, ein kundiger Kletterer, jaudzend auf an dem 
Wall. Pyrker, Tunifiag 10. Wenig Lebendes durchklimmt, be- 
fümmert, neuentftanpne Hügel, und jede Trümmer deutet auf ein 
Grab. Göthe, — 5, 7. Es klimmt der Süngling rafch 
empor an einer fchlanfen Haime. Paten, Abbaſſiden 4. elchen 
frummen Wegen des dornichten Grübelns entflomm er, ch’ er 
zum Lichte, das ihn, von Bott umleuchtet, emporflog! ———— 
Meſſias 10, 277. So müſſen wir dießmal noch, verſetzte Char⸗ 
lotte, den alten etwas beſchwerlichen Fußpfad erflimmen. Göthe, 
Wahlverwandtſchaften 1, 3. (Er) hatte noch den Strand erfloms 
men, Uhland, Unftern Laßt und herunterflimmen. Göthe, 
Fauſt 2, 163. Hinanzuflimmen an den glatten Wänden. Schil- 
ler, Tell 4, 3. Großer Thaten herrliche Vollbringer Flimmten zu 
den Seligen hinan. Schiller, Götter Griechenlands, Wo zehn 
Andere mit aller Anftrengung nicht hHinaufflimmen, wirft du 
fpielend, im Schlafe, gehoben! Schiller, Kabale und Liebe 1, 7. 
Entfchloffen Elimmt der trog’ge Sieger nad. Schiller, Aeneis 2, 78. 
Soll diefer zarte Fuß die Felſenklippen blutend überflimmen. 
Eollin. Veit klimmt zu rück in frober Haft. Voß, die drei Diebe. 

Klimmer, Klimmerin Cole Schlange, die leichteſte Klimmerin. 
Herder), Klimmſtag (auch Laufſtag, auf ven Sciffen). 


Klemmen. 
(Wurzel klam, klim.) 


Klemme, Elemmte, geklemmt, Elemmen; beflemmen, beklomm 
beflommen, aber u eflemmte, beklemmt (ahd. ck(k)lamjan, 
mb. klimmen, altn. klemma = einengen, einzwängen, Erampfbaft 
zufammenziehen, von agſ. clam = Band) bedeutet drückend ober zu: 
Eaminenpreffenb einengen, im eigentlichen und figärhihen Sinn. — 
Und fragft du noch, warum dein Herz fih bang In deinem Bufen 
klemmt. Göthe, Fauſt 1, 31. Ich fah ihn die Anterlippe zwifchen 
die Zähne Flemmen. Schiller, Räuber 2,3. Nun war der Braune 


181 

fangen Haupt und Füße geklemmt. Göthe, Neinefe Fuchs 2, 100. 
— & fand fie e8 ganz natürlih, daß ihr das Herz lebhaft fchlug, 
und ihr die Bruſt beflomm. Novalis, Heinrich von —— 
1, 8. hoffe fill, mich foll die kleine Friſt von allem heilen 
was mich jetzt beflemmt. Göthe, Taſſo 5, 2 Don Schauer: 
bildern rings der Blick umfangen im wüſten Kaum beflommner 
Herzensleere. Göthe, Elegie. Wer befchwichtigt beklommnes Herz, 
das allzuviel verloren? Göthe, Ausfühnung. Drängt’ ich beklom⸗ 
men mih an ihren Schoos. Göthe, Fphigenie 2, 1. war den 
anzen 28 fo heiß, fo bänglih, fo beklommen ſchwül. Göthe, 
Kauf 2, 287. Da war beflemmt mein Herz. Göthe, Hermann 
und Dorothea 2, 127. Umwölkte Prinzen, herzbeflemmte Pairs! 
Shaffpeare, König Richard II. 2, 2. 

Ab—, au— durch —, ein—, hinein —, nieder—, über—, 
m—, unter—, ver—, 3u— , zuruck—, zuſammenklemmen find 
au fih Har, aber nicht gleich gebräuchlich. — Und wo im Felſen⸗ 
grmde der eingeflemmte Sluß fich, ſchäumend, aus dem Schlunde 
auf Räder ſtürzen muß. Göthe, die glüdlidhen Gatten. mer 
klenmte fie tiefer fih ein. Göthe, Reineke Fuchs 3, 118. Wer, ' 
anfer mir, entband euch aller Schranfen ppilifterhaft einklem men⸗ 
der Gedanken? Göthe, Zauft 2, 10%. (Er) Flemmte den Bart 
mit hinein. Grimm, Hausmärden 4. Leidet fie es nicht, fo 
bleibt ein wohlgebauter Körper allemahl um deſto fhöner, je we- 
aiger ihn eine unnatürlihe Schnürbruft umflemmt. 3. D. Over 
bed. Und bald wie Pſyche verklemmt (feſt anliegt) an Amors 
Rarmorfigur. Thümmel. | 

Anm. Stieler führt noch auf—, aus—, zerflemmen an. 


Klemme (altn. klemma —= Enge, angustiae), Klemmer, 
Llemmfall, —hafen, —ig, —Ihlot; Klemmung, Berlemmung; Des 
Hommenpeit. — Nur in fo weit, als es nöthig ift, die Familie in 
vie Klemme zu treiben. Schiller, Kabale und Liebe 3,1. Halten 
Durft und Hungerqual mich in Angft und Klemme. Bürger, Zech⸗ 
lied Die Sorge, die Bellemmung mehrt fih nur. Göthe, Eus 
genie 4, 2. (Sie) kennt nicht den zärtlihen Kummer feiner Seele 
„feines Herzens Beklommenheit nicht, worüber er felbft flaunt, 
tell er noch nie die Bangigkeit fühlte, Klopftod, Salem. 


‚ Klemm und Hamm (in manden Gegenden klumm) d. i. 
drafend ober zufammenpreffend eingeengt, fo eingeengt, daß ein Ges 
drüdtiein, ein Zufammenpreffen entſteht oder da ifl. Der Ausdruck 
Khört mehr der Sprache des gewöhnlichen Lebens an. -- Ein klemm 
thewring. S. Stand, Chronit 194 b. 

Knapp (alin. knappr) eingeengt, mit dem Nebenbegriff, daß nur eben 
Zureichung da ift, aber nicht mehr und nicht weniger, doch zu dem Weniger 








182 


— — — — — — — 


züneigend. — Eilf Wittwen und nenn Mädchen fit ein Inappes Auskommen 

für Einen Mann. Shakſpeare, Kaufmann von Venedig 2, 2. 

Kamm, Klamme (mbb. klamme). enge Bergfchlucht, enger 
Bergweg, der meift zugleich das Rinnſal eines beftändigen oder eis 
nes bloßen Wetter Baches ff. Der Klamm (Bolfsiprade, mEr. 
klame, klamme, klampfe fo viel ald kramme — Krampf) eine 
Art Krampf in der Luftröhre. — Wir traten in eine Klamme und 
fanden ung in der Region bes brennenden Berges. Göthe, Leben 
10, 3. Im irs Herzen klamm. Suchenwirt. 


Klammer, in der Volksſprache auh Klampe, Klamper, 
Klampfe Caltn. klampi), flammern (ah. klampfarjan, chlam- 
pheren, ınhd. klammen, klamphern, klembern = klemmen, frampf- 
haft zuſammenziehen) und die Zufammenfegungen: ab—, an—, 
auf—, be—, ein—, er—, um—, ver—, zuflammetr find 
an ſich Mar. — Und, da ich falle, reift die ſtarke Klammer. Shaf 
jpeare, König Heinrih VI 3. Thl. 2, 6. Kaum ſah er den Kater 
über den Käficht geflammert Zachariä. So Flammert fi der 
Schiffer noch am Felſen feft, in dem er fcheitern ſollte. Göthe, 
Taffo 5, 5. Am das Glück (pflegt) zu klammern fich der Neid. 
Schiller, Phantafie an Laura. Wenn er mit ehernen Banden Daran 
geklammert wäre Schiller, Räuber 1,1. Nun fühl’ ich erft den 
dringenden Beruf mid anzuflammern Göthe, Cugenie 5, 8. 

alt auf den Kranken zu, beflamınert (griff heftigen) Puls und 

and. Canitz. Immer möcht ich noch umklammert noch von 
ihren Armen fein! Göthe, Luft und Dual. In des Schredeng 
Wahn laß ich los der Koralle umflamımerten Zweig. Schilfer, 
Taucher. 

Klammererbfe (pisum leptololum), — hirſch (Käfer), — ſatz 
Barenthefe), — ſtrauch. | * 

Aunum. 1. Mundartlich wird 1 und r vertauſcht; das fehen wir oben auch bei 
mbb. klamme und kramme. Krampf muß jeboch zu Frumm gerechnet werden. 
Das zu feinem von beiden gehörige Krammetévogel iſt zufamnengezogen aus 
Rrantwitvogel d. i. die Wadhhulderbeerendroffel, von ah. chrana (vielleicht 
verwandt mit lat. Branum = Korn) und witu — bas Holz, Alfo wahrſcheinlich 

v 


mm. 2. Zu einer Warzel mit klammern — mit Metall feſt zuſammen⸗ 
haften, ſcheint Klempener, Klempner d. 1. Blechſchmied zu gehören; ebenfo 
flemfern und Flimpern, jenes einen flärfern, dieſes einen fchwächern, aber 
feinern Ton ausdrädend. — Bald Flimpert fie auf ihrer Laute. Bürger, die beiden 
Liebenten. Bald glaubte ich eine Laute, bald eine Harfe, bald eine Cither zu 
hören, und bald no etwas Klimperndes, das einem von biefen drei Juſtru⸗ 
menten gemäß war. Göthe, ber neue Paris. Mann der Mein iu Gimmelsflang 
wandelt mein Seflimper. Bürger, Zechlied. Beſchneid't die Nägel in Ruh 
> * und ſingt fein Klimpimpimperlied. Göſhe, Prolog zum Bup- 
venſpiel. 





483 


Glimmen. 


(Burzel glam, glim; vergl. ahd. kleimo — Glanz, Zitterlicht, 

auch Johanniswürmchen; altſ. glimo — bedeutende Lichtausſtrömung 

mho. glim — Funke, iſt lat. gliscere — engtlimmen, dann tropifch 
wachſen noch zu vgl.?) 


Slimme, glomm, geglommen, glimmen (fehlt ahd., mhd. 
glimen und glimmen, nad ſchw. Eonjugation, wie aud oft nhd. 
= in Funfen fi) auslaffen, feßt ein verlornes ahd. gliman, goth. 
gleiman voraus) bedeutet 1) ſchwach glühen, in einzelnen Funken 
ünzen; 2) (auch figürlih) mit ſchwachem Feuer und ohne Flamme 

en. — Und die Fadel, wie fie glomm, Tieß man eilig wan⸗ 
dern. Göthe, flirbt der Fuchs, fo gilt der Balg. Schon Tange fah' 
üh diefes Feuer glimmen, nun (öägt es Salt in lichte Flammen 
aus, — ugenie 2, 2. Die glimmenden Balken lagen 
darüber. Göthe, Hermann und Dorothea 2, 135. Wenn Dir noch 
ein Zunfe von Hoffnung irgend anderswo glimmt. Schiller, Räu- 
ber 3, 2. Franken und Schwaben. allein alimmt noch von ben 
Reiten des innerlichen ververblichen Bürgerkriegs. Göthe, Götz von 
Berlihingen 8, 

@lüben (ahd. glöjan, kluohan, kluon, agf. glövan, mi. glüejen, 
slüen, altn. glda) feurig glänzen, feurig leuchten, es mag nun wirflichee 
euer fein odernidht. Brennen (goth. brannjan, ahd. prennan, mhb. bren- 
nen, agf. bärnen, altn. brenna, factitiv zu goth. brinnan, ahb. prinnan, 
mbd. brinnen, agf. birnen, altn. brönna; vergl. lat. fornus, fornax = 
Ofen) eigentlich aufwallen von Feuer und Wafler, bezeichnet dann beſonders 
die Wirkung des Feuers in Entwickelung des Wärmeftoffs nnd in dem ſchmerz⸗ 
lichen Eindrud auf das Gefühl. Lodern (ahd. lodarön, von Lode, ahb. 
lodo, ludo = ein herabhangender Tuchlappen, Haarzotten, woher auch ahd. 
Iudara — Windel, Tuch) bezeichnet ein helles Brennen mit leichtem Hin⸗ 
und Herbeiwegen der Flamme, ohne daß dies gerade durch einen Luftzug be- 
wirft wird, Bon dem Feuer ift dann der Ausdruck figürlich anf andere Dinge 
übergeiragen. — (Wer laͤßt) das Abendroth im ernflen Sinne glühn? Goͤthe, 
Sauft, Borfpiel. Kennſt du das Land, wo die Eitronen blühen, im dunkeln 
Laub die Goldorangen glühn? Goöthe, Mignon. Und es brannten 
die Echeuern der reichgefammelten Ernten, und es brannten bie Straßen 
bis zu dem Narkt. Böthe, Hermann und Dorothen 2, 119. E8 fchminbelt 
mie, es brennt mein Eingeweide. Nur, wer die Schnfucht Fennt, weiß, was 
ich leide! Goͤthe, Meifters Lehrjahre 4, 11. Der Fürſt Feldmarſchall tabelte 
einigemal perfönlih, daß man vie Flamme allzu ſtark auflodern Tafle. 
Gothe, Campagne in Ftankreich 19. September. Der (Erlenbach) ald lodernde 
Kackade des Dorfes Mühle treibt. Matthiſſon, Mondfcheingemälbe. Taufend, 
saufend würden do dern, mich vor's Meltgericht zu fodern. Bürger. 











— 


— — — 


im Bräter. glam: In keinen aber glam ein Zunfen 


. Rohenflei 
ie ER — — Weil noch Fein Than und Kuß auf Rof und 


Lippen ſchwam, und in der Hertzens-Glutt fein Liebes-Weyrauch glam. Reine Liebe. 

Ab—, an—, auf—, aus— , burh— , ent—, er—, fort—, 
nach —, wieder —, ver—, wegkl 
Erklärung. — Sie ſaßen um einen großen, runden, flachen, a b⸗ 

limmenden Afchenhaufen. Göthe, Campagne in Frankreich 19. 
— Unter dem erblaßten Arkturus ne Nebel an. 
% Paul, Hefperusg 8. Und vom Hauche der legten Freude glimm- 
. ten noch einmal feine blaffen Wangen an. J. Paul. Auch meis 
ned Volks erſtorb'ner Muth glimmt auf in manchem Heldenfunfen. 
Schiller, Aeneis 2, 65. Daß flaunend der Landınann vom aufs 
glimmenden Schatze ſprach. Voß, der deutſche Gefang. Er eilte 
gegen die ausglimmenden Fenſter der Abtei zu! J. Paul, Def- 
perus 13. Hat fein Lämpchen ausgeglimmt. Pfeffel. Um dieſe 
Haut aus weißen Rofen von rothen durchglommen. %. Paul, 
Hefperus 4. Wenn faum der Tag am Horizont entglommen. 
Daten, Schap des Nhampfinit 2. (Bis) das Glansgewimmel ver 
Geftirne faht entglimmt! Salis, Abendbilder. Und dem Oſtge⸗ 
wölf entglimmt roth des Mondes Helle. Voß, die Abendfille. 
Blige erglimmen. Kofegarten. Der in des Nächſten Lieb inbrüns 
ftiglih erglimmet. Die Sruchtbringenden bei Campe. Deffen (des 
epifchen Zeitalter) Erinnerung jedoch, wie eine. heilige Glut, in 
@inzelnem noch fortglimmt. Platen, das Theater ald Nationals 
inftitut. Ob ein verfprungener Funke davon in Yorettend Herzen 
fich verhalte und nachglimme. 3. Paul, Siebenfäs 3. Sie blafen 
mir ſchadenfroh die Aſche von der Seele, und leiden nicht, daß fich die 
legten Kohlen von unſers Haufes Schredensbrande ftill in mir ver⸗ 
went Böthe, Iphigenie 3, 1. Wenn der Abend verglimmt. 

08, die Paffionsblume. So möchte wohl mein müder Lebensdocht 
yon ſelbſt verglimmen. Shaffpeare, König Lear 4, 6. Sein 
Auge verglomm, wie drüben des Abends Schimmer. Pyrfer, 
Tuniſias 12, 

Glimm (hei Stieler glimmig, glimmicht) d. h. glimmend 
iſt nicht mehr im Gebrauch, findet fih aber noch bie gegen bie 
Mitte des vorigen Jahrhunderts. — Ya treibe wie ein Wind des 
Krieges glimme Flammen. Lohenſtein, Sophonishe 1, 184. So 
laßt der Glieder Del auf glimmen Röften Ereifhen. Daf. 1, 28. 
Als wenn er Aſch' auf glimme Kohlen ſtreuet. Daſ. 1, 344. Es 
follen eure glimme DPerzen auf Anmuts⸗Roſen ig herzen. 
Weichmann, Poefle der Nieverfachfen 1, 172. Als ich in feiner 
glimmen Seelen die Luft angefacht. Daf. 1, 171. 

Glimmern, eine Beröfterungsform von glimmen, bebeutet 
ſchwache Lichtfunken von fi werfen. Glimmer (davon glimmerig, 


— 





immen bedürfen feiner weitern 


188 


Simmererde, fand, — ſchiefer) 1) ein ſchwacher Schein, — 
mern; 2) ein taube Bergart, die aus ſchuppenfoͤrmigen, wie 
und Silber glänzenden Blättern beſteht. (Stieler führt Slimmer 
auch noch mit der Bedeutung Morgen- und Abendfiern an.) 
— Bie feltfam glimmert dur die Gründe ein morgenröthlich 
träber Schein! Göthe, Yauft 1, 205. Geknüpft mit Ketten-Bändern 
ſchaut' ich jenen Kranz, der Schulter ſchmiegten fie zwitzernd *), glims 
mernd gern fi an. Göthe, Pandora. les, nachdem bei dem 
limmernden Dodt der Erzählende dunfel, oder dunkler es fah. 
‚ der Nachruhm. Wo des Brandes dunkler Glimmer 
Dammrung freut durchs Eleine Zimmer. Voß, Penferofo 119, Den 
Blimmer und das Gewicht der Krone weggeben. 3. Paul, Tis 
tan 22. Seht ihr nicht, Baumeifter, poetiich zu reden, den Glim⸗ 
mer von Arconens Stadt? Daf, 1. Sie (bie —— beſtehen 
... aus Glimmer oder Katzengold. Schubart, Bildung der Erd⸗ 


©. 

Scheinen (f. d.) bedeutet allgemein Licht von fich geben, im Befonbern 
volleres Rehendes Licht. Schein it zunaͤchſt das Licht, welches ein Körper 
von ſich gibt, im Beſondern das vollere, lebende. Wurzelverwandt (aus sci—) 
iſt fhimmern (niederd. schömern, mhb. schimen = fcdheinen, glänzen, von 
gott. skeima — Leuchte, ahd. scimo — Schein, Lichiflrahl, mhb. schime, 
schim —= Schein und Schatten (letztere Bedeutung noch in der Volksſprache: 
Keht der Dachs feinen Schiem), daraus nhd. Schemen = Schattnbild, 
agf. schma —= Schein) mattes Licht von fi geben, Fleines in lebhafter Bes 

- wegung ausfahrendes Licht von fich werfen, und Schiuumer — mattes Licht, 
dann Fleines in lebhafter Bewegung auffahrendes Licht, Leuchten (ahd. altſ. 
liuhtan, agf. Iyhtan, mhd. liuhten — leuchten, liehten — lichten, eigent- 
lich liechten) ſichtbar machen; Licht von fich geben, dag man fehen kann; in 
zarũckwerfendem Lichte flark in die Augen fallend fihtbar fein; davon figärlich 
als vorzüglich und herrlich im die Augen fallen. Glanz (ah. glanzi, von 
dem Adi. glanz glänzend) volles, in hohem Grave ausflrämendes ober zurüd- 
geworfenes Lit. Glänzen (ahd. k(g)lanzan, mäb. glanzen, fo auch 
oberb., was richtiger) in hohem Grabe Licht ausflrömen oder zurückwerfen. 
Beide Ausprüde auch figürlich angewandt. Wurzelverwandt iR gligern (ab. 
k(g)iiazinen, alti. glitinon, agf. glitenan, mho. und älternhd. glitzen, von 
gleißen f. d.) das Lit in Heinen häufigen Lichtbligen von ſich werfen. 
Tunfeln (zu einer Wurzel mit goth. fana = Feuer, altn. funi = Glut⸗ 
afche, ahd. funcho, mhd. vanke — Funke gehörig) mit funkenartigem Aus; 
ſprühen Lichtfeuer von fih werfen, beſonders lebhaftes. Flimmen (Neben- 
form von flammen, von lat. flamma — anfwallende Feuerzunge) wallende 
Lichtblite (Wenerzänglein) von fi geben. Davon das veröfternde flimmern 


*) Statt zwingernd, von ahd. zvinzardn, mhd. zwinzern und zwinzen 
= an den Augen 3 de Bewegungen leiden ober machen, das lat. nictare, 
oculis micare. . 


180 


— — — — 





(neden flammern) Zitterlicht, kleine hüufig und ungewiß ſpriugende Licht⸗ 
blitze von ſich werfen. Davon Geflimmer, bei Rädert (geſammelte Ge⸗ 
dichte 2, 56) Geflimm, gereimt auf Grimm. Flittern (neben flattern, 
bei Joſua Maaler flottern and fluttern, if das ahd. viſ)lödiroön = 
mittelſt ſchaellen und ſchlagenden Auf⸗ und Nicberbewegene ber Flügel Hiegen ;') 
zitterndes, zuckendes Licht im Kleinen von fich werfen. Klirren (fcheint eine 
durch die Volksſprach and Flittern®) gebildete Jorm) ſchwebendes Bitter: 
lit, zittetnden Schein von fih werfen Flinken (von flinf — klei⸗ 
nes gefälfiges Licht von ſich werfend, eine Mebenform von oberd. Wlan und 
Zlunf= Funke, übrigens mit blauk verwandt, inte auch Stieler anntınmf) klei⸗ 
nes Bitterlicht von ſich werfen. Davon flinfern, flunfen, flunterz 
(nieverfächl., figärlich bleudende mid übertreibenne Reden führen). Blinken 
(Nebenform son blank, ahd. planch (wuher mittellat. blancus, franz. blanc) 
altn. blank == weiß) Helles Licht Im Kleinen von ſich werfen. Strahl (abe. 
sträl und sträla, md. sträl und sträle, apf. streel) ſcheint den Gruntbes 
griff der gerade fortfchießenden Linie ®) zu haben (mhb. sträl, sträle ital. strale, 
flaw. strela = Pfeil, strelati = ſchleßen, strelötz = Säge), dann Licht: 
linie zu bedenten. Davon ſtrahlen = Lichtlinien von fi werfen. — Die 
Sonnen alfo fiheinen uns nicht mehr; fortan muß eignes Feuer uns er: 
lenchten. Schiller, PBierolomini 2, 2. O mas if Goldes, was Juwelen 
Schein! Schiller, Maria Stuart 1, 6. &6 glänzt ver Saul, es ſchim⸗ 
mert das Gemach. Goͤthe, Mignon. Ein Lächeln ſchimmert um der Got⸗ 
iin Mund. Schiller, Amelie 4, 28. Die Kirchenfenfter ſchimmern; in 
Silber wallt das Korn; bewegte Sternchen Flimmern anf Teich und Mies 
fenforn. Nathiſſon, Mondfcheingemälde. Ich denke bein, wenn mir ber 
Sonne Schimmer vom Meere ſtrahlt; ich denke dein, wenn ſich des Mon: 
des Flimmer in Duellen mahlt. Goͤthe, Nähe des Geliebten. Es leuchten 
drei Sterne am Himmel, die geben ver Lieb einen Schein. Herder, Volks⸗ 
lieber. Wem iſt es nicht bekannt, das Oberſt Buttler dem ganzen Heer voran 
ale Mufter leuchtet! Schiller, Piccolomini 4, 4. Was glänzt dort vom 
Balve im Sonnenfchein? Körner, Lüsowe wilde Jagd. Sein Rüflzeng glänzt 
und gleigt, daß mir's, wie Welterleuchten, noch in ben Mugen beißt. 
Uhland, Ueberfall im Wilbbad. Gin matter Schein (wie wenn fidh, zwiſchen 
Myrtenwänden mit Efen überwölbt, in einen Yrählingshatn der Tag verliert) 
entdeckt ibm eine Reihe Bimmer, bie ohne Ende ſcheint; und, wie er vorwärts 
geht, wird unvermerft das malte Licht zu Schimmer, der Schimmer 





1) Gin anderes Berbum iR goth. flautan, flautjan — prahlen, woher Flitter⸗ 
ſtaat; viät = Schönheit, erhalten in unvlät = efelbafte Unſchoͤnheit. 

2) Solche Uebergänge des t und d iner find namentlich dem mittelrheiniſchen 
Volksdialekt eigen, 3. B. ſchare = ſchaden, Werte, Flerrermaus = Wetter, le: 
dermaus (fu heißt jever Schmetterling), wirre, werre = wiber, wieder, Lore = 
Lode (Eprofiv), Fure, Lure = Butter, Luder 

8) Darın auch das volkothümliche der Straähl (Karmn) und ſtrählen, abe. 
streljan, mhb. straln, streln. 








187 





ſchnell zum hochſten Glanz erhöht. Wieland, Oberon 16, 46. Rat iſt 
ſchon hereingefunfen,, ſchlleßt fich heilig Stern an Stern; große Lichter, Feine 
Zunfen glißern nah und glänzen fen; gligern bier im See fih ſpie⸗ 
gend, glängen droßen Flarer Nacht. Göthe, Kauft 2, 4. Es geht ein 
Liebesgeſtirn mir anf und funfelt. Göthe, der Müllerin Reue. Sie ſelbſt, 
im reirhften Bug und mit Inwelen ganz belaftet, zeigt ihm bloß, daß alt dieß 
Ennte Sunfeln nicht fähig ift, den angebornen Glanz von ihrer Schönheit 
zu verbunfeln. Wieland, Oberon 13, 49. Wenn in bem finfterr Wald ein 
flimmender Sonnenbli@ wandelt. Zachariaä. Wenn dein Blick in meine 
Blide flimmt. Schiller, Gntzickung an Laura. Die Sterne flammten, 
bie Kälte war gewachſen, fie fühlten nichts davon und fuhren dem lang daher 
gligernden Widerfchein des Mondes, uimiitelbar dem himmliſchen Ge⸗ 
Hirn ſelbſt entgegen.” Da blickten Fe auf und fahen im Geflimmer bes 
Wiverſcheine die Geftalt eines Mannes hin und her ſchweben. Göthe, 
Meiſters Wanterjahre 2, 5. Gin lieblihes Geflimmer erwacht Im Schoß 
der Dunkelheit. Tiedge, Urania 4. Dein Sehen kann kein wahres Sehen 
fein, es ift das Flimmern nur von ungewiffem Schein. Wieland, Obes 
ron 7, 60. Mie reih und füß durchflimmert ſich rein des Sflbers und 
ver Farben Blitz. Göthe, Sugenie 2, 5. Drinnen die Kammern und bie 
Gemächer, Schränfe und Fächer, flimmerin und flammern. NRüdert, ges 
fanımelte Gerichte 3, 148. Ge fchleicht ein Flaͤnmchen am Unkenteich, das 
fHmmert und flammert fo fraurig. Bürger, des Pfarrers Tochter von 
Tanbenhain. Seh’ ih das Geflitter, das Geflatter. Göthe, Lilis 
Park. Das zweifelhafte Licht, das unter taufendfachem Flittern in diefem 
Labyrinih mit ſichtbar'm Dunkel ſicht. Wieland, Oberon 14, 18. Wie viel 
Sternlein am Hinmel flittern. Rüdert, gefammelte Gebichte 3, 123. Seht, 
wie fie (die goldenen Engel) flittern. Daf. 3, 164. Die Berge wanften 
um ihn Der, es flirrt' ihm vor der Stirne. Bürger, die Entführung. 
Und durch's flirrende Gemach ſturz' ich fort. Grillparzer, Ahnfrau 2. Um⸗ 
flirret“ es ihr Anilitz. Bürger, Lenatdo und Blandine. Dieſe Dirne mit 
ihtem flinkernden Schleier. Wieland. Schau, wie das flinkert in der 
Eonnen! Schiller, Wallenſteins Lager 8. Daß laut heule der Sturm und 
blatroth flunfre das Nordlicht. Voß. Und (Goliath) flunferte und 
prohlte groß. Clandius, ver Rieſe Goliath. Luna läßt ihre Silber blinken. 
Opitz. Wie ſtrahlt das Feuer fhöner Augen. Hageborn. 

Yum. Vielleicht gehört hierher auch Glinfter, glinftern d. i. ſchwacher 
Glanz, ſchwach glämzen, für Gleinſter, gleinftern. Campe leitet das Wort 


ab son einem nieberd. glinzen für glänzen. Myhd. findet fich allerdings glinzen 
= fanfeln, glinzheit = äußerer Ölanz. 


Beginnen. 
(Wurzel gan, gin.) 


Beginne, begann, begonnen, beginnen (ahd. pikinnu, pikan, 
pikunnume&s, pikunnaner, pikinnan; mhd. beginne, began, be- 





188 


— ———— — — — — 


gunnen, beginnen; goth. duginnan, ahd. auch gianan uud iak(g)in- 
nan, agſ. ginnen, altſ. bigianan; altn. ginna — anlocken) *). 
Nhd. bedeutet beginnen (zuweilen auch anbeginnen) 1) hervor— 
treten in die Wirklichkeit, von Handlungen oder einem Ding übers 
haupt gelagt; 2) ben Anfang mit einer Sache machen; 3) überhaupt 
thun, unternehmen, vorhaben, — Es glüdte aber nicht, und ſo be⸗ 
gann aufs Neue das blut’ge Kriegesfpiel. Schiller, Pircolomini 
2,7. Es wird gehandelt werben, eh’ noch dag Jahr den neuen 
Kreis begiunt. Schiller, Tell 4, 2. Seelen, die jego wurden, und 
noch nicht zu denfen begannen, zitterten und empfanden zuerſt. 
Klopſtock, Meſſias 1,147. Es würde Freiheit mir und Leben foften, 
und fein verwegenes Beginnen nur befchleunigen. Schiller, Picco: 
Iomini 1, 3. Dieſer reichte nun au, rechts anbeginnend, des 
füßen Neftars... den übrigen Göttern. Bürger, Ilias 1, 597. 
Im weiten Meere mußt du anbeginnen. Goͤthe, Fauſt 2, 168. 

Die ſiunverwandten Ausprüde: aunbrechen, anfangen, anheben fiche 
bei aubrechen ©. 61 f. , 

Anm. 1. Dis Particiyplum wird auch mit andern Wörtern zufammengefekt: 
(Sr) rief dem Fampfbeginnenpen Helen. Pyrker, Rubolyh 4. 

Anm. 2%. Bon diefem Berbum finden ſich manche abweichende Formen. 
Sie begunden, fagt Eyb im 15. Jahrhundert, fle begunt, Kifchart im 16. 
Jahrhundert, Mein guter Ohm, dieß ende, wie's begoun gan auf Sohn). 
Shakſpeare, König Richard II. 1, 1. Ach! Heit! ich dis beginnt fchon in 

der zarten Jugend! Lohenſtein, Sophunisbe 2, 243. Ste begunte aus eb 
. lichen Blicken feiner Augen zu urtheilen. Hofmannswaldan, Liebe zwifchen Graf 
Lndwigen amd einer Mahomelanin. Opitz hat: begunnte, beguntte, bat be: 
gunt, ihr beguntet. ‚Begunnte zu gerinnen. Weichmann, Poefle der Nie 
derfachfen 1, 188, Und alles, was fein Stolz begonnte, recht unverfchämt bes 
wundern konnte. Gellert, der baronifirte Bürger. Als fie au fliehn begonnte. 
Rückert, gefammelte Gedichte 3, 58. Was fich zu eurem —X* bier zu regen 
gleih Begonnte. Göthe, Kauft 1, 165. Und wenn das legte Glas zu Kopf zu 
gehn begonnte. Wieland, Dberon 2, 24. — Diefe Formen lehnen ſich an bas 
ahd. pikunnan, pikonda, das aus pikinnan ſich gebildet. So auch mhd. be- 
gunde, begonde. 

Beginner, Som und Anbeginn (abo. pCb)ik(g)in, anak(g)ir, 
anage(i)nni, mhd. begin, anegin) Anfang einer Sache, jedoch if 
Anbeginn. in der Anmwenduug von geringerem Umfang. — Du 
Beginner und o du Vollender, —— vom Anfang, und für 
ewig, für ewig erwacht und vom Anbeginne! Klopſtock, Mei 
ſias 13, 735. Schwer iſt aller Beginn. Voß, der 70. Geburts⸗ 


*) Die Grundbedeutung it nah Grimm (d. Mythologie 2. A. S. 5235) 
fvalten, öffnen. Aus dem finnlichen Spalten muß das abgezogene anheben, 
anfangen folgen. „Wie ahd. ink(g)innan, mhb. enginnen und ginnen den Be— 
griff des Spoltens, Offneus hat, ſo wird ihn wol aud) das altı. Mana frü 
gehabt haben. Grimm vernuthet — mit altn. gina, ahd. kinan, mht. 
— == gaͤhnen; denn altn. gin (Offnung des Mundes) iſt auch Raum, Zwi—⸗ 
chenraum. 


189 


————— —————————— — I 


tag 40. AMo ſagt' er und nahete ſich erhabneren Thaten, als ſeit 
ver Engel Geburt, dem Anbeginne der Erden und der Sonnen 
efhahe. Klopftod, Meffias 4, 1339. Doc das Entfegen, das dem 
—*— der alten Nacht, vom a nn entfleigend, vielgeftaltet 
noch wie glühende Wolfen aus des Berges Feuerſchlund herauf ſich 
wälzt, erfdhüttert euch deg Helden Bruſt. Göthe, Fanſt 2, 185. 


innen, 
(Wurzel rin, rän.) 


Himme, rann, geronnen, rinnen (ahb. rinnu, ran, runnum6s, run- 
naner, rinnan; mhd. rinne, ran, runnen, gerunnen, rinnen; goth. 
rinnan — mit Heftigfeit laufen, altf., agf. rinnan, altn. ränna) 
wird 1) ſowol von dem Tangfamern, fanftern, wie auch von dem 
geſchwinden Sichfortbewegen tropfbarer Slüffigfeiten gefagt; 2) auch 
auf andere Dinge übertragen, die aus feinern Körnern befteben; 
3) durch Ritzen oder des Schluffes entbehrende Fugen der Gefäße 
binausvringen, und von den Gefäßen felbft, durch Riten oder im 
Schluſſe nachgebende Flüffigfeiten durchlaſſen; 4) (ſelten, activ) 
tinnend herbeiführen; 5) (aber nur entrinnnen) ſich überhaupt 
ſchnell fortbewegen, mit dem Nebenbegriff der Stärke oder Heftigkeit. 
— Thränen rinnen von den Wangen. Göthe, Nachgefühl Da 
rann fein Sand, und feine Glocke ſchlug. Schiller, Piecolomini 
3,8. Bon der Stirne heiß rinnen muß der Schweiß. Schiller, 
Blade. Die (Duellen) vom Blute rönnen. Rückert, gef. Ged. 1, 
214. Da rinnen Ströme jedem Staubtheile Nahrung und Ers 
quidung. Herber. 

Lecken, oberb. Techen (mittelnieverl. Ieken, altn. leka — tuupfen, auss 
Rrömen, vermifcht mit led, lech, agf. hlece, engl, leaky, altn. lekr = riffig 
für Släffiafeiten) 1) durch Ritzen oder im Schluffe nachgebende Fugen hinaus: 
bringen ober hinauslaſſen; 2) (vom Waflerfahrzeug) Blüffigfeit auf eben ſolche 
Beife eindringen lafien. Laufen (ſ. d.) vente auf das geichwinde fi 
Serausbeiwegen der Flüffigfeit aus den Gefäße. Andere mit rinnen ſinn⸗ 
verwandte Wörter fiche bei wegen ©. 133. — Wenn fdyon von hier und dort 
zugleich die Welle fchlägt in's lecke Boot. Platen, der rom. Oedipus 3. 
Seh ich über jede Schwelle doch ſchon Wafferfiröme Taufen. Göthe, Zauber: 
lehrling. 

Aum. 1. Stieler führt neben rann, geronnen auch rante, runne, 
geraut, gernunen an. 

Anm. 2. Das Partic. wird auch mit andern Wörtern zuſammengeſetzt, z. B. 
Erin ſchwarzrinnendes Blut. Voß, Ilias 16, 580. Des Mitleid fanft- 
jerrinnende Thräne. Klopſtock, Meſſias 14, 211. 








u ln. 


Gerinnen (geth. garinnen = zufemmenlaufen) bedeutet eigent⸗ 
Ich zufammenrinnen, deutet alfo zunächſt darauf, daß fi die Flüſ⸗— 
figfeit zufammenthut, und ift der gewöhnliche Ausdruck, um anzuge- 
ben, daß Körper aus ihrem Zuſtande der Flüffigfeit zu einem feftern 
übergeben (weicher Begriff ſchon tm ahd. karinnan liegt). — Wenn 
meine Leidenfchaft Sünde ift, fo mögen die Enden von Tugend und 
Lafter in einander fließen, und Himmel und Hölle in eine Berdamm- 
niß gerinnen. Schiller, Fiesko 2,3. Als wenn fie am Gerin- 
nen des Metal Schuld feien. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 6. 
Dlut, gerinnend, ftillet Teicht fich felber. Göthe, Pandora. Das 
Metall gerann und warb ein heller Spiegel. Novalis, Heinrich 
von Ofterdingen 1, 9. Diefer Hält zwei zufammengerinnende 
0 fo gut auseinander. J. Paul, Heſperus 11. Und 
dort gerinnt die Milch und wird ein ſtehend Del. Haller, Die 


Alpen, 
Geliefern (itatt des verafteten und gleichbebeutenven liefern im Be- 
brauch, wol von mäd, liberen, ahd. überön — gerinuen maden, biefes 
von ah. Up(b)an, agf. lifan — bleiben, f. d.) deutet auf Pas Aufhören bes 
flüffiges Zuftandes. Geſtehen (f. ftehen) ift eigentlih fich ſtellen und ſtill 
fliehen, deutet alfo auf das Feſtwerden der Flüffigkeit und wird in tiefer Hin⸗ 
fiht auch von dem völligen Feſtwerden gebraucht, welches Feine Bewegung ver 
einzelnen Thelle zuläßt, und wovon weber gerinnen noch geliefern vor 
fommen. — So wird fein Balfam fließen, als hier durch Haut und Fleiſch 
dein Lieferblut fi dringt. Scultetus. Gelicfert Blut und Giter rinnt 


häufig von ihm weg. Flemming. 


Ab—, au—, aus —, be—, dahin—, durch — ein—, nt—, 
fort—, her —, herab —, heraus —, herüber—, herunfer— , ber: 
vor —, hin —, hinab —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, 
hinunter —, hinweg —, nach —, nieder —, über—, um—, umher — 
ver—, v —, vorüber—, weg—, zer —, zurück —, zuſammen⸗ 
rinnen bedürfen keiner weiteren Erklaͤrung, ſind jedoch nicht alle 
gleich gebräuchlich. — Neben dem letzten Tropfen bes abrinnen- 
den Jahrs. J. Paul, Siebenfäs 9. (Wo) des Fammers undanf- 
bare Thränen im durchlöcherten Siebe der Ewigkeit ausrinnen. 
Schiller, Fiesko 3, 1. Da gieng mit Blut beronnen der alte 
Hildebrand. Simrod, Nibelungen 2345, 3. Weil er fie für einen 
dahinrinnenden Fluß hält. I. Paul, Heſperus 8. Deiner Lüfte 
balſamiſcher Strom durchrinnt mich erquidend. Schiller, Spazier⸗ 
zang. Das Töniglihe Blut, das Eure Adern durchrinnt, ver- 
mäht ſö niedrige Vermiſchung. Schiller, Jungfrau von Orleans 
3, 1. Und Weile auf Welle zerrinnet, und Stunde an Stunde 
entrinnet, Schiller, Surgihaft Octavius entrann der Tyran- 
nei des Feindes, wird er der Tyrannei, die in ihm tobt, entgehn? 


19 
,‚ Urania 6. Entränn er ſetzo kraftks meinen Händen. 
er, Tell 4, 3, Durch banges Rohrgefläfter rinzt ſchwach das 
Bäglein fort. Mathiffen, das Todtenopfer. Daß fein zarte Ge- 
hitn an blutigen Steinen herabrann. Klopſtock, Meſſias 2, 12%. 
Schon glitt, zärtliche Braut, meine verlorne Hand, nach Anakreons 
Spiel, rann es, wie Silberton, turch die Saiten herunter. Klop⸗ 
fied, die Braut, Es rann ihm das Blut die Nafe herunter. 
Böthe, NReinefe Fuchs 12, 75. Leichte Stunden rannen ſchnell 
und jchneller an dem halberwachten Träumer hin, Tiedge, Urania }. 
Bel wehen die Winde, wol Waller rinnt Hin, Bürger, Lenardo 
und Blandine. Wie glattes Del auf der oberen Welle hinab- 
tinnt, Voß, Jlias 2, 75. Und mande Zähre rann hinab. 
Bürger, Bruder Graurock. Ad wenn er mit dem Blütendufte hätte 
über die Blumen hinüberrinnen Eönnen! % Paul, Hefperus 9. 
Die Thränen, die ihnen nachrinnen. Daſ. W. Bon dem (Schloß) 
der Silberregen bed Mondes niederrann, Daſ. 28. (Er) hub feine 
Hand an überrinnende Auge, um Fein Zeichen feiner Schmerzen 
zu geben. J. Paul, Siehenfä 2. Und rings ift alles vom Feuer 
umronnen. Göthe, Kauft 2, 178. So wird dein Herz zerfließen 
und in fanften warmen Flammen in. der Bruft umberrinnen. 
3 Paul, Hefperus 46. Die Zeit verrinnt Schiller, Maria 
Stuart 1, 6. Die Wolfen waren verronnen und verzogen. 9. 
Paul. Doch Winde verwehen, doch Waffer verrinnt. Bürger, 
benardo und Blandine. Die wegrinnenden Felder, J. Paul, 
Heiperus 38. Wie Silder im Schmelzofen rinnen wir mit glühen- 
dem Licht zuſammen. %. Paul, Titan 47. (Er) wollte mit ver 
hin und hergeführten eifernen Ruthe die Immer wieber zufammen - 
tinnende Welle der Zeit auseinander theilen. Daſ. 51. Den 
on Theil (diefes Bodens) bildet das Waffer, vielleicht einft vor 
brtaufenden durch eleftrifches Feuer aus Tuftförmigen Stoffen z u⸗ 
—— —— Humboldt, Ideen zu einer Yhyſtognomik der 
Gewaͤchſe. 


Die mit entrinnen ſiunverwandten Ausdrůcke fiehe bei entkommen 
& 32. 2 


‚Rime, zuweilen auch Renne, (ah. rinna, mhd. rinne) 1 
ee lange ſchmale Vertiefung, fo fern im derſelben eine Flüſſi ‚ch 
tinnet oder Durch dieſelbe abgeführt wird; 2) eine ähnliche Ber. 
tiefung, 3. B. auf dem Bogenlauf; 3) (Jägerſprache) ein leicht auf: 
geſteltes Garn, in welches man eine Tanbe thut, um Raubpögel 
germittelft berfelben zu fangen. Davon Gerinne und das Rinn- 
ſal gewöhnlicher Rinnfel (ahd. rennisal, ınhd. rensel, bei Stie- 
ler Rendel und. Runfel) Lad, welches die Milch gerinnen macht, 





192 


darum wäre beffer Rennfal*); ver Rinnfel, auch (oberdentſch) Der 
Rung, die Rünſe, die Runfe, die Ronne, dieRunne GBolls⸗ 
— — Rinne. — Brauſend ſtürzt der Gießbach herab durch Die 

inne des Felſen. Schiller, Spaziergang. Wie ich zum Dachfenſter 
hinausſtieg und die Rinne holen wollte. Göthe, Götz von Berlichin⸗ 
gen 3. Unſer Weg ging nunmehr an den Rinnen hinauf, in wel⸗ 

chen das Alaunmwalfer heruntergeleitet wird. Göthe, Leben 10.B. Auf 
des Bogens Rinne legt den Pfeil er. Platen, Abbaffiden 4. Nach fo 
viel Dual und Leiden wollte die fünftlihe Thränenrinne ſich nicht 
bilden. Goͤthe, Leben 10. B. Denn fieh! wir haben ven Rinnfel 
bald fertig. Brommer. Den Durft mir fiillend mit. ver Gletſcher 
Mich, die in ven Runſen fohäumend nieverquilit, Schiller, Tell 
2,2% Waſſerbette, wafferrunfen. Hugen, Rethorica, Tübingen 
1538. BI. 169 b. Die (Wafferleitungen) glashelleg Gerinne ber 
Berg’ in die wimmelnden Stäbte führen. Cludius. 

Anm. Mit Rinne und Gerinne ik Gnffe einigermaßen ſinnverwandt: 
bort denkt man mehr an das Minnen des Waflers, hier an das Hineingleßen des 
Waſſers in die Rinne An manchen Orten if allgemein Goſſe gebräuchlidy. 

Rinnängig, —baum, —eifen, —holz, —Teifte (in der Säu⸗ 
lenordnung), —ftein; Rinnenblatt, — blume (hydrophylium), —för- 
mig, —garn, —knecht (in den Brauhäuſern), —mujchel (solen L.), 
— (albatros, diomedea L.), —zirkelz Dach , Regen—, 
Blei —, Feldrinne u. a — Entrinndbar fommt nidt vor, wol 
aber unentrinnbar: die Thür. Fracht, flürzt, unentrinnbar. 
Schiller, Räuber 5, 1. Mit unentrinnbarem Berberben zu 
umfchlingen. Schiller, Aeneis 4, 102. — Bon dem oberd. Rune 

th. runs = Lauf) fommt blutrünftig (ahd. plotruns = Blut⸗ 
uf, runsig, runstig — fließend, hei Stieler runftig, Blutrunft), 
fo daß das Blut rinnt. 

Mennen (goth. rannjan — aufgehen machen, ahd. rennjan, 
rennan, mhd. rennen — laufen, rinnen, fließen machen, und ins 
tranfitiv Taufen, altn. rennja = ſchnell laufen maden; ahd. rinnan 
= rinnen und ſchnell reiten; ahd. und agf. rennan überhaupt — 
mit Heftigfeit laufen) 1) mit Heftigfeit, mit Anftrengung laufen, nur 
von Tebenden Wefen gefagt; 2) mit heftigem Anlauf, Anſatz oder 
Anfturz ftoßen. — Alles rennet, rettet, flüchtet. Schiller, Glode. 
Und wie die Zeit von bannen rennt. Schiller, Wallenſteins Lager 8. 

Laufen (f. ©.) bebentet überhaupt ſich gefchwind fortbeiwegen. — So 
rennt nnd Täuft nun ein jeder, um ben traurigen Zug ber armen Vertrieb⸗ 

nen zu fehen. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 5. 

Anm. Das PBarticiplum wird mit andern Wörtern zufammengefebt: Leich t⸗ 
rennende Gaule. Voß, Ilias 4, 500. 


®) Für geronnene Mil fagt Goͤthe Schliypermilcd (fo audi Stieler): Wie 
ich den Rahm abgehoben habe, find’ Ich die Schlippermilch. Bürgergeneral. ©. 


193 


Ab —, au— auf— (in Berhindung mit davon), aus --, be—, 
baber—, dahin —, davon— , durch —, ein—, einher—, ent—, 
entgegen ¶ er—, fort— , ber— , berab— , beran— , berauf—, 
heraus, herbei —, berein—, herüber—, herum —, herunter —, 

r— , bin—, hinab—, binan—, binauf— , binaus— , bin- 
darch , binein— , hinüber—, hinunfer-—, binweg—, hinzu—, 
los mit —, nach —, nieder—, über—., um—, unter—, ‚Ber—, 
weit—, wiber—, zer —, zu+, zurück — zuvor—, zufammenten- 
nen bedürfen feiner weitern Erklaͤrung, find jedoch nicht alle gleich 
im Gebrauch. — Habt ihr ein Paar Zinken abgerennt? Goöthe, 
GH 9. B. 3. Weil in dem Augenblid des Abrennens die 
Geſchicklichkeit des loslaſſenden, fo wie zufällige Umftände, zum Vors 
tbeile des einen oder des andern Pferdes entſcheiden können. Göthe, 
rom, Carneval. Man fchnaubt, man rennt fih an. Wieland, 
Oberen 1, 44. Da er über bie Brad’ anrennete. Voß, Luiſe 
2, 250. Ob mich gleih viel Zrübfal angerennet. Dpitz. 
Der legte Mahner kömmt mid trotzig angerennt Weichmann, 
Porfie ver Niederfachfen 1, 241. Es wurde vorgeftellt vie keuſche 
Feſtung der Schönheit, wie ſie vom DBerlangen berennt wird. 
Schiller, Maria Stuart 2, 1. Wie wenn der Kälber Schaar 
... allgumal aufpüpfenn daherrennt. Voß, Odyſſee 10,.410, 
(&) rennt mit ihm davon wie toll. Uhland, Unſtern. Was 
aiht zu Pferde gefchehen Fonnte, wurde zu Fuß durchraunt. 
Göthe, Waplverwandtichaften 2, 4. Rudolph von Paln durd- 
rennt ihn mit dem Speer. Schiller, Tell 5, 1. Er hätt’ in fei- 
ner Wuth mih durch und durch gerannt. Wieland, Oberen 
1, 43. Mit diefem Dolhe Fommen Sie auf mich eingerannt. 
Leffing, Anti-Goeze 11. Wie bevedt dein Roß ınit Wunden, dag 
fo muthig eingerannt! Uhland, St. George Nitter, Hektor, 
du rennft nun alfo einher. Bob, Ilias 17, 75. Allein auch 
anf diefem Wege rannte er nur neuen Ununehmlichfeiten ent = 
gegen. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 15. Der Abbe war fort- 

erannt, Göthe, Meiſters Lehrjahre 8, 10. Und brennt dag 
Haus, da packt man auf und rennt heraus. Göthe, Pandora. 
Es rannten die tollen Verwandten herbei. Göthe, der Müllerin 
Reue. Der Gehülfe rennt in diefem Augenblid herein. Göthe, 
Meiſters Wanderjahre 3, 13. Daraus rennt mit wilden Sprunge 
ein Zieger hervor. Schiller, der Handſchuh. Sein nicht ſo hart 
und rennt aus Eigenfinn, trog eined Freundes Nath, in euer Un— 
glüd Hin! Wieland, Oberon 2, 15. Der zu Pferde einen Berg 
ſteilrecht hinanrennt. Shafipeare, König Heinrich IV. 1. Thl. 2,4, 
Renn’ auf Kirke hinan. Voß, Odyſſee 10, 295. Da rannten 
ale voll Haft nah der Schanze hinaus. VPyrker, Tuniſias 10, 


13 








194 





Leichter if, e8 (das Schwert} vorzubalten, als hineinzurenhen if. 
ig — Oedipus 2. (Sie) will hinwegrennen. Schiller, 
Raͤuber 2, 2. Sogleich vor allen Odyſſens rannte hinzu. Voß, 
Odyſſee 19, 447. Endlich füllt das Sell, und die Pferde rennen 
108. Göthe, röm. Carneval. Wenn wir zufammen oft dem Wilde 
nad duch Berg’ und Thäler rannten. Göthe, Iphigenie 2, 1. 
Den rannt’ id fammt dem Pferde nieder. Göthe, Götz v. B. 1. 
Wenn ihr nicht geſchwind un fo werde ih Wie Thüre nieders 
rennen. Göthe, Benvenuto edini 2,5 Die zügellofe (Freiheit), 
welche Zeit und Schranfen überrennt. Werthes. Dem optiſchen 
Magen, mit welchem der Teufel den im Angſtkreiſe befeftigten Dias - 
gifter zu überrennen drohte, Fam endlich ein wahrer nachgefah⸗ 
ren, worin der fünftige Landfchaftdirefter fa. J. Paul, Titan 14 
Der Nürrenberger, deffen Wiß umrennte, wie fein Tand. Gleim. 
Es wäre Noth, Augen Binten und vorn zu haben, um nicht ewig 
umgerannt und gefloßen zu werben. Hailbronner, Befchreibumg 
von Kairo. Ich weiß, wie jeder Lift die Wege verrennt find, 
Göthe, Egmont 5. AM’ aus der Thüre rannten fie vor. Voß, 
Slias 18, 29. Und voran der quäfende (Hafe) rennet, Voß, 
Has 10, 362%. Da rannte der weiße Hirſch vorbei. Uh— 
fand, der weiße Hirſch. Obgleich ein folhes VBorüberrennen 
wenig Genuß und Belehrung gewährt. Göthe, ital. Reife Cento 
17. Detober 1786. Doch gänzlich fill und flumm rennt es mir 
vorüber. Göthe, der neue Copernieus, Ich venne zu und bin 
- ein rechter Mann. Göthe, Fauſt 2, 91. Doch wenn er mit fchnelleren 
Füßen zuvorrennt. Voß, Ilias 10, 346, Das wunderſeltſame 
a nah Glückſeligkeit. Schiller, Räuber 3, 2. Do 
gibt e8 eine Art Geiſt, die weit Tieber Verſteckens fpielt, al wett> 
rennt. Benzel-Sternau. Da fie mit ihren Freiern wetterannte. 
Bürger, Europa. 

Anm. 1. Stieler hat verrennen auch in der Bebentung von löthen 
(mh. loeten, von löt = ſchmelzbares Metall, beſonders Blei; dann Stud Ber 
tall von befiimmtem Gewicht, Loth). Schmeller führt verreunen an = 
eine Zuge, ein Loch mit Pech, Wachs, Blei ıc. 

Anm. 2. Da der Umlaut des a, v, u durch ein nachfolgendes e (früßer i) 
der Bildung oder Biegung bewirft wird, in gewiffen Fällen mit Wegfall des e (i) 
Rückumlaut d. h. der urfprüngliche Bocal wieder eintritt; fo muß rennen. (mil 
nmgelautetem e aus goth. rannjan) im Bräter. und Partie. haben vennete, ge- 
vennet, ober rannte, gerannt. Hierbei darf an Feine — 
Conjugation gedacht werben. Daſſelbe gilt bei brennen, kennen, nennen, 
fenden ꝛc., doch ift nicht bei allen Rüdumlaut eingetreten: nit trannte, 
ſchwandte. 

Renner (mhd. renner — Laufburſche, Knappe) 1) eine Per 
fon welche rennt; 2) gewöhnfich ein fehnelllaufendes Pferd; 3) Cin 
den Eifenbergwerfen) der das Eifen rinnen over fließen macht. — 
Es ſchnauben die muth’gen Renner. Uhland, Trinklied. Weh⸗ 


195 


meier wollte nun, fo gut wie fen Nebenrenner, fih mit ganz 
neuen Lehren des Zöglings bemeiftern. J. Paul, Titan 17. 
Slegper (von kleppen — flappern, aus ahd. chlaphön, chlaphan, altn. 
klappa — Mappen, Flappern und Haffen abgeleitet) beveutet zunächſt ben 
Bafgänger, d. I. ein hurtiges Pferd, das gleichmäßig im Wechfel ber liuken 
and der rechten Füße (im Paßgang, Dreifhlag) wiegend und dabei wie in 
fanftem Trotte fchnell geht; dann, wie im neuen Sprachgebraud allein übs 
lich, Laufpferd, vornehmlich geringer Geftalt, gemeineres Laufpferd. Zelter 
(ah. zältari, zöltir, zelter, mhb. zeltsere, zelter, zeltensere, zöltenpfzerit, . 
mittelnieberb. tölden pert, älternhb. zältner, von mhb. zölten, zöltnen = 
im Paſſe oder im Schritte gehen *) bedeutet Paßgänger, wie er bei Klepper 
erflärt if. — Zween Klepper aus der Barbarei, die ſelbſt den Rubilan im 
Lauf erreichet hätten, gerieihen einft in Streit; ein jeder wollte wetten, baß 
er der ſchnellſte Renner fei. Pfeffel. Aber vier gefchmüdte Knaben führs 
ten einen weißen Zelter. Blafen, die Abbaſſiden 2. 
Gerenne d. i. geringes Reitergefecht |. S. 56. — Der Renn 
nicht mehr im Gebrauch. Fiſchart fagt noch: in vollen renn, 
(etwas) im renn auffheben. Gargantua S. 350, 
ahn, —berg, —eifen (beide im Bergbau), —feuer, 
—herd (beide im Hüttenweien), — hirſch, —hol; (Sparrenholz), 
—jagen, —fäferr, — pferd, —ſau, —füule, —ſchiff, —ſchlitten, 
—fpiel, —Ipindel, —flein, —thierbreme (tabanus tarandi L.), 
-thierflechte (lichen rangiferinus L.), —thierhornißg, —thierfalb, 
—thierleder, —thierzudt, — wagen, —werf (im Hüttenwefen) u. a. 
— Fern in der Speere Gewühl und auf bie ftäubende Rennbahn 
ruft ihn der Iodende Ruhm. Schiller, die Gefchledhter. Das pfeil: 
ſchnelle Rennthier fah den Strauß. Leffing, der Strauß. Die 
ihr dürres Rennthiermoog in Händen hatte. % Paul, Titan 
1% Mit einem Schild aus fieben Rennthierhäuten. Alringer, 
Doolin 8, 14. Sei er ein Denkmal etwa des Tängft geftorbenen 
Mannes, oder ein Rennziel auch. Voß, Ilias 23, 331, 
Unm. 1. Die bei Stieler noch vorkommenden Adjective vennig, rennbar, 
rennhaft find jept veraltet. 


Anm. 2. Gehört auch Rand (ahd, mhd. rant, agf. rand, altn. rönd) hier: 
* Gleichſam das Heraufgetauchte? Oder iſt Wurzelverwandtſchaft in Rand, 
inde (ahd. hrinta, rinta, mhb. rinde, agf. hrind, rind) und gıwos —= Haut 
aumuchmen? Yür jenes möchte Grimm, für dieſes W. Wadernagel fich ent- 


®) Der Rame fcheint celtiberifchen Urfprungs (bastifh zaldia — Pferd). 
Thieldones uannten die Römer die ſchnellen afturifchen Pferde: In een 
pania callaica gens est et asturica: equini generis (bi sunt quos thieldones 
Vocamus, minori forma apbe a0: asturcones) gignunt, quibus non vulgaris 
in carsu gradus, sed mollis alterno crurum explicatu glomeratio, unde 
oquis tolutim (d.i. das bie Beine im Paßgaug hebt, tollit) carpere incursus 
traditur arte. Pl N. VII. 42, 62. ergleiche noch Martial. Epigr. 
XIV, 199. Senec. Epist. 87. 


J 


13* 





196 





ſcheiden. Grimm vermuthet Iufammenhang zwifehen ahd. hrinan — rühren, bes 
rühren, tünen machen (agf. hrinan, altn. hrina — tönen, rufen) Rinde und 
Rein (gewöhnlich Rain, mhb. rein, Alternhb. ſchon rain). ° | 

Anm. 3. Der ſüddeutſchen Volksſprache gehört venneln — Huber, Gerfle, 
Erkfen :c., d. 1. ihre Fruchtförner auf der Piühle un: fpalten oder doch 
enthilfen. (Abd. rinnila, mhd. rennel = Mühlbeutel.) Anderwärts fommt rem: 
meln, rollen, rellen, rödeln in dieſem Sinne vor. Im 17. Jahrhundert 
findet fih trendeln und trenlen. Renneln ließe fi als fackitiv aus rins 
nen erflären, wie rödeln (reveln) aus mhb. reden — burchbeuteln; vergleiche 
mh. ritern, ahd. hritarön — reitern, durch die Reiter ſchütteln. 


Anm. 4. Für Striemen auf der Haut, von Schlägen ıc. verurfacht, fagt 
die Volksſprache Rone und Rune. Sit, nach dem Begiff der Aehnlichkeit, an rin: 
nen, Rinn zu denten? 


Spinnen, 
(Wurzel span, spin.) 


Spinne, fpinn, gefponnen, fpinnen (ahd. spinnu, span, 
spunnumäs, Spunnan@r, spinnan; mhd. spinne, span, Spunnen, 
gcspunnen, spinnen; goth. agſ. spinnan, altn. spinna; vergleiche 
gr. oglyyan — zufammenziehen, binden). Der Örundbegriff fcheint 
ziehen, dehnen zu fein. 1) einen weichen und faferigen Körper 
zu einem langen Faden ziehen und zufammendrehen: Flachs, Wolle; 
2) (figürlich) nah und nad, in ununterbrocdhener Folge entftehen 
machen, bewirken, nad) Art eines Fadens fortführen; 3) (Bolfe- 
fpradhe) ſchnurren nah Art der Spinnräder, von den Kagen gefagt. 
— Bir Schweftern faßen, die Wolle fpinnend. Schiller, Tell 
1,2. Als ih Ri und ruhig fpann. Göthe, Die Spinnerin. Daß 
alle Liſt und alles heimliche Gewebe ficy allein in meinem Kopfe 
fpinnt und webt! Göthe, Taffo 4,3. Es fpinnt fih etwas gegen 
die Vögte. Schiller, Tell 3,1. Was die dunkle Naht gefponnen 
fol frei und fröhlih an das Licht der Sonnen. Daf. 2,2. Spinat 
er Verrath. Schiller, Wallenfteindg Tod 2, 5. Ein Liebesnetz hab' ich 
um dich gefponnen. Daf. 3, 18. Konnten wir nicht in frohem 
Genuß harmlos pergnügliche Tage fpinnen? Schiller, Braut von 
Meffina. Meine alte blinde Rage, die fpinnt auf meinem Schoß. 
Uhland, Mährchen. Ä 

Anm. 1. Die Volksſprache Hut noch meiſt das frühere Participium ges 
fpunnen. 

Anm. 2. Das Partieipium wird auch mit andern Wörtern zufammengefept: 
Menn ein Weib lohnfpinnend und reblih abwägt Woll’ und Gewicht. .Boß, 
Ilias 12, 433. (Die) unheilfpinnend diefe ganze Infel aus ihrem Kerfer zn 
erobern hofft. Schiller, Marla Stuart 1, 1. Saht ihr den Morgan und den 
tänfefpinnenven viſchof von Roße? Daſ. 2, 4. Reinſpinnende Gedanken. 
KORG Gargantua ©.87. Leinwand hHansgefponnenes Garne. Voß, Luiſe, 


! 
! 


497 


Anfpinnen 1) anfangen an etwas zu ſpinnen: einen Moden; 
3) durd Spinnen mit etwas verbinden: einen Faden, die Spinne 
fpinut ihr Gewebe an die Mauer an; 3) (jfigürlich) planmäßig 
machen, daß etwas Böfes geſchieht, mit dem Nebenbegrüf des Keinen 
md Heimlichen. — Wenn fih nur da nichts (fein Liebesverhältniß) 
anfpinnt Leffing, Minma von Barnhelm 8, 1. Die Kaufleute 
meinten, ob fie vielleicht burdy den Bergmann ein vortheilhaften Vers 
fer mit Böhmen anfpinnen möchten. Novalis, Heinrich von 
Dfterdingen 1, 5. Wie als einft der Eleier und. Pplier Fehde ſich 
anfpann. Voß, Ilias 11, 670. (Der) durch wirklichen Witz urs 
kräftig erlegt den zwiftanfpinnenden Wigbold. Platen, rom.“ 
Dedipus 1 


“ 


Anrichten (von richten, goth. raihtjan, ahb. rihtan, mhb. rihten, altf. 
rihtjan, agf. rihtan, rebtan, lat. regere urfprünglih —= das Wohin eines 
Dinges beftimmen, dann bie rechte Stellung, Richtung geben) bezeichnet über 
haupt machen, daß etwas Böfes entfleht, wird jedoch zumeilen auch von et 
was Gutem gefagt. Anftiften (von fliften, ahd. stiftan, mhb. stiflen = 
feftellen, in der Form gleich Tat. stipes — fefler Pfahl, stipare = ans 
Ropfen) beſtehen machen, veranlaffen, im böfen Sinn, und zwar abſichtlich, 
durch Anreizung Anderer. Anzetteln (Zettel, Anzettel beim Wehen mas 
den, von ahd. zetjan — auseinander breiten, 3. B. in der Volksſprache das 
gemähete Gras zetten, zetteln, mhd..zeten, davon anzeten — anfangen zu 
weben) machen, daß etwas Böfes entiteht, mit Hindeutung auf das aus vies 
Im Fleinen Thellen Zufammengefegte. — Gr muß dieſe Heine Verwirrung mit 
Fleiß angerichtet haben. Gellert. D was werve ich für Freude anrich⸗ 

tem! Weiße. Sein Werk iſt alles dies. Er hat es angeſtiftet!“ Wieland, 
Dberon, 1, 47. Nun zettelt ihr einen Zweck an. Shakſpeare, König Hein⸗ 
sig IV. 1. Thl. 3, 3. 


Ab —, auf—, aus—, be—, ein—, ent—, er —, fort —, 
herab - , heraus —, mit —, nach —, über—, um—, unter —, 
ver —, vor —, zuſammenſpinnen bedürfen feiner weitern 
Erklärung. — Wird Vieles vor den Augen abgeſponnen. Göthe 
Fauſt Vorfpiel. So verſchwand Die ganze Maffe (einer Wolfe) na 
md nad) und ward vor meinen Augen, wie ein Roden, von einer 
mfihtbaren Hand ganz eigentlih abgefponnen. Göthe, italien. 
Reife 8: September. Als wenn er fein Mährchen recht weitläufig aus⸗ 
jufpinnen gedaͤchte. Göthe, Meifters Wanderfahre 1, 8. &s ſoll 
mich wundern, was für ein Hülfsmittel ich da wieder ausfpins 
nen werde. J. Paul, Siebeufäs 3, Mein Schidfal ſpann erft ven 
* meines Lebens aus, und das deinige wand ihn auf. Duſch. 

in ſolches, noch fo feſt beſponnenes Syſtem fällt oft in Einem 

lit von Erfahrung zufammen. Knigge. Eilt aber die Raupe 


| Rd kinzufpinnen, nicht lann fie mehr Blättern Geſchmack abge, 





198 








winnen. Obthe, ſprichwortlich. Ich fpinne eure Yäben in einen 
Faden ein. Novalis, Heinrich von Ofterbingen 1, 9. Der neue 
Ankömmling ... war bald dergeſtalt eingefponnen und gefeflelt. 
Söthe, Leben 1% B. Und wer biefen Gedanken entfponnen, 
fagt, muß das nicht ein erleuchteter politifcher Kopf fein? Schiller, 
Räuber 1, 2. Das fhwärzefle Komplott entfpinnt fi) vor dei⸗ 
nen Augen. Schiller, Piccolomini 5, 1. Die Alten hatten während 
der Zeit immer mürrifh fortgefponnen. Novalis, Heinrid von 
Dfterdingen 1, 9. Was Natur bedarf, den Lebensfaden fortzu- 
fpinnen. Wieland, Oberon 9, 4. Spinne die Parze mir 
Hug langſam den Faden herab. Göthe, römische Elegien 15. Der 
erfte Lügner, Myſtiker und Metaphufifer von Anfang hätte no 
zehnfach mehr Unfinn aus dem unfchuldigen Namen herausfpins 
nen fünnen. Herder. (Der Herbft) überfpinnt, thalab bergan, 
das Feld mit bunter Seide, Voß, Obſtlied. Sie (die Tugend) führt 
ung durch diefes Labyrinth, das ung mit täufchenden Geweben übers 
pinnt Tiedge, Urania 2. Die Raup umfpinnt den goldnen 
weig zum Winterhaus für ihre Brut. Göthe, der Wandrer. Abs 
ſcheulich dacht’ ich die Verſchwörung mir, die unfichtbar und raſtlos 
mid umfpann. Göthe, Taffo 5, 5. Dey Major umfpinnen 
wir mit Lit. Schiller, Kabale und Liebe 3, 1. Diefe Ulmen, mit 
Neben umfponnen, find fie nicht Kinder unfrer Sonnen ? Scil- 
Ier, Braut von Meffina. Der Flachs it verfponnen. Novalis, 
Heinrich von Ofterdingen 1, 9. Das Geweb, worin fih Liſt ver: 
fpinnt. Leffing. Und was fie (die Seele) aus ihren fünf Kanker⸗ 
fpinnwarzen verfpinnt und abzwirnt. J. Paul. Aber Thiennettens 
Bruftfhmerzen ... über ein ganz mit dem Leichenflor zugefpon- 
nenes Leben. J. Paul. Beim Taffo iſt e8 ein Zauberer, ein Kerl, 
der weder Chrift noch Mohamedaner ift, fondern ſich aus beiden Res 
ligionen einen eigenen Aberglauben zufammengefponnen hat. 
Leffing, Hamburg. Dramaturgie 1, 1. 
Anm. Adjectiva — haben wir nicht. Fiſchart (Gargantua S. 
88. 275) ſagt: ſeidenſpinnig, reinfpinnig. 

Spinne (ahd. spinna, mhd. spinne), Spinner (Draht—, 
Gold —, Silber —, Tabal—), Spinnerin, Spinnerei, find an 
fih klar. — Es rudt fih von Schnörkel zu Schnörfel hinan, lange 
beinigen Spinnen vergleichbar. Göthe, Todtentanz, Wo Spin- 
ner und Weber in Unzahl durch Thäler und Schluchten einen großen 
Vertrieb gefuchter Waaren ins Ausland vorbereiteten. Göthe, Mei⸗ 
fir Wanderjahre 3, 5. Rüſtige Spinnerinnen zogen fodann 
meine Aufmerkſamkeit auf ſich. Def Er verfteht, wag zur Spin» 
nerei gehört, vollflommen anzugeben. Daf. 

Spinnfliege (hippobosca equina L.), gewebe, — haar, —halen, 
—hanf, —haus, —pütte (im Seidenbau), —jungfer, —Topf, — lappen, 


öe⸗ 


Aans (Blattlans), —magb, — maͤrchen, — meiſter, — milbe (aca- 
rus telarius L.), — mũhle, —raupe, —recht, —rockendiſtel (cartha- 
mus lanatus L), —feide, — ſtube, —warze, —weib, — werk, —wirs 
bel, —wirtel, —woden u. a.; ——— —webe; Spinnen⸗ 
affe (Meerfage), — diſtel (centaurea benedicta L.), —fiſch (cal- 
lonymus L.), —freſſer, — gewirk, —gift, — kopf (murex tribu- 
hus L.), —fraut (anthericam L.), —krebs, — linie, —netz, — ſtecher 
(arachneolithi L.), — todter (sphex L.); Spinnerlohn. — Arach⸗ 
nens Arbeit, Nadel, Spinngeräthe ward immer mit der ſtol⸗ 
zu Hand gepaart. Gries. (Wo fie) von der ſtrengen Zudt- und 
Spinnmeifterin fogleih mit einer doppelten Aufgabe ... eins 
pfangen wird. Böttiger. Und Spinnrad oder Haspel furrt. Voß, 
Megro 259. Spinnroden und Nabel, die lohnen mit Zier. Voß, 
die Däustiche, Sie fingt beim Rahmen und beim Spinneroden. 
Hölty, an einen Freund. So daß nur das Thierleben Die rechte 
und laͤngſte Spinnfchule für die Parze Lacheſis bleibe. J. Paul, 
Stand das Mütterhen auf vom binfenbeflochtenen Spinnftupl. 
Voß, 70. Geburtstag 69. Die Richtung der letzten Spinnweife 
gewährt einen fehr mahlerifchen Contraſt. Göthe, Meifters Wans 
ahre 3, 5. Diefe Spinnweben von Spitem zerreißt das 
einzige Wort: du mußt ſterben! Schiller, Räuber 5, 1. Du 
fannft die Fäden eines Spinngewebs flar machen. Schiller, - 
Jungfrau von Orleans 5, 11. Spinnenfuß und Krötenbaug. 
Böthe, Fauſt 2, 224. nn die verfehiedenen Häufer eintretend fand 
ei Gelegenheit ... mi von der Spinnertechnif zu unterrichten. 
öthe, Meifters Wanderjahre 3, 5. 


Spindel (ahd. spinnala, .mfd, spinele, spinle, spille, agf. 
spindel, spinl) 1) ein langes, rundes und oft fpigiges Ding, wo⸗ 
mit fih häufig noch der Begriff der Bewegung um Feine Achſe vers 
bindet; 2) ein mit einer Spindel verfehenes, ein Spindeln abgebents 
des, zu Spindeln dienendes Ding. — (Sie) dreht um die fehurrende 
Spindel den Faden. Schiller, Glocke. Indem er (der Erdball) 
RU ım feine Spindel rollt. 3. 8. Huber. Die fchönfte Wendels 
teppe yon der Welt, mit offener weiter Spindel, Göthe, ital. 
Reiſe 2. October 1786, 

Yum, Bon dem verkürzten spille aus spinle für spinele iſt Spillmagen 
(tät, spilmäc von mäc a „Verwandter) gebilvet, ein Berwandbter von meibs 
Iher Seite. Der Gegenſatz iſt swörtmäc — Verwandter von männlicher Seite 
— Hierher gehört auch das volksthümliche Spenel, Spennel = Stednabel 
(ebd. spenula, mhd. spönel, spinele d. 1. fpindelförmiges Heft). 

Spindelbaum, —birne, —buhe, —fürmig, —bolz, —Eorb, 
—kraut (atractylis L,), —Tappen (bei den Uhrmachern) —pflaume, 
—preile, —raupe (larva fusiformis), — ſchnece (murex), —walze, 
—wirtel, —zapfen, —unge u, u — Sie hatte wohl nichts erfahren 











vom firengen Spindelbann.' nhlaib, Mahrchen. Am Wege 
ftund gerade ein alter Spindelmann. : Dafelb ft. 

Geipinnft (mhd. gespunsty dus ineinander verflochtenen Fe 
ben Beftehendes, aber nur in’ Hinficht der gefponnenen: Füden, wäh 
rend Gewebe darauf hindeutet, daß die Fäden fmeinander ver 
flochten und fo verbunden find. — Er handelte das Geſpinnſt em, 
tbeilte frifhe Baumwolle aus. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 5. 
Die. Wefpen lachen eures Gef pinnftes. Göthe, Egmont 4. Seine 
Tugend fei eined Träumer Hirngefpinnft gemein. Schiller, 
Don Karlos 5, 9. Laffet mich einen Augenblick wegſehen von die 
fem Haßgefpinnfe. % Paul, Hefperus 8, Sn Zune 
fpinnft verwidelt ung die Nacht. Göthe, Kauft 2, 

Spannen (aht. spannan, mhd. spannen — nn an⸗ 
heften, befeſtigen nach ſtarker Eonjugation, ahd. spannu, spian, spia- 
num&s, spannandr, spannan; mhd. spanne, spien, Spienen, Be 
spannen, spannen; doch nbd. auch ſchon ſchw. gespannet) über: 
haupt ziehen, ausdehnen, dann im Beſondern die Theile eines feder- 
oder ftahlharten Körpers durch Ausdepnen oder Zufammendräden m 
eine ſolche Tage bringen, daß fie vermöge ihrer Federfraft wieder in 
ihre vorige Lage zurüdzufehren fuhen. — Wozu Iernten wir die 
Armbruft fpannien? Schiller, Tell 1,4. (Er) lich die Ochſen, das 
befte Paar, ihn aus ben Pfluge ſpan nen. Daf. Die Knaben drängen 
fid) rechts und links an ihn und fehen mit A Neugier 
an ihm hinauf. Dal. 3, 1. Zwar bin id feit no "Zeit ein 
wenig über'n Fuß mit ihm gefpannt. Leffing, Nathan ver Weiſe 
2,2. Ad, wie ſpannt mich's auf’ dem Schienbeine! Gellert. Neu⸗ 
gier fpannte bie taumelnden Richter. Sonnenberg. 

Anm. Das Barticiplum wird auch mit andern Wörtern snfammengefegt, 
DB. Dier gleichgefpannete Hengſte. Voß, Odpfſee 13, 81. enge 
N annt dann ließ er den muthigen Pedaſos wandeln. Voß, Stias 1 16, 153... 

Ab—, an—, auf, aus—, be—, bei—, durh—, ER 
ent—, et—, nah, über—, um, unter — ; ver—, vor-—, dor 
an—, voraus —, zer—, zurüd—, zufammenfpannen bedürfen 
. feiner weitern Grflärung — —* Armbruft hängt nod dort. unah- 

gefpannt. Uhland, Schilveis. Der uns fchon fo viel Unheil aus 
gethan, der vieler Starfen Nerven ab efpannt. Bürger. Sollen 
wir gleich abipannen die hurtigen Roffe? Voß, Odyſſee 4, 28. 
—* Muthes Feder (ift) abgeſpannt. iller, Maria Stuart 
2,8 Wenn Sie 20 etwa zu einem Bubenftüd anfpannen wol 
Ien. Schiller, Kabale und Liebe 5, 5. Hier fpannt, o Sterb⸗ 
lihe, der Seele Sehnen an. Haller, Gedanfen über Bernunft x. 
(Wenn) nad) und nad alle meine Sinnen aufgefpannt werden? 
Göthe, Werthers Leiden 1. 30. Auguſt. Wohlen mein Lied, ſp ann 
alle deine Segel bis an ben Bimpel auf: Ramler. Die 


. 





Inte, Anfpanner aus dem Dorfe, fpannten ans nad ritten 
ihrer Wege. Göthe, Meifterd Lehrjahre 3, 3. In dumpfer Stide 
liegt mit ausgefpannten Flügeln leisathmend die Erwartung 
rings umher. Wieland, Dberon 5, 59. Du haft mit göttlichen 
Erbarmen am Kreuz die Arme ausgefpannt. Uhland, 
der Ronnen. Ein Wagen, wie. Gold, mit feurigen Roſſen bes 
ſpannt. Voß, Luife 2, 614. Auf roffebefpannten Bar 
gen. Voß, Ilias 4, 366. Inwendig mit häufigen Riemen wölbt' 
er (der Helm) fi, ſtraff durchſpannt. Voß, Ilias 10, 26% 
Wie den jungen hitigen Ochſen, welche fi Teicht verrüden, wenn 
man fie zu jung einfpannt. Rabener, wen Gott ein Amt gibt ꝛc. 
Ro ich denn gleich einfpannen und foutfahren lieh. — Mei⸗ 
ſters Vanderjahre 3, 6. Ihr dort außen in der Welt die Naſen 
eingefpannt! Schiller, Graf Eberhard der Gr. Noch nicht deu 
Geſchirren entfpannt die flampfenden Roſſe. Voß, Ilias 23, 7. 
Und fie entipannte den Bogen und hub von der Adhfel den Kös 
. Bob. Endlich feuchten zwei Kinder daher, davon eines als 
ugvieh an einem Schiebefarren angeftridt war, und das andere 
vornen als fhiebender Fuhrmann nachgeſpannt. J. Paul, Hef 
verns 9. Denn gern fähe fie bald mit bleichendem Linuen den 
Anger überfpannt. Voß, Luife 2, 93. Der Weife, der nie Ge 
walt überfpannt, nie Kräfte jchlafen laßt. Knigge. Daß er mit 
einem gichterifchen Reißen des überfpannten Derzend an ihren 
Hals auffprang. I. Paul, Titan 16. Wie im Often der farbige 
Bogen des Friedens lichthell die Fennerwol® umfpannt! Voß, Aufs 
iterung. Soviel die Klafter umſpannet. Voß, Odyſſee 9, 
325. Da mein glüdliher Wahnfinn ven ganzen: Himmel in ihr zu 
amfpannen wähnte! Schiller, Kabale und Liebe 4, 2. So find’ 
ih allem, was bie Seele mit Lock⸗ und: Gaakelwerk umſpannt. 
Böthe, Fauft 1, 81. Ja wie weit mag biefe. Schbpfungsfefter fie 
ad verfpannt und verfchraubt haben! Herder. Mutter:). Die 
Kit läuft Zar zu geſchwind für meine alten Bene, (Water) Bir 
annen vor! Göthe, was wir Bringen 3. Ich denfe,. man 
Bähte fie nicht am einander, wenn man auch⸗Ochſen vorfpannte 
peare, was ihr wollt 3, 2. Ein. Lächeln, wie das an einges 
dertten zurüdgefpannten Mumienlippen. 3. Paul; Hefperus 21. 
Um ven Bogen fanft zurüdzufpantten. J. Paul, Titan 16. 
Spanne (ahd. spanna, mhd. spanne, altn. spanna, sponn) 
das Längemaß zwifchen dem ausgefpannten Daumen und dem Mit 
tes (au) Zeige» oder kleinen) Finger; ‚dann überhaupt.ein Eleines 
Mad; der Spann fder vordere erhabene Theil des Fußes bei. 
Nenſchen); Spanner der da fpannt; An—, Borfpanner; Bors 
Ipann; Ein—, Zweifpannerz ein—, zwei—, pier—, ſechs⸗ 
fpännig m — Der ift, der feiner Lebenslänge hinzu nur Cine 





F 
EEE EEE BEER EEE 


Spanne ragt! Boß, die Rufe. Herzfpann zu vertreiben und 
Zahnmeh. , der Rieſenhügel 47. Sie (die Büchſe) war ein 
Eoftbares Erbftüd von feinem Vater, der Piqueur und Büchſen⸗ 
fpanner bei einem großen Reichsfürſten geweſen. J. Paul, Sie 
benfäüs 6. Die Fuhrleute, Anfpanner aus dem Dorfe, fpannten 
aus und ritten ihrer Wege. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 3. Eier 
ge Fuhr ift dem allen beftellt, mit flattlihem Borfpann. Voß, 
uife 3. b, 441. (Der Notar) faß ab und fpannte ſich feiner eig 
nen Borfpann*) por, indem er fie durd den Flaſchenzug des 
Zügel wirklich hinaufwand. J. Paul. - Ein» und Mehrſpän— 
ner, hunberterlei eigenes und requirirtes- Gepferde, weichend, ans 
ftoßend, hinderte fi) rechts und links. Göthe, Kampagne in Frank⸗ 
reih 11. October. Zwei Hufaren bradten ein einfpänniges, 
zweirädriges Wägelchen. Daf: 30. Augufl. Bei jedem auch ſtehn 
zweifpännige Roffe. Voß, Ilias 5, 1%. Wir fahen .. viers 
fpännig —— einen Herrſchaftswagen. Göthe, Meiſters Wan- 
derjahre 3, 10. Sechzehn fehsfpännige Galawagen. Göthe, 
Leben 5. B. 

Spannung, An—, Über—; Spannader, —baum, —bogen, 
—eifen, —feder, —frohne, —haber, — hammer (bei den Goldſchmie⸗ 
den), —beftel (im Jagdweſen), —holz (bei den Tuchwebern und 
im Müplendau), —ioh, —kette, — Toben, — leder, —laute, — loch 
Cbei den Müllern), —musfel, —nagel, —pflod, —rahmen, —raupe, 
—reif, —riegel, —riemen, —ring, —rippe, — ſäckchen (an den 
Bortenwirferftühlen), —fäge, —fpan (bei den Perüdenmacern), 
—ſtock, —ftrid, —tag, —tau, — winde, — wüſte (bei den Sleifchern), 
--j3ange, —zettel u. a; Spannenbreit, —hoch, —kreis, —lang, 
ae — weit; Borfpaundienft, — pferd, —rechnung, — ſchein, 
—pergätung, —weſen. — Wenn fie gegen die Ihrigen fi) in- ver 
fertpauernden Spannung erhalten follten. Göthe, Winckelmann 1. 
Er empfand Die Folter der unglüdlihen -Anfpannung mit. Göthe, 
Meifters, Lehr. A, 20. in lebhaftes Fieber mit feinem Gefolge, 
ben Arzneien, der Ueberſpannung und der Mattigfeit, Daf. 2,1. 
Dei jolden Handlungen und Spanndienften des Glüdes muß 
e8 feinem von uns Wunder nehmen. % Paul, Titan 9, Sie 
ftraucheln ohne Alnterlaß in ihren Spannfeffeln. Bode. Die 
Spannflechſe aller Großthaten, das Gold. Rüdiger. Die Spann⸗ 
kraft des Endlichen läßt nad. Schiller, Räuber 4, 6. Als die 


) Diefe Stelle (Pariſer Ausgabe 3, 25, 1) führt Tetpel in beu neuen 
Jahrbüchern für Philologie und Päbagogit 8. Supplementband 2. H. ©. 214 au 
und bemerft mit Recht, daß das weibliche Gefchlecht dieſes Wortes felten fei. h 
it span — das Anfvannen männlih, vürspan fählih. Campe entfchelbet Fich 
reg für das, unter ann für der Vorſpann. Stieler Hat die 

oripaunne 








aufgebundene Serviette einen verworrenen Haufen [pannenlanger 
Puppen fehen ließ. Götbhe, Meifters Lehrjahre 1, 3. 

Geſpann (das) 1) was zufammengefpannt wird, vorzüglich 
Pferde, Ochfen (zuweilen auch bloß das Spann); 2) (im Hütten- 
weſen) eine Zahl von 10—18 kupfernen Schüffeln oder Schalen, 
welche zugleich ausgetieft werden. — Der Gefpann 1) der Gefells 
ſchafter, oder vielmehr der Zugefellte, befonders bei gemeinfchaftlicher 

igfeit nach einem Zwede; 2) Cin Ungarn) der Oberfle in einem 
Bezirke oder Kreis, der Graf, daher Gefpannidhaft*). — Es 
fhmiegten ſich beide vor dem Wagen, und fie freute fich ihres Ges 
fpranns. Göthe, Venedig. Epigr. 20. Geſchirr und Spann zog 
Diomeded fort. Bürger... Die flampfenden Doppelgefpanne, 
Voß, Ilias 10, 473. Kein ſchnellfüßiges Roßgeſpann. Daf. 
13, 51. Sammt dem Wagengefpann Daf. 12, 114. Der 
Kir Taumel faßt das ganze Poftgefpann. Schiller, Pegafus. 

ſi du mir nicht die Winvesbraut des Viergeſpannes anvertraut? 
Göthe,. Fauſt 2, 46. In der Lebhaftigfeit meiner Borftellung ers 
zählte ich alles meinen Gefpannen, bie davon ganz entzüdt wurden. 
Goͤthe, Meifters Lehrjahre 1,7. Die Zerftreuungen der Jugend, da 
meine Geſpannſchaft 12 zu vermehren anfing, thaten dem eins 
famen ftillen Vergnügen Eintrag. Daſelbſt. 

Kamerad (zunächſt aus franz. camerade, mit viefem aus ital. came 
rata, vom lat. camera, ahd. chamara, mh. kamere — Zimmer, Kammer) 
eigentlich eine Geſellſchaft guter Freunde; dann der Gefellfchaftsfreund ſelbſt 
(ahd. nur bei den niebern Ständen gebräuchlich); im engern Sinne Zelt, dann 
Gtubengenofie. College (lat. collega) der Amts: ober Würdengenoſſe. Kum⸗ 
yan Imhd. und nieberb. cumpän, flatt compän, isländ. kompan, aus pros 
vencal. compainh, franz. compaing, vor lat. com, cum = mit und panis 
— Brot) zunähft Brotgenoſſe (welcher goth. gahläiba, ahd. kaleipo, von 
goth. hläibs, ahd. hleip, Laib = Brot und Nahrung hieß) wie in der Handr 
werlsſprache (3. DB. in der Bergmannsfpradhe am Herz) Kompe — Innunger 
lied; dann gewöhnlich der luftige Geſellſchafter (nur in der gewöhnlichen Sprache 
gebraͤuchlich). — Compagnie (companiam in der lex salica, mittellat. 
compagnia, mhb. cumpänie == bie gefammten Kriegögefellen eines Ritters) 
hängt mit Kumpan zufammen und beveutet urfpränglich Brotgenoffenfchaft, 
dann Geſellſchaft. Davon Eompagnon (mhb. cumpanjän) Geſellſchafter, 
dann Beichäftstheilkaber. — Wohl auf, Kameraden, aufs Pfad, aufs 


. *#) Ohne den Begriff der gemeinfaftlichen Thätigkeit Fünnte man Geſpann 
Von spanan — pus (fee Anmert.8.©. 204.) ableiten, alfo erflären ſovlel ale 
Nilbruder. Deſſer denkt man an fpannen und erklärt (figürlich) wer mit 
im Geſchirre zieht. Nach Albers ge die Gewerboleute unter einander 
Geipan. Stieler hat Span und Geſpan mit der Ucherfegung socius, conjunc- 
iss, deinde etiam aariga, rhedarius. Druder, bie an Einer Preſſe arbeiten, 
nennen einander noch Geſpann. 





204 


Pferd! Schiller, Wallenſteins Lager 11. Auch ich buͤßte den Streit und Die - 
Bänke feiner Gollegen. Böthe, Hermann und Dorothea 4, 176. Geht 
nur, das iſt ein wadrer Kumpan! Schiller, Wallenſteins Lager 7. Da tref: 
fen wir Iuft’ge Compagnie. Daf.5. Deine Tifchgefellen, als gute Kum⸗ 
pane, waren mir auch Gefellen für die übrige Zeit geworben. Goͤthe, Leben 
9. B. Find’ ich einen akademiſchen Cumpan? Platen, vie verhängnißvolle 
Gabel 1. 


Anm. 1. Das fchmelzerifche Unfpunnen d. f. ver znerſt abgehechelte Hanf, 
oder Flache, Werk (befier Werd, minder gut Werg, ahb. wörich, werch, 
wörc, mb. wörc, älternhb. werck, wahrfcheinli aus ahd. Awerc, Awirchi, 
Baier. Ewerf, von wirchan = wirken, alſo a I das Herausgeichaffte) 
{ft ahd. Aspunna (fehlerhaft uspunna, usp.ınna) das Ausfpinnfel. 

Anm, 2. Span, etwas Abgehauenes, ein dünnes Stüd (mbb. span, ngl. 
spon) fcheint von fpannen (alfo urſprünglich wol Brett, gleichfam etwas Aus- 
gelrann le) oder (durch Zufanmenziehung) von epahan, woher spache = Spache, 

ürres Stück Holz, Holzfpan, zu kommen. Gin Span, ans ber Thüre oder ei: 

nen Balfen eines verfchuldeten Haufes gehauen, galt früher ale Symbol des ˖dem 
Glaͤubiger darauf zuſtehenden Rechtes; daher figürlich gerichtliche Srmächtigung zur 
Bornahme einer Gantung. 

Anm. 3. Gin anderes Wort {fl ahb. -spanan == fängen, dann anloden 
(wie von lat. lac = Milch allicere, allectare — anloden) und eingeben (eigents 
lich die Bruft zum Säugen bingeben). Hiervon kommen die mehr oder weniger 
entftellten Sormen: Spänen (Volksſprache) entwöhnen, vie Muttermilch entziehen 
und an andere Nahrung gewöhnen; Spanferfel (ah. spunnifarhili, mh. 
spünpeverhlin) Milchferkel (von ahd. varah, mbb. vareh, Ist. porcus = Schwein; 
fpänftig (in ab— und widerfpänftig), fie abwendig und eigenfins 
nig); Geſpenſt (abb. kispanst — Gingebung,, nıhd. gespanst, gespenst — 
Eingebung, Verlodung, Geiftererfcheinung). Der Span, d. t. auf Zerwürfniß 
beruhendes thätliches felndliches Gegeneinanderſein, fiehe bei Streit. _ 


Sinnen. 


(Wurzel san, sin; vergleiche lat. sensus, sentire, fanffr. san .— 
dienen, syand —= laufen; aud) gr. olseod« — wegraffen, rauben ?) 


Sinne, fann, geſonnen, finnen (ahd. sinnu, san, sunnu- 
mes, sunnaner, sinnan; mhd. sinne, san, sunnen, unnen, 
sinnen). Die Grundbedeutung des Wortes ift gehen, reifen; dann 
ben Sinn worauf richten, trachten, fireben nad) etwas; daraus Die 
abftracte Bedeutung denken, d. ti. denkend fireben, um etwas zum 
Haren Bemwußtfein oder zur deutlichen Vorftelung zu bringen. — 
Und mit finnendem Haupt faß der Kaifer da, ale dächt' er ver⸗ 
gangener Zeiten. Schiller, Graf von Habsburg. Ich fehe fie zu 
genen Stunden finnend dort unter dem Druidenbaume fiten. 

Hiller, Jungfrau von Orleans Prolog 2. Sinnft du auch nichts 
Sefährliches? Schiller, Tell 3, 1. Nicht Zeit iſt's mehr zu brüten 
und zu finnen. Schiller, Wallenfleins Tod 1, 1. 





Denken (goth. (bankjan, ahd. dankjan, denkjan, demhan, mbr. den. 
ken, agf. dhencan, alin. thenkja; vergl. lat. tangere — berühren) allges 
mein die Berftantesthätigfelt auf“ einen Gegenſtand nachforſchend gerichtet 
halten. Grübeln fiehe graben) Heißt eigentlich Grübchen machen; dann 
bis in das Kleinſte tief einbringend mit dem Berflande forfchen, gewöknlich 
mit dem Nebenbegriff des Unnügen oder gar Schäblidhden. — O denfet nicht 
des Irtrthums meiner Jugend! Schiller, Tell 4, 2. Die Tugend leitet uns, 
wo irre Träume grübeln. Tienge, Urania 2. Gr zeigt mir, daß die grüs 
beinde Vernunft den Menfchen ewig in der Irre leitet. Schiller, Maria 
Etnart 1, 6. Zwiſchen Handlung und Erfolg dehnt fich eine weite Kluft, die 
des Menfchen gräbelud Sinnen, alle feine Wiffenfhaft, feines Geiſtes 
ganze Kraft, feine brüftende Erfahrung, bie nicht älter als ein Tag, auszus 
füllen nicht vermag. Grillparzer, Abnfrau 5. 

Anm. 1. Das Barticipium fept fi auch mit andern Wörtern zufammen: 


E lag, liffinnend, im Echeintob. Su Rudolph 7. Doch nun haben es 
anders gewollt Fluchfinnende Götter. Buß, Odyſſee 1, 235. j 


Anm. 2. Fifchart (16. Jahrh.) hat in ſchwacher Form: fie erfinnten ein 
jeten Kunſtfertigkeit. Bargantua ©. 372. 

Anfinnen (mhd. sinnen an einen) 1) benfend trachten over 
freden an Jemanden, und zwar vorzugsweife von etwas Unrechtem 
oder in feinplicher Abſicht; 2) eine Willensbeftimmung an Jemanden 
richten, daß er das, worauf fie hingeht, verwirflihe; dann im Bes 
ſondern mit dem Nebenbegriff, daß das Begehrte fich nicht gebührt 
oder für ihn unftatthaft if. — Welches Ungeheure finnet Ihr mir 
an? Ich foll vom Haupte meines Kindes (einen Apfel fchießen) 
— Nein, nein doc, lieber Herr, das kommt Euch nit zu Sinn. 
Verhũt's der gnäd’ge Gott, das könnt Ihr im Ernft von einem 
Bater nicht begehren! Schiller, Tell 3, 3. Ich weiß, was bir 
die Königin angefonnen;z fie hofft, daß deine ruhmbegier’ge Fus 
gend willfähr’ger jein wird (die Maria zu ermorden), ald mein ftars 
red Alter. Schiller, Maria Stuart 2, 7. Mebrerern wurde ein 
Gleiches zu thun (mit der Kelle Kalk unter den Grundſtein zu wers 
fen) angefonnen, und der Stein alfobald niedergeſenkt. Göthe, 


Bahlverwandtfchaften 1, 9. 


Aumuthen (mbd. muoten an einen, von muthen, ahd. muotdn, mötön, 
mötjan, mhd. muoten — zu Muih bringen, eine zu etwas Bingezugene Stim⸗ 
mung haben, fie einem Andern äußern, um es zu befommen oder dazu anzu⸗ 
regen; agf. mödjan — flolz fein, zümen, von goth. möds, ahd. muot, möt, 
mßb. muot, altf. muod, agf. möd, altn. mödr = Muth; nad Grimm wol 
Ratt muohad, von ahd. muohan = flatf bewegen; vergl. fanffr. math — bewe⸗ 
gen, Hark erregen, nach Wadernagel mit gr. uados — Klugheit zu ahd. mandn 
= erinnern) einen, ihn anzegen, daß feine Stimmung zu etwas hingezogen if, Daun 
ein Begehren an jemanden ftellen, daß durch Ihn etwas gefchehe, wobei der an 
iha fi Wendende Intereffiert if; dann Semanden gegen das Zartgefühl zu er: 


206 
fennen geben, daß von Ihm etwas geſchehen möge oder ſolle, was ihm unlich 
ober befchwerlich,, überhaupt zu viel il. Zumuthen (mhb. muoten zuo er 
nem) ein Begehren zu Jemanden flellen, mit dem Rebenbegriff, daß der Bes 
gehrende mit feinem Begehren befsywerlich falle. Verlangen (f. gelingen) 
innerlich -beflimmt werben auf etwas hin, fo daß ſich die Seele darnach bins 
gezogen fühlt. — Sndliy darf idy von ber Guten Minnelohn und Gnade 
muthen. Haug. Das Bild hatte mih angemuthet. Göthe, ital. 
Meife Rom 5. Nov. Nebensarten, die man uns, aus dem gemeinen Lehen 
zu nehmen anmuthet. Buß. Muthe mir nichts zu, was mir unmöglid 
iſt. Wieland, Oberon 14, 36. Ich fühle mich wicht graufam genug, ibr 
eine folche Veränderung zugnmuthen. Goͤthe, Wahlverwandtfchaften 1, 16. 
Mich verlangte, eine. heitre Stunde im lieben Kreis der Meinen zu ver: 
leben. Schiller, Wallenfleins Tod 8, 4. 


[2 


Befinnen fih 1) auf einen Gegenſtand finnen, ſich beftreben, 
daß uns eine frühere Borftellung wieder gegenwärtig werde; 2) 
überlegen, ohne daß ein Object dabei — wird: ich habe 
mich hin und her beſonnen, beſinne dich nicht länger; 3) die Ent⸗ 
ſchließung zu etwas noch hinausſetzen, weil der bei dem Ueber⸗ 
legen beſchäftigte Geiſt zu keiner Enffchliegung foınmen Tann; 
4) fih nad vorhergegangenem Ueberlegen entſchließen: ſich eines 
Beffern befinnen; 5) zu feinen Sinnen zurüdfehren, fi feiner wies 
ber bewußt werden. — Auf Tydeus Bild befinn’ ih mid nit 
mehr. Bürger. Befinnen Sie fih, Freund, daß Sie in lauter 
Näthfeln zu mir reden. Schiller, Piccolomini 1, 5. Eh’ fie von 
dem Schlage fih in Wien befinnen und zuvor dir fommen. Schil: 
ler, Wallenfteindg Tod 1, 3, 

Anſtehen Cfiche ftehen) bie Entſchließung zu etwas noch hinausſetzen, info: 
fern an der Sache fichen geblieben, und fo nicht: zur Gutfchliegung fortge⸗ 
fehritten wird, es mag nun dies aus Bleichgiltigfeit oder andern Gründen ge: 
fchehen. Sich bedenken (fiche denken S.205) zeigt an, daß dabei der Geift 
der Perſon, welche zur Eniſchließung nicht kommen Fann, thätig if. — Sic 
erinnern (mhd. einfach sich innern ſ. inner) fi einer frühern Vorſtellung wie: 
der bewußt werben, e8 mag diefelbe vergefien worben jein oder nicht, und fie mag uns 
unabficgtlich wieder zum Bewußtfein fommen, ober dadurch, dag wir uns bes 
mühen, fie uns wieder gegenwärtig zu machen. Cingedenk fein (mhd. in- 
gedencke, eine Öegenwartsfoem von dem verälteten indenken = im Gebädts 
niß bewahren, wie gelenE von lenken) im Innern woran denkend fein, ohne 
daß der Begenfland vorher vergefien war und wieder ine Gedächtniß zurück 
gebracht werden muß. Bntfinnen fi drüdt aus, daß bie Vorfiellung 
wirklich gegenwärtig wird durch das Beftreben, fich diefelbe wieder gegenwärtig 
zu machen. — Das alles war bei Cduarden fo fertig geworben, daß er feinen 
Tag länger anſt ehen mochte, der Ausführung näher zu treten. Göthe, Wahl: 
verwandtſchaften 2, 13. Ich erinnere mid) enter nit. Gothe, Gb von 
Berlichingen 8. Doch blieben fie des Urſprungs ſtets gedenk. Schiller, Tell 


207 \ 
2 % Wird man deiner inndend fein. Opth. Winket ben eingehenfen 
Gemahlinnen, daß fle die Jungfrau fiegreich führen zum kranzraubenden She 
gemach. Voß, das Brautfeſt 23. Wenn Sie fich des Hofballs entfinnen. 
Schiller, Kıbale und Liebe 8, 2. Bon dem ich nie gehört zu haben mid 


entfinne Schiller, Don Karlos 4, 12. 

Anm. 1. Ohne fich gebrauchen Logau und Flemming befinnen in ber 
Derentung feinen Scharffinn an etwas jeigen, durch das Sinnen etwas heraus: 

— D Lieber, wie viel iſt's, das ıch pflag zu befinnen? Die Gefells 
ſchaft forach ihm zu: Damon, was befinneft du? 

Anm. 2. Buntfinnen fagt Lohenftein für von Sinnen bringen: Die Sius 
zen ſind darch mich bezaubert * entſinnet. Roſen ©. 65. 

Erfinnen durch Sinnen hervor⸗ oder herausbringen. — Als 
fie ſaßen, begann er den weislich erſonnenen Vortrag. Bürger, 
Ilias 2, 55. 

Erdenken und ergrübeln ergeben fi aus denken und grübeln 
©. 205, Erfinden (fiehe finden) wird gefagt, wenn das Erkannte vor 
ber nicht da mar, alfo durch die Erfenntnig erfi ins Dafeln kommt. Erdich⸗ 
ten (von dichten, abe. tihtön, diktön, tictön, agf. dihtan, altn. dikta = 
dictieren, dichtöon = dichten, bei Otfrid, mh. tichten, dichten von lat. 
dictare) durch Denken etwas Unwirkliches (Ideelles) hervorbringen, in engerer 

Bedeutung meiſt nur in übelm Verſtand. — D einen neuen Tod Hilf mir 

erdenfen. Ediller, Don Karlos 8, 8. Erſparen Sie fi die Mühe zu 

ergrüäbeln, weflen Beredſamkeit Sie diefe Wendung danfen. Daf. 2, 11. 

Der Wein erfindet nichts, er ſchwatzt's nurans. Schiller, Piccolomint 4,7. 

& fett, nein Freund, das bin ich nicht... Erdichtet iſt der Mund, verſchoͤ⸗ 

nert IR das Kinn. Gellert, Selinde. Es (das Lob) if poetiſch. Um fo 

eher mag es erdich tet fein. Shalſpeare, was ihr wollt 1,5. 


Nachfinnen die Berfianvesthätigfeit auf einen Gegenſtand an⸗ 
haltend nachforſchend gerichtet haben zu genauer Kenntniß besfelben, 
durch tiefered Sinnen etwas zu erforfchen fuchen. — Als wenn fie 
einem großen Streich nach ſännen. Göthe, Götz von Berlichingen 1. 
Des reinen Herzens treulich mir bewußt, finn’ ich der Wirkung 
feiner Fehler nad. Göthe, Eugenie 4, 2. = 

Nachdenken und nachgrübeln ergehen ſich aus vem einfachen denken 
uud grübeln. S.205.— Bir denfen nihtnad. Schiller, Wallenfteins Tod 

5, 2. (Er) dachte dem Helle der Menfchen und dem Triumphe ber Cwig⸗ 

keit nach. "Klopitod, Meffias 1, 57. Ich fagt’s immer ſelbſt, und grübelte 

fo über die Sache nad. Goͤthe, Egmont 1. 

Ab—, aus— durch , mit—, über—, um—, umber—, 
wi—, weg—, zer —, zurück—, zufammenfinnen bedürfen feiner 
weitern Erklärung. — Ich kann das Ding nicht genug abfinnen. 
Stieler. Welch neues Unerhörtes "hat der Vogt fih ausgefon= 
nen! Schiller, Tel 1, 3 Charlotte fann alle Mittel durch. 
Böthe, Wahlvermandtichaften 2, 17. Laffen Sie uns dieſen Ein« 


208 


, diefen Verfchlag aus dem Ste ja recht gut durchſinnen, 
En a Göthe, Meifterd Wanderjahre 2, 3. Wem du 
des Morgens erwacht, überfinne den Tag. Platen, Lebensregeln 
47. Aber va er's lange im Stillen überfonnen hatte. J. Paul, Sie⸗ 
benfäs 5. Er fanı unruhig im Geiſt um. Voß, Ilias 2,3. Angſt⸗ 
voll fann er umher. Voß, Odyſſee MW, 97. Er bat fih vers 
fonnen bes Beften von ihnen. Rückert, gefammelte Gedichte 4, 197. 
Ehe dieſe fih verfannen der Wehr in ihrer Noth. Daf. 3, 486. 
Welche (Mährchen) aus Tauter befannten Gegenftänden zufanmens 
gefonnen waren. Göthe, Leben 14. 2. 

Anm. Stieler hat noch: ge—, fort—, nebenfinnen Bir geſinnen 
hiermit au euch, mandamus. Schmeller führt an: Alfo gefinnen wir an Euch 
(17. Iahrh.) Sich KHinterfinnen — verrüädt werden. To er tie güte daran 
(am Schwert) verſon (gewahr wurde). 

Sinn (ahd. mhd. sin, altn. sinna, sinni; alte. sinn — Zeit- 
punct) 1) die Richtung, das Streben; 2) Bewußtſein; 3) Denfart; 
4) Organ der Wahrnehmung; 5) die auf das Gemeine gerichtete 
Seite des geiftigen Lebens; 6) Bedeutung eined Wortes, Spruches. 
— Das Tempo macht ihn (den Soldaten), der Sinn und Schid, 
der Begriff, die Bedeutung, der feine Blid. Schiller, Wallen⸗ 
fleins Lager 6. An viefen kleinen Auffägen, welde fämmtlid in 
Einem Sinne verfaßt, ein wahrhaft Ganzes ausmachen. Göthe, 
Leben 13. B. Wer frifh umher fpäht mit gefunden Sinnen 
Schiller, Tel 3, 1. Der Sinn iſt vollkommen übertragen, aber 
ber Geiſt ift verflogen. Leſſing, Hamburg. Dramaturgie 1, 2%. 

Bedeutung (ahd. gadiuti, mhd. gediute, von deuten, ahd. diutjam, 
mhd. diuten, altn. thyda, nrfprünglich volfaverländlih maden, von goth. 
thiuda, agf. dheod, ahd. diot, döot, mhb. djet = Bolf, womit viele Zu⸗ 
fammenfeßungen: Dietrich, Dietfirchen) Werth, Art des Verſtändniſſes einer 

Sache. Bezeihnung (von Zeichen, goth. täikes, ahd. zeihhan, seichan, 

mb. zeichen, altf. t£kan, agf. täcen, altn. takn, teikn; zeichuen, gofb. 

täiknjan, ahd. zeichanjan, zeihhanjan, zeihhanön, mhb. zeichen, agf. 
ta(s)knjan, altn. teikna; daher Zeichenlehrer, nicht Zeichnenlehrer; vergl. lat. 
digitus — Finger) Kenntlichmahung einer Sade durch Zeichen. Berftand 

(fiche ©. 26) die Angebung des Sinnes von Zeichen in ihrem Zufammenhang. 

Anm. 1. Die Reventarten: Zum Sinn bringen — zu Stande briugeg, auf 
gehörige Weije thun; zu Sinn gen = nach Wunſch, von Stutien geben; —— 
— sententia: Maiſter von hohen finnen — magister sententiarum, gehögem 
der älteren Sprache an. 


Aum. 2. Der ſchwache Blaral von Sinn — ven uhd. Schriſd 
z. B. 


Weller oft brauchen, findet ſich ſchon im 13. Jahrhundert und solt vil guoße 
sinnen vil vast an dich gewinnen. W. Wadernageld altv. Leſeb. 653, 4 
Dpie (t 1639) Hut oft die Sinnen, fo auch Fr. Spee (t 1635) und P. Ger 
hardt (+ 1676) Stieler in feinem Wörterbuch (1691) gibt im Plur. nur vie Sins 
nen (nicht die Sinne) an. Beifpiele neuerer Dichter And: Welche Wonne Hliept 
in dieſen Blick auf einmal mir durch alle meine Siunen. Göthe, Fauf 1, 32. 





/ 

nenen Gefühlen all' meine Sinnen fi erwühlen. Daſ. 1,33. Das braune 

übel daS erinhr, vergingen ihr die Sinnen. Göthe, der untreue Kuabe. Ein 

belder Zauber fpielt um deine Sinnen. Schiller, Huldigung der Künjte. Doc 

baſd Härft’wieder feine Sinnen des Glaubens Muth. Hieland, Dberon 4, 33, 

Jeder Augenblid entfaltet neue Einnen. Daf. 6, 22. Unwillig fühlt die übers 

sichten Sinnen der alte Mann in dieſer Glut zerrinnen. Daſ. 13, 58. Leicht 
genhgen ſich die Sinnen. Bürger, Huldigungslied. Froh und wach find a) 





Cianen. Bürger, das neue Leben. Hier jchwanden ibn die Sinnen. Bürg 
a Was je mir fpielt! um Sinnen und Gemüthe. Uhland, d 


Einnig (ahd. sinnie, mhd. sinncc) geiftig oder mit Empfin- 
dung wahrnehmend und wahrzunehmen, daun getftig anjprechend mit 
Zurtheit. — Eilig firedte gewandt der finnige Jüngling den Arm 
aus. Göthe, Hermanı und Dorotben 8, 91. Und mit ſinnig fur . 
zem Worte wiffe jeder, was er bat. Göthe, Fauſt 2, 25. haut 
doc, wie finnig fie geht. Voß, die Kirichenpflücerin. 

Sinnreich (mhd. sinnerich) viel freie Eelbitthätigfeit und Fertigfeit des 

Geiſtes kundgebend. Sinnvoll = tiefe freie Selbſtthätigkeit des Geiſtes in 

grapeme Umfange kundgebend. Witzig (add. wizic, wizzic, nıhd. wizec, 

witzec, altj. witig, wittig, agf. gevittig) freies geiftiges Bewußtiein babend 
und ansübend, gewöhnlich aber gefchwinde, in unerwarteten Aehnlichfeiten 
eränderifche Geiſtesthätigkeit kundgebend. — Ein lügenhaft Gewebe knüpf' ein 

Fremder dem Fremden, jinnreich und der Liſt gewohnt, zur alle vor die 

Füße! Göthe, Inbigenie 3,1. Dennoch find im Erwerb’ auch wenige finns 

teih. Voß, Luiſe 2, 211. Sehn wir doch das Große aller Zeiten auf den 

Dretern, die die Welt bedeuten, ſinnvoll, stil an uns vorüber gehn. Schil⸗ 

ler, An die Freunde. Denn witzig ficht mir der alte Fuchs aus. Göthe, 

Lila 1. 

Unſinnig, —igfeit (ahd. unsinnic, mhd. unsinnec) in einem 
Zuſtand der Betäubung, in welchem die Sinne aller Macht beuommen 
Bd; höchſt widervernünftig handelnd, wüthend; finnlos (mhd. sin- 
 nelös) des Gebrauchs jeiner Sinne, insbefondere und vornehmlich der 
fteien, Bar bewußten Selbftthätigfeit des Geiftes beraubt, man mag 
au dadurch. in einem gänzlich unthätigen Zuftande gehalten fein, oder 
m ſolchem Zuſtande widervernünftig handeln; wahnfiunig (von 
Behnjinn) völlig des DVerftandes beraubt, völlig zerrütteten Ver— 

4, und Daher ohne Rückſicht auf die Wirklichkeit ganz jeiner Ein- 

Br gemäß handelnd. — Unfinnig wars leichtfinnig zu verfpre= 
dem, Göthe, Fauſt 2, 71. Unjinnige, bezähme deine Freude! 
Schlber, Jungfrau von Orleans 5, 10. Auch nicht in Gefahren mag 
ich ſinnlos Ungeſtüme. Göthe, Zunft 2, 221. Wer ift im näm- 
lchen Moment zugleich gefaßt und wüthend, finnlos und bejonnen ? 
Schiller, Macheth-2, 10, Sollt’ ich der Freud’ abflerben, weil der 
Fu des Schickfals meine lebensfrohe Jugend zu dem wahnjinn- 
gen Gatten bat geſellt? Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 2, 


14 





210 


Irre (geth. airzis, ahd. irri, mbd. irre, agf. irre, yrre) zunählt Gin 
und ber ſchweifend, namentlich ohne Abfiht und Kenutniß des Weges; dann 
das Unrechte für dad Rechte nebmend; endlich in Gedauken und Vorftellungen 
ohne Zufammenbang und Webereiuftimmung unter einander und mit der Wirk⸗ 
lichkeit. Berrädt (von rüden, abd. rukjan, mbd. rücken; vgl. geth. 
& urrusks = audgefchlofien) außer der Ordnung des Berflandes und der Bor- 

ftellungen, indem der Menich von den VBorbildungen feiner Einbildungstraft 
befangen und, dadurch zum richtigen Denken über den Gegenftand oder über⸗ 
- haupt unfähig, mit der Wirklichkeit im Widerſpruche ſteht. Wahnwitzig 

(ahd. unaneuniz, mhd. wanwiz, altn. vanvitr) des Berftaudes beraubt umd 

zerrüttet an demfelben, infofern der Menfch das, was er, reaellos und ver: 

worren im Geiſte, denkt oder fich vorftelt, mit Lebhaftigkeit au die Stelle 
des wirflichen Gegenſtandes ſetzt. — Erſt gewahrten wir vergnüglich wilden 

Weſens irren auf. Göthe, Fauſt 2,267. Eure Weisbeit macht den irren 

Geift noch irrer. Leifing. Wen er angeftedt bat, der wird augenblicklich 

verrädt. Shakſpeare, Viel Lärmen um nihts 1, 1. Bin ih wahn⸗ 

wipig? Leffing, Emilie Galotti 4, 8, 

Blödfinn, —ig, —igfeit (von blöde, ahd. plödi, mhd. hloede 
— ſchwach, hinfällig, agf. bleade = rei, altn. blaudhr — weidy- 
lich, blödhi = furdtfam, ſchwed. blöt, blöd — weich, ſchlaff, von 

oth. blauthjan — abſchaffen, auslöfchen) verftandesfhwach in Hin- 

ht der Auffaſſungskraft. — Ein junger Mann von vielen Fähigfei- 
ten, der aber durch Anftrengung und Dünkel blödfinnig geworden 
war. Göthe, Xeben 4. B. 

Albern (noch im 18. Jahrh. oft alber, ahd. alawäri, agf. Salwzerlic = 
gutmüthig, mhd. alewsere, alwaere — verflandesihwadh, unverfeinert, einfach) 
verftandesihwach in Hinficht der Beurtbeilungstraft. Dumm (goth. dumbe, 
ahd. mhd. tump = nhd. dumm und dumpf, von dem Mangel an den Sinnen⸗ und 
Sprachwerfzeugen gebrandıt, dann auf den Mangel an Kraft und Schärfe Aber: 
tragen) bezeichnet den merflihen Mangel an Urtheilskraft oder Scharfinn, und 
fomit an Einficht oder, mit dumpf, an Verſtandeshelle. Einfältig (gotb. 
äinfakhs, agi. anfeald, ahd. einf(v)akt, mhd. einvalt) eigentlih was eine 
(feine) alte bat, alfo nicht ans Vielem beiteht; auf den Geiſt übertragen: 
verſtandesſchwach in Hinficht der Umfaſſungskraft. — In meinen Augen iR er 
der albernfte Menſch von der Welt, der in allgemeinen Ausrufungen Bers 
nunft und Weisheit bis in den Himmel erhebt, und nicht den geringiten Bun: 
fen davon befigt. LXeffing, Hamb. Dramaturgie 1, 8. Eine ſtumme Schöne, 
fagt man, fit nicht nothwendig eine Dumme, und die Schaufpielerin hat Un⸗ 
recht, die eine alberne plumpe Dirne darans macht. Daf. 1, 18. Wär’ ver 
Gedank' nicht fo verwünfct gefcheid, man wär’ verfuht, ihn herzlich Dumm 
zu nennen. Schiller, Piccolomint 2, 7. Es treibt fi der Bürgersmann, 
träg und Dumm, wie des Färbers Gaul, nur im Ring herum. Schiller, 
Wallenſteins Lager 7. Bir hegen Lieb' und Blauben, einfältig gleich deu 
Tauben. Boß, Rumdgelang. 


211 


Doppelfiun, —finnig (aus franz. doubler, fpäterlat. duplare 
wurde im 15. Jahrh., neben tupelieren, dupelen, im 16. Sahrh. 
doppelen; aus franz. double, lat. duplas von duo = zwei, ward 
m 16. Jahrh. Doppel) eimen und noch einen geiftigen Inhalt in fich 
vereinigend, beionderd wenn der eine verſteckt ift, daß man nicht leicht 
an ihn denkt, und ihn alſo nicht leicht von dem andern unterjcheidet. 
— Mich verklagt der Doppelfinn des Lebens. Schiller, Wallenfteins 
Tod 1, 4. Ich fürchte einen Doppelſinn des Teufels, der Lügen 
ragt, wie Wahrheit. Schiller, Macbeth 5, 7. Der Götter Worte find 
mt Boppelfinnig, wie der Gedrädte fie in Unmuth wiähnt. Göthe, 
Sphigenie 3, 1. Pflicht und Ehre! das find vieldeutig Doppelfin- 
nige Namen. Schiller, Wallenſteins Zod 3, 1. 

Zweidentig (fiebe Bedeutung S.208) unbeſtimmt, ob fo oder anders 
geiftig zu nehmen, vornehmlich ob gut oder Abel. — Die befte (Überfegung) 
iR an vielen Stellen dunkel und zweideutig. Leffing, Hamburg. Dramas 
targie 1, 19. An dem Orte felbit war man fehr anf diefe Zeitung aufmerf- 
ſan, wenn fie glei nur fhwanfend uud zweideutig war. Göthe, Meifters 
kebtjahre 4, 4. 

finna, —ig, —igfeit ift weniger als Sturrjinn, ſtarr— 

ſinnig; letzteres ift — (anf dem eigenen Sim beharrend) 

ungeachtet der eindringlichften Gegenporftellungen. — Rede ihr doch 

ku dab fie ihren Eigenfinn fahren läßt. Gellert. Schon wieder 

‚ eigenfinnige Schwärmerin? Schiller, Räuber 3, 1. Hier 

eutwielte fich aber zum Unglück ein anderer Fehler, den mein Ritter 
mt farrfinnigen Menfchen gemtein hatte. Göthe, Leben 9. 8. 

Eigenwillig (aus willig ©. 24 und eigen, ahd. eig(k)an, mhd. 
eigen, von gotb. digan, ahd. eigan, agſ. agan, mhd. eigen, gr. dyew — 
haben) auf dem eignen Willen beharrlich, ohne fi, nugeachtet aller Gegen⸗ 
gründe, nah dem Willen Andrer zu beflimmen. Starr (ah. star, mhd. 
star, stärr, sterr, ſ. bei fterben) mit unverwandtem, gleihfam geitandenem 
Did; dann im höchſten Grade unblegfam. Störrig (niederd. sturrig, von 
Tem mit ftarren als Nebenform ericheinenden ahd. storren, mbd. atorren 
= fteif hervorfteben, woher Storre = Banmftumpf) dem das ſtarre Wefen 
gen ift, mit dem NRebenbenriff eines liebloſen, finitern Gemüthes. Stör— 
sifh hat zugleich flärker den Nebenbegriff des Verächtlichen. Starrköpfig 

Kopf) von eingewurzeltem Starrfinn, Tibermäßig bebarrlich in unbieg— 

Borurtheilen für oder wider etwas. Halsſtarrig (mhd. balsstare, 

. Hals, goth. ahd. mhd. agf. altn. hals, lat. collum, fanffr. gala) höchſt 
wblegfam gegen die Leitung eines Andern. Hartuädig (von hart f. d. 
up Raden, ahd. hnach, mhd. nac, nache, altn. bnacki, agf. hnacca, 
haecca, hnec) einen harten Raden babend ; bis zum Aeußerften beharrlich 
auf feinem Borfage gegen alle Hinderniffe. Widerfpäle)nftig (mhd. wider 
spenig, widerspänec, im 16—17. Jahrh. widerfpennig und widerfpens 
Big, f. S. 204) unfolgfam, mit Kraft entgegenftrebend, ungeachtet der Ger 

14 0 


212 


wait des Andern, Diefen entgegenituebenden Gigenwillen zu brechen. — Von 
diefen trogig hexriſchen Gemüthern fih meiſtern lafjen, von det Gnade leben 
hochfinnig eigenwilliger Vaſallen, das iſt das Harte für ein edles Herz. 
Schiller, Zungfrau von Orleans 1, 6. Sch weiß, was dir die Köuigin ange⸗ 
fonnen; fie hofft, daß deine ruhnbegier'ge Jugend willfähr'ger jein wird, als 
mein ftarres Alter. Ecdiller, Maria Stuart 2, 7. Von einem denüthigen 
fetter läßt fich auch das ſtörrige Laſter am Jiebften retten. Geller. Bon 
eitler Störrigkeit geneien: Alginger. Died, Theure, bedenk' und ent- 
jage, fleh' ich, dem ſtörriſchen Trap. Voß. Zu ſtörriſch nnd zu fremd 
begegnet ihr dem Freunde. Shafipeare, 3. Caäſar 1,2. Das jein bartnäd’aer 
Mutb durdı alle diefe wilde Verſchanzung der Ratur fid einen Weg erzwingt. 
Wieland, Dberon 9,34. Ich will auch nit wideripänitig fein. Görbe, 
Lilat, Den Menſchen laß ihr widerjpenttig Weſen. Göthe, Fauſt 2, 110. 
Leichtſinn, —ig, —igfeit deuten auf einen unſtäten Seelenzu- 
itand ohne bleibenden Eindruf von außen aus Mangel au Aufmerf- 
jamfeit, Nachdenken und Envägung; Zlatterjinn, —beft (ſ. flat- 
tern ©. 186) deuten auf einen unſtäten Seelenzuſtand in -gejchwin- 
dem Ueberſchweben, nad) jehr veränderlidher Neigung, vpn einem Ge- 
enftande zum andern ohne bleibenden Eindruck irgend eines oder 
Verweilen bei einem nach deſſen Wichtigkeit. — Nur das leichrere.trägt 
auf leichten Schultern der Leichtſinn, aber der leichte Sinn trägt 
das Gewichtige leicht. Göthe. Du baft ihn (den König) nicht leicht- 
jinnig jelbft entflammt. Schiller, Jumafrau.von Orleans 1,5. Und 
eher mußt’ ich Euern Flatterſinn, als Eure Schwermuth jchelten. 
Schiller, Maria Stunt 1, 4. Schwärmt für diefen flatierhaften 
Mann. Shakeſpeare, Sommernacdtstraum 1, 1. i 

Tieffinn, —ig, —igfeit iſt in das Innerſte und Verborgenfte ein- 
gehendes ergründendes Geiſtesvermögen; dann geiſtig grübelndes Ber- 
ſunkeuſein in einen niederſchlagenden Gedanken oder ein niederſchlagendes 
Gefühl; Scharfſinn, —ig, —igkeit ſ. S. 113. — Und da. waundte 
ſich Urim vol Eruſt, mit goͤttlichen Tiefſinn. Klopſtock, Meifias 
1, 371. Der Barnabit' aus Toulon war's, den Ihr in der Kapelle 
tiefſinnig fitzen ſaht. Schiller, Maria Stuart 3, 7. Beſonders 
aber erzürute er ſich über unſern Mangel an Scharfſinn. Göthe, 
Reben 10. B.‘ | 

Das mit Tiefiinn finnverwandte Shwernutb f. S. 32. 


Aber —, Argfinn, u. v. a., wie aus nachfolgenden Beijpielen zu i 
erjeben. Bon den meilten werden auch Adjective auf —jinnig, von: 


mehreren auch Subitantive uf — ſin nigkeit gebildet. — Kein Arg- 


jinniger laujcht dem Geſang hier. Voß, die Kirichenpflüderin 84. , 


Sie vertrauten auf feinen Biederjinn. Göthe, Eugenie 4, 2. ' Er 
bewies gegen ihn ſtets einen reinen, zarten und treuen Bruderfinn. 
Gampe. Wo frei der Bürgerjinn aud ſtrebt. Voß. (Als er) 
vereint abtödtenden Bußſinn Seelenfiiden und Ru in ſeinen 








213 


— — — — 





exhelleten Zügen wahrnahm. Pyrker, Rudolph 6. Zu verehren mit 
gläwbigem Chriſtenſinn, was alle Menfchen erldjet. Schiller, Graf 
vom Habsburg. Nicht wolle das. Gott, rief mit Demuthfinn der 
Graf. Daſ. (Man edrte) den Dulderjinn im Sofrates. Platen, 
mm. Oedipus 3. Wielands Agathon und Peregrinus Proteus find 
Werke echten griechiihen Feinjinns Jeniſch. Ihr nahmt fle ein,” 
feinjinniger Lord. Shakſpeare, König Heinrid IV. 2. Thl. 1, 2. 
Veränderlich ift Frauenſinn. Schiller. Den angenehmen Geift 
beicelt ein Srauenjinn. Uz, Sieg des Liebesgottes 2. - Gleich bei 
dem eriten Zuſammentreffen FÜR man emen unbedingteh Zreifinn. 
the, Leben 16. B. Um ein Element zu entdeden, in dem man 
freisinnig atbmen könnte. Daſ. 18. B. Im Frieden thut fidy der 
Kreibeitsjinn der Menſchen immer mehr hervor. Daſ. 12. B. 
So wurd auch unfer jugendlicher Frohſinn keineswegs getrübt. Darf. 
10. 3. Zwiſchen Tannen und Felſen überrafchte mid) weniger ein 
reiner Frommſinn als ein erquidliches frifches Obſt. Göthe, Mei— 
ſters Wanderjahre 4, 6. Jedes ausgefprochene Wort erregt den Ge— 
genjinn. Göthe, Wahlverwandtſchaften 2, 4. Die Akademie Jena 
.. . regte einen edlen Gemeinjinn auf. Götbe, Leben 20. B. 
Tem ihr Geradjinn haßt der Lüge Zwang. Schiller, Braut von 
Meffina. Meiſtens waren e8 gradſinnige Menſchen. Götbe, Cam— 
paane in Frankreich 10. Auguſt. Den von ſeinem Vater ihm ange— 
Kammten Gewerbſinn übt .er im Großen Göthe, Leben 4. B. 
Zrogt Der Laſt eines freudelofen Dafeins mit dem Gleichſinne eines 
Herzens, das dem Gelispel weichlicher Empfindungen fi) verjchliegt, 
Mever. Daß ih mit Götterſinn und Menſchenhand vermöge zu 
bilden. Götbe, Kenner und Künſtler. Da er ebenfo harthörig als 
bartjinnig it. 3. Paul, Titan 29. Was den Hauptfinn betraf. 
Göthe, Leben 12. B. Bermißt des Heldenjinns, der unbegrenz- 
ten Güte gleich unbegrenzten Kreis. Wieland, Oberon 11, 26. Wo 
Vernunft und Hochſinn wohnen, glüht fein Herz von Sympathie, 
Matthifton, die Weihe. (Bis) des Schilds hochſinniger Spruch 
mir glänzenden Ruhm gab. Pyrker, Tuniſias 11. Siehſt du, Falſche, 
af weldyen Kaltſinn ich dir begegnen muß. Schiller, Kabate und 
Liebe 1,4. Mit zurtem Kindesjinn gedacht. Herder. Am leichten 
ilgerſtabe zog ich fort mit Kinderfinn Schiller, der Pilgrim. 
u Wunder, dab aus einem folhen Kleinfinne nichts Großes 
bevorgehen konnte. Campe. Zudem mirkten die Vorurtheile einer 
manierirten Malerſchule nachtheilig auf feinen Geſchmack und Kunit- 
iinn. Göthe, Windelmann 2. ben jo wenig jchriftitelleriihe Me— 
thode oder Künftlerfinn: herrſchte in feinen (Lavaters) übrigen 
Schriften. Götbe, Leben 19. B. Glaube, was man. fo verftändig 
zent, it mehr Eitelkeit und Kurzſinn. Göthe, Fauſt 1,161. Die 
feihränften Handelsweiſen, die der kurzſinnige Menſch bewußtlos 





214 


mit Selbftgefälligleit ausübt, darzuftellen, ift fein großes Talent. Göthe, 
über Grübels Gedichte. Scharfer Blid die Welt zu ſchauen, Mit- 
finn jedem Herzensdrang. Göthe, Fauſt 2, 243. Die Menfchen find 
gegen den Zafterjinn der Zeit um Jahrhunderte zurüd. Ungenann« 
ter bei Campe. Sie fagen . . von lindem Liebesjinne. Uhland, 
"Mähren. Die (Thränen) lange gehemmt mein kämpfender Nann- 
finn. Baggejen. Zu vollführen das Kühne mit Mannsfinn Pyr- 
fer, Maffabier 3. Es ift doch offenbar fein Menjchenjinn in die— 
fer Ambaffade. Wieland, Oberon 11, 8 Seinen Mordijinn kenn' 
ih. Göthe, Egmont?. Deine alte Wärterin, vol Mutterjinnes, 
aus weldyem der. Pflegeſinn aufgeipregt war. Benzel- Steman. 
Ihr ſtumpfer Räuberſinn berechnet ſich den Werth der fchönften 
Frauenbilder. Wieland, Oberon 11, 55. Um nicht durch Vaterthrä⸗ 
nen den Ritterfinn . zu höhnen. Bürger, die Entführung. Der 
Schalkenſinn nimmt ab, wie der Schelmenjinn zunimmt. 
Benzel-Sternau. Schwachſinn'ger Alter! Sciller, Wallenfteins 
Zod 5, 7. Des Geſetzes ftrenge Feifel bindet nar den Sclavens 
finn, der es verichmäht. Schiller, Das Ideal und das Leben. Der 
Selbſtſinn (ſchmilzt) tief in winterlihen Grüften. Göthe, Elegie. 
Da der Ankömmling die wahre Gemüthslage des Majors nicht ahnen 
konnte, jo nahnı er Diefe Aeußerung im Soldatenfinne. Göthe, Mei⸗ 
fierd Wanderjahre %, 3. (Er) hielt über unſern Stumpffinn eine ge 
waltige Strafpredigt. Goͤthe, Leben 9. B. Solch Urtheil zeigt tum pf- 
finnige bloß, bloß eigene Seelengemeinheit. Platen, rom. Oedipus 
1. Mit Löwenmuth den Zaubenjinn bewaffnen. Cdiller, Bicco- 
lomini 4, 9. Den rohen Thierjinn zähmte zur Menichlichfeit. Voß. 
Dod) laß uns diejer Stunden jchönes Gut durch ſolchen Trübfinn 
nicht verfümmern! Göthe, Fauft 1, 59. Wie Nebel zerftiebte trüb- 
finniger Bahn. Göthe, Pandora. Die Pedanterie und Trüb- 
finnigfeit der an öffentlihen Schulen angeftellten Lehrer mochte 
wohl die erfte Veranlaflung Dazu (zu einem pädagogifchen Dilettantis- 
mus) geben. Göthe, Leben 1.%, Und der edle hohe Tugendfinn, 
ift aud) er ein leered Zraumgegrübel? Tiedge. Kann joweit der Un— 
finn gehen? Wieland, Oberon 14, 35. Sa jang diefen Halbuns 
finn leidenjchaftlih vor mich bin. Göthe, Leben 12. B. Daß er 
fein ganz verfehrter und unjinniger Menſch ſei. Göthe, Werthers 
Leiden 2, 4. September. Wenn über werdend Wachſendem vorher 
der Baterjinn mit Wonne brütend jchwebte. Göthe, Eugenie 3, 4. 


(Er ſprach) einfilbig, vielfinnig. 3. Paul, Hefperus 8. Naher 


betrachtet, war ein großer Luft» und Spielplaß, nicht ohne Verftand, 
mit einem gewiſſen Bolfsjinn eingerichtet. Göthe, Meifterd Wan- 
derjahre 1, 8. Da fing nun eimer die erfte Anfangsfulbe ohne Zu⸗ 
fammenhang, Bor» und Nachſinn auf. Herder. Ich dulde nur 
bem Wahnſinn mid entgegen. Göthe, Eugenie 4, & Auch Lich 





215 


der Kimftler wit fingdichtendem Wahrheitsjinne eine Höhle merf- 
lich werden. Göthe, Meifters Wanderjahte 2, 7. Daß Wanfel- 
fin und jchnell bemwegtes Blut, noch leichte Urſach ſonſt den alten 
Mann vom langgemwahrten Ehrenpfüde treibt. Schiller, Piccolomini 
4, 4. Wie wankelſinnig regt fih’8 im Gemüthe! Göthe, Elegie. 
Dieje Forderung, jo unmittelbar dem liberalen Weltſinn, zu dem 
ich mich nach und nach bekannte, —— ſtehend, that auf mich nicht 
die beſte Wirkung. Göthe, Leben 14. B. Den ich nicht durch krank— 
haften Widerſinn mehr als einmal verlegt. Daſ. 8. B. Auch 
ſchwankt er oft im widerſinnigen Leben. Goͤthe, Fauſt 2, 50. 
Alle dieſe Dinge ſagten dem aufgeregten Zeitſinne vollkommen zu. 
Gothe, Leben 13. B. Er zergeht in Zweifelſinn. Benzel-Sternau. 
Aum. Fiſchart (im 16. Jahrhundert) bat noch grimmſinnig, külſin— 
nig, binderrudfinnig, höherſinnig, klarſinnig, gribenſinnig, 
naerjinnig. Gargantua S. 34. 13. 134, 237. 275. Die bei ihm (daf. ©. 
297. 364) vorkommenden befinntich und ſinnſchöpfen find (eriteres wol in 
der Bolfafprache) nicht mehr im Gebrauh. Hochbeſinnliche Bevenden haben; 
fie finufhöpfen erholten (wiederh.) was zuvor gelefen war worden. 
Sinnesart, der eigene Ton, in welchen das ganze Wejen eines 
Menſchen in Beziehung feiner Anfichten, feiner Gefinnungsweije nad) 
feinem eigenthümlihem Empfinden geftimmt ift. — Gejinnung, die 
jmem Zone gemäße eigenthümliche Regel oder Neußerung des Men- 
fhen fir jein Handeln, oder in Beziehung auf fich jelbit und das, was 
außer ihm ift. 1) — Der Deutfche bejonders ift von einer jeldhen aus- 
barıenden Sinnesart. Göthe, Leben 12. B. Diefer Sinues- 
art verdankt fie ihre Selbititändigkeit. Dal. 13. B. Der größte 
Theil der Zürften ift unferer Gejinnung. Göthe, Götz von Berli- 
hingen 2. Auch ſie liebte ihren Vater und neigte fidy zu ſeinen Ge- 
finnungen. Göthe, Leben 13. 2. | 
Mit Sinnesart find finnverwandt: Charakter (gr. gapaxrıp, vou 
zapasdem = eintragen, einprägen) die einer Perfon oder Sache gleichfam 
aufgeprägte Eigentbümlichkeit, das eigenthümliche Weſen derfelben;. daher der 
ganze Umfang von Gemüthsneigungen, wodurch fich ein Menſch von andern 
unterfcheidet; Bebarrlichkeit der Sefinnung nah Grundſätzen. Herz, (goth. 
hairtö, ahd. hörza, mhd. hörze, agſ. heort, hiort, altn. hiarta, fanffr. hrid, 
fat. cor, cord—is, gr. x7p, zi8. aus xdap) wird von folhen Gemüthsnei⸗ 
gungen gefagt, die fih in dem Gefühl offenbaren in Beziehung auf das Wohl 
oder Weh Anderer. Sittengepräge (ein von Campe gebilvetes Wort, 
vergl. Sitte S. 39) bezeichnet den moralifchen Charakter. — Mit Gefin- 
unng find flnnverwandt: Regel (abd. rögula, mhd. rögel, agf. rögul, 
altn. rögla, lat. regula, von regere — richten) eigentlich Richtſcheit, Richt⸗ 


Tr) Der ueneften Zeit gehört das fonderbar gebildete, von jedem, nach feinem 
teligiöfen und politiſchen Standpunkt, anders gedeutete Wort geſinnungstüch⸗ 
tig, —feit am. 


216 


ſchnur; davon abftract, die richtfihnurgebende Beſtimunug worte, Der Brands 
fat (fiehe fipen) allgemeine Wahrheit, worauf Gedanfen in ihrer Abiei« 
tung beruhen, oder Handinugen, als auf dent Grunde, ans bem fie. berwors 
gehen und auf dem fie gleichjam ihre Richtſchnur haben. Die Maxime (vom 
fat. maxima, nämlich regula — höchſte Richtſchnux) ift eine richtichnurgebenpe 
Beitinmung für das eigne Handeln, eine fubjertive Handlungsregel. Geſehß. 
fiehe ©. 6 und figen. Denkart und Denkungsart (die Schrififteller 
machen feinen Unterjchied; diefer gebraucht dieje, jener jene Farm) die eigen- 
thümliche Art zu denken, befonders über die fittlichen Verhätiifle Azinm 
(gr. uslona eigentlich Würdigung, Schähung) if bei dm Philoſophen ein 
Saz, der, ald feines weitern Beweifes bedürftig noch fähig, unmittellar ges 
wiß für die Erkenntniß angenommen wird. — Es bildet ein Talent Ah im 

der Stille, fih ein Character In dem Strom der. Zeit. Göthe, Zeilo 1, 

2. D Gott, aus diefen Zügen ipricht fein Herz! Schiller, Maria Etmart 
3,.4. Eine Regel, welche die Willkühr fich felbit für den Gebrauch ihrer 
Freibeit macht. Kant. Regel wird alles und alles wird Wahl 'und alles 
Bedeutung. Schiller, Spaziergang. Wenn euch eure Grundſätze ab da 
nicht im Stiche laſſen, fo follt ihr gewonnen haben. Schiller, Räuber 5, 1. 
Bald gehörte fie ganz der Faktion und Anderte unvermerft ihre Maximem, 
Schiller, Abfall der Niederlande 2. Der fauberg Herren Rfujcherei üt, uch 

ich, jchon bei euch Maxime Göthe, Fauſt Vorfplel. Dazn verdammt ihr 
das Geſetz. Schiller, Piccolomini 2, 7. Ein paar Mänıter von \ehr vers 
Ichiedener Denfungsart, deren Gefinnungen aber darin übereinkamen, 
daß fie den Handel für das edelite Geſchäft hielten. Göthe, Meiſters LXebr: 
jahre 1, 11. Deffenungeachtet waren fle febr gern beilanmen, indem durch 
ihre beiderjeitige Denkart die Unterhaltung lebhaft werden mußte Dat 

4, 18. In gährend Dradengift Haft du die Mil der fronmen Denfart 
mir verwandelt. Schiller, Tell 4, 3. Warum widerlegt er meine Arlomata 
nicht, wenn er kann? Leſſing, Autigdze 8, = en 
®innbild, allgemein ſinnlich dargeftellter Gegenſtand (Bild) zur 
Borftellung und Bezeichnung eines von demfelben verfchiedenen ſinn— 
fichen oder geiftigen Gegenftandes; im Beſondern das felbftftändige 
Sinnbild, bei welchem ein Gegenftand unabhängig von einem andern 
vorgeitellt wird. Davon finnbildlid, finnbildern. — Und die- 
ſes Kleid und feine Farben, find fie nicht ein Sinnbild ewiger Ge— 
fahr? Göthe, Eugenie 2, 5. Dagegen fuchte ihn der Herr. von jei- 
nen höheren Anfichten umd Aweden finnbildlich zu belehren. Göthe, 
Leben 15. B. Was wigelft du mir da? Von weffen Brautkleid 
finnbilderft du mir fo gelehrt? Leffing, Nathan der Weile 4, 6, 
Emblem (ar. Zu ßA,ıa eigentlich Auwurf, Hinzugefügt, angebrachter 

Zierat) bezeichnet nur ein arhängendes Sinnbild, zunächſt eine finndildliche 
Verzierung, Sinnbild einer Eigenfchaft eines einzelnen bejtinmten Gegenſtau⸗ 
des, gewöhnlich zur Berfinulichung eines beigejegten Sinn» oder Wahlſpruches. 
Sinngedicht it ein für Epigramm (gr. driyprupe :ergentlich 


en 


Auf⸗ sder Infchrift) gebildeter Ausdruck, ſcheint aber mır fir ‚das 
wißige Epigmmm gebracht zu jein, während Epigramm im All⸗ 
gemeinen em kleines Gedicht bezeichhes,. in welchem eine poetiiche eg 
Dı anſchaulicher, treffender, geiſtreicher Kürze dargeftellt ift. Die Dich⸗ 
tee wählen, ohne genauen Unterſchied, bald-Diefe bald jene Benennung, 
—. Seid doch nicht ſo freh, ‚Spigrammel Warum nicht? Wir 
ind nur Ueberſchriften; die Welt hat die. Kapitel des Buchs 
Gothe, Epigramme 59. Dem Kıtifus vor allen wird auch fein Siun« 
gedicht gefallen. Leſſtng, Sinngedichte 2. 
Sinuſpruch mit jeinen Synonymen flebe S. M. J 
Eiunverwandt d. i. von hewortretender Uebereinſtimmung in 
den Begriffen, iſt ein deutſcher Ausdruck fir Das griech, onmanuuog, 
jedenfalls treffender als die tonft auch gebrauchlihen ähnlichbe deu— 
tend und gleichbedeutend — Indem unter allen Völkern gleich 
bedeutende und gleiches dentende Nachrichten vorkommen. Göthe, 
Meifterd Wanderjahre 2, 2. ——— 
Sinnbegabt, — dichter, —gleiche, —glied, —rede, — ſchluß, 
—jpiel, — derſauert u. a; Sinnenall, —genuß, — ihel, — Umft, 
— lehte, — liebe, — uſt, — menſch, — pfad, — rauſch, —reich, -—— wet 
—ſchlaf, — ſchwelger, —ſclave, — ſpiel, — iauz, — taumel, —trielg 
—tmg, —verädug, —wahr, —weg, —weide, welt, — weſen, 
‚ —zanber w.az Sinnesänderung, —beruhigung, —föt⸗ 
derung, — genofie, — kraft, —ſchwaͤrze, verwandt, —medhfel, Weiſe, 
verlzeug. — Solche Formen treibet nie Vnloanus mit den ſinn⸗ 
begabten feinen Hämmern. Göthe, Der Becher. Im ſinnebetäu— 
benden Schlummer. Pytker, Tuniſins 10. Dieß if ein ſo wichti⸗ 
ger Fall für den Geiſte und Sinnforſcher. Göthe, Meiſtets Wan⸗— 
derjahre 1, 10. Ihr könntet Sinnrüdhalte von ibm gelernt. haben. 
Vachter. Da er ſich da Sinneſchmeichlerin hingab. Pyrker, 
Ralph 8.. Weder Horazens ſinnſchwere Kürze. Jena. Liternturz 
Sinuverjauerte Pantagrueliſten. Fiſchart, Gargantug S. 8. Wut 
der Hölle Gaukelkunſt... auch bier noch fort usſinnverwirgend 
zu bethören? Schiller, Jungfrau von Orbeans 2, 2. — Verſinkt ig 
ihrer legten Trümmer Fall das Sinnenall (Sinnenwelt). Baggeſen 
Die oft ein leerer Traum mid Sinnenbild ergetzt. Mühlpfort. Was 
wx in der erſten Jugend kennen, Das iſt um Siunendurft: Huben 
Urermüdlich umd- eben fo fruchtlos ftrebt unjere Fantaſie die Sinten« 
feifeln abzuftreiſen und ſich ihrem Sinneufluge frei zu überkaif 
ſen. Ungeuamiter bei Campe. Zwiſchen Sinnenglück und. Seelen⸗ 
frieden bieibt dem Menſchen m die bange Wahl. Schiller, das Ideal 
md Das Leben. Die freie Seele rette fih vım jeder Sinuewfchtes 
Pixten, rem. Dedipus3. Das Andere iſt viehiſche Sinnenknecht⸗ 
haft. Herder. Und kann es Dann der Voriheil, irgend eine Sim 
nentunft etwa Drei::Monatg_ früher‘ einzuschien, ibelohnen? J. Bank; 


218 


Hier ſchwebt fle (Urania) mit geſenktem Fluge um ihren Liebling, noch 
am Sinnenland. Schiller, die Künſtler. Ein Honigvöglein, leicht 
und zart, iſt leichte Sinnenliebe. Bürger. Durch den Pfud der 
Siunenluft eilt ih zurüd. Eſchenburg. Der Siunenmenich 
liebt die finnlidy Schöne. Sonnenberg. Und (als er) eine jpäte Wie- 
derfehr zum Lichte anf jchwerem Sinnenpfad ihn finden hieß. Schil⸗ 
fer, die Künftler. Die Sinnenprobe und das Koften der Schlange 
ſprach für ihn (den Baum) und ward Grund der Berführung. Her 
der. Sie zeigt, daß Trieb und Sinnenprüfung im Speil’ und 
Trank den Menfchen damals ficherer Führer jein jollte. Herder. Zon- 
funft kann die Trauer tödten, mildern jede Sinnengual. Flemming. 
Sinnenraufd glühte aus den unftäten Blicken. Benzel- Sternau. 
Das gute Mädchen arm an Gold und Sinnenreiz Biürde Sept 
wand fi) von dem Sinnenjchlafe die freie ichöne Seele los. Schil⸗ 
fer, die Känftler. Der unfittliche, verfunfene Menich kann küflen, nad 
feiner Sinnenſchwelgerei dürften, aber nicht lieben. Ewald. Der 
Sinnenjclave Eebt wie Vögel an der Stange. Wieland. Doc 
blendet's euch mit freiem Sinnenfpiel Göthe, Fauft 2, 110. Iſt 
eben hier ein Mummenjchanz, wie überall ein a. Dai. 
2, 147. Ih wollte Sinnentaumel erzwingen. Huber. r Tod 
vernichtet mer die Sinnentriebe. Collin. Das iſt doch mehr als 
Sinnentrug. Benzel-Stermau. Zur Verführung der Unſchuld und 
ur Sinnenverrüdung eines ganzen armen Geſchlechts. Herder. 

ie Rührung ruht auf feinem Sinnenwahn. Schiller, an Göthe. 
In der That geht unter allen Sinnenmwegen feiner fo offen und 
furz in das feft zugebaute Gehirn, als der Durch die Nafeuhöble. 
% Paul. Be allem Ueberfluß der Sinnenweide ledygt das ver- 
geßne Herz nad) einem Tropfen Freude. Bürde Im Mechanismus 
der Natur, wozu der Menih als Sinnenwejen mit gehört. Kant. 
D die Loderin von fredder Stirne, Sinnenmwolluf. WMündhanfen. 
Der Strom der Rede hebt des Sinnenzaubers Madıt. Engelſchall. 
— Aeußere Anftöße bewirken oft das ——— Losbrechen ſolchet 
Sinnesänderung... Wovon ſich dergleichen Sinnes verwandte 
am liebſten unterhalten, ſind die ſogenannten Erweckungen, Sinnes⸗ 
änderungen, denen wir ihren pſychologiſchen Werth nicht abſprechen. 
Göthe, Leben 16. B. (Er) gab allen, zu denen er fprad), die ange- 
nehmfte Sinnesberubigung. Daſ. 14. B. Was ih mir von 
Unterriht und Sinnesförderung bei meinem alademijhen Aufent- 
balt veriprodhen hatte. Dai. 6. B. So jollt yr ewer ſynsgenoſ⸗— 
fen billih fliehen heiffen. Wicel (+ 1573). Bis endlich eine wach⸗ 
ſende Leidenichaft ihn aller ruhigen Sinneskraft beraubt. Göthe, 
Werthers Leiden 1, 12. Augufl. Und wenn nım diefer Keim anßer 
feiner unwilligen und willlührlihen Sinnesfhwärze noch jo vieles 
männliche Gute bat. Herder. Weiß Ihr Bater ſchon von dieſem 


219 


“ 


em Sinneswechſel? Gotter. Auch war ihre game Sinnes- 
weije dem Haufe und dem Häuslihen mehr als der Welt, mebr als 

dem Leben im Freien — Gothe, Wahlverwandtſchaften 1,8, 

Der (geborſtene Schafſchaͤdel) mir zu fortſchreitender Veredlung hoͤch⸗ 

ter Bildung und Entwicklung in die vorzüglichſten Sinneswerk⸗ 

jenge vor Augen ftellte. Göthe, Tag: und Jahreshefte 1790. 

nm. Dpiß (+ 1639) fagt au finnenkinug, finnentoll; Gtieler (im 

Börterbuche 1691) führt finnenblind, —trauf, -mädtig, — ſiech en. 

Sinnung d. i. Kraft, Thätigleit des Sinnens iſt nur in Zur 
ſammenſetzung mit An—, Aus, Be—, Er— gebräuchlich. — Warum 
weder Schaufpieler noch Zufchauer zur Befinnung fommen. Göthe, 

Meifters Lehrjahre 5, 16. Bei diefem u Anblide verlieh mich 
alle Befinnungsfraft. Meißner, lag befianungslos zn 
Boden geftredt. Ungenannter bei Campe. Nach einer bejinnungs- 
vollen Paufe. Meißner. 

‚ &innlid (mbd. sinnelich) 1) zu den Sinnen gehörend; 2) in 
den Sinnen gegründet, durch die Sinne empfunden; 3) (veraltet) jo 
viel als finnig; davon er—, überfinnlid; Sinnlichkeit; ver- 
ſinnlichen. — Sinnlich und verftodt, ins — verſchloſ⸗ 
ſen, fühlt der Menſch das nächſte Wohl, das nächſte Weh. Göthe, 
Eugenie 3, 4. Der ein ſinnliches Denkmal ſeines Bermögens hin⸗ 
terlaſſen wollte. Göthe, ital. Reife 21. Sept. 1786. Rum liegt die 
wunderjame jinnlihe und unſinnliche Natur rund um uns ber, 
Novalis, die Lehrlinge zu Sais 2. Ihr ganzes Weſen ſchwebt im 
reifer ſüßer Sinnlichkeit. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 14. Mit 
einer heitern glüdlihen Sinnlichfeit begabt, hätte er alt werden 
fönnen , ohne über jeinen Zuſtand irgend nachzudenken. Daſ. 4, 17, 
Benn er fih auch alle erjinnlide Mühe gibt. Schiller, Räuber 
1, 1. Du überjinnlider, ſinnlicher Freier Göthe, Fauſt 1, 
185. Wenn man fi nun dieſes Ereigniß noch mehr verfinnlidhe 
wil. Göthe, ital. Reife, Neapel 11. März 1787. 

Anfhaulih (von ſchaulich abd. scouwelich, mbr. schouwelich, 
f. ſchauen) bezieht fih auf die Erkenntniß durch den Gefühlsſinnv, baum 
fiaurfich Die geiftige, vorſtellende. — Eobald ih Ihnen die Verſuche ſelbſ 
zeigen faun, wird alles anſchaulicher und angenehmer werden. Göthe, 
Bahlverwandtichaften 1, 4. Ä 3 
Gefinnt drüdt nur das Inwohnen der Geſinnung aus, ohne eine 

Abficht zum Handeln zu bezeichnen; gejonnen wird nur gefagt, üts 
jofern die Gefinnung auf eine Handlung gerichtet ift, zu Der ſie fich 
ielbit beftinnmt hat. — Bie ex nicht geſinnt (beſſer gefonnen) jet, 
ihm nachzugeben. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 19. Lange war er 
feimdiih mir gefinnt. Schiller, Wullenfteins Tod 1, 1. Wenn er 

ejonnen is das Feld zu ziern. Shakſpeare, K. Joham 5, 1. 
—* geſinnet. Pyrler, Tuniſias 1. — Geſinnt wird mis 








verschiedenen Adjectiven zujammengejegt, wie aus folgenden Beiſpielen 
fh ergibt. Er wankte nicht, eiferngetinnet. Pyrker, Rudolph 8. 
Durch deu: Widerſtand der Eutgegengeſinneten. Göthe, Leben 
19. B. Wie du, erhnbengejinnet, nad der Bürgerkrone Did 
ſehnteſt. Pyrker, Tumiſias 9. Ewige Schaude für euch, laßt ihr die 
Leiche des Helden, feiggefinnet, dem Feind. Daſ. 7. Den böb- 
nenden Blicken des [nn Sinar, Daf. 1% Der 
ſo feft- und jo muthiggejtnnt war. Pyrker, Rudolph 3. Frei— 
goſinnt fa macht er 2 PBlaten , rom. Dedipus 3.' Ein geift- 
reicher frohge ſinnter Mann ſagte. Göthe, Betrachtungen im Simie der 
Wanderer: - Stets heimbrachte Dev Sohn ihr, frommgeſinnet, den 
Sol: Pyrket, Tuniflad 9. So lange die Duelle quillt und rinnt, 
fo lange bleiben wit gleichgeſinut. Göthe, der Mällerin Reue. 
Das (Volk) jüngft im frafenden Jorne die Vorſicht Hairaddius Wutb 
preisgab, des graufamgejinneten Mannes. Pyrker, Tuniſias 12. 
Zwar der Didyfer- freut ſich eines igroßgeſinnten Könige Gunſt. 
Platen, die verhängnißvole Gabel 4. Wo - find! ich jenen gutge⸗ 
jennten Main? Göthe, Eugenie 5, 8. Eine leiblide Schmeiter 
des hattgeſinnten Xeeted: Bep‘, Odyſſee TO, 137. - Begraben 
jet das Uebrige mit ihr, der hochbegabten, hochgeſinnten Frauen. 
Gothe, Taſſo 4, 1. Deines Volks Mißyetöh, tranrige Teutonia, ſtim⸗ 
men einft boldgejinnt Chartten in Harınonie. Voß, Die Eintracht. 
Daß mic der Königlichgeſinnte vom Berderben rettet. Schiller, 
Piccolomini 1, 1. Faßte Schauer die Bruft auch des Fühngefinne- 
ten Münneb. : Pyrker, Mofes 1. (Sie) mar froh und leichtge- 
finnt. Wieland, Oberon 7, 6. Wie mildgefinnt der Chriſten⸗ 
beberricher Dich anfnahm im Palaſt. Parker, Tuniſtas 2. Der mil- 
bergejinnete Feldherr. Di. 11. Ich achte Dich Tedlidhgefin- 
akt: Pyrker, Rudolph 3. Iſt diefer janftgejinnte Züngfing der 
abehwollend mir gehäſſge Bruder? Schiller, Braut von Meiftm. 
Erit fündet’ ihm Eginhard des ftölzgefinneten Fräuleins fiebever- 
ſchniähendes Wort. Pyrker, Rudolph 3. Aufbot der tapfergejin- 
nete Feldherr jchnell ſein muthiges Volk. Pyrker, Tunifids 3. Treu—⸗ 
jejinnter, Du: weint? Daſ. 5. Künftig joll nicht Taſſo zwiſchen 
äumen, zwiſchen Menſchen fich einſam, ſchwach nnd trübgejinut 
verlieren! Göthe, Taſſo 2, 2. Die Widriggefinnten hören we: 
der auf das Eme noch auf Das Andere. Göthe, Betrachtungen im 
Sinne. den Wanderer. Die Herzen dem Regenten zu erhalten, it jedes 
Wohlgefinnten höchſte Pflicht. Göthe, Eugenie 1, 5. So ent 
ſtand unter.den Wohl- md. Jartgefinnten ein Mißbehagen. Goͤthe, 
Leben 13, B: >. 20 
-. :Beonuen; —beit ift ‘der Zuſtand des Geifted, daß ær Gewalt 
über ſichnhat, ſich für die zechten Mittel der That zu beſtimmen. — 
Ei, Ze, du: bit ja ploͤtzlich jo beionnen! Schiller, Tel 8, 38, 


! 


21 





Veisheit und Bef DRRENDEN zu — m Baden Geche, — 
verwandtſchaften 2, 4. 

Geiftesgegenweart (1. ar E.108, Kunt- Bund Gegenwart) iſt Die 
Geſchwindigkeit des Geiftes, bei Borfillen mit dem rechten Bewußtfein zu Ban 
Dein und vortheilbaften Entfchluß zn faſſen. — (Hofmeifter:) D hignng 
beſchleicht die Stolzen oft. (Engenie J Ich ſey ihr ———— 
entgegen. Göthe, Engenie 2, 5. 

Unbeſonnen, —heit iſt eine den Mangel einer borher beſtimmt 
gefaßten Entſchließung kund gebende Handlung. — Sei unbefounen 
genng, ibn deines Vaters, deines’ Kaiſers Geheimniß preiszugeben. 
Schiller, Piccolomini er 3. Ehrlichkeit macht nn ' auch 
wohl trogig. Göthe, Egmont 4. 

Schwindelei (ſ. ſchwindeln) ift eine, gleichſam in “einem Wirbel der 
Sinne berubende, haltloſe Webertreibung in Planen uud weitaus gehenden 
Handlungen. Schwärmerei(ſ. Schwarm S. 12%, Anm. 3) iſt ei 
Grade fih lebhaft Außernde Aurfreamrg und Erböhung det Geiſti— 
ſchen (befouders dur die Einbildungskraft), wenn die Gebilde 
dungskraft mıd die Gefühle, yon der Vernunft unbeherrſcht und 
ausfchweifend, den Menſchen wit ſich fortreißen, ſo daß er nicht si 
fomnıt, die Gebilde für die Werklichkett nimmt, und begehrt, e& | 
Audere eben daflır Halten, wofür er fie hält. — Doch, Mufe, 
dich die Adlerſchwinge der hohen ttunknen Schwärmerei] 
ſteht beitürzt, er fragt fich, was Dir ſei, unb deine Gefichte fm 
nißvoſſe Dinge. Wieland, Theren 1, 7. - 


Anm. 1. Sinugräu ſahd. sinagrän, mhd. sigrüche, agf. singrete) 
u» Sinnpflanze find Infammengefeht nit ein — Hark, dauernd (rin, Subſt. 
Starte?); dazu gehört auch Sehne (abd senaw?, mh. Bsönewe, agl, Am BinA, 
siner, Sinera, Seno, engl. sinen, altı. sin), Cüudflut ei loser? nad. 
sintvlunt) und vielleicht auch Seneſchall (ap — mhd. sẽne schaft) der 
ältehe Hansdiener. Bal, Grimm En ‚554f. III., 617 f. und (über: 
Erchne) Schirlig: Die dentſchen ann. "Som. Progr. Stargard 1844.) 


Ann. 2. Senne, Senner, Sender, Seumte gehören, nah Schuieller 
(baur. Wörterb, 3, 253) vielleicht zu innen in.der Bedentung torgiäktig behandein 


Anm. 3. Das veraltete ſintemal (mp. sit döm mäle, älternhd. solle- 
mal, seintemal) gehört nicht zu finnen, es ik jeit dem Male. — 
5 ! 5* — R 2 N fi 3t 
Sn) 


Sende, fandte 23. (fendete), geſendt (aeſcudet)/ enden ab 
sent, santa, gesant, sentjan, und sanijan; mhd. sende, Sante, 
gesant, senden; got. —— agſ. MB; ‚alte, sende). eigent⸗ 


') Das Wort ik gebildet aus finnen und bedeutet reifen machen. V l. 
atd. sindön, aqf. sidhian, mhd. sint un — gehen, reifen: Beth, sinths -- Reife, 
sind = Weg. ars 
. 2 Bgl. S. 19. Aum 2. Be en ee m 


272 


lich machen, daß Jemand fi wohin begibt; daun gewöhnlich nach 
Anordnung oder Verfügung in förmlicher oder feierlidher Weile anders» 
wohin an einen beſtimmten Ort kommen machen. — Dieje Worte ver- 
fündige den Fürften, die Dich fandten. Schiller, Jungfrau von Or— 
leans 1, 11. Ein Gott verwirre fie (die Feinde) und wende rückwärts 
auf ihrer eignen Schügen Bruft die Pfeile, die gegen meine Königin 
gefandt find! Schiller, Maria Stuart 2, 4. 

Schicken (ſ bei geſchehen) nah Anorduung oder Verfügung anderes 
wohin fommen machen; daun von fich entfernen. Ueberſchicken, übers 
fenden und übermadhen (ven machen abd. mahhön, machdn, nihd. 

» machen, agf. macian, engl. make) geben nur auf Sachen, die von Jemanden 
an einen Andern gefchickt werden. — (Stauffaher:) Schidte mau nach ihm? 
rft:) Es iſt nach ihm geſendet. Eciller, Tel 4,2. Sie haben eine 

wir überſandt. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 3. 
„auf—, aus—, be—, bei—, durch —, ein—, empor—, 
tgegen—, fort—, beim—, ber—, berab—, beran—, 
beraus— , herbei —, herein— , berüber— , berum —, 
-, bervor— , berzu—, hin—, hinab —, hinan —, hin⸗ 
taus—, hindurch —, hinein —, binüber— , hinunter—, 
hinzu —, mit —, nach —, nieder—,, um— , umber—, 
r—, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber— , weg—, 
zu—, zurück—, zuſammenſenden bedürfen feiner weitern Erklärung. 
— Unſere Abgeſendeten fanden weder Waffen noch Widerſtand. 
Göthe, Campagne in Frankreich 14. Juni. Komm’ ih, Knecht Ro— 
bert, abgeſandt von meinem Herrn und Meiſter. Voß, Knecht Ro— 
bert. Aufgeiandt aus den Tiefen des Erdreichs. Voß. (Sie) 
fandten ein ftilled Gebet auf. Pyrker, Tuniflas 3. Und Leute, 
die ih ausgefendet, fahen verichiednes Neif’geräthe nach dem Klo— 
fter tragen. Schiller, Don Karlos 5, 9. Darumb ich dih befendet 
hab. X. von Eyb. Herr Riepenhaufen hatte den fchönen Kopf dieſer 
Figur (der Eharitas von L. d. Vinci), in Aquarellfarben, trefflic) copirt, 
zur Ausſtellung eingefandt. Göthe, Tag- und Yahreshefte 1803. 
(Daß er) die Gebete erhöre, die wir zu ihm emporfenden. Geiflel, 
Rede bei der Grundfteinlegung des SKtölner Doms. Ich jeh’ den Bo- 
gen der den Pfeil entiandt. Göthe, Fauft 2, 213. (ALS) der 
ewillfommende Müller Charlotten und. Ben Hauptmann entgegen= 
gefandt war. Göthe, Wuhlverwandtichaften 1, 7. (Bis er) feine 
arme Königin nach Frankreids fortgejandt Shäffyenre, König Hein- 
sth VI. 2 hl. 2, 2. Bon dem Kaiſer heimgeſandt. Pyrker, 
Rudolph DB. Unſer Lehrer fendet uns ber. Kloyftod, Meſſias 4, 
633. Siehe, die himmlische Geder, von meinem Vater erzogen, fen= 
det noch kühlende Schatten herab. Klopſtock, Meffias, 3, 697. Und 
ſandte zubllosichwirrende Pfeile heran. Pyrker, Zuniflas 9. Unſer 
Fürſt endet mich zu dir herauf. Klopftod, Hermanns Schlacht 2. 


223 


Den uns der Gef aus Bien herüberſendet. Schiller, Piceolo⸗ 
mim 1, 2. Aus den tiefiten entlegenften Enden des nächtlichen Grab⸗ 
mals jandt’ er langiame Plagen hervor. Klopfiod, Meſſias 2, 138. 
Sende bin ımd laß es (das Schwert) holen. Schiller, Jungfrau 
von Orleaus 1, 10. Geichworen hat fie, ganze Zeuguugen hinab- 
zuienden in des Vaters Grab. Schiller, 5, 1. Die gewaltige 
Burzel jendet lebendigen Safts, ady! nur die Hälfte hinauf. Göthe, 
Amyntas. Laß mid) mein legtes Ach zu Dir Hinüberjenden! (Höthe, 
Meier Banderjahre 1, 1. Ehrmwürdiger Greis, es iſt genug, 
wenn Du Befehle hinunter fendeft. Klopſtock, Hermanns Schlacht 2. 
Ich hielt für gut den alten ſchwachen König in Gewahrſam und ſichre 
Hut bewacht hinwegzufenden. Shakſpeare, König Lear 5, 3. 
Sehr ungern ließ id meine Chaiſe zurüd, die man mir aber nad) 
Goblenz nachzuſenden veriprad. Göthe, Campagne in Frankreich 
Sctober. Das find die Wleticher, die des Nachts fo Donnern und und 
die Schlaglawinen niederfenden. Schiller, Tell 3, 3. Ich habe 
vergebens umhergejandt, um die Spuren feines Weges /aufzufin⸗ 
den. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 17. Und die Some verjen- 
det alühenden Brand. Schiller, Bürgſchaft. Ich babe feinen zweiten 
(Beil) zu verjenden. Sciller, Tell 4, 3. Aber nachdem ihr jetzo 
die ringende Eileithya vorgeſandt an das Licht. Voß, Ilias 16, 
188. it meinem Gatten bin ich hergeſchifft und nun von ihm zu 
ſeiner Stadt vorausgeſandt. Göthe, Fauſt 2, 180. Doch dieſem 
wilden Ufer jendet uns Apoll, der Delphiſche, mit Hoffnung zu. 
Götbe , Iphigenie 2, 2. Einen Blick nach dem Grabe jener Habe 
fendet noch der Menſch zurüd. Schiller, Glode. 


Aum. 1. Stieler bat neh: bei—, nebenfenden — einen Gefährten beige 
ſellen, einen Gefandten beigeben. 


Yum.?2. Die Barticipien ſetzen je mit verfchiedenen Wörtern zuſammen, 3.8. 
Kein gottgefendetes Licht war, ihnen zu feuchten, gefommen. Klopſtock, *445 
Ras 9, 337. Jeſus, des Augebeteten Sohn, ber Daſ 
10, 596 
Geſandter d. i. der mit Feierlichkeit oder mit Formlichkeit geſchickt 
iR; im Bejondern der hohe Staatsbenmte, der von jeinem Staate oder 
feinem Fürſten zur Wahrung der Wechte derfelben an einen andern 
Staat oder Fürſten, fo lange mit dieſem die Verhaͤlmiſſe friedlich find, 
eſandt iſt und bier dauernd unterhalten wird. Davon Gejandt- 
—* Abgeſandter drückt nur von dem Geſandten beſtimmt aus, 
daß er von Jemanden geſandt ſei. — Ich komme als Geſandter 
des Gerichts. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Er, der von Jugend 
auf dem Staat gedient, beherrſcht ihn jeßt, und wirkt auf jene Höfe, 
bie er vor Jahren ad Gefandter ſchon gefehen und gekannt und 
oft gelentt. Goͤthe, Zaflo 1,4. Wir, .chrenvoll, geihügt von eigenen 
n, erwarten kaiſerlich der Voller Abgefandten. Göthe, 


immelgeſandte. 





224 





Fauſt 2, 88. D gewiß ans der Mondſtadt Konfkmtinspel: mitga 
macht von dem Fieunde, dem Hauskapelan der Gefandtſchaft. 
Voß, Luiſe 2, 288. 
Botfäafter iſt eigentlich jeder ‚.det in feierlichen Weiſe mit einer Bots 
fhaft, d. i. einem. hoben Auftrage ; verſendet witd; An Belondern aud es 
fandter im engeren Sinne dieſes Wortes. Abgevrdueter (Deputierter) if 
der in gehöriger Welje mie Heitimmten Borichriften binjichtlich feines Bex— 
haltens Abgefchidte, Lefonderd von abhängigen Perfonen au höhere oder zu 
höheren Angelegenheiten. — Die Perfünlichkeiten der Abgeortueten, 
welche auf mi einen blelbendoͤn Eindruck gentacht haben, waren junächit bie 
ded Ehurmainzifcheri erſten Botfchafterd‘.. . Für Efterbasn, der boh⸗ 
miihe-Gefandte, war nit groß aber’ wohlgebaut. — Leben 5. 8. 
ih), Sendung: Ab—, Em—, 
— Zeus, den reteniender 
8 bei feiner thümlichen Sen: 
Ba er feinen Weg richtet. Göthe, 
heim nahm fidy vor mit ‘dem erften 
and, freundlich, aber ablehnend, zu 
are Einfendungen jedoch brach⸗ 
.. Göthe, Zag- und Jahreshefte 
erjchiedene phyſi aliſche Inſtrumente 
ckſendung ich die Exemplare des 
Benn er gleich öfters wegen ver- 
e bedeutenden Werke einen Fleinen 
ſ. 1804. Dur Ueberfendung 
mancher Artigfeiten. Göthe, Meiſters Lehrjahre 6. Um Alles aus- 
zugleichen, muß. dieje ichnelle Wegiendung em Schritt der Meber- 
legung ſcheinen.“ Shakſpeare, Hamlet 3, 5. 


Sendſchreiben iſt ein mit einer beſondern Feierfichfeit an Seman- 
den gerichtetes Schreiben. — Conrad Photorins Sendſchreiben an 
Die Herausgeber des Magazins. Lichtenberg, Bemerkungen über Sprache: 

Schreiben (fiehe ſchrei ben) Kundmachung än Shriftlicher Anrede, wenn 
ein, gewifiee Verhältuiß der (Etikette oder auch des Cowentionellen (der Hof- 
oder Umgangsfitte) angewandt oper- beobachtet wird. Zuſchrift drüdt ein 

Schreiben oder einen Brief nach der beftimmten Nichtung as Jenanden aus. 

. Brief tabd. pCbJrief, :brinf, mhd. brief, altn, breſ. entichnt-aus fat. breve 

== furz, im Mittellat. brevis scriptura = furzes Schreiben) ſchriftlich Rieders 

ı:  gelegtes als Urkunde- Billet (franz. billet) ein Brief in verjäingfem Mapitab 

aus Veranlaſſung eines augenbliclichen Jutereſſes verfaßt. — Als alles dieſes 
vollbracht war, überlegte nıan den Inhalt des Briſe je s. Göthe, Meiſters Raus 
‚ derjahre 1,12. Das Billet enthalte ein Glück, ſagt' er. Schiller, Doy Karlos 2,7. 


Gefinde. (gotb. gasinthja, ahd. gäsindjo = Gefaͤhrte, gusindi, 
mhd. gesinde — Reijegefolge, Hofſtaat, . Dienerichaft eines: Kürften) 


225 


früber auh Ingejinde (mhd. ingesinde) ift von dem’ früheren Be- 
grijfe auf die dem niedrigften körperlichen Dienft thuenden Perionen eines _ 
Herrn oder Haufes übertragen, namentlid Knechte und Mägde. — 
Sie jagte dem Gefinde, daß fie diefe Nacht hier bleiben würde. 
Göthe, die neue Melufine. Du bift der Oberfte von allen Haug 
efinde. Göthe, Fauft 2, 289. Dem frechen Hohn des defg 
des ſchimpflich mich zu opfern. Schiller, Don Karlos 2, 2. i 
ihrem Ingeſinde Rüdigers Tochter ging. Simrock, Nibelungenlied 
1359, 1. 5 
Dienerfbaft (von dienen, goth. thivan, ahd. diowindn, diondn, mhd. 
dienen; gebört zu gotb. thivi, ad mhd. dia — Dienerin, Sclavin, woher 
abd. diumuoti, mıhd. diemuot, deEmuot = Demuth) bedeutet allgemein eine 
Gefammtbeit dienender Perfonen: im Befondern die bei einem Hausweſen zu 
förperlichen Arbeiten in Dienft ſtehenden Perfonen, wenn fie nicht zu den ges 
ringſten Arbeiten verpflichtet find. Dienftbote, eigentlich eine beim Hans⸗ 
wefen zum Ausſchicken und Belorgen bedienftete Perfon; Im Beſondern eine 
zu den geringſten Arbeiten vernflichtete Perion. — Man mochte fih's nicht 
ganz deutlich gemacht haben, daß durch diefe Anſtalt jeder Fürſt feine Dies 
nerſchaft vermehre. Göthe, Leben 12. B. Nun hatten wir zu vernehmen die 
Angft, die Gefahr, den nahen Nntergang unferer Dienerichaft und Habs 
feligkeiten. Göthe, Kampagne in Frankreih 21. Eept. Man iſt mit niemand 
mebr geplagt, als mit den Dienjtboten. ' Göthe, Meiiterd Lehrjahre 7, 5. 
Gefindel (mhd. gesindelehe, älternhd. sindel, Berkleinerungs- 
fom von Geſinde) gemeine verächtliche Leute, bejonders mit dem 
NRebenbegriff des Umherſtreichens; auch bloß gemeine gering geachtete 
Menge. — Nur ſchlecht Geſindel läßt fich fehn und ſchwingt uns 
zum Berdrieße Die zerlumpten Müpen. Was rechte Leute find, Die 
machen lieber den langen Umweg um den halben Flecken, eb’ fie den 
Raden beugten vor dem Hut. Schiller, Tell 3, 3. Die Marodeurd 
und Das a Gefindel. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 4. 
Doch die Menge hält zufammen, viel Gefindel treu verbrüdert. 
gr. Schlegel. — Unter allem Diebsgefindel find die Narren am 
ſchlimmſten; file rauben euch beides, Zeit und Stimmmng. Göthe, 
Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Sie jcheinen fürwahr ein 
Höllengejindel. Göthe, Neinefe Fuchs 11, 270. 

Der (felten das) Pack (altn. baggi, ſcheint gälifchen oder tomanijchen 
Urfprungs, denn gäl. pac, armoricaifh pacq, mittellat. paccus, ital. 
pacco, franz. paquet — kleiner Pad; vgl. lat. pactum, gr. paxelos, franz. 
bagage, mittellat. bagagium, von baga — Kaiten, Reifelaften) eigentlich der 
Troß eines Kriegsheeres, dann überhaupt läſtiger Haufe geringen Volkes; 
dann in weiterer Yigur das P. niedrige, fchlechte, vergöhtete Zeute in Geſell⸗ 
ſchaft, alfo folche zufammengenommen. Grobzeug (mehr der Umgangsſprache 
angehörig) niedrige grobe Menſchen. — Es ſchaut zu ihm ein großer Hauf' 
von mandherlei Bemunderern auf; doch dieſen Bad, fo ſchwer und groß, 

15 








wird er wohl fchwerlich jemals los. Böthe, Neueſtes von PBiundersweiler. 

Die ſchlechteſte Geſellſchaft läßt dich fühlen, daß du ein Meuſch mit Menichen 

bil. Doch fo iſt's nicht gemeint, Dich unter das Pad zu ſtoßen. Götbe, 

Fauſt 1. Run babe ich fie alle vor den Kopf geitoßen, den hohen Adel und 

das bürgerliche Grobzeug. Blauren, 

Aum. Das den Rechtsverhältniſſen des Mittelalters anßebörine Semper⸗ 
rei (sömpervri) ſteht für söntbaere vri, d. h. gerichtsfähiger (ſchöffenbarer) 
le von sent = Gericht, von gr. fat. synodus. An fenden ift demnach 
nit zu denken, eben fo wenig an fat. semper, oder gar an fendenbar. 


Gewinten. 
(Wurzel wan, win.) 


Gewinne, gewann, gewonnen, gewinnen (abd. gawinnu, ga- 
wan, gawunnumds, gawunnaner, gawinnan ; mhd. gewinne, ge- 
wan, gewunnen, gewinnen, altj. giwinnan, agſ. gevinnan; ven 
geth. vinnan, ahd. winnan, agj. vinnan, altn. vinna = leiden, fid 
abmühen, mit Mühe erwerben) eigentlich durch Arbeit und Mühe nach— 
firebend wozu gelangen; dann zu ehvas gelangen, ſei es vortheilhaft 
oder nachtheilig; gewöhnlich Durch Zuſammentreffen glücklicher Umſtände 
u etwas Angenehmem gelangen. — Ein Fiicher, der mit feinen Netzen 
Brot und Zufriedenheit gewann. Hagedorn, der Fiſcher und der 
Schatz. Drdnung lehrt euch Zeit gewinnen. Göthe, Fauſt 1, 95. 
Hab’ fie (die Müße) joeben im Glücksrad gewonnen. Sciller, Wal: 
lenſteins Zuger Z. Gehn Bauern drauf, ei, jo gewinnt der Kaijer 
mehr Soldaten. Sciller, Piccolomini 1, 2. 

Anm. Sm 15. und 16. Jahrh. findet fich noch vielfach das alte gewunnen. 

Ab— , an—, lieb—, zufammengewinnen find feiner weiteren 
Erklärung beduͤrftig. — Ein jeder Schritt, den unfer Streben dem 
Reich der Wahrheit abgewinnt, er ift ein Schritt hinein in’s heitre 
Geiiterleben. Ziedge, Urania 3. Die euch mit Lügen bejdjweren, nein 
Leben mir abzugemwinnen. Götbe, Reineke Fuchs 5, 157. Geben 
Sie nad), gewinnen Sie's dem ftolgen Herzen ab. Schiller, Bicco- 
lomini 2, 2. Noch jonft ein andrer von den Hirten allen mag dir ein 
gütig Lächeln abgewinnen. Schiller, Jungfrau von Orleans Pres 
log 2 Ein Argus läßt fih angewinnen Weichmann, Poeſie der 
Niederlachien 1, 87. Da Netber Mutter Telles licbgewann. Bür— 


r, Nuchtfeier der Venus. Daß er... eine große Welt- und Men- 


kenntniß, aber nur von der jchlimmen Seite, zufammengewon- 


nen hatte. Göthe, Leben 6. B. 

Anm. Früher waren noch einige andere Formen gebräuchlih. So hat 5.8. 
Schmeller: aufgewinnen: die Thür anfgewinnen. Voc. von 1618. 
Einem Rafenden kann niemand die gefchlofjenen Hind’ aufgewinnen. Orlopb, 
Arzneybuch von 1488. Sechzehn Weinzieher zufegt den Laſt (die Leiche des Fet⸗ 
ten) ergwinnen (aufheben) Balde. Bergewinnen = ein Spiel verlieren, 





227. 


meiſt tm Scherz gefebt, am Mittelrhein. verwinnen. — Früher fagte man ans 
für abgewinnen, fo bei A. von Eyb: Do die Römer ir angewunnen die 


Gewinner; Gewinnung; Gewinn (ahd. gawin, agf. gevin, 
mhd. gewin, bei Xohenftein meiſt Gewien) eigentlich Anſtrengung; 
das was man in Beziehung auf etwas thut, daß man es bat, injofern 
man es wirklich befommt; das Mehr, was man dur Thätigfeit im 
Bergleiche zu dem Angewendeten erhält, überhaupt das, was durch ein 
glückliches Ergebnig aus etwas Gefchehendem zufommt; im Bejondern 
das, was und an Gut aus einer Sache zulommt. — Gewinnft (ahd. 
und mhd. nicht vorhanden, bei Luther gewinſt) bezeichnet vorzüg⸗ 
ih das, was man gewinnt, ohne den Thätigfeitsbe Re von Gewinn 
zu haben. — Der vorfihtige Gewinner fegte fich alsbald in eine 
Poſtchaiſe. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1801. Als nad beinah 
drei Stunden den hochaufwuchernden Einſatz alle getilgt, glutroth der 
Berlierende, und der Gewinner. Voß, der Abendichmaus 63, Und 
mehrt den Gewinn mit ordnendem Sim. Schiller, Glode. Man 
liebt, ftatt niedriges Gewinns, das Schöne zu dem Guten. Voß, 
das Gaſtmahl. Bol Gier nah ſchnödem Goldgewinn. Bürger, 
die Entführung. Was ich glaubte verloren zu haben, würde mir Ge- 
winnft bringen. Göthe, Benvenuto Gellmi 1, 2. Das Edle zu 
ertennen ift Gewinnſt, der nimmer ung entriffen werden kann. Göthe, 
Taffo 3, 2. — Dein Bortheil ift des Nachbars Ungewinn. Rüdert, 
gef. Gedichte 1, 61. 

Ausbeute (f. Beute S. 19) bezeichnet das aus einer Sache ung zus 
kommende Gut, infofern wir e8 und zueignen, alfo gleichfam durch Lift, Ges 
walt, oder überhaupt geradezu in Befig nehmen. Ausfalt (f. fallen) it 
das und durch glüdtichen Zufall zufommende Gut. — Bortbeil (j. Theil 
S. 96) das erfte, befiere Theil; daher das, was dem Einen in Vergleich zu 
dem Andern zufommt, daß diejer gegen jenen zurückſteht; überhaupt das, waß 
dem Einen im Vergleiche zu den Andern zukommt. Nupen (f. bei genies 
Beu) das, wad man zum Verwenden wovon bat; überhaupt das, was Ses 
manden zu gut fommt, ohne NRebenbegriff des Dergfeiches zu den Andern. — 
Wobei die Diener entweder gewiſſenlos Bortbeil zogen, oder gewiſſenhaft 
fih unangenehm und verhaßt machten... Hier gab fein Talent ihm eine ents 
hiedene Ausbeute. Göthe, Leben 2. B. Nicht der eigne Nutzen regiert. 
Euch, Euch regiert allein der Vortheil des Souverains, des Landes. Eben 
darım mißtraut Euch, edler Kord, daß nicht der Nutzen des Staats Euch 
als Gerechtigkeit erfcheine Schiller, Maria Etuart 1, 7. 

Aum. Gewinn und Gewinnt werden nicht immer genau geichieden, 

En fügt z. B. Söthe: Er tbar einen anfehnfichen Zotteriegewinuft. Wabls 
wrwandtfchaften 9, 2. Erbſchaft, Kottertegewinn wurden wecjfelfeitig ver 
findigt und mitgenoflen. Leben 11. B. 

Geld-— , Hohgewim u. a. — Ohne eigentlichen reellen Geld- 

gewinn. Schiller, Brief. mit Göthe 4, 51. Schatz iſt fie (die Zeit), 
15% 


L) 





228 


Hochgewinn. Göthe, Fauſt 2, 218. Sei er zum Anbeginn fleigen- 


dem Vollgewinn diefem gefellt! Daſ. 2, 338. Der Voͤlker brei⸗ 


ten Wohngewinn Daſ. 2, 306. Der Zeitgewinn von zwölf 


bis vierzehn Tagen ift jo beträchtlich nicht. Schiller, Briefw. mit 


Göthe 2, 245. Beiden zu höchlichem Ruhmesgewinn. Göthe, 
Fauſt 2, 223. 
Gewinnfucht, — ſüchtig das Streben, viel und überall zu gewin- 
nen; das Ausgehen auf Gewinn, ohne gerade Andere von dem zu 
ewinnenden Gute ausfchließen zu wollen. — Alle durch den Geift der 
ewinnjuht an einander gezogen. Schiller, Abfall der Niederlande 
1. B. das Inquifitionsgericht. Die Gewinnſüchtigen harten und 
möchten erfahren, wie der Verfauf der Waaren ausgefallen und bered)- 
nen ſchon im voraus die Summe des reinen Erwerbs. Göthe, Mei: 
fters Wanderjahre 3, 13. 

Eigennug (f. genießen) übermäßige Begierde nach Gut, infofern fie 
hberbaupt darauf gerichtet iſt, was Vortheil und Genuß gewährt, und bier: 
von Andere auszuſchließen fucht, alfo ausschließlich im Nugen fein will. Hab: 
ſucht (von ſuchen, goth. u. altj. sökjan, ahd. suohhan, söchjan, mhd. 
suochen, agf. soecan, secan, altıı. soekja, ſchwed. soeka, engl. seek, ron 
aoth. sakan, ahd. sahhan — auflagen, fragen, woher any Sache, abd. 
sahha, mhd. sache, urfpränglich Anklage, wie noh in Sachwalter) das 
feidenfchaftliche Streben nah Habe, ohne cin Mittel zur Erwerbung auszu⸗ 
drüden oder zu beftimmen. — (Er hatte) ihrem Cigennupe gefchmeichelt. 
Gothe, Meifters Lehrjahre 5, 16. Dann reißt er feine Güter eigennügis 
gen Pächtern aus den Händen. Göthe, Götz von Berlichingen I. Sähe man 
fich einer jtrengen, kühnen, unbedienten Habincht ausgefegt. Götbe, Egmont 4. 

Gewinnbar, —begierde, —begierig, —gierig, —theil u. a. — 
(Die Sade) ohne Wunder fat gänzlih ungewinnbar ausfiebt. 
Lichtenberg, Beil. 3. Epiftel an Göbhard. Und einigt duch Gemwinn- 
luft taujend Völker. Haug. Auch die Gegenwart W. Schlegel$ war 
für mid) gewinnreich. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1799. Ein 
für Wahrheit gewinnvoller Meinungsfampf. Sender Literatirzei« 
tung. Eine glüdlihe Gewinnſpähe (Speculation). Campe. 

Ueberwinden ift unorganiſch ftatt überwinnen (abd. upar- 
winnan und uparwintan, agf. oferwinnan, mbd. überwinden, ge— 
bildet au8 ahd. uberwint, ubarwant = Sieg) durd) Kraftanftrengung 
über einen Gegeuftand Herr werden. — Davon Leberwinder (abd. 
ubarwindäri), Weberwindung, unüberwindlich. — Einander 
mit tangen und fpringen im groffen vortheil überwinnen G. Rol— 
lenhagen (+ 1609) Froſchmeuſeler I. 1, 2. Mein Stolz it über- 
wunden. Schiller, Don Karlos 1, 2. Auf Steinau’s Feldern ſtreckt 
das fchwediiche Heer die Waffen, ohne Schwertitreih überwunden. 
Schiller, Biccolomini 2, 17. Kennet ihr nicht die Gejeße unferer har- 
ten Ueberwinder? Göthe, die erfte Walpurgisnacht. Es bat mir 


— 2 ZU 
nicht wenig Ueberwindung gekoſtet. Klopſtock, Gelehrtenrepubfif. 
Und erwedte unter dem Volke eine unüberwindliche Begierde, ihn 
aäher fennen zu lernen. Göthe, Meifterd Lehrjahre 2, 4. 
@tegen ') (ahd sigindn, mhd. sigen, agſ. sigrian, altu. sigra, von 
Sieg, aoth. sigis, ahd. siku, sigo, mhd. sige, agf. sige, sigor, altn. sigur, 
sigr) allgemein über Entgegenitehendes die Oberhand gewinnen, In tranfls 
tiver Bedeutung ſteht befiegen. Uebermannen (mhd. übermennen) 
Mann (goth. mann und manna, Abd. altf. mhd. man, agſ. man, mon, altı. 
madhr, Genitiv manns, in der älteiten Sprache eher dem gr. uvdporog, lat. 
home — Menſch, ald dem are, lat. mas — Mann entfprehend; nad Bader: 
nagel zu mabnen, manen, Minne, minne gehörig, denkendes We; 
fen bezeichuend) werden über die entgegenflebende Perfon; dann überhaupt 
über Lebended. Ueberwältigen (f. walten) die Oberhand über einen 
Gegenſtand, eine Berfon, gewinnen durch Anwendung von Gewalt. — (Jery:) 
Ich ftreite für Dich umd werde beiicat! (Bately:) Nein, Jery, du haft 
wich gerächt, auch überwunden haſt dn gefiegt. Sieh, er (der Gegner) 
treibt jein Dich hinweg, er macht dem Unfug ein Ende. Goͤthe, Jery und Bä- 
tt. Das ü bermannt mich fo fehr: Göthe, Kauft 1, 183. Die Trevirer 
waren in’s römiſche Reich eingefchlofien, erft Heiden, dann Chriſten, von 
Rormannen und von Franken überwältigt. Göthe, Campagne in Frant⸗ 
reich, Zrier 29. October. i 
Unm. Ueberwinden fommt auch ohne näheren Beifag im Sinn von ſter⸗ 
kavor. — Rur Wenige veritehn, was Dem für Ehren bleiben, der liegt und über: 
zuuden bat, dem ewigen, dem gottigeweihten Menfchen, der auferfteben fol. 
Kepitod, die Königin Luife. 
 Serwinden (mhd. verwinden, verwinnen) Schweres überftehen ; 
mt zugekommenem, widerfahrenden Uebel, oder mit etwas, was übel 
capfunden wird, dahin kommen, daß es aufhört, und man gleichlam 
darüber Herr wird. — Das ers fein lebtag nicht verwunn (ver- 
winnen). B. Ringwald, die lautere Wahrheit. Denn jo lange fie 
* nun fie jchwerlich die Schande. Göthe, Reinefe Fuchs 


Verſchmerzen (von jhmerzen, ahd. smerzan, nıhd.smörzen, |. Schmer;) 
die unangenehme, ergreifendere Empfindung, welche ein Uebel macht, verlie- 
ten. — Berjchmerzen werd’ ich dieſen Schlag, das weiß ich, denn was 
verihmerzte nicht der Menih! Vom Höchiten, wie vom Geringiten, lernt 
er fi entwöhnen, denn ihn befiegen die gewalt’gen Stunden. Schiller, Wal: 
lenſteins Tod 5, 3. 


Amm. B. Badernagel rechuet zu winnan auch Wonne (ahd. wunna, 
wanni, wunno, mhd. wünne, wunne, altſ. wunia, wunnia, agſ. vyn, vynn, 





)Badernagel rechnet fiegen zu mbd. sigen — ſich ſenken, finken (ſ. 
leihen); Srimm (@r. IL, 17; vol. 475 f.) iſt zweifelhaft, ob er das Wort zu 
rechnen ſoll; die Redensarten siku nöman, siku winnan flimmen ihm nicht 
dafür; vielleicht darf man, fagt er, an sihen und seigen (ſ. feiben) veufen. 


20 


vynne) mit der urfpränglichen Bedeutung bearbeitetes Wiefenfand (gotb. vinja 
— Grasgrund zur Beweidung, abd. winne — Grasfütterung, winan — bewei« 
den), dann finnbildlih Augen» und Seelenweide, Freude, eu, Eher dürfte man 
vielleicht an altn. una, geth. vunan — mohlgemuth, vergnügt fein denken. Xeb- 
teres jeiat fih im goth. unvunands — Belümmerniß tragend. — Mit Wonne 
it wol Wunſch (ahd. wunsc, mhd. wunsch) wurzelverwandt. — Kann bei Beis 
den an Wurzelverwandtfchaff mit goth. vens = Erwartung, Hoffnung, venjan = 
hoffen gedacht werden? 


Binden, 
(Wurzel ban—d, bin—d '); band, bind; fanffr. bandh, bundh.) 


Binde, band, gebunden, binden (ahd. pintu, pant, puntumd&s, 
puntan@r, pintan; mhd. binde, bant, bunden, gebunden, binden; 
goth., agſ. alti. bindan, altfriej., altn., jchwed. binda, neufrief. byn- 
nen, neuniederd. binnen, Bolfsfpr. binne) bedeutet allgemein unver- 
einigte Dinge feft mit einander vereinigen, und zwar allgemein vermit- 
telft Verjchlingend und Knüpfens um einen Körper herumbiegen oder 
legen: ein Tuch um den Kopf, ein Band um den Hut; in weiterer 
Bedeutung 1) vermittelft eines Bandes an einen Körper befeitigen: 
die Hände auf den Rüden; 2) mit Banden belegen, um feft zu machen: 
einen Berbrecher, das Fuß; 3) einzelne Dinge durdy Bindemittel zu 
einem Ganzen vereinigen: Garben, Beſen, ein Bud; 4) feft zufam- 
menhängend machen: der Leim, der Kalf bindet gut; 5) die freie Be- 
wegung einer Sache verhindern, eine Sache in gewiffe Grenzen ein- 
fchliegen: einem die Zunge binden, in gebundner Sprache fchreiben ; 
6) die Freiheit des Willens hentmen, verhindern: durch einen Eid bin- 
den; 7) von etwas abhängig machen: die Freundfchaft ift nicht an Ort 
und Zeit gebunden; 8) (in der firchlichen Sprache) die Vergebung der 
Sünden nicht erteilen, Gegenjag von löſen; 9) ein Elavier binden, 
es jo einrichten, daß die meiſten Saiten für zwei Töne und zwei An— 
Ihhläger dienen müflen; 10) (Volksſprache) das bindt’s, das macht die 
Sache ganz, fertig, meilt in ironijhem Sinne. — Man bind’ ibn an 
die Linde dort! Schiller, Tell 3, 3. Ich bind' es dir auf deine 
Seele. Göthe, Götz von Berlichingen 5. Und jeder Arm erwacht, 
den, und zu Xieb’, der Geift mit Zauberichlaf gebunden. " Wieland, 
Oberon 6, 14. Das Platte kommt nirgends fo in’s Licht, wenn es in 

ebundener Schreibart ausgefprochen wird. Schiller, Briefm. mit 
öthe 3, 327. Drum prüfe, wer fid) ewig bindet, ob ſich das Herz 
zum Herzen findet. Schiller, Glocke. Denkt Ihr, daß fte ſich durch einen Eid 


1) Das d gehört wahrſcheinlich zur Ableitung. | verdient das alte 
bönna = bänrifcher Korbwagen, bei Alberus bene. fchweiz. bänne, bater. bens 
nen, deutſchlothring. beun, bier und da behner, behnerich, behnert. Bol. 
franz. la banne, le banneau. — Benna lingua gallica genus vehiculi ap- 
pellatur. Festus. Auch das gältjche bann = Band ift für die Wurzel ban beweifend. 


231 


gebunden glauben werden? Schiller, Piccolomini 3, 1. Kann 
man’s nicht in Bücher binden, was die Stunden dir. verleibn ... 
gormel hält uns nicht gebunden, unire Kunft heißt Poeſie. Uhland, 
freie Kunft. Es iſt das wahre Glück an feinen Stand gebunden. 
Hagedorn. — | | | 
Seften (aoth. haftjan, ahd. heftjan, heftan, mhd. heften, tranfitiv von 
baften, abd. haflEn, mhd. haften, gehört mit dem Adj. haft, goth. halts, 
ahd. mbd. haft, altn. haptr und dem Subſt. die Haft, mhd. der haft und 
diu haftunge zu haben) Dinge mittelft eines Bindemitteld an einander bes 
feftigen , fo daß ihre Oberſtächen oder ihre Enden feit an einauder find. 
Kenäüpfen (goth. hniapan, abd. knuphjan, chnupfan, mhd. knüpfen) durch 
einen Knopf (ahd. ch(k)nopf, mhd. knoph, knopf, altı. hnappr) d. i. eine 
iefte Verſchlingung von Dingen, die früher unvereinigt waren, verbinden. — 
Bir heften uns an feine Sohlen, das furdtbare Gefchlecht der Nadıt. 
Schiller, Kraniche des Ibycus. Zwiſchen Menſchen, Göttern und Heroen 
uüpite Amor einen fhönen Bund. Schiller, Götter Griechenlands. 


Abbinden 1) den Gegenitand aus feinen Banden herausnehmen 
und ihn von dem Gegenftande trennen, mit welchem das Band zuſam— 
menbielt; 2) durch Binden oder Aubinden trennen, abfohdern: eine 
Barze, ein fängendes Kalb; 3) (bei verſchiedeieen Handmwerfern) die 
Verbindung einer Sadye zu Stamde bringen, fertig binden; 4) (früher) 
mit furzen Worten jagen. — Ich hatte eine Fleine Warze am untern 
Augenlied, man hat mir fie glüdlih abgebunden. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 7, 5. 

Rosbinden. (von los, goth. läus, ahd. mhd. los; vgl. gr. Av = 
löfen) bezeichnet ein Löſen oder Aufmachen der Bande, ohne zu beitimmen, 
ob der Gegenftand, der gebunden war, aus denfelben herausgenommen werde 
oder nicht. — Bid er den Kahn vom Ufer [08 gebunden. Schiller, Tel 
1, 1. Die lodsgebundenen Furien der Wuth ruft feines Herrfchers Stimme 
mehr zurüd. Schiller, Wallenſteins Tod 3, 20. 

Anbinden 1) durch Binden an etwas befeftigen 
das Ufer; 2) befchenken, befonderd am Namenstüge (ı 
das Subit. das Angebinde; die Volksſprache hat a 
binden); 3) ſich in ein näheres (meift feindliches) 
laſſen; 4) (Volksſprache) zuweilen ftatt abbinden 
nun wieder mit ihm anzubinden. Göthe, Leben 
urz angebunden war, das iſt nun zum Entzücke 
Fauſt 1, 133. | 

Anm. Die Redensart „Purz angebunden” erklärt Ndelung dabin, weil man 
—— was im eigentlichen Verſtande kurz angebunden iſt, leicht und bald haben 


u. 
Aufbinden 1) wit einem Band auf etwas befeftigen: dem Pferde 
den Manteljud; 2) in die Höhe binden: das Haar, die aufrankenden 
Gewaächſe an Stäbe; 3) alles binden, was zu. binden; 4) Jemanden Lee⸗ 











232 


res für feite Wahrheit geben, befonders mit Mißbrauch der Leichtgläu- 
Digfeit des Anden; 5) Zugebundenes durch Auflöfung des Bandes 
öffnen; 6) (früher) erheben, fteigern, 3. B. mit Zorn aufbinden, 
den Zorn heftig erzeigen extollere indignationem. art vor 
1618. — Ich Tieß ihn einen Mantelfad aufbinden. Göthe, Ben- 
venuto Gellini.2, 8 Die aufgebundenen Zöpfe der Frauen. 
Göthe, ital. Reife Trient 11. Sept. Weil es ſchien, als ob fie Luſt 
babe mir etwas aufzubinden Göthe, die neue Melufine Nur 
den Schnappſack aufgebunden! Platen, die verhängnißvolle Ga- 
bel 1. Als die aufgebundene Serviette einen verworrenen Haufen 
fpannenlanger Puppen jehen ließ. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 3. 
Eben komme ich von Morig, deſſen geheilter Arm heute aufgebun- 
den worden. Göthe, ital. Reife 6. Januar. 

Großthun (groß, ahd. kröz, mhd. gröz, agf. greät, nah Beders 
fehr zu bezweifelnder Annahme von ahd. gröjan [diefes fteht für kruojan, 
gruen — grünen], vielleicht verwandt mit lat. gravis) mit überbebender 
Uebertreibung oder mit Grundlofigkeit in Beilegen oder Schautragen wirk⸗ 
licher oder vermeinter Vorzüge fi) äußern, fei es nun durch Rede oder Hands 
lung. Diefer Begriff tritt noch ſtärker und erweitert hervor in dem uhd. 
prahlen (wahricheinlih das aus franz. brailler — laut und ungeſtüm 

reden eingebürgerte gleihbedeutende plattd. prälen, oder das aus mhd. brogen, 
engl. brag — groß thun, Stolz fich erheben fortgebildete oberd. sich b(p)ro- 
gein — groß thun, ſich prahlen); dann im Befondern: fchautragend zu Eıs 
weckung größerer Meinung fund geben. Großſprechen (f. ſprechen ©. 
72) bedeutet großthun in Worten, daneben auch mit Mebertreibung verfprecen, 
ohne das Verfprochene zu halten, Aufichneiden (j. [hneiden), wofür 
man au, den Urjprung der Anwendung diejes Ausdrucks anzeigend, ſagt 
„mit dem großen oder langen Mefjer fehneiden, ein großes oder langes Mefier 
führen oder brauchen”, bedeutet Wahres oder Unwahres, wovon man fprict, 
durch übermäßige Vergrößerung übertreiben, wobei eine Grundlage, etwas 
MWirkliched vorausgefept wird... Wind machen (f. Wind, am Ende von 
winden) ohne innere Wirklichkeit viel aus fih machen, dann etwas ohne 
innere Wirktichkeit, ohne Gehalt erzählen, oder ins Große es treibend fih 
äußern. Weismachen, nicht weißmachen (ahd. wisiduan, wisituon = _ 
weife thun, Jemanden etwas fund thun) älternhd. Jemanden etwas zu wiffen 
thun, ihn defjelben fundig machen, ihn davon in Kenntuig ſetzen, uhd. gemöhn- 
lid Zemanden etwas glauben machen, was nicht fo oder gar nicht fit. Auf⸗ 
beften (f. beften ©.231) Iemanden etwas glauben machen, um ihn zum 
Beſten zu haben oder in ungnter Abficht, zeigt (im VBergleith zu aufbinden) 
einen flärfern Mißbrauch der Leichtgläubigkeit des Andern durch größeres 
Wahrſcheinlichmachen des Dargeitellten an. Aus den verglichenen Berben 
erflären fich die Formen: Aufbinder, Brahler, Prahlhans, Auf: 
fhneider, Großſprecher, Großtäner, Windmacher, Windben⸗ 
tel, Prahlerei, prahleriſch, großſprecheriſch ꝛc. — (Ich) konnte 


; | 238 


dann und wann mit ziemlich vollländiger Recitation einer Predigt groß⸗ 

thun. Göthe, Leben 4. B. Stolzirft einher und thuſt fo groß! Göthe, 

Fauſt 2, 146. Um eine großthuige, verachtende Manier gelten zu machen, 

befigt er viel zu wenig Kenntniſſe. Göthe, ital. Reife, Rom 2. Der. 1786. 

Prahlſt du mit des Auges Blut?! Schiller, Melandholie an Laura. Und 

du ſchämſt dich nicht, damit groß zu prablen? Schiller, Räuber 1, 2. 

Zap du vernichtet doch wär, Großprahlender, und ungeboren. Voß, 

Odyſſee 18, 79. D du beillofer, erbärmlicher Prahlhaus! Schiller, Räus 

ber 1, 2. Es ift wahr, der Prahler, den Plautus fchildert, ift ein Soldat; 

aber feine Prablereien beziehen ſich nicht blos auf feinen Stand und feine 
friegerifchen Thaten. Er if in dem Punkte der Liebe eben fo großfpres 
cheriſch. Leſſing, Hamburg. Dramaturgie 1, 21. (Er macht) die Groß⸗ 
fprecherei jenes Helden durch Wortfpiele lächerlih. Göthe, röm. Karneval. 

Kängft du nun an? Du Großhans! Göthe, die Fiicherin. Run, Mers 

fur, verleihe mir die Gabe des Auffchneidens?), weil du fo gut von den 

Rarren fprihit! Shakfpeare, was ihr wollt 1, 5. Gr war ein allerliebfter 

Heiner Aufichneider... Er war, außer feiner Anffchneiderei, ein 

Knabe von guten Sitten. Göthe, Leben 3.8. Wentt ich nicht nach und 

nach, meinem Naturell. gemäß, dieſe Kuftgeflaften uud Windbeuteleien zu 

funjtmäpigen Daritellungen hätte verarbeiten lernen, fo wären foldhe auf- 
ſchneideriſche Anfänge gewiß nicht ohne ſchlimme Folgen für mich geblies 
ben. Daj. 2.8. Star macht gelehrten Wind. Rabener, die Unentbehr- 
lichfeit der Reime. Sie können vor der ganzen Stadt ald Windmacher 
da ſtehen! Schiller, Kabale und Liebe 3, 2. Wenn fie... . vieleicht von 
einem abeligen Windbeutel berumgeholt (wird). Daſ. 1,2. Gar manches 
bat er euch weis gemacht. Göthe, Epigr. 78. Dieje Weismacher thuu 
der Wahrheit einen ſchlechten Dienit. Claudius, 2. Gefpräh, die Yreibeit 
betreffend. Was hat uns der Lügner nicht alles aufgebeftet! Göthe, 

Reineke Fuchs 7, 98. 

Anm. Die Bolksfprade jagt für Prahlhans auch Windlipps, Dids 
maher (didmeher), Strunzer. Strunzen, in Schwaben itrungen = 
gropthun und nıüpig berumlaufen,; bei Alberus Strünßere = ein log weib, 
das vmbher flreiht; Strünger — limberitreicher; niederfächf. Strüne, wirz« 
burg. Strenz, auf dem Weſterwald Stronz — faule Dirne, Gaſſendirne. Bal. 
mbd. striunen, gesiriuaen —= einen Gewinn machen, baieriih ſtreunen — nah 
guten Bijjen, Meinen Genüſſen uud Vortheilen umberjuchen; agf. jogar strynan 
bearn — Kinder gereinnen, d. i. erzeugen; mittelrhein. ſtrenzen — heimlich 
Kleinigkeiten, bejonders Eßwaaren entwenden. 


Einbinden 1) tinen Körper in einen andern hüllen und diejen 
zubinden: junge Bäume in Stroh; 2) mit einem Einbande (Bande) 
veriehen: ein Bud); 3) bei der Taufe oder der Firmung dem Pathen 
ein Geſchenk geben, gewöhnlihd Geld, welches fonft in die Windeln 
oder in die Zirmbinde gebunden wurde; 4) dringend empfehlen, daß 





1) So hat die Andg. von 1841; die frühere von 1826 (die ich in der Regel 


führe): Die Gabe des Xügens. 





234 


es im Gedächtniß feſt halt. — Rur fehlt der Zopf, in den ich deine 
Haare einzubinden bitte. Göthe, Meifterd Lehrjahre 8, 1. Nicht 
leicht hat ein Autor fih jo prächtig eingebunden —— Goͤthe, 
Meiſters Wanderjahre 2, 4. Da war m ganzen Reich fein Thier, 
das nicht dem Prinzen oder ihr was eingebunden hätte Pfeffel, 
das Eingebinde. 

Die Synonymen f. bei einfhärfen ©. 115. 

Entbinden 1) das Band Löjfen, von Banden befreien; 2) von 
einer Verbindlichkeit, dann auch von etwas Unaugenehmem oder Be— 
fchwerlichem befreien: Einen jeines Schwures; 3) von der Leibesfrucht 
befreien (|. ©, 34); 4) von dem Körper fcheiden, mit dem etwas ver- 
bunden war: die Luft chemiſch. — Die Fahnenjunfer entbanden 
joldye (Fähnlein) dem ragenden Schaft. Pyrker, Rudolph 11. Glaubt’ 
ich mich aud) der Nothwendigkeit entbunden, ihr von diefem Schritte 
Gründe anzugeben. Schiller, Don Karlos 3, 10. Der Tod entbin- 
Det von erzmungnen Pflihten. Schiller, Tell 5, 1. Bir irren alle- 
jamt; fein Menſch fann ſich entbinden (ausnehmen), als ſei er 
tadelfrei. Opiß. 

Verabſchieden (ſ. ſcheiden), Abſchied geben und Abſchied er- 
theilen find die allgemeinſten Ausdrücke, um Jemanden zu erklären, daß 
deſſen Dienſtverpflichtung aufgehört habe, und können von Perſonen jedes 
Standes und jedes Dienited gefagt werden. Verabſchieden — mahen, daß 
Jemand von feinem Dienfte ab d. i. aus feinem Dienfte feheidet, ihn nicht 
mehr bat. Abſchied geben und Abſchied ertheilen fagen dies deut⸗ 
licher und darum nachdrücklicher Cdiefes feierlicher und mit höherer Achtung), 
zumal da das fhriftliche Zeugniß des Dienftanstrittes, das der Bedienftete 
(beſonders der Eoldat) empfängt, ſelbſt Abſchied genannt wird. Entlaf- 
fen (I. laffen) und von feinem Amte entbinden weijen zunächit auf 
Befreiung von der Dienftpfliht bin, durch welche der Bedienitete gehalten 
oder gebunden iſt, und verbinden nicht felten den Nebenbegriff, daß man durch 
den Dienft beläftigt werde und ficy nach der Aufhebung der Dienftpflicht jehne. 
Entlaffen it allgemeiner, entbinden ehreuvoller in feiner Bedeutung. 
Abdanken (f. danken S. 166) jagt man, wenn man Jemanden in feinem 
Dienite nicht mebr haben will und ihn aus demfelben fortfchidt, gleichfam 
danfend für feine ferneren Dienitleiftungen, e8 mag nun dieſes Danken belo» 
bend oder ironifch fein, und zwar mit dem Nebenbegriff, daß der Bebdienitete 

“fort (ab>) geben jolle, weshalb das Wort denn auch vorzüglich nur von ges 
ringeren Perſonen ſteht. Ab- und erfegen (f. fegen) bezeichnen den Bes 
dieniteten als in einer Würde ftebend, d. h. durch feine Stellung über das 
Gemeine erbaben, und verbinden den Nebenbegriff der Unzufriedenheit der 
Behörde mit feiner Amtsführung. Abſetzen ift ftärfer als entſetzen und 
bat deutlich den Rebenbegriff des Erniedrigene. — Ein Paar meiner guten 
Freunde, die anderwärts ſchon wären gehangen worden, bat er mit einem 
Buckel voll Schläge verabfhiedet. Göthe, Egmont 4. So hätte ich ibm 


gern den Abſchied gegeben. Göthe, Benvennto Gellini 2, 8. Des Eides 

gegen mich entlaif’ ich fie. Schiller, Yungfrau von Orleans 1,5. Daß 

er ihn feiner Aemter eutlaffen möchte Schiller, Abfall der Riederlaude 

42. Laß und diefe Scherge abdanken und in vollem Grufte ſprechen. 

Shakiyeare, fo wie es euch Mänt 1, 8. Sie werden ibn abfetzen, «8 

wird Alles wieder jo werden, wie zu Megensburg. Schiller, Wallenſteins Tod 

3, 3. Sie fam ins Land als eine Mörderin, veriagt von ihren Boll, des 

Throns entiegt. Schiller, Maria Stuart 1, 1. 

Berbinden 1) mehrere Dinge an einander binden; 2) Durch 
Binden verichließen, zubinden; 3) m verſchiedene Theile legen und bin 
den: allen Flachs in Kloben; 4) durch, zum Binden verbrauchen: die 
Strohſeile find jchon wieder verbunden; 5) (Schifferfprache) im Bin- 
den verändern, anders binden, umbinden; 6) falich binden, beſonders 
bei den Buchbindern; 7) fih mit Jemanden verbinden, in ein engeres 
Verhältnig mit ihm treten, eine gewiſſe Abficht zu erreichen; 8) machen, - 
daß Jemand durch Bewegimgsgründe zu etwas gehalten tft. — Die 
Augen nur laß dir verbinden, Knabe! Schiller, Tell 3,3. Seine 
Geiellfchaften, Gaftmahle und Gelage haben den Adel mehr verbun- 
den und verfmüpft, als die gefährlichiten heimlichen Zufammen- 
fünfte. Göthe, Egmont 1. Damtt fie fich gleich zufrieden finden, 
und feiter fi mit und verbinden. Schiller, Wallenfteins Lager 2. 
So verbind’ ich mich euch auf vier Wochen. Göthe, GöB von Ber- 
lichingen 5. Ich dachte nicht, daß ihr nicht einmal zu dem verbun- 
den jeid, was ihr verfprecht. Daf. 4. Ich bin Ihnen jehr verbun- 
den. Schiller, Fiesko 3, 10. Ä 

Verpflihten (I. pflegen), Härter ald verbinden, drüdt aus: machen, 
dab Jemand aus den färkiten fittlichen Bewegungsgrlinden wozu gehalten if. 

— Ihm Wort zu haften bin verpflichtet ich, allein auch dir verbänden 

fühl’ ih mich. Platen, Schap des Rhampfinit 5. 

Yum. Für verbiuden wird and das fremde obligieren (franz. obli- 
ser, aus lat. obligare — vers, zufaumenbinden) gejagt. 

.Ans—, be—, bei—, durch , berum— , binauf—, nab—, 
zieder— , über—, um— , umber—, unter—, vor—, Weg—, 
* zu—, zurück—, zuſammenbinden bedürfen feiner weiteren 
aͤrung, find jedoch nicht alle gleich im Gebrauch. — Da ſtand ſte nun 
wie fie gewöhnlich in den Garten ging, ihre braunen Haare theild um die 
Stime fallend, theils in ſtarken Zöpfen zurüdgeflochten und mit einem 
binaufgebunden. Göthe, der Samunler und die Seinigen 2. 

Brief. Als Hagen das erfchaute, den Helm er feſter überband. Sim— 
tod, Ribelungenlied 1675, 4. Denn er umband mit dem Riemen die 
Schnen ihm unten am Knöchel. Voß, Ilias 17, 290. Die Nabel: 
ſchuur it nit unterbunden worden. Schiller, Räuber 4, 3. If 
man mit dem Zetteln fertig, fo wird das Geriipe unterbunden. 
Goͤthe, Meifters Banderjahte 3, 5. Dusch Briefe, die man Tauben 











236 


unterband. Hauswald. Nur erſt die reinlihe Schürze bind’ ich 
vor. Voß, Luiſe 3 a, 101. Die Nugen zugebunden haft du mich 
fchnell gefunden. Göthe, blinde Kuh. Aber der verbultene Jubel 
fprengte ihm faft Die zugebundene ge auf. 3. Baul, Heſperus 7. 
Wie mein Ahnherr Richmond die zwei Rojen zufammenband nad 
blut’gem Streit. Schiller, Marie Stuart 1, 7. Doch Alle führt au 
gleich gewalt’gem Zügel ein Einziger, durch a: Lieb’ und Aurcht 
zu Einem Bolfe” fie zufammenbindend. Schiller, Piccolomini 1, 2. 
(Indem) ein fchnelles lebhaftes Gefpräh alle gefchwind zufammen- 
verband. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 10. 


Anm. 1. Früher waren uoch andere Zufammenfegungen im Gebrauch, 3. 8. 
ahterbinden d. i. hinten anbinden bei Stieler. Derjelbe bat auch ausbin= 
den — laxare, liberare, enodare, dissolvere. 


“ Anm. 2. Die Partic. fepen ſich mehrfach zufammen, z. B.: Fortzieh'n die 
länderverbindenden Straßen. Pyrker, Rudolph 4. Wie enggebunden ift 
des Weibes Glück! Göthe, Zpbigenie 1, 1. An Ihrem Grabe knier ih, feſt⸗ 
gebunden, und fenkte tief den Geiit ins Todtenreih. Uhland, Rüdleben. Löſche 
nur den Durft nah Wonne, Gramentbundner, in Walhalla's Ruh’! Schiller, 
Leichenphantaſie. 


Anm. 3. Es ſcheint ſchweizer. Provinzialismus zu fein, wenn es in einer 
Anftruction von Chur in der Augsb. Allg. Zeitung 1847 Nr. 290 heißt: „Daß 
die Derantwortung der Kolgen der Stand von Graubünden von ſich ablehne, und 
ſolche mit Grund denjenigen überbinde, welche fi bartnädig weigern, ſolchen 
Beſchlüſſen pflihtmäßig Folge zu geben, 


Binder (ahd. pintäri, mhd. bindaere) der da bindet; ift einfach 
wenig, mehr in Zufammenjeßungen im Gebraud ; fo au Bindung 
(Handlung des Bindens): Be Buch —, Bürſten —, Faß —, 
Garben —, Weißbinder. — Andere (Aehren) banden in Garben 
bereits mit Seilen die Binder; denn drei Garbenbinder ver— 
folgeten. Voß, Ilias 18, 553. Wie der Schnitter im Kranz und 
die Binderin ſchmauſen zu Mittag. Voß, Luiſe 1, 581. Sie iſt 
der Feenwelt Entbinderin. Shakiveare, Romeo und Julie 1, 4. 
(Da ward getanzt) wie mit der — jo mit der Beſen— 
binderin. Bürger, die Weiber von Weinsberg. Der Buchbinder, 
der jedes Blatt auf ftarfes Papier aufzog, that fein Beſtes, die bier 
und da durch unire Fahrläffigkeit zerrifienen Ränder auszugleichen und 
herzuſtellen. Göthe, Leben 4 B. — Mundbinder bat Opig, 
d. poem. 1625. ©. 63. — Dreißig Wochen nad) dieſem lieft e8 (das 
Volk) von der glüdlihen Entbindung (der Königin). Schiller, 
Don Karlos 3, 4. Das junge Paar hatte fid) nad) ihrer Berbin- 
dung an einigen Orten nad) En agement umgejehen. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 2, 9. Neben feiner Kamilie mußte er feine Freunde, alle 
Fremde , die nur mit feinem Haufe in einiger Verbindung fanden, 
immer bei Tifche ſehen. Da. 1,11. Durch Ideenverbindungen, 
Die oft Berjchiedenartiges aneinanderreis’n, (kam er darauf). Platen, 


237 


die verhängnigvolle Gabel 1. ine unvermuthete Folge verfchiedener 
Bortverbindungen. Herder. 

Mit Berbindung (überhaupt das engere Berhältniß, in welches Eins 
zu dem Andern kommt, oder In welchem Eins zn dem Andern if) ift finn⸗ 
verwandt Verknüpfung (ſ. verknüpfen ©.2835), zunächſt die Vermachung 
zu einem Knoten (Knopf), danı allgemeiner die feitere, ſchwer zu Idiende 
Berbindung. Zufammenbang (|. bangen) das Aneinanderfein von Dingen, 
daß eins an dem andern hängt, hält. — Jeden freuet die feltne, der zierlichen 
Bilder Verknüpfung (bei einem Raäthſel). Böthe, Alexis und Dora. 
Dieje drei Städte ftanden unter einander in dem genaueften Zufammens 
bange. Schiller, Abfall der Niederlande 8. B. N 

Binde (ahd. pinta, mhd. binde) eigentlich Alles, womit etwas 
gebunden wird, bezeichnet im Bejondern ſolche Dinge, die im einzelnen 
Fällen zum Ber, Auf- oder Umbinden dienen. Davon Angebinde, 
Eingebinde (j. einbinden) auch (in der Volksſprache) Bindband; 
Aderlaß —, Barbier—, Haupt—, Leib— , Priefter— , Rofenbinde 
u.a. — Ich Darf nicht länger fchweigen, muß die Binde von deinen . 
Augen nehmen. Schiller, Piccolomini 5, 1. Did) bezeichnet die bur⸗ 
und'ſche Binde. Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 9. Ad), ein 
berzliches rothes Haubenband hätte Lea's blinden Augen fo gut wie 
eine rothe Aderlaßbinde der Wunde getban! J. Paul, Titan 13, 
Wohl ziemen dir zum Angebinde fid, Xieder und prophet’iche Worte. 
Uhland, auf das Kind eines Dichters. Möchten fie doc) zugleich be= 
denken, was wir ihnen als Eingebinde fchenfen. Göthe, fprichwört- 
ih. Und fie warf die Priefterbinde zu der Erde zümend hin. 
Stiller, Kaflandra. Und flüfternd wallt das fchwarze Seidenband, das 
jeit der Trennung, ftatt der Rojenbinde, fie um die Loden band. 
Salis, Monodie. . 

Bindahle, —art (bei den Zimmerleuten), —ballen, —eijen (in 
den Slashütten), —holz, —fnüttel, —ling (convolvulus sepium L.), 
—loch, — meſſer, —riegel, —riem, —flod, —weide, — wert, —wurm, 
—zeug u. a.; Bindebanf (in der Kriegsbaufunft), —bock (daſſelbe), 
— brief, (zum Namens- oder Geburtstag), —kalk, —knecht (im Waſ⸗ 
jerbau), — lohn, — mittel, — ſcheide (Sch. für das Binde» oder Bande 
mefler), — Ichlüffel, —ſchuß Cbei den Seidenwirfern), —Iparren, —ftein, 
—zeihen, zeug u. a.; Bindelbaum; Binderlohbn; Bindungs-> 
mittel. — Wilhelm aber brachte aus feiner Jagdtaſche einen Kraul 
Bindfaden hervor. Göthe, Meifters Banderiahre 1, 4 So fieht 
man erit mit bindelojfem Auge, daß man in den Tag bineinleben 
muß. Benzel- Sternau. Kein Bindewörtchen darf außenbleiben. 
Göthe, Werthers Leiden 2. 24. Der. So war fie eine Art Bindungs= 
mittel fürs Ganze. Göthe, Meijters Lehrjahre 5, 16. 

Bindlich ift außer Gebrauch gekommen; davon verbindlid 1) 
(jelten) verbunden werden fönnend; 2) zur Erfüllung verbunden, d. i. 








238 


fittlich genöthigt; 3) angemehm in feinem Benehmen gegen Andere, 
weil man ſich gegen fie verpflichtet (verbunden) hält und dadurch Ach- 
tung gegen fie ausdrückt. — Einer Frau bindlich (verbindlich) wer⸗ 
den. Logau, Sinnged. 2448. Sich bindlich (lat. stricte) wozu 
erfläuen. Def. HI, 9. Der Abendfuß, ein treu verbindlich Sie— 
gel. Göthe, Elegie. Er nahm den Grafen ungemein verbindlich 
auf. J. Baul, Zitan 34. 

Anheiſchig (von ahd. heizan, mhd. heizen, nhd. heißen — geloben) durch 
Verſprechen verbindlich, d. 1. durch Verfprechen zur Tihernommenen Erfüllung 
genöthigt. — Artig (von Art, ahd. mhd. art, urfpränglih Pflügung, wol 
auch Aderbau und Feldfrucht, zu ahd. aran, mhd. eren — pflügen [vgl. gr. 
«oovv, fat. arare — pflügen, gr. apros = Brot], dann Geſchlecht, anges 

: bone Eigenthümlichkeit, Befchaffenheit, Weife) überhaupt (von guter Arı) 
angenehm durch fein Benehmen gegen Andere. Gefällig (f. fallen) Andern 
gern Gefallen erzeigend, etwas zu Gefallen thuend. — Sie ließ zu diefem 

Ende einen Eid auffegen, durch welchen man fih anheiſchig madıte, den 

romiſchkatholiſchen Glauben zu befördern. Schiller, Abdankung Wilhelms von 

Dranien. Aber das iſt gar nicht artig, daß Sie Keute, die Ihnen gut find, 

fo ängftigen. Xeifing, Minna von Barnhelm 3, 10. Ich bitte did, arti⸗ 

ger junger Menſch, laß uns befier mit einander befanut werden. Shakſpeare, 
fo wie e8 euch gefällt 4, 1. Wie fie gefällig überall mit den Frohen fi 

freut, mit den Traurigen trauert. Voß, Luiſe 8. b. 418. 

Verbindlichkeit d. i. Gehaltenfein zu etwas durch (möthigende) 
Bewegungsgründe, dieſe mögen num fittlich oder rechtlich fein. — Weil 
fih mit kurzen Worten an läßt, was er mir für Verbindlich— 
feiten fchuldig war. Göthe, Benvenuto Bellini 2, 9. Nach der 
Berbindlichleit, die mir der Fürft noch kürzlich aufgelegt. Schil- 
fer, Piccolomini 1, 1. 

Pflicht (I. pflegen) zunächſt fo viel als Pflege, nur in verflärftem 
Begriffe; davon 1) ertheilte Kürforge (cura), Unterhalt, Nubung; 2) Abs 
bängigfeitsverhältniß, Dienft; 3) Gebot, welches man zu halten und zu befols 
gen verbunden ift; 4) rechtliche Verbundenheit, die auf einer inneren oder 
Gußeren NRöthigung beruhende Verbindlichkeit zu einem Berbalten; 5) feit dem 
Anfang des 18. Jahrh. mehr fittliche (moralifche) Verbindlichkeit; dann 6) 
die aus fittlicher Nothwendigkeit hervorgeheude Handlung. Die Schuldig- 
feit (ein fpäter gebildetes Subft. von ſchuldig, abd. sculdic, mhd. sculdic, 
agf. scyldig, diefes von Schuld, goth. skulds, ahd. scult, mhd. schuld, 
altn. sculd, agf. scyid, altfrief. skelde, diefes von follen, goth. skulan, 
ahd. sculan, sulen, mhd. schullen, süln, soln, altf. sculan, agf. sculan. 
scöalan, scöaldan, altu, skulu; vgf. Tat. scelus) die verbindliche Beziehung 
zu etwas, daß es geleiftet, erfüllt werden foll, dann die aus jener verbind⸗ 
lichen Beziehung bervorgebende Handlung. Die Obliegenheit (f. liegen) 
eigentlich was ob (= auf) Einem liegt,. die anfliegende Verbindtichkeit, fie 
mag nun übernommen oder auferlegt fein. — Die Zeit begehrt ihr Mecht 


und wert ipt meine Pflicht. Günther. Die kommen dann und zollen dir 
Huldigung und Pflicht, Bürger, an Themiren. Daß fie nichts, als ihre 
Schaldigkeit gethan. Schiller, die Geufen. Streng beobachtete er alte 
Dpliegenbeiten. Göthe, ital. Neife, Neapel 26. Mai 1737. Wenn fie 
ihr auvertrantes Amt nah Obliegenheit verwalten. Schiller, Abfall der 
Niederlande 1. B. Daß ih den Gläckwunſch meines Herm und Königs zu 
ihren Füßen ſchuldigſt niederlege... Ich weiß, Lord Burleigh, was mir 
ebliegt. Scäiller, Maria Stuart 4, 2. 
Dindfel (Volksſprache) dasjenige, womit etwas gebunden wird. 
— Der Bendel, bei Bampe das Bändel, als Diminutiv von 
Band ') (ahd. der penül, mhd. der bendel, davon brustpendelön 
— mit dem Bruftband umgürten) ein Bändchen (in der Volksſprache 
der Bennel = dasjenige, womit etwas gebunden wird, von nıäßiger 
Länge, bejonders Schuh und Strupfbennel), dann in Oberdeutjchland 
eme Art Kopfputz in Geftalt einer Bandichleife. 
Das Band pl. Bande?) (goth. bandi, ahd. pant, mhd. bant, 
egf. bend) 1) das, womit etwas gebunden wird, mit der Nebenbedeus 
daß daflelbe von Metall ift; davon (jedoch nur im pl.) die koͤr⸗ 
ihen Haft: und Zwangsmittel zum Benehmen des freien Gebrau- 
ches der Glieder und hierdurch der Freiheit, diefe Mittel mögen num 
gelinde oder von größter Strenge fein; auch fchlechthin das Gefängniß; 
2) überhaupt das, was in einem Verhältniſſe feithält; 3) (da⸗ 
mit aufammenhängend) die Berwandtichaft vom Kind zu Vater oder 
Butter. — Das Band, pl. Bänder 1) (überhaupt) das, womit 
etwas gebunden wird; 2) (in gewöhnlicher Bedeutung) ein langes, 
ihmales und dünnes Gewebe, deffen man fi zum Binden, oft auch 
nur zum Putze bedient; 3) (in weiterer Bedeutung) einem Bande ähn- 
licher oder anf Band befeftigter Schmud von edeln Metallen und Edel- 
keinen, für verfchiedene Theile des Körpers; 4) (in mod) weiterer Be- 
deutung) rund zufammengedachte biegfame Körper zum Binden: Stroh—, 
Beidenbänder. — Das Band ift ferner 1) eine Gefellfhaft (auch 


2) Es iſt eher mit Grimm an eine Ableitung als an eine Verkleinerung zu 
denken, wie aus dem Geſchlecht fich ergibt .(Grimn fagt der B.): äber iro dr 
bun näm si den bendel Aha, den si iro gäb sih zebrüstpendelonne d. i, 
aber ihr (ſich) felbft nabm fie den Bendel (Gürtel) ab, den fle ihr gab, fi damit 
die Bruft zu nmgärten. Marc. Capella bei ®. Wadernagel 153, 6. 

®) Unorganiſch, doch gerade nicht fo felten, ift der pl. Banden: Du, ad 
da hatt ausgeſtanden Kälterreden, Spott und Hohn, Speichel, Schläge, Strid und 
Banden, du gerechter Bottesfohn. Homburg. Wann du und getruwtift uß difer 
Gefahr zu peifen, fo wölt ih dich diner Banden ledigen. Tſchudi, Chranit I, 
@. Lange hab’ ich vor dem Bild geilanden und ich fühlte frei mich alter Bans 
dem. Körner. Sch dulde feine Banden... Gott hat gelöft die Banden. Rüs 
dert, gei. Ged. 3, 5. 291 (im Reim). Napoleon, der um die verbündeten Fürſten 
an feinen Thron zu knüpfen, ihnen andere Banden innerer Verpflichtungen ab- 
nahm. Jacobs, verm. Schriften 1, 240. Längſt hätt' ich des Lebens Banden 
aufgelöft mit fühner Haud. Rovalis, Heinrich von Ofterdingn 1, 4. 





240 


die Bande): Muſikband; 2) eine Zufammennahme von finf bis ſechs 
eiſernen Zaßreifen (ſonſt auch Gejpann genannt); 3) eine Art Tonnen⸗ 
maß in Seeftädten; 4) im Geſchützweſen ein Reif, welcher den Kano- 
nenlauf umgibt und mit demjelben zugleih gegoflen wird: Hals-, 
Mittel-, Kommerband. — Andere Dinge bezeichnen veridhiedene Hand⸗ 
werfer durch den Nusdrud das Band, pl. meift Bänder — Der 
3ände, 1) der Stoff, in welchen ein Buch gebunden ift 
\ )); 2) das, was von einem Buche oder Werke zuſammen⸗ 
| d; 3) (veraltet) joviel als Bund. — Die Bande 1) 
| Trupp; 2) Rotte im verächtlihen Sinne; 3) der Rand, 
| 3; Schiffes, der gepoliterte Rand des Billards. — Ic 
e Hände) aus den Banden. Shakſpeare, König Johann 

! dulde feine Banden (gereimt auf Schanden). Rückert, 
ger. wen. 5, 5. Sie find jelber auferftanden aus Handwerfe- und 
(Sewerbes- Banden. Göthe, Zauft 1, 53. Ich bin gefangen, id 
bin in Banden. Schiller, Maria Stuart 3, 1. Schnell fnüpfen fid) 
der Liebe zarte Bande. Schiller. Bift du mit nähern Banden 
ihm verbunden. Göthe, Iphigenie 3, 1. Gejchwilter von zwayen oder 
beiden Banden (auch zwaybändige) d. i. von Seiten des Baters und 
der Mutter; Gejchwifter von einem Band (auch einbändige) d. i. 
von Seite des Vaters oder der Mutter führt Schmeller an 1, 179. — 
Röschen gab ihm Bänder mancher Farbe, kam die Ent’, an jeinen 
Schnitterhut. Hölty, Elegie. Und das Band, das ung verbindet, ſei 
fein ſchwaches Rojenband. Göthe, mit einem gemahlten Band. So 
fing ich an damit die Nägel zu unterfuhen, wodurch die Bänder 
der Thüre befeftigt waren. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 11. Das 
Band (die Vorgefegten einer Gefellihaft) heiße den Fremden will- 
kommen. Göthe, Meifters Wauderjahre 3, 1. Das (Blut) die ver- 
fluchte Schaar zu jtärden ihren Band, zu flürken in den Grund ihr 
üldnes Vaterland, aus Berg-Kriftallen trindt. Lohenſtein, Cleopatra 
‚, 653. Vier pfund Salz weites Pandes, und jechzehen pfund 
enges Paudes. Schmeller 1, 179 aus dem 3. 1359. — Sie jehen 
den prächtigen Band des Buches. Nabener, Zueignungsichrift an 
Sanchos großen Eiel. Ein Autor fchreibt jehr viele Bande. Gellert, 
der unfterbliche Autor. — O diefe wilden Banden, die eud folgen, 
die raſchen Diener eures Zorns, fie find nicht eure Freunde! Schiller, 
Braut von Meſſina. Daß in der Gegend von Baniffa uns eine Bande 
Räuber auflel. Göthe, Benvenuto Gellini 2,8. Phylax, der... oft gan- 
zen Diebesbanden durch fein Bellen widerftanden. Gellert, der Hund. 
Kette (ahd. ketina, chetinna, mhd. ketene, altn. kedia, aus lat. catena) 

ein Geräth, welches aus ins oder aneinander zu fortlaufender Reihe geſchlun⸗ 
genen Ringen oder fo gefügten vielen Gliedern beſteht, gewöhnlich auf die 
große Befchwerde und daher an die Laſt des gebundenen Zuftandes biudens 
tend, fig. auch gebraudt, um bindende oder gebundene Berhältnifie der 


341 





beuommerten Sreihäit auszubeüden, diefe mögen nun befchwertich oder angenehm 
bein. Fefſel (ahd. fezzara, hd. vezzen, agf. feteor, alle mei — Fuß⸗ 
eiſen, ahd. vazzil, mbd. vezzel, agf, fetel, altn. fetill = Gürtel; vgl. fat, 
fasciola, fascia = Binde) beengendes Haftwerkzeug um die Glieder. — Ringe 
find's, die. eine Kette machen. Schiller, Maria Stuart ?, 2. Bill an den 
ſchroffſten Kelten Thraziens mit dDiamantnen Ketten ich die Arge fchmieden. 
Schiller, Semele 2. Durch der Hände lange Kette nm die Wette fliegt der 
Gimer. Schiller, Glocke. Anmuth'ger Lipp' entiteigen goldue Ketten, und 
Keiner iſt aus ihren Haft zu veiten. Gries, Taſſo 4, 88. Legt ihr dreifache 
Zeffeln an! Schiller, Jungfrau von Orleans 5, 10. Du fehrteit mit 
neuem euer, mit neuer Inbrunſt in meine Arme zurück, in die ich dich nur, 
ale im leichte Bande, uud nie als in fchwere Feſſeln ſchloß. Leſſiug, 
Miß Sara Sanıyfon 2, 8. 

Achſel —, Armband u. a. — Die Achſelbänder begeiftern 
ech. Göthe, Meiſters Lehrjahre 1, 1. Welhe Armbänder! Daf. 
$, 12. Die Herzen flimmen überein, das ftiftet ein gut Eheband. 
Schiller, Jungfrau von Orleans, Prolog 1. (Sie) brachte ein Bud) 
mit, das man bald au Form und Einband für einen fleinen geo- 
gaphiichen Atlas erkannte. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 16, Wie 
mt Eiſenbanden bleibt die Seele in's Innerſte des Bufens Dir 
geichmiedet. Göthe, Iphigenie 1, 2. Canitz, Hagedorn ... flanden 
m ihönen Franzbänden in einer Reihe. Göthe, Leben 2. B. 
Denn es vereinten mich die engften Freundſchaftsbande, o, mein 
erihlagner Herr, mit dir. Alginger, Doolin 5, 38. (Da ihr) an der 
Zreude leihtem Gängelbande jelige Geſchlechter noch geführet. 
Schiller, Götter Griedenlandse. Die Sonne zog Wafler in langen 
mwolfigen Strahlen, aber mir fam es vor, als fei die Erde mit Glanz- 
Bändern an die Sonne gehangen und wiege fid an ihr. 3. Paul. 
Die großen goldnen Ketten ftehen ihnen zu Geficht — wie dem Schwein 
das Halsband. Göthe, Götz von Berlichingen, 4. Ad), ein herrliches 
rothes Haubenband hätte Lea's blinden aus jo gut wie eine rothe 
Aderlaßbinde der Wunde gethan! 3. Paul, Titan 13, Uns allein hat 
er fie verbunden mit Himmelsband, Göthe, meine Goͤttin. Ein 
Ruieband zeichnet mid nicht aus. Göthe, Fauft 1, 212, Muß fie 
im Tod mit Liebesbanden mich umftiden? Schiller, Maria Stuart 
5, 10. Er brachte ein Käftchen mit, nicht größer als ein kleiner 
Detanbayd. Götbe, Meiftens Wanderjahre 1, 4. Er hört, wie 
fienreich ihn Die Drdensbänder preiien. Uz, Kunſt, ſtets fröhlich 
zu fein 3. ES Löft fih auf dad Perlenband. Göthe, Kauft 2, 46. 
Da band ich fie. mit Rojenbändern. Klopſtock, das Rofenband. 
So hält mid Thoas hier, em edler Mann, in exaften, heil’gen 
Schauenbanden fell. Götbe, Iphigenie 1, &. Du bit an 
wih geknüpft mit jedem zarten Seelenbande, - Schiller. Und 
füßand. wat das ſchwarze Seidenband. Salis, Monvodie. 


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in königliches Stirnband. Schiller, Maria Stuart 1, 1. Das 
Strunpfband den ih auch wohl mit. Göthe, Goldſchmieds⸗ 
gefell. Daran (am Panzer) ein geflodhtenes Tragband. Voß, Odyſſee 
17, 198. Der Rojenichleife Stel’ nahm ein ſchwarzes Todtenband. 
Schiller, Kindesmörderin. Man mußte für einen neuen Berband 
: "Öthe, Meifters Lehrjahre 4, 9. Die machtigeren (Stände) 
von dem Berbande foszulöien. Göthe, Leben 12. 2. 
fein feines Zopfband einfiel. Er ſpuhlte freudig das 
ie Wickelband von jeinem Kopf m ihren. J. Paul, 
Ich weiß nicht, was mir hier gefällt, in dieſer engen kleinen 
yoldem Zauberband mich Halt?! Göthe, Einichränkung. 
beide (Hoffnung und Erinnerung) bin zur Gegenwart und 
weben dies Zwifchenband mit Blumendeden zu. Tiedge, Urania 4. 
Bandachat, —ader, —ähnlih, —alabafter, — blume, — bohrer 
(bei den Zimmerleuten), —büfchel, — draht (bei den Drabtziehem), 
—faß (Weinmaß in der Schweiz), —fabrit, —fih, —förmig, —frau, 
—gefimje, —hafen, —handel, — händler, —handlung, — holz (bei den 
Bötthern), —fegel, —kieſel, —fram, — kraͤmer, —freng, —laden, 
—macher, —mann, —marınor, — meißel, —mefler, —nıatte, — muͤhle 
(Art Weberſtuhl), — nagel, —natter, — nudel, — quaſt, —reif, —rofe, 
—ſchachtel, —ftein, —ſtock (was —Holz), —ſtreif, —ſtück, —ſtuhl, 
—treſſe, —tute, —weber, —weberei, — weide, — wirker, — wirferel, 
— wurm, —zieher, — zwitter (Art Zinnerz) u. a; Bandenfaden 
(bei den Seidenwirkern), —ſchaft, —tritt (beide bei den Seidenwir⸗ 
fen); Bänderjaspiß, —lag, —reih, —ſchuh u. n.; Wand, band-, 
wiet« und nagelfeft. J. Paul, Vorzüglich die Bandgewerbe, die 
hier befindlich find, geben einem großem Theile der Einwohner Nah: 
rung. Campe. Im Feuer der Action blieb er mit der Spike jeines 
Degens an der Bandfchleife meines Bügels bangen. Göthe, Leben 
3.83 Das Bandwefen der Fußwurzelhoͤhle beiteht aus mehreren 
iehnigen Streifen, welche jene Höhle ausfüllen. Wiedemann. Gib 
bandenlos machen. Morhof. Bandenloſigkeit gebraucht Kant. 
für Zügellofigkeit, Ungebundenheit, jo auch Niemeyer: die nene Re 
ligion, deren einzige Abficht war, das Anjehen der jüdiſchen Religion 
zu ftürzen und eine Bandlojigfeit des Lebens, die nahe an 
Heidenthum grenzte,. einzuführen. Em aa je Jahre jpäter möchte 
diefe Bandenlöſung zu ſpät kommen Bampe Yu bemerken ifl, 
daß Hofrath Loder eben Die Bänderichre las, den höchſt wichtigen 
Theil der Anatomie: denn was vermittelt wohl Muskeln und Kuochen, 
als die Bänder? Oöthe., =: und Jahreshefte 1794. Alsdann 
wird das längere und feinere Theil Dderjelben (der Baumwolle) mit 
einem ftumpfen Meier bäderweije abgenommen. Göthe, Meiſters 
Wanderjahre 3, 9. Ä | 
Bändig (mhd. hendec), Bände (und Bande) zählend; in Banden, 


| u —— — —— —— 


7 
—* 


J— 


243 


ern davon unbändig und bändtgen (mhd. benden = in 
ſchlagen); 1) etwas gänzlich bezwingen, daß es ſich nicht mehr 
äußern (handeln) kann; 2) die bereits ausgebrochene oder ausbrechende 
Leidenfchaft vermindern; Daum Bändigung, Bändiger. — Daher 
hatte Albano in feinem Bücherriemen einft die vielbändige Ency— 
clopädie aller Wiffenfchaften gebückt zu ichleppen. 3. Paul, Zitan 11. 
Ya vielbandigen'Zloß. Voß, Odyſſee 5, 33. Bogit du den Naden 
in’d Joch jo nie Sinne? Voß, Luife 3. a, 148. Ein weijer 
Mann mad’ ihm die Sternen bündig. Opitz, von der Wahrheit 
der chriftlichen Religion, nah H. Grotius, ©. 53. Sidingen ift un« 
bandig in feinem Zorm. Göthe, Götz von Berlichingen 4 — Das 
Volk ift Länger nicht zu bändigen. Schiller, Jungfrau von Orleans 
5, 9. Die Naht, die Bändigerin der Götter und Menſchen. 
Bob, Ilias 14, 359. Gehe zum NRoffebändiger Neitor. Voß, 
Odyſſee 3, 17. Die beiden Amtleute waren gekommen, Jäger, 
Bferdebändiger Göthe, Weiters Wanderjahre 1, 6. Denn mir 
fd fie verhaßt, die rohen, welche der Männer jüße Genteinfchaft 
fliehen und, en jeden reinlichen Reiz, den 
Schmuck der Weiber, entbehren. Göthe, Adilleis. 

Zügeln (von Zügel, f. ziehen) Zügel anfegen, etwas in Schranten 
balten, fe daß es fih nur in dem Grade Außern fann, als man zuläßt. Zähe 
men (von zahm, abd. mhd. zamı, agf. tam, altn. tamr, aus ziemen fiche 
©, 46) zahm machen, etwas fo einfchränfen, daß es dem gefitteten Zuſtande 
anpast (fi ziemt). Maͤßigen (von mäßig, ſiehe mefjen) eigentlich in 
das gehörige Groͤßenverhältniß niedergehen machen, dann Überhaupt von einem 
ftarfen Grade zu einem mindern zurückkommen machen. -- Keine Kurcht, kein 
Zweifel zügelt ihren (der Zeit) Kauf, wenn fie enteilt. Schiller, Sprüche 
des Gonfurind. Seht mit des Zuckers linderndem Saft zähmet die herbe 
brennende Kraft! Schiller, Punſchlied. Der rohen Thierfinn zähmte zur 
Menſchlichkeit. Bob. (ES) ſchnauht die Mordluft ungezähmt im Buſen 
der Barbaren. Wieland, Oberon 5, 37. Mäßige dih, Ste! Schiller, 
Wallenſteins Tod 2, 3. 


Bebändern, d. i. mit Bändern vexjehen, bejeken, zieren. — Ich 
kann mir die bebänderten Buben und Mädchen und ihre Bewer» 
gungen noch jetzt zurüdtufen. Göthe, Leben 3. B. Nun eröffnete fie - 
die Schadhtel, und ich mußte mic) Des re und wohlbe- 
bänderten Kopfpuges mit ihr erfreuen. Göthe, ital. Reiſe. 8. Sept. 
Bebändert find die Gegelitangen.. Platen, der Thurm mit fieben 
Pforten. 

Der Bunb (abd..punt, mhd. bunt), 1) der Zuftand, da mehrere 
ihartige Dinge, in uneigentlicher Bedeutung, da mehrere gleichge- 
te Berjonen, ja ganze Staaten mit einunder verbunden find; 2) Die 

it der Berbiindenen ; 3) die Schriften des alten und neuen 


16 * 


244 


Teftaments, gleichſam als ein Bertrag, den Gott dort mit den Juden, 
bier mit den Chriſten geſchloſſen hat; 4) ein Streif, der bei Kleidungs- 
ſtücken angenähet wird, um dadurch Yalten oder mehrere Theile feit zufam⸗ 
men zu halten; 5) eine gewiſſe Kopfbedeckung ( bei den Türken) ; 6) an In⸗ 
firumenten jede Abtheilung des Griffbrettes von einem Steg zum am 
dern. — Das Bund (oft auch der B.), mehrere zujanmmengebum- 
dene Dinge, oft durch Gebund vertreten. — Göttlicher Vater, Die 
Tage des Heil und des ewigen Bundes unhen fih mir. Klopſtock, 
Meiiins 1, 4. Der Schwytzer wird die alten Binde ehren. 
Schiller, Zell 1, 4. Hochwachten ftellet aus auf euren Bergen, Daß 
fihh der Bund zum Bunde rafch verſammle. Daf. 4,2. Alſo ware 
der (ichwäbifche) Bund vmbgeworfen, als ein.gebund ſtrehe. Lim⸗ 
burger Chronik ©. 98, Der fhwarze turbanähnliche Bund. Gaudn. 
Sie jucht der Schlüffel fchweres Bund. Kind, rt, 16 Anden: es 
den Bund (Schlüſſel) hHimreichte. Grimm, Marienfind. Das Scmeider: 
fein legte fih in die Ede auf en Bund Stroh und ſchlief ein. 
Grimm, vom Mugen Scneiderlein. Nachdem fie den Schlüffel ge 
wählt im Gebunde der Wirthichaft. Voß, Luiſe 3. b. 592.. 
Bündniß (mbd. diu buntnisse) Zuftaud der. Verbindung und der vers 
bindende Bertrag, nicht aber die Geſammtheit der Berbundenen. — Wir ftif- 
ten feinen neuen Bund; es ift ein uralt Bündniß nur von Bäter Zeit, 
das wir erneuern. Schiller, Tel 2, 2. — Mit Benlus blieb ebenfalls ein 
immer gleiches Berbündnig. Göthe, Tags und Jahreshefte 1801. (Ich) 
fünnte mich durch ein Ehebündniß retten. Göthe, Eugenie 5, 7. Wird 
diefes Freuudesbündniß, das wir jet erneut, auch noch die fpäten Enkel⸗ 

fühne vereinigen? Schiller, Zunafrau von Orleans 3, 4. 

Anm. Wie Göthe verftärft Verbünduiß fant, fo Opip Verbund flatt 
Bund: Doc inner dem Berbundt, den du mit Abraham thatſt machen. Demtfch. 

Pocm. 1625. ©. 46. Derfelbe ſagt au: bey der Buudniße. Ueberſ. von 
D. Heinfius Lobgeſang. 

Auf, Ausbund u. a. — Sanft umſchlang ihn (den Kranz) 
welliges Haar ringsum, es verbarg ihn hinten der Aufbund. Voß, 
Luife 3. a. 200. Ihr, als einem Ausbund weiblicher Schönheit 
und Tugend. Göthe, Leben 14. B. Maßen vielleiht dir die Troer 
ein Gut, ausbündig vor anden? Bob, Ilias 20, 184. Das 
(Reich) in dem Bruderbund unzaͤhli e Völker vereinet. Pyrker, 
Tunifia 8. wo forglo8 geb’ ih mid ihm bin, im Schwur des Bru- 
derbundes. Ziedge Ein fchöner Doppelbund vereinigt die Bar- 
teien. Bürde Mit Gunft, ſprach eime dritte Dame, ich geböre 
auch zu dem Dreibunde."Benzel-Sternau. Der Sprößling unjeres 
Chebunds Uhland, H. Ernſt 1, 1. Um ihren alten Kreund- 
ihaftsbund zu frönen. Uhland, normänniſcher Brauch. Das zum 
engen Jubelbund der Liebe unſre Herzen an einander zwang. 
Schiller, die Freundſchaft. Wo er im Kriegsbund mächtige —* 


243 
8 — 
vereint. Burler, Rudoiph 1. Shen ift um ihn verſammelt der beften 
Ritter Kem, vom edein Löwenbunde die Grafen und die Herm. 
Uhland, die Döffinger Schladt. Brennen empor Reisbunde mit 
haͤufiger Glut. Voß, Ilias 18, 211. Wie er denn die eigentliche 
Seele des wunderlichen Ritterbundes war. Göthe, Leben 12. 2. 
Jetzo erhob er die Recht an des Stirnbunds Zier. Pyrker, Zus 
niflas 1. O fhöner Wechſelbund der Männertreu! Collin. 

Die Synouymen von ausbündtg fiehe S.56. — Für ausbündig findet 
fi im 16. Jahrh, 3. 3. bei S. Müniter, in der Rhetorica vou A. Hugo (Tüs 
bingen 1528) meiſt fürbinvi ‚ fürbündie, mbd. fürbündic. 

Anm. Der Rinbund fit in der Volksſprache 1) jo viel ald Angebinde; 
2) der Einband eines Buches; 3) Maffe von Speisingredienzien, die, in eine mit 
Butter beichmierte Servierte eingebunden, gefotten wird, Pudding. 

Buwdart (bei den Zimmerleuten), —blume, —frei, —futter, 
—haube, —holz, —ſchuh 1), —fländer (bei deu Zimmerleuten), — ſteg 
(bei den Buchdruckern), —weile u. a.; Bundes behoͤrde, —feld, 
— feſt, —kreis, — maͤhßig, —ſchreiber, —ftadt u. a. — Gr habe 

rt, wie unmwürdig man an feinem Schwager bundbrüdig 

orden ſey. Göthe, Götz von Berlihingen 4. Das leinene 
einkleid hüllete bis zu der Ferſe hinab, und den ledernen 
Bundſchuh. Pyrker, Rudolph 3 Bundesflüchtiger Berräther. 
Schiller. (Ihr) laßt nun eures Zornes Galle an mir, dem Bunds- 
freund, aus. Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 1. Und wären’s 
zwanzig Bundesfürſten. Shakeſpeare, Antonius und Cleopatra 3, 11. 
Laßt Die Bundsgenoſſen uns verſammeln. Shakejpeare, 3. Cäſar4, 1. 
Bin ich nicht eure freue Bundsgenoſſin? Sciller, Jungfrau von 
Orleans 2, . Doch die, bundesgefellt, in den ſchimmernden 
Reih’n fie erblidten. Pyrker, Rudolph 11. Wodurd er in Die Lage 
gerathen, von den Bundesgliedern des Entſagens aufs freumd- 
lichſte in die Mitte genommen zu werden. Göthe, Meiſters Wander- 
jahre 2, 7. Sie verabreden Bundeshülfe gegen gemeinſchaftliche 
Freunde. Kinderlin. Der Eherubim Fittige rauſchten fürchterlich her 
vou der Bundeslade. Klopſtock, M.4, 73, «Hier feiert, dem Agapun 
gleich, ein heitres Bundesmahl im Stilen. Pfeffel. Die fattlichen 
Herolde jego führten Die Bundesepfer herbei. Voß, Ilias 3, 268, 
Er wũuſchte Feier fraber Bundestage, Göthe, Engenie. 4, 3. Erſäuft 
jei aller Groll in dieſem Bundestrunf! Schiller, Piccolomini 4, 7. 
In diefer jungen Dame, gelingt mein Werk, ſoll eine Bundsver- 
wandtin, foll eine Königin uns blühn. Schiller, Don Karlos 2, 10, 


) Bundſchuh 1) Schnürkiefel;2) Empörung, Meuteret, zunächſt der Bauerne 
aufdand im 16. Zabrh., weil die Aufrührer einen jolhen Schuh als Sn auf 
einer Etange oder and. in den Kahnen führten. So Campe. Da die Redens- 
art: einen buntschuoch üf werſen — fi empören, ſchon mhd., alfo_ vor dem 
16, Jahrh. vorfomen; fo darf mar wol mit Schmelter au das peintiche bunt 
= Benterei, buntschak == Ropihweif kaufen. — J 





246 
& 

Bundig (mhd. bündie = verbündet, vgl. md. bunt — Ber 
pflichtung, bumtlich — verpflichtet), eigentlich verbindend, rechtsgiltig, 
Daun fräftig überzeugend, gleichſam den Geift bindend durd die in⸗ 
wohnende Kraft der Nichtigkeit. Davon Bündigleit. — Der der 
ganzen Verſammlung auf eine jehr bündige Art vorftellte, wie es 
die Ehre der Krone erfordere, den Deutichen Fürſten beizuftehen. Schiller, 
Denfw. aus d. Leben des M. BVieilleville (Das) will ich fo kurz 
und bündig ald möglich eröffnen und darfiellen. Göthe, Leben 16.8. 

Grundlih (ſchon im 15. Zadrh. grunilich fig. —= gänzlich und vollig, 
von Grund goth. grundus, ahd. krunt, mhd. grunt, agf. grund, altn. 
grunor, Paifivform von agf. grindan — zerreiben) jo viel ald von Grund 
aus, oder was bis auf den Grund geht. — Beurtbeil’. ih nun aber einen 
ſolchen Manu dankbar, wohlwollend und gründlich, fo darf ich nicht ein- 
mal fageu, daß er eitel geweien. Göthe, Leben 15. 8. 

Bundifch (in einem Bunde gegründet, ihm augemeſſen, denfelben 
betreffend), Bündner (Mitglied eines Bundes), verbünden (einen 
Bund jchliegen) find an ſich klar. — Da waren felbft einige von den 
Bündiſchen, die zu mir fagten. Göthe, Göß von Berlichingen. 4. 
Bereint fünfhundert muthigen Bündtnern. Pyrker, Tuniflas 3. Die 
zwei Bündner mogen den a Laib auf einer billigen Wage 
gleich. 3. Paul, Siebenkäs 6. erbündet bat fid) Alles wider fie. 
Schiller, Maria. Stuart 2,.3. (Es) war nun Wilhelms erftes An⸗ 
liegen, fi) den Berbündeten wieder zu nähern. Göthe, Meifters 
Wanderjahre 3, 1. Des Waflers und des Feuers Kraft verbündet 
fieht man bier. Schiller, Gang nad) dem Eijenhammer. 

Bündel (das, oberd. und mhd. aud) der bündel, aus ahd. da 
kipuntili, gabuntili, mhd. dag gebündel, gebündelin), eine anfchet- 
nende Verkleinerungd-, in der Wahrheit aber eine Ableitungsform und 
darum wol beſſer der Bündel, bezeichnet einen Haufen von Dingen 
als zufammengebundene Mafje, vornehmlich zum Zragen, und beichränft 
gerne den Begriff auf Zufammenhalten durch ein Band. Bündeln ift 
jelten. — Seine Schultern würden fein Reigbündel tragen. Göthe, das 
Maͤhrchen. Manchen alten Heft- und Papterbundel durchzuſehen. Göthe, 
Zag- und Jahreshefte 1807. Es hat ihn jener Schalf betrogen und ihm 
den Bündel abgepadt. Göthe, der Müllertn Berratb. Sie raubten 
nun das Kleiderbündel. Da. Du nimmft bei dieſem großen 
Schritt nur feinen großen Bündel mit. Göthe, Zuuft 1, 102%. — Das 
Bündeldhen unter dem Arme. Göthe, Alexis und Dora. Eben jo 
verkaufen fie bündelmweis den Hafer. Göthe, ital. Reife, Girgenti . 
236. April. — Befler flünde er fid) dabei, als bei der Schriftftellerei, 
— ohne dieſe nur immer etwas zu bündeln und zu ſchnüren wäre. 

ür 

Bad (S. 225) bezeichnet allgemein einen Haufen von Dingen, die bei 

dem BZufammenthun nicht bloß durch ein Band zufammengehalten, fondern 


“ 


dis das Angebundene.) — Ich weiß mich trefflih mit der a 


847 


durch irgend einca äußern Umſchlag völlig umfchlojien werden. Gin größerer 

Pad heißt im gemeinen Leben auch das Paden. — Man gibt mir einen 

Bad Briefe. Gothe, Meiſters Wanderjahre I, 6. Wie man ein Pad Zeir 

tungen lieſt. @örhe, Meiſters Lehrjahre 6. (Ich) praktizir' ihnen die Klei⸗ 

der weg, und heraus mit dem Pad zum Thor... Schiller, Räuber 2,3. Ich 

babe eine Epedfeite und zwei Baden Jugwer. Shakſpeare, König Heinrich 

IV. 1. Thl. 2, 1. 

um. 1. Zu binden gehört auch Binje für Binße (ahd. pinuz, nıbd, 
bisez, binz, eugi. bent, bair. Bimaip, mittelrhein. dafür Simfe, Sumie 
und Simmele, vielleiht von Sump, d. I. Sumpf, weil fie gerne da wachfen) 
wie fat. juncus — Binfe zu jungere — binden. — Bänd' es auch nur leicht, 
wie die Binfe den Kranz. Gdthe, Herbit 69. 

Anm. 2 Bein (goth. bain, ahd. mhd., altn. bein, altj. altfrief. neunie- 
derfänd. neunicederd. jhwer., dän. ben, agf. ban, ſchottiſch bain), von Ginigen 
anf gr. Jaiseır — gehen zurüdgeführt, kommt wahrſcheinlich von einen dem bins 


-den zum Grunde liegenden beinen und bedeutet alfo das Berbundene, 


Anm. 3. Mit binden au derjelben Wurzel gehört auch Bann (ahd. pan, 
mb. ban, nuittellat. bannus, bannum und bandus, bandum), baunen (ahd. 
kannan, mihd. bannen, altu. altfriei. baana, neufriel. banjen), Bandit d. i. 
eigentlich der Verbaunte (ital. bandito, deutſchlat. bannitus), Gontreband (ital. 
contrabando, franz. contrebande, von lat. contra und deutihb Bann), Bau— 
dage, Bandaglit (franz. bandage, bandagiste) und Banner, er Unhd. 
daz banier, daz banger, din haniere, daz paner, panner, der banner, engl. 
banner, verberbt aus altfranz. la baniere, dieſes aus ital, handiera, mittellat. 
baneria, banerium, banderis, bandum, ipäter gr. bei Procopius davdor, alle 
aus dem Deutichen hervorgegangen, wo geth. bundvs, bandvö = Zeichen, bandv- 
jan — ein Zeichen geben oder winten, langobard. band — Fahne, d. i. urfprüng«- 

ei, doch mit dem 
Blurbann ſchlecht mid abzufinden. Göthe, Kauft 1, 195. Hätte nicht einmal 
in Baris ein Kerl fih mit fonterbanden Waaren in eine Pudelhaut einnähen 
lafien. 3. Paul, Heſperus 26. Albano fei am andern Morgen blind und taub 
binter der breit vorgebundenen Binde des Bandagiiten Amor dort gefeflen. 
J. Baul, Titan 30. Bon welcher Bandagiitin er irrig ſchloß. Daſ. 18. Wo 
ein mähtiges Banner flatterte. Pyrker, Rudolph 7. Bei Mildenberg am Maine 
ſah man den fähfiihen Banner. Rückert, geſ. Gedichte 3, 274, 


Finden, 


(Wurzel fan—d, fin—d; fand, find; vgl. fanffe. path = gehen, 
fat. venire — fommen, invenire finden.) 


Zinde, fand, gefunden, finden (ahd. fLv)indu, fLv)ant, f(v)un- 
dumes, f(v)undaner, f{v)indan; nhd. vinde, vand, vunden, ge- 
vunden, vinden; goth. finthan, altj. agſ. findan, altn. altfrief, ſchwed. 
fiona, neufriel. us „Volksſprache finne) urjprünglic gehen, ’) 
dann an etwas fommen, es erkennen, bedeutet nhd.: 1) allgemein 


) Die Grundbedenung zeigen das ofjetifche fandag — Weg und dad ahd. 
suoglendo = Bußgänger, bs. vende — Fußgänger, Bauer im Schachſpiel. 
Das goth. Anchan Temmt mehr im Sinne von vernehmen, erfahren vor; im 
Einne unſers Finden® ficht goth. gitan, bigian. 


us 


etwas, defien Dafein an einem Orte uns nicht bekannt ik, Dafelbft 
gewahrt werden, Dies mag abfihtlig oder unabfichtlih geichehen ; 
2) (zuweilen) jo viel ald empfinden: ich finde feinen Beruf dazu; 
8) nach vorhergegangener Prüfung erfennen; 4) fo wiel als befommen, 
erhalten: Gnade bei Jemanden; 5) ſich finden in etwas, eine Sade 
nach ihren Gründen einjehen, fi darein fügen; 6)-an einem Orte 
(in einem Zuftande) fein. — Ein Kranz ift gar viel leichter binden, 
als ihm ein würdig Haupt zu finden. Göthe, Iprichwörtlich. Wobei 
id) Geheimniffe fand, die nody Niemand entdedt hatte. Göthe, 
Benpenuto Gellini 1, 5. Das ließ fich unter dem Wams da finden. 
Schiller, Wallenſteins Lager 6. Wir aud) nicht auf der Straße ge 
funden find. Daſ. 7. In großes Unglück lernt ein edles Herz 
fich endlih finden. Schiller, Maria Stuart 1, 1. Ohne das Fran⸗ 
zöftfhe wird man ſich fehwerlih aus dem Haufe finden. Leſſing, 
Hamburg. Dramaturgie 1, 38. | 
@toßen (I. d.) auf etwas d. i. unverſehens, unvermuthet etwas gewahr 
werden. Ausfindig machen (von dem älternhd. Adi. findig, fandig, 
mhd. vändice — erfindungsreih) etwas, das wir fuhen, nah Anwendung 
vieler Mühe finden. Erfinden (ahd. ar, er—, irf(v)indan, mhd. ervin- 
den) durch die Erkenntniß in die Wirklichkeit, ins Dafein bringen, gleichfam 
durch Kinden hervorbringen. Auftreiben (ſ. treiben) durch lebhaftes, 
mühevolles und unabläfliges mit vielen unrubigen Hins und Herbewegungen 
verbundened Suchen finden. Die übrigen Syn. autreffen, erdenten, 
erfinuen, ergrübeln, erdichten, eutdeden f. S. 11 und 53. — 

Worauf mein Auge ftößt, begegnen mir fremde Geſichter. Schiller, Fiesko, 

4, 11. Bis man ausfindig macht, wo die zwei Enden ihres Ringes ins 

einander greifen. Daf. 1, 12. Sagt’ ih nit, er würde e8 ausfündig 

machen? Shakſpeare, was ihr wollt 2, 5. Aber auch alsdaun no, wenn 
es dem Schüler an diefer weitläuftigen Kenntniß nicht mehr fehlte, weärrbe 
man die Fabeln anfangs mehr finden, als erfinden laſſeu. Leifing, Ab⸗ 
handlung über die Kabel 5. Daß dieſe oder jene derfelben (Zünfte) entwes 
der entdede oder erfinde oder auch beides vereine. Klopitod, Gelehrten 
republik. Zu gewiljen gegebenen Graden von Fähigkeiten und LZeidenfchaften 

Umftände und Borfäle zuguerfinden. Lichtenberg, über Phyfioguomit, 

Euch allein Hab’ ich gerecht erfunden unter meinen Räthen. Schiller, Mas 

ria Stmart 5, 15. Jagt gefchwind Beram und fucht noch Meiter aufzutreis 

ben. &öthe, Götz von Berlichingen 8. 

Anm. Die alte Pluralform funden hat fi bis welt ins 18: Jahrh. 
erhalten, 3. B. Daß ſich getreme Weiber funden. Us (+ 1796), die alten und 
die neuen Sitten. Sie funden. Weihmann, Poeſie der Niederjachien (1725) 
1, 19. — Der Singular fnnde ff unorganifch aus dem Plural gebildet. Er 
funde Weichmaun a. a.O. 1, 61. An deilen Grunde dieles Baar den Aufent« 


balt, ja fein andres Eden funde. Gottiched (+ 1766), Oden 3, 1. Sie brachten 
todt fein füßes Kind, auf Rofen man es fund. G. Schwab, die heil. Regiswind. 


Abfinden, allgemein ein Abkommen treffen, dahin kommen, dag 


249 
der Andere von jeiwer — —— abftebt, Doch: wollte 1md bedum 
fen, daß wir gar zu ſchmal abgefunden würden Göthe, Cam; 
pagne in Franfreih 3. Octbr. Es hieß, er Den ihm ganz darum 
(mm fein väterfich Erbe) zu fürzen, mit eimem Biſchefshut ihn a bzu⸗ 
finden. Schiller, Tell 5, 1. Erlaubt erft, Daß ich: mit. meinem 
Herzen mich abfinde. Schiller, Fiesko 5, 123. — Berföhnungen und 
Abfindungen der Gottheit bet den Juden. Hanle 
Befriedigen (unorganifch für befrieden, mhd. bevriden, ahd, fridön 
— zu Schutz und Sicherheit einfchliegen, goth. freidjan = fihonen, altf. 
frithön — bewahren, von Friede, ahd. fridu, frida, mhd. vride, altf. 
frithu. alm. fridhr, frids, agf. fridhu, fredho 
Zaun) Zemanden in feinen Zorderungen durkh 
Eich vergleichen (f. gleichen) ins Gleiche 
daß die Forderungen ftreltig gemacht werden, 
ſelben eine Webereinfunft zwiſchen den Betheli 
den Streit aufzuheben. — Eudt nur die Men! 
friedigen ift ſchwer. Göthe, Kauft, Dorfpi 
mit meinem Könige abfinden, daß er mir d 
geftebe, lieber mich mit meinen Nachbarn verg 
Beſchränkungen erfafien, wenn ih ihnen von 
Göthe, Meifterd Wanderjahre 1, 7. 


Befinden (ahd. pifioian, mhd. bevinden): 1) wach vorherge⸗ 
gangener Unterjuchung erkennen, beurtheilen; 2) fich Befinden an 
änem Orte, in einem Zuſtande ſein, eigentlich fi an einem Orte 
oder in einem Zuftande ſinnlich wahrnehmen; 3) (Volloſprache) fidy 
verhalten. — Mein Leibarzt foll feine Augenkrankheit unterjuchen, und 
wurd fie wahr befunden, fo muß man Nachſicht mit ihm haben. 
Göthe, Benwenuto Gellini 1,11. Ich bete für den Zell, der auf dem 
Schiff ſich mit befindet. Schiller, Zell 4, 1. Man erkundigte fich 
femer nach dem Befinden des Gaftes. Göthe, Metiters - 
jahre 3, 1. ; 5 De 
Gen (gotb. sijan, ahd. mhd. sin) drüdt allgemein ein Verhalten (einen 
Zuſtand) oder eine Gegenwart (Drt) aus. 


Empfinden (ahd. ant—, int—, in-findan, mhd. enpfinden,. 
enpbinden, im 15.—16, Jahrh. ent — en —, empfinden, ent—; 
erfinden, aus goth. and—, ahd. ant—, int—, mhd. unt—, ent, 
abd. ent—,) urfipranglich gegenfinden, dam inmenfinden, inne wer⸗ 
den eg en au jeden der Aha! . * Als er fein ſelbs 
entfand. : ‚. germania Bl. 35. tte jeßt zehnfachen 
Zod empfunden. Schiller, Tell 3, 3. Schmerz enpfind th, 
feine Zucht ... Borempfinden wirs, die Armen. Göthe, Fauſt 
2 200. (Er) weiß mit feiyem Namen ‚die Angſt der Seele zu nennen, 


die er Fühlt, ihm. mit keiner Empfindung nachzuempfinden 

Dieter Trauernden Zod. Mopſftock, Meſſias 3, 639. 

: Yühlen (ahd. flv)uolan, f(v}ölan, Av)ötjam, uhd. vaelens vgl. gr. 
alanz, lat. palma — flache Hand, fat; palparc, agſ. ſielan, altn, (Alma 
== beteien) bedeutet urfprünglic betaſten, Bann durch den Zailfing Prüfen, 
‚wahrnehmen, davon fig. auf die lunere Empfindyug Übertragen. — Beam 
Dich zu preifen, dir zu damfen fich mein Herz entfaltet, dauu empfind' ich 
erit das reinfte Glück, das Menſchen fühlen können. Göthe, Taffe 2, 1. 
Ich weiß nicht: ob fie ſich dünkt fürs Alter zu gut; wo nicht, fo bat an ihr 
das Kühlen kein Empfiuden, und unfer Liebesdl braucht fie für kalte 
Glut. Lohenitein. 

An-—, auf—, aus —, ein —, er— (5.248), her —, herab —, 
berauf—, herans — herein —, herüber—, bin—, hinab—, hin 
auf —, hinaus —, hiudurch —, hinein —, nach —, vor—, wieder —, 

u—, zurück—, zuſammenfinden bedürfen feiner weiteren Erklärung, 

nd jedoch nicht alle gleichgebräuchlich. — Wenn ſich ein Abfönımling 
von N. anfinden jollte, , fönnte derſelbe auf die Papiere Aniprud 
machen. Campe. So konnte Babo Leicht der Mythologie die allegoriiche 

Bedeutung anerfinden. J. Paul. Des Uebels Zuelle findet du 

nicht aus, und aufgefunden fließt fie ewig fort. Göthe, Eugenie 

4, 29. Wo wär die ſel'ge Infel aufzufinden, wenn fie nicht bier 

ift in der Unjchuld Land. Schiller, Tell 3, 2. Sie find voll Honig, Die 

Blumen; aber die Bine. nur findet die Süßigfeit aus. Göthe, 

der neue Pauſtas. Berede dich, wir beide hätten uns auf einem Ba 

mit Masten eingefunden Schiller, Don Karlos. 1, 9. Bon 

Runzeln fehien fich ‚auch etwas eingefanden ‘zu, haben. Göthe, 

Wahlverwandtichaften 2, 3 Herausgefunden war das vichtige 

Verhältui der. größeren Nbtheilungen. Göthe, Leben 9. B. Wie 

wird ihm exit, da iw fo milden Gründen, woraus bei hellem Tag ſich 

je herauszufinden, unmöglich ſchien, Die. Nadıt ihn überſtel? 
, Oberon 1, 14. Hier, wo Die.alte. Treue heimiſch wohnt, 

wo ſich die Falfchheit no nicht Hingefunden Schiller, Tel 3,2 

Es hatten fid) unter jenen kirchlichen Alterthümern einige ſchön ge: 

ſchnitzte Chorjtühle vorgefunden. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 3. 

(Daß ih) die Schreibftub’ und ihre engen Wände in dem Feldlager 

wiederfände? Schiller, Wallenftein’d Lager 6. Das leidenſchaft⸗ 

liche Mädchen hatte fich glei nad). dem Tode des Kindes wieder an 

Ottilien zurüdgefunden. Göthe, Wahlverwandtſchaften 2, 13. 

an uns im Dämmerlichte zuſammenfanden. Goͤthe, Le 

& [5 
Anm. Die Barticipien erleiden mehrfache Zuſammenſetzungen, 3.8. 

Er Zeit! Porter, Zunifias 10. Bid treuerfunden am 

Ziel. Porter, Rudolph 10. D laß den einz’gen a —— nen mir nicht 

in der Ziufterniß des Wahnfinns raſen! Gdthe, SIphigente 3, 3. Nach berber 

Treumung tiefemyfundnen Leiden. Söthe, Sonette 7. : '- we 














Finder (ahd. Ando, mbd. viadere) der da findet, vihd. auch 
der Dichter; Findung; findlid, auf—, be, umfindlid; find - 
bar, ausfindbar; finderiſch; eufindiam find ter. — Mit Fin⸗ 
dung dieſes Schatzes. Simpliciſſinus 3, 18, Ich war zum on 
ned) der Finder (des Briefes). Schiller, Kabale und Liebe 4, 3 
Geſetzgeber, Priefter, Kunfterfinder Header. Ob nur einer find⸗ 
lich wäre. Logau 5, 80. Die gleich Daneben befindliche Thüre. 
Goͤthe, Leben 1.B. Der hier leicht ausfindbare Standypunli. Jinge- 
naunter bei Campe. (Die) als Entdeker ober Erfinder wenig: 
fiend zu einiger Höhe gefommen find. Stiopftod, Gelehrtentepublil. 
Sie find erfinderifc genug, allerlei Arten auszudenken. Goͤthe, 
röm. Carueval. Die Jungen des Staͤdtcheu hußigfen feinem erfi 2 
deriſchen Kopfe Schiller, der Verbredyer aus verfomer Ehre, 
weißt, welch' eim erfiudiamer, thätiger Kopf er mar. Leifing, Gmf 
und Falk 5. Die Zunft der Mathematifer (beſchaͤftigt fi) mehr mit 
Erfindungen Klopſtock, Gelehrtenrepubli. So werden Sie Wiß 
md Erfindungsgabe dem leichtfertigen Kuaben nicht abſprechen. 

Göthe, Meiſters —*— re. 1, 9. Aergerlich ſinnend ſtand ich 
da — bot all mein —— auf. Goͤthe, Leben 
10. B. (Das —— wär’. e8) ganz erfindungslos. Pla 
ten, ron. Dedipus 5 ah 

Bindig fündig) — fifig, erfindungsreich, zu finden, befindlid) 5‘ 
abfindig = nicht zu finden; einfindig — fi einfindend, im 
16.—17. Jahrh. ganz im Gebrauch, finden ſich uhd. nicht mehr. — 

Er was gegen den landtichafften vffrichtig, fündig. ©. — 
Germania BL 48. Bei St, Heimeran zu Regenſpurg iſt findi 

wie König Ludwig etliche Gieter ... gegeben. Es it davon, fein. 
tenftück findig. Setzten I auf Poftroß und machten ſich abfindig 
und umfichtbar. In der Behaujung. einfindig. Bei vielen Histo+ 
ricis einfündig. Scmeller 1, 537. 

Spigfindig (vielleicht beſſer Ipipfündig, wie im 16. Jahrh, 
neben jpipfindig; vgl. mhd. vündec — erfindungsreich, aͤlternhd. 
spitefund == liftig ausgedachter, verftedter, feiner Kunſtgriff 1), Kleine, 
liche (oft unnüge) Vorſtellung mit feiner ftesichärfe ausſinnend, 
over: als ſolche ausgefonnen; im Bejondern Kleinliches, verſteckt En⸗ 
pfindliches. mit feiner Geiftesichärfe ausfinnend, oder als ſolches aus⸗ 
eſonnen in Beziehung zu etwas. — Spipfind’ge. Räthiel Löjend. 

iller, Jungfrau von Orleans 4, 2. In welchem (Talent) Zartheit, 
Beweglichkeit und Spigfindigkeit miteinander wetteiferten. Göthe, 
Leben 14. B. Die Schüler Hegels aa Dir (pigfindiglich die 
Spige dar. an rom. Dedipus 5 


3) Aehulich Bolfrom von Eſchenbach: mit Spißzſachen, d. i. feinen 
Bauten; a aus (Chronik 1580, BI. ne viyladın Spipwert. . 





5 pi Kahd. pizi, mid. :spline, gehört mit ahbl ucht. spig, kaf.-apit = 
Bratfyieh, voher ahd. spizze Spießboc zu einem ahd. Verbum epizam, 
berſchrte ſich aber mit ahd. spiog, Spiez, athd. Bpiez, altu. spint == Cyieh, 

» " das auf ein ahd. spiozan hinweiſet), fein ſcharf zum Stechen, daven jpikig 
"Km. spitzec), Meinlich ſpiz, in fchmaler Schärfe ſich endend, beide and 
in flg. Bedeutung. — Und rüdt den ſpitzen Hut die Duere. Gelert, der 
Sut. Ich ſtieß ihn fort und machte ihm ein fYipig Kompliment. Gellert. 
Befindniß ift nun außer Gebrauch, Hoffmannswaldau hat das 
Wort noch im getreuen Schäfer 71: Soll ic nad) meinem Befind- 
niſſe ſprechen. 
Empfindung iſt das durch einen jeden der fünf Sinne bewirkte 
——— einer bei einem Dinge durch Eindrücke auf die Organe 
ervorgebrachten finnlihen Erregung. Empfindniß (ahd. intphunt- 
nissi) ift eine Empfindung, die nicht durch Eindrüde von außen, 
fondern durch DVorftellung des Guten und Böfen entfteht, eine ſittliche 
Empfindung. Empfindbar, Empfinder, Empfindler; Em 
pfindlihfeit‘) (von empfindlich ſ. S. 119) iſt die Befchaffen- 
heit des Subjects, leicht die Erregungen in ſich aufzunehmen, welde 
durch Eindrüde auf feine Organe orgebracht werden. Im Beſon⸗ 
dern und am gewöhnlichften aber wird Empfindlichkeit von großer 
Empfänglichkeit für die unangenehmen und durch das Unangenehme 
leicht aufreizenden Eindrüde gebraucht, weil diefe die auffallenditen find. 
Empfindjamkeit ift allzu große Geneigtheit und Bergnügen an 
fanften, rührenden Empfindungen. Wird diefe Geneigtheit mis dieſem 
fouderbaren Vergnügen gar fo Tibermäßig, daß fie bis ins Kleinliche 
geht und fi) auf dieſes wendet, fo tft de Empfindelet «von dem 
verkleinernden empfindeln). — Wenn ih nur an mich ſelbſt denken, 
wenn ich nur meinen eigenen Empfindungen folgen dürfte. Goͤthe, 
Meiſters Lehrjahre 4, 1. Plötzlich gewect von dem Sturm ber 
empörten Herzensempfindung. Pyrker, Rudolph 3. Mit des 
Herzens Glutempfindung. Sonnenberg. Die Hochempfin— 
dungen, die unfere Busen jchwellen. Kofegarten. Das Empfin: 
Dungsvermdgen des Zuſchauers. Schiller, Briefw, mit Göthe 3,396. 
Welche Gattung von Empfindniifen (Zom, Sorge, Beam, Furcht, 
Schreck, Reue) id) werde wählen müflen? Schiller, Räuber 2, 1. 
Der Gemüthsunadel Löfcht in und die Menfchheit, die allgemeine 
Empfindniß ganz aus. G. Wagner. Wenn wir die Augen inter: 
balb eines ganz finftern Raumes offen halten, fo wird uns ein ger 
wiſſer re empfindbar. Götbe, phyſ. Farben 5. Einer Ratır 
Empfindbarkeiten zu geben. ‘Herder, Antrittöxebe in Bückeburg. 


) HB. Sturz (Bernitorf) gebraucht das Wort noch mehr in den früheren 
Sinn: Sein Herz war für jede Tugend empfindlich... Der Verdienſte ums 
Vaterland nit einer waumıen Empfindlichkeit ehrte. u 





Dah Manches won minder gelehrten, aber dabei genauen Enpfindern 
offenbatt fein mag. Lichtenberg, philoſ. Bemerkungen. 3m Bogen der 
Augenlieder und im Glanze der Angen liegt wit Hamer, der 
tiefite, inmigſte, Ichnellte Empfinder Homers. Lamater, Man fenti- 
mentaliſirt, um fich als einen Seinempfinder anzukürdigen. Jeniſch 
Sie war, was id mit einem Worte eine Anempfinderin namen 
möchte. Göihe, Meiters Lehrjahre 2, &. Sie hatten mid immer 
zum Beften, und dad war mir empfindlich, mein Stolz war belei⸗ 
igt. Göthe, Hermann und Dorothea 23, 213. Daß fie: ein. fo em⸗ 
pfindliches und fo leicht weinemdes Herz mit:einer fo un 
Heitexfeit des Angeſichts und des Geſprächs bedeckte. J. Paul, Zitan 
40. Empfindlichkeit, gereizter Stolz, nichts weiter. Schiller, 
Biceolomini 1, 3. Meine Empfindlichkeit ſollte dir meine Em⸗- 
pfindung beſtechen? Schiller, Fiesko 2,3. Schäfer und Barden und 
Empfindler und Krittler. Kurz, über ein Baar alte Mimzen. 
Auf Das empfindfame Voll babe ich nie was ale Goͤthe, 
Herbſt 62. Die Empfindſamkeit gibt oft dem innern Menſchen, 
wie der Schlagfluß dem äußern, größere Empfiudlichfeit und Doc 
Lähmung. J. Paul, Heiperus 16. Ein Zehntheil ihrer Empfin- 
delet gegen Hang zur Beobachtung umzutauſchen. Xichtenberg, orbis 
pictus. er Heinen Schwärmerei wollte ich nicht einmal erwähnen, 
die man Empfindſamkeit oder vielmehr Empfindelei nennt. 
Lichtenberg, über die Schwärmerei unſerer Zeiten. — Aber es ift nicht 
bios der empfindelnde Gedanke, zu ftehen, wo diefer oder jener 
große Manu ftand. Göthe, Winckelmann 1. Aber fie werden eine 

ublerin juchen und eine Empfindlerin finden. Schiller, Fiesko 1,5. . 

Unempfindlihd — feine Empfindung zeigend. — Andere bleiben 
vielen Gegenftänden (für viele ©.) unempfindlid. Herder. 

Hart (ſ.) nicht empfängfich fhr Eindrüde, welche die Dinge auf einen 
machen, wird aber nar in Beziehäng auf unangenehme Eindrüde gebraucht. 
Gefühllos (ſ. fühlen) ohne alles Gefühl, daher gänzlich unzugänglich 
jedem angenehmen wie unangeuchmen Eindend. — Sei nit hart gegen den 
Dürftigen. Luther, Bibelüberf. Sir. 4,1. Ich fah es ja, wie fievon Eurem 
Briefe erfälttert war, iht Auge ſchwanm in Thränen. Nein, Re iſt nicht 
gefühllos. Schiller, Maria Stuart 3, 8. 

Findebuch, —geld, —ishn, — ut, —zahlz Findelgeld, 
—haus, —Eind, (auch Yindlind), — mutter, — vater; Fin» 
deriohn. — Er ſchafft oder trägt es (das Kind) in das Finde— 
haus, Damit es weutgftens e und Namen erhalte... Warum 
ich mir von dem gefunderen und freundlicheren Findlinge!) den 


1) So fchreibt aud Grimm ftatt Fündling, was Andere vorziehen. (In 
der 5.9. der Kinder» und Suusmährdeu von Grimm Ä, 181 ſteht Kündling.) 
Das Bort babe ich ahd. und mhd. noch wicht gefunden, Fiſchart im 16. J. 





Finger unmionft muß deücken laſſen. Beffing, Anti-Goeze 6. Ganfiwie 
wauige Hyaden blickſt du auf das Findelkind. Salis, das Mitleid. 
Kun) will memen Finderlohn haben. Schiller, Kabale und Liebe 4,8, 
Fuud (ahd. funt, mhd. vunt):. 1) das. Finden; 2) die gefundene | 
Sache; ‚davon: Befu nd und die Zulammenfegungen nn | 
ed, —geld, —techt, —ſchacht, —ſchoß, —zettel u. a. — | 
Fumd zu. offenbaren war mir unmöglich. Goͤthe, Meifters — 
jahre 3, 2. Unſete Strafen beſtehen vorerſt in Abfonderung von de 
birrgerlicdyen Geſellſchaft, gelinder, entſchiedener, kürzer und er nach 
Befund. Day. 3, 11. Gmpfindungen, die nicht in den Alten oder 
in einem ärztlichen Befundzettel können bejchrieben werden. J. 
Hefperus 22. . Zungen Männern würde ich feine Briefe und Schrf 
ten als eine Fundgrube von Gedanten anpreiſen. Herder. Unſer 
Atzt ar feinen Fundſchein abgeben. Ungenannter bei Campe. 
am. 1. Dis frühere Sprache bat noch andere Zufammenjegungen, ;. 8. 
fundiam, fundfhwauger bei Kilchart, Bundjtüd bei Stider. | 
m. 2. Das mhd. vunt — das Finden, dann die Erfindung, Hatte (hen 
tm 14. Sabıh die Bedeutung: der liſtig bintergebende Auſchiag zu des Andern 
Schaden. — Alle böße fhnde und arglift aus ee ‚ffen. Schmeller aus dem I. 144 
in Wusdrud verſchwand uhd. dadurch, daß er in dep fremdber (ital. finte, 
franz. feinte = — von ſeindre, niederd. vinsen, holländ. veinzen 
a? veritellen) urfprän 
Reiten Stop um 1700 ruf gieng. 

Anm. 8. Vielleicht gehoͤrt un auch Kant = ein junger Menfſch. Dei 
Wort wird gewöhnlich vom ital. fante für infante, fat. infans.. abgeleitet. Dies 
feubad if nicht abgeneigt, eine Wurzelverwandtichaft mit Fuß, en — 
ahd. fuaz, mhd. vuoz, agſ. altſ. föt, altu. fotr, bän. fod (fat. 
gr, zorg, r0odog), zu finden. Beachtet man die oben S. 247 angeflı are * 
vende, dann mittelniederl. vent, vönnt, veyn = Burſche, dän. fiante, Rage 
| Troßkucht; jo if faum daran di zweifein, daß diejen verjdiedenen Wörtern eine 

geineinfchaftliche Wurzel zum Grunde Tiege. 

Anm. 4 Fahnden (in der Berichtefpradhe), Jemanden zu fangen firchen, 
wird vou Einigen zu aber son Audern zu finden gerechnet, Wit. Sandön, 
agl. fandjan, ahd. fantön = tentare, inquirere, d. i. Be ſcheint eher 
für finden zu fprecen. | 


Schinden. 


(Wurzel scan —d, sein—d; seand, seind; vgl. altn. skinn — Haut; 
lat. scindere, gr. — * = ipalten, zertheilen,.) 
Schinde, ſchund, geſchunden ſchinden (abd. scindu, scand, 
scundumèés, scundandr, sciadan; mhd. schinde, schand, schunden, 
geschunden, schinden): 1) entblößen, die Haut, die Rinde eimes Kir 
pers abziehen, ablöjen; 2) auf eine unrechtmäßtge, bedrückende und ſelbſt 
graufame Art feinen Vortheil fuchen, da man den Andern gleichſam wickt 
* die Haut läßt; 3) Wolksſprache) laͤrmen in Folge des Schindens, 


(grau: Bünbfins, Aventinus im’ 16. J. Fündeltinde, un im 17.% 
udling, Uhlaud (norm, Brauch) Fündling. 








ich als Fechterwert genommenen Finte — liſtig von ⸗ 


| 


Bedrũckens. — Mich hat fie geihunden, de fieh” nur die Mana 
den! Göthe, mut 1, ME. Diefer ſoll febendig geihuuden, 
baum mit Honig geſtrichen und über: ein Wespenneſt geſtellt werben. 
Shakſpeare, Wintermährchen 4, 3,! Wenn ihr Niemanden hindert 
wu plagt. Schiller, Wallenftein's Lager:8. Die Helden des Ater⸗ 
thums mit KRommentationen Mu Ihinden und zu verhunzen ‚mit 
Tranerfpielen. Schiller, Räuber 1, 2. Wie Morolf einen Inden 
fhand und in die Haut fid wand. Schmeller, 3, 871. Sie -drüd- 
a und ſchunden den armen Mann. Aventinus, Chronik 1580, 
.&. Ä 7 
Anm. Kür (binden — die Hant abziefen fagt man auch abdecken, 
d. i. die Die, die Haut wegnehmen, f. decken &. 11; abledern, ». I. das 
Leder abziehen (von Leder, abd. lödar, mbd. leder, von ahd klid, lid, mbr. lit 
— Dedel, wober Augenlied) und abſchlagen, d. i. durch Schlagen trennen ; 
in der niedern Spredhart abpuffen (von mbp. büff, aftfranz. buffe = Stoß, 
bei Alberns bäffen — ſchlagen), weil Das Abzieben der Haut —— durch 
Etoße mir der Kauft geſchieht; abludern (von Luder, ahd. luodir, luoder = 
Exife, Lockſpeiſe, ohne verächtliche Nebeuhegriffe, Schwelgerei, daher Luder⸗ 
Ieben, Lotterleben, dann Nichtswürdigkeit, Schlechtigkeit). F 
Ab—, auf—. ans —, be—, er — fort —, nach —, u 
zerſchinden bedürfen keiner weitern Erklärung. — (Er 
armen Schlafgeſellen das ganze Bein abgefhunden. 
venuto Cellini 2, 6. Aber ſoll er dir einen Laudjunker 
ſeine Bauern wie das Vieh abſchindet. Schiller, Räube 
jährlich nicht mehr Bauern abzurinden braucht, als der 9 
Rünıme für feine Baſtſchuhe abſchindet. J. Panl, Tit: 
janus feim Richter die Haut abſchandt. Schmeller 3 
Hände waren mir inwendig abgeſchunden und biute 
Beuvenuto Gellini 2, 11. An jenem Ehren beſchund 
mad. Mancher hat wo Geld erfhunden ©. Dad). 
ibandt, ließ er ghen Rauenna furen. ©. Frand. 9 
Hälfte von dem erihundenen Gelde. Joh. Abbt. 7 
deckt des Ritters Gefäß, das. noch wol baß zerfjchunden 
Scchinder (schindare = Straßennäuber), allgemein 
die jchindet; im Bejondern einer, der das gefüllene N 
die Haut abzieht, Davon Schinderei (mhd. schinderie 
räuberei); Schindung — (Mir) ließen unjer Bud 
Schinder verbrennen. Schiller, Räuber 1, 2 Gegen 
diihen Schinder find fie (die Neger) nicht tvenlos, dem fie haben 
ihren Schindern feine Treue verjprochen. Lichtenberg, über Phy- 
fiognomif. Bas foll nun wieder die Schinderei?. Ehamiffe, der’ 
Bettler und jein Hund, 
Shindans, — fall, — fleiſch, —grube, — luder, — meſſer, — vieh 
wa; Schinder haus, —hund, —karren, —ling (im 15. Jahr⸗ 
bundert eine ſchlechte Münze) u. a. — Iſt bo ſchon manches Uni⸗ 


agenie auf dem Schindanger verfault. Schiller, Ränber 1, & 
Hohl die Bert alle miden Schindmähren! Shalefpeare, der Wider- 
fpenftigen Jaͤhmung 4, 1. Schindersceremonien ... die. lauern⸗ 
den Schinderoknechte. Daf. 1,38. 

Anm. Das frhher fehr gebräuchliche Schiudfeſſel (abn. schintvezyel) 
= Trophnbe, Rotterbube ift nach amd nad) abgekommen. Fiſchart jagt noch Ab= 
ſchindling und ſchindiſch. J | 

Schuud, 1) das Abgeichundene, das Fleiſch, welches die Gerber 
vor den Häuten abirhaben (abſchinden) und wegwerfen, ſofort auch, der 
natürlihe Auswurf von Menfchen und Thieren; 2) (ſchlechthin ver⸗ 
aͤchtlich) nichtswerthe Wagre. — Welche jo viel hiſtoriſchen und theo— 
logiihen Schund dem Untergange entriffen hatten. Leifiug, Anti⸗ 
Göze 6. Ich will auf eurem Leſetiſch bei Schund und Miſch nicht 
liegen. Rüdert, gef. Ged. 6, 23. | 

Hefe und Abſchaum (ſ. S. 105), Auswurf (ſ. werfen) bedeuten wie 

Schund in fig. Sinn das Schlechtefte in jeiner Art: Hefe als niedrig; 

Abſchaum ald unnütz, ausgeftoßen; Auswurf ats fchädfich, verachtet; Abſchaum 

und Auswurf ſtehen auch von Einer Perſon, Hefe und Schund nur von meh⸗ 
teren Beifonm. — Abſchaum aller Mörder! Leffing, Emille Galotti 3, 8. 

Daß fie... ihrer eignen Bafallen Spott, der Answurf ihres Landes, dein 

Schrecken wird auf einmal im Gefängniß. Schiller, Maria Stuart 2, 3. 

Schindel ) (ahd. scintala, scintila, scindula, mhd. schindel, 

candula, engl. skingle, böhm. ssyndel, gr. oyır- 
x), ein fleines geipaltenes Bret. Davon Schindler 
re); f — (mit Schindeln bedecken, abſchälen); 
‚ —deder, —eifen, —fuge, — holz, —kriecher (cer- 
„), —macher, —nagel, —ſparren, —ſtamm. — Näch⸗ 
droben Die Schindeln krachen hören. Goͤthe, was 
Wie, Teufel, ich euch da ſchindeln will. Göͤthe, 
indelt ein neues Dach euch. Shakeſpeare, Timon 4, 3. 
idelthurm ſummt ſchwellend durch die Himmel zu 
rn rings ein feierlich Gebimmel. Voß, Jumker Kord 5. 
(goth. skanda, ahd. scanta, mdh. schande, agſ. 
e, altfrief, skonde, gr. alsyvrm), urſprünglich une 
Hößen; gewöhnlich erniedrigende, des Werthes bench- 
- D mach ed nun gut, was du übel gemacht! Bir 


2), Das Wort fommt zunaͤchſt von ſchinden, dabei iR ein Anlchnen an das 
ef indula, scandula, oder vielmehr eine Wurzelverwandtſchaft nicht in Abrede 
u fellen, 

i 2) Das mhd. scant, schande fommt auch in der Bedentung von Schamglied 
und feiles Weib vor. Dies fcheint für eine Wurzelverwandtſchaft mit [binden 
zu fprehen. W. Wackernagel ftellt das Wort zu ſchämen er skaman, 
a. soamòn, mhd. schamen; Scham, ahd. scama, mhd. scham, schame, sche 
altf. Scama, agſ. scöomu, altn. skömm). Das Wort fein im Grundbegri 
miSchande auf Bloße fonit verhüflter Körpertheide zu gehen. 





du es, der je mid in Schande gebracht, fo. bring’ wu) mich wieder zu 
Ehren! Bürger, des Pfarrers Tochter von Zaubenheim. - 
Sqchmach (ahd. smıäbt, nıht. smæhe, von «hd. Smähi; k (ömähen 
S. 172) zunächſt Geringſchätzung; dann Berletzung des Jemanden gebührenden 
Rechtes; gewöhnlich. kränkende Unehre oder Verhchtlichtett: Sich im vf (ahd. 
soisnf, scimph, ihd. schimpf, altn. skimp Scherz, ah; abb, skämpan, 
scinfan, mhd. schänpfen = fcherzen, fpaßen, altu. skimpa ‘== fpotten) ver⸗ 
lachen; vgl. gr. ousuua Scherzrede, Sputtrede, undrramv = 'fpetten, 
ſcherzen) urfprünglich Scherz als Gegenfap von Ernft, feit Ende des 16. 
Jahrh. altmülich beleidigende. Unehte, nhd. überhanpi äffentlich verletzende 
Unedre. — Im Purpur ift er fihon des Volkes Hohngelächter: damit: er ohne 
Troſt in feiner Marter fey, damit die Schmach jein Herz ihm drehe. Ram⸗ 
fer, Tod Jeſu. 's iſt doch ein Schimpf für einen Reitetsmaun, Schildwach 
zu ſtehn vor einem leeren Hut. Schiller, Xell 3, &, : I 
Schänden (ah. scantjän, sCentan, mhd. schenden, agf. 'seen- 
dan, Volksſprache ſcheunen), 1) Schande zufügen; 3) verlegen, 
verftummeln; 3) entbeiligen, entweihen; 4) eine weibliche Perſon durch 
erlaubte geichlechtliche Bereinigung ihrer Ehre berauben; au = 
but von unnatürlicher, ſcheußlicher Wolluſt gefagt, wogegen z 
ulus, Röm. 1, 4 und 27; Kor. 6, © eifert. won a 
den. — Dat (baifertihen Namen) ich verehre, felbft wo man ih 
ihändet. Säilller, Tel, 8: Es lobt mich in's Geſicht und fhän- 
det mich im Rücken. Logan. Der Blipftrahl fuhr den Thurm hin- 
unter und [händete die Safriftei. Bluntfhli. Sie trogen Freund 
und Zeind und jhänden die Gelege. Weiße. So wmüfle dereinft 
dein niedriger. Knecht. das. adliche a dir [Händen Bürger. Und 
Feinde nun den Inn Leib ver ſchändend, taſten an. Goͤthe, 
Kimftlers Morgenlied. 
Schimpfen ſ(ſiehe ae Entehren (von Ehre, abe: ‘era, mhd. 
&re, agf. ar, are, altn. sera, mit dem Grundbegriff Glanz oder Schägung ; 
väf. goth. aistan —= ehren, anf. est, est.—= Achtung, Gunft, lat, sestimare 
S ehren; aud fat. as = Erz, gr. dia = Werth, ‚Derdienft?) — Das 
Mädchen iſt engelrein... Rein und entehrt! Schiler, Fiesko 1, 12. 
Anm. 1. Ansfhändiren, von ansfhänden, fit niedriger Ausdrudf. 
ee un die Fezer ſtattlich ansgeihändiren.. Gellett, ‚die Bauern und der 
.2. wächen, swechen ausgva n, ? 
mh. Kam. 2. ‚Aus (dm iö ahb. ‚os h han, swöhhen * hbian, von ——— 
Gen, geruchlos fein gehörend) kommt in der Bedeutung von.[ch, änden 4 vor. — 
Blandinen, dein a bchterlein, ſchwaͤcht, zut Stundt jest‘ Tomädt fie 
ein ſchündticher K Birger, Lenaido nad Blaudine 
————— ns in Zuſammenſetzuigen) y'  Shändung, 
Ian ſchändlich, Schändlichkeit. — Jeder bei ihm 
b ih .ein Gottesläfterer, ein Wajeſtaͤts ſch änder. Göthe, Egmont 3. 
ieſem Salsbury, Dem Tempel ſchaͤnd er. Schiller. Sungfeau von Or⸗ 


leans 1, 3: Schandlicher, dreimal fch andbicher Verl! Schiller, 
Räuber 1,1. (Er bat) verhält in fchöne Reden jede Schaͤudlichkeit. 
Bioten, rom. Dedipus 1. Ttolle dich flags aus Der Imfl hinweg, 
Schandbarfter der Meufhen! Voß, Odyſſee 10, 72, ... 

Echandaltar, — bild, — brief, —bube, — buch, bühne, 
pe, — gebot, — gedicht, — geld, —gemälde,: —geſchichte, 
+fauf, —krieg, —leben, läge, —mahl, — maul, —mittel, — name, 
—pfahl, —* — pre, —ſchrift, —ſprache, fein, — ſtück, 
—tittel, —tod, —meib, —winfel, —wort, — wurz, —zeichen u. a. — 
Nur die Schandfled ale find übrige. Voß. Warum an den 
Schandgefellen mic ſchmieden? Böthe, Fauſt 1, 233. Indeß er 
mit der andern (Hand) über ihn die Schandglode läutete. 3. Paul. 
Daß nicht. der Name Piccolomini ein Schandlied.jei, ei ew’ger 
Fluch im Haus der Wallenſteine. Schüler, Wallenfteins Tod 3, 21. 
Des fih) und unſer Weſtphalen hier jo unverihästt var Deufſßhlands 
Auge an Ben Schaudpranger der Dummheit ſtellt. Sonnenberg 
Eine übertriebeue Lob⸗ und Schandrede. 3. Paul. Ein Biedermeib 
im Angefiht, en Schandjad in der Haut if manche. Logam 
Bern) gerechter ihr Schandjäulen verewigten. Klopſtock, Die 
Krieger. Eine Schandthat ſchaͤndlich rächend. Göthe, Iphigenie 2, 1. 
Kine hübſche Ehren- oder Schandwache ver der Saalthüre. J. Paul. 
Aum. Alberus bat no jhindig = ein laufidter fucdt, — 


J Schrinden. 

- + Burzel seran—d,-serin—d; scrand, serind.) 

d), gefhrunden, ſchrinden (ahd, sorinte, 

rugtaner, serintan; mbd. schringe, schranı, 

n, schrinden); 1) (auch jhtunden) auf- 

2) aufjpringen machen, Tpalten, Das Wort ift 

.— Die Hut (Haut) nu mih ſchrinden. 

is Erdtrich entſchrunft. Aventinus, Chronik 

rie (Dorne) krumm und zacket, wie habt ihr 

Meliſſus. Much vor Hig zexſchrunden. 

5111. An der Finfteniß zufammenge- 

ſchrunden, wird "dein Auge vem Licht -entbunden. Göthe: Bott, 
Gemüth und Belt. — 

Die Schrunde auch der Schrund (ahd. scrunta scruntussa, 
mhd. schrunde —= Spalt, Riß, aufgeiprungene Hand, auch sohruns 
—= Ni, Spalte, Schrunde, Runzel; vgl. neuniederl. Sahtabd — 
jcharf, sehrandse —= Spalte; Volksſprache Shrunne, Schreun), 
Spalt, Riß in einem feften Körper; davon ſchrundig, ſhrundicht. — 
Im Schrund des Berges, Baggeſen. Glühn die Steppen, blühn 


die Schründe. Kofegarten. Kreicht (kriegt) fen Schrunne im bie 
and. Nadier, „Fröhlich Pfalz" (Frankf. 1847), ©. M7. Indem uns 
die Eismaſſen durch die Bergſchrunden verdedt wurden. Goͤthe, 
Briefe ans der Schweiz 2 Abthl. Das Leder wird ſchrundächtig. 
Dr. Winderer S. 121. F 

Anm. 1. Das niederdentſche ſchränen, fhriänen = einen ſtechenden 
Schmerz verurſachen, wie wir z. B. beim Aufſpringen der Haut empfinden, ſcheint 
für die Wurzel seran, scrin zu fprechen. 

Anm. 2. Das ſchweiz. Schranne — Riß im Felſen, Berglüde gehört 
hierher und it von Schranne —= Getreidemarkt verfchleden. Das legtere Wort, 
in feiner Grundbedeutung Bank, Bank wit einer Rücklehne, dann Bank des Rich» 
ters, davon Gericht, der mit Schranken, einem Geländer umgebene Gerichtspla 
ſelbſt, weiter Bank oder Tiſch oder überhaupt Anftalt, Ort, Gebäude zum auf 
oder Verkauf gewiffer Dinge, namentfih Getreide, Fleiſch oder Brot beftimmtt, 
fautet ahd. scranna, mhd. schranne, schrande, schrange, mittellat. escranium, 
itaf. scranno, franz. ecran, &crene. Daraus unfer Scharn, niederj. scharn, 
mit a iebuns deö r. 

Anm. 3. Das mhd. schrenzen bedeutet durch einen Riß, Spalt trennen, 
(ligen; schranz = Spalt, schranze — gefchliges Kleid; davon Hoffhranz 
= der in fein gefchlisten Kleidern fi Umbertreibende? Oder von niederſächſ. 
schranzen, hofländ. schrantzsen, engl. schranch = frefien, eigentlich die Spei⸗ 
fen zerreißen ? 


Schwinden. 


(Wurzel svan—d, svin—d; svand, svind.) | 
Shwinde, ſchwand, geſchwunden, ſchwinden (ahd. suintu, suant, 


suuntum ês, suuntanèr, suintan; mhd. swinde, swant, swunden, 
geswunden, swinden; agſ. svindan; von ahd. suinan, 
agſ. svinan — ſchwinden, vergehend, abnehmen), in 
dentung (suinan) wahrſcheinlich getrieben, getragen, g 
wohin, dann 1) jchnell im Kreiſe bewegt werden, jchne 
wegt werden; 2) (meigentlid, aber gewöhnlich) ſchnel 
ſein oder in die Sinne zu fallen, vergehen, aud) von 
Zingen und Zuftänden; 3) allmäli und unvermerft a 
Umfang abuehmen. — (Als er) vom Kriegsſchauplatz fd mw. 
Piccolomini 2, 7. Laßt allen Groll und Hader jeßo 
Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 9. Niemals mehret 
mie auch ſchwindet die Zahl. Voß. Indeſſen fühl i 
meine ‚Kräfte ſchwinden. Canitz. 

Sum. 1. In eizer ſchweizer. Urkunde vom Jahr 1485 (Grimme Weisthürs ; 
mer 1, 66) ſteht noch: Ras dero gut an elgen vnnd erb ligeu vnnd geleit werden, 
vund das weder ſchwynen noch wachen fal, ed were dann des Iybs nothurfit. 

Anm. 2. Im 18. Jahrh. gebrauchte man noch das Bräter. fhwunden 
4. B. Es jhwunden alle Glieder. Weichmann, Poeſie der Niederſachſen 1,78. 
Alle Krafte ſchwuuden. Daf. 1, 188. 

Ab—, dabin—, ein —, ent—, fort —, hin —, hinweg —, ver—, 
vorbei — voxũuber —, weg —, zer —, zurück — zuſammenſchwinden 


178% 


\ 
2608 

bedürfen feiner weitern Erflärung. — Bon der Bein, die ich empfun⸗ 
den, ift mein Antliß abgeihwunden.. — Ach! mir ſchwan⸗ 
den die Kräfte dahin. Göthe, Amyntas. Daß uns Sinn und Ge- 
dan?’ in jelige Wonne dahinſchwand. Voß, Luife 3 a, 482. Bie 
eingejhwiunden! Shafeipeare, 8. Heimrih: IV. 1. Thl. 5, 4. 
Schon entihwand das liebliche, ſchilfumkraͤnzte Geflade' dem Blick. 
Göthe, Fauſt 2, 206. Geſchlechter ſchwinden fort, noch ehe fie 
veralten. Tiedge, Urania 4. Schon verlojdhen find die Stunden, 
bingefhmwunden Schmerz und Glück. Göthe, Fauſt 2, 5. Auch 
von des höchſten Gebirgs beeisten zadigen Gipfeln ſchwindet Purpur 
und Glanz icheidender Sonne hinweg. Göthe, Euphrofine. Die 
Hand wird nach und nad) ſchwinden und endlich ganz verſchwin— 
den. Göthe, das Mährchen. Goldne Wolken trugen fie hinauf, lang⸗ 
fam verfchwindend, in Das Land der Wonne. Schiller, Yungfrm 
von Orleans 1, 10. Daß eben darum diejes ſchreckliche Geſpenſt in 
der Geftalt des Königs unferer Wade vorbeifhwindet. Ham—⸗ 
burger Theater. Doc und ſchwand das neunte der Jahre vorüber. 
Voß, Ilias 2, 295. Seht, wie meine Hand beinabe ganz wegge— 
ſchwunden ift. Göthe, das Mähren. Schon längft ift der Duft 
zerfhwunden. Kofegarten. Denn fo oft ſich büdte der Greis, 
nach dem Zrunfe verlangend, ſchwand ihm das Wafler zurüd. Voß, 
Odyſſee 11, 585. 

Anm. Gefhwinden = fhwindeln iſt nhd. nicht mehr im Gebrauch. 

Der Schwind, d. i. der Juſtand, da etwas ſchwindet; die 
Schwinde, 1) die Flechte auf der Haut; 2) eine Art Milben (acarus 
scabiei L.); Schwindblume Chelonias L.), —flechte, —grube, 
—hola, —murz (chelidonium majus L.). | 
&swind ucht (älternhd. swindsucht, mhd. diu swinende suht, 
Schweinſucht, auch ſchlechthin suht, zu fiech, goth. siuks, ahd. siuh, 
sioh, mhd. siech, altf. siok, mittelniederl. siek, agſ. sẽc, engl. 
seek , altn. siucr, ſchwed. siuk gehörig), fieberhafte Kranfheit der 
Abnahme an Körper und Kraft bis zum völligen tödrlihen Erlöſchen 
der Lebensfräfte; auch in Beziehung auf einzelne Franfhaft angegriffene 
Körpertheile, von denen dieſe Krankheit abbängt, gejagt. ‘Davon 
ſchwindſüchtig. — Manchmal ift er mager. und zufammengefallen, 
wie ein Kranker auf der lebten Stufe der Schwindjudt. Göoͤthe, 
Ramnau's Neffe Ein ſchwindſüchtiger Profeffor hält fi bei 
jeden Wort ein Fläfhchen Salmiafgeift vor die Naſe und Fieft ein 
Gollegium über Die Kraft. Schiller, Räuber 1, 2. 

Auszehrung (von zehren, ahd zeran, mhd. zörn, goth. tatran, agi. 
wöran — brechend auflöfen, zerreißen, wettelfernd flreiten, woher aud zer: 
ren abd. zerjan, mbd. zerren und Zorn, ahd. daz zorn, mhd. dör zorn, 
zoren, altf. das, agf. der torn) iR allgemeine Benennung der oben vugeführ⸗ 

ten Krankheit, im Befondern, wenn fie auf.einer Innerlichen Vereiterung vder 


——— —W — 
FO a 5 


267 


Silekmabfonderung mit auhaltenden fchleichendem Kleber herubt. — Man 
fagt wir, Ihr hättet die Anszehrung. Shaffpeare, viel Lärmen um nichts 5, 4, 

Der Schwand (nıhd. swant), d. i. unmerflich fich einftellende 
Abnahme, beſonders die Abnahme, die irgend ein Material durch Ein- 
trocknung und andere dgl. nicht zu berechnende Umftände erleidet, ift 
wenig gebräuchlich. 

- Der Schwund, d. i. der Zuſtand, da etwas jchwindet. So 
nennen die Aerzte den Krankheitszufall am Auge, wenn es gung ju- 
fammenfällt und Flein wird, den Schwund des Augapfels. 

Schwindel (ahd. suintal, mhd. swindel, altı, sunde), der- 
jenige Zuftand, da fih Alles im Kopfe und. vor deu Augen im Kreife 
zu drehen ſcheint. Schwindelei (cf, beillnbefonnenheit ©. 221); 
— ſchwindeln (ahd. suintilön, mhd. swindeln), mit 
vergehenden Sinnen im Kopfe umgetrieben werden, fig. in Handlungen 
und Planen auf ungewiſſem Grunde ſich haltloſen Uebertreibungen 
hingeben. — Der bloße Hauch ſeines Mundes wird dich in jenen 
ſchwarzen, todtenähnlichen Schwindel hauchen. Schiller, Räuber 1, 3. 
Schwaͤrmerei und Geiſtesſchwindel. Ungenannter bei Campe. 
Stracks zerrinnt der dickke FZauberſchwindel. —8 Oberon 2, 44. 
Auf den jhwindligen Höhn. Pyrker, Zunifias 1. Auch ibm wird 
der Kopf Ijhwindeln. Göthe, Egmont 2. Und wie einen Kreijel 
mit jshwindelndem Drehen trieb mich’8 um. Schiller, der Taucher, 
(3b) blide mit Schwindeln hinauf, blide mit Schaudern hinab. 
Schiller, Spaziergang. — Bloß wie Geifter [hwindeln fie mid an. 
Schiller, Fiesko 1,12. Hinſchwindelt das Volk, Pyrker, Rudolph 2. 
Daß dieſe Inſektenſeelen am Riejenwerf meiner Liebe hinaufſchwin— 
deln. Schiller, Kabale und Liebe 3,5. (Er) ſchwindelte nieder. 
Sonnenberg. | 

. Zür er jchwindelt, ihm fchwindelt fagt I. Agricola (Sprichw. 62) 
nach älterer Weife: ed gefchwindet jm (ahd.im gesuintit, mhd. im geswindet). 

Schwinbdelbeere, —geift, —fraut, — mittel, —pulver, — ſucht, 
—fühtig, —wurz u. a. — Sch weiß nit, welh en Schwindel- 
geift die ganze Stadt ergriffen. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 1- 
Raden, Ruß, am meiften aber Schwindelhaber. Uhland, Schwindel- 
baber. Ein jchwindelhohes Zimmer. Mofer. Ueberall ftehft du 
auf Schwindel höh'n. Sonnenberg. Huldigen Sie dem Schwin- 
delfopf Gianettino. Schiller, Fiesko 2,5. Dieß fchwindel- 
föpf’ge Zehen macht verrufen. bei andern Bölfern uns. Shafejpeure, 
Hamlet 1, 4. Sehneft du von Schwindelftufen dich zu fchmerzen- 
vollem Raum. Göthe, Fauſt 2, 241. 

Schwindler (bei Bieln Schwindeler, d.i. der Schwindelnde) 
it fowol der in eignen Planen haltlos (auf ungewiffen Grunde) Ueber⸗ 
treibende, als auch (wie engl. swindler) der durch Vorſpiegelung fal⸗ 


262 


Fr 





fer Anſtchten Amdere für feine Plane. geneigt mahende und Fe ſo 
um das. Ihrige dringende Betrüger, gleihjam der Schwirbeleien 
vormahende. Ze | 
Schelm (ahd. scalmo, scelmo, mhb. achelme) 1) fo vid ale Sende, 
BVeftilenz, eigentlich und vornehmlich Viehſeuche, und 2) davon Übertragen auf 
gefallenes Vieh, Aas, wahrfcheinti in Nüdficht des Abziehens der. Haut auf- 
eine Burzel mit Schale S. 1. (vgl. goth. skilfan — zerreißen, altn. skilja 
— unterfeiden, skilmr — bewegt und abgefhliffen, skel = Mufchelicheibe, 
goth. skaljös — Ziegel, Dachſpäne, ital. scaglia — Schupye) zurückgehend; 
3) verborgenes Pörperliches Gebrechen oder Nebel; 4) (Volksſprache) Berfüh- 
rer eines Frauenzimmers; 5) (gewöhntih und fo ſchon fpäter mhd.) fein ver 
ſteckt Tiftiger ehrlofer Betrüger in böfer Abficht; dann in gelinderm Sinne 
fein verſteckt Tiftiger Menfch zu Vergnüglichent, der’ in ſcherz⸗ oder fpaßhaften 
Streihen Verſchmitzte. Schalt (goth. 'skalks — Knecht, ahd. scalh, mhd. 
schalc, agf. scẽale — Diener, Eigenfneht) in Beziehung des Knechtfinns 
ſchon mhd. ein Menſch von roher, boshafter Geſinnung, fhadenfroher Bube, 
dann (vgl. mittelniederl, scale — ſchlau) ein mit Berftellung vergnügfich 
liftiger Menſch, felbft zu ernitem Zwede, ſchadenfroher argliftiger gewandter 
Betrüger, befonders unter der Miene der Unſchuld. Schurke (ahd. scurga; 
vgl. fuirscurigi, firscurge — Feuerſchürer, S. 118) ift ſchlechthin der ehr⸗ 
Iofe Nichtswürdige. Gauner (vgl. mittellat. engaunnunı, engannum = 
Betrug, ital. ingannare — betrüigen ; niederd. gau — behend, holländ. gaauw 
— behend, fertig, geſchickt, ahd. kou = liſtig) umberfchweifender (vgl. ahd. 
govgarun — umberfchweifen, kigauan — beforgen, Gau, goth, gavi, ahd. 
kouwi, gewi, mhd. göuwe, göu, geu, Überall neutr.) liſtiger und gewandter 
‚ Dieb, dann überhaupt ein folcher Betrüger, Spitz bube (bei Stietr Spitz⸗ 
bube — gewanbdter, liſtiger, beträgerifcher Würfelfpieler) iſt urfprünglich übers 
haupt ein fein verfchmigter, liſtiger Menfch, aber wegen Bube nur in übelw 
Sinne; hiervon einer, der Andre zu ihrem Nachtbeil verfhmtgt nnd liſtig 
bintergebt, oder auch betrügt; endlich der verfchmigte, litige Dieb. (Das 
Keine und fofort Liftige liegt in ſpitz, S. 252; vgl. mhd. spitzsachen 
— feine Ränke S. 2351). Beträger (ſ. betrügen) der zu Andrer 
Schaden in Abficht eignen Vortheils Tänfchende. — Im andern Jar kam der 
Schelm unter das Bieh, und ftarben die Kue in aller Welt. (Sie) vers 
pranten die fhelmen (die in der Schlacht getödteten). Schmeller 3, 357. 
Bon Natur ein braver, ehrlicher, zuverläffiger Mann hatte er fich gegen die 
Welt erbittert und ließ diefen grillenhaften Zug dergeftalt in fich walten, daß 
er eine unüberwändfiche Neigung fühlte, vorfäglih ein Schalt, ja ein 
Schelm zu fein. Göthe, LXeben 12.8. Einen Schurken mit goldnen 
Borten unter den Hammer friegen, der die Geſetze falfchnrünzt nnd das Auge 
der Gerechtigkeit überfilbert. Schiller, Räuber 2, 3. Du bift wohl nicht der 
erfte Gauner, der über den hoben Galgen weggeſehen Kat. af. 1, 2. 
Serzog der Beutelfchueider, Saunerkänig, Großmogul aller Scheime 
unter der Sonne. Daf. 2, 3. Spipbnhen felsft, Die aus an. Sıheimen 


2095 

machen. Schiller, Micselomigi 4, 7. ——— man: fiud Con Voß, 

die Leibeigengen 26, , , 

Verſchwenden (abd. Kv)arauentan, mb, —— auch 
einfach swentan, awenden); 1) eigentlich machen, Daß: etmas. per⸗ 
ſchwinde, d. i. daß es abnehmend aufhoͤre gu fein; .2) muchen, Daß. etwas 
abnehmend aufhöre zu ſein für den, der es hat; 3) allgemein. un⸗ 
nüger Weiſe übermäßig (zu: viel) verwenden. Davon Berſchwender, 
verihäwenderifch. — Die vergeblüche Mühe, Diejes. und jenes TRiß- 
fällige auszutotten, würde nicht jo. oft werfchmendet werden. Goͤthe, 
Leben 12 B. Indeß wir bier in. thatenloſer Ruh die köſtlich edle 
Rettungszeit verſchweuden. Schiller, Jungfrau vou Drkeand 1, 1. 
%b habe längft einen Mahler: im Solde, der feine ganze Kunft ver» 
Ihwendet, den Sturz des Appius Claudius zu mahlen. Schiller, 
dieslo 1, 13. — Ich glaube, der Manu ift ein Verſchwender. Leifing, 
Minna von Barnbeim 2, 1. Verwünſche des Ehreverſchwenders 
Kid. Klopſtock, Stintenburg. Himmliſche Verfchwenderin! Platen, 
die verhängnißvelle . Gabel 5. Mit unihäßberen Gütern lehret uns 
verihwenderijch. die. Noth gelaſſen ſpielen. Göthe, Taſſo 2, .. 

Verthun' fabv. ſCv)irtion, mhd. vortuon, alt}.. ſavdnan, ayj. ſardon) 
iſt eigentlich vurch ſein Thun. womit zu Ende kommen, d. i. gauz aufbrau⸗ 
chen, daß nichto mehr davon da⸗iſt; imu Beſondern und vornehmlich ( jchon 
uhd) von eitwad ungeböriger, unantzerWeiſe ſolchen Gebrauch machen, daß 
es fott, dahin iſt, und fo auch auf bie. Zeit übertragen. Verjubeln (von 
jubeln lat. -jubilere) in luſtigem lantem Thun verbringen‘, gehord dem ge⸗ 
wöhulihen Leben. an. : Duräbringen: (ahd. durahpb)rink(han) hat hier 
die abgeleitete Bedeutang: etwas mit ungehörigerı, unnithzem Gchruusche um 
des Bergnügeneg, des Genufſes wilten in anders Befig, dringen. Betbringen 
(mh. verbringen, vürbriagen — ums Reden bringen) etwas fort, wegbrin- 
gen, mit dem Nebenbegriff des Endes, Ausganges, der yı 
wird bejonders van der Zeit gefagt. Zubringen (abb. a 
mhd. zuobringen) eigentlich jelbftthätig wachen, daß ein 
kemmt, was Ziel des Bewegung ift oder als ſolches gedach 
Zeit, d. i. machen, daß die Zeit über etwas vergeht, nüglich 
von Sachen, Beligthum gefagt, hat zubriugen die Bedeutun, 
gen, unnügen Gebrauch verderben. Vergeuden (rein abt 
mbd. gewen, göuwen, fpäter geuen, geuwen, lat. hiare : 
ſperren, gähnen, danıı gierig, Tüftern nad ehwas fein; dabon ahd. gawidon, 
gewidön, mhd. geuden, gewden, giaden, ‚göuden, gäaden in ‚fg: Bebeu: 
tung das Maul ‚aufrelgen und großthun, prahleriſch thun; es gtoͤß, hoch her 
gehen laſſen, Freudenmahle halten, wobei es hoc. her.geht; mit Gropthun ala 
wverthlos verwenden, etwas für nichtsachtend übermäßig und unnüth verthun) 
unnürper Veiſe nbermãßig verwenden, indem man das, was man fo verwen⸗ 
det, für nichts achtet, gleichſam prahferifch wegwirft, Verſchleudern (oberd. 
verſchlaudern, bei Adelung verfchläupern, bei Leffing, verſchlei⸗ 


204 


dern, von dem erſt im. 15. Jahrbh. votkommeuden Schleuder, eben. 
Schlauder) etwas, was man bat, leichtfinniger Weiſe an Andre geben, in 
dem man es unter dem Werthe hält, auch won der Zeit geſagt, fie ale werth⸗ 
[08 unter unnkgem Thun leichtfinnig veritreichen lafſen. Berjudern (ven 
judern, aus lat. jocari — ſcherzen, wie Jucks ans fat. joous), dem ges 
meinen Xebeu amgehörig, bedeutet in Iuftigem Leben und Treiben verthun. — 
Der verlome Sohn (Luce. 15, 14 f.) verthat.fein Vermögen, indem er es 
theils mit Schlemmen verſchwendete, theils mit Siederlichen Dirnen durqh⸗ 
bradte, theild an Luftgenofien verfhleudert und in feinem Rebermuthe ver- 
geudet haben mochte, und erit, als Alles verbracht war, und tr einige 
Zeit in bitterex Armuth zugebracht hatte, kehrte er reus und demütbig zw feis 
nem Bater zurück. — Wie: man Geld und Zeit verthan, zeigt das Bid: 
lein Iuftig an. Gdthe, Eyigramme Ueberall zahlte man die Yabrikarbeiter 
bisher am. Sonnabend, woher ed danı fam, daß: fehr Viele am Somutag das 
am Sonnabend empfangene Geld. verjubelten. Frankf. Ober, Boftanıtds 
zeitung 1846, Beilage zu Nr. 298. Der feines Baters goldue Füchſe mit 
unfesm Regiment bat durch gebracht zu Blüdsftadt; In einer luſtigen Rad. 
Schiller, Wallenfteind Lager 5. Eime Königin, die ihre Zage nicht aungenüigt 
in müßigen-Beihauung verbriugt. Schiller, Marin Stumt 2,2. Ver⸗ 
. geudet wurde fein Erbtheil. Pyrker, Zunifies5. Mir, der ich mein Talent 
und meine Tage abfichtslos vergeudete, mußte ſchnell auffallen. , Götbe, 
Leben 14.8. Gewiß ift bei einem zufällig räuberiichen NRadwühlen (bei den 
Ausgrabungen in Herculanum) mauches edie Alterthum vergendet werden. 
Böthe, ital. Reife Reapel 18. März 1787, Sie verjchleuderten Eroſchen 
und wurden: je allmälich ihre Thaler los. Göthe, Tags umd Jahreghefte 1811. 
. Anm. Als finmverwandt in gewifjer Hinſicht künnte auch noch verzetteln 
angeführt: werden (älternhd. verzetten, ſ. S. 197) urjprünglich auseinamderbreiten 
oder freuen; dann in Meine Theile auseinander treuen und fo verlieren. — Allein 
er hat fein Geld wahrhaftig nicht verzettelt. Göthe, Kat 1, 132. 
Verſchwendung ift ein vethältnißmäßig großer unnützer "Ber: 
brauch, indem der Verbrauchende das, was 'er befigt, durch den Der: 
brauch aus feinem Befige verfchwinden macht und davor keinen Nupen 


hat. - hat feine Befchwerlichkeit, der beichränfte ſowohl 
als ti ie. Der legtere ſetzt Ueberfluß voraus und führt 
zur 2 ıg. Göthe, Wahlvermandtichaften 2, 8. 


er. de wenden) laͤßt es unbeitinmt, ob jener Berbrauch nüpfich 


| oder um" ° rn einzelne Bauitlen den Aufwand nicht beitreiten 
founten. Be. EEE ee. “ 
Anm. ! rt nah Grimm auch Echwein, (gotb. svein, 
ahd. suin, m m. svin) d. i. das Thier, das auf die Weide getries 
ben wird (vg en, agf. svan — Hirte, Hirtenknabe).Bielleicht 


it das Wort wurzelverwandt. mit Sun, abd. sd, süi, süwi, whD,sü, pl siuwe, 
lat, sus, gr. vg, Dvg, — swiu aus suwin erwachſen wäre. . —— den Zuſam⸗ 
menhang mit suinan ſpricht das agſ. svind, swind = Speck. Pal. weiter bie 
bald auf sa bald auf suinan weiſenden Grimm IT, 12. 11,332. Schmeller 
3, 1777, 259, 538. Welgand 1708. Badernagel, Shwitthenwer. 


— 8. Dem Auſcheine vach gehört auch geſchwind' hierher. Das Wort 


it gebildet aus der Vorſylbe der. und dem Adj. goth. svintbs, ahd. suind, mhd. 
—— — ſtark, — kräftig, gehört alte zu einem andern Stamm. 
Winden.  : 
(Wurzel wan—d, win—d; wand, wind) . . 


Winde, wand, gewunden, winden (ahd. wintu, want, wun- 
tumes, wuntaner, wintan; mhd. winde, want, wunden,.gewun- 
den, winden; golf. agf. vindan, altſ. windan, altfrtej. ſchwed. winda, 
din. vinde, engl. winde), 1) kteisförmig beive en, eine gebogene, 
bin und her gehende, bejonders eine, um einen unct gehende Rich- 
tung annehmen, belommen; 2) ‚eine jolde Richtung geben (eigentlich) 
und Agikfich); 8) vermittelſt .einer um einen feiten Punet geführte 
Maft bewegen, beionders. in. die Höhe bewegen,. heben. — Aufgejagt 
ans dem Lager durch wiudende Thal’ amd Gebüfche. Voß. et (er: 
tmndhet um: ni auf! den gewundnen Pfad. Klopftod, die Vor- 
trefflichfeit. (Ich) finfe vor. dir in mwiedrigen Staub bin, lieg’ und 
bet’ uud winde mich, Vater, im Todesſchweiße. Klopfted, Meiflas: 
1, 120. Da ber Dichtung zaibertiche Hülle Fich noch lieblich um die 
Wahrheit wand. Schiller, Götter Griechenlands. Auch für mich 
ward jener Lotbeerkranz, = deine ‚Tobtenbahre. ſchmückt, gemunden. 

Exwinden fi, jo — ala. fi. untetwinden, iſt nicht mehr 
gebrandhlich. (Dad ahd. Irwintan, inhd. erwinden, heißt, fih um⸗ 
wenden, nur bis auf einen gewiſſen Pumct gehen.) — Das mus id 
fing gefunden zu beflügeln fih.erwunden. Canitz. Sich unter- 
winden (früher auch ohne Pronomen), zunaͤchſt wol fo viel, als ſich 

.umter etwas winden and ſo daffelbe auf, Aber fich nehmen, 

. bei untevrehmen S. 21. — Bern wir Dirnen uns erwinden. 
gm, Auhang 62. Das. keinen es zw befchreiten dorfft under 
winden. Fiſchart, Gargınmıa .©.:274 Ein folder Mann unter- 

windet fidy Der ſchweren Aufgabe, Göthe, Leber 16.8. 

Si getrauen (goth. gaträuan, ahd. katräen, katrüön;, mhd. getrte! 

wen) bezeichnef‘ zuuachſt, was das Stammwort trauen (goth. trauan, ahd. 
wöen, trüwen, triawon, md. truwen, triawen, tronwen, altf. trüdn, anf. 
trödwjan, ſchott. trow, altn. tea, mit treu, goth. triggvs, ahd. triuwi, 
mid. triuwe, altf, triwi, agſ. tıöswe, altn tryggr zu fanffr. dhruwa =" 
gewiß gehörig), daun Krafterforderndes mit ſtarkem Bewußtfein feiner Kraft! 
und des Grfolges unternehmen. Das einfache tramen kommt in diefer Bes) 
deutung erft mb. vor, iſt aber Inder Schriftſprache weniger üblich als fh 
getranen. Sich ertühnen (mdd.-Erkuönen furchtlos machen zum⸗ 
Thun, von kühn S 131) bedeutet fncchtios handelnd und dabel Gefahr uud; 
Alderſtand gering‘ achtemd unternehmen, Si brdre iſde n [von breift fi! 





: ©. 131) aus Zuverficht und Selbfivertraten furchtlos unternehläen;':Hrmit 
beſenders ohne -gekiutete Rückſicht auf Das dem Andern Zufkeheirde md "anf 
Beſchaͤmtwerden. Sich unterftehen mund unterfangen ſ. S. 20. — 
Schlafend Hatte fie mir fo gefallen, daß ich mich nicht tramte, fie zu wecen. 
Göthe, der Befuh. Was fd Ber- Tell getraut, das konntet Ihr nicht 
wagen? Schiller, Teil 1, 8. Ha, Ihr eykühnt Euh! Daf. 3, 3. Doch 
diegmal iſt er von den Reuiten; er wirb fich grenzenlos erdreuften. Goͤthe, 
KFauſt 2, 9._ De A TE BR 
-: Ynm.. Erwinden hatte noch im 17: Jahrh Die. Bedeutung gebreden; 
mangeln, fehlen, 3. ®; Es har mir.an. Mitiele erwunden. Landtag Yon 166 
Sie rudern allefampt und lagen nicht erwinden (fehlen) in Meinung einen 
Weg dem Hafen zu zu finden. Opik, Jonas ©. 19. 9 
Ab--, au—, auf, aus—,.be—, durch —, ein —, eumor — 
ent—, entgegen⸗, fort, her —, herab —, herauf —, heraus —, 
herein —, herum —, hervor⸗, hin —, hinab —, hinauf⸗-, hin 
aus— , hindurch —, hinein —, los-- , mit —, nach⸗, nieder —, 
um—, umber—, vor—, zer — zu—, zurück—, zuſa menwinden 
bedürfen keiner weitern arung. — Wie dein Tagewerk, gleich, 
windet dein Leben ſich ab. Schiller, Spaziergang. Suſanna windet 
ihr Gern ab. Voß, Luiſe 2, 89. Arnolt v. M. oder fia Freunde,die 
in anwindent (angehen) von im ſelber oder von ſeiner Hausprowen. 
Meichelberg bei Schmeller, 4, 106. Ich finne noch, durch die ver⸗ 
worrnen Pfade, die nach der ſchwarzen Nacht zu führen ſcheinen, uns 
zu dem Leben wieder aufzuwinden. Gbthe, Ipbigenies2, 4.1: Die 
Mittelllaffe der Bürgermäddhen behielt noch die aufgewundsmen, 
mit einer großen Nadel feftgeftecten Zöpfe bei. Göthe, Leben 9,8. 
Zu Diefem Zwed läßt man :die Gänge: des Zettel nach der. Ordnung 
durch einen großen Kamm laufen, Der: eben die Breite des Weber⸗ 
baums hat, auf welchem aufgewunden werden jolL Göthe, Meiſters 
Wanderjahre 3, 5. Dem noch fein Stärkerer die Balnıe. audge-. 
wuuden. Günther. . Ste lieh es ſich nicht nuswinden, wen ,e. 
gehöre, 3, Paul. Denkt du datan ... wie Pilatus ihm mit Dormen 
die Schläfe bewand? Slopftod. Ich Hörte fragen, warum man von 
den Zodten fo unbewunden Gutes fage, von Den Lebenden immer 
mit einer gewiffen Borfiht. Goͤthe, Wahlverwandticaften 2, 1. 
Traurig if e8, durch die Welt verlaffen, ungelellig allein fih du rich⸗ 
zawinden. Platen, Abbaſſiden 1. Sch bot alles auf, was an mi 
von Talent und Humor war, mi) durchzuwinden. Göthe, Xeben 
11.2.- Ein Bald von Statuen, Dusch den man fih durchwinden, 
eine große ideale Volfögetellichaft, zwiſchen der man ſich durchdrängen 
naußte, Dal, Ihr werdet das neugeborne Kind finden. in Windeln 
eingwunden 9. Sachs. Wo ſich ein Steinpfad zwiſchen Myrten 
zum Tempelhain emporwand, Matithiſſon, mileſtiches Märchen. Als 
von. dem axrſten Entſeßer ſich Ahbadorun. emupormand... Keoepitoc, 


—2 





Mefind 9, 590. (Sie) entwanden mir den Degen. Schileet / 
Räuber B, 2. Als fid) der Mond dem Oſtgewölk entwand. Tiedge, 
Urania 4. Doch Amalia, fanft ih entwindend, trat feitiwärts an 
das Feniter. Voß, Luiſe 3.2, 129. Indem fie fi) aus memen Händen 
der Flucht entgegenzuwinden firebte. Benzel⸗Sternau. Sich, wie 
es (dad Thier, die Schlange) im Stanbe kriecht, fi fortwindet 
Dir unter dem. Fuße. Herder. Und eine leiſe Ahuung flüflert mir zu, 
daß der deinige (Weg) fih im Wirrwarr fortmindet,-ohne zu etwas 
zu führen. Benzel-Sternm. Es windet am Faden die Scheibe, die 
von der Hand entfloh, eilig fi wieder herauf. Böthe, Epigramme 90. 
Den (rothen Zaden) man nit herauswinden kann, obne alles 
aufzulöfen. Göthe, Wahlverwandtfchaften 2, 2. Niemand konnt’ es 
aus mir Herauswinden, wen die Sachen allemal gehören. J. Baul, 
Siebenkäs 5. Da das Kränzlein um den Feldhut id berummwand. 
Voß, Iamende Liebe. Doch fie windet gleich ſich jelbit hervor. 
Goͤthe, Braut von Corinth. Es (das Licht) wand aus fernen, düſtern 
Räumen fi, wie ein Auferftehungstag, hervor. Tiedge, Urania 2, 
Bo, gen Hochſtätten, im Halbfreis fih hinwindet der Fluß. Pyrker, 
Rudolph 10. Gleich einem dunfeln Zeben, wand der Strom des 
Baldes ſich durch feine Waſſerfälle hinab, wohin die Zeit ihn reißt, 
Tiedge, Uranta 4. Der (Pfad) fich links etwas weiter durd) ein am 
muthiges Gebüfch fachte hHinaufwand. Göthe, Wahlvermandtichafe 
ten 1, 1. Rach einigen Stunden Tieß der Aſtronom feinen Gaſt die 
Zreppen zur Sternwarte fih hinaufwinden. Göthe, Meiſters 
Banderjahre 1, 10. Sie hatte ſich nur in unbemerften Ranken durch 
Die rohe Welt hindurchgewunden. Göthe, Keben 15. 8. Die 
trabe Berlaffne beitert ſich auf und winder mit Macht: vom jam- 
mernden Kummer ungeftümmfreudig fich 1o8.. Klopſtock, Meffias 2, 164.’ 
Und wand fi weichen Mirtenheden der Dame ndd.  Engetkhall. 
Die freie rechte Hand ift nicht himweichend, ſich umzuwinden, ſich 
aufzurichten. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 13. Ach! noch wandem 
feme Kraͤnze Liebende fih um! Schiller, Triumph der Liebe. Glaͤn⸗ 
end umwindet der goldene Lein die fauzgende Spindel. Schiller, 
Spaziergang. Banım muß der Bäter Doppelſchuld und Fervelthat 
und gräßlicd wie ein Schlangenpnar umwinden? Schiller, Wallen« 
ſteins Tod 3, 18. Wie ih hinein (in den Fallſtrick) gerathen, weiß. 
ih night; Doch wind’ ich mich umfonft u mher. Platen, Schaß des 
Rhampfinit 3. Hier wanden fi Schlangen am Boden . umher. 
Göthe, röin. Elegien 12. Oben auf der weiten Höhe, dem Herkules« 
Scheidewege, lief der rechte Arm (des Weges) hinunter und wand. 
ih dem blühenden Lilar durch Haine und Auen zu. 3. Paul, Titen 28 


Anm. 1. Fiſchart ſagt noch (Gargantua S. 201): Sie begunt zu. hend⸗ 
winden ond ſich ybel genug zu gebeben. — 
Yum. 2. Die Participien geſtatten mancherlei Zuſammegſetungen, 3:84 - 





268 


(Beier — hinabßeht im das aufgelöſte Spiel des unverfiändlih Frumm: 

ewundnen Lebens. Schiller, Braut von Meſſina. (Dee) gern verirrt anf 
Feat tgewundner Bahn. Salis, an ein Thal. Endlich erbliden fig au einem 
der palmenbewiendenen Pfeiler vol Ernftes einen Süngling. Ktopftod, Meſ⸗ 
Ras 15, 1008. Weit vorbaftend den Schild, deß Zier, im Binge der Aufer, 
ſchlangenumwunden, fihb wies. Pyrker, Rudolph 7. Der kuterruff (ein 
Setaß) it eng am Weidengewundenen Kranichshals. Fiſchart, Gargantna 


5. 

Binder; Winde (add. winta, mhd. winde) 1) ein Merf- 
eug, etwas Damit zu winden; 2) ein Pflangengefchlecht, welches 
ch durch feine fich windenden Zweige, womit es fld) um andere Körper 
windet, und durch feine trichterförmigen Blumen auszeichnet. — Diele 
Bid wurde die Kranzminderin genannt. Göthe. Siebenfäs wollte 
leider mit der hirurgifhen Winde der Vhilojophie die zwei wichtigften 
Glieder Lenettens einrichten, den Kopf und das Herz, J. Paul, Sie 
benfäs 5. Als nun die Grube fertig war, hub id, meine Form durd 
die Kraft von Winden und guten Hanfiellen eine Elle über den 
Boden. Göthe, Benvenuto Eellini 4, 6. Daß er herum durmelte 
wie ene Garnwinde Simpliciſſimus 4, 14. Bon Hopfen durch— 
ranft und blühender Winde. Voß, die Kirihenpflüderin 22. Es knüpft 
des Weltenlenters, Hand, wie an den Pappelftamm die Gloden:- 
en und an der Mutterliebe zartes Band. Salis, die ftillende 
tter, er 


Windig, gewindig, d. i. fich windend, find allmälich außer Ge⸗ 
brauch gefommen, Windung ift erhalten. — Schlangenwindig 
bat Ziihart, Gargantua ©. 221. Gewindig und umbwindig 
führt Schmeller 4, 108 an, — In waldiger Bindung des Seethals. 
Salis, Elegie an die Rube. Sie-wollen in diefer Schlangenwin— 
dung mir entgehen. Schiller, Don Karlos 2, 8. 


Gewinde, 1) etwas Gewundenes (eigentlich und figürlich); 2) jo 
viel Gar, als man auf einmal aufwindet; 3) eine Verbindung, ein 
Gelenk, wo der eine Theil fich auf den andern nad). vielerlei Rich 
tungen wendet oder bewegen läßt. — Der Knoten furchtbares Ge⸗ 
winde gewaltſam zu zerreißen, jtnengt der Arme Kraft ſich an. Schiller, 
Aeneid 2, 33. Ach! wie wäre der Mahler beglädt, der dieſe Ge⸗ 
winde mahlte, das blumige Feld! Göthe, der neue Pauflas. Durch 
ein bezauberndes Gewinde jüßer Irrungen. Wieland. Die Spiegel 
mit Hülfe ihrer Gewinde bin und her bewegen. Geiſt der Your 
nafe. — In einem Körblein von Silberdraht trug fie ein Blumenge- 
winde. Pfeffel. Und fie faßte den Stab, den Dorneugemwinde 
ganz umber einhüllte. Voß. Er werde fid) gemiß in diefen Fels ge⸗ 
winden gelamb und friſch auf einmal wieder finden. Wieland, Oberon 
11, 48. (Eng verlor fid) ein Bufen in jchweifiges Felſengewinde. 
Voß. Betrachte dort, was in den Irrgewinden der Erde du ver⸗ 
Iogen- haft. Bürger: Da zeigten au dem Laubgewind viel. geldne 


Früchte ſich. Uhland, der Kranz. Aber du ziehſt Schlangenges 
winde dir nach. Goͤthe, Weißſagungen des Balis?. (Wo der Geiſt) 
vor ſtillem Schaun, jo. Zeit» als Volksgewinde zum Abgrund 
wallt, zur Himmelshähe fteigt: Gbthe, einer hohen Reijenden. 
Windel. (ahd. wintila, windila,. mhd. windel, agi. vindel), 
ein zum Winden, Einwideln dienender Zeug, vierediges Stüf Lein— 
wand, in welches man Tleine Kinder windet oder widelt, oder das 
man ihnen im Bette —— oder beim Tragen unterhaͤlt. Davon 
windeln, einwindeln; Windelband, —kind, —ſchnur, 
— waſcher. — Die Kinder liegen in Wieg' und Windeln. Goͤthe 
paraboliſch 13. In den Windeln der Ueppig 
liche Werk der Verſchwoͤrung gewickelt. Schiller, 
Kindlein, gewindelt in ihr Tüechlein, gelegt in di 
4, 107. Eine Frau trug einen kleinen Glasſchre 
worin ein wächſerner eingewindelter Engel | 
ſperus 24. ZJluchs (flugs) droll dich, weil es il 
wintelwaſchern (Maͤmer, die ſich von den RB 
ſchäften brauchen lafſen) thut. H. Sachs. er. 
Anm. 1. Das Wudlein, Wind! Garn enthält um Paſſau 242 lange 
Fäden, wovon einer %, Eflen mit; 10 Windel machen 1 Gtren. u 
Anm. 2. Gehört das winnelweich der Volksſprache hierher, (windefs 
weich) fo weich durchprügelu, day man den Geprügelten gleichfam einwindeln 
mu? Oder zu goth. vinnaa = leiden? ſ. gewinnen © 26. : 1. 
Bindbohne, — flechte, —glode, —glödchen, —fraut, +-pflange; 
—rad, —ſeil u.a.; Windebaum, —bret (bei den Seidenarbettern); 
— draht, —-eifen, —gang, — glöckchen, —fraut, —nagel: (bei den Fürs 
bern), —ftange, —ftod, —vogel; Windenharz, —mader; Wirtz: 
derling (Winde). — Die Weinberge verwüften: und die Wintz 
bäufer (Keltern) in felbigen in Aſche legen. .Schmeller 4, 108 vom 
J. 1511. Der Windling, dieje Blume. wird von den Lateinerii 
genannt volubilis oder funis cerborum, P. Abraham. Untb ai 
nager (Nagelbohrer) oder Wintling !). Schmeller 4,108. Die aller 
meiften Bäume find windſchief 2) allmählich worden. Rückert, gel. 
Ge. 5, 39. - u 
Gewand, Pl. Gewande und Gewänder (ahd. wanda, mhd. 
want, gewant) ift eigentlid) Du8, womit man fi) ummindet, alſo 


I) Daran erinnert das der Volksſprache angebörende mit dem adverbtalen 
—ing, —ling gebildete Adv. überwindlings umd das davon gebildete Subſt, 
Veberwindlingsnaht, eine Naht, wo die Enden zweier Stüde durchſtochen 
and mit dem Faden umſchlungen, ummunden werden. - 


.s 


2) Neumiederd. windscheef, in der Volksſprache winſch, beſſer wind ſch. 
Altm. if vindr, E82 dän. vind = verdreht, verkehrt, krumm. Daraus windſch 
fir windiſch. Schmidt (weiterw. diotifon) denfr an dad alte van, wan = 


Mangef und an winistar = lin. .ı:.. - 





ein jedes Gewebe, ein jeder Yeug zur Belledung, im Befondern mund 
zwar oberd. wie niederd. von Wolle, ehedem überhaupt jo viel als 
— nbd. gerne mit dem Nebenbegriff eines vornehmeren, Langen 
Ueberkleides. Davon Das. nuu erloſchene (in Ber ſüdd. Volksſprache 
noch erhaltene) gewäuden — kleiden. — Und alſo ſprechend, li 
fie das Gewand der Hirtin fallen und als Königin der Himmel kun 
fie da im Glanz der Sonnen. Schiller, Jungfrau yon Orleans 1,10. 
Er. bedient ſich bejouders ſchöner, in's braunrothe gebrochener Farben 
u feinen Gewändern. Göthe, ital. Reife 17. Det. Wie in glän- 
(nen Gemwanden Helena zur Zinne trat, Uhlaud, Liebestlagen 1.— 
ie Auen im Blumengewand. Wieland. Mit Blutgewande 
ihmüdt. Klopitod, Meſſias. Ihr führet und im Brautgewande 
ie unerreichte Barze vor. Schiller. Ste nahm in das Duftende Bujen- 
gewand ihn. a Ilias 6, 483. Zierlich und einfad) it dein Ehren= 
gewand. Voß. Der Leib, das Erdgewand ift hin. Kreuz Dohda 
dem Opferer nun der beleidigten Deinneira trauriged Feiergemwand 
um die Schultern haftete. Voß. Und des Regenbogens Farben ſchmücken 
nicht ihr Feftgewand. ©, Sacobi. Gefleidet in weiße Grabge⸗ 
wand. ‚Uhland, die Schladht bei Reutlingen. Dod trug er.dabem 
faſt immer dasfelbige Hausgewand. Benzel-Stermau. Können Engd 
witleidige Freudenthränen vergiegen, jo iſt's, wenn fi Verigste und 
Liebende in dieſem Hochzeitgewande fehen. Herder. Ach, einmal 
entfiel mir jehwindend mein Hohesprieffergewand. Stlopiled, 
WMeſſias 4, 74. Und Odyſſeus Bette vielleicht nun ſtatt Der Lager: 
ewand’ entjtelt von Spinnengeweb’ if. Voß, Odyſſee. Unb ber 
‚ der jeinen Köcher leert, wird ein Genius im Lichtgewande. 
Müchler. Litiengewand ihr Kleid, mit Blumen gegürtet. Herder. 
Im Nachtgewand fährt jener aus dem Laufen. Wieland. (Der. Satan 
usw) Sonn’ im Nebelgewand. Sonnenberg. Indeß eutſank der 
Zochter Angiochs im väterlichen Saal ihr Prachtgewand. Bürger 
Ihm folgt’ ein Junker im Burpurgewad... Ihm folgt’ em 
under in Silbergewand. Bürger, Lenardo und Blandine. Sorg⸗ 
jam eilt ihr, Mama, aus dem Reifegewand zu enthällen Voß. 
In wallendem Rojengemwande. Sonnenberg. E08 im Safrange- 
wand umſchien mit Helle den Erdkreis. Voß, Ilias 8, 1. Lucjun, wein 
Schlafgewand! Shafeipeare, 3. Cäſar 4, 3. In langen Falten 
flog um ihn fein Schneegewand. Kojegarten. (Er) findet Roß und 
Stahlgewand. Uhland, St. Georgs Ritter 1. Daß er das Sterbe: 
ewand zu ihres Sohnes Begräbniß trug. Klopitod, Meſſias 12; 63. 
be ſchneeiges Strablengewand. Sonnenberg. Wenn Todes— 
gewand den Thron ihr donnergewebt umgrau'n. Saggeitı. Dies 
Heideten Ifraels Söhne in balfamifches Todtengewand. Klopſtoc, 
Meſſias. Trägt denn die Gate Bis Trauergewand? Salis, 
Ermunterung. In fliegendem Wolfengewande ‚Sonnenberg. — 


273 


Dar Pflegerater Toll das Kind gewänden GSämeller 4; 101 aus 
d J. 1884. König Ludwig. hatt: fid),. da gleich die Schlacht ſolt ‘an 
geben, vergwändet (deriteßded, “ daß jn die Feind in der Schlacht 
nicht kennen kunden. Aventinus Chronik 487. In der ſpaätern Ausgabe 
von 1580 ſteht verkleydet hatt. vegwändet.... 0. 


Kleid (mbd. kleid, | h, engl. cloth, altu, kleedhi, ſchwed. dän. 
kläde, holländ. kleed) be ripränglich was der Menſch zur Bedeckung 
aubat; im Befondern uhl ald Kleidungeſtuck; in emgerer Bedeutung 


die lange Bekleidung des ........-- fiber dem Hembe: Sterbe—, Nachtkleid; 
in der engiten Bedeutung die bei gefitteten Völkern Abliche Kleidung des 
Rumpfes über dem Hemde bis zu den Küßen. Kleidung if überhaupt was 
der Menſch als Körperbededung an ſich trägt, Kopf⸗, Rumpf und Fußbe⸗ 
dedung. Anzug (ij. ziehen) iſt Inbegriff alles deſſen, was man an den 
Körper‘ oder feine Theile zieht, ſeires nun, um fie zu bededen oder ſich zu 
ihmüden, ſelbſt jolhe Dinge, Die eigentlich angelegt und nicht im wahren 
Einne, augezogen werden: Schnallen, Ringe u. dal. — Wie die Natyr die 
innig reiche Bruſt mit einem grinen bunten Kle ide deckt, fo hüllt er-alle, 
was den Menſchen nur ehrwürdig, liebenswürdig machen faun, in’s blühende 
Gewand der Zabel ein. Göthe, Taſſo 1, 4. Wir würden feinen Scherz 
ea — 2 Mag 
zu tragen haben, wie unjre Kleidung feinen Spott erfuhr. Dal. 1, 1. 
Eteht mir der Anzug gut? Voß, Luiſe 3 a, 279. 

Anm. Leinwand, wofür ‚oberd.. Lrinwat, iſt dus, ahd. "vıhb, ‚Unwät, 
a3. inweed — leinenes Kieidungsitüd, von. ahd. agſ. lin = Kein uud ahd. wäy, 
af. wed— Klefdung, was Tpäterhin mit jeinem allmälihen Ausiterben im Hoch⸗ 
verfichen aufgieng in dem ’aus dem Niederd. tingedrungenen und im Nhd. von dem 
ganz verichiedenen Gewand ſich mifchsuden. —mwand, altniederd. wanda, mbp: 
Kl, — = Niederfleiß, | 


⸗ 


J „—fall, händler, —haus, —macher, —mah⸗ 
lerei t u.a. — Gewandlos, entſtellt und ver⸗ 
wider w 4, 88. Thetis barg im Gewandihof 
U. 3. . Der junge König hingegen fchleppte fie 
in de ‚ndftuden mit den Kleinodien Karls d..Gr, 


nie in einer Verkleidung, einher. Göthe, Leben 5.8. — Gewands- 
weile (zum Scheine) von einer Sache ſprechen. Leifng. 
Wenden (goth. vandjan, ahd, wantjan, wentan, neumiderd. 
mbd. w:nden, altfrief. nordfrief. wenda, neuftief. weynen, 
altı, venda, wendja, agi. vendan, vandian, engl. wend, jchwedv 
vanda, dän. vende, Bolfsiprahe wenne), die factitive Form von 
winden, bedeutst 1) allgemein eine andere Richtig oder ein an« 
deres Verhaͤltniß geben; 2) im Bejondern eine..entgegengejeßte Ricy« 
bag geben: Den Braten, dus Getreide; 3) in bejondern Redensarten 
ie wel als abwenden: Wende Schaden und. Verbruß, Canitz; 4) auf« 
hören, graͤrzen, anſtoßen. — ‚Auch auf Ihren Körper wenden Gie 
wer. Schüler, Fiesko 2, 2. Nie wird das Glüͤck von Oeſterreich 
ih wenden. Schiller, Piccolomini 1,4. Da wundte, man die 





272 


en auf mich Siäiller, Wallenſteins Tod 3, 18. Wir dieß Ge 
inradı fih wendete Schilder, Maria Stunt 3, 6. War etr's, der 
fie (die Gefahr) nom dir gewandt? Daf. 4, 6. Bender aud dir 
nicht mildes Erbarmen das Herz? Voß. Wo der yfenning wendt, 
da hat alle lieb ein end. Schmeller 4, 104. . | 


Drehen (ahd. drajan, mhd. drejen, agf. drAwan, dhrekjan ; vgl. Tat. 
torquere = drehen, tornare — drechſeln) eine Richtung um einen Punc 
“oder eine Linie geben und dann auch nehmen. Kehren (abd. kerjan, mhr. 
keren, cheren, verſchieden don dem mit fegen finnverwandten Fehren, ahd. 
cherran, cherjan, mhd. kern, das mit girren, Firten, ahd. chirran, 
chörran zu einem Stamm gehört, ſ. weiter S. 76) eigentlich eine gewiſſe 
Richtung geben oder nehmen, dann im Befondern Die entgegengefeßte Richtung, 
das entgegengefegte Verhälmiß geben oder nehmen. Leuten (mhd. lenken) 
Bewegtem durch mittels oder unmittelbares Wirken auf daſſelbe die Richtung 
oder Veränderung darin geben, die es haben fol. — Und fhauerlih gedreht 
Im Kreife, beginnen fie des Hymus Weife“ Schiller, Kraniche des Ibycus. 
Dortbin Fehre das Auge deines Erbatmens. Schiller, Kabale und Liebe 4, 4. 
Ihr hattet Wiſſenſchaft von Allem, lenktet aus Eurem Kerker planvoll die 
Verfhwörung. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Die Ergiefung eined Herzens 

ſo zur verlenken. Leffing, Nathan der Weife 3, 10. 


Abwenden, 1) nad einer andern Seite . menden; - 2):die'An= 
näherung einer Sache, befonders einer ſchädlichen, verhüten. — Wer 
von der Schönen zu ſcheiden verdammt ift, fliehe mit abgewen- 
detem Blick! Göthe, Pandora. ,: Da ic) aus Dielen Bunden. ftrebe, 
Macht mit Macht abwende. Schiller, Marta Stuart 1, 7. Ihr 
habt das Land von Defterreih abgemwendet. Schiller, Tell'1, 4. 
Wenn e8 (das drohende Unglück) mit ‚Unterwerfung, mit aa ans 
feit farm abgewendet werden. Schiller, Biccolsmini 2,2. Bringe 
mir Blut, o Mutter, und fluhabwendenden Schwefel. Voß, 
Ddyffee 22, 481. Eu Ze Re ee 


Auwenden (xhd. anawentjan. = hinanw.), an den Zweck wen⸗ 
den, d. i, die Richtung. gu dem Zweck hin. geben, fo daß Er erreicht 
wird, es mag mit geößerem oder geringerem Aufwand: von Kräften 

jcheben; 2) in Betreff eined Dinges von etwas Gebrauth. machen, 

g mit dem Nebenbegriff, daß der Gebrauch zum Nutzen' der han⸗ 
deinden Perſon jei,. während aufwenden es unbeſtimmt läßt, - ob 
mit oder ohne Nutzen für die handelnde Perſon; 3) (veraltet) an 
greifen. — Indem die Bürgerlichen einen rühmlichen Fleiß anwen- 
den. Göthe, Götz non Berlichingen 1. Daß die Zeit, wo nicht an« 
gewendet, doch wenigftens verwendet werden kann. Goͤthe, Briefe. 
mit Schiller 5, 104. Wir wellen Menichen und Geld umfonft wicht 
aufgewendet haben. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 5. A 


273 


Gebrauden (von braunen ahd. prähhön, prühhae, prüchen, mhd. 
brüchen, atti. agj. brücan, altfrief. altn. ſchwed. brüka; goth. bruks, ahd. 
pruchi, agf. bryce — brauchbar, nüglich; vgl. lat. frui, fructus) mit etwas 
wirffjam fein zum Zwecke, er fet gut oder böfe (wie auch bei anwenden). 
Nutzen (j. bei genießen) Genuß nehmen, Bortheil ziehen von etwas. Sich 
bedienen (von dienen, goth. thivan, add. diomön, verfürzt aus diowinde, 
mhd. dienen, altf. thionon, alt. thiona, thiena, von ahd. diu = Sclavin, 
feibeigne Dienerin, goth. thivi, agf. diva, dheove, alt. thiu, thiema, altn. thir) 
ein Ding zu feinem Dienfte gebrauchen, in Bezug auf einen der handelnden 
Berfon angenehmen Zwei, wie au bei nugen. — Gebraucht der Zeit, fie 
gebt jo fchnel von binnen. Goͤthe, Fauſt 1, 9. Vieles traf zufammen, das 
ih zu unferm Bortheil nupen konnte. Göthe, Tafjo 1, 4. Du biſt verlos 
ven, wenn du dich nicht fchnell der Macht bedienſt. Schiller, Balleniteins 
Tod 1,7. Sie bedienen fi keiner Seife. Göthe, ital. Reife, Birgenti 
26. April 1787. 


Bewenden (goth. bivandjan = fid von etwas wegw., ahd. 
piwentjan — umm., binw., anw., mhd. biwenden — hinw., be- 
wenden — zu Ende bringen), zu Ende fonımen, zu Ende jein, daß 
nichts weiter au dem Gegenftand oder in Beziehung desjelben geichehen 
foll. — (Er) läßt es bei dem Rade bewenden. Schiller, Räuber 2, 3, 
Aber es währte zu lang’, ich laſſ' es lieber bewenden. Göthe, 
Reineke Fuchs 1, 260. 

Verbleiben (fi. bleiben) immerhin fo fein, daß es nicht geändert 
werde. — Daß er (Wallenſtein) für fich allein beichliegt, was er allein vers 
ſteht? Wohl! daran thut er recht, und wird’8 dabei and jein Verbleiben 
haben? Er ift nun einmal nicht gemacht, nach Andern geſchmeidig fih zu 
fügen und zu wenden. Schiller, Piccolomini 1, 4. | 


Einwenden, allgemein Gründe gegen einen Ausſpruch, cinen 

u. dgl. vordringen. Davon Einwendung, Einwand — Was 
liege ich nicht noch alles einwenden Göthe, Wahlverwandticdaf- 
ten 1, 3. Durch diefe Einwendungen ward Wilhelm nicht über- 
zeugt. Göthe, Meifterd Lehrjahre 5, 15. Der Cinwand, von 
Ammen hergenommen, kommt weiter unten bei der Rechtfertigung der- 
felben vor, J. Baul. M 

Berwenden, 1) von fi, von etwas weg wenden; 2). auf einen 
Gegenftand der Beihäftigung oder Bearbeitung wenden, verbrauchen ; 


@inwerfen (ſ. werfen) Gründe gegen einen Ausfpruc u. dgl. mit 
Nachdruck, oder auch mit Heftigkeit vorbringen. Ginwerfen wird.nur ges 
fagt, wenn Gegengründe gegen die Wahrheit eined Ausſpruches u. dpi. vor⸗ 
gebracht werden, nie aber, wie einwenden, gegen die Verbindlichkeit des—⸗ 
felben , befonders 3. B. gegen Befehle, Gefege, ja felbit gegen Handlungen. 
— Werden file mir noch einwerfen, daß 2. Morig, Keinen Einwurf! 


Ediller, Don Karlos 1, 9, 
18 


274 


3) auf die andere Seite wenden: mit verwandter Hand eine Ohrfeige 
geben; 4) durch Wenden verändern, befonders in das Gegentheil. — 
Joel, der andere Sohn, verwandte jein thränendes Antlig von 
dem DBater. Klopſtock, Meifins 2, 129. Sein Blut, fein Leben wird 
er für den Bater freudig verwenden. Schiller, Wallenſteins Tod 3, 2. 
(Erf verwendete fid ſelbſt für mich. Daſ. 2, 6. Denn alle Balken 
und Deden fie find jchon lange verbrannt, und Zrepp’ und Gang und 
Kapelle in Schutt und Trümmer verwandt. Göthe, Bergſchloß. 
Verändern (fpäter mhd. verandern, verändern, von ander goth. 
anthar, ahd. andar, mhd. ander; vgl. fanffr. ana — ander) etwas fo ma 
hen, daß es nicht mehr fo if, wie e8 war (anders machen) mit dem in ver 
beruhenden Begriff des völligen lImfeßens in ein Auderes. Das finnverwandie 


verwandeln f. bei wandeln. — Und follte der Regent nicht Macht haben 


diefes alte Herfommen zu verändern? Göthe, Egmont 4. 


Borwenden, etwas als Bemweggrund oder Abfiht äußern, von 


welchen man glauben machen will, fie feien die wirklichen. (Ahd. fure 
wenden — eine von jeiner Richtung abweichende Richtung vorm aus 
nehmen, daher oberd. fürwenden, auch — amrenden.) — Ben 
ja die Nachbarn Hindernis oder Geichäft verwendeten. Voß, Luiſe 
2, 2331. Allein ih wandte des Tages Gluten vor, und verhehlte 
der Schmeicdhlerin, was. mir geihehn war. Voß, die Weihe 91. 
Vorgeben (ſ. geben) eigentlich aus fih heraus zu Tag, zu Kunde 
geben, äußern ; dann etwas äußern, worhber der Andere Grund hat ungewiß 
zu fein, ob es wirklich fe ijt, oder ob man nur fo fage, um ibn etwas An- 
deres glauben zu machen, als es wirklich if. Vorſchützen (von ſchützen 
mbd. schützen, |. |hießen) eigentlich etwas jchußweife wohin bewegen, nm 
fidh dahinter ficher zu machen ; dann um Inangenehmes von fich abzuhalten, 
etwas als Beweggrund oder Abficht "äußern, was dem Andern Grund gibt, 
ungewiß zu fein, ob man ihm Wirkliches gefagt babe oder nicht. — Wenn 
fi) Tumult in Königreich erhübe, im Namen und zum Ruben irgend einer 
Perſon, die Rechte vorgibt an die Krone, daß man gerichtlich gegen fie ver- 
fahre. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Wenn ich mich beflage, wird er eine 
geheime JInſtruction vorfhhgen. Göthe, Egmont 8. 


Empor—, ent— (S. 14), er —, her —, beranf—, heraus, 
berein—, bernieder—, herum —, bervor—, hin —, hinab —, Hin- 
auf —, binaus —, hinein —, hinüber —, hinweg —, hinzu —, nach —, 
nieder—, um— , umber— , weg—, zu—, zurückwenden bedürfen 
feiner weitern Erklärung. — Die niedere Sonne wendet zu lüngerm 
Licht empor den Lauf. Voß, Neujahrslied. Die tufel (Teufel) Fern 
(wenden) alle ir lifte daran, wie fie uns des hinmelriches erwenden 
(davon abhalten), daz (das) fie verlorn hant (haben). Bruder Berthold 
(tr 1729. Die geichwind fann man die verfehrte Seite beraus- 
wenden! Shatehpenre, was ihr wollt 3, 1. Sie dürfen früb des 








275 


ewigen Lichts genießen, das fpäter fi) zu und hernieder wendet. 
Göthe. Fauſt 2,7. Ih wandte mein Antlig einmal bebend herum. 


Klopftod, Meſſtas 5, 619. Indem er :auszumeichen ſchien, wen=- 


dete er auf einmal eine große Anfiht, auf welche der bejchränfte 
Gegner niemals denken konnte, wie einen diamantnen Schild hervor, 
Göthe, Leben 14 B. (Er) wandte fein fchauendes Antlig nach 
dem Berföhner hin. Klopftod, Meſſias 1, 146. In's britt'ſche Lager 
ift e8 (das Herz) hingewendet. Schiller, Jungfrau von Orleans 4, 1. 
Boll Hoffnung folgten ihre Blicke, nach der Stadt hinabgewandt, 
dem Ausgang jenes Kampfes. Platen, Abbaſſiden 9. So wird au 
alles, was fih binaufwenden wollte, an die beiden Stellen ge— 
wiejen. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 6. Wie fih... mein treues 
zu dir hinüber wende. Göthe, Sonette 9. Wir juchen, von 
Athen Hinweggewandt, und neue Freunde dann in fremdem Land. 
Shakſpeare, Sommernadhtstraum 1, 1. Vernehm' ich di, fo wen- 
det fih, o Theurer, wie fi) die Blume nad der Sonne wendet, Die 
Seele, von dem Strahle deiner Worte getroffen, ſich dem füßen Trofte 
nac. Göthe, Iphigenie 4, 4. Damit er nur nicht eher (das Blatt) 
umwendete, bis auch fie zu Ende der Seite gefommen. Göthe, 
Wahlverwandtichaften 1, 8. Ich war fogar genöthigt, Das trodnende 
Heu jelbft mit umzumwenden. Göthe, Xeben 6. B. So wend’ ich 
elaften den Gaul um und reite pfeifend zurüd. 3. Paul, Titan 2. 
och ſchnell wendet er fih um zur Flucht. Schiller, Jungfrau von 
Orleans 1, 9. Hoch die Augen umbergewendet voll Stolzes. 
Voß. Doc du wandtefi dic weg. Göthe, der neue Pauſias. Mit 
weggemwandtem Blide vergießt der feile Sclav der edeln Römer 
Blut. Ziedge, Urania 5. Dem alten Glück, der eignen Kraft nicht 
fröhlich mehr vertrauend, wandt er jein Herz den Dunkeln Künften 
zu. Schiller, Wallenfteinsg Zod 3, 3. Sein Herz ift noch den ird'— 
then Dingen zugewendet. Daſ. 5, 6. Wer wandte dir die 
Bölfer zu? Voß, Hymnus. Zlieh’n wir noch weiter, oder wenden 
ms zurüd? Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 3. 

Wendung, Bender, der da wendet, find einfach und in Zu— 
jammenfegungen gebräuchlich. — Weldy eine ſchöne Wendung würde 
mein Gedicht genommen haben. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 8. 
Handlung befteht in der Anwendung der Willenskraft zu Erreichung 
eines Zweckes. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Durh Ummendung eines 
ſcheinbaren Ernftes in geiftreichen und heitern Scherz das Gemüth zu befrie- 
Digen. Göthe, Leben 10.8. Meinen beften Dank für Ihre freuudichaftliche 
Verwendung in der bewußten Sadye. Schiller, Briefw. mit Göthe 
2, 296. Dagegen hatte Wilhelm die fchönen Ducaten der Gräfin in 
der Taſche, auf deren fröhliche Verwendung er das größte Recht 
zu haben glaubte. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 2. Gehüllt in dauern- 
des Dunkel wie vormals blieb, drei Erdewendungen lang, die 


18% 


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276 





an der Geifter fprachlos ftehn. Klopſtock, Meſſias. E gehört 
eine eigene Geijteswendung dazu. Göthe, Betrachtungen im Sinne 
der Wanderer. Durch anmuthige Geſprächswendungen. Göthe, 
Wahlverw.1, 2.— Haftiger dreht’ er dey Wender. Voß, Luife 3 a, 537. 
Sein Gewiffen, nicht fein Eigennuß, war fein Einwender gegen Die 
- Größe feiner Habe. 3. Paul, Heiperus 9. Nun gefteh mir im Ber: 
trauen, ob du der Entwender bift? Platen, die verhängnißvolle 
Gabel 1. Der Menfch der alten Zeit verhält fich zur neuen, wie ein 
Bratenwender zu einer Repetiruhr. Lichtenberg, Nachteng zu den 
migigen und komiſchen Husdrüden. Achilleus Wagenwen der. Schiller, 
Aeneis 2, 84. | 

Wende (ahd. wendi, mhd. wende), 1) die Handlung, da man 
etwas wendet; 2) der Zuftand, da fich etwas wendet; 3) der Ort, 

wo, der Punct, um den fi etwas wendet; 4) (Volksiprache in 

einigen Gegenden Norddeutichlands) ein Feldmaß, welches einen halben 
Morgen hält, nah Campe eigentlid fo ange, al8 man den Pflug 
führt, ohne zu wenden; oder vielleicht beffer jo viel al mun auf ein- 
mal, ohne auszufpannen, pflügen (ummenden) kann? — Unfer Erden- 
jammer hat, gleich der Erde, jeine Wende; tritt fie gleich nicht früher 
ein, fo erfolgt fie dod am Ende. Campe. Uriel' fund auf der 
Wende des Sterns. Klopftod, Mefflas. Ueber Ortygia Hin, wo die 
Sonnenwende gejehn wird. Voß, Odyſſee 15, 403. 

Wendebank (in den Salzwerfen), — bock (im Bergbau), —eijen 
ein Hammerwerfen), —graben (im Weinbau), —haken, —hals 1), 
— kreis, —pflug, —punct, —fäule (im Schleufenbau), — ſchämel (am 
Wagen), —ſchatten (in der Mahferei), —Ichaufel, —Ipindel (bei Hand- 
huhmathern), —ſtange (in Hammerwerfen), —ftod, ſtecken (beide bei 
Handihuhmachern), —wurz (veratrum album L.), —zirtel. — Jener 
Chorus dort macht euch zum Wendehals. Göthe, Fauft 2, 123. 

Wendel ift nur in Zuſammenſetzungen gebräudhlid: —baum, 
—beere (ribes nigrum L.), —blume (hesperis L.), — boden, 
—bohrer, —gerte, —muth (mbd. wendelmuot), — ſchnecke, —ftein 
u. a. — Dann würde ferner aus ihrer Schweiterliebe Licht auf ihren 
ganzen bisherigen Wendelgang fallen. J. Paul. Als man fie einen 

endelftieg hinaufgebracht hatte. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 4. 

Schon trampelts laut die langen Wendelftiegen herauf. Wieland, 
Dberon 3, 46. Sie erftiegen eine Wendeltreppe. Göthe, Wahl: 
verwandtichaften 1, 11. 

Wendig (ahd. wendie, mhd. wendece — wandelbar, abwend- 
bar, rüdgängig, Volksſprache wennig) ift nbd. faft nur nod in Zu- 


1) Die Volksſprache ſagt Windhals. Mhd. wanthals, davon wanthalsen 
— den Hals drehen, neidisch über die Achfel ſchanen. Du folt dich armer eltern 
nit ſchamen, noh ob in winthalfen, wanne (denn) damit haft du fie verfmehet 
(verfchmäbet) und davor verfmehet dich gut (Bott). Berthold von Megensburg. 


277 





numenjeßungen gebräuchlich; Das frühere wetterwendig lantei nun 
wetterwendifh, ©. 282. — Niemand macht mich von euh wen- 
dig. Gryphius Ct 1664). Du folt dich richten uf die wart, diu nie 
an Menihen wendig wart. Boner (14. Jahrh.), Fabel 87. So 
wetterwendig war das Glück. Simpliciffimus 3, 9. 


Abwendig, die. Verbindung, der man bisher angehörte, verlap 
ind, fi) von etwas wendend. — Sein Schreiben enthielt Ianter fpöt- 
tiſche Dinge in Knittelverſen, die einen andern irre oder gar abwendig 
gemacht hätten. Göthe, Leben 10. 8. : 

Abfaͤllig (ſ. fallen) fi’ von etwas trennend mit der Hinweiſung auf 
dad Unrecht oder den Krevel, der durch den Abfafl begangen wird, Abtrün⸗ 
nig (abd. abtrunnic, mhd. abeirünnec, abtrünnic, zunähft von trunne = 
serve, Schar, und dieſes von trinnen, trennen — fchares, trennjan = 
trennen, abtheilen); deutet auf die Trennung bin, die durch Auflöfung der 
Berbindung entfteht., Abſpänſtig (abd. spenstic — aulodend f. S. 204) 
duch Lockkung, namentlich trügerifhe Lodung abwendig. — Wenn ich bei 
meiner Unkunde von der Beichaffenheit der Welt Euch aud eben nicht ab⸗ 
fällig fein fann. Novalis, Heiurih von DOfterdiugen 1, 2. Das weibliche 
Geſchlecht hegt ein eignes inneres unmwandelbares Intereſſe, von dem fie nichts 
in der Welt abtrünnig macht. Göthe, Wahlverwandticdhaften 2, 7. Ich 
will nicht, daß du Döbbelin feine Leute abfpänftig maden ſollſt. Leſſing, 
111. Brief an feinen Bruder. 


Auswendig (mh. üzewendic, üzwendec, d. i. außen an ber 
Band, vielleicht entftanden aus ahd. üzanandic oder Aganendie von 
ahd. andi, endi = Stine, Oberfläche, Außenfläche?), was die Außen- 
ſeite, Oberfläche eines Dinges betrifft ))y. — Er hat feine Predigt fo 
brav auswendig gelernt. Schiller, Räuber 2, 3. Kein Lager ward 
bezogen, aber die Unfrigen fchlugen ein großes Zelt auf, inwendig 
md auswendig umher die reichiten herrlichſten Weizengarben zur 
Shlafftätte gebreitet. Göthe, Campagne in Frankreich 29. Sept. 

Außen (gotb. ütana, ahd. üzAn, üzana, mhd. üzen) und außer (ahd. 
üzar, mbd. üzer) bezeichnen allgemein, daß etwas nicht in demjenigen ift, 
worauf als im Rede itehend Bezug genommen wird. Außen ift ubd. nur 

Ar., außer Adv. und Präpofition. Außerhalb (ahd. mbd. üzerhalp) 

it an oder auf der äußeren Seite (j. S. 144) des in Bezug genommenen 

Dinges, und zwar in der Nähe defjelben, während außen und außer fowol 

die Nähe als die Entfernung bezeichnen. Aeußerlich (mbd. üzerlich), was 

dad Aeußere eines Dinges betrifft. — Die er fanımt ihr zugleich innen mit 

fiheriter Dauer, außen mit niächtigftem Heer umgab. Göthe, Fauſt 2, 224. 

Das (Grab) inwendig fürdterlich, ob es zunen der Frühling gleich mit 





) Früher auch Präpoſ. z. B. In- oder auswendig des Reichs Greutzen. 
Sleidan, Urberfegung von 1857. Bi. 15. : 


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278 


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der Blume beduftet. Klopſtock. Ste läßt es (das Bögleln) heraußer, fe 
wie's ihr gefällt. Göthe, Gegenſeitig. Daß niemand mit ihm rede außer 
eurer Gegenwart. Göthe, Gög von Berlichingen 5. Solchen altehrwärdigen 
Feierlichkeiten folgte in guter Jahreszeit manches für uns Kinder Iuftreichere 
Feſt außerhalb der Stadt unter freiem Himmel. GBöthe, Leben 1. 8. 
Aeußerlich erfcheinft du mir die vielgeliebte felber. Göthe, Eugenie 4, 4. 


Inwendig (ahd. innandic, mhd. innewenic, innewennic, inne 
wendic, innewendeclich), die innere Seite eines Dinges betreffend, 
Gegenfag von auswendig, früher auch Präpofition. — Lichthelles 
Glänzen wacht inwendig um Gottes Geheimniß. Klepftod, Meſſias 
- 1, 331. Inwendig vier Jam. Schmeller aus dem 3. 1523. In— 
wendig einer beitimpten Zeit. Sleidan a. a. O. BL. 18 b. 

Sinnen (goth. innana, ahd. innan, innin, innana, mhd. innen, eine 
Kortbildung von goth. inna, ahd. inna, inni, mhd. inne = inne) und inner 
(ahd. mhd. inner) find Segenfäge von außen und außer, wie innerhalb 
innerhalp, innerhalben) und innerlich (innereclich, innerclich) von außer: 
balb und äußerlich. — Da durdfchleicht ung innen manche Hoffnung. 
Söthe, an Kottchen. Nach den erften Gefechten verfchlofien ſich lange die 
Keinde inner den Mauern der Stadt. Voß. Wenn Stürme durch Zweige 
und Blätter fauften, blieb innert doch der Kern des Herzens ungeregt. 
Böthe, Egmont 5. Wir andern, die wir in der Stadt geblieben waren, um 
diefe Pracht inner halb der Mauern und Straßen noch mehr zu bewundern. 
Göthe, Leben 5. 2. 


Anm. Achnlich iſt das veraltete (im 15— 16. Jahrh. gebräuchliche) ob⸗ 
wendig — oberhalb, z. B. bei Hug, Rhetorica Tübingen 1528. BL. 171: Ob: 


wendig Pforzheim, 

Nothwendig (erſt nhd., nicht bei Stieler, wahrfcheinfich nad 
in—, auswendig gebildet), was nicht anders fein kann, als es iſt. 
— Gleich fing id an von diefen und von jenen nothwend’gen 
Dingen fonft mich zu entwöhnen: nothwendig ſchien mir nichts 
-als ihre Blicke. Göthe, Sonette 6. Das ift nun die Nothwendig- 
feit, fteht nicht zu ändern. Schiller, Maria Stuart 1, 8. 

Röthig (ahd. nötac, nötic, mhd. nötic, nötec, von Noth ahd. mhd. 
nöt, goth. näuths, agf. neäd, neöd, ned, altn. naudhr, neyd, von der Wur⸗ 
zel näuan, nauhan mit dem Grundbegriff verbindender Feſtigkeit? Vgl. fat. 
nec-csse, ncx necis; oder zu ahd. niotdn, mhd. nieten — verlangen, genies 
Gen, fich eifrig befleißen, woher nuhd. niedlich aus altf. niudlico — mit 
Rührigkeit, forgfältig, genau; ahd. niot, altf. nind — PBerlangen; nieten, 
altn. hnioda — mit einem Nagel befeitigen, erit im 15. Jahrh. %) minder ſtark 
ald nothwendig, bedeutet, daB etwas, das zwar anders fein fünnte, wegen 
einer beitimmten Abficht fo fein muß. — Nötbig (war) immer eine (Schanze) 
zur Beſchützung der andern. Göthe, Campagne in Franfreih 15. Oct. 


Anm. Schmeller führt noch aus dem 15. Jahrh. an: binderwendling 
— rückgaͤngig, nahmwendig = nahe, treuwendig — treulos. — Inden hiſt. 


279 


- Blättern Bd. 17 S. 209 fleht die feltne Form: Statt aller weitwendigen 
ispute. 
Wendbar und wendlich (mhd. wendelich) find jetzt nur in 
einigen Zufammenjegungen gebräuchlich. — Diefe aus Glauben und 
Schauen entfprungene Ueberzeugung, welche in allen Züllen, die wir 
für die wichtigften erfennen, anwendbar und ftärfend it, liegt zum 
Grunde meinem fittlichen ſowohl als literariſchen Lebensban. Göthe, 
Leben 12. B. Zu oft erjcheinen fremde Grillen. uus als ein Geichid, 
das unabwendbar ift. Platen, Tree um Zreue 1. Zum öffent: 
lihen Gebrauche anwendliche. Lieder. Nationalzeitung. 

Wand (goth. vandus, ahd. mhd. want — das Wenden, der 
Ort, wo fi) etwas wendet) 1) überhaupt eine jenfrechte, oder doch) 
meift jenfrechte Fläche, 2) die ſenkrecht aufgeführte Begränzung des 
Raumes an oder in einem Gebäude, 3) in weiterer Bedentung in 
einzelnen Fällen, 3. B. im Jagdweſen, auf Schiffen, eine ſenkrechte, 
oder fait ſenkrechte Fläche. — Indeß können meine Jiegen an der 
jäben Band flettern. Geßuer. Wer fieht es dieſen Wänden an, 
duß eine Königin hier wohnt? Schiller, Maria Stuart 1,1. — In deu 
böchften Bergwänden. Seume. (Ich) drüde... den bintern Gran- 
ten an die Felswand bin. Schiller, Tell 4,1. Daß fie die Fluthen— 
wand entlang, wie aufgrimen Matten wandelten. Pyrker, Zunijias 1. 
Roc die fchroffe Gebirgswand hemme Des Siegers Lauf! Daſ. 8. 
Weun von der Wahrheit nur diefe dünne Scheidewand mic) trennte, 
Stiller, das verjchleierte Bild zu Sais. 

Bandballen, — bank, —bein, -—-bekleidung, —beien, --feit, 
—flehte, —fliege, —gefims, — haken, — holz, —farte, —klompe, 
—flote, —fnopf (alle 3 in der Schifferfpradhe), — kraut, —laus, 
—teifte, — leuchter, —moos, —nachbar, — nagel, —pfahl, —pfeiler, 
— rahmen, —ruthe, —ſäule, —ſchrank, — ſtütze, — teppich, —uhr. 

Anm. Hierher gehören auch die veralteten, in der Volksſprache noch erhal: 
tenen Formen Abwand — Drt am Ende des Aders, wo beim Plügen umge⸗ 
tehrt wird, und Anwand (abd. anawanta) 1) Rand eines Aderfeldes, der nicht 
umgepflügt werden fann vder darf; 2) fo viel als Gewand (ahd. giwant, alt. 
giwand — Gränze, ahd. zawentjan — unwenden, Volksſprache Gewann, 
Gwann) Ackerbeet, Ackerbezirk. Davon anwanden (angwanuen) — angrän— 
zn. — Einen Mahl- oder Gränzbaum auf der Gränz oder Anwanden zu 
täflen ift verboten. Wirzburg. Waldordnung vom Jahr 1721. Am acer, dad find 
zwu auwand und gend (geben) über den langen grasweg. Monum. boica 23, 598. 
Aeder die mit der maur anwanten. Daf. 19, 588. 

Anwand (jelten), Aufwand f. S. 264; Borwand ©. 162. — 
Der Anmand deiner Zeit. 2. Karſchin. Su troßig ftehft du da, weil 
du Leben auf todten Tüchern heuchelft und große Ehaten nit Pleinem 
Aufwand verewigit (durch die Mahler). Schiller, Fiesko 2, 17. - 
Daß Aufwand- und Prachtgefege den Fürften felber noch nöthiger 
wären. 3. Paul, Hefperus 4. Dies alles wurde mit einem ungeheuren 
Koftenanfwande betrieben. Campe. 


- 





n 


250 


Bewandt (mhd. gewant), Bartic. von Bewenden, bedeutet 
dus, was außer einem Dinge ift, auf dieſes gewendet, in Richtung 
auf Ddiefes gebradjt. Davon Bewandtniß und das felm Be- 
wandtfhaft. — Man kann nicht recht wiflen, wie es hier Se 
mit ihm bewandt ift. Klopſtock, Gelehrtenrepublil. Es it bier fo 
bewandt, daß nichts beitändig jey, als nur der Unbeftand. Opitz. 
Menn es mit beiden einerlei Ben andtniß hätte. Leſſtug, Ernſt 
und Falk 5. (Eine gleihe VBerwandnüß ſagt Hoffmannswaldau im 
fterbenden Socrates 72 ftatt Bewandtniß.) 

Beihaffen (I. ſchaffen) bezeichnet die außer dem bloß äußern Ver⸗ 
häftniffe an einem Dinge befindliche Art des Erfcheinens, fie mag nun weſent⸗ 
lich oder zufällig fein. Beſtellt (von ftellen ſ. S. 238) eigentlich in eine 
Stellung gebracht, bezeichnet mehr” die zufälligen Merkmale eines Dinges. — 
Mie Zeit, Art und die Umſtände des Landes befchaffen find. Shakipeare, 

ODthello 2, 3. Es ift doch fonderbar, beftellt, Daß nur die Reichen in ber 

Welt das meilte Geld befigen. Leffing, Händchen Schlau. 

Gewandt (ahd. kiwant, mhd. gewant), was ſich mit Leichtigkeit 
nach den Umftänden wendet und bewegt. Davon Gewandtheit. Ans 
aber hat er jeine gewandtefte verzärtelte Tochter, freut euch! gegönnt. 
Göthe, meine Göttin. Charlotte, deren Gewandtheit fi in größeren 
und fleineren Cirkeln befonders Dadurch bewies, daß fte jede unangenehme, 
jede heftige, ja felbft nur Tebhafte Neußerung zu befeitigen, ein fich ver- 
längerndes Gefpräc zu unterbredyen, ein ftodendes anzuregen wußte, 
war auch Diesmal von ihrer guten Gabe nicht verlaflen. Göthe, Wahl 
verwandtichaften 1, 4. — Durch Liſt und fluggewandten Sinn 
verſucht' idy’S, in dem Kampf zu fiegen. Schiller, Kampf mit dem 
Drachen. Tryphäna befürdjtete viel von des Jüngling's leichtge— 
wandter Beredſamkeit. Klopftod, Meſſias 10, 337. (Ich möchte) 
in ſprachgewandter Maße fühnem Stolze, das beſte, was Gefühl 
mir gäbe, reimen. Göthe, das Sonett. Doch dem Sclauen, Biel- 
gewandten ward der ſchöne Preis zu Theil. Schiller, das Sieges— 
fett. Ein jeder weltgewandte Mann ziebt fie (die Kappe) behag- 
lich über Kopf und Ohren. Göthe, Kauft 2, 28. 

Geſchmeidig eigentlich Teicht zu Fchmieden (ahd. smidon, mhd. smi- 
den — überhaupt machen, arbeiten), daher zwar Widerftand entgegenfegend, 
aber doch geeignet, eine neue Korm anzunehmen und leicht in eine folche zu 
bringen. Biegfam (f. Hiegen) leicht die Form, Haltung verändernd. Beug⸗ 
fam fih leicht aus grader Haltung in eine geblichtere bringen laſſend, nur 
auf die Gemttbebefchaffenheit angewendet. — Uns loszureißen iſt noch nicht 
zeitig, drum feid gefchmeidig. Göthe, Fauft 2, 141. Wie ein Kind voll 
Unfhuld, mit biegfamem Herzen, folgt ich dem leichten Geſet der janft« 
gebietenden Etimme. Klopſtock, Meſſias 4, 831. 

Verwandt (mhd. verwandt), eigentfih wovon ab⸗ und wohin 
‚gewendet, ift allgemein durch irgend eine Gemeinjchaft (Gleichheit, 


281 


Aehnlichkeit u. dgl.) in Verbindimg gebracht, in Berkhrung ftebend; 
dann im Bejondern (eigentlih und figürlich) durch ein Familienband 
angehörig. Berwandtichaft bezeichnet zunaͤchſt überhaupt das Verhaͤlt⸗ 
niß, Daß Eins durch eine Gemeinichaft mit dem Anden in Verbindung 
fteht; im Beſondern dad Verhaͤltniß des Ungehörens durch ein Zamilien- 
band. — Wohl euch, daß ihre mit dem Berräther nicht näher ver- 
wandt worden. Göthe, Götz von Berlichingen 3. Am nächiten iſt's 
(das Ding, der Pflug) dem Schwert verwandt. Schiller, Räthiel 10, 
Verwandte find fich alle ftarfe Seelen. Schiller, Biccolominie 4, 4. 
Ich hörte von Bermandtichaften leſen, und da dat’ ich eben 
gleih an meine Berwandten. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 4. 
Zwei angenehmen Orten (Darmftadt und Homburg), die durch Ver- 
wandtichaft beider Höfe in gutem Verhältniß ftanden. Göthe, Leben 
12 B. — Da drang ein Dupend Anverwandten herein. Göthe, 
der Müllerin Verrath. An den Arm der blutsSverwandten Königin 
mich werfend. Schiller, Maria Stuart 1, 7. In dieſer jungen Dame, 
gering! mein Werk, fol meine Bundsverwandtin, fol eine Königin 
uns blühn. Schiller, Don Karlos 2, 10. Da. bemerkte ex, in einer 
Ede aufgetiſcht, das große Dintenfaß, Canzleiverwandte dabei. 
Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 9. Dann follen die Gartenver- 
wandten (Blumen), die fih von fern nur fahn, neben einander fich 
freum. Göthe, der neue Pauſias. Beide Väter waren gaſtverwandt. 
Söthe, Braut vom Corinth. Man verläugnete es nicht, daß man ſich 
unter Geiites- ımd Gefühlsverwandten bewege. Göthe, Leben 
11.3. Er gehört nun einer deutichen Heimathb an, die Menichen 
um ihn find feine Landesverwandte % Paul. Hier dar’ ich 
lauter Uubefännte, und finde leider Nahverwandte. Göthe, Fauft 
2, 115. Erde — wie jeeverwandt. Daſ. 2, 339. Wovon fidh 
dergleichen Sinnesverwandte am liebften unterhalten. Göthe, 
Leben 16. B. Sie möchten gem in unfern Kreifen als Stamm« 
verwandte fich erweilen. Göthe, Fauſt 2, 133. Weil Abends vorher 
zwiichen ihnen von einigen Seitenverwandten die Mede gemejen. 
Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 8. Einem Rectöfreund ift ein jol- 
des Lorale nicht verhaßt wie einem Stallverwandten. Daf. 1, 9. 
Heut zeige mir, daß unſre Seelen wablverwandt. Platen, die 
verhängnißvolle Gabel 2. 

Sippichaft (mhd. sippeschaft, von ahd. sippea, sibha, nıhd. sippe, 
agf. sib, altn. silt bedentet eigentlich Friede, daher friedliches Verbältniß, 
daun Berhältniß des Angehörens durch Famtlienband, da man den engften 
Frieden im Schoße feiner Kamilie findet, wahrfcheinlich zur heil. Zabt fies 
ben, gotb. sibun, ahd. sibun, mhd. siben, altj. sivon, agf. söofon, altı. 
siö, altfrief. siugon gehörig, mit Hindentung auf den fiebenten, d. i. den 
NRubetag beim Schöpfungswerke) dentet auf das Zufammengehören in Eins 
bin, fautet für die Schriftiprache altertbümlich und verbindet in der gewöhn⸗ 








282 


fihen Sprade, auch ohne auf Familienband zu fehen, einen verächtlichen, 
unebrbaren Nebenbegriff. Zreundfchaft (ahd. friuntscaf, mhd. vriant- 
schaft, agf. frööndscipe, von Klf)reund, ahd. mhd. vriunt, agſ. fröond, 
friend, goth. frijond, Partic. von goth. frijon — lieben) eigentlich wohlwol⸗ 
Sende Zuneigung gegen Jemanden; dann die im Kamilienbande fiegende Zu: 
neigung; gewöhnlich das Angehören (dev Berfouen) dur ein Familienband 
außer den &lteru und Kindern. — Welche gemeinfamer Stamm mir erk 
und vervetterte Sippfchaft, dann das Lager verband. Voß. (3) fand 
anf der Straße die ganze Sippfchaft beilammen. Göthe, Benvenute Cel⸗ 
ini 1, 8. Um Fleiß und Tugend wählt er fie, nicht reicher Freundfchaft 
wegen. Voß. 

Wandel (ahd. wantal, wantala, mhd. wandel = Umtaujd, 
durch den ein Schadenerſatz geleiftet wird; der Erſatz jelbit, Genug: 
thuung, Buße; Zehler, Mangel, der, nad) dem Kauf oder Vertrag ge- 
funden, denſelben rechtlich aufhebt) allgemein Uebergang aus ſeinem 
‚ Weſen in das eines andern Dinges, im Beſondern 1) die Verände- 
rung des Ortes durch Geben; 2) das fittlihe Verhalten, die. Art, 
wie man im fittlicher Hinficht gleichſam durch das Leben geht; 3) (Volks⸗ 
Sprache) Taufchhandel: in Handel und Wandel. Davon wandelbar 
- (mh. wandelbzere), überhaupt nicht fo, wie es ſeyn jollte; dann jo 

viel als mangelhaft; gewöhnlich aus feinen Weſen in das eines an- 
dern Dinges übergehend, jo daß das Ding dieſes andern ift oder Ai 
fein ſcheint. — Ste beichwerten das Volck mit Maut, 31, Gü 
Waudel, Scharwach vnnd andern neumen Fünden, Aventinns, 
Chronik 1580, Bl. 254. — Es ift ein Wandel vorgegangen. Schiller, 
Piccolomini 9, 2. Auf den Schrittiteinen batte man nach wie vor 
reinlichen Wandel Göthe, ital. Reife, Palermo 15. April 1787 
Der heitre Wandel mancher ſchönen Tage, der ftille Raum je man 
her tiefen Nächte war einzig dieſem frohen Xied geweiht. Goͤthe, 
Taſſo 4, 4. Ihr pocht auf Ehrlichkeit und eremplariihen Wandel. 
Schiller, Räuber 2, 3. Borerit ſey geftanden, daß ich meinen Le— 
benswandel nicht immer fo eingerichtet, um der nächften Zeit, ja 
des nächſten-Tages ganz ficher zu fein. Göthe, die neue Melufime. 
Des Genuſſes wandelbare Freuden rächet jchleunig der Begierde 
Flucht. Schiller, das. Ideal und das Leben. Plötzlich flattert ein 
Tänbchen aus einem Aſtloch empor, mit wandelbarem (farbewed- 
jelndem) Gefieder. Kleift, Frühling. Unwandelbar, bis die Achaier 
Ilios Höhn einnehmen. Voß, Ilias 15, 70. Ich ermüdete nicht, 
über Zlüchtigfeit der Neigungen ,- Wandelbarkeıt des menjchlichen 
Lebens nachzudenken. Göthe, Leben 7. 8. 

Beränderli (f. verändern ©. 274) bald fo bald iv- werdend, von 

Einem ins Andere übergehend Wetterwendifch (von Wetter abd. we 

tar, mbd. wöter, altf. wedar, agf. veeder, veder, mittelniederd. wöder, altn. 

vedr, vedhr, flavifch veier, vjeter, neufrief. waer, ſchwed. väder, dän. veir, 


! 


283 


gr. ahdre, lat. ether, mit der Orundbebeutung freie Luft, dann bewegte Luft, 
Bind) veränderlich nach der Wendung des Wetters. — Das Glück fängt an 
mir wetterwendifch zu werden. Gdtbe, Götz von Berlichingen 8. 


Wandeln (ahd. wanton = fich verwandeln, wantalön, wan- 
filön, altj. wantalön, mhd. wandeln, mit verfchiedenen Bedeutunz 
gen), eigentlich machen, daß anftatt des Einen ein Anderes wird, daß 
etwas aus feinem Weſen in das eines andern Dinges übergeht (früher 
auch wieder herftellen, wieder gut machen und, metonyntijch, ftrafen) ; 
dann (erft fpätermhd.) den Ort verändern dadurch, daß man fi an 
einen andern begibt; hin und her gehen, nur in edelm Style gejagt, 
und zwar vorziglid von einem Gehen. das gemächlich, ohne Beſchwer⸗ 
lichkeit, nicht in niedrigen Beichäftigungen ift; auch figürlich in der 
böheren Schreibart. Berwandeln hat nur den Begriff der Ver⸗ 
änderung und bedeutet jo zu etwas Anderm machen, daß das, was 
vorher war, nun diejed Andere völlig ift oder zu fein jcheint. — Zeiten 
entflohn: allein die umgefchaffne blieb; und dieſe Geftalt wird nie ſich 
wandeln! Klopſtock, die deutiche Bibel. Wandelt Glüde denn 
die Leute, Daß fie morgen nicht wie heute? Logau, Sinnged. 2192. 
Bis er den reinften Tropfen Bluts in mir zu Galle wandelte. 
Göthe, Taſſo 2, 4 Da er noh wandelte im Licht. Schiller, 
Zell 4,2. Unter ihm tönte die Erde, und ein wandelndes Jauchzen 
durchdrang die Pforten des Abgrunds. Klopftod, Meſſias 1, 73. In 
gährend Drachengift haft du die Milch der frommen Denkart mir ver=- 
wandelt. Sciler, Tell 4, 3. Semehr ich diefe Juftände in Be— 
grife verwandeln lernte. Göthe, Leben 11.38. Mir ift das Herz 

| verwandelt und gewendet. Schiller, Jungfrau von Orleand 4, 1. 
| Gehen Ci. daſſelbe) bezeichnet allgemein fich zu Fuße fortbewegen. Walz 
fen (ahd. wallön, mhd. wallen, agf. veallian, ſchwerlich aus ahd. watalön 

von watan, f. waten zufammengezogen, eher zu wel = rund gehörig, f. 
Belle S. 135) wird nur im edelften Ausdrud, im bohen Style für wan⸗ 

dern gejagt, und zwar vorzüglich von Wandern in frommer Andacht zu einem 
Gnapenbilde oder überhaupt einem heil. Orte. Das finnverwandte wandern 

f. unten. — Sie geben friedlich, Alt’ und Junge, Männer nılt Weibern ; 
göttergleich und ähnlich fcheinen die wandelnden Geitalten. Göthe, Iphi⸗ 

genie 3, 2. Nach dent heil’gen Grab fie wallen, auf der Bruft das Kreuz. 
Schiller, Ritter Toggenburg. Nun ordnet die Füge, daß jeder fih füge und 

einer mit allen, zu wandeln, zu wallen die Fluren entlang. Göthe, Idylle. 
Yam. Logan bat noch das an Wandel — Umtauſch erinnernde wandeln 

= umtaufhen: Alten Freund für neuen wandeln, beißt für Früchte Blumen 
handeln. — Schmeller bat wendeln — einen Schaden erfegen, ſ. oben Wandel. 

Abwandeln und umwandeln — machen, Daß etwas nicht mehr 
io ift, wie e8 vorher war: bei abwandeln bezieht fich dies auf einen 
Theil, der, vom Ganzen getrennt (ab), anders wird, als Das Übrige; 
bei umwandeln auf das Ganze, jo daß es zu etwas ganz Anderem 





284 


wird. Beide haben auch örtliche Bedeutung, find aber dann nicht 
mehr finnverwandt. — Ich übergab ihn und mich dem Himmel und 
wandelte allein ab. Seume. Lieb’ und Freundihaft wandeln 
unter guten, frommen Menfchen tröftend auf und ab. Tiedge, Urania 4. 
Und umgewandelt jeh’ ich die Holde. Göthe, Riualdo. Und feier- 
lich, nad) alter Sitte, ummwandelnd des Theaters Rund, mit laug- 
ſam abgemeſſ'nem Schritte, verjchwinden fie im Hintergrund. Schiller, 
‚Kraniche des Ibycus. ' 
Anm. Abs und umwandeln für die grammatifchen Ausdrüde declinies 
ren und conjugierer zu fagen, it aus mancherlei Urfache nicht zu empfehlen. 
Wandern (mbd. wandern, von dem veralteten Wander, ahd. 
wantar, mbd. wander 1), neben wantal, wandel), zunächft hin= uud 
bergehen, dann (eigentlich und figürlich) fich wohin begeben und zwar 
1) fih nad) einem andern, ferien, fremden Orte begeben; 2) beſonders 
'e Zuß reifen, vornehmlich wenn e8 weit ift; 3) (Bolköfprache) aus 
em Dienft treten, von Dienftboten gejagt; 4) (Volksſprache) ſpuken: 
ed wannert — geht um, fpuft (davon Gewennerz — Geipenft). — 
Und er kommt ans Ufer mit wanderndem Stab. Sciller, Bürg- 
ſchaft. Wir aber wollen nach der Mühle wandern. Göthe, Fauſt 1, 48. 


Wandeln und wandern, als Verba der Bewegung, erleiden viel 
fache Zufammenjegungen mit ab, an (f. ©. 29), aus, be, daher, 
dahin, durch, ein, einher, empor, ent,entgegen, er,fort, 
heim, ber, herab, beran, berauf, heraus, herbei, herein, 
herüber,hberum,herunter, hervor, herzu,hin,hinab,binan, 
hinauf, hinaus, bindurdh, hinein, hinüber, binunter, 
hinweg, hinzu, mit, nach, nieder, über, um, umber, un— 
ter, ver, vor, voran, voraus, vorbei, vorüber, weg, zu, 
zurüd, zuſammen. — Alles wandelt auf und nieder. Göthe, 
Leben 13. B. Als Triphon mit Antiocho, dem jungen König, auß⸗ 
wandlet. Züricher Bibelüberfegung. Geht fie (Zeit) zurüd auf dem 
jüngft bewandelten Bogen. Voß. Der langfam ... daherwan— 
delt. % Paul, Heſperus 21. . Er (Gott) wandelt ftil dahin 
durch feine Ewigfeiten. Tiedge, Urania 2. Und durchwandelſt mit 
Sinn Diefen geheiligten Raum. Göthe, röm. Elegien 13. Es wandle 
Pracht und Frobfinn ein und aus. Platen, Berengar 3. Wenn der 
Morgen einwandelt. 3. Paul, Heiverus 1. Gott ging nım und 
wandelt’ einher in dem Wege der Sonnen. Klopftod, Meſſias 5,71. 
Entwandelt friedlih! Göthe, Fauſt 2, 386. Wer entwandelt 
durch den Garten bei der Sterne bleihem Schein? Uhland, Entja= 
gung, Sogleich entwandelte Kirfe der Wohnung. Voß, Odnflee 

0, 388. Schreden ergreift ihn gewiß, wenn ein Gott entgegen 
ihm wandelt mitten im Kampf. Voß, Ilias 20, 130. Sie hatten 


1) P. Suchenwirt und der Teichuer haben mhd. wander für wandel. 





285 


mn die Höhe ermwandelt. Campe. So daß es (das Wafler) nur 
im weitläufigen Schlangengange fortwandeln kann. Göthe, Cam—⸗ 
pagne in Frankreich, Detober. Bor ihm wandelten Satan eilendes 
Tritts und Sthuriel ber. Klopftod, Meſſtas 4, 226. Er wandelt 
heran lichtſchön wie Apoll. PBlaten, rom. Dedipns 5. Daß in der 


Hand es (das Talent) hebend der Gaſt binwandle zum Nacht: 


ihmans fröhliches Herzens. Voß, Odyſſee 8, 395., Um unfer Leben 
wandeln Kinder wie ſtumme Engel hin, an dich’ und Unfchuld 
teih. ZTiedge, Urania 5. Sekt, da fie wieder den Pfad hinwan— 
delten. Voß, Zuife 1, 222. Rhea Sylvia wandelt, die füritliche 
Jungfrau, der Tiber Waſſer zu Ichöpfen, hinab, Goͤthe, röm. Ele- 
in 3. Die nahwandelnden Frauen. Göthe, Wahlverwandt- 
haften 1,9. Run wandelt im Geleite dir ewig Ruhe nach. Bürger, 
an die Hoffnung. Und fo flanden fie auf und wandelten nieder, 
das Feld hin, durch das mächtige Korn. Göthe, Hermann und Doro- 
thea 8, 80. Wo wir im Baumgang auf und nieder wandeln. 
Chafejpeare, viel Laͤrm um Nichts 3, 1. Um die über uns fo weit 
erhabenen Männer mit eigenen Augen umherwandeln zu fehen. 
Göthe, Leben 8. B. Sie 9 vorwandelnd der Kriegsgenoß Eteo- 
neus. Voß, Odyſſee 4, 22. Als fie ſolches geredet, da wandelte 
Pallas Athene eilig voran. Voß, Odyffee 2, 406. Ich will mich 
lagern unter'm Baume, da wandelt taͤglich ſie vorbei. Uhland, 
Entſchluß. Riefs im Herunterblick und wandelte ſtill vorüber, 
Sonnenberg. Weggewandelt (duch das Wandeln ausgelöſcht) 
ſeid ihr, tiefgegrabne Worte. Göthe, der Wanderer. Der vorher das 
Zujfammenmwandeln gefehn. 3. Paul. (Eine Allee) gab zu jeder 
Stunde des Tags Gelegenheit, im Freien zu verkehren und zu luft- 
wandeln. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 5. Durch laue Nacht 
luftwandeln Jungfraun. Voß, Deutfhland. Da luftwandelte 
der König. Herder, Eid 12. — Bei feinem Abwandern betrug er ſich 
in der Fahrgaſſe eben jo excentriſch. Göthe, Leben 16.8. Eine Haar 
nadel, die eben vom Kopfe abwandern will. Wepel. Schlofier 
wandert aus und begibt fih ... nad) Anſpach. Göthe, Tag- und 
Sahreshefte 1795. Rod, in meines Lebens Lenze war ich und ich 
wandert aus Schiller, der Pilgrim. Die er felber getödtet auf 
eintam bewanderten Berghöh’n. Voß, Odyſſee 11, 574. Wir fuchten 
unbewanderte Pfade. H PB. Sturz, Klopitod. Indeſſen ich 
en Stüdchen Welt durchwandre. Göthe, Fauſt 2, 111. Eilet, 
eilet, einzumwandern in das feite Baterland. Göthe, Meifters 
Banderjahre 3, 12. Jh entwanderte, dort der Kriegsarbeit zu 
begegnen. Voß, Ilias 12, 368. Ich hab viel erwandert, viel 
Großes und Wunderbares geiehen. Wieland. Diefer Pfad verleitet 
uns durch einfames Gebüſch, durch ftille Thäler fortzumwandern. 
Göthe, Taſſo 2, 1. Nie dach, du weißt ja, ging id) vor deinem 


1 





236 


prangenden Altav im vielrudrigen Schiffe vorbei, herwandernd 
im Unglüd. Voß, Ilias 8, 238. Deswegen fie unerfannt umd 
heimlich berumwandern müſſe. Göthe, Lila 1. Daß feine 
‚ hervor aus der Thüre wandere. Voß, Odyſſee 21, 384. 
Wir jungen Leute find einigemal hbingewandert Göthe, 
Leben 5. B. Wo die Kränze des Ruhmes —— und das goldne 
Scepter in ſtätiger Reihe wandert von Ahnherrn zum Enkel hinab. 
Schiller, Braut von Meſſfina. (Er) wollt' wandern in alle Welt 
hinuaus. Uhland, Siegfrieds Schwert. (Das) die Mitwandern- 
den zu überfchreiten verfteht. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 9. 
Es iſt ein armes verächtliches Wort, aber die Ewigkeit hat Mühe, 
e8 zu umwandern Schiller, Kabale und Liebe 5, 2. Bo 
Banden gefeffelt des Unmuths, fagten umwandernde Geifter 
uns oft von dem jchredlichen Zündftaub (Bulver). Pyrker, Tuniſias 4. 
Der Alte nimmt den Querfad auf den Rüden, den Knittel in die 
Hand, und wandert friih voran. Wieland, Oberon 1, 73. Das 
bunte zierliche Anfehn diefes herrenlofen aufgegebenen Gutes lodte die 
Befigluft der Borbeimandernden. Göthe, Kampagne in Frank⸗ 
reich 12. Det. Wo eine Tugend an die Bruft der andern, und wo 
der Sram an's Herz der Liebe fällt, da laß uns heiliger vorüber= 
wandern, da feiert eine Engelwelt. Ziedge, Urania 4. Er war 
vom Rheine wegwandernd nah Gaftein gezogen. Göthe, Tag⸗ 
and Sahreshefte 1795. Nun wandert’ er voll Zuverficht der Gegend 
zu. Engelihall. (Er) war nad) mancherlei Schiefalen gejcheidter und 
verfehrter zu uns zurüdgemwandert. Göthe, Leben 15 Bd. Ewig, 
unverrädt, zufammenwandernd leuchten ewig fie herab Die Sterne. 
Göthe, Pandora. 


Anm. Die Participien geftatten noch andere Sufammenfeßungen, 3. 3. Die 
fo mild den frommbinwandernden Pilger weden zur Liebe des Sohns. 
Porker, Rudolph 2. Einzeln darauf erhub Fr des Organiiten berühmter viels 
gewanderter Sohn. Voß, Luife. Das Haupt aufhebend vom weitumwans 
derten Erdreih. Voß, Odyſſee 3, 453 Selber fodann fußmwandelnd erreicht er 
Ilios Mauern. Voß, Zlias 11, 230. Nah der Ebne dringt fein Lauf ſchlan⸗ 
genwandelnd. Göthe, Mahomets Gefang. Aber ans der dnmpfen grauen Kerne 
Findet leifewandelnd fih der Sturn an. Göthe, Seefahrt. Mein ſchwer⸗ 
wandelndes Hornvieh. Voß, Odyſſee 4,320. Bel den meerdurhwandeln» 
den Schiffen. Voß, Jlias 7,72. Das nachtdurchwandelnde Scheufal. Voß. 
Gar nicht ähnliches Stammes find unfterbliche Götter und erbummwandelnde 
Menihen. Voß, Zlias 5, 442. Die bimmelummandelnde Sonne Schiller. 


Bandelung, Banderung find einfad) und in Zufammenfeguns 
gen gebräuchlich; Wandeler (mhd. wandelsere) ift minder gebräudy- 
dd ald Wanderer — allgemein Fußreifender, aber nur in edelm 

. Sinn. — Entzückt über die Wandlungen meines Schiefald. Klop- 
ſtock, der Berwandelte. Fern war von unferem Freunde jede Anwaud- 
lung des Lachens. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, W. (Daß fie) in 


287 


ewig drobender Berwandlung fi) bewegend vermehren. Daf. 3, 9. 
Ran kann einige Worte binter einander nicht ohne Tonwandlung 
ansiprechen. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. — Seine Wanderung über 
den Kirchbof. Göthe, Meiſters Lehrjahre 5, 4 Ob ihm nicht aud) 
manchmal ein Lied bei jemen Fußwanderungen einfalle. Göthe, 
Reiters Wanderjahre 3, 1. Haben Sie von Seelenwanderung - 
nicht gehört? Göthe, was wir bringen 18. — Jeder... ſchreit dem 
kühnen Wandler zu. Alringer, Doolin 1, 37. Zlüftre mir, du 
tihtwandlerin! Baggefen. Die Wolfenwandlerin Iris. Voß. 
— Be ih Wandrer furze Ruhe finde. Göthe, Wandrer und Päch— 
tern. Sehen wir aber bedeutende Stantsmänner, obwohl ungern, 
ihten hoben Poſten verlafien,. fo haben wir Urfache fie zu bedauern, 
da wir fie weder als Auswanderer noch ald Wanderer anerfen- 
nen dürfen; nicht als Auswanderer, weil fie einen wünfchens- 
werthen Zuftand entbehren, ohne daß irgend eine Ausficht auf beffere 
Juftände fid) auch nur feheinbar eröffnete; nicht als Wanderer, weil 
men anderer Orten auf irgend eine Weiſe nützlich zu fein felten ver- 
gömmt ift. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 9. Sie hielt fi) an den 
Bellwanderer. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 8. Nur zu oft, 
daß nad) Pflege verlangende Länderdurchwandrer täufchen. Voß, 
Odyſſee 14, 134. Befuch’ oft Die befadnen Erdenwanderer. Klop- 
Rod, die Zukunft. Wenn ein folder Pilger der Erdewander- 
ſhaft dennody nicht auffchauet und lernt, der verwirft ſich felber. 
Kopftod, Meifias 9, 256. 
Waller (mbd. wallere, wellere = Fußgänger überhaupt) gehört nur 
| der edelſten und feierlichiten Ausprudaweife an. Wallfahrer (d. i. der 
walen fährt, ſ. Fahren) iſt eigentlich wer auf Reifen gebt; dann, und fo 
gewöhnlich, wer in fronmmer Andacht wohin, um dafelbit eine Andacht zu ver« 
rihten oder zu erfüllen, als zu einem Gnadenbilde zc. einen Fußweg, bejons 
ders eine Fußreiſe macht.) Pilger, alterthümlich edler Pilgrin (ab. 
pilikrto, pilikrim, mhd. p(b)ilgerin, p(b)ilgerim, altı. ptlagrimr; im 15. 
Jahrh. ift plb)ilger neben pilgeram gebräuchlich, ital. peregrino, pellegrino, 
franz. pelerin, von lat. peregrinus aus peregre eigentlich über Feld, per 
und ager, dann fremd) wer weit feruhin zur Erfüllung einer frommen Ans 
Yacht zu Fuße (auch wol zu Schiffe) eine geiftliche Reife macht. Pilger 
und Baller werden im eveiften Sinne aud auf das heimatlofe Leben an= 
gewandt, das fich nach dem Heimatorte, wie nad einen Gnadenorte fehnt, 
im Befondern auf das Erdenleben, inſofern daffelbe als eine geiftliche Reife 











.) Diefer Buß felbft heipt Wallfahrt, früher Wallesfart. Daß 
dieſes nicht eine Baht in den Wald fei, alfo eigentlih Waldfahrt heiße, 
me mancher (3. B. Welter, Lehrbuch der Weltgefchichte 6. A. 2, 13) zu meis 
un [heint, beweiſen myd. wullebruoder — Pilger, wallekappe — Pilgerfleid, 
villeriap = Bilgerfab u. a. | 





288 


zur fernen wahren Heimat, den Himmel, gedacht wird. — Ja wohl bin ich 

nur ein Wandrer, ein Waller auf der Erde! Göthe, Werthers Lei⸗ 
den 1, 16. Juli. Einft war der Piad von Wallern voll. Uhland, die vers 
lorene Kirche. Alle einzeln berangelommenen Ballfahrer und alle vers 
einigten Gemeindeproseffionen flanden hier verfammelt. Göthe, Et. Rochns⸗ 
feſt. rei ift dem Wanderer der Weg, der Hirte treibe in's Gefilde. frob 
walle auf dem Kelfeniteg der Pilger zu dem Önadenbilde. Schiller, Kampf 
mit dem Draden. Ach bin ein Pilgrim in der Zeit. Uz, an die Eonne. 

Einige werden als .etn Trupp Bilgrimme kommen, die nad Loretto walls 

fabrten geben. Schiller, Fiesko 2, 15. 

Anm. Stieler hat noch das nhd. ganz gebrändhlihde Einwanderer, das 
minder gebräuchliche VBerwandeler und das ganz außer Gebrauch gekommene 
Nahwandeler. 

Nachtwandler Cbei Herder ungewöhnlih Nachtwanderer) eine 
Perſon, mit dem frankhaften Zuftande behaftet, im Schlafe aufzuftehen 
und wie wachender Weile Handlungen zu verrichten, deren fie fich 
wacend nicht mehr bewußt ift, mit dem deutlichen Hinweijen, daß dies 
jur Nachtözeit und durch Hin- und Herwandeln geichehe. — Geführ- 
ich wie ein Nachtwandler auf jäher Dachſpitze wandelt. Schiller, 
über Egmont. Kannft du den Wagen (das Sternbild) zu jeiner Zeit 
beroorführen? Und die Nahtwandrerin über ihre Söhne tröjten ? 
Herder. Daß das Schnarren und Sprigen der Feder mid) aus mei— 
nem nachtwandlerifchen Dichten we Göthe, Leben 16.2. 

Mondfühtig (ahd. mänötsuhtic) eig. mit einer Krankheit behajtet, die 
fih monatlich wiederholt; dann in dem oben genannten krankhaften Zuftande 
zu Zeiten fi befindend mit Beimifchung der Anficht, daß diefer Zujtand unter 
dem Ginfluffe des Mondwechſels ftehe und ſich äußere und nachlaſſe, je nadh- 
dem der Mond zus oder abninımt. 


Wandelgeiſt, —glüd, —kraut (cucubalus behen L.), —liebe, 
—matte, — monat (April), rap, —finn, —ftein (Gränzftein), 
—weife, — wetter, —zeit u. a; Wanderbuch, —bändel, —falk, 
— geld, —geräth, —gejell, —hut, — jahr, — Kleid, krankheit, — maus, 
. —ratte, —fad, —jpiere (in Schiffen), s—-ftraße, —taube (columba 
migratoria L.), — weg, —zeit u. a; Wandersmann. — Sie 
ingen die Wandelbahn — Pyrker, Maklabäer 3. Aber die 
andelerden ſind auf ihren Thierkreis eingeſchränkt und an Eine 
Sonne gebunden. J. Paul. Er fang das Lied der Sterne, den Wan- 
delgang um ihres Vaters Thron. Herder. Wenn an der Farbe 
Scheine fie (die Ringe) werden wandelhaft. Nüdert, gel Ge. 
3, 495. Ihrer Götterjugend Roſen blühen wandellos (beftändig, 
unveränderlich) im ewigen Ruin. Schiller, das Ideal und Das Leben. 
Daß diefem Drt fein jchwaßender Prediger, fein wandellofer (ohne 
tugendhaften Wandel) Ehrift, der Propheten felbit nicht fühlt, fich nahe! 
Klopftod, die Stunden der Weihe. So ift fie (die Beharrlichleit) der 


289 - 


Hauptſtein in der Krone des Menjchen, von der Kraft des Geiftes 
reizbarem Bandelmuth der Einbildungsfraft abgenommen. Benzel- 
Sternau. Schnellathimend und glühend machte er fi) in die bunte 
Bandelreibe... hinein. 3. Paul, Zitan 40. Man behandelte 
mich nicht, wie bisher auf der Reiſe, bloß als den Dunftichweif jener 
beiden großen Wandelfterne. Göthe, Leben 14. B. Wird, da er 
ach von Krafau nicht zurüd, den Wandeltanz mit dir heut nicht 
eröfgnen. Werner. — Wenn er es wagte, auf friihen Wanderfüßen 
jein Ziel zu erreihen. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 9. Ich be- 
darf recht jeher des erfahrenen Wandergefährten. Platen, Die 
verhängnißvolle Gabel 3. So daß eine volfländige Wandergejell«- 
ihaft... dahin zu jchreiten ſchien. Göthe, Meifterd Wanderjahre 
3, 1. Boll frober Wanderluft. Lenau, Seemorgen. Die braud- 
baren WBanderluftigen mit in unjern Zug aufzunehmen. Göthe, 
Meiſters Wanderjahre 3, 4. Heiß’ ihm einen Wanderpfennig 
reihen! Uhland, Ludwig d. B. 1. Als wenn ich es, nad) ermüden- 
der WBanderfchaft, vielleiht unter andern ungünftigen Umjtänden 
vor Augen ſehe. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 4. Es jei nur von 
ener Bergwanderung die Rede. Göthe, ital. Reife 8. Sept. 
(Merkur:) Und haben Sie von Seelenwanderung nicht gehört? 
(Mutter:) Ad, ich weiß nicht, ob meine Seele oder mein Körper auf 
der Wanderſchaft ift. Göthe, was wir bringen 18. Nach kurzem . 
Bedenken ertönte fodann ein freudiger-dem Wanderſchritt ange 
mefjener Zwiegefung. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 1. Ein Bauers- 
mann am WBanderjtabe fchritt daher. Bürger, Lied vom braven 
Mann. In Jtalien nahmen die Wandervölker den damahls grä- 
cfirten roͤmiſchen Character an. Ungenannter bei Campe. 

Anm. rüber. waren noch andere Formen gebräuchlich, 3.8. Wanderpflicht, 
—tenfel, — eilt; Bandelreim, —ſchluß bei Stieler; Bandelbüchlein (Strafs 
und Bußverzeichnig), — gericht, —ftrafe, —ferze (die während der Stillmeile augezlins 
det zu werden pflegt), —leuchter (für Wandl.) —fchelle (für Wandſch.) bei Echmeller. 

Bewandert it eigentlich viel und weit "umher ande und 
davon dann figürlich durch Vefliffenheit worin von vieler Kenntniß. — 
Ihr nennt Euch fremd in Englands Reichsgefegen; in Englands Une 
gluk feid Ihr jehr bewandert. Schiller, Maria Stuart 1, 7. So 
wurde auch hier eine gleiche Bekanntſchaft mit dem Corpus Juris fir 
nöthig befunden, worin ich auch bald auf das volllommenfte bewan- 
dert war. Göthe, Leben 4. B. 

Kundig (ahd. ch(k)undic, mhd. kundec, kündec, fund ahd. ch(k)unt, 
mbd. kunt, agf. chudh, von können goth. kunnan, ahd. ch(k)unnan, mhd. 
kunnen, künnen, agf. cunnan — wiffen, geiftig vermögen) überredungsge⸗ 
wandt, Kiffig, große Kunde, umfaſſende Kenntniffe worin habend. Erfah⸗ 
ten (ahd. irvaran, vou irvaran — hindurchfahren, bindurchgeben, f. fah⸗ 
ten) durch Betreiben oder Durchforſchen eines Dinges in demjelben von aus« 
gedehnter, beſtimmter und gewifier Kenutniß, im Bejondern, wenu dieje Kennt: 

19 














290 


niß zu allgemeinen Wahrheiten fortgeſchritien iſt, die aus ihr abgegegen find, 

und als Regeln und Sätze in Beurtheilung und Handlung bei ähnlichen 

Källen nnd Gegeufänden beftimmen. — Bündig und kurz war unfere Trau 

(Trauung); und gewiß fein Kundiger möchte fie tadeln. Voß, Luife 3 a, 

472. Rur der erfahrne Maunn befipt fein Ohr, der thätige fein Zutramm, 

feine Gunſt. @öthe, Taſſo 1, 4. 

Anm. 1. Rab Grimm 11,85. IV,623 gehören zu winden vieleicht and 
Bunder und Bunde. Jenes lautet abd. wuntar, mhd. agſ. wunder, alti. 
wundar, wunder, altfrief. neufrief. weuniederl. engl. wonder, neuniederd. Volks⸗ 
iprache wunner, altn. ändr, dän. ſchwed. under Ga bedeutete dann wel das 
vom gewöhnlichen Lauf der Dinge Abweichende. Oder ift an goth. vanan, alie 
— die Kreude, das freudige € nen zu denken? (,Konne ©. 239.) Wund 

wovon Wunde) iſt goth. vunde, abd. mhd. wunt, agſ. vund, mittelniederl. wont. 
uh Wackernagel rechnet das Wort zu winden, wie lat. vulnus zu volvere, 
Graff zieht vulnus zu fanjfr. vrana — Wunde, vgl. aber auch janffr. vadh = 
tödten, vyadh — verwunden, gr. orraserr = verwunden, lettifch wäts = Wunde. 

Uum, 2. Bimver if ſehr entitellt (abd. Gintprawa, nihd. älteruhd. wint- 
br&), die Haare an den Augenliedern (Augenbrauen, fehlerhaft auch Augen⸗ 
braunen, ahd. p(b)räwa, mhd. bräwe, brä, gotb. brahv, agf. broev, engl. 
brow) und wol in Bezug auf das Winden, Wenden, Bewegen derfelben. 

Aum. 8. Wind (goth. vinde, ahd. mhd. wint, altf. agſ. wind, altu. vindr, 
fat. ventas) gehört nicht hierher, ſondern ift wahrſcheinlich eine jehr alte Barti« 
eipialform von wehen, goth. vaian, abd. wajau, wähan, mhd. wæjen, waen, 
altfrief. waia, neufrief. wacyen; vgl. ar. arıar wehen, arenog = Wind. — 
Bindmonat (October) abd. windemät, windumemänöt, hr, windemänöt, 
von abd. windemen, mhd. windemen ift von fat. vindemiae — Herbſt, vinde- 
miare — berbfien, nicht ven Wind, aebildet. 

Anm. 4. Der Rame Wende, Bandale, abd. Winid, mbd. Winede, 
Wint (lat. Venetus 7 abd. Wandali, gehört ſchwerlich hierher, jcheint fibrigene 


deutfch (keltiſch?) zu fein. 
Dinfen. 
(Wurzel dan—s, din—s; dans, dins.) 

Dinfe, dans, gedunfen, dinfen (ahd. dinsu, dans, dunsu- 
mes, dunsaner, dinsan; mhd. dinse, dans, dunsen, gedunsen, 
dinsen; goth. altj. thinsan), nhd. nur noch im Participium (gedun— 
jen, aufgedunjen) und in einem neuen Verbum dunfen (ahd. 
dansdn = ziehen) gebraäuchlich, hat urſprünglich die Bedeutung ziehen, 
ſchleppen, tragen, uhd. (als Intranſitiv) die Bedeutung aurichwellen, 
fih ausdehnen, gleichfam auseinander gezogen werden. — Wir fahen 
nun nicht mehr in jenen Gedichten ein angeipanntes und aufgebun- 
jenes Heldenwefen. Göthe, Leben 12. B. Mit dem aufgedunr 
jenen Ballen Waſſerſucht. Shakeſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 2, 4. 

ief im Gemach ift ein Lager ... Dunjend von bräunlichem Flaum 


und nit bräunlicher Hülle bededet. Voß. 

Anm. 1. Grimm (Gram. Il, 36, 56) it zweifelhaft, ob er Dunkt hier 
ber, oder zu dehnen ehe fol. Badernaael und Beigand rechnen das 
Bort zu Dinfen; Graff V, 480 ſchwankt zwifchen verſchiedenen Wurzeln. Das 
Wort lantet goth. dauns (Geruch), ahd. dit)unst, d(t)uni(e)st (Sturm), mhd. 


29% 


denst (Dampf). Das Aufqualmen, Aufwirbein des Rauches, fowie dad zufam« 
men gesnaane Better (Sturm) ſcheinen für —— mit Dinfen zu ſprechen. 

m.2. Badernagel und Grimm rechnen hierher auch Tanz, ahd. 
mbd. tanz, altı. dans; tanzen ahd. dansön — ziehen, einen Umzug Halten, 
wbd. tanzen (tanzen), dansen (bin und herziehen). Grimm fagt: „Daher 
vielleicht das rom. damsa, bei der Zurkdnahme in Tanz vergröbert #. 

Anm. 3. Nah Schmeller (bayer. Wörterb. J, 385) gehört zu Dinfen 
au die Dünfel = eine dünne Stange, mit einem aus Weiden geflochtenen Ring 
(Dänfelbals) an jedem Ende, welche, gleichſam afs flarres Seil, zum Faſſen 
des Lendſtechens (Pfahles am fer) und Befeftigen des Floßes am denfelben 
dient. — Dunfel WVolksſprache) a re ſtolzen, etwas einfäftigen 
Veibsbildes fcheint verdorben aus fpan. doncella (Kammermädchen). 


Sinken. 
(Wurzel sig, sig; vgl. ſanſtr. sag — verbergen.) 

Sinke, ſank, geſunken, ſinken (ahd. sinhu, sanh, sunhumés, 
sunhaner, sinhan, sinchan, sinkan; mhd. sinke, sano, sunken, 
gesunken, sinken; got. siggvan, ag]. sincan, mit eingeſchobenem n 
von ahd. sikan, mhd. sigen, altj. agj. sigan, altı. siga = fi) nieder- 
wirtd bewegen, woher unjer ver-ſiegen ſtatt versjeigen; verwandt 
iſt ſeihen, ſ. d.) 1) fich allmälich, langjam niederbewegen; 2) (figür⸗ 
ih) im Kampfe getödtet werden, mit Bezug auf Die Art, wie der Ge- 


tödtete fih auf Die Stelle niederbewegt, wo fein Leichnam liegen wird;. 


3) nah und nad) abnehmen, an Stärke, Lebhaftigfeit vermindert wer⸗ 
fu; 4) bis zu einem gewiffen Grade erniedrigt, auch ſchlecht werden. 
— Laut weinend ſankſt du mir zu Füßen. Schiller, Don Karlos 1, 2. 
An uniern Mauern fanf der edle Held für jeines Königs Sache. 
Ehiler, Jungfrau von Orleans 1, 3. Und findet ihn bei der Wach' 
am finfenden Feuer. Klopftod. Doch eh ich ſinke in die Nichtigfeit, 
io ein aufhöre, der fo groß begonnen. Schiller, Walleniteins Tod 1,7. 
Fallen (ſ. d.) allgemein fi nach unten bewegen aus Mangel eines Hals 
tungs⸗ oder gehörigen Unterftüßungspunctes; (figürlich) im Kampfe getödtet 
werden mit Bezug auf die Art, wie der Getödtete fih auf die Stelle nieders 
bewegt, wo fein Leichnam liegen wird (fallen drüdt den Begriff ſtärker und 
Iebbafter aus als finten). Stürzen (ahd. sturzen, mhd. stürzen, wahrs 
(heintih mit Sturm ahd. mhd. Sturm, agf. storm, stearm, altn. stormr, 
Benern goth. ahd. stiurjan, mhd. stiuren, agf. Mt&orah, stivran, styran, 
altn. styra, und ftören ahd. störjan, stärjan, mbd, stoeren, agf. styran 
= ſchuttern, heftig bewegen, aus Giner Wurzel, weldye fi} in fanftr. star 
findet ) bedeutet eigentlich ein gefchwindee umd hefttge®, fallendes Bewegen 
nach jeder Richtung, welche es andy fei. Beiden (f. d.) bezeichnet, in ſei⸗ 
ner Sinnverwandtfhaft mit fallen und ſinken, die Folge des Getödtet- 
—— — — 


) Graff VI, 702 f. ſtelt Diele Worte als wurzelverwandt zuſammen; Grimm 
I, 8 ſtellt Kenern, ſtören, Sturm zuſammen; Wackernagel bemerkt zu 
Eturm und ſtürzen nichts, weift bei ſteuern auf gr. dravoog = ei: 
Kehender Pfabi und lat. instaurare Hin, und ftellt ftören mit str6 (Stroh) und 
lat. sternere zfamımen — 


19 * 


* 











292 


ſeins/ daß nämlich der Getddtete nicht die Stelle: verlafie, wo er getödtet wors 
den, und ift der gewöhnliche Ausdruck für ben Begriff im Kampfe getödter 
werden. — Ich weiß nicht, welcher feindfelige Dämon jept unfrie Schanfpier 
fer, beſonders weiblichen Geſchlechts, beherricht, daß fie eine fo greße Ktunſt 

im Fallen, oder foll ich fagen, im Stürzen? ſuchen. 3.3. Engel. Und 

eber nicht erfolgt des Kampfes Ende, als bis der letzte Mann gefallen if. 

Schiller, Wallenſteins Tod 4, 10. Er blieb darauf bei Askalon. Leifing, 

Nathau der Weije 4, 7. 
: Yam. Müdert (gel. Ged. 2, 69) gebraucht noch die frühere Conjuctivform 
verfünfe, gereimt auf dünke. Ä 

Berfinken (mhd. versinken), 1) eigentlid) jo finfen, daß es dahin, 

weg ift; 2) in einem folchen Grade in einen gewiffen Zuftand fommen 

778 Zuthun der Perſon), daß man, von demſelben einge- 

yewältigt, nur jchwer wieder herauskommen kann; 3) (fig.) 

Seele oder dem Geifte mit etwas zu thun haben, daß 

Anderes empfänglich find oder feinen. — Was du ge— 

wie ein Sarg in deiner Bruft verjunfen Schiller, 

1; 4 Was ift ein Kopf wie diejer gegen ſiebzig ver- 

onen? Dal. 3, 6. Berjunfen in did) jelber ftehit du 

m Ziaumenden. Schiller. Glauben Sie denn, daß Die 

n der Sie verfunfen find, Ahnen und der Krunfen 

9... Wenn and nur Muſik und Tanz um fle herum 

nfeln Traurigkeit riffen, in die fie verſenkt ift. Göthe, 

0 fie faß verſenkt in ibr Buch. Göthe, Wahlverwandt- 
ichaften 2, 13. | 2 

Sich vertiefen (von tief, goth. diups, add. tiuf, tiof, nıhd. tief, aftf. 

diop, agf. deöp, altn. diüpr, Eines Stammes mit taufen, goth. daupjan, 

ahd. toufan, altf. döpjan, hd. toufen eigentlich — untertauchen) jo ineine 

j Beichäftinung mit etwas eingeben, daß afled Andre außer dem Gegenftande 

derfelben der Seele oder dem Geijte verfehwindet. — In einen ſchlechten vers 

wahrlof'ten Bauergarten babe ich mich auf Orangenäſte gefegt umd mich in _ 

Grillen vertieft. Göthe, ital. Reife 7. Mai 1787. 

Ab—, bei—, dahin--, darwider—, durch —, ein—, ent—, 
er—, ber—, herab —, heraus —, herein —, bernieder—, herüber —, 
berunter—, bervor—, her— und hin—, hinab—, hinaus —, hin⸗ 
ein—, hinüber —, hinunter —, hinweg —, mit —, nach —, nieder —, 
über —, um—, unter—, vor—, vorbei, vorüber —, weg—, 
u—, zurüd—, zuſammenſinken find klar, aber nicht alle gleich ges 
räuchlich — Welche (Fenſter) die Sonn’ abjinfend beleuchtete. 
Voß, Luife 1, 688. Als die Sonne nunmehr abſank. Voß, Odyſſee 
9, 168. Da jeder dahinſank, ftürzt auf jeden ein Feld. Klopftod, 
Meiftas 1, 155. Und fie ſanken betäubt von feiner Stimme dar= 
nieder. Daſ. 6, 69. Sie (die Freude) fol nicht mit Windftößen 
au den Flügeln reißen, ſtill jollen die ausgeitredten Schwingen das 


208 


dinme Blau durchfchneiden und durchſinken. J. Paul De Eti- 
kette lange Scheidewand ift zwiihen Sohn und Vater eingeiunfen 
Schiller, Don Karlos 2, 2. 8 richtet an den wüſten Erimmmern der 
eingefunfnen Zeit die Ewigkeit fib auf. Tiedge, Urania 2. Eurem 
Haupt die goldenen Kronen jehnell entſinken. Klopſtock, Meſſias 
5, 464. Darum aber entjinf euch nicht der edle Muth: Schiller, 
Jungfrau von Orleans 2, 2. Als das Schiff er ſank. Herder, Fremd 
haft nach dem Tode. Der im Meer erfinfet. Herder, der Schiffe 
btuch. Dennoch erjänf ih, du Gottverföhner, ‚dein Leiden zu fingen, 
Klopſtock, Meifias 5, 356. Hinter ihm ſanken die Felſen zitternd 
herab. Daſ. 2, 368. Nun janf die von Blißen genährte Sonne 
feuertrunfen aus dem rothen Gewitter heraus. J. Paul. Nacht ift 
iden hereingejunfen. Göthe, Fauſt 3, 4 Schon ſank die Nacht 
bernieder. Ubhland, die drei Könige zu Heimſen. Und jchon ſinket 
er ſchwebend auf ihren Zempel herunter. Klopjtod, Meiftas ı, 714. 
Auch ſank Die blühende Mähne wallend hervor aus dem Ringe des 
Jochs. Voß, Ilias 17, 439. Der Himmel ſank näher herzu mit 
hoben Sternen. %. Paul. Zu deinen Füßen jinf ich wehrlos, lebend 
bin. Schiller, Jungfrau von Orleans, 2, 7. Jeßz iſt's wicht Zeit, 
ermattet binzufinfen. Daf. 3, 6. Wie unter dir der trügeriiche 
Fim einbricht und du hinabſinkſt. Schiller, Tell 3, 1. Das Ring- 
lein ſank hinunter. Uhland, der Ring. Wenn alles an mir hin- 
wegiänfe (mid alles verließe). Meyer. Die ganze Erde und die 
Some ſanken nad. % Paul, Siebenkäs, 1. Blumenftäd. (Er) 
fiebt m das Meer fie niederjinfen. Göthe, Alerts und Dora. Die 
Gräfin ſinkt um. Schiller, Fiesfo 4, 15. (Sie) wagt ihren ganzen 
Reihtbum und Befitz großmüthig an mein unterfintend Glüd. 
Schiller, Yınıgfrau von Orleans 1, 4. Alle wir dreh'n vorſinkend 
mit eifigem Ruder die Meerflut. Voß. Das ganze Weltgebände ſank 
mit jeiner Inermeßlichfeit vor uns vorbei. J. Paul, Siebenfäg, 
1. Blumenſtück. Indem Das Kind mit der Sitzſtange vor ihm vor⸗ 
überſank. 3 Paul, Titan 14. Doch ſcheint die Göttin endlich 
weg;zufinfen. Göthe, Zauft 2, 59. Frage dich, ob du den Mann 
no fennft, der, vom Glanze feiner Geiftesgaben weggefunfen, 
nun im Dunfel lebt? Tiedge, Urania 1. Albano wandte fi nach 
"den Gebirgen, denen die Abendionne, wie aufgelöfet, in ſtechendem 
Glanze zufant. 3. Paul, Mein Geiſt fteigt auf und finft wieder 
zurüd. Göthe, Lila 2. Wer mit düſtrem rückgeſunknem Blide ... 
ſchwankt dem ſtummgetragenen Sarge nah? Srhiller, Leichenphantaſie. 
Daß man die zufällig entftandenen und nah und nach zujammen« 
finfenden Hügel ungefäumt vergleiche. Göthe, Wahlverwandtic. 2, 1: 
Anm. Die Barticipien geitatten noch andere Zuſammenſetzungen, 3. B. J 


d, 
keine gramverfuntne Wange, dein nelichtes Haupt dürft' ich berühren! Here 
da. Die weinbetäubt und ſchlafverſunken waren, Shakeſpeare, Macbeth 3, 6, 


N 


. 
hy 


294 


Sinker, eigentlich eine Perſon, die ſinkt, fo 3. B. im Bergbau; 
dann auch ein zur Fortpflanzung in Die Erde geienfter Zweig eines 
Gewaͤchſes, gewoͤhnlich Senfer, Abſenker; Sintung — Sinf- 
ler, Sinfergefhworner, Sinkwerk (in den Berg- und Salz⸗ 


werten) — Allen matten Sinfern. Rüdert, gef. Ged. 4, 139. 


Die Sinke (auch Sinken, Sink, Sunf) gebraudt die Vollo⸗ 
ſprache, um eine niedrige Gegend, die Vertiefung in einer Fläche zu 
bezeichnen, wofür fodann die Senke (mhd. senke — Thal) oder 
auch das Geſenke (mehr auf die Richtung nach der Tiefe deutend) 
geſagt wird. — Bon dem Geſenke des Flußbettes Hängt der Fall ab. 

Abhang (I. hHangen) bezeichnet allgemein die Neigung einer Erdfläche 
zu einem ftumpfen Winkel mit der Meereöflähe. Abdachung (von Dach, 
ahd. mhd. dach, fat. tetum von tegere, gr. zeyog = Dad, |, deden ©. 

11), infofern die Neigung allmälich und fanft, ungefähr wie die Neigung 

eines fanft anſteigenden Daches, und. von bedemiender Ausdehnung if. Lehne 

(ahd. blind, mhd. löne = Zurüdbiegung, ven «hb.. hlinjan, blindn, hlinon, 

mbd. Jönen, agf. hlionan, hlinjan; vgl. lat. elinare, gr. xAlvay = neigen, 

fenten; goth. hlains = Hügel) und Leite (ahd. Uta ſtatt hlita, mhd. Iite, 
ſpaäͤtermhd. leite, agſ. hldh, altn. blid, ſchott. lithe — ſanftgeneigte Höhen⸗ 
ſeite der Erde; vgl. gr. »Aurvs, lat. clivus = Hügel) find fanft anſteigende 

Seiten der Berge und Hügel. Halde (ahd. halda, mhd. halde == abſchüſ⸗ 

‚figer Ort, von ahd. halden — abſchüſſig fein, fi neigen |. S. 12) ift die 
fleil aniteigende und daher abichäiffige Sekte eines Berges oder überhaupt 
einer Anhöhe. Böſchung (woher kommt das Wort? Schwend denkt au 
mitteflat. bassare, ftanz. baisser — neigen, herantortbun;g Schmitthen⸗ 
ner leitet e8 ab von Bufen ahd. puaosum, mhd. buosemz; Adelung beuft 
en beißen 3. B. in das Gras beißen, d..i. fallen; Friſch leitet es ab von 
Böſch, ſoviel als Bufch, ſchweiz. Bölh.— Raſenſtück, Raſenbüſchel) if 
eine ſteile Abdachung, welche an erbauten Werken, wie Mauern, Feſtungs⸗ 
werken, Gräben ꝛc. durch die Kunſt gebildet iſt. — Am untern ſteilen Abs 
bang gehn dem Pferde die letzten, ſchmalen Klippenſtufen aus. Goͤthe, Eus 
Benie 1, 8. (Bir hatten) einen ſchmalen Eteg nur an der einen Seite mit 

Zehne verfehen angetroffen. Göthe, Meifters Banderjahre 8, 5. Ich ftand 

auf Berges Halde. Rüdert, Ubendlied. Bon beiden Seiten Beinbau, [inte 

mit Manern eingefaßt, rechts abgeböfht. Göthe, St. Rochns⸗Feſt. 

Senken (ahd. sankjan, senkjan, mhd. senken, agſ. sencan), 
die thätige Form, zu finken, bedeutet 1) allgemein finfen machen, nach 
und nah in die Xiefe laflen; 2) im engeren Sinne tief machen (im 
Bergbau), eine Rebe, einen Jweig jenfen (tim Wein- und Gartenbau), 
fie Dadurch fortpflanzen, daß man fie vom Stamme, ohne fie Davon 
abzulöjen, in die Erde ſenket, d. h. nieberbeugt und einen Theil der» 
felben in der Erde befeitigt, damit er darın Wurzel ſchlage, und damit 
fie, wenn dies gefchehen ift, vom Stamme abgelöjet werden föunen. — 
Auf die Kniee ſenkt fie fih. Schiller, Braut von Meſſina. Und 


295 


N 


\enften ihm Dann die Triumphesfahnen zu hen. Sonnenberg. 
D möchteft du auch in das innerfte Herz mir ſenken den Blick. Voß. 
Hier ſchwebt fie mit gefenktem Fluge. Schtller. Es gab ihnen 
ht auf, zu beten und zu ruhen, wohin fich fo gem Die orientaliſche 
Weichheit jenfte. Herder. 


Senken fest fih im Allgenieinen mit den bei ſinken genannten 
Partien zuſammen. — (Sie fist) mit abgeſenktem Haupt und 
Aug. Goͤthe, H. Sachſens poetische Sendung. Go wird das Schiff 
zerihmettert an der Fluth, die ſich gähftogig abſenkt in die Tiefe. 
Schiller, Tell 4, 1. Gleichwie der Gevögel unzählbar fliegende Schaa⸗ 
vn... hierhin flattern und Dort, mit freudigem na: der Flügel, 
dann mit Getön abjenfen den an Voß, Ilias 2, . Das feine 
Blaͤttchen, ohne fichtlich äußere Beranlaffung, auf- und ntederfentkt. 
Söthe, Leben 16. B. Ich erinnere nur an die perfpeftivifc, in die 
Mauerdide fid) einfenfenden Thüren. Dal. 9. B. Das Himm- 
liſche, Ewige wird in den Körper irdiſcher Abfihten eingejenkt. 
Tai. 14. B. Senfet den Todten dann ein bei dem Grabe, bei 
dem er ſtarb! Klopftod an Ebert. Die Lanzen kühn dem Feind ent- 
nn Pyrker, Rudolph 9. ie fih ein Nebelgewölf 
erſenkt auf die Dämmernden Berghöh'n. Daf. 3. Die (Gottheit) 
fih, in der Mitte der Zeiten, in die menfchlihe Natur herabſenkt, 
um ihr früheres Ebenbild vollkommen wiederherzuftellen. Göthe, Leben 
14.8. Ruy Diaz, ſprach der eine mit herabgeſenktem Blid. 
Herder, Eid 6%. Süße Düfte, Nebelhüllen fenft die Dämmerung 
heran. Göthe, Fauſt 2, 4. Schön erhebt ſich der Agley und ſenkt 
das Köpfchen herunter. Göthe, Frühling 6. Weinend ſenkt' ich 
die Hand ihm in feine Hand Hin. Klopftod, der Abſchied. (Daß ich) 
mit hingeſenktem, teunfenen Blick fie jah! Klopftod, dem Erlöjer.- 
Die (Zruhlingstage) hinab zu der faum erjchaffenen Erde ſich jenf- 
ten. Klopſtock, Meifias 2, 760. Blume mit dem Purpurfchein, die 
Cupidos Pfeile weihn, fen dich in fein Aug’ hinein. Shafefpeare, 
Sommernadhtstraum 3, 2. Dorther ſenkt fih ein ftrahlender Weg... 
nah Gottes Welten hinüber. Klopſtock, Meffiad 2, 369. Abends 
wurden Rittweifter von Voß neben La Biere niedergefenkt (be- 
graben. Göthe, Campagne in Frankreich, Belagerung von Mainz. 
Dieje blieb, wie entzückt, um den hoben göttlichen Lehrer, jenfte 
ftoh die Gedanfen in tiefe Betrachtungen nieder. Klopftod, Meſſias 
1, 690. Laß alle Fähren lieber verſenken. Schiller, Jungfrau von 
Dileans 1, 5. Verſenkt im Lethe jey auf ewig das DBergangene. 
Daj. 3, 2. Im Thal, das fich bei einen Hügeln verfenkte. Klop- 
ſtoc, Meſſias 8,528. Borzufenten den Speer. Pyrker, Rudolph 1. 
Indeß fie den Kopf wie eine Deufe verfenkte 3. Baul, Titan 45. ! 


Anm. Die Barticiyien geftatten noch andere Zuſammenſetzungen, 3. B. Hu 


296 


der Alve grüugeſenkten Wielen. Göihe, Kauft 2, 7. Das ſchiefgeſenkte 
Haupt. Daf. 2, 99: 
Sernke und Senker find bereit S. 294 angeführt; Senkung; 
Senkel (ahd. senkil, senchil, mhd. senkel) Werkzeug zum Finden 
der ſenkrechten Richtung, der Ziefe (was Senkblei). Genfer 
von ihnen hab’ ich nie geſucht. Shafefpeare, Wintermährchen 4, 3. 
(Daß ein) Nelkenabfenfer ihrer fihönen Seele blühbe, er ſelber 
nämlich. 3. Baul, Hefperus 22. — Er ift an der Berfenfung hängen 
eblieben. Göthe, Meifters Lebrjahre 5, 12. Der fhwachfichtige Alte 
—**— mit den Augen, wie die ungewiſſen Schiffe mit dem Senkel. 
Benzel Sternau. 
m. Senkel in der Bedeutung von Riemen, Hofenneſtel, oben an der 

Spitze zum leichtern Cinſenken mit Blech gefaßt, ſcheint eher das altfranz. cengle, 
lat. cingulum zu ſein. 

Senkrecht fo in der Ebene ſtehend, daß auch nicht die geringſte 
Neigung gegen Diefelbe da it, und folder Geftalt an allen Seiten 
ſ.g. rechte Winkel mit ihr gebildet werden. — Steile Felfen, welche 
ſenkrecht den letzten Waſſerſpiegel entichieden befränzten und ihre 
bedeutenden Formen auf der Oberfläche deffelben abbildeten. Göthe, 
Wahlverwandtichaften 1, 3. Dort ift alles fenf- und wageredht 
und regelhaft. Göthe, Fauft 2, 208. 

Aufrecht (ahd. mhd. üfreht, von recht goth. raihts, ahd. mhd. altſ. 
röht, agf. röht, riht, aftn. r&ttr, fanffr. ridshu, fat. rectus, richten gotb. 
raihtjan, ahd. rihtjan, mhd. rihten, altf. rihtjan, agf. rihtan, röhtan, altn, 
retta, lat. regere) auf der Ebene des Gefichtskreiſes fo ftehend, daß keine 
Neigung zur Lage ſichtbar ift, auch figfrlih. Gerade (ahd. kerad, girad, 
mhd. gerade, findet fih erft im 10—11. Zahrh: in der Bedentung gleich von 
Zahlen, d. 1. Zablpaaren; ) fiehe Rede urfprünglih —= Zahl und reden 
S. 73. 77), im Gegenſatz zu frumm, die fürzefte Entfernung zwifchen zwei 
Puncten bezeichnend, ohne hiermit die Neigungslofigkeit gegen die Ebene ein- 
zufchließen; überhaupt dem fchlef und ſchräg entgegengefept. Strad (ahd. 
mbd. strac, apf. strac, sträc, strec, |. ftreden) in die Länge gedehnt, d. i. 
in der Art gerade, daß an feinem Theile binfichtlich der Richtung des Gan⸗ 
zen eine Abweichung in diefer Statt findet. — Damals führte mein Geiſt 
den eurigen; jept hältft du mi aufrecht. Göthe, Goͤtz von Berlichingen 5. 
Kerzengerade mit unverwandten Blicken (marfchieren die Soldaten). Göthe, 
Egmont 4. Gerad’ und fehlant, wie Rohr. Voß, die Freigelaffenen 156, 
Wohlgebaut, zeigte er fih ſt rack, ohne fteif zu fein, doc, mehr mit einem 
erniten als gefälligen Anſtand. Böthe, Dh. Hadert. Schön Suschen ſteht 
noch fra und gut. Götbe, Joh. Sebus. 

Senkblei, —eifen, —fäuftel (im Bergbau), —gam, —grube, 


ee —— — 


) re führt gerade auf ahd. redi, mhb.rede — hurtig, Tetcht und 
re bereit, aufrichtfam, ar. padıog — leicht, zuruck. Schmeller denkt ebens 
alls an eine — ————— der Begriffe gerade und ſchnell, weiſet dabei auch 
auf isfäud. rõd, agſ. räden = Ordnung, Stand, und islaͤnd. rada = ordnen bin. 


(4 


207 


—haten, — hammer, — holz, —knecht, — kolben, —korb, — linie, 
—nadel, —pfahl, —rebe, —reuſe, —rippe, — ſchlacht (im Waſſerbau), 
—ſpaten (bdei den Brunnenmachern), —ftod, —ſtück, —wage, —waſche 
(beim Waſſerbau), —werf, —zeit; Senkel blech, —holz, —liel, 
—madjer, —nadel, —ſchnur, — ſtift. — Und ſolches könnt ihr ftündlich 
mit Senkblei ſelbſt erproben. Platen, der grundloſe Brunnen. 


Anm. Schmeller bat noch Senkbaum — Balken, quer über einen: Kin 
eingefentt, um das Waſſer zum Ablafjen in einen Rebenrinnfal oder Mühlba 


aufzuftauen. 
Stiuken. 


(Wurzel stan—c, Stin—c; stanc, stinc.9) 


Stine, ſtank, geftunten, ftinken (ahd. stinhu, stanh, stun- 
hum&s, stunhaner, stinhan, stinchan, stinkan; mhd. stinke, stanc, 
stunken, gestunken, stinken; agſ. stincan; vgl. goth. ugf. stigqvan 
— ſich ſtark fortbewegen, ftoßen, —* gastagqvjan — beleidigen, ans 
ſtoßen, agſ. stencan — ausſtreuen, fprengen, altn. stöckva, ſchwed. 
stänka — beſprengen) bedeutet urſprünglich überhaupt riechen, ſowol 
gut als übel (jo noch hier und da in der Vollsipradhe); auch den 

eruch wahrnehmen; nhd. übel riechen (zuweilen auch figürlich). — 
Drum ftanf aud die Luft fo nad Schwefel. Schiller, Räuber 2, 3, 
Sch wittere den Gerud von einem Erecutionsmorgen; die Sonne 
will nicht hervor, die Nebel ſtinken. Göthe, Egmont 4. Die (Zlafche) 
auch nicht mehr im mind’ften ftinft. Göthe, Zauft 1, 129. 

Rieden (I. d.) überhaupt feine Ausdünftungen von fi) geben, welde 
durch gewifie in der Nafe befindliche Nerven empfunden werden; feine Auss 
Dünftungen durch Wirkung auf diefe Nerven empfinden. — Duften (neues 
Wort von Duft ahd. in einer Mondfeer Gloſſe bei Schmeller 1,359 duft 
— fälte, mhd. tuft —= gefrorner Dunſt; Wackernagel rechnet das Wort 
mit taub zu gr. zupos, ruplog Dunſt, —ig, Dualm, —ig) bedeutet 
von Pflanzen und Pflanzentheilen feine, zarte angenehme Ausdünftung durch 
die Athmungdorgane von fi geben; überhaupt angenehm auf die Geruchs⸗ 
nerven wirkende, feine, zarte Ausdünftung von fih geben. — Das Stühlchen 
riecht fo nah armen Sündern, wie überhaupt die ganze Stube. Göthe, 
Gög von Berlihingen 4. Ich riech's auch ſchon lange. Schiller, Räuber 
2,3. Die Röslein dufteten ſtille. Uhland, der Rofengarten. 

Anm. Aventinus (Chronik 1580 31.221) fagt in jept nicht mehr gebraͤuch⸗ 
lichem Sinn: Keyfer Diocletiano bett lang das Maul nach dem Keyſerthümb ges 
Runden, er bat vor langer zeit anzeigung, das er Keyſer folt werden. 

An—, er—, üb ten. — Du ſtinkeſt nad) ftinfender Hof⸗ 
fart mich an. Bürger, Lenardo und Blandine. Greuliche Zrevel, Die 


1) Balernagel rechnet das Wort zur Wurzel von ftehen, S. 83, was, 
wenn n als eingefchoben betrachtet werden darf, vieles für fich hat. Grimm II, 279 
treunt stan-h, stan-C, rechnet alfo n zur Wurzel, h (c). zur Ableitung. 








208 


* 


bis zum Himmel hinaufſtinken. Schiller, Räuber 2, 3. Dein 
Epigramm, o D., iſt fein! Es hat mic) trefflich durchgezogen! Und 
it, vollkommen jchön zu jeyn, eritunfen und exlogen. Xeifing, 84. 
Epigramm. Das Fleiſch war erfaulet und erfiunfen. Fiſchart, Gar⸗ 
gantua S. 156. Daß übrigens der ftärkite parfum von dem hier ans 
geipießten Sahne felbft alle assa foetida der Hölle überftinft. Un— 
genannter bei Campe. 

Anm. Fiſchart bat einige Participialzuſammenfetzungen: die Böckſtiuden⸗ 
den Spanier, Zwibelftindend, ——— (Zeheſt.), Pechſtinckend. 
Gargantua S. 46, 87, 103, 152. 

Stinker; Stinkerei; Stinfig; Gtinfapfel, — baum, —beere, 
— blume, bock —drüfe, — faul, fh, —ſüege, — fuchs, —gafle, 
—hahn, — harz, —holz, —kaͤfer, —kamille, —kreſſe, —lad, —neflel, 
—ohr, —ratz (Iltis), —roche, —ſalm, — ſchabe, —ſchiefer, —ſchwamm, 
—ſpath, —ſtein, —ſtrauch, —teufel (solanum dolcamara L.), —thier, 
—topf, —winde, —wurz. — Ale Herren Tabaktrinker, auch ſogar 
die in der Stadt, rauchen jetzt all einen Stinfer, weil man feinen 
guten bat, Zirndorfer Tabaklied. Meinft du, deine Stinfereien 
in eeipäig machen die Gränzen des menſchlichen Witzes aus? Schiller, 
Räuber 1, 2. Stallftinfig. Fiſchart, Gargantua S. 120. 

Geſtank und Stan (abd. stank, mid. stanc), Geruch und 
Duft erklären fih aus flinfen, riechen und duften. — Die 
Hölle ſchwoll von Schwefelftant. Göthe, Fauſt 2, 253. Dia findeft 
du zu jeder Zeit gewiß Geftanf uud Thätigkeit. Daf. 2, 255. Hy- 
men jchwebet herbei, und herrlihe Düfte, gewaltig, ſtrömen füßen 
Geruch, Alles belebend umher. Göthe, Reinmorpbufe der Pflanzen. 

Stänkten — riechend machen, Geftanf erregen; davon ftänfern, 
durchſtaͤnkern (auffpüren); Stänler (fgürlich eine Perjon, die 
gern aus niederträchtiger Zankſucht unnöthige Streitigkeiten, VBerdrieß- 
lichkeiten und Zerwürfniffe macht, Uneinigfeit erregt, Einen gegen den 
Andern anftiftet); Stänferei. — Veturia ruft ihrer Jugend mit 
Seufzen, wenn fie an fie denkt; fie ober fleucht je mehr zuritde, weil 
jen’ tm Seufzen etwas ſtänkt. Logau, Sinnged. 2763. Die Zug: 
diebe, Die Söffer, die Faullenzer, die ftänfern aus ‚Lungerweile. 
Söthe, Egmont 2, Sie durchſtänckerten alles auff das genauefte. 
Simpliciffimus 1, 14. Daß die Luft fih veränderte und alles um 
uns ber verftänderte. Daf. 6, 31. Nur dem einzigen Stäufer 
gilt dieſe meine Bitte nicht, der hämifch und Fein genug it, Händel 
anzufpinnen, Die er ſelbſt durchzufeßen weder Herz noch Kraft but. 
Berfng , Bibliolatrie. 

Störenfried ?) (Kriebensförer) bezeichnet Überhaupt eine friedeufldrende, 


1) Ueber ſolche Bildungen, wie Störenfried, Hebenftreit, Haffen> 
pf J — Störe den, Hebe den 2.) f. Grimm I, 961 ind meine Grammatik 
. 340. 


° ‘ 








200 . 


eine ein angenehmes Berhältniß Jemandes oder Andrer unterbrechende ober 
aufhören machende Berfon. — Ich merk’ ſchon, Bas if der Störenfried. 
Körner, der Ruchtwächter 5., 


Trinken. Ä 
(Burzel tran—c, trin—c; trac? Grimm H, 279 trennt tran—h, 
tran—c; vgl. fanifr. trish — dürften.) | 


Trinke, trank, getrunken, trinken (ahd. trinku, tranh, trun- 
humts, trunhandr, trinhan, trinchan, trinkan; nthd. trinke, trane, 
tranken, getrunken, trinken; goth. drigkan, agſ. alt. drincan, 
alte. drecka, mittelntederd. trönken), allgemein Zlünfigkeit vermittelft 
der Mundöfftumg in ſich ziehen; im Bejondern geiftige Flüffſigkeiten 
reichlich genießen; in beiden Bedeutungen auch auf Xeblofes übertragen. 
— Auf, trinkt erneuter Freude dies Glas des echten Weins! Göthe, 
Dundeslied. Wird fein engländiſch Roß mehr aus den Wellen der 
pächtigfirömenden Loire trinken. Schiller, Jungfrau von Orleans 

3. Laß mich im vollen, in durftigen Zügen trinfen die freie, 
die himmliſche Luft. Schiller, Maria Stuart 3, 1. Freude trinfen 
alle Weſen an den Brüften der Natur. Schiller, an die Freude. Die 
Luft, getaucht in der Gewürze Glut, trinkt von der heißen Wange 
mir die Glut. Schiller, die Erwartung. - 2 

Saufen (f. d) ſchlinfen, in niedriger Weiſe Flüſſigkeit vermittelſt der 

Munddffnung in fi ziehen, gewöhnlicher Ausdruck von Tieren; von den 
Menſchen im Sinne: in niedriger, thierifcher Weife, unmäßig Flüffigkeit ver⸗ 
mitteft der Mundoffnung zu ſich nehmen, und fo auch in Beziehung des Ger 
unfled geiftiger Flüffigkeit. — Ei, das muß immer faufen umd frefien. Schil⸗ 
ler, Wallenſteins Lager 2. : 
Aum. 1. Rüdert (gef. Ged. 2, 69) hat die alte Conjunctivform trünte, 
. i e e. 2.v.Kienke fagt im Leben der Dichterin 2. Karich (+ 1781): 
e ß 
Anm. 2. In gewiſſem Betracht ift auh bechern finnvermandt (von Becher 
ahd. pehhar, pöchar, mhd. pöchzere, becher, altf. biker, aftn. bikar; nad 
Bıde rnagel zu Bad nehörig, alfo becher zu fchreiben ? Oder entiehnt aus 
wittelat. picarium, bicarium, zu gr. mıev = triufen, gehörig?) Das Bechern 
ud Trinken wird euch zu Grunde richten. Shafjpeare, was ihr wollt 1, 3. 
Anm. 3. In Süddeutfchland fagt man Tabak trinken für Tabak rauchen, 
Kachdem er die Tabadpfeiffen angelegt und angefangen zu trinden. Altöttinger 
Hiſtorie von 1098. Siche oben Tabadtrinter ©. 298 bei Stinker. Im 
Simpliciſſimus 4, 13 ſteht Zobad fanffen, | 

Ab —, an—, auf—, aus —, be—, durch —, ein—, ent — er — 
fort—, heraus — herum—, herunter —, hinab —, hinunter —, hin⸗ 

— — nab-—, meder —, ‚nm, DEr—, DOT—, 
weg—, zuteinfen bedinfen keiner weiteren Erklärung. — Die Ehefrau 
des Iuquifiten habe des Morgens die Kühe vor den Hirten getrieben, 
und bei ihrer Rücklehr fei fie [hen angetranfen geweien. Klein. Wo 


300° 


die kommende Sonne und der wandelnde Mond den Dampf der Ver⸗ 
wefungen auftrinkt. Klopſtock, Meſſias 6, 288. Nun trinkt mir alle 
Neigen aus. Göthe, vanitas. Daß er fih alle Abend betrinkt. 
Shakeſpeare, was ihr wollt 1,3. Bis nach durchgetrunkner Radıt 
Titan bei Gejang erwacht. Ungenannter bei Campe. - Die ferne Aue 
trinket den milden Regen ein. Fr. Stolberg, das Gewitter. Und 
meinten Alle, elend zu ertrinken. Schiller, Tech 4, 1. Wo das. 
Blut der Empörer den Hügel hinabtrank. Klopftod, Meiflas 6, 365. | 
Da trinf ich mit, Lieutenant, umd :will Guch Beſcheid thun. Shake⸗ 
jpeare, Othello 2, 3. Heut gilt e8, wer den Andern niedertrimft. 
Schiller, Ballenfteins Tod 4, 7. Und trinkt der Braut Gefundheit 
um. Voß, Pfingitreihen. (Ich) fog begierig füßen Wein vom Rande, 
Gram und Sorg’ auf Einmal zu vertrinfen. Göthe, der Becher. 
Wenn nad) dem heft’gen Wirbeltang die Nächte fchmaufend man ver⸗ 
trinfet. Göthe, Kauft, Boripiel. Er (der Monzinger Wein) ſoll fi 
feicht und angenehm wegtrinken. Göthe, St. Rochusfeſt. (Ich) 
- trant den Freunden zu. Göthe, Campagne in Frankreich, 19. Sept. 
Anm. Einen Berftorbenen vertrinfen, im einigen Gegenden ver 
faufen, d. i. bei feiner Zeichenfeler in der Wohnung des Verſtorbenen auf Red» 
nung der Hinterlaffenen eine Mahlzeit halten, iſt noch eine unfäbliche Eitte. Das 
Ungeziemende einfebend, bat man in manchen Gegenden diefe, eigentlich den Trä- 
gern der Leiche zufommende, Mahlzeit auf einen fpäter folgenden Sonntag nud 
meift in ein Wirthshaus verlegt. i 
Trinker (abd. trinko, trinkäri, mhd. trinkære, trinker), einfach 
und in Zujammenjeßungen gebräudhlih; Teinferei; Trinkung. — 
Die Flaſchen und Becher einem kleinen Trinker wohl proportionirt. 
Göthe, die neue Melufine, Dieß war allen Waſſertrinkern wun- 
derfam. Klopftod, Wingolf 6. I 
Trinkbar, —becher, —bude, —fahne (in den Schenken), —feſt, 
—gefährte, —gefäß, —genoß, —geſell, —geiellihaft, —haus, — bern, 
—fanne, —lied, —luſt, —faal, —ſchale, —ſtube, — ſucht, — ſüchtig, 
—trog, —wafler, —zimmer u. a. — Die Mahlzeit war die frugalfte, 
der Wein triufbar. Göthe, Leben 5. B. Unſre Ditbyrambendichter, 
oder vielmehr unfre alten Trinfbrüder, die fih einen willführlichen 
Ramen geben. Herder. In St. Länen waren jchon drei Bad- und 
Zrinfgäfte angekommen. 93 Paul, Heſperus 26. Wo da ift 
Trinkgelag umd allerlei Gefpaßes. Klopſtock, Gelehrtenrepubli. Der 
durch manches allzu gute Zrinfgeld merken fonnte, was für Ver— 
bältniffe obwalteten. Ööthe, Leben 17. B. Ein Trinkgeſchirr von 
feinem Gold gedreht. Wieland, Oberon 2, 47. - Unter dieſer Ziich- 
und Baurede, wobei fein Trinkglas zerichlagen wutrde. 53. Paut, 
Hefpernd 9. Das fol Der erfte Trinkſpruch ſein. Uhland, das alte 
ute Recht. Ic aber fchlich mich nad der verlaßnen Triafftätee 
enzel-Sternau. I 
Trinkwein ift in manchen Gegenden Getränk des ‚gemeinen Man⸗ 


1 


us, and den mit Wafſer begoflenen und nochmals gefeiterten Treftern ; 
auch ſchlechter, nicht zum Verkauf geeigueter Bein. 

Tran (goth. draggk, ahd. tranh, tranch, trank, mhd. trance, 
alt. dranc, überall Das) bedeutet zunaͤchſt Flüffigfeit zum Trinken; im 
Befondern eine als Mittel wofür beftimmte Alt gfeit zum Zrinfen. — 
Gb deinen Trank herbei und fülle die Schale rajch bis an den Rand 
binan; denn memen Freund wird diefer Trunk nicht jchaden. Göthe, 
Fauſt 1, 131. Trinken Sie! der Trank wird fie fühlen. Schiller, 

Kabale und Kiebe 5, 7. — Die Bosheit mifcht dir einen Gallen- 
trank. ‚Bünde. Ich muß den Gifttrank dieſer Seligkeit vollends 
ansichlärfen. Schiller, Nüuber 4, 4. Sein Wein, bei meiner Treu! 
it Achter Göttertranf. Wieland, Oberon 2, 55. Berzeihen wear 
dir ein Heiltranf. Bodmer. Denkt nicht jein (des Tantalus) Herz 
anf ſchwarze Bubenftüde, nodı da ihn Himmels trank erhigt? 12. 
Zicht Lebensöl aus Gift und Honigträuf’ aus Ga’. Lohenſtein. 
(Ste) wird heil durch diefen Labungetranf. Alginger, Doolin 5, 25. 
Mir gallet der Luſttrank, dem die Reue folgt. Wolfe. Abdul ließ 
durch die Mengen herum jebt reichen den Muthtrank, Sonnenberg. 
Einen goldenen Becher des herzerfreuenden Weines trug er daher 
der Rechten, um Opfertranf vor der Abfahrt. Voß, Odyſſee 15, 147. 
Richt befler als ein Pferdetrant. Shafeipeare, Coriolan 2,1. Ein 
Tropfe Haß, der in den Freudenbecher zurüdbleibt, macht den Se— 
genstranf zum Gift. Schiller, Jungfrau von Orleans 3, 4. Bis 
von Letbes TZaumeltranf ich trunfen bin. Schiller, Semele 1. Der 
euch Durch Zaubertränfe.... erhigte. Schiller, Marla Stuart 1,4. 

Anm. Haller (die Alpen) bat noch das alte neutrum: Kein Gut, fein 
ubthig Tran, ein. Gift. verlieret ihr. 

Zrantopfer, —rinne, —geld (gebräuclicher Trinkgeld). — So 
idnappt Gr ja an Zrankgeld baar zehn Blinde, ohne Händchen. 
Binger, an Göckingk. 

Trunk (ahd. trunh, trunch, trunk, mhd. irunk) iſt zunächſt Hand⸗ 
lung des Trinkens; dann übermäßiger Geuuß geiſtigen Getränkes die in 
Ginem Zuge getrunkene Flüſſigkeit; überhaupt jo viel Flüſſigkeit zum 
Trinken, ald man anf einmal im Zuge trinken kann; davon das ver- 
tete trünkig. — Sie gab ihm einen frijhen Trunk. Göthe, Stif- 
tmmgslied. Gnädige Herten, ein Biſſen und Trunk! Sciller, Wallen⸗ 
tteins Luger 3. — Erjäuft jei aller Grol im Bundestrunf! Schiller, 
Biecolomini 49.7. Noch einen Schlaftrunt! Daf. 4, 6. Den 
Umtrunf wollen fie noch halten. Dat. 4, 5. Wer zum Tiſchtrunk 
ziſchtrunk minmıt, felten dem die Fußgicht kömmt. Logau, Anhang 
zu den Sinnged. MO. Daß id) nach alten Hausgebraudh den Früh⸗ 
trunk erft. mit meinen Knechten theile. Schiller, Zell 2, 1. Laß mich 
danken... für jeden Labetruuk. Klopſtock, Meſſias 12, 432. Worin 
die jo oft beiogene Bruſt/ fih au der fremden mitten im Liebes- 





⸗ 


202 


trunk des Augenblicks die kalte Nachbarſchaft der Gebrechen weiſſagt 
J. Paul, Titan 61. Menſchenfleiſch einſchlingend und drauf den lau⸗ 
teren Milchtrunk. Voß, Odyſſee 9, 297. Waſſertrunk wid 
Nektar mir ſein. Voß. — Untertrunk ſagt Fiſchart, Gargantua 
S. 84. — Süß, tründig, H. Sachs. 
Anm. Andere —— ſind ſeltner, z. B. Mitten darauf dam 
ſtand ein eherner Korb voll trunkelnladender Zwiebeln. Voß, Ilias 11,630. 
Einen Schwäͤchling, der ploͤtzlich, wenn auch uur im Trunkmuth etwas vors 
ftellen will. 3. Paul. Und (hatte) fih wenig anders gegen den Trunfipreder 
ansgelafien als mit leichtem Nein, Ja. J. l. 
Getränk bedeutet überhaupt Zlüſſigkeit, inſofern ſie zum Trinken 
beſtimmt ift oder getrunken wird, beſonders aber Flüſſigkeit zur Stil⸗ 
lung der Trinkbegier, ſei dieſe num Durſt oder Luſt am e⸗ 
ſchmack ꝛc. — Sie ſaugt mit Gier verräthriſches Gatränke. Gö | 
paraboliih 6. Indem eine ähnliche Perſon verichiedene Arten von 
Getränten hereinbradhte. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 3 Als fie 
der Speife nunmehr fidy erjättiget und des Getränkes. Voß, Luife 
1, 621. — Welche ſüß und lauter das Göttergetränk ibm be 
wahrten. Voß, Odyſſee 2, 2. Wenn man bei dem Froſchge— 
tränte feine Zeit vertrau’rt. E. v. Kleiſt. 
Trunken (Partic.) durch Genuß geiftigen Getränfed oder Dem- 
jelben Aehnliches des freien Gebraudyes der Sinne benommen, und 
zwar in Folge des Trinkens; in auögedehnterem Sinne betäubend ein- 
enommen, finnenberaubt, erfüllt von überwältigend wirfender, vornehm- 
ih angenehmer Empfindung, oder diejes Eingenommenfein, Grfülltien 
jeigenn. etennten (von betrinfen) bezeichnet die ‚gange und volle 
ewältigung der Berfon duch Trinken . und Ddeutet ausdrücklich 
auf Handlung, mwodurd jener Zuftand bei der Perſon hervorgebracht 
worden if. — Die trunfenen Seelen hören ſogar die Donner 
niht. Kann Liebe jo bethören? Wieland, Oberon 1, 3. Zrunten 
vor wallender Freude, rief ich, von ihrer Herrlichkeit trunken. Klop⸗ 
ſtock, Meſſias 18, 501. Ihr Augen) macht mich verwirrt und trun⸗ 
fen. Götbe, röm. Elegien 13. Der blauen Flut entquillt die Him⸗ 
melstochter janft und mild, getragen von Najaden zu trunfenen Ge- 
ftaden. Schiller, Triumph der Liebe. Im Kopfe war mir's wie 
betrunfen. Göthe, Rettung — Abnungstrunfen, voll vom 
Vorgefühle fampferrungener Unfterblichkeit. Deutſch. Merkur. Und ſchloß 
das dDanftrunfene Mädchen an feine Bruft. Lafontaine Wir be- 
treten feuertrunfen, Himmliſche, dein Heiligthum.* Schüler, an 
die Freude. Ein Glüd, das der Freudetrunfene gem der ganzen 
Welt mitgetheilt hätte. Meißner. Die gifttrunfenen Pfeile. Wil⸗ 
lamov, Am Ende fün® ich, glanztrunfen wie eine mit Hmig 
überfüllte Biene, ſüß betäubt auf's Grad herab. J. Baul. Glut- 
trunfen ißt rief ex. Sonnenberg. Eure großen himmeltrunkenen 
Augen. 3. Paul. Subeltrunfen im Herzen und Geifl. Sonnen- 





berg. Roh lichttrunken vom glänzenden Lande der Träume, 
% Paul. Der verzweifelnd liebetrunken, rachetrunken ... 
fich vom Felſen ſtürzete. Göthe, Fauſt 2, 419. Wenn er eben lie= 
bestrunken nun die Arme auseinander ſwingt nach dir. Schiller, 
Semele 1. Als wie ein taumelnder luſttrunkner Auerhahn. Wie— 
land, Oberon.7, 65. Er ſchwankt, wie nebeltrunken, in einen 
Arm. Wieland. In des hohen, quellentrunkenen Baumes Be— 
ſchattung wohneten Völker umher. Klopſtock, Meſſias. Schlaftrun— 
ken, vom Weine betäubt, hinſinken Die Zeigen. Pyrker, Tuniſtas 6. 
Rings um ſie lag ſchon Alles ſchlummertrunken. Wieland, Oberon 

17. Siegtrunken und racegefättigt. Pyrker, Rudolph 5. Und 
die Griechen, fiegestrunfen, Schiller, das Siegesfeſt. Aber Gas- 
pard berührte den fonnetrunfenen Sohn. J. Paul, Wo Das volle, 
thbränentrunfene Herz nichts fann und nichts will als bloß weinen. 
%.PBaul. Ihre Blicke waren traumtrunfen 3 Paul. So ſchlage 
dih! fagte der Hauptmann, halb feelen-, halb weiutrunten. 
% Paul. Als nun Balboa mid) Gattin geibte, mih wonnetruns 
fen in die Arme ſchloß. Gollin. — Dort in der Feſte ew’ger Zrun- 
fenbeit vernahm fie nie der Wahrheit ernſte Stimme. Schiller, Maria 
Stuart 2, 3. Solchen Zerftreuungen und Heiterfeiten gab ih mid) 
um ſo fieber und zwar Bis zur Trunfenbeit hin. Göthe, Leben 
11. B. Und andrer Schauer Trunfenhbeiten werden dich dort, 
mo du ſchlummerſt, weden. Klopſtock, dem Erldfer. — Daß fle vor 
fauter Eile und Freudetrunfenbeit den Athem faft verliert. 
Wieland, Oberon. In denen (Bliden) Freud’ und Liebestrun- 
ten beit den tiefen Gram nur halb erftiden. Wieland, Oberoit. In ihrer 
blinden Siegestrunfenheit. Schiller, Wallenftems Tod 4, 8. In 
Bonnetrunfenheit begraben. Schiller, der Kampf. Bon Wolluft- 
trunfenbheit. Bürde, 


Beſoffen erffärt fih aus faufen. Beraufht [von beraufdhen, : 
diefed von rauſchen mhd. riuschen‘, rüäschen, agf. hryscjan, eugf. rush; 
vgl ahd. rüzjan, rüzon, agſ. hrutan, altn. hriota, mhd. rüzen = ſchnar⸗ 
hen, älternhd. rungen = mil den Zähnen knirſchen; Raufch eigentlich 
heftige Bewegung, finnverworrene Betäubung von bigigem Getränfe oder 
erfüiflender angenehmer Empfindung) finnverworren betäubt and Genuß geiiti- 
gen Getränfes, geiſtig betänbender Neizmittel, oder aus: Eingenommen- und 
Grfültfein von angenehmer Empfindung. — Wenn Zhr alfo Luſt habt, diefe 
Nacht einen Streich zu wagen, fo findet Ihr die Wachen beſoffen. Schil⸗ 
ter, Fiesko 3, 4 Ich läge berauſcht im Rajen des Schloßgartens. Schil« 
ter, Räuber 5, 1. 

Anm. Die Bolksfprache hat viele Ausdrücke, um das Betrunfenfein zu bes 
zeichnen. W. Behtbold, Lehrer zu Niedermozftadt im Großherzogthum Heſſen, 
bat wir unter andern zahlreichen Beiträgen zu einem mich ſchon ſeit Jahren bes 
ichaftigenden „Wörterbuch der heififchen und naſſauiſchen Vollsmundarten“ aud 





304 


u Ausdrüde aefhidt: A horr'n Spig (Gothe fagt Befpyigung, Tag- mb 
Jahreshefte 1811); A Bott fich benebelt; & horr ä mol geichnoppt: ä horr aam gepeßt; 
& hott fich aan gekaaft; ä herr & Stech (er iſt ſtech S. 87); & hoti jchenp gelare; & hott 
aach genunk; A hott fe tief ins Glas gegudt; & es felig; A bott fih bezahlt; 
& bott fu väil (viel); & horr'm Dad; A horr aan geblofe. — Die meiften dieſer 
YAusdrudsformen finden fi), mehr oder minder verändert, auch au andern Orten. 
Ich reihe aus der hiefigen Gegend (Weſterwald) noch au: der it befnippelt; der 
it beknollt; der ift behae; der hor en Zopf; dem iſt die Gaß fe ſchmal; der ik 
beduſſelt; der iſt beſchmiert; der ift befäbelt; der iſt angelafen; der hot fe wil 
geleimt. Auch mehrere diefer Redensarten find anderwärts gebräuchlich. 
Trunkenbold (mhd. trunkenbolt, wahrſcheinlich von goth. balths, 
ahd. palt —= fühn, tapfer, alſo dem im Beſtimmungswort nachhän— 
gend: vgl. mhd. wankelbolt —= dem Wankelmuth — hel- 
ebalt — ſchnell im Helfen, agſ. cyningbald — dem König ver- 
trauend, und den Eigennamen Leopold ahd. Liutpold) der dem über- 
mäßigen Genuffe geiftigen Geträntes Ergebene, infofern Died Ergebenjein 
Durch us etrunfenfein fih Fund gibt. — Rivo! jchreit der 
Trunkenbold. Shafefpeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 2, 4. 
Säufer, in der gemeinen Sprache Söffer, der wiedrigem, unmäßigem 
Genuſſe eines (vorzüglich geiftigen) Getränkes fih Hingebende Verſoffe⸗ 
ner dit der flärkite der angeführten finnverwandten Ausdrüde, der durch un 
mäßigen Genuß geiitigen Betränfes an feinem beſſeren Selbit Zerrättete. — 
Weun er (der Wein) dringt bis ins Herz, und zu Eutſchließungen, die der 
Säufer verfennt (nicht kennt), jeden Gedanken wedt. Kiopftod, Zürcherſee. 
Die Tagdiebe, die Edffer, die Faullenzer. Göthe, Egmont 2. Verſoff⸗ 
ner, unverfehämter Mann, Leſſing, die Haushaltung. 


Tränken (ahd. trankjan, trenkjan, trenhan, mhd. trenken, 
goth. dragkjan, altj. drenkjan, agf. drencan), die thätige Form zu 
trinken, wird einfach) und in Zuſammenſetzung mit ein— und er— 
gebraucht. — Da konnte fie num nicht daran denken, dad arme Würm⸗ 
chen felbft zu tränten. Göthe, Fauſt 1, 163. Die Zwillinge trän- 
fet eine Wölfin. Göthe, röm. Elegien 3. Aus den zarten Niejelwellen 
tränkef ihr gar Silens abicheufic hier? Göthe, deuticher Parnaf. 
Ad, nun wirft Du mit mir die Blumen fünftig nit tränten! Klop- 
ſtock, Meſſias 2, 230. Was er auch lügt, ic tränk' es ihm ein. 
Göthe, Reineke Fuchs 12, 36. Klagen ertränkt er im Golde der 
Nebeu, Schiller, Leichenphantaſie. Wo ift Fiesfo? Ertrunfen! Ant- 
wortet die Hölle oder das Zollbaus? Ertränft, wenn das hübſcher 
lautet. Schiller, Fiesko 5, 17. — Das blutgetränfe Feld. 
Kretfchmann. 

Tränker; Tränkung; Tränke (ahd. trenka, mhd. trenke), Ort, 
wo das Vieh — trinkt oder getränkt wird. — Gar manchen hab' 
ih zur Tränke führen, vor der Schmiede halten ſehen. Göthe, Cam⸗ 
pagne in Frankreich 23. Aug. Waldungen find auch jeglicher Art und 
zur Tränke darin unverfiegende Bäche. Voß, Odyſſee 13, 246. 





305 


Hinten). | 
(Wurzel hanc, hinc; hac, hie?) 


Hinke, hinkte, gehinkt (gehunfen) — (ahd. hinhu, hanh, 
hunhum&s, hunhaner, hinhan, hinchan. hinkan; mhd. hinke, hanc, 
bunken, gehunken, kinken; wahrſcheinlich mit Hangen verwandt), 
bei dem Gehen auf die eme oder die andere Seite, wie Kürze oder 
eine andere Mangelhaftigfeit der Glieder zum Gehen beftimmt, mit 
dem Körper Hieberbangen. — Das id) an wenden heim bin ghunden. 
H. Sachs, das Narrenjchneiden. Er band auff einem pain. — Sachs. 
Fiſchart ſagt (Gargantua ©. 40. 98.): Er bat an dem Bein ge⸗— 
bunden ... Geſſen ungetrunden fei gebunden, getrunden vugeſſen 
fei zwijchen zwelen ftülen nidergeſeſſen. Aventinus ſagt (Chronik 1580 
BL 55. 252): Der König thet wol viel guts, hand aber and) ein 
— Der König hat gehuncken. — Im Abendlicht hinkt über 
chloßbrücke, die Bärenmüß’ tief im Geſicht, ein Kriegsmann an 
nr Krüde. Schmid, der alte Krieger. — Der Baron, der geführt 
berbeibinfte. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 4. Iſelin und was 
dem nachhinkt und nachlallet. Geift der Zournale, Er fan nach⸗ 
gebunden. Opiß, deutid. poem. 1625. ©. 53. 


Humpeln (niederd., oberd. humpen, ſchweiz. himpen; engl. himp, 
himple; eine duch Einſchiebung des m verjtärkte Bildung. aus mhd. hübel 
Erböhung, Hügel?) bei gebrehlichen oder gelähmten Gliedern und Nieder- 
Bangen des Körpers mit ſtarkem Auf» and Nieber- und Sin- und Herbewes 
gen der Arme und Beine, Überhaupt der Wieder des Körpers im Gehen fi 
fortarbeiten. — Aber mir fand Apoll den Pegafus deutſcher Begeiftrung, der, 
fhwerfälliger noch, als Silens langöhrichtes LZaitthier, nach dem Hexameter⸗ 
tanz des gefläigelten griechifchen Roſſes humpelnd, zur feilten Schaar der 
lämifchen Schaar fi hinſchleppt. Voß, das Ständchen (in der früheren Aus⸗ 
gabe). Hump’ ich dann auf beiden Krüden ihr mit Sad und Pade nad. 
Hölty, petrarchifche Bettlerode, im Leipg. Muſenalmanach von.1779, ©. 237, 


Hinkend, wer an den Zügen fo beichaffen iſt, daß der regel-, 
mäßige Gang dadurch gehindert wird, iſt aus hinken Mar. Hinkig 
it veraltet. — Ich möchte zwar, hinkend auf todtem Holz, den 
fiehenden Hirſch nicht ereilen Langbein, der Stelzfuß., Ein lahmer 
wd hinckiger Hirtenbube. Simpliciffimus 1, 2. 

Zabın (ahd. altf. agf. mhd. lam = gliederfchwa, gebrechlich, gichtbrüs 
big, kraftlos zur Bewegung, fei dies. nun in Schwäche oder Steifigfeit der 

Glieder) mit dem Grundbegriff matt, ſchwach (altn. lamr = gebrochener Kraft) 


— — 


' Diefes Bort wie das nachfolgende winken geben In der berligen Schrift⸗ 
jorache nach der ſchwachen Conjugatlon; die Volksſprache ſagt noch nach der ſtar⸗ 
im — gewunken. tieler (im 3. 1001) führt im Präter. zanN 
und hinkte, im Partit. gehnnken und gehinkt an. 

20 





306 


bedentet an einem Gliede der Beine oder Hände im freien Gebrauche gehin⸗ 

dert. Krüppelig (von Kräüppel, mhd. crupel, cruppel, altn. kryppil, ven 

agf. crööpan, altfrief. kriapa, altn. krypa, mittelniederl. crüpen, mittelnie 
derd. crupen, krupen — friehen, woher wahrſcheinlich and Krebs flatt 

Krebß ahd. chrepaz, chrepiz, mhd. krebeg und Krabbe agi. crabba, altn, 

krahbi) zunädit wer friehend, auf die Krücke geflügt fich forthelfen muß; 

fußlahm; aliederlabm; dann überhaupt eine Perſon, deren Hände oder Füße, 
oder deren ganzer Körper nicht die gehörige Vollitändigkeit und natürliche 

Korm haben, wie fie zum leichten @ebrauche und zur Schönheit nothwendig 

it. — Bon ungefähr muß einen Blinden ein Lahmer auf der Straße fin- 

den. Gellert, der Blinde und der Lahme. 

Hinker; Hinkung; Hinkerei. — Hinferei ift an der Tages«- 
ordnung, bald in diefer, bald in jener Weile, und Ganzheit und Ent⸗ 
fehiedenheit im göttlichen Leben eine jeltene Perle. 3. W. Krummacher, 
Elias 7. Predigt (1847). 

Yum. Hierber gebört wahrfcheinlich auch das hickeln der Volksſprache — 
auf einem Fuße herumhüpfen, a bei gewiſſen Kinderfpielen. Darnach wäre 
in hinten das nm vielleicht eingejchoben, wofür auch das ahd. hahan — bangen 
zu ſprechen ſcheint. Schmidt (weiterw. Idiotikon) rechnet das Wort zu wadeln, 
gewiß mit Unrecht. 


Winken '). 
(Wurzel wan—c, win—c; wanc, winc.) 


Winke, winkte, gewintt (gewunfen), winken (mbd. winke, 
wane und wincte, gewinket, winken; ahd. ſchwach winchan, 
wischön, agf. vincian), mit der Grundbedeutung zurüdweichen, be= 
deutet nun 1) furze und fchnelle Bewegungen machen von oben nad) 
unten; 2) Durch eine Fleine Bewegung, anftatt der Worte, jeine Gedanken, 
feinen Willen äußern, zu erkennen geben; 3) durch eine ſolche Bewe— 
gung etwas befehlen. — Die alten Dänen winkten nicht einmal 
mit dem Auge vor Wunden ins Gefiht. J. Paul. Fürchterlich 
winfte der Helmbufh. Voß, Ilias 3, 337. Sehet bin in fein (des 
Menſchen) himmliſches Antlig, auf feine winfende Stirn, in jein 
redendes Auge. Herder. Wann's in die Seele mir legt die vathende 
Göttin Athene, win? id Dir mit dem Haupte geheim. Voß, Odyſſee 
16, 2382. Wintft du mih in offne Freundesarme? Kofegarten. 
Warſt dur vielleicht zu innig ſchon verfunfen in jenes Lied, Daß furcht⸗ 
bares Verhängniß zum Tode Jedem, nun aud Dir, gewunken? 
Uhland, auf &." Gangloffs Tod 2. 

Anm. Mit winden 1 und 2 ift niden (abd. huicchan, mhd. nicken 
von neigen, ahd. hnikan, mhd. nigen, goth. hneivan) finnverwandt, bat jedoch 


1) Stiefer führt die Bartic. gewinket uud gewunten an. Yu Oberdeutich- 
fand fagt man winfe, wunk, gewunfen. Die ahd. ftarfe Form ift nicht zu 
belegen, aber aus den Bildungen wank, wink, winchan ſicher zu jchließen. 


307 


weriger den Nebenbegriff des Schnellen, als des Wiederholten. — Und oben nidt 
ein Buſch von einem grauen Geier. Se Doolin 8, 14. Mar wird für 
diefen Wohlgenuß gar lieblih Dank mir niden. Bürger. 
An—, auf—, aus —, ent—, er-—, fort—, her—, berab—, 
eean—, berauf—, heraus —, berbei—, herein —, berüber—, 
— herunter —, hin —, hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus —, 
hindurch — hinein — hinüber —, hiuunter — hinweg — hinzu—, 
nach —, weg—, zer—, zu —, zurückwirken find klar, aber nicht alle 
gleich gebräuchlich — Es windken die hohen goͤttlichen Frauen mid 
an. Göthe, Euphroſyne. Als er (Gott) dem Unding einſt die kommen⸗ 
den Welten entwinkte. Klopftock, Meffias 4, 1346. Umarmt ihn, 
winket die Andern fort. Bürde. Dem Sturm herwinkend. Son— 
nenberg. Hier winken die Thäler in ihr Tempe zur Erd’ herab. Klop⸗ 
ſtock, Friedensburg. Gleich des Vaters Allmacht, wenn er Untergang 
unerforicht anf Velten herabwinkt. Klopftod, Meſſias 2, 193. Jetzo 
winet er heran, die Todesſeraphim nahten. Sonnenberg. Der 
Ritter bleibt als wie gefroren ſteht, winkt Scherasmin herbei. Wie— 
md, Oberon 3, 54. Bon welchen (Helm) fürchterlich der Toſt 
(Helmbuſch) hHerunterwinfte. Bürger, Zlias 3, 337. Wann fle 
an ihrem Zifche fißt, fo werd’ ich fherzend hingewinket. Bürger, 
die beiden Liebenden. Da öffnete er (Gott) feinem Lieblingsgeichöpfe 
Bil und Seele, Löfete ihm Sprache und Zunge, wintte ai feine 
Güte, Herrlichkeit und Ba allmählig hinab vom Himmel zur 
Erde. Herder. Die Zürftin, die ihrem Gemahl noch in den Schloßhof 
hinab mit dem Schnupftuh nachgewinkt hatte. Göthe, Novelle: 
das Kind mit dem Löwen. Sie winkt ihm endlih weg. Wieland, 
Dberon 13, 15. Sie winkt die Nymphen weg. Daf. 13, 52. Um- 
ſonſt zerwinkt der trene Alte ſich. Daſ. 6, 51. (Ich willy Ruhe 
nur das und nur Glück das nennen, was fie mir zu winkt. Klopftod, 
m Gott. (Ich) ermahnte mit dringendem Ernft die Genoffen ... mit 
ne Haupt. Voß, Odyſſee 9, 485. Der Burgermeeichter 
ot und zugewunke. Nadler, Fröhlich Pfalz (Frankf. 1847) ©. 59. 
Aber mit zauberiſch feffelndem Blide winken die Frauen den Zlücht- 
ling aurüde. Schiller, Würde der Frauen. 


m. Das Partie. geftattet noch andere Zufammenfeßungen, 5.8. Gewähre 
u Zeichen der Huld und der beifallwinfenden Allmacht! Pyrker, Tus 


Der Win (ahd. wink, mhd. wine, bei Stieler Wink und 
Bunt), eine Bewegung, ein Zeichen, womit man einem Anden, ohne 
Borte, feine Meinung und feinen Willen zn verftehen gibt. Die 
Binfe ein Ding, welches gleichſam winfet, fich fchnell auf und nieder 
beweget, 3. B. bei den Radlern und Damaftwebern. — Da wir ge- 
windigt werden, die erften Winke zu winken nad dem ſchmalen Wege. 
Aepſteck, Meſſias 15, 48. Und gabit du nicht erft neulich ftille 
Binke, du hoffteft mir, in ruh'gen Angenbliden, verborgenes Ver⸗ 

a. 





308 


hältniß zu befennen. Göthe, Eugenie 1, 1. — Mit einem Augen- 
winke deut’ e8 an. Collin. Mit Bligeswinf zerftreute ſich's im 
Lauf. Göthe, Fauſt 2, 66. Unferem Herrſcherwink zu gehorchen. 
Pyrfer, Eleazar. Todes winke, gerikt auf gefaltetem Täflein. Voß, 
Ilias 6, 168. (In der fpätern — ſteht Mordwinke.) 
Anm. Bas it Wink in folgendem Beiſpiel von S. Dach: Zur Medhten 
um die Win? erauget (zeigt) fi die Stadt? Das Wort ſcheint dem folgenden 
Winkel zum Grunde zu liegen. 

Mintel (ahd. winchil, winkil, mhd. winkel, agi. wincel, 
vincel), eigentlich das Zurückweichende, fid) Einbiegende, der innere 
Raum zwiſchen zufammenftoßenden Flächen, dann überhaupt (eigentlich 
und figürlich) die innere, abſeits zwifchen einjchließenden Gegenitänden 
gelegene Räumlichkeit; davon winfelig. — Einmal entlaffen aus dem 
fihern Winkel des Herzens. Schiller, Wallenjteins Tod 1,4. Durch 
den glüdlihen Winkel diefes fruchtbaren Thals und feiner Krüm- 
mungen wandern. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 11. (Als) aus 
allen Winkeln und Ziefen die Nacht hervordrang. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 1, 7. (Er) vertrat ihm jeden Schlupfwinfel Dal. 2, 1. 
Eine winfelige Stadt. Seume. 

Ede oberd. das Ed, in Zufammenfegungen nur das El, 5.8. Dreieck 

(ahd. ekka, altf. eggia, mhd. eke, ecke; vgl. gr. auy, axig = Spige, Tat. 

acus — Nadel, acies — Schärfe) nripränglich das ſcharf und fpig Geſtal⸗ 
tete, dann das dergeftalt auögehende äußerte Ende eined Dinges; die dem 

Winkel entgegengefegte, außerhalb der Linien entitehende Figur. — Wie rollt 

es leicht um die Ede. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 19. 

Anm. Mit dem Wort Winkel werden viele Ortönamen gebildet: Kräh⸗ 
winfel (abd. crawinchil) u. a. Winkel im Rheingau beißt im 3. 848 Win- 
kelun (Dat. Pf.) 

Winkeladvocat, —band (bei den Schloffern), —bogen, —dadh, 
— deich, —druderei, —eijen, —fafler (Werkzeug), —geichwindigfeit 
(in der Naturlehre), —haken, —hebel, —holz, —klammer, —fnie 
(im Schiffbau), —ham, —freuz, —linie, — loch, —meifter, —mefie, 
— meffer, —münze, —naht, — predigt, —pulsader, —rathgeber, 
— recht, —ſaͤule, —ſchaufel, — ſcheibe, —fchenfe, —Ichneide, —Ichule, 
—ſchuſter, — ſpinne, —ftändig, —tadel, —treppe, — verſammlung, 
—weiſer, —zahn, —zapfen, —zirkel u. a. — Laufen in Winkel⸗ 
gaſſen zuſammen. Sonnenberg. Die alte, winkelhafte, an vielen 
Stellen düſtre Beſchaffenheit des Hauſes. Göthe, Leben 1. B. Der 
junge rüſtige Mann hatte wirklich eine Poliraxt auf der Schulter und 
ein langes ſchwankes eiſernes Winkelmaß. Göthe, Meiſters Wander⸗ 
jahre 1,1. Einen Winkelrath halten. Schottel. Er ward des Chri⸗ 
ſtenthums unbärt’ger Winkelrichter. Hagedorn. Verließ ſich auf Feine 
Winkelſtützen. Herder. Laß jenes (das Herz) ſich gut aufführen 
und feine Winkelzüge fuchen, damit Diefer (der Verſtand) ihm den 
Zugang nicht erjchwere. Herder. 





309 


Wank (ahd. wank, mhd. wane — Bewegung, Zurückweichung, 
wence — Beründerlichleit; fchwed. wanc — Gebredhen), das Ab-, 
Zurücdweichen, der Seitenfprung, Seitenweg, früher aud) für Wint 
gebraucht; die Wanke, ein Klögchen bei den Tuchſcherern; wanfen 
(abd. wanchön, wancöon, mhd. wanken, flehe S. 178), fich ein 
wenig aus feiner Lage bewegen (auch figürlih); wankel (ahd. wan- 
chal, mhd. wankel, agf. vancol), wanfelbar, wankelhaft, 
veränderlih; wanfelig (ahd. wanchilic); wanfeln (ahd. wanchil- 
jan, mhd. wankeln), ein wenig wanken. — Ohne Wank. Rüdert, 
gel. Ged. 3, 216. Daß deine Stärde nichts von Wand und Stoß 
erfahre. Richey, in Weichmanns Poeſie der Niederfachien 4, 68. Ich 
ſehe den berzbrechenden augenwankh, mit dem du mic einladeft. 
Paſſauer Bredigt von 1675. — Unwantenden Muthes. Bürger, 
Jias 2, 344. Nicht abwankfend vom Ziel. Voß. (Indem er) unter 
dem in's himmliſche Blau getauchten Tannengrün durchwankte. 
J. Paul, Heſperus 9. Edallwina entwankte der Nacht der ent— 
weiheten Laube. Koſegarten, das Fraͤulein von Jarmin. Waͤre ſie nicht 
an beiden Enden mit großen niederwankenden Blumen beſteckt. 
3 Paul, Heſperus 14. Wer taumelnd auf der Gaſſe herumwankt. 
Kopftod, Gelebrtenrepublik. Er, nachwankend, nahte, wo Thetis 
ſaß. Voß, Ilias 18, 421. An dem Geſtad' umwankend des weit- 
aufrauſchenden Meeres. Voß, Odyſſee 13, 2%. Er wankt' an mir 
vorüber. Uhland, H. Emft 1, 2. — Die frawen (Frauen) fein pnftet 
mdmwanfel. A. v. Eyb (+ 1485). Groß Herren mandel find. H. Sache. 
Das Gefhirr wird wankel bar (ſchadhaft). Schmeller, 4, 117, aus 
der Volksſprache. Mit wankelhaften Schritten. Weichmann, Poefte 
der Niederfachien 1, 122. Kein tapfer Mann foll nicht wanfeln. 
Aventinus Chronik 225. 

Anm. Für wanken, wankeln hat die Volksſprache hier und da ſchrau— 
fein (mbd. schranken — ungewiß hin und hertreten, auch schrenken = jeit: 
wärtd abweichen, fiebe Schranke). i 

Wankelmuth (mhd. wankeler muot), —müthig, von unfeft 
weihhender, Teicht fich hin und her bewegender Seelenftimmung; — her⸗ 
19, —laune, —rede, —ſinn. — Was jeid ihr, um von Wankel— 
muth zu jprechen. Göthe, Göß von Berlichingen 2. Die wanfel- 
müth'ge Menge, die jeder Wind herumtreibt. Schiller, Maria Stuart 
4, 11. Seid ihr vielleicht müde des gutherzigen Fürften? Sehnt fih 
euere Wankellaune nad einem Wüterih? Wächter. 

Unbeftändig (fiebe ftehen) leicht abweichend von einem angenommenen 
Verhalten, wobei der Gedanke haftet, daß zu der Keftigfeit in einem anges 
uommenen Verhalten die Kräfte mangeln. Beränderlih (von verändern, 
ändern j. S.274. 282) leicht von einem Verhalten zum andern übergebend 
oder dem gemäß. — Ich hatte die fepten Tage bei fehr unbeſtändigem BWet- 
ter nit auf das angenehmfte zugebracht. Gothe, Tag: und Jahreshefte 1801. 





‘wenken) eine Bewegung feitwärts machen, abweichen von der graden 


. 


810 


Uum. Das frühere wenken (ahd. wenchan, wenkjan ans — mbd. 

ichtung, 
und wenkeln (das zu Erwartende nicht leiſten) haben ſich hier und da in der 
Volksſprache erhalten. 


Dringen. 
(Wurzel dran—c, drin—c; drac, dric?) 

Dringe, drang, gedrungen, dringen (ahd. drinku, dranc, 
drunkumdös, drunkandr, drinkan, dringan; mhd. dringe, drane, 
drungen, gedrungen, dringen; agf. altj. thringan — drüden; agf. 
tringen —= berühren), 1) durch Drüden vorwärts oder auf die Seite 
zu kommen, einen Raum einzunehmen juchen; 2) (in weiterer umd 
meift uneigentliher Bedeutung) mit Weberwindung eines Widerftandes 


einen Raum einnehmen, an einen Ort gelangen: der Zend ift in Die 


Stadt gedr.; der Ruf feiner Thaten ift bis zu und gedr.; 3) für 
drängen, d. i. in einen engen Raum bringen, wozu nöthigen, auf 
etwas beitehen: die Noth dringt ihn dazu; eine dringende Urfache hat 
ihn vom Beſuch abgehalten; er bat darauf gedrungen, daß die Brüde 
bergeftellt werde. — Es dringen Blüthen aus jedem Zweig. Göthe, 
Mailied. Seines Lebens Schall, der auch zu mir Drang. Schiller, 
Piccolomini 3, 7. Indeß der junge Weimariſche Held in's Franken 


- Iand unaufgehalten drang. Daf. 2, 7. — Im Felde da dringt 


(drängt) die Gegenwart. Daf. 1, 4. Wie bat der Zwift fih in mein 
Haus gedrungen? Göthe, Tafio 2, 4 Mich drang’s ſo grade 
zu genießen. Göthe, FZauft 1, 140, 

Anm. 1. Mit alter Präteritalform fagt Gellert: Eeine lagen drungen 
in das Herz. Sie drungen hinein. Weichmanu, Poefie der Niederfachien 1, 34. 
Sobald fein Dichter « Geil mir durch die Ohren drung. Daf. 1, 262. — Der 
Eing. drung iſt mehr zu tadeln, findet fih aber auch fonft, 3. B. Bis daß die 
Morgenröt aufdrung. H. Sachs. 

Anm. 2%. In tranfitivem Sinne kommt dringen fohon ker vor neben 
dem feltneren Drängen; es ift darum Beingen nbd. nicht gerade fehlerhaft, aber 
doch nicht zu loben, weil wir drängen haben. Gottfried vorn Straßbarg fagt 
im 18. Jahrh. leitliche dol kanstu von herzen dringen d i. Leidvolles aa 
liches) Leiden Zannft du von Herzen entfernen. Da wolt ir euch auch zu drin- 
gen. Siterfpiel 15. Jahrh. Und die Aegipter Drungen das Volt, daß fie es 
eilend aus dem Lande treiben. Luther, Bibelüberf. 2. Mof. 12, 38. Sollten wir 
fie denn über (gegen) ihren Willen dazu driugen? Herzog Albredt von Baiern 
in einem Schreiben an 8. Magimilian IM. vom Jahr 1570. Da die Römer fo 
bart gedrungen wurden von Hannibal. Aventinus, Chronik 1580. BI. 115. 
Einer den andern mit Gewalt von dem Throne Drang. Hoffmannsmalden, Hel⸗ 
dendriefe. Durch Imerfahrenheit hab ich e& weg gedrungen. Hoſſmannéwal⸗ 
dau, der getreue Exhäfer. Zwar er drang mic auf dem Wege. Opiß (+ 1639). 
Bor Sorg’ und Ad ich fein müſſ' unverdrungen. Rückert, geil. Geb. 2, 257. 


Drängen (ahd. drangön, mhd. drangen, drengen; altn. 
tbrengja — bändigen, einzwängen), die thätige Form von dringen, 
bedeutet 1) vorwärts oder auf die Seite hinausdrüden, mit Gewalt 





311 


—— — — re 


vor⸗ oder ſeitwaͤrts treiben, um Platz zu gewinnen: Jemanden an bie 
Band, auf die Seite; 2) (unelgentlih) drücken, plagen: weil die 
Gläubiger ihn hart drängten; 3) auf elne unbefugte und unbejcheidene 
Veiſe Zutritt ſuchen, mit Mühe zu erlangen ſuchen: er drängte fich 
zu diefer Stelle ntit anffallender Frechheit. — Denn es drängt’ un— 
MWädliher Zahrwind, Voß. Wie die Nofe, wenn fie aus der Anofpe 
fih drängt. Geßner. Wie drängte mich’ in diefem Augenblid, 
ihm um den Hals zu fallen. Schiller, Piccolomini 3, 4.' Alles rief 
den Herzog nun in's bart gedrängte Baiern. Daf. 2, 7. 

Aum. Das von drängen abgeleitete drängeln gehört der Volksſprache 
a. — Schuti dt (weitere. Idiotikon S. 254) rechnet hierher auch thürängeln, 
därängeln, als ein Itergtiv von drängen, d. i. drängeln. In andern 
Gegenden heißt das Wort DT» und Düringeln —= quälen beionders mit Wor⸗ 
ten, bier und da auch blog ringeln. Man Fönnte vielleicht aud an agf. vringen 
= drehen, hart anftreifen, (nhd. Waſche ausringen), fowie an mhd. angen mıd 
engen — beengen, fehweig. angeln = Roth leiden denken. 

Abd—, an—, auf⸗ aus— be—, bei —, durd—, ein—, 
eanpor—, ent — entgegen—, er —, fort —, her —, betab—, heran — 
beeauf— , heraus , herdei—, herein —, herüber —, herum—, 
beenater——, berwor— , berzu —, hin — hinad —, hinan —, hinauf —, 
hinaus hindurch — hinein — hinüber —, hinunter — hinweg —, 
hinza— los—, nach —, uieder—, über —, um —, umber—, 
unter—, ver—, vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber —, 
weg —, zu —, zurück — zuſammendrinugen und (oder) —drän 
fiad an ſich klar, jedoch wicht alle gleich gebräuchlich. — Du haͤtteſt 
dich ans keinem andern Grunde der abgedrungnen Unterſchrift ge⸗ 
weigert? Schiller, Piccolomini 85,1. Daß fie mich nicht abdringen 
vom Eingang. Voß, Dduffee 22, 107. Grad auf den König dringt 
fe an. Schiller, Jungfrau von Orleans 5, 13. Die ihn durch Bitten 
md Andringen in feiner Erzählung flörte Göthe, Leben 9. B. 
Eben diefe Vorurtheile, ſollten die nidyt eben zu einer vorläufigen Er⸗ 
Narung und Einleitung berechtigen und andringen? Herder, Antrins- 
tede in Bückeburg. Dein Geſchrei Drang laut zu mir auf. Pyrfer, 
Roies 2. Drangen wir uns die auf, oder du Dich ums? Göthe, 
Fauſt 1, 233. Umwiderftehlid dringt der Glaube an eine Geifter- 
weit fi) deinem Herzen auf. Ziedge, Urania 5. Und alle Schwerter... 
durhdrängen meinen Buſen. Schiller, Wulleniteine Tod 3, 29. 
Ih kenn' ihn, ih durchdringe jeine Seele. Schiller, Don Karlos. 
2, 16. Ganz durchdrungen von ihrer Mutterpflicht. Tiedge, 
Urania 6. Was dringt ihr Alle wie von Sinnen auf den unfchuld’- 
gen Jüngling ein? Goͤthe, der Mülerin Verrath. Die Kaijerlichen 
md’, die eingedrungen. Schiller, Wallenſteins Tod 5, 9. Daß 
zeben Ranzen ibm in's faliche Herz eindrängen, dem Veträther! 
Schiller, Jungfram von Orleans 5, 11. Ws drang’ ein Gedante 
zum Ausbruch froh aus dem Heizen empor Voß, Luiſe 3, 87. 





312 


Wie des Rofendles Gedäft dem verſchloſſenen Beruftein geiftig ent- 
dringt. Voß, der Abendihmaus 150. Alsdann bemerfen wir erft 
eine große Mannichfaltigfeit, die und als Menge entgegendringt. 
Söthe, Farbenlehre Einleitung. Erdringe nicht, was ich verlagen 
follte. Goͤthe, Iphigenie 4, 2. Der Abbe war fortgerannt, Auguftinen 
aufzufuchen und einige Aufflärungen von ihm zu erdringen. Göthe, 
Meifters Lehrjahre 8, 10. (Er) drang fort in die Mauren-Zänder. 
Herder, Eid 49. Das fam durch die Gebüfhe hergedrungen. 
Uhland, der Wald. Gewaffnet Volk dringt an den Thurm heran. 
Schiller, Jungfrau von Orleans 5, 12. (Er) fol in der Hälfte Zeit, 
die du hberaufzudringen gebrauchteit, Dich zu ihr, zurüd euch beide 
bringen. Wieland, Oberon 9, 48. Mit leigm Laute dringt her- 
aus vom tiefften Hain ein Trauerfang. Collin. Von Norden dringt 
der jcharfe Geifterzahn auf di herbei. Göthe, Fauft 2, 61. Ein 
Vater mit feinen fchönen Töchtern erwartete den Tod von den herein 
dringenden Bellen. Göthe, Meifters Lehrjahre 7, 1. Sein blig- 
werfender Blid: drang Ipähend herum. Sonnenberg. Zu mir in die 
Tiefen ift fein Erde- noch Hölenwefen heruntergedrungen. .Son- 
nenberg. Unverſehens find fie hinter der Weinhöhe hervorgedrun— 
gen. Göthe, Götz von Berlichingen 4. Eine hervordringende 
ſpitze Naſe zeichnete ſich aus. Göthe, Leben 12. B. Des Oelbergs 
waldige Gipfel von der Stimm' erbebten, der rufenden, drangen 
Die Blinden und die vormals Tauben herzu. Klopſtock, Meſſias 4, 421. 
Sie drangen muthig bin. Uhland, Mährchen! Zu ihm hinab 
in’8 öde Burgverließ dringt feines Freundes Troft. Schiller, Tel 4, & 
Ein Gemüſe- und Baumgarten drang bis an die Häufer hinan. 
Goͤthe, Meifters Lehrjahre 7, 4. Neuer und märhfiger. dringt leuch⸗ 
tende Flamme hinauf. Göthe, röm. Elegien 6. Der Stngling, obne 
Schwert und Schild, ift keck binaufgedrungen Uhland, der 
Königsſohn 7. Wenn das Heer der Achaier hHinausdrang. Voß, 
Ilias 19, 317. Bis zum Ufer des Meeres leiht bindurdzu- 
dringen der Danaer Schiff und Gezelte. Voß, Ilias 13, 143. 
Friſch an und dringt auf ihn hinein! Göthe, Fauſt 2, 49, Man 
hatte fid) vorgenommen, weit in das Gebirg hineinzudringen. 
Göthe, Novelle: das Kind mit dem Löwen. Hinüberdringen 
kann der Stimme Schall. Schiller, Tel 1, 1. So dringt auf fie 
vergebens treu und mächtig der Ueberredung goldne Zunge los. 
Göthe, Iphigenie 1, 3. Es dringt der Feind gewaltig dürch das 
Thor ihm nad. Platen, Abbaſſiden 9. Neich’, Arme, Alte und die 
Jungen wurden von ‚feiner ſterck (Stärke) niederdrungen. H. Sachs. 
Wenn font von deinen Worten, deinen Bliden ein ganzer Himmel 
mid überdrang. Göthe, Zuuft 1, 41. Lang eingeichloffene 
Seufzer und veraltete Thränen drangen jeßt aus dem geöffneten 
Mutterherzen in das fremde weiche über. 3. Baul, Heiverus 3. Biel 


31% 


Kinig, Fürsten und ſtarcke Held, welche der Tod doch all bezwang, ir 
(ifre) fterd und Gewalt er vberdrang. H. Sachs. Hier drang 
aun Odyſſeus unter, und häufte fich jchnell mit eigenen Händen ein 

. Voß, Odyſſee 5, 481. Berdrungen von einer Neben- 

ern. Schiller, Don Karlos 2, 9. Bleibt Poefle zu Wald und 
Auft verdrungen. Uhland, Gefang und Krieg. Er läßt, die Krank⸗ 
keit zu verdringen, fich eilends Dint' umd Feder bringen. Gellert, 
die franfe Frau. Der Zeugen Freude verdrang oft Wehmuth. Klop- 
fo, Meifias 13, 5. Nichts hielt ihn auf, bis in das Herz von 
Deftreih vorzudringen. Schiller, Piceolomini 1, 2. Lebhaft vor⸗ 
dringende Geifter begnügen fich nicht mit dem Genuffe, fie verlangen 
Kemtniß. Göthe, zweiter Aufenthalt in Rom, September. Aber die 
Streiter zu Fuß, mit ebenen Waffen gerüftet, Drangen voran, 
Dh, Ilias 11, 49. Sie drang mir einen Ueberrock zu. Göthe, 
Reiters Wanderjahre 3, 10. Deßhalb will ich bier gewiſſe zu⸗ 
dringende Bemerkungen einfchalten. Göthe, Leben 10 3. Ich 
dringe zu, tret’ alle Sträuche nieder. Göthe, Lilis Park. — (Sie) 
mennten die Schang ung abaudrengen. H. Sachs. Heltor, nichts 
erwiedernd, fleg voll heißer Gier, Das Heer der Griehen abzudrän= 
gen und hinein zu würgen, fchnell vorbei. Bürger, Ilias. Immer 
drängt ſich mein Herz feft an den Bufen ihr an. Göthe, Epigramme 3. 
Den Herrlichften, was auch der Geiſt empfangen, drängt immer 
fremd und fremder Stoff fih an. Göthe, Fauſt 1, 40. So krachten 
de glänzenden Flügel, aufgedrängt von dem Schlüſſel. Voß, 
Ddnflee, 21, 49. (Er) drängt’ urichnell in des Meeres tiefgehöh- 
Item Bette den Grund im donnernden Klug’ auf. Pyrker, Moſes 2. 
Racht jener fich zu wichtig, drängt fih auf. Wieland. Was be— 
dränget dich jo fehr? Görhe, neue Liebe neued Leben. Und Zinfter- 
ns drängt ringsum bei. Göthe, Zauft 1, 19% (Er) drängete 
Dinten das Erz durch. Voß, Odyſſee 22, 295. Der (Strom) fid) 
am wieder durch enge Brüdenbogen durchdrängen joll. Göthe, 
Gampagne in Frankreich 11. Oct. Der zwilchen Sohn und Bater, 
berufen, fih einzudrängen nicht erröthete. Schiller, Don Karlos 
4,1. Lanz’ an Lanz’ eindrängend. Voß, Zlias 13, 130. Kaum 
feht den König er gefangen, drängt er flürmend an den Platz des 
Unglüds ein. Herder, Eid 24. Indem, hoch fchlagend von Entzüden, 
br Herz empor fid drängt, an jeines fi) zu drüden. Wieland, 
Dberon 6, 11. Allem Gedräng’ entdrängt. Koſegarten. Daß die 
Bone mir Thränen entdrängt. Koſegarten. Bis die Landichaft 
fih verförpert und der Baum ſich als eine Geftalt uns entgegen, 
drängt. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 11. Es erdrängeten 
ich viel an einander in der enge. Aventinus, Ehronif 1580. Bl. 303. 
68 drängt mic) das entfeßlihe Gewimmel aus diefen Wänden fort. 
Stiller, niteind Tod 4, 11. Nun drängt das Wirkliche, mit 





. 


314 


dichten Maflen, an mich heran. Göthe, Eugenie 3, 4. Denn raſch 
dDränget fid) Ares beran. Göthe, Phöbos und Hermes. Gewaltig 
fämpft und drängt das Würdige, Das Große, zum Xeben fih her— 
auf. Tiedge, Urania 5. Als man bei Hofe vernahn, es komme 
Reinele wirklih, drängte fich jeder heraus, ihn zu jehn. the, 
Reinefe Fuchs 4, 1. Zu den u drängt jeder fih herbei. 
Böthe, die glüdlihen Gatten. Wie drängt fich in mein fiebliches 
Gemälde das Schiefal einer Fremdlingin herein? Platen, der glä- 
ferne Pantoffel 3. Der geringfte Anlaß drängt mir eine Thräne 
hervor. Goͤthe, Meifters Lehrjahre 7, 5. Es iſt ein Gott! O 
Freund, der heilige Gedanke durchftrahlt Die Nacht und drängt durch 
Zweifel fi hervor Tiedge, Urania 3. Da drängt fidh alles 
Bolt herzu. Uhland, der Königsiohn 6. Was drängt zu der 
Grube dich Hin? Göthe, der Gott und die Bajadere. Sie will den 
einen Theil zum höcften Glück berechtigt wiffen, wenn der andre fie 
binabzudrängen ftrebt. Göthe, Eugenie 4, 1. Du drängft un 
al m die Thäler, in die engen Hütten hinein. Uhland, des Hirten 
Winterlied. Mächtig Dranget uns durch Luft und Schmerz die Natur 
ven That zu That hinüber. Tiedge, Urania 1. Er hatte noch im- 
mer gezaudert, nun aber Drängte es ihn hinweg. Göthe, Wahl⸗ 
verwandtichaften 3, 7. Hier drängte fih nun jedermann hinzu. 
Göthe, Leben 12. B. Selbſt dem großen Talent drängt ſich ein 
größeres nach. Göthe, Euphroſyne. Nahdrängt das Volk mit 
wilden Rufen. Schiller, Kampf mit dem Drachen. Ihre (der Hügel) 
fanften Seiten und Rüden find mit Weinftöden überdrängt. Göthe, 
St. Rochusfeſt. Wildbewegte Wünſche flürzen aus den überdräng- 
ten Herzen. Göthe, en Würdig find fle zu umdrängen 
Krämerinnen und die Waare. Göthe, Fauft 2, 24. Drauf- haft du 
mich entriffen der Wuth umdrängender Gegner. Pyrker, Rudolph 5. 
Sanftere Jahrunderte verdrängen Philipps Zeiten. Schiller, Don 
Karlos 3, 4 Der... fih raih vordrängt. Platen, Benedig 1. 
Er drängte die ſchüchternen Kinder eilender vor. Pyrker, Tunifias 8. 
Alfo drängt’ er voran. Sommenberg. Die Pferde am Wagen fingen 
an, auf das fi) vorbeidrängende Vieh auszufchlagen. Lichtenberg, 
Allerhand. (Sie) ftedte den Scylüffel hinein und ſchob wegdrän- 
gend die Riegel. Voß, Odyſſee 21, 47. Wo fid) taujend unange- 
nehme Gedanken auf ihn zudrängten. Göthe, Meifter® Lehrjahre, 
2, 14. Wie die Stadt auf einer, mit ausjpringendem Winkel nach 
dem Fluß zudrängenden Fläche ... erbaut iſt. Göthe, — 
in Frankreich, Trier 29. Oct. Weichend werden ſie nach der 
langſam zurückgedrängt. Göthe, Iphigenie 5, 8. So waren 
wir noch mehr als zur Zeit der Franzoſen zujammengedrängt. 
Göthe, Leben 15. 2. 

Anm. 1. Zerdrängen tft felten. Wie die Sengfte ihr eigen Voll zer 


815 


, 


treten und zerdrengen. Weichmann, Poeſte der Riederſachſen 1, 24. Gtieler 
bat auödrängen und zgerdrängen: Er a. fi) gerdränget, ehe er hinein 
fan, daß nichts darüber ift (adeo comprimebatur). 

Aum. 2. Die Participien geitatten noch andere Zufanmenfepungen, 3. 8. 
Zum Zorne gereizt von herzdurchdringender Feindſchafi. Voß, Ilias 20, 
253. Shmerzdurdhdrungen. Byrker, Rudolph 10. Wonnedurchdrun— 

en von deinem almächtigen Ruf. Baggeſen. Wenn die leberwundene die Hälfte 
eined Dafeins nothgedrungen verliert. Göthe, Keben 11. B. (Man ift ge» 
nothdränget. Hoffmannswaldau, der fterbende Socrates. Dies ift eine feltene 
Form.) Mich aber hört: gleich jene [hwerangedrängte Schaar. Göthe, Pans 
dora. (Weil wir) jein, des an nicht achten. Pyrker, Rudolph 8. 
Einem vielbedrängten König bift als Bote du gelanfen. Uhland, Romanze 
vom Meinen Däumling. | 
Dringend (Partic. Praͤſ. v. dringen) 1) antreibend, daß etwas bald 
geftbehe mit der Hindentung, daß die Sache eilt, feinen Aufichub er⸗ 
eiden darf; 2) ſtark auf Jemanden einwirfend, um ihn nach feinem 
Billen zu nöthigen, dieſes Einwirken mag nun in Beweggründen bes 
ftehen oder nicht. — Nur um zwei Augenblide bittet er, er hab’ ein 
dringendes. Gefhäft. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. Nein, das 
it Dringender. Leiling, Minna von Barnhelm 4, 8. 
Ungelegentlich (f. liegen) antreibend, daß etwas bald gefchehe, geht 
anf die Perfon, weicher die Sache an dad Herz gelegt wird, oder anf biejes 
rige, welcher die Sache an dem Herzen gelegen ift, während Dringend auf 
die antreibende Sache felbft gebt. Inſtändig (f. Steben) eigentlich in 
etwas ftehen bleibend, daher mit fortgefeßter Bemähung ıngeachtet des Wider⸗ 
ſtandes anhaltend Jemanden nach feinem Willen zu beftimmen ſuchend, aber 
nur, infofern man Beweggründe anwendet, folglich nur vom vernünftigen Bes 


fen. — Weßhalb ich fie angetegentlich und, ich wage zn fagen, im Nas - 


men vieler Lefer erfuche, die Zugabe ja nicht außer Acht zu laſſen. Göthe, 

Bindelmann 8. In der Mufit ließ ich dich unterweiien, auf dein inftäns 

dig Fleben. Uhland, das Ständchen, 

Durchdringend mit feinen Synonomen }. ©. 113. 

Gedrungen (Bartic. Prät. v. dringen), in uneigentlicher Bedeu- 
tung für gedrängt. — (Weil) wir es dem fleinen, gedrungnen, 
mit fchwarzen Feueraugen hin umd wieder blidenden Manne gar wohl 
zutrauten. Göthe, Leben 5.8. Er hat ihm eine feſte, gedrungene 
Geftalt gegeben. Göthe, 2. Aufenthalt in Rom, December. An Dunfels 
beit grenzende Gedrungenheit des Vortrags. Bragur. 

Gedrängt und bedrängt (ahd. gidrangot, bidrangot) ift, worauf 
Drang ausgeübt wird: gedrängt bezeichnet den Begriff allgemein, 
wird aljo auch dann gelagt, wenn Die Beflimmung auf einen engen 
Raum zum dichten Zufammenfein der engen Maffe im Innern aus- 
gedrücdt werden foll, in welcher Bedeutung bedrängt nicht gebraucht 
wird; bedrängt bezeichnet nur die gewaltfame Beftimmung des Ge⸗ 
genftandes von außen, daher auch —= von Uebeln fo bejchwert, Daß 
man fein Mittel zu feiner Rettung vor ihnen weiß (ſ. Bedrängniß). 


— 








816 


Denn Bank an Bank gedränget figen, es brechen fait der Bühne 
Stüßen, herbeigeftrömt von fern und nah, der Griechen Völker wartend 
da. Schiller, Kraniche des Ibhykus. Warum find wir bedrängt? warum 
erhebt der Feind fid) wieder? Schiller, Jungfrau von Orleans 5, 7. 
Vertrau auf Gott und rette den Bedrän gien Schiller, Tel 1, 1. 

Anm. Die Volksſprache bat noch das frühere bedrangt, bedrangen 


erhalten: Straf derjenigen, die Jemand zu Gefchäften (Teftamenten) betrangen. 


en} 


Birzburg. Landgerichtsordnung von 1618. j 

Dringer, eine Perſon, die dringt, ift minder gebräuchlich als 
Dränger; Dringung, Drangung. — Köſtlich unſchätzbare Ge- 
wichte 6 (die alten Ordnungen), die der bedraͤngte Menſch an ſeiner 
Dränger rafhen Willen band. Schiller, Piccolomint 1, 4 Gott 
wog den Dränger und das Land. Stolberg, die Trümmer. 

Dringlich, ziemlich finnverwandt mit dringend, ift mehr der 
niedern Sprache angehörend ; Dringlichfeit. — Ihr Vater Indet euch 
nun felber bald aufs Dringlichfte. Leffing, Nathan der Weiſe 1, 6. 
Die Dringlichkeit der Umftände. Ungenannter bei Campe. Not- 
tringlich jagt Fiichart, Gargantua S. 122. 

ndringlich oder zudringlich it, wer mit Begehren Jemanden 

beichwerlih faͤlt. Zudringlich, mehr — als andring— 
lich, eigentlich ſich — hart heran bewegend, führt den Neben- 
begriff des Unbejcheidenen und are des Gewaltjamen im Begehren 
vorzugsweiſe, und verbindet aljo immer eine nachtheilige Bedeutung ; 
andringlid) hat diefe entweder nicht, oder nur in geringem Maße. 
Anz, Zudringlichkeit; An-, Zudringling. — Er flug für 
Morgen eine Spazierfahrt auf dem Meere, zu den Zelfen von Jaci, 
andringlich vor. Göthe, ital. Reife Catania 5. Mai. Indem 
er Vorſpann und Relais auf is früh andringlich zuiagte. 
Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 3. Wo von beiterer, zierlicher 
Andringlichkeit irgend eine glüdliche ul zu hoffen wäre. 
Daf. 2, 7. Ih fang zuletzt ein Bivat allen jelbftftändigen Män— 
nern, ein Pereat den Andringlingen. Göthe, Leben 12. B. — 
Deßwegen wir auch heute au dem heiterſten Tage das Meer dunfel- 
blau, ernfthaft und zudringlich fanden, anftatt daß es bei Neapel, 
von der Mittagsitunde an, immer heiterer, luftiger und ferner glänzt. 
Göthe, ital. Reife. Den Zudringlichen, der zwiſchen Sohn und 


Vater, unberufen, fich — nicht erröthet. Schiller, Don Karlos, 


2, 1. Wenn fein lebhaftes Begehren zudringlich ward. Göthe, 
Wahlverwandtſchaften 1, 2. Wer ließ fich nicht Durch ihre reizenden 
Zudringlidhfeiten in Bewegung jegen? Daſ. 2, 4. Wadere und 
nit Recht berühmte Männer werden gegen Zudringlichkeit aller 
Art geihübt. Göthe, Leben 12. 2. 

Anm. Mit andringlich finnverwandt, jedoch ohne den Nebenbegriff des 
Unbefcheidenen , it andringend. — (Er war feineswegs on und ans 
dringend. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 16. Was ich bier von den Kräften 


817 


der Serie fage, gilt von den Reiguugen des Herzens noch audringender. Her⸗ 
der, Antrittsrede in Bückeburg. 

Auf—, durch —, ein—, vordringlich ; durchdringbar; bebräng- 
ih; —keit; — ling bedürfen feiner weiteren Erklärung. — Bei einer 
freien und nicht au fdringlichen Perfönlichkeit. Göthe, Meifters Wan- 
derjahre 3, 10. (Das war) nicht Tebhafter und aufd en vorzu⸗ 
biden. Göthe, Campagne in Frankreich 23. Aug. Durchdringlich dem 
Erz und mächtigen Steinen des Feldes. * Ilias 13, 323. Das 
echte Gemüth iſt wie das Licht, eben ſo ruhig und empfindlich, eben 
ſo elaſtiſh und durchdringlich. Novalis, Heinrich von Ofterdingen 
1,7. Deren (der Berge und Wälder) Seiten und Tiefen aber 
meinem Blick —— waren. Goͤthe, Reben 10. B. 
Rein Strom war uns zu ſchnell, kein Wald zu undurchdringlich. 
Stiller, WBallenfteins Tod 3, 15. Er ſey nun ale Eindringling 
mzuſehen und zu behandeln. Göthe, Keben 11. B. Die vordring- 
liche Natur. Ef 17. 3. Alles, was uns begränzt, fchien für das— 
ſelbe Durhdringbar. Daſ. 2. B. Und was Bedränglidhes 
guten Städten grimmig droht. Göthe, Fauft 3, 203. — Raturbe- 
trenglich jagt Fiſchart, Gargantuı S. 125. 

Drang (mhd. dranc), zunächft fo viel, als die auf etwas hin 
mit ſtarker Schwere aufliegende wirkende Kraft, ohne gerade auf be= 
fimmende Wirkung zur Fortbewegung zu fehen, wie Trieb; davon 
1} (eigentlich und nneigentlich) der Sud da man gedrängt wird; 
2) (in den Hüttenwerfen) kleine Blafen, welche ſich bei dem Treiben 
af dem Treibherd am Rande herum fehen lafien. — Deſſen find die 
Hauptleute nicht begnügig geweten, fondern fich für (vor) mein Schloß 
Flügelsberg gelagert, dasjelbe mit Drang (Gemalt) erobert. Baier. 
Landtagsverhandl. von Krenner 11, 104. Die Raben, die zu Gefang 
um wenig Gaben ımd vielen Drang wie Bavıs haben. Tiedge. 
Er bat mich mit einem Drange, welchem ich nichts abichlagen Fonnte. 
Sonnenberg. Im fehönen Kreis der Blätter Drang. Göthe. Groß 
wur der Drang (in der Schlacht). Schiller, Wallenfteins Tod 2, 3. 
So zweifle nicht, daß fle dort drüben au ... des Dranges mid’ 
find und des harten Jochs. Schiller, Tel 1, 2. — Die Amptleute 
des Fürften thaten dem von Wilderrod jo großen überdrang, das jr 
(ihrer) vil Davon entrinnen mußten. Avent. Ehrenit. Der JZudrang der 
— in die Stadt ward nun immer ſtärker. Göthe, Leben 5 B. 

Erde Mark mit Abnungsdrang durchwühlen. Gdthe, Fauſt 
1, 173. Bei Feftesdrang. Göthe, Fauſt 2, 280, Gemeindrang 
eilt die Lücke zu verichließen. Daſ. 2, 321. Jedem Herzensdrang. 
Daſ. 2, 243. Den fie im Liebesdrange umklammert hält. Al— 
zinger, Doolin 10, 64. Des edleren Muthes Flammendrang in 
der Bruſt. Pyrker, Zunifias 12. Dem mächtigen Schlahtdrang. 
Porter, Rudolph 11. Wo dich Sorgendrang ... erwartet. Göthe, 





318 


Engenie 2, 5. Wo es laut herſchwaͤrmt von Feuerlieb' und von 
Thatdrang. Somenberg. Wie im Waffendrange ihr getreuer 
Streiter fiel. Uhland, Maiklage. Trop Wirbel, Sum md Bogen- 
drang. Bürger, Lied vom braven Mann. 


Trieb (fiehe treiben) die auf eine Kortbewegung bin beftimmend 
wirkende Kraft, dann fo viel als unwillkürliche, fortftrebende Zwedänßes 
rung einer Raturkraft. — Der Roth gehorchend, nicht dem eignen Trieb, 

Schiller, Braut von Meffina. Wie anders, da des Muthes freier Trieb zur 
fühnen That mich zog, die rauh gebietend die Noth jebt, die Erhaltung von 
mir Beifht. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 4. 


Drangfal, die und das, (ähnlich gebildet wie mbd. daz dwanc- 
sal = Zwangfal, bei Stieler Drangfal, drangfälig) hart bes 
ſchwerende Gewaltthätigfeit (davon früher bedrangfalen, in der 
Umgangsfprahe drangjalieren); dann (und fo jebt gewöhn- 
(id) Fülle ſtarker befchwerender Einwirfung, in Fülle befchweren- 
des, ſtark einwirkendes Lebel. — Bedraͤngniß (die und das) = 
hart beichränktes Verhalten unter ftarfer, der Hilfe benehmender be⸗ 
fehwerender — in Benehmung der Hilfe ſtark einwirkendes 
Uebel. — Drangſal hab' ich zu Haus verlaſſen, Drangſal find' 
ih hier. Denn ganz unleidlich iſt's, was wir erdulden, und dieſes 
Dranges ift fein Biel zu ſeh'n. Schiller, Tel 1, 4. Herr! id 
könnte die Drangfal, die mir der Bube bereitet, nicht mit eilenden 
Morten in vielen Wochen erzählen. Göthe, Reineke Fuchs 1, 35. 
Jedes Drangfal dieſes Lebens, fo dein weiches Herz gedrüdt. 
Bürger, an Agathe. Juden zu bedrangialen, fie mit Steinen zu 
werfen oder mit andern. Drangfalen zu verfolgen, ift verboten. 
MWirzburg, Verordnung v. 1666. 1692. — Diele wollten mir übel, 
ih kam in große Bedrängnif. Göthe, Reineke Fuchs 7, 257. 
Dem hevorftehenden DBedrängniß feitwärts zu entfernteren Freunden 
auszuweichen. Göthe, Campagne in Frankreich 30. Aug. — Seien 
es äustiche oder Haudelsbedrängnijfe. Göthe, Meifters Wan- 
derjahre 3, 13. 

Das Ungemach (ahd. unk(g)i(a)mah, unk(g)emahha, mhd. ungile)- 
mach von ahd. k(g)i(a)mah, mhd. gemach, agf. gemaca — Ruhe, Bequem; 
lichkeit, Ort wo man ſich pflegt nud ruht (Gemach], ahd. unk(g)iCa)mah, mbr. 
ungemach == unzufammenpafiend, ungleich, beichwerlich; vgl. agf. maca = 
gleih, Geführte, altn. maki — gleih, Gatte, altn. mak — Ruhe, alte 
makr = leicht, bequem, rubig) eigentlich was die Ruhe benimmt und flört; 

"das die Ruhe benehmende und beſchwerende widerfahrne Nebel, ed mag nun 
fein oder groß fein. IAnglüd (mhd. ungelücke, fo noch oft im 18. Jahrh., 

f. bei gelingen), das allgemeine Gegentheil von Glück, tft Berbiutung anfer 

unfrer Gewalt liegender Umſtände ader Verhältniſſe zu übelm Erfolge, oder 

vielmehr daß Uebles zukommt, Uebles widerfährt; dann nnangenehm Cuwfind⸗ 


819 


— — — — 


bares, Uebles, was durch Verbindung außer unſrer Gewalt liegender Umſtände 
zukomumt. Biderwärtigkeit (ahd. widerwartigt, mhd. widerwertekeit 
von widerwärtig, abd, wida(e)rwa(e)rtic, mbhd, widerwertic, widirwer- 
dic, ahd. widafe)rwart, zu werden gehörig) was unferm Wohl und Willen 
entgegen iſt und fo überhaupt was Unangenchmes begegnet. Roth (f. ©. 
778) Beſtimmung, die jedes andere Verhalten, ald das durch fie gegebene, 
ausſchließt; gewaltſame Beengung, vornehmlich hart befchwerende; gewaltfam 
beengendes Verhältniß. Elend (für Ellend, ahd. elilenti, ellent(d)e, mh». 
ellende, alt. elilendi = Ausland, dann Verbannung, Gefangenfchaft im 
Ausland, von goth. alis, ahd. ali, eli => ander, fremd, lat. alius, gr. @AAo0g) 
verlafjener, deö Unentbehrlichſten beraubter Zuftand; dann am üblichften höchit 
beflagenswerther übler Zuftand. Die (dad) Trübſal (ahd. daz traop(b)i- 
sal, tröbisal, von trühbe, ahd. truobi, tröbi, mhd. trüebe, agf. dröf, altf. 
drobi; Wacke rnagel vgl. lat. turba = Menge, turpis = ſchandlich, ar. Sopv- 
Bos = Lärm, zupßn = Perwirrung) das @emüth beſchwerende niederdrüfs 
kende Stimmung aus Bewegtiein, Eingenommenjein von unangenehmer Ems 
pfindung; dann auch ein diefe Stimmung erztugendes Uebel. Das Leiden 
(f. leiden) unangenehme, angreifende traurig fllmmende Empfindung. Jam⸗ 
mer (add. dör und dag jämar, bei Notker Amer, mbd. jämer, altf. jamar, 
giamar, agf. göomeor, altn. ymr, ſchwed. jaemmer; vgl. altn. ambr = 
Knirſchen und Klagen, omja — heulen, jamla = Magen, lat, amarus = 
bitter; auch Tat. gemero — fenfzen? nah Badernagel zu gr. Snula, 
(fretif$ dasla) Berluft, wie gr. Guyes, zu lat, jugem = Joch) Zuftand 
des hochſten Schmerzes und Elendes; die flärkfie Stage, d. 1. hoher Grad des 
lauten Ausdruds von Schmerzgefühl. Kreuz (ahd. daz chrüzi, chrüci, 
Ak)räz(c)i, mhd. kriuze, altu. kross, engl. cross, ſchwed. kryas, dän. kors, 
aus dem weibl, lat. crux, franz croix, ital. croce, ſpan. crez) Balken mit 
Suerbolz, woran Berbrecher zur Zodesitrafe angeheftet wurden; daher abftract 
(in Anwendung des Leidens Ehrijti, wenn er fein Kreuz zur eignen Marter 
trägt) dem Chriſten als ſolchem widerfahrendes Leiden oder zufommendes 
Uebel, gern als ein durch göttliche Fügung zur Prüfung auferlegtes betrachtet 
(nad den Worten Ehrifti bei Matth. 16, 24); daun überhaupt empfindlich 
aufliegendes beſchwerendes Webel (oder beſchwerende Uebel). — Als der König 
den Bären in feinem Elend erblicdte, rief ee: Gnädiger Gott! erkenn’ ich 
Braunen? Wie kommt er jo geihändet? Und Braun verfepte: Leider erbärns 
ih if das Ungemach, das ihr erblickt. Göthe, Reinele Fuchs 2, 251. 
Don falfchen Freunden flammt mein ganzes Unglüd. Schiller, Ballenfteins 
Ted 5,5. Daß felbk die Widerwärtigfeiten uns höheren Genuß, uns 
teinre Luft bereiten. Alzinger, Doolin 10, 8. Die ungeſtüme Prefferin, die 
Roth. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 7. Bad (Adam) auß feinem Luſtgar⸗ 
ten verſtoſſen ward, und mufte das ellend bawen. Matthefius (} 1565), Sa; 
topta DI; 10. Den Menfchen, deſſen Natur durch das Laſter zerflört wird, 
muß das Lafter nothwendig elend machen; ob es gleich nicht die einzige Art 
des Elendes für ihn fein darf, wofern es mehrere Arten feiner Zerftörung 








320 


giebt. Garve. hr beiden, die ihr mir fo oft, in Roth und Trübfal, beis 
geftanden. Göthe, Fauſt Vorfpiel. Einigermaßen erholte fih unfer Geiſt von 
alle vem Trübſal und Jammer. Göthe, Campagne in Frankreich 25. Juli. 
Du Knabe! kennſt noch nicht mein Leiden, kennſt diefer Thränen Duelle 
wicht. Ungenannter bei Campe. Schien bel in meine Kammer die Sonne 
früh herauf, faß ich in allem Jammer in meinen Bett ſchon auf. - Böthe, 
Fauft 1, 190. Durd die Straßen der Städte, vom Sammer gefolget, fchreis 
tet das Unglück. Ediller, Braut von Meffina. Ueber dem itummen erwacht 
lauter mnermeßliher Jammer. Daf. Daß der Keidende (Jejus) unter der 
Laſt des Kreuzes erliegt. Götbhe, Leben 15. B. Wo nichts ald Kreuz, 
als Sorg' und Kummer lebt. Shakefpeare, König Richard MI. 2, 3, 


Drangvoll d. i. fehr gedrängt (eigentlih und uneigentlich). — 
Nicht vorwärts fonnten file, auch nicht zurüd, gefeilt in dDrangvoll 
 fürchterliche Enge. Schiller, Wallenfteing Tod 4, 10. Drangvoller 
MWünfche holder Inbegriff, Erfüllung hoffend, heiter zu geitehn. Göthe, 
Eugenie 1, 1. Rübrend und drangvoll fhreiben. Zimmermann. 


Gedrang, gedränge, früher auch bloß drang (mhd. drenge, 
dreuge), nahe an einander oder an andere Körper gedrüdt. — Da 
iperren auf gedrangem Steg zwei Mörder plöglid) jenen Weg. Schil- 
ler, Kraniche des Ibykus. Und Zatme fo gedrang an Scherasmin fich 
ſchmiegte. Wieland, Dberon 6, 18. Dann lehret ihn die Roth ſchmal 
und gedränge liegen. Günther. Weil dieß. der Herrlichkeit ge- 
dränge Schranken find. Weichmaun, Poefle der Niederſachſen 2, 190. 
Gedränge (bei Stieler der Gedrang — Drang; da8 Ge- 
dränge, ahd. drangöd, gadrengi, alt. gethring, mhd. der ge- 
dranc und daz gedrenge = Gedränge, der. Drud; mhd. gedrenge, 
altn. thröng aud) — beengter, verwachſener Weg) 1) ein anhaltendes, 
wieberholted Drängen; 2) ein Haufe zufammengedrängter oder draͤn⸗ 
gender Menſchen oder Thiere. — Und rings erfüllte den hohen Balkon 
das Volk in freud’gem Gedränge Schiller, Graf von Habsburg. 
Der Herzog kann ſich des Gedränges faum erledigen. Schiller, 
Jungfran von Orleans 3, 2. — Im Angftgedränge bürgerlichen 
Kriegs. Schiller, Maria Stuart 2, 3. Der Welten erjchuf, dort des 
Zages finfendes Gold und den Staub hier voll Gewürmgedräng, 
wer ift Der? Klopſtock, die Geftirne. Im dichten, bunten Hofge- 
dDränge. Göthe, Zauft 2, 71. Und in dem Jubelgedräng fort 
wogten die trefflihen Scharen. Pyrfer, Tunifias 4. (Er) glaubt 
- jeinen erften Herrn im Shlahtgedräng zu fehen. Wieland, Oberon 
6, 3. (Da) ebbt' es fi weg zu ee lE Sonnenberg. 
Am Stadtgedräng. Göthe, En enie 3, 2. Im Volksgedräng 
verborgen wohnten wir ihr (der Zodtenfeier) bei. Schiller, "Braut von 
Meifina. Da ſucht' er m dem Weltgedräng fidh felbft nur zu be⸗ 
wahren. Schiller. 


321 


Drüden ) (abd. drucchan, drukjan, mhd. druken, drücken, 
agf. thrẽogan, dhrycan, dhriccan, altn. thrüga, thryckia, oberd. 
druden, niederd. Drüden, beide ohne Lnterjchied der Bedeutung) 
allgemein durch die Kraft oder Schwere eines darauf liegenden Kör⸗ 
pers in einen engern Raum zufammendrängen; auf ein Ding jo wir- 
fm, als ob jenes geihähe; im Bejondern 1) Beichwerden, Sorgen, 
Kummer verurjahen; 2) Schaden, Schmerzen verurjahen: da drüdt 
mih der Schub; 3) befeftigen: Das Siegel auf eine Urkunde; 4) zau⸗ 
dern; 5) ſich zurüdziehen: er drückte fich demuthsvoll in die Ede; 
6) fih heimficy entfernen. — Er hatte jeinen Mund auf meine Hand 
gedrüdt. Geller. Ein Ding, das demuthsvoll jid in die de 
dradt. Schiller. Er drüdte ſchnell fih aus dem Haus. Göthe, 
der Müllerin Verrat. So fprechen die Kinder und dDrüden fi 
idmell. Göthe, der getreue Edart. Wir mußten ung dDrüden von Ort 
ju Drt, der alte Reſpect war eben fort. Schiller, Wallenfteins Lager. 

Preſſen (ahd. pressön, mhd. pressen, zunähft von lat. pressare, dies 
von premo, pressi, pressum) in hohem Grade drüden. — Sich duden 
(mhd. sich tücken, tücken, zu tauchen gebörig, f. S. 7) fi) durch Inein⸗ 
anderbiegen des Körpers Peiner machen, damit man nicht bemerkt werde. — 
Raſtloſe Seufjer preßt feiner Söhne Zwift aus feinem Berzen. Schlegel. 
Die ungeitiime Preſſerin, die Roth. Schiller, Ballenfteins Tod 1, 7. 
Das Wild Duft fih ins Aehrenfeld und hofft da fihern Aufenthalt. Bärger,. 
der wilde Zäger. Duck dich Säl (Eeele), ed kommt eyn Blagregen. Fiſchart, 
Gargantua E. 164. | 
Yum. Kür dräden — zandern hat die Volksſprache druckſen, mitdem 

Rrbenbegriff des Sträubens. — Wenn er klagt und drudii und immer wieder 
daelpe wiederholt. Göthe. 

Drucken, urjprünglid eins mit drücken, wird (oder follte doch) 
bloß vom Webertragen der Schriftzeihen und Bilder mitteld Formen 
md Farben auf etwas Anderes, überhaupt nur von dem Daritellen 
durch fihtbare Zeichen gebraucht. — Ich hatte noch von Behriſch her 
eine unüberwindliche Abneigung, etwas von mir gedrudt zu jehen. 
Göthe, Leben 11. B. 

Ausdrücken 1) durch Drüden herausbringen, ausprefjen, (figürlich) 
wos im Innern it, im Neußern zu erkennen geben; 2) durch Drüden 
auslöichen: Das Licht; 3) durch Drüden ausdehnen: die Hornplatten. 
— Schnell drüdte ihre Wuth das Lebenslicht ihm aus. Weiße. O 


!) Gehört diefes Wort zu dringen? Weigand betrachtet es (fun. Wör⸗ 
terd. N. 810) als eine Nebenform von gedrungen; in dem Nachtrag zu N. 494 
ſcheint es ihm fammverwandt mit ahd. druen = leiden und drouuan (drouwen) 
= droben, was auf Zwang deute. Wadernagel itellt es mit gr. zpvs = 
junger, ungegobrner Wein mit den Hefen, Moft, und mit gr. rooyo — ich nage, 
tanrpere, naſche zuſawmen. Schwend rechnet ed zu dringen. Dafür ſcheiut 
ud druden — treiben, ausfchlagen, hervordringen von den Bäumen und Knoſ—⸗ 
vn, was das Prompt. von 1618 hat, zu fprechen. 





21 


322 


weiche Wolluſt, welch Entzüden! vergebens wünſch' ich's auszu- 
drüden, mit welcher Brünftigfeit die Krau den Mann umfing ! 
Gellert. Sanfte Melancholie auszudrüden, fann nur ihren Blicke, 
kann nur ihrem Zone gelingen. Leſſing, Hamburg. Dramaturgie 20. 
Anzeigen (von zeigen, ahd. zeigön, mhd. zeigen, |. zeichen) Jemans 
den etwas zu wiflen thun, zu erkennen geben, infofern ihm diefes Etwas zu 
Geſicht gebracht wird. Bezeichnen (vom zeichnen ftatt zeihenen, ſ. S. 
2083) zu erfenuen geben durch unterfcheidende Merkmale. Bedeuten (mhd. 
bediuteu, von deuten, |. S. 308) und andenten = etwas fenntlidh mas 
hen, jo dap man ed weiß und verfteht, was es fein fol. -- Weil ich die 
Umhat, fobald ich fie entdeckt hatte, den Gerichten nicht anzeigte. Götbe, 
Meiſters Wanderjahre 3, 3. Welch ein Unglück, daß oft kein fichtbarer Un— 
terichied die fchwärzeite Bosbeit und die edelfte Tugend bezeichnet. Duſch. 
Die Wablfreiheit der böhm'ſchen Kron' das wird bedeutet durch den run— 
den Hut und durd das wilde Rop. Schiller, Piccolomini 4, 5. Unzäblig 
(find) die Mittel, weiche die erfinderifche Natur innerhalb ihrer eignen Kräfte 
zu entdeden, ſodann aber auch, wenn diefe nicht auslangen, außerhalb ihres 
- Bereiche freundlih anzudenten weiß. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 5. 
Ab—, an—, auf—, be—, bei—, durch —, ein—, empor—, 
ent—, entgegen —, er —, fort —, her —, herab —, heran —, herauf —, 
heraus —, berbei—, herein —, berüber—, herum —, berunter—, 
bervor—, berzu—, hin —, hinab —, hinan —, hinauf—, hinaus —, 
hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —, 
nach —, nieder —, über—, um—, unter —, ver —, vor—, voran —, 
poraus —, vorbei—, vorüber —, weg —, zu—, zurüd—, zuſam⸗ 
men—, zuvordrücken und (mehrfach) drucken bedürfen feiner weiteren 
Erklärung. — Noch einen neuen Schmud den Männern abzudrüden. 
Gellert. Der feinen ewigen Geſetzen des Todes Siegel aufgedrüdt. 
Ramler. (Die) die. Empfindung des Ganzen nit ausdrüdt. Göthe, 
Meifters Lehrj. 2, >. Wie die fih Durch die felbittihen Menichen 
durchdrücken. Daſ.7, 8. Du drüdft den Tod ihren Schädeln ein. 
Kleift. So drückt das ganze Theater mitfammt dem ganzen Zeitalter 
auf mih ein. Schiller, Briefm. mit Göthe 6, 191. Sein Sturz 
erdrüde feinen Freund und fein Jahrhundert. Schiller, Don Karlos 
9, 9. Mein überjchwellend und empörtes Herz hab’ ih hinabge— 
drückt in meinen Bujen. Schiller, Tel 3, 3. Hier einen nieder- 
gedrüdten Riejentempel. 3. Baul. Verdrücke den Seufzer nicht, 
der deinen Buſen hinaufdringt. Geßner. Noch bin id) Manns genu 
deu Gegner w egzudrüden. Uhland, Ludwig d. B. 2. Sollt’ er * 
jein Herz zerdrücken. Shakeſpeare, Coriolan 3, 2. O Doris, 
drücke du mir dort dereinſt die Augen weinend zu! Kleiſt. Die Alte 
drückte dem Jünglinge ſtumm und erfreut die Hände zum Fortbeten 
zuſammen. J. Paul, Titan 21. — In meinem nächſten Briefe 
boffe ich fie (die Ballade) Ihnen nebft dem ganzen Reft des Alma- 








323 





nachs abgedrudt j" jenden. Schiller, Briefm. mit Göthe 9, 254. 
Beldhe (Tapeten) mit Formen abgedrudt werden. Göthe, Leben 
4.8. In der wörtlih beigedrudten Berfion. Daj. Da das Aver- 
tiffement noch extra vorgedrudt wird. Schiller, Briefw. mit Göthe 1,78. 
Anm. Händedrüden ift nicht in allen Perfonen gebräuchlich. — Des 
Herzens und des Händedrüdend fein End. Wieland. Thun am Kirmep To 
bequem, knixen, Augeln, bändedrüden, um fein Herzchen zu berüden. Voß. 

Drud (ahd. druch, druk, mhd. druc) die Handlung, aud das 
Ergebniß des Drüdens und Drudens ; Drüdun 8 (mbd. druckunge); 
Drudniß (ahd. thrucnessi); Drüder, Druder(mbd. drücker); 
Druderei; Gedrüde — Kalt wird der Kuß von deinem Munde, 
matt der Drud von deiner Hand. Göthe, der Abſchied. Drud und 
Papier nehmen fi) gut aus. Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 35. (Er 
hatte) den Unterdrüdungsgeift Derer feinen gelernt, die das 
Bort Freiheit immer im Munde führten. Göthe, Unterhaltungen deut: 
fher Ausgewanderten. Iſt diefes in Druders Händen. Göthe, Briefw. 
mit Schiller 6, 219. Ich begreife nicht, warum uns der Abdruder 
ſechs Tage gar nichts mehr geſchickt hat. Daſ. 2, 199. Der Almanach 
iſt nun in die Druckerei gegeben. Daſ. 4, 242. 

Ausdruck überhaupt jedes äußere Zeichen, wodurch man das, 
was in der Seele iſt oder vorgeht (fein Inneres), zu erkennen gibt; 
die der Empfindung entiprechende Aeußerung, mit Beziehung auf den 
Ton des Wortes oder den Klang der Stimme. — In meinem SKopfe 
Ieben noh Ausdrüde längſt abgejchiedener Urſachen. Kichtenberg, 
ra ar wa fi) jelbft. Außer den Nitterausdrüden. Göthe, 
Leben 12. 2. 


Wort If. dv.) ift eine Einheit von Lauten, welcher eine geiltige Ans 
ſchauung zum Grunde liegt. — Eie declamirte nicht übel, und wollte immer 
declamiren ; allein man merkte bald, daß es nur eine Wort declamation war, 
die anf einzelnen Stellen Iaitete, umd die Empfindung des Ganzen nicht aus» 
drüdte. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 5. 

Eindruck ift eine tiefe, ftarfe, hervorftechende fittliche Einwirkung, 
an wenn fie mit Einmal geichieht und vorübergehend if. — (Die) 
alle Zugänge meiner Seele den Eindrüden der Zärtlichkeit wieder 
öffnet. Leſſtng, Minna von Barnhelm 5, 5. — Die Anfangsein- 
drücke der wejentlihen Gegenftände unſerer Erkenntniß. Peſtalozzi. 
Ich genoß einen langentbehrten freundlichen Jugendeindruck. Göthe, 
italienijche Reife. Venedig. 

Einftiuß (f. fliehen) wird befonders von einer anhaltenden, aber in 
der That beſtimmenden Einwirkung gefagt, fie mag nun allmälich dazu gekom⸗ 
men fein oder nicht, bedeutend oder in geringerem Maße beſtehen. Ein wir⸗ 
tung (von wirfen, goth. vaurkjan, ahd. wirkjan, wurkjan, wurchan, 
mh. würken, wirken, agf. wyrcan, engl. work, ſchwed. yrka, |. Wert S, 
170) bezeichnet allgemein fowol eine Handlung, die bei einem andern Dinge 

4* 





324 


irgend eine Veränderung bervorbringt, als auch diefe Veränderung ſelbſt, wit 
dem Rebenbegriff, daß die Handlung von irgend einem Wehen ausgehe. — 
Eine ſolche Rangerböhung aber blich auf die Zurückgelaſſenen nicht ohne Gin: 
fluß. Göthe, Tags und Jahreshefte 1803. Keine äußere Einwirkung 
noch Bedingung können diefem innern Urweſen etwas anhaben. Göthe, Leben 12.8. 
Ab— , An—, Bor— , Brobedrud u. a. find klar. — Ale 
Werke der Natur find Abdrücke der Gottheit. Geller. Wir wollen 
doch bald Anftalten zum Abdrud der Horen machen. Schiller, Briefm. 
mit Göthe F, 52. Um Stegelabdrüde für meine Wappenſamm⸗ 
lung zu holen. Göthe, Leben 4. B. Da fie (die Glieder eines Satzes) 
weder in Abficht auf die Deutlichfeit und den Nahdrud, noch in 
Rüdfiht auf den in den ganzen Perioden herrfchenden Affeet von 
einerlei Werth und Belang fein fünnen. Leffing, Hamb. Dramaturgie 
8. Die Ätzdrücke zu der Hirschen Abhandlung. Göthe, Briefw. 
mit Schiller 2, 190. Wort und Handdrud, Voß. Sie jehen einen 
Probedrud aus der Beilage. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 300, 
Drudbaum, —bret, — farbe, —firniß, — form, —freibeit, 
—hebel, —holz, — jahr, —foften, —kugel, —nagel, — Sl, —ort, 
— papier, — platte, — probe, —pumpe, — ſchwaͤrze, — ftempel, — ftüd, 
—tafel, — tiſch, —mwafler, — wert, —zange u. a.; Druderballen, 
—farbe, — kunſt, —lohn, —preſſe, —ſchwärze u.a. — Ich hoffe, 
daß ſie keine Druckfehler finden ſollen. Schiller, Briefw. mit Goͤthe, 
1, 89. Bei dem zweckmäßigen und zweckloſen Anhäufen der Drud- 
ſchriften. Göthe, Winckelmann 1. Der in der Form eines Hundes 
der Welt Druckſachen apportirte. J. Paul, Heſperus 26. Ich ver⸗ 
fertigte verſchiedene kleine Druckerſtöcke. Göthe, Leben 8. B. Der 
ſonſt ſogar die proſaiſchen Buchdruckerſtöcke über die lebenden 
Olgemälde der Dichtkunſt ſtellte. J. Paul, Heſperus 4. 


Klingen. 
(Wurzel klan—g, klin—g; klag, klac?) ) 

Klinge, Elang, geflungen, Elingen (ahd. klinka, klanc, klunku- 
mes, klunkaner, klinkan, chlinkan, k(ch)lingan ; nıhd. klinge, klanc, 
klungen, geklungen, klingen; altn. klingia und klaka) urjprünglid 
überhaupt hell lauten (3. B. mhd. auch ylätfchern vom —28 
dann im Beſondern 1) einen Klang hervorbringen, ſowol ihn bewirken 
als ihn von ſich geben; 2) in Art und Weiſe des Klanges (des aus⸗ 
gedehnten Lautes) gehört werden, im Bejondern dem Inhalte nad); 3) 
(meift ſchwache Form) dem Gehörfinn durch ausgedehnten Tou vernehm⸗ 


1) Bol. fat. clangere — fingen, gr. «Aafer —= tönen, ſchreien (dtlayfa, 
»brAayya und xdeirya, Eulayov): daB altn. klaka, wie das mhd. klac — hip 
Krach, Klad= Ehall, Ipricht für die Wurzel klag, mit eingefchobenem n, wie 
auch das gr. dulayor, und das Adj. «Aayepos ſchreiend, von den Kranichen 
geſagt; das g wurde durch Verdoppelung ng, nk, vgl. gr. Mapyz = Klang. 





‚325 


+ 


ih machen, bejonders durch das Anftoßen der Gläfer beim Trinken. — 
Da hört er ein Klingen, wie Flöten jo füß. Schiller, Zell 1, 1. 
Hört du das Hifthorn? Hört du's Elingen, mächtigen Rufes, durch 
Feld und Hain. Schiller, Maria Stuart 8, 1. Hell Elingt von 
allen Thärmen das Geläut. Sihiller, Piceolomini 1,4. Das Elingt 
gang anders, ald der Fürſt von Friedland vor acht, neun Jahren ſich 
vernehinen ließ. Dai. 2, 7. Was unten tief dem Erdenjohne das 
wechielnde Verhaͤngniß bringt, das fchlägt an die metallne Krone 
(Glocke), Die es erbaulich weiter Elingt. Schiller, Glode. (Der Vater 
hatte) mit Mütterchen auf die Gefundheit ihres Sohnes Zacharias 
geflingt. Voß, der 70. Geburtstag 30. 

Zauten (ahd. hlütjan, hliatjan, hihten, mhd. lüten, altn. hlioda; agſ. 
hiydan = rufen; vgl. gr. „Ava = hörten, vAvrog — berühmt, Tantraus 
ſchend, fat. cluere — lauten, inclutus, inehytus — berähmt) zunächſt fich dem 
Gebörfinne vernehmlich machen; im Befondern nah dem Juhalte mit dem 
Ohre füch vernehmen laſſen; dem Gehörfinne vernehmlich werden; nach einer 
Art und Weile (wohl, beil x.) dem Gebörfinne vernehmlich werden. Tönen 
(m$d. doenen; vgl. agf. dyne — der Donner, dynjan — tönen, altj. dun- 
jan — dröhnen ; gr. rovog, fat. tonus eigentlihd — Spannung, dann Rad: 
drud das dur Anſpannung Hörbare, Syiben- und Wortaccent im Laut) in 
einem Ton oder in Tönen fih bören laffen; (dichterifch) durd Töne Aupern, 
durh Töne bewirken. Schallen und hallen (f. d.) bedeuten urſprünglich 
Echall und Hal mahen, dann Schall und Hall von fih hören laſſen (fiehe 
Schall und Hall bei Klang ©. 89). Gellen (ahd. k(g)elan, mhd. 
gellen, altn. gella, engl. yell, hollãnd. ghillen; zu ahd. k(g)alm = Schall, 
ahd. gelzön, altn. gelta — hellen, ahd. gilön = heulen von Hunden, gebörig) 
bedeutet zunächft fo viel als heil fchaflen (jo noch baierifch gallen) nhd. nur 
unangenehm ſcharf durchdringend fchallen, unangenehm durchdringend wieder- 
hallen. — Mein Saitenfpiel fol lauten für und für, o Herr, vondir. Opitz. 
Troden ift Jung’ und Kehle, ja faum noch lautet die Stimme. Voß. So 
lautete, was man gefihrieben. Göthe, Reinefe Fuchs 1, 268. Hinter den 
verichränften Lauben diefer Zweige, diefer Stauden tönt ein menichenähnlichs 
Lauten. Göthe, Fauft 2,124. Süßes Tönen entlodt er der Flöte. Schiller, 
Braut von Meffina. Töne, Schwager, in's Horn. Göthe. Alle Thiere bis auf 
die ſtummen Fiſche tönen ihre Empfindung. Herder. Heroldsruf nun tönte 
jeden herbei. Voß. Blaft in euer Horn, daß es weitfchmetternd durch die 
Berge halle. Schiller, Tel 5, 1. Und wenn die Abendglode hallt, 
dann red’ ich, Herr mit dir. Uhland, Kied eines Armen. Er zieht die Glocke, 
die einen gellenden, durhdringenden Ton erfchallen läßt. Göthe, Fauft 
2,9. 

Anm. Die alte Präteritalform klungen findet fi) noch im 18. Jahrh. 
Klungen nicht die ſanften Seyten? Gottiched, 4. Ode. Worauf in Augen- 
blick fo a als Thal erflungen, weil Groß und Klein mit beflem Halſe 


lungen. Weichmaun, Poeſie der Niederjachfen 1, 81. Der Sing. klung (bei 
Schiller fortklung, in mehreren Ausgaben, f. unten) iſt tadelnswerth. 


326 


Klingen (ahd. ch(k)link(g)ilön, chlengilön) ein hohes und 
feines Getön cd. i. fchnell anf einander hoch und fein aufchlagende 
Zonwiederholung) hören laſſen oder machen. — Da fündet es der 
Sakriſtan mit hellem Glöcklein Elingelnd am. Schiller, der Sarg 
nah dem Eifenhammer. Was fingelt ihr und Elingelt im Sonetto 
Voß, Klingfonate. 

Anm. Klingern (bei Rüdert, gef. Bed. 3,364) ift eine neue Bildung: 
Er redet beim Klingern (gereimt anf Fingern). — Das flengfen und Pling- 
fen der Volksſprache ift ahd. ch(k)lingisön, mhd. klingesen. 

Ab—, an —, auf—, aus —, durch —, ein—, empor—, et--, 
entgegen —, er—, fort —, her—, berab—, herau—, berauf—, 
heraus —, herein —, herüber—, herunter—, hin —, hinan—, 
binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, 
miß — mit—, nach —, nieder —, über—, um —, umber—, ver 
vor—, vorau—, wieder —, zurück —, zuſammenklingen und (min⸗ 
der gebräuchlich) klingeln ſind klar. — Das Jahr klingt ab. Göthe, 
— — 2, 3 aus Ottiliens Tagebuche. Abgeklungner 
Liebe Trauerpfaͤnder. Göthe, Leben 16. B. Das Abklingen des— 
ſelben (des farbloſen Bildes) iſt von einer Farbenerſcheinung begleitet. 
Goͤthe, Farbenlehre 39. Der hineingeworfene Stein treibt das er 
nach allen Seiten, die Wirkung erreicht eine höchſte Stufe, fie Elingt 
ab und gelangt, im Gegenſatz, zur Tiefe. Daſ. 98. Wenn fie (des 
Kuhreihens Melodie) dir anflingt auf der fremden Erde. Schiller, 
Zell 2, 1. Angellungen! Göthe, Fauſt 2, 32. (Daß er) gleich 
falls anflingte und die Günftlinge unter den handelnden Perſonen 
hoch leben ließ. &öthe, Meifters Lehrjahre 2, 10. Ein Lied ift auf- 
la tief aus des Bergmanns Schacht. Uhland, Maͤhrchen. 

ie, wenn man die Glode aud nicht mehr ziehet, es lange dauert, 
bis fie ausgeflungen. Uhland, Schlußfjonett. Als jegt zum zwölf 
ten Mal von dem Kirchthurm dumpf die Glod’ ausflang. Pyrker, 
Rudolph 6. Die Entdedung neuer Gebrechen flang ſtündlich durch. 
Göthe, Leben 12. B. Heiliger Wehmuth füge Schauer haben innig 
uns durchklungen. Novalıs, Heinrich von Ofterdingen 2, Diefes 
Einflingen, Einfugen, Zujammenftimmen. Sojegarten. Sie jaß 
und lehnte ſich ſanft auf eine Harfe, Der ein weinender Laut entflang. 
Klopſtock, Meifins 15, 345. Etwas lanter Flang es ihr entgegen. 
Göthe, Wahlverwandtſchaften 1,11. Laß die Suiten raſch erklingen. 
Göthe, an Lina. Ein Glöcklein hört er erflingen fern. Schiller, 
Graf von Habsburg. Und als der Chor nody fortflung, flieg der 
Sarg... verfinfend in die Unterwelt hinab. Schiller, Braut von Mer 
fin. Das (Echo) von den Thürmen der Stadt, ein fehr geichwäßi« 
ges berflang. Göthe, Hermum und Dorothea 4, 41. (ber einft) 
lang uuf das — Zeichen keine Antwort mir herab. Uhland, 
Liebesklagen. Klangen heran auf goldenen Flügeln zum Thron 


327 








Donatoas. Sonnenberg. Wie die Melodie eines Liedes, das aus der 
Kindheit beraufflingt. 3. Paul, Heſperus 13. Bon den Höhen 
fangen Alphörner herein. J. Paul. Das Mettenglödlein in der 
Waldkapelle klingt hell herüber aus dem Schwyperland. Schiller, 
Zell 2, 2. Aus dem Orient klangen diefe Töne in die Abendläns- 
der hinüber. Schreiber. Die trivialften Aeußerungen können auf 
eine jo mißklingende Weiſe mit dem Intereſſe der gegenwärtigen 
(Perfonen) zufammentreffen. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 10. —* 
in der Dinge Lauf jetzt mißklingt, tönet in ewigen Harmonien. 
Klopftock, an Fanny. Und in des ftrömenden Lichts Umkreis bis zum 
nachtenden Chaos raucht” ätheriicher Xüfte gefammt mitflingende 
Wallung. Voß, Luiſe 3 b, 511. Auf den Knaben machte es einen 
ſehr ftarfen Eindrud, der in eine große langdauernde Wirkung nad = 
fang. Göthe, Leben 1. B. So oft im emeuenden Umjchwung, in 
verjüngter Geftalt aufftrebte Die Welt, klang aud ein germantiches 
Lied nad. Platen, rom. Dedipus 5. Und vom Fenſter klang es 
nieder. Uhland, Entſagung. Bis zulegt vom hohen Gitter füße 
Antwort niederflang. Uhland, Liebesflagen. Bufaunen Don (Ton) 
der ftarfe bett aller Lerchen fang (Sarg) wol überflungen. Zitu- 
tel. Während der Gejang .... umberflang. Sonnenberg. Ange- 
denfen du verklungner Freude. Göthe, an ein goldnes Herz. Na⸗ 
men verklingen. Schiller, Braut von Meiftna in harmonisch 
verflingendes Lied, schließt fi) das Leben dem edlen Gemüth. 
Matthiffen, Lebenslied. In der Welt, in der ich lebe, klingt nichts 
Literarifches weder vor nody nad. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 18. 
Geſang muß trefflich hier von Diefer Wölbung wiederflingen. Göthe, 
Zauft 1, 110. Die Stätte, die ein guter Menfch betrat, ift einge« 
weiht; nach hundert Jahren Elingt fein Wort und feine That dem 
Enfel wieder. Göthe, Zafjo 1, 1. Die bedeutende Buppenipielfabel 
des Andenn (Zauft) klang und fummte gar vieltönig in mir wieder. 
Göthe, Leben 10. B. Der Yüngling hörte wehmüthig dem zurüd- 
flingenden lieben wie von Scwanen zu. J. Paul, Titan 45, 
Es muß irgend eine Harmonie zwifchen diefem Wafferftäubchen und 
meinem Geifte zufammenflingen. J. Baul, Heſperus 14. Die 
Nachtigallen der beiden Infeln langen zufammen. J. Paul. — 
Weder den Schnee durchklingelt ein Schlittener, Voß, der Winter- 
ſchmaus. Wie ein Schlitten, welcher vom Berg’ in dad Dorf ber- 
flingelte. Boß, der 70, Geburtstag 168. Es ijt bekannt, wie fehr 
Thomſon wider diefe NRarrenfchelle, mit Der man der Melpomene nach— 
flingelt, geeifert hat. Leifing, hamburg. Dramaturgie 7. 

Anm. Die Participien geftatten noch andere Zufammenfegungen, 3. B. Und 


freudeklingend Saitenipiel begleitet wein Gebet. Göthe, Känitlerd Morgen- 
lid. Süßklingend. Fiſchart, Gargantua S. 112. 


Klinger, einen oder etwas, was Hingt, klingen macht (Name der 


— 





328 


anas clangula L.); Klinker (befier Klinger) eine Art Kleiner umd 
dünner Backſteine, welche, wenn fie frei gehalten und angefchlagen 
werden, £lingen; Klingler, der da Elingelt; — Klinge— 
lung. — Diet Mühlen find ganz von gelben Klinfern gebaut. 
Ebeling. Auf, Klingler, hört von mir ein andres Detto! Voß, 
Klingionate. Ihr beluftiget nur das Ohr, o Pandor' und Tamborine; 
und o Klingeler in dem rang! Voß, Dithyrambus. 

Klinge (ahd. klinga, mhd. klinge — Gießbach) klingender, 
länzender Stahl; ein langer, dünner, nach Verhaͤltniß der Länge 
chmaler und an der einen Kante jcharfer Elingender Körper von Eijen 
oder Stahl, damit zu ſchneiden oder zu hauen; (in engerer Bedeus 
timg) die Klinge eines DR — Wir müffen diefe Scharten aus- 
wegen, und wenn die Klingen darüber zu Grunde gehen follten. 
Goͤthe, Götz von Berlihingen 3. Wo noch die Klinge Alles thät 
bedeuten. Schiller, Wallenfteins Lager 6. Roſt'ge Degenklingen. 
Uhland, die Döffinger Schludt. 

Anm. Klinge in. der frübern Bedeutung Gießbach, auch Schlucht, tiefer 
Graben für einen ſolchen Bach, bat fich in der Volksſprache erhalten, befonders in 
den Ramen mander Feldbezirfe. — Gebirg, Klingen und wüſte Wälder. 9. 
Sachs. Ellingen, Rinnen oder Waflergäng. Lori, Xechrain 514. 

Klingel, eine Eleine metallene Glode, damit Andern ein gewiftes 
Zeichen zu geben, fie herbeizurufen. — Und hell wie eine Klingel 
dein Stimmen ſchallt. Voß, der Kuß. 

Geklinge und Geklingel; — Gekläuge und Geklängel find 
veraltet. — Umher klang hellee Gefling’ an einander, Voß, Xuife 
1, 634. Näher und näher kam das Gekling', und das Klatjchen 
der Peitſch' und der Pferde Getrampel. Boß, der 70. Geburtstag 175. 
Doppelgefling bleibt ihr Geſang. Klopftod, die deutiche Sprache. 
Die tönenden Scellen füllen mit hohlem Geflingel die laut ant- 
wortenden Thäler. Zachariä. Der heutige Wintertag, durch Das 
Schlittengeflingel unterbrochen, ift mir nicht unangenehm. Schiller, 
Briefw. mit Göthe 4, 359. Nicht die biedere Sprache des Herzens, 
nur das Rauſchgold tönender Fragen und hohen Wortgeflingels 
hatte Werth. Lingenaunter bei Campe. Da bört er von Ketten gar 
ein laut Gefleng. H. Sachs. Mit dem Geklängel der gereimten 
Iateinifchen Gedichte. Kraufe. 

Klingabler (aquila clanga L.) —gedicht u. a.; Klingenprobe, 
—ſchmied, ftod u. a.; Klingeldraßt, —herr, — mann, —möhre 
(Zuderwurzel), —quaft, —ſchnur u. a. — Ohne Diele (Folge von 
Gedanken) iſt das fchönfte Sonett ein Klinggedicht. Herder. Auf 
denn! die Gläſer gefüllt und laut zum kryſtallenen Klingklang an- 
geftimmt! Voß, Luiſe 3. b, 232. Hört von den Klingllängen 
auf. Klopitod. Und horch! und horch! der Pfortenring ganz lofe, 
leiſe, Flinglingling! Bürger, Lenore. Er zog von Zeit zu Zeit 


329 


die Kling (=el) ſchnur des Pfeifens, Damit ſich der Kleine nicht 
verfpränge. 3. Paul. Herbei vor meinen Klingenbieb! Bürger, 
Die Entführung. Gibt e8 etwas Erhabeneres, dacht’ ic), als ein (einen) 
Klingelbeutelvater? J. Paul, Heſperus 4 Wenn fih die 
Sn thüre hinter mir ſchloß. Göthe, Leben 4. B. 

lang (ahd. chlanch, chlanc, klanc, mhd. klanc, felten klunc; 
altı. kldagr = felfiger Dit), Laut oder Schall, injofern er ftätige (und 
als etwas in feinen Theilen Geregeltes erjcheinende) Ausdehnung hat. 
— Trommeln und Pfeifen, friegriiher Klang! Schiller, Walleniteins 
Rager 7. Wo ftarkes fih und Mildes paarten, da gibt es einen guten 


Klang. Schiller, Glode. 
Laut (ahd. die hiät, die hläta, mhd. die lüte, der lut, f. lauten 


S. 335) ift allgemein das dem Gehörfinn Empfindbare; im Befondern hör⸗ 
bare Aeußerung durch die Stimme. Ton (mbd. dön f. tönen ©. 325) der 
unterfchiedene Laut, der im Verbältniß zu andern Zauten gedachte Laut. Schalt 
(f. ihalten) nachhaltiger, andauernder, ſtärkerer Laut; in der Naturlehre, 
wie oft auch im Leben, alled was gehört wird, als ſolches. Hast (Präteritals 
form von mhd. höllen, hal, hullen, j. halfen) der auf den Luftwellen forts 
Ihwebende Shall. — Zu den heiligen Tönen, die jegt meine ganze Seel’ ums 
faffen, will der tbierifche Laut nicht pafien. Goͤthe, Kauft 1, 65. Die Luft 
it rein und trägt den Schall fo weit. Schiller, Tel 2, 2. Run höret' ich 
Donner, nun Harfen, dann die Stimme der Rufer am Thron ; doch der Stimme 
Gedanken konnt ich nicht fallen: denn einzelne Halle nur hört' ich vers 
nehmlich, und die andern verfanten im raufchenden Strome der Donner. Klop⸗ 
ited, Meffius 18, 478. 
Ub— , Anklang u. A. — Ich grämte mich, daß unfre Sprache 
jo viel periodischen Abflang hat. Klopſtock. Alles, was den Men— 
ihen interejfirt, wird auch in dem andern einen Anklang finden. 
Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 10. Ich will an die Beiflänge 
erinnern. Klopitod. Und ift denn dieſer Einklang, den der Menſch 
mit der ganzen Schöpfung macht, nur ein Spiel des Emwigen und fein 
Rachhall einer nähern, größern Harmonie? 3. Paul, eben 14. 
Gegenflang rauſcht. Klopſtock, die deutſche Sprache. Erwedt vom 
Nachklang jüßer Lieder. Wieland, Oberon 10, 42. (Der Zon) 
verihwindet mit einem bänglihen Nachklang. Göthe, Unterhaltungen 
deuticher Ausgewanderten. Hall am Felſen, Wiederflang! Bürger, ' 
Rachtfeier der Venus 3. Der Seelen entzüdender Zufammen- 
Hang. Schiller, Don Karlos 2, 8. — Und zogen wir mit Hörner- 
Hang ins Lager froh zurüd, und Weib und Kind im Rundgejang 
Walzer und beim Becherklang Luftfeiern unfer Glück. Schiller, 
Eberhard der Greiner. Hinhorhend dem Dreiflang. Baggeien. 
Denn mit der Zreude Feierflange begrüßt fle das geliebte Kind. 
Schiller, Glocke. Kein Feſtklang tönte von dem Glodenhaus. 
land, H. Ernft 2. Hoc Llingt das Kied vom braven Mann wie 


% 








330 


DOrgelton und Glockenklang. Bürger, Lied v. br. M. Wenn fi 
Zuufende vereinen und des —* Tags Erſcheinen mit Geſängen, 
Freudeklängen herrlich feiern. Göthe, Idylle. Doch that ers wohl 
um Goldesklang? Bürger, Lied v. br. M. Wo ihm der ſüße 
ng ge aus einer Kammer entgegen fchallte. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 2, 13. Dich preift, Allmächtiger, der Sterne Zubelflang. 
Matthiffen, bi. Lied. Mit Kettenklang. Schiller, die unüberwind- 
liche Flotte Es entflog Lautenklang ihrer Flügel Schwung. 
Klopftod, Skulda. Leyerklang aus Paradieſes-Fernen. Schiller, 
Entzüfdung an Laura. Zrompelenfhal und Paukenklang bezeich- 
neten die ritterliche Guftfreibeit. Benzel-Sternau. Mit Orgel- umd 
Pofaunenflang. Boß, Penferofo 286. Der neue Liederflang 
verfündige die Zauber deiner Anmuth! Ubhland, es d. B. 1. 
Warum ſollte dieſer Mißklang in der vernünftigen (Natur) ſein? 
Schiller, Räuber 4, 6. Trommelwirbel, Pfeifenklang ſchmettert 
durch die Glieder. Schiller, die Schlacht. Und manch ein alterthiim- 
lich) Heldenlied ertönt wie Schwertgeklirr und Scildesflang. 
Uhland, normännifher Brauch. Nun foll ich fagen und fingen von 
Zrommeten und Schwerterflang. Ubland, der junge König 2. 
Brich auch durch unſre Zeiten mit hellem Schwertesflang. Uhland, 
Eberhard der Raufchebart. Was bei dem Saitenflang der Mujen 
mit füßem Beben dich durchdrang. Schiller, die Künſtler. Sicheln 
flingen, Mädchen fingen unter Sichelklang. Hölty, Enntelied. Die 
Stimme Melodie, wie Silberflang aus fließenden Kryſtallen. 
Schiller, Semele 1. Blieben doc ihm unjre Stimmen ungehört wie 
Sphärenflang. Uhland, Liebesklagen. Man trug fie wohl bei 
Zrauerflang am andern Tage fort. Ungenamuter bei Campe. Un⸗ 
N zu dem Waffenklang. Klopftod, der Lehrling der Griechen. 

infame Waldhornklänge hallen. Uhland, die drei Schlöffer. 
Miihe Staub zu Staube der Scaufeln dumpfer Wechfelllang. 
Voß. Was hätte mich bewegen follen ... bloße Wortfläuge m 
meine Dichtungen einzuführen? Göthe, Xeben 12. B. Aus Felien- 
böhlen tönt’8 von mächtigen Bunderflängen. Göthe, Fauſt 2, 288. 
Ha! Du jollteft Jubel hören, hören Saug und Zimbelflang. Bürger, 
Nachtfeter der Venus. 


Klangente, —geräth, — lehre, —lein, —meffer, —ftein u. a. — 
Sig’ ich bier im Flangerfüllten Haine, Baggejen. Worin jenit 
der gute Hand Sachs auf dem Schufterd und Apollos Dreifuß für 
Menjchen- und Klangfüße arbeitete. 3. Paul, Denn das Gemeine 
geht Flanglos zum Orkus hinab. Schiller, Nänie. Laß die wälſche 
Klangmethode der Kanzonen und Sonette, Uhland, der Recenient. 
Er (der Prolog) ift aljo ſelbſt klaugreich genug. Schiller, Briefw. 
mit Göthe 4, 309. Indeß ſei's wenigſtens Zeichen⸗, Bild-, Zahl- und 


331 


Klangfpiel der Eindifchen alten Welt. Herder. Die fchönften und 
edelſten Klangwörter unferer Sprache. Herder. 

Klage !) (ahd. ch(k)lak(g)a, mhd. klage), 1) lauter Ausdrud 
des Schmerzes, er mac gelind oder ftarf, in Worten oder nur in 
Zönen fich offenbaren; 2) die Trauer‘ um einen Verftorbenen, das 
keihenbegängniß, die Trauerfleider; 3) Aeußerung feines Mißvergnü- 
end und feiner Beichwerde über eine Perſon oder Sache vor Gericht. 

ie Wehklage üt die mehr ergreifende, ftärfere Klage. — Anſtatt 
fd) darin behaglich zu fühlen ... erging fle fih in Klagen. Göthe, 
Leben 13. B. Klag’ ift ein Mißton im Chore der Sphären. Salis, 
Grmunterung. Iſegrim aber, der Wolf, begann die Klage. Göthe, 
Remele Fuchs 1, 19. Er lehnte die Selbſtanklage des Fürften 
ab, Meißner. Mehr als des Dulders Weheklage rührt ergebene 
Gelafenheit das Herz. Eollin. — Man konnte von fern Die Sam- 
merflage vernehmen. Göthe, Reineke Fuchs 1,195. Alle Trauer— 
und Leichenklagen find nicht in der älteften Urkunde. Herder. Die 
Zodtenflage ift in diefen Mauern faum verhallt. Schiller, Braut 
von Meſſina. Warum unterfagt Priamus bei dem Begräbniß der 
Grihlagenen feinem Heere die weinende Trauerklage? Herder. — 
Vieder mußt du Liebesflage fingen. Uhland, an Petrarka. ber 
wenig mocht’ ihm frommen all die füße Liederkla ge Uhland, der 
a von Couci. Mordgefchrei und Sterbeflagen. Göthe, 

‚141. 


Das finnverwandte Jammer f. &. 819. 

Klagen (ahd. ch(k)lak(g)ön, klagjan, klagen; mhd. klagen; 
dt. klaga — anflagen) 1) unangenehme, befonders jchmerzhafte und 
hanige Empfindungen durch Laute und Worte an den Tag legen; 
2) jem Mißvergnügen, feine Unzufriedenheit über eine Perſon oder 
Sache vor Gericht äußern, damit die Urfache derfelben | 
ud Genugthuung gegeben werde; 3) (feltner) beflagen, befonders 
jmen Schmerz über den Tod eines Andern laut äußern; 4) (jebt 
Jemlich veraltet) ſich klagen — ſich klagend äußern, fi beflagen; 
5) durch Klagen in einen gewiſſen Zuſtand fich verſetzen. — Alle 
batten zu —— Göthe, Reinefe Fuchs 1, 17. Wir klagen den 
merſetzlichen Schaden. Daſ. 1, 196. Frau Berta faß in der Felſen⸗ 
kluft, fie klagt ihr bittres Loos. Uhland, Hein Roland. Und wer 
will bei jolhen Kriegen einen klagen, der in Ruh fan bei feinen 
Litern liegen? Tſcherning. Sobald fih eins im Haufe klagt. Gel- 
lett. Da ich mid Flag’ ob meiner Pein. Opig. Als eben aud) jein 
(de8 Schwagers) Weib ankam, die fih in füßem Geſange ihm nach 
u Zode geklaget. Herder. 





') Rah dem oben ©. 324 bei der Wurzel von eher it es mehr 
als wahrſcheinlich, daß Klage, lagen zu Einer Familie mit Plingen gehört. 





332 


Unm. Kür klagen (bei Kranken) hört man in der Volfefprache jehr oft 
farmen und farmfen, aus goth. kara, agf. engl. care — Sorge, abd. chara 
= Klage, Behliage, Leiden, (daher mbd. carfritag, charvritag = Karfreitag), 
angelehnt an das verwandte Harm S. 52. Daher mhd. harmen — meinen. 

Anklagen — Klage über Jemanden an Jemanden bringen, 
drückt wie verklagen in der urfprünglichen Bedeutung — über Je- 
manden klagen, nicht beftimmt aus, daß es bei einer Behörde geichebe. 
Dann ftehen beide Ausdrüde wie auch belangen (f. bei gelingen) 
in der Bedeutung wider Jemanden bei der geeigneten Behörde Klage 
führen, und zwar verklagen und belangen von jeder gerichtlichen 
Klage, anklagen nur von einer peinlichen. — Anflagen tft mein 
Amt und meine Sendung. Schiller, Piccolomini 2, 7. Es ift mein 
Wille, daß man auf Leib und Leben ihn verflage, Schiller, Maria 
Stuart 5, 15. Deßhalb, rieth man mir, ihn gerichtlich zu belangen. 
Göthe, Benvenuto Gellini 2, 9. 

Mit anllagen (in Hinficht einer böfen Handlung Beſchwerde an ex 
manden richten) iſt beſchuldigen (ahd. sculdigön, mhd. sculdi(e)gen = 
eine Schuld beimeilen, |. Schuld S. 238) finnverwandt und bedeutet über: 
haupt eine böfe Handlung oder etwas Böſes als Jemandes (des Urhe⸗ 
bers) Schuld betrachten. Das mit anflagen (Befchwerde führen in Hin—⸗ 
fiht gefepwidriger Handlungen, und zwar infofern hinfichtlich derſelben Ges 
nugthuung geleiftet werden fol) finnverwandte angeben f. bei geben. — 
Die Beihuldigten (waren) fuspendirt. Göthe, Leben 12%. 3. 

Beklagen bezeichnet bloß die Aeußerung des Schmerzes über etwas, 
und — nur, wenn dieſe in Worten geſchieht (auch vor Gericht). — 
Bellagt er fi) bei mir, jo laſſ' ich’8 unterfuchen. Göthe, Taſſo 1,2. Ich 
ſchrie und beklagt’ ihn. Göthe, Reineke Fuchs. Kläger und Beklagte 
fönnten wegiterben. Lichtenberg, Bemerkungen zur Epiftel an Göbhard. 

Bedauern (ftatt betauern, mhd. türen, düren, von tbeuer ahd. 
tiuri, tür, mbd. tiare, mittelniederi. türe) urfprünglich etwas für zu koſtbar 
halten, dann jeinen Schmerz über etwas äußern, wenn dies auch bloß durch 
Mienen gefchieht. Bejammern (abd. jamarön, mhd. jämern, ſ. S. 319) 
‚fein Schmerzgefühl laut äußern, ſei es durch Worte oder bloße Laute, wie 
Senfzen, Stöhnen u. dgl. — Kind, ih bedaure did. Güthe, Xaune des 
Berliebten 1. Daran der Mann fi feit that klammern und feinen Zuſtand 
drauf bejammern. Nüdert, Parabel. ; 

Auf—, aus—, ein —, hinüber —, mit—, nah —, um— , vor—, 
wehklagen find Elar, übrigens nicht gleich gebräuchlich. — O der Angſt 
Stimme, die herrufend vom Abgrund dumpf tünte aus Staubmwolfen 
zum Licht auf umfonft Flagte. Klopftod. Wie e8 den Taufendmal- 
taufend der Todten Gottes einft ſein wird, hat Das große Weh von dem 
Zulle bis an den Gerichtötag ausgeflagt. Klopftod, Meſſias. Den 
Ausgeflagten werft ihr ins Gefängniß. Shakeſpeare, Cymbeline 
3, 2. Wandelt’ am Ufer und klagte zur Herkflawohnung hinüber. 


333 


Somnenberg. So klagte der Hafe dem Leoparden nad). Benzel⸗ 
Stemau Was bilfts unfruchtbar nachklagen. Herder. Seufzendes 
Gewimmer umklagt die Stellen jeßt, wo einft der Friede ſaß. Tiedge, 
Urania 6. Und leicht bereit ein fühnes Wort zu wagen, begann fie 
io der Mutter vorzuflagen. Blaten, der grundloje Brunnen. Wenn 
mit gerungenen Haͤnden hie Braut um den Bräutigam wehllagt. 
Alopſtock, Meſſias 3, 548. 

Kläger, Klagung; An—, Berkläger; An—, Berklagung find 
aus den Zeitwörtern klar. — Stehet den Klägern zu Recht. Göthe, 
Reineke Fuchs 3, 13. Er ging, wie Scipio, aus der Verfammlung 
fine Ankläger 9 P. Sturz, Bernflorf. Damit er an feinen 
Derflägern fi raͤchte. Göthe, Reineke Fuchs 5, 7. 

Kläglich (ahd. chlagalib, mhd. klale)gelich) eigentlich = weh- 
Magend, dann beflagenswerth. — Sp fläglih es auch an fid if. 
Ehiller, Briefw. mit Göthe 4, 130. Die Weibercharaktere find Tläg- 
lihe Fragen. Daj. 5, 56. Noch als dein tapfrer Vater wie ein 
And kläglich erzählte meines Vaters Tod. Shafeipeare, König Ri- 
dad IH. 1, 2. 

Erbärmlich (ahd. erbarmelih, mhd. erbarmechch, von goth. arman 

—= Mitleiden haben, ſich erbarmen, verftärft goth. gaarman, ahd. parmen, 

mbd. barmen, d. i. bearmen, ahd. irp(b)armen, mhd. erbarmen, von goth. 

arms, ahd. mhd. agf. altn. arm = arm, elend) eigentlih —= zum Erbarınen 

(ahd. dia irbarmida, mhd. diu erberme, erbermede, erbermekeit) und 

daher in einem folchen Zuftand, daß er unfer Mitgefühl erwedt; dann übers 
banpt in einem fehr übeln, namentlich fehr mangelhaften Zuftande. Jäm⸗ 
merlidh (abd. jämarlih, mhd. jaeemerlich, jamercheh) bedeutet ſowol mit 
Jammer (ſ. S. 319), ald auch zum Bejanmern, bejammernswerth. — Wenn 
Audre bärmlich fidh beklagen. Göthe, H. Sachs. Mußt di nur recht'er⸗ 


bärmtich ſtellen. Schiller, Wallenfteins Lager 1. So rief fie und lag ist 


erbärmtich fprachlos auf der eritarreten Leiche. Geßner, der Tod Abels 5. 
Das Heer war zum Erbarmen, jede Nothdurft, jede Bequemlichkeit gebrach. 
Schiller, Piccolomini 1,7. Daß dein Hirn... mit Luft nach Wahrheit, jänıs 
merlich geirret. Götbe, Kauft 1, 41. . 

Slagbar; Klagebrief, — frau, —gediht, —Ichrift, —weib, 
—zettel u. a.; Flagenreich; Flagenswertb; klägeriſch. — Wie 
der dritte klag bar wird. E. G. R. in den Hoffmannswaldan. Ged. 1,231. 
Seine Feinde werden Lügenhafte Klagartikel jchmieden. Göthe, Götz 
von Berlihingen 5. Sie jchien mir, —* mit Klaggebärde, 
zu ſchweben zwifchen Himmel hin und Erde, Uhland, ein Abend. Ihren 
Blalmen, Weisheitsliedern und Klagegelängen. Herder. Lautes 
Klaggefchrei flieg zu der Hohen auf. Benzel-Stemau. Das janft 
wie Klagegetön Icholl. Voß. Nachdem Fam aud) die Ritterin zart 
m einem ſchwarzen Klaggewande. H. Sachs. Die ganze Welt ift 





ERBE... EEE ” 


ein Klagehaus. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Nicht der Liebe 
Klagelaut. Uhland, Entjagung. Einem Klagelied aus der Halle 
hört? ich mit Thränen zu. Uhland, das Schloß am Meere. Als fie fie 
wieder ſah, Elagenlos und hoffnungslos. 3. Paul. (Daß) auf der 
Treppe Stufen fi der Zug der Klagemänner faft begegnen mag. 
Schiller, Braut von Meſſina. Ein Ohr zu leihen jenen Klagepunc- 
ten. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Da begann mit tiefem Wehe... 
Karol diefe Klagerede. Fr. Schlegel, Karl uud Roland 11. Mit 
des zerriffenen Herzend Klageruf wollt ihr den Himmel fterbend 
noch begrüßen? Collin. Plötzlich hört er mehrmals einen fait exbit- 
terten Klagefchrei. J. Paul. Bald nachher ergriff die Trauer ihrer 
Klageitimme mein todbanges Herz. Thümmel. Des Klofters Dunkeln 
Eichen entliipelt Klageton. Matthiffon, das Todtenopfer. Mit lei⸗ 
fem Klageflötenton. Herder. Er rief hinauf fo klage voll. Uh— 
land, der Schäfer. Lange vorher, aljo vor der Klagezeit des Tage- 
Löhnerdienftes. Herder. Seele haudht fie (die Liebe) in das Ach Ela- 
genreiher Nachtigallen. Schiller, Triumph der Liebe. Ein kla— 
genswerther Schaden. Bragur. Daß ich... die Mordthaten ein- 
mal... Elägerifch vorrrüge. 3. Paul. 

Anm. 1. Klinke (abd. chti)inka?) gehört zu einer andern Wurzel, zu 
abd. klankjan, mhd. klenken = in einander fchlingen. Davon auch Klüngel 
— Snäuel Bam, ahd. clunga, mbd. klunge, clungen; Klunter = Quaſte, 
und das klauken, klenken, klenkeln, klenkern = hin und ber ſchlingen, 
bin und ber ſchwanken, der Volksfpradhe, wie uuch der Klank, die Klanken, 
Berion, die gerne berumfchlingelt, herumfchlengt; der Klenkel, Kiengel (Ro 
Hengel), Rlumpen Nafenfchleim, den man hängen bat oder hinwirft. — Da drü 
felfe der Sohn auf die Klinke. Göthe, Hermann und Dorothea ?, 272. Er 
hatte Drefien auf dem Hut mit einem Klunker dran. Glaudius, Goliath. 


Anm. 2. Glode (agf. clugga, ahd. chloccha, mhbd. gik)iocke, franz. 
chlothe, engl. clock) flammt von dem veralteten klocken, ahd. ch(k)lohh(ch)ön, 
mbd. klocken = an etwaa Hopfen, fchlagen. 


Gelingen. 


(Wurzel lan—g, lin—g; lag, lac? vgl. janffr. langh — hinüber- 

fpringen, ling = umfafjen, gr. Aoygn, fat. lancea — Lanze, lat. 

longus = lang, languere — ermatten, gr. Ia(o)yyalsır — lange 

machen, zaudern, Anlo)yya» — lithau. ilgas, poln. dlugi 
— lang. 


Gelinge, gelang, gelungen, gelingen (ahd. gik)ilink(g)u, 
gilanc, gilunkumes, gilunkaner, gilink(g)an ; mhd. gelinge, gelanc, 
gelungen, gelingen, aud) bloß ahd. lingan, mhd. lingen) eigentlich 
— ſich nachziehen, erfolgen, von GStatten gehen, nhd. überhaupt zu 
gutem — oder Ausgang kommen, jedoch in Folge einer Thätigkeit 
von Seiten der Perſon. — Es iſt euch gelungen. Schiller, Buͤrg⸗ 


335 


ſchaft. (Ich erwarte) den Eilenden, der mir die Nachricht bri wie 
e8 mit Prag gelungen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 10. Ob 
wird gelänge, den erzürnten Pair zur alten Pflicht und Treu zu- 
rüdzuführen. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 4. Daß fih Herz 
und Auge weide an dem wohlgelungenen Bild. Schiller, Glode. 
Einſchlagen (ſ. ſchlagen) in feinem Weſen nach Wunſch ſich wenden, 
befonders wenn dies zum Guten geſchieht, und zwar in Beziehung auf die 
innere Beichaffenheit eines Dinges geſagt, und nicht auch, wo bloß Das Acußere, 

die Form in Betracht fommt. Gerathen (mhd. geräten, was eigentlich 
wie abd. k(g)irätan, altf. girädan — ratheu, daun zu Stande briugen, unvers 
fehens wohin kommen, mit der Zeit werden) zu gutem Stande kommen, auch 
von dem gejagt, worauf Die Thätigfeit gewendet wird, ohne daß es ein Er: 
gebniß derjelben wäre, wie auch von dem, was wie von felbft zu gutem Etande 
kommt. — So gebt es von Lehrer zum Schüler, der, wenn er gut einfchlägt, 
böchitens wieder Lehrer wird. Lichtenberg, liter. Bemerkungen. Man probiert, 

es gerätb, es mißräth, man verändert. Göthe, Bahlverwandtichaften 1,8. 

Anm. Die alte Präteritalform bat fich bis weit ins 18. Jahrh. erhalten, 
doch ift der Eing. — lung tadelnswerther als der Plur. lungen. Und was 
ihr mündlich woblgelunge. Gottfhed, 11. Ode. Was tanfenden mislung. 
Us, Brief an Serretär G. Gelünge (im Reim). Weihmann Poeſie der Nies 
derſachſen 4, 237. 5, 231. 

Mißlingen (mbd. misselingen) und mißrathen (mhd. misse- 
räten) ergeben fih aus gelingen und,gerathen (glüden und 
mißglüden und verunglüden |. unten). — Das Vernünftigfte 
babe ich mißlingen jehen, das Abgeichmadtefte gelingen. Göthe, 
Bahlverwandtfchaften 1,2. Alles mißlang und das Beſte miß- 
rieth, durch fichtlihe Rache der Vorficht. Platen, die verhängnißvolle 
Gabel 1. Mißrathen jetzt und jeßt vielleiht gelungen. Göthe, 
Zuuft Borfpiel. 

Anm. Die Form mißgelingen ift nicht mehr gebränchlich. — Der Streidy 
muß mißgelingen. Beldmann, Poefie der Niederſachſen 2, 48. 

Lang ') (goth. laB*, ahd. lank, lanc(g), mhd. lanc, aftn. 
langr, altj. lang, agſ. lang, læng, leng) eigentlich was ſich hinzieht ; 
dann (eigentlih und figürlih) in größter Ausdehnung feiner Xheile 
nach derſelben Richtung fich erſtreckend, im Gegenjab von breit, did 
md hoch; (als Nebenwort) lange (ahd. lango, mhd. lange) = 
von großer Dauer der Zeit, auch vergleichnngsweile „bei weiten“, 
‚mehr als hinlänglich.“ Davon das Subftantiv Länge — Mir ift 
von langer Hand (durd Umwege) das wie und wann der Sache 
wohl befannt. Wieland. Der Wahn ift kurz, die New ift lang. 
Schiller, Glocke. O fleh mid an, wie mir nad) einer langen Zeit 
dus Herz fi öffnet. Göthe, Iphigenie 3, 1. Doc hal bei Gott, er 


?) Lang wird von Grimm, Balernagel, Beigand u. A, mit ges 
lingen zufammengeitellt. 





336 


fränft fie nicht mehr lange! Alxinger, Doolin 3, 2. Sie fieht lange 
nicht fo fehön aus, als es die Leute machen. Geller. Das it wohl 
gut. Aber lange nicht genug. Göthe, Götz von Berlichingen 1. 
Da die aufgebundene Serviette einen verworrenen Haufen ſpannen— 
langer Puppen jehen ließ. Göthe, Meifterd Lehrjahre 1, 3. Der 
Nationalismus feheint hier vorzäglicy dadurch zu fehlen, daß er dürfti⸗ 
Be bloß die Länge und nicht die Breite der Natur in Anſchlag 
ringt. Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 37. 5 | 
Längs (mhd. langes) eine von lang genitivifh abgeleitete Prä- 
pofition mit dem Dativ und (jelten) Genitiv. Entlang eigentlid 
in die Länge mit Nccufativ, Dativ und (jelten) Genitiv. Beide be: 
ke beftimmter al8 an die Nähe in Beziehung. auf einen nach der 
änge ausgedehnten Gegenftand. — Der Herzog ließ die Wache längs 
dem ganzen Ufer verdoppeln. Schiller, Belagerung von Antwerpen. 
Noch fo viele längs ſeines Zuges durch Deutichland —— 
Beſatzungen hatten ſein Heer nicht vermindert. Schiller, Aal d. R. Den 
ganzen Berg entlang ſtroͤmt ein wüthender Zaubergeſang. Göthe, Fauſt 
1, 207. So ließ er da entlang dem Weiher fortichleppen von dem 
matten Reiher. Kinkel, Dtto der Schütz 8. Wir hatten ſchon den 
ganzen Zag gejagt entlang des MWuldgebirges. Schiller, Braut von 
eſſina. — Und als fie famen an die Reuß. Schiller, Zell 5, 1. 


Langſam (ahd. altj. langsam — lang dauernd, ewig, agi. lang- 
sum = lang, el träg, altn. langsamr — lang, überdrüj- 
fig, ahd. lancseim ? mhd. lancseim für lancsein ? — träg) bedeutet 
eigentlich ſich Hinziehend, dann allgemein im Gegenjag zur Gefchwin- 
digfeit ſich bewegend. — Aber ungern feh’ ich den Jüngling, der immer 
fo .. in dem Haufe ſich regt, nad) außen langjam und ſchüch⸗ 
tern. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 206. 

Gemach (ahd. kimäh, mhd. gemach — paffend, bequem, auch Subſt. 

Ruhe, Bequemlichkeit, ſ. S. 318) verbindet noch den Begriff des Anitrengungss 

ofen in der Bewegung. — Sie ruderten gemach der Heimat wieder zn. 

Kleift, rin. 

Länglich, Hinlänglich und zulänglich erklären fih aus lang, 
bin= und zulangen. — Bei jeglichem Ringe kommt mir der läng- 
lihen Hand jchönes Gebild in den Sinn. Göthe, Alerts und Dora. 
Sid) zu trennen (in der Ehe) gibts gar feinen hinlänglichen Grund. 
Göthe, Wahlverw. 1,8. Hätte man dieſen einen zulänglichen Un— 
terhalt geſichert. Göthe, Leben 12. B. DBrauchbare Theile. und im 
Ganzen unzulänglid. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 123. Die 
Eonpedien, über deren Zulänglichkeit uns Hamlet fchon ein be- 
denflihes Wort ins Ohr geraunt hatte. Göthe, Leben 9.B. Da wo 
der Zufall mit der menjchlihen Schwäche und Unzulänglichfeit fpielt 
Göthe, Unterhaltungen deutſcher Ausgewanderten. 


337 


Genug (f. verguägt S. 344) allgemein fonief, als erfordertwirb. Ge⸗ 
nugfam (ahd. kanuoksam, mhd. gennocsam) fs, daß es genug fein kam. 
Hinreigend (f. reihen Seite 839) geht überhaupt auf das ndthige 
Map zum Erforderniß; hinlänalich — tm nothwendig geringften Maße 
zum Erforderniß. — Hat einer genug und will nicht mehr. Göthe, Bandora. 
Go fang ich dir zum Troft, zum Elf genugſam bin. Wieland, Oberon 7, 79. 
Langafter, —Ährig, — armig, —bart, —bärtig, —baum, —beil, 

—bein, —blätterig, —Diftel, —eſpe, —feſſel, eg —finne, 
fc, —floſſe, —fuß, —füßig, —geöhret, —gefhw nat, —gefpipt, 
— lied, — haar, — hals, —hufig, —jährig, —klauig, —Löpfig, —kra⸗ 
gen, — mefierfhmied, —nafe, —-ohr, —Öhrig, — tod, —rund, a 
ae —ſchenkelig, —ſcherbe, — ſchlaͤfer, —ſchnabel, æ ſchn 
belig. —Ichößig, — ſchote, — ſchub, —ſchwanz, —ſchwaͤnzig, —ſchweifig, 
—fichtig, — ſpliſſung, —ſtachelig, —ſtange, —ſtielig, —ſtroh, — ſylbig, 
—sieredd, — wagen, — welle, —wiede, —wurz, —zotlig u. — Sie 
verlangte ihren Kangarm. J. Paul. Wielands u 
3. Paul. Langbeinigen Spinnen vergleichbar. Göthe, Todtentang. 
Ser aus Kreta ftamm’ ich, dem langgebreiteten Eiland, Voß. Die 
langgegliederten Schatten. 3. Paul, Er zeigte den Tanggehal- 
feten Taucher. Voß. Langgellauete Karſte. Voß. Werft denn 
jmer Langgelodte dort? Schiller. Der langgeſchaftete Dreis 
u Voß. Es fprengten die ftampfenden Roffe langgeftredt nad 
Stadt. Voß. Das Fell Diefes Thieres ift langhaarig. Zunke 
Langhalfige Schwäne Voß. NArtazerzed die Langhand. Man- 

dorf. Den Ianghändigen König. Bodmer. Langhin furcht 

die Gleife des Kiels. Göthe. Langkrallige Klamen. Voß. 
Die beiden Brennpunkte des poetischen Langkreiſes. % Paul: So 
daß er bei der Langohrſchar ein rechter zweiter Orpheus war, Sole 
tu. Rangrödige Mädden. Campe. Langſchaftige Spieße 
Boß, Ilias 4, 838. Langfchlängelnde Ströme Voß. Mein 
langfchneidiges Schwert. Voß. Da hinab langſtreifige dun— 
td und hellgrim wallende Korngefilie. Voß. Zur Bezeichnung des 
Lang und Kurztones. Wolle. Das Merkmahl der Langtönig- 
feit. Wolle. 

Langeweile (zuweilen auch Langweile) eigentlich lange Zeit 
dauernd; dann gewöhnlich unbehagliches Gefühl durch Befchwerung im 
Berbringen der Zeit wegen Mangeld an Unterhaltung oder Beichäfti- 
gung, zu dieſem mag nun der Stoff gänzlich fehlen, oder vorhandener 
Stoff fie nicht gewähren. Davon langweilen — Langeweile ver- 
urfachen oder fühlen. — Wenn diefen Langeweile treibt, kommt 
jener fatt vom übertifchten Mahle. Göthe, Fauſt Borfpiel, ' (Sie) 
find nicht für die Langweil herbemüht, Schiller, Wallenfteins La- 
ger Wiewohl es manchen guten Schlag von Lejern je gelang- 
weilt Haben mag. Bürger. Kaum die Augen auögerieben, Kinder, 





338 


langeweilt ihr ſchon? Göthe, Fauſt 2, 227. Als fich die Griechen 
vor Troja Iangweilten. Benzel = Sternau. Ich fühlte zum erſten 
Mable, daß Uhren dem Gejhäftsmann Magnetnadeln, dem Lang- 
weilenden Gefellihaft, dem Wartenden Zortur find. Benzel - Ster- 
nau. Sch belangeweile dich vielleicht. Wieland. 

Weberdruß (f. verdrießen) unbehagliches mit Sehnſucht nach Verän⸗ 
derung verbundenes Gefühl aus Mangel an Unterhaltung oder Beihäftigung 
in Sättigung an etwas, das Unterhaltung oder Beihäftigung erit gewährte 
oder durch anhaltendes Einerlei ermüdete. — Der Tag ift mir zum Ueber⸗ 
druß, langweilig iſt's, wenn Nächte fich befeuern. Göthe, Aeolsharfen. 

Zangweilig, d. i. Langeweile verurfadhend. — O! unfchmadhafte 
Wiederkehr des Alten! Rangweilige Dasfelbigkeit des Dafeins! 
Schiller, Demetrius 1. Die Langweiligkeit der Prozeffe. Göthe, 
die Aufgeregten 1, 7. 

Zangwierig (abd. languuiric, langweric, mhd. lancwörec, von wähs 
ren goth. vairan, ahd. uueren, wörön, mhd. wern) überhaupt anhaltend 
oder fich binziebend in der Zeit, dadurch befchwerend oder unangenehm wer⸗ 
dend. — Wo den Lenz langwierig und lau des Winter Tage Zeus dar⸗ 
heut. Voß, Horaz Dd. 2, 6. Hier thürmte fich ein Zelfen, durch der Wo⸗ 
gen Sangwier'gen Schlag am legten Uferrand von unten ausgehöhlt. Griec, 
Arioſt 10, 23. 

Langmuth, allgemein anhaltende (lange) Nachfiht gegen zuge- 
fügtes Böfe in dauernder Duldung desjelben, man mag nun gar nicht 
vergeften, oder erft nad) langem Aufichub der Vergeltung dieſe ausüben, 
Langmüthigkeit drüdt mehr die Geneigtheit zu dieſer anhaltenden 
Nachſicht aus, das Innewohnen ihres Wejens ald etwas Eigenes. — 
Wenn id) nad verzognen Strafen jeine Langmuth frech verwerfe. 
Michaelis, 

Zangen (ahd. langön, langen — nach Entferntem fireben, 
gleichſam ſich ſinnlich oder geiftig nach etwas auöftreden, mhd. langen 
‚= lang werden, dann fo viel ald den Arm wonad) weit ausftredten), 
1) eine gewiſſe Länge haben, fih mit feiner Länge bis zu einem ge- 
wiſſen Buncte oder Ding erftreden, 2) (felten) ei werden oder fein; 
3) durch Ausftreden des Armed oder überhaupt des Körpers holen; 
4) in erforderlihem Maße da fein, erforderliher Maßen zu etwas 
- haben. — Hin- und zulangen (f. ©. 80) bezeichnen den Begriff: 
nur eben erforderlicher Maßen fein, beftimmter, eigentlich wie figürlich, 
ohne die andern Bedeutungen von langen zu Beben; nur die Bes 
deutung „den Arm ausftreden" haben beide. — Bis dahin Tanget 
meine Höflichkeit nicht. Leffing. Erdenbau kann übel ig n (dauer), 
drein ſich Wind und Wafler mengen. Logan, Sinnged. 2756. Er 
fangte mit der andern (Hand) nad) der Schlange. Novalis, Heinrich 
von Ofterdingen 1, 9. Das Heu mit Gabelftangen zur Bodenlufe 
langen. Voß, die Heumad 105. Langen und bangen in ſchwe⸗ 


bender Bein. Göthe, Egmont 8. Ich will immer gehen und bie 
Sorellen aus dem Fiichhälter langen. Geller. Das lodere Gewoͤlke 
langte wicht zu, den Hinmel-zu deden. J. Banl, Heſperus 7. Fröh⸗ 
lichen Muthes langten die Himmliichen zu. Voß, Philemon und 
Bancis 110. 

Reigen (ahd. reichan, mh. reichen, agſ. recan, engl.’reach, von 
ahd. rihhan, mhd. richen = vermögen, gewaltig fein, veich fein, regieren, 
kat. regere, woher auch ahd. daz rihhi, mhd. riche, goth. reiki, lat. regnum 

‚ = Red) bis zur Genüge filh binausdehnen, fei ed num in der Suche ſelbſt 
oder in ihre Wirkung, edler als das im neueren Sprachgebrauche gemeinere 
langen. Solen (ahd. hakon, holen, holen, mhd. holnz vgl. gr. xalam, 
lat. ealare == rufen, berbeirufen) fi zu einem Dinge in der Abſicht, es von 
dem Orte, wo es ift, zu einem andern au bringen, binbegeben und dieſes Bes 
abfichtigte ausführen. — Gott, deine Güte reicht jo weit, fo weit die Wol⸗ 
ten reihen. Gellert. Geh! hole dir einen der Laken. Göthe, Todtentanz. 

Anlangen |. S. 38 und 54. Belangen j. S. 332. Anbe⸗ 
langen (früher auch bloß belangen) gehört mehr der gemöhnfichen 
Sprahe an, Die höhere gebraucht anlangen. — Bas menfchkichen 
Berterb und Seligfeit be ar Dpig, von der Wahrheit der criftl. 
RKeligion. Holofernes .thet mih anlangen «(erjuchen) zu fügen jm. 
H. Sachs. Und anbelangend euers Herrn Erbieten. Shafejpeare, 
8 Heinrich VI. 1. Thl. 5, 1. 

Unm. Dem veralteten Kanzleiſthl gehört aAnlangen in der Bedeutung von 
bittend einfommen an. — Als der Hertzog von defien Freunden vmb Geade anz 
gelangt wurde, Zincgref, Apopb. 1, 127. 5 

Belang fteht in uneigentlicher Bedeutung für Wichtigkeit. — 
Selten geſchah es, Daß man den übrigen Mitgliedern eine Angelegenheit 
von Belang zur Berathſchlagung vorlegte. Schiller, Kardinal Sranvella. 

Erlangen und erreichen ergeben ſich in ihrer Bedeutung: aus 
langen und reihen: erlangen drückt Die Ausdehnung in Die 
Länge deutlich aus und bezeichnet hierdurd den Gegenftand des Stre- 
bens als einen entfernteren; erreichen läßt die Auddehnung unbe⸗ 
Rimmt. — Ich hoffe ſtill, doch hoff' ich's zu erlangen. Göthe, 
Sonette 17. Auf Wurfes Weite ſah ich's ſtets vor mir, doch Fonnt’ 
Ws nicht erreichen noch erzielen. Schiller, Braut von Meſſina. 

. Berlangen (ahd, bloß langön, langen, mhd. langen, altſ. langön, 
ag. langjan, langa) ift urſprünglich fortlangen, und deutet darauf hin, 
jenige, wonach man ſinnlich firebt, fort von uns, d. i. entfernt 
iſt; dann (won der Bedeutung zu lange dünfen im 1% Jahrh.) innerlich 
beſtimmt werden auf etwas bin, io daß ſich die Seele darnach hinge- 
zogen fühlt; weiter ein inneres Beftimmtwerden auf etwas hin äußern, 
daß dies und zukomme. Siehe noch bei anjinnen ©. 206; in der 
Bedeutung zu Theil werden ift das Wort veraltet. — Kommt! 
mich verlangte, eine heitere Stunde im lieben Kreis der Meinen 


3% 











840 


zu verleben. Schiller, WBallenfteins Tod 3, 4. Daß der verſanmelte 
Himmel der Zeiten Fülle vernehme, die er mit innigem, heißem Ver⸗ 
langen verlangte. Klopftod, Meſſias 1, 181. Alle die heftigen 
Empfindinigen einer leidenichaftlichen Eiferfucht miſchten fi zu dem 
unerfannten Berlangen einer dunkeln Begierde. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 8, 3. Die grabvperlangenden Blide. Klopfird, Meifias 
9, 392. — Wurd mir nüpit verlangen (zu Theil), als Müy und 
Arbeit. Tichudi I, 76. So Im die 4 verlangte. Daſ. J, 74. 
Begehren (goth. gairon, ahd. kẽron, mhd. görn, eines Stammes mit gern, 

goth. gairns, ahd. körno, mhd. gerne) bezeichnet allgemein finnlich nad 
etwas ftreben; dann auf das rein vernünftige Streben übertragen. Gieren 
(von dem Subſt. Gier, ahd. kiri, mhd. gir |. S. 106) wird nur von dem 
finnlichen Streben gefagt mit dem Nebenbegriff der Stärke und Heftigfeit. 
Luft baben (gotb. Iustus, ahd. mhd. lust, f. verlieren) aud angenehmen 
Gefühle an etwas darnach fireben. Lüften (goth. lastön, ahd. Iustön — Luft 
haben, lastjan = Luſt bereiten, mbd. lusten, lüsten) bezeichnet dasſelbe was Ku 

,  baben = au Sinntihfeit wonach ftreben. Geläften — ſtarke oder heftige 
Luft nah etwas haben. Lüſtern — einen ſtarken oder heftigen finnlichen 
Xrieb nach etwas empfinden mit dem Nebenbegriff, daB derſelbe anhaltend 
Cöfter wiederkehrend) ſei. Wänſchen (abd. wenscan, agf. wiscan, mb). 
wünschen, ſ. weiter S. 280) nad etwas verlangen, mit dem Rebenbegriffe 

der Ungewiſſenheit, daß wir es erlangen, oder ohne daß wir es zu erlangen 
fuhen. Sid ſehnen (mhd. sich senen, eines Stammes mit Sehne, ahd. 
sinemna, söniwa, sönawa, mhd. sönewe, engl. sinew, lat. sinus, f. weiter 

S. 2231, wo sinen zu ftreichen) urfpränglich fich hinziehen, geſpannt fein; Davon 
inneres Weh empfinden, trauern; gefvanntes, anhaltendes, tiefgefühltes Ber: 
langen, inneres Web baden nad einem Gegeuſtande, der in der, Wirklichteit 
oder in Gedanken fern von uns if. — Fordern (ungat fodern, aba 
fordaron, mbd..vordern, ſchwed. fodra, dän. fordre, hoffänd. vorderen, von ahd. 
fordar, mho. vorder, agſ. fardhor, engl. further —= fürder) urfprüngkicg vors 
wärt& kommen; dann haben wollen, Daß etwas vorwärts komme, geſchehe, oder daß 

man «8 erhalte; daher zu erkennen geben, daß man. haben will, und zwar in 

der Weife, daß es dem, der es haben will, werden maß ober joll, oder ale 
wenn es ihm werden müfle oder folle; (in nneigentlicher Bedeutung) die Bes 
ziehung zu etwas im ſich haben, daß es zukommen muß oder fol. Erfors, 
dern urfprängfich ausprüden, daß man etwas au ſich und wieder haken will; 
dann allgemein die Beziehung zu etwas in fi haben, daß es zu dem, was 
diefe Beziehung bat, kommen müfje, wie es dieſem gerecht iR. Heiſchen 

(ſ. d.) urfprängli zu erfahren, dann zu bekommen bemüht fein; in dem Ich, 

ten Sinne aud von dem bettelhaften Erwerben, wobei obne Umſtände auge 
fordert wird: etwas fo haben wollen, daß das, was man haben will, darauf 
folgen und zufommen müfle; (in uneigentlicher Bedeutung) die ſtarke Bezichung 

zu etwas in fi haben, daß es zukommen müfle Erheiſchen (ahd. areis 
oa) eigentlich ausfragen; . verhält ſich Dann gu beifchen, wie erfordera 


341 


® 
zu fordern. — Der Menſch verfuche die Götter nicht, und begehre nims 
mer und nimmer zu ſchauen, was fie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen, 
Schiller, Taucher. Die Sterne, die begehrt man nit. Gothe, Trof in 
Ihräuen. Da gehrte ihrer zum WWeibe,ein fremder König. Rüdert, gef, 
Ged. 8, 497. Der nah Speif' und Beine nur giert. Voß, Odyſſee 20, 
378. Ich hätte Luft nun abzufahren. Göthe, Kauft 1, 115. Und feiner 
rechten Hand konnte man ed anfeben, daß fie ein Lüſtchen Hatte, fich mit 
meiner linken bekannt zu mahen. Meißner. Da lüftet es Brannen über: 
mäßig nad diefer geliebten Epeife. Göthe, Reineke Fuchs 2, 69. Daß dic 
geläften nicht dürfe des fremden Guts. Kofegarten. Des Kaiſers Bogt, 
der auf dem Roßberg hauſte, Gelüſten trmg er nach verbotuer Frucht; Baum⸗ 
garteus Weib, der haushält zu Alzellen, wollt’ er zu frecher Ungebühr miß- 
brauchen. Schiller, Teil 1, 4. LDiefen Geluit müfjen fie niederichiuden. 

Schiller, Fiesko 1, 5.) Ihr Borwig lüſtert nicht nad) unerlaubten Gütern. 
SHauer. Es kommt fie ein Lüſtern an, dem fchünen Schäfer zu füllen. Wie⸗ 

land. Das audgedörrte Keld wünjcht nach dem Thau, der Schnitter ua 

m Zelt. Gryphius. Ahr wünſchtet heut Gewißheit Eures Schickſals. 
Schiller, Maria Stuart 1,7. Mit beißen Zhränen wirft du dic, dereink 
heim fehnen nad den väterlichen Bergen. Schiller, Tell 2, 1. Wie nad 
wir du ſehneſt. Müdert, gel. Ged. 1, 422. Jetzt fordert mic ein drin 
gend Wert von hier. Schiller, Braut von Meſſtna. Und denke, daß ich fie, 
fir die ich ewig brenne, von Gott und Menſchen nicht nur wünfchen, (fons 
dern) fordern Lönne. Alginger, Doolin. Das Anſehen wird erhalten, 
wann jeder fich erweilt jo wie fein Stand es fodert, und ihm fein Amt «s 
geist. Logan, Sinnged. 11, 126. Warumb haſtu denn mein gela nieht in 
die Wechſelbank gegeben? und wann ich kommen were, hette ich's mit wucher 
erfoddert Luther, Bibelüberfegung Luc. 19, 28. Ih Hetfche deinen 

Unterricht in ganz was anderm. Leifing, Nathan der Weife 3,5. Wie anders! 

da des Mutbes freier Trieb zur kühnen Thar mich zog, die rauh gebieten 

die Roth jept, die Erhaltung von mir heiſcht. Schiller, Wallenfteins Tod 

1, 4 Mein Bertrag erheifcht's, daß alle Kaiſerheere mir gehorchen. Schil- 

ler, Piccolomini 2, 7. 

Ab—, aus— (S. 30), ge—, ber—, herab —, berunter—, her⸗ 
vor —, bin—, hinaus —, nach —, zulangen; verlängen (ahd. leng- 
jan, mhd. lengen, lengern, agſ. langjan, lengjan, altn. lengja), ver⸗ 
langern (erlangen, erlängern, mhd. erlengen find veraltet), hand⸗ 
langen (von mhd. hantlance.— Herrenfteuer, hantlanger — Diener) 
bedinfen keiner weiteren Erklärung. — Die Vollmacht langt Ihr bei dem 
Kanzler ab, Uhland, H. Ernft 3. Der Riefe mit der Stange fhlug, aus— 
langend in die Weite. Uhland, Roland Schildträger. Die ausge— 
längte Nacht laufen fle und fprechen früh Morgens. A. Olearius. 
Bon manchem Tonnte nur der Freund auslangende Nechenfchaft 
geben. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 5. Man ſieht Caſtro Gio- 
vanni nicht eher, als bis man ganz oben aufden Bergrüden gelangt, 





342 


denn es liegt am Felsabhang gegen Norden. Goͤthe, ital. Reife, Caſtto 
G. 29. April 1787. Sie nun langte die Mühle herab vom Ge- 
fimfe des Schornfteins. Voß, der 70. Geburtstag 131. (Der Aar) 
will langen ſich zur Kron’ herab die goldne Sonne. Uhland, der 
Königsfehmn 5. achus langt’ auch Mederäpfel aus dem Korb’ 
hervor, Voß, Rundgeſang. Ein gut gefchriebener Wechfelbrief, mit 
dem auc der Banferotirer zur Not neh hinauslangt. Schiller, 
Raͤuber 1, 1. Wenn, ſanft die nachzulangen, der Sehnfſucht Arm 
ſich hebt. Salis, der Entfernten. Wenn in der Arbeit es (das Leder) 
nicht langen wollte zu. Hoffmannswaldau. Ged. 2, 135. Daß die 
Kette fih fort durch alle Zeiten verlänge. Göthe, Metamorphoſe 
der Pflanzen, Sie find durch erlängte Glut fehr jämmerlich ver- 
m Dpis, von der Wahrheit der chriftl. Religion ©. 64. Zur jel- 
igen Zeit ging die Sonne wieder zurüd und erlängerte dem Kö— 
nige das Reben. Luther, Bibelüberfeßung Sir. 48, 36. Berläugerft 
du der Liebe kurze Tage? Göthe, an ein goldnes Herz. Einer von 
den Mablern, die auf der Fabrik arbeiteten, hatte bei dem Theater in 
der Refidenz gehandlangt. Göthe, Meiftere Lehrjahre, 3, 3. 
Anm. 1. Wahrſcheinlich gehört zu lang and der Rame Lenz, das Länger 
werden der Tage andeutend. Das Wort lantet ahd. lonzo, (zuſammengezogen aus 
lengizo ?), lenzinmänöd, lengizinmändd, langiz, mbd. lenze, lengez, lenge 
mänet, agf. lencten, lengten, lenten, Iaencten, Isenten, 5. B. in lenctenid = 
Lenzzeit, lenctenfaesten = Renzfaften. Derwandt damit ift wol das ſlav. leto, 


lato, Hjeto, das eigentlih Sommer ausdrüdt, allmälich aber auf das ganze Jahr 
erftredt worden iſt. 


Aum, 2, Wahrſcheinlich gehört Hierher and) Zunge (ahd. langa, lumgunna, 
Inaginna, lungins, mhd. Junge, ag. Jungen, altn. lunga), fo genannt wegen ihrer 
beweglicheu Beſchaffenheit. Pol. ahd. lungar, mhd. lunger, agf. Jungre = frei 
in der Bewegung, ſchnell, gewandt; altn. lingvi, lüngr = Schlange, 

Glüd ) (ahd. luch, altn. lucka, mhd. gelücke, älternhd. 
Gelücke, Gelück) allgemein angenehmer Zuſtand im Befig und 
Genuß erwünſchter Güter (im weiteften Sinne dieſes Wortes), die 
und durch die Verbindung der Umftinde außer uns zufommen. Davon 
glücklich, d, i. begünftigt durch die Verbindung der Umftände, welche 
außer unjerer Gewalt flegen; in einem angenehmen Zuſtande durch 
einen bon der günftigen Verbindung der Umftände außer uns zufom: 
menden, vollfommenen Beflg und Genuß deffen, was man wünſcht 
oder will. Glücklichkeit, die Eigenfchaft einer Sache, da fle vom 
Glüde herruͤhrt. Glückſelig, eigentlid jo viel als befikreich an 
Glück, im Befondern vom Berge und Genuffe fittlicher Güter ge 


2) Weigaud (Inn. Wörterb. N. 810) betrachtet GIUE als eine Mebenform 
von gelungen, wie Druf neben dringen, Schluck neben fhlimgen. 
Bra 1, 145 t, ob ahd. luch, altu. Jucka zu loden (ahd. I loches, 
lochjan, a d. locken, agf. luccian, altn, locka) gehöre. W. Wader: 
nagel reine Süd, locken und Milch (ieſes fchwerlich mit Recht, f. mels 
Tea) za’ einer Wurzel, . 





343 


brandıt. Davon Glüdfeligkeit, der Zuftand eines Glückſeligen. — 
Biderjepet fi ein neues linheil unferem Glück? Göthe, Iphigenie 
4,4. So lange ihre vorigen Beherricher Fein höheres Anliegen hatten, 
als ihren Bohlftand abzuwarten, näherte fi ihr Zuftand dem ftillen 
Glücke einer gefchloffenen Familie, deren Haupt der Regent war. 
Schiller, Abfall der Niederlande 1. B. Die bekannte Glücklichkeit 
feines Gedächtniſſes war wol nicht der einzige Grund feines fchnellen 
Fortrũckens. Gedike. Aus des Lebens Mühen und ewiger Dual möcht’ 
ih fliehen in dieſes glüdfelige Thal. Schiller, Berglied. So glück— 
(ih nicht und doch Schiller, Macbeth 1, 5. Aber 
wofür der heiße Hunger nah Gluckſeligkeit? Schiller, Räuber 4, 6. 
Um einige gläubige Sünderinnen damit zu beglüdjeligen. Seume. 
Jeder, dem die Beredlung und Beglüdfeligung feiner Gattung 
am Herzen liegt. Kofegarten. — Doppelglüd, Bruder! Benzel- 
Stemau. Mit dem Unbeftand des Erdenglüds Wieland. Noch 
M Ddiefe Nuheftätte des Zamilienglüdes uns gemeinichaftlich. 
Benzel-Sternau. So manches Götterglüd ging durch eine zag— 
bafte Stunde verloren. % Paul. Da drängt fih denn das Haus- 
zwifchen Aeltern und Kinder, und bin find Hausfriede und 
ausglüd. Benzel-Sternau. Fahr hin, o Welt, fomm Himmels- 
lück! Gollin. Wer im Frieden wünſchet ſich Krieg zurüd, der ift ge= 
Üpieden vom Hoffnu ng8 glück. Göthe, Fauſt 2, 240. Uns hat ein Gott 
geiegnet mit freiem Le ——— Goͤthe, Bundeslied. Die ſeligſte 
(Thaͤtigkeit iſt die), welche, alles Andere vergeſſend, Menſchenglück 
ſchafft. Benzel-Sternau. Eine Art von Entſchädigung für das Mutter- 
glück, das ihr verfagt war. Göthe Kein Schattenglüd kann 
dDiefen Bufen fühlen. Schiller. Ihrer Mutter ihr Seelenglüd mit 
betenden Thränen zujchreibend. J. Baul. (Warum) foll unverfucht das 
Siegsglück bleiben mir felber. Voß. Zwiſchen Sinnenglüd und 
Seelenfrieden bleibt dem Menſchen nur die bange Wahl. Schiller, 
und Leben, Ein Ball des Wechſelglücks zu fein. Wieland. 

Heil (mbd. heil, in welchem Wort fi die getrennt neben einander 
Rebenden Formen abd. das heil, agf. hael, altn. heil = Vorbedeutung und 
Wohlfahrt und die heili, agſ. haclu, altu. heill = Wohlfahrt vereinigen) 
angenehmer Zuftand im Befitz und Genuß erwänfdter Güter, die uns zu- 
kommen, mit dem (nicht in Glſick liegenden) Nebenbegriff der Befreimg von 
einem unangenehmen, übeln Zuftande; vornehmlich Genuß innerer (geiſtlicher) 
Güter und Wohlthaten. — Selig (getb. sels, ahd. wAlle, mhd. suelec = 
aut, glüdlich, mit goth. saljan — wohnen, salida, abd. sälida, salda, mıhd. 
sälde, selde — Wohnung, Befip oder Gut, und lat. salus — Heil eines 
Stammes) eigentlich Beſttz oder Gut habend, reich an Beſitz oder Gut; davon 
boͤchſt glädtich, in einem hochſt angenehmen Zuftande; hietnach (angelehnt an 
Seele, geth. säivala, ahd. s&ola, s£ula, sela, mihd. sele, agf. säwel, säwl, 
engl. soul, altu. säl, ſchwed. säl, dan. siäl eigentlich Die bewegende, wogende 








344 





Kraft eines zum Leben gefchaffenen Weſens, und fo perwendt mit See, goth, 
säivs, ahd. s6o, seu, mhd. se, agſ. Söö, see, engl. sea, alin. sA, ser; gr- 
seleıv = hin und her bewegen) befonders von dem angenehmen Zuflande im 
Beige und Genuſſe innerer, d. i. fittlicher Güter (Seelengüter) gefagt; end⸗ 
ih vom Befipe und Genuſſe der höchſten fittlichen Güter, naͤmlich der übers 
irdifchen Kreuden gebraucht. Davon Seligkeit (mhd. selekeit) der Zuflaup 
eines Seligen. — Vergnügt (von vergnügen, bdiefes von genügen 
mbd. gnüegen, you genug, goth. ganöhs, ahd. kinuoo, mhd. Ke(i)nuoc, 
gnuoc, agf. genöh, holländ. genoeg, ſchwed. nog, wol zu nahe, goth. nchv, 
abd, näh, mbd. nähe, altf. nA, näho, agf. neah gehörig) fo daß man anf 
das, was man empfangen bat, nichts mehr will und fich beruhigt fühlt; ger 
müthöheiter, daß man ſich fo angenehm fühlt, wie man es wünſcht. Aufrier 
den (ahd. zi fridiu == zu Frieden, friedlicher Weife, Friede ©. 249); eigent- 
ih fo, daß man unangeregt von unangenehmer Seelenbemegung oder Seelen⸗ 
flimmung und yon Widerſtreit ift; dann im Befondern nicht beunruhigt, etwas zu 
wollen, was man night at, oder mehr zu wollen, ald man hat. Befriedigt (von 
befriedigen ©. 249) in Beziehung auf das, was man, unangenehm in ber 
Beele bewegt, wollte, dadurch geftillt und beruhigt, DaB es und geworden if. 
— Zum Bühle da rettet euch! harret derweil; gleich kehr' ih zurüd, uns 
allen ift Heil. Göthe, 3. Sebus. Euch will ich meine letzte Beichte thum, 
und Euer Mund fol mir das Heif verfünden. Schiller, Marig Stuart 5,7, 
Heil dir, Menſchengeſchlecht! Bald wirft du felig wie ich fein! Klopſtock, 
Meſſiaß 5, 286. Wie felig, wer fein Liebchen bat, wie ſelig lebt der 
Maun! Bürger, Zuft am Liebchen. Reichthum mag, wenn du es willit, did 
glücklich machen, aper nicht fefig. Herder. Ach, ich fah den Himmel 
offen und der Sel’gen Angefiht! Schiller, Iungfrau von Orleans 4, 1. 
Schäfer, lernt von feinen Seelen falte Worte, kalten Blick. Richt die Ser 
ligkeit erzählen, fie verfrhweigen, das it Glüd. Boje, in Ramlers Igr. 
Blumenlefe 2, 38, Lotte fann vergnägt fein; alle Theile find zufrieden, 
wenigſtens kann Keiner fagen, daß ex verliere. Duſch. Ich glaube in ber That, 
daß fie in ihrem neuen Stande zufrieden lebt, vielleicht glücklich. Duſch. 
7 Hoffmannswaldau gebraucht glückſelig in der Bedentung von 


lücklich, erfolgreich: Er war in Weber epungen vortrefflich glückſ —— — 
Mit gleicher Blüdfeligkeit Chat er überſetzt)) Vorrede zu ſ. deutſchen Ueber⸗ 


ſetzungen. Hug (Rhetorica, Tübingen 1528. 46 b) ſagt: Glickfamlich für 
olädlich. Sielven (1557. 12b) u. U, glüdhafftig. . 
Unglüd, ſiehe S. 318. — Bon fafihen Freunden droht Dir 


nabes Unheil .,. Komm, fies es felbft in dem Planetenftand, Daß 
Unglüd Dir von falfchen Freunden droht, Schiller, Wallenfteins 
Tod 5, 8. Spiel der Witterung des Glücks und Unglüds, feines 
von beiben wißt ihr je zu beftehn mit Gleichmuth. Göthe, Fauſt 2, 208. 
Wo noch zum Ungelüd am Bock ein weißes Haͤrchen ift, alsdann 
Ade, Genick! Bürger, der Raubgraf. — Bei Maͤdchen, die dur Lie- 
besunglüd a find, wird ein Heirathsvorſchlag bald gar. Goͤthe, 


Götz von Berlichingen 3, 





848 


Nuhell (ahd. das ushes, die unheilt, mhd. das unbeil) zunächſt Zuſtand 
des Ungeinubfeind, Siramfheit (beſonders Tobſucht); davon treffendes, einen 
Zuſtand gefährdendes Webel; überhaupt das ZJukommende oyer Zugelommene, 
was zu empfindlich nnangenehmem, übelm Zuflande wird oder gereicht, dies 
wog uns in einer Berbindung der Unflände außer und liegen oder in der 
Abſicht Anderer, oder eine Folge eines Thuns fein. Unfteru (aus dem Glau- 
ben an hold oder feindlich einwirkende Geſtirne entfiandener Ausdrud, von 
Stern goth. stairno, abd. siörnd, störn, störro, mh). sterne, stern, större, 
alm. stiorna, engl. star, ſchwed. stjerna, bolländ. sterre, star; vgl. gr. 
asrzp, lat, stella) eigentlih Stern, woraus Ungläd, widriges Schickſal ges 
weißagt wird, d. i. Unglüd, widriges Schidfal anzeigender, bringender Stern; 
dann diefes widrige, böfe Schickſal felbit; davon überhaupt Uebles, was nad 
höberer Weltordnung unabwendbar widerfährt. — Ad, man hört fo manr 
het Unheil von den Räubern dort im Walde! Grillparzer, Ahufrau 1. 
Ad! vieleicht, indem wir hoffen, hat und Unheil ſchon getroffen. Schiller, 
Glode. Hat mein Unftern fi verfchworen, daß ich iterbend leben ſoll? 
Ganig. Schwebt doch immer ein Unftern Über mir, jobald ich einmal ruhen 
and mir wohltbun wil! @öthe, Wahlverwandtfchaften 1, 9. 

. Im Simpliciffimns 4, 13 ſteht Stern im Sinn von Glück: Im 

abrigen Hatte ich abermal wenig Stern. So aud bei Aventinus (Chronik 1580, 
8 um: Diefer zeit haben die Mömer nicht viel Sterns gehabt, groß Vnglück 


uUnglũcklich und verunglüdt ergeben fic, in ihrer Sinnverwandt- 
ſchaft leicht aus glüflih und verunglüden ©. 342. 347, — 
AH! daß die Menichen jo Unglücklich find! Göthe, Fauſt 1,152. — 
Ans Berunglüdung. Simpliciſſimus 2, 37. 

Gluckbegabt u. a.; Glücksball, baum, —bote, — botſchaft, 
—bude, —göttin, —gut, —hafen, — haͤndchen (Name einer Wurzel), 
— pr (fiehe Pig S. 177), —ritter, —rutbe, — ſpiel, —ftunde, 
ug, —murf, —zug u. a.; Glüdfeligfeitslehre, —Ichrer u. a. 
— Run aber, nun verkannt' er weiter nicht Ben glüdbegab- 
ien Götterjohn. Bürger. Des Spähers glüdbefräönte Wach— 
kmfeit. Schiller. Auch das hat fo fein Glückhaftes und 
Mingelt nach guter Vorbedeutung. Klopſtock. Die Wort nur 
halt dem Ohr mit Slüdverheißung. Shafefpenre, Macheth 5, 7. 
Die grauenhaft die Reihe glüdnoller Stunden fchloß. Thimmmel. 
Ju einem Aufzug, der nicht glückweiſſagend ſchien. Wieland, 

‚bin verlegen, ob ich den Glückwunſch ſchon empfangen darf. 

iller, Piccolomini 1, 1. (Er) ſandte ein langes Gluckwunſch⸗ 
ſchreiben an Viktor. 3. Baul, Hefperus 7. Man beglückwünſchte 
den bi. Medardus. Muſaͤus. Das it ein Gluͤcks fali. Shakeſpeare, 
Raß für Maß 4, 8. Wenn die — den Großen und Machti⸗ 
ge wiederträchtig ſchmeicheln. Klinger. Sie find ja ein rechtes Glüds- 

ind. Gellert, Froh ladet der Gliücksmann über die Schulter zur 
Gran. Sonnenberg. Aber wie viele ganz andere Männer, als ich bin, 


N t 








546 





bleiben im Dunkeln und fehen fih von unverichämten Glüͤckspilzen 
verdrängt. Schiller. (So) verdroß es mich Doch bei aller Freude, daß 
der Glüdsprinz jo zweckmäßig gebildet fei. Goͤthe. Hab’ fie jo 
eben. im Glüdsrad gewonnen. Schiller, Wallenſteins Lager 3. Der 
Glücksſohn begegnete dem Sohne des Elends. Benzel- Stermau. 
Der fteigende Pol bededte unter andern füdlichen Sternbildern auch 
dieſes warme, das mit Glücks ſonnen jo lange über ihm geſchimmert. 
3. Paul. Nicht den italifhen Strom, wo Cäſar wagte den Glücks— 
jprung. Baggefen. Das Vertrauen anf Gott, diefer hohe Glücks— 
ftand Der Seele. Hermes, Wie er den Schaß, zu dem fein Glüds- 
ftern ihn gefiihrt, aufs wäürdigfte benugen werde. Bürde. pre 
Glücksumſtände berechtigten fie. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 14. 
Sie, die Glückswechſel und Eheftand nicht verichlimmert hatten, 
bot und beichwur ihren Gemahl; bis er nachgab Meißner. Eine io 
fchnele Glückswende Eonnte er nicht ertragen. Campe. — Die 
. macht der Verſtand und die Wahl J Klopſtock, 
Meſſias. David erwachte, ach, glückſeligkeitsſatt und nach dem 
herrlichen Bilde. Daf. 11, 910. 

Unglüdahnend, —ftifter u. a.; Ungludsbaum, — all, —ge- 
noſſe, —geihichte, —gejell, —jahr, —kind, —ſchmied, — ſchweſtet, 
— woche, —zeit u. a — Ein Wellenſchlag erſchreckt ihr unglüc— 
ahnend Ohr. Wieland, Oberon 8,51. Wie unglückbringend. . .iſt 
Feindſchaft zwiſchen Brüdern. Schiller, Braut von Meſſina. Wie, wird denn 
feiner des Orkans gewahrt, der unglüddrohend ſchon am fernen 
Weſt aufichauert? SKofegarten. Und wie zu unglüdihwangern 
Zügen Amandens Sterne ſchon fi an einander fügen. Wieland, Obe⸗ 
von. Du Unglüdjelige Luther, Bibelüberſetz. 4. Ef. 15, 59. 
Jedes Raufchen kündigt mir den Zußtritt eines Unglüdsboten an. 
Schiller. Den jchönften Boten Unglücksbotſchaft häßlicht ihm. 
Göthe, Fauft 2, 221. Sein Unglüdsbruder — herbei. Campe. 
Wer wie Cervantes den echten Ritterſinn durch edles Hingeben für 
Unglücksgefährten feuerbewährte. Benzel-Sternau. Traf er ein 
Unglückslos. Voß. Inzwiſchen hatte das Gerüchte Das Unglücks— 
nie gern verbreitet und verziert. Wieland. Bis am fſläiſchen 
. Zhore endlih, an dieſem Unglüdsorte, Der trmirige Abſchied der 
Scene endet. Herder. Sie zog des Wolkenſammlers Panzer an, bewehrte 
fih zur Unglücksſchlacht. Bürger, Ilias. Unglüdsjeher, der 
nie eim gedeihliches Wort mir geredet! Voß, Ilias 1, 106. Ihr 
helft aus dem Staube dem Unglädsjohn empor. Alxinger. Duß 
über mir die Unglüdsfterne ftunden. Schiller, Wallenfteins Tod 
3,2 Mag diefe Unglücksſtunde verflucht auf ewig im Galender 
ftehn! Shakeſpeare, Macbeth 4, 1. Kein Unglüdsfturm füg' ihr 
ein Unheil zu. Lohenſtein. Und mit dem Unglüdstag fimng's an 
Das große Herzeleid des Landes. Schiller, Piccolomini 4, 5 Daß 


847 





fe den Som zur Unglülschat entflammte. Collin. Wie zur Däm⸗ 
merzeit ein fhwarzer Unglüdsvogel fchreit. Uhland, die Sieges⸗ 
botihaft. Was Hab’ ich nicht getragen und gelitten im Ddiefer Che: 
unglücksvollem Bund. Schiller, Braut von Meifina, Der Diejes 
Ungludswort ausiprad. Schiller, 

Glücken (von Glück) zu gutem Erfolg oder Nusgang kommen, 
wobei man vornehmlich auf die außer unjrer Gewalt ftebenden, dußern 
Begebenheiten und limftände ficht, infsfern folche zu dem guten Er- 
folg oder Ausgang wirken. — Mißglücken ift das Gegentheil Davon. 
— Berunglüden — ſich zum entgegengefeßten nachtheiligen, Ver⸗ 
ut an fid) tragenden Erfolg oder Ausgang wenden, injofern dies vor- 
nehmlich durch Einwirkung außer unferer Gewalt liegender, äußerer 
Begebenheiten und Umftände geichieht. — Beglüden — Einen glüd- 
lich machen. — Solch ein Rageut es muß euch glüden. Göthe, Fauſt 
Boripiel. So hat fichs außgeglüdt. Simpliciifinus 3,7. Miß⸗ 
glückt es ihnen, je mißglüdt es und. Shafeipeare, König Johann 
5, 4. Dod daß der fonft fo fiegenden Gewalt Doolinen zu befingen 
mißgeglückt. Alxinger, Doolin 3, 35. Diefe Briefe wurden denen, 
für welche fie beftimmt waren, mit abfichtlih verunglüdter Heim«- 
lichkeit zugeſtellt. Schiller, Abfall der Niederlande 4. B. Beglüdt, 
beglückt, wer die Geliebte findet. Hölty, Geligfeit der Liebenden. 
Zu der Mutter will ich dich tragen, eine unbeglüdende Laft! Scil- 
ter, Braut von Meſſtna. — Er war der Beglücker und Gejepgeber 
von Menichen, die er gerettet hatte, Zunfe. Feuergeborner Erdbe- 


gluder Willamev. 
Hingen, 


(Burzel hrin—g, rin—g; hrie, ric? vgl. altn. hröck = ich werde 
gedreht, altn. kringr = Kreis, altilav. krag = Kreis, gr. xelxog, 
lat. cireus = Kreis; ital. aringa, franz. harangue.) 

Hinge, rang, gerungen, ringen (ahd. rinku, ranc, runkumes, 
runkan£r, rinkan und ringan; mhd. ringe, ranc, rungen, gerun- 
gen, ringen; agſ. vringen = ausdrüden) mit der Grundbedeutung 
winden, drehen; dann mühſam und andauernd in thätlicher Bewegung 
gegen Hindernifte fein nach einem Gegenftande. — Er rang ‚die beben- 
den Hände. Klopftod, Meifins 6, 114. Ringt nicht die Hände jo! 
fill jegt Euch nieder, laßt Euer Herz mich ringen. Shakefpeare, 
Hamlet 3, 3. Nach Balmen ringt er, die im Himmel für der Un— 
fterblichen Rechte ſproſſen. Klopftod, dem Erlöſer. D Königin, Daß 
ih gerungen habe, gexrungen, wie fein Sterblicher noch rang, 
iſt —* mein Zeuge. Schiller, Don Karlos 1, 5. (Sie haben) um— 
ſenſt den harten Kampf mit der Natur gerungen. Dal. 3, 9 
Die Herzogin ringt mit dem Tode. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 12, 
Ber friſch umberfpäht mit gefunden Sinnen, auf Gott vertraut und bie 





348 


en Ran der ringt fich leicht aus jeder Fahr und Noch. Schiller, 


Die Synonymen |. hei Fechten S. 148, 

Anm. 1. Die Bräteritalform (rung), rungen fiubet fih noch im 18, 
Jahrh. Der mit dem Tode runge. Weichmann, Poefle der Niederfahfen 1, 11. 
Es rungen die gefhwächten Arme mit Jammer, Unrub, Angit und Tod. Günther, 
weltliche Oden und Lieder 45. 


Ringe, zingte, geringt (ahd. hringön, ringöun, uhd. ringen, 
altu. hrinuga) von Ring ?) gebildet, mit einem Ring umgeben, ver⸗ 
iehen, wird öfters, beionders in Zuiammenjegungen mit dem obigen 
zingen verwechjelt. — Und es ringte fih da ein Häuflein winziger 
Inſeln al’ um die Mutterinfel. Sonnenberg. 
Umringen (ahd. umbihringan, von be. umbihrinc, mhd. um- 
berine = Umkreis) eigentlid) nad) fchw. Gonj. gehend, oft aber (durch 
Vermiſchung) zur ftarken gerechnet, heißt eigentlich vingweile, dann 
einem rede vergleichbar alljeitig einjchließen. — Er ift faſt umringt. 
Söthe, Götz von Berlichingen 3. Da diefer Wonne Strom fie um- 
tingte. Klopſtock. Und er kommt, ed umringt üm die jubelnde 
Schaar. Schiller, Taucher. Die Arme wirft er um die Schlang und 
hält fie feit umrungen. Uhland, der Königsjohn 7. Umrungen 
jahn wir uns von beiden Heeren, nicht Hoffnung war zu flegen noch zu 
fliehen. Schiller, Jungfrau von Orleans t, 9. Den Mächtigen in feines - 
Heeres Mitte, umringt von feinen Zaujenden. Schiller, ‘Piccolomini 
5, 1. Doch von Mauern noch umrungen. Grillparzer, Ahnfrau 5. 
Umgeben (f. geben) af» oder aud nur mehrfeitig einen Kreis ober 

ein dem Kreiſe vergleichbares Aeußeres, dann überhaupt ein Aeußeres um 
etwas bilden oder machen. Umzirken (von dem aus lat. circus = runde 
Umfangslinte, Kreis, circa — rundum entlehnten ahd. umpicirc, mhd. umbe- 
eirkel = Umkreis) ift dem edeln Styl eigen und bedeutet: eine beſonders 
alljeitig gleichweit vom Mittelpunct entfernte, wieder in Ach felbit laufende 
Linie iu Beziehung auf ein Inneres befchreiben oder bilden, eigentlich wie 
figürlich. Umzingeln (von dem ans lat. cingulaum == Gürtel, cingere — 
gürten, umgeben, entlehnten mhd. ziogel — enge Umſchließung, Zwinger) 
aflfeitig eng einfchliegen, um den Ausgang und freied Bewegen zu beuchmen, 

— Nahe umgeben dich die Nebe des Verderbens. Schiller, Walleufteins 
Tod 5, 5. Auch die Spangen nicht vergeht, die ſchönen Arme reizend zu 
umzirken. Schiller, Braut von Meſſina. Ich lobt' euh, wenn ich end 


1) Ring tft ahd., altn., altf., agf. hring(c), mhd. rinc = Kreislinie; dann 
freiöfinienfdrmig Gemachtes; von Perfonen gebildete Kreis: nnd Bogenlinie; der 
Kreis und Bogen, in weldhem bei Gericht die Urtheilſprecher und Richter ſaßen; 
Kreis, in dem die Menge zu irgend einem Jwed ih verfaumelt. Baderuagel 
rechnet das Wort mit ringen (= kämpfen) zu einer Wurzel; Weigand hegt 
pause dagegen; Graff (U, 528. 1V, 1168) und Diefen bach (goth. Wört 
, 237) führen ahd. hringan und ringan = fämpfen, und ahd. hringön, hringjan, 
fingön, ringjan = mit Ringen verjehen an. Sind beide Formen urfpränglid 
nicht verwandt, fo trat doch fchon fehr frühe eine Vermiſchung ein. 





— 88 


Gabi in der Mitte fände, von Gans umzirkt umd maenbbraus. Göthe, 
Fanſt 1, 212. Man umzingelt fon den Bart. Schiller, Maria Stuart 
8, & Limnfer Feldherr iſt umzingelt. Schiller, Jungfrau von Orleans 
5, 11. Bon Diamanten glänzen die Miederfpangen und das Band, das ihren 
Lilienarm umzingelt. Alginger, Doolin 9, 58, j 
Ab—, an—, auf—, aus —, be—, bei—, durch —, empor—, 
eut—, entgegen—, er — (5.149), fort—, heraus — hervor — los -, 
nach — nieder—, über — wett — zer—, zu — zufammenringen be= 
ditrfen feiner weiteren Erklaͤrung. — Die Prieſterin ums abzurin 8 N. 
unflürmt uns der Dolopen Schaar. Schiller, Aeneis 2, 75. Sie 
ganz allein, die löwenherz'ge Jungfrau, flritt mit dem Wolf und rang 
das Lamm ihm ab. Schuler, Jungfrau von Orleans Prolog 3. Das ' 
Reh zu entflieh’n mit den Füßen is abrang. Voß. Er, ſich felber 
— ob auch Verkennende dort anringen und dort, Voß, Dar⸗ 
ellung. lUnmuthsvoll dann trägt er jein Loos, anringendeg 
Geiſtes. Voß, Düpfiee 18, 135. Da ſchauderte durch's 3 die 
Kraft, fih aufzuringen. Ziedge, Urania 4. Aber der andere Ber 
brecher, ein Jüngling, verführt in der Blüthe, böfes Herzens nicht, 
doch bingerifien zur Sünde, rang aus jeinem Elend fih auf, Klop- 
Kid, Meſſias 8, 310. Ausgeftritten, ausgerungen iſt der lange, 
ſchwere Streit. Schiller, dns Siegesfeſt. Endlih bat fie ausge» 
rungen, die. Erlöfungsftunde naht. Ziedge, Urania 3. Nur das 
Mägdiein ſei Riemands Schap, bis fie beriugt vom Priefter wird, 
Rojegarten. Ihre legten durchrungenen, durchkämpften Zage 
n. Je mehr die Geele fih emporringt zu dem Frieden. 
Ziedge, Urania 5. Sein Rom ward ibm (dem Brutus) entrungen. 
Tiedge, Urania 5. Welches (Blachfeld) der. Fleiß mühſam braufenden 
Bogen entrang.. Boß, Das Brautfeft 68. Ein tapferes Häuflein 
— entgegenrang. Pyrker, Rudolph 6. Im Sturm erringt 
er den Minneſold. Schiller, Wallenſteins Lager 11. Wie der Herbſt⸗ 
tag klar aus Nebelgedüft ſich hervorringt. Voß, an F. G. Jacobi, 
Du ſtreckteſt... indeſſen tauſendmal den losgerungnen Arm' nach 
deinem Better. Alxinger, Doolin 6, 72. Und ringt in ſtill verfei- 
werten Gefühlen der lieblichen Begleitung nach. Schiller, die Künſtler. 
Etlich waren überrungen. Ziturel. Fürder aud) wollen von Tag 
zu zu wir erwartend dort um Den Breis wettringen. Voß, Odyſſee 
2, . Sie wettrangen. !) Rückert, gel. Ged. 3, 346. Wenn 
unjere Kinder mit aͤngſtlichem Blide und mit bebendem Knie, mit bang 
jerrungenen Händen gehn und den Gott der Väter in feinem Hei- 
ligthum ſuchen. Klopftod, Meffias 3, 314. (Sie) zerfchlug den Bu⸗ 


2) Eigentlich if wettringen als flarkes Verbum falih. Siehe Grimm 

: : 623 und meine Grammati? I, 2. 6. 102 f. Schwache Berba der Art, 

aibt es viele. Eine große Zahl hat Tetpel zufammengeftellt in Viehoffs Ars 
chiv für den dentichen Unterricht 2. Jahrh. 2. Heft &. 15 f. ’ 





850 


fen und zerrang Die Hand. .. ‚ Xenore. Wenn ein ſehnend 
Hoffen dem höchiten Wunfch ſich traulih zugerungen. Göthe, Kauft 
2, 7. (Die u den glatten Leib im Reif zufammenringt. 
Schiller, Aeneis 2, 83. 
Anm. Die Barticivien geftatten no andere Zufammenfegungen: Aber ibt 
Herz wird abgeqwält von Arbeit uud Schweiß bartringender Mübfal. Dos, 
- Alias 17, 745. Mit Banggerungenen Händen. Klopſtock, Meat. Mit 
bangzerrungenen Händen. Daf. Werth der großen Betoßnung... fei der 
dauernde Kampf der bimmelringenden Seele! Daf. 10, 954. Bol von Bow 
efühlen fampferrungener Uniterblichkeit. Dentfcher Merkur. Bertraut der 
J Wahrheit. Voß. Auch dieß iſt Lohn des früherrunge— 
nen Zieled. Klopſtock, die Königin Luiſe. Wie dort Pettarch im felsumting-— 
ten Thal. Salis, an ein Thal. 

Ringer, einer welcher ringt, befonders ringend kämpft. — Hoͤh're 

Diele ftärkten da den Ringer. Schiller, Götter Griechenlands. — 
od) dem Eros fiegt er ob im beinftellenden Ringerfpiel. Göthe, 
Fauſt 2, 232, 

Erringung; Errungenſchaft (in der Volksſprache auch bloß 
Rungenjchaft) errungene, durch eigne Anftrengung erworbene Gü⸗ 
ter 2), im Gegenſatz der Erb⸗ oder Stammgüter, des Rehens, der Mit- 

ift ꝛc.; befonders heißt jo Das Vermögen, das Eheleute während ihrer 

e fi} erworben haben. — Zu Erringung des fchönften Krauzes 
der Mufen. Göthe, Meifterd Lehrfahre 3, 9. Die fchöne Harmonie, 
die füße Ruhe des befchaulichen Verweilens, die uns einft cme Er⸗ 
rungenfhaft unjerer Kunftftudien duͤnkte, iſt nicht mehr gewüt⸗ 
digt. Augsburg. Allg. Zeitung 1847 Nr. 5. | . 

Ring ift in feinen verfchiedenen Bedeutungen 5.348 angegeben. 
— Alſo ſprach fle und fledte die Ringe nebeneinander. Säle Her⸗ 
mann und Dorothea 9, 297. Der Kloben, woran Zeus den Ring 
der Welt, die fonft in Scherben ging, vorfichtig aufgehangen. Schiller, 
bie Weltweifen. Um ihren Raten in Dunkeln Ringen flel das Haar. 
Schiller, Jungfrau von Drleans 1, 9. Wollt ihre in ungen Ringen 
ruhig tanzen. Shafefpeare, Sommernadhtstraum 2, 1. Wohlan, io 
fei der Ring fogleich gebildet. Schiller, Tell 2, 2. Durch den gan- 
gen Ring der Meere. Platen. Was den großen Ring (Erdkreis) 

wohnt. Schiller, an die Freude. — Eine der Geſtalten feuchtet, wie der 
friiye Blumenring, der vom erften Than befeuchtet um Die junge 
Tellus hing. Tiedge. In dem Löniglihen Schatze lag ein ungeheurer 
goldner Fingerring. Göthe, dieneue Melufine Den Naden amläuft 
ein goldener Halsring. Voß. Gleichſam als Ketten und Najenringe, 
um die Eitelfeit zu zähmen. J. Paul, Siebenfäs 3. Wenn nuͤr Die 


I) In nenefter Zeit bat das Wort „Errungenfdaft“ eine mehrfach erweiterte 
Bedeutung angenommen, indem ed Das durch jedes denkbare Mittel, in ftärmifcher 
a ag felten durch offenen Aufruhr, und mit roher Gewalt an fich Beriffene 

ezeichne 

2) Abd. ring dörd ẽrdo, wöralthring. 


351 


Ohrring’ meine wären! Göthe, Fauſt 1, 143. Noch lange traf der 
Bauer, der hinter'm Pfluge ging, auf roſt'ge Degenklingen, Speereifen, 
Banzerring. Uhland, die Döffinger Schladht. Ach bin um einen 
Siegelring von meinem Großvater gefommen. Shafeipeare, König 
Heinrich IV. 1. Thl. 3, 3. Da er den Treuring von Helenen 
nahm. Wächter. Sobald der Zauberring an feinem Finger ftedt. 
Bieland, Dberon 3, X. 

RNeif (goth. räips, ahd. mhd. reif, agf. räp, altn. reip, niederd. röp, 
mittelrhein. Volksſprache Raf) urſprünglich fo viel als Seil, dann gefchluns 
genes, beſonders kreisgefchlungenes Seil und fofort Kreislinie; daraus ums 
ſchließendes zufammen haltendes Band, namentlich wenn es in Kreisform ift; im 
Befondern wieder Bloß das runde Band des Ringes ohne die Verzierung. — 
Zirkel (mbd. cirkel, lat. circulas, von circus ©. 348) der Kreis, der in 
allen feinen Theilen gleichweit vom Mittelpunet entfernt iſt, fteht zuweilen wie 
Reif figfrlih von der Krone — (Er) zog ihm vom Finger den Trauring, 
nahm den Ring der Mutter darauf und verlobte die Kinder; ſprach: noch 
eiumal fei der guidenen Reifen Beſtimmung, fe ein Band zu knüpfen. 
Hermann und Dorothen.9, 240. Der Ring maht Ehen, und Ringe find’s, 
die eine Kette machen. Bringt Seiner Hoheit dieß Geſchenk (den Derlobungss 
ring). Es ift noch feine Kette, bindet mich noch nicht; doch kann ein Reif 
draus werden, der mich bindet. Schiller, Maria Stuart 2, 2. Der goldne 
Reif der Herrichaft foll fie ſchmücken. Zedlitz, Turturell 2. Mit der fihern 
Hand meint er den goldnen Zirkel fchon zu fallen. Schiller, Biccolomini 5, 1. 

Rings (ehedem auch gerings), ein genitivifches Adverbium von 
Ring, bedeutet in oder nad Kreisumfang. Stärfer und voller iſt 
ringsum (ſchwed. omkring). — Ein Schrei des Entſetzens wird 
tings gehört. Schiller, Taucher. Don Ddiefem ringsum fteilen 
Schloß lafſ' id die Augen ſchweifen. Göthe, das Blümlein Wunder- 
ſchön. — Iſt's nicht genug an Dielen flammenden Boten, die ringe 
berum auf allen Bergen leuchten? Schiller, Zell 5, 1. Wo eine herrliche 
Buche ringsumber ſich freien Raum gehalten hatte. Göthe, Meifters 
Banderjahre 1,8. Grillengefchwirr war ringsher. Voß, Luije 1, 125. 

Um (ahd. umpi, umbi, mhd. umbe, um, älternhd. umb, altf. umbi, 
agf. ymbe, ymb, altfrief. umbe, altn. um, gr. aupl) hat bie räumliche 
Grundbedentung einer mehr oder weniger freisförmigen Richtung in Beziehung 
eines inneren Gegenſtandes. Herum bezeichnet zunächft In oder nach einer 
mehr oder weniger freisartigen, alls oder mehrfeitigen Bewegung oder Rich⸗ 
tung. Umher bezeichnet zunächſt die im Beziehung zum etwas nach allen oder 
mehreren Seiten im Aeußern defielben hinlauiende Richtung. — Sie dreht 
am die ſchnurrende Spindel den Faden. Schiller, Glocke. Des ganzen Gaues 
Bauern ftehn um den Ort gefchaart. Uhland, die 3 Könige von Heimfen. 
So regen fi alle Geftirne mit dir und um dich umher. Göthe, Begen- 
wart. In diefem Revier herum, fagen fie, werd’ ich ihn antreffen. Schil⸗ 
ler, Räuber 3, 2. 





2 


358 


a, —amſel, —anker, —auge (Ratte), —band, 

—bauch, —bein (an den Hufen der Pferde), —blume, — 
-bord (auf den Schiffen), —bürger, — deich (im Waſſerbau), — droſſel, 
—finger, —ſiſch, —gießbeckenband, —gießbeckenmuskel (beide in der 
Anatomie), — haken, —horn, —fnorpel (in der Anatomie), — fragen, 
— aut, —lerche, —Iuftröhrenband (in der Anatomie), —maß, — marke, 
—panzer, —platz, —Ihachtel, —ſchildknorpelband, — ſchildmuskel (beide 
in der Anatomie), — ſchwamm, — ſpindel, — ſtock. —tanz, —tau (auf 
den Schiffen), —uhr, — weiſe u. a. — Ringartige Narben an 
einem Stode. Willdenow. Der Rubin, welcher in feiner Ringfai- 
fung ung für fid) fortglänzt. Benzel-Stemau. Wie die Sonne bei 
der ringförmigen Finfterniß. % Paul, Titan 21. Sieh! er lehnt 
die fchwebenden Planeten ew’gen Ringgangs um die Sonne fliehn. 
Schiler, Phantaſie an Laura. (Sie) ergriff ein Ringfäfthen. Göthe, 
Meifters Lehrjahre 3, 13. Warum eine ſchöne Hand eine höderige 
Ringkugel werden muß. J. Paul, Siebenfäs 3. Hier, wo man, 
den Hohlweg durdy die äußern Ringmauern berauflonmend, vor 
die eigentlihe Burg gelangt. Göthe, Novelle: das Kind mit dem Lö- 
wen. Das Fliehen und Ringrennen des flingenden Tanzes. 5. 
Baul. Zum Ringipiel riethet ihr. Göthe, Fauft 2, 268. Lippert 
Zeigabdrüde alter Ringfteine, — Hände verſchlinget freudig 
zum Ringverein. Göthe, Fauſt 2, 386, R 
Ningel (ahd. die ringila = rundes Gebäck und Sonnenblume, 
mhd. ringel = Sonnenblume) jowol die Fleinere ringartige Umſaſſung, 
Se um die Augen, am Halſe eines Vogels, ald aud) die ringartige 
iegung. Davon wol Kringel = rundes Gebäck, Brepel 1), auch 
(met Kringen) eine runde Unterlage auf dem Kopfe beim Tragen 
(vgl. altn. kringr, kringla = Kreis, neuniederl. kring — Kreis, 
Kranz, krink = Kreis, ſchwed. kringla, dän. kringle — rundes 
Backwerk, ahd. protrinch, ringila — rundes Backwerk). — Und tanz⸗ 
ten Ringel nad) des Windes Pfeifen. Shalefpeare, Sommernachté⸗ 
traum 3, 1. Gräßlid fchaut er (der Drache) umber in Ringel 
gedreht um die Felsfluft. Voß, Ilias 22, 95. Wie fi ihr Haar, 
mit weichem Riederwallen, in Ioje Ringel jchlingt. Salis, Berenice. 
Weil frau wie Rebenringel dein Haupthaar wallt. Boß, der Kuß. 
Unter ihm (dem Strobhut) flog in den Wind des dunfelen Haare 
Geringel. Voß, Luiſe 1,116. Im Lodengeringel leuchtet hoch 
ihm ein Stern. Sonnenberg. Ringel Ringelein Rofenkranz! Voß, 
Maid. — Er holte die Kringlen, wie fle gar wurden, heraus. 
Goͤthe, ital. Reife Neapel 19. März 1787. Die Sonne malt zitternde 


2) Das Wort lautet ahd. pricella, prezita, pre ioß: mhd. brezite, bresi- 
telle, hrizelle, breceline — verſchlungenen Armen ähnliches Weizeugebäck, ams 
mittelat. bracellus von brachium = Arm, gl. ital, braccialetto, franz. bra- 
cclet = Armband. 


353 


Kringel (runde Schatten der Schüäffel) an die Wand. Chanıiffo, die 
Rache. Und bracht! ein großes Gebacknes, Butterfringel im Dorfe 
enannt, von dem Thüringer Brezel. Voß, Luije 3 b, 375. Eyn 

glein mit eym frengel. Fiſchart, Gargantua S. 441. Sie legte 
ihren Kringen zurecht. Göthe, Werther Leiden I, 15. Mai. 

Ringeln (ahd. hringilön, mhd. ringeln) 1) mit Ringeln ver 
ieben; 2) in Ringel legen; 3) in Ringel fallen, fih krümmen. — 
Doch er (der Krug) hielt fich ftät aufdem geringelten Tuch. Göthe, 
Alezis und Dora. Da ringelt’d und jchleift es und raufchet und 
wirrt. Göthe, Hochzeitlied. Er hatte fein blondes Haar in ſaubern Locken 

eringelt. K. Schmidt. Die ringelnde Schlange. Boß. Kurze 
en ringelten fi um's zierliche Hälschen. Göthe, röm. Elegien 4. 
Anm. Statt des der höheren Sprache angehörenden Wortes Ring und des 
minder edeln Ringel, vom Haare gefagt, hat die Dichter» und höhere Umgaugs⸗ 
ſprache Rode (ahd. der locch, mhd. loc, altf. agf. loc, aftn. lockr, aus ahd. 
liuhhao, agf. Iyccan, mhd. liechen = zupfen) eigentlich "ringelärtiger, gleichſam 
in ih zufammengelaufener Haarbäfehel; die Volksſprache Krolle (mhd. krülle, 
von krüllen — fräufeln) büſchelartig in fi gekrümmt zufammenlaufendes Haar. 
Ab—, an—, auf—, aus—, auseinander —, be —, durch —, ein —, 
empor—-, ent—, berab—, hinab —, nach —, über—, um —, 3u—, 
zuſammenringeln find an ſich klar. — Die Furienſchlangen ringeln 
fih zu Locken auf. J-Paul, Siebenkäs 5. Ihr dunkles Haar, na= 
türlich aufgeringelt, wallt auf ein fchimmerndes Gewand. Alginger, 
Doolin 9, 58. Sobald einer die in der beiten Verzifferungskanzlei 
verzogenen Namen der erften Bände des Titan auseinanderringelt. 
J. Paul, Titan 9. Da gerade#Eitle die meiften (Ringe) tragen und 
die beringelte Hand am meiften bewegen, 3. Paul, Siebenkäs 3. 
Belbberingelte vnd vngberingelte Juden. Fiihart, Gargan- 
ta ©. 379. Der Jungfrau lockenberingelte Lilienarme. Son⸗ 
nenberg. Blutig trof ihm das Haar, wie der Huldgöttinnen Gekräu— 
jel, ‚fihöngelodt und ae mit Gold und Silber durchringelt. 
Voß, Ilias 17, 51. Entringelt auf die Schulter finft die Hälfte 
goldner Locken nieder. Bürger, die beiden Liebenden. Wie ein Seil 
umringelt den freifenden Wellbaum. Pyrker, Tuniflas 7. Und die 
umringelnden Schlangen zurüd vom Geficht ſich werfend. Voß. 
Und mit Sonnen umringelte Welten. Sonnenberg. Emlich widelte 
der zufammengeringelte Schützenknäul fi) in langen Fäden ab, 
$% Raul, Siebentäs 7. | 
Anm. * participialer Zuſammenſetzung ſagt Voß: Schlangenumrin— 
gelte Schweſtern. 

— —bär, —biene, —bohne, —brot (Bretzel), —drof- 
jel, —fall, —fliege, —fuß (des Pferdes), —gaus, —gedicht, —fette, 
—foralle, —fraut, —kuckuck, —mewe, —molte, —natter, —ode, —per= 
fing, —tabe, —raupe, —taupenmotte, —veim, — rennen, —titt, — 
(Ritornell in der Mufit), — ſchlange, —ſchote, —ſchwanz, —ſpatz, — ſte⸗ 

28 


— 





354 


den, —ftehbahn, — ſtock, —ftüd (Rondeau im der Mufll), — vogel, 
—walze, —wanze, —weizgen u.a. — Die Ringelblum, die mit der 
Scan’ enichläft und weinend mit ihr auffteht. Shakeſpeare, Wintermaͤhr⸗ 
hen 4, 3. Gefchmüdt mit Edelftein umd einer Reiherfeder fleußt lang 
herab ihr braunes Ringelhaar. Alginger. Weit flog an des Nadens 
‚Schnee ihr die bräunfihe Ringellode zurüd in den Lüften. Sen- 
nenberg. Am goldnen Ringellodenhaar. Bürger, Bruder Grau 
tod. Jetzo geftellt an der Pforte der ringellodigen Göttin. Voß, 
Odyſſee 10, 320. Unterm Grün, durchftrahlt von Himmelbläue, flo 
gen fie den deutihen Ringelreih'n. Hölty, Elegie auf ein Land⸗ 
mädchen. Bei einem Ringelrennen. Pfeffel, Odoard und Iſabelle. 
Kommt! einen A einen Zeenfang! Shafeipeare, Sommer: 
nachtstraum 2, 2.. Wie ihn die FZürftin 9 in Lanzen⸗- und Ringel— 
fpiel geſehen hatte. Goͤthe, das Kind mit dem Löwen. Junge Bin 
Frauen winfen und. beginnen deutihen Ringeltanz. Galis, Herbft- 
ied.. Die Ringeltaub’ in dem Ulmbaum gut’. Voß, Luiſe 1, 619. 


Rang ') (ahd. rang, mhd. ranc) 1.) urſprünglich etwas ſich Fort⸗ 
tingendes, davon ein fortfaufender Berghang ; 2) eine Reihe von mehre- 
ren neben einander befindlichen Dingen Einer Art, und die Linie, welche 
fie bilden; 3) die Range bei den Perrückenmachern, der erfte, "zweite 2c. 
Rang im Theater; daher 4) uneigentlich der Grad der Würde und des 
Anfehens, welcher fid nad) der Reihe oder Stelle, welche Jemand in 
der bürgerlichen Gejellfchaft einnimmt, richtet, 5) die obere Stelle, 
als ein Zeichen eines vorzüglidien Ranges in der bürgerlichen Gefell- 
haft. Davon (das franzöftich- deutjche) rangieren — den Hung 
anmeifen. — Daß id) um den Namen eines tapfern und treuen Nit- 
ters gearbeitet habe, nicht um hohe Reichthümer und Rang zu ge- 
winnen. Göthe, Göß von. Berlidhingen 4. Ein Mädchen ohne Ver: 
mögen und ohne Rang. Leifing. — Sol an erhabenem Sinne der 
Heid’ uns nehmen den Borrang? Do, Luiſe 2, 518. Wenn die 
Repräjentation nicht mit Leben und Glück arrangirt wird. Götbe, 
Briefw. mit Schiller 5, 341. Wenn man fo viel zufammenjchleppt 
und nur eine Zeit lang anfteht das Eingebradhte einzurangiren, 
fo weiß man bald nicht wo man fid laffen fol. Daf. 4, 133. 

Rangihiff, —ſtolz, —ftreit u. a. — Eine folhe Ranger: 
böhung aber blieb auf die Jurücgelaffenen nicht ohne Einfluß. 
Böthe, Tag⸗ und Jahreshefte 1803. Da begriffen wir leicht, warum 
De Rangordnung unferes Senates nad) Baͤnken eingetheilt fei. 
Göthe, Leben 1.8. Wo Corgen Rangſucht und Beglänzen 
zu einer Prachtliebe reizen, die ſelten wirklichen Reichthum anzeigt. 


1) Gehoͤrt das Wort hierher? Schmitthenner rechnet es zur Wurzel 
kwa—, lat. gra— (gradi) fortgehen. Mit größerer Wahrſcheinlichkeit denken 
Graff (Al, 530) uud Schwend an Zufammenbang mit ringen. 


855 


—— — — — — —— —— 


H. P. Sturz, Bernſtorfs Leben. Rangſüchtige Geſandten. J. Paul, 
Eine Rangverordnung Peters I. Geiſt der Journale. Rang- 
08, einſam, behauptend den Feld des geferneten Vogels. Baggefen, 
Hurtig vertheilte dieſen (Faſan) ein bunter Lakai rangmäßig den 
Damen und Herren. Voß. 

Hang oder Rangen, der, auch die Range = ein fanft abhängi- 
ger Berg, fortlaufender Berghang, gehört mehr der Volksſprache an, - 
— Der Rang oder Rangen = Pilod im Schiffe, um welchen das 
Ländſeil geichlungen wird, gehört gleichfalls der Volksſprache au. — 
Der und die Range = ein langer dünner hoch aufgefchoffener junger 
Menſch, ſchwed. rangel. — Die garftigen ſchmutzigen Rangen! Goͤthe, 
Reineke Fuchs 11, 275. Ein geiziger, rangiger Filz. Göthe, Wer: 
thers Leiden J. 11. Juli. — Der Rang, Rangen, auch Rankkorn 
— eine Krankheit der Schweine, ſonſt aub Klamm, Klämme (von 
klemmen) genannt, 

Anm. Die Range = Sau weibliheg Geſchlechts, fol nah Shwend 
berfommen von einem Zeitwort rangen —= laufen, im Niederfächfifchen gebräuch- 
fi (mb. rangen, ranken — hin und ber bewegen, dehnen) in der abgeleiteten 
Bedeutung herumtoben, lärmen. Dan vgl. damit mhd. rangen — ringen, in 
Hamburg rangeln= ringen, fih im Scherze raufen, ſchäkern und agj. engl. rank 
= geil. — Stieler führt ein Adj. rang = raub, rob, ftreng an (mbd. findet fich 
ranc — ſchmächtig) und leitet davon Range —= bäurifiher, unverfchämter Menſch. 

Nenken (mhd. renken, Bräter, rancte, neben rangen, ranken 
— hin und her bewegen) mehr in der Zuſammenſetzung mit aus—, 
ein—, ent—, ver— gebräuchlich, bedeutet eigentlich Drehen, biegen, hin 
und her ziehen, umbiegen. — In welche Verwirrung junge Geifter durch 
ſolche Ausgerenkte Magimen, halb verfiandene Gelege und zerplit- 
terte Lehren fich verfegt fühlten, läßt fid) wohl deufen, Göthe, Leben 7. 2. 
Ich fürchte, mein Schulterblatt ift ausgerenkt, CShafejpeare, Win⸗ 
termahrchen 4, 2. Entrenfte Schulterblätter! Göthe, (in einem 
Gedichte hinter Meifters Wanderjahren), Er tappte hin und wieder, 
verrenfte faft die Glieder. Göthe, blinde Kuh, Meine rechte Hand 
ft verrenft. Göthe, Zery und Bätely, 


Rank, der, (mbd. rance — Biegung, Krümmung, bei Alberus 
Rand = ars, argutia, agſ. vrene, ſchott. wrink = Liſt, agl. 
bevrencan — überliften) veraltet, gebräuchlich im Plural (Ränke) 
bedeutet verftedt angelegte verfnüpfte Kunftgriffe ald Mittel auf einen 
abeln Zweck bin. — Ich wil euch lern (lehren) ein fonndern rannd, 
Theuerdank, 68, 42. Ausg. v.1517. Wer hält nicht diefen Rand für. 
Ausfluht? Lohenftein, Benus. Der in Ränken und Schwänfen und 
allen Streichen gewandt war. Göthe, Neinefe Fuchs 5, 90. Auch ich 
büßte den Streit und die Ränke feiner Eollegen. Göthe, Hermann 
und Dorothea 4, 176. Der Henker hole fie mit ihren Teufels» 
ränfen. Us, Sieg des Kiebesgottes 8. 

He 





356 


Liſt (ahd. mhd. agſ. altn. list, aftj. listi, von goth. laisjan — willen) 
iſt zunächſt fo viel als Wiſſenſchaft, Kunſt; dann ſcharffinnige Erfindung; 
dann künſtlich angelegte Täuſchung zur verborgenen Erreichung eines Jedes, 
ed mag nun jene finnreich oder nicht finureich, gut oder böfe fein, im Bes 
fondern dieſes Letztere. — Wir müſſen und zur Liſt bequemen. Götbe, 
Fauft 1, 136. 

Ränkerei; Ränkegeifi, — macher, — ichmied, —-ipieler, — voll. 
— Spanien [hit Abgeordnete die Geifter zu eutflammen und Rän- 
fereien zu flften. Ungenannter bei Campe. Niedriger Ränkegeift. 
Benzel-Sternau. Sagen Sie dem Ränkeſchmied, daß ich ihm das 
Haus verbiete. Benzel - Stenau. Der muß denjelben (den Kranz) 
ränfevoll erjchleichen. Platen, vom. Dedipus 3. 

Hanke, die, hier und da auch der Ranken) bedeutet zunächft: 
der (meift gewundene) Schlingfaden eines Gewächſes; danı allgemein 
Schlingihößling eines Gewächfes, d. i. ein ſich fortfchlingender, win: 
dender fchlanfer Gemäcözweig. Bei den Weinſtock wird ngemeinigfic 
die vorhergehenden Jahres durch den Schnitt verfürzte Rebe Ranfe 
enannt. Davon das Gerank. — Und ich faßte dus Meffer, Dad 
rummgebogene, ſcharfe, trennte fchneidend, und riß Ranfe nah Rans 
fen herab. Göthe, Amyntas. Wo dich Die Reb' umwallt mit Ge- 
rank und werdenden Zräublein. Voß, Die büßenden Jungfrauen 34. 
— Was vielen ward zu Dornenranfen, Hab’ ich zum Rojendia- 
den verwoben. PBlaten, rom. Dedipus 4 Ringsum die Epheuran— 
fen fchleihen. Uhland, die drei Schlöſſer. Wölbe zur Laub’, o Boie, 
der bläulichen Sterngranadille zähes Gerank, aus der Kunit büben- 
dem Winterverfchloß. Voß, die Paſſionsblume. NRebengeranf ſinkt 
nieder, umhängt von laftenden Zrauben. Voß. 

Mebe (oberd. au der Reb, ahd. diu repa, mhd. diu und der rẽbe, 
ſchwed. ref, böhm. rywa, wahrfcheinlich eine Rebenform von Reif S. 351) 
ift zunächſt jo viel ala Schlingſchößling eines Gewächſes; im Befondern der 
Schlingfhößling des Weinſtocks; auch der Weinſtock jelbit. — Daß den Purpur⸗ 
faft der Neben Bachus in die Echale drückt. Schiller, Gunſt des Augenblickes. 
Hanke, der, auch Runke und Runfen — ein übermäßig großes 

Stück von irgend einer Sache, namentlid vom Brot, gehört der Volls⸗ 
ſprache an. 

Kanten (in eigentlic, und figürlicher Bedeutung) ift einfach, wie in 
der Zufammenfeßung mit an, auf, aus ꝛc. aus Ranke Bar. Ranfeln 
ift felten. — Harkla erfchrad, rankt' eng an Heroals männliche Bruft 
fih. Sonnenberg. Heronl rankt' ans Herz die Geliebte, Derj. Und 
- wie der Baum fih in die Erde ſchlingt mit jeiner Wurzeln Kraft und feit 
fich kettet, jo rankt das Edle fi), das Treffliche, mit feinen Thaten an 
das Leben an. Schiller, Huldigung der Künfte. Die (Laube) ich mit 
paniſcher Kref und hochaufrankendem Kürbis überwölbt. Voß, 

ie Freigelaffenen 19. Mir glühn purpurne Trauben an lang aus- 


357 


rankenden Reben. Voß. Bon Hopfen durchrankt und blühender 
Binde. Voß, Die, Kirichenpflüderin 22. Traulich rankt fi die 
Reb' empor an dem niedrigen Fenſter. Schiller, Spaperaug. Früchte 
fallen ab von den Zweigen, jo die Höhl’ umranken. Tiedge, Ura- 
ia 1. Did mit vertraulihen Armen umranken und .enpfinden, 
wie nahe du bift. Platen Treue um Treue 1. — Ein Genie verfteht 
die Blume, wein fie ſich neigt und den liebevollen Hopfen, der ſich 
binanf raufelt. Hippel. - 

Nankenbaum, — gewächs, — ſtab, —wurz u. a.; Rankkorn, 
— made. — Mit reben- und rankenartigen Gewaͤchſen zu prangen. 
Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 12. Das Rankengeweb' um die 
granitene Wölbung. Voß. Vom Zrieb der Gottheit, fiche, befchleu- 
niget, flieg Ranlenwaldung übergemölbt. Voß. 

Anm. Gering Guweilen einfach ring, ahd. rinki, kirinki, uhd. ring, 
gering; ringen, geringen) == leicht und von geringem Werth, von niedrigem 
Grade, Icheint zu einem andern Stamm zu gehören, vielleicht zu rinnen? Davon 
tingern, ge—, verringern. — Hear Abt, ih bin zum Mönche zu ring. 
Uhland, Junker Mechberger. Nicht möglich iſt's, mit fo a Haunfhah 
feld einen Staatögefangnen zu bewahren. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 6. Des 
Baters Erbtheil ringern. Luther, Bibelüberfegung 4. Mof. 36,4. Was die Gicht ' 
in Zingern möchte ringern. Hüdert, geſ. Ged. 2, 24. Gott geringert die 
Hohen. Opitz, Jonas 10. ESoll diefer Troft nicht auch die Qualen eines jüngern, 
noch nicht fo mürben Manns verringern? Alxiuger, Doolin 5, I. Glaube, 
dein Bahn vergeriugert uns nicht. Lohenſtein, Cleopatra 2, 756. 


Singen. 


(Wurzel san—g, Sin—g; sag; vgl. lat. sonare — tönen; ſanſtr. 
swan = fingen; ſanſkr. sajj = fanmeln.) 


Singe, fang, gefungen, fingen (sinku, sanc, sunkume&s, 
sunkaner, sinkan und singan; mhd. singe, Sanc, sungen, gesun- 
gen, singen; goth. siggvan, agſ. singan, altn. singia, engl. sing, 
ſchwed. sjunga) mit der Grumdbedeutung lefen, d. i. Schriftlaute 
jaumeln; dann das Gelefene herſagen (recitieren), erzählen; dann 
1) Zöne mit erhöhter Stimme hören laſſen, etwas durch Gefang aus: 
drücken, durch Gejang preijen; 2) (übertragen) einen feinen Laut vou 
fih geben, von Dingen gejagt, die feine Stimme haben: der Topf, 
die Kugel fingt; 3) Wörter und Syiben mit gedehntem, hell tönendem 
Laute ausſprechen; 4) Dichten. — Singen, jetzt, in diefer Angft 
der ſchwer beladenen Seele, vor ihm fingen! Schiller, Wallenſteins 
Tod 3, 3. Sing’, unfterblihe Seele, der fündigen Menjchen Erlö- 
fung. Klopftod, Meifias 1, 1. Melde mir, Sionitin, das Lied, dus 
die Engel jeßt jangen. Daf. 1, 344. Die Vögel in der Luft und 
der Hirt auf dem Felde fingen ihr Entzüden. Geßner, Ihn (Gott) 
jingt das Thal, ihn fingt der Hain. Tiedge. Noch einmal fingt 
die goldne Leier den grimmen Krieg, der Liebe füße Qual. Kojegarten. 








358 


Wir fingen und fagen 1) vom Grafen fo gern, der bier in dem 
Scyloffe gehaniet. Söthe, Hochzeitlied. Wir haben mehr anakreon⸗ 
tifche Dichter als ihn, wenn wir das Alles Anafreontifch nennen, was 
von Liebe und Wein finget. Herder. 

Anm. Die alten Bräteritalformen (jung), [ungen baben fi lange erhal⸗ 
ten: Sie fungen. Fiſchart, Gargantua ©. 158. Die Mufen itimmten drauf die 
Sayten, und fungen dir, befcheiduer Freund! Günther, weltl. Oden 11. Sie 
fungen voll zufriedner Kult. Uz, an Gleim. Worauf im Augenblick fo Berg 
als Thal erklungen, weil Groß und Klein mit hellem Halfe ſungen. Weich⸗ 
mann, Poefie der Niederſachſen 1, 81. Ob fie mit taufend Zungen fünge. Dal. 
2, 108. Was die Väter fungen, das zwitfchern die Zungen. Göthe, M. Tiſch⸗ 
beins Idyllen 7, Demnad fo hatt! er, Ärade als ihm die Ohren ſungen, mit 
feiner MRitterfchaft zu Pferde fich gefhwungen. Wieland, Oberon 3, 48. 

Ab—, an—, auf—, aus —, be—, bei—, duch— , ein —, 
empor—, entgegen—, er—, fort —, heim —, her —, herab —, her⸗ 
an—, herauf —, beraus—, herein —, herüber—, herum —, ber- 
unter —, hin —, hinab —, hinan —, hinanf —, hinaus —, hinein —, 
hinüber —, lob— 2), mit —, nah— , nieder —, über—, um—, 
ver —, vor —, voran —, weg —, zu —, zurück —, zufammenfingen 
ſind an ſich klar, aber nicht alle gleich gebräuchlich — Wenn aber 
die guten Leute... Billets abſingen, die fie erhalten. Göthe, 
über Wahrheit und Wahrfcheinfichfeit der Kunſtwerke. Wenn du das 
Lied abjängft. Voß, die Kirichenpflüderin 54. Die Vögel riefen 
und fangen ung an. Göthe, der neue Paris. Angefungen von 
der Singihule der Mufen. 3. Paul, Titan 9. Da horchte fief, aus 
feinen Felſenhoͤhlen, der aufgefungne Menfchenfinn hervor, Tiedge, 
Urania 3. Hätteft fchon die Aufträg’ ausgefungen? Voß, an 
au, Wenn die Beiper ausgejungen, werd’ id euern Wunſch 
der Abbatiſſin melden, PBlaten, die Abbaifiden 8 So darf id), ob⸗ 
wohl mit der bebenden Stimme eines Sterblichen, doch den Gott- 
verföhner befingen. Klopftod, Meſſtas 1, 15. Nun hätt’ ich vor 
Ungeduld alle meine Lieder zweimal durchgeſungen. Göthe, Die 
Fiſcherin. Er ſchlaͤft! So recht, ihr Iuft’gen zarten Jungen! Ihr 
habt ihn trefflich eingefungen. Göthe, Fauft 1, 77. Als endlich 
Ehariton den Säugling mit einem eiligern Tautern Wiegenliede ein- 
fang. 3. Paul, Zitan 43. Wo Lehrer noch ihre Beioldung ein= 
fingen (d, h. durch Singen verdienen) müſſen. Dolz. Die Erd’ im 
Sternenchor flieg auf, und fang empor, dir, o Bater! Voß, 
Pfingitlied. Wenn mein erfungner Ruhm... nun aud) verweht 
it, Klopftod, an Fanny. Ob es Wandrer fortgefungen, ob es 
Winde hingetragen. Uhland, Don Maſſias. Drum fingt ihn heim, 


1) Diefe alliterierenden Worte wurden im Mhd. gewöhnlid verbunden, um 
Igrifche und epifche Poefie und ihren Bortrag zu bezeichnen. Bol. darüber befon: 
ders 8. Lahmanns Abhandlung. 

2) Siehe die Note S. 349. Be giengen folche Verba nach der ſchwachen 

angon. 


Eoningation, 3. B. ahd. wunnis 


J 





Shaffpeare, fo wie es euch gefällt 4, 2. Unterm. Getös geſpaltner 
(fie hatten Donner lege dumpfer, entheiligter Harfen, verftinmt 
zı den Zönen des Zodes, jangen fies ber. Klopſtock, Meſſias 
2, 408. So wär’ es wahr, dab Dich theffalifche Frauen, tn freoiend 
magiichem Bertrauen von deinem Pferd herabgejungen? Göthe, 
Fauſt 2, 153. Scäße, jcheiternd bier verfchlungen, habt ihr uns 
berangefungen? Göthe, Fauſt 2, 159. Golgatha's biutiger, 
beilerfüllter, ewiger Altar!- Sangen am Nebo die Engel heranf. 
Klopfiod, Meifias 11, 896. Preifen will ich deinen herrlichen Na⸗ 
men, lobjingen, lobfingen deinen berrlichen Namen! Klopftod, 
Glückſeligkeit Aller. Sie nahe lobſingend. Voß, die etneuete 
Menſchheit. Lobſingt durch aller Himmel Ferne! Voß, die Sterne. 
Und fingt den Rundreim kräftig mit! Göthe, Zauft 1, 108. 
Bon Gottes höherem Frieden fang ein Laut dem anderen Laute, der 
leiſer es nachſang. Klopſtock, Meſſias 12, 643. Worin (in wel⸗ 
her Elegie) ein an der Liebe verfallender Edler ſich ſelber nieder- 
jang. 3. Paul, Siebeufäs 3. Daß der Hirt Thyrfis, von dem 
Hirten Coridon überfungen, fid) vergeblich bemühet. Valentin. 
Mit Hymnen zu umjingen. Göthe, Epimetheus 2,8. Umfungen 
von freudigen Kindern. J. Paul. Dieſe Lyra, die mir hier jo man» 
hen Schmerz verfang. Herder. Die Zeit der Einfamkeit ver- 
fingen. Herder. Hat er nicht schon den himmliſchen Hörern den 
Namen Amalia vorgejungen? Schiller, Räuber 2, 2. Ihr vor- 
zujingen den Eulengefang. Schiller, Kabale und Liebe 3, 6. Das 
ſchöne Mädchen ſingt uns vor. Voß, Weihe der Schönheit. Sie 
(die Barden) rauſchen in den Harfen und fingen mit uns den Rö—⸗ 
mern Verwünſchungen zu. Klopftod, Hermanns Schlacht 2. Oder 
umjonft Einjchläfrungen ihm und Seligkeit zuſingt. Klopftod, Meſ⸗ 
fia3 12, 32. Singt uns deutichen Stun und deutfche Herzen, fingt 
uns Würd’ und innern Muth zur ück. Münchaufen. Die Schiffer 
jangen ihnen frohe Lieder zuräd. % Paul. Karl und ich haben’ 
(das Lied) oft zufammen zur Laute gefungen. Schiller, Räuber 2, 2, 

Aum. Anfingen Einen = ihm zu Ehren, oder um eine milde Gabe zu 
erhalten, ihm etwas vorfingen. Dies nefdieht noch bier und da auf dem Lande, 
befonders zur Adventzeit, am bi. 3 Königstage zc., wo Ärmere Perfonen vor den 
Hänfern geiitlihe Lieder fingen, fo auch das Neujahr anfingen. — Befingen 
einen Altar = Meſſe darauf Iefen; befingen einen Beritorbenen oder die Bes 
fingutB balten für einen Verſtorbenen, gehören der früheren Sprache an, 
waren aber im 17. Zahrb. noch gebräudlich. 

Singeln, nicht ſehr gebräuchlich, hat den Nebenbegriff des Klein⸗ 
lihen, Berächtlihen. — Was fingelt ihr und Elingelt im Sonetto, 
Voß, Klingionate. 

Singer (ahd. singäri, mhd. singære, singer) 1) eine Perſon 
die fingt; 2) der Cbejonders Iyrifche) Bichter In beiden Bedeutungen 
ſteht jet lieber Sänger (ahd. sangäri, saugäre, mhd. senger.) 





Daven Singerin (ahd. singarin, mhd. singerin) und Sängerin 
(ahd. singa, sangera, sangarin, mhd. sengerin); Singung, Ab- 
fingung. — Muntre Singer bier und Sprecher reichen ſich den 
Hirtenbeher. Voß, Abgeichiedenheit. Der und das Lied gejungen 
bat, der war ein frommer Singer. Voß, Nachgeſang. anens 
bieß fie daher, die Singerin, Voß. Ahr Keinen frohen Sän= 
er, wie lieblidy tönt euer Lied von hoher Bäume Wipfeln! Geßner. 
rum fol der Sänger mit dem König gehen, fie beide wohnen 
auf der Menfchheit Höhen! Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 2. 
Die Sängerinnen und Sänger weineten ihr. Klopſtock, Meſ—⸗ 
las 11, 958. — Wie Sie, um nur einigermaßen leben zu können, 
Ihr Herz an einen herumziehenden Bänkeljänger!)... hängen 
mußte. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 11. Der Morgenjänger, 
der Lobfänger Gottes in der ganzen lebenden erwachenden Natur, 
das .ift der Dichter der Schöpfung. Herder. Sie ift als Hofjänge- 
rin angenommen. Göthe, Briefwechfel mit Schiller 3, 17. Wollten 
ihn zum Meifterfänger weihn. Göthe, H. Sachs. Die Min- 
nefänger lagen zu weit von und ab, Göthe, Leben 18 B. — 
Rah Abfingung der wenigen Worte. Klopftod, Gelehrtenrepublik. 
Single)bar, —baß, — dor, —droffel, —fliege, —fuge cin 
der Tonkunſt), —gediht, —lehrer, —leiter, —meilter, —mefle, 
— müde, — note, —pult, —faite (auf einer Geige), —ſatz (im Der 
Muſik), — ſchauſpiel, —ſchnake, —ihüler, — ſchwan, —ſpiel, — ſtimme, 
—ſtück, —ſtunde, —weife, —zeit (Zeit des feierlichen, pfarrlichen 
Gottesdienſtes) u. a. — Uebrigens iſt die eine von den Körneriſchen 
Melodien recht fingbar. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 114. Un— 
befingbare Luft. Klopftod, die künftige Geliebte. Auch gar mans 
chen fchon vorhandenen (Dperntert) zu befierer Singbarfeit auszu—⸗ 
ichreiben. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1791. Herr König, glaubet 
ihr, daß dieß der Singkunſt frommt? Alxinger, Doolin 10, 14. 
Angefungen von der Singſchule der Muſen. % Paul, Zitau 9. 
Ich höre ein Gejchrei eines Singetanzes. Ruther, Bibelüberfeßung 
2. Moſ. 32, 18. Wenn Freude zur Sklavin gemacht wird, fo ftirbt 
fie in Ketten, wie Der jonft freie Singvogel im Käfig. Benzel⸗ 
Sternau. Anton Ulrichs, Herzog von olfenbättel, riftfürftliches 
Davids-Harfenipiel mit Singweiſen, erfhien zu Nürnberg 1667. 
Die umb jingzeit ir gotshaus haimſuchent. Urbunde von 1447 bei 
Schmeller 3, 2772. Unter Singenszeit fol niemand im Wirths⸗ 
hans ſeyn. Amberger Stadtrecht dai. 
.  Singergeift jagt Voß (der deutſche Gejang): Fröhlich Lüftete 


1) Einer, der auf den Gajjen oder an öifentlichen Orten allerlei abentener- 
liche Gefchichten abfingt und dabei, um befjer gehört und gefehen zu werden, auf 
eine Erhoͤhnng (eine Bauk, ein Bänkelein) fih ſtellt; dann überhaupt ein 
ichlechter Dichter, ein Reimer. 


861 


wm altender Moderduft rings auf heimijcher Zur jeglicher Singer: 
geift. 

Sängerchor, u. a. Vielgeehrt m Sängerchore war Rudello's 
wertber Name.. Welch ein edle Sängerorden! Uhland, Rus 
delle. Kein Traum von Sängerewigleit umganfelt meinen Sinn. 
Giſelke. Doch vor dem hohen Zhore, da hält der Sängergreis.. 
Einft z0g nad) dieſem Schloffe ein edled8 Sängerpaar... Du Fluch 
des Sängerthbums! Ubhland, des Sängers Fluch. Sänger: 
liebe, tief und fchmerzlih. Ubland, Sängerliebe. Wohl ift e8 dus, 
uf Sängertreu! Alxinger, Doolin 10, 20. 

Gefinge drückt ein wiederhoftes, anhaltendes Singen aus, wie 
ehedem im guten Sinne das Geſäng, gehört nhd. der niedern Sprech⸗ 
art an und bezeichnet das Singen in der Wiederholung als befchwer- 
lid) oder auch ald ungut. Singſaug!) erwedt den Gedanken an 
einen jchlechten, ungeregelten, mißfälligen .. — Und da e8 mit 
dem Gejinge nicht fort wollte. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Das 
wird ein jämmerlihes Geſinge geben. Wieland, Ueberjeßung Lu⸗ 
cinas 2, 380. Singſang flingt. Voß, Klingionate Wenn id) 
des Hämmlings Singjang nicht, wie die Taranteltänze haffe! Seume. 

Sang (ahd. mhd. Das sanc, minder gebräuchlich) das kasank, 
gesanc) nur noch dichteriich altertbümlic, mehr in der Zufammen- 
ſetzung gebraucht, und Geſang bezeichnen eigentlich die Handlung des 
Singens und (übertragen) des Singbardichtend; dann allgemein was 
gejungen wird, auch das zufammenhängende Zönen der Vögel; im Be- 
jondern iſt Geſang = fingbares Gedicht, oder wenigftens ein Ge⸗ 
dicht der Art, wie man fie früher wirklich zu fingen pflegte; dann 
auch größere Abtheilung einer großen Dichtung. — Ariel bewegt den 
Sang in hinmliſch reinen Tönen. Göthe, Fauſt 1, 223. Ha! du 
jollteft Jubel hören, hören Sang und enge Bürger, Nacht: 
feier der Venus 2. Himmliih tönt geweihter Dichter Sang. 9. 
W. v. Schlegel. — Der Stimme jeelenvolles Spiel entfaltete fi) zum 
Gefange. Schiller, die Künftler. Das frei Geläuf’ und offenen Ge— 
fang dem neuen Glauben fihert. Schiller, Piccolomini 4, 5. Wo 
das Waldhbon mit Gejang ball. Voß, die Jägerin. Ihr foll’s 
danfen, fie höre den Gejang janfter Zlöten. Geßner. 

Lied (ahd. liod, mbd liet, fränf. löud, agf. löodh, altn. liodh, mittels 
lat. leudus, engl. lid, niederf. leed; goth. liuthon, ahd. liudön — fingen) 
ift eigentlich fo viel als Singgedicht, auch wenn es nur ehedem gefungen zu 
werden pflegte, wie die alten Heldengedichte, 3. B. das Nibelungenlied; im 
Befondern it Lied — Iyrifhes (zum mufifalifchen Vortrage vermittelit der 
Stimme beftimmtes) Gedicht, oder, nad wiflenichaftlichem Begriffe, ein Er⸗ 


1) Das Unedle klebt den in andern Bocalen wiederholenden und nicht ohne 
niedrigkomiſchen Anitrich geichaffenen Klangzuſammenſetzungen an, 3. B. Schnick⸗ 
ihuad, Wiſchewaſche, Klingklang n. a. Bol. Grimm'l, 1,561 5. 8.9. 


36% 


zengniß der dichterifchen Selbfinarftellung des Geiſtes in feiner gemüthlichen 
Lebensform; in weiterem Sinne auch das zuiammenbängende Getdn derjent⸗ 
aen Thiere, von welchen man fagt, daß fie fingen; in Augfier Bedentung If 
Lied — der mufllalifchdichteriiche Erguß in geiftigindividueller Gemätböftim- 
mung der Gegenwart, in welde fi felbft das Bergangene als Element des 
Liedes verfepen muß.!) — Ad, wie traurig fieht in Lettern, ſchwarz auf 
weiß, das Lied mich an, das aus deinem Mund vergdtrern, das ein Herz 
jerreißen kann. Böthe, an Lina. Verfließet, vielgeliebte Lieder, zum Meere 
der Bergefienheit! Göthe, am Fluſſe. Das Lied der Nactiaaflen tönt nid: 
in feinen (des Grabes) Schoß. Salts, das Grab. 
Die Sange (ahd. sanka, mhd. sange) = Büihel, Bündel, 
Strauß, bejonders Nehren, von jingen == ſammeln, it jept veraltet, 
findet fid) noch oft in Luthers Bibelüberiegung, 3. B. Boas legte der 
Ruth Sangen vor. Ruth 2, 14. Davon in der Volksſprache ſän⸗ 
geln = ehren leien. 
Bor--, Erntefang u. a.; Ab—, An— , Abendgefang u. a. 
— Bir franztragendes Paar, das merke dir! jingen den Vorſang. 
Boß, die Freigelafienen 140. Bis, vom Mond beichinmert, rings die 
Stoppel flimmert, tönt der Erntefang. Hölty, Emtelied. Wie Bie- 
nenfang. Bürger, Abendphantafiee Freiheitsſang alldeutſcher 
Tugend. Voß. Kein Lerchenſang. Uhland, Geifterleben. Lauter 
als Menihenfang fchallet e8 weit. Göthe, Pandora. In den 
Zhalen der Provence it der Minnefang entiprofien. Uhland, Ru- 
delle. Wie hier ringsum Luft und Wipfel voll Morgenfang. Her: 
der. Kommt! einen Ringel, einen Feenſang! Shalfpeare, Som⸗ 
mernadhtötraum 2, 2. Die der Erde nicht gehören, beb mit Schwa- 
nenfang empor. Salis, Gefang an die Harmonie, Da figt fie hier 
mit Todtenfang an dieſem ftillen Ort. Ungenannter bei Campe. 
Bei Trauerfang und Klang. Bürger, Bruder Graurod. Man 
hört die Luft von Vogelſang erihallen. Wieland, Oberon 10, 20. 
— Gie zogen mit Angefang und Antwort. Göthe, St. Rochusfeſt. 
Jetzo ftört nur etwa der Nachtigall Abendgeſang mich, etwa der 
Morgengeiang äbender Scwalben am Sims. Voß. (E8) ftieg 
nun ihr Glück mit unferm Abichiedsgejang Zhümme. Was 
horcheft Du unter dem weitverbreiteten Flügel der Nacht‘ dem fernen 
fterbenden Widerhalle des Bardengefanges? Klopftod, der Hügel 
und der Hain. Dann der Hömer Schall nad) altem Brautgejan- 


I) Die neuere Aeithetil gibt als Arten des Xiedes (in weiten Sinne den 
Wortes) an: bie Elegie (gr. dAryeia) Trauers oder Klagediht zu muflkaliichem 
Vortrage; Ode (gr. 067) mufttalilhdichterifcher fhwungvoller Erauß des Erbabes 
nen oder der Jdeen; Hymne (gr. vuvos) erhabeniyrifches Gedicht ſchwungvoller 
religidjer Begeiiterung; Pfalm (ar..Yaruos) muflfaliichdichterifcher Erguß voll 
bödyiter Gottbegeifterung; Dit hy rambe (ar. dudroaudos) fchwungvolles Inrifches 
Gedicht auf den Bein oder den Gott des Weines (Bacchus) von wilden Tanmel 
fühnfter Begeitterung. 


363 
gestritt. Klopftod‘, die Kunft Tialfe. Ein allgemeiner Chorgeiang 
eriholl. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 1. Ich böre Ehriiten- 
geiang. Klopfiod, die Chöre. Es kommen darin vortrefflihe Drei— 
aelänge vor. Campe. Ihr vorzufingen den Eulengefang. Scil- 
ler, Kabale und Liebe 3, 6. Sei mir gelegnet im Zeiergejange! 
Ehr. Stollberg. Komm wieder (Friede), wo dein jüßer Feldgefang 
von berdvollen Hügeln und aus Weinbeerhütten und unter Komaltä- 
ven flang. Ramler. Begonnen hab’ ich einen Feſtgeſang. Uhland, 
die jterbenden. Helden. Zum Tanze gewandt und Freudengefange, 
Voß. Und all dein Leben jei ein Frohgefang! Herder. Gunilde, 
du Befreite, fingft mir den Grabgejang. Uhland, der blinde König, 
Wilft du zu Strophen werden, o Haingejang? Klopftod, Wingolf 1. 
Bald diefer bald jener Freund ließ in declamatorifhem Halbgefange 
eine Klopſtockiſche Ode ertönen. Göthe, Leben 12. B. Die den deut- 
ihen Heldengejängen fanfte Rhytmosbewegung oft zur Gefährtin 
gab. Klopſtock, an ©. Zigno. Denen die Muſen lieblich tönende 
Stimmen gaben zum Hirtengeiang. Ar. Stollberg. Darum firömt 
in vollern Wogen deuticher Barden Hochgeſang. Schiller, Die deutſche 
Muſe. Das iſt Adams Hocdzeitgefang. Herder. Und mifchte den . 
Donner in den Höllengejang. Sonnenberg. Zu lauten Roſſes⸗ 
hufen ertönte Kampfgefang. Juſti. Du hobſt bald Keltergefang 
m. Voß. Horb! tönt es nicht von ferne bald dumpf, wie Klag- 
ef ang?. K. F. Günther, der alte Geiger. Daß unbelohnt, ver- 
chmaäht, Deutichlands Genius altgriechiichen Kraftgefang zur un— 
böfichen Harf erhebt. Voß, an J. Andre. Kriegsgefänge dichten, 
Döttiger. Sänger fangen den Leidgeſang. Meyer, Unter Lerchen⸗ 
gei ange ftreuten wir munter die Saaten. ‚Herder. Zuletzt ward er (der 
Reim) injonderheit in den lateinifchen Liebesgefängen fo überfließend 
grand, als ihn wol fein Araber gebraucht hat. Herder, Beginnt den 
obgeſang! Bürger, Nachtfeier der Venus 3. Da war mein Leben 
Luſtgeſang, Uhland, mein Gefang Schal, o Maigefang, er- 
halle! Bürger, Nachtfeier der Venus 3. Schon wirbelt die Schwalbe 
den Morgengefang. Bürger, Lenardo und Blandine, Nach dem 
göttlihen Maß des herrlihiten Mufengefanges, Göthe, Achilleis, 
Des Wächters Hom und Rachtgeſang hat nie mein Ohr gehöret. Bür- 
ger, das harte Mädchen. Ich bilde mir ein Bild jenes feurigen Natur> 
geiangs, Klopitod, der Hügel und der Hain. Da nach Sion zurüd 
des Preisgeianges Triumph kam. Klopftod, Meſſias 15, 1268, 
Ehabener erfcholl von den Balmen um Phiala doch ihm aud) Prophe⸗ 
tengejang. Klopftod, Aganippe und Phiala. Die Adler fingen den 
Rahegejang. Klopftod, Hermannsſchlacht 4. Zlinf, wie desReihen- 
gei angs ſchmucke Zigeunerin hüpft. Voß. Und Weib und Kind im 

undgejang beim Walzer und beim Becherklang Iuftfeiern unjer 
Glück. Schiller, Eberhard der Greiner. Eil’ hinauf und fordre 





364 


Schlachtgeſang! Klopftod, Hermannsichlacht 6. Solch ein Zauber: 
bild in der Seele eines Morgenländers mußte unfer Schöpfungs- 
gejang fein. Herder Dann wirbelt heller Siegesgelang ihm 
nad. Denis. Da fang der Laute Silbergejang. Klopftod, Sponda. 
Denn von Neuem begannen der Sterbegejang und die Thränen. 
Klopftod, Meſſias 12, 136. Komm mit demem Sühngejange, 
Himmelstochter, Harmonie! Salis, an die Harmonie. (Er)ift Tenpel- 
geſang mir. Klopftod, Meifins 12, 345. Das Zeitalter der leben- 
digen Thatengefänge. Herder. Wohlauf, fürget den Thränen- 
gefang! Herder. Dann miſch' idy fühner unter den Throngejang 
des Menjchen Stimme. Klopftod, dem Erloͤſer. Und es begann ihr 
Zodtengefang. Klopftod, Meſſias 12, 106. Da hob, aufblidend, 
der Briefter den — ang au. Pyrker, Tuniſias 11. Trommel⸗ 
wirbel, Pfeifenklang ſtimmen ſchon Triumphgeſang. Schiller, die 
Schlacht. (Der Hirte) verbreitet früh ſchon durch die Auen heitern 
Vorgeſang mittägiger Heimchen. Gothe, Pandora. Im Dickicht 
ſchallt der Broffel Waldgefang Salis, an ein Thal. In das 
wilde Zeit der Freuden mifchten fie den Wehgefung. Schiller, das 
. Siegesfeft. Stimmet an den Weihgeſang. Bürger, Rachtfeier der 
Venus 2. Das Lullen unjrer Kinder drang oft, gleich der Lerche Ju⸗ 
belichlage, in unſern froben Weltgefang. Pfeffel. Die Sonne 
tönt nach alter Weile in Bruderjphären Wettgefaug. Göthe, Fauſt 
Prolog. Ich brauhe Wiegengeſang. Göthe, Werthers Leiden 1, 
"13. Mai. (If) nicht im Thale des Todes Wonnegefang? Klep- 
tod. Laß fliegen, o Schatten, deinen Zaubergejang den mädhtigften 
Flug. Klopftod, der Hügel und der Hain. Nach kurzem Bedenfen 
ertönte fogleich ein freudiger, dem Wanderfchritt angemeffener Zwei- 
gefang. Göthe, Meilters Wanderjahre 3, 1. Kaum hatte dieſer 
Smisgei ang fi zum Ende geneigt. Daſ. 

angboden, — dichtart (Iyrifche Poeſie), — dichter, —droſſel, 
—fink, —gedicht, —herd (bei den Vogelftellern), —lerche, —meifter, 
— rede (Recitativ), —ihwalbe, —ſpiel, —ſtändchen, —vogel u. a.; 
Geſangdroſſel, —fhwalbe, —vogel u. a. — Ein invalides Kla» 
vier, deſſen Sangboden nicht fo oft als jein Saitenbezug gefprungen 
war. J. Paul, Heiperus 4. Ihr hättet nicht fo ſangreich mich ger 
funden. Shafejpeare, Maß für Mag 4, 1. Ejchelbach berühret in dem 
Sangftreite mit Klingſor die Fabel von diefem König. Höfer. Die 
große ungerftörbare Leier des Weltalld, die Die Sungweijen der 
Simmel jtimmt. Herder. So ließ ich auch das Ebersdorfer Gejang- 
buch bei mir liegen. Göthe, Belenntniffe einer fchönen Seele. Alt⸗ 
italiihe Gefanggdättinnen Voß. Gleims tonreihe Gejang- 
beiferin (Xeier). Voß. Zönft, üppiger Launen voll, deinen alten 
Geſangherrn oft aus Tieblihem Morgentraum. Voß. Muß id 
allein denn ftumm und geſanglos fein? Herder. Entferne den ra- 





365 


jenden Krieg von umfern friedieligen Hätten und Diefer gejangrei- 
hen Flur. Blumauer. Gejangrichter. FZiichart, Gargantua ©. 189, 
Der Inbegriff aller Geſangweiſen. Herder. 

Sengen (mhd. sengen und hesengen, ahd. bisen:’an aus 
sangjan) eigentlich Fniftern, fingen maden; dann 1) von der Hitze au 
feiner Oberfläche verbrannt werden; 2) die haarigen oder haarähnlichen 
Zbeile auf der Oberfläche eines Körpers abbrennen, auch allgemeiner 
niederbrennen, von Gebäuden 2c. gejagt; 3) (in weiterer Bedeutung) 
au von der Sonne (ja jogar von Der Kälte) verbrennen und Dürr 
und gelb machen- (und werden). — (Ich) fühlte mit Milch den Durft 
in Des Mittans jengender Schwüle. Salis, Elegie an die Ruhe. 
Glück zu dem Meijter unter euch, der am wildelten fengt, am gräß- 
fihften mordet. Schiller, Räuber 1, 3 Die Grille und die Heu- 
ihredfe zwoiticherten unter dem Schatten der Blätter im geiengten 
Graſe. Geßner. Möge dann nie im Lenze der Froft anfependes Obft 
dir jengen, und nie Sturmwinde die blühenden Bäume zerjchütteln. 
Voß. Nicht vom Fältenden Schnee werde die Pflanze gefengt. Voß. 
— Ausgejengt von verderblichen Xeidenichaften. Koſegarten. Wo 
Hpperions Rad die reife Saat abjengt. Lohenftein, Venus. Das 
du alſo befenget (verf.) bit. H. Sachs. Der reiff verjängt die 
jaat, Lohenftein. Meine flile Zugend am Lichte der Bewunderung 
zu verfengen. Schiller, Kabale und Liebe 2, 3. Er (der Mantel) 
ft verjengt. Leſſing, Nathan der Weile 2, 5. War mein Zelt voll 
des herrlichften Geruch gebratenen und verjengten Schweinefettes. 
Böthe, Campagne in Franfreih 1. Det. An welchem Zenfter erblick 
ih einft das holde Geſchöpf, das' mich verjengend erquidt? Göthe, 
töm. Elegieen 1. Um wie anı feinften engliihen Tuche jede Kleine 
falſche Faſer weggufcheeren und wegzufengen. 3. Baul, Siebenfäg 3. 

Anm. 1. Die Nägeriprache fagt: Die Bhgel haben ſich verjenget — vers 
maufet. Siehe Henpes „wohlredender Jäger”. 2.9. Regensburg 1779. S. 383. 

Yum. 2. Bei den Ortsnamen Singbofen, Singolding u. a. könnte 
die erite Sylbe wol aus altf. sink, anf. since = Haufe erklärt werden; befier 
dent man vielleicht an irgend ein Sammeln, das an diefen Orten Statt gefnu⸗ 
ven. Doc fünnen anch beide Begriffe verwandt fein. 


Springen. 
(Wurzel: spran—g, sprin—g; spric ?) 

Springe, ſprang, geiprungen, fpringen (ahd. sprinku, 
spranc, sprunkumäs, sprunkanfr, sprink(g)an, aud) ſchwach spran- 
kön; mhd. springe, spranc, sprungen, gesprungen, springen; agſ. 
spring(c)an; altn. springa — zeripringen, spranga — überfpringen, 
überfteigen) urſprünglich wol fih in jchnellem Bruch auseinander 
geben (vgl Urjprung); dann zum Wachsthum herporbrechen (mittel- 
niederl. springhen), weil das, woraus etwas hervorquillt oder hervor: 


866 


fprießt, auseinander fährt; uhd. 1) ſchnell ausemanderfahren, von feften 
Körpern gejagt (1. S. 51); 9) vermittelt eines Schwunges der Füße 
fi jchnell vom Boden emporheben, auch wenn diefes Sichemporheben 
mit fchnellem Fortbewegen gefchieht; 3) (von flüffigen Körpern) durch 
Druck fchnell und in einem Strahle aus einer Deffnung getrieben und 
bewegt werden; 4) (in uneigentliher Bedeutung) in verjchiedenen 
Redensarten: aus der Haut fpringen u. a.; 5) (Bollsiprache, bier 
und da auch fprengen) befpringen, d. i. befruchten, von Stieren 
und Hengiten in Bezug auf Kühe und Stuten gefagt. — Bin id 
derjelbe denn nicht mehr, dem bier fonft alle Thüren jprangen? 
Schiller, Don Karlos 4, 32. Doc nicht für möglidy acht' ich's, jo 
gar fteil geht's (das Zelfenriff) an, vom Schiff es jpringend ab- 
ureihen. Schiller, Zell 4, 1. Wenn, verjprigt auf dieſem Todes⸗ 
* hoch mein Blut vom Rumpfe ſpringt. Schiller, die Kindes⸗ 
moͤrderin. Muthig ſprang er im Gewühle der Menſchen, wie auf 
Gebirgen ein jugendlich Sich. Schiller, Leichenphantaſie. Weile Blaſen 
feh’ ic) fpringen. Schiller, Glode. Dem Bater gleiche der Sohn 
wie aus den Augen gefprungen. Thümmel. 

Häpfen (i. heben) mir Schnellung fleif gehaltener Füße kurz fpringen; 
Aberhaupt in fteifer Haltung kurz zur Höhe gefchuellt fih bewegen. — Ber: 
ften und plagen f. ©. 51. — Mild, wie... Florens Sohn über das Bins 
menfeld hüpft. Schiller, Xeichenpbantafle. Als wär’ die Erde mitten ent⸗ 
zwei geborften und der Himmel zerplagt. Schiller, Räuber 2, 3. 
Aum. Die älteren Präteritalformen (fytung), fprungen baben fi 6 

ins 18. Jahrh. erhalten. Er fvrunge Fiſchart, Gargantua ©. 362. Cie 
fpvrungen. Daf. 158. (Er fprang freies fuſſes. Daf. 458.) Meiner Jither 
fchlaffe Seyten fprungen mir vor Kummer ab. Gottiched, Oden 3, 7. Die 
andern fprungen auf. Us, Sieg des Liebesgottes 2. Zween wolgefttedte Binde 
(Windbunde) fprungen. Weichmann, Poeſie der Niederfachien 1, 125. 
Entipringen bezeichnet 1) ein lebhaftes und fchnelles Hervor⸗ 
gehen aus etwas heraus ins Dafeln, von Quellen, Gewädfen, Men: 
hen 2c. gejagt; 2) jo viel als entlommen (f. ©. 32); 3) (früher) 
fid) entipringen fo viel als ſich entipinnen, entitehen (in beſondern 
Redensarten). — Blumen entipringen, DBögelein fingen. Ram⸗ 
ler, Iyr. Blumenlefe 8, 58. Sage nur, durch weldy ein Wunder von 
diejem wilden Stamme du entiprangfl. Göthe, Spbigenie 1, 3. 
Ich habe gewiffe Nachricht, Daß des Prinzen Wunſch, nad Flandern 
abzureiien, in dem Kopfe der Königin entiprang. Schiller, Don 
Karlos 4, 12. Es fihmerzete den Zeus das Haupt drei Monde. lang, 
bevor Zritonia aus feiner Stirn entfprang. Voß. Wo fih ein Bor- 
tbeil aufthät zum Entfpringen. Schiller, Tell 4, 1. Sind's nidt 
die Engel jchöner Art, um die ſich viele Krieg entfprimgen? Günther. 

Entftehen (I. ſtehen) bezeichnet allgemein ans etwas hervorgehen un» 
fo anfangen zu fein. Entfprießen (f. fprießen) wird befonders von 
dem Hervorwachſen der Pflanzen gefagt, und bat demgemäß die Bedeutung 





eines nicht gefehwinden, allmälichen Hervorgebend. Die andern finnverwandten 
Ansdrücke fiebe S. 32. — Ind in dem eiguen Willen feiner Tochter ſollt 
ihm der neue Streit entſtehn? Schiller, Piceolomini 3, 8 O gedenfe 
denn auch, wie aus dem Keim der Bekanntſchaft nach und nach in uns holde 
Gewohnheit entiproß. Göthe, Metamorphofe der Pflanzen. Das Geſchlecht,. 
das dem entfpriept. Bürger. | 
Überfpringen 1) allgemein (eigentlich) jchnell von einem Orte 
zu einem andern fid) über Dazwiichenliegendes bewegen, ohne diejed 
zu berühren, 2) (uneigentlich) bei Bewegung von einer. Vorftellung 
Y einer andern eine oder mehr Zwiichenvorftellungen unberührt laffen; 
) im Springen zuvorfommen; 4) ſich überjpringen = ſich durch zu 
vieles oder heftiges Springen abmatten und jchaden. — Sie hatte 
eine Art von überipringendem Fieber. Göthe, Meifterd Lehrjahre 
9, 16. Drum verzeihbt mir und dem fchnellen Flug, dab ſechzehn 
Jahre ih überfpringe. Shakefpeare, Wintermährchen 3, 3. ch 
hab' einen magifchen Kreis von Flüchen um did) gezogen, den er nicht 
überjpringen fol. Sciler, Räuber 1, 1. effen übereiltes 
Streben der Erde Freilden überfpringt. Göthe, Zauft 1,93. (Bo) 
m Abgrund, von kühner Brüde überjprungen, der wilde Strom 
tobt. Göthe, Meiſters Warderjahre 2, 7. 

Uebergehen (ſ. geben) bat allgemein die Bedeutungen von über. 
fpringen 1, 2, obne den Nebenbegriff einer Geſchwindigkeit hervorzuheben, 
Diejer Begriff der Geſchwindigkeit Liegt ausdrädtidh wie in überfpringen, 
fo au ia Überhüpfen, welches legtere Wort im Grunde eine Bewegung 
von wesiger Weite ausdrückt. — Ich kann ſo ſchnell nicht aus der Ziefe mei⸗ 
ned Elends zur Hoffnung übergeben, Schifler, Maria Stuart 1, 6. Wie 
föanen Sie es ihm verdenten, daß er dieſes übergangen iſt? LXeifing. 
Venn du, mich überhüpfend, gering’re Kinder in die Arme drückteſt. 
Schillet, Don Karlos 1, 2. 

ESprengen (abd. sprangjan, sprengan; mhd. sprengen = 
ipringen machen und beiprengen, agf. sprengan — befprengen, altn. 
sprengja = auffprengen) 1) (eigentlich und uneigentlih) mit Heftig- 
keit, mit Gewalt einen Köcper Ipringen, brechen, reißen machen; 2) einen 
Körper in geringer Mafie, in Eleinen Theilen werfen, werfend verbrei⸗ 
ten; 3) Flüſſigkeit in Beinen Tropfen über etwas verbreiten, wodurch 
dies mit farbigen, vom Grunde abftechenden Puncten bedeckt erjcheint; 
4) ſchnell fpringen, laufen machen, auch im Sprunge reiten. — Der 
Stadie Thore gehen auf, von felbit, nicht die Petarde braucht fie mehr 
Aiprengen. Schiller, Piccolomini 1, 4 (Ich werde) die Bank 
m Pharao fprengen. Schiller, Fiesko 3, 5. Die Armee war ge⸗ 
Iprengt, flelle dir die fürchterliche Lüge der Leute vor. Seume. 
Sonderbar, wie es dort plazuegnete; doch von der Brüde bis zu dem 
Dorf hat kaum ein einziger Tropfen gefprenget. Voß, die Kirichen- 
piläderin 29. Fromm aus rheiniſchem Kelchglas jprengen wir ihm. 





368 


— — —* — 


Voß, an F. H. Jacobi. Und bunt ihm ſprengte die Flügel. Voß. 
Der Ritter ſprengt ſo eben in den Hof. Schiller, Jungfrau von 
Orleans 1, 4. Er hatte des Stahles Band mit filberbereiftem Laube 
und röthlih geſprengten fliehenden Fiſchen geſtickt. Klopſtock, die 
Kunſt Tialfs. Juſt der Unterſchied, wie zwiſchen dunkeln und ge— 
ſprengten Roſen. Shakeſpeare, ſo wie es euch gefällt 3, 5. 
Streuen (goth. sıravjan, ahd. streuujan, strewjaa, mhd. strowen, 
ströuwen, agj. ströowjan, engl. strew, davon auch Stroh, ahd. strö, 
sträo , strou, nıhd. strö, agf. streäw, engl. straw; vgl. fat. sternere, 
stravi — ſtreuen, gt. Oropdar, Orparıves = auseinander breiten) zerthei⸗ 
end auseinander breiten oder werfen, eigentlih nur von Mebrerem und Dies 
lem und nur von Feſtem gelagt, Doch auch auf das orduungelos im Kleinen 

Auseinanderzertheilte überhaupt angemandtt Sprigen (auch fpräßen, 

1. fprießen) zunächſt aus einer Deffuung hervorbrechend auseinander fah⸗ 

ven, oder fv anseinander fahren machen; dann überhaupt ale Flüſſiges im 

Pleinen Teilen, Tropfen, ſtark (mit Gewalt) aus oder wohin fahren. — 

Und Häderling jtreuen wir vor die Thür! Göthe, Fauſt 1, 188. Traum 

dann follte dein Hirn durch die Höhle mir hiehin und dorthin aus dem Zers 

fchmetterten [prügen am Grund. Voß, Odyſſee 9, 458. 

Ab— , an— , auf—, aus— , andeinander—, be—, bei—, 
daher —, dahin —, davon —, durch —, ein—, einher — empor—, 
entgegen—, entzwei—, er—, fort—, heim —, her—, herab —, 

erau—, beranf—, heraus —, herbei—, herein—, hernieder —, 
über—, herum —, herunter —, hervor —, herzu —, hin —, hin⸗ 
ab —, hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hin⸗ 
über—, hinunter —, hinweg —, hinzu —, los —, mit —, nach —, nie⸗ 
der—, rück —, über—, um—, nmber—, unter— , ver—, vor —, 
voran—, voraus—, vorbei—, vorüber—, zer—, 3u—, zurüd—, 
zufammenfpringen und fprengen bedürfen feiner weiteren Erklärung. 
— Bon den kleinen Verhältniffen des Orts und des bürgerlichen Lebens 
war aller Firniß jo rein abgefprungen. 3. Paul, Hejperus 14. Wenn 
von uns abfpringen all die verhaßten Hülfen des Standes. Schiller, 
Kabale und Liebe 1, 3. Da iprang fie ab (vom Pfad). Göthe, 
Fauft 2, 131. Aus deſſen Stamm ſprang Diofles ab. Bürger, Ilias. 
Sein Grimm jprang, wie ein Zöwe, den ein Jäger nah dem ans 
dern anjchießet, gegen den Dritten an. 3. Paul, Zitan 14. Mein 
Gefängniß ſprang auf. Schiller, Maria Stuart 1, 6. Es fpran 
body auf vor Entzüden der Fleher. Baggeſen. Dann loderten a 
den ausfpringenden Erdzungen fladernde Feuer auf. Göthe, die 
Fifcherin (in einer Note), (Man mußte) auf ein- und ausſprin— 
ne Winkeln unregelmäßiger Felspartieen neue Schanzen vorſchie⸗ 
en. Göthe, Campagne in Frankreich 15. Oct. Zrümmernd aus: 
einander fpringt das AU. Schiller, Phantafle an Laura. Samjon, 
als er ward beiprungen (angefallen), befochten und gedrudt. Opik. 





369 


Geht, ſpringt ihm bei, wenn ihm noch Hidfe frommt. Schiller, 
Jungfrau von Orleans 3, 7. O (präng ed wie ein Reh dahin, 
daß ich es Fönnte jagen! Uhland, Jaͤgerlied. Sie war fhon einge» 
iprungen (in den Wagen), ihm Blick und Kußhand freundlich 
zuwerfend. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 9. Der Pilger fpringt 
geſtaͤrkt empor. Uhland, der Pilger. Wie vermundert war ich, als 
mir anftatt einer fauertöpfiichen Geſellſchaft ein drittes akademiſches 
Leben entgegenfprung. Gdthe, Leben 12. B. Die goldne Kette 
ft entzwei gefprungen. Schiller, Wallenſteins Tod 5, 4. Laertes 
ijprang fort. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 4. (Das Pferd) kommt 
wiehernd hergeſprungen. Uhland, der Königsiohn 6 So fprang 
ih denn zu euch herab. Platen, vom. Dedipus 8. Ns aber vom 
alten Schloß herab eilig ein Mann heranfpringend gejehen ward. 
Göche, Novelle: das Kind mit dem Löwen. Der Philifter ſpringt 
zum Zhüre heraus. Göthe, Puraboliih 13. Friedrich Iprung bier 
mit nach alter Art hinweg, fprang wieder herbei und brachte 
das verjprochene Heft: „nun muß ih aber auch erfahren,” rief er, 
„mas aus uns werden wird.” Hiermit war er wieder entiprungen. 
Böthe, Meiſters Wanderjahre 3, 13. Der Pudel merkte nichts, als 
ea hereingejprungen. Göthe, Fauſt 1, 73. Da wird friſch ge 
imgen und hberumgejprungen. Voß, die Dorfjugend. Ein nus- 

eihneter anftändiger Knabe ſprang binten herunter Göthe, 

eiſters Wanderjahre 1, 9. Reue Schönheitöwelten [priwgen aus 
der bereicherten Ratur hervor. Schiller, die Künftler. Sie machen 
fie ahnlich, aber nicht Hervorfpringend. Leifing, Hamburg, Dr 
maturgie 22. Wie aber j un mit mir der Wallady über Hecken 
md Zaun’ und Graben bin! Voß, Junker Kord 61. Gr errieth 
weder die Berfaflerin noch das Datum des Briefes, außer ſpaͤter durch 
ein hin- und herjpringendes Leſen. 3. Paul, Titan 43. Längft 
war fie felbft den Fels hbinabgefprungen. ‘Platen, rom. Dedipus 4. 
Der Zöllner fprang ind Dach hinan. Bürger, Lied v. br. M. 
(Weil ex) aus dem Bianıjfimo in ein zu wildes Fortiſſimo binaaf- 
ſprang. 3. Paul, Titan 35. Der am Bären Doria hinaufſpringt 
Stiller, Fieslo 1, 5. Sieben von meinen Leuten fpringen mit , 
unterthäniger Eilfertigkeit nah ihm hinaus Shakeſpeare, was iht 
wollt 2, 5. Lem’ erft die Gefahr des Abgrunds kennen, ch” du bins 
einjpringft! Schiller, Räuber 3, 2. Da hatt! ich" neben meinem 
Haus einen Graben, der, wie wenig, feine acht Schnh breit war, wo 
wir Buben uns in die Wette bemühte, hinüberzuſpringen. 
Daſ. 1, 2. Und jo ſprang ich hinweg. Göthe, Alexis ımd Dorn, 
Sie dann Sprangen hinzu. Bob, Odyſſee 22, 74. Wem fi 
die großenden Elemente verföhnen, umd der. Nordpol dem Südpol 
nachſpringt. Schiller, Fiesto 2, 5. Da er langem mit nach⸗ 
ipringenden Schatten... durch die Lorbesrhäume gung. J. Paul, 

4 


\ 





370 


Titan 2. Wie die :Bemie dich rückſpringend mit ſich in den Ab⸗ 
grund reißt. Schiller, Tell 3, 1. (Als) Flamme nach Flamme, rechts 
und links ſich überſ on ihm entgegen -züngelte. Göthe, Ro- 
velle: Das Kind mit dem Löwen. ch ſeh' ihn cden Hund) ungewiß 
amd furchtſam uns umfpringen Göthe, Fauſt 1, 68. Deſto freier 
£önnen wir mit. dem Mufifanten umjpringen. Schiller, Kabale und 
Liebe 3, 1. Sie die Flut) ſprang am dem ſchwaärzlichen Schiffskiel 
fhiumerd number. Pyrker, Zunifia.3. Denn da fich vorhin Sphe 
vom Briefe auf einmal auf das fürftliche Sterben verfprang. %. 
Paul, Titan 8. Er folle darım die andern armen Teufel nicht über- 
sehen, die in ihren Kappen die verſprungene Nachleſe des zeripal- 
tenen Klafterholzes erhöben. J. Paul, Siebenfäs 3. Und gerade der 
Strom der höhern Menſchen verfpriugt (ſpringt bis zur Erihöpfung 
und hört anf zu fpr.) und befruchtet nichts. J. Baul, Titan. St 
den Appetit veripringen J. Baul. Er z0g von Zeit zu Zeit die 
Klingichnur des Pfeifers, damit fid) der Kleine wicht verjpränge. 
3 Paul. Wenn ibm (beim Leſen) ein Dritter wiffentlich mit den 
Augen vorfpringt. Göthe, Wahlperwandtſchaften 1,4. Der Schloß⸗ 
berg. verläuft fich in einen vorſpringenden Winfel herunter. Daf. 
1,:6. An einen Ort norausfpriugen. Schiller, Kabale und Liebe 
5, 1. Da fpringt ein Hirſch vorbei. Uhland, Die Jagd von Win- 
heiter. Mein Gehirn treibt öfters wunderbare Blaſen auf, die ſchuell, 
wie fie entitanden find, zerfpringen. Schiller, Don Kurlos 2, &. 
Mllzuftraff gefpannt gerfpringt der Bogen. Schiller, Tell, 3. Sie 
fei zugeiprungen und habe ihm das Meter aus der Hand gerij- 
fen. Göthe, Meiſters Wanderjahre 5, 13. Auf den Schügen jpringt 
den Bfeil zu rück. Schiller, Tel 8,3. Wahrlich er dürſtete nach dem 
frischen Baffin, worin die Fontainen zurüdiprangen J. Baul, 
Titan 35. Wie die kichte Flut der zufammenfpringenden Naphtha⸗ 
quellen. 3. Paul. — Die Gurt, Brufl-, Schwanz: und Sattelrie- 
men Des. höfifchen, Heinftädtiihen und bürgerlichen Lebens batte fein 
Bucephalus längſt abgefprengt J. Paul, Titan 53. Des Land- 
vogto Reiter fommen angelprengt Schiller, Tell 1, 1. Zudem 
ift wirklich die: ichiefe Stellung des‘ aufgepfanzten und mit Der Kolbe 
des Gewehrs gegen die Erde gefleiften Yajonet3 dem. aniprengen- 
den: Pferde gefährlicher. Leifing, antiq. Briefe 89. Eiſen ſchützet zwar 
den Mann, wenn Gewalt:ihn ſprenget an (anfällt). Logau, Sians 
— 2790. Das Mles verbraunte der Alte auf geſpaltetem Holz und 
prengt' es mit feurigem Bein an. Bürger, Ilias 1, 461. Er 
fprengt: fie anf, der Erde Felſenriegel. Tiedge, Ytania 3. (Eine 

amme .war’s, Die aus. dem SEHE Dedel barſt. Platen, 

glaͤſerne Pantoffel 1. Schau hin, der Abgrund jprengt Rd auf. 
Koſegarten. Aeußerſt nahe geht es mir, Daß es einigen wüßigen Ver⸗ 
Iäunpern belieht hat, auszuiprengen. Lichtenberg, 2. Beilage zur 


nn 


371 


Phyflognomik. (ES) hatte ie Aufſehen erregt und das Geheimniß 
woreilig ausgefprengt. Göthe, Tag- und Jahreöhefte 1802. Bald 
fprengt der Krieg fie wieder auseinander. Schiller, Piccolomini 
2, 6. Der (Schwindel) auf. dem ſchlüpfrigen, mit WMutterblut be⸗ 
ſpreugten Pfade fort mich zu den Todten reißt. Göthe, Iphigenio 
2,1. Und wid kam Plump, den Zaum verhängt, wie weit voran, 
sanerg need Bürger, die Entfährung Wir [prengen das 
vom. Schiller, Räuber 4,4. DieRoffe durchſprengten ibm ſcheu 
Das Geftlde. Voß, Ilias 6, 38. Wir durchſprengen im Getüm— 
mel, Floreſtans erfchredites Heer. Platen, Treue um Treue 2. Das 
Graß, mit Grim gemenget, mit rot: und weiß zierlih durchſprenget. 
H. Sad. Mit Gold Durhfprengtes Gfas kommt ihr nicht gleich. 
Michaelis, Hiob 238, 17. Tief in den Fels, auf dem es hängt, ift 
eine Grotte eingeiprengt. Schiller, Kampf mit dem Drachen. ch 
gehe zurüd, [prenge die Thüre ein. Schiller, Räuber 3,2. Sprengte 
danı ein in die Feinde. Herder, Eid 35. Welches (Roß) behend 
und geſtreckt einheripreugt durd Das Gefilde. Voß, Zlias 22, 28, 
Horch es Fracht, es fpringt der Dedel, wie emporgeiprengte La— 
ſten. Platen, die verhängnißvolle Gabel 5. War der (Wein) ſchlecht, 
fo ſprengt' er fort. Müller, est! est! Sie ſprengten Die 
Läufer im Kluge fort. Pyrker, Rudolph 4. Noch jprengten fie 
bach gegen uns Ger. Klopſtock, Hermannsichlacht 3. Ich feh’ ihn 
uch... den Rappen fprengen von der Brüd herab. Schiller, 
Piccolomini 1, 1. Da fprengt herab der Kömigsjohn. Uhland, 
der Königsſohn 6. Schon fprengte Felix mit verbundenen Kopfe 
wieder heran. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 6. Fünf Reiter 
jprengen das Thal herauf. Klopſtock, Hermanusichluht 1. Da 
jprengt herbei Herr Edelftted. Platen, Die großen Kaiſer. (AS 
fie) Eduarden zu Pferde fogleich in den Schloßhof hereinſprengen 
ſah. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 17. Aber e8 fprengte deu 
Kaifer das Roß in Eile Herüber. Porker, Rudolph 7. Sch will Sie 
wicht eber herüberiprengen als nöthig ift. Göthe, Brief. mit 
Schiffer 4, 325. Der fprengt herum in biefer Geifternacht. Göthe, 
Aut 2, 122. Wie unerfchredt hinſprengte der Schilderſchütterer 
Tydeus. Voß, Ilias 5, 16. Indem man neber der Golonne her⸗ 
ritt, begegnete man mehreren befannter Offizieten, die hin= und wie— 
derijprengten. Göthe, Campagne in Frankreich 19% Sept. Gie 
fprengte, was das Pferd vermochte, Die jteile, fleinige Strede 
hinan. Göthe, Newelle: das Kind mit dem Löwen. ie Hafen 
Iprengen fie hinauf dort jenen Hügel. Herder, Eid 30. (Er) 
fprengte hinauf und hinunter vorn den Reih'n. Porker, Rudolph 
8. Aber er fprengt’ im Fluge hinaus vor Die glänzenden Scha⸗ 
ven. Dai. 11. Dann fprengt’ er hinein. und führte den erften 
Stoß. Uhland, Taillefer Ex fprengte, daß es Funken floh. hin- 
.4*r 





372 


unter von dem Hofe. Bürger, die Entführung. Als der Eid auf 
feinem Roſſe losfprengt auf den Haufen Krieger. Herder, Eid 35. 
Spät fommt mandımal noch eind nachgeſprengt. Göthe, rum. Car⸗ 
neval Abrennen. Blos Lunens Lichtfall überjprengte nod) die 
Gegend. 3. Paul, Hefperus 7. Als früher geweibetes Waſſer fprengte 
der Priefter umber. Pyrker, Rudolph 1. Diefe Hülle (Pekeſche) 
hatten ſich mehrere durch den Krieg verfprengte preußiiche ——— 
"zu einer Interimsuniform beliebt. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1807. 
Ein Reiter fprengte vor. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 12. Wenn 
Schaaren vorausgeiprengter Kurtere unfre Niederfahrt melden. 
Schiller, Räuber 1, 2. Der Jagdjunfer im Borbeifprengen ver- 
fieht Mienenſprache genug, ihn zu fennen. Lichtenberg, Beobachtungen 
über den Menſchen. Blindwüthend mit des Donners Krachen zer- 
fprengt es (das glühende Erz) das geborſt'ne Haus. Schiller, Glode. 
Die Nacht war windig ımd fchauerlich, ich ſprengte zu, um nicht bis 
morgen früh auf ihren Anblid warten zu müſſen. Göthe, Lchen 11.8. 
Indem er's fagt, fo [prengt er auf ihn zu. Wieland, Oberon 2, 17. 
Er fprengte zurüd. Göthe, Kampagne in Frankreich 9. Oct. 

Yum. Bon den Participien ſetzt fi) befonders befprengt mit Sub. 
fammen, 3. B, die blutbeiprengten Hütten. Klopflod, Meifiad 14, 919. * 
den — Hain. Salis, das Abendroth. Die ſternendurch— 
ſprengeten Flügel (der Engel). Sonnenberg. 

Spring (ahd. spring, urspring, mhd. sprine, ursprine — 
Quelle) 1) der Ort, wo etwas fpringt, d. i. ſich erhebet: im Schiff⸗ 
bau; 2) der Ort, wo das Waſſer fihtbar aus der Erde fpringt; 
3) Quelle, das fpringende Waſſer. — Was du für einen Spring 
gereipı. Hoffmannswaldauifche Gedichte 1, 175. Ein porzellanener 

allfiſch blies aus der Schnede den hellen Kryftallipring, der in 
des Bedens Spiegel fih) bog. Voß, der Abendichmaus 95. 

Springer (ahd. springo, sprangäri, mhd. springzere, springer), 
1) eine Perjon, welche fpringt (auch mehrere Thiere führen dieſen 
Namen, aud ein Stein im Schadhfpiel); 2) (Volksſprache) Fußfeffel 
(euphemiftiich, weil fie das Springen verhindert?); 3) (früher und 
noch in der Volksſprache) ‚Art Fiſchzeug. — Eine große Gejellichaft 
Seiltänzer, Springer und Gaufler. Göthe, Meifters Lehrj. 23, 4. 
Als über Zaun’ und Heden der wilde Springer kam. Haug. Lieber 
Wollt’ ich fie Durch den tiefften Schlaf hören, al8 von Lanfern, Sprin» 
gern und andern Beftien das ewige: Schady dem König! Göthe, Göͤtz 
von Berlichingen 2. Dieweil ſolch FZiihen mit den Roller und Sprin- 
ger dem See groß nadıthaillig. Schmeller, aus Mon. boic. 8, 354 ad 
an. 1520. — Der kleine Baumjpringer. Benzel-Steman. Zuft- 
fpringerin, laß mich bewundern! Voß, die Kirfchenpflüderin 20, — 
Für Luftfpringer fagt Opik in umeigentlicher See eg Lüff— 
tenſpringer. Derfelbe fagt auch: Einen fpringerifchen Engelländer. 

Unm. Gtieler führt Springer == Belberrod (Bogenrod) an. 


€ 
\ 


373 


Springader, —ball, — beten, —faden’ (in den Glashätten), 
—fiſch, — flachs, — gurke, —fafer, —hahn, —hans, —hafe, —Hengfl, 
—herd (Vogelherd), —horn, — kaͤfer, —kammer, —kaſten, —iſte, 
—klappe, — kolben, —korn, —frant, —kreſſe, —kugel, —lade, — luke 
(auf den Schiffen), —mehl, —maus, —müde, —ochſe, —pferd, 
—tatte, —teif, — reiter, —rod, —fame, — ſchiff, —ſchwanz, —fpinme, 
—tange, —ſtropp (auf den Schiffen), —tanz, —tau, — wall (Wal⸗ 
ih), — wand (bei den Vogelftellern), —wanze, —wurm u. a. — 
Springauf (Maiblume), Lilien, Narziffen füllet euren Körben ein. 
Opitz. (Laßt uns) den Springbod — vom Fels. Schiller, 
Braut von Meſſina. Ein luſt'ger Springbrunn. Göthe, Künſtlers 
Abendlied. (Indeß Chariton) auf Springfedern zu drücken ſchien. 
J. Paul, Titan 45. Sei nur deine Ankunft auch fo, du ſpring— 
federiges Weſen! 3. Paul. Die Springflut fleigt mit großem 
Draufen auf. Opitz. Springgläfer, die den Hammer vertragen. 
% Paul, Titan 33. rei herans zu reden, fo heg' ich einige Ber—⸗ 
ahtung gegen einen Kopf voll Springideen, die mitihren Spring- 
fügen von einer Gehimfammer in die andere ſetzen; denn ich finde 
feinen Unterichied zwifchen ihnen und den Springwürmern im Ge- 
dürm. 3. Paul, Hefperus 11. Du warft immer fo en Springins- 
feld. Göthe, Egmont 1. Wo die Mutter über einige muntere kleine 
Springinsfelder!) Wade hielt. 3. Baul. Federkraft oder Spring- 
kraft, das Dermögen einer Materie, ihre durch eine andere beivegende 
Kraft veränderte Größe oder Geftalt bei Nachlaſſung derjelben wieder 
anzunehmen. Kant. Selbft in der Springefunft, die an die Stelle 
der Zanzkunft getreten ift, find fie nicht rei. Reichardt. Im Hexa⸗ 
meter fteigt ded Springquells flüfftge Säule. Schiller, das Die 
ſtichon. Anfügend den drein Springröhren die lechzenden Lippen. 
Baggeien. Und fie verfolgt im Fliehn, gleich einem Wetterftrahl, der , 
Springftod. Zacharia. Wo die Spriugmwaffer das mannichfal- 
tige Park⸗ und Garten⸗-Local verherrlihten. Göthe, Tag und Yahe 
reshefte 1801. Sie geben dir die Springwurzel. ter. 

Anm. Stieler hat noch Springwein und Springzeit (des Viehes). 

Sptang fommt nur in Zufammenfegung nit Ab, An, und aud 
da jelten vor. — Der Abiprang (das abipringende Wafler) Tprengt 
alle Krankheit ab. Grimm, dentſche Mythologie 2, A. ©. 678. Wie 
viel Umſturz Des Poftwagens, wie viel Anfpränge aller Belt Hırfaren 
würde fie herzählen! Hermes. 

Sprung (ahd. sprung, mhd. sprunc) 1) eine ſich in die Länge 
erfiredende Zrennung der Theile eines feften Körpers, weldye nicht ganz 
hindurchgeht: das Glas hat einen Sprung; 2) Handlung da man 


— — — — — 





2) Dieſer Plural iſt fehlerhaft. Weber die Zuſammenſetzung ganzer Redene⸗ 
arten val. Grimm Il, 959 f. uud meine Srammatit I, 2, $. 339. 





374 


ſpringi; 3) (umeigentlich) fchneller Uebergaug von einen Gegenſtande 
um andern mit Vebergehung der Stufen dazwiſchen oder der zur Ber- 
bindemg derfelben dienenden Sachen; 4) das Werkzeng des Sprüngens, 
3 B. die Hinterfüße der Hafen; 5) Raum, fo weit man jpringt (un- 
eigentlich eine Eleine Entfernung); 6) Angel bei der Sprungfiiderei. — 
Ein Sprung von diefer Brüde macht mich frei. Schiller, Tell 1,2% 
Daß der Oberſchenk von Bot auf dem Sprung fei, um die Lady 
zu werben. Schiller, Kabale und Liebe 3, 2. Fries in der Natar 
geht ſprungweiſe, und fo ift auch aus dem Zuftande der barbariichen 
Mythologie zur exiten heitern PBhilofophie fein Sprung. Herder. 
Drum nim ih a jungs friih Ding, und mad) halt mit ihr die fie=- 
ben u den Art a) Marc. Sturm. 

Mb—, An—, Auf, Ansiprung u.a; Bocks —, Fehl—, Ha⸗ 
fenfprung u. a. — Kein Abiprung aber Hilft ihm nicht. Hagedorn, 
der Hafe und viele Freunde. Mit des Rehes Aniprung. Klopftod, 
Unterriht. Als er hierauf Ichier, wie ein Gott, den vierten Anfprung 
that. Bürger. Es ſchnob im taumelnden Aufiprung. Ppyrker, 
Zunifia 9. Alle diefe Verfuche und ihre Erfolge gaben feinen reinen 
Ausiprung (Ergebniß, Refultat). Campe. Daß die wallenden Mäh- 
nen beider fi ftreiften im Gegenſprung. Pyrker, Zunifias 12, 
Ein folher Ueberſprung ift im höchſten Sime pathetiih. Göthe, 
über Laofoon 2, Mehr ein Ueberſprung ald ein Lebergang vom 
bürgerlichen Leben zum Mährchen ift mem dießmaliger Beitrag gewor- 
den. Göthe, Briefw. mit Schiller 1,199. Kleine Diebe fängt man fo 
weg, e8 haben die großen ftarfen Vorſprung, mögen das Land und 
die Schlöffer verwalten. Göthe, Reinefe Fuchs 8, 134. Wo uns aud) 
nicht ein. Fuß breit Borjprung oder Bucht zur Rettung gegeben ift. 
Göthe, ital Reife 14. Mai 1787. An den Blatten der Capitäle find 
Vorſprünge. Daſ. Segeft 30. April 1787. — Der die ärgſten 
Bodfprünge machte. Shakeſpeare, fo wie es euch gefällt 3, 3. 
(Ich jehe Di) von einer Klippe zu Der andern den Fehlſprung 
thun. Schiller, Zell 3, 1. Ehe neue Geiftesiprünge uns entfüh- 
ten. Benzel-Sternau, Gegen Fremde zwang ihn feine Natur allemal 
un Anfang einige fatyrifhe und andere Hafenfprünge zu machen. 

Paul, Hefperus 4. Da jollt ihr ein Zlüftern hören, wenn den 
Kanzeliprung wir thun. Voß. Es ift ja nurein Katzenſprung. 
Göthe, Leben 5. B. Wenn eine Drofjel fingt, fo macht er. gleich) 
Luftſprünge. Shafejpeare, Kaufmann von Venedig 1, Deu 
Mordjprung nah ihrem Herzen. % Paul. Hier nun warfen die 
Müden fih hin, faum adhtend den Quelliprung. Baggefen. Nun 
rollte fi der Schwanz zufammen und that den ergümten Schlangen: 
genjprung an deine Bruft. 3. Paul. Da gar nichts von den Beftien 
zu men war, nicht einmal ein Seiteufprung. 3. Paul, Hef- 
perus 1. | | 





373. 


Anm. Schmeller bat noch Iniprien a en Ausſchlag im Seht (J. 
Agricola, Eprichw. 593 hat: Frege, geſchwere, unfpring); Ausſprung =, 
Ausihlag, Krätze. (Im Vocab. von 1482 ſteht: efprig oder neriß, dürrer Grindt.) 
Stieler bat Ausfprung = Flucht; Befprung des Viehes; Einfprung, 
Rahiprung, Rückſprung. Fiſchart (Bargantua ©. 69) fagt ſechsſprüu⸗ 
gig. — Selten iR Entfprung für Urſprung: den. Entfprung von Diph⸗ 
tbongen. Grimm, Geichichte der deutfchen Eprade S. 335. 

Urſprung (ahd. urspring, ursprung, mhd. ursprinc, urSprunc, 
ültenbd. vrfprund; mid, das sprine, sprüne = Quelle) 1) (ver- 
aftet) das hervorſpringende Waffer; daraus 2) (figärlich) der Anfang; 
3) (ganz abftract) Enttftehung zum Dafein, Anfang des Daſeins eines 
Dinges. — Jeſus der aller Ding ift ein erfter vrfpring. M. Be- 
beim (15. Sabrh.) in: Quellen und Berichungen zur vaterfänd. Ge⸗ 
ihihte, Literatur und Kunſt. Wien 1849. 9, 11. Der Urjprung 
p Newfarn, der aus dem Gotzhaus- gigen entſpringt. Mon. boica 

‚210. Der des Urfprungs Quellen verhehlt, der Styl. Voß, 
Horaz Oden IV. 14, 15. Daß deine Seele wie dein Urfprung rein. 
Chiler, Braut von Meſſtna. Doch eines Haders Urjprung fleigt 
binanf in unverſtaͤnd'ger Kindheit frühe Zeil. Daf. — Diefen unfern 
Erdurfprung. Herder. ar | ie | - 
Duelle, der Quell (ſ. quellen) 1) aus der Erde anftreibendes Waf⸗ 

fer; 2) fließendes Quellwaſſer; 3) (fig.) das, woher ein Bing fein Dafeln 
hat: das, worin ein Ding den Grund feines Dafeins hat. — Und fieh‘, and 
dem Zelfen, geſchwätzig fchnell, fpringt murmelnd hervor ein lebendiger Duett: 

Schiller, Bürgichaft. Du fehöpfeft droben ah dent Qunelf des Lichts. Schil- 

let, Braut von Meffina. Stellt’ er den Dreifuß, nnd den verfchtefjenen Keſ⸗ 

fel daranf, mit der Quelle des Waldes Voß, Knife 1,831. Suähte... 
den Bingefeflenen feines Sprengeld neue helfen des Erwerbes zu: öffnen. 

I. Möfer, Osnabt. Gef. 2, 34. 

Urſprünglich — der Entſtehung nad) zuerſt, To dab etwas An⸗ 
detes daraus hervokgeht. — Ich wandle auf weiter dunkler‘ Hirt ur- 
Iprüngfiher Natur. Gbthe, Gott, Gemüth und Welt. Alle ur- 
ſprünglich deuticher Abkunft. Schiller, Abfall der Niederlande 1. B. 

. Eigentlich (agſ. Agenlic, mhd. eigenlich für eigentlich, altn. eigenligr, 
and dem Partic. von add. eigan, altn. eiga f. S. 211), ansſchließlich zukom⸗ 
mend oder angehörend. — Diejenigen, die ſich auf das Drama veritehen, wii 
fen wohl, dag Schiller ein Mamatifcher Dichter im eigentlihen Sinne 
bed Wortes iſt. Platen, das’ Theater als Rattonaltnftitnt. 

‚ Sprungbein, — fiſcherei, —gelent, —hafer, —riemen, —thaler 
(früher in manchen Gegenden eine Abgabe Neuvermählter), — zeit u. a. 
— Des vornehme Jüngling ſetzte ſich ans erfte beſte Tiſchchen, ohne 

den ſprungfertigen Rothrock, etwas zu fodern. J. Paul. 
Das Mal der ſprunggeühten Myrine. Voß, Ilias 2, 814. Was 
WW gegenwärtig ſtück- und ſprungweiſe davon (won Der deutſchen 
Siteratur) zu fagen gedenke. Göthe, Leben 7. B. | 





376 


Sprenge 1) die Handlung, da man fprengt; 2) dasjenige, wo⸗ 
mit gefprengt wird; 3) die Spreng (Vollsiprache) Das Aeußerfte, der 
Raud, 3. DB. eines Abgrundes. — Daß fie die Blumen erfrtichte mit 
tägliher Sprenge des Nektars. Voß, die Weihe 44. Sept nad) 
heiliger Spreng’ entlaßt mid, Voß, Odyſſee 13, 39. 

Anm  Stieler Hat Sprenge in der Bedeutung von Baflerubr. 

Gefprenge 1) das Sprengen; 2) was von ‚der graden Linie 
abfpringt (im Bergbau, in der Baukunſt); 3) (Volksſprache) was nur 
vereinzelt (wie gejprigt, gefprengt) vorfommt; 4) (Volksſprache) Das 
ausgeſtreute (ausgefprengte) Gerüdht. — Wenn die Eichel gerathen 
und es entweder ein ganz oder halbes Geäderig *) oder nur ein Ge- 
ſpreng gibt, Anſpach. Forſtverordnung. 

Sprengel, (mhd. sprengel) 1) ein Ding, womit man ſprenget; 
Büchel, deflen fi der Pfarrer bedient, um feine Gemeinde mit Weih⸗ 
waffer zu beiprengen; daher 2) (fig.) die Amtsverrichtung, der Bezirk 
eines Pfarrers, Biſchofs ꝛe, wie das Zepter in Bezug auf den König. 2) 
— Krewfer (fraufer) denn ein [prengel was (war) ir har (Haar). 
Schmeller 3, 590. Er hatte den Sprengel (MWeihwaflerwedel) in 
der Hand. Simpliciſſimus 2, 31. Unier Haus lag im churpfälziſchen 
Sprengel. Göthe, Leben 5, B. Der (Flecken Dom Remi) in dem 
Kirhenfprengel liegt von Zoul. Schiller, Jungfrau von Dr- 
leans 1, 10. ’ 

Sprenger; fprengbar —becher, — block, — büſchel, —faß, 
—gabel, —gefäß, —graben, —grube, —kanne, —keſſel, —liſte, —krug, 
—kugel, —maft, —pinfel, — quaſt, —ſtück, —tag, —tonne, —topf, 
—trichter, —wage, —wedel, —werk, —wiſch. — An die Kammer- 
thür wie ein Sprengblod mit dem ganzen Leibe anzurennen und 
fie etwa einzuftogen. J. Paul. | 

— —7 —7— enkel (im Simpliciffimus 1, 11 Sprindel) d, i. ein ges 

mit einer Schnur und einem Schnellbolze verjeben ijt und 


ı die fih darauf Mana Vöogel zu fangen, gehört nad 
n, weil der Sprentel beim Fallen des Schneide es fpringt, 


enfeln, mhd. spröckeln — fledig maden, iſt verwandt 

j. sprencan, engl. sprinkle. — Sprickelicht (Volsfprade 

mbd. spriceläht, spröckeloht von sprecke, spröckel = 

‚ bei Alberus ſprüncklicht — hund, daß mancherley farb 

.... :enfelte Pardel mit Delphinen.... fi) vermählen. Mat- 

thiſſon, milefifches Märchen. Ein Drache, mit rotbgefprenteltem Rüden. 


1) Aecker, Geäcker, Aeckerich, Geäckerich find Sammelnanen für die 
Frucht der Buche und der Eichel. Die Wörter gehören wol zu goth. akran — 
Frucht überhaupt, altn. akarn —= Eidel, agf. äcern, aeceren, accorn, accoern, 
npd. Eder. Bol. Grimm III, 375. | | 

2), Shwend fagt etwas auffallend: „der Bezirk, ein abgeleiteter Ausdruck 
von Sprengel, d. i. Sprentel, weil der Sprentel rund ift, einen Zirkel bildet, 
alfo foniel als Zirkel." - | 


FIT. 


ira, Zliee 32, 8. Was von ben Rümmern bunt und ſprenuklicht lee. 
ar Kaufmann von Venedig 1, 8. 
nm. 3. Das landfchaftliche [prod (E. 51) gehört wol zu ſpringen. — 
ngs bracht” alles Sufanna, Honigfuchen dabei, und Dreffernäft auf dem Teller; 
ß und ſprock und gewärzt. : Voß, Zuife 3. b, 368. 

Aum. 4. Schwenck rechnet bierber au fprenzen, entweder and sprimg- 
zen Bonn oder sprinkzen ſprenken, ſprenkeln. bd. ift sprenzen == zer⸗ 
fprengen, befprengen und fchmüden ; ſchweiz fpranzen = ie preizen, einher⸗ 
ſtolzieren. Mhd. spronz = Eprung, Spalt führt Grimm Il, 216 anf ein altes 

rintan, ahd. sprinzan — zeripringen zurkd, mit eingefhobenem n, fo daß bie 
& Form spreitan, ahd. sprizan (fpreißen, fpreizew) wäre, woher mhd. aprize 
= Spalt. — Fiſchart (Gargantua S. 490. 164) fagt: befprengen == beiprens 
gen; befprengung vnd befprengmädelung. 


Schlingen. 
(Wurzel slan—g, slin—g; slic ?) 

Shlinge, ſchlaug, gefchlungen, fchlingen (ahd. slinku, slanc, 
slunkum&s, slunkanör, slinkan, slingan; mhd. slinge, slanc, slun- 
gen, geslungen, slingen — flechten, füh wie die Schlange fortbe- 
wegen; vgl. altı. slöngva — werfen, binwerfen, slingr — dad Wan⸗ 
fen, j. beweglich, agi. slingan = fledhten, slincan = kriechen) 
beißt wol zunächſt jo viel als fi in Bogenwindungen geichmeidig fort⸗ 
bewegen, dann leife gleitend ſich hinbewegen, fchleihen; dann über- 
Baupt in bogenförmiger Windung fich bewegen, auch wenn es nur eine 
ft; Davon (activiſch) eine in. einen Bogen oder Kreis gehrkunnte Rich⸗ 
tung geben, und in folcher Richtung, nach einer ſolchen Linie bewe- 
gen. — Schlingen — mit ſtarkem Juge und eifrigem Drange nach 
dem, was man genießt, Durch den Schlund in den Magen aufnehmen, 
dann überhaupt wie mit Haftig gierigem Zug in fih aufnehmen, iſt 
ihon frühe im Neuhochdeutſchen entjtellt aus dem alten, noch Lange 
nebenbei erhalten Thlinden ahd. slintan, mhd. slinden. !) — Durch) 
ihr (der Wiefe) freundliches Grün ſchlingt fi der ländliche Pfad. 
Schiller, Spaziergang. "Einen umarmenden Zweig ſchlingt um Die 
Hütte der Baum, Da. Schlingen im Mondlicht dort Elfen den 
are Reihn? Schiller, der Tanz. 

m. Die alte Präteritafform bat ſich fange erhalten, 3.8. Dann — 
er fie (die Hände) um den Entſchlafnen. Klopſtock, Meſfias 11, 553. Hui! fa 
er fetber auf und ſchlung fein Heerhorn nm den Naden. Bürger, die Entfüh⸗ 
rung. Den er im Kreiſe ſchlung, Weichmann, Boefie der Riederjachien 1, 11. 

Uuſſchlingen 1) in anliegender bogenförmiger Windung (in, Geftalt 
einer Schlinge) allfeitig in ſich fchließen oder aufnehmen; 2) mit Innig« 
feit, Leidenfchaftlichfeit umarmen [von Menſchen in Beziehung auf 
Menſchen). — Mit dem Gürtel jofert umfchlang er den Leibrod. 


5.6 genügt, beide Formen ihrem Urſprung nach auseinander zu halten. 
Hier mögen fie beide nach einander abgehandelt werden. Vielleicht liegt auch in 
dem zweiten Wort der Grundbegriff des Gekrümmten, Gefchlungenen Schlund 
lautet in manchen Gegenden Schluuk, Schlung, Schlouk. 











378 


Voß, Odyſſee 14, 72. Ein vertraulih Band umfchlinge fortan bie 
Kronen Frankreich und Britannien! Schiller, Maria Stunt 2 2. 
Wer umſchlingt mein Haupt mit Efeu? Voß, Ditbyrautbus. Dort 
liegt der Hirt beim nahen Waflerfall, vom fanften Arm der Schäferin 
zmichlungen. Sleifl. Seid umfhlungen, Millionen! Schiller, 
an die rende. 

Umfafien (1. fafien ©. 15- wozu noch ahd. fagga — Gebund, Bündel, 
Laft zu vgl.) etwas allfeitig nach feiner ‚Ausdehnung als ein Zimeres auf⸗ 
nehmen; im eigentlichen Sinne gerne mit dem Begriff des baltenden Bretfens. 
Umfangen (mhd. umbevähen, umbevangen, f. fangen) ‚etwa in allſei⸗ 
tiger Bewegung oder Richtung zu einem innern Gegenitande mahen. Um⸗ 
faffen drüdt ein ſtarkes Einwirten auf En Gegenſtand, der ein innerer 
wird oder als jolcher gehalten ift, aus, was umfangen nicht verbindet; um: 
faffen wird vom Menſchen mehr als bloße körperlihe Handlung, umfans 
gen mehr mit dein Gedanken des Beweggrundes einer Seelenregling gebraucht. 
Umarmen = mit Mindung des Armes?) oder ber Arme afffeltig berüb⸗ 
rend umfchließen, faſt ur als Aeußerung eitter Seelenregung. — Beil fic 
den gegenwärtigen Zuſtand des Bolkes nicht umfaßt. Göthe, Egmont 4. 
- + Die Erinnerung and: das Gefühl umfaſſen mich. Göthe. Umfang id 
die vertraute Schweſterbruſt! Schiller, Jutigfrau von Orleans 4, 9. (Als) 
des Koloſſeums Herrlichkeit den Etamnenden umfing: Schiffer, Maria Stuart 
1,6. &o feſt umarmt, wie Meben ſich umſchlingen. Wieland. 
Berſchlingen 1) in einander ſchlingen; 2) wie mit yleriger Ge⸗ 
ſchwindigkeit (gleichfam tn ſich hinein reißen) in fih aufnehmen, daß 
das Dajein diefes jo Anfgenonmmenen aufhört (eig. u. fig.). — Mei: 

nem Namen verſchlang fie dem ihtigen. Göthe, röm. Elegien 15. 
Auf der Zagd verfchlungnen Pfaden. Schiller, Braut von Meiftna. 
Diefer Krieg verichlingt uns Alle. Schiller, Wallenfteing Tod 3, 
15. Mit jugendlidher Glut verfchlingt der Gteis die Stimmen des 
Gerüuchts. Schiller, Don Karlos 1, 4. u 

Verzehren (ahd. flv)i(a)rzeran, ınhd. verzäm, f. &. 260) urfprüng- 
lich einen Körper durch Anfldfen In die einzelnen Theile fo abnehmen machen, 
bis daß auf ſolche Weife fein Dafein aufhört; allgemein etwas fo abnehmen 
machen, daß es aufhört zu fein. Schluden und verfhluden ſ. unten ©. 
384. — Müfjen wir freilich Honigſcheiben verzehren. Göthe, Reineke Zucht 
2, 55. (Sol ich den Augenblid) mit Sorgen und Grillen verzehren? 
Gdthe, Egmont 2. 


An—, auf—, aus—, be—, durch —, ein—, ent--, fort —, 
| 


4) Arm {ft goth. arms, ahd. aram, arm, mhd. altſ. alifief. arm, agſ. car, 
altn. armr, gr. aguos, lat. armus. Nah Grimm Il, 148 it Arm — das ar: 
beitende Glied und gehört zufammen mit arın, ahd. aram, ngf. Sarm, altu. 
arme — der arbeitende, mübfelige Knecht. Aehnlich Schmittbenner, went 
ee es zu aran = arbeiten, pflügen rechnet. Weigand faßt es als greifendes Glied 
und ſtellt e8 mit gr. apıa, uarago, wignr, apruaı gufammer. - 


878 ij 
hernn — hin hinauf⸗ himenter — nicder 
über—, vor—, zu—, zurück—, zufammenſchlingen find an ſich 
far, jedoch nicht alle gleich gebräuchlich. — Zwei fo weiche Blumen 
wie feine Fran mit Dem ihr angefchlungenen Epheu. J. Paul, 
Zitan 30. Zuletzt eine wunderfam fih auffchlingende Spike. Göthe, 
Kampagne in Frankreich 24, Oct, Diefer Gedanke ſchlang ſich durch 
dad Ganze durch. Göthe, Leben 6. B. (Wie) die mächtigen Aeſte 
duch die Rüden durchgeſchlungen find. Göthe, Movelle: das Kind 
mit dem Löwen, Hier ſchlingen ſich wieder andere Thäler ein. 
Böthe, Briefe aus der Schweiz 2. Wthl. Gewürze, ſüße Sachen, ſtark 
Setränfe, eins um das andre ſchlingt er haſtig ein. Göthe, Taflo 
d 1. Das Streben der Vernunft, den Knoten zu entjchlingen, if 
Zhorheit. Ziedge, Urania 2. Das (Städten) fi fehr mahleriſch 
um emen Berg berumfchlingt. Göthe, Leben 10. B. Gie bilden 
den Afanth mit feinen Blättern und Blumen, die ſich auf verfchiedene 
Baie herumſchlingen. Göthe, Benvenuto Cellini 1, & So hat 
man doch indeflen einen Leitfaden, an dem man fi hinſchlingen 
fan. Göthe, ital. Reife 10. Jamıar. Man fchlingt die Züge, die 
und jchmeichelt, in vollen Zügen hinab. Göthe, Rameaus Neffe. 
Eh ſchlinge der Exde ſchwarzer Schlund uns hinab! Voß, Ilias 
17, 416. (Er) ſchlang begierig hinein. Göthe, Reineke Fuchs 10, 
5. Die Wafler, die fie (die Charybde) hinunterſchlang. Schil— 
ter, Taucher. Aber nun batte ihn der hinweggeſchlungen. 
Denzel-Sternau. Schlang's in den Abgrund nieder. Sonnenberg. 
Hab und Gut wegſchlingen in Ueppigkeit. Voß, Odyſſee 14, 92. 
I es der Einklang nicht, der aus dem Bufen dringt, und in fein 
Herz die Welt zurüdefchlingt? Göthe, Fauſt Vorſpiel. Ich bin 
gefaßt, ruft Rezia, und fohlingt ein Ach zurüd, das ihrer Bruſt 
entjteiget. Wieland, Oberon 11, 46. Der ln Punct bierbei 
war der, daß man Die religiöfe und bürgerliche Verfafſung unzertrenns 
ih in eins zufammenihlang. Göthe, Leben 15. 2. Re 

Unm. Die Participien fegen ſich auch mit andern Wörtern zufammen, 5.8. 
Robfhlingenden Hunden. Voß, Ilias 23, 31. Mit fanftumfhlingen» 
den Händchen. Pyrker, Tuniflas 9. Feſtumſchlingend. Göthe, Eugenie 5,6. 
Raubverſchlingende Löwen. Boß, Stine 5, 782. Bollsverfchlingen- 
der (für voltverfet.) König. Daf. 231. Den Wald mit weitverfhlungnen 

u auszuroden. Schiller, Tel 2,2, Bildete mir der augſtumſchlungene 
Geiſt folches Derworreuet Göthe, Fauſt 2, 188. Ä 

Schlinger (abd. slingäri, mhd. ‚slingzere, altn. slöngr) der da 
ſchlingt, früher aud) Schleuderer; Schlingung; ſchlingig, geſchlin— 

ig = ſchlank und Gefhling == die Gurgel mit den daran hängenden 

eweiden epbarer Thiere (vgl. altn. slang == Eingeweide der Thiere) 
gehören der Volksſprache an. — Unrathſchlinger. Voß, Odyſſee 17, 
20. Biehifher Berſchlinger. Shafefpeare, König Heinrich IV. 
2. 1. 1, 3. Gabenverjälinger Voß. 


en 


Schlinge (ahd. slinga, mbb. slinge, «iin. slöngva, släng — 
Schleuder) 1) ein ſich fchlingendes Ding; ein Werkzeug, um Thiere 
zu fangen; im Schiffbau heißen Schlingen vier ind Kreuz befeitigte 
Hölzer an jedem Mafte, auf welchen der Maſtkorb ſteht. — Diefelben 
(Haare) brauchten fie zu den Schlingen vnd Sclaudern. Aventi⸗ 
mus, Ghronit 1580 Bl. 81. Die Schlingen ihm werfend um den 
Rücht’gen Fuß. Schiller, Kraniche des Ibycus. Verwahrt ift mir das 
Ohr vor deiner Rede Schlingen. Sciller, Yungfran von Drleans 
2, 10. Ich fol mich ftellen; foll beforgen laſſen; fol Fallen legen; 
fol auf Glatteis führen... die Schlinge liegt ja nur Dem geizigen, 
beforglichen, furchtſamen Juden. Leifing, Nathan der Weile 3, 4. — 
Die aus dem Fenſter eine vielblätterige Rebenjchlinge bereinzog. 
3. Paul, Zitan 42. Wie foll ich nun des wunderbaren Knotens 
Räthſelſchlinge, die euch umftriet, zu löſen übernehmen? Götbe, 
Eugenie 5, 2. 

Sale (ſ. fallen) Werkzeug zum Fangen kleiner und größerer Thiere, 

indem es zufällt und feſthält. Strick (ahd. stric, stricch, strih, mbd. stric; 
vgl. lat. styingere, gr. drpuyyeıy ſtraff anziehen; Strang, ©. 114) 
und Fallſtrick werden, weil fie grob und ſtark ſind, nur zum ange 
großer Thiere gebraudt. AL diefe Auspräde fichen au im fig. Siune. — 
Dahinter fteft eine böfe Kalle. Schiller, Wallenſteins Lager 11. Eium 
Strid um deinen Hals! Göthe, Böy von Berlidingen 8. Und follt id 
ihm nicht glauben? In den Schwären der tremften Liebe einen Falikrid 
fürdten? Schiffer, Maria Smart 4, 5. 

Schlingbaum, —fuder, —rabe, —wurm u. a. — Nicht Wur⸗ 
zeln aus der Lippe jchlägt das Wort, das unbedadht dem fchnellen 
Zorn ertflohen ; doch von dem Ohr des Argwohns ntgelangen, friecht e8 
wie Schlingfraut endlos treibend fort. Schiller, Braut von Meffina. 

Schlung (der) 1) Handlung des Schlingens; 2) fo viel als man 
anf einmal ſchlingt; 3) ein verjchlungener Zug; 4) f. v. a. Schlund. 
— Ein alter aber ift3, aus dem dein auge fan des liebes triejeneth ?) 
mit vollem ſchlunge faugen. Hoffmaunswaldauiihe Ged.5,7. Wenn 
er (der Kranich) aubäon auß feinem Half den Knochen, der von jeis 
nem eflen jbm (dem Wolf) gefehrlih den fchlung befeflen. Rollen: 
bagen, Froſchmeuſeler I. 2, 21. 

Schlink(e) (mhd. der slinc, slinke), eigentlich was ſich fchlingt, 
nennt die Volksſprache 1) eine aus Draht gemachte Schlinge an Klei⸗ 
dern, worin der Krapfen fich hängt; 2) ſoviel als Thürklinke. 

Schlange (ahd. dör slango, mhd. der slange, altn. slänga, 
slöngvi) das bekannte bogenförmig bingleitende Kricchthier; (fig.) ein 
falfcher betriegeriiher Menſch; ein glei einer Schlange hin und ber 

) Auch Trifet (franz. trisenet): Ein filberne Schal mit Wein und Bred 
überichätt, mit einem Trifet, das ift, mit Juder und allerley Specerey under 
einander. Albertins Gusmann ©. 478. 


I} 


881 


gebogenes Ding: Schlauch an einer Zenerfprige. — Der pfellgerade 
Schuß der Schlangen ermählt fich nur den Priefter am Altar. Schil- 
ie, Aeneis 2, 36. Schlange! Schlange! (nemnt Fauſt den Mes 
phiftopheles). Göthe, Fauſt 1, 174 Uber in freieren Schlangen 
durchfreuzt die geregelten Zelder jetzt verfihlungen vom Wald, jebt an 
den Bergen hinauf. Elimmend, ein fchimmernder Streif, die Länder ver- 
fnäpfende Straße. Schiller, Spaziergang. — Das ehrne Gejhüb, das 
weit in die Ferne hinüber jchleudert den Ball, Feldſchlange ge 
namnt. Pyrker, Tuniſias 8 Die Surienfhlangen ringeln ſich zu 
Boden auf. 3. Paul, Siebenkäs 5. Da liegt die Höllenfhlange 
wir im Wege. Schiller, Maria Stuart 4, 10. Die Natter, in dem 
Munde des. Bolls die Königsihlange gepriefen. Pyrker, Zuniflas 
9. — Schlängelchen fcheinen fie gleih. Göthe, Vened. Epigr. 67. 
gung, — blume, — brut, —eidechfe, —falt, —fiſch, —förmig, —ger 
ih, —gras, — gurke, — halsvogel, — holz, — horn, —kopf, — kraut, 
—-frone, —moos, —mord, —motte, — oſterluzei, —pfeife, —pulver, 
—Tanpe, — rohr, —roͤhre, —fäule, —ſchnirkel —ſchnur, —ſchwanz, 
—prige, — ſtecher, — ſtein, —ſtich, —ſtreifen, — tanz, —tödter, 
—träger, — verehrer, —vogel, —wurz u. a. — Bald verſchlungen 
Zeil' an Zeile ſchlangenartig. Goͤthe, Fauſt 2, 174. Und es 
erwiederte drauf die ſchlangenbehaarte Geliebte. Sonxenberg. 
Schon ſeh' ich deine Seele vom gift'gen Schlangenbiß des Arg- 
wohns biuten. Schiller, Don Karlos 1, 1. Waͤhnt, Liebe fei’s, was 
br im Schlangenbufen flammt. Wieland. Drum achtet ihn gleich 
nem Schlangenei. Shakefpeare, 3. Edfar 2, 1. Der aufges 
ſchwollne Verbrecher hatte feinem Volke die heiligen Rechte der Frei⸗ 
beit, fie mit Schlangenentwürfen und Klau'n des Löwen ent 
fen. Klopitod. Die — ——— der Erymen. Göthe, So⸗ 
nette 11. Das andre it Schlangenfreiheit. Header. So daß 
es (dus Waffer) nur im weitläufigen Schlangengange fortwandeln 
fun. Göthe, Campagne in Frankreich, October. Schlangengeborme 
beigen die Thebaner, deren Ahnen ans Drachenzähnen erwuchfen. Voß: 
Hier kann nur die Berzweiflung mit der Schlangengeißel weg⸗ 
peitihen. Benzel-Sternau. Aber du zieht Schlangengewinde 
dir nad. Göthe, Weisfagungen des Bakis 2. Du erftachit herzhaft 
dein Schlangengezücht. Platen, die werhängnißvolle Gabel 2. Kein 
Gift über Schlangengift. Herder. Alle meine Proben gleiten von 
dieiem Ichlangenglatten Sonderling. Schiller, Don Karlos 2, 8. 
Seh’ it auf dem & hlangengleife durch die Welt mein Wander⸗ 
Rab, Heinze. Die Gorgonen fnüpften mit ehernen Händen ihren 
Shlangengürtel. Benzel- Stemau. Die Schlangenhaare 
Kättelnd umftehen mich die finftern Höflengeifter. Schiller, Mia 
Stuart 3, 3. Bor den Thoren gefeflelt Liege des Streits ſchlangen⸗ 
4 


haariges Scheufal! Schiller, Braut von Meſſina. Wie ſchlan⸗ 
genhaft verlegten ſolche Tauben. Goͤthe, Fauſt 2, 36. Während 
das Kameel den Schlangenhals in die Höhe reckte. Benzel-Sternan. 
Schaudernd hör’ ih oft und wieder von dem Schlangenhaß der 
Brüder. Schiller, Braut von Meſſina. Dann fteigen fie, die Schlan- 
genhäupter jchüttelnd, von allen Seiten flauberregend anf. Schiller. 
Hahn, Stadhel, Zunge, Schlangenhant, Alles ift an ihr (der 
Schlange) zum Spridwort geworden.. Herder. Frech wibelte das 
Schlangenheer der Spötter. Schiller, Refignation. Ad, vielleicht 
umflattert eine Andre, mein vergeflen, Diefed Schlangenherz. Schil⸗ 
ler, Kindesmörderin. Bella war ihrer abgelegten nidlihen Schlan⸗ 
genhülle ohnerachtet noch Schlange genug, um ein Paar Schweftern 
zu befchleichen. Benzel- Sternan. Den Sprmg thun von Schlan= 
genklugheit zu Gottesweisheit. Herder. Wie ſtarr Metall im 
Schlangenfreije fi dehnt und ſchließt. Goöthe, Pandora. Wir 
folgten jenem Mansfeld unverdroffen durch alle Schlangenfrüm- 
men feiner Flucht. Schiller, Wallenfteing Tod 3, 13. Ihr. jeid von 
der guten Art, wenn fchon. Drachen ,. jagt’ ih zu unjern Flügelroſſen 
mit Schlangenleibern. Benzel-Stenau. Da man die Schlan⸗ 
genlinie zum Vorbild und Symbol der Schönheit genommen. Göthe, 
der Sammler und die Seinigen 4. Abtheilung. Keine Lift über Schlan- 

gentift. Herder. Warum muß der Väter Doppelichuld und Frevel⸗ 
that uns gräßlih wie em Schlangenpaar umwinden? Schiller, 
Wallenſteins Tod 3, 18. Schaum am Schlangenrahen. Benzel- 
Stemau. Ein Haupt mit langen Zähnen, Schlangenrüffel. &öthe, 
Fauft 2, 38. Die Löwenaugen rollend ringelt fie den Schlangen- 
ſchweif über den Ziegenleib. Benzel-Stermau. Fahr zur Hölle falſche 
Schlangenjeele Schiller. Am rollte ſich der Schwanz zuſammen 
und that den erzgürnten Schlangenfprung amdeine Braft. 3. Baul 
Wie er (Merkur) mit fi felbit und femem Schlangenftabe und 
feinem Sahne und Beutel fo ganz Eins ik. Herder Schlangen- 
nmringelte Schweitern. Beh. Nicht den [hlangenumfträub- 
ten dreifach beilenden Hals dem medufichen Gräuel zu fefleln. Voß. 
Auch die fhlangenummwnndne Tiſtphone kömmt uns entgegen, 
Derf. Das Schlangenungeheuer, die Schikane. Schubart. Rad 
der Erde dringt fein Lauf ſchlangenwandelnd. Göthe, Mahomets 
Gefang. Bis fie aus den engen Schlangenwegen des Gebirges in 
die Ebene kommen. Wieland. Ans allen: Diefen Schlangenwen- 
dungen einer ummoraliihen Khugheitöfehre. Kant. Kurz das geſchmei⸗ 
bige gewundene Schlaugenwejen legie fih auch an mich. J. Pant. 
Sie wollen in diefer Schlangenmwindung mir entgehn. Schiller, 
Don Karlos 2, 8. Um die Simde flehten Schlangenwirbel Scham 
und Reue. Schiller, Phantaſie an Laura. Daß fie empfinde, wie es 
fehärfer unge, als Schlangenzahn, ein undankbares Kind zu haben! 


388 





Shakeſpoare, König Bear 1,4. Ben wir boͤſem ine 
unverdienter Wei: entwiſchen. U. W. Schlegel. Sie (Eva) ſah im 
ihrem Samen nur Einen, den Schlangenzertreter. Herder. Die 
in (den Sinn der Liebe) mit Schlangenzungen mißdeuten. Thüm⸗ 
me. Ihren Verfolger und Ichlangenzüngigen Läſtrer. Klopſtock, 
Meifias 10, 302. 

Schlangeln (bei Voß auch ſchlaͤngen) in Heinen bogenförmigen 
Bindungen ſich fortbewegen. — Ein Thlängelmder Pfad leitet mid) 
ſteigend empor. Schiller, Spaziergang. Ein Bauer kam beraufcht von 
einem Hochzeitſchmaus und fchlängelte, gleich dem Mäarderfuffe, fich 
mit geſenktem Kopf nad) Haus. Der, der Hut. Auch wandr' ich oft, nicht 
ungefehn, den Ulmenweg, geichlängt an Höhn. Voß, Allegro 95. 
— Ein u! der ſich fanft abſchlängelt. nn bet Campe. 
Denen (Thales) anmuthig grünen baumreihen Wiejengrund die Waſ⸗ 
ferfülle eines immer: Tebendigen Baches bald durchſchlaͤngelte bald 
Burchrauichte.. Gothe, Wahlvertsandifihaften 1, 18. Aus nebelnder 
Kerne ſchlaͤngelt' itt Belzebub Her. Sonnenberg. Blibe... ſchlän⸗ 
gelten Lichter herab. Der. Ein fich ihm zur Seite heraufichlän- 
geludner Delphin deutet. auf einen Serhelden. Göthe, ital. Reife & 
Det, Wie der Hank mir da herein fi Fhlängelt. Shakeſpeare, 
Kbnig Heinrich IV. 1. Thl. 3,1. Um diefe müflen wir ıms herum⸗ 
ſchlaͤngeln. Göthe, Novelle: das Kind mit dem Loͤwen. Ihre Hütte 
aut ſteht auf grün binfhlängelndem Borland. Voß, Philemon und 
Baucis 153. Born, um Haß ımd Schulter ſich windend, ſchlaͤn⸗ 

eltem ihr zwo Boden hinab auf den wallenden Bufen. Voß, Luiſe 
‚a, 193. Wildjäger vom Kaufafus treiben Wunderthiere die Straf! 
herab, mitfchlängelt em Streifzug Sommenberg. Das (Feuer) fid) 
ihm nachſchlängelt. 3. Paul, Zitan 36. Gleich nicdergefchlän- 
gelten Bligen. Sonnenberg. Warum fo gebrochen des Ruders Bild 
in der Welle den Kahn Kun Voß, Luife 1, 759. 

Schlängler, Schlängelei, Schlängelung find wew Bildungen; 
ſchlängelicht hat. Stiefer ſchon. — Sie (die. das Weicheve und Ge— 
lfige ohne Charalter und Bedeutung lieben) wurden auch Schläng— 
er genanm ... Dieſe Schlängeley und Weichheit ‚bezieht ſich auf 
eine gewiſſe Schwäche. Göthe, der Sammler und die Seinen 4, Ab- 
teilung. Seine Schriften follten eben ein Grundrig von Wahrheiten 
jein, wo ich feine Schlängelungen ſuche. Herder, Ihre Schläns 

elung mindet. fi durch gang Frankreich. Klopftod, die Jacobiuer. 
ieſe ug fraujen goldnen Loden. Shaleſpeare, Kaufmann 
von Venedig 3, 2. | 
Schlauk cniederfähfifh slank) von Tanger und zugleich dünner 
Körperform, wenn zugleich Gefhmeidigkeit und Biegſamkeit damit ver⸗ 
bunden if. — Geſchlank hat diefelbe Bedeutung, wird feines alter- 
thümlichen Anftrihs wegen gern im edlern Style gebraucht, — Du 








33 


haft mit hoͤherm Siun und größerm Herzen den zarten ſchlauken Lor- 
beer dir gewählt. Göthe, Taſſo 1,1. Der Chirurgus, ein ſchlauker 
wohlgebildeter Mann. Göthe, Leben 8. B. Sein geſchlanker Kör- 
per plätfchert im Wafler. Herder, Ideen 6,4. (Hermes) ſchuf behend 
aus des geſchlanken Stamms feingeädertem Kerne dich, viektöniges 
Saitenfpiel. Voß, an Gleims Keier. | 
Schmächtig (niederd. smagtig; vgl. ahd smähi, mhd. smsehe &. 72. 257) 
dünn fich ausdehirend ans heftiger zehrender Begierde nach etwas; damen lang⸗ 
geftrerft dünn mit dem Anfeben körperlicher Schwäche. Hager (mbp. hager, 
vielleicht Nebenform von hege — troden, dürr) dünn an Fleifdy in Beziehung 
auf die Geftalt des Körpers oder Körpertheiles, im Gegenfag förperlicher 
Dide und Fülle. — Und mir iſt's wie dem Käplein ſchmächtig, das au 
deu Fenerleitern ſchleicht, fich leif’ dann um die Dauer ftreiht. Görhe, Kauf 
1, 192. Auch diefe Mühnchen zart und ſchmächtig. Daf. 2, 145. Pie 
besbücher und Jahrgedichte machen bleich und hager. Göthe, fyrichwörtiid 
Schlanken, auch ſchlinkenſchlanken — bangen und fi) hin und 
her bewegen, müßig herumgehen; ſchlenkeln die Wiederheiungsform 
davon; ſchlenkern (ahd. slenkiren, fpätermhd. slenkern, verhärtete 
Form von sleneker für slenger, ahd. slengira, slengura = Schleu⸗ 
der) = ſchwingen, fihleudern; ſchlengen (ahd. slangen, slangjes, 
mhd. slengen, altn. slengja) Factitiv von Ikingen zer 
ſchwenken, find faft nur noch in der Bollsfprache ge äuchlich. — Mi 
fſchlenkeln und fpazieren.... fombt man waiß Gott nit in Himmel. 
DB. Abraham. Paulus fchlenferte die Dtter in’s Feuer. Luther, 
Bibelüberf. Apoftelgeich. 28, 5. Sie ſchlenkern im Gehen alle mit 
den Armen. Göthe, ital. Reiſe, Verona 17. Sept. Zum Wahrzeichen 
laſſet das Scurpfell durch die Löwen-Haut hervorſchlenkern. 
Gryphius, B. Squent 1. Aufzug. 
Anm. Hierher gehört wahrſcheinlich auch Schlingel, baier. Schlaänkel, 
m ein müßiggängerifcher Menſch, dann auch ein plumper, unordentlidyer. 
avon fhlingelu, erh chlingelhaft. 
Inden 1) (abd. siuccan, slucchjan, slicken; mid. siucken 
‚ neben slicken, altn. slöka, neuniederl. slonk und slok, ſchwed. 
sieka und slicka; vgl. altn. sleikia — lecken) heißt eigentfiäy durch 
eine gleichſam ftoßartige Bewegung des Schkundes in den Magen eins 
nehmen; im Bejondern —* durch die Speiſeröhre eſſend oder 
trinkend einnehmen. — Wider Willen ſchluckt' ich das Zeug (Honig). 
Göthe, Neinefe Fuchs 2, 58. Die Deutihen haben fo wenig Luft 
davon (vom Wafler) zu fchluden als wir. Göthe, Benvenuto Cellini 
2,8 — Ben ein frofh einen ſtorchen verflidt (gereimt flidt). 
ı) Ziemann ah aus einem Voc. von 1424 slinken — fihluden au. Be 
athet man dieſes, Bulle. neben gelingen, drüden neben dringen; 
fo fcheint es höchſt wahrfheinfich, daß slucken, slicken Rebarformen find von 
ſchlingen, wofür fie an Beigand halten möchte. Schmeller (3, 433) md 
Graff (V, 786) denken an jchleichen und lecken. 


385 


Hans NRotenplüt, des Turcken vaßenachtſpil. Es bat fi das Erd: 
reich aufgetban, hat etlih Stätt mit Viehe und Leuten verjchlidt. 
Aventinus, Chronik 1580. BL. 110. 

Ein— , hinunter—, binweg, nieder— (S. 91), unter—, 
verfchluden (S. 91) find klar. — Es war, als ob die Erd’ ihn 
eingejchludt. Schiller, Wallenſteins Tod 2, 3. Ich follte es hin— 
unterjchluden, und wenn ich dran erwürgen folte. Göthe, Ben 
venuto Gellini 2, 4. Hier riß fi die Erd’ auf, ſchluckt' ein Tauſend 
hinweg. Sonnenberg. Diefen Geluft müflen fie niederfhluden. 
Schiller, Fiesko 1, 5. Gekaut, verfhludt, verdaut. Shafeipeare, 
&. Heinrich) V. 2, 2. Ausgeriffen aus der linken Seite ſoll das Herz 
mir werden, und verſchlucken mül ich es. Herder, Eid 38. 

Schluck (mhd. sluc). — Er ift ein Mann von vielen Graden, 
der manchen guten Schlud gethan. Göthe, Zauft1, 131. Die follen 
wir gleih an uns loden mit gutem Schlud und guien Broden. 
Schiller, Wallenſteins Lager 2. Nach der Mahlzeit bringt er ein 
Schlückchen. Göthe, Reinele Fuchs 2, 115. | 

Schlucker (ahd. sluko, sluhho, nıhd. slucke, niederd. siucker) 
eigentlich der Schlemmer, freſſige Menſch; daun der wonach hungrig 
it, darnach ſchluckt, und jelbit nichts zu beißen und zu broden hat; 
endlich wer wegen übergroßen Mangeld an dem, was zu Xeibes- und 
Seelennothdurft gehört, beduuernswerth oder verächtlih ift. — Da er 
mid nach meinem Aufzug für einen armen Schluder halten mochte. 
Göthe, Leben 10. B. Da gebt er, der barmherzige Schluder. 
Leſſing. Preigeift 1, 9. 

Wit (ahd. daz wiht, mhd. daz und der wiht = Weſen, auf den 
Menfchen wie den Geift angewandt, goth. die vaithts, das vaiht, — Ding) 
urſprünglich wer nur das thur, was nichts taugt; dann der in irgend einer 
Beziehung unanfehnlihe, unbedeutende Meuſch; überhaupt der Menih, dem 
etwas daran fehlt, daB er ald Menſch etwas ift uud gilt. Der Tropf (von 
mbd. tropfe, älternhd. tropfen, tropff = Schlagfluß, Gicht, wahrſcheinlich 
eins mit Tropfen, ſ. triefen) der Menfch, dem das Nötbigfte an Körper, 
Seele oder Geift abgeht. Gimpel (bei Stieler und Logau Gümpel, als 
wenn das Wort von mhd. gumpen — muthwillig fpringen herfänte) iſt eigent- 
lich der Blutfink, deſſen Einfalt, mit der er ind Nep gebt, jprichwörtlich ges 
worden; davon ein dummeinfältiger Menfh. Pinfel ein Menih, der fo 
einfältig ift, dap er nichts von ſich felbit zu thun weiß, iſt eine Cerit im 18. 
Jahrh. vorfommende) auf dem Begriffe des Geführtwerdens durch Andere 
berubende Figur von der Binfel (ahd. pensil, mhd. pensel, aus lat. peni- 
cillus). — Doch fiehe! da ftehet ein winziger Wicht. Göthe, Hochzeitlied. 
Diefer Dann war in feinen Jünglingsjahren der einfältigfte Tropf unter 
der Sonne; Hatte kaum Berfland genug, den Katechismus zu begreifen. Ihüms 
mel, Reifen 1. Ein vwindiger Tropf. 3. Paul, Titan 20, So liebli 

25 


om 








386 


Hang des Voglers Bfeife, bis der Gimpel in dem Nee war. -Leifing, 

Nathan der Weife 1, 3. (Er) lachte herzlich über die Gimpel. Göthe, 

Meifters Kehrjahre 3, 11. Was machſt du, Pinſel? Shakeſpeare, was ihr 

wont 1, 5. Welch ein Einfaltspinfel! Shakeſpeare, König Heinrich IV- 

1. Thl. 2, 8. 

Anm. Zu fhluden gehört wabrſcheinlich auch Schlauch abd. slüh. mhr. 
slüch = SKeble, lederne Röhre. Bei dem ſchlockern und-ſchluckern der Volks— 
ſprache = bin und ber fahren, fich bin und ber wanfend fortbewegen, darf wol 
an fchlingen und Echluder gedacht werden. 


Schlecken (altn. sleikja. fchwed. sieka, slicka, wie das mhd. 
slöc — Lederbiffen, eine Nebenform von mhd. slicken neben slucken, 
ahd. sliccan, sleccan) bedeutet etwas Köftliches in Fleinen Biffen zu 
fidh nehmen. Davon Schleder, Sclederbiffen, —ci, — haft, —maul. 

Reden (gotb. laigon, ahd. lecchän, altf. liccön, agf. liccjan, mhd. lecken, 
engl. liek, ital. leceare, franz. lecher; vgl. lat. lingere, gr. Aslyaı = 
feden, züngeln) überhaupt mit der Zunge über etwas aufnehmend binftreichen ; 
dann mit der Zunge darüber beritreichend genießen. — Mn der Stete, da 
Hunde das Blut Naboth geleckt Haben, follen auch hunde dein Blut lecken. 
Rutber, Bibeläberf. 1. Kön. 21, 19. 


Schiuchzen ’) (erſt nhd. in der Volksſprache ſchlückſen, ſchloͤck⸗ 
fen, bei Stieler ſchluckſen und ſchluchzen, eig. ſchlucke zen von 
ſchlucken) aus krampfhafter Zuckung des Zwerchfelles heftig, ſtoß⸗ 
weiſe, ſchallend einathmen, als Wirkung eines Ergriffenſeins Des Ge—⸗ 
fühles, urſprünglich des Schmerzgefübles. — Julia (ſchluchzend): 
die Peſt über dich! Schiller, Fiesko 4, 13. Sie konnte vor Schluch⸗ 
zen fchlechthin nichts jagen. Hermes. O mein Beliebter, fo ſchluch⸗ 
zete fie, o wie bin ich glüdlih! Geßner. 

Meinen (noth. qäinön, qväindn, ahd. weindn, mbd. weinen, agf. vän- 
jan, altn. veina) aus äußerer wie innerer Schmerzempfindung Thränen rin- 
nen laffen; dann Aberhaupt anf innerer Empfindung Thränen rinnen laſſen. 
Heulen (mbr, biuweln, hiulen, ſchwed. ulfwa, dAn. hyle, engl. howl, mit- 
telniederd. hülen, von ahd. hiuwelä, huwelä, trwild — Eule, dieſes von ahd. 
huwo, hüwo = U hu, wie lat. ululare' von ulula == Enle; vgl. gr. oAoArLen» 
vAaleır) bedeutet eigentlich fchreien wie eine Eule; dann widerlich ſchallende 
tiefe Klagelaute ausftoßen; üiberhaupt widerlich fehallende tiefe Laute ansfto- 
fen. Wimmern (älternbd. wemmern, ſpätmhd. wimmerizen) ſich in ergrei- 
fenden, zitternden, gebrochenen Lauten äußern. Winſeln (mbb. winseln 
von ahd. winisön, winson, mbd. winsen, älternhd. winfen, winßen, 
winffen, weynffen; vielleicht mit wini — Geliebter, Schatz verwandt?) 
urfprünglih wol mit einer von Berlangen wonach gepreßten Stimme fi 
Anfern ; in fhmwachlantiger Stimme fih äußern: ſchwach⸗ und feinlautig weh⸗ 


1) Das althergebrachte Wort für diefen Begriff war ſchnupfen, ſchnupf⸗ 
zon, ſchnipfzen, f. ſchnieben. 


387 


müthig thun. — (Sie) weinen vor Schmerzen und Freude. Schiller, Bürg- 

ichaft. Wo wilde Raben krächzen und mitternächtliche Uhu's heulen. Schils 

ler, Räuber 4, 6. Heulend kommt der Sturm geflogen. Ediller, Glocke. 

Hört ihr’s wimmern hoch vom Thurm? Daf. So fpringen ihn jeine zwei 

Doggen ſchon au mit frendigem ‚Heulen und Wimmern. Bürger. Sie 

jammert und winfelt. Lejfing, Emilie Galotti 4, 8. Dich gräßt der Hund 

frodwinfelnd. Voß, der Bettler 1. 

Anm. Andere finnverwandte, jedoch minder gebräuchliche Wörter find pin 
ien und pinfeln= and Weichlichfeit mit Geberden und Lauten verzagt weiner- 
(ih than, nur von Menfhen; (norddeutfh) janken und jaueln (engl. yowl, 
. von owl — Eule) — mit widerlihem Schallen webklagen, nur von Thieren; 
flennen(abd. flannen,mbd vlennen, vlans; = aufgeiverrtes Maul, Volkoſpr. ſlans 
widerlich verzogener Mund) — mit widerlich verzogenem Munde weinen; greinen 
(abd. grinan, mhd. grinen, nad ftarfer Conj.) — mit widerlich verzogenem Ges 
fihteweinen; gerren, quirren, quarren, (mhd. körren, ahd. ehirran, cherran, 
ne. ©. 272; val. agſ. cearcjan = girren, fnarren, ccarjan = klagen, lat. queri) 
aut weinen. — Der edle Schach der —— Se fängt nach Gewohnheit an 
zu pinfeln, trennt ungern fi von feinem Krewid. Wieland. Sie hätten ge» 
flennt und gegrinnen. Nüdert, gel. Gedichte 2, 45. (Sie) greinen Über 
die Siege des Scipio... das iſt ja recht alegandrinifch geflennt. Schiller, Räus 


ber. 1, 2. 

Schlinden it nhd. ganz außer Gebraud) gefommen. Gtieler 
führt (im 3. 1691) ſchlinden neben ſchlingen an, doch iſt nad 
ihm Ihlingen viel gebräuchlicher. — Sie verfhlandt prinnende 
kolen. A. von Eyb (im 15. Jahrh.) Wie die Fiſch im Meer, da 
jmmer einer den andern verfchlind. H. Sachs, St. Peter mit der 
Gaiß. Den Herren er verfhland. Heldenbuh vom Jahr 1560 
Bl. 69. Allwo ein Spiler lebendig verichlunden worden P. 
Abraham Ct 1709). Doc es wird nicht funden was Die Wölf vor 
verihlunden. Logau, Sinnged. 1150. 

Schlund (ahd. mhd. slunt) ift vom Halſe zunächſt die obere 
(Ihlingende) Halsöffnung; Die ganze Speijeröhre bis zum Magen; 
(fig.) eine fehr große Tiefe mit dem Begriff des Verſchlingens; Deff- 
nung einer tiefen Höhle. Davon ſchlündig (mhd. slündec), 
ſhlündlich, ſhlünden. — Als fchnappt es gierig nad) der Beute, 
eröffnet fi) des Rach ens Weite, und aus dem ſchwarzen Schlunde 
drau'n der Zähne flachelichte Reih'n. Schiller, Kampf mit dem Dra⸗ 
hen. Und felbft Bis in die tiefen Schlünde des Abgrunds wit- 
text ex (der trübe Schein) hinein. Göthe, Fauft 1, 05. Wer wagt es, Rit⸗ 
terömann oder Knapp’, zu tauchen in diejen Schlund? Sciller, 
Zaucher. Thut jih fein Schlund auf, das elendefte der Weſen zu 
verihlingen? Schiller, Maria Stunt 5, 10. — Haft mit 
Höhen es (das Gebirg) durchſchlündet, wo der Felsſtrom nieder- 
ſtirzt. Bürde. In ſchlündlichen Tiefen des Meeres. Baggefen. 
— Metallne Donnerfhlünde Schubart. Durch die öden 
Seljenfchlünde der hoben Berggehölze. Matthiſſon, mileſiſches 
Maͤrchen. Donnergebrül der Feuerſchlünde. Sonnenberg, Wie 


2% 





388 


— —— — — 


lühende Wolfen aus des Berges Feuerſchlund ſich wälzen. Goͤthe, 

* 2, 185. Was enthaucht wohl ſolchem furchtbaren Gräuel- 
ſchlund? Daſ. 2, 195. O Veſuv, dein Flammenſchlund. Voß. 
Sein Auge flammet wie der offne Höllenſchlund. Wieland. Das 
Gefühl hob mich vor den hundert heulenden Todesſchlünden der 
Schlacht. Benzel-Sternau. 

Machen (abd. hrahho, rahho, racho, agi. hraca, mhd. rache, engl. 
rack, bolländ. raak) der die Stimme auslaffende Theil der Kehle hinter den 
Bungenbeinen; dann Kehle und weiter der Mund, ſelbſt in edelm Sinne; 
gewöhnlich weites Maul, das beim Aufiverren mit der Halshöhle weit und - 
tief gäbnt, gerne mit dem Rebenbegriff des Schreckbaren in diefer Gäbnung ; 
fig. fürchterlich gähnender Abgrund. Kehle (abd. chela, agj. cẽole, mhd. 
kele, kel, wahrjcheinfich verwandt mit mhd. küle = Graph, Loch, lat. gula = 
Epeiferöhre, gr. Jralor —= Höhlung) eigentlich röhrenartige Vertiefnng nad 
der Länge: Kniekehle; dann Speiferöbre, Luftröhre. Gurgel (abd. gargula, 
mhd. gurgel, fcheint aus lat. gurgulio — Halsröhre entfprungen) ift die 
Epeijeröhre oder vielmehr der Eingang der Halsröhren vom Munde. Ab- 
grund (ahd. abgrunt, abcrunt, abgrunt(d)i, altn. afgruunr, goth. afgrandith) 
ift eig. was ohne Grund (S. 246) iſt; dann eine Tiefe, in der fich fein Grund 
finden zu laſſen ſcheint. — Wie Tieblich iſt fie (deine Rede) doch in meinem 
Rachen! Opitz, Pfalm 119. Stimmt die Kehle zum Geſange. Götbe, 
dentfcher Parnaß. Du wolleft dir daflır die Gurgel abfanfen. Schiller, 
Ränder 1, 2. Hört, wie der Abgrund toſ't, der Wirbel brüflt, fo bat’« 
noch nie geraf't in diefem Schlunde! Schiller, Tell 4, 1. 

Schiundbein, -—drüfe, —kopf, —röhre. 
Anm. Fiſchart — S. 25) bat Grosprockſchlindig, Land— 
ſchlindig. Vgl. ahd. slindo, slindari = Verſchlinger, Gefräßiger. 


Schwingen. 
(Wurzel svang, sving; svan—g, svin-8.) 


Shwinge, fhwang, neihwungen, fchwingen: (abd. suinku, 
suanc, suunkum&s, suunkaner, suinkan, suingan; mhd. swinge, 
swanc, Swungen, geswungen, swingen; goth. sviggvan; agi. 
sviagan — ſchlagen, svincan = arbeiten; engl. swing, fchwed. 
swinga) mit der Grundbedeutung heftig bewegen, Davon 1) fich jchnell 
bewegeit, befonders in einer gebogenen Richtung; 2) etwas mit einem 
Schwunge bewegen; 3) jchwingend, befonders mit der  Schwinge, 
behandeln, bearbeiten; 4) (ſelten) mit Schwingen verjehen. — Der 
hinter Reyn (Rhein), der fih in rechten Reyn auch ſchwingt. 9. 
Sachs. Die Geiſel ſchwangeſt über alle Kinder. Schiller, Wallen- 
fteind Zod 1, 7. Auf das muthige Roß mich zu ſchwingen. Schil- 
ler, Marta Stuart 8, 1. Es biutet die Kuh der Minerva und dem 
Gefhwingten (Merkur) das Kalb. Voß. 


388 


— — — — 


Anm. Die alte Präteritalform hat ſich lang erhalten, z. B. Es ſchwung. 
Weichmanu, Poefie der Niederſachſen 1,9. Er ſchwunge ibr Gefieder. Dafſ.l, 
57. Er ſchwung ſich anf einem Beine herum. K. L. v. Klenke, Lebensbeſchrei— 
bung der Karſch. Gleichwohl ſchwung er ſich, voll vom Gefühl der freudigiten 
Hoffnung, über die boben Gräber emyor. Klopſftock, Meffiad 11, 3%8. Und bai! 
war der Atride da und ſchwung, den langen Speer. Bürger. Der junge Graf, 
vol Löwenarimm, ſchwung feinen Heldenitab. Schiller, Eberhard der Greiuer, 

Erſchwingen (mbd. erswingen) 1) ſich empor ſchwingen; 2) ſich 
emporſchwingend etwas erreichen; 3) mit Mühe, mit beſchwerlichem 
Streben dazu kommen, daß man etwas hat, was man haben muß. — 
Kein Sang bat fih erſchwungen. Uhland, Morgenlied. Nein, der 
Götter Glück kanu feinen höhern Grad erj chwingen. Wieland. 
Den erhöhten Preis der meiſten Nothwendigkeiten in Weimar zu 
erſchwingen. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 180. Wie hoch ſeid 
ihr beſteuert? Daß wir's kaum erſchwingen können. Schiller, Wal⸗ 
leuſteins Tod 4, 3. 

Zuſammenbringen und aufbringen (ſ. bringen ©, 28) bedeuten 
machen, daB das, was man da baben will, herbeikommt; jenes (nur von mehr 
teren Dingen gefagt) bezeichnet dies zu einem Bereinigtfein; dieſes ein Her 
beisujchaffendes, das erit gejucht werden muß, herbeikommen machen, day «4 
da iſt. — Wie er dem Kaifer vor acht, neun Jahren die große Armee zu + 
iammengebradt Schiller, Wallenſteins Lager 11. Unermeßliches Ges 
ibüg ift aufgebracht von allen Enden, Schiller, Jungfrau von Orleau⸗ 
Prolog 3. ! 
Ab—, an—, auf--, aus—, be—, bei—, durb— , ein—, 

einher , empor—, ent—, fort—, ber—, herab—, beran—, 
berauf— , beraus—, herein —, herüber —, herum —, berunter—, 
hervor, herzu —, hin —, hinab— , binan— , hinauf—, hinaus, 
binduch— , hinein , hinüber—, Binunter— , Binweg— , hin- 
zu — nach —, nieder —, über—, um—, umber—, vor—, vor⸗ 
an —, voraus —, vorbei —, vorüber—, zu —, zurück—, Zus 
ſammenſchwingen bedürfen keiner weiteren Erklärung. — Das —2* 
von Hute abſchwingend. Göthe, die Aufgeregten 2, 5. Den aus» 
gerütteten Bergfels trachtet er Abzuſchwingen. Voß. Schwing' 
dich auf, Frau Nachtigall. Göthe, Fauſt 1, 104. ALS höchſter Ler⸗ 
chentriller war (ſtatt hatte ſich) aufgeſchwungen Schiller. Rückert, 
geſ. Ged. 4, 319. Sich auf- und nieder ſchwingend. Tiedge, 
Urania 2. Daß in jegige Kunſt, welche zu Menſchenwürd' auf- 
ſchwingt, deutſches Verdienſt leuchtete. Voß, an J. Andre. Auch 
jetzt aAufſchwang er das Eiſen. Pyrker, Tuniſias 2. Er wollte 
ausſchwingen (den Speer). Voß. So ſchnell als Lieb’ und Sehn- 
ſucht euch beſchwingt. Wieland, Oberon 6,31. Mit beihwing- 
ter Eil' bringt den petſchirten Brief bier zum Lord Marſchall. Shak⸗ 
ſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 4, 4. (Der) fid) mit Doppelflummen 
zu beihwingen jcheint. 3. Paul, Titan 25. (Die) auf der Wild- 











890 i 


bahn fi einherſchwang. Voß, die Jägerin. Da fle (die Luft⸗ 
fahrer) fi über die irdifhen Dünfte emporgeihwungen hatten. 
Göthe, Farbenlehre 129. Er fhwingt fein Hünenfhwert empor. 
Uhland, der blinde König. Trauernd entihwang fid) ſchon der 
ſchaudernde Geift jugendlic frohem Genuß. Göthe, Euphrofyne Ein 
hochfliegender Adler, der... eine Schlang’ in den Klauen on — 
lebend doch ſchnell ſie entſchwang (im Schwunge wegwarf). Voß. 
Im Nu find alle Silfen entſchwingt (der Schwingen beraubt). 
Benzel- Sternau. Frei ſchwing' ich mic durch alle Räume fort. 
Schiller, Huldigung der Künfte Ihm war’ unmöglich, allein in dem 
heiligen Seffel, herzuſchwingen die Lanze. Voß, Ilias 17, 464. 
Als er mit edelem Anftand fi vor dem Schranfenthor von dem ſchnau⸗ 
benden Rofje herabfhwang. Porker, Rudolph 4 Die alte Spreu 
meiner Eriftenz (mird) hberausgeihmwungen. Göthe, ital. Reiſe 
Rom 10. Nov. 1787. Dort in der Enge des Wegs, wo die ebene 
Bahn fih herumſchwingt. Voß, Ilias 23, 330. Hier ſank er (der 
Nebel) leiſe fih Hinabzufhmwingen. Göthe, Zueignung. Auf wel- 
ches (Pferd) er fi dann jeher behend hinaufſchwang. Göthe, Le— 


ben B. Sie fragte, ob er noch etwas zu befehlen babe, und 


« 


ſchwang fih zur Thüre hinaus. Göthe. Daß in der Freier Ge- 
wählihte hineinſchwingt. ) Voß, Odvffee 22, 263. (Sie) ſchwang 
wie ein Reh fih hinüber. Voß, Luiſe 1, 137. Zödtendes Erz nad- 
ihwingend. Voß, Ilias 11, 153. Sich dir auf Newtons Pfad, 
o Muſe, nahzufhmwingen Ur. Laß dich die Winde nieder- 
Ihmwingen zu dem Dardanier. Schiller, Neneis 4, 42. Der nie- 
dDergefchwungenen Schwerter Gepraffel. Sonnenberg. Die (Gki- 
fter) theils einzeln, theils in Ringen, ihn überall begleiten und nm= 
Ihwingen. Wieland, Oberon 12, 14. Luiſe, die rajch mit dem 
Knaben fih umſchwang. Voß, Luife 1, 342. Wieder darauf erbob 
er ein noch viel größeres Felsſtuͤck, ſandt' e8 daher umſchwingend. 
Voß, Odyſſee 9, 537. Allein vernocht? ihn (den Speer) umber- 
uſchwingen Achilleus. Voß, Ilias 16, 143. Hochher, über das 
grundöheer, ſchwang vor fih Obbaddon. Sonnenberg. (Er) 
ſchwang fih voran nad der Wohnung Der. (Die Dichtkunft) 
Ihwingt fi mit dir den ew’gen Sternen zu. Schiller, das Mädchen 
von Orleand. Der bald zur Heimat fih zurüdgefhwungen. 
Uhland, an Petrarka. | — 
Anm. Die Participien ſetzen ſich auch mit andern Wörtern zuſammen, z. B. 
Es kamen in fein grimes Haus viel leichtbeſchwingte Gäſte. Uhland, Eiu⸗ 
kehr. Lanzenfhwingende Männer. Voß, Ilias 2, 131. Mit Brand und 
Dold in hochgeſchwungner Rechten. Ealie, an ein Thal. Die Bewrin vn⸗ 
gefhwungen (unmäpig) ah. H. Sachs. — Beihwingen fommt aud vor in 
der Bedeutung fich gleichjam im Echwunge bemädhtigen, 3. B. Ich war mit Web: 


) Im griech. Original ſteht axerricaı d. i. mit Langen, Wurfſpießen werfen. 


391 


— — — — 


muth beſchwungen. Hoffmannewaldau, der ſterbende Socrates S. 70. In 
welchem (Bette) ibn beſchwang des langen Schlaffes Nacht. Daſ. S. 149. 
Des Mondes Schimmer befhwang die nie beſtiegnen Höhn. Thümmel. — Sties 
a anfhwingen — ſich bei einem einfhmeicheln; bejhwingen = 
Schwinger eine Berion, die fchwingt, einfach und in Jufammen- 
jegungen gebräuchlich; Schwingung. — Der olympiihe Schwinger. 
Bürger, Zlias 1, 609. Treten zwei Schwinger oder Ringer gegen 
einander auf. Schubart, Die Schweizer. Des Goldſtabs Schwinger 
Hermeiad. Voß, Odyſſee 10, 331. Fertige Schwinger des Speers. 
Daſ. 18, 261. Der Keulenjchwinger Voß, Ilias 7, 9. Lan— 
— Daſ. 5, 602. Vater Zeus, Strahlſchwinger. 
af. 19, 121. Das Evoe muntrer Thyrſusſchwinger. Schiller, 
Goͤtter Griechenlands. — Sie hatte eine Art von fieberhafter Schwin— 
gung in das Haus gebracht. Göthe, Meiſters Lehrjahre 8, 10. 
Seine (des Tones) langen nachdröhnenden Schwingungen waren 
uns allen in den Ohren geblieben. Göthe, Unterhaltungen deutſcher 
Ausgewanderten. 
Schwinge (ahd. suinga, mhd. swinge, agſ. sving) ein Werkzeug 
zum Schwingen, in verſchiedenem Sinne in der Landwirthſchaft, im 
Bergbau; im Beſondern die Schwungfedern am Flügel, Dann der ganze 
Zlügel, bejonders der großen Vögel, die fi) durch Die Größe ihrer 
Schwungkraft und behen Flug auszeichnen; (fig.) Schnelligfeit, Be- 
wegung zur Höhe. — Es ift Die Schwinge hier, durch die das Korn 
bleibt liegen, das gut und ſauber ift, die Spreu und Staub verfliegen. 
Dpig. Nun zerquetihen wir in Haft dir den Baft, den die Schwinge 
reinigt. Voß, beim Zlachöbrechen. Ihn (den Adler) traf des Jägers 
Beil und jchnitt der rechten Schwinge Sennkraft ab. Götbe, Adler 
md Zaube. Geheimnißvoll ift jede große That, fo lang fie noch im 
Reihe der Gedanken der Flügel unverfuhte Schwingen prüft. 
Th. Körner. Dort erblick' ich fchöne Hügel, ewig jung und ewig grün! 
Hätt' id Schwingen, hätt’ ih Flügel, nad den Hügeln zög' id) 
bin. Schiller, Sehnfuht. Ach, meines Geiſtes Schwingen find 
gelähmt. Schiller, Maria Stuart 3, 4. Finſtre Bergeffenheit breitet 
bie dunfelnachtenden Schwingen über ganzen Geſchlechtern aus. 
Schiller, Braut von Meffina. — Doch, Muſe, wohin reißt dich die 
Adlerfhwinge der hohen trunfnen Schmwärmerei? Wieland, Obe- 
vn 1, 7. Dem Träumenden gleich, der mit Engelihwingen zum 
Himmel auffliegt. Voß. Raubet num dem Bliß die Feuerſchwin— 
gen. Wieland, Dberon 14, 8. Er trägt dich von deinem feiten Bo- 
den mit Raubfchwingen in die Lüfte J. Paul, Titan 60. Plötz⸗ 
ih entfalt’ er zwei rabenfchwarze Rieſenſchwingen. Benzel⸗Ster⸗ 
un. Mit Roſenſchwingen angethan. Derſ. 
Flügel (f. fliegen) heißen die Flugwerkzenge aller Thiere, die fliegen 
fönnen; dann wird das Wort fig. auch anf andere Dinge angewandt: die 


\ 








302 


Flügel einer Windmühle ꝛc. Fittich, falſch Fittig (ahd. fiv)ödah, 

I(v)etah, f(v)ett(d)ach, f{v)öddah, flv)eddhach, ſCv)ethdhah, mhd. vötech, 

vötich, vöttach, vöttech, noch bei Tihudi Chronik I, 135 Kettach, eine 

mit der Ableitungsfyibe ab gebildete Form von Feder (abd. f(v)ädara, 
mhd. veder, weshalb auch für Fittih ahd. I(v)ödarah, mhbd. vöderich, vide- 
rich; vgl. gr. meroua ich fliege) iſt ein befiederter Flügel der Thiere, 
alfo uur der Bögel; fig. auch auf Anderes übertragen. — So viel Federn 
mit Zier in meinen Fittichen fipen, (Amor fiedert dereinit feine Pfeile 
damit), fo viel Jahre, mit Ruh uud reinen Freuden befrönet, briugt dir der 
eilenden Zeit günftiger Zlügel herbei. Götz, Epithalamium. Viel Thaten 
des verworrnen Sinnes deckt die Nacht mit fchweren Fittichen. Göüthe, 

Sphigenie 1, 3. 

Anm. Der ausgeihwuugene Flachs oder Hanf als Abfall if ahd. 
Asuinga, mhd. äswinge, oberd. Eſchwinge, wetterau. Urichwinge. 5 
Das Gefhwing nennen die Jäger die beiden Flügel größerer 
Vögel. 

Schwingarm (im Bergbau), —block (beim Flachsſchwingen), 
—bret, —kolbe, —napf (bei den Nadlern), —ſeil, —fieb, — ſtein, 
—ſtock, — uhr, —wanne u. a. — Doch die Pfauen, welche einige von 
den eigenen glänzenden Schwingfedern der Krähe bemerkt hatten, 
verjegten. eeffing, die Pfauen und die Krähe. Ad! die Schwing: 
fraft weggeichnitten. Göthe, Adler und Taube. e 

Schwang (ad. suanc, mhd. swanc, gen. swankes, agſ. 
svenge — Schwingung, Schwungbewegung) 1) der Zuſtand da fid 
ein Ding ſchwingt, Ichwingende Bewegung; 2) der Zuſtand da etwas 
im Gebrauche, gleichjam in häufiger Bewegung it; 3) (veraltet) ein 
mit einer fchwingenden Bewegung gegebener Hieb. — Ueberfhwang 
(mbd. überswane) das Uebertreffen, dann überjtrömende Fülle (darum 
vielleicht beffer Ue berſchwank), überaus große Fülle; überfhwäng- 
lich (mhd. überswenklich) in überaus großer Fülle; in überaus 
hohem Grade. — Ich will, wo euch geliebt, Die Flügel, die der Wind 
an einer Mühl umreißt, wenn fie im Schwange find, allein mit 
einem Streih entblößter Kling aufhalten. A. Gryphius. Dies böje 
wilde Werk hat gleichfalls feinen Schwang. Opitz. Die Streide 
find bei uns im Schwang. Uhland, ſchwäbiſche Kunde. — Kindlein, 
fammelt mit Gejang der Kartoffeln Leberihwang! Voß, Kartaffel- 
ernte. Er fühlt den Leberihwang von Lieb’ und Edelmuth. Wie- 
land, Oberon 9, 9. Jetzt haben wir das politiihe im überihwant. 
Grimm, Geſch. der deutihen Spradhe IV. (Sie) erfreuen fich eines 
überfhwenglihen Wachsthums. Göthe, Leben 8. B. Du erzeigft 
uns allen eine große Wohlthat und mir eine überſchwengliche. 
Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 16. Was man anfangs für Fabeln 
en erjhien zuletzt als Wahrheit überihwänglich furchtbar. 

öthe, Bampagne in Frankreich 237. Sept. Unüberfhwenglic ift 


Et er re 


398 \ 


das Weh! Schiller, Semele 1. (Mit) aller diefer Leberichweng- 
lichkeit jegn’ ich, o Kinder, euch zu Dem ewigen Leben! Klopftod, 
Meifins 13, 685. | Ta Fer 
Weberfiuß Ci. fließen) iſt eigentlich Webertreten einer Flüſſigkeit wegen 
gu großer Menge; dann größere Menge, Aberbanpt mehr als erforderlich til. 
Daher überflüjfig (mhd. überviüzzic) aus Menge an Flüſſigken Aber: 
gebend; mehr als erforderlich ift, oft mit dem Begriff des Zuviel, des Uns 
nöthigen. — Was der Trobe Muth mich fprechen Fieß im Neberfluß des 
Herzens. Schiller, Piccolomini 5, 4 Wenn ih im Ueberfluß fig ibn 
fand. Göthe, Neinefe Zuchs.4, 225. vaß und allen überflüffigen Schmuck 
deö Lebens von uns werfen! Schiller, Jungfrau von Orleans 1,4. - 


Schwung 1) dus Schwingen (ſowol die Handlımg als die ſchwin— 
gende Bewegung, eigentlich und figütlich); 2) eine mit einer fchwin= 
genden Bewegung gemachte Linie, ein jolker Zug: die Schrift hat 
Schwung. — (Was) meinem Herzen rafhen Schwung gebietet, 
Schiller, Phantaſie an Laura. Die Begeijterung erhebt Dein Herz zum 
helikon'ſchen Schwung. Schiller, Semele 1. Die Gedanfen waren 
ihm zu Tauſenden jchon durch die Seele geflogen, ſchnell, wie die 
Shwünge des Bliges, indem er dem Auge vorauseilt. Klopſtock, 
Meffins 13, 838. — Hurtig mit beiden Händen umfaßt’ er die Klipp' 
in dem Anſchwung. Voß, Odyffee 5, 48. Aufſchwung edles 
Geſangs winkeſt du freundlich mir. Voß, an den Genius. Di nichts 
mderlih wäre der Ruderer eifrigem Fortſchwung. Voß, Opdnifee 
13, 22. Hält mich auch der Nachſchwung in die lichtvolle Höhe, 
ans der Du herabichimmerft, immer noch fern von dir, Thümmel, 
sröhlichfeit umarmt wilder Schmerzen Ueberſchwung. Schiller, 
Vbantafie an Laura. (Indeſſen wir) den Umſchwung' der Thätig- 
teit zu befördern wiſſen. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 7. Daß 
rauichte Die Senf’ in dem Umſchwung. Voß, die Kirichenpflücerin 
56. Europa's Bildung erhebt fih mit Adlerfhwunge. Klopftod, 
der jegige Krieg. Ihn riß der hohe Dichterſchwung hinweg! 
Söthe, Taſſo 3,4. Diefen Flammenſchwung. Klopftod. Getra- 
m auf dem Flügelſchwunge des Stahls. Klopftod, die Kunft 
ialfs. Es trunk —— Freiheitsſchwung Alfäos. Voß. 
Rit dem Schwert, Das wie en Orkan herheult' in dem Glutſchwung. 
Sonnenberg. Harfenſchwung aus angenehmern Sternen. Schiller, 
Entzuͤcknng an Laura. Heilig ift der Nebenfaft, ift des Jugend— 
ſchwungs Geſpiele. Uhland, Gefang der Jünglinge. Ein jugend- 
lichr Maienihmwung. Schiller, Triumph der Liebe. O wen floß 
m hohen Seelenſchwunge Suada jo von Honiglippen hin! St. 





Brun. Siehe, wie fehwebenden Schritts im Wellenfhwung fih. 


die Paare drehen! Schiller, der Tanz. 
Schwungbewegung, —haft, —klammer (an den Kutjchen), 


ß 394 \ 


\ 


— rad, —riemen, —ring, —ſchaufel, —flange u.a. — Die Shwung- 
bewegung des Waflers in gebognen Röhren. Geift der Journale. 
Die Schmwungbreter waren ſchon gelegt. Göthe, Meifters Lehr⸗ 
jahre 2, 4. Die Shwungfeder * Seele. J. Paul, Heſperus 
17. Wenn die Schwungkraft während dieſer Anſtren ung erſchlafft 
ift. Bürger. (Die) ſich ewig in der nämlichen Schwunglinie drehen. 
H. PB. Sturz, Klopftock. Diefe Schrift ift ſchwungreich. Jenaer 
fit. Schwungjeile Göthe, Meifters MWanderjahre 1, 8. Un- 
glückfelige Schwungſucht! Schiller, Fiesco 2, 19. Lavater, der 
in einem glänzenden, ſchwungvollen Style ſchreibt. Bürde. 

Schwengel (mhd. swenkel) 1) ein Ding, welches geſchwungen 
wird, ſich ſchwingen läßt; 2) ein Ding, wodurch ein anderes in Schwung 
gebracht wird. — Ich ſah geheim von oben, wie du den Schwengel 
zogft. Voß, die Waſſerträgerin. (Weil) der Schwengel fih fen 
zwölfmal in der Glocke des Thurms regt. Platen, verbängnißvolle 
Gabel 3.— Die an dem Brunnenfhwengel dei tröpfelnden Eimer 
beraufzog. Voß, Luiſe 2, 325. Du Galgenfhwengel. Göthe, 
Benvenuto Cellini 2, 6. | 

Schwengbaum (im Bergbau); Schwengelbruunen, —kunſt, 
—-preffe, — pumpe, —ſtütze, —uhr, —werf. 

Schwan (mhd. swankel) ſchwankend dünn, ſchmächtig, eigent: 
(ih von körperlichen, figürlih auch von unkörperlihen Dingen. — 
Sichft auf und ab lichtgrüne ſchwanke Wellen. Göthe, Fauſt 2, 62. 
Lief er auf ſchwankem Seil des Lebens hin. Schiller, Walleniteins 
Tod 4, 2. Die ſchwanken Nefte beben, Uz, Kunft ftets fröhlich zu 
fein 4. Und wenn mein Liebchen auch die ſchwanke Treue brad). 
Alginger. St was Hain au dem leib, und ſchwankel als ain ruote 
(Ruthe). Schmeller 3, 542. 

Schwank (eine ſchon von Geiler von Kaiſersberg (k 1510) ge: 
brauchte Figur von mbd. swanc (|. Schwang ©. 392) iſt der lu— 
jtige geſchickt veritellte Streich, d. i. luſtige geichicft angelegte Hand- 
lung der Berftellung (daher in ber Volksſprache Schwenkmacher 
— Menſch, auf deffen Wort man nicht bauen fan); dann überhaupt 
Iuitige Erdichtung eines geſchickt angelegten Streiches. — Das voll 
Geſchicht' und Neuigkeit und friiher Shwänfe war. Göthe, Stif 
tungslied. Ich ſelbſt fteigerte dDiefe wilden Scerze durch manchen 
Schmwanf, Friederike glüngte Durch mancden nediihen Einfall 
Göthe, Leben 11. B. er in Ränfen und Swänken und allen 
Streihen gewandt war. Göthe, R. Fuchs 5, YO. — Er freut mit 
manchem neuen Liedlein und Jugendf hwanf. Voß. 

Die Schnake oder der Schnak (wie Grille, Mücke eine Figur von der 
Benennung des Inſectes Schnake, älternhd. der schnäk, schnök, wahrſchein⸗ 
lih von einem verlornen ahd. snakan, snahhan — friechen, agf. snican = 
trabbeln, woher much agf. snace = Ecorpion, altıt. snakr, snökr = Schlange, 


398 


abd. snecche, mhd. ecke = Schuede) Iuftiger, lächerlicher Ginfall. 1) 
Schnurre (vgl. ahd. snurring, mhd. snurrinc, fat. scurra — Boflenreißer, 
ſchnarren, ſchnerren = plappern, ſchwätzen) pofienbafter Ginfall, vor⸗ 
nehmlich injofern er eime Beine luftige Begebenheit verführt Poſſe (viel 
leicht von ahd. pösi = böfe, S. 66 früher nichtöwerth, untüchtig, gehaltlos, albern, 
ahd. pl. dio pösö —= läypifche Dinge, dör gebösari = Pofjenreißer) urfprängs 
lich gehaltlofes, Täppifches, dann ſpaßhaft beluſtigendes Gerede, auch auf Ges 
berde übertragen. — Eo Saft uns dann den Schnaden belachen. Göthe, 
Pater Bray. Recht ſchnackiſſche Anſtalten. Schiller, Räuber 1, 1. Eine 
Schuurre über das Weimarifhe Theater habe ich zu dictiren angefangen. 
Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 78. Die Shuurren, e contrario, find 
fleine muntre Harlekinen. J. B. Michaelis, die Laune. (ine ungefähre 
Poſſe. Leffing. | | 

Schwanten — ſich ſtark hin- und ber bewegen in vermebrter 
Schwingung; (fig.) auf.die Seele übertragen. — Einen Nachen jeh’ 
ich a: en. Schiller, Sehnſucht. Mein Herz ſchwankt ungemiß, 
Schlegel. | 

Unſchläſſig fein Ci. ſchließen) = einer zu erlangenden felbitthätigen 
feiten Willensbeitiunnung auf etwas bin im Weite ermangeln. Die andern 
Synonymen |. S. 178. — Das find unſchlüſſige bedäctige Kiel. Gö⸗ 
the, Goͤtz von Berlichingen 3. 

Schwanfen und das active ſchwenken (ahd. suangjan, suen- 
ken, mhd. swenken, agſ. svengan), von ſchwingen und ſchwan— 
fen (auch in der Bedeutung reinigen, indem man das mit Waſſer 
En Gefäß ichwingend bewegt) geflatten Zujammenjegung mit vies 
en Präpofitionen und Partikeln, wie nachfolgende Beijpiele zeigen. — 
Meine Söhne [hwanften auf und ab. Shafeipenre, K. Richard 
3,4 Sie ſchwanktte auf. Kefegarten. Langfam ließ er die Wiege 
unjers Herzens ausſchwanken. $ Paul, Zitan 57. In labyrinthi- 
iben Gewirren ſchwaukt ungewiß der Menih dahin. Tiedge, Ura— 
nis 1. Er durchſchwankte alle heiligen Stätten in dieſem gelob- 
ten Lande. 3. Paul, Zitan 9. Das Gejchrei am Stab herſchwan— 
fender Greiſe. Sonnenberg. Reden ſchwanken fo leicht herüber, 
hinüber. Göthe, 1. Epiſtel. Menſchen, die nicht die mindefte 
Drefiur zeigen, in Hauptmanns- und Majors-Uniform auf dem Then- 

2) Weigand jagt: „Der Schnad, verichieden von Schnaf und, wie es 
fheint, anderer Abflammung (von ſchnacken, niederd. snakken, vielleicht nach 
der Bed. des Schnabel verwandt mit abd. snagkun, snaigun — gefchnäbelte 
Schiffe) it Sammelwort in den Sinne: albernes lächerfiches Thun oder Reden.“ 
Grimm II, 44 ſtellt altn. — — geſchwindes Schiff (lat. celox) mit snakr, 
snökr mit Recht zuſammen. (Vgl. dem Begriffe nach das Schiff, das als Vo— 
ael, als Fiſch, als Elephant, als Spinne in Schillers 18, Rathſel erjcheint.) Der 


Schnack und das Berbum fehnaden, bei Voß ſchnaken gehören zu Schnake, 
deren pfeifendes Geſumme bekannt ift. 





306 


ter herumſchwanken zu ſehen. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 8. 
Danı ſchwankte ſeine Einbildungskraft in allen Möglichkeiten herum. 
Göthe, Wahlvermandtichaften 1, 18. Aus grönländiichem  Eispalaft 
ſchwankt der Winter hervor. Voß, der Winter. Wie der gebogene 
Kiel hinſchwankt mit dinftiger Ladung. Voß. Da predigt's fürch— 
terlich laut vom zitternden hinſchwankenden Gerippe. Schiller, 
Räuber 1,3. Nah langen Hin- und Herüberſchwanken fommt 
jedes Ding doch endlid, in feine — Lage. Schiller, Briefw. 
mit Göthe 2, 166. (Sie) ſchwankte der Laſt nach. Pyrker, Ru— 
dolph 7. Heller (erblickte, ich ſelbſt mich nie im Kryſtalle des Fluſſes, 
niederſchwankend am Frühlingsſproß. Klopftock, Bardale. Zu 
hunderten ſchwankten um vor der Wuth der Orkane. Sonnenberg. 
Ich ſchwanke zu rück. Göthe, verſchiedene Empfindungen an einem 
Platze. Die Welle ſchwankt zurück. Göthe, Novelle: das Kind 
mit dem Löwen. — (Er) ergriff den Knittel und ſchwenkte unbarne 
berzig ihn über mid) her. Göthe, 1. Epiftel. Jung Roland Ichwenfte 
jchnell genug fein Roß noch auf die Seite. Ubland, Roland Schild- 
träger. Der große, der helmbuſchſchüttelnde Hektor ſchwänkte (den 
‚ Helm). Bürger, Ilias 3, 334. Es muß ihm Ganymedes Hand zum 

Necktar die Pokale ſchwenken. Hagedorn. Dann die zqppelude Beute 
geichwind aufſchwenkt an das Ufer. Voß, Odyſſee 12, 254. Die 
Truppen müflen jo einſchwenken, daß fie den Feind umgehen. Un- 
genannter bei Campe. Ba ® 

Schwanker, Schwankung; Schwenker, Schwenke, Schwen⸗ 
kung. — Er iſt einer der trauriger Schwanker, die man nicht zu— 
recht weiſen kann. Klepfiod. O aͤrmliche Schwenke! Uhland, von 
den 7 Zechbrüdern. 

Schwankbuch, —rad u. a.; Schwenkbaum, — becken, — bier, 
—bürſte, —bütte, — keſſel, —rad, —feide, —wafler u. a. — Den 
ſchwankfüßigen, genügſamen Domherrn. Göthe, Meifters Lehr: 
jahre 4, 16. Sollſt ſchwankweis deine Sach' fürtragen. Goͤthe, 
H. Sachs. 

Schwanger 9) (ahd. suangar, mhd. swanger, geswanger im 
Voc. ven. tod. von 1424 swangel) Leibesfrucht tragend, eigentlich 
nur von Menfchen gefagt, dam fig. fowol auf ein Bejähwertjein mit 
etwas, was zur Erjcheinung kommt oder ausbricht, als auch von Zeu⸗ 
ung und Gebären gebraucht. Davon (das veraltete) Schwanger: 
beit, Schwangerſchaft, ſchwängern. — Sonderlich wäre rath- 


1) Nah Grimm 1, 37 gehört ſchwauger wahrſcheinlich zu dieſer Wur⸗ 
gel. Die Ableitung (von fhwingen) ſagt Weiganp N. 1695, befräftiat agl. 
swengor — träge, faul, eig. der mit. lügen angetrieben werden muß; alt. 
swängr ift hungerig, ob eig. ſchlaff zur Arbeit? oder von. Gelüſten erſchüttert 
oder getrieben ? 








397 


jam wegen der jhwangern Weiber. Gryphius, Peter Squenz 1. 2. 
Die pojitive Religion, Die in dieſem ſchwangern Samenfome lag, 
Herder. Damit ſein ſchwangrer Keim entblühe zu edler Wiffen- 
haft. Voß, die Sterne Ir ſchwangerheyt. H. Sachs. — Dei 
fenerſchwangern Bauch der Felſen. Schiller, Semele 2. Frucht— 
idwanger blüh'n die Au'n. Voß. Glutſchwangeres Wetter 
woͤllte ſich düſter empor. Sonnenberg. Mit mir berſtet die pulver- 
ſchwangere Mine. Schubart. — 
amſchweben Heldenbilder aus dem 

zu ungklückſchwängern Zügen 

ander fügen. Wieland, Oberon. - 

idwängerte Puft. Platen, Die 

dern Gegenden der Luft waren jel 

geihwängert. 9. v. Humboldt 

nenhimmels. 

Trächtig (baier. u, mittelrhein. die Tracht — Schwangerſchaft, ſ. trageu) 
Leibesfrucht tragend, wird nhd. nur von Thieren gejagt, dichteriſch auch im 
allgemeiner Bedenuung. — Der Aborn mild, von ſüßem Safte trächtig, 
ſteigt rein empor uud ſpielt mit feiner Laſt. Göthe, Fauſt 2, 235. Mein 
Buſen war fo voll und bang, von hundert Welten trächtig., Göthe, Kuuſt. 
Bon Leid iſt jegliche Minnte ſchwanger, von Schmad iſt jegliche Sekunde 
trächtig. Platen, Schatz des Rhampfinit 4. — Der wetterträchtigen 
Wolke entfielen einzelne platzende Tropfen. Koſegarten. 


. Ynm. Die böhere Umgangsfprache gebraucht für ſchwanger lieber in ge⸗— 
jegneten Umſtänden, guter Hoffnung fein. — Als fie zunächit wieder 
Bike Heffmuna ward... . Zwei Jahre darauf befand fie ſich wieder in ges 
egneten Umſtänden. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 1. 


Zwingen. 
(Wurzel tvang, tving; tvan-g, tvin-g.) 


Zwinge, zwang, gezwungen, zwingen (ahd. duinku, duanc, 
duunkumds, duunkaner, duinkan, auch dhwingan, dwingan, zwin- 
gan; mhd. twinge, twanc, twungen, gelwungen, twingen, auch 
zwingen; altj. thuingan, altn. thvinga, agſ. thwingan) hat die 
Örundbedeutung gewaltſam verbindend zuſammenengen; davon ein Ding 
worin oder wozu Durch Gewalt beftinnmen; durch Gewalt unter feinen 
Billen bringen. — Wenn e8 (das Wort) miht aus: der Seele dringt, 
und mit urfräftigem Behagen die Herzen aller Hörer zwingt. Göthe, 
Fauſt 1, 36. Ihn zu zwingen, wenn Sie wollen. Schiller, Picco- 
Iomini 1, 2. Ä | 

Noͤthigen (goth. nauthjan, ahd. nötjan, mötagön, nötigön, altı. 
naudja, neyda, agf. nendjan, neodjan. nydjan, nedjan, mhd. noeten, noetigen, 
mittelniederl. nöten, ſchwed. nöda, f. Roth, nöthig S. 278) Jemanden wozu 





388 . 


beitimmen, daß er in biefer Beziehung nicht anders Tann, als beſtimmt wird; 
in gelinderem Sinne anliegend wozu zu bewegen ſuchen. Verpflichten j. 
S. 235. — Die nit ehr ind Haus zurück ſich laſſen nöthen. Räckert, gei. 
Gedichte 3, 340. Doch und ESterbliche ndthbigt, ady leider! trauriged Miß⸗ 
geſchick. Göthe, Fauſt 2, 189. Heut haft du den Vater dir, den glädlichen, 
verpflichtet. Schiller, Piccolomini 2, 4. 

Anm. Luther (Bibelüberf. Pf. 105, 18) Hat noch die alte Präteritaiform: 

„Sie zwungen feine Füſſe im ftod.* 

—* auf —, aus —, be—, bei —, ent —, er —, her —, herab —, 
heran —, herauf -, heraus —, berbei—, berein—, hernieder —, 
berüber—, herunter —, bervor—, herzu — hin —, hinab —, hinan —, 
hinauf —, hinans —, hindurch —, hinein —, hinüber—, hinunter —, 
hinweg —, hinzu —, nieder—, um —, vor—, vVoran—, voraus —, 
vorbei—, vorüber—, zurück—, zuſammenzwingen bedürfen feiner 
Erklaͤrung. — So hat ihm dieſer Schrecken das Geheimniß auf einmal ab- 
gezwungen. Göthe, Eugenie 1, 3. Sie follen kommen, uns ein Jod 
aufzuzmwingen, das wir entſchloſſen find nicht zu ertragen! Schiller, Tell 
2, 1. Es ihm ausgezwungen und abgedrungen. Ungenannter 
bei Campe. O kaum bezwingen wir das eigne Herz, wie ſoll 
die raſche Jugend ſich bezähmen! Schiller, Tell 1, 4. O Hagedom, 
der fanften Klang zuerft den rohen Spiel entzwang. Bob, Allegro 
285. Der Tod entbindet von erzwungenen Pflichten. Schiller, 
Zell 5, 1. Keines Bannes Gewalt zwinget die Freien berab. 
- Schiller, das Glück. Der ſchwere Panzer ihn niederzwin 
land, die Rache. Warum Eliora forderft du ifo von mir, mis um: 
au an nad dir? Sonnenberg. Des Grames vordringende 


auer zwang fie zurüd. Voß, Luiſe 3 a, 448 Mich und in 


_ ein jo heilig Band zufammenzwingen? Sciller, Don Kar- 
[08 1, 2 


Anm, Die Bartic. geitatten noch andere Zufammenfegungen, z. B. Schlacht⸗ 


bezwungen. Sonneuberg. Das (Boll), waffenbezwungen, dir gebordt. 
Pyrker, Mhaftabäer 8. i swung 8 


Die Zwinge bei den Holzarbeitern ein Werkzeug, zwei Stücke Hol; 
zujammenzuzwingen; Jwingung. — Twing (mbd. twinc, ahd. duinc) 
Gefängniß, Thurm. — Zwinger (mhd. twingsere, zwingel, ahd. 
twingäri, duengil = eine Perſon welche zwingt) 1) eine zwingende Berfon; 
2) jo viel ald Zwing; 3) ein umſchloſſener Raum, Raum zwiſchen der 
Stadtmauer und dem Graben. — Der Held, den Gott zur Bezwin- 

ung Kanaans ſandte. Klopftod, Meifias 11, 1170. Das ift doc 

rt, daß wir die Steine felbft zu unferm Twing und Kerker jollen 
fahren. Schiller, Tell 1, 3. Seit Menfchendenfen war fein Twing- 
bof bier. Dal. 1, 4. Und wie er winkt mit dem Finger, aufthut 
fiy der weite Zwinger Schiller, Handſchuh. Gärten, Höfe, Hin- 
tergebäude ziehen fi) bis an den es heran. Göthe, Leben 1. 
B. (Die Wage) oft ſchon hochgethürmte Bezwinger der Bölfer zu 


4 


t. Uh⸗ 


399 


leicht fand. Klopftock, Meſſias 4, 137. Schreden und Wuth ergriffen 
den blutigen Böllerbezwinger. Daſ. 11, 1014. Städtebezwin- 
gerin, du Verſchwiegenheit! Göthe, röm. Elegien 20. Zapfer ift 
der Beltbezwinger. Herder, die wiedergefundenen Söhne, 

Zwingeifen, —herr, — mittel; zwingbar, bezwinglid; 
Gezwungenheit. — Den (Lohn) früher der Frohnvogt für den 
Zwingherrn farg bedingt. Pyrker, Moſes 2. Eine unangenehme 
Bereinigung von moralifchen ana ein J. Baul, Heiperns 27. 
Gleich al8 ob unermüdlich und ganz unzwingbaren Muthes al’ im 
Gefecht anftrebten. Voß, Ilias 15, 697. Unbezwingbar der flla- 
viſchen Pflicht. Klopftod, Meiflas 2, 582. Schon ward Pergamos 
Höhe bezwinglich gemacht und bezwungen. Voß. Ein fefter nicht 
leiht bezwinglicher Charakter, Göthe, Leben 18. B. Den feften 
Willen hab’ ih fennen lernen, den unbezwinglidhen im meiner 
Bruft. Schiller, Piccolommi 3, 8 Die Unbezwinglichkeit eines 
Raturgeſetzes. Göthe, Meiſters Lehrjahre 8, 9. Sei immer wahr und 
offen und haſſe jede Art von Gezwungenheit und Berftellung. 
Platen, Lebensregeln 36. 


Zwang (abd. dwanc, mhd. twanc md getwanc, alt. gethuing) 
1) der autom, da der Körper oder ein Theil desjelben durch einen 
innern Grund heftig zufaummengezogen, oder heftig zu etwas gedrängt 
wird; 2) der Zuftand, da die freien Handlungen eines Weſens durch 
Gewalt eingefihränkt werden, es mag Diefe Gewalt eine förperliche oder 
fittliche fein; 3) in engerer Bedeutung der Zuftand, da man fidh felbft 
nöthigt oder ängftlich bemühet etwas zu thun; 4) ein durch Zwang 
entftandenes Ding, 3. B. in der Jägerfprache die Erde, welche der 
Hirſch im Gehen mit den fdharf a Schalen aufwirft. 
— Du balteft ihn mit Zwang. Schiller, Henfteing Tod 3, 17. 
Der Zwang, ein fleifer Gaft, der alle Freuden ftöret, mit Büden 
Alles ipricht, mit Lächeln Alles böret. Zachariä. — Je ſüßer ihnen Diele 
Scholung vor dem Gefhäftszwange däucht. Benzel-Sternau. 
Mögen wir dem Doppelzwang entfliehen? Tiedge. Lechzen nad) 
dem ſüßen Feſſelzwang. Schiller, Freundichaft. Der Gewiſſens— 


jmang fehlte noch! Göthe, Egmont 1. So wird der Nothzwang - 


er Begebenheiten ihn weiter ſchon und weiter führen. Schiller, Pic 
colomint 3, 1. Du felbft, der uns vom falſchen Regelzwange zur 
Bahrheit und Natur zurücdgeführt. Schiller, an Göthe. Diefer Zwang 
mag nun ein Äußerer, oder em Selbftzwang fein. Kant. 

Zwangfal (mhd. twancsal) ift nun veraltet. — In groffem 
jmangff el. M. Beheim (15. Jahrh.) Dyn zwangffal. 4. Bibel: 
berj. (um 1470—73) 1. Mof. 16, 11. 

Zwanganleipe, —befehl, —brief, — dient, — dreſcher (in ei⸗ 
nigen Gegenden), —mühle, —ofen, —recht, —ſchenle, —joldat, 


I 





ß 


400 


—trieb, —weife u. 5 Zwangsmittel, —redt: — Er (der Menſch) 
ift Tyrann, und fie (die Thiere) jeine Rebellen oder Zwangdiener. 
Herder. In den eriten Jahren der minifterialifchen Zwangebe J. 
Paul, Titan 58. Ihre Leichengebräuce find freiih Jwangerin- 
nerung des unreinen Todes. Herder. Die neulihen Zwanggeſetze 
des Kaiferd von China gegen den Gebraud des Opiums. Allg. Itg. 
‚Die (Blätter) ih in zwanglojen Heften in jeder Jobelperiode ber- 
ausgebe. J. Paul, Zitan 9. Sein Schoppe war nach wenigen Mi— 
nnten des Zwangihlafs wild aufgefahren. 3. Paul, Titan. Man 
fennt Spaniens zwangvolles Geremoniel. Meißner. Sole Be— 
wegungsgründe find wol nicht viel beſſer, als wahre Zwangsmittel. 
Gellert. Die Einzelnen wideriegen fih ihrem Jwangsrechte. Göthe, 
Leben 11. B. FJ 

Zwängen (ahd. dwengjan, mhd. twengen) Zwang anthun; in 
engen Raum, Umfang zuſammenziehen. Zwänger, Zwaͤngung. — 
Und feft mit den Knieen fie zwingend. Voß, der 70. Geburtstag 
132, Sich durch die enge Gnadenpforte zwängt Göthe, Fauft 
Doripiel. Zwängt in drei Tropfen wol von hundert Kräutern Säfte. 
Lohenftein. — Er wünſcht, niht aufgezwän gt Shakeſp. Cymbeline 
5, 4 Ich aber erlöſt von dem geiſtigen Drud, der Jene fo jämmer- 
lih einzwängt. Platen, Parabafe. Indem man das Theater in 
einen Concertſaal bineingezwängt hatte Göthe, Lehen 3. 8. 
Auf Sand des Meeres in Felſen erzwängt. Thümmel. 

Anm. In Tübingen (Tuwingen, palatin. Tvingorum) ift vielleiht das 
alte Twing übrig. 


Dingen. !) 
(Wurzel thine = ſchwere Sadje; agſ. thingan — fihmer machen?) 


Dinge, dung (dang), gedungen, (dingte, gedingt), dingen 
(ahd. dingjan, dingen, gidiogjan, altj. thingön, agſ. thingan, ge- 
thingjan, mhd. dingen, überall nach ſchwacher Form) eigentlich Ver⸗ 
ſammlung halten und reden, — eine Zuſammenkunft, Sitzung 
verabreden oder anberaumen, um Rechtsſachen zu entſcheiden; eine 
Rechtsſache vor den Richter zur Entſcheidung bringen; (nhd. gewöhn⸗ 
lich) feſtſetzen, einen Vertrag machen, vorzüglich mit der Nebenbedeu- 
tung des Verſprechens; daraus einen Arbeitsvertrag, einen Lohnver- 
frag machen; nad) dem ®efindevertrag in Dienft nehmen. — Ihn zu 
verleumden dungen fle faljcher Zeugen Zungen. Bürger, St. Ste- 
Shan, Zum Sklaven, fol’ ih fagen, Dingtet ihr den fonft jo 
freien, jet bedrängten Mann. Göthe, Eugente 3, 1. Ich weiß, daß 


?) Das Berbum gieng als ein (von Ding) abgeleitetes früber nach ſchwacher 
Eonjugation, daher das Schwanken im Präter. und Partic. 


401 


hundert Augen gedungen find, mich zu bewachen. Schiller, Don 
Karlos 1, 1. Sie find gedingt von feiner Tochter, euch zu tödten. 
Schiller, Zurandot 4, 10. Dingen mödtet Ihr mid als Magd. 
Göthe, Hermann und Dorothea 7, 77. 

Miethen (ahd. mietjan, mietön, mietdn, mhd. mieten, altſ. medöan, 
von Miethe, ahd. mieta, miata, mhd. miete, alf. med, engl. meed, 
poln. myto — Lohn, Gabe wofür und wozu; goth. mäithins — Gabe, Ges 
ſchenk, ahd. auch meida — Xohp 1) eigentlich bezahlen, belohnen für zu leis 
ende Dienfte, in Beziehung auf Perfonen und Sachen. — Ürbeiter zu 
mieten in feinen Weinberg. Luther, Bibelüberf. Mattb. 20, 1. (Die 
4. Bibelüberf. von 1470—73 bat: ze Dingen wurder in finen wingarten.) 
Anm. Aventinus (Ehronik 1580 BI. 180) bat dingen im Sinne von 

appellieren: da dinget S. Paulus für den Kenfer.... Er dinget an das 
Barlament. 

- Ab-, bedingen u. a. Jujununenfeßungen find an ſich Har. — 
Und meinem Gett it auch nichts abzudingen. Leſſing, Nathan der 
Weile 2, 2. Und wollt!’ Euch nicht gerathen haben, mir vor einem 
halben Jahr noch abzudingen, wozu ich jegt freiwillig mid) erbiete. 
Schiller, Piccolomini 4, 4. Eine Lehre, Die niemahls it geläugnet 
worden, wenn man einige geführlihe und unmuthige Köpfe au 8- 
dinget (ausnimmt). Ungenannter bei Campe. Ebenjo hatte Sachfen 
ein Maufthiergeftüte bei Leißnig, das man aber auf Erbpacht aus- 
judingen (vermiethen) juchtee Dal. Das aber Ding ich aus, 
daß.. Ganig, von der Poeſie. Ich babe die bei mir zum Nadıt- 
quartier angejagten Soldaten ausgedungen (bei Andern eingemie- 
tet). Heynag. Leicht (iſt) was du bedingen möchteft zu erfüllen. 
Göthe, Eugenie 5, 4. Zerriffen fei, was wir bedungen haben. 
Schiller, der Kampf. Gib ihm gerne, mein Kind, den bedungenen 
Kuß. Voß, Luiſe 2, 237. Jedem Worte klingt der Urjprung nad) 
wo es fich ber bedingt. Göthe, Fauft 2, 116. Mit denen An— 
bedingungen... wie in der Uffgabung anbedingt was. Tſchudi 
1, 31. 32. Die fih und den Ihrigen einen Raum auf Ddieler allge- 
meinen Rubeftätte vor mehreren Jahren ausbedungen hatte. Göthe, 
Bahlverwandtichaften 2, 1. Liebe war in ihre Tugend wörtlih ein» 
bedungen. Schiller, Don Karlos 2, 15. Nur zum Spazierengän- 
= bedang ich drein mich ein. Rückert, geſ. Gedichte 5, 140. In 

iena erwartete ich die ordinäre römiſche Poft und verdung mid 
darauf. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 3. Die cannelirten Säulen find . 
unter der Condition verdingt, daß xc. Göthe, Briefm. mit Schiller 
4, 257. Ich hatte mich dem Dienft der Schönen aller Schönen drei 
Jahre lang verdingt. Wieland, Oberon 3, 6. Der fo, wie er dem 


‚)6rimm I, 110. 3. A. führt das Wort zurüd auf den goth. Stamm 
miuda, davon re — mittheilen, eingeben, einhelfen, ermahnen, Vgl. 
205 Grimm Il, 49, Ir. 538: 

26 





402 


Kalfer und Reich Ach verdingte. Pyrker, Rudalph 2. en 
verdüngft Du Dich wohl zum Miethlinge? Voß, Odyſſee 18, . 
Bald verdungen jene zween Motrojen ihren Dienft an einen reichen 
Zifcher. Platen, Abbaffiden 4. Ja dinget nur die halbe Welt zu- 
fammen. Ramler. 

Anm. Schmeller I, 378 hat noh andingen = verdingen, aufbingen , 
= als Lehrling bei einem Handwerk annehmen, bindiugen — verdingen, 
eindingen — eine Klage bei Gericht einbringen. — In Participialzufanmen- 
fepung fant Shakefpeare (Antonius und Cleopatra 5, 1): Hein mordgedung- 
ner . a 

Bedingt, unbedingt (nicht bedungen, A a mit 
oder ohne Bedingung. — Es darf ſich einer mur für frei erllären, fo 
fühlt er fid) den Augenblid als bedingt. Wagt er es fih für be- 
dingt zu erflären, jo fühlt er ſich frei. Göthe, Wahlverwandtichaften 
2, 5 aus Dttiliens Tagebuch. Er weiß fo glatt und jo bedingt zu 
iprechen. Göthe, Taſſo 4, 3. Die Schüler fernen eine wie die an- 
dere in ihrer Bedingtheit fennen. Göthe, Meiſters Wanderjahre 
23, 9. Barole müffen fie mir geben, eidlich, ſchriftlich, fich meinem 
Dienft ji weihen, unbedingt. Schiller, Biccolomint 2, 6. 

Dinger (mhd. dingeere, dinger), Dingung; Dingbrief, 
— herr, — hof, —pfennig; undingbar; Beding, Bedingung, Be- 
dDingniß, bedinglidh; Andingung; Geding (ahd. Einen, ga- 
dingti; Leibgeding (ahd. ihgadingi). — Undingbar, feines Fürften 
Waffenknecht. Salis, an ein Thal. Vom Befitzer hört’ ih die Bedinge. 
Goͤthe, Wandrer und Pächterin. Mit dem Beding wechfelt' ich | 
mit euch den Ring. Göthe, Zauft 1, 155. Das ift fen Beding 
und Pakt. Schiller, Wallenſteins Lager 11. Nur auf Bedingung 
nahm ich dieß Kommando. Schiller, Piccolomini 2, 7. Und wei 
wir und dieſer Schmahbedingung? Schiller, Jungfran von Dir 
leans 1,5. Bir machen den Brief der Tochter zur einzigen Beding- 
niß jeiner Freiheit. Schiller, Kabale und Liebe 3, 1. Muthmaßlich 
oder bedinglich fließen. Simpliciſſimus 2, 4. Mit föliher An⸗ 
dingung (Bed.) Zichudi I, 10. Daß das Menſchengeſchlecht überakl 
unter gewiffen Naturbedingungen habe entitehen können. Göthe, 
Tag= und Yahreshefte 1804. Die (Männer) hier um Euch m wich 
tigem Geding (Berathung) verfammelt find. Uhland, Ludwig d. 2. 
1. Cm beſſeres Leibgedinge, den ich, als ihr einer Frau geben 
könnt. Shakſpeare, fo wie es euch gefällt 4, 1. 

Ding, çahd. ding, agi. thine, altır. thing, mhd. dine) pl. 
Dinge umd Dinger, leßteres zur Bezeichnung von beflunmten ein⸗ 
zelnen törperlichen Dingen, nur in der geringen Schreibart, gewöhnlich 
mit dem Rebenbegriff des Kleinen oder Unwichtigen, allgemein das mas 
ift, die Grundlage eines Seins; das wirklich Vorhandene ; das, was 
man fid) denken fann. Davon Dinglid. — Soeinlieb Ding im Arm 
zu haben. Göthe, Fauſt 1, 152. Ich glaube gar, ich hab' ihr bittre 


| 4083 

Dinge gefagt. Schiller, Zurandot 5, 1. Wir haben über unſere 

Amubeter gezankt, ich will die Dinger noch immer fo nennen. Leffüng. 
Framzisca, wenn alle Mädchen fo find, wie ich mich jegt fühle, fa 
find wir jonderbare Din gen Leffing, Mina v. 3. 2, 7. Diele 
femde Dinger (d. h. Reiter). Simpliciffimus 1, 3. (Sie) beten 
fein luftiges Unding, wenn er da ift, gebückt und, wenn er weg ift, 
mit Hohn an. Klopftod, Meſſias 2, 348. 

Sache (ahd. sahha, mıhd. sache, agf. saca f. 5.228) zunächſt Anklage, 
Bertolgung (ahd. sahhan, agf. sacan, fat, sequi = verfolgen); dann jedes 
Ding als Gegenſtand: Beichäftigung, Angelegenheit. Das Wefen (Anfinis 
tiv vom veralteten wefen, f. dasfelbe) das Sein felbit, das Dafein, das 
Beſtehen im der Zeit, die Selbſtſtändigkeit (das wirkftche Sein), die beſon⸗ 
dere Beichaffenheit eines Dinges, auch das Ding felbit. — Eure Sache 
nicht allein, ich habe meine eigne auszufechten mit dem Tyranuen. Schiller, 
Tel 4, 2. Stärke zieret den Mann und freies mutbiges Wefen. Göthe, 
vom, Elegien 20. Jeder (Gedanke) ijt erhabner, iſt beiliger, als die ftille 
Betrachtung auf erichaffene Dinge von dir herniedergelafien. Dennoch ent« 
ſchloſſeſt du dich auch außer dir Wefen zu feben. Klopſtock, Meifias 1,.257. 
Anm. Der Ding aub der Dings (ſchon mhd. einigemal dör dinc) ift 

abtungslofe Benennung einer Mannöperfon, gewöhnlich mit irgend einem [pot- 
tenden oder verächtlichen Beiwort verbunden. — Diefer ift der Dinge. Göthe, 
Bahlvermandtfchaften 2, 4. . 
Schlechterdings platterdings, allerdings, neuerdings, freierdings 
find anomale Adverbia aus demgen. pl. für ſchlechterdin 8 e ꝛc. (f. meine 
Grammatit 1. 2, 8. 371). Schlehterdings und platterdings 
= geradezu ohne Bedingung oder Einſchraͤnkung; ſchlecht ift nad» 
icher als das für gemeiner geltende platt. — Allerdings — 
velllonnmen fo, eine volltändig beitätigende Bejahung. — Ya, dem: ift 
allerdings jo. Leffing, Nathan der Weile 2, 7. Die Form des 
Verhoͤrs erfordert diefe DBorfichtigkeit f N de Leſſtug, Emi- 
lie Galstti 5, 5. Der weile Vater Ielägt nun wohl mid platter- 
dings nicht aus. Leifing, Nathan der Weiſe 4, 4 ch habe diefen 
(den Laokoon) neuerdings wieder mit der höchſten Befriedigung ge⸗ 
leſen. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 291. Ich will nicht unterfuchen, 
ob dich nicht fonft ein Argwohn treibt, mir dieſes Crbieten freier- 
dings zu thun. Lefiing, Nathan der Weile 3, 7. 

—2* (mhd. vriliche) eigentlich frei; dann fo viel als ohne Be⸗ 
ſchränkung. Allerdings und freilich find ſtärkere Ausdrücke der Beja⸗ 
bang, als ja (goth. ja, jäi, ahd. mhd. altu. ja, agſ. ja) das fchlechthin zu 
ertennen gibt, es fel fo, wis gefragt ober durch die Aufitedung nefagt wurde. 
— Da töunen die Herren ja nicht mehr zahlen. Fretlich! Es wird Alles 
banferott. Schiller, Wallenſteins Lager 11. 

Dingbant, —brief, —frieden, —geridht, — graf, —-herr, —hof, 
—hörer, —kauf, —mann, —pfennig, — pfühtig, — ſtatt, — ſtelle, 
—ſtuhl, —vogt; Aufdiugbrief, —geld. 


26 # 








404 


Bertheidigen (ahd. vertagadingen, mhd. verteidingen, älter- 
nhd. verthedingen, vertheidingen, verteydingen, von ahd. 
tagadinc, alti. dagathingi, mhd. tagedine, tegedinc, teidine — 
Tagverfammlung, dann Beſcheidung zum Gericht auf einen angefeßten 
Tag, Die en Berhandlung jelbft) eigentlih vor Gericht ver- 
handeln; dann redend verhandeln, das Wort führen für Jemanden 
einer That oder eines Angriffs Pa in erweitertem Sinne Angriff 
durch Abwehr und Gegenangriff abhalten oder unfchädlich machen. — 
Bertheidige dein Leben. Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 7. 
(Der ih) iBund fo lange Zeit getheidiget und geipradıt babe. 
Hoffmannsmwaldau, fterbender Socrates 144. Euch zu verfprechen oder 
zu vertedingen. Hug, Rhetorica Tübingen 15%. Blatt 131 *. 

Schützen und beſchützen (ſ. ſchieß en) fichern vor Uebeln dur Ab⸗ 
halten derſelben, während in ſchirmen, beſchirmen (ahd. scirmjan, 
sciramjan, mhd. schirmen, von ahd. scirm, scerm, scẽram, mhd. schirm, 
schörm — Schirm) mehr das Bedecken vor Uebeln ausgedrückt iſt. Man 
ift vor Wind und Sonne gefchügt. Göthe, Meiiters Wanderjahre 1, 5. Ich 
beihübe did. Schiller, Maria Stuart 3, 6. So mid der Himmel 
ſchirme. Shakſpeare, fo wie es euch gefällt 4, 1. Der den Ehriftenglaus 

ben felbit mit Macht befchirmte. Herder, Eid 6. 

Anm. Betheidigen ift veraltet. Aventinus (Chronik 1580 BI. 800) 
fagt noh: Sie betheidigten (ſuchten es dahin zu bringen) mit guten Worten, 
dap er die böfe Geſellſchaft alle verlaubet. 

Bertheidiger (mbd. teidinger); VBertheidigung (mhd. ver- 
teiding) ift eigentlih Sicherftellung gerichtlich verhandelnd durch Ab= 
wehr; dann überhaupt thätlihe Sicherftellung dur Abwehr. — Mir 
blieb nur die linke Hand zu meiner Vertheidigung. Göthe, der 
neue Paris. Zr 

Shug und Schirm find aus ſchützen und [hirmen Mar; fo and 

Schutzrede und Shupfhrift aus reden ©. 73. 77 und ſchreiben. 

Rechtfertigung (von rehtfertigen mhd. röhtvertigen, röhtvertec — 

rechtmäßig wofür erklärt, gerecht, vechtlich, {. fertigen bei fahren) gerichtliche 

Behandlung, rehtögemäße Entfühnung, das Dartbun des Ungrundes einer Bes 

ſchuldigung durch genügente Gründe. Entfhuldigung (- Schuld ©. 109) 

Benebmung oder Minderung einer Schuld nach Darthnung von Gründen oder aus 

nıildernden Urfachen und linftänden. Berantwortung (f. antworten) 

Bertheidigung mit Worten; wörtliche Darlegung der Rechtmäßigkeit von Ge⸗ 

tbanem. — Wer iſt's, in deffen Schirm, als unterm breiten Schuß der 

göttlichen Aegide, Demarat jetzt ficht, jetzt fiegt? Leffing, Kleonnis 1, 2, 

Bloß Klotilde verdient eine Schutztede. J. Baul, Heiperne 4. Iſt es 

denn nöthig, daß ich eine Schutzſchrift ausarbeite für Emanuel? Daf. 8. 

Mein Betragen diefen Morgen ift nicht zu rechtfertigen: zu entſchul— 

digen höchſtens. Leſſing, Emilie Galotti 3, 5. Er (der Brief) enthält 

meine Rechtfertigung. Leffing, Minna von Barnheim 8, 10. Du haft 





— 





feine weitere Entjhuldigung Göthe, Benvenuto Eellini 1, 3. Auf 

meine Berantwortung. Leſſing, Minna von Barnhelm 1, 4. 

Bestheidigungsanftalt, —bündniß, — grund, — krieg, —funde, 
— funkt, —Iehre, —linie, —rede, —jhrift, —ftand, — waffe, —weile 
u. a. — Ich für meine Perſon konnte deßhalb den größern Berthei- 
dDigungsmuth weniger gegen Angriffe des meinigen (Lebens) als 
gegen die eines fremden 3. B. meiner Kinder beweijen. 3. Baul. (Sie) 
ordnete eine Vertheidigungsſchlacht. Sonnenberg. 

Anm. 1. Alberus bat noh Teyding = naeniae d. i. Gefhwäg, und 
vaterteydinger = interpres, Dolmetfcher. — (Gargantua S. 136) 
jagt: Iſt er trunfen, jo thädingt (ſchwätzt) fie jhn inns Bett. 

Aum. 2. Hierher gebört auch das immer mehr veraltende Narrentbeis 
dung —= Geſchwätz eines Narren. 

Ham. 3. Theiderei, Theidinger, Untertheidinger (Bermittler) 
Hund veraltet: Mit dem Heydnifchen Meiiter lift, ſpitzweg und theiderey. Avens 
tinus, Gbronif 1580 BI. 235. Er war Bntertheidinger. Daf. BI. 279. 


Wirren. 


(Wurzel war, wir.) 

Birre, wirrte, gewirrt, wirren; verwirre, verwirrte, verwirrt 
und ver Worten, verwirren (ahd. wirru, war, wurrumds, worranör, 
werran; mhd. wirre, war, wurren, geworren, werren; alt|. 
werran; dgl. lat. vis, vires, fanjfrit. virya — Kraft, Gewalt; aud) lat. 
verrere — fehren?) mit der Grundbedeutung üble Gewalt wogegen 
gebrauchen, aufregen; dann durd) einander ftören, in Unordnung brin- 
gen; Davon nhd. (eig. und umeig.) unordentlih unter einander brin⸗ 
gen, undeutlih machen. VBerwirren 1) fo unter einander fehlingen, 
dag man weder Anfang noch Ende finden, noch aud die einzelnen 
Theile binlänglich unterjcheiden kann; 2) (in weiterer und uneig. Be— 
deutung) in große Unordnung bringen, uneinig machen. — Da rin— 
gelt’S und fchleift e8 und raufchet und wirrt. Göthe, Hochzeitlied. 
Um meine Füße, feit und feiter, wirret fi das Zauberknaͤnl. Schil⸗ 
ler, Jungfrau von Orleans 2, 6. So durch des Lebens wirrende 
Beugung führe die Neigung und in das Jahr. Göthe, zum neuen 
Jahr. Wie wenn ein herbftlicher Nord bintreibt die verdorreten Difteln 
duch Das Gefid, und dicht in einander gewirrt fie umberflich'n. 
Dog, Odyſſee 5, 338. (Das) konnte nicht anreizen tiefer in ein Ge- 
ihäft einzugehen, das, am jich felbft verwidelt, nun gar durch Un— 
tbaten jo verworren ſchien. Göthe, Leben 12. B. Ein Strom 
verworrner Stimmen wälzt fi braujend her. Schiller, Braut von 
Reifina. Sucht nur die Menfchen zu verwirren, fie zu befriedigen 
iſt ſchwer. Goͤthe, Kauft VBorfpiel. 

Anm. Das Factitiv lautet mhd. werren, verwerren. Dies Wort hat Hoff⸗ 
mannswaldau noch, der aber. verwörrt für verwerrt fehreibt (wie im 17, 


Jahrhundert mehrfach 5 für e iteht): Das Garn, darin mein Fuß aus Unbedacht 
getretien, verwörret mein Gemüth. Adelheid an Aleran. ch fchreibe mit 








406 


verwärrten Sinnen. Zuchtheimine an Iugenand. — Doch bat er ang ver⸗ 
wirrt, 3. 3. die Geilter ind verwirret. Adelheid an Aleran. 

Ein—, nt—, zuſammenwirren find Kar; auf—, aus be—, 
gewirren find wenig oder nicht im Gebrauch. — Haare und Projeſſe 
einwiren. 3% Paul. Wenn er da8 VBerworrene zu lien, das 
Entworrene zu genießen hoffen durfte. Göthe, Reiters Wander⸗ 
jahre 2, 4. Der Knoten entwirrt ſich. Schiller, der Tanz. Nur 
zufammengewirrte und mißhellige Samen der nie einträchtigen 
Dinge. Voß. Remt mit eud) ein geweichs wachsliecht, alddann ge- 
wirt (ichadet) euch warlich nit. H. Sad. 

Anm. Die Partie. fehen fih aud mit andern Wörtern zufammen, 3. B. 
Wirkt der Hölle Gaufelfunft, die ung im on fo verderbli war, aud bier 
noch fort uns finnverwirrend zu bethören? Schiller, Jungfrau von Orleans 


2, i. 

Berworren und verwirrt nennt man, was in feinen heilen 
ohne alle Ordnung vor unfern Sinnen ift, und daher feine Erfennt- 
niß erſchwert oder gänzlid) hindert; verworren, Verworkenheit 
wird mehr von dem Seftehen der Unordnung gebraudht, verwirrt 
mehr davon, daß etwas in diejelbe gebracht fe. Berwirrung. — 
Früher hatte verwerten die Son beunruhigen, beläftigen, ent⸗ 
eien; daher dieſelbe Bedeutung auch in verworren, Werrung, 
erwerrung. — Wenn er mir jetzt auch nur verworren dient, 
fo werd’ ich ihn Bald in die Klarheit führen. Goͤthe, Fauſt, Prolog 
im Himmel, In neuer Zweifel mogende Bewegung und aäͤngſtlich 
ſchwankende Berworrenheit ftürzt mic das Widerfprechende zurüd. 
Schiller, Braut von Meſſina. Er wußte nur zu wohl, daß es ſchwerer 
fei, gebildeten Menfchen bei fittlihen Berworrenheiten zu Hülfe 
zu fommen, als ungebildeten. Göthe, Wahlvermandtfchaften 1, 18. 
Sie reihet mir, aus loſem Scherz, verwirrten Zwirn, ihn aufzu- 
Iöfen. Bürger, Die beiden Liebenden. Furcht, Sorge, Berwirrung 
Dauert fort, Goͤthe, Tag- u. Yahreshefte 1796.— Alfo mußt Kaifer 
Philipps bie römer unverworren laften. Aventinus, Chronik. Pan 
wolt und zwar verwerten gar. Hofmann, Fundgr. 1, 334. Die 
Herzog N. N. hetten vil zwayung und werring. Chronik in Freib. 

Samml. 1, 18. ° 
Ounkel (abd. tunchal, mhd. tunkel, agf. dunkal) was, durd) die 
Einne wahrgenommen, nicht binlänglih erfannt und tmterfchieden werden 
fann, ımb zwar wegen Mangels an Licht. Undeutlich (Gegenfaß von 
deutlich, mhd. ze düte, diute, wie ed das Volk veriteht, von ahd. diot, 
deot, mhd. diet, goth. thiuda, alſ. thiod, agf. thedd, Volk, woher Deus 
ten f. S. 208, nnd dentſch goth. Adv. thindiskd, ahd. Adj. diutisc, agf. 
theodisc, mhd. diutisch, diutsch) wegen Mangels an gehörigem Lichte nicht 
recht oder fharf zu erfennen und zu unterſcheiden in felnen Thellen. Uns 
klar (Gegenfag von klar, klc)lär, lat. darus ©. 42%) durch Beimiſchunz 
fremder oder überhaupt die Erkenntniß heumender Dinge oder Theile der 


407 


richtigen Erkenntniß unzugängtich. — Sein Bid werd bunfel. Mopkxt, 

Meffiad 4, 269. Wo iſt vor ihm etwas Dunkles oder Helles? Gothe 

Meifters Lehrjahre 6.8. Ich erinnere mich feiner nur Dunkel, Göthe, 

Leben 1.8. 

Wirrwarr (mie Klingklang, Miſchmaſch u. a. gebüdet) ein re⸗ 

ſes Durch⸗ und Untereinander, dag man fi) wicht Daraus finden 
em. Allgemeiner, aber minder nachdrücklich it Gewirr (ahd. 
k(g)awerr, k(g)iwörr, mhd. gewärre = Aufruhr). — Es iſt ein 
Wirrwarr ohne Gränzen. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 10. 
Wir befanden und vor der Stadt in dem größtmöglihen Gewirr 
und Gewimmel. Göthe, Campagne in Frankreich 11.0. Seltſamer 
Sprachen Gewirr brauſt in das wundernde Ohr. Schüler, Spa- 
ziergang. — Ein Sprachwirrwarr. Platen, verhängnißvolle Babel 
4. (Er windet ſich) ans geologiichem und politiſchem Ländergewirre, 
Göthe, Leben 10. B. O blieb ih von den Ketten des Weltge- 
wirres frei! Salis, die Einfiedelei. — Gereizze und gewerre 
machen. Berthold von Regensburg. 

Birre (ahd. werra, mhd. wörre, älternhd. Werr, davon ital. 
guerra, franz. guerre) Anftoß, Aergerniß, Krieg, it uhd. nur im Pl. 
(Wirren) gebraͤuchlich — Se it fo groß Werr in den chriflichen 
Landen. 8. Ebnerin. Bedeutfamer erfcheinen uns zwei Schriften, von 
welchen die eine vom Standpunft der Naturwiflenfchaft, die andere 
vom Standpunkt der Gefchichte aus unter den Wirren religiöfer 
Klopffechterei eine böhere Vermittelung der chriftliden Wahrheit er- 
ftrebt. Augsburg. Allg. Zeit. 1847. Beilage Nr. 209. | 

Wirrer, Birrung; wirr, wirrig, wirrbar; Berwirrer, Ber- 
wirrung. — Und hält des Lebens Wirrung ihn umwunden. lb- 
laud Vorſchlag. Wirr umd dammernd, wie ein Traumgewimmel. 
Bürger. So fiel ich gleid), da ich wieder allem war, in mein wir⸗ 
riges, flarriiches Teen zurüd. Göthe, Leben 7. B Bis tief in 
die Nacht blieb man beifammen und verwidelte fi) immer unent- 
wirrbarer in die Labyrinthe menjchlicher Geſinnungen und Schid- 
fale. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 10. Sie halten den Juriſten 
fo arg, wie einen Verwirrer des Staates. Göthe, Götz von Ber- 
fihingen 1. Er fieht die unauflöslichen Räthſel der Migverftändniffe 
unjäglic) verderblihe Berwirzungen verurfachen. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 2, 2. — Aeußerungen dieſer Art ließen feine Geiſtesver⸗ 
wirrung bei der ſchönen Abenteurerin argwohnen. Göthe, Meifters 
Banderjahre 1, 5. Welhe Gräuelverwirrung wird dein füßer 
Zaubertranf meinem Geſchlechte bringen! Herder. 

Birrbund, —geiſt, gan, —Inänel, —fal, —ſtroh u. a. — 
Ich dachte dieſen Wirrfopf methodiſch aufzufämmen. Göthe, Briefw. 
ma Schiller 6, 78. Der Bald erſchien wirrvoll. Rückert, gel. 








408 
Ge. 5, 2351. Manches Schifal wirrvoll. Göthe. In dem Welt- 
wirrmwefen Götbe, H. Sachs. 

Anm. 1. Die deutiche Mythologie kennt eine Frau werra (von den ges 
wirrten fträubenden Haaren?) im DBoigtlande, die am heiligen Abende des hoben 
neuen Jabres genau nachfiebt, ob auch alle Roden abgefponnen find; wo es nicht 
der Fall ift, verunreinigt fie den Flachs. Am Züricherfee beißt fie chlungere, 
weil fie faulen Mägden Klüngel, Knäuel in das unabgefponnene Garn bringt. 
Vielleicht fteht werra für wersa, wirsa, von wirs = wirſch, wie irre für irse, 
goth. airzis — irre. Hiermit kann die Borflellung des Garn⸗ und Haareverwirrend dens 
noch verwandt fein. Bol. Grimm d. Mytholugie 2. A. ©. 251. Grimm 
(Sram. III, 589 f.) hält dieſes ahd. mhd. wirs, gotb. vairs, agf. vyrsa für eine 
alte defective Comparativform im Sinn von bös, unfer wirfh, unwirfd. 

Anm. 2. Werwolf, bei Shwend Währmwolf (ag verevulf, egl. 
werewolf, mbd. werwolf, goth. vairavulfs? ahd. werwolf? mittellat. gerul- 

hus) ift gebildet aus goth. vair, abd. mhd. wer, agf. ver, veor, fat. vir = 

ann. Werwolf iſt alfo ein Menfh, der fih, had der Mothologie und dem 
Aberglauben, in einen Wolf verwandeln kann. Das Wort gehört alfo nicht zu 
wirren. 

Anm. 3: Birfing, ar, (gemeinital. verza, verzo), früher 
Berſchkohl, aus lat. brassica gebildet? Er fcheint, fagt Schwend (der doc 
lieber an brassica denkt), wenn anders died Wort deutichen Urfprungs ft, von 
den fraufen Blättern den Ramen zu haben. Letzteres fagt auch Stieler, der 
Werſig und Wirfhing anführt. Diefenbad verwirft die Bildung aus 
brassica, auf das von Stemann angefährte wirz, wirze fußend und auf 
lat. — — grün hinweiſend. Ich denke mit Schmeller u. A. lieber au 
fat. brassica. 


Der—Derben. 
(Wurzel darb, dirb; dar-b? dar-f?) 


Berderbe, verdarb, verdorben, verderben -(mhd. verdirbe, verdarp, 
verdurben, verdorben, verdärben; in den ältern Dialeften nicht 
vorhanden, nur im altf. farderbhan) heißt eigentlich für feinen Zweck, 
feine Beftimmung unbrauchbar, unnüß werden; davon jchlecht werden, 
feine urſprüngliche Güte, Vollkommenheit verlieren; umlommen, zu 
Grunde geben. Das tranfitive verderben (mhd. verderben) jollte 
nad) fehwachen Eonj. biegen; e8 biegt jedoch auch nad) flarfer, ja wir 
ziehen leßtere fogar vor und vermeiden jene als ungewöhnlich. — Ich 
bin zum Comödianten verdorben. Leffing. Du haft dich meiner 
Seele herglich angenomen, das fie nicht verdörbe. Luther, Bibelüberf. 
Iſ. 38, 17. Wer nicht verderbet wird durch Liebe, der verdir— 
bet. Opig. Ihr thut wohl, daß ihr weiter geht, verderbt uns 
doch nur die Societät. Schiller, Wallenfteind Lager 11. Berderbe, 
ftrafe nich! Schiller, Jungfrau von Orleans 4, 3. So it's ihr 
Wille denn, der uns verderbt. Göthe, Iphigenie 2, 1. (Ein Ha- 
—— verderbte einige ſchätzbare Bücher und ſonſt werthe Dinge. 

öthe, Leben 1. B. Im Geräuſche wilden ſchwankenden Lebeus, das 
manchen Jüngling verderbt hat. Göthe, Hermann und Dorothea 4, 
129. Sie haben meine Gedanken verdorben und fagen, fie hätten 


400 


mich widerlegt. Göthe, zahme Xenien V. Diefe Bilder verdarben 
mir dermaßen die Einbildungskraft. Göthe, Leben 1. B. Daß es 
etwa in die Hände einer unwiſſenden Beftie gerathe, die e8 mit wenig 
Mühe verdürbe. Göthe, Benvenuto Gellint 1, 12. 

Su Grunde riäten (Grund f. S. 2346; richten &. 296) 
machen, daß ein Gegenftand bi8 auf den Grund verdorben wird, d. i. durch 
Schädigung u. dgl. machen, dab ein Gegeuftand aufhört zu fein. — Sie 
trennen wich und richten mih zu Grunde. Göthe, Elegie. 


Anm, 1. Die Bartic. feßen ſich aud mit andern Wörtern zufammen, 3. B. 
blätheverderbenden Froſt, Pyrker, Tunifiad 10. Der allverderbende 
Krieg. Voß. And foll feine erdverderbende Ueberſchwemmung kommen. 
Herder. BELMORC DERBENDER Zug. Pyrker, Rudolph 8 Seelenverder: 
bender Rath. Dai. 4. 

Anm. 3. Reblerhaft fagt Rüdert (gef. Geb. 1, 205) im Goılj. verdörbe 
(gereimt auf Körbe) Eine ältere Form bat Göthe in dem oben angeführten 

eiipiel aus Benvenuto Cellini 1, 12. So fagt er au in den Aufgeregten 1,7: 
= verdftrben’s auch nicht gerne mit ihr, wenn fie's nur halbweg leidlich 
machte. 

m. 8. Kür verderben bat die Volkeſprache Hier und da (das aus 
tuinieren, f. Ruin gebildete) rungeniern, verrungeniern. 


Berdorben — unnüß, unbrauchbar geworden; verberbt = jo 
gemacht. Davon VBerdorbenheit, Berderbtheit. — E83 jcheint 
ih bin für foldye Dinge verdorben. Göthe, ital, Reife Neapel 9. 
März. Empörer flanden auf, die Ordnung zu zerrütten, und Ywie- 
Ipalt brütete Berdorbenheit der Sitten. Duſch. Ich laſſe dich 
in einer verderbten Welt. Göthe, Gög von Berlichingen 5. Um 
den Bortheil der Herrichaft ftritt ein verderbtes Gefchlecht. Göthe, 
Hermann und Dorothea 6, 40. O wie verderbt find heut zu Tag 
die Sitten! Platen, rom. Dedipus 4. Das Wort (treulos) iſt gut, 
ihre Berderbtheit zu malen: ich Eönnte fie leicht fchlimmer nennen. 
Shakſpeare, viel Lärmen um nichts 3, 2. 

Aufftößig (ſ. ſtoßen), mehr Tandfchaftlicher und im gemeinen Leben 
gebrauchter Ausdrud, = zum Genufjfe verdorben, zunächft auf Speife und 
Trank bezogen, die aus dem Magen aufftoßen. Anbrüdig (f. ©. 70) = 
anfangend, durch fich anfeßende Fäulniß zu verderben. — Daß ich fie (die 
Gallerie) verdorben und anbrüchig Hereinbräcdte 3. Paul, Hefperus 17. 
‚Derderber, (das) Berderben; Berderbung, Berderb, Ber- 

derbniß, verderbbar, verderblich, verderberifch. — Simon Petrus 
wid auch gefucht von der Wuth des Verderbers. Klopſtock, Meſ⸗ 
fas 4, 1047. Da ergrimmte der Geift des Menfchenverderberg, 
Daſ. 2, 148. Und war von jeher nur ein Heerverderber. Schil- 
ler. Daß mich der Königlichgefinnte vom VBerderben rettet. Schiller, Pic- 
eolomini 1,1. Ohne Das Verderb, mit welchen die Zeit Dagegen an- 
kämpft. Leffing, Emilie Galotti 1,4. Bisher war alles in meinem Leben 
nur Borjpiel, nur Hinhalten, nur Zeitvertreib, nur Zeitverderb. Göthe, 
Bahlverwandtichaften 1, 18. Was menſchlichen VBerderb und Se— 





410 


a belangt. Opib, von der Wahrheit der chriſtlichen Religion ©. 146. 
( Damit) feine VBerderbniß entfiche, fo wird Das Jahr aber mo⸗ 
natweiſe nur Eine Sprache im Allgemeinen geſprochen. Göthe, Mei⸗ 
ſters Wanderjahre 2, 9. Diefer (Körper) ji Dem VBerderbniß 
ausgeſetzt. Göthe, Leben 12. B. Hter kan die Berderbniß der 
Zeit zur Sprade. Daf. 14 B Außer dem Verterbniß. Opiß, 
— Jeſu Chriſti S. 24. Mit dem Tode dieſes vortrefflichen 
Mannes beginnt die Epoche vieler verder blichen Mißbraͤuche. Göthe, 
Leben 12. B. Was ihre Berderblihfeit an unſeret Billigung 
verloren. Schiller, Kardinal Granvella. Verderberiſche Flammen. 
2. Karſch. Um fittenverderberifcher zu fein als die Zeitungen. 
Göthe, engl. Literatur. 

Berderbluft; verderbenbringend, —gebilfe, —f&manger, —ftif- 
ter, —traͤchtig. — Jetzt büße für Deine ſchwarze Verderbluſt. 
Sonnenberg. Verderbenbringend war der Söhne Streit. 
Schiller, Braut von Meffina Warum gabft du mir die Berder- 
bengehüffen. Sonnenberg. Der Berderbenftifter Wars. 
Bürger. Verderbenträchtig, fehwanger mit dem Blig der Waffen, 
rollt's (das Pferd) in Priams Kömigsfig. Schiller, Aeneis 2, 0. 

Darben ) (gotb. tharban, ahd. darpen, altſ. tharbhön, mhd. 
darben) recht nöthig haben, jei es, daß man das Fehlende nicht 
hatte, oder fich dasſelbe entzieht; nbd. gewöhnlich Das Nichtdaſein von 
etwas (zum Leben) Nothmwendigem ſchmerzlich empfinden, an dem zum 
Leben Nothwendigften Mangel leiden. Darber, Darbung. — 
Ber fie (die Demuth) dDarbt, dem mangelt alles. Günther, Die 
gepriefene Demuth. Mus ich deffen Einfiug darben, kann ih nim- 
mermehr beftehn. Günther, anf die Phyllis. Während ſein großer 
Serrlicher Sohn darbt. Schiller, Räuber 1, 3. (Ihr) darbtet, 
wären nicht Kinder und Bettler hoffnungsvolle Thoren. Göthe, Pre- 
methens. — Sie Darbten fih oft Das friſche Waller ab. Gellert. 
Sie gaben ſchwer erdarbtes Geld. J. Bl. 

Die Synonymen mangeln, Mangel haben, Mangel leiden ſ. S. 64. 

Derb (ahd. därp, derap, agf. thöorf — ungefäuert, altj. derbhi 
— fühn, mhd. derp — ungefäuert, trocken, älternhd. — feſt, grob, 
roh?) von —— Maſſe und dadurch ſchwer, von fımerer 
Feſtigkeit, ſtark (im eig. u. übertragenen) Sinn. Derbheit. — Und jo 
mußte ihr auch bei einem dDerbern Backwerk Gelegenheit werden ihre 
Bosheit auszulafien. Göthe, ital. Reife Neapel 12. März. Er gab ihın eine 


1) Grimm II, 38 findet in darben ımd dürfen (bevinfen) Snfanmen; 
bang mit verderben. Die Lippenlaute b und T gehen In einander über, wie 
ahd. darpen und durfan, beide das far. cgere — bedürfen, Mangel haben aus 
drüdend, zeigen. Agf. und altn. berrfcht überall f. 

2) Noch in der 4. Bibelüberfegung (1470—73) heißt Das ungefäuerte Brot 
der Inden gewöhnlich derb brot. 


411 





derbe Schelle. Lichtwer. Lade mich derb ans. Schiller, Räuber 
2, 1. Tretet nicht fo maftig auf, wie Elephantenkaͤlber; und der 
plumpft’ an diefem Tag fei Bud der derbe ſelber. Göthe, Fauſt 
1, 31. 3 ſagt es wohl, er fei ein Narrenhäusler, der unter 
Derbbeit bittern Hahn verſteckt. Shafefpeare, der Wideripenftigen 
Zaͤhmung 3, 2. 

Dicht Ci. gedeihen) wird geſagt, infofern die Theile einer Maffe fehr 
nahe gufanmmen fich befinden, Feſt (goth. fasteis, ahd. fasti, festi, mhD. 
veste, agſ. fast, fast, aftu. fast; goth. fastan — halten und bewahren) iſt 
urſprünglich haltbar und erhaltbar; dann in feinen Theilen fo zufammenhals 
ten, daß fie nicht getrennt werden können. — Kerubaft db. i, Kern habend, 
feft wie ein Kern, (abd. körno, alt. kiarni, md. körne, körn, mit Korn, 
goth. Kaurn, ahd. ch(k)orn, altf. altn. mbd.korn, agſ. oorn, zu fat. granum ; vgl. 
gr. xapvov — Kern, Nuß) innerlich feit umd Lräftig ; mit Dem Nebenbegriff der ins 
nern Güte und dadurch der Borzügfichkeit — Plumpf.S. 168. — Die Kremden 
befjer zu erfreuen, umitedt der milde Wirth den Tiſch mit dichten Maien. 
Dagedoru Bei frühen Morgen kam der arme Amintas aus dem dichten Haiune. 
Geßner. Den feften Willen bab ih Tonnen lernm... Das Weib foll fich 
nicht felber angehören, an fremdes Schickſal if fie feſt gebunden. Schiller, 
Piccoſomini 3, 8. Hab’ ich des Menfchen Kern erft unterfucht, jo weiß ich 
and fein Wollen und fein Handeln. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 3. Mir 
vertrau’n Sinnfprüche die fieben Denker Griechenlands goldlauter fürwahr 
und kernhaft. Voß. 


Bieder, auch biderb (ahd. pidarpi, piderpi, bidarbi, biderbi, 
mhd. biderbe, älternhd. biderb, bider) urſprünglich brauchbar, nütz⸗ 
Kb, was für die Noth hilft, wie man es bedarf; von Sachen nütz⸗ 
fi, von Perjonen geſchickt wozu; dann ritterlich, tüchtig, edeldenkend, 
rechtſchaffen, unbeicholten. Biederfeit; bederben (abd. bidarbjan, 
mbd. biderben) nüßen, gebrauchen, ift veraltet. — Wer gar zn bie⸗ 
der ift, bleibt zwar eim vedlih Mann, bieibt aber, wo ex ift, kömmt 
jelten höher an. Logau, Singed. IH, 37. Ein alter Degen, ftolz uud 
raub, jonft bieder und gut. Leffing, Emilie Galotti 1,4. Biderbe 
Männer. 9. v. Müller. An offner Biederfeit gleicht ihm fein 
Volk. Ramler. Ich Halt das biderman jey, ein bederbe 
man, den man zu fchimpff und ernſt brauchen fan, den man beder- 
ben fan, den man nützen fann, der aud) andern leuten nüp feyn fan 
mi ehren vnd auffrichtig. Agricola, Sprichw. 724. 


Wacker (ahd. wachar, agf. waccor, altı wakr, mhd. wacker, von 
waden, goth. vakam, ahd. wahhen, altf. wachen, ag. wagen, «fıı. 
vaka, mhd. wachen; vgl. lat. vigeme — Träftig fein, vigl = wachſam, 
gr. dysipaıv —= weden) Überhaupt rege amd lebendig zur That; im Beſon⸗ 
dern mit angefpannten Kräften lebhaft berufs- und pflichtihätig. Brav (au 
soman. bravo, brave, brau) tapfer, mannhaft, rechtſchaffen; mit Auszeich⸗ 








. 412 


neng mannhaft zu oder in der That; daber Hberkaupt jo amdgegeichnet zu 
oder in der’ That, dag man feinen vollen Beifall nicht verfagen kann; fittlidy 
tadellos und vorwurfsfrei. — Kräftiglich arbeitet fi der Wackre durch die 
Brandung. Schiller, Tel 1, 1. Der brave Mann denft an fich jelbR zu⸗ 
legt. Daf. (VBgl. Bürgers Lied vom braveı Mann.) 


Biederfürft, —finnig, —weſen u. a. — Daß fle den Namen 
des Biederfürften nod mehr als des Eroberers achten. Ramler. 
Sein Biederherz. Gedife. Ein biederherziger Mam. Gedite. 
Deutſche Biederfraft. Schubert. Sein Sinn war abgericht auf Bie- 
derlob und Ehre. Logau. Drum flieht er jedes Biedermannes 
Glück mit jcheelen Augen gift'ger Mißgunft an. Schiller, Tell 1, 2. 
So fonnte fchon voraus fein Biedernund nicht fehweigen. Voß. 
(Der Schwan) tönte von urahnlihem Biedermutb. Voß. Eine 
feine edle Biederfeele. Schubart. Sie vertrauten auf feinen Bie- 
derjinn. Göthe, Eugente 4, 2. Der Deutfche nur, hs roß an 
Diederjitte, zeigt lauen Sinn für Kunſt und Trefflichfeit! Deutich. 
Merkur. So rief er mit herzlihem Biederton. Bürger, Xied v. 
fr. M. Dem Biedervolf. KM. Schmid. Ein Biedermweib. 
Logau, Singed. V, 6. Biedermefen. Logan. | 

Bedürfen, früher auch einfah Dürfen (goth. thaurban, ahd. 
durfan, mhd. durfen, altn, thurfa) nöthig haben, nöthig fein, mit 
der Hindeutung, daß, wenn an dem zu dem Zweck Erforderlichen 
Mangel ift, jener nicht erreicht werden kann. — Was darff man 
fadeln hier? Opitz, Trojanerumen ©. 40. Die Unfchuld darf der 
Nebel-Kappen nicht. Lohenftein, Eleopatra 1, 674. Königen den 
Mund zu fchließen Darf es oft mur eines Weibes. Herder, Eid 22 
Der Maun bedarf der Geduld, er bedarf auch des reinen, immer 
gleichen, ruhigen Sinus und des graden Verſtandes. Göthe, Hermann 
und Dorothea 5, 25. Zweier Augenblide nur bedarf’s, mich mit 
Dir zu verftändigen. Schiller, Maria Stuart 4, 6. 


Brauchen (ij. S. 273) zu feinem Rupen anwenden; daun zu einem 
Zwecke nöthig haben. Nöthig haben (ſ. S. 278) hebt im Begriff die 
Unentbehrlichkeit zum Zwede hervor. — Man braucht nicht des Geldes, 
die Blumen des Feldes find Allen gemein. Salis, Lied im rein. Daß 
ih vor Zorn fogar des Plautus Schimpfwörter brauchen muß. Leffing. 
Ihr Herz Scheint einen großen Antrieb mehr nöthig zu baben. Gellert. 


Bedarf, Bedürfniß; dürftig (goth. thäurfts, ahd. durftig, 
thurftig, mhd. dürftic), bedürftig; Dürftigkeit, Bedürftigkeit; 
Nothdurft (ahd. nötdurft, nötdurfti, mhd. nötdurft, von Durft, 
goth. thaurfts, ahd. durft, duruft, mhd. durft) und nothdürftig 
(mbd. nördürftic) find aus dem Früheren Klar. — ber nicht allein 
den Bedarf an rohen Stoffen für die Fabrication nebit dem baaren , 
Berdienit holen die Marktleute in der Stadt. Göthe, Meiſters Wan⸗ 





413 


derjahre 3, 13. Daß du auch dad Bedürfniß deiner Freunde nicht 
recht empfinden kannſt. Göthe, Taſſo 7, 2. Hier wo das Brennholz 

den erſten Lebensbedürfniſſen gehört. Matthiffon, der große 
Bernhardäberg, Zugend ftrahlet unter dem Schmuße eines dDürfti- 
gen Lebens, wie unter dem Staube ein Demant hervor. Dufch. 
Der Rationalismus jcheint hier vorzüglich dadurch zu fehlen, daß er 
dürftigerweije bloß die Länge und nicht die Breite der Natur in 
Anfchlag bringt. Schiller, Briefw. mit Göthe, 4, 37.‘ Die Dürf- 
tigfeit des Stoffes zu verſtecken. Daſ. 4, 264. Weg war gernfen 
der Richter von den Seinen, die ihn, bedürftig des Rathes, ver- 
langten. Göthe, Hermann und Dorothea 6, 138. So ift hier Na— 
turgenuß reiner, von aller Bedürftigfeit entfernter Kunftgenuß. 
Goͤthe, Winckelmann 1. Und lehnt fih rubebedürftig auf den 
ftügenden Stab. Klopjtod. (Er gab) volle Tröftung den Scelen, Die 
in lihtdürftige Zweifel fid verwebten. Klopſtock. Die Noth= 
durft feiner Dazwiſchenkunft fönnte leicht ftärkfer als die innere 
Nothwendigfeit in die Augen fallen. Schiller, Briefw. mit Göthe 
4,86. Bei mir geht die Arbeit noh fo notbdürftig fort. Dar. 4, 
382. Ort, Beitandtbeile feines. Körpers, Inſtinkte der Seele, Lebens⸗ 
alter, Notbdürftigfeiten, alles hat er (dev Menſch) mit den Thies 
ten gemein. Herder. 

Arm (If. S. 378) zunächſt wol der durch Arbeit anf dem Felde (Pflügen) 
feinen Unterhalt verdienen muß; dann Überhaupt des Nöthigen, was Iemand 
braucht, um leben zu können, ermangelnd ; im Befondern defien, was Jemand 
braucht, um in feinem Stande leben zu können. Armfetig (mbd. armselic), 
biutarm (bis aufs Blut? oder daß man feine Blöße nicht decken kann ? vgl. mhd. 
blut, nhd. Volksſprache blott = federlos, niederd. hlottarm, bluttarm) und bets 
telarm (arm zum Betten, vgl. ahd. arm betaläri) find Verſtaͤrkungen. — Das 
mit nothdürftig finnverwandte Fümmerlidy (mbd. kumberlich, kum- 
merlich, |. Kummer S. 52) bedentet in hohem Grade Mangel an linent« 
behrlichem leidend, auch mit dem Begriffe, daß diefer Mangel mit bedrängs 
nißvoller Beträbnig empfunden werde. — D Karl, wie arm bift du, wie 
bettelarm geworden, ſeitdem du Niemand liebſt als Dih! Schiller, Don 
Karlos 2, 15. Um ein arnfjelig Gratthier zu erjagen. Schiller, Tell 4,3, 
Es iſt eine vechtichaffene Frau, die keinen weitern Kebler bat, als daß fie 
biutarm iſt. Geller. O wie fie bat! D wie fie that fo kümmerlich, fo 
wimmerlih! Mufäus, Kinderflapper. 


Dürfen?) bat neben der Bedeutung „nöthig haben“ (j. bedür— 
fen ©. 412) auch noch die Bedeutung Freiheit haben etwas zu thım und 


ı) Die fräbere Sprache hatte 2 verfchiedene anomale Verba, die in der ſpä⸗ 
tern Sprache zujammenfallen: goth. thaurban, prs. tharf, pl. thaurbum = bes 
dürfen und datran, prs. dar, pl. datrum = dürfen, eig. wagen, fühn fein; ahd. 
durfan — bedärfen, tarran — wagen; mhd. durfen, turren; uhd. dürfen. Wei⸗ 








414 


zn lafien, dieſe Freiheit mag gegeben oder genommen ſein. — Es will 


der Feind, e8 Darf der Freund nicht fehonen. Böthe, Taffo 1, 2. 


Erlaubt fein (von erlauben, ahd. ar—, er—, ir—, urlaup(blan, 
mbb..erloubey, eines Stanımed mit Iteb &.24) druckt aus, daß bie Freiheit eine 
gegebene if. — Ich erla ube Euch, den Prinzen zu verfühnen. Schiller, 
Don Karlos 1, 8, Erlanbt ik was fi ziemt. Goͤthe, Taſſo 2, 1. 
Anm. 1. Beigand (fun. Wörterb. Nr. 179) rechnet Hierher auch noch 

dürr (goth. thaursis, ahd. derri, mhd. dürre), dorren und Dürften (geth. 
thatrsjan, ahd. durstjan, mb. dürsten); Rr. 1914 stellt er diefe Wörter mit 
gr. repdonaı = id) dorre, lat. torrere = dörren, fanffr. tarsh (trish) dürften 
zufamnen. Grimm MH, 89 N. 444 ftellt Dürr und Durft zufammen, getrennt 
von darben, verderben. WBadernagel führt zu mhd. derren — dörren, 


gt. rdosonas, Tagsog = Darre, lat. torrere, tergere — abwifchen, terra — Erde 

as. Nimmt man mit Weigand und Schmeller eine Wurzel dar, dar — ohne 

Saft und Kraft, an, fo laſſen fi vielleicht all diefe Wörter bier zufammenfafien. 

— Der dürre Stamm, er treibt ein ſchwaches Laub. Uhland, Schildeis. 

Alles lechzt und dorrt. Wieland, Oberon 7,27. Welches (Ob) ih, Frifch und 
edörrt, abholt Seefahrer und Städter. Voß, Luiſe 2, 218. Daß er Per 
rund) niht nur den Durft euch ſtillt. Göthe, Kauft 1, 56. Ahr feid mühe, 

Bruder Martin, und ohne Zweifel durſtig! Göthe, Götz von Berlichingen 1. 

Die Kluren dürften nad erquidendem Thau. Schiller, der Abend. 

nm, d. Mager rechnet zu verderben and Darm (ahd. daram, darm, 
mbd. darm, agf. dhearm, alın. tharmr); Wackernagel fihreibt »derren za 
darm 1 Das Wort fcheint nicht hierher zu gehören. 


Sterben. 
(Wurzel starb, stirb; star-b, stir-b.!) 

Sterbe, ftarb, geftorben, ſterben (ahd. stirpu, starp, sturpu- 
mes, storpaner, störpan; mhd. stirbe, starp, sturbea, gestorben, 
stärben; agſ. stearfjan — verhungern; vgl. altn. starfa — arbeiten, 
fich bemühen; gt. srdopos —= dad Harte, Feſte, beionders Leder) wol 
mit der Grundbedeutung ftarr werden, dann aufhören zu leben, von 
Allem gefagt, welchem (eig. oder fig.) ein Leben zugeichrieben wird — 
Ich laß ihn fliehen, wenn ich ihm nicht erben laſſen kann. Schiller, 
Den Karlos 5, 10. Die, weiß ich, werden nicht Hungers fterben. 
Scyiller, Wallenfteins Lager 14. Ich ftürbe im erften Jahr. Göthe, 
Götz von Berlingen. Das Lied der Hame ſtirbt. Mathiffon, Elegie. 
Es ift mir rühmlidyer, daß ich unſchuldig fterbe, als wenn ich ſchul⸗ 
dig umläme. Göthe, Benvenuto Cellini 2, 12. 





gand rechnet goth. dauran, ahd. durfan und turran zu einer Wurzel. Nach 
Badernagel hat mhd. durfen die Bedeutungen Wit haben und Freiheit 
haben, wofür das Dtfriedifche ni tharf man thaz ouh redinon — nicht darf man 
das auch reden, ſpricht. Grimm fagt 11, 38, nhd. derb, habe mit altn. diarfr 
= fühn nichte gemein Es ſcheint ſchon frühe eine Dermifchiueg beider Berba 
eingetreten zu fein. 

1) Grimm trennt Il, 185 goth. stair-ban, ahd. stör-apam und fragt, ob 
ed gt. örp-ipev, nara-deg-Iipev = weuden, nmitärzen fei? 


45 


Sum. 1. Die Genjmctivfonu Bürbe if amd der früähesen Zeit noch erhal⸗ 
tn. Opitz bat auch noch den Indicativ fie finrben und fie Korben, Trojane⸗ 
rinnen ©. 8. 47. Du ſturbeſt. Hoffmannswaldau, Tibad an Lettibe. Die 
Kinder waterrlihteten wieder ihre Kinder daraus und ſturben. Leffing. 

Yum. 2. Das ahd. sterbjan, mbd. sterben (nach ſchwacher Conj.) tüdten, 
Rerben machen, bat ſich ange erhalten, 5 DB. Getheiltes Bett ift Haß, der nimmer 
wird geiterbt. Opitz, won der Wahrheit der chritlichen Aeligion S. 49. Der 
Tod, der alles ſterbi, den ſterbt ein gut Gerüchte, das ſtirbt, wenn gleich die 
Belt ung Kerben, doch mit nichte. Logan, Stunged. 1861. Den (Baftlisfen) 
fm Auguft gefterbt. Kobenftein, Cleopatra 5, 437. 

Ab—, aus—, be—, dahin —, er—, hin —, mit —, nach —, 
ver —, weg —, zuſterben. — Ich ſterbe ımter dem Getümmel 
mm ab. Göthe, Egmont 1. Sollt' ich der Freud’ abgeſtorben 
um? Göthe, Götz von Berlichingen 3. Iſt doch die Stadt 
wie gekehrt! wie ausgeftorben! Göthe, Hermann und Dorothea 
t, . Das efien in dem mund beftarb. Rollenhagen, Froich- . 
meuſeler I, 1, 10. Jammernde Thraͤnen ſtürzen vom Auge, das 
beiht und langfamſtarrend dahinſtirbt. Klopſtock, Mefſfias 
2, 16. Ich ſterbe ind kam nicht erſterben. Göthe, Gö 
von Berlichingen 5. Leer und erſtorben iſt meine Zukunft. Scil- 
ler, Kabale und Liebe 3, 4. Lapt mich eilen, vor ihr hinzu- 
Rerben. Göthe, Eugene 1, 4. Die brechenden Augen ferned 
Ritfterbenden. Herder, A. Homilie von den Schranfen und 
Mißbraͤuchen. 2. Wenn fe, ihrem entfeelten Herzen nachſterbend, 
dir endlich wichts mehr verbehlen kann. J. Paul, Titan 58. Der 
verftorbene Cardinal Albani war in einer foldyen Zeitverfammlung. 
Göthe, ital. Reife 15. Jan. 1787. In demfelbigen Jahr, als Uz 
wegkarb. Paten, verhaͤngnißvolle Gabel 4. Daß dem haarhaar’fchen 
unbune hohenfließiſche Land nnd Leute zuftürben J. Paul, 

r 10, 


Emm. Auf—, an—, anerfterben d. i. durch den Tod eine® Andern zu⸗ 
Rechen, zufallen, im 16—17. Jahrh. noch im Gebrauch, finden fi num nicht 
mehr. — (5) fen ibm halb angeftorben. Ringwald, die lantere Wahrheit. 

Die Sterke, der Sterb (ahd. der störk(p)o, agf. stäorfa, 
mhd. sterbe — Peſt, Seuche), der Sterbet, Sterbend (ahd. ster- 
bot, mhd. störbet) find durch das infinitivifche Subitantiv das Ster⸗ 
ben verdrängt. — Dero Ziten folgt ein groſſer Sterbend. Tſchudi, 
b 18. Es kam ein grofies Sterben unter beyde Partheyen. Aven- 
tinus, Chronit 1580. BL. 81. Ein groſſer Sterb. Daf. BE. 370. 

ein groſer fterb kam . . . Bor dem (Hunger) ein grofer 
Kerben am. H. Sache. 

Skerblich (ahd. stirpte, mhd. stirbee), unfterblich find far. — 

So darf ich, obwohl mit ber bebenden Stimme eines Sterblidhen, 

dech den Gottverföhner befingen. Klopſtock, Meſſias 1, 15. Sing’, 

unfterbliche Seele, der imdigen Menſchen Erlöſung. Daf. 1, 1. 

Die (Schwerter) fo Die farze Sterblichkeit verheeren. Shalſpeare, 


416 


K. Heinrich V. 1, 2. (Wenn ih) an Adams Unfterblichleit denke. 
Klopſtock, Salem. 

Anm. Fiſchart (Gargantua S. 125. 313) hat noch unabfterblid. 

Sterbebett, —bild, —blid; Sterbensangft, —noth, —wort 
u. a. — Der eiferfücdhtige Pankraz lag aͤchzend auf dem Sterbe— 
bette. Pfeffel, die Treue. (Sie ſah) im tiefen Spiegel ihr eigenes 
Sterbebild. % Paul. Im Geflimmer fanfter Sterne zude dir des 
Kindes graffer Sterbeblid! Schiller, Kindesmörderin. Solde 
Sterbegedanken lieb’ ich an der Jugend nicht. 3. Paul, Titan 57. 
In das Meer dann fahre dein Sterbegeheul. Sonnenberg. Wie 
voll Sterbegeröchel um mich. Derſ. Kehre dann auf dieſes Sterbe- 
gerüfte zurüd. 3. Paul. Denn von Neuem begannen der Sterbe- 
gefang und die Thränen. Klopftod, Meifias 12, 136. In der Ber- 
wirrung Sterbegefeufze. Sonnenberg. Wie Sterbegetön feuf- 
zet’ ihr Schmerz. Der. Daß er das Sterbegewand zu ihres 
Sohnes Begräbniß trug. Klopitod, Meſſias 12, 63. Städte, noch 
dämmernd im Sterbeglan be des Heil’gen. Sonnenberg. Thränen, 
die ihm über Lianens Sterbeglauben entfloffen. 3. Paul, Zitan. 
Sterbegloden hallen. Hölty, Elegie auf ein Zandmädchen. Ein 
Bauer... fam ungewarnt ins Sterbehaus. Pferfel, der Leichnam. 
Gewinfel und blutender Heere Sterbejammer. Sonnenberg. Ruhm, 
auch jo ein Staatskleid, das oft zum Sterbefittel wird. Benzel⸗ 
Stemau, Mordgeſchrei und Sterbeflagen. Götbe, Fauſt 2, 141. 
Angethan mit einem Sterbekleide jchlummert Röschen. Hölty, 
Elegie auf ein Landmädchen. Die Sterbefrone fchon flinmert rund 
‚um did ber. Sonnenberg. Wer jo die Sterbefunft im Leben 
lernt abwarten. Mühlpfort. Ums Sterbelager der Menjchheit. 
Sonnenberg. Freundlichtrauernd, wie ein Sterbelied. Kofegarien, 
die Unfchuld, Das Zufammentreffen ihrer Sterbenadht mit der 
Tartarusnacht. 3. Paul, Zitan 59. Umtönt von Angftgeichrei und 
Sterberödeln Collin. In bleiher Sterbeifhöne lähl’ id. 
Sonnenberg. Der lebte Sterbeichrei einiger Banfnotenverfälicher 
war aus Tiburas Trauerfeld zu ihr gedrungen. Benzel- Sternau. 
Sterbejeufzer der Natur fchauern durch die welken Haine. Lenau, 
Herbſtklage. Alban wurde weich über die eiferne Jungfrau der Ster⸗ 
beftunde. 3. Paul, Zitan 5%. Die Saiten lispeln noch den legten 
Sterbeton, Herder. Der Zepter gleiche Saturnd Senje, welce 
eben jowol das Sinnbild der Erntezeit als der Sterbezeit iſt. J. 
Paul. — Drum war ihr Sterbenstag ein Eingang zu den Freu⸗ 
den. Gryphius. Die heißen Adern zudten Sterbensangft. Ben- 
zel-» Sternau. Kein Sterbenswort. Göthe, was wir bringen 9. 
— Ihre (der ſchlechten Schriftiteller) gleidy bei der Geburt zum Ma- 
Eulaturtode reifen Sterblinge. Wieland. 

Anm. Etieler bat noh Sterber, Sterbung, Sterbfchaft, fterbhaft. 


417 


Starr 1) ftarrjinnig, ſtarrköpfig, förrig, ſtörriſch, 
halsftarrig ſ. S. 211. — Das Subſt. Stärre ift veraltet. Andere 
Zujammenfegungen find: Starrauge, —äugig, —biind (jo bei 
Campe, ſonſt auch ftaarblind, ftarblind, ahd. staraplint, altfr. staru- 
blind, mhd. starblint ? mittelniederl. staerblänt) —hals, —beit, 
—fnoben, — kopf, —krampf, —ſiun, —ſucht, —todt, —voll. — 
Dieſe grade Hand iſt zu ſtarr, um deine neuen Thaten zu verſiegeln. 
Schiller, Maria Stuart 5, 15. Die Halsitärre Vocab. v. 1618. 
Regte die Härt' nun ab und die troßende Starrheit. Voß. 

Steif (entlehnt aus niederd. stif, agſ. stif, altn. styfr) allgemein durch 
eingetretenen Zufammenhalt der Theile unbiegfam, im Gegenfag des Bieg- 
famen., Gefchmeidigen, Gelenkigen. — Wohlgebaut zeigte er fih ftra@, ohne 
ſteif zu fein. Göthe, Hadert. 

Stier (wol Nebenform von ſtarr) ift finnverwandt mit ſtarr, mit 
dem Nebenbegriff eines verftörten Weſens, einer innetn Abwefenheit 
in der Seele bei feft baftendem Anſchauen. — Alles was die Kunſt 
aus den großen, hervorragenden, ftieren, flarren Medufen - Augen 
der Gräfin Gutes machen fann, das haben Sie, Conti, redlich daraus 
gemacht. Leffing, Emilie Galotti 1, 4. 


Starren (got. staurran? ahd. stardn, mhd. staren, starn, agi. 
starjan, altn. stara — die Augen weit geöffnet und unbeweglid) auf 
etwas heften) 1) flare werden und ſtarr jein (zuweilen auch flarr 
machen, eig. und fig.); 2) ſtarr jehen, anjehen; in Diefem Sinne aud) 
tieren und anftarren (goth. andstaurran). — Ihm ſtockt das 
Blut, ihm ftarrt das Haar. Wieland. Das jchon gezudte Schwert 
Rarrt in des Würgers Hand. Der. Sch jehe, du ſtarrſt mir mit 
weit offenen Augen ind Angeficht und glaubjt noch inumer nicht, daß 
ih in Eruſt rede. Derſ. Bald wird man ja jatt des ſtarrenden 
Kummers. Voß. Alſo ſtarret ibn das wuartende Boll an. Klop— 
ſtock. Was jtierft du jo an? Chamiſſo, .die Rache. Aber den Knien 
eriiarret der Bug. Voß. Die Kälte, mit der die Welt gewiljen Leu— 
ten zu bezeugen pflegt, Daß fie ihr auch gar nichts recht manchen, iſt, 
wenn nicht tödtend, Doc eritarrend. Leſſing. 

Anm. 1. Storre (mbP. Btorre, dazu ahd. storren, mhd sterren ©. 211.) 
Baumflumpf wird nur od) bier und da in der Bolksiprache gehört. — Bon ſtarr 
bat die füddentjche Volksjprache ſtärre zen, ſtärzen ſteif fein; fi ſtärzen 
= fih brüſten, aufblafen; Stärzer — aufgeblafener Stußer. 

Anm. 2. Zur Burzel star — ſtarr, fleif gehört wel auch ſtark (ahd. 
starh, eigentlich starah, mhd. starc, agſ. stearc, altı. sterkr, eig. — jedem 
Viderſtande trogend; vgl. goth. staurknan — audzehrend verdorren, d. 1. ers 
Rarren, wie auch alt. storkna. | 


1) Wackernagel gibt von erben als Grundbedeutung ftarı werden 
an. Darnach tft wol Starr oder Staar ald Stammwort anzımebmen. Nach 
Grimm H, 557 it Staar (Augentraufheit) verwandt mit jtarren, flieren. 

47 





418 


u 


Werben. 
(Wurzel w(v)arb, w(v)irb; w(v)ar-b, w(v)ir-b; hvarb-b, hvir-b.) 


Werbe, warb, geworben, werben (ahd. huirpu, huarp, huur- 
pum&s, huorpaner, huerpan; mhd. wirbe, warp, wurben, gewor- 
ben, wärben; goth. hvairban, agſ. hv&orfan, altj. hwerban, altn. 
hvörfa; val. lat. orbis — Kreis), mit der Grundbedeutung ſich Drehen, 
wenden, bin und ber gehen, eine Kreislinie bejchreiben, zurückkehren, 
bedeutet nhd. 1) ſich bemühen um etwas, es betreiben (gleichſam bin- 
und wiedergeben, um dasfelbe zu erhalten); 2) (veraltet) ein Gewerbe 
treiben, durch eine Beichäftigung fich den nöthigen Unterhalt verfchaf- 
fen; 3) durch Bemühung, Arbeit fich verichaffen: Soldaten werben. — 
Und feilicht und wirbt mit hellem. Hauf' um’s Allerlei im Lädchen. 
Göthe, der Goldicdhmiedsgejell. Arm und Eleiderlos war, als ich fie 
geworben, das Mädchen. Göthe, Venedig. Epigramme 98. Wohl 
darf die Liebe werben um die Liebe. Schiller, Piccolomini 3, 4. 
Monet bey vns, das Land jol euch offen jein, wonet vnd werbet 
vnd gewinnet drinnen. Luther, Bibelüberj. 1, Moj. 34, 10. Sie 
werben Chr’ und rotbes Gold in jeinem Dienft. Kinfel, Otto der 
Schütz Wenn nicht eben auf allen Straßen der Friedländer hätte 
werben laſſen. Schiller, Wallenſteins Lager 6. 

Anm. Zeblerbaft fagt Rüdert im Conj. erwörbe — auf Körbe 
und das gleich fehlerhafte verdörbe), gef. Ged. 1, 205. Beſſer, nad der frii« 
heren Sprache, ift erwürbe. Daf. 1, 419. 

An—, be—, ein—, er—, umwerben bedürfen feiner Erklärung. 
Stieler hat noch aus —, fort—, mit—, neben—, nach—, vor—, 
zurüdmwerben (d. i. mit Schaden werben); Schmeller hat noch 
abwerben = re machen, unter der Hand entziehen, 3. 3. 
einen Knecht. — Ich habe fchon viele hier im Lande angeworben. 
Göthe, Bürgergeneral 6. Du verdient fie (die Liebe), weil du dich 
nicht darum bewirbft. Göthe, Egmont 3. Da Glaub und Treme 
ift geftorben, vnd eigen muß fih eingeworben. Rollenhagen, Froſch— 
meujeler I. 2, 14. Was man mit Müh’ und Fleiß verdient und 
erwirbt. Göthe, Egmont 3. Don eben fo vielen geliebt, von eben 
fo vielen ummorben. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 3. Die 
(Ritter) an! und glänzend Euch ummarben. Schiller, Tell 3, 2. 

Anm. 1. Die Participien ſetzen fih aud mit andern Wörtern zufammen, 
z. B. Daß fie doch nie freimerbend, und nie hinfort fich verfammelnd, einmal 
noch und zulegt allhier num ſchmauſ'ten am Gaſtmahl! Voß, Ddyffee 4, 684 
Entfcheidend für kommende Zeiten lenkt ein Held im Gefecht den neugeworbe— 
nen Krieger. Pyrker, Tunifias 8. Die vielummerbene Fürftin. Voß. 
Anm. 2. Rürerwerben gebraucht Logan erarnen (mhd. erarnen, ven 
ahd. arnön, mhd. arnen — ernten; goth. asans, ahd. mhd. arı = Ernte; vgl. 


fat. aro, gr. apow — ich »flüge): So wirkt du dorten Glanz, und Segen bier 
erarnen. Ginuged. 


986. 
Werber (ahd. hwarbari), Au—, Be—, Ge—, Mit— ; Ber- 


419 


bung (mhd. werbunge), An—, Bewerbung; Werberei; Erwerb, 
Erwerbniß und (das feltene) gewirbig find an ſich Har. — Ich bin 
der Werber und du bift der Freier. Göthe, Zauft 1, 212. Daß 
er Jarno für einen Werber (von Soldaten) hielt. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 7, 9. Zwei trefflihe Bewerber. Schiller, Jungfrau von 
Drleans 3, 4 Daß meine Mitwerber.., in dem gleichem Falle 
waren. Göthe, Leben 1. B. Wo fih Graf Dunois in die Schranken 
teilt, muß jeder andre Mitbewerber weichen. Schiller, Jungfrau 
von Orleans 3, 1. Der Gewerber und der Handelsmann fchafft 
jeine Waaren fchnell, der Bauer langfam. Schloffer. — Der eine (Dfft- 
zier) beſonders, der eine Zeitlang auf Werbung geftanden. Göthe, 
Meifterd Lehrjahre 3, 11. So ſteht's mit deiner Anwerbung um's 
Zräulein. Schiller, Räuber 2, 1. Der Bater, ohne es felbft zu wol⸗ 
len, gab feiner Bewerbung immer ein etwas väterlicdhes Anfehn. 
Goͤthe, Meifters Wanderjahre 1, 5. Er muß dieje Liebesbewer- 
bung väterlich aufnehmen. Shakſpeare, Eymbeline 2,3. Ein Zeichen - 
böfer Vorbedeutung, Graf, für die franzöflihe Brautwerbung. 
Schiller, Maria Stuart 2, 1. — Herr Gardner leitete diefe Falfch- 
werberei. Ag. Zeitung. Der ich mid auf den Erwerb fchlecht, 
als ein Dichter, verftand. Göthe, Venedig. Epigramme 34%, Der 
ie Boden, den die menfcliche Wiffenfchaft gewonnen, war ein 

ihtlihes Erwerbniß für die neuere Dichtkunſt. Herder. Wegen 
ſolcher und ähnlicher glüdlichen Erwerbniffe mag der Ritter diefe 
verborgen Schäße nun wohl feinen vertrauteften Freunden ſehen laf- 
in. Göthe, ital. Reife Neapel 27. Mai. Die fämmtlichen Auctions- 
erwerbniſſe. Göthe, Tag- und Sahreshefte 1802. — In feinem Thun 
bedächtlich, gewirbig, zum Gewinn, war nie ein Weg verächtlich. 
Haller, der Mann nad) der Welt, | 

Freiwerber (der zur Freie, mhd. vrie d. i. ehelichen Verbindung 
wicht, ſ. freien), Beauiwerber (der um eine Braut wirbt, 
goth. brüths, ahd. prüt, mhd. brüt, agſ. brid, altſ. bryd, altn. brüda, 
brüdhr, ſchwed. dan. brüd, bolländ. briud, engl. bride, vielleiche von 
einem Berbum bruban — heiraten, gebären? vgl. ſanſkr. bhrad 
= verhüllen, wie fat. nubere, aud) die jauffr. Wurzel bhr — gebä- 
ven) und Zreiersmann bemühen fi) (werben) für einen Andern 
um ein Weib zu einer ehelichen Verbindung. Der Kuppler (von 
dem aus lat. copulare gebildeten foppeln, fuppeln — verbinden) 
bat in der Sprache den verächtlihen Nebenbegrifi angenommen, Daß 
das Bemühen um eine weibliche Perjon in unlauterer Abficht geichehe, 
bauptiächlich des Verdienſtes (Kuppelpelzes) wegen; auch bringt der 
Kuppler Berjouen verjchiedenen Geichlechts zur Befriedigung Heifg- 
licher Wolluft zufammen. — Sie müffen andern Zreiwerbern Pla 
mahhen. Tieck, der geftiefelte Katex 2, 3. Diejen fandte man dann 
8 Freiersmann zu den Eltern der erkoxenen Braut. Göthe, Her- 

27 * 





420 


mann und Dorothea 6, 257. Das it ein Weib wie auserlejen zum 
Kuppler- und Zigeunerwejen. Göthe, Fauſt 1, 157. 
Gewerbe (ahd. gehwarbi, nıhd. gewärbe, gewerp, gewörf, 
ewärft; ahd. auch einfad) werb, ımhd. werbe) 1) zunäcit das Wer- 
en um etwas, dann das Gefchäft, das was man zu verrichten hatz 
im Bejohdern ein Gejchäft des Umtaufches von Gütern, imiofern es 
ald Erwerbmittel betrieben wird; 2) ein Eleiner an einem größern 
befindlicher Körper, der fich umdrehen oder auf eine andere Art bewe- 
gen läßt. — Mancher Fabriken beflig man fi da und manches Ge- 
werbes. &öthe, Hermann und Dorothea 1, 58. Und warf's Aeneen 
an die Hüft’, allmo das Schenfelbeiu fih im Gewerbe drebt, genannt 
die Pfanne. Bürger, Ilias 5, 305. — Ich höre geru... der Frei- 
gewerbe Alregiamfeit. Haug. Dein, Liebchen, iſt das Kriegs- 
gewerbe nicht. Bürger. 

Sandel (zu Hand gehörig, |. S. 170) iſt das genannte Geichäft, ins 
fofern der Umtauſch, das Kaufen und Verkaufen in Betracht itebt, die Bers 
mittelung der Webergabe einer Sache aus der Hand (dem Beſitz) des Einen 
in die des Andern gegen eine gleichgeltende aus deſſen Hand (Befih) dur 
Kordern und Bieten. Berkehr (j. febren ©. 76) iſt der Umtauſch zwis 
chen verfchiedenen Perſonen felbit. — Bedenken Sie, was Natur und Kunſt, 
was Handel und Gewerbe zuiammen fcharfen müflen, bis ein Gaftmahl 
gegeben werden fann. Göthe, Meifters Lehrjahre 5, 9. Der innere Ber: 
fer der Provinzen, der dadurch fo leicht gemacht wurde, wedte bald einen 
Geiſt des Handels in diefen Völkern auf. Schiller, Abfall der Rieder; 
lande 1. 2. 

Werbegeld, —hauptmann, —kaſſe, —platz u. a.; werbjam, 
erwerbſam; Erwerbſchule, —ſtand u. a.; Erwerbsfleiß, 
—kunde, —mittel, — quelle, —zweig u. a.; Gewerb(e)gold, 
—reich, —ſchoß,“ —ſchule, —ſtadt, —ſtand, —ſteuer, — trei⸗ 
bend u. a; Gewerbsleute, —mann. — Bor meinem Werbe— 
ſold haben Sie ſich auch nicht mehr zu fürchten. Göthe, Meiſters 
Lehrjahre 7, 3. Einem Dritten iſt der Reim eine Werbtrommel, 
Bilder zu verſammeln. Herder. (Er hatte) weit in der Welt ſich 
umgeſehn und gemerkt in der Schweiz und dem werbſamen Eng— 
land. Voß, die Freigelaſſenen 75. Erwerblofer Müßiggang. Reichs— 
anzeiger. Zwei Dännern verdankt ſie die faft beifpielloje Schonung, 
deren fie fih von den erwerbluftigften Stegen zu erfreuen batte. 
Allg. Zeitung. Bei vorzüglicher Frequenz der Akademie hatte fich dieſe 
Erwerbsklaſſe beionderd vermehrt. Göthe, Tag- und Jahreshefte 
1804. Die uneingeſchränkte Gewerbefreiheit in Frankreich. Reiche- 
anzeiger. Dieje Staaten, Deren Einwohner ihren Gewerbfleiß noch 
immer auf andere Nahrungszweige wenden. Ebeling. Dieß edel Ge- 
werbhaus (nennt H. Sachs die Stadt Nürnberg). Es war mir 
auffallend, in Helfingburg jo Deutliche Zeichen der Gewerblojig- 


421 


. — nn — — — — — 


keit zu ſehen. Büſch. Im dieſer gewerbreichen Stadt. Göthe, 
Briefw. mit Schiller 3, 207. Suhl’ijt ein ſehr gewerbſamer Ort. 
Ungenannter bei Campe. Ihre angeborne Neigung zur Gewerb— 
ſamkeit. Ebeling. Handwerker, denen das Holz Gewerbſtoff iſt. 
Ungenannter bei Campe. Die Kauflent, Gewärbsleut und Künft- 
ler. Züricher Bibelüberſ. Baruch 3. > 
Wirbel (ahd. hwerbil, hwirbil, hwerbo, wörvo, mhd. wer- 
bel, wirbel, wirvel, werbe, agj. hwärfa, altn. hvirpl, die bald 
Kreisdehnung, bald Wirbelwind, bald Waflerwirbel bezeichnen), 1) die 
umlaufende Kreisbewegung; 2) die oberite Stelle des Menjchenkopfes 
als Punct Des Kreiswuchles der Haare; 3) die umlaufende Kreisbe— 
wegung, auch die MWirbelitelle des Waſſers; 4) ein Ding oder Werk— 
jeug, auch der Theil eines Werkzeuges, welches (oder welcher) fih um 
jene Achje oder um einen feiten Punct bewegt, z. B. an einen Fen- 
ter (anch Reiber genannt), an Geigen 2c.; 5) ein Durch eine (gleich« 
vum) kreisförmige Bewegung (der Schlägel) bervorgebrachter, ſchnell 
. wiederfehrender eintöniger Laut, welcher Ein fortdauernder (gleichjam 
im Kreis fich bewegender) Laut zu fein fcheint. — Meine Laura! nenne 
nr den Wirbel, der an Körper Körper mächtig reißt. Schiller, 
Phantaſie an Laura. Er ift vom Wirbel bis zur Sohl' in harten 
Stahl geichnallt. Uhlaud, Harald. Wie's brandet, wie ed wogt und 
Birbel zieht, und alle Waſſer aufrührt in der Tiefe. Schiller, Tell 
1, 1. Hört, wie der Abgrund toft, der Wirbel brüllt, jo hat's noch 
nie geraft in diefem Schlunde. Dal. 4, 1. — Und rings wehet der 
Wind mit jaufenden Flammenwirbeln. Voß. Lerhenwirbel, 
Amſelſchlag. Uhland, Lob des Frühling. Trommelwirbel, Pfei- 
tenffang fchmettert durch die Glieder. Schiller, die Schlaht. Um die 
Sünde flechten Sclangenwirbel Scham und Reu’, das Eumeni- 
denpaar. Schiller, Phantafie an Laura. Welten wogten auf Welten 
m, Sonnenwirbel auf Sonnenwirbel. Baggefen. — Wie der 
Wind Den Haufen der trodnen Spreu mit Gewirbel oftmal erregt. 
Voß. Im Gewirbel der Stimmen. a. Der Loden Ge- 
wirbel. Baggeſen. Braujendes Meergewirbel. Sonnenberg. 
Führ in beulendem Sturmgewirbel zurüd in die Wolfen. Derſ. 
Trommelgewirbel fang. Pyrker, Rudolph 9. 
Scheitel !) (abd diu sceitila, mbd. diu scheitel, nhd. der und die, 
ſ. iheiden) die oberfte Kopfſtelle, wo die Haare fich fcheiden, d. i. nad 
verjchiedenen Seiten fich legen; fig. im höheren Styl die oberite Spibe eines 
erhabenen Dinged. Strudel (von dem älternhd. strudeln, strodelen = 
branfend aufmallen wie vor Hige, dies von ahd. strödah, mhd. streden = 
aufbraufen ; vgl. fat. stridere) ftarfe, branfende, in die Tiefe verfchlingende 


1) Das Geſchlecht dieſes Wortes ſchwankt fchon fett lange. Lohenſtein fagt: 
den Scheitel, meiner Scheitel (dat.) Roſen S. 24. 9. Auf unfre 
Scheitel. Cleopatra 1, 63, 


422 


nmlaufende Kreisdrehung des Waflerd, dann die Stelle derfelden — Mein 
Schwert, ruft Hohenblat, fol, Mörder, fie auf deine Scheitel häufen. 
Wieland, Oberon 1, 50. Die Scheitel Tief fpig aus. Bürger, Ilias 2, 
218. Jeder von Euch hat Anſpruch auf diefen Scheitel. Ediller, Räus 
ber 3, 2. Mein greifer Scheitel ward in Ehren grau. Platen, Schatz 
des Rhampfinit 2. Altar des Tieblichften Danks wird ihm des gefürchteten 
Gipfels fchneebehangener Scheitel. GBöthe, Harzreife. Gleich faßt mid 
der Strudel mit rafendem Tobel. Schiller, Taucher. 


Wirbelwind und Windwirbel unterfcheiden fi), je nachdem 
Wirbel Grund- oder Beftimmungswort if. Wirbelmwind — der 
wie ein fortlaufender Kreifel umtreibende Wind; Windwirbel — 
der umtreibende Luftkreifel, den ein Wind macht. — Ihr folgten Berg 
und Wald in Wirbelwinden. Göthe, Sonette 1. Doc jach, wie 
Windeswirbel führt und rührig Laub und Staub empört. Bür- 
ger, die Entführung. 

Windsbraut (mythologifh, Braut des Windes, ahd. windisprüt, 
wintes brüt, mhd. windesbrät, windes brät, fpäter, als man dem unvers 
fländfichen mythiſchen Begriff eine andere Deutung unterzulegen fuchte, win- 
desprout, wintspraut, windbrauss, windsprauch, wintsprauck, wind- 

»sprew, windgsprauder, windspraich, windsprauz, in der 4. Bibelüberf. 
von 1470-73 windfprümf, windfpräf, mbd. wintspröuwel) ift der 
beftig braufende, heulende, dahinreißende Sturmwind. — Eine beulende 

Windshraut fegte von binnen Meer, Himmel und Erde. Schiller, Räuber 

5, 1. Wie raſ't die Windsbraut durch die Luft! Göthe, Fauft 1. 

Anm. Lohenitein (Rofen S. 37) und Hoffmannswaldau (der getrene Schä⸗ 
fer ©. 17) haben Zwirbelwind. Mhd. it zwirben und zerben — herum 
dreben; in Stiddeutfchland zwirbeln. — S. Münfter (Cosmographia 1544 ©, 
342) jagt: An diffem ort bey fant Gewern hat der Rhein vil zwörbel. 

Wirbeln (ahd. hvirbilön, mhd. wirbeln), von Wirbel gebil- 
det, hat in verbalem Sinn fait alle Bedeutungen jenes Subftantive. 
— Der gewirbelte Windſtoß. Voß. Der Kerl macht mid wir- 
bein. Schiller, Räuber 2, 3. Und der Lerche Gejang wirbelt in 
beiterer Luft. Scyiller, Spaziergang. Die Trommeln wirbeln. Uh— 
Ind, Gejang und Krieg 1. Und wie der Wind auf dem Hofe das 
gelbe Laub von den Bäumen wirbelte Voß. Da folgt’ er, als 
tiffen Stürme dahin, als wirbelten ihn Orlane, wie Meerfchaum. 
Klopftod. — Aufwirbelten viel taufend wilde Flammen. Göthe, 
Fauſt 2, 62. Staubwolfen wirbein auf. Alxinger, Doolin 8, 16. 
Sie (die Töne) follen heil den Himmel Auſoniens Durhwirbeln. 
Ramler. Hoch auch wirbelt empor ein Gedüft aufwirbelndes Weih— 
rauchs. Voß. Zauberei erwirbelft du im Zlügelfpiel. Schubart. 
Und Teer des Zodes wirbelt’ herüber. Sonnenberg. Hoc in 
den bligergießenden Lüften faufend herumgewirbelt. Def. Er 
wird euch hinabwirbeln in die Wohnungen der Teufel Ortel. 


423 


x 


Der (Pöbel der Hölle) wir belt nur mit, weil ein Gott ihm voran=. 
geht. Sonnenberg. Angelangt im Gewölb’ umwirbelnden Staubs. 
Pyrker, Rudolph 4. Güfſe von Flammen wirbelten jhwarz und 
röthlidy umher mit graufem Geheule. Sonnenberg. 

Yum. In participiater Zufammmenjegung ſagt Sonnenberg: Sah aus dem 
Schoße des Süds ber feurig gebarntjchtes Höllenheer ſtaubwirbelnd heraufziehn. 
Eters reiht an die Zeit des mujilaufwirbelnden Reigens fich die Stunde 
des Ruh us. Platen, die verhünguißvolle Babel 5. 

Wirbelung; wirbelig, —icht; Wirbelbalfen, — baum, — beere, 
— bein, — blutader, — dorf, —gegend, —geift, —baft, — horn, —faften, 
—flee, — kopf, —fraut, —ſäule, —ſcheibe, —ichlagader, — ſchnecke, 
Hd, —wurm u. a. — Es empfing fie des Umſchwungs Wirbe- 
lung. Baggeſen. Dieß find nur wirblichte umd irre Worte. Shaf- 
meare, Hamlet 1, 1. Mehr als geiuchte Wort’ und luft'ge Weijen 
aus diejer wirbelfüß'gen Zeit. Shakſpeare, was ihr wollt 2, 4. 
Hingeichmiedet zum Gejang jich'n im ew’gen Wirbelgang, einzu— 
ziehn die Wonnefülle, laujhende Naturen ftile. Schiller, Laura am 
Blavier. Die jämmtlichen Schädelknochen feien aus verwandelten Wir- 
belknochen entflanden. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1790. Schon 
ieh’ ih Glutb und Wirbelraud. Göthe, Fauſt 1, 211. Sullteft 
bald in Wirdelreigen und um flinfe Nymphen drehn, bald, zu 
Barren unter Fweigen, füßer Ruhe pflegen ſehn. Bürger, Nachtfeier 
der Benus 2. Eine Viertelftunde vom Strand ergreift den Kahn ein 
Birbelitog. Wieland, Oberon 12, 46. Eu’r Helfer fam ich fern 
aus Lycien von Zauthus Wirbelftrom. Bürger. Die Jugend gleicht 
der See, wo manch Sirenenlied und mander Wirbelfturm ung von 
dem Hafen zieht. Günther. (Mächtig) reipt das Leben euch in feine 
Fluten, eudy die Zeit in ihren Wirbeltanz Schiller, Bis du wir- 
belwehend mit ihm und flammend es endeit. Klopftod, Meifias 5, 29. 

Anm. 1. Babhrfcheinlich gehört hierher au Werft (agſ. hwarfa = Ufer: 
damm; vgl. altn. hvörfa, — Seite, hvarf, agj. hvyrft = das Umhergehen, der 
Umkreis, mhd. gewörf und gewerft, oben S. 420 und mhd. wärf, werft = 
Umtreis, Zufammenfunft, warp, gen, warbes — @eridhtöftätte, warf = Um⸗ 
kreis, Ufer, Ort, wohin die Schiffe fi) wenden, zurückkehren). Schmitt: 
beuner zieht dad Wort zu werfen. 

Anm. 2. Hierher gehört auch das entftellte und kaum veritandene Wurf 
(Borf) beim Nüfles und Obitzäblen, wo jedesmal 10 Stück einen Wurf aus- 
mahen. Abd. beißt das Wort warba d. i. Wiederkehr, wird adverbialifch ge: 
braucht, wie unſer Mat (in eins, zweimal); mhd. warbe, werhe, warf, agſ. 
hvöarf, mittelniederl. waerf, neuniederl. werf, altengl, wharf, z. 3. ahd sibun 
warb, mhd. sichen warf (fiebenmal), mittelniederl. Ene waerf (einmal). 

Anm. 3. Nach der Grundbedeutung von werben gehört hierher auch der 
Burf (Borf), d. E. Stiel, Handhabe einer Senfe, abd. mhd. worb, worp, 
Sensenworp, sögenswarb. Davon worben (ahd. worpön, mhd. worben), 
worbenen, auworbenen, zeworben d. i. das gemähete in Schwaben lies 
Er Gras umwenden, auseinander breiten. — Schmeller rechnet hieher auch die 

arfel, die (der) Werfel — Drebfurbel 3. 3. an einem Spinnrad, bier und 
da anh Wirtel, Bärtel, Wertel genannt, mhd. wirtel, wirten, wirden, 
wol vom lat. vertens =. drehen. 








424 
Werfen. 


(Wurzel warf, wirf; war-f, wir-f.) 


Werfe, warf, geworfen, werfen (ahd. wirfu, warf, wurfu- 
mes, worfaner, wärfan; mhd. wirfe, warf, wurfen, geworfen, 
werfen; goth. vairpan, altj. werpan, agſ. vöorpan, altfriej. wẽrpa, 
altn. verpa; vgl. lat. verber = Peitſche, Schlag; aud gr. diwzes 
— werfen?), mit der Grundbedeutung in ſchnelle Bewegung feßen, 
wird hd. gebraucht 1) allgemein mit oder wie mit Scdwellfraft einen 
(Gegenstand von fich fortbewegen Durch die Luft; 2) im Befondern mit 
Heftigfeit, Gejchwindigfeit etwas thun: einen zu Boden, die Gefeße 
über den Haufen; 3) in einer gewiſſen Richtung bewegen, ohne den 
Begriff der Gejchwindigkeit: feine Mugen auf Jemanden, das Holz 
wirft ſich (nimmt eine andere Richtung an); 4) zur Welt bringen, 
aber nur von gewifien Thieren gefagt. — Statt 's Feuer zu werfen 
über: Bord, und 's Bulver zu behalten: fo ſchmiſſen fie Das Pulver 
fort und ließen 's Feuer walten. Lichtenberg, von der ſchwimmenden 
Batterie 36. , Wo zwifchen mein Herz und dich eine fremde Geftalt 
fi) warf. Schiller, Kabale und Liebe 2, 5. (Sie) ſpreitzen ſich, 
werfen fih in die Bruft. Schiller, Wallenjteins Lager 1. (Daß) 
die Hofen feine Falten werfen. Göthe, Fauſt 1, 111. Grünes Hol 
wirft fi bei dem Feuer. Kichtenberg, über Phyſtognomik. Doch muß 
ich bitten, ein’ge Blicke noch auf diefe ganz gemeine Welt zu werfen. 
Schiller, Biccolomini 3, 3. Vollkommen jo warf Wolf jogar den 
Kopf. Leifing, Nathan der Weife 2,7. Ja, Ya, bier gilt das Sprüdy- 
wort halb und halb: wer recht im Glüf, dem wirft der Ochs ein 
Kalb. Platen, Schag des Rhampfinit 5. 

Schmeißen (ſ. dasjelbe) ift mehr landübliches, hochdeutſch unedles, 
aber zu fräftigem Ausdrud angewandies Wort mit dem Nebenbegriff der 
Heftigkeit. — Zeugen (f. ziehen) und erzeugen allgemein die wirkende 
Urſache von etwas fein, daß es zum Dafein fommt; dann im Befondern 
durch fleifchliche Verbindung mit einem gleichen Weſen andern Geſchlechts ein 
Weſen feines Gleichen zum Dajein fommen machen; insbefondere vom Bater 
gebraucht, wie gebären (S. 45) von der Mutter. Zungen = ein Junges 
oder Zunge aus feinem Innern zur Welt bringen, wie werfen nur von dem 
weiblichen Thiere geſagt, {ft in diefer Bedeutung erſt nhd.; das ahd. jung- 
jan ift verjüngen, mhd. jungen jung werden, von jung, goth. jaggs, ah. 
mbd. junc, agf. geong, altn. üngr, litthau. jaunas, fat. juvenis, fanfft. 
juwan. — Denn Epimetheus nannten mich die Zeugenden. Götbe, Pan⸗ 
dora. Die Bettlerin zengte mir Bettlergefchledht. Göthe, Ballade. Es 
ward ein Dugend Kinderchen auch von und erzeugt. Platen, die verbäng- 
nigvolle Gabel 1. In der Schwäche einer überfühten Ruhe erzeugen fid 
‘ Begierden. Göthe, Götz von Berlihingen 1. Wie der Hund der bald 
jungen wolt . . . bracdt fein Jungen blind zur Welt. Rollenhagen, 


425 

Froſchmenſeler III, 1, 9. In meine (Perrücke) hatt! die Kage heute Morgen 

gejungt. 9. v. Kleift, der zerbrochene Krug 1. 

Aum. In Schriften des 15—16. Jahrh. findet man die Präterita warff, 
wurff; warffen, wurffen, worffen - 

Abwerfen 1) durch Werfen herabbringen:: die Laſt; 2) (jelten) ſich 
entzweien ; 3) Nutzen bringen, ohne den bejondern Begriff, daß Derjelbe 
an Semanden gehöre. — Was für Ehre könnte ed mir bringen, einen 
Knaben abzuwerfen (jagt das Pferd). Leifing, das Roß und der 
Stier. Der Fürſt wollte ‘feiner Schwiegertochter gefällig fein, ohne 
ich mit feinen Miniftern abzuwerfen Ungenannter bei Campe. 
Da die Wieſen gegen 300 Thaler abwerfen. Lichtenberg, Bener- 
fungen über Sprache. | 

Eintragen (ſ. tragen) geht auf die den Bortheil gewährende Sache 
und bezeichnet, dag derfelben die Eigenfchaft des Vortheilbringend inne wohne. 
Einbringen (j. bringen S. 28) geht auf die Thätigkeit und deren Wirs 
fung, durch Bringen gewinnen. Beide Verba drücden zugleich aus, daß der 
fich ergebende Nupen an Jemanden gehöre. — Was nicht ſtracks dem Ges 
brauch einträgt, das,verackten wir jorglos. Voß, Luiſe 2, 212, 

Einwerfen 1) bineinwerfen: Kugeln in Die Zeitung ; 2) ein- 
waͤrts⸗, nieder=, entzweiwerfen, durch Werfen zerbrechen: ein Yeniter; 
3) beibringen, erweden: Einem Zweifel; 4) Gründe gegen einen Aus- 
ſptuch 2c. vorbringen (j. ©. 373), — Wer warf das Feuer ein? 
Schiller, Fiesko 5, 9. Wirf mir mehr fein Wort nicht ein. Lohen— 
Kein, Sophoniäbe 4, 504. 

Unterwerfen (ahd. untarwerfan, mhd. underwerfen) eigentlich 
duch einen Schwung (Wurf) fort unter ein Anderes fahren machen, 
bedeutet nhd. 1) (abitract) von einer Gewalt abhängig machen; 2) 
fih unterwerfen d. i. fi von einer Nöthigung abhängig machen; 3) im 
Beiondern fid) von einer Nöthigung abhängig machen, die man über 
fih anerfenut und deren Macht auf einem ruht. — Der Arm, Herr 
Freiherr, der die harte Erde fih unterwirft und ihren Schoß befeuchtet, 
kann auch des Mannes Bruft beihügen. Schiller, Tell 4, 2. Nicht 
jeder Nothdurft ſterblich —— en? Schiller, Piccolomini 2, 7. 

Sich unterziehen (ahd. untarziohan, mhd. underziehen, ſ. ziehen) 
ſpäter mhd. ſich eines Diuges bemächtigen, es in feinen Beſitz nehmen; uhd. 
überhaupt ſich von etwas abhängig machen, was gethan oder ausgeführt wers 
den joll, man mag fi) dabei leidend oder thätig verhalten. 

Berwerfen (ahd. flv)ali)rwerfan, mhd. verwörfen) 1) eigent- 
lich wegwerfen; 2) etwas als (wirflih oder vorgeblich) ungehörig nicht 
wollen, gleichſam von ſich werfen; 3) durch Werfen der Menge nad 
erthöpfen; 4) an einen unrechten, unbekannten Ort werfen; 5) durd) 
Berfen aus der rechten Lage bringen: ſich den Arm; 6) durd) etwas, 
was man Darauf oder davor wirft, verbergen; 7) ſich verwerfen d. i. 
im Werfen verfehlen, falich werfen. — Ich will mich nicht der Rechen⸗ 











426 


haft entziehn; die Richter find es nur, Die ih verwerfe. Schiller, 
Maria Stuart 1, 7. Gnade jedem Simder der Erde und des Ab- 
grunds! du allein bift verworfen! Schiller, Räuber 5, 1. Zum 
Mittel verworfner Zmede (wollte er) euch verächtlidh brauchen. 
Schiller, Wallenſteins Tod 2, 6. 

Berftoßen (ahd. firstözan, mhd. verstözen, f. flogen) eigentlich 
wegftoßen; dann einen Gegenitand (feindlich) von fih oder Andern abſchei⸗ 
dend entfernen, daß er nicht mehr dazu fommen fol. — Was ift dir! So 
verfchlofien feierlih empfingſt du mich, entziehft dich meinen Armen, ale 
wollteft du mich Sieber ganz verftoßen? Schiller, Braut von Meffina. 
Borwerfen (ahd. forawerfan vorwärts hinwerfen, vorwärts hin- 

ſtrecken) 1) vor etwas werfen; 2) (fig.) Jemanden etwas Ungehöriges 
oder Uebeles, was er. begangen hat oder wozu er in einer gewiflen 
Beziehung fteht oder gedadyt wird, mit Heftigfeit vergegemwärtigen, um 
ihm wehe zu thun; 3) vor einem Andern werfen, damit dieirr nach— 
werfe. — Den Prinzen nimm und wirf ihn wilden Thieren vor. 
Platen, rom. Dedipus 2. Und rollt des vorgeworfnen Steines 
Luft hinweg von feines Königs Gruft. Ramler, Auferftehung Jeſu. 
Der ftolzen Frau war dieſes Kind ein Gräuel, das ihr nur der Nei- 
gung Schwäche vorzuwerfen ſchien. Göthe, Eugenie 2, 1. 

Borhalten (f. Halten) eigentlich Jemauden etwas vergegemwärrigen, 
um e8 ihm zur Anſchauung zu bringen; im engern Sinne Jemanden etwas, 
was er begangen bat oder wozu er fn einer gewiſſen Beziehung ſteht oder 
gedacht wird, vergegenwärtigen, um ihm das Webele davon bemerflich zu 
zu machen oder ihn darüber zu vernehmen. Jemanden etwas vorrüden 
(ahd. furirucchan, vorüberziehen, mhd. vorrucken, ftoßartig hinhalten, bei 
9. Sachs fürher rucken, vor Angen ftellen) ift dasfelbe, was vorhalten, 
nur mit dem Rebenbegriff, daß es ihm empfindlich ſei. Faſt noch ftärker it 
aufrüden (abd. üfrucchan, mhd. Ufrucken, eine ftoßartige Fortbewegung 
zur Höhe geben). Aufmußen (niederd. upmutzen, älternhd. auffmutzen, 
aufpugen, aufſchmücken, dann and fig. Geringes auffällig zur übeln Aus 
zeichnung für Jemanden machen, zu ital. mozzäre, ſpan. mochar, abitugen, 
fat. motilare, ftugen, mutilus, muticus, abgefingt ; oder zu dem lat. ma- 
tare, abd. müzön, altn. müton, wechjeln? daber maußen, krankhaften Fe⸗ 
derwechfel haben, woher mhd. müzerhabec, Habicht, der ſich gemaußt hat) 
zunächit einen kleinen Fehler groß vorfellen; dann Jemanden etwas Unge⸗ 
höriges oder Uebeles, was er begangen hat oder wozn er in einer gewiflen 
Beziehung fteht oder gedacht wird, mit mehr Wichtigkeit als es bat, Schuld 
geben; dann überhaupt etwas, was man übel nimmt, mit Hervorhebung zur 
Laſt legen. Weſentlich verfchieden von den vorhergehenden Ausdrüden if 
verweifen (ſo ſchon 1429 für verweißen, |. beweifen) Jemanden 
etwas Geicheheues mit Worten itrafend bemerklich machen. — Man läßt fh 
feine Mängel vorhalten. Göthe, Wahlverwandtſchaften 3, 4 aus Detiliens 
Tagebuche. Da ja doch der Türke bloß Mangel der Reinlichkeit, die ihm 











427 


fein Profet verfchreibt, dem unglänbigen Hunde vorrückt. Voß, krit. Blät⸗ 
ter 1, 35. Man wollte die Verbindung eines hergelaufenen Menſchen mit 
einer fo angefebenen Kamilie... ſich durch die Gegenwart nicht befländin 
anfräden laffen. Göthe, Weifters Lehrjahre 1, 14. Gleichwohl hat ſich 
der Elende unterkanden, unferm lichen Ramler eine Heine Rahiäffigkeit aufs 
zummpen. Leffing, Briefw. mit Gleim 8. Br. Wegen des ſpöttiſchen Tos 
ned babe ich nicht Zeit, diefes Dein nochmals anfzumupen. Leifing, Minna 
von Barnhelm 4, 5. Sch Hab’ es ihm genug verwiefen. Leſſing, Emilie 
Galotti 4, 1. 

An—, auf—, aus —, be—⸗, bei —, dahin —, dar —, durch —, 
empor—, ent—, enfgegn—, er — fort—, der—, berab—, her« 
an —, berauf— , heraus —, berbei— , bernieder— , berüber—, 
heram —, berunter—, hervor —, herzu —, hin —, hinab —, hinan —, 
hinauf — hinaus — hindurch — hinein—, hinüber —, hinweg —, 
hinzu —, mit—, nach —, nieder—, über—, um—, umher —, vor⸗ 
an⸗, voraus— , vorbei —, vorüber —, zer—, zu—, zurüd—, 
zuſammenwerfen. — Wahrſcheinlich bat einmal zufällig eine Schöne 
ihren worbeigebenden Freund... mit verzuderten Körnern angewor⸗ 
fen. Göthe, röm. Carneval. An die (Steinart) fich bei eintretendem 
Thaumetter die Feuchtigkeit häufig anmwirft. Göthe, Tag- und Jah⸗ 
reshefte 1801. Das nadte Gefllde begaun zu freifen und aufzu— 
werfen Schädel und Rippen und Kinndaden. Schiller, Räuber 5, 1. 
Was fie bereihtigen konnte, fi zur Schöpferin meines Glüdes auf- 
jume fen. Schiller, Kabale und Liebe 4, 7. (Die Zeit fliegt hin) 
über ein weit aufgeworfenes Grab. Tiedge, Urania 2. Ein Phir 
Ifoph ... hatte die Frage aufgeworfen. Lichtenberg, wibige und 
ſatyriſche Einfälle. Wo haft du dein Netz ausgeworfen? Schiller, 
Ränder 2, 3. Als er die Beutel felbt auswarf, und ein Jeder 
diefen höchſten Preis zu erhafchen trachtete. Göthe, Leben 5. 2. 
Billig verläßt meine Seele eine Welt, die wich auswirft. Duſch. 
Sie möchten mir nun eine Befoldung auswerfen. Göthe, Benver 
nnto Gellini 2, 4& Weil fie (die Stelle) doch meinem Helden einen 
Rezenſier⸗Groſchen wenigftens für die Abendjuppe auswirft. 3. Paul, 
Siebenfäs 3. Man jollte fie nen bewerfen Infien, wie die Hänier 
in Göttingen. *2ichtenberg, pädag. Bemerkungen. Da in firömendes 
Dlut ih dahinwarf Koränos. Voß. Da warf id den Räthen 
das Papier wieder dar. Göthe, Götz von Berlidhingen 3. (Ex) 
wirft ihn neben fih Darnieder in den Staub. Ziedge, Urania 3. 
Der jo demuthvoll dad Haupt geneigt, er hats emporgeworfen, 
Uhlend, Herzog Ernft 2. Aber im fiillen Gemad entwirft bedeu- 
tende Zirkel finnend der Weije. Schiller, Spaziergang. Darum war⸗ 
fen wir die nadte Bruft der Partijan’ entgegen. Schiller, Wallen- 

3, 15. Daß man damit (mit dem Schnee) eine Nußichale 
voll Wein abkühlen oder einen Kolibri hätt? erwerfen fönnen 3. 








428 | 


Paul, -Siebenfäs 7. Schlaf ift Schale, wirf fie fort! Höthe, Zauft 
Z 5. Er kann den Hermelin über feine Schande herwerfen. Scil- 
ler, Kabale und Liebe 2, 2. Vom obern Stod ward er (der Schmud) 
herabgemworfen. Schiller, Maria Stuart 1,1. In welche (Nacht) 
die ferne Erde nichts heraufwarf, ats zuweilen einen verwehten 
Schmetterling. I. Paul, Titan 22. Gute Natur, wirf ihn (deu 
Tropfen) wieder heraus! Göthe, Egmont 2. Nur ein fchwermutbs- 
volles Mondgezitter wirft ihr (der Seele) durch's Gefängnißgitter 
einen matten, franfen Strahl herein. Tiedge, Urania 1. Zeig’ am 
Leben mir die rothe Stelle, jenem Lichtblick, den die Morgenhelle einer 
andern Melt herüberwarf! Ziedge, Urania 1. Die beftätigt in 
mir einen Gedanken, den ich ſchon lang’ in mir hberummerfe. Götbe, 
Lila 1. (Sie) will fih von dem oberften Geländer berunterwer- 
ren. Schiller, Don Karlos 1, 1. Da ſprach ich, indem ich den Zrei- 
brief hinwarf. Göthe, Sr Cellini 2, 5. (Wo ein Jüngling) 
jeine erſten Auffäge hinwirft. 3. Paul, Titan 25. (men: goldnen 
Becher werf' ih hinab. Schiller, Zander. Raſch wirft er die 
Garn hinaus. Göthe, die Fiicherin. Und mwärfft -du die Krone 
jelber hinein. Schiller, Taucher. Und du warfit in begeifterter 
Wuth den Beer hinüber. Göthe, der neue Pauſias. (Er) warf 
den heil’gen Becher hinunter in die Fluth. Göthe, der König in 
Thule. (Er hatte ihn) die Treppe hbinuntergeworfen oder werfen 
Sl Söthe, Leben 5. B. Wirf alle Scham hinweg! Schiller, 

4,1. Wenn ma fie (die Schwerter) ihn nachwarf. Göthe, 
die neue Melufine. Da werfen fie ihm einen Buben nieder. Götbe, 
Goͤtz von Berlichingen 1. Ich hatt! ihm, vierzehn Tage vorber, zwey 
Schiff auf dem Main niedergeworfen.!) Daſ. Ich will vor ihr 
mich niederwerfen. Schiller, Maria Stuart 3, 4. Den (Schleier) 
uns Alter oder Krankheit überwirft. Göthe, Tafl o 2, 1. Benus 
und Themis hatten fih um feinetwillen überworfen. Götbe, Reben 
7. 3. Selimunt liegt metbodiih umgemworfen. Göthe, ital. Reife 
Meifina 13. Mai 1787. Ein Kind kann mid ummwerfen. Schiller, 
Räuber 2, 3. (Er) hat mit eins ein Seil mir umgeworfen. Leſ— 
fing, Nathan der Weile 2, 7. Das (Meer) wirbelnde Bogen un: 
berwarf. Pyrker, Tuniflas 5. (Ih ward) vier Ellen weit weg- 
geworfen. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 13. Kamft did jo weg- . 
werfen und blamiren. Schiller, Mallenfteins Lager 11. Welcer 
Thor wollte nun ein fchönes Gefäß zerwerfen? Herder, 2. Homilie 
von den Schranken ꝛc. Die Welle, die des Schwinmers Arm zer⸗ 
wirft. Ubland, Herzog Ernſt 5. (Sie) zerwarf ſich im Schlum- 
mer. Bürger, Lenardo und Blandine. Sogar das Gewölk zerwarf 


’) Ein zur geit des Fanſtrecht gewöhnlicher Ausdruck für wegnebmen , ge⸗ 
fangennehnien. 


420 


ib. 3. Paul, Heiperus 4. Der von der Natur, wie von einem 
ühenden Schullehrer, zgerworfene Vers. % Paul. (Man dem Ar- 
men) eine überraichende Gabe zuwerfen mag. Göthe, Wahlverwandt- 
ihaften 1, 6. Die Deffnung ward wieder zugemworfen. Göthe, 
Leben 10. B. Die Gewalt des Sturms ... wirft fie zum großen 
Arenderg zurüd. Schiller, Zel 4, 1. Es üt, ald würf er nur 
noch einen leiſen Schatten aus einer höhern Welt zurüd. Tiedge, 
Urania 4. Db er gleich jonft Schreiben aller andern Deutjchkreife tn 
Ein Parterre zufammenmirft. 3. Paul, Hefperus 18. | 

Aum. 1. Die Barticipien geitatten nod andere Zujanmenfegungen, 3. 2. 
Bid’ bin auf dieſe feuerwerfeunden Kolojjen. Schiller, die unüberwindliche 
Flotte. Die funkenwerfende Ordenkette aus Stahl und Edeliteinen verrieth 
ibn. 3 Paul, Titan 4. Ihr ſtrahlenwerfender Kreis ſchloß jet um Eilva 
Ah an. Klopſtock, Meffias 8, 23. Vernichte mit dem entflaumten, bLißewers 
tenden Schwerte mih! Daſ. 9, 691. So fagt Obaddon zum Gottverwor— 
jenen. Taf. 9, 705. Der wie ein frummgeworfener Rieſe auf der Erde 
fhlief. 3 Paul, Titan 12. | 

Anm. 2. Stieler hat noch beiwerfen, Schmeller bewerfen fih — ſich 
(auf eine Summe) belaufen; verwerfen eine Mauer — fie mit Mörtel bewerfen. 

Werfer, Werfung; werfbar, werflich; (unter-) würfig. — 
Daß die Entwerfer eine eben jo gefährliche Kinfeitigfeit in der 
Kunft befördern könnten. Göthe, der Sammler und die Seinen, Sfiz- 
ziſten. Wenn es mit Unterwerfung, mit Rachgiebigfeit kann abge- 
wendet werden. Schiller, Piceolomini 2, 2. Das Vertrauen, das uns 
dem Friedland unterwürfig macht. Daſ. 1, 2. Hart fei dein Herz, 
wenn du ftirbft, ununterwürfig der Gottheit! Klopſtock, Meſſias 
4, 337. Unterwürfigfeit gebühret den Bafallen auch im Recht. 
Herder, Eid 39. Daß er nämlidy das Zeichen der VBerwerfung 
und Berworfenheit im Nngefichte trage. Göthe, Leben 16. B. 
Sie (die Hunde) zu verſcheuchen, griff man nach dem erſten beften 
Berfbaren. Göthe, Zag- und Jahreshefte 1801. Alles Bereinzelte 
it verwerflich. Goͤthe, Leben 12.38. Zwei fo trefflihe Männer find 
unverwerflihe Zeugen. Göthe, Herman und Dorothea 5, 92. 
Das Gefühl jeiner Verwerflichkeit. Niemeyer. 

re Fiſchart (Gargantua S. 31) fagt noch: Er war mit allen ober» 
weriiid. 

Gewerf, Gewerft — Unterhandlung, Verhandlung, Vertrag ift 
veraltet. Diſes gewerf iſt geichehen. Zaidung und gewerft. Schmel- 
fer 4, 151 aus dem 14. Jahrh. ) 
Werfpfeil, — zeug; Abwerfgabel, —ofen, —pfanne (alle drei 
m Hüttenmwefen). 

Der Warf (mhd. warf) 1) Einichlag, aud) Zettel bei einem Gewebe; 
2) eine fleine Anhöhe. Der Warfel (vgl. 423), eine kleine fleinerne 


1) Diefes Gewerf, Gewerft fünnte auch Gewerbe (S. 430) fein. 
Uederhaupt fcheint zwifchen beiden Verben (werben und werfen) mande Bers 
miſchung eingetreten zu fein. 





40 


Kugel, gehört der ſchwaͤb. Vollsſprache an. — Der fan eintragen falich 
werfel in gefreuen warf. Renner 4427. Kleine Anhöhen, Barfen 
— — ſich aus der Maſch 3—10 Fuß hoch. V. Hoffmann, 
aphie. 
ur (ahd. mhd. wurf) 1) die Handlung, Da man wirft; 2) 
die Richtung, nach welcher eine Sache geworfen wird, nad) welcher ſich 
eine geworfene Sache bewegt; 3) (in einzelnen Fällen) das Werkzeug, 
womit man wirft, 3.2. der Rüſſel der Schweine (in der ZJägeriprache) ; 
4) jo viel ald auf einmal geworfen zu werden pflegt (vgl. übri 
Anm. 2 ©. 438). — Wollte Gott, der Burgermeijter von Nürnberg 
fäm’ uns in den Wurf. Göthe, Götz von Berlidiingen 2 Wem der 
große Wurf gelungen, Eines Freundes Freund zu fein. Schiller, an 
die Freude, 

Einwurf (ji. S. 425) bezeichnet allgemein den Begriff, Daß wir 
Gründe gegen irgend eine Wahrheit porbringen, von der wir und nicht 
überzeugen können. — Für den Einwurf der Ehre (jollen fle dieſen 
Vorbericht nehmen), wenn fie Luſt haben follten, meine Hand zu 
erzwingen. Schüler, Kabale und Liebe 2, 2. Ich finde alio nöthig, 
einige Einwürfe zu beantworten. Rabener, Zueignumgsichrift au 
Sancho Panſa's Eiel. 

weifel (goth. tveifls, ahd. zutval, mhd. zwivel; vgl. lat. dubium 

Aweifel, gr. Surloog doppelt, zweifach) eigentlich die Scheidung in zwei Fälle; 

dann der ſchwankende Gemüthszuſtand bei mehreren Fällen der Beitimmung ; 

Gemüthszuftand der Ungewißheit über eine Wahrheit, dann Grund, der und 

in diefer Hinſicht ungewiß macht. Scrupel (fat. scrapulas, Diminutiv von 

scrupus Heiner Stein ?) Seelenzuftand, der ung bei dem Haudeln anzufar- 
gen oder fortzufahren durch eine innere peinliche Unruhe Anftaud gibt, obne 

dag wir und des ungewiß machenden Grundes recht bewußt find. — Mid 

plagen feine Scrupel noh Zweifel. Göthe, Fauſt 1, 29. 

Entwurf — furzhin gemachte Anordnung, wie ein Vorgeſetztes 
auszuführen fe. — Was Entwürfe zu Monumenten aller Art 
betrifft. Göthe, Wahlverwandtfchaften 2,1. Seht den Entwurf von 
meinem Entſchluß. Klopitod, Meſſias 2, 617. — Der aufgejchwollne 
Verbrecher hatte feinem Volke die heiligen Rechte der Freiheit, fie mit 
Schlangenentwürfen und Klau'n des Löwen entriffen. Stlopftod. 
Alle fahen auf Höllenerfchütterers dDüfterer Stirne drohende Thaten- 
entwürf' aufreifen. Sonnenberg. 

Anſchlag (f. ſchlagen) der gefaßte Borfap mit Abficht der Auss 
führung. Plan, Pi. bei Göthe und Edhiller Plane, bei Andern (minder 
richtig, weil Fremdwort) Pläne (mbd. plän, ans franz. plan ebner Boden, 


1) Serv. ad Virg. Aen. VI, 238: Scrupus proprie est lapillus brevis, 
qui pressus solieitudinem creat; unde etiam sorupulus diotus est. Der weis 
. * ergibt fich daraus, daß uns ſolche ſpitzige Steindeu- im Gehen empfind- 

nd. 


431 


Grundriß, von lat. planus: chen, flach) eigentlich die wagerechte Bodenflaͤche; 
dann das im Umriß vorftellig Gemachte, fowie diefer veranfchaulichende Um⸗ 
riß ſelbſt; davon die geebnete Bahn für die Handlung, um Vorgeſetztes aus- 
zuführen; Darlegung, wie ein Borgefeptes audgeführt werde. — Wer war es 
doch, der mich zum erſten Mal vor meines Sohnes ſchwarzem Anſchlag 
marnte? Schiller, Don Karlos 2, 8. Bie er Plane fchmiedet... der fih 
in feinen Planen betrogen findet. Schiller, Näuber 1, 1. Ich made mir 
‚die Blane des alten und neuen Roms befannt. Göthe, ital. Reife Rom 7. 

Nov. Eie fallen weite Blane, Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 6, 

Borwurf 1) die Handlımg, da man etwas vorwirft; 2) dasjenige, 
was man vorwirft, 3) Berdeutichung des lat. Wortes Object (objec- 
tum), wofür man bis gegen die Mitte des vorigen Jahrh. Gegenwurf 
fügte.) — Eduard fühlte in dieſen Vorſchlaͤgen einen teiten Vor— 
wurf. Göthe, Wahlverwandtſchaften 1, 4. (Prinz:) Ich wünſchte, 
Conti, Ihre Kunſt in andern Vorwürfen zu bewundern. (Conti:) 
Eine bewunderungswürdigere Kunſt gibt es; aber ſicherlich feinen be⸗ 
wunderungswürdigeren Gegenſtand, als dieſen. Leffing, Emilie Ga⸗ 
lotti 1,4. Wollte er alſo dieſen Gegenſtand in einem Trauerſpiel 
bebandeln, jo hatte er die Wahl... den Charakter ſelbſt, von dem er 
bingerifjen war, zu feinem eigentlihen Vorwurf zu machen. Schiller, 
über Göthe's Egmont. Vergnügen und Berdruß dasf man ihm (dem 
Freunde) frei befennen, ihm frei den Gegenwurf geheimiter Wünſche 
nennen. Hagedom. — Bielleicht griffen die Selbjtvorwürfe über 
Erziehungsverſehen mit fo geraltiger Hand in ihr innerſtes Saiten- 
viel. Benzel-Sternau. 

Verweis ergibt fih aus verweifen S. 426. Gegeuftand (wol in 
der fruchtbringenden Geſellſchaft im 17. Jahrh. gebildet) iſt in neueſter Zeit 
fo ziemlich der allgemeine Ausdrud für Object. — Ein fchweigender Ver⸗ 
weis war mir dein Anblid. Göthe, Sphigenie 4, 3. 

Ab— , Au— , Auf, Ans— (ſ. S. 356), Be—, Ueber —, 
Beg —, Zuwurf u. a. Zuſammenſetzungen find klar; ebenfo die 
jeltner vorfommenden Ab—, Aus—, Verwürfling. — Die 
Aerzte riethen auf einen Abwurf (am unrehtem Ort gejammelte 
Eile), dem fie aber nicht beilommen konnten. Campe. Weil er 
mit allen Zuhörern unter dem Anmurf des göttlichen Samens 
gen die Augen zumachte. 3. Paul, Siebenkäs 2. Auch Tag noch 
zum Weberflug ein Anwurf davor (vor dem Thor) von der Größe 
eines Scheffels. Mufäus, Chronika der drei Scmeftern 3. Dein 
ihredfendes Rom tft ein höherer Aufwurf voll Ameiſen. Klop— 
ftod, Meifias 7, 424. (Das Feuer) durch fuccefiven Auswurf und 


23 Das Wort if übrigens nicht von Leſſing gebildet, wie behanptet wird, 
da es ſich ſchon bei Rabener in dem 1744 gedrudten „Traum von den Beſchäf⸗ 
tigungen der abgeichiedenen Seelen” findet: Hundert Vorwürfe zeigten fi ihr. 


Fi 


432 


gleichfalls nah und nach Überfirömende Laven die höchften Berge bil- 
dete. Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 10. Der durch bloßes Be- 
rühren und Durch Weberjendung feiner Auswürfe Krankheiten beilte. 
Lichtenberg, Vorſchläge. Der blendhelle Feuerauswurf des Aema. 
Ungenannter bei Campe. Ein glattes Aeußere übertündt, als em 
ſchwacher Bewurf, mandes Gemäner. Göthe, Leben 7. B. Er trug 
über die Stola aus der feinſten Leinwand einen Ueberwurf, der 
ihm Schultern und Arme bedeckte. Böttiger. Wärft du der Menſch- 
beit Wegwurf nicht geboren. Shakſpeare, Timon 4, 3. — Sie 
jendten den Bleywurff ein. Luther, Bibelüberf. Apoitelgeich. 37, 38. 
Warf es im Bogenwurf in der Höhl' umber. PByrfer, Zunifias 7. 
Du prablteft vordem, den ftreitbaren Helden Menelaos mit Kraft 
und Händen und Lanzenwurf zu befiegen. Voß, Slias. Gleich nach 
der Schlacht will ich ohne Loswurf fterben. Klopftod, Hermanns- 
ihladht 6. Er bejuchte die durchbrochenen Schattenwürfe jeder 
Baumreibe. 3. Paul, Helperus 9. Welcher auf Bogenichuß fern 
barrete, oder auf Speerwurf. Voß, Ilias 15, 709. — Diejer (der 
Graben) uber wurde fo jchnell als möglich Behälter alles Unraths, 
aller Abwürflinge. Göthe, Campagne in Frankreich 23. Augufl. 
Diefe unheilbaren Auswürflinge.. Schlez. Außwirffling jchreibt 
Fifchart, Gargantua ©. 119. Die edlen Mohren jein Verwürf— 
‘“ Linge der Erden. Lohenftein, Sophonisbe 5, 210. 

. Maulwurf if in dem eriten Theile jeiner Zufammenfepung jebr 
ee ———— ahd. Aa er ln 
altn. mold = Erdſtaub, ſ. mahlen. Davon ahd. multwurf, mhd. moltwert, 
moltwurfe, fpäter mülworef, mümerf, maulwerff, moldwurff = Erdaufweifer, 
bei Zifhart Maulwerff und Maulworff, in der Tollsivrache auh Mol: 
deroff, Molpert, Molterhaufe, Mauraff. — Ich glaube, dag man ger 
den Maufwurf fcharren börte. Wieland, Dberon 2, 18. Laß feh’n, wie viel 
man foiher Maulwurfshaufen muß Über 'nander ſetzen. Schiller, Tell 1, 3. 

Burfangel, — anker, —bewegung, —erde, —feffel, —garn, 
—hafen, —leiter, —netz, — riemen, — ſchaufel, —ſchlauge, — ſpeer, 
—ftreifig (bei den Webern), —wehr, —weite u. a. — Laut und 
unzählbar flogen die Felſen nach ihr (der Burg), von des Antwerfs !) 
mächtigem Wurfbaum bingejchnellt. Pyrker, Rudotph 10. Nicht 
ihönerer Bilduug haben ein Wurfgeräth je unfere Augen gejeben. 
Voß. Das Fußvolk verjpreitete viel Wurfgeſchoſſe. Ernefti. Wie 
ihnell konnte das Wurfgejhüg ſeines unbefangenen energijden 
Geiftes ihr ganzes Kunjtgebaude in Ajche verwandeln. Benzel-Sternau. 
Die Trabanten der Themis Dräuten dem gejeßgebenden Innern mit 
den Wurfpfeilen des Codes. Benzel- Sternau. Sein Heer um 


1) Antwerf (mbd. antwerc) war'ein Wurfgeihüg, ans welchem Steine 
von bedeutender Schwere, ja auch zuweilen Echwefelfeuer nad den Eilern und anf 
bie Häufer der Yeite geworfen wurden. S. Schacht: Aus und über Ottolans von 
Horuneck Reimhronit. Mainz 1821. S. ME. 


433 


Ufer des Meeres ergößte mit Wurficheiben ſich. Stolberg, Ilias 
2, 774 (760). Jeglichem folgte, raſch, mit der Lunt' an der Bruft, 
dr Wurfſchütz. Pyrker, Zunifias 3. Als wenn ich einen Wurf— 
ipieß faflen wollte. Göthe, Briefe aus der Schweiz 1. Abthl. Er 
ſchleuderte den weit binjaujenden Wurfftein. Pyrker, Makkabaͤer 3. 
Mit Wurfzeug aller Art des Königs Burg zu flürmen. Bürde. Ihm 
dienten Zollamt und Acciſe zum Wurfziel feiner Läfterungen. Falk. 

Würfel (abd. wurphil, wurfil, nıhd. würfel) 1) eigentlic ein 
Körper mit ſechs gleichen Flächen und act Eden, welche ſämmtlich 
rechte Winkel bilden; 2) in engerer Bedeutung ein Fleiner Körper die= 
fer Art von Knochen zc., deſſen Flächen mit Zahlen oder Buncten 
(Augen) veriehen find; 3) uneigentlich, vom Würfelfpiel hergenommen, 
Kampf der Entjcyeidung. — Davon würfeln, Würfler, Würfe- 
lung; Gewürfel. — Ein Hauptmann, den ein andrer erftach, ließ 
mir ein Paar glückliche Würfel nad. Schiller, Wallenſteins Lager-1. 
Richt Anftand nahm er, Andrer Ehr’ und Würde und guten Ruf zu 
würfeln und zu fpielen. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 8. Sage 
dem hochloͤblichen Gericht, Das über Leben und Tod würfelt. Schil— 
fr, Räuber 2, 3. Worin (in welcher Bude) zugleich gewürfelt 
warde. Lichtenberg, Nachrichten und Bemerkungen über ſich jelbit. — 
Ales (in der Ratur) ift nicht ausgewürfelt jeinem Effect, -jondern 
berechnet. Koiegarten. Sind dieß die Elenden, die wir verwürfelt? 
Shalipeare, K. Heinrid) V. 4, 5. Dieje Zufammenftellungen find durch 
feine Art von Neflerion oder aud nur Willkür entitanden, fie fü 
vielmehr zuſammengewürfelt. Göthe, ital. Reife Palermo 9, 
April. — Spielluftig, halb und halb erichtoden, rüdt ihm der Würf- 
ler, forfhend, nad. ©. Seidl, die beiden Spieler. Alles blindes 
Gemwürfel des Zufalls. Sonnenberg. 

Bürfelange, — becher, —bein, —bret, —eız, —fall, — form, 
—fuß, —geftalt, — inhalt, —maß, —meile, —motte, —rutbe, —ſalm, 
—ſchiefer, —ſchuh, —jpath, —ttein, —talf, —thon, — pogel, —weiſe, 
—murzel, —zahl, —zoll u. a. — (Er) zieht ein Würfelpaar her- 
vor. &. Seidl, die beiden Spieler. (Daß Ihr) mit. eines Würfel- 
ipielers Leichtſim für des Ruhmes Unding es (das Leben) gewagt. 
Stiller, Don Karlos 3, 4. Er liebte... das verfluhte Würfel- 
ſpiel. Göthe, Fauſt 1, 155. Zum wilden eifernen Würfelipiel 
ſtteckt ſich unabſehlich das Gefilde. Schiller, die Schladt. Er jei als 
ein Greck (falſchet Spieler) vom Würfeltifch des Berhängnifies 
aufgeftanden. Benzel-Sternan. 

Worfen (ahd. worfön, nıhd. worfen) eigentlich ſchleudern, dann 
im Bejondern das Getreide durch Werfen mit einer Schaufel gegen 
den Wind in einem Halbfreife von der Spreu reinigen; davon das 

ebräuchlichere worfeln, (bei Stieler auch die Worfel); Worfer, 
orjler; Worfſchaufel (ahd. wurfscuvala), —tenne; Worfel- 
B 28 





4° 


4 


diele. — Der jeine Schaufel trägt, das Korn vecht worfen kam. 
Opitz. Da das Korn geworfelt wird. Bürger, an Agathe, Wor- 
fein joll man, beuteln, jieben, was der Krankheit Spuren trägt. Uh— 
land, Schwindelhaber. Daß des Worfelers Schaufel du_trägft auf 
rüftiger Schulter. Voß, Odyſſee 11, 128. Don der Worfeldiele 
eilt das Korn zur Mühle. Voß, Dröfcherlied. 


Werden. 


(Wurzel ward, wird; 1) var-d, vir-d?) 


Werde, ward (wurde), geworden, werden (ahd. wirdu, wart, 
wurtumes, wortaner, werdan; mhd. wirde, wart, wurden, ge- 
worden, werden; goth. vairthan, altf. werdhan, agf. vöordhan; 
vgl. fat. vertor ich wende, gr. sodo ich the), mit dem Grundbegriff 
einer Richtung wohin, eine Richtung einfchlagen, fteht nhd. 1) allge: 
mein (im concretem Sinn) in einen gewiſſen Zuftand gerathen, eime 
gewiſſe Beichaffenheit oder Eigenſchaft erhalten, mit oder ohne eigene 
Thätigkeit und Mitwirfung; 2) wirklich werden, entfliehen; 3) im Je⸗ 
mandes Beſitz fommen; 4) Cim abftracten Sinn) Hilfswort des Ber- 
bums im Auturum und im Paſſio. — Der wird nidt fein Pater. 
Böthe, Götz von Berlichingen 1. Und ich ward ein warmer Held. 
Göthe, der neue Amadis. Daß du jo buld ein Genoß der Erben des 
Heils wardſt. Klopſtock, Meſſtas 11, 436. Abend ward's md 
wurde Morgen. Schiller, der Pilgrim. Dein Vater ift zum Schelm 
an mir geworden. Schiller, Walleniteind Tod 3, 18. Schagmeifter 
bin ih bei ibm worden. Leifing, Nathan der Weile 1, 3. Ihr 
werdet nicht verlangen, Daß ich meinen Eid brechen joll. Göthe, Götz 
von Berlidingen 2. Ein Effen wird gegeben auf dem Schloß. Schil- 
(er, Wallenfteinsg Tod 5, 2. — Iſt ibm das Her’ entworden. P. 
Flemming. Alsdann muß unfere Bemübung fein, daß wir entwer- 
dem und zu nichte geben. Bodmer. So wirftu ohne Krucht mir zu 
entwerden Dich befleiffen. Hoffmannswaldau, der getreue Schäfer 2, 6. 

Anm. 1. Die eigentlihe Form fir die 1. und 3. def. Präter. Sing. iR 
ward, und diefes Verbum iſt das einzige der Biegung feiner Claſſe, welches noch 
das a des Sing. neben dem u des PL. bewahrte, während die andern im ‘Bl. und 
Eing. denfelben Boral haben. Im 15. Jahrh. findet man (neben er warde, fie 
warden) wurde (defien u und e fehlerhaft find, beffer wäre noch wurd, wie 
hund), das jedoch lange nicht recht aufkommen wollte; im 16. findetman word, 
wurd, wurde, jo auch nod vielfah im 17. Erit im 18. Jahrh. drang es völlig 
dur, und man glaubte fich correct auszudrüden, wenn man im abftracten Sinne 
(als Hilfszeitwort) wurde, im correcten Sinne ward feßte Doc findet man 
diefen Anterfchied nicht ftreng gewahrt. Die Imgangsfrrade liebt in beiderlel 





1) Grimm fragt (II, 3606), ob vairthan aus (verlornem) vairaem, (mober 
goth. vair, |. S. 408, ahd. werdn, werön, mhd. wörn — währen, gewähren) 
oder visan fliege. Weigand Nr. 452 nimmt war, fanffr. wri oder war = 
bedecken, Schüpen, wahren, als Wurzel an, 


N 


435 


Sinne wurde, die Schreiftiprache bat mard und wurde. — Worden urben 
dem Bartic. ist in der früheren Sprache felten, doch ſchon im 13. Jahrh. vorhanden : 
Sint dise lider worden gemäzzen rähter lenge. Titurel 885, 1. Daz Ga- 
muhret gepriset vil was worden. Parzival 57, 30. Wird find worden 
verfchmächt. 4. Bibelüberſ. (1470-73) Nebem. 4, 4. So bun ich durch dich betros 
gen worden. 9. v. Eyb: Spiegel der Eitten vom J. 1511 Bl. 5b. Er ift ges 
teht Funden worden. Tanfer, Bajeler Ausg. v. 1521. Bl. 285 b. Dip tubel 
ior (Zubeljahr) ift ofigeiebt worden. Geiler von Kaifersberg: Chriſtl. Pilger 
fhaft v. 3. 1512. Da find wir, lieben Brüder, getröftet worden an euch. Lu— 
tber, Bibelüberf. 1. Theil. 8, 7. — Geworden iſt noch fpäter, doch fchon bei 
Sieden ar): Er (Luther) fen wol von etlicher artitel wegen gen Mom citiert 
eworden. .4. 

Anm. 2. Schneller bat noch erwerden und verwerden = durch die 
eit die Brauchbarfeit verlieren: überwerden — übrig bleiben. Letzteres findet 
ch auch öfters in der 4. Bibelüberf. (1470— 73). 
erth (goth. vairths, ahd. wert, werd, nıhd. wert, altj. wörtb, 

agj. weordh, wardh, älternhd. werd) zunächſt ſoviel als zufünftig, 

d. i. werdend; Davon dann vor Augen, in die Augen fallend, bemert- 

bar; und jo wie Eins gegen das Andere wird, in menichliher Vor- 

ftelung mit Anderm verglichen nad) Gehalt ald bemerfbar hervorge- 
hoben, auch in zugeneigter Meinung ausgezeichnet. — Werth fein 

(werdit) sin) Eigenfchaften haben, weldye den Grund zu dem enthal- 

ten, was dafür zufommt. — Würdig (ahd. wirdic, mhd. wirdec, 

agj. wirdig, wordhig, dftemiederd. werdich,, älternhd. wirdig), 
früher von werth nicht unterfchieden, nhd. mit dem Nebenbegriff, daß 
dem Gegenftande nach dem Recht, werth, daB ihm mit Grund etwas 
werde. — Davon (das jeltnere) werthen: aus, ent—, verwerthen 

(goth. vairıhon, ahd. wirdön, wirdian, mbd. wirden); Ent—, Ber- 

werthung; würdigen (jener würden), Würdiger, —igung. — 

Ber nicht für Freiheit flerben kann, der ift der Kette werth. Sir 

ger. Doch jage, was ift des Kaiſers werth an feinem herrlichen 

Feſte? Schiller, Graf von Habsburg. (Daß) die Oppoſition unferer 

Naturen eine Wechſelwirkung defto wünſchenswerther macht. Göthe, 

Briefw. mit Schiller 4, 158. — Ja würdig haft du ſtets mit uns 

verfahren, mein Zeldherr, uns geehrt durch dein Vertrauen. Schiller, 

Wallenfteind Tod, 15. Vielleicht befürchtet ihr, Die Sphäre zu ver- 

fehlen, die eures Geiftes würdig ift. Schiller, Don Karlos 3, 10. 

Das Ganze hat die lobenswürdigfte Haltung. Göthe, Briefw. mit 

Schiller 3, 91. Er if wirflih Tiebensmwürdig Daf. 3, 2333. 

Ya eine bewunderungsmürdige lebereinftimmung. Daf. 4, 159. 

(Dies) ift mir auch bei vielen andern Perſonen merfwürdig. Da. 

4, 158. Ehrwürd’ger Herr... Um Euer Hochwürden Meinung, 

bloß zu vernehmen... Wenn es Euer Hodhehrwäürden fo gefällt. 

Leffing, Nathan der Weile 4, 2. Mehr Würdigkeit, mehr Anfehı. 

Shafipeare, Romeo und Julie 3, 3. (Daß) er und fein Same die 

priefterlice Wirdigkeit ewiglich haben ſolt. Luther, Bibelüberf. 

Sir. 45, 30. — Der Ritter, deſſen Seele ſolcher That fih werthen 


29% 


436 


durfte. Wieland. Nur der Kenner vermag diejes vortrefflihe Stüd 
auszuwerthen. Campe Sie hatte ihr Erbe in den Fluren des 
Bes Mo Baterlandes verwerthet. Benzel-Sternu.‘ Wir erleiden 
Berlüfte durch die Entwerthung (des Getreides). Augsb. Allg. 
Zeitung 1847 Nr. 345. — Die Götter wärdeten midy’s. Herder. 
Ich bin gewürdiget worden, von fern euch zu ſchauen. Klopftod, 
Meifins 9, 774. Sein entwürdigtes Voll, Pyrker, Moſes 3. 
Es gehört vorzugsweiie zur Würdigung dieſes Gedichtes das, was 
man Gemüth beißt. Schiller, Briefm. mit Göthe 3, 373. 

Theuer (abd. tiuri, tiur, mhd. tiure, tiur, tiuwer, tiwer, altf. diuri, 
agi. diör, deör, altn. dyr, mittelniederd. türe, (üwer) hoch und viel geltend; 
viel koſtend; von hoher Geltung ald Gegenſtand bejunderer Zuneigung. — Ber: 
dienen (ahd. fardionön, mhd. verdienen, von dienen, ſ. S. 273) zunächſt 
durch Dienft vergelten; dann durch Thätigkeit zu eines Andern Zweden erlangen, 
was dafür vergulten oder gegeben wird; In weiterem Sinne durch Thätigfein 
zu irgend einem Zweck erlangen, was uns dasjelbe vergilt; durch etwas machen 
oder fo fein, day das zukommt, was die Angemejjenheit dafür erfordert, ober 
überhaupt nach Erforderniß der Augemeſſenheit zukommen. — Theures 
Weib, gebiete deinen Thtänen! Schiller, Heftors Abichied. Was verdient 
der Officier, der eidvergeſſen feine Ordre bricht? Schiller, Pircslomini 2, 7. 
Unwerth (abd. unwerd, mbd. unwärt, agſ. unwäordh) ohne 

Erheblichkeit in menfchlicher Meinung, als allgemeines Gegentheil des 
einfachen werth. Werthlos — des Werthed ermangelnd. Nichts- 
werth verneint gänzlich ein Werthjein oder ein Dafein irgend eines 
Werthes. Unmwürdig (ahd. unwirdie, mhd. unwirdec) ohne Ge- 
mäßheit zu höherem, achtunggebietenden, Anjehen, als allgemeines Ge- 
gentheil von würdig: Würdelos — höheren, adhtunggebietenden 
Anfehens ermangelnd, e8 mag Dies nun äußeres oder inneres (fittliches) 
iin. Nihtswürdig — ganz und gar fein inneres (fittlihes) Ans 
jehen habend, ganz und gar ohne fittlichen Werth. — Richt unwerth 
jcheineft du, o Jüngling, mic der Ahnherrn, deren du dich rühmft, zu 
jein. Göthe, Iphigenie 5, 6. Noch jet würde es mir jchwer fallen, 
manches dergleichen, was mir aus verichiedenen Epochen übrig geblie- 
ben, als werthlos zu vertilgen. Göthe, Leben 6.8 Nichts: 
werthe find es, Die du unterjochlt. Bürger Unwürdig deiner 
wirft du nie mich fehn. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 7. Ich bin 
unwürdig, fie (die Waffen) zu führen! Schiller, Jungfrau von 
Orleans 3, 10. Wenn würdelos fie (Cleopatra, ihrer Königswürde 
beraubt) zum Triumphzug, nicht fie ein niederes Weib! entführt ward.’ 
Voß, Horaz Od. 1,37. Es ift eine nichts würdige Liebe, die fein 
Bedenken trägt, ihren Gegenftand der Verachtung auszufeßen. Xeifing, 
Minna von Barnhelm 4, 6. 
Unnüß (ahd. unnuzi, uonuzzi, mhd. unnütze, |; genießen) ohne Nutzen. 
als allgemeines Gegentheil des einfachen nüge (ahd. nuzi, nuzzi, mhd. nütze, 


437 


alte. nyte, agi. ny6y; zumwellen mit dem Rebenbegriff des Schlechten, des 
Schlimmen: fich nmuig machen — ſich übermütbig laut machen, ſich wider; 
feglich übermätbig laut machen ?). Unnützlich (ahd. annuzlik) was nicht 
genäßt wird, feinen Ruben Dringend. NRublos — des Nupens ermangelnd. 
Nichtsnutzig = ganz ungut als Mittel zur vortheilbaften @rreihung einer 
Abſtcht und auch nichts Beortbeilnewährendes wirkend, im Befondern aus: 
fchweifend in Richtsthuerei. — Ein unnäp Leben ift ein früber Tod. Göthe, 
Iphigenie 1, 2. (Sie wußte) weile unnütz fcheinende Rachbardiftricte klũg⸗ 
lich anzufchließen. Goöthe, Meifters Wanderjahre 1, 7. Auch die Birtuofen 
find fo unnägtih nicht. Wieland. Jedermann erſcheint er nuplo® und 
unwärdig feines‘ Namens. Herder, Eid 13. Die meiften waren nichts: 
nußige, böfe Menfchen. Rovalis, Heinrih von Dfterdingen 1, 4. 
Anm. Im Simpliciffimus 6, 11 ſteht: Ein nichtswertiger Geſell. 
Werth (got. vairths, ahd. daz wärd(t), mhd. daz und der 
wert) von werth, bedeutet eigentlich in Den Kauf, als Tanjchpreis, 
Gegebenes, dann das Wichoch * als ein Gegenstand im Urtheil ange: 
ſchlagen wird oder ſteht; wie bed man emen Gegenstand anfchlägt 
oder hält. Würde (ahd. diu wirdi, mhd. wirde, älternbd. Wirde) 
werthuolle Beichaffenheit, Gemäßheit zu Ehre und Anſehen, adtung- 
gebietendes Auſehen; ein Amt, injofern damit Ehre und Anjeben ver- 
bunden it. — Doch jeh’ ich näher an, was diefer Dichtung den innern 
Werth und ihre Würde gibt. Göthe, Taſſo 1, 3. Mein Guter, 
zwiſchen Würd’ und Werth ift eine große Kluft. Dein Ehrenamt 
nur wird geehrt; Did, felber nennt man Schuft. Voß, Würde und 
Werth. Ihrer Aemter Schen und Würde ift em Mantel der (Ges 
far. Günther. Er jpridyt mit. einer erfreulichen Klarheit und Wahr. 
beit vom Werth und Unwerth jeiner Bemühungen. Göthe, Briefw. 
mit Schiller 4, 94. Die über Mänuerwerth ımd Männerruhm 
ausichliegend ohne Widerſpruch enticheiden. Schiller, Don Karlos 2, 8 
Wenn er ibm bloß einen Zeitwerth zugeitcht. Schiller, Briefw. 
mit Göthe 8, 152, — Aus den Händen der Araber hatten die Euro» 
päer Andacht, Liebe. und Tapferkeit als einen Kranz der Ritter: 
würde empfangen. Herder. 
Gehalt (ji. hatten) das, was Gutes an einem Gegenitand iſt mud wos 
Durch er.im Mriheile hoch ſteht. Preis (ſ. preijen) das, was wofür ala 
gteichgeltend gefept wird. Amt (goth. andbabtei, ahd. antbaht, ampaht, 
ampahti, mbd. ambaht, ambehte, ambet, ampt, älternbd. Ampt) urſprunglich 
Das zur Ausführung Uebertragene; dann cine übertragene öffentliche Verwaltung, 
fo wie die damit verbundene Stelle und Würde Dienit (abd. divnast, 
mhd. dienest) uud Bedieunug deuten immer anf Abhängigfeit von einen 
Höheren ; Dieyit von Seiten der Zeitung, Bedienung bezeichnet das abhängige 
Verbältnig ale eim dienendes. Stelle lahd. stal, Stand, Standort) be 


— — — — —— — — 


rn) Die Volksſprache hat in dieſem Sinne gern unnüpig, z. B. Munügig 
wollt ehr noch, glab eich, um geyer ſeyn? Lennig, die Kinderzucht. 








438 


zeichnet das Verhältnig als ein feiled, wol weil bamit die Berjergung ver- 
fnüpft if. — Ich werf’ es (dad Leben) bin, da fein Gehalt verfchwunden. 
Schiller, Wallenſteins Tod 4, 12. Arbeit ift des Bürgers Zierde, Segen iſt 
der Mühe Preis; ehrt den König feine Würde, ehret und der Hände Fleiß. 
Schiller, Elode. Die Waare der eitlen Weiber bat feinen beftinmten Preis, 
aber in ihten Augen einen unermeßlihen Werth. (Engel, Lor. Starf 22. 
Ich hab’ hier bloß ein Amt und feine Meinung. Schiller, Wallenſteius Tod 
1,5. Der führt's Kommando nicht, wie ein Amt, wie eine Gewalt, die 
vom Kaifer ftammt! Es ift ihm nicht um des Kalfers Dienit. Schiller, 
Wallenfteins Lager 6. Welche Dienjte wird man mir verweigern? LXeifing, 
Minna von Barnhelm 5, 5. Gine bürgerlihe Bedienung, fie ſei au 
welche fie wolle, anzunehmen. Göthe, Meilters Lehrjahre 1, 14. 

Wertharm, — ſchätzen, —ſchätzer; würde voll. — Unpartheiijche 
Werthſchätzeer. Koſegarten. (Er) beuge huldigend das Knie vor 
dem Zepter würdevoller Weiblichkeit. Benzel-Sternau. 

Wort (Pi. Worte, feit dem 16. Jahrh. auh Wörter, erft 
feit der eriten Hälfte des 18. Jahrh. unterfchieden, jedoch nicht immer 
beachtet: Wörter = die einzelnen Begriffslaute an fih, Worte — 
die einzelnen Begriffslaute in einer grammatiſchen Verbindung zu einem 
Sape, goth. vaurd, ©. 4; vgl. ſanſtr. wardhjämi — ich fpredhe, 
Int. verbum — Wort, gr. deow, Feiom — ih fage, deuran — 
ich frage) iſt urſprünglich das Hervorgebrachte, das Ausgefprodhene, 
der lautgewordene Gedanke. Davon worten, wörteln (beide 
ſelten, ahd. wortön, vgl. spiliwortön, wortalön, mhd. worten); 
Antwort (S. 42); antworten (goth. andavauırdjan, ahd. ant- 
wurtjan, antwurtan, antwurdan, mhd. antwürten, altſ. and- 
wordjan), beantworten, verantworten (©. 404), bevor —, 
befürworten; Be—, Verantwortung; Befürwortung; 
unbe—, ver—, unverantwortlid; wörtlid. — Mit Wor— 
ten laͤßt fich trefflih fteeiten, mit Worten ein Syſtem bereiten, 
an Worte läßt ſich trefflid glauben, ‘von einem Wort läßt fidh 
fein Jota rauben. Göthe, Kauft 1, 8. — Das nicht gewostet 
werden kann. Geiler von Kaiſersberg. Wörtelt Rodenberg in den 
Ketten? Wächter. Und es nickten Ja! die drei zu müde dem Wör- 
teln. Baggeien. Weil fie ftreitwörtelten. Simpliciifimus 3, 23. 
— Beil bei den Ehineien die Schrift- der Sprache nicht antwortet. 
Leibnitz. In der Geſtalt fchon liebt die Nymphe den Gott und fühlt 
antwortende Flammen. Voß. Jener ſptach's, und ich ſelbſt ant- 
wortete, foldhes erwiedernd. Voß, Odyſſee 11, 504. Die Frage 
Eduards, ob fie Ditilien mitbringen dürften, auf eine Weiſe, Pdie’er 
beliebig zu feinen Gunften auslegen konnte, zu beantworten. Göthe, 
Wahlverwandtihaften 1,10. Das jr nicht forget, wie jr euch verant⸗ 
worten folt. Luther, Bibelüberf, Luc. 21, 14. Jeden Mord, den 
du mich begehen heißt, will ih verantworten... Wie viel halt du 


450 


— — er — — — — — — 


ſchon gethan, wobei du an Berantwortung gedacht haſt? Schiller, 
Räuber 3, 2. Den (Brief) ich mir zur Beantwortung bald u 
rũck erbitte. Schiller, Briefw. nıit Göthe 4, 136. Auf weine Ber» 
antwortäng. 2eiling, Minna von Barnheim 1, 4. Wir verneb- 
men -alle die befaunten Befürwortungen und Gegengründe ... . 
Nachdem fie die Annahme des Artifeld befürwortet haben. Augsb. 
Ag. Zeit. 1850, Nr. 285. — Deine Einwürfe auf weine Hppothefe 
von dem Durchgange der Iſraeliten durch das rothe Meer find nicht 
unbeantwortlid, Leifing, Briefe an jeinen Bruder 118. Nur in 
io fern follt Ihr verantwortlich jein. Shafipeare, Eymbeliue 1,5. 
Entgegnen (von entgegen, abd. ingagan, mhd. engegen) iſt eine all» 
gemeiuere Bezeihnung des Begriffe auf Worte eines Andern etwas fagen, 
weil Dies nicht im Worte beſtimmt ausdrüdt, daß es mit Wort oder Rebe 
geichehen; hänfig it in entgegnen der Nebenbegriff hervorgehoben, daß 
dasjenige, was gefagt wird, den Worten dee Andern entgegen fei, ».-i. das 
Gegentheil von ihnen ausdrücke. Erwiedern (minder gut erwidern) 
eigentlich wiederhofen, d. i. das Nämliche no cin Mal thun; dann zurück 
tbun, d. i. auf eine an Jemaunden gerichtete Thätigkeit eine gleiche zurück 
(wieder) erhalten: von Handlungen und Borten gefagt. PBerfegen (I. 
feßen) auf die Worte eines Andern nachdrücklich und eindringlich fagen. — 
Das Bewuptfein, man Kiebiter, euntgegmete Charlotte, iſt feine hinläug⸗ 
liche Waffe, ja mauchmal eine gefährliche, für den, der fie führt; und ans 
dieſem aflem tritt wenigſtens ſo viel hervor, daß wir uns ja nicht übereilen 
follen. Gonue wir noch einige Tage; entfcheide nicht! Wie die Sache ſteht, 
erwiederte Eduard, werden wir und auch nach niehreren Tagen immer 
übereilen. Die Gründe für und dagegen haben. wir wechſelsweiſe vorgebracht; 
- & kommt auf den dntfchluß an, und da wär’ eö wirklich das beſte, wir gäben 
. ihn dem Loos anheim. Ich weiß, verfehgte Charlotte, .daß du in zweifel- 
haften Yähen gerne wettert oder würfelſt. Böthe, Wahlverwandtſchaften 1, 1. 
Antworten bat früher die Bedeutung: in die Gewalt, den Be— 
fig eines Andern hingeben, fo noch im 15. Jahrh. Die zuſammengefetz⸗ 
tn Wörter aus⸗ überantworten Drüden dann nur beftimmter 
aus, jenes in aus- Dad Geben von demjenigen, der dad Hervorzu⸗ 
gebende hat, dieſes in über- das Hingeben an denjenigen, der das 
Gegebene in Empfang nimmt. — Sem herr ward erzürnt, er aut: 
wurt in Deu peynigern, vntz Das er vergult alle jchuld. Nürnberger 
Bihefüberf. won 1488. Matth. 18, 34. Luther hat: Vnd fein Hear 
ward zornig, und vberantwortet ju den Peinigern, bis das er be⸗ 
zalet alles was er jm jchüldig war, Das Uebel hatte fich ſo gefteigert, 
daß die Aeltern das arme Kind nicht im Haufe behalten fonnten, ſon⸗ 
dern einer öffentlihen Anftat überantworten mußten. Göthe, 
Bahlverwandtidaften 2, 6. Sie haben nichts von dem vergendet 
was Ihnen anvertraut war, und Sie haben mit treuer reiner Hand 
das verhößute Kleinod Deutjcher Einheit an Diejenigen ausgeant- 


440 


wortet, die mit der unabweisbaren Macht den ausſchließlichen Bernf 
anfprechen darüber zu verfügen. Adreffe Des conftitutionell -menardyi 
ſchen Vereins in München an den Erzherzog Johann. Ä 
Herausgeben (f. geben) allgemein eiwas, was uns zugelummer M 
oder wir haben, an einen Andern geben, der darauf Anfprücde macht oder 
hat, doch mit dem Nebenbegriff, daß es auf ein vorbergeftelltes Berlangen 
gefchehe. Ausliefern (von iiefern, bei Alberus liffern, Tieffern, 
nieberl. leveren, entlehnt aus dem altital. liverare, franz. livrer, dies aus 
dem lat. liberare = loemachen, entledigen) aus feiner Gewalt in die Gewalit 
eines Andern geben, mit der Nebenbedeutung, daß es fürmlich und mit feier 
Beſtimmtheit gefchehe. — Den Mörber gebt heraus, den ihr verborgen. 
Schiller, Tell 1, 1. Und fchweigend umarmt ihn der treue Freund und lies 
fert fih aus dem Tyrannen. Schiller, Bürgfcaft. 


Anm. 1. Eine feltene (nun veraltete) Form ift es, wenn Opitz (Schäferey von 
der Nymphe Hereinia) fagt: Bis er (der Boberfluß) an dem Gube des Landes 
Schleſien feinen Strom und Namen ber Oder einantwortet. 

Anm. 2. Cine neue Bildung gebraucht ein Correfpondent in ver Augsb. 
Allg. Zeit. 1850 Nr, 4: Mir haben die Leute am Werke geſehen, welche bier vie 
großmwortigem Lehrmeifter von Deutfchland fpielen. 


ei — Binde—, Für—, Haupt—, Neben—, Umſtands —, Ber: 
hältniß —, Vor—, Zahl —, Zeitwort u. a. — Sein Abſchieds— 
wort thut euch durch mich der Komödienſchreiber zu wiſſen. Platen, 
die verhängnißvolle Gabel 5. Eher ſchließt das Allmachtswort 
der Gnade mir des Himmels Thüren. Pfeffel, der Inquiſit. Dreimal 
rührt ihr Staub mit drei Bannworten den Jüngling. Voß. (So 
mußt du) mir das vertrauliche Bruderwort der —* erlau⸗ 
ben. Benzel-Sternau. Mit dem Donnerworte ward fie (Die Pforte) 
aufgethan. Schiller, Ritter Toggenburg. Das Ehrenwort eines Po— 
lyhiſtors. Friedel. Und erzählt ihm mit Slammenworten, wie 
wunderbar Gott fei. Klopftod, Meſſias. m Frevelworte 
ſprich nicht ans. Collin. Der kalt ein Friedenéwort verwarf. 
Tiedge, Urania 6. Die ätzenden Giftworte. J. Paul. (Mich trieb) 
ein dunkles Glaubenswort. Schiller, der Pilgrim. Suchen und 
ächten, rächen find ihnen auch Gleichwörter. Herder. Tröſtend, 
wie ein heilend Götterwort. Collin. Sodann erfolgte des Herren 
ferneres Herrſcherwort. Göthe, Fauſt 2, 182. Doc wirft du 
fünftig noch wie heut ihr Honigwörtchen fagen. Bürger. Darum 
hätt’ ich Diejen Klagen buld ein. Jawort zugejellt. Banig. OD Jam— 
mermwort! Göthe, Fauft 2, 197. Ein Kaiſerwort joll man nicht 
dreh'n noch deuteln. Bürger, Weiber v. W. Unſer erftes KRönigs- 
wort ſei Gnade! Schiller, Jungfrau v. O. 4, 10. Mit karger Rede 
faum erwiederft du des Bruders Liebeswort. Schiller, Braut v. 
Mefſina. Die guten und die böſen Geifter find deinem Machtwort 
unterthan. Pfeffel, Almanzır. Ich gab mein Ritterwort Schiller, 
el 3, 3. Alles hing von lauter... Scheinworten ab. Herder. 


441 


Bogelfing zu erkennen und Schickſalworte zu reden. Voß. Aufe 
gerufen vom Schöpferwort deines lieblihen Rofenmunds. Gollin. 
Ich follte aufkehn mit dem Schöpfungswort, Schiller, Wallen⸗ 
keins Tod 3, 13. So. wie wir nut, wenn du am Grabe füllt, nach« 
rufen Segensworte Dir zum Abſchied. Collin. . Mit gift'gen Sta- 
helworten alle Völker zur Wuth aufregend. Schiller, ‚Jungfrau v. 
D. Prolog 3. Kein Sterbenswort. Göthe, was wir bringen 9 
Benn num das entjegliche. ewige Todeswort Dir dumpf die Rippen 
berabfintt. Sonnenberg. 

Wortableitung, — arm, —art, —aufwand, —ausleger, — aus⸗ 
legung, — band, — bild, —blume, — braucher, —bruch, — deuter, 
— deutung, —eitelfeit, —fawilie; —fänger,. —fechter, —feit, —folge, 
—foricher, — forſchung, —fägung, —fülle, —gebeiße, en eit, 

—gezäuk, —glied, —griff, —grübelei, —haber, — haltung, —belfer, 
—fampf, —fenutnif, —Tfegerei, —frieg, —funde, —kundig, — kuͤrze, 
—fürzung, — länge, — leiſtuugg, —liebe, — liſt, — macher, — macht, 
— mächtig, — machung, — mangel, —meiſter, —menge, — menger, 
—merfer, — peiniger, — prahler, —prahlung, —prüfer, — reich, —reich⸗ 
thum, — rene, 2 —ſchaͤndung, — ſchaͤrfe, — ſchaͤrfung, — ſchein, 
— herz, — ſchimpf, — ſchlichter, — ſchluß, — ſchmach, —ſchuapperei, 
—hön, —ſchutz, — ſchützer, — ſchwall, — ſchwellinig, —ſelig, — ſinn, 
—peile, —fpredder, — ſtichler, —ftrafe, —fkrafer, —flreit, — ſtreiter. 

ic, ‚ unterihied, —urtheil, —verwandtichaft, — verwech⸗ 
felung, — verzeichniß, — porrath, —wehr, en — werk, — weis 
jr, — wurzel, —zank, —zänferei, dei —zierlichkeit, — zwang, 
—zweifel, —— zit u. a.; Wörterbuch, — geklingel, — kram, 
—pracht, — ichall, — ſchmuck, — ſtreit, —tadelung, —tand, — 
—zjeichen u. a., wie nachfolgende Beifpiele zeigen. — Wohin find Di 
Bortbaumeifter nicht geratben? Herder. In ihnen finde ich die 
Beweiſe für die richtige und unxichtige Wortbildeform. Wolfe, 
Denn in abgeleiteten Sprachen. waltet bei der Wortbildung blinder 
Zufall. Kolbe. Wortbrüchig es Geſchlecht! Thümmel. Ueberhaupt 
ſind Wortfechtereien immer eine Art von Zweikampf des Geiſtes. 
Campe. Ueberſchwemme Sonnenwenden wit dammlofer Wortflut. 
Benzel- Sternau. So wird fie (die deutſche Sprache) damit ungleich 
mehrerer Wortformen fähig, als andere weichere Sprachen: Herder. 
Unterdeß find doch einige unter ihnen öfter Wortführer, als andere. 
Klopſtock, Gelehrtenrepublil. Sie (die Erklärung) it dem Wortge- 
braude am urſprünglichſten. Herder. Die Sade ift feinem Wort— 
efecht mehr unterworfen. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Nicht die. 
tedere Sprache des Herzens, nur das Rauſchgold tönender Fragen 
md hoben orte flingels hatte Werth. YUngenannter bei Campe. 
Wortgelehrte Scholinften. Herder. Mit Anfand zwar, Doch ohne 
jenen Shmeif von. lächerlichen Wortgepränge Binde In Seel⸗ 











4482 

— dieſer Art verlor das Wortgefpräch ſich ſtets bei umfern 

eiden. Wieland, Oberon 6, 40. D, wie leer kliugt, Philoſophen! 
ener hobes Wortgetön. Kl. Schmidt. Hier entſcheidet em Muſter 
durch fein Beiſpiel mehr, als zehn Wortgrübler. Herder. Nebſt 
dem, der ihr Worthalter war. Gleim. So ein Wortheld. Schil⸗ 
ler, Wallenſteins Tod 1, 7. (Welche) gar nicht wortkarg geweſen 
find. Schiller, Briefw. mit Goͤthe 4, 2774. Was hätte mich bewegen 
follen ... bloße Wortflänge in meine Dichnengen einzuführen? 
Göthe, Leben 12. B. Die Wortflauber hajchten jeden Laut aus 


“ihrem Munde auf. Muſäus. (Man) kocht allerlet Wortkohl immer 


unſchmackhaft wieder. Herder. Ihm jchniken fle Gößenbilder, puhyen 
fie mit Wortfram. Benzel-Sternau. Keine, die mit: Wörterframe 
ihre Liebe pinfelt. Schiller. Das (Lachen) mich beim Anblick dieſes 
albernen Bortfrämers beflel. Thümmel. Wortfünftler, böre 
mid. Collin. Unſere Begriffe zu verwirren durch dieſe unumfchriebe- 
nen Wortlarven. Herder. Nah Wortlaut meines Lönigliden 
Briefe. Eollin. Die Seelen fchienen ohne Worteslaut. Schüler, 
Braut v. M. (Bo fie) fie mit dem zärtlichften Ausdrud der Liebe 
wortlos aber innig zu troͤſten bemüht war. Benzel-Stenau. Did 
ſchied deine Wortloſigkeit von ihr. Wächter. Sonderbar, daß bei 
den Franzvſen die Wortmifcher Pedanten heißen, indeß umgekehrt 
bei uns die Gegner diefer Wortmiſcherei dieſen Ramen führen. 
Role. Wenn ic mid von feinem Wortprunfe bintergehen laſſe. 
Herder. Bie, wenn viele Wortrichter fehon vorgenrbeitet haben? 
Herder. Die abgegriffenftien Work, Wortihatten. Herder. Die 
Borrede ift fo vol Blumen und Bortfhmud. Herder. Em Ber- 
fafter, der unfern Bortfhlemmern jo.beillefe Arbeit macht! Herder. 
Zwiſchen Diefen Wortſchranken. Herder. Die Begebenheit iſt wort: 
fparender dargeftellt als die vorige, Ungenannter bei Campe. Man 
wird alles nicht zur Sache Gehörige mit möglihfter Wortfparjam- 
feit zu erwiedern fuchen. Bampe. Des. Herr Sauptpaftor verwieien 


mir... meine Bortfpiele: und dennoch made ich jchen wieder ein 


jo haͤßliches Ding und äquivschre und worttpiele mit vorläufig und 
Vorlauf. Leſfing, Anti-Gdze 3. Daß der Wortſtrom ... vor den 
allfeitigen Wogen und Winden zerlaufe. %. Paul. Ken Biograph 
ezähl’ den: fühen Worttauſch eng vereintex Kerzen nach. 

Sternan. Eine unvermuthete Folge verſchiedener Wortverbindun:- 
gen. Herder. Es iſt mir eigentfih nur um den Wortveritand zu 
thun. Göthe, Wahlvermandtfchaften 1,4. Die ſchwache, wortvolle, 
dem Urbilde jo unähnliche Exflärung. Herder Der (Sprahhgebrand) 
unter Wortwechfel den Wechſel bloß boshafter Worte verſteht. J. 
Paul. Mit dem er Aber diefe Bade wortwecfelte Wieland. 
Gefühle, ohne welche der Unterricht im Reltgiöfen und Moralifeben 
leeres, verderblicdhes Wortwerk if. Schwarz. — In ſolchen Fallen if 








448 


ein Wörterbuch die willkommenſſte Begleitung. Göthe, Campagne 
in Frankreich 4. Oct. Statt deſſen iſt in fie ein böſer Geiſt, mit 
plumpem Wortergepolter, der Reim, gefahren. Klopſtock, an Voß. 


Herr Hüon, ſtandsgemäß ein Zend um Wörterſtreit. Wieland, 
Oberon 6, 48, ' 


Yum. 1. ‚Hierher gehört wol auch das me Michtung, ein Sein nad etwas 
bin ansdrückende wärts, das aber nur in Zuſammenſetzung mit ab, auf, and, 
ein, Heim, ber, bin, nieder, ober, unter, var, all, aller, ander, 
berg, erd, himmel, rüd, feit, Radt, thal, nord, oR, ſüd, weſt u. a. 
vorfonmmt. GEs iſt ein olter Genitiv, goth. vairthis und vairths, ahb. wartes nnd 
wörtes, auch ortes (heimertes, nidarortes, widarortes), mid. wörtes, agf. 
vöardes, alij. warles, alte, vord(s)is, engl. wards, nemmiederl. wärte, ſchwod. 
vars; vgl. lat. versus — gerichtet nady etwas bin in dextrorsus, sinisirorsus, 
rursus aus dextro—, sinisto—, re— versus. Dazu gehören auh Gegenwart 
(at. gaganwart, gsagenwerti, Saganwurt, mh. gegenwäürte, gegenwürtikeit), 
gegenwärtig (ahb. gaganwartic, gegenwörlio, uihd. gegenwärtic, im 15.— 
16. Jahrh. gegenwuertig, gegenwurtig, gegemnmürtig, gegenwirtig), 
vergegenwärtigen, aus—, wiberwärtig. — Sept. ,„ . hörten fie abs 
wärts durch das Thal den Gefang. Voß, Luiſe 1, 222. Als Me aufwärts 
ſahen. Wieland, Oberon 6, 33. Den See hinanfwärts. Göthe, Briefw. mit 
Sqhiller 3, 288. Im Auswärtigen behorrt Churfachſen auf feiner Anhänglich- 
keit an Kaifer und Reich. Göthe, Tags und Jahreshefte 1706. Blicke kriechen 
niederwärts. Schiller, die Schlaht. Oberwärts fchnitt fich der helle Kreis 
ſcharf an dem dunkeln Himmel ab, aber unterwärts zuckten Iebhafte Strahlen 
“ nad dem Mittelpuncte zu. Göthe, das Mährhen. Vort num trieb der Eyflop mit 
gellenden Bieifen fein Mafvieh berg wärts. Buß, Odyſſee 9, 236. Sowohl 
räck⸗ abs ſeitwärts ... beſonders aber iſt vorwärts der Aublick herrlich. 
Goͤthe, Briefw. mit Schiller 3, 381. Da war lautes Geheul und Verzweiflung 
allwärts. Vyrker, Moſes 2. Muß ich ihm nicht allerwärts ... in das 
Meſſer fallen? Leſſing, Anti-Goeze 10. Geh vu linkwärts, laß mi recht⸗ 
wärts gehn Schiller, Räuber 4, 6. An dem Trommelſchlag if a men, 
daß ihre Truppen fih Pariswärte ziehn. Shakſpeare, K. Heinri VI. 1. Th. 
3 3. Wie fell ich lichen? Wälderwärts ziehen? Göthe, raftlofe Liebe. 
Schan'n nit Geifteraugen vor euch erdenwärts? Nüdert, gef. Ged. 3, 16. 
(Beide Formen hießen befier walb-, erd wärts. Uebrigens ſchreibt Rückett bald 
wärts, bald werts; vgl. abwerts, aufwerte, rückwerts, fellwerts, feitwärts, 
ſtadtwerts, norbwerte, fübwärts, gef. Geb. 1, 173. 3, 71. 5, 66. 95, 123. .398.) — 
Die Gegenwart von einem braven Knaben ift, vaͤcht' I, immer auch hen maß. 
Gothe, Fauft Borſpiel. Wer gegenwarts ber Fran le Dimerinnen ſchilt. 
Böthe, Fauſt 2, 190. (Die gewaltige Stimme) war die Perkimdigerin der ger 
genmwärtigen Gottheit. Klopftod, Meifiag 4, 37. Belänbig’s Recht ber Ges 
genmwärtigfeit. Haller. (Ich fonnte) mir dad Rheinthal als rönifche Beflgung 
vergegenwärtigen:. @ölhe, Leben 11. B. Sie) gebärben fi gar wider⸗ 
wärtig.. Göthe, Fauſt 2, 33. — In abwertigfeit (Abweſenheit) der andern. 
Sng, Nhetorica Tübingen 1388 Blatt 146b. F 

Anm. 3. In ver 4. Bibeläüberf. (1470-73) ſteht oft Heilwärtig für ges 
jund: Din glaub Hat did beylwertig gemadt. Marcus 3, 34. 

Anm. 3.. Hält man fireng an der Wurzel vir (vair), fanffh, wri, ſo fanu 
man noch viele Worte, z. B. währen, warten, bewirthen is. a. hierher tech» 
nen. Es ifi übrigens in neuerer Zeit mit diefer Sanffritwurzel (wri, wr, vr) 
viel Mißbrauch gerieben und Ungehüriges zu Tage gefürbert worben. 





444 


Bergen. 
(Wurzel barg, birg; bar-g, bir-g; ſanſtr. bhar.) 


Berge, barg, geborgen, bergen (ahd. pirku, parc, purkumes, 
porkane£r, perkan, perakan, bergan; mbd. birge, barc, burgen, 
geborgen, bergen; goth. bairgan, altſ. bergan, agſ. beargen, altı. 
byrgja, biarga; vgl. gr. geoyrenı, gocyrum — ich berge, ſchließe 
ein), mit der Grundbedeutung Zuflucht gewähren, in Sicherheit bringen, 
erhalten, ſteht nhd. 1) aus dem Schiffbruche, aus einer Gefahr retten; 
2) überhaupt in Sicherheit bringen (auch fig.); 3) der Wahrnehmung ent- 
ziehen (eig. und fig.). Die dritte Bedeutung ift in verbergen flärker 
und allgemeiner ausgedrüdt. — Alle ſturmerprobten Schiffe bergen fih 
in fichrer Bucht. Schiller, Hero und Leander. Wenn aus Dem Herm 
ein Bräutigam wird, jo ift fie geborgen. Göthe, Hermann. und 
Dorothea 7, 192. Bor euern Praftifen und böfen Kniffen ift das 
Geld nicht geborgen in der Zrub, das Kalb nicht ſicher im der 
Kuh. Schiller, Wallenfteind Lager 8. Daß ich gerettet fei und wohl 
— Schiller, Zell 4, 1. Was ich dem Himmel vertraut, 

auch’ ich vor Menſchen nicht zu bergen. Schiller, Jungfrau von 
Orleans 1, 10. Ich hab’ e8 nicht verheimlicht und verborgen. 
Schiller, Maria Stuart 3, 4. | 

Die Synonymen von bergen f. S. 7.— Sicher (ah. sihhur. mh. sicher 
aus lat. securus d. i. sine cura = ohne Sorgen) forglos wegen Gefahr; danı 
frei von Befürchtung eines Uebel. — Beborgen fünnen Verbrecher oft fein, 
ſicher nie. (So überfept Eberhard die Worte Senecus Ep. 97: Tuta scelera 
esse possunt, SCCura non possunt.) £ 

Anm. 1. Die Participien feßen fi auch mit andern Wörtern zuſammen, 
In An der galanzverbergenden Dede ber näheren Zukunft. Klopitoch, 

ke 4. Die Tiefverburgne fand dein ältiter Sohn. Schiller, Braut 
von Meſſtna. 

Anm. 2. Die Bolksſprache Hat nody: eine, hinterhin-, hinunter;, 
zubergen; afterbergen = Obfl nadhlefen, nachdem es ſchon gejchüttelt worben. 

Berger, Berberger (ahd. hergäri) ; Bergung, Berbergung; 
DBergniß (mbd. berenüsse); berglid. — Sic verberglich auf 
halten. Ertl, Prar. a. p. 230. 2 

. Serberge (ahd. heriberga, agf. herebörga, altıı. herbärgi, mhd. 
herberge, Bolfsfpr. Herberg, Herberig, bei Opiß Herbrige, 
Daher ſpan. albergue, ital. albergo, franz. auberge) eigentlich 
Heerlager, Kriegslager mit Gezelten; dann Aufnahmeort für Viele zu 
wirthlicher Haufımg und Lageritatt, befonderd zur Aufnahme von Frem⸗ 
den und Gäften; dann Überhaupt Ort oder Haus zu Einkehr (fürze: 
rem oder längerem) Aufenthalt von Fremden, was Lager oder aud 


) Weigand redynet Berg «u goth. bairan — hervorbringen, erheben (ſ. 
©. 45), und erklärt bergen als Denominativ eigentlich zunächft fo viel als zu 
Derge, d. i. an einen fihern Ort bringen. 











445 


e angeht, dieſe mögen num gegen Zahlung oder unentgeltlich gege⸗ 
we Einkehr und 9tufenthait von Fremden mit Lager an nen 
Orte der Aufnahme. Davon herbergen (ahd. herip(b)ergön, heri- 
böragön, mbd. herbörgen) und beherbergen. — Gelommen bin 
ih bis zu der Außerften Herberge Karmels, bis in den hohen Wald! 
Mopſtock, Mefſias 20, 281. Ich nehme Herberg in dem Dorf. 
Stiller, Tell 4, 1. Gott herbergt jelbft in ihm. Opitz, deutſche 
poem. 1625 ©. 158.. Die Liebe herbergt unter Stroh. Lohen- 
Rein, Rofen ©. 42. Der ihm fpeilet und herbergt. Voß, Odyſſee 
8, 210. Als wenn mein Gehirn dergleichen Nichtigleiten beherbergte. 
Stiller, Fiesko 3, 8. | | 

Saftfand (ahd. gasıhüs, kasthuus, yon Gaſt, goth. gasts, k(g)ast, 

agf. gäst, mid. gast, altn. gest, poln. gosc eig. der Fremde; dann ber zur 
Herberge eingefehrte Fremde; vgl. lat. hospes — Fremde, hostis — #elnd ?) 
iR ein Baus zur Aufnahme von Freuden (@äfen) in wirkliche Pflege und 
zur Uebernachtung gegen Zahl. Gaſthof IR ein großes, weoitſchichtiges 
eder vornehmes Gaſthaus, befonters zur Aufnahme von Berfonen von 
Etand. Wirthshans (von Wirth, goth. vairdus, ahd. mr. wirt 
= der Munn, der in einem gewiffen Berhältnifie Haupt und Pileger ill, 
ſ. goth. vair S. 408) if ein Haus zur Aufnahme von Gaͤſten, welchen darin 
gegen Zahlung Beträmf gefchenft und auch Epeife gegeben wird, auch wol 
Radıtliger. — (Bir waren) im Gaſthaus zum weißen Roß eingekehrt. 
Bölhe, Supplement des Mochusfeſtes 5. Sept. WBines Tages leltete fe för 
Epaziergang durch die Schloßpforte des rechten Ylügeld binunfer nach dem 
Gaſt ho fe. Böthe,. Wahlverwandtfaften 1, 7. Neulih erfahren wir im 
Birtbshaufe Schiller, Räuber: 2, 3. 

Berg (goth. bairgs, ahd. perac, pereg, pẽre, berg, mhd. bere, 
— bẽorg, altn. biarg, altf. berag) iſt eine einzelne betraͤchtliche Er— 
hoͤhung der Erdoberflaͤche. Gebirg, oft, aber minder gut Ge— 
bürge, im 16. Jahrh. auch Das Birg (ahd. kla)pirki, gibirge; 
mhd. gebirge, gebörc, birge — Verbergung, Drt dazu) iſt ein 
Inbegriff von Bergen. — Davon bergig, birgig, bergicht (mhd. 
bergeht), gebirgig, gebirgiſch, gebirgen — wie, Gebirge 
thirmen. — Gibts Laͤnder, Vater, wo nicht Berge ſind? Schiller, 
Zeil 3, 3, Ueber die Eis- und Schneeberge. Göthe, Briefe 
a. d. Schweiz 2. Abthl. Ein Chaos ausgebrannter Schladen, in die 
ein Feuerberg zulegt zujammenfällt. Wieland. Sei mir ein Got- 
tesberg. Klopfſtock, Meſſtas 4, 41. Die runde Nabe rollt vom 


2) Die eigentliche Beveutung yon Gaſt und hostis iſt Frembling. Dem 
Deutfyen galt (und gilt bei dem Kern des Volkes noch) der Fremde als Freund, 
den er an feinem Herde ald Gaſt aufnimmt, Dem friegerifchen Römer galt (beſon⸗ 
ders in der früheren Seit) jeder Fremdling (Nichtrömer) als Feind (hostis). 
Schon hat vles engerentet Olawoky In ver Zetfchrift für das Gymnaſtal⸗ 
weien 1850. Juniheft &..497 fe.  - 











446 


Himmelsberg himnter bis zur Hölle Shakſpeare, Hamlet 2, 2. 
Rings von einem Leichenberg umringt. Gries. Vom Magueten- 
berge Die fchauenlihe Mähr. Matthiſſon, Kinderjahre. (Werde) wie 
ein junger Hirſs auf den Scheidebergen. Luther, Bibelüberf. 
Hobel. 2, 17. Der Schloßberg verläuft fi) in einen vorjpringen- 
den Winfel herunter. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 6. (In 
TIhäler) fen Weinberg längere Schatten ſtreckt. Klopitod, Wingolf 
6. Am Gipfel eines Waſſerbergs hing oft mein Kahn hoch im der 
Luft. Kleift, rin. Nur daß im Süden weiße Wolfenberge aufs 
wuchten. 3. Paul. — Geſperrt find alle Bälle des Gebirge. Scil- 
fer, Zell 5, 1. Die ganze Reihe alle Schnee- und Eisgebirge. 
Göthe, Briefe a. d. Schweiz 2. Abthl. Aber der Erde geheimes Ent- 
jeßen bebt’ in den Klüften eines finftem Selfengebirgs. Klopſtock, 
Meifias. Gleich eikte der flüchtige Tclavische Herold gegendas Feuer- 
‚ gebirg. Daf. Sp ftanden body drüben im Himmel die ewigen 
Glanzgebirge aus Eis. 3. Paul. An Ephrond Grenzenge- 
birge. Klopſtock, Meſſias 15,59. Zu fällen jeglich Wild des Haın- 
ebirgs. Bürger, Ilias. Am Hochgebirge fchmolz der Schnee. 
ürger, Lied v. br. M. Bis an das Hochland dieſer Wald gebirge. 
Schiller, Tell 2, 2. So ſucht' ich ihn nicht auf fonnigem Weinge- 
birg. Uhland, die Bildiäule des Bachus. Leber des Weltmeers fchäu- 
mende Wellengebirg’ und laut aufbraufende Schlünde. Baggeſen. 
Seraph Eloa ſah Gott und den Mefjiad von einem Wollengebirge. 
Klopitod, Meſſtas 5, 380. — Draußen auf dem bergigen Wege. 
Göthe, Fauſt 1,64. Doch muß man fi feine Bergwüſte, ſondern 
ein meift bebautes, obgleich gebirgiges Land vorftelen. Göthe, ital. 
Reife Lugano 22. Det. Ein gebirgiiches Terrain. Göthe, Cam— 
pagne in Frankreich, October. — Wie Wogen des kommenden Welt- 
meers gegen den Fuß gebirgter Geſtade. Klopftod, Meffins 2, 404. 
Uralt müßte man geitehen fei das hier Emporgebürgte. Göthe, 
Zuuft 2, 138. Da Heht er nun am Fuß der oufgeßirgten Zuden. 
Wieland. Das Meer, jo fürchterlich faum aufgebirgt. Der. Ihre 
Geftade, die fih, wie Welten zufammengebirgten. Slopftod, 
ifias 1, 270. Unten am mitternädhtlihen Berge waren die Gräber 
in zufammengebirgte zerrüttete Feljen gehauen. Daf. 2, 100. 

Anm. Stieler hat die Verba auf—, aus, be—, durch — einbergen 
d. i. Berge auf Berge thürmen, mif Bergen ausfüllen, umgeben ıc, 

Borgebirg — ſcharfer Vorfprung eines Gebirges oder hohen 
Küftenlandes in das Meer oder einen See. — Er machte juft die 
Reiſe nad) der get Hoffnung VBorgebürg. Platen, die verhäng- 
nißvolle Gabel 1. 

Landzunge (Erdzunge) iſt der ſich tiefer in das Meer erſtreckende 
ſchmale Strich Landes. Landſpitze GErdſpitze) derfelbe kürzere, einen Vor⸗ 
ſprung bildende ſchmale Strich. Das Ort (ahb. mihd. ort, agſ. ord, «lin. 


—8 


447 


oddr, fchwer. van. odde; dieſe Formen deuten auf ein goth. unds — Spitze 
am Wurfſpieß; ſind lat. orior — Ich entfiche, gr. opog, lat, ora = Grenze 
zu vgl 3) Rand, und äußerſtes ſcharfes Ende eines Körpers, ſcharfe Ede; 
daher fcharf zugehende Laudecke als Endipige des Landes. Horn (goth. haurn, 
ahb. mb. altf. agf. altn. horn, gr. xeoac, Hat. cornu) die Landſpitze ale 
lange Hervotragung. — Mit Borgebirg Äft das fremde Ray (ſpan. cabo, 
ital. capo, franz. cap, engl. cape, von lat. caput = Haupt, Kopf) gleich⸗ 
bedeutend. Nehrung (Hutt Niederung) tiefes Küftenland, ift Benennung 
einiger langen ſchmalen niedrigen Landzungen an der Dftfeefüite. 

Bergab, —ader, —ader, — ahorn, —alaun, —ältefte, —ampfer, 
—amfel, —amt, —andem, —arbeiter, —aron, —aufter, —austheiler, 
—baldrian, —balfam, — harte, —baummwolle, —beamte, —bienenfraut, 

—binfe, — blau, —bod, —bohrer, —bote, — braun, —buch, — buche, 
—hutter, — dicke, —diftel, —dohle, — dorf, — droſſel, — durchſchwei⸗ 
fend, — dürrwurz, — eimer, —einfiedler, —eiſen, —elſter, —engel⸗ 
wurz, —ente, —eppich, —erle, —erz, —enle, — fahrer, — fall, —fall, 
—farbe, —fajan, —tein, —feld, —fenchel, —feite, —feſtung, —fett, 
—feuer, — fink, — flaches, —fleden, —fleiſch, —flockenblume, —fluß, 
—förderniß, —forelle, — frei, —freiheit, —fuchs, — gang, —gänie- 
diftel, —gebäude, —gebet, —gebot, —gebrauch, —gegend, —geiſt, 
—gelb, —gemach, —gericht, —geſchworne, —gejeß, —gefpenft, —ges 
fit, — gewächs, —gewerb, —gezähn, —gezeug, —gift, —gilte, ' 
—gipfel, — glas, — gliedfraut, —gott, — gras, — grün, —gruß, —guhr, 

jel, — gut, — hahnenfuß, —häklein, —halde, handlung, —hurt, 
‚, —bafe, —haspel, — baue, —häufung, — hauptmann, —huus, 
—hauslanb ‚ — baut, —benne, —berr, — bimbeere, —hoheitsrecht, | 
—hoͤhle, —hollunder, —holz, — —hund, —hütte, —ifop, — junge, 
—fappe, —karren, —katze, —keller, —keſſel, — kicher, —kieſel, —klee, 
—fleidung, — klette, — net, —noblaud), —fohle, —korb, —kork, 
—foften, —fräbe, frage, —fraut, — kreſſe, —kriſtall, — Ebel, —tuh, 
—ladter, — land, —lauch, —Leder, — lehne, —lerche, — fetten, —lied, 
—litie, —loch, —fofung, —löwe, — luft, —maurer, — maus, —mehl, 
—meiie, —meifter,. —merle, —meffer, — milch, —mine, — mittel, 
—mönd, —mänze, —nägelein, —nelfe, — öl, a — papier, 
— pe, —peterlein, — pfeffer, —pflanze, —pfleger, — pilz, — polizei, 

— predigt, — pumpe, —quendel, —ratte, —raute, — recht, —teihen, 
—richter, — rietgras, — roſe, —röthe, —röthel, —ruhrkraut, —rüfter, 
—ruthe, —fä — jache, —faft, —falz, —fünger, — ſanikel, —ſchaͤn⸗ 
der, —Icharte, —hicht, —ſchilf, —ſchlag, —ſchlange, —Ihlüten, 
—ſchmied, — ſchmiede, —ſchnecke, —ſchnepfe, — ſchöppenſtuhl, — ſchotte, 
—ſchreiber, — ſchuſſig, —Ihule, —Ihüler, —ſchwaden, — ſchwalbe, 
—ſchwefel, —ſegen, — ſeife, —ſeil, —ſeſel, — ſohle, —ſperling, 
—fpiele, — ſpieler, — ſpitze, Aadt, ee —ſtorch, — ſtraße, 
—ſtufe, —ſtutrz, — ſucht, —talg, — taube, —thal, —theer, —theil, 





448 


—torf, —tracht, — trespe, —teog, — trufe, — üblich, — uhu, — ulme, 
—urtheil, —veilchen, —verftändige, —vogt, —wachs, — wardein, 
—megebreit, —weide, — weiderich, —wein, —wetter, —wiefel, — wind, 
—winfel, wolle, —wort, —wurg, —zahn, —zehente, — zeichen, —zeit⸗ 
loſe, —ziege, —zimmermann, —zinn, —zimmober, — zoͤgling, —zunder 
u. a. — Ploͤtzlich aus der Felſenſpalte, tritt der Geiſt, der Berges- 
alte. Schiller, Alpenjäger. (Man bat fle hören) Bergarbeiten 
vorftellen, Grimm, die Wichtlen. Europens letztem Bergaft ange- 
knüpft. Goͤthe, Fauſt 2, 224. Bit Menichen, die bergartig waren. 
Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 4. (Er) fuhr bergan wie berg- 
unter. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 147. In heißer Mittags- 
ftunde bergunter und bergauf. Uhland, der Lieberfall im WBild- 
bad. An dem Bergbaue zu Ilmenau hatten wir und jchon mehrere 
Jahre herumgequält. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1794. Berg- 
bewohnende Nympben. Voß, Alias 6, 420. So daß die Berg- 
bewohnerinnen fid freundlich und gefällig erwiefen. Göthe, Mei⸗ 
ſters Wanderjahre 3, 5. Jauchzenden Rufes flommen, von Salis 
geführt, die tapferen Bergebewohner jego die Zellen hinan. Gem 
weilt der finnige Bergfreund auf den luftigen Höh'n. Pyrfer, Zu- 
niſias 6. Die Flut der bergentiproffenen Quelle. Pyrker, Tu⸗ 
nifias 9. Wilhelm wurde ji einem Bergfeit eingeladen. Göthe, 
Meifters Wanderjahre 2, 10. Wie gezwängt Bergflut m Ge 
Elüft weint. Voß, Luije 3», 524. Im fteilen Berggehänge. Göthe, 
Tiſchbeins Idyllen 2. Durch die öden Zelienfhjlunde der Bergge- 
höl ze. Matthiſſon, mileſiſches Märchen. Worauf fih dann der Berg- 
F noß gleichfalls eingerichtet hatte. Goͤthe, Meiſters Wanderjahre 3, 
3. Das Berggeſchlecht der Silnane.. Voß. Wo Berggeſpru— 
del und traͤnket. Voß. Harmonie, die Berggewild und Sturm 
im Bog und Waldung zwang. Voß. Ein erzgebirgiſcher Berg- 
bahn. Bo. Wo üppig bewachſene Bergeshänge niederfleigen. 
Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 7. . Schen war Athens Berg- 
baupt, das heilige Sunion nahe. Voß. Dieie Berghöhen zu 
erklettern. Göthe, Briefe a. d. Schweiz 1. Abthl. Nun an die 
Bergjagd! Shakſpeare, Eymbeline 3, 3. Die große Bergkette 
... wird der Jura genannt. Goͤthe, Briefe a. d. Schweiz 2. Abthl. 
Wenn Reijende ein jehr großes Ergepen. auf ihren Bergflettereien 
empfinden. Göthe, aus Makariens Archiv. Flieht fie mit ängftlichem 
Fuß in die Bergfluft. Voß. Wem fein Bergknappe drumten. 
Grimm, die Wichtlein. Dann Bergfrümmen durdieäbt. Voß. 
Ein bergfubäugiges Weib. gefen. "Wie Bergeslaften Fällt 
von meinem Herzen. Schiller, Marta Stuart 3,5. Es waren Berg⸗ 
leut.... Nah einer Pauſe trat ein Bergmann mit einer Hade 
hervor. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 4. Dei feinen gebirgiichen 
und bergmännijchen Unterſuchungen. Göthe, Meiſters Wander⸗ 











449 


jahre 3, 14. Und rechts dir wandle ſtolz und hehr Zreiheit, die edle 
Bergnimf her. Voß. Den engen, um Zeljen fi) windenden Berg- 
yfad. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 7. Alvinzi beſetzte die Berg- 
platte. Poſſelt. Sie wollten auf einem waldigen Bergplape Mit- 
tagsruhe haften. Göthe, Meifters Wanderjahre 4, 4. Bon des Berg- 
quells dunfelem Sprudel. Voß, Ilias 21, 257. Der Bergratb 
Scherer macht Speculation darauf. Göthe, Briefw. mit Schiller 5, 165. 
(In Betrachtung) der aus der Ferne lockenden blauen Bergreihen. 
:Göthe, Leben 13. B. Ich werde ungefähr in der Hälfte Octobers 
von meiner Bergreife in Zürich anlangen. Göthe, Briefw. mit Schil- 
fer 3, 279. Durch wilden Bergriß. Göthe, zu meinen Handzeich- 
aungen V. Bid man ganz oben auf den Bergrüden gelangt. Göthe, 
ital. Reife 29. April 1787. (Es wird) im Sommer ein Bergrutſch 
fein Haus begraben. Göthe, aus Makariens Archiv. Eine fchmal 
vorgerüdte Bergicheide nahm uns auf in ihre Fellenfchatten. Meyer. 
(Man folte) und auf der Straße wegnehmen und auf ein Berg- 
ſchloß fperren. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 245. In gebüſch-⸗ 
umbüllender Bergſchlucht. Pyrker, Rudolph 6. Der fchöne Berg- 
ſchmetterling Apollo. Matthiffon, der große Bernhardsberg. In— 
dem und die Eismaffen duch Bergſchrunden verdeckt wurden, 
Böthe, Briefe a. d. Schweiz 2. Abthl. Zum großen Bergfee! 
Goͤthe, FZauft 2, 381. Bergftrom; der aus Tannendunfel fchäumet. 
Matthiſſon. Der an dem Wipfel faßt die Bergestanne (ftatt Bergt.). 
Shakſpeare, Cymbeline 4, 2. Unter mir lag es noch bergetief. 
Schiller, Taucher. Schon trieb er die weidliche Heerd' auf die Berg- 
trift. Voß, Odyſſee 9, 217. Bergtrümmer folgen feinen Güffen. 
Schiller, Macht des Gefangs. Spiele der bergumſchloſſenen 
Heimat. Pyrker, Tuniſias & Haft du das Bergvolf aufgerent? 
Böthe, Fauſt 2, 263. In der Nacht des alternden Bergmwalds, 
Voß. Durch Bergwaldungen rennt im Gewühl der begleitenden 
Beiber fürchterlich Prokne daber Voß. Purpurbraun umftand das 
Gewoge fie rings, wie ein Bergwall. Voß, Odyſſee 11,243. Bor 
dem See bei Colfitorio, einem Keffel in den höchften Bergwänden, 
gebt e8 bald auf der andern Seite abwärts, Seume. Es fei nur 
von einer Bergwanderung die Rede. Göthe, ital. Reiſe 8. Sept. 
sort nun trieb der Kyklop mit gellenden Pfeifen jein Maftvieh berg- 
wärts. Voß, Odyſſee 9, 315. Die fteinernen Rinnen zum Ableiten 
der Bergmaffer. Göthe, Leben 10. Bd. Zu Mittag fanden wir 
ein gutes Eſſen im Zechenhaufe eines Bergwerks. Göthe, Meifters 
Banderjahre 3, 13. Innerhalb eines großen eingerichteten Berg- 
weſens hätte fie fich fruchtbarer fortbilden können. Göthe, Tag- und 
Jahreshefte 1794. Auf trodnen Bergwiefen. Göthe, das Mühr- 
Gen. Den mit Empfindung das Bergwild hörete. Voß. In ent- 
legenfin Bergwildniffen. Göthe, Tag- und Jahreshefte 18083. 
29 








450 


Rings auch waren umher Bergwölf! Voß. Doch muß man ſich 
feine Bergwüſte ... vorftellen. Götbe, ital. Reife Lugano 22. Ort 

Gebirgbewohner, — höhe, —thal, —torf, — wald, —meg; 
Gebirgsamſel, dorf, —entitehung, —gegend, — birih, — far 
ner, —fette, — funde, lehre, —maus, —ſtadt, —volk m. a. 
— Ueber die waldbewachſenen Gebirghöhn. Voß. Dort hinten ſtill 
im Gebirgthal hat ein kühn Geſchlecht ſich angeſiedelt. Göthe, Fauſt 
2, 202. Rothgelbe Schakal im Gebirgwald. Voß. Wilde, oft 
gefährliche Gebirgwege verlängerten die erſten Tage. Meyer. — 
Die verſchiedenen a übten auf fle einen beiondern Ein: 
fluß. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 13. Zief in der Nacht war 
id) nach mühſam erftiegener halber Gebirgshöhe eingetroffen. Dai. 
3,5. (Nachdem) wir einen etwas fteilen Gebirgskamm überftiegen 
hatten. Dal. (Weil wir) einen vorgefchobenen Gebirgsriegel müb- 
fam überflettern würden. Daj. Den Urgebirgsfnoten von Nubien 
durchaus nach Weiten bis an das große Meer zu entwideln und fort- 
zujeßen, ferner diefe Gebirgsreihe einigemal von Norden nad 
Süden zu durchichneiden. Göthe, aus Mafariens Archiv. Die näd- 
ften Gebirgsfuppen. Göthe, Leben 19. B. MUeberhaupt bat das 
Gebirgsleben etwas Menfchlicdyeres ald das Leben auf dem flachen 
Lande. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1,2. Gebirgesmaſſe bleibt 
mir cdel-ftumm. Göthe, Kauft 2, 253. Die Gebirgsluft, die 
darinnen webt, empfinde idy noch. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1780. 
Die (Gefchäfte, er nach und nach in größern und Heinem Gebirgs- 
orten verrichtete. Göthe, Meifters Lehrjahre 2,3. (Daß er fich) der 
Gebirgsſchätze, des Eifens, der Kohlen und des Holzes, mit gu= 
tem Erfolg zu bedienen gewußt. Göthe, Leben 10. B. Das Auge 
voll von jenen abichießenden greulihen Gebirgsſchluchten. Göthe, 
St. Rocusfeft. As Molochs Hammer Gebirgestrümmer in die 
Ferne ſchlug. Göthe, Fauſt 2, 254. Noch die fchroffe Gebirge: 
wand hemme des Stegers Lauf! Borfer, Tuniflas 8. Meine Feb: 
ler ſtürzen fich nicht mehr wie Gebirgswaſſer einer über den an— 
dern. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 1. Wo .fich der fteile Ge- 
birgsweg um eine Ede herum fchnell nach der Tiefe wendet. Dal. 
Fremd in der hebren Gebirgswelt. Pyrker, Zunifiag 9. Durch 
manchen benachbarten Gebirgszug fortwandernd. Göthe, Meiſters 
Wanderjahre 2, 7. 

Burg (goth. batrgs, ahd. puruc, pure, burg, mhd. bure, ag. 
burg, byrig, altſ. burug, altn. borg) eigentlich gejchüßter, umbegter 
Drt (rüber Burg und Stadt) 1) allgemein ficherer Zufluchtsort; 2) 
im Beſondern ein befeftigter, meift auf einer Anhöhe gelegener Wohn 
fig eines Adeligen. — Freiburg if eine fihre Burg der Freien. 
Schiller, Tell 4, 2. — (Worin) mander Albert Julius eine Felſen⸗ 
burg würde gefunden haben, Göthe, aus Makariens Archiv. Er 








451. 


fieht mit ihren goldnen Zinnen gleich einer Götterburg, in furdt- 
bar ftolzer Pracht der Emire Burg. Wieland. Empor zur hohen 
Himmelsburg der Wohnung der Linfterblihen. Bürger, Ilias. 
Nahe der Stadt auf Zeljen erhob fih die thürmende Hochburg. 
Pyrker, Tuniſias 2. Auch aus den Hallen der alten Hofburg. Uh— 
fand, der ſchwarze Ritter. Um bie Felskluft eurer Nachtburg. Göthe, 
Fauſt 2, 416. In der Ritterburg Pyrker, Rudolph 5. Die 
alte Stammburg ſah auf ihn herab. Uhland, Ludwig d. B. 2. 
Schon verblaßt der Abendichinmer an der hohen Waldburg Trüm- 
mer. Matthiſſon, Abendlandichaft. 
Feſte, minder gut Veſte (ahd. fasti, mhd. veste von feſt, S. 411) 
eigentlich Befchaffenheit des Feſtſeins; dann Stärke, Schuß, Aufenthalt; 
fefter, gegen feindliche Angriffe fichernder Ort, er mag Fein oder groß, durch 
die Ratur oder Kunft feit fein. Feſtung bezeichnet nur einen durch Kunft 
befeigten Ort. Schloß (f. ſchließen) eigentlih ein umſchloſſenes Ge— 
bände, umfchloffener Drt; im gewöhnlichen Leben jedes überaus große und 
weitläufige, anfehnliche Gebäude eines hohen Mannes, wie auch jeder fo ges 
nannte Ritterfiß, weil diefe ehedem wirkliche Schlöffer waren. — Die Velten 
alle müflen wir bezwingen. Schiller, Zell 4, 2. Da hatten wir Rejpelt, 
wie eine Garniſon in einer eroberten Feftung. Schiller, Räuber-1, 2. (Zu 
rähen) an den Steinen ihrer SchLöffer felbit. Schiller, Tell 5, 1. 
Burgbann, —bewohner, —caplan, —dienft, —fleden, —frau, 
—fräulein, —freiheit, —garten, —gerechtigfeit, —gericht, —graben, 
—graf, —halde, —hauptmann, —herr, —hut, —keller, —Iehen, 
— mann, —mannfchaft, —meifter, —pfaffe, —richter, —ſaß, —fiß, 
—fall, —wad, — wart, —warte u. a. — Er behandelte diefe That 
als das größte Verbrecher, qualificirte fie zu einem beleidigten Burg- 
ftie den. Göthe, Meifters Lehrjahre 3,9. Der laute Zon von Zither, 
Ft und Home durchſcholl den Burghof. Platen, der grundloje 
Brunnen. Bis zu des Burgpallaftes Marmorhallen. Matthiffen, 
Genferfee. Auf dem hohen, uralten Burgraume liegt das neue 
Girgenti. Göthe, ital. Reife 24. April 1787. Endlid langt ex an 
vor einem hohen Burgthor. Platen, Abaffiden 1. (Wo einft die Haus- 
fan) ins Burgverließ die Kinder verlodte. Pyrker, Rudolph 7, 
Da Burgvogt hatden Einlaß uns verfagt. Uhland, Herzog Ernft 4, 5. 
Bürger (goth. baurgja, ahd. burgäri, nıhd. bürgaere, bürger, 
davon lat. burgarius) zunächft der Bewohner einer Burg; dann 1) 
Einwohner einer Stadt, eines Dorfes, der das Bürgerredht hat; 2) 
Stadtbewohner überhaupt im Gegenfag von Landbewohner; 3) Mit- 
glied des Bürgerflaudes im Gegenja des Adels und der Geijtlichkeit; 
4) Mitglied der Gefellfhaft, die den Staat bilden, Staatsbürger; 5) 
Mitglied einer Corporation: akademiſcher Bürger; 6) Mitglied der 
menſchlichen Geſellſchaft. Bürgerin (mhd. burgserinne, burgærin); 
Stadt —, Staats— , Mit—, Voll —, Pfahl —, Kleinbürger u. a; 
29 * 











452 


bürgerlid; —— — Der Magiſtrat wollte von den Bür⸗ 
ern die Laften abhalten, zu denen fie fle nicht verpflichtet fchienen. 
öthe, Leben 5. B. Ich rede hier als Menſch und Bürger dieſer 
‚Welt. Hoffmannswaldau. In eure tapfre Hand leg’ ich mein Recht. 
Wollt ihr ald eine Bürgerin mich fügen? Schiller, Zell 5, 8. 
Ich bin nicht Diefes Reiches Bürgerin, bim eine freie Königin des 
Auslands. Schiller, Maria Stuart 1, 7.— (Ob er ihm gleidy) das 
angenehme Schaufpiel einer gedemüthigten Mitbürgerin entziehen 
wollte. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 13. Was ift einem finnlichen 
Erdebürger feine Erde anders ald Land und Wafler? Herder. 
Site werden nicht bloß ein Grasbürger, ein Einwohner der Bor- 
ftädte, in der Stadt Gottes fein. Hippel. Die Wafferbürger 
wurden über die neue Entdeckungsreiſe fcheuer als jemals. Benzel- 
Sternau. Wählt nah und nad der Beflg der Staatsbürger. 
Goͤthe, Meifters Wanderjahre 3, 11. — Ein Sprößling eigennüg’ger 
Ehr’, der ftolz und fteif und bürgerlich im Schmaujen feinem Zür- 
ften wich. Hagedorn. An der bezeichneten Bahn des eigenen jowohl 
al8 des mitbürgerlichen Lebens einen fo tiefen Antheil nahmen. 
Göthe, Winckelmann 1. — Ein nördlich Bolt, fi) bleibend einzubür- 
gern. Schiller, Piccolomini 4, 4. 
Anm. Im 15.—17. Jabrh. findet ih auh burgern, verburgern = 


zum Bürger aufnehmen. — Dieige verburgerte Fiſcher, unverburgerte 
Handwerker. Juſtruction für die Bueßverordneten v. 1692. 


Bürgeradel, —buh, —feind, —feſt, —frau, — freund, —gabe, 
— geld, —gemeinde, —geichäft, —glode, — haft, —handel, — haupt⸗ 
mann, —haus, —hof, —kranz, —leben, —Iehen, mädchen, — magd, 
— meifter ), — ordnung, —pfliht, —recht, —rede, —reich, —richter, 
—rock, —rolle, —rotte, —fahen, —ſchmaus, —ſchule, —fitte, 
—joldat, —ſtolz, — tube, —that, —tiſch, — voll, —wache, —wehr, 
— welt, —wejen, — wort, —zanf u.0. — Bürgersfrau, —manı, 
—finder, — Mit edelm Bürgerblut ift fie (die Krone) benegt. 
Schiller, Jungfrau v. DO. 4, 10. Der Adel jteigt von feinen alten 
Burgen und ſchwört den Städten feinen an Schiller, Tell 
4, 2. Der Grieche fang in Iyriihem Ton Bürgergefeg. Klop⸗ 
flo, Wink. Laften, welche die arme — ſe ſeit Jahrhunderten 
niedergedrückt hatten. Schiller, Solon. Nein, er gefällt mir nicht der 
neue Surgemelger Göthe, Fauſt 1,50. Daß der Schultheiß fo wie 
die beiden Burgemeifter aus einigen Stiftungen jährlidy etwas Silber: 
zeug erhielten. Göthe, Leben 3. B. „(Er tanzt) wie mit der Burge- 
meifterin, fo mit der Befeubinderin. Bürger, die Weiber von Weins⸗ 
berg. Inden beiden burgemeifterlihen Audienzen. Göthe, Leben 


1) Gewöhnlich ſteht Bürgemeifter, — (in der Volksſprache 
Borgemafter), wie auch ſchon Stieler bat, d. i. eigentlich Meiſter der Burg, 
deren Bewohner zunächſt der Bürger war. 





u 453 


17.B. Wenn das blut’ge Zeichen de Bürgerfrieges ausgehangen 
it. Schiller, Jungfrau v. O. 1, 5. Wie du, erhabengefinnt, nad) der 
Bürgerfrone dich fehnteft. Pyrker, Zunifias 9. Für einen Theil der 
Jenaiſchen Bürgerſchaft ward aud) gerade in dieſer Zeit ein bedeu- 
tendes Gefchäft beendigt. Göthe, Zag- und Sahreshefte 1795. Wo 
frei Der — auch ſtrebt, und Bürgerthat zu Göttern hebt. 
Voß. Das (Glück) im Kreiſe des Bürgerſtandes hold genügſam 
weilt. Göthe, Eugenie 4, 1. Hat die Königin doch nichts voraus 
vor dem gemeinen Bürgerweibe Schiller, Maria Stuart 2, 2. 
Bald Tiegt der Staat durch Bürgerzmift zerriffen. Eollin. — Es 
treibt fi) der Bürgersmann, träg und dumm, wie des Färbers 
Saul, nur im Ring herum. Schiller, Wallenſteins Lager 7: 

Bürge (abd. p(b)urgo, p(b)urigo, p(b)urgeo, p(b)urio, mhd. 
bürge, alt. borga) wer mit feiner Berfon wie mit jeinem Gute Si- 
cherheit leiftet, ohne daß darauf gefehen wird, ob er darüber in einer 
Gewahrfame gehalten werde oder nicht. Bürgin; Bürgfhaft. — 
Ich laſſe den Freund dir als Bürgen, ihn magft du, entrinn’ ich, 
erwürgen. Schiller, Bürgſchaft. Gehorfam fordre id von dem Volke, 
und von Euch, ihr Erften, Edelften, Rath und That, ald Bürgen 
diefer unbedingten Pflicht. Göthe, Egmont 4. — Und meine Bür- 
gin, Königin, find Sie. Schiller. Nimm meine Bürgſchaft an. 
Schiller, Tell 3, 3. j 

Geifel?), nicht Geißel (ahd. kisal, gisal, mhd. gisel, ayf. gisel, 
gisle, altn. gisl; zu ger = Wurfipieß, f. S. 106; vgl. gr. aiyualarog, 
dopialwrog — Epeergefangener) wer mit feiner Perfon Sicherheit Teiftet, 
haftet; wird vorzugäweije von demjenigen Leibbürger gebraucht, der in einer 
Gewahrſame fein muß, bejonders wenn er, namentli im Kriege, gewaltfam 
in eine folche genommen, oder fortgeführt wird. — Das iſt mein Troft, der 
Pag bleibt uns ala Geißel. Schiller, Wallenfteins Tod 2,3. Der Gei⸗ 
ſel iſt bei den alten Zentfchen gleich fo vil als ein lebendig pfand gewejen. 


Aventinus, Chronik. 
Anm. Stieler hat Eid—, Hals—, Kriegs—, Pfand—, Schald— 


bürge. 

8 Bürgen (mhd. bürgen) ift Bürge fein; verbürgen bezeichnet 
nur, dag man fich in den Zuſtand des Leiftens einer Sicherheit erft 
verjegt, während bürgen aud das Sein in demfelben ausdrüct, daß 
man die Bürgjchaft ſchon übernommen hat, -— Da bin ich, für deu 
er gebürget. Schiller, Bürgſchaft. Der fur mi bürgen jollte... 
dag wir einander Bürgfchaft leiften follten. Göthe, Benvenuto Cel— 
fini 1, 3. Geheimniß nur verbürget unfre Thaten. Göthe, Eugenie 


1) Man wollte das Wort durch die Schreibung von die Geiſel (Peitfche, ahd. 
geisila, geisla, nıhd. geisel, älternbd. geyfßel, geifchel, Volköfprache Gaſchel, 
wahrfcheinfich aus Einer Wurzel mit goth. gäispan — beftig erſchüttern) unter« 
fheiden, verfuhr aber jchwanfend, indem man bald diejes bald jenes Wort Geis 
Bei ſchrieb. Beide fordern die Zorm Geiſel. 


454 


1, 5. Man findet noch Ueberrefte eines feinen Tünchs an den Säu- 
len, der zugleich dem Auge ſchmeicheln und die Dauer verbürgen 
follte. Göthe, ital. Reife Girgenti 25. April 1787. 

But fein (aut, gotb. göths, ahd. k(g)uot, göt, mhd. guot, ag. 
alt. göd, aftf. göt) verbindlich fein, für den Andern zu leiſten, was er 
ſchuldig if, im Kalle er nicht ſelbſt feine Verbindlichkeit erfällt. Gutſagen 
drückt zugleich aus, daß man dies ansdrüdiih erkläre. Wofür fliehen = 
fih in Hinficht der Verbindfichkeiten eines Andern anheiſchig machen oder ge 

macht haben, daß man diefe an feiner Stelle erfüllen wolle, wenn er fi 
ihrer Erfüllung entzieht. Haften (f. S. 231) mit Feftigkeit für Jemauden 
ſtehen, befonders wenn dies auf längere Beit geſchieht. Gewähren (abr. 
kiwören und weren, mhd. gewörn und wern) für die Güte oder Geltung 
von etwas fich verbindlich machen oder einftehen und diefe Verbindlichkeit 
leiften. — Wer ftände mir denn für mein Leben? Gellert. Man fell für 
fie bürgen, haften. Keifing, Emilie Galotti 5, 5. Ihr haftet für fein 
Keben! Schiller, Maria Stuart 4, 2. Sie getrauen fih, für ihr Betragen 

zu gewähren. Schiller, Verſchwörung des Adels (Abf. d. N. 3. 8.) 
Borgen (ahd. porak£n, p(b)ork(g)en, mhd. borgen, agf. böor- 
gan, altı. biarga) urſprünglich ficher ftellen, büten; dann eine 
Sache geben oder nehmen, ohne daß gleich Bezahlung dafür geleiftet 
wird; auch (fig.) zum Gebraudye überlaffen oder nehmen, ohne daß es 
Eigenthbum würde. Davon abborgen — den Eigenthümer deſſen 
benehmen, was geborgt wird; erborgen = von einem Andern mit 
defien Willen zum Gebrauche an ſich nehmen ohne Eigenthumsrect; 
an—, auf—, ver—, zufammenborgen, früher (bei Stieler) aud 
aus—, mit—, zerborgen. Borger. — Das Subitantiv Borg 
(ahd. diu borga, mhd. diu borge, der borec) hat ſich nur noch in 
der Redendart „auf Borg“ erhalten. — So lang der Wirth nur weis 
ter borgt, find fie vergnügt umd unbeforgt. Göthe, Fauſt 1, 107. 
Doch borgt ihm auf fein Inſtrument fein Kluger einen Heller. Bür- 
er, Herr Bachus. Ich könnt' euch auch von den meinigen (Kleidern) 
orgen. Göthe, Gög von Berlichingen 1. Mit der Wangen frijchem 
Purpurblut, abgeborgt von mürben Modern? Schiller, Melandolie 
an Laura. Oft ſchmückt fich die Vernunft mit abgeborgten Süpen. 
Uz, Kunft ftets fröhlich zu fen 4. Sicher, daß ihn nun nicht mehr 
der Wuhrheit angeborgter Schimmer täufhen kann. Blumauer. 
Den aufgeborgten Beutel zu leeren. Shufipeare, Kaufmann v. V. 
2,5. (Ich) legte die von einem aͤltern Freund erborgten Blätter 
in meinen Hut. Göthe, Xeben 7. B. Er nimmt aus Geiz fich vor, 
die Hälfte (feines Geldes) zu verborgen. G©ellert, das Teitament. 
Und fann ich die Talente nicht leben verborg’ ich wenigftens 
das Kleid. Göthe, Fauft 2, 245. Will er fie (die weiblihe Schön- 
beit) überhaupt als Mufter von Vollkommenheit und Ddarftellen, fo 
werden ihre Qualitäten von einer ganzen Schaar Göttinnen zuſam- 


455 





mengeborgt. Schiller, über Bürgerd Gedichte. — Kein Borger 
fei, auch Fein Berleiher nicht. Shakſpeare, Hamlet 1,3. — Bein 
ih das verlieren müßte, was ih auf Borg auf dem Leibe trage, fo 
hätt? ich allenfalls worgen nichts mehr zu verlieren. Schiller, Räuber 
1, 2 Mehr ald einer zur Zeit des Borgs eigned Vermögen gehabt, 
joll er nicht aufnehmen. Bayreuth. Verordnung v. 1743. Ich ſprach 
deu Wirth um jeine obere Stube nur borgsweije an, das Bezah— 
len verlohnten wol die wenigen Minuten nicht. 3. Paul. 
Austhun (nicht fehr gebräuchlich), früher auch verthun, iſt gauz all- 
gemein Geld oder überhaupt Gut auf Zins oder Wucher legen. Leihen (f. 
dasjelbe) it der allgemeinite Ausdrud für den Begriff von Jemanden mit 
deſſen Willen gegen Zurüdgabe, oder eine Gegengabe, Vergütung in gleichen 
Werthe, oder auch nur überhaupt Genugthuung in etwas (Zinſen, Dienit ꝛc.) 
bloß zum Gebrauch nehmen, oder an Jemanden geben; auch fig. als dem 
Andern nueigenthümlich Darbieten oder dargeben, im Befondern unterſtützend. 
Davon aus—, ent—, verleihen. Lehnen wird ganz wie leiben ges 
braucht, nur dit diejes in der edeln Sprache fait allein üblich und jeues in 
der gemeinen. — (Der Graf) that das Waldſchloß an einen Lehensmann 
.aus. Mufäus, Ehronifa der drei Schwetern I. Was ifts worüber mehr die 
Jungfern jo entbrennen, alo wenn man fie pflegt alt und ungeitalt zu nennen ? 
Denn Jugend dient zur Zucht, und Schönheit zum verthun; find diefe beide 
weg, jo läßt man fie wohl ruhn. 1) Logan, Sinnged. 412. Borgen iſt 
viel befjer nicht als betteln, fo wie leihen, auf Bucher leihen nicht 
viel Heiler ijt als ſtehlen. Leſſing, Nathan der Weife 2, 9. Weil er aus 
gemeiner Einfalt umjonit Geld ausleiht, und bier in DBenedig den Preis 
der Zinfen uns heruaterbringt. Shakſpeare, Kanfınann von Venedig 1, 3. 
Vergebens lüde die Götterwelt ihn ein, von der die Phantaſie das reichite 
Xebensbild entlieh. Tiedge, Urania 3. Doch meinem Herrn den Mund, 
jo wie den Arm zu lehnen, iſt meine Pflicht. Wieland. Laßt es Euch 
nicht leid tun, daB meine Dankbarkeit deu Flor der Nacht entlehnen muß. 
Schiller, Marin Stuart 2, 5. 


Anm. 1. Hierher gebören auch weibliche Perfoneunamen, 3. B. ahd. Adal- 
piec, EIruodpirc, Rädpire, Wilipirc; viele Ortsnamen auf re — burg. 
Anm. 2. Für Bebirg jagt ſchon Aventinus (+ 1534) Birg. Hierbei 
jagt Schmeller ],196: „Sollte auch in dem hochd Birkhuhn, Birkfuche ac. 


das Birk eigentlich aus Birg entitanden fein?" Ziemanu führt (richtig?) mhd. 


irchuon an, in Beuede- Müllers mbd. Wörterb. birkhuon, ſonſt ſteht haselhuon. 

Anm. 8. Zu Bergen gebört auch der zweite Theil des Wortes Flam—⸗ 
berg. Den erften Theil Iciten Einige vom franz. flane = Seite, Andere vom 
oberd. Flähme, niederd. Flume — Weiche des thierifchen Leibes. Dieſes 
Bert feibit aber -ift von unbekannter Wurzel. In einer altfranz. Dichtung wird 
en Schwert froberge oder floberge angeführt. Von diefen nicht zu deutenden 
Bort Scheint Flamberg entfprungen. 

1) ‚Schön müſſen fie fein, will der Dichter fagen, wenn fie bald Männer 
befommen wollen, und jung müſſen fie fein, um Mütter werden zu können,“ fagt 
Leſſing zu dieſer Stelle. 





456 


Quellen. 


(Wurzel qual? wal? vgl. agſ. veall, vyll, altfrief. walle = Quelle, 
janffr. jala — Waſſer; nad) Leo ift quellen aus kiwellan gebildet.) 


Duelle, quoll, gequollen, qmellen (ahd. quillu, qual, quullu- 
mes, quollaner, quöllan; mhd. quille, qual, quullen, gequollen, 
quellen) 1) von innen ausgedehnt werden, und zwar durch eine im 
Innern befindlihe Feuchtigkeit: Die Erbſen quellen; 2) (uneigentlidy) 
durch innere Kraft, aus Ueberfülle hervordringen: die Augen quellen 
hervor; 3) (gewöhnlich) aus einem Orte in größerer Menge zum Vor⸗ 
fhein kommen, von Zlüffigfeit gefagt; 4) in weiterem Sinne wo ent=- 
ftehen. — Und wie ein Teig und muß von wenig Hefen quellen. 
Opitz. Borwärts quollen die Augen. Voß. Wie wurde mir, als 
ih ins Innre nun der Kirche trat, und die Muſik den Himmel 
herunter flieg, und der Geftalten Fülle verjchwenderidh aus Wand und 
Dede qnoll. Schiller, Maria Stuart 1,6. In deinem Auge quillt 
die fanfte Zähre. Schlegel, Dog winfte der Vater der Götter, und 
Leben quoli in den Staub. Herder. Die innere Welt, fein Mikro— 
fosmus, ift der tiefe Schacht, aus dem fie (die Gedanken und Thaten) 
ewig quellen. Schiller, Wallenfteind Tod 2, 3. Aus der Wolfe 
quilit der Segen. Schiller, Glode. 

Anm. 1. Mitunter finden fi) von dieſem Verbum abweichende Formen, 
B. Eine Duelle, abzuwafchen folchen Kleden, quellet in des Feindes Aruft. 
Herder. Du biſt's, dem das frifchefte Leben entquellt (im Neim). Goͤthe, 
Fauſt 2, 177. Aber ah! ſchon fühl’ ih, bei dem beften Willen, Befriedigung 
nicht mehr aus dem Bufen quillen. Göthe, Kauft 1, 65. — In activem Sinne 
müßte es wol heißen quellt; doch ſagt Kuther: Denn gleich wie ein Born fein 
wafler quillet, alfo quillet auch jre bosheit. Jerem. 6, 8, - 

Anm. 2%. In manchen Gegenden gebraucht man auch artiv quellen — 
Pochen, aber nur von manchen Speifen, 3. B. Kartoffeln, Fleiich zum Burftmachen, 
wobei die Bed, 1. zum Grunde liegt. 

Auf— , aus —, dabin—, empor— , ent—, er—, herab —, 
beraus—, hervor —, hinab —, nieder—, über—, um—. umher —, 
ver—, vor—, zer—, zuquellen bedürfen feiner weiten Erklärung. — 
So quoll mein Manufeript täglih um fo mehr auf. Göthbe, Leben 
4. B. Das Herz der guten Wanderer quoll über dieſen Ausfichten 
auf. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 3. Mitten unter Waffen, auf 
der Woge des Lebens, ruht ich leichter athmend, wie ein aufquel- 
lender Snabe, in deinen Armen. Göthe, Egmont 5. Die aus den 
fhönen guten Augen ausquellenden Thränen zu verbergen, wen⸗ 
dete fie fih um. Göthe, Meifters Wanderjahte 3, 13. Diejed wenige 
Dlut, das ausquoll. 3 Paul, Heiperus 4. Da fcheint ein end- 
liches Leben dir aus deinem Leibe zu quellen, du felbft zu empfin⸗ 
den, Daß e8 Dahinquillt. SKlopftod, Meſſias 10, 197. (Der Kern) 
quillet ftrebend empor. Göthe, Metamorphofe der Pflanzen. Thrä- 
nen entquollen dem Blid. Göthe, röm. Elegien 6. Den Lippen 














457 


entquillt Külle des Herzens jo leicht. Dat. MW. Da der Hand des 
Almächtigen die größeren Erden entquollen. Klopftod, Früblings- 
feier. Und um uns und an uns fo drängend und voll die Erde von 
uidenden Blumen erquoll. Göthe, Pandora. Welche Verſöhnung 
dieß Blut aus diefen Wunden herabqu'oll. Klopftod, Meſſias 8, 
295. Das Kinn herausgequollen. Schiller, Kabale und Xiebe 
1, 2. (Die Wolfe) ftürzte voll hberausquellender Nacht über 
ihre Augen. J. Baul, Zitan 23, Daß wir die Lava nicht konnten 
berausquellen jehen. Göthe, ital, Reife Neapel 20. März 1787. 
Sp zeigten ſich fteinerne Bänfe, rings um die Quelle gefegt, Die im⸗ 
mer lebendig hervorquoll. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 156. 
Denn es quillet heller nicht vom Parnaß die ew’ge Quelle ſprudelnd 
von Fels zu Feld in's goldne Thal hinab. Göthe, Iphigenie 3, 1. 
Den Durft mir ſtillend mit der Gleticher Milh, die in den Runſen 
ihäumend niederquillt. Schiller, Tel 2, 2. So wie der Glanz 
auf fie aus Lampen niederquillt. Alginger, Doolin 3, 4. Darin 
der honig vberquahl. Rollenhagen, Frofehmeufeler 1. 1, 9. Aber 
weilen das Gefäß ift gefüllt, davon es fprudelt und überquillt. 
Schiller, Wallenſteins Lager 8 Mit dem überquellenden Füll- 
horn. Schiller, Räuber 2, 1. ZThränen der vergeblihen Sehnſucht 
überquofllen fein ſchönes Angefiht. 3. Baul, Titan 8. Daß Blut 
ihn beiß umquoll. Voß. Die (Haare) jetzt wie ein verworrener 
Hanfroden umherquollen. Göthe, Campagne m Frankreich 11. 
Det. So birgt er (der. Vorhang) einen Sarg, verquollen durch 
langes Alter. Platen, der gläjerne Bantoffel 3. Wie leicht verquilit 
ein Spalt. Leffing, Epigramme 32. Gegen alle Rangordnung ftell’ 
ich lieber früher als ihn die feiften in fchelmifche Dummheit verquol- 
lenen Livreebedienten vor. 3. Paul, Hefperus 11. Sprachlos, ſchwin⸗ 
delnd, bleich, mit weitvorquellendem Auge, blickt das Entſetzen 
hinunter. Klopſtock, Mefflas 9, 757. (Er) rief unter den vorquel⸗ 
lenden Thränen. J. Paul, Heſperus 13. Indem fie im Schweiße 
zerquoli. Bürger, die Kuh. Zugequollene Stihwunden. J. Paul. 

Anm. Die Participien geftatten noch andere Zufammenfeßungen, 3. B. Meine 
ſtrahlenquillenden Geſtirne. Ediller, Semele 2. 

Duelle, die, der Quell (ahd. diu quälla, altn. Kyll, älternhd. 
auch der Quall, bei Opip meift das Quell, aud die Quelle, 
bei Lohenftein das Kwäll, das Kwell (Glenpatra 4, 484, 541), 
bei Hoffmannswaldau die Quelle (ſterb. Socrates 134), bei Stie- 
ler der Qvell, die Qvelle, bei Weichmann die Brunnqueli 
(Poeſie der Niederſachſen 2, 313) f. in feinen Bedeutungen ©. 375. 
— Die Duelle des Heils. Klopftod, Meſſias. Klar und fühl Cift) 
die Badequelle. Bürger, das Dörfchen. Mit frühem Führertritt 
reißt er feine Bruderquellen mit fi fort. Göthe, Mahomets Ge- 
fang. An der Felfenquelle horcht' ich finnend der Nachtigall. 





458 


Matthiffen, die Nachtigall. Die Zwerge führen den großen Pan zur 
Feuerquelle faht heran, Göthe, Fauſt 2, 59. (Ste) durftet ewig 
nad) der Frendenquelle. Schiller, Kindesmörderin. Wo fib an 
der Gnadenquelle die Krieger alle reinten von Schuld. Pyrker, 
Rudolph 2. Die reihen Hülfsquellen verfiehten bad. Göthe, 
Leben 11. B. Aber bei ihr waren Geſchäfte Baufen, und die Thrä- 
nendrüjen fanmt dem Herzen Hungerquellen. % Paul. So lang 
die Lebensquelle ſchäumet an der Lippen Rand. Schiller, das 
Siegesfeſt. Milch- und Wein- und Honigquellen rinnen aus 
dem Felſen. Herder. Und entgegen goffen Neftarquellen ewig 
jtrömend ihre Wolluftwellen. Schiller, Geheimniß der NReminifcenz. 
Aus den hellen Silberquellen des Barnaffus mid) erquidet. Göthe, 
deutfcher Parnaß. Wüften, öd' und ſchauerlich, lichten ſich in Deimer 
Strablenquelle. Schiller, Melancholie an Laura. (Er) tranf nur 
aus der Wunderquelle. Pfeffel, die Quelle zu Mecca. — Aus 
dem Felſen, geihwäßig, ichnell, fpringt murmelnd hervor ein lebendiger 
Duell. Schiller, u Wie wenn ein wäflernder Mann von 
de8 Bergquells dunfelem Sprudel über Saaten und Gärten den 
Lauf dem Gewäſſer daherführt. Voß, Ilias 21, 257. Noch ichliefen 
die anderen Sieger ohne Pulmen und helles Gewand durch Golgatha’s 
Blutquell. Klopftod, Meffins 15, 35. Wer aus jchöner Natur 
weibendem Brunnquell ſchöpft. Salis, Ländlihes Glück. Seht 
den Zelfenquell. Göthe, Mahomets sn Den dein Zabe- 
quell umfloß. Salis, an die Harmonie. Trinkeſt durſtig aus dem 
Lebensquell. Hölty, — b. d. Gr. m. V. Daß jetzt ein Engel 
mir vom Himmel niederſtiege, das Rechte mir, das Unverfälſchte, ſchöpfte 
am reinen Lichtquell, mit der reinen Hand! Schiller, Wallenſteins 
Tod 3, 21. Sein Auge funkelt dunkelhell, wie ein kryſtallner Schat- 
tenquell. Bürger, Männerkeuſchheit. Im Hexameter fleigt Des 
Springquells flülige Säule Schiller, das Diſtichon. Jetzt that 
fih ihr blutiger Thränenquell auf. Bürger, Lenardo und Blandine. 
Zieh dieſen Geift von feinem Urquell ab. Göthe, Fauſt 1, 3. 
Zwar überichattet Nacht den Urquell unfrer Zage, Ziedge, Uramia 4. 
Shre Geofis war Weisheitsquell. Herder. 
Quellung; quellig; (bei Stieler noh:) Queller, —erin; 
quellbaft; Quellader, —binje, —bottih, —brunnen, —bütte, —gras, 
— grund, —maß, —moos, —falz, —ſand, —flod, —wafler u. a.; 
Quellenmerk (sium nodiflorum L.), —ftüd u. a. — Schnell den 
Ida erreicht’ er, den quelligen Nährer des Wildes. Voß, Ilias 8, 
47. Wieder ijt er (der Boden) eines Theils jehr moraftig und quel- 
"Lig. Göthe, Briefe a. d. Schweiz 2. Abthl. (Sie ftillten) den Durſt 
mit des Quellbachs fühlenden Fluten. Pyrker, Rudolph 7. Scher- 
va fprang Die glanzreihe Quellnymphe zu den Gefpielen binab. 
ugenannter bei Campe. Hier nun warfen die Müden fih bin, kaum 


459 


“ 


achtend den Quellſprung. Baggefen. Weber und über — 
vom Geſprudel des Quellſtrahls. Derſ. (Ich) weinte quell- 
weiß. Göthe, Pandora. — Ein quellenheller Tag. J. Paul. Das 
quellenmäßige Studium dieſer Periode. Koch. Einen quellen— 
reihen Strom unendlicher Empfindung. Platen, die verhaͤngnißvolle Ga- 
bel 3. Auf dem Gipfel des quellenſtrömenden Ida. Voß, Ilias 
11, 18. Ruhet nicht im Quellenthal. Uhland, Maiklage. In 
des hohen quellentrunkenen Baums Beſchattung wohnten Völker 
umber. Klopſtock. 


Qualm ') (ahd. mhd. walm, agſ. vealm — dampfende Hitze) 
iſt der dicke, wallende, maſſenweiſe ausſtrömende und daher erſtickende 
Rauch oder Dampf; dann betäubender Dampf, die Betäubung ſelbſt, 
Ohnmacht. Davon qualmig, qualmen. — Durch Rauch und 
Qualm ſeh' ich den matten Schein des Todtenfluſſes mir zur Hölle 
leuchten. Göthe, Iphigenie 3, 1. Und ſo verdrängt mit liebevollem 
Streiten der feuchten Quälme Nacht. Göthe. Von allem Wiſſens— 
qualm entladen. Göthe, Fauſt 1, 30. Und Kranke nehmen anch im 
Sualme (Betäubung, Ohnmacht) Wermuth ein. Günther, — Armer, 
du wiegft ja jo leicht, wie Die qualmige Blaſe des Luftſchiffs! Voß, 
der bezauberte Teufel 133. — Die Lüfte qualniend. Göthe, Fauſt 2, 
161. Aufdampfen ſoll's und qualmen, daß eudy’8 die Augen 
beist! Uhland, die drei Könige zu Heimfen. NRingsum qualmte der 
Dampf aus taufend Risen. Göthe, ital. Reife Neapel 20. März. 
Tief anter dem feuchten Gehölz lebt, Tangfamen Shmaud aufqual— 
mend, das Werg. Voß, Neneide 5, 682. Wenn Dir der Rezenjent 
en Kömchen Weihrauch fireuet, oder anderen Duft. dir entgegen- 
gqualmet. Hölty. Land und Meer fcheint, dumpf und tief erftillt, 
in trüben Duft gehaltlos zu verqualmen. Wieland, Oberon 6, 33. 


Damyf (ahd. damph, dampf, altn. dampi, von dimpfen, mhd. 
dimpfen = unhell, dunkel fein; vgl. lat, tenchrae = Finſterniß) jede durch Die 
Bärme hervorgebrachte ausdehnend fpannkräftige Flüffigkeit. Dunit (S. 290) 
bezeichnet Dampf mit Thellchen derjenigen tropfbaren Flüſſigkeit vermengt, aus 
welchen derjelbe fih entwidelt bat. Ausdünitung — die Thätigkeit des 
Dunitentwidelns, der Dunft felbft, infofern er fih aus einem Körper ent⸗ 
widelt. Duft(S. 297) zarter, feiner Dunft, befonders die Ausdünftungen wohl« 


1) Beigand rechnet Nr. 437 das Wort zu quellen und fügt Binz: 
„Ganz verfchieden von dieſem Worte ift das veraltete Dualm, abt. qualm (?) 
nalvofler, todtähnlicher Zuſtand, Untergang, von ahd. quelan — Dual leiden, 
erben.“ Schmelier führt II, 402 f. Qualm (ahd. quhalın, chualm, agſ. 
cvealm, cvalm, mhd. twalm) und die Adj. gewelmifch, gewälmig, qwäls 
mig, quelmig, qualmifh — betäubt, bewußtlos an, die er zu queljan 
rechnet, womit, wie er fagt, Dualm, Dual, quälen, obfhon in der Bedeus 
tung gemildert, nlammenkängen mögen. 





460 


riehender Körper. Nebel (abd. nöpal, mibul, mhd. möbel; vgl. gr. 
vepir, — Volke, lat. nubes — Bolfe, nebula — Nebel, agf. nipaa = 
ummwölfen, genip = Gewält) ift jede unmittelbar am der Erdoberfläche fi 
ereignende Verdichtung der atmofphärifchen Luft. Rauch (f. riechen) die 
jenige fihtbare Flüffigkeit, welche aus Körpern durd ſtarke Erbigung aufs 
ſteigt. Shmandh (agſ. smoca, smööscan —= rauen, vielleicht aus 
ſchmecken, ahd. kismahhan, altn. smacka, agſ. gesmecgan ; mhd. sme- 
cken = riechen und ſchmecken, smachen, smacken, schmacken = riechen) 
dicker unangenehmer Rauch, befonders von nur glimmenden, obue Ylanıme 
verbreunenden Etoffen. — Der Begeifterung Altäre find in Dampf gehüllt 
und Qualm. Platen, die verhängnißvolle Gabel 4. Ein Echauerwöltchen 

fähelt’s an, bringt Rauch und Dunft zu mir heran. Odthe, Kauft 2, 312. 

Daß fogar der Siehe . . . ſchnelle Geuefung erlangt, wenn er fi nur dis 

nige Stunden Weges von den giftigen Ausdünſtungen der Stadt umd 

der umliegenden Moräfte entfernen kann. G. Förfter, die Infeln bei Afien. 

Adı aus diefes Thales Gründen, die der kalte Rebel drädt. Ediller, Schu 

ſucht. So lang an diefem Pult die trübe Lampe ſchmauchte. Götbe, 

Kauft 2, 42. Durd Bivouacqs augeſchmaucht und verunreinigt. @ätbe, 

St. Rochusfeſt. 

Duälen (ahd. quelan, chelan, mhd. quẽln, agſ. ewẽlan — 
fi) quälen, nad) Rarter Form; Davon tranfttiv ahd. queljan, chelan, 
mhd. queln, agj. cvellan, altn. qvelja) fehr empfindlich bedrängen, tiefe 
Schmerzen leiden machen, früher auch tödten (f. S. 459 unten die Note). 
— Die fhwarze Galle quält auch mid. Schiller, Semele 1. Zween 
abgelebte Kater quälten fih, ihm beizuftehn. Lichtwer, die Kapen 
und der Hausherr. — Wie ic mic) abgequält habe. Göthe, Cam— 
pagne in Frankreich Münfter Nov. Die Pfennige, die er euch ab— 
quälte Schiller, Räuber 1, 1. Bon Liebesjammer unerträglich 
aufgequält. Göthe, Pandora, Der Schuldner, der, wenn die trau- 
tigen Kalenden gefommen find, entweder Hauptgut oder Intereflen 
berbeizuquälen genöthiget ift. Wieland, Horaz Eat. I. 3, 87. 
An dem Bergbaue zu Ilmenau hatten wir uns ſchon mehrere Jahre 
berumgequält. Göthe, Zag- und Jahreshefte 1794. Fern ſah er 
moofige Sitten, quälte fid langſam hin. Sonnenberg. Sie hat ſich 
mühlam durch das Geftein hHinaufgequält. Göthe, Wahlverwandt- 
haften 1, 3. Die mir zu fchaden fih verquälen. Göthe, zabme 
Xenien V. Wo fi) der Geift, verworren, kalt, verquält in ftumpfer 
Sinne Schranken. Göthe, FZauft 2, 334. Nach dir mein Bujen fich 
fehnend zerquält. Bürger, Lenardo und Blandine. 

Qualer; Duälung (ahd. chelunga); Duälerei; quälerifeb; 
Gequäle; Dual (aus dem alten Präter. gebildet, abd. quala, 
chuuäla, chelt; mbd. quäle, käle); qualentlaftet u. a.; Qualen- 
gewimmer u. a; Duälgeift, —göttin, —korn, —teufel u. a. — 
(Er) empörte mit gewaltigem Geifterhauc die entihlummerten Quä- 


461 


ler. Pyrker, Rudolph 7. Halt, ich will ja fingen, du Qudferin. 
Voß. Für die Rollen des Selbftquälers habe ich zum Theil Rath 
geſchafft. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 274. Wenn ihn eine felbit- 
quäleriſche Einbildungsfraft noch weiter führte. Göthe, Wahlver⸗ 
wandtichaften 1, 18. Langes Gequäl' ift bitterer Tod! Voß, die 
Kirichenpflüderin 74. Man fennt jene Selbftquälerei. Göthe, 
Reben 14. B. — So tiefer Schmerzen heiße Qual verbirgt dem 
Augenblid unendlichen Gehalt. Göthe, Eugenie 3, 4. Für meiner 
Schniucht Flammenqual. Uhland, der Pilger. Halten Durft und 
Hungerqual mid in Angft und Klemme. Bürger, Zechlied. Bon 
der Konvulfion der Selbitqual frei. Benzel- Sternau. Wird feine 
Seelenqual durch Bangigfeit vergnügt? Chr. Gryphius. Tonfunft 
kann Die Traner tödten, mildern jede Seelengqual. Flemming. — Aber 
enthüll', Sionitin, der qnalbelafteten Hölle Tiefen nicht weiter. 
Klopſtock, Meſſias. Deine qualentladene Seele. Ramler. Nach 
einem qualerfüllten Jammerleben. Eollin. Sein Reichthum wird 
ihm zum Berdruffe, zum Qualgepränge des Geſichts. Uz. Minos, 
Thränen im Gefichte, milderte die Qualgerihte. Schiller, Triumph 
der Liebe. Es ift eine Dualmwitite, das Feld, wo der Menich adert. 
Herder. — Eine Beltvol Qualengewimner. Sonnenberg. Ixions 
Qualenrad ift da. Schwieger. Am Rande der Quualentafel 
Göthe, Taſſo 4, 5. Ein fihneller, ihm qualenvoller Gedanke. 
Klopſtock, Meſſias 9, 688. — Ich war in zu viele, zu mannichfache 
Bande von meinem Quälgeifte verjitridt. Benzel- Sternau. Die 
Dee eines Straf und Quälortes nad dem Tode. Göthe, 

Hein (abd. p(b)ina, mhd. pin, pine, pfin, Älternhd. pein, peen, pen, 
aus gr. voıy, fat. poena) Strafe, Keibeaftrafe; gewöhntich in hohem Grad 
empfindfih beunruhbigendes und bedrängendes Uebles. Peinigen (ahd. 
p(b)inön, phif)indn, mhd. pfoen, agf. piajan, altn. pina) ein folch Webles 
zufligen. Folter (aus mittellat. poledrus, ital. poledro — Fohlen, aus 
fat. pullus = Fohlen) da3 auf vier Bäumen ruhende Stredbett zur Peini⸗ 
gung (jo von den alten Kranken nach ihrer Geftalt genannt, wie wir 3. B. 
fagen in den Bod ſpannen); unabläffig bedrängender heftiger Schmerz. Das 
von foltern. Marter (abd. marti(a)ra, mhd. marter, martel, von lat. 
martyriam, gt. naorvprov — Zeugniß, in Hriftlihem Sinne Blutzeugniß) 
fortgefeßte tiefe fchmerzliche Bedrängniß, ſelbſt mit tödtlichen Leiden. Davon 
martern (abd. martarön, martolön, mhd. martern, marteln). Plage 
(aus lat. plaga, gr. 7),77 = Schlag, Wunde) ift zunähft Wunde; gemöhn- 
lich anhaltend befchwerliche, zufegende Bedrängnig wodurd. Davon pla⸗ 
gen (jpäter lat. plagare, mhd. plägen). Das gemeine Plack, eine Verſtär⸗ 
tungsform von Plage, ift hart zufeßende Plage, gerne mit dem Nebenbenriffe, 
dag fie ius Kleintiche gehe. Gebräuchlicher kit in dDiefem Sinne Pladerei. 
— (Er wähle) Luſt und Entfegen und grimmige Bein. Goͤthe, der Gott 
und die Bajadere. Ich will Wunder thun im Peinigen. Schiffer, Räuber 


462 


4,8. Wär’ ih auch auf der Wippe oder allen Koltern in der Welt, jo 
ließe ich mir's nicht mit Gewalt abnöthigen. Shakſpeare, K. Heinrich IV. 
1. Thl. 2, 4. Wüßteſt du, wie deine Aufführung das Baterherz foltert! 
Schiller, Räuber 1, 1. Daß er vor Marter todt zu Boden ſinkt. Echiller, 
Tel 4, 3. Ih will ihn peinigen, ih will ihn martern. Shafipeare, 
Kanfmann von Denedig 3, 1- Das wäre mir zulept doch reine Plage. 
Gothe, Sonette3. Meifter muB fih immer plagen. Schiller, Glode. Aber 
ift zu arg der Plad, fo vergeht dir der Gefchmad. Nüdert, gel. Ged. 6, 70. 
In jenen ältern unruhigen Zeiten... wurden die Handelsleute von Weges 
lagerern‘ willfürlih geplagt nnd gepladt Göthe, Xeben 1. B. Das 
Erdetreiben, wie's auch jet, ift doch immer nur Pladerei. Göthe, Fauſt 
2, 172. 


Anm. Das in der Volksſprache bier und da gebörte Plaͤkes — Handſtreiche 
ale Edhulitrafe, fommt ſchon 1577 alö handplacken vor. 


Bellen '). 
(Wurzel bil.) 


Belle, bellte Lielten boll), gebellt, bellen (ahd. pillu, pal, 
pullumes, pollaner, pellan, pillan; nıhd. bille, bal, bullen, gebol, 
len, bellen; agſ. bellan; altn. belia) 1) eine Stimme hören laffen, 
zunächſt von Hunden und Füchfen gejagt; 2) Getöſe verurfachen: die 
Wellen bellen; 3) eine unwillige Empfindung äußern: der Magen 
beit; 4) laut fchreiend an den Zag legen. — Der Hund ball. Rol- 
leuhagen, Froſchmeuſeler II. 1, 8. Doch immer Eläfft es hinterher 
und billt aus allen Kräften. Göthe, Kläffer. Die Hunde bollen. 
Grimm, deutihe Mythologie 2. U. ©. 877, Hat er denn fchon Je— 
mand an ne Simpliciſſimus 6, 15. Der Jagdhund boll. 
Göthe, Leben 11. B. (won Lenz). Doch es bellete. Voß, die Kir- 
fchenpflüderin 46. Er hört den Zank nicht vor Gerichten bellen. 
Hagedorn. Durch die Brandungen, welche zur Rechten bellten. 
Baggefen. Das Herz im Innerſten beilt' ihm. Voß. Salz auf dem 
Brod wird ſchon dir den bellenden Magen befriedigen. Voß. Wer 
ift Widerjpruc zu bellen rüftig? Kofegarten. 

Kläffen (eig. klaffen machen, von klaffen, mhd. chlaffen = aufſchla⸗ 
gen, von Klaff, ahd. chlaph — der Schall der Körper beim Auffcylagen 
auf einander, dann der Schlag jelbit) wird gewöhnlih von Bellen Meiner 
Hunde, anfchlagen = anfangen zu bellen, bauptfäkhlih von dem lauten 
Bellen großer Hunde gejagt. Das Tandichaftlihe gauzen (mhd. gouwezen, 
altn. gey, bei Alberus gaugen) ift Schallnahahmung des Hundegebells, wie 
das lat. baubari. — (Sie) fehn den Hirſch als Beute liegen feiner kläf⸗ 


2) Diefes Verbum bewahrte fange die ftarfe Form. Stieler ſagt noch im J. 
16091: Ha ih boll (alicabi bull, ball), gebollen, ohne die ſchwache Korm 
zu erwähnen. 


— 








463 


fenden Verfolger. Göthe, Eugenie 1, 3. Durch das leichte Kläffen eines 
und entgegenfommenden Hündchens angemeldet. Göthe, Leben 19.8. Flugs 
fhlagen meine Doggen an. Schiller, Kampf mit dem Draden. 

An— , auf—, empor—, er—, widerbellen find klar. — 
Manche Töne find mir Berdruß, Doch bleibet am meilten Hunde- 
gebelf mir verhaßt; Fläffend zerreißt e8 mein Ohr. Einen Humd 
nut hör’ ich fehr oft mit frobem Behagen bellend kläffen, den 
Hund, den fid) der Nachbar e308. Denn er bellte mir einft mein 
Mädchen an. Göthe, röm. Elegien 17. Daß die verruchte Scylla, 
von Hunden umtobt, aufbell' in ſiculiſchen Wäſſern. Voß. Hunde 
beilen empor am Pferd. ©. Schwab, der Reiter und der Bodenjee. 
Der ihnen hefftig widerbilt. Ringwald, die lautere Wahrheit. Dar- 
nah ein Hund erbal. Tanhuſer. 

Beller, —erin; Bellung; bellerifch find wenig gebrauchlich; 
Gebell (mhd. gebille). — Bill (mid. bil, bel — lautende Stimme, 
das Lauten der Hunde); Belle (mhd. belle, bille = Hund, Hündin); 
Ball (mhd. bal —= Gebelle) find ganz veraltet. — Plötzlich nunmehr 
den Odyſſeus erfah’n die wachfamen Beller. Voß, Odyſſee 14, 9. . 
Wie fie mit ihren fchönen Widerbellerinnen umzufpringen haben. 
J. Paul, Siebenkäs 8. — Doc hoff ich, das chain böfer gal (Gerede) 
fi fra (freue) dir in neides pal (Gebelle, Gerede). Liederbuch der 
Clara Häßlerin aus dein 15. Jahrh. 

Belfen und das minder gebräuchliche belfern — oft und viel 
bellen (eig. und fig.) find von bellen weiter gebildet, — Wie die 
Hindlein belfen. Rückert, gej. Ged. 3, 349. Obgleich jo viele da— 
zwiihen belfen. Göthe, fprichwörtlich. Zwar belferte fie jänmer- 
ih. Bürger. Dazwilchen der Hunde Gebelfer. Göthe, Hermann 
und Dorothea 1, 134, 

Anm. 1. Das nhd. Bulle = Herdochs (altn. boli, litthauiſch bullas, vgl, 
bull, im fat. Gefeß bellio, agſ. bulluca, engl. bullock — Stierfalb) hat den 
Ramen von bullen (no in der Schweiz gebr.), neben beilen, woher er auch 
Brummochs, Btummelochs heißt. 

Aum. 2. Bellen hängt wahrſcheinlich zuſammen mit bil len ahd. p(b)illon, 
mbd. billen — glätten, klopfen, z. B. Mühlſteine. Daher kommt wol verbels 
fen (nhd. verbellen) die Hände, die Füße, wenn fie vom Auftreten, Aufſchlagen 
anflanfen, aufichwellen. Schmeller 1, 167 denft an das engl. bollen = auf: 
geſchwollen, fchwed. bulna == gefchwollen fein oder werden. Grimmll, 32 fagt: 
„Benn ber Hebergang auf ein hallendes, rundes Gefäß ftatthaft it, fo gehören 
bierher: altn. böllr, mhd. bal (Ba); agf. bolla (Bolle).” — Der Begriff der 
Aufgedunfenheit liegt wol auch im abd. arsbelli, mhd. arsbelle — die Hiuter- 
baden (in der Volksſprache Arfchgebeller = Schläge auf den Hintern); im 
Bdller — Heiner Mörfer und (in der Vollsfpradhe) eine Meine Kugel (Schuſ⸗ 
fer) oder dide Nuß beim Spielen; der Begriff des Echwellenden liegt auch im 
Ben LEGEN — das Zahnfleifh, in der früheren Sprade bilarna, 

m BBAarenN. 

Mm. 8. Andere, mehr der Bolksfprache angehörige Ausdrüde find: Bols 
les = eine die, untergejeßte Mannsperfonz bolfern und bullern == einen 








464 


hohlen, dumpfigen Laut von fich geben, nicht bloß niederdeutſch, auch am Mittel» 
rhein im Sinne von polterg gebraudt. Das Wort kommt fchwerlich vom lat. 
bullare, wie Beigand Rr. 1473 auzunehmen nicht unabgeneigt iſt. 


Schwellen. 


(Wurzel swal, swil; nah Stieler und Wadernagel zu Welle 
| gehörig.) 

Schwelle, ſchwoll, geihwollen, fchwellen (ahd. suillu, sual, 
suullum&s, suollaner, suellan; mhd. swille, swal, swullen, ge- 
swollen, swöällen; agf. svellan; altn. svälla) allgemein von innen 
aus fich ausdehnen, mit dem Gedanken, daß es ein Nufgehen zur Höhe 
fei; im factitiven Sinne (in ſchwacher Form, ahd. sualjan, suellan, 
mhd. swellen) jo ausdehnen machen; von Schwelle weiter gebildet, 
mit einer Schwelle verfehen. — Das Niedre fchwillt, das Hohe 
fenft fic) nieder. Göthe, Eugenie 1,5. Das Wafler ſchwohl. Götbe, 
der Fiſcher. Da ſchwillt dem Bauer der Kamm aufs Neu. Schil⸗ 
ler, Ballenfteins Lager 11. Dem Iängft von böjer Schadenluft die 
ihwarze Seele ſchwoll. Schiller, Fridolin. Ein Büchlein aber raujchte 
Durchs Zeld, von des Gießbachs reißenden Fluten geihwellt. Scdil- 
ler, Graf von Habsburg. 

Anm. 1. Es finden fi) bier manche unregelmäßige Kormen, die an bie 
Derwerhjelungen von Dingen und Drängen erinnern. Doc arbeitet! er ſehr, 
von neuen empor zu jhwillen. Klopſtock, Meifiad 2, 485 (in der Duartausg. 
von 1755). Thränen ſchwollen ihre Augen. Herder, Eid 6. WBonne... deren 
Ahndung feinen Bufen ſchwillt. Kojegarten. 

Anm. 2. Im fig. Sinn heißt es: Michel Veldthaler, fo ein geſchwoll⸗ 
ner (aufgeblafener) und hochtragender Mann. Erhard ». Hüntterifchen Wieders 
täufern 1588 Bl. 60. 

Anm. 3. Das alte Präter. bat noh H. Sachs: Das fein Leib geſchwall. 

An—, auf—, empor— , enfgegn— , er —, ge— (veraltet), 
ber--, heran —, berauf— , bervor— , über— , unter— , ver—, 
vor— , zufchwellen bedürfen keiner Erklärung. — Wird nicht ein 
Bolt ſich anneeli und mit anfehwellender Gewalt den alten Freund 
erretten? Göthe, Egmont 5. Aber der Nacht Sängerin hallet im 
Bufch, nach wehmüthiger Stille den Ton anfchwellend, in Sehn- 
fucht. Voß, der Abendgang 6. Schon ſchwillt e8 anf mit borftigen 
Haaren. Göthe, Fauſt 1, 68. Deßwegen erwuchs aus der nad) und 
nah aufſchwellenden ungeheuren Anzahl von verjpäteten Proceſſen 
dem Reihe kein Schade. Göthe, Leben 12. B. Es (das Meer) 
ſchwoll empor. Göthe, Fauft 2, 258. Lilienweiß auch die luftige 
Ded’ (des DBettes) emporſchwoll. Voß, Luiſe 3. b, 611. Ißt 
ihwoll mein Herz empor. Wieland, Oberon 1, 47. Ringsum an 
Bäumen und Gebüſch entfhwollen junge Triebe. Voß, Luiſe 1, 477. 
Gleich einem Strom, der ſtolz dem Bett entjchwillt. Shakſpeare, 
K. Zohann 3, 1. Defien Herz, der Ehrbegierde voll, heiß dem nahen 





465 


Kampf entgegenfhwoll. Matthifion, Elegie. Die Lippen, die dem 
Kuß entgegenfhmwellen Wieland, Oberon 7, 4. Die (Bruft) 
mit Freudebeben erihwoll, fih und, den Geiitern, gleich zu heben ? 
Göthe, Kauft 1, 34. Laß jebt auch unfre, dieſer Männer, Kraft fo 
riefenbaft anmwachien und erichwellen, daß uns das Uugeheure moͤg⸗ 
lid) jei. Uhland, Herzog Eraft 5. Die Juden fluegen Chriftum an 
fein wang, das im (ihm) jein mund gefwall. Scheller 3, 534. 
Bor dem aus Lilar berfchwellenden Gewitter. 3. Paul, Titan. 
Stündlih wachſend ſchwillt das Verderben an die Stadt heran. 
Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 3. Siehft du jene ſchwarzen Don- 
nerwolfen über den Waldberg herauffchwellen? Gamye Da 
ſchwoll gedrängt ein leichter Dampf aus ihm hervor. Göthe, Bans 
dora. Wenn du (Fluß) in der Winternacht wüthend überfchmiltit. 
Börbe, an den Mond. Mein überſchwellend und empörtes Herz 
bab’ ih hinabgedrüdt in meinen Bujen. Schiller, Tell 3, 3. Bon 
denen (Bligen) der warne Himmel überjhwoll. 3. Paul, Titan 
3. Ich Habe mich doch entjchließen müſſen, die Gartenfeite des Hau— 
fes zu unterichwellen. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 108. Ver— 
ihwollene (in der Kälte) Thür (extumida janua). Vocab. v. 1618. 
Wenn die Sonne aus der Wolkenglut vorſchwillt. 3%. Paul, Hefpe- 
rus 9. Die Minorität unterfchied ſich gemeiniglid) durch Zahnlücken, 
zugefhwollene Augen und blutige Köpfe. Lichtenberg, über die 
Kopfzeuge. 

Anm. Die Participien geftatten auch Zuſammenſetzung mit andern Wörtern, 
3. B. Es hebt der glänzende Bach fi Liebefchwellend empor. Kerbel. Welche 
(Mitch) ſtets darbietet im Zabr milchſchweliende Euter. Voß, Odyſſee 4, 69, 
Auf fauftihwellendem Lager. Voß, Ilias 22, 504. An ihre wollnit- 
Thwellende Bruft den König des Olympus zu empfangen. Schiller, Semele 2. 
Flenuch, hochgeſchwollner Erobrer! Klopſtock, —3* 11, 976. Da fteht 
man Schlangen bier und Nattern die giftgeſchwollnen Bäuche bläbn. Schil— 
fer, Kraniche des Ibycus. In ihrer neidgefhwollnen Bruit. Kofegarten, 
die Unſchuld. 

Schweller 1) der da jchwellt; 2) die aufwärts gebogenen Bäume 
unter dem Schlitten, auch Die Seitenjchwellen des Kutichkaftens. — 
Steht irgendwo verpicht im Keller ein Chrenwein, ein Herzeusſchwel— 
fer. Voß, Ehorgejang. 

Schwellung; Schwelle (ahd. das sudlli, mhd. die und das 
sweälle, niederd. sville, plattd. sülle), minder gebräuchlich der (das?) 
Schwell, eigentlih das Aufichwellende, fich Gehebende dann gewöhn= 
lih der Grundbalken oder das Zimmerholz, welches die Grundlage 
einer Band, eines ZThürgerüftes u. dgl. bildet, eine Erhöhung, um 
das Waſſer zu jchwellen; in weiterer Bedeutung Anfang einer Sache. 
Die frühere Sprache (auch die heutige Volksſprache) ſagt auch dag 
Geſchwell (mhd. geswelle). — In des Meers graumogender Schwel- 
lung. Boß, Ilias 19, 267. Kein beifrer Mann ift über Diefe 

30 





466 


Schwelle noch gegangen. Schiller, Tell 1,4. Wir flehen an der Schwel⸗ 
le wichtiger Entdedungen in der Luftlehre. Lichtenberg. Daß erbebten vor 
der Rufenden Stimme die Ueberſchwellen des Tempels. Klopſtock, 
Meifias 13, 180. (Ich) werde tiefgebüdt vor feiner Thürſchwelle. 
Schiller, Räuber 2, 1. — Weld ein Harren für mih am Kammer- 
ſchwell? Gödingk. 

Schwellfarbe, —kopf, Ceigenfinniger Menſch); Schwellenbaum, 
—bolz; Schwellerbaud, — franz, —riemen.. 

&chwiele (ahd. der suilo,- das gesuil, mhd. der und dus swil, 
die geswil, agf. svile, bei Alberus ſchwill, bei Stieler Schwiele 
und Schwell, in der Volksſprache der Schwillen, das Gefhwill) 
eine erhobene (aufgeichwollene) Stelle in der Haut, wo fie did und 
bart ift, fei fie von Natur, oder durch Drud, Schläge ꝛc. hervorge⸗ 
bracht; ſchwielicht, ſchwielig. — Eine blutige Schwiel’ erbob 
fih über dem Rüden. Bürger, Ilias 2, 267. Wenn einem das 
Hirn in: den Ferſen jäße, wärs da nicht in Gefahr, Schwielen zu 
befommen? Shaffpeare, K. Lear 1, 5. 

Schwielenhorn, - fpindel (Arten von Pofaunenfchneden). 


Schwal 9) (ahd. sual, mhd. swal, agf. sval, altn. svalr) 1) 
angejchwollene Flußmaſſe; 2) (fig.) große ungeordnete Menge; 3) (fig.) 
ein großer Körper. Davon ſchwallig; ſchwallen (fih mit Ge— 
räuſch wellenförmig bin und her bewegen). — Daß, zum Zwecke, 
Waſſer fliege, und mit reichem vollem Schwalle zu dem Bade fi 
ergieße. Göthe, Zauberlehrling. Und Wagen und Reiter und bräut- 
liher Schwall. Göthe, Hochzeitlied. Ce noch der Schwall der 
Geſellſchaft fich herandrängte. Göthe, 2. Aufenthalt in Rom, Bericht 
Detober. Das Ungethüm! Mit dem Stahl durchwühlt' er ihm raſch 
den Schwall des dunkelnden Bauchs. Fr. Stolberg. — Bededt iſt 
Alles mit Waiferfhwall. Göthe, Job. Schus. Wo Phileros 
wild ſich hinabjtürzt in den Meerfhwall. Göthe, Pandora. Zu- 
ruf zu Maskenſchwall! Göthe, Fauſt 2, 52. Bis Mann auf 
Mann die Seinen, ohne Wanken, mit ihm im N chwall ver- 
fanfen. Seume, das Opfer. Wenn beim fernen Donnerhull herau— 
wälzt der Sturmwind Wolkenſchwall. Voß. 


Schwulft (ahd. die suulst, mhd. die swulst, altn. sullr) 
1) (gewöhnlich die) der Zuftand da ein Ding jchwillt (gefchwollen ift); 


1) Mär. führt Biemann swal — heißer Drang an. Unfer fhwelen = 
qualmend lanafamı brennen, lautet ahd. suölan, suillen, agf. sveelan, sv&lan, mh. 
swillen, neuniederd. svelen. Dahin gehören altn. svaela — rauchen, litthauiſch 
swelu — fengen, agſ. swole — Hitze, uhd. ſchwül. Das ahr. suöllan, mhr. 
swöllen hat aud die Bedeutung erſticken, flerben vor Durſt oder Hunger. Beide 
Bebeutangen laſſen fih wol als mit einander verwandt betradyten, da bas Anger 
brannte wie das Erſtickende gewöhnlich etwas aufihwillt, auch die ſchwüle Luft 
in mancher Hinficht ein Auffchwellen bewirkt. 





467 


2) (fig., der) Uebertreibung in unechte, fcheinbare, überladene‘ Größe 
und Fülle. Davon [hwülftig — zu unechter, fcheinbarer Größe 
mit überladener Fülle anfgetriedben; Schwülftling (bei Schotte); 
die (und der) Geſchwul ſt (ahd. die k(g)isuulst, mhd. geswulst) Aus⸗ 
dehnung der fleiichigen Theile des Körpers; früher auch gefhwülftig 
im Sinne von ſchwülſtig. — Alſo, geipannt vom Stahle mit 
Scnellfraft, hebt ji des Polfters leerer Schwulft. Voß, auf eine 
Lobrede. Er ſtarb an der Schwulft. Rabener, Auszug aus der 
Chronik des Dörfleins Querlequitih. Daher fommt alles Webertrie- 
bene, alles Manierirte, alle falihe Grazie, aller Schwuſt. Göthe, 
ital. Reife Neapel 17. Mai 1787. Der Ruhm, wonady du ringft, ift 
Luft, ift Seifenblafe, fteiget ſchwülſtig. Voß, fehwergereimte Ode. 
Bas im Homer das Recht uns zu gefallen hat, wird in der Neuern 
Mund oft ſchwülſtig, öfters matt. Wieland, Ydris und Zenide 1, 
2. — (Daß fih) zugleich ein Geſchwulſt an der linfen Seite des 
Halfes gebildet hatte, den man jegt erft, nach vorübergegangener Ge- 
fahr, zu bemerken Zeit fand. Göthe, LXeben 8. B. Ein Recidia des 
Badengefhmwulftes überfiel mi. Göthe, Briefw. mit Schiller 
1, 157. Landfarer (Quackſalber) fagen den viel gefhwulftiger 
Wort. H. Sachs. 
Bonmbaft (engl. bombast, aus mittellat. bombax, bembax, gr. Baufßaf 
— Baumwolle, hd. bambas) eigentlich Baumwolle; dann (da diefe durch den 
Drud ſich aufbläht) überaus aufgeblähtes übertriebenes Wefen in Gedanken, 
Reden oder Thun. Davon bombaftifh. Hochtrabend (vom Traben des 
Bferdes im hoch gehobenen Leibe, mhd. d(t)raben) fig. überhebend in unechter, 
ſcheinbar gewichtiger Groͤße. — Die größte, mehr als efelhafte Megelung, die 
je der fette Froſch Bombaft in dunftigem Irrlichterfumpf poetiſchen Wahns 
finns laichete. Platen, rum. Oedipus 1. Werthlofe Neuigkeiten, die uns in 
einem hochtrabenden Tone verfünbigt werden. Thümmel, Gr ift zugleich 
fo gemein und fo foflbar, fo Friechend und fo hochtrabend. Leffing, ham: 

burg. Dramaturgie 59. 

Schwulſtkraut; Geſchwulſtkraut. — Der ſchwulſteinpöck— 
leriſche Muſenſohn. Platen, rom. Oedipus 1. 

Schwüle!) (ahd. swuoli? mhd. swüele, swüelich, swilch, 
swüllec, Volksſprache ſhwüllig, geſchwüllig, ſchwilch, ſchwülch, 
ſwol, ſwollig bet Stieler ſchwul, geſchwüſl) drückend heiß, fo 
daß man davon beklommen wird, wie 3. B. in Gewitterlnft. Davon 
Schwäüle und ſchwülen. — Es ift fo ſchwül, fo dumpfig bie, 
und ift doch eben fo warm nidht drauf. Göthe, Zauft 1, 142. 


1) Die Nebenform ſchwul, mehr dem gemeinen Leben angehörend, Hat die 
er bee Bedeutung ängfllich Herzbeflommen, angf und bange. Davon mit Tatis 
niflerender Endung Schwulität. — Der Oberuhu flöhnt und füftet, beffemmt von 
Ahndungen, und ſchwul. Voß. Kein armer Verbrecher fühlt mehr Schwuli⸗ 
tät, Bürger, der Kaiſer und der Abt. 

20 * 


468 


Schwillig Wetter. Vocab. v. 1618. Das aufgeblafen ſchwül— 
lige weltwefen. Scherz. Durd ganz Genua berricht eine dumpfige 
Schwüle. Sciller, Fiesko 2, 4. Wo feid ihr Sonnen, deren Gut 
mich ſchwülte? Rückert, geſ. Gedichte 2, 327. Glut des Sommers, 
der drüdend ſchwült. Dai. 1, 413. 
Warm (ahd. altf. waram, warm, mhd. warm, agf. wearm, altı. varmr; 
‚vgl. goth. varmjan = wärmen, fanffr. gharma, altlat. formus, gt. Hepuos, 
äolifh YPeouo;s — Wärme) eigentlich die Empfindung babend oder erregend, 
daß Cinem ſo it, wie wenn des Feuers Nähe auf ihn wirft. Davon Wärme 
(ahd. wafe)rmi, mbb. werme, wermede, älternhd. Wärmde, Wärmbde). 
Heiß (ahd. mb. heig) in hohem und fehr empfindlichem Grabe warm. Da: 
von Hitze (ahb. hizza, mhb. hitze, altn. hita), Yan (ahd. lao, mit Ge 
fchlechtsendung läwer, lawiu, lawaz, mh. lä, mit Geſchlechtsendung läwer, 
lawiu, lawez, älternhd. law, bei Alberus gelaw; zu lat, Inerc, lavare = 
wafchen, mit dem Benriff des warmen Wafchens) mäßig warm. Davon lan: 
lich (mhb. leweclich), Lauigfeit (mbb. laewekeit, läawkeit), aud in un- 
eigentlichem Sinne. Verſchlagen und überfchlagen ff. fhlagen) ber 
Kälte oder Hitze benommen, leidlich Tau geworben. — Für drüdend dunſtigheiß 
hat die Voltsfprache ſchmudig, ſchmodig, ſchmodrig, ſchmutchig, 
ſchmuterich (engl. smothered; ahd. smethelich führt Schmidt, Weller: 
wäldifches Idiotikon S. 198, aus Willeram an; Graff hat es nicht). — 
Mache er Herrn Juſten den Ropf nit warm. Peffing, Minna von Barn- 
helm 1, 2. Im trügerifchen Lichtfpiele, das die Wärme erregt, flieht man 
bald ten Fuß diefer Balınen frei in ver Luft fchweben. A. v. Humboldt, Ideen 
zu einer Phyfignomif der Gewächfe. Er (ber Kranz) fengt mir meine Loden, 
und wie ein Strahl der Sonne, der zu heiß das Haupt mir träfe, brennt 
er mir die Kraft des Denfens aus der Stirne. ieberhige bemegt mein Blat, 
Böthe, Taſſo 1, 3. Süße haue Lüfte wehen. Göthe, deutfcher Barnak. 
Meber die Wiege Virgils Fam mir ein lauticher Wind. Göthe, Vened. Epi⸗ 
gramme 1. 


Anm. Zu fhwellen gehört auch der Ortename Schwalbach (swalbach). 


— Neben Schwall = Menge hat Stieler noch Schwalm Das ahd. mhr. 
swalm ift Strudel, Qualm. 


Schallen ). 
(Wurzel scal, scil; nad Wackernagel zu hallen gehörig.) 
Scalle, ſcholl, geichollen, (ſchallte, geſchallt), ſchallen (ahd. 


scillu, scal, scullumês, scollaner, scẽllan; mhd. schille, schal, 


1) Schallen ſteht für jchellen, fchillen. Stieler hat ſchillen, a—, 
verfehillen; ſchellen, geſchellet, idem quod ſchallen: ſchallen, geſchallet — 
sonare, sonitu aures complere. — Die ſchwachen Formen ſchallte, geſchallt 
find durch Rückumlaut aus ſchellen entſtanden, wie rannte, geraunt aus ren: 
—— S. 194. Anm. 2. Im Lauf der Zeit miſchien ſich fchellen und 

allen, 





4698 





schullen, geschollen, schälten, schillen; altı. skölla) einen Schall 
von fi) geben, von ſich hören laſſen. — Die Lieder der göttfichen 
Herfenfpieler ſchallen mit Macht, wie bejeelend, darein. Klopftod, 
Meifiad 1, 237. Wo der Unfe Klage Scholl. Kofegarten. Cymbeln 
Hangen, Pauken jhallten. Herder, Eid 46. — Wie man in den 
Wald jchreit, jo Ichillt es wider heranß. Seb. Frank. Das geſchrey 
erſchall. Aventinus. Als des H. Bichtigers Leben erſchall. A. 
Tſchudi I, 119. | 
Die Synonymen f. bei Flingen ©. 325. 

Schellen (ahd. scalljan, scellan, mhd. schellen u. schallen, 
älternbd. Fhällen) 1) fchallen machen, mit einem merflihen Schall 
zertrümmern (zerichellen); 2) im Bejondern einen Schall mit einer 
Schelle bervorbringen. — Der Gigrift mußte mit dem Glöcklein 
ihellen. Schiller, Tel 3, 8. 

Auf—, aus—, daher —, darein—, durch —, empor—, ent—, 
entgegen—, er—, ber—, herab—, herauf—, heraus —, herein-, 
herüber —, herunter —, hervor — hin —, binab—, hinauf—, hin⸗ 
aus — hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, miß — nach —, 
nieder—, über—, um—, umher —, ver—, vor—, vorüber—, wi⸗ 
der—, wieder—, zu—, zurück—, aufammenfchallen; — aus—, 
be—, er—, zerichellen find flar. — Stimmt ind Gekreiſch, ins. laut 
aufichallende Gelächter! Voß, Junker Kord 134. Wie des Kö— 
ders Geklirr ihm daherſcholl. Voß. Himmliſche Lieder Ichallen 
darein. Göthe, frühzeitiger Frühling. Der laute Ton von Zither, 
Flöt' und Home durchſcholl den Burghof. Platen, der grumdlofe 
Brunnen. Aus allen Völfern ſchall' empor Geſang dem Unge- 
nannten! Voß, Luife 1, 501. Und wie der Klang im Ohr vergebet, 
der mächtig tönend ihr (der Glocke) entſchallt. Sciller, Glode. 
Wo ihm der füße Harfenflang aus der Kammer entgegenfchallte, 
Göthe, Meijters Lehrjahre 2, 13. Aber vor allen Stimmen erſcholl 
die Stimme: des Erſten unter Den Menfchen. SKlopftod, Meffias 1, 
476. Erſchollen war in diefen Thälern fehon der Ruf des neuen 
Greuels. Schiller, Tel 2, 2. Bis Dereinftens zu dem Alles ent- 
rathfelnden Tag die Ruferin herſchallt. Sonnenberg, Wie tod- 
weisjagende Wetter ſcholl die erfchütternde Stimm’ herab. Sonnen— 
berg. Der Baffenklang der Sinfenden und ‚der Huf der Roffe ſchallt 
befter aus der Erde herauf. Klopſtock, Hermannsſchlacht 1. Alfo 
Ihallt von dem Meere fein Dank im Dommer berüber. Pyrker, 
Tunifias 3. Ein Geifterlaut herunter ſcholl. Uhland, der Schä— 
fer. Weſſen ift dieſe Klage, die aus den Gräbern hervorſchallt? 
Klopſtock, Meifins 14, 1007. Der (Glückwunſch), feitlichem Gtloden- 
geläut gleich, über das Dorf hinſchallt. Voß, Luiſe 3 b, 316. 
Dom iöben Felshang in der Entfcheidung Thal ihr Lied hinabſcholl. 
Boß, die Bundeseihe. Hochfeierlich ſcholl der fegnende Zuruf anf 


470 





die Gewaͤfſer hinaus. vier, Tuniſias 8, Dort, denfe ich, foll 
es noch beffer Hinunterichallen, als es bier durch den diden Wald 
den Eheruöfern zuf challt. Klopftod, Hermannsſchlacht 2. Welche 
(That) Taut in die Jubelhymne der Schöpfung mißſcholl. Sonnen- 
berg. Dem des Volkes Flühe nahfhallten Schiller, Maria 
Stuart 4 4. Der Abgrund ſcholl hohl dröhnend ihm nad. Bag- 
gefen. Bon den Wällen umber ſcholl nieder mit Nahhall Donner- 
gebrüll der Feuerſchlünde. —— Und heulen ſie (die Stürme) 
von Nord und Süd, ſo überſchallt ſie doch mein Lied. Uhland, 
des Knaben Berglied. Dieſen umſcholl von Todten Geräufch rings. 
Voß, Odyſſee 11, 605. Den Dank und Jubel umfhallten Thüm—⸗ 
mel. Unzählige Diener und Sklaven . . . jammerten, lautumfchal« 
lenden Rufe. Pyrker, Mofes 2. Höret, wie ſchön im Thal: „Wer 
Gott läßt walten” umberfhallt! Voß, Luiſe 1, 234. Eine kurze 
Rede verfchotl zum größten Theil im Winde. Göthe, Wahlver- 
wandtichaften 1, 15. Es (das Stück) war eines derer, die damals 
in Dentichland großen Beifall fanden und nun verfhollen find. 
Göthe, Meifters Lehrjahre 4,2. Der Alten Saitenfpiel [half eurer 
Leyer vor. Uz, Brief an Hofratb C. Es ſchallt an euren Ohren 
vorüber. Schiller, Räuber 3, 2. Wo in düſtrer Einfamkeit dumpf 
die Tritte widerfchallen. Uhland, Gejang der Jünglinge. Wenn 
das Gewölbe wiederfhallt 1), fühlt man erſt recht des Baſſes 
Srundgewalt. Göthe, FZauft 1, 104. (Das) Rhipäos fern mit Har- 
fonienhöhn En Iholl. Voß, die Deutjchheit — Dem muß man 
jo was an die Nafe heften, wenn’s morgen am Marktbrunnen aus- 
geſchellt fein fol. Schiller, Kabale und Liebe 1, 2. Wie fliegt 
der gleitende Schlitten nah den befhhelleten Roſſen! Eludius. 
Der mit des Donnerd Macht dad ganze Land erſchellt. Opig, 
deutfche poem. Breslau 1625 ©. 49, Kein Tropfen Menfchenbint 
erregt fi im Geſichte, als welcher obenher von Gottes Wunden fällt, 
amd ihren Mutterleib nad) Donnersart erfhällt. Scultetus, öfter- 
lihe Triumphpoſaune. (Wenn der Blitz) der Eichen Kern erſchellt. 
Lohenftein, Cleopatra 1, 891. a. bereitS die Häupter fo vieler 
Städte zerſchellt hat und zerſchellen noch wird. Bürger, Ilias 
2, 117. Und unten zerfchellt das Gerippe. Göthe, Todtentanz. 
Mit zerſchelen — durch heftige Erſchütterung in Riffen und Brüder 
auseinander fahren, dann auch fo anseinanderfahren machen, ſtunverwandt find 
jermalmen, von goth. malma, ahb. mölmo, mäb. mölme, möln, itel. 
3) Die frühere Sprache hat nur wider, goth. vithra, ahd. widar, widhar, 
mh. wider, widir für das erft im vorigen Jahrh. von den Grammatifern unters 
ſchiedene, don den Schrififtellern nicht immer gewahrte wider und wieder, Die 
Bedeutungen laſſen fih nicht immer genau ſcheiden: Widerſchein kaun fomel 


Abprall und Begenwirfung, als auch Wiederholung des Lichts bezeichnen; ähnlich 
it es mit wider. und wiederfgallen. e — 





471 


melmo — Staub, Erdſtaub, f.mahlen) — durch Daraufpreffendes oder Darauf: 
fahrendes in kleinen Theilchen auseinander gehen machen; zerfnirfchen (fo ſchon 
bei Stieler, ver auch das einfache Enirfchen hat; älternhb. Enirfchen ©. 475, 
tnierfen, Enirfen, Envrfen, von Enirren, das einen harten Naturlaut 
nechahmend bezeichnet) knirſchend flein machen; dann Feſtes durch prefienbes 
Reiben Elein brechen; uneigentlich in Trauer zerpreſſen; zerfchmettern (bei 
Stieler fhmittern, fohmettern, zerſchmettern, Berflärtungss und 
Wiederfolungeform vom agf. smitan = ch meißen ſ. d.) erſchütternd fchlagen 
oder werfen; mit hellen erzitterndem Klang an das Gehör ſchlagen und fu - 
Rh hören laffen (fchmettern); durch heftiges Widerſchlagen wit Erſchütterung 
in Feine Theilchen auseinander führen machen. — Wer auf diefen Stein fels 
let, ver wird zurfchellen (zerſch.). Auff welchen aber er fellet, den wird er 
jumalmen (zeem.). Luther, Bibelüberf. Matih. 21, 44. Gitel zer: 
malmt tie an Spreu nur ergiefigen Halme das Eſtrich. Voß, Ueberf. von 
Birgils Landbau 1, 192. Zermalmt habt ihr die fremden Horden. Uhland, 
am 18. Det. 1816. (Ich babe) mehr zerfnirfchte Ihränen ihr geweiht. 
Shalfpeare, K. Heinrich V. 4, 1. So wird das Schiff gerfchmettert an 
vr Zlut, Schiller, Tell 4, 1. Ä 


Scheller; Schellung; Schelle (ahd. scella, mhd. schelle) 1) 
ein Ding, welches fchallt; 2) in engerer Bedeutung ein mettallenes 
Ding, welches ſchallet; 3) ein jchallender Schlag, gewöhnlich Mauls- 
ihelle. — (Ev) gab ihm eine derbe Schelle. Kichtwer. Entweder 
du gehſt, oder du kriegft Ohrfeigen ... Der Herzog gab ihm 
einige füchtige Maulfchellen. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 7. 


Beackenſtreich (1. baden und ftreichen) fit der ebelfte der Hierher ge- 
hörigen fynungmen Ausdrüde. Obrfeige (kommt fon im 16. Jahrh. z. B. 
bei Rollenhigen vor, holländ. oorvijg für orveeg, von vijg flatt veeg = 
Zug, Sieb, f. Ohr ©. 21) Hieb ans Ohr. Kopfnuß (aus Kopf und 
Nuß — Stoß, Schlag, von ahd. niozan — flogen, in der Volksſprache nuſ⸗ 
fen für nußen = fdlagen, befonders mit der Fauſt aufden Kopf) ein Schlag 
auf den Kopf. Dachtel — Schlag an den. Kopf (von Dad in der Bolfs: 
ſprache — Kopf? oder von einem einfachen, zu dengeln, ahb. tankilön, mhd. 
tengeln und tengen gebörigen Verbum t(d)igan?). — Sag’, warum gabft 
tu nicht fogleich dem Frechen Kerl einen Budentreih? Goͤthe, Kauft 2, 
227. Ih wolte ihm ein paar Dadyteln geben. Simpliciifinus 3, 9. 
Yum. Die Volksſprache Hat noch viele andere Ausdrücke, z. B. Backpfeife, 
Dhrfaniel, Duſel, Schwinderlina, Breme (vgl. abd. premo = Breme, 
brummende liege), Horbel, was ſchleſiſch Horche (Schlug an den Kopf zum 
Aufhorchen). — H. Sach fagt: jr ein gut ohrwafchen gab, wofür man an 
Mittelrhein Watfch hört, 

Bein —, Hand —, Narren—, Schlittenfhelle u. a. — Als 
auf ihn 108 ein Hund mit Bellen und Raſſeln vieler Halsband- 
ibellen aus einer Pfennigfchenfe fprang. Bürger, der Hund a. d. 
Pf. So follt Ihr von Euern Fußſchellen losfommen. Shakefpeare, 








472 


Map für Maß 4, 2. Es iſt befannt, wie fehr Thomfon wider diefe 
Narrenfhelle geeifert hat. LXeffing, Hamburg. Dramaturgie 7. 

Schelladler, — apfel, —art, —beere, —beißer, —eifen, —erbie, 
— fifch, — hammer, —harz, — kraut, —lad, —wurz; Schellenband, 
— baum, —balsbandd, —horn, —klang, —könig, —mufchel, 
— pferd, —pflanze, —ſack, —Ihlitten, —ſchnecke, — wert u. a. — 
(Sch war) aus erquidlichem Schlaf durdy ein andauerndes Schellen- 
und Glodengeläute zu meinem großen Verdruß aufgewedt. Göthe, 
Meifters Wanderjahre 3, 5. Auf dein Schellengeraffel adjte ih 
nicht. Ungenannter bei Campe, Mit Tieblihem Scellengetön. 
Bürger, die Kuh. Die Schellenkappe habe ih nun aufgelegt. 
Schiller, Fiesto 2, 4. Den Schellenfarrn zu ziehn. Pfeffel, Su- 
fette. Sei Er fein fhellenlauter Thor! Göthe, Fauſt 1, 37. 
Was foll der Krieg mit ſolchen Schellennarren? Shafefpeare, 
J. Cäſar 4, 3. Dem Billard gab man das Schellennek, den 
Kugelfall dem Ohr des Zählers anzudenten. Ungenannter bei Campe. 
Vergebens fümpft der [hellenumbaumelte Gott. Kl. Schmidt. 

Schall (ahd. scal, mhd. schal, altn. skällr, |. S. 39.) — 
Daß von dem Scalle der Lieder des Tempels Schwellen erbebten. 
Klopftod, Meiftas 4, 1080. Seines Lebens Schall, der auch zu 
mir drang. Schiller, Pıecolomini 3, 8. — Zog Alt und Yung mit 
Subelichall den Kommenden entgegen. Bürger, Lenore. (Er) 
trinft bei Orgeljchalle den fühlen Klofterwein. Uhland, Weberfall 
im Wildbade. Paulenſchall erflang wiederholt. Göthe, Leben 11. 
B. Wir waren durch Wein und Trompetenfhall mächtig aufge- 
regt. Göthe, die neue Melufine. 

Knall (f.Enallen S. 475) hörbare ftarke plöplich ausbrechende Entladung ge: 
preßter Luft. — Rnall und Dampf wiederholte fi einigemal. Göthe, Sams 
pagne in Franfreih 30. Aug. Hin flürzet von Ranonenfnall die Mauer 
fammt dem Thurme. Uhland, Trinklied. — Die andern Syn. f. S. 329. 

Schallboden, —glas, —born, —fraut, —Ioh, —ftrahl, — ſtück, 
—welle, —werfzeug, —worte u. a. — Das Schallgelädter der 
Freude. Kofegarten. Wie in Schallgewölben wird es (das Wort, 
das der Vater feinen Kindern fagt) an dem fernen Ende laut und von 
der Nachwelt gehört, 3. Paul. Schallreiche Ausdrüde Wieland. 
Das frumgehörnete Schallrohr. Voß. i 

Schal (mid. schal) eigentlidy fchallend, hohl; von dem hohlen 
Faſſe auf den Inhalt, das Getränke übertragen kraftlos, geiftlos. — 
at Ihaal und abgeſchmackt iſt ſolch ein Leben. Göthe, Eugenie 

‚4. 

Geſchmacklos (v. Sefch mad, agſ. smãc, ahd. kismah, gasmac,mht.smach, 
smac, davon ſchmecken ahb. smacjan, kismahhan ©, 460, von einem ftarfen 
Berbum smikan) ohne Geſchmack, feinen Gefchmad haben, ohne Wirfung anf die 
Geſchmackswerkzeuge (auch fig). Abgefchmadt= ben Geſchmack verloren habend 





413 


argen den guien Gefchmock (auch fie.) — Daß hetall re ein buntes unbe⸗ 

friepigendp®, öfter fogar. geſchmackl oſes Weſen hervortrat. Göthe, Leben 5, 

B. Und fo fchien jenes Buch unſchmackhaft, ja abgeſchmackt. Goͤthe, 

Leben 11. B. . ke ee: —— 

Anm, 1. Schilling (goth. skilliggs, ahd. agſ. scilling, mhd schilling, 
altn. skillingr) ſchallendes, tönendes Erz, Elingende Münze, gehört zu ſchallen. 

Anm. 2. Hierher ſcheint auch der erſte Theil des Wortes Schellhengſt 
— gehören. Abd. heißt scälo, schẽlo, mihd. schel der Zuchthengſt. Die Wurzel 

sicht far. Weigand möchte an.agf. scallan — Hoden venten. 

Anm. 3. Das nun wieder veraltete Adj. fchellig — zurnig, unfinuig, 
könnte zu ſchallen gehören; ein Schelliger wäre, in deſſen Kopf alles unhars 
moniſch durcheinander fchullt. 

Anm. 4. Scholle (ah. 'dör scollo, diu scolla, mhb. der, diu scholle) 
gehört vielleicht bierher — tönende Erde; uber fleht das Wart für sculjo? in wel 
em Fall 26 zu skilan — trennen, mhd. scheln = fihälen gehörte. Grimm 
laͤßt es zweifelhaft. — Das der Bolfäfprache angehörige Schilbe, auh Schulbe 
(abd. scelva, sceliua, sccliwa, ‘mhb. schelve = Schelfe und Scholle) — Gis⸗ 
ſcholle, andy Miſtſcholle, Düngerſcholle ſcheint eher zu skilan zu gehören. 


Hallen). 
(Butzel hal, hil; vgl. gr. Bone — ich rufe, treibe an durch Ruf; 
x) — rufe, lat. calare — rufen,) 


Halle, Hallte, geballt (früher Hall, geholfen), hallen (ahd. 
hillu, hal, hullumds, hollaner, hällan; mhd. hille, hal, hullen, 
gehollen, hällen) Hall und Schall machen (S. 325. 469) ift fait nur 
dihterifch. Die frühere ftarfe Form findet ſich noch im 16. Jahrh. 
— Ze hant als die ſturmen gloden erhilt. Weftenrieder, Beitr. 6, 
102. Die ſchleg begundten hillen. Heldenbuh vom 3. 1560 Bl. 
113. Das Berg und Thal erhall. Daſ. Bl. 114. Das es vnter 
einmder ball. Daf. Bl. 176. Spruch, dorin er nye gehyllt ... 
bett auch in die fage nie gebollen. Monum. boic. 25, 415. 464. 
Er verhol (jagte aus). Daf. 5, 267. — Durch die fteingewölbten 
Gänge jeder Odemzug hallt ab, wie in hohler Grüfte Grab. Meiß- 
ner. Noch bin ich nicht fo glücklich geweſen, Diejen tiefen Ton zu 
vernehmen, ob ich mir — dazu nöthigen Intervallen habe an— 
hallen laſſen. Muſikal. Zeitung, Dumpf aufhallte der Grund. 
Voß. Die Glocken hallen aus. Uhland, ein Abend. Glockenklan 
und Jubelruf erhallet weit. Uhland, Ludwig d.B. 2. Wenn —* 
(Worte) an deinem Ohr verhallen. Göthe, 13. Sonett. Laß den 
Geſang vor unſerm Ohr im Saale wiederhallen. Göthe, der Sän— 
gr. Die Gloden hallen dumpf zufammen Schiller, Kindes- 
mörderin. | i 

Die Synonymen f. bei Elingen ©. 325. = 

_ Hall mit feinen Synonymen f. ©.329. 472. — Ya, er ift es, Du 
dit des Donnerhalls, der Pofaunen Berg, bift Sinai! Klopſtock, 


1) Eiche das zu fhallen S, 468 Bemerkte. 





414 


Meſſias 11, 891. Den den Wällen umber ſcholl nieder mit Rach⸗ 
ball Donnergebräl der Feuerfchlünde. Sonnenberg. Rirgend ihrer 
fanften Stimme Rückhall. Herder. (Er) erwacht in Poſaunen- 
ball. Klopſtock, Meſſias 11, 905. Getäufcht von des Wechſel— 
balles Gegaukel. Voß. Alſo ftammelt’ er fanft, wie fih Wieder: 
halle verlieren. Klopftod, Meſſias. 
alldrommete, — horn, —jahr. 
ell (ahd. gehel, mhd. hel) urjpr. unbenommen und ungehindert 
vernehmlih dem Gehörfinne in hohen Zönen; dann auf Kicht und 
Farbe übertragen: fo lichtvoll, daß man die Gegenftände gehörig erfen- 
nen und unterjcheiden kann. Davon hellen, ab—, auf—, aus—, 
erhellen. — Und er gebot Herolden von hell austönender Stimme. 
Voß, Ilias 2, 50. Taghell ift die an. Schiller, Glocke. Der 
freudenhelle Geleiter. Klopſtock, Meiflas 5, 106. (Ex) hüpfet 
wie ein Zifh im fpiegelbellen Teich. Wieland, Oberon 8, 13. — 
Bey eier Lufft. BP. Flemming. 
icht (ahd. lioht, löoht, mh. lieht, altf. licht, alt. liös, f. leuchten) 
allgemein Licht (fichtbar machenden” Stoff) habend. Klar (mhd. klär, lat. 
clarus) das Licht in allen Theilen durchlaſſend, da feine fremde ober übers 
haupt dieſes Hindurchdringen des Lichtes hemmende Dinge oder Theile vorhans 
ben find. Heiter (ahd. heitar, mhd. heiter, altſ. hedar, altn. heidr, von 
ungewiffem Stamm, vielleicht zu eiten — brennen, wie gr. aidpıog — heiter 
. zu aldo, aidro vber zu heien ©. 10 Anm, 1. gebörig) in feinem Lichte 
oder deſſen Durchfcheinen rein, insbefondere angenehm reinen Lichtes. — Ich 
fomm’ aus lichten Gefilden. Voß. Die golpnen Sternlein prangen am Him: 
mel hell und Flar. Claudius. Ganz in der Mitte glänzte filberhell ein 

beitrer Mann. Schiller, Biccolomini 3, 4. 

Hellig (mhd. hellec) bezeichnet eigentlich die Urſache des Reizes 
nach Speife oder Trank; dann die durch Hitze hervorgebrachte Schwäche 
(Hohlheit, Xeere); ſtark ausgetrodnet, ausgedorrt. — Wann du den 
* herausarbeiteteſt, trocken und hellig. Voß, Horazens Sat. 

2, 14. 
Das finnverwandte burftig ergibt fih aus Durfl. 

Einpellig (f. bei einträhtig); behelligen (früher bebel- 
len) befchwerlih fallen; gehellen (veraltet) übereinftimmen. — Das 
Lund war mit Krieg behelget. Stumpf, Schweizerchronif. Mein 
Urtheil, das mir fällt, das foftet nimmer Geld, weil ſolches unbe- 
heilt mein Richter mir beftellt. Zogau. Die Landescoflegien wurden mit fei- 
nen Händeln und Procefien behelliget. Göthe, Wahlv. 1, 2. Alle 
Geiftlichen, fo dem Pabſte hierinne gehelleten. Tſchudi I, 34. 

Anhellig (geftändig) ift veraltet. — Eines Dings anhellig 
fein. Lori, Lechrain 217, 

Helläugig, — blau, —braun, —Ddentend, —dunfel, —geld, 
— grün, —pfeife, —jeher, —weiß. 





475 


um. 1. Bielleicht gehört auch Halle (hallender Enal) hierher. 
Anm. 2. Heller (früher Haller) if von der Stadt Ihwählfh Hall fo 


genannt. 


Knollen. !) 
(Wurzel knal, knil.) 


Knalle, knallte, geknallt (früher knille und knelle, knall, 
etknollen) knallen (mhd. knille, knal, knullen, geknollen, knel- 
en) in ſchnellem ſtarkem Schalle durch plötzliche beftige Erſchütterung 

der Luft, nämlich indem gepreßte fich ploͤtzlich ausbreitet, gleichſam ſich 
entladet, oder eine ſolche ſtark ſchallende Entladung hervorbringen. 
Die ſtarke Form iſt nun erloſchen, findet ſich aber noch im 16— 17. 
Jahrh. — Das jim in dem Leibe das hertze fein erknall. Helden⸗ 
buch vom J. 1500 Bl. 111. Wenn man das Eiſen auf dem Ambos 
nicht wacker knillt, jo wird nichts rechtſchaffenes daraus. P. Abra⸗ 
ham. Wie ein Orkan... zehn Donner überknallt. Alxinger, Doo⸗ 
Iin 5, 40. Laßt alle Wetter Gottes ntedertnaflen Dal. 10, 64. 
Knacken und knicken (wol zu ahd. chnistan = zerfnitfchen ©. 471, chndtan 
— fneten, hnikan = geniden, neigen S. 306 gehörig) find zunächſt Schall» 
wörter. Knicken bed. mit tünnerem Schalle, oder wie e8 mit ſolchem gefchieht, bres 
chen oter brechen machen; Im Befondern etwas in einem Theile feiner Länge 
ambrechen, fo daß ein wie durch Biegung entflandener Bruch entſteht. Kna⸗ 
Ken wird bloß von einem flärferen Schaffe gefagt. Rrachen (ahd. chrahhön, 
cbrahhen, mhb. krachen; vgl, gr. zpezem ſchlagen) In hartem Schall 
vernommen werden. — Daß Zähn’ und Schwarte knackte. Opitz. Wenn der 
Zug Inadt. Goͤthe, Herm. u. Dor. 8, 101. Kradt's gleih, bricht's doch 
nicht. Goͤthe. 

Knall (S.472); Knallblei, — büchſe, —glas, —gold, —fugel, 
—luft, —pulver, —fülber. — Neoliiher Dünfte Knallkraft. Göthe, 
Fauſt 2, 150. 


Schmelzen. 
(Wurzel smalz, smilz; smal-z, smil-z.) 
Schmelze, fhmolz, geſchmolzen, ſchmelzen (ahd. smilzu, 


smalz, smulzum@s, smolzaner, smälzan; mhd. smilze, smalz, 
smulzen, gesmolzen, smälzen; goth. smiltan, agſ. smältan, altn. 
smälta, gr. uiAdsr) aus einem teilen Körper in einen flüffigen ver- 
wandelt werden, befonders durch die Wärme; (fig.) in einen Zuftand 
der Weichheit gerathen; tranfitio (mit ſchwacher Form, ahd. smalzjan, 
smelzan, mhd. smelzen) in einen Zuſtand des Flüffigen oder (fig.) 


2) Siehe das zu ſchallen S. 468 Bemerkte. Stieler führt Inallen, 
Inüllen, fnellen an. 





476 


der Weichhett verſetzen, and mit Schmalz (Wett, Butter) verfehen, 
bereiten; mit Schmelz bededen, überziehen. — Bo ihm in hober 
Defen Glut die Eifenftufe fh molz. Schiller, Gang nach dem Ei- 
ſenhammer. Dieje fanften Ichmelzenden Augen weg! Schiller, 
. Kabale und Liebe 5, 7. Wenn in einer lauen Minute eine fechzig- 
jährige Regel wie eines Weibes Laune ſchmilzt. Schiller, Don 
Karlos 5, 10. Wol ift es feiner von dem weichen Thoren, Die eine 
faliche Weiberthräne ſchmel zt. Schiller, Maria Stuart 1,3. Be 
jonders ſchmelzte das letzte Lied das Herz zu der tiefiten Rührung. 
Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 84. Aber der Hörenden floß Die 
ſchmelzende Thrän’ auf die Wang’ hin; jo wie der Schnee hin— 
ſchmilzt auf hochgejcheitelten Bergen, welden der Oft hinſchmelzte, 
nachdem der Wert ihn gejhüttet; Daß von gefhmolzener Nafle ge 
drängt abfließen die Bäche: alſo ſchmolz in Thränen der Gattin lieb- 
liches Antlitz. Voß, Ddyffee 19, 204. Giftlofe Schlangen, ſchön ge- 
ſchmelzt. Alxinger, Doolin 6, 32. 

b—, auf—, aus —, bei —, dahin —, durch —, ein—, eut Bu | 
herab —, heraus —, bin—, binweg—, nieder—, um—, ver—, 
weg—, zer —, zu —, zufammenfchmelzen. — Die Schluden fichen- 
mal abſchmilzt, eb fie des reinen Goldes fich freue. Koſegarten, 
Hymne an die Zugend. Das Allerſtarrſte freudig aufzufhmelzen, 
muß Liebesfeuer allgewaltig glüben. Göthe, Sonette 14. Wann er 
das Fett ausſchmelzet des wohlgenähreten Maftichweins. Voß, 
Sins 21, 363. Darauf bediente man fih zu Schneidewerfzeugen des 
Kupfers, das durch beigefchmelztes Zinn gehärtet wurde. Unge— 
nannter bei Campe. AU der Schnee ſchmilzt über Nacht Dahın. 
Wieland, Oberon 5, 21. Dahingefhmolzen vor der ſchwed'ſchen 
Stärke waren eure Heere. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 13. Auf 
der inneren Seite (ded Ringes), die nad) Dem Finger fich fehret, jtan- 
den Lettern gegraben und eingefhmolzen. Göthe, Reinefe Fuchs 
10, 12. Schmelzt mein Silber ein. Schiller, Jungfrau von Or: 
leans 1, 4. Die (Gewäfler) body an fehwarzen Gehölzen dem Gfet- 
fher entſchmel zen. Matthiſſon, Alpenreife. Die nächften Gebirgs- 
fuppen, deren Seiten der herabſchmelzende Schnee mit weißen 
Zurhen und ſchwarzen Rüden ſehen ließ. Göthe, Xeben 19. B. Das 
ift eine Ueberzeugung, welche fein Feuer aus mir herausſchmelzen 
fol. Shafipeare, viel Lärmen um Nichts 1, 1. Des Zorues Don— 
nerwolfe ſchmil zt von feiner Stime thränenthauend hin. Sdfiller, 
Zungfrau von Orleans 2, 10. In Lieb' und Wohlklang hinzu— 
ſchmelzen fdien die Natur. Matthiffon, die ent Ihr Anblick 
ſchmelzte die Vorurtheile des Adels hinweg. chiller, Räuber 
3, 2. Wenn jene Zacken, jene Eiſesthürme, die nie aufthauten ſeit 
dem Schöpfungstag, von ihren hohen Kulmen niederſchmelzen. 
Schiller, Tell 4, 1. Jetzt kam beſorgt auch der bereuende Direktor 





473 


noch, den die findlihe Stellung umſchmolz. J. Paul, Titan 16. 
Bir jchmelzen jene (die roben Erze) um. Novalis, 1. Dinlog. 
Gebirg’ und Haie verschmelzen im röthlichen Gedüft. Matthiſſon, 
Abendgemaͤlde. Zu aͤrmlichen Flocken verſchmolz der gehügelte 
Schnee. Voß, der kommende Frühling. 's iſt reine Schönheit, deren 
Roth und Weiß Natur mit zarter, ſchlauer Hand verſchmelzte. 
Shakfpeare, was ihr wollt 1, 5. Wär’ es Schnee, er wäre weg- 
geſchmolzen. Göthe, Klaggelang von der edeln Frauen des Alan 
Aga. Drum laß mich vor den Wehen der ungeftillten Luft zer⸗ 
ſchmelzen und vergeben! Bürger, Schwanenlied. Die Entzückun⸗ 
gen Hatten den Nachtfroft des Geifterjchredens zerſchmolzen. 3. 
Paul, Zitan 8 Ein Geſchirr von Bleiblech, hermetifch verlutixt, d. 
b. aljo zugeſchmelzt, daß unmöglich etwas berausfommt. Geift Der 
Sournale. Deren Caſſe bis auf wenige Geldftüde zufammenge: 
jhmolzen war. Göthe, Campagne in Frankreich 23. Aug. Auch 
trübt man das Glas dadurd, daß man qepülverte und calcinirte Kno— 
hen mit ihm zuſammenſchmelzt. Göthe, Farbeulehre 166. | 
Anm. Die Participien geltatten noch andere Zufanmenfegungen, 3. B. Sti⸗ 
ria's eifenerzfchmelzenden Eſſen zu Ehren. Pyrker, Tnniftas 2. Naſſe Schauer 
— fürchterlich durch fein gramgeſchmol zenes Gerippe, Schiller, Leichen: 
antaſie. Nicht ſeelenſchmelzender klang jenes Barden Lied, Bürde. 
Schmelz (ahd. smelzi, gismelz — Bernftein, vgl. ital. smalto, 
franz. email; mhd. smelz — die Schmelze) 1) ein metallifches durch 
Schmelzen erhaltenes farbiged Glas; 2) lebhafte glänzende Farbe der 
Blumen 2. — Die Schmelze - Anjtalt, wo geichmeht wird, ſelten 
für das, womit gejhmelzt wird. — Schmelzer 1) eine Perfon die 
ichmelzt; 2) das zufanmenhangende Schmalz eines Schweines. — Es 
Das Kaͤſtchen) ſchien von Gold zu fein, mit Schmelz geziert. Göthe, ' 
Meiſters Wanderjahre 1, 4. Und erreicht wohl der Dichter den 
Schmelz der fürbigen Blumen? Göthe, der neue Paufias. (Der 
Mann) alle Größen jeines Geſchlechts im lieblichiten Schmelze ver: 
band. Schiller, Fiesko 1, 1. Was liegt an einigen Meufchen, Die 
nur der Unruhe fröhnen? Was an eifernen Köpfen, die nicht in die 
Schmelze wollen. Benzel-Sternau, Das unreine Wafler der Zieh- 
brunuen ift den größten Theil des Jahres Die einzige Schmelze da- 
zu ( ur Speije, Polenta)). Hiftor. polit. Blätter M, 531. Es wird 
{ihren Küffen der Schmelzer jelbit zerichmelzen müffen. Weichmann, 
Poefie der Niederfachlen 1, 172. u 


Schmelzarbeit, — blau, —bogen,. —buch (beide im Hüttenwefen), 
— eifen, — eſſe, —farbe, —feuer, —form, — gaft (im Hütteuweſen), 
—gefäß, gemälde, — glas, — haus, — herd, —kammer, —kaute, 
— keſſel, — kunſt, — löffel, —maler, — malerei, — ofen, —pfanne, 
— rohr, —filber (bei den Gürtlern), --ftahl, — tiegel u. a. — Ver— 
ſuch' es, von deiner Wahrheit ein Schmelzbild zu geben. J. Paul, 





478 


Sefperus 14. Wofür die Hölerin einige Schmelzbutter beifchoß. 
$. Baul, Siebenfäs 6. Durch jeine Bemühungen entftanden die erften 
einfahen Schmelzgemählde, d. i. es wurden Geftalten mit farbi- 
en Glaſuren auf ebenen Flächen eftellt. Ungenannter bei Campe. 
Bir betraten bei tiefer Nacht die im Thalgrunde liegenden Schmelz- 
hütten. Göthe, Leben 10.8. Geſchickte Schmelzkünſther. Geift d. 
Jonrnale. Em — Eiſen- und Schmelzwerk. Ungenaun- 
ter bei Campe. Auf den Helm, den goldenes Schmelzwerk ſchmückte. 
Hauswald. 

Schmalz (ahd. mhd. smalz, agſ. smolt, in der Bolfsfprache 
Schmelzet = was man in der Küche zum fehmelzen braucht, mhd. 
smelze, smöälzete) eigentlih das ausgelaſſene (geichmolzene) Fett; 
dann das Fett von Schweinen; dann überhaupt Fett zum Gebrauch 
in der Küche als Zuthat an die Speifen; davon fhmalzig, ſchmal⸗ 
zen (gewoͤhnlich ſchmel zen, ſchmälzen). — Kennft du auch die 

roße Lehre von der Butter und dem Schmalz? Uhland, die Elfen. 

Silit nicht Salz und Schmalz verlieren. Göthe, paraboliih 8. 

Der geriebene Käſe ſchmälzt und würzt zugleich die Schüffel. Göthe, 

ital. Reife, Neapel 29. Mai 1737. — Mit Eapaunengefhmalgten 
Fingern. Fiſchart, Gargantua ©. 202. 

Fett (von dem Adj. fett, wieberbeutfch für feift, agf. fartt, altniederd. 

vet, veit, holländ, vet, altfränf. fet, altn. feitr; vgl. gr. ziov, lat. pinguis 
— fett, fanffr. pjai, pjäj = wachſen, zunehmen, ptwara = #elt) überhaupt 
die befannte dlichte Subſtanz, welche aus den Ratnrerzeugniffen gewonnen wird. 
Schmer (ahd. smäro, smärv, agf. smöruw, smern, smöro, mb. smör, überall 
masc.) das weiche, beſonders flüffige Flehrige Fett zum Schmieren, d. 5. zum Auf⸗ 
ftreichen auf andere Gegenflände. — Es war eine Ratt’ im Kellerneft, lebte nur 
von Bett und Butter. Böthe, Fauſt 1, 106. Butterweiche Wagenfhmer, 
daß die Achſen nicht knirren und die Räder nicht girren. Goͤthe, Jahrmarkt 
zu Plundersweiler. 

Schmalzbirne, —blume, — brot, — faß, —fiſch, —grube, — befe, 
—fäfer, — kraut, —fübel, — kuchen, —pfanne, — jalz, — fau, —fchnitte, 
— ſchwein, —fländer, —fternblume, —topf, —wurz. 

Anm. Der fhmalzige Samstag im 15—16. Jahrh. ift der Samstag vor 
Jaßnacht. Das Verbum ſchmälzeln —= einen fehlerhaften Geruch oder Geſchmack 
von Schmalz Haben gehört der Volkeſprache an. 


Welken !). 
(Wurzel malk, milk; mal-k, mil-k.) 
Melke, molk (meltte), gemolken (gemelft), melken (ahd. 
milchu, malch, mulchumes, molchan@r, milchan; mhd. milch(k)e, 


1) „Sollte milkan zufammenhängen mit milan = mahlen? Bol. die Aechn⸗ 


lichkeit der Milh mit dem Mehl und Schnee (altu. miöll = Schnee, mialli = 


479” 


malch(c), mulch(k)en, gemo(u)ich(k)en, mölch(k)en; agf. melcan, 
melcjan, altn. mylkja; vgl. lat. mulgere, griech. audtyer, flav. mi’sti, 
litthau. milszti) die Milch aus den Ziben ziehen durch Streichen. — Die 
Kühe ind gemolken. Göthe, Jery u. Bätely. Das ift ein ſchlechtes Volk, 
zu nichts anftellig, als das Vieh zu melken. Schiller, Tel 1, 3 
Jeßo faß er und melkte die Schaf’ und medernden Ziegen. Boß, 
Odyſſee 9, 244. Großeutrige Kühe, gemelkt und mit faugenden 
Kaͤlbern. Voß, der Abendſchmaus 100. Mädchen, nehmt die Einer 
ſchnell, Habt ihr ausgemollen Voß, das Milchmädchen. Die 
berdenmelfenden Holländer. Schiller, Jungfrau von Orleans 


Prolog 3, 
eilt (ahd. mẽleh, mhd. möle) fommt nur in der Zuſammen⸗ 
Ep mit frifch (friſchmelk) vor; Melker der da mellt; Melkerin, 
ei. — Der Pferd’- und Rennthiermelker. Voß, Zilchlied. 
(Summt) der Melkerin unter dem Weidicht, Voß, Luife 1, 691. 

Meltfaß, —gefäß, —gelte, —fübel, —kuh, —plag, —ſchaͤmel, 
—ſtuhl, — tuch, — vieh, —zeit, —ziege. 

Molke, die, (das, der Molken, im 17. Jahrh. Molck, ſchweiz. 
das Molken, Mulchen) die wällerigen Theile der Milch, nachdem 
die Fett- und Käfetheile fi) davon geichieden haben; molkicht, mol- 
fig. — Bol ſchwamm das Geſchirr von der Wolfe. Voß, Odyſſee 
9, 222. Ein leichtes Molken wird dem bäuerifchen Kinde die befte 
Mandelmilch. Gellert. — Allnächtlich herunter vom Rade huſcht bleich 
und mollig (mollicht) ein nn Bürger. 

Moltendieb (gelber Schmetterling), —faß, —kirſche, —Löffel, 
—ſack u.a. — Beichert mir endlich eine Molkenkur das rare Glüd. 
Schiller, die berühmte Fran. 

Milch (goth. miluks, ahd. miluh, mhd. milich, milch, agſ. 
möoluc, mẽole, altn. miölk, ffav. mljeko, poln. böhm. mleko, ruff. 
molokö, engl. milk, ſchwed. mjölk, dän. melk; davon milden, 
Milcher (Fiſch. ahd. milicha, milcha); milchicht; mildig; 
Nilchheit, — — Den Durſt mir ſtillend mit der Glet- 
her Milch. Schiller, Tel 2, 2. Ilſabe ſchafft mir fühlende But- 
termilch. Voß, der Abendfhmaus 26. Und verbuhlte Modeammen 
fäugen fie mit Eitermilch aus gift’gem Blut, Münchhaufen. Sie 
fanden ein Glas Mandelmilch auf dem Zifche ftehen. Göthe, Mei- 


Beige)” fagt Grimm MI, 72. In der „Geſch. d. d. Sprache“ ©. 326 fagt er: 
„Dem lat. be ſcheint Aphaerefis zum Brunde zu liegen, und nad) mulgere wäre 
früberes mlac, melac anzufegen, uber weil gr. yala, yalaxrog anderes!" Ben: 
fey 2, 358 nimmt yalay, ylay = ulay. Warernagel rechnet das Wort zu 
loden lokön, lat. lac, lacio — lode, gr. ya-Aa. Bopp Gl. 108. 172. deutet 
Kharffinnig lact aus fanffr. dugdha, yalaxr aber aus einer Zuſammenſehung, deren 
eriler SR Ueberreft des uralten fanffr. &A — Ruh enthielte, alſo yu-Aaur = 
Kahmilch, dann jede Milch. 





480 
ſters Lehrjahre 8, 10. Wie ich den Raben abgehoben habe, ft’ ih 
die Schlippermild. Göthe, Bürgergeneral 9%. Fülle die Schaf 
in- der Kammer mit Sülzmilch. Voß, Luiſe 3. a, 523. — Eine Zi 
befommit du mit Zwillingen, dreimal " melfen, die, zwei Böcklein 
rend, zugleich zwei Gelten die voll milcht. Voß. Steht vor dem 
Finftern milchig Grau, die Sonne beſcheint's, da wird es blan. 
Göthe, Gott, Gemüth und Welt. Neichten fie nichts als milchige 
Koft. Platen, die verhängnißv. Gabel 5. Läppiihe Milchheit. Lich⸗ 
er. 2. Beilage zur Epiftel an Göbhard. 

ilchachat, —ahoın, — arche, —artig, —afch, —auge, — ud, 
—bart, baum, —behältnig, — blume, —boot, —branntwein (bei den 
Tartaren), —breßel, — brot, —brußder, —brüße, —brunnen, —Ddieb, 
— dhtel, —drüfe, — eſſer, — eſſig⸗ — farbe, — farben, — faß, — fieber, 
—fladen, —fleiih, —flor, —frau, —friefel, — gang (in der Anatomie), 
—gefäß, —geld, —gelte, — geſchirr, — geſchwulſt, — gewölbe, —glas, 
—glöckchen, — grütze, — harn, — haut, — hirſe, — hut, —jaspis, 
—kaffee, — kammer, — kanne, —käſe, —kern, —keſſel, — kitt, —koch, 
—koſt, —kraut, —kriſtall, — krug, —kuchen, —kumme, —kur, —leiter 
(was Milchgang), — linſe, —löffel, —magd, —maler, — markt, — maß, 
— maul, — meſſer, — milde, —mörtel, — muſchel, —nuß, — napf, 
—opal, — pacht, —pächter, —peterling, —pocke, —porzellan, — pul⸗ 
ver, — pumpe, — rahm, — reich, — reiß, — rödel, ——— (in der 
Anatomie), —ruhr, —ſauer, —fauger, —ſäure, — ſchaf, —ſchale, 
—ſchauer, —ſchnee, —ſchokolade, — ſchorf, —ſchrank, — ſchwamm, 
— ſeife, —ſeihe, —ſieb, — ſpeiſe, —flaar, —ſtein, —ſtern, —ſtück, 
—ſtuhl, — ſuppe, — tochter, — topf, —tuch, — tünche, —tunfe, — waſ⸗ 
ſer, —weib, — wirthſchaft, —wundfraut, —wurz, —zahn, —zehnte, 
—zind, —zuber u. a. — Du wirſt erſtaunen über die vielen großen 
Kühe und über meine Milhanftalten €. Wagner. Im Thale 
flog von deinem Zauberjtab’ ein Milchbach. Hüttner. Ein junger 
milhbärtiger Kremsmünſterer. Popowitſch. Ein Ring von mild- 
blauen Perlen. 3. Baul, Titan 8. Milhbleider — 5 — Shifs 
fpeare, Macbeth 5, 3. Daß ich einen jolhen Milchbrei zu einer 
folhen Unternehmung babe bewegen wollen. Shakſpeare, K. Heinrich 
IV. 1. Thl. 2, 3. Mit dem fogar der Kaifer Joſeph Mildbrü- 
derſchaft trinken würde. J. Baul. (Mein Geift flog) auf denjelben 
Flügeln lüftern und doc furchtſam um die Milchbruft der Zukunft. 
Benzel - Stemau. Mildherfüllte Eimer Voß. An gebratenen 
Milchferkeln (find die Ohren und die Haut) die beiten Stücke. 
J. Baul, Hefperus 21. Sie hatte das Milchfläſchen bei ſich. Götbe, 
Wahlverwandtihaften 2, 11. (Er) hatte Milchhaare im Bart. 
Göthe, Götz von Berlichingen 2. Ich will dich in deinem Milch— 
keller bejuchen. Shafipeare, Liebes, Leid und Luft 1, 2. Deitreih 
verfaufte feine Fahnen an die Milchknaben der Goldmäkler. Seume. 


491 


Käme nur — bald von den Milchküh'n. Voß, Luiſe 2, 838. 
Schlachtet ein Milchlamm ihm. Küttner. Dieſe junge Milchling. 
Simpliciſſimus 1, 8 Dort ein Trupp Milchmaädchen fingt. Voß, 
Alegro 108. Milch- und Wein- und Honigquellen rinnen aus 
den Felien. Herder. Nicht folgt dem faugenden Munde der Milch 
faft. Voß. Welche (Herde) ſtets darbietet im Jahr milchſchwel— 
ende Enter. Voß, Odyſſee 4, 89. Der Thorbeit, dieſer Milch- 
ihwefter der Menſchheit. Benzel- Stemau. Die Amme ift faft 
berühmter geworden, als ihr frommer Milchſohn. Seume. Gott 
ging jeßt Durch die Sterne, die Milchſtraße wir nennen. Klopſtock, 
Mefias 5, 149. Dem Gellipp entwallt en Milchſtrom in das 
wonnige Paradies. Voß. Menſchenfleiſch einfchlingend und drauf den 
Iauteren Milchtrunk. Voß, Odyſſee 9, 297. Wie um den Himmel 
fh der leichte Milchweg zieht. Käftner Cr flieht und fühlt im 
Flieh'n von zween elaftifchrunden milchweißen Armen fich gefange 

und ummwunden. Wieland, Oberon 14, 18. Milchweiß blühte vi 
Blume. Voß, Odyſſee 10,304. Wie oft er jeden Milchzuder des 
Schickſals mit dem giftigen Bleizuder der Erinnerung verjegte. I. Paul, 
Heiverus 28. 

Anm. 1. Das Berbum melfern (in Schleſten malkern) mit den Fingern 
freicyeln, {hen von Stieler angeführt (die Hunde werden nicht fein, wenn man fie 
fo melfert) gehört jept der nievern Sprechatt an. H. Sachs hat dafür (im fig. 
Einn) melfen: das er den Herrn die Ohren meld, 

Anm. 2. Zu melfen, Milch gehört auch ver Bigenname Melchthal. 






Geben-!), 


(Buyel gab, gib; nad Weigand eine Fortbildung der Wurzel ka, 
| fanjfr. gä — gehen.) 


Gebe, gab, gegeben, geben (ahd. kipu, kap, käpume&s, köpa- 
nr, köpan, geban; mhd. gibe, gap, gäben, gegäben, ge- 
ben; goth. giban, agſ. gifan, altn. gefa, mittelniederd. gẽven, engl. 
dan. give) 1) überhaupt machen, daß Jemand etwas ihm Zukommen⸗ 
des befommt, es ihm dar⸗, überreichen, wobei auf das Eigenthum nicht 
Rüdlficht genommen wird; 2) uneigentlih, wo von feinem wirklichen 
Ueberreichen, und oft auch von feiner körperlicher Sache die Rede ift, 
wid geben auf vielerlei Weile gebraucht: a) umfonft geben, ohne 
Unfoften für andere veranftalten: fein Bermögen an die Armen, ein 
Feſt; b) zum Eigenthum, zur Verwaltung oder zum Gebrauch über- 
kafien: einem ein Amt, feine Zochter zur Frau, ein Gut in Padıt; 
c) mit-, ertheilen: einem gute Lehren, Stunden, Erlaubniß; d) ber- 
vorbringen, entftehen laflen, bewirken: einem gute Worte, Troft, die 
Ehre, der Sache ein Anfehen, fih Mühe; e) feftftellen, annehmen: 


1) Mit diefem Verbum beginnt die Ablautsformel e (i, ie), a, e. 
" . si 





482 


Regeln, Geſetze, im gegebenen Fall; f) verftatten, zulafien: Zeit zur 
Arbeit, Gehör; g) von ſich geben, von ſich laffen, von ſich hören laſ⸗ 
fen: das war gut gegeben; 3) ſich geben = nachgeben, fid) auf eine 
gewifle Art zeigen; 4) tragen, in fich enthalten: die Trauben geben 
guten Wein; 5) abgeben, fein oder fein können: der Aft gibt einen 
guten Stod; 6) begreifen, eimfehen laffen: der Augenichein gibt es; 
7) Cunperfönlich) da fein, vorhanden fein, gefchehen, erftehen. — Biel 
fhöne bunte Bänder, die alle gab’ ich dir. Bürger, Stußertändelei. 
Meinft du, man hab’ uns ohne Grund heute die Doppelte Löhnung 

egeben? Schiller, Wallenfteind Lager 2. Der Ihnen das größte 

eid zum Erben gibt. Schiller, Don Karlos 1,5. Den du erfchuffl, 
der Zraube Saft, giebt meinem Liede Schwing und Kraft. Bürger, 
Danklied. Ich gebe mich für feinen. Zeichendeuter. Wieland. Gieb 
mir immer den erquidenden Zroft, daß ich dich bald freubiger wieder: 
eben werde. Weiße. Er giebt fih viele Mühe um dich. Gellert. 
ieb meinem Sram fein Ziel! Bürger, Bruder Graurock. Gege- 
ben!) Brüffel im ꝛc. Göthe, Egmont 5. Wo ihm das Schidjal gab 
zu enifliehn. Voß. Da will ich ihm gleich ein Exempel geben (er- 
zählen). Schiller, Wallenfteins Lager 7. Darnah gaben (nahmen) 
die Bayern die flucht. Aventmus, Chronik 1580 Bl. 112. Diefe 
Mellen geben nicht auf feine Stimme. Schiller, Tell 4, 1. Ich 
bedaure Ihre Unpäßlichkeit recht herzlich und hoffe, daß fle ſich bald 
geben foll. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 263. Die Kinder follen 
Waiſen geben. Opitz. Es hat nicht einen einzigen Gelehrten gege— 
ben, der Diefen Spaß nicht für Ernſt aufgenommen. Leſſing, über 
Martial. Einen fürchterlichen Krieg gibt's. Göthe, Göß von Ber- 
lichingen 4. Was gibts mit dem Bauer da? Schiller, Ballenfteins 
Lager 11. 

Bringen (f. ©. 28) läßt unbeitimmt, ob Jemand das ihm Zufommende 
wirffich befommt oder nit. Ertheilen (von theilen, goth. däiljan, altj. 
delian, aftn. deila, ahd. t(d)ale)iljan, tale)ilön. deilan, mhd. teilen, mittel⸗ 
niederd. deilen, ſchwed. dela, engl. deal f. Theil S. 96) drüdt aus, Daß 
das, was wir befommen, und von Andern gleichfam als unfer Theil, alfo mit 
einer gewifien Yörmlichkeit gegeben, und blermit als etwas Wichtige ange 
fehen wird. Verleihen (f. leihen) eigentlich an Jemanden zur Nukung 
geben, ohne daß es defien Eigenthum ſei, und wir alfo Erflattung des Wetthes 
für das gegebene Ding fordern wollen; etwas Gutes, Angenehmes, Nützliches 
und zwar aus befonderer Ghte, Gunſt oder Gnade geben. Angedeiben 
laſſen (f. gedeihen, val. S. 22) aus wohlmollender Geflnnung gegen 
Semanden machen, daß er etwas befommt, das zu feinen Bortheif ift und zur 
Berbefferung feines -Zuftandes zc. dient. Mittbeilen (mbd. mite teilen) 
von etwas, was man bat, einem audern Dinge abıeben, dentet bei dieſen 





3) Im Sinne von Ausfertigen eine Urkunde 2c. fteht nur das Participium, 


483 


daranf bin, daß ed an dem, was man ihm gibt, Mangel habe, oder vielmehr 

deſſen, was es bekommt, bedürftig fei. Dabei bleibt es (wie bei geben) uns . 

beftimmt,- ob der Empfangende es gegen Entgelt, oder unentgeltlich, zu feinem 

- Eigenthum befommen, oder nicht. Schenten (ahd. scencan, scenhan, agſ. 
scencan, altn. skenkja, mhd. schenken, ſchwed. skänka, altfrief. skensiaz 

[pan. escansiar = einfchenten?) allgemein unentgeltlich zu Eigenthum geben, 

Berebren (f. Ehre S. 257) eigentlich zu Ehren bringen, dann durch eine 

Gabe ehren, woher denn das Wort gewöhnlich auch etwas Feierliches im Aus⸗ 

drud bat. Beſcheren (ſ. S. 107) eigentlich zuertbeilen, zeigt an, daß etwas 

Gutes oder Angenehmes duch oder doch wie durd ein höheres Wefen dem 

Andern gegeben werde. — Habt ihr fonft nichts an mich zu bringen? 

Böıhe, Kauft 1, 151. Der König, an den er fih endlich unmittelbar mit 

diefem Anliegen gewendet, ertbeilte ihm jeht die nämliche Antwort. Schil⸗ 

fer, Abfall der Riederlande 4. B. Das Baterland verleiht die allerbeiten 

Gaben. Göthe, ital. Reife 2. Januar 1787. Die Sonne mag uns taujend 

Segen ſchenken. Bürger, an den Mond. Was uns der Graf für Süßig— 

keiten verehrt babe. Gothe, Leben 3. B. Selbſt nun droheft du mir mein 

Ehrengeſchenk zu emtreißen, welches mit Schweiß ich errungen, und mir 

verehrt die Achaier! Voß, Ilias 1, 161. 

Anm. Etwas feltiam iſt Die nhd. Redensart e8 gibt (minder gut giebt, 
da wir gib, gibt, gibt nicht dehnen), dem man weder in der älteren Sprache 
begegnet, — in den andern heutigen Dialekten ganz auf unſere Weiſe. Die 

— 28 Bedeutung ſcheint die urſprüngliche. an wandte aber hernach die 
Redensart auf Fälle des bloßen Vorhandenſeins, nicht des Erſtehens oder 
Hervorgebrachtwerdens an. ‚Beifptele aus dem 16. Jahrh. bei Fiſchart 
find: So gibts finſternuß. Fiſchart, Gargantug 1582 S. 134. Wie nafle Augen 

ibt es da. 139. Es gibt geſtolne Kind. 119. So gibts Kleiderprenpen 95. 

a gibts Wild Holz Leut. 95. So gebs guten Salpeter, 172. Es gibts. 
Bodogram. 191. Wie ernfthafft beiten gibt es alsdann far jn. 139. Geltet ihr 
Frauken, welde nit geru fpinnen, die geben gute Birtin? 185. Schon Hans 
Sachs fagt in der 1553 gefchriebenen Komödie „die ungleichen Kinder Eu 4. X. :* 
Geb ich nicht ein gutten tyrannen?“ (Siehe weiter Grimm IV, 230 und meine 
Grammatif II. 1, $. 123.) 

Abgeben 1) von fich geben, befonders von anvertrauten Dingen, 
wobei es jedoch unbeftimmt bleibt, ob die rechte Perſon oder über 
haupt Jemand die Sache in Empfang genommen habe oder nicht; 
2) einen Theil von etwas an einen Andern, uneigentlich einem eine 
derbe Antwort geben; 3) zu etwas tauglich, brauchbar fein, dienen: 
einen guten Unterhändler; 4) im SKartenfpiele zum legten Male die 
Karten geben; 5) fih abgeben mit etwas = ſich mit etwas befchäfti- 
gen, mit dem Nebenbegriff, daß das, womit man fich befchäftigt, ale 
eine Nebenſache betrafhtet wird, daher auch in nerächtlichem Sinne ge- 
fagt. — Ich ließ mich nicht flören, wenn Schloffer mir manchmal ernftlich, 


2) Stimm 2, 60: „Sollte nicht ahd. scenhan, mhd. schenken, agf. scen- 
can, altı. skenkja (vinum infundere, promere und allmälich largire, donare) 
daher rühren, daß man in frübefter Zeit das Getränk mit einer (Inöchernen‘?) 
Röhre aus dem Faß laufen ließ?“ 

5 31 + 


* ⁊ 

















484 


Merk fpöttifch etwas abgab. Göthe, Leben 12. B. (Ih) will nicht 
"mehr den Unterhändfer abgeben. Göthe, Göß von Berlichingen 4. 
Das wird eine Victoria abgeben. Schiller, Räuber 1, 2. Es if 
eine fo angenehme Empfindung fi mit etwas zu befchäftinen was 
man nur halb kann, daß niemand den Dilettanten fchelten jollte, wenn 
er fid) mit einer Kunft abgibt, die er nie lernen wird. Götbe, 
PWahlverwandtichaften 2, 3, | 

Abliefern (f. liefern S.440) aus feiner Gewalt, zu Handen geben?); 
abgeben an die betreffende Berfon. — Eich befaffen (f. fallen ©. 15) 
fich womit befchäftigen ohne gründliches Verſtändniß. — In wenigen Wochen 
wird er in das Zuchthaus der Refidenz abgeliefert. Schiller, der Ber: 
brecher aus verlorner Ehre, 

Anm. Sinnverwandt mit ſich abgeben fant Böthe, Kauft Prolog im 
Himmel: Mit den Todten hab’ ich mich nicmals gerne befangen. 
Angeben 1) maden, daß etwas an Andere zur Kenntnig kommt, 
wenn Dies gefordert oder erwartet wird; 2) in Hinfiht begangener 
Handlungen Jemanden zur Kenntniß der geeigneten Stelle, Perſon 
oder Behörde bringen, ohne daß Genugthuung geleiftet wird, geme 
mit dem Nebenbegriff des Heimlihen und daher bei Andern Gehäff: 
en; 3) umftändli anführen, anzeigen: fein Vermögen, die Zahl der 
Berionen; 4) über eine Art und Weile, wie eine Sache werden fell, 
Norichläge machen, etwas Näheres beftimmen; 5) mit Geben den An- 
fang nahen im Kartenſpiel; 6) (Volksſprache) auf Abichlag geben; 
7) Golksſſprache) aufhören fich mit einer Sache zu beichäftigen (auf- 
geben); 8) (Volksſprache) fih angeben —= ſich darftellen: zum Solda⸗ 
ten, zum Käufer. — Ihr von Diefem Schritte Gründe anzugeben. 
Schiller, Don Karlos 3, 10. (Sie) giebt einen Flugen —*— au. 
Bürger, Weiber von Weinsberg. Die Saiten gaben lauter Diſſo⸗ 
nanzen an. J. Paul. 

Anbringen (ſ. bringen S.28) machen, daß etwas, ed mag dies Eignes 
oder Fremdes fein, an Andere, und zwar anı rechten Ort oder bei den red: 
ten Perfonen, zur Kenntniß kommt, was oft mit Mühe gefchieht, oft mit de 
Nebenbegriff, daß die andere Perfon annimmt, was ihr vorgebracht wird, was 
bei angeben und anführen (befonders von Fremdem) unbeitimmt bleibt, 
die auch die Rüdficht auf rechten Ort und rechte Perſon nicht mit einfchliegen. 
— Das finnverwandte auklagen ſ. S. 332. — Jept bringet Eure Rorte 
an, jegt äft der Augenblid zu reden! Ediller, Maria Stuart 3, 2. 

Aufgeben 1) in die Höhe % B. in Eilenwerken) ‚geben, in 
weiterer Bedeutung einen Brief auf die Poft geben; 2) von ſich geben, 
freiwillig fahren laſſen, wobei die aufgebende ‘Berfon ſich auch in bloß 
feidendem Zuftand befinden fann: eine Stadt, den Geift; 3) zu thun 
auftragen: einem Schüler eine Arbeit; 4) (Volksiprache, zu 1. gehörig) 





1) Die älternbd. Sprache hat einem lifern, einen verlifern — einem 
Lebensmittel reichen, ihn verköftigen. Zahlreiche Beifpiele |. bet Schmeller 3, 445 f. 





485 


Speifen aufgeben = antichen, vorlegen. — Barum verfehmähte ſie's, 
den Edinburger Vertrag zu unterfchreiben, ihren Anſpruch an England 
aunfzugeben?.. Sie wollte lieber gefangen bleiben, fidy mißhan- 
delt jehn, als dieſes Ziteld leevem Prunk entjagen. Schiller, Ma- 
ra Stuart 1, 1. Er jeine alten Plane aufgegeben! Schiller, 
Biccolomini 3, 1. Die Läfterung, die ihn während feiner ganzen Ver— 
waltung mißhandelt batte, fchonte ihn auch in dem Augenblicke nicht, 
wo er fie aufgab. Schiller, Abfall der Niederlande 2. B. Euer 
Eid gibt auf (befiehlt), dies Alled aufzugeben (ihm zu entjagen). 
Shakſpeare, Liebes Leid und Luft 1, 1. Ih möchte fo gern im 
Frieden den Geiſt aufgeben. Schiller, Räuber 2, 2. Alle (Aerzte) 
en ihn (den Kranken) auf. Göthe, RKeineke Fuchs 10, 81. 
as it der Auswurf fremder Länder, ift der aufgegebene Theil 
des Volks. Schiller, Wallenfteins Zod 1, 5. Yen da (in .der 
Schule) ein Exercitium aufgegeben war. Göthe, Egmont 1. 
Entfagen (i. fagen S. 73) allgemein feinen Befip von etwad oder 
fein Begehren nach etwas aufhören laſſen, mag dies freiwillig oder gezwungen 
gefheben, aber immer mit ansdrücdticher Erklärung der entfagenden Perfon. 
Begeben 1) (veraltet) übergeben; 2) (veraltet) verlaffen; 3) 
Volksſprache) ausgeben: Geld; 4) fi) begeben — ſich wohin verfü- 
gen; 5) Recht, Anſpruch, Wollen nad etwas ausdrücklich oder ftill- 
ſchweigend fahren laſſen; 6) geſchehen, aber nur von Bedeutfamem 
gejagt, beionders wenn ſich Folgen daraus herleiten laſſen. — Die 
Hirten laufen zu, begeben ihre Waffen dem Hüter Iſraels. Scul- 
tetus. Wir follen unjere Leiber begeben zum opffer. Spener, zwölff 
Leichpredigten, Franckfurt 1686 ©. 68. Auch begebet nicht der 
fünden ewre Glieder zu Wuffen der vngerechtigkeit. Luther, Bibel- 
über). Römer 6, 13. Wenn das Glüf uns plöglih hat begeben. 
Opitz. Ich will eher dieſes Leben, ald die verſprochne Zreue bege- 
ben. Hoffmannswaldan, getreuer Schäfer 92. Das Unglück ließ mir 
ab, nachdem id) mid begab auff Seittenfpiel und Gſang. H. Sachs. 
Es ift ein jchlüpfrig glatter Grund, auf den du Dich begeben. 
Schiller, Maria Stuart 2, 7.. Um u gerugguthun be⸗ 
— ich mich des Vorrechts meiner Würde. Daſ. 4, 6. Da nun 
egab ſich's. Bürger, der Raubgraf. — Es will fich Niemand her- 
anbegeben. Schiller, Tell 3, 3. Daß ich mich. nicht freventlich 
wegbegeben werde. Göthe, Zifchlied. Begebet euch zu Vater 
und Mutter zurüd. Göthe, Hermann und Dorothen 6, 288. 
Eutfagen (ſ. oben) und ih losſagen bezeichnen, dag man das Auf⸗ 
börenlaffen ausdrücklich erfläre.. Sich verzeihen und verzichten (f. 
zeiben) drüden aus, daß man es förmlich und feierlich erfläre, und man 
Das Aufgegebene nicht wieder aufnehmen wolle. Sonſt ſteht auch Verzicht 
thun, leiften. — Sic ereiguen (für eräugen, gotb. Augjan, ahd. 
augjan, araugjan, mhd. ougen, erougen = zeigen, vor Augen flellen 


485 


wirflich werden, befonders von folchen Veränderungen gebraucht, die vorzuglich 
in die Augen fallen.) Sich zutragen (ſ. tragen) wirklich werden wider 
DVermuthung oder Erwarten, wir mögen bie Urfache fennen oder nidt. Vor⸗ 
faften (f. fallen) fchnell und unvermuthet geſchehen Vorgehen (ſ. gehen) 
allmälich gefcheben, befonders wenn e8 die Aufmerkjamfeit auf fich zieht. Ge⸗ 
ſchehen (f. dasſelbe) allgemein wirklich werden, von Naturveränderungen, wie 
von Beränderungen dur Handlungen freier Weſen gejagt. — IH fage mid 
103 von diefem Könige Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 1. Er ver⸗ 
ziege fih deB Lands. Aventinus, Ehronif 1580 BI. 116. Sind Hüon und 
Amanda die getreuen probfeften Seelen nicht, die Oberon begehrt, jo mag fe 
(Titanta) ihrer nur auf ewig fich verzeihen. Wieland, Oberon 8,68. Auf 
alles irdifche But völlig verzichtend. Göthe, St. Rochnsfeſt. Sie war fid 
ihres ernſten Vorſatzes bewußt, auf eine fo ſchoͤne edle Neigung Berziät 
zu thun. Göthe, Wahlverwandticaften 1, 18. Kannft du mir zumutben, 
daß ich auf mein wohlerworbenes Glück, auf die fchönften Rechte, auf dich ſo 
geradehin Berzicht leiften ſoll? Dat. 1, 16. In denen (Wangen) alle 
Ziehr und Ausbund fi eräugt. Opitz. Zur Rechten um die Wink ers 
auget fih die Stadt, ©. Dad. Sollten aber fonft einige Mängel ih - 
 eräugen. Weichmann, Poefie der Niederfachfen 4. Vorrede. Bei dir ers 
Augte fih die Sauftmuth. Daf. 2, 183, In wenig Tagen kann fich viel 
ereignen. Schiller, Piccolomini 5, 3. Es kann fi zutragen, daß in 
einem auch fornreichen Lande, wenn das Getreide nicht geratben ift, Mangel 
und Theurung entitebt. Eberhard. Wenn wieder was vorfällt, Herr Kam 
merherr, Sie willen, wo ich zu erfragen bin. Leſſing, Emilie Galotti 3, 2. 
Auch drüben unterm Bald geht Schweres vor. Schiller, Tel 1, 4. Und 
immer was Großes iſt drauf geſchehen. Schiller, Wallenfteins 7, 
Nachgeben 1) nochmals geben, noch mehr geben; 2) fpäter ge 
ben; 3) nachlafjen, die Kraft vermindern, oder gar aufhören laflen; 
4) geringer fein; 5) ehwad, was ein Andrer will oder thut, geichehen 
laffen, injofern man von der widerftrebenden Kraft abläßt oder feine 
entgegenjeßt, wo fie erwartet wird, oder fogar Befugniß dazu da ilt; 
6) (veraltet) zugeben, einräumen. Aus nachgeben erklären ſich 
nachgiebig, Nachgiebigkeit. — Das Erdreich hatte nachgege- 
ben unter dem Drängen und Treten der immer zunehmenden Menge. 
Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 15. Die Barfen hingen jede an 
einem doppelten aber fchlaffen Anferthaue, um dem anfchwelleuden 
Strome nachgeben zu können. Schiller, Belagerung von Antwerpen. 
Wir geben niht nach und marjdiren nit. Schiller, Wallenfteins 
Lager 11. Ich Hab’, ich geb’ es nach, des Herren Bund verhöhnt. 
Gryphius. — In welden Händen ließ ich ſolchen Schatz? Verzaͤr⸗ 


1) Im tranfitiven Sinn gebraucht noch Agricola (Sprichw. 693) das Wort, 
fogar fhon mit dem eingefchobenen n: Wenn er (Bott) was ereyget als wolt 
was darans werden, fo wirdt nichts darauf... Er fan auch wenig ereugnen, 
vnd vill geben. 


— 





487 


teinden, nadgiebigen Weiberhänden. Göthe, Eugenie 3, 2. 
Wenn es (das Unglüd) mit Unterwerfung, mit Nachgiebigkeit 
kam abgewendet werden, geben Sie nad. Schiller, Piccolomini 


42 
Gefaͤllig fein (ſ. gefaͤllig S. 238 und fallen) gern gegen den An- 
dern etwas thun, was demjelben nach Wunſch und angenehm ift, und weiles 
ihm angenehm ift. Nachſehen (f. fehen) etwas, was Jemand will oder 
thut, gefchehen faflen, ohne es mit Strenge zu beurtheilen oder zu rügen oder 
auch entgegenzuwirten. — Gefällig, Gefälligkeit, Nachſicht, nach— 
ſichtig ergeben fih darans in ihrer Sinnverwandtſchaft mit nachgiebig, 

Rachgiebigkeit. — Um fi der Regentin gefällig zu bezeigen. Schil⸗ 

fer, Abfall der Niederlande 4. B. Weder ihre Strenge, wodurch fie unfre 

Meinnng meiftern will, noch ihre Gefälligkeit, mit der fie nnfre Neiguns 

gen zu Tugenden machen möchte, konnte mir genugen. GEbthe, Meiſters Lehr⸗ 

jahre 6. B. Run, nun, fo fonnt’ es gehn und ftehen, wenn er euch unge: 
führe fo viel von feiner Seite nachgefehen. Göthe, Kauft 1, 155. Alſo 
das ift mir zuleht für die höchſte Nachficht geworden. Göthe, Hermann und 

Dorsihen 9, 190. Die Aranzofen find gegen Fremde, die ihre Sprache zu 

reden anfangen, nach ſicht ig. Böthe, Leben 11. 2. 

Bergeben 1) von fih, an einen Andern geben: ein Amt, feine 
Sand; 2) Alles weggeten durch Geben erſchöpfen; 3) einen Anſpruch 
auf Genugthuung für Widerfahrenes zum Beſten des Schuldigen auf- 
hören laffen, wodurdy dieſem aljo etwas wird; 4) einem etwas (Gift) 
beibringen, was ihm das Leben nimmt (f. unten vergifteh); 5) 
falſch, unrihtig geben: die Karten. — Berfprach er Ihnen nit den 
erften Purpur, den Spanien vergeben würde? Schiller, Don Kar- 
(05 1, 1. Prinz, Ddiefe Hand hat noch zwei koſtbare Geſchenke zu 
vergeben, ein Diadem und Karlos Herz. Daſ. 2, 8. Hierdurch 
aber vergibt er jenen hohen enge gar fehr, und am Ende be- 
gibt er fich ihrer gänzlich. Göthe, Leben 14. B. Vergeben und 
vergeffen ijt die Rache Des braven Mannes. Schiller, der Parafit 1, 
2%. (3) vergebe mid mit Gift. Platen, rom. Dedipus 2, Die 
Karten find nod nicht ganz vergeben. Schiller, Kabale und Liebe 
Verzeihen (ſ. zeihen) dem, welchem die Verbindlichkeit zu etwas, was 

wieder gut zu machen ift, zufonmt, diefes fo gar nicht oder nicht mehr ans 

rechnen, daß deſſen nicht weiter gedacht werden folle. Begnadigen (äalternhd. 
begnäden, ahd. k(g)inädön, k(g)inäden, gnäden, ganädjan, ganädigon, nıhd. 

genäden, gnäden — guädig fein, Gnade haben, von Gnade f. &. 130) 

zuerfannte (im Beſondern durch Urtheil nnd Recht zuerfannte) Strafe mit 

wohlwollender Herablaffung erlaſſen. Schenken f. oben ©. 483. — Ich habe 
hier nichts zu verzeihen; denn ich babe bier nichts übel gu nehmen. Leſ⸗ 
fing, Emilie Galotti 4, 6, Ich aber follte nicht Geduld mit meinen Brüdern 
tragen? Dem nicht verzeihn, dem du vergibit? Geller. Ich Habe ihm 





ie 





verziehn, aber nicht vergeben. Göthe, zahme Kenien V. Das Saladin 
den Tempelherrn begnadigt. Leifing, Rathan der Weile 1,2. Daß Eu 
nur darım Saladin begnadet. Daf. 1, 5. Seid edel, und großberzig 
fhenft einander die unabtragbar ungeheure Schuld. Der Siege göttlichfter 
ift das Vergeben! Schiller, Braut von Meifina. FRE 
Acht geben (ahd. ahta, mhd. ahte, davon achten, ahd. alti. 
- ahtön, mhd. ahten, agf. ehtjan, altfrief. achtia, echta, altn. ſchwed. 
akta, dän. agte 1) überhaupt die Sinne auf etwas richten, um es 
ffar wahrzunehmen. — Wieder fo ein Spürhund, gebt nur At, 
der die Jagd auf den Herzog macht. Schiller, Wallenſteins Lager 2. 
‘Acht haben iſt ein anhaltendes Achtgeben. Aufmerken (ven mer⸗ 
‚ten, goth. markan, ahd. markjan, marken, merban für marban, mara- 
chön, mhd. merk(ch)en, agf. mearkian, altn. merkia, engl. mark, von goth. 
marka, ahd. marh(ch)a, marka, mhd. marke = Marke, Greuze, von Tat. 
margo — Rand, nah Diefenbach von der Wurzel mar) die Sinne auf 
etwas richten, daß es Mar und deutlich werden fol. Beobachten (von be, 
ob ahd. oba — Über, auf im Raume) urfprünglich verharrend auf oder über 
etwas achten ober Acht geben; dann Acht über oder auf einen Gegenſtand 
haben, um ihm näher zu fein, d. i. ihn näher zu erkennen. 

Aus—,2) bei—, daber—, dabin—, daran—, ein-, er—, 
fort—, frei—, anheim—, ber—, berab--, beran—, berauf—, 
beraus—, (f. S. 440), herbei —, berein—, berüber—, berum—, 
berunter—, berzu—, hin —, hinab —, binan—, binauf—, hin⸗ 
aus—, binein—, hinüber—, hinunter—, binweg—, hinzu—, 
los —, mit —, preis —, über—, um— (I. S. 348), unter —, vor— 
(. S. 274), weg—, wieder—, zu — (ſ. S. 20), zurück —, zuſam⸗ 
mengeben bedürfen feiner weitern Erklärung. — Die größere Menge 
fhrie nach. Taback, der denn auch um theuren Preis baufig ausge: 
geben wurde, Göthe, Campagne in Frankreih 27. Sept. Eine 
reichhaltige Münze, wer's verftcht, fie gut auszugeben. Schiller, 
Näuber 1,1. Haftu ein tochter fo muftu gelt haben die tochter auß⸗ 
zugeben. 4. v. Eyb. Die Tochter unfers Herrn wird morgen aus- 
gegeben (verheirathet), Wieland, Oberon 4, 88, (Er) gab ſich 
als Erben aus von Frau Lingaren. Shaffpeare, 8. Heinrih V. 1, 
2. Ab, ich höre dein furchtbares Seufzen, mit dem du zu Gott 
ſchreiſt, Rache forderft und mid) der ewigen Rache dahingibit! 
Klopftod, Meffias 5, 551. Ih gäb’ (mein Leben) dran mit aller 


ı) Grimm (Gram. II, 260) ſagt: „Aus der Wurzel ah-an (moveri bewegt 
werden) leiten fi aha (mens Seele, Geiſt), ahma (spiritus), Adum — ahadum 
(spiritus Athem), ahta = ahada (observatio Beobachtung, Acht).“ Bader- 
nagel fagt: »ahten vom lat. agitare ? vgl. tihter, trahton.e ine Wurzelver⸗ 
Benson mit lat. agere, agitare ijt nicht zu verfennen; fie zeigt fidh”aber and 
n ahan. 

2) Yu der Jägerfprache ift ausgeben — Laut geben: Ich hörte die Hunde 
ausgeben. 





489 


Billigfeit. Shalipenre, K. Heinrich VL 2%. Thl. 3, 1. Nimm aafi- 
freundlichen Rath, den die heilige Muſe mir eingab. Voß, die büs 
Benden Jungfrauen 10. Hier geb’ ich. ihm zwei Stübchen ein. Gel- 
fett. Welch Bold jeinen Hald ergibt unter das Joch des Königes 
zu Babel. Luther, Bibelüberi. Jer. 27, 11. Am Ende werden wir 
(Belagerten) fterben, oder und ergehen. Göthe, Götz von Berli- 
dingen 3. Doch er bat unterthaͤnig, und da ergab fie fih. Bürger, 
Entführung der Europa. Bon dem Grenel.und Heidenleben, dem ſich 
Offizier und Soldaten ergeben. Schiller, Walenfteind Lager 8. 
Deines vollen Herzens Triebe, gib fie kei im Klange frei! Ubland, 
freie Kunſt. Was Ste thun wollen und koͤnnen, fei Ihnen anbeim- 
egeben. Goͤthe, Meifters Wanderjahre 1, 12, Zu einem Schelm⸗ 
Aid follteft Du den Namen hergeben. Schiller, Piccolomini 5, 1. 
An ihr iſt's jetzo, fih berabzugeben. Sciller, Zurandot 5, 2. 
Die Ichöne bippofratifche Verfahrungsart, wodurch fi), ohne Theorie, 
aus einer eignen Erfahrung, die Geftalten des Wiſſens heraufga— 
ben. Göthe, Leben 11.8. Er gab die Anmerkungen zu der joges 
nannten Frankfurter Reformation heraus, ein Werk, in welchem die 
Statuten der Reichsſtadt gefammelt find. Dal. 2. B. Gib deinen 
Trant herbei. Göthe, Fauft 1, 131. (Die Brieftafche) ward unter 
en Zobpreifungen der Reihe nad herumgegeben. Göthe, Meift. 
derjahre 2, 3. Dem Kummer bingegeben, brach mir bereits 
der Blick. Bürger, an die Hoffnung. Was es auch ſei, verſetzte er, 
der Berftand oder die Empfindung, das uns eins für das andere 
bingeben, eins vor dem andern wählen heißt. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 6. Einmal entlaffen aus dem fichern Winkel des Herzens, 
ihrem mütterlihen Boden, hinausgegeben in des Xebens Fremde, 
gebiet fie (die That) jenen tück'ſchen Mächten an, die feines Menſchen 
anft vertraulfih macht. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 4 Und 
wenn Du ihn nicht losgäbſt, werde man ihn mit dem Schwerte zu 
befreien wiffen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 17. Sie gaben did) 
niht dem Vater zum Geleite mit, Göthe, Ipbigenie 2, 1. Dem 
Menichen ift, zur Bilgerfchaft durch's Leben, ein Gottgefühl, ein Ruf 
des Glaubens mitgegeben. Ziedge, Urania 1. Ich kann dir frei= 
lih (bei deiner Berheirathung) nichts mitgeben. Gellet. Der 
Bischof hatte feinen Pfarrern beimfich mitgegeben (befoblen), den 
Luien das Lefen der Bibel zu erjchweren. auc Der Terzky hat 
der Mutter Ehrenweine preisgegeben. Schiller, PBiecolomini 4, 1. 
Und hätt’ er fich auch nicht dem Zeufel übergeben, er müßte doch 
zu Grunde gehn! Göthe, Zauft 1, 93. (Er) wünſcht die Gnade zu 
erhalten, Briefe von der Regentin Mutter übergeben zu Dürfen. 
Schiller, Don Karlos 1, 3. War’s etwa fatjerlihe Majeftät, die ein 
emachtes Heer ihm übergab? Schiller, Piccolomini 1, 2. Die 
önigliche Verordnung wird der Belanntmachung übergeben. Scil- 





480 


ler, Abfall der Niederlande 2. B. Daß fle die Stadt den Franzoſen 
übergeben würden. Dai. 3. B. Dem Major Geraldin iſt's über- 
geben (aufgetragen). Schiller, Wallerſteins Tod 5, 2. Gott hat 
neben ſich gefeget auch den Nächiten; wird verleget durch Den Dienſt, 
der ihm gleich liebet, und den Nächten übergiebet (aufgibt, ver- 
läßt). Logau, Sinnged. 774. Da nwgab von dem hohen Moria 
ihn Schimmer der Opfer. Klopftod, Meſſias 1, 51. Papſt Clemens 
bat einem großen römijchen Edelmann die ſämmtlichen Artilleriften unter- 
geben. Göthe, Bew. Cellini 1,2. Mache keinen Verſuch Dttilien ſonſt 
irgendwo unterzugeben, in neue Verhältniſſe zu bringen. Göthe, 
Iverwandtichaften 1, 16. Da fähe man... . die Königstochter 
—— jeder niedern Pflicht der Kleinen Wirthſchaft untergeben. 


eland, Oberon 10, 12. Wenn ihm der Herr fünfzig Schritte vor= 


gab, jo konnte er ihn mit feinen beften Nenner nicht einholen. Leſ⸗ 
fing, Minna von Barnhelm 3, 2. Der aͤrmſte Student (auf Der 
Univerfität) dünkt fi fo viel wie der Graf und gibt diefem nichts 
vor, Lichtenberg, polit. Bemerkungen. Die Andern wollten den 
Blättern der Eſpen am Zittern nichts bevorgeben. Opitz, Schäf- 
ferey ©. 52. Das Geſetz, das ich ihnen furgegeben habe, ver- 
laffen fie. Luther, Bibeluͤberſ. Jer. 9, 13. Mit einem leichten Wört⸗ 
lein, ehe Blut geflofien ift, denkſt du die befte Stadt aus Franfreichs 
Herzen wegzugeben? Schiller, Jungfr. v. Or. 1, 5. Bald iſt's 
vorüber, und der Erde geb’ ich, der ew’gen Sonne die Atome wie- 
der. Daf. 3, 6. Mein Volk mag wählen, ich geb’ ihm feine Ma- 
jeftät zurüd. Schiller, Maria Stunt 4, 9. Ich follte nun, wie 
ein weichherz’ger Vater, was ſich gern hat und liebt, fein bürgerlich 
zufammengeben? Schiller, Wallenſteins Tod 3, 4. 
Anm. Die Participien geftatten noch andere — 3. B. Ihm 
ehörte daher die geſetz geben de Gewalt allein. J. Paul, Heſperus 11. Wel⸗ 
She Haupt ihm gefället” um das flicht er mit liebender Hand jebt den Lorbeer 
und jet die Herrfhaftgebende Binde. Sciiler, das Glück. (Daß man) ibm 
alfo wohl eine ratbgebende Stimme in unferm Ausfchuß zugeſtehen kann. 
Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 42. (Daß fich) ein tbeilnehmendes uud theil⸗ 
ebendes Weſen hervorthat. Göthe, Meiſters Wauderjahre 2, 5. — Heil dem 
Önige, Heil dem Gottgegebenen! Klopftod, für den König. Berlajjet num 
des Gefanges frendungebnen Pfad. Göthe, Fauſt 2, 185. Ind nicht fern 
mehr lagen die nartenumgebenen Sänfer. Göthe, Hermann uud Dorothea 5, 
4149. Des aefahbrumgebnen Weibes. Goͤthe, Eugenie 4, 2. Die Fremde, 
Schlehtumgebne, Mißempfohlne, fie könnte frohen ftolzen Troſt empfiuden. 
Daf. Am Rande des nahtumgehnen Dreand. Daf. Dem filberhaarigen tha⸗ 
tennmgebenen Greife SKlopftof, mein Vaterland. — Schon im 16. Jahrh. 
beißt es: rail gekann Fifchart, Gargantua 5.308. Bey feiner hand⸗ 
gegebenen trewen. Hug, Rhetorica, Tübingen 1528. Ste. 
Ergeben (Parcip. Präter.) freiwillig oder unfreiwillig einer frem⸗ 
den Macht unterworfen, aus Rückficht fruchtlofen Widerfiandes. Er- 
gebenheit — das leidentlihe Berhalten, daß man ergeben ift, es 
mag nun dies freiwillig jein oder nicht. Ergebang deutet darauf 





491 


bin, daß dies freiwillig geflhehe, mit der ſtaͤrkern oder ſchwaͤchern Hoff- 
nung eines guten Ausgangs. — Die fpan’jchen NRegimenter, die dem 
Kaifer ergeben, zu entwaffnen. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 5. 
(Da) kam Thoas dir, ald einer Gottergebnen, mit Ehrfurcht und 
mit Neigung zu begegnen. Göthe, Iphigenie 1, 2. Ich komme voll 
Ergebenheit. Göthe, Kauft 1, 93: Was unabänderlich und wirf- 
in da if, trägt fie mit Ergebung Schiller, Wallenfteins Tod 
2. 

Gelafien (i. laſſen) mäpig bei (angenehmen wie unangenehmen) Ems 
pfindungen und Gemäthöbewegungen, überhaupt bei allem, was das Gemüth 
außer Faſſung bringt, es mag gegenwärtig fein oder bevorftehen. Davon 
Belafjenheit. Geduldklahd. kidalt, gadakt, dultt, dult, altſ. githuld, 
mhd. gedulde, gedult, dulde, dult) und gedaldig (ahd. daltic, gadultic, 
mhd. gedultee, gedultic, agf. dhyldig, beide von dufden ahd. dultön, 
dultjan, daltan, thulten, mhd. dulten, dieſes von goth. thalan, ahd. th(d)o- 
lön, th(d)olen, th(d)oljan, mhd. doln, agf. tholjan, altn. thola, engl. thole, 
ſchwed. tola, dän. taale, vgl. fanffr. tul, fat. tollere, tolerare, gr. rulag, 
rlar) haben den Grundbegriff eines, in Erwartung des Ausganges willigen, 
ruhigen Verharrens unter etwas, was uns befchwert, mit der ausdrüdlichen 
Beziehung auf die mit der Mäßigung der Empfindungen verbundene Mäßi⸗ 
gung der Begierde, von dem gegenwärtigen Uebel frei zu werden. — Seine 
gelaſſene Außenfeite ficht gegen die Unruhe meines Charakters fehr ab, 
die fich nicht verbergen läßt. Göthe, Werthers Leiden 1. Du findet mic, 
o Fürſt, gelaffen flehn vor einem, den die Wuth ergriffen hat. Göthe, 
Zaffo 2, 4 Du eileſt mit gelafi’nem Muth zur Mühle. Göthe, der 
Junggeſell und der Mühlbach. Wenn die Geduld gelafien fih an bie 
Hoffnung ſchmiegt. Salis. Die Gelaffenheit wird in großen und aus 
baltenden Uebeln zur Geduld. Geller. Fahr' hin, laumherzige Gelaſ⸗ 
fenheit! Zum Himmel fliehe, leidende Geduld! Schiller, Maria Stuart 
3, 4. Drum that der arge Stier fehr zahm und fehr geduldig. Bürger, 
Entführung der Europa. 

Begebenpeit und das feltnere Begebniß — was fich begibt 
(f. oben S. 485), im Bejondern mehr die einzelne (wirklich werdende 
oder gewordene) Veränderung, vorzüglich wenn fie bedeutjam if. — 
Er fing nun an, feine eigene Geſchichte durchzudenken; fie ſchien 
ibm an Begebenheiten jo leer. Göthe, Meiſters Lehrjahre 8, 1. 
Zu dem erjchütternden Begebniß gefellte fih mun die ahnungsvolle 
Gegenwart. Göthe, Meifters Wanderjahte 2, 5. Zumalen ich dei⸗ 
nes Lebens kuͤnfftige Begebnüffen beyläuffig ſehe. Simpliciffünus 
1, 12. 

Geſchichte (I. geſche hen) eigentlih was gefchieht, dann in engerer 
Bedentung Subegriff alles des in der Belt Gefchebenen, auch Erzählung bes 
Geſchehenen. Ereigniß (ahd. araugnissi, araugnissa, |. oben ©. 486) 
eigentlich das Vordieaugentreten, das Offenbarwerden; dann was geſchieht, 





492 


indem es uns bemerkbar vor die Sinue tritt und fo wahrgenommen werden 
kann, anf welche Beitimmung Begebenheit nicht hinweiſt. Vorfall Ci. 
fallen) was plöplich und unerwartet gefhieht, oft mit dem Rebenbegriff 
des Hindernden und Störenden. Zufall was unvorbergefeben nud wuab« 
fichtlich , aber zugleich plöglich gefchieht. Vorgang (f. geben) was pldg- 
lich geichieht. Abenteuer vder Ebenteuer (vom franz. aventure. avan- 
ture, Died von mittellat. aventura für adventura — was zulommt, und 
eventura — was geſchieht; davon, vielleiht an Abend angelehnt, ahd. 
ofentiar, ihd. abentewr, ebinture, aventiure, dan. aeventyr, evcntyr, 
ſchwed. äfwentyr, bei Harsdörffer, Gefprächipiele Nürnberg 1617, 7, 64 
.* abendtheurlid) ungewöhnliches und auffallendes Greigniß, beionders 
wenn gegen dasfelbe der Menſch, injofern er es als hindernd in feinem 
Birken anfiebt oder in feiner Bekämpfung Ruhm zu gewinnen hofft, 
in fühn gewagtem Unternehmen auftritt; dann die Handlung in einem 
ſolchen Greigniß, auch die Erzählung desfelben, ja die abentenerliche 
Perſon ſelbſt. — Welch gräßlihes Ereigniß! Schiller, Tell 4, 3. 
Durch ein wildes Freudeſchießen wurde der große Vorfall der belager- 
ten Stadt verfündigt. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Doch hätt’ 
auch gleich ein Zufall der Natur fie hingerafft, wir hießen doch die Mörs 
der. Schiller, Maria Stuart 1, 8. Er war, obgleich zufrieden über die 
Unfchuld der Borgänge, doch noch einigermaßen zweifelhaft. Gothe, Leben 
4.8. Sie reinigten von Ungeheuern die Welt in kühnen Abenteuern. 
Schiller, Kampf mit dem Drachen. Da fit das Abenten’r mit weiten 
Aermeln da, der König Hafenfuß! Göthe, die Mitjchuldigen 1, 1. 
Untergebener (Parcip. Präter.) ift im Allgemeinen der unter 
eined Andern Befehl Stehende. — Eine neue Macht, die mir nicht 
untergeben je. Scdiller, Piccolomini 2, 7. 

Untertban (mhd. dör undertän, von unterthun, ahd. untartuon, 
mhd. undertuon, dies von thun, ahd. tuo(a)n, duo(a)n, toan, tôn, mhd. 
t(th)uon, duon, älternhd. tuen, altſ. duan, agſ. don, mittelniederl. t(d)oh, 
dün, engl. do, niederſ. doon; vgl. gr. redivaı — ſetzen) eigentlich unter 
"etwas (einen Andern) gebracht; dann überhanpt unter Jemandes Befehl ges 
ftellt; in engerer Bedeutung: im Rechtsverhältniß der Pflichtigkeit gegen eine 
gerichtös, grunde, lehns⸗, zebentherrliche oder auch Tiberhaupt gerichtsbarkeit- 
lie Obergewalt ftehend. Unterjaß (mhd. der undersseze, .niederd. un- 
dersate, f. figen) tft eigentlich der unter dem Berbältniß der Lehenspflicht 
Seßhafte, dann überhaupt f. v. a. Untertbau. Hinterfaß (mhd. dör hie- 
dersaeze) der unter dem Genuß einer Schupherrlichkeit Seßhafte und dafür 
Lehnds und Dienftpflichtige. — Der es that, war Eures Könige Unter— 
than, ein Franke. Schiller, Maria Stuart 4, 1. (Der Kaifer) wird um 
fo viel Unterthanen ärmer! Schiller, Piccolomini 1, 2. Sie (die Für⸗ 
tin) übertrifft die Unterfaifen an Hoheit, Tugend und Geitalt. Hoff⸗ 
mannswaldau,. Bed. 2, 102. Sie fhhlingen der Güter reichliche Früchte zus 
fammt den Unterfaffen hinunter. Göthe, Reineke Fuchs 10, 399. gwar 











493 


Rarb er euch, doch blieben euch des Edlen Htinterfaffen (Kobebues Nach⸗ 

treter). Platen, die verhängnißvolle Babel 2. 

Geber (ahd. k(g)&bo, kig)öbäri, mhd. gebe, gẽber) Geberei, 
Gebung (mhd. göhunge) find einfah (Gebung jelten) und in 
verichiedenen Zuiammenfegungen gebräuchlich; Angeberei, an—, ge⸗ 
feßgeberifh. — Der Anblid des Gebers ift, wie die Gaben, 
erfreulih. Göthe, Hermann und Dorothen 7, 26. Es muß rei- 
nd fein, als uneigennügige Geberin angebetet zu werden. Göthe, 
Meiſters Lehrjahre 1, 1. Mit den Einflüffen diefer Sitten und Ge- 
bräuhe ging es vor der Gebung des Geſetzes doch auch allzu weit. 
Klopftod, Gelehrtenrepublil. — Die Angeber des Geſchmacks. 
Meipner. Die Stimmangeber in Deutichland. Platen, rom. Oe— 
dipus 5. Umglänzt von des Freudengebers (Helios) Golde. Col- 
Im. Ich muß bin zu der Freudengeberin. Gödinge Welcher 
(Mann) Gaftgeber zum Weidenhofe geweien, Göthe, Leben 2-8. 
Uebel, die fih den Geſetzgeber am dringendften daritellten, auf 
die er aljo bei feiner Geſetzgebung vorzüglid Nüdfiht nahm. 
Schiller, Lykurg. Du, ein Guell aller Befeligung, Herr, Heil- 
geber. Klopftod. (Adam) ward Vater und Lebengeber derer, 
die fein Bild trugen. Herder. (Er) mußte nachfihtig fein ald Her- 
ausgeber. Göthe, Tag- und Sahreshefte 1795. Die Zröiterin, 
die Muthgeberin, Die Bejänftigerin, die Hoffnung. Herder. Die 
Rotbwendigkeit ift der befte Rathgeber. Göthe, Tag- und Jah— 
reöhefte 1794. Hier muß die Sprachähnlichkeit wenigftens ihre oft 
geftagte Rathgeberin fein. Klopſtock, Gelehrtenrepublil. Die 
Götter ſandten ihm den Schlaf, den Ruhegeber. Herder. (Sie) flehte 
darauf in den Tiefen der Seele zu dem Sündenvergeber. Klop— 
tod, Meifias 12, 450. Ihr Tongeber eines Heinen Zirkels. H. 
P. Sturz, über ein Paar alte Münzen. — Ich übernahm ihn (den 
Auftrag) mit Er en Göthe, Meifters Lehrjahre 7, 5. Wüß- 
teft du, welcher Geduld Beilpiel wir haben, ach, welcher Gottes— 
ergebung! Klopftod, Meifins 12, 590. (Mein Gemüth wollte) 
durch wahre Theilnahme zur Hingebung angeregt fein. Göthe, Xe- 
ben 14. B. (Er) hatte bei jo guter Koft umd fo angenehmer Um- 
gebung den vorhergegangenen Schreden vergefien. Göthe, Meifterd 
Banderjahre 1, 4. (Wie fie) um — bat. Daſ. 1, 8. 
Mahleriſche Farbengebung war zu gleicher Zeit mein Augenmerk. 
Goͤthe, Tag- und Jahreshefte 1790. Die Zunft fchlägt auch, ob— 
wohl ohne Maßgebung, vor. SKlopftod, Gelehrtenrepubli — In. 
der wir fpäterhin die heftigften Angebereien und Verhetzungen er- 
lebt haben. Göthe, Leben 12 B. Diefem neuen gejepgeberifchen 
Acte gegemüber. Augsb. Allg. Zeit. 1850 Nr. 57. 

be (gebe, ahd. käpi, mhd. gibe und gaebe), eigentlich was 
gegeben werden kann, jo DaB es angenommen wird; dann überhaupt 








494 


häufig vorfommend im Gebrauche, nur in Verbindung mit gäng, 

früher mit genehm, genähm (f. S. 33). — Ob auch dergleichen 
äng imd gäb wäre Göthe, St. Rochusfeſt. Geng und geb. 
ihart, Gargantua ©. 412. redgeb. Dal. 31. 

Anm. Gäbig (d. i. gäbe) if veraltet. — Daß du und das Gäbige 
vor dad Umgäbige, und das Ungäbige vor das Gäbige eg Sims 
pliciffimus 5, 24. — Bir find ehbrgebiger, weil wir ehrfüchtiger find. Unge⸗ 
nannter bei Campe. 

Gebbar, angebbar, Angebbarkeit find felten. — Zwiſchen den 
elegten Steinen fand ſich feine angebbare Berjchiedenheit der Be— 
andtheile Gilbert. 

Giebig, —igfeit (Volksſprache), gebräuchliher ergiebig (ober— 
deutih ausgiebig) — an Erzeugniß viel aus aus fich gebend, oder 
woraus man viel Erzeugniß erhält. — Gute und gibige Hallen. 
Mon. bocc. 24, 409 vom 3. 1356. Die Entrichtung beitimmter 
Giebigkeiten (Kanzleiftyl für Abgaben). Jen. Literaturzeitung. 
Man würde bei einigem Nachgraben vielleicht ein ergiebiges Lager 
in der Tiefe finden. Göthe, Wahlverwandtfchaften 2, 11. Auch ift 
feines Reichthums Quelle weit ergiebiger. Leffing, Nathan d. W. 
2, 3. Mein Aufenthalt zu Wetzlar war zu einer ſolchen Unterhaltung 
nicht ausgiebig genug. Göthe, Leben 12. B. Zu dem Gegen 
- ausgibiger Ernten. I. Grimm, deutjhe Grammatik 3. U. 1. Thl. 
Borrede XI. 

Fruchtbar (mhd. vruchtbör ftatt vruchtbaere, f. bar S. 47) eigents 
lich organijches (den Pflanzens und Thierreich angehöriges) Erzeugniß here 
vorbringend; dann überhaupt Erzeugniß (im Befondern viel) aus fich hervor⸗ 
dringend. Reichhaltig (f. Halten) des Stoffes, oder was man fo ans 
fieht, in beträchtliher Menge enthaltend. — So bleibt der Boden troden 
und frudtbar. Göthe, Ph. Hadert Liperi 24. April. Eine Nation, die 
fih einer eben fo reichhaltigen epifchen als Iyrifchen Kiteratur zu rühmen 
bat. Platen, das Theater als Nationalinftitut. 

Nachgiebig, —keit mit ihren Synonymen f. oben S. 486. 487, 

Freigebig, — keit, gern und reichlich gebend, ed mag Gutes 
oder Böjed fein, und der Empfänger das Gegebene bedürfen oder 
nit. — Freigebig ift der mit feinen Schritten, der kommt von der 
Kae Sped zu erbitten. Göthe, ſprichwörtlich. Alles dieſes erhielten 
wir durch die greigebigfeit unſeres Bauherrn. Göthe, Wahlver- 
wandtichaften 1, 9. 

Gutthaͤtig (ſ. gut S. 454 und thatig) geneigt, dem Andern Gutes 
zu thun, mit dem NMebenbegriffe, daß er dadfelbe bedarf. Mildthätig (f. 
mild) thätig aus Milde, d. i. geneigt, Andern Gute zu erweifen and 
Weichheit des Gemüthes, alfo anf eine Liebreiche, erfreuliche Weiſe und reich» 
lich Wohltbätig (f. wohl) thätig, am das Wohl eines Andern zu färs 
dern. — Sie find fo freundſchaftlich, ſo gutthätig, fo voller Vaterlande⸗ 





295 


fiche. Leſſing, Eruft und Fall 1. Von der Barmberzigkeit mildthät'ger 

Menfchen lebend. Schiller, Tel 2,2. Wohlthätig, beilend, nahet mir 

der Tod. Schiller, Maria Stuart 5, 6. 

Anm. Sinnverwandt mit freigebig iſt das gebſchnitzig der Volksſprache, 
das wol mit Schnitz, Schnitzel zufammenhängt. 

Geblich ift niht im Gebraud), wol aber an —, vor —, ver— 
geblich (mhd. vergäbenlich). — Jede wirkliche Größe ift durch eine 
Zahl angeblich. Kant. Der angeblich geftohlene Leuchter war 
nur verbrannt geweſen. Berlepſch. Daß ich in‘ feinem Kerzen eine 
vergebliche Hoffnung nähre. Göthe, Egmont I. Die Felfenflippe, 
die der Strandende vergeblich ringend zu: erfaflen ſtrebt. Schiller, 
Maria Stuart 3, 4. Doch traue nicht, bald folgt der Neid und 
macht aus der Gejchielichkeit ein unvergebliches Verbrechen. Gel- 
let, der Tanzbaͤr. 


Bergebens (ahd. fargöbono, mhd. vergäbene und vergäbenes), ein 
genitinifches Adverbinm, bedeutet: ohne Berwirklichtwerden einer Abfiht. Das 
Adjectiv vergeben im Einne von vergeblich Hat fih Tange erhalten, 
fheint aber immer wehr außer Gebrauch zu kommen. Iimfonft f S. 169. 
— Man fpriht vergebens viel, um zu verfagen; der Audre hört von als 
lem nur das Rein. Göthe, Iphigenie 1, 8. Suche nicht vergebne Hei⸗ 
lung! Göthe, fprihwörtlih. (DO laß und) vergebne Worte nicht bedenk⸗ 
lich wechſeln! Göthe, Gugenie 4,1. Es it die Sorge Eures treuen Hers 
jenes, Die Euch vergebne Schreenifie erſchafft. Schiller, Maria Stuart 1, 
6. Schad' um die treuen Mühen, die vergebnen! Rückert, gef. Ged. 1, 
127. Ich will die Pfeile nicht umfonft verfhießen. Göthe, Egmont 1. 
(Du) ſollſt niht umfonft in meine Macht gegeben fein. Schiller, Wallen- 
ſteins Tod 8, 18. ch erbeitet vergeblich, vnd brachte meine Krafft vmb 
font vnd vnnützlich zu. Luther, Bibelüberf. If. 49, 4. i 


Babe (goth. giba, ahd. köpa, géba, mhd. gäbe, gäbe, agf. 
giſu) eigentlich was gegeben wird; im ebeliten Gebrauch für Gefchent; 
im engern Sinne dasjenige, was man den a gibt, — O 
wohl dem hochbeglüdten Haus, wo das tft Heine Gabe! Göthe, 
der Sänger. Andere ziehn frohlodend dort ein mit den Gaben der 
Ferne. Schiller, Spaziergang. Im Wonnetaumel thut mein Mund, 
du Geber, deine Gaben fund! Bürger, Dantlied. 


Beiden? di. ſchenken S. 483) allgemein etwas an einen Andern uns 
entgeltiich zu eigen Gegebened. Spende (ahd. spenta, mhd. spende, au 
mittelad. spensa d. i. dispensa, spenderfe d. i. dispendere = austheilen, 
gr. Irirdesr) bezeichnet zunächft die Handlung des öffentlichen Austheilend 
von etwas, befonders von Almofen, dann das in diefer Weiſe Mitgetheifte. 
— (Gerichtärath:) Empfange noch ein herzlich Lebewohl und eine frifche 
Gabe, die auf langer Fahrt beflommuen Reifenden Erquidung athmet. (Eus 
gemie:) Sch nehme dein Geſchenk mit Freuden an. Goöthe, Gugenie 5, ©. 











496 


Auch er Tief den Berbeiziehenden mancherlei Spende reichen. Göthe, Leben 
3.8. 

Abgabe 1) die Handlung des Abgebens ; 2) das von dem Sei- 
uigen an die Obrigkeit Abaugebende, zu Entrichtende. — (Er beſchleu⸗ 
nigte) die Abgabe des väterlichen Empfehlungsichreibend. J. Paul, 
Titan 31. Die Abgaben waren gering. Göthe, St. Rochusfeſt. 

Auflage (ſ. liegen) ift die von der Obrigkeit, oder dem, ber bie 
Macht hat, auferlegte Abgabe. Aufgaben und Abgaben heißen Laſten (f. 
laden), infofern fie von dem, der fie zu entrichten bat, getranen werben 
mäflen,, befonders infofern fie befchwerlich oder drädend find. — Alle Aufs 
lagen follten fie gleich den Übrigen Bürgern tragen. Schiller, Abfall der 

Niederlande 4. B. Unſer einer bat’s halter gut in »cher Herren Länder, 

ihr Joch iſt fanft und ihre Laften find leicht. Schiller, die Flüſſe. 


Ausgabe 1) die Handlung des Auögebens; 2) dasjenige, was 
ausgegeben wird: des Geldes, eines Buches; 3) die über ausgegebenes 
Geld geführte Rechnung. — Manche Summe, die ihnen zu willfür- 
fihen Ausgaben übrig blieb. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 47. 
Für das überfendete Exemplar zweiter Ausgabe danke zum ſchönſten. 
Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 290. Und was ein Anderer gewann, 
fi als Verluft in Ausgab' brachte (berechnete). Wieland. 


Auflage heißt die Ausgabe eines Buches, inſofern das zu druckende Bach 
anf die Preſſe gelegt und abgedrudt wird. — Rah dem Beiland der Auf 
fage, die bei mir liegt und bei dem biefigen Buchbinder noch reſtirt, müs 
ten etwa noch hundert und achtzig (Exemplare) in Weimar fein. Schiller, 
Briefw. mit Göthe 2, 200. 


Mitgabe ift das Jemanden als Eigenthum Mitgegebene, bes 
ſonders das bei einer Verheirathung von einem Xheil dem andern 
Zugebrachte. Mitgift ift nur eine andere Form (I. unter Gift). 
Brautgabe (ahd. prütik&pa, brutigäba, mhd. brütgäbe, f. Braut 
©. 419) ift urfprüngli das von dem Manne der Braut un Geld 
und Gut Zugebrachte, welches die Heirat bedang; ſpaͤterhin audy Das, 
die Braut dem Manne an Geld und Gut mit in die Ehe bringt. 
Dos von Voß gebrauchte Bräutigamsgabe iſt felten. Morgen- 
gabe (abd. morgangeba, altn. morgungiöf, mhd. morgengebe, 
morgengäbe ') eigentlid) das anfehnlihe Geichent, das der Mam 
am Morgen nach der Brautnacht der Braut gibt, gleichviel ob vorher 
bedungen oder nicht; nhd. auch Das mit in die Ehe Eingebradhte, -- 
So fann man den Traum, wenn auch nicht unmittelbar von oben ge⸗ 
gebene, doch als eine göftlihe Mitgabe, einen freundlichen Begleiter 


1) Morgen it goth maürgins, ahd. morkan, altf. morgan, agf. mbd. dän. 
morgen, altn. morgun, altfrief. morn, neufrief. moarn. Grimm d. Myth. 2. 
A. ©. 709 vermuthet einen mit Anbruch und Brechen des Tages verwandten 
Begriff, weil das goth. gamatırgzjan [hueiden und kürzen ausdrädt. 








497 


anf der Wallfahrt zum heiligen Grabe betrachten. Novalis, H. von 
DOfterdingen 1, 1. Daß er bei ihrer Zochter feine Mitgabe fid 
verfprechen müßte, fie befäme eine Austattung und wetter nichts. 
6. 2. v. Klenke, Lebensbeichreibung der Dichterin A. 8. Kari. 
Welche fi) Neleus wegen der Schöne vermählt, nach unendlicher, 
Bräntigamsgabe. Voß. Da haft du die Mitgift! Bürger, 
Lenardo und Blandine. Wenn Ehre zu verlegen war, fo, fürcht' ich), 
ftand eine größ’re auf dem Spiel, als mir Kaftilien zur Morgen- 
gabe brachte. Schiller, Don Karlos 4, 9. jr morgengab, jo jr 
ie gemabel gegeben hat. Hug, Rhetorica Tübingen 1528 BI. 166, 
(Das Gut) iſt vnuerpfliht, vnuerwidmet, vnuermorgengabt. 
Dat. Bi. 171. 


Mablſchatz (ahd. mahalscaz, mhd. mehelscaz, nieverb. mälschat, aus 
ahd. mahal — Gerichtsflätte, öffentliche Verlobung, Chevertrag, und goth. 
skatts, ahd. scaz, mhd. schaz, schatz, altn. skattr, agf. scoet, sceat, 
mittelniederd. schat) eigentlicd) das Unterpfand gegenfeitiger Liebe und Treue 
bei der Eheverſprechung, vorzugsmweife der Braut: oder Verlobungsring; dann 
überhaupt das bei einer Berehelichung von einem Theile dem andern Zuges 
brachte, infofern es Geld oder Gut betriffl. Brautſchatz (mhd. brütschaz, 
niederd. bruttschatt) urfbränglich der an den Vater, oder, wenn berfelbe ges 
Rurben war, an den Bruder over Bormund der zu eheligenben Jungfrau oder 
Wittwe für diefelbe gezahlte Kaufpreis, der dann wahrfcheinlidh der Braut nie 
GBelpmitgabe in die Ehe zufam; dann allgemein fo viel als Mahlſchatz. Heiz 
tatsgut — das durch die Heirat dem andern Theile zugebrachte Vermö⸗ 
gen. Die Ausftattung und die Ausſteuer beveuten das, was an häns- 
liher Gintichtung und Leibbedarf mit in die Che gegeben wird, alfo das Hei⸗ 
ratsgut davon geſchieden und nicht mitgerechnet. Ansitattung erinnert 
an mihd. steete ze wibe geben d. i. zur Ghe, mit feſtem Beharren, geben; 
Ausfleuer hat den Grundbegriff des Unterftägens (mhd. stinren = feuern, 
unterflügen, zum befjern Beitehen verfehen). Ausftaffierung (aus ital, stuffare, 
franz. estoffer) tft eigentlich die Berfehung mit Stoff, dann allgemeiner (bes 
fonbers in der Bolfsiprache) ſo viel ale Austattung. — Jede der Jungfrauen 
teng in dem zierlichen Körbchen ven Mahlfchag, wie es die Sitte gebot. 

- Blaten, d. Bifchermädchen in Buranv. Detavius Farneſe erhält mit- ihrer 
Berfon die Herzogtbümer Parma und Placenza zum Brautſchatz. Schiller, 
Margaretha von Parma. Daß dem Mäpcen eine Ausftattung gereicht 
werden fann. Göthe, Egmont 2. Zuerſt alfo beſchloſſen die guten Alten bie 
Heirat, dann fingen fie an vum Heirathsgute zu ſprechen... Wehe 
dem Hanne, der fih an der Mitgift feiner Braun erholen will! ..... Aber 
wißt nur, das Mädchen foll mein fein, und die Ausſteuer mag ener blei⸗ 
ben. Gõthe, Benvenuto Eellint 1, 1.: Daß du dein Abbild ausflaffirt 
mit Allem, was die Schönheit ziert. Bürger, das Mädvel das ich meine. 


Anm. Die Boltsfprache hat Hier und banoch bie Hil ichsg abe, von hiuleich; 
kileich = Bermählung, Heirat; von afd.hiwan, mh, hiwen, hijen = in den 
32 





498 


— — — — — — 


Hausſtand treten, fich verehelichen (agſ. hiwa, altn. hion — Familie, uihd. hiwe 
— Gemahl) nnd goth. läiks, altn. ſeikr, alth. leih, mhd. leich = Spiel; goth. 
läikan — ſpringen, ſpielen; altn. leika — ſpielen, mhd. leichen, nhd. (Bulfe- 
ſprache) laichen. 

Zugabe, was dazu, Beigabe, was dabei gegeben wird. — Daß 
er die Freundlichkeit der Braut als eine dankenswerthe Zugabe mit 
Behaglichkeit aufnahm. Göthe, Wahlvermandichaften 2, 10. Dieſer 
Menſch war eine traurige Zugabe zu ihrem eingejchränften Leben. 
Göthe, Meifters Lehrjahre 7, 4. 

In gewiffem Sinne find mit Zugabe verwandt Zuwage (f. ©. 132) 
Zutbat und Beilage — Wenn du uns Fünftig ein Dugend Worte heul, 
fo gib uns ein Dugend Gedanken ald Zuwage. Blaten, Schap des Rhamp⸗ 
finit 3. Dann geb’ ich dir Volqueſſen, Touraine, Maine, PBoitiere und Anjou, 
diefe fünf Provinzen, mit ihr zugleich, und dieſe Zuthat noch, Baar breißig> 
taufend Mark engländifh Gold. Shaffpeare, K. Johann 2, 2. (Einem weit: 
läufigen Brief) war eine kurze Nachfchrift hinzugefügt, nebft einer Beilage 

von der Hand eines Gehülfen. Göthe, Mahlverwandtfchaften 1, 2. 


An—, Auf-, Gegengabe u. a. find aus folgenden Beijpielen 
flar. — (Ex) hielt fi beionders an die neueften mit dem gegenfeiti- 
gen Stande der Himmelslichter übereintreffenden Angaben. Götbe, 
Meifters Wanderjahre 3, 15. Sein Brief war ohne Ortsangabe. 
Campe. (Er fand) eine bedenflihe Aufgabe. Göthe, Meifters 
Wanderjahre 3, 3. Ihr habt, fo fprach er, feine Ausitellung, alſo 
auch wohl feine J— Daſ. 2, 9. Wenn ſie nicht ſieben 
Potentaten (nemlich deren elendeſte Kupferſtiche) begleitet hätten, als 
Dareingabe. J. Paul, Siebenkäs 6. Die nehm’ ih an zur Ge— 
gengabe. Pfeffel, der Phönig Ihn beichäftigte die nähere Betrady- 
tung derjelben (Disputation) und manche Vorbereitung zu eiuer kinf- 
tigen Herausgabe. Göthe, Leben 12 B. Rückgabe geboten fie 
der Koftbarfeiten und Schätze. J. v. Miller, Er hatte darauf ge 
wußt eine Uebergabe von Mainz zu bewirken. Göthe, Kampagne 
in Zranfreih Trier 29. Det. Wo die Mebergabe der Zürftenbraut 
vorgeht. 3. Paul, Heiperus 9. Ich beichwichtigte fie mit eimigen 
Borgaben des Nachtiſches. Göthe, Leben 17.3. Um Wieder: 
gabe jener Ländereien. Shakeſpeare, Hamlet 1, 2. — Aus beiden 
Iprach ein Mann von fehr großem Scharfſinn und der feinften Beob- 
achtungsgabe. Schlichtegroll. (Daß er) die Bildungsgabe, die ihm 
angeboren war, mit funftgemäßer Faſſung benugen möchte. Göthe, Leben 
14. B. So werden Gie Big und Erfindungsgabe dem leicht- 
fertigen Knaben nicht abſprechen. Göthe, Meifters Banderjahre 1,9. 
Der Hochfelige hat immer groß gedacht von Eurer Gnaden fürtreffli- 
hem Berftand und Feldhberrngaben. Schiller, Wallenſteins Tod 
1, 5. Wegen Prüfung folder Geiftesgaben. Göthe, ital, Reife 
Neapel 26. Mai 1787. Auf die der Kaiſer, allen guten Böhmen zum 


” 





499 


Aergerniſſe, Gnadengaben häuft. Schiller, Picc.1, 2. Es if eine rechte 
Gottesgabe um emen weilen und Killer ie Freund. Schiller, 
Briefw. mit Göthe 4, 377. O eine edle Himmelsgabe ift das 
Licht des Auges. Schiller, Tell 1, 4. (Laßt und euch) von Lan— 
desguaben, zum Lebewohl, Erguidungsvorrath widmen. Göthe, Eur 
genie 4, 3. Rah Mapgabe der Krankheit. Schiller, Briefw. mit 
Göthe 5, 209. Die Nahahmungsgabe des Menjchen ift allges 
mein. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 12. Wie ich nun über dieſe 
Raturgabe nachdachte. Göthe, Leben 15. B. Und nicht Gelübd' 
und DOpfergaben führen die Tlüchtigen und zurüd. Heydenreich. 
Ihre Jugend ift kräft'ge Rednergabe ohne Wort. Shekſpeare, Maß 
für Maß 1, 3. Jeden Borzug des Körpers verband ſie noch mit fo 
mancher Seelengabe. Meißner. Da fab er die Silbergab’ 
au Pobaltiich niederrollen. Sonnenberg. Sprachengabe beſaß er 
in hohem Grade. Göthe, Leben 14. B. Durch VBerräthergaben. 
Shafipeare, Hamlet 1,5. Eine folhe Wechſelgabe wäre einer fol 
hen Mutter und Freundin würdig. 3. Paul, Zitan 58. (Weil Gott) 
wit hohen Wundergaben fie gefegnet. Schiller, Jungfrau von Or⸗ 
leans Prolog 2. J 

Gabenfreſſer, —herr, — u. a. — Sie drängten mid 
zum gabeſeligen Munde. Göthe, Elegie. Solches bewahrend im 
Geiſt, ihr Könige, Gabenverſchlinger. Voß. Und weil an vil 
orten die Viſcher jre Eunden oder Gabkauff auffer Lands haben, 
Landord. von 15583 bei Schmeller 2, 9. 

Gaben (ahd. göbön, geben, mhd. göben — einem ein Ger 
ſchenk machen, ihn begaben) ift wenig, mehr find begaben und ver- 
ausgaben im, Gebrauch. Davon Begabung, Berausgadung. 
— Kein Pilger, der hicht auf dem Altar ein frommes Opfer gabte. 
Dfeffel. Dann ſollſt du mid) fnieend fehen vor jener Gottheit, Die 
mich fo begabte. Göthe, Taffo 2, 3. — Allbegabte Pandora 
ward fie genannt. Voß. Ziehe des heiligen Eurotas frucht begab— 
tem Ufer immer auf. Götbhe, Fauſt 2, 181. Nun aber, nun ver- 
fannt’ er weiter nicht den glüdbegabten Götterfohn. Bürger. 
Dem gottbegabten Greiſe. Göthe, Eugenie 5, 7. Der bod- 
begabten Frauen. Daf, 1,1. Die rauhe fturmbewegte Zeit heiſcht 
einen fraftbegadten Steuermann. Schiller, Jungfrau von Or- 
leans 1, 5. Mit den finnbegabten feinen Hämmern. Göthe, der- 
Becher. ; Ä 

Beſchenken unterfcheivet fih von Begaben, wie Geſchenk und 

Babe ©. 495. 

Gift (ahd., mhd., agf., altn, die gift = Gabe) it im Sinn 
von Gabe uhd. wenig mehr im Gebrauch. Davon Ab—, Witz 
gift (S. 496). Mhd. wandte man diejes Wort verhüllend für den 


23 * 


500 


tödtlichen Stoff an: der gift, nhd. (die) der, gebräuchlicher Das Gift !). 
Davon giftig; vergiften (ahd. vergiftan = weg—, übergeben) ; 
Bergifter, Vergiftung — Die Tenne zollt mir ihre Gift. 
Bürger, Danklid. Des Kaiſers Wort ift groß und fichert jede Gift. 
Göthe, Fauſt 2, 291. „Der Staat duldete es nicht, daß der Ader 
mit jährlihen Abgiften zum Vortheil der abgehenden Kinder be— 
jhwert wurde. % Möſer, Nicht deutjches Herzens . . gab er zur 
Armengift (Almofen) den Freiheitsſang altdeuticher Tugend. 
Voß. Die Zunge ift voll tödliher gifft. - Zuther, Bibelüberſ. Jac. 
3, 8. Den ftärfften Gift fochen. J. Paul, Titan 262. Ich habe 
felbft den Gift an Zaufende gegeben. Göthe, Fauſt 1, 58. Er 
führt nun in einem feiten, geichliffenen Glasfläichchen diefes Gift als 
das jonderbarite Gegengitt bei ſich. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 
10. In gährend Drachengift baft du die Milch der frommen Dent- 
art mir verwandelt. Schiller, Tel 4, 3. Die Bosheit ſprüht bier 
nicht ihr Nattergift auf unbeforgter Unſchuld Nofenfronen. Salis, 
an ein Thal. Und ordinirt, wenn nichts verichlägt, ein fleiues Gran 
hen Rattengift. Platen, rom. Dedipus 3. Kein Gift über 
Schlangengift. Herder. Wenn er das Sündengift am Men- 
fchen wird gewahr. Xohenftein. — Eine Frau, deren Maun er bat hin- 
richten laffen, vergiftet ihn: Göthe, Leben 14. B. Kein jcheeler 


Blick des Neids vergiftet feine Kreuden. Uz, Kunft jtets fröhlich - 


u fein 1. Monarch, erwiedert der Vergifter. Pfeffel, das Gift. 
Da lachte die VBergifterin noch. Göthe, Fauſt 1, 106. Wir find 
quitt, du Herzvergifterin! Schiller, die Kindesmörderin Die 
mit jren gifftigen Worten zielen. Luther, Bibelüberi. Pi. 64, 4. 
Alle Seuchen treibt er hinweg und alle Vergiftung. Göthe, Rei— 
nefe Fuchs 10, 78.. a 


Giftapfel, —arzenei, —barſch (perca hönenass L.), — baum, j 
—becher, —beere, —biffen, —blafe, —bobne, —dumpf, —dunſt, 


—eidechſe, —erz, —eſche, —effig, —fang (im Hüttenbau), —fiſch, 
—gefäß, —getränkt, — hahnenfuß, —hauch, —heil (anthora L.), 
— hirjchling, —hund (squalus centrina L.), —hütte (im Hüttenbau), 
—fies, —kraut, —kugel, —funde, —fatwerge, —-Iehre, —mehl, 
—miſcher, —mittel, muß, — pfeil, —pflanze, —pflafter, —pille, 
—pilz, —pulver, —regen, —reih, —roche, — ſchlange, —ſchwamm, 


—ſtein, —tranf, — waſſer, —wurzel n. a — Mit gifibenegten. 


Waffen. Collin. Bit du die Giftblume? % Paul. Ein bren- 
nendes. mit Neſſus Giftblut getränftes Gewand. J. Paul. (Das 
er) feine Giftblüthem oder feine Heilwurzeln triebe. 3. Paul. Ich 
befämpfe mein gifterfülltes Land. Shakſpeare, Coriolan 4, 3. 


1) Opitz, Heffmannawaldan, Eohenftein fagen die und das Gift; Weichmann, 
Galler der und Bas Gift; Ginther der, Die und das Gift — venenum. 





501 


F 


Die die freſſenden Giftfarben zu diefem- Bilde trieb. J. Paul. 
Da fieht man Schlangen hier und Nattern die giftgeichwollnen 
Baͤuche blühn. Schiller, Kraniche des Ibykus. Nagten fie dort ein 
Giftgewächs. Pyrker, Rudolph 5. Mit Entſetzen ſammelt meine 
Feder einige der gifthauchenden Worte. Thümmel. (Wo du). 
den Giftkamm der liſtigen Schlaugen beſchneiden kannſt. Benzel— 
Sternau. Ich lernte geheim ja die Giftkunſt. Sonnenberg. Dir 
iſt die Natter giftlos. Ramler. Für manche Menſchenbruſt in der 
Kirche wurde durch die Rede der Vergangenheit die Giftſpitze abs 
gebrochen. 3. Paul. Ich muß den Gifttranf diefer Seligfeit vollends 
ansfchlürfen. "Schiller, Räuber 4, 4. Das Heine Kind aber wird 
von Einem fcehwarzen Gifttropfen der Gegenwart ganz umzogen 
und erdrüdt 3. Paul. Die gifttrunfenen Pfeile Willamov. 
Giftvolle, Schlange! Das it deine Liebe! Schiller. Die ägen- 
den Giftworte J. Paul. Und drüdte alle feine Giftzähne 
hinein. J. Paul. 

Anm. 1. Die Redenéart: was gibſt (du), was haft (du), z. B. das 
von rennen, über Hals und Kopf, nehört der Volksſprache an. 

Anm. 2 Gabelle (ital. gabella) Nachſteuer, Abzugsgeld, ſcheint aus dem 
deutſchen Gabe gebildet. j 

Anm. 3. Mit Seb— werden in den früheren Sprache verſchiedene Gigen: 
‚namen gebildet: Gibeke (Burgunderfönig), Gebeno, Gebehard (Kepahart), 
Göbewin, Giflet. ’ ’ 

Anm. 4. Im mbd. Wörterbuch von Benedg-Müller I, 509 iſt zwifchen 
geben (S. 500 f.) und Gift (S. 510) Gabel.abgehandelt, ald gehörte dieſes 
Bort zn geben. as Mort lautet ahd. klg)abala, mhd. gabell, gabel, altn. 
saffal, agſ. gaflas, dan. ſchwed. holländ. zaffal, und wird von Wadernagel 
mit lat. gabalum — Balgen (Yı zu gibil = Giebel (A), gebal = Schädel, 
gr. — — Kopf gerechnet; nach Weigand iſt die Abſtammung noch unauss 
gemittelt. 


Geſchehen. 
(Wurzel scah, seih.!) 


Geſchehe, geſchah, gefcheben (kiscihu, kiscah, kiscähume6s, 
kiscöhaner, kiscähan, gascähan; mhd. geschihe, geschach, ge- 
schähen, geschähen, geschen) 1) allgemein, wirklich werden (I. 
©. 486); 2) im Bejondern zur Wirklichkeit gebracht werden- durch das 
Thätigſein von Perſonen; 3) (veraltet) es geihieht mir — ‚begegnet 
mir, ich fomme in den Fall, e8 zu thun. — Diele Zeit geſchach 
eine gar.groffe Finftenuß des Mons. NAventinus, Chronik 1580 DI. 
- 115. Indeß ihre Complimente drechfelt, kann etwas Nützliches ge— 
ihebn. Göthe, Fauſt Vorjpiel. Am Himmel gefhehen Zeichen 
und Wunder. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Jetzt iſt's um dich 

1) Das einfache sköhan iſt nicht mehr im Gebrauch, war es aber, z. B. 
wewurt skihit — Wehſhſchickſal gefchieht, im Hildebrandolied. 





502 
\ 


efhehn! Daſ. So auch mit der Liebe der Treuen geſchicht. 
—* Jery und Bätely 1. — Ein Wort macht alles ungeſchehn. 
Schiller, Maria Stuart 3, 4. 
Anm. 1. Die Formen geſchicht, geſchach, im 16.— 17. Jahrh. noch 
mehrfach gebraucht, werden auch jept noch angewendet, befonders in ver Volksſprache. 
nm. 2. Brüder findet man flatt geſchehen nuch beſchehen: das foldyes 
fchon beſchehen wäre. Simpliciffiinus 1, 20. 

Geſchichte (die wahrſcheinlich nach und nach zur Einzahl gewor⸗ 
dene ahd. Mehrzahl gescihte, mhd. geschichte, von der ahd. Ein- 
zahl glk)esciht, mhd. geschiht, in einer Urkunde von 1349 bei Roth: 
Urkunden der Stadt Obermofchel, Münden 1848, geschiecht) 1) 
(ältere Sprache) ein ug Ding; 2) (ältere Gerihtsfpradye) That- 
beftand; 3) Die geſchehene Sache (f. ©. 491). — (Frage:) Gefchicht 
ih (etwas) von gefhicht? (Antwort:) Nihg nicht,. junder alle 
ding geichechent von der ordnung gottes. Schmeller 3, 338. Wenn 
ein Legat auf ein Geding oder Geſchicht, die in einer benannten 
Zeit vollbracht oder erfüllt werden foll, gerichtet if. Dal. Wirzburg. 
Landgerichtöordnung v. 1618. Es beftettiget diß wort das geichicht 
des frommen Joſephs. J. Agricola, Sprihw. 101. Nach diefem 
Geſchicht fraget David den Herrn. Luther, Bibelüberf. 2. Kön. 2, 
1. Das gäbe Gefhichten! Göthe, der Edelfnabe und die Mül- 
lerin. (Ih war) Zeuge einer rührenden Geſchichte. Schiller, Don 
Karlos 1, 4. — Das (Holz) e8 zu Bechern gehöhlt, und grub mit 
liebendem Fleiße Göttergeſchichten darauf. Cludius. Wie die 
Fabel- und Halbgefhiähte lautet. Herder. Die ftile Haus 
und Kindergefchichte fängt an vom gebohrnen Feldthiere und jei- 
nem Baterlande, dem Felde. Herder. Aus unfern Kriegsgeſchich— 
ten werden dann Erzählungen in langen Winternächten. Schiller. 
So wollt’ er in dienod ganz brach liegende Landesgeſchichte von 
Hufelum feinem Pflug einjegen. 3. Paul. Eine Muttergefchichte 

E und unter Bäumen. Herder. Der Verjuh muß einem 

a der Menfhengeihichte immer fehr merfwür- 

Schiller, Lykurg Wofür Hältft du denn die Nachtge— 
3. Paul. Nun noch zur Abwechslung eine einzige Reit- 

E. Wagner. Die Mutter führte jene Schauerge- 
‚ das ꝛc. 3. Paul. Bild, Gemählde der Morgenröthe, 
Schöpfungsgejhicdhte. Herder. Da hat man fid 
in die Spielgeſchichten —— E. Wagner. 
entflammt in der Urwelt Thentergefhiht”. Sonnen . 
Paladin beginnt nun feine Traumgeſchichte. Wieland, 
. Die Kirhengejhichte war mir faſt noch bekannter als 

Neſchichte. Göthe, Leben 11. B. 


Die. ©n . S. 4. — u Echt fagf er 
©. 428) für böfen Fat ngefhicht ſagt Fiſchart (Gargantua 





‘ 


503 


u 


4“ 

Geſchichtlich; Geſchichtliebend, —fänle, u.a; Geſchichten-— 
buch, —traͤger; Geſchichtsbuch, — dichter, —erlemung, —erzaͤh⸗ 
fung, —forſcher, —forſchung, —freund, —kalender, —kenner, — kennt⸗ 
niß, — kunde, —kundig, —kunſt, — tafel, —wahrheit, —wiſſenſchaft 
u. a. — (Ich war) geſchichtlich vorbereitet genug. Göthe, Leben 
12. B. Die eigentlichen Sefhichtflauber.... ſind ein murren⸗ 
des Volk. Lichtenberg, literäriſche Bemerkungen. Der dramatiſche 
Dichter üt fein Geſchichtſchreiber. Leifing, hamburger Drama 
turgie 19.  Geberdenipäher und Geſchichtenträger. Schiller, 
Don Karlos 1, 1. Kein Wunder, daß manche Leute diefe ganze Er— 
zäblung für eine Seichihtsdichtung zu nehmen geneigt waren. 
Ganpe. Ich will kein Gefhichtsgemählde aufftellen. Seume. 
Mir ſcheint es aber bejjer, daß ich den Färglichiten Geſchichtsſtoff 
vermehren helfe. Benzel-Sternau. Du wirft von diefem Geſchichts— 
umſtande, der nächſten Urſache des Dreißigjährigen Krieges, wol ſchon 
gehört haben. Campe. Man erzählte hundert große und kleine Ge— 
ſchichts züge von Pölenburgs Kinderliebe. Kl. Schmidt. 

Schicken (ahd. seiccan, mhd. schiken, schicken, schichen, 
©. 46, 22% eine härtere Form von ſchehen in geſchehen!), be— 
deutet 1) jo viel als madyen, daß etwas geichehe, bewirken und jo 
verjchuffen, ordnen, einrichten (altn. skicka — verfügen, ordnen); 
davon 2) dann nach Anordnung oder Verfügung anderswohin kommen 
machen, und jo aud .bloß von fich entfernen; 3) eine dem Zwecke, 
der Beitimmung angemeflene Bejchaffenheit annehmen, haben. — Wan 
wirds nur Eunten geichiden, Das uns nichts böſes geſchach. Reime 
von 1562. Diu vart (Fahrt) was (war) wol geſchichet. Wigalois 
8857. Der Herzog mag darüber ſchicken (verfügen, Befehle geben). 
Bayr. Landtagshandlungen 1, 198. Zucererbjen in Schoten und zwei 
gebratene Küchlein bring’ id nur und ſchickſt du dich gut, Erdbeeren 
In Hr Voß. Der fih in Alles zu ſchicken wußte Göthe, 

3.8. | 


@i fügen (mb. sich vüegen, ans ahd. fuogjan, fögjan, faagen, 
mittelnieverd. vögen, ſchwed. foge, dòn. foje, holländ. voegen, ıngl. fadge; 
vgl. gr. mruodo ich falte, anpvom.= ich hefle an, lat. pange — id 
befeſtige, fanffe. pas == verbinden) in eine Berbinbung der Angemeffenheit - 
oder Paßlichkeit, verbindende Zufändigfeit des Ginen zum Andern foınmen. — 
Die andern Synonymen, wie weitere Beiſpiele |. S. 46. — Gr ficht mit hei- 
ligem Vergnügen. auf unfrer Erde ſelbſt fitch alle Theile fügen, und Orbnung 
überall, auch wo die Tugend weint, Il}. | 5 

Ab—, an—, auf, aus—, be—, bei, durch —, ein—, em- 
yor—, eut—, entgegen —, fort—, her—, berab—, beran—, ber- 


1y Schmeller, Badernagel, Weigaud m. 9. Rellen gefchehen und 
ſchichken, als zu Giner Wurzel gehörig, zuſammen. 





504 

auf—, heraus —, herbei —, berein—, berüber—, herum —, ber- 
unter —, hervor —, herzu —, bin—, hinab —, hinaun —, hinauf—, 
hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —, 
hinzu —, mit—, nach —, nieder —, um—, umher —, unter —, ver—, 
vor —, voran —, vorauf —, voraus —, vorbei —, vorüber —, weg—, 
zu —, zurück —, zuſammen —, zuvorſchicken find klar. — Den (Bedient 
ten) ih abgeſchickt hatte. Göthe, Benvenuto Cellini. Indem er fich 
weiter zugehen anſchickte. Göthe, Wahlverwandtſchaften 1, 1. Sid 
albern zu etwas anſchicken. Leſſing. Mein Tiſch, mein Haus, mein 
Stall find foftbar aufgef hit Caufgeräumt). Opitz. Ich hatte ve 
drei Boten ausgeſchickt. Göthe, Götz von Berlichingen 4. em. 
- Manne gleicht Ihr, der fen früh Gejchäft beſchickt. Uhland, Ludwig 
d. B. 1. Ihn beſchickten (liegen rufen) wir. Da. 1. Derden Bo: 
ten fortgefchict hatte. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 10. Da 
Gott . . . uns einen Menjchenerlöfer ... herabſchickt. Klcpitod, 
Meſſias 2, 866. Daß der Mond -jeinen Gevatterbitter bei den Er- 
dengelebrten herumſchicke. 3. Paul, Heſperus 1. Julie hatte faum 
Zeit, ihn die Magd nachzuſchicken. Göthe, der Sammler und die 
Seinen 6. Brief. Bon übler Wirfung ift der — welchen Euri⸗ 
pides ſeinen Stücken vorausſchickt. Ungenannter bei Campe. Sie 
verſchaffen mir einen reitenden Boten, den ich noch heute Abend weg⸗ 
ſchicken kann. Göthe, Wuahlverwandtichaften 1, 10. Was Gott mir. 
zuſchickt, hätte e8 auch die Geftalt des Giends, wird Wohlfahrt 
bein Gellert. \ 

Geſchickt zunächit dem entfprechend, wie es Die Anordnung ers 
fordert; dann überhaupt paßlich beichaffen, zujtändig wozu, fei Dies 
nun von förperlihen Dingen oder vom Geifte; im Befondern körperlich 
und geiftig im Stande, mit Leichtigkeit etwas zu thun. — Daß wir 
immer beſſer und zu unferer ewigen Beltimmung gefchidter werden. 
Gellert. — Hierbei bürdete er uns gewöhnlich allerlei ungeſchickte 
Vorſchläge auf. Göthe, Xeben 7. B. Er ließ ſich zu einer unge- 
ſchickten Stunde bei mir melden. Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 275. 

. Aufgeraumt (f. S. 24) und aufgelegt (f. Liegen) in ber Gemüthe: 
verfafjung, etwas mit Leihtigfeit gu thun: dort, infofern Alles, was wie Seele 
trübt, hinweggeräumt ift, fo daß fle Keiter zum Handeln gefimmt iR; bier, 
infofern das Gemüth die zum Handeln geeignete Richtung bat. Tüchtig 

- (mh. tühtic = Eräftig, thätig, von ahd. toht — ſittlich Fräftig, gut, diu 
‘  .tohti = fittlide Kraft, mbd. tuht — geeignete Stärke und Güte, älternhd. 
die Tucht — krafft und macht, von taugen golf. dagan? ahd. t(d)uk(g)an, 
mhb. tägen, agf. dugan, ſchwed. du(o)ga, dan. due; vgl. gt. ug, Eoyzavo) 

‚bedeutet ſowol überhaupt fu viel ale Kraft und. Gute, vornehmlich Fülle ver 
Kraft und Güte habend, als audy Kraft und Site, vornehmlih Fülle ber 
Kraft und Güte geeignet zu einet gewiſſen Beſtimmung. Tauglich (vor 
tangen) nad Erforderniß geeignet zu einer gewiſſen Beſtimmung. Siehe 


505 


noch beguem ©. 38. — Anfgeräumt bebeutel einen gewiſſen Zufland des 

Menfchen, wo er fröhlich if, aber nicht dauernd. Kant. (Er ift) immer noch 

fe aufgeräumt, als jemals. Shaffpeare, viel Lärmen um nichts 1, 1. 

Sie haben ja den Herrn gefprocden, Herzog. Wie fanden Sie ihn aufge⸗ 

legt? Schiller, Don Karlos 3, 6. Nicht dag wir tächtig find, von vne 

felber etwas zu denden. Luther, Bibelüberi. 2. Kor. 3, 5. (Die Häufer zeig: 
ten Äh) tüchtig und fchön von außen, bequem und zierlich von innen. - 

Goͤthe, Meiiters Wanbersjahte 2, 7. 

Schicker; Schick auch Geſchick; ſchicklich, Schiclichkeit — 
was den äußern Verhältniſſen angemeſſen iſt, mit ihnen übereinſtimmit. 
— Der Saus und Braus, macht denn der den Soldaten aus? Das 
Tempo macht ihr, der Siun und Schid, der Begriff, die Bedeus 
nng, der feine Bid. Schiller, Wallenſteins a 6. Sp wäre 
denn halt ’ne Komödie in den Schi gebracht. Shakſpeare, Som⸗ 
memachtstraum 1, 2 Das bat Schi und Geſtalt. Voß, Luiſe 1, 
204. Er hatte felbft viel Handgeihid. Göthe, Wahlverwandt- 
iihaften 2, 2. Bor jo vielen Perjonen ftehend fuchte er fih für den 
Augenblick einen ſchicklichen Pla. Göthe, Meiſters Wanderjahre 
1,9. Julie empfing = angekündigten Bräutigam, ſchicklich aber 
uvorfommend. Dai, 1, 8. 

Anſtaändig (f. Reben) dem Anftande gemäß; ftärker iR wohlanfiän» 
dig. —-6r Hatte etwas Welches in feinem. Betragen, das fehr ſchicklich 
and anſtändig war. Goͤthe, Leber 10. B. Nach der allgemeinen Brzähs 
lung ſoll ih Schlegel mit vieler Mäpigung und Anſtändigkeit beitragen 
haben. Schiller, Briefw. mit Goͤthe 6, 20. Einen jungen Menſchen von 
Anttaud und Figur. Daf. 6, 196, 

Aum. Schiller fagt an: „Und das Gemunfel und das Geſchicke“ für 
wiederholtes Schiden, 

Geſchicklichkeit ift die Befchaffenheit, eine fünftliche und gar 
mehrfach zufammengefegte Handlung auszuführen. — Im Fleiß kaun 
dich die Biene meiltern, in der Geſchicklichkeit ein Wurm dein 
Lehrer fein. Schiller, die Künſtler. — Freilich haben fie nur im 
‚Stillen der Einfeitigkeit, der Unordnung, der Läjfigkeit, der Unge- 
ſchicklich keit zujehen können. Göthe, Unterhaltungen deutſcher Aus- 
gewanderten. (Wie fie) "eine gewife Schreibgeſchicklichkeit fid 
zu verfchaffen wiſſen. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 146. 

Fähigkeit (von fahen, ſ. Fangen) if überhaupt die günkige Beſchaf⸗ 
fenheit Jemandes zu gewifien Handlungen. Bertigfeit (von fertig, f. 
fahren) wird bie genannte Beſchaffenheit genannt, wenn fie von der Art if, 
dag Die Ausübung der Handlungen leicht und geſchwind von Statten geht. — . 
Gr verdanfte der Ratur auch noch das feltene Glück, aus Liebe zum Vater, 
aus Ehrfurcht für den Freund, feine Fähigkeiten gerade dahin lenken zu 
wollen, wohin man deutete. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 8. (Er) trug 
Wilhelmen auf das genaueſte und vollſtaͤndigſte mit Leidenſchaft vor, was er 








506° 


= fih alles in beiden Welttheilen von folchen Kunfteinfüchten und Fertigfeiten 
verfpreche. Daf. 1, 4. | 
Geſchick wird (außer der Bedeutung von Geſchicklichkeit) wie 
Schidjal in doppelter Bedeutung gebraucht: a) das nach höherer 
Ordnung dem Weltwefen an Begebenheiten und Veränderungen im 
Sein Zukommende, und b) dag die Verhältniffe in der Welt nad) hö— 
heren ewigen Gejeßen (wie das fatum der Römer), oder nad) feiner 
Willkür ordnende Weſen. Gefhid drüdt mehr die Jufammenord- 
nung aus, was in Schickſal nicht liest. Schidung (mhd. dia 
shickunge = Berbindung des Einen zum Andern) bedeutet zunächſt 
Verbindung des Zukommens nach höherer Drdnung; dann das nach 
diejer Verknüpfung Zukommende. — Ya, der Wille ift der meine, 
doch Die That ift dem Geſchick; wie ich ringe, wie ich weine, feinen 
Arm hält nichts zurüd, Grillparzer, Ahnfrau. O des Güde, Des 
inftigen Geſchicks! Göthe, Wirkung in die Ferne. Die Weisheit 
Fo entwarf der Eleinften Fliege Glück, ihr Schickſal ift beitimmt, 
fo gut al8 Roms Geſchick. Uz Dein Ungefhid ift mir ein Unter— 
pfand des Himmels, daß ich zu etwas Großes aufgehoben bin. Schiller, 
Fiesko 1, 9. Ihr folktet Gottes gnäd’ge Schickung preifen, die es 
jo gut gelenkt. Schiller, Tel 4, 2. Seht! ich will Alles eme Schi- 
Fung nennen: Schiller, Maria Stuart 3, 4. — Wem dir Göt- 
tergefhif Errettung gewährt. Voß. Mich kränft des Odyſſeus 
Sammergeihid. Voß. Vom niedern Dienft im Stalle flieg ich 
auf durch Kriegsgefhid zu dieſer Wird’ und Höhe. Schiller. 
Die Wage des Schladhtengefhides ſchwankte. Pyrker, Zunifias 
6. Hätte das Trauergeſchick zur Berherrlichung Zeit ihn gegönnet. 
Voß. Mir zeigt der Geift nur große Weltgeſchicke. Schiller, 
Jungfrau von Orleans 3, 4 Darum befahl der Vater fie zu tödten, 
doch ich entrüdte fie dem Jammerſchickſal. Schiller. as ift es 
anders als Menſchenſchickſal, jein Maß auszuleiden, feinen Becher 
auszutrinken. Göthe. | u 
Fügung (f. fügen ©. 503) iR zuerſt die Urfächlichkeitsverbindung des 
Zukommens nad höheren Walten, und dam das in diefer Urſächlichkeitsver⸗ 
bindung Zukommende. Das Verhängniß (f. Hangen) bie höhere Bulaffung 
. für die Begebenheiten und Veränderungen eines Weſens, ſo wie das burd 
“ diefe Zulaffung Zukommende: gerne auf das Uehle und Unglückliche bezogen. 
Loß (minder gut 2008, 206, goth. hlänts, ahr. hiöz, hidz, bösg, altſ. hiöt, 
agf. hleät, hiyte, altn. hlutr, mh. löz, engl. lot, ſchweb. lott, dän. lod, franz. 
lot, ital. lotto, ſpan. lote, von dem nun ansgeftorbenen ahd. Berbam hlio- 
zan, mbb. liegen, agf. hlöötan, altſ. hHotan, altn. hliöta, hluta) Das einem 
Meltwefen je nach &lüc ober Unglüd in Unfeheng feines Seins und ber 
Veränderungen besfelben Zugefallene uder Gewordene. — Es ifl des Himmels 
ſichtbarliche Fügung. Schiller, Biccolomint 1, 3. Schickſale find bie 
Fügangen des Gwigen, den Orbmungen ber Ratur, den Geboten heiliger 











507 


— 
- 


Sittengeſehe entſprechend. Areihafen von 1838. 4, 120. Bo fchrieb unfer 

Berhängniß auf eherne Tafeln der In Simmel und fchwieg. Klopftock, Reſſtas. 

Ihn führte fein Verhängniß... bis hierher, Friedland, und nicht weiter! fagt 

die Schidfalsgöttin. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 1. Da kommt das 

Shidfal, roh und Falt faßt es des Freundes zärtlihe Geſtalt und wirft 

ihr unter den Huffchlag feiner Pierde, das ilt das Loos des Schönen auf 

der Erde. Daſ. 4, 12. 

Schikfaldenter, —enthüllend u. a. Schidfalsgang, —ge- 
noffie u. a. -— Wenn auch die Mutter einen der Schidfaldeuter 
ins Haus berufet und ausforſcht. Voß. Jetzo erhuben fidy neue, ges 
heimnigvolle Geſpräche zwilhen ihm und dem Ewigen, fchiefalent- 
büllenden Inhalts. Klopftod, Meifias 1, 188. Nachdem fie -auf- 
flieg oder ſank die [hidfalentfheidende Wagſchal. Klopftod, 
Meifias. Des ſchickſalredenden Greifes lacht er. Voß. Und nun 
ruft’ es empor von dem Abgrund, ſchickſalverwünſchend. Klop- 
od. Dem [hidfalwägenden Gotte. Herder. an zu er= 
fennen und Schidfalmworte zu reden. Voß. — Einen Theil der ver- 
ihränften Schickſalsfäden. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 14. 
Siehe, doch jchweigend, meinen Schidfalsgang ‚mit der Welt. 
Sonnenberg. Indem wir die. vorzüglichfte Maffe thätiger. Menichen 
als unfere Gefellen und Schickſalsgenoſſen angefprodyen. Göthe, 
Meiſters Wandegiehre 3, 9. Durch ein Schickſalsgeſetz des Wi- 
deripruch® oder, Stillſtandes in menjchlihen Handlungen, Herder. Den 
Schickſalsmächten hoffend übergeben. Schiller. Hüpfend den 
Schidjalspfad an des Bräutigams Arm. Voß, Luiſe 3, b, 334. 
D du Schidjalstag! Platen, die verhängnißvolle Gabel 2. Das 
(Band) jeden Schickſalswechſel ausgehalten. Schiller, Jungfrau 
von Orleans 3, 1. 

Schicht *) (mhd. schicht) die Ordnung, Bertheilung, Abthei- 
fung (beſonders im Bergbau), eine Reihe mehrerer an» oder über- 
einander befindliher Dinge Davon ſchichten, aufſchichten (mhd. 
schichten) theilen, ordnen, in Schichten legend hervorbringen, auf- 
rihten. — Vnd folt fle (die Kuchen) legen, ja ſechs auff einen ſchicht. 
Luther, Bibelüberſ. 3. Mof. 24, 6. Bid fie fasten fih, nah Schich⸗ 
ten, ja hundert vnd hundert, funffzig vnd funffzig. Dal. Mark. 6, 
40. — Einen Scheiterhaufen ſchichte du. Göthe. An den meiften 
Commerz- und Eroberungsreifen werden die Völker nach der Sanft- 
muth, mit der fie ſich betrügen und fangen laffen, geſchichtet. 
Herder. Am Hof als Brennbofz zierlich Aufgeſchichtet. Platen, 
rom, Dedipus 4. | 32 
—Schichter; Schichtung; Schichtel bei den Handſchuhmachern 


1) Im Sinn von Ordnung, — muß das Wort, mit Rückficht auf das 
alte. skicka um das mhb. schichen, wol hierher gerechnet werben. 





508 


- 


die ſchmalen Theile eines Fingers am einem Handichuh ; davon Ihichteln, 
einſchichteln. — Wer dat mich zum Richter oder Erbſchichter 
vber euch geſetzt? Luther, Bibelüberſ. Luc. — 14. Des Heers ge- 
ordnet kluge Schichtung. Göthe, Fauſt 2, 288 

Schichtig mehr in der Zuſammenſetzung mit ein—, zwei—, 
weit—, als einfach gebräuchlich. — Zwiſchen der Erd’ und dem 
Meer’ und den himmliſchen Höhn in der Mitte Tieget ein Dirt, ab: 
geengend der Welt Dreifchichtige Kugel. Voß. Mit dem, was da— 
ei zu jagen wäre, fieht es ſchon etwas weit] hichtiger aus. Göthe, 
.Briefm. mit Schiller 6, 283. Man fängt eine jolhe weitfchichtige 
Arbeit nicht an. Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 4. 

Ausführlih (f. fahren) mit allen zu dem Ganzen gehörigen Theilen 
verfehen. Weitläufig (f. laufen) urfpränglich weit zu laufen; daher weit 
von einander entfernt; endlidy von zu großem (zu weitem) Umfang. Weit; 
fhweifig (von ſchweifen, goth. sveipan, ahb. swifan, mhd. swifen, 
agi. svifan, altn. svipa, umhergetrieben werben, fich umbertreiben ; ‚abo. 
sueifjan, sweifan, mh. sweifen, agf. sv&öpan, sväpan, altı. sveipa, 
sveiũa — umbertreiben,, fywingend in Kreiswindung bewegen, engl. swcep, 
ſchwed. swepa — fehren, peitfchen, ſchweifen) brüdt dies noch in einem 
viel höheren Grade aus; in die Weite richtungslos fiy umherbewegend, 
fich fo bei Nebenumftänden verweilend und mit ihnen befdriftigend, daß mun 
von dem rechten Wege abkommt und das Ziel an) ans den Mugen 
verliert. Gedehnt (von dehnen, ſ. ©. 4) über BI gehörigen Gräingen 
hinausgezogen, d. i. in bie Länge und Breite — Habt ihr den Bericht 
ausführlich, genug gemaht? Göthe, Egmont 1. Ihr denft, ohne daß 
ich es weitläufig befchreibe, wie wunderlich mir zu Muthe war. Göthe, 
Meiſters Wanderjahre 1, 2. Daß ich ihn dringend bat, ven Kern dieſes 
weitfchweifigen Abenteuers geiftzeich zu befruchten, und einen Fleinen 
Roman daraus zu bilden. Göthe, Leben 14. B. Deßwegen bat das Stück 

: etwas von den Gedehnten bes Romans. Göthe, Meifters Lehrjahre 5,7. 

Schichtbank (in den Zinnhütten), —glätte Cim Hüttenban), 

—holz, —Eöppel, —fug (im Bergbau), — ling, —Iohn, —meifter, 
—meifterei, —jemmel, —theilung, —trog, -—weife. 


Anm. Schadt (mh. shaht) Grube im Bergbau, fiheint eher zu ſchich⸗ 
ten ale (nah Schwend) zu fhaben, oder (nad ————— zu einer 
Wurzel scah = = orten, alfo der Gang, zu gehören. 


/ Sehen. 


(Wurzel sah, sih; sahv; Wadernagel vgl. Int. ecce, oculus, 
gt. Ow0g.) 


Sehe, fah, gefehen, feben AL sihu, sab, sähumes, söha- 
ner, sehan; mhd. sihe, sach, sähen, gesöhen, sehen, sen; goth. 








509 | \ 


saihvan, agſ. sẽan (ges&on, geseohan), altn. si& ftatt siha, altſ. 
sewan; mid) ahd. gisewan, agf. gesäwen) bedeutet überhaupt ver- 
mittelft des Augenlichtes wahrnehmen (auch fig. durch Das geiftige Auge 
wahrnehmen), im Beſondern 1) eine gewiffe Geftalt haben, anzujehen 
fein; 2) eine gewiſſe Richtung, Lage — (eine Art Berfoniftcation): 
die Fenfter jehen nad) dem Garten. — Ber fid) mit Exrnft hier um- 
fieht und Augen hat zu fehen, muß folid werden. - Götbe, ital. 
Reife 10. Nov. 1786. hr ſeht blaß, gnädige Frau. Göthe, GöB 
von Berlichingen 2. Es fieht in meinem Bufen nächtig. Göthe, 
Fauſt I, 192. —— | 
Lugen (uhr. luogen, lögen, mhb. luogen, agf. löcjan, engl. look, fanffr. 
Ik, loc; nah Wadernagel zu luoc = Lugerhöhle, wie Int. specus zu 
specio gehörig) aus dem Verſteck der Höhle fehen,. zum Vorſchein Tommen; 
dann mit feiterem Berweilen bes Augenlichts wahrnehmen; fcharf fehen, ſpähend 
fehen. Gaffen (ahd. kaphen ’), kapfen, kaphjan, mhd. kapfen, kaffen, 
von ahd. k(ch)aph — hervorragende Höhenfpige, Warte zu fpähendem Aus⸗ 
fhauen) ſcharf nach etwas hinfehen; dann verweilend hinfehen nach etwas; 
nhd. (durch Bermifchung in agf. geapan, mittelnieberl. gapen, mit altn. gapa, 
mittelnteberb. gapen — gähnen, den Mund aufreißen) gewöhnlich mit offenem 
Bunde und melten Anger anflarren; dann gerne mit dem Nebenhegriff unthä- 
tig und rathloe hei etwas zuſehen. Gucken (fo ſchon bei Luther und Stie— 
ler, auch fuden, nieterd. kicken, kicken, in fübrentfcher Volksſprache gutzen, 
angten, gugfezen, gufßen; darf an ahd. scücar, guth. skuggva = 
Spiegel gedacht werden ?*) mit Reiz des Wahrnehmens fehen; neugierig fihauen; 
die Augen wahrnehnend auf einen Gegentand richten; vor Anderm hervor 
ſichtbar fein. Glogem (aus altn. glagga; Stieler vgl. Ölanz, glitzern 
und lat. glaucus- — grünlich) mit aufgefverrten Augen flieren, befonders ins 
ſofern die Augen "babei-hervorzutreten feheinm. . Blinfen (f. S. 186) blid: 
weiſe zuwinken; nieberfächflfch in dem Sinne von blinzen (m. blinzen, 
aus abo. plintazan, bies von blind, goth. blinds, ahd. plint in Beziehung 
bloͤder Augen ®) was zumädft foviel als Bald bas eine bald das andere Auge 
ſchnell zudrücken, dann und vornehmlich mit beinahe gefchloffenen und dabei 


») Bei diefem Zeitwort bat Graff folgende Bemerfung, die auf die Noth⸗ 
wendigfeit eines tüchtigen Sprachſtudiums für den Hiſtoriker hinweill: »zu caphe- 
spilen, der man durch werltliche hochuart pfliget zcu des tüveles dinste, 
sullin di brudere selden komen, d i. zu Schaufpielen, nicht zu Kaffees 
fpielen, wie Henning in feiner Ausgabe der Statuten des dentfihen Ordens 
aunimmt, und aus diefer Stelle die Folgerung zieht, daß ſchon zur Zeit des deut⸗ 
den Ordens in Preußen der Kaffee im Gebrauch gewefen fei.” 

2) Dos car in ahd. sehcar, scüchar fünnte übrigens auch kar — das Ges 
"föß-jein; dann paßt dns goth. skuggva aber nicht, 

3) Die Grundbedeutung und ihre Entwiclung if noch nit flar. Grimm, 
Diefenbach, Weigand Alellen blind ale Nblautsbilvung zu goth. blandan 
{von einem verlornen Harfen blindan) — vermifchen (in böfem Sinne, f. Blend: 
ling), trüben, aufrühren. 





510 


oft und ſchnell zuckend auf und niever bewegten Augenliedern fehen. Gebraͤuch⸗ 
licher it blinzeln. Scielen (eigentlih, wie noch landſchaftlich ſchil⸗ 
chen, ahd. scilehan, mh. schilchen, von ſcheel, ahd. scelah, mhb. schelch 
— ſchräg, dann überhaupt ſchief fehend, altn, skiälgr) zunächſt feitwärts, 
ſchräg fehrn; dann mit beiden Augen in ungleichlaufeuden Achſen der Aug⸗ 
apfel fehen, fo daß die Strahlen des einen bie des andern durchſchneiden uber 
entgegengefept lichen. Schauen (goth. skäujan, ahd. scawöu, scauwön, 
scowön, scouwön, mhbd. schouwen, agf. Scäävjan, soavian, altn. und ſchweb. 
skoda, engl.shew undshow, baier. Bolfsfpr. fh augen; vgl. das angeführte ahd. 
scücar, goth. skuggva — Spiegel) mit den Augen wahrnehmen, mit dem 
Begriff eines innern Thätigſeins. — Lug’, Seppi, ob das Vieh ſich nidt 
verlaufen. Stiller, Tel 1, 1. Gin Luginsland if bald errichtet, um in’s 
Unenvlihe zu ſchau'n. Göthe, Fauſt 2, 310. Wie fie da gafft, und bie 
Augen vor großer Verwunderung aufiperrt! Voß, Luife 3, a, 551. Ge if 
als hätte niemand nichts zu treiben und nichts zu ſchaffen, als auf des Nach⸗ 
barn Schritt und Tritt zu gaffen. Göthe. Fauft 1, 167. Es iſt der Uebel 
‚Rand der Bühnenwelt, wo Pomp und Gitelfeit und Flitter längft die Shauens 
den und Gaffenden zerfireut. Blaten, Treue um Treue Prolog. Da ka⸗ 
men Pettern, gudten Tanten. Göthe, der Müllerin Berratf. So gud 
einmal auf meinen Rod. Bürger, nothgedrungene Gpifte. Hübſche Derter, 
die mit ihren dunfelbraunen hölzernen Häufern gar wunderlich unter dem Schnee: 
hervor guden. Göthe, Briefe aus der Schweiz, Dort fleht müßiges Bolf 
um ben hölzernen Pulcinel, der vom Marionettengebälfe poffterlih glost. 
Platen, Bilder Neapels. Wie feine Augen glogen. Wieland, Oberon 5, 57. 
Und mit taufend Flammenaugen flarrt die Nacht mid glogend an. Grills 
parzer, Ahnfrau 2. Holde Augen fah id blinken. Goöͤthe, der Schaßgräber. 
Wie dann ihr rafches Auge blinkt. Bürger, bie beiden Liebenden. Neugie⸗ 
rig erfreut wieder Hinzublinzen. Göthe, Wahlverwanbtfchaften 2,6. Der 
Dichter blinzt von ferne zu. Göthe, älteftes Lieverbuh ©. 19. Berftopft 
die Klingen, daß nur oben bleibt ein Spalt, wo der Mond hindurch darf 
blinzen. Rüdert, gef. Ged. 6, 11. Mätel, [hau mir ins Geſicht! Schel⸗ 
menauge blinzle nicht! Bürger, Licheszauber. Und jebes blinzelte und 
ſchielte. Sollau. Auf die Unfchuld ſchielt der Verrath mil verfchlingen- 
den Bliden. Schiller, Spaziergang. 


Anm. 1. Antere Synonymen find noch: (dichteriſch) Augeln — bie Augen 
‚wohin richten; fhulen (vlatto. für ſchielen) böswillig feitwärts fehen, beſonders 
verftohlen feitwärts hinblicken; alupen (plattv.) heimtüdifch, böswillig von unten 
nach oben ſehen; Maulaffen feil Haben (gemeine Volksſprache, DManlaffe, 
plattd. mulap, fchwäb. Maulauff — der mit aufgefperrtem Munde einfältiger 
Weiſe vor fi Hinfehende, wobei Affe, plattv. ap als der Name des lächerlichen 
und verfputtenden Thieres, aus auf verberkt fcheint) mit aufgefperrtem Munde auf 
läppifche Weife gebanfenlos vor fich Hiniehen. — Sie äugelt nach dem Spiegel‘ 
hin. Bürger, die beiden Liebenden. Er hing ben Kopf und glupt' und arinzf‘. 
Soltau. Mißgunſt glupt aus jedem Winkel, Yort, was maulafft 
ihr? Werner. Wenn id ein Manlaffe fein will, (fo kann ich) vie zurädfchr 
enden Triumphatoren in der heiligen Straße erwarten. Göthe, ital. Keiſe 29. Der. 





511 


Anm. 3. Die Imperativform ſieh wirb für den concreten Begeiff (vide) 
wie für den abſtracten (ecce) gebraucht; allenfalls wird der lebtere durch ein ans 
aehänates da (ſieh da) hervorgehoben. Die frühere deutfche Sprache bat für beide 
Begriffe verſchiedene Formen: goth. saihv, ahd. sih (gesih), mhd. sich — lat. 
vide; gotb. sai, ahd. mhb. se — lat. ecce. 


Abſehen 1) von etwas wegfehen Ceigentl. u, fig.); 2) mit dem 
Gefiht erreichen; 3) nach etwas ganz genau fehen, zielen (auch fig.); 
4) von etwas, was ein Anderer weiß und thut, Kenntniß auffafien, 
obne daß derſelbe e8 will. — Wenn fle (die Spanier), won der fran- 
zöfiichen Kritit abfehend, Die Kunft als Kunft zu ſchätzen wüßten. 
Platen, das Theater ald Nationalinftitut. Was nur dein Auge ab- 
ſehen kann, bift Du eingeſchloſſen von unfern Reitern. Sciler, Räus 
ber 2, 3 Es ift noch gar nicht abzuſehen, was Daraus werden 
wil. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 210. Den Bogen ſpannen uud 
fein Ziel jo abjehn, ald der ſchießen will. Opitz. Daß die Arglift 
der Bezaubrung du ihr abſahſt. Voß, der Zauberanblid. 

Abın ({f. merfen S. 483) allgemein (mittelbar und unmittelbar, 
durch das Geſicht wie darch Zeichen) von etwas, was ein Anderer weiß und 
tut, Kenntniß auffaflen, ohne daß berfelbe es will. Ablernen (von Ter: 
aen, abd. lirnen, lernen, lernjan, agf. lößrnjan, mhb. lernen, engl. learn, 
gehört wol mit goth. lüisinan, 256. leisinön — lernen, goth. laiseina — 
Lehre zu ahd. leisa — Spur, goth. Uistja — ich folge) durch irgend einen 
Sinn tie genannte Kenutniß ſich erwerben, mit dem Nebenbegrif, dag man 
das Anfgefaßte auch ſelbſt anszmüben verſtehe. Abguden (.guden ©. 509) 
buch ven Geſichtsſinn, gehört der niedern Sprache an. — Meise Schöne, die 
mir bald abgemerft hatte. Göthe. Das hab ih Offcieren abgelernt. 
Gothe, Meiſters Wanderjahre 1, 9. Wie er räufbert und wie er fpudt, das 
babt ihr ihm glücklich abgeguckt! Schiller, Wallenſteins Lager 6. 

.  Anfeben !, 1) allgemein Die Augen auf einen Gegenftand zu 

defien Wahrnehmung richten, bejonders fie darauf gerichtet halten (ei- 

gentlich und figürlich); 2) (weraltet) das Anjeben haben, vorkommen; 

3) (veraltet) mit einex Strafe belegen. — Seh’ er mal mid an! 

Schiller, Wallenjtein Lager 7. Wir ſahen's nur mit Höflingdaugen 

au Schiller, Biccolomini 1, 3. Dem andern fieht man gleich an 

feinen Federn an, dag er- nichts Kluges fingen kann. Gellert, der 

Zeifig. — Der wadern Männer kenn’ ich viele dort, und angefehne 

große Herrenleute. Schiller, Tell 1, 2. — Schriftliher Abichied, der 

uns in mehr Stüden beſchwerlich auſieht. Bayr. Landtagshandl. 11, 

3. Will uns unfüglih anſehen, hinter ihnen on fürzuneh- 

men. Daf. 11, 493 vom J. 1497. Die leichtfertige Weibsperjon 

joll im Wiederholungsfall mit doppelter Geld- und Geigenftraff au⸗— 

gefehen werden. Eruninal-God. v. 1751. 1. 4, 2. 


— — — — — 


J 





Opitz gebraucht das Partic. angeſehen oft im Sinne von in Anfehung: 
Kin Dornſtrauch, angefehben, daß er viel Tiebliche Roſen tregt. Er iſt pas Bild 
des Waters, angefehen feine Gottheit. 


512 


. Die Synonymen anfchanen,. angaffen, anguden, anglogen ergeben 
fi aus den einfachen S. 509. — Die Blumenbeete — uns mit ihren Kin⸗ 
deraugen freundlich an. Goöthe, Taſſo 1, 1. Wo das Angaffen ſich weniger 
ziemet. Leſſing, Emilie Galotti 1, 4. Soll ich denn ein Vieh fein und es kalt 
anglogen? I. Paul, Heiperus 8. 

Anm. Im 16—17. Jahrh. wird anfehen unperfönlidy nach Art des Latein. 
Me nat: Derohalben fiehet mid vor gut an (fcheint mir gut). Simplis 
ci u — 
| Anfehen, das, 1) die Handlung des. Anfehens, äußere Wahrnehmung 

vermittelft des Gefichtes in Beziehung auf einen Gegenftand; 2) Die 

mit der Meinung von Borzügen verbundene Aufmerkjamfeit, inſofern 
Diejenigen, welche fie einer Perjon erzeigen, nach Diejer fich richten 
oder ihr - folgen (indem fie an oder auf die Perſon deshalb fehen). 
Davon anfehnlih S. 146. — Das Ausfehen ift Wahrnehmung 
des bloßen Aeußerlichen von etwas vermittelft des Gefichtsfinnes ohne 
Beziehung auf die (wahre) Beichaffenheit des Innern oder überhaupt 
die innere Wirflichkeit. — Ein Mann von menfchenfreundlihem Anſehn. 
Klopftock, Meſſias 4, 235. Die Pircolomini -ftehn bei dem Herr in 
Anſehn; fie beherrſchen Die Meinung, und enticheidend ift ihr Vor⸗ 
gang. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 2. Eine anjehnlidhe Biblio- 
thek. Göthe, Leben 2. B. Für den Herm ein wohlanſehnlicher 
Lehnſtuhl. Voß, Luiſe 1, 8° Viel Nächte bereitd auf unanſehn— 
lichem Lager hab’. id) durchwacht. Voß, Odyſſee 19, 341. 

—Schein (f. S.185 und ſcheinen) hier überhaupt die-Art, wie ein Ding 

in die Sinne fällt, wonach dasfelbe für etwas gehalten: werden kann, was es 

wirklich iſt oder nicht, infofern die Uebereinſtimmung des in die Sinne fallen- 
den Aeußern mit dem Innern für die Erkenntniß oder das Urtheil zweifelhaft 
ift; auch ohne Beachtung ber Hebereinflimmnng mit dem Innern, nur auf das 
Aeußerliche gehend. . Anſchein ift der auf (an) ven Wahrnehmenden wirkende, 
nach dem Anßern Indiefinnefaflen: fein Urteil in Beziehung auf den Gegenſtand 
gewiſſer beſtimmende Schein. — Achtung (von achten, ſ. S. 188) bezeichnet 
die oben angegebene Bezeigung als Anerkennung des Innern over äußern Ber 
thes der Berfon, der diefe Bezeigung ertheilt wird. — Es If mir nur um den 
fhönen E Hein: Schiller, Wallenfteins Lager 3. Das if nur der Schein 

(nit die Wahrheit). Daf. 2. Zu mancher defährlichen Verbindung Ind id 

Der Anfchein voreilig ein, Gothe, Egmont 4. 

Beſehen 1) etwas mit den Augen genau unterfuchen, um ee 
feinen zu lernen, mit dem Rebenbegrift, daß es von mehreren Seiten - 
gelbehe; 2) (wergltet, noch in der erften Hälfte des 18. Jahrh. ges 

räuchlich) für nachjehen: beftehe davon meine Spradhfunft; 3) fid 
befehen — fi) wo umfehen; 4) (veraltet) beforgen, pflegen. — Auch 
meine Hand beſah er. Schiller, Piccolomini 3, 4. Unbefeben 
des Werkes, würde id) ſchon Dagegen vatben. Schiller, Briefm. mit 
Göthe 6, 63. Die niedlihe Geftalt, die fehlanfen zarten Glieder, 
befah er auf und nieder. Bürger, Entführung der Europa. Gr jei 











518 





bier frei, könn' überall fich bier befehn. Leffing, Rathan d. W. 1, 
5. Den nalaten fleiden, den franfen beſechen. Schmeller 3, 217. 
Swen die frauwe die Dirme heizet ein ezzen machen vnd find befehen 
oder vihe. Duf. aus Berthold. x 

Befichtigen (f. unten S. 526) fchärfer und mit Sorgfalt befehen ; ſachver⸗ 
Rändig befehen. Betrachten]. S. 128. Beſchauen und die fellneren begafs 
fen, beanuden, beglogen ergeben fih aus den einfachen S. 500 f. — Sie 
mußte die Anlazen befichtigen, von denen fie vieles "gehört hatte. Böthe. 
Wahloerwandtſchaften 2, 4. Sie follten nur mit des Hafles Mugen fie bes 
traten? Sciller, Don Karlos 1, 1. Beichaut es recht! Göthe, Fauſt 
1, 75. Thaͤten mit Augleins fid) begäffel® Goͤthe, Pater Brey. Er bes 
glotzte mich noch einmahl. Seume (Sie) beglupt tes Dichters Werk 
bidtöpfig wie ein Bär. Langbein. 

Yum. Beſehamme, Befeherin hieß früher (und noch bier und da in 
der Volksſprache) die Frau, welche einer Wöchnerin Beiſtand und die erfien 4 —6 
Wochen hindurch die Warte des Kindes befurgte. 

Einfehen 1) Ceigentl.) in einen Ort, Raum, eine Sade fehen; 
2) (figürlid)) etwas geiftig erkennen dadurch, daß der Verſtand in das 
Junere des Gegenftandes dringt. — Ich lege das Buch auf eine Seite 
(beijeite) und verbiete mir felbit e8 einzufehen. Bodmer. Tragt's 
den Kameraden vernünftig vor, daß fies begreifen und einſehen 
lernen. Schiller, Wallenfteins Lager 11. | 

Begreifen (f. greifen) iſt eigentlich an etwas prüfend umher greifen ; 
dann feſtnehmen, einnehmen ; endlich, (figärlich) etwas geiſtig erfennen dadurch, 
daß der Geiſt die einzelnen Theile oder Merkmale des Begenftandes nach eins 
ander in ſich aufnimmt und ihrer und durch fie des Ganzen ſich bewußt wird. 
Berfehen (f. S. 21) geiſtig erfennen dadurch, daß die Form zum Bewußt⸗ 
fein fommt und das Ganze im Zufammenhang und in feiner Ordnung. — 
Dog ich den Menfchen bis auf einen gewiffen Grad habe Fennen lernen, ohne 
die Menfchen im mindeen zu verftehen und zu begreifen. Göthe, Meis 
ſters Lehrjahre 4, 16. Ich bin überzeugt, daß die Bibel immer fchöner wird, 
je mehr man fie verſteht, d. h. je mehr man einſieht und anfchaut, daß 

jedes Wort, das wir allgemein auffaffen und im Beſondern auf uns anwens 
den, nach gewiſſen Umfländen, nad) BZeits und Ortsverhältniffen einen eigenen, 
befontern, unmittelbar individuellen Bezug gehabt hat, Göthe, uus Mafariens 

Archio. 

Entſehen fich — von einer Handlung den Blick abwenden, daß 
man fie nicht begeht, iſt jehr ſelten. — Ich aber entſehe mich den— 
noch. Voß. Ich, wär ein Mädchen noch fo fchön, ich würde wahr- 
ih mih entfehn, fie mit Gewalt und Ränken mir zu erhafchen, 
3.24 Weppen. 

Sich ſcheuen (mh. schiuwen und schiuhen, schiehen, ahb. sciuhan, 
abd. ſche uchen; mhb. schiech, bayr. fhieh — fcheu) fi fern Halten, eine 
Hantlung zu begehen, aus ber Borflellung eines möglicher Weiſe aus derſel⸗ 

33 





514 





ben hervorgehenden Rebels. Sich entblöben (vun blöde, ahb. plädi, nıke. 

bloede, agf. bieädh, altn blaudhr, däu. biy, engl. blue, ſchwed. bloed, Hols 

länd. blood, blvo, bleu, nah Wadernagel zu bliuwäan, blinwen = bläuen 
ftatt bleuen —= fihlagen) fih fern Halten von einer Handlung, fie zu begehen, 
aus Vorkellung, fih ungünflige Beurtheilnng oder Beſchämung zuguziehen. — 

Drum ſchenue dich, mich zu erzürnen. Kofegarten. Die unfinnigen Vorſchläge, 

die man dem Könige zu thun fi nicht. entblödet. Schiller, Abfall der Rie: 

derlande 3. 2. 

Erfehen 1) mit den Augen wahrnehmen (eigentl. u: figürl.); 2) 
mit dem Geficht erreichen, erkennen; 3) fih, nad Prüfung und ver- 
gleihendem Urtheil, frei ud zwanglos unter = für eins oder 
mehr beftimmen und Diele dergeitult Den anderu vorziehen; 4) ſich um: 
jeben, durch Sehen oder Dejehen vergnügen. Serfeben d. i. 
erſehen aus vielen Dingen, unter einer Menge derielbei, weiit des- 
halb auf die Vorzüglichfeit des- oder derjenigen bin, für das oder 
die man fich beftimmt. — Alſo flammte die Liebe, . . . als fie den 
Züngling erſah. Voß. Did bab id) Gerecht erfehen fur mir zu 
diefer zeit. Luther, Bibelüberf. 1. Mei. 7, 1. Daher kommt es nit 
anf das Feigen und Erſehen einer Wahrheit, d. h. eines Gegen: 
ftandes an, fondern auf die Wirfungen, Die er durch dein ganzes Ju- 
neres macht. J. Panl, Hefperus 14. Er wird ſich jeines Bertheils 
über uns erjehen. Göthe, Götz von Berlichingen 2. (Da) erfiebt 
er fih den Bortbeil. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 10. Der einit 
den frommen Knaben Iſai's, den Hirten, fib zum Steeiter außer: 
feben, Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 4. 

Wählen (goth. valjan, ahd. weljan, oltm. velia, mbb. weln, wellen, 
zn wollen, goth. viljan, ahd. wetlan, wollan, mhd. wöllen, alti. willian, 
wellean, agf. villan, vilnian, altfrieſ. willa, wella, altn. ſchwed. vilje, vön. 
ville, engl. wii gehörig; vgl. tat. velle, gr. H4sdar) unterfcheinet Mid 
von erfehben durch den feiten Wilfensentfchluß fir eins uber mehr Dinge 
vor den übrigen, um fie ans dieſen herauszunehmen. — Und wählt fie vich 
bhienfevden auch nie aus Sterklichen. Bürger, an die Hoffnung. Gin guter 
Mann wird ſtets das Beßre wählen. Schiller, Iphigenie in Aulis 2, 4. 
Nachfehen 1) hinterher jehen; 2) mit Hilfe der Augen nachfor⸗ 

fhen, unterinchen; 3) Tadelhaftes, was man vermittelft des Gefichts- 
finnes erkannt bat, mit Willen ohne feftes Aufmerfen laffen, dann 
Tadelhaftes (Mängel oder Fehler), was man als jolches erfanut bat, 
ohne firenges lirtheil oder Rüge vorkommen laffen; 4) |. ©. 487. — 
Da er Jeſus, der eilt, in der Ferne noch nachſa h. Klopſtock, Mer 
08 3, 715. Um nachzuſehn im Garten dort, wie die... . Hya⸗ 
einthe ftebt. Platen, vom. Dedipus 1. Iſt es ſchon von fange, dab 
Ihre Majeſtät zum legten Mal in Ihrer Schatulle nachgeſehen? 
Schiller, Don Karlos 4, 14: Ich joll —— thun, daß er nad: 
febe, daß er dulde? Sötbe, Egment. 1 

















518 


- 


Nachſchauen, nachgucken ergeben ſich aus den einfachen ©. 509 f. Nach⸗ 
geben f. S. 486. 

Veberfehen 1) etwas mit feinem Gefichtöfinne Ceigentl, u. fig.), 
indem man gleichjam denjelben in Beziehung auf den Gegenftand oben 
hinweg wirfen läßt, nicht auffaſſen, nicht achten, es mag Dies wiffent- 
fih oder unmillentlih, mit oder ohne Willen gefchehen; 2) etwas im 
Ganzen unter jeine Gefichtöfraft befaffen, mit feiner Sehekraft im 
Ganzen bereihen; 3) ein Gejammtes flüchtig ſehen ohne Aufmerkjant- 
feit für das Einzelne darin. — Wenn meine Freude über fein Meiſter— 
ſtück mih ihn jelbit überſehen macht. Schiller, Kabule und Liebe 
1, 3. Verkannt zu fein, verfaunt von einem Stolzen, der lüchelud 
dih zu überjehen glaubt! Göthe, Taſſo 4, 2. Forſchend über- 
ſieht dein Blid eine großgemeßne Welt. Göthe, an Zune. 

Berfehen it in der früheren Sprache eigentlid von einem Ge— 
genftande wegfehen, ihn verachten; aber auch vor fich auf etwas hin— 
ieben, und vorherjeben, boffend oder fürchtend erwarten, davon Vor— 
lehrung treffend vorheriehen; nhd. 1) falich jehen aus Mangel au Auf- 
merkſamkeit; 2) ſich verjeben = aus Mangel an Aufmerkjamfeit 
etwas thun, was man nicht thun follte oder wollte, alſo das Unrechte 
für das Rechte thun (eig. u. fig); 3) ſich verjehen an etwad = 
ih dur Sehen desjelben einen Nachtbeil zuziehen (von ſchwangern 
Weibern gejagt); 4) mahen, daß ein Ding etwas bat, Damit Dies 
nick entbehrt werde, namentlich heißt Einen verjehen, ihm die Sterb- 
faeramente reihen; 5) (veraltet) erjehen oder auserjehen, beitimmen; 
6, jih verjehen — gleihfam vorberfehen, aus wahrfcheinlichen 
Gründen vermuthen, hoffen, erwarten. — Da verſahen Sie's in 
etwas nur. Schiller, Don Karlos 3, 10. Die (Beitie) dir die Maͤ— 
dels wie der Bliß am Rodzipfel hatte, wenn fie fih’8 verſahen und 
zu nabe dran vorbei ftrihen. Schiller, Räuber 1, 2. Bielleicht, daß 
einit der guten Lady Mutter fi an Herrn von X. verjehen bat, 
und hinter drein ein Demagogenriechernasbornsungeficht zur Welt ge- 
bracht. Platen, die verhängnißvolle Gabel 5. Soylei muß Der 
Befehl zur Hinrichtung verfaßt und mit dem Siegel verjehen wer- 
den. Schiller, Maria Stuart 3, 2. Unſre Wirthichaft ift nur klein, 
und doch will fie verfehben fein. Göthe, Fauſt I, 162%, Die Par— 
jen haben uns deu Untergang verjehen. Günther, Da warfen fie 
ihm einen Buben nieder, da er. fich nichts weniger verlicht. Göthe, 
Goͤß von Berlichingen 1. — Der unverfeh’ue Gruß. Shakſpeare, 
Bintermährchen 5, 1. Ä j 

Sich irren (goth. airzjan, ah. irran, mhb. irren — irre machen, ab 
irrön, mhb. irren = ungewiß, irr fein, ir ©. 408) allgemein unverfäglich 
etwas Unrechtes für das Mechte Galten. Berforgen (von forgen goth. 
saargan, ah. sorak&n, sorgen, agf. sorgien, nlin. sorga, mhbb. sorgen, 
ſchwed. sorge, mol, sorrow == aus JFurcht werd Ungewißbeit woräber ſchwe⸗ 

| .. 


— 





516 


ren Muthes fein, mit Furt und Ungewißheit bedacht und thätig fein anf 
etwas hin) Jemanden das geben, was er brauckt, daß er es für gewifle Ber: 
bältniffe bequem hat. Unabfihtlih — ohne Abſicht (ſ. d.) — Sie irren 
fig. Schiller, Don Karlos 2, 8. Anftatt daß fonft faum die Hauptſtadt 
verjorgt war, verſieht fie nun fchön mit ihrem Meberfing mandye Handele⸗ 
flädte des haltifchen Meeres. H. PB. Sturz, Erinnerungen an Bernitorf. 
Berfehen — das, bei Mangel an der dem Gegenftande zufom- 
menden Aufmerkjamfeit, vorkommende Verwechſeln des einen Gegen- 
ftandes mit dem andern, alſo des rechten mit einem unrechten; davon 
auch) das, was auf dieſe Weile verwechſelt ift. — Kein tolleres VBer- 
fehn kann fein, gibft einem ein Feft und lädſt ihn nicht ein. Göthe, 
ſprichwoͤrtlich. 

Irrung (mhd. irrunge) 1) tie Handlung bee Irrens; 2) Inbegriff der 
Handlung; 3) Zerwürfnig zmifchen Nerfonen, infofern es ohne fonderlide Be: 
deutung iſt. Irrthum (aht. irrituom, mhd. irretuom) Inftand bes Irre⸗ 
feins; bie unvorfägliche That, daß eine andere Vorſtellung an die Stelle wer: 
jenigen gefegt wirb, welche es fein foll; das durch eine ſolche That Hervorge⸗ 
brachte. Das (felten der) IJr ſal (abd. das irrisal, mhd. irresal, irsal) das Irre⸗ 
fein in hohem Grade; Inbegriff von Irrungen und irren Zufländen. Miß⸗ 
atiff (f. greifen) eigentlich unrechter Griff; Handlung des Verſtandes, daß 
unter mehreren Dingen der Wahl- das angenommen wird, wad, nad ter Gr: 
wartung, daß es unfern Abfichten entfprechen foll, denſelben nicht entipricht. — 
Entfaltet if die Blume deines LZeibes, duch ſtets vergebens hart' ich, daß bie 
Blume der zarten Lieb’ auf ihrer Knoſpe breche, und frendig reife zu der gold⸗ 
nen Brut! O das gefällt mir nimmermehr, und deutet anf eine ſchwere Jr: 
rung der Natur“ Schiller, Jungfrau v. DO. Brolog 2. Der Irrthum ff 
recht gut fo lange wir jung find, man muß ihn mir nicht mit in’6 Alter ſchlep⸗ 
pen, Goͤthe, Marimen und Reflexionen 2. Kein Ausgang aus dem Irrfal 
zeigt fich mir. Göthe, Vorfplel zu Eröffnung des weimarifchen Theaters. Vil⸗ 
tor gönnte ihm den Irrſal. 3. Baul, Hefperus 17. Daß andere fpäter und 
fehwerer die Mipgriffe büßen, wozu ein jugendlicher Dünfel verleitet hat. 
Goͤthe, Meiſters Lehrjahre 2, 2. i 

Auf—, aus —, dureh —, empor —, entgegen — her —, berab—, 
heran —, herauf —, heraus —, herein —, herüber —, herum —, berun- 
ter —, hervor —, herzu —, hin —, binab—, hinan—, hinauf—, hin⸗ 
aus —, hindurch —, hinein —, binüber— , hinunter —, binweg—, 
hinzu —, nieder —, um —, umber , vor—, bevor —, zuvor —, vor⸗ 
an —, voraus —, vorbei —, vorher — ‚weg —, wieder —, zu —, zurüd--, 
in: bedürfen feiner weitern Erklärung. — Es jchneiete, daß man 
aum aufſehen fonnte. Meißner. Uns bat, zum Himmel aufzufehn, 
Gott felbft das Haupt erhoben! Voß, Eutſchloſſenheit. Laffet vns 
auffſehen auff Jefum! Luther, Bibelüberi. Hebr. 12, 2. Wie fie 
ohn’ Auffehn Dürftige fpeifet. Voß, Luiſe 3. b, 416. Sie ſah 
nah ihrem Geliebten aus, Ungenannter bei Campe. Lange, nicht 








517 


— — 


auszuſehende Weg’. Klopſtock, Meſſtas 1, 202. Die wahren 
Thaten der Freimäurer find jo groß, jo weit ausſehend. Leſſing, 
Ernſt und Falk 1. Wie ſieht's an. Eurer Tafel aus? Schiller, 
Piccolomini 4, 3. Des Lords jcharfes Auge ſah die Heuchlerbande 
durd. Benzel-Sternau, (Der) das Manufeript flüchtig durchſah. 
Göthe, Leben 3. B. Außer daß von der weithin lebenden unterfteu 
Stufe, fları vor Erwartung, der erfte der Zodesengel emporſah. 
Kopitod, Meifiad. Der. nadte Spiegel ſah empor (war nad 
oben gerichtet). Herder. Aus allen Bezirken ſieht euch die meite 
Ratur mit erneuter Schönheit entgegen. Klopftod, Meilias 1, 
353. Blandine ſah ber, Lenarde jah Hin. Bürger, Lenardo 
ud Blandine. Aus diejen Zenftern haben fie berausgejehen 
.. an dieſen Thüren haben fie geſcharrt und genicdt, wenn er 
af die Menımen herabſah. Göthe, Egmont 5. Ih kam 
nedanfenvoll gegangen und ſahe ſteif heran. Xeifing, Der 
Irtthum. Wenn er heraufſah. Göthe, Egmont 1. Der Ar- 
hiteft, der als langer jchlanfer Hirt von der Seite über die Knieen— 
den bereinjab. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 6. Boll unſrer 
göttlichen Kiebe, fahen wir auf die Menfchen, die noch nicht waren, 
berunter. Klopftod, Meffias 1, 93. Der Mond von einem Wol—⸗ 
tenhügel jah Eläglic aus dem Duft hervor. Göthe, Willfonum nnd 
Abſchied. Zärtlich ſeh' und mit irrendem Blick ich hinab zu der 
Erde. Klopitod, Meſſias 2, 23. So fill an warmer Sonne liegend, 
ſehn wir das bunte Feld hinan. Voß, der Herbitgang Mit Blis 
den der innigften Freundichaft ſah fie zu ihm hinauf. Klopftod, 
Meſſias 11, 360. Jetzo jah fie hinaus. Voß, der 70. Seburts- 
tag 73. Durch den (Kreis von Bäumen) man nicht hindurchſehen 
konnte. Göthe, Leben 2 B. Da that die Thür fih auf, ich fah 
hinein. Schiller, Maria Stuart 5, 5. Das Auge mit Schaudern 
binunterfah. Schiller, der Taucher. Ueber deren (Kirche) Thurm- 
ige man faft hinwegſieht. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 1. 
Alſo jieht ein gefürdhteter Zels aus der hohen Wolfe in Das wogende 
Meer auf fchwimmende Leichname nieder. Klopſtock, Meſſias 3, 674. 
Bie oft, mein Vater, ſah ich ſchamroth nieder! Schiller, Don 
Katlos 2, 2. Um fid) in Künſten umzuſehn. Gellert, die Reife. 
As ih mich umjah in des Biſchofs Wohnung Schiller, Maria 
Stuart 1, 6. Einen Waflerkrug trägt dieſer Jüngling und ſieht fich 
oft nah euch um. Klopſtock, Meſſias 4, 630. Wo er die Stadt 
der Troer um ſah. Voß, Ilias 11, 8%. Sieh Dich umber in die- 
fer ganzen Schar. Schiller, Braut von Meſſina. Wagſt du's um- 
berzujehn? Göthe, Taſſo , 2. Vorſah ich's, dachte der Schatz⸗ 
Bann. Sonnenberg. (Ihr jeid) zärtlicher als vorfehend. Göthe, 
Götz v. B. 3. Sie hatte fid) auf eine unendliche Abwechfelung in 
Kleidem vorgejehen. Göthe, Wahlverwandtſchaften 2, 4. Sich 





518 


dich vor, Hauptmann! Schiller, Räuber 2, 3. Wovon ich viel Gu⸗ 
tes vorausſehe. Göthe, Wahlvermandtichaften 1, 1. Schäferlich 
laufcht ihr unter dem haugenden Dach der Kaftanien, daß ih vor⸗ 
beifab. Voß, der Abendſchmaus 5. Was ich weder verhindern noch 
vorherfehen können. Leffing, Emilie Galotti 2, 6. Ich muß weg- 
ſehen und meinen. Klopftod, Meſſias 5, 521.. Wir werden uns 
ja, dent’ ich, alle froh und glüdlich wiederfehn. Schiller, Wal 
lenfteins Tod 2, 1. (Er) fah dem Spiel und fah dem Reihn der 
Dörferinnen zu. Hölty, Adelftan und Röschen. Als und weit in Die 
Fremd’ abziehenden lange fie nachſahn, und an der Ede nunmehr mir 
rudfahe Voß, Luiſe 2, 65.- Da ‚Todesgraun er zuvorſah. 
Voß, Alias 4, 12. 

Anm. 1. Bufehens (ein genitiv. Adverbium) indem man aufleht. — Die 
Gaſſe wird zuſehends immer länger. Wieland, Oberon 4, 16. j 


Anm. 2. Das Partie. Präf. ſetzt fih mit all anfammen: Nur der alls 
ſehende Aether über und war des verichwiegnen Glücks vertranter Zeuges Schiller. 
Seher (ahd. seho, söhärl) 1) der fieht; im Beſondern der 
durch übernatürkiche Eingebung Verborgenes Berfündigende. — Spbä- 
ren rollt fie (die Freude) in den Näumen, die des Schers Robr 
nicht kennt. Schiller, an die Freunde. Der fromme Johannes, er nur 
folgt’ ihm dahin bis an die Gräber der Seher. Klopftod, Meffias 
1, 48. Seherin Gottes. Daſ. 1 243. Sie nennt fih eine Se- 
berim und gottgefendete Prophetin. Schiller, Jungfrau v. Orl. 
1, 9. — (Ex) ſchimpfte weidlich [os auf alle Geiſterſeher. Wie— 
Land, Oberon 2, 23. Unglücksſeher, der nie ein gedeihliches Wort 
mir geredet! Voß, Ilias 1, 106. Zufeher find unnöthig. Collin. 
Ale Blinzer, Dreifchrittjeher und Bewunderungsfteche. Klopftod. 
- Meißager (Welsfager, ahd. wizak(g)ö, wizzak(go), agf. witegs, 
witga, mhd. wizage, von ahb. wizao = weißagenbd, zu wiffen, goth. agf. 
vitan, ahd. wizan, wizzan, mho. wizen, wizzen, altf. witan, altfrief, wita, 
altn. vita, HoHänd. weten, fchweb. weta, engl. weet, wit; vol. lat. videre; 

gr. der» — fehend wahrnehmen; auch ahd, wissago, mhr. gewöhnlidy wis 
sage, wobei man allmälidy an eine Zufammenfegung aus weis und fagen 
dachte) galt bei den Alten zumeift von der übernatürlichen Berfündigung des 
verborgenen Zufünfligen, nhd. in dem allgemeineren Sinn auf die des Berbor: 
genen bezogen. Wahrfager (ahd. wärsagäri, wärsecco, wärquäto, von 
quödan ©. 76, mhb. wärsage) ift eigentlich wer fagt, was wahr ifl; bann 

ber durch geheime Künfte in anfcheinend übernatürlicher Welfe Verkorgenes 
Verkündigende. Prophet (aoth. praufetus, von gr. rpoprryE) Vorherſager, 
Vorherverkündiger von Zufünftigem , vornehmlich Ausleger der Bötterfpridge 
und, Drafel; dann der nach goͤttlicher Gingebung Verborgenes, beſonders in 
Beziehung der Religion Verkändigende. — Habe ich gemeisfagt, fu habe 

id Sieg geweilsfagt! Mein Leben ober Tob war feiner Welsfaguug 
werih. Klopſtock, Hermannsfhlaht 1. Wahrfager, bie das tiefverborgene 








518 


Band des Dinge fennen, haben ſchon Krähen und Dohlen die geheimſte Mör 

derthat au's Licht gebracht. Schiller, Macbeth 8, 9. Auch weisfagt' ihm 

an finſtrer Brophet. Kloplod, Meſſias 2, 558. 

Auffeber — der auf etwas. mit Kleid und anhaltend feine Achte 
jamfeit zu richten heftellt it, die Aufſicht über etwas führt. — So 
ing mm num an den Aufſeher der Beamten zu maden. Göthe, 
Reben 12. B. Der Manlwurf war Oberaufeher über die Ber: 
waltmg der Aemter. Schiltr, Fiesko 2, 8 Wenn id, Erzieherin 
der Auffehberin jein könnte. Göthe, WBahlverwandtichaften 1, 2. 

Aufpafler (von paffen ©. 46) der vie Zeit oder die Dinge mit Fleiß 
voräbernehen (paſſieren) läßt in Bezug auf etwas, anf das er feine Aufmerfs 


famfeit gerichtet bat, bis es gegenwärtig wird. Auflaurer (von luuern, 


-. 


ahd. hlur&n? ſchwed. lura, dän. lure, engl. lurch, lurk, listen, holländ. loe- 
ren; vgl. Laut ©. 329) unterfcheivet fih von Aufpafjer dadurch, daß das 
Mort immer ven Nebenbegriff einer böfen Abſicht in fi jchließt. — Wen ver 
Zufall hier vorüberfährt, muß gern ober ungern an dem Gottestieufle Theil 
nehmen, wozu befondere Aufpaffer heitellt find. Schiller, Abfall d. N. 3.2. 
In Begenwart fo vieler Auflaurer und Henker. Schiller, Hinrichtung des 
Grafen von Egmont. 


Sehe (abd. söha, mh. sähe) 1) das Vermögen, die Kruft zu 


ſehen; 2) das Werkzeug des Sehens, das Auge: die Augen des Hafen 
in der Yägerjprache, der helle glänzende Fleden im Augapfel bei Ger 
mälden. — Die kurze Sehe. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Die 
Balle bar ſich jeiner Sche bemeijtert. Leſſing, Antigoeze 7. 
Sehung, Seherei, ſehbar, ſehlich find fait nur in Zulanımen- 
ſetzungen gebräuchlich. — Wenn Gottes Vorſehung sich dieſes 
Mundes zu Ihrer Rettang wunderbar bediente! Schiller, Walleniteins 
Tod 5, 5. Durd Gottea gnäd'ge Fürſehung. Sciller, Zell 4, 
1. — Und auf der Stufenleiter der Täuſchung ging's allmäblig immer 
weiter hinan zur Geiſterſeherei. Lingenannter bei Eampe. — Alfe 
ſchwamm in dem Dunfelen Naß unſehbar und fichtlos zwiſchen dem 
unteren Meer und den obem lange der Dreimait blindlings geiteuert 
dahin. Baggeſen. Wird (die Donnerwolfe) nicht abjebbare Königs» 
ſtädte taufendimal Donnernd entzünden. Klopftof, Meſſias 4, 282. Eine 
feht angenehme Ausficht über eine beinahe unabjehbare Fläche von 
Rachbarsgärten. Göthe, Leben 1. B. Die lange, aus unfern Senftern 
überfebbure Straße. Göthe, Campagne in Franfreid 11. Oct. 
De unüberjebbare Weite. Klopftock. Em rings durchſehba— 
red Blachteld. Voß. — Zum wilden, eiſernen MWürfelfpiel ſtreckt fich 
nnabjehlich das Gefilde. Schiller, die Schlacht. Zu faum noch 
erſehlicher Höbe. Claudius. Der Steom führte ihn einem ans 
überfehlihen Meere zu. Götbe, Meifterd Lehrjahre 3, 9. 
Seh(e)achſe, —hügel, — künſtler, — linſe, —loch, —mittel, 
—tohr, — werkzeng, —winfel, — ziel u. a.; ſehens werth, —wür⸗ 





520 





dig; Seherblick, —kunſt u. a.; Aufſeheramt, —poſten, — ſtelle, 
—würde. — Dieſe Zaſammenſetzung von Ideen und Sitten, von 
Denk- und Seharten. Herder. Wer die ſonderbaren Seherfah— 
rungen der Kinder und ſehend Werdenden erwogen. Herder. Laune 
iſt niedliche Faſſung für unſer Seh- und Spähglas. Benzel-Ster⸗ 
nau. Ich ſtrengte die Sehkraft möglichſt an. Göthe, Meiſters 
Wanderjahre 2, 12. So weit nur dem irdiſchen Aug erſcheinet der 
Sehkreis. Sonnenberg. Wenn wir dieſe gelernte Sehkunſt nicht 
gerade in dem Falle annehmen können. Herder. Sein Sehnerde 
zerfaſerte fich. J. Paul, Heſperus 4. Weil ſie ihren Lehrſtuhl zum 
Sehepunkt nahmen. Benuzel-Sternau. Ein aus zehutauſend Seh— 
weiſen erwachſenes Gewimmel ängftlicher Uebereinſtimmung. Beyer. 
Pernety ſchreibt ſehss Fuß Sehweite vor für ein Geſicht, Das ger 
mahlet fein will. 3. Paul. — AS du zum Seheramt mich gnädig 
weihteft. Collin. Ihr Seherauge joll uns leiten. Schiller, Jung⸗ 
frau von Orleans 1, 10. Zäufcht der Liebe Seherblid? Schiller. 
Verflucht fei deine falſche Seherkunſt. Eollin. — Die Aufie- 
berichaft des Küchengeräths. Falk. | 

Sicht (ahd. mhd. siht), die Handlung du man fieht, ift uhd. 
meist nur noch in Mechjelbriefen ae Duvon das veraltete 
ſichtig -(mhd. sihtig, sihtee) wofür wir num ſichtbar, ſichtbar— 
lich und fihtlich gebrauchen. — Das die bange Sicht der Lebens 
kürzen wehret lange Hoffnungen zu ſchürzen. Rüdert, geſ. Ged. Der Frijör 
präjentierte fich gleichlam als einen flummen Wechſel auf Sicht. 3. 
Paul, Siebenfäs 6. — Ohne fihtigs Pfandt. Opig, von der Wahr- 
heit der chriftlichen Religion. Nichts fihtiges Dal. In ſicht— 
barer Schönheit. Klopſtock, Meifias 1, 211. Mir träumte immer, 
daß ich mich ſichtlich bei dem befinde, den ich unjichtbar empfuns- 
den hatte. Göthe, Benvenuto Eellini 2, 12. (Wenn) der gunze 
ausgedehnte Glanz der Sichtbarkeit ihn daͤmmernd überfüllte J. 
Paul, Zitan 22. Die Unſichtbarkeit des Ritters machte einen 
Theil von deſſen Größe aus. Daf. 1. Es it des Himmels fidht- 
barliche Fügung Schiller, Piccolonini 1, 3. Kurz Alles mißlang 
und das Beſte mißrieth, duch fichtliche Rache der Borficht. Platen, 
die verhängnißvolle Gabel 1. Freund Oberon ift jichtlich in der 
Nähe. Wieland, Oberon 3, 54. — So it aus Obigem erjichtlid. 
Göthe, Reife am Rhein und Main Frankfurt. 

Sichtbarmachung, — brief, — korn, —kraut, —I08. — Napoleon 
bat die von D. Chladin veranftaltete Sihtbarmadhung der Töne 
bewundert. Wolfe. Alſo ſchwamm in dem dunkelen Naß, unſehbar 
und jihtlos, zwifchen dem unteren Meer und dem obern lange der 
Dreimaft blindlings gefteuert dahin. Baggefen. 

Abficht ift die als ein zu Erſtrebendes geſetzte Vorſtellung; in 
Abſicht durch etwas beftimmt in der Thätigfeit, infofern Das Stre- 





521 


ben oder die Richtung auf jene® Etwas als den Zweck hervorgehoben 
wird. Davon abfihtlich, unabſichtlich. — In diefem Sinne 
zu handeln, in gleicher Freiheit nach beftimmten Zweden zu wirken, 
war meine Abſicht, und ich wüßte felbft nicht zu jagen, in wiefern 
ich mid) meinem Ziele genähert habe. Göthe, 2. röm. Aufenthaft 
Nov. — Da keine Rebenabfihten dabei im Spiele find. Goͤthe, 
Meiſters Lehrjahre 4, 19. — Für manchen bald mit Ungeduld durch⸗ 
barıten, bald abſichtsvoll verlomen Tag. Göthe, Taflo 1, 4. 
Mir, der ih mein Talent und meine Zage abſichtslos vergemdete, 
mußte ſchnell auffallen. Göthe, Leben 14. B. So wurde das Ge- 
richt durch “immer neue Zuſätze abfichtlic übertrieben. Schiller, 
Abfall der Niederlande 3. B. Daß biebei eine Art Abſichtlichkeit 
durchwalten mußte, lag in der Sache. Göthe, Eampagne in Frank⸗ 
reich Pempelfort Rov. 


Ziel (ahd. mh. zil; vgl. gr. rd2os = Gnde und Ziel) it das feines 
feßte Ende wofür, im Befondern Sahlungstermin; dann das, worin eine Thä⸗ 
tigfeit ihr Bude Hat. Zwe (ſ. S. 85) Zielpunet, warum man thätig il; 
das, warum man eiwas thut; überhaupt, das, warum etwas fit oder gefchieht, 
Juſofern diefer Zwed auch das fein Fann, wo die Thätigfeit ihr Ende findet. 
fann der Dichter Zielzwed fagen, was wir nuhd. gewöhnlich Endzweck neu: 
nen. Augenmerf (f. merfen ©. 488) if zunächſt der Punct, morauf die 
Richtung der Augen haftet; dann ber vom Geiſt gefaßte Bunct, worauf er bei 
tem, was er thut, haftet, es mag diefer Bunet nun Strebepunct fein oder 
nicht. — In Hinficht — inſofern jenes Etwas ein Entfernteres if, worauf 
geichen wird; in Rückſicht — Infofern es hinter ung liegt und daranf zurürf- 
gefehen wird; in Anfehung — infofern die Sinnesthätigkeit durch die Au⸗ 
gen und hiermit das Borflellungsvermögen auf etwas gerichtet find; in Be⸗ 
trat — Infofern jenes zur näheren Kenntnignabme genauer angefehen und 
bedacht wird; aus Achtung — infofern Anerkennung des innern oder äußern 
Werthes Statt finde. — Unverfehens (genitiv. Atverbium vom Bartie. 
unverfehen) ohne vorhergehendes Bewußtſein von etmas Gefchehendem; un: 
abfichtlich ohne Abficht, ohne eine thätige, firebende Richtung des Geiſtes 
woranf. — (Das Jahr) führt’ uns näher an das Ziel. Voß, Empf. d. n. Jahres. 
Ich bin ein zielzwed tauſend fpötter, Hoffmannswaldau. Wer bei unfchultigen 
Beitrebungen nur Zweck hat, if nie verächtlich, gefeßt, daß dieſe auch bei weitem 
nicht Cudz weck wären. Denn was it Endzwed in der Welt? wo liegt 
das Ende? Jedes gute Streben aber hat feinen Zweck in fidh. Herder, Hu⸗ 
manität 34. Br. Nicht fowohl das Beharren als ein fchnelles Anffuffen muß 

‚ jept mein Augenmert fein. Goͤthe, ital. Reife Neapel 2%. März 1787. — 
Bewunderungswürdig (iſt ber Kopf) in Betracht des edeln freien Geſchmacks 
der Arbeit und noch mehr zu bewundern in Hinſicht auf bie herrlichen Ideal⸗ 
formen. ®öthe, Sampagne in Branfreih Münſter Nov. In Rückſicht auf 
den jetzigen Zeitmoment. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 144. — Mie oft aus 








522 


Bräuden, welche laͤngſt verglühet, ein Flänmchen unvesfehens ſich geſchwun⸗ 

gen. Uhland, Schiußfonett. _ 

Heberficht allgemein das Befuffen eines Gegenftandes im Ganzen 
nit Dem Geſichtsſinne (auch fig. auf dem Berftand, angewendet). — 
Freie Ueberjicht über den Fluß bis gw’s jenfeitige Ufer, Söthe, 
Lehen 17.9. Die Ueberjicht.jowohl des Ganzen als die Eins 
ſicht, in's Einzelne. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 299 

Ueberblick (von blicken f. bleichen) iſt die kurze ſchnelle Meberfict. 

Das fle (die Blätter) meinen Freunden bald einen leichten Ueherbtick mei: 

‚ner Fisgerigen Schidfale gewähren können. Göthe, ital. Reife &. Sept. auf 
dem Brenner. | 

Zuverfiht (mhd. zuoversiht) das Vorausfehen auf ein Künfti- 
ges hin, mit dem MNebenbegriff der Gewißheit oder Feſtigkeit in der 
Vorausſicht auf, das wirkliche Eintreten des fommenden Guten. Davon 
zu verſichtlich. — Dieſe Dienerjchaft nahm fie einen der folgenden 
Zage mit Zuverjict in Anfpruch. Götbe, Leben 11.B. Wie ih zu- 
verfichtlic, hoffe. Rabener, Zueiguungsichrift an Sancho Panſa's Eſel. 

Erwartung (I. bei pflegen) das Entgesenfehen auf etwas Rünf- 
tiges hin, daß dieſes gegenwärtig werde, es mag etwas Gutes oder Uebles 
fein. Hoffnung (mht. hoffenunge, vun hoffen, mhd. hoffen, agf. hopian, 
ſchwed. happa, dän. haabe, helländ, hoopen, engl. hope; vgl. lat. cupere 

— wünſchen) Boransficht im Gemüthe anf etwas als ein Ungenehmee, nicht 

chne Wunſch und nicht ohne Gründe der Waherſcheinlichkeit feines Zukommens 

für uns. Bertrauen (ſ. trauen &, 265) drückt mehr das flerfe Bewußt⸗ 

‚ fein der Gründe ans, das in der Seele feinen Zweifel läßt, daß das vorauss 
fichtlihe Gute ober Beite eintreten werde. — Zu Grmartung und Goff: 
nung vgl. die gleichnamigen Gedichte von Schiller. Das Bertranen wird 
kommen, bat jeder nur erft feine Sicherheit. Schiller, Wuallenſteins Top 1, 5. 

-  Geficht (ahd. kisiht, mhd. gesiht) 1) das Gehevermögen; 2) 
Theil des Kopfes, wo diefer Sinn ift, bei Menſchen ımd Thieren; 3) 
Dasjenige, was man flieht Cin der Mehrzahl gewöhnlich Gejichte). 
Davon (veraltet) gefichtig — ins Geficht —28 Angeſicht (mhd. an- 
gesiht) bezeichnet nur das menſchliche Geficht und bedeutet eigentlich und 
urſprünglich fo viel als Anblick, während Antlitz mebr auf die gegen- 
gefehrte Geſichtsfläche fu deuten jeheint, daher auch gleich Oberfläche, 
3. B. der Erde (bei. Klopftod und in den Bibelüberfegungen aus dem 
15. und 16. Jahrhundert). — Du wendeft ſchaudernd dein Geficht, 
o König: jo wendete die Som’ thr Antliß weg. Götbe, Iphigenie 
1, 3. Wenn fle aus göttlihem Gejicht des Heilands Kunft beridy- 
tet. Bürger, St. Stephan. (Er verzerrte) feine Gebärde und machte 
die häßlichften Gefichter feines Geſichts. Göthe, Benvenuto Gel- 
‚line 4, 5. So umwallten ung mande Geſichte der grauenden Vor- 
zeit. gr. Stolberg. — Den Anbick felbft des Tieben Angefichts, 
den heißerflehten, verfaqt’ ich mir. Schiller, Braut von Meffina. 








58 


Sie waren mein, im Angeſicht der Welt mir zugefyrochen von zwei 
Thronen. Schiller, Don Karlos 1, 5. — Was da gefichtig, aber 
wit men B. Abraham. — Alſo fieht ein wallender Seraph der 
blühenden Erde halbunkenntliches Antlitz an Frühlingsabenden liegen, 
Klopſtock, Meſſias 1, 541. — Herr Mond, von mir erwart’ er nicht, Pal 
ih nach Dichterweiſe nun mich fein Alletagsgeſicht aus volle Balken 
yreife. Blumauer, a.d. Mond. Kein junger Kammerpräfident macht fölch 
ein Amtsgeſicht. Pfeffel, der Froſch. O wie lieblich lacht dies 
Engelsgeſicht. Voß, Luiſe 3. a, 241. Als zögen uns die Wände ein 
Fratzengeſicht. Göthe, Triumph der Empftudſamkeit 6. Als ſchnell, 
wie eine Seifenblaſe im Sonnenſtrahl, das Glanzgeſicht ver— 
ſchwand. Ungenianter bei Campe. Der Heuchler will das Halb⸗ 
geſicht, der Redliche das volle Licht. Ungenannter bei Campe. An 
offnen Mäulern, die ſtets erſtaunen, erkenn' ih das Menſchenge— 
ſicht. Gieſeke. Großmechtiger König ſag an uns deinen Knechten 
dein Nachtgeſicht. H. Sachs. Schimmert ein Lächeln ihr hold 
über das Roſengeſicht. Voß. Wer iſt denn das kleine Scel- 
mengejicht? Schiller, Wallenfteins Lager 5. Die Liebe ift unfer 
hiefiges See geſicht. 3. Paul. Hoch aus der Donnerwolfe herab 
tat igo ein Eherub, ernfte Feier im Strahlengeſicht. Sonnen— 
berg. Albano fuchte durch fcharfe, heftige, trodene Blicke das Tod- 
tengeficht abzudrüden in fein Gehirn wie in Gips. J. Paul, Titan. 
Geliebtes Traumgefiht! Salis, der Entfernten. Zwiſchen Diele 
Truggejichter bannt mid, ach! die Liebe feſt. Göthe, Fauſt I, 38. 
Inden er den Züchtlingen entfeßliche Zerrgeſichter vorfchnitt. J. Paul. 
Es wir ein Wochentag» und Kurrentgefiht. 3. Baul, He- 
ſperus 8. Vom nüchternen Traum, vol Wundergeſichte, getrie— 
ben. Pyrker, Mofes I. — Ein Schleier wehrt dem Engelsan- 
geficht den vollen Glanz allblendend zu enthällen. Wieland. Frau— 
enangefichte. Rückert, geil. Ged. 2,337. Sah in dein Himmels« 
angetichts ungfräulihes Erröthen fließen. Spridmann. Da ſah 
mid tief unter dem Himmel das erloſchene Sonnenangeſicht recht 
bedanend an. 3. Paul. Wenn es mit fenem Strahlenangefidt 
auftritt. Herder. 

Anm. 1. Die früheren Kormen für Antlig find: goth. das andavleizn, 
abd. das antlatti, analutte, analiute, antluzzi, anluzzi, annuzzi (nad Grimm 
für antbzzi): mb, das antlüt (für antlütte), antlüte, antlitze, antlütze ; mittels 
aiederd. andlat, agſ. andvlite, alta. andlit. Die Formen find gebilvet aus ant = 
gegen und gotb. Judja und vlits, agf. vlite — Gefiht, Farbe, Glanz, altn. litr 
= Farbe. S. Grimm 3, 401 f. Diefenbad, goth. Wörterb. 1, 241 f. 

Anm. %. Logau (Einnged. 176) gebraucht das genitivifche Adverbium 
angefihts für augenblidlih: Wer Erbe liebt, Tiekt das, was entlih anges 
ſſchts, wann Gott gebent, zerftäubt. " 

Geſichtsachſe, — ausdruck, —betrug, — bild, — bildung, — deu⸗ 
tung, —falk, —fehler, —feld, — flaͤche, —forſcher, —knochen, 





524 


—freis, —funde, —lauge, —Iehre, — linie, must, — punkt, 
— ſchwäche, —finn, —täufhung, —verdunfelung, —verzerrung, 
—winfel u. a.; Geſichterſchneider, —trımfen. — So mußte ih 
. .. aus Mangel an Gefichtsempfindung während dem Singen 
denken. 3. Paul. Wir wären nad Haufe gelommen, ganz verftopft, 
geiihtsfaltig J. Paul. Eine Gejihtsfarbe, die nicht veimer 
und blühender gedacht werden konnte. Göthe, Leben 13. B. Nun 
ſchien der heitere mergendlihe Gefichtsfreis umnebelt. Göthe, 
Novelle: das Kind mit dem Löwen. Die Sache wurde ihm vorgehal- 
ten und das mitgebrachte Gefichtsftüd. I. Paul. Er mußte etwas 
Zutrauen zu meinem Gefihtswurf gewormen haben. Seume. 
Eduards Geſichtszüge vermandelten ſich. Göthe, Wuhlvennandt- 
ſchaften 1, 17. Ahndung- und geſichtertrunken. Koſegarten. 


Mit Gefichtskreis (Kreis um uns, ſo weit wir ſehen fünnen) iſt Ho⸗ 
rizont (gr. opigor) finnverwandt, allgemeiner und unbeflimmter als Geſichts⸗ 
freis. — Sein trüber Sinn erzeugt nur Wolfen, die, ach! meinen Horizont 
fo oft verfinftern. Göthe, Gugenie 1, 1. Denn diefe Miichung des Wahren 
mit der ‘Dichtuug in der älteften Befchichte macht an unferm Geſichtokreiſe, 
foweit wir in die Berne zurückblicken, gleichfam ven dämmernden Horizont 
ans. K. PH. Morig, Goͤtterlehre ©. 5. 


An— , Auf- , Aus— , Be— (veraltet), Durch , Ein—, 
a, in— , Sinterdrein—, Kurz —, Nach — (©. 487), Rab—, 
ie -, Scharf—, Um—, Borficht, wie die von mehreren derjelben 
gebildeten Adj. auf —ig find aus Sicht und den entiprechenden Verben 
klar. — Das (Bolt) in fittlicher und religiöfer Anjicht jeine Per- 
fönlichkeit . . . nicht aufgeben fann. Göthe, Meifters Banderjahre 3, 
3. Je nachdem ſich die Trocdhäen zu den Dactplen in Anſicht Ciel- 
ten, fir in Anfehung) der Anzahl und Stellung verhalten. Wieland. 
Doch ift eine weite Ausſicht, wo Erde und Himmel. jo vielerlei 
Ansichten geben, mehr werth als man glaubt. Göthe, Brief. mit 
Schiller 3, 125. Zu freieren eben fo wahren als dichteriichen Welt⸗ 
anfihten. Göthe, Leben 11.8. Ch’ ich die Freundin anjichtig 
werden funnte. Göthe, Meifterd Wanderjahre 3, 13. So wird ei 
einer Seidenſchnur anfihtig J. Paul, Hejperus 11. Ihre Ber 
Ihüger, Engel der Erde, die unter der Aufficht Gabriels ftehn. 
Klopftod, Meffias 3, 68. Sie eröffnen mir eine glänzende Ausjicht. 
Schiller, Parafit 2, 5. Mit gueter, fleißiger Beficht. Lori, Berg- 
recht 25, 208. Ein befihtiger Schüg. Ortolph, Arzueibud) vom 
3. 1488. Mit Zäunen und mit anderer Bejichtigfait. Regens— 
burger Urkunde v. 1366. Wie zwiichen hohen Bergen eine Durch— 
ſicht in freie Fernen fich aufthut. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 
317. (Ich finde) den Inhalt (des Briefe) nicht für Eure Durch⸗ 
ficht geeignet. Shalipeare, Lear 1, 2. (Das Käppchen) ift ganz 


625 


fein und durchſichtig. Goͤthe, ital. Reife 6. Det. Bon der durch⸗ 
fihtigeu und undurchſichtigen Wachs- und Honigfarbe. Daf. 
Batania 3. Mai. Werthers durchſichtige (unbefangene, offene) Lotte. 
% Paul. Daß der trübe Zuftand der Linfe «im Auge) ſich nach und 
nah der Durchſichtigkeit nähere. Göthe, Farbenlehre 132. ch 
erfläre mir dieſes Wohlfein von der durchgängig darin (in dem Roman) 
berrihenden rubigen Klarheit, Glätte und Durchſichtigkeit. Scil- 
fer, Briefm. mit Göthe 1, 98. Vertraulich Tieß man ihn in manches 
Einſicht nehmen, was fi) befonders auf fein Fach bezog. Göthe, 
Wahlverwandtſchaften 2, 7. Den Reiche bin id) mein gebeinftes 
Biffen und meine Einficht ſchuldig. Schiller, Don Karlos 3, 3. 
Was er ſich alles von ſolchen Kunfteinjichten und Zertigfeiten ver— 
ſpreche. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 4 Meine erinjichtige 
Theilnahme erfreute fie jeher. Daf. 3, 13. Berathen von einem ein— 
jihtigen Arzte. Göthe, Leben 16. B. Nun wird e8 mir immrr 
einfihbtlicher. Ungenannter bei Campe. Keine Kernficht, feine 
Nachſicht. Rückert, gef. Ged. 5, 373. Star lebt ohne alle Hin— 
fiht m feine noch fehr dunkele Zukunft unbefonnen tn den Tag hin— 
en. Sonnenfeld. Die Vorſicht ift einfah, die Hinterdrein- 
fiht vielfach. Goͤthe, Marimen und Reflexionen 2. Ewige Kurz: 
itht ift das Loos des Menjchen. Platen, Abbafjiden 7. Kurz» 
fihtige Tadler (trifft Du) gewißlih. Platen, die verhängnißvolle 
Gabel 5. Wir haben auf höhere, zartere, feinere, befonders gejell- 
ſchaftliche Berhältniffe Rüdficht zu nehmen. Göthe, Wahlverwundt- 
haften 2, 7. Ueberall walte das böſe Geſchick grimmiger als der 
Tod, und eben ſo rückſichtslos. Göthe, Meifters MWunderjahre 
2, 12. Beil bei aller feiner Scarfjicht feine Reinheit eben jo groß 
wor J. Paul, Zitan 37. Welch Unheil lefen eure bliiden Scharf- 
lihtigfeiten aus diefem Charakter heraus. Shakſpeare, Coriolan 
2 1. (Scharfjihtig f. S. 113.) So finden wir uns tauſend- 
fältig aufgefordert die Augen vor weiterer AUus- und Umſicht kei— 
neswegs zu verichließen. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 9. Ich 
beitieg den hohen Hahn, auf welchem das fchönfte Wetter die weite 
Umſicht begünftigte. Göthe, Tag- und Sahreshefte 1801. Weit- 
umſichtiger zeigt fürwahr fid, oft Unmögliches noch als möglic). 
Fauſt 2, 200. Doch ichöner iſt's, wenn uns die Seele ſagt, wo wir 
der feinen Vorſicht nicht bedürfen. Göthe, Taſſo 2, 3. Vertraute 
der Gottheit und ihrer verborgenen Vorſicht. Klopftod, Meſſias 1, 
564. Wegen Prüfung folder Geiftesgaben find katholiſchen Beicht- 
vitern bedeutende Vorſichtsmaßregeln aufs genaueite vorgeſchrie— 
ben. Göthe, ital. Reife Neapel 26: Mai 1787. Es fo vorsichtig 
einzurichten, daß feiner Würde nichts vergeben und feine Einwilligung 
darein Niemand fund würde. Schiller, Abfall der Niederlande 4. B. 
Wenn gleich jemand fie unbedachtjam und unvorſichtig nöthigte, 








526 


ihren Blick da oder dorthin auf eine uuerfreuliche Stelle zu richten. 
BSöthe, Wahlverwandtichaften 2, 10. 

Der Vorfihtige handelt mit folder Bebachtfankeit, daß er die Folgen 
defien, was er that, vorficht, fe genau erwägt und ſich darnach richtet. Bes 
dachtſam (von bedenken ©. 128). in ber Gigenthümlichfeit und gewohnt, 

feine Gebanfen gehörig auf das zu wenden, was man fagt undthut. Behut⸗ 
fam (f. begüten bei aufheben) gewohnt, mit folcher Bebachtfamfeit zu hans 
bein, daß man von fich oder Andern, oder überhaupt demjenigen, worauf unſere 

Gedanken in Abfiht ders Handelns gerichtet find, alles Widrige abwende, was 

Statt haben fünnte. — Ihr (ſeid) ſehr bedacht in folden Ball ver Ehre 

Stiller, Marin Stuart 2, 8. Du bil noch immer zw fchnell und wenig bes 

hutſam. Göthe, Egmont 4. 

Bei—, über—,. blöd—, doppel—, falſch —, fein —, ſchwach —, 
weitſichtig ſind klar. — Daß ſie immer vergeßlicher und von innerm 
Feuer überſichtiger wurde. Klenke, Lebensgeſchichte der Dichterin 
A. L. Karſch. Er war vberſichtig vnd augenſperrig. Fiſchart, 
Gargantua S. 31. Blödſicht'ge Mutter! Schiller, Braut von 
Meſſina. Bon dem Ruhme der berühmteſten Menſchen gehört immer 
etwas der Blödſichtigkeit der Bewunderer zu. Lichtenberg, Beob— 
achtungen über den Menſchen. Dieſe Krankheit ließ einen wunderba— 
ven Eindruck auf meinen Sehnerven zurück, nämlich eine völlige 
Doppeliicdhtinfeit. Ebeling Falſchſichtig gegen fih und alle, 
Meyer. Der feinfichtige Geilt Ddiefes Mannes. Lavater. Der 
Ihwacjichtige Alte fucht mit den Augen, wie der ungewiſſe Schiffer 
mit dem Senkel. Benzel-Sternau. Muß ich jo weitjichtig fein! 
Göthe, Zauft 2, 310. 

Befichtigen (S. 513), beabfichtigen und beanffichtigen find 
aus Ab- und Aufficht klar. — Daß ich bei näherer Befichtigung 
des Stoffs mehr Schwierigfeiten fand, als id) anfangs erwartete. Schil- 
ler, Briefw. mit Göthe 3, 214. Allein die Baroneife Beabjichtigte 
nod) etwas anders. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 7. (Zudem er) 
die Arbeiter beaufjichtigte. Göthe, Novelle: dus Kind mit dem Leben. 

Ablauern (j. S. 219) bis zu Ende lauern, d. i. bis dasjenige, worauf 
man lauert, gegenwärtig if. Auflanern wie aufpaffen laflen dieſes Ge⸗ 
genmwärtigwerden zweifelhuft, abpaffen Launch das feltuere erpaffen) wie 
ablauern drücken es Leiliimmt aus. — Grad’ auf dem Weg nach Regens⸗ 
burg zum Schweben ergriffen ihn des Gallas Abgeſchickte, der ihm fchon lang 
bie Faͤhrte abgelauert. Schiller, Wallenfleins Tod 4, 3. Weil doch Nie. 
mand auflauert. Schiller, Fiesko 3, 8. Cr fprichts und fchweigt, und 
fteht gelaflen, des Sultans Antwort abzupaffen. Wieland, Oberen 5, 37. 
Baff ja wohl auf, Johann, dag wir dem Pater Quiroga recht viel zu 
erzählen haben. Schiller, Piccolomini 4, 5. Wollte man’ erpafien, bie 
fle zu Wien aus vierundzwanzig Ucbeln das Hrinfle ausgewählt, man paßte 
lange! Duf. I, 2 





527 
Leſen. 


(Wurzel las, lis; vgl. fanffr. las — arbeiten, eine Kunſt üben ; 
Badernagel rechnet das Wort zu liegen, lat. legere = lefen, 
jammeln, gr. A&yog = Xager, Aayıg — klein.) 


Leſe, las, gelefen, leſen (ahd. lisu, las, läsumes, läsandr, 
lesan; mhd. lise, las, läsen (zuweilen lären), gelösen, lösen; 
goth. lisun, alti. ayf. lEsan, altır. lösa, engl. lease, ſchwed. läsa, 
dan. löse) eigenttih fammeln !); dann, auf Das Lejen der Buchſtaben, 
dad Summeln derjelben zu Sylbe und Wort angewandt, aud) figürlich 
gebraucht: einem den Text, etwas im Geficht, in engerer Bedeutung: 
Vorlefungen haltend, leſend lehren; eine Mefle lejen. — Sich ſchon 
des Herbites erfreuend und Des feftlichen Tags, au dem die Gegend 
im Jubel Trauben liefet. Göthe, Hermann und Dorothea 4, 34. 
Tie auf dem grünen Rafen ſich Gänjeblümcdhen laſen. Bürger, Gnt- 
führung der Europa. Wenn er nur lejen kann und fchreiben. ' 
Schiller, Wallenſteins Lager 7. Sie jagen, er leſ' auch in deu Ster- 
nen die fünftigen Dinge Daſ. In deinen blafien Mienen will ich 
das Urtheil meines Zodes lejen. Schiller, Don Kurlos 1, 2. 
(Shen kommt, ich hör ihn kommen, euer ernfter, lauter Feldherr, mir 
die Reetion zu leſen, Daß ich nicht zu Felde bin. Herder, Eid 20. 
ben Ins die Seelenmefle zu der Ebriftenfünpfer Ehre Zurpin dort 
im Ariegeöfelde. Zr. Schlegel, Karl u. Roland 11. 

In gewiffer Hinſicht ſinnverwandt iſt ſammeln (aht. samandn, seminön, 
mbb. samenen, agf. samı.jan, somajan, von ahd. sama, agf. same, mh}. same, 
sam — eben fo; zu fanffr, sam, ar. «ua, lat. simul gehörig) allgemein Tinge 
bei einander fommen Machen. — Was auf diefe dürren Auen von der Unſchalv 
— faͤllt, wird geſammelt, zu bethauen die Gefilde jener Welt. Bürger, an 


Auslefen 1) bis zu Ende lejen; 2) allgemein aus Dingen eins 
oder mehrere nehmen, wuter Dingen fich zu einem oder mehreren be⸗ 
Rimmen. Erleſen?) und Das ſtärkere Auserlefen find nachdrück⸗ 
liher, haben aber nur die 2: Bedeutung. — (Er) hat alle Zejebibliv- 
thefen ausgeleien. J. Paul, Zitan 16. Da thut es noth, Die 
Caatzeit zu erfunden, die rechte Sternenſtunde quszuleſen. Scil- 
ler, Piccolomini 2, 6, Konnte die Beherriherin von England mehr 
tun, als aus Der ganzen Monarchie die Edeliten auslejen und zu 
Richtern in dieſem Löniglihen Streite beftellen? Schiller, Maria Stuart 


1) „Der Grundbegriff von Iefen (legerp,.colligere) fıheint im Durchgehen 
Ingl. nengr. duaßageır = lefen) zu legen; wornach das agſ. lcornan — transire 
Bndfiht verdient.” Schneller 2, 498. 

2, „Ich ward aufmerffam auf Kinder, welche ſich forafältig und emſig befchäfs 
tigten die Flocken der Baumwolle audeinander zu zupfen und die Sumenförner, 

plitter von ven Schalen der Nüſſe, nebit ander a Ka wegzunehmen; 
fe nennen es erlefen.“ Götye, Meiflers Wanderjahre 8, 5. In andern Gegen⸗ 
den, z. B. am Mlitelrhein, hat die Vollkoſprache dafür beleſen. 





528 


1, 7. Der muß es fein, den hab’ ich mir erlefen. ‚Schiller, Wal⸗ 
lenfteind Tod 2, 3. NAusgeleert des Weines Gläfer, den der Wirth 
erlas! Voß, Rundgefang, Dieß Plüpchen hab’ ich mir längft zum- 
Liebling auserlejen. Schiller, Don Karlos 1, 3. 

Yusfuden (ſ. ſuchen ©. 74 u.228) ift auslefen mit Mühe und Sorgs 
fült. Wählen (f. S. 514) aus MWohlgefallen an einem ober mehreren Din: 
gen fich fir diefelben unter andern beflimmen. Grwählen if flärfer und zeigt 
au, daß fich der Wählende für etwas entſchieden hat. Auserwählen benid 
wie anserlejen auf ein Wählen (Erleſen) des vortrefflichiten aus mehreren 
Dingen. Kiefen (f. dasfelbe) und küren — prüfend wählen, find nhb. nur 
noch als alterthümliche Formen für wählen Im Gebrauch. Erfiefen um 
erfüren, auserfiefen und auserküren unterfcheiven fi wie erwäß: 
len und auserwählen. — Wenn wir zu dieſen Bällen die Raquetten erfl 
ausgefucht. Shaffyeare, K. Heinrih V. 1, 2. Daß tein Herz nicht übel 
wähle, was dein Auge wohl erfor. Bürger, Huldigungelied, Sein zittern: 
des Geſchoͤpf wird er (Gott) erwählen. Schiller, Jugfrau von Orleans 
Prolog 3, Hört von meiner Anserwählten, höret an mein ſchoͤnſtes Lieb, 
Bürger, das hohe Lieb von der Ginzigen. Der Brinz, den ſich zum Tochter⸗ 
mann der Sultan auserwählt. Wieland, Oberon 4, 44. Prinz, fprad 
der Paladin, was braucht's Hier erft zu Fiefen? Wieland, Oberon 3, 10. 
Sy rennet nun Alles in vollem Galopp und kürt fi im Saale fein Pläp- 
hen; zum Drehen und Walzen und luſtigen Hopp erfiefet ſich jeder ein 
Schaätzchen. Gölhe, Hochzeitlied. Mich haben fle (die Götter) zum Schlächter 
auserforen. Göthe, Iphigenie 2, 1. 

Ab—, auf—, be— (bejonders im PBartic, gebräudlich), bei—, 
durch —, ein —, ent—, entgegen—, fort—, ber—, berab —, berauf—, 
heraus —, herein —, berüber—, hervor —, herzu —, hin —, hinab —, 
binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinũüber —, hinweg—, 
hinzu —, mit —, nach —, über —, ver —, vor —, voran —, voraus —, 
voruber—, vorweg-, weg —, weiter —, wieder—, zer — zu—, 
nrück —, zuſammenleſen bedürfen feiner weitern Erklärung. — Man 
* nun an, die Oliven abzuleſen. Göthe, ital, Reife Terni 27. Oct, 
Die beiden Urtheile wurden von dem Sekretär Pranz erbrochen und öffent- 
lich abgelefen. Schiller, Abf. d. N. 4. B. Ich habe ihrer ( der Mufcheln) 
genug aufgelefen. Göthe, ital. Reife 8. Det. Dom Staube hat 
er Manchen aufgelejen, zu hoher Ehr' und Würden ihn erhöht. 
Schiller, Wallenfteind Tod 4, 2. Mein’ Tochter die ift in Büchern 
belefen. Göthe, Peter Brey. Trotz der unnügen Parade mit Ci⸗ 
taten und hiftorifher Belefenheit enthält er (der Aufiag) nicht das 

eringfte Neue. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 365. Ich hatte diefe 
—— Bände von Kindheit anf fleißig durchgeleſen. Göͤthe, 
Reben 2. B. Ein ſehr durchleſener Lucian Fam nie von feiner 
Seite. Daſ. 4 B. Mit wahrer Herzenstuf babe ich das erfte Buch 
Wilhelm Meifters Durchlejen. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 8% 








529 


Hr koͤnnt fortlefen, wo der Vater blieb. Uhland, Scildeis. Ich 
aber kann lateinische Briefe prächtig Herlefen. J. Paul, Zitan 48. 
Lief’t Doch nur jeder aus dem Buch fihb heraus, und if ex 
ewaltig, fo Liej’t er in das Buch fih hinein. Göthe, 1. Epiftel. 
Bas ih mir aus dem Werke (der Ethil des Spinoza) mag heraus- 
gelefen, was ich in dasſelbe mag hineingelefen haben, davon wüßte 
ih feine Rechenichaft zu geben. Göthe, Leben 14. B. Keiner von 
und hatte Das Buch hinausgeleſen (bi8 zu Ende). . Göthe, LXeben 
11.8. So oft ſich die Schaufpieler bei ihm gejellig verfammelten, hatte 
er die Gewohnheit leſen zu laflen, und manchmal jelbit mitzulejen. 
Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 19. Ob wir, wir Neuern, vor den Alten - 
den Borzug des Gefchmads erhalten, was left ihr darum vieles nach, 
was der und jener Franzoſe fprah? Leſſing, der Gefchmad der Alten, 
Die Achren nur dem Manne nachzulefen, dem volle Ernte wird. 
Shakipeare, jo wie es euch gefällt 3, 5. Nur flüchtig habe id) das 
Geichriebene wieder überlefen dürfen. Göthe, der Sammler und 
die Seinen 6. Brief. Nach einem Eurzen ftillen Gebet ward ein Text 
der hi. Schrift verlejen. Göthe, 2. Aufenthalt in Rom Bhilipp Neri. 
Mit dem Kinde auf dem Schooße, oder neben fih, verlus fie die 
Volle zum Tuch. Klenke, LZebensgefchichte der Dichterin A. L. Karſch. 
Die fänmtlichen Documente follten vorgelejen werden. Göthe, ital. 
Reife 3. Det. (Seine Augen fuchten ed aus feinem Gefichte) abzu— 
fehlen und wegzulejen. I. Paul, Siebenfäs 5. Ein plöglich Un— 
wohlfein fällt mir aufd Herz und trübt Die Augen mir zum Weiter- 
lefen. Shafipeare, 8. Heinrich Vk 2. Thl. 1, 4. Ich hoffe, es 
(das Stück) joll beim Wiederlefen nicht verlieren. Göthe, .2. Yuf- 
enthalt in Rom 3. Nov. Wenn wir ein joldhes Heft zerlefen oder 
tonft beihädigt hatten. Göthe, Leben 1. B. Ih will Sie in die 
Buchten führen, wo fie fo gern die Steinchen zuſammenlas. Göthe, 
Meifters Lehrjahre 8, 9. u SEN | | 

Anm. linfere Revdensart: „Nicht viel Federleſene mit Jemanden madjen“ 
= furzweg mit Jemanden verfahren, it ‚gebildet aus dem mhd. vederlösen —- 
ihmeicheln, eigentlich einem die Federn vom Kleide lefen und ihm fo fchön thun. 
— Richt viel Federleſens, Heide! Man bat noch mehr zu thun. Schiller, 
Fiesto 5, 10. Ich, einfältiger Tropf, ftehe bei ihm und leſe ihm ruhig die 
Federn vom Kleide. Leffing, Antigöze 2. 

Lefe (mhd. lese), Leſung, Leſer (ahd. löso, lEsAri, mhd. lẽ- 
ser), Xeferei find einfady und in verjchiedenen Zuſammenſetzungen ge= 
bräuchlich. — Dagegen nahm man die Weinberge in Schuß, von denen 
fih die Beſitzer Doc feine große Leſe veriprechen durften. Göthe, 
Kampagne im Franfreih 13. Sept. Das Wörterbuch fei ein Aushub, 
wicht der Umgangsipradhe nur, auch eine möglich vollitändige Aus- 
leſe aus den Werfen der Vor- und Neuzeit. Radlof. (Die Hirfche) 
Eönnten die Zelder abweiden, und würden doch dem Landmunn die 
Rachleſe, indem fie mit der Borlefe zufrieden wären, laſſen. 3. 

4 














530 

Paul, Hefperus 18. — Wie fie fih zur Blumenleje büdt. Salis, 
Phantaſie. Die TZraubenlefe, den Aerntekranz muß er wandernd 
von ferne ſchauen. Schiller, MWallenfteins Lager 11. (Er ſprach) von 
dem Yubel der Weinleſe. Göthe, MWahlverwandtichaften 1, 10. — 
Was Sie von der Meinen Schrift Kants jchreiben, erimiere ich mich 
bei Leſung .derfelben aud empfunden zu haben. Schiller, Briefw. 
mit Göthe 1,110. Wenn ih mir, bei Durchleſung Ihrer Anzeige, 
zugleich das Publicum vergegenwärtige. Göthe, Briefw. mit Schiller 
4, 384. Ehe er jeine Borlefung anfangen wollte. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 3, 5. — Jetzt da jeglicher lieft und viele Leſer das Bud 
nur ungeduldig durchblättern. Göthe, 1. Epiftel. Die Leferinnen 
werden jeßo hören wollen. 3. Paul, Hefperus 3. Edleres Getraͤnks 
Erleſer, fchafft er reines Glas. Voß, Rundgeſang. Ein folder 
Nachlejer zu fein. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Sie zur Vorle⸗ 
ferin der Briefe ihrer Mutter zu machen. 3. Paul, Hefperus 12. 
Bindeft Ioier deine Garben vor der Aehrenteferin. Salis, das 
Mitleid. — Warum Horion jeine Leferei oft jo jämmerlid wähle. 
% Baul, Heſperus 1. (Das iſt; Zeitungs» ımd Sournalen- 
teferei. Lichtenberg, Afthetiiche Bemerkungen. 

Mt Weinlefe finnvermandt iſt das in vielen Gegenten dafür gebrauchte 
Wort Herbſt (ahb. herpist, mhd. herbest, agf. hearfest, haerfest, herfeste, 
engl. harvest, altn. haust, ſchwed. dan. höst; vgl. lat. carpere — pflüden, gr. 
xapros — Frucht, naprigev —= ernten), das tie Trauben mehr allgemein als 
Frucht faßt, wie auch von andern Früchten mehrfach einherbſten aefagt wird. 
Lesbar, leslich (körperlich und geiltig, in Anjehung der äußern, 

wie innern Befchaffenheit), leſerlich (deffen Deutlichfeit ein leichtes 
Lefen zuläßt). — Wie er eine fehr reine Hand fehrieb, fo konnte er 
mir bald ein lesbares Manufeript heftweife mittheilen. Göthe, Le— 
ben 10. 8. Der Eingang ſcheint mir weniger fesbar, obgleich gut 
gedacht und zwedmäßig. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 117. Um 
einen Leslihen Maurftzettel zu Stande bringen könnte. Wieland. 
Des Menihen Wahn, fein Stolz umd feine Eitelkeit find nur halb 
leſerlich verzerrte Schattenbifder des innigften Berufs der Lebend- 
thätigfeit.. Ziedge, Urania 3. Das (Gedicht) in einigen fat unle- 
ferlihen Abichriften fi in verjchiedenen Händen befand. Götbe, 
Meifters Lehrjahre 3, 9. 

Lefle)art, —brett (bei Leinwebern), —buh, — holz, —Tatte 
(bei Zeugwebern), — luſt, —pult, — ruthe (bei Tuchmachern), — ſaal, 
— ſchlacke (in Hüttenwerken), —ſchule, — ſchüler, —ſtein (im 
bau), — ſtock (bei Siebmachern), —ftuhl (veraltet für Lehrſtuhl), 
—ftunde, —übung, —wuth, —zeit, —zirkel u. a.; Leſerlohn, 
—maſſe. — Daher find uns jene erſten Lesarten lange Zeir die 
liebften geblieben. Göthe, Leben 12. B. Das Buch wird ſchon gut- 
villige lefebegierige Menfchen finden. Ungenaunter bei Sampe. (Ex) 
bat alle Xejebibliothefen ausgelefen. 3. Panl, Titan 16. Daß 


F 2 





531 


ich den ganzen Zag auf einem feften Lejeefel ſaß. 3. Paul. Du, 
den dies täglihe Entzücken der Leſefreunde oft genug vergnügt. 
Thümmel. Kann ich doch indeß ... ein’ge Leſefruͤchte fammeln. 
Paten, rom. Dedipus 3. Allgemeiner Lejegeift. Jeniſch. Man 
will aber fammtlihe Leſegeſellſchaften biemit . . . einladen. J. 
Baul, Heiperus 3. Ein Lehriaal voll Naturalien und ein LZejefas 
binet. 3. Paul, Heiperus 22. Diefe Schrift ift für den en 
lihen Leſekreis nicht geeignet. Jen. Lit.-Ztg. Die Schreibe- und 
Lejefunft fommt von der Natur. Shafipeare, viel Lärmen um 
nihts 3, 3. Da Sie in Ihrer jegigen Lage wahrfcheinlich Lejelu- 
ftig find. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 305. (Er) wird zum 
Leſem eiſter. Göthe, Reineke Fuchs 8, 238. Hat doch die Natur 
die Lefemütter und Maulzeichen der Wolluft jehr Elein gefchrieben. 
J.Paul, Hefperus 8. Ihren gebildeten und ungebildeten Leſepöbel. 
Rhein» u. Mofelzeitung 1847 Nr. 274. Ueber die geftrige Lefe- 
probe hoffe ich bald mit Ihnen zu fprechen. Göthe, Briefw. mit 
Stiller 6, 180. (Er las) zu matt und leſeprobemäßig. Derf. 
dal. 5, 9. Der Leſeſtoff ift für die Kinder nicht berechnet. Sen. 
Lit.-Ztg. Die (Stube) feit geftern wieder zum Gaft- und Leſe— 
tübchen Lianens geworden. J. Paul, Zitan. Die Leſeſucht un— 
ferer Weiber. Campe. In unſern lejejücdtigen Zeiten. Thümmel. 
Wenn fi die Leſewelt beichwert. 3. Paul, Hefperus 8. In wel- 
hen (Romanen) die Tochter gewiß gelejeu, ja, fogar einige Zefe- 
jeihen vergeffen haben wird, % Paul, Zitan 21. Steh’ auf und 
tet’ ins Leſezimmer dich. Shakſpeare, Romeo und Julie 3, 8. 

Anm. 1. Rab Grimm 11,26 gehört hierher auch Lift, goth. lists, abd., altn., 
agf., mh. list = Kunſt, wol eigentlich die Kunſt Buchſtaben zu leſen. Waders 
nagel, Weigand n. U, flellen Lift zu lehren (auth. laisjan, ahd. Ieran, altf. 
löri(ö)an, aaf. Iseran, alin. Isera, mh. Mren), das (lehren) aber nah Grimm 
ei lefen nicht gemein hat, funvern zu goth. läists, agf. läst, ahd. leisa, uhd. 
leise, leis = Spur, Beleife, gehört. 

Yum. 2. Brimm, Wadernagel u. 9. rechnen, mit großer Wahrfcheins 
lichkeit, zu lefen, das, im Altnord. ungebräuchliche, Adj. leer (ahd. lari, mär. 
leere) wo fhon gelefen ifl. | 


Genefen. 
(Wurzel nas, nis.) 


Geneſe, genas, genefen (ahd. kinisu, kinas, kinäsumeds, kinẽsa 
ner (auch kineraner), kinesan, kanisan, ginesan, genesan; mhd. 
genise, genas, genäsen (zuweilen genären), genäsen, genäsen; 
ge. ganisan, agſ. genesan; ahd. and) einfach nisan) allgemein am 

ben bleiben, heil und gefund davon kommen; tim Befondern 1) aus 
einer Gefahr, Verlegenheit 2c., befonders aus einer Krankheit ervettet, 
befreit werden; 2) (mit dem Genitiv) gejund und heil von etwas los⸗ 


24 * 








532 


fommen, befonders von einer Xeibesfrucht befreit werden, gebären (I. 
©. 34); 3) (tranfitiv, veraltet, nur in Süddeutfchland noch gebräud- 
lih) aus-einer Gefahr ꝛc. erretten. — Die Saracenen meinten, fie 
fündten nicht geneſen vor dem Kaiſer Friderich Barbaroffa. Aventi⸗ 
nus Chronik. Weggeſchwunden ift die Lippe, die im Kuſſe fonft ge- 
nas. Göthe, Dauer im Wechſel. Wie langfam wird der vermundete 
Braun von feinen Schmerzen genefen! Göthe, Reineke Zuchs 4, 30. 
Und der Kranfe geneſt. Klopſtock, Meifias 14, 1373. Genefen 
würd’ ich einer Tochter. Schiller, Braut von Meifina. 

Heilen (goth. häiljan, ahd. heilan, mbb. heilen, agf. haelan, altf. het 
jan, engl. heal, ſchwed. hela, f. Heil ©. 343) allgemein machen, daß der 
franfe Zuſtand aufhöre und der gefunde eintrete, ift als paſſtve Form (geheilt 
werben) mit genefen finnverwandt. Das fremte furieren (lat. curare) wir 
nur von dem Arzt, der Mittel zur Hebung des kranken Zuflandes und Herſtel⸗ 
lung der Geſundheit anwendet und von biefen Mitteln felbfi gefagt. @efun: 
den (ahd. gasunden, mhd. gesunden, von gefund, ahd. kisunt, gife)sunt, 
mhb. gesund, agf. sund; vgl. lat. sanas, gr. daos — gefund) eigentlich wieder 
in den Zuſtand kommen, daß der Lebensorganismus feine Naturbeſtimmung ers 
füllt. — In diefer Umarmung heilt mein franfes Herz. Schiller, Don Kar: 
los 1, 2. Ein Mädchen und ein Bläschen Wein curiren alle Noth. Goͤthe, 
Sery und Bätely. Du wirft gefunden, Göthe, Fauſt 2, 5. 

Genifig, geniffig (mhd. genisec), heilbar und geneslich (mhd. 
genislich — zum Geneſen geeignet) find veraltet; Genefung — 
- Wunden geniffig und ungeniflig. Urkunde von 1487. Hier fol 
ein Zempel aufftehn, der Genefung, der glüdlichiten, gewidmet. 
Göthe, Eugenie 1, 6. - — u 

Nähren (goth. nasjan, ahd. agf. nerjan, mhd. nern, die active 
Form von ga-nisan) gefund-und am Leben erhalten; Dann einzuneh- 
menden feißticpen Unterhalt geben (auch figürlich). Auf—, er—, 
aufernäbren. — Du neerteft (näbrteft) dein Bold mit Engel- 
fpeife. Luther, Bibelüberj. Weisheit 16, 20. Daß ich die Hoffnung 
nährte. Schiller, Maria Stuart 1, 7. In der Grazie züchtigem 
Schleier nähren fie wachſam das ewige Feuer. Schiller, Würde der 
Frauen. — Und nährteſt den glänzenden Sohn auf. Voß. Die 
kann ich nicht ernähren. Schiller, Wallenfteins Lager 11. 

Speiſen (mhd. spisen, von Speife!), ahd. felten spisa, mhb. spise, 
nennieberl. spis, ſchwed. spis, dän. spise, fehlt in allen übrigen bemtichen 
Dialecten, aus mittellat. spensa für ex, dispensa, woher ital, apese = Auf⸗ 


1) Das Wort Speiſe iſt nicht deutſch. Ich denfe mit Schmeller, Ra: 
dernagel und Weigant lieber an mittellat. spensa (auch mit wegen be# i, ei) 
für ex, dispensa, als mit Shwend und Dilthey (Ardiv für das Studium der 
neueren Sprachen 1847111. 1,38) an das lat. species, „alfo eine Specialität nach 
römifchem Geſchmack unter den Nahrungsmitteln“ (Dilthey), „eine mit Gewürzen zu: 
rechtgemachte, gemißchte Epeife" (Schwenck). Grimm (Sram. MIT, 461) fagt: 


⸗ 


— ee 





533 


wand, Spefen — Berfendungskoften) mit Mitteln verfehen, welche durch bie 
Mundöffnung verzehrt werben, gleichviel ob fie zureichend find zu leiblichem 
Unterhalt oder Zunahme gereichen (anfchlagen) oder nicht. — So ſpeiſte fie 
zu Steriyn ihren Gatten. Schiller, Raria Stuart 1, 1. 


Aum. Die Barticipien geftatten noch andere Aufammenfeßungen, 5. B. In 
ver lämmernährenden Bylos. Buß, Odyſſee 15, 225. Im Winfel der rojfe: 
nährenden Argus. Daſ. 3, 263. 


Nährer, Nahrung; nährlich (mhd. nerlich — ſich redt- 
ih nährend ; zur Nahrung, Notbdurft binreihend, knapp); 
Rahrung (ahd. nara, mhd. nar — Rettung, Speile); nabrhaft. 
— Schnell den Ida erreicht’ er, den quelligen Nährer des Wildes. 
Voß, Ilias 8, 47. Die Erde, ihre Mutter und Nährerin. Her- 
der. Das Weib chrte und liebte in dem Marne den Vater und Er- 
nährer ihrer Kinder. Schiller, über das erſte Menſchengeſchlecht. — 
Die Aufernährung der Kinder. Ungenannter bei Campe. — 
ward von feinem Amte entfernt, befam aber zuleßt Doch wieder eine 
nährliche Stelle. Jen. Lit.-Ztg. Und hatt? e8 vernommen und hatt’ 
es gejehn, was nährlich (kaum) drei Schritte weit von ihm gefchehn. 
Bürger, Lenardo und Blandine. — Eine weite nahrhafte Gegend. 
Göthe, das Kind mit dem Löwen, 

Rährling, — mittel, — mutter, — vater u. a.; Ernährungs- 
geihäft, —kunde; Nahrkraft, —los, —faft, — ſam, —ſtoff; 
nabrungfprofjend; nahrungslos, —fleiß, —geld, —fraft, 
—mangel, —mittel, —jorge, —fleuer, —vorfchrift, —wanne u. a. 
— Der Wehrſtand fol leben! Der Nährftand foll geben! Scil- 
‚ler, Ballenfteins Lager 11. Da eine Erziehungslehre eine fittliche 
Ernährungskunde if. 3 Paul. Ob nabılos auch erfterbe 
die hartbefchanzte Stadt. Voß, Junker Kord 146. Auf nahrung- 
Iproffender Erde. Voß, Odyſſee 3, 3. Wie dort Nahrungs- - 
loſi N eit überhband nehm. Göthe, Meifters Wunderjahre 2, 
7. Das Rennthier ift die reichfte Nahrungsquelle des Lapplän— 
ders. Funke. Eine feine Moorerde, mit etwas Sand und Mufchel: 
kalt vermifcht, gab den Bäumen die reichlichften und —— 
NRahrungsſäfte. Forſter, der Brotbaum. Da er die Fähigkeit be- 
ſaß aus der Atmofphäre ſich die beſten Nahrungsſtoffe zuzueignen. 
Goͤthe, Tag- und Jahreshefte 1796. 


Weſen. 
(Wurzel was, wis; vgl. ſanſkr. vas = bewohnen, beharren, bedecken; 
lat. vestis — leid.) 
Bar, geweſen (ahd. wisu, was, wärumes, wöraner, wẽsan; 
d. wise, was, wären, gewesen, wäsen; goth. visan, altf. agſ. 
„Stammt es aus vem-ital, spezie, franz. espices, Epices, fo würde uhm er 


Hi nur der Begriff von Würze, gewürzter Speiſe zugeſtanden haben, doch bezei 
net es ſchon im Mittelalter die tölicge wie die fchlechte, vgl. Gudrun 4776." 





534 


vesan, altn. vẽsa), urſprünglich beharrend fein, tft uhd. gen 
amd dient faft nur als Hilfszeitwort. — mein weg wirt defter frölidyer 
wefen. A. v. Eyb, Eheſtandsbuch (1472) Bl. 34. Das Daun das 
dritt und legte teyl dies puochleins wejen fol. Daf. 40. Wie 
mächtig muß der Zauber wejen, der vom Arreft Euch kann erlöſen. 
Soltau. Lernt nie der Schöpfung Herr, was wejet.und waß fcheint, 
zu feinen Heil, aus eigner Kraft verftehen? Lngenannter bei Campe. 
(Sie) find im Olymp zu erfragen, dort weſ't auch wohl der Achte. 
Göthe, Fauft 2, 165. Dean machte ihnen begreiflih, fie wejeten 
nicht in der uranfänglihen Natur. Göthe, Leben 19. B. Frag mei- 
nen Vater, den Schäfer, ob er ein König was? Uhland, der junge 
König und die Schäferin. Der noch vor Augen wefende und wer 
vende offene Türfhen Krieg. Kandtagsacte vom 3. 1605. 

Anm. Die Partieipialform geweſt (für gemefen) in der Volkeſprache, fin: 
Ser ae im 15—16. Jahrh. Auch Haller (F 1777) fagt: Auch wir find 
gut gemweßt. 

Abwefend — nicht dabei feiend; anwefend — Dabei feiend; 
Ab— Anweſenheit; fürweſend ift veraltet; wefentlich; Weſenheit 
— Abwefend fchein’ ih nur. Göthe, Taffo 1, 3. Abwefenheit 


des Vaters ehrt ein guter Sohn. Göthe, Pandora. Während der 


Anwejenheit jener Gäfte. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 16. 
Nah fürmwefender Gelegenheit. Harsdörffer, Frauenzimmerge- 
fprächipiele 1, 49. Der dem Vater während des Bauens viele we⸗ 
ſentliche Dienfte getban. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 4. Kommt 
auf das Wefentlihe. Shaffpeare, was ihr wollt 1, 5. 1Diefe 
Farben) wurden bisher ald außerweſentlich, zufällig, als Zäu- 
ſchung und Gebrechen betradytet. Göthe, Farbenlehre 1. Da ging 
es wohl auch mythologiih an in zwei die Wefenheit der drei zu 
faffen. Göthe, Zauft 2, 157. 

Entfernt (von entfernen, abb. infirnen, von fern goth. fairra, ahd. 
fer, ferro, ferrano, agf. feor, altn. firr, nıhd. verre, vörren, verne, engl. 
far, dän. fjern, ſchwed. fjär, fjärre, fjärran; vgl. lat. porro, gr. zoepo) 
deutet auf einen großen Zwiſchenraum hin zwifchen den Gegenſtänden, welde 
man als von einander befindli bezeichnet. — Gegenwärtig f. ©. 443 
Zugegen = In der Richtung zu uns, nicht abgemwendet von uns. — Ich 

» bin bir ein Bote Kronions, der, obſchon entfernt, dein waltel. Bürger, 

Ilias 2, 26. 

Weſen, das, ſ. S. 403. — (3) ſehe dann vielleicht Das then- 
traliihe Bauwefen. Schiller, Briefm. mit Göthe 4, 275. (m 
welchen gemalten Blumenftrauß er) die lebendigen Kleinen Beiwejen 
zierlih und erfreulich fowohl zu wählen als zu vertheifen wußte. 
Goͤthe, Leben 4. B. Aeußerlich führte man das Bühnenweſen zu- 
nächſt in feinem gewohnten Gange fort, Göthe, Tag- und Jahres⸗ 
hefte 1797. Die alten Fabelweſen find nicht mehr. Schiller, Pic 








[d 


535 


colomini 3, 4. Des geiftverderblihen Fratzenwe ſens. Göthe, Le⸗ 
ben 13. B. Die das Hauswefen recht zufammenhalte. Göthe, 
Meifters Lehrjahre 7, 6. Ein gefpunntes und aufgedunſenes Hel- 
denwejen. Göthe, Leben 12. B. Die (Harzbütte) er nun mit 
großem Leidweſen verfallen flieht. Göthe, Leben 10. B. Das 
Raihinenwefen vermehrte fih. Göthe, Meifters Wunderjahre 3, 
Seine Briefe über da8 Mönchsweſen machten großes Auffehen. 
öthe, Leben 13. B. In diefes Nitterwefen verichlang ſich noch 
ein feltiamer Orden. Göthe, Leben 12. B. (Die Narrheiten witr« 
den) ihre üblen Wirkungen auf unjre Idee von dem jungen ſtürmiſchen 
Scheinwefen nicht verlieren. Leifing, Humburger Dramaturgie 
9, Welche (Dinge) das innere Stadtwejen betrafen. Göthe, Le: 
ben 5. B. Keine äußere Einwirtung noch Bedingung können diejem 
mern Ur weſen etwas auhaben. Daſ. 12. B. Daß er fih für ei- 
wen großen Kenner des Waffenwejens hielt. Daf. 14 BD. 
(Sie) werden e8 im Weltwefen weit bringen. Göthe, Betrachtun- 
gen im Sinne der Wanderer. Ach babe dich auserleien vor vielen in 
ven Weltwirrwefen. Gothe, Hans Sachs. Das ift ein Weib wie 
— zum Kuppler- und Zigeunerweſen. Göthe, Fauſt 
. 5 

Defenäpnlichkeit, —gleichheit, —lehre, —leiter, —reidh, 
—reihe, —verwandlung u. a. — Der hohe Menſch, der Dafteht und 
den Lauf der Weſenflut umforicht, ift felbft nur eine Welle. Tiedge. 
Er wurde unaufhaltfan durch das ſtumme Trauergefolge der Vergan- 
genheit hindurch geführt, Durch die meorfche Weſenkette, durch das 
Schlahtfeld der Geiſter. J. Paul. Die Wefenleiter der Thiere. 
% Paul. Es ſchreckt mich jelbit das wefenloje Schweigen. Scil- 
ler, Braut von Meifina. 

Berwefen (goth. fravisan, ahd. ſirwẽsanôn, mhd. verwäsenen und 
verwesen, agſ. forwẽsnjan, ſchwach) 1) abnehmen, daß es aufhört zu fein; 
in den Beftmdtheilen durch Verderbniß zergehen; 2) (ahd. vif)irwäsan, 
ubd. vewösen, ſtark = erwerben, gewinnen; für fih, an feine 
Stelle gewinnen, um an diefer zu fein, dann überhaupt an der Stelle 
emer Perſon oder Sache das fein, was Diejer zufommt; etwas, was 
obliegt, im Geichäft, Amt, veriehen oder treiben, daraus die nhd. 
übliche Bedeutung:) an eines Andern Stelle anordnend vorftehen 1); 
dann auch überhaupt in edelem Sinne, doch feltener anordnend vor⸗ 
fiehen (ahd. forawesan, lat. praeesse). Berwefung (tranfitiv u. in- 
trauſitiv), Berweſer; —8 — Er verweſ't eines langſamen, 
elenden, unnatürlichen Todes. Herder, Ideen zur Philoſ. der Geſchichte 


) Die ſtarke Form, im Sinn von verwalten, gebraucht noch ©. Franck 
m ber 1. Hälfte des 16. Jahrh. Adrianus verwaß das keyſerthumb. Das fie 
des gantz Keiferiiumb verwefen haben. Auch Aventinus fagt: Gr Hat alle 
Gupter yerweien. 











536 


der Menſchheit 8, 5. Noch fein Todter verwefte daſelbſt. Klop⸗ 
ſtock, Meffins 4, 934. Meine Wünſche verweſen bier. Schiller, 
Don Karlos 3, 10. König. von England, und ihr, Herzoge Bedfort 
und Glofter, die das Reid) verwefen! Schiller, Sunafrau v. O. 
1, 11. Vielleicht mögft du (Ritter) genejen, auch Sand und Guth 
mit beßrer Huth, als du jetzt kannſt, verwefen. Bertuch, im teut- 
hen Merkur v. 1774. — Dod) „wohnt ein Unfterlidher von hoher Ab⸗ 
funft in den Verweſungen. Klopfiod, dem Erlöſer. Mich fchuf 
aus VBerwefungsftaube tief in zertrümmerten Paradiefe der Tod- 
tenerweder. Klopſtock, Meſſias 15, 1311. Mit jeinen erbärmlichen 
Berwejern will ich fein Wort mehr verlieren. Schiller, Räuber 2, 
3. Herzog Karl, während der Abwejenheit des Königs Verweſer 
des Reichs. Schiller, 30jähr. Krieg 2. B. Theuer faufte fie (die 
Freundichaft) der Reihsverwefer Schiller, Jungfrau v. O. 2,1. 
Schmüdt Tafel und Gemach, und jpült die großen Gläjer! Dem 
heut ift Feiertag, und ich bin Feſtverweſer! Voß. Er wollte zum 
Stadtvermwejer mih ernennen. Alxinger. — Das Berweslide 
war ihn ſchvn zu Staube zufammengefunfen. SKlopitod, Meffias 11, 
1444. Diejen unverweslichen Leib. Daf. 11, 305. Verwe— 
lendliher Natur. Hoffmannswaldau, flerbender Socrates 683, 


Verwerden (ahb. fv)ar-, f(v)ir-, fivJurwördan, mhd. verwerden, altf. 
farwerthan, f. werden ©, 434) dahin fommen, daß es zunichte ift, iſt uhd. 
fehr wenig im Gebrauch. — Berwalten (f. walten) etwas auf fich nehs 
men, daß es angeorbnet und ausgeführt werde; gewöhnlich Dbliegendes ober 
Zuftehendes felbfithätig und anordnend ausüben ; im Befondern über das, worüber 
die Macht gegeben ift, dieſe felbitthätig und anvrbnend ausüben. Davon Mer: 
walter — Wie fi die vorftellungen werben und kommen vielfach berühren, 
fo fleht auch das werden und verwerdeun dem fommen und weggehn in uns 
ferer beziehung gleih. Grimm, d. Grammatif 4, 163. Du, Dar, wirft dieß⸗ 
mal noch dein altes Amt verwalten, indeß wir bier des Herrn Gefchäfte 
treiben. Schiller, Biecolomini 2, 4. Gott ift überall, wo man das Recht vers 
waltet. Schiller, Tell 2, 2. Drum kann er Verwalter des Schladhtfels 
bes fein. Arndt, Blücherlid. 

Anm. 1. Grimm (Gram. II, 26) rechnet hierher au Wiefe, ahd. wiss, 
mbd. wise — graßbefleidetes Kant? (vgl. fanffe. vas — beveden) und Wafen, 
ahd. waso, mhd. wase, mittellatein. waso, an das goth. gavasjan — fl 
lat. vestire, guth. vasti, lat. vestis, gr. 460g = Kleid anlehnend. In der Ge 
fehichte der deutfchen Sprache ©. 314 fagt Grimm, ahd. waso, franz. gazon 
feheine aus wraso entfbrungen, wie noch heute in einigen Gegenden Wrafe, 
Fraſe vernommen werde, das nhd. Rafen gehe umgefebrt aus Aphaͤreſis des w, 
wie fie in’ ber Regel Statt hat, hervor. Wadernagel ſtellt beide Wörter mit 
lat. virere = grünen zufammen, Nah Graff, dem a folgt, bebentet 
Waſen zunächſt Erdſcholle (vgl. agf. wase — Koth, Schlamm), dann Furche 
oder Grube, ſpaͤter Grasgrund. 


Anm. 2. Ahd. und mhd. iſt wist = Nahrung, heimwist (das heime we- 
sen) = Wohnung, das Leben daheim. Man Fönnte verfucht fein, den Zubrmaunss 








537 


anserud (für lin ks, anf welcher Seite der Fuhrmann gewöhnlich geht) har und 
wist, oder harwist und wisihar (har für hör — hierher , wie öfter) von dieſem 
wist zu erflären In dem Sinne, daß das Vieh zu dem Fubrmann, als feinem Näh⸗ 
ter, fommen ſolle. Schmeller (bayr. Wörterb. IV, 119) hält das Wort für ver: 
derbt aus winster, winistar (lat. sinister) = links, wie ſich ze der winstern 
hant, winsterhalp findet. S&rimm (®ram. III, 810) läßt ſich auf die Dentung 
„diefer dunfeln, wahrfcheinlicg. ſehr alten Wörter“ (har und hott) nit ein. 


Eſſen) 
(Wurzel at, it; az, iz; ad, id.) . 

Eſſe, aß, gegeilen, eſſen (ahd. izu, az, Azumes, &zaner, 
ezan; mhd. izze, az, Azen, gezzen (jlatt geezzen), ©zzen; 
goth. itan, agſ altſ. Etan, altn. Eta, altfrieſ. ita, neufrief. ytten, 
ſchwed. äta, dän. ede, neuniederl. eten, lat. edere, gr. ddew) fefte 
oder wenigftens feftere Nahrungsmittel zu fih nehmen, im Gegenſatz 
des Trinfens. Das Wort, früher von Menjchen und Thieren gefagt, 
wird nhd. nur von Menichen gejagt. — Du mußt niemals did) ver- 
meſſen, von dieſer Speife will id) nicht eſſen. Göthe, ſprichwörtlich. 
Mit großen Herrn und Meifter Urian äß' ich wohl feine Kirfchen 
gern. Bürger, der Raubgraf. (Bauer:) Gnädige Herren, ein Biffen 
md Trunk! Haben heut noch nichts Warmes gegefjen. (Trompeter :) 
das muß immer faufen und freffen. Schiller, Wallenfteins 
Lager 2. 

j Speiſen ſ. S. 532. Treffen ſ. S. 540. ehren (goth.tairan, ähd. 
zeran flarf, agf. teran, altf. terjan, mho. zern (aus zarjan) ſchwachꝰ), engl. tear» 
ſchwed. taera, urfprünglich auflöfend, felbft bis zum Nichtmehrbafein, mindern (vgl. 
gr. deloerr — ſchinden, fanffr. dri = zerſchneiden), dann durch das Leben 
anfwenden, prafien; fpäter wovon leben. — (Er) wünfchte nun auch von ber 
Beute zn ſpeiſen. Goͤthe, Reineke Fuche 1, 116. Woran er noch vielleicht 
als Züngling zehrt. Böthe, Fauſt 2, 93. 

Anm. Unfer Bartic. gegeſſen fleht für das frühere gözzen, im 15. Jahrh. 
oft geeffen neben geffen. Fiſchart hat am Ende des 16. Jahrh. gegeſſen 
und aefjen. Letztere Korn, in nhd. Volfsfprache fehr gebräuchlich, findet ſich auch 
bei Göthe: Mein Bater, der Schelm, ver mich geffen hat. Fauſt 1, 237. 

Ab—, auf—, aus—, beraus—, mit—, nach —, über—, vor⸗ 
eſſen bedürfen feiner Erklärung — Nod wollte er feinen Zeller nicht 
abeifen. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 1. Da wir abgegeiien 
hatten. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 4. Was mit Bedacht und Ue— 
eengung aufgefzngen und vorgelegt wird, foll auch aufgegeffen 
werden. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 3. Ich Eonnte Die fchöne 
Milch nit ausefien, die ich eingebrodt hatte. Göthe, Bürgerge- 
neral 14, Nachdem ich das Ei Durchichnitten und das Inwendige 
berausgegefien habe. Shakſpeare, K. Lear 1, 4 Mögen ſich 


1) Unfer ff in eſſen, ; j ſteht 
a meſſen ſteh für ß 





338 





die fein och aufladen, die mitejjen von feinen Gnaden. Schiller, 

Wallenfteins Lager 11. Als du gerade unter dem Baum anbiffeft, 

und ih aus Einfalt dir nachaß. J. Paul, Sicbenfäs 4. Hat ganze 

Länder aufgefreffen, und doch noch nie fill übergejien. Göthe, 

Kauft 1, 145. Und auf den Tiſch kommt vorgegeſſen Brod. 

Göthe, FZauft 2, 14. 

Eſſer (ahd ẽzo), Miteffer; Effung. — Augufti, ein feiner Ej- 
fer, freuete ih. 3%. Paul, Titan 33. Er fchämte fich der Freude, 
die nicht wenigftens in zwei Bifjen, in einen für einen Mitefier, zu 
theilen war. 3. Paul, Heiperus 16, 

Eſſig (ahd. azie, mhd. 1) was ſich leicht oder wovon 
ſich viel eſſen läßt; 2) vieleſſend. Das Wort iſt veraltet; jo auch 
eſſendig (gebildet wie lebendig). — Schabeneſſig. Fiſchart, 
Gargantua S. 57. daz man nicht eſſendiges uand Hand). M. 
Beheim (15. Jahrh.). 

Eſſen, das, zubereitete Speife; dann auch allgemein der Spei- 
jegenuß, beionders zu beſtimmten Zeiten. — Ich hatte juft mein ge- 
wöhnlih Efjen. Göthe, Necenfent. Bis das Eſſen fertig wird, 
wollen wir eins trinfen. Goͤthe, Götz von Berlichingen 1.— Um ein 
befieres Mittagsefien zu beftellen. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 1. 

Efwaare if das, was roh oder bereitet ale Speife dient, zu Kauf oder 

Derfauf gebracht. Speife f. 6.532. — So fhleppten fie auch wieder Fleine 

Körbehen mit Eß waa ren. Goͤthe, Meiſters Wanberjahre 1, 1. Wilde Mur: 

zeln warn Ente Speife Schiller, Jungfrau v. D. 5, 2, 

Eßluſt (ſ. Luft S.340) Begierde nad) Speiſe, befonders wenn 
fie lebhaft und nicht unangenehm if. Davon eßluftig (fehlerhaft 
efienluftig). — Was beraubt dich fo der Eßluſt? Shaffbeare, K. 
Heiurich IV. 1. Thl. 2, 3. Was dem eſſenluſt'gen Magen zum 
Göttertifh ihr madıt. Wieland, Oberon 3, 53. 

Bunger (ſ. bangen) if der aus einer Leere bes Magens entſtehende 
unangenehme Drang nad Speiſe felbit im höchſten Grade (fig. heitige Bes 
glerde nach etwas). Davon hungerig. — Gr konnte vor Mübigfeit und 
Hunger fanm etwas vorbringen. Weine Frau gibt ihm zu effen. Götke, 
Goͤtz v. B. 1. (Die) nad allen Beneſizen hungrig ſchnappen. Gchiller, 
Picevlomimi 1, 2. 

Eßbar, —gier, —gierig, — korb, —laube, —Löffel, — ſtube, 
—ſtunde, —tafel, — tiſch, —eit u. a. — Eine Prinzeß oder Baro⸗ 
neß oder ſonſt was Ehbares 1). Platen, der gläjerne Pantoffel 3. 
Jedes fette Klofter bat auch einen eignen Küchenrath bei allen Eß— 
"gelagen. Blumauer. An dem Eßſaal nebenbei verftedt ihr fie. 
Schiller, Balleufteins Tod 5, 1. (Ich muß) die Tapeten in meinen 
Eßzimmern verfeßen. Shakſpeare, K. Heinrich IV. 2. Thl. 8, 1. 

Aas (eigentlih AB, abd. mhd. Az, agſ. aet, alt. Ata = Speije) 


I) Bine beißende Zweideutigkeit, 


urfpränglic) das Effen, damm der todte Thierlörper, weil er andern 
Thieren zum Aße (Eſſen), zur Rahrung dient. — Und fo flog auch 
ein Schwarm jmger Welpen aus dem bejchmeißten Aafe er. 
Leifing, die Wespen. Wie haben die Adler ſich verfanmelt ums 
Ans! Klopftod, Meiftas 12, 167. — Was wirds geben du Ra- 
benaas? Schiller, Kabale und Liebe 2, 4. 
Luder (f. S. 255) der todte Körper Helfchiger Säugethiere, infofern er 
ſich auflöft, d. H. in Verweſung übergeht (auch Schimpfwort). — Und dennoch 
tanzt man, wenn bie Luder pfeifen. Göthe, Kauft 2, 144. 

As, Az (härtere Form mit ; ftat 8), früher Nahrung, Speife 
für Menſchen und Zhiere, wird ndd., und da jelten, nur von Thie— 
ren gebraucht, bejonders als Lockſpeiſe. Davon ätzen (goth. atjan, 
ahd. azjan, ezan, mhd. etzen, atzen) — eſſen machen, zu eſſen 
geben, nhd. faſt nur noch von Thieren gejagt, dann übertragen: durch 
un Stoffe fefte Körper ganz oder zum Theil aufldjen. Aber, 

etzer; Abung, Aetzung. — Der Az an der Angel, Soltau. 
Die atzung vnd thurnlon (von einem Gefangenen). Hug, Rhetorica 
Tübingen 1528. Bl. 56. hr, als Gäfte guter Art, kamt nicht her 
um Atzung. Voß, der gute Wirth. Es hatt?’ ein Knab' eine Taube 
art... geäßet aus feinem Munde Göthe, Dilettant und Kriti« 
fer. Der Morgengefang ägender Schwalben am Sims. Voß, an 
den Grafen Holmer 38. Die größern Brüder äben die einzigen Ge- 
ſchwitzer! Chr. Stolberg. Die Heumfchreden ätzten ab dns Feld 
vnd Wißmat. Aventinus, Chronik 1580 BL. 197. Er ätz te verfchier 
dene Blätter und ſetzte dieſen Kunftzweig bis in feine fpäteften Jahre 
fort. Göthe, Leben 4 B. Er hat fie mit Unrath (Urin) befubdelt, 
mit abendem Unrath! Göthe, Reineke Fuchs 1, 28. Iſt die Tren- 
nung ſchon ein ätzend Mittel. Shakſpeare, K. Heinrih IV. 2. Thl. 
3, 2 


Füttern (ahd. f(v)uotarjan, f{v)ötarjan, mhb. vüeteren, altn. födra, 
von goth. fodjan, ahd. följan, agſ. foedan, altf. fuodjan, födjan, mhb. vüe- 
den, vuoten; Butter, abb. f(v)uotar, f(v)ötar, agf. foddo{u)r, füdher, 
födr, altn. födr, mhP. vuoter, älternhb, fuder, engl. food, fodder, dän. föde) 
wird nur von dem Verabreichen der Nahrungsmittel an Thiere (jet in gemeis 
net Sprache auch von Menfchen) geſagt. — Beizen (f. beißen) bebentet 
aur ein theilweifes Auflöfen, mehr ein Durdbringen der Schärfe durch ben 
ganzen Körper, um ihn zu einem Gebrauche geſchickt zu machen. — Führe den 
Scheren zum Stall und fütter ihn. Voß, der Abendſchmaus. Sie füts 
tert zwei, wenn fie nun ißt und trinft. Göthe, Fauſt 1, 186. Gibt er jm 
ein andere. (Fran), fo fol er jr an jrem Futter, Dede und Cheſchuld nicht 
abbrechen. Luther, Bibelüberf. 2. Mof. 21, 10. Fliegenfhwämm’, in Tofana 
gebeizt. Voß, der bezauberte Teufel 98. j 

Aetzbar, —bid, — brett, — grund, —kaſten, — kraft, —kunſt, 
— mittel, —nadel, —pulver, —ftoff, —wiege u. a.; Apungsgeld, 





540 


—toften. — Die Aepdrüde zu der Hirt'ſchen Abhandlung. Göthe, 
Briefw. mit Schiller 2, 190. Wie man mit Aetzſtein Wunden reibt. 
Soltau. Er radirte fehr jauber, jo daß die Arbeit aus dem Aetz- 
wafjer beinahe vollendet herausfam. Göthe, Leben 8. 8. 

Anm. 1. Eſſe = Beuereffe, Schmiedewerkſtätte, Schornflein, abd. esse, 
mhd. esse, lat. ustrina, ſtammt wol aus dem Lateiniihen. So auch Gffig für 
Eſſich, oder eigentlich, mach der lat. und ältern dentjchen Form, für Edi oder 
Eid (goth. akeit, agf. ekid, äced, eced, altn. edik, ahb. ezih, mhb. ezzich, 
bän. edike, ſchwed. ättikja, leit. ettikis) vom lat. acetum, gr. 05oc. 

Anm. 3. Der Eigenname Attila, Esel ſtammt nad Grimm ans altı. 
atall, ötul, ahd. agal — fireng, aͤtzend. 

Anm. 3. Das ores, ures, uräß, urez, vreffig der Volkeſprache ſpäter 
(mb. uretzec) Ueberdruß, Ekel an Speifen empfindend, von denen man zuviel ge: 
offen bat, feheint aus ur und dem Abj. effig (©. 588) nn. dann 
aber auf Anderes übertragen, 3.2. feines Lebens uräß fein. Davon Uräß, Urez, 
Urze = nichtewerthe Ueberbleibfel. 

Freſſen. 
(Wurzel fr-at, it; az, iz; ad, id.) 

Freſſe, fraß, gefreſſen, freſſen (ahd fiv)rizu, f(v)raz, fi v)rä- 
zumes, f(v)rözaner, f{v)rezan; mhd. vrizze, rag, vräzen, gevrez- 
zen, vrezzen; goth. fraitan, agſ. fretan; älternhd. vereßen, and 

d. verezzen, alſo aus fair—, ahd. far—, fir—, fer—, mhd. 
ver—, nhd. ver— und eſſen zulammengejeßt) ift eigentlih durch 
Eſſen aufzehren; wird nhd. nur von Thieren (ald niedriger Ausdrud 
auch von Menſchen) gejagt; auch figürlidh von einem fcharfen zermal- 
menden Verzehren und Zerftören durch etwas Scharfes, Zernichtendes. 
— Hand, der Hund, den hängen man will, hat Leder gefreijen. 
Voß, die Leibeigenen 47. Hat fich der Kerl plump ſatt gefreifen. 
Göthe, Recenjent. Deine Brüder fraß das Schwert. Fr. Stolb 
Lied eines alten fchwäbiichen Ritters an feinen Sohn. Tupfe nunm 
mit freffendem Scheidewaffer. Voß, die Riejenhügel 155. Zu tief 
ſchon hat der Haß gefrejfen. Schiller, Braut von Meſſina. 

Ab—, an—, auf—, aus —, be—, durch —, ein—, fort, 
herab —, heraus —, herunter, binein—, binnnter—, nad—, 
über—, um —, unter —, ver —, vor —, voran —, voraus —, weg — 

er—, zuſammenfreſſen find an ſich klar. — Es hätte mir das 
erz abgefreffen. Göthe, Götz von ‚Berlichingen 2. Wie Schweine 
den Kindern die zarten (Hände) abfreiien. 3. Paul, Heſperus 10, 
Der Dampf freſſ' ihn an. Daſ. 1. Durh Zeit und Witterung 
fehr angefreſſen. Göthe, Ph. Hadert Girgenti. Daß er fih an- 
fraß und unmaälfig lebte. Simpliciffimus 1, 11. (Wenn) deine Rafs 
jerfluthen den Gerechten mit dem Böfewicht auffrefien. Schiller, 
Räuber 2, 3. Der (Wolf) ganze Heerden auf einmal auffräße. 
Klopftod, Gelehrtenrepublil, Friß aus, was du einbrodteft. Schil⸗ 
ler, Kabale und Liebe 2, 4. Ein eleudes Fieber hat das Marf ans: 
gefreffen. Göthe, Goͤtz v. Berlingen 5. Daher ftellt man der 


541 


Reihe nah Die ausgefreifenen Stufen wieder ber. Böthe, ital. 
Reife Verona 16. Sept. Die (Bücher) feine Zeit befrifit. P. Fle— 
ming. Indeſſen frißt die eingefchloßne Flamme ſich immer tiefer ein. 
Wieland, Oberon 6, 42. (Daß e8) einer ur eingefreßnen 
Schaden durd) viele heilet. Shakſpeare, K. Johann 5, 2. Das 
(Butter) dieſer begierig hberausfraß. 3. Paul, Heiperus 17. Das 
frißt mir ins Herz hinein. Göthe, Zauft 1, 183. Nachdem er 
zum Bieruhrenbrod meine ſechs Kindlein binuntergefreffen hat. 
Grimm, Hausmährhen: der Wolf und die fieben Geislein. Wenn 
fich ein Hoffourier bei ihm betrank, und der Hofdentift überfraß. 
3 Paul, Hefperus 18. Pfeiler... . glitfchen unterfreffen von 
ihrem Geftel. Bodmer. Wo man fein Reben und feine Seele ver- 
frißt und verfäuft.. 3. Paul, Heiperus 18. Das Ganze iſt aus 
einem travertinähnlichen Kalkftein gebaut, jebt fehr verfreffen. 
Göthe, ital. Reife Segeft 20. April. Fraß ed (das Feuer) fie weg. 
Klopftod, Meſſias 4, 329, Die (Fledermaus) frißt mir Leber weg 
und Milz. Platen, rom. Dedipus 3. Daß Kinder folche Gegenftände 

. zerreißen und zerfreijen. Göthe, Leben 4 B. Der (Mätz- 
ſchnee) die Keime zerfriſſet. I. Paul, Heſperus 17. Man fieht 
fein ganzes au Br Zande und feinen unzerfreßnen Halm. Al— 

ginger, Doolin 8 

Anm. Sn — Zuſammenfetzung ſagt Fiſchart (Gargantua ©. 115) 
Bi de — Mottenzerfreßne Tapeten. Shaffpeare, König Heinrich 

Freſſe Cin der Volksſprache auch das Fräß) md Gefräß (in 
der Volksſprache auch Gefriß) ohne näbere Unterfheidung im Ge⸗ 
brauch, find die unedelften und verächtlichften Ausdrücke für den menſch⸗ 
fihen Mund. — Werd’ i 2 mit der Fauſt gleih in die Freſſe 
fahren. Göthe, Fauft 2, 

Mund (goth. Dr 9— mund(t), mh. munt, agſ. müdh, altn. 
mudhr munnr, altſ. altfrief. dan. mund, holländ. mond, ſchwed. mun, engl. 
mouth) ift der edelſte Ausdruck für die breite Oeffnung tes Geſichtes, durch 
welche die Nahrung eingenommen wird. Das Wort wird auch für Sprach⸗ 
organ (auch figürlih) und von der Deffnung, durch welche Dinge eingeben und 
welche verfchlingt, gebrauht. Maul (ahd. diu müla, mhb. die-müle und | 
daz mül, altn. müli, mauli, ſchwed. dan. mule, Holländ. muil, wahrfcheinlich 
za mahlen gehörig, f. basf.) bezeichnet vornehmlich den genannten Körber: 
theil an den Thleren, in gemeiner Rede auch an den Menfchen. — Mehr ver: 
ächtliche Ausprüde find: Goſche und Guſche, fchon bei Fifchart Gargantua 
©. 381 Goſch, in der Schweiz Gieſche (zumächft vom franz. gosier — 
Burgel, Schlund, dies ans mittellat. gossum — Kropf, ital. gozzo = Kropf, 
Schlund, und lat. guttur — Kehle) großes weites Maul, zunächft bei Thies 
ren, in miedriger oder verächtlicher Sprache bei den Menſchen. Plaͤrre (von 
plärren, auch plarren = in breiten Tönen widrig fchreien, engl. blear, 





542 


nah Schwend zufammengezogen aus pladdern, ſchwed. pladdra — plan: 
dern) Benennung bed Mundes oder Maules, bejonders des großen, in Beziehung 
der thierifchen lauten Neußerung ver Stimme. Rüffel (agf. vrot; vgl. agf. 
vreötan — fnirren, ahd. riugan — laut weinen, altn. ryta = grunzen; nad 
Schwenck kommt Rüffel von einem agf. vrötan, engl. root, ſchwed. rota = 
wühlen) urfprünglidy das dröhnende Schreiglied des Thieres, dann das Bide 
lang vorflehende Maul gewifier TIhiere, befunders des Schwein. Schnauze 
(in der Bolksfprage Schnut, Schnuß, in Osnabruf Schnüſſel, niederd. 
snute, gehört zu ſchreuzen, ahd. aniutan, snütön, suüzan, snuzon, bb. 
Sniuzen, Snüzen, agf. snytan, altn, snüta, jchweb. snyta, engl. snite, hol⸗ 
länd. snuyten) if mehr das ſpitz zulaufende vorfichenne Maul. — Mein 
Mund berührt den ihrigen. Schiller, Piccvlomini 8, 3. Nur ewigen und 
ernften Dingen fei ihr (der Glocke) metallnee Mund geweiht. Schiller, Blade. 
Mer wagt es, Ritteremann oder Knapp’, zu tauchen in biefen Schlund ? Einen 
golonen Becher werf’ ich hinab, verfchlungen ſchon hat Ihn ver fchwarze 
Mund. Schiller, Taucher. So leg’ ich einen Ring an die NRafe dir (Sans 
herib), leg’ ich Gebiſſe, Tobender, Bir ind Maul. Klopflod, Meſſias 20, 301. 
Man dehnt mir zum Maule ven Mund. Kloplod. Da war ein hochſtu⸗ 
dirter Froſch mit runzlichter Stirn’ und breiter Goſch. Schubart. (Ihr mals 
fet) manchemahl über eueren Willen fo nüchtern feyn, daß euch das Maul 
ſtaubet: doch aber trifft man euch felten an, wo die Goſchen nicht voll mit 
Fluchen. P. Abraham, auf ihre hriftlihe Soldaten. Heulend plärrte ter 
Bär. Göthe, Reineke Fuchs 2, 104. Gin Haupt mit langen Zähnen, Schlaus 
genrüffel. Göthe, Zauf 2,33. Mit Schnauz’ und dickem Rüffel. Boß. 
Nun feet eure Schnauze hinein. Goͤthe, Reineke Fuchs 2,94. (Du mußt) 
dich nah Schnauz und Schnabel richten, Göthe, paraboliſch 8. 


Freſſer (ahd. frAz, mhd. vrözze, vräz), Frefferei, (mhd. vrez- 
erie) freffig, fre eiikh (frühen ud 52 Freßling. a 
anz eigentlih fam die Speife von den Freſſern. Göthe, Novelle: 

das Kind mit dem Löwen. Ueberhaupt hoßte er Freffer als Men- 

ſchen von zu großem Eigennutz. 3. Paul, Hefperus9, Der Henter hole 
diefe phantaſtiſchen, gezierten, liipelnden Eiſenfreſſer! Shaffpeare, 

Romeo und Julie 2,4. Des Kyklopen Gewalt, des trogigen Men- 

fhbenfrefiers. Voß, Odyſſee 10, 200. Bacchus hat den Wein und 
teffereien lieb. Opig. Kuttelfrefferei. Fiſchart, Gargantua ©. 
57. Spitalfreffig. Daf. 121. Knebelbartfreſſig. Daf. 209. 

maden freffig. Daf. 57. als ein ellends fchäfflin von dem freſſa— 
men reiffenden wolfe. Hug, Rhetorica Tübingen 13238 Bl. 160* Wie 
vor Ilios gar mancher Held ſich menfhenfreifertich erwies. Göthe, 

Fauft 2, 203. Freßling. Aventinus, Ehronif 1580 Bf. 21. 


Freßbauch, —begierde, —begierig, —fleber, —gier, —gierig, 
ode, —fober, —forb, —tranfheit, —lieb, — ſt, —luſtig, 
—ſaß, — ſpitze, —ſtein, — ſucht, —fühtig, — trog, —wauſt, —wehe, 





543 . 


—minfel, —wurzel, —zange. — Den die ganze Dienerfchaft jo freß=, 
lieb hatte. J. Paul, Zitan 14. 


Fraß (ahd. fräz, mhd. vraz) 1) Die Handlung des Freffens; 
2) die Neigung zum Steffen; 3) was gefrefien wird; 4) (veraltet) ge: 
fräßiger Menſch, noch in Bielfraß (ahd. flv)ilifräz, flv)iluvrezo, 
med, vilvräz) erhalten. Davon fräßig (mhd. vrazic), gefräßig 
und (das wenig gebräuchliche niedere) fragen. — Boll raußes und 
fraſſes fein. Luther, Bibelüberſ. Matth. 23, 25. Ein vnjetiger 
grad. Daſ. Sir. 31, 19. Rohe Kajtanien ein herrlicher Fraß! 
Goͤthe, Satyros 3. — Meint ihr, fagte der Bär, ich jei ein Viel- 
fraß? Göthe, Meinele Fuchs 2, 9. Meine Haut, diefer Eiter- 
fraß, wird eine amdere fein. Michaelis, Bibelüberi. Hiob 19, 26. 
Nicht wahr, das ift ein Königsfrag? Pfeffel, die Schnepfe. Eine 
Reihe ausgeitopfter Vögel zerfielen unmittelbar duch Mottenfraß. 
Goͤthe, Tag= und Jahreshefte 1805. Im Wurmfraß längft ver: 
ſchwundner Tage. Shaffpeare, K. Heinrid V. 2, 4. — Zräfsig 
und ſaͤuffig. Aventinus, Chronik 1580 Bl. 387. fräf ig. Fiſchart, 
Gargantua S. 37. Honigfräſig. Daſ. 447. Bir ſollen feine faul- 
ftäßige Wänſte fein. Luther. Sei nicht ein J— Bauch. 
Voß, der Abendgang 12. Fletſche deine gefr ßigen Zähne mir 
nicht entgegen! Göthe, Fauft 1, 233. Philine war mit ihrer ge— 
fräßigen Scheere in die Zimmer gerathen. Göthe, Meifters Wan— 
derjahre 3, 14. ine ihrer größten Untugenden war eine unmäßige 
Näfcherei, ja wenn man will, eine unleidlihe Gefräßigkeit. Göthe, 
Meifers Lehrjahre 5, 16. — Ir jeit wol bejoffen vnd wol befraßt. 
Fiſchart, Gargantua ©. 197. 

Anm. 1. Wie von effen äpen, fo IR von freffen das nun veraltete 
ftegen — freffen machen, weiden, gebildet. — Du haft Fein trübfal, als, daß dieſe, 
bie dich fregt, ſich tote, wenn du ſpeiſt, mit dir zu tifche fegt. Benj. Reukirch, 
Anden Afinus. Jeder Inochen hie von ſchlangen it zerfretzt. Hoffmannswaldau. 
Gr. 2, 85. Das Gras mugent die von Beitigo wol fregen (durch ihr Birk. 
abfreſſen Ichen). Die Erdwürm oder Engering durch Schwein auswülen und aus⸗ 
fregen. Hat mir ein Knecht über 5 Maß Haber verfregt. Schmeller, bayr, 
Voͤrterb. 1,623 aus dem 17. Jahrh. Davon die und der Fretz — Graseplatz, zum 
Anfrefien durch das Bich beflimmt, Weipevlag. . 

Um. 3. Das Thier Vielfraß fol nah manchen Naturhiſtorikern den 
Ramen vom ſchwed. fjäall, bän. Häld, altn. fiall = Berg, haben. Die fprachliche 
Bildung des Wortes Ipricht nicht für dieſe Erklärung, ebenfowenig der lat. Name 

und der franz. Boulu. Auf die Behauptung: „das Thier freffe nicht gerade 
o viel, daß es daher den Namen haben könne”, kann man mit Grimm (Sram. 
IN. 364) antworten: „Was die heutigen Naturforfcher in Amphibien, Iufecten nnd 
Gewürm unterfcheiden, vermengte das Alterthum vielfach, auch in den Benennungen, 
oder vielmehr diefe giengen von dem finnlihen Cindruck der Thiergeflalt aus, nicht 
— gelehrten Syſtem. Die Fledermaus wurde daher zu den Bogein 
gezahlt." 


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64 


Vergeſſen. 
(Wurzel gat, git; gaz, giz.) 

Bergefie, vergaß, vergefien (ahd. irkizu, irkaz, irkäzumee, 
irközaner, irközan; mhd. vergizze, vergaz, vergäzen, vergez- 
zen; von ahd. gezan, agſ. götan = gewinnen, erlangen, altn. geta 
= hervorbringen, erlangen, goth. bigitan = finden, befommen, engl. 
get — gewinnen; vgl. gr. zardareı (bxador) = in ſich begreifen, 
enthalten, lat. prehendere — ergreifen) das Andenken, die Erinne- 
rung an etwas verlieren. — Vergiß mein nit, das ift ein ſchlech⸗ 
tes Freſſen! Wer will denn leben, kann er nicht vergejfen? Ber- 

efien! ja! ſich jelbft vergeffen das ift die Kunft, fo foll es fein! 
öthe, zu Wallenfteind Lager. Ueber'm Herrſcher vergißt er nm 
den Diener. Schiller, Piccolomini 1, 4. 
— ra du, vergeffe mich nicht! Goͤthe, Cuphroſpne. Diefe Imperas 
a . : ö 

Bergeß (der) veraltet, ahd. äkez), Bergefier, Bergeflung, 
vergefien, Bergeffeubeit, verneßbar, vergeßlich (mhd. vergezzen- 
lich), Bergeßlichteit, Bergißmeinnicht. — In vergeß fommen 
Aventinus, Chronik 1580. Bl. 300. Leydvergeß (Wein). Fiſchart, 
Gargantua S. 111. Der Gottheit Vergeſſer. Klopftod, Meſ⸗ 
ſias 2, 590. Des Guten, das file empfingen, fihnelle Vergei- 
fer. Daf. 15, 864. O du, deß Alles, was ich vordem litt, jüße 
Bergeffung, fomm. Daf. 12, 704. — Was verdient der Offizier, 
der eidvergefjen feine Ordre bright? Schiller, Piccolomini 2, 7. 
Dem naturvergeßnen Sohn der Schweiz. Schiller, Tell 3, & 
So ftünde jept auch ich ale pflichtvergefjen, mitſchuldig und be 
Ihämt vor deinem Blid. Göthe, Tafo 2, 4 Ehrenvergeffen. 

Fiſchart, Gargantua ©. 429. offenmaulvergeffene Aubörer 
Daſ. 88. Haußvergeffen Mann ond weibsvollf. Daf. 26. — Denn, 
ah, ich jah dich, trank die Bergeffenheit der jüßen Zänfchung wit 
feurigem Durfte! Klopftod, Gegenwart der Abweienden. Das Meer 
der Allvergejfenheit ift unfer letzte Ort. Herder. Jedermann 
lebt in einer Art von trunfener Selbftvergeffenbeit. Götbe, ital. 
Reife Eaferta 16. März. — Damit es ihr immer deutlich und nie ver- 
De werde. Benzel-Sternau. Was ift vergeßliher als Dank⸗ 
arfeit? Schiller, Don Karlos 3, 5. Ein vergefliher Hörer des 
Wortes. Luther, Bibelüberſ. Jac. 1, 25. Die felb guotter (Güter) 
pnuergefjenlich jn aller gebürlichkeit. Hug, Rhetorica Tübingen 
158 Bl. 37% — Gräber, von Zrauerchpreffen umhangen, mablet 
bald fliller VBergißmeinniht Blau. Salis, Ermunterung. Mit 
Zittern bricht er vom Strauße fie und bindet fie mit Bergigmein- 
nie, ne m — ni 

aſſe (goth. gatvö, ahd. k(g)aza, k(g)azze, mhd. 

altm. gata, agſ. gate, lettiih gatwa a. site. a. 


545 


dän. gade, holländ. gat; agſ. geat = Durchgang, Thor; altn. gat 
— Durchgang, Loch, von goth. gitan = fommen, erhalten in bigitan — 
befommen) it _der Durchgangsweg zwifchen Erhöhungen ; befenders ber 
freie Weg zwiſchen Gebäudereihen; in noch engerem Sinne der jchmälere 
eg, ohne anf, die Länge zu jehen. — Durch Diefe hohle Gaſſe muß er 
kommen; es führt fein anderer Weg nach Küßnacht hin, Schiller, Tell 4, 8. 
Straße f. S. 141. I 

Gaſſenlied ift wie Gaffenreim in Sübdeutfchland ein Liebes-, 
Lob⸗ oder Spottlied, das vor den Kammerfenftern (auf der Gaffe) 
eines Mädchens gejungen wird; nhd. Überhaupt ein Lied, welches in 
dem gemeinen Gefange des niedern Volkes (auf der Gaſſe) gehört zu 
werden pflegt. Niedriger ift Gafjenhauer (von hauen ſ. d.) eis 
gentlich der Gaffenläufer, ein Lied, das auf den Gaffen fr dem Munde 
des niedrigften Volkes umläuft, d. i. ganz dem Gejchmade des nied- 
rigften Voikes zufagt und bei ihm gehört wird, — Die kraftigiten 
Gaffenlieder folgten auf Ddiefe Bewegung. J. Möfer, yatriot. 
Phantaften 1, 10. Mit einem Gaſſ an auf die franzoͤſiſche 
Tapferkeit. Schiller, 3Ojahr. Krieg 4. B. 

Volkslied if fowel ein Lied, welches einem Volke eigenthünilich if, die 
charakteriſtiſche Tonmweife eines Bolfes, welche es im gemeinüblichen Gefange 
hat, als auch ein der Gefammtheit, die man Bolf (ahd. fiv)Jolh(ch), ſ(v) ole(k), 
mb. volc, agf. folc, engl. folk, altn. fölk, ſchwed. van. folk; flav. polk, pluk, 
Lett. pulks, littfan. pulkas?) nennt, gerechtes und in Ihr lebenves Lied. 

Gaſſenbettel, —bettler, —bube, — hauptmann, —junge, —keh⸗ 
rer, —kette, —tind, —fnabe, —koth, —kutſcher, —laterne, — lau— 
fen, — mädchen, meiſter, —menſch, —pöbel, —rinne, —fänger, 
och —jchleufe, — fingen, —fladt, —treter, — troß, —vogt, —wiß. 

Aßeln (auf nächtlihen Befuch zum Liebchen gehen) gaſſieren, 

gaffaten, gafjatim und gaffatum gehen Cauf den Saflen, fon= 
derlich des Nachts, herumichwärmen) find in der Volksſprache weit 
verbreitet. — (Daß fle) mit ihren Philanthropijten gaffatim gin- 
gen. % Paul, Titan 6. . | 

Ergegen ?) (ahd. ir—, ergezan (eig. irgazjan), mhd. ergetzen) 
eigentlich eines Dinges vergeſſen machen; dann vergüten, erfeßen, wo⸗ 


I) Rah Wadernagel gehört das Wort mit lat. plebs und populns, griech. 
zolloi, rAyKos zu viel und voll, Auch Weigand findet den Selm in griech, 
zeiroi. Ei parffinnig fiellt Köne (Münfterer Oynmafialprogramm 1849) Bol 
mit Gefolge von felgen (5. 34) aufammen: alſo Bolf ale den hefehligten, 
folgenden Theil der Menfchheit im Begenfag zum Herrn, Gebieter, Füriten. 

2) Gewöhnlicher, aber minder gut iſt ergögen, worin bas ö wie in Hölle, 
fhwören, ſchöpfen, zwölf u. a. ſtatt des aus a umgelauteter e flieht. Göthe 
fchreibt meilt ergepen, jo auh Adelang, Gampeu A. Fiſchart, Binds 
gref m. A. im 16. Jahrh. fchreiben ergegen, Andere im 17. Jahrh. ergeben und 
ergötzen, Lohenftein im 17. Sat etgegen und ergäßen (vgl. ägen 
aus eſſen). 4 2 = 

20 





346 - 


für: entihädigen; nhd. gewoͤhnlich den Genuß eines inuerdich — 
Wohlgefallens gewähren. — Es will ſich ergetzen ſogleich. 
Todtentanz. Das er euch seither belonung ergeben wöl. Hug, 
Rhetorica Tübingen 1528 BL.,43. Der did) des leids ergeßen 
will. Daf. Bl. M. fie ergetzten fich wieder von allem vngläd, 
Fiſchart, Gargantua ©: 474. ‚Er wird did) afler Noth ‚wiederum er⸗ 
gögen. Simpliciffimus 5, 17. — Stets überwiegt in ihm ‚Die Schmer- 
zen das Ergetzen. Uz, Kunſt ſtets. a zu fein 4. 
Vergnügen (ſ. S. 344) machen, daß Jemand auf das, mas er emYfängt, 
nichts mehr will und fi beruhigt fühlt: das Vergnügen — die Gemütbss 
heiterfeit, in welcher man ſich angenehm fühlt, wie man es wünſcht. Das 
Frohſein (von froh, ahd. f{vjrae, f(v)raw, fiv)rö, mbb. vrö, ſchwed. 
van. fro, engl. fro, frow; vgl. gr. moaog, mpav; = lieblich, fanft) das An: 
geregtfein im Innern von angenehmen Gefühlen. Freude (ahb. f(v)rawida, 
f{v)rowida, f{v)rewida, mbb. vröude, hulländ, vreugd, ſchwed. frögd; von 
freuen, ahd. fLv)rawjan, f({v)rowjan, f(v)rewjan, mhb. vröuwen, vröwen, 
vreuwen, zu froh gehörig) tie von angenehmen Gefühlen lebhaft erregte und 
beherrfchte Gemuͤthsheiterkeit. Wonne ſ. S. 229. Luſt ſ. ©. 310. Wols 
luſt — Hochgenuß angenehmen Gefühle. Das Entzüden (ſ. zie hen) das 
Hingeriſſenſein von angenehmen Gefühlen, daß man ihrer nicht mächtig und 
in ihnen wie außer ſich iR. — (Der) vom ſtärkſten und beſten genießt, und 
das Vergnügen hat, feine Wolluft verflohlner Weile zu fältigen. I. Mid 
fer, patriot. Phantaflen 1, 10. Bon Frohfenn, bad bis zum Gntzüden 
fteigen Fann, und, ob es gleich nicht eigentlih Luft ifl, von feinen Seelen 
aller Luft doch weit vorgezogen wird. Schiffer, über das Erhabene. Hatte 
ih das exrflemal die Freude ber Ueberraſchung und des Staunens, fo war 
zum zweitenmale die Wolluſt des Aufmerfens' und Forſchens groß. Götke, 
Meifters Lehrjahre 1, 4. Und fo flogen fie felig dahin. Doch felbft die Ent: 
zückung, biefe noch nimmer empfundne, den Alpen nur eigene Wonne, war 
nicht heftig, wie irbifche Luft, nicht trunfen, wie Frende, bie man iu Ebenen 
fühlt. Bagaefen, Barthenais 8. | 
Erges (veraltet), Erge(ö)ger; erge(ö)gbar, — lich, — lichkeit; 
Ergelö)bung — Ver Nutz und wer Ergep recht fcheidet und recht 
mengt, verdienet, daß man ihn mit Lob und Ruhm beſchenkt. — 
Dichter waren der Mund der Vorwelt, Lehrer und Ergetzer 
Volks. Herder, Der Paladin, mit deffen Abenteuern wir euch zu 
ergeßen (jofern ihr .nody ergetzbar jeid), entichloffen find. Wie⸗ 
fand, Oberon 1, 9. Die Unterhaltungen waren daher fo belchrend 
als ergetzhich. Goͤthe, Meiſters Wanderjahre 3, 2, So treibt im 
zu Ergöglichfeiten an. Shakſpeare, Gamlet 2, 3. Bas er vor 
ergetzung diejes feines ſchadens empfangen, Zindgref, Apoph. 1, 405. 
Meflen. 
| "(Wurzel mat, mit; maz, miz.) 
Meile, maß, gemefien, meſſen (ahd. mizu, maz, mäzumeds, 





547 


mezaner, mözan; mhd. mizze, maz, mügen, gemözzen, möz- 
= goth. tan — ——— denken, — agſ. 2 
tan, altı. meta, engl. miete, ſchwed. mata, Dän. maade;: vgl. lat. 
metiri, gr. nezosiv — meſſen, lat. meditari — ermeſſen, nachfinnen) 
miprünglih groß fein, iſt nhd. 1) ein gewiſſes Maß enthalten; 27 
diefes Maß (die aͤußere Größe oder den Grad der äußern wie inner 
Stärke) aufiuchen, beftimmen. — Haft du dein Lebenlang umionft der 
Steme Lauf gemeſſen? Schiller, Wallenſteins Tod 1, 7. Des 
Eigentbums gem eßne Grenzen ehrend. Schiller, Piccolomini 1, 4. 
Gewöhnlich kann man die Breite der Gaſſe mit ausgereckten Armen 
ge oder beinahe meſſen. Göthe, ital, Reife Denedig 29. Sept: 
ie werd’ ich mich, ein ungelehries Weib, mit jo Eunftfert’gem Red⸗ 
ner meifen können! Schiller, Maria Stunt 1, 7. 
Beimeſſen — Yemanden eine gewiffe Beftimmung, Cigenfchaft 
a und zwar nad) dem Maße, wie man von Semanden 
‚ beſonders wenn diefe Beitimmung ꝛc. eine üble, eine Schuld ift. 
— (Daß) der Papft ihnen Glauben beimaß. Göthe, Benvenuto 
Cellini 2, 7. Der Alte mißt fih den Tod feines Sohnes bei. 
Schiller, Räuber 2, 1. 
Bellegen (f. liegen) allgemein Jemanden oder einer Sache eine gewiffe 
Beſtimmung zuerfennen, dieſelbe mag eine gute, üble oder gleichgiltige fein. 
Ab—, an—, auf—, aus —, be—, dar—, Buch —, ein—, er -, 
hinweg — nach —, über—, um —, ver— (ſ. S. 129), vor —, voran—, 
voraus — weg—, zu —, zurückmeſſen erklaͤren ſich aus nachfolgenden 
Beiſpielen. — Deß Höhe mit ſtaunenden Blicken fie abmaß. Voß, 
euiſe 2, 185. Mit langſam abgemeßnem Schritte. Schiller, Kra⸗ 
mie des Ibykus. So abgemeſſen ſeſtlich ſein Betragen! Schiller, 
Don Karlos 1, 6. Wofern mir Kleiges mit Großem abzumeffen 
gebührt, Voß. Meffe er ab ihm felber ab, wie ruhmredige Bezei- 
n aufgenommen werden. Haller, Verſuch eines patriot. Bfättleind. 
miß dem Junker Kleider, und miß ihm Hofen an! Göthe, Fauſt 
1,111. Eine gottesdienftlihe Handlung fchien ganz jeder Natur ans 
gemeffen. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 2. Es ſcheint mir 
angemeffener, den befondern Charakter anzugeben, der jede Zone 
ntericheidet. U. v. Humboldt, Teneriffa Es follen jm auch darbey 
alle fünde, die er begangen hatt, nimmer anffgemeffen (zugetech— 
net) werden. Dietenberger, Bibeläberf. (1571) Ez. 33, 16. Nach— 
dem er ſowol die Breite als die Tiefe des Stroms hatt ausmeſſen 
laffen. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Wenn nur ein Gott 
ums gleich ausmäß’ des Kampf Enticheidungen. Voß, Alias 20, 
100. Stolz auf die Kühne, ftolzer auf fih, bemaß die hohe Brittin, 
aber mit edelm Blick, dich, Thuiskone. Klopſtock, die beiden Mufen. 
Bemiß, ich bitte dich, nur nicht nach ihm des Volks Cultur. Pla⸗ 
ten, Schatz des Rhampfinit 1. Noch einmal durchgemeſſen, ob 
z6 * 


N 





548 


and alles, wie wir's zugelegt haben, auf die Stelle paßt. Goͤthe, 

was wir bringen 3. (Er) durchmißt die Welt am Wanderitabe. 
Schiller, Glode. Jedem Pflüger ein Tagesſtück einmeſſen. Werte. 
Daß kaum der größte der Männer fie mit den Armen ermaß von 
einer Spige zur andern. Pyrker, Rudolph 3. Wer weiß, was er 
noch erreiht ımd ermißt. Schiller, Walleniteind Lager 7. Wie 
"lange Frift, das kann ich nicht ermeſſen. Schiller, Braut von Mefs 
fina. Indeß der Jünger des Pythagoras den wallenden Contour ge 
wiſſer Sphüren maß, woran die Lambert jelbit fih übermefien 
konnten. Bielmd. Da Klotilde traurig den größern Zwiſchenraum 
‚der Schiherzen und Per Zage zwijchen fich und ıhrem Bruder über: 
maß. 3. Baul, Heiperus 23. Inden er die Schritte feines Lebens 
bedächtig vorausmißt. Göthe, Leben 10. B. Deſſen dicke Zeiger 
ftange den Lebensfaden des Greifes .. . weggemeiien battle %. 
Paul, Heſperus 11. Ich hätte ihm die Race mit dem Kohlenmaße 
zugemefien. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 7. Richt lebendig mehr 
zjurüdemejjen werdet ihr das heilige Meer. Schiller, Jungfrau 
von Orleans 2, 7. 

Anm. 1. Die Bartieipien geflatten noch andere Iufammenfegungen, 3. ®, 
Gleichmeſſend gießt der Himmel feinen Thau auf alle duftende Gewächſe and. 
Schiller, Jungfrau v. DO. 3, 4. Borfchend überficht dein Blick eine großge: 
meffne Welt. Göthe, an Luna. 

Anm. 3. Die frühere Sprache hatte vermeffen auch im Sinne von abge⸗ 
nr Einem ainen vermezzenen tag anf recht geben. Schmeller ans 

m J. 

Gemeſſen (Partic. Bräter. von meſſen) hat außer den allgemei⸗ 
nen Bedeutungen von mefjen noch die befondere von abgemeffen, ge 
nau, beftimmt. Davon Gemeifenheit, gemeffentlih. — Auch 
ift unfere gemel fene Order H in Die Enge zu treiben. Goͤthe, Göß 
v. Berlih.8. Es waren die Geſtalten jener Welt, die ſich lebendig, raſt⸗ 
108, ungeheuer, um Einen großen, einzig Fugen Mann gemeſſen dreht 
und ihren Lauf vollendet. Göthe, Talle 1, 1. Bon einem zwar ge- 
meffenen aber doc höchſt gefälligen Betragen. Göthe, Kampagne 
in Frankreich Pempelfort Nov. Welche fi dann eben jo gemeſſent— 
Lich zurüczogen. Göthe, Leben 3. 2. 

Gezahlt (von zählen, ahd. zeljan, zaldn, mäb. zellen und zein, alif. 
tellian, agf. taljan, tellan, telan, altn. telja, von Zahl, ahd. der zal, die 
zala, mhd. der die zal, altf. tal, agf altfrief. tale, altn. das tal, die tala, zu 
Ziel, ahd. mhb. zil und wol auch zu goth. gatils, agf. til — paſſend, gut 
gehörig; vgl. gr. -#2og.—= Gude, Biel) genan beftimmt durch Beilimmung (Huf 
Rellung, Orbnung nach der Reihe) der einzelnen Dinge nach einander. — Meine 
Tage find gezählt, befürcht' ich, und ich achte mich gleich einer Sterbenden. 
Schiller, Maria Etuart 1, 2. 

Bermeflen, vermefientlih, Bermeſſenheit mit ihren Synony« 
men |. ©. 131. — Der (Krieg) eben fo unglüdlich für fie endigt, 











549 


ald vermeffen er unternommen ward. Schiller, Abfall der Nieder- 
lande 1. B. Mit jeder (Berfammlung) wuchs die Bermefjenheit 
der Seftirer. Dal. 3. 2. 

Meſſer (ahd. mezäri, mezzäri), Meſſung (ahd. nözunga) 
ſind einfah und in verſchiedenen Aufammenfeßungen gebräuchlich; 
meßbar; meßlich, unermeßlich, Unermeßlichkeit. — Aud 
die Erde... zeichnete jetzt vorſichtig mit langer Grenze der Meſſer. 
Voß, Ovids Met. 1, 136. Ich zog einen kleinen Blitzfeuermeſ— 
fer oder Electrometer aus der Taſche. Caupe. Gleichwol wären Die 
Rezeuſenten noch toller und geſcheidter, und vielleicht die beſten jetzigen 
Skotometer (Dunfelmeffer), zumal da fie jo elende Photometer 
(Lihtmefjer) wären. % Paul, Hefperus 5. Ueber vier Fuß im 
Durchmeſſer. Göthe, ital. Reife Trient 11. Sept. Wie der Feld— 
mejfer mit einer Durchgezogenen Linie viele einzelnen Meſſungen 
probirt. Daf. Neapel 17. März. Nacd meinem Nilmeffer fann die 
Verwimmg nur um einige Grade höher fteigen. Göthe, Briefw. mit 
Schiller 6, 212. — Ohue Meſſung gelaug ſelbſt Venus Gürtel den 
Grazien nicht, Klopitod, die Mußbeitimmung Genaue Vermei- 
jungen find geſchehen. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 12. — 
Klar ift der Aether und doch von unermeßlicher Tiefe. Schiller, 
Genialität: In der Zeiten Unermeßlichkeit kann ich hinabſehn mit 
zufriednem Geiſt. Schiller, Braut von Meſſina. 

Meßeifen, —kette, — kunde, — kunſt, —riemen, —ruthe, 
—ſcheibe, — ſchnur, — ſtock, — tiſch u. a. — Nur der Meßkundige 
trete ein. J. Paul. Ihre Beine geheime Meßſtangen. J. Paul, 
Heſperus 21. 

Maß (ahd. die mäza, altn. maͤti, mhd. maͤge — zugemeflene 
Menge, Mäßigung, ahd. mhd. das mẽz, altu. net = Maß, maß⸗ 
gebende Beſtimmung der Art und Weiſe; doch werden mäze, mehr 
paſſiviſch, und möz, mehr activifch, auch verwechielt), überhaupt das 
Ziel einer Ausdehnung; nhd. gewöhnlich 1) die durch feine Grenzen 
beitimmte Größe eines Dinges; 2) das Werkzeug, die beſtimmte Größe, 
womit die andere unbekannte Größe der Ausdehnung und Menge nach 
deitimmt wird; 3) die Art und Weile des körperlichen Maßes. — Die 
Maße überhaupt foviel als Muß, im Bejonderr das richtige Ver- 
haͤlmiß bei einer Handluug wit der Natur der Sache, dem Bedinfniß 
x. in Anfehung der Größe ꝛc.; dann Art uud Weile. Das einfache 
Zeitwort maßen (ahd. mäzön, mhd. mäzen, altn. mäta iſt num 
außer Gebrauch); erhalten find an—, muthmaßen, f. unten. Mäß- 
lich, unmäßlich find veraltet. — Damit der Weber das gehörige 
Maß wieder bringe. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 5. Dreifach 
if des Raumes Map. Schiller, Sprüche des Bonfucius, Kein Maß 
noch Ziel! Schiller, Piccolomini 4, 5. Sein Map ift voll. Sdil- 
ler, Jungfrau von Orleans Prolog 3. — Yu der Maße wie feine‘ 


550 


Geſundheit wieder fanı und feine Kräfte ſich erneuerten, verſchwand 
bei .ihr jede Art von Neigung und Zutrauen. Göthe, Unterhaltungen 
deutjcher Ausgewanderten. In gleihem Sinn und gleiher Maße. 
Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Auf unmäßlidher 
güte. Ph. I. Spener, zwölff Keichpredigten 1686 ©. 23. 

Anm. Das Adverbium maßen (mhd. mäzen) ift eigentlich der Dativ Blur. 
Die Verbindungen ders, ſolcher maßen ıc. find unorganiich und haben ben Schein 
von Genitlven angenommen. Siehe Grimm III, 138 und weine Brammatif I, 
2, $. 872. — Maßen ih der Herr Pfarrer bin. Shaffpeare, was ihr wollt 4, 2. 
Inmaßen König Heinrich drein aus bloßem Mitleid und aus Milde willig. Shak⸗ 
fpeare, 8. Heintih VI. 1. Thl. 5, 4. Und jubelnd übermaßen daurchziehet neue 
Straßen! Göthe, zur Logenfeier. Es fann... nicht unvergefien fein, wagmaßen 
wir... euch mit Gnadenbezeugungen überhäuft Haben. Lichtenberg, Senpfchreiben 
der Erde an den Mond. Ich arkeftete mich dermaßen binein. Goͤthe, Tag: und 
SJahresheite 1807. Daß ich auf Befranen über das Einzelne einigermaßen Re 
chenſchaft zu geben im Stande wäre. Daſ. Ich will Getränf dir gleich erma⸗ 
Ben geben. Shakſpeare, 8. Heinrich V. 2, 1. Ich verfiche gewiffermaßen eure 
Meinung. Daf. 3, 6. Gin fchwer beladener Binigrantenwagen war ebenermas 
Gen an einer Anhöhe fleden geblieben. Göthe, Campagne in Frankteich 12. De. 
Folgendermaßen lautete der Brief. Göthe, Meiſters Lehrjahre 1, 16. 

Mäßig (ahd. mäzic, mezic, mhd. mazec) überhaupt nad) 

dem gehörigen (richtigen) Größeiverhäftniß in etwas; dann in emem 
nicht gar erheblichen Größenverhälniß. Davon Mäßigkeit, mäßi- 
gen (1. S. 243), früher auch mäßen, Mäßigung (im 17. Jahth. 
auch für Ermeſſen, Anſchlag). — Kurz und nal it fein Land, 
mäßig nur, was er vermag. Göthe, Venediger Eptar. 34° Bon 
einem gefälligen mäßigen Chore begleitet. Göthe, Meiſters WBan- 
derjahre 3, 1. Ihre — mäßiger einzurichten. Schiller, 
Abfall der Niederlande 4. B. — Verſprecht auch Ihr mir, euern Schmerz 
zu mäßigen. Schiller, Maria Stnart 5, 1. Bill'ge Furcht erwecket 
ſich ein Volk, das mit dem Schwerte in der Hand ſich mäßigt. 
Schiller, Tel 2, 2 — Ih kam mich felbft nicht mäßen. Xobenftem, 
Roſen ©. 36. Sid zu mäßen PB. Fleming — Gib mir Mäßi- 
gang! Schiller, Maria Stuart 3, 4. Piel nübte Deutjchland meine 

äßigung. Schiller, Piccolomini 2, 7. Ernſt und Heiligkeit mä⸗ 
Bigen die Luftund nur durch Mäpigung erhalten wir uns. Göthe, 
Meifters Wanderjahre 1, 7. Soll den Schaden nad der Nachbawren 
oder Obrigkeit Mäßigung (Ermefjen) widerkehren (erfeßen). Lori, 
Urkunden zur Geſchichte des Lechrains von 1016. 

Enthaltſam (f. Halten) fich Hinfichtlich eines Genuſſes alles verfagend; 
fi) von einem Genuffe ab⸗ und fernzuhalten wiſſend. Frugal (ans lat. 
frugalis, von frux — Frucht) genügfam mit Ginfahem, mit Geringem nad 
Befchaffenheit und Menge. Sparfam (von dem ahd. Gubfl. spart, spara; 
fparen") ahd. sperön, sparen, mhb. sparn, agl. sparjan, altn. spara) nad 


ı) Graff VI, 352 und Grimm I, 37 Nr. 875 reinen fparen zu einem 
verlornen ſtarken Berbum spairan = fuchen, auffpären; Grimm fügt Gaza: Wie⸗ 








551 


Döglichkeit mit Beſchraänkung in Anſehung bee Aufwandes. Ganblic (f. 
Hand ©. 170) fo wie man es zur Hand haben mag, paßlich genehm; ober» 
deutfh auch mit Kraft und Anftrengung thätig. Mild (zoth. milds, ab». 
miülti, mhb. milte, altf, mildi, agſ. milde, mild, altn. mildr, engl. wild, zu: 
fammenhängend mit agf. miltan — weich oder flüffig fein, gr. ld = 
erweichen, ſchmelzen, f. d.) früher reichlich, freigebig; angenehm weich, ins⸗ 
befondere infofern diefe angenehme Weile auf die Empfindung eines Sinnes 
wirkt; dann überhaupt von angenehmen weichen Cindruck. Davon mildern 
(von ahd. miltjan, wär. milten). Sanftmuth (aus fanft, ahd. sanfmjft# 
mbo. senfte, agf. seft, soft und Muth &. 905) bezeichnet die Zurückhaltung 
Rarter oder heftiger Aeußerung feines Unwillens gegen Andere ale eine freimd⸗ 
liche, angenehmen Ginrrud machende Gemaͤthoſtimmung oder Gemutheverfaf⸗ 
fang der Ruhe gegen Beleidigung und überhaupt ungugenehmes Begrbnig im 
ſchonender Beurtheilung biefer, während Mäßigung mehr alfgemein il. — 
Mit nicht geringer Selbfigefältigkeit war ih mir meines eutbaltfemen Be 
tragens bewußt. Gothe, Lehen 11.B. Wir andern verzehrten mittlerweile 
auf unfern Blägen eine frngale Mahlzeit, Daf. 8. B. (Daß rer) Rill nad 
ſparſam lebt. Leifing, Minna von Barndelm 4, 3. Die Geldbeiträge fielen 
Sehr fyarfam aus. Schiller, Abfall dv. N 4. DB Gin handlicher Steis. 
Abelung. Schrie ih den Knechten, handlich zuzugehn. Shiller, Zell 4, 4. 
Mit dir verglichen zeigt der Stein ſich milde. Gothe, 4. Sonett. Gine 
milde ſanfte Luft füllte die Gegend. Göthe, ital. Reiſe Trient 11. Sept. 
Die Jugend mildert enre Schule, Schiller, Maria Stuart 1, 4. Das 
ernfie Gebot der Schonung und chriſtlichen Sanftmuth. Pyrker; Tuniſias 6. 
Webermaß (mhd. übermäz); davon übermäßig == zuviel in 
Beziehung des zugehörigen over gewöhnlichen Maßes ober Grades. 
Das Zeitwort übermaßen (j.maßen ©. 549) ik veraltet. — Kaum 
ließ das Uebermaß der Freude nad. Göthe, Meift. Lehrj. 1,9. (Wo 
ift) Der Nebenbeiperjonen reiches Uebermaß? Platen, vom. Oedipus 
1. Du gibt, wie Erd’ und Himmel und Geſchenke mit vollen Hän- 
den übermäßig reichen. Goöͤthe, Taſſo 2, 2. — Mein übermaftes 
Leid. P. Fleming. 
" Unmäßig (ab. unmez, unmözic, mfd. uamseglich) zunaͤchſt groß ohm 
Maß; dann zu viel, als dag es meßbar wäre; im Befondern von bem maß⸗ 
loſen Zwiel in Beziehung des Genuffes der Speiſe und bes Trankes. — Uebers 
trieben (ſ. dreiben) zu weit getrieben, gu viel vergrößert, infofern bles 
Aeußerung eines frei handelnden Weſens if. Ungeheuer (ahd. unk(g)ahiuri, 
unbiuri, mbb.ungehiure, von ahd.hiuri = geheuer, lieblich, gefällig, mild; Wa» 
dermagel vgl. hüs= Haus) voll furcht: und Raunenerregender Wirkung, voll 
unbeimlichen Weſens im Hohen Grade; von überans auf die Sinne wirkender 
Größe; überhaupt in überaus hohem, flarken Eindruck machendem Grade. — 


fern uhb. sparön und sparo, altn. spörr (Sperling) aus biefer Wurzel folgen, 
kann ich noch nicht genügend nachweiſen“ Waderna 44 vgl. gr. Srapvig = 
felten, lat. parcere = konn, fparen und parvus = llein. 


552 


Es fcheint, der beiden Fremden Schidfal macht unmäßig dich beforgt. Goöͤthe, 

Sphigenie 5, 5. Unmäßig, abaöttifch find die Zeichen ſeine Freude. Schil⸗ 

ler, Maria Stuart 3, 4. Barum wollen Sie aus übertriebener Beſchei⸗ 

denheit auch jept noch der Unfähigkeit und Intrigue das Feld überlafien? Schil⸗ 
ler, der Baraflt 1, 1. (Ste) bringt au Hier eine Mebertriebenheit het⸗ 
vor, die nichts Gutes Riften Tann. GBöthe, Leben 13. Bd. Mid faßt ein un» 

gebeurer Schmerz um dich. Schiller, Jungfrau v. D. 3, 10. 

Ebenmaß (ahd. diu Ebenmäze, mhd. öbenmäz, äbenmäze, 
von eben, goth. ibns, ahd. Epan, mhd. Eben, altj. Ebhan, agı. 
engl. även, altn. iafn, dän. jevn, ſchwed. iemn (Adv. äfven), hol. 
effen) Uebereinſtimmung einzelner Dinge zu einander oder zum Gan- 
zen, was Das Maß anbetrifft, und zwar in Bezug auf das Angenehme 
und Schöne der Formen und Bewegung, wahrend Gleihmaß nur 
auf die übereinftimmende Größe geht, auch von a ee gefagt 
wird. Davon eben—, gleihmäßig; Eben—, Gleihmäßig- 
feit. — Lehrt' ihn Bildung mit dem Stoff entfalten, bis fie fchon 
zum Ebenmaß gedieh. 4. W. Schlegel, Pygmalion. Er hatte 
ebenmäffig (d. ß wie Andere) das Viehe gehütet. Simpliciſſimus 
1, 2. Die Säule muß, dem Gleihmaß unterthan, an ihre Schwe⸗ 
fter nachbarlich fich lehnen. Schiller, der Künftlerr. Etwas fürchten 
und hoffen und jorgen muß der Menſch für den kommenden Morgen, 
daß er die Schwere des Daſeins ertrage, und das ermüdende Gleich- 
maß (Einerlei) der Tages Schiller, Braut von Meſſina. Es erfor- 
dert ja doc ein geredhtes Geſetz gleihmäßige Gütervertheilung. 
Platen, die verhängnißvolle Gabel 5. 

Nichtmaß (f. rihten S. 296) ein die Richtung beftimnzenber 
Stab der Bauhandwerker; ein Beitimmendes für ein Verhalten worin. 
Mapftab = Stab zum Mefien cfelten fig.) Maßregel = be 
flimmende Borfchrift oder Art und Weile deſſen, was man in etwas 
füran gemeſſen erachtet, vornehmlich infofern dieſes Angemeflene auf einen 
Zwed bingeht, wonach e8 dann als Mittel erfcheint. Davon das feltene 
maßregeln = Jemanden ftreng nad) einer Maßregel behandeln. — Nach 
dem Richtmaß ordentlid, gefügt. Schiller, Tell 1, 2 Auch will ich 
fremden Maßſtab eudy nicht umterwerfen. Schiller, Don Karlos 8, 
10. Ich empfand in mir einen Mapftab voriger Größe Göthe, 
Meifters Wanderjahre 3, 6. Indeſſen habe ich auch ſchon meine 
Maßregeln genommen. Göthe, Briefw. mit Schiller 5, 80. 

Richtſchnur (von Schnur, ahd. snuor, sndr, alte. snura, mh. snuor) 

eigentlich die ſtraff angefpannte Schnur zur Beſtimmung einer einzußaltenben 
geteden Linie; dann (fig.) das, wodurch man fich in feinem Berhalten beftim- 
men läßt, infofern bei demfelben an ein Borwärtss oder Kortbewegen in geras 
“ der Linie gedacht wird. Richtſcheit wird oft ganz für Richtmaß (aber fels 
sen im fig. Sinne) gebraucht. — Daß fie (die Sofratifhe Schule) Quelle 
und Richtfchnur alles Lebens und Thuns vor Augen Rellt. Göthe, ans 





553 


Makariens Archiv. Der Lelvenfchaften wilden Drang, des Glückes regellofe 
Spiele, ver Pflichten und Juſtinkte Zwang ſtellt ihr mit prüfendem Gefühle, 
mit rengem Richtfcheit nach dem Ziele. Schiller, die Künftler. 

Maßgabe ift üblicher als das mehr die Handlung des Gebens 
bezeichnende Mapgebung, fonft aber nicht weiter unterjcheiden. — 
Die (Armen) er nah Maßgabe der Umſtände und der Zeit in den 
Niederlanden felbft leicht würde zufammenziehen können. Schiller, Ab⸗ 
fall der Niederlande 4 B. Nah Maßgebung des einmal anges 
nommenen Charakters. Leifing, Hamburger Dramaturgie 2 — So 
werde ich unmaßgeblich denken. Shakſpeare, K. Heinrih V. 3, 2. 

Gemäß 1) Werkzeug zum Meflen; 2) das Maß, ift nicht fehr 
im Gebraud. — In jeiner Rechten hielt er ein filbernes gehenfeltes 
Gemäß. Göthe, Leben 5. 8. 

Gemäß, Ajectiv (ahd. k)g)imäzi, mhd. gemaze) überhaupt, 
wie es mit einem andern Dinge übereinftinmt; angemefjen (f. oben 
©. 547) ift völlig gemäß; in der Volksſprache auch jo viel als mä- 
Big. Davon Gemäßheit. — Gar reizend tft, was du mir jagfl, 
jo ganz dem Wunfh gemäß, den ich im Stillen nähre. Göthe, 
Zaflo 4, 2. Wende dein Gefpräh auf Gegenftäinde diefem Ort ge— 
mäßer. Göthe, Eugenie 1, 1. Bis er (der Brief) der Aufichrift 

emäß dießmal abgegeben werden konnte. Göthe, Meifters Wander- 
jahre 3, 3. Daß fie fo gemäß (mäßig) in dem Eſſen geweſt. P. 
Abraham. | 
Nach (ahd. nah (nach und nahe), mhb. näch; gofh. nehva, agf. neah, 
neöh, altu. na; mhd. nähe — nahe) das Vorwort der Nähe; dann des Fol» 
gend; hieraus ſowol Gegenſatz von vor, al6 auch für den Begriff: „in Folge 
der Beſtimmung durch ein Anderes und mit diefem übereinkimmend.* Zufolge 
(aus zu Folge, f. folgen ©. 34) wie etwas auf das, d. h. nach dem, iſt 
oder kommt, durch das bedingt If, was in dem regierten Worte bezeichnet 
wird. Dem Sprachgebrauche nach heißt gemeiniglich das eine Handlung, was 
einem gewifien Borfage zufolge unternommen wird. Leffing, über die Bas 
bel 1. 


Aegelmäßig — einer Regel (ſ. S. 315) gemäß. — Der Strom 
iR aͤußerſt An TESEUD % G. Zimmermann, der Fall des Nia- 
gara. So gehörte es freilich unter die Unregelmäßigfeiten mei- 
nes Lebens. Göthe, Leben 11. 2. 


Reit (ſ. S. 296) eine unabwelchende Ausdehnung habend, gerade; in 
Angemefienheit, Paßlichkeit wozu ſeiend, wie es fein fol wozu; einer Ber 
fon oder einem Dinge vermöge giltiger Zuſtändigkeit, d. i. eines Innem oder 
äußern Geſetzes oder auch geltenver Sitte gebührend. Ordentlich (ahd. or- 
denlih, mhb. ordenlich, aus lat. ordo — Reihenfolge, Ordnung) nach der 
Reihenfolge; der Ordnung gemäß, infofern viefes Wort Uebereinkimmung mit 
einer Betimmung, Borfihrift, einem Geſetz anzeigt. — Da nennt man doch 








554 


ein Verbrechen bei feinem rehten Namen. Weiße. Bon ihm ide doch and 
niht recht. Weiße. Sie hat und ordentliche Grobheiten gejagt. Gellert. 
Map, mäßig, gemäß werden nit vielen Wörtern zujammenge- 
feßt, wie nachfolgende Beilpiele zeigen werden. — Bleimaße,. Mei: 
Bel, Zeilen in ihrer harten Hand. Ramler. Ich hätte ibm die Rache 
mit dem Kohlenmaße zugemefien. Göthe, Beuvenuto Bellini 2, 7. 
Die Sugend ... ftrebt nah Dingen, Die über ihr Kraftmag 
hinaus liegen. Koſegarten. (Wenn fie) feine (Gottes) Vollkommen⸗ 
beit theilten, mit Menſchenmaß fie bemaßen. Klopſtock, Meſſias 
18, 648. (Sie jchneidet) das alles ohne Papiermaß. Göthe, 
Meiftes Wanderjahree 3, 4 Waſſeruhren und” Stundenmaße. 
Herder. Wegen der Bequemlichleit des Sylbenmaßes Göthe, 
Leben 4. B. Mit frobem Ton maß herzerhebenden Geſangs. Göthe, 
Pandora. (Er) bot ihm (dem Pferde) den Hafer im Bollmap. 
yrker, Zunifias 6. (Er hatte) ein langes ſchwankes eiſernes Win- 
elmaß. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 1. (Als er) wit dem 
Fuße der fchnelleren Weiſen Zeitmaß ſchlug. Pyrker, Rudolph 3. 
— Wer Glück machen wollte, mußte fo viel als möglich affen- 
mäßig ausjehen. Benzel-Sternuu. Anziehn fol ex es heut’, um recht 
amtsmäßig und ehrbar auszujehn. Voß Wir bewunderten die 
feenmäßigen Flammengebäude. Göthe, Leben 5.8. (Wenn wir) 
nicht bloß auf Auswendiglermen, Probiven und Spielen uns mechanisch 
pfliht- und bandwerfsmäßig einfchräuften. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 4, 2. Das Elingt verwünſcht Haushaltungsmäßig. 
Benzel-Sternau. (Du kannft) den ſchweren Schritt an der Hand der 
Nothwendigfeit heldenmäßig geben. Göthe, Egmont 5. Mit fü- 
beimäffigen Gfläfern. Simplicifimus 1, 30. Löblih und billich— 
mäffig. Daf. 2, 30. Hier jchnörfelt. fein Gärtner kunſtmäßig 
am Ham. Salis, Lied im Freien. (Er las) zu matt und leſe— 
probemäßig. Göthe, Briefw. mit Schiller 5, 19. Daß man fi 
meiftermäßig veripäten ließe. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 4. 
Mittelmäß'gem klatſcht ihr Beifall. Platen, die verhängnißvolle Gabel 
1. Ihre behartlihe Mittelmäpigkeit äugitigt die Beſten. Göthe, 
M. Lehrj. 7, 9. (Wie fehr er) Urfache habe etwas Muftermäßiges 
aufzuftellen. Göthe, Meifters Lehrjahre 6. Das quellenntäßige 
Studium diefer Periode. Koch. Hurtig vertheilte diefen (Faſan) ein 
bunter Lafai vangmäßig den Damen und Herren. Voß. Wo gibt 
es nur noch einen rechtmäßigen Erwerb? Göthe, Meiſters Lehr⸗ 
jahre 1, 10. So gehörte e8 freilich ‚unter die Unregelmäßigfei- 
ten meines Lebens. Göthe, Xeben 11. B. Was von feftlichen Klei- 
dungsftüden, obgleich veifemäßig, vorhanden war. Göthe, Meiſt. 
Wander. 1, 8. Ber nicht fo Shneidermäßig gejammert. Göthe, 
Meift. Lehrj. 5, 12. (Man fand) an allen feinen Handlungen eine 
ununterbrochene Schrittmäßigfeit. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 


855 


9. Mit des Anſtands ſchulmäßiger Berechnung unbekannt. Schil⸗ 
ler, Don Karlos 2, 15. (Er) faßt ein tüchtig Schinkenbein, hant da 
gut taglöhnermäßgig drein. Göthe, Sendichreiben. Man ift ſel⸗ 
ten nach 60 Jahren noch ein triebmäßiger Vorgreifer. Lichtenberg, 
Radıtrag zu d. Beobacht. über d. Menfchen. Unſere zur Ordnung ges 
wöhnten Kräfte wirken triebwerfmäßig. Campe. (Der Ruf) hatte 
euch fo zahnarztmäßig herausgeſtrichen. Göthe, Götz von Ber- 
fihingen 2. So hatte er auch jeime Münzen. für Kunft und Gefchichte 
weckmäßig gefammelt. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 17. — Ans 
ohler Hand zu trinfen it naturgemäß, Paten, die verhängniß- 
volle Gabel 1. (Deßwegen) ſogleich ein orisgemäßes Geipräd 
entttand. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 10. Herr Hüon, ſtands⸗ 
gab ein Feind von Wörterſtreit. Wieland, Oberon 6, 48. Die 
udrer auch fi) regen mit taktgemäßen Schlägen. Uhland, das 
Schifflein. 

Maßbarte, — glas, —hecht, — kanne, —krug, —kunde, —hunft, 
—locke (Pilzenart), — ner (im Bergbau), —ofen (im Hüttenweien), 
—rad (beim Wegbau), — ſtock, —topf u. a.; Mäßigkeitsapoſtel. 
— Maßbeſtimmung! auch du lehrſt Felfen wallen und Haine den 
Strom ſäumen. Klopſtock, Maßbeſtimmung. Zeit⸗- und Maß- und 
Weltdenkmahle waren fie (die Pyramiden). Herder. Wenn die Maß— 
lieben !) und die Ringelblume von meinem Grabe dir winken: Geß—⸗ 
ner. DBergleicht er ihn meiner maßloſen Sinnlichkeit. Shafeipeare, 
Macheth 4, 3. Damit dieſe Maßnehmung ihre ganze Wirkung 
tbun fönnte. Wieland. 

Anmaßen fi) (mbd. mäzen, altı. mäta, |. ©. %0, 74). Da- 
von Anmaßung, anmaßlid. — Sch will mich feines Ruhms an= 
maßen, —— der mir nicht zukommt. Schiller, Turandot 5, 2. 
Mit aller Muthigfeit und Anmaßung. Göthe, Leben 12. B. Diefe 
Vorhervereinigung der Stimmen fei eine geießwidrige, flrafbare An= 
maßung. Schiller, Abfall der Niederlande 2. B. — Es ift jo was. 
Abgemeffenes und Anmaßliches im diefer Forderung. Göthe, Mei- 
fiers Wanderjahre 1, 6. Er fügte mit feiner gewohnten, anmaß- 
lichen Unwiſſenheit. Göthe, Bewenuto Eellini 1, 9. 

Bemaͤchtigen fih (ſ. S. 20) fih etwas mit Macht zuelgnen, ohne zu 
beflimmen,, ob man bazu befugt fei oder nicht. — Wo fie ſich einer Schanze 

bemäcdhtigen wollten. Schiller, Abfall ver Niederlande 4. B. 


Muthmaßen (von mhd. diu muotmäze — ungefähre Schäßung) 
zunächft nach mahrfcheinlicher Prüfung ſchätzen; dann nhd. gewöhnlich 
nach prüfender Vergleihung wahrfcheinlicher Gründe ſchließen. Davon 

ı) Rah Schmitthenner zu Map RE hi Name macht fie zum Sinn» 

v 


biſd der Beſcheldenheit. Schwend möchte liche Maß eine Nebenfvrm von 
Matte (Wieſe) ſchen. 





556 


Muthmaßung, muthmaßlich. — Wud han die doch mehr, die 
auf jr gut fich laſen, und trogen auf jr Reichtum jehr, vnd ficher ſich 
mutmajen? Fiihart, der 49. Pfalnı. Muthmaßte man die 
Wahl, die ich getroffen? Schiller, Piccolomini 2, 2, — (Er) brachte 
mancherlei Mutbmaßpungen vor. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 11. 
Der (Ruf) denn doch am Ende meiſtentheils weniger Wirkliches ale 
Muthmaßliches enthalte. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 5. 
Meinen (ahd. meinön, meinjan, mbb. meinen, altf. menian, agf. 
maenan, altn. meina, engl. mean, ſchwed. mêna, dän. mena, gehört mit dem 
fanffr. man — denken, goth. man — idy denfe, gaman — ich gedenke, Saf. 
munan, gamunan, in ber Bolfefprache es gemahnt mich, zu mahnen, ahd. 
mandn, manen, mbd. manen, altf. manön, agf. manian, altfrief. monia, 
neufrief. moänje, dan, mane, altn. ſchwed. mana; vgl. gr. uero; — Tühner 
Muth, wunszev — fi) erinnern, lat. mens — Geil, meminisse — fid 
erinnern, monere — ermahnen) allgemein dafür halten mit dem Bewußtſein 
der Ungewißheit feines Urtheils, ob es wahr fei ober nidt. Bermutben 
(aus ahd. muotön, mhod. muoten — Begehren wozu äufern, [. Muth ©. 
69) zunächk wagen, fich im Begehren wozu unterfungen; dann uhd. ges 
wöhnlich nach Wahrfcheinlichfeit und mehr in dem Gefühle ſchließen. — 
Rathen (f. dasf.) allgemein ins Ungefähre urihellen, ind Ungefähre urthei: 
lend recht finden. — Der Sturm, ich mein’, wird da fein, eh’ wir's denken. 
Schiller, Tell 1, 1. Die wahre Freundſchaft fepet allezeit gegenfeitige Ber- 
dienfle voraus, wenigftens die Meinung berfelben. Gellet. Was bu immer 
mit zitternder Ahnung vermuthet, du DBerlaff'ner, das melden dir jegt bie 
Seelen der Todten! Klopſtock, Mefflas 8, 659. Wer rathen fann, be 
rathe, warum hat er gegen den Wig geredet? Leifewig, Rebe eines Gelehrten. 


Mege (mhd. mätze). 1) Gefäß, Geſchirr; 2) Meineres Maß 
für Getreide, Mehl, Sulz u. dgl., in der Volksſprache auch das Meß, 
. Mept und Mäpchen genannt. In der Volksipradye ift die Meg 
(auch Mitz) 1) derjenige Theil des zu mahlenden Getreides, den der 
. Müller als Mahllohn (Molter, Multer) für fi) nimmt; 2) ein be 
flimmtes Maß von Grund und Boden. 

Anm. 1. Nicht zu der Wurzel von meffen gehören: Maßholder (abs. 
mazaltera, maziltira, mazultra, mhd. maza(o)iter, von einem bie jegt nicht ars 
Härten mazal und goth. triu, altf. tr&ow, agf. treov, altn. tre — Baum, celt. 
dero, flav. drevo = Baum. Holz, gr. dopv); Gliedmaß (ahd. lidigiläz, 
ſpätermhd. Hdimeze, frief. lithmäta, von Glied f. leiden und altn. möt (lidh- 
amöt — Öliebzufammenfügung), ſchwed. einot, dän. imod — gegen, alt. möt, 
agf. gemöt —= Zufammenfurft, goth. gamötjan, agf. gemötan — begegnen) und 

effer — Schneivewerfjeug (ahd. mezzir und mezzisahs, vorn sahs — Edwert, 
eigentlich Stein, Steinwaffe, dann Steinmefler, lat. saxum und goth. mäitan = 
fchneiden, ahd. meizan — meißen, meißeln, nad Andern von goth. mass, ahd. 
mhd. mag, altf. meti, agf. mete, engl. meat, altn. matr, fchweb. mat, daͤn. 
mad Speiſe.) 
—Aunm. 8. Wackern agel ſtellt zu meſſen auch das unregelmäßige mäf: 
fen, goth. agſ. mötan, altſ. muottan, ahd. muogan, mhd. mäezen, mitteinle⸗ 





657 


dert. mözen, engl. must, belländ. möten-, ſchwed. molta. Nach Shmeller if 
dus gufh ich möt, ahd. mhb. muoz, eine urfprüngliche Bräteritalform, vie auf 
einen Ablantflamm matan, mazan zurüdweifel, welcher feinerfeits als ein fecuns 
Mrer_ mit ten guth. mitan, aht. mezan engen map. 

Amn. 3. Nicht sn meifen gehört Metze irne). Diefes Wort Tommi 
sch We mar) Nr. 998 her von einem verlornen ahb. die muzza (aus mutzen- 
sun — Diegenjohn erfchloften). Der Ausdruck, ber auch das baierifche und weis 
tranifhe Muſſche — Ausichweifende in Gejchlechteluf, hier nnd da auch Muffe, 
Mupe (weibliches Schamglied) fein Fönnte, hat fich mit dem oberbeuifchen Mäp 
= Hünkia vermiſcht. 


Treten. 


(Wurzel trat, trit; vgl. ſanſtr. tri — zerreiben, lat. trudere = 
ftoßen.) 


Trete, traf, getreten, treten (ahd. tritu, trat, trätumds, 
tretandr, tretan; mhd. trite, trat, träten, geireten, tröten; goth. 
irudan, alt. agi. irédan, altn. troda, fchwed. trada, engl. tread) 
1) den Fuß niederfegen auf einen Gegenftand; 2) fich zu Fuße fort⸗ 
bewegen, beſonders zu etwas hin in der Abſicht, daſelbſt ſtehen zu 
bleiben (auch fig.), dabei ſchließt das Wort einerſeits den Begriff we⸗ 
uiger Tritte, andererfeit8 den des Feierlihen, Würdevollen 2c. einz 
3) durch Treten in einen gewiſſen Zuftand verjegen: den Tart, den 
Fuß blutig; 4) (veraltet, noch hier und da in der Volksſprache erhal⸗ 
ten) tanzen; 5) (gemeine Volksſprache) von Hähnen 2c. befruchten. — 
Als er den Boden trat, ließ er Violen und Hyacinthen im Zußtritt 
jurüde. Ramler. Und wer die Gaſſen müßig tritt, läuft hinter 
ihnen ber. Wieland. Es ift der Weg des Todes, den wir treten: 
mit jedem Schritt wird meine Seele ftiller. Göthe, Iphigenie 2, 1. 
Und wie er tritt an des Zellen Hang. Schiller, Zauder. Und in 
dad Leben tritt der hohle Traum. Schiller, die Erwartung. Ich 
trete die Kelter allein. Göthe, Leben 15. 3. Bis ihm der Zelter 
Huf die Ferje blutig trat. Schiller. So feit alle des gebeten, daz 
wir treten aber ein abenttengel nad) der gigen (Geige). Nithart. 

Gehen (I. dv.) bezeichnet das Gichbewegen zu Fuße ganz allgemein. — 

Ich ging im Walde fo für mich hin. Göthe, Gefuuden. 

Abtreten 1) durch Treten oder im Treten abfondern: die Abſätze 
au den Schuhen; 2) durdy vieles Darauftreten abnützen: die Sprofjen 
der Leiter; 3) durch Treten fertig machen: ein Gartenbeet, einen Weg; 
4) in die Gewalt oder den Befiß eines Andern kommen laffen, und 
zwar mit Willen und mit. einer gewiſſen Zeierlichkeit; 5) fich entfernen 
(eig. und fig.): von der Schanbähne; 6) einfehren; 7) (veraltet) einer 
Handlung — fie aufgeben, unterlaften. — Wenn man die vielen vers 
fnfenen, die durch die Kirchgänger abgetretenen Grabfleine er 
blidt. Göthe, WBahlverwandtichaften 3, 2. Ob Sie ihr nicht eimen 
Theil der fchönen Blumen abtreten wollen? Göthe, Meifters Lehr⸗ 





2 558 
jahre 2, 4. Ihr fümrabtreten, Sir! Die Koönigin weiß genug! 
Schiller, Maria Stuart 4, 6. Drum Hab’ id), euch zu Kiebe, mich 
beftimmt, von dieſem Schauplatz ruhig abzutreten. Platen, der 
glaͤſerne Pantoffel 1. Als er in einem Wirthshauſe auf Dem Markte 
abdtrat. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 4. Des Bierfchenfens ab- 
tretten. Lori, Urkunden zur Geſchichte des Lechraius vom 3. 1616. 
Ablaſſen (f. Iaffen) unterfyeinet fih won abtreten darin, rag es, 
auch auf den freien Willen hindeutend, von minder wichtigen Dingen gejagt 
wird. Ueberlaffen bezeichnet den Begriff allgemein, das Ueberlaſſen mag 
mit oder gegen Willen des Veſitzenden oder Beanfpruchenden geſchehen. — 
(Das es) als verfäufliche. Waare an Schmied und Sclaffer, an Bäder und 
Koch abgelaffen. Göthe, Meiſters Wanderfahre 1, 4. (Mußt) beſonders 
feinen Menfchen Haflen, und bie Zufunft Gott überlaffen. Göthe, Lebens: 


Tegel. 
Antreten 1) eine Suche durch Treten mit der andern näher ver⸗ 
‚binden: Erde an einen Baum; 2) anfangen, wo ein Treten vorherrſcht, 
und zugleich ein feierlicher und wichtiger Anfang bezeichnet werden fol; 
3) bittend fordern (j. S: 74); 4) (mit fein) in verfäjledenen Re⸗ 
densarten: nahe an etwas, einen Freund im Vorbeigehen beſuchen, 
fh zum Tanz in die Reihe flellen, anfangen” zu fechten, die Ausübu 
eines Amtes unfangen. — Wit wollen zufammen eine Pil Iimihaft 
nach diefem fremden gelobten Lande antreten. Göthe, Gög von 
Berlichingen 3. Daß fie vergnügt antret’ im entlegnen Gute Die 
Wirthſchaft. Voß, Luiſe 3 ®, 446. Da Schell Ab, und Zim⸗ 
mermann, Dels und Brandt antreten. Göthe, Briefw. mit Schif- 
fer 6, 182. Tretet bier an's Haus an. Göthe, Egmont 4. Dort 
ſeh' ich wieder eine Runde antreten. Daf. 4& Raſch tritt der 
Tod den Menfhen an. Schiller, Zell 4, 3. 
Anfangen (f. fangen und beginnen ©. 187) ift allgemein zn bem 
- Geften von Etwas kommen, um zu bemfelben überzugehen. Die andern Sy⸗ 
nonymen f. ©. 74. . 
Beitreten 1) Ceig.) bei oder neben etwas treten; 2)-(flg.) die 
Meinung eines Andern annehmen, mit dem Nebenbegriif des Lang- 
famen, Bedäcdhtigen, eierlihen. — Weignier, Herzog von Anjon, 
fritt ihm bei, der Herzog von Alenson flieht zu ihm über. Shaf- 
fpeare, K. Heineih VI. 1. Thl. 1, 1. Die Kotzebue'ſche Recenſion 
Betreffend trete ich gern Ihrer Meinung bei. Göthe, Briefw. mit 
Schiller 6, 279. = — 

Beifall geben und beifallen (f. fallen) haben dem Mebenbegriff des 
Schnellen uud daher auch nicht felten des Nachdrücklichen und Heftigen. Betz 
ſtimmen (von Rimmen, ahd. stimmjan, mh. stimmen, f. Stimme S. 77) 

. feine Stimme wozu geben, d. i. durch irgend ein Zeichen zu erfennen geben, daß 
man derſelben Meinung fel, als ker Andere fie aufgeflellt bat. Beipflichten 
(f. pflichten bei pflegen) aus Pflicht, aus Nebergengung bie Meinung bes 








Andern anmelmen. — Dem. Werptmeifter muß ich Belfalt geben, dem 
Kriegsſtand famen fie gem an's Lehen. Schiller, Wallenſteitns Lager tt, 
Salin, ale Hofmann, war. dem Sultan in Allem beigefallen. Leſſing, 
Sambinger Dramaturgie 84. Gouarb ftimmte gern bei; weil es mit feinen 
Abſfichten übereintraf, Gothe, Wahlverwandtichaften 4, 13. : 

Eintreten 1) in einen Ort, Raum, auch (fig) in ein Amt, in 
dre Stelle eines Anden treten; 23) wirklich oder gegenwärtig werden, 
befonders von dem Wechlel in der Natur; 8) in die Tiefe treten, 
durch Treten eindringen niachen: die Wurzeln; 4) einwärts-, entzwei« 
treten. — (Daß er) unterwegs Bei Oefem eintreten würde. Göthe, 
Lehen 8. B. Was für Gründe mögen das jein? Treten ganz 
ſchmuck und ftattlih ein. Schiller, Wallenfteind Lager 5. Da (im 
Felde) tritt fein anderer für ein. Daf. 11. Du wirft die Uniform 
ausziehen, und in das Minifterium eintreten. Schiller, Kabate und 
Liebe 1, 7. Schönheit und Jugend traten in ihre vollen Rechte 
wieder ein. Schiller, Marin Stuart 2, 8 Wenn nun erft dad. 
Zrühfahr mit Gewalt eintritt! Göthe, ital. Reiſe Eaferta 16. März, 

Einſallen (f. fallen) wird vorzüglich gefagt, wo ſich etwas ſchnell 
und unvermuthet, oder auch mit Heftigfelt ereignet, Sich einftellen (von 
hellen S.28) fagt man beſonders von dem, was in feiner Dauer anhätt. — 
Ob num ſchon, wie ich fürchte, das abermals eingefatlene falte Wetter 
Sie abhalten wird. Gölhe, Briefw. mit Schiller 1, 107. Denn eben wo 
Begriffe fehlen, da flellt ein Wort zu rechter Zeit fih ein. Göthe, Kauft 
1, 98. " 


Nachtreten 1) im Niederfegen des Fußes nachthun; 2) mit 
gleihjam abgemefjener oder fefter außbewegung nachgehen; 3) in etwas 
gana thun wie ein Anderer, gleichſam in deſſen Fußftapfen ſich fiellen, 

tonderd mit ale des jelbftitändigen Handelns. — Nur tritt 

jegt, wie in Nürnberg dem. Juden eine alte Frau, unfern immer eine 
junge nad. J. Paul, Titan 58. DE 

Nachgehen Ai. gehen? fich ſelbſtthäätig fortbewegen in. Bezichung auf 

etwas, das vor geht; ſich mit feinem Thun in Bezug auf elwas richten; 

etwas zum Zweck feines ſelbſtihaͤtigen Fortbewegens machen; dann überhaupt 

auf. etwas hin feine Thätigfelt wenden als auf den vollen Zweck berfelben. 

Nachfolgen ıf. folgen ©. 34) zunächt in derfelben Richtung fi) bewegen, 

als ein Anderes ſich bewegt, in Beziehung auf dieſes; dann überhaupt, ſowol 

zeitlich als räumlich, auf ein Anderes, was eher (vor) if, In irgend einer 

Beziehung ein Sein einnehmen. — Geh nah! Schiller, Wallenſteins Tod 

3, 16. Weiß Amor feinem fchönen Spiele Yoch immer, zeitig nachzugehn. 

Götge, der Müllerin Verrath. Du folgf mir doch bald nach? . Schiller, 

Dallenfleins Tod 2, 7. 


Uebertreten 17 über etwas treten: die Squhe; 2) über einen 
Raum weggeben und auf die andere entgegengefeßte Seite. treten; 3) 








660 


über en gewifes Maß der Höhe treten: der Fluß ift übergetreten; 4) 

über die Grenzen, weiter treten oder gehen als man ſollte; Davon 5) 

(fig.) einem Gefeß, Gebot, einer Pflicht zuwider handeln, mit Richt- 

achtung gegen die Schranke des Geſetzes ꝛc. — Der treulos über: 

tritt zum Feind. Schiller, Tel 3, 2. Der (Fluß) eben von einem 

flarfen Regen geichwollen und übergetreten war. Göthe, das . 

Mährchen. Manches wird gehalten, manches übertreten; aber 

jelbft bei der Lebertretung dient mir dieß Blatt... flatt eines 

gebietenden Gewiſſens. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 1. 

; Berlegen (mh. letzen, lezen und verletzen, aus dem lat. laedere) 
bezeichnet ein Zuwiderhandeln, wodurch der Ganzheit oder Vollkommenheit 
etwas benummen wird. — Und biefe Pflicht, mein Sohn, verfegt der Meitter, 
halt du frech verlegt, Schiller, Kampf mit dem Drachen. 

Auf—, aus—, be— (ſ. ©. 57), daher—, dazwiſchen —, 
durch —, einher —, empor —, ent—, entgegen —, er —, fort —, her —, 
berab-—, herau—, herauf —, heraus —, herbei —, herein —, her⸗ 
über —, herum —, herunter —, hervor—, herzu —, hin —, hinab —, 
hinan —, hinauf, hinaus —, hindurch — hinein—, hinüber —, Bin 
unter —, hinweg —, hinzu —, nieder —, um —, unter —, ver —, vor -, 
voran —, voraus —, vorbei— ‚ vorüber—, weg—, zer —, zu — 3% 
rück—, zuſammentreten find klar. — Jetzo der Freundin folgte fie, leiſ' 
auftretend. : Voß, Luiſe 3*, 120. Da tret' ih auf mit be 
berztem Schritt. Schiller, Wallenfteins Lager 6. Wer ohne hierauf 
vorbereitet zu fein, öffentlich auftritt, der fann nichts als Verdruß 
erwarten. Göthe, Leben 15. B. Es trat der letzte Römerfiun im 
Brutus auf, fein Voll zu retten. Ziedge, Urania 5. Hier werden 
die Weintrauben nicht gefeltert, fondern von Menfchen mit den Füßen 
ausgetreten. Campe (Da er) bloß um Gutes zu thun, in dem 
Thronfelſen fih Fußſtapfen austrat: 3. Baul, Hejperus 8. Schwört 
bei ihrem Fuß, damit fle den Schwur austreten kann. Shakſpeare, 
K. Heinrih V. 3, 7. Geftalt pflegt aus zutreten (auszufchweifen) 
und ift ihr Kuppfer ſelbſt. Opitz. Die Wafler find von dem entjeß- 
lichen Regen ausgetreten. Göthe, Göß von Berlichingen 5. Den 
allgemeinen Fahrweg der Gedanken betrete deine Zeitung nicht. 
Schiller, Don Karlos 2, 4 Gnade, Herr, du flehft mein Bethen, 
Dich den ganzen Tag betreten (bittend zu dir treten). Opitz. Das 
Leid einander Klagen, das uns betreten (befallen) hat. S. Dad. 
Es halte ihn zwar nichts ab den Betretenen einzufteden. Göoͤthe, 
ital. Reife Meffina 12. Mai. Dann treten wir mit hohem Schritt 
auf Leichnamen daher! Klopſtock, Heinrich der Vogler. Die un- 
mittelbare Nähe des blauen, der Dazwifchentretende ſchwarze 
Schatten machen die Erfcheinung defto angenehmer. Göthe, Yarben- 
lehre 76. Meine Durdhgetreteuen Scubfohlen! Wieland, Lucien 
% 3230. Furchtbar wird die Himmeldfraft, wem. fie der Feſſel fig 











561 


entrafft, einbertritt auf der eignen Spur. Schiller, Glocke. Ot⸗ 
tifie freute fich der bekannten ihr als ein unbefanntes Ganze entge= 

entretenden Theile. Göthe, Wahlverwandtichaften 2,-8. (Das 
BRädchen) ertrat das arme Beilhen. Göthe, das Veildhen. So 
lange nod) eine der Xegionen mit ausgebreiteten Armen bertritt. 
Klopftod, Hermanngichaft 3. Er tritt. herab (vom Wagen). Göthe, 
Fauſt 2, 49. So traten Diefe in ihrer fonderbaren Verkleidung aus 
dem Buſch hervor. Man erkannte fie nicht eher, als bis fie ganz 
berangetreten waren. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 10. &8 
war Zeit, daß der Hauptmann hberauftrat. Daf. 1, 10. Wenn 
wir beraustraten, um das alte Schloß zu befchauen. Göthe, Le⸗ 
ben 10. B. Als ich die Freiwilligen heraus ließ treten auf dem 
Altenberg. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 15. Aber da trat her- 
- bei der Apotheker. Göthe, Herman und Dorothea 6, 123. In des 
Trankes Himmelsglanze trat er in den Kreiß herein. Göthe, 
Schasgräbe. Daß ich wieder von der Frauzöfifchen Seite auf Die 
Deutihe herübergetreten. Göthe, Leben 11. B. Trittft du 
im Garten hervor, fo bift du die Rofe der Roſen. Göthe, Gegen 
wart. Zritt vor ſein Auge hin. Schiller, Piccolomini 3, 8. Nah’ 
ist trat fie binan. Voß, Ilias 5, 13. Wie ih hbinauftrete, 

hiller, Räuber 3, 2. Indem er vor die Mooshütte Hinaustrat. 
Goͤthe, Wahlverwandtichaften 1, 3. So tritt er über fechzig (Jahre) 
nie hinaus, Uhland, Scildeis. Der Dolmetjch hattte gewagt das 
Sabinet zu eröffnen und Bineinzutreten. Göthe, Xeben 3. 8, 
Eh’ fie hinübertritt vor Das Auge des Schauers. Klopftod, Frie⸗ 
densburg. Doch fie traten näher hinzu. Göthe, Hermann und 
Dorothea 6, 226. Da trat. wie ein Heer er donnernden Gangs vom 
hohen Olymp zum Dean nieder. Sonnenberg. (Cr war) mit 
niedergetretenen Schuhen and Waſſer gegangen. 3. Paul, Titan 
48. Wahrend feine Armeen ihre Saatfelder niedertraten, Sciler, 
Abfall der Niederlande 1. B. (Da du) jede Landeshoheit nieder- 
trat. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. Komm, tritt unter! 
Shakſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 2, 2. Als ich vertreten Die 
Kinderjchuh. Shakſpeare, was ihr wollt 5, 1. Ja jeinem Weibe ge⸗ 
beut er mich zu halten und mir den Weg zur Flucht zu vertreten. 
Götbe, Reinefe Fuchs 4, 161. Daß er fie vertrete bei Ihro Gna— 
den. Schiller, Räuber 1, 2. a, jagte meine rau, es ſoll mir recht 
angenehm ſein, mich nod ein Bischen zu vertreten (mir Bewegung 
zu machen), J. Möſer. Jetzt rat ich vor und warf mich yu den 
Füßen des Königs. Schiller, Don Kalos 1, 2. Nur wenig Augen 
biide pfleg’ ich bei Manto vorzutreten (einzufehren). Göthe, Fauft 
2, 132. Tritt, Hermanns Weib, ZThusnelda, voran! Klopſtock, 
Hermannoſchlacht 8. Und fo wird die heilige Fülle reingeborner ſafti⸗ 
ger Beeren frech zertreten. Göthe, Fauſt 2%, 240. Bis er zu- 





562 


tritt, ihm die Rechte fehüttelnd. Herder, Eid 4. So reich Fpringt 
die Natur aus neuen. Quellen fort, wenn ihr auch eine oder hunderte 
zugetreten werden. 3. Paul. Lieber tret’ ich zuräd zu meinem 
Kaiſer. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 5. (Der) von dem Bräutigam 
Fiesko zurücktrat. Schiller, Fiesto 1, 8. Bald werden fie fich als 
Freunde und alte Bekannte begegnen, die jchnell zufammentreten, 
fid) vereinigen. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 4 

Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Iufammenfeßungen, 3. B. Der 
Gebräude tiefgetretne Spur. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 2. 

Trete (ſchweizeriſch) der bewegliche Zritt unten am Spinnrad, 
durchlöcherter Boden der Zrettbütte oder ein. Durchlöchertes Bretr in 
derſelben; Treter (ahd. trutäri, mhd. trötsere — Tänzer) ift einfach 
weniger gebräuchlich, als in verfchiedenen Zufammenjeßungen; jo auch 
Tretung. — Die Summe der Strafgelder war beftimmt, die em 
jeder Uebertreter in eine gemeine Büchſe entrichten follte. Göthe, 
Meifters Lehrjahre 3, 4 Die neuern Staliener (im Fache der Zon- 
funft) und ihre Nachtreter. Ungenannter bei Campe. Der alte 
Balgtreter kommt auch mit. 3. Paul, Heſperus 3. Wir Hatten 
dabei den Bälgentreter vergeffen. Klopftock, Gelehrtenrepublik. 
Auffallend und uns Pflaftertretern täglich vor Augen war das 
Project zu Berfchönerung der Stadt. Göthe, Leben 9. B. Der io 
in allem mein Bertreter und Verweſer wäre. Uhland, Ludwig der 
Baier 5. Die Stellvertreter des Volkes. Klopftod, die Er 
ſcheinung. Nie fpricht ed, (das Wort) aus, ihr Volksvertreter, 
wie wir fo Eines find mit euch. Uhland, am 18, Oct. 1815. — 
Sie verzeiht euch eure Uebertretungen. Goöthe, Götz von Ber- 
— 4. I 

retbar; Tretbütte, —eiſen, — harke, — haspel, —kufe, — mühle, 
—platz, —rad, —fhämel, — ſtock, —trog, — zuber. — Ob kin 
en abtretbarem Zuſtande if. Schiller, Briefm. mit Göthe 
1 


Tritt (ahd. mhd. trit; agi. tred — Schritt, trode — Spur; 
altn. tröd = Weide, mhd. trät — das Treiben auf die Weide, trat 
— Spur; ahd. trata — das Niedertreten; altn. träda = angeban- 
te8 Land) 1) die Handlung des Tretens, die Art des Auftretens; 2) 
die Entfernung . der beiden Füße von einander; 3) das, womit 
man auftritt, der Zuß; 4) das, worauf getreten wird; 5) die zurüd- 
gelaffene Spur. Davon trittig; tritteln — frippeln, und Tritt- 
ling = hinten abgetretener Schuh in der Bolksipradye. -- Zum Tem- 
pel führt unfreiwillig ihn der jcheue Tritt. Schiller, das verfdhleierte 
Bud zu Said, Die mit feftem Tritt auch auf der Grenze noch wan- 
delt. Schiller, Abfall der Niederlande 1. B. Wo fie den Zritt 
auffeßet, als wär e8 gediegenes Ufer. Voß. (Wir) ſehen neben uns 
der Ahnherrn Tritte und ihres Erdenlebens Spuren kaum. Götbe, 








563 


Iphigenie 2, 1. — Zum Antritt fchenft er euch finfhundert Gold- 
gülden. Göthe, Benvenuto Gellini 3, 4. Ein fo rafher Austritt 
ans dem königlichen Dienſte. Schiller, Abfall der Niederlande 4. 2. 
(Er) dankte Allen für ihren Beitritt zum Bunde. Dat. 3. 8. 
Durch Drohung nur verfchafft ic mir den Eintrit, Schiller, Ma- 
ria Stuart 5, 13. Der Fürſt bat den Bortritt. Schiller, Fiesko 
5, 16. Ich öffnete eine andere Thür, die auf einen Bortritt oder 
Alten führte. Campe. Gefandte Heinrichs, Königes von England, 
begehren Zutritt zu Eu'r Majeftät. Shaffpeare, K. Heinrich V. 2, 
4, Deren Berhältniß durch den zufälligen oder gewählten Hinzu— 
tritt einer neuen Perfon ganz und gar verändert wurde, Göthe, 
Bahlverwandtichaften 1, 1. Im Zufammentritt von mehreren 
Perſonen. Göthe, 1. Aufenthalt in Rom Det. — Das Gewitter 
rudte mit feinem Donnertrit über den Himmel. % Paul, Sene 
Erhöhtritte wie an Pedalbarfen. J. Paul, Hefperus & (Win) 
hüten unfere Schüler vor allen Miptritten. Göthe, Meifters Wan- 
derjahre 2, 9. Beftändige Thätigkeit und tägliche Betrachtung deiner 
felbft und der Wege der Gottheit feien dir Loſungsworte. Sie wer: 
den jeden Kehltritt von dir abwenden. Platen, Lebensregeln 22, 
Mit frühem Führertritt reißt er feine Bruderquellen mit fich fort. 
Göthe, Mahomets Gefang. Sie vernimmt den Fußtritt der Kom- 
menden. Klopſtock, die Königin Luife. Der ihm auf den Wagen- 
fußtritt geholfen. J. Paul, Titan 3. Mber mit Geiftestritt 
ſchreiteſt du mitten hindurch. Schiller, die Korfiher. (Das Pferd) - 
hat einen incuxaben Hahnentritt. Shaffpeare, der Widerjpenjtigen 
gähmung 3, 2. Indem ich mich. mit Kagentritten zur Stube hin- 
auszog. Thümmel. O leite meinen Gang, Natur! des Fremdlings 
BNeifetritt. Göthe. So möcht ich ihn behandeln, das fto u Haupt 
in Schemeltritt verwandeln. Göthe, Fauft_2,.271. Seht- ihr - 
nicht, daß uns von ferne dort die Spähertritte folgen? Schiller, 
Maria Stumt 3, 1. Nah altem Brautgefangestritt. Slop- 
tod, die Kunſt Tialfs. — Bei den Griechen foderte den Hegameter 
die fingende Spradhe, das an den: Gefang gewöhnte Ohr und Die 
vieltrittige Sprache. Herder. wa 
Abtritt 1) die Handlung des Abtretend (eig. umd fig.); 2) ein 
Ort, auf welden man hinabtritt; 3) anftändige Benennung für den 
ur Verrichtung der natürlichen Bedürfniffe beitimmten Ort; 4) das⸗ 
Inge, was abgetreten worden ift, bei den Jaͤgern das Gras, welches 
Hirſch mit den Schalen abtritt; 5) (ungewöhnlich) Unterſchied. — 
Ihm beliebte einen Abtritt ‘zu nehmen (meggugehen). Simpliciffi= 
mus 1, 30. Der Gäfte waren viel, die ihren Abtritt hier bey die⸗ 
. fen Rittern namen. P. — Was kömmt mir denn auch ein, fo 
an! vor meinem Abtritt (Zod) auf einmal ganz ein Andrer fein zu 
wollen? Leifing, Nathan der Weile 5, 1. (Ich handelte) mit hüb- 


2. * 





504 


chen Supferftichen für den Abtritt, damit fie da fiatt des bloßen 
edrudten Papiers etwas Gefchmadvolles hätten zum Verbrauche. J. 
Baul, Titan 48. Wenn zwifchen Haß und Gunft bei ihm ein Ab— 
tritt if. Haller. 
Heimliches Gemach bezeichnet die Verborgenheit des Orts. — Peto 
secessum, ich wil vffs heymlich gemach gehn. Alberus in feinem Woͤr⸗ 
terbuch von 1540. 


» Auftritt 1) die Handlung des Auftretens (eig. nmd fig.); 2) ein 
Theif "eines Aufzugs in einem Bühnenſtück, wenn Perſonen friſch auf⸗ 
‚ treten; 3) dasjenige, worauf man tritt, beſonders eine kleine Erhoͤ⸗ 
bung vor etwas, um zu demielben zu gelangen. — Was das em 
Auftritt war! Schiller, Fiesfe 2, 4 Läßt ihn ein Weilchen, ei- 
nen feinen Auftritt den Herrfcher ſpielen. Shakſpeare, K. Richard 
N. 8, 3. Die Selbfigefpräde und jene Auftritte (in Shakſpeare's 
Hamlet) zn memoriren. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 4. 
Scene (gr. sarın, lat. scena), mit Auftritt finnverwandt und von 
manchen Dichtern geradezu dafür gebraucht, bezeichnet mehr ben Ort im 
Schaufpielhaus, wo bie eigentlichen Schaufpieler ſtehen, furechen und handeln; 
dann auch was ſich in Zufammenftellungen unfern Augen darbietet, ohne Bes 
fchränfung des Raumes 5 ed mögen babei Perſonen vorfommen ober 
nicht, — Treppe (ahb. trappa, altn. trappa, mhd. treppe = Stufe, Stufen⸗ 
gang, von altn. trappa — feſt auftreten; vgl. mhd. traben, ahd. trapen ?, 
mittellat. trepidare, tripedare — im Trott gehen und turnieren) Stufengang 
mit breitern Stufen zu tieferer Raumfläche für den auftreten Fuß. Stiege 
(ahd. stiega, mhd. Stiege, stöge) if die oberdeutfch übliche Benennung eines 

+; GStufenganges, auch wenn die Stufen nur fproßenartig find. — Alter Berg 
und feuchtes Thal, das iſt die ganze Scene. Göthe, Kauft 1, 223. Fiesko 
ift ein Anbeter der Kunſt, erhigt fich gern an erhabenen Scenen. Ediller, 
Fiesko 1, 13. Berändert wurde nur die Scene beines Lebens. Uz. Gleich 
unten an der Treppe fand ich einen Mann. Göhhe, Leben 9, B. Warb 
nun in dem Haus ein Gehn und Kommen aufund ab.die Stiegen. Göthe, 
Morgenflagen. 


Hintritt it fig. Ausdrud der edeln Sprache für den Tod des 
Menſchen als ein Kommen von Ddiefer Welt in eine andere, und deu⸗ 
tet auf eine ſchnelle und kurze Dauer diefes Kommens, verbindet aber 
zugleidh den Begriff des Feierlihen, Würdevollen. — Auf meinen 
Hintritt wid gewartet. Schiller, Don Karlos 5, 9. Rach dem 
feligen Hintritt unferer drei geliebten Nymphen. Göthe, Briefw. 
mit Schiller 4, 72. | | 

Hingang bezeichnet deu Begriff überhaupt, befonders aber inſofern viefeß 
Kommen von längerer Dauer iR. Das Hinfcheiden und ver Hinfiyeld - 
(1. ſcheiden) beuten mehr auf das Scheiden von diefer Well. — Bor tem 
Hingang felig. Klopflod, der Sellge. In ihrem großen Schmerz ımb 





565 


— 


Bitwenleidb, worein der blutige Hinſcheid ihres Herrn bie Königin verſeht. 

Schiller, Tell 5, 1. 

ZTrittbrett, — eiſen, —harfe, —hoß, —ling, —rad, —ihlüf- 
jel, —vogel; Abtrittsgeld, —merkmahl (bei den Jägern), —pre— 
digt; Antrittsgruß, —lehen, —mahl, — predigt, — rede, — ſchmaus; 
Eintrittsgeld, —karte, —ichein, —zettel, zimmer; Bortritts- 
diplom. — Dieß alles und mehr noch wurde von der jungen Frau 
zum Antrittsgruße fröhlich erzählt. Göthe, Meifters Wanderjahre 
1, 11. Die dem Menschen über andere Thiere verliehene ae 
war eigentlich nichts, als ein VBortrittsdiplom H. P. Stur, 
ein Raugſtreit. : 
Trott, trotten, verkleinert trotteln, iſt Verftärfungswort von 
treten (vgl. ahd. irota, wintrota, mhd. trotie = Weinkelter). — 
Spude dich, Kronos! Fort den raffeluden Trott! Göthe, an Schwa- 
ger Kronos. Vergebens ſieht man fie durch Berg’ und Wieſen trot- 
u Wieland. Auf Silens forttrottelndem Thiere. Benzel— 

ternau. 


al 


Nneten. 
(Wurzel knat, knit; k-naw, k-nuw?) 


Knete, Enetete, im 16. Jahrh. noch knat, geknetet und ge- 
Ineten (Volksſpr. noch geknete, gefnere), kneten (ahd. chnitu, chnat, 
chnàtumês, chnftaner, chnẽtan; mhd. knite, Knat, knäten, geknẽten, 
knẽten; altn. hnoda, engl. knead, dän. Knede, ſchwed. knada, knoda, 
böhm. hnety, hnisti; vgl. goth. hnäuen= zerreiben, altn. nda = zerreiben, 
mhd. aüwen, nüen, niuwen — flampfen, ahd. ginuan = ftoßen) einen 
weichen klebrigen Körper mit den Händen oder Füßen durcharbeiten, 
um die Theile desjelben vecht unter einander zu bringen und mit ein- 
ander zu verbinden: Thon, Zehn, befvuders Teig (auch fig.); in weis 
terer Bedeutung zuiammendrüden, zwifchen den Gingern oder in den 
Händen in häßliche Falten drücken. — Er Enidt in dem netten 
ein pfenning darein tin den Kuchen), ©. Frand, Weltbud BI. 50, 
Sie fnat und machet Küchlach. P. Aemil. Ingolft. in feinen Reimen 
von 1562. Der den Matthäus fo uubeionnen zwei Begebenheiten in 
Eine fneten läßt. Leſfing. Sie konnte nicht fein ohne einen Bind- 
faden in den Händen zu drehen, em Zuch zu fneten, Papier oder 
Hölshen zu kauen. Göthe. Das Püppchen gefnetet und ange“ 
tiht’t, wie's lehret manche weliche Geſchicht'. Göthe, Fauſt 1, 135. 
Indem wir) unfre Anficht der Wahrheit lang und breit ausfneten. 
Benzel-Sternau. (Sie) Ineten ihre Butter ein. Moſer. 

Kneter; Knetgetriebe, — ſcheit, — trog. 

Kuoden, gebraͤuchlicher Knoͤdel = Mehlkloß. 

Knetſchen = zuſammendrücken, von weichen Maſſen, wobei ein 





566 





Laut gehört wird, welchen das Wort (wie auch Enitfhen) nachahmt; 
auch Papier ꝛc. zufammendrüdeen, fo daß viele Häßliche Falten und 
Brüche entftehen. Achnliche Bedeutung haben Endtfchen, Fuotjchen, 
fnatihen, knautſchen, knutſchen, Enotfcheln, knauſchen; 
doch — — fie if der niedern Sprache an, 

ftern, knattern, Enittern ſtammen wol aus ” 
felben. un Pr ahd. ch(k)nistjan — zerreiben, zerquetfchen, altn. 
gnista = raufchend fnirren, mit der Nebenform gnesta = raufden; 
die einfachen agf. cnisan, ad. ch(k)nisan = zerdrüden, wovon N 
ahd. Nebenform ch(k)nusan, inhd. knüssen, knusten = 
fhen, zermalmen. — Um eins bitte ih Sie: feinen Sand m auf 
die Zetteldhen, die Sie mir fehreiben. Heute führte ich es ſchn ar 
der Lippe, und die Zähne Enifterten mir. Göthe, Werther 1. 
Dem Heerd entlodere Enatternd die Flamme! Matthiffen. Was 
knittert plöglich, wie die Krufte des See's beim erften Schlittſchuh⸗ 
lauf. Matthiffon. Durch das Zerfnittern des Papiers. Göthe, 
Wahlverwandtichaften 2, 6, 

— Knoten (ahd. ch(k)nod(t)o, m&b. knode, agſ. cnotta, altn. hnutr, 
knütr, engl. knot, ſchwed. knud, dän. knude) gehört zu agf. cnytan — fnüpfen; 
doch darf lat. nodus = Knoten verglichen werden. Knüttel (minder gut Knits 
tel, ahd. chnutil, kinuttil, knomtel; mb, kniutel, knuttel gehört mol E demfelben 


Stamm: ; doch läßt ſich mittellat. Contulus, von contus = Spieß, 


tange vers 
gleichen. 2 


Gaͤten, auch jaͤten flatt g(Heten. 
(Wurzel gat, git; jat, jit.) 


Gaͤte, gätete, gegätet und (in der Volksſprache gewoͤhnlich) 
gegäten, gäten (mhd. gite, jat, jäten, Be jöten, jöten und geten; 
d. g(j)etan, im Pompt. v. 1618 erjätten, bei Stieler jäten 
und gäten, der es aus belg. 8. gat — Loch oder von gatten her 
feitet“ weil durch das Neinigen das Feld zur Erzeugung guter Früchte 
geh! werde) überhaupt un rn Pflanzen unter andern audtilgen; 
Beſondern Unkraut ausziehen, beſonders zwifchen guten Pflanzen, 
und fo diefe davon. reinigen; davon aus —, durch—, erjäten 
Das Subflantiv Gät, Jät = Unkraut ift oderbeutfch. — Ein jedes 
Wort von dir hat eine Wurzel des alten Neids aus meiner Bruft 
Ole Shakſpeare, Eorivlan 4, 3. Den Hafer, den fie aus dem 
eigen ausgäten. Göthe, ital. Reife Girgenti 26. April, Bir 
wollen fie (die Vorurtheile) ausjäten, um nicht vielleicht edle er 
en zugleih mit auszuraufen. Göthe, Meifterd Lehrjahre 4, 
— und. durchreutert fein herze was (war) vor — 
(d. h. es war rein). Suchenwirt 6. 
Wieten (in ver Volksſprache auch weiden, altſ. wiodon, agſ. wöod- 
jan, frieſ. wiöden, niederd. weeden oder weön, von altſ. wiod, agſ. weod, 





567 


engl. weed — Unfraut) iſt nur noch landſchaftlich im Nieberveutfchen in der 
Bedeutung, bie gäten im Oberheutfchen bat. 


Aum. Ginem andern Stamme gehört das feltene gätlich — vaſſend, ſchick⸗ 
— an (vgl. ahd. getilös, mhd. gõtelos — leichtſinnig, ahb. katalinc, mhd. gec- 
teline ⸗ Geſell, ſaubrer auch ungeſchliffener Geſell; von dem veralteten Subſt. 
göt, altn. ged = Geiſt). — Die Felſen waren fo prächtig, und an der Chauſſee die 
Haufen fo gätlich zerfehlagen, daß man gleich Bolatifche Cabinetchen daraus hätte 
bilden fünnen. Göthe, ital. Reife 14. Sept. (Die Sängerinnen) find zwei fchöne 
Figuren, gute Stimmen, artige, muntere, gätliche Perſonchen. Daj. 3. Oct. 


Ziegen für ligen. 
(Wurzel lag, lig; vgl. gr. A&yos, lat. lectus — Bett.) 

Ziege, lag, gelegen, liegen (ahd. liku, lac, läkumds, leka- 
ner, lekan; mhd. lige, lac, lägen, gelögen, lögen; goth., altſ., 
agj. ligan, altn. liggia, engl. Iy, jchwed. ligga, dän. ligge) auf oder 
in etwas anderem mehr oder weniger wagerecht ruhen, dam auch fig. 
und in weiterem Sinne in verfchiedenen Redensarten gebraucht. Im— 
perfonal (auch gelegen fein) wichtig fein, als wichtig betrachtet, 
erlannt werden. — Hier lieg’ ich, göftlicher Vater. Klopſtock, Mei- 
fas 1, 111. Aus Quaderſtein von unten auf lag eine Brüde 
drüber her. Bürger, Lied vom braven Dann. Da wir denn alle die 
berrlichen Mfichten links und rechts neben uns Liegen fahen. Göthe, 
ital. Reife Neapel 11. Mär. Berge lagen mir im Wege. Schiller, 
der Bilgrim. Die Weltkugel Liegt vor ihm offen. Schiller, Wallen- 
ſteins Lager 7. Die Kirchen felber liegen voll Soldaten. Schiller, 
eh 1, 1. (Sie) liegen fchon J in dieſem Quartieren. 
iller, Wallenſteins Lager I. — Weil an Europa's großem Beſten 
ihm mehr liegt. Schiller, Piccolomini 1, 4. Woraus Sie ſehen 
— wie viel ihr daran gelegen iſt. Göthe, Meiſters Lehrjahre 
Stecken (ſ. S. 80). — Wo das geſteckt hat, liegt noch mehr! 

Schiller, Maria Stuart 1, 1. 
Ab—, an—, auf—, aus—, bei—, da—, darnieder—, 
—, er—, ge—, (veraltet), herum —, bin—, hinein —, hin⸗ 
ter—, in—, nieder —, ob —, über—, umber—, unter—, ver —, 
vor— zer—, zu—, zurüd—, zuſammenliegen erklären ſich aus 
nachfolgenden Beiſpielen. — Euer Kloſter liegt weit ab von der 
Straße. Schiller, Don-Karlos 2, 14. Wohl wiffend, daß die alte 
zwiſchen Zeljen verftedte Mühle nicht weit abliegen konnte. @öthe, 
Bahlverwandtichaften 1, 7. Es liegt das ſchwarze Mieder ihr knapp 
am. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 170. Das Berk) in allen 
keinen Zheilen auszuführen war mir um fo angelegener. Göthe, 
zeben 13, B. Mich fendet hin, wem läg’ es näher an. Schiller, 
Ze 1, 4. Am Täge, als der Fürft beerdigt ward, Ing fie mir an 


568 


mit unabläß’'gem Flehn, ihr diefes Feſtes Anblid zu gewähren. Schil- 
ler, Braut von Meffina. Ob er fein Anliegen bier öffentlich vor- 
zutragen gedenke. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 9. Er fchlief mit 
aufliegendem Gefidte. Göthe, Leben 5. B. Er muß auf Glim- 
merjchiefer aufliegen. Göthe, ital. Reife 14. Sept. Anftatt uns 
nun hieran zu tröften und, als grünes Holz, dasjenige zu ertragen, 
was dem dürren auflag (zur Laft gelegt ward und woran ihnen ges 
legen fein follte). Goͤthe, Leben 11. 3. (Wenn fie nur nicht) wenn 
man einmal freundlich mit ihnen ift, einem hernach den ganzen Zag 
auflägen (mit Bitten). Göthe, Jery und Bätely. Aufliegen 
hab’ ich than mein'n Rüden, Göthe, Satyros 2. Sollte man glau- 
ben, daß Marin an a auflige (Mangel babe). 
A. v. Buher (+ 1817), fämmtl. Werke 1, 113. Beiltegender 
Brief von Maimon nebft dem Aufjage wird Sie intereffiren. Göthe, 
Briefw. mit Schiller 1, 63. Gib mir nu mein Weib, denn die zeit 
ift bin, das ich beylige. Luther, Bibelüberf. 1. Mof. 29, 21. Als 
‚ auf Ida's Höhen die —* dem Sterblichen beilag. Bürger. Der 
See liegt ruhig da als wie ein ebener Spiegel, Schiller, Tell 2 
2. Der an einem flarfen Wundfieber recht frank Darnieder lag. 
Göthe, Leben 6. B. Don Alvarez lag . . . jo lang vor Calpe, daß 
er fih faft hinten Durdhgelegen. Xichtenberg, von der fchmimmen- 
den Batterie 1. Meine ganze Kunft erliegt an de Starrkopf. 
Schiller, Räuber 2, 2. aß der Leidende unter der Laſt des Kreu⸗ 
zes erliegt. Göthe, Leben 15. B. Anno 879 traf der Schlag 
König Carlmann, daß jm Die Sprach erlag (gelähmt ward, abgieng, 
mhd. erligen — Ddarntederliegen, mangeln, abgehen). Aventinus, 
Ehronif 358. Pinehas weib war ſchwanger und folt fihier geliegen. 
Luther, Bibelüberf. 1. Sam. 4, 19. Als ic nun meines Kinds ge- 
lag. H. Sachs. Wo in den Gräben Unrath fich häufet, und Un—⸗ 
rat auf allen Gaſſen herumlie & Göthe, Hermann und Dorothea 
3, 15. Wolken liegen in den Schluchten bin. Uhland, Scildeis, 
Soll ich begraben fein, lieg’ ih im’ tiefe Gras hinein. Lhland, 
Frühlingsruhe. Durch welche Vorfprünge die ungeſchickteſten Bertie- 
fungen als Vorhöfe der hinterliegenden Häuſer zurückblieben. 
‚ Göthe, Leben 9. B. Da im Briefe drei Himmel inliegend waren. 
J. Baul, Siebenkäs 4. NRiedrliegt.er drin an ſeiner Wunde. 
Göthe, Klaggefang von der Frau des Alan Aga. Gleich, o Kobold, 
liegſt du nieder. Göthe, der Zauberlehrling. Nicht aus den Hän- 
den leg’ ich Dieles Schwert, als bis das ſtolze England niederliegt. 
Schiller, Yungfrau von Orleans 3, 9. Ein geichrey dere die ob- 
ligen vnd onterligen. Luther, Bibelüberf. 2. Moj. 32, 18. Ich 
weiß, Lord Burleigh, was mir obliegt. Schiller, Maria Stuart 4, 
3. Daß vil mäfliggehend Knaben Tug und Naht ob dem Bettel 
ligen. Lori, Urk. des Lechreins vom Jahr 1616. Das Glas liegt 








869 


um Heynatz. Was in Gent und der umliegenden Gegend vor« 
gefallen. Göthe, Egmont 2. Wenn ihn die Seide, die ihn umlag, 
efektrifieren bälfe. J. Paul. Gruppenweis liegt Alles ftarr umher. 
Wieland, Oberon 6,.4. Sie hielt den Pendel... . über die unter- 
liegenden Metalle. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 11. Ob er 
wollende oder unterliege. Schiller, Don Karlos. 4, 31. Es ift 
ein Bater (Laokoon) mit zwei Söhnen, in Gefahr zwei gefährlichen 
Thieren unterzuliegen. Göthe, über Laokoon. Wir lagen uns 
ter (gebräuchlicher unterlagen), nicht weil der Punier tapfrer, 
jondern weil er kijtiger war. Meißner. Ob fle liegeu unter, fie 
fiegen damit doch (mhd.si geligend under, und gesigent ‘doch 
da mite). Nüdert, gej. Gedichte 4, 375. Wollt ihr aber bei einem 
guten alten Köhler, an warmer Stätte.die Nacht verfigen oder ver- 
fiegen, jo jeid ihr willfommen. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 4. 
Das trieb er lang und mangen (manchen) tag, Das (daß) er fein 
unfeld (Unheil) nie verlag (durch Liegen verſäumte). Boner, Fabel 
69. Hier lag ihm ein einzelner Würfel vor. Göthe, Meifterd Lehr- 
jahre 8, 1. So einfach es (das Geſchaͤft) auch vorlag. Goͤthe, 
Meifterd Wanderjabre 2, 5. . Bei gerechter Erwägung vorliegender 
Gründe. Daf. 3, 10. Hier famen wir über Gypsfelſen, dem Kalte 
vorliegend, Göthe, ital. Reiſe Eaftel Vetrano 21. April, Die 
vorliegenden Adern und die jchlappen Brüfte. Göthe, der Samm- 
fer und die Seinen 5. Brief. Sit ein Fehler begangen worden, fo 
liegt er viel weiter zur ück. Lichteuberg, Nachtrag zu den Nachrich⸗ 
ten über fich felbit. 

Anm. Das Berbum beliegen fömmt fjept nur im Bartic.,belegen, vor. — 
Die auf ver aflatijchen Seite des großen Weltmeers belegenen Infelaruppen. G. 
Foriter, die Infeln bei Aſien. — 42 ſagt (Gargantua S. 30): die Kumpf⸗ 
gelegne Nas. 

Gelegen (ſ. S. 39) hat, neben der Sinnverwandtſchaft von be= 
quem, paſſend, auch noch Die Bedeutungen nah, kurz (als Adverb,), 
enau zum Ziele, jedocd, mehr in der Volksſprache. Davon gelegent- 
ih — was bei einem bequemen Zuſammentreffen der Umftände ger 
ihiehbt; die Gelegene ( Bollsiprache) Die Kürze des Weges; 
Gelegenheit (mhd. gelögenheit und gelögene) 1) die Lage eines 
Ortes; 2) die. Lage der Theile eines Ortes, innere Einrichtung des⸗ 
jelben; 3) vn Beichaffenheit einer Sache; 4) Angemeflenheit nad) 
der Lage (Verbindung der Umpflände), daß eine Handlung entfteht und 
erleichtert wird, wenigſtens ohne Beichwerlichkeit wor ſich geht. — Ipt 
pe gelegenen Zeit bin ich hier. Göthe, Götz v. B. 3. Ich bin 
ne, fehr zur ungelegenen Zeit Daf. 2. Du bift der ſchrecklich 
er, der du der Schlangen ziſchen thuft glegen den Kopf: zer- 
iriben. Hinmelsglöcdlen von 1685. Wenn du gelegen jcdjießen 
wilft, jo wit. vonnoͤthen fein, Daß du acht habeit auf Gelegenhait 


570° 


der püchfen. Feuerb. v. 1501. Ein Meines Gut beſitz' ich, wohlge⸗ 
legen. Göthe, Eugenie 5, 9. — (Der Verdacht wınde) im S 
fortgenäbrt und gelegentlich wieder aufgeregt. Göthe, Meifters 
er N 3, 10. Die gelegenbeit der böle. U. v. Eyb, Ehe- 
zuchtb. 30. Die ne legenbeit der Statt. Fiſchart, Gargantua ©. 
525. Sich aller Gelegenheit des Lands und Volcks erfundigen. 
Aventinus, Chronik. Wie ein Weib, fo der Gelegenheit der Der- 
ter nicht Kundichafft hat. Opitz, Zrojanerinnen 54. Ich hab’ des 
Orts Gelegenheit erkundigt. Schiller, Wallenſteins Zod 5, 2% 
(Die Landftrede bat) ſchon wieder günftigere Gelegenheit. Göthe, 
Campagne in Frankreich zum 24. Sept. (Wie fie) die Naturgele- 
nn eines Thale en zwei Hügeln zu nußen gewußt. Daf. 
tier 29. Det. Nad Gelegenheit des Lons. Krenner, Landtagsh. 
9, 249. Der Gott, der Bub’ und Mädchen fchuf, erkannte gleich 
edelften Beruf, auch ſelbſt Gelegenheit zu machen. Göthe, Fauſt 
1, 175, Die fi bei einer bedeutenden Kriegsgelegenbeit her 
vorgetban hatten. Göthe, Wahlv 2,3 Gewiß mit nächſter Schiffe: 
gelegenheit. Shakſpeare, Eymbeline 1, 4. 
Anlaß (f. Laffen) der auf etwas aufmerffam machende Gegenſtand, unt 
das flärfere Beranlaffung — ein gegebener Anlaß zu einer Handlung, 
4 Haben ven Nebenbegriff des Erleichterns nicht. — Dann gibt’g einen Anlaß, 
gibt's ein Feſt, wo man's fo nach und nach ben Leuten fehen läßt. Gätke, 
Fauſt 1,149. Zu der allerlebhafteflen Bewegung aber gibt ein Hafe Berau⸗ 
laffung. Böthe, Philoſtrats Gemählde, Vorſpiele der Liebesgötter. 
Abgelegen — außer der Richtung, die man betrachtet oder ver- 
verfolgt, zur Seite gelegen, vom Verkehre und Befuche der Menſchen 
entlegen. Entlegen = getremt durch einen weiten Raum, Beide 
Ausdrüde werden nur von liegenden Gegenftänden geſagt. — Hiermit 
‚zog er ihn duch viele entlegene Gaflen, ohne auf feine Fragen 
weiter Antwort zu geben, zu einem abgelegenen Kirchhof Hin. Hou⸗ 
wald, Die Abgelegenheit... beflemmte mich, Göthe, der neue 
Paris (Leben 2. B.) Keiner weiß die entlegene Wohnung. Göthe, 
der neue Paufias. 
Entfernt ſ. S. 584. — Mit entlegen find noch finnverwandt: fern 
(S. 534) entlegen nach der Länge, nur anf die Endpuncte bes Zwiſchenraums 
gehend; weit (ahd. mhb. wit, agf. altf. altn. wid, engl. wide, ſchweb. wid) 
durch einen Swifchenraum getrennt, nach jeber Richtung, welche es auch fei, 
zunähft auf ben Zwiſchenraum ſelbſt gehend. Darans erflären ſich and die 
Sub. Ferne, Entfernung, Weite Abſtand und Entlegenfeit 
unterfcheiven fich wie ſtehen und liegen. — Was inuen leuchtet, dünkt uns 
ein entfernter Glanz. Tiebge, Urania 8. Bern find fie, fern und un 
erreichbar weit, wie meiner Kindheit, meiner Unfchuld Glück! Schiller, Jung: 
frau von Orleans 4, 9. Des freien Himmels Weite muß ich ſuchen. Daſ. 
Und ich fah ein Licht von Weitem, und es kam glei einem Sterne hinten 


571 


aus der fernflen Ferne Gbothe, Schapgräder. Weit wie Sterne abs 
ſtehn von der Erbe, wird er erhaben fiehen über mir. Schiller, Braut von 
Meffina. Aber dennoch fühle ich nicht weniger lebhaft den unendlichen Abs 
Rand zwifchen dem Leben und dem BMalfonnement. Schiller, Briefw. mit 
Goͤthe 1, 9. 

Angelegen; Angelegntlih |. S. 315; Angelegenheit 
it was dem Menfhen am Herzen liegt und worauf er fomit 
Sorge verwendet. — Die wichtigften Angelegenheiten verhandelnd. 
Göthe, aus Makariens Archiv. Belenntniffe tiefer Herzensange- 
legenheiten entfalteten fich hieraus bei fortgefegtem Gefpräch. Göthe, 
Meifters Wanderj. 3, 10. Das (Gefhäft) ih auf Rechtsangeles 
genheiten bezog. Göthe, Leben 17. B. 

—2 — (ſ. ſchaffen) iR das, worauf der Meufh zu einem Zweck 

Thätigfeit verwendet, und zwar in Hinfidyt dieſer Thätigfeit. — Sie Alle 

ziehen ihres Weges fort an ihr Geſchäft. Schiller, Tell 4, 8. 

Veberlegen (Bartic. Präter. von überliegen) — mehr Kruft, 
Bermögen, Sähigeen befigend als ein Anderer. Davon Ueber- 
legenbeit. — Wenn er fihon einfah, daß ihm diefer in der Fecht⸗ 
funft weit überlegen fei. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 14. So daß 
der junge Ritter der überlegnen Macht fih nur nit Müh’ erwehrt. 
Bieland, Oberon 1,58. Welch einen Schng beherzter Ueberlegen- 
heit... . in meines Weſens Wejenheit Natur gelegt. Platen, vom. 
Dedipus 5. 

Berlegen 1) durch zu langes Liegen verdorben; 2) finnverwandt 
mit ungewiß, betroffen ſ. ©. 57; davon Berlegenheit. — Was 
ich von alten Sachen habe, hat feine rechte Geftalt und ift eigentlich 
verlegene Waare. Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 236, Ich bin 
verlegen (ungewiß), ob ih den Glückwunſch ſchon empfangen darf. 
Schiller, Piccolomini 1, 1. Der andere war dußerfi verlegen und. 
wußte fein Wort zu fagen. Göthe, Leben 3. B. — Die wir bald 
m Berlegenbeit fein werden, wo wir eine Mahlzeit hernehmen. 
Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 11. allen ließ ich den Hut vor Ber- 

legenbeit. Göthe, Hermann und Dorothea 2, 231. 
Ungewiß (eigentlich ungewis, ahd. un(k)gawis, unk(g)iwis, mh. 
ungewis, altn. öviss, von gewiß, ahd. k(g)awis, k(g)awissi, mhb. ge- 
wis, alte. vis, agf. gewis, altengl. ywis, von wiffen ©. 518) der Bes 
ſtimmtheit dẽes Beionftfeins in Beziehung auf. etwas ermangelnd; unfeſt zu 
einer Willensbeſtimmung aus Mangel an Beſtimmtheit des Bewußtſeins wor⸗ 
Aber. Zweifelhaft (mhd. zwivelhaft und zwivelhaftic, f. Zweifel ©. 
480) mit Bweifel behaftel d. i. unfeft zu einer Gemüths- und Geiſtesbeſtim⸗ 
mung aus Unflarheit zwiſchen verſchieden Beſtimmendem; unfeſt zu einer Wil 
Vensbefimmung aus Unflarheit zwifchen verfchiedenen beflimmenden Gründen. 
Unentfchloffen (f. Ah entfchliegen &. 323) der Selbſtbeſtimmung zu 
etwas ermangelab, d. i. ohne eine ans dem Innern heroorgegangene anf eiwas 





572 


bin gerichtete Willensbeſtimmung fich verhaltend ; gewahrt, zu feiner Selbſtbe⸗ 
Rimmung in etwas zu fommen. Unſchlüſſig ſ. S. 395. — Und jest 
ſprach Haft doch fv ungewiß, fo Falt von ihm. Leifing, Nathan der Weiſe 
2, 3. Malateſti, ein unzulänglicher Obers®eneral, erit zweifelhaft, zulept 
von der heftigen Party, von Sforza und Fortebraccio hingeriſſen. Böthe, 
neuefte ital, Literatur. Ach! und ſcheinet unentfchloffen, wohin? ob wei: 
ter? ob hinab? vb rechts? ob links? Leffing, Nathan der Weite 2, 4. Mau 
hatte alles weggeiragen, nur das Köfferchen, unfjchlüffig wo man es bie 
ftellen follte, in der Mitte des Zimmers flehen gelaffen. Böthe, Wahlver 

wanbtichaften 2, 17. 

Lieger findet fi einfach und in einigen (mehr der früheren 
Sprache angehörigen) Zufammenfeßungen, — Auch ſolche Anlieger... 
verlangten ihren Theil, Göthe, Tag: und Jahreshefte 1795. Die 
ehelihe Beiliegerin. Wieland. Oblieger im rechten. Hug, Rhe⸗ 
torica Tübingen 1538. Bl. 119. 

Liegig und legig (vgl. niederj. lecg, hollind. laag, engl. low, 
altn. ägr — niedrig) find einfach nicht gebräuchlich, auch in Zuſam⸗ 
menſetzungen felten. An—, Obliegend eit © 38. — Sanfft- 
liegig, glattanliegig. Fiſchart, Gargantua S. 126. 310, Da⸗ 
hin ift ein pöfer Weg ftidel cfteil) und gar wenig anleg (fanft anf 
wärts). Thewrdank. Durch Krankheit und Alter ablegig worden. 
Diet. v. Blien. -- (Man müffe das Drafel) nur in wahren Anliegen- 
heiten befragen. Göthe, Leben 9. B. | 

Liegled)amboß, — haus, — ſtunde, —tag, —zeit. 

Lage (ahd. diu läga, altn. läg, mhd. läge, heimliche Nachftel- 
lung, Hinterhalt) 1) Art und Weile des Liegend eines Dinges; (fig.) 
Beichaffenheit des Seins im Verhältniffe gegen Anderes; 2) eine Reihe 
mehrerer neben oder auf einander liegender oder gelegter Dinge. — 
Valenciennes . . . genießt einer eben jo feſten ald lieblichen Lage. 

Schiller, Abfall der Niederlande 4 B. Was der Welt jo nüße und 
in ihrer gegenwärtigen Lage fo unentbehrlich if. Göthe, Meiſters 
Wanderjahre 3, 4. Der Thürmer der haut zu Mitten der Nacht 
hinab auf die Gräber in Lage. Göthe, Zodtentanz. = 

Stand (If. Reben) Hanklung, Ort des Stehens; darans feſter Pund 
wie fich bie veränderlichen Beſtimmungen des Seins eines Dinges ‚geben oder 
gegeben haben. Zuftand If überhaupt Inbegriff der veränderlichen Beſtim⸗ 
mungen des Seins eines Dinges. — Der hat in Rom gar einen ſchweren 

Stand. Göthe, Taffo 1, 4 (Wie id) meine ganze Lage, Vermögen, 

Stand, Grfchäft in's Auge faßte. Göthe, Bugenie 4, 2. Dabei. hatte ich 

jedoch leider meinen vorigen Zuftand nicht vergeffen. Goͤthe, die me 


Ab, An—, Auf (f. ©. 4%), Aus, Bei, n—, 
Nieder—, Um—, Unter—, Wider —, Zulage u.a. wie das ver- 
altete Oblag bedürfen feiner weitern Erklärung. — Do von der Mitte 





573 


des November an bis Ausgang des Mai keine Kalkſteine von der Rü- 
dersdorfichen Ablage abgeholt werden können. Ungenannter bei Campe. 
en Abend veranlaßte Charlotte einen Spagiergang anf die neuen 
Anlagen. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 3. (Welche) lieber Zeit 
auf Vorbereitungen und Anlagen verwenden, als daß fle ſich ernft- 
ih an die Ausführung hielten. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 4. 
Sie mit einer folhen Anlage zu allem, was edel und groß ift, Sie 
entehren fich felbit! Leſſtng. - In. ihrem Gefichte ift Anlage zu einem 
Knebeldart. Platen, Tree um Treue 95. Glauben Ste, daß der 
Spaß die Auslage werth fei, fo will ich gleich Anftalt machen. 
SGötbe, Briefw. mit Schiller 3, 94. Die Briefe jedoch und die viel- 
fahen Beilagen enthielten verichiedbene Dinge. Göthe, Meifters 
Banderjahre 3, 14. Die Scele nimmt von den Inlagen des Kör— 
pers, wie der Wein vom Obſt den Geruh au. J. Banl, Hefperus 
9, Geſchwind verftedte ich meine Körbe in eine benachbarte Höhle, 
die mir jchon öfters als Niederla ge gedient hatte. Göthe, Meiſters 
Banderj. 1, 2. Schredlicher als alles dieß war die Niederlage, 
welche das. mörderifche Werkzeng unter den Menfchen anrichtete. Schil⸗ 
fer, Belagerung von Antwerpen. Michelftatt und die a. (Um⸗ 
gegend). Zincgref, Apoph. 1, 14. Je nachdem man die Unter- 
lage wechtelte. Göthe, Wahlverwandtichaft 2, 11. (Dann jollen fie) 
als Stübe und Widerlage dienen. Göthe, Leben 4 B. Lin Ea=- 
pital von neun taujend Gulden, deſſen Zinfen dem jedesmaligen Arzt 
al8 Zulage dienen. Göthe, Reife am Rhein, Main und Nedar, 
Frankfurt. — Wo Fettlagen den. Geift einquetſchen. J. Paul, 
Hefperus 9. Es find ‚große Grundlagen, welche unbeweglich feft 
Reben. Göthe, Winkelmann 2, Da der Anfömmling die wahre Ge⸗ 
mäthslage des Mujors nich ahnen fonnte, Göthe, Meifters Wan⸗ 
derjahre 2, 3. Die golddurchfloßnen Wolkenlagen blaßten. Sa— 
is, Monodie. - ni 
Selag (mhd. gelac — Geſellſchaft) eigentlich ein Beiſammen⸗ 
liegen; davon ein mordentlihes Zuſammenſein von Berfönen bei Speife 
und Trank, auch vornehmlich bloß bei dem Iehtern, mit dem Neben» 
begriffe, Daß es Dabei nicht mit Anftand, vielmehr wifd hergehe. — 
Der in Gelagen (Schwaden) liegende Roten ward bald troden. 
Hagel. Umher auf Stühlen, dem Bett nah lagen der Mägdlein ſchöne 
Gewande .. . Oben auf jedem Gelag die Strümpfe, umwunden 
vom Knieband. Baggefen. Diefe Marime lag zum Grunde allen un- 
jem gejelligen Gelagen. Göthe, Leben 1.8. — Mit zum draut- 
gelage! Bürger, Lenore. Eliſtums Freudengelage Schiller, 
iſimm. Ewig LZuftgelage. Schiller, Triumph der Liebe. Iſt's 
jet Zeit u Saufgelagen? Gchiller, Wallenfteind Lager 8. Das 
ganze romantifhe Schreibenelag. % Paul, Zitan 86. ‚Sein Haus 
war jegt ein Sammelplag für vornehme Müffiggänger, für Spiel 


1) 





574 


gelag’ und Pideniks. Meißner. Und als fie im Zaumel ihres Sün- 

dDengelags fortichwelgte. Sonnenberg, Bildet dem frunfuen Ohr 

das Rofenlager, halb entichleiert, oder Dad TZaumelgelag am Kelch⸗ 
las. Voß. Wo da ift Trinfgelag und allerlei Geſpaßes. Klop- 
of, Gelehrtenrepublif. 

Mahl (mhd. mal, wahrfcheinlich von guth. mel, ah. mal —= it, 
alfo beſtimmte Effenszeit, wie altu. mal) ein Gfien über das Gewöhnliche, ein 
vornehmeres, feierliches Eſſen; dann auch in höherer Sprache nnd voruchmer 
überhaupt ein Eſſen, das üblicher Weile in behaglicher Ruhe abgehalten oder 
eingenommen wird. Mahlzeit (älternbd. mälzyt) das regelmäßig nad bes 
flimmten Tagesabtheilungen fi twieberholende Cſſen. Gaſtmahl (f. Gaſt⸗ 
baus ©. 445) ein bebeutenderes Mahl, woran Fremde Theil haben oder zus 
gegen find, beſonders und vornehmlich viele. Baftgebot if ein größeres 
Gaftmahl, wozu die Gäfte feierlich eingeladen werden. Shmaus von bis 
jegt nicht ermittelter Herkunft, nah Sch wenks gewagter Aunahme mit vors 
geſchobenem f von ahd. muos, muas, alt. mös, mhbb. muos, nbd. Mus, 
woher Gemüfe) ein behagliches Eſſen mit einer Fülle wohlichmedenver Spel⸗ 
fen und Getränfe. — Da will nun ein jever am feſtlichen Mahl fich neben 
dem Liebchen erfrifchen. Goͤthe, Hochzeitlied. Herr Bruder! Profit Mahls 
zeit! Schiller, Piccolomini 4, 6. Welh ein Schmaus und Gewähl? 
Was betreibt du? Etwa ein Baftmahl, oder. ein Hocyzeitfed? Denn kei⸗ 
nem Belag iſt es ähnlih! Voß, Odyſſee 1, 226. 

Verlag 1) die Handlung des Verlegens; 2) die zu einer Unter 
nehmung nöthigen Mittel; 3) dasjenige, was verlegt wird. — Ber: 
lagsartifel, —buch, — handlung, —-Loften, —lager, —redit. — 
Der Verlag oder vielmehr die Fabrik jener Bücher. Göthe, Leben 
1. 8. Sie werden noch manches Unheil des Selbftverlag 8 dabei 
erleben. - Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 202. Diefes nıin. im- Gro- 
Ben und Ganzen zu thun, erbot fid) die Deſſauiſche Verlagshand— 
fung. Göthe, Leben 12. B. Stehende Verlagsartifel. Göthe, 
Leben 12. 2. 

Legen (goth. lagjan, ahd. lek(g)jan, mhd. legen, alti, leggjas, 
legjan, agf. lecgan, altn. leggja) liegen machen, d. i. einen Körper 
in ein foldyes Verhalten bringen, daß er auf feiner größten Flädye oder 
Seite ruht, oft mit dem Nebenbegriff einer dadura 
tung; auch fig. in verfchiedenen Redensarten. — Eh wir zu Bett’ 
und legen. Bürger, Lenore. Was fteht ihr und legt die Hände in 
Shop? Schiller, Wallenfteins Lager 8 — Bei der Grundftein- 
legung. Göthe, Wahlverwandtfchaft 2, 12. 

Setzen (f. unter fifen) und flellen (6. 283) gehen auf ein Ruben 
auf einer kleinern Flaͤche oder einem Fleinern Theile des Körpers, welche vie 
natürlich untern find und weniger Berübrungspuncte, ale andere, ut dem 
Orte unter ihnen haben. — Sept euch. Göthe, Goͤtz von Berlichingen 4. 
Erhebt euch denn und fRelit eudy neben mi. Goͤthe, Eugenie 1, 5. 


575 


Anlegen 1) eine Sache nahe an die andere legen oder bringen; 
2) ausleihen; 3) etwas zu einem beftimmten Zwede thım; 4) etwas 
entftehen machen, damit es ferner beftehe, und zwar in Hinficht auf 
die merkliche Raumfläche (Lage), die es einnimmt; 5) fich befleiden 
etwas, mit dem Nebenbegriff des Feierlihen; 6) (veraltet) mit einer 
Abgabe, Geldlaft belegen; 7) (veraltet) erweifen. — Dort legt ein 
Fiicher den Nahen an. Schiller, Maria Stuart 3, 1. (Schiffe, die) 
bier anlegen und ausladen. Göthe, ital. Reife Venedig 29, Sept. 
Legt ihr dreifache Feſſeln an! Schiller, Jungfrau v. Orl. 5, 10. 
Bie er anlegt, immer rein jchmarz ge Be . 
(Als fie) nach Farbe und Pinſel griff un! 
faltenreiches Gewand mit foviel Neinlich 
legte (mahlte). Göthe, Wahlvermandtic 
gelegtes und reichlich wucherndes Cay 
Schon legte man in Gedanken... e 
Landfchaft zierende Brüde an. Götbe, U 
legte in Wien ein hübſches Magazin 
ul, Titan 48. Sie hatten auf dem 2 B ES 
öthe, ital. Reife Rom 2. Febr. 1787. Indem war der Wandergang 
auf den ganzen Tag angelegt. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 
13. (3) rathe nun dir, kurz und gut, dergleichen (Stleider) gleich- 
falls anzulegen. Göthe, Fauſt 1, 80. Em Dorf anlegen und 
flenern. Kenner, bayer. Landtagsh. (von 1329—1513) 2, 153. Als 
er den Göttern allerley Ehre anlegte. Opiß, Senecä Troj. 84. 
Hm hatte Attalus eine groffe Ihmah angelegt Cangethan). Aven- 
tinus, Ehronif 1580 DI. 85. " ' F 
Ausgehen (ſ. gehen) und das flärfere aus fein auf etwas laſſen 
die Thätigfelt auf den Zweck unbeflimmter, als es auf etwas anlegen. — 
Errichten (f. richten S. 296) deutet mehr auf die Höhe und Fortführung 
"Gtiften f. ©. 197. — Anziehen (f. ziehen) wird von ſolchen Kleidern 
gefagt, die an den Rörper ober feine Theile gezugen werben. Anfleiden 
(f. Kleid S. 2371) wird von allen Kleivungsftüden zufammengenommen ges 
fagt, wenn fie an ben Körper gethan werden, während anziehen und ans 
legen von ben gefammten, wie den einzelnen Kleidungsſtücken gefagt werben. 
— Gr muß das Glück nur fuchen, Herr Blau, er muß darnach aus feyn. 
Engel, Tobias Witt. Alle wußten, daß jept der ewige hohe Priefler in tem 
Allerheiligen war, die Berföhnung zu fliften. Klopfiod, Mefflas-5, 456. 
Ob ſie ſchon wenig Spitäller anffbauen, fo thuen fie doch viel arme Häu⸗ 
fer Rifften. P. Abraham, auff ihr hrifllide Soldaten. Der Schäfer putzte 
fi zum Tanz mit bunter Jade, Band und Kranz, ſchmuck war er ange: 
zogen. Göthe, Fauſt 1, 34. Eh' ih mich hätte ankleiden und ihnen zu⸗ 
voreilen fönnen. GBöthe, Meifters Wanderjahre 8, 5. 
Auslegen 1) aus einem Orte: Waaren zur Schau, ein Schiff, 
enien Soldaten (ausquartieren); 2) für Jemanden gegen Zurüdgabe 








576 


oder Vergütung gleichen Werthes verausgaben, gewöhnli num von 
fleinen Summen (Geldes); 3) (nicht jehr gebräuchlich) für ausleihen, 
anlegen; 4) in etwas Vertieftes legen und damit ausfüllen, und zwar 
zum Schmuf; 5) (fig.) den in Zeichen (oder Dingen, injofern fie als 
. Zeichen" fich darftellen oder Zeichen geben) enthaltenen Sinn angeben, 
jo daß der Andere diejelben Vorftellungen damit verbindet, weldye der 
Nedende Damit verbunden haben will; davon 6) von einer gewiſſen 
Seite betrachten, aufnehmen. — (Wo) für die Nacht Zangzeug aus— 
legte der Fiſche. Voß Luiſe 1, 174. Gejtern hat die aus zehn 
Schiffen beftehende Evolutions-&scadre durch den Baum auf biefige 
— — t. Hamburger Zeitung. Weil ich von dem meini⸗ 
sgelegt hatte. Göthe, Benvenuto Cellini 3, 9. 
cken, mit Marmor ausgelegt. Wieland, Idris 
. Wenn wir ein Geiſteswerk auslegen. Göthe, 
rhiv. Dieſen Traum auszulegen. Shakſpeare, 
m 4, 1. (Das) möchte mancher für einen unvers 
zeihlichen Hochmuth auslegen. Göthe, Leben 10. B. 

Reiben (f. d. und ©. 455) iſt der ullgemeinfte der bier ſinnverwandten 
Ausdrüde. Vorſchießen (f. ſchießen) zunächſt Geld vor der fälligen Zeit 
abfchläglich geben; dann ohne Verzug Geld genen Zurüdgabe oder Vergütung 
darleihen in Beziehung der nahen Gebrauchszeit vesfelben, gewöhnlich von 
größern Summen gefagt. Vorſtrecken (f. ſtrecken unter reichen) Gelb 
(in Heinen wie größern Summen) in Beziehung auf deflen nabe Gebrauchs⸗ 
zeit oder eine Zahlung gegen Zurüdgabe ober Vergütung darleihen zur Anss 
hilfe. S. noch verlegen und vorlegen. — Erklären (f. flar S. 174) 
das, was dunfel ift, Flar machen; dann etwas (Zeichen, auch Dinge, inſofern 
fie nicht ale Zeichen betradyet werben) durch Angabe der Gründe zur genanen 
Kenntnis bringen. Deuten (f. ©. 208) von etwas machen, bag man 
es erkennen kann, ober verfiehen, was es ift ober fein fol; Dann übers 
Haupt zum gemeinen Verſtändniß bringen. Ausdeuten iſt Rärfer. Denteln 
auf eine kindiſche Art, fpipfindig deuten. — Vielleicht bracht's jemand als ein 
Pfand, und meine Mutter lich darauf, Böthe, Fauſt 1, 143. Das Gelb, 
dns ihr dem Saladin vorfchießen follt. Leſſing, Nathan ver Meife 2, 9. 
Daß Wilhelm einiges Geld zum Gtahliffement vorſtrecken follte. . Göthe, 
Meifters Lehrjahre 2, 9. Pflicht und Ehre! das find vieldentig boppelfinu’ge 
Namen, Ihr follt fie ibm auslegen; feine Kiebe foll feine Chre ihm ers 
flären. Schiller, Wallenfeins Tod 3, 2. Was Eure Fürklichfeit bewegen 
mag, alfo zu thun an Ihren Herrn und Kalfer, gebührt nicht ums zu richten 
und zu deuten. Daf. 1, 5 Als uns der Mönch das Anathem' ausdens 
tete. Schiller, Maria Stuart 3, 8. Gin Kaiferwort foll man wicht drehe 
noch deuteln. Bürger, vie Weiber von Weinsberg. 

Belegen 1) mit etwas daranf Gelegtem bededen, (fig.) eine 
Straße belegen, fich gleichſam darauf legen, daB nichts drauf fort 
aan; ein Collegium belegen (in der Studentenfprache) fich für einen, 


577 


von feinem andern einzunehmenden Platz einfchreiben ; 2) anflegen, be» 
laften, zu tragen beftimmen: mit Strafen, Abgaben, (fig.) mit einem 
Namen; 3) begatten, befruchten (von einigen größeren Thieren gefagt); 
4) durdy Beilegen von etwas (Urkunden 2c.) beweifen; 5) mit Leuten 
verſehen; 6) (jelten) ausleihen; 7) Cin der Schifffahrt) ein Tau bes 
legen, es an feine Klampe oder fein Kreuzholz befeitigen; 8) (felten) 
fo viel als belagern. — Bald entdedte er eine fchmale Treppe, Die - 
hinab in einen großen Vorjaal führte, rings herum belegt mit Pol- 
fern. Platen, die Abbaifiden 3. Wenn die Räuber die Straße be— 
legt und alle beichädigt. Göthe, Reineke — 
lichſte Vorurtheil ift, Daß irgend eine Art N 
Bann belegt werden könne. Göthe, aus 
einer ift zu finden, der ihn belegen kann : 
Opiß. jolte die Hündin belegen lafſſe 
Sei fiher, daß ſie's mit Brief und Siegel 
Wallenfteins Tod 1, 7. Als Troja ward be 
von allen Seiten. Opitz. Malepartus, die 
gern) wir. Göthe, Reinefe Fuchs 7, 154. 
Beweifen (ſ. weifen) überhaupt gewiß machen, es mag tie Gewißheit 
durch die That oder durch Gründe erkannt werden, und dieſe mögen zur Er⸗ 
kenntniß jenerg Gewißheit zureichend feinzober nit. Erweiſen ift zureichend 
beweifen. Darthun (f. thun ©. 492) urfprüngli etwas vor die Sinne 
bringen; dann anſchaulich beweiſen. Erhärten (ahd. arharten — hart wer; 
den, f. hart S. 253) gegen mögliche Ginwürfe und Zweifel ficher und uns 
widerleglid machen. Beurfunden (altf. urkundean, mhb. urkunden = 
Zeugniß geben, ahd. kiurchunddn — Zeugniß beibringen; ahd. urkundo, mhd. 
urkunde — Zeuge; ah. urkundi, mhb. urkünde — Zengniß, f. Eund 
©. 289) durch Urkunde d. 1. Zeugniß, beſonders förmlich ausgeftelltes 
fchriftliches, (auch wie durch Urkunde) beweifen. — Hab’ ich nicht von jeher 
durch alle Handlungen bewiefen, daß ich beffer als einer fühle, was Deutfchs 
land feinen Regenten ſchuldig iſt? Böthe, Göt v. B. 4. Der Philoſoph der 
tritt herein und beweift euch, es müßt’ fo fein. Göthe, Fauſt 1, 95. Der 
zehnte Ludwig . . . konnt’ im. Gewiſſen keine Ruhe haben bei Frankreichs . 
Krone, bis man ihm erwies, daß Ifabell’ die fchöne Königin, von der er 
Enkel war in graber Reih, abllamme von Yrau Irmengard. Shaffpeare, K. 
Heinrich V. 1, 2. (Ih bin bereit), darzuthun, er fei ein fchnöder und 
gefährlicher Verräther. Shakſpeare, K. Richard IL. 1, 3. Eure Schreiber, 
Kurl und Rau, erhärten mit einem Bid, daß es die Briefe feien, bie fie 
aus Eurem Munde nieberfchrieben. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Johann 
II... . trug feine jener Bigenfchaften an fi, die einen Herrfcherberuf bes 
urkunden. Blaten, Geſchichte des Königreichs Neapel 1, 4. Weber bie 
Bors no Nachwelt Hat ihn darüber beurfundet. Herder. 
Beilegen 1) bei oder neben eine andere Sache legen (eig. und 
fig.); 2) hinterlegen, fammeln und verwahren, 3) (veraltet) Recht 
Au gr 


we“ an 4 * 





578 


geben; 4) den Streit bei Seite legen, fo daB er aufhört, mit Be⸗ 
wilfigung der ftreitenden Parteien; 5) eine gewifle Beſtimmung zuer⸗ 
fennen (1. ©. 547); 6) (Schifferſprache) mit wenigen Segeln jo nabe 
als möglidh bei dem Winde liegen und das Schiff dadurch in feinem 
Laufe aufhalten; in anderm Sinne aud) fchnell führen. — Sie haben 
uns eine Bittfchrift übergeben, die wir an Ew. Hoheit hier beilegen. 
Säiller, Abfall der Niederlande 3. B. Was (an Geld) mangelt, 
legen Sie noch bei. Stiller, Don Karlos 4, 21. Daß fie (die 
Eltern) mic ehelih Ihm kiinfftig Tegen bey. In der Samml. Hoff- 
mannswaldau. Ged. 1, 79. Ich habe nur den Namen der einen be= 
balten und ihn der andern beigelegt. Göthe, Meifters Wander. 
1, 11. Das er den Leuten das jre, fo fie an den Ort zu trewen 
benden beygelegt hatten, wolt erhalten. Luther, Bibelüberf. 2. 
Maccab. 3, 15. Der Schaß, den die guten Alten aus Einfult bei⸗ 
gelegt. Canitz. Daß die Gaͤhrung, die ein Bolf ergreift, der Sturm, 
der mächtige Nebenbuhler gegen einander erregen, ſich durd Ein 
freundlicy Wort beilegen ließe. Göthe, Egmont 2 Wir legten 
bei, beftiegen wohlbewahrt die ausgefegten Boote, fließen ab, und 
längs der Brandung rudernd ging die Fahrt! Chamiſſo, Sales y 
Gomez. Iſt's der im Nachen, den ihr ſucht? Neit zu! wenn ihr 
friſch —2 holt ihr ihn noch ein. Schiller, Tell 1, 1. 

Abthun (f. thun S. 492) durch eine Thätigkeit endigen. Abmacden 
(von machen ahb. mahhön, machön, mbb. machen, agf. macian, altfrief. 
makia, engl. make, ſchwed. maka; f. Gemach S. 318) darch Kraftan: 
ftrengung (fortgeſetzte Thätigkeit) endigen, mit dem Hinventen auf zn Hüberwirs 
dende Schwierigkeiten. Ausmachen darch Kraftanftrengung, beſonders zw 
Gewalt, völlig endigen. Entfcheiden Ci. fcheiden) feh nnd unnmiöglic, 
durch einen Richterfpruch beentigen, fei verfelbe der eines felbiigewählten 
Schiedsrichters oder eine® amtlichen Richters. Schlichten (ahd. sliktan, 
mh. slichten, von goth. slaihts, ahd. sicht, mhb. slöht, slächt, alı. 
slöttr, niederſ. sligt— ſchlicht, eben, glatt, nach Wackernagel zu fhlagen, 
alſo breit, flach geſchlagen, nach Weigand zu ſchleichen gehörig) zwiſchen 
ſtreitenden Parteien alle Anſtöße entfernen und ſte gegenſeitig zum Nachgeten 
bewegen, fo daß die Anſprüche des Einen und der Widerſtand des Andern anf: 
hören, nnd fomit der Streit beendigt (neehnet) if, e& mag dies in Güte ge 
ſchehen uber durch höhern Ausfpruch. Vergleichen (ſ. gleichen) ergibt Rich 
ans dem ©. 249 Befagten. Beimefien f. ©. 547. — Benn ihre zarte 
Augend fi) verging, mag fie'd mit Gott abthun. Schiller, Maria Stuart 
1, 1. Wir fönnen dann Allee nad) Bequemlichfelt abmachen. Schiller, ver 
Baraflt 1, 11. Was ich mit ihm auszumachen hälfte, Hätte ich nur mit 
ihm auſszumachen. Leffing, Emilie Galotti 4, 3. Um endlich Hier im Ans 
geflchte Nürnberae das blutig große Rampffbiel zu entſcheiden. Ediller, 
Miecolomini 8, 7. Wenn man das Genie zu Hülfe tiefe, dad darch ſelne mas 
giſche Gabe den Etreit ſchlich ſen und die Forberung leiten würde. Eoche, 


579 


Leben 15. B. Der Herzug von Berrara hatte fo eben mit dem Papſt Paul 
einige alte Streitigfeiten verglichen. Göthe, Benveyuto Eellini 3, 3, 

Darleger 1) hin-, vorlegen: baares Geld; 2) aufchaulid mas 
hen; die zur Deutlihmachung erforderliben Theile, Beweiſe, Gründe 
2. ins Licht ftellen. — Ich aber wil faft gerne darlegen, vnd dar— 
gelegt werden fur ewre Seele !). Sutder, Bibelüber]. 2. Kor. 12, 
15. Auf fein eigen Koften und Darlegen den Krieg führen. Aven- 
tinus, Chronik. Alles follte auf Mare Begriffe gebracht und in logi— 
iher Zorn dargelegt werden. Göthe, Leben 15. 3. 

Darthun f. S. 577. Darftellen (ſ. S. 23), ſo hinitellen, daß es an- 
ſchaulich wird; duch etwas Vorftellendes (Gemälde, Schilderung) deutlich mas 
chen. — Doch Bat er am Hofe fo manches Geheimniß dargethan, du ich 
ihm glaube. Göfhe, Heinefe Fuchs 6, 11. Will’s ihr glauben! das ſtellt 

fih dar! Schiller, Wallenſteins Lager 5. 

Weberlegen 1) über etwas Anderes legen; 2) mit etwas Daraufs 
gelegtem bededen; 3) etwas zu ſtark belegen, fo daß es nicht getragen 
werden fann: ein Haus mit Soldaten; 4) betrachten |. S. 18. — 
Allefammt mit reichen Deden überlegt. Herder, Eid 18. In Trier 
angelangt, fanden wir die Stadt von Truppen überlegt. Goͤthe, 
Campagne in Frankreich 23. Aug. Das überlegen Sie wol nicht, 
wie viel für unfer Herz zu wagen if. Schiller, Don Karlos 4, 21. 

Denten ſ. ©. 205. Bedenfen © 138. Nachdenken S. 7. 

Betrachten und erwägen ©. 128. 

Verlegen 1) an einen andern Ort, auf eine andere Zeit, oft 
auch falih, an einen unrechten Ort legen; 2) (ziemlid) veraltet) einen 
mit etwas (mit irgend einem Bedarf) verjehen; 3) die nöthigen Geld- 
auslagen für eine Perſon oder Sache machen, die Koften für fie tra- 
gen; dann für eine Perjon oder Sache die zu irgend einem Vorhaben 
nöthigen Koften in der Borausfegung tragen, daB Diefe ung wieder 
werden, gleichviel ob dieſe Koften verzinslich ausftehen oder nicht, und 
ob fie Hein oder groß find; 4) ſich verlegen auf etwas, fih ihm ganz 
widmen;'5) (veraltet) in Haft nehmen, anhalten (ihm den Weg ver- 
legen, daß er nicht fort fann); 6) (veraltet) fih verlegen, eine Miß- 
beirath thun. — (Ich) zeigte dem Vater die Möglichkeit, auch feine 
Treppe zu verlegen. Göthe, Leben 9. B. (Der) jein Waarenla- 

er nach Antwerpen verlegte Schiller, Abfall der Niederlande 1. 
We Eu'r Hcchzeitfeft ward, hoff’ ih, mur verlegt: drum harrt in 
Frieden. Shaffpeare, viel Lärmen um nichts 4, 1. (Indem fie) das 
Buch fucht, das fie verlegt hat. Göthe, Rameau’s Neffe. Die 
Pfarrer mit Wein verlegen. Kremer, Landtagshandlungen (1429 
—1513) 13, 177, Einen Laden mit Waaren verlegen. Landrecht 

2) In der 4. Bibelüberfegung (1470 — 1473) heißt die Steffe: „wann ih gib 
mich vil gern. vnd ich ſelb werde vergeben vmb üwer felen.” 

R 87 * 








580 


von 1616. &8 foll obgemeldte Begängnig und Jahrtag von gemeinem 
Gut der Gefellihaft verlegt werden. Kremer, a. a. O. 10, 177. 
Berleg’ fie fih auf Neuigkeiten! Göthe, Fauſt 1, 214. Wo einer 
den andern zu fprechen hätte um Sprüche, fo verlegt (verhaftet) er 
ihn, oder einen andern Mitbürger für ihn. Krenner, a. a. O. 1,216. 
Damit ainem piderman fein find (dadurch daß e8 einen Handwerfer 
beirathet, an dem es hinterdrein findet, daß er fein Gewerbe nicht 
verftieht) nit verlegt werde. Urkunde von 1370. 

Eiche das finnverwandie auslegen 2. 

Borlegen 1) vor ein anderes Ding legen; 2) (in engerer Be- 
deutung) etwas vor Jemanden legen, damit er etwas damit vornehmen 
fol: Braten, eine Zrage; 3) Geld (in Feiner wie großer Summe) 
gegen Zurüdgabe oder Vergütung einem Andern in Beziehung amf 
defjen wirkliche Zahlung oder. die Gebrauchszeit vorauszahlen. — Borin 
cift er) fauber und reinlih, al8 im Kapaunen vorlegen und efjen? 
Shaffpeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 2, 4. Die aljo abgefaßte Schrift 
wird ihnen vorgelegt. Schiller, Piccolomini 3, 1. Der uns die Frage 
vorlegen wird, ob wir Hundsfötter jein wollen. Göthe, Götz von 
—— 3. 

iehe das Äinnverwandte auslegen 2. 

Zerlegen — eine Sadye in Einzelheiten auseinander gefchieden 
machen, bejonders wenn es durch mechanijches Thun geichieht. —— Und 
wird von fehönen Händen dann das fihöne Fleiſch zerlegt. Uhland, 
Mepelfuppenlied. Wenn wir das Ganze in gleichgültigen Staub z er⸗ 
legt fehen. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 1. 

Sergliedern (mhb. zerliden, f. Glied hei leiden) Zufammengefehtes aus⸗ 
einander machen, daß die wefentlichen Beltundtgeile einzeln zur Kenntniß kom: 
men, alſo anatomifch, intellectuell zectheilen. Zerſetzen (f. fiben) zunächſt 
auseinander gehen machen in Stüde, dann aber und zwar am üblixhiten, hard 
Auflöfung in feine Grundtheile fcheiden, chemifch auflöfen. — Das verworrene 

Bild des allgemeinen Blende zu zergliedern. Sciller, Räuber 4, & Die 

Natur treibt alfo hier unaufhörlih ihr großes, dem Menſchen unerreichbares 

Werk, das Wafler in Dünfle aufzulöfen, die Dünſte in Luft zu verwandeln, 

die Luft wieder zu zerſetzen. G. Porfer, Feine Schriften 3, 60. Sein 

Scharffinn zerſetzte mehr, als fein Tieffinn feſtſtellte. I. Paul, 

b—-, auf—, aufer—, darein—, ein—, entgegen —, er—, 
rt—, Grund—, her—, herab—, heran —, beranf—, heraus—, 
erein—, hernieder—, herum — berunter-—, bervor—, beraa—, 

bin, binab—, hinan — binauf—, hinaus — hinein —, binter—, 
hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —, los — nad —,nieder—, 
um —, unter —, voran —, vorans —, vorbei —, vorüber —, weg —, wi⸗ 
der — wieder — zu „zurück—, zuſammenlegen bedürfen keiner weitern 
Erklärung. — Menfchheit legte fie ab, und Gottheit nahm fie an. Voß. 
Ih babe noch ein wichtiges Belenntnig abzulegen. Schiller, 





581 


Don. Karls 4, 21. Sich genaue Rechenfchaft von jenen Ueber⸗ 
gäugen abzulegen. Göthe, Bampagne in Frankreich Iſt 
es Dad erftemal in eurem Leben, daß ihr falſch Zeugniß abge- 
legt? Göthe, Fauſt 1, 158. Ich hab mein Probftüd an euch jelbft 
abgelegt. Göthe, Göß v. B. 3. (Daß fie) einen Befuch in der 
Nachbarſchaft ablege. Göthe, Wahlverwandtfchaften 2, 13. 
fomme, meinen Glückwunſch abzulegen. Schiller, Wallenfteins Tod 
1, 7. Swas (Was) er verfaumt daz fol er im aud) ablegen (ver- 
güten). Schmeller 2, 449. Nachdem er feine Karten drei Jahre vor 
uns verborgen gehalten hat und noch verborgen hält, follen wir Die 
unfrigen auflegen und ein offenes Spiel gegen ein verdedtes fpielen. 
GSöthe, Meifters Wanderjahre 1, 6. Das (Xeiden) ein hohes Schick⸗ 
fal uns auflegt. Göthe, Hermann und Dorothea 9, 136. Nach 
der Berbindlichleit, die mir der Fürſt noch kürzlich aufgelegt. 
Schiller, BPiccolomini 1, 1. Wenn Jemand ein Weib nimmt, vnd 
legt jr was ſchendlichs auf Cbeichuldigt fie). Luther, Bibelüberſ 5. 
Moſ. 22, 13. Er fah vor feinem sanften Ende fait alle Werfe jeiner 
Hände das fechftemal ſchon aufgelegt. Gellert, der unfterbliche 
Autor. Bon dem Almanad) laffe ich nur fünf hundert Exemplare, aber 
auf Jauter gutem Papier, auflegen. Schiller, Briefwechfel mit 
G 2, . Wenn meines Standes Mildigkeit mir auch der Scho— 
nung ſüße Pflicht nicht auferlegte. Schiller, Don Karlos 8, 4. 
Wer Henker hat ſich darein zu legen? Schiller, Wallenſteins La⸗ 
ger 7. Und mit dem Worte rennt er gegen mich ... mit einge— 
legter Lanze. Wieland, Oberon 1, 36. Ein Mefierftiel von Schild» 
pat mit Silber eingelegt. Göthe, Leben 13. B. Wir wollen 
Bögen anſprechen, für ung ein Gut Wort einzulegen. Göthe, 
Götz v. B. 4. Ihr werdet Ehre. mit mir einlegen. Göthe, Mei- 
ſters Wanderjahre 3, 8. Da wollt’ ih mir ein Eimer zwanzig Wein 
einlegen. Schiller, Räuber 4, 4. Europa ftaunt, da ernft Die 
Wage des Schidjals wägt, und Menfchenrecht und Völkerklage ent- 
egeulegt. Voß, Chorgejang beim Rheinwein. Mit einem folchen 
ente lieber als mit dem Schwerte meine Feinde zu erlegen. Göthe, 
Benvenuto Eellini 2, 1. Ich mußt ihm zwanzig (Gulden) erlegen. 
Böthe, Gig v. B. 3. Die Ehriften waren im Leiden nur frefftiger, 
erlegten die Sterd der Hender, das (daß) fle vor Müde nicht mehr 
mochten. Aventinus, Chronik. Das zweite Inftitut, worin der Herr 
die Verwirklichung feines Reiches. auf Erden grundgelegt ?) bat, 
iſt die Kirche, Hiricher, Moral 1, 436. Ihm zu dämpfen die Un- 
ruh, will ih die Pfeil herlegen. Voß, Luife 3», 6234. Wenn 
fe fih an den Straßen herumlegen, - Göthe, Wahlverwandtichaften 
3, 9. Bir feine Treuen hatten ihn hingelegt. Goͤthe, Fauſt 1, 45. 


1) Eine neue Form, die wol befiee gegtunpdlegt lautete. 


» 


582 


Die Sachen gütlicher verrihten und hinlegen Cbeilegen). Kreuner, 
Landtagshandlungen 1, 75. Das Fenfter aufzumadhen und den Kopf 
binauszulegen. J. Paul, Siebenfäs 3, Die Frauenzimmer ſäum⸗ 
ten nicht von ihren Heinen Haarkämmen hineinzulegen. Göthe, 
Wahlverwandtichaften 1, 9. Wüßt' ich doch nirgends viel von hin— 
tergelegtem Gemeingut. Bürger, Jlias 1, 124. Nun gebt Ach⸗ 
tung, nun will id loslegen. hakſpeare, Kaufmann von Venedig 
2, 2. (Was fie) für fohmugigen Torf zur Feuerung nadhtegen. J. 
Paul, Titan 68. Die legen vor mir in den Staub fih nieder. 
Klopftod, Meſſias 2, 846. Hier auf dieſes jungfräulid blühende 
Haupt will ich den Kranz des Friegerifchen Lebens niederlegen! 
Schiller, Piccolomini 2, 3. Bewahren fannft du nicht länger dein 
Kommando, ohne Rettung bift du verloren, wenn du's niederlegft. 
Schiller, Wallenfteins Tod 1, 3. Gott geb dir dazu Heil und Glud, 
daß du den Trachen Legeft nieder Cerlegeft). H. Sachs. Es mag nie- 
mant dem andern fein gelt niderlegen (unter Beichlag legen). 
Schmeller 2, 451 (aus dem 15. Jahrh.). Er legte ihm die Binde 
fefter um. J. Paul, Zitan 8 So wurden bei ſolcher Gelegenbeit 
längft vernachläffigte Dadhreiben umgelegt. Göthe, Meifters Wan⸗ 
derjuhre 3, 1. Mit Gefchwiftern reich umgeben, mit des Herbſtes 
Frucht umlegt. Daf. 2, 9. Born an dem Schafte blinkte Die eherne 
Shärf, umlegt mit goldenen Ringe, Voß, Ilias 8, 494. So 
nimb zu dir ein Heeresmacht, vmbleg (belagere) die Stadt. 9. 
Sachs. Willſt du Weihrauchs Geruch erregen, feurige Kohlen mußt 
unterlegen. Göthe, zahme Zenien IV. Sie figen im Unrecht, wir 
wollen ihnen feine Kiffen unterlegen. Göthe, Gi v. B. 4. Er 
habe noch felbigen Abend einer von Dttiliens Lieblingdmelodien ein 
allerliebftes Gedicht untergelegt. Göthe, Wuhlverwandtichaften 2, 
5. Ein einz’ger Neitfnecht nur war im Geheimniß, er unterlegt 
ihr jedesmal das Pferd. Göthe, Eugenie 3, 2. Garnirungen, Die 
nit einem bläulichen Loche unterlegt find. Shafipeare, viel Lärmen 
um nichts 3, 4. Den Degen nicht zu frühe wegzulegen. Schiller, 
— 8, 4. Ich will den Juͤngling, der ſich übereilte, als 

reis und nicht als König widerlegen. Schiller, Don Karlos 8, 
10. Nicht beſſer könnt ihr den Verdacht, der jetzt noch auf euch laftet, 
widerlegen. Schiller, Maria Stuart 4, 6. Widerleg (gib) uns 
allen mit deinem fronreih (Himmelreich), ewiger vater! Schlierſee, 
Chronik von 1378. Wie ein man den andere frawen widerlegen 
(Gegengeld zufichern) mag auf der vodern kind aigen. Muͤnchener 
Stadtrecht v. 14893. Die Wohlthat und das Gute, das wir dem 
Andern ſchenken, it wiederlegt (wiedererlegt, erftattet) genüglich, wenn 
andere dran gedenken. Zogau, Sinnged. 1965. So fing au) ich an, mit ei⸗ 
nen Heinen Apparat zuzule g en (anzufhaffen). Göthe, Leben 8. B. Um in 
einer Wiffenfchaft fo zu fehreiben, Daß man... . der Wiſſenſchaft jelbft etwas 








583 


zulegt, muß man ſich thr allein- widmen. Lichtenberg, liter. Bemerk. 
Ez fol der wirt dem gaſt zulegen (Partei für ihn nehmen). Schmel- 
ler 2, 453. Unredlich Gut Tegt nicht zu (male parta male dila 
buntur). Prompt. v. 1618. Man fiehts, haft zugelegt (biſt dicker 
en Uhland, Zudwig der Baier 3. Kaum Gatte ich mein fie= 
entes Jahr zurüdgelegt, Göthe, Leben 2. B. Daß ich Diefe 
Heine Reife nur mit Schwierigkeit zur ücklegte. Göthe, Benvenuto 
Gelini 1, 8 Ein zufammengelegter GSpagierflor. 3. Paul, 
Titan 34. 

Anm. Die Parliciyien "geftatten noch andere Zufammenfegungen, 3. B. Die 
befle der Euesle genden Hennen. Göthe, Reinefe Fuchs 1, 184. Des traum: 
auslegenden Greiles. Voß, Ilias 5,149. Du löſeſt ihuen, Metter, bie rofige, 
engangelegte Feſſel vom wunden Arm. Klopſtock, an den Kaifer. 

Leger findet fich in verichiedenen Zufammenfegungen (theils mit 
activer, theild mit palfiver Bedeutung); Legung in verichiedeuen Zu— 
ſammenſetzungen; leglich, legbar, legfam nur in Zufamntenfegung 
mit Bartileln. — Was du Liebe nennft, fei ein Propfreis, ein Ab⸗ 
leger. Shakſpeare, Othello 1, 3. Wir haben eigentlih nur Ab- 
leger von Romanen und Komddien. Lichtenberg, äfthet. Bemerkungen. 
Die Anleger oder Steurer (die die Steuer haben Krenner, Land— 
tagshandl. 9, 494. Sept begreife ich erſt den fchlechten Zuftand, in 
den er (Ariftoteles) die franzöflihen Ausleger und Poeten und Kri— 
tifer verfegt hat. Schiller, Briefw, mit Göthe 3, 96. (Da) mußte 
man nach Kunft ald der würdigften Auslegerin unbezwingliche Sehn- 
fucht empfinden. Göthe, Meeifters MWanderjahre 2,7. (Wenn) fein 
Bud dadurch niht um ein paar Octapfeiten gewönne, die ihm der 
Berleger mit banrem Gelde bezahlt. Schiller, Räuber 1, 2. Er 
war ehemals in Florenz ein Verleger beim Tuchmacherhandwerk ge- 
weſen. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 8, Neben ihn wählte fie Flüg- 
ih ihren Pla, wie des Mahls Borlegerin. Voß, Luife 3*, 641. 
Die Widerleger jener Schrift. Ingenannter bei Campe. Hierauf 
kam der. Zerleger. Boß, Odyſſee 1, 141. - (Wir) dünften uns 
bei folchen Anslegnngen um defto ficherer zu gehen. Göthe, Leben 
8. B. Diefe ruhige Beilegung. Schiller, Abfall d. R. 4. B. Daß 
er mir durch die ausführlihe Darlegung der Eigenfchaften des er- 
ftern das weite Feld deutlich gezeigt hat. Göthe, Briefw. mit Schiller 
4, IR. Mit Niederlegung bier Würde. Schiller, Solon. Der 
Graf ſah ihm mit gefätliger Aufmerkfimfeit und mit Ueberlegung 
eine Zeit lang um. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 1. Bei VBerle- 

ung des Gerichts von einem Dit an ben andern. Göthe, Leben 12. 
5 Eine Grablegung des Sokrates durdy ſeine Freunde von Ca— 
nova. Seume. — Die Gründe, die fie vorbrachte, fehienen ihr un- 
widerleglidh. Göthe, Leben 6, B, Die leicht widerlegbaren 
Bominfe Koch. Wolf hat eine neue, unwiderlegbare Demon- 
ftration für's Dafsin Gottes erfunden. Herder. To 





584 


Anm. Der Leger, das Beleger heißt auf den Alpen ein Welideplatz, ges 
wöhnlicy mit einem oder mehreren Ställen und Hütten verfehen. Davon Hoch⸗ 
und Niderleger. rüber hieß auch ein abgefturbener, von felbft umgefallener 
Baum (der) Leger. Der Legerer heißt Hier und da ber Unterflein in der Rühle. 

Das Leg (im Hüttenwefen) ein Gemifch von Kupfer, Eifen und 
Arſenik, welches fich beim Machen des Schwarzfupferd zwiichen dieſes 
und die Schlade legte; die Lege 1) die Handlung des Legens; 2) 
dasjenige was man legt; 3) der Ort, wohin etwas gelegt wird. An— 
leg und Widerleg find veraltet; der Beleg (f. belegen 4) und 
das Belege (bei den Schneidern) gebräuchlich. — Auf jeden Unter- 
than eine Anlege (Abgabe) thun. Krenner, Landtagshandl. 18, 433. 
Stem hab ich ein Fuehr nach Lauffen abgeordnet, aldorten den wör- 
muet (Wermuth) fambt einer anleg (größeres Mag) Wein abzuholen. 
Abt von St. Zeno 1677. Zu allem bietet uns unfere Wiſſenſchaft 
einen Beleg an. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 6. Ich jende Mitt- 
woch die ganze Rechnung an Cotta, und wünfchte deßwegen jeden 
Beleg bejonders zu haben. Schiller, Briefm. mit Göthe 2, 233. - 

Legangel, —bett, —eifen, —feuer, —geld, —henne, —meifter, 
—reufe, —ſtachel, —ftadt, —ſtuhl, —tifh, — zeit; Anlegeihloß, 
—ſpan, —ſteg; Auslegeholz, —ſtübchen; Auslegungsart, 
—kunde, —kunſt, — ſucht, — wiſſenſchaft; Belegſtelle; Einlege— 
gabel, —geld, —holz, —kelle (in Glashütten), —löffel, meiter, 
— rechnung, —ihaufel, —ſtuhl; Vorlegegabel, —kelle, —löffel, 
—mefier, — ſchloß, — wert. — Sie werden mir meine eigene Aus- 
legungsfucht zu Gute halten. Schiller, Briefm. mit Göthe 1, 71. 
Daß es gern fih Einlegeftühle nachtragen ließ. 3. Paul. (Ex) 
reißt das Borlegemeffer aus der Scheide. Platen, rom. Dedipus 
4. Nicht Riegel noch Oeffnung noch Vorlegeſchloß fieht man. 
Platen, die verhängnißvolle Gubel 2. 

Lager (goth. ligrs, ahd. lök(g)ar, agſ. löger, altı. lög, bb. 
leger, geliger, ältenhd. Liger, Xeger, Läger, Geliger, Ge— 
leger, Geläger) 1) der Zuſtand des Liegens; 2) der Ort des 
Liegend; 3) mehrere über oder neben einander liegende Dinge. Davon 
lägerhaft, bettlägerig. — Behaufung und geliger. Hug, Rhe- 
torica Zübingen 1528. Bl. 163. Das gliger er erfaulet ſach. H. 
Sachs. Beladen mit ewiger frandhait oder leger. Schmeller 2, 454. 
Leger der thier. Prompt. v. 1618. Aus Bier-Leger (Bodenfag, 
Seen) Branntwein bremen. Lori, Lechrain v. 1616. Ein Wein 
voller Gleger. P. Abraham. Er fchlug fen Geläger . . Sie 
fhlugen jr Läger zunächſt an fein Läger. Aventinus, Chronik 1580. 
Bl. 297. Liger, ligerflatt. Prompt. v. 1618. Als Cäſars Reuterey 
beym Rennplag ward gefchlagen, und über Hals und Kopf ins Läger 
mufte fliehn. Lohenſtein, Cleopatra 1, 32, Hier dieſen todten Jäger 
trag du in dein Gelägern, Rüdert, gef. Ged. 5, 97. Denn femme 








— 


585 


Tochter zu erloͤſen, traf im Schiffs gelager Chryſes ein. Bürger, 
Ilias. — Soll id zu deinem unſterblichen Haupt ein Lager bereiten? 
Klopftod, Meifins 1, 64. Da jprang er vom Lager. Bürger, Le⸗ 
nardo und Blandine. Sie fühle nicht bloß eine große Einwirkung der 
unterirdiich fließenden Waſſer, metollifcher Lager und Gänge. Göthe, 
Meifters Wanderjahre 3, 14. — In Schlöffern und Städten, da wir 
Ablager (vorübergehenden Aufenthalt) halten und benadhten werden. 
Bayreuth. J——— von 1518. — Bewußtlos fand die bang ſu—⸗ 
ende Mutter den VBermißten auf üppigem Blumenlager binge- 
funfen. Benzel-Stemau. Mit der Einzigen könnt’ ich das — 
beſteigen. Voß. (Ueberall) bettet ex ſich Erdlager von hingebreites 
ten Sprofjen. Voß, Odyſſee 11, 194. Fern ſucht' ich fie im Fein— 
deslager auf. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 4. (Daß ich) 
die Schreibfiub’ umd ihre engen Wände in dem Feldlager wieder: 
fände? Schiller, Wallenfteind Lager 6. Wo manche zarte Städterin 
halb wah im Flaumenlager fäumt. Voß. Pojaunenrufen der 
Heerlager ... umfhol ... der Palmftadt Thürme. Klopftod. 
Worin Horion ein einftweiligeds Hoflager haben folltee J. Paul, 
Heiperus 1. Der einem langjamen Tod auf einem fehr fehmerzhaften 
Krankenlager entgegen ſchmachtet. Stiller, Briefw. mit Göthe 2, 
188. Dort (zieht) ein Gewimmel nad dem Leichenlager. Scil- 
fer, Leichenphantafiee Das Rofenlager halb entſchleiert. Voß. 
Weiche Akaziendüfte jchwammen hinab um das Schlumnterlager. 
Sonnenberg. Auf des Schmerzenlagers Streu. Salis, das Mit- 
leid. Ums Sterbelager der Menfchheit. Sonnenberg. (Die Höfle) 
warf die Müderfchütterfen tiefer hinab in der Lüfte Zaumellager. 
Sonnenberg. Bon ihrem Zodtenlager flieht man Blanfa ſich erheben. 
Uhland, Durand. Die Italiäner gingen vor Sebaſtians Waaren— 
lager vorbei. 3. Paul, Hefperus 11. Die ihm der Dunftfreis der 
Natur wie der eines Weinlagers mittheilte. Daf. 9. (Er) bezieht 
fein Binterlager. Schiller, Piccolomini 2, 7. — Xeider war un⸗ 
fere Freundin von Klettenberg bettlägerig. Göthe, Leben 15. 2. 
Da er lägerhafftig worden. Aventinus, Chronik 1580, BI. 290. 

Beilager, die Vollziehung der Bermählung vornehmer PBerfonen, 
wird eigentlih nur vom Manne geſagt. — Eleonore behauptete, auf 
ein fo hohes Beilager müßte fich die ganze Gefellichaft angreifen. Goͤthe, 
Briefe aus der Schweiz 1. Abthl. 

Die Synonymen von Beilager halten |. 

Lagern 1) liegen, gelegt fein, ein Lager haben; 2) im Xager 
fein: das Heer lagert; 3) auf den Boden legen; ſich an einem Orte 
ausbreiten, dafelbit ruhen; 4) ein Lager bereiten, anweiſen. — Weite 
Gärten lagerten blühend um die Zauberburg. Seen Schön 
ift der Friede! Ein Tlebliher Knabe Liegt er gelagert am ruhigen 
Bad. Schiller, Braut v. M. Die Engelländer fteben nah’ gela- 








384 


ert. Schiller, Jungfrau v. O. 5, 2. Herum im Kreis, von Mord⸗ 
Dt heiß lagern fih Die gräulihen Katzen. Schiller, Handidub. 
Wie auf hohen unwirthlichen Bergen drohende Wetter langſam und ver- 
weilend fih lagern. Klopftod, Meſſias. (Der) die ganze Macht der 
Bücften Griechenlands um Trojens Mauern lagerte. Göthe, Iphi— 
enie 1, 3. 
: Ab—, an—, be—, herum—, bin—, hinein —, nieder—, 
um—, feld—, nachtlagern find Far. — Die Milz fondert beftändig 
Fett ab, welches, jo wie die Galle bei der Leber, in das Netz abge- 
lagert wird. Ungenannter bei Campe. Verſchiedene Krankheitsftoffe 
lagern fich zuweilen in Die Augenhöhle ab. Beer. (Wenn) gar 
Feinde die Stadt eingeſchloſſen und belagert hielten. Göthe, Leben 
1.B Bill er uns dann belagern, er verfuh’s. Schiller, Wallen- 
fteins_ Tod 5, 5. Das find nur Schauer, die fih um dus Wort 
herum lagern! Schiller, Kabale und Liebe 5, 1. Borüberfliegend 
befreundete man ſich mit der jchönen Neihe —— hingelager— 
ter, bald reihenweis überſehbarer, bald ſich verſchiebender Anſichten. 
Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 7. Unten bat ſich der unausweich- 
liche Hund hingelagert. Göthe, Nachträgliches zu Philoſtrats Ge- 
mählden 1. In die Seitengebäude wird hineingelagert, was bin- - 
eingeht. 3. Paul, Heſperus 11. Unter dem regen Gewühl der nie— 
der ſich lagernden Völker. Bürger, Ilias 2, 95. Ihr graufen- 
hafter Schwager hatte Sie jo umlagert. Göthe, Meiſters Lehrjahre 
7, 8. (Er) umlagert es (das Städtchen) mit Roß und Mann. 
Bürger, Weiber von Weinsberg. Wetterwollen umlagerten Den 
Vollmond. Matthiffon, milefliches Rrärden. Sn der Au feldlagerte 
weithin Ungams Macht. Pyrker, Rudolph 7. Ottgar, wie, du willf, 
nadtlagernd, des dämmernden Morgens harren dahier? Daf. 
Belagerer, Belagerung, Wegelagerer. — Als fie unternahm, 
den großen Thum der Belagerer anzuzünden. Göthe, Meifters 
Lehrjahre 1, 7. Ich nahm fie mit zur Blocade von Mainz, der id) 
bis zum Ende der Belagerung beimohnte, Göthe, Tag- und Jah⸗ 
teshefte 1793, (Da) wurden die auf Die Meflen zieheuden Hundels- 
u. Wegelagerern „.. wilfürlich geplagt. Göthe, Leben 
1. 


Lagerbalken, — beſtand, —bier, —buch, —faß, — ſieber, — geld, 
—haus, —holz, —hütte, — krankheit, —korn, —krone, — kunſt, — mei⸗ 
ſter, —motte, — muſchel, —platz, —punct, „rede, —ruhr, — ſcheit, 
—ſeuche, —ſtelle, — ſtock, — wache, —walze, — wand, —wein, — wuchß 
—zins u. a. — Wie die Sternenheer' erglüh'n am nächtlichen Himmel, 
glaͤnzten die Lagerfeuer umher. Pyrker, Tuniſias 6. Dort konmt 
mir Einer durch die Lagergaſſe. Uhland, Ludwig d. B. 3. Der 
liche Lagergebieter. Pyrker, Tuuiſias 6. (Ibhr ſollt) den La= 
gergenoſſen ſtehen zur Hut. Daſ. Weil er Leto entehrt, Zend 











587 


heilige Lagergenoffin. Voß, Odyſſee 11, 580. Ausruhn ... im 
zierlichen Zagergeftelle. Voß, Odyſſee 3, 399. Und Odyſſeus Bette 
vielleicht nun flatt der Lagergemand’ entftellt von Spinnengewed’ ift. 
Bo, Od. Sich und lagerbaft. Opitz. Laßt euch Lagerkoft, ihr 
Herin, genügen. Pyrker, Rudolph 10. Daß diejes herbe Lagerobſt 
milde wird durch Liegen. 3. Paul, Hefperus 18, Draußen am La- 
gerrand. Pyrker, Rudolph 8. (Er) trägt eilends Schilf zu Hauf 
und altes Mos (der Noth muß alles taugen) zur Lagerftatt. Wie- 
land, Oberon 8, 40. (Gr) warf fidh aber fogleich auf eine der Las 
gerftätten. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 4 Männer und 
Maulthiere verließen die Lagerzelte.“ G. Schwab, Leichenfeier des 


Patroklus. 

Anm. 1. Làgel (abv. lagela, lagella, mbo. lagel, legel, legele, in ber 
Volksſprache lEl) ein Heines Fäßchen, dann auch ein Weinmaß, ſtammt aus dem 
lat. lagena = Flaſche. — Da nam Sfai einen Ejel mit Brot vnd —— weins. 
Luther, Bibelüberſ. 1. Sam. 16, 20. Hinter euch liegt mein Lägel im Kraut. 
Buß, ver Riefenhügel 59. 

Yum. 3. Im 15. Jahrh. war noch Urleug = Fehde, Krieg, im Gebrauch, 
ahd. urlac, mhd. urliuge, agi. orläg, altn. orlög. „Die mhb., agf. und altn. 
Formen find nom. pl. neutr. Als die alte Bedeutung (Schidfal, Fatum) vers 
dunfelte, verbarb allmälih bie Form und urliuge läßt fi nur begreifen, wenn 
man Mittelglieber wie urleuge, urlöige, urlaug, urlaw, urlan, urlag voraus: 
fest.” Grimm I, 353. Nach Schmeller (II, 455) hängt ade. urlac == Fatum, 
Schickſal, alin. lag = Geſetz, laginn — geſetzt, beſtimmt, mit einer früherer. Ber 
deutung von erlegen db. i. feſtſezen zufammen, 


Bitten )). 
(Wurzel bat, bitz vgl. fanffr. viin — ſuchen, verlangen.) 


Bitte, bat, gebeten, bitten (ahd. pittu, pat, pätumds, pöta- 
ner, pittan und pitjan; mhd. bite, bat, bäten, gebäten, biten; 
oth. bidjan, agſ. biddan, altn. bidja, altf. biddian, altfrief. bidia, 
Didda, engl. bid, ſchwed. bedja; |. ©. 74) eigentlich ſich niederwer- 
fen, uiederliegen, nhd. gewöhnlich 1) die Erweifung einer MWohlthat, 
einer Gefälligkeit von Jemanden verlangen; 2) (in engerer Bedeutung) 
Sort um etwas bitten; 3) bitten, bei etwas gegenwärtig zu fein, an 
etwas Theil zu nehmen einladen; 4) (veraltet) um etwas bitten, es 
fordern. — Ich bitte euch, legt feine Offenheit . . . nicht zu ge= 
fährlich) aus. Göthe, Egmont 1. Dreimal kam ich wieder als Bit- 
tender, um Liebe dich zu flehn. Schiller, Don Karlos 1, 2. 


1) Grimm fagt (Bram. II, 25): „Gilt vathen, fo hieß bidan früher lie: 
ge», jacere, humi prosterni, als ein Flehender? Hernach warb daraus bidjan 
recari, einem anliegen, mit dem Acc. der Perſon? So nur erklärt ſich goth. 
di, ahd. petti, altn. bedr (eigentlich und bei Ulfilas lectulus »Asrödior, — 
rog — WRuhebelt) analog dem goth. ligrs (lectus, »Adyy), mhd. löger, größeres 
Belt) von ligan, fo wie dem stöls (thronus — Thron) von stalan, und wie 
Bett, Sänfte, Ruhe ſcheint altſ. gibada oder gibala — levamen, Beruhigung.” 


588 


Bittet (Gott), fo werdet jr nemen. Luther, Bibelüberf. Joh. 16, 4. 
Eingeladen wurden ſie ... junge Herrn berief ich auch . . . Diele 
bat ich ſonderlich, haben's angenommen. Göthe, offene Zafel. Sie 
follen fainerlay form pitten noch ſämmen (jammeln). Rechtsb. v. 
1453. 


Die Synonymen f. ©. 74. 

Berbitten eigentlich von ſich fort bitten; dann mit Bitten vo 
fi) entfernen, durch Bitten zu. verhindern juchen. — Wer aber reiht 
bequem ift und faul, flög’ Dem eine gebratene Taube in’d Maul, et 
würde höchlich ſich's verbitten, wär fie nicht auch geſchickt zerichnit- 
ten. Göthe, Sprichwörtlih. Weihen Sie diefen edien Todten eine 
fromme chriftlihe Thräne, die Condolenz abet wird verbeten. Schil⸗ 
ler, Briefw. mit Göthe 4, 51. i 

Die Synonymen ablehnen (minder Höflih ald verbitten, uud basnod 

weniger höflihe) ausſchlagen f. ©. 147. 

Ab—, aus-, er—, für—, los —, mit—, über—, vor—, 
und bei Stieler noh fehl—, wieder—, zerbitten find an 
fid) far. — So hab’ ich diefem würdig braven Mann, dem Bnttler, 
ftilles Unrecht abzubitten. Schiller, Wallenfteind Zod 3, 4. Er 
habe fih die Erlaubniß ausgebeten, ihn als Vater anjehn zu Dür- 
fen. Göthe, Leben 6. B. Freigebig ift der mit feinen Schritten, der 
fommt von der Katze Sped zu erbitten. Göthe, Sprichwoörtlich. 
Dagegen machte ſich die Regentin verbindlih, alles Vergangene zu 
Bergen ‚ und für die Verbrecher jelbit bei dem Könige fürzubit: 
ten. Schiller, Abfall d. N. 4 B. GSie lief und ſchrie und bat ihn 
(08. Gellert, der beberzte Entſchluß. Flamin hatt’ er nicht mitge- 
beten. % Baul, Hejperus 18. Es überbitten unſre Bitten feine. 
Shakſpeare, K. Richard II. 5, 2. Sie will den Ulyſſes überbitten. 
Opitz, Zrojanerinnen 81. (Der Himmel) ließ fi endlich dein Gebet 
zur Erbarmung überbitten. (d. h. ſich erbitten zur Erbarmung über: 
zugehen). Günther. Wie ein folher Mann, der zwar von frommen, 
aber doch fündigen Eltern erzeugt worden, zur Gnade gelangt fei vor 
Gottes Thron zu fteben, und für Diejenigen, die fih im Gebet gläu- 
big an ihn wenden, vorbittend Befreiung von fchredlichen Webeln 
erlegen könne? St. Rochusfeft. 

Bitte (ahd. p(b)ita, p(h)ẽta, mhd. die böte, das bit, agi. 
bidde, altf. beda, altfrief. bede — Bitte und Gebet) Forderung an 
Semandes Güte Davon Ab—, Für—, Vorbitte u. a. — 
jei, gewährt mir Die Bitte, in eurem Bunde der Dritte. Schiller, 
Bürgfchaft. Auf deffen Bitte und Borbitte hören die Eltern. 
Göthe, St. Rochusfeſt. Keine Fehlbitte gethan zu haben. Daſ. 
Ob man ſich mit einer Abbitte begnügen koͤnne. Göthe, Leben 6. 
B. Dem eine Doppelbitte will ich nod in feine mächt’gen Hände 
legen. Eollin. Fürbit thun für alle Menjchen. Luther, Bibel- 





589 


überf, 1. Tim. 2, 1. Did) kann die heiße Liebesbitte rühren. 
Schiller, Maria Stuart 3, 6, 

Anliegen (ſ. S. 567) und Begehren (f. S. 340) find fnbflantivifch 
gebrauchte Infinitive und fo aus den Verben deutlich. — So lange ihre vos 
tigen Beherrfcher Fein höheres Anliegen hatten, als ihren Wohlftand abzus 
warten. Schiller, Abfall der Niederlande 1: B. 

Anm. Das uhd. Bet, auch Bed, mhd. böte, neunieberb., neunieberl. bede 
= freie Abgabe, mittellat. buda, it nah Schmeller 1, 216 das ahd. pöta. 
„Die landesfürftlichen urfprünglichen Beten, (fagt derfelbe), Haben fih in man⸗ 
chem Lande, trog des milden Namens In ſtrenge Forderungen, oder Zwangsabgaben 
umgewanbelt.“ 

Bitter (mhd. biter) ift in verjchiedenen Zufammenfegungen ge- 
bräuchlich; bittlich (mhd. bätelich, ahd. pittentlih), erbittlich, 
unerbittlidy (ahd. unarpittentlih), a Al — für: 
bitter und Freund und Bruder der fterblichen Menfchen. Klopſtock, 
Meſſias 10, 987. Daß der Mond jeinen Gevatterbitter bei den 
Erden-Gelehrten herumſchicke. J. Paul, Hefperus 1. Als Prologus 
tritt der Hochzeitbitter auf. Göthe, Leben 18. B. Mit einer 
wahren Keichenbittersmiene! Schiller, Fiesko 1,7. — Was lüchelft 
du jo bittlich her, mein Theurer? Bürger, an den Mond. Diefen 
Schag, den ich einmal befige, erhalte mir, du erbittlidhes oder 
umerbittlihes Schickſal! Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 2. Dieß 
Herz mit Unerbittlichfeit bewaffneft du. Schiller, Jungfrau v. 
O. 2, 8. Laß mich bittjelig ſeyn. Weichmann, Poefle der Nieder- 
ſachſen 1, 373. 

Bittbrief, —dienft, — eſſen, — frohe, —geſang, —fchreiben, 
—fteller, —tag, —weife u. a. — Die Bewohner Cataniens waren 
erade zit einem Bittgange verjammelt. Campe. Mit einer Bitt- 
hrift einzulommen. Schiller, Abfall d. N. 3. 3. Bitten an Große 
werden leichter erfüllt, werm man fie thun läßt, als wenn man fle 
thut; weil der Bittträger die Gelegenheit der Uebergabe fanfter und 
feiler, als der Gegenftand herbeiführen kann. 3. Paul. | 

Beten (ahd. petön, mhd. böten, alti. bedön, neuniederd. be- 
den; altn. beidhja = erbitten, verlangen) |. S. 74. Davon: ab—, 
an —, auf — aus — er - ‚fort—, her —, herab —, herunter — bin—; 
hinan —, hinaus —, hinweg —, mit —, nach —, ver —, vor —, zurück⸗ 
beten. — (Ich werde) demnach brünſtig beten mitten unter meiner 
Qual. Bürger, Huldigungslied. Dir beten ſterbliche Menſchen, die 
du tödteft, im Staube gebückt; der weiſere Seraph betet dir, Gott. 
Mopftvd, Meſſias. Er fleht’, er betete mit aufgehobner Hand, vom 
Himmel Ruh für uns, und Sieg für feine Feinde. Weiße. — Zur 
Zeit, wo ein beiliger Mann feinen Palm abzubeten pflegt. J. 
Baul, Heiverus 8. Wer hätt! in ſüßer Geiftesverwirrung um ab- 
jubeten jede Verwirrung wie vor einer Heiligen gefniet nicht hier? 





FU... SIEHE 


4 ©. Eberhard. Geift Schöpfer, vor dem ich bier fl anbete. 
Klopſtock, Meſſias 1, 10. Diele hatten ihn. (den Prinzen von Ora- 
nien) angebetet, Alle hatten ihn verehrt. Schiller, Abfall d. N. 4. 
B. Einen Palm in der Kirche aufbeten. Beyer. Als fie nun 
ausgebetet. Bürger, Ilias 1, 458 Bin fo frei grad’ herein zu 
treten, muß bei den Frauen Verzeihn erbeten. Göthe, Fauft 1, 
150. Die Alte drüdte dem Jünglinge ſtumm und erfreut die Hände 
um Fortbeten zufammen. % Paul, Zitan 21. Als er kaum ſechs 
Sabre alt war, konnte er ſchon das Vater Unfer rüdwärts berbeten. 
Kichtenberg, pädag. Bemerkungen. Die Urſachen laſſen fih herun— 
terbeten. Göthe, Götz v. B. % Wir find gewohnt, wo es auf) 
thront, in Sonn und Mond binzubeten. Göthe, Zauft 2, 165. 
Ich bet’ hinan, und Lobgeſang ift lauter mein Gebet. Göthe, Künft- 
lers Morgenlied. Er wollte ein altes Menjchenpaar, für das die Glode 
- die Orgel gewefen, gar hinausbeten laffeen. 3. Paul, Heſperus 
10. Oft hat der heil’ge Mann für uns den Himmel gefragt und 
manchen Fluch hin weggebetet. Sciller, Braut v. M. Diefe Lir 
taney . . . follte ih bier mitbeten. Göthe, ital. Reife Rom 9. 
Dec. Münner, denen e8 (das Volk) blindlings nachzubeten pflegt. 
Schiller, Abfall d. N. 2. B. Das arıne Mädchen verjaummert und 
verbetet ihr Leben. Göthe, Götz v. B. 3. Der faun Biefe Ber 
leumdung in Ewigkeit nicht verbeten. Geller. (Sie) ſprachen von 

Gott und beteten laut gen Himmel dem Boll vor. Sonnenberg. 
Verehren (|. Ehre S. 2357) deutet einen minder hohen Grad der Ah: 

tung an, als anbeten. A 

Beter (ahd. pötäri, mhd. beter), Anbeter, Borbeter; An: 
- betung; Gebet (ahd. klg)apcb)et, mhd. gebät, agf. gebäde, alt. 
gibäd f. Bitte). — Der du des erften Buudes ‘Propheten, den fühns 
ften der Beter, als er bat, von Antlih zu fehn zu Antlik Jehovah, 
in der Höhle verbargft. Klopftod, Meſſias 5, 358. Jene Beter 
fanfen in die Gruft. Matthiffon, das Kloſter. Fiesko ift ein Anbe- 
ter der Kunft. Schiller, Fiesko 1, 13. Sie waren die Seelen jener 
Meilen der Morgenlande, die famen und eins, von dem eilenden 
Sterne geführt, Anbetungen bradten. Klopfiod, Meſſias 5, 77. 
Er if der ſtets Anbetungswürdige. Daf. 14, 1049. — Mit 
dieſem nachfolgenden (Ge⸗) Beht. Aventinus, Chronik 1580. BI. 204. 
Wenn er einfame Nächte unter des Vaters Anſchaun ernft in Gebe: 
ten durchwachte. Klopſtock, Meſſtas 1, 45. Sprid in Andacht ein 
Gebet für mid. Schiller, Fridolin. Mit langen Feuergebeten 
vor der feften Zodespfordte zu fnieen. 3. Paul. Dann ſeis mein 
Frühgebet. Shakipenre, Maß fin Maß 2, & Du fprichft dein 
Schlußgebet. Daf. 1,2 Sie flehten: endlich ihr Jammerge- 
bet mit Zodesgebet zu vereinen. Sonnenberg. Und alle Umar⸗ 
mung war das dankende Jubelgebet der wereineten Erden. Sonnen 





591 


berg. Der Bootsmann läntet zum Nachtgebet. Sulis, Monodie. Jetzo 
hörte der eroige Bater... dein Söhnungsgebet. Klopft., Meſſ. 1, 348. 
Ahr Juden — ſonſt geheine Stoß- und Schußgebete. J. Paul, 
Siebenfäs 4. Daß die andern ihr Tiſchgebet verrichteten. Goͤthe, 
Reben 6. B. Das Todtengebet war jeßo vollbracht. Sonnenberg. 
Rang erhub fein Wonnegebet ſich. Klopftod, Meſſias 11, 908, 

Betbruder, —gemach, — halle, —haus, —fammer, —faal, 
—ftätte, —ftube, —fuhl, —tag, —woche, —zeit, — zimmer u. a. 
— Beide hatten fih in dieſen Abendfinnden zu einer Betefahrt 
frenndnachbarlich verbunden. Wieland, Oberon 2, 3%. (Wo) Die 
Abendbetgloden fich hören laſſen. Göthe, Meifters Wanderjuhre 
- 3,13. Bei meinen Betlorallen. Shaffipeare, K. Heinrich IV. 2. 
Thl. 1, 1. Do follen fie auch Bußprediger, ja Betſchweſtern 
und Alles zugleidy fein. Platen, die verhängnigvolle Gabel 5. (Der) 
ließ Betftunde halten. Schiller, Wallenfteins Lager 6. 

Betteln (ahd. pẽtalon, mhd. betelen, altı. betla) f. ©. 74. 
Davon: ab—, an—, durch —, er—, um—, zufammenbetteln. — 
(Der) lieber hungert, lieber bettelt. -Güthe, Kauft 1, 152. (Sie) 
bettelt dort um Gnade. Bürger, Weiber von Weinsberg. Wohl- 
thätigkeit, Die bis jegt bei jeiner haushaͤlteriſchen Dürftigfeit betteln 
ing. Schiller, Fiesko 5, 16.— Die jener‘ meiner Menjchenlicbe ab= 
ettelte. Lichtenberg, über Phyſiognomik. Philine warf jedem 
Armen, der fie anbettefte, etwas zum Schlage hinaus. Göthe, 
Meiſters Lehrjahre 2, 4. (Wie er) fich durch die halbe Welt als 
Pilger durchgebettelt. Wieland, Oberon 12, 30, Kommſt du als 
Flüchtling, ihre Hülff erdettelnd? Schiller, Wallenſteins Tod 1, 
6. Vielmehr umbettelnd im Volke, 'wird er fich Autter er- 
fiehn für des Bauchs mmerfättlichen Abgrund. Voß, Odyſſee 17, 
27. Man) bettelte ſich manches Stüdchen Taft zufammen. 
Böthe, Meifters Lehrjahre 1, b. 

Bettler (abd. plb)ötaläri, ınhd. bätelsere, altn. bätlari), 
bettlerifch: Bettel, Bettelei, Bettelung. — "(Die Pfennige) 
dem erften dem beften Bettler in den Hut warf, Schiller, Räuber 
1,1. Ich bin eine Bettlerin! Schiller, Kabale und Liebe 3, 6. 
Den Bettel. Fiſchart, Gargantua S. 86. Es ift wieder der alte 
Bettel. Schiller, Wallenfteind Lager 11. Ch’ will ich mit meiner 
Geig’ auf den Bettel en Schiller, Kabale und Liebe 1, 
1. Alda mußten bettlen die edlen Mann und Frawen, die voran teich 
und mechtig waren gewefen, die mußten jebt den Vettel freßen. 
Apentinus, Chronik 275. Bettlerifch. Fiſchart, Gargantua ©. 42 
Beratung and Bettelei würden fein gewifles Roos fein. Xeifing, 
hamburg. Dramaturgie 18. 

Bettelbrief, — brot, — bruder, —bube, —dirne, —frau, —geld, 
—handwerk, — hochzeit, — Junge, —Inabe, —leben, — leute, — mad⸗ 


592 


hen, —münze, —orden, —pad, — pracht, —pring, — ſchelle, —ichenfe, 
—ſchmans, —ſchub, —ftaat, —tanz, — trotz, — vol, —wefen, —wirth 
u. a.; Bettlerherberge, —bhütte, — krücke, — mantel, —kraut, 
—fpradhe, — ſchub u. a. — Wie arm bift du, wie bettelarm ge 
worden! Schiller, Don Karlos 2, 15. Sie find ungemein arm und 
vermagert, gar zu bettelhaft. Shafipeare, 8. Heinrich IV. 1. Thl. 
4, 2. Ic habe keineswegs lingeziefer und Bettelherbergen dert 
getroffen. Göthe, Campagne in Franfreih zum 24. Sept. Das 
Schickſal konnte dir fo gut die Betteljade anziehen, als dein Kollet. 
Benzel-Sternau. So machte uns ein alter blinder Betteljude aus 
dem Sienburgifchen zu lachen Göthe, Leben 16. B. Daß fich feiner 
fürder trage mit fo loſem Bettelfram. A. Tiherning. (Der Ta 
bafsbeutel) ift aus den Bettelmännern (dem Abfälligen Der Baum- 
wolle) zufammengedreht. %. Paul, Hefperus 26. Pilger und Bet- 
telmönde.. . die Betteltafhe. Schiller, Abfal d. N. 3.2. 
(Eine) Schaar mit Bettelfäden. Göthe, Egmont 2. Bettel: 
ſchamiſch. Fiſchart, Gargantua E. 376. (Mein Bormund) bringt 
mih an den Bettelftab. Göthe, Rechenſchaft. Du trittft mir zwar 
mit dem Bettelftolze eines guten Gewiflens unter die Augen. 
Thümmel. Verſchnitt fie nicht einmal ihren einzigen Kirmeskuchen an 
zwei Bettelftudenten. % Paul Bir kochen breite Bettelfup- 
pen. Göthe, Fauſt 1, 12% Um im Dorfe fo zu Haufe zu ſein, 
wie der Bettelvogt. 3. Paul, Hefperus 8. Fragt nur Euer altes 
Bettelweib. Shakſpeare, Map für Maß 3, 2. — Der nur geb 
ren fchien für Bettlerangft. Shalipeare, Eymbeline 5, 5. (Den) 
feine Bettlerjade auf der Erde nachichleift. Göthe, Briefw. mit 
Schiller 3, 197. Ehrfurcht beftehlt die Tugend aud im Bettler: 
leid! Schiller, Kabale und Liebe 3, 6. Als König Kophetun das 
Bettlermädchen liebte. Shakipeare, Romeo und Inlie 2, 1. Nicht 
gern geb’ ich aus freier Neigung diefe Kunde von feinem Bettler: 
tauſch. Shalipeare, Eymbeline 1, 7. Den ganzen Hausrath der 
Bettlerzunft. Schiller, Abfall d. N. 3. 2. 

Bett (goth. badi, ahd. petii, mhd. beite, altn. bedr, alti. 
ag. engl. bed) eigentlid ein jeder Pla, der zum Lager, zur Ruhe 
dient; auch eine fortlaufende Vertiefung für das Waſſer. Uneigentlid 
werden die erhöheten Plaͤtze in Gärten ꝛc. Bette man wofur man 
nun gewöhnlid Beet fagt (ahd und mhd. petti, bette für beide Be 
Deutungen; dann für Beet ahd. pettili, mhd. hetele, in der geäifll. 
Schaubühne von 1683 Bethling, bei Stieler Bett und Bebt, 
mittellat. batum). Davon betten (ahd. petön, mhd. beiten) = 
ein Lager bereiten (eig. u. fig.). — Daß er angefleidet fi aufs 
Bette legt. Göthe, Braut von Gorinth. Und am Ufer des Buſento 
reißten fie fich um die Wette, um die Stroömung abzuleiten, gruben 

fie ein frifches Bette. PBlaten, das Grab in Buſento. Die Blumen 


593 : 


von den Beeten ſchauen uns mit ihren Kinderaugen freundlich an. 


Göthe, Taſſo 1, 1. Und er, ſtets wolluſtathmend, fliegt den Blu⸗ 


menbeeten zu. Pfeffel, der verwandelte Amor. Gewächsbäuſer und 
Treibebeete. Göthe, Wahl. 1,1. — Muß heut noch hundert Meilen weit 
mit dir ins Brautbett eilen... Ich bringe Dich, zur Mette, noch heut 
ms Hocdzeitbette. Bürger, Lenore. Die Ehe fol ehrlid) gehalten 
werden vnd das Ehebette vubefledt. Luther, Bibelüberf. Hebr. 13, 
4. Werd’ ich beruhigt je mich auf ein Faul bett legen. Göthe, Fauft 
1,86... Ich will ins Kederbett, Das Feldbett iſt zum Schlufen 
mit zu falt. Shakeſpeare, Romeo und Julie 2, 1. (Er lag) im 
Gitterbette mit zugeichloßnen Augen ausgeftredt. 3. Paul, Siebenfüs 
9. Der Thiere Großjultan lag auf dem Krankenbette. Pfeffel, der kranke 
Köwe. Nuch Krüge voll Honiges ftellt’ er und Deles gegen dus Leichen⸗ 
bett. Bob. Hätte mich nicht Krankheit, mein erftes Mutterbett hin» 
veißen fönnen? Herder. Dortim Rajenbette. Matthiffon, der Wald. 
Du Schwärmer auf den Ruhebetten von Moos und Flaum. Bür⸗ 
er. Der. eiferjicchtige Pankraz Ing ächzend auf dem. Sterbebette. 
feffel, die Treue. Die Königin liegt auf dem Zodesbett. 
Shafjpeare, Eymbeline.4, 3. An dieſer glühenden Bruft joll mein 
Herz wieder erwarmen, das am. Todtenbette des Buterlandes ein- - 
friert. Schiller, Fiesko 1, 10. Sie ſetzten das Tragbett an der 
Gruft nieder. BenzelsSternau. in Unterbett, das. ihnen beim 
Aufitreich überboten wird. Schiller, Räuber 1; 2. Frau Löwin fam 
im Gedernwald mit einem -Kuäblein wohlgeftaft ins erſte Wocden- 
bette. Pfeffel, das Gingebinde. — Stehe auff vnd bette Dir 
felber. Luther, Bibelüberjegung Apoftelgeidiihte 9, 34. Aber ſchwe⸗ 
ſterlich eng in dein einzigen Zimmer gebettet. Baggeſen. Und auch 
der hat fih wohl gebattet,. der aus der: ſtürmiſchen Lebenswelle, 
jet gewarnt fi) herausgerettet in des Kloſters friedliche Zelle. Schil⸗ 
er,. Braut v. M. Sanft au bettet (gibt ein Bett ab) das Gras. 
Bo. - — | | 
Bettbank, —barchent, —bebänge, —bezug, —boden, —brett, . 
—dede, —flaſche, —frau, — geräth, —geſell, —geſtell, —gurt, 
— himmel, —fammer, — kaſten, — knopf, —korb, — lade, —lägerig, 
—laken, — meiſter, —pfanne, —pfoſte, — quaſt, — ſack, —fäule, 
—ſchere, —ſchirm, —fpinne, —ſtange, —ſtelle, —flollen, —überzug, 
—umhang, — wagen, —wanze, —wärmer, — waͤſche, —zeug, —zuͤge, 
—3willich u. a — Die Frage Eiferjuht am Bettfuß angebannt. 
Gothe, Künſtlers Morgenlied. Doch ſagen Sie, weswegen denn ihr 
Bettgenoß den ſchlauen Dieb am Stehlen nicht verhinderte. Pla⸗ 
ten, die verhänguißvolle Gabel 1. Er (der Tod) möchte mich unter 
Die Bettſtatt. Platen, verhängnißvolle Gabel: 5. Leute, welche 
Bettſtroh verbrannten. Göthe, Unterhaltwigen deutſcher Ausgemwan- 
derten. Ihr meint, nur Eure Betttücher wüßten um Eure Wünfche? 
W — 


594 


— Nñ N — 


Shakſpeare, Antonius und Cleopatran1, 2. Als wenn es mir zwiſchen 
die Bettvorhänge hineinblieſe. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1801. 


Sitzen. 
(Wurzel sat, sit; janffr. sad.) 
Eige, ſaß, geſeſſen, figen (ahd. sizu, saz, säzumes, söza- 


ner, sizan; mhd. sitze, saz, sazzen, gesezzen, sitzen und 
sizen; goth. agſ. sitan, altn. sitia; vgl. lat. ee sidere, gr. 
Lew, Ksodu; Beouog dor. reduog, idnm) 1) allgemein auf den Hin 
tern ich miedergelafien haben und auf folhe Art den Körper ruhen 
laſſen; 2) (in weiterer und uneigentlicher Bedeutung) in verjchiedenen 
- Fällen: zu einem beftimmten Zwede figen, einen dauernden Aufenthalt 

an einem Orte haben, auch von leblojen Dingen gefagt; 3) (veraltet 
und noch landſchaftlich) ſich jeßen. — Nach Mittage n aßen wir jun 
ges Boll im Kühlen. Göthe, Stirbt der Zucht. Uud edle Frauen 
zu Gerichte faßen. Schiller, Jungfrau v. O. 1,2 Der Schelm 
figt überall im Vortheil. Götbe, Egmont 4. Und wie euch die 
Hoſen figen! Schiller, MWullenfteind Lager 6. Im Ganzen da jipt 
die Macht! Daſ. 11. Eine Braut läßt er jigen in Thränen umd 
Schmerz. Dal. 7. Grete bleibt jigen (bekommt feinen Mann). 
Leffing, hamburg. "Dramaturgie 28. Daß ih noh aufs Pflafer 
ſitze. Uhland, die Nachtfchwärmer. Sie faßen in's Blumenland. 
Uhland, der Traum. 


Beſitzen (ahd. p(h)isiz(z22)un, mhd. besitzen, agſ. besittan) 

1) (veraltet) oft und lange auf einem Orte ſitzen, auf demſelben fo 
* fange figen, als erforderlich ift; 2) (umeig.) eine Sache unter fich haben, 
etwas dergeftalt haben, daß man darüber verfügt und Andere. Davon 
ausſchließen kann (von vernünftigen Weſen gejagt); 3) (in weiterer Bes 
deutung) mit etwas verjehen, begabt fein; 4) genau fennen und ver 
ftehen, gleichfam wie mit einem Beſitzthum damit fchalten fönnen; 5) (ver- 
altet) unergiebig, unfruchtbar fein, figen bleiben, nicht treiben. — - 
Wenn das Weibchen ausgeflogen it, jo beſitzt das Männchen die 
Eier. Ungenannter bei Campe. Redlich will ich lieber ſchwitzen, als 
die Heuchlerbanf bejigen. Logan, Sinnged. 7, 74. Wenn jbr fein 
rob befigen bleibt. Ringwald, die lautere Wahrheit. Alles Das 
b efaß ein Andrer ſchon, wird nach mir mancher Andre noch befigen. 
Schiller, Don Karlos 1, 6. Beſäß' er Habſucht oder Ehrbegierde. 
Daf. 3, 5. Unſere deutichen Gelehrten huben lieber in einer abge— 


- florbenen Sprache, die fie mehrentheild noch fehr fhlecht befelfen, 





fhreiben, als ihren meilten Landsleuten veritändlich werden wollen, 
— Do beſaz diu erd. Schmeller 3, 300 aus dem 12 Jahr⸗ 
undert. 





595 


Saben f.S.231. Inne haben (ahd. inni haben, f. innen ©. 278) 
ausfchlieglic in feiner Gewalt haben. — Zufrieden flellen will er alle Theile, 
umd zum Grfag für feine Mühe Böhmen, dag er fchon inne bat, für Hd 
behalten. Schiller, Piccolomini 5, 1. Der ehemalige reihe Inhaber dieſer 
Wohnung. Göthe, Leben 14. B. 2 
Ab—, an—, auf—, aus —, bei— daheim — durch —, ein—, ent⸗ 

egen —, er —, fort —, mit —, herum —, nach —, nieder— ‚um— ‚um= 
er —, unter —, ver— , vor —, voran —, zurück —, zuſammenſitzen und 
die veralteten entfigen, überſitzen (über einem |.) und widerſitzen bedür- 
ten feiner weitern Erklärung. — Barum jollen denn auch auf der Erde, wie 
im Himmel, gerade die größten Wundelfterne am weiteiten von ihrer Sonne 
abfigen? 3. Paul, Zitan 40. Die. Bappenheimer find abgeſeſſen 
md rücken an zu Fuß. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 19. Bei Ber: 
ſetzung in höhere Klaffen richtet man fich bloß nad) den Fähigkeiten, 
und gar nicht nach einer gewiſſen in den miedern Klaffen abgejefie- 
nen Zeit. Albrecht. (Die Schwefelkiefe waren) durchaus aber darin 
leih, Daß fie nirgends angefeifen hatten. Göthe, Campagne im 
freich 26. Sept. Der einer jo frucdjttragenden Nachbarſchaft an= 
jigen konnte, "ohne den geringften fchönften Gebrauch von derjelben. 
% Paul. Auf den. Grasbänfen ſitzt man fih deu Schnupfen an. 
% Paul. Ich bin in voriger Nacht bis gegen Morgen aufgefeifen, 
um Die Sobelperiode bis zum lepten Worte zu entziffern. J. Paul, 
tan 41. Kuraffiere, Jäger, reitende Schüßen, follen achttauſend 
Mann auffigen Schiller, Wallenfteind Lager 11. Endlich ift der 
Rind une (hat fich gelegt). Schmeller 3, 299. Der dro- 
ben in der Luft die Eier jeiner Phantafle auf dem Rüden diefer Bö- 
gel (der Paradiesvögel) auszufigen (anszubrüten) gedenkt. 3. Paul, 
Siebenkäs 9, Wenn ich e8 wünfchen könnte, wär’ e8 etwa nur, um 
beizufißen einem Kriminalprozeg. Platen, die verhängnißvolle Gabel 
4. Wohl dem, der fein Feld beitellt in Ruh, und ungekränkt da= 
beimjigt bei den Seinen. Schiller, Zell 4, 3. Er ſaß faft ganze 
Rächte und Seſſel durch. J. Paul, Siebenfäs 9. Unz (bis) ſy 
muß und gewer Des obgemellten kauffs durchſeßen haben (jo lange 
in wirklichem unangefochtenem Beſitz geweſen ſind, daß das Gut ihnen 
von Rechtswegen nicht mehr entzogen werden kann). Mon. boica 10, 
573 vom J. 1490. Sitzet nur ein (in den Wagen), Göthe, Her- 
"mann und Dorothea 6, 303. Es iſt ſchon recht jo, daß er bier ein- 
ſitzt (gefangen fit). Benzel-Sternau. Daß ih nicht-einjig (ne 
res mihi sit fraudi). Vocab. v. 1618. Selbit dann faß fie ent- 
egen dem göttergleichen Odyſſeus. Voß, Odyſſee. Entjigen, wir 
Ku weit von einander entfeßen (entfernt), weıt entſeßene Öerter. 
Stieler 2096. Des ſich des Könige Freundt entjajfen (entſetzten). 
9. Sachs. Bon dem (Blut) die ftarre Thrän” im eignen Kwell er= 
figt (figen bleibt). Lohenftein, Cleopatra 5, 309. Laß deine Hälf, 


38% 


.. 596 


— 


o meine Kraft und Schloß, doch nicht erfigen. DOpitz. Die Schub 
blieb auf dem Schwan’ erjigen. Wieland. Sid Schwäche erfigen, 
erichreiben. 3. Paul. Weldye für fih ſo fortfigt in dem. Palafl. 
Voß, Odyſſee 13, 336. Keinen der Andern ließen fle dort mit- 
figen. Daf. 16, 361. Alle find herbeigerufen, von Dionens Anger 
fiht, mitzufigen, um die Stufen ihred Thrones, zu Gericht. Bin- 
er, Nachtfeier der Benns 2. Sitze (du) beim Claviere nieder. 
Göthe, an Lina. Einft ſaß am murmelnden Strome die Sorge nie- 
der und fann. Herder, das Kind der Sorge. Wo man eine ent« 

fhieden bleibende Rangordnung für die Umfigenden gewahrte. 
Göthe, Campagne in Franfreih 4. Oct. Dem fie betäuben wich 
ganz, die ringsumher mid umfigen. Voß, Odyſſee 18, 230. Jene 
Stadt umſaßen (belagerten) mit Krieg zwei Heere der Völker. 
Voß. Wollt ihr aber bei einem guten alten Köhler, an warmer Stätte 
die Nacht verfigen oder verliegen, jo feid ihr willfommen. Götbe, 
Meifters Wanderjahre 1, 4. Was hast du da in Höhlen, Felfenrigen 
dich) wie ein Schuhu zu verjißen (dir durch Sigen Unbehaglichkeit zu 
bereiten)? Goͤthe, Fauſt 1, 172. Und denkt vielleicht, Daß ein ver⸗ 
- drieglih Weib’ in Monatsfrift viel Eigenfinn verſitze. Hagedom. 
War alles jchon verjejjen (zum Sigen in Beichlag geriommen) beym 
Wirth. Boreiunculabüchlein. O we, wie, fin wir verfezzen (mo mir 
uicht figen follten) zwiichen froiden (Freuden) nider an die iamerlichen 
ftatt. Walther v. d. Bogelweide. Und fein. Gelübde verjaß wer: 
fäumte). Iwein 5, 86. daz ers verdulte und verjaß (ruhig ertrug). 
Iwein 5, 2%. Sind die Stimmen gleich, fo enticheidet der Bor- 
figende. Göthe, Meifterd Wanderjahre 3, 11. Ohnehin konnte er 
‚den Maufbronner Schaufpielern als flügelmännifcher Vorſonfleur vor 
figen. 3% Paul. - Bir vernehmen, wie du ‘und in unſerm M 
widerſeſſen ſeyeſt (dich widerſetzt habeſt). Krenner, Landtagsh. 1, 
142 zum 3. 1442. Wer weiß, ob wir bald wieder fo rubig und zu 
frieden zuſammenſitzen. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 6. 

Yum. Gtieler hat noch fortfigen (Pla machen) und zerfigen.- 


Beſeſſen (Partic. Präter. von beiigen) 1) in Befiß oder Ge- 
walt eined Audern, im Befondern in der Gewalt des Teufels; 2) 
(veraltet) für anfällig, — Deine Seele ift bis in ihre innerften 
Tiefen von ———— Mächten beſeſſen. Göthe, Götz v. B. 8. 
(Er) klaget einen beſeſſenen Mann. Klopſtock, Meſſias 2, 87. 
Ein Tagelöner, der nirgend beſeſſen (anſäßig) iſt. Luther, Bibel- 
überf. Sir. 37, 14. 
Verſeſſen und das minderftarfe erjeffen (von er— und ver- 
figen) drüden ein feites Beharren (dauerndes Sigen) auf Dem Ger 
genftande Des Verlangens aus, um ihn entweder zu behalten, oder zu 
erfiteben. — Darauf waren die Leute fo verſeſſen. Göthe, zabıme 


597 
Kenien V. Iſt der Bater auf Geld erſeſſen. Göthe, der Geiz. 
Bekanntlich find Ratten jo arg erfeiien auf Rojenhoßdl. 3. Paul, ° 
Heiperus 1. | 
Erpicht (im gewöhnlichen Leben auch verpicht, abgeleitet von Pech, 
ahd. p&h, agf. pic, mhbb. pöch, -altn. bic, lat. pix, gr. alssa) brüdt ein 
leivenfpaftliches @efeffeltfein an einen begehrten Begenfland aus, um in feinen 

Befig zu kommen. — Ich foll vielleicht nicht wahrgenommen haben, wie ers 

picht und gierig ihre auf euern Raub euch. Härztet! Schiller, Don Karloe 3, 

4. Ich war auf nichts fo fehr, ale auf die Jagt verpicht. Welchmann, 

Poeſte der Niederſachſen 1, 239. 

Anm. 1. Die Bolksſprache hat hier und da im Sinn von erfeflen == höchſt 
beforgt für die Pflege und Wartung einer Sache das Wort verheit, wahrfchein« 
ih von heien (mhd. heien, heigen) bewahren, forgfältig fchonend behandeln, 
wol eine mit hegen. — 

Anm 3%. Das alte Subſtantiv Beſeß (ahd. pisöz, mho. besez == Belas 

g, auh Bells) hat fih im Sinn von Belagerung und von Mißwachs bie 

17. Jahrh. erhalten. — In Beſeß haben. Hug, Rhetorica Tüb. 1528. BI. 
122. 6; wär denne, daz ſchawer vnd pifes wär. Mon: boica 2, 223 vom 9. 
138. Weder ſchawr noch pifet noch dhainerlang gewalt. Daf. 19, 108 vom 
I. 1420. Wo durch Befäß oder in ander weg der Traid Schaden genommen. 
Dig. v. 1543. Welches Jahrs ein Bawman gepreften leydt von Beyjäß oder 
andern folchen Sachen und gepreften, Tyrol. 8. O. von 1603. 

Sig (ahd. siz, mhd. sitz) 1) Zuftand des Sigens; 2) allge- 
mein Ort oder Geftell des Sitzens, im weitern Sinne des Aufenthal- 
tes, des Wohnens; 3) der. Theil des Körpers, auf oder mit welchem 
man ſich ſetzt, doch fteht in dieſer Bedeutung lieber das Geſäß (ahd. 
gasäzi, mhd. gesæze), bei Logau der Sitzer (mhd. daz sitzel, der 
Hintere, ahd. sezzom, sezzun, Hinterbaden). — Der König hatte 
fih zu Sitze begeben (hatte fich geſetzt). Michaeler. Hinter Wismar 
iſt meiner Eltern Sig. Schiller, Wallenfteins Luger 11. Wo ift die 
Himmelödede über ihrem Sie? Schiller, Maria Stuart 1,1. — 
Und bat jeder ein funderbar Gefäß (einen bejondern Pix) vor der 
Statt (die fie belagerten). Tihudi I, 143. Welcher (Pfeil) rechts 
am Geſäß ihn verwundete. Voß, Ilias 13, 651. er war tredfeg- 
matiih von Lederem geſäß. Fiſchart, Gargantua ©. 217. — Was ift 
ein göldner Kopf ohn einen bleyern Sitzer? Logau, Sinnged. 1728. 
Trotzt mancher noch jo hoch, jo trifft er endlich doch fuͤr ſeine Füße Schuch, 
für feinen Siger Bruch (Holen |. S. 68). Daf. 1573. — Die 
Schiürfseifen haben ihren Anſitz (Wohnfig) umb den Amperjee. 
Hund, bayer. Staͤmmenbuch 1, 331. In der weltberühmten kayſerl. 
Anjisftadt Wien. Neiner, Tandelmarft v. 1734. (DaB fie) durch 
nich zum Aufjig ftehen gelernt. Klopſtock, Unterricht. In denen 
(Rathsverſammlungen) Viglius und Berlaimont den Vorfig' führten.’ 
Schiller, Abfall-d. N. 2. B. Daß ich deinen Beftk . . . durch feis 
nen Kehl nicht entweihte. Klopſtock, Meſſias 4, 833. Sei im Be- 
fige imd du wohnft im Recht. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 5. 


598 


Verſchmähe nicht, o herrliche Frau, des höchften Gutes Ehrenbe: 
ſitz! Göthe, Fauft 2, 180. Heut Abend wieg ih mih im Grund⸗ 
befig. Daf. 2, 70. Fluchend jedem Theilbefig. Daf. 2, 205. — 
Zu Rheims, dem Biſchofs ſitz des Kardinals. Schiller, Maria Stuart 
2, 3. (Ich ſehe) den Bretterjig. am Weiber. Matthiffon, die Kin- 
derjahre. Rechts, in der Ede des Saals, dem Ehrenſitz für die 
Moslems. Pyrker, Zunifias 5. Kräufelnd bläht fich das Moos, pol- 
ftert den Felſenſitz. Salis, ländliches Glück. Auf dem wolfigen 
Gutfig. Sonnenberg. Droben im Götterfig. Schiller, Semele 2. 
Und auf feinem Königsſitze jchweift er (der Menich) elemd, hei: 
mathlos? Schiller, das eleufliche Feſt. Bald verlaff? ich ſelbſt, den 
‚rub’gen Landfig. Platen, Abbaſſiden 3. Auch jchreibt das Ganze 
noch fich ber von unferm Dresdner Muſenſitz. Platen, rom. Dedi- 
pus 3. Vom mahgelegnen Ritterfiße. Pfeffel, Die Zurteltaube. 
Die Deputirten jagen vor ihnen in anftäudiger Verehrung auf dem 
Rückſitz. Göthe, Leben 5. B. Unter den Bäumen (ſollte) ein ar- 
chitektoniſcher Ruhefig aufgeführt werden. Göthe, Wuhlverwandt: 
haften 1, 1% Den Schattenfig vor Sonnengluth zu deden. 
Wieland, Oberon 7, 26. Schwingt eudy mit feſtem Angeficht zum 
Strablenfig der höchſten Schöne! Schiller, die Künftler: Bis 
aller Sorgfalt Lichtgezogne Spur aus diefer Wüſte Trauerfig ver 
ſchwindet. Göthe, Eugenie 3, 4. (Sie fuhr) nah ihrem Witwen: 
fig. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 4. Ein böſes Weſen hat feinen 
Wohnjig unter dieſem Baum. Schiller, Jungfrau v. O. Prolog & 
Stuhl (avth. stöls, ahd. mhd. stuol, altf., agf. stöl, altn. stöll) if 
das erhabene Sitzgeſtell sur Eine Perſon; erhabenes Sitzgeſtell für einen re 
gferenden Herrn, was fich beſonders für die geiftlichen Oberen (Biſchof, Pabt) 
erhalten bat. Seſſel (guth. sitls, ahb. sezzal und södal, mh. söggel md 
und sidel, agf. sötel, lat. sedile (urfprünglich Siggerülte, ſpaͤter gewöhnlich Stuhl 

zur Bequemlichkeit, Rubeftuhl; im gemeinen Leben Stuhl mit Rücken⸗, auc wel 
Handlehne, und and gevolitert ale vornehmeres Hausgeräth. Schämel (auch 
Schemel, ahb. scamal, scamilo, mhb. echamel und schemele, agi. sea 
(e)mol, scamefu)l, alti. scamel, entlehnt aus lat. scamillus(m) = Yu 
bänfchen, von scamnym — Bank) if zunächit und gewöhnlich Fußſtühlchen; 
dann prunflofes hölzernes Sipgeftell ohne Rücken⸗ oder Seitenlehne?). Bauf 
(ahd. der pank, panch, mhb. der und diu banc, anf. benc, bänce, alia. 
beckr) ein langes Geftell mit einem obenauf liegenden Bret, um etwas da 
rauf zu legen; das lange Siggeftell; Inbegriff der Perſonen, denen der Siß 

- auf einer beſtimmten Bank zufommt: Herrenbanf. — Der Steiß (Ratt Stenf, 
ahd., mhd. stiug, Holländ. stuyte, stiete, nah Weigand vielleiht von 
stuiten — aufhüpfen, alfo zunäcit die aufhüpfende, Schwanzbewegung man 
cher There) ift der im Gemeinen fchriftühlichhe Ausdruck für den Theil des 


1) Das landſchaftliche Schawell und Schawellchen ift aus dem lat. sca- 
bellum. 





599 


tgierifhen und menſchlichen Körpers, wo fid der After befindet. Nufländiger 
it der Hintere und Hinteren (fon ah. hintiri, von Hinter, goth. hin- 
dar, abb. hintar, mh, hinder, agf. engl. hinder, dän. hindre, Gompara⸗ 
tivform von Hin). Niebriger und gemeinfter Musprud ift Wrfch (ahb., mh. 
ars, agf. dars, altn. ars; verwandt mit gr. opoog — Eteißheinende, eupa == 
Schwanz der Thiere). Sterz (ahd. mhd. sterz, agſ. stẽort, altn. störtr, 
holländ. staart, ſchwed. stiert) zunächſt Schwanz der Thiere; uhr. im Ges 
meinen auch auf den Hintern des Menfchen- übertragen. Bürzel (f. ©. 48) 
if eigentlich das flarrende Steißbeinenbe; dann der furze Schwung mancher 


Thiere und ber Steig der Bönel ohne den Schwanz; in niedriger Sprache 


auch auf den Hintern des Menfchen übertragen, duch mehr von der Obergegend 
desſelben am Rüden. — Nun dappelt’s und rappelt's und Flappert’s im Saal 
von Bänken und Stühlen und Tiſchen. Goöthe, Hochzeitlied. Auf ber 
fteinernen Banf, wu fein gewöhnlicher Sig war. Böthe, Hermann und Dos 
rothen 4, 3. Die Seffel find, die Stühle ſchon zur Hand. Göthbe, Fanſt 
2, 82. Liane lehnte in einem Schloßfefiel. 3. Paul. Naxciß und Lan 
drinette ließen fih in Tragfeflelm .. . tragen. Göthe, Meiſters Lehrjahre 
2,5. Der Schemel wird gerüdt. Schiller, Maria Stuart 5, 10, Bis 
wir ihnen die Streu unterm Steiß augezündet haben. Schiller, Räuber 2,8, 
(Mo) mein blaner Hinterer den Konterpaß (wird) vorftellen. Schiller, Ka⸗ 
bale und Liebe 2, 4. Und wenn er feinen Hintern bat, wie mag ber Edle 
fipen? @öthe, Zotalität. Hola, das Maul zum Arß Fifchart, Gargantua 
181. Welſche Hähne, weldye alle eine rothe Fahne unter dem Bürzel fleden 
haben. Göthe, ital. Reife Neapel 29. Mai, 
Anm. Logan (Sinnged. 1135. 1581) braucht noch andere Syn.; Der Ofen 
wärmt die Stube, thut ſolches unberent, ob gleich ein alte Mutter die Hinters 


ſtirn ibm beut .. . Calvus fah zum Fenſter aus, Lippus Hielt die Nafe für, 
denn er mepnte Calvus Kopf fen des Magens Hinterthür. . 


Siger (eine Perſon welche fißt; ein Ding welches figt, im | 


Schiffbau; für Gejäß) iſt einfach und in verjchiedenen Zuſammen⸗ 
jegungen gebräuchlich, fo auch Sitzung. Das Adjectiv figig findet 
ih nur in Zujammenfeßungen mit Zahlwörtern. — Die Yuhre, da 
des Gaſtmahls Länge den fleifen. Sitzern Luft gebar. Hagedorn. 
Zum unbefümmerten Rubefiger zu werden. Benzel-Sternau, Die 
beiten Köpfe- werden entfeplic) belefene, bleiche, fchrwindjüchtige Stuben - 
figer. Lichtenberg, Alerhand. Die Präfidenten und: Beifiger, 


Goͤthe, Leben 7. B. Herzog von Alba, Vorſitzer des Gerichts ber. 


Zwölfe. Göthe, Egniout 5. Daß deine Vorfahren Beliger von 
Geldern waren. Daſ. 1. Die ſchöne Befigerin des Kleides hatte 


mächtig auf ihn gewirkt. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 7. Der Bar . 


ter erhebe jeinen Sohn zum Mitbefiger. Göthe, Wahlverw. 2, 8, 
Gewiß ift fie Die Gattin eines wohlhabenden Gutsbejigersd. Göthe, 
Meifters Wanderjahre 1, 11. Endlich ſagte der Hausbeſ iger. 
Daf. 8, 3. — Diekmal ward um Mitternacht eine außerordentliche 


J 





600 


Sitzun auf den andern Morgen durch den Gerichtsboten angeſagt. 
Göthe, Leben 1. B. Die Abendſitzungen waren meiſtens regel⸗ 
mäßig. Göthe, Wahlverw. 2,:17. Der. Herr dieſer Beſitzung. 
— Meiſters Wanderjahre 1, 4. Eine zweiſitzige Reiſechaiſe. 
aſ. 19. 
Anm. Stieler Hat noch: Er—, Mit—, Nach —, Laden —, Kram —, Still — 
Gemeitenſfitzer (träger Menſch). 
Sitzanker (in der Schifffahrt), —arbeit, —bank, —bein, — bett, 
—gebund, — geld, —faften, — kiſſen, —ort, —pfahl (im Bergbau), 
—polfter, —ftätte, —ſtock (im Bergbau), —tag, —weile n. a.; Be- 
fißergreifer, —lehen, —ranbung u. a., wie nachfolgende Beilpiele 
zeigen. — Denn wahrlih Sitzfleiſch tt nicht immer das befte Ra— 
gout für den Geiſt. Benzel-Sternau. Durch meine fehwer erworbene 
Sitzgelehrſamkeit. Platen, die verhängnißgvolle Gabel 1. An den 
Wänden bereitet die Sißlager umher. Meyer. Der körperliche 
Nacıtheil des Sitzlebens mög’ erft nachher mehr vortreten. J 
Paul. Diefe Seßſucht' oder Sitzſamkeit greift auch in Die klei— 
nern Zweige der Kinder- und Haushaltungszudht. J. Paul Judem 
das Kind mit der Sihftange vor ihm voruberfank. 3. Baul, Titan 
. 14. Zwölf Sigftufen unter. den Säulen faßten das tiefe Rund 
eines Plaßes. Meyer. — Durch bandgreiflihe und für uns befiß- 
bare Gaben. Göthe, Leben 1. B. Ih (ſei) Befißergreifer. 
Shafefpeare, Eymbeline 5, 5. Der junge Befiggenoffe trat fo 
eben herein. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 12. Was überall be⸗ 
ſitzlos harrend Tiegt. Göthe, Fauſt 2, 20. Das bunte zierliche An⸗ 
ſehn dieſes herrenloſen aufgegebenen Gutes lockte die Beſitzluſt der 
Vorbeiwandernden. Göthe, Campagne in Frankreich 12. Oct. Wegen 
einer ſolchen Befignahme.' Göthe, Leben 1. B. Bon Dem: eriten 
Tage der Befignehmung unferer Stadt. Daf. 3. B. Er Eonnte 
alfo feinen Titel feines Beſitzſtan des aufweiien. 3. Baul, Hefpernd 
21. Um fo viel Menſchen und Befisthümer zu fchonen? Göthe, 
Götz v. 2.5. Wir wollen halten und dauern, fett uns halten und 
—— ſchönen Güter Beſitzthum. Göthe, Hermann und Dorothea 
—. Anm. Sipling (der gerne, beſonders im Wirthéhauſe ſttzen bleibt), Gips 
haus (Abtritt), Sigmweil (Abendzeit, wo man fi von ben Arbeiten im Feld, 
Stall ıc. zu Arbeiten oder Unterhaltungen beim St enlicht. zurüdzieht) find vers 
“altet, und nur noch zum Theil der Volkeſprache angehörig: — Für das lat. sessilis 
: hat Stieler: ſttzerlich, fipicht, ſitzhaft, figbar. - En re: 
-;  Anfafgh.—= einem Lande oder Orte dürch Befitz von Grund: 
Vſeigenthum angehörig. In demfelben Sinne ftehen auch feßhaft Candy 
‘in weiterer Bedeutung überhaupt figend), das feltnere angeſeſſen 
und das mehr Iandichaftliche. erbgefefien. — Eingefejfen = m 
einent Lande oder Drte das Necht des Wohnfiges habend; ſo auch 
Inſaſſe. — Saffe, der, auch Saß (1. S.492) ift eigentlich der Be- 





801 


ibende in einem: Lande oder Orte als folder; im Befondern ber 
ne eigentliches Bürgerrecht in einem Lande oder Orte rechtlichen 
Bohnfig hat. — Die Saß (Jägerſprache) Lager. des Hafen; aud 
überhaupt enger Raum. Davon fih ſaßen — ſich lagern, nieder- 
thun; im Scherz aud) vom Menichen gejagt. — (Er) überläßt es (das 
Garn) dann wieder mit einem Profit im Größern an die unterhalb 
anfäfligen- Zubrifanten. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 5. Und 
jo rüdten denn auch, infofern ih in Frankfurt angejejfen war; die 
Deforglichkeiten immer näher. Göthe, Tag- und Sahreshefte 1794. 
Der Hafen fieben find in meiner (Haut) allein, wie du fie da flebit, 
ſeßhaft. J. Paul, Titan 54. Erbgefeßner Zunft- und Schnei— 
dermeiiter. Prägel, Feldherruränfe 1. (Er fuchte) den Eingeſeſſe- 
nen feines Sprengeld ‚neue Quellen des Erwerbs zu öffnen, J. Möfer, 
osnabrüd. Geſch. 2, 34.— Es leben felbft in unſern Landesmarfen 
der-Sajfen viel, die fremde Pflichten tragen, und ihre Knechtichaft 
erbt auf ibre Kinder. Schiller, Tell 2, 2. Ich verlange durchaus 
wohlhabende Saſſen des Erbhofs. Voß, die Erleichterten 116. So 
figen fie, wie wahre Himmelsfaffen, der höchſten Seligfeit im 
Schooß. Kl. Schmidt. Ein Throninfaß ... das Kinn dieſes 
trägen Bockinſaſſen (Kutichers). 3. Paul, Hefperus 8. — Vor— 
iaß der Commiſſion. Augsb. Allg. Zeit. 1847. Nr. 181. Wurden aljo die 
Meerräuber gleichlam in einer jaß umgeben. Aventinus, Chronik 
1580. BL. 127. Daz ſy (die rau) befonnder gejaßet (wohnhaft, 
anfäßig) iſt. Mon. boic. 23, 263 vom %. 1387. 


- Eingeberen (f. S. 45) dem Lande oder Orte feiner Geburt nach ans 
. gehörig. Der Inländer (auh Einländer, von Inland ahd. inlenti 
vies von Laud, goth. altı agf. altn. land, ahd., mhd. lant) der dem Lande 
feines Aufenthaltes rechtlich Angehörige; im Befondern der dem Lande feines 
feſten Aufenthaltes durch Geburt Angehörige. Cinheimiſch (von Heimifh 
ahd. heimise, mhb. heimisch, dies von. goth. haims ahd., mhd. heim, agf. 
ham, alti. hem, altn. heimr — das elterlihe Haus, die Wohnung, Wohn 
flatte, dann überhaupt Ort oder Land, wo, man feine Wohnung hat) einem 
Lande oder Orte als demjenigen feines Wohnflges angehörigd. Laudeskind 
(feltner Landesgeborner) der Gingeborne, infofern er Rechte und Pflichten 
eines Vingebörigen ober Unterthanen feines Beburislandes hat. — Bine ans 
. fehnliche Neiterei, von Bingebornen errichtet, war zum Schutze des Landes 
. hinreichend. Schiller, Abfall d. N. 1.B. Forner il dem Suländer die. 
Sache um fo leichter. Goͤthe, ital, Reife Verona 17. Septbr. Das römiſche 
Bolk, im ſtürmiſchen Auflauf, forderte einen einheimifchen Papſt. Platen, 
Geſchichten des Rönigreihe Neapel 1,.1. eltern find fiebentaufend Lanz - 
vesfinter nach Amerifa fort. Schiller, Kabale und Liebe 2, 2. (86) trat 
in den Saale ver Iandesgebornen Numiden und Mauren Feldherr. 
Pyrker, Tunifine 5. 





602 
Yum. Schottel ee ©. 489) und Gtieler haben noch: Land⸗, 
— Ambt⸗, Stul:, Ritter⸗, Reichs-, Frey⸗, Koht⸗, Nach⸗, Höllen:, Rabt:, 
an 
Sinter—, Unterfaß (1. S. 492), Erbſaß, Elſaß (cabd. el- 
saz, aus ali -, elisaz — Laud der fremden Saffen |. Elend ©. 
315); Truchſeß = Yuffeher über die Diener eines Hofes, fpäter der 
He Effen die Schüffeln Aufiegende ); Schriftſaſſe — ein ke 
bensmann, dem gerichtliche Zufertigungen fchriftlich zugeben. — Herr 
auf Bligen und Erbjaß auf Garthaunen-Knal. A. Gryhius, Horti- 
bilicribrifag 2. Grüß euch Gott, du Schweizerbund, Elſaß, Lothrin⸗ 
gen, Burgund! Uhland, Vorwärts. Unterhaltender aber für die Zu— 
tchauer war der Erbtruchſeß. Göthe, Leben 5. B. truchſeſſie— 
. ren. Fiihart, Gargantua ©. 138. Die beften (Staaten) fchneiden 
ihren Feſtungsſaſſen nur das Kaffeewafler ab. J. Paul. Ein 
MWerf, zu deffen Leſung mein Lundesherr feine Qandesfinder und felber 
die Schriftfaffen noch mehr nöthigen follte, als zum Bejuche der 
Landesuniverſität. J. Paul, Heiperus 1. 


Widerſeßig (widerſetzlich) iſt veraltet. Die Widerſ 
pfänden. Krenner, Zandtagshandlungen 1, 105 vom J. 1488 


Segen (f. S. 6) 1) überhaupt figen machen (eig. u. uneig.); 

in weiterer Bedeutung auf feinen untern breiten Theil ftellen (eig. u. 
uneig.), dann beſtimmen, verordnen; in noch weiterer Bedeutung AR 
einen beftimmten Ort bringen ; in vielen einzelnen Fällen bezeichnet ſez⸗ 
zen die Bewirkung einer gewiflen Veränderung, Die Hervorbringung 
eines gewiffen Zuſtandes; 2) (intranfitiv) mit Heftigfeit und Anftren- 
gung fich. bewegen; 3) (im Bergbau) für fi) erfireden; 4) (unperf.) 
entftehen, zu etwas fommen. — Und wenn ihr eudy auf den Kopf 
fegtet, ſollt ihr fle nicht jehen. Weiße. Endlid feßte ihnen der 
Deriog noch einen Zermin von neun Tagen. Schiller, Abfall d. R. 
4. B. 1. Beilage. Den (Piccolomini) haben fle fi) aus eigner Macht 
zum Oberſt gefegt in der Lützner Schlacht. Schiller, Wallenfteins 
Lager 11. Gefegt, du hätteft befire Sitten, fo ift der Vorzug noch 
nicht Dein. Gellert. Ich weiß nicht, wer ihr den wunderlichen Ge: 
danken von der Freiheit im den Kopf geſetzt hat. Gellert. Wo 
ich in meiner Jugend zu der Harfe manch englifch Kiedlein lieblich fein 
geiegt. Shakeſpeare, K. Heinzih IV. 1. Thl. 3, 1. Damit es 
nicht Verdruß fegen möchte, Göthe, Leben 9.B. Da ſetz t's Hiebe. 





») Es herrfcht über die ſprachliche Erklaͤrung des Wortes noch Zweifel. Abt. 
ei es (d)ra(o)heago, trnhtsäze, mh. trusseze: ahd. findet ſich truhtin, mär. 
tröhttn == Herr, altn. mhd. truht —= Familie, goty. drauhts = Bolf, gadraukts 
— Soldat, nad Schmeller — Hauemeier, alin. drötiseti = Drof. Unger 
(Seh. ter deutichen Landflände, Hannover 1844. 1. Br. ©. 108) bringt die tru- 
stis — ein fränfifchee Schuß - mb Trutzbündniß damit in Verbindung und meint, 
defien Oberhaupt — vielleicht urſprünglich der Truch ſeß geweſen ſein. 





— ——— — > 


Schiller, Wallenſteins Lager 9. Weißt du nicht, wie viel es Todte 
gefegt bat? Schiller, Räuber 2, 8. Ä 
Die finnverwandte legen und RRellen f. ©. 574. 

Anm. Die Volks⸗ und die frühere Schrififprache gebraudt fegen noch in 
serfchiedenen andern Bebeutungen: der Schneider ſetzt (ſtellt an) fo und fo viel 
Geſellen; die Wirthe fullen außer der erlaubten Zeit feine Zechleut, Trinfer oder 
Spieler feßen noch behalten; Garben ahladen und (im Getreidſtock) fegen; die 
Re, vie Küße ſetzen — mit erzmwungener Ziererei fprechen, gehen; Klage fegen 
u Ginem — ihn gerichtlich belangen. 

Abſetzen 1) eine Sache von der andern durch Seben entfernen, 
in mehreren eig. und uneig. Bedeutungen: eine LZaft, im ZTrinfen, ei- 
nen Reifenden an einem Orte, bei Wundärzten und Scharfrichterne für 
abſchneiden, abbauen, im Bergbau für abichlagen, in den Schmelz- 
hütten fire abziehen, bei den Tuchſcherern für adjtreichen, beim Schrei- 
ben für in der Zeile abbrechen, bei den Tuchmachern für abnehmen; 
2) des Amtes entiegen f. S. 234; 3) für Waare gegen Dafürgabe 
einen Abnehmer haben; 4) (Bollsivrache) entwöhnen, vom Vieh ger 
tagt; 5) machen (oder fo fein), daß etwas abfticht, in die Augen fällt; 
6) (in der Buchdruderei) völlig zu Ende tehen; T) für feßen 4. — 
Sie fangt mit Gier verrätherifches Getränfe, unabgefegt, vom 
erften Zug verführt. Göthe, Parabolifh 6. Schon hatte man Das 

lüdlihe Paar außen am Garten .. . abgefegt und fle in der 
Stille bineingeführt. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 13. (Bulcanijcher 
Ruß), abgefegt aus den heißen Schwaden. Göthe, ital. Reife Ne= 
apel DO. März. Die vier Schneden ſetzen viel zu finmpf ab (am 
Münſter zn Straßburg), es hätten darauf noch vier feichte Thurm- 
ſpitzen geiollt. Göthe, Leben 11. B. Um das ganze fertig zu machen, 
denn abjegen darf ich gar nicht. Göthe, Briefm. mit Schiller 5, 
342. Aber in zwei befondern, von einander gänzlih abgeſetzten 
Stüden, muß der Sprung 3. E. aus dem Ruhigen in das Stürmi- 
fe... fehr merklih ſein. Leffing, hamburg. Dramaturgie 27. 
Hier trägt nun ein jeder feine Waare zu.den Kaufleuten die im Großen 
handen, und fucht fle jo gut als möglih abzufegen, nimmt auch 
wohl den Bedarf an roher Baunmolle allenfalls an Zahlungstatt. 
Goͤthe, Meiſters Wanderjahre 3, 13. Daß die Gegenftände, anch 
wur einige Schritte hinter einander entfernt, fich entfchiedener heilblan 
von einander abfegten. Göthe, ital. Reife Palermo 7. April. Du 
ſpileſt als auf einer Orgel, es jeßt feinen falſchen Griff ab. Bor 
genberg. Mirafel 115. , 

Berkaufen (von faufen goth. kanpon, ahd. ch(k)oufön, mhd. koufen, 
agf. ceApan, altn. kaupa, holländ. koopen, engl. cheap, dän. kiobe, ſchweb. 
köpa, poln. kupowac;' entweder von agf. ceäp = Vieh, wie Tot. pecunia, 
== Geld non pecas = Bich, oder von lat. caupo = Schenkwirth; die Harfe 

Form kief, die man zuweilen hört, if unorganiſch und zu verwerfen) if 

überhaupt für eiuen gersiffen Preis veräußern. Berhaudeln (vum handeln 


Pd 


004. 


abd. hantälon, handilön, mhb. handeln, agſ. handljan,von$andel S. 420, dies 
von Hand f. S. 170) für einen durch Fordern und Bieten zu beftimmenben Preis, 
oder uͤberhaupt dadurch veräußern, daß man fich gegenfeitig über die Preisbedingungen 
benimmt. Bertreiben (f. treiben) Waare in Aufnahme und Abfag unter das 
Publikum bringen. — Die Synonyme von abſe zen 2 ſ. S. 234. - Ih wil 
dieſen Schmuck verkaufen. Schiller, Kabale und Liebe 4, 7. Auf eincu 
. Pferdemarkt... bracht’ einft ein hungriger Poet der Mufen Roß, es zu ver 
handeln, Schiller, Begafus im Joche. Jetzt hat ſich ter Kaufmanukanr, 
der fonft nur fremde Produkte vertrieb, auch diefes Handelszweiges bemäd: 
tigt. I. Paul, Titan 58. 

-  BAnfegen 1) an etwas Anderes ſetzen, feßend nähern: den Tiſch 
an die Wand, einem Blutegel, das Weiler au den Hals; 2) fih an 
legen, entitehen: die Rinde, der Weinftein ſetzt fih an; 3) anrechnen: 
eine Waare hoch; 4) eine zufünftige Zeit beftimmen; 5)' zu einem ger 
wiffen Gebrauche verjchiedene Stoffe zu einer Flüſſigkeit vereinigen: 
Eifig; 6) fih zu etwas in den Staud fegen: er ſeßte Dreimal zum 
Sprunge an; 7) fi mit Heftigfeit nähern und anfallen: die Reiter 
feßte an den Feind an; 8) anfchwenmen: der Fluß ſetzt Land an; 
9) gedeihen: die Kartoffeln feßen gut an; 10) empfangen, von ein 
gen Thieren: die Stute hat angejeßt; 11) fortdauern (im Bergbau): 
Das Erz jeßt an; 12) (veraltet) einen zu etwas verleiten und dann 
im Schaden oder in der Verlegeuheit fien faffen. — Er fegt’ im 
(den Becher) -an, ex trank ihn aus. Göthe, der Sänger. Ich lieh 
mich verführen, durch den geichidteften ae unjerer ;eit die 
„Arme anfegen zu laffen. Göthe, Meiſters Wunderjahre 1, 12 

Nichts ift zu Hoch, wornach der Starke nicht Befugnig but die Leiter 
anzufegen. Schiller, Piccolomini 4, 4 So entichließen Sie fid 
vieleicht, Ihre Geſellſchaft acht Zage fpäter anzujegen. Schiller, 

Briefw. mit Göthe 6, 180. Sie mußte ein paarmal anjegen, um 
den König von jeinem Vorhaben abzubringen. Göthe, Benvenuts 
Gellini 3, 10. Die Pferde jchnauben und fegen an. Schiller, Wal⸗ 
lenfteins Lager 11. Ich habe über den politiichen Jammer noch nie 
eine Feder angejegt. Sihiller, Briefm. mit Göthe 1, 51. Dieſer 
Strom hat in wenigen Jahren verjchiedene Morgen des fruchtburften 
Landes angefegt. Ebeling. An den Zeigen waren alle Blätter her 
aus und die Früchte hatten angejegt. Göthe, tal. Reiſe Girgenk 
26. April. daz die lewt (Leute). von jm 'icht (irgend etwas) gelaickt 
(übernommen, hiutergangen) und angefeczt werden. Münchner Po 
‚ligetorönung v. 1450, Alexander ift gar fleiffig in feiner Sachen ge⸗ 
weien, hat ja niemand leichen vnd anjegen mögen. Aoentinn®, 
Chronik 1580. Bl. 208. . | 

ie Anftellen (j. Rellen ©.28) einem eine Stelle d. h. ein Amt oder eine 
"Bedienung geben, während anſetzen beißt einen feiten Wohnftg,, Grandeigen⸗ 
thum geben. Benennen (f. nennen S. 26) eigentlich einen Namen beilrgen, 








605 


—— — 


- bier allgemein einen gewiſſen Zeittheil mit Ramen angeben. Beflimmen 

(erſt im 15. Jahrh., von Rimmen ahd. stimmjan, mh. stimmen, |. Stimme 

E.. 77) entſchieden fehfepen. Anberanmen (mahrfcpeinlih von ahd. rAmen, 

rämjan, mb. rämen, altn, ramma == zielen, als Ziel fegen, dies von ahd. 

räma, mbb. ram = Gtüße, Ziel, Zielpunft; niederd. berämen, dän. beramme 
== beftimmen) den -Zeittheil entweder ale Ziel oder Zeitgränge In irgend einer 

Sache, oder ale Zeitraum über eine Sache angeben. — Daß er, wenn er 

angeftellt werben will, mehr die Bandeften als bie Taktik und ſtatt bes 

Rapier die Feder liebe. 3. Paul, Hefperus 2. Bielmehr muß ich dir dan- 

fm, daß du Scharffinn 'nennft, was du ganz anders hättet benennen können. 

Leſſing. Ernſt und Falk 3. Indem fie alles, was ber Zahl und dem Maß 

tm hochſten Sinne unterworfen it, au regeln, zu befimmen, zn entfdeiden 

wiſſen. Goͤthe, aus Mafariens Archiv, Der Wahlconvent war endlich anf 
den 3ten März anberaumt. Göthe, Leben 5. B. 

UAnsfegen 1) aus einem Drte, Raume jegen: Waare, Truppen, 
ein Kind; 2) inwendig bejegen: einen Brunnen mit Steinen; 3) (un 
eig.) ſo viel als beftimmen, ausbieten, gewähren: einen Zaq, eine 
Belohnung, eine Rente; 4) der Einwirkung einer Sache bloß flellen: 
fein Leben der Gefahr; 5) die Fortjegung einer Sache unterbrechen, 
aufſchieben; 6) etwas für ungut an einem Dinge -erfennen; 7) (in der 
Zonkunfty aus. einander feben, ſchreiben, was jede Stimme fpielen oder 
‚fingen ſoll; dann allgemein vertheilen: die Blumen in einem Beet; 8) 
(m den Buchdruckereien) bis zu Ende feßen, auch vollftändig unabge- 
fürzt ſetzen; 9) aufhören zu eben, bejonders. von alten Schafen ge= 

aucht, wenn fle aufhören Zähne zu feßen; 10) Lin bejontern Res 
densarten der Volksſprache) ein Glied — es verrenfen, Geld — aus: 
leihen, eine Tochter — ausftatten. — Unfer Sohn, Du büt es, den 
wir; als er faum den Tag geſehn, ausgelegt als Fraß den Zbieren. 
Platen, rom. Dedipus 4. Er jegelte wieder rückwaͤrts die Scheide 
bis nach Dfterweele . . .;.wo er jein Voll ausſetzte. Schiller, Ab- 
fe d. N. 4. B. : Alle Straßen find geplattet, jelbft die entfernteften 
Quartiere mwenigftens mit Badfteinen auf der hoben Kante audge- 
ſetzt. Göthe, ital. Reiſe 1. Detbr. (E83 fol) ein Tag ausgeſetzt 
‚ werden, wo die Sache dann verglichen werden mag. Göthe, Goͤtz v. 
B. 1. Iſt es eine Tochter, je’ ich vierzig Mark an gutem Silber, 
vom Geburtstag an, ihr aus. Herder, Eid 20. (Wir wollten) un⸗ 
ſers theuern Kaiſers jehr ausgeſetzte Länder und Die Ruhe des 
Reichs beſchützen. Göthe, Götz v. B. 3. (Ich) ſetztte mich dem Re⸗ 
gen und dem Winde aus. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 11. (Be 
mm) das Arbeiten nicht auch ausgejeht werde. Göthe, Meifters 
Wanderjahre 2, 9, Wir müſſen es noch ausfegen, uns umftändlich 
uber eine anzunehmende Bolitif zu erflären. Klopſtock, Gelehrteurepu- 
bit. Eine Schäferftunde in der Liebe ift ein ausjeßender (nicht 
ganz regelinäßiger) Aderichlag in der Zreundfchaft. Schiller. Er hatte 





606 


— — 


an dem Kinde nichts auszuſetzen (zu tadeln). Göthe, RMeiſters 
Lehrjahre 8, 1. Man kann das Geld anf feinen beſſern Wucher aus: 
jeßen, als wohlzuthun. Duſch. 

Tadeln (mhd. tadelen, von tadel — Gebrechen, nah Weigant 
vielleicht eine ruhe Nebenform von ahd. zadal, nıhb. zadel — Dürftigfeit, 
Gebrechen) in feinem Urtheile für mangelhaft, fehlerhaft erklären, ſei es ten 
Begenftand oder deſſen Vorhaben. Mäfeln (von Makel, aus lat. macula 
== led) mit Auffuchen der kleinſten Fehler Fleintich tavdeln. Meiftern (ab. 
meistarön, mbd. meistern — vorſtehen, von Meiiter, ahd. meistar, mh. 
meister, agf. mzester, maegester, aus lat. magister) einen Gegenitund un 
defien Urheber anmaßlich abfprechend ungut beurtheilen. Hofmeikern fd 
über eine Perſon fegend diefelbe, aleichſam als eine untergeordnete, unwärbie: 
zurechtweifend tadeln. Ausftellen (f. ſtellen S. 28.) eiwas an eium 
Dinge als ungut offenbar machen, vor Augen ſtellen. — Laß dich heute loben, 
morgen tadeln. Goͤthe, zahme Zemin IV. &; was ein michel (großer) ta: 
del, daz fie litten zadel ar. trinchen und an ezzen. Horned. Nur muß der 
eine nicht den andern mäkeln. Leſſing, Nathan d. W. 2, 5. Wer nicht 
einficht,, wie das Wahre pruftifch erleichtert, mag gern daran mäleln am 
häfeln. Böthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Sie werden fih doch 
nicht meiſtern laffen! &öthe, die neue Melufine Ein würbiger Mann, ber, 
ohne mich eben zu hufmeiftern, auf meine Jugend großen Einfluß gehabt 
bat. Göthe, Meifters Wanderk 1, It. Was gibt's auf's Neu denn an ihm 
anszuftellen? Schiller, Piccolomini 1, 4 

Auseinander fegen —= Eins von dem Andern entfernt jeken, 
dadurch, dag man die einzelnen Theile eines Gegenitandes ausjondert 
und von einander jcyeidet, ſo Daß man fle einzeln und jo das Ganze 
beffer erkennen kann. — Ich hab's ihnen fchon lang und breit aus⸗ 
einander gejeßt, fie brauchen feine weitere Anmweilung. Shafipeate, 
die Iuftigen Weiber von Windjor 3, 3. 

Erörtern (abr. ortön, mhd. orten — begränzen, in eine Spige an 
laufen, von Ort, ahd. nıhb. ort, altu. oddr, agſ. ord = Spitze, Eude, daher 
Uriprung; vgl. lat orire entitehen, gr. op05 = Gränze ſ. & 466) urfpring 
lich begränzen machen, dann etwas bis in die legten Grunde unterfuden. 

Beifegen 1) bei oder neben eine andere Suche ſetzen (eig. a. 
fig.); 2) begraben, wird eigentlich nur dann gejagt, wenn Der Leid 
nam des Derftorbenen an den Ort der Ruhe zu andern Leichen nie: 
dergefeßt wird, was deun nur in Zodtengewölben für Familien ge: 
ſchieht; 3) ausſpannen: alte Segel. — Und Sie jelbft hätten ſonf 
nichts beizufegen? Schiller, Kabale und Xiebe 2, 3. In riner 
Kloſterlirche bei Neuftadt it er beigeießt, bis man von jeinem Bar 
ter Nachricht eingezugen. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 10. 

Beifügen (ſ. fügen.S.503) etwas, gleihfam als begleltendes, einen 
Andern beigeben. Hinzufügen wie bin;ufegen brüden mehr aus, daß 
dat Hinzugefommene zu dem Andern gehört, in eine feſte Stelle, in eine genaue 





807 


Berbindung mit demfelben gebracht wire. Hinzuthun (fi. than ©. 492) 
if allgemein eine Sache durch das Beithun einer andern um etwas vermehren. 
Begraben (f. graben) durch Graben beithun, dann etwas burch Graben 
einhüllen; davon allgemein gänilich und tief bebedden, von Menfchen, Thieren 
und leblofen Dingen gefagt; im Beſondern einen Leichnam in ein ®rab legen 
und bebeden. Beerdigen (von Erde, goth. nirtka, ahd. örda, örada, 
mhd. altfrief. erde, altf. ertha, örda, agf. &ordhe, altn, iörd, ſchwed. dan. 
yord; vgl. gr. dpa = Erde, Arbeit ©. 160, da der Aderbau als die erfle 
eigentliche Arbeit gelten kann; gr. aoovv, lat. arare, mhd. eren — pflügen) 
ben Leichnam mit Erde bedecken. Beſtatten (f. Statt), den Leichnam an 
die gehörige Stätte bringen, wird, als edler Ausdruck, nur von feierlichen 
Leiyenbegängniffen gefagt. — Sie würden zwar, fepte er verlranlih Hinzu, 
fie würden dort wenig Trof finden. Göthe, ital. Reiſe Venedig 28. Sept. 
Doch vergiß nicht beizufügen, wenn fie mir die Bitte weigert, daß ich 
nehme, was ich bat. Herder, Cid 26, Das hat mir wohl ch’ Alhafi ſelbſt 
gefagt, und voll Entzäden Hinzugefügt, wie gruß, wie ebel diefer fein 
Fremd anwende. Leſſina, Nathan d. W. 2, 8. Ich werde fie (die Gedichte) 
der nenen Ausgabe meiner Werke Hinzufügen. Göthe, Leben 12.8. Dieler 
abſcheuliche mißgänftige Menfch eilte, was er konnte, alles dem Papfle wieder 
3u fagen, wobei er gewiß von dem feinigen hinzuthat. Götbe, Benvenuto 
Gelini 1, 12. Sept begräbt er feinen eänz'gen Sohn! Schiller, Wallens 
feine Tod 4, 7. Heut fräh beſtatteten wir Ihn, Daf. 4, 10. Zu Wors 
ceſter muß fein Leib beerdigt werden. Shafipeare, K. Johann 5, 7. 
Anm. Für beifeben 2 fagte man früßer and beithun. Was uns von 
bir verbleibet, mit tem da warft ümmleibet, ſey ehrlich beygethban. P. Fleming. 
Erfegen —= einem für erlittenen Schaden Dinge gleicdyen Wer- 
thes, aber anderer Art, als die des Verluftes find, geben und. jo den-' 
ſelben vergüten; "dann allgemein für das Fehlende ein Anderes von 
gleichem Werthe, aber anderer Art, haben und geben. — Mein Bru- 
der ſtarb mir jung; dich wählt’ ich feine Stelle zu erfeßen. Göthe, 
Egmont 5. Bin ich denn jo arm, daß id den Dieneru nicht erje- 
gen fann? Schiller, Wullenitems Tod 5, 5. Einige Ländereien ... 
md vorzüglich das uneingeichräntte Vertranen der Nation in feine 
Gefinnungen, erfeßten an wirklichem Anipruche, was ihn an einem 
zufälligen abging. Schiller, Abfall d. N. 1. 8. 

Erftatten if zunächſt (aber nun veraltet) den Mangel, den Jemand’ an 
etwas hat, ergänzen; dann (nhd. gewöhnlich) das, was tem Andern genoms 
men Äft, und morin alio fein erlittener Schaden befteht, ihm unverfehrt wie⸗ 
dergeben, ober Ihm für den erlittenen Schaden Dinge gleichen Werthes, als 
der. Berluft if, geben und fo benfelben vergüten. Genugthun (f. genügen 
S. 344) eigentlich eine Forderung vollſtaͤndig erfüllen; davon für ein verleptes 
Necht vollſtaäͤndig entſchaͤdigen, ſei dies nun durch wirkliche Dinge, oder durch 
Ehrenerflärung,, Abbitte, Miderruf ce. Erſaz, Erſtattung, Genug⸗ 
thbuung unterfcheiden fich wie die Zeitwörter. — Meinen mangel eritats 





608 


ten bie Brüder, die aus Macebonia kamen. Luther, Bibelüberf. 2. Korinth. 
11, 9. Was werben fie bieten, eine Seele zu erfatten, wie biefe war? 
Schiller, Don Karlos 5, 4. (Da) erborgte ich eine Summe Geldes für ie, 
die er anf einen beſtimmten Termin zu erſtatten verſprach. Goöthe, Leben 
10. B. Wir Hoben der Sache fein Benügen gethan; Ein Umſtand if 
noch nicht in’s Meine, Bürger. Dein Stolz empfand Genugiguung. 
Schiller, Don Karlos , 5. $ 
Herabſetzen — die vortheilhafte Meinung von Jemandes 
(oder einer Sache) Vorzügen vermindern. — Longin ſagt, es komme 
ihm öfters vor, als habe Homer ſeine Menſchen zu Göttern erheben, 
und feine Götter zu Menſchen herabſetzen wollen. Die Malerei 
vollendet diefe Herabfegung. In ihr verfchwindet vollends Alles, 
was bei dem Dichter die Götter noch über die göttlichen Menſchen 
ſetzet. Leifing, Laofoon 12. u 
Gerabwürdigen (f. würdigen &.435) bie gute Meinung von Jeman⸗ 
‚des Würde, fie fei nun äußere ober innere (fittliche) vermindern, fo daß fe 
am ihm nicht mehr geachtet wird. Erniedrigen (ah. nidarjan, nidarta, 
snhv. nideren, agf. nidherian, von niebrig, abb. nidari, nidar, mh. nidere, 
nider, agf. nidher, altn. nidhr, nidr, von ahd. nida, fchweizer. mid) von 
feiner Höhe abuchmen machen; tief oder gänzlich herabwärbigen oder herab 
- jepen. . Entehren (von ehren, ahd. Er&n,.mib. &ren, ſ. &.483 und Ghre 
6.257) der Ehre benehmen, if flärker ale bie genannten Ausdrücke. Bes 
ſchimpfen (f. ſchimpfen S. 257) durch Behandlung oder Zeichen, Die Je⸗ 
mandes Ehre zuwider find, hinfichtlich der. Vorzüge desſelben bei Andern eine 
"ungünftige oder vielmehr nachtbeilige Meinung erweden. — Alles Beſtreben, 
dieſen Mann durch die Uebernamen Fantaſt, Schwärmer, Träumer 1x. ber: 
: . abzumwürdigen. BWidand. Ich Habe müſſen zuhören, fie berabfegen, 
erniebrigen, und Fonnte und durfte fie nur ‚halb veriheibigen. Gölfe, 
Derther’s Leiden. -, | 2 
Nachſetzen 1) nad dem Bag (Beilpiel) eined Andern ſetzen: 
im Spiel; 2) nad einem andern Dinge folgend feßen (beſonders un⸗ 
eig.): ein Wort, einen in der Achtung; 3) jpäter fegen: den Zuſaß 
(im Bergbau), einen Erben (in Ermangelung oder nad) Abgang der 
Saupterben); 4) Das zu Sehen Berfäumte nachholen; 5). einem ſich 
voraus Bewegenden in ſtarker Bewegung nacheilen, um es zu errei⸗ 
den (auch fig.). — In diefen legten Monaten habe ich freilich alles 
Andere meinem Gefchäfte nachſetzen müſſen. Schiller, Briefw. mit 
Göthe 4, 141. Sept dem Mörder nad! Schiller, Zell 4, 3. Ex 
wollte nicht ablaffen, feinem herzlichen Begehren nahzufegen. Opig. 
Verfolgen (ſ. folgen ©. 34) allgemein auf etwas, was zur- Berne 
ſich fortbewegt oder doch fo fortbewegend gedacht wirb, mit feftem Streben 
feine Richtung nehmen, um es zu erreichen. — Und biefee Tieres Schnellig⸗ 
. keit entriß mich Bannier's verfolgenden Dragonem. Schiller, Ballen 
feine Tod 2, 3. — 











* 


Ueberſetzen 1) über etwas weg ſetzen, ſpringen; 2) über etwas 
(ein Waſſer) fahren (activ u. paffiv); 3) Cfeltener) Aber oder auf et- 
was feßen: einen Topf) 4) (umeig.) eine Rede oder Schrift den Wor- 
ten oder dem Sinne nad) in einer andern Sprache wiedergeben, als 
in der fie gegeben find; 5) übermäßig beſetzen: einen Garten mit 
Bäumen; 6) über den Werth, einen zu hohen Preis anjegen. — 
Und hui! zurück, die hohen Schranken überfegt. Bürger. Um an 
ee Stelle (der Maas) zu gelangen, wo wir überfegen follten. 
Göle, Eampagne in Frankreich 7. Octbr. Er hörte, daß Reiſende 
überher egt (über den Flug) fein wollten. Göthe, das Maͤhrchen. 
Mich drängt’3 den Grundtert aufzufchlagen, mit redlichem Gefühl ein- 
mal das heilige Original in mein geliebte8 Deutſch zu übertragen, 
Geſchrieben Aaht: „im Anfang war das Wort!" Hier ftod? ich ſchon! 
Ber Hilft mir tesfter fort? Ich kann das Wort fo hoch unmöglich 
jhägen, ich muß eo anders überfegen, wenn ich vom Geifte recht 
erleuchtet bin. Geſchriehen fteht: im Anfang war der Sinn. Göthe, 
Fauſt 1, 65. Kein Stand (der Menfchen) wird überfegt, ohne daß 
ein andrer Mangel leidet. Novalis, Fragmente und Aphorismen. Si 
fullen mich in dem benanten gemad) mit niemant tiberfegen, noch 
darein laßen aun (ohne) mein gunſt und willen. Mon. boiea 18, 
495. Sie wuchern vnd vberfegen einander, Xuther, Bibelüber]. 
Czechiel 22, 12, 
Erklären f. ©. 576, Uebertragen wirb im gewählteren Styl für 
.überſetz en gebraucht. Foinetſc en (altn. tulka, m&d. verdolchen, bei 
©. Münfter im 16. Jahrhundert vertolmetfhen; Dolmetfc, altn. tulkr, 
med. tolke, tulmach, jpäter tulmeisch, talmetsch, dolmetseh, tulmatsch, 
wahrfcheinlich da6 polnifche tlamaczye von poln. tum — Mönge) aus einer 
uns unbelannten Sprache in einer uns befannten, beſonders der Mutterſprache 
wiedergeben, fo dag uns nichts dunkel iR, vornehmlich wenn man auf den 
Clan fieht; allgemeiner die Geſinnung, die Gefühle eines. Andern, den Sinn, 
Vie Bedeutung eines Kunftmerls uns in Worten fund thus. — Tolmetsch 
vernims, wilt dü uns tintsch verdolchen. #rauenlob., Der Augenblid 
fpeicht nicht für ſich ſelbſt, Andenken an das Vergangene, fpätere Betrachtuns 
gen müflen ihn dolmeiſchen. Göthe, Campagne in Fraukreich Imwifchenrene, ' 
(88) fand fich glüdlicherweife ein behaglicher Dolmetfcher... Der Dol, 
metfch hatte gewagt das Gabinet zu eröffnen. Böthe, Leben 3.8. | 
Umfegen 1) anders, von einem Drte an den: andern seen; 2) 
in ein. andered umkehren: der Wind bat fi) umgeſetzt; 3) einen Han⸗ 
delSartifel gegen einen andern oder gegen Geld im Großen vermittelft 
Geſchaͤftsverlehrs veräußern, auch Geld gegen Geld in größeren Summen 
aunswechſeln; 4) von allen Seiten befegen. — So mußten Sie nun 
rückwaͤrts Begriffe wieder in Intuitionen umſetzen und Gedanken in 
Gefühle verwandeln. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 16. Denn er 
felber, ein Lamım im gemeinen Leben, ſetzte fih auf dem Rezenſier⸗ 
20 





610 


Papier zu einem Wehrwolf um. J. Paul, Siebenfäs 3. Um den 
Mücdenthaler in kleineres Geld umzufegen. Daf. Wie der umge- 
fepte Wind ein Segel, jo kehrt e8 der Gedanken Richtung um. 
Shakjpeare, K. Johann 4, 2. Ich wills euch wechſeln, ich wills 
euch Umſetzen in Scheibemüng, was wollt ihr mit den harten Tha⸗ 
lern? Grimm, Märchen: der gute Handel. ALS wäre er mit Sauter 
Schröpfföpfen umjegt. 3. Baul, Siebenfäs 9. 


Tauſchen (aus niederd. täschen) eigentlich Eins für ein Anderes g-M 
oder nehmen; daun allgemein eine Sache gegen eine andere gegenfeitig, Oeräns 
Bern. Wechſeln (ahd. wehsalon, wehscelan, mbd, wehseln, agf. wrixljan, 
von Wechſel ahd. wehsal, mid. wöhsel, agf. wrixl, zu gotf- viko = 
Wechſel, Ordnung, Reihe, lat. vices — Wechſel gehörig) eigertlich Eins für 
das Andere werden; machen, daß das Eine um das Andere an deſſen Stelle 
ſei; negenfellig verkehren; Gelbmünzen gegenfeitig umtauſchen. Wie die Zeit: 
wörter fo unterfcheiden fi) auch die Hauptwörter. -— Wie fehr das Befinte 
bald durch Reichtfinn und bald durch Untreue plasel die Hausfrau, immer fe 
nöthigt zu wechfeln und Fehler um Fehler zu tauſchen. Göthe, Hermann 
und Dorothea 7, 63. Ich kann einen guten Taufch Hoffen. Göthe, ital. 
Reife 17. Mai. Der an der Stunden Wechfel denfen muß. Schiller, Pic 
eol. 3, 3. Ihr Pachter hat mir während Ihrer Abwefenheit zweitaufend Tha⸗ 
ler in Wechfeln ausbezahlt. Schiller, der Neffe als Onfel 1, 10. 


Berfegen 1) duch Setzen entfernen, in einigen mehr oder we- 
niger uneigentlichen Bedeutungen: a) Jemanden etwas zur Sicherheit 
dargeben, Daß er darauf eın Recht habe, wenn man Die gegen ibn 
übernommene Verbindlichkeit nicht erfüllt; b) einem einen Schlag ze. bei⸗ 
bringen; ec) "einen Hieb, Stih (in der ältern Fechtkunſt), einem emen 
abwehrenden entgegenfegen; d) finnvermandt mit antworten |. S. 439; 
2) an einen andern Ort, auf eine andere Stelle fegen; 3) an einen 
fatichen, ungehörigen Ort feßen; 4) durch Setzen verbraudien; 5) durch 
an verbergen: eine Thüre mit Holz; 6) mit etwas, das man bin- 
zuthut, verbinden, vermijchen, oder auch nur verzieren: das Gold mit 
Silber. — Das war für das Mecklenburger Land, das ihm der Kai: 
fer verfegt als Pfand. Schiller, Wallenſteins Lager 11. Haſtig zog 
er fein Schwert, ihm eins zu verjeßen. Göthe, Reineke Indie 1, 
109. Ber newer (nur) verjeget, mit alten füniten wirt er zur 
Leicküchner. Die Seelen verfegen fib aus dem flaubigen Kerker und 
treffen fih im Paradieſe der Liebe. Schiller, Räuber 4, 5. Es iſt 
ein groß Ergetzen fih in den Geiſt der Zeiten zu verſetzen. Göthe, 
Fauft 1, 38. Mir ift, ale ob die Orgel mir den Athen verjegte 
Goͤthe, Fauſt 1, 200. Das Vergnügen verjegt mir die Stimme, 
Göthe, Rameaus Neffe. Mit organiiher umd thieriicher { 
— — zweckmaͤßig verſetzt. Lichtenberg, Anhaug zur Epiſtel 
au rd. 


611 


4 


⸗Verpfänden (mit. verpfenden, von ahd. phantôn, uihd. pfenden, altn 
pantan, bies von Pfand, ahd. phant, pfant, mäb. pfant, altn. pantr, lite 
than. pantas, mittellat. pannum, aoltfranz. pan) if ein eblerer Aus- 
druck als verſetzen, wird auch von ſittlichen Gegenfländen, die als Pfand 
dienen, gebraucht — Site, deine Kroneinkünfte, deine Zölle find auf brei 
Sopre ſchon voraus verpfändet. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 2. 
Die Ehre if verpfändet. Daf. 5, 8. 

PWiderfegen fid, (ahd. widarsezan, mhd. widersitzen und wi- 
dersetzen) 1) einer natürlichen (phyſiſchen) oder fittlihen Einwirkung 
unnachgebend mit Feſtigkeit jelbftthärig entgegen fein; 2) (veraltet) ſinn⸗ 
verwandt mit antworten. — Die NRegimenter wollen nicht nach Flandern ; 
ſie haben eine Schrift mir überjandt, und widerjegen laut fih dem 
Befehle. Schiller, Walleufteins Zod 1, 3. Ha! widerfegten fie, 
die Leute find betrogen. Benj. Neukirch, der advocierende Cupido. 

Widerftchen (I. fiehen) einer Wirfung feft entgegen fein, ſo daß jene 
aufgehalten wird. Widerfireben (mhd. widerströben, von ſtrebeu, ahd. 
ströpan, mhd. ströben; vgl. gr. Srp&peır —= drehen, an einem Otte vers 
weiten) feine Kraft oder Thätigfeit zu ver Richtung des Cutgegenſeins gegen 
eine Ginwirfung beflimmen. Sid ſträuben (ahd. strüpen, strüpen — 
frauben, mhd. sirüäben = erſtarren; fraube,iraubig, ahd. strübi, nıhp, 
strübe, niebeif. strüf, daher der Gigenname Struve, wie Krauſe, Kraus) 
ih einer Cinwirkung mit flarrend hindernden Gliedern entgegenfegen, auch 
fg. Sich wehren (goth. varjan, altn. verja, agi. warjan, 'werjan, wa 
ran, altſ. werean, altfrief. wera, ahd. warjan, werjan, mhd. weren, wern, 
ban. värge, ſchwed. värja, ‚zu guih. vars — behutſam, varci, ahd. wara, 
mbd. war — Acht, Aufmerffamfeit gehörig; vgl. lat. vereri = achten) mit 
abhaltender Gewalt fich einer natürlichen Ginwirkfung enigegenfepen. — Und 


wie einen Kreifel mit ſchwindelndem Dreben trieb mich's um, ich Fonnte nicht 


widerſte hen. Schiller, Taucher. Es zieht mich fort mit göttlicher Gewalt, 

bem Abgrund zu, Ich kaun nicht widerſtreben. Schiller, Piccolomini 3,9, 

GE ſträubt fi, der Krieg hat Fein Erbarmen, das Mägplein in umfern 

fennigten Armen, Schiller, Wallenfteins Lager 6. (Er) wehrte fih mit 

dem Mutbe eines DVerzweifeluden. Schiller, Abfall d. N. 4. 2. 

Auf—, be— daran— ‚darein — ‚darüber —, durch — ein —, ent — 
(.S.100 u. 235), entgegen — feſt — fort — ‚ber —, heran —, herauf —, 
heraus — ‚herbei— ‚herein — ‚berüber— herum — berunter—, berzu—, 
hin— ‚hinab —, hinan —, binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, 
hintan —, hinüber —, hinunter —, binweg—, hinzu —, nieder —, um⸗ 
her — nuter —, vor— (ſ. ©. 22), Voran—, voraus —, vorbei —, vor⸗ 
über—, weg—, zer — (ſ. ©.580), zu—, zurück —, zuſammenſetzen 
bedürfen keiner weitern Erklärung. — Soll ich dieſen Kerl das oberſt zu 
unierft unters Firmament wie einen Kegel aufſetzen? Schiller, 
Räuber 2, 3. An die, o Herr, nach deinem Wort, ich Leib und Le- 
ben aufgefegt. Wieland. Wenn der Nachtiſch aufgefegt, dringt 

+ 


, 








’ 


612 


Ihr herein. Schiller, Wallenſteins Tod 5, 1. Unſer Her iſt, wer 
die heil’ge Delung empfängt und fich die Kron’ aufſetzt zu Rheims. 
Schiller, Jungfrau v. DO. Prolog 3. Sind die Briefe an den König 
aufgelegt? Göthe, Egmont 1. Ih nehme Ceres aus, weil fie 
Dich jehr verlegt vor dieſem, wie man fagt, und beftig aufgelegt 
(betrogen). Opitz. Kannft du ihm Hörner auffeßen, jo mac du 
dir eine Luſt. Shakſpeare, Otbello-1, 3. Der Erſchrockene hatte nicht 
das Herz fih im Bette aufzufegen. % Paul. Der fih bald anf: 


fegen (reizen) laßt. Voc. v. 1618. Mit breitem Gold und Silbe 


bejegt. Göthe, ital. Reiie Neapel 29. Mai. Die untern Gänge 
find von Soldaten) bejegt. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 10. Der 
Kaifer wird glüdlic fein die erften Stellen damit befepen zu fönnen. 
Göthe, Götz v. B. 1. So — wir getroſt das Leben dran. 
Schiller, Tell 5, 1. Daß ja kein Haſe darüberſetzt (über die 
Heden)! Schiller, Räuber 1, 1. Der trog allen Hindernifien und 
Deripätungen feine Plane durchſetzt. Göthe, Leben 12. B. An 
diejer genialiſch-leidenſchaftlich durchgeſetzten Uebung beitätigte ſich 
jene eigentlich poetiſche Denkweiſe. Daſ. 13. B. Ich werde gefangen 
eingejegt. Schiller, Don Karlos 5, 2. Sie habe dem Bildermann 
ihre großen filbernen Schnallen dafür eingejeßt, und wolle fie, weil 
es heute Abend fo jpät geworden, morgen früb wieder einlöfen. Göthe, 
Meijters Lehrjahre 4, 16. Alle Huuptleute ſetzt' er ein (ins Amt). 
Schiller, Wullenftend Luger 2. Das Riejenfleinod fest’ er ein (m 


- den Schild). Uhland, Rolaud Schildträger. Set alles Blut, feht 


euer Leben ein! Schiller, Zungfran.v. DO. 5, 8. (Es) bat ſich mit 
der Zeytt jo tieff eingeſetzt Cift fo tief eingemurzelt). Luther. (Er) 
entiegte jeinen Neffen Richard. Shakſpeare, K. Heinrich VI. 1. Thl. 
2, 8. Unſere tödtlidhe Seite zu entfeßen, die Doch zufegt allein von 
enern Schwüren belagert wird. Schiller, Fiesko 4, 12. (Er) ift lange 
Zeit feiner Sinne entfeßt (außer fich) geweſen. Imhenhof. Mirafel 
1605. Die Wüfte fegt feinem Zug fein entichiedenes Hinderniß ent» 
gegen. Göthe, Leben 4. B. Wovon das Herz nicht voll, davon 
geht der Mund über, habe ich öfters wahr gefunden als den ent- 
gegengefegten Satz. Lichtenberg, Nachtrag zu den pſychol. Be: 
merfungen. Die Abreife Dttiliens, zu der fle ſchon alles im Stillen 
vorbereitet hatte, auf die nächſten Tage feftzufeßen. Göthe, Wahl- 
verwandtichaften 1, 16. Endet die Fehde, oder aefällt’s end, ſo 
feßet fie fort. Schiller, Braut v. M. Ih will, um es nicht zu 
vergejlen, nod) einige Erinnerungen herjegen. Schiller, Brief. mit 
Goͤthe 2, 126. Anf den PBilnitererhöhungen zu beiden Seiten der 
Straße werden Stühle herausgeſetzt. Göthe, röm. Barneval. ns 
dem unjer Lehrer das Verdienſt derſelben genugſam herauszuſetzen 
(zu Toben) wußte. Göthe, Leben 8. B. Wenn fie nicht gar Kummer 
und Berdruß zu einer armfeligen 50 hberunterfeßte. Xichtenberg, 














613 


Bemerk. zur Epiftel an Goͤbhard. Daß es ihn ganz bei ihr herun« 
terjegen muß. Shalipeare, was ihr wollt.2, 5. Ich muß mid‘ 
gleih hinjegen. Göthe, Wahlo. 1,1. Wo ich den Fuß binfegen 
wwllte. Göthe, der neue Paris. Ich könnte mid) noch wohl über ge- 
wife Dinge hinausſetzen. Schiller, Kabale und Liebe 3,6. Daß, 
wenn die Epijoden uns aus der Zäufchung herausbringen, der Dialog 
uns wieder hineinſetzt. Leifing, hamburg. Dramaturgie 85. (Er) 
ießte, ichwimmend, Die Fluten der March mit dem jchnaubenden Roffe 
hinüber. Pyrker, Rudolph 8. (Sie) fcheinen ihre Studien hints 
anzufegen. Göthe, Ph. Neri. Reichsfürſtlich mich erweifend, will 
ib würdig mich bei des Reiches Fürſten niederfegen. Schiller, 
Viccolomini 2, 5. Bei dem bejonders niedergejegten Gerichte zu 
offenbaren. Göthe, Egmont 4. Sie fegt den Gäften im Saule 
nicht mehr die Becher umber. Göthe, Bergſchloß. (Da) trat ein 
unterjegter.munterer Mann zu uns heran. Göthe, Meifters Wau—⸗ 
derjiahre 3, 5. Mit einem Wort, weil id) mir's einmal vorgefeßt, 
zu heirathen, fo mag mir die ganze Welt jebt vorjeßen was fie an 
Gegengründen weiß, mir ſoll's Eins jein. Shaffpeare, viel Lärmen 
um nichts 5, 4. Zur Freude der oben Vorgeſetzten. Göthe, 
Meifterd Wanderjahre 1. 8. Kinder find auch allen Schaͤtzen, allem 
Golde vorzufeßen (vorzuziehen). A. Tſcherning. «In welcher Ge- 
ſellſchaft ex), ohne ſich einen Zweck vorzufegen, ſeinen alten Traäu—⸗ 
men nachſchleichen konnte. Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 14. Was 
dir ziemt zu thun, ziemt mir erſt zu vernehmen, nicht vorauszufez- 
zen. Leſſing, Nathan der W. 4, 4. Nichts zeigt fo kräftig, wie ſehr 
man fi) Durch Die Gewohnheit über Alles wegſetzen lemt, als die 
Beruden. Lichtenberg, Nachtrag zu den Beobachtungen über den Men⸗ 
(hen. Wie eine einzige frohe Nachricht von dir meinem Leben zehn 
Jahre zufegen würde. Schiller, Räuber 1,1. Er ftrih aus, fegte 
zu. Göthe, Leben 3. B. Hab’ meine ganze Baarjchaft von Liebe an 
der Tochter fchon zugefegt. Schiller, Kabale und Liebe 5, 8. Er 
feßte mir heiß zu. Göthe, Götz v. B. Weil mir aber das Wetter 
zuſetzt. Schiller, Briefm. mit Göthe 6, 48. Selbſt der Braune 
(hweiger, der fih zurüdgefegt fand, fpielte Die Condottiere. Pla— 
ten, Seichichten des Königreiche Neapel 1, 2. Als man fi zum 
Abendefien zufammen gelegt hatte. Göthe, Wahlv. 1, 10. (Das 
Beniter) war von furbigen Gfäfern anmuthig zufammengejegt. 


.2, 3. | 

Yum. Stieler hat noch neben—, oben—, querfegen. 

Geſetzt (Partic. Präter. von fegen) wird in uneigentlicher Ber 
deutung für ruhig, mit Erift und Faſſung verbunden und diefe Stint- 
mung verrathend gebraucht. — Doch kenn’ ich ihre Schweiter, die 
ältere, gefeßtere. Göthe, meine Göttin. Spricht jener mit ge- 
fegtem Geil. Schiller, Kampf mit dem Draden. (Wenn man) 








614 


die bei gewiffen Spielen verfchufdeten Schlaͤge mit mehr oder weniger 
ra aushält. Göthe, Leben 2. B. 
: eßer (ahd. sezäri, mhd. setzeere), Seßerei, Setzung, ſetzbar 
find einfach und in Zufammenfegung, — feplich nur in Zufanumenfegung, 
bejouderd mit ent—, er—, ge—, wider— gebräudlih; ſetzig — 
halsſtarrig, verftodt, hört der Volksſprache an. — Da unfre Rechnung 
wegen des Manuferipts mit des Setzers Bedürfniffen nidyt zuſam⸗ 
mentrifft. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 277. Diefer Fortjeger 
des Werkes. Archenholz. D halt ein! rief Klaus dem Nadieper 
zu. Meißner. Den Sie ald Ueberfeßer des Horaz feunen. Schil⸗ 
ler, Briefw. mit Göthe 5, 305. Der in einer Ueberſetzerei in 
Die Lehre gethan ift. Lichtenberg, Bemerkungen zur Epiftel an Göb- 
hard. Das goldene Zeitalter unferer Literatur ift leider jeßt in ein 
verfalftes umgejeßt, und das gibt mir Anlaß genug, mich jowol über 
Das Zeitalter als über die Umfeber herauszulafien. 3. Paul. Der 
lyriſche Dichter . . . bedarf des Zonfegers, um in den Mund .des 
Bolfes zu kommen. Platen, das Theater als Nationalinftitut. — (Mau 
ſpricht) von. einer zweiten fchimpflihern Abfeßung. Schiller, Pics 
Iomini 2, 2 Dan fonnte fehr bald bei Befegung wichtiger Stüde 
auf fie rechnen. Göthe, Tag⸗ und Jahreshefte 1801, Die Durd- 
feßung meines Zwecks. Peſtalozzi. In der Entgegenjeßung des 
Schönen. Schiller Briefw. mit Göthe 3, 159. Als Wilhelm nad 
der Fortjegung (der Geſchichte) verlangte, Göthe, Meiftere Wan⸗ 
derjahre 3, 5. Eine einzige Zugend war es, die in Sparta mit 
Hintanfesgung aller andern geübt wurde, Vaterlandsliebe. Schille, 
Lykurg. Nun erſchien Wielandse Ueberſetzung (des Shakſpeare). 
Goͤthe, Leben 11. B. Die Ueberſetzungskunſt macht bei und 
Deutſchen täglich neue Fortſchritte. Böttiger. Daß dieſe Ueberſez— 
zungsverſuche nicht gerade zum Druck beſtimmt ſein müßten. 
Söthe, engl. Literatur. Durch Umſetzung der einheimiſchen Pro—⸗ 
ducte. Göthe, Clavigo 2. Um auf ihre (der Worte) ſchickliche Um⸗ 
ſetzung zu ſinnen. Wolfe Die Vollſtändigkeit der Verſetzung im 
das Homeriſche Weſen. Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 200. Fa 
der Vorausſetzung, Daß dieß Ihre Abſicht dabei ſei. Daſ. 5,2 
So war die Widerſetzung der übrigen eine Kühnheit. Schiller, 
Abfall d. N. 1. B. Was find jene Elemente, an denen ihre Zer⸗ 
feßungskunft endet, Meyer. Das gemeinfcaftliche Schickſal ihrer 
Zurädfebung und der Haß gegen den Minifter hatte fie wieder 
verbunden. Schiller, Granvella. — Weder Taſtatur nah Fing er⸗ 
jeßung fohien zu einigem Gleichniß Gelegenheit zu geben. Goͤthe, 
Reben 4. B. — Daß er (der Hut) nur aufjesbar ſcheint. Benzel⸗ 
Sternau, Wenn wir früherhin eine Stelle aus dem vielleicht über- 
fegbaren Graf Carmagnola einzurüden Bedenken trugen, und ge 
gegenwärtig mit kühnem Berfuch den unüberfeplichen Don Juan 











615 


ergreifen. Göthe, engl. Literatur. Wenn das Entfegliche mich trifft. 
Schiller, Wallenfteindg Zod 2, 7. D blutige, entſetzensvolle 
That! Daſ. &, 10. Mit der entſetz lich ſten Schnelle. Göthe, ital. 
Reiſe Zrint 11. Sept. Bir Hagen den unerfetzlichen Schaden. 
Göthe, Reineke Fuchs 1, 196. Die (Auszeichnung) freilich weder ge 
jeßlich noch herfönmlich war.. Göthe, Leben 2. B. Hier zeigt fi 
Beiſtimmung und Widerjeplichkeit, nad DVerjchiedenheit der Cha⸗ 
raftere. Daf. 14 B. Die wilde Zwietracht fprengt der Hölle eifern 
Thor unwiderjeplich auf. Uz, die Kunſt ſtets fröhlich zu fein 4. 
Gnutfeglih und erſchrecklich erllaͤren ſich aus ſich entfegen und 
erfäteden ©. 100. Graßlich (wei zu ab. arüisön, mbb, gräsen, 
niederd. gräsen = grautfen, ahd. griesic—=graufig, af, grüslih, grisenlich, 
agf. grisiic, mhb, gröüsenlich = grauslich, griffelich, mbb..der griuse 
= Graus, ahd. grülth, mbb. griulieh, griuwelich — gräulich, grauens 
erregend, abd. Erben, mäd. gräen, grüwen == grauen gehötig; vgl. gr. 
zpaser = tigen, zoo —= Haut, lat. horrere = graufen, flarsen) be 
zeichnet den heftigſten Grab biefer Gemüthsbewegung, indem ber Gegenſtand 
des Uebels ein aͤngſtliches Gtanen in uns erweckt. — Dann foll die Welt das 
Schauterhafte fehn, und von des Vaters Blute triefen foll bes Sohnes Stahl, 
im gräßlichen Gefechte. Schiller, Wallenfleins Tod 2, 7. 
Yum. Stieler bat vie Adj. fegich, ſetzicht, ſetzlich, geſetzlich, ge⸗ 
ſezbar, gefeshaft. 
Geſetz (ahd. gazez — Beſatzung, Beflb; gasezida — Gefep 
r weiter S. 6 u. 216) ift einfach und in verfchiedenen Zuſammen⸗ 
Ispungen gebräuchlih. — Deine Seel’ it Gefeg. Aber ihr Bid 
wid des Falken, ihr Herz wird Feuerſtrom, ba, er funfelt und es 
eüiht, wenn das Ungeſetz winkt. SKlopfiod, mein Irrthum. Der 
rieche jang in Igrifhem Ton Bürgergejep. Klopſtock, Wink. So 
wenig . . als fich mein Erdklos (Körper) ja aus Erdgeſetzen nicht 
beliebte. Herder. Bei dem gänzlichen Mangel an objectiven Ge⸗ 
ſchmacksgeſetzen. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 36, Die Bläue 
des Himmels bart und das Grundgefeg der Chromatik (Kunſt 
der Farbenmiſchung). Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. 
Die reichwoberhauptliche Abficht für Aufrechthaltung des grundgeſetz⸗ 
lien Berhältniffes der verfchiedenen Religionsbekenntniſſe im Reiche. 
Ungenannter bei Campe, . Töchterchen heißt fie ihm dann, ift alles, 
wad Zöchterchen küftet, Hausgeſetz. Sonnenberg. Es jcheint ein 
unserbriuchliches Naturgeieh zu fein, daß fich jeder Thätigkeit eine 
Regation entgegenſetzt. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 239. Ihr 
nennt Euch fremd in Englands Reichsgefehen Schiller, Maria 
Smart 1, 7. Dardh ein Schidjalsgejeb des Widerjpruche oder 
Stillſtandes in menſchlichen Handlungen. Herder. Das Anerlenttwiß 
des Sittengeſetzes. Soden. Der neue Richter wet mir die laͤngſi 
verjährten Strafgefege. Shalipeare, Maß fir Maß 1, 3... Ein 





616 


Staatsgefet machte den Spartanern die Unmenfchlichleit gegen ihre 

Sclaven zur Pflicht. Schiller, Lykurg. Schredt dein Todesgefep 

dich mehr! Sonnenberg. Dort fand er noch fterbenden Schunmer 

ſchwachen Tugendgeſetzes verfiel. Sonnenberg. Bar fie num 

Damit zu Stande, fo wurde ein Weltgeſetz daraus geftempelt. Ben- 
zel-Sternau. F J 

Für eine Kleinere Abtheilung eines Gedichtes Hört man im "gewöhnlichen 

Leben Geſetz, Bere (ahb. mhd. vers, agf. fers, engl. verse, franz. vers, 

aus lat. versus, eigentlich == die Kehr) und Strophe (gr. oreopy = 

Wendung, Tanz bes Chors). Wigentlich iR Vers eine. (metrifche, auch pro⸗ 

faifche) Zeile; dann eine Berbindung von Berszellen zu einem metrifchen Gans 

zen, ale Abtheilung eines Gedichts. Das Kunſtwort dafür iR Strophe, 

tm gewöhnlichen Leben Geſetz, welches Iehlere Wort auch überhaupt für einen 

kleinern Theil einer Rebe flieht. — Aber jept machte fich eine Erzählung Lafl, 

bie in Geſetzen, Bfalmen gleich, ſeiuem Mund entfiel, und bei jevem Ge: 

feße wird es ſtiller. Benzels Sternau. Willſt dan zu Strophen werben, 

o Halngefang? Klopſtock, Wingolf 1. 

Anm. Geſet Heißt (jedoch mehr in der Volksſprache) noch der Abſatz in 
Gefchriebenem oder Gedrucktem; jede der Abtheilungen zu 10 Fleineren Ringe 
im Rofenfran;. 

Geſetzanfſeher, —ausleger, —entwurf, —fälfeher, —feind, —frei, 
—freund, — kunde, —prediger, — rolle, — vollzieher u. a.; Geſetzes⸗ 
kraft, —widerfprud, —widerftreit. — Eine Sammlung ſolcher Fälle 
von vielen Jahrhunderten ift unſer Geſetzbuch. Göthe, Gög v. B. 
1. Es wurde an demfelben Tage der neue Geſetzentwurf in. Bor- 
trag gebracht. Campe. Als Gefegerkflärer haben fie (Die Rechts⸗ 
gelehrten) noch große ‚Ernten von Entdeckungen vor fih. Klopftod, 
Gelehrtenrepublik. Geſetzvollſtrecker des Abdul wirft du dereinſt, 
Geſetzerſchaffer in. ſeiner Beherrſchung. Sonnenberg. Ihm gehört 
daher die gefepgebende Gewalt. 3 Paul, Heiperus 11. Det 
Bhilofoph muß in den wichtiaften Handlungen, den morafijchen, ſein 
eigener lagen und Gefeghalter fein. Daf. 21. Diefem 
neuen gejeßgeberifchen Acte gegenüber. Augsb. Allg. Zeit, 1850. 
Nr. 57. Auf die (Uebel) er aljo bei feiner Gef ecung vorzůg⸗ 
lich Rüdfiht nahm, Schiller, Lykurg. Dich, die Geſetzherrſchaft 
kennt die Unglückliche nur. Klopſtock, die Denkzeiten. Bor der Ge» 
Me jion des Gewiflens. 3. Paul, Heſperus 8, Pflicht⸗ 
und geſetzlos fteht er gegenüber dem Staat gelagert, den er ſchützen 
tel. Schiller, Piccolomini 5, 1: Wilft du zu Strophen werden, o 
Haingefang? Willſt du gefeglos (ohne Regeln des Sylbenmaßes), 
Oſſians Schwunge gleich . . . frei aus der Seele des Dichters ſchwe⸗ 
ben? SKlopftod, Wingolf 1. (Er wollte) den Anordnungen, die er 
getroffen hatte, eine a Sanction und gefegmäßige Stärke 
geben. Schiller, Abfall d. N. 1. B. Ihm verfiufterte dieſe ploͤßliche 


⸗ 





617. 

Ueberſtrahlung alle im feiner. Seele aufgehangenen Geſetztafeln. J. 
Paul, Heſperus 8. Nachtwolke ſchwebt' hinten nad) dem Heer des 
Geſetzvolks (der Juden). Klopſtock. Alle proteſtirten laut gegen 
dieſes geſetzwidrige Verfahren. Schiller, Abfall d. N. 4. B. Bei: 

e 1. Mit einiger Methode kommt man dem Geſetz dieſer Geſe tz⸗ 
widrigkeit ſchon um vieles näher. Göthe, Farbenlehre 109. Wil: 
fig und ohne Geſetzzwang übten damahls die Menſchen Treue und 
Redlichkeit. Gedike. | 

Ausſfetze, der, und ber Fit (mbd. üzsetze, ügsetzel) der 
Ausfägige und der Ausſatz; das Beſetz = das, womit etwas befeßt 
it (Straßenpflafter, Einfofjung eines Kleides, namentlich des Hemdes 
am Hald- und Haudtheil, angenähete- Unterlage befonders am Schuh, 
mhd. der besez — Belagerung, auch Befiß), die Einſetz (Maß 
von Feldern und Grundftüden, halbes Suchart), das Unterfeß 
(Stüße), die Borfeg (Vorſpann), die Vorſetze (was man vorfeßt, 
ein Pfahl» und Bohlenwerk am Waſſer) find veraltend oder der Volfd- 
ſprache angehörig, ' ' 

Anm. Ginfesg if eigentlich. wol ſoviel als in Einem Bors oder Nachmittag 
mit einem paar Ochſen gepflügt werden mag. ’ 

Segart, —bord (im Schiffbau), —brett (bei den Buchdruckern), 
— bühne (im Bergbau), —eifen, —erde, —fehler, —faß, —fäuftel (im 
Bergbau), — garten, —graupen (im Bergbau), —hafen, —hamen, 
— hammer, —haje (bei den Jägern), —holz, —karpfen, —kaſten, 
—kohle, — kolben, —fompaß (im Bergbau), —kunſt, —füpe, —Iatte, 
—lauge, — linie, — meißel, —ort, —pfanne (in.den Salzſiedereien), 
—platßz, —rebe, —reis, —falat, —ſchaͤfer, —ſchiffer, — ſchlich (im 
Hüttenweſen), —fohle, —ſtange, —ſtatt, —ſtempel, — ſtück, —teich, 
(im Hüttenweſen), —wage, —weger (im Schiffbau), —weide, - 
— wolle, — werk, —zapfen, = —zweig, —zwiebel; Setzerlohn; 
Abſetzferkel, —füllen, —kalb, —lamm, —tiſch; Anſetzblech, 
—ſpiel; Aufſetzholz (bei den Bädern), —maß (bei den Winden⸗ 
machern), — nadel, —ring (beide bei Stieler), — röhre (in den Berg- 
werfen), —ftein (bei den Tuchbereitern), —ſtunde (in den Bergwer- 
fen); Ausſetzhammer (bei den Tuchfcherern), —ftoß (beim Billard- 
fiel); Einfegeifen, —löffel; Verſetzgrube (bei den Lohgerbern), 
verfegling (Fiſchart, Gargantua ©.1%4); Vorſetzblech (im Hüt- 
tenbau), —dedel (in den Schwefelhütten), —fenfter, — papier, — ſylbe, 
—topf fin den Schwefelhütten), —wand, —mwort; Zerfehmittel 
Cem auflöfendes ers, der Freundſchaft. 3. Paul, Siebenfäs 1). | 

Sag (mhd. satz) überhaupt Das, was gejegt wird (eig. und fig.); 

das in Worten ausgedrüdte Urtheil, in engerer Bedeutung, was in 
Form einer Wahrheit in Worten alsgedrädt ift; Handlung des Setzens. 
— In Einem Sat laß: ms aus dem Gedräng’ entweichen. Göthe, 
Fauſt 1, 210. Die Mutter kann im Lomberjpielen, wenn fie den 





618 
letzten Satz verfpielt, faum fo viel banges Schrecken fühlen. Gellert, 
das Kurtenhaus. Der Sag, durch welchen alles Ding Beitand und 
Form empfangen. Schiller, die Weltweilen. Er bewies den Sa, 
daß eltern ihre Kinder haffen, wofern fle ihnen nichts, ale Reichthum 
binterlaffen. Gellert, der baronifirte Bürger. Die da lechent auf ſaß 
(Hypothek) als auf hewfer, agker. Schmeller 3, 295. 

Urtheil (f. ©. 82) iR Hier das Bewußtfein der Beziehung mehrerer zu 

Einem Gedanken zufanımengefaßter Vorſtellungen. 

Aufſatz 1) die Handlung des Aufſetzens; 2) das was aufgeſetzt 
wird, uneigentlich etvas Zuſammenhangendes und Ganzes, was man 
über einen Gegenſtand ſchriftlich aufgeert hat, meiſt von geringerem 
Umfang; 3) (veraltet) hinterliſtige Beredung, Betrug; Haß, Groll; 
Empörung; davon auffätzig (minder gut aufſäſſig, bei Stieler 
aufjfegig und aufgefeßen); 4) (veraltet, theilweife in der Volls⸗ 
fprache erhalten) Entfchluß, neue und ungewöhnliche Auflage, Erhoͤ— 
bung des Preijes. — (Do prangte, geformt vom Konditor, ein an- 
ſchauuungswürdiger Aufſatz. Buß, der Abendſchmaus 71, Euem 
neuen Aufſatz finde ich allerliebſt, wenn das Haar nur um einen 
Gedanken brauner wäre Shaffpeare, viel Lärmen um nichts’ 3, 4. 
Daß du bei Eongrefien und Vorträgen des diplomatifchen Corps wes 
nigitens als Ofenaufſatz den Stlhonettdr machen könnteſt. J. Paul, 
Titan 3. Service und Tiſchanfſätze ſtimmten zu dem Ganzen. 
Göthe, Meiſters Lehrjahre 6, 6. Leider iſt dieſer Aufſatz erſt lauge 
Zeit, nachdem der mitgetheilt worden, aus dem Gedächtniß 

eichrieben worden. Goͤthe, Meiſters Wunderjahre 8, 14. Welcher 
Bliftiglich und mit aufſatz chinterlifter Beredung) zu einer Aufrhur 
| ufrubr) Urſach gibt. Tyroler Landordnung v. 1603, Sie find mir 
‚alle wegen des Mädchens auffäſſig. Göthe, Jery und Bätelh. 


Abhandlung (ſ. Handeln S. 604) iſt ein schriftlicher wie münblider 
Vertrag von groͤßerm Umfang und möglich volltändiger Musführung und Gr- 
fhöpfung des Inhalts. — Aufſtößig (ſ. ſtoßen) geneigt, einem Anbern zu 
widerſtreben und dies thätig zu beweifen, mit dem Mebenbegriff des Aufgereg⸗ 
ten und Heftigen Widerfepend, Anfflügig if nur eine andere Form von 
aufftößig. Beide Ausdrücke find in der Schriftfprache wenig gebraäuchlich. 

— Irland fängt an aufſtößig zu werden. Ungenannter bei Campe. 
Ausjag 1) die Handlung des Ausſetzens, befonders beim Bilard- 
ſpiel; 23) das was ausgefeßt wird; 3) eine befannte Krankheit (10 
heißt aush der Krebs bei den Pferden, die Finnen den bei Schweinen, der 
Grind an den Bäumen); 4) (Volksſprache) Zadel. — Ein Gift, wie 
das, müßte die Geſundheit ſeibſt in eiternden Ausiak verwandelt 
Schiller, Kabale und Liebe 3, 3. Ausſatz der Menfchheit. Schiller, 
ns 2, 8. Der Ausiägige mag fich inden, Shakſpeave, Ham⸗ 

et 3,.1. Br ’ 





619 


Ausſchlag (ſ. Fhlagen) in das auf die Dberäche der Haut eines 
lebendigen Körpers herausgelummene Krankhafte Urſchlacht (ahd. urslaht, 
mhd. urslaht und urslac) für Rinverblattern, iſt mar noch landſchaftlich, wo 
es urſchlecht, Urſchlacht, Usſchlechte, Durchſchlecht laute. — Er 
Hatte fo einen gewiffen trochnen Ansfchlag, und feine Hände waren immer 
gewohnt zu kraben. Goͤthe, Benvenuto Cellini 2, 6. Se 


Beiſatz ift das zu etwas als nicht weſentlich Hinzugefügte, inſo— 
fern es zur näheren Erflärung oder auch zur Beſchränkung beigejeßt 
iſt. —* heißt es in jedem Falle, es mag mit demjenigen, zu 
welchem es hinzugefügt iſt, in Verbindung, im Zuſammenhang ſtehen 
oder nicht. — Haben Sie die Güte den Brief unmittelbar nach Zürich, 
mit dem bloßen Beiſatz „bei Herrn Rittmeiſter Ort zum Schwert“ 
zu adreſſtren. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 279. So wurde das 
Gerücht Durch immer neue Zufä be abfichtlicd) übertrieben. Schiller, 
Abfall d. N. 3. B. Daß das Metall nunmehr von allen fremden 
Zuſätzen gereiniget ſei. Goͤthe, Meifters Lehrjahre 1, 15. 

Anhang (I. Hangen) wird nur gefagt, wenn das Hinzugefügte in ber 
oben genannten Verbindung, in diefem Iufammenhange fleht. 


GSegenfag 1) ein Sag, welcher einem andern . entgegenge- 
et ift, bei einer gewiſſen Aehnlichfeit geradezu. eine Verſchiedenheit 
ausdrädt; 2) finnverwandt mit Gontraft |. S. 87; 3) überhaupt ein 
jedes Ding, welches einem andern entgegengejeßt ift, oder das Ger 
gentheil eines andern Dinges it. — Der merkwürdige Gegenjaß im 
hohen Sommer, in fühlen Zimmern, bei ſchwüler Wärme draußen, 
diejenigen Gegenflände vor mir zu ſehen, denen man im flrengiten 
Binter fich faum zu nähern tiaut. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 
3. Und fo entſtand gegen die bisherige Art zu leben ein ziemlich fühl— 
barer Gegenſatz. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 7. 
Gegentheil (f. Theil S.96) iR allgemein das, was bei einer gewiſſen 
Achnlichkeit in directer Berfchievenheit wozu iſt. Widerfpiel (f. Spiel 
» 6. 168) vrüdt das aus, was fih, trug einer gewifien Aehnlichkeit, aus di⸗ 
recter Berfchiedenheit von einem Andern mit diefem nicht verträgt. Abſtich, 
Contraſt ſ. S. 87. — Wenn wir gegeffen und getrunfen haben, find wir 
grad das Begentheil von dem, was wir fein follen. @öthe, Götz v. B. 1. 
Einen entſchiedeneren Contraſt konnte man nicht fehen als dieſe beiben 
Männer (Bafedow und Lavater). Schun der Anblid Baſedow's deutete auf 
das Gegentheil. Göthe, Leben 14. B. Nun begreife ich fehr wohl, wie - 
uns ber Dichter aus einer jeben Leidenſchaft zu ber ie entgegenſtehenden, 
zu ihrem völligen Widerfpiele, ohne unangenehme Sewaltfamfeit, bringen 
kann. Leſſing, hamburg, Dramaturgie 27. 


Ab—, An—, Be—, Ein—, Ent—, Er—, Nach —, Ueber—, 
Um—, Unter—, Ber—, Bor—, Border—, Boden—, Grund — 
(. S. 216), Kaffee—, Kirchſatz werden, mit Beachtung der ent⸗ 





620 


jprechenden Zeitwörter, aus nachfolgenden Beifpielen Har. — Damit 
die königliche Fabrik einen fihern Abſatz hätte. Göthe, Leben 16.8. 
Sie bemerkte etwas in feinem Gefichte, das mit jeiner gewöhnlichen 
Heiterfeit einen Abſatz (Abitih) machte. Wieland. Eh man ganz 
droben ift (auf der Treppe), ift ein Abfag. Göthe, Göp v. 2. 1. 
Sogleidy zeigte ex mir den Brief, worin der König in einem Abſaß 
ſchrieb: er jolle gefchwind wieder fommen uud Benvenuto mitbringen! 
Göthe, Benvenuto Eellini 3, 2 Das Frauenzimmer fam ihnen auf 
ein paar leichten Pantöffelhen mit hohen Abſätzen entgegengetreten. 
Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 4. Sie erzählte ihm die Folgen ihrer 
Begebenheit in verfchiedenen Abſätzen fehr umſtändlich. Daf. 7, 6. 
Daß er daher mehr Neigung zur Schwärmerei und zu Schwärmern 
hatte, als Anſatz dazu. J. Paul, Heiperus 7. (Die Wagen wa- 
ren) an der Seite mit wunderlihen Anſätzen geformt. . Göthe, Cam⸗ 
pagne in Franfreih 13. Det. Wie alle diefe mehr Stoff als nöthig 
zu ihren Kleidern genommen, mehr Tuch und Leinwand, mehr Band 
zum Befaß. Göthe, Novelle, Ich habe alfo zwar nichts in der Lot: 
terie gewonnen, habe aber doch im Ganzen meinen Einſatz wieder. 
Schiller, Briefm. mit Göthe 6, 33. Wie wär's, wenn fie uns freien 
Abzug a da ihr doch von Sidingen feinen Entfaß er: 
wurtet? Göthe, Göß v. B. 3. In welder (Schatulle) ich einen 
ziemlichen Erjag (für Das ausgegangene Geld) fand. Göthe, Mei: 
fters Wanderjahre 3, 6. Zum Erjah für feine Mühe (will er) 
Böhmen, das er fchon inne bat, für fich behalten. Schiller, Picco— 
- fomini 5, 1. (Daß) feine — Stimme aus dem Vorderfatze 
anfam als die mildefte im Nachſatze. 3. Paul, Siebenläs 5. Durch 
den Nachſatz meines Vortrags. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 11. 
Doß er aus Luft’ fi) nicht des MWeidners. Graben zum Ueberjaß- 
anfjuche. Klopftod, mehr Unterriht. Mein Tiſch, der darf mich nicht 
um Weberfa (zu große. Menge aufgefeßter Speifen) verflagen. Lo⸗ 
au. Du folt nicht wucher von deinem Bruder nemen noch vberfah. 
uther, Bibelüberf. 3. Mof. 25, 36. Die Eintracht, die mit des Le 
bens Freuden fo reihen Umſatz hält. Duſch. Sie fimden auf einem 
Unterfaße. Göthe, Benvenuto Bellini 1, 11. Jene prächt’gen Hya⸗ 
cinthen . . . legt anigt Donna Zimene in die Hände des Gemahles 
gum Berjage, zum Verkauf. Herder, Eid 45. Und bat aud im 
arzu gefaßt ze Urfage fein gut. Mon. boica %4, 364 v. %. 1324. 
Nie hab’ ich durch Borfag oder That das Leben meiner Feindin an- 
getaftet. Schiller, Maria Stuart 5, 7. Aufzuckt im Gemüth mir ein 
Sraunvorfag. Platen, die verhängnißvolle Gabel 2. (Es brennt) 
mir der Fluchtvorſatz in der Seele. Daf. 3. Zur vorfägliden?) 
21) So ſchreibt Göthe meift, felten vorfeplich, 3. B. Iphigenie 1,2: Durd 

ein vorfeglich Mißverfiehen. Stielee und Campe "haben vorſ Rn Und: 
logie von erſetzlich — was erfeht, wofür Erfab geleiſtet werben , ſpricht 





Bi 


Feſtigkeit. Göthe, Wahlverw. 1, 10. — Nur der Bodenfab der 
Stadt war zurüdgeblieden, die Häufer zu hüten. Schiller, Räuber 2, 
3. Allen diefen entjeglichen .Bodenfat des am Rande jchmeichelnden 
Kelches habe ich ausgetrunfen. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 9. Daß 
ihr des Fingerſatzes Kunft begreift. Shafeipeare, der Widerſpen⸗ 
. figen Zähmung 3, 1. Nachdem fie zuvor in die Hand mir geſehn, 
in die Karten und ihren Kaffeeſatz. Platen, die verhängnißvolle 
Gabel 2. Wann ein Pfleger in einer hofmard) von alters - her 
den Kirchſatz (die Kirchvogtei) hat. Landtagsord. von 1605. Sie 
erfhrac® über den unvermutheten Schlußſatz. Wieland. 

Aum. Stieler bat noch Gelt—, Kort—, Rahts—, Reimfaß. - 

Satzung f. S. 6, früher auch Taxierung. Befaßung 1) die 
Handlung des Beſetzens (früher auch des DBefigens); 2) dasjenige, 
womit etwas befeßt wird, bejonders die Mannſchaft, mit welcher eine 
Stadt befegt wird. — Bürdet ihr niht Satzungen auf dem ges‘ 
weihten Dichter? Klopftod, Aefthetifer. Sp auch duch euern Sapß- 
meifter und auch Die gemeldte Sabung begriffen ift, ſchickt und deren 
eine Gopie. Krenner, Landtagsh. 5, 78. Pfui! ſolch ein Dann 
ſtirbt Hungers, weil er nur, was Gott gejagt, nicht Menſchenſa— 
bung lehrt! Voß. Wie wir die Spaniihen Beſatzungen los wa- 
ren. Göthe, Egmont 1. ; 

Satzbrief (Pfandbrief), —fiſch, —haſe (Zägerfprache), —berr, 
—farpfen, — loch (in der Baufunft), —maß, — mehl, — meifter, —meißel, 
—möhre, —rübe, —ſtock, —ſtück, —teih, —weide, —weile, —zeit, 
— jwiebel; Abfapdraht, - holz, —kuchen, —ort, —ſchneider, —weife, 
—zwed; Anfagaröße, —rehnung; Aufſatzplatte; Beſatzteich; 
Einſatzbecher, —eiien, —fom, —geld, —gewicht, — herr, —ſchach⸗ 
tel, — ſchüſſel, —fpiel, —teich; Erfagmann, -—mittel, — quelle; 
Sapungslos, —recht; Befabungsmannfhaft, —redt.. — 
Er miſcht abjakweife in Damons Geſang die Worte. Göthe, Idylle. 
Wie aus der hohen Drüden, Berfammlungen ſatzungenlos fih der 
Barden Lied ſtürzt. Klopftod, Wingolf 5. 

Sattel (ahd. satal, satul, mhd. satel, agſ. sadul, altn. sa- 
dull) früher von Ort und Ding, wo und auf welchem man fißen 
fonnte, gebraucht, bezeichnet nhd. gewöhnlich nur den gepoffterten Sitz, 
melden man einem Pferde oder andern Thieren auflegt, um bequem 
daranf zu reiten; in uneigentlicher Bedeutung wird das Wort von ver- 
ihiedenen Dingen gebraudt, welche Nehnlichkeit mit einem Sattel 
haben. Davon fatteln (ahd. sataldn, mhd. satelen, agi. sadlian), 
ab—, aufjatteln; Sattler (ahd. satilAri), Sattelung — Er 


— — — — — — ı 
— 


für vorſetzlich; vie Analogie von abſichtlich — mas mit Abſicht geſchieht, 
ar ——— es ſcheint, mit mehr Recht, für vorſätzlich — was mit Vor⸗ 
aß geſchicht. 





622 


ritt ohne Sattel und Gteigbügel. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 
16. In eines Eſels Packſattel. Shakſpeare, Coriolan 2, 1. 
Knapp, ſattle mir mein Dänenroß! Bürger, die Entführung. (Er) 
fah unter fi vorübergeben die abgefattelten Trauerpferde. 93. 
Paul, Titan 47. Gr gebot, in aller Frühe aufzufatreln. Müller. 
Daß wir uns jo geduldig alle Modenarrheiten auffatteln laſſen. 
Ungenannter bei Campe. 

Sattelbaum, —bein, —bogen, —dadh, —fertig, —fliege, 
—frei, —gurt, —gut, —hammer, —hof, —holz, — kammer, —kiſ⸗ 
fen, —knecht, —krähe, —lehen, — muſchel, —pferd, —raupe, 
—riegel ‚ roß, —rücken, —iteg, —taſche, —wagen, —zeug, 
—zwicken u. a.; Sattlerahle, —arbeit, —ei, —eiſen, —garn, 
—zwecke. — Gold und Edelfteine und prächtige Stickerei war an der 
purpurfarbnen Satteldede verſchwendet. —2* Chronika der 
drei Schweſtern 3. Ha! Kind! ſei nur erſt ſattelfeſt, jo iſt mir 
nicht mehr bange! Bürger, die Entführung. (Die Inſel) erhebt fid 
_ fattelförmig. Chamiſſo. Wir haben niht Sattelhenkens Zeit. 

Göthe, Götz v. B. 5. Er nahm die Haudfchuh vom Sattelknauf. 
Uhland, Junker Nechberger. Haut durch bis auf den Sattelfuopf. 
Ubland, ſchwäbiſche Kunde. 

Sedel, der, (goth. sitls, ahd. sedal, mhd. södel, sidel, ſ. 
Sefiel ©. 598) 1) (veraltet) überhaupt Sitz; 9) Sig auf dem 
Lande, Landſitz, befonders einer ehemals |. g. gefreiten oder adelichen 

erfon. Der Befiger eines in die Sandinfel eingetragenen gefteiten 

dels hatte ehemals „jo weit der Dachtropfen gieng“ die Gerichts⸗ 
barkeit, war den gewöhnlichen Scurwerfen nicht unterworfen, und 
zahlte keine andere, als die |. g. Nitterfteuer. — Das von alter Se— 
del find, die follt ihr nicht fleuern. Inftrnetion an die Steuerfamm- 
ler von 1455. Wie denfeldben Sedelhof jet Ulrih Sedlmayr zu 
Affalterbach befißt. Mon. boica 10, 586 v. 3. 1526. — Naht: 
fedel (Nachtherberge) nemen. H. Fr. I. 1. 129 v. 3. 1318. Daß 
fie jedelhafft (anſäßig) werden in der Stadt, Wagenſeils Nürnberg 
320. — Auf Jemands Urbar Cliegendem Eigenthbum) befedelt ſeyn. 
Mon. boica 7, 304. 

Siedel, die, das, Cahd. sidil, sidel) 1) Bank, Die zugleich 
Sig und Behältnig für Wälche, Kleider ꝛc. (ſ. g. Bankkiſte) iſt; 2) 
(veraltet) Betbank in der Kirche, auch Beichtſtuhl. — Ein ſidel ik 
ein banc. Diut. 1, 315. Sideln und Laden, die nicht angenagelt 
find. Rechtsbuch v. 1453. In der Sydl im Kor, da die brieiter 
innfrend. Münchener Urfunde v. 1493. — Und ift ein Aufidel, do 
der Vater aufſaß. Rechtsbuch v. 1453. 

Siedel, der, gebräuchlicher Siedler (ahd. sidilo, mhd. sidele), 
An—, Ein—, Zwetfiedler; einjiedleriih; Siedelei, Ein: 
fiedelei; fiedeln (ahd. sidaljan, mhd. sidelen), an—, ein—, 








623 


überfiedeln drüden fümmtlich ein Wohnen auf einem Siedel, ein - 
Anjäifiglein an einem Orte, den Ort felbt, den, der an demfelben au— 
jälfg it, aus und bedürfen feiner weitern Erklärung. — Biel der 
Släub’gen, viel der Armen kamen zu des Siedlers Klaufe GN. 
Vogl, St. Benedeck mit dem Sädel. Der einjidel. A. v. Evb, 
(15. Jahrh.). Und fo geziemt es dem Emjamen die Einfiedler 

aufzuſuchen. Göthe, ital. Neife 35. Jamar. Was konnte überhaupt - 
einem Menichen viel fehlen, der aus feiner ftillen Woche eines Ein- 
ſiedlers auf einmal im die Flitterwochen eined Zweifiedlerg ge- 
fahren war? J. Paul, Siebenfäs 3. Gleih dem Bergeinfiedler. 
WVoß, der Abgefchiedene. (Zunge Eichen, die) wie die Seele des 
| Be tedlers bimmelmärts ſtreben. Benzel-Sternau. Gleich dem 
nfiedlerifchen Vogel. Schiller, Inngfrau v. D. Prolog 2, Der 
Patriarch verſprach mir eine Siedelei auf Tabor. Leſſing, Nathan 
d. W. 47. Kleine Einfiedelei. Bürger, das Dörfchen. -—- Bo 
fiedelte das erſte Paar. Rüdert, gef. Ged. 6, 192. Schwalben 
batten an meinem Sins geſiedelt. Daſ. 4, 25. Die (Stimme) 
feitdem in Mitte ihres Lands fih angefiedelt. Schiller, Tell 2, 2. 
Auf der Höhe über Biebrich erfchaute man das weite, prächtige Fluß- 
thal mit allen Anfiedelungen innerhalb der fruchtbarften Ganen. 
Goöthe, St. Rochusfeſt. Einfiedelnd auf des Aetna Höhen hauft 
ein frommer Klausner. Schiller, Braut von Meſſina. Der wohl: 
einfiedelnde Dichter. Boß, an den Grafen Holmer 13. Diele 
Haushaltungen find Willens fih nad) Amerifa überzufiedeln. 


Heyuap. 

Sich niederlaffen (f. laſſen) und anfiedeln laſſen unbeſtimmt, ob 
ber Sitz bleibend ſei oder nicht; ſich anbanen (von bauen, goth. hauan, 
ahd. püwan, püan, mho. binwen, büwen, agſ. buan, altn. bua, niederd. 
bien, büwen, büjen, neuniederl. bouwen, engl. big; vgl. gr. prev = 
hervorbringen, pflanzen, lat. fuo, wovon fui, futurus) flieht nur von einem 
feſten Wohnſitz. — Gin Sungling, welcher viel von einer Stadt gehört, in 
der ber Segen wohnen follte, entfchloß fih, daß er da ſich niederlaffen 
wollte. @ellert, der Jüngling. Kleinere Gutshefiger, die kuͤhn genug vor 

. Zeiten ſich in gefährliche Nieverungen angebant. Göthe, Meiſters Wans 
derjahre 2, 5. Anch uns fleht’s frei, und auswärts anzubauen. Schiller, 

Aeneis 4, 64. 

Anm. Zu biefer Wurzel gehören noch verfchiebene Orts: und Perfonennamen: 
kaufig, Seffenbah, Seffenhaufen, Einſiedel, Cinſiedeln, Wuns 
ſiedel. — Holflein (Holsatia) iſt nun entftellt; die Holzſaßen fommen ale 
holsati, holzati, holtzati in alten Denfmalen (kei Helmold. chron. slav., Adam. 
brem.) vor. Sachſen (mhd. Sahse und Sasse) gehört zu sahs ©.55@, fo ges 
nannt, entweder weil fle das Steinfchwert führten oder den Gott Sahsnöt, Sax- 
— — Echwertführer, des Schwerts theilhafiig) an ihres Namens Spitze 


— 





624 
Pflegen '). 


(Wurzel plag, phlag; plig, phlig.) 

Pflege, pflag und pflog (pflegte), ‚gepflegen und gepflogen 
(gepflegt), pflegen (ahd. phliku, phlac, phläkum&s, phlekaser, 
phlekan, flökan, ph(f)legan; mhd. pflige, pflae, pflägen, gepfle- 

en und gepflogen, pflögen; auch ſchwach pflögte, gepflögt; agi. 
had) plegjan, pleggan, altj. plegan, mittelniederd. plöghen) be 
deutet num (von der Grundbedeutung, wie Weigand fie. aufitellt, 
ausgehend) 1) etwas als ein Untergebenes haben, regieren (jet ver- 
altet, vgl. Zandpfleger); 2) (erſt mhd., durch natürlich hervorge⸗ 
gangenen umjchreibenden oder hilfözeitwörtlichen Gebrauch des pflägen, 
2. 5, er pflac teilen — er theilte) thun wie es einem üblich ift (fo 
auch altn. plaga), und fo durch Wiederholung in Weblichkeit haben, 
fei es nun in hun, Xeiden, Gejchehen; 3) ſich augelegen fein laſſen, 
Sorgfalt worauf verwenden, daß es damit wohl ftehe; davon 4 ſich 
einer Annebmlichfeit oder dem, wie man es gerne hat, mit gamzer 
Seele hingeben. - - Arioth vnd Eangar haben die Juden gepflegt 
(fie regiert) achtzig Jar. Aveutinus, Chronik. Das Lund, des die 
Ehriften pflagene (das die Chriſten in Beſitz Hatten). Seript. 
brunsvic. Mit welchem ex fo foftfrei pflag zu fein. Opiß, deutſche 
oem. Breslau 1625. ©. 106. Als unſern blinden Alten Die Sonne 
ot, wie er aumeilen pflag, die Mittagsruhb im Myrthenrund zu 
halten. Wieland, Oberon 7,.29. Wo um und Hellas goldner Tag 
in dunklen Zraum zu fpielen pflag. Voß, Penjerofe 201. Der 
fonft jo warm für mid zu fprechen pflegte. Sciller, Biccolomini 
2, 2. Bir pflogen abgeriffened Geſpräch, wie e8 den Wanderer 
freut. Göthe, Venedig. Epigr. 2. Durch den Maria Unterhandlung 
mit mir pflog. Schiller, Maria Stuart 4, 6. Es wäre Denn, das 
der Vater auch jolher Verrichtungen pepflegen hätte. Baier. Land: 
recht von 1518. Nah gepflegnem rat. Hug, Rhetorica Tübingen 
158 Bl. 109. Wenn Gi guter Ordnung geflogen hettind. Tſchudi, 
Schweizerchronik 1,198. Mit ihnen beiden pfleg’ ich Raths. Scil- 
ler, Tell 1, 2. Ich felbit war deine Wärterin, nicht fchämt’ ich 
der Kleinen Dienfte mid, ich pflegte deiner mit weiblich jorgender 


1) Das Wort ift frühe ſchwankend, flarf und ſchwach biegend, mit verſchiede⸗ 
nen Ablaut, wie — nhd. — Die Wurzel iſt nicht klar. Wackernagel fell, 
in Bezug auf die Form etwas gewagt, das Wort zum gr. Array = ſeher, 
Prtyapos —= Augenlied; Weigand ftellt ald Grundbedentung anf: „etwas üben, 
ihm dauerud obliegen, es gleichſam ale Geſchäft treiben; etwas fich angelegen fen 
laffen, wozu mun natürlidy oder durch Auftrag gehalten und geneigt if“; Die: 
fenbach findet Verwandtſchaft mit goth. flekan — Hagen, lat. plectere = 
ſtrafen; Grimm (ram. I, 397) fagt: „Merfwürbig, wenn pflegen undeutſch 
wäre, da dies Wort ftarfe Conjugation Hat; im Both. fehlt das Wort, fo wie 
Pfluͤcht, das vielleidyt mit pflegen gar nicht verwandt iſt.“ 











‘, 


625 


Geſchaͤftigkeit. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 18. Alſo pflag der 
hohe Kaijer auf den Burgen nur der Ruh. Fr. Schlegel, Karl und 
Moland. Welcher meines Leibes pflag. Rückert, gel. Gedichte 3, 
23. Alfo ſchmauſeten wir und pflegeten unieres Leibes, wohlge- 
muth, an der Fülle gefegneter Schalen und Schüſſeln. Voß, der 
Abendſchmaus 196, — 

Gewohnt fein (ahd. k(g)iwon, mhb. gewon, ſ. Gewohnheit S. 

89) unter einerlei Umſtaͤnden fo gleichförmig wiederholen, daß das fo Hervor⸗ 

gebrachte wie ohne deutliches Bewußtſein der Beſtimmung dazu, gleihfam zur 

. Natur geworben gefchieht. Warten (ahb. warten, mhd. warten, altf. 
wardön, agf. weärdjan, mittelniederb. warden, von ahd. diu wara = finnliches 

Aufnehmen in. das Bewußtfein, Wahrnehmen, agf. ware = Aufmerkſamkeit, 

Vorficht ; vgl..goth.vards, ahd. warto, mhb. warte, nhd. Wart, Wäartel, Wär: 

ter) beveutet zunächft fchauen; dann Acht haben, anfpaflen; weiter ordentlich be⸗ 

forgen, feine Ihätigfeit darauf, was ‚zum Bellen einer Berfon oder Sache ers 
fordert wird, verwenden. Abwarten — auf einen Gegenfland die Zeit und 

Thätigfeit verwenden, welche zu befien Beſtem durchweg (bis zu Ende) erfor⸗ 

dert wird. Hegen (ahd. hek(g)an, mh. hegen, altn, hegna ; ahd. mhd. 

bac = Hag, Umfcliegung eines Raumes, Gebüfch, agf. häg = Zaun) zus 
nächſt umzäunen; dann überhaupt etwas durch Bürforge davor fchügen, Daß 
daran Fein Schaden gefchehe, im Beſondern wenn durch Warnungszeichen oder 
bloße6 Verbot gefhügt wird; dann fchüßend aufnehmen und wohl halten; 
davon haben und forgfanIınterhalten. — Wilhelm fand meiftens befanute Ges 
genſtaͤnde, jedoch lebhafter und bedeutender vorgetragen, ale er fie ſonſt zu 
fehen gewohnt. war. Göthe, Meifters Wanverjahre 2, 2, Nemfig warten 
jeder Nebe, pflegen wollt’ ich jeden Baum. Bürger, Hulvigungsliev. Cie 
fucht des Mannes, wie fle kann, zu pflegen und zu warten. Voß, Luife 

8 b, 250. Ge if Wildbret, das ich eigentlich nicht hege, das nur von uns 

gefähr in meine Gehege übertreten iſt. Leſſing. AU’ ihre Kintlein hegt 
‚ und pflegt fie, an ihr liebend Herz gelegt. Bürger, die Elemente. 

Er—, ver—, beranpflegen find an fih Mar. — Wo Lie)’ und 
greundichaft unfers Herzens Segen mit Götterhand erfchaffen und er= 
pflegen. Göthe, Fauft Vorfpiel. Wo des Landmannd Weib und 
Zöchter freundlich ihrer fih annahmen und fie treu verptlegeten, 
Herder, Eid 59. Daß man fie forgiam. hegt, dankbar bekleidet und 
verpflegt. Bürger, nothgedrungene Epiftel. Verpflegt ein Sterb- 
licher jein fchlechtes Theil allein, und feine Seele darbt, wie kann er 
glücklich ſeyn? Uz, Knnſt .ftets fröhlich zu feyn 1. Hat Eine ſich 
den Helden num beinah hHerangepflegt. Göthe, Kriegsglück. 

Anm. In varticip. Zufammtenfegung fagt Bürger: Der verhaäßteſte von allen 
gettgenflegten Königen. z | j 

Pfleger (ahd. plögari, flögare, mhd. pflegzere), Pflegerin 
(ahd. pf(f)legara) 1) eine, Perfon, welche über eine Sache Aufficht 
führet, fie verwalter; 2) eine Perfon, die für eine andere Sorge trägt, 

u 











626 


für ihr Beftes wachet. — Setze Richter und Pfleger, die alles vold 
rihten. Luther, Bibelüberſ. Eſra 7, 25. Er fand der Fäafen erba- 
bene Fürſten und Pfleger. Voß, Odyſſee 7, 136. Männer, des 
Deptfordichiffs viellundige Steurer und Pfleger. Baggeſen. Bie 
rũhmlich iſt's, von feinen Schägen ein Bfleger der Bedrängten jeyn! 
Gellert, die Gutthat. Der Arzt des Ortes war nur ein gemeiner 
Bartpfleger. Campe. Als ihn des Bezirks Landpfleger gefragt. 
Platen, rom. Dedipus 1. Der Stadtpfleger Demetrius. Wieland. 
Defien (ded Kindes) unmittelbare Pflegerin fie um fo mehr werden 
fonnte. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 9. Du Liebespflegerin! 
Shafipeare, Romeo und. Zulie 3, 2. 


Pflege (mhd. pflöge, pflögnusse) 1) die Handlung des Pie 
gend, als Aufficht über eine Sache, Sorge für deren Gedeihen; 9 
(veraltet) eine der Auffiht und Verwaltung eines Andern anvertrante 
Gegend, ein folcher Bezirk, ein ſolches Gut; 3) (veraftet) ein ſolches 
Amt (eine folhe Pfründe), das in der (adeligen) Familie erblich war. 
Pflegung die Handlung des Pflegens; pflegig ift felten. — Er 
bedarf fo fehr der Pflege. Schiller, Zell 1, 4. So nimm. nm 
auch von mir die Pflege als ein willlonımner ftiller Gaft. Goͤthe, 
Fauft 1, 64. Kranke werden dafelbit mit einer fo wohl geleiteten 
Sorgfalt verpflegt, daß Begüterte von allen Ständen die Bar: 
tung dieſes Haufes der Pflege ihrer eigenen Familie vorziehen. 
Sturz, Bernſtorf. Darumb wo die Pflegen on die Gericht erlangt 
werden. Layſche Anzaigung von 1531. Zehen andere Tribunale be: 
fhäftigten fih mit der Gerechtigkeitspflege. Schiller, Solon. 
Nach Ignatz Freyherrn von Heidons Zode folgte ihm in der Pflege 
feine Tochter Anna. Baumgartner, Neuftadt a, d. ©. 51. Preußen 
verlangte Verpflegung für feine Truppen. Göthe, Tag- und Jade 
— — Auff geſundheit pflegige manier. Fiſchart, Gargan⸗ 
tua S. 


Pflegeeltern — Auferzieher von einem oder mehreren nicht leib⸗ 
lichen Kindern. Pflegevater, —mutter. — Der Pflegevater 
hält mit der Arbeit inne. Goͤthe, Meiſters Wanderjahre 1, 2. Die 
Pflegemutter ſagte ohne Bedenken Nein. J. Paul, Zitan 11. 


Stiefeltern (GStiefvater, - mutter, ahd. stiuffater, stiufmuoter, von 
ahd. stiufan — berauben) find vurch Anheirathung geworbene Gitern von Per 
fonen, diefe mögen nun much der Auferziehung berürfen ober nicht; der Aus 
drud mifcht in Stich-— gerne den Nebenbegrif des Mangels an elterlider 
Liebe, des Lieberaubens, Liebefremben gegen die Rinder bei. — Go wars as 
lich dem Stiefvater unmöglich, die Bitte für die fchönfte Stieftodter 
abzuweifen. 3. Baul, Heſperus 18. Ich Hätte einige hübſche Partien thun 
fönnen, wenn nicht meine Stiefmutter, aus Furdt vor rer Ausſtattang. 
fie zu vereiteln gewußt hätte. Böthe, Meiſters Lehrjahre 1, 3. Stefmüt⸗ 








627 





terlich gehnnt, ſah fie Dich faum, gleich übte fle verberblich ihre Macht, 

Schiller, Bhäpra 1, 1. 

Anm. Das Wort tief, ahd. stiuf, mhb. stief, agf. stööp, altn. stiup, 
älternhd. Reuf kommt nur in Zufammenfegungen vor. Selten find darum Formen 
wie folgende: Und die Gefahren, bie nun ber Geſchwiſter von einer ſtiefge⸗ 
wordnen Mutter warteten. Götbe, Iphigenie 8, ‘1. Ich achtete fie als Bes 
ſchwiſter, aber nur ale ftiefe. Kückert, gef. Geb. 1, 169. Wie behandelſt du mich 
Rief. Daf. 6, 244. 

Pflegling und Pflegekind iſt ein Kind, welches nur infofern 
Jemanden angehört, al8 er für deſſen leibliches und geiftiges Wohl 
’ forgen bat. Pflegefohn, —tochter. — (Sie) legen ihren hol- 

n PBflegling drein (in den Kahn) und ſchaukeln ihn am Ufer auf 
und ab... Nimm fie bin, mein theures Pflegekind. Uhland, 
normännifcher Brauch. (Daß fie) nichts als meine Pflegetochter 
iſt. Leffing, Nathan der Weiſe 5, 5. 

Ziehkind (ſ. ziehen) ift ein im Jemandes Sorge zur Grziehnng ſtehen⸗ 
des Rind (nicht deffen eigenes); Zögling (f. ziehen) ein in Jemandes Sorge 
zur Erziehung fehender ober gewefener Menfch, weldyer nicht bes Grziehen⸗ 
den eigenes Kind if. Mündel (ahd. mundiling, älternhd. Mündling, 
von ahd. mhd. dia mund = Schu, der munt = Schützer, foramundo = 
Bormund; nah Grimm und Warernagel von lat. manus — Hund, 
infofern diefes Wort (manus) auch für Gewalt (potestas) gebraucht wirb; 
nad Weigand zu lat. munire — fchüben gehörig; Wadernagel vers 
gleicht noch gr. uvı7 — Ausfluht, auvvey —= abwenden) If ber Unmündige 
in Beziehung zu dem, der über ihn als einen Baterlofen, Berwaiken, väters 

lichen Schug und Batergewalt ausübt (in lepterem Sinne fteht auch Pfleg⸗ 

ling). — Wehr laffen wir unfere Böglinge nicht fehen. Göthe, Meifters 

Wanderjahre 2, 2. An dem fürfllihen Hofe wurde Brinzeffin Sophronie als 

Mündel erzogen. Dof. 3, 10. 

Acker —, Bienen—, Kompflege; pfleglich (mhd. pfliögelich), 
pflegfam; Pflegeamt, —befohlen, —beftellung, — gericht, — ſchaft, 
—fhreiber, —vogt, — wirth u. a. — Die pfleglih!) bey ©. 
Gnaden geweſen. Krenner, bayr. Landtagsh. 14, 445. Er rauchte 
vor dem Schlafengehen pfleglich jein Preifihen. Campe. So aller⸗ 
wege treu, fo weiblich pflegſam. Shakeſpeare, Cymbeline 5, 5. 
Die ihn ernannten zum Pfleger eines pflegebedürftigen Bolks. 
Waͤchter. Der Krankheit weih' ih Pflegebäufer ein. Uhland, 
He Emft 3. Der pflegelofe Lazarus. Kofegarten. Seine 
Bflenef hweiter bat ihn oft. 3. Paul, Titan 2, Denn Deine alte 
BVärterinn, voll Mutterfinnes, aus welchem der Pflegefinn aufge 
fproßt war. Benzel-Steman. | 


2) Schmeller, der I, 329 dieſe Stelle anführt, bat: „pfleglich, gemöhntich 1* 
Gtieler führt pfleglic als Adi. und Adv. — solitus, solito; moderatus, mo- 
derate; mediocris, mediocriter; curatus, curate an. 

Pr 





. 628 


Pfflicht Cabd. Aiht, phliht, mhd. pfliht, pflicht) jede ſittliche 
Nothwendigkert; Vorforge; Umgang; Gewohnheit, einfach und in Zu- 
fammenfegung gebräuchlih. Davon (das feltnere) pflichten, ver- 
pflihten (f. ©. 35), beipflihten; pflihtbar, pflichtig, 
pflihtlih; Berpflihtung. — Sie kommen dann und zollen dir 
Huldigung und Pflicht. Bürger, an Zhemiren. Obgleich zu jeder 
Dienstpflicht euch verbunden. Shafipeare, Othello 3, 3. Bir be: 
fennen uns Dadurch ihm gleichfam dieuſtpflichtig. Göthe, Wahl: 
verwandrichaften - 1, 6. So weit e8 möglih meiner Ehepflicht 
Platen, verbängnißvolle Gabel 2, Der Eidespflichten unbeichadet. 
Schiller, Piccolomini $, 1. Der Erbpflicht eifern- Joch. Hage⸗ 
dorn. Bon feiner Erzäblerpflicht wurde er bald abgelöft. Göthe, 
Meifters Wanderjahre 1, 8. Frankreich erfüllt die Freundes- 
pflicht. Schiller, Maria Stuart 2, 2. Seit mir find bei Mas- 
feraden Heroldöpflichten aufgeladen. Göthe, Kauft 2, 41. Wenn 
Menfchengefchlechte untergehn Dusch das Todesengels verfäumete Hod- 
pflicht. Sonnenberg. Dod zog ich firenge Königspflichten vor. 
Schiller, Maria Stuart 2, 9. Die Kriegespflicht an Attus Tul- 
Ius bindet, Gollin. Er fprach jehr ernft von... Lebenspflichten. 
J. Paul. Dienft, fo wie Lehnspflicht, lohnt füch ſelbſt im Thun. 
Shafefpeare, Macbeth 1, 41. Ganz durchdrungen von ihrer Mut: 
terpflicht. Ziedge, Urania 6. Er langt im Klofter an, beichwört 
die Ordenspflicht. Bürde. (Er fing an) in einer muntern Rede 
feine Batbenpflihten zu äußern. Göthe, Bahlverwandtichaften 2, 8. 
Wenn ich bei meinem Amte nie auch einer Brivatpflicht entitehen 
möchte. Herder, Antrittsrede in Büdeburg. Das ift unfre Reiter: 
pflhicht. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 15. Das ift eure Ritter: 
pflicht. Göthe, Götz von Berlichingen 1. Die fromme Sohns- 
pflicht heiligt meine Waffen. Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 2. 
Dem Bater diefe Trauerpflicht zu-leiften. Shafefpeare, Hanlet 1, 
2. — Pflichte mir deine Treue. Rüdert, gei. Ged. 3, 491 Nur 
der Fahne bin ih verpflicht. Schiller, Wallenfteins Lager 5. Hent 
haft du den Vater dir, den glüdlichen, verpflichtet. Schiller, Pic⸗ 
colomini 2, 4. Ste werden mir aber auch darin beipflidhten. Schil⸗ 
ler, Briefwechfel mit Göthe 3, 171. — Es preife fih, wer Keinem 
mit jeinem Leibe pflichtig ift auf Erden. Schiller, Tel 2, 2 (Ge 
Ichäfte, die er) in der Stadt und bei Hofe zu betreiben pflichtig if. 
Göthe, ital. Reife Neapel 19. März 1787. Richt fo wurden wir 
einft lehnpflichtig dem König. Pyrker, Rudolph 5. Der Begriff 
der Pflichtigkfeit, Michaeler. Bor der Lieblichften Altan fteb’ ic 
pflichtig jeden Abend, blicke traurig ftill hinan. Uhland, der Jäger. 
Nah Eindliher Berpflichtung. Shafefpeare, Hamlet 1, 2. 
Pflichtauker, —anfertau, — beitrag, — bruch, — ei, —erlaffung, 
— erweifung, —frei, —-gebot, —gebühr, —geld, —gemäß, — genoß, 





629 . 


—form, —leiftung, — ſchein, —ſchuldig, —theil, —vergeffenheit u. a.; 
Pflichtenlehre, —ftrei. — Des edein Pflihtgefühles Ue— 
bung gibt, ach! unter linvergeßlichen den Tod. Göthe, Eugenie 3, 2. 
Pflicht- und geſetzhos fteht er gegenüber dem Staat gelagert. Schil- 
ler, Piceolomini 5, 1. Ein pflihtmäßiger Arzt wird aber immer 
wünſchen. 3. Paul, Titan 33. Dem Gerechten (Könige) leiftet man 
fie (die Dienfte) pflihtenmäßig, Herder. Der Freundfchaft Schrei 
folgte ihm, aber Pflihtruf und Unmöglichkeit riffen die Sehnfucht 
vom Derlufte. Benzel-Sternau Mancher bije Pflichtträger, der 
ſich gleich jenem im &vangelium weder vor Gott noch Menfchen fürch- 
tet, fcheuet fich wenigftens vor der Schande eines Journals. Herder. 
Immer pflihttreu und gewiffenhaft. Wolfe. Mit fefter Pflicht- 
treue. Wolle So ftünde jetzt auch ich als DILLOTSEEdel en: 
mitichuldig und beſchaͤmt vor deinem Blick. Göthe, Taffo 2, 4. (Sie) 
erfannen mancherlei Plane, wie jie ohne Pflichtverleßung in der 
angenehmen Nähe zu verharren allenfalls möglich) machten. Göthe, 
Meifters Wanderjahre 2, 7. 2 
Aum. Pflug (abd. mho. pflauc,.langebard. plovus, altn. plögr, neu: 
niederl. ploeg, ſchwed. plog, bän. ploush, altengl. plow, neuengl. plough, mit: 
telchein. Bolfeipr. Plud, pl. Plih; goth. und. agf. fehlt das Wort) leitet 
Schmitthenner als Inlantende Foͤrm von pflegen, urſprünglich — arbeiten. 
Badernagel fagt: „pflaoc, phlusc = Pflug, zu pflegen?" Grimm (II, 
414) hält das Wort für undeutſch und fagt In einer Anmerkung: „pflegen (solere) 
- liege ſich anf den Begriff von üben (Land üben, bauen) erſtrecken, zeigt aber im 
Ablaut fein 6, uo.” In der „Geſch. der deutſchen Sprache” ©. 55-f. hält Grivm 
Pflug für entlehnt aus flav. ploug«, ruffijh plug«, böhm. pluh, poln. plug, 
litthau. plugas. Das Wort Farlieft fi) dem fanffr. plava, gr. aAoroi, = def 
an und muß, urfprüngli Schiff bedeutend, der Wurzel plu zufallen, die in unferer 


.. Gprade A annimatt. 


ee eben). — F 
(Wurzel haf.) 


Hebe, hob (hub), gehoben, heben (ahd. heffu, huop, huopu- 
m&s, hapanér, heflan, hefjan, hevjan, hepfan; mhd. hehe, huop, 
huoben, gehaben, heben; goth. hafjan, agſ. hebban, heafjan, altf. 
hebbjan, altı. hefa, hefja, mittelniederl.- heffen; ift lat. capere zu 
vgl.?) 1) in die Höhe bewegen; 2) (veraltet) in die Höhe haltend 


2) Diefes Verbum gieng wie das nachfolgende ſchwören früher nad der fol: 
genden Ablautsform a, u, o, In bie fie auch nhd. ſchwanken. Sie mögen fo hier 
den Uebergang zu derfelben bilden. Gtieler bat hebe, hub, gehoben und ge» 
haben. In der — des Sleidan von 1557 ſteht BI. 25: ſie haben jn 
anfgehaben. Hug (Rhetorica Tübingen 1528): Mit aufgehebten Fingern 
Bl. 96. b. überhaben fein Bl. 84. b. Opig fagt: du Haft erhaben. — Wenn 
Nüdert (gef. Ged. 1; 162) fagt: Der färkite Pfeiler war’e, der ſich nn (ges 
reimt auf Grube), fo ift dies eine nicht nachzuahmende Form. Sein Gonjunctiv 
übderhübe (vaf. 2, 2383) Hat hiftorifchen Grund. 





630 


darbringen, beſonders Gott zum Opfer. bringen; 3) bebend in Empfa 
nehmen: Geld; 4) gleichfam von der Stelle heben, wegichaffen, auf 
bören machen: eine Krankheit; 5) gleichſam durch Bewegen in die Höhe 
oder auf andere Art in die Augen fallen machen: Die Farben in einem 
Gemälde; 6) durch Ertheilen von Ehre, Anfehen, Vermögen YJeman- 
den gleichfam über Andere feßen; 7) (veraltet) entftehen machen, be- 
ginnen. — Er, ohne Stod und Stein zu heben, noch fonft fich mit 
hm abzugeben, hub ruhig weiter Fuß und Stab. Bürger, der Hund 
ad. Pf. Wer hebt das Aug’ zu a Schiller, Fridolin. 
Die hohe Flut iſt's, Die das ſchwere Schiff vom Strande hebt. 
Schiller, Piccolomini 2, 6. Alles golds Hebe, das fie dem Herm 
huben. Luther, Bibelüberf, 4. Mof. 31, 52. Keine Irrthümer find 
fhwerer zu heben, als die ihren Schuß in dem natürlichen Charafter 
unferd Geiftes finden. Gellert. Und Hub ſich ein gros ungemitter auff 
dem Meer. Luther, Bibelüber). Jonas 1, 4 Doc die Achaier hu⸗ 
b s nn ganze Naht um Protroflos Klagen und Seufzer. Voß, Ilias 
18, 314. 

Aufheben 1) etwas (meift mit Kraftanftrengung) in die Höhe 
bringen, etwas Liegendes in die Höhe heben; 2) machen, daß etwas 
nicht abhanden komme oder Schaden nehme, ohne den Nebenbegriff, 
Daß man fernerhin feine Aufmerkſamkeit auf dasſelbe richte, 3) ge- 
fangen, in Verhaft, Gewahrfam nehmen; 4) beendigen, in feinem 
Fortgang unterbrechen, unkräftig machen: die Tafel, ein Geſetz; 5) 
vermindern, wenigftens dem Scheine nad: einen Stollen (wieder jäus 
bern), einen Bruch; 6) ſich ausgleichen: die Zahlen heben ſich auf; 
7) (nur als ſubſtantiv. Inf.) durch leeres erhebendes oder übertreiben: 
des Gerede und Thum etwas als aufjehenerregend darftellen 1); 8) 
(mehr landichaftlich) einnehmen. — Ich hebe gen Himmel mein Haupt 
auf. Klopſtock, Meffias 1, 13%. Die (Hand) fi fo oftmals auf- 

ehaben. Weichmann, Poeſte der Niederiachfen 5, 134. Er hub 
* Kind vom Boden auf. Bürger, Die Entführung. Zu Vermei⸗ 
dung eines unbequemen Ummegs entihloß man fi das Pflafter auf- 
zuheben. Göthe, Xeben 5. B. Wo felber Miftethaten unterm Sie: 
el des Saframentes aufgehoben Liegen Schiller, Don Karlos 1,1. 

er weiß, wo mir fonft ein Glüd aufgehoben ift. Leifing, Minna 
von Barnhelm 5, 1. Des Geiftes befte Hälfte, Männerfraft, hab’ 
ich dem fünftigen Herrfcher aufgehoben. Schiller, Don Karlos 1,9. 
(Wißt ihr) daß wir feinen Augenblick fiher find, aufgehoben zu 


1) Leffing fagt im Wörterbuch zu Logaus Sinngepichten: „Das Aufgehebe; 
ein Runftwort der Rlopfiechter, worunter de alle Geremonien und Kechterflreiche ver: 
fiehen, mit welchen fie ihren Kampf beginnen, Eben daher fümmt auch der fprichs 
wörtliche Ansdruck: viel Aufhebens machen; den man eigentlich nur von unnöfbigen 
prablerhaften Borbereitungen brauchen follte. Hernach hat man den Begriff 
eines übermäßigen Lobes, einer Prahlerei überhaupt damit verbunden.“ 





631 


werden? Schiller, Räuber 1, 2. Am 7. März wurde eine Gefell- 
haft in Wichftreet aufgehoben. Lichtenberg, Zagebuch von der Reife 
nad England. Nah aufgehobner Tafel wurde fie zu einem Spa- 
ziergang Durch das Dorf eingeladen. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 
9. Damals, Sire, als ich auf immer mit der Krone aufgehoben, 
glaubt’ ich mich auch der Nothwendigkeit entbunden, ihr von diejem 
Schritte Gründen anzugeben. Schiller, Don Karlos 3, 10, Ber: 
hoben ift nicht aufgehoben. Shaffpeare, wie es euch gefällt 8, 5. 
Auh war nicht viel Aufhebens davon zu machen. Leifing, Cmilie 
Galotti 1, 6. Was man au der Gicht immer Schuld gleich gebe, 
it fle fechtriſch doch, macht manch Aufgehebe. Logau, Siunged. 2664. 
Die Aerzte befümmern fich in Stalien mehr um die Praxis außerhalb 
den Spitälern, indem fie von Diefen nur wenig aufzuheben haben. 
en. Lit.» Zeit. 


Aufnehmen |. S. 16. Aufrichten (ahd. üfrihten, mhd. Ufrichten, 
f. weiter aufrecht S. 296) zu einer geraden, fenfrechten Stellung in bie 
Höhe bringen. — Aufbehalten (f. Halten) maden, daß etwas nicht vers 
Ioren gehe, infofern e8 nur vorhanden il. Bewahren (ahd. piwarön, pi- 
waren !), mh. bewarn, zu ahd. wara, uhd. war = Adıt, Aufmerkfamkeit, 
goth. vars, visan — behutfam fein, goth. varjan, ahd. warjan, werjen, mh». 
wern — wehren und warnen, moraliſch wehren, ahd. warndn, mhd. war- 
nen gehörfg; vgl. lat. vereri, f. warten &. 625) etwas ſchützen ober ab» 
balten, daß es nicht Schaden nehme oder thue, ober wegfomme Aufbewah⸗ 
ren — Sorge anwenden, daß etwas. weder abhanden fomme, noch Schaben 
nehme, Berwahren — gänzlih oder vollfommen bewahren Behü: 
ten (abd. behuota(e)n vou hüten, huo(a)ten, mhb. häcten, agf. hedan, 
von ahd. huota, mhd. huote = Hut, Schaden verhindernde Auffiht ?) vgl. 
lat. cavere, cautus) auf etwas fehen, daß ihm nichts Uebles zufomme, ncdy 
von ihm ausgehe. Bewachen (wach en, ahd. wachon, wachen ©. 111) auf etwas 
unausgefeßt feine Sehfraft richten, es ſei in guter oder böfer Abficht. — 
Rühmen (ahb. hruomjan, hrömjan, hruomen, mhb. rüemen, altf. hrömjan, 
römon, ruomon, agf. hryman, hreeman ‚alta. röma, von ahd. hruom, hröm, 
mhd. ruom, goth. hröms, altf. hröm, agf. hream, alte. rom = Ruhm) 
Jemanden oder eiwas laut auszeichnen durch Erhebung beffelben in der Rebe 
über Andere und Anderes, — Satan richtete ſich nach feiner Geſichte Boll: 
endbung fiber ihm auf. Klopfiod, Meſſias 8, 652. Ich ſehe, du haſt dich 
und deine Fühnen Sünglinge für die blutige Stunde der Entſcheidung aufbe> 
halten. Klopfiod, Hermannsfhlaht 3, Zept if fie zur Bewahrung mir 
vertraut. Und feid gewiß, ich werde fie bewahren, daß fie nichts Böſes 


i) Weigand führt ahd. biwärön, biwären, Badernagel wol richtiger 
pewarön an; Öraff I, 918 hat beuuaron, beuuaran. 

2) Der Hut, ahd. huot, mhd. huot, hut, neuniederl, hoed, agf. höd, engl. 
hood fegeimt damit wurzelverwandt. j 





632 - 


thun foll noch erfahren. SchHller, Marla Stuart 1, 8. Nein, laßt ihn (ben 
Hut) aufbewahren! Schiller, Tell 5, 1. Wann wirb ber goldne Freu⸗ 
dentag erfcheinen, den das Gefhik mir aufbewahrt? Blaten, Matrofen 
lid. Wenn GEmilia verwahrt werben muß, fo’ müßte’ fie in den tiefen 
Kerker verwahrt werben. Leffing, Emilia Balotti 5, 5. Der Himmel bes 
hät’ euh! Shaffpeare, wie es euch gefällt 3, 2. Ich weiß, dag Bunde 
Augen gebungen find, mih zu bewachen. Schiller, Don Karlos 1, 2. 
Dep rühme ber blut'ge Tyrann ſich nicht. Schiller, Bürgschaft. 


Erheben 1) zur Höhe bewegen Ceig. u. uneig.): die Hände, Au- 
gen gen Himmel; 2) fih an einen andern Drt begeben; 3) über an- 
dere Dinge hervorragen; 4) ſich Vorzüge vor Andern erwerben, und 
fie dadurch übertreffen, über fie hervorragen; 5) entſtehen; 6) feind- 
lich gegen Jemanden handeln (f. S. 48); 7) in Empfang nehmen. — 
Wie hoch hat doch der Himmel dich erhaben. Hoffmannswaldau, d. 
Ueberf. S. 13, Daß meine Phantafle.. , . fih jenfen und erhe- 
ben fann. Bürger, Danklied. Zum Himmel er —9— ich die Hände. 
Schiller, Braut von Meſſina. Jeſus Chriſtus erhub die gebrochenen 
Augen gen Himmel. Klopftod, Mefflas 10, 1041. Der Fröhner, der 
fucht in der Erde Schoß, da meint er den Schap zu erheben. 
Schiller, Wallenfteins Lager 11. Aus der böhmifchen. Erde erhub 
fi) dein bewundert Meteor ... . und bier an Böhmens Gränze muß 
es finfen! Schiller, Wallenſteins Tod 4, 1. Und der Mittler erhub 
fi von dort zu dem Gipfel des Berges. Klopftod, Meſſias 1, 50. 
Erheb dich nicht deiner Kleider. Luther, Bibelüberſ. Sir. 11,4. Wenn 
fih Tumult im Königreih erhübe. Schiller, Maria Stuart 1, 7. 
Dergebend erhub ſich Satan gegen den göttlihen Sohn; umſonſt 
ftand Juda gegen ihn auf. Klopftod, Meſſias 1, 5. Auch follen 
Bo Su auf den Namen der Königin bei Maurifchen Agenten 

etrieben worden fein, in Brüffel zu erheben, Schiller, Don Karlos 
5, 9. Daß man durch das VBorauserheben der Gelder die Caſſe 
perftärkt hat. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 14. 


Erhöhen (goth. ushäuhjan, ahd. irhöhan, mhd. erhoehen, erhöbern, 
von hoch, goth. häuhs, ahd. höh, mhd. höch, agf. heah, hieh, altu. hä; 
ift lat. cacumen — Gipfel zu vgl.?) allgemein Hoch und Höher machen. Die 
Syn. fi empören, unffteben, ſich auflehnen f. ©. 48. — (&) 
fieht das Kreuz ſchon erhöhet. Schiller, Bürgſchaft. Erhöht die Schwer 
muth die Empfindung, fo hebt Ergebung meinen Geil. Salis, Urgebung. 


Ueberheben 1) über etwas von einer Seite auf die andere heben; 
2) über etwas weg heben (eig. u. uneig.); 3) über etwas, der Höhe 
nach, heben; 4) ſich überheben, überhaupt eine zu hohe Meinung von 
fi) haben; 5) zu ſchwer heben und fih dadurch Schaden thun. — 
Herr Hüon, unverhofft des Umwege überhoben. Wieland, Oberon 
3, 49. Des Forſchens Mühe überhoben. Schiller, Don Karlos 


N 





633 


3, 3. . (Das Glück) wird, als hätt’ ich fein mich überhoben, mir 
nur zu bald geraubt. Göthe, Taſſo 2, 4. Ihr werdet Euch ſo blu⸗ 
tig Eurer Macht nicht überheben. Schiller, Maria Stuart 3, 4. 
Uebermüthig fein (ahd. uparmuoti, mb. übermücte; Muth ahd. 
moat(d), muo(a)t, möd, muoth, muht, mhb. muot, goth. möths, es kommt 
nur Sen. mödis und Dat. möda vor, altf.muod, agſ. möd altn. mödr; zu 
ahd. muohan, mhd. müejen = mühen, da nah Grimm II, 233 die volle 
Form muohad if; Wadernagel flellivas Wort mit müejen zu gr. uados 

== Klugheit, ao — Id berühre, koͤrperlich und geiflig; Graff II, 600 
vgl. zu Mühe gr. noyog= Arbeit; darnach M S. 205 zu beffern) eine ſich in 
übermäßiger Selbfterhebung über Andre fühlende Seele und Seelenflimmung 
haben und äußern. — Doch das eigne Herz zu fragen, wie's der übers 
mäth’gen Bürde lediger und leichter würde, dieß nur kannſt du nicht verfas 
gen. PBlaten, Gloſſe. Macht euch das bischen Briede fchon fo äbermäthig? 
Leffing, Minna von Barnhelmi, 2. . 

Ab—, an— (©. 62, 188), aus —, be —, bei—, dar—, durch —, 
edn—, empor —, ent—, her—, herab—, heran —, herauf —, ber- 
ans, berbei— herein — herüber — herum — herunter —, hervor —, 
dl hin —, hinab —, hinan —, hinauf —, Binaus—, hindurch —, 

inein — hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu — mit —, nach —, 
nieder—, ver —, vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber —, 
vorwärts — weg —, zu—, zurück —, zuſammenheben. — Die 

Brücke iſt hinter mir abge hoben. Schiller, Fiesko 4, 14. Und wie 
ih den Rahm abgehoben habe, find’ ich die Schlippermilch. Göthe, 
Dürgergeneral 9. Da hub er an zu fingen. Bürger, Raub der Eu- 
ropa. Wie man die Eier aushebt oder die Jungen. Göthe, Meis 
ers Wanderj. 1, 1. (Ein Schreiben), aus welchem wir folgeide 
Stelle ausheben. -Daf..1, 7. Wen er nah. Willkühr ſtraft, für den 
Krieg aushebet nah Willkühr. Voß, die Erleichterten 58. Wenn 
zuweilen Eellinis Geſchichte abgebrochen und ein ganz anderer Aufſatz 
eingehoben wurde. 3. Paul, Titan 9. Der (Quaderftein) ein 
und aus bequem fi heben läßt. Platen, Schag des Rhampfinit 1. 
Durch die mächtige Harfe hub fih fein Geift entflammter empor. 
Klopſtock, Meſfias 1, 343. Kein Sterblicher, ſagte jene Aufichrift, 
enthbebt der Göttin zu Sais ihren vielgewebten Schleier. : Herder. 
Drinnen enthüb' uns fröhlih Gepäck und Stäbe der Gaſtfreund. 
Boß, der Abendgang 65. Da enthoben. die Krieger jenem vie 
traurige Laſt. Pyrker, Rudolph 9. Ihre Flucht enthebt mich eines 
großen Uebels. PBlaten, Zreue um Treue 3. Jener indeß bob jchwer 
den geräucherten Rüden des Schweine mit zweizadiger Gaffel her=- 
ab von der ruffigen Latte. Voß, Philemon und Baucis 58. Sehr 
richtig hebeu Sie Ihre Lintergebenen nur zur nächften Brauchbarkeit 
heran. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 7. Als fi der erfte Glanz 
der neuen Sonne heranhob. Göthe, Hermann: und Dorothea 6, 7. 





634 


So hob ich mid vor Kurzem aus der Nacht des Todes cn des Tages 
Licht herauf. Goͤthe, Eugenie 4, 2. Dem er um fo mehr geneigt 
war, als er ihn von geringem Stande heraufgehoben und felbk 
einen fo trefflihen Mann aus ihm gebildet hatte. Göthe, Benvenulo 
Gellini 1, 1. Indem er deffen That hera us hob. Göthe, Wahlver⸗ 
wandtichaften 2, 16. Du lannft die Freude bald erleben, das Keſſel⸗ 
hen herauszubeben. Göthe, Zauft 1, 193. Das Eigenthännlice 
müßte durch die Lebensart erft recht hervorgehoben werden. Göthe, 
Bahlverwandichaften 2, 5 aus Dttiliend Tagebuch. Sie (die Flamme) 
bob fih züngelnd die Wände hinan. Pyrker, Rudolph I. Das 
Genie fann ſich durch Reflexion und That nach und nad dergeſtalt 
binaufbeben, daß es endlich mufterhafte Werke hervorbringt. Göthe, 
Briefw. mit Schiller 5, 358. Wenn fich die befreite Seele über die 
irdiiche Landichaft Hinaushebt. E. Wagner. Denn fhon hob fid 
ihr Sreudengefchrei die Reihen hinunter. Pyrker, Tunifias 3. Heb' 
did, hinweg, du graufer Höllenbotel Shakſpeare, K. Richard II. 1, 
2. (Die den Leidenskelch) trauend hält und langſam nachhebt. % 
Baul, Hefperus 1. Dürfte mir auch Niemand es verheben 1), daB 
ih Schaden thäte. Nüdert, gef. Ged. 6, 226. Dein Nächfter aber 
iſt ſtets bereit dir anzuthun alles Herzeleid, und Niemand hats ihm 
verhoben! Daf. 6, 350. Du wilft mir meine Graufamleit vers 
heben. Hoffmannswaldan, der getreue Schäfer 78. Daß fich furt 
bin fein baum am waffer feiner höhe verhebe (erhebe, überhebe). 
Dietenberger, Bibelüberf. (1571). a 81, 14. So fuhr Zeſara 
nach feiner Art auf einmal fopfidüttelnd, die Bruft vorbebend, mit 
den Worten auf, 3. Paul, Titan 52. Hebe dich weg und made, 
dag dun fortkömmſt! Göthe, Benvenuto Cellini 1, 3. Xeibgebers 
Kraftbild hätt’ ihn ohnehin über die ſteinige ſpitze enwart der 
fälligfeiten weggehoben. J. en ‚ Siebenfäs 4. Als fie mit 
den Händen den Schleier von ihrem freundlichen Gefihte zurudbob. 
J. Paul, Zitan 48, 

Anm. 1. Die Partieipien geßatten nod andere Zufammenfepungen, ;. B. 
Du hHimmelerhebende Hoffnung! Klopſtock, Meſſtas 15, 973. Sit frohen 
Tonmaß herzerhebenden Geſangs. Göthe, Pandora. 

Anm. 2. Früher waren noch andere Zuſammenſetzungen gebräuchlich, z. B. 
Beheben — im Rechtsſtreit gewinnen, paſſend machen; nuterheben — mia 
etwas heben; zerheben; zuheben = zuhalten, beiſtehen. — Alſo behuab AN 
nirich die Burg. . Tfchudl I, 184. 

Hebe, Sebnng; Heber, —förmig, —itange; Hebel, — 
u. a. find an fi} Harz hebig (ahd. hevic, mhd. hebic, altn. höfugr, 
gewichtig, gewaltig,. eigentlich Die andere Wagſchale erhebend) iſt ver⸗ 


1) Mbd. verheben = verhalten, verhindern. Stieler führt verheben in ber 
Bedeutung von tadeln, mißbilligen, einem etwas „verhalten” an; fu wird es no 
in der füpbentfchen Volkoſprache gebraucht. 








635 


alte. — Das Glück zollt dir Zins und Hebe. Günther. Alles golds 
Hebe, -das fie dem Herm huben. Luther, Bibelüberi. 4 Mofes 
31, 5% Dann mag ein Bol, Eohlichwarz von Haar, die Hebung 
(des Schages) wohl beftehn. Bürger, der Raubgraf. Durch Erhe- 
bung über gemeine Ratır. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 262. 
(Der) ein Briefchen voller Lobeserhebungen an jenen zurüdichrieb. 
Reifing, hamburg. Dramaturgie 36. (Wo ihr zünftiget) für Kan⸗ 

i und Hebungskammer. Voß, die Zünftler. Wie viel Baum- 
eber der Zod unter meine Wurzel fegen wird. 3. Paul, Heſperus 
1. (Er hatte) einen langen Stechheber. J. Paul, Siebentäs 6. 
Mit Hebel und Walzen kann man ſchon ziemliche Laften fortbringen. 
Göthe, ital. Reiſe Gaftel Gandolfo 8, Oct. Dielen Erz- und 
Grundhebel des innen Menſchenreichs (der Selbftliebe) berühe ich 
jetzt nicht. Benzel⸗Sternau. Schwungjeile, Zufthebel, Kegel und Zellen» 
bahnen. Göthe, Meift. Wander. 1, 8. — (Er brachte fi mit feinen He⸗ 
belarmen feine Minute früher auf den Thurm. 3. Baul, Hefperus 3. 
Rmeus ift gewaltig ſtark, gäbe Bauern großen Nu, könnten ihn zum 
Hebelbaum.brauden für das größte Klug. Logau, Sinnged. 2795. 
Als der Schwed 1632 gegen München rudte, bat die Mutter des 
Ridler Nonnenklofters nit wöllen zufehen, daß ihre leuſche Tenblein 
follen von Denen ſcharpfen einhebigen Klatten deren unfatholifchen 
Raubvöglen en werden. Schmeller, bayr. Wörterbuh 2, 140. 
— wird durch ein ſonderbares gehebiges Mittel reich. Daſ. 
— Für feſt, haltend, paſſend hat die Volksſprache beheb, behebig, 
ehebt. 

Urheber (älternhd. urbap, was ahd. u. mhd. = Urſprung, An⸗ 
fang; mhd. orthabe und orthaber = Urheber, von ort = Anfang) 
die zu einer That oder Feſtſetzung von etwas den erſten Grund ans 
— oder herbeiführende Perſon. Davon das nun veraltete ur- 

eblich (urfprünglich). — Und ift diß der erſte Urhab. Tſchudi I, 
9. Die Urheber der Gaben fteigen wiederholt vor der Einbildungs- 
kraft hervor. Göthe, Leben 10. B. Die Urheberin diefer Veraͤn— 
derung. Goͤthe, Wahlverm. 2, 1. — Die Wolfart in Texa, welde 
feinen urheblichen Uriprung genommen von einer Hennenay, PB. 


am, R 

Gtifter (von fitften, ©. 197) der durch Anordnung etwas zu feftem Bes 

Rande und für die Dauer Gtündende; im weitern Sinne wer eine That mit Abficht 
und Befligfeit bewirkt. Anflifter ift der angehende Bewirker von Hebelm, ber 
böswillige Anrelzer zu Uebeln. Begründer(f. Brunn S. 246 u. begründen) 

= ber feſten Brand zu etwas Legende. — Sie feh’n im Herzog einen Friedensfür⸗ 
fen, und einen Stifter nener goldner Zeit. Schiller, Ballenfleins Tod 5, 1, 
Erheblich ſ. S. 57, 147. — Erhaben (das alte Participiun) 

1) in die Höhe fich hebend, hervorragend: erhabene (bei @öthe meift 





638 

erhobene) Arbeit; 2) über das Altägliche fi) erhebend, gewöhnliche 
Dinge übertreffend, an Größe, Kraft, Macht, Würde für den Men- 
ſchen unvergleihlih und unerreihbar. Davon Erhabenheit. — 
Eilig ftieg fe herab die erhabenen Stufen der Wohnung. Voß. 
Er machte einige Friedensbilder in halb erhobener Arbeit. Göthe, 
Benvenuto Gellini 1, 5. Das ift eine Pracht von einem Becher! von 
Golde fchwer, und in erhabner Arbeit. Schiller, Biccolomini 4, 5. 
Ihr habt fein theures Augeficht geiehn, des vielgeliebten, des erhab- 
nen Mannes. Schiller, Maria Stuart 1, 6. Der mit füßem Klang 
mir bewege die Bruft und mit göttlich erhabenen Lehren. Schiller, 
Graf von Habsburg. (Er fann) fo vieler Erhabenheit nit wider 

ftebn! Schiller, Don Karlos 5, 3. 
Sehr (ahd. mhd. her, f. herrlich ©. 56) verbindet (gewöhnlich) mit 
ben Begriff des Hohen zugleich die Bebeutung, daß ber Gegenfland eine, wie 

aus Heiligkeit hervorgehende Ehrfurcht erwede. Hoch und groß ſ. ©. 3. 

— Fragt den Forſcher, wo bie Wahrheit wohut; aber fich! ber Himmel ik 

verfchlofien, wo die hehre Göttin thront. Tiedge, Urania 1. An Bude 

und Antlitz Hoc und hehr. Bürger, Lieb v. br. M. Das Niebre fehtailli, 
das Hohe fenkt ſich nieder. Goͤthe, Cugenie 1, 5. Groß und abſcheulich! 
Leſſing, Nathan d. W. 2, 5. | 

Heb(e)amme, —arm, —arzt, —balken, daumen, —eifen, —gubel, 
— gerüft, —kopf, —korb, —krahn, — kunſt, lade, —leiter, —nagel, — op⸗ 
fer, —punkt, —ſchiene, —ſchmaus, —Ihüffel, —Ipiegel, fange, — tuch, 
—winde, —zange, —zapfen, —zeug u.a. — Durch Ungeſchicklichkeit der 
Hebamme kam ich für todt auf die Welt. Göthel, Leben 1. B. Habt 
ihr Hebebäume, mich wieder a wenn ich einmal liege? 
Shakſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 2, 2. Diefer kirchliche Heb— 

‚bedienter fette,alle Pfarrherren durch feinen Spaß in Erflanmm. 
J. Baul, Heſperus 17. Daher filzte-er den Hebemadhiniften. 

Daſ. 14 - Das Heberad, das’ Zifferblattrad. Daf. T. Solcher hal⸗ 
— —9 Fe Hebopffer des Heren fein. Luther, Bibelüber). 2. 
of. 30, 13. 

Anm. Für Hebamme flieht auh Wehmntter, in der Volksſprache noch 
andere Ausdrüde. — (Die Verordnung) hat das Verfahren der Wehmütter der 
Aufficht vernünftiger Aerzte unterworfen. Sturz, Bernſtorf. 

Hub, Ab—, Auf—, Aushub d. i. was ab⸗, auf- und ausge⸗ 
hoben wird. — In der Zwifchenzeit war auch etwas von Effen und 
Trinken angelangt, das ohne viele Kritik genofjen wurde, ob es gleich 
einem: fehr unordentlihen Abhub ähnlich ſah. Göthe, Meifters Lehr⸗ 
jahre 3, 3. Weiter bewilligt hatte Mama großmüthig den Abhub, 
welchen Sujanna trüge vom bräutlihen Tiſch. Voß, Luiſe Sb, 15. 
Wie oft bedienteft du mich bei den Bechern, befamft den Aufbub, 
fnieteft an der Tafel, wenn ich mit Königin. Margarathe fehmaufte ? 
Shakſpeare, K. Heinrih IV. 2. Thl. 4, 1. Das Wörterbudy fei ein 





637 


Aushub, nicht der Umgangsſprache nur, auch eine möglich vollftän- 
dige Auslefe aus den Werken der Vor- und Neuzeit. Kadlof. 

Sube °) imhd. huobe), feit dem 17. Jahrh daneben, fpäter 
faft ausfchlieglih Hufe, Inbegriff von 15 — 30 Jucherten Feldes, 
ohne Rüdficht uf Wohn- und Wirtbfchaftsgebäude. Davon die nun 
auch veralteten, tbeilweife in der Volksiprache erhaltenen behüebt = 
mit liegenden Gründen verfehen; Hueber, Hüchner, Huebmer 
(mbd. huober ; hüebnare) = Beflter einer Hube. — Der auf jei- 
ner Hufe ganz ruhig gefeffen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 16. — 
Hüäüfener jammt dem Gefind’. Voß, die Erleicherten 49. Ä 

Hufengeld, —geriht, —grofchen, —gut, —hafer, —meilter, 
— Pfennig, — recht, —rihter, — ſchoß, —ſteuer, —zins. 

Hübel (mhd. hüebel, ahd. huwil) Heine Erhöhung (lat, cumu- 
lus) gehört mehr der Volksſprache an. 

Haff ?) Caltn. ſchwed. haf, dän. hav, agj. höaf) bedeutet zu- 
nacht. das Meer (mhd. hap und habe — Meer und Hafen) gegen- 
wärtig gewöhnlich ein, einen Landſee ähnliches, Binnenwaffer in un— 
nittelbarer Verbindung mit den Meer durch ſchmale Engen, 

Wiek (altn. vie, agf. wic; vgl. altn. vikja, ayf. wican, mittelniederl. 
wiken — weiden, lat. recessus — Meerbucdht, von recedere —zurũckwei⸗ 
chen) iſt eine itarfe, etwa halkmondfürmige Krümmung ver Küfte, frei und ' 
unbeengt gegen das Meer. Der Ausdrud iſt nur niederdeutſch und allein von 
den Buchten ber Oſtſee im Gebrauch, 3. B. die Tromper—, Prorerwiek. Yür 
eine tiefere, bufenartig in das Land eingehende Wiek gilt Inwief, wofür J. 
G. Forſter Einbufen fagt. 

Hafen °) (mbd. baven = Toyf, hap, habe — Hafen, Meer, 
mittelniederl. havene = Hafen) ift 1) ein hohles Geſchirr, in enge- 
tem Sinne ein Topf; 2) eine fleinere, entweder von der Natur ber> 
vorgebrachte oder durch Kunſt nachgeahmte Bucht. Hafner der Ha- 
fen oder Töpfe macht. — Mandy mächtiges Fahrzeug mag der geräu— 
mige Hafen empfahn, der gegen Neapels lieblichen Golf hindeutet 
und gegen Salerns Meerbujen. Platen, der Sicher auf Eapri. 

Bucht (f. biegen) if eigentlich jede Cinbiegung an Dingen, gewöhnlich 
ein Hleinerer ins Land gehenter Meerraum. Buſen (ahd. puosum, mhd. buo- 
sem, buosen, agf. bösum, bösom, bösm, engl. bossom; zu Baſe, mhd. 
base gehörig? Nach füchf. Recht bebeutet buoseme Berwanbtfchaft in grad⸗ 





.!) Nach Grimm II, 9 aehört Hude zu heben; nah Wackernagel zu haben. 
2) Grimm II,9 erflärt altn. haf= elevatio und aequor, die fih bebende, 
volle Flut; IM, 383 fcheint ihm vie Wurzel haben = tenere. Bär Zufammen, 
bang mit heben it Schmitthenner, mit haben Weigand und Shwend: . 
doch ges Lesterer das lat, altum — Meer, eigentlih das Hohe. | 
8) Anch dieſes Wort führt Deige nd auf haben zurüd. Grimm fagt I, 
9: WBielleicht gehört zu Heben ahd. havan — olla, vas cavum?« Hafen in 
der 2. Bedentung fcheint Doch mit dem in der 1. Bereutung verwandt. 





638 


abſteigender Linle) 1) der Borbertheil des menfchlichen Körpers vom Halfe bis 
zum Magen; 2) da6 Gewäfler als ein inneres, das ſich ins Land eriredt, 
Dom Meergewäfler fagt man Meerbufen. Bai (holl. baeye, franz. baye, 
engl.bay, nah Schmitthenner altromanifch baja, nah Schwend celtiber. 
baya) if eine weite Meeresbucht im ausgebehntefen Sinne biefes Wortes. 
Golf (von gr. xoArog = Bufen, Schoß) urſprünglich Höblung, Schlanb, 
gegenwärtig (ans ital. golfo, mittellat, gulfus, gulphus) Meerbufen. Bort 
(lat. portus) iR nur in ver höheren, vdichterifchen Schreipart für Hafen ge: 
Bräuchlih. — Alle flurmerprobten Schiffe bergen ſich in ihre Bucht... 
(Ste) führt den Schiffer in den Port. Schiller, Hero und Leander. Da if 
nah’ und fern fein Bufen, der ihm (dem Schiffe) freundlich Schup gewährt, 
Schiller, Tell 4, 1. 


Hafenanker, —aufieher, —bafe, —binder, —bütte, —danım, 
—dedel, — paß, —geld, —kette, —knecht, — leuchte, — leuchte, —mei⸗ 
fter, —pflanze, —räumer, —ſchlupf, —fladt, —wädter u. a. — Drum 
laßt uns fcheiden! Doch des Hafenbürgers Gebrauch und Prlict 
" vorher an eud) erfüllen. Göthe, Eugenie 4, 3. Zu Ddiefes Reiches 
lebten Hafenplag. Daf. 3, 1. 

Suf (ahd. huof, agſ. höf, altn.höfr) urſprünglich wol das He 
bende oder Gehobene, d. i. Borragende, dann gewöhnlich der unge 
fpaltene mit einer Horndede umwachſene Fuß; davon hufig; hufen 
— mit dem Hufe hinten ausichlagen, mit den Ferfen rückwärts geben. 
— Des Pferdes Huf klappte freilich nicht. Göthe, Meifters Wan⸗ 
derjahre 3, 16. Als wie von Roffeshufen. Bürger, Lenore. (ES) 
erfhofl ein Donnerton von Hochburgs Pferdehufen. Bürger, die 
Entführung. Flügelte dann zum Zydeiden den Lauf ftarfhufiger 
Roſſe. Voß, Ilias 5, 329. Da wird gehuft, gefchoben, gebo 
aa einer huft, müflen alle hinter ihm auch zurückweichen. 

the. 


Maue (f. Flieben) zunächſt eine nicht der ganzen Länge nach durch⸗ 
gehende Spalte; gewöhnlich der gefpaltene hornige, oder mit hornartigen Frams 
men Nägeln oder Spigen verjehene Buß mancher Thiere. Pfote (nieder. 
pote, bolländ. poote, franz. patte, Nebenform von goth. fötus, altf. agf. ſot, 
altn. fötr, engl. foot, ah®. mhb. vuog, gt. vous, wodos, lat. pes, pedis = Yuf) 
überhaupt Fuß vierfüßiger Thiere, wenn er gefpalten, vornehmlich in Zehen geteilt 
il. Tage (verwandt nit taften, franz. tater; mhb. und älternhd. ſagt man 
tappe) iſt der breite weiche haarige Buß, befonders der Borberfuß ber Raub 
thiere, im Befonbern der breite plumpe und baarige Fuß des Bären. Branfe 
(Pranke, Brante, wahrfeinlih vun lat. brachium) und Lauf (f. lau⸗ 
fen) find Sägeraushrude. — Daß in mein Fleifcy dein Jagdhund, ungebläut 

darf Klau' und Rachen hau'n. Bürger, ter Bauer. Bor euren Rlanen 
und Gelerögriffen. Schiller, Wallenftrins Lager 8. Dichter gleichen Bären, 
bie immer an eignen Pfoten zehren. Göthe, forichwörtiiih. Das (Tieger- 








639 


tler) packt fe mit grimmigen Tagen. Schiller, Handſchuh. Und alles, was 

anff tappen gehet, vuter den Thieren die auff vier Füſſen geben, fol eu 

vnrein fein. Luther, Bibelüberſ. 8. Mof. 11, 27. Selbſt die ausgeflrafften 

Branfen (des Löwen) fucht das Scheuſal (die Schlange) zu umranfen. 

Kind, der Löwe Ginft fiel der Leu deu Tigern in die Branfen. Pfeffel, 

GEtwaͤhl' ich mir ein Doggenpaar, gewaltig, fchnell, von flinfen Läufen. 

Schiller, Kampf mit dem Drachen. 

Hufbein, — beſchlag, —eijen, —eijendorn, —eifenfraut, —eir 
fennaje, —eifenpult, — eiſenſack, eiſenſtab, —eijentiich, — erſchütte⸗ 
rung, —geichwär, hammer, —kraut, —lattig, —nagel, —nageleiſen, 
--räumer, — ſchlag, — ſchmied, —flempel; Hufengeld, —gericht, 
—groſchen, —gut, —bufer,. —meifter, —pfennig, —recht, —richter, 
—ſchoß, —ſteuer, —zins. — (Er) fah etwas blinken auf der Straß, 
das ein. zerbrochen Hufeifen was. Göthe, Legende Hufſchlag 
und Roſſesſchnauben. Uhland, die drei Könige zu Heimen. 


Hefe mit den Synonymen f. S. 105 und 256. — Hefig, 
befiht; Hefenbrot, — kuchen, —ſtück, —teig, 

Hüpfen (ahd. huphjan, hupfan, hupphen, agf. boppan, mhd. 
buppen, hoppen, hüppen, Volkſprache, Hoppen, bippen, hup— 
pen, boppeln) zu heben gehöch, ſ. mit den Synonymen S. 366. 
— Hüpfer, Hüpfung, Hüpfling. — 

Anm. 1. Nah Grimmll, Ogehoört zu heben vielleicht auch haben (goth. 
haban, ahd. hapen, mhd. haben, bän, agſ. habban, hebben, altn. hafa) weil 
was man hebt, man hält. Wadernagel ftellt Haben zu lat. habere, capere. 
Beigand geht bei haben (Wurzel ha, mit den Mebenwurzeln hap, hav) von 
dem Begriff des Umfaffens ans und vgl. lat, capere. Beide Wörter — und 
beben, in Schriften wie in der Volksſprache mitunter verwechſelt, ſcheinen auf 
den gemeinſchaftlichen Begriff des Haltens, Faſſens zurüdzugehen und fo zn einans 
der zu gehören. Dann darf man wol auch Habicht (ahd. hapuh, mhd. habech, 
lat. accipiter, von accipere ?) hierher rechnen. 

Anm. 2. Haft (goth. hafts, ahd. mhb. haft, altu. haptr) gehört zunächft 
ja haben und durch biefes zu heben. 

Anm. 3. Haufe (ahd. häfo, haffo, mh. houfe, agf. hype, heape) und 
Düfte (aus dem BI. gebileet, goth. hups, ahd. mhb. huf, agf. hyp, hype, engl. 

ip; vgl. gr. wos die Höhlung vor der Hüfte beim Vieh) und Hof (ahd. mhd. 
ch anf. hofe) jcheinen in rem gemeinſchaftlichen Begriff des Crhobenſeins fich zu 
gegnen. 


Schwoͤren H. 


(Wurzel suor, suer; iſt lat. sarire — behacken das Feld zu vgl.? 
Iſt die Grundbedeutung ſich reinigen?) 


Schwoͤre, ſchwor (ſchwur), geſchworen, ſchwören (ahd. suerju, 


suor (flatt suuor), suoruméês, suarandr, suarjan, suerjan, suerran; 








1) Im 16— 17. Jahrh. findet man noch melſt die richtige Form ſchweren. 
Stielerhat ſchweren, ihwur, gefchworen. ©. vie Note zu Heben ©. 629. 





840 


— — *- 


mhd. swer, suor, suoren, geswarn (gewöhnlich gesworn), swern; 
goth svaran, agſ. sverjan, altu. sverja, svara) 1) betheuern, ver- 
fichern mit Anrufung einer Perjon oder Sache zum Zeugen- der Wahr⸗ 
beit und Beitrafen der Unwahrheit; 2) etwas fchwören — es mit 
einen Schwur verfihern, übergeben, widmen. — Ich hebe gen Him— 
mel mein Haupt auf, meine Hand in die Wolfen und fhwöre dir 
bei mir felber, der ih Gott bin, wie du: Ych will die Menfchen er 
(dien. Klopſtock, Meifias 1, 135. Faſt ſchwür' ih, daß ich hell 
erwacht, jo hell erblict ich ihn. Bürger, Suschens Zraum. ide 
Feiber fann fie fhwören, wie fie Treu und Wahrheit Ihwört. 
Bürger, Huldigungslied. 

Fluchen (af. fluochon, Aluachön, mhb. viuochen, altfrief. doka, mens 
ftirf. flockjen, flocken; vgl. goth. flèêcan = Hagen, eigentlihd Schläge fe 
fommen (zorressaı), lat. plangi, gr. 7A76sesYar) In hartem Ausprade 
äußern, dag einen Gegenftunde Uebles (befunders großes Uebel) zukommes 
möge. — Da hub er au, fi zu verfluchen und zu ſchweren, Ich kenne 
des Menfchen nicht. Luther, Bibelüberf. Matth. 26, 74. Der Teufel! Seht, 
dus war ein rechtes Rab! Zieng entli einer an zu fluchen. Geilert, 
Cotill. 

Verſchwören (ahd. firsueran, mhd. verswern = etwas ven 

ſich weg, falſch ſchwören, abſchwoͤren, einem Gegenſtande mit hoher 
feierlicher Verſicherung entſagen) 1) zunächſt ſchwören, etwas nicht zum 
thun; 2) allgemeiner mit hoher feierlicher Verſicherung unter Anrufung 
und Zeugennehmung eines dem Schwörenden heiligen Gegenſtandes 
bekräftigen, wodurch ſich der Schwörende ganz der Verbindlichkeit zu 
dem, was die Verſicherung betrifft, hingibt; 3) ſich durch einen ſol⸗ 
chen Eid mit einem (oder mehreren) Andern zu einer (meiſt böfen oder 
für boͤſe gehaltenen) Suche verbinden. — Ih habe feine Geſellſchaft 
Dieje zweiundzwanzig Jahre ber ftündlih verjchworen, und d 
bin ich mit des Schuftes feiner Gefellichaft behert. Shalipeare, 8. 
Heinrih VI. 1. Th. 2, & Er ſchwur mir Montag Abends etwas 
u, das er ee Morgens wieder verfhwur Shakſpeare, vid 
Armen um nichts 9,1. Welcher Fluch verfchwur ich dem ĩ 
niß? Tiedge, Urania 6. Ich habe verſchworen, nicht mehr an 
u denken. Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 7. Nein wahrhaftig! ver⸗ 
our ſich der Bär, es ift ernftlid geſprochen. Göthe, Reinele 
uchs 2, 65. Dort halten fie Rath und verſchwören wider den 
igen ſich. Klopſtock, Meſſias 7, 30. 
Verreden (fi. reden S. 73) eigentlich etwas von ſich weg teben; daher 
mil Worten verfihern, daß etwas nicht ſei oder gefchehen werde, befonderd es 
feierlich verſichern. Sich vermeffen (f. meifen S. 129) über die Gehäße 
feierlich verfichern, d. i. feierlich verfichern, indem man abſichtlich oder mab⸗ 
fühtli das Maß jeiner Kräfte, feines Willens zu Hoch anſchlägt zu dem, 
wozu man fich verbindlich macht. — Das find die Binzigen, mit denen ich es 








641 


noch nicht verredet habe, zu fechten. C. F. Welpe, die Poeten nach ber 

Mode 1, 2. Und als fie fih flräubte und ale er fie zug, vermaß er fih 

theuer), vermaß er füch hoch: Lieb Mädel, es full dich nicht reuen! Bürger. 

Ab—, auf—, aus —, be—, ent—, berab—, heraus os -, 
über—, unter—, weg —, zuſchwören find klar, aber nicht gleich ge— 
braͤuchlich. — (Ih) ſchwur meinen Irrthum ab in feine Hände, 
Schiller, Maria Stuart 1, 6. Wollt ihr dem Kaiſer abjhwören? 
Schiller, Wallenfteins Tod 2, 5. Ich hielt mich, wie du fiehlt, bloß 
an den Godey der güldnen Bulle, die an diefer Zahl eben genug hatte, 
um fie ale Erbfeinde der fieben Zodfünden aufſchwören zu laffen. 
Thümmel. Indeſſen jchwört er doch den fürchterlichften Eid und nimmt, 
ſobald er ausgefhworen, die Schlüffel Ehrenburgs. Alginger, 
Doolin 9, 57. Ich beſchwor fie um Gottes willen, fie follte ſchwei— 
gen. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 12. Als Herzog Friedland die 
zerſtreuten Yeindesheere . . . herbei auf Einen Sammelplatz be— 
ſchwor. Schiller, Piccolomini 2, 7. Urtheilen fie, daß du invita 
Minerva jchreibft, fo entihwöre dich für immer den Mufen. Pla— 
ten, Lebensregeln 50. Sie find nicht fähig, das auszuüben, was Sie 
jo drobend auf mich herabſchwören! Schiller, Fiesfo 4,7. Schwört 
Eud) heraus! Schiller, Marina Stuart 4, 4. Uns loszuſchwö— 
ten von gefchworner Treu. Shafiyeare, K. Johann 3, 1. Dann 
wird er jchwören gehn, daß fie die Ring’ an Männer weggegeben: 
wir läugnen's fed und überſchwören fie. Shakſpeare, Kaufmann 
von Venedig 4, 2%. Ihr jeid Obergefhworne, nidt wahr? Wir 
wollen euch unterſchwören, meiner Treu! Shakſpeare, K. Hein- 
uch IV. 1. Thl. 2, 2. Denn Schändliches begegnet nichts dem Herr⸗ 
iherheren, als treuer Diener heimlich unterfhworner Zywiſt. 
Goͤthe, Zunft 2, 193, Eben fo wenig (ſchwur falſch) der Ritter, der 
auf feine Ehre fchwur, denn er hatte niemals welche, oder wenu auch, 
jo hatte er fie Längft weggefhworen. Shafjpeare, wie e8 euch ges _ 
fällt 1, 2, Auch mir hat die Natur an meiner Wiege Freude zuge— 
ihworen. Schiller, Refignation. Der Ruf zur Prliht ift Ruf zum 
Himmel, ift ein Schwur, womit die Ewigkeit uns Dauer zugeſchwo— 
ren. Ziedge, Urania 9. Daß er fi zuſchwor „ſolche Scherze nir= 
gends mehr vorzubringen. J. Paul, Siebenkäs 3. 

Geſchworen, verſchworen — die geſchworen, fich verſchworen 
haben; Schwörer (ahd. suero, sueräri, mhd. swerer), Schwö— 
rung, Ab —, Be—, Verſchwörung. — Verordnet iſt im engli— 
ſchen Geſetz, daß jeder Angeklagte durch Geſchworne von Geines- 
gleichen ſoll gerichtet werden. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Daß fie 
das Unterfangen der Verſchwornen auf eine nicht ſehr verſteckte 
Weiſe in Schuß genommen hätten. Schiller, Abfall der Niederlande 


2) Mbb. sich tinre vermözzen = heilig verfihern. 
. al 


642 


3. 8. Und welder Lohn erhielt der Mitverſchworne? Göthe, 
Iphigenie 2%, 2. Schwör' ich Einiges falſch, dann jenden mir Elend 
die Götter ohne Maß, wie fie fenden dem frevelen Schwörer de 
Meineids! Voß, Ilias 19, 264. Wie ein Beſchwörer riefſt du auf 
in mir den abgeftorbnen Geiſt. Shafefpenre, 3. Cäſar 2, 1. © 
ein Teufelsbeijhwörer Schiller, Wallenfteing Lager 8. Durch 
Abſchwörung eines eigenhändig ausgeftellten Wechſels. Nabener, 
Zraum von den abgeichied. Seelen. Kommft, mit ängftliher Be- 
ſchwörung, nicht zurüd an diefen Ort. Göthe, Schatzgräber. Er 
ift gefährlicher als ein eutichiedened Haupt der Verſchwörung. 
Göthe, Egmont 1. 

Verſchwörung it Verbindung von Berfonen durch Schwur zu etwas 

Uebelm oder was als übel angefehen wird, insbefundere gegen Andere, Mens 

terei (dän. mytterie, ſchwed. myteri, aus franı. &mente, von franz. &meu- 

voir = erregen / dieſes von lat, movere — bemegen) heimliche unerlaubte 

Brregung oder Verbindung von Berfunen gegen eine Obergewalt, ſei es zu 

Widerſtand oder Aufruhr, oder überhaupt zu Ungehorfam, Complott (eigent⸗ 

ih Complot, franz. complot, urſprünglich ein rund zufammengebafltes, amt 

con, com und pelot) eine geheime Verbindung zn fehätlichem Zwecke, eine 
geheime böswillige Verſchwoͤrung, forte die Geſammtheit der Perfonen berfels 
ben, — ’S if eine Verſchwörung, ein Romplott! Schiller, Ballen 

fteins Lager 11. Berrath und Meuterey! Schiller, Wallenftrins Tod 3, 8. 

Schwörbrief, — haus, —herr, —tag. 

Schwur (ahd. suar, suor, suart, suert, mhd. swart) iſt zu⸗ 
nächft die Handlung des Schwörens, dann die hierbei gebrauchte Zer- 
‚mel. — Es lügt felbit auf der Lippe der Schwur. Schiller, Spa⸗ 
ziergang. Ach, würden falſche Schwüre durch Zeichen an dir kund! 
Bürger, an Themiren. — Und fie hört die höchſten Liebesſchwüre. 
Göthe, Braut von Eorintb. Als unten erjcholl der Berichwörung 
donnernder Todſchwur. Baggeſen. Sept flofjen im Wechſelſchwur 
ewiger Liebe, ewiger Treue, innig Die Herzen zufammen. Collin. 

Eid (goth. Aiths, ahd. cid, mh. cit, agf. Adh, &dh, altf. &h, dän. ced: 

nah Grinm fteht Aiths vielleicht für Aivaths, 4ivths, von Ava — @edep? 

Diefenbac vol. aihtha — das Geſagte, lat. aio = ich fage und verwirft 

Graffs und Weigands Hinwellung auf fanffe. ft = binden; Wadir: 

nagel erflärt Cid eigentlich — Verwünſchnng zu göttlicher Strafe, und vgl. 

gr. olros —= Geſchick, Unglück) ift (nah Grimm, d. Richtsalterth. 893) wie 
feierliche Betheuerung der Mahrheit einer vergangenen, der Echtheit einer gegen: 
wärtigen, der Sicherheit einer künftigen Handlung. Dae Zeierliche beruht aber 
wefentlicy darin, daß ein dem Schwörenden heiliger Begenittand angerufen und 
zum Zeugen genommen wird. Eidſchwur (ad. eidsuuart, mbd. eitswart) 
ein recht Marker, recht feierliher Eid. Bethenerung (von bethenern, 

biefes von theuer f. S. 436) Berflcherung bei etwas, was uns ihener, d. i. 

von hoͤchſtem Wertbe ifl, — Daß mein Buter hier in Belin fel, umd meine 


* 





643 


Mutter todt, Hat diefes Weib mit einem heil’gen Eide mir bekräftigt. Schill: 

ler, Turambot 4, 8. Damals gelobt’ ich mir In meinen Innern mit furcht⸗ 

bar'm Cidſchwur. Schiller, Tell 4, 3. Dem flämifchen Botfchafter ſchmei⸗ 

chelte man in Madrid mit leeren Betheurungen Föntglicher Huld. Schil⸗ 

ler, Abfall der Nieverlande 2. B. 

Schwurbruchig, — bühne, —finger, —vergeflen, — wort. — 
Die Ritterichaft, die Geiftlichkeit und die Städte beftiegen die Shwur- 
bühne. J. Paul, Zitan 49. Preſſe doch ihr ſchwurvergebnes 
Herz. Göckingk. | 

Yam. Die Revensart „Stein und Bein fchwören” heißt auf Altar und Hei⸗ 
Iigengebeine (Reliquien) fchwüren. 


Graben '). 
(Wurzel grah.) 

Grabe, grub, gegraben, graben (ahd. krapu, kruop, kruopu- 
mes, krapandr, krapan, graban ; mhd. grabe, gruop, gruoben, gegra- 
ben, graben; goth. altj. graban, agf. grafan, altn. grafa, mittelniederd. 
graven, neuniederl. dän. grave, ſchwed. graefve, engl. grave; vgl. 
griech. yoayar — eingraben, jchreiben, yAagsr —= aushöhlen, Tat. 
scrobis — Grube) 1) mit fpißigen Werkzeugen allerlei Zeichnungen 
und Geftalten in einer Fläche vertieft hervorbringen (auch uneig.); 
2) in engerer Bedeutung, mit einem jpigigen Werkzeuge Vertiefungen 
in die Erde machen; 3) durch Graben hervorbringen (auch uneig.): 
Einem eine Grube; 4) durdy Graben herausbringen: Torf, Kräuter, 
Schätze; 5) die Erde umgraben; 6) fich graben d. h. eindringen, Ein- 
druck machen. — Bnd folt zween Onicherſtein nemen, vnd darauff 
graben die Namen der finder Iſrael. Luther, Bibelüberf. 2. Mof. 
3, 9. Zluch der Hand, die diefe Wunde grub! Schiller, Braut 
von Meſſina. Er gräbt und fchaufelt, fo Iang er lebt, und gräbt,. 
bis ex endlich jein Grab fih gräbt. Schiller, Wallenfteins Lager 11. 
Und, zu enden meine Schmerzen, ging ich einen — zu graben. 
Goͤthe, der Schatzgraääͤber. Graben mag ih nicht. Luther, Bibel— 
überf. Luc. 16, 3. Die Empfindungen der Männer dringen langſam 
ein und graben fich tiefer. Gellert. 

Ab—, an—, auf—, aus—, be (ſ. ©. 607), bei —, durch —, 
ein—, entgegen—, er—, fort—, ber—, berab—, berauf—, her: - 
aus — herbei—, herüber—, herum —, herunter—, bervor—, her: 
u—, bin—, binab—, binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, 

inüber—, hinweg —, hinzu—, nach —, über—, um—, 
unter —, ver —, vor —, voran—, voraus —, vorbei —, vorüber—, 
weg—, zu—, zurüd—, zuſammengraben find Mar. — (Wie ich) 
moraftige Felder abgrub. Voß, die LXeibeigenen 80. Die Nacht 
grub einen Edenfluß um den andern ab. 3% Paul, Siebenfäs 1. 


*) Dit diefem Berbum beginnt die uhd. Ablauteform a, u, a. 
41* 





‚644 x 


Ihre ſtille Quelle im dunkeln Schutt des Irrthums aufzugraben. 
Schiller, Don Karlos 3, 5. Ich grub's mit allen den Würzlein 
aus. Göthe, Gefunden. JIn meiner treuen Bruft begraben bleibt 
das rafchgeiprohen Wort. Schiller, Wallenſteins Tod 2, 6. Eh’ der 
Raſen uns begräbt, bat uns ſchon die Zeit begraben. Tiedge, 
Urania 1. Die flat zu Vilshofen bat fain begraben (geftochenes) 
infigl. Scmeller 2, 98 aus d. 3. 1514. Die (Wand) hatte Reinefe 
geftern Hug durchg raben. Göthe, Reineke Fuchs 3, 53. Ach, wie 
baben fie dir, Du Wundenvoller, die Hände, wie die Füße durkb- 
graben! Klopftod, Meſſias 10, 709. Ja, dieſes Wort, es gräbt 
fi) wie ein Schluß des Schickſals noch zulegt am Rande der vollge 
fchriebnen Qualentafel ein. Göthe, Zaflo 4, 5. (Daß Jahre, dub 
Entfernung) fo tief eingegrabene Züge ausldichen. Göthe, Wahl: 
verwandtichaften 2, 12. Die Franzofen hatten fich der einen ( Rhein- 
infel) bemädhtigt und fit) dort eingegraben. Göthe, Belagerung 
von Mainz. Er grub den ganzen or umfonft herum. Platen, die 
verhängnißvolle Gabel 2, Unter den Trümmern der Turannenmadt 
allein kaun fie bervorgegraben werden. Schiller, Tell 4 2. 
Dann zertrümmert die Hütte des ewigen Geiftes binabgrab unter 
Hügel. Klopftod, Meiftas 1, 573. Man würde bei einigen Rad: 
raben vielleicht ein ergiebiges Zuger (won Steinfohlen) in der Ziefe 
den Göthe, Wahlverwandticaften 2, 11. Und der DBeranute 
räbet ihn nach und freut fi des Kundes. Göthe, Hermann und 
D erotiien 6, 94. Fleißig Haben mir ſchon Die rüftigen Myrmidonen 
rings umgraben den Raum. Göthe, Achilleis. Weil ic) in meinem 
Stahl die Figuren tiefer nntergrub. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 
6. Sie (die Gewalt) untergräbt den feſten hohen Stamm. Göthe, 
Egmont 5. In die Erde vergrüb’ er c8 gern. Göthe, röm. Ele 
gien 20. Wo vom fühnften Wager die Bahn Dir nicht vorgegra— 
ben du ſiehſt. Göthe, Muth. 
Anm. Die Participien geftatten noch andere Zufammenfegungen, 3. B. das 
Granen der erdebegrabenen Berwefung. Rlopflod, Meffias 8, 539. 
Gräber (abd. grabäri), Grabung (mbd. grabunge) iu ver: 
fchiedenen Zufammenjeßungen (Auf—, Aus—, Ein—, Um—, Ver—); 
Begräbuiß (mhd. begrebede, älternhd. Begräbde, Grebde, 
Begrebmeß, Gremeß). — Möchten fih nur viele ſolcher Berg: 
leute und Schmelzer in Deutichland finden, die, wenn die deutice 
Sprache eine Berg: und Weidſprache ift, auch als Gräber und N: 
er fie durchjuchten. Herder. — Gewiß ein Scha Bord ber. Göthe, 
SReifters Manderjahre 1, 4. Es gibt feine jo ulten Edelleute ale 
Gärtner, Grabenmader und Todtengräber. Shakeſpeare, Hamlet 
4, 1. Heere Ffleidete jept die Todtengräberin Zeit ſchon im ihr 
Mooshend. Sonnenberg. Selbft die, fo ſich Beförderer der Zugend 
nennen, find oft Untergraber derfelben. Meißner. — Vom erften 


— 645 
Bad bis zum Begräbniß. Göthe, Fauſt 2, 307. Daß ſie meinen 
Staub in ein Erbbegräbniß ſperren. J. Paul, Heſperus 21. 
Grab (ahd. k(g)rap(b), mhd. grap, agſ. græf, altn. altſ. graf, 
dan. grav) iſt uhd. nur die in die Erde gegrabene Vertiefung zur Be— 
erdigung eines Todten (auch fig. für Ende, Untergang, völlig abge- 
ſchiedene Verborgenheit, größte Ruhe und Stille). — Graben (goth. 
die graba, ahd. der k(g)rap(b)o, mhd. grabe) eine in die Erde 
gegrabene Vertiefung von beträchtlicher Länge, meiſtens zur Leitung 
des Waſſers. — Grube (yoth. gröba, ahd. k(g)ruop(h)a, k(g)rö- 
p(b)a, mhd. gruobe, altn. gröf, gröf) überhaupt eine in die Erde 
gegrabene Vertiefung, dann aud für Vertiefung überhaupt, auch in- 
tefern dieſe natürlich iſt: Herzgrube, Grübdyen im Kinn 2c. Das 
Grab ift tief und ftille. Salis, das Grab. Ein Grab der Freiheit 
iſts! Schiller, Tell 1, 4. Sp war das Klofter eine Freiftatt nur Der 
zarten Jugend, nicht des Lebens Grab? Schiller, Braut v. Meffinn. 
— D die au im Erdgrab’ und Weltmeer verwept einfchloß Der 
Gerichtsſpruch. Klopſtock. Und wie glorreih läßt er ihn... . aus 
jenem Feljeugrab hervor triumpbiren. Kl. Schmidt. Kannft du 
dir auch in Worten der Urkunde mehr finnliche Schilderung des großen 
Rachtgrabes, des Mitternacdhtsichauers in unendlich ſchwarzer Wüfte 
denfen? Herder. Sie glaubt, ein Haus des ftillen Friedens müſſe 
nicht ausfeben wie ein Riefengrab. Benzel-Sternau. Sein Leib 
wurde dem Seegrabe zu Theil. Benzel- Stermau. Wehe eud) 
Schrifftgelerten vnd Phariſeer, das jr jeid wie verdedte Todten- 
— Luther, Bibelüberſ. Luc. 11, 44. Dieſe heil'ge Glut erſtickt 
ein Wellengrab. Wieland, Oberon 8, 27. — Kluger Herren 
fühne Kuechte gruben Gräben. Göthe, Fauft 2%, 299. Ueber die 
Graben zu fpringen. Voß, Luiſe 1,706. Daß ich auf den Berg= 
graben fleine Rindenſchiffchen niederfahren ließ. Göthe, Meifters 
Banderjahre 1, 4. Mückenſchwärm' erheben fih aus Binfengrä- 
ben. Matthiffon, der Wald. Wozu die on Feſtungsgra— 
ben die beſte Gelegenheit verſchafften. Goͤthe, Leben 15. B. An 
dem Rand des Hegegrabens. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 2. 
Hinüber leckt' es über den Kindergraben. Klopitod, Delphi. 
Durch Laufgräben und Schanzenbau Goletta zu nahen. Pyrker, 
Tunifias 8. — Was drängt zu der Grube dih hin? Göthe, der 
Gott und die Bajadere. Auf feinem Zug nach Hof ihm eine Grube 
zu graben. Wieland, Oberon 1, 31. Und man trägt Die finrren 
Ölieder zu der Feuergrube hin. Göthe, der Gott und die Bajadere. 
(Da er) die fertig gebrannte Kalkgrube feines Zorns mit Wein ab- 
löfhte. 3. Paul, Titan 15. Das Reich ft, troß ein vierzig Land» 
frieden, noch immer eine Mördergrube Göthe, Götz v. 2. 1. 
Die (Stadt) ihnen zu allen Stunden eine reihe Schabgrube ift. 
Goͤthe, ital. Reife‘ Neapel 8. Mai 1787. Fort in die Schinder- 





646 


tube, Gefelle, mit dem fchnöden Aas! Pfeffel, Pythagoras. (Ex) 
and, ftatt einer Silbergrube, die Kiften und die Schränfe leer. 
Pfeffel, der Luxus. Hervor aus der Todesgrube gezogen. Pyrker, 
Moies 2. Wo man geböhlt Waſchgruben mit rinnender Flut. 
Voß, Odyſſee 6, 86. Wie vor fehnellen Schiffen ein Hügel aus 
Waſſer vorſchwimmt und eine nachgleitende Wellengrube hinter ihm 
zufchlägt. 3. Paul, Zitan 34 Wolfgruben und Prellgame 3. 
u Heiperus 1%. — Die jener Knabe, der den Dcean in das 
rübchen zu fchöpfen unternahm. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 
233. Daß mir die Sinne faft vergehn beim Lächeln ihrer Grübchen! 
Voß, der Sänger. 
Gruft (ahd. chruft, o(g)ruſt, mhb. grufi, agſ. cruft, ſchwed. grift; vielleicht 
aus lat. crypta, gr.zpurrn = verbedte Höhlung) iſt zunächft Erdhöhle, dann 
im Befondern und vorzugsweife das Todtengewölbe (auch fig.) — Rinnt der 
Gebirge Gruft mit unterird’fchen Quellen. Haller, die Alpen 423. Auf 
den Bergen iſt Freiheit! Der Hauch der Grüfte fleigt nicht hinauf im bie 
‚reinen Lüfte. Schiller, Braut v. M. Bin ich dem finitern Sefängnig entſtle⸗ 
gen? Hält fie mich nicht mehr, die traurige Gruft? Schiller, Maria Stuart 
3, 1. — Denn Jever hatt! ein treues Ghgemahl unlänge begleitet nach der 
Ahnengruft. Uhland, norm. Brauch. Und aus ihren Felſengrüften 
werben alle Stürme los. Schiller, Hero und Leander. Schwebte der Sarg... 
langfam hinab in die Kürftengruft. Pyrker, Rudolph 6. Und plöplid 
wird das folge Götterhaus zur übertünhten Menfchengruft. Benzel- 
Sternau. Gleich unter dem Flügel des Swigen rubt der Rafengruft He: 
gel. Salis, Fiſcherlied Wie der Glanz von dunklem Licht ſchwach ans 
Todtengrüften bricht. Kleiſt. | 
Srabeifen, —felle, —land, —legung, —mahl, —meißel, — ſchau⸗ 
fel, — ſchicht, —ftelle, —thier u. a.; Grabesluft u a; Gräber: 
naht nu. a; Grabendamm, —leitung —mauer, — ſchere, —ftei- 
ger, — übergang, —winfel, —zug u. a.; Grubenarbeit, —auf- 
ftaud, —baum, —beil, —bericht, —-biber, —blende, —ende, —erz, 
— gebäude, — gezäh, —bolz, —büter, — junge, —kittel, —Heid, 
—fleine, —foble, —föhler, —kompaß, — ſchlacke, —taſche, —ticherper, 
—waſſer, —zug u. a.; Begräbnißgeld, —koſten, —lied, —mahl, 
—ſchmaus, — ſtunde, —tag, — zeit u. a. — Grabbildern glei 
zu halten. Uhland, Mähren. Grabdumpf fchol fie (die Hymne) 
die Urnacht durch, Sonnenberg. Und bier flatt der Vermählung ein 
Grabfeft würde dein Vater fertigen. Voß, Odyſſee 20, 307. Floh 
er ängftlih vor dem Grabgedanken. Schiller, Elegie. Grab- 
gefährten, breit zum Nichtplag aufl Schiller, die Kindesmörderin. 
Als die heiligen Seelen mehr fid) nabten, verließen die Grabge- 
filde die Engel. Klopſtock, Meſſias 11, 15%. Das Spiel der Sai- 
ten wird zum Grabgeläut. Shalfpeare, Romeo und Julie 4, 5. 
Bon dem Dome, fehwer und bang, tönt die Glode Srabgefang. 





647 


Shiler, Glocke. Wo fein Auge mehr von einander vermochte die 
Grabgeftalten zu fondern. Klopſtock, Meſſias. Dann wird ein 
jeder Leichnam von treuen Dienerd Hand gewaſchen und gefleidet in 
weißes Grabgewand. Uhland, Schlacht bei Reutlingen. Schwei- 
gendes Grabgewölbe. Klopfiod, Rothſchilds Gräber. Und ift noch 
irgend ein größerer, beißerer Fluch . . . dem die Mitternacht aufhorcht, 
Grabheulen mit ausipridht. Klopftod, Meffias 6, 291. (ch habe) 
Rumen gelefen auf Grabhöh'n ohne Gebeine. Voß. Ein geliebtes 
Abgeſchiedenes umarme ich weit eher und inmiger im Grab bügel 
als im Denkmal. Göthe, Wahlo. 2, 1. Zum Todesfeſte der Menfch- 
beit, und wie zum Grabfleid, wallet Ehassdüftre herunter. Sons 
nenberg. Eine Grablegung des Sokrates durch feine Freunde von 
Gansva. Seume. Daß jo lang wie ein Grablied dein Gefang mir 
durch die Dämmrung fich ergießt. Voß. Im Sande liege grablos 
kin Gebein. Schiller. Das bekannte Grabmal der Mad. Longhans 
in Hindeldanf bei Bern. Salis, in einer Anmerk. zu dem Gedicht: 
bei dem Grabftein einer Wöchnerin. Entwürfe von alten Grab— 
monnmenten. Göthe, Wahlv. 2, 2. Unterm Schuuerflor der 
Grabnacht. Schiller, Leichenpbantafiee Ein Grabſcheit in der 
Hand. Wieland, Oberon 12, 24. (Mit) einem Grabeicheit. Daf. 
11, 3. Seine Grabſchrift jei der Drt, wo man ihn fludet. 
Schiller, Jungfrau v. DO. 3, 7. Daß ed (das Bild) die eigentliche 
Grabftätte bezeichne. Göthe, Wahlv. 2, 1. Die durch Kirchgän« 
ger abgetretenen Grabfteine. Daſ. 2, 2 Leiſtet dieß ja fchon Zei- 
henfeder, Pinfel und Grabſtichel. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 3. 
Da ward ed grabitill. Kojegarten. Fürchterlich ſchwarz walten fie 
grabftumm. Sonnenderg. O erhör du mein entzüdt Fleh'n von 
dem Srabtbal ber. Klopftod. Bor dem (Altar) der Todtenfar 
erhaben rubte, mit weißbekreuztem Srabestuch bededt. Und au 
dem Grabtuch fahe man den Stab der Herrichaft Tiegen und die 
Fürſtenkrone. Schiller, Braut vu. M. Um die Hand der grabver« 
langenden Freundin. Klopſtock, Meſſtas 15, 354. rabzei«- 
hen auffrichten. Luther, Bibelüberſ. Jerem. 31, 11. — Am bunten 
Grabesgerüfte. % Paul. Durch die Grabesgewölbe heulte 
Sturmwind. Benzel-Sternau. (ID mein Hauch nit Grabes⸗ 
bauch? Uhland, Ludwig der Baier 5. Durch das finftre Thor de 
Grabeshöhle exblidft du fchon die feligen Gefilde. Uhland, a 
8. 8. Gangloffs Tod 2. Und weld ein lumpiges knechtiſches Nache 
leben diejes grabesluftige Zurückathmen aus lauer Vergangenheit 
ſtatt eines friſchen Zuges aus frifcher Luft. 3. Paul. Wenn deinen 
Sänger Grabesnacht umichleiert. Uhland, Vermächtniß. Uner⸗ 
ſchüttert land Fredal auf der bebenden Erde vor Blißglut und Don- 
nerrollen, vor Grabesrachen und Geipenfterruf. Benzel- Sternau. 
Dem alten Manne, den an Grabesrand fein irdiſch Hoffen mehr 





648 


verführen kann. Schiller, Maria Stuart 2, 3. Der Grabesrube 
Troft ift dir verfagt. Schubart. Der Engel windet fih vom Gra— 
besichleier los. Salis, bei dem Grabftein einer MWöchnerin. Dein 
Anhauch werte mich aus dem eifernen Grabesihlummer. Kütt- 
ner. Senfet mich hinab in eures tiefen Friedens Grabesſchooß. 
Göthe, Eugenie 5, 6. Nicht einer Fliege Schwirren unterbrach die 
Grabesftille. Benzel-Stemau. — Den Staubleib tragen, mit 
feiner Todtenfarbe, und feinem Siechtbum, feinem Gräbergerud. 
Schubart. Die Herrfher ruhn in Gräberhallen. Uhlaud, die drei 
Schlöſſer. Wie Gräberheulfen umraufchen hohl ihn die Flügel. 
Sonnenberg. Wie eines Engeld Lichterjcheinung fteige in ihres Ker- 
fers Gräbernacht hinab. Schiller, Maria Stunt 2, 4. Es wehen 
Gräberſchauer auf der erftorbuen Flur. Koſegarten. Gräber: 
ftille fchlief umber vom Pole zum Pole. Sonnenberg. Wandelt im 
Spätfchein dort auf den Kirchhof unter die Gräberweiden. Sons 
nenberg, Würden in Gräberwüſten die Paradieſe des Himmels... 
fid) wandeln. Sonnenberg, — Grabenmacher und Todtengräber. 
Shakſpeare, Hamlet 4, 1. — Und kehrſt du wieder, jo gefchieht es 
gewiß nicht bier im tiefen niedrigen Grubenbaue des Xebens, wo 
unſere Morgenröthe. in den Goldflämmlein auf dem Goldfieje befteht 
und unjere Sonne im Grubenlidt. 3. Paul, Titan 25. — So 
ordnet denn ein feierlich Begräbnißfeſt. Schiller, Braut v. Mei. 
Die gehörigen Begräbnißgebühren. 3. Paul, Heiperus 8. Be. 
gab man fich des andern Tages nah dem Begräbnißplag. Goͤthe, 
Wahl. 2, 2. Der Winter bat... in Wald und Feld ein weis 
Begräbuißtud den Blumen vorgeftellt. Günther. - 

Grab, die (ahd. graba) d. i. Grabfcheit, Schaufel, finder fi 
nur noch in der Volksſprache. Ebenſo der Grebel (auch Grübel, 
ahd. —— crebil, mhd. grebel) Werkzeug, Rüben auszugraben. 

rübig, bei Campe grubig ift nicht gebräuchlich, wol aber: die 
Braut war podengrübig. LXichtenberg, wigige und fatirifche Einfälk. 

Grüben (mbd. gruoben — Grube graben), eingrüben (die 
Senfer eingraben in Weinbergen), vergrüben (durch Gruben ab 
gränzen), grübeln (Kinderfpiel, wobei Schuffer, Steinen x. in 
Gruben geworfen werden) gehören der Volksſprache an. 

Grübeln !) (ahd. krupilön, grubilön, mhd. grübelen = 
Grube graben, einriken) wird fait nur abftract gebraucht: eindringlid 
worauf denkend fpüren (nad) Graff IV, 308 fo fchon ahd.). Davon 
aus—, durch —, ein—, er—, nah —, um —, vergräbeln; 
Grübler, Grübelei, Grübelung, Gegrühel. — Doch & 


1) Gin ahd. kruopilön, welches Grimm II,9 Hat, if bis jegt nicht nachge⸗ 
wiefen. Grimm (Sendfchreiben an Lachmann ©. 61 f.) leitet grübeln von 
einem vermuthlichen ahd. grioban — brennen ab. Weigand denki, wahrſchein⸗ 
licher, an ein vermuthliches Urzeilwort griban, wozu unfer graben gehört. 





649 


en dem Menfchen, nicht mehr zu grübeln, wo er nicht mehr wir- 
jol. Göthe, Egmont 5. Die Tugend leitet und, wo irre Träume 
grübeln. Ziedge, Urania 2. Die (Feinheiten) er jelbft fchwerlich 
dürfte 0... haben. Leifing, hamburg. Dramaturgie 75. 
Durchgrüble niht das einzigfte Geichid. Göthe Fauſt 2, 202. 
Mit einem Grüffel eingegrübelt. Zejen, Rofenmänd 39. Erſparen 
Sie fi) die Mühe zu ergrübeln, weilen Beredfamfeit Sie dieſe 
Bendung danken. Schiller, Don Karlos 2, 11. (Ich) grübelte fo 
über die Sadhe nad. Göthe, Egmont 1. In jeim wort vmgrü— 
bein. H. Sachs. Ich, Thor, vergrüble die Zeit bier müßig. 
Pyrker, Tuniſias 6. ſtichelgrüblet und wannereutert euere Mollen- 
köpf. Fiſchart, Gargantua S. 205. — Ad, beiler, als wären fie 
Weiſe, die jo jelten fic) nicht verirren, und Grübler geweſen! Klop- 
ſtock, Meifins 13, 324. Hier enticheidet ein Mufter durch fein Bei- 
ipiel mehr, als zehn Wortgrübler. Herder. Wenn den Heiligen 
(Gott) die Grübelei vermißt, dort findet ahnend ihu der Glaube. 
Tiedge, Urania 2. ergribelung. Fiſchart, Gargantun ©. 57. Und der 
edle hohe Tugendſinn, ift auch er ein Teeres Traumgegrübel? Tiedge. 

Anm. 1. Griebe, fefteres TIhellchen, das beim Ausfchmelzen oder Ausbra⸗ 
ten von Bett, Talg ꝛc. übrig bleibt (ahd. griebo, criube, mhd. griebe, woher mhb. 
grieben = ſchmelzen, vgl. ahb. kakroupta, kacraupit, kigroubit = das Geroͤſtete) iſt 
wol von dem vermuthlichen ahd. grioban — breunen (röften?) gebildet, das zu ahd. 
k(g)iroupjan, das wie das einfache roupjan röften heißt, gehört. 

nm. 8. Griebe (au Kriebs, Gch)röbs, Gık)rübs) das Samen: 

gehänfe des Kernobſtes, beſonders der Aepfel und Birnen, in der Volksſprache auch 
der dide Theil der Kehle, ift bis jept in ji Abſtammung nicht erflärt. 

Anm. 3. Gribesgrabes (fo bei Schmeller) fcherzhafter Ausdruck, um 
3. B. verworrene Echriftzuge, Hocuspocusgeſticulationen 2c. zu bezeichnen, jchreibt 
Böthe (Kauft 1,172): vom Kribskrabs der Imagination —* ch dich doch auf 
Zeiten lang curirt. Das Wort ſcheint mit krabeln, Krebs (S. 806) zu einer 


Wurzel zu gehören. 
Schaben. 
(Wurzel scab.) 

Schabe, fehabte, geſchabt (Volksſprache zuweilen noch gefcha- 
ben), fehaben (ahd. skapu, skuop, skuopume£s, skapandr, skapan; 
mhd. schabe, schuop, schuoben, geschaben, schaben; goth. ska- 
han, agf. scafan, altn. skafa, engl. shave, ſchwed. skafwa, überall 
ftarf, doch hier und da fchon mit ſchw. Präteritum; vgl. lat. scabere, 
gt. oxarnıeıv) iſt Scharf reibend woran abreiben. — An der (Haut) man 
nicht jchinden und [haben kann. Göthe, Leben 10. B. Er foll mir 
drauf los ſchaben und jcharren. Schiller, Räuber 1, 2. Mit neu- 
geihabtem Barte. Voß, der Korb, 

Auden (ahd. jukjan, jucchjan, jukalön, engl. yuck, bofläub. jeukcen) 
auf der. Haut des Körpers reiben, um einen daſelbſt entſtandenen prickelnden 
Rervenreiz wegzufchaffen. Krapen (ahd. chrazzön, mhd. kratzen, ſchwed. 
kratta, engl. grate, bullänp. kratsen, ital. gratare, mitiellat. g(c)ratare, 





650 


Mebenform von kranen, ahd. chräwön, mıhd. kräwen; vgl. gr. ypae = 
id) nage) mit Epigen eingreifend durchreißen; dann mit etwas Gpigem oder 
Scharfem hart und laut über einen Körper hinftreichen, fo daß mit diefem 
eine harte Reibung Statt hat. Scheuern flatt fhelern, f. ©. 118 um 
5. Reiben (ſ. d.) etwas augebrüdt woran wieberholt darauf him und ber 
bewegen. — Den (Beweis) meift, vom lebergang des Schmerzes zum Gal- 
züden, aus gleicher Nothdurft fih zu jüden der weife Sofrates gefühtt. 
Thümmel. Krapen würde ed (das Geſicht) nicht fchlimmer machen. CShal 
fpeare, viel Lärmen um nichts 1, 1. Nach einigem Kehren ud Scheuern... 
war das Haus völlig wieder bergeflellt. Göthe, Leben 14. B. (Eie) rieb 
mir die Schläfe mit einem gewiflen Balſam. Gäthe, Meiſters Wanperi. 3, 6. 
"Ab—, aus—, durch —, er—, ver—, zerfihaben find Har. — 
Ein abgeſchaben tafel. Schmeller 3, 304. Sie follen den abge: 
fhabenen leimen hin aus fur die Stud au einen vnreinen ort ſchüt⸗ 
ten. Luther, Bibelüberf. -3. Mof. 14, 41. Das er die Güter fräe 
und fpat fo meifterlih erfhabet hat. Ringwald, die lautere Wahrheit. 
Anm. Schab ab iſt zunächft wol der Ruf, die Mauerkellen abzufchaben 
und bei Seite zu legen. Davon das Suhl. Schabab und das Aw. ſchabab 
—= zu Ende, am Ende. Ein Tuch ius Grab, damit fhab ab. hr liegt im 
Grab, und ſeyd ſchab ab. Münchener Kirchenlied v. 1660. 

Schaber (Geizhals, Werkzeug zum Scaben, das Geſchabte), 
das Schabet, das Schabfel; ſchäbig (ahd. schebedic, mhd. 
schebec, in der Volksſprache schewig, schewetzig, von agf. scäh, 
sceab — Schabe, Hautkrankheit) d. i. hautkrank au ausgefahrner 
Hautfhärfe. — Gib im das Schabet (von Rüben) in den mund. 
* Dr Minderer 16%. Reibe das Abſchabſel noch Harer auf Mar: 
mor zufammen. J. Paul, Siebenfäs 2. Wenn ein Man oder Weib 
auff dem heubt oder am bart [chebicht wird. Luther, Bibelüberſ. 3. 
Moſ. 13, 29. 

Schabebant, — baum, —biech, —blod, —bod, —brett, —degen, 
—.eijen, —bobel, —kiſte, — klinge, — meſſer, — wolle. 

Anm. Schuppe (ahd. scuopa,* scupa, mAb. schuope, holländ. schob, flav. 
ssupina) ſcheint eher zu ſchaben ale zu Phieben zu gehören. 


Backen. 
(Wurzel pac, pah.) 

Bade, badte (felten buck), gebaden, baden (ahd. pahhn, 
puoh, puohumeäs, pahhandr, pahhan packan; mhd. bache, buoch, 
buochen, gebachen, bachen; agj. hacan, altn. backa, engf. bake, 
ſchwed. baka, dän. bage, polı. piece; vgl. fanffr. pao u. bhdj = 
fochen) eigentlich wol durch Austeodnen hart machen; gewöhnlich durch 
einen hohen Grad von Hitze der überflüfftgen wäflerigen Theile be 
rauben und jo gar und zum Genuffe geſchickt machen. — Die Früchte 
find es heil'ger Weilmachtszeiten, gebackne nur, den Kindern auszu⸗ 


“ 





651 : 
ſpenden. Goͤthe, Ehriftgefchen. Wan bäckt im Lande das Brot mit 
Butter und Eiern. Göthe, Neinefe Fuchs 6, 236. (Die Natur) hat 
von allen Menſchenſorten das Scheußliche auf einen Haufen geworfen 
und mich daraus gebacken. Schiller, Räuber 1, 1. Mein Rath 
wäre, man badte den Zettel in eine Wildpretpaftete. Schiller, Ka 
bale und Liebe 4, 9. Was unfere Lenette anlangt; jo bud fie von 
jeher fo. 3. Paul, Siebenfäs 3. Ohne zweifel buden die Heiden 
zu ihren gelagen und opfern nicht anders als die Chriſten. Grimm, 
d. Mythologie 2. A. S. 1002 Note 1. 

Kleben (fi. Fleiben) allgemein vermittelt einer haftenden Feuchtigkeit 
an etwas feft fein und auch, fe machen. — (Als du) fein (Gollaths) unfürms 
liches Haupt auf einer großen Stecknadel mit wächfernem Griff dem Heinen 
David in die Hand Flebtefl. Böthe, Meiſters Lehrj. 1, 2. 


An—, auf—, aus —, ein—, hinein—, nah —, ver—, zufam- 
menbaden bedürfen feiner Erklärung. — Das Pflafter ift feit an die 
Bunde angebaden. Campe. Der Teig . . . fchmedt wie das 
(dwarze weftphälifhe Brod (Pumpernidel), wenn e8 nicht ganz aus⸗ 
gebaden if. ©. Forfter, der Brodbaum. Der vermuthlich dat das 
Geld, Das aus dem lieben Brote fällt, hHineingebaden. Gleim, 
der arme Mann und fein Kind. Der berühmte Architeft und Model- 
lierer Ehigi, der ihm zubörte, hatt? e8 wirklih nachgebacken. J. 
zu Titan 2, Einen Bettelmöndh hingegen bade ih in meinem 

opfe in Kurzem zuſammen. J. Paul. 

Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfegungen: Sodann 
war aber auch für Wecken, Semmeln, BPfeffernüffe und manderlei Butterges 
badenes geforgt. Goͤthe, St. Rochusfeſt. Welch hausgebadnes Volk macht 
bier fich breit? Shaffveare, Sommernachtstraum 3, 1. An trodengebadenen 
Dorffsrondelen. Filchart, Bargantua ©. 76. \ 

Bäder (au. Beder, ahd. peccho, becko, mhd. becke, äl- 
tembd. Bed), Bäderei, Gebäd, Zwiebad (d. i. zweimal Ge- 
badnes) bedürfen feiner Erklärung. — daz nu fürbaz hie ze Münchn 
in der ganzn flat kayn pec weder fawrped noch füzpedh vor 
pfarrmetten nicht underfönte vnd fewr ze ofen mache fol. Münchener 
Rathsverordnung v. 1427. Als uns der Bäder einiges Brot auf 
die Reife verfagte. Göthe, Leben 10. B. Jene Kraft» und Macht: 
worte in ein Gedicht an den Kuhenbäder Hendel zu verſammeln. 
Daf. 7. B. As der Storch ihn jüngft beim Zuderbäcder.vorbei- 
trug. Göthe, Hermann und Dorothea 7, 202. Auf den jehlimmiten 
Wegen von Grandpree, wo die Bäderei lag. Göthe, Campagne 
in —* 28. Sept. Aus dem Vorrath in der Grube nimmt man 
jedesmal nur ſo viel, als zu einem Gebäcke hinreichend iſt. G. 
Forſter, der Brodbaum. Als Felix erwachend ein gedecktes Tiſchchen, 
N Wein, Zwieback ... bemerkte. Göthe, Meifters Wanderjahre 

N ‘ 





652 


Bade die, der Baden (ahd. der paccho, mhd. backe) if, nad 
Weigand, urfprünglid das Feſte, dann ein befannter Theil des Ge- 
fichted; ferner wird das Wort von verfchiedenen andern Dingen ge 
braudt: an Zlintenfolben, bei den Glafern u. a. Handwerkern. — 
Daß fie fih faſt die Baden aufrieb. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 
9. Im Winkel feines Kinnbadens. Shakeſpeare, Hamlet 3, 4. 

Wange (goth. vaggö? ahd. daz wanka? ſo Grimm; bei Bader: 
nagel daz wangä, bei Graff wanga; mhb. daz wange, altn. vAngi, altſ. 
wanga, agf. vang, väng, veng, ſchwed. wang, ital. guancia) bezeichnet den 
genannten Körpertheil als äußere Fläche, und iſt edlerer Ausdruck. — Un be 

Hoffnung jugendlihen Wangen blühte noch das erfte, zarte Roth. Tiedge, 

Uranta 1. 

Anm. Diefenbach dent bei Bade lieber an biegen. Wange hält 
Meigand für gebildet von ahd. der wang == Gefilde, guth. vagg — Paradies, 
altf. agf. wang, altn. vAngr —= Gefilde. 

Badapfel, —birne, — bord (auf den Schiffen), —drett, — eijen, 
—fleifh, —form, —gaft, —geld, —geräth, —gerechtigfeit, — haus, 
—hecht, — hitze, —holz, tammer, — foch, —forb, —meifter, —mulde, 
— napf, —obit, —ordnung, —pfanne, —probe, — jchaufel, — radchen, 
. ſchüfſſel, —ſpeiſe, —itein, —ſtube, —tafel, —tag, — tuch, —zeit, 

—zeug u. a; Backenausſchnitt, —bart —bein, — blaſe, —büchſe, 
—drüje, —eifen, — geſchwulſt, —grube, — haken, — haube, — knochen, 
—lehne, — muskel, —nerve, —neg, —riemen, —ſchmiege (bei deu 
en —{chnede, —ftreif, —ſtück, — ſtuhl, —tajche, —tute, 

gab na. a — Ich im Beſitz des ftrittigen Stüds, und drüber den 
hübſchten Baffifch im ganzen Dorf, Göthe, Götz v. B. % Nah 
Art magyarijcher Backkunſt. Pyrker, Rudolph 3. In der Ede wa 
ren die Thüren zu den Backöfen. Göthe, Briefe aus der Schweiz 
2. Abthl. In dem Badtrog (liegt) das Bett. Göthe, Hermann 
und Dorothea 1, 1%0. Willlonımenes Backwerk. Göthe, Meifters 
Wanderjahre 1, 6. — Sie geben mir fchimpflihde Badenichläge 
Michaelis, Bibelüberf, Hiob 16, 10. 

Badenftreih und die Synonymen f. ©. 471. 

Unm. 1. timm fagt Il, 11: Erſt die verfchoffene lrhebeutung von ba 
kan, bök würde lehren, wie damit bie Idee von puoh (Buch), von puchho (Bude), 
vielleicht felbi von pah (Bach) zu verbinden ſei; daß puohha, agf. böc Ablauf 
von pah, bac ifl, folgt aus (lat.) fagus (Buche) und daraus, daß die Roͤmer den 
germaniſchen buochenwald silva bacenis nennen. 

Anm. 2. Gliemann Hält (Archiv f. d. Stud. d. neueren Spracden u. 
Literaturen 7, 266) baden für eine Intenfivform vom plattdeutfchen bäken. Bor 
Erfindung der Mafchinen gefchah nach ihm das Brechen des Flachſes vermittelt 
eines hölzernen, mit Furchen verfehenen Hammers, womit der Flachs auf einem 
Blocke geſchlagen wurde. Diefes Schlagen des Flachfes hieß plattv. bäken, we 
von das wiederholende bäkern fidy noch erhalten hat. Daruach bebeutete baden 
urfprünglich nicht das Garmachen im Ofen, fondern dad voraugehende Formen des 
Teiges mit ter flahen Hand. Man vgl, damit die Redensarten Käfe baden 
(Handfäfe machen) und Kuchen baden (der Kinder, angefeuchtele Erde Fneten ıc.) 





653 


Anm. 3. Woher mag Backfiſch — ein junges noch nicht mannbares 
Mönchen kommen? Campe ſagt bei Backfiſch — überhaupt ein Fifch, den man 
lieber zu baden als zu kochen pflegt, ſo nenne man ſcherzweiſe in Norddeutſchland 
ein ſolches Märchen. Die Heinen Fiſche werden allertinge lieber gebaden, die 
großen lieber gekocht. Göthe hat Yanft 2, 68: Es nahen fich nengierige Nerei⸗ 
den ber prächtigen Wohnung in ter ewigen Friſche, die jüngiten fcheu und 


lültern wie die Fiſche. 
Laden. 
(Wurzel hlad, lad.) 


Lade, Ind, geladen, laden (ahd. hlatu, hiuot, hlnotumés, 
hlatandr, hlatan; mhd. lade, Iuot, Iuoden, geladen, laden; goth. 
hlathan, was aus afhlachan folgt, alti. agſ. hladan — belaften und 
ihöpfen, altn. hlada — belaften und errichten, engl. loade, lade, 
ihwed. lada, dän. lässe, holländ. laden, poln. laduje; vgl. lat. 
clitella = Zragjattel) 1) überhaupt ſchwere Körper auf einen andern 
beben, uneigentlich Bejchwerliches auflegen; 2) in ein Schießgewehr 
das zum Schuß gehörige Pulver (die Ladung, Laſt) thun; 3) rufen, 
berufen, vor Gericht rufen, höflich erjuchen in eine Gefellichaft zu 
fommen '). — Ihn groß zu machen, hatteft du den Fluch der ganzen 
Belt auf did geladen. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. (Ich) 
Ind die ſchwere Schuld auf mein jo junges Leben. Schiller, Maria 
Stuart 1, 4. Wenn er unterdeffen feine Büchje für niedrige Dinge 
laden fann. J. Paul, Siebenfäs 7. Es lächelt der See, er ladet 
zum Bade. Schiller, Zell 1, 1. Zwei Perſonen luden fich bei mir 
zu Tafel. Göthe, Paraboliih 8. Da eine Gefellichaft Kinder gela- 
den war. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 6. Heute werdet ihr nun 
zum drittenmale (vor Gericht) geladen. Göthe, Reinefe Fuchs 3, 206. 

Aufladen und das finnverwandte aufbürden erklären ſich aus 
Laft und Bürde S. 50. — Wurum mußte fie mir diefe Bürde 
von Häßlichkeit aufladen? Schiller, Räuber 1, 1. Mögen fidy die 
fein Joch aufladen. Schiller, Wallenfteins Lager 11. — So daß 
der reinen und geiunden Natur nichts dadurch anfgebürdet wird. 
Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 80. 

Yufpaden (f. Pad ©. 225) bezeichnet die Vielheit, die Größe deſſen, 
was. alles zufammen aufgelegt wiıd. Anffaden (von- Sad, goth. sakkus, 
ahd. mh. sak, sac, agf. sacc, altn. seckr, engl. sack, ſchwed. saeck, franz. 
poln. sac, ungar. zsak, ital. ſpan. sacco, lat. saccus, gt. daxog, dunzog) 
in Söcken auflegen, von Menſchen nur in verächtlicher Beziehung gefagt. 
Aufhalfen (von Hals S. 211) auf den Hals legen, veutet auf die Mühe 
bin, die das NAuferlegte dem Trageriden verurfucht. — Da fact man auf. 
') In der 3. Bed. IR es eigentlich ein ganz anderes Wort und fullte nach 

ſchwacher Conjugation geben, wie goth. Iathön, ah. ladon, laden, ladjan, mheo. 
Iaden, altf. agf. ladhjan, altn. lada nach ſchw. Conj. gehen. Ahd. —* man 
beide Formen, wie vie angeführten Beiſpiele zeigen; uber auch ſchon mhd. findet ſich 
hier die ſtatke Form, 3. PN in der Chronik des Jacob von Königshofen: und denne 
luodent sin die liute heim zuo imbisse, und eins Iuod zweinzig, eins zchen. 








654 


Und brennt das Haus, da packt man auf und rennt heraus. Goͤthe, Baus 
dora. Am derentwillen er ich vielleicht den töhtlichen Haß aller Mollahs in 
der Welt aufbalfet. Wieland. 

Beladen allgemein Dinge worauf legen, während belaſten (i. 
unten) auf Die Schwere der Dinge hinweiſt. — Der Säumer mit dem 
ſchwer beladnen Roß. Schiller, Tell 4, 3. Mit fremden Schätzen 
reich beladen kehrt zu den heimiſchen Geftaden der Schiffe maiten- 
reiher Wald. Schiller, der Ring des Polykrates. — Kleine Kinder 
“oder Genien, mit dem kaiſerlichen Ornat bekleidet, und belaftet mit 
den Reichsinfignien. Göthe, Leben 1. 2. 

Beraten (von Fracht, ahd. frehtt, mid. vraht — Lohn, Berbienfl, 
engl. fraight, ſchwed. frakt, dän. fragt, holländ. vracht, franz. fret, portug. 
frete; ahd. frehten, kifr&htön — verdienen; nah Wadernagel vielleicht 
von freigan für fireigan, zu eigen ©. 211 gehörig; auch Graff II, 817 
fagt: zu Eht, Wurzel ig? guth. findet ſich fairaihan — Theil haben) urfpräng- 
lich wol mit Lohn ober Verbienft verfehen; dann mit ſolchem Gut beladen, für 
defien Verführung ein Lohn (Tracht) gezahlt wird; dann mit Kaufmannsgut 
beladen. Mit dem Partic. beladen it behaftet (f. S. 231) finnverwanbt, 
das aber mehr von Unförperlidem gefagt wird, das uns innewohnt und be 
fhwerlih it. — Lange Tag’ und Nächte ſtand mein Schiff befrachtet; 
günfl’ger Winde harrend faß, mit treuen Yreunden mir Geduld und gufen 
Muth erzeihend, id im Hafen. Göthe, Seefahrt. Gr fcheint mit dem täg- 
iichen Liebesflieber behaftet. Shakſpeare, fo wie es euch gefällt 8, 2. 

Ueberladen eine Durch ihr Zuviel befchwmerende Menge einem 
Gegenftand auflegen. — Bis zum Sinfen überladen, entfernt fich 
diefer legte Kahn. Göthe, Zauft 1, 53. Diefe Flaͤche, wie die Sonn’ 
auf Glas, wie üb erladne Bichfen, prallen. rückwärts. Shaffpeare, 

H. Heinrich vi. 2. Thl. 3, 2. 

Ueberhäufen (von häufen, ahd. hüfön, mhd. hüfen, agi. heäpian, f. 
Haufe ©. 639) eine höher werdende, zu große Dienge neben und auf einander 
befindlicher Dinge auf einen Gegenſtand fommen machen. Neberſchütten 
(von ſchütten, nhd. sculjan, scuttan, mhd. schüten, schütten, altf. scudd- 
jan, mittelnieverd. schudden, engl. shed, ſchwed. skudda — in gleihfam 
ſtoßartig zifternde Bewegung von flärfern Schwingungen fegen, was uhd. 
fhütteln, ahd. scutilön, mb schütelen) eigentlich in ihren Theilen br: 
wegliche Mafien auf und über einen Gegenftand bewegen. — Bon allen Enten 
zog er fie (tie Dichter) an feinen Hof und überhänfte fie mit Ehren. Ros 
valis, Heinrich von Ofterbingen 1, 3, Du vberfhütten jun mit gutem 
Segen. Luther, Bibelüberf. Pf. 21, 4. Sie Haben mein — mit waſſer 
vberſchüttet. Daf. Klagel. 

Ab—, verab —, aus — —, ent—, her—, herbei, her⸗ 
ein —, um, ver—, vor—, — zurück zuſammeniaden be⸗ 


— — — — — — — — — 


) Ich finde das Wort ſonſt nicht. 








655 


dürfen Seiner weitern Erklärung. — Wie einer der foftbare Waaren 
abgeladen bat. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, & Wenn fie (die 
Zeeiihöpfen) einen Fürften ... zu verabladen !) butten. 3. Möſer, 
die weftphäl. Freigerichte. (Die Schiffe) bier bauptiächlich anlegen 
und ausladen. Göthe, ital. Reiſe 29. Sept. Bei nächtlich ſtiller 
Beile gährt’8 in dem tück'ſchen Zeuerichlunde, ladet fih aus mit 
tobender Gewalt. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 18. Kein tollereg 
Deriehn kann fein, gibit einem ein Ze, und lädſt ihn nicht ein. 
Goͤthe, Sprichwoͤrtlich Der Knabe lud Wilhelmen zum Frühſtück ein. 
Goͤthe, Meifters Lehrjahre 7, 2. Die Gegenftände waren nicht fo 
auffallend, nicht fo mannigfaftig; aber deito einladender den tiefen 
killen Sinn derjelben zu erforihen. Göthe, Meilters Wanderjuhre 2, 
% Ich fühle mic von aller Notb entladen. Göthe, Taſſo 5, 4. 
Damit fie einer Schuld auf's leicht’fte fih entlade Daſ. Z3, 4. Die 
Baͤume ſtehn der Frucht entladen. Voß, der Herbitgang. Ich hab’ 
es lang bedadıt, jo mag ſich's raſch und Stun denn entladen. 
Schiller, Wallenfteing Tod 3, 20. Wenn der glimmende Funf’ auf: 
Nammt am entladenden Kolben. Pyrker, Zunifias 4. Dichter lud 
ih au) berbei, umjre Luft zu mehren. Göthe, Dffne Tafel. Der 
Boftneht ladet an dieſem Meilorte oder auf dieſer Poſtruhe den 
Bagen um. Wolfe. Und wie ihn Karl, jedoch zum Schein in allen 
Gnaden, nad) Hofe, zum Empfang der Lehen, vorgeladen. Wie— 
land, Oberon 1, 30. Ein vorgeladner Abt fragt einen klugen 
Alten. Hagedom, Proceſſe. | 

Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfepungen, 3. B. Der 
fanfteinladenbe Zurnd. Pyrker, Tunfflas 9. Mitten darauf dann fland ein 
eherner Korb voll trunfeinladender Zwicheln. Boß, Ilias 11, 629. Ber: 
gebens Hüllt die Nacht mit dunſtbeladuen Klügeln den Luftfreis ein. Wieland, 
Dberon 6, 22. Da... über die Keffelbeladenen ihr Haupt die Herrfchfucht 
aufhub. Klopſtock. Die fluch beladne Fackel diefes Kriegs. Schiller, Piccolo⸗ 
mini 2,7. Den jochbeladnen Landmann, Klopſtock, an ben Kaiſer. (Sie 
pflücte) einen duftenden Strauß um den feld belatenen Etengel. Voß. Schwer 
berein fchwmanft der Magen, fornbelaren. - Schiller, Glocke. Die koſtbelade⸗ 
nen Zifhe. Voß. Der mir auf einmal jede bange Sorge vom ſchwerbelade⸗ 
nen Buſen hebt. Schiller, Braut v. M. Mit fturmbeladnem Wlügel brauft 
von ferne der feflellofen Winde rohe Schaar. Wieland, Oberun 8, 17. Linnenn= 
bares Grauſen gleih aus wolfenbeladnem Gebirg herfchäumenden Waflern. 
Klopftod, Meſfias. Die bligentladene Wolfe. Halem. Deine qualentlas 
dene Seele. Ramler. — Etwas felten fagt Fifchart: jr miſtladet. Bargans 
tua ©. 76. Das Heißt das Schiff gelapfandet. Daf. 194. Golbbeladen 
bat derfelbe S. 361. 

Lade (mhd. lade; vgl. ultn. hlada, fchwed. lada, dän. lade = 
Scheuer; vgl. das Lad der oberpfälzer Volksſprache — die Bretter- 
wand, wodurch Die Legſtätte in der Scheuer von der Drefchtenne ges 
ihieden iſt; altn. hladi = Haufen, Gerüft, altu. hlad — Ball, 
Erdhaufen, agj. bläd — Laſt) eigentlich Aufbewahrungsbehälter, der 
wit Dingen befchwert wird oder tft; im Befondern ein ſtarker, großer 





656 
Kaften zum Aufbewahren von Dingen; in engiter Bedeutung eime 
ftarfe, größere Kifte mit Verſchluß, worin Knechte, Mägde x ihre 
Habjeligfeiten verwahren; ein Geftell oder Gerüft, andere Dinge da- 
- rin aufzunehmen und zu befeftigen, 3. B. im Hüttenwejen, bei den 
Webern ꝛc. — Und füllet mit Schäßen Die duftenden Laden. Scil- 
ler, Glocke. Nur in verfchloßner Lade wird's (das Glück) bewahrt. 
Schiller, Braut v. M: Die Schönheit des Gewebes hängt vom glei- 
hen Auftreten des Webegeichirres ab, vom gleichen Schlag der Lade. 
Goͤthe, Meifters MWanderjahre 3, 5. (Da fie) die Schubladen m 
Stüden fanden. Göthe, Benvenuto Cellini 1, 10. -— Andere Zul. 
find: Bett—, Bundes—, Kinn—, Todtenlade—, Kirchen —, Bid —, 
Zahn—, Zunftlade u. a. 

Kaften (ahd. chasto, agf. cest, mhb. kaste, chaste, mittellat. casio, 
engl. chest) allgemein Behälter, um etwas barein zu thun. Kifte (ahd. ein 
kista, mhb. kiste, engl. chest, ſchwed. kista, dän. kiste, lat. cista, gr. uisr;) 
ein zum Anfbewahren dienender, tragbarer Kaflen, der oben verſchloſſen ober 
doch wenigfiens feſt zugemacht werben kann. Koffer (zunächt das franz 
coffre, ſchwed. dän. koffert, engl. coffer, mittellat. cofrus, coferum, cet. 
coffr, von der Wurzel kophin, ahd. chöflv)ina, chophina — Tragforb, lat. 
cophinus, gr. x0 ırog, agf. cepla) eine Art laͤnglicher, verfchließbarer, zu 
leihtern, bequemern Bortidaffung von Habjeligfeiten eingerichteter Kafen. 
Truhe (ahd. traha, mh. truhe, agf. dhruh, mittellat. truca, verwantt wit 
Trog, abb. troc, trog, trouc, troh, troch, mhr. iroc, agi.(rog, troh, alte. 
trog, mittellat. truca, ital, truoge). if der vberbeutfche Ausdruck für Lake. 
— In der Ede der Gapelle vder des Saals fand ein Kaſten mit Steine. 
Böthe, Meiſters Wanderj. 1, 3. 6 fehlte nicht ax einigen Truhhen um 
Kiften. Daf. 1, 2. Noch lagen feine Schriften in Bündel gebunden anf dem 
Boden des Koffers. Böthe, Meifters Lehrj. 2, 2. 

Laden (Behältnig für MWaaren, dann Bude, Kaufladen) iſt Re 
benform von Lade. — Und feilicht und wirbt mit hellem Hauf um’ 
Allerlei im Lädchen. Göthe, der. Goldſchmiedsgeſell. Und müßte er 
nicht mit Erſtaunen in jeden Gewürzladen eintreten. Göthe, Mer 
ſters Wanderj. 1, 4. Die drei Zimmer lagen mit ihren Flügelthüren 
feinem Kaufladen entgegen. % Paul, Heiverus 11. Du magfl 
das Bild in irgend einem elenden Kramladen aufgejchnappt haben. 
Göthe, Meifters Lehrj. 1, 10. 

Zader, Ladung einfah und in Zufammenjegungen mit Ab—, 
Auf—, Aus—, Ein—, Ent—, Vor— u. a. gebräuchlich; Lad⸗ 
ſchafft ift veraltet. — (Da er) mit feiner groben Hand wie mit 
einem elektriichen Auslader vorbeigegangen war. J. Baul, Heiperus 
18. Ich fürchte, Feiner von allen ginge, dem tüdiihen Mann die 
dritte Zadung (vor Gericht) zu bringen. Göthe, Reineke Fuchs 3, 
183. Ich wünfchte doch, daß das erfte Stück (der Zeitjchrift) mit 
voller Ladung erfchiene. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 77. Da 





657 


gab ihm. det Jaͤger die zweite sun Grimm, Hausm. der Wolf 


und der Menſch. Wilhelm lehnte die Einladung ab. Göthe, Mei- 
ſters Lehrjahre 7, 8, Es ift zwar mancherlei gefammelt worden, aber 
e8 wartet noch auf eine glüdlihe Entladung. Schiller, Briefw. 
mit Goͤthe 6, 140. Er hat gar felten Gaͤſt gehabt, ypandetiert vud 
ladſchafft gehalten. Aventinus, Ehronit 1580. BL. 288. 
Zabdebarte (in den Salzwerken), —brief, — gat (Schifferfprache, 
Mündung der Kanone), —geld, — hammer, —löffel, — maß, -—pforte, 
—pfriem, — ſchaufel, —ftopfer, —ftuhl, —talel, —tafche, — waſſer⸗ 
linie, —zange, - zeug u. a.— So tft ja alles falih, was man fonft 
von Der elektriſchen Ladekette fagte. 3. Paul. Den Boden des 
weitumfaffenden Ladichiffs. Voß, Odyſſee 5, 249. (Sie) ſchmetter⸗ 
ten Krot und Lot mit dem glänzenden Ladſtock feſt in das Rohr. 
Porker, Tuniſias 4. 
- Xaft ') (ahd. hlast, last, mhd. last, agſ. hläst, altfrieſ. hlest, 
altn. hlass, engl. load,-jchwed. daͤn. last, franz. last, lest, poln. laszt) 
allgemein Bejchwerung, die man trägt, fle mag nun übernommen oder 
überfommen fein; zuſammengemachtes Gut zum Verbringen wohin; 
ein Körper von einer beſtimmten Schwere, der zugleich als Maß zur 
Beftimmung des Gewichtes und Maßes andrer Körper dient. — 
Schweigend nahm fle darauf die beiden Krüge beim Henfel, Rieg die 
Stufen hinan, und Hermann folgte der Lieben. Einen Krug verlangt 
er von ihr, die Bürde zu theilen. Laß ihn, ſprach fle; es trägt ſich 
beffer die leichtere Laft fo. Göthe, Hermann und Dorothea 7, 109. 
Ih bin allein genug, der Göttin Bild auf wohlgeübten Schultern 
wegzutragen; wie fehn ich — nach der erwuͤnſchten Laſt! Göthe, 
Iphigenie 4, 2. — Thränen find dieſer ſtummen Verzweiflung ver— 
ſagt, die wie ein mitternächtliches Geſpenſt auf deiner Bruſt mit 
Dleilaft liegt. Benzel-Sternau. Doch iſt Elendlaſt in der Nacht 
hier ſein Theil, ſo begnad' ihn mit Geduld. Klopſtock. Alle Plagen, 
alle Erdenlaſten waͤlzt der unverſöhnten Göttin Liſt auf die will'gen 
Schultern des Verhaßten. Schiller. Ich finke unter ſchwerer Liebes- 
laft. Shafefpeare, Romeo und Julie 1, 4 Wenn Unerträgliches, 
mit Zelfenlaft herbei fi mälzend. Göthe, Eugenie 3, 4. Nach 
langem Zaudern ward es ihm Emft, die Güterlaſt abzuſchütteln. 
Göthe, Meifters Wanderj. 2, 4. Wenn der Greis anftaunte das ftö- 
bernde Flodengewimmel und des Gebirgs Schneelaft. Voß. Weil 
mein Vater, der mich liebt, die aufgehäufte Sündenlaft in die tiefe 
See verfenfet. Chr. Gryphius. 
Laften f. &. 496. Bürde ſ. S. 50. Joch (goth. juk, ahd. juh,joh, 
mhd. joch, agf. gEoc, joc, juc, altn. ſchwed. ok, engl. yoke, yoack, bän. 
aag, lat. jugum, gr. Svyov, perf. jugh) if eigentlich das frumme, auf dem 


2) Das f hat ſich ans d entwickelt. S. Brimm II, 108 f. 


43 





Naden des Iugochfen ober überhaupt Bugviches gelegte Querholz zur Befehl 
gung des Thieres mit den Zugwerke durch die Zugriemen und Zugfeile; daus 
eine (oft mit Zwang) anferlegie La, Beſchwerendes. Saum (aht. mb. 
soum, agf. söäm, engl. seam, ſchwed. some, franz. somme, ital. soms, 
ſpan. salma, provençal. sauma, mittellat. souma; vgl. lat. sagmn!), gr. 

i Sayuu — Gaumfattel und Lafl) die mit befonderer Ginrichtung auf em 
Hüden eines Thieres verführbare Laſt, ehedem auch in weiterem Giame fight: 
li, ähnlich wie kLaſt gebraudt. — Eie follen kommen, uns ein Joch aufs 
zteingen, das wir entſchloſſen find, nicht zu ertragen! Schiller, Tell 2, t. 

Läſtig (f. ©. 122); laften, be—, entlaften; beläftigen 
find aus higem Mar. — Was quält ihr euch und uns, auf jähem 
Stege nur Schritt vor Schritt den Läft' — Stein zu wälzen, der 
rüdwärts laftet, immer neu zu mühen? Götbe, nette 14. & 
follte plump und überläftig heißen. Göthe, Kauft 2, 83. Wie 
ihn Laften dein Zorn und unnennbare Qualen. Klopitod, Meſſias 5, 
25. Der (Janmer) achtmal jchon auf Aegypten laftete. Porter, 
Mofes 2. Wo ich meiner Thränen mich entlajten darf. Schillen 
Don Karlos 1, 2. Von dem Leibe der Erd’ entlaftet, lernen die 
Seligen jhnell. Klopitod, Meifias 11, 440, Dieſer Richter in dir, 
der an: oft mit feiner ungeflümen Stünme beläftiget. Duſch. 

Anm. Die Bartic. geitatten noch aubere Zufammenfegungen, z. B. So, wem 
die Erde bebt und gerichtbelafteter Städte Bine, nur ine ber großen Ver⸗ 
brecherinnen, vernrtbel eilt mit den finfenten finfr. Klopfodt, Meffias. Den — 
belafeten Freunden des Mittlere. Daſ. Kehrtet ihr nun wieder zurück 


findhbelafteten Erde. Daf. 18, 161. * wehbelaſtet Vaterland. 
ler, Semele 1. Mein weltbelaftet Haupt. Daf. 2. 

Laftbalten, — holz, —Ios, end. — fand, —ftein, —thier, 
—vieh, — wagen u. a. — Durch den Gebrauch des laftbaren Thie⸗ 
res. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 2. Schnell von der Laſtfuhr 
Ipannten die Mäuler fie ab. Voß, Ddpflee 7, 5. Laͤſſeſt Du wicht 
ein Laftgefchirr mir befpannen? Voß. Fühlen wir bei jedem 
Schritte nicht unjre Stetten und ihr Laſtgewicht. Ungenannter bei 
Campe. Noch ſelbſt der (Matroſe) im Laſtraum. Baggeſen. 4 
bin das Laſtthier, muß für Euch mich plagen. Shakeſpeare, Romeo 
und Julie 2, 5. Laſtthieriſche Geduld. Attiſch. Muſeum. Als 
gleich zwei Laſtträger fich derjelben bemächtigten. Goͤthe, ital. Reile 

14. Mai. Das wird mir jegt nad diefer laftvollen Woche ein 
rechte u fein. Sciller, Briefm. mit Göthe 5, 32. 

a im agf. hladan außer onerare Chelaften) auch haurire 

——— bedeutet, fönnte das mihd. lẽdic (ledig, leer) durch exhaustus ———— 

erflärt werben.” Grimm I, 10. Beigand und Backernagel leiten das 

Wort von ahd. lidan = ehen, denen auch Schmeller beiftinmt, wenn er ledig 

= = ugtemn in der freien Bewegung erflärt. Wackernagel vgl. gr. —B 

und levdo = ich gehe. ©. Anm, 2 zu leiden, 

1) B al, zu zum nähern Berfänbnif ber Korm das Wort Baum, goth. bagms, abe. 

poum, mh. boum, agf. bösm, altu. badme, ſchwed. bin. bem, bom, bill nt. boom. 








Aum. 2. Laden (zur Berſchließung einer Fenfteroöffnung) ſcheint verwandt 
mit mh, lade, laden = Bohle, oder Nebenform vom ahd. hlit = Deckel. 


Waten (minder gut waden). 
(Wurzel vat, vad.) 


Bate, watele, gewatet (in der Volksſprache gewaten) waten 
(ahd. watu, wuot, wuotum&s, wataner, watan; mhd. wate, wuot, 
wuoten (georg 1176 wuoden), part. praet. zweifelhaft; agſ. wa- 
dan, altn. vada, überhaupt — gehen, nicht bloß im Waſſer; engl. 
wade, ſchwed. wada, ital, guadare; vgl. lat. vadere — geben, 
vadari = im Waſſer gehen, vadum = Furt) urjpränglid über- 
haupt geben, ichnell fich fortbemegen; dann im Wafler oder in 
eeiner Zlüffigleit gehen. — Sieh, der Bock dort wadet in dem 
Sumpf. Geßner. Wenn die Schafe und die Rinder um uns ber im 
hohen Graje waden. Geßner. (Die erfahen im feichten Wafler) den 
Kaften und wuten darnach. H. Sachs. Sie vber die Pegnig wuten. 
Def.” Er wuth mit einem Baumen ber. Der. Er wärh in jeiner 
——— daher. Derſ. Er wolt durch den Bach gewaten fin. 

chudi. 

Bat (Volksſprache auch Wät, Wett, Wette, Wiet, niederd. 
Watt, Watte, ahd. wat, wetti, wettin, mhd. wat, wette, altn. 
vad) Pferdeſchwemme, Lache, Furt. Davon wetten (mhd. wetten, 
aus watjan) ein Pferd in die Schwemme reiten. — Ihn den ermor⸗ 
deten (Abiyrtus) nun entfchwungen fie vorn in die Watten des hin- 
flürzenden Stroms. Voß, Orpheus 1031. Da wart man und ors 
(Streitroß) gewett in dem wazzer Larkant. Wilhelm v. D. 624. 


Watſcheln (die verſtaͤrkende Veröfterungsform von waten) ge- 
ben, bejonders durch und im Waſſer, von dem Gange der Waſſervögel 
bergenommen ; daher fo geben, daß der Körper bei dem wedhieljeitigen 
Vorſetzen der Füße gleich wechjelsweife von der einen Seite auf Die 
andere fi) bewegt. — Es watſchelt, es tappt. Watthiffon, die 
Elementargeifter. 

Wuth (goth. vöds, agi. wöd, ahd. wuot, wuoti, mhd. wuot, 
alte, oedi, engl. wood) urſprünglich (ducchdringender) Sinn, See= 
lenfraft; dann ungeftüime, wilde Seelenbewegung. Davon wüthen 
(ahd. wuotan, agf. wödjan, altn. oeda, mhd. wüeten), bewuthen 
(in Wuth verſetzen); üther, Wütherich (mhd. wüeterich), 
Wütherei, wütheriſch, wüthig (ahd. wuotac, wuotie, mhd. 
wũetie), Wüthling. — Was habt Ahr gethan! Sie geht in Wuth! 
Schiller, Maria Stuart 3, 5. Als ſie mit Frevelwuth den unbe- 
fehdeten Olympus trogig und kühn zu beftürmen drohten. Küttner, 
Der (Lindwurm) Höllenwuth aus feinen Augen ſprühte. Pfeffel, 
der Schatz. Daß noch entieplicher tobte die Kriegswuth. Schiller. 


43° 








660 


Der tapfern Freunde, tapferer in ihrer Thränenwuth. Göthe — 
So wüthete Berzmeifelung ihr in Gehirn und Adern. Bürger, Le: 
nore. Da fie mit graufem Geſchrei anwütheten gegen einander.‘ 
Boß. Und fchmetterten frachend über das Haupt des Todesolymps 
fturmmwütbend herunter. Sonnenberg. Da flutete wilder des Un— 
termeltsdonnerers ſturmd urch wüthete blutende Brnſt. Sonnenberg. 
Man bedenke nur die Menge Bier, um die ganze Rheinarmee damit 
u bewuthen. Ungenannter bei Campe. — Kein Wüthling, welder 
jeden ächtet, der nicht vor ihm die Knie beugt. Ungenannter bei Campe. 
Mer bat yhe (je) gifftiger hellifcher wütrifcher vnſynniger wort ge 
höret. Luther. Sie warf fid hin zur Erde mit wüthiger Geberte. 
Aürger, Lenore. Wann ſich mit Gewalt Unverftand verfreyt, wird 
boren draus, tolle Wütigkeit. Logau, Sinnged. 1093. Die, 
üther, fie nahmen ihm das Todtengewand. Klopftod. Und trieb 
ſehr große wüterey. H. Sachs. O Lied, verewige nicht die Grau: 
famfeiten des Menjchen, wie er zum Wütherich der Schöpfung fid 
würgt. Giejefe. | 
| Toben (ahd. top(h)dn, top(b)ön, mhr. toben, engl. tave, wahrfcheie: 
lich zu taub, goth. daub, ahd. mht. toup, altn. dauf, altf. döf, agf. deaf 
gehörig) in ansgelaffener finnlofer Aufregung fein, in heftiger Aufregung 
ſich bewegen oder laut fein. — Raſen (mhd. räsen; vgl. 'altn. räsa 
— lanfen; find auch aht. rasjan, rasen? agſ. rasa, hrasa = 
fehlen zu vgl.?) mit großen Ungefläm nnd gewaltfam fi auslaſſen. Zoll 
(ahd. tol, mhP. ((d)ol, älternhb. doll — thöricht und unbefonnen ausgelafien, 
dann leidenfchaftlich unfinnig, goth. dvals = dumm, altf. agf. dol — vers 
ftandesberanbt; vgl. ahd. tuälan, agf. dveljan = finnesmatt, ſchläfrig fein) 
zunächft verftandesbenommen leivenfchaftlich; - dann verftandesbenommen und 
wiverfinnig fi auslafiend , beſonders nıit Heftigfeit. — Das war ein Toben, 
war ein Wüthen. Göthe, der Müllerin Verrath. Gr Hat gefchoffen? Wie? 
Der Rafende? Schiffer, Tell 3, 3. Es fei denn, daß ich ihn (den Krau⸗ 
fen) wirflich toll machen wollte. Herber. ne 
BWuthbeere, —gift, — kraut, — menſch, —ſchaum, — ſchäumend, 
- that, — voll u. a — Wuthausruf der Gerichteten. Klopſtock, 
Meifias 12, 147. Und fie rannten mit Wuthausruf an einander. 
Pop. Meine Hunde, wuthentbrannt Schiller, Kampf mit dem 
Drachen. Wuthentglüht ſprüht er (der Drache) Zlammen. Unge⸗ 
nannter bei Campe. Da aber flieht, und dieſer, wuthentzändet, 
verfolgt ihn raid. Gries. Der wutherfüllt auf jeined Waters 
Bruft den Pfeil des Tods geworfen. Gollin. Mit wutbfunfelndem 
Blick. Voß. Ueberall wüftes Gemeng und Wuthgebrüll. Sonnen 
berg. Blindes Wuthgefecht. Kretichmar. Hinfturz, Verzweiflung, 
Wuthgeheul. Geritenberg. Alfo erhub den Bermifchten ih Wuth⸗ 
eihrei und — Voß. Weiche, wuthloſe Seelen. Klop⸗ 
od, Die wuthſchnaubende Megäre Schiller. Dort war jeßt 





661 


ringsum Gewürg' und Gemetzel und Wüthſchrei. Pyrker, Tuniſtas 
9. Und Wuthſchrei'n und Rachausrufen erſcholl dumpf auf. 
Klopſtock. 

Anm. Hierher gehört auch die ahd. Bottbeit Wuotan, Wodan, Odin: 
ahd. Wuotan, langob. Wödan, Guddan, altf. Waodan, Wödan, weflfäl. Guädan, 
Gudan, adf. Vöden, frief. Weda, altn. Odhinn, fläroifd Onvin. Er war das alfs 
mächtige, alldurchdringende Wefen, die geiflige Gottheit. 


Schaffen. 
(Wurzel skap, scaf; skip.) 


Schaffe, ſchuf, gefchaffen, ſchaffen; im Sinn von urbei- 
ten, berbeibringen, ſchwach: Ichaffte, geichafft (ahd. skafu, 
skuof, skuofumes, skafaner, skafan und skaffanz mhd. schaffe, 
schuof, schuofen,, geschaffen, schaffen; goth;. altſ. skapan, 
ag. scapan, scepan, altn. ſchwed. skapa; von einem ver- 
Ionen Verbum skipan) überhaupt thätig fein, daß etwas zum Das 
fein fommt; wirken, daß etwas wird (zunächſt vielleicht. durch Schneiden 
u. dgl. herausarbeiten), dann im Befondern 1) aus nichts hervorbrin⸗ 
gen, machen, daß etwas aus nichtd wird; 2) wirkend zu Stande brin- 
gen, bejorgen, ausrichten, jei es mit größerer oder geringerer Leb- 
baftigfeit; 3) wirkend Geftaltung geben: aus wüſtem Boden einen 
Garten; 4) arbeiten, fich mit etwas beichäftigen; 5) in etwas Be- 
ſtinmungen treffen, anordnen, gebieten, befehlen; 6) vermittelft einer 
Urkunde zufihern, im Teſtament vermachen. — Mich ſchuf aus grö- 
berm Stoffe Die Natur. Schiller, Ballenfteins Tod 2, 2. (Wo das 
Dichtergenie) fich feine eignen Verhältniffe ſelbſt jchüfe. Göthe, Leben 
10. B. Ich hatte, was ihm Freiheit fchaffen konnte. Schiller, 
Piccolomini 2, 7. Bas fchafflt du? redet der Graf ihn an. Scil- 
ler, Graf von Habsburg. Und ſchafft die Sudellücherei wohl drei= 
Big Jahre mir vom Leibe? Göthe, Zauft 1, 118. Mit eitler Rede 
wird bier nichts geſchafft. Schiller, Tel 1, 1. Wie der Geßler 
pet fo ſchafft es frech der Landenberger drüben überm See. Daf. 
1,2% Dieſes Hmuptes Lorbeerblätter ſchaffen, das vor Blitz und 
Better meine Palmen ficher ſtehn. Weichmann, Poeſie der Nieder- 
fachien 1, 84. Jener (der Edelmann) fol thun und wirken, dieſer 
(dev Bürger) foll feiften und ſchaffen. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 3. 
(Er) wolle nichts mehr mit dir zu ſchaffen haben. Schiller, Picco- 
lomini 2, 5 Wir haben angeborne und anerzogne Schwächen, und 
es möchte noch die Frage fein, welche von beiden uns am meiften zu 
Ihaffen geben. Göthe, Leben 8. B. Thut, was euch ift gefchafft 
(befohlen). Hoffingnnswaldau, der getreue Schäfer S. 153. Den 
Raftern ift gefchafft Chefohlen), zu halten Feyertag. Logau, Sinn- 
ged. 959. Alſo ſchuff mein herr mit mir vnd gepot mir. Schneller 
ı 329 9.1372, Drdnen, ſchaffen und machen wir denjelben unfrer 


662 


Tochter zu rechter Ehefteuer 33000 fl. rhein. Krenner, Landtagdh. 14, 
69. Diefelbe Hofftat biet er an feinem Zotpet dem Gotzhaus ze Fur 
fienvelt gejchaffet. Mon. boica 11, 197 vom %. 1363. 

Anm. Gtarke und fchwache Formen haben fi mehrfach gemifcht: Der (Bott) - 
efchafft fee, lufft vndt erde. Opitz, von ber Wahrheit der chriftl. Melisiem, 
reslau 1631. ©. 41, Ahd. soaſon, scafldn — anordnen, kiscafdn — bewirken, 

mbd. schaffen — anordnen, befehlen gehen ſchwach. Aventinus bat in tiefem 
Sinne meiſt Harfe Form: Nach dem ſchuff (jagte) Bott den Menſchen auß tem 
-Thiergarten (Paradies) 1580. Bl. 11. Er ſchuff Cichaffte) alles Kriegsvolck ab, 
Bl. 199. Daß fle die Geichäfft von ihnen fihuben, andern dieſelben oberfchufs 
fen. Bl. 357. Sie verfchuffen (überteugen) andern Leuten die Geſchäfft. BL. 
244. Er fchuff alle feine Räht weg. Bl. 294. 


Ab— (©. 28), an —, auf—, aus —, be—, bei —, durch- 
ein —, empor —, entgegen—, er — auer —, nacher —, fort-, 
beim—, her — herab — heran—, berauf—, heraus — herbei-, 
herein —, herüber —, herum —, herunter — hervor —, herzu —, 
hinab —, hinan —, hinauf —, hinans — hindurch —, hinein — hin 
unter —, hinüber —, hinweg —, hinzu —, mit —, nad — nieder— 
über—, um —, nuter — ver —, vor — voran —, voraus —, vorbei—, 
vorũber —, weg —, zer —, zu —, zurück— zufammenfi find Mar, 
aber nicht alle gleich gebräuchlich. — Der Katfer hat nichts Angelegners, 
als die Fehden abzufhaffen. Göthe, Goötz von Berlichingen 1. 
(Daß der Weltbau) in der Herrlichkeit firahle, die ihm der Donnerer 
anſchuf. Klopſtock, Meffias 2, 342. Was du bedurfit ift alles an- 
gefhafft. Göthe, Eugenie 1, 6. Und ich habe mich unterwunden, 
mit Gott zu reden, Der ich eine Wolle nur bin, woraus du mid 
aufihufft Klopftock, Meiftas 5, 46. Aber e8 war ein Leib un- 
ausgefhaffen Dal. 7, 219. Daß er (det Schmiede) wohl aus⸗ 
ſchüfe das Gold. Voß, Odyſſee 3, 435. Wann die unartigen Woͤr⸗ 
ter widerum abgebracht und ausgeſchafft (abgeich.) werden fellen. 
Harsdörffer, Jrauenzimmergeiprädipiele 1, 52. Thomas Nöhrers 
Bamung, Lehr und Troſt an die ausgeſchafften und vertriebenen 
Ehriften des Herzogtums Bayern. 1571. Um die nöthigen Geldwit⸗ 
tel zu beihaffen, von welchen vielleicht die Exiftenz des Baterland# 
abhängt. Augsb. Allg. Zeit. 1847. Nr. 118. Wie Gott die Belt 
bereriichaffen habe, Aventinus, Ehronit 1580. BL. 105. Iſt jme 
das Biftumb von Gott beſchaffen (vorausbeftimmt). Schmeiler $, 
333 vom J. 1597. Ein fürwitzigs Menſch, welche furzumb wiſſen 
wollt, was ihr für ein Mam beihaffen ſey. P. Abraham. Sie 
ſah ſich überall für ihre Bedürfniffe nach Surrogaten um, welche man 
umfonft, durch Tauſch oder irgend eine Weiſe beifchaffen konnte. 
Göthe, Meifters Wanderj. 2, 12. Alſo hab’ ich genug unrubige 
Nächte verlebet, aud) der blutigen Tage Ya Andale: chafft m der _ 
Feldſchlacht. Voß, Ilias 9, 3235. Er (der Maßſtab der Schönheit) 
it aber nicht, wie die Tugend, durch eine Offenbarung beftätigt, wicht 
wenig prädeftinierten Kennern eingefchaffen. H. P. Sturz, Frag: 











863 


ment über die Schönheit. Die Obrigfeiten jollen, auf Erſuchen der 
Tuchmacher, alle müßige und betteinde "Leute aufſuchen und zur Arbeit 
einihaffen (einweiſen) Iaffen. Gen. Mandat v. 29. Aug. 1689. 
Unjer Schöpfer, der uns aus Staube zu Menſcheu emporſchuf. 
Klopfiod, Meifias 10, 836. Wenn Gott den Menfchen als Menjchen 
erichaffen hatte, jo war ihm ja fo gut die Sprache als der aufs 
rechte Gang anerfchaffen. Göthe, Leben 10. B. Daß Sie ihn 
(den Menichen) der Natur gleihlam nadherichaffen Schiller, 
Brief. mit Göthe 1, 14. Nah den fortgeichafften Bildern 
zeigte ſich ein großer Friede im Hanfe. Göthe, Leben 3. B. Das 
Licht des eriten Tages, die Himmel des zweiten, und die gewonnene 
Erde des dritten Zagewerkes werden fortgefchaffen. Herder Nie 
ſchaffte mein Eifen das Eigen Armer und Waijen mir heim. Pyrs 
fer, Rudolph 3. Bis ich den beichlagenen Kalten heraufſchaffe. 
Göthe, Novelle: das Kind mit dem Löwen. Ihre beiden er 
mußten ihr Blumen in Menge herbeiſchaffen. Göthe, Meifters 
Lehrj. 2, 4 Doch wollt ihr im Saale bleiben, ſchaff' ich eine Streu 
berein. Platen, verhängnigvolle Gabel 5. Friſch Fährmann, ſchaff 
den Biedermann hinüber! Schiller, Tel 1,1. Das Nachſchaf— 
fen der neuen Bücher, fo wie das Einbinden und Einreihen derjelben 
betrieb er mit großer Gelaffenheit und Ordnung. Göthe, Leben 1.8. 
* edel ſchon, nicht müßig zu empfangen, ſchuft ihr im Sand, im 

on den holden Schatten nach. Schiller, die Künſtler. (Wenn ſie) 
nicht erſt die Ritter zu Hofſchranzen umzuſchaffen brauchten, um 
mit ihnen zu leben. Göthe, Götz v. B. 3. Als durch Sünde der 
Menſch zu Gottes Feinde ih umfhuf. Klopſtock, Meffias 1, 210. 
Daß ſolches unterfchafft (verboten) werde. Krenner, Landtagsh. 
2, 77. Die Affen find verſchaffene (verzauberte) Menjchen. 
Schmeller 3, 333. Das fol durd die Obrigkeit ohn Verzug ver- 
-Ichafft (angeordnet) werden. Lori, Lechrain v. 1616. Daß er die 
drei Miryaden verfhuf (umjchuf) in gefittigte Vögel. Voß. Denn 
zum Stein verichuf ihn der Sohn des verfchlagenen Kronos. Bür- 
ger, Ylias 2, 319. Der felbigen Leichnam verjchaffte (veranftal- 
tete) Tobias zubegraben.. Luther, Bibelüberf. Tob. 1, 231. Sch will 
auf kürzerm Weg mir Richt verſchaffen. Schiller, Piccolomini 5, 8. 
Mein Silbergeſchirr Das mag ich verfchaffen (wermachen, beftimmen) 
nady meiner Seel heil wen mich verluft (mir beliebt). Mon. boica 
2, 97 vom 3. 1475. Wie ſchaff' ih die Bormelt wieder zurüd 
und die Nadywelt vor. Sonnenberg. Da man die Todten und Krat- 
fen wegichaffen und von den Gefunden abjondern mußte. Göthe, 
Leben 4. B. (Der) mit, mit einem Blick, der Unſterblichen Schimmer 
zurückſchuf. Klopſtock, Meffins 6, 497. Wonach die griechiichen 
Künftler ihre Göttinnen, oder die römiichen Mahler ihre Madonnen 
zuſammeuſchaffen. 5. Paul. 





664 . 


Anm. Die Barticipien geflatten noch andere Sulammenfeguugen, z. B. (de 
Thron) nun in ſchreckenerſchaffende Nächte gehüllt fand. Klopſtock, Meſſtas 
10, 16. Folget ihr Blick mit Erwartung und Zweifel den Erſtgeſchaffuen. 
Daſ. 10,772 Sie, welche gottgeſch affne Menfchen hielten für Bieh, beitimmt 
zur Frohn. Schubert. 

Geſchaffen (Part. Präter. engl. shapen) befchaffen, geftaftet; 
Geſchaffenheit. — Die Sad ift geſchaffen wie ich angegeigt 
babe. Aventinus, Chronik 43. Margareth Maultafh, darum ah 
genannt, Daß fie alfo ein oe weib war. Chr. in Freib. 
Samml. I, 113, Lea was alter, ungefchaffener, bett ein boͤe 
Geſicht. Aventinus, Chronik 36. Ein fo jchöner und wolgeſchaf⸗ 
feuer Herr. P. Abraham. 

Beſchaffen (1. S. 280), Beihaffenheit (mbd. beschaft), — 
Er hatte die BVorftellung, daß es mit Gemählden völlig wie mit Rhein⸗ 
weinen befchaffen fei. Göthe, Leben 1.B Nah Beichaffen- 
heit der Zeiten. Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. — 
Eine folhe Geiftesbefharfenheit, wofür ich die meinige mer- 
fennen mußte. Göthe, Meifters Lehrj. 6. Diefe. Gemüthsbeſchaf— 
fenbeit biieb mir. Daſ. Für irgend einen mißbeſchaffenen 
Staat. Shaffpeare, 3. Cäſar 1, 3. Warum alle diefe Dinge ihr 


Geſetz, Natur und angefchaffen Gaben wandeln in Mißbeſchaffen— 


beit: Daf. Margareth,. dy man von irer Unbeſchaffenheit 


- (Häplichkeit) wegen beißt Manltaſch. Ehr. in Freib. Samml. 11, 437. 


m 





Eigenſchaft (ahd. eiginscaft, mhd. eigenschaft, f. eigen ©. 211) w 
forünglid — Kigenthum, dann Eigenthümlichfeit eines Dinges, bezeichnet bie 
beftimmte Art, die einem Dinge eigen iſt; dann auch das einzelne unters 
fcheidende Merkmal, während Befchaffenheit die einem Dinge nothwendige 
oder zufällige Art, dann auch den Inbegriff aller Merkmale bezeichnet, vie ein 
Ding in ſich trägt, außer ber Größe, die durch Eigenfchaft ausgebrüdt 
wird. — Eigenheiten, die werben ſchon haften; cultivire deine Cigenſchaf⸗ 
ten. Göthe, Spridwörtlih. (Ich bemühet:) mich, die Gigenfchaft des 
Gebirgs kennen zu lernen. Böthe, Meiftere Wanderj. 2, 11: 


ARechtichaffen (älternhd. vechtgefchaffen,gerehtgejchaffen, 
erehtichaffen, aus recht S.296 und dem alten Partic, ſchaf⸗ 
i en) jo .beichaffen, wie man mit Recht fordert; im engern Sinne das 
Rechte thuend um des Rechten willen und aus innerem Pflichtgefühl; 
nn auch foviel als tüchtig. Davon Rechtſchaffenheit. — 
eftreihs rechtſchaffener Feldhauptmann zu fein. Schiller, Wal⸗ 
lenfteind Zod 3, 15. (Elifabeth:) Hungrig werdet ihr doch alle jein. 
(Reiter:) Rechtſchaffen. Göthe, Göß 0:81. 
: Ehrlich (ahd. Eriih, mir. Erlich, altır. aorlegr, aus Ehre S. 257 un 
lich ©. 47) ver Ehre gemäß, mit ver Chre übereinſtimmend, und fie daher 
verdienend, beſonders in den Hanblungen; überhaupt fu wie es die Chre mit 
fh bringt; was ſich im Aeußern vortheilhaft auszeichnet und darum Chre 





verbieut; beſonders von treuer Beobachtung der Rechtspflichtigkeit gegen frem⸗ 
des Eigentum und der Gewiſſenhaftigkeit in biefer Hinſicht gebraucht. Red⸗ 
lich (ahd. redelih = verfäntig ?), mhb. redelich; vgl. reden ©. 73. 
der natürlichen ober eingegangenen Verpflichtung getren, nach ger 
bühzligem Wefen ebrenhafter Geflnnung. — Warum: war denn da jeder Of⸗ 
fizier ein würbiger Mann, und jeder Soldat ein ehrlicher, braver Kerl? 
Leffing, Minna v. Barnhelm 1, 2, Alles was die Kunft aus den großen, 
herourragenden, ſtieren, flarren Mebufenaugen der Gräfin Gutes machen kann, 
das haben Sie, Conti, redlich (als Künftler) daraus gemacht. Redlich, 
ſag' ich? Nicht fü redlich, wäre redlicher (als Menſch). Leſſing, Emilie 
Galotii 1, 4. 

Schaffer, 7 ng, — ſind faſt nur in Zuſammenſe⸗ 
tzungen & . mit Ab—, An—, Er— gebraͤuchlich. Schaffner 
bed. haffer, ahd. skafäri, mhd. schafaere) eigentlich der An« 
ordner. — Sp rief er Dank dem Erſchaffer aus Staube. Klopftod, 
Meifins 11, 648. Eh fih noch auf des Welterfhaffers Werde 
fein Bichtquell über did ergoß. % U. Cramer. In weldyen alle 
man die Abſchaff es der asien bedauern möchte. Leifing, Ham⸗ 
burg. Dramaturgie Daß der wadere t mit Anſchaffung 
des Holzes und fonftiger Baumaterialien beichäftigt fei. Göthe, Mei— 
ſters Wanderjahre 3, 1. Daß wir feit Erf Haffung der Belt im⸗ 
mer abnehmen und Heiner werden. Daſ. 8, 6. Wie ich Gott in der 
Blume ſeh', und ihn jeh’ in der Welterfchaffung. un 
Es wohnt em Schaffner a der die Wirthichaft beforgt. Goͤthe, 
Meiſters Wander. 1, 2 Denn ih bin der Schaffner, der über 
die Baulichkeiten gefept it. Goͤthe, Leben 11. B. — Oder find fie 
nicht umſchaffbar? Klopflod, mein Irrthum. 

An uſchaff. die, das Angeſchaͤff (beide Anordnung, Befehl aus⸗ 
drückend) die Einſchaff und Das Adjectiv geichaffid (mhd. ge- 
— geschepfic) find veraltet. 

Schaffkraft; Schaffungstraftz Schaffersbote; Schaf- 
fertang (auf Bauernhochzeiten); Schaffneramt. — Tauſend Engel 
und flille wartende Schaffersboten zu ihren Dienften. Herder. 
Welcher an das einträgliche ln etamt Anſpruch machen wollte. 
Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1, 

—ſchaft (ahd. — — das 10. Jahrh. —scaft, mhd. 
—scafl, altſ. —scepi, > gl —scipe, altn. —skapr) uefprünglich 
nach der Ratur Aufomin es, Naturbefchaffenbeit, dann zukommen⸗ 
des "Sein und abftract bloßer Zuſtand, dann Gejammtheit. Das 


9) „Diefen Ausédruck (redlich) fär verfländig bat dentſcher Siun fhäter zur 
Bezeichnung des NRechtfchaffenen, Ghrlihen verwandt. Wie der Sinn nnieres Bol- 
les mit dem Worte, das Schande bebeutet (lastar), das Lafter bezeichnete, fu bes 
mannte es Treue und Replichkeit mit demfelben Ausdrucke (Erlih),, mit dem es das 
— Rühmliche, Schöne belegte." Graff. 


Wort wird mit Subft. und Bartic. Bräter. (wohn auch eigen gehört) zu⸗ 
fammengefegt: Botſchaft, Eigenfchaft.. Zufammerjegung mit Adj. läug- 
net Grimm Il, 544, Weigand Rr. 1879 führt Dagegen Lieb —, 
Kundſchaft an. Rach Wackernagel iſt mhd. Kunt eine partici⸗ 
piale Bildung von kunnen. — 58 laͤßt ſich wol aus dem Subſt. 
Liebe erklären. 


—thum bezeichnet, an perſonliche masc. gefügt Stand, Würbe: Bisthum; 
feltner an verfünl. fem.: Witwentfum; Sammelbezeihnung: Geidenthum. 
Das Wort wird auch mit Adj. zuſammengeſetzt. „—thum bezeidynet mehr die 
Würde, das But; — heit den bloßen Namen; —ſchaft ven bloßen Zuſtaud. 
Es laßt fh Ehriftenheit und Chriſtenthum fagen, nit Chriſten⸗ 
Schaft, dagegen Heidenthum und Heidenſchaft, nit Heidenheit. 
Mit allen dreien zufammenfegbar ft eigen: Bigenthum (dominium), 
@igenheit (proprietas), Cigenſchaft (qualitas), beſtimmt gefonderke 
Bedeutungen.“ Grimm Il, 544. 

Anm. Schaft, Heit und Thum waren früher Subflantive. Schaft M 
ahd. skaf = geieplige Ordnung, ſpaͤter Beichaffenheit, Geſtalt: übe(ob) iro dig 
stände in skäffe älde (oder) Ane (vhne) skäf. Wadernagel, alt. Leſeb. 116,34. 
David was (war) vile luzeler (feiner) scaft. Daf. 237, 19.— Thum ik gott. 
döms, agf. d6m, altn. dömr, ahd. tuom — Urtheil, Seiep, Recht. 3. B. ah. 
tuomestac — ber jüngfte Tag, — agſ. tham ilcan dome—= mit bes 
felben Urtbeil. Matth. 7, d — t iſt ab. heit, heitt, nbd. heit, agf. had = 
Berfon, Geſchlecht, Buftand: er ander heit "(Reefon) godes sölbo druhtia 
- (Herr) Christ. Afbor 27, 6. Zi niheineru heiti = auf feine Weiſe. DOtf. 1, 
22, 56. Mär. in al dör heit. Laßberg, Liederfaal 1, 623. 


Erg (ahd. galü)sc(k)aft, mhd. geschaft = Geſchoͤpf, 
— enſchaft, Geſtalt, Geihäft; hd, geschofede, geschefle 
—= Geidhäft) es „571. Davon geihäftig (mhd. — 
geschefhic) ſich ——— in- Beziehung eines. 
machend und ihr hingeg eben; im Bejondern, wenn dies viel und _ 
geicieht, Beinäftigung und Beihäftigt (von befhäftigen) 

ezeichnen ein — ** einen En von Maftanwen⸗ 
dung auf einen Gegenfland hin. — Dich ruft der Her - einem an: 
deren Geſchäft! Schiller, Jungfrau v. ©. 1, 10. ——— tren⸗ 
lich ſeine ne häfte Göthe, Meifters Lehrjahre Ihre Ve⸗ 
ſchreibung des lebhaften Baugeſchäftes. Schiller, Briefw. mit Göthe 
5, 149. Wie die Natur in ihrem Bildungs eihäft mit unbe 
fangener Hand den größten Endzwed erreicht. Thümmel. Dit wie 
wenig Worten ließe ſich das gan 7 rziehungsgeſchäft ausfprecen. 
Goͤthe, Wahlverwandtichaften 2 Wir lernten nun aud) wit: den 
Gartengefhäften umgehen. " Götbe Leben 4. B. In allen 
Daus- und a er fle tüchtig ein. Goͤthe, 
Meifters Wander}. 3, 13. Weil nun diejes nicht nn bei Han: 
Del8= und Meßgeihäften ftattfand. Göthe, Leben 1. B. Wel⸗ 
chem des Aves Jammergeſchäft oblag. Voß. hatten zum 


U 





667 


Jugendgeſchäft fi gewandt des glänzenden Ringens. Bob. Da 
der Meiflas und Gott den neuen Domer empfanden, und in ihr 
Rriegögeichäft vertieft euch zornig verfolgten. Klopſtock. Nicht 
waren der Meergeichäfte fie kundig. Voß. Abthut er ein Pri«- 
vatgefhäft. Platen, rom. Dedipus 1. Ich bin in Staatöge- 
fhäften alt genug geworden. Göthe, Egmont 8 — Ein ftiller 
Geiſt it Jahre lang geihäftig. Göthe, Fauſt 1, 121. Die Frei- 
beit goß ein neues Leben in die Geſchäftigkeit der Koloniften. 9. 
P. Sturz, Erinnerungen an Bernſtorf. Bis er gegen Abend wieder 
Beihäftigung fand. Goͤthe, Meifters Lehrj. 3, 6. Daß auch das 
Engliſche huͤbſch in der Reihe der übrigen Sprahbefhäftigungen 
bliebe. Göthe, Leben 4 B. — Nur zu beſchäftigt find’ ich ihn, als 
daß er Zeit und Muße Fönnte haben, an nnier Glück zu deufen. 
Schiller, Piecolomini 3, 5. So oft ih unbeſchaͤftigt war. Göthe, 
Meifters Wanderj. 1, 11. Es ift wohl angenehm, fih mit fid 
jelbt beihäft’gen, wenn es nur fo nützlich wäre. Göthe, Taſſo 
2,3. Die Bewohner des arbeitslujtigen Thales werden auf eine an⸗ 
dere lebhaftere Weile beſchäftigt. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 14. 
Arbeit (guth. arbäiths, ahd. arapeit, mhb, arebeit, arbeit, altf. arbed, 

alte. erfidhi, arvidhi, agf. earfodh; von ahb. aran, mhd. eren, lat. arare, 

gt. apovdy — pflügen und ah. peitön !) mäb. beiten = warten; ahd. pei- 
tan, mhd. beiten — führen, antreiben) Beſtellung des Aders, auf einen Zweck 
(befonders Aderbau) mit Kraftanfirengung gerichtete Thätiglelt; danu allges 
meiner Muͤheſeligkeit. Davın arbeitfam (ahd. arbeitsam, mhb. arebeit- 
sam) zur Arbeit geneigt. Fleißig (ahd. fliste, mhd. viizec, mittelniederb. 
ulitech f. befleißen) tätig mit eifrigem Beſtreben und Sorgfalt auf eine 
Sache. Emfig(befier empig, ungut amſ ig, ahd. emali)gic, mid.emʒio; vgl. 
alta. amr — Arbeit, ahd. ameiga, mhb. ameize, ag. ämete, ämette, engl. om- 
met = Ameife ftatt Ameiße, agf. ämetig, ämettig — müßig, leer; engl, 
empty leer; die Begriffe von Gefchäft und Muße begeguen fi, je nachdem 
auf die Faffung, Erfüllung des Raumes oder anf bie Leere in ben Raume, 
gefehen wird ?) thätig mit Beharrlichfeit und angelegentlicher Sorgfalt auf die 


1) Man kann nicht mit Gaugengigl arb—Aiths auflöfen,; dann wäre das 
Vort abgeleitet, nicht — wogegen ſchon der ahd. und mhb.. Compo⸗ 
Rtiontvocal a, e ſprichi. 2 

2) So Grimm Bram. Il, 88. II, 231 fügt er: „ven alautenden Vocal von 
ahd. ameiga babe ich S. 88 kurz angenommen, weil mir das altn. ami (mole- 
stia), das agf. ämeta (olium), ämetan, ämtjan (vacare a lobore), ämettig 
(otiosas, vacuus), engl. empty, das ahd. emazic, nhb. emfig für emßig dar 
wit verwandt ſtheinen. Denn da ſich emizic findet, mag e' das umgelautete kurze 
a fein. Der Ameife gebührt der Name des arbeitenden Thiers, das Sprichwort 
geht von Bienenfleig wie von Ameiſenfleiß. Hat es ein verlorenes ahd. Subſt. 
amazo, emizjo (otium, negotium), wie im agf. ämelta, gegeben, fo wurbe bie 
Benennung des Thierleins durch den abweichenden Ableltungsnvcal ei (ameiga) das 
yon —— Volkodialecte zeigen indeſſen Omeiß, weiches auf ämeiza mit 
langem Vocal ſchließen laßt, und bis wir über den Ablaut der Wurzel am— nä⸗ 


668 





Sache. Unverdroffen (f. verbrießen) gern thätig ohne Utmuth. Thäs 
tig (von That, ahd. mihd. tät, altf. dad, ſ. thun ©. ) überhaupt Kraft 
Außernd, dann gern und viel Kraft äußernd. Betriebfam Li. treiben) 
fortftrebende ernſte Kraftanwendung in einer beſtimmten Richtung des Thune 
gern äußernd, — Arbeit if des Bürgers Zierde, Segen iſt der Bühe Preis. 
Schiller, Glocke. Er Heirathet die zweite Tochter jmer arbeitfamen Ya 
milie. Gothe, Meiftere Wanderj. 8, 14. Und reget ohn' Ende die fleißi⸗ 
gen Hände. Schiller, Glode. Und es rudert mit Kraft und mit emfigem 
Fleiß. Schiller, der Taucher. So üb’ ich's aus mit Emfigkfeit. Schiller, 
Kampf mit dem Drachen. Auf, babe, Schüler, unverdroffen bie ird'ſche 
Bruſt im Morgenroth. Böthe, Fauſt 1, 32. Nur der erfahrue Mann befigt 
fein. Or, der thätige fein Zutrau’n, feine Guuſt. Göthe, Taflo 1, 4. Die 
betriebfame Gegend gab einen beruhigenden Anblid. Göthe, Leben 14.2. 
Anm. rüber hatte Geſchäft, mehr an fchaffen angelehnt, noch aubere 
Bedeutungen, wie aus fulgenden Beifyielen erhellt: Das iſt gennzlich ir fürfllichen 
ie Heizzen (Eeheiß) unnd gefchefft (Befehl). Weſtenrieder, Beiträge 6, 190. 
uf geſchaͤfft (Befehl) unfer frawen. Urkunde v. 1456. IR der vater Au ges 
ſchaft (ohne Teftament) tot, daz er nit gefcheft (vermacht) Hat vor dem 
verenden gut. Weſtenrieder, Beiträge 7, 109 v. 1320. So dem manne daz ges 
ſchäfft — sglied) we tu. Schmeller 3, 329. Und gefwilt ir daz ge⸗ 
ſchäft; gefwillet ir din gefihäft. Daf. ‚ 
Geihäftstreis — Umfang, innerhalb deffen ein frei handeindes 
Weſen nah Zweck und Abſicht thätig it. — Das liegt außer meinem 
Geſchäftskreiſe. Campe. 
WBirkungskreis (ſ. wirken S. 828, Werk S. 170) Umfang, inner⸗ 
halb deſſen eine Kraft oder Thätigfeit ſich äußert, nach Naturgefetzen, wie 
auch ale Kraft oder Thätigfeit des frei handelnden Weſens. Spielraum 
(f.e Spiel.&. 168), ein: aus der Artilleriewiffenfchaft ayfgenommener Aus⸗ 
deu, wo er den Ram bezeichnet, um welche bie innere Höhlung einer Ras 
none größer fein muß als bie Kugel, die daraus gefchoffen wird, damit dieſe 
ſich ungehindert darin bewegen könne, if der Unfang, fo welt ſich eine Kraft 
oder. Thätigfeit frei beivegen kann. — ber gar bald warb jener zunft⸗ unb 
gildenmäßig fangfam bewegte Wirfungsfreis dem lebhaften Naturel zu 
enge. Göthe, Leben 10. B. Unmittelbar nach mir wirb ein anbrer kommen, 

der Ihnen nicht foviel Spielraum läßt. Daſ. 5.2, 

Gefchäftöträger ift im Allgemeinen wer an eines Andern Stelle 
Geſchäfte verrichtet, er mag Dazu ausdrücklich beauftragt fein oder nicht; 
im Befondern (wie im Yranz. charge d’aflaires) eine Perjon, welche 

bei einem fremden Staate oder Hofe die Geſchaͤfte des bejorgt, 
zum Unterfhied von dem Geſandten (ſ. S. 223). — Wohin mid 


her anfgeflärt find, hat iman, am, Amun, wonach kurzer ober langer Bocal im 
unferm Wort beftehen kann, nichts Widerfprechenvdes. Oder wäre bier gar Fein 
ableitendes —eige, fondern Ameiza anzunehmen, von meizan (secare)? entiveber 
das gelenkige, eingefchnittene Thier (insectum, ärrouor) Df; Barc. 12131, oder 
das einfreffiende? Dod warum ag ämetta, nicht. emata?" — In ber Volks⸗ 
ſprache lautet der Name des Thletes auch Ameß, Ametz, Ometz, Amatze, 
.Aminß, Ominß, Onmetz, Anmetz, Embſe, Imſe (and in Goͤthes Fauſt). 


8 





669 


⁊ 


Legationsrath — Geſchäftsträger der Grafen von Iſenburg, 
mitnahm. Göthe, Leben 15. B. | 

Wevolimächtigter if derjenige, der von Jemanden austrüdlich die Boll- 

macht Bat, an defien Statt Befchäfte zu vollziehen. — Siehe dich ale einen 

Bevollmächtigten an, vergiß dich felbft und thue was bu für andere zum 

{han fchuldig wär. Goͤthe, Meiftere Wander]. 1, 8. 

Gefchäftsaunftrag, —beiorger, —dienft, —fertig, —führer, 
—genoß, — helfer, — —fundig, —leitung, — ſache, —ſtube, 
—unterredung, —verhandlung, — verwalter, — verweſer u. u. — 
Wir tragen alle Plagen der Erde, alle Laſten der rauhen Gejchäfts- 
bahn prahlerifch geme, und ice uns arbeitend — — 
Man wies ſie an den Polizeikommiſſair, in deſſen Geſchäftsbezirk 
fo etwas gehörte. lingenannter bei Campe. In den verichiedenen 
Aemtern, welchen er vorstand, konnte ihm allerdings große Geſchäfts— 
erfahrung eigen werden. Campe. Daß fie nicht bloß gelehrte und 
eigentlih geſchäftsfähige, fondern auch geiſtreiche und vielverfpre= 
hende Männer in ihre Dienfte aufnahmen. Göthe, Leben 12. B. 
Einer ſeinet Gejchäftsfreunde gab ihm dieſe Nachricht zeitig genug. 
Campe. Daß zwilchen beiden eine gemeinichaftlihe Geſchäftsfüh— 
rung Statt finden -follte. Ungenaunter bei Campe. Oefters bevieth 
ich mich mit ihm Aber meinen einzuleitenden Lebens- und Gejchäfts- 
gang. Göthe, Leben 12, B. Kann Weiblidjleit dem Gejchäfts- 
geifte genügen? Benzel-Steman. Männer, die durch Alter, Ver— 
dienſt und Geihäftsfunde. fih auszeichneten. Henke. Mädchen‘! 
wo haft du alle die Geſchäftskunſt ber? Benzel-Stemau. Wenn 
es ıda8 Beharren des- Charakters) fi dard das Welt- und Ge⸗— 
ſchäftsleben durcherhält. Göthe, Leben 14. B. Daß er geſchäft— 
108 ift, das tft eigentlich feine Qual. Göthe, Wahlvermandtfchaften 
1, 1. Ben gefhäftslos fie (die Bettler), durch Nichrsthun fett, 
Almojen erzwingen vom Mitleid. Platen, die verhängnißvolle Gabel 
4. Moſer wollte als’ Staats- und Gefhäftsmann wirken. Götbe, 
Leben 2. B. Der geihäftsmüde Mann. Henke. Es war heute 
em Gefhäftstag. Kofegarten. Karl Friedrih von Mojer, der 
feiner Geſchäftskhätigkeit wegen in unferer Gegend immer ge— 
nannt wurde. Göthe, Leben 2. B. Sie zeigte einen Gefhäfts- 
verftand, der das Allgemeine und Befondere zugleich befaß und ver- . 
fnüpfte. J. Paul Se füßer ihnen diefe Erholung von dem Ge— 
ſchäftszwange däucht. Benzel-Sternau. 

Schöpfen (für fhepfen, abd. scefjan, sceffan, scephan, 
scepphan, scephjan, mhd. scheffen, schepfen) 1) Waffer, uneig. 
auch Athem, Luft 2c. Ichöpfen; 2) (veraltet) Nechtsurtheil finden; 
3) (veraltet) fchaffen; 4) (Sägerfprache) tränfen, intranf. trinken. — 
Und er [höpft’ in die ansgehreitete Allmachtshand nur Woge nad 
Wog' und ſchuf aus jeder ein Weſen. Sonnenberg. Daß jept ein 





670 


Engel mir vom Himmel wiederftiege, das Rechte mir, Das Unverfaͤlſchte 
ſchöpfte am reinen Lichtquell, mit der. reinen Hand! Schillers, Wal⸗ 
lenſteins Tod 3, 21. Im ihrer, nicht in fremder Bruſt muß fie Kraft 
Ihöpfen. Daf. 4,9. Daß mir faum fo viel Kraft übrig blieb, 
wenn ich ausgeathmet batfe, wieder Athem zu [höpfen. Göthe, 
Denvenuto Gellini 2, 5. (Da) ihöpfte ich gleih wieder gute Hoff⸗ 
nung. Daſ. 2, 12. Peinliche Fälle an den Hofrath einberichten, und 
alldort Die Straff ſchöpfen laſſen. Schmeller 3, 378. m licht, 
das Got in der ſeele ſchöpft. Gailer v. Kaiferäberg. 

Ab-, au—, auf, aus—, bei—, durch —, ein—, ent —, 
er —, fort—, ber—, berab—, herauf, berand—, berbei—, Ser- 
ein—, beräber - , herum —, berunter—, herzu —, hin —, hinab —, 
hinauf binaus—, hindurch —, binein—, hinuüber —, hinunter —, 
hinweg —, hinzu —, nach — — ver —, vor —, Yoran—, vor⸗ 
aus — vorbei ⸗, vorũüber —, weg —, ‚zu— zurück — zuſammen⸗ 
ſchoͤpfen find klar, aber nicht ale ih ge rc, — Lebe, wer’s 
kann, ein Xeben der Zerlnirſchung mit ſtrengen Bußlafte igen all⸗ 
maͤhlig abſchöpfend eine ew'ge Schuld. Schiller, Braut v. Meſſ. 
So wie der Rheinländer das truͤbe Sandwaſſer aufſchöpft, in wel⸗ 
chem er Goldgehalt vorausſetzt. Benzel⸗Sternau. Indem der Fahr⸗ 
mann von Zeit zu Zeit das Waſſer fleißig ansſchöpfte. Gsthe, 
Campagne in Frankreich Octhr. Sie wußten das Interefle, das da⸗ 
tin (in der Idee) lag, bis auf den letzten Tropfen auszufhöpfen. 
Schiller, Briefw. mit Goͤthe 1, 164. Der Direktor jchöpfte ohne⸗ 
bin allezeit beim Minifter Die ganze Gallenblaje voll bitterer Extrakte 
ein. % Paul, Zitan 14 Er entſchöpfte Wafler zum Zrinfen 
der Mündung des Quells. Klapſtock, Meiftas 14, 739. Nachdem 
nun dieſe angenehmen Gegenstände Durch die feeundlichfte . Behandlung 
erichöpft waren. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 10. Es ud Werfe, 
an denen fih die Welt Jahrtauſende freuen und bilden — ohne 
den Werth des Künſtlers zu erſchöpfen. Göthe, ital. Reiſe 8. Oet. 
Sein ug Schlamm hinweggeſchöpft. Shafipenre, Mas für 

Map 3, 1. Immer nur das Geiſtreiche und Bedeutende un ſeinem 
Gegenftande nit leichter Hand oben wegzaihöpfen Schiller, 
Sun mit Göthe 3, 270. 

Ham. 1. Die Barticipien geſtatten noch andere Jufammenfegungen, ;. B. 
Sept vor der Stadt begegnet’ ein waſſerſchöpfend'es Mägdlein. Bos, Diypffee 
10, 105. In lebenerfhöpfender Arbeit. Pyrker, Mofes 1. Durch Krankheit 
lebenerfdöpft. Pyrfer, Malfabäer 3 

Anm. 2. Das Adnet ee digelchöpfte Bett ıc. iR veraltet, Ms oft bie 
pawfraw fmalg auslaßt, gibt fy den diernen das erſt abgeſchöpff, daraus bie 
in ain efien machen, genant armen man ober reßel. geiter Dienlarbaung 


Wabpfe (Ort wo, Werkzeug womit aan air); Schoͤpfer 
(ahd. scafäri, mhd. schepfære), Schö erin, ſchöpferiſch, 
Schöpfung (mhd. schepfenunge), Geſhopf (goth. gaskafts, abd. 





671 


k(g)ascaft, mbd. geschepfe, geschepfede, agf. gesceaft) erihöpf- 
lich, gebräudhliher unerſchöpflich erklären fih aus dem bei ſchoͤp⸗ 
fen und ſchaffen Geiagten und aus nadyfolgenden Beifpielen. — 
Da die Schügen ſchrien zwifichen den Schepffern (denen die Waffer 
ihöpfen). Luther, Bibelüberf. Richter 5, 12. Auch ich dank' es mei⸗ 
nem Schöpfer, daß er mir, euch de euch zu reinigen die 
Seele, Kraft noch und Bermögen ſchenkt. Herder, Eid 22. Sonne! 
fo fei du auch mir die Schöpferin herrlicher Tage. Göthe, Gegen 
wart. Denn dir, o Zreudenfhöpferin, dir nur tönt der Erde 
Jauchzen! Hahn. Die jchönfte (Welt), die ich in diefer Art fenne, 
it die von der Bhantafle, diejer rechten Weltfchöpferin. 3. Paul. 
Tief in uns liegt dieſe Ichöpferifche Kraft. Söthe, Meifters Lehrj. 
6. Schon flieht man Schöpfungen aus Schöpfungen erfleh’n. 
Shiller, die Künſtler. Die gan e Schöpfung fehläft. Klopftod. 
Holde Flur, o Lieblingsſch Sans der Ratur. Kofegarten: Alſo 
beihloffen wir unfer Gebeimnig, das Blut der Verſöhnung ımd die 
Schöpfung des Menſchen. Klopſtock, Meſſias 1, 99. Ward er ges 
jagt bis zur Erihöpfung. Shafjpeare, Antonius und Cleopatra 4, 
1. In der Stille der Ewigkeit, einfam und ohne Geſchöpfe, waren 
vir bei eimander. Klopfiod, Meffias 1, 92%. Fort mit dir, All- 
tagsgeichöpfl -Pfeffel, der Aeronaute. Die Lehre von den Beräns 
derungen der Grdgeftalt und der Erdgeſchöpfe. Kant. Damals, 
ja damals erfchuf er euch Seraphime, Geiftergefchöpfe. Klopftod. 
Ich wollte fogar behaupten, Daß man einem folchen unglädlichen Halb⸗ 
gef böpfe CHämmling) moraliſch durchaus feine Miffethat zurechnen 
ome. Seume. Elemente ſonderten fich, es eniftanden Kunitge- 
ſchoͤpfe. Herder. Da öffnete er ſeinem Lieblingsgeſchöpfe Blick 
und Seele. Herder. Im zweiten (Tagewerk) war der Himmel aus 
Waſſer mad Luft gebildet; im fünften alfo Wafjer- und Luftge— 
ihöpfe. Herder. Der (Dichter) uns dergleihen Mißgeſchöpfe 
für Menſchen verfanfen will. Leifing, Hamburger Dramaturgie .30. 
Und, wie follten wir Diefem Staubgeichöpfe zummthen, fi den 
Anfang der Welt zu denfen? Herder. Juletzt Bat, fie (die Sprache) 
fi) alio His auf den kühnen Gipfel verftiegen, auf dem fie wie em 
Wolkengefchöpf erfcheint. Herder. Wie der Reichthum der Natur 
erfhöpflic ift, fo find auch ihre Bedürfniſſe. Schlofier. . Beionderd 
war er unerſchöpflich, einzelne Menjchen komiſch dDarzuftellen. Göthe, 
Leben 7. B. Die (Natur) bei ihrer Unerfhöpflichfeit keinen 
Kraftverluft kennt. 3. Paul, Heiperus 23, 

Aum. Geſchoͤpf hatte früher auch die Bedeutung Anordnung: Alfo verließ 
Abraham ans Befehl und Geſchopf Gottes feine Heimat. Aventinnus, Chronik 26. 

Schopfbar, —behälter, — borſte, — brunnen, —bubme (im Waſ⸗ 
ſerbau), —eifer, —galgen, —gebäu (im Bergbau), —gefäß, —gelte, 
—geſchirr, — gezeug, — glas, — haken, —kanne, —telle, —fübel, 











672 


—löffel, —mühle, —probe, —quelle, —rad, —rüffel, — ſchaufel— 
—topf, — werk, —zeug; -Schöpferftubl (bei den Papiermahem) 
u. a.; Schöpfungsmorgen u. a. — Bei einem ſolchen Schöpf- 
rade. J. Paul, Xitan 9. Zeus mit Schöpfersblide beftätigte 
den Zaufchtractat. Pfeffel, der Fuchs, der Spürhund und der Luchs. 
"Des RE Sonnenfraft. Ebert. Die einft mit flüchti- 
em Gefteder voll Kraft aus euren Schöpferbänden füeg. Schil⸗ 
er, die Künfller. Deines lauen Odems Schöpferhaud. Ebert. 
Komm’ in der ewigen Schdpferhuld. Sonnenberg. Ich ſehe, dab 
du wenig weißt von Schmung und Schöpfe —— Uhland, Ge 
ſpräch. Mit ewiger Schöpferlieb . .. blidt er hinunter. Son 
nenberg. O daß ich fle (die Anficht) mit der Klarheit, Wärme und 
Schöpfers macht (beſſer Schöpfermadht) gebe. Herder. Und zau⸗ 
berte in ſtiller Shöpferwonnue und — Zonfülle Das wort⸗ 
loſe Lied der innigen Seele. Benzel-Sternau. Aufgerufen vom Schöp⸗ 
ferwort deines lieblihen Rofenmunds. Gollin. — (Daß er) fie ja 
bei dem Schöpfungsbaue nicht vergeffen. Herder. Mit ber 
Schöpfungsfeier. Herder. (Jener) heilig deiungene Zug, den 
ihr, nach Vollendung der Welten, einft an dem Schöpfungsfeie 
begingt. Klopſtock, Meiflas 1, 458. Wie weit mag dieſe Schöp- 
fungsfolter fie auch verſpanut und verfchraubt Haben! Herder. 
Im zunehmenden Geräufhe und Schöpfungsfreude. Herder. Seit 
man einmahl dies Stück aus unferer Welt, aus dem Horizont menſch⸗ 
licher Kenntniffe in Die Ewigkeit göttlicher Schöpfungsgedanfen 
ſetzte Herder. Sold) ein Sauberbifd in ber Seele eined Morgen⸗ 
länders mußte unfer Schöpfungsgefang fein. Herder. Bild, Ge- 
mählde der Mörgenröthe, und zuglih Schöpfungs geſchichte. 
Herder. Ad, daß die inne Schöpfungsfraft durch meinen Scm 
- erfhölle! Göthe, Künſtlers Abendlied. Als’ die Welt im tiefjien 
Grunde lag an Gottes ew’ger Bruſt, ordnet’ er die erfte Stunde wat 
erbabner Sch öpfungsluft. Göthe, Wiederfinden. Meine Liebe mu 
Narciß war a Schöpfungsplane gemäß. Göthe, Meiſters 
Zehrj. 6. Die Sabbatdämmerung feiner Schöpfungsſtunde we 
ſchon feine jeligfte Lernftunde, vorm Munde und Antlig Gottes. Her 
der. Aufgejagt vom Schöpfungsfturm. Schiller, Laura am @la: 
vier. Das junge Voll, es bildet fih em, fein Zauftag follte der 
Schöpfungstag fein. Göthe, Sprichwoͤrtlich. (Ihr habt) u 
Schöpfungsträumen euren Geift gewiegt. Eollin. Damit. war 
denn das an von dieſer Seite beichloflen. Göoͤthe, 
Meifters Wanderj. 3, 6. Wenn fie in der Schöpfungs woche ge 
lebt hätte. 3. Paul. Ich follte auffteh’n mit dem Schöpfungs- 
wort, und im die hohlen Läger Menfchen ſammelu. Stiller, Bal- 
lenſteins Zod 3, 18. 





673 


Schöffe, niederd. Schöppe (ahd. scafıno, scefino, mhd. schefle, 
schepfe, tal. scabino, franz. echevin, engl, eschevin, echevin, 
mittellat. scabinus) der beifigende Urtheilfprecher. — Bon der Thüre 
inter Hand bis in die gegenüberftehende Ede, als auf der erften Bant, 
faßen die Schöffen. Göthe, Leben 1. B. Bis er mehrere Frei— 
(höpfen antraf, die ihm hülfreihe Hand leiſteten. 3. Möfer, die 
weitphäl. Freigerichte. | i = | 
-  Schöfflpp)enbar, —brot, buch, —eid, gericht, —kammer, 
—fifte, —meifter, — pferd, —recht, —Ichreiber, —flube u. a. — 
Daß er bei der naͤchſten Bacanz auf der Schoͤffen bank zu der er- 
ledigten Stelle gelangen würde. Göthe, Xeben 1. B. Deinen Groß- 
vater in der Mitte des Schöffenrathe. Daf. 2. B. Der Schöp- 
penftuhl ift mit lauter Leuten befeßt, Die der. römiichen Rechte un⸗ 

Audig find. Göthe, Göß v. B. 1. | 
| Schaf, auch Schaff, Schäffer, Schapf Cahd. scaph, mhd. 
schaf, altſ. scap) 1) Gefäß von Böttcherarbeit; 2) Getreidemaß; in 
diejer Bedeutung an andern Orten lieber das davon abgeleitete Schef- 


fel (auch Schäffel, Schaffel, ahd. scefil, mhd. scheffel, alti. 
scepil, sreffil, mittelniederl. scepel)., — Ein ſchaff mit. wazzer. . 


Schmeller 3, 336. Hat fih ein folher Platzreng erhebt als der mit 
ſchapfen guß. Daſ. 3, 337. (Anderöwo jagt man: als wenn es 
mit Kübeln fchüttete.) Nehmen fie uns das Unire in Scheffeln, 
müſſen wir's wieder befommen in Löffeln. Schiller, Wallenft. Lager 1. 
Aunm. Das nuhd. Wifvel foll, nah Friſch, zufammengezogen fein aus 
wihscepel, nieverfädhf. wiheschebele, d. 1. Beihkhefel, welches ehemals ein ges 
wife großes Maß bezeichnete. 

Schiff ?) (goth. altſ. vr skip, ahd. scic&)f, mhd. schileyf, agſ. 
scip,' engl. ship, ſchwed. Mepp- dän. skib, neuniederl. schip) ur⸗ 
fprünglid) etwas Gemachtes, Zeug, Fahrzeug, Gefach, Gefäß, wie auch 
nhd. noch in verſchiedenem Sinne (f. Schaf und vol. franz. vaisseau, 


engl. vessel-—=.Chiff, aus lat. vas — Gefäß). Davon fhiffen. 


— (mbd. schiffen) einfah und in verfchiedenen Zuſammenſetzungen. — 
Gewiß hat man ein Schiff in Noth geiehn. Schiller, Tell 4, 1, 


Sieh, wie das Schifflein auf den Wellen ſchwankt! Daſ. 1,1. 
. Dein Bater bat fie (die Stube) voll’ muſikaliſchen und..malerifhen 


Schiff und Geſchirr geftellt. 3. Paul, Hefperus 17. Die Schiff 
fein (der Weber) herüber hinüber fchießen. Göthe, Kauft 1, 95. 


Das Schiff der Kirche ift ein offner Hof. Göthe, ital. Reiſe Pa⸗ 
lermo 6. April 1737. — An welchem (Gerüft) das Brandihiff . 


fih angehängt hatte... Indeſſen vermehrten fich die Feuerfdiffe... 
Daß er die zwei großen Minenfchiffe viel zu ſchnell folgen ließ... 


| 1) Grimm (Gram. TI, 485) ſagt: »scip gehört zu einem verfornen Berbo 
skipan, skap, aus bem hernach skapan, aköp erwuhe” 
a a TI er ee 48 











674 


Die Bulverjchiffe, welche beſtimmt gewejen waren, Das ſchwim⸗ 
mende Merk zu entzinden. Schiller, Belagerung von Antverpen. So 
wie in Donner und Bliß der wilde Sturm zwei Bruderichiffe 
trennt. Wieland, Oberen 1, 6. Fracht- und Marktſchiffe 
verweilten in ihrer Nähe Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 7. 
8 it das Herrenfhiff von Uri. Schiller, Tell 4, 1. Zen Boden 
des weitumfafienden Ladichiffe. Voß, Odyſſee 5,2349. Sicht ar 
im Sturm das große Meerſchiff ftranden. Schiller, Walleniteins 
Tod 5, 4. So jahen jie ein wohlverziertes Prachtſchiff beran- 
gleiten. Goͤthe, Meiſters Wanderjahre 2, 7. Ein maniib Räu: 
berichiff gewahrte man in einer Bucht. Schiller, Braut von 
Meſſina. Daß ih auf dem en fleine Rindenidiif- 
hen niederfahren ließ. Goͤthe, Meifters Wanderjahre 1, 4. Gm 
Mann, der beftändig im Ruderſchiffe herumfährt. Voß, Odyſſee 8, 
161. Und Schlachtſchiff ſtürzte nah Schlachtſchiff nieder zum 
Abgrund. Sommenberg. — Wer mit euch wanderte, mit eudy jchiffte! 
Schiller, Maria Stuart 3, 1. Er bat feine Freunde, noch diefen 
Abend abzuichiffen. 3. Paul, Zitan 1. Damit fie jeinen Lebens: 
ballaft ausihifften. 3. Paul, Hejperus 16. In der Ewigkeit nim- 
mer ermeßnem, nimmer befchifftem Ozean treiben die Zeiten. Kos 
jegarten, Hymne an die Zugend. ober durchſchifft ihr die 
Woge? Voß, Odyſſee 3, 71. Philine trieb, die Gejellichaft zauderte 
nicht, und war bald eingeſchifft. Göthe, Meifters Lehrjahre 2,9. 
Wir nunmehr entjchifften zugleich dem Geſtade von Zroja. Voß, 
Odyſſee 3, 276. Als nun doppelt jo weit fortjchiffend ins Peer 
wir gekommen. Daſ. 9, 491. Im gleitenden Fahrzeng heimzuſchif— 
fen. Pyrker, Zunifins 6. Da fameft du den Strom berabge- 
ſchifft. Uhland, Herzog Ernſt2 Bon da jchifften wir über nad 
Küßnacht, gingen auf Immiſee, ichifften auf Zug, wanderten auf 
Horgen und fchifften dann wieder nach Stäfa ——— Goͤthe, 
Briefw. mit Schiller 3, 304. Freudig ſchiffte des Kaiſers Macht 
im ſauſenden Wind hin. Pyrker, Tuniſias 4. Daß ſie zum troiſchen 
Land hinaufzuſchiffen beſchloſſen. Voß, Ilias 11, 2. Aber 
nachſchiffen dürf' ich dem Briefträger nicht. J. Paul, Heſperus 1. 
Wer hätte nicht zuweilen jenes Vorgebürg umſchifft? Platen, die 
verhängnißvolle Gabel 2. Ihr Zeugniß, daß ich mit meinem flebenten 
Buche wenigftens glüdlich vor der Klippe vorbeigeſchifft bin, iſt 
mir von großem Werthe. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 197. 
Anm. Die Participien —— noch andere Zuſammenſetzungen, z. B. 
Raubſchiffend ruderte Menelas von Bucht zu Bucht. Göthe, Kant 2, Mi. 
Schiffer, Schifferin, Scifferei, ſchiffbar, Schiffung. 
— (88 jäufeln Die Winde, es regt fih der Schiffer. Göthe, glüd- 
liche Fahrt. (Er) flürzte fi, die Fremde zu befreien, lebend in des 
Todtenfhiffers Kahn. Schiller, das Ideal und dus Leben. Ich 














675 


jeßte mich mit ihr ein und hatte meine Freude an der Gewandtheit 
der ſchoͤnen Schifferin. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 11. Da 
der Po bis weit in das Land hinein ſchiffbar if. H. Leo. Und 
waz wir a Schiffung (Schiffe) ze Wienne haufen. Ur⸗ 
finde v. 1351. Bürger, die dan alle Schifftung (Schiffe) varn 
und daz waßer pawen. Regensb. Hausbuch v. 1425. 

Schiffamt, — bank, —bauer, — bauholz, —baumeifter, —bein, 
—befteurung, —biene, —bohrer, — boot, — brot, —fahne, —fracht, 
—gefeht, —geld, —geräth, — geſchütz, —hafen, —halter, — handel, 

—* —holz, — junge, —kampf, —kette, —kind, —knecht, —kopf, 
-krieg, —kunde, —kunſt, —lände, —laſt, —leine, —leiter, — leuchte, 
—leute, —mäfler, —mann, —maß, — mörſer, —mühle, —müller, 
—mumme, — muſchel, — mütze, —nagel, —oberfi, —officier, —ord⸗ 
nung, —pech, —pferd, —pfund, —prediger, —recht, —reich, — roſe, 
—ruͤſtung, — ruthe, —ſand, —fäule, —ſchnabel, — ſchuh, — ſeil, 
- foldat, — ſpiel, — ſtange, —fteif, —fteller, —flopfer, — ſtück, —tau, 
—theer, -- treppe, — uhr, — volk, —wagen, —werft, — wetter, —winde, 
— wurm, — zahl, —zeug, —zier, —zimmermann, —zimmerplag, —zoll, 
— zug, —zwieback u. a; Schiffsbalfen, —bau, — bauch, —bauer, 
—baumeifter, —befehlöhaber, —befleidung, — bewegung, —boden, 
boot, — bord, —fahne, —flagge, —fracht, freund, führer, 
—gebäude, —geleite, —geräth, —gerivpe, — haken, — hauptmann, 

* - bolm, —junge, —fammer, —kette, — find, -- knecht, — koch, 
—frone, — küche, —ladung, —laft, —leiter, — leuchte, — mannſchaft, 
—mörfer, — mühle, —obertheil, —offlcier, - part, —partener, —pre= 
diger, — pumpe, —rath, —reeder, —rofe, —ichnabel, — ſchwenkung, 
—foldat, —fpiegel, —tau, —treppe, —untertheil, — voll, —wappen, 
—vwerft, —winde, — zeug, —zier, —zimmermann, — zunge u. a.; 
Shifferbirne, —junge, —falender, —knecht, —noten, —müße, 
—rod, — ſprache, —zirkel, —zunft u a. — Der Idiffaufftür- 
mende LZuftball. Pyrker, Zunifiad 6, Auch find dort nicht Meifter 
des Schiffbaus. Voß, Odyſſee 9, 126. Zu dem Raum des hoch⸗ 
gewölbeten Schiffbords. fer, Tunifias 3. Schiffbrechende 
Stürme. Shafejpeare, Machetb 1, 2. Wie an einem Bulfen im 
Schiffbrud. Göthe, Tag⸗ u. Zahreshefte 1793. Schiffbrüchig 
faff’ ich noch die legte Planfe! Göthe, Eugenie 5,7. Noch glüdlic, 
aus der Schiffbruhsnoth das Leben wenigftend auf einem Brett 
zu retten. Wieland, Oberon 9, 55. Der die Schiffbrüde anzu— 
zünden beſtimmt fei. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Das find 
Abenteuer älterer, unfähiger Schifffahrer. Göthe, Briefw. mit 
Schiller 6, 199. Aber wer weiß, ob er felber nicht auch mit dem 
Reben die Schifffahrt fern von den Seinigen büßt? Voß, Odyſſee 
2, .  Bemimm dann, was in heiter Mondnacht jüngft ein 
Shiffgenoß auf dem Verdeck erzählt! Uhland, normaͤnniſcher Brauch. 

48 * 


= 





m 


rar en —— — — — 


Daß er. die vier Schiffhaufen allzu geſchwind hintereinander ablau⸗ 
fen ließ. Schiller, a von Antwerpen. Die teid’ an den 
Enden ihr Schiffheer ar etellt. Voß, Ilias 11, 8 Schiff: 
kundige Männer. Voß, Odyſſee 8, 91. Als Schtfflenter und 
Läufer. Voß, Odyſſee 8, 253. Wie wenn ein Gott Schiffleuten 
nach ſehnlichem Harren den Fahrwind ſendet. Voß, Ilias 7, 4. Der 
Unterheubtman gleubet dem Schiffberrn vud den Sthiffman 
Luther, Bibelüberſ. Apoftolg. 77, 11. In allen Gefprächuntiefen gibts 
feine berrlihere Schiffpumpe, als eine Hifterie. F. Paul, Heipe 
rus 16. Andere waren in den Schiff feilen bängen geblieben. 
Schiller, Belagerung von Antwerpen. Erlag in einem Schiffftreit. 
H. Sachs. Mit den oberften Schiffesgebietern. Pyrker, Tuni⸗ 
ſias 3. Gewiß mit der nächiten Shiffsgelegenhrit. Shakeſpeare, 
Cymbeline 1, 4. Wenn die Winde günftig- find und Schiffsgeleit 
ſich findet. Shafeipeare, Hamlet 1, 3. Mit dieſen? Worten ermannte 
er fih und ließ fene Schiffsgel eit en rufen. Götbe; Unterhaltun⸗ 
gen deutjcher Ausgewanderten. Man laſſe fih von den Schiffsge⸗ 
wimmel nicht mit fortreißen. Göthe, Meiſters Wanderj. 3,.9. Hier 
big der alte Schiffstaplan... fein Pfeifenrohr in Stüden. Pfeffel, 
die Eregeten. Nur die Wellen rauichten am Schiffskiel. Pyrker, 
Tuniſias 2. Nun ja, verfegt der Schiffspatren—Bieffel, der 
Stockfiſch. (Ein Dad, das) ſechs Schuhe 04 über den Schiffs: 
. rand emporragte. Schiller, Belagerung. von. Antwerpen. Im engen: 
den Schiffsraum. Pyrker, Zunifias 2. Eur Schiffsvolt Gind) 
Zandjoldaten . .. Der Schiffsmacht Ueberzahl verbrennen wir. 
Shakſpeare, Antonius und — 3, 7. — Daß fie ein neues 
Weſten und Schifferhoſen. haben wolle. Goͤthe, Meiſters 
Lehrjahre 2,9. Wenn ihr uns nur ſo ferner labt, uns wackre Schif⸗ 
ferknaben. Goͤthe, Fauſt 2, 176. Mein Diener ging. mit ihm in 
eine Schifferkneipe. Goͤthe; Campagne in Frankreich Detbr. Kar 
Banlen hatt”. ein Schifferweib im Schoß: Shafefpeare, Mächeth1,3. 
Anm. 1: Hierher gehört, nah Schmitthbeuner. u Shoppen = 
Gefäß von einem — — : ShaflS. 673). Rah Schwend Föunte; da oberd. 
Kopf, Köpf (ahb. choph, mbp. kopf, agſ. co 3. mittellat. coppa, Cuppa, franz. 
coupe) Rh in ähnlicher ebeutung findet, da6 Wort (Schoppen) auch daher for 
men en f, was ich nidht glaube. Stieler leitet das Wort gar non 
ie 
u Anm. 2. Das fchweizerifhe Schafreiti — Küchenſchrank (ahd. scaf 
raid(t)a, scafareita, scafreiti, mhb. schafreite, niederb. scapreida) {fl gebildet 
aus Schaf (tabulatum quoddam superponendis utensilibus aptatum , 
5— appellant scaph) und Reite (ahd. u. mhd. seite) = Raum 


orfelte). 
— Schlagen. . 
Wurjei sah slag.) 
Schlagr, fhlug, geſchlagen, ſchlagen (ahd. slahu, sluoh, 
sun) slaganer, slahan; mbD. slabe, nee, slaogen, ge- 





677 


— — 


slagen, slahen und slän; goth. slahan, agſ. slagan, slän, slöagan, 
alin. slä, ſchwed. sla; Wadernagel vgl. gr. Aa& = mit der Ferſe, 
mit dem Zuße hinten ausichlagend) jcheint die Grundbedentung wer- 
den, gerathen, und zwar auf fihnelle Weile, zu haben, wird uhd. 
in gar verichiedenem Sinne gebraucht. Folgende Bedeutungen find, 
ald die gewöhnlicheren, bejonders zu beachten: 1) werden, eine Ver⸗ 
änderung annehmen: Wurzeln, aus der Art fchlagen; 2) den Ort, 
oder die bisher befolgte Richtung des Weges verändern, eine Richtung 
nehmen: ich ſchlage mich rechts, er ſchlug ſich zu den Feinden, fidy 
ing Mittel; 3) eine mit Heftigfeit oder doch mit einer gewiffen, größern 
oder geringen Geichwindigfeit die Luft durchichneidende Bewegung 
machen, auch auf eine joldye Art bewirken, hervorbringen: die Flamme 
Ihlägt in die Höhe, ein Rad, einen Verbrecher in Feſſeln, die Füße 
übereinander jchlagen; 4) durch Die genannte Bewegung auf etwas 
treffen, meift mit einem Scdall: mit dem Kopf an die Wand, einen 
Pfahl in die Erde, einem hinter die Ohren, der Bliß fchlug in das 
Haus; 5) fid bewegen wie mit Auftreffen: das Herz fchlägt; 6) einen 
Schall von fich geben, hervorbringen, gerne mit" dem. Nebenbegriff 
einer damit verbundenen ſchnellen oft auch regelmäßigen Bewegung: 
die Nachtigall, die Glode jchlägt, die Zrommel, die Orgel fchlagen; 
7) duch Schlagen bewirken, eine Beränderung hervorbringen, eine 
gewiffe Zubereitung geben: Holz, Geld, die Wolle, eine Brüde, einen 
zum Ritter, eine Ader, die Saiten, Eier in die Suppe; 8) mit Waf⸗ 
fen gegen einander fämpfen; 9) wie mit Waffen einen treffen: ein ge- 
ihlagener Mann, mit Blindheit fchlagen ; 10) (Jägerfprache) fangen, 
von den Raubvögel mit Bezug auf das Einfchlagen der Krallen ge⸗ 
jagt, andy hauen, verwunden mit deu Hauzähnen; 11) (Volksſprache) 
für ſchlachten: ein Rind; 12) (veraltet) auf die Weide treiben; 18) 
(Bolksiprache) eine gewilfe Summe Geldes über den Werth zum 
Preiſe der Sache thun, alſo nach 1 eine Veränderung bewirken: Die 
Unfoften auf die Waare, die Zinfen zum Capital; 14) (Volksſprache) 
aufachten, aufmerfen. — Es jollen ſchöne Blume in den Beeten die 
breiten Wurzeln jhlagen. Göthe, Taſſo 5, 4 Ich bin fo fehr 
nicht -ans der Art geſchlagen. Schiller, Jungfrau v. O. 1, 2. Ehe 
er in der glüdjeligen Injel zu Lande ſchlägt Canlandet), Bodmer. 
Unterwegs ſchlug fih noch ein junger Menſch zu uns. Göthe, Ben⸗ 
venuto Gellini 1, 7. (Ev) fteht im Begriff, fih zu dem Feind zu 
ihlagem- Schiller, Wallenſteins Tod 3, 2. Wer durdy’8 Leben fich 
friſch will ichlagen, muß zu Schuß und a A fein. Schiller, 
Ze 3,1. Der Himmel ſchlage durch ein Wunder fi ind Mittel. 
Schiller, Jungfrau v. DO. 5, 7. Und über die ehernen Säulen ſchlug 
ein jchweflichter Dampf mit blauen Flammen vermijchet. Zachariä. 
Hohmüthig ſchlug ein Pfau fein Rad. Schlegel. Die Liebe [häpt 
nur die Gemütber und jchlägt den Reichthuin in den Wind. Voß. 





678 


Ich will mir Sylvia aus den Gedanken fchlagen. Geller. Da 
ſah ich, Daß ich mit der Hand in die Kohlen gefchlagen. Götke, 
Götz v. B. 3. Der Schmerz flug meine Zähne Mnirichend an ein- 
ander. Schiller, Don Karlos 1, 2. Und hier der Frevler, der dem 
Reiche und dir die Wunde fchlu 8 Wieland. Wenn jein erhabnes 
Herz. vergefien bat für Menfchlichleit zu ſchlagen. Schiller, Don 
Karlos 1, 2. Liebe Nachtigallen, ſchlaget früh, o früh! vor mei- 
nem Fenſter. Göthe, die Mufageten. Da rann fein Sand und feine 
Glode ſchlug ... Die Uhr ſchlägt feinem Glüdlichen. Schiller, 
Piccolomint 3, 3. Sie fingt den ganzen geihlagenen Tag. Mül- 
‚ der. Wenn die Trommel wird geihlagen. Schiller, Piccolomini 2, 
7. Und heimwärts Schlägt der fanfte Friedensmarſch. Schiller, Pic 
colomini 1, 4. Da ſchlug der Greis die Saiten. Uhland, des Saͤn⸗ 
ers Fluch. Hier unter diejem Felſen laſſet uns Halt machen uud ein 
—*— Lager ſchlagen. Schiller, Jungfrau v. ©. 2. 1. Schlägt 
er nicht Geld wie der Ferdinand? Schiller, Wallenfteind Lager 11. 
Du börteft, welche. Schlachten er gefchla 8% n. Schiller. Als wir ki 
Deffau mit dem Mansfeld ſchlugen. Schiller, Piccolomini 1, 1. 
Graf Tilly war am Led) aufs Haupt gefhlagen Dal. 1,2% & 
Iihlägt uns einen Haufen nad) dem andern. Göthe, Götz v. 9. 3. 
(Ich will, dein vold mit Peſtilentz ſchlahen. Luther, Bibelüberf. 2. Moſ.9, 
15. Die Menner worden mit Blindheit geihlagen. Daf. 1. Moſ. 19, 11. 
Wie vil Vichs Einer auff die gemain Waid ſchlagen mög? Lori, Lechrain v. 
1616. O ihr zu geduldige Marktkörbe, dag ihr fo oft auf euch fchlageu 
laßt 1). Zaftenerempel. Da er (David) den zipffel Saul hatte an 
fchnitten, ſchlug er in ſich (achtete er auf feinen innern Zuftand). 
Luther, Bibelüberj. 1. Sam. 24, 6 
* Klopfen (ahd. ch(k)lophön, elofon, chloppön, mhb. klopfen, altn. klappa, 
engl. clap, ſchwed. klappa, dän. klappe, wallach. clopatire) zunäcft wel ia 
hohlem Tone mit einem Körper wider einen andern anftreffen, gewoͤbnlich wer 
es gleich Hinter einander wiederholt gefchieht, dann überhaupt einen Körper 
wider den andern bewegen, fo daß er in vollerem Tone auftrifft, es mug bies 
nun ganz leife oder flarf fein. Boden (ahd. pohhan? mhb. pochen? Sie: 
mann führt beide Formen an, Graff bat fie nicht; ſchwed. boka, holläm. 
beuken, franz. buquer, ital. picchiare, poln. pukan) durch das harte, ſto⸗ 
Gende Auftreffen eines Körpers wider einen harten antern einen ſtarken dumpfer 
Laut hören laffen, gewöhnlid mit Wiederholung glei hinter einander. — 
Treffen f. S. 53. — Geht, geht, auf den Altan! Der Lord Mayor klopft. 
Shaffpeare, K. Richard III, 3, 7. Wenn vie Hoffnung gefpannt in ber Yang: 
linge Flopfenbem Herzen wühlt und pochende Angft. Voß. Bald nad 


** 
= 





— — ⸗ un — 


1) Auf den Marktkorb ſchlagen in München und wol auch an ande 
Orten die Mägde, wenn fie für das Bingefaufte der Herrfcyaft mehr, als ber Wahr 
heit gemäß ift, verrechnen. 





679 


dieſer Unterredung hörte man an ber fleinen Pforte pochen. Göthe, Meiſters 

Wanderj. 2, 2. 

Abſchlagen 1) durch Schlagen auf irgend eine Art abfondern, 
trennen (eig. u. uneig.): einem den Kopf, den Hut, Nüffe vom Baum, 
ein Schloß von der Thüre, eine Bude; 2) durch Schlagen oder fonft 
wie eine andere Richtung geben: den Sturm, das Wafler, einen Hieb; 
3) nicht gewähren |. S. 147; 4) durch Schlagen nachhilden: einen 
Stempel in Blei; 5) gehörig, jehr Ichlagen; 6) ſchnell im Preife ge⸗ 
rn werden, auch vn an Stärke abnehmen: das Getreide, Die 
Kälte ift abgeichlagen; 7) ausnehmen, nicht in Anfchlag bringen; 8) 
von feiner Richtung ſchnell abweichen, ſich entfernen; 9) (veraltet) er- 
Ratten, vergüten. — Sohn desjenigen Pulei, dem man den Kopf ab- 
ſchlug. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 6. Bir fanden auf Mitte 
Weges Wellen und Reiflg eines a Ihlagenen Birkenhölzchens. 
Goͤthe, Kampagne in Hranfreih 12. Sept. Die Stürme wurden ab« 
geihlagen. Schiller, Maria Stuart 3, 1. So wie Einer hier fein 
Waſſer abſchlug. Lichtenberg, phyſ. Bemerkungen. Sie wollen uns 
niemals einen Nachttopf geben, und da ſchlagen wir’s in den Ka— 
min ab, Shakſpeare, K. Heinridy IV. 1. Thl. 2, 1. Wenn du mid - 
liebt, fannft du mir wohl eine Bitte abfchlagen? Schiller, Räuber 
1,3. Das Klofter ift jchön gelegen, wenn man den bier lange an⸗ 
haltenden Winter und feine nicht fehr fruchtbare Gegend davon ab- 
Ihlägt (ausnimmt). Sulzer. Im Wald mid von der Straß ab- 
ſchlug. H. Sachs. Bon der bildlihen Phantafle [chlägt der Weg 
des bildlihen Wißes fi weit ab. J. Paul. Hat er jm am ichte 
(etwas, geſchadt, daz jol er jm abjlahen zwilpilt (zweifach eriegen, 
vergüten). Schmeller 3, 440. 

Sallen (f. d.) minder fohnell im Preife geringer werben, wird bei jebem 
veränderlichem Stande des Preifes der Waare ins Mindere gefagt, während 
abſchlagen einen feſten Preis vorausfegt, mehr vom Kleinverfauf ſteht und 
von der Waare und dem Käufer in Bezug auf diefelbe gefagt wird. Die ans 
bern Sym. von abfchlagen f. ©. 147. 

Anſchlagen 1) heftig an etwas jchlagen, daß ein Schall entſteht; 
2) im Bejondern die Glocke erichallen machen, ohne daß fie bewegt 
wird; 3) an etwas fchlagen und dadurch zeichnen: die Bäume, welde 
gefällt werden jollen; 4) das Werkzeug zu einer Handlung bereit ma— 
hen, in gewiſſen Medensarten: das Gewehr, die Sichel; 5) allge- 
meiner eine Handlung beginnen, wobei (in verfchiedenem Siune) ge- 
Ihlagen wird: Feuer, einen Accord, beim Drejchen den eriten Schlag 
thun, anfangen zu bellen |. ©. 462; 6) durch Schlagen anbeften, 
feſtmachen: em Schloß, eine Bekanntmachung; 7) von dem Ganzen 
und in feinen Zheilen die Größe uach Der Zahl genau beftimmen; 8) 
die gedeibliche Wirkung thun, welche beabfichtigt wird oder in dem, 
was wirkt, ift; 9) durch Anjchlagen verdorben werden; 10) (veraltet) 








680 


hberlegen, einen Anfchlag machen; 11) (Volksſprache) das 'gemähte in 
°- Schlägen liegende Gras auseinander fireuen; 12) (veraltet) anmeffen: 
ein Kleid. — Schleunig hinweg mit dem Fuße ftieß er den Tiih an- 
fhlagend. Voß, Odſſee 22, 19. Es brummt die Glode noch, die 
elf fhon angefchlagen. Bürger, Zenore. Wenn fo einer ruft: „Halt!“ 
und anfchlägt mit dem Gewehr), meinft Du, man bielte? Göthe, Egmont 
4. Schade, daß unfere Operndichter nicht in dem Zone fortgefahren find, 
den Weiße angefchlagen hatte. Seume. Wenn ic Euch num fage, 
daß ich felber diefe Sait’ ihm anzuſchlagen bereits verfucht. Leſ⸗ 
fing, Nathan d. W. 3, 10. Den Schenkeln ſchlug man Fefleln an. 
Opitz. Ein Jeder gibt den Werth fich ſelbſt. Wie hoch idy mich an⸗ 
fhlagen will, das fteht bei mir. Schiller, Wallenfteind Tod 3, 8. 
Die befte Begegnung ſchien nit anzufchlagen. Göthe, Wahlver⸗ 
wandtichaften 2, 18. Alle Euren haben au nicht anfchlagen wol: 
len. Göthe, Lila 1. Darumb ſchlug (trat) er eine Heiß nad) Welſch⸗ 
land an. Aventinus, Chronit 1580. Bl. 369. 
Anpochen und anklopfen erflären fih aus pochen und Flopfen ©. 
678. — Läuten (f. lauten S. 325) eine Glocke erfchallen machen, fo daß 
die Glocke dabei in vollen Schwung gefept wird. „Dan beiert, indem man 
ven Rand ter rubenden Glocken mit den Klöpfeln durch befeftigte Geile tacs 
mäßig anfchlägt. So werben auf dem Lande dir Felertage den Abend vorher 
angekündigt”, fagt Voß in einer Anmerfung zu ber unten angeführten Stelle. 
Das Wort ift nieberdeutfh. Bimmeln (hier und da auch bembeln, bim: 
bein) if zunächſt das helle Schallen von Glocken, deren Ton bim! bim! 
nachahmt; dann ſolche Gloͤckchen erfchallen machen, indem fie geläutet werben. 
Stürmen (ahb. sturmjan, sturmen, agf. siyrmian, mhb. stürmen, von 
Sturm ahb. mhb. sturm, agf. storm, stearm, alt. stormr) eigentlich 
zum Gtarm läuten; dann bie Glocke tactlos, überhaupt unregelmäßig 
und heftig anfchaflen machen. — Bellen und die Syn. ſ. S. 46. — 
Schäpen (ahd. scazön, scazzön, mhd. schetzen, von Schatz ©. 497, 
altf. scat, altfrief. skat, schat, ſchwed. skatt Geld, beſtimmtes Geldſtück; 
dann anferlegte Geldabgabe; weiter Reichthum an werthvollem Beſttz; allmäs 
lich aufbewahrter Borrath oder Reichthum an Geld und überhaupt vorzüglich 
Werthvollem, eig. und fig.) eine ungefähre Brößenangabe, eine wahrfcheinlidye 
Größenbeitimmung machen, wie fie nach der Aufchauung dünkt. Berechnen 
(von rechnen goth. rahnjan, ahd. rahhnjan, von Grimm gefolgert ans 
rechnunga, mhjd. rechnen, engl. reckon, ſchwed. raekna, bän. regna, hol⸗ 
länd, rekenen) die Größe durch Rechnen finten und beſtimmen. — Bers 
fangen (f. fangen) einvringliche Wirkung haben, d. 5. machen: over fein, 
daß das, was aufgenommen werden foll, mit Eindrud aufgenommen wirb und 
förderlich if; dann überhaupt wohl zu Statten kommen. Berfchlagen 'f. 
&.684.-- Gehe hin, mein Freund, nnd Elopfe mit dem Ringe nur an, du 
wirft Wunder fehen, fagte meine Geliebte. Ich trat hinzu, unb Hate fanım 
angepocht, fo erlebte ich wirklich das größte Wunder. Bötbe, bie neue 











681 


Relafine. — Gern wohl Hört’ ich vorbem, wenn zum morgenden Feſte der Küſter 
beierte; doch nun ſchallts mir wie Todiengeläut von dem Kirchthurm! 
Voß, die Leibeigenen 8. Raſtlos nun erklang das Getoͤn der ſtürmenden 
Glocke. Goͤthe, Hermann und Dorothea 6, 70. Hört ihr's wimmern hoch 
vom Thurm? das if Sturm! Schiller, Slode, Als die Sturmglode 
gelänutet wurbe. Göthe, Leben 5. B. Um ihren Dienft hoch anzuſchla⸗ 
gen, ſchätz' ich fein Leben nicht genung. Alxinger, Doolin 4, 83. Berech⸗ 
net er alles. Goͤthe, Fauſt 2,.805. (Sie) ſtellte Berechnungen an. 
Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1, 10. Schiden Sie zu mir, wenn bei der Frau 
Liebften kein Troſt verfangen follte J. Paul, Siebenkäs 8, 
Ausſchlagen 1) durch Schlagen herausbringen: die Zähne, ein 
Ei, den Boden aus einem Falle; 2) auseinander ſchlagen, ausbreiten: 
bei den Weißgerbern die Zelle, bei den Jägern die Leinen, in den 
Münzen die Schrötlinge; 3) auswärts ſchlagen, umſchlagen, verbrü- 
men: einen Rod mit rothem Zud); 4) inwendig beichlagen: ein Zim⸗ 
mer mit Zeppichen, einen Wagen mit Tuch; 5) vorwärts, ſeitwärts, 
von fid) wegiclagen: den Ball, einen Stoß im Fechten, uneigentlid) 
etwas Angebotenes von fih weilen (1. S. 588), ein Begehren kurz⸗ 
weg, oder mit Derbheit nicht gewähren (j. ©. 147); 6, den eriten 
Schlag thun, anfangen zu jchlagen: im Sartenjpiel, er but auöges 
ſchlagen; 7) mit-deu Füßen auswärts fdhlagen: das Pferd jchlägt geru 
aus; 8) berausreden: ein Adler mit ausgeichlagener Zunge (in der 
Wappenkunſt), der Hund jchlug vor Durst die Zunge weit aus; 9) 
ſehr ſchlagen, bis zu Ende ſchlagen: die Uhr, die Nachtigall hat aus- 
geichlagen; 10) ſich auswärts, aus der jenfrechten Stellung, auf die 
Seite neigen: Die Wage ansichlagen laffen; 11) durch Berechnung be= 
ftimmen, was Einer zu zahlen bat; 12) fi von innen enhvideln, an 
und über die Oberfläche zum Vorſchein kommen: der Weinſtock, die 
Kräge, die Kälte jchlägt aus; 13) mit Heftigkeit fichtbar werden, zum 
Ausbruch kommen: die Krankheit, die lange im Körper gefledt, es 
ihlägt in Zlammen ans; 14) endigen, einen Ausgang nehmen, be= 
jonders in Hinficht auf die Art und Weile: die Sache iſt gut ausge- 
ichlagen; 15) (Vollsſprache) das Efien ausichlagen, es anrichten; 16) 
(veraltet, noch) in, der Volksſprache) austreiben, bejonders die Schweine 
aus der Gichelmaft, wenn fie fett find oder die Maftzeit vorüber iſt. — 
(Er) ſchlug ihm grimmig ein Aug’ aus. Göthe, Reineke Fuchs 3, 
144. Diele zothen mit Hermelin ausgeihlagenen Yüritenmäntel. 
Göthe, Leben 5. B. Mit fchwarzem Zude ward die Domlich’ qu s⸗ 
geidhlagen. Alzinger, Doolin 2, 13. Derjenige, ‘der den Ball 
ausidhlägt, ſteht ... auf der oberiten Höhe. Göthe, ital Reiſe 
Berona 16. Sept. Iſt es fchon lang, Daß Sie den Grafen aus-— 
geſchlagen? Schiller, Don Karlos 1, 3. Den fchlug ih wader 
aus dazumal, Goͤthe, Götz v. B. 1. Der runde Thurm auf dem 
Schlachtfelde ſchlug die Stunde aus. J. Baul, Zitan 52. Bir 





— un nr — AR — 


fanden ausgeſchlagene Feigenbäume. Göthe, ital. Reiſe Caſtel 

Vetrano 21. April 1787. Dort ſchlugen unfre Flammen, zuerſt, ge— 

waltig aus. Göthe, die glüdlichen Gatten. Schon lange ſeh' ic 

diefed Feuer glimmen, nun ſchlägt es bald in lichte Flammen aus. 

Böthe, Eugenie 2, 2. (Die Geflnnungen) in fo ‚unerwartete Wir: 

fungen ausgefhlagen find. Göthe, Leben 2. B. Welch ein mei- 

-je8 Glück, dag eine folhe That zum Beſten eines ſolchen Mannes 

ausfhlug! Leifing, Nathan d. & 4, 4. 

Berſchmähen (i. S. 172) äußern, daß man etwas, das und angebolen 
wird, nicht annehmen wolle, und zwar weil man es für zu gering ober zu 
Elein ball. Sich bedanken (f. danken ©&. 166) fließt ein, daß man 
zugleich vie Handlung des Anbletenden anerfenne und dies Ihm bezeige, dafür 
danfe. Die andern Syn. f. ©. 147 u. 588. — Gben fo möchte ein foges 
nannter Neapolitaniſcher Bettler die Stelle eines Bicefönige in Norwegen 
leicht verfhmähen und die Ehre ausfchlagen, wenn ihm die Kaiferla 
von Rupland das Bouvernement von Sibirien übertragen wollte. Göthe, ilal. 
Neiſe Neapel 28. Mai 1787. 

Erſchlagen 1) gewaltſam tödten; fehlagend, durch Schlag töd- 
ten; gewaltfam tödten durch Schlagmwerfzenge, Waffe oder Handan: 
fegung an den Körper mit änßerlicher Körperverlegung, bejondere 
blutig; 2) (Bergmannsfpracdhe) Durch =, einfchlagen. — König David 
erichlug den Goliath. Schiller, Wallenfteind Lager 8 O Fluch 
der Hand, die dieje Wunde (einen Dolchſtich) grub! Fluch ihr, die 
den Berderblichen geboren, der mir den Sohn erſchlug! Schiller, 
Braut v. M. | 

Zödten (goth. däuthjan , aht. t(d)ötjen, tölt)don, mb. toeten, toeden, 

von todt, goth. däuths, ahd. mıhd. töt, agf. deädh, altn. daudhr, Bartic. 

Bräter. v. goth. divan, abd, töwan, töwjan, mhb. töuwen und töun, miltel- 

nieberd. douwen, alta. deya, ſchwed. dö, engl, dye = ableben, im Sterben 
fein ; vgl. gr. Ivsıy == vpfern, ſchlachten, franz. tuer — tödten) aflgemein 
des Lebens benehmen, auch fig. gebraudt. — Die nachfolgenden Auseräde 
ſchließen alle den Begriff des Gewaltſamen in fig: umbringen ff. bringen 
5.28) eig. in Kreisbewegung und fofort hierhin und dorthin kommen machen; 
davon zunächft gewaltſam verthun; dann allgemein widerrechtlich gewaltjam 
um das Leben bringen, das Leben benehmen. Morden (goth. maurthrias, 
abb. murdrjan u murdjan, agſ. myrdhrjan, altı. myrda, mäd. morden, 
von Mord goth. maurthr, ahd. mort(d), mhb. mort, altn. mord, agf. 
mordhor, mordh, altf. morth, ſchwed. tän. mord, engl. murther, ftan, 
meurtre; vgl. gr. uopog —= das den Menichen vom Schidfal zugetheilte 
Log, Tod, lat. mori = flerben, mors = Tod, fanffr. mar, mri == flerben) 
ehrlos gewaltfam töpten mit vorbevächtiger Abficht, auch fig. von abfratten 
Begriffen gefagt; auch allgemeiner in Rark bezeichnendem Ausdruck „gemalt 
fam toͤdten.“ Ermorden iſt eig. wie fig. widerrechtlich, ehrlos gewaltfam 
töbten, mit vorbebäcdtiger Abſicht. Entleiben (f. bleiben) des leibliden 


Li 





683 


Dafeins gewaltfam beuehmen, wur von Menſchen durch Menſchen geſagt. 
Hinrihten (mur nhd., von richten ©. 296) einen Berurthellten gewaltfam 
des Lebens benehmen, das Tobesurtheil an Jemanden vollziehen. — Bir mäß 
fen ihn tödten. Schiller, Wallenfleins Top 5, 3, Mo keine Freiheit if, 
wird jede Auf getöpdtet. Goͤthe. Ich möcht euch alle mit eiguer Hand . 
umbringen! Böthe, Göt v. B. 8 Gie il ermordet auf der Eonbner 
Straße! Schiller, Maria Stuart 4, 7. Den Schlaf ermordet Mache, 
den unſchuld'gen, den arglos heil'gen Schlaf. Schiller, Macbeth 3, 4. Gie 
entleibt Ach ſelbſt. Göthe, Iphigenie 1, 3. ine Fran, deren Mann er 

bat Hinrichten laſſen, vergiftet ihn. Böthe, Leben 14. B. 

Nachſchlagen 1) hinten nach fchlagen; 2) durch Schlagen nach⸗ 
biden, gleichjam wiederholen; 3) durch Schlagen, Graben (im Berg- 
bau) aufjuchen; 4) aufichlagen und nachforichen in Büchern; 5) nad 
eined Andern Art-fchlagen, Anderer Geſchlechts⸗ und Seeleneigenheiten 
annehmen und an fich offenbaren (ichon älternhd. naco)chschlahen, 
niederdeutfch nachschlachten, ven Schladht = Geflecht, |. unten). 
— Der runde Thurm auf dem Sclachtfelde fchlug die Stunde aus 
und die träumende Gegend ſchlug fie murmelnd nah. J. Paul, 
Zitan 52. Viel alte Wappenbücher ſchlug ih nad. Schiller, Ma- 
via Stuart 1, 6. Denn fie fhlagen mir nad und fpielen grim- 
mige Spiele. Göthe, Reinefe Fuchs 7, 2383. Gebe nur Gott, daß 
unfer Junge mit der Zeit braver wird und dem Weißlingen nicht 
nachſchlägt. Göthe, Götz v. B. 1. 

Naäacharten (von arten, dies von Art ©. 238) gehört, wie es fcheint, 
mehr der höhern Schreibweife an. — Dein unb ber feden Mama naar: 
tendes Zöchterchen hör’ ich gern mich vor manchem genannt, Voß, Luife 
1, 733. Ihe artet mehr nad Eures Vaters Sei, ale nach ber Mutter 
ihrem. Schiller, Wallenſteins Tod 8, 2. 

Ueberſchlagen 1) mit dem obern Theile über etwas jchlagen, 
d. h. plößlich und heftig fallen; 2) mit dem obem Theile ſich ſchnell 
auf eine Seite neigen: die Wage jchlägt über; 3) über etwas ſchla⸗ 
gen, bedecken; 4) über einen Raum, aus einem Raum in den andern: 
einen Ball, das Bier; 5) auf der ganzen Oberfläche bededit werden: 
mit Schimmel; 6) falten Körpern, befonders Flüſſigkeiten, dadurch 
daß man file an einen warmen Ort bringt, etwas von der Kälte neh⸗ 
men; 7) zu viel jchlagen: einen Hund (in der Yägerfpräce); 8) et- 
was geichwind durchgehen, im Nachichlagen überſehen abſichtlich oder 

tlih: eine Stelle im Buche; 9) im Allgemeinen geiftig durch- 
‚geben, erwägen; 10) im Beiondern zur ungefähren Zahlenbeitinmung im 
Allgemeinen zählend und Zahlen aus Zahlenverhälmifien findend flüch⸗ 
tig durchgehen. — Er jepte fih aufs Mäuerchen, blieb eine Zeitlang 
ruhig, dann überfchlug er ſich rüdwärts in die Tiefe und wurd nur 
todt aus dem Waſſer herausgebracht. Göthe, Eampagne in Franfreid) 
3. Sept. Als nun das Pferd fiel und ſich überſchlug. Göthe, 





\ 684 2 
’ 
1 
—— — 


Benvenuto Cellini 2, 8. Da liegt die arme Seel in Pein und 
überfhlägt ganz traurig, daß fie ſchon ihr Urtheil mit fich trägt. 
Opitz. (ALS) ich meine Kaffe und Papiere überf au) Goͤthe, ital. 
Reife Palerma 13—14. April 1787. Man haͤlt's ja bei jedem Ge: 
ſchäfte des Lebens für Pflicht der Weisheit, mit fi oder andern das 
Gebäude zuerft zu überjchlagen, ehe man’ übernimmt. Herder, 
Antrittsrede in — 
Ueberrechnen (ſ. Lechnen ©. 680) ein Größenganzes von Anfang bis 
zu Ende, fo wie nach allen Theilen, zum Erkennen des Betrages zählenb und 
Zahlen aus Zahlenverhältniffen findend durchgehen. — In die (Opern) ich mid 
ſehr vertiefte und jedesmal nur er voran bie Perfonen überrechnete. 
Goͤthe, Meifters Lehrj. 1, 6. j 
Umfchlagen 1) plöglic und heftig umfallen, umfallen machen; 
2) plöglicdy anders und gewöhnlich jchlinnmer werden: das Wetter, die 
Krankheit, die Milh, das Glück fchlägt um; 3) um etwas jchlagen: 
ein Tuch, einen Reif, Kräuter; 4) durch Schlagen, dann überhunpt 
umbiegen, ummenden, umlegen: einen Nagel, eine Kante, den Kia 
gen; 5) umprägen,. von neitem.jchlagen.; K) rundum, von allen Sei 
ten beichlagen, anichlagen; 7) (veraltet, noch bier und da in der 
Volksſprache) in allen Gaſſen die Trommel jchlagen und durch Trom- 
melfchlag befannt machen (austrummeln); 8) (veraltet) Waaren ver- 
taujchen, umſetzen. — Der Kahn ſchwankt, und wenn ihr jo unmbig 
jeid, fan er umſchlagen. Göthe, Das Mährchen. Ihm (Bullen: 
ftein) ſchlägt Das Kriegsglück nimmer um Schiller, Wallenitens 
Lager 6. Er höre das Rufen Der Hirten, oder ein Lied der Senne: 
rin, die, mit umjchlagender Stimme, freudig zum Wiederhall auf: 
jauchzt Melodieen des. Alplands. Pyrker, Tuniſias 6. Sollte ih 
wirfih umgejchlagen jein, jeitden ic) die nämliche Luft nicht mehr 
mit ihm athme? Leſſing, Antigoege 7. Den Mintel her, und um 
den Ritter umgeſchlagen! Göthe, Fauſt 2, 111.. So blieb auch 
der umgeſchlagene Theil der Nägel ganz verborgen. Göthe, Ben: 
venuto Gellmi 2, 11. Er ſchlägt umwillig das Buch um. Goͤthe, 
Fauſt 1, 33. (Sie) zeigte mir, wie nun Das Ende des Fadens ein 
paarmal umgeſchlagen und geknüpft werde. Göthe, Meiſters Wan⸗ 
derjahre 3, 5. Bielgefaltet und blan fängt unter dem Lage der Rod 
an und umſchlägt ihr im Gehn die woblgebildeten Knoöchel. Goͤthe, 
Hermann und Dorothea 5, 175. Gott ift unſer Kriegsoberfter, zur 
Zeit der Krankheit rüret er. die Trummel, ſchlegt umb zur Muſte⸗ 
rung. Predigt, | 
Sich ändern (S. 274) überhaupt anders werden, ohne nähe 
Beflimmung, ob etwas fich verbefiere oder verſchlimmere. — Wenn fie nick 
fähig wäre fich zu ändern. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 10. 
Berfchlagen 1) durch heftige Bewegung, durch Schlagen anders⸗ 
wohin fommen machen, als die. Richtung war, den rechten Weg ver- 











— 
685 

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6 


ichlagen, d. i: ihm verfehlen; 2) anders ſchlagen oder arten, einen 
. Unterjchied machen, wodurch etwas, was ift oder geſchieht, nun an⸗ 
ders wird oder ſich darftellt; 3) feinen Zuftand verändern (vgl. über: 
ihlagen 5), bejonders von Pferden gejagt, wenn fie wegen plößlich 
unterdrüdter Ausdünftung frank werden, . welche- Krankheit ſich zuerſt 
dadurch aͤußert, daß die Füße fleif werden; 4) zuträglich fein, Die bes 
abfichtigte Wirkung hervorbringen. (gebräuchlicher auſchlagen): es 
will fein Mittel mehr verichlagen; 5) aufhören zu fchlagen (in der 
Jägerſprache): der Hirich hat verichlagen; 6) fich verfchlagen = an 
einen unrechten, auch an einen unbekannten Ort gerathen, (tranfitiv) 
gleichfam von ſich jchlagen, entfernen: das Wild hat fi, der Kauf: 
mann bat fich- die Kunden verichlagen; 7) durch Schlagen von fi 
entfernen (vgl. Nr. 1): er hat. deit Ball, der Jäger bat den’ Hund 
verfchlagen ; 8) unrecht, fatfch fchlagen: ein Pferd; 9) durd Schlagen 
‚verbrauchen: alle Nägel; 10) durch Schlagen verwahren, verjchließen: 
ein Faß; 11) durch Schlagen abjondern: eine Kammer; 12) (veraltet) 
iperren, verlagen: 13) (veraltet) verſtecken, verbergen; 14) (veraltet) 
in Bann, d. i. von Andern auf eine bleibende Weile entfernen; 15) 
eine Münze verfchlagen — ſie verrufen, abwürdigen, früher umprägen, 
auch falſchmünzen; 16) der Zahl oder Größe nad) ungefähr beftimmen 
‚ein den Salzwerken). — Einft verfchlug mid der Stwrm ans Ufer 
der Inſel. Göthe, Epiſteln 1. " Wer einmal den rechten Weg ver- 
ſchlägt, kömmt immer weiter vom Ziel. Hippel. Hör’, General, Dir 
kann e8 nichts verſchlagen. Hör’, laß mich tanfchen mit dem Ge- 
raldin. Schiller,. Wallenſteins Tod 5, 2. Daß fein Pferd von Laertes 
geftern bei dem Hereinreiten dergeftalt angegriffen worden, Daß es 
wahricheinlich,, wie man zu fagen pflegt, 5 habe, und daß 
der. Schmied wenig Hoffnung zu ſeinem Aufkommen gebe. Goͤthe, 
Meitters Lehrjahre 2, 11. Und ordinirt, wenn nichts verfehlägt, 
ein Meines Gränchen Rattengift, - Platen, com. Oedipus 3. Wann. 
das Singen gemainfiih verflagen iſt (zur Zeit eines kirchlichen Iris " 
terdicts). Schmeller. 3, 442. Ehe daß ihr Thurn den Thürmen des 
Himmels die Ausfiht verſchlage. Bodmer. Domitianus verfchlu 
fich unter die Pfaffen dermaßen. daß ihn niemand ‚weder fpüren. 0 
‚finden fundt, wo er binfommen war. Aventinus, Chronik 103. And 
fan ich ftelen und gar wol verffan (falſchmünzen). Oſterſpiel ats 
dem 15. Jahrh. j 

Die Syn. erf&lagen und verfangen f. S. 889. 682. 

Natbichlagen (von Rathſchlag abgeleitet, darum nad) ſchwa⸗ 
her Eonj.) hat den Begriff, daß das Ueberlegen, was zu thun ſei, 
in Auffindung und Vorſtelligmachen von Mitteln zur Ausführung, einer 
Sache geihehe. Berathſchlagen drüdt die Anwendung ded Be— 
griffes von rathichlagen auf-den Gegenftand aus. — Sie ratſchla⸗— 
gen. A⸗ v. Eyb, —8 Bl. 47. Ih rathſchlagte hierüber 


— 





—— 


mit den Führen. Göthe, ital. Reiſe Neapel 6. März 1787. Ber- 

foren hätten wir fie, die lang beratbichlagte, e Schlacht. 
Klopſtock, Hermannsſchlacht 8. 

Math Halten (i. Rath) allgemein überlegen, was zu thun fel. Bes 

rathen (mh. beräten) brüdt die Anwendung tes Begriffs von Rath halten 

auf den Gegenſtand aus. — Auf öbden Pfaden können wir dahin bei Rıdi 

zeit wandern und uns fl berathen. Schiller, Tell 1, 4. 

Anm. Falſch iR co, wenn H. Sache fagt: Da ratfchlugen die fungen 
vnd die alten. 

Auf ; be—, bei —, drein—, durch —, ein — (ſ. S. 335), einder—, 
empor—, ent—, entgegen—, entzwei—, febl—, ber—, herab—, 
heran —, herauf —, Heraus — , Herein—, heruber— ‚herum —, herun- 
ter—, herzu —, Jin—!), hinab—, binan—, binauf—, hinaus -, 
hindurch —, hinein —, hinter —, hinüber —, hinunter —, hinweg —, 
hinzu —, los —, nieder —, unter —, vor —, voran —, voraus —, vor⸗ 
bei —, weg —, wider —, wieder —, zer —, zu —, zurück — zufammen—, 
veraltet hals —, wangſchlagen. — Die Morten find, die Breter auf: 
geſchlagen. Göthe, Fauſt Vorfpiel. Laßt den Zimmerer mit At 
und Säge kommen, das Gerüft aufſchlagen. Schiller, Maria 
Stuart 1, 8 Schlag die Quartier ihm aufl Schiller, Piccolomini 
4, 6. Sie Schlägt die Augen auf, fie lebt! Schiller, Jungftqu v. 
O. 5, 14. As fie auf den Blick zum Himmel ſchlug. Tiedge, 
Urania 1. Als er einen unreinlich bereiteten, jchnell Feuer fangenden, 
aber haͤßlich dunſtenden Schwamm, nad) ausgerauchter Pfeife, ſogleich 
wieder aufſchlug. Göthe, Leben 14. B. Worüber die Zuſchauer 
ein herzliches Gelächter aufichlugen. Göthe, Meifters Lehrj. 4 4 
Als die Wachtel hell aufichlug. Kofegarten. Ich hatte noch fug 
vorher freilich wur Kupfer im Febroni gejehen, den ich fogleich herbei⸗ 
holte und aufſchlug. Göthe, der Sammler und die Seinigen 5. 
Brief. Daß eine Bombe vor dem Plag aufihlagend an de 
ſchwachen fteinernen Thürpfoften des Ladens gefahren. Göthe, Cam⸗ 
pagne in Frankreich 3. Sept. Alſo, da wildes Gewog aufſchlug 
um die. Höhen des Bordes. Voß. Er kam nicht wieder zurecht, fat - 
der Hafer aufſchlug. Shakſpeare, K. Heinih IV. 1. Thl. 2, 1. 
Man ſoll kainen ungepleuten oder ungefchnürten (uncaftrierten) Stier 
in die Albmen aufihlagen (treiben). Sadjranger Albenordnung v. 
1558. Der Kayjer erwarb aufſchlahen (Verſchiebung) oder anitall 
des gerichtS zeben tag. Schmeller 3, 44. Ein groß Gerüft, mit 
ſchwarzem Tuch — Schiller, Maria Stuart 5, 5. Daß 
er es (das Pferd) ſelbſt beſchlagen kann. Shakſpeare, der Kauf 
mann von Venedige1, 2. Die Ammertrift wird gang von Ettaliſchen 


1) Mit Hinfhlagen = mit Heftigfeit fallen if da6 fchwächere hinfallen 
finnverwandt. (9:) Hier bin ich Hingefallen. (8:) Unbilih: hingeſchla⸗ 
gen? (Doppelfiiflig: gefallen, verwundet.) H. v. Kiel, der zerhrochene Kıny 1. 





‚687 


Holz beſchlagen (verſehen, beftritten). Hazzi, Stat. 3, 93. Ein 
guter Paticher muß fi mit einem vom Kuchelmenfchen zufammenge- 
judeltem Schmam bejchlagen (begnügen). Portiunculabüchlein 79. 
Beil fich die Soldaten und deren Offtziers mit einem’ wenigen u 
beihlagen noch begnügen lafien. Bayr. Alterthiimer S. 180 
find ungezweifelt, Ew. ieh ſey gründlich ‚bericht der Widerwillen = 
Handlung, darin wir gegen Euch beſchlagen und vertieft find. 
Kenner, Landtagsh. 9, 49 v. J. 1490. Doch euer Meifter, das ift ein 
Beihlagner. Goͤthe, Fauſt 2, 95. Als hätte der allmächtige Gott 
das Chiragra, könnte nicht drein ſchlagen? Schiller, Wallenſteins 
Lager 8. Es (das Elixir) Int gewaltig durch und läßt euch 
uichts im Leibe. Göthe, Scherz, Lift und Rache 2 (Du) ſchlugſt 
dih durch, mit hundertachtzig Mann durch ihrer Tauſend. Schiller, 
Wallenſteins Tod 3, 15. Wenn ich einen Nagel einſchlage. Lich⸗ 
tenberg, Racrichten über fi) ſelbſt. (Da er) ſeine Klauen nirgends 
einichlagen konnte. Göthe, Benvenuto Gellmi .4, 3. An Dreien 
geldnen Lilien iſt's (das Schwert) zu fennen, die auf der Stlinge ein⸗ 
geſchlagen find. Schiller, Jungfrau v. > 1, 10. Wie oft hl ägt 
man einen Weg ein und wird davon ab geleitet! Söthe, Wahlver⸗ 
wandtichaften 2, 10. Zu raſchen Entſchlüffen aufgelegt, ſchlug ich 
ein und ſagte, fie möchte mit mir machen was fie wolle. Goͤthe, die 
neue Melufine. (Er) der Bergmann) fing an, den Landmann zu bes 
lehren, daß er Recht habe, bier einzuſchlagen. Goͤthe, Meiſters 
Lehrjahre 2, 4. (Er) dachte an das Einichlagen (des Bliges) in 
die Kirche. 3. Pau, Titan 22. ch wünſchte, er thäte es und 
tammelte alle dahin einf Deere Züge von Nohheit und Leichte 
finnigfeit. Schiller, Briefm. mit Goͤthe 4, 47. So geht e3 vom 
Lehrer zum Schüter, der, wenn er gut einichlä t, höhfens wieder 
Xehrer wird. Lichtenberg, Titer. Bemerkungen. Die Teei ber ſollen p 
= Schiffen reiten und einſchlagen (einfpannen). Lori, Lechrain 
Haft du die Welle gefeben, die über das Ufer einber ſchlug? 
— Weisſagungen des Babis 19. Die Flamme ſchla age hoch 
empor. Platen, rom. Dedipus 3. Am Himmel auch ſchwingen fle 
(die Binde) Wolfen und in gewaltigem Stoß entfchlagen fie roöth⸗ 
En Fener. Voß. Entſchlage dich diefer Gedanken. Göthe, Göß 
B. 5. Ber treulos fih des Dankes will entjchlagen, dem 
8* des Lügners freche Stirne nicht. Schiller, Jungfran v. O. 2,2. 
Die Belle nicht, die ihr entgegen ſchlug. Göthe, Fauſt 2, 115. 
Die entgegenihlagende Nachtluft wehte alle feine Slammen an. 
3. Baul, Hefperus 28. Mit feinem Snstenfteden ſchlug er auf 
"einen Hieb ihm das Genid entzwei. Pfeffel, der tolle Hund, Ver⸗ 
druß über fehlgeichlagne Unternehmungen. Göthe, Egmont 2. 
Nicht des Regens Guß, der draußen — herabſchlägt. Göthe, 
Hermann und = 9, 176. Es ſchlägt ſonſt euren jungen 





.688 


— — 





— — 


Sohn, den Blüthenzweig, ihr Schwert herab. Klopſtock, Hermauns- 
ſchlacht 7. Plöglih wurde im Dften die Nacht lichter, weil der zer⸗ 
flofiene Schimmer des Mondes an den Alpengebirgen, die ihn beded- 
ten, hberaufichlug. J. Paul, Hefperus 13. Nun fladen wir, bis 
fih Franz zu uns hereinfhlug Göthe, Götz v. B. 3. Mit 
Stürmen mich herumzuſchlagen. Böthe, Fauft 1, 33. Deun bat 
‚ihm nicht Hertha den Schild vom Arm beruntergeichlagen? 
Klopftod, Hermannsſchlacht 8. Ohne je fein Auge nach der vätetfi- 
hen Hand hinaufzufhlagen. Herder, Antrittspredigt in Bücke⸗ 
burg. Es war mir, als wenn mich der Donner in die Erd hinein⸗ 
ſchlüg. Göthe, Götz v.B. 3, Daß die eingeprebfe Flamme Tchlage 

u dem. Schwalh hinein. Schiller, Glocke. Den Fleiſchaufſchlag 

8 chlagen (unterſchlagen). Mandat v. 1760. Nicht niedriger 
fürwahr gedenf ich fie als um ein Koͤnigsſeepter loszuſchlagen 
Schiller, Wallenſteins Tod 3, 4. Die Kugeln ſchlugen dugendweile 
vor der Eskadıon nieder. Göthe, Kampagne in Frankreich 19. Sept. 
Wen Gott niederfchlägt, der richtet fich ſelbſt nicht auf. Goͤthe, 
Götz v. B. 5. Sie ſchlug die Augen liebid nieder. Göthe, Ret- 
ung: . Der Gang, den. ih an Ihrer Seite jebt Durchs Lager that, 
ihlägt meine Hoffnung nieder. Schiller, Piccolomini 1, 3. (Br 
. zum) den alten Mann, den treu bewährten Diener, mit ſchwerem 
Hohn zermalmend ntederfhlagen! Schiller, Wallenftens Tod 2 
6. Daß der König Alles niedergejchlagen habe, was wider mid 
(bei der Klage) urgiret werden Leſſing, Minna v. B. 4, 6. Ma. 
minus fchlug fih vor der Statt nider, belägert fie. Aventinus, 
Chronik 1580. Bl. 399. Sie fommen mir vor wie Leute, Die ben 
Begriff haben, es fönme und müſſe ein Thurm gebaut werden, und die 
doch an den Grund nicht mehr Steine und Arbeit verwenden, ald man 


allenfalls einer "Hütte unterfhlüge Göthe, Meiſters Lehrj. 6 


. (Rechts) feßte ſich Hatraddin nun,. mit unterthlagenen Beinen, 
auf den ſchwellenden Pfühl. Pyrker, Tuniſias 5. (Sie. hätten) fein 
"Bein nücht geſehen, daß er ihnen... .„ heimlich untergeſchlagen. 
J. Baul, Heſperus 8. . (Ih) unterfchlage der Freundfchaft mein 
gefährliches Geheimniß. Schiller, Don Karlos 5, 3. Wie viel mir 
ungefähr der Pächter unterfchlug. Canitz. Denkt, welchen Weg 


2. iht nehmen wollt, den erſten guten, den ich euch vorſchlug. Göͤthe, 


Benvenuto Bellini: 3, 8. Die kühnen poetifchen Stellen, ‚die aus der 
ftillen Fluth des Ganzen wie einzelne Blige. vorjchlagen, maden 
eine treffliche — Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 84. . Cs ſoll 
fainer hinten oder neben aus feiner berberg und hofraith fainen trüb 
oder farth haben, jonder ain yeder fein vieh den hüetern auß feiner 
innaw 1) vorn heraus auf freye ſtraſſen fürfchlagen. Schmeller 3, 440 





. 2) Ahd. innouua = Wohnung. BE 


R-; 





689 


aus dem 16. Jahrh. Der Eingang trug als Stirmblatt ein aftes 
Zifferblatt, wovon einmal der Donner gerade die Stunde Eins weg- 
geihlagen. 3. Paul, Titan 53. Daß eine Hellbarte mir nicht den 
Hirnkaften zerichlägt. Shalipeare, K. Heinrich VI. 2. Thl. 4, 10, 
(Er) zerſchlug mit grimm'gen Fäuften fih die Bruſt. Schiller, 
Marin Stuart 5, 13. Wie bebend fich Die Menge durch die Gärten 
md Felder zerſchlägt (zeritreut)! Göthe, Fauſt 1, 53. Da mag 
Kühnheit ſich an — zerſchlagen. Schiller. Das zuſchlagende 
Gitter faßte nur feinen weiten Ermel. Göthe Meiſters Wanderj. 1,4. 
(Er) hätte gern mit Fäuften zugeſchlagen. Göthe, Leben 14. 2. 
Mich verlangt fehr zu erfahren, wie Ihnen die Veränderung zu⸗ 
ſchlägt (bekommt). Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 8. Daß der 
Schauſpieldichter jeder hiftoriichen Begebenheit, die er behandelt, alles 
leihen müffe, was der poetiſchen Zaufhung zufhlägt. 3. Paul, 
Titan 9. Die Kreaturen des Tyrannen (des Todes) ſchlagen tüdifch 
der Verweſung zu. Schiller, Melandyolie an Laura. So wur jene 
Verwünſchung, anftatt daß ich fie hätte los werden follen, von meinen 
Lippen in mein eigned Herz zurüdgeichlaigen. Göthe, Lchen 11. 
8. Cr rüttelt die Thurmthür, fie ſchlägt ihn zurüd. Göthe, 
Zodtentanz. Ihr Gewand ſchlug fi) von der heftigen Bewegung zus 
rüd. Meißner. Ueber meinem Haupte ſchlug fait Die Glut zu— 
fammen. Göthe, ftirbt der Fuchs fo gilt der Balg. Hinter ihm 
Ihlagen die Sträudhe zufammen. Göthe, Campagne in Frankreich 
Duisburg. Indem fie den Brief zuſammenſchlägt. Leifing, Minna 
v. B. 5, 9. Imdem er vor Freuden die Hände zufammenfchlug. 
Göthe, Meifters Lehrjahre 7, 9. Die Herren LZutheraner haben vi 
leicht läuten und jedoch nicht zufambichlagen gehört‘). Nachbarn 
am Sierftiom 4, 17. — Sie balsflagten in an das Dr... Ber 
fpeit und verhalsflaget bit... Wan du wanggeflaget wurde. 
Schmeller 3, 442. . 

Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfegungen, 3. B. Gin 

unfihtbarer Regen von Schlummerbüften ſtärkt der ſchönen Dulderin mattfchlas 
gend Herz. Wieland, Oberon 12, 10. Mit handſchlagendem Lob. Voß, 
ulfe 3, a, 617. SJanchzend ficht Europa feinen Zeind an felbfigefhlagnen 
Bunden fi) verbluten. Schiller, Don Karlos 3, 10. In die erggefchlagenen 
Wunden. Voß, Ilias 19, 25. Biel fhönprangende Waffen der fampferfhlas 
genen Männer. Daf. 21, 301. 

Riedergefchlagen (Partic. Präter. von niederfchlagen) eigent« 
ih zu Boden gefchlagen; dann fig. der Kraft mıd Geltung benom- 
men; Durch irgend eine nn in eine, des Selbftgefühls und Des 
Selbftvertrauend wie der Ueberhebung benebmende traurige Gemüths- 
ſtimmung verjegt. — Hierauf folgten vegelmäßigere Truppen, ernfl und 


1) Das legte Zeichen mit mehreren Glocken zugleich geben, d. h. fle wiſſen wol 
etwas, aber nicht Mfles oder nicht: das Rechte: An andern Drten fügt die Volkes 
ſprache: „Er hat läuten hören, weiß aber nicht wo.” 

i “4 








0680 


verdrießlich, nicht aber etwa niedergeſchlagen oder beichämt. &ötbe, 

Campagne in Franfreidy. 

: Kleinmüthig (von flein ahd. chik)leini, mhb. kleine, altu. kien, mit 
telniederl. clèn, nennteberl. klein, ſchwed. klen?) und müthie ahd. muotic, 
von Muth f. E. 305) an Eeltfigefühl ver Rraft ufd Selbfivertranen beuoms 
men, mit dem Nebenbegriff einer ans dieſer Benommenheit hervorgegangenen 
traurigen Stimmung. Kleinlant ff. Laut &.329) von ſchwacher genreß 
tee Stinnme aus Benommenhelt des Seltitgefühls der Kraft ſowie tes Gelb: 
vertrauens , vornehmlich in Folge der Heradſtimmung hochfahrenden Weſens 
Furchtſam (mhd. vorhtsam f. Furcht bei Fahren) für Furcht empfäng⸗ 
lich. — Ehe ich etwa wieder Fleinmüutbin werde. Goöthe, Benvennto Gel 
Uni 2,12. Ih feh’ ihn (den Hund) ungewiß und furdtfam uns nmfyrimam. 
Goͤthe, Fauf 1, 68. 

Berichlagen (Partic. Bräter. von verjchlagen in fig. Beden⸗ 
tung) 1) gewandt erfinderifch, im Befondern mit dem Nebenbegriff des 
Verſteckten; dann auch, worin fi) das gewandt Erfiudertiche erkennen 
läßt; 2) flnnverwandt mit warm ſ. ©. 468 davon Verſchlagen⸗ 
heit. — Aber Schade! der verichlagene Spieler hat's nur in einer 
Karte verjehen. Schiller, Fiesto 5, 16. Wird doch, fagt’ ih zu mir 
feibft, Lift und a im Kriege gerühmt! Göthe, Cam⸗ 
dagne in Frankreich zum 11. Octbr. 

gif. S. 531. Davon liſtig goth. Nisteigs, ahd. listig, mhr. listig); 

Hinterlift (ahb. hintarlist, zu fchließen aus hinterlistiger) abſichtlich heim⸗ 

liche Lift (hinter tes Andern Rüden), dem Anbern unvermerft, inebeſondere 

auf deſſen Beeinträchtigung oder Echaden gerichtet; Arglift (abv. arc(g)> 
list, von arg ahd. arac, arc(g), mh. arc, agf. Earg, altn. argr, urfpräug 
lich — geizig) Liſt zu Kränkung und Schaden des Antern, recht Köfe ER, 

Schlau (fehlt ahd. und mhd., wol von niederd. slou, sluw, engl. siy, aftı. 

sleegr, sleegvitr) gefchickt erfinderifch in Anwentung unvermerfter Mittel; das 

von Schlauheit. Verſchmitzt (von ſchmitzen f. ſchmeißen) fein ver⸗ 
ſteckt erfinderifch, davon Verſchmitztheit. Priffig (dan. ſiſſig, von Bfiff 

f. pfeiffen) feinliftig zu fehneller, verſteckter Täufcbung; davon PBfiffig: 

feit, — Die Schlange wur liftiger denn alle Thier auff dem Felde. Luther, 

Bibelüberf. 1. Mof. 3, 1. Die liftigen Anlauf des Teufels. Daf. Gpbel. 

6, 11. Und Omars Mannen flürzen fhon mit blanfem Schwert anf ihn 

heran, zu firafen ob der Hinterlift den allzufhlauen Harmoſan. Blaten, 

Sarmofan. Wie hinterliftig treulos erſcheint mein Rath. Schiller, Maria 

Stuart 4, 4. Bol von Feinden iſt die Welt, Arglift Hat auf allen Pfaden, 

fromme Unſchuld zu verrathen, ihr befrieglich Netz geſtellt. Schiller, Braut 

v.M.. Dies iR vie gottlofefte Erfindung, bie jemahls tie arylifige Be 

trügerei erfonnen hat. Duſch. Wär’ th damals fo verfhmigt gemein. 


) Das entſprechende agf. chene, engl. clean bebentet nicht Elein, fordern 
rein. 














891 


Gothe, Benvenuto Cellini 4, 3. Weiß er die Rirfihen, die verfgmigt er 
vor den Manl mir wegfiipigt? Bürger, zum Spatz. Schlagen fie grob mit 
dem Schwerte drein, fo find wir pfiffig und treiben’s fein. Schiller, Wal⸗ 
lenſteins Lager 1. So was will ausgeführt fein, wie's erfunden ift, mit aller 

Bfiffigfeit, Gewandtheit. Leffing, Rathan d. M. 8, 4. 

Schlag (goth. slahs, ahd. mhd. slac, altn. slag, mittelniederd. 
siach\) 1) ein mit dem Schlagen verbundener, davon herrührender 
Lant: Domerſchlag; 2) der Zuſtand, Umftand, da etwas fchlägt; 
Schlag einer Uhr, des Puljes; 3) Gattung, Beichaffenheit eines Din- 

: Menfchenfhlag; 4) Handlung, da man jchlägt, die ſchnelle und 
Beftige Bewegung eines Körperd gegen den andern; 5) die Reihe, zu 
ſchlachten; 6) |. v. a. Schlagfluß (apoplexie); 7) ein Ding, welches 
ſchlägt oder womit geichlagen wird, auch der fperrende Schlagbaum, 8) 
Behfttnif, mit einer Fallthüre: Zaubenjchlag; 9) was gefchlagen wird, 
wie auch was durch Schlagen bewirkt, hervorgebracht wird: Geld von 
demielben Schlag, einen Wald in Schläge eintheilen; 10) dasjenige, 
der Ort, woran gefchlagen wird (beſonders in der Scifferfprache); 
11) Tiefe des Berges, in welcher der Eifenwirker arbeitet, oder der 
Ort in den Salzberggruben; 2) die Fährte, Spur; 13) Reihe, in 
welche das Grad unter der Senfe binfällt (Schwade). — Die Uhr 
thut in der Naht elf Schläge. Lichtwer. Es fanden ſich dort oft 
Menſchen, wo nicht von rohften, doch vom plattſten Schlage ein. 
Böthe, Meifters Lehrj. 6. Fried’, ihr Herm! Wollt ihr mit Schläs 
gen enden? Schiller, Wallenfteins Lager 11. Zopp! Und Schlag 
auf Schlag! Göthe, Fauſt 1, 806. Metzger, an welchen der Schlag 
ft. Bayreuth. Verord. v. 1732. Daß mein Bater, vom Schlag 
gerührt, zwar noth finnliche Kemtniß von der Welt, aber weder gei- 
itige noch förperlihe Thätigkeit gegen. diejelbe behalten bat. Göthe, - 
Meifters Banderj. 3, 13, Franz von Sickingen hält vor dem Schlag. 
Goͤthe, Gib v. B. 4. Nachdem die junge Dane eine kurze Zeit am 
Schlage, der einen Kutſche geitanden. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 6, 
Ich bewunderte feinen (des Vogels) janften und melodiihen Schlag. 
4. v. Humboldt, Teneriffa. Einen gleichen Wuchs hatten nur noch 
die äfteften Schläge (der Waldımgen). Göthe, Meilters Lehrj.7, 6, 

Aum. 1. Agſ. iR släge = Mord, slecge = Hammer; altn. sloegr = 
Schmied, sloegja — abgemefjene Wieſe, Theil einer Wieſe. Mhd. slage iſt Spur, 


insbejondere Spur des eintretenden Hufe, den ber Reiter hinter ſich läßt; auch Ham⸗ 
mer und Schwade. | 


Anm. 2. Für Schläge hat die Volfsfprache verfchiebene Ausdrücke: Fänge, 
Birgas (virgas — Ruthen), Bumpes. Auch im Simpliciifimus 1, 30 heißt 
es: Da värffteit font greulich Pumpes kriegen. Das Wort fcheint eine bloße 
Schallnachahmung zu fein. 

Aufſchlag hat außer den aus aufjchlagen fich ergebenden Ber 
Deutungen nod) folgende: 1) DVerfteigerung; 2) (im Forſtweſen) junges 
Holz aus jchwerem (beim Fallen aufichlagendem) Samen; 3) Verſchie⸗ 

er 








692 





bung des Gerichts auf eine fpätere Zeit; 4) eine erhöhete Abgabe 

von ein» und ausgehenden Waaren. — Die (Leute) er an ihren lan- 

en Röden, großen Auffhlägen für ein Commando Landmiliz er⸗ 
annte. Göthe, Meifters Lehrj. 1, 13. Da beinahe eine Thräne oder 
ein Seufzer ald Aufihlag, der entrichtet werden mußte, auf jeden 

Leib Brod gelegt war. 3. Paul, Siebenkäs 5. 

Anflug if. fliegen) if junges Holz, aus angeflogenem (Flug⸗) Samen 
entftanden. — Draußen im Anfluge, im Hintergrunde des Wälbchene. 9. 
Baul, Hefperus 9. Große Stredten, befonters gegen Terracina, find mit Bes 
den und Bappeln angeflogen. Göthe, ital. Reife Jondi 25. Behr. 1787. 

Beifchlag. 1) eine faliche nachgeſchlagene Münze; 2) uneheliches 

Kind überhaupt; 3) (Volksſprache) eine Erhöhung von einigen Stufen 

vor den Häufern, auf welche man in Diefelben eingehet. — Jugurta 

diefer Beyſchlag. H. Sachs. 

Uneheliches Kind (von Ehe, ahbd. Ewa, dwe, éa, &, mhd. &1) rin 
anßer der Ehe erzengtes Kind. Unechtes Kind (v. echt, v. aht. mhp. At, 
anf. seht — dae Gigennefen, Gigenthum, gehört zu goth. Kigan ©. 1) 
ungelebmäßiges Kind, gränzt nahe an uneheliches Kind. Natürliches Kind 
iR für eine Perfon höheren Standes von ungefegmäßiger Abſtammung üblich 
(deutet auf fleifcpliche Verbindung nech Neigung), Kebskind (mhd. kebes- 
kint, a. ahd. diu chöpisa, köbis, mhp. köbes, köhese, agf. cifese, ceafese 
Kebeweib, Beiſchläferin, von unausgemachter Herleitung, wol mit abe. 
chupisi = Hütte verwandt, da das Kebsweib, im Gegenfag zur ran, in 
einer fchlechten Hütte gehalten wurde; f. Grimm, Geh. d. d. Spr. ©. 18; 
Colin. iR kefsi, kepsi, kefsir — Knecht) iſt veraltet. Hart beſchimpfender 
Ausdruck if Hurenkind (ſeltner Hurkind, älternhd. huronkind, ale. 
huor—, huarch(k)int(d), von Hure, goth. hörjö, ans hörs = Hurer 
geſchloſſen, fanffr. jara Hurer, ahd. huorâ, huorrä, huarrä, agſ. hure, 
mbd. huore, engl, whor, van. hore, ſchwed. hors, ſlav. kurwa, 
fpan. gorrona). Banfert (eig. Bankart) if niedere unehrliche Venen 
nung eines unehelichen Kindes, gleichfam als eines auf der Bank, im Gegen 
fag zum Ghebett, erzeugten. Früher fand in gleidyer Ableitung der Bänf- 
ling, das Bänkelkind. Baſtard (mhd. und älternhd. basthart, entichet 
aus dem ıtal, bastardo, franz. bätard, von ital. basso, frau bas = nie 
rig) iſt der mit einer Niebrigen, einer Yrauensperfon geringern Standes, eine 
Unebentürtigen unchelich Graeugte, bei den frühern Schrijtiiellern nicht immer 
mit Rüdfiht auf nneheliche Geburt; aber dann das In jener Weile von einm 
an Grburt Erhabenen außer dem Chebett gezeugte Rind; in letzterer Beziehung 
felon Ghrenbenennung, mie der Graf Dunvis, Baſtard von Orleaue, in 
Schillers Jungfrau v. DO. Blendling (von enal. blend, agf. blendan, 
ahd. plantan, altn. blanda, goth. blandan = miſchen) ift der aus ber us 





2) rüber Geſetz (daher die alt und nen, d. 4 Teftament, Bund) fpäter Ehe 
„Der dentſche Sinn behielt, im Gefühl der Heiligkeit des Battenrerhältwifee, für 
dieſes den Auedruck bei, womit er früher Befeg bezeichneter Graff. 








693 


ehelichen fleiſchlichen Bermifchung von Perſonen ungleichen Gtandes Erzeugie; 
anch der Miſchling von verſchiedenen Hunderagen. Das Jungfernkind iſt 
das vor der he geborne Rind. — Gin mohlbenanntes Bolf ſind gleichwohl 
Hurenfinder! Bey Bauern beißt man fie nichts Deo minder; bey Bürgern 
befier noch Bankart; und im Geſchlechte ver Cdeln, Baftarte; und Bey⸗ 
ſchlag, aud Unächte bei Fürſt und Königen. Logan, Sinnged. 975. Und 
führt den Kebsfohn Ik dein Haus. Wieland. Su was von Baflart oder 
Banfert. Leffing. IA das Kind unehelich geboren, oder wie man fpricht, 
von der Bank gefallen, ſo Heißt ee Bänkling. Hanler. 

Durchſchlag 1) die Handlung, da man durchſchlägt; 2) was 
durchgeſchlagen wird oder worden iſt; 3) ein Werkzeug, womit ober 
durch weldyes etwas eſhlagen wird. 

Seihe (auch Seige, ahd. siha, mhd. sihe, f. ſeihen) iſt allgemein 
Gefäß mit ſiebartig durchlöchertem Boden, um Flüſſiges von Feſtem und Fei⸗ 
neres von Gröberem abzuſondern, indem man das Flüſſige und Feinere durch⸗ 

. Iaufen läßt. — Wie der Moſt, im gröheren Siebe gepreſſet, zinnt, und ver 
bit au der Seig' rinengenden Deffuungen abläuft. Voß. 

Todſchlag (io Göthe, Grimm u. A., font auh Todtſchlag) 
eig. Tödtung durch Schlagbewegung; dann als „itrafbare Schuld zu= 
— Zödtung eines Menſchen“, insbeſondere nach gemeinem deut« 
her Rechtsbegriffe „die in dem Affect des Zorus unüberlegt begangene 
Toͤdtung“ (v. Feuerbach). — Im Ahd. unterfchied man offenen 
und heimlichen Todichlag. Jener hieß slahta, manslahta, mhd. 
manslaht (man = Menſch); diefer, bejonders von gewaltfamer Töd⸗ 
tung mit heimlichem Berbergen des Leichnams, Mord. S. Grimm, 
d. Rechtsalterth. 2, 635. — Er jolle mich fahen und am Orte, da 
der Todſchlag geichehen fei, fogleich aufhängen laſſen. Göthe, Ben—⸗ 
venuto Cellini 2, 1.— Jetzt ſtrecke Dich dar zu dem Todesſchlage. 
Eonnenberg. — Der Mond bedeut der Perfier gie Mannſchlacht 
vnd Blutwergießen. Aventinus, Chronik 1580, BL 89. 

Mord (ſ. S. 682) war zimächſt Benennung des heimlichen Tod⸗ 
ſchlags; dann uberhaupt ehrloſer Todſchlag; nhd. vorbedächtig abfichtliche, 
vorſätzliche Tödtung eines Menſchen. Meuchelmord (vun ahd. mühhan, 

mhd. müchen = ranben, verſteckt und tückiſch etwas thun?), ahd. mühöo, 
mühhäri, mhb. müchsore- = Räuber, ahd. muchilari = Meuchelmoͤrder) iſt 
die anter abfichtlicher Taäuſchung des Getödteten vollbrachte vorſätzliche Täntung, 
eines Menſchen durch änfere Verletzung. — (Bon euch) ſel meines Motrdes 
Klag’ erhoben! Schiller, Kraniche des Ibykus. j 

Ab n— (f. ©. 430), Ms— di. ©. 619, Be—, 
Einfhlag u. a; Baum—, Fehl—, Flach —, Kreuz —, uer—, 
Rod—, Wetter—, Wind—, Zauberfhlag u. a.; die wmeigentlich 
zufanmengefegten Garten—, Rerven—, Ruthen—, Edjwerteriählag 

1) Nah Grimm (Gram. II, 988) von einem verloren goth. ſtarken Berbum 


miukan — beimlich tödten. Luther fagt noch: Maufen, meucdheln und machen 
was fe wollen... Darumb teuffeln und meufeln fie, daher ihre loſen Griffe. 


696 


J 


fallend erſchien. Göthe, Leben 14. B. Dagegen will ich keinen Hauch 
und feinen Pulsſchlag läugnen. Göthe, Zaffo 2, 4. Er ſchien 
mit den Rathſchlägen der wunderbaren Geftalt ſehr vertraut zu 
fein. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 13. Der Ritterichlag felbit ge 
ſchah mit hergebrachten... Symbolen. Göthe, Leben 12. B. Der 
Zactichlag des Dreſchens. Göthe, Wahlo. 2, 4. Daß man nicht 
gar einen Taubenf —— hätte bauen können. Göthe, Benve⸗ 
nuto Cellini 4, 2. Eruft begleiten ihre (der Glocke) TZrauerichläge 
einen Bandrer auf dem legten Wege. Schiller, Glode. Des Rennes 
fhmetternder Trommelſchlag. Klopftod, an J. H. Voß. Nur da 
Kududsruf verfiehbend und den fchlihten Wachtelſchlag. Uhland, 
der Jäger. Die Lerche fenkte fich tieffreifend auf ihr Net m WBai- 
zenihlag. Kofegarten, Die Unſchuld. Miſcht Cuch mit unirer Trom⸗ 
mel Wirbelſchlag. Shafkeſpeare, Antonius und Eleopatra 4, 8. 
Welche (Rundungen) nad. einerlei Zirfelihlag ausgefchnitten find. 


Söthe, Farbenlehre 16. — Und ahnend fliegt’e, mit Bligesihlage 


durch alle Herzen. Schiller, Kraniche des Ibykus. Ich, der mit je 
dem Herzensichlag ihr angehört. Wieland, Oberon 8, 45. Rim- 
mer mochten ihn bezwingen Schwerterfchläge, Lanzenſtöße. Uh— 
land, der Faftilifhe Ritter 2 Ein Wellenſchlag erſchreckt ihr 
unglüdahnend Ohr. Wieland, Oberon 8, 5t. Am Wogenſchlage 
des Meeres. Voß, Ilias 1, 437, 

Sälage die (mhd. slahe — Werkzeug zum Glatt» und Feftflo- 
yfen), Schlagung, Schläger (ahd. slago, slaho, slagio, slecco, 
Fer slahäri = Mörder, Hammerjchwinger, mhd. slaher — Woll⸗ 
Ihläger) —Ihlager; Schlägerei, fhlagerifch (veraltet), Schlä- 
gel (auch Schlegel, ahd. slegil, :mhd. slegel = Hammer, Keule), 

hiegler (Ritter mit filbernen Schlägeln) ſchlägeln (auch ſchle⸗ 
geln = mit einem Schlegel fchlagen). — Die Ausfhlagung des 
: Anerbietend. Meißner, Selten gefchah es, daß man den übrigen Mil 
——— eine Angelegenheit non Belang zur Berathſchlagung vor 
egte. Schiller, Eardinal Granvella. Schmalz, defien Einer zu eigener 
Hausnothdurft und Befhlagung (Beſtellung) feines Gewerbs be 
nöthiget. Wagner, Eivil- und Cameralbeamt. 2, 30. Der Beſchla⸗ 
ger hadt und legt in die vollgeftoßenen Salzkufen den obern Boden 
ein. Lori, Bergrecht. Bänkelfänger, Hackbretſchläger. Uhland, 
Gloſſen 2. Metne Schwefter hatte eine Kartenſchlägerin bei fi. 
Göthe, Leben 9. B. Wo jener fromme Lautenſchläger weile. 
Mlaten, rom. Dedipus 4. eich eine: menfchenfreundliche Bege i 
wird die Sündflut in fo offenbarem Aufſchluß ihres Rathſchlagers 
und Geſchichtbeſchreibers. Herder. Man hört fle wohl Die freud’gen 
Telynſchläger. Uhland, Gefang und. Srieg 2. Und. ein Zubtz 
Ihläger? Schiller, Räuber 4, 3. (Du) verwidelft ihn in Schlä- 

gereien, Daf. 2, 3, Pritſchen ſchlageriſch. Fiſchart, Gargantna 








697 


S. 109. — Trummel und Schlägel. Göthe, Jahrmarktsfeſt zu 
Plundersweilern. ih und Eifen und einen tüchtigeh Hammer. 
Göthe, Wanderj. 1, 3. Gibt die Kuh Lein Milch mehr, er verbauft 
fie unter den Schlegel (Werkzeug. oder Ort zum Schlachten). Seb. 
Franf. Eiſenmeiſter, Schlegel ( Gefangemmwärter) oder Scherg. Lori, 
Lechrain v. 1616. Der. Auguftinermönh rüttelte ſeinen Schlegel 
teine gewiffe Art Haube mit einem Umſchlag am Hintertgeil). Oeſterl. 
Beiht ©. 231. Mein Sohn, das find die Schlegler, die ſchlagen 
kräftig deein. Uhland, der Ueberfall im Wildbad. Holgihlegelet 
(Ymperativ). Yıldart, Gargantna S. 151. Holzfihlegelige Bär 
sentapen. Dat. ©. 135. * 
Lende (ahd. lentt, miho. leude, aliſ. lendi, agfı lend, ſchwed. dän. länd, 
engl. loyn, wol verwandt mit agf. lunda = Fett, Speck) die Nierengegend 
des Letbes, d. i. Körperfläche über, umter und zunächſt hinter dem Haftfnochen. 
Oickbein (angelehnt an. did, ſtatt Died, ahb: dag dich, mäb. 
diech, agf. dhioh, dheo, engl. thigh) der obere dire Theil des Beines über 
dem Knie aufwärts, Kenle (md. kiule) benennt dieſen Körpertheil nach ver 
Korm did zulaufender Maffe und wird nur von Thieren gebraucht, wie aud) 
Schlägel (von ver Aehnlichkeit des Schlagewerkzeuges Schlägel). Der ums 
faſſendſe Name bei dem Menfchen wie bei’ dem Thiere für den amannten Kör⸗ 
vertheil it Schenkel (ahr, scincal, seinkel, md. schönkel, von ahd din 
scinhA, scinca, där scinho, agf. scancah, mhd. schinke — Beinrühre, dann 
Schiufen, von einem verloren Verbum skinkan, scinhan). — Meine 
nadien Schultern, Bin und Senden. Wöthe, Satyros 3. In den FVleiſch⸗ 
banken hängen die Theile der Ochſen, Kälber, Schöpfe niemals Aus, ohne 
daß neben dem Fett zugleich die Seite oder die Keule flark vergoldet. Böthe, 
ital. Reife Neapel 29. Mai 1787. Run hebt fi der Schenkel, nun wadelt 
das Bein. Göthe, Todtentanz. 
Anm. Urſchlag, Urfhlehfe(S.619) Ausfchlag, Blattern in veraltet. — 
Weil mid die Urſchlechte fo ververbt hätten. Simplicifimns 4, 10. 
Schlagader, —artig, —balfen, —ball, —balſam, —band, —bar, 
— bauer, —beere, —bett, — blau, —blod, —bogen, — bohret, —brüde, 
—brunnen, —bug, —degen, —eifen, —falle, —faß, —feder, —gatter, 
locke, — old, — bahn, — hammer, —heftel, —holz, —hüter, — korn, 
| t, — iuh, — lien, —Ioth, — mitiel, —nagel,. — neß, — note, 
—pfeahl, — pfoſte, —pulver, —pumpe, —pitze, —tegen, —ring, 
—xdhre, — ruthe, —faat; —fame, — ſchatten, —ſchatz, — ſcheibe, 
—ſchieber, — ſchluͤſſel, — ſchreiber, — ſchwelle, — ſeite, —fpindel, 
er ‚, —fampfe, — ſtaͤnder, —tange, —ftein, — ſtuͤck, —taube, 
—tudh, — verband, —wachtel, -— wand, — waſſer, — weite, —welle, - 
— perl, -muden.a; Schlaͤ(e)geleiſen, —fiſch, —geiell, —grube, 
—topf, —krieg, — lahm, — milch, —muß, —welle n. a; Schlä- 
ermühle; Abſchlageiſen, —wiſch; Abſchlags anleihe, —zah— 
g; Anſchlagfaden, —rad, —zettel; Aufſchlagholz, —ſchau⸗ 








688 


fel, — waſſer; Ausſchlagfänſtel, —ſteiger; Ausſchlagsfieber, 
—ſchuppe, —ihuppig; Beſchlagleine, —leger, —legung, — 

— nehmer, —nehmung, —tafche, —zange, —zeug; Beſchlagsver⸗ 
walter, — verwaltung, —verweier; Durdidlagbier, —eiſen, 
— hammer, —meißel, —ideere, —tuch; Einſchlagſchiene, —ſeide; 
Nachſchlagebuch, — haken; Niederfhläglupfer, —mittd, 
Umſchlagblei, —bahren, —eiſen, —tuch; Verſchlageſſen; 
—hammer, —fohle; Vorſchlaghammer. — (Sie werden) - 
Schlagbaum an unfre Brüden, nujte Thore feben. Schiller, Tel 
2, 1. Wie Widder nad) den Auen ganz matt und hungrig ſehn mad 
(hlägebäudig ziehn. Opitz. Ein Menſch, :der öfter wird mit 
Prügeln. übergangen, wid endlih. jhlägefaul, Opitz. Der Arme 
darf nicht liegen nach dem Schlagetodt der Liebe da. A. W. Schle⸗ 
gel, Schlagfertig und wachſam. Pyrker, Rudolph 7. Sie kriegen 
noch einen Schlagfluß. Göthe, Götz v. B. 1. (Sie) Imäpfte die 
Schnur des Schlaggewidhts an den Nagel. Bob, der 70. Ge 
burtötag 71. Das find die Gletſcher, die des Nachts jo donnern und 
uns die Schlaglawinen niederjenden. Schiller, Zel 3, 8. Worin 
er dieſes Herderiche Probeftüd mit wunderlihen Schla glihtern be: 
leuchtet. - Göthe, ‚Leben 12. B. Ein Weib, das emer deutichen 
Schlaguhr gleicht. Shafeipeare, Liebes Leid und Luft 2, 2. Er 
rief den Schlegwärter. H. v. Kleift, Kohlhaas. Es find die her 
ben Häupter der Schlegelbrüderichaft. Uhland, die drei Könige 
zu Heimen. Aus Anſchlagzetteln von Reifefünftlern. I 
Heiperus 1. Der Strang des ne wird in 
waffer getaudyt. Gothe, Meifters Wanderj. 3, 5. 

Anm. Schlafitiich (niederd. slafittge, langer Schoß oder Zipfel von 
- Kleidern) if verfürzt aus Shlanf itich. — ahd. slegifödera, mhb. slege- 
veder = Schlagfeder. — Schlegmild chlegelmilch, Shlemild = 
Da fonft — — uf der — Schlomilch — 6% ar 

auchen, [hlebaudhen = bett athmen, ſo daß der Sand ſchlegen ja 
Davon ae ah Schlibaud.' 

Sehlacht 1) die Handhurg — man ſchlaͤgt, auch en 9 
finnverwandt mit Treffen (ſ. S. 55); 3) Damm, Bollwerk an uw 
in einem Wafler; 4) (veraltet) Bellen, Art (gotb. abd. —— 
mhd. slahte, mittelniederl. schlachte). — Zu der andern und dritten 
Shlädt. Die Sauſchlächt hat man nad) dem neuen jar. 
Scmeller g, 497. Zu den Waſſerwerchen, Schladhten und Archen 
ſoll fein geſchlachtes Holz verbraucht werden werden. Forſtordu. v. 
1616. Bann ſchon ein gutes Pferd aus Barbarei nicht kommen, 
— feine en. (Gefchlecht) ſchon nicht von Napels iſt genom⸗ 

men. Opiß. Schlachten war's, nicht eine Schlacht. Ehe 
Jungfrau v. O — 8 — (Sie) ſchlagen Erobererſchlacht. Aop⸗ 
ſtock, der Ero strieg. Wie tief in der Feldſchlacht — 
ein Gottesleugner fich wälzt. Klopftock, Meſſias 4, 4. Rollten 


—O 





Kriegeswagen daher durchs Wüſte der Grauenſchlacht. Sonnenberg. 
Kam jet von der Luftfihlacht müde zuräd. Sonnenberg. (Darf 
ein Weib) in die Männerſchlacht fih milden? Schiller, Jungfrau 
v. O. 3, 4. Das haben wir für jene Mordſchlacht. Schiller, 
Wallenſteius Tod 3, 15.. Ad! das feurige Roß, nicht in Olympus 
Renubahn nicht ungelobt und in der Reiterſchlacht. Voß. Der 
von Titanen fang und Rieſenſchlachten. Schiller Im Kichte der 
brauſenden Seeſchlacht. Pyrker, Tuniflas 1. Sie zug Des BWelfen- 
ſammlers Panzer an, bewehrte ſich zur Unglücksſchlacht. Bürger, 
Ilias. Ins lange, tiefe Thal der Waldſchlacht. Klopftock, Wingolf 
5. Haft du fie nicht von Millionen Bürgern erſtritten in der Waſ⸗ 
ſerſchlacht? Schiller, die uniberwinderliche Flotte. 

Anm. Die latein. pronominate Revensart ejus modi, ejus generis (dieſer 
Art) wird mhr. durch slahte and hande ausgedrückt, was nhd. noch fortbeſteht in 
allerhand. Got hät drier siahte kind, daz kristen, juden, heiden sint. 
Die hänt ouch drier hante lebn. Vridankes bescheidenheit. Ja aud in 
dem Wagenrade fiehſt du dreierhande Stud: Gtabe, Belge, Speiche Br. 
Schlegel, Karl und. Roland, : 

Schlachten (ahd. slahtön, mhd. slahten) 1) (veraltet) arte; 
2) mit einem fhneidenden ‚Werkzeug umbringen, und zwar gewöhnlich 
nur vom Zödten des Viehes, um es als Nahrungsmittel zu gebrau— 
chen, oder zu opfern geſagt; davon uneigentlich und felten aufopfent; 
3) (ſelten) kämpfen im Kriege. — Das von ſchlachten in Bed. .2. 

ildete jchlaläschteln gehört mehr der Volksſprache an. — Die 
inder ſchlachten ofjt nach den vätern. Agricola, Sprichw. 646. 
Bei einen Bauer am Nagel hing ein gemäftetes Schwein, erſt heute 
geſchlachtet. Göthe, Reineke Fuchs 1, 121. Gott ift die Xiebe, 
waun ummachtet auch Krieg und Peſt die Völker ſchlachtet. Voß, 
Gott die Liebe. Auch bier wird Schlaht geſchlachtet. Klopftad. 
AU meine Freuden hab’ ich dir geſchlachtet. Schiller, Refignation. 
— ir haben heut nach. altem u! ein Schweinden abgeihladr- 
tet. Uhland, Mepelfuppenlied, — Der Kirchenpropſt ift aber da ger 
legen aufm Rüffel, wie en Or, den man auf Die Kirhweih Tchlach- 
telt. PBortiuneulabüchlein 77. | 


Schlächter (ahd. stahtäri) iſt zunaͤchſt überhaupt der biutig 
ZTödtende; dann und vornehmlich mer aus blutigem Tödten gleichfam 
ein Geſchaͤft macht; im engern Sinne wer das Schlachten des Viehes 
als ein Geſchaͤft betreibt; im engften Sinne wer das Schlachten des 
Schlachwiehes zum: Fleiſchverkauf gewerbemäßig betreibt, Schlad- 
- tung d. is Handlung des Schlachtens. — Mich (ſpricht Oreſt) Haben 
Re um Schlächter ausirkoren, zum Mörder . meiner doch verehrten 
Mutter. Goͤthe, Iphigenie 2, 1. Der biuf’ge Diener dieſes todten 
Schlädters (Macbeth). Schiller, Machet 5, 14. Das Krumm⸗ 
holz war es, der. Schlächter hatte Daran das Schwein gehängt. 





700. 


@öthe, Reineke Fuchs 1, 138. Mehr zur aan in — 
als er Meſſer hatte. Shafefpeare, Eymbeline 5, 3 
Megger (bei Geller v. K. metziger), — * Metzler (abe. 
möziläri, mho. mötzelere — Schlachtviehverkaͤufer, Inhaber und Betreiber 
‘einer Feilbank, befonders einer Fleiſchbank, Iat. macellarius, von lat. ma- 
cellım — Speifemarkt, f. goth. mats, ahd. maz — Speiſe &. 656, verwankt 
mit Meffer, goth. mäitan = fchneiben, ahd. maigan meißen, meis 
ßeln ſ. ©. 556) iſt der oberbeutiche Ausdruck für Schlädter im emgien 
Siune, und zeigt befonders den an, ber eine Fleiſchbank bat. Fleiſcher 
(von Fleiſch ahd. fleisc, mhP. vleisch, agf. floest, engl. flesh, ſchwed. dan. 
flesk) ih eigentlich der das Gewerbe der Fleiſchbank Betreibende. — Die 
Metz ger glaubten das größte Recht an einen Ochſen zu haben, den fie un 
zerflüct in die Küche geliefert. Böthe, Leben 5. B. Das if ber res 
mit hauendem Beil. &. Schwab, der- Fleifcher von Gonflanz. 


Schlachtfeld und Kampfplatz unterſcheiden ſich im erften Barte 
wie Schlacht und Kampf (f. ©. 55), im zweiten wie Held (meite 
Fläche) und Platz (beſchränkterer Raum). — Daß man anf dem 
| —* zwiſchen den Reihen der Getödteten einen Frieden 

ſchloß, läßt ſich wohl denken. Göthe, Leben.4. B. Soll dieſe Stadt 
zum Schladtgefilde werden? Schiller, Wallenfteind Tod 3, 0. 
Eben trat Garzia fingend auf den Kampfplatz. Herder, Eid 2. 


Wahlplatz (von Wahl ahd. mhr. wal, agf. wäl, altn. valr — Nie 
berlage der Leichen auf dem Schlachtfelde, Inbegriff der Erſchlagenen) um 
das umfafiendere Wahlſt att (mhd. walstat, agſ. wälstow) bezeichnen bie 
Stätte des blutigen Kampfes auf Leben und Tod, ſet es in ber Schlacht oder 
im Bweifampfe. — Daß abermals eine Geſellſchaft ungebetener Gaſte Diefen 
Wahlplatz befuchen möchte Böthe, Meifters Lehrj. 4, 6. Nein! wir haben 
um Judas Lohn, um klingend Gold und Silber, den König auf der Wahl; 
hatt nicht gelaffen. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 5. 


Schlachtbar, —bär, —beil, — eſſen, — geld, —geſaug, — hau⸗ 
fen; — haus, —berr, —laterne, —meifter, — monat, —ochs, — ord⸗ 
‚nung, —pferd, —pofe, — ſchreiber, —Ichlüfiel, —fteuer, —fuppe, 
—tag, — verband, —vogt, — wagen, —wurm, —zettel, gua; 
Schlabtenmahler, —ſturm u. a; Schlüdterbau ‚hä, 
— Sohn. — Da er geführet ward, gleich einem Lamme, zur Schlacht⸗ 
banf. Klopſtock, Meffias_ 13, 234 Bon Schlachtbegier gan 
heiß und feurig. Collin. Mit jeinen ſchlachtberühmten Schymern 
Bürger, Bor dem Aug des ſchlachtbezwungnen Olympheers. 
- Sonnenberg. Wie Epaminondgs auf dem Schlahtblode ein Gef: 
fremd iſt. J. Paul. Und überall wieder it Schlachtbrand. 
Sonnenberg. Ob jedes dem mähtign Schlachtdrang haltbar fich 
wie. > er, Rudolph 11. Der Ka tapfere Feſd⸗ 
herr. Dal. 3. Daß nicht die Welt in der Schlachterſchütt'rung 

















01 
vergeh”. Sonnenberg. Du friegerzeugte, ſchlachterzogne, junge 
But! Göthe, Fauſt %, 190. Hebend das Schlachter. Voß: 
Und lagern fi vor den Altar, und überall wie Friedrich I. fü 
ſchlachtfertig. % Paul. (Er) glaubt feinen erften Herrn im 
Shlahtgedräng. zu fehn. Wieland, Oberon 6, 3. Das findet 
fh fonft im Schladtgemenge leicht. Benzel-Sternau. So ſprach 
er, Stolz und Feuer im Blick, zum ſchlachtgerüſteten Drfus, 
Someuberg. Ha! ſchon ſtrahlt er dort in vollem Schlachtgeſchmeide! 
Kretſchmann. Den Wiederhall der Eppichklüfte ſchreckt kein Schlacht⸗ 
geſchoß. Salis, an ein Thal; Ihr Zammer zog unkenntlich als ein 
em Schlachtgeſchrei um ihn. 3 Paul. Sol mir au 
Shlahtgetäf’ und Weheruf ertönen neuerdings? Collin. Sieg- 
trımten biet' ich nun im Schlachtgetümmel dem Tode Troß. Haug. 
HM er ja des Tydeus Ihlahtgeübter Sohn. Bürger. Heraus, 
zu Streit in friicher Luft mit Muth und Schlachtgewehr. Gleim. 
(Sie) jah hinab in's Schlahtgewühl, Uhland, Maillage. Leli 
Alphorod fand zu dem Steit ... als der Schlachtgott. Son- 
nenberg. Dein Siegesblid uns beuchtet im furchtbaren Schlacht⸗ 
tau’n! Pyrker, Rudolph 8. Hauchete Ungewitter herab von den 
ippen ind Schlachtgraus. Sonnenberg. Den Streich nach feinem 
geſchloſſenen Schlachthelm führend. Pyrker, Rudolph 9. Ihr ferns 
binhallendes Schlachtlied. Byrker, Tuniſias 4, In der Erwartung 
des Robespierrifhen Schlachtmeifers. 3. Baul. Taufend Schlacht⸗ 
opfer. Sciller,. Marta Stuart 2, 2. :Sein blut'ges Schlacht⸗ 
panier ift ausgehängt. Shafipeare, 3. Eifar 5, 1. Du vereitelft 


im Schwindel der Wuth ja den. Schlachtplan. Sonnenberg. Ein- - 


zugehn in Der Troer und Danger furchtbare Schlachtreihn. Voß, 
Yins 4, 65, Ihn den trauteften Freund nach dem Schlachtreihn— 
brecher Adhilleus. "Daj. 16, 147. Das Schlahtroß fleigt und 
die Trompeten fingen. Schiller, Jungfrau v. DO. Prolog 4. Und 
graunvoll brüllet der Schlachtruf. Voß. Und Schlachtſchiff 
ſtürzte nach Schlachtſchiff nieder zum Abgrund. Sonnenberg. Und 
des Planes Labyrinth voll, ließ er den Schlachtſchild ſinken. 
Sonnenberg. Das Schlachtſchwert leuchtet heil. Uhland, Ludwig 
d. B. 3. Den bintigen Schlachtftaub von den. Gliedern zu was 
ſchen. G. Schwab, Leichenfeier des Patroflus. Nur der Entwurf 
anes ſolchen Schlachtitüds kitzelte ſeine Laune. J. Paul, Heſperus 
%. Und dreimahl den Schlachtſturm bier abdrangend. Somenr 
berg. Ins Schlachtthal zu gießen Friedrih Wodans Blut. Schu⸗ 
bart. Hörft du hente nicht mein Rufen, nicht der Schlachttrom— 
meten Klang? Uhland, Gt. — Ritter. (Als nun) gekommen 
dad Schlachtvieh. Voß, Odyffee 17, 169. — Schlachtenbereit, 
wird jeder ein Weltzerſtoͤrer. Sonnenberg. Stets erſpaͤhend dem 
Schlachtengang der Heere von Abdus. Sonnenberg. Und es 


702 


ritten die Führer zum Schlachte ugebieter und ſprachen. Sonnen 
Br (Sie) erretten oft ihn im Schlahtengemeng. Purer, 
Audolph 3. Und die Schild' umd die ehernen Panzer der Tauſende 
zaufhten Schlabtengeräufd. Sonnenberg. Die Wage des 
Schlahtengeihides ſchwaukte. Pyrker, Tuniflas 6. il ich 
den theueren Sohn aus dem nn ee 
Boß, Ilias 5,377. Aber nicht jeder Eroberer, nicht je ach⸗ 
tengewinner und Stadiverwüfter iſt ein Held. ne Stets 
warit du im Schlachtengewitter, leuchtend, ein Stern. Pyrlker, 
Rudolph 8. Ein ſchlachtengewohntes, Welten zerivetendes Heer. 
Sonnenberg. Dem ihlachtenkühnen Polypöt erlag Aetgalus. 
Dürger, 3 verfommen wäre der immer ſchlachtenſatte Gott 
allhier. Bürger. Caͤſar, ſchlachtenſtolz. Shakſpeare, Autonins 
und Cleopatraͤ 3, 11. Das ſchlachtenvolle Jahr 1794. J. Banl. 
Geſchlecht (ahd. gaslahti, geslahte, mhd. geslehte, von slahte 
S. 699) 1) überhaupt Inbegriff ähnlicher Gattungen, im Bejondern 
Unterfcheidung zwiſchen den natürlichen Geſchlechtsverhältniſſen lebender 
Weſen; 2) Gleichheit des Herkommens, bejonders die von einem ges 
meinfchaftlihen Stammwater abftammenden Perſonen zufammengenom- 
men, Zamilienftamm; 3) alle in einem Zeitraum lebenden Menſchen 
un — Wenn wir mit Heren Euviar die Ordnung 
er Spechte eingeben laffen, fo muß diejer außerordentliche Vogel ins 
Geſchlecht der Sperlinge gebracht werden, deren Gattungen durh 
beinahe unmerfliche Webergänge mit einander verbunden find. 9. v. 
Humboldt, die Felshoͤhle von Guachara. Die -deutihe Sprache zeigt, 
gleich der indiſchen, griechifchen, lateiniſchen und ſlaviſchen, für alle 
und jede Nomina ein dreifaches Geſchlecht. Grimm, Grammatik IN, 
311. ir aigen lüt an mannen und an frowen, mit namen ain Ge- 
ihlacht, genant Dr — Lorenz Zürn, Anna Zürnin. Mon. 
boica 22, 503 v. J.1 Sie (Gefege.und Rechte) —— von 
Geſchlecht fih zum ———— Goͤthe, Fauſt 1, 97. Aus 
allen Geſchlechten. Klopftod, Meifias 15, 19. (Es) werden ihn 
ganze Geſchlechte zur neuen Schöpfung erwadhen. Daſ. 4, 1188 
(Sonft hat der Blur. gewöhnlih Geſchlechter) — Das Bergge- 
fhledt der ger Boß. Unſer Brudergeſchlecht. Klopfied, 
Meifias 5, 256. Im el der fommenden Enkelgeſchlechter. 
Voß, Alias 6, 358. Wenn der (Felsbewohner) won dieſen Luftſtrei⸗ 
chern (Vögeln) — die ganzen Erdgeſchlechter ſchließen wollte? 
Herder. Doch die Gerechtigkeit it des Zeus jungfräuliche Tochter, 
beifig und hehr nu dem Göttergeſchlecht er Dem boben Olym⸗ 
pos. Voß. Welcher zwiihen mid und das WMenſchengeſchlecht 
fich geſtellt hat. Klopſtock, ie 5, 54. Doc nicht weil mein 
Muttergeichlecht preiswürdi u anbub. Voß, Ovids Metam. 18, 
147. Zum mühſeligen Staubgeſchlecht ſenl' jebt frenndlich dem 





703 


Fug. Doß. Ueber der Leihe des Stäublingsgeſchlechts. 
Sonnenberg. Daß mein Schwert ein Sündergeihlecht in den 
Tartarus ſtürzte. Sonnenberg. Und liegts vor ihm da, dad Traum⸗ 
geſchlecht. Sonnenberg. Und ein Vogelgeſchlecht den Waldun— 
zuwaͤchſt. Voß. Dem liederreichen Waldgeſchlecht. Voß. Vom 
eibe mir ekles Weibsgeſchlecht! Göthe, Fauſt 2, 48. 

Art (ſ. S. 288) if derjenige Grad der Cintheilung, wu die Merkmale 
als naͤchſter ausfaießender Begriff zuſammentreten; bei Perfonen von über- 
eindinnmender Befchaffenkeit. Gattung (von Batte f. bei begeben) eine 
Geſammtheit von Arten. Orbnyug (f. ordnen ©. 5) eine Geſammtheit 
von Geſchlechtern. Claſſe (lat. classis) eine Geſammtheit von Ordnungen. 
Reith (ſ. ©. 839) eine Geſammtheit von Claſſen. — Haus (in allen beuts 
fen Wundarten häs) wird nhd. nur vun hoben, angefehenen Geſchlechtern 
oder Ihren Zweigen geſagt. Familie (lat. familie) if die blutéeverwandte 
Hansgenoflenfchaft. — Aber das wollten Sie ja eben wiſſen, ob Hermann 

"(das Gedicht: Hermann und Dorothea) nur eine epifche Art oder bie ganze 

Gattung darſtelle. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 81.— Bud es war ein 

langer fireit zwifichen dem Haufe Saul und dem Haufe Dauid. Luther, Bir 

beläßerf. 2. Cam. 8, 1. Noch einer bedeutenden Familie muß ich gebenfen, 

Goͤthe, Leben 2.2. 

Geſchlechtlich, — los; Geſchlechtsalter, art, —baum, — en⸗ 
dung, —fall, — folge, —gut, —kunde, —lehre, — leiter, — luſt, 
—name, — regiſter, — ſaͤule, — ſtamm, — tafel, —tag, -—trieb, — un⸗ 
terſchied, — rkunde, —wappen, — wort, —zeihen u. a. — Es iſt 
gleichſam das Anfangsbild, der glaͤnzende ausgemahlte, erſte Buchſtabe 
des ganzen Geſchlechtsbriefes. Herder. Daran liegt wenig, ob 
die Gef chlechtsforſcher das Haus Brandenburg von den Colonna's 
ableiten. Brandenb. Denkwuͤrdigkeiten. Daß auf der durch dich (Adam) 
verluchten Erde Mühe und Arbeit mit jedem sa 
(mit jedem Gliede eines Geſchlechts) wuchs. Herder. Unſer älteres 
und fpätere Geſchlechtsreife wirkendes Klima. Zimmermann. 
Guſtav, zwifchen und der Zon der Geſchlechtsſchmeichelei? 
Benzel-Sternau. Worin die verpuppten Seelen ihrer meiften Ge- 
ſchlechtsſchweſtern ihr Dajein verträumen. Wieland. 

Geſchlacht (ahd. gislaht, mhd. geslaht) von demielben Ge: 
ſchlecht, von derjelben (namentlich guten) Art, iſt nhd. außer Gebrauch; 
erhalten bat fi Dagegen das verneinende, ungeſchlacht, unge— 
jchbachtig (ahd. ungislaht, mhd. ungeslacht) von ſchlimmem wi- 
derwärtigem Weſen; davon in Rauh- und Rohheit dem zuwider ge- 
bend oder jeiend, was nur irgend den Anforderimgen an gutes, ge- 
ſchicktes aͤußeres Verhalten gemäß if. — Der chunig (König) von 
Engeland. tft der allerreicheſt, wann die woll zu allem geſchlachten 

ud chompt (kommt) aus jeinem land, Schmeller 3, 438. Was 
in der Jugend Wildes und Ungeſchlachtes lebt. Goͤthe, Leben 13. 














j 704 





3. Zur Burg des ungefhladhten Rieſen. Wieland, Oberon 8, 
14. Abwehrend Luft und Ungefſchlachtheit. Voß, der Rebenſproß. 
Auff das jr ſeid unftrefflich mitten unter dem unfchlad tigen vnd verlern⸗ 
tem Gefchlecht. Luther, Bibelüberf. Phil. 2, 15. Die vnartigen vnd vn⸗ 
ſchlachtigen finder % Agricola, Sprihw. 94. Cr bat große 
Freudigfeit unter diefem unſchlachtigen DVolfe von Namen feines 
Herrn zu zeugen. 3. W. ſtrummacher, Elias (1847) 7. Predigt. 
Unarfig (f..artig ©. 238) zumächft in wiberwärtige Naturbefegeffenheit 
ansgewichen; dann der dem entfprechenden äußern Berhalten gegen ben Autern 
eigner Naturhefchaffenheit zuwider gehend. Ungefittet (f. Sitte ©. 3) 
der guten Form zu handeln und zu leben, aus dem Geſichtspuncte und nad 
den Gefühle der Schicklichkelt und Anſtändigkeit in Beziehung zu dem Junern 
eines freien Weſens beurtfieilt, zumidergehend uber hantelnd. Ungezogen 
(ahd. unkizogan, mh. ungezogen, f. ziehen) dem zuwider gehen» ober 
haudelnd, was eine auch nur etwas gute Erziehung gibt. Unhöflich (mbr. 
unhövelich, f. Hof S. 639) eigentlich dem Hofton der feinern Eitte ın: 
wider gehend; ohne das, fo twie bem zuwidergehend oder handelud, was man 
im Aeußern an Achlungsbezeigung und Mufmerffamfeit gegen ven Andern fer: 
dert. Bäuerifch (von Bauer mhd. büre, bür, für gebüre, gebür, Rit 
wohner, Bebauer von Beldgut, von ahd. pür, mhr. bür, Wohmmg, von 
bauen ©. 623) eigentlich niedrig ländlich; dann in niedrig ländlicher Weiſe 
ungebilnet, Tölpiſch (älterahb. dölpisch, engl. dolpisch, von älternfk. 
dölp = Tölpel, 1597 ſchon dölppel, aus mhb. dörper, dürpel, törpel = 
Dörfer, von Dorf goth.thaurp, ahd. ditb)orf, thorfiph), thorp, altf. tkorp; 
vgl. lat. turbo) ungebildet mit unbeholfenem, ungeſchickten Wein. Erst 
(ad. gerob, grob, mhb. grop, altı. gröfr, flaw. grub; vgl. engl. gruff = 
fiiteurauß, ruff —= rauf, agſ. reofan, altu. ridfa — drechen) rauh, maſſen⸗ 
haft rauh; durch Maſſenhaftigkeit, Rarke Unfeinheit, Rauhigkeit in Weußerung 
gegen den Andern das Zarigefühl und feine Sitte beleidigenbd. Plamp f S 
163. Täppifch (von Tappe ©. 638) ungeſchickt fchwerfällig in feinem 
Thun; ungeſchickt blindlings in etwas verfahrnd. — Gin unartiger Com 
mer. Logan, Sinngeb. 244. Gegen Humboldt iR der Ausfall uuartie 
Schiller, Briefw. mit Goͤthe 5, 155. Sie konnen eiuen nngefitteten Ge 
ner viellcicht an mir finden, aber ficherlih keinen namoralifchen. Leſſteg 
Anti⸗Goͤge 2. Bin Kind iR ungezogen, wenn es aus Degierbe, Seichtiimz, 
Ungeſtüm den Borfchriften einer guten Erziehung entgegenhandelt. Geiler. 
Sein vüfteres Weſen erfchien nit unhöflich, er konnte vielmehr für einem 
wohlerzogenen jungen Mann gelin. Gothe, Campagne in Fraukreich Dust 
burg Novbr. Beim rauhen Klang der bäuriſchen Schalmeyen. Geonegf. 
Ich Hätte aber doch fo ein Tölpel wicht fein follen. Leſſing, Minwe =. . 
5, 14. Wo er größer und tölpifcher geworken war. Gothe, Leben 13,8. 
Gr kann die allzu höfichen Damen eben fo wenig leiden, als bie allın gre- 
ben Wirte. Leffing, Minna v. DB. 2, 6. Der Grobiau! Plate, wer 
hängnisvolle Babel 2, Eutmütbig, aber täyppifch, GBölhe, Leben 4. 8. 











705 


Schlaächtig ift nur in einigen Zufammenfegungen gebräuchlich: 
Einen Hirſch taufhläctig haben (von Tauſchlag = Spur im 
hau) = defien Fährte, Getfecht, Alter im Thau erkennen. Schmel⸗ 
ler 3, 444. Die (Rinne) das nöthige Waſſer einer jenfeits ftehenden 
oberihlächtigen Mühle — Söthe, Campagne in Frank⸗ 
reich 23. Aug. 1792. Zweiſchlächtig in feiner innerſten Anlage 
(d. h. nad) dem Himmel und nach der Erde hinneigend). J. v. Görres, 
chriſtl. Myſtik 1, 51. 

Aum. 1. Schmeller (8, 429) führt noch an: dunnerfhlädtig — 
vom Blitz getroffen ober zu kreffen; faulſchlächtig Hol; — von Yäulniß anges 
ce ; erzfhlähtig — an einer mit Herzfchlägen verbundenen Krankheit 
eidend, was bei Pferden auh bauchſchlächtig heißt; mannſchlächtig = * 
mannsfüchtig; ſcha urſchlächtig = vom Hagel getroffen oder ihm ausgeſetzt; 
ſchelmenſchläaͤchtig = ſchelmiſch; wafferfhlädhtig — nad Wafler riechenb 
oder ſchmeckend; wetterfhlädhtig — vom Wetter verborhen. 

Anm. 2. Schlecht (gotb. slaiths, ahd. mhd. släht, altn. slättr, agf. slith, 
engl. slight, holländ. siegt, nieberf. sligt, ſchwed. slät, dan. slägt, ital. schietto, 
provengal. esclet) wird von Weigand zu altu. slikja, ahd. sithhan (ſchleichen) 
geedntt, mit ber en „fh anfchmiegend, fanft“, von Schwenck und 

adernagel mit größerer Wahrfcheinlichkeit ig en, im Sinne von 
„breit, Huch gefchlagen“. Ans diefer Bedeutung entwidelten ſich: in gerader Fläche 
ober Sinie, eben, gerad, glatt: (fig.) gerade vor ſich gehend, fih nicht erhebend, 
einfach, un efünftelt (fol 41); — niedrig; an Werth von niedrigem 
Grad mit Mangel nöthiger und guter Bigenfchaften, 


Tragen. 


Wurzel trag; vgl. fanffe. dhri = halten, lat. trahere — ziehen; 
gr. rosyar, dor. zgaygew, Zut. Hosboum — laufen. Wadernagel 
vgl gr. sogar —= fell machen, dann füttern, ernaͤhren. 

©. pflegen S. 624.) 


Trage, trug, getragen, tragen (ahd. traku, truoc, truoku- 
mes, trakandr, trakan, tragan; mhd. trage, truoc, truogen, ge 
tragen, tragen; agſ. altj. dragan, altn. draga == tragen, gehen, 
führen, fchwed. draga, engl. drag, draw = ziehen) heißt 1) ur⸗ 
ferimglich wol ziehen; dann 2) gewöhnlich fowol einen unterftügend 
oder überhaupt durch eine Kraft gehaltenen Gegenftand fortbewegen, 
a8 auch allgemein unterftügend oder überhaupt vermittelft einer Kraft 
halten; davon 3) weiter etwas übel Empfindbares auf fich wirfen 
baben, ohne es gerade abwenden zu können oder zu wollen; 4) (von 
manchen Thieren) mit einer Leibesfrucht fchwanger gehen, dann auch 
von unbelebten Dingen gefagt: der Baum trägt; 5) (von Kleidungs⸗ 
ſtücken, Puß 2c.) an fich haben, bekleidet fein, auch auf die Körper: 
baltung angewendet; 6) für haben in verfchiedenen Bedeutungen und 
mit verſchiedenen Nebenbegriffen, immer aber mit Hindeutung auf eine 
gewiffe (angenehme oder unangenehme, leichte oder jchwere, wirkliche 
oder in übertragenem Sinne geuommene) Luft: fih mit einem Gedan- 

0) 








706 
ken, Ehre von etwas, ein Amt, Sorge für etwas, Leid um etwas, 
Geduld '); 7) Cin der Tonkunft) die Stimme fanft von einem Ton 
zum andern übergehen laften; &) (vom Geficht, von Schießgewehren) 
reichen; 9) etwas in ein Buch einfchreiben, den Gedanken gleichſam 
wahrnehmbar in dasſelbe tragen; 10) (veraltet) angeben, anzeigen. — 
Was man ſchwarz auf weiß befigt, kann man getroſt nach Hauſe 
tragen. Göthe, Fauſt 1, 97. Du trägft dein gutes Herz in den 
Augen und auf der Zunge, ohne daß du daran denkſt. Gellert. So 
trägt Bauholz von abgefchälten Bäumen weit mehr al8 von berin- 
deten. J. Raul. Zu deiner Ehre will ich alle Plagen, Schmach und 
. Berfolgung ohne Murten tragen. Ramler. Böſe Früchte trägt 
die boͤſe Sant. Schiller. Eben die Zeit, die einen Virgil umd Dora 
trug, hatte auch einen Bapius und Mävius. Gottſched. Luftige 

gel, Die gerne ſchwatzen, — fich ſauber und führen > 
Schiller Wallenſteins Lager 1. Er trägt ein Koller von Elends- 
haut. Daſ. 6. Der (Vater) an meinem Zragen mid Behaben noch 
mand)es ausbefierte. Göthe, Leben 9. B. Ich fühle Muth mich in 
die Welt zu wagen, der Erde Web, der Erde Glück zu tragen. 
BSöthe, Fauſt 1, 33. Ich fage Ihnen, daß ich eben den Gehorfam 
gegen Sie trage, den id) meinem Bater ſchuldig bin. Gellert. Der 
Buͤſche traurig Grün fheint Leid um mich zu tragen. Gronegf. 
Dieweil wir vom Rath als die Regenten der Stadt Regensburg in 
die Kön. Miftt. getragen find, al folten wir durch unfre Regiment 
Schaden und Berderben bringen, Gemeiner, Reg. Chron. 4, 21. 
Leiden (f. d.) unangenehme, traurig flimmende Impfindung haben: Daun 
allgemein Einwirkung auf ſich zulaffen, vun Lebendigem wie Lebloſem, in Bes 
ziehung auf Unangenehmes wie auch auf Angenehmes; überhaupt unthätig 
gefchehen laffen, unthätig zulafien, e& mag Unangenehmes oder auch Ange 
nehmes fein. Dulden (f. © 491) Unangenehmes, im Befondern aubauern- 
des, willig und ergeben auf ich haben. und auf fish laſſen, doch if das Eu—⸗ 
pfindliche des Unangenehmen für die Perfon nicht nothiwenbig damit verbunden, 
wie mit leiden. Ausftehen (f. ſtehen) betroffenes Unangeuehme, is 
berwärtige, oder was body dafür angefehen wird, überflehen, ohne zu erliegen. 
Grdulden, erleiden, ertragen erklären fich aus ben einfachen Verben. 
— Nur wer die Sehnfucht Eennt, weiß, was ich leide. Goͤthe, Meiſters 
Lehrj. 4, 11: Was hab’ ich nicht getragen und gelitten in tiefer Che 
unglüidsvullen Bund. Schiller, Wallentteins Tod 3, 8. Sag’ es nur, ich 
will es dulden, flille leiden weine Schulden. Göthe, Jery und Bätely, 
Ste (die Frau von Laroche) ſchien an allem Theil zu nehmen, aber im 
Grunde wirfte nichts auf fie. Sie war mild gegen alles und konnte alles 
dulden ohne zu leiden. &öthe, Leben 3 B. Sullen wir des neuen Joches 
5 Schaͤndlichkeit ei erdulden, erleiden von dem fremden Knecht, was uns im 


1) Dahin läßt fi wol auch die in neuefter Zeit fehr oft gebranchte, aber 
nicht zu empfehleude Redeneart: „einer Sadıe Rechnung tragen“ ziehen. 





707 


feiner Macht fein Kaiſer durfte bieten? Schiller, Tel 3, & Nun follte aber 
unfere Liebe noch eine ſonderbare Prüfung ausſt ehn. Göthe, Leben 11. 2. 
Bald mochte ich ihn leiden, bald konnte th ihn nicht auſtehn. Shak⸗ 
ipeare, So wie es euch gefällt 3, 3 


Abfragen 1) durch Tragen abfondern, niederreißen, entfernen 
befonders allerlei fleine Eßmwaaren und andere Bedürfniffe heimlich weg: 
tragen: ein Dach, die Speifen; 2) eine Schuld (übernommene Laſt) 
bezahlen; 3) cin der Meß- und Zeichenkunft) fo viel al8 übertragen: 
einen Riß, gewiffe Maße; 4) durch Tragen abnügen: ein Seid; 5) 
(befonders von Fruchtbäumen, Aeckern ꝛc. gefagt) fih müde tragen; 
6) 4Jagerſprache) einen Leithund abtragen, d. i. ihn von der Fährte 
tragen, damit er fie wieder finden lerne; (früher) einen Falken ab» 
tragen, d. i. ihn jo lange tragen, bis er zahm und abgerichtet iſt. — 
Sogar größere Städte tragen jebt ihre Wälle ab. Göthe, Wahl: 
verwandtichafter 2, 8. Sag’ mir das nicht, du haſt's in alten Tagen 
fängt an den Sohlen abgetragen. Göthe, Fauſt 2, 71. Sie ab- 
tragen, fielen ond lauffen hinweck. A. v. Eyb. Ungerecht Gut foll 
denen, jo e8 abtragen werden, wieder zugeftellt werden. - Selhamer. 
Die ganze umliegende Gegend ift in Bewegung, alte und neue Ge— 
Abde dankbar abzutragen. Göthe, St. Rochusfeſt. Eurer Hoheit 
unterthän’gen Dank für das Bewußte abzutragen. Schiller, Don 
Karlos 2, 5. Eine hagere Figur nahte ſich in einem — 
es Ellbogen mit Fleckchen befeßten Rode. Göthe, Meifters 
ehrj. 3, 1. 

Bezahlen (von Zahl S. 548) das fchulbige Geld entrichten — 
(Wollenfein:) Heut haft du den Bater dir, den glüdlichen, verpflichtet, und 
diefe Schuld muß Friedland felbfi bezahlen. (Mar:) Mein Fürſt! Du eil⸗ 
tet ſehr, fie abzutragen. Schiller, Biccolomini 2, 4 Indeß ihr bloß 
eine ſchwere geerbte Schuld, vie Ihr nun an eure Eltern nicht mehr bezah⸗ 
len könnt, an eure Kinder abtragt. I. Paul, Titan 58. 


Antrogen 1) an einen Drt tragen: Holz, Wafler, Kalk; 2) fo 
viel als anbieten, aber nur von wichtigen Dingen gejagt, infofern dieſe 
mit einer Hamdlung verfnüpft find; 3) etwas in Borichlag bringen: 
auf ein Geſetz; 4) (veraltet, noch hier und da in der Volksſprache) 
ar fih tragen, ein Kleid; 5) (wie 4) anklagen; 6) (wie 4) zu Rathe 
halten, fparfam gebrauchen. — Er ſchlug die angetragene Ehre 
mit der größten DBerachtung aus. Leſſing, Emilie Galotti 3, 1. Ich 
allein kann's nicht über das Herz bringen, jo hübſche Mädchen man 
mir aud) ſchon angetragen hat. Göthe, Zery und Bitely, (Er) 
war unermüdet, fi) zum Zröften anzutragen. Wieland, Oberon 
7, 3. (Weßhalb er) auf einen Spaziergang antrug. Göthe, Leben 
10. B. Drum trag’ ih darauf an, daß der Befehl gr Hinrichtung 
glei) ausgefertigt werdel Schiller, Maria Stuart 4, 6. 


45% 





708 j 


Darbieten (ſ. bieten) überhaupt Jemanden etwas vorbringen ober hin⸗ 
flellen, aber nicht gerabe zur Annahme Anbieten und anerbieten Ser 
manden etwas zur Annahme bringen, er mag es nun annehmen oder nicht. 
Erbieten (nur von Perfonen) deutet darauf hin, daß das Bieten von ber 
Perfon aus, entbieten (von Handlungen und Sachen), daß es zu der an- 
bern bingehe ober gefchehe (drückt Befehl, ein felerliches Vermelden ans). 
Anerbieten geht auf Perfonen wie auf Handlungen und Sachen. — Jetzt 
ift der Augenblid gekommen, wo auch ich der firengen Jungfrau fehwefterlich 
mich nahen, ihr den treu verfchwiegnen Bufen darbieten darf. Schiller, 
Zungfrau v. O. 3, 4. Die treue Neigung eines reblichen Gemüthe genügt 
ihr, und das flille Loos, das ich mit diefer Hand ihr anerbiete. Daf. 
Aus freiem Trieb, unaufgefordert Fam er, ſich felbft, fein Regiment bir en: 
zubieten. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 4. Was meine Hütte, was mein 
Feines Paradies zu eurer Nothdurft bat, iſt Herzlich euch erboten. Wielamb, 
Dberon 8, 10. Wozu ich jebt freiwillig mich erbiete. Schiller, Piccolo⸗ 
mini 4, 4. Sie entbieten mir einen Bertrag. Böthe, Götz v. B. 3. (Er 
lieg) alle Staatsräthe und Ritter zu fih entbieten. Schiller, Abfall d. N. 
4 B. Der Graf entbietet dir, er hab’ den ſchwed'ſchen Kanzler aufgefucht 
zu Halberftabt. Schiller, Piccolomini 2, 5. 

Auftragen 1) auf eine andere Sache tragen: Kohlen (in den 
Schmelzhütten) einen Schadyt Lin Bergwerfen), Speife; 2) (in weiterer 
Bedeutung) auf oder an eine andere Sache legen und dadurch mit 
derfelben verbinden, überziehen: Gold (beim Vergolden) auf Marmor, 
Kalt auf die Wand, einen Riß auf Papier; 3) ge Beforgung, Ver⸗ 
waltung übergeben (in Bezug auf den, der Die Berechtigung, für den 
Uebertragenden zu handeln, empfängt); 4) ganz abtragen: Kleidungs⸗ 
ftüde; 5) zu did fein, jo daß etwas Anderes nicht darauf paßt; 6) 
ehemaliger Zurnierausdrud. — Hieß fie den Tiſch deden, das Effen 
auftragen. Shakſpeare, der Kaufmann von Venedig 3, 5. Bird 
Grüße hat er uns an jeden aufgetragen. Göthe, Zauft 1, 109. 
Auftrug man die Helm allzumal am Montag in ein weiten Saal. 
H. Sachs. Daß wenn alte Stleider aufgetragen wurden, dieſe dazu 
gefeßt find neue zu machen. Shakſpeare, Antonius und Eleopatra 1, 2, 

Bevollmaͤchtigen (ſ. Bevollmächtigter &. 669) Iemanden wie 
ganze (volle), uneingefchränfte Macht (Vollmacht) geben, an feiner Statt zu 
handeln, und zwar bei einer wichtigen Sade. &. no übertragen ©. 
709. — (Wir haben) einen bevollmädtigten Envoye an einem befannten 
anfehnlichen Hofe. I. Panl, Titan 9. 

Betragen 1) auf eine Sadye fo viel tragen, als nöthig ift, oder 
als fle faſſen kann; 2) eine gewiffe Zahlengröße ausmachen; 3) ſich 
betragen, auf eine gewiffe Art handeln; ſich beföftigen, ſich begnügen. 
— Kurz, e8 beträgt wohl mehr, als hundert Thaler, die Rechnung. 
Voß, die Leibeigenen 52. Man ſchalt gewiß mein neneftes Betragen 
Schiller, Piccolomini 2, 2. Dan litte feine Hurerey nicht, mußt füch 


709 


jeder eines Weibs betragen. Aventinus, Ehronit 1580, BL. 17. 
Man trägt in folder Menge auf, Daß auch der Türke Scanderbeg, 
welcher alle Tag einen ganzen gebrattenen Hammel verzehrt, mit einer 
Schuͤßl fi konnt betragen (begnügen). P. Abraham. Der Geld- 
anlage für die Nachtfelde (Nachtherberge) follten fi) unſere gnädige 
Herren betragen, und ihre Jäger und Hunde felbft ausrichten. Derf. 
Belaufen fich (ſ. laufen) anwachſen, zu der durch die Zahlengröße 
benannten Höhe emporfleigen, nur von einer nicht unbedeutenden Zablengröße 
gefagt, die ans einzelnen Zahlen nach einander entflanden, — Ich bädhte, ich 
follte am beiten wiſſen, wie hoch fi ihr Vermögen beläuft. Gellert. 
Rachtragen 1) hinter Hertragen, tragend nachbringen; 2) hinten 
nach, nach) oder außer dem, zu dem, was jchon getragen ift, fragen: 
Holz, etwas in eine Rechnung; 3) eine gefchehene Sache nicht ver- . 
geffen, um den, der fle getban, gelegentlicd empfinden zu laffen, nur 
von Böfen gejagt, mit dem Nebenbegriff des Heimtüdijchen. — Könnt 
ihm die Fahne nachtragen in der Schlacht! Göthe, Egmont 1. &8 
verdroß mich, ohne daß ich's ihm nachgetragen hätte. Göthe, 
Leben 14. B. 
Gedenken (f. denken ©. 205) wird meiſt von Böfen, uber auch zu⸗ 
- wellen von Gutem gefagt. — Du ſchmähſt mich hinterrude? Das full mid 
wenig kränken. Du lobſt mich in's Gefiht? Das will ich dir gedenfen. 
Leſſing, Sinnged. 51. . j 
berfragen 1) von einem Drt zum andern, aus einem Raum 
in den andern tragen; 2) (uneigentlih) eine Stelle, eine Rechnung 
aus einem Buch in ein anderes, aus einer Sprache in eine andere ſ. 
S. 609; 3) (veraltet) hochmüthig fein; 4) über eine Fläche tragen, 
auftragen: eine Wand mit Kalt; 5) ſich übertragen, d. i. durch zu 
vieles Tragen fehwerer Dinge entkräften; 6) Jemanden die Beredhti- 
ung zur Ausführung gewiffer Handlungen flatt feiner geben; 7) (felten) 
Kir Andere über fich nehmend, tragen: der Reiche muß bei der Striegs- 
fteuer den Armen übertragen; 8) ertragen, erdulden überhaupt; 9) 
(veraltet) übereinfommen, einen Streit beilegen; 10) (veraltet) an⸗ 
jegen. — Meine frühere Neigung zu Gretchen hatte ich num auf ein 
ennchen übergetragen. Göthe, Leben 7. B. Wer von hochfart 
übertreit, wird der zu fpot, wem ift das leit? Boner, Fab. 69, 
Diefe Bibliothek übertrug Xerges in Perfien. Denis. Daß die 
Vollſtreckung des Richterfpruchs ihm übertragen werde. Schiller, 
Maria Stuart 4, 7. Und überträgt des Nächften jeine Schuld. 
Opitz. Die jeltiame Begebenheit ließ uns das Unbequeme über- 
tragen. Göthe, ital. Reife 9. Mai 1787. Jeder batte feine eigene 
Roth zu übertragen Göthe, Eampagne in Frankreich, Duisburg 
Rovbr. Es ift übertragen (ausgemacht) mit dem Hender. H. Sachs. 
Zu Unwarheit übertragen (angezeigt) werden. Gemeiner, Regensb, 
Chronik 4, 230. ö 





710 


Auftragen und Bevollmögtigen f. S. 708. 

Bertragen 1) in die ferne, wohin, auseinander tragen, in engerer 
Bedeutung an einen ungebörigen, unbekannten Drt tragen; 2) durch 
Zragen verbrauchen: Kleidungsſtücke; 3) Cmpfindbares, insbeſondere 
unangenehm Empfindbares ohne Widerftand Dagegen oder ohne Der- 
derbniß auf fi wirken laſſen; 4) (veraltet) Jemanden etwas nad: 
feben, es nicht ahnden; 5) Jemanden leiden fönnen; 6) das mas 
Einer gegen den Andern bat, aufheben, daß es diejer hingehen laͤßt 
und als ausgemacht annimmt; 7) (veraltet) überheben. — Vertragene 
Zumpen. Luther, Bibelüberf. Jer. 38, 11. Welches er mit Gedult 
vertrug. Hoffmannswaldau, Heldenbriefe 152. Daß du Pein und 
Leid vertragen kanſt. Opiß, deutiche poem. Breslau 1625 ©. 45. 
Wie man den argen ir mifjethat jol vertragen. Bei Oberlin. Bad 
fid verträgt mit meiner Pflicht, mag ich ihr gern erweifen. Schiller, 
Marta Stunt 2, 4 Sein Herr und er vertragen fih wie Kapen 
und Hunde. Shafipeare, der Kaufmann von Venedig 2, 2. Es bie 
ja alles wäre vertragen und geſchlichtet. Göthe, Götz v. B. & 
Drum bat der edle Graf von Rochepierre, der drinn befieblt, in Diejer 
hoͤchſten Noth vertragen mit dem Feind. Schiller, Sungfran v. O. 
1, 3. Uf daß er der unendlichen pein der höllen oder aber der un⸗ 
gemeſſenen ſtraff des fegfeuers mög vertragen ſein. Geiler von 
Keiſersberg. 

Ausſöhnen (von goth. sa4unjan, ahd. Suonan, suauan, sönjan, mb. 
suonen, sũenen, altſ. sönjan, ah. fühnen, zuwellen dichteriſch jühmen, 
von goth. saun — Löfegeld, ahd. suona, suana, mb. bie suone, Sücnt, 
der suon, mittelniederd. süme) eigentlich dem, was Uebles von Jemanden ger 
ſchehen ift, gänzlich genagthun, daß Alles vergeben if; daun machen, dei 
Alles, woburch fi) Jemand beleivigt fühlt, gänzlich vergeben und vergefien id, 
mit Wiederherſtellung des fried= und freundlichen Berbältnifies. Berföhnen 
weniger als ausföhnen, die Beleivigung nicht weiter beachten, verzeihen und 
das fried» und freundliche Verhältniß wieder herſtellen. — Er wünfcht ben 
Herzog Blofter mit euern Brüdern wieder auszufühnen. Sbakſpeate, 8. 
Richard III, 1, 3. Wir find verföhnt, feit heute find wir nicht Brüder von 
Geburt nur, nein von Herzen. Schiller, Braut v. M. 

Aus—, be— (ſ. S. 18), bean—, beauf—, bei— (I. S. 156), 
dar —, daher —, dahin —, davon —, durch —, ein— (|. S. 42), 
empor—, eut —, entgegen —, er —, fort —, heim —, her —, herab— 
se berauf— , heraus —, berein— , herüber—, Berum-, 

erunter—, hervor — , herzu —, bin —, hinab —, hinan —, Binauf-—, 
hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter—, hin⸗ 
weg — binzu— mit — nieder — um — umher —, vor —, voran —, vor 
aus —, vorbei—, vorüber —, weg —, zer—, zu— (ſ. S. 486), I 
rück — zufammen— und das neue fehanfragen find an fich klar 
und erläutern fich weiter aus nachfolgenden Beijpielen. — Die Sade 





7111 


mit Waffen austragen (entſcheiden). Dulher, ſalzb. Chronik 99, 
Mit Bergunft, Herr, wir wiffen jchon, wie viel 8 ansträgt (macht). 
Shafefpeare, Liebes Luft und Leid 5, 1. ES fand fi nicht einmal 
irgend Jemand, der fid) berufen gefühlt hätte, ihre (der Gapitulation) 
Ausführung zu beantragen. Rhein- u. Mofelzeitung 1847. Rro. 
274. In dieſem bedeutenden Moment fühlte fid) Lucidor abermals 
als Beauftragter. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9. Ein teutfcher 
Magen koͤnne fich wel mit ſolcher temticher Würk (Gewürz) betrageu 
(begnügen). Finegref, Apoph. 1, 182. Wer tft Dir gut dafür, Daß 
wicht anch die Liebe zu Diefer Neigung das Ihre beigetragen hat? 
Gellert. Zum reinften Dank der überreichen Spende Ka telbit erwie⸗ 
dernd nn darzutragen. Göthe, Ausjöhnung. Die gütige Mutter, 
welche die Dampfende Kanne dahertrug. Voß, Luife 1, 350, Das 
Lamm) er (der Wolf) iin blut'gen Rachen jhon Davontrug. Schiller, 
Jungfrau v. DO. Prolog 3. ährend die Magd des Mahles Geräth 
und Die feftlihen Gläſer eintrug. Voß, Luife 1, 100. Im Geſumf' 
eintragender Bienen. Dat, 152%. Der von der zeiten Gunft 
emporgetragen der Ehre höchſte Staffel raſch eritieg. Schiller. 
Fluges mit Gewalt fortraffend, enttru N in dus Meer der Orkan fie 
ferne vom Baterlande. Voß, Odyſſee 10, 48. Kaum trägt er feine 
Liebe der Huld entgegen, die von ferm ihm winkt. Tiedge, Urania 8. 
Du ſiehſt, Daß fie die Wahrheit nicht ertrüge. Schiller, Wallen- 
eins Tod 3, 4. Ihr tragt Alles offen fort. Schiller, Wallen- 
fteins Lager 8. Er flel blutend darnieder und wurde hineingetragen. 
% Baul, Titan 16. Ihr ließ't das Pr Schwert von Schott⸗ 
land... vor Euh hertragen. Schiller, Maria Stuart 1, 4. 
Kommt, o Freunde, die Koft uns herzutragen. Voß, Odyſſee 2, 
411. Die Kifte haben fie vom Wagen mit Gold und Geiz heran- 
getragen. Göthe, Kauf 2, 49. Um ihr etwas heraustragen 
zu beifen. Göthe, Meifters Lehrj. 1, 5. Trag' ih auf diefen Armen _ 
fie herüber, zur Luft des Heers, in das britann’fche Lager. Schiller, 
Jungfrau v. O. 2, 3. Was ich über ihn ſeit fo viel Sabre im Geift 
und Gemüth herumgetragen. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1805. 
Andere trugen die Flut des köſtlichen Weins in den Krügen freund— 
fih herum. Pyrker, Rudosph 10. Site wichen, aber der junge Bo— 
jorich ließ ſich ſchnell Hervortragen. Klopftod, Hermannſchlacht 6, 
Mich aus der Kindheit fabelhaften Tagen ſchnell auf des Lebens Gipfel 
—— Schiller, Wallenſteins Tod 4, 12. Die böſe Worte 
in und wieder trugen. Schiller, Braut v. M. Di aljo unge— 
trenlih gut hintragent (entwenden). Schmeller 1, 484. Xiebliche 
Binde zerfloffen vor ihm und trugen die Stimme, die fonft feine 
Geſchöpfe nicht hörten, 'hbinab zu dem Mittler. Klopſtock, Meifias 
2, 71. (Die Dinge) fonnten ja hinabgetragen werden. 3. Paul, 
Siebenfäs 6. Daß id) meine Arbeit binauftragen folle. Göthe, 


712 


Benvennto Gellini 1, 11. Ob er den en zugleih, wo die glän⸗ 
zenden Rüftungen lagen, u an der Deichfel Kine ‚ob binaus- 
trüg', hoch ihn erhebend. Voß, Ilias 10, 504. ib ber, ich will 
das hbinübertragen. Göthe, die Fiicherin. Weil ich den theuren 
Sohn aus dem Schlachtengetümmel hinwegtrug Voß, Zins 5, 
377. Engel! den zum Seelenkranken fanftes Mitleid niederträgt. 
Salis, Geſang an die Harmonie. (Die Afche foll) bei hohen Zeiten 
umgetragen werden. Shakſpeare, K. Heinrich VI. 1. Thl. 1, 6. 
Wer ift der neue, geborne Jehovah, der die Gottheit, fogar im flerb- 
fichen Leib, umberträgt? Klopftod, Meifins 2, 42% Haft wie 
den Zäufling die ſchmucke Gevatterin vorträgt! Voß, Luife 2, 435. 
- Und man trug ihnen Efien vor von feinem Tiſche. Luther, Bibel- 
überſ. 1. Mof. 483, 54. Es trägt Verſtand und rechter Sinn mit 
wenig Kunſt fi felber vor. Göthe, Fauft 1, 37. Wann fie dem 
Grundherm einen Anfall oder andere Verehrung gegeben hätten, wel- 
ches fie zur Behauptung einer Gerechtigleit nichts fürtragen Chelfen, 
nüßen) kann. Schmeller 1, 484 v. J. 1616. Als der Storch ihn 
jüngft beim Zuderbäder vorbeitrug. Göthe, Hermann udd Dore- 
thea 7, . AS man vor ihnen eine Sänfte vorübertrug. 3. 
Paul, Titan 37. Ich bin allein genug dev Göttin Bild auf wohl 
aa Schultern wegzutragen. öthe Iphigenie 4, & Die 
ch iger ee Ka miteinander (geriethen in Zwift). Aventinus, 
Ehroni . Mit ungewohnten Arm vom Ufer ganze Lager von 
Meergras, Schilf und Moos der Höhle zuzut ragen. Wieland, Oberon 
8, 49. Die rollenden Bogen trugen den fterbenden Ahab zu rück. 
Klopftod, Meifias 4, 15. Wir trugen nah und nach alles hinter⸗ 
laffene Zeltſtroh in der Umgegenb zufammen. Göthe, Campagne 
in Frankreich 29 ©. 1. (Sie) hätte den Götterfchein der Tugend 
fhaugetragen? Schiller, Don Kalos 2, 9, Bem im 
ein Zilz Aufopferung [hautrug! Voß, die Erleichterten 119. 

Anm, 1. Die Barticipien geftatten noch andere Iufammenfeßungen, z. B. Durch 
allmadhttragenbe Donner. Klopſtock, Meifias 1, 834. Bougentragende 
Amazune. Gerife. Neben ihm (fland) fein brodtragendes Hünblein. Goͤthe, 
St. Rochusfel. Die füähnleintragenden Lanzen. * Rudolph 9, Wenn 
ihm fern auch reicht dae Gebiet fruchttragender Aecker. Voß, Ilias 23, 832, 
An des Atlas Himmeltragenden Säulen. Schiller. Wir kranztragendes 
Baar. Voß, die Freigelafienen 140. Die Reihn bes lanzgentragenden Zus 
volks. Pyrker, Rudolph 7. Er wandt' auf Einmal fein (hredrntragendes 
Auge gegen einen der Todesengel. Klopftud, Meſſtas 18, 187. Gebratenes Fleiſch 
vließtragender Lämmer, Pyrfer, Rud. 3. Sein (Jupiters ſtabtragender Sohn. 
Merkurius, Voß. Nicht waffentragend durften fie ih nahe. Schiller, Braut 
v.M. Während er dem nachlief durch weizentragendes Blachfeld. Bes, 
Ilias 21, 600, N Monarchen. Schiller, Jungfrau v. D.3, 4 
— Säulengetragenes herrliches Dach! Schiller, Brautv.M. (Wer) fchwanft 
dem fummgetrag'nen Sarge nah? Sciller, Leichenphantafle. 

Anm. 8. Schautragen follte wie beantragen, beauftragen nad 
ſchwacher Conjugation gehen. 





713 


Trage (ahd. diu traga — Kindeswärterin, mhd. dör trage = 
Träger, (j. weiter ©. 48), Träger (ahd. tragäri, mhd, tragzere), 
Zragung an fi Klar, find einfach und in verfchiedenen Zuſammien⸗ 
feßungen; trägeriſch und Trägerei nur in Sufammenfehungen, Traget 
und Zregel veraltet und nur in der Volksſprache gebränuchlich — So 
haben ſich feit manchen Jahren Träger und Trägerinnen gebildet. 
Göthe, Weiters Wanderj. 1,6. Haben fl aus dem Elofter ze Trager 
(Eurator, Vertreter, Bormund) deffelben Hofes, des wir auch Trager 
fein ımd wejen wellen in aller Weis als Tragers Hecht if. Mon. 
boica 9, 154 v. 3. 1325: Vormunder, Gerhaber und —— 
(finnverw. Ausdr.) Lori, Lechrain v. J. 1616. — Schleichende Spaͤher 
und Austräger. Muſäus. Jeder vernünftige Deutſche kann Bei— 
träger der Erfüllung meines wohlmeinenden Wunſches werden. Seifert. 
Wenn's Händel ſetzt wegen des Vertrages, ſchlagen wir den Ver— 
trägern zuſammen die Köpf' ab. Göthe, u; v. B. 5. Eine Art 
von Iufligem Hin- und Wiederträger. öthe, Leben 17. 8. 
Wenn ich zugleich Brieffteller und Briefträger würde. J. Baul, 
Hefperns 18. Schnell wird ihn der beruhigende Gedanke... . von 
den im Grund friedlihen Geftnnungen des Degenträgers über- 
zeugen. Benzel-Sternau. Dein Sadelträger diefe Nacht zu fein. 
Shakeſpeare, Romeo und Julie 3, 5. Und fchnell dem Fahnen⸗ 
trä ger aus der Hand riß fie die Fahne. Schiller, Jungfrau v. O. 
1, 9. Weldher- (Sammler) Garnträger genannt wird. Göthe, 
Meifters Wanderj. 3, 5. Geberdenfpäher und Gefchichtenträgen. 
Schiller, Don Karlos 1, 1. Als gleich zwei Laftträger fih der 
telben (Koffer) bemächtigten. Göthe, ital, Reife 14. Mat 1787. Unjere 
Sabina hatte fih acht... Kappadocier p ihren Leibträgern angeſchafft. 
Boͤttiger. Wer bildet denn Die Neuigkeitstraͤger? Goͤthe, Unterh. 
deutſcher Ausgew. Auf der Landſtraße ſprangen zwei Sänftenträger 
... dahin. J. Paul, Heſperus 10. Werde wohlgemaͤſteter Sei⸗ 
denträger. Benzel-Sternau. Der Kinder Vormund und Treuw⸗ 
trager. Aventinus, Chronik 1580 Bl. 304. Vom Sultan am bis 
zu den Waſſerträgern. Wieland, Oberon 14, 6% — Die Traget 
(jo viel auf einmal getragen werden kann). Anſpach. Verordnung v. 
1697, 1764. O wehe dir, du achſelträgeriſches Geſchlecht. F. 
W. Krummacher, Elias 7. Pred. (1847). Die Achſelträgerei 
der Gelehrten. 3. Paul. Die bekannte Idee, der gleichſam ſymbo⸗ 
liihen Uebertragung der vollendeten Holzbauconftruftion auf den Ban 
mit Steinen weiß er jehr gut durchzuführen. Goͤthe, Briefw.m. Sch.3, 149. 


Aum. Beraltet find: die Trag, die Tragney — Bormundfchaft, Bes 


tragnuß — Berköfligung: hochtragen — hochmüthig: Dielen hochtragnen 
und kdheſartigen Spaniol. Selhamer. Logau (Sinnged. 117) ſagt: Wer will 
Bertunda Holz, Hochträctig auch wohl nennen? — Tregel (mhbd. tregel = 
Träger) hieß fange eine Collecte, zu welcher die Schullehrer (und Geiſtlichen) zu 
gewiſſen durch ein altes Herkommen berechtigt waren. Ahd. beißt dieſelbe 





714 


samentrogel, sametregil, samtrigel, sämentrugile, mhb. saurentragel, sam- 
trügel, samtregele. 

—trag und —träglich ſind nur in Zuſammenſetzungen gebräuch- 
lich. — Nehmen Sie mit dem Abtrag von anderer Leute Gajtung 
vorlieb! Schiller, Fiesko 1, 12. Vielleicht empfung’ ich einen Theil 
der Schuld, erwart ich bier den Abtrag in Geduld. Shafipeare, 
Sommernadtstraum 3, 2. Auf der Mühl joll aller Abtrag (Ent—⸗ 
wendung) vernieden werden. Schmeller 1, 482. Oft wich ich jeinem 
Antrag mühſam aus Göthe, Iphigenie 1, 2 (Daß) auſehnliche 
Heirathbsanträge an mic gethan wurden. Göthe, Meiſters Lehrj. 
6. So weit ging weder men Auftrag, Daß ich wüßte, noch mein 
Eifer. Schiller, PBiccolomini 1, 2. Nur Bettler willen ihres Guts 
Betrag. Shakeſpeare, Romeo und Julie 2, 6. Micky dauert nur 
der Geldbetrag. Platen, rom. Dedipus 2. Die ihr feinen Ein- 
trag thut. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 4. Die abgeriffenen Faͤden 
werden angefnüpft, der Eintrag auf Kleine Spuhlen gewunden. Dat. 
3, 5. Welcher an das einträglihe Scaffueramt Anfpruch machen 
wollte. Daſ. 1, 2. Bon des geerbten Grundes Ertrag. Voß, Bbi- 
lemon und Baucis 66. Zweitaufend Kronen Landertrag im Jahr. 
Shafeipeare, der Wideripenftigen Zähmung 2, 1. Zugleich erhalten 
Sie einen Nachtrag von Freund Hirt über jeinen Laokoon. Goöͤthe, 
Briefw. nut Schiller 4, 31. (Er) zitterte nachträglich. Chamiſo, 
der rechte Barbier. Wenn's Händel ſetzt wegen des Vertrags. 
Göthe, Götz v. B. 5. Und wenn fie ja zu freien wagt, eh’ fie den 
Eh’vertrag gemadt, fo wägt fie ihre Gans erft nad. Soltau. 
Daß man jüngit dem Erbvertrag einhellig -beigeftunmt. Uhland, 9. 
Eruft 2. Nah dem Gränz- und Zaujhvertrag der Liebe J. 
Paul, Hefperus 1. Daß ich mit dem Lejer folgenden Gränz- umd 
Hausvertrag fchließe. Daf. 6. Lentulus hatte zu gewähren, was 
jener wünfchte, ftiljhweigenden Wecjelvertrag. Benzel- Sterman. 
Sie haben lange genug den Vortrag gehabt. Göthe, Götz v. B. 4. 
Alein der Vortrag macht des Redners Glück. Göthe, Kauft 1, 37. 
So vermag fie bei einem bejchleunigten Lehrvortrage gar nichts. 
Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 3. Liebhaber, die es für vorträg— 
licher (nützlicher) halten, fich durd) bürgerliches Geld vor dem Hun- 
ger zu ſchützen. Rabener. — Dem Lande der Sodomer wird es treg- 

icher ergehen am jüngſten Gericht. Luther, Bibelüberſ. Matth. 10, 
15. Laß fie (die Strafe) träglich ſeyn. Unträglich ift dein Jom. 
Fleming, Lübeder Ausg. ©. 38, 29. 

Austrag 1) Enticheidung; 2) Cbejonders im Plur. gebräuchlich) 
gewählte Schiedsrichter, 3) (Bolksiprache) Verhandlung, durch welche 
fi; betagte Zandleute, wenn fie ihre Wirthſchaft einem Kinde oder 
einem Fremden übergeben, für den Reit ihres Lebens gewiſſe Rug- 
nießungen, als Wohnung, Koft, Kleidung u. dgl. ausbedingen; 4) die 








715 


jo amsbedungenen Nepirteßungen, auch der Zuſtand felcher Leute, 
denen fie zukommen. Davon Ansträgler, Austräglerin = 
Leute, die auf ſolche Weile ihre Wirtbichaft an Andre übergeben haben; 
austräglih, austragentlihd — entiheidend, Austrägalge- 
richt, Austrägalinſtanz. — Nah Austrag der Sachen. Schmel- 
ler 1, 483. Mir wär’ es lieb, ihr wählte mich zum Austrag. 
Göthe, Taſſo 2, 4. Weder diefe Sorgfalt noch das Schwabenredit, 
weiches im ſüdlichen Deutichlaud, noch das Sachſenrecht, welches im 
nördlichen galt, weder die zu Aufrechthaltung derſelben beftellten Rich⸗ 
ter, noch die Austräge der Ebeubürtigen, weder die Schieds— 
richter, durch Vertrag anerkannt, noch gütliche Vergleiche, Durch die 
Geiſtlichen geitiftet, nichts fonnte Den aufgereizten ritterlichen Fehde⸗ 
geijt jtillen. Göthe, Leben 12. B. Alsdann möchte austräglider 
von Hinlegung der Sachen gehandelt werden. Krenner, Landtagsh. 14, 
516. Aber uns ift auf diegmal fein endlich noch austragentliche 
Autwort darum von ihnen geworden. Daſ. 1, 153. Zu außträg- 
lien (auch außtreglidhen) rechten. Hug, Rhetorica Tübingen 
1528 Bl. 59, 60. Diefe Verachtungsakte kann und muß in zufünf- 
tigen Mißhelligfeiten beider Mächte von einem DBermittler oder einem 
Anträgalgericht einzig zum Grunde gelegt werden. J. Paul, 
Heſperus 7. 

Schiedsrichter (I. fcheiden) drückt die entſcheidende Perfon ehrend aus, 
indem ihr das Wort richterliches Anfehen beilegt. Schiedsmänner (früher 
Scheidemänner, Schievmänner, ſchidmänner) if edler und anfläns 
diger ale Schiedsleute (früher Scheidensleute, ſchidlewt). Ob: 
mann, eigentlich der über etwas gefepte Mann, Borfteher einer Gemeinde 
oder Zunft, Rand früher und gilt heute noch in aller Sprache für Schieds⸗ 
tichter. — Sie follen Schiedsrichter zwifchen uns beiden fein. Göthe, 
Meifters Lehrj. 4, 16. Es gibt Thaten, die fich feinem Menfchenurtheil me 
unterwerfen, nur den Himmel zum Schiedsmann erfennen. Schiller, Fiesko 
3,1. Wäre ein Obmann zwifchen und und Oeſtreich, fo möchte Recht 
entfcheiven und Beleg. Schiller, Tell 1, 4. 

Amm. Fiſchart ——— S. 181) hat: „geſchwetzig, außträgig,” was 
fh noch Hier und da in der Borfsfprache erhalten bat. 

Beitrag überhaupt was man zu etwas hinzuthut, Damit es bei 
demjelben fei zum Zwecke des Ganzen, es mag num diefes Hinzugethane 
nöthig oder nicht nöthig, freiwillig oder unfreiwillig fen. — Weßhalb 
ex die Bornehmen und Begüterten zu anfehnlihen Beiträgen auffor⸗ 
derte. Goͤthe, Leben 14. 3. Ohne Zweifel wird es (das Stüd der 
Horen) durch Ihre und meine Beiträge bis auf wenige Blätter voll 
werden. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 50. 

Beifteuer (1. Ausſteuer S. 497) und Beihilfe (f. &. 161) werben 
nur dans gefagt, wenn ber Umpfänger das Hinzugebrachte nöthig hat. Bei: 
teuer — eine Gabe an Jemanden, damit er befichen (fi aufrecht erhalten) 











_716. 


kann, eine mitunterflüägende Babe. — Denen er eine Beiſt en er abgemizsen 

wollte. @öthe, Leben 14. 2. 

Zragbar (mhd. tragebzere) 1) was ſich tragen läßt, veraltet 
träglich; 2) ertragsfähig, wirklichen Ertrag gebend; 3) (von Thie 
ren) fo viel als trädhtig. — Als wir mit der tragbaren Ddunfen 


- Kammer durch den Park zogen. Göthe, Wahlverw. 2, 11. Bor die 


fen ber lag die Ebene, von tragbaren Brodfruhtbäumen beichattet. 

©. Forfter, DO» Tahiti. — Die unabtragbar ungeheure Schuld. 
Schiller, Braut v. M. | 

Urbar (von ahd. urbur, mhb. urbar, urbor, älternhd. urber — Grirag, 

Aubung, aus ur = er und bar, ahd. päri f. ©. 47) früher zinsgeben, 

Lehensabgaben entrichtend; nhhd. aus rohem Zuſtande zu Rupung und Grireg 

an Bodenerzeugniffen angebaut. Frucht bar f. ©. 49. Frachttragend 

= was Früchte trägt, mag es fie hervorbringen, wie der Baum, Acker, oder 

fie bloß tragen, wie der Chriſtbaum, während fruchtbar den Nebenbegrif 

des Hervorbringens bat, -— Abende gingen wir in die Gärten auf dem Be 

latin, woburc die Räume zwiſchen den Ruinen der Kaiferpaläfle urbar und 

anmuthig gemacht worden. Goͤthe, 2. Aufenthalt in Rom Sept. Er wırrk 

von ihren Iehten Worten an ihr fruchttragendes Leben erinnert. 3. Paul 


Erträglih (mhd. tragebaere) was ertragen werden kann; mas 
fo hinzunehmen ift, ohne daß es Beſchwerde mache und läftig wäre 
und fo Unluft errege. — (Sie) machte die Unterhaltung bei Tijce 
erträglich. Göthe, Werthers Leiden 2. Unerträglich fährt es 
mir durch alle Glieder, Göthe, deutſcher Parnaß. 

Reidlih If. leiden) ohne Unluf zuläßlich. — (Auf) die Fürſpteche 
Höpfners, der verficherte, daß ich ein Leidlicher Menfch ſei, wurbe ih eins 
gelaffen. Göthe, Leben 12. B. Wenn man’s fo hört, moͤcht's leidlich 
ſcheinen, ſteht aber doch immer fchief darum. Göthe, Faufſt 1, 181. Balb 
firitten fie mit dem Wirthe, bald unter fi ſelbſt; und wenn ihr Zank an 
leiplid war, fo waren bie Aeußerungen ihres Bergnügene ganz umb gar 
unerträglich. Goͤthe, Meiflers Lehrj. 2, 4. 


Berträglich (mhd. vertregelich — erträglich) bereit und genei 
das, was Einer gegen den Anden bat, iuubeben, daß es di 
hingehen läßt und als ausgemacht annimmt; dann bereit und gemeigt, 
ſowol feine üble Stimmung des Anden gegen ſich zu erregen, als am 
demjelben etwas Unangenehmes gegen uns nicht leicht empfindlich auf 
peu — Lebensthätigkeit und Züchtigkeit ift mit auslangendem 
terricht weit verträglicher ald man denkt. Göthe, Meiſters Wan⸗ 
deri. 2, 9. (Ich) ließ übrigens mit fliller Verträglichkeit einen 
jeden nad) feiner Art gewähren. Goͤthe, Meifters ..6, 
Friedlich Lahr. fridelih, mäb. vridelich, f. Friede S. 249) beit 
‚und geneigt, ein uuverleutes, ungeflörtes Sein zu haben unb zu fehen, von 
welchen alles unangenchme Gnigegenwirken fern if. — Bon Menſchen ſud 


— 


717 


die Waͤlle rings erfüllt, von friedlichen, bie in bie Lüfte grüßen. Schiller, 

Biccolomint 1, 5. 

gatraus als Mittel auf Mehrung in Hinſicht einer Vollkom⸗ 
menheit wirkend, früher und noch baieriſch in dieſem Sinne für— 
träglih. und vorträ ua landſchaftlich durch Wachsthum ergiebig: 
eine zutraͤgliche Sorte Bohnen. — Eine fette Moorerde, mit etwas 
Sand und Muſchelkalk vermiſcht, gab den Bäumen die reichlichſten 
md zuträglichſten Nahrungsſäfte. ©. Forſter, der Brodbaum. 

Aupbar (ſ. Nutzen S. 227) Nutzen bringend, ober bringen könnend. 
Nützl lich (ahß. nuziih) fördernd gut wozu, insbeſondere gut wozu in För⸗ 
derung einer Vollkommenheit. Erſprießlich (ſ. ſprießen) fördernd Fräftig. 
Heilſam (ahd. hailisam, hailsam, heilsam, ſ. Heil S. 343) eigentlich 
zur Geſundheit dienlich; in weitern Sinne zum Woblſein, zur Wohlfahrt 
dienlich, zu einem In Unverletztheit angenehmen Zuſtande gereichend. — Mit 
den nothwendigen und nutzbaren Hausthieren habe er ſich beſchäftigt. Goͤthe, 
Neiſters Wanderf. 8, 9. Wenn es der Himmel für noͤthig nnd nuͤtz lich fin⸗ 
den follte. Lichtenberg, Rachrichten über ſich fell. Wo getäufcht zu werben 
uns beilfamer war? Leifing, Nathan dv. W. 8, 7. Für die gelbe Haut if. 
ber Karmin er ſprieß lich. Kotzebue, Cleopatra 3. Daß fih von dem Gins 

Äuß der dortigen Societät eben nicht viel Brfprießliches erwarten läßt. 

Schiller, Briefw. mit Bäthe 5, 108. 

Tragauge, —bahre, —balfen, —baum, —bod, - bohrer, — buche, 
—eiin, — eſel, — haus, —hebel, —himmel, —knospe, — franz, 
—fringel, —leine, —lohn, —pfeiler, —teff, —riegel, — ring, —fad, 
- ſattel, —fäule, —ſchaf, — ſeil, —Iprige, —flein, —ftempel, —ftuhl, 
—füge, —wulſt u. a; Trägerlohbn, —muskel; Abtragbrettichen 
(bei Ziegelbrennem); Auftragbrettchen (hei Vergoldern), — joch 
(m den Bergwerken), —trog; Auftragsbeforger, —brief, —han⸗ 
del, — ſchreiben; Austrageloh, —ftempel (beide in den Hütten- 
werten); Austragsgericht; Eintragegabel (inden Glashütten), 
—tolben, —Löffel (beide bei .den Silberarbeitern); Uebertrags- 
brief, — mann; Bertragbud, —mäßig, —ſam, — ſamkeit, 
—wirig; Bertragspunft. — Dem Tragaltar, dem goldgehörn- 
ten, gebet Platz. Göthe, Zauft 2, 199. Daran ein geflochtenes 
Tragband. Voß, Odyſſee 17, 198. Wem die erwachenden Völker 
ihre Paar Millionen Rachtragbände gar dazu gebunden haben 
werden. J. Paul, Hefperus 23. Sie ſetzten das Tragbett an der 
Gruft nieder. Benzel-Sternau. Körbe knarren, Eimer klappern, 
Zragebutten — bin. Göthe, Fauſt 2, 249. (Er ſah ihn) be⸗ 
vaͤftigt um einen Tragkorb. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 2. Rar⸗ 
a und Landrinette ließen ſich in Tragſeſſeln auf den Schultern 

übrigen . . . tragen. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 5: Auf der 
Landſtraße fprangen zwei — in kurzem Gallop zwiſchen 
den Trageſtangen ihres ledernen Würfels dahin. J. Paul, He⸗ 





718 
iperus 10. ntlafiend meiner Wolfe Tragwerk. Göthe, Fauſt 
2, 261. 
Tracht (zunächft an Traget S. 713 augereiht, mhd. trakte, tracht 
— Tradt, Speije, Gericht, äußere Durftellung, Ueberlegung ; agi. droht, 
altn. dräht = Zug) 1) ein Ding welches trägt, oder werau man trägt; 
2) was getragen wird, befonders jo viel als auf einmal getragen wird; 
3) die Art und Weiſe, wie man fich in Kleidern (nah Form, Stoff 
und Bildung) trägt; 4) (abſtract) Zuftand, in Ein—, Zwietradt. 
Davon trädtig 1. ©. 397. — Nimm du die Brawie, Sophie; 
nimm, Elſe, die Tracht (Tragjoch) mit den Eimer Bob. Als ic 
kam, war der König eben mı der zweiten Tracht (des Eſſens). 
Göoöthe, Benvenuto Eellini 3, 5. Und feh’ ich au dem Aermſten eure 
Tracht (Kleidung). Göthe, Iphigenie 5, 6. — Yu feiner burgemei- 
fterlihen Feſt tracht. Göthe, Leben 4 B. Die Völkerſchaften find 
an Kleidertracht nicht auffallend verichteden. Göthe, St. Rochus: 
feſt. Gäb' es nicht Scheite und Kohlentrachten. Goͤthe, Fauſt 2, 
31. Sie fieht hierauf die Landestracht am. Göthe, Meifters Wan—⸗ 
derj. 3, 15. In ihrer Officierstradht. Göthe, Meifters Lehrj. 
7, 8 — Jede Stunde war unglüdsträkhtig, Göthe, Belagerung 
von Mainz. 
Anzug |. Gewand ©. 369. 

Niedertvacht veraltet, fo viel als Niederträctigfeit. Das 
Adj. niederträchtig (mhd. nidertrehtie — niedergeichlagen,, ge= 
preßten Gemüthes) bedeutend 1) herablaſſend (veraltet, noch bier umd 
da in der Volksſprache); 2) demüthig, im Gegening zu hochträch⸗ 
tig oben ©. 713; 3) Hein, unanfehnlich, unerhaben; 4) (gemöhn- 
ih) in hohem Grade niedrig gefinnt. — Verachtung lömmt aus Feig⸗ 
heit, Niedertradyt oder Dummheit. ©. Wagner. Ich fühle mich 
zu einiger Beſchaͤmung vornehmer als in der je viele Jahre nun ges 
duldeten Niedertracht nowiiher Umgebung, Göthe, Briefw. wit 
Schiller 6, 2%. Der junge Graf und nachherige heilige Biſchof 
Benny bietete feinem kranken Lehrer in aller Demuth und Nider- 
trächtigkeit die Speiten an. Wilft du chriſtliche Seel zu groffer 
Vollkommenheit fehreiten, fo bewerbe dich um hurtige Füß, welche der 
demütigen Niderträhtigfeit und niderträdtigen Demut nadı« 
eilen. 3. Benno» Yubelpredigt v. 1723. Man kann feinen geringen 
Werth fühlen, weil man zu träge ift, fi) Verdienſte zu erwerben, 
dieſes iſ Niederträchtigfeit und nicht Demuth. Gellert. Es if 
ein Meines Werklein, haltet aber viel in fih. Es ift niderträchtig 
(populär) geichrieben, aber wohl gegründet. Meichelbeck, Dedicatiom 
jeiner Heinen Freyfinger Chronik. Ein niederträdtiger (kleiner) 
Felſen. Bluntſchli. Niederträchtige (kurzbeinige) Schafe, fagt 
man in Meißen. — Einen jo niederträhtigen Begriff hat wur 
noch nichts von dem deutichen Publicum gegeben. : Schiller, Briefe. 





719 & : 


mit Göthe 5, 97. Nichtswürd'ger Herold! Niederträht’ger 
Bube! Schiler, Jungfrau v. O. 1, 11. 
Niedrig (f. S. 603) allgemein ohne fitiliche Würde. — Ich bin bloß 
deßwegen betreten, weil Sie mich für fo nieprig halten, daß ich meiner 
Schweſter ihr Glack nicht gönnen follte. Gellert. 


Eintracht (mid. eintraht) 1) Uebereinſtimmung in der Gefin- 
nung, in der Thätigfeit auf einen Zweck; 2) fo viel ald Eintrag 
bei den Webern; 3) (Volksſprache) Zufluß eined kleinern Buches in 
einen größern. Davon einträdhlig (mhd. eintrehtie fpäter ein- 
trähtik ); Einträchtigfeit (mhd. eintrehtikeit). — Das Werk ift 
angefangen, nicht vollendet, jeßt ift uns Muth und feite Eintracht 
noth. Schiller, Zell 5, 1. enn an einem Kleid eines Auſſatzs 
mal jein wird am werfft oder am eintracht. Luther, Bibelüberf. 
3. Mof. 13, 47. Sihe, wie fein vnd Tieblichy ifts, Das Brüder ein- 
trechtig bev einander wonen. Daf. Pf. 133, 1. Aber die Nym⸗ 
phen erfannten den SHelifonifchen Jungfrauen mit einträchtigem 
Spruche den Sieg. Voß. 

Einig (guth. Ainaha, ahd. einac, agf. Auega — einzig, ahd. einfe, 
mb. enic — irgend einer) iſt allgemein nicht abweichend unter einander. 
G@inhellig (mhd. einhell, einhellic, ahd. gahelli, einhälli, von Hallen f. 
S. 473) fi) ganz gleidy laut äußernd, in einerlet Laut Außernd; dann übers 
haupt eines und vasfelfe äußern. Binftimmig (abd. einstimmi, f. 
Etimme ©. 77) eines und basfelbe mit einander denfend, fühlend und be⸗ 
gehrend, man mag dies anefprechen oder nicht. Einmüthig (ahd. einmöti, 
mhd. cinmüctec, 1. Muth ©. 633) von einer und derfelben Gemüthsbes 
ſchaffenheit. — Herr Reding, wir find Feinde vor Gericht; hier find wir einig. 
Schiller, Tell 2, 2. Wuhre Muflf, einhällig an Wohlflang ſtets und 
Bewegung. Buß, Luife 3b, 545. Da fie nu ſolchs einhellig mit einander 
theten. Luther, Bibelüberf. 2. Maff. 13, 1%. Schon die große Binhellig- 
feit der Srammatifer für den fchreitenden Gang der Götter iſt ein großer 
Beweis. Voß. Eie fehen, daß ich mit Ihrer Bemerkung völlig einſtimmig 
bin. Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 123. Mit was für GBinmuth wir 
damals, du, mein Bater, und ich und der Geiſt die Erlöfung beſchloſſen. 
Klopſtock, Meffias 1, 90. Stets einmüthigen Sinne. Voß, ver 70. Ges 
burtstag 205. 

Beeinträchtigen (von Eintracht = ‚Eintrag beim Weber) ur- 
Iprünglich in die Quere fommen; dann Jemanden in ſeinen Rechten 
binderlich, überhaupt zuwider ſein. — 

Beleidigen (ſ. leiden) und das weit ſtaͤrkere er (adt, chrenhan 
— fchwächen, mhd. krenken, von krank ahd. altn. krank, mh. kranc = 
ſchwach, gering, Flein, krank; agſ. crang — geſtorben, cringan == fterben !) 


1) Sliemann (Archiv f. d. Stud. d. neueren Sprachen u. Lit. VII, 269) 
möchte krank zufammenftellen mit plattdeutſch krunksen (vor einem Menſchen ge⸗ 








720 


zeigen an, daß durch die That im dem Wubern, den fie betrifft, umangenchee, 
ſchmerzliche Empfindungen erzeugt werden. Kränfen wirb wur von empls 
denden vernänftigen Weſen, beleidigew auch von umvernünftigen, ja von Ich 
ofen Dingen gefagt. Berlepen (f. ©. 560) drückt ans, daß ber Anden 
durch die That Schaden hut, indem dadurch eine Banzbeit oder Bollkonmes 
beit vermindert wird. — Ich bin zu fchwer verlegt, fie Bat zu ſchwer bes 
leidigt. Schiller, Maria Stuart 8, 8. Hier feht Ihr lauter frohe New 
ſchen, und Euer Bram beleidigt dieſes Zei. Schiller, Jungfrau v.D. 4 
4. Gin ſolcher Vorwurf läßt mid ungefränft. Göthe, Fanſt Vorſpiel. 
Zwietracht (aͤlternhd. Zweitracht, in der Ueberfegung dei 
Sleidun vom 3. 1557. der zwitracht), feindliches Wideritreben der 
Geflnnungen unter einander, ift der Gegenſatz von Eintracht. De 
von zwieträchtig. — Und denkt Ahr, Daß der koönigliche Name 
zum Sreibrief dienen könne, blut’ge Zwietracht in fremden Lande 
ftraflos St Schiller, Maria Stuart 1, 7. 

Uneinig, Uneinigfeit erflären fih aus einig S.719. Mighellig 
Mißhelligkeit —= umübereinftimmend, übel und unrichtig zu einander law 
tend, erklären fi) aus einhellig S. 710. Zwiefpalt (auch Zweifpalt), 
zwiefpaltig (f. fpalten) eigentlich in zwei Theile gefpalten, klaffend and 
einander getrennt; dann durch gegenfeltiges Widerſtreben auseinander getrenut; 
nhd. gewöhnlich abſtract auseinander Fetreunt durch ein gegenfeitiges @ 
berfireben. Zwif (aus ahd. zui, mhd. zwi-, zwei, zwie) iſt gelinder ald 
Zwietracht und Zwieſpalt. Zwiſtigkeit = Zwiſt kundgebender Zuſtaud. — 
Dieſe Ueberlabung mit Blumen und Feierernſt kann nur einen uneinigen 
Genug gewähren, 3. Paul, Diefe Uneinigkeit fei ihr fo ſchmerzlich. 3 
Titan 88. Da fle aber vunternander mishellig waren. Luther, Bild 
hberf. Apoftelg. 28, 25. In den Sturm mißhnelliger Winde Be. & 
gab manche Mißhelligkeit, vie aber bald beigelegt war. Goͤthe, Welke 
Lehrj. 1, 7. Aber ohne daß zwiſchen Kiburg und Bern offenbarer Zweifpalt 
vorfiel, entfernten fi die Gemüther. 3. v. Müller, Schweizergeſch. 23, 1. 
Daß ſelbſt der Tod nicht eure Zwietracht heile, die Flamme felbk, ib 

Fenuers rothe Eänle, vie fich von emerm Scheiterhaufen hebt, ſich zweige 
fpalten von einander thelle. Schiller, Braut v. M. Die des Menſchen Sim 
zwiefpaltig mit fich felber macht. Gothe. Der Major empfand Hd zwie 
fpältig. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 5. (Wenn nicht) durch wenig Brit 
auf immer dieſer Zwiſt gehoben wäre. Göthe, Taffo 1, 4. (Bon if) 


fommt der Neid, Mißtrann, Berdruß nnd Zwiftigfett. Böthe, Pater dry. 

Anm. 1. Geht entftellt it Das zu tragen gehörende Getreide, ab. Be 
tragide, mhd. getregede, tregede, getreide, treide. 

Aum.2. Tro i) (8.656) von bunfler Abſtammung, mit Truhe ©. 656 nahe mt 
wandt, gehört vielleicht zu tragen. Bliemaun (Acchio f. d. Stab, d. wen 


fagt, der ſich unwohl und unbehaglich fühlt, und in diefem Zuftaube bald va beh 

dort in gefrümmter Haltung ſich Gebt), krünkli ae krünkel (fehlerhafte 
alte im Kleid, Kuif im Buche), fo daß Frank eigentlich gefrämmte und ſchlehe 
altung des Körpers ausbrüde, 








721 


Sprachen u. Lit. VII, 200) führt ale mutmaßliche Wurzel plattveutfch trekken 
S ziehen: die laug geflredite Form habe dem Dinge den Namen gegeben. 

um. 8. Trachten und betrachten S. 128 find zunächſt vom lat. trac- 
tare gebilpet, aber gewiß fchen früher mit tragen vermifcht, vgl. mbb. trahte 
bei Tracht. ©. 718. Das lat. tractare iſt gebildet von trahere, legteres flimmt 


zum deutfchen tragen. | 
Ragen. ') 
(Wurzel nag; vgl. gr. vöccen = ftoßen.) 


Page, nagte, genagt (genagen), nagen (ahd. naku, nuoc, 
nuokumes, nakaner, nakan; mhd. nage, nuoc, nuogen, gena- 
gen, nagen; altn. naga) eigentlich wol. ftoßen, ſtechen; gewöhnlich 
anhaltend nad) und nad mit den Zähnen abbrödeln; uneigentlich: eine 
anhaltende, nach und nad immer mehr zunehmende, gleichfam ver- 
zehrende, fchmerzhafte oder unangenehme Empfindung verurjachen. 
Davon ab—, an—, auf—, aus—, durch —, zernagen. — Daß 
wir für Hunger und Elend ſchier nagen müſſen die eigenen Knochen, 
Schiller, Wallenfteins Lager 1. Es quälte fle nagender Hunger. 
Voß. Ihr Mann, den die Eiferfudht nagte. Hagedom. Stäts 
nagt ein fcharfer Neid fein biutend Herz. Hagedorm. — Vom Hun⸗ 
ger angenagt, von heißem Durft gequält. Wieland. Zerſtoͤrte 

hlöffer dDurdhnagt vom Zahn der Fäulnig. Kleiſt. 

Nager, Nagung; Nagemaul, —thier, —wurm. — Der farge 
Fl und Nageriranfft (Nage den Ranft). Simpliciffimus 2, 29, 

Hagel (ahd. nak(g)al, mhd. nagel, altn. nagli, nagla, nögl, 
agſ. nägel, engl. nail, Volksſprache Nal, vgl. lat. ungula, 
unguis, gr. Orv&, fanftr. nakha = Nagel, Klaue, Huf) eigentlich 
das womit genagt wird, Dann im Belondern 1) die mehr oder wenis 
ger breite, m e oder fpiße bornartige Bededung der Außerften Enden 
der Singer und Zehen an -dem menkhlichen und thieriichen Körper; 
3) ein im DVerhältniß feiner Die langer und zugeipikter Körper, zwei 
Dinge damit zu verbinden und zufammenzuhalten; 3) (Nägeldhen, 
Näglein) eine Art Gewürz, welches die Geftult kleiner Nägel hat; 
4) eine Benennung fchöner wohlriehender Blumen, weldye unter dem 
Namen Nelken bekannter find; 5) (fig) hohe unbegründete Ein- 
bildung, bejonders wenn fie fich Durch fteifes hochtrabendes Wefen zeigt. 
— Band—, Bret—, Huf—, Latten— , Rad—, Schindel—, Schloß- 
nagel u. a. — (Sein Stil) ift höchſt wohlklingend und bis auf den 


1) Die Marken Formen biefes Berbums find nun weraltet; hoch hört man noch 
in der Volfsſprache mitunter das Partic. Präter. genagen, wozu Ortolphs er 
negt und GH. Sahfens Präfens nägt ſtimmt. H. Sachs hat auch noch das 
Rarle Bartie.: Das wirbt genagen vnd gebifien; und das flarfe Prät. nug: 
Dann fein gewifen in Bart nug (gereimt Belrug). Der Hunger jn vmb den 
Dagen nug. 

48 








722 


Nagel abgeglättet. IUngenannter bei Lampe Mein Karolus, von 
Liebchens Seil geführt, hängt Krow und Zepter an den Nagel. R. 
Schmidt. 

Einbildung (von bilden, ahd ptb)iladon, mhd. bilden; Bild, ahd. 

+ pilali)di, iihd. bilde, agſ. bilidh, biledhe, altn. bilzti, nah Wacker⸗ 

nagel von bi und ladön, nah Weigand eher zu ahd. p(b)illön, ubd. 

billen = glätten, ebenen ©. 463 gehörig) bezeichnet eine hohe Meinung von 

fih in irriger Welfe ale Vorſtellung, ale Schöyfung der Einbildungskraft, es 

mag nun tiefe Borftellung vorzügliche Gigenfchaflen übertreiben, Pie der Menſch 

in niedberem Grade befigt, ober fulche betreffen, die er wirklich nicht Bat, 

Dünkel (mhd. das dunkelin, von der dunc = das Dafürhalten, vie Re: 

nung, bünfen goth. thugkjan, ahd. dunhan, mhd. dunken, aaf. thyncan. 

dies von denfen ©. 205) die Meinung, daß vie eigenen Vollkommenhciten 

die Anderer_übertreffen, zuglelch mit dem Inbegriff einer Thätigfeit des Ber: 

ftandes, die die eingebildeten Vorzüge für wahr hält und fo eine Schwäde 

des Beritandes fund gibt. Noch: Härfer it Sigendünfel, ein Dünkel, m 

den hohen Brad von Borjügen fi) allein beilegt und alle Andre davon aut: 

ſchließt, ſich ausſchließlich als in feinem Beflg anflegt und fo die eigne Per: 

fon beitändig überfchägt. Sporn (ahb.sporo, mhd. spor, ayf.spora, spurs, 

. spur, altu, spori, wahrfcheinlih zu Spur gehörig) weift auf das Läaͤcher⸗ 

liche, nicht allein weil der Menſch, dem man den Sporn beileat, benfelben im 

Kopfe anftutt am Buße trägt, fondern auch der Sporn nicht Immer ta 

Reiter anzeigt, alfo hierdurch nnr ein eingebildetes lächerlides Köherfein 

angedeutet wird. — Wie er gegen feine Schüler verfährt, die ihn von feligen 

Grfcheinungen, womit fie von der Mutter Gottes und andern Heiligen beylüdt 

werden, mit Gutzüden benachrichtigen. Er, wohl wiffend, daß aus bergleiden 

Einbildungen ein geillliger Dünkel, ver ſchlimmſte und harinädigfe von 
allen, gewöhnlich enfpringe, verfichert fe rc. Böthe, Philipp Neri. 


Nageln (ftatt nägeln, ahd. nak(g)aljan, mhd. negeln) mit 
Nägeln befeftigen. An—, auf—, be—, bei—, durd—, ein, 
ver—, vor—, 3u—, zujammennageln. — Zwölf dickbaͤnchige 
Herrn und zwölf breithülftige Damen faßen wie angenagelt mi 
gierigen Augen am Spieltiſch. Voß. Balken, die mit Brettern be- 
nagelt find. Ungenannter bei Campe. 

Nagelbant, — bein, —blüte, —bohrer, —braun, —dode, 
—cifen, —farbe, —fell, —fels, —feſt, —fleden, —flube (Mengitein 
in der Schweiz), — fügung, —geldwür, —glied, —-hagel, —hanımer, 
— handel, —harz, — holz, — kopf, - ford, —fram, —fraut, —kuppe, 
— loch, —mahl, — muſchel, —neu, — platte, —probe, — roche, — ſarder, 
(Edelſtein), — ſchmied, —ſchnecke, —ichneider, — ſchnitz, —fchrote, 
—ſchwamm, —ſtein, —werk, — wurzel, ienge, — — zum. 
— Das ich lege meinen Finger in die Negelmal. Luther, Dr 
belüberi. Joh. 20, 25. | 








123 


— - 


| Fragen '), 
(Wurzel frag, frah; vgl. fanjfr. prach — fragen, lat. preces = 
itte, precari, procari, procare — fordern.) 


Frage, fragte (frug), gefragt, fragen (goth. fraihnan, agſ. 
fregnan, altn. fregna, fra, altj. fragen, ahd. fräsch)en, mhd. 
n, vregen, nah ſchw. Gonj.) 1) eine nähere Beſtimmung, 

eine Belehrung über eine unbefannte und unbeflimmte Sache ver= 
langen; 2) (uneig.) fih um etwas befümmern; 3) (beim SKurten- 
fpiel) fragen, ob man ein einfaches Spiel Ipielen könne, wenn einer 
der Mitjpieler nicht ein höheres Spiel in Händen bat und jpie= 
len will. — Rechberger ritt heran und frug: Sag an! wer find die 
Herren vom Zug? Uhland, Junker Rechberger. Sie frug den Zug 
wol auf und ab, und frug nad) allen Namen. Bürger, Lenore. Nie— 
mas frug ein Kaifer nadı mir, es hat ſich fein König um mich bes 
tümmert. Göthe, Vened. Epigr, 34 b. Der Schwed frug nad) der 
Jahrszeit nichts. Schiller, Piccolomini 4, 6. | | 
—, anu—, aus—, be—, er—, nach —, rath —, unter—, 
zarückfragen bedürfen feiner weitern Erklärung. — Nicht erkühnt' ich 
wid, was du vor mir in tiefes Dunkel hüllſt, Dir abzufragen. 
Schiller, Braut v. M. Willſt du genau erfahren was ſich ziemt; fo 
frage nur bei edlen Frauen an. Göthe, Taſſo 2, 1. Sobald der 
Abendwind erwacht, Fragt Hüon, den die Liebe munter macht, fchon 
alle Schatten an, wo feine Holde jäumer. Wieland, Oberon 13, 8. 
So hub’ ich doch noch Mauches auszufragen. Göthe, Taſſo 1, 4. 
gragen Sie mich aus. Schiller, Don Kurlos 2, 8 Daß ich ihn 
alein vernehme und befrage. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 9. Er⸗ 
Ihredt von diefem feltfamen Gefichte befrug der Vater einen DVogel- 
ſchauer. Schiller, Braut v. M. Den Herrn erfragend. Göthe, 
Fauſt 2, 09. Und dem fei, wer’s nicht fingt und fagt, im Leben 
und Zod nicht nachgefragt! Göthe, Joh. Sebus. Hier wird fein 
Beltmann rathgefragt. Voß, Zeldchor. Die Weilen unterfrar 
gen, woher dig Schweigen fümpt. Opik, von der Wahrheit der 
chriſtl. Religion Breslau 1631. ©. 105. Ich „würde einen folchen. 
Brager zurüdfragen: was foll denn diefe Frage bedeuten? Fichte. 
Frage (ahd. fräga, fräha, mhd. vräge) Frager find einfach 
und in verjchiedenen Zufammenfeßungen gebräuchlich; fraglich. — Vom 
Rechte, das mit und geboren ift, von dem ift leider! mie die Frage. Göthe, 
Bauft I, 98. Meine Anfrage hat ihn einigemal verfehlt. Göthe, 


i) Das goth. fraihnan If von dem Stamm fraihan (nach ſtarker Conj.) ges 

et. Das agf. frägn geht gleihfalls nach ſtatk. Conj. Das goth. fraihnan 
wie das agf. freesnan erforberten ein nhd. fr äpne n. Daher erflärt ſich das nhd. 
Mark, Bräter. frug. Much im Neunieverb, u, Reuniederl. haben vragen, fragen 
gemischte Formen. | 





468 











724 


Briefm. mit Schiller 3, 223. Ih muß auf Ihre Hauptfrage ein 
Befenntnig thun. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 13. Kühne Jüng— 
lingsfrage gefragt. Klopſtock, die Genefung Es iſt nur zur 
Nachfrage, wenn mir einmal der Einfall käme, daß ich gleich vor 
die rechte Schmiede ging. Göthe, Götz v. B. 1. (Würd' ich) auf- 
ftellen als Preisfrage dieſen kurzen Satz. Platen, die verhänguiß- 
volle Gabel 4. Löſt eine Ilias des Schickſals Räthſelfragen der 
jugendlichen Vorwelt auf. Schiller, die Künſtler. Meine Werte ſoll⸗ 
ten feine Zweifel über die Streitfrage auflöſen. Göthe, Benvennto 
Eellini 4, 2.— Das Gefrage darnad) ift ſehr ſtark. Göthe, Briefw. 
mit Schiller 2, 224. — Mein erit Geſetz ift in der Welt die Fra: 
ger zu vermeiden. Göthe, die Weifen und die Leute. Antwort er 
Iholl dem Befrager Klopftod, Delphi. Das Volk hat eimen 
Ruthfrager. Klopftod, Gelehrtenrepublif. — Der bei jenen frag: 
lidyen Arbeiten verwundernd verweilte, Göthe, Meifters Wander]. 3 5. 

Brag(e)amt, — buch, —lehre, —Iehrer, —punct, —jaß, —ſchü⸗ 
ler, — fpiel, —unterricht, —weije, — wort, —zeiben u. a. — Doch 
nicht Zeit noch Drt paßt für fo lange Fragartikel. Shakeſpeare, 
- Eymbeline 5, 5. Wir fennen ähnliche Beijpiele von vorichneller Frag⸗ 
jeligfeit. ©. Forfter. Viktor fellte an den Fürften die gewöhnlichen 
mediziniihen Sragftüde 3 Paul, Hefverus 8 Du kommft in ie 
fragwürdiger Geftalt. Shafefpeare Hamlet 1, 4. 

Anm. Gragner, Bfragner in Städten und Märkten: Ginwohnuer, ber 
mit Salz, Lichtern, Mehl, Gemüfe ꝛc. Handel zu treiben berechtigt if, gehört 
nach Schmeller wahrfcheinlih zu fragen. Bol. Fragenſtatt, Fragenambt, 
Bragenwerdh (Drt, Amt, Gewerbe des Fragnere), däniſch vrage — mäfeln, 
Höfer erinnert an den Krämeransdrud: Alle Fragen haben d. b. alle Artikel. 
am bie man bei ihrem Gewerbe zu fragen pflegt. 


Mahlen. 
(Wurzel mal, mil; vgl. fanjfr. mri, fat. molere.) 

Mahle, mahlte, gemahlen, mahlen (ahd. malu, muol, muo- 
lum&s, malaner, malan; mhd. mal, muol, muolen, gemaln, mals; 
goth. malan, altn. ſchwed. mala, dan. male, engl. meal, böbm. 
miyti, von einem verloren Verbum milan) urſprünglich Trocknes in 
kleinſte Theilchen zerreiben, nhd. gewöhnlich Trockenes durch Hin- umd 
Herbewegen zwifchen harten fcharfen Körpern, bejonderd zwiſchen zwei 
geichärften Steinen zerreißen. — er zermuol yn zu puluer. 4. Bibe- 
überf. (1470-73) 4. Kön. 33, 15. Bon der Quelle bis ans Meer 
mahlet mandie Mühle. Göthe, Tifchlied. Jenes (Korn), das fe 
and) gelbe Blende neunen, und Diefes, fchwarze Blende genannt,‘ wer: 
den gemahlen, das Mehl in Wafler zu einem dien Brei gekocht 
und jo gegefien. Götbe, ital. Reife 14. Sept. Wenn ih mahlte 
Kaffee, gleich jprangen fofort zur Mühle heraus mir die Bohnen. 
Platen, die verhängnißvolle Gabel 1.— Aber Mehl kann man niht 








725 





füen, und die Saatfrüchte follen nicht vermahblen werden. Göthe, 
Meifters Lebrj. 7,9. (Er wollte) unbeildare Narren zu Mehlſtaub 
jermahlen. Langbein, die Narrenmüble, 

Anm. Schmeller 2, 568 bat noch einige ältere Beifpiele der flarfen Form: 
Der vor kumbt, milt ehe. Voc. v. 1618. Swelch man tin einer mul melt, 
Augeb. Stadtbuch. Stieler in feinem Wörterbuch (1691) führt an: ich mahle, du 
müleſt, er mület; ich mul, ich müle, gemahlen. | 

Mehl (abd. mölo, agf. mälu, altın miöl, mhd. mel), meh- 
fig, Müble Lahd. muli, agf. miln, altn. myIna, mhd. mül, engl. mill, 
ihwed. mölla, däu. molle, böhm. mleyn, poln: miyn, ruſſ. melne, franz. 
meule, moulin, lat. mola, gt. uvAn), Müller (ahd. mulinäri, 
mulaäri, altn. mylnari, mhd. mülnsere) erflären fich leicht aus mah— 
fen. — Leimwaſſer, welches aus Stärfenehl und etwas Tifchlerleim 
befteht. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 5. Die (Krume des Weizenbrodg) 
mit gefochten mehligen Kartoffeln verinifcht geweſen wäre. ©. Forfter, 
der Brodbaum. Das unterjochte Thier zu lenken, oder es in der Kreis- 
müble blind und nüglich umberzufagen. Herder. Der (Regenbogen) von 
des Berges Windmühle zum jpiegelnden Sce ſich herumbeugt. Voß, 
die Kirſchenpflückerin 5. (Als) die freundliche Müllerin nad) Mildy, der 
bewillfommnende Müller Charlotten und dem Hauptmann entgegen- 
gejandt war. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 7. | 

Staub (f. ſtieben) bezeichnet urfprünglich die kleinſten, leicht von ber 

Luft auffachrenden Erdtheilchen; dann die Fleinften Theilchen eines Körpers, 

welche Ihrer Leichtigfeit wegen leicht von wehenber Luft aufgenommen werben 

fönnen, von Trocknen, wie von bem in kleinſten Tröpfchen ftiebenden Waſſer 
gefagt. — Staub jull er freffen, und mit Luft, wie meine Muhme, bie bes 
- rühmte Schlange. Göthe, Fauſt Prolvg. 

Mahlgang, —gaft, —geld, —gerinne, —gerüfte, —grofchen, 
—mann, —meße, —mühle, —müller, —jand, —zahn, —zettel; 
Reblapfel, —bahn, —balfen, — bank, —baben (im Bergbau), 
— baum, —beere, — beerftaude, —beutel, —birne, — blume, — bobrer 
(im Bergbau), — brei, —dorn, —droffel, —füß, — fäßchendorn, —fäu= 
fel, - -flechte, —fledt, — gips, — händler, —handlung, —hofe, —fäfer, 
—kalk, — kaſten, —Heifter, —kloß, — kraͤmer, —kraut, —freide, —leim, 
-loch, —meije, —milbe, — müde, —mühle, —mutter, —nuß, —pappe, 
—pilz, — pulver, — ſack, — ſand, —ſchabe, — ſchwalbe, —fieb, 
—ſpeiſe, —ſtaub, —ſteuer, — ſtraube, — ſtrauch, —ſtrom, —fuppe, 
—teig, — weiß, — winde, — wurm, — wurzel, —zucker; Mühlarzt, 
—berg, — bottich, — burſche, eifen, —gaſt, —gebiet, —gerechtigkeit, 
—gerinne, — heimchen, — käfer, —knappe, —krapp, —kunſt, —lauf, 
—meifter, — metze, —pfahl, — pfanne, —pferd, —rechen, — recht, 
—roß, — ſpiel, — ſtaͤnder, — ſtange, — ſtaub, —fteiger, —ſteinfiſch, 
— wagen, — waſſer, — wehr, — welle u. a; Mühlenamtmann, 
—anlker, — arbeiter, — bau, — baukunſt, — fachbaum, — frohne, — ge⸗ 


- 





726 


— 


rũſt, — haus, ordnung, —pacht, — pferd, —ıoß, —ſchau, ſchlenſe, 
—ſchreiber, — ſpiel, — ſtuhl, — teich, —wage, —zwang; Mällerart, 
— blau, —burſch, — eſel, —farbe, —fäfer, —karren, — lohn, — rebe, 
— ſack, — ſchabe, — ſchraube, — wage, —ırein u. a. — In den ſtür⸗ 
miſchen Mühlgängen täglicher Aſſembleen. 3. Paul, Titan 58. 
Das (Aepfelpaar) freilich ſchön im Mühlgehege, fo wie im Para— 
dieſe, war. Göthe, der Müllerin Verrath. Da hörte das Mühlge— 
töſe ein paar Stunden hindurch auf. Benzel-Sternau. Der Mühl: 
herr begab fich mit flolzen Vertrauen bereit an den Trog, um dus 
Mehl zu befchauen. Langbein, die Narrenmühle Sid) einen braven 
Mühlknappen auszufuchen. Göthe, Meifters Wander. 1, 8. Und 
der Mühlknecht ftürzt in den Zrichter hinab. Platen, die verbäng- 
nißvolle Gabel 3. Das Mühlrad, von der Flut gerafft, ummälzt 
fid) für und für. Schiller, Fridolin. Die Mühlfteine wollen ge 
fättiget fein. Langbein, Die Narrenmühle Einwärts brach er den 
Schild mit dem mühlſteinähnlichen Felsblock. Voß, Ilias 7, 
270, Greifen wir nicht wie ein Mühlwerk flinf in einander auf 
Wort und Winf? Schiller, Wallenfteins Lager 11. Ich liebe mir den 
Müllerknecht. Göthe, der Edelknabe und die Müllerin. 

Mill, Mull oder Müll (hochdeutſch ungewöhnlid — Staub); 

Gemüll (ahd. gamulli, mhd. gemülle — das durch Zerreiben Ent: 
ftandene), müllen (ahd. mulian, zimulian, mullan, mhd. müllen = 
zerreiben); Melm (ahd. mölmo, mbd. mölm, mulm, altj. melm), 
woher zermalmen (|. ©. 470); Molde, woher Maulwurf (ſ. 
S. 432); Mulde (mhd. mulde = Mehltrog); Molter (aud Mül- 
ter, mbd, multer — was der Müller vom gemahfnen Getreide als 
Lohn für fich behält), woher moltern und mültern; mulfern und 
mülfern = zermulmen, zerreiben; Malter (mbd. malt(d)er = 
Getreide das zum Mahlen gegeben oder auf einmal gemahlen wird, 
Getreidemaß verfchiedenen Gehaltes), woher maltern (ins Walter 
geben) gehören jet meift der Volksſprache an. 
Anm... Mehlthbau (eig. Milthau, in der Volksſprache Milthan und 
Miltba, 'ahd. militou, agf. mildeiw, mh. miltou, älternhy. miltaw) hängt 
wol mit goth. milith — Honig yufammen, alfo eig. Honigthau. Dagegen gehört 
Milde (ahd. miliwa, mhd. milwe) wie das mhb. milwen — zu In oder 
Staub machen, zu Mehl, mahlen. 


Fahren. 


(Wurzel far, var; vgl. fanffe. car — gehen; gr. relgar durch- 
dringen, zeoav» — verfuchen, vopog —= Durchgang, ronsvar = 
— in Bewegung bringen, reifen; lat. per = durch, 
porta = *hüre, peritus — erfahren.) 


Sabre, fuhr, gefahren, fahren (ahd. flv)aru, fCw)uor, Avjue- 
rum&s, f(v)arandr, f(v)Jaran; mhd. var, vuor, vuoren, gevar, 





727 


varn, farn; goth. faran — geben, wandern, farjan == fahren, ſchif⸗ 
fen, altj. agf. faran, neuniederl. varen, nenniederd. fären, fören 
aifrief. alta. jwed. fara, engl. dän. fare) uripräuglic, allgemein fid 
von einem Orte zum andern ——— nbd. 1) überhaupt bewegen 
und bewegt werden, befonders geſchwind, oft mit Dem Nebenbegriff 
eines Wirkung (eig. und nueig. von Raum wie von der Zeit gejagt): mit 
der Hand in bie Taſche, es iſt ein böfer Geiſt in ihn gefahren, es 
fahre ihm durch den Sinn; 2) fi) wohin begeben, mit dem Nebenbe- 
‚gift der Gefchwindigfeit, früher ohne Rückſicht auf Art und Weiſe, 
. gegenwärtig gewöhnlich mit Bezug auf ein Fahrzeug; 3) in dieſem 
Sinne wohin bringen; 4) iu Verbindung mit laſſen, dem Befiß, dem 
Genuß einer Sache entfagen; 5) wohl oder übel mit etwas anfommen ; 
6) leben (eig. und uneig.). — So joltn die Bewwme nicht verderben, 
das du mit den Exten dran fareft. Luther, Bibelüberf. 5. Mof. 20, 19. 
Das der Kafte auff dem Gewefler fur. Daſ. 1. Moſ. 7, 18. Die 
ganze Gefellichaft fuhr nad den Gläjern. Rabener. Muß ein für« 
nehmer Geiſt jeßt im ihn fahren Schiller, Wallenfteind Lager 7. 
Bie die Keuerflamme bei dunkler Nacht in die Hänfer fähret. Daſ. 
6, Gottes Gebot leret klüglich faren (thun) in allen Handel. 
Kuther, Bibelüberf. Sir. 19, 18. Zaret Cverfahret) mir feuberlich mit 
den knaben. Daſ. 2. Sam. 18, 5. Den Augenbli konnte ich kaum 
erwarten, wo id) (als Bergmann) in die Grabe fahren würde. No- 
valis, Heinrich von Ofterdingen 1,5. ort ift er! Mit allem davon ge- 
fahren, was ich mir tbät am Leib erfparen. Schiller, Wallenfteins 
Roger 5. Zeuch bin auff und fahr glüdjelig. Luther, Bibelüberf. 1. 
Kön. 32, 12. As wir zum heiligen Grab zu fahren uns verbun- 
den. Wieland, Wenn Sie Julchen wollen fahren lafien. Gellert. 
Rede ihre doch zu, Daß fie ihren Eigenſiun fahren läßt. Gellert. 
Bleibe bei dem Gedaufen, du wirft wohl dabei fahren. Gellert. 
Fahre wohl, du Mofenzeit der Wonne! Schiller. 
Beben (i. d.) iR alfgemein fich fortbeivegen, im Beſondern, wenn es zu 
Tape geſchieht. Reiten (ſ. d.) bezeichnet das Bewegen von einem Orte zu 
einem andem. auf Thieren. Reifen (af. reison, mhb. reison, altn. reisa, 
ſihwed. resa, gehhrt zu ahd. risan, mäb. risen — eine Bewegung zur Höhe 
oder Tiefe viachen, ©. 188) bezeichnet zunächſt das Aufbrechen, um fich auf 
ven Weg zu machen; Daher rüften, ordren; dann fi nach einem weit ents 
fernten Orte hinbegeben, man mag nun gehen, fahren ober reiten. — Gile 
nun und gehe mit dem Waflertopf! Goͤthe, des Zauberlehrling. Wer reitet 
fo ſpuͤt durch Racht und Wind? Gölhe, Erlkönig, Der Kammerdiener? Den 
laͤßt der Major reifen. Leſſiag, Minna v. B. 3, 2. 
Aufahren 1) fahrend anfommen, unterwegs bei einem Freunde 
anfahren; 2) mittels eines Fuhrwerks herbeikdafren; 3) im Fahren an 
etwas flogen, auch umeigentlich; 4) anfangen zu fahren, befonders bei 
den Berglenten an bie Axbeit: gehen; 5) (vom Winde) ſich erheben; 





728 


6) mit Heftigkeit harte und rvauhe Worte an Jemanden richten. — 
Im Augenblid, daß derielbe (Kutiher am Wirthshaus) aufahren 
wollte. Goͤthe, Xeben 14, 6. Bielleiht fahren Sie diejen Abend 
bei mir an. Schiller, Briefe mit Goͤthe 5, 302. Als die exfte Gon- 
del an das Schiff anfuhr. Götbe, ital. Reife Venedig. Die Steine, 
die da Draußen angefahren find und zugehauen werden. Götbe, 
was wir bringen 3. Auf Atymnios raſch mit der fpißigen Lanze fuhr 
Antilohos an. Voß, Ilias 16, 318. Da fuhr id) garflig an. Campe. 
Als ſie (die Bergleute) anfuhren. Grimm, der Bergmönch im 
Harz. Als jählings ein Nordwind anfuhr. Baggeſen. Da fuhr 
der fernhin treffende Apoll mit lauter fürchterlicher Stimme ihn an: 
Halt, a Sohn! Zurück! Bürger. 
nlaffen (f. laffen) überhaupt harte nid rauhe Worte an Jemanden 
richten. Anfchnauben (f. ſchnauben) mit größter Heftigfeit und größter 
Leidenfchaft, im höchſten Zorne. Anſchnanzen (von Schnauze ©. 542) 
grob und gemein, zugleich mit Heftigkeit. Im gemeinen Leben find noch ges 
braäͤuchlich: Anfaden (von ſacken, got. sakan, gasakan, ahd. sahhan, 
mhd. sachen, urfpr. folgen, verfolgen, dann fchelten, verweilen; vgl. lat. 
sequi) mit dem Mebenbegriff des Scheltens, Verweiſens, Strafens, Zankens. 
Anfchnarren (von fhnarren, S.395 mhd. snarren — einen ſchnarrenden 
Ton von fich geben, der Ton felbft Heißt mhd. snar; vgl. engl. snarl = fuurıen 
wie ein Hund, bän. snere ad en == einen hart anfahren; niederd. snarren 
== murten, ſchmaählen) in einem groben unb wiberlih lautenden Ton anfahren. 
Anfhnurren (von nieder. Schnuurre — Naſe, Schnauge, woher 
Schnurrbart; mhb. snurren = einen zitternden Ton von fi geben wie 
die Bogenfehne) it = anfchnanzen. — Auch finpten die Ofſiziere nicht wenig, 
als fie im Hauptquartier übel angelaffen wurben, weil fle nicht fo reinlid, 
fo zierlig wie auf ber Parade zu Berlin over Potsdam erfchienen. Goͤthe, 
- Kampagne in Franfreih 26. Sept. Hinweg du Hund, ſchnaubt fürchterlich 
der Graf ben armen Pflüger an. Bürger, der wilde Jäger. Gie reden alle 
burch die Nafen, haben Wänfte fehr aufgeblafen, und fchnauzen jeden Chri⸗ 
ſten an. Goͤthe, Pater Dry. Was darffft du uns fo anfhnarren? 6. 
Sachs. Alfo fie mih anfhnurrt vnd ſchnaufet. H. Sache. 
Auffabren 1) in einem Fuhrwerk fi) in die Höhe begeben; 
2) (feierlih) vor⸗, hinfahren, des Befnches wegen; 3) überhaupt fid 
mit Schnelligkeit in die Höhe bewegen, oder bewegt werden, uneigent- 
ih von Leidenfchaften erregt und bingeriffen werden (befonders im 
Partie. auffabrend); 4) unvermuthet, plößlich zum Vorſchein kom⸗ 
men, bejonders von Blattern, Ausfchlägen; 5) im Fahren auf etwas 
ftoßen; 6) plößlich und mit Heftigkeit geöffnet werden; durch Fahren 
Öffnen; 8) Durch Herbeifahren erhöhen, ausfüllen. — (Als id) Pads 
wagen und Chaiſen aufgefahren ſah. Göthe, Campagne in Frank⸗ 
reich 6. Sptbr. Der Vorhang Lim Theater) fuhr auf. Lichtenberg, 
Driefe aus England 3. Der Alte fuhr auf aus dem Schlafe. Zacharla. 








729 


Geduld muß felbft bei diefem Brief auffahren. Shakſpeare, So 
wie e3 euch gefäft 4, 3. Wenn ich gewußt hätte, daß Sie fo anf- 
fahren würden, fo hätte ic; fein Wort jagen wollen. Gellert. Wohl, 
es jei! entgegnete etwas auffahrend der Burgherr. U. Mednyanßky, 
die gefährliche Wette. Kein Blätterhen fuhr auf. Zachariaͤ. Die 
große Flügeltbür fuhr auf. Wieland. | 
Mit aufſahrend find Kunverwandt: auffahrifch (etwas uneel); hef⸗ 
tig (ahd. heftt, heiftic, in ber ſüdd. Volksſprache haift — fchnell, heftig, 
von geih. haifsts — Streit, alin. heipt = flarfer Haß, ahd. heifte = 
Sturm), das bloß auf die Leivenfchaft weift, aber dabei den Begriff bed Stars 
Een, Gewaltigen hervorhebt, während bie mehr auf: die Schnelligkeit hinden⸗ 
ienden auffahrend und auffahrifch zugleich vie die Leidenſchaft begleis 
kende Geberde dusdrücken; jähzornig (auch jahzurntg, gähzoruig, von 
Sorn ©. 20 und jüh, jach, eigentlich gäh, gach, ahd. k(g)Ahi, mhb. 
gäch, gähe,.geehe, wahrſcheinlich zu gehen gehörig) zeigt eine Geneigtheit 
zum Sorne. — Ich halte einen Bruder, ber zwei: Jahre jünger war ale ich 
und fehr kühn und heftig. Gdthe, Benvenuto Cellini 1,2. Sickingen drohte 
mit Gemer uud Schwert, der hochmüthige jähzornige Mann! Godthe, Götz 
v. B. 4. 
Berfahren 1) (veraltet) vergehen, verloren gehen, ſterben; 2) 
(im Bergbau) das Feld oder einen Gang mit Schächten oder Strecken 
öffnen; 8) fort«, von einem Drte nach verfchiedenen Richtangen hin- 
fahren, oder auf einem Fuhrwerke wegichaffen; 4) (uneig.) mit einer 
Sache auf eine gerifle Art fahren, d. h. fie auf eine gewiſſe Art be= 
handeln, früher nberhaupt für handeln; 5) im Fahren vermeiden, vor⸗ 
beifahren: den Zoll, fih verfahren — den rechten Weg verlieren; 6) 
fahrend verbringen; 71 (Jäger und Schifferfprache) auseinander fahren 
oder treiben; 8) ausfahren, durch vieles Fahren verderben. — Neiß 
mich ja nicht fo von binnen, ſtarker Gott, in meinen Jahren, weil fte 
faum find halb verfahren. Opitz. Gelebt als ein Tyrann und alt 
doch beim Verfahren (Sterben). Opig. Es foll ein Scholiaft, vor 
Verdruß über. die Einführung desfelben (Gefehes), Todes verführen 
fein. SKlopftod, Gelehrtenrepublik. Gott rottet aus, zerftveuet und 
verfehrt, wer gottlos iſt und wider ihn verfährt. Opitz. Wir werden 
in der Ordnung verfahren. Göthe, Goͤtz v. B.4. Weld ein ſchaͤnd⸗ 
liches Berfahren! Paten, die verhängnißvolle Gabel 5. Ohne uns 
im den Gräben unwiederbringlic, zu verfahren. Göthe, Kampagne 
im Frankreich 6. Sptbr. ege, die verfahren, fol man Höhen. 
Jůülich. Polizeiordnung. | | 
Behandeln (f. Handel ©. 420) eine Handlung mit oder gegen etwas 
vornehmen, ohne Unterſchled, ob basfelbe fich dabei thätig ober leidend vers 
halte. — (Wallenftein:) Hab ih als freie Männer euch behandelt. (Ges 
freiter:) Ja, würbig haft du fletd mit uns verfahren. Schiller, Wallens 
Belus Tod 8, 15. en 


730 


Widerfabren 1) wider etwas fahren; 2) fo zufommen, es ſei 
Gutes oder Uebles, Daß es dem Gegenftande geſchehe, gleichtam über 
ihn komme. — Widerfahre denn auch um Freunde Billigfeit 
und Recht. aten, die verhängnißvolle Gabel 4. Daß nicht Der 
Welt ſolch Leiden widerfahre: Göäthe, Warnung. Wenn ibn Un- 
glimpf widerführe. Schiller, Wallenſteinss Tod 3, 2; 

Begegnen (1. ©. 38, 55) fo zukommen, daß man damit in nahe Be 
ziehung oder Bericchrung Eommi. Iuftoßen (f. flogen) von Uebelem umver: 
fehens betroffen werben. — Es muß ihnen etwas Großes begegnet fein. 
Bellert. Katharina war eine Mutter ihres Volkes, was dem ärmflen ihrer 
Untertanen wibderfuhr (es if hier Uebles gemeint), war ihr ſelbſt zu ge⸗ 
ſtoßen. Schiller. 

Willfahren = nad) dem Willen des Andern den ſeinigen be⸗ 
ftimmen, daß man das, was Dieter Andere will, gejchehen läßt, gleich⸗ 
fam nah des Anden Willen fahren. — Dem großen Trieb, dem 
prächtig ſchaffenden, kanu er dann ungebuuden frei willfabren. 
Schiller, Piscolomini 8, 4 _ | 

Sulaflen Ci. Iaffen) etwas gefchehen laſſen, wobei man fi entweder 
unthätig ober gar leidend verhält, Geftatten (abv. k(g)a(i)statön, mhr. 
gestaten, f. Statt bei Rehen) von etwas gefchehen Taffen, daß es Statt 
(Raum) habe. Berfatten, ſtärker als geflatten, ohne Ginfchränfung ges 
flatten. Bergdnnen (f. gönnen, Bunft ©. 130) aus Zaueigung für den 

Arndern geſchehen laffen. Grlauben f. ©. 414. — Bei beirn Majeſtäten 
find wir zum Handkuß zugelaffen worden, Schiller, Piecolomini 2, 2, 
Graeute Hulvigungen gefiatte mir. Goͤthe, Cugenie 1,5. Rım lit es mög- 
Hd, dag gewiffe Dinge In den Baue bes’ Körpers viele Merkmale gar nicht 
verflatten. Leffing, Hamburger Dramaturgie 3. SM es einem kehrer 
vergönnt, den freien Bingang foldyen Lehren zu geflatten, bie zur Bass 
beit umd durch die Wege der Bosheit zur Bervamnmig führen? Mosheim. 
Der Prinz vergdnne nur, bag ih mid fo lange mit meiner Tochter Yier 
verweile. Leſſing, Emille Galotti 5, 3, Die Welt wird nie das Ghkf ers 
lauben, ale Beute wird es nur gehafcht. Schiller, das Geheimnis. 

Führen (abd. fuoran, förjan, mhd. vüeren, altf. förjar, ag. 
feran, altn. foera, newmiederl, voeren, ſchwed. foera, dän. före) 
1) fahren machen, unmittelbar und begleitend (durdy Dabeiſein) Fort⸗ 
bewegumg geben und deren Richtung beftinmen; 2) ;vermittelfi eines 
Fuhrwerkes von einem Drt zum andern fchaffen; 3) an und Dei fi 
haben, gewiffermaßen mit fidy fortbewegen, (von Kaufleuten) mit etwas 
handeln; 4) einer.beftimmten Richtung folgend verfertigen: zum Graben; 
5) anorduen und verwalten: Haushaltung, Hertichaft, Leben; 6) (ver⸗ 
altet) eine Perfon fpielen. — Stell’ uns die Jungfrau an des Heeres 
Spitze! Wir folgen blind, wohin die Böttlihe uns führt! Ihr 
Seherauge fol uns leiten. Schiller, Jungfrau v. O. 1, 10. Ueber: 
morgen follte ih meine Amalie vor den Altar führen. Schiller, 





. 731 


Näuber 3,7. Das ich Wolken ober die Erden füre. 2uther, Bibelüberf. 
1. Mof. 9, 14. Ein Verſtand, der der Tngend des Herzens nicht aufbilft, 
fährt zum Unglauben. Gellert. Aljo nam Moſe fein Weib, und feine 
Sime, vnd füret fie auffeinem Ejel. Luther, Bibelüberſ. 2. Moſ. 4, 2. 
Gewehne deinen Mund nicht zum fehweren vnd Gottes Namen zu füren. 
Derſ. Sir. 3,9. Er führte ein fehr gutes Rappier. Göthe, Leben 9.2. 
Bermengen Sie mich nicht mit der Närrin, deren Wort ih führe, 
Leſſing. Drum führen wir much das Inftige Leben. Schiller, Bal- 
lenfteing Lager 6. Die Perſon, die ich jept führe auf dem Schau- 
plab diefer Welt. Logau, Sinnged, 9, 75. 

Leiten (f. leiden) die Bewegung eines Dinges befimmen; durch mittels 
bare ober unmittelbare Wirkung die Richtung für die Bewegung beſtimmen. 
Lenken f. ©. 372. — (Bir Haben) Aber den Abgrund dem Wanderemann 
den fihern Steg geleitet. Stiller, Tell 2, 2. Lenk’ ich nicht glücklich, wie 
du leitet? Böthe, Fauſt 2, 46. Denn geſchickt iſt bie Hau ſchon lange, 
den Zügel zu führen, und das Muge geübt, die künſtliche Wendung gu trefs 
fen. Denn wir waren in Straßburg gewohnt den Wagen zu lenfen, ale 
ich den jangen Baron dahinbegleitete; täglich rollte ver Wagen, geleietet von 
mir, das hallende Thor burg. Goͤthe, Hermanz und Dorothea 6, 804. 

Anfühbren 1) überhaupt an etmas führen, beionders mit der 
Hand faſſen und einer Sache nähern; 2) auf einem Fuhrwerk herbei- 
haften; 3) durch Leitung zu etwas führen: ein Heer; 4) durch Vor» 
thun, durch ——— der Art und Weiſe, der Thaͤtigkeit eines An⸗ 
deren die Richtung beſtimmen; 5) machen, daß etwas (beſonders 
Fremdes) an Andere zur Kenntniß kommt (ſ. S. 484); 6) die (ge⸗ 
druckten, geſchriebenen oder geſprochenen) Worte eines Andern vor die 
Sinne bringen, gegenwärtig machen; 7) Jemanden dadurch eine irrige 
Vorſtellung von etwas beibringen, daß man ihm davon vormacht oder 
ihm vorgemadht wird, mas nicht Das Wirklihe ift, gleichviel ob es 
zum Bergnügen oder im Ernfte geſchieht. — Denn freilich diefe wüßt' 
ih eh'r als Mufen anzuführen. Göthe, FZuuft 2, 227. Es madıt 
den Deutjchen nicht viel Ehre, dag einen anführen, was fonft mit 
anleiten ſynonym ift, fo viel heißt, al einen betrügen. Lichten- 
berg wigige und fat. Einfälle. Di führte ja dein Vater zu großen 
Thaten am. Weiße. Sie hat mid angeführt, dir wird ſie's auch 
jo machen. Göthe, Fauſt 1, 105. Wir hatten uns in unſern Knaben» 
jahren einauder oft angeführt. Göthe, Leben 5, 6. 

An— und verleiten erklären fih aus leiten. Anweifen (f. weifen) 
ber Thaͤtigkeit des Anderen die Richtung durch Erkenntniß geben. — Ans 
bringen und angeben f. S. 484. — Anziehen (f. ziehen) tft wie 
anführen ein beutfcher Ausdruck für citieren (lat. citare = antreiben, 
vorladen) zur. Beflätigung nennen, anführen, wird aber befonders dann ges 
braucht, wenn ich bloß mit Anführung ihrer Benennung auf eine Stelle hie 
weife, — Berloden (ahd. ferlucchön, ferloschte, |. loden ©, 843) 





132 


durch etwas, was angenehmen ſinnlichen Cindruck macht, cin lehendes Weſen 

bewegen, daß es herbei und anderswohin kommt; im Beſondern dadurch Ie 

manden zu einem Thun bewegen, welches nicht ſein ſollte und nicht in dejſen 

Abficht lag. Betrügen (f. d.) zu Jemandes Nachtheil oder Schaden lass 

fhen. Verführen ſ. unten. — Daß ſie von Eltern und Lehrern angemahei 

und angeleitet werben, ſich mäßig, verſtändig, ja vernünftig zw betragen 

Göthe, Leben 2. B. Auch ich habe zum Tode die Kinder Adams verleitet, 

Klovfiod, Meſſias 5, 447. Rommen Sie mir und verleiten Sie mid ao 

einmal zu fo einen Frevel! Leffing, Emilie Satotfi 4, 3. Im vierten Theile 

des angezogeuen Werks. Leſſtng. Aumuthig follten fie jedoch much foldgen 
: Liebedwegen immer meiter uud weiter verlockt werben. Göthe, Meikers 
Wanderj. 8, 5. Buhr hin, Berfucher! mi verlockſt du nicht. Uhtland. 
Ludwig d. B. 4. Damit ih nur alle unter einander recht beiriegen and 

belägen Fönnen. Goͤthe, Meiſters Lehrj. 4, 16. 

Ausführen 1) aus einem Orte, Lande führen, ſchaffen, beſonders 
zu Wagen oder zu Waſſer; 2) mittelft eines Fuhrwerks ausleeren, tei- 
nigen: einen Graben, Teich; 3) ein. Angefangenes bie zu feinem Ende 
führen, etwas jo zu Ende führen, daß nichts fehlt, was Dazu gehört. 
— Der Story führt feine Jungen aus und lehret fle fliegen. Funke. 
Zruthähne führen ihre Zungen nach Nahrung aus. Funke. Der 
befte, drolligfte und ausgef ihrtehe Gharatter in dieſem Stücke. 
Leſſing. Der Vorſchlag — dem Ritter wohl erſonnen, und wird 
nun ungeſaͤumt und klüglich ausgeführt. Wieland, Oberon 10, 54. 
Haͤtt' er mit Weisheit und Cifer die That erſt ausgefuͤhrt. Klop- 
ſtock, Meifias -4, 600, 

Ausrichten (f. richten ©. 197) in bie rechte Richtung bringen, wie 
es fein fol. Vollbringen (f. bringen .S. 28) gänzlich zu Eude bringen, 
mit dem Nebenbegriff, daß das zu Bollbringenve ſchwer, wichtig if. Bell 
führen = gänzlich zu Ende führen. Bollenden (mbb. volenden, von 
enden ahb. entön, endjön, entäön, mhd. enden, von Ende goth. andeis, 
ahd. anti, enti, agf. mhd. dän. holläud. ende, altf. endi, altn. endir, engl. 

,„ end, ſchwed. ände, fanffe. anta; vgl. gr. aryvam, avurav von ae = 
vollenden) voll und gänzlich zu Ende bringen, mit dem Nebenbegriff des hoöͤch⸗ 
Ren Grades der Bollfommenheit durch die legte Arbeit. Bollziehen (ſ 
ziehen) einer Willenserklärung zufolge etwas wirflidh machen, es mag mil 
telbar oder unmittelbar gefihehen. Vollſtrecken (von reden f. Rreis 
hen) unmittelbar vollziehen. — Deine Befehle richtet" ich alle mit eilender 
Sorg' and. Klopſtock, Meſſtas 1, 548. Ging’, unſterbliche Seete, der 
fündigen Menſchen Erldſung, die der Meſſias auf Erden in feiner Merſchheit 
vollendet... Grtbat’s und vollbrachte die große Berföhnung. Dei. 
1, 1.7. Mit dem er unnachahmbare Thaten vollführte Daf. 1, 318 
Er vollziehe nur den eignen Ginfall des verftorbenen Könige. Schiller, 
Wallenſteins Tod 1, 5. Daß er einen andern ſchicke, das Urtheil au Bew 
venuto zu vollfireden. Goihe, Benvenuto Gellini 2, 12. 


| ol 





733 


Ueberführen 1) Aber einen Raum, über ein Ding führen; 2) 
Yemanden über etwas zu Er⸗ oder Bekenntniß der Gewißheit ver- 
mögen. — (Der Strom) überführt mit Steinen und Kies Felder, 
Wieſen und Gärten. Göthe, Briefe aus der Schweiz 2. Abthl. Es 
führt’ ein Schiff den Leichnam ber zum Land der Väter über. 8. 
3. ©. Wepel, der Spielmam. Wenn Sie ihn alfo von der Unhalt⸗ 
barkeit der Newtonifchen Lehre durch den Augenfchein überführen. 
Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 320. 

Ueberwetfen (f. weifen) Semanden über etwas vie Gewißheit zu Er⸗ 
oder Bekenntniß darthun. Ueberreden (f. reden ©. 78) durch Gewandi⸗ 
heit und gefchichten Gebrauch der Worte mit einnehmenden Borfellungen auf 
die Berfon fo wirfen, daß biefe etwas für wahr und gewiß Halte. Ueber⸗ 
zeugen (mhd. überziugen — durch Zeugen jeder GBinreve benehmen, f. zies 
ben) durch Zeugniß Anderer zur Anerkennung der Bewißheit von etwas be⸗ 
wegen; durch Borflellungen, Gründe Jemanden zu innerlich zweifellofer Aus 
nahme und Anerfennung ber Gewißheit von etwas bewegen. — Daun werben 
Sie die Bhantafle der Marftichreierei überwiefen haben. Schiller, Fiesko 
2, 6. Gr fängt an, und wird uns noch manches vorergählen unb viel übers 
reden. Wilhelm ſchwur hoch und theuer, daß er nicht überreden, ſondern 
überzeugen wolle. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 18. 

- Berführen 1) in die Ferne von einem Orte weg führen, ſchaf⸗ 
fen; 2) Berftirfungswort des einfachen führen: großen Lärm; 3) un⸗ 
mittelbar anf Jemanden wirfend ihn zu einem Thun bewegen, das 
etwas Uebles ift oder er als etwas Uebles anfieht oder überhaupt als 
etwas, was er nicht hätte thun follen. — Wenn gleich dag rohe Ma 
terinl nicht in ſolchen Quantitäten als jebt verführt werden konnte. 
Heeren, Ideen über die Politik 2; B. a8 verführt du für ein 
Geſchrei? Shakſpeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 2, 2. Er verführ 
tet (ſetzt fort) den Krieg. alfo lang biß Keyier Ziberius abfordert 
alles Bold. Aventinus, Chronit 1580. Bl. 171. Wenn Jemand 
verführt oder angeführt wurde. Lichtenberg, Nachtrag zu dem 
liter. Bemerfungen. Die (Menfchen), Satan, du verführet haftl 
Klopſtock, Meifias 2, 674. . 

Die Synonymen f. bei anführen. 

Ab —, an—, anf—, aus—, dahin—, daher—, durch —, 
empor —, ent—, entgegen—, er—, fort—, ber—, berab—, ber- 
an—, berauf—, heraus —, herein—, herüber —, berum—, ber- 
nuter— , bervor— , herzu —, bin—, binab—, binan—, hin- 
auf—, hinaus — hindurch — hinein —, hinüber —, binnnter—, 
binweg —, binzu—, mit—, nach —, nieder—, über—, umber—, 
ver —, vor—, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber—, 
weg —, zu —, zurüd—, zuſammenfahren/und — führen bedürfen feiner 
weiten Erklääͤrung. — Ich hätte Luft um abzufahren. Göthe, Fauſt 
1, 115. Als ich von Fluͤelen abfuhr Schiller, Zell 4, 1. Sie 





7134 


ließ Karin, der fie zum Spaziergange einlud, auf eine fehr ſchnipoiſche 
Weile abfahren? Göthe, Uinterhaltungen deutfcher Ausgewanderten. 
Der ausgefahrne Hohlweg aufwärts am Berge her nöthigte ums 
anszufteigen. Göthe, Campagne in Frankreich 23. Aug. Sie wil 
ausfahren und die Stadt bejehen. Leſſing, Minna v. B. 3, 10. 
Wie nach einem weggeihmolzenen Nachwinter auf einmal die grüm 
Erdendere in Blumen und Blüten hoch aufflattert, fo fuhr m der 
warmen Luft der Kreundichaft und PBhantafle auf einmal Albanse 
Weſen üppig blühend und grünend aus. 3. Baul, Titan 53. Zub: 
ren wir aber jeßt gleich aus (ans der Grube). Grimm, der Berg: 
mönc im Harz. Mit einem Munde, bei deffen Schlikung der Natur 
das Meffer ausgefahren zu fein fhien. Lichtenberg, Briefe and 
England 3. Wir haben des fchönen Lebens öde Küfte nur wie ein 
umirrend Räubervolk befahren. Schiller, Biccolemint 1, 4. So 
konnte die ganze Ebene bis faſt unter die Mauern von Antwerpen be: 
fahren werden. Schiller, Belagerung v. Antw. So fuhren wir 
dahin. Schiller, Zell 4, 4. Einem am Weberſtuhl fißenden wohl⸗ 
gebildeten Mädchen ſtockte das Schiffchen in der Hand, das juft durd 
den Zettel durchfahren follte. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 5. 
So wie gewöhnlich Männer umher zu einander im Schiff durd- 
fahren die Meerflut. Voß, Odyſſee 9, 138, Dem jegt Die ſeind⸗ 
liche Kugel ftürmend Die Rechte durchfuhr. Pyrker, Tumiſias 9. 
Und Schauer durchfuhr ihm die Glieder, Voß. Daß er die Pferde 
morgen früh gun Einfabren des Grummets brauche. -- Götbe, ital. 
Reife Trient 11. Sept. Als wir nun in die Lagunen einfuhren 
Daf. Venedig 38. Sept. Wie einft der Gott. . . mit tonreich hal⸗ 
lendem Schwanengefpann einherfuhr. Voß, die Deutjchheit. Lenere 
fuhr um's Morgenroth empor aus ihren Träumen Bürger, Lenore. 
Die Wafler fuhren fihäumend empor. Klopſtock, Meſſias. Der 
eheimnißvollen Bruft entfuhr, finnvoll und teuchtend, ein Gedanfen⸗ 
ahl. Schiller, Wallenfteing Tod 4, 2. Mir entfuhr. in der Hip 
die Unbill. Voß, Luiſe 3 a, 500. Er fuhr... . der Stadt, dem 
Aufenthalte feines Sohnes, entgegen. Göthe, Meifters Banden]. 
2, 3. Erforfche mid) Gott, vnd rare (prüfe) mein Hertz. Luther, 
Bibelübert. Pi. 139, 23. So muß id um Vergebung bitten, Daß ih 
mehr erfuhr, als ih erfahren durfte, Schiller, Don Karlos 4,4 
Die feine Großmuth und jeiner Sitten Freimdlichfeit erfahren. 
Schiller, Wallenfteind Tod 4, 10. Sie würden democh erfahren, 
Daß gefchieht was geſchehen fell! erfahren, dag über den Gräben 
Leben wohnt; wie flaunend fie auch die Erfahrung erführen 
Klopſtock, Meſſias. Kung und leber it jhm erfaren (difluxerunt). 
Prompt. v. 1618. Wenn er dark himmliſche Wunder die Erde zu 
fegnen fortfährt. Klopſtock, Meſſias 4, 22. Nur weiter (im Reben) 
fortgefabren! Schiller, Piccolomini 2, 7. Daß mit fie deu Pfnw 


re 








438 


den gefahren (verfihren), wie. Recht umd Landabrauch iſt. Lori, 
Lechrain v. 1616. Die hauptiächliche Abficht, warum der Hof um 
ſechs Uhr Abende vorgefahren kam, war die, um zebn- Uhr recht 
ärgerlich wieder heim zufahren. 3 Pant; Heſperus 21. Der 
Bageı meiner Schwefter, in weldyem meine Leute bergefahren 
find, ift noch hier. Göthe, Meifters Lehrj 8, 2. Gott lies Jacob 
hoch herfahren (ſich betragen) auff Erden. Luther, Bibelüberf. & 
Mof. 32, 13. Laßt berfahren chefannt werden) den Anichlag bes 
Heiligen in Iſrael. Daf. Eſ. 5, 19. , Em Weihaltar war fein er⸗ 
nes Leben, auf den.berab die Flamme Gettes fuhr Ziedge, 
sania 5. Wie ein Fall, der ſchnell ans den Lüften herabfährt. 
fer, Tunifias 2. Houwald Hingegen fam berangefahren 
aten, rom. Dedipus 4. Als wir and Kondi berausfuhren. 
Göthe, ital. Reife St. Agata 24. Febr. 1787. Sobald ich zu ihm 
fam, fuhr er gleich mit wilden Worten heraus. Göthe, Benvenute 
Kellimi 1, 11, Wie ein unfterblicher auf ri Wolfen bernieder- 
fährt. Schiller, Maria Stuart 5, 7. Welche (Fuhrwerkle) vom Ber 
netianifchen Palaft au der linken Seite herumfahren. Göthe, röm. 
Carneval. Ein Mann, der beftändig im Ruderſchiffe herumfährt. 
Voß, Odyſſee 8, 161. Da man ihn nicht abgehalten hatte, in der 
Belt hberumzufahren. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 3. (Er) fubr 
ir den Raum des Heltes herunter Pyrker, Rudolph 8. Seine 
Abficht war, hervorzufahren. J. Paul, Hefperusi. Fahr bin, 
shnmächt'ger Stolz ber edeln Seele! Schiller, Maria Stuart 3, 4. 
(Sch) fand am Steuerrnder und fuhr redlih hin. Schiller, Tell 4, 
1. Wo auch die andre Heldenſchaar der Achaier in räumigen Schif⸗ 
fen hinauffuhr. Voß, Odyffee 1, 211. So wir fuhren heut 
binaus, fchren vergmügt und reich nach Hand. Göthe, die Fiſcherin. 
Hinansfuhr frachend die Angel. Pyrker, Tuniſias 8. Indeſſen die 
Masten fi) vermehren, - fahren die Kutichen nach umd nach in ben 
Corſo hinein. Göthe, roͤm Karneval. Hier muß er grimmig anf 
einen Mohren losfahren. Goöthe, Novelle. Ach wollte fie hätten 
euch alle zum Zenfel gejagt, und wenn ich bätte mitfahren follen. 
Göthe, Leben 3, B. Fahren Sie mir nicht fo übel mit. Gellert. . 
Bei dr Jungs nachfahrender Meberlegung mußte ich fühlen, daß 
jedes rt die De nur vermehren würde. Göthe, Meilters 
Wanderj. 3, 13. Wan entichloß ſich nachzufahren. Göthe, Mei- 
ſters Lehrj. 7, 5. Dem (in- die Unterwelt Riederfahrenden nicht 
folgend. Schiller, Braut v. M. Ich fahe einen Engel niderfuren 
vom Himel. "Luther, Bibeläiberf. Offenb. 18, 1. Wo einer Kähne 
angebunden war, mit denen man überzufahren pflegte. Göthe, 
Wahlverwandtichaften 2, 10. In Trier angelangt, fanden wir die 
Stadt vorn Truppen — von allerlei zJuhrwerk überfahren. 
Bötbe, Eampagne in Franfreih 23. Aug. Daß er den Bund bes 











736 


Herrn vberfaren Tübertreten) bat. Luther, ibeläherf Sof. 7, 15. 
it einer überbinfahrenden Schweſter. Göthe, Meiſters an 
derj. 1, 9. (Er) ergögte fih wahrhaft an dem ruhigen Anfcyauen 
der femen umberfahrenden Betriebfamteit. 3. Paul, Siebentäs 
8 Raſtlos fuhren die Boot’ umber. Pyrker, Zunifiag 3. Be 
die anfommenden Kiften und — eh untergefahren werden. 
Goͤthe, Meifterd Wanderj. 3, 3. Er wollte nody etwas fagen, aber 
fein Bruder unterfuhr ibn, J. P Baul Mein — ſoll vor⸗ 
fahren. Schiller, Fiesko 1, 4. Zwiſchen die Räder des voraus⸗ 
fahrenden und die Deichfel und Pferde des nachfahbrenden Wa— 
gend. Göthe, röm. Carneval. Manche Klippe Fährt dein Liebſter 
noch vorbei. Göthe, an die Erwählte, Auf a ( an Bers 
wundete bei uns vorbeigefahren wurden. Göthe, 
Indem er die übrigen (Sterne) nur al$ vorüberfahrende — 
pen behandelte. Goͤthe, Leben 11. B. Ein Nachen fährt fo eben 
drunter (unter dem Regenbogen) weg. Schiller, Tell 2, 2. Seitdem 
mir. Odyſſeus wegfuhr fammt den (teiden gen Ilios. Voß, Ylias 
17, 108, Dede, wüſt und zerfahbren lagen die Anger. Göthe, 
Eampagne in Frankreich 22. Det. Springgläfer, die den Hammer 
vertragen und nicht eher in taufend Splitter zerfahren, als bi 
man die Kleine Spike abbricht. 3. Baul, Titan 33. Als. en Schuß 
fiel, worauf die Hufaren fogleih zufuhren, die nächte Umgebung 
in "unterfuchen, Göthe, Kampagne in Frankreich 30. Aug. Deu 
Örtel zugefahren! Schiller, Tel 1, 3. (Sch) fahre —— 
vor mir felbſt zurüd. Schiller, 9, 2% Ich fuhr über den 
Glanz zujammen. J. Paul, Titan 43. — Es würde und hier zu 
fehr von unferm Zwecke abführen. Göthe, röm. — Der 
Tell gefangen abgeführt nach Küßnacht. Schiller, Tell 4, Um 
feine Schmefter von den Blumen abzuführen 3. Paul, — 50. 
Und iſt Melampo (ein Hund) ſo — abgeführt (abgerichtet)? 
Hoffmannswaldau, getreuer S chaͤfer 50. ı Er) packt feinen Kram vom 
Perlen und Rubinen hübſch wieder ein und führt fich ab (entfemt 
fih). Wieland. (Es) wurden Eoncerte und Oratorien bei ihm anf» 
geführt. Göthe, Leben 2. S Die darin (im Staatsrechte) aufs 
a Perſonen. Daf. 7. B. Sie (die Freude) führt dem 
anz des jungen Lebens auf. Ziedge, Urania 4. Ih hoͤrte, 
hättet euch vor meiner Thür unartig aufgeführt. Shakſpeare, was 
ihr wollt 1, 5. Bei der Hand im Zriumphbe daher zum Meſſias 
geführet. Klopftod, Meiftas 4, 1025. Peine Gedanken durch⸗ 
uführen. Göthe, Meiſters Wanderj. 3,3. Indem er mich in ver⸗ 
— Ortſchaften und Familien t eils perſoͤnlich, theils durch Em⸗ 
pfehlungen einführte. Goͤthe, Leben 10. B. Eine neue Ordaumng 
der Dinge führt fih ein. Schiller. Daß meine Hand aus des Cua⸗ 
poͤrers ——— Dienft zu lohnesreichem dich emporgeführt. 








737 


Uhland, Herzog Ernſt 1, 2. Daß der einnehmende Lothario fie (Lu- 
cia) ihm entführt. Göthe, Meifters Wander. 3, 14. Es wurde 
viel Holz von dem Wafler entführt. Bluntſchli. So wird aud 
feine Zeit dir diefen Ruhm entführen Hofmannswaldau Er 
wird dich) deinem Meſſias entgegen zu feinen Umarmungen füb: 
ten. Klopftod, Meſſias 3, 515. Ertragen wir’s, daß man ihn 
fortführt, frech, vor unſern Augen? Schiller, Zell 3, 3. Wie 
famt ihr durch das Waſſer, da doch der Strom die Brüden fortge- 
führt? Daf. 4, 3. Da im beiteren Glanze der Somne fie von dein 
Achrenfeld beimführen den Segen des Sommers, Pyrfer, Tunſias 
5. Der führt fie heim cheiratbet fie). Shakſpeare, die lujtigen 
Weiber von Windfor 3, 2. Das war es, was mich bergeführt.. 
Schiller, Don Karlos 2, 12. Ans granenvollen Winkeln führe nicht 
mir der Geipenfter dichte Schaar heran. Göthe, gene 3, 4. Halt 
du ihr einen Heroen berauf zu führen geboten? Göthe, röm. 
Elegien 7. Der Landvogt führt ihn felbft den See hera uf. Scile 
fer, Tell 4, 1. ine beffere Zeit herbeizuführen. Göthe, Leben 
7. B. Auch mir führt, unter Tauſenden, Das reihe Schiff aus Ins 
dien Gewürz und Spezerei und Sabas Bohnen mit herbei. Bürger, 
Danklied. Führ’ ihn (den Fremden) herein. Schiller, Tell 5, 2. 
Ich führe mit mir beut Abend berüber den Schultbeiß. Platen, 
die verhängnißvolle Gabel 3. Das (Kältchen) er ohnehin nicht gern 
auf der Reiſe mit fi herumführen wollte, Göthe, Meifters Wan⸗ 
der. 3, 12. Aber wie ihn das Fräulein in der Gallerie herum— 
führte. Schiller, Räuber 4, 3. Er führe mid nicht in das Ges 
riht Hin. Klopſtock, Meſſias 5, 123. Hat der Sturmwind fie hin— 
abgeführt? Schiller, Jungfrau v. D. 5, 12. Oder ih führ es 
hinaus, was meine Weisheir mir eingab. Klopftod, Meſſias 2, 611. 
(Der Wind) führte die Schiffe auf die unendliche Fläche hinaus. 
Byrker, Zunifias 3. Ich führe auf platten Marmorboden dich hin- 
ein. Göthe, Eugenie 1, 5. Den einfältigen 2ejer binterführen 
(bintergehen). Ungenannter bei Campe. Bleich, wie die jammervollſte 
der Mütter, führte den Sobn an dem Todeshügel fie langſam hin— 
unter. Klopſtock, Meſſias 12, 234. Führe deine Heere hinweg 
von meines Baterlandes Boden. Schiller, Jungfrau v. ©. 5, 9. 
Dort ſchifft er bin und führt im Schiffe fein Berbrechen mit.- 
Schiller, Tell 4, 1. Aud die Spor'n, die wir mitführeten. Bor- 
fer, Rudolph 2. Ich ließ mir von meinem Knechte das Pferd nad= 
führen. Göthe, Benvenuto Gellini 3, 8 NRüdgeführt in den 
Saal! Göthe, Götz v. B. 1. Laßt fie vorführen. Shakſpeare, 
viel Lärmen um nidts 4, 2. Als der Goldfiſch mit dem rechten Arme 
Babetten. und mit dem’ linken Albano, zum Effen vorausführte. 
5% Paul, Titan.16. Dies- it Das Lenkſeil jet, das meinen Pracht⸗ 
minen mit Uebermuth vorbei die Neuverlobten Führt... Thümmel. 


738 


Genug, daß ih. fie cdie Wetterwolke) fHll an dir vorüberführe. 
Schiller, Don Karlos 4, 6. Wag's, ihn aus unfrer Mitte wegzu- 
führen! Stiller, Zell 3, 3. Iſt daz daz haus zefurt (zeritört) 
wirt. Mon. boica 18, 58. Ich will deinem Willen folgen, vielleicht 
führft du mid, ödern Gegenden zu. Geßner, Führe deinem Herrn 
dein Weib und deine Tochter zu. Voß, ZTrinklied für Freie. Des 
Weges, den du verwüſtet batteft, zurüd dih führte Klopftod, 
Meſſias. Was iſt's, Das die drei Völker des Gebirge hier an des 
See's unwirthlichem Geftade zufammenfübhrte in der Geifterftunde? 
Schiller, Tell 2, 2. 

Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Iufammenfeßungen, 3. B. Ein 
Herz hochfahrendes Geifles. Voß, Ilias 9, 629. Wenn die Luftfahrenden 
ufammen ſprechen. Goͤthhe, Farbenlehre 129. So zeug man jagend unb reitemb, 
! hlittenfahrend und lärmend von einem Gute zum andern. Göthe, Wahlvers 
wandtfchaften 2, 5. Der bogenführende Schußgott. Gedike. Den Troß ver 
fährſchiffführenden Wägen. Byrfer, Tunifias 8. Die ſtimmführen den 
gelehrten Forſcher. Göthe, Windelmann 2. Der wortführende Aldermaum 
une, Gelehrtenrepublif. Die zepterführenden Fürſten. Bürger, Ilias 

Erfahren (i. S. 389%, Erfabrenbeit find einfah und im 
Zuſammenſetzungen gebräuchlich — Der allerfabrne Hephäſtos. 
Doß. A deſſen alterfahrnen, vielen Siun verfuüpfenden Ge- 
fprächen Götter jelbit, wie an Orakelſprüchen, ſich ergepten? Göthe, 
Aphigenie 1, 3. Der Kampferfahrne gedachte jebo der Liſt. 
Pyrker, Zunifias 10. Ein ruhmgekröntes friegserfahrnes Haupt. 
- Schiller. Welchen (Palaft) er felbit fi erbaut mit den kunſter⸗ 
fahrenften Mämtern. Voß, Ilias 6, 314. Dem leidenerfah- 
renen Süngling. Pyrker, Zunifius 8 Der ſchlachterfahrne, 
tapfre Feldherr. Pyrker, Rudolph 3. Auch die Troer find ftreit- 
erfahrene Männer. Voß, Odyſſee 18, 261. Eurydamas, ein 
traumerfabrner Greis. Bürger, Ilias 5, 149. Begleiten ſoll 
uns der Aerzte vielerfahrenfter. Göthe, Eugenie 3,4. Jung feid 
ihr, und brav und tapfer; aber noch nicht welterfahren. Herder, 
Eid. — An Grimm und Stärfe war und an Erfahrenheit mem 
Gegner offenbar mir überlegen. Wieland, Oberon 1, 57. Viktor er- 
ftaunte über ihre dem Geſchlecht und der Welterfabrenbeit gleich 
fehr eigne Kunft. 3. Paul, Hejperus 4. Ich ſchaͤme mid der Un— 
erfabrenheit und meiner Jugend nicht. Göthe, Taſſo 2, 3. 

Fahre, die, (ahd. diu vara, mhd. var — Fahrt, Reife) Furche, 
Fahrt, Fuhre, auch Fähre, gehört befonders der Volksſprache am. 
Das Fahr (ahd. mhd. daz var) Anfahrt, Landungsitele. Die 
Fähre 1) ein großes, flaches Fahrzeug; 2) derjenige Ort an einem 
luffe, wo man überzufahren pflegt. Fahrnuß = das bewegliche 

igenthum ift veraltet; fahrig (ſelten); fahbrbar; Fahrung um 
m .einigen Zuſammenſetzungen gebräuchlich. Fahrer (früher aud 





739 


Faͤhrer, abd. feräri = Nuderer) einer der da fährt, befonders in 
Anfammenjeßungen gebräuchlih. Berge (ſchweizer. fergen = fort» 
ſchaffen, abd. ferjan — führen, ſchiffen, ferjo — Fährmann, mhd. 
vern aus farjan — überſetzen) Fährmann, Schiffer; gewöhnlich ſteht 
dafür in hochd. Schriftſprache Fährmann. — Die Fähre, die uns 
über den Rhein brachte. Göthe, Leben 13. B. Kein Schiffer len— 
fet die Faͤhre. Schiller, Bürgſchaft. Unter Hausfahrnuß follen 
nit alle bewegliche Sachen, jondern allein der Hausrath als Leinwand, 
Bettgemand ꝛc. verjtanden werden. Schmeller 1, 548. Einer bei 
und, der Kahrige genannt. Göthe, Meifters Wanderj. 8, 8. Hef- 
tig wogete der See und war nicht fahrbar. Schiller, Tell 2%, 2. 
Den Hafen für große Schiffe anfahrbar machen. Seume. — Ich ge- 
langte au Erfahrungen, die mir ganz neu waren. Göthe, Meifters 
Kehrj. 6. Mangelnde Kriegeserfahrung Voß, Ilias 2, 368. 
En Mann, der mit Gefühl, Verftand, mit Kunfterfahrung Men- 
ſchenkenntniß paart. Bürde. Weil ich lieber die Güte, als eine ſtrenge 
Berfabrung brauche. Eimplicifimus 3, 3. — (Wir hatten und ent⸗— 
ſchloſſen) mit dem franzöfiihen Kauffahrer die Rüdfahrt abzufchlie- 
Ben. Göthe, ital. Reiſe Meſſina 13. Mai 1787. Küſtenfahrer 
von zwanzig Tonnen, und drüber. Ebeling. Das find Abenteuer äl- 
terer, unfähiger Schifffahrer. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 199. 
Er gewinnt Anfeben und Namen unter den Seefahrern. Göthe, 
Meifters Wanderj. 2, 12. Eine Anzahl von Wallfabrern.. 
batten ung eingeholt. Göthe, St. Rochusfeft. Deine Fergen werden 
vrıbfomen. Luther, Bibelüberi. Sec, 37, 27. Um Gottes willen, 
Faͤhrmann, euern Kahn! Schiller, Tell 1, 1. 


Mit Erfahrung (Gewißheit der erlangten” Kenntniß von Thatfachen, 
um aus benfelben allgemeine Wahrheiten abzuleiten) IR Beobadtung (f. 
beobachten S. 488) finnverwandt: ein verharrendes und forgfältiges Rich⸗ 
ten der Sinne oder des Geiſtes auf etwas, fo wol um zu näherer Kenntniß 
diefes Gegenſtandes mit Benauigfeit zu gelangen, als au, bei erlangter 
Keuntnig, um zu daraus abgeleiteten Wahrheiten zu gelangen. 


Borfabe (auch Borfahrer) 1) eine Berfon, welche vor uns 
— bat (gewöhnlich im Plur.) im Gegenſatz von Nachfahr, Nach— 
ommen; 2) eine Perſon, welche vor uns in unſern äͤußern gegenwar—⸗ 
tigen Verhaͤltniſſen, — in unſerm Amte war, fie mag nun geftorben 
fein oder nicht. — Damit und die große und riefenmäßige Gefinnung 
mierer Vorfahren zur Anfchauung gelange. Göthe, Leben 9. B. 
Da doch nach einer allgemeinen Annahme ein König nicht fticht, und 
mithin Vor⸗ und Rahfahrer zu Einem Manne in einander ver- 
wachſen. 3. Paul, Heiperus 8. So tritt der Priefter in Der Reihe 
feiner Borfahren und Nachfolger ... um fo herrlicher auf. Göthe, 
Leben 7. B. Dein Vorfahr (im Amt), fprach er, war nur viel 


47% 








740 





zu kalt. Leifing, Nathan d. W. 1, 3. Wie ein dankbarer Nach⸗ 
fabr jeine Verdienſte feiert. Göthe, ital. Meile Girgenti 36. April. 
Daß fam denn freilich ihren Nachfahrern zu: gute. Götbe, Cam 
pagne in Frankreich Münfter Nobr. 1792. 

Voreltern (von Eltern, bei S. Brant im 15. Jahrh. elttern, Kom 
parativ von alt, goth. alds, ahd. mhd. alt, altf. altfrief. ald, mittelwieterl, 
neunieberl. oud, meunieber). old, öl, Al, agf. eald, engl. old, eigeailid 
Bartic. Bräter. von altn. ala — nähren, goth. aljan — fett made; 
vgl. lat. alere = nähren) infofern wir von ihnen abſtammen. Ahnen (don Ahr 
und Ahne ahd. Ano, weibl. Ana, mhd. ane, ene, an) bezeichnen gemöhnlid abe 
lige Boreltern, Borfahren können ſchon mit den Eltern, Boreltern ud 
Ahnen aber erſt mit ven Großeltern beginnen. — Seltener unb- alterihiw 
liyer find die Altvordern «ahd. alte fordoron, mhd. altverdern) za 
Vorvordern. — Dergleihen unzerftörliche hoͤchſt adytungswerihe Crinne 
rungen an die Boreltern find es, um derentwillen wir die Fehler ber Rad 
kömmlinge verzeihen. GBöthe, nachgel. Werke 9, 192. Der deines gtohen 
Ahens gedenken wird. Schiller, dem Erbprinzen von Weimar. Daf ka 
Bruder, Don Garzia, aus dem Kerfer in das Grabmal feiner Ahnen wer 
derte. Herder, Eid 37. Unfere ehrlichen Altvordern. Wieland. Wie ma 
nicht allein das von unfern Borvordern Geleiſtete zu ſchaͤgen weiß. Bike 
Leben 9. 2. 

Fahrläſſig (wol von mhd. varn lagen = fahren laſſen, auf 
geben, vergeſſen) nicht Die gehörige Thätigleit anwendend, weil man 
nicht die Aufmerkſamkeit auf den Gegenftand der Zhätigfeit vereinigt 
und feithält, ſondern fle von einem Gegenflande auf den andern ur 
bedachtſam übergehen kißt. — Wenn wir nicht fabrläffig. geringeren 
Preis nur gewinnen. Voß, Ilias 23, 413. Nun aber efelten ſich 
die ſtrengſten ſittlichen Forderungen an ſich und andere zu der größten 
Fahrläſſigkeit im Thun. Göthe, Leben 14. 2. 

Saul (goth. füls, ahd. Nvyul, mhb. vol, agf. fül, altu. füll, nensie 
derd. ſchwed. dan. fül, engl. foul, nach Gaugengigl mit voll verwankt, 
faul, flinfend, als Folge der Fülle; Wackernagel möchte das Wort mit gr 
vor = E@iter, averv —= verfaulen machen, lat. pus — Giter, puterd = 
fanl fein, pudere = ſich fchämen zufammenftellen) urſprünglich verborhen, 
ekelhaft, fpäter Häßlich, fchmupig, bösartig, flinfend, träge und zwar trägt 
im höchften Grad als innere Verderbtheit, innere Schlechtigkeit, die ſich I 
zur gänzlihen Nichtanwendung der Kräfte fleigern kann. Träge (ab. 
träki, mhd. treege, altu. tregr, ſchwed. trög, bolläud. traag; vgl. et. 
rgayvg = taub, heftig, zornig; altf. tregan = unwillig fein, agf. tregiaa 
— plagen) urfpränglich unmwillig, beſonders gegen die Arbeit, dann langiem 
Dazu, weil das Gubjeet fich nicht zur Thätigkeit beſtimmen will, oder es zidl 
vermag. Laß (f. Taffen) zurückſeiend, zurückbleibend aus Unthätigkeit. 

. Davon läffig, dem’ das Laßſein eigen iR. Nachläffig unthätig oder ofet 
Aunſftrengung bei der Thätigkeit and Mangel an Wufmerkfamfeit und GSorgfell 





ws 741 





° auf ben Gegenſtand der Ehatleit Berdroffen (. verdrießen) anthätig 
oder der Thaͤtigkeit abgeneigt ans Mißſtimmung an dem, was man thun ſoll, 
eſonders · wenn dies auhaltende Thaͤtigkeit erfordeit, ſich Yang hinzieht und 
dadurch beſchwerlich wird. Phlegmatiſch (gr. plsyuarıxög, von pAdyıa) 
eigentlich an zähem Schleim leidend, dann unthätig ober der Anflrengung ab⸗ 
geneigt aus Unempfindlichkeit gegen alle. Bindräde, gegen allen Reiz zur This 
tigfeit. — Wer aber recht bequem iR und faul, flög’ dem eine .gebrat'ne- 
Taube in’ Maul, er würde höchlich ſich's verbitten, wär fie nicht auch ges 
ſchickt zerfchnitten. Bäthe, Sprichwörtlih, Was fchlummerft bu? die träge 
Kat ſchickt ich für Helden nicht. Gleim. Keiner, von Trägheit laß, ent« 
- zieht den Gefahren der Schlacht fi. Voß, Ilias 18, 225. (Er war) uns 
läſſig zu ſtreiten im Jeld und zu fämpfen. Daf. 11, 12. Nun entfinft ans 
läffiger Hand dem Künſtlet der Hammer. Zacharia. Daß die Stimme, bie 
" geringfügigere Perioden fchnell herausftößt, flüchtig und nachlaſſig darüber 
hinſchlüpft. Leſſing, Hamburg. Dramaturgie 8. Werdet nicht verdroffen 
guts zu. thun.. Luther,” Bibelüberf. 2. The. 3, 14. Go drohet auch bei 
‚ vhlegmatif 4 en Kinbern große Munterkeit Ausbruch der Boden. J. Paul. 
Titan 58 
Binfährig ‘(von willfahre n) nad) dem Willen des Andern 
gern den feinigen.beftimmend, indem man Das, ‘was eben der, Andere 
will, wirklich ausz A beginnt." — Ich weiß, was Dir die Königin 
angefonnen: fie hofft, daß deine ruhmbegier'ge Jugend willfähr’ger 
fein wird, als mein flarred Alter. Schiller, Maria Stuart 2,7. Kei⸗ 
ner fei unwillfährig bei abgejchiedenen Zodten. Voß, Ilias 7, 409. 
Gefaͤllig (ahd. k(g)eftv)ellic, mhb. gevallic, gevellic, ſ. &. 233, 487) 
früher angemefien, paßlich; dann was Gefallen bat, wer Anbern gern Ge⸗ 
fallen erzeigt. Billig (f. ©. 24) in feinem Willen duch den Willen bes 
Andern leicht geneigt, zu deſſen Beilem etwas zu thün ober zu laflen. Ber 
reitwillig (ſ. bereit ©. 750) fogleih bereit, dieſes Williafein auszu- 
füheen. Erbdtig (f. bieten) diefe Neigung durch Erklärung fund gebenv. 
Die genannten Syn, laffen unbeſtimmt, ob das Thun oder Laſſen wirklich ges 
ſchehe oder nicht. Daß daeſelbe wirklich gefchehe prüden, außer willfährtig, 
ans: Dienftwillig (f. dienen ©. 273) = Willen zum Dienft habend ; 
dienffertig = ſogleich fertig, thätig zum Dienfle; dien ſteifrig (f. Eifer 
&. 753 Anm. 3) = Eifer dabei vffenbarend. — Du zu Wort und That ge: 
fällig. Voß, Begräbnißlied. Und bil du nit willig, fo braud’ id 
Gewalt. Goͤthe, Erifönig. Die Leute fehienen bereitwillig, ihn für den 
verheißenen Lohn mac) der verlangten Gegend zu fahren. Novalis, Heinrich 
von Dfterbingen 1, 2. Ich zeigte fogleih bie größte Bereitwilligkeit 
ihnen aufjuwarten. Böthe, Leben 15. B. Dir zu jedem Dienſt erbötig. 
Böthe, Fauſt 2, 158. Eine Matrage, welche der dienſtfertige Vetturin 
dem Wirthe weggeſchwatzt hatte. Böthe, ital. Reife Meſſtna 10. Mal. (Br 
praft) die Dienftfertigkleit der Mädchen am Brunnen. Gäthe, Leben 4.2. 


Fahrbahn, — bogen, — buch (beide im Bergwejen), —damm, 


J 


742 





— gebühr, —geleife, —genoſſe, —gut, —Tappe (im Bergbau), —kar⸗ 
pfen, —kummet, — küttel, —leder (bei. den Bergleuten), —lehen, 
—maus, —nagel, —recht, —riemen, — ſchacht, — ſeſſel, —ſteiger, 
—ſtoß (beide im Bergweſen), — ſtuhl, — trenſe, —zins u. a.; Faäͤ(ca)hr⸗ 
beſtänder, —geld, —gerechtigkeit, —herr, —knecht, — leute, —meiiter, 
—ordnung, —pacht, — paͤchter, —ſchiff, —tafel, —zoll n. a; An— 
fahrgeld, —ſchacht; Ueberfahrgeld, —lohn, —nachen, — ſchiff, 
—ſchiffer; Erfahrungsarzt, —beweis, —kunde, —mäaͤßig, — ſatz, 
—ſeelenkunde, —feelenlehre u. a; Verfahrungsart, —lehre, 
—weiſe. — Das Fahrgeld für die erſte Station nach Somailles. 
Thümmel. Ich ließ um fo eher aus der ſchrecklichen Fahrleiſe hin— 
abwärts ausbiegen. Goͤthe, Campagne in Frankreich 6. Sept. Es 
bat ihnen beliebt, mich und meine ehrlichen Bemühnngen häufig zum 
Fahrmittel ihres Witzes umd Unwitzes zu machen. Campe Als 
fie fi) nunmehr der Fahrſtraße näherten. Göthe, Meiſters Wan⸗ 
derj. 3, 11. Wo zwei Infeln dus Flußwaſſer verengten ... und ein 
gefährliches Fahrwaſſer zubereiteten. Göthe, Wahlvermandichaften 
2, 10. Den allgemeinen Fahrweg der Gedanken betrete Deine 3ei- 
tung nicht. Schiller, Don Karlos 2, 4 Es fandten mir Fahrwind 
Himmliihe. Voß, Odyſſee 4, 585. Da unfer Schiff ein türkiſch 
Fahrzeug fing. Göthe, Fauſt 1, 154. — Auch noch Anderes möcht 
ih euch gern mitbringen zum Fährlohn. Voß, Odyſſee 15, 448. 
Erfahbrungsbegriffe haben ihren Boden in der Natur, als dem 
Inbegriff aller Gegenflände der Sinne Kant. Erfahrungsfülle 
habt ihr wohl gewonnen. Erfabhrungswefen! Schaum und Duft. 
Göthe, Fauſt 2, 100. Das Innere der Dinge liegt außer unjerm 
Erfahrungsfreife. Ungenannter bei Campe. Nicht ja erfab- 
rungslos weißag’ ich es, nein wohlfundig! Voß, Odyſſe 2, 171. 
Aus dem Reiche des Denkens in das Erfahrungsreich. Goͤthe, 
Briefwechjel mit Schiller 4, 1%: Ein erfahrungsreihes Leben, 
Ungenannter bei Campe. — Daß fie fih in diefe Berfahrunge: 
art zu ſchicken wiſſen. Göthe, Meifters Wander. 3, 3. 

Fahrt (ahd. fart, mhd. vart, altf. farth, altn. feerd), 1) der 
Zuftand und die Handlung, da man den Ort verändert, Gang, Reiſe; 
2) dasjenige, worauf man fährt, gebet oder reitet: über einen Ader, 
Leiter im Bergbau, Gang oder Höhle eines Thieres unter der Erde; 
8) dasjenige, woran man den genommenen Weg erlennt, Spur, be- 
ſonders in der Iägerfprache, fonft auch und zwar gewöhnlicher Fährte 
(mbd. verte), auch uneigentlih; 4) fo viel ald man auf einmal auf 
einem Fahrzeuge oder Fuhrwerke fortbringen fann; 5) Die Zeit, da 
man fährt; 6) (veraltet) an, auf der Fahrt — im Begriff, auf dem 
Wege fein; 7) (veraltet) in Verbindung mit Zahlwörtern das Mal. — 
Sie haben eine leihte Fahrt. Schiller, Zell 2, 2. Bon eurer 
Fahrt ehrt fich’s nicht immer wieder, Daf, 1, 1. Es bracht’ ihn 





743 


frühe zur traurigen Fahrt (zum Tod). Goͤthe, Reineke Fuchs 4, 26. 
Was ich unter der Hand wieder auf der Fahrt (Spur) habe, iſt feſ⸗ 
felnder. Ungenannter bei Campe. Darauf antwort im Neydelhart 
mit Eugen worten an der fahrt. Theuerdank. Die jungen Kriegs⸗ 
leut haben fich allweg zwier (zweimal) ein Tag vben (üben) müſſen, 
die Alten ein fart (einmal). Aventinus, Chronik 1580. BI. 108. 
Wie der König iſt geart, fo balten fich auch jder fart (jedesmal) fein Diener. 
Ringwald, die lautere Wahrheit. — Wie er (der Hirſch) mit Schweiß 
die Fährte färbt. Voß, Junker Kord 56. Grad’ auf dem Weg 
nad) Regensburg zum Schweden ergriffen ihn (den Sefin) des Gallas 
Abgeſchickte, der ihm ſchon lang’ die Fährte abgelauert. Schiller; 
Ballenfteind Tod 1, 2. — Sie batend dringt der Abfahrt Stunde 
u ‚befchleunigen. Göthe, Ipbigenie 4, 4 Man entihloß fih, das 
—* aufzuheben, und eine ſaufte Ad» und Auffahrt zu veran⸗ 
Kalten. Göthe, Leben 5. B. (Nachdem der Gefandten) jolenne Ge- 
fammtauffahrt den 6. Febmar ftattgefunden. Göthe, Leben 5. 2. 
(Daß nicht) fruchtlos ende die Ausfahrt Voß, Odyſſee 3, 316, 
Hemmeten nicht Hobliveg’ ‚und verfchneiete Gründe die Durchfahrt. 
Voß, 70, Geburtstag 26. Die Einfahrt in den Canal Grande. 
Göthe, ital. Reife 29. Sept. Oben an der Einfahrt des Schadh- 
te. %. Paul, Zitan 55: Was auf unferer Hereinfahrt vom 
Balle geicheben ift. Goͤthe, Werthers Leiden 1, 19. Juni. Die Hin- 
fart (der Tod) der Gerechten. Luther, Bibelüberſ. Weisheit 3, 3. 
Kuriere unfere Niederfahrt melden. Schiller, Räuber 1, % (Wir 
hatten uns entichloffen) mit dem franzöftfchen Kauffahrer die Rück⸗ 
fahrt abzuſchließen. Göthe, ital. Reife Meffina 13. Mai 1787. 
Ueberfahrten und Buchten. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 7. Die 
Ueberfahrt wird für einen Kreuzer gar behaglich genoffen. Göthe, 
Leben 1.3. Da nun die Umfahrt im Earneval in Derfeiben Straße 
und nach ähnlichen Geſetzen geſchieht. Göthe, röm. Earneval. — Und 
beide hatten ſich in dieſen Abenditunden zu einer Betefahrt freud- 
nadhbarlich verbunden. Wieland, Dberon 2, 32. Die erfchlaffte die 
dauernde Heersfahrt'). Porker, Rudolph 3. Die lange Heim- 
fahrt (der Tod) fteht euch bevor. Göthe, Reineke Fuchs 4, 260. 
Er fang die traurige Heimfahrt, die den Achaiern von Troja ver- 
bängete Pallas Athene. Voß, Odyſſee 1, 327. (Er) entbot Europas 
Völfer zur Heldenfahrt. Pyrker, Tuniſias 2. Iſt der Erdfall 
eines fortiinfenden Bdjewichts denn nichts, als eine verborgene Him- 
melfahrt deſſelben? J. Paul, Hefperus 23. (Marcions) Sekte 
ließ durch Ebrifti Höllenfahrt alle Böſe aus der Hölle kommen. 
3 Paul, Titan 46. An diefem Herzen endet meme Irrfahrt. 


1) Früher war von Heerfahrt auch ein Berbum im Gebrauch: Si wöllent 
herverten ze Wormz an dön Rin. Nib. 148, 8. 





.» 
Ä 144. ' 
—— — — ——————————— 


Schiller, Jungfrau v. D. 8,.3. Die herkoͤmmliche Kreisfahrt 
duch das gefittete Europa. Göthe, Meſſias Wanderj. 1, 11. Rum 
flellten Kreuz- und Qüerfahrten. an. Dal, 2, 8. (Seit) der 
aͤngſtlichlabyrinthiſchen Kummerfahrt. Göthe, Fauft 2, 219. (Was 
mir an) Spaziergängen und Landfahrten zu Theil ward, Göthe, 
Tag- und Suhreöhefte 1801. Da er doch für Albanos frohe Le⸗ 
bensfahrt ein günftiger Seitenwind war. 3. Paul. (Der Kahn) 
auslief, felbft wann es wallte, zur Lujtfahrt oder zum Angeln 
Boß, Luiſe 1, 105. Und jauchzt ihm ... die Wünfche. der günfigen 
Meerfahrt nah. Pyrker, Zuniflas 3. Zu dem (Gnadenbild) der 
frommen Pilgerfahrten viel geſchahe. - Schiller, Jungfrau v. O. 
1, 10. Den ic) auf diefe Probefahrt mitzunehmen gedenke. Göthe, 
Meifters Wanderj. 1, 9. Aber wer weiß, ob er felber nicht .auch mit 
dem. Leben ‚die Schifffahrt fern von den Seinigen büßt. Voß, 
Odyſſee 2, 333. Vorige Woche gab es bei der Schlittenfabrt 
Händel. Göthe, Wertbers Leiden 1, 8. Jan. Der Seefahrt tm 
dige Männer. Voß, Odyſſee 15; 414. Die Böller barrten der 
Siegesfahrt. Pyrker, Tuniſias 3. Sie hatfe fih abermals eine 
Spazierfahrt ausgedacht. Göthe, Meiſters Lehrj. 2, 9. (Die) 
bei Uferfabrten das mannigfaltigfte Vergnügen gewähren. Görke, 
Meifters Wanderj. 2, 7. Bei wunderhaftet Wagefahrt nach einem 
foftbaren Zalismann. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1803. Im Spies 
el ftiller Ahndung ſchaut mein Geift der Wallfahrt 1) Ziel. Sa 
i8, das Abendroth. Da fehlte e8 niht an Land- und Wafier- 
fahrten. Göthe, Meiſters Wanderj. 3,6, Auf weit= und breiter 
Wellenfahrt. Göthe, Meilters Wanderj. 2, 7. Wenn fi bie 
Völker felbft befrei’'n, da kann die Wohlfahrt nicht gedeih’n. Scil- 
ler, Glocke. 

Mit Fahrt 3 und Fährte find finnvermandt: Spur (ahd. mb. agl. 
altn. das spor, mhd. auch bie spor; vgl. gr. oyrpor — Rudel am 
Fuß, Fuß eines Berges) das‘ binterlaffene eingebrüdte Zeichen auf em 
Boden von etwas Darüberhinbewegtem; Fußſtapfe (mhd. vuozstapfe, älter 
nhd. fueßftanff, ſtußſtapff, fußſtapf, uus Buß f. ©. 638 und alt. 
der stapho,- staph, mhb. stapfe, stapf, agf. stapa — Tritt, von alli. 
stapan, ahd. stephan, mhp. stapfen = flarf auftreten, Hapfen) das Zeichen des 
Fußtritts im Boden. — Grröthend folgt er ihren Spuren. Schiller, Blede. 
Mir jehen neben uns der Ahnherrn Tritte und ihres Erdelebens Spuren 
faum, Göthe, Iphigenie 2, 1. Wir fehen ihm in den Himmel nach au 


rn u — 


2) Davon wallfahrten, niht wallfahren. — Und ich muß zu Ihrem Bee 
wallfahrten? Göthe, Meifters Lehrj. 2, 3. Die nad Loretto wallfahrten 

chen. Schiller, Fiesko 2, 15. Wallfahrend (flatt wallfahrtend) nach dem 
Kimmelreich, Schiller, Braut v. M. Bon Kich zu Kirche wallfährt (Reit 
wallfahrtet) der hange Menfchenfirom, Grün, Martinswand, 








745 


. folgen auf ver Bahn, anf welche er fo sähmlihe Kußfapfen eingedrückt 
hat. „Bellert, an ven Grafen v. Brühl. = 2, AU 
Fahrtgriff, — halfen, —haspe, — Hammer, — maß, — ſchenkel, 
—fproffe, —ſtange; Fährtenader, —gerecht, —laut; Abfahrts- 
Ntangeı —geld,. — recht, —Ihuß. 
efährfe,- der, (ahd. kali)faria, giferto für gifartjo, agſ. ge- 
fera für geferja, mhd. geverte) ift eigentlich der Mitfahrende, Mit- 
reiſende, Begleiter; dann allgemeiner Mitſeiender ‚bei einer Unterneh 
mung, Begleiter bei derfelben. — Das Gefährt (mhd. daz gevert) 
1) ein Fuhrwerk, Wagen; 2) GVolksſprache) das Geſpann (Ochien, 
Pferde, Kühe) vor einem Wagen, Karten, Pflug; 3). (Jaͤgerſprache) 
Spur, für Fährte; 4) im Bergbau die Spur eines Ganges oder einer 
ader. — Und Keiner unferd Chors, die wir Dich fonft in * 
Kriegs» und Jagdgefahr begleiten, mag deines ſtillen Pfads Gefährte 
fein. Schiller, Braut-v. M. — Und entließ beide Angſtgefährten 
. mit einem derben Verweiſe. Benzel-Sternau. Biſt du, Lefer, mein 
ſo treuer Erdengefährte. Herder. Grabgefährten, brecht zum 
Richtplatz auf! Schiller, Kindesmörderin. Konım an mein Herz, du 
alter. Kriegsgefährtel Schiller, Wallenfteind Zod 3, 10, Ein- 
ſamkeit, die erfte Erzieherin und Lebensgefährtin eines Mönche. 
Zimmermann. Da ertönten die Chöre feiner himmliſchen Keihen- 
gefährten. Klopftod, Meſſias 12,198. Mein Reifegefährte, 
Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 51. So hieß fein Reitgefährte. 
Alxinger. Ihr zogt ihn auf ald einen Spielgefährten. Shake— 
ipeare, Cymbeline 1, 2, Wer ‚wie Cervantes den echten Ritterfinn 
durch alles Hingeben für Unglüdsgefährten feuerbewährte, Ben- 
⸗Sternau. enn ihr auf meine Wachtgefährten ſtoßt. Shake⸗ 
peare, Hamlet 1, 1. Auch iſt Schwach dein Wagengefährte. Voß, 
Ilias 8, 104. — Man kann diefe Gefährtichaft (Gefellichaft) der 
Herzoge eine Schule für den jungen Adel nennen, Erneſti. Wie uns 
gleihe Gefährt (Fuhrwerke) einander weichen follen. Lori, Lechrain 
v. 1916. Dan kann die Bewegung eines Gefährtes, auf welchen 
man mitfährt, eigentlich nie an dem Gefährte jelbft erkennen. He⸗ 
bel, die Erde und die Sonne. — 

Geſell (ahd. klg)ali)satjo, —selljo, —sello, mhb. geselle, von Saal, 
ahd. mhb. sal, altf. seli, agf. sele, altn. salr = das im Gebäude ſelbſt, 
ebener Erde, angebrachte oder daran ſtoßende, rings verfchlofiene große Ges 
mad , worin gefpeift und gefchlafen wurde; Wackernagel vgl. lat. solium 
— Thron, hoher Eis, consilium — Rath, Rathefigung) eigentlich der mit 
dem Andern in berfelben Wohnung, demfelben Gemache fi) aufhält; davon 
der zu bem Andern in näherer Beziehung, in irgend einer Gemeinſchaft 
Stehende. Benoffe (f. genießen) eigentlich der mit dem Andern in Ge⸗ 
meinfchaft des Genuſſes If, der Mitgenießende. Befpiele (add. kaspilo? 
ageſchloſſen ans mhb. gespil, von Spiel ©. 168) eigentlich der Mitſpielende, 


746 


— — — ——— 





in allen Sprachen von Perſonen in Kindess und Iugenbalter geſagt, imfofern 

fie Umgang mit einander haben. — Was redſt du mir Befell? Gchiller, 

Fridolin. Unebel war er (Tantalus) nicht und fein Berräther; allein zum 

Knecht zu groß, und zum Befellen des großen Donn'rers juur ein Meufd, 

Goͤthe Ivhigenie 1, 3. Nehmet auch mid zum Genoſſen an. Ich fei, ge 

währt mir die Bitte, in eurem Bunde ber Dritte. Schiller, Bürgſchaft. Je 

Befpielen, die Jungfrawen, die je nachgehen. Luther, Bibelüberf. Bi. 45, 18. 

Fuhr (ahd. fuora, föra, mhd. vuore in verſchiedenen Beden- 
tungen) 1) die Handlung da man fährt; 23) ein beipanntes Fuhrwerk; 
3) fo viel als auf einmal weggefahren werden kann; 4) (veraltet) 
Nahrung, befonders für das Vieh (davon füerig — nahrhaft, fät- 
igend, füeren = füttern, durch Futter ernähren, im Gegenfag der 

ide); 5) (veraltet) Lebensart, Aufführung, Anzug. Ab—, An-—, 
Aus—, Durch—, Ein—, Zufuhr ua. — Die Fuhren that 
das Boll. Goͤthe, Fauft 2, 296. Wann wir Kaufleute fangen um 
Fuhren wegnehmen. Göthe, Götz v. B. 1.: Es ſoll niemand ment 
Bieh auf die gemain Waid fchlagen, dan er über Winter, Doch das 
er die Fuer von Andern nit fauffe, von feinem Guet fueren mög. 
Lori, Lechrain v. ‚1616. — Der Anbau und die Ausfuhr nahmen 
verbältnigmäßig zu. H. # Sturz, Erinnerungen an Bernftorf. Ein 
mufchelshauß zur überfuhr beftimmt. Hoffmannswaldauiiche Ged. 4, 13. 
(Da) die Holzfuhren ſtark gehen. Göthe, die Aufgeregten 2, 2% 
Schnell von der Laſtfuhr fpannten die Mäuler fie ab. Bo, Odyſſee 
7, 9 Wie man von dort an den belebenden Meßfuhren ſich ar 
gößen wollte. Göthe, Tag⸗ und Yahreöhefte 1801. . 

nm. Zu 4 vgl. ahd. fuora, mh. vuere — Nahrung, abt. fuorsal = 
Nahrung, ram. fourrage, ahd. kifuori = Bortheil Rugen. Auch Getreide 
von tragen zeigt den Uebergang der Bedeutung. 

Fuhrfrohne, —geräth, —knecht, —Iohn, —mannstittel, —maund- 
pferd, — mannsſprache, —mannswagen, —mannswinde, — ſattel, 
—ſchliſſen, — wagen, — weg, — u. a. — Die Fuhrleute, 
Anſpanner aus dem Dorfe. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 3. Dorther 
brachten vom Land Fuhrmänner ſie. Voß, Odyſſee 20, 187. Alle 
Städte der Erde lagen mit offnen Thoren und mit breiten Fuhr⸗ 
ſtraßen um ihn herum. J. Paul, Titan 19. Ich bin neugierig, 
ob (er) mit Ihrem Fuhrwerk (angelangt ift). Schiller, Briefw. mit 
Göthe 5, 233. Dft auf gewohnten Bahnen den Lauf zu ihr Jan 
berfubrwerf nimmt. Wieland, Oberon 6, 19, 

: Führung, führbar (ausführlich |. S. 508), —führiſch, 
—führerifh, —führig «bei den Yägern). — Neune die Füh— 
rung Gottes nicht Nacht! Klopſtock, Meſſias 12, 424. Die Füh— 
tung des Rapiers. Shalefpenre, Hamlet 4, 4. (Ich) vertraut ihm 
meiner Schaaren Führung au. Uhland, H. Ernſt 1, 1. — Hälfte 
er die Anführungen genauer erwogen, fo würde er 2c. Eſchenburg. 








147 


— er — 





Man hätte denken ſollen, es würde nun erſt recht eine c(theatraliſche) 
Aufführung der andern folgen. Göthe, Meiſters Lehrj. 1, 6. 
Ihre Aufführung. (Betragen) ft zu tadeln. Daſ. 5, 10. Wenn 
mich gar oft das Perfonal an Ausführung großer Sachen hinderte. 
Dai. 1, 6. Einigen (Figuren), die ſchon da find, etwas mehr Auß- 
führung zu‘ geben. Schiller, Briefm. mit Göthe 4, 304. Ehe von 
deinem Gefchrei ich — und deiner Entführung. Voß, Ilias 6, 
465. Ich glaube aber noch einen andern Grund davon in der thea— 
trafifhen und romantifchen Herbeiführung und Stellung der Be- 
gebenheiten zu entdeden. Schiller, Briefm. mit Göthe 2, 70. Die 
Hinterführung der Chriftenheit. Ungenannter bei Campe. Du 
(Mitleid) warnft vor lockender Verführung blüthenüberftreutem 
Gleis. Salis, das Mitleid. Siebe, die Logik der Selbftverfüh- 
rung. Herder. Zur großen Bollführung Eures furchtbaren Ges 
bots. - Shafefpeare, Humlet 3, -3. — Ich hätte mein und meines 
Nachbars Vermögen auf die Bemeisführung deſſen gefebt, was ich 
‚behauptete. Shafipeare, Cymbeline 1, 5. Daß zwifchen beiden eine 
gemeinjchaftlihe Geſchaääftsführung Statt finden follte Unge— 
nannter bei Campe. Die ſchon entjchiedene Straßenführung nad 
Edurdöberge. Göthe, Tag- und Sahreshefte 1801. — Wan bat 
wirklich einige gute Gedanken gehabt, die vielleicht ausführbar find. 
Goͤthe, Briefw. mit Schiller 5, 337. Daß die leicht Berführba- 
ren traulic zu die kommen. Göthe, Kauft 2, 340. Standhafter und 
unverfährbarer, ald irgend eine unfrer anserlejenften Daumen in 
Frankreich. Shafefpeare, Eymbeline 1, 35. Verführiſche Gedanden. 
Weichmann, Poefle der Riederfachten 2, 207. Die Art diefer jimgen 
verführerifhen Wittwe ift mir nicht unbekannt. Göthe, Meifters 
Wanderj. 2, 4. j 

Führer (mhd. vüerzere), der da’ führt. — Führer der Engel. 
Ktopftod, Meſſitas 5, 138. Salome, dann die zu zärtliche Mutter 
der Zebedäiden waren die Führerinnen. Daf. 14, 16. — Miß- 
vergnügte Bauern, die von ihren Herrfchaften gedrüdt werden und Die 
leiht Anführer find. Göthe, Die Aufgeregten 2, 5. Als ihr (der 
latein. Buchftaben) erfter Einführer wird gemeiniglih Enander ge— 
nannt.  Efhendburg. Dem Manne folgt’ ih, dem fühnen Entfüh- 
rer in firäfliher Zucht. Schiller, Braut v. M. Der Charakter des 
Heerführers tft e8, Durch den der gemeine Mann Vertrauen zu 
dem Offizier, der fein Anführer ift, befommt, wenn er- ihn mit 
allen den Eigenfchaften ausgerüftet glaubt, die ihm eine Weberlegenheit 
über den Feind geben und den Sieg zufihern. Garve. Die Ober— 
führer der Heere kamen. Sonnenberg. Schlaner Berführer! Voß, 
Ilias 13, 767. — Daß ich oft Diejenigen Lehrer und Menſchen— 
führer bewundere. Göthe, Meifters Wanderf. 1, 1. In der Mitte 
des Saals ſtand ein Tiich für den Brotocollführer. Göthe, Leben 


748 


1.8. Reigenführer des Heers. Chr. Stofbeig. Der bi. Geor⸗ 
gius mag billig unter den Markirern ein Reifenführer, ein Rädi- 
? übrer, martyram coryphaeus 'gennmt werden. Selhamer, Pre 
digten v. 1694. Der belsführer jener Vagabunden. Göthe, 
Elaudine von Billa Bella 2. Hier müfen wir nun den Reifefüh- 
rer befonders rühmen. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 7. Jedwede 
Stundenführerin ſoll. Wohlſein, Freude, — und Freude m 
dein Dafein weben. Campe.’ Der Böllerführer Polites. Voß, 
Odyffee 10, 224. Und wußte laͤngſt, "dag man oft ſehr uneigenttich 
Bagenführer fage, wo man Wagenzieher meine. . Benzel-Sternau 
Unterdeß find Doch einige unter ihnen d ter erfuhren als andere. 
Klopſtock, Gelehrtenrepublik. 

Anführer iſt jeder, dem Andere folgen, es mögen —— viele oder we⸗ 
nige fein, in friedlicher oder feindlicher Abſicht, feinem Befehle untergeben oder 
nit. .Heerführer (f. Heer ©. 111) if Anführer einer großen Benge 
im Befondern eines Kriegeqheeres. Alterthümlich ſteht dafür au Heerfürkt 
Der Feldherr (aus Feld, ahd. felit, fölt, feld, abe. völt, ſchwed. din 
felt, engl. field, bolländ, veld, eftön. pöld, ungar. fold; vgl. gr. wAarrs, 
lat. planus = breit, eben, gr. aaldun, lat. palma — flache Hand, ahd. 
folma, agſ. altf.. folm, und Herr ©. 56) ih Anführer eines Kriegsheeres in 
Felde, und muß Kenntniß der Kriegskunſt befigen. Herzog (ahd. herizcho, 
herizogo, mhbb. herzoge, f. stehen) der vor dem Heere Herzichende, Führe 
des Heeres, mit dem Nebenbegriff der Ueberlegenheit, Anszeihnung wub Würde. 

- Mach und nach bildete ſich, feit den Zeiten Karls d. Gr. in Herzog der Be 
I griff eines höheren Füärften- aus, der zunachſt über dem eigentlichen Fürſten im 
engern Sinne flieht. — Rädelsführer (bei Stieler Näpleinsfürer, and 
abb. ridan, agf. wridban, mhb, riden, reiden — wenden, drehen; älternhd. 
rädel = Ktreistang, Reihen, Tanzlied, woher radfüerer, rädleinfüerer, rädet 
führer, rädelmeister = Keihen —, Kreis — Chorführer) uhd. Anführer von 
Perſonen zu ſchlimmen Zwecken; im Beſondern Anführen ju aufrühreriſchen 
Thun, gerne mit dem Nebenbegriffe, daß er zugleich Urheber fi. — Und a 
flehete ven zwei Heerfürften der Völker. Voß. Um einen großen Feld: 
herrn zu bilven ift es nicht immer mothmwenbig, dag er in die Wiſſenfchefi 
der Kriegskunſt tief eingeweiht ſei. So viele Prinzen find große. Heerführer 
geworden, ohne vorher langjädrige militärdfche Studien getrieben zu haben. 
Garve. Aus dir fol mir Fomen der Hergog, der vber mein vold Iſtael ia 
Herr fey. Luther, Bibelüberſ. Matth. 2, 6. War ih Herzog jemer Geile, 
firablend in dem Glanz von Licht, den die Hand der Fama Nicht? ‚Bürger. 

- Bührband, —tanz; Anführegeld, —gefell, —geipan (alle 8 
bei Buchdruckern); Führerlos, Nab; Anführerſtelle; Ab— 
führungsmittel, —tiſch, —weg; Anführungszeicen; Aus: 
führungsgang, —weile, —wertb; Entführungswerl; Ber- 
führungs Ent — Nicht zur Menuet, jondern zum Kührertanz. 
% Paul. Die f übrerlof en Schiffe Schiller, Belagerung von 





749 


- 


Antwerpen. Den Zührerfiab übernehmen. Heß. Mit frühen ' 
gührertritt veißt er jeine Bruderquellen mit fi fort. Göthe, 
Mahomets Geſang. — Sie hatten beide verjchiedene Mahl um die An- 
führerftelle im Kriege gewetteifert. Meißner. Es war feine ver- 
unglädte Heerführerichaft, an die er ohne. Verdruß nicht denken 
konnte. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 12. Bei aller Ueberzeugung von 
Ihrer rafhen Ausführungsweile Schiller, Briefm. mit Göthe 
5, 37. Zum Entführungswerf das Nöth’ge vorzufehn. Wieland. 
Nein, fie Lönnen fich nicht mit der Verführungskunſt der Mün- 
ner entihuldigen. Benzel- Sternan. 

Zurt (Zubrt) die, zuweilen der (ahd. das fiv)urt, mhd. der 
vort, älternhd. der furth, agf. der fyrd, ford, engl. ford, holländ. 
voord) früher Flußbett, Zängenraum der Fortbewegung, Weg; nhd. 
eine ſeichte Gegend im einem Waſſer, wo man durch dasſelbe gehen, 
reiten oder führen kann. — Die Menmer jagten jnen nach bis an die 
Furt. Luther, Bibelüberf. Joſ. 2,7. Vnd zog an den Zurt Zabor. 
Daf. 1. Moj. 323, 22. Ich kannte alle Pfade, Weg’ und Zurten. 
Goͤthe, Götz v. B.1. Die Reiterei (zog) durch einen Fuhrt. Göthe, 
Campagne in Frankreich 2. Det. Heimwaͤrts über die Fuhrten der 
ſchon anfchwellenden Bergflut kehrten wir. Voß, der zen 77. 
Keine Anfahrt zur Lamdung. 3. Paul, Zitan 20. Küften, Buch— 
tn und Einf — Ungenannter bei Campe. Sie namen den 
Fuhrt vnd Bberfuhrt an den Waſſern ein. Aventinus, Chronik 
1580. BL. 37. | = 

Untiefe (abe. untiufl, untinphi f. tief &. 2392) Stelle im offenen Ges 

wäfler, wo das Wafler nur ſchwach über der Bobenfläche ill. Die Wat f. 

©. 659, — Es befänden fi dort einige Untiefen, an denen wir fogleich 

ſcheitern und alle erſaufen würden. Goͤthe, Benvenuto Gellini 2, 8. 

Anm. Mit Furt find viele Ortsnamen gebildet: Arfurt, Erfurt, Frankfurt, 
Schweinfurt, Steinfurt, Oxford (agſ. Oxenaford) u. a, 

Fertig (ahd. flv)artic, f(v)ertic, mhd. vertec, von f(v)art) 
eigentlich fo wie e8 zum Zortbewegen gehörig it; dann in leichtem 
Gange oder vielmehr leihem Zortbewegen befiudlich; davon geendigt; 
im Stande etwas mit Leichtigleit und Geſchwindigkeit zu verrichtet. 
a delt I. ©. 505. — Schnell fertig ijt die Jugend mit dem 
dort. Schiller, Wallenfleind Tod 2, 2. Mer fertig ift, dem ift 
nichts recht zu machen; ein Werdender wird immer dankbar jein. 
Söthe, Fauſt Vorſpiel. Man fchäßte ihn als einen wadern entichloj- 
fenen Beichäftsmann und fertigen Rechner. Göthe, Xeben 12. 2. 
(Das) hat mir eine unglaubliche Fertigkeit verfchafft. Göthe, ital. 
Reiſe Neapel 17. Mai 1717. — Lord Burleigh leiht dienftfertig 
dem Gerichte, dem. er: den Geift verliehn, nun auch. den Mund. 
Schiller, Maria Stuart 1, 7. . Sieben von "meinen Leuten, fpringen 
mit unterthätiger Eilfertigfeit nach ihm hinaus.. Shafejpeare, was 











7350 


— — 


ihr wollt 3, 5. Das (Kind) den halben Schwanz eines papiernen 
Drachen flu ee mahte J. Paul. Wie werd’ ih mich, ein 
ungelehrtes Weib, mit jo kunſtfert'gem Redner meſſen können! 
Schiller, Marta Stuart 1, 7. Wie oft habe ich fie ſchon reijefertig 
efehen! Götbe, Egmont 2. Sclagfertig und wacjam. Pyrker, 
—*2*— 7. Ohne durch den ſprungfertigen Rothrock etwas zu 
fodern. 3. Paul. Ten ftreitfertigen Sobn des Onetor. Voß, Ilias 
16, 605. Der Schalk erweilt ſich übelfertig. Göthe, Fauſt 2, 53. 

Bereit (ahd. gereiti, mh. bereite, von geth. raids, garaids, abt. reili, 
mh. reile, niederd. r&d, reed, Ablautsbildung von reiten) eigentlih zu 
Reife; hieraus angeordnet; dann im gerigneten Zuſtande befindlich, eine Thäs 
tigfeit verrichten zu wollen (fertig e6 zu fünnen). — Ich bin, fpricht jener, 
zu fterben bereit. Schiller, Bürgfchaft. j 

Eilfertig bedeutet fertig zum -Eilen und wird nur von wirflicen 
Handeln gefagt. — Er ſagte mit einer überrajchten. Zerftreuung und 
eilfertigen Gutmüthigkeit. Göthe, Meilters Lehrj. 2, 12. 

Eilig (adv. tlic, mh. Uec, von Gile ahd. Ya, mir. ile,; val.er. dl 
zufammendrängen) wird eigentlih nur von. dem Streben uub- ber Gereigtheit 
zur Geſchwindigkeit geſagt. Haftig (mhd. hasten — geſchwind fein, franz. 
bäter, altfranz. haster, bretagniſch hasta) deutet darauf Hin, daß die Ge 

ſchwindigkeit aus innerer Aufregung erficht und von ihr begleitet wird. — Gin 
junger Menfch mit einem Bündel auf dem Rüden Fam eilig die Straße ber. 

Goͤthe, Meiſters Lehrjahte 2, 1%. Gr fragt haſtig. Daf. 7, 6. Ich bin 

eimas haſtig, aber ich bin auch gleich wieder gut. Gellert. 

Leichtfertig cälternbd. auch Teichtferig, miederd. hiehtvarig) 
urfpränglid,) mühelos und unbejchwert zur Bewegung, zur Thätigfeit; 
Davon überhin in feinem Thun; im Bejondern fo unbefämmert gegen fitt- 
lihe Ordnung anftoßend; rückfichtslos und ohne weiteres Bedenken jeine 
Luft im Kleinen gegen den Andern auslaffend und unbefümmert, ob 
diefer fich verlegt fühle oder nicht; ohne Ernſt und Strenge fin Scham 
und Sittlichkeit hinfichtlich der Gefchlechtsliebe und Geſchlechtsluſt. — 
Wer bald gleubet, der ift Leichtfertig. Luther, Bibelüberſ. Sir. 19, 
4. Sonft, da ih ohne: Zwei und Plan leicht, ja leihtfertig 
lebte. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 4 Sie haben noch einen Bruder! 
rief Wilhelm. Ja! verjegte Natalie, und zwar eine ſehr luſtige, 
leichtfertige Natur, und da man ihn nicht abgehalten hatte, in der 
Welt herumzufabren, jo weiß ich nicht, was aus diefem loſen, lodern 
Weſen werden fol. Dal. 8, 3. Durd die Unart und den Nebermutb 
einiger leichtfertigen Gefellen vermehrte fich die Unrnhe und das 
Uebel der Nacht, indem fie ſich einander nedten, aufweeten und ſich 
wechſelsweiſe allerlei Streiche fpielten. Dai. 3, 4. 

Los (f. verlieren) im Kleinen ausgelaffen in Luft und Laune geyen 
den Andern mit Gchlauheit verbunden, munter und ſchlan in Fleinen laſtiger 
oder empfindlichen Scherzen und Späßen; in hartem Sinne ungebunden gegen 








751 


Attlihe Orduung, ſchuldige Achtung. Muthwillig (uhd. muotwillec, f. 
Muth S. 633 und willig ©. 24) früher aus eignem und unbefchränftem 
Billen; nbd. aufgelegt und thätig zu Scherzen oder Späßen und Streichen 
and Luft daran, fie mögen nan empfindlich fein oder nicht; im Beſondern auf: 
gelegt und thätig zu böfen Streichen aus Luſt daran. Buhleriſch (von 
Buhle, mbb. buol, ſchwed. bola, dan. hole, hulländ. boel, geliehter Gegen⸗ 
Rand, geliebte Perſon; dann geliebte Perſon, ver gefchlechtliche Liebesneigung 
zugemwenbet ift, in gutem Sinne, fpäter in üblem Sinne) zu verliebtem Um: 
gange hingenelgt; dann nnzädhtig mit dem Rebenbegriffe wer Luf daran und 
bes Sefaltfüchtigen. Berbublt = durch Gewohnheit in unerlaubter Bes 
fhlechtsliebe uud Geſchlechtoluſt unzüchtig, gewöhnlich mit dem Nebenbegriffe, 
in Andern biefelben für fi zu erregen. — Sich! da fnüpfen jene Loſen, 
ohne Streit, geheim gefchäftig andere Nebe, fein und feiner... Ch wir num 
das Neg bemerken, ift ein Glüdlicher gefangen. Böthe. Alles da Iufliger, 
Lofer ging, Soff und Epiel und Mädels die Menge! Wahrhaftig, dee Spaß 
war nicht geringe. Schiller, Wallenſteins Lager 6. Und unfer Pärchen? IR 
den Sang dort aufgeflogen. Muthwill’ge Sommervögel! Goͤthe, Fauft 1, 
167. — (Kanneby:) Selbſt ihre Laute warb ihre weggenommen. (Paulet:) 
Weil he verbuhte Lieber drauf gefpielt. Schiller, Maria Stuart 1, 1. 

- Hoffärtig für hochfärtig (ahd. höhfartic, höhfertie, mhd. 
höchvert, höchvertic, von Hoffart, ahd. höhfart, mhd. höhvart, 
höchvart, hövart) hoc) über Andere Hinaus wollend, und dies Außer: 
lich kund gebend. — Ich wil die hoffart der Gewaltigen den - 
tigen. Luther, Bibelüberj. Zei. 13, 11. Hoffärt’ger, haft du 
nicht an Diefem Sieg genug? Wieland, Oberon 7, 40. 

Stolz (ahd. mhb. stolz, altn. stoltr, niederd, stolt, engl. bolländ. stout; 
aus lat. stolidus, stultus — thoͤricht?) zunachſt ſtattlich, anfehnlich, prächtig ; 
dann voll Selbfigefühl, d. i. voll Gefühl eignen Werthes, in edlem wie in 
unedlem Sinne. Aufgeblafen (f. blaſen) übertriebene hohe Meinung von 
ih over in Beziehung auf das, was man hat, im Aeußeren zur Schau tragenb. 
Gingebildet, auch einbildiſch (von einbilden S. 722) gehaltlofe Hohe 
Meinung von fich oder in Beziehung auf das, was man hat, Außernd, es moͤ⸗ 
gen nım fene Borftellungen vorzügliche Eigenfchaften übertreiben ober ohne alle 
zu Grunde liegende Wirklichkeit fein. Hochmüthig (ahd. höhmuoti, höh’ 
muottc) das eigne Selbit mit Geringfchägung Anderer übertrieben überhebend. 
@itel (ahd. ktal, mhd. Mel, agf. nennieberl, idel; nah Wadernagel mit 
gr. Idapog — rein, leicht, fchneft, rein zu mhd. eiten, gr. aid = brennen, 
wie lat. purus — tein zu gr. zuo — Bener) leer, ungegründet, ohne wirk⸗ 
lichen Gehalt; dann gehaltlufe hohe Meinung von ſich oder in Beziehung auf 

das, was man hat, aus Ghrbrgierde Außernd und dieſer Meinung gemäße Ans 

ſprüche machend. — Biel Selbſtgefühl und fühner Muth, bei Bott! Doch das 
war zu erwarten. Stolz will ich den Spanier. Schiller, Don Karlos 8, 
10. Er felber HM dahin, doch lebt fein Geiſt in einem tapfern Helbenpaare 
fort glorreicher Eähne, dieſes Landes Stolz Schiller, Braut v. M. Gr 





752 


— nn — en in —— 


war von Natur fehr ſtolz. Die Dienfte, vie er England geleiflet hakke, 
bliefen ihn noch mehr auf. Leſſing, Hamburger Dramaturgie 22. Daher 
ihn (den Berg) nur fulche, die leere Köpfe haben, Aufgeblaſenheit des 
Herzens iſt ihnen dabei gar nicht nachtheilig, erfteigen fünnen. Klopftock, Ge⸗ 
lehrtenrepublik. Der eingebilpete Schuft! Shakſpeare, was ihr wolli 2, 5. 
Die Binbitdifchen waren aewiß, ihn durch Argumente, in denen fie üb 
ſelbſt beftärkt Hutten, zu verwirten. Göthe, Leben 14. B. So hatte ich von 
Glück zu fagen, daß, durch eine unerwartete Bekanntſchaft, alles was in mit 
ven Selbftgefälligfeit, Beipiegelungslufn, GBitelkeit, Stolz und Hech⸗ 
muth ruhen ober wirken mochte, einer fehr barten Prüfung ausgefept ward. 
Daf. 10. B. Da ich mir auch wieder eitel zu fein erlaubte. Daf. 15. 8. 


Ferfigen (mhd. vertegen) eigentlih auf die Fahrt bringen; 
dann fertig mahen. Davon ab—, an—, aus—, ver—, zuferti- 
gen. — Berklofe Hummeln hört’ die Bien’ im Vorbeifliehn, ferti— 
get Honig und fingt. Voß. Dies dann werd’ ich fo fertigen, mie 
du verlangeit. Voß. Sie fertigeten fih durch den Jordan fur dem 
Könige her. Kuther, Bibelüberl. 2, Sam. 19, 17. Drum bab’ ib 
den Ra Hire mit Botihaft an den Herzog abgefertigt. Schiller, 
Jungfrau v. ©. 1, 4. Eine allzu reichlige Gabe lockt Bettler herbei, 
anftatt fie abzufertigen. Göthe, Wahlv. 1, 6. Er fertigt ihn 
kahl ab. Opitz. Eine Arbeit, die Auguft Tängft hätte abfertigen 
follen. Huber. Sie (die Briefe) follten gleih ausgefertigt fe 
Göthe, Wahlv. 2, 8. Verfertigt iſt's (das Bert) vor langer Zeit, 
Doch mehrentheild gemacht erft heut. Bürger. 

Machen (f. S.578) überhaupt durch Thätigfeit zur Wirklichkeit bringen; 
dann Thätigkeit auf etwas verwenden; im Beſondern Thätigfelt in der Ges 
ftaltung von etwas verwenden, es mag dies nun neu gefchaffen oder nur au# 
gebeflert werden. — Der Strang if mir entzwei. Mach’ mir ihn, Bate. 
Stiller, Tell 8, 1. | 

Nechtfertigen, —ung |. ©. 404. 

Fertiger, — ung; Fertigmacher; Zertigungsbrief,. —ge 
bühr; Ausfertigungsſtube, —tag, —zeit. — Vor einigen Tagen 
empfängt unſer Gerichtshalter eine Ausfertigung von fremder Be 
hörde. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 2. 

Anm. 1. Weigand (Nro. 600, 601, 706) rechnet zu der Wurzel Hvar 
in ſ(v)jaran, auch ver⸗(goth. fair—, ahd. far—, fir—, fer—, mbb. ver—, alt. 
far— , fi, agf. altn.: van. engl. for—, ſchwed. för—, neuniederd. neunicerl 
ver—), vor und für (goth. ſaur —, lahra—, aht. fore-, fora—, furi—, agl. 
“engl. dän. for—, alti. furi—, fur—, altn. for—, fyri—, fyrir—, mhd, vor, 
vür—) firn (goth. fairni, ahd. firni, mhd. virne, altf. fern, agf. firme, alte. 
iyrm; ſchwed. ſorn), fern (ſ. S. 534) und Ferſe (goth. fairzna, ahd. f(v}ersanı, 
(v)örsena, f{v)örsina, f(v)örsna, mbb. vörsen, agf. fiersna, fyrsn, neunieberl. 
verssen; fanfft. parsni, gr. rapva, lat. perna = Schinfen, gr. zrepra = Fait 
Vergleicht man bie gr. Partikeln zeaf, zapı, .rpo, roas; open, lat.. per, pfh 
præe, pro, porro, fanffr: pr, par, [lav. pro; pri, prẽd, liith. pra, pri, pfo, bie 








7153 


2 


alle ven Grundbegriff eher, vor enthalten; fo wird man an einer Urverwandt⸗ 
ſchaft derfelten nicht zweifeln, wenn man fie auch nur entfernt mit fahren zu: 
jammenftellen mag. 

Anm?. Weigand (Nro. 745) rechnet mit Adelung, Campe, Schmitt: 
benner uw. 9. zu Fahren aub Furcht (goth. faurthei, agf. ferht, fyrhte, 
abd. f{v)orahta, f(v)orhta, mhb. vorhte altj. fohrta, mittelnieverd Früchte, nen» 
niederd. frucht, mittelniederl. vorte, vrucht, altfrief. fruchta, engl. fright, ſchwed. 
frakta, dan. frygt, nad) Pott vor-ahta, nach Grimm vorah-ta, nah Graff 
vor-a-h-ta oder vor-a-hta, nah Wackernagel vielleiht zu griedh. aruger = 
ſcheu machen, lat. parcere — fchunen, pavere = ſich fürchten) und Furche (ah. 
f{vJurah, f(v)urih, mhd. vurch, nach Wadernagel lat. porca), Wenn nun 
Beigand a.a. O. weiter Furcht, Zurche, fahren und Fahr, (Gefahr) 
zu einer Wurzel rechnet, fo verbeſſert er dies felbit in Nro. 2339. Repteres Wort 
(ahb.) f{v)ära, mhd. väre, gehört wol zu goth. ferja — Laurer, ohd. flv)Aren, 
mhd. vären, veeren = worauf aus fein, nachftillen. 

Anm. 3. Giier wird von Graff |, 100 zu ahd. eifar, eıver, altn. apur 
— ſcharf, bitter gerechnet, von Weigaud Nro. 634, wie es fcheint, mit mehr 


Recht zu ahd. ainferi — einfahrig, losfahrend und fo zu fahren. / 
R Ar / 
Wafchen. HH | 


(Wurzel vahs, vah-s; ſanſktr. vah — wachſen.) ‘ 


Wachſe, wuchs, gewachſen, wachſen (ahd. wahsu, wuohs, 
wuohsume&s, wahsaner, wahsan; mhd. wahse, wuohs, wuoh- 
sen, gewahsen, wahsen; goth. vahsjan, altſ. wahsan, agf. vea- 
xan, altn. vexa, altfrieſ. waxa, neuftief. waegsjen, mittel-, neu⸗ 
niederl. neuniederd, wassen, engl. wax, ſchwed. vexa, dän. voxe!) 
1) allgemein zunehmen, bejonderd nach Länge und Höhe, in einem 
fätigen Werden, das fid) gleichſam von Junen fortjegt, im Bejondern 
als Keim und aus dem Keime fi) fortentwicelt, 2) (uneig.) in Um— 
fange, an Menge der Theile zunehmen, größer ‘werden: das Waſſer, 
der Mond, jein Vermögen iſt gewachien; 3) (umeig.) an innerer Stärke - 
zunehmen: der Muth, feine Unzufriedenheit iſt gewachien, den Ton 
wachjen laffen; 4) (umeig.) in einer Sache zunehmen, in einem immer 
höheren Grade der Stärke fi zu eigen machen: au Einficht, Tugend, 
Geiſt wachſen; 5) (veraltet, noch in der Bolksipr.) gerathen, kommen, 
gelangen: laß die Laſt herwachſen. — Es grünt uns fein Halm, es 
wächft feine Saat. Schiller, Wullenjteins Lager 11. Die fih vom 
Raube der vertriebenen Bürger mäiten, die von der allgemeinen Fäul- 
niß wachjen. Schiller, Pıecolomini 1, 2. Wenn der Landvogt kommt, 
daß er das Werl gewachſen ſieht. Schiller, Tell 1,3. Des Landes: 
Heerſtrom wuchs und jchwoll. Bürger, Lied v. br. M. Wehe, wenn 
fie (die Slamme) losgelaſſen, wahfend ohne Widerftand durch die 
vollbelebten Gaſſen wälzt den ungeheuern Brand. Schiller, Glode: 








7) Nah Orimm-I, 71 gehört wachſen vielleicht zu goth. väihan — 

weihen. Wackernagel vgl. lat. vigere ſ. S. 22; 9. Schweizer lat. vehere, - 

f. &.:126 und, wol richtiger, fat. augere — vermehren, was zu gr. avlavıy = 

vermehren, im Balffo ang. wachen gehört. — —— | 
ne ’ 48 


U 








754 


Je mehr wir die Unzulänglichfeit oder das Nichts unſerer Kräfte ein- 
fehen, deſto mehr wird unfere Demuth wachen. Geller. Ich that 
es mit immer wachlender Leichtigfeit. Göthe, Leben 6. B. Wenn 
man dem Gerichtshandel nicht ganz gewachſen zu fein glaubt. Göthe, 
Meiſters Wanderj. 1, 14. Beede aber, Pfleger und Salzmaier, find 
hart aneinander gewachſen (geratben). Lori, Bergreht ©. 347. 
In Schulden wachſen (fommen). Krenner, Landtagsh..16, 351 v. 
J. 1605. Da dumm der Handel in einen Verzug gewachſen. Dai. 
11, 56. — 

Die Eyn. zunehmen und gedeihen ſ. ©. 22. 

Ab—, an—, auf—, aus—, be—, bei—, durch —, ein-—, 
empor-—, ent—, entgegen—, er—, fort—, ber—, berab—, ber: 
an—, herauf —, heraus—, berein—, berüber—, herum —, ber 
unter—, hervor —, herzu —, bin—, hiuab —, hinau —, Binauf—, 
hinans —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, binweg—, 
hinzu —, nach —, nieder—, über—, um —, unter—, ver —, vor-, 
‚voran —, vorbei—, vorüber —, weg — zu—, zurück—, zufammen: 
wachſen ſind klar, nur nicht alle gleich gebräuchlich. — Die Linſe (im Auge) 
ſei nicht herausgeſprungen, er habe fie holen und zwar, weil fie ang ewach⸗ 
fen, ablöfen müfjen. Göthe, Leben 16. B. Der Aufruhr in Brabant 
wächſt dDrobend an. Schiller, Don Kurlos 2, 2. Die Geldbupe jol 
der hochfürftlichen Kammer anwachſen. Wirzb. Verordnung v. 1658. 
Zu einem ſolchen Anblick bin ih aufgewadfen! Göthe, Egmont 
5. Daß ein tiefer früher Schade nicht wieder auswachſen, fi 
nicht wieder herftellen fann. Göthe, Meifters Lehr. 2,2. Die Frauen, 
fie möchten dich ganz ausgewachjen ſchauen. Göthe, Fauſt 2, 43. 
Mit Schon auswachſenden cin die Baumrinde eingejchnittenen) 
Namen. Voß, Luife 1,303. Einen hinten und vornen ausgewach— 
fenen Kerl. 3. Paul, Titan 50. Ihr Edlen, ah es bewaächſt 
enre Mühle jchon ernfles Moos. Klopſtock. Bon höbern und niedem 
Pflanzen durchwachſen. Göthe, ital. Reife Girgenti 25. April. 
Eines Lindenbaums, der e8 (das Beine Haus) durchwuchs. J 
Paul, Hefperus 13. Der alten Ehrfurcht eingewahsnen Trieb 
und des Gehorſams heilige Gewohnheit ſoll ich verjagen lernen deinen 
Namen? Schiller, Wallenfteins Tod 2, 2: Es wollte nicht mehr auf 
dem alten Stamme eınwachfen. Xichtenberg, Nachtrag zu den pi 
dag. Bemerkungen. Ihr habt fie (die Brüder) unter euch in freud⸗ 
ger Kraft aufwachfen fehen, doch mit ihnen wuchs aus unbekannt 
verhängnißvollem Samen auch ein unfel’ger Bruderhaß empor. 
Schiller, Braut v. M. Dur jchnelles Ergreifen, Verarbeiten und 
Tefthalten entwuchs ich ſehr bald dem Unterriht. Göthe, Leben 1. 
B. Soll doch nicht als ein Pilz der Menih dem Boden entwad: 
fen. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 9, (Da die Kirche) an 
Farbe und ſonſtiger Auszierung gleichjam der Bergangenbeit entge⸗ 





755 


enwuchs. Göthe, Wahlverwandtfchaften 2, . Wenn es (das 
enflorn) erwechft, jo ift es das gröffeft unter dem Kohl. Luther, 
Bibelüberſ. Matth. 13, 32. Und wenn exit dieje prächtigen Keime 
zur vollen Reife erwachſen. Ediller, Räuber 1, 1. Daß ich er— 
wachjen bin, das fühl’ ich nun. Göthe, Taffo 2, 3. Aber von 
Tros erwuchſen (flammten ab) die drei untadligen Söhne. Voß, 
Ilias 20, 231. Und weldy Verderben gräßlicy mir Daraus erwuchs! 
Göthe, FZauft 2, 194. Die Purteyen find in langmwirige Rechtfertis 
ung und Unkoſten gegen einander erwachſen. Landrecht v. 1558, 
üchfen die Kinder in der Art fort. Göthe, Leben 2. B. Der 
(Haarpelz) nad) dem Zode fortgewachſen war. 3. Paul, Hefperus 
17. Das Mädchen währt zur Zreude der Welt, mir zum Gnt- 
zücken heran. Göthe, Euphrofyne. Sie haben alles, was in meinem 
Kreiſe heranwächſt, fo ziemlih geprüft. Göthe, MWahlverwandt- 
[haften 2, 7. So wuchs ih herauf. Göthe, Iphigenie 2, 1. 
Junge Männer, die von Kindheit auf, feit beinahe zwanzig Jahren 
an meiner Seite heraufgewachſen waren. Göthe, Tag- und Jahr 
reshefte 1795. Die Bäume feien gebannt, jagt er, und wer fie 
fhädige, dem wachfe feine Hand heraus zum Grabe. Schiller, Tell 
3, 3. Eingeboren auf dem Grunde feines (des Dichters) Herzens 
wächſt die ſchöne Blume der Weisheit: hervor. Göthe, Meifters 
Lehr. 2, 2. An der ein Zreppengeländer von Buſchwerk hinauf⸗ 
wuchs. % Paul, Heiperus 13. Ich kann es nicht dulden, daß 
dieſes Haus Doria über unfre Ahnen hinauswachſen will. Schiller, 
Fiesko 1, 1. Wieder neue Händel, Sie wachſen nach wie die 
Köpfe der Hydra. Göthe, Götz v. B. 3. Das Vaterherz wuchs 
über (ichwoll über). Bürger, die Entführung. Die verdunfelte Seele 
fühlte fich wie eine Hamadryade von der biegjamen Zleifchrinde über» 
wachfen % Paul, Heiperus 16. Das weiße Fett, das die Nieren 
umwucds Voß, Slias 21, 204. Und die verwandelte Nymf ums 
wuchs ein laftendes Eiland. Voß. Der Arm des Stroms verfandet 
und verwächt. Adelung. Alle Weg’ und Stege find verwachſen. 
Uhland, Schildeis. Getrennter (iſt das Blatt) in Spigen und Theile, 
die verwacfen vorher ruhten im untern Organ. Göthe, Metamor- 
phofe der Pflanzen. Schaut an jenem Baum die Namen, meift ver- 
wachſen ſchon! Voß, das Nachleben. Mit vorwachſendem Haupt. 
Voß. Dieje Werke waren jümnitlid dem Eude nah und immer wud- 
fen mir neue zu. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 9. Als wären wir 
zuſammengewachſen. Göthe, Göß v. B. 1. Wo dieje Höhlen 
zujammenmwucdfen. Novalis, Heinrid v. Ofterdingen 1, 5. 

Anm. Die Burticipien geilatten noch andere Zufammenfegungen, z. B. Mi 
doch zu orientiren forfcht’ ich nach der langen und hochaufgewaächſenen Pap⸗ 
pelallee. Göthe, Campagne in Branfreih 22. Sept. In dbihtbewanf'ner 
Hügel Dunfelheit. Göthe, Sugenie 1, 1. Um die grasbemacdfenen Steine 
des Edelgefallenen. Goͤthe, Werthers Leiden 1, 12 Oct. Zwiſchen moosbe⸗ 

as⸗ 


’ 





256 


wachſ'nen Mauern. Pr. Stolberg. Auf jener Klippe walbbewadi'ner 
Höhe. Göthe, Cugenie 1,2. Den baarummacfenen Bufen. Boß, lies 
18, 415. Bähnummwacf'ne Kornelle. Daſ. 16, 766. Die walpummwad'fae 
Bucht. Göthe, Rinaldv. Dem pichtverwahsnen Wal. Kiepitod, Delphi. 
Ins Dunkel grünverwadhsner Zören. Salis, Monodie. Auf raubvers 
wadhsne Bahn. Us, Kunſt ſtets fröhlid zu fein 3. Im tiefverwadfenen 
Waldthal. Voß, Odyſſee 17, 316. Sn wildverwadhsnen Gründen. Bat 
thiffon, Beruhigung. 

Wachs (ahd. wahsamo, wahsmo, wasmo, altj. wahsmo, was- 
mo, agſ. västm, altn. vöxtr = fructus, incrementum) ift nbd. nur 
in einigen Zujammenjegungen gebräuchlih; wächſig ift ſelten. — 
Den noch unmündigen Anwachs. Voß, Luiſe 1, 4%. Das giedt 
qutartigen Anwachs. Daf. 3a, 573. Zuwadhs an Kenntniß iſ 
3uwadbs au Unruhe. Göthe, Leben 8 B. Vor Mißwachs, 
Froſt und Hagelwolke behüt uns aller Engel Schnar! Uhlaud, Neu 
jahrswunſch. Wir famen an Umzäunungen vorbei, die zwar auf feine 
(Härten, aber doch auf fpärlichen, forgfältig gehüteten Wieswadhs 
bindeuteten. Göthe, Meifters Wander. 3, 3. — Nun und zu aller 
Zeit ſey wächſig diefer Stamm. Logau, Sinnged. 79. 

Anm. Ahr. beißt wahso auch Merve, davon ahd. waltowahso, mhb. wat 

tewahse, waldenwahs = Waldwachs, Haarwachs, Fleiſchader, Merve, altfrief, 
waldewaxe = Halsnerve, in der nhd. Volfaſprache Wildwachs, Waldiwade, 
Wildwaß, Altewadhs, Eltewachs. 
Gewächs (ahd. giwahst, giwahsti, mhd. gewahst — Bud, 
Fruchtbarkeit) iſt zunächſt fo viel als Wachsthum, überhaupt alles mas 
wächt oder gewachſen iſt; dann Art des Wachsthums, Geſtalt des 
Wachſens; Auswuchs an Thier- und Pflanzenförpern; dann allgemeine 
Benennung aler Pflanzen, bejonders aber der niedrigen Arten mit 
Ausſchluß der Bäume Davon das veraltete gewächſig. — Damit 
das Holz zu dem Gewechs feinen Raum und Zuft haben mög. en, 
Lechrain v. 1616. Und nun find die Gewächſe fait a uns üben 
Kopf. Göthe, die glücklichen Gatten. Ich werde mit den Geliebten 
nun nicht mehr das Gewächs der frohen Rebe genießen. Klopfted, 
Meiftas 4, 1117. Sie hat en Gewächs (Wuchs) wie ein Rohr 
Leſſing. Du ſchenkſt den Furchen ein, Damit die Neder, wie fie iol- 
len, durchaus gewächſig fein. Opitz. Reißholz it an ihnen fell 
gewechſiger dann das Nadelholz. Neuburger Korftordnung v. 16%. 
— Nagten fie dort ein Giftgewächs. Pyrker, Rudolph 5. Die 
Haidegewähs. Platen, rom. Oedipus 9. Wenn aljo jede nr: 
iprüngliche Sprache, die ein Landesgewächs ift, fi nad ihrem 
Himmels- und Erdftriche richtete. Herder. Zwar es entfalten früher 
die Schattengemwäcdfe der Halte ihre zärteren Blumen. 2. d. 
Lähr. Die Sommergewächfe aller Art zu ſchonen. Goͤthe, Wahl⸗ 
- verwandtichaften 2%, 17. — 


Pflanze (ahd. ph(ſ)lanza, planza, mhb. pflanze, agf. plant, aus lat. 
plania) iſt im engern Sinne jedes Erdgewoͤch— wit faftigem Stengel m 





7157 


Blättern oder Kraut; in noch engerem Sinne die junge entfproffene Pflanze 

überhaupt, hefonbers bie junge Weißkohlpflanze vor dem Verſetzen. 2 

Wachsthum (der und das) der Zuftand da etwas wächlt oder. 
gewachfen: ift (eig. und uneig.). Davon das feltne wachsthümlich. 
— Run-kann den fhönen Wachsthum nichts befchränfen. Göthe, 
Bahsthum. Um einen reichlichen und bequemen Wachsthum der 
Früchte zu befördern. Göthe, Leben 1.B. Bis der natürlihe Wahs- 
thum (der Haare) fich wieder nach) den Erfordernifien der Zeit her- 
geitellt habe. Daf. 9. B. Diejer kleine Raum  follte den Urfprung 
und Das Wachsthum des Menichengefchlechts” ſehen. Daj. 4. 2. 
Die (Bäche) überall ein ſchnelles Wachsthum begünftigen. Daſ. 9. 

. Was verſtunden die Alten durch Die animam vegetativam ? 
Die nährende oder wachsthümliche Seele. Hoffmann. 
Wachsbeule, —druſe, —fuollen, —monat, —plaß (bei den 
Branern), —ftein (im an trog (in Pitriolfiedereien); Ge- 
wäahserde, —haus, —kunde, —fundig, — laugenſalz, — lehre, 
—reih, —ſammler, —ſammlung. — (Er) muſterte im Vorbeigehen 
Gewähshäufer und Treibebeete. Göthe, Wahlverwandtſchaften 1,1. 
uchs (goth. vahstus, altſ. wastm, ahd. wahst, kiwahst, 
engl. waist; 1) der Zuſtand, da etwas waͤchſt; 2) die Art und Weiſe, 
wie etwas wächſt oder — iſt; 3) dasjenige, was gewachſen iſt. 
Davon wüchſig = Wuchs habend, beſonders in Anſehung der Art 
und Weiſe (ahd. wahsmig, wahsmuntlig, feßteres noch in der Schweiz). 
-— Sieh, wie Alles mit gefunden Wuchſe anfblübet. Geßner. Im 
volleften Wuchſe fanden die Bäume da. — Schneller Anwuchs der 
Bevölkerung. Nicolai. Die Ausjcweifungen und Auswüchſe des 
Shaffpeare’ihen Genies. Göthe, Leben 11. B. Nun erfchien erft 
Herrlichkeit des Baumwuchſes. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 14. 
Der Raum, wo fünftig, vom Graswuchs umbebt, mein Hügel fid 
hebt. Salis, Sehnjuht nah Mitgefühl. Doch fei der Kinden- 
wuchs vernichtet. Göthe, Fauſt 2, 310. Traub’ auf Traube gelangt, 
und Zeig’ auf Feige zum Vollwuchs. Voß, Odyſſee 7, 124. Nie- 
derungen, die einen eben fo reizenden Anblid von Wald und Wie- 
ſenwuchs gewähren. Göthe, Leben 9. B, In Flechten glänzend 
ichmiegte fid der Wunderwuchs (das Haar). Göthe, Pandora. — 
Die wüchſigſten Pflanzen. Reichsanzeiger. Wichjiger, unwid- 
jiger Grund und Boden. Wirzb. Forſtordnung v. 1668. Halb- 
wüchjiger Knabe bift du. Göthe, Fauſt 2, 43. Vollwüchſig 
ſtreben drei Cypreſſen himmelwärts. Göthe, Pandora. 

Anm. 1. Das Wade, guth. vahs, ahd. mhd. wahs, flav. vosk, litth. 
wäszkas, ayf. väax, engl. ſchwed. wax, däãn. woks gehört wahrfcheinlich zu 
wa en. 

an 28. Einige Gelehrte rechnen zu wachjen auch wachen (goth. vakan; 
agf. väcan — entilehen, aufgewertt werben, vacjan —= wachen; ahd. wahhen, 
mhd. wachen, altf. wacön, altfrief. altn. vaka, neunieberd, neuniederl. waken, 





———— 


engl. watch, wake, dän. vaage, ſchwed. vaka) uud Wucher (goth. vöhrs, agi' 
vöcor, ahd. wuohhar, mhd. wuocher, altfrieſ. voker, altn. okr, ſchwed. ocker 
bön. aager, neuniederd. woker, neuniederl. veker). Grimm (Gram. II, 11 
Rro. 93) ſtellt wachen und Wucher zuſammen, ohne ſie zu wachfen zum rechnes. 
Zufammenhang zwiſchen dieſen drei Formen fcheint in der Wurzel zu liegen, ver 
bei wachfen und Bucher am vdeutlichfien hervortritt. Den Zufammenham 
zwifchen wachen und wachfen fcheint das agſ. väcan zu vermitteln. 


Waſchen. u 
(Wurzel wasc; vgl. ſanſtr. majj, masj — untertauchen, reinigen.) 


Wache, wuſch, gewalchen, walchen (abd. wasku, wuose, 
wuoskume&s, waskan&r, waskan; mhd. wasche, wuosch, wuo- 
schen, gewaschen, waschen; agſ. väscan, altj. waskan, engl. 
wash, ſchwed. vaska, dün. vaske neben vaase) 1) vermittelft des 
Waſſers oder einer andern Flüffigfeit reinigen, indem man es in die 
fer -Flüffigfeit gegen einander reibt; 2) das Reine und Gute von dem 
. Unreinen und Schlechten duch Waſſer trennen, indem eines von bei- 
den in demfelben zu Boden fällt: den Weizen, die Erze; 3) eine auf 
getragene Farbe mit Waſſer vertreiben, vom Dunfeln ins Helle al- 
maͤlich übergehen laſſen; 4) breites geift: und gehaltlojes Gerede. füh- 
en, gerne mit dem Nebenbegriffe, daß es ein in Kleinigkeiten ur 
theilendes Gerede fei ). — Ich meine wenn der Mann fchufe, wo die 
Frau nicht wüſche. 3. Paul, Siebenfäs 5. Mit Weinen von Dur: 
gund, Die mir der Arzt verbot, muß ich die Kehlen waſchen (vid 
zu trinken geben). Schiller. Ungewafchen Maul! Göthe, Egmont 
4. Die im Thor figen, waffchen von mir. Luther, Bibelüber. Bi. 
69, 13. Wil einer wol reden lernen, fo lerne er zuuor jchweigen, 
denn viel wafchen beiflet nicht wol reden. 3. Arndt, vier Bücher 
vom wahren Chriſtenthumb. Magdeburg 1610. 1. ©. 237. Wer m- 
mer wafchen (fchwagen) will. Opig. — Sie waſcheten den Wein 
in eynem Beden. Fiſchart, Gargantua ©. 383. 

Spülen (ahd. spuolen, spuoljan, iihb. spüelen, Holläud. spoelen, 
böhm. spilati, wallach. spelu) in Wellenbewegung anfchlagen; durch Hins und 
Herſchwenken einer Bläffigkelt oder Bine und Herfchwenfen in derfelben rd: 
nigen. Schwatzen (bei Goͤthe [hwäpen, mhd. swazen, schwätzen, 
bolländ. zwetsen,Tengl. twali)ttle, tattle; vgl. lat. suadere) zunaͤchſt in 
leichter Weiſe traulich gefprächig worüber Unterrebung halten; dann ans 
Sprechluſt in gefprächiger Wortfülle reden; in weiterm Sinne gefpräcig weile 
verbreiten. Plaudern (bei B. Abraham blodern, von mbb. plödera = 


2) Diefe Bebeutung ift eine übertragene, mag man nun bildlich an das Durch⸗ 
reiben, Reinigen ober, beffer, an das Gerede der Wafchweiber venfen. Schon ia 
einem Dfterfpiel aus dem 15. Jahre. (Wadernagel Lefeb. 1014, 37) heilt et: 
ir kunnet vil smetzen (ſchwatzen) unde waschen. Dän. vaase heißt and 
waſchen und. ſchwatzen, fo auch neunieberd. waschen, 








759 


platfchen, lat. 'plaudere == plaßend auffchlagen) zunächſt geräufchvoll ges 
forächig fich vernehmen laffen; dann leicht gefvwächig zu unerheblichem Gerede 
-fih gehen laffen; in weiterem Sinne traulich gefprächig ſich gehen laffen; 
Helmliches gefprächig au Andere auskommen laſſen. Plappern (nieder. 
blabbern, engl. blab, wol aus lat. blaterare — gebanfenlos ſchnell ſchwatzen) 

mit vielen Worten fchneller Mundbewegung gehalt: und gevanfenlos reden. 
Klappern (von klappen altn. klappa, einer härteren Nebenform von 
Flaffen ahb. ch(k)laffon, ch(k)laphön, mhd. klaffen — das Maul aufs 
eigen, viel und heftig reden) viel und unnüg gehaltlos ſchwatzen. Schnaden 

ſ. S. 395. Klatſchen (übertragen von dem Schallwort Flatfchen) nach⸗ 
theilig über fremde Handlungen reden. Trätfchen f. ©. 58. Saalbabern!) 

= gehaltlos langweilig fchwagen, vornehmlich über Erhebliches. Babbeln, 
au pappeln und papeln (aus franz. babiller, gr. Baßagsır, engl. 
.babble) Ijunähfi vom Kinde gebraucht, wenn es zu fprechen anfängt; 
Davon aus Sprechluſt Findifches gehaltloſes Gerede führen, ohne fchiweigen 

zu können; auch unerhebliches trauliches Gerede mit vielen Worten fuh⸗ 
ren; dann ausplaudern aus Mangel an Schweigfamfet. Ouadlen ifl 
eigentlih tändeln, leichthin thun ohne Gruft; dann kindiſch, tänbelnd ges 
haltlos ſchwatzen. — Rein mit laulichem Waſſer fpüle das fchwärzliche Blut. 
Vaß, Ilias 11, 828. Mylord! Ihr pflegt zu ſchwatzen, eh’ Ihr handelt, 
und fei die Glocke Eurer Thaten. Schiller, Maria Stuart 4,6, Ber: 
plaudern in ſchädlich. Göthe, ber getreue Eckart. Sie plärren und 
plappern immer zum Scheine fo fort. Böthe, Reinefe Buche 8, 220. Man- 

ches PlaudersWäfhlein, wann fie nur ihre KlappersBüchfe Öffnet, 
und zwey Wort redet. Simplichfiimus I. 4, 17. Wir wollten ein für alles 
mal den Klatfch des Tages auf unferer Bühne nicht dulden. Goöthe, Tags 

und Jahreshefte 1802. Wenn eine eben fo dumme als hoshafle Klatfche 
(Klätfcher märe hier viel zu gut) die Unverſchaͤmtheit hat. Leffing, Ans 
tigoeze 10. Wie eine Mutter, die ihr Kindlein flillet, pappelt und fpielt 

mit ihm. Luther, Poflille Cine altweritändige babbelnde Bafe Kl. Schmidt, 
Ab—, an—, auf —, aus —, durch —, ein—, ent—, fort—, hin- 

weg —, nach —, über—, um —, unter—, ver—, vor —, wegwaſchen 
find aus waſchen far. — Da mon fein Blut von meinem Körper ab⸗ 
wuſch. Göthe, Meifters Lehrj. 6. Diefer fängt nun forgfältig an 
uerft das Bild mit dem feuchten Schwamm abzuwaſchen. Goͤthe, 
Karbenfehre 171. (Sie) war befchäftigt das Küchengefchirr aufzu- 


1) Der Ansedruck ſtammt von der Hochichule Jena. N. Beyer, der 1618 
diefe Hochſchule als Student bezug, berichtet in f. 1681 zu Jena erfchienenen 
Architectus Jenensis ©. 127 f.: „Zu meiner Zeit war darinnen (in der Bade 
ſtube) ein Bader, Hans Kranich, wenn er einem fchröpffete oder Aderfchlug, fahe er 
das Blut an, lobete oder tadelte bafjelbe, und ſagte zugleich: Ich nehme eine Kanne 
Wein oder Bier, und trinde es aus. Meinete aber nicht das Blut im Beden, 
fondern ven Wein oder Bier in der Rannen. Bon ihm fümmel das Sprichwort: 
Er if ein Salbader. Das if: Er bringet albere Poſſen auf die Bahn.“ 


760 - 


waſchen. Göthe, ital. Relje Palermo 13. April. Sie wuſch fi 
heftig die Augen aus. Goͤthe, der Müllerin Rewe. Man glaubt zu- 
erft einen aufgeichwennmten Lehimhügel zu jehen, der vom Regen au$- 
hen wäre -Göthe, ital. Reiſe Bologne 20. Det. Die den 
tandfleden ihrer Ehre "in meiner Schande ausmachen würde. 
Schiller, Kabale und Liebe 1,.-7. Nun flieg ich in den Schluchten 
des brödlich aufgelöften Gebirge hinauf, wie fie von den legten Re- 
gengüffen durchwaſchen waren. Göthe, ital. Reife Bologna 0. 
Det. Drauf entwufchen fie beide den vielen Schweiß . ... vor den 
Beinen. Voß, Ilias 10, 572, Und das Kind doch immer eifriger- 
fortwuſch. Göthe, Werthers Leiden 1, 6. Juli. Den Roſt der 
Welt, der Leidenfchaften Spur hat Längft der Fluß der Zeit von ihr 
hbinweggewafhen. Wieland, Oberon 9, 53. Hinweggejpült 
war jeder Schmuß, hinweggewaſchen jedes Fleckens Spur. Ko 
fegarten, die Unfhuld. Bormittags nach dem Rafieren fprang, ohne 
fid) noch einmal zu überwachen, Viktor auf. 3. Paul, Hefperus 
16. Hier ſehen wir fchäumende Meereswogen den unterwafchenen 
Felſen umgäfchen. Göthe, Philoftrats ‚Gemählde. Ajar. Der einmal 
im größten Waffermangel und Durft das Wafler lieber verwuſch 
als vertrank. 3. Paul, Siebenläs 9. Freundfchaft bleibt, was das 
Geichlängel dieſes Zeitftroms auch verwäfcht. Tiedge. Dergleich er 
auh verwaſchen (dur Geichwäß verleumdet) hat den Süngling. 
H. Sachs. Wäre nur alles Kleinliche jo rein Daraus weggewaſchen. 
Söthe, ital. Reife Palermo 3. April. Wie Menfchen, die auf emer 
Sandbank gefcheitert find, und erwarten von der nädjften Flut weg: 
gewafchen zu werden. Shaffpeare, K. Heintih V. 4, 1. 


- Wäfche und Waſche (ahd. wasca, mhd. wasche — Pfütze, 
Schwenme), Wäſcher (ahd. wascari und wesco, mhd. wesche, abd. 
wesca — Wäfcherin, älternhd. noch weschin), Gew äfch. — Bündelchen 
Wänſche find das, wie man zum Brummen fie trägt. Göthe, Benet. Epigt. 
43. Mus dem ein WeffherlSchwäger) jmer recht haben? Luther, 
Bibelüberf. Job 10, 7. Der Froſch, der wäſcher (Schwägßer), rief. 
Seming, Lübecker Ausg. ©. 52. Unter mir wohnte eine Wäſche— 
rin. Göthe, Benvenuto Cellini %, 5. Ey das dir des Henkers 
Badwaſchl den Kopf zwag! P. Abraham. An dent Bad) fo war 
hen heut der weichin vil. H. Sachs. Kuttelweſcherei. Fiſchart, 
Gargantua ©. 157. Pleuwäſchige fupplerin. Daf. 87. Sobald 
als die Beftie ihr ungefälliges Gewäſch geendigt hatte. Göthe, Ben- 
venuto Gellini 2, 5. «Das Luftfpiel) enthält das Fältefte, langwei⸗ 
ligfte Alltagsgewäfche. Leſſing, Hamb. Dramaturgie 52. 

Anm. Die Wafchen verädhtlih — Mund, Ohrfeige. Schweig Alte, halt 
dein Mafchen zu. H. Sachs. Iſt vmb ein Ohrwaſchen zu thon. H. Sache. 


a er — ſteht ſonſt Wat ſch, mho. Orewetzelin = Ohrlaͤppchen, fanfter 


"761 


De 


Waſchbaunk, —bär, —beden, —befen, —binfe, - bläuel, — bühne, 
—bütte, —eifen, —erde, — erz, —faß, —fell, — frau, —geld, —gelte, 
— geräth, —geihworner, —gold, — handſchuh, —haus, Zu — holz, 
— junge, —feflel, —korb, —kraut, —kübel, —kufe, —kupfer, —küſte, 
—lappen, —lauge, —ledet, —lohn, —magd, — markt, —mühle, 
— mulde, ae — plan, —ſcheidebank, —fchragen, —ſchuͤrze, 
—ſchwamm, —feife, — ſteiger, —ftein, —thun, —wanne, —weib, 
— wert, -— wolle, — zeug, —zinn; Wäſchbuch, —koſten, —korb, 
— leine, —mangel, —rolle, — ſtange, — verzeichniß u. a.; Abwafdh- 
faß, —waſſer; Aufwaſchfaß, —kübel, — waſſer; Waͤſcherfrau, 
— lohn. — Haltend das Waſchgefäß und die Kanne zugleich in 
den Händen. Voß. Wo man gehoͤhlt Waſchgruben mit rinnender 
Flut. Voß, Odyſſee 6, 86. (Er verfertigt) Waſchkloöpfel und 
hölzerne Schuhe. Voß. Um fo mehr als ih Waſchküche und Holz- 
ftall wegbrechen laſſe. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 22. Still doc, 
altes Waſchmaul! Shafefpeare, Romeo und Julie 3, 5. Es macht 
mih ſchon das Wafhihwammgeficht halb wüthig. % Paul. 
(Sie) ftanden fhon am. Waſchtiſche. 3. Paul, Titan 49, (Ich 
muß) früh am Tage ſchon am Waſchtrog fiehn. Göthe, Fauſt 1, 
163. Wie die Wärterinnen- das Waſchwäſſer der Kinder im Munde 
lau maden. 3. Paul, Titan 15, — Als wenn fie meine Kleider— 
und Wäihichränfe plünderte, Göthe, Meiſters Lehrjahre 6. — 
Was wär’d mit unjern Wäſcherfrau'n? Paten, die verhängniß- 
volle Gabel 2. 

Wild (ahd. wisc, wisg, altn. visk, mhd. wisch, engl. whisk, 
dän. wisk, ſchwed. viska) 1) das Weiche womit man etwas abjtreicht; 
2) in engerer Bedeutung ein Strohwiih, wenn er aud) nicht zum 
Wiſchen dienet; 3) ein beichriebenes Papier, in verächtlichem Sinne. 
— Bid die auf dem Markte aufgeftellte Fahne hinweg gethan, oder, 
wie man jagt, der Wiſch geworfen ift, follen gemeine Stadt den erften 
Kauf haben. Culmbacher Stadtreht. Ih ſchulde Ihnen noch acht 
oder mehr Zeilen Honorar für den legten Wiſch, dem Sie ein paar 

ute Wiſcher gegeben. 3. Paul, Siebenkös 3. — Heraus mit eurem 

lederwiich! Göthe, Fauſt 1, 195. Apollonia fegte ihre Blutver- 
wandtichaft und ihren Gaft mit Kehrwiſchen noch früher hinaus, 
als Spinnen und Staub. J. Paul, Hefperus 8. 

Anm. Grimm (Bram. Il, 889) fagt:! Sept waſchen ein wifchen voraus? 
Weigand (Nro. 2281) nimmt audy ein altes ſtarkbiegendes Verbum (wol wiskan) 
an und rechnet dazu wafchen und wifchen (ahd. wiskjan, wisk&n, mhd. wisken, 
egl. whisk, in der Volksſprache auh wäfchen, witfchen, wutſchen) ur: 
ſprünglich wol reiben; dann worüber ftreichen, um ed wegzumachen; leicht, hurtig 
vorübereilen; mit leichter Schnelligkeit unvermerft wohin — ** — Aus wiſchen 


ftammt auch das Empfindungswort witſch, wits für wiſch. Entwiſchen iſt 
ahd. intwisken, antwiskjan. Darnach iſt das ©. 32 Geſagte zu verbeſſern. 


Wiſchen, ab—-, auf—, auns—, durch —, ent —, er—, fort—, 





762 


nach —, ver —, wegzuwiſchen. — Die (Eidechfe) durch das Gras 
wiſcht. Geßner, der Wunſch. Wenn Ihr das thut, dann mag ſich 
das Geſetz nur das Maul wiſchen. Shakſpeare, Wintermährchen 4, 
3 Wiſche fie (die Hand) ab! Göthe, Fauſt 1, 242. So mußten 
die benegten Blätter forgfältig abgewiicht und getrocknet werden. 
Göthe, Leben 4, 6. Die Eule, welche eine Maus bemerkt, und als: 
dann plöglih aufwiſcht chafchtı. Moſer. Wan er dir mit von 
ftund an aufwifcht (fchnell zu Dienft if). Doc. v. 1618. Das 
(Häuschen) ihm wie eine heil bemalte Ume längft ausgewiſchter 
Zage nachglänzte. 3. Paul, Titan 10. Im Fall der Noth einmal 
mit beiler Haut durchzuwiſchen. Lichtenberg, Epiftel an Göbhard. 
Ich hatt? Euch oft in meiner Macht und ließ durch eine Hinterthir 
Euch ſtets entwifchen. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 5. Beid’ ent: 
wifchten den Staub. Voß, Ilias 23, 739, (Ms ich) Ludwig bei 
der Jade erwiichte. Göthe, Bevenuto Eellini 1, 6. Der, ich weiß 
nicht wie den Namen: Meifter erwifcht hat. Göthe, Briefw. mit 
Schiller 1, 81. Die Zerftrenung verwiichte jenes Bild der dringen 
den Bittenden. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 11. (Ich) war aber 
in Begriff das Gefchriebene wegzumwifchen. Daſ. 23, 11. 

Suſchen (mit ahd. horsc(k)o = ſchnell, eilig, hurscan, hursgen, mh». 
hürschen = raſch aufjagen, zur Gilfertigfeit antreiben, im Saddeutſchland 
huſchen — hetzen, zu lat. curreie = laufen) ſcheint den Gedanken an uch 
leichtere, größere Schnelligfeit zu verbindeu, ale wiſchen. — Hufen Sie 
über das weg, was Sie zu lange aufhalten wird. Leffing. 


Bilhfang (bei den Jägern), — gold, —kätzchen, — kolben, 
—lappen, — papier, —tuch. Wifcher 1) eine Perfon, welche wilcet; 
2) ein Werkzeug, etwas damit zu wilhen; 3) unzarten Verweis für 
etwas, was fich nicht gebührt. — Ich Ichulde Ihnen noch acht oder 
mehr Zeilen Honorar für den legten Wiſch, dem Sie ein paar gute 
Wiſcher gegeben. J. Paul, Siebentäs 3. 


Ausputzen (v. putzen, älternhb. bugen, dies nah Schwend vo 
batten — fchlagen, franz. battre; nah Wackernagel von mh. buze = 
geipenftige Schredgeflalt, Larves nah Weigand von Buze — Klümpchen 
verbichleter Maffe, alfo bußen — abbrechen, rein und ſchoͤn machen; vielleicht 
ift and) lat putus — rein, putare — reinigen zu vgl., wo dann freilid das 
anlautende p dem Geſet ver Lautverfchiebung nicht gefolgt wäre) ift ein derber 
Verweis für etwas, was fid) nicht gebührt, zur Borforge, daß der Thäter fh 
diefes nicht mehr beigehen läßt. Filz (niederd. filzer, wol vom Filz ver 
Hutmacher, ah. fiv)ilz, mh. vilz, agf. felt, wie man auch fagt Ginen fm: 
men) Verweis in harten, ſelbſt ehrenrührigen Worten. — Die gnäbigfien 
Auspußer fummten ihm fchon um den Kopf. Böthe, Meiflers Lehr. 1, 13. 
Auf welchem (Zettel) fie mich ausfilzen und es vor allen Schwaben ge 

xadezu fagen, ich fei ein Cſel. 3. Baul, Giebenläs 5. 





763 


Fe Steben ') 
(Wurzel stat, verftärft stand, stantz vgl. fanffr. stabatu, stidaha, 
lat. stare — flehen, gr. lorarcıı — ftellen.) 

Stehe, fand, (ftund) geftanden, ſtehen (goth. standa, stölh, 
stôthum, stanılans und stöthans, standan für stathan; ahd. stantu, 
stuont, stuontume&s, . [zuweilen noch stuat, stuatum&s, stuot, stuo- 
tum&s] stantaner, stantan und stän; mhd. stän und sten ſſelken 
stande], stuont, stuonden, gestanden, stän und sıen; im 15. 
Jahrh. bei A. v. Eyb stan,- steen und stien; agf. standan, engl. 
stand, stay, ultn. standa, stä, holl. staen, böhm. stati, poln. stoie) 
1) auf feiner fleinften Seite oder Fläche ruhen und aufgerichtet fein 
(eig. und uneig), in verjchiedenem Sinne, aud ohne bejondere Her—⸗ 
vorhebung der Fläche, oft auch dem Gehen, überhaupt der Bewegung 
entgegengefeßt; 2) in weiterem Sinne überhaupt dafein, bleiben, 
dauern, ſich (wo und wie) befinden, einfach und mit verfchiedenen Prä- 
pofitionen: bei einem hoch am Brett, auf dem Sprunge, es fteht bei 
Gott für einen gut (1. S. 454), in Gnaden, einem nach dem Leben, 
unter Jemanden, zu Gebote; 3) ftehend etwas thun, ftehend oder auch 
durch Stehen bewirken: Scildwache, Gevatter, ſich müde, feinen Mann, 
ein Wild; 4) (veraltet) hintreten und fi binftellen. — Iſt ftand 
dabei? Schiller, Wallenfteind Lager 6. Der allen feinen Abfichten 
im Wege geftanden hatte. Sulzer. Nach Fotheringhayſchloß ſich 
ſteh'n den Außes zur Königin von Schottland zu verfügen. Schiller, 
Maria Stuart 4, 11. Still in ihrem Lauf find alle Sterne geſtan— 
den. Klopftod, Meſſias. Wir blieben bei den drei Morgenfegen 
ftehen. Gellert. Und die Träger ftunden. Luther, Bibelüberjegung 
Lukas 7, 14. Auch die anderen Seelen der abgejchiedenen Todten 
fanden mir. Voß. Dein Leben fteht! Herder. So ftehet im 
Berg Gottes, der. Fuß in Ungewittern, das Haupt in Sonneftrahlen, 
Ramler. Wie ſteht's um meine gute Stadt? Schiller, Jungfrau 
0.0.1, 3. Als 0b es noch wie geftern mit Euch ſtünde! Schiller, 
Maria Stuart, 3. 6. Die Ohrgehenke ſtehen Ihnen ganz vortreff- 
ih. Gellert. Die zal feiner monden ſtehet bey Gott. Luther, Bi⸗ 
bifüberf. Hiob 14, & Er fteht ziemlich jchlecht bei ihr. Leſſing. 
Ber ſtünde mir denn für mein Lebeu? Gellert. Unſer Schidfal 
ſtehet in den Händen der Vorſicht. Geller. Nach dieſer Stuart 
Reht ihr Herz. Schiller, Maria Stuart 2, 3. Um ein Geringes 
flieht er (der Helm) Euch zu Kauf. Schiller, Jungfrau v. O. Pro- 
log 3. Steh nit zur Wehr! A. M. Schlegel. Der wahre Adel 
‚ſteht nicht im Erfparen, doch auch im Vergeuden nicht. Herder. Der 
Spaß könnte mich fonft theuer zu ftehen kommen. Weiße. O denket, 


3) Die mhd. sten, stöst, stet haben ein falfches Praͤſ. Rebe, ſtehen ꝛe. 
heroorgernfen. Das Bräter. Hand bat ſich allmälich für Rund gelten gemacht. 











764 


daß ein Gott im Himmel ift, dem Ihr müßt Rede ſtehn für Eure 
. Thaten. Schiller, Zell 3, 3. Er bat mich ſogar, bei ihm Gevatter 
zu ftehn. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 3. Steh deinen Mann und 
wag dein Aeußerftes daran. Kl. Schmidt. Auf Bollziehung des Ge- 
fübdes ftehen wir. Herder. Simei ftand den David mit Fleiß an - 
den Weg, wo er vorbeigeben mußte. . Bibl. Erzählungen. 

a bitehen 1) von etwas entfernt fteben; 2) verderben, von Flüj- 
figfeiten, Pflanzen und Thieren (befonders Fiſchen) gelagt; 3) (Bieh- 
zucht). die. Freßluft verlieren, "gegen Futter befondere Abneigung haben; 
4) nicht weiter zu einem gewiflen Zwecke jtehen, freiwillig von einer 
Thätigfeit ablaffen; 5) Jemanden abftehen, feine Partei verlaſſen, auch 
ihm Unrecht geben; 6) überlaffen; 7) ein Amt niederlegen; 8) fi 
ab= d. 5. fih müde ftehen. — Wir ftehn zu weit noch von einander 
ab. Göthe, Taffo 2, 3. Padt euch, ihr abgeftandener Scuft! 
Shafejpeare, K. Heinrih IV. 2. Thl. 2, 4. Steh ab von deiner 
Bitte. Schiller, Don Karlos 2%, %. (Er) heißt euch, beim Erbarmen 
- Gott des Herrn, die Krone abftehn. Shakeſpeare, K. Heinrid V. 
2, 4 — Er mußt deß Lands und anderer Stätte abftehben. Aven— 
tinus, Chronif 1580 BI. 116. 7 | 

Abfallen (If. f allen) rafch verderben, von Hhiffigfeiten gefagt, die ihre . 

eigenthuͤmliche Kraft verlieren. — Aufhören f. S. 6r Winhalten (j- 
halten) eine Thätigkeit nicht fortfegen, mit dem Nebenbegriff einer fpätern 

Bortfegung ber unterbrochenen Thätigkeit. Ablaffen (f. lafien) von ber 

Tpätigfeit laſſen, ſodaß man davon entfernt if. — Sie floh, ich rief ihr nad, 

uny fie hielt ein. Meißner. Nie werd ich fürwahr altflug ablaffen von 

Thorheit. Voß, Luife 3 a, 178. 

Ausſtehen 1) auswärts ftehen, öffentlich wo ſtehen (eig. und 
uneig.); 2) bis zu Ende einer gewiſſen Zeit ftchen, daher in etwas, 
das uns widerfährt, aufrecht bleiben, bis dasſelbe zu Ende it, auch 
in einer gewiffen Stellung in Bezug auf ein Anderes feft bleiben, 
bis dieſes vorüber ift: die Lehrjahre, die Predigt; 3) ſinnverwandt 
mit leiden f. S. 706; 4) aus dem Dienft treten. — Der vordem in 
fremden Landen al8 ein Doctor ausgeftanden. Gellert, Phylax. 
Keinem Arzt, Deuliften, Bruchſchneider, Waldınann wird außer den 
Zahrmärkten mit oder ohne Gaukeley auszuftchen gejtattet. WBirz- 
burg, Berordn. v. 1745. Das Größte ſteht nody aus (ſoll erft ned 
geichehen). Schiller. Doria’d (Stimme) und die feinige ftanden 
noh aus (waren noch nicht abgegeben). Schiller, Fiesko 2,5. Aus- 
ftebende Schulden einzucaifiren. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 11. 
Wärft du fo Elug, die Eleinen lagen des Lebens willig auszuitebn. 
Geller. (Er hatte) eine unruhige Naht ausgeftanden Göthe, 
-Meifters Lehrjabre 1, 13. Er ftand drei Jahre als Schneidergeielle 
aus. Lichtenberg, Lawrenze Earnshaw. Ich fann die müßigen 
Leute nicht ausfteben. Göthe, Götz v. B. 1. 





765 


Ausbalten (ſ. halten) bleiben, bis etwas, bus auf uns unmittelbar 
rinwirkt, zu Ende iſt, mit dem Nebenbegriff ver Kraftanwendung. Ausbanern 
(von dauern mbt. düren, franz. durer, enyl. dure, aus lat, durare = 
bart machen zum Beſtandhaben, dann Beſtand haben) geht anf die Zeit und 
die innere Kraft, Stärfe, wodurch ein Ding eine gewiſſe Zeit überſteht. Die 
anderen Syn. |. 5. 706. — Der das Gericht mit dieler Böttlichfeit au 6: 
hielt. Klopftod, Meffias. Ich zweifle, daß feine (des Luſtſpiels) Boritellung 
bürfte auszuhalten fein. Leſſing, Hımburg. Dramaturgie 52. Daß tie 
biegfame animalifche Schöpfung ausdanert, wo die vegetabilifche längit ihre 

Graͤuze erreicht bat. A. v. Humboldt, Ideen zu einer Phyſtognomik der Ge: 
wähfe. (Da ich) mich ſchon öfters im Ausdpauern geübt hatte. Göthe, 
Leben 1. B. | 


Erftehen 1) fih auf die Füße aufrichten; 2), aus dem Grabe 
auffteben; 3) entfteben; 4) durch Stehen erlangen, eig. bis zu Ende 
ftehen, fo lange ftehen, bis der Zweck erreicht it, im Beſondern bei 
Derfteigerungen durch Meiftgebot an fich bringen; 5) für eine gewiſſe 
Summe übernehmen: einen Bau; 6) den Prozeß durch des Gegners -. 
Ungehorfam gewinnen. — Alſo redete jew’, und erftand vom jchwels 
- Inden Sofa. Boß, Luije 3. a, 630. Der Mefle Hochamt rief mich 
zum Gebet, und da ich von den Knien jet eritanden. Schiller, 
Draut v. M Wo fie feinen Vodten begruben, und feiner eritehn 
wird, Klopſtock, Mefftas 1, 596. Davon der zehen färig Krieg er- 
fanden ift. Aventinus, Chronif 1580 BL. 33. Schon flieht: man 
Schöpfungen aus Schöpfingen erftehn. Schiller, die Künftler. (Bei 
welcher Auction ich) manches erftand, was fih noch unter meinen 
Sammlungen befindet. Göthe, Xeben 2. 2. 


Kaufen (f. S. 663) allgemein für Geld zum Bigentgum erwerben. Er⸗ 
bandeln (f. Handel ©. 420) durch gegenfeitiges Fordern und Bieten an 
fi bringen, durch Handel gewinnen. Steigern (f. Heigen) bei öffentlichem 
Ausgebot zum Berfauf durch Mehrbicten (in einzelnen Bällen, 4, B. bei Ar: 
beiten durch Wenigerbieten erhalten. — Kann's der Soldat wo beffer faufen? 
Schiller, Wallenfteins Lager 6. (Wo das Heu) um Viehbeſitzer verfauft 
wird, die es der vorzüglichen Befihaffenheit wegen gern erhandeln. Göthe, 
Meiſters Wander]. 


Geſtehen 1) aus einem flüffigen Körper gleichſam zu einem fte- 
beuden werden (ſ. S. 190); 2) (veraltet) zu jtehn kommen, foften ; 
3) ein Belenntniß ablegen, dem man gem auögewichen wäre, in dieſer 
Bedeutung auch eingeftehen; 4) GBolksſprache) geftatten, erlauben. 
— Es geftebet mich einen ſchilling. Aventinus Chronik 356. Ge— 
ſtehn Sie, Freund! Schiller, Piecolomini 1, 2. Der Unglüdjelige, 
ich darf ihm nicht geftehben, was mir Böfes Ichwant. Schiller, Tell 
1,4. — Bei faltem. Dlute waren, als er mir dieß eingeftand. 
Schiller, Piceolomini 5, 1. Be er 





7 





Bekennen (von kennen S. 82) allgemein an einen Anbern eiwas von 
fih ans zur Renniniß bringen. Beichten (ahd. pijöhan pigöhan, mr. be- 
jöben, älternhr. bejichten, von ahd. jehan, mhd. jöhen; Beicht ahd. pigj)iht, 
mhr. begiht, biht, bihte, davon bihten) uhd. nur im firchlichen Sinne dem Serls 
forger feine Sünden befennen. — Es war, ih muß befenunen, wenig Schonnng 
von meiner Seite. ‚Schiller, Don Karlos 2, 5. Cu will ich meine lehte 
Beichte thun. Schiller, Maria Stuart 5, 7. Haft du bein Herz erforſchet, 

ſchwoͤrſt du und gelobeſt du Wahrheit zn beichten vor dem Gott der Wahr⸗ 

heit? Daf. 

An— (5.206), auf — (5.48), aufer—, be—, bei — (©. 156), 
da—, dabei —, durch —, ein—, empor—, ent — (5. 62. 64), entge⸗ 
en —, ber—, herab —, herau —, herauf —, heraus —, herein —, her⸗ 
aber—, herum —, herunter —, hervor —, hin —, hinab —, hinauf—, 
binaus—, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg-, 
nach —, nieder —, ob—, ſtill —, über—, gegenüber, um—, 
unter— (S. 20. 266), ver — (S. 21), vor—, bevor—, voran—, 
weg —, wider— (©. 611), zu — (S. 36), zurück —, zuſammen⸗ 
ſtehen find an fi klar, aber nicht alle gleich gebräuchlich. — Mit 
Macht andrängend die feſt anftehenden Ruder. Voß. Ihnen ſteht 
es an, fo zart zu denken. Schiller, Piccolomini 2, 4. So kann es 
nody einige Wochen damit anftehen. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 
2%. Gr hätte doch einen Augenblid anftehen dürfen, ſich zu er⸗ 
geben. Leifing. Dichter Kulkitein, der an der Ablöjung glimmerig 
war, und in — obgleich unendlich zerklüfteten Maſſen anſtand. 
Göthe, ital. Reife auf dem Brenner 8. Septbr. Wenn ein Fürſt ab⸗ 
gieng und ein neuer auſtuend. Aventinus, Chronik 356. Nachdem 
ein guter Wind aufſtund. H. Sachs. Ich ſollte aufſtehn mit 
dem Schöpfungswort und in die hohlen Läger Menſchen ſammeln. 
Schiller, Wallenſteins Tod 3, 13. Es ſolle auch fain Handwerde- 
fuecht feinem Maifter on gegründt urjachen vnd wider handwerchsge⸗ 
wohnhait aufiteen (Schwierigkeiten machen). Baier. Landesordn. v. 
1553. Auferftebn, ja auferitehn wirt du, mein Staub, nad 
furzer Ruh. Klopitod. Die lebten Schatten fchwinden, aus denen 
heitres Leben anferitand. Ziedge, Urmia 4. Der Flüffe Sand 
beitebt, der Schiffer fleuht die See Opitz. Die Glieder finfen 
bin, das Blut beftehet mir. Opitz. Im Rüden beftand (blieb 
fteden) der heiße Pfeil. Lopan, Sinuged. 946. Einnahmen und and 
gaben gegen einander aufgehebt, jo befteht bleibt Reſt) meinem 
Herrn noch übriges 4081 Gulden Krenner, Landtagsh. 7, 468. Bie 
die Nürnberger Mark zu Augſpurg beftat (gilt). Schmeer 3, 59. 
Ohne jeine Rrobe joll man dem Erbrechter weder Erbrecht noch taxirte 
Anleith, fondern allein Freyſtift auf feinem Gut beftehen (zugeftehen). 
Daſ. Der Hunger beituond (befiel) in. Daf. Kein Beamter ſoll 
einen Zehenden beitehen (als Pächter übernehmen). Berordnung v. 





7167 


/ 


1618. Keiner auch wagte gegen den Feind zu beſtehn. Voß. Sie 
liebte mid, weil ich Gefahr beftand. Shakeſpeare, Othello 1, 3. 
Wobei ich gut beftand. Göthe, Leben 1. B. Jeder von uns hat 
oft genug dieſe Fahrt mitbeftanden. Göthe, Meifters Wunderjahre 
3, 13. Der Staat beiteht nicht anders, als duch das Bündniß 
der Glieder. Duſch. Zu meiner Zeit beftand noch Recht und Billig- 
feit. Hagedorn. Das Unglück befteht nicht jo fehr in der Empfin- 
dung des Uebeld, als in dem Mißbrauche der Freuden. Duſch. Da 
der Frühling berbeifam, und man ohne Feuer beftehen fonnte. Göthe. 
Auf Ddiefer Probe Ihrer Folgſamkeit muß ich durchaus beftehn. 
Schiller, BPiccolomini 3, 3. Er folle mir beifen und beiftehen. 
Goͤthe, Benvenuto Gellini 2, 9. Wenn Seraphim daftehn und fie 
bewundern. Klopftod, Meſſias 4, 483. Staudft du nicht, Philo, 
dabei? Daſ. 4, 440. Auf des Glüdes großer Wage ſteht die 
Zunge felten ein. Göthe, Kophtiſches Lied. Kür den Werth jo vieler 
Menihen und Güter jeien fie nicht geeignet einzuftehen. Göthe, 
ital. Reife 13. Mai 1787. Endlih fand Menelaos empor und 
redete aljo. Voß, Ilios 7, 94. Und in dem eignen Willen feiner 
Zochter follt’ ihm der neue Streit entſtehn? Schiller, Piccolomini 
3, 8 Doch ihre Hülfe wird uns nicht entitehn (fehlen), wenn fie 
das Land in Waffen erft erbliden. Schiller, Tel 1, 4. (Da) warf 
ihn der Vater an einen entgegenftehenden Felſen. Klopftod, 
Meifias 2, 121. Wenn er nicht mit feinen Löffeln und LXäufen zu 
weit herausſtände. % Paul, Heiperus 11. Der. bier ſtets ob⸗ 
fand, fiegend fämpfete? Klopftod, die Denkzeiten. Denn die Don- 
ner würden nicht obftehn. Voß, Ilias 12, 125. Es ſchien die Zeit 
dem Ueberfeligen in ihrem ew’gen Laufe ftillzuftehbn Schiller, 
Piccolomini 3, 3. Daß mein Land dem euren wohl nicht fteht an 
Schätzen nad. J. Kerner, der reichfte Zürft. Er überftand die 
Probe. Schiller, Don Karlos 2, 10. Werd’ ich den Jammer über- 
teben? Göthe, Fauſt 1, 339. Wir ftehn einander felbit num 
gegenüber. Schiller, Maria Stuart 3, 4. (Sie) umftanden ges 
ıhaftig den Herricher der Welt. Schiller, Graf von Habsburg. Die 
ihres Zuſagens umbſtehend (ihre Zufage nicht halten), haben fein 
Glück. Hund, baler. Stammenbuch 1, 49. Es ift noch lange nicht 
verhauit, wenn Einem ein Bier umſtehen (abſtehen) will. Porti⸗ 
unculabüchlein 106. Wenn ein Stück Vieh umſteht (ſtirbt). Anſp. 
Verordnung v. 1746. Darf id mid unterſtehen, dieß zu erklären, 
wie ih will? Schiller, Don Karlos 1, 4. Er vnteritunde fi 
des Reichs. Aventinus, Ehronit 1580 Bl. 186. Ob fi ein maiiter 
ainer arbait oder gepews underfteet vnd annimbt. Lori, buier. Lan⸗ 
desordnung 1553. So die Oftern kommen, jo unteriteben fid) 
die Schergen der Gemein (nehmen die Gemeinwaide für fi in An- 
ipruch), und verbieten alsdann den armen Leuten, daß fie auf dieſelb 





768 





Gemein nicht treiben. Kreuner, Landtagsh. 7, 441 v. 3. 1474. Da 
Dardurch vil übls an frawen und umgebfrawen underjtanden (ver 
hindert) werde. Weitenrieder, Beiträge 6, 185. Wie gut verſtund's 
die kluge Schreiberin, der Liebe einen Boten auszuleien! Schiller, 
Don · Karlos 2, 4. Wer ih auf Schlöffer gut verjtünde! Dar. 2, 
12: Wem die fpradh verftet (ſtockt) und nit gereden mag. Schmeller 
3, 600. Die Verkäufer verjprachen dem Käufer den Hof zu ver: 
ften (vor Gericht zu vertreten) und zu verantworten. Daj. Wer dem 
richter die -pfant frevenlihen verftet Chindert ein Pfand zu nehmen). 
Daſ. Könnt ihr mih mißverftehben? Göthe, Egmont 5.  An- 
Liebe und Achtung gegen feine beften Schriftfteller ſteht Deutichland 
andern cultivirten Bölfern nicht vor, fjondern nach. Herder. Dieler 
Menge durch Wirken, Bilden, Herrihen vorzuſtehn. Göthe, Euge⸗ 
nie 1, 5. Daß fie fühlen die Noih, die dem armen Bruder bevor= 
ftebt. Goͤthe, Hermann und Dorothea 2, 45. Sein Haar holte 
er in ein wegſtehendes Zöpfchen zujammen gedreht. Lichtenberg, 
über Phyſiognomik. Wenn ich ihm widerftand. Göthe, Taſſo 5,4. 
Mir widerfteht das tolle Zauberweien. Göthe, Fauſt 1, 119. Ich 
ſteh es gerne zu (gebe e8 zu). Opitz. Es fund den Römern em 
Unglüf über das andere zu (widerfuhr). Aventinus, Chronik 80. 
Wegen zungeftandtner Unpäßlichkeit. Landtag von 1669. Aud 
ftuenden im all Fürften zu (traten auf feine Seite), und ftuenden 
ab dem Kaifer zu Conftantinopel. Schmeller 3, 609. Die gate 
Wirkung, die ich beine Vorlefen erreichte, wird man mir leicht zu ge⸗ 
fteben. Göthe, Leben 15. B. (Ich habe) der eignen Stimme Redt 
euh zugeftanden. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 15. Wir Unter- 
waldner ſtehen frei zurüd. Schiller, Tel 2, 2. Nicht länger toll 
die Zahrt dir zurüdftehn, die du verlangeit. Voß, Odyſſee 2, 286. 
Wir könnten viel, wenn wir zufammen flünden. Schiller, Tel 1,3. 
Steher, Stehung, ſtehlich, ſtehbar find mur in einigen Zu⸗ 
jammenfeßungen gebräuchlich. — Flieher, Anieer, Steher. Rüden, 
ef. Ged. 2, 16. Richter, Borfteher, Propheten. Göthe, Meiſters 
auderj. 2, 1. Nur an einem Drte wollte man den austheilenden 
Gemeindevorftehern nicht trauen. Daſ. 2, 5 - Die Borite- 
herin Ddiefer Anftalt: Göthe, Wuhlverwandichaften 1, 2 Um uns 
nad dem Tkürfteher zu erfundigen. Leffing, Hamburg. Dramaturgie 
36. Sie feiern die Auferftehung des Herrn. Göthe, Fauft 1, 58. 
Die durch ihre Anfprüche ganz unausftehlich wird. Schiller, Briefm. 
mit Göthe 6, 121. Eine unwiderftehliche Neigung. Göthe, Mei- 
ſters Lehrj. 5, 3. Unwiderftehbar an Kraft. Göthe, Zuuft 2, 164. 
Etebhhans, — fragen, — männchen (auch Stehauf, ein unten 
mit Blei verſehenes Stüdchen Holundermart), —pült, —wurzel; 
Vorſteheramt, =drüfe, —ſchaft; Auferfichungstag u. a. — 
Der ſtehens ſatte Gewiſſensrath. J. Paul, Heſperus 5. — Mit 








7698 


dem Auferftehungsfelde in Uebereinftimmung zu bringen. Göthe, 
Bahlverw. 2, 2. Die dich entichlafen glaubten, jahen dich als Gärt- 
ner ftehu im Auferftehbungsgarten. Ungenannter bei Campe, 
Wenn er von Auferftehbungsmännern erzählen hörte. Göthe, 
Meifters Wanderj. 3, 3. Die fiel dem Donner des Todes, uud auf: 
ftehn wird dem lauteren Hall der Auferftehungspofaune. Klop- 
ſtock. Es (das Licht) wand aus fernen, düftern Räumen fich, wie ein 
Auferſtehnngstag, hervor. Tiedge, Urania 2. Und doch haben 
wir gemeſſene Ordre, euch in der Güte zu überreden, oder im Eut— 
ſtehungsfall euch in den Thum zu werfen. Göthe, Götz von 
Berlichingen 4. ' 


Stand, (ahd. stand, mhd. stant,) 1) Handlung des Stehens; 
2) Art und Weife, wie man (oder etwas) fteht, in der bürgerlichen 
Geiellihaft in welchen VBerhältniffen man gegen einander fteht, auch) 
Inbegriff aller in einem Stande lebenden Perfonen wie die Perjon, 
welche in gewiffen Verſammlungen den ganzen Stand vertritt: Land» 
fand: 3) etwas das fteht, in verfchiedenen a, Rück⸗, 
Viehſtand; 4) etwas worauf, Ort wo man (etwas) ſteht, Stehepunct 
eines Körpers; 5) Ständchen, Spiel auch wol Geſang, einer Per— 
ſon zu Ehren vor der Thüre oder dem Fenſter ihrer Wohnung ange— 
ſtimmt, fofern man dabei ſteht. Ständig (ahd. staodic) einen Stand 
babend; (Volksſprache) geftändig, it wie ftändlich (ahd. stantlih) 
bejonders in Zufammenjeßungen gebräuchlich. Davon Ständigfeit, 
Ständlichfeit in Zufammenjegungen. — Aus Scham mußte ic 
Stand halten, Leffing. „Daß auch die Kraft in uns wohne, ınit dem, 
was wir unternehmen, zu Stande zulommen. Göthe, Meijters Lehrj. 
2,2. Wer feines Herren Vortheil rein bedeuft, der hat in Rom gar 
einen fchweren Stand. Göthe, Tafjo 1, 4 Kinder aus den gefit- 
teten Ständen. Göthe, Leben 2,6. Alle Stände ſchwierig. Scil- 
ler, Biccolomini 1, 3. Da wir ihm ein Fackelſtändchen brachten. 
Göthe, Leben 11. B. Ständige Prinzivien. Lavater. Hier eine 
Eiche, marfig, ſtändig. Kinkel, Dito der Schüß 2. Ihre (der Welt) _ 
innere Kraft und Ständigfeit. Göthe, H. Sachs. — Einem bey- 
geftändig und räthlich jeyn. Krenner, Landtagshandl. 3, 136. Er 
war deſſen nicht geftändig. Simpliciſſimus %, 22. Eines Dinges 
ſäumig und hinterftändig ſeyn. Wirzburg. 2. ©. Ordn. von 1618, 
Urftändiges (Abgeftandenes) Hiebholz und alte abgeftandene Quare. 
Birzburg. Verordnung von 1730, Die Früchte fallen von fich jelbft, 
die überftändig (überreif) ieyn. Logau, Siunged. 2278. So ftand - 
Lenettens Liebe als eine ausgebreitete überftändige Noje da. 9. 
aul, Siebenfäs 9. Will er gerecht und jelbititändig urtheilen. 
öthe, Leben 14. B. . Indem ich mich alſo nad Beftätigung der 
Selbſtſtän digkeit umſah. Dai. 15. 2. | 


49 


770 


Stellung (von ſtellen S. 28) eigentlich Handlung des Stellens; dam 
die Art und Weife, wie ein Körper fi ſtehend gibt, d. b. äͤußeres aufrechies 
Nuheverbältnig eines Körpers zu Grundfläche und Geitenringn. Attitüde 
(franz. attitade v. lat. aptitudo = Raßlichkeit) ift die Stellung eines Men: 
fdyen nach einem gewiffen Gemüthszuſtande. Lage f. S.572, Zu ſtand ſ. 85721. 

unten S. 774. Zuwege, eigentlich auf den (rechten, ſichern) Weg (abd. zi wöge, 
mbr. ze wege, älternhd. andy zumegen) uhd. fo viel als dazu, bag etwas 
_ wird. — Ueberhanpt beveutet Attitüde in der frauzöfifchen acabemiiden 

Runfifpradge eıne Stellung, die eine Handlung oder Geſinnung austrüdt, 

und inſofern fle bedeutend iſt. GEoͤthe. 

Anſtand 1) (Jägerſprache) Zuſtand des Anſtehens, und Plah 
wo man ſteht; 2) Stillſtand, Aufſchub, Om 3) dasjenige, 
“was den Aufichub verurfacht, Zweifel, Bedenken; 4) die Art, wie der 
Menſch in Sebärden, Stellung und Bewegung des Körpers, injofem 
diefelben den Menfchen anftehen (an ihm wohlgefallen), dann wohl: 

efällige oder fittlih fchöne körperliche Aeußerung; 5) Antritt emes 

Öntes oder eines Dienftes, Amtes. ANnftändig, Anftändigkeit 
von Anitand 4. — Keinen Frieden, Anftand, Suspenfion der Waf- 
fen eingehen. Receß von 1647. Anftand fann zwar manchmal auf 
mit der Krankheit jeyn, aber Friede will fie nie mit ihm gehen ein. Logau 
X111,4. Die ganze geforderte Summe ohne Anftand zu bezahlen. Göthe, 
Meifters Lehrj. 1, 17. Nicht Anftand nahm er, Anderer Ehr’ umd 
Würde und guten Ruf zu würfeln und zu fielen. Schiller, Ballen 
fteins Tod 4, 8 Mach Anftand (Stillftand) mit den Würden. Opiß. 
MWürdig und voll Anftand war das Benehmen Schiller, Picco⸗ 
lomini 2, 2. Er bat einen Anftand (Anftellung) übertummen. Voc. 
v. 1618. — Die Deputirten fügen vor ihnen in anftändiger Bereb- 
rung auf dem Rückſitz. Göthe, Leben 5. B. Unſere hbergebrachten 
Anftändigfeiten. Göthe, Rameau's Neffe. Laß uns jet anftär- 
dig bieiben, d. 5. anftehen. H. Sachs. 

Benehmen (S. 18) und Betragen (S. 18.708) find fubflantivifdy ges 
brauchte Infinitiv. Befcheiden (f. fheiden) mäßig in Anſprüchen, Ye 
die Perſon ihrer Würde gemäß machen fann. Davın Beſcheidenheit. 
Ehrbar Emhd. Erbzere, von Ehre &.257) infofern die genannte Mäfigfat 
Ehre, Änßerlihe Adytung bringt. Davon Ehrbarfeit. Sittfam (a. 
situsam, von Sitte S. 39) infofern fie den guten Sitten gemäß if. De 
von Sittlichfeit. — Und find Ste fo befcheiden? Schiller, Biccolondki 
3, 3. Rofalie ſprach diefe Worte mit Befcheidenbeit, ja mit Drasfh 
aus. Br. Jacobs. Und wenn ihr halbweg ehrbar thut, dann haft ihr fr 
al’ unter'm Hut. Goͤthe, Fauſt 1, 100. Man nennt fie tätig Ehrbarfeit. 
Böthe, H. Sachs. Still und fittfam will ich ftehn. Goͤthe, Meiſters Lehr: 
jahre 5, 14. 

Aufſtand 1) allgemein die Handlung des Aufitehens; 2) ein be 

ſonders gemaltfames Erheben vieler zu diefem Zwecke vereinigten Men⸗ 








771 ; 


ſchen aus ihrer Ruhe, um feindlich zu handeln, ſei e8 mit gegründe- 
tem Rechte oder ohne daffelbe, mit oder ohne Drdnung, und gegen 
wenes wolle; 3) (Bolksiprache ) übrig und jo ftehen gebliebene Speife, 
die dam häufig den Armen gegeben wird — Daß hieraus nothwen- 
dig Unruhen und Aufftände erfolgen. Göthe, Xeben 15. B. Bei 
emem furchtbaren Aufſtand der Befugung. Schiller, Piccolomini 1, 2. 
Auflauf (ſ. laufen) im Allgemeinen das Zuſanmenſtroͤmen Bieler, 
gleichwiel aus welchem Grunde Aufrahr (von rühren, ahb. hruoran, 
brörjan, agf. hreran, hroeran, mh. rüeren, alt. hrorian, altn. hrærs, 
ſchwed. röra, engl. rear) der mit Lärmen und Unordnung verbundene Auflauf 
gegen die Obrigkeit oder Dberherrfchaft. Empörung f. ©. 48. — Hört 
ihre den Auflauf? Schiller, Jungfrou v. ©. 1,9. Der Aufruhr, der 
den ganzen Saal empöret, fchredt Rezien aus ihrer Träumere. Wieland, 
Dberon 5, 39. Da zerset an der Blode Eträngen der Aufruhr, daß fie 
beutend fchallt und, nur geweiht zu Wrievensflängen, die Loſung anitimmt zur 
Gewalt. Schiller, Glocke. 
Berſtand (ſ. S. 36. 208); verftändig (mhd. vorstandie, lie- 
ber verstanden, fo aud noch Alternb.) Verftand habend; verftändi- 
gen = verftändig machen, Deutliche Sl von etwas beibrin- 
gen; VBerftändigung Handlung des Verſtändigens; verſtändlich 
(mbd. verstandeclich; verstentlich): verftehend von einer Sache 
fo, daß es geiftig frei worftellig wird; unverftändlicd —= ungeeig- 
net, geiftig erkannt zu werden, Daß Korm oder Inhalt zum Bewußtſein 
fommt, oder aud das Ganze im Zufammenhang und in feiner Ord- 
nung. — Und was fein Verſtand der Berftändigen flieht, das 
abet in Einfalt ein kiudlich Gemüth. Schiller, die Worte des Glau- 
bene. Mit Berftand und Geift geboren, Göthe, Leben 12. 2. 
Es fönnen fih nur Wenige regieren, den Berftand verftändig 
Brauchen. Schiller, PBiccolomini, 1, 4. Sie zeigte einen Geſchäfts— 
verftand, der das Allgemeine und Bejondere zugleich bejaß und ver- 
Mnüpfte. J. Paul. Langweilige Erklärungen, Die dem Leſer feinen 
guten gefunden Haus verſtand zutrauen. Herder. Auf einiges Er- 
wiedern des Kunftverfländigen verfegte Wilhelm. Göthe, Mei- 
fters Wanderj. 1, 10. Der Genius des Menfchenveritandes. Göthe, 
Meifters derj. 2, 10. Es ift mir eigentlich nur um den Wort 
verftand zu thun, Göthe, Wahlo. 1, 4. Welches mit der Wahr: 
beit nicht im Einverftand ift. Ungenannter bei Campe. — Wenn 
wir den Menjihen unvernünftig gegen allgemein anerkannte fittliche 
Geiege, unverftändig gegen feinen eigenen und fremden Vortheil 
handeln ſehen. Göthe, Leben 16. B. Der alte fromme Herr rief 
mid) Dagegen ernftlich zur Ordnung und verftändigte mic) 2c. Göthe, 
Leben 11. B. Wenn man fih verftändigt Göthe, Briefe mit - 
Schiller 4, 183. Zweier Augenblide nur bedarf's, mich mit dir zu 
verftändigen. Schiller, Darin Stuart 4, 6. Zur Verftändi- 


49* 











7172 


gung der Skaldengefänge wird eine Einleitung beigefügt. Lingenamn- 

ter bei Gampe. So ift Natur ein Bud) lebendig, unverftanden, 

doch nicht unverftändlid. Götbe, Sendichreiben. 

Geiſt (fi. ©. 106) hier die durch Gewandtheit, höhere Regſamfeit, Leb⸗ 
baftigfeit, Zreiheit fi auszeichnende fchöpieriiche Wirffamfeit des Deuforrmi 
gend. Wis (ahd. dia wizzi, daz wizzi, mhd. wize, witze, ſ. wigig 
©. 209) das Bermögen, geiftesfharf zu finden; vornehmlich geſchwinde, 
in unerwarteten Aehnlichkeiten erfinderifhe Geiftestgätigfeit. Urt heils⸗ 
traft (f. ©. 82) das, was in dem Geifle wirkt, daß er beflinnmenb ges 

. banfenthätig ik. Bernünftig f. ©. 38. Geſcheid (fehlerhaft ge: 
ſcheidt, gefcheit, geſcheut, ahd. geschide, fpäter gescheide von ſqei⸗ 
den wie gelenf von lenken) fcharf, mit geiftiger Gewandtheit, im Geile 
erfennend, verbindend und findend, im Gegenfag zu dumm; bavon Ges 
fheidigfeit. Klug (mbb. kluoc, altu. klökr, ſchwed. klok, dan. klog) 
eig. genau, knapp; dann fein, Eunftreich, nett; einfichto⸗ und umfichtevoll 
Davon Klugheit. Weife (goth. weis in anweis, ahb. wis, wisi, alt. 
agf. wis, mhb. wise, wis) wiflend, kundig, fachfundig; dann in hohem Grade 
und aller Beziehung klug, zugleih auch als aus Kenntnigreichthum oder Gr 
fahrungsfülle hervorgehend. Davon Weisheit. — Begreiflid (f. grei: 
fen) dem Geiſte aufnehmbar, dadurch daß das, was ihm vorflellig wird, nad 
einander und fo ald Ganzes zum Bemwußtfein fommt. Deutlich f. ©. 406 
Klarf.S.406.474. Faßlich (von faſſen S. 15) den Geiſte eingehend, dub 
es ihm zu eigen wird. — Kauderwelſch!) (fo Grimm, Schmelier, 
MWeigand u. A., Tauderwälfh Adelung, Campe, Schmitttes 
ner u, 9.) unverfländli, frembartig, vermorren, durcheinander fprechend ode 
geſprochen. Rotwelſch wie Zigeuner, Spigbuben, Gauner und landſtre⸗ 
chende Betiler unter einander in halb bebräifcher verberbter, Andern anfe 
ihnen unverflänblichern eigenthümlicher Sprache fprechen. — Der höchſte She 
rafter orientalifcher Dichtkunft if, was wir Deutfche Geiſt nennen, das Ber 
waltende des obern Leitenden, Göthe, Noten zum wetöhl. Divan. Au 
(Dichter) haben alle Begenflände gegenwärtig umd beziehen bie emtferniehm 
Dinge leicht auf einander, daher mähern fie fi) auch dem, was wir Bis 


1) Wälſch (ahd. walahisch, walhisc, walesc, mh. welhisch, wellisc, 
welsch, wälsch) hieß dem Deutfchen jede Sprache, die ihm eine ausländifche 
fremde war, vornehmlich die hateinifche, dann Überhaupt eine romgmifche, zunädk 
die franz., dann meift die ital. Das Stammwort ift ahd. walah, m. walh, wich, 
fpäter wal, wall, zunächſt — Gallus (Galler). andern if Zwifchenbankl 
treiben, mäfeln, auch verbotene Handelſchaft treiben. Kaudermwelfch fcheint je 
naht —= främermwelfcy, da ſich mancher welche, d. i. ital. Krämer in Städten wi 
Märkten anflevelte und eine verborbene Sprache ſprach. Niederv. (bei Made) 
fagt man kriemerwelſch, nieberl, Fraamerslatijn. Weniger fcheint bie Ei 
leitung von oberd. kauder, küder — Berg (fchweiz. Fuderwelfch) ober ab. 

uödan, nieverb. köddern, in der Volkeſprache Todern &, 76 für fi Ei hauben. — 
34 Adelung ſoll rot in rotwelfch, ans gaunerifch rottboB — Diebsherbergt 
erſchloſſen, ſo viel ale Gauner (mittellat. rutarius — Räuber) fein. Ru 
Weigand if es das Wort. Notte, (mhd. rote, rotte, aus mittellat. rupti, 
„ruta, rotta) im Sinn einer landſtreichenden Schar. u 

















773 


nennen; doch ſteht der Wi nicht fo hoch, denn dieſer iſt ſelbſtſüchtig, ſelbſt⸗ 
gefällig, wovon der Geiſt ganz frei bleibt, deßhalb er auch überall genialifch 
genannt werden Tann und muß. Daſ. Gs gibt hundert Witzige gegen 
Ginen, ver Verſtand hat. Lichtenberg, piychol. Bemerkungen. Du bift nicht 
geſcheid. Gothe, Götz v. B. 1. Das ift doch nur der alte Dred, werdet 
boch gefcheiter. Böthe, zahme Xenien V. Alles Geſcheidte ift ſchon ges 
dacht worden, man muß nur verfuchen, es noch einmal zu denken. Goͤthe, 
Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Nur klugthaͤtige Menfchen, die ihre 
Kräfte Eennen, und fie mit Maß und Geſcheidigkeit benugen, werben es 
im Weltwefen weit bringen. Daj. Daß ihr doch immer fu gut ale Flug, 
fo klug als weife fein! Geduld! Was Ihr am Hafl unterfcheidet, fol ale 
geſchieden wieder fein! Wenn dem Volke weife nichts weiter wär’ als Flug? 
und. flug nur ber, ber fi auf feinen Bortheil gut verſteht? dann frellich 
wär’ der Gigennügigfte ber Klügſte. Dann wär freilih Flug und weife 
nur eins. Leifing, Nathan d. W. 1, 3. Des Menfchen wahre Borthelle, vie 
das Volk nicht Fennt, kennſt du; haft du zu Fennen wenigitens gefucht, hafl 
drüber nachgedacht. Das auch allein macht fchon den Weifen. Daf. 8, 5. 
Der Gottlofen tüde find Feine Flugheit. Luther, Bibelüberf, Sir. 19, 19. 
Die Weisheit. fchränft fih nicht auf Faltes Willen ein. Duſch. Macht 
mir dies Glück begreiflich, daß ich's glaube. Schiller, Maria Stuart 1, 
6. Aus Furcht, mein Unglüd recht deutlich zu erfahren. Göthe, Leben 
5.8. Gine leitende, fagliche Bedeutung. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 1. 
Als viefes Alles fo weit im Rlaren wur. Daf. 1, 4. Wenn fie nach Würde 
und Schwung tradhten, ohne geregelte Sprachkunde zu unförmlichen Worten 
und Wendungen, wo nicht gar zu dem Kauderwelſch ber wanbelburen 
Schulfliofofle, abirren. Voß, krit. Blätter 1, 369. Und noch ift vieles mir 
rothwälſch. Voß. 
Ab-(S. 570), Aus —, Be—, Unbe— , Bei-(S. 160), 
Ein—, Gegen—(S. 431), Rach —, Db—, Rüd—, Ueber—, 
Um—, Unter—, Ur—, Bor—, Wider — Zu— (5.572), Roth — 
Nitterfiond u. a. — Siehe deinen Abftand von mir an, du bift 
reich, ich habe nichts. Weiße. Daß es mit der Öffentlichen Markt 
ihreierei, dem Ausftande. in einer Bude nicht gehen würde. Klop— 
Rod, Gelehrtenrepublil. Der Sag, durch welchen alles Ding Be- 
Kand und Form empfangen. Schiller,- die Weltweifen. Nach dem 
Beſtand der Auflage müßten etwa noch hundert und adıtzig (Exem- 
plare) in Weimar fein. Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 200. Die 
duch Beſtand (Beftändigkeit) nicht Gegentreue hält. Hagedorn. Ei- 
nen Beftand thun  Sicherftellung leiſten). Krenner, Landtagsh. 3, 
143. Bollbeftand erwünfcter Bebenögifer find wir ihm. Göthe, 
Eugenie 4, 2. Ach, daß der Unbeftand immer das Lieblichfte bleibt! 
Böthe, Weisfagungen des Balis 20. Eine gewiffe ausdauernde Be- 
Randtheit unferes Charakters. Herder, Antrittsrede in Bückeburg. 
Kehrte ſich der Graff zu den Beiftandt (zu dem dabei Stehenden) 





774 


vmb. Zindgref, Apoph. 2, 62. (Den man im Gericht) erft pries als 
Beiftand, nun als Richter prüft. Göthe, Eugenie 4, 1. Wie man 
denn, wenn man den Drt verändert und in neue Verhälmiſſe tritt, 
immer Einftand geben muß. Göthe, Leben 6. B. Geiftlihe Ge— 
genftände mußten gemacht werden. Göthe, Leben 10.38. In frucht⸗ 
lofer Darlegung gegenftändlicher und perfönlicher Wahrheit. Cramer. 
Du hälſt ihr niht Obftand. Klopftod, Meifias 2, 681. (Daß fie) 
allen übrigen Arten Obftand halten werde. Leffing, Hamb. Drama 
turgie 20. Die fchottfhen Bölfer empören ſich und drohen abausie- 
ben, wenn fie nicht heut den Rüdftand noch erhalten. Schiler, 
Jungfrau v. O. 1, 3. Der das Lehngeld noch fchuldig war, und es 
nun mit jchweren rüdftändigen Zinjen abzahlte. Göthe, Meiſters 
Lehrjahre 6. Die Akademie halt ihre Verſammlung unter einem fo 
vornehmen al8 zahlreihen Borftand. (Menge von Umftebenden). 
Nachricht aus kurpfälz. Akademie. Als der Vmbſtand kurz vor jei- 
nem Zode ſehr weinete, jagte er. Zinegref. Apoph. 1, 88. Da wir 
einmal in folben Umftänden und in folder Lage find. Goͤthe, 
Benvenuto Eellini 2, 8. Zeige mir den keinften Umstand an. Goͤthe, 
Eugenie 3, 2. Nur ohne Umftände Göthe, Jery und Bätely. 
. Shre Slüdsumftände berechtigten fi. Göthe, Wahlverwandicaf: 
ten 1, 14. Der Brief follte wegen verfchiedener Nebenumjftände 
noch geheim gehalten werden. Daf. 1, 13. Bei dem umftändli- 
heren Bekenntniß diefer Begebenheiten. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 
16. Die Geifter bedürfen folher Berftändlichfeiten nicht. Muſäus. 
Der alte Urftand der Natur kehrt wieder. Schiller, Tell 2, 2. Auf 
dem bi. Ofterabend bey der Urftandt (Auferitebung) Chriſti. Man- 
dat v. 1749. Zeige dich Vorſtand des Feſtes, wie du biſt. Shaf- 
fpeare, Wintermährchen 4, 3. Die Güte felbit erregt oft Wider 
ftand. Göthe, Eugenie 1, 6. Wie er den ueinden (Feinden) wi- 
dDerftentig war. M. Beheim (15. Jahrh.) Den Zuftand der 
Gebirgsbewohner zu unterjuchen. Göthe, Meifters Wunder. 3, 4. 
Wenn wir indie Gemütbszuftände eindringen. Daf. 23, 5. Aines 
Richters Zueſtand (Gebühr). Welſch, Reichartshofen 180 f. Damit 
fie den Zuftand (Abgabe) ab den armen Leuten jchägen. Krenner, 
Zandtagsh. 13, 14 v. 3, 1499. Anno 1696 ward ©. Durchl. Ye 
jeph ,. . wit einem ganz unveriehbenen Zuftand (Uebel) an dem rech⸗ 
ten Fuß behaftet. Benno -Mirakel v. 1697. Ich konnte Sie nidt 
befannt machen mit meinen früheren Jugendzuſtänden. Goͤthe, 
Meiters Wanderj. 3, 4. Nur in diefem Mittelzuftand verdient 
er den Namen des Weijen. Daf. 2. 1. Bücher, worin man je 

den Grundriß der Gegend und ihre Iandfchaftlihe Anficht in ihrem 
erften toben Raturzuftande gezeichnet jah. Göthe, Wahlo. 1, 6. 
— Der Bauern- nnd Bürgerftand find die Grundpfeifer dei 
Staates, der Adelftand ift uur Nebenwerl. Ungenannter bei Campe 





775 


Er konnte alſo feinen Titel feines Beſitzſtandes aufweiſen. J. Paul, 
Heſperus 21. In den ſtädtiſchen gläſernen Bienenſtand. J. Paul, 
Titan 27. Wir verlebten noch eine Weile in dem frömmſten und 
lücklichſten Brautſtand. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 2. Der 
Ehfta nd ift es. Göthe, Eugenie 4, 2. Kehrt die Natur fo in den 
Engelftand der erften Welt zurück? Engelichall. Bedenk, wie fi 
dein Glücksſtand ändert. Scufipeare, Eymbeline 1, 6. O Jane 
merftand! Der. Hamlet 3, 2. Jede Provinz hat ihre Landftände, 
Goͤthe, Egmont 2, Der Menfhenftand, den Doctor Mandevil... 
bei und verkleinem will. Wieland. In einem ſehr unbehaglichen 
Mittelftande. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 23. Der umer- 
änderlihe Naturftand. Daf. 6, 8 Daß mid dein Nothftand 
ämte. Wieland, Oberon 7, 58. Zwilden Pferdeftänden %. 
‚ Zitan 6. Komm, lies es jelbit in dem Planetenfitande, 
daß Unglüd dir von. falfchen Freunden droht. Schiller, Wallenfteins 
Tod 5, 5. Freudig empfangen wir diefenim Puppenftand. Göthe, 
Fauſt 2, 338. Auf einmal vüttelt fi) der ganze Ritterftand. Wie— 
land, Oberon 1, 43, Im Schüpengebäude führte er fie in den S hie ß- 
‚Rand. J. Paul, Siebenkäs 9. (Ich biete Dir) des Bürgers hohen 
Siherftand. Göthe, Eugenie 4, 2. Gönner und eigene Neigung 
beftimmten ihn zum Soldatenftande. Göthe, Wahl. 2, 10, Ge- 
bietet euerem Volke Stillftand. Göthe, Iphigenie 5, 4. (ES) 
hätt’ ohne Uebelftand noch immer warten mögen, Wieland, Oberon 
85. Ich hoffte den Einfluß meiner Neutralität, wo nicht zu einem 
Frieden, Doch zu einem Waffenftillftande. zu nugen. Göthe, eis 
ſters Lehrj. 6. Ihm reifte zum Segen Wohlſtand unter dem VoIP 
in des Landes erfreuender Schönbeit. Pyrker, Rudolf 1. Sie glaubte, 
daß Charlotte durch dieſe Worte den früheren Wittwenftand be- 
zeichnen wolle. Goͤthe, Wahlv. 1, 16. 

. Staudhaft eig. von fetten unwandelbar fortdauerndem Sein; 
von unveränderlicher Gemüthöfeitigleit in etwas gegen ftarfe Reizung 
oder große Einwirklung vom Uebel zum Dane jo wie jene. Fe⸗ 
fligfeit zeigend. Beftändig allg. feftitehend, unveränderlic in der 
Andauer; von feftftehender, in der Zeit unveränderlih andauernder 

aft inehvas, fo wie diefelbe zeigend. Unbeftändig |. S. 309. 
Ständifch einem Stande eigen; den Ständen gehörig, zulommend, 
fie betreffend. — Im Glüd verläßt fie mid), die angeborne Kraft, die 
Randhaft mid dem Unglück, ftolz dem Unrecht begegnen lehrte. 
Böthe, Taſſo 1, 3. Wenn man nun bei der Operation Herders 
Standhaftigkeit bewundern mußte. Göthe, Leben 10. B. Daß es 
(dag Gut) uns beftändig bleibe. Göthe, Taſſo 2, 1. Ich hoffe, 
dag ein beftändigeres Wetter auch meinen Bemühungen förderlich 
word. Schiller, Brief mit Göthe 5, 49. Wer bürgt Ihnen für die 
Beftändigfeit Ihrer Kräfte? Gellert. Grweiterung der ftändi- 


716 - 
ſchen Befugniffe. Goͤthe, Leben 12.35. Bon einfeitiger ftändifcher 
Kultur. J. Baul, Titan 24. 

Beharrlich (vun harren mhd. harren — fi wo aufhalten, daß man 
nicht weiter kommt; feſt bleiben wobel ober worauf, ohne davon abzugeben, 
nah Weigand wahrfcheinlih aus einer Wurzel mit hart ©. 253) mit ber 
einmal gefaßten Gemüthofeſtigkeit in lang fich hinziehender Fortdaner bei et- 
was bleibend, ſelbſt gegen Widerſtrebendes, Gegenwirfendes, und darin ſich 
zeigend. Einnv, mit beftändig find: ewig (ahd. Ewie, mhd. &wic, von goth. 
aivs, ahd. dwa, mh. &we, €, altn. sei, lat. aevum, gr. alov — enblide 
wie endlofe Zeit) gewöhnlich in der Bedeutung ohne Zeitgränge, ohne Anfang 

‚und Ende Immerwährend (aus Immer ahd. iomer, iomer, iamer, 
iemer, mhb. imer, iemmer, aus goth. aiv, ahd. &o, io und mer, und wäh: 
ren ©. 338) ununterbrochen bis zu einer gewiflen Zeitgränze, aber nur von 
Peränderungen und Zufänden. Dauerhaft (von dauern S. 765) burd 
innere Stärke in feinem Dafein bleibend, ohne Aufhoͤren durch die Kraft feines 
Daſeins. — ©. noch veränderlich und wanfelmüthig ©. 300. — & 
it das beharrlichſte Volk ver Erbe. Bäthe, Meiſters Wanderj. 2, 1. IS 
bin ewig! Klopftod, Meſſias 1, 148. Die immerwährende Neigung 
feiner Nachkommenſchaft, fih hier zu verfammeln. Böthe, Leben & B. Gr 
fprach von einer dauerhaften Berbindung. Göthe, Meiſters Wanterj. 1,5. 


Ständer, (ahd. stanter, mhd. stendenzere) überhaupt Theil ei- 
ned Bauwerks zur Stüße, dicker ftehender Pflod, dann Stellfaß; Ab- 
ftänder (im Forſtweſen) ein abgeftandener Baum; Ausftänder 
(Bienenftod); Beftänder (Pächter); Beiftänder (Beiftand); 
Einftänder (wer für einen andern in SKriegsdienfte eintritt); Um: 
ftänder (umftebende Perfon); Borftänder (vorftehende Perſon, 
junge Bäume Laubholz) gehören der Volksſprache an, oder find ver 
altet. — Der Standen (ubd. diu standa, stande) was Ständer. 
Ständel (mbd. stendel) eine Pflanze. Ständerling 1) Gefäß 
zum Hnterftellen; 2) Getränf, das fich beim Abzapfen in ſolchem Un⸗ 
terfaß gejammelt; 3) jedes durch längeres Stehen in offenem Geſchirt 
verdorbene Getränt; 4) Perſon, die allenthalben gerne fteben bleibt; 
5) das Stehenbleiben auf der Gaffe, um zu plaudern Ständling 
== miles statarius; a und ftändlings = fichend, m 
Steben. — Ständer, gefenlt in die Erd’; und fugende Ballen 
darüber. Voß, Luiſe 2, 358. In welche (Rufen) der Doppeladler 
auf dem Ständer weißen Wein hüben und rothen Wem drüben aus 
feinen zwei Schnäbeln ausgießen follte. Göthe, Leben 5. B. Wem 
die Fäulniß tief in den Hauptfländern figt. H. P. Sturz, Frag: 
ment aus den Papieren eines verftorbenen Hypochondriften. Es pfieg! 
diefer Keyfer einem vunter den Vmbſtändern feine Zingerring zubals 


3) lieber diefe Adverbialbildung ſ. Grimm III, 288 f. und meine Grammas 
tif I. 2, $. 885. 


771 


ten zugeben. Zinegref, Apoph. 1, 77. — Ein Ständerling oder 
Schwägmarkt aufrichten. Predigt von 1678. Und den violigen Sten- 
bel mir brachſt. Voß, der Heumond 63. Ständel- oder Frafchler- 
weiber. 3. Baul, Titan 58. Da Rom fiel ein, möcht du der ſeyn, 
der ftändling wollt verharren. Balde de vanitate mundi. 

@änle Coberd. au Saul, ahd. mhd. sül, agf. syl, altn, süla, von 
goth. suljan — gründen, was auf goth, suha oder suljö, ah. sola, mhb 
sol = Fußſohle zurüdgeht) zunächſt flammartig ragend aufgerichteter (ges 
wöhnlicd runder) Stüpkörper eines Bauwerks; dann überhaupt ein folcher 
Körper auch frei ſtehend und ohne darauf ruhende Laſt. Pfeiler (ahd. pf- 
lari, pfilari, mh. pfilsere, altf. pilre, aitn. pl. pilärar, aus mittellat. pila- 
rium, von lat. pila — ragender Balken zur Brechung der Wellen vor einem 
Waſſerbauwerk, auch Stüpfänle) ift die aus Stein gehauene oder gemauerte 
Stüge eines Bauwerks, fie mag frei oder zum Theil in der Wand ſtehen. — 
Die Zermalmung des Schuttes war fo beträchtlih, daß von den Pfeilern 
und Säulen aud feine Spur mehr feuntlich geblieben it. A. v. Humboldt, 
das Erdbeben zu Caracas. 

Ständnif (die und das stantnissi, mhd. diu stantnissede) tft 
nhd. veraltet; Dagegen gibt es einige Ableitungen auf niß. ) — Als 
er ihr Geftändniß hörte. Göthe, Meiſters Lehrj. 1, 13. Mylord, 
das war ftets unfer Eingeftändniß. Shaffpeare, Timon 1,2. O 
hätteft du Verſtändniß. Göthe, finmifches Lied. Daß zmwifchen mir 
und der Marin VBerftändnifje gemeien. Schiller, Maria Stuart 
4,4. Hier ift fein gemöhnlih Mißverſtändniß. Schiller, Picco- 
lomini 2, 2. Nun wirkten die beiden Freunde, obſchon ohne ausdrück⸗ 
lihes Einverftändniß, gem zufammen. Göthe, Wahlo. 1, 14. 
Tas mußte geheimer als ein verbotenes Kiebesverftändniß gehal- 
ten werden. Göthe, Meifters Lehrj. 6. — Sie find mit Geiftern, mit 
Dämonen einverftanden Schiller, Don Kurlos 2, 8. | 

Staudbaum, —blod, —diele, —feft, — fiſch, —gebühr, —geld, 
—inie, —ort, — pferd, —plaß, —recht, —rede, —redner, —riß, 
—rohr, —ftern, —ſtuhl, —thier, —vogel, — wind, —würdig, —zeid)« 
nung u. a.; Standesdadel, —erhöhung, —frau, —gleichheit, — herr, 
- mäßig, —tracht, —mwappen, —zeihen u. a.; Gtändefammer, 
— mitglied, —verfaumlung ; Abftandsgeld, — winkel; Anftandsbezug, 
—brief, —geld, —lehre, —rolle, —ihirm; Beftandbuch, —gärtner, 
—geld, —gut, —herr, —jagd, —inhaber, — mann, —müller, — rolle, 


? Diefes—nig fleht eigentlich für—iß, wie goth. fil-ussiMtenge beweifet. Ahd. 
tritt ſchon neben rAtussa, ratissa Räthfel fol-nissa Anfüllung, stil-nissi Stille 
en. Die Ableitung aus Adjectiven mit auslautendem n und "arten Participien 
Präter. haben dazu verführt, niss ſtatt iss zu nehmen: unhreinissa (Unreinigfeit), 
vuntanissa (Bindung). NHd, gilt nur ni, in der Volksſprache (auch in Schrifs 
ten des 16— 17 Jahrh.) Hier und da nu, nüß. S. Grimm II, 821 f. und 
meine Srammatif I, 2, $. 130. | 


« 





778 


— vertrag, — zeit u.a.; Einftandögeld, —gereihtigkeit, — recht; Ver⸗ 
Kandkrant, —reih; Berflandesbegriff, — ſchwach, — ſchwäche, — we- 
fen u. a. — Wo fromme Berehrer en Standbild weihten dem 
Sanct Florian. Pyrker, Rudolph 3. „Sein Roß an dem Stand- 
pfabl. Daſ.4. Auf meinem jegigen Standpunct. Göthe, Briefw. 
mit Schiller 6, 189. Standuhren und Bo tzellanpuppen. Göthe, 
Leben 11. B. Dem die heiligften Empfindungen für Standesehen 
jo brauchbar fchienen. 3. Paul. Nach Sau udesgebühr, Göthe, 
Meifters Lehr. 4, 4. Herr Hüon, flandsgemäß ein Zeind von 
Mörterftreit. Wieland, Oberon 6, 48. Das zwiſchen mehreren — 
desherrſchaften uegende Schloß. Göthe, Speifers Manderj. 3 
Um mit einer einzigen Tochter ale Bortheile einer ftand — 
Erziehung zu genießen. Goͤthe, Wahlv. 1, 16. Auch er beſorgte die 
Angelegenheiten verſchiedener Standesp erfonen. Göthe, Leben 4. 
B. Nun war an diefen Gefellichafts- und ie — 
mehr zu ſchonen. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 9. Indem der Ur⸗ 
theilende den Sinn des Werkes fefthält, und deffen An 
oder Unbeftandbeit, wie in einem Kunftwerfe, zeigen Herder. Es 
beſteht aus einem beſtandloſen Weſen. Campe. zweites Be⸗ 
ſtandſtück des Chriſtenthums. Mellin. Die heterogenen Beſtand⸗ 
theile meines Publicums. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 175. Ich 
ſchaffte es verſtandlos hierher. J. Paul. So mit flugem Bedacht 
und verſtandvoll redeſt du alles. Voß. Erleuchtende Verſtau⸗ 
desblitze. Göthe, Leben 11. B. Sehen Sie doch die größten Ver⸗ 
ſtandeshelden an, was ſind ſie für arme Tröpfe? Herder. Drum 
braucht des Menſchen Verſtandeskaſten von außen nur der Galliſt 
I u betaften, fo weiß er, was in dem Kaſten ftedet. U. ©. nn 
er Berfafler fcheint mir zu den Verſtandes menſchen zu gehö 
Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 37. Die entgegengefebte 
verfennt den efjentiellen Unterhhie, Pe der Naturwelt — 
Verſtandeswelt ganz. Daf. 4 


Stunde (abd. stunta, mhd. stunt, stunde, altn. agf. stund) 
der einftehende Zeittheil; dann Zeittheil von 60 Minuten; mptholo- 
giſche Göttinnen der Tages- und Jahreszeiten. Davon fündig (ahd. 
stuntic, mhd. stundec = deffen rechte Zeit und Stunde da ift, reif) 
eine Stunde dauernd; fündlich (ahd. stuntalih, stuntlih); unden 
in Stunden theilen; die Stunde oder Zeit beftinmen ; Zeit und Fri 
geben. — Allein von Hüon = zur Stunde fihtbarlich jein guter 
Geift. Wieland, Oberon. In allen 5* Stunden, erhoͤht von 
Lieb' und Wein, joll diefes Lied verbunden von uns gefimgen fein! 
Göthe, Bundeslied. Von ſelber ſprang das —* —— von 
Stunden, auf. Bürger. Ihr mühſam finſterſtündig Sterbenden. 
Göthe, Pandora. So wenig als ihm (dem Pachter von ſeinem Ge- 


779 


richtsheren mit dem Pachtgelde) geftundet wird, wird er (der Päc- 
ter) dem Bauer ftunden. Sintens. 

Stundenbericht, — blume, —brett (in der Schtfffahrt), —geber, 
—gebet, — geld, —göttin, —halter, — kraut, — reis, — kreuz (Son⸗ 
nenuhr in Geftalt eines Krenzes), —lang, —lauf, —Iehrer, —linie, 
—marfe, —meflung, —plan, —rad (bei Uhrmachern), —ring (an 
Uhren), —fang, —fäule, —fcheibe (bei den Markſcheidern), —Ichlag, 
—fhub (in der Aftronomie), —feiger, —ftab (Sonnenuhr in Geftalt 
eined Stabes), —flaffel (an Schlaguhren), —tafel, —überträger (bei 
den Markicheidern), —uhr, —vertheilung, —verzeihniß, —weife, 
—winfel (in der Aftronomie), —zeihen, —zeiger, —zettel (im Poft- 
wein), — zirkel u. a. — Wohl eingelernte Stundenbothen fonn- 
ten ſogar an der Länge ihres eigenen Schattens ohnfehlbar die rechte 
Morgen- oder Abendftunde angeben. Böttiger. Jedwede Stun- 
denführerinn fol Wohlfein, Freude, Heiterfinn und Freude in dein 
Dafein weben. Campe, Mein Slüd wird fein, gleich wie des Baches 
Fließen, gleichwie der Sand des Stundenglafes rinnt. Schiller. 
Waflerupren nnd Stundenmaße. Herder. Er fekte ſich ans In⸗ 
firument und domnerte mit einem aufgeichlngenen Preſtiſſtmo von Haydn, 
diefem rechten Stundenrufer jauchzender Stunden. 3. Paul. Schnell 
verläuft der Stundenfand. S. Dad. Darum finden wir nament- 
lich und ausdrücklich die Stun denſcha uer (horoscopen) und Stun- 
denverfündiger (horologen) erwähnt. Böttiger. (Geld) zu praͤch⸗ 
tigen Spiegeln md Stundenweifern K. ©. Eberhard. 

Anm. Standarte iſt fremd, mhb. stanthart vom estandard, franz. dtendard, 
mittellat. standarda von extendere, franz. dtendre == ausbreiten. 

Stadel!) (ahd. stadal, mhd. stadel, agf. stadhel, stadhol, 
stadhul) 1) Scheune; 23) fcheunenähnliches Gebäude zur Niederlage 
von Borräthen; 3) Ort, wo etwas geftanden hat; 4) Herberge. — 
Das Schloß mit allem gebüm, mauren, heufern, fchewren, ftällen, 
fadeln. A. Hng, Rhetorica Tübingen 15238 BI. 171. Geſchütz zu 
Landshut in einen Stadel geführt. Krenner, Landtagsh. 16, 227 
v. %. 1507. Sie mahten anh Erdftädel, darinn fie das Getreid 
möchten behalten. Anentinus, Ehronif 1580 BE. 17. Der Samariter 
fürt in in fin ftadel und gab die zwen pfenning dem ftadelmeifter. 
Schmeller 3, 615. — Daſelbſt auh: Bau—, Bor—, &rd—, Figu- 
ren —, Salz--, Ziegel—, Comödianten —, Meifterfingerftadel; Sta- 
deihof, —britiher, —thorz; Stadler — Knecht, der den Heuboden 
in Ordnung hält. : 


1) Brimm, behandelt goth. standan In No. 72, goth. studan in No. 545, 
beide mit der Bedeutung ſtehen und bemerkt bei studan: „Ob (hierzu) and goth. 
staths (Geſtade), vom Stehen bes Flußes? Die Confonanzftufen diefer Wurzel 
feinen feit Tange ſchwankend und verwirrt.” — Ich reihe darum die zunächſt zu 
stadan gehörigen Formen hier an. 


780 


Scheuer (ahd. sciura, scära, mb. schiure, älterab, schawer, schower, 
zu fpäternhd. schüren — ſchützen gehörig) fcheint mehr hochd, dagegen Scheune 
(mbb. sciune, schiuhe, aus ahd. scugin ober scaginna — Hütte) mehr nie 
derd., uhd. beftehen beide Formen gleichbedeutend neben einander. — Beſondere 
mußte ich einige verfallene Scheueru und Remifen für den hänslidhen Ge 
brauch wieder nugbar machen. Goͤthe, Weitere Wander. 1, 2. Wo man 
Dörfer und Scheunen vifitirte. Böthe, Sampagne in Frankreich 13 — 17. Sy. 

Stad, der und das (goth. staths, ahd. der und das stad, mhd. 
der und das stat, agſ. steadh, städh), der Staden (ahd. stado, 
mhd. stade) urfprünglich wol Standort der Schiffe, dann Ufer (oder 
von Stehen des Fluffes®); davon das nhd. Geſtade (oberd. Geftad, 
älternhd. 2 Geftetten) früher überhaupt Ufer, nun vorzüglich für 
den Landrand an einem größeren Gewäfler. — Stille waſſer frefin 
das ſtad. Scmeller 3, 615. Nun büpft — am Staden des 
Irrwiſch täuſchend Licht. Koſegarten. Es lächelt der See, er ladet 
zum Bade, der Knabe ſchlief ein am grünen Geſtade. Schiller, Tell 
1, 1. Trau feiner undergrabnen Gftetten. PB. Abraham. 

Ufer, (agſ. öfer, altfriei. dvira, Övere, mh. uover mit der gleichbeden⸗ 


tenden Nebenform uobe) überhaupt Erbrand eines Bewäflere. Strand (mb. 
strant, agf. engl. ſchwed. dän. strand, altn. strönd, franz. dtrain, fpan. 


estrange) ift der an großem Wafler, befonders an Meer und Ger, fih hie 
ziehende Sandftreifen des Landes, befonders das flache Meer- und Geeufer, 
wie auch die dort befindlidhen Sands oder Felfenitreifen des fladyen Meeres⸗ 
grundes. Küfte (egl. coast, ital. und mittellat. costa; altfranz. coste, fran. 
cöte; lat. costa — Rippe, fpäter Seite) Meeruferland. Rhede, (beſſer 
Reede, nieterd. heil. reede, von goth. garäids, ahd. reiti, mh». reite, f. ©, 
- 750) befkimmter Uferort, wo die Schiffe fiher anlegen können. — Na dam 
Ufer ſteh' ich lange Tage. Goͤthe, Ipbigenie 1, 1. Bon Thefens Statt, 
von Aulis Strand, von Aflens entleguer Küfte, von allen Inſeln kommen 
fie. Schiller, Kraniche des Ibykus. Bern auf der Rhede ruht der Pilot. 
Schiller, der Spaziergang. Denn nicht Buchten empfingen die Schiff un 
bergenve Reeden. Voß, Odyſſee 5, 404 
Stud, die (mhd. stude, agf. studu = Pfoften, altn. stod = 
Pfoften, Säule, älternhd. stud — Säule) Pfoften, Pfeiler, Stüge 
(mhd. stuz) und die Studel (ahd. stuodal, mhd. studel, älternbd. 
stodel, türstodel) Unterlage, Pfoften, Säule find nun veraltet. Da 
von, mit falfcher Afpiration, fügen (ahd. stuzzan, stuzzen, aus si 
ergtuzzet, unterstuzeter gejchlofien, mhd. stützen, altn. stoda = 
helfen, stydja = ftügen) zum Ruhe- oder Haltpunct eines andem 
Körpers dienen, um diejen vor dem allen zu fihern; einem Gegen- 
ftand einen Ruhe⸗ oder Haltpunct geben. Davon Stug (mhd. stuz), 
Stüge, Stüger, —ung; Unterflüger, — ung. — Dann foll man die 
Bäng (im Bergwerk) ftudeln mit acht Studeln. Man foll unter 
jede Studel ein Geſperr jeßen; es jollen aud die Studeln ob der 








- 781 


Erde 6 Schuh lang ſeyn ımd unter der Erden 6. Lori, Bergv. 352. 
— Es drehen faft der Bühne Stüpen. Schiller, Kraniche des Iby⸗ 
tus. Ein flarder underftug. Dietenberger, Bibelüberi, (1571) Sir. 
34, 19. Gegen die Tiefe der Mauer, mit der man den Hügel und 
jeine Gebäude aufgeftügt Hatte, brachen ſich leuchtende Wellen. 
Meyer. Ein milder Unterftüger der Studirenden. Popowitſch. 
Lehnen, (ſ. ©. 147) von der fenfrechten Richtung auf etwas einen Halts 
punct Bebendes abweichen und abweichen machen. — Ad iſt denn fein Bufen, 
an welchem ver meinige Sehne? Kofegarten. Liane Ichnte in einem Schlaf: 
ſeſſel. J. Baul. 

Statt (goth. stads, ahd. mhd. stat, agſ. stede, altn. stadr = Statt; 
ahd. stata = Gelegenheit; altn. stada — Standort) und das ges 
bräuchlichere Stätte (mhd. state) Standpunct, Standort, gerne mit 
mit dem nahe liegenden Gedanken eines feiten Seins an dem Orte. 
Stadt (jo erft in der neuem Schreibweile, früher allgemeiner Statt) 
it nım für eine ganz vereinzelte Anwendung üblich geworden. — Die 
Demuth kann nicht ohne Gefühl der Kiebe des Schöpfers Statt fit- 
den. Gellert. Der Bildungsfähigfert eines Menſchen fommt das Licht 
der Natur, welches immer thätig ift, ihn über feine Zuftände aufzu⸗ 
Nären, auch bier gar freundfich zu ftatten. Göthe, Leben 10. ©. 
Ale Menfchen, wo fie Urſach und Statt (Gelegenheit) haben, fo füns 
digen fie. Aventinus, Chronik 185. Der Billichkait ftatt thun. Lori, 
Landesord. v. 1616... Mit großen Unkoſten und Unftatten. Wirzb. 
Landgerichtsord. v. 1618. Mit einiger Gefahr und mit Unftatten. 
Göthe, Leben 6. B. Leergebrannt it die Stätte. Schiller, Glode. 
Aus dem felfigen Kern hebt fih die thürmende Stadt._ Schiller, Spa— 
ziergang. Tempelftadt und Wagenthron. Göthe, Fauſt 2, 163. 

die Thürme der Hauptftadt wollte einer gewahr werden. 

Goͤthe, Wahl. 1, 9. i 

. Dirt, (f. &. 606) eig. Spitze, äußerfier Bunct, Rand, fpäter Raumpunct in 
ausgebehntem Sinne, fei er nun kleiner oder größer; davon im Befondern (lands 
ſchaftlich das) Raumpunc ver Wohnung, vornehmlich ein Durch hönsliches 
An: und Zufammenwohnen ver Menfchen zu einer Wohnungsgefammihelt abs 
gefchloffener Raum des Erdbodens. Wied (ahd. flöc, mir. viöc—= Abs 
ſchnittsſtück von Zeug oder Leder; ahd. fleccho, altn. flöckr, mhd. vlecke, 
viöcken, vlẽc = andersfarbiger Raumpunct; vgl. lat. plaga. gr. Anyn = 
Schlag, Wunde, zurüdbleibendes Mal des Schluges) Fleiner Raumabſchnitt, 
ein Raumabfchnitt ale Raumpunct; der Flecken — großes Dorf, Dorf mit 
fläbtifchen Anfehen und Gerechtſamen. Pla (alta. plats, mhb. p(b)laz, äls 
ternhd. placz, ital. piazza, fvan. plaza, franz. place, von gr. srAarela, lat. 
platea = Gtraße, breiter Hausraum) weite Raumfläche für körperliche Uebung, 
Zanzplag im Freien, offene ebene Raumfläche wozu; Räumlichfeit wofür, fie 
fei num eine größere oder kleinere; Ort der Nieberlaffung uber des Sitzens. 
Stelle (S. 437, zu: Rellen ©. 28) Standfläͤche, Standort, Rangort. — Immer 











—78 


war mir das Feld und der Mald und ber Fels und bie Gärten nur dia 

Raum, und du machſt fie, Geliebte, zum Ort. Göthe, Jahrs;. 22. Wohin? 

Es if nur Ein Ort in der Welt! Wo er beflattet liegt, zu feinem Sage! 

Der einz'ge Fleck if mir die ganze Erde. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 11. 

Einem beffern ven Plap zu räumen, zog ich mich zurüd. Schiffer, Don 

Karlos 3, 10. Die geſchickte Cinrichtang macht Alles möglich, und Du gleuff 

nicht, wieviel Platz man findet, wenn man wenig Raum braudt. Goͤthe, 

Meifters Lehrjahre 5, . Wenn man mit einem Male das Diecex ablaffen 

fönnte, würde ed auf feinem Grunde nicht viel andere ausfehen, als auf viden 

Stellen auf unferer Ervoberflähe. ©. H. v. Schubert, Bildung der Art 

oberfläche. 

Anm. In dem Maße, als fih der alte Begriff Burg AN S. 450) in ben yon 
Jeſte (f. S 451) — rückte, urſprünglich mol mit großer Rückſicht auf bürgerkche 
Gewerbe, Handel und Wandel, der Auedruck Stadt in deſſen Stelle ein. Das Bet 
tommt in verfchiedenen Ortenamen, theils in ver alten, theils in veränderier Ge 
flalt vor: Raſtatt, Neuftatt, Aichſteit. Höhft (am Main) iR enthellt ans Her 
flevi (ahd. höstato) was aus Höchftett ſich ergibt. 

Statt, anſtatt find uneigentliche Präpofitionen mit der Beden⸗ 
tung da, wo ein Anderes fein jollte (Stellvertretung), ohue Neben 
begriff; beide dienen auch zur Verbindung von Sägen. — Eine Ge 
ſchichte ſtatt vieler möge bier Plag nehmen. Göthe, Auch er beftieg 
ein ſchönes Roß, dem zu beiden Seiten des Sattels anftatt der 
Piſtolenhalftern ein paar prächtige Beutel befeftigt hingen. Göthe Le 
Ben 5. B. Ab, id muß euern Sammer noch verarößern, ſtatt ihm 
zu heilen. Schiller, Tell 1, 4. &8 it ein febr bedeutender Mertkei, 
von dem Reinen mit Bewußtfein ins Unreine zu geben, anftatt einen 
Aufihwung von dem Unreinen zum Reinen zu ſuchen. Schiller, Briefw. 
mit Göthe 5, 308. F 

Für (6.752), fräher (auch nihd. mitunter noch) geradezu in Den Siane son 

Ratt, anftatt, Kat uhd. oft den Mebenbegriff „zum Bellen“; kam yur 

Berbinpung von Sägen nicht gebraucht werben. Da triit fein anderer für 

ihn ein, anf ſich felber Recht ev da ganz allein. Schiller, Wallenſteins Eger. I1. 

Yum. Die Ptapoſttion Rats erfordert den Genitiv; Gothe gebracht zus 
weilen ven Dativ: Milo Gelächter Aatt ver Riebe ſüßem Wahn! det 
naß. Statt feierlichiten Grußes, mie fi ziemte, Rutt ehrfurdtsvollem Willfenen 
bring’ ich dir in Ketten hartgeſchloſſen ſoichen Knecht. Fauſt 2, 211. 

Statt und Stätte finden ſich in mancherlei Zuſammenſetzungen, 
von denen nun manche veraltet find. — Aderftatt, Bad- da 
Beckenſtatt (zur Bäderei beftimmte Baulichkeit), Bann—, Bleib—, 
Brand—, Breu—, Dorf— (mo ein Dorf fteht oder geftanden hat), 
Zrag— (Zorturfammer), Hall— !) (wo Salz gejotten wird), Ham: 
mer— (Eifenhanmer), Haupt— (wo Berurtbeilte entbauptet wer- 


1) Mhd. heißt Salzwerk hal, vom gr. «As; bavon halhüs — Galzwet, 
nbd. noch in verfchiedenen Bigennamen: Halle, Reichenhall. Das nhe. Sal, Rimmt 
sum lat. sal; vgl, übrigens lat. halec, alec = Galzlafe. 





783 


den), Herd— (Wohnung mit Herd und Kühe), Hoch —, Hof—, 
Keget— oder Kugel— (Kegelbahn), Köpf— (Hochgericht), Land— 
(Landıngsplag), Liger—, Mahl— (Ort zu einer Zufammenfunft), 
Markt—, Meß —, Mepg— (Ort zum Schlachten), Miethb— (Platz, 
wo fih Taglöhner zu miethen fanden), Mift—, Mübl—, Rad— 
(Hmdlungsplag, wehin die Waaren bloß zu Wagen gehen können), 
Reufen— (zum Legen von Fiſchreuſen), Richt — (Hinrichtungsftätte, 
ausgehauener Bang im Forft), Schein— (Ort und Stelle, die zu be= 
augenicheinigen if), Schent— (mo Bier ze. ausgefchenft wird), 
Shmied—, Schufter—, Sig—, Stoß— (in Salinen), ra Fr 
Baien— (Abdederei), Weiher—, Wein—, Zaunftatt führt 
Schmeller 3, 666 f. an. — Er (der Tod) mähte mich unter die 
Bettftatt. Platen, die verh. Gabel 5. Klöfter haben wir nicht, in 
denen fonft eine Zreiftatt für folhe Gefühle zu finden war. Göthe, 
Wahlv. 2, 15. (Ex) wird fid eine Hofftatt grüuden. Schiller, 
Ballenfteins Tod 1, 7. Die an Die zweite Kindesftatt eintreten 
follte. Göthe, Wahlv. 1, 10. Noch yionen dunkle Male ringsum die 
Rächerſtatt. Redwig, Amaranth. Und führt fie ungeläumt nad) feiner 
Nuheftatt. Wieland, Oberon 9, 69. Wie früh ich in der Werf- 
ftatt bin. Göthe, Goldichmiedsgefelle. ine Höhle, die man als Na- 
turwerfitatt mächtiger Kryſtalle anfprechen konnte, Göthe, Meifters 
Banderi. 2, 8 Mühlen und Schmiedewerfftatt. Daſ. 3, 13. 
Er hat mir eins (Pferd) an Zahlungsftatt angeboten. Göthe, 
Meifters .1, 11. — (E09 ſchaut auf die fohredlihe Brand- 
Hätte. Borker, Rudolph 8. Daß es die eigentliche Orabitätte 
bezeichne, Göoͤthe, Wahlv. 2, 1. Er warf fidh fogleich auf eine der 
Lagerſtätten. Göthe, Meilters Wanderj. 1, 4. Indem man den 
Schutt in die zerfallenen Mauerftätten felbft geworfen. Göthe, ital. 
Reiſe Meffina 13. Mai 1787. Sie waren von ihrer Nachtſtätte 
gelommen. GBöthe, Meifters Wanderf. 1, 4 Die fih einen Raum 
auf diefer allgemeinen Rubeftätte ausbedungen. Göthe, Wahlv. 2, 1. 
(Er) fei das Opfer der Schädelftätte, Klopfiod, Meffias 18, 132. 
Auch feine Schlafftätte. theilte. er mit ihnen. Benzel-Sternau. Der 
Hügel bier ſei meine Schlummerftätte. Shafejpenre, Sommer- 
nachtstraum 2, 2, 

Städter, ſtädtiſch; Stadtabgabe, — acht, —adel, —amt, — ante 
mann, —anwalt, —arbeit, —arzt, —bann, — bauherr, —baumeifter, 
—beamte, —befehlshaber, —befaßung, —beutel; —bevollmächtigte, 
—bewohner, —bote, —braud), au: —bürger, —Ddiener, —fefte, 
—flur, — frau, —freiheit, — fremd, —gänfefuß, — gaſſe, —gebäude, 
—gebiet, —gefängniß, —geiftlihe, —geiftlichkeit, —geld, —gemeine, 
—genoß, —gerechtigkeit, —gerechtiame, — gericht, — geſchichte, —ge⸗ 
ſetz, —geſpräch, —graben, —gut, —baft, — hauptmann, —haus, 
—herr, —herrſchaft, —birte, —hoheit, —holz, — jugend, —junge, 








784 


—jungfer, —junter, — kaͤmmerei, —fämmerer, —teller, — ind, — kirche, 
—knecht, —kuh, —kundig, —fküfter, —leben, —leute, — mädchen, 
—magd, —märden, —mannichaft, —markt, —mäßig, —mauer, 
—meilter, —mift, —münze, — muſikus, —neuigfeit, —oberfte, — obrig- 
feit, —offlcier, —pfarre, —pfarrer, —pfeifer, —pflege, —pflick, 
—pflihtig, —prediger, —priefter, —rath, —recht, —richter, — röth⸗ 
— —ſache, —ſchatz, —ſchloß, —ſchlüſſel, —ſchreiber, — ſchuld, 
—ſchule, —ſchüler, —ſchullehrer, —ſchultheiß, — ſchwalbe, —fiegel, 
—fitte, — ſoldat, —theil, —thurm, — uhr, —vieh, — viertel, — vogt, 
—vogtei, — volk, —wache, — wachtmeiſter, —wage, — wagen, — wah⸗ 
rung, —wald, —wall, —wappen, —weide, — weſen, — wieſe, — mirth, 
—mwohner, —wolmung, —wundarzt, —zeichen u. a.; Städteaus⸗ 
ſchuß, —bant, —bund, —weien u. a. — Uraltes Landvolk, em 
Hütten verjchont der Städter Stolz und Neid. Hagedom. Die 
Städterin droht euch Dirnen den Krieg. Göthe, Kriegserflärumg. 
Mid hut von ftädtiihem Gedränge mein günftig Gluͤck zu euch 
gebracht. Uz. Der ftadtdurdreifende Herold. Voß. Der Stadt⸗ 
einwohner Berfammlung. Sonnenberg. Kain machte aljo die erſte 
Stadteinrihtung. Herder, Er erzählte luſtige Stadtgeihid- 
ten. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 17. Künftler und Stadtmenicden. 
Herder. Der Stadtpfleger Demetrius. Wieland. Pallas Athene, 
vol Macht, Stadtihirmerin Voß. Das Stadttbor fchließt 
fih. Schiller, Glode. Die ftadtumfränzeten Jemen. Sonne 
berg. (Er) wollte zum Stadtverwefer mid ermennen. Alzinger. 
Stadtwärts nun flohen fi. Voß. Die Stuadtwelt. Herder. 
Welche (Dinge) das innere Stadtwefen betrafen. Göthe, Leben 
14. B. Eine mächtige Städtebefhügerin war fie. Herder. Er 
fah feine Schwiegertochter mit Charten, Blauen und Städtebildern 
beichäftigt. Göthe, Meilters Wanderj. 1, & Die Städteſchleife⸗ 
rin Bellona. Voß. Der Städteverwüjter Odyſſeus. Bob. Dus 
Schreckbild jener Städteverwüftenden. Göthe, Fauſt 2, 198. 
Statthaft (ahd. statahaft, mhd. statehaft) Statt haben koͤnnend, 
ur oder auch zeitliches Sein in etwas haben oder finden 
nnend. — 
Zuläffig (ſ. laſſen) umverweigert felend ober gefchehen fünnent. — Ob 
fle (die Beſchäftigungen) zuläffig und nüglich wären. Böthe, Leben 4 2. 
Statthalter, —halterei, —halterlih, —halterſchaft, —bhalter- 
würde; Stättegeld, —los. — Tr lies binder jm den Fürften Anz 
dronicum zum Stadhalter. Luther, Bibelüberj. 2. Makk. 4, 31. 
Noch werden alle Statthalterjchaften mit Niederländern beiegt. 
Göthe, Egmont 1. 
Statten u ), ab—, aus— (©. 497), be— 
(S. 607), er— (S. 607), zurüder—, ge— und verfatten 





785 


(S. 730) bedürfen feiner weiten Erflärung — Auch dem Ddeutfchen 
Schriftfteller würde e8 bei einigem Fleiße (ehr leicht gelingen, die Are 
muth feiner Sprache, wenn fie ftattete (Statt fände), zu verkleiden, 
aber fie Hat nicht Statt. Kolbe. Si jtattet (verurfacht) mir gros 
ungemach. Boner, Zab. 48. Wegen der Bifiten und Gegenviftten, 
weiße nunmehr mit dem größten @eremoniel abgeftattet wurden. 
Göthe, Leben 5. B. Doc hoff ich denen Dank einft abzuftatten. 
Shakeſpeare, Richard IN. 1, 1. (Die Natur hat) ihn mit fo viel 
Tugend ausgeftattet. Göthe, Eugenie 1, 6. Ein Garten... mit 
Obftbäumen reichlich ausgeftattet. Göthe, Meifters Wanderj. 1,4. 
Nur wohl ausgeftattet möcht’ .ich im Haufe die Braut jehn. Göthe, 
Hermann und Dorothea 2, 183. Sie follen bloß mit Schlafen, mit 
Zangen und imit Luft beftatten (verwenden) ihre Zeit. Opitz. Der 
Zufall werd’ ihr ihm (den Ring) gewiß zurüderftatten Platen, 
die verhängnißvolle Gabel 3. | u 
Ab— , Aus—, Be—, Erfattung; Beſtattungskoſten. — 
Bezahlt von Audftattung, Die ihr ihm schenkt. Shakſpeare, Eym- 
beine 1, 7. Jene lebte Religion geben wir einem jeden nur aus⸗ 
flattungsweife in Die Welt mit. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 2, 
Am Tage feiner Beſtattung. Geßner. Ä 
Stät (ahd. stäti; mhd. steste) bleibend, unbeweglich, vom feften 
Drte des Seins (eig. und uneig.). Dadon die Stäte und das ver- 
altete Häten, beftäten — fhüt, feſt, gewiß machen; ftätig (minder 
gut ftetig, ahd. stätie, mhd. staetec) feſt, dauernd es und. uneig.); 
Stätigfeit, ſtätigen (veraltet), beftätigen (falſch beftättigen); 
Hätifch (felmer ftätig, ahd. stetio, mhd. stetec) gern ftehen bfei- 
bend, befonders von Pferden gefagt. — Ich bitte gar fehr es (das 
Käfthen) recht ſtaͤt zu.tragen und. im mindeften nicht zu bewe- 
en oder aufzurütteln. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 6. Allein ein 
ib bleibt flät auf Einem Sinn, den fie gefaßt. Göthe, Iphigenie 
2, 1. Flüchtig und unftät ſollt' ich fein. Göthe, Meifters Lehr}. 
4, 1. Eine Bildung in fhöner. flätiger Reihe. Göthe, Einleitung 
in Die Propyläien. Deren früheſte Bi nd: fretig zufammenhängend 
mit der |pätern, ihre Fähigkeiten naturgemäß entwidelt. Göthe, Leben 
14. B. Meine Schöpfung fei aus und leer die Stäte des Bäng- 
fien und des DVerlafenften aller Erſchaffenen. Klopſtock, Meffias. Der 
großen Zugend Ruhm, der Römer firenge Thaten, was war es, als 
dr Thun durch Menfchenblut beftäten? Opitz. Ich geftebe, daß ich 
bis jegt zwar die Stätigfeit, aber noch nicht: die Einheit recht ge- 
faßt habe. Schiller, Briefm. mit Göthe 2, 77. Hat’8 mit dem Siege 
fi} beftätigt? Schiller, Wallenfteins Tod 4, 5. Bei dem ſchönen 
Wetter, Das fih zu befitätigen ſcheint. Göthe, Briefw. mit Schiller 
5, 311. — Nur hat die Beftätigung jedem gefehl, die habt ihr 
nun Löftlich in Händen. Göthe, der getteue Eckart. 


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786 


Ununterbrodgen ſ. unterbrechen S. 66. — Bejahen, eig. zu et⸗ 
was ja fagen (ahd. gajazon, mihd. bejsszen, Bolfefpracdge bBejöffen, f. ja 
&.408) allgemein von etwas ausfagen, daß es fu if, wie bereits angegeben. B ers 
ficgern (mhd. versichern, f. ficher ©. 444) Jemanden über etwas fo überzen⸗ 
nen, daß er nicht beforgt, daſſelbe werbe anders fein, als er fich vorſtellt. Bes 
thbeuern (f. theuer &.436 und Bethenerung ©. 642) ai etwas verfichern, 
was uns thener il. DBelräftigen (von Fräftig ahd. ch(k)reftik, mb. 
kreftec, von Kraft, abb. ch(k)raft, mhb. kraft, agſ. craft, altu. kraptr) 
dem, was man auffagt, Meberzeugungsfraft geben. — An allen feinen Hant- 
lungen (fand man) eine ununterbrochene Schrittmäßigkeit. Göthe, Meifters 
Lehrj. 8, 9. Lebt Herr Stauf noch? rief mein Begleiter verwundert aus. 
Man bejahete es und verfiderte, daß wir, nad unferm Reifeplan, nicht 
weit von feiner einfamen Wohnung vorbeifummen wärben. Göthe, Lehen 10.3. 
GEs follte ein alter Herr fein, meinten fie haſtig; der Kellner verfierte da- 
gegen, er fei jung. Nun zweifelten fie wieber, er beiheuerte die Wahrheit 
feiner Ausſage. Goͤthe, Meiſters Wanderj. 8, 10. So haben fie die Art, 
eben daſſelbe wa® man gefagt bat, mit einer andern Wendung zu wieberholen 
und gleichfam höflich zu befräftigen. Göthe, Leben HM. B. 

Stäts (minder gut ftetö, genitiv. Adverbium, mhd. steetis) von 
ununterbrocdhener Dauer in der Zeit. — Wer alfo redet, aljo lebt, umd 
einzig nach dem Guten ftrebt, der bleibt auch flets und unbemwegt. 
Opiß. Ste (die Geftalt) empfiehlt ihn ftets. Göthe, Hermann und 
Dorothea 6, 152. — 

Allemal (vun Mal, Mahl, goth. mel, ahd. mihd. altn. mäl, agf. mel = 
Punet, Sefchriebenes, Zeitpunck) und jedesmal gehen auf die Zeit wie auf das 
in der Zeit Geſchehende. Allezeit (f. Schlußanm. zu zeiben), jederzeit 
und immer (&.278) gehen nur auf bie Zeit. — Unter dem Liebe, das nach dem 
preimalhbeilig der Himmel allgeit fingt. Klopitod, Meſſias 1, 280. 

Anm. 1. Das zu ſtehen gehöriae Staude ſ. S. 94. — Stute iR mib. 
stuot, ſchwed. sto für stod. Abb. stuot, mhd. stuote, auf, altu. stöd iR Geſt üte 
ro2ria), Zufammenfl and von Pferren im Stall, Umzäunung ober aufder Weibe. 

gl. agf. stöodmyre = Stutmähre, ayf. stödsald — Geftüte, Gtutgehege, abb. 
stuotgart — Geltäte, woher ber Stadtname. Man fepte wahrfcheinlich ahd. stuot- 
merihhä (Gtutmäßre) zufammen und wandte Stut allmälidy, ungefähr wie Grauens 
— gynacceum), auf bie in dem Gemach, in ber Cinzaͤunung befindlichen 


rauen und weiblichen Pferde an, - 

Anm, 2. Unfer Ani. (und Subſt) ungefäm (ahd. unkistuomi, mbb, wn- 
gestüeme) flarf bewegt (von stuom, gestüeme — flehend, ſtill ruhig) ſcheint zur 
Wurzel ſtehen zu gehören. 

nm. 8. Staat if entiehnt aus ital stato, altfranz. estat, franz. état, 
von lat. status, urfprünglich Stand, im fpätern Mhd. der stat — Stand, —8* 
Ehre und Anſehen. Davon das dem Stande, der Würde gemäße Gepränge. Davon 
ſt attlich (ans dem oberd. Statt für Staat), nieberb. staatsk, franzöflert 
staziös = prädtig, herrlich, hochauſehnlich. 

Anm. 4. Da nah Grimm Hl, 1 f. nur in Partikeln, Pronominals und 
Zahlwortsfornen ein Bocal die Wurzel fchliegen darf, ſonſt nicht; fo fünnen vie 
von Andern zur Wurzel von Rehen gerechneten Jormen: Stube, Etein, 
Stahl, Stuhl, Stiel, Stall, Etelle, Kill, Stollen, Rolz, Rauen, 





787 


Reuchen, Raunen ſchon darum, abgefehen von andern bei diefem und jenem 
Wort noch befonders ſich erhebenden Bedenken, nicht hierher gezählt werben. 


: Greifen). 
(Wurzel grif; vgl. fanffr. hri, gribh; Wadernagel vgl. noch 
gr. HAlBew, yAlßes = drüden). 


Greife, griff, gegriffen, greifen, (ahd. krifu, kreif, krifumes, 
krifandr, krifan, grifan; auch ſchwach grifjan, greifön; mhd. grife, 
greif, griffen, gegriffen, grifen; goth. greipan, agj. gripan, altn. 
eripa, ſchwed. gripa, dän. gribe, engl. gripe) eigentlich wol fühlend 

rühren; dann im Befondem 1) finnverwandf mit nehmen, faflen eig. 
nnd uneig. (S. 15); 2) fo viel als eindringen, eingreifen; 3) fo viel als 
ergreifen, eig. und uneig. — Greiff nicht nach allem, was du fiheft. 
Luther, Bibelüberf. Sir. 31, 16. Sie tratten zu jm, vnd griffen 
an feine FZüfle, vnd fielen fur jm nider. Daj. Matth. 38, 9. Grei- 
fen wir nicht wie ein Mühlwerk flinf in einander auf Wort und Wink? 
Schiller, Ballenfteins Lager 11. Darauff griff Er in Zügen bald 
(fiel in die legten Züge), ſtund auß ein Streit mit großem Gwalt 
big jhm das Herb gebrochen. Auf Mar Emanueld Tod. Die Ständ 
follen fich dergleihen Sr. Ehurf. Drtl. hochen Refpect und landes⸗ 
fürftl.- Reputation zu nahe greiffender (anzüglicher) meifterlofen 
Reden enthalten. Landtg. v. 1669. Ich weiß nur die Wahrheit zu 
fagen, und das greift nicht immer. Göthe. Bud das Thier ward 
gegriffen. Luther, Bibelüberf. Offenb. 19, 20. 

Faflen und nehmen f. S. 15. — Fangen und fahen (ſ. d.) eig. mit 
einem Dinge, womit man zufammenfaßt, etwas feſtnehmen; bann allgemein 
in feine Gewalt befummen und zugleich behalten, was abfichtlich und unabfichts 
lich geſchehen kann. Außer greifen heben noch folgende Verba die Abſicht 
hervor: haſchen (S. 109) mit Geſchwindigkeit; erhafchen mit geſchwindem 
Haſchen ergreifen; ertappen (f. Tappe S. 638) durch ungefchicktes Bufahren 
oder blinblinge. d. i. wie von ungefähr, ven Gegenfland in feine Gewalt bes 
fommen. Trwiſchen (f. 6.761). — Daß mich der Landvogt fahen ließ und 
binden. Schiller, Tell 4, 1. Er ſprang in den Garten und haſchte uns 
terwegs nur etwas von ber Vorkoſt, die der Diener für die Bälle brachte. 
Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 6. (Br trachtete) einen Verweis von Herfllien 
zu erhaſchen. Daf. Beliebt's euch überall zu nafchen, Im Fliehen etwas zu 
erhbafchen, bekomm' euch wohl was euch ergetzt. Göthe, Fauſt, 1, 88. 
Ertappt man mich an viefem Drt. Shaffpeare, was. ihr wollt 8, 8. a, 

Ungreifen 1) an etwas greifen, mit der Hand anfaflen; 2) Hand: 
an Jemanden legen in feindlicher Abficht, an eine Perſon oder Sache 
fommen, um an ihr Gewalt auszuüben; 8) beftreiten, nicht gelten laf- 
fen und zu widerlegen fuchen (f. S. 149); 4) Hand an etwas legen, 


2) Mis diefem Berbam begiunt der nhd. Ablant ei, i die) i (ie). 
‚os 








788 


beginnen; 5) angreifen, um zu gebrauchen; 6) entträften, ſchwächen; 
7) ſich angreifen, feine Kräfte anftrengen, fein Möglichftes thun. — 
Daß ihm zwei Stnöchelhen am Meinen Finger und eines am naͤchſten 
angegriffen waren. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 10. Greifan 
mit Gott! dem Nächften muß man belfen. Schiller, Tell 1, 1. (Sie) 
wollten ſich fehen laffen, thäten fih angreifen über Vermögen. Scil- 
ler, WBallenfteins Lager 11. 

Aunfallen (ſ. fallen) fchnell und mit Heftigfeit an eine Perſon er 
Sache kommen, um an ihr Gewalt auszuüben — Anfaffen und anpaden 
erklären fih aus faffen ©.15 und Pad ©. 225. Antafen (von taften, 
von tom. tastare, d. i. taxitare, alifranz. taster, neuframz. täter, ſchwed. 
tnsta aus lat. taxare anrühren; dann tadeln, ſticheln auf etwas] fühlen» der 
rühren, oft mit dem Nebenbegriff der Oberflächlicpkeit, auch daß etwas heim 
lich und verſteckt angefochten werde. — Anfechten, auzapfen f. ©. 3. 
[Da] fprang er wüthend auf, fle: feinen Mitgefangnen an, riß ihn zu Be 
den, mit des Wahnfinns Rieſenkraft, ihn zu würgen firebend. Schiller, Maris 

Stuart 5, 13. Du fol Wodans Altar nit anfaffen. Klopflod, Her 
mannoſchlacht 8. Nicht offenbar noch heimlich ſoll's dem Mord gelingen, 
@uer Leben anzutaften. Schiller, Maria Stuart 1, 6. 

Begreifen 1) oft an etwas, daran bin und ber greifen; 23) duch 

zu vieles Angreifen abnützen; 3) fi mit einer Sache befchäftigen (mm 
im Partic.); 4) umfpannen, umfaffen (eig. und uneig. |. ©. 513); 
. 5) ergreifen, ertappen; 6) in fich faſſen; 7) abfaffen, verfaflen, auf 
ſetzen; 8) fich begreifen d. i. fih im Straucheln an etwas halten, 
(uneig.) fich feiner bewußt werden, zu fi kommen. — Zrit- era, 
mein Son, das ich dich begreiffe, ob du jeieft mein fon Gi 
oder nicht. Luther, Bibelüberf. 1.Mof. 27,21. Sage du begriffne 
Leyer, wen ic Dich vermachen Darf? Günther. Wir find begriffen 
auf dem Weg. nad Rheims. Schiller, Jungfrau v. O. 3,4 & 
begreifft die Erden mit einem Dreiling. Luther, Bibelüberf. If. 11, 
12. Daß fies begreifen und einjeh’n lernen. Schiller, Wallenſteins 
Lager 11. Einen auf beller That begreiffen. Voc.v. 1618, Wo mid 
die Nacht begriff Cüberfiel). Simpliciffimus 1, 18. Eine Geſchichte 
mit Worten begreiffen; Beſchwerden in Gefchrifft begreiffen; ein 
Buch begreiffen. Krenner, Landtagsh. 7, 371. 13, 244, 14, 114 

: Faflen 1. S.15 Erforſchen (v. forfchen ahd. I(v)orschn, mhb. vor 
schen, ſchwed. forska, dan. forske, von ahd. forsoa — Unterfuchung, kennt⸗ 
nißnehmende Strebfamkeit, wahrfcheinlich mit vor S.752 zufammenbängen»] mit 
forgfältiger und angeftrengter, aufmerffamer Unterfuhung etwas Unbefannuie 
und Berburgenes erfennen und barüber zur Klarheit kommen. Grgrümden 
lahd. argrundjan, nhb. ergründen, von gründen ahd. grundjan, aß. 
gründen, von Grund ©. 248] einem Gegeuftande auf den Grund fommra; eis 
nen Gegenſtand felbft bis in feinen legten Grund und im Iufammenhang mit 
diefem erfennen. Lernen ſ. S. 511. — Daß es ein Mittel iR, die Gemüther ver 





789 


NRuaben eigene zu erforſchen. Göthe, Meiftere Wanderjahre 2, 2. Ich full 

den Herin nur erh ergründen, ob er fo der Mann wohl if. Leſſing, Nathan 

d. W. 1, 5. [Ih] möchte gern was rechts bieraußen Ternen. Göthe) 

Fauf 1, 98. — 

Abd —, auf —, aus —, durch —, ein —, empor—, er—, ber—, 
berab— , heran —, berauf— , heraus —, herein —, hernieder —, 
herüber — herum —, herunter —, hervor —, herzu —, hin —, hinab —, 
hinan — binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, Binüber—, 
hinunter —, hinweg —, hinzu —, nach —, nieder —, über —, um—, 
amber—, unter — ver—, VOr--, voran —, voraus —, vorbei—, 
voruber—, zer —, 3u—, zurück— zuſammen —, zuvorgreifen find 
Har. — (Er fand) die deutſchen Paradelarven fo abgegriffen. J. Paul, 
Heiperus 11. Ich habe da ein altes abgegriffenes Hütlein. Grimm, 
Märcyen 5.9. 1.,330. Den griffen die Kronten mir noch auf. Schil- 
ler, Piccvlomini 1,1. Stoff, den man nur hätte aufgreifen dürfen. 
Göthe, Kampagne in Frankreich Münfter November. Als ich mit meinem 
eig aufgegriffenen Begleiter... vorüber ging. Göthe, ital. Reife 

erona 16. Sept. Wen ic mir zum Fürfprecher ausgriffe. Goͤthe, 
Meiſters Wanderj. 1, 8 Beil fie (die Schwämme) in den niedern 
und breitern (Ständen) zn fehr ausgegriffen und ausgefogen wä- 
ven. 3. Baul, Zitan 9, Halloh! als jag’ er zur Belt hinaus, greif 
aus, greif aus! Bürger. Denen e8 an durchgreifender Bil- 
dung fehlt. Göthe, Leben 11. B. Friſch mitten durchgegriffen, 
das ift beffer! Schiller, Piccolomint 1, 2. Doc in’s befannte Sai=- 
tenfpiel mit Muth und Anmuth einzugreifen. Göthe, Vorſpiel zu 
Fauſt. Wie dus Kind nach dem farbigen Bogen emporgriff. Voß, 
Zuife 1, 394. Grad’ auf dem nach Regensburg zum Schweden 
ergriffen ihn des Gallas Abgeſchickte. Schiller, Wallenfteind Tod 1, 
3. Mich ergreift, ich weiß nicht wie, himmlifches Behagen. Göthe, 
Ziichlied. Ans dem Himmel griff ein Arm herab, aus der Hölle 
griff ein Arm herauf, um ihn aus einander zu reißen. 3. Paul. 
Kein Sturm faun hereingreifen in dies fünfte Land, J. Paul. 
Ich greif' in die Schöpfung. nach dir herum, wie ein Sterbender 
greift. Sonnenberg. Wenn unerträglich wird die Laft, greift er 
hinauf getroften Muthes in den Himmel. Schiller, Tell 2, 2. Daß 
er dad Glücksrad halte und hineingreife. 3. Paul, Siebenfäs 7. 
Greif nur hinein in's volle Menjchenleben! Göthe, Fauft Vorſpiel. 
Der auch dasjenige, was allenfalls Bl was zu Händeln 
und Zwiſt Anlaß geben konnte, gleich zu ichlichten und abzuthun ver- 
fand. Göthe, Leben 12. B. Denn nie hielt ich's der Mühe werth, 
die fühn umgreifende Gemüthsart zu verbergen. Schiller, Wallen- 
ſteins Zod 1, 7. Die Hoffnung Täßt ſich nicht umgreifen Scdil- 
ler, Räuber 2, 1. Als fie mit dem Harten etwas Weiches umgriff. 
% Baul, Heiperus 8. (Da du) aus dem vergriffnen Büchelchen 





\ 


790 


Gebete lallteft. Goͤthe, Zauft 1, 199. Die Kühnheit diejes würdigen 


„Dffiziers, die gest in ihrem Ziel fi nur vergriff. Schiller, Picco- 


fomini 1,2. Der übrige Borrath hat fi bereits vergriffen. Schil— 
ler, Briefw. mit Göthe 3, 372. Der fih am König vergriffen 
hat. Luther, Bibelüberſ. Bar. 6, 17. Wenn fih eime Seele ver⸗ 
veifft, Das fie e8 verfihet, vnd fich verfündigt. Daf. 3. Mof. 5, 
5. Inmaſſen im ftebenden Gefag vergriffen (enthalten) ift. Schmel- 
ler, 2, 106. Ich möchte euch nicht vorgreifen. Göthe, Egmont 8. 
D! daß mih immerhin vorgreifen deinem zögernden Vertrauen. 
Schiller, Piccolomini 5,1. Beorgreifende md zurüdgreifende 
Motive. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 376. Inzwiſchen will id) 
bier Angreifer are Goͤtz. v. B. 3. 
nm. Die Participien geflatten noch andere Iufammenfehungen, 3.B. Die 
(Melodie) fo Herzergreifend war. Göthe, das Kind mit dem Lönen. Bon 
bem angftergrif ? enen Mann. Pyrker, Rudolph 6. Bor ihren itarren, Furdyt,s 
ergriff’nen ar Shatefpeare, Hamlet 1, 2. Dem fohmerzergriffuen 
Körper. Götde, Cugenie 3, 4. 

Greifer (ahd. greifäri) einfach veraltet; Greifung, greifig 
(ahd. grific, mhd. grifec = greifend, räuberifh) greifbar, greif- 
Lich (ahd. greiflik) in verſchiedenen Zufammenfeßungen. — An dem 
Angreifer und dem Bertheidiger. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Der 
Empfinder, Ergreifer Homers. Göthe, ‚Leben 19. B. Ich (ſei) 
Befigergreifer. Shakeſpeare, Cymbeline 5, 5. Advocat, D. i. 
Ratgeb und Bergreiffer der Sad. Lori, Urk. v. 1553. Man iſt 
jelten nach 60 Jahren noch ein triehmäßiger a er. Lichten- 
berg, Nachtrag zu den Beobachtungen über den Menſchen. Es ver- 
fammelten fih zu mir alle vmb der groffen vergreiffung willen. 
Luther, Bibelüberſ. Esra 9, 4. Ste haben Scharfe Zähne und grei— 
fige Klauen. Benzel- Sternau. Zugreiffig. Fiſchart, Gargantua 
©. %. Die vorgangne vnferem hochen Reſpect gar zu nachgriffige 
(anzügliche) Reden. Landtag von 1669. Ich feh’ di nöd, jo greif- 
bar von Geftalt. Shakeſpeare, Macbeth 2, 1. Das Nächfte ſteht oft 
unergreifbar fern. Göthe, Eugenie 4, 3. Wenn wird ein greif- 
Lich Gefpenft von fchönen Händen entgeiftert. Göthe, Triumph der Em⸗ 
pfindſamkeit 1. Irrthümer, Die noch fo grob und greiflid find. H. Sachs 
Nach jeines alters ergreiflichkeit. Fiſchart, Gargantua SG. 276, 
Macht mir dieß Glück begreiflich, daß ich's glaube. Schiller, Maria 
Stuart 1, 6. Ganz unbegreiflih iſt's, daß er den Feind nicht 
metft an feiner Seite. Schiller, Piccolomini 1, 3. Iſt deun wohl 
unfer Begriff von Gott etwas Anderes als perjonificirte Unbegreif- 
Lichkeit? Lichtenberg, philoj. Bemerkungen. (Die Richtigkeit) da nd- 
greiflich zu erweijen. Wieland, Oberon 6, 48, 

Erklärli ergibt fih aus erklären S, 576. 600. Begreiflih ſ. S 

772. — So zeigte fich diefe junge nnerflärliche Perfon. Göthe, Meiſtere 

Manderi, 1, 5. 





791 


Greifholz, — klaue, — muſchel, — ſchnabel, —ſtein, — zirkel. 

Griff (ahd. uhd. grif) 1) die Haudlung, da und die Art und 
und Weiſe wie man greift veig. und uneig.); 2) fo viel ald man auf 
eimmal greift; 3) dasjenige, womit man greift; 4) derjenige Theil 
eines Werkzeuge, an welchem. man es greift und bandhaht, Davon 
An—, Begriff ua. Griffig if felten. — Da fürdert nur ein 
tafher Griff. Göthe, Fauſt 2,203. Bald ift ja ein Eleines Körbchen 
gemacht, wenn einer den Griff nur tüchtig gelernt hat! Voß, Zuije 1, 
Wi. Sie that einen Griff in die Saiten. Göthe, Meilters Wan- 
deri. 1, 6. Ein Weifer Iebt, obgleich nicht krumme Griffe ihm 
Geld und Zroft in Schränf und Kalten ziehn. Hagedorn. Hinter den 
Mähern jummelten Knaben die Griffe. Voß, Ilias 18, 554. Bor 
euern Klauen und Geierögriffen. Schiller, Wallenfteins Lager 8. 
Des Schwertes Griff. Schiller, Piccolomini 2, 7. — Da wurd ein 
Angriff und ein Widerftand, wie ihn fein glücklich Auge noch ge- 
fehn. Schiller, Biccolomini 2, 7. Der Einfall in Franken war ein 
bloger Ablenfungsangriff. Campe. Doc ein Begriff muß bei 
dem Worte fein. Göthe, Fauſt 1, 98. Auf der Fortuna ihrem Schiff 
it er zu ſegeln im Begriff! Schiller, Wallenfteins Lager 7. Diefe 
Künftter büßen offenbar den Fehler und den Unbegriff der Zeit am 
ihweriten. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 240. Die Grundbe— 
griffe der Phyſik. Göthe, Wuhlverwandtfchaften 1, 4 Wenn ich 
den Inbegriff von meinen Körper dir auch eröffne. Göthe, Eugenie 
1, 6. Sn der vollen Begleitung aller der düftern, geheimnißvollen 
‚Nebenbegriffe. Leifig, Hamburg. Dramaturgie 11. Bei verän- 
derten A A Göthe, Meifters Wanderj. 1,9. Lehr⸗ 
jahre find ein Berbältnißbegriff. Schiller, Briefm. mit Göthe 2, 
111. Die Wahnbegriffe meiner kind'ſchen Seele. Schiller, Maria 
Stuart 1, 6. Wenu ich den Subegriff von meinen Sorgen Dir 
aud) eröffne. Göthe, Eugenie 1,6. Dieje unbeichränkten Eingriffe 
der höchften Gewalt. Göthe, Egmout 4. Um fich weitern Umgrif- 
fen zu widerſetzen. Ruſſiſche Note bei Campe. -Dieweil jedwedes 
Amt feinen Gezirf und Vergriff (Umfang) hat. Krenner, Landtagsh. 
16, 36. Etwas fürgriffs, vergriffs Taufen (nach bloßer allge 
meiner Schaͤtzung). Stalder. Der (Hand) im Gedränge darnad) Die 
Kunft des Bor ß riffs gelang, Thümmel. Diejes ift ein inflinctmäs 
Biger Vorgriff vor allen Raifonnement. Lichtenberg, philoſ. Bemer- 
tungen. — (Daß) die entnervte Hand den Degengriff verliert, 
Wieland, Oberon 1, 59, Wäre fie nicht durch einen derben Kauft: 
griff Des Waͤrtels erinnert worden. Göthe, das Kind mit dem Löwen. 
Ich kann mir feine Fehl griffe in der Kunfl... erfläsen. Schiller, 
Driefm. mit @öthe 3, 261. Ueber die Handgriffe nudzudsken. 
Göthe, Leben 14. B. Den Kunftgriff eines Schmeichlers jeben, 
Schiller, Don Karlos 3, 10. Traun ein finger Bejchauer, und Kunft- 


— 


792 


— ——— 


griffmacher, des Bogens! Voß, Odyſſee 21, 397. (Woraus er) 
einen Thürgriff arbeitete. 3. Paul, Titan 32. Eine Hauptfrtaun, 
anftellig und angriffig. Lavater. Bedeutlihe eingriffige um 
Sinnfaffende Wörter. Harsdörffer, Yrauenzimmergeiprächipiele, 1, 24. 
Borſtellung — das, was ſich die Seele in ſich vergegenwärtigt, daß es 
von ihr angefhyaut wird, während das allgemeinere Begriff eine folge 
Borftellung if, unter welcher wieder Borfiellungen des Ginzelnen enthalien 
find. Idee (gr. idsa, lat. idea, von’ gr. Iöstv — feben) iR nah Kant der 
Begriff, auf welchen bloß die Vernunft durch Schläffe kommt, deſſen Gegen 
fand fich alfo nicht ſinnlich anfchauen noch erfahren läßt. — Mit Jabe⸗ 
griff (Iufammennahme von Dingen ober Theilen, vie in etwas begriffen 
find oder werben, fei es auch nur, daß fie in Bedanfen in Eins zuſaumen⸗ 
gefaßt werben) if Geſammtheit finnvermandt, allgemein Dinge oder end 
Theile von Dingen zufammengenommen. — Diefer (der nad der Ratur malt) 
macht aus lebhaften finnlihen Bindräden etwas Schönes, jener (der nach ver 
Beichreibung Thomfons malt) aus ſchwanlen und ſchwachen Borkellungen 
wilifürlicher Zeichen. Leffing, Laofoon 14. Jegt ſitzt fröhlich zu Tiſch wehl⸗ 
lebend des Haufes Geſammtheit. Cludins. 

Griffblatt, — breit, —loch, —triebel, —winde; Angriffsbünd 
niß, — krieg, — punkt, — ſchritt, — waffe, — weile; egriffsan- 
gabe, —beitimmung, —fach, —fachung, — forſchen, — forſchung, —ge 
ſellung, —grund, —verwechlelung. — weifer fie find, deſto mehr 
tritt die Griffſpitze defielben (des Hutes) über die Naje. Xichten 
berg, orbis pictus, nz 

Anm. 1. Griffel (ahd. g(k)riphil, mhd. griffel) gehört wahrſcheinlich 
zu greifen, alfo das, was man geaft- 

Anm. 2%. Greif (ahd. grifo, md. grife, ſchwed. grifr, daͤn. grif, engl. 
grifin, griffen, franz. griffen, ar. yov», lat. gryphus) wird von @inigen ja 
greifen gerechnet, von Andern mit großer Wahrfcheinlichfeit aus dem Griechiſchen 
ns da die fabelhaften Erzählungen davon nicht dentſchen (germaniſchen) Un 


runge find. . 
Reifen. 
(Wurzel kif.) 


Keife, keifte, gekeift, (kiff, gekiffen veraltet), keifen, (nieder. 
Nebenform von mhd. ſchw. al — heftig werden, grollen, ſchmollen) 
f.S.172. Andere Formen find feifeln, kiefen, kiefeln, kippeln 
— Was follen wir feifen? Göthe, Reinefe Fuchs 11, 320. So ſehr fe 
klagt und keift. Uz, an H. Secretär G. Auch keifte der Pfatrer 
jetzt weniger. J. Paul, Heſperus 3. Cheyffeln = cavillari. Voc. 
von 1445. Sie kieffet Tag und Nacht. Opig. Mit der ih Schaͤß⸗ 
hen ımd Herzchen mich heiße; fiefel und beiße. Logam, Siunged. 
1534. Sie fippeln und keifen. A. v. Eyb. Derſelbe hat auch 
kypplerin. — 
Die Synonymen |. ©. 172. 





793 


if, der (ahd. kip) Zank, Streit; Keifer — Zänfer; keiff 
(Brompt v. 1618) heftig, ftark, dicht; kifig, keifiſch;z Gekeife. — 
Mich jammert Zeus, daß ihn die Keiferin mit ihrer efelhaften Liebe. 
feine Nacht verſchont. Schiller, Semele. Kifig hat Fiſchart, Gar⸗ 
antun S. 131. Ein Mufter von einem alten, häßlichen keifiſchen 
ibe. Seume. Und mit Vergnügen fpür’ ich mich nad) fo langem 
Gekeife etwas betänbt. 3. Paul, Siebenkäs 2. 
Anm. Stieler bot Feifen, Fiefen, feiben; ab—, aus—, fort—, 
mit—, neben—, über—, mitunter—, wiederfeifen; fh durch —, zers 
feifen; der Keif, Kief, Kib. 


Kueifen, ‚Nebenform kneipen. 
(Wurzel knif, kneip.) 

Kueife, kniff, gekniffen, kneifen (et nbhd., altn. knefa, hnefa 
— ergreifen, altn. hneppa — kneipen, wahrſcheinlich verwandt mit 
gotb. hniupan — zerreißen, agf. hnipan — fchneiden, brechen) T) all» 
gemein dräden; 2) im Beföndern mit den Spigen zweier Finger, oder 
mit einer Zange fallen und drücken; 3) (uneig.) fehneidenden Schmerz 
empfinden oder verurfachen (fneipen). — Diefen Bolingbrofe recht 
wund zu kneifen. Shufefpeare, K. Heinrich IV. 1. hl. 1, 3. Das 
Inſtrument wird mit den Fingern gekniffen. Niebuhr. Aber ſchon 
zu viel eine Saite gefniffen, die Ah gar nicht berühren wollte. Leſ⸗ 
fing. Der Fiſchr —* anthate, als jhn der Krebs geknippen 
hatte. Rollenhagen, Froſchmeuſeler. — Er kneipt mir die Wangen. 
Göthe, Kriegserflärung. Was fneipt dich denn jo fehr? Göthe, 
Fauſt 1, 144. Manche Wunde fneipten fie ihm. Göthe, Reineke 
Zuhs 11, 299. Unken und Krebie, die fneipenden. Voß, die bü- 
Benden Jungfrauen 48. Wahrſcheinlich hatte es (das Kind) die an« 
geblihe Mutter unter der Zhüre gekneipt. Göthe, ital. Neife Ca⸗ 
tonia 2 Mai. Friſch iſt ſchon Frühlälte, den Unvorfichtigen fneipt 
fie. Voß, Horaz Sat. H. 6, 45. Der Prieſter foll jm (dem Opfer 
von Tuuben) den Kopff abkneipen. "Luther, Bibelüberf. 3 Mof. 
1, 15. Da ein abgefneiptes Licht jo Dunkel brennt. J. Paul, 
Siebenfäs 5. ' 

Zwacken (ahd. zwehön = pflüden, tabeln, mäb. zwacken, engl. twack) 
und zwicken (ahd. zwichjan, agf. twicrjan; engl. tweak, beide zu Zwed 
S.85 gehörig) fcheinen mehr auf das feinere, fehnellere und ſtechende Klemmen 
der genannten Art zu gehen; zwacken wird dabei mehr Yon dem flärkern, 

- zwiden mehr von dem bünnern, ‚fpigern Klemmen gefagt. Pfetzen, in der 
Bolksſprache petzen (mhd. pfetzen, aus ital. pizzicare) wird wie kneipen 
und zwicken gebrancht, gehört aber mehr der gewöhnlichen (beſonders ſüd⸗ 
beutfch.) Umgangsfiprache an. — Oft tofeten fie (die Beifter) im Befinbeföller 
ober in den Ställe, zwidten und zwadten die Mägde Bald dort, bald ba. 
Aufüäns, Wir wollen ihn ram und blau zwiden. Shakeſpeare, was 
ige wollt 3, 5. - 








794 


Kneif auch Kneip, agi. enif, altn. kaifr, hnifr, mitteiniederl 
knive, engl. knife, ſchwed. knif, dän. kniv, languedoc. cannive, franz. 
eanif, mittellat. canivus, canipulus) Mefler, befonderd Schuflermeiter; 
Kneifbindfel (in der Schiffahrt); Kneiphahn, — halen, — käfer, — 
ſchnecke, — Schröter, — wurm, — zange. — Wenn euer kneif nicht ſcharf 
den fäje glatt zu ſchneiden. Hoffmannswaldauiiche Ged. 3, 119. (Er) 
läßt Pechdraht, Hammer und Kneipe raſten. Göthe. H. Sachs. Ich 
warf fröhlich meinen Schufterfneif weg. Wieland, Ueberj. Lucians 
2, 316. Der Sportelbote ließ fih in einer Kneipſchenke gelbe 
Dinte und jchwarzes Bapier hingeben, % Paul, Hefperus 17. 

Kniff (nieder. kneep) 17 die Handlung des Kneifens; 2) der Davon 
verbliebene Fleck; 3) unerlaubter bevortheilender liſtiger Kunftgriff zur 
Erreichung eines Zweckes. — Bor eueren Praktiken und böfen Kunif- 
fen ift das Geld nicht geborgen in der Truh. Schiller, Wallenfteins 
Lager 8. Welchen Kniff, welchen Vorwand, weldhen Schlupfwinfel 
fannft Du nur ausfinnen, um Dich vor Ddiefer offenbaren Schande zu 
verbergen? Shaffpeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 2, 4. 

Finte ſ. S. 254, Pfiff, ſ. beim folgenden Berbum. — Bein and be 
wundernswerth, ich geſteh's, war bie Binte, den Bund unferer Herzen zu 
zerreißen durch Wiferfuht, Schiller, Rabale und Mebe 5, 8. 

Anm. 1. Kneipe = enge Schenke, dann (Studenten) Wohnung Font 
von fneipen = klemmen, alfo gleichfam eine Klemme. 

Anm. 2. Vielleicht gehört Hierher au Knipps, Knirve — ein feine 
(gleichſam abgefchnittner?), unanfehnlicher Menſch. Schmidt (weſterw. Idiotikon) 
rechnet das Wort zu Knabe, Knappe. 


Pfeifen. 


(Wurzel pip.) 

Pfeife, pfiff, gepfiffen, pfeifen (mb. pfife, pfeif, pfiffen, ge- 
pfiffen, pfifen; mittelniederd. 'pifen, engl. pipe, entlehnt aus gr. 
manler, nina pipen wie junge Bögel, lat. pipire, pipare); 
1) denjenigen Zon von fi hören laſſen, weldyen Died Wort nahahmt 
und ausdrückt; 2) mit pfeifendem Laute fingen, fprechen; 3) (veraltet) 
auf einem Blajeinftrument, befonders auf der Klarinette ſpielen; 4) in 
engerer Bedeutung, auf einer Pfeife pfeifen; 5) bei den Gärtnern ver- 
mittelft einer Pfeife propfen ; 6) (verhüllend) cacare. — Der Kugeln Saat 
pfeift, da die Flamme beult. Kleiſt. Wir haben euch gepfiffen, 
Vnd jr woltet nicht tangen. Luther, Bibelüber), Matth. 11, 17. Ein 
jeder pfiff, wie ihm der Schnabel geipalten. Kl. Schmidt. 

Pipen, 1)den Laut der jungen Bögel nachahmen; 2) (in Rord- 
deutichland) pfeifen; 3) in feinen Zönen weinen, ſtoͤhnen. — Mit 
einmabl pip' ich ihr. Overbeck, Pip eines, Hedewig! Voß. 

b—, an —, aus — nach —, um —, vor —, weg —, zupfeifen. 
— Alle deine Feinde ſperren jr maul auff wider dich, pfeiffen dich 





795 

an. Luther, Bibelüberſ. Klagel. 2, 16. Auch geftel ed (das Stück) 
uns nicht und war aufdem Puncte ausgepfiffen zu werden. Göthe, 
ital. Reife 12 Det. Kaum bat er Zeit, von hundert Degenichärfen 
umpftffen, nur den Helm aufs bloße Haupt zu werfen. Alginger, 
Doolin 4, 78. Da figt der junge Herr nun im Käfig des hi. Ehe⸗ 
ſtandes und muß fih vorpfeiien laffen. Lichtenberg, Brief v. 16. 
Auguk 1784. Durch Fed und Wald zu fhweifen, mein Liedchen 
wegzupfeifen, fo gehts von Drt zu Ort! Göthe, Mufenjohn. 
Pfeife denn mir zu. Shalefpeare, Romeo und Julie 5. 3. 

Yfeife (ahd phifa, pfifa, fifa, mhd. pfife, pfifl, pfeifle, altf. 
pifa, agj. pip, pipe, altn. pipa, mittellat. pipa, ital. piva, franz. 
ipe, engl. fife) 1) eigentlich Möhre, daher auch Kleines Getränfemaß 
Mine ‚ ipan. pipa, ital. pippa, engl. pipe), bei den Gärtnern ein 
Propfreis; 2) Blafetonwerkzeng, bejonders kleineres, bloß aus einer 
Nöhre befiehend, mit Deffnwigen auf derjelben; 3) Werkzeug zum 
Zabafrauchen, deſſen Hauptiheil eine Röhre it; 4) Tabak, ſoviel auf 
einmal in eine Pfeife geht. — Pfeifer (ahd pfifäri,. mhd. pffsere, 
pfeiffer, agj. — alt. pipari,) Pfeiferei, Gepfeife. — Der 
Bein macht die Pfeiff de reich. Fiſchart, Gargantua S. 39. 
Eine Pfeife gab das Signal, Göthe, Meilters Lehrj. 1, 1. Sie 
Ingerten bequem auf den Rafen, um eine Pfeife zu rauchen. Daf. 
1,13. Da (im Zabadsbeutel) fanden ſich einige Pfeifen. Göthe, 
Herrmann und Dorothea. 6, 2318. — Während der Vater verguägt fein 
ruhiges Abendpfeifchen raucht. Voß. Stiebenäpfeiten nicht 
mehr beut der Huron. Voß. Was wählt ihr an ihren heiligen Ge⸗ 
beinen! macht aus ihnen Kinderpfeifhen. Herder Er verglich 
eö dem Schuarren einer großen Orgelpfeife. Göthe, Meifters Wanr 
deri. 3, 1. mer Dank fol, weun ich fterbe, die Türkenpfeife 
jein. Pfeffel, die TZabadspfeife. Im Zon einer Wachtelpfeife. 
Göthe, Götz v. B. 2. — Die Pfeifer bliefen. Göthe, Leben 1. B. 
Still doch und hört, Kunftpfeifer, ihr Fiedeler und ihr Trompeter. 
Voß, Luife 3b» 86, Von diefer Pfeiferei. Göthe, Benvenuto 
Gelini 1, % Was al ihr an Schnurrpfeifereien mir zeigen 
Eönnt. Fouqué, der Reichsfürſt und das Kaiſerſchwert. Flöte wird 
en für die andern Pan's Gepfeife. Göthe, Tiſchbeins 

ns 

; Flöte (mhd. vloite, von franz. fläte, fleute, altfranz. flaste, fleuste, 

ital. Aauto, mittellat. flauta, engl. Aute, dan. föite; von lat. flare, flavi, 
flatuam = blafen) die kunſtlichere größere, angenehm und tiefer tönende ed⸗ 
lere Pfeife mit Löchern und Klappen an der Ränge der Röhre. 

Pfeifammer, — birn, —droffel, —ente, — lerche; Pfeifenbaum, 
—beihlag, —bohrer, — brenner, —brett, —dedel, —erde, —firniß, 
fh, —flechte, — form, —former, —futter, — glaſer, — holz, —kno⸗ 
den, —kopf, — koralle, —loch, — macher, —mergel, — mundftüd, 





796 


—quafte, —räumer, —fpige, —jieb, —ftod, —ftopfer, — Rand, 
—ſtück, —thon, — thonriß, — werk, —zünder u. a.; Pfeiferbade, 
—fiſch, —meifter, — [haft u. a. — (Als) fein Bfeifengebund aus 
hundert Röhren gefaßt war. -Boß. (Er big) jein frummes Pfeifen 
rohr entzwei. Pfeffel, Die Exegeten. Yc füge jept im Rohre und 
kann vor Pfeifenſchneiden nicht zum Pfeifen kommen. Göthe, 
2. Aufenthalt in Rom 12. Oct. 1787. Handſchuhe, die ihm beim 
Bfeif en jährlich in Triplo überreicht wurden. Goͤthe, 
Leben 1. BD. - 

1) die Handlung da man pfeift; 2) der fein und liſtig an⸗ 
gelegte, für finnreih und verfchlagen geachtete Plan oder Handlung 


“ zur Zäufhung des Anderen, aud wenn diefer Blan nur für finnreih 


\ 


und verichlagen gelten fol. Pfiffig (S. 690), Pfiffigkeit. — 
Hoch, der verſteht's. Der bat Pfiffe. Göthe, Egmont 2. Dear 
Liebetraut ift ein pfiffiger Kerl. Göthe, Gib v. B. 2. So mas 
will ausgeführt fein, wie's erfunden ift, mit aller Bfiffigleit. Leſſing, 
Nathan d. W. 3, 4. 

Die Synonyme Kniff und Finte f. S. 794; verfhlagen ©. 6. 


Schleifen. 
A (Wurzel slif; s-lif?) 

Schleife, ſchliff, geichliffen, ſchleifen (ahd. slifu, sleif, si- 
fum&s, elifaner, slifan; mhd. slife, sleif, sliffen, gesliffen, slifen; 
agi. slipan, altıı. slipa, holländ. sluipen, ſchwed. -släpa, slipa, engl. 
ehpp; vgl. gr. Aslßew, Tat. libare — fließen laffen, vergießen; lat 
labricus — ſchlüpferig) 1) allgemein (fich oder etwas Anderes) glei⸗ 
tend fortbewegen (eig. und uneig.); 2) glätten, die Reibung auf der 
Oberfläche benehmen (eig. und uneig.); 3) im Bejondern auseinander: 
geben, das Hervorragende niederreißen, gleichſam eben machen: einen 

ft, die Zeitung; 4) mit einer Schleife verfehen. — Man ſchleife 
mid nad) Tyburn. Schiller, Maria Stuart 3, 6. Da ringelt’s ımd 
f&hleift es und rauſchet und wirt. Göthe, Hodhzeitlied. (Daß das 
Iuftige Mädchen) doch wenigftens feine gute anderthalb Etimden ges 
walzt und gefhliffen hätte. J. Paul. (Er) fchleift ihn (den 
Schwanz) im Staube. Göthe, Neinefe Fuchs 12, 42. Auch füllte 
fie einen Pokal von gefhliffenem Kriftall mit ſchäumendem Wei. 
Böthe, Leben 2. B. Daß der Rache Stahl auch ſchon für meine 
Bruft geichliffen it. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. Der wir 
derwärtige, ungefchliffene Kerl! Leſſtng, Minna v. Barnhelm 2, 4. 
Sein Hlım zu jchleifen. Schiller, Aenais 4, 79. 

Die Synonymen wegen und fihärfen f. ©. 115. 


Anm. Im den Bereutungen 1 (activifch), 3, 4 geht das Wort nah ſchwacher 
Gonjugation, ahd. sleifan, mhb. sleifen. 








797 


Ab —, an —, anf—, aus—, bi—, daher — durch —, ein 
fost—, her — herab —, heran —, herauf —, heraus —, herein—, 
hernieder — herüber —, herum —, herunter —, hervor —, herzu —, 
Kin, Binab—, binan—, hinanf — hinans hinburch — Bineln— 
hinüber —, binunter—, binweg—, hinzu — nach —, nieder—, 
über—, um — , umher — unter — ver —, vor — voran —, voraus — 
vorbei⸗, vorüber—, weg—, zer —, zurück—, zuſammen —, 
zuſchleifen find Mar. — Sie (die Beſen) ſchleifen ſich leicht 
ab. Göthe, ital. Reife Palermo 5. April 1787. Ein Mani, fo 
abgeihliffen wie ein Bid, woran der Nagel ſelbſt nichts 
mehr zu glätten findet. Wieland. War inzwilchen Abiturient fchon 
als Foͤtus eingejeflen, fo wurde er leider gar zum punctum saliens 
ausgefhliffen zurhagefabren. J. a. Zitan 37. Heltor 
(wird) Dahergefchleift. Voß, Ilias 23, 21. Zrinkgläfer mit ein- 
geihliffenen Bildern. Boß 70. Geburtstag 66. Durch Zelien 
bergefchleift. Göthe, Eugenie 3, 4. (Er) anete jenen hinge— 
geihleift vor den Thoren den Stadt. Voß, Ilias 22, 464, Der 
nachſchleifende Saum ihres Manteld. 3. Paul Hart peinigt’ ihn 
der nahgeichleifte Speer. Bürger Und doch, und fo traurig, 
verfchleifft du vergebens die Löftlihen Stunden Des eilenden Lebens. 
Goͤthe, Wechfel. Gemüth muß verfhleifen, Höflichkeit laßt ſich 
mit Händen greifen. Göthe, ſprichwörtlich. So hatten die Herrn die 
Spige (an dem Juwel) verfhleifen laffen. Göthe, Benvenuto 
Celmi 4, 3. Daß das Weltleben alles Große am Menſchen weg- 
fhleife. 3. Paul, Hefperus 23. Wenn der erzürnte Nord den nor⸗ 
diſchen Kahn zerichleift: Lohenftein, Cleopatra 1, 3. Das Profil 
eines Unbekannten ift vermuthlicy über den Augenbraumen abgebrochen 
gefunden, und in neuerer Yeit wieder zum Ringftein zugeichliffen 
worden. Götbe, Kampagne in Frankreich Rünfer Nobr. 

Anm. Die Participien geſtatten noch andere Zufammenfegungen, z. B. Gin 
blankgeſchliffenes Bel. Schiller, Maria ‚Stuart 5, 5. (Ein) neuges 
jatiffenes Beil. Goͤthe, Bauft 2, 220. Gr wollte von ben hohen hohlge⸗ 
hliffenen Schrittfchuhen nichte wiſſen, fondern empfahl die niedrigen breiten 
flabgefchliffenen frieslänvifchen Stühle. Göthe, Leben 15. B. 

Schleifung, Schleife ') (ahd. sleifa, mhd. sleife). 1) ein Ding 
welches gefchleift wird; 2) ein auf befondere Art gefnüpftes und ange- 
ftedtes Band; 3) eine Fläche, worauf man fchleift (Eisbahn). — 
Schleifer; fhleifig; Schliff Cahd. stiph, mhd. slif) 1) ein ein- 
zelner Anſatz beim Schleifen; 2) der Zuftand eines Dinges, da es ge- 
ihliffen wird; 3) dasjenige, was von einem Körper beim Schleifen 
abgeht. — Daß auch feine Spur von der Schleifung übrig blieb. 
G. Schwab, KXeichenfeter des Patroffus. Der Liebſten Band und 


1) Mho. if sleife eine Vorrichtung zum Schleifen, die Spur dee Schleifene, 
An ansgehaueuer Wald = oder Schleifweg, fo noch vielfach in der Volkeſprache. 








798 


Schleife rauben. Goͤthe, lebendiges Andenlen. Indem fie die Schleife 
des umfchlingenden Bandes wieder aufzog. Göthe, Meifterd Wanderj. 
2, 4 Sonſt fchlepp’ ich Dich auf einer Schleife Hin. — 
Romeo und Julie 3, & Die Stüdteihleiferin Bellom. 

Er blieb mit der Spige feines a an der Bandichleife — 
Bügels bangen. Göthe, Leben8 Roch ſchwebt vor mir die Sei⸗ 
denſchleife, die dort ſie trug. Salis, die Kinderzeit. Er entknüpt 
des Gürtels Silberſchleife. Redwitz, Amaranth. Und wird and) 
kein Schleifer, kein Walzer getobt. Göthe, gewohnt gethan. Ich 
konnte dadurch vorbereitet die Steinſchleifer mit Rutzen beſuchen. 
Goͤthe, ital. Reife Palermo, 13. April. Füßſchleiffig. Fiſchart, 
Gargantua ©. 87. 

Schleifbant, — baum, —bafen, —hamen, — anne, —keil, -- lade, 
—mühle, —nadel, —pathe, —rad, —rebe, —reis, — fund, —fchabe, 
—ſcheibe, — fchüffel, —fpäne, — fein, —thüre, —treppe, — trog, 
—meg, —zehente, —zügel; Scleifenblume, —kufe, — pferd; 
an 


Anm. In einzelnen a find mit der Zelt Bermifchungen zwifden 
f&hleifen, fohliefen und ſchleichen eingetreten. Man vgl. darum dieſe Worte. 


Gleiten. 
(Wurzel glitt.) 


Gleite, gfitt, geglitten (bei Göthe und Schiller ſchwach glei 
tete, gegleitet), gleiten, (mhd. glite, gleit, gliten, gegliten, gh- 
ten; agſ. altj. glidan, neuniederl. gliden, engl. glide) mit den Füben 
ausrutichen, was gem auf plattem oder Ihläpferigen Boden geſchieht; 
2) fich an oder auf einer glatten oder über eine glatte Fläche hube⸗ 
bewegen; 3) fich leife und glatt, fanft und leicht, über etwas hinbe- 
wegen. — Denn ſelbſt der befte Wille gleitete auf dem durchweich⸗ 
ten Boden und verfanf, eh er fich's verſah. Göthe, Campagne in 
Frankreich 29. Septbr. Wir (Locken) gleiteten zur vollem Bruf. 
Göthe, lebendiges Andenken. Geßler tft vom Pferde herab dem Ru⸗ 
dolph Harras in den Arm gegleitet. Schiller, Tell 4, 3. Aber 
bin ich gleih geg glitten, dennoch fieh’ ich wieder auf. Gryphirs. 
Endlich litt fie in Das Thal. 3. Paul. Oder auch gleiten zu 
gehn mit Amalia, welche Dir gleich ift, auf dem gefrorenen Bach der 

leitbahn, vecht wie die Kinder! Voß, Luiſe 1, 707. 

Glitſchen, (ſchon bei Stieler) Berfärfungsform * gleiten, mit bem 
Nebenbegriff des fchnellen Gleitens. Strauch eln (mittelnieverb. strükelen, 
engl. struggle, bolländ. stıuikelen, stronkelen, ital. sdrucciolare; ab. 
strüchal, strüchalin — flraudelnd, von ſtrauchen, ahd. strüähhön, mb 
strüchen, altn. strucka; vgl. Straud S. 95) durch ein Hinderniß des Bo 
dene brim Tritte das Gleichgewicht verlieren; dann allgemein durch fehlerhafte 








7199 


- 


FJußbewegung im Auftreten auf den Boden aus bem Gleichgewicht kommen. 
Etolpern (ſchon bei Stieler, aus ahd. stullan, mäb. stüllen — flchen . 
bleiben, ſtecken bleiben) durch Anſtoßen gehemmt ſich fchwerfällig fortbewegen; 
ans Unvorſichtigkeit an hervorragende Gegenflände ſtoßen. — Mit welher 

Beute ich meinen Weg wieder füdwärts glitfchen wollte. Goͤthe, Meiſters 

Lehrj. 1, 5. Das Rind war bang und ſrauchelte, da es die hohen Stufen 

an ven Thron hinan Rieg. Schiller, Jungfrau v. O. 1, 5. Da ſtolpr' ic. 

Hr. v. Kleifl, der zerbrochene Krug 1. Wenn feine Feder fo ſtolpert, was 
‚ mag feine Zunge thun! Leffing. 

Aum. Hoffmannswalrau fagt (Heldenbriefe 90. 157): Mancher junger Fuß 
vor mir geglitten bat. Ich bin durch deine Hand geglitien, 

Ab —, an—, auf—, aus —, bei—, daher —, dahin —, durch 
ein— ent—, her— herab —, heran —, herauf⸗, heraus —, her⸗ 
din — hernieber ‚ herüber — herunter — herzu — hin — hinab—, 
jinanf, hinaus—, hindurch —, hinein—, hinunter—, hinweg —., 
hinzu — nad —, nieder — , über—, umber—, vor —, voran —, vor⸗ 
vorbei voruber ⸗ zurüdgleiten u. glitfchen find flar. — So 
weit durch's Meer zu reiten! Und doch nicht abzugleiten? Bürger, 
Entführung der Europa. Sobald er (der Nebel) wie ein Schleier 
vom —* — eines ſchönen Tages abgleitet. J. Paul, Hefperus 1. 
An des Berg abgleitendem Rand. Pyrker Rudolph 9. Das 
aufgleitende flache und in mäßigen Hügeln abwechſelnde fruchtbare 
Rand. Böthe, Das Kind mit dem Löwen. Sonft gleitet fein Fuß 
auf jchlüpfrigem Pfad’ aus. Pyrker, Rudolph 9. Eingedenk der 
Heimat, gleitet er im Wogenſturz daher. Voß, Rundgefang. Auf 
dem oberen Strom gleiten Die Flöße dahin. Schiller, Spazier- 
gang. Was fehen wir von Weitem das Weltenreih Durchgleiten?, 
Gothe, Fauſt 2, 168. Das (Fiſchlein) aus Mooſen hervor fonnige 
Faͤche durchglitt. Voß, an Agnes 18. Wenn euer fliehender Fuß 
feinen ‘geizigen Armen entgleitet. Schiller, Räuber 2, 1. Bei 
entglittener Brille. Voß, der 70. Geburtstag 13. Aber gewiegt 
von der fanft um den Kahn hbergleitenden Wällung. Voß, Luiſe 
1, 75. Was gleiten euch weibiiche ZThränen über die blühenden 
Bangn herab? ‚Salis, Ermunterung. Albano's Hmd war herab- 
geglitten. J. Paul, Zitan 5. So fahen fie ein wohlverziertes 
Brahtihiff Herangleiten. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 7. Für 
die Hand, auf zarten Seiten nur gewöhnet hinzugleiten. Göthe, 
deutiher Parnaß. Den Kirhhofbügel glitten, gelenkt vom Eifen- 
ftab, in zepbyrleichten Schlitten wir pfeilgeichwind hinab. Matthiſſon, 
die Kinderjahre. So gleiteten fie faht an meinem Zinger hinauf. 
Göthe, der neme Paris. (Der Fluß) gleitete fo fanft und lieblich 
hinunter. Göthe, Campagne in Frankreich Dftbr. (ALS) die grüne 
Schlange in ihrer eigenthimlichen Geftalt dem Wanderer auf dem 
Rande nachgleitete. Göthe, Das Mähren. Lind als mein Aug’ 








800 


dies Alles überglitt. Platen, Schap des Rampfinit 3. Gin Ding, 
das auf den wiſſenſchaftlichen Feldern wie unter feligen Inſeln um: 
berglitt. J. Paul, Helperus 8. Da flieht der freie Blick den 
Strom vorübergleiten. Tiedge, Urania 3. (Das) nun zu ſchnell 
auf ein älteres Modejournal zurüdglitt. 3. Paul, Siebenfäs 3. — 
Doch glitfchen ihre Augen gleich von den Gruppen ab. Wieland. 
Jedem fein Pferd auf dem glatten Pflaſter Ausglitſchte. Göthe, 
ital, Reife 8. Dee. Doch Hüons Süd entglitfcht dem fürdhter 
lichen Streih. Wieland, Oberon 1, 59. So kannſt du von meinen 
Schultern zu meinen Füßen —— herunterglitſchen, aß 
wie — zum Genick. hakeſpeare, der widerſpenſtigen Zaͤh⸗ 
mung 4,1. | 

: . Di ticivi tten d 3 8: 
Bom —* der f' hfi : ax et h ae n — en * wir 
traten in meerdurchgleitende Schiffe. Voß, Ilias 2, 351. Weit ſüßer zuer 
dann fanfteingleitender Honig. Daf. 18, 109. — 

Gleite (mhd. der glit das Ausgleiten) und Gletſe (Gleitbahn) 
hat Stieler noch, ſind nun veraltet. 

Anm. Nach Weigand ſollen mit gleiten wurzelverwandt fein: glatt 
(ahd. k(g)lat, mibd. glat, altn. glad, agf. elad, gleed, na Bott mit fanflr. bisd 
== fi) freuen zufammenhängend, was Graff IV. 287 mit Recht beiweifelt), 
Glanz (f. ©. 185), Blas (abd. klas, altn. mhd. glas, agf. glees), Blage 
(mäb. glaz, glatze und glitze;s Graff IV, 295 vgl. altn. glata — verlieren), 

leißen (f. d.), gligen (f.S.185), Gletſcher (f. d) und glüben (6. 188) 
e Form ſpricht nicht kei allen dafür, die Bedeutung hätte ich im Laufe ber Zeit 
mehrfach verändert. | 


Neiten. 
(Wurzel rit.) 

Neite, vitt, geritten, reiten (ahd. ritu, reit, ritumes, ritauér, ritan, 
mhd. rite, reit, riten, geriten, riten; agj. ridan, altı. rida) 1) 
lich allgemein fih — (reiten, gehen, fahren ſchiffen); 2) ſich 
auf Thieren fortbewegen; 8) in — a Sa etwas ge 
fien; 4) (von — Thieren) begatten. — reitet fo fi 
duch Nacht und Wind? Göthe, Erlkönig. Ritt er auch unter des 
Feuers Bliken auf: und nieder mit fühlem Blut. Schiller, Wallen⸗ 
fteind. Lager 6. Als ob zehntaufend Teufel ihn ritten. KM. Schwit. 
Daß ich euer Pferd nicht zu Schanden geritten habe. Göthe, Ber 
venuto Bellini 8, 2. 

Die Eynonymen f. ©. 727. 
du, an—, auf —, aus —, be—, beii—, daber—, dabin—, 
Barein—, darüber —, durch —, ein—, einher —, ent—, entgegen—, 
er —, fort — her —, herad —, heran —, herauf —, herans — berein—, 

eruͤber — herum — herunter — bervor —, herzu —, hin — hinab -, 

Heer Binauf—, binaus—, hindurch —, hinein —, Binüber—, 


nunter—, hinweg —, hinzu —, mit —, nach —, nieder —, über— 


801 


um — umher —, unter — ver —, vor ‚voran —, vorans —, vorbei —, 
vorüber—, weg —, zu —, zurück—, zuſammen — ſteckenreiten find 
an ſich klar. — Das Regiment des Herzogs war ſchon vorwärts und 
der Kronprinz abgeritten. Göthe, Campagne in Frankreich 6. Dftbr. 
(Da fam) der Nachtrab angeritten. Bürger, die Entführung. Als 
das Kleeblatt anritt. 3. Paul, Zitan 28. Und vor uns ritten Die 
Dragoner auf. Schiller, Piccolomini 3, 3. Aber muß denn der 
Bater ausreiten, wenn’s fo gefährlih it? Göthe, Götz v. B. 1. 
Auch vom Kunftreiten und fogar vom Bereiten der Pferde wußte 
er Rechenichaft zu geben. Göthe, Leben 15. B. (Um) die Gegend 
umber zu bereiten. Göthe, Campagne in Frankreich 30. Auguft. 
Das berittene Freudenroß. J. Paul, Titan 47. Bon vier gleic)- 
falls berittenen Zrompetern begleitet. Göthe, Leben 5. B. Im 
Dahinreiten fih auf dieſe Weiſe unterhaltend, Göthe, Meifters 
Wanderj. 1, 11. Wo fie durchritten ftellten ſich die Kinder wie 
geitern. Daf. 4 2%. Und raſch einber auf dem geftreiften Steden 
Das Feld durchritt. Salis, die Kinderzeit. In das friedfiche Thal 
einreitend. Göthe, das Kind mit dem Löwen. Grad einreiten 
in Zomorn will der Eid. Herder, Ed 8. Wenn er auf feinem 
zahmen Schimmel einhergeritten fam. Göthe, Leben 7. B. Dz 
(daß) er ihm nit zuentreuten vermöchte. Zincgref, Apoph. 1, 48, 
Wilhelm ritt ihm entgegen. Göthe, Meifterd Lehrj. 7, 1. Er 
ritt anf alle Seiten, berüber, hinüber, ber und bin, fann feine 
Ruh erreiten. Göthe, der untreue Knabe. Ich reite gleich niit 
Shuen hinein, fo können Sie die nöthigen Drdres erhalten, und Sie 
zeiten noch vor Nacht wieder fort. Göthe, Meifters Lehrj. 3, 11. 
Indem ſo kommt der Weisligen hbergeritten mit vier Knechten. 
Göthe, Götz v. B. 1. Dortvermaß ich mid herabzureiten. Göthe, 
Eugenie_ 1, 4 Da reitet ein fürftliher Ritter heran. Göthe, 
Ballade. (Daß er) neben ihm gemäßigt heraufritt. Göthe, das 
Kind mit dem Löwen. Ich ſah ihn, wie er zum Schloß hereinrei- 
ten wollte. Göthe, Götz v. B. 2. Reit herum. Göthe, Götz 
v. B. 3. Da kommen drei Reiter, fie reiten hervor. Göthe, Hoch— 
eitlied. Er ritt langſam und nachdenkend die Straße hin. Göthe, 

eiſters Lehrj. 1, 13. Sie ritten eine ſteinige breite Fläche hinan.. 
Er rittt den wüſten ſteinigen Hang hinunter. Göthe, das Kind mit 
dem Löwen. Dann reitet ihr zu euerm Schloß hinauf. Göthe, 
Götz v. B. 1. Der Graf ſchlug vor, ind Abendroth hinauszu— 
reiten. J. Paul, Titan 54. So ritt ich hinüber zu den Ligui— 
ſten. Schiller, Wallenſteins Lager 6. Ihr Buttleriſchen ſollt auch mit— 
reiten. Daſ. 11. Er ritt dem zweideutigen Paare nach. Göthe, 
Meiſters Lehrj. 5, 15. Er hört, wie von allen Seiten ihn feindliche 
Scyaaren umreiten. Körner, Harras. Ich ritt weiter vor, Göthe, 
Campagne in Frankreih, Belagerung von Mainz. Ein unfdrmlicer 


si 





802 








Stadtichreiber ritt voraus, Göthe, Meiſters Lehr. 1, 13. Wem 
Egmont vorbeiritt. Göthe, Egmont 1. Da Walther grad’ vor 
überreitet. Redwitz, Amaranth. Der Kutfher? Der it wegge- 
titten. Leſſing, Minna v. B. 3, 2. Daß Frauen von wohl zuge 
rittenen Pferden fich tragen laffen. Göthe, Egmont 8. So ritt er in den 
Schranken auf den großen Haferhaufen zu. Göthe, Leben 5 B. Als 
ih zurüdgeritten und völlig in Sicherheit war. Göthe, Kampagne 
in Frankreich 19. Septbr. Der auf dem Kredit feines Onfels ſteck en⸗ 
reitet, Schiller, Fiesko 3, 8. 


Reiter, fälfchlih Reuter, ahd. ritäri, ritar, riter, mhd. ritaere, 
riter, ritter, agf. ridere, altn. riddari), und Ritter if urfprünglich 
und fo noch jet im Allgemeinen wer ſich in Pferde fortbewegt (reitet); 
im Befondern ift Reiter der zu Pferde dienende Soldat, gewöhnlich 
der — Ritter iſt adeliger Streiter zu Pferde, vermittelft des 
feierlichen Ritterichlages zur Würde erhoben. Reiterei; reiterlidh, 
ritterlid; Ritt die Sandfung des Reitend. — Der Reiter und 
und fein gefchwindes Roß, fie find gefürchtete Säfte. Schiller, Wallen- 
fteind Lager 11. Bon der bedrängten Reiterei angeregt, Goͤthe, 
das Kind mit dem Löwen. Bon der Wuth tollkühner Reiterei, um 
unfres Glückes willen, abzuftehen. Göthe, Eugenie 3. 2 Laß kom⸗ 
men Pharaon mit feinen Rettereien. Opiß. Die Bereiter... 
zogen aller Augen auf fih. Göthe, Leben 5. B. Befonderd fielen 
uns... die Vorreiter auf. Daf. Je nun, als Mufterreiter, 
wenn dir Das gefällt. Platen, die verhängnißvolle Gabel 4. Und der 
Ritter fnieet betend vor dem heiligen Altar. Uhland, St. George 
Ritter. Eine Nitterin von trauriger Geftalt. 3. Paul. Vielleicht 
war es ein Glüdsritter, Sturz, Aneldote von Montesquien. Schif- 
fer, Pilger, Kreugesritter brachten dazumal_die Mähre. Ubland, 
Mudello. Auf, ins Gewehr, flreitbare KLiebesritter! Shakeſpeare, 
Liebes Luft und Leid 4, 1. Zehn getreue Mohrenritter 

ihm gewappnet nach. Uhland, St. George Ritter 2. Mir dam rit- 
terlich Gefängniß zufagen, und Die Zufage wieder brechen. _Göthe, 
Götz v. B. 4 (Der) fo. unritterlich handelt. Pyrfer, Rudolph 4. 
Er hat jo recht ein ritterlich Geſtell. Uhland, Ludwig d. B. 2%. 
Der Ritt durch den Staubweg machte mic hungrig. Voß, der 
Adendichmaus 231. Kurz nach feinem Abritt. Ungenannter bei Campe. 
Verfpätete ich mich bei einem Ausritt. Göthe, Wahlverwandſchaften 
1, 2. Im Tauterbraufenden Heimritt. Pyrker, Rudolph 9. Das 
heiß’ ich friihen Heyenritt. Göthe, Fauſt 2, 148. Sie nupte fühn 
des Morgenrittes abgemefi'ne Stunden. Göthe, Eugenie 3, 2. 
Wie er den Raubritt ieh, Pyrker, Rudolph 10. Scheidend ver- 
fäumte der Gemahl nicht einen Spazierritt vorzufchlagen. Göthe, 
das Kind mit dem Löwen. 











803 


Neiſtger (von mihd. reisio = zum’ Kriegszug gerüſtet ober gehörig, f. 
reifen ©. 727) ift der zu Bferbe dienende gemeine Soldat, in neuerem Hoch⸗ 
dentſch nur noch alterthämlich und dichteriſch. — Ruft eure Meifigen und 
ſtoßt mich nieder! Schiller, Tell 8, 8. 

Yum. In der ältern Sprache bis ins 16. 3. fommt reiten und Reiter 
noch in vielen jept ungebräuchlichen Redensarten vor, 3. B. Kirchfarten reiten; auf 
die Gpäe reiten (freitige Graͤnzen beflchtigen); die Rentmeiſter hatten jährlich in 
Ihrem Rentamt umzureiten, den rentmeiſteriſchen Umritt zu halten (d.h. die Aemter 
zu viſttieren); Strichreiter u. a. ; 

Reitbar, —dede, —gabel, —gefellihaft, —gurt, —halen, —halde, 
— hans, —hengft, — herr, — hoſe, —jade, —junge, —fiffen, - nie, 
— toller, —kunſt, — lehre, — lings, —mafche, (bei den Jaͤgern) — maus, 
— milbe, — ochs, — peitſche, — pferd, — platz, tod, —roß, — Sattel, — ſchaͤ⸗ 
mel, — ſcheide, —fchmied, — ſchule, — ſtall, — fange, — ftiefel, — ſtock, — ta⸗ 
ſche, zeug, — zug u. a.; — Reiteraufzug, —büchſe, —degen, —fahne, 
-faͤhnrich, — flinte, — gar, (halbgar) — geld, — handſchuh, - haufen, —jade, 
—koller, — lied, — marſch, — recht, — regiment, — ro, — ſchaft, —ftier 
fl, tanz, — wamms, — wechſel u. a.; — Reitersfran, —braut 
u.05 — Ritteralter, —amt,— bant, — birne, —blume, —braud), 
burg, —bärtig, —dienft, —dorf, —eid; — feld, —feft, —freibeit, 
na — gerechtfame, Bi —geſchichte, —geichleht, —hof, 

ufe, — käfer, —kaſten, —kreis, — lehen, — pferd, — pflicht, —rath, 
—zotte, — roß, — ſchild, — ſchlag, —ſchloß, —Ihule, —ſchwamm, 
-ſold, — ſporn, —ſtern, —fteuer, — ſtutz, — tafel, —taube, — tracht, 
—zehrung, — zug u. a; — Rittersmann u. a; — Rittfertig, 
—lings, — meiſter. — Eben fo traf in der Reitbahn feine Kugel. 
Göthe, das Kind mit dem Löwen. Es will verlauten, daß es (diejes 
Wort) bei einigen Dichtern ſchon jetzt die Ehrenftaffel eines Reit- 
bürſchleins erftiegen habe. Campe. So hieß fein Neitgefährte. 
Alyinger. Indem er ſogleich nach Hut und Reitgerte fuchte. Göthe, 
Bahlv. 1, 9. Nun noch zur Abweihllung eine einzige Reitges 
ſchichte. C. Wagner. Reithandfhuh am Sattel bangen. Uhr 
land, Junker Rechberger. Du ſchaff mir ein Reitkleid. Shalefpeare 
Cymbeline 3, 2. Ein einz’ger Neitfneht nur war im Geheimniß 
Göthe, Eugenie 3, 2. Nicht diene dieß Reitpferd... Das ges 
hattelte Reitroß. Pyrker, Rudolph 10. Die Reitzeuge.., zogen 
Alter Augen auf fih. Göthe, Leben 5. B. — Fußvolk nd Reiters 
fähnlein zogen flündlich ind Lager ein. Uhland, Ludwig d. B. 8. 
Und bebend im Reiterarm drehn fle fih. Redwitz, Amaranth. So - 
Reitersmann wie Neiterbube. Daf. Im Kreif erlefenen Reis 
tergefolges. Pyrker, Rudolph 1. Mit Kunrings Reiterfchwa« 
dron. Dal. Das nenn’ ich deutſches Reiterglüd. Redwig, Ama⸗ 
ranth. Heifa, du luſtig Reiterleben! Daf. Denn das ift unfre 
Reiterpflicht. Schitter, Wallenſteins Tod 3, 15. Aber die Reis 
terſchar, gleich Flügeln, umgebend das Fußvolk, hob den blinkenden 


51® 


804 


Stahl. Pyrker, Zunifias 3. Ach! das feurige Roß, einft tu Olym⸗ 
pins Rennbahn nicht ungelobt und in der Reiterſchlacht. Voß. 
Doch in des Heeres Rüden rubte das Neitervolf der cdelen Un- 
garn. Porker, Rudolph 3. Hinunter jet fleigt Amaranth zum Reis 
terfhwarm. Redwig, Amaranth. Darum rath’ ich, daß Reiter: 
wache vor jeglihem Stadtthor fteh. Sonnenberg. Und. mitten in 
manchem derben Reiterwiß wird ihre Zunge plöglich lahm. Red⸗ 
wis, Amaranth. Ich kam, ein fchledhter Reitersburſch. Schitter, 
Piccolomini 4, 4. Haben wir Reitersdienft genommen. Schiller, 
MWarienfteind Lager 11. Mid, einen fchlehten Reitersjungen. 
Göthe, Götz v. B. 2. Der als tapferer Reitersmann doc nicht 
lange diente. Daf. 1. — Außer den Ritterausdrüden. Göthe, 
Leben 12. B. Der Platz, auf welchem. das Nitterbild Ludwig 
XIV. bervorragte. Thümmel. Heut will der Städter baden im hei: 
gen Ritterblut. Uhland, die Schlaht bei Reutlingen. ‘Meine 
Raphaele fand ih in Ritterbuch. Mathiffon, die Kinderjahr! (Ex 
war) die eigentliche Seele des wunderlihen Ritterbundes. Göthe, 
Leben 12. B. Zum Ritterdank ift dir ein fchönes Weib beidie 
den. Wieland, Oberon 6, 7. Wie e8 die Ritterehre gebot. Pyr= 
fer, Rudolph 3. Die alte Ritterfefte hebt kühn im goldnen Glanz 
des Thurms bemooste Reſte aus finftrer Ulmen Kranz. Matthiffen, 
Abendgemälde. Im Kreife holder Ritferfrauen. Redwitz, Ama- 
ranth. Das Ritterfräulein willſt du dir erwerben. Schiiter, Te 
2, 1. (Erweckt) den zeitgemäßen Rittergeift. Benzel-Sternm. In 
beiden vermifchte er fi) mit dem gothiihen Ritter- und Riefenge- 
fhmad. Herder. Das Bad auf feinem Rittergut. J. Paul, 
Heſperus 2. Sein ritterhafter Anſtand. Ungenannter bei Campe. 
Hier werf ich meinen Ritterhandſchuh bin. Schiffer, Jungfrau 
v. O. 4, 11. Wo einft fo heil vom Staufen die Ritterharfe Fang. 
Uhland, Graf Eberhard. Drum fah man die Ritterhbaufen fi 
tummeln mit Lanz und Schild. Uhland, der junge König 2. So liefen 
and) mandyerlei Gerüchte über Herfommen des Ritterhbaufes. Be 
el-Sternau, Drei Ritterhelme hab ich dir (ind Wappen) geil 
land, Ludwig d. B. 1. in alter Hahn, der Schmud vom Rit⸗ 
terbof. feel, der Hahn und der Kapaun. Dies mußte in mir 
nothwendig die Ritterideen aufreizen. Göthe. Und länger wider- 
fteht die Ritterjungfrau nicht. Hauswald. Zelte wurden ange- 
ordnet, Ritterfämpfe. Herder. Es liebt fich jeßt ein jedes Kind 
den Harnifch und den Ritterfragen. Göthe, Fauſt 2, 264. In⸗ 
ftimmte, tief betroffen, der ganze Ritterfreis. Kopiich, die Noth- 
glode. Hier folgt fein Ritterfreuz zurüd. Schiller, Don Carlos 
5, 7. Nichts nennt er fein als feinen Rittermantel. Schiller, 
Zeit 1, 2.. Dem Zode rittermäßig entgegen gehn. Opitz. @inem 
jeden war ein Rittername zugelegt. Göthe, LXeben 1.8. Jüngſt 





805 


rin 


watt ein deutſches Ritterpaar zu Sempachs ernſtem Beinerhaufe. 
Pfeffel, die Kapelle bei Sempad. Das ift eure Ritterpflidt. 
Böthe, Götz v. B. 1 Das Ritterrecht, das Karl in mir verlegt, 
zu fhügen. Wieland, Oberon 1, 51. Mein Ritterrubm und Adel, 
ottlob! troßt jedem Tadel, Bürger, die Entführung. Im weiten 
Raum des alten Ritterfaals. Göthe, Fauſt 2, 81. Preis Eaftil’- 
fher Ritterſchaft! Uhland, St. Georgs Ritter. In der Nachbar⸗ 
ihaft, im Ritterſchaftlichen, 2 e8 leicht und heimlich an. 
Göthe, Meifters Lehrj. 1, 16. Die Ritterfchar entbranute. Ben— 
zel- Sternau. Der Ritterſchlag felbft geichab mit hergebrachten, 
von mehreren Ritterorden entlebuten Symbolen. Göthe, Leben 
12. 3. Geilterfhar und Ritterihwarm. Benzel-Sternau. Mit 
dem Ritterfchwert Landeigenthum fich tapfer zu erfechten. Schiller, 
Piccotomini 4, 4. Um nicht durch DBaterthränen den Ritterjinu 
zu böhnen. Bürger, die Entiührung. Vom nahgelegnen Ritterſitze. 
Pfeffel, die Zurteitaube. Um dort die Ritterfitte zu lernen. Her—⸗ 
der. Was dem bedrängten Reiche. fehlt, iſt nicht ein Ritterfpiegel 
und ein Königsherd. Uhland, Ludwig d. B. 1. Wobei man Rit— 
terfpiele hät. Göthe, Meilters Lehr. 5, 4 Floß Omars 
junges $Heldenblut durch Gusmanns Ritterfpieß Pffeffel, 
Ibrahim. Auf einmal rüttert fid) der ganze Ritterfiand Wie— 
land, Oberon 1, 43. Die ufligen Riterftreiche in Don Quixote. 
Reichardt. Ich habe in dieſen Tagen ein altes deutfches Ritterſtück 
durdhgelefen. Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 147. Sie ftellten mit 
Geift und Munterkeit eine Rittertafel vor. Göthe, Leben 12. 8. 
Ein Sänger in den frommen Rittertagen. Uhland, Vermächtniß. 
Ber mur von Rittertbhaten träumt. Schiller, Don Karlos 2, 8. 
Dies waren die Pflichten des Ritterthums. Herder. Auf den 
echten Rittertod waren fie nicht minder gefaßt. Benzel- Sternau. 
Mähr- und Ritterton. ihrer heroiſchen Thaten. Herder. Auf meine 
NRittertreu kannſt du Die Erde bauen. Bürger, die Entführung, - 
Dem mein Boll-Ritterwaffen reichte. Herder. Der echten Rit- 
terweih’ ergeben. Benzel-Sternau. In dieſes Ritterwefen ver- 
ſchlang fich noch ein feltfamer Drden. Göthe, Leben 12.8. Ich gab 
mein Ritterwort. Schitter, Ten 3, 3. Aus den Händen der Ara 
ber hatten die Europder Andacht, Liebe und Tapferkeit al8 einen Kranz 
der Ritterwürde empfangen. Herder. Nach dei gebeiligten Rechten 
altehrwürdiger NRitterzeit. Pyrker, Rudolph 5. Man fagte ung 
viel von deinem Ritterzug.. Pfeffel, der Neronaute. — Des Weges 
fam ein ſchwarzer Zug vermunnnter Rittersteute,. Uhland, Junker Rech⸗ 
berger. Ber wagt cd, Rittersmann oder Knapp, zu tauchen in 
dieſen Schtund ? Schiller, Taucher. Daß er ihn lehrte mit Ritters 
muth nad rühmtichen Thaten flreben. Pyrker, Rudolph 3. — Die, _ 
rittfertig, und fletd an der Seit’ ihm harıten des Winks. Pyrker, 











806 


Zuniflas 6. Wer bat je gehört, daß fich einer rittlinge auf eines 

Adlers Rüden geſetzt hätte. Gebrüder Grimm, Dan. D’Rourfe. 
Yum. Rüdert (gef. Geb. 3, 504) fagt auch: I babe meine Ritten 

heit durch Ritterthat erprobt. Gr Bat noch andere neue Bildungen auf —Beit, 


3. B. Knechtheit, Wäüſtheit, Süßheit, Meinheit (daf. 2, 10. 4, 308. 
4, 435. 4, 84) 


Schreiten. 
(Wurzel scrit). 


Schreite, ſchritt, geſchritten, fehreiten (ahd. scritu, screit, 
.scritum&s, scritaner, scritan; mhd. schrite, schreit, schriten, ge- 
schriten, schriten; niederd. schriden, agf. scridhan, altn. skrida, 
altj. scridan, ſchwed. skrida) überhaupt ſich in gewiſſen Abfägen fort 
bewegen (altüi. skrida, hochd. noch im 15. Jahrh. vom Gleiten der 
Schlange gejagt); im Befondern Durch Schritte fid) fortbewegen, info 
fern man einen Fuß vor den andern feßt, mit dem Nebenbegrijf des 
Heften, Abgemeflenen, einer gewiffen Feierlichkeit. Das Uuglüd 
fhreitet ſchnell. Schiller, Glocke. Laſſen Sie und nun zu den Heir 
rathspuncten ſchreiten. Gellert. 
Gehen (ſ. S. 727) iſt allgemein ſich zu Fuße fortbewegen. 

Ab—, au —, auf-, auf und ab —, auf und nieder—, aus -, 
be—, bei—, daher —, dahin —, darüber —, durch —, ein—, ei 
cher —, ent —, entgegen —, er —, fort—, her —, herab —, heran — 
herauf —, heraus —, herein —, herüber —, herum —, berunter—, 
hervor —, herzu —, hin — hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus -, 
hindurch —, binein—, hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —, 
nach —, nieder —, rück —, über —, um —, umher —, vor —, voraun —, 
voraus —, vorbei—, vorüber —, weg —, zu —, zutück —, zuſammen⸗ 
ſchreiten. — Man zog ihr wackres Thier, worauf ſie hergeritten, nachdem fle 
abgeſchritten, gleich in den Stall von hier. Bürger, Europa. Der 
Alte kommt indeß, mit ungewiflen Schritten, an feines Röschene Arm all» 
mälih angefchritten. Wieland, Oberon 7, 30. Als es auf ein- 
mal, als wir auffchritten, wieder über unfern Häuptern helle zu 
werden anfing. Göthe, Briefe aus der Same 3. Abthl. Auf denen 
(Galerien) der Ritter fonft auf und abſchritt. Göthe, das Kind 
mit dem Löwen, Der (Apollo) im lichten Himmel auf und nieder 
Ihritt. PBlaten, vom. Dedipus 4 So fhreitet in dem engen 
Breterhaus den ganzen Kreis der Schöpfung aus. Göthe, Fauſt Bor- 
jpiel. Die reine glatte Fläche (des Eijes) als der Erſte zu beſchrei⸗ 
ten. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 5. Sieh, fehledht und recht, em 
Bauersmann am Wanderftabe |chritt daher. Bürger, Lied v. kr. 
M. Hadrian, welcher zu Fuß den bewohnten, ihm unterworfenen Erd» 
kreis durchſchritt. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 9. (AS fi) m 
ein mit Nebeldampf verfchüttetes Thal einfhritten. I. Baul, He⸗ 





807 


fperus 1. Welche über die bunte Brücde ganz fachte einherfchrit- 
ten. Göthe, Leben 5. B. Dich ſähe fle dem Glück entgegenſchrei— 
ten. Schiller, Maria Stuart 2, 9. (Gie) erſchritten die Mitte 
der Troer und der Achaier. Bürger, Ilias 3, 266. Auf dem einges 
ſchlagenen Wege fortzufhreiten. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 12. 
Bor dem Zuge her mit kühnem Anftand fchritt die Mächtige. Schil⸗ 
ler, Zungfrau v. ©. 1, 9. Die feiften und keck herſchreitenden 
Böcke trieben wir. Voß, Odyſſee 9, 464. Und den Thyrfus.in den 
Händen ſchreitet er heran ein Gott. Göthe, Pandora. (Wenn er) 
mit Der Tochter des Kalifen an der Seite hereingeſchrit ten wär. Wieland, 
Oberon 11,9. Phöbus [chreitet hervor. Göthe, röm. Elegien 11. 
(Indem man) über das zum Boden gewordene Meer hinſchreite. 
Göthe, Leben 15.3. Langſam Schritt fie hinab. Göthe, Hermann 
"und Dorothea 8, 85. Auch den (Pfad) Ichritt fie hinauf. Dat. 
4, 235. Nicht darfs ich wagen... ind Thor der Stadt... hinein⸗ 
zuſchreiten. Uhland, H. Emft 2 Wenn fle in das Feld eigener 
Thätigkeit und Selbftftändigfeit hHinüberfehreiten. Göthe, Wahl- 
verwandtfihaften 2, 7. Er ſchritt mir nad). Göthe, Meifters Lehr]. 
7,8. Ausden vor⸗ und rückſchreitenden Eigenjchaften des menjd) 
lichen Geiftes. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 48, Gem überfchreit 
ich die Gränze. Göthe, Epigr. 42. Wenn man dabei nicht das Maß 
überſchritte. Göthe, Wahlverwandtichaften 3, 7. (Laß uns) des 
Walles erhabenen Rüden umſchreiten. Göthe, Achilleis. Die Tage 
fhreiten vor. Göthe, Eugente 2, 4. Junge Mädchen dünfen fi 
geaer jüngere Knaben fehr weit vorgeichritten. Göthe, Xeben 
. B. Boran fam der Meßner geichritten. Schillet, Graf von 
Habsburg. An Alter mir nur wenig vorausgeichritten. Göthe, 
Leben 4. B. So ſchritt er grad um Ddiefe dumpfe Stunde ſchon 
zweimal friegeriich unfre Wacht vorbei. Shakeſpeare, Hamlet 1, 1. 
Dann vorüberfhritt ein Schatten wie ein rg Shafelyeare, 
Nichard IV. 1, 4 Weg über meinen Naden fohreitet er. Schiller, 
Maria Stuart 4, 4. So eilte fie an uns-vorbei, ſtark zufchreis« 
tend, ohne fich umzufehn. Göthe, Leben 9. B. So [dritt er... 
langſam der Brüde zu. Daf. 16. B. Was nicht vorwärts gehen 
fann, fhreitet zurüd. Göthe, Menge, 
Schreiter, Schreitung, fchreitbar find wenig im Gebrauch. — 
Bir baden geſehen, daB Fortſchreitung des Geifles das Ziel des 
Staates fein ſoll. Schiller, Lykurg. Mm zeihe Sie verwegener ULeber- 
fhreitung der anvertrauten Vollmacht. Schiller, Piccolomini 2, 2. 
Schritt (abd. scrit, mhd. schrit, altn. skrid) 1) die Entfer- 
nung und Vorſetzung des einen Fußes von dem (vor den) andern; 
2) die Weite, die Entferning: beider Füße von einander im Schreiten; 
3) diejenige Art des Gehens oder Ganges, da man einen Fuß lang- 
jam und gleichmäßig vor den andern fegt, — Dom fleinften Schritt 





808 


erhalt? ich Wiſſenſchaft. Schiller, Piccolomini 1, 3. Da tret’ ih auf 
mit beherztem Schritt. Schiller, Wallenfteins Lager 6. Weil du 
den Apfel trifft vom Baume auf hundert Schritte. Schiller, Tell 
3, 3. — Sein Aufſchritt wurde langfamer. 3. Paul, Titan W. 
Es find wenige Biographien, welche einen reinen, ruhigen, ftäten Fort- 
Ihritt des Individuums Darftellen fönnen. Göthe, Leben 11. 8, 
Doch geichieht fein Rückſchrit. Schiller, Briefm. mit Göthe 5, 309. 
Doch glaubte fie einen großen Vorſchritt zu thun. Göthe, Leben 
11. B. Wo jeder Tag, behend, im Doppelfchritt, ein Marmer- 
blod als Held in's Leben tritt. Göthe, Kauft, 2, 156. Drauf m 
Eilfchritt ritt er hinaus. Pyrker, Rudolph 3. Sie fchwebt dahin 
mit leifem Feenſchritt. Salis, Berenice.e Sie fommt inmitten 
im Feierſchritt einhergeritten. Redwitz, Amaranth. In des 
Sieges Feſtſchritt. Platen, rom Oedipus 5. O laß mit Flügel— 
ſchritten uns eilen! Wieland. Mit des Krieges Gewaltſchritt. 
Sonnenberg. Mit feſtem Heldenſchritt wandelt ſie. Schiller, Don 
Carlos 2, 15. Und fie lenkt die Herrſcherſchritte durch des Fel⸗ 
des weiten Blan. Schiller, das eleuftiche Felt. (Wenn die Kunft) im 
einem erfreulihen Zebensfchritte vorwärts gehen folle. Göthe, Be- 
trachtungen im Sinne der Wanderer. Wie gehft du einher fo ſicheren 
Mannsſchritt? Kofegarten, Hymne an die Tugend. Er hörte nähere 
Menſchentritte. 3. Paul, Titan 23. Mit einem fühnen Mo 
narhenfchritt trat er den Fünftlichen Bau einer Würmerwelt nieder. 
Schiller, Abfall 9.N. 1.B. Bon allen dieſen Reuſchritten machte 
er feinen Freunden fein Geheimniß. Göthe, Winckelmann 1. (Die 
fi an der Bildung Riejenfchritten freut. Göthe, Eugenie 3, 2. Scheuer 
Sflavenfhritt. Uhland, Sängers Fluch. Kein Stelzenfdritt 
(gefällt). Platen, vom. Dedipus 4. Manches Mißverhältniß Löft, un« 
bemerkt, indem die Zage rollen, duch Stufenfhritte fih in Har- 
monie. Göthe, Eugenie 4, 2. (Sie) eilte im Sturmſchritt vor. 
Pyrker, Zuniflas 6. Nadte Armuth ... z0g bier goldbelaftete Schiff, 
arbeitend voll Fleißes mühjam her und mit Taumelſchritt an dem 
Ufern. Sonnenberg. Nach kurzem Bedenken ertönte fogleich ein freu- 
diger dem Wanderfchritt angemefjener Zweigeſang. Göthe, Meifters 
Wanderj. 3, 1. Wir Elfen fliehen mit Zenb yrſchritt. Matthiſſon, 
die Elfenkoönigin. 

Schrittmaß, meſſer, —weile, —zähler u. a. — Biegſame Soh⸗ 
len, goldene, ſchrittbefördernde. Göthe, Pandora. Stelle dich 
ſchrittlings über mich. Shakeſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 5, 1. 
An allen feinen Handlungen (fand man) eine ununterbrochene Schritt⸗ 
mäßigfeit. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 9. Er wollte von den hohen 
hohlgeſchliffenen Schrittfchuhen 1] nichts willen. Göthe, Leben 15.2. 

2) Im Oberbeutfchen fagt man lieber Schlittſchuhe. Bekannt iſt Klopkods 
Kampf für die Form Schrittfhuhe, die durch ahd. scritescuoh- (wahrſchein⸗ 





809 


Ich fand in der großen Maffe auf den Schrittfleinen. Göthe, 
ital. Reife Palermo 12. April. [Er beifchte] jchnelleren Gang, mit 
erhobener, oft jchrittweifender Rechten. Pyrker, Rudolph 5. 


Anm. Schwend ftellt ſchreiten zufammen mit lat. gradi und dem deut⸗ 
fhen gräten, arätfchen (mhb. gröten, grötschen), die Beine auseinander ſper⸗ 
ren. Wol richtiger finden Grimm und Weigand Murzelverwandtfchaft mit goth. 
skreitan = zerreißen, ahb. sceritan (scrizan), oberd. noch ſchreißen. — Du 
ie mit deinen Beinen gegen allen, fo fur vber giengen. Luther, Bibelüberſ. 


zechiel 16, 35. (Sie) Handen mit ausgegrätfchten Beinen ba. Göthe, 
Egmont 4. 


Streiten. 
(Wurzel stritz; Wadernagel vgl. lat. lis, altlat. stlis — Streit.) 
Streite, ſtritt, geftritten, fireiten (ahd. stritu, streit, stritu- 


mes, stritaner, siritan; mhd. strite, streit, striten, gestriten, stri- 
ten; altn strida, ſchwed. strida) allgemein die Kräfte für oder gegen 
(nach) etwas anftrengen; dann thätlich entgegen fein, fei es mit gei— 
fligen oder förperlihen Waffen. — Nun hatte ſich jener im heiligen 
Krieg zu Ehren geftritten durch mannigen Sieg. - Göthe, Hoch— 

i = i it Pflichten reiten Pflichten. Schiller, Wallenfteind 

2, 2. 

Die Synonyme fehten, Fämpfen, ringen f, ©. 148. 

Ab—, an—, aus —, be—, er—, fort—, mit—, wett—, wi- 
der— , zerftreiten find ar. — Wer will der Thor fein, ihm Das 
Erbe feiner Macht abzuftreiten? Schiller, Fiesto 4, 7. Sie ver- 
binden fih, das Heimfallsrecht weder anzuftreiten, noch anderer 
Reklamationen gegen daſſelbe beizupflichten. Allg. Zeitung. Ich Din 
weit entfernt, meine Ueberzeugung Andern anftreiten oder aufdtin- 
en zu wollen. Krug. Ausgejtritten, auögerungen ift der lange 
chwere Streit. Schiller, das Siegesfefl. (Der) den Aufwand des 
Geſprächs recht gut zu beftreiten wußte. Göthe, Xeben 7. B. Ei- 
ee des Verftorbenen, deflen Erben nicht beftritten werden. 

öthe, Tag- und Jahreshefte 1802. Oft will ich dann mit gemwal- 
tigem Arın den Summer beftreiten. Klopftod, Meſſias 4, 804, Doch 
als er fern ſich Kreta's Erbe kühn erftritt. Göthe, Fauſt 2, 194. 
Daß umjonft ein folches, jo großes Volk der Achaier niemals from- 
menden Streit raftlos fortftreitet und fämpfet. Voß, Slias 2, 
120. In Mitte meines treuen Baiervolfes will ih mitftreiten wie 
ein andrer Mann. Uhland, Ludwig d. B. 3. Wettftreitet, wer 
am lautften ftaunt! Klopftod, Ueberſchätzung der Ausländer. (Da ich) 
dem Böfen, wie dem Uebel, widerftritt. Göthe, Eugenie 3, 1. 





— seritiscuoh,) mbt. scriteschwech, im Voc. v. 1429 schrittelschuch beflä« 
gt wird. 


810 


Das widerftreitet unfern Freiheitsbriefen. Schiller, Tel 3, 3. 
Man zerftreitet fih fo fehr, ob ein Syuamd zu viel Fener haben 
m — Hamburg. Dramaturgie 5 
eit ſahd. nıhd. strit, ag ei strid] zunächt Wetteifer ge- 
gen — dann Anwendung der Kraͤfte in IiDerftrebender und = 
a Gegenwirkung. — Meſſina theilte fih, die Bruderfehde 
alle heil'ge Bande der Natur, dem allgemeinen Streit die Lo— 
hung gebend, Schwert traf auf Schwert, ‚zum Schlachtfeld ward Die 
Stadt Schiller, Braut v. M. — Beil ihn jelbft der Bermefi'ne zum 
Bogenftreite aufgefordert. Voß, Odyſſee 8, 28. Der Euch alle 
Gründe eines Ehrenftreites an den Fingern berzuzäblen weiß. 
Shafefpeare, Romeo und Julie 2, 4. Aud wie er [Baus] einſt 
im Götterftreite mit wahrer Löwentapferfeit den flürfften Rieſen 
jelbft erfchlagen. Hagedorn. (Wir) jehen der Zimmer Fröhlichleit und 
junger Rinder Hörnerftreit, Dürger, Liebeswerbung. Und den- 
noch iſtss der erſte Kinderſtreit. Schiller, Braut v. M. Weßbhalb 
ſich nie ein Rangftreit hervorthat. Goͤthe, Meiſters Wanderj. 3. 
10. Es find Unziemlichkeiten vorgegangen in dieſem Rechtsſt reit. 
Schiller, Maria Stuart 1, 8. Da liegſt du ſtill im Todesſtreit. 
Redwitz, Amaranth. Der Bettfreit‘ war heftig. Göthe, Meifters 
Banderj. 3, 9. Herr Hüon, ſtandsgemäß ein Feind von Wörter: 
ftreit. Wieland, Dberon 6, 48 
Fehde (langobarbifch faida, ahd. gefehida, mhd. vehede, gevehede, vehe, 
altf. feheta, agf. faedh, mittelnieberl. vete, dän. feide, mittellat. faida, altfran;. 
faide, von ahd. f(v)ehjan, mid. vehen — higig, feindfelig fein; vgl. goth. faĩan 
ſchelten, fijan = haffen, woher Feind, Participialbildung, goth. hand, (frjand), 
ab. flant, agf. fiend, fiond, feond, altn. flandi, mhb. vient; gr. mızpos = 
fharf auf die Sinne einwirfend) eig. Feindſchaft; gewöhnlich öffentlich erklärte, 
nad einer Genugthunng trachtende Feindſchaft. Hader (wahrſcheinlich ans 
altn. had, hAdh, = Schmach, dän. haading) eig. in Karten Worten ausge: 
dradte Mipbilligung gegen den Anden; dann ein durch thätliche (in Hundlung 
oder Wort beftehende) Reibung und wiederholte Iufügmg von Aergerniß ſich 
kundgebendes Entgegenfein, befonders über etwas Geringes. Zanf (vom jan 
fen, wol von goth. tahjan, mhd. zanken, zaniken — zerren, rein; vgl. 
ahd. gizango, gizengi — ſchwer, eindringend, auch lat. tangere — berüßten ?) 
mit Anwentung harter unwilliger Worte ausgedrücktes feindliches Entgegenfein. 
Span (im ı5. N. spAn) ſ. ©.204. Zwiſt (6.720) Begeneinanterfein ans feind⸗ 
feliger Befinnung der Bntzweiung. Wortwechſel (ſ. Wech ſel 6.610), Wort⸗ 
ſtreit, Wortkampf, Wortgefecht find an fih flar (f. Wort ©. 438, 
Kampf und Gefecht S. 55). — Was will hier entflammter Triebe Ha ber in der 
gottgeweihten Jungfrau Bruf? Bürger. Die Bürften find verföhnt, das if 
die Wahrheit, und in der hohen Häupter Syan und Streit fi unberufen, 
vielgefgäftig drängen, bringt wenig Dauk und öfter noch Gefahr. Schiller 
Braut v. M. Ihr wart noch zarte Anaben, aber ſchon entzweite euch der 





811 


jammeroolie ZwiR. Daf. Gin unbedentender Wortwechfel In herrſchaft⸗ 

lichen Angelegenheiten. Leſſing, Emilie Galotti 8, 8. Die Sache iſt feinem 

MWortgefecht mehr unterworfen. Schiller, Maria Stuart 1,7. 

Streiter, ſtreitig, ſtrittig ahd. etritie; mhd. striteo; Streitig« 
keit, ſtreitbar (mhd. stritbære), ſtreitlich (ahd. stritlih). — Müde 
ſchon find die Streiter, und alles deutet auf Frieden. Göthe, Her⸗ 
mann und Dorothea 1, 198. Sie ſah die junge bebende Strei⸗ 
terin. Klopftod, die beiden Mufen Wir find die Gottesftreiter. 
Uhland, König Karls Meerfahrt Der mir diefen Platz fireitig 
machte. Göthe, Götz v. B. 4. Unftreitig thut ihr jegt mir mehr 
zu nah. Shafejpeare, Kaufmann von. Benedig 1, 1. en Ramen 
verbotener Gerichte führten die Freigerichte Y: nftreitig daher. J. 
Möjer, die weſtphäl. Freigerihte Schon zum voraus fielen große 
Streitigkeiten vor. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 3. Und ih im 
Befipg des ftrittigen Stücks. Göthe. Göß v. B. %. Herr Voß, 
der fireitbare Mann. Lichtenberg, über die Pronunciation der 
Br So ftreitlich will ich werben. Ruckert, geſ. Gedichte 
4 35 


Streitbeil, — feuer, —grund, —hahn, — hammer, —handel, 
—bengft, —huhn, —kolben, — kunſt, — lehre, —lehrer, —luſtig, 
— müde, — muth, —muthig, —pferd, —platz, — predigt, —punct, 
— rede, —richter, —Ichlichter, —Ichnepfe, — ſucht, —füchtig, — waffen 
u. a. — (Ald er) aufs Eis die gleitende Streitart gejchleudert. 
Shafjpeare, Hamlet 1, 1. Do am dem Herzen nagten mir der Uns 
muth und die Streitbegier. Schiller, Kampf mit dem Drachen. 
Auch die Troer find ſtreiterfahrene Männer. Voß, Odyſſee 18, 
261. Den freitfertigen Sohn des Dnetor. Voß, Ilias 16, 605. 
Meine Werke fodten feine Zweifel über die Streitfrage aufldien. 
Goͤthe, Benvenuto Eellini 2, 4 Laß die flogen Streitgenoſſen. 
Ziedge. So rief er, warf im Hui den Speer und traf Aeneend Streit- 

eſpann Deikoon. Bürger. Die Leute, welche fih auf Streitge« 
— legen. Opitz. Mit ſtreitgeübter Hand. J. G. Jacobi. 
Säet Verderben und Streitgier umher. Herder. Und in der Streit- 
band ganze. Gewitter, Sonnenberg. Da jchollen die Sreithelme. 
Sonnenberg. (Dort bat) der Unken Streitfraft ihren Plan er⸗ 
ichüttert. Göthe, Fauft 2, 272. Ihre Streitlohorten fprengten 
der Unmoͤglichkeit diamantne Pforten. Matthiffon, die neuen Argonau⸗ 
ten. Die ſtreitkühnen Sachſen thaten Schadens auch genug. Sim⸗ 
ro, Nibelungenlied 201, 4. Athens ftreitlundige Fürſten. Voß, 
Ilias 13, 195. Gewohnt des Streitlaufs. Klopftod, die beiden 
Muſen. Wohlauf, und gedenfet der Streitluft! Voß, Odyſſee 22, 
73. Daß alle fterben mußten, die Helden auserfehn, vor den Streit- 
müden. Simrock, Nibelungenlied 2257, 3. Er ſchwang fih... auf 
fein Streitroß. Leffing, Hamburg. Dramaturgie 23. Bei diefer 





812 


gelehrten Streitfahe. Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 4. Auch 
onfer vol auf den ſtreitſchiffen. H. Sachs. Daß ich meiner Bar- 
tei eine mit vieler Energie zu ihren Gunften abgefaßte Streitfchrift 
vorgelefen. Göthe, Leben 13. B. Ros werden zum ftreittage 
bereitet, Aber der Sieg kompt vom Herrn. Luther, Bibelüber. Sprichw. 
21, 23. Derderbend hielt fid) Die Burg ſechs Monden- fchon mit er= 
fefenem Streitvolf. Pyrker, Rudolph 10. Mitten in dieſem Ge: 
taffel von Streit- und Siegegwagen. 3. Paul. (Sie) bewarben 
fi) wenig anders als ftreitweife um fie. Herder. Weil fie mur- 
reten und Streitwörtelten. Simplicifimus 3, 3. — Am Ror- 
gen Streiterluft und Lieben. Redwig, Amaranth. 


Leiden, 
(Wurzel lid, Iith). 


Zeide, litt, gelitten, leiden (ahd. lidu, leit, Htumes, litaner, 
lidan; mhd. lide, leit, liten, geliten, liden; ſchwed. lida, dän. hide; 
aus goth. ga-leithan, ahd. ki-lidan — durch —, fort— , übergehen, 
agf. lidhan = ſchiffen, altj. lithan — fi) fortbewegen, altn. Hda = 
vorübergehen) urſprünglich fi von einem Orte an den andern beger 
ben 5; jeit dem 9. Jahrh. unangenehme, traurig fiimmende Empfin⸗ 
dung haben, Uebeles durchmachen (duch das Durchgehen er- 
fahren); nhd. 1) zum Leid werden, unangenehm jein; 2) unange⸗ 
nehme Empfindung haben (auch uneig. auf Suchen übertragen); 3) 
allgemein Einwirkung auf ſich zulaffen, von Xebendigem wie Leb⸗ 
loſem, und in Beziehung auf Unangenehmes wie auch auf Auge 
uehmes; 4) überhaupt unthätig gefchehen laſſen, unthätig zulaffen, 
es mag Unangenehmes oder aud) Angenehmes fein; 5) (felten) Leid 
ufügen, Leid machen, verleiden (ahd. leidön, mhd. leiden). — Ich 
He fie (die Mutter) leiden. Schiller, Piccolomini 3, 4. Ach, gem 
will ich e8 leiden, will Alies, Alles erdulden, denn du haft viel mehr 
gelitten, viel mehr, wie ich Leide. Klopſtock, Mefftas 11, 736. 
Ich ſag's noch einmal, das leid’ ich nicht. Schiller, Wallenfteins La- 
ger 7. Mein Jupiter. befhügt mir jedes Haar, was kann mir Juno 
leiden? Sdiller, Semele 1. — Was ift es anders als Menſchen⸗ 
ſchickſal, ſen Maß auszuleiden, feinen Becher auszutrinfen. Goͤthe. 
Habt Ihr doch Boͤſes genug erlitten von wüſten Beginnen! Göthe, 
Hermann und Dorothea 6, 88. Schau wie fi) Das Papier fo elend 
muß zerleiden. Simpliciſſimus 6, 12. 

Die Synonymen und mehrere Beifpiele zu leiden f. S. 706. 


1) Brimm vergleicht mit goth. galeithan, Leid das lat, passus = Schritt, 
pati = leiden, passio = des Leiden. — Das ab. Iidan, defien Borfommen Bei: 
gand Mo. 1197 bezweifelt, ſteht in Ludwigslied: Hetz her heidine man obar 
seo lidan = Er ließ heidniſche Männer über See fonımen. 





813 


Leid (ahd. leid, mhd. leit, agſ. ladh, altſ. l&th, led, aftn. leidi; 
agj. ade — Reiſe, altn. leid — Reife, Zufammenfunft) Mühfelig- 
feit, dann überhaupt traurig flimmende Empfindung worüber, leid 
(ahd. leid, mhd. leit, agſ. lädlı, alt. leidhr) eigentlih dem Gemüthe 
zuwider; dann gewöhnlid jo, daß man von trauriger Stimmung worüber 
ergriffen ift, oder daß Einem worüber angreifender traurig zu Muthe 
it; leider (ahd. lcidör, mhd. leider) jeßt nur Interjection; leidig 
(ahd. leidac, mbd. leidec, altj. l&thig) betrübnißgvoll, auch verdrieß- 
fih wogegen; nhd. allgemein von unangenehmer, unluftiger, trauri 

Empfindung; leidlich (ahd, leit(d)lih, altf. Ietcd)lie, agſ. 
‚lädhlie beſchwerlich, haͤßlich, mhd. leitlich —= abſcheulich, ſchmerzlich, 
etwas vertragend) | S. 716; leidfam (mhd. leitsam) iſt veraltet. — Der 
Herr des Himels gebe dir freude, fur das Leid, fo du erlidden haft. 
Luther, Bibelüberf. Tob. 7, 20. Doch da fie jenes gefehn, obgleich 
noch gedenkend des Zornes, fühlte fle Leid. Voß. Der Büſche trau 
rig Grün ſcheint Leid um end zu tragen. Cronegk. Zur lindern unjer 
Erdenleid. Herder. Das inne GSeelenleid. Shafefpeare, 3. 
Caͤſar 2, 1. Im ihrem großen Schmerz und Wittwenleid. Schil- 
ler, Zell 5, 1. Zu emeun Die leide Luſt. Nüdert, ge. Ged. 6, 
181. So werd’ ich wieder jung in leiden Jahren. Daf. 4, 350. 
63 thun mir viele Sachen weh, die Andern nur leid thun. Lichten⸗ 
fein, Nachrichten über fich ſelbſt. Und Braun verfeßte: Leider er- 
baͤrmlich ift das Ungemach, das ihr erblickt. Göthe, Neinefe Fuchs 2, 
23. Der laidig man (der um feine Frau trauernde). H. Sachs. 
.D du loſes leidigliebes Mädchen, fag mir an, womit hab’ ich ver⸗ 
ihuldet, daß du nich auf diefe Falter —— daß du dein gegeben 
Wort gebrochen? Göthe, Morgenklagen. Der leidige Krieg und 
die Noth und Plag in die —— Jahr' ſchon währen mag. Scil- 
ler, Ballenfteins Lager 11. t beife der leidige Satan. ‘Blaten, 
die verhängnißvolle Gabel 1. So werden wir ganz Leidlich leben 
können. Göthe, Taſſo 3, 4. Ich flehte zu Gott um a einer 
leidlichen Gefundheit. Göthe, Meifterd Lehrj. 6. Beides konnten 
wir für eine fehr Leidliche Summe haben. Daf. 2, 11. Unleid- 
liher Schmerz ergriff mich. Göthe, Zag- und Sahreshefte 1808. 
(9. v. Eyb am Ende des 15. Jahrh. fagt unleidelih und unlei- 
denlidh). Gift, Mord und Schwerd find uns erleidlicher, als 
Ketten. Lohenftein, Cleopatra 5, 375. Die benamnten leidjamen 
vnd befchwerten eelewte. Hug, Nhetorica Tübingen 1538 DI. 40. 
(Das) machte midy unempfänglih, ja unleidfam gegen jene Denf- 
weile. Göthe, Campagne in Frankreich Pempelfort Nobr. 

Menue (goth. idreiga, ahd. hriwa. hriuwa, hriuwi, riuwa, möb. riuwe, 
agi. hrööwe, vor reuen goth. idreigen, ahb. hriwan, hriuwan, riawan, 
mbb. riuwen, altſ. hrewan, agf. hrödwan; Wadernagel vgl. gr. xovog 
= Froſt, Kühe; Geronnenes? lat. cruor — geronnmes Blut) unangenehme 


‚814 


Empfindung; nbd. traurig flimmende Empfindung über ſelbſt Gethanes, mit 
dem Wunfche, daß das Beihane ungefchehen fein möge. — Ehmerz (ab 
die smörza, mhd. der smerz, agf. smöort; vgl. flav. smrt — Teb, gr. 
wöpder, 'antpdev =rauben, Jemanden feines Antheils beranben, auepdalses 
= fdredlich, lat. mordere — heißen; nadı Bopp von fanffr. smar — fd 
erinnern) überhaupt unangenehme Gmpfindeng, die von einem Uebel berrkkt, 
fie mag groß oder gering fein. Betrübniß (ahb. gitruobnessi, mh. be 
trüebede, f. Zrudfal ©. 319) das Bewegtfrin, Gingenommenfein von uns 
angenehmer Empfindung. Traurigfeit (von traurig, ahd. trärec, mbh. 
trürec; agf. dröörig, engl. drear, vgl. fanffr. drü = Flagen von umange 
nehmer Empfindung beberrfchte und gebrüdte Gemüthsſtimmung. — Weh (u. 
mbd. we) fo wie es Ginem in der Empfindung eines Uchels una 
genchm if. — Böfef. © 66. Erträglich f. ©. 714, — Der Bape ii 
furz, die Ren’ if lang. Schiller, Glode. Ihr Habt die That mit jahreien 
ger Ren’, mit fchweren Leidensproben abgebüßt. Ediller, Maria Stuart 1,4. 
Warum ein unerklärter Schmerz bir alle Lebensregung hemmt? Böthe, Kan 
1, 31. (Er) wußte mich, zu meiner Betrübniß, vollfommen zu überzen⸗ 
gen. Böthe, Leben 4. B. Der König fiel in tiefe Traurigkeit. Nevalis, 
Henri von Dfterdingen 1, 3. | 
Beileid die Aeußerung gegen den Andern, daß man das Unan⸗ 
genehme mit empfinde, ohne Rüdficht, ob dies aus Höflichkeit oder 
wirklichem Gefirhi geſchehe. Mitleid ift das fchmerzhafte Gefühl ſelbſt, 
weldyes man über fremdes Leid empfindet. Mitleiden im Allgemei- 
meinen was Mitleid, dann auch im abftracteren Sinne gebraucht. 
Mitleidenbeit ift in ärztlicher Sprache der Zuflaud, wenn ein Koͤr⸗ 
pertheil durch einen leidenden andern Körpertheil zugleich angegriffen 
iR; in der Rechtöiprache der Zuftand, wenn die Mitglieder einer Ge 
fellichaft die einer andern aufliegenden öffentlichen Laften mit diefer 
ugleich tragen müflen. Davon mitleidig, bemitleiden — Da 
dankteſt du dich bei den Herren für das herzliche Beileid. Schil⸗ 
fer, Räuber 1, 2. (Die zarte Schonung) hatte mehr vom Mitleid 
als der Gunſt. Schiller, Piccolomini 2, 2. . Drum weg mit diefem 
weichliden Mitleiden. Schiller, Jungfrau v.D2. 1,5 Wie, wam 
ih das geduldige, leſende und nengierige Publikum zur Mitleiden- 
beit zöge? Thümmel. Es find ie N Köhler. Schiller; Jung: 
frau v. 8.5, 2. Die unmitleidigen Geftime. Wieland, Dberon 
13, 32. Du bemitleideft den Vogel. Wieland. 

- Barmberzig (goth. armahairts, ahd. armhörz, barmhörz, mb. barm- 
hörzic f. &. 333) und Barmherzigkeit bezeichnen bie theilnehnente Ems 
pfiudung oder das thellnehmente Gefühl bei Leid oder Leiden ober kebaurınd 
wertgem Zußande des Andern ober Enderer als innig (im Herzen) uud dadurch 
zugleich ſich Außernd in Geneigtheit oder DBereitwilligkeit, Bedürftigen wehlzes 
thun, alfo gleihfarı tHätiger Aenperung des Mitleidens. — Bedauern f.E. 
883. — Barmperziger Himmel! erbarme bi, Bürger, Lied v. be. M- 





815 


—3 


Sogleich regte ſich die Barmherzigkeit der Bürger. Böthe, Leben 3. B. 
Eie werben ihn bedauern. Göthe, Leben 8, 2. 
Ent—, verleiden (ahd. leidön, mhd. leiden) leid oder zumider 
werden, ind von Leid (leid) gebildet; ebenjo leidigen (ahd. lei- 
mhd. leidegen zunächſt von leidig), wohn uhd. beleidi«- 
gen [j. ©. 719] früher auch beleiden = in unangenehme, traurig 
Rimmende Empfindung verſetzen. Davon Beleidiger, Beleidi- 
gung. — Den Bund dir zu entleiden. Schiller, Semele1. Wenn 
fie mir auch nicht zum bezahlen hilft, foll fie doch meinen Gläubigern 
das Fordern entleiden., Schiller, Fiesko 1, 3. Doch es ift 
barmberzigkeit, dir deinen — 53 taud zu verleiden. Göthe, 
Goötz v. B. 2. Das end leidigen (leid fein) fol. Hug, Rhe— 
torica Tübigen 1528. bi. 55. Nicht leidigen noch beſchweren. Lori, 
Lechrain 34. Daß ja nimmermehr deine klare Bach was Trübes thu 
beleiden. Opitz. Schwer hab’ ih dich beleidigt, Mädchen, babe 
dein fanftes Herz zerrifien. Schiller, Don Karlos 4, 15. Ein Eo- 
loniſches Geſetz verordnet, daß jeder Bürger die Beleidigung, die 
einem andern widerführe, als ihm felbft angethan betrachten, und 
nn jolte, bis fie an dem Beleidiger gerochen ſei. Schiller, 


Anzäglih (ſ. ziehen) unangenehme Empfindung verurfachend burch 
Beziehung auf die andere Perfon; bei Böthe auch im Sinne von anzie 
hend. ©. 146.— Unrecht (f. Recht &.83) Ungemäßheit zu dem, wie und was 
etwas fein fol; was dem nad) innerm und Außerm Geſetze oder auch nach 
geltender Gitte Bebührenden entgegen iR. — Miphandeln (mhd. sich 
missehandelen — ſich vergehen, |, Handeln ©. 603) mit Unrecht und 
gegen Angemeſſenheit in hohem Grade Widriges nnd Schmerzen zufügen, 
übermäßig hart und beſchwerend verfahren gegen Jemanden ober etwas. 
— Wir erinnern uns einer einzigen an züglichen Maske. Wätbe, röm. 
Garneval. Das hat alles fo was anzüglider, mas ſchauerliches. Goͤthe, 
Beriher 13. Mai. Man hielt mehr, ale man verfprochen hatte, in Hoffnung, 
die Blumen würden fich nicht geduldig genug mißhandeln lafien, um feine 
Gelegenheit zu größern Mißhaundlungen zu geben Wielant. 

Leiden (ſ. S. 319), Leidenſchaft (j. S. 140), Hungerleider; 
leidbar, — bitter, — brief, —effen, —flor, — frau, — haus, —kleid, 
—ſchleier, —weien w a.; leidenlos, —voll u. a.; Leidensbe⸗ 
her, —bruder, —gefährte, —geigichte, — jahr, — ſtunde, —tag, 
—vwache u. a. — Er träget in Freuden fein Leiden. Göthe, Ballade. 
Seelenleiden in die wir durch Unglück oder eigue Fehler gerathen, 
fie zu heilen vermag der Berftand nicht, die Vernunft wenig, die Zeit 
viel, entfchloffene Thätigkeit hingegen alles. Göthe, Meifters Wander]. 
2 12. Diefe Hungerleider, die nad) dem Segen unjers deutſchen 
Landes mit Neideöbliden vaubbegierig ſchauen. Schiller, Piccolomini 
35. Er muß leidenfhaftlich folgen. Göthe, Briefw. mit Schiller 





816 





3, 379. Stunden, die ich nur durch baldige Endigung leidbar fand. 
Meyer. Du verjagft Die Leidgedanken. Shaffpeare, Antonius und 
Eleopatra 3,7. Sänger fangen den Leidgefang. Meyer. Da nu die 
Reidetage auswaren. Luther, Bibelübert. 1. Mof. 50, 4 Epbar 
als Leibmedicus freuete fich auf feinen Antheil am Leidtragen ımd 
Mitzieben. 3. Baul. Freudvoll und LeidvoLl, gedanfenvoll ſein 
Gött:, Egmont 4. Die [Hütte] er nun mit großem Leidwefen 
verfallen flieht. Göthe, Leben 10. B. Dem leidenerfabrenen 
Pyrker, Tuniſtas 8. Mägde des feidengeübten Ddpi- 
eus. Voß, Odyſſee 18, 311. Leidenloſe Erdentochter. Goͤthe. 
Meiner leidenvollen Zeit. Meyer. Die Stationen des Lei dene— 
anges unfers Herm. Göthe, St. Rochusfeft. Soll der Arme den 
— bis auf die Hefen leeren. Collin. Ihr habt die That 
mit jahrelanger Reu, mit ſchweren Leidensproben abgebüßt. Schiller, 
Maria Stuart 1, 4. Da ich jedoch von einem ſolchen Leidens trotz 
gleihlam Profeifton machte. Göthe, Leben 1. B. Leidensvolle 
Auftritte feines Lebens. Henke. — Die Mitleidswerthen. Voß, 
Ilias 5, 574. Ich bin mitleidswürdiger als er. Schiller. Mit- 
leidenswärdig felber dem Neidenden. Voß. So ſpracht ihr rau⸗ 
ben Männer mitleidlos. Schiller. Selbft die Serapbin flanden um 
fie in in trüberem Glanz mitleidsvoll. Klopftod, Meſſias. 

Glied 1) (gotb. lithus, agf. lidh, altn. lidhr, ahd. Hid, gilith, 
mhd. Hit, gelit) ift eig. das Helfende, Begleitende, Mitgehende (Daher 
Mitglied, altn. lidhar — Gefährte, Begleiter); dann Das Gelent, 
der vermittelft des Gelenkes verbundene äußere Körpertheil; (fig.) eine 
einzelne Perſon als Theil einer Verbindung. Mitglied ift die ein⸗ 
eine Perfon eines Inbegriffs zu meinen Zwede vwerbunbener 

rfonen in Bezug auf die übrigen iBerfonen diefer Berbindung. Bor 

fied kommt gliedern und zergliedern (S. 580); Zerglie 
derer, Gliederung, Zergliederung — Die Zunge ift ein klein 
Glied. Luther, Bibelüberf. Jak. 3, 5. Der Menfchenfreund fichet 
die Menfchen insgefammt als Glieder der großen Familie Gottes 
an. Gellert. Das gegliederte Gebilde. Göthe. So geht es dir, 
AR Lage erer deiner Freuden. Goͤthe. Für welche die wirtlidhe Zer⸗ 
gliederung immer etwas Kannibaliiches hat. Geben Sie zu, daB 
der größte Theil von Aerzten und WBundärzten nur einen allgemeinen 
Eindruf des zergliederten menjchlichen Körpers in Gedanken be 
bält. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 3. 

Bliedbad, —kraut, —lang, — lich, —los, — maß (6. 536), 
—falbe, —ſchwamm, —ftein, —wafler, —wafferfucht, —weih: Glie⸗ 


1) Grimm II, 15 vgl. lat. membrum (für me-brum, —brum Ableitung 
wie in cerebrum, terebrum, candelabrum etc.) ®lieb und meare — gehen: 
Diversa membra meantis. Lac. pbare. 8, 640. 


817 


derband, —bau, —binfe, — brand, —dode, — haken, —hülje, —ig, 
—tfette, —koralle, —krank, — kraukheit, —lahın, —lähmung, —mann, 
—puppe, —reißen, —ſchmerz, —jchwinden, —ſpannen, —ftärfend, 
— weh, — wein, —weife, —zuden; —zudung u. a.; Zergliede— 
rungsbühne, —haus, —kunſt, —meffer, —tafel, —tijh, —ver- 
fuh, — wiſſenſchaft. — Dein ganzes Gliederbild. Herder. Und 
billigt nichts an ihre, als nur den Gliederkitzel. Alxinger. Ein 
feines," fchönes Gliedermaß ift ihr geringfter Vorzug. Campe. Wel- 
cher gelenkige, geränderte Gliedermenſch, aufs Rad des Glücks 
geflochten, wäre das Kind. 3. Paul. — So werden fidh Die zarteften 
NRefultate der Zergliederungsfunft nadbilden laſſen. Göthe, 
Meifters Wander. 3,3. Der kalte Philofoph, fein Zergliederungs- 
mejjer-inder Hand. Herder. Gehenkte auf dem Zergliederungs- 
‚tifhe. J. Paul. | 
Leiten (ahd. leitan, mhd. leiten, alt. ledjan, agſ. lædan, altır. 
leida, factitive Form von lidan), das eig. und uneig. gebraucht wird, 
. ©. 731. Davon ab—, an—, fort—, aus—, durch —, 
ein—, ber—, geleiten, begleiten (veraltet beleiten); Ge- 
leit (ahd. geleiti, mhd. geleite), oft mit dem Nebenbegriffe des 
Schußes und des dafür zu bezahlenden Geldes; Leiter, Zeitung, 
Begleiter; Geleiter; Begleitung (zuweilen Begleit) ift all- 
emeiner und drückt bloß ein Sein bei dem Andern aus, mit dem mun 
ch (eig. oder uneig.) fortbewegt. Die Leite (mhd. leite) ift ver- 
altet. — Ihn hat, dacht’ ich, vielleicht mit ftiller Sorge fein Schöpfer 
unter fchattende Deden der Abendwolfe geleitet. Klopitod, Meſſias 
5, 499. Wie: oft fchlägt man einen Weg ein und wird davon abge- 
leitet. Göthe, Wahlv. 2, 10. Herrlih empfangen vnd eingelei- 
tet- mit FZadeln vnd groffem Triumph. Luther, Bibelüberſ. 2. Makk. 
4, 12. So dadıte FB vorher die jehon eingeleitete Verbindung 
zu befeſtigen. Göthe, Leben 15. B. Ich werde vielmehr noch jpäter 
manchen Faden aufnehmen und fortleiten, der ſich unbemerkt durch 
die erftien Jahre ſchon hindurchzog. Dai-2.3. Der Grundjag des großen 
Newton von der allgemeinen Schwerfraft ift zum —— ſchön; weil 
man das ganze Planeten-Syſtem daraus herleiten kann. Sulzer. — 
Burgermaiſter, welchen ſolche trabanten belaiten. Weſtenrieder, Bei- 
träge 5, 109. So fol jn der herre belaitten und beichirmen. Recht— 
buch von 133%. Zwar lagen bier Palmen vom begleitenden 
Doll. Klopftod, Meiftas 1,32. Kann eine größere Armuth gedacht werden 
als die, welche den lleberfluß begleitet? Duſch. Deinen Gejang würde 
feime Flöte begleiten, al8 meine. Geßner. — Als ich Apollon bat, 
das gräßlihe Geleit der Nachegeifter von der Seite mir abzuneh- 
men. Göthe, Iphigenie 2, 1. Und vor uns ritten die Dragoner auf, 
die und der Herzog zum Geleit gejendet. Schiller, Piccolomini 3, 8. 
Meine Abgaben, Zölle und Geleite habe ich bezahlt. Göthe, Mei- 
: ” 52 








* 


818 


ſters Lehrj. 8, 2. Eine Reiſe zu machen, zu deren (der) ich mich 
zum Begleit anbot. Hirzel. Der König hat kein ſtärkeres Begleit. 
Waſer. — Sich weiter und weiter in's Labyrinth zu verlieren, aus dem 
fein Leiter ihn führte. Klopſtock, Meſſias 13, 276. Wie en Ge— 
witterableiter. Göthe, Triumpb der Empfindjamleit 3. Und an- 
betend rufte der freudenbelle Geleiter. Klopſtock, Meifias 5, 1086. 
Smmerfort die heiterfte Kebensbegleiterin. Göthe, Meiſt. Wan⸗ 
derj. 1,10. Ein Stern, der Sonnenbegleiter einer. Klopitod. — 
Die kluge Leitung des raſchen Krieges. Göthe, Zaffe 1, 3. Hie- 
durch ward den größten Gebreden die Einleitung gegeben. Göthe, 
Leben 12.B. Wilhelm, der beichränfte Kebensleitung zu bemerken 
glaubt. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 9. (Wir fehen) eine Waſſer- 
leitung gar Fünftlich eingehauen. Göthe, Briefe aus der Schweiz 
2. Abth. Furcht, Die fchredlihe Benleitung der Tyrannei, wird 
Ihaudernd vor dir herziehn. Schiller, Maria Stuart 4, 9. Sie 
fliegen zufammen die ganz tröden liegenden hoben Stufen diefer Zu= 
leitungsgewölbe hinunter. Göthe, Meifterd Wanderj. 1, 4. Als 
verr ſy die Laytte der Aerzt (der Erzgang) weilet. Lori, Bergreht 32 
Das die Salzmair und andere Amtleut fein Laitt (Zubrwerf) mer haben, 
jondern es jollen die Laitt den Burgern ze Reichenhall verlaflen wer⸗ 
den, auch derjelben ainer nit mer dann ain Laitt haben. Dar. 141. 

Leitarm, —bleihe, —feuer, —fiih, —graben, — holz, —bund, 
—faften, —mittel, —nagel, —riemen, —töhre, —ſeil, — ſeite, 
—ftenpel, —ftrang, —tan, —wagen, —zeihen u. a.; Leitungs— 
räbigfeit, —regel, —röhre, —itüd, — vermögen; Ableitungs- 
kunſt, —ſchirm, —ſylbe; Anleitshrief, —fucher, —zettel; Ein- 
leitungspunft, —ſpiel; Begleitſchaft, —ſtimme; geleitlid, 
—ſchaft, —ſchiff; Geleitsamt, —bediente, —bereiter, —brief, 
— einnahme, —einnehmer, —folge, —frei, —gebiet, —geld, —gerech⸗ 
tigfeit, —grenze, —haus, — herr, —berrlichfeit, — herrſchaft, —kam⸗ 
mer, —leute, —mann, —obrigkeit, —ordnung, —recht, —reiter, 
—ſäule, —ſchein, — ſtätte, —ſtein, —ftelle, —ſtern, —ftraße, —tafel, 
— tag, —weg, —zeichen, —zettel. — Schoöne Leitbahn, ihn vorm 
Böſen, vorm Niedrigen jeder Thierart zu bewahren. Herder. Umd 
diefe Mäßigung bat fie ala Leitbau vor dem Sinken bewahret. 
Herder. So hat man ded) indefjen einen Leitfaden, an dem man 
fihb binichlingen kann. Göthe, ital Neife 10 Januar. Da if das 
Beilpiel, dieſer moralifche Leithammel. Benzel- Steınau. Aber 
mein Zeitftern durch's Leben war fie (Die Liebe) bisher nicht. Beu⸗ 
zel- Sternau. Wie müſſen Rath und Antbeil einede Manns ... mir 
als ein Leitſtern wonniglich ericheinen. Göthe, Eugenie 4, 1. Die 
Stimme des Volkes ift oft eine Leitſtimme für den Forſcher. Abbt. 
Seufzer find Leittöne Fonvergierender Herzen. J. Pal. Nun 
wird der Kehrer den Leitza um wegwerfen. Ungenannter bei Campe. 


x 





819 


Das Waſſer ift das allgemeine Leitzeug der zur Nahrung und zum _ 
Wachsthum nöthigen Beitandtheile. u Mir wollen ihm das 
Geleitzeihen geben. Göthe, Götz v. B. 2 

Anm. ar — und bes hierzu gehörige Leiter (ahd. diu hleitare, mhd. 
leiter) n ©. 

m. a Ledis (mhd. lẽdec, lidic, altn. lidugr) = leicht, behend, leer 
ehoͤrt —— zu Udan, wie gr. Ele deoo; frei zum Stamm la do = 
Pe ch gehe. Dafür Ani audy ahd. ledigön, mhd.ledegen — ledigen, unbefchwert 
machen, 

Anm. 3. Biesiehn, auch Lidlohn, im Nürnberaifchen Slidlohn wird 
von Binigen vun mittellat. litis, leudis, litus geleitet. Echmeller denkt lieber, 
und mit größerem Recht, an das zu leiden gehörige altn. lid, lidh, Hilfe, und bels 
fende Berfonen. 

Anm. 4. Das Lied in Angenlied (aaf. hlid = Thüre, altn. hlid, ſchwed. 
dan. led, ahd. hlit, lit, mhd. lit — das Verſchließende, Bedeckende) ift mıt Leiden 
wegen des amlautenden h nicht verwandt, ' 


Schneiden. 
(Wurzel snid.) 

Saqueide, ſchnitt, geſchnitten, ſchneiden (ahd. snidu, sneit, 
snitum&s, snitaner, snidan, mhd. snile, sneit, sniten, gesniten, 
sniden; holh. sneithan, agſ. snidan, snidhan; altı. snidha, snida, 
engl. snithe, ſchwed. snida) 1) andere Dinge mit einer Scyärfe (mit 
allerlei Werkzeugen) durchdringen, verlegen, trennen, auch bloß etwas 
an der Seite berühren, einen Kegel, einen Ball; 
empfindlichen Schmerz verurſachen; 3) (uneig.) einen 
oft mir dem Nebenbegriff des Unrechtmäßigen; 4) ( 
ſchneiden, ungewoͤhnlich verzogene Mienen machen. — 
wir an zu ſchneiden die reichliche Ernte. Göthe, H 
rothea 1, 50. Kein Vorwurf ſoll dich kränken, feine a 
Klage in Das Herz dir ſchneiden. Schiller, Bro 
Ihnitt dein Freund für ein Gefiht? Göthe, fprichwörtlih. Der: 
hinter uns allerlei Faxen ſchnitt. Göthe, ital. Reife Meſſina 12. Mai. 

—, an—, auf— (1. 6.232), aus —, be—, bei—, durch —, 
ein—, ent—, ber—, herab —, berauf—, heraus —, herein —, ber- 
über—, herum —, herunter —, bin — , binab— , hindurch —, hinein —, 
hinweg — nach— ver —, vor —, voran —, voraus —, vorbei— ‚weg—, 
er —, zu — zurück — zufammenfcpneiden. — Ihn (den Adler) traf des 
—* Pfeil und ſchmitt der rechten Schwinge Sennkraft ab. Göthe, Ad- 
ter und Taube. (Bis wir) alle Hoffnung, jemals wieder emporzufommen, völlig 
-.abgejichnitten haben. Göthe, Götz v. B.3. Ganz alone: 
von aller Welt, hab’ ich eine Zeit fang allem gejtunden. Göthe, 2 
Aufenthalt in Rom 25. Dee. Dieje ... ſchnitten «ftachen) fcharf 
Dagegen ab. Bürde. Kleid anihneiden (anmefien). Voc. v. 1618. 
Einen Discours anſchneiden. Koſegarten. Ein Ferkel aufzu— 
ſchneiden war für mic ein Feſt. Göthe, Meiſters Lehrj. 6. (Die 

924 


4 


820 


Nifchen) prangen mit flahen, ausgefchnittenen, gemahlten Bret- 
figuren. Göthe, italieniihe Reife 3. Det. Und ſchneidet mir von 
meinem Land ein Stüd aus. Shakeſpeare, K. Heinrih IV. 1. Th. 
3, 1. Der Ndel muß auch bei Zeiten ſuchen ihr die Flügel zu be— 
Ihneiden. Göthe, Egmonti. Befchneide du deinen Buchsbaum. 
Lichtenberg, tiber Phyſiognomik. Knaben, die all in brawn Damaſthgch 
befchnitten (gefleidet) warn. Weftenrieder, Beitr. 2, 143 v. J. 
1475. Sie wollen dich enthaupten, diefen Hals, den blendend weißen, 
mit dem Beil durchſchneiden. Schiller, Maria Stuart 3, 6. Das 
Labyrinth der Sonnen und Planeten durchſchneidet eure Bahn. 
Göthe, Weltjeele. Wohl wird mancher daher die blaue Woge Durd- 
ſchneiden. Göthe, Achilleis. O fchnitten wir mit gleihem Fluge 
die Lüfte Durch zur Ewigkeit! Leſſing. Durchſchneident Wind 
mit kaltem Froſt. H. Sachs. Rohr einzuſchneiden gebt mir die 
feinſten gleich! Göthe, Pandora. Das Korn einſchneiden (ein— 
ſammeln). H. Sachs. Auch die Zung' an der Wurzel entſchnitt 
das gewaltige Erz ihm. Voß, Ilios 5, 292. Ob er gleich durch die 
herabgeſchnittenen Quotienten ſchon leichter war. J. Paul, He— 
ſperus 26. Wahrlich du ſähſt, ob die Furch' in Einem Zug’ ich hin— 
abfhnitt! Voß, Odyſſee 18, 375. Und Jedem iſt's, als wird’ 
ihm mitten durch Kopf und Leib hind urchgeſchnitten. Uhland, 
ſchwaͤbiſche Kunde. Unter dieſer Diſputazion hatte der edle Mag die 
anze Gruppe umvermerft in ſchwarzem Papier nahgefchnitten. 
. Paul, Helperus 22. Verſchnitt fie nicht einmal ihren einzigen 
Kirmeßkuchen an zwei Bettelftudenten. 3. Paul. Es find etlihe Ber- 
Ichnitten, die von Menichen verfchnitten find. Luther, Bibel: 
überf. Matth. 19, 12. Mit allem Laſter verfchnitten (a. &. er⸗ 
geben) H. Sachs. Der Kaiſer hat Execution ‚gegen mid) verordnet, 
die mein Fleifh den Vögeln unter dem Himmel und den Thieren auf 
dem Felde zu frefien vorghneiden fol. Göthe, Göß v. B. 3. Die 
wollen dem Soldaten, der vor'm Zeind liegt, das Brot verſchnei— 
den. Schiller, Piccolomini 1, 2. Indem er dem Züchtlinge entieß- 
liche Zerrgefihter vorjhnitt. J. Paul. Ach! die Schwingfraft 
weggeihnitten. Göthe, Adler und Taube. Wär’ fie (die gebra- 
tee Zaube) nicht auch geſchickt zerfchnitten. Göthe, Iprichwörtlich. 
Ruthen, die fie ſich aus einem gefchwind zerichnittenen Beſen ver- 
Ichafft hatte. Göthe, Leben 2. B. Unten entwallte der Bach, uud 
zerichnitt das grafige Santhal. Voß, der Abendihmaus 98. Die 
Erbel (Aermel) weit feind ausgebreit, zerfchnitten (modiſch geichligt) 
unten und oben. Lied v. 1637. Um einen meifterhaft zugeichnit-= 
tenen Rod wohl zu nähen. Göthe, Leben 6. B. Die Hoflente, 
die fonft ihr Ich A dem fremden zufchneiden. 3. Paul, Zitan 3. 
Welches (Kabinet) aus zufammengeichnittenen Rahmen anein- 
ander getäfelt ift. Goͤthe, ital. Reije Palermo 9. April. 








— — — [m — u. 


Anm. Die Barticivien geſtatten noch andere Zufummenfegungen, 3.8. Herz 
fhneidende Worte, Voß, Ilias 20, 202... Bund dann die ne zurüd N 
wohlgefchnittenen Riemen. Daf. 21, 30. Müngbefchnitten. Sifhurt, 
Bargantua ©. 115. 

Schneide (ahd. snida, mhd. enide) 1)_der jchneidende Theil 
von Werkzeugen; 2) die ſchneidende Schärfe von Werkzeugen; 3) aus⸗ 
gehauener Durchgang durch einen Wald, ſonſt Schneiſe ſ. ©. 141; 
4) (uneig.) Kraftgefühl, Muth; Thneidig (ahd. snidie, mhd. snidec) 
und Schneider (eig. wer jchneidet, gewöhnlich Kleidermacher, mhd. 
snider) einfach und in Zuſammenſetzung mit Ab —, An—, Auf, 
Aus —, Be—, Ein—, Bor— u; Schneiderei, ſchnei— 
deriſch fhneidern (Schneiderei treibenı; ſchneideln (vielleicht 
richtiger ſchneiteln, abd. sneit&n, mhd. sneiten) beſchneiden: Bäume, 
Neben. — Scmell fertig it die Jugend mit dem Wort, das jchnell 
fi) handhabt, wie des Meſſers Schneide. Schiller, Wallenſtein's 
Tod 2, 2. Mein langſchneidiges Schwert. Voß. Welch zwei— 
ſchneidiges Schwert auf meinen Scheitel duherblinkt. Klopſtock, 
Meſſias 4, 502. Seckelſchneidig. Fiſchart, Gargantua ©. 87. 
Bergept nur nicht dem Schneider einzujchärfen, daß er mir aufs 
genaueſte mißt. Göthe, Zauft 1, 111. Matthieu, der den Vor— 
fchneider lichte. J. Baul, Heiperus 16. Ein Gottesläfterer und 
Ehrabfchneider H. Sads. Sie läffet fi für ihren Mann wol 
den Kopf abjchneiden vom parifiihen Kopfabichneider J. Baul, 
Siebenfäs 5. Weil fie fih vor einer ſolchen Zuſchneiderin fürd- 
tete. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 14. Sie halten den Juriſten für 
arg, als einen Beutelfchneider. Göthe, Gig v. B.1. (Ahr babt 
fie) noch nicht geitüupt ale a ir Platen, rom. - 
Dedipus 4. Bühnenfchneider.... Theaterſchneider. Dal. 5. 
- Das Kiffen eines Fuͤckſchneiders zu ſtopfen. Shakſpeare, Coriolan 
2, 1. Wenn ein folder Hausſchneider allenfalls. ein guter Gefelle 
gewejen wäre. Gölhe, Leben 6 B. «Die Baronefje) ſchob gefchwinde 
den Leibſchneider der Gräfin dazwilchen. ‚Söthe, Meifters. Lehrj. 
3, 7. Und ohne Kunſt und Schneiderei wär die Welt eine Wü— 
ftenei. Soltau. Unfere riejenhaften wohlgekleideten Küraſſiere machten 
einen wunderlichen Gontraft mit den zwergbaften, jchneideriichen, 
zeriumpten Ohnehoſen. Göthe, Belagerung von Mainz. Hiernach 
formt’. ic den Taft und | hneiderte. Voß, Luiſe 2,446. Es liegt 
im Menſchen ein Princip, das dieſen Anzug-[hneidert, den man - 





jetzt geradeweg der Schneiderigtide überläßt. -Lichtenberg, politiihe- 


Bemerkungen, Sein u der Erfreuer n Herzen, ne uns 
geichneitelt. Shafeipenre, K. Heinrich V. 5, 


Schueidebank, — bock, —bohrer, nn _büchje, = ien, 
—geld, —gezen — holz, —Huppe, —lade, —[eder, — loch, — le 
— mefler, — mühle, — müller, muöfel, —fäule, —ſſcheibe, — ſohle 





822 


- —ftein, —flihel, —tritt, —zeiger, — zeug, —zirkel u. a.; Abfchneide- 
linie, —ſchere; Befchneidebret, —eifen, —hobel, --mefler, 
— preffe; Einfhneidejäge; Zuſchneidebret, —leiſte; Schnei- 
dDerarbeit, —braten, —burihe, —fiſch, —farpfen, — frankbeit, 
—freide, —lohn, —musfel, —nadel, —redinung, —fhere, —iede, 
—vogel, —werfftatt u. a. — Darauf bediente man fih zu Schnei— 
dDewerfzeugen des Kupfers. Ungenannter bei Campe. Legte er 
die fünf Schneidezähne der Finger wie ein Roftral in die Sopf- 
baut. 3. Paul, Titan 14. — Ich weiß ‘andere, denen e8 beffer wäre, 
fie hätten ftatt ihres Heldenmuthes eine Schneiderader im Lei. 
Göthe, Egmont 4. Sie nehmen die Brille nah Schneiderart ver 
die Augenbraunen ...“ Ghrbare Meifter vom Schneidergemert. 
A. W. v. Schlegel, Parabel vom Eulenipiegel. Was gäb’ eine Schnei— 
dersfrau drum. Göthe, Götz v. B. 2. Gr ftand Drei Sahre als 
Schneidergefelle aus. Lichtenberg, Lawrence Earnshaw. (&) 
ergriff Das Schneiderhandwerf. Göthe, Leben 9. B. Daß er 
nicht do ſchneidermäßig gejammert. Göthe, Meifters Lehrj. 5. 12. 
(Er) nennt e8 puren Schneiderjcherz. Göthe, Hausparf. 
Geſchnittenheit ift nur in Zufammenfegungen gebräuchlich. Schnitt 
(ahd. mhd. snit) 1) die Handlung da man ſchneidet (dı den verſchie⸗ 
denen Bedentungen); 2) die durch das Schneiden hervorgebrachte Oeff⸗ 
nung, Vertiefung, Wunde, Geftalt; 3) etwas, das gefchnitten, abaes 
fchnitten iſt; 4) der Ort, wo etwas abgejchnitten oder bejchnitten if; 
5) dasjenige, womit man fehneidet. — Die Schnitte (ahd. snita, 
mhd. snite, agſ. sned) Stückchen, Schnitthen; fohnitteln = in 
dünne Schnittchen fchneiden. — (Hilfsmittel), Die in ihrer Abge- 
ſchnittenheit verfagt find. Göthe, Wahlvermandtichaften 2, 13, 
Die große Mannigfaltigkeit in Schnitt und Farbe der Kleider fällt 
mir auf. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 1. Nur hatte SKanier die 
- Arien ausführlich nah altem Schnitt behandelt. Göthe, 2. Aufent: 
halt zu Rom Nobr. So wie ein Gaufler fucht, indem er hier ſchielt 
und Dort Iugt bei Pinjeln feinen Schnitt (Gewinn) zu maden. 
Soltau. Wie fie nur einen Schnitt Echinfen... gebrauchen Lönnen. 
J. Paul, Titan 21. (Wenn du) dieſen pfündigen ZTölpel nicht in 
lauter Schnittchen Fleiſch zerhackſt. Shakſpeare, K. Heinrih VI. 
2. Thl. 4, 10. — Unter dem Abſchnitt des Halſes. Göthe, Kam: 
pagne in Tranfreih Münfter Nvbr. Ich boffe noch einen Abſchnitt 
(des Buches) zu erreihen. Schiller, Briefw. mit Göthe, 5, 3. 
Zeitabfchnitte, auf die niemand achtet. J. Baul, Heiperus 17. 
Die Aufichnitte (des Kleides) mit Silber gamirt. Shafipeare, 
viel Lärmen um nichts 3, 4. Ich habe im Leben überhaupt und im 
Durchſchnitt gefunden, daß 20.  Göthe, Meifters Wanderj. 1, 10. 
Bon einer drittel Elle im Durchſchnitt. Göthe, Benvenuto Eellini 
1, 9. Große Herren, wenn fie blind, daß fie Maler gerne zahlen, 








823 ° 


pflegen nad) dem Durchſchnitt (Profil) he, oder Ichlafend fie zu 
malen. Logan. Welches ( Stäbchen) durch Das Ende des Zettels 
durchgeſteckt und in dem Einſchnitt befeftigt wird. Göthe, Meifters 
Wander. 3, 5. Der Wegſchnitt des Kopfes. J. Paul, Titan 16. 
Ich machte meinen Zuſchnitt (Plan zur Reife) ein wenig zu groß. 
Söthe, die neue Melufine. Die neueften Formen und Zuſchnitte 
von Frühkleidern. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 10. — (Er) langte 
ihr ihren Schattemriß oder Schattenfchnitt hinaus, %. Vaul, Hei: 
perus 4. Den Wellenichnitt, den Kleen=- den Haupt- den 
Zahn- den Stufen= und den Querjchnitt. 3. Paul, Siebenfäs 3. 
Mit Einfchnitt (überhaupt eine vermittelt eines Schneivewerfzeuges bes 
wirfte Trennung der Theile eines Körpers) I Kerbe (von agf. cöorfan — 
ſchneiden, engl. carve, ſchwed. karwa, dän.karve) finnverwandt, ein wundens 
artiger, biebartiger Ginfchnitt, eine eingefchnittene Heine Flaffende Vertiefung 
- in einem harten Körper, — Diefes legte Binkerben der Balken, diefes Bin: 
ſchneiden von gewiflen einfachen Kormen. Göthe, Meifters Wanperj. 1, 2. 
u 30g er die Kerbe. Voß, Ilias 4, 122. 
chnitter (ahd. snitäri, mhd. snitzere), Schnitterin, \ eine 
er in der Ernte Das Getreide ſchneidet. — Wie der 
Schnitter im Kranz und die Binderin ſchmauſen zu Mittag. Voß, 
Luiſe 1, 581. Heimwärts fehrt der Zug der Heuer und der Schnit- 
terinnen Schwarm. Salis, Abendbilder. 
Schnittbanf, —bahre, —fleiih, —geld, —grus, — handlung, 
— hanf, —bebel, —hoß, —fobl, — lauch, — meſſer, — ſalat, —tudı, 
—vergoldung, — waare, —zwiebel u. a: Abſchnittlinie; Ab- 
ihnittswinfel; Anſchnitibuch, —ſchere; Ausihnitthandel, 
line. — laden, —ling; Durchſchnittsanſicht, --Iehre, 
—punkt, —riß, — ſumme, —zubl; Einſchnittholz, —thier; 
Schnitterbhume, —lohn, — mahl, —pfennig, —ſchmaus u. a. — 
Die Ablegers und Schnittlings. J. Paul, Titan 26. Narben 
und Schnittwunden. J. Paul, Heſperus 9. Rövschen gab ihm 


Bänder mancher Farbe, kam die Ernt' an feinen ——— t 


Hölty, Elegie a. e. Landm. 

Schnat und u 1) cin Schleflen) Zweig, Reis; 2) Grenze 
1. Schneije S.141); Schuatte (Schnitt, Wunde, mhd. snatte), find 
veraltet, oder. gehören der Volksſprache an. — Dein Stammbaum ſchlage 
täglih aus, bis einft die Nachwelt Schnuten kricht, und un den 
Cifel Kronen flicht. Günther. Wer dergleichen jchnaten zur Wurzel kom⸗ 
men läßt. Hoffnannswaldaniiche Ged. 5, 292. Durch welches ſchnatten 
jr find (ſeid) gejund worden. Schweizer Bibel 1. Petr. 2, 24. Als 
ein Knecht der offt geichlagen wirdt, nit on ſchnatten vder ftreumen 
jeyn mag. Dietenberger, Bibelüberi, (1571) Sirach 33, 11. 

Schnitz 1) ein Hleines, dünnes, abgejchnittenes Stud; 2) drol⸗ 
liger Einfall, ſchlaue Lüge Cjonjt auch ——— Gef chnitz, 





824 


Schnitzel, Schnigling; Ichnigen (ahd. snitzan, mhd. snitzen), 
fhnigeln, Schniger (mhd. snitzaere) find einfah und in ver- 
ſchiedenen Zufammenfeßungen gebräuchlich. — Alsdann wird der längere 
und feinere Theil derfelben (der gekämmten Baumwolle) mit einem 
ftumpfen Meſſer bänderweife (das Kunftwort heißt em Schnik) ab- 
enommen. Göthe, Meifterd Wanderj. 3, 9. Daß an Latten und 
apyen, Geſchnitz und bunter Vergoldung fi des gebildeten Auge 
feinerer Sinn nur erfreut. Göthe, der Chineſe in Rom. Eure Reden, 
die jo biinfend find, in denen ihr der Menjchheit Schnitzel Fräuielt. 
Göthe, Fauft 1, 37. Er ging verjäeten ſchwarzen Bapierichnigeln 
als Wegweilen nah. 3. Paul, Heſperus 4 Abſchnützling von 
Papier. Simplicifimus 3, 21. Ein Eingefchneizel. % Paul, 
.Stebenfäs 1. — Willſt du beifre befigen, jo laß dir fie ſchnitzen. 
Göthe, Liebhaber in allen Geftalten. So ſchnitzt der Fleine Gott die 
fchlauen Pfeile. Shakſpeare, viel Lärmen um nichts 3, 1. Schrift 
züge in eine Tafel einſchnitzen laffen. Gedife. Ein wohl zugeichnigtes 
Stüd Kreide. Göthe, Wahlv. 2, 4. Schnigen und ſchnetzelen. 
Fifchart, Gargantua ©. 133, Er [hnigelt jm ein Pferd. Daf. 360. 
Der Garten enthält nichts als fteife Gruppen und ausgeſchnitzelte 
Bäume. Ungenannter bei Campe. — Ein Schnitzer, genannt Meifter 
Abm von Münden. Chronik bei Freib. 1, 189 v. %. 1493. De 
die erbärmlichften Schnitzer in der Ausſprache eines Volfes begeht. 
Lichtenberg, über die Pronunciation der Schöpje. Den geſchickteſten 
Bildſchnitzer unferer Zeit. Göthe, Meifters Wanderf. 1, 12. 
Schnitzer bezeichnet auch einen ſchlechten, fehlerhaften Schnitt, dann einen 
unangenehmen, übeln Berftoß in oder gegen etwas. Bock (ahb. p(b)och, 
mb. bock, agf. bucca, engl. buck, altn. buck, bokki; f. Schlußanmerfung 
2 zu biegen) ein gröberer Verſtoß (entweder von der weidmänniſchen Reveuss 
art: „einen Bock ſchießen,“ oder von dem „Burzelbod”, wie man in Schleſien 
für Burzelbaum ſagt). Pudel iſt urfprünglich ein Fehler beim Kegelfpiel (die 
Pudel langes Bret in der Kegelbahn, auf! welchem die Kugel fortrollen maß, 
bis fie die Kegel erreicht; Kegelbahn ‚mit einem ſolchen Bret); dann überhaunt 
ein Verſtoß aus Unaufmerkſamkeit oder Nucläffigfeit. — Biele Herren und 
Damen ſchoſſen Böde I. Paul, Siebenkäs 2, Sein Verhängniß war, der 
Pudel viel zu machen. Brüdner, die Selbfibeherrfchung. — Ich habe Die 
drei Stüde gefchoflen, der Better hat immer gepudelt. Böthe, vie Aufge 
regten 2, 5. j 
| Am. Die Etymologie des Wortes Pudel if nicht klar. Schmeller, 
dem auch Weigand beifimmt, fagt (bayr. Wörterbuch I, 258): „Vielleicht iR 
diefer Budel nichts, anders ale — d. h. der Bügel oder eiſerne Ring, durch 
welchen man etwa ehemals die Kugel zu ſchieben hatte, und welcher in der Folge 
vom Brette a fein mag. Wirklich pflegte noch vor 30, 40 Jahren das 
Brett erft in ein ger Entfernung vom Stande des Spieles anzufangen und nur hie 
vhngefähr über die Hälfte der Bahn zu reichen.” - Schwend fagt, auffallend ges 
nug: „Vielleicht ift aufzulöfen pu-del, puh-del, buh-del von buhen blafen, ſtoßen, 
baufchen, fo daß Pudel, Brhler f. v. a. Verſtoß bedeutet - 








825 


Schnitzarbeit, — bank, —bret, —fleiſch, —geld, —lappen, 
—ling, —meſſer, —ſchere, — tiſch, —werf, —zeug. — Als die 
Schnitzerkünſte ganz nahe liegen. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 2. 


Beißen. 
(Wurzel bit, biz, biz; vgl. ſanſtr. bhid, lat. fiin)dere — ſpalten, 
zertheilen.) 


Beiße, biß, gebiffen, beißen (ahd. pizu, peiz, pizum&s, pi- 
aner, pizan; mhd. bize, beiz, bizzen, gebizzen, bizen; goth. 
Besten, altj. agi. bitan, altfrief. altn. bita, engl. bite, ſchwed. bita, 
dän. bide, neuniederd. biten, neuniederf. bijten) 1) zwilchen die Zähne 
foffen und durch Zufammendrüden derjelben verlegen; 2) einigen, 
plagen; 3) eine jcharf zufammenziehende oder auch ftechende, judende, 
brennende Emprindung am Körper verurjachen; 4). einen empfindlichen 
Eindrud auf das Gemüth machen; 5) (Volfsfprache) heftig zanfen. — 
(Der) in ein robes Salathaupt beißt. Göthe, Leben 3. B. Geiner 
Geldbegierde wegen haben fie ind Gras gebiſſen.) Platen, Die 
verhängnißvolle Gabel 4 Du iprichft doch nicht von Leuten, die ſich 
vom Rauch gern beißen laffen? Leſſing, Emft und Fall 4 Ein 
Argwohn, der ihn beißt. Wieland. Rüden Sie doch näher, ich 
beiße ?) Sie ja nicht. Leipziger Aventurier 175 B. 1, 123. 

Ab—, an—, (goth.andbeitan— jhelten, mhd.enbizen=anbeıßen, 
verjuchen) auf —, aus —, be—, durch —, ein —, er—, fort—, berab--, 
herum —, hinaus —, nach —, nieder —, über —, ver—, (S. 90) vor —, 
weg —, zer—, zu—, zurüd—, zuſammenbeißen find klar. — Der 
im ſelbes abpeis (abbiß) die zungen. A. v. Eyb im 15. J. An— 
gebiſſen den Arm von wüthendem Hunger. Schiller, Räuber 5, 1. 
Auch der Marſchall hat angebiſſen! Schiller, Fiesko 3, 8. Daß 
wir manchmal eine harte Nuß aufzubeißen haben. J. Paul, Sie— 
benfäs 2. Deine ausgebißnen Zähne verrathen dich. Leifing. Ich 
muß ihn auszubeigen fuchen, denn er ift mir zu klug. Weiße. 
(Das Noß) hut vor Schmerz die Stange durchgebiſſen. Wieland, 
Oberon 4, A. Die fih wie Blutigel einbeißen. Schiller, Fiesfo 
1, 9. Daß Siebenfäs haftig in Zitronen einbiß. 3. Paul, Sieben 


1) Bon beißen gibt es ein früheres Factitiv ahd. arbeizen, mhd. erbeizen, 
— feißen laffen, weiten, altn. beita; mit Nuslaffung des Objects: vom Pferd abs 
Reigen, fpäter niederfinfen zur Erde, ohne Gebanfen an ein Pferd, z. B. dv ers 
beift er zu ber Grden, Herr Saul, der Weigandt. Imgolft. Reim vun 1562. 
Diefer Sinn fünnte in ter Rebensart: ins. Öras beißen, liegen. Da aber dat 
Verbum bier nach ſtarker Conjug. gebraucht wird, fo ift der Sinn bloß — 
iterhen, zur grasbedeckten Erde finken; gleichſam in das Gras beißen. — In beißen, 
befleißgen etc. wechſelt ß mit ff gegen den frühern Sprachgebrauch. 

2) Diefe Srmahnung Bloͤder zum Naͤherrücken findet fich ſchon mhb. ir möh 
tent sitzen näher baz, min vrouwe: bizet iuwer niht! Iw. 2269. 


826 


kaͤs 2. Hat dich ein Thier erbifien? Opitz. Der Direktor bi 
fih mit Schoppe herum. % Paul, Zitan 49. Wofür ein Zend 
von Aergerniflen fle aus der Welt hinausgebiſſen. Voß, de 
Dorfpfaffe. Ich war mit Ifegrim glücklich, er ein Schwein zu er- 
jagen, es fchrie, wir biifen e8 nieder. Göthe, NReinefe Zuche 10, 
352. Da er ſich aus Zorn die Nägel fchon verbijien. Günther. 
Der fürftlihe Stolze verbeißet die grimmige Wuth. Göthe, Bal- 
lade. Daß der fcharffinnige Prinz fi) in den myſtiſchen Sinn des 
Mährchens fo recht verbifjen hat. Schiller, Briefm. mit Götbe 1, 
274. Der unbefonnene Spieler zerbeißt und zerftampft die Karten. 
Göthe, Goͤtz v. B. 2. (Sie) zerbiß und zerkratzt' ihm mit den Nägeln 
Das Fell. Göthe, Reinefe Fuchs 11, 292. Der Dampf zerbeiße 
Schlund und Magen. 3. Paul, Hefperus 1. Ich wollte die Zähne zn: 
fammenbeißen. Göthe, Göß v. B. 4. 

Anm. Luther (Bibelüherf. Apſtig. 10, 10) braudt anbeigen für Anbif, 
Inbiß Holten: Als er bungerig ward, wollte er anbeiffen. 

Beißkobl, —korb, —rübe, —zahn, —zange. 

Beiß (mbd. biz), Hautausichlag von fleinen Bläschen, die ein 
empfindliches Juden und Beißen verurfachen. Beißer«mbd. beizare = 
beizender Jäger, Waidmann, |. beizen S. 827), einer der beißt; beißig 
und biffig (nhd. bizie, mhd. bizec) gerne beißend; Gebeiß. — Vor 
dem Beis weder Tag noch Nacht Ruhe haben. Belchreib. des Heilbr. 
SHeilbrunnens 90. Bor Plutos jchwarzer Pforte bellt der größte 
Bullenbeißer. Bürger, Menagerie der Götter, Zt jo beißig der 
Hund? Voß, der'Riefenhügel 16. Flöhbeiſſig, Fiſchart, Gurgautua, 
S. 87. Großbiſſig. Daſ. 89. Neidbifjig. Daſ. 337. Gebeißig 
Thier. Lohenſtein. Cleopatra 3, 372. Als der bär beißige Schwager 
in's Haus trat. Göthe Campagne in Frankreich, 6. Oct. Seiues 
widerſprechenden, bittern, biſſigen Humors. Göthe, Leben 10. B. 
Neben meinem Haus lag eines Jägers Hand an der Kette, eine ſo 
biſſige Beſtie. Schiller, Räuber 1, 2. Mit Murren und Gebeiſſe. 
Simpliciffinns 3, 24. 

Biß (mhd. biz, altn. bit), 1) die Handlung des Beißens; 2) die 
Spur, welde ein Bi zurückläßt; 3) (Jägerſprache) das Maul eimes 
Fuchſes, Wolfes cc. — Davon der Ab-, An=, Imbiß (Volksſprache 
Imbs, Ims, Immes, abd. impiz, mhd. imbiz). Das Gebiß 
(früher auch bloß Biß) 1) Werkzeng zum Beißen; 2) das eiſerne Mund— 
ſtück am Pferdezaum, auf welches die Pferde beißen (altr. hitill-Zaum). 
Der Biſfen (ahd. pizzo, mhd. bizze), jo viel man auf einmal ab- 
beißen und in den Mund nehmen fanıı ; ein wenig von eßbaren Dingen. 
Bißchen (ungut Bischen, oberd. Bißlein), fehr wenig, ein Mein 
wenig. — Reichte die fchädlihe Frucht einft Mutter Eva dem Gatten, 
ah! vom thörichten Biß kränkelt Das gunze Geſchlecht. Göthe, Ver: 
ſuchung. Mit dem vergiftenden Biß tödtet des Läſterers Zahn. 








827 


Schiller, Spaziergang. Der (Haje) faum jedem ein Stüd auf der 
Gabel zum Anbiß zollete. Voß, der Abendichmaus 186. Ob ein 
Saft fein Mahl ist, fondern eine Richt oder zwo als zu einem Anbiß 
(Frühftüd). Krenner, Landtagsh. 16, 411. Iht wollt nicht zum 
Nachtims bleiben? Göthe, Gög v. B. 2. Der bei dem nächtlichen 
Im biß faß. Porker, Rudolph 3. Daß vor des Vaters Waidmanns- 
gange den Morgenimbiß fie bereite. Redwitz, Amaranth. Ihr (der 
Schlange) Geiferbiß. Klopftod, die Jacobiner. Ich ftellte ihm ihre 
Gewiſſensbiſſe vor. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 8. Schon feh’ ich 
deine Seele vom giftgen Schlangenbiß des Argwohns bluten. Schiller, 
Don Karlos 1, 1. (Ein Tieger), der fein wüthendes Gebiß in Menſchen⸗ 
fleiich Haut. Schiller, Räuber 1, 2. Er entblöfte jebt das Ober- 
gebiß durch ein eigenes Grinfen. 3. Paul. Daß er feinem mutwillen 
ein Biſſz folt anlegen. Aventinus, Chronik 1580. Bl. 267. Eilig 
legt’ er ihnen (den Pferden) darauf das blanke Gebiß an. Göthe, 
Hermann und Dorothea 5, 135. Sonft haben wir manchen Biſſen 
erichrangt. Göthe, Fauſt 1, 230, Noch hat er feinen Biſſen Brod 
aus meiner Hand befommen. Leffing, Minna v. B. 1, 8. Kuchen, 
friiche Milch und fonft mancher ländliche Leferbijien ward von uns. 
begierig in Betracht gezogen. Göthe, Meiſters MWanderjahre 2, 12, 
ur daß wir ein Bißchen flärer find, wie er. Göthe, Briefw. mit 
Schiller 6, 4. ei 
"Wenig (ahd. wenac, nah Grimm II, 290 aus weinac von ah. 
weindn — weinen S. 386), urfpr. Drangfal erduldend, unglüdlich, beweinenss 
werth; dann ärmlich, flein; fpäter nicht viel, gering an Maſſe oder Werth, 
Begenfag zu viel. — Broden f. &. 71. 
Beizen, auch baizen (früher beißen, ahd. beizjan, mhd. 
beizen), 1) beißen maden, etwas Durch eine fcharfe Flüſſigkeit zer⸗ 
beißen, mürbe machen lafjen; 2) einen Hund, Falken ein Wild beißen 
machen, auf das Wild heben; 3) (metonymiſch) ein Thier hetzen, 
jagen; 4) (uneig.) erbittern, ergümen. Ab—, an—, auf—, aus —, 
durch —, ein—, nah —, über—, ver—, zer—, zufammen- 
beißen find klar, abernicht alle gleich im Gebraudye. Die Beize (ahd. beiza, 
mhd. beize, altn. beita, engl. bait), 1) die Handlung des Beizens ; 2) das⸗ 
jenige, womit gebaizt wird, ein fcharfer Körper (auch Lockſpeiſe); 3) ber 
jonderes Salz in den Salzwerken. — Bei Mäddhen, die durch Kiebes- 
unglüd gebeizt find, wird ein Heirathsvorſchlag bald gar. Göthe, 
Götz v. B. 3. Mit dem beizenden Sturm trägft du ihn hoch empor. 
Göthe, Harzreiie im Winter. Mit beizendem Koth bejudelt. Göthe, 
ital. Reife 9. Det. Einen ſchwarzgebeizten Gimpel. J. Paul, 
Heiperus 3. Honiggebeigt, Weingebeigt. Fiſchart, Gargantua 
©. %. 574. Ihr Herz hat eine Wunde, die ausgebeizt werden 
muß. Adelung. Das Alles hilft igt nur dem Argwohn, der ihn beißt, 
fi in fein wundes Herz noch tiefer einzubeizen. Wieland, Oberon 


828 


7, 17. Der Lew war gar erbaiffet, und fprang auff den künen 
Mann. Scmeller v. 3. 1562. Dein Ich ift in der beißen ZThräne 
des Lebens endlich zerbeißt. 3. Paul. — Euch jhügt vor Beiz 
und Schuß fein Schlupf des Moors und Waldes. Voß, Junker Kor 
19. Komm zur Zalkenbeize! Nedwig, Amaranth. Ihr Mann if 
diefen Morgen auf die une gegangen. Shaklſpeare, 2 
uitigen Weiber von Windjor 4, 
Das finnverwandte ätzen f. ©. — — 

Anm. In der früheren Sprache wird baißen, Birken; batzen geſchrieben. 
Daher überbaißen (verbeißen), bei Aventinne überbößen. — Die Widerwär: 
tigfeiten dieſes Lebens glüclicher überbaißen (verbeißen, ertragen) zu Eönnen. 
Porziunfulatüchlein. In jhrem groffen Unfall haben fie (tie Römer) or Unglüd 
mit harter Gewalt vberbößgt. Aventinus, Chronik 1580 Bi. 119. 

Beizbrühe, —eifen, hund, —kraft, — kufe, — mittel, — ſtube, 
—topf, —vogel, —wafler, —wolle, — wurz. 

Bigeln, (wiederholt beißen, beſonders vom Wein, der auf der 
Zunge fcharf ift, Dann von der Kälte und von Ruthenichlägen geſagt), 
a mehr der Volksſprache an. — Die jcharff-beiffende und bitz⸗ 

ende Ruthe. Simpliciffimus 1, 4. 

Bitter (goth. baitrs, ahd. piltar, mhd., engl., ſchwed., din. 
bitter, altſ. bitiar, agſ. biter, altn. bitr — von bethenden Geſchmech 
altn. beitr = fharf fchneidend) ftechend beißend jcharfen Gejchmades; 
durchdringend ftechend beißend jchmerzlih oder empfindlidy; überhaupt 
beißend fchmerzlich oder empfindlich; beißend empfindlich widerwürtig. 
Bitterlih, Bitterfeit ahd. pittari, mhd. bitterkeit), bittern 
(mhd. bittern) in Zufammenjegung mit an—, durch —, ein-, 
er--, nah —, ver—. oß jo bittern Spott auf mid, 
Leffing, Nathan d. W. 1, 1. er) mit faljcher Dienftbegier den 
bittern “Pfeil Des tajchen te geihäftig weiter fendet. chiller, 
Braut v. M. Bitterlich feufzen. Opig. In den füßeften Tran 
miſchet das Schidjal feine Bitterkeit. Weiße Es bittert um 
den ſchönſten Bilfen in der Schüflel. Kl. Schmidt. Es bittert 
meine Schmerzen. Heydeiireih. Der Keld, durchbittert mit Wer⸗ 
muth. Schubert. Willft du dich in deinen Grimm wider einen Wurn 
erbittern? Gryphius. Zeuch hinauff wider das Land, das alles 
verbittert bat. Luther, Bibelüberſ. Jerem. 50, 21. Und iſt fein 
Frewd uff Erden frey, Die nit mit leyd veibittert iv. ©. Sud. 

Herb (ahd. erſt im 12, Jahrh. harw, mhd. herwe, älternhd. herwe, 
herb; vgl. guth. hafrus, alff. heru, agf. höoru, altn. hiörr = Schwert, 
nieberf. haren’— die Senfe fhärfen) ungugenehm empfindlich (gleichfam fcharf) 
zufammenziehenv; tanhfharf empfindlich, mit. der Faͤrbung unangenehm 
zufammenziehenden Weſens oder Cindruckes. Sauer (ahb. mbd. agf. sür, 

altn. sürr, engl. sowr, sour, nieberf. suur; vgl. mhd. sjure, — Krägmilke, 
am Körper bläschenartig ausfahrende Schärfe; auch gr. svoer = fort 
ſchleppen, mißhandeln?) urſprünglich wol durchdringend ſcharf; dann von 


829 


fharfen, mehr oder minder zufammenziehendem Gefchmad; von Bährungs- 
fchärfe durchdrungen; von fcharfer unfreundlich widriger Stimmung; empfind⸗ 
lich unangenehm befchwerlich. — Verſalzen (f. falzen) eigentlich zu viel 
falzenz denn etwas, was Genuß geben fann und follte, widrig unangenehm 
machen, beſonders wo Annehmlichkeit erwartet wurde. DBergällen (mhd. 
vergellen, von ®alle ahd. k(g)alla, mbr, galle, altf. galla, agſ. göalla, 
altn. gall, gr. zoAn, nad Pott aus fanffr. hari= grün, grüngelb) auf das 
ſtaͤrkſte verbittern. — Der Name Mutter ift füß; aber Krau Mutter it wahrer 
Honig mit Gitronenfaft! der herbe Titel zieht das ganze, der Empfindung 
ſich Öffnende Herz wieder zufammen. Leffing, Hamburg. Dramaturgie 20. 
Kein fv Herb Geſicht zu folcher Freudenbotfchaft. Schiller, Wallenfteins Tod 
4,7. Dem Bürften macht ihr's Leben fauer, madt ihm alle Schritte ſchwer. 
Schiller, Picevlomint 1, 4. Weun nur bem Hofflaate nichts Herbes bie 
Trauer verfalzt! I. Paul, Titan 46. Wenn nun bald ihn Sättigung und 
Gel von Lüſten zu Lüften treiben, fo vergälle vie Erinnerung, diefe Luft 
wicht gehüßt zu haben, ihm den Genuß aller! Leifing, Emilie Galotti 5, 2. 
Bitterbier, —böfe, —diftel, —erde, —feind, —holz, —kalk, 
—flee, —kraut, —kreſſe, —ling, — ſalz, —falzerde, —johle, —ftein, 
—wafler, —weide, — wein, —wurz u. a. — 68 war ein Winter: 
abend, und wehte bitterfalt. Werthes. Bitterfüßes Wieder- 
fehen! Bürde, Nur das thut mir fo bitterweh. Redwitz, Amaranth. 


Befleißen. 
(Wurzel fit, fliz, fliz.) 

Befleiße, vefliß, befliffen, befleißen (ahd. f(v)iizu, f(v)Jleiz, 
f(v)lizumes, f(v)lizaner, f(v)lizan; mhd. vlize, vleiz, vli zen, 
gevlizzen, vlizen: agſ. flitan, mit antreibendem Beftreben & eiß) 
und Sorgfalt thätig fein auf etwas hin. Minder edel ericheint das 
abgeleitete befleißigen, fonft aber ganz im Sinne von befleißen. — 
Doch euch des Schreibens ja befleißt! Göthe, Fauſt, 1, 97. Mit 
Eifer hab’ ich mich der Studien befliſſen. Daf. 1,-39. Weit fie 
fih nur beflig, ein Weib zu fein. Schiller, Maria Stuart 2, 9. — 
Run fliß fich wieder Horand, daß er nie vorher jo wunderfam ge= 
jungen. 8. Simrod, Gudrun 388, 2. Du fleißt allmal dep Haders 
dich. H Sachs, die Kinder Eva 2. Act. Darauf dein Volk ſich 
fleißt. Opitz, Viel Gut. Breslau 1629. ©. 9. Während fie mein 
ift, fol fie meiner Gejchäfte fih fleißigen. Voß, Luile 2, 307. 
Er habe ſich aber einer jehr jchönen Handfchrift, Des Rechnens und 
der neuem Spraden befleißigt. Göthe, Leben 5. B. — Eine feiner 
Forschungen und Befleißigungen war die Sceidefunft. Campe. 

Streben (S. 611) ſich zerarbeiten; ringen une dringen nad etwas 
bin. Trachten f. © 721. Sich bemühen (f. mühen ©. 633) mit 
befchwerender (und abfpannenter) Kraftanfirengung " thätig fein. Sih bes 
eifern (von Eifer | &, 758) mit Hige des Gemüthes thätig fein, mit 


830 


leidenfchafllicher Kraftanwendung thätig fein auf etwas bin. — Der Raid 

foll immer freben zum Beflern. Goͤthe, Hermann und Dorothea 5, 6. 

(Er) trachtete in allerlei Thorheiten und Berwegenheiten ſich bervorzufben, 

Böthe, Meiſters Wanderj. 1, 6. Er bemühte ih aufridtig-um ein liebent⸗ 

würdiges Weib. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 5. Niemand wird ſich beei’ 
fern, ihre Zufriedenheit zu vermehren... Knigge. 

Fleiß (ahd. fliz, mhd. vliz, holländ. viyt, ſchwed. flit, Dän. flid, 
agf. flit, engl. flit) große Thätigleit mit eifrigem Beſtreben und Sorg- 
falt auf die Sache; fleißig (ahd. flizie, mhd. vlizec j. ©. 667) Flak 
befigend; befliſſen (won befleißen), Zleiß auf etwas wendend; 
Befliſſenheit; gefliifen (vom veralteten gefleißen), Fleiß wirklich 
ausübend in der Richtung auf etwas hin; gefliijentiid — ine 
Art, daß Fleiß auf etwas ausgeübt wird, abfihtlih; Gefliſſenheit. — 
Im Fleiß kann did) die Biene meiftern. Schiller, Die Künftler. Aller 
Kunftfleiß war aus Sparta verbannt. Schiller, Lykurg. Sie rımdete 
die Hand der Xiebe mit Meifterfleiß. Kl. Schmidt. (Er hatte) 
fleißigen und forgfältigen Anbauern die jungen Stämme wmjeuf.. 
überlaflen. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 4 Wann werden wir je 
fleißig wieder ipielen? Leifing, Nathan d. W. 2, 1. Deffen tren- 
fleißiger Arbeit... ganz unerwartet eine liebenswürdige Aufmerfjamfett 
zu Theil ward. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 4. Wie abgemeflen 
mir auszubeugen Ihr befliijen ware. Daſ. 5, 5. Mar Jakobi 
war in meiner Nähe als der Medicin Befliijener in Jena. Görke, 
Zag- und Jahreshefte 1794. Wenn fi) bald dieſe oder jene Kunf- 
und Wiſſenſchaftsbefliſſenen befchweren. Göthe, Windelmann 1,7. 
Endlih riefen fie einen gan jungen Krititbefliffenen zu Hülke. 
Klopftod, Gelehrtenrepubli. Aus feiner heutigen Befliſſenheit. 
3. Paul, Heſperus 0. In Erwiederung dagegen wuchs die Dienfs 
beflijfenheit Dttiliend mit jedem Tage. Göthe, Wahlverwandt: 
fchaften 1, 6. Denn auf dein. Recht und feinen guten Grund vera 
ih mich und bin darnach geflijien. Opitz. Denn fie werben Geld 
und find geuliſſen drauff. Luther, Bibelüberf. Bar. 3, 18. Wenns 
nicht geflißne Schelmenftreiche find. Shafjpeare, Sommernadtötraum 
3, 2. Ich zielte nicht geflifien. Rüdert, gel. Gedichte 4, 3%. 
Daß ich ein früher unfcheinbares und überſehenes vaterländiiches Ele 
ment le und zu feftigen gefliſſen gewefen bin. 3. Grimm, 
Grammatit 3. A. Borrede XIV. Dein Dank-gefliſſen Herz. Weib 
mann, Poefle der Niederjachien 1, 213. Das iſt's, was ich mit ge: 
fliffentlicher Vermeidung aller theologiſchen Syſtemſprache mit größter 
Wahrheit fagen kann. Göthe, Meilters Lehrj. 6. Zum Beweis, daß 
id von feinem Undanf weiß, will ich für die Geflifienheit end aus 
Gefahr und Dunkelheit binführen. Soltau. 

Genau (mhd. genouwe, eines Stammes mit Roth ©. 378) allen au 
zelnen Theilen oder Uufländen nach völlig übereinftimmend und ſongch rictig- 





831 





Gorrect (lat. correctus, v. oorrigere — verbeflern) bis in das Kleinfte 
fehlerfrei.” Die andern Eynonymen f. ©. 667. — Und alles Hilv ich "nach 
genau Schiller, Glocke. 


Seifen. 


(Wurzel vrit, rit; vol. lat. ir-rit-are = anreizen.) 


Heiße, a gerifien, reißen (ahd. rizu, reiz, rigumés, riza- 
ner, rizan; mhd. rize, reiz, rizzen, gerizzen, rizen) 1) zunadhft 
. eingrabend oder eintigend jchreiben, wie es die Alten mit dem Griffel 
auf ihren Wachstafeln thaten; 2) überhaupt fchreiben (altſ. writan, 
agſ. vritan, altn. rita, engl. write, altfrief. writa; goth. vrits — 
Punct, Strich, Buchſtab); 3) auf einer Fläche etwas nur in feinen 
Zügen entwerfen, bejonders in bloßen Umfangslinien; 4) auf einmal, 
unvermuthet vorbringen, nur in befondern Redensarten: Reime, Poſſen, 
Zoten; 5) aus feitem Zuſammenhang von einander fi) geben; 6) mit 
ihneller Gewalt aus feitem Zufammenhang trennen (ahd. in allen Bed. 
rizan, mhd. rizen, altj. writan; altn. reita — abreißen); 7) mit 
ſchneller Gewalt von feinem Ort bewegen; 8) ſich um etwas reißen, 
fi jehr um etwas bemühen. — Ir folt fein Mal an eurem Leibe 
reiſſen. Luther, Bibelüberſ. 3. Mol. 19, 8. Daß man, wegen der 
nahen Verwandtichaft, eben fo gut Suiten reißen fagt, als Poſſen 
reißen. Göthe, Leben 7.B. Was haben die Herren vom Regiment 
fi) um das niedlihe Lärohen geriffen! Schiller, Wallenſteins Lager 
5. Damalen galt es, Böhmen aus des Feinde Hand zu reißen. 
Schiller, Piccolomini 1, 2. Der viele Geichäfte jeßo macht und 
teißende. Platen, die verhängnißvolle Gabel 1. Durch das Ge- 
rauch reißt fih das Roß mit ſtarkem Ungeſtüm. Weiße, 
Zeichnen (ſ. zeihen) etwas wodurch fenubar machen, etwas auf einer 
Flaͤche in Linien darftellen, und zwar in ausgeführterer Daritellung. Malen 
(mahblen ah. mälen, mälön, mhb-mälen, goth. gameljan, von Mal S. 736) 
zunächſt etwas auf einer Bläche umftändlich, ausbildend darftellen; dann durch ober 
in Barbengebung (auch In Rede und Schrift) darſtellen. Schildern (von Schild 
goth. skildus,? ahd. scild(t), mhr. schilt, altf. seild, agf. scild, so&old, altn. 
skiöldr überall maännlich; vgl. gr. oxvlov = Bell, ausgezugene Waffenrüſt⸗ 
ung) von Barbenbezeichnung auf dem Schild hergenommen, if bier übers 
haupt Fignren durch Auftragung von Farben varftellen; ſonſt in Gigenthüm⸗ 
lichkeit ausgeführt nach Farbe, Licht und Schatten (in Rebe und Schrift) 
darftellen. — Ih wußte, daß der Heil’ge, teilen Leben oben gezeichnet 
war, mein Pathe fei. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 2. Sieh, Ich will bir 
gleich ein Bildchen mahlen. Göthe, Amor als Landſchaftsmahler. In Frans 
fem Berfall des Körpers, in blühender Geſundheit des Geiſtes, war fle ges 
ſchilvert. Böthe, Meifterse Wander. 1, 6. Gr will damit die Glüdfeligfeit 
des gefegneten Bauern-Standes vorſchil den und abbilven. Simpliciſſimus 1,2- 











832 





Ad —, an—, anf—, aus —, daher —, dahin —, durch —, ein—, 
ent —, entzwei—, fort —, her—, herab —, heran—, berauf-, 
en, herein —, berüber—, herum —, hernuter —, berver-, 

erzu —, hin —, binab—, hinan —, hinauf —, hinaus — hindurch-, 
hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —, los —, mit—, 
nach —, nieder—, über —, um —, umher —, ver —, vor--, voran-, 
voraus —, vorbei—, vorüber —, zer —, zu —, zurüd—, zuſammen 
reißen find Mar. — (Daß ih ihm) die Ohren abreißen würde. 
Göthe, Leben 2. B. Ich riß ihr armes Häuschen ab. Weiße. (Bus 
du) an Briefen oder abgerijjenen Koncepten bei dir führft. Scil⸗ 
‚Ier, Don Karlos 4, 5. Meine Freunde, bei denen ich jonft nur ab- 

erifiene Beſuche machen konnte. Göthe, Meifters we 6. Große 

ichter würd’ ich auf Brautfüchen abreißen in eingelegtem. Bild- 
werk. J. Paul, Heiperus 17. Soviel bedurfte e8 faum, um einen 
jungen Ritter anzureißen (Drudfehler für anteizen?). Göthe, Leben 
10.8. Alle feine alten Wunden waren wieder aufgeriſſen. Göthe, 
Meifters Lehrj. 2, 8. Er faßte abermals ein Paar Hefte au, riß fe 
auf und warf fie in's Feuer. Daf. 2, 2, Ach folle ihm einen Her 
fules machen, der dem Löwen den Rachen aufreißt. Göthe, Be 
venuto Gellini 1, 8 So reißt ein ſchwarzes Zeljentbor fih auf, 
Schiller, Tel 5, 2. Und ftemmte dann auf feine Bruft den Fuß umd 
riß die Eichenlanze wieder aus. Bürger, Ilias. Die Einbildung 
fpornt jeine Triebe, wie Roffe reißen fie nus. Kleiſt. Wenn dab 
Holz im Spalten ausreißen will, jo willen es die Böttcher jo zu 
ſchlagen, daß der Riß wieder hineingehet. Adelung. Bon einem Strom 
Dahingeriifen. Göthe, Eugenie 1, 5. Deuft ihr wohl gar wit 
den Waffen noch dDurchzureigen? Sciller, Räuber 2, 3. Der 
fühne Riefengeift wird unſrer Staatöfunft Linien durchreißen. Sc: 
ler, Don Karlos 2, 10. Wer am meiften über die einreißende 
Peſt der Polizeiverbeflerungen fehreit. Schiller, Räuber 1, 3. Reit 
die Mauern ein! Schiller, Tell 5, 1. Des großen Karlens Knecht 
ift die Geduld entriffen. Hoffmannswaldan. Das Geheimniß, daß 
du vor mir verbirgft, entreißt mir meines. Schiller, Piccolomini 3, 1. 
Hurtiger fönnen, gemöhnt des Lenkenden, jen’ (die Pferde) uns eut- 
“ reißen auf dem gebognen Geſchirr. Voß. Sie entriß fic) jegt dem 
Gedränge. Klopftod. Und der Faden riß entzwei. Göthe, die Spo⸗ 
nerin. Beide wurden vom Strom gewaltſam fortgerifien. Ge 
Wahlv. 2, 10. Sid) von der Gewalt der Beilpiele zu fatfchen Ab 
fprächen fortreißen laffen. Gellert. (Ich) riß Ranke nad Rauken 
herab. Göthe, Amyntas. Er (Ehriftus) riß aus Trug und Wahe 
und aus der Erde Lirten das bingetäufchte Boll herauf. Tedp. 
Urania 9. Ans was für ar er Lehrvorträgen fie dumasd 
berausgeriffen worden. Göthe, Wahlv. 2, 7. Daß im Bi 
der‘ Fluß fi herumriß. Voß, Ddvflee 5, 314. An’s Licht auf 


— 





— — — * Goͤthe, Eugene 1, 5. Gewaltſam {onen 
reißt Zerſtoͤrung ‚oft durch Höllenqualen .in. die Ruhe hin, D 


Ötefe 'geheinmißvotle :Tuigend hatte mich dergeſtalt zur Besundering. 


 bingexiifen. Göthe, .2eben.4. B. Nifr- da Mofes, dic) bat, in 
ihre Tiefen die Erde Korah Iebend und Dathau hinab, Klopſtock, 
Meifins 4,330. ‚Hinweggeriifen hatte fie der. Strom des Volks. 


Schiller, Jungfrau” v. DO. Prolog 3. .Bon ihre‘ Kaifer Eoßgerifien.. - 


Stiller, Biccolomini 1,.3. (Der Geift) reißet gewaltig, wie Winz . 
beswehen, auch den unterften Reiter. mit. Schiller, Wallenſteins Lager 
6. Wenn wir verderben, reißen wir ſie nach. Schiller, Maria Stuart 
2,8 Reißt es (das Haus) nieder!. Schiller, . Zell 5,1. : Die 
I Fiuten reißen über. — der untreue Knabe. -Du haft ein Ge= 
bäude umgeriffen. Schiller, Fiesfo 2, 13. Der den Ader mit 
Ocien umreißt. Göthe, Meijters Wander. 1,2. &8-enthielt zwar 
meiſt hur umtiſſ ſene Figuren. Goͤthe, Wahlv. 2, 2. In Calais 
ſtahlen ſie ein Stück verrifſenes Leunenzeug. Shafefpeare, K. Hein⸗ 
ih V. 3, 2. Bis dieſer · die Vorhänge vorriß. J. Paul, Titan 37. 
Zertifp mir die Seele ‚ein Jammerton. Schiller, Wallenfteins Lager 
11. Sieh, es zerriß:. „der nebgrangpen Blende Vorhang. Klop- 
fol, -Meifios-11, 49. 

Anm. Die Participien — noch andere — —— —— B. Jot⸗ 
tenreiffend. Fiſchart, Gargantua ©. 89. Gin. ———— Gebrüulle. 
Goͤthe, das Kind mit dem Löwen. 

Heißer, Reißung, reißlich; Ab— * 
J —— is atom mbD. r! ‚altn. 
rit = Schrift), Ab —, Auf—, Durch —, Einriß u. a; ri 0. — 


Waren fie — Lebensfadenreißerinnen. Logau, Sinn- 


ged. 448." Die toben Späße und en Wige der Poifen- 


teißer bringen. alfe zu heftigem Lachen. .Hailbronner , "Kaito. 
Eine“ gemeinſhaftlich genoffene Jugend⸗ er umereelänges Band. - 
Rovalts, Heinrich von Ofterdingen 1, 9. — Zerreißen ſoll das. Band 


der alten Liebe, wicht fanft fi Be und.du wilft-den Riß, den 
ſchmerzlichen mjr fchmierzlicher noch machen! Schiller, Wallenfteins Tod 
3, 3. Durch den Riß nur der Wolken erblidt er die Welt. Schil⸗ 
| ler, Zell 1,-1. Da rewet es das vol vber Benjamin, das der Herr‘ 
em Riſs gemacht hatte in den Stemmen Sfraef: Luther, Bibelüberf. 
Hichter 21, 15. Der Riß zum 'neuen. Theater ift. nun Beftimmt. 
Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 235. Einige fhöne Gypsabrijfe 
antiker Köpfe. Göthe, Leben 13:8. Dein Geficht enthält den Ab— 
riß aller Ehr’ und Biederfeit. Shakeſpeare, K. Heinrich VI. 2. Thl. 
3, 1. Er verfertigte Grundriß, Auftiß. md Durchſchuitt des 
Haufes, Göthe, Leben 11. 3. Ein tiefer Einriß flürmender Wuld- 
waſſer trennte den — Meyer: Er (der Architect) hielt ſich an ſeine 
Umriſſe. Göthe, Wahlv. 2, 3. Gewiß, wer uns us Bild dieſes 








834 


Mannes, nicht nur einen Shsiteninin an der Wand, —— 
im lebenden. Bilde zeigen will. Herder. Zwanzigmal entwarf fie den 
‚Karton und den Borrif der Haube 9: Beil, Siebenkäs 6: Durch 
wilden Bergesriß. Göthe, zu meinen Handzeihnungen V, Ein 
Regenftrom aus Zelfenrijfen, er fommt.mit Donners Ungeftüm. 
Schiller, Macht des Geſangs. Ein Schattenriß, mit Perlen eingefaßt 
Schiller, Din Karlos 4,13. Bei einer Ziegelhütte geht ein Waſſerriß 
hinunter. Göthe, ital. Reife Bologua 20. Det. Bas arme Vich hat 
fih am Widerriß!) gedrudt. Shafefpeare, K. Heihrih IV. Thl. 2, 1. 
Poſſenmacher (ſ. Boffe ©. 385) beläftigt durch närrifches, laͤcherliches 
Bebärdenfpiel und aud durch Wipe, die an das Miebrigkomifche Areifen. — 
‚Boffenreiger.ift nur ein ſtärkerer Ansdruck. Spaßvogel.auch Spaß⸗ 
macher (von Spaß, aus ital. spasso — Luſt, Zeitvertreib) ein in laͤcher⸗ 
liche Scherze ſich auslaſſender, munterer, beweglicher Menſch, oft mit dem Ne⸗ 
benbegriffe des Neckiſchen. Luſtigmacher (ſ. Luft ©. 340) überhaupt, wer 
Fertigkeit Hat, Andere abſichtlich durch fein Thun lachen zu machen. Hans: 
wur (von Wurf (ahd. mhdo. wurst, vielleicht eine mit goth. vaurstvr = 
Gewirktes, Gewordenes) Lieblingsſpeiſe tes Bolfes, wie engl. Jack Puddingunt 
Pickiherring, ſchwed. Pickelhering, fran;.. Jean Patage) ift eigentlich ber 
niebrigfomifche Luftigmacher des deutſchen Luſtſpiels; dann überhaupt ber nie: 
drige Spaßmacher. Harlefin (franz. harlequin, arlequin, aus ital. arle- 
chino) iR eigentlich die volfsthümliche Charaktermaske des einfältigen toölpiſchen 
bänerifhen Spaßmachers im ital. Euftfpiel; dann überhaupt die einfältig uaiv 
witzige Berfon in demſelben; bei ung gewoͤhnlich überhaupt der naartiſche a: 
ſtigmacher. — Wenn er der. unerfchöpflichfte Spaßvogel unter der Genre 
wäre. Leſſing, Antigoeze 2. Der Spaß verliert Alles, wenn ber Spa ßma⸗ 
her ſelber lacht. Schiller, Flescko 1, 7. Er hätte von Zeit zu Zeit einen 
armen Teufel von Lufigmader ein Goldſtäck gegeben. Goͤthe, Namens 
Reffe. Da fie (die luſtige Perſon) ſich bereits von der Derbheit des heitichen 
— Gauswurſts .gegen bie Wieblichfeit; und - Zierlichfeit ber italieniſchen und 
| rauen Sarlefine gewendet hatte. Göthe, Keben 13. 2. 

„ —blei,. —eiten, —bafen, —famm, —fer Milch⸗ 
ſchwamm), able —fatte, —lod), — maß, —meffer, — nagel, — ſchiene, 
—ſtift, — zeug, —zirfel u.a. — Ste nahmen Reiß aus. Göthe, Keben 
1.8. Der nimmt ja gewaltigen Reißaus. Platen, die verhängnißvolle 
Gabel 4. Der Zeichner am Reißbret. Göthe, Meifters Wanderj. 2,9. 
Hinter ihr brachte man, eine große jchwarze Tafel und in einer goldenen 
a ein wohl 3 ee Stud Kreide. Goöthe, Wahlv. 2,4. 

Ritz, der, und di e (eine ſchwaͤchere Form neben Riß, wmbD. 
ritze) die jchmale Trennung zwiſchen Theilen eines Körpers; ber. Rip 
ift aud) ein leicht eingehender Streifen auf etwas hin von einem ſpitzen 
Werkzeuge. NRigen (ahd. rizzan, rizzon. mhd. ritzen) Ritze machen. 


2) Das erhofene Theil am Halfe der Pferde, zwiſchen der Mähne und Schal⸗ 
ter, fonft Rift, Widerriſt, res —— 














J 


— — — 


1. AN AUF 1. QU8—, Burd—..ein—., hinab —, 
nach —, vor —, zerrigen. — Daß ein: leichter Rib- den Prinz 
von Wales vertrieb’ aus einem Feld. Shakeſpeare, K. Heinrid IV. 
1. Thl. 5, 4. Doch wußte fie auch fröhlich die Nofe, zu pflücken, 
welhe ihr am Wege und in Felsritzen blühte. Benzel- Sternan. 
Durchkriechen alle. Zelfenrigen. Wieland. Auch gelangte ich glüd- 
lid) zu einer Steinrige. Göthe, Meiſters Wuiderj. 3,5. — Des 
faliheh Kraͤnzes verborgene “Dorner tigen deine -Hand. : Söthe, Eu— 
enie 1, 6. Oft Hat ein Götterjohn den feuerichwangern Bauch der 
lien aufgerigt. Schiller, Semele 2. Ein ausgerigter Guß— 
ein. Lhigenannter. bei Campe. Der Scheibe rigeit du Lug nur 
ein. J. Minding, Ueberf. v. Tegnera Zrithiofiage. . Ein Grübchen 
ward hinabgerigt. Göthe," Kauft 2, 305. Die Dornenfrone von 
‚einer zerrigten Stimme J Paul, Heipetus' 9. u, 
Die Spalte und der Spalt if. fpalten) gewaltfam auseinander. ge⸗ 
hende Rängentrennung zwifgen Konpertheilen. Kluft ſ. S. 10. Schramme 

(alta. skräma) Ritz auf der Oberfläche eines Dinges; dann die lange Streif⸗ 

wunde, welche durch Aufritzen mit einem ſpitzen Werkzeuge entſtanden iſt, auch 
das hiervon zurückbleibende Wundenmal. Klinſe (auch Klünſe, Klunſe 
Klinze, mhd. klunse, klinse, klimse) wird in manchen Gegenden für Ritz 
gebraucht. — Plöglich aus der Felſen ſpalte tritt der Geiſt. Schiller, Alpen⸗ 
jäger. Berflopft die Klingen, daß nur oben Bleibt ein Spalt, wo der Mond 
hindurch darf-blinzen. Rüdert, gef. Ged. 6, 11. Davon überzeugt mid) doppelt 

biefe Schramme, die.ihm Bier die Augenbraune fpaltet. Göthe, Iphigenie 5,6, ° 

Nigeifen, —feder, —meffer, — werk, —wunde, —mulz. 

Reiz (I. & 24), Liebreiz; reizen (ah. reizjan, mhd. reizen) 
einen ſinnlichen Eindruck hervorbringen; einen jolden nach etwas er— 
regen; an —, auf —, er —, Überreizen; Reizung ıft innere wie 
äußere Ihrregung zu. einem Streben. nacı. etwas: — Gießt aus dem’ 
heiligen Salbhörn Liebreiz herrlich umher. Göthe, Adyilleis. Noch. 
bläyit du im Sugendreiz: Benzel-Sternan. Das gute Mädchen 
arm an Gold und Sinnenreiz. Bürde. — Vieles reizt mich bier, 
ich will's nicht Teugnen, mich veizt Die bunte, friegeriiche Bühne, bie 
vielfah mir ein liebes Bild erneuert. Schiller, Piccolomini 3, 4 
Sie haben alle einen- eigenen und dabei durchaus fo hübſch häuslichen 
Charakter, Daß fie dadurch reizen und anziehen. Schiller, Briefw, 
mit Göthe 5, 267. Für alle Seelen reizender Gewinn! Göthe, 
Eugenie 1, 6. Da fi) der Gejang wie ein Genius gen Himmel hebt 
und das beſſere Ich in uns ihn zu begleiten anreizt. Götbe, Meifters 
Lehrjabre 2, 11. Daß Uebermaß von Wein ihn angereizt. Shafe- 
ipeare, 8. Heinrich V. 2, 2. Ach fie reizen Dich zu jenem Ziel un— 
widerfiehlih auf, Göthe, Eugenie 2, 5. Vmb alle die reigunge 
willen, damit jn Manaffe erreiget hatte. Luther, Bibelüberf. 2. 
Kön. 23, 26. Ueberreizt man die Kräfte der Kindheit und Ju— 


55% 








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gend, was: ift ſpaͤter die Folge? BenzeleSternau. ¶Es fann). tägfih. 
Sehn an ihr nicht ſtumpfen die immer neue Reizumg.- —2 
Antonius .und Cleopatra ,%. - - - : FT 
Die Eyn. von Reiz und reizend ſ. S. 18 (wo reigend vergefien iR) u 
4; loden S. 342. — Antrieb (i. treiben) und Triepfeder find mimr 
ſtark als Reizung. - — a © Zu 
Neizbar, .— fähig, —ſucht u. a. — Gebrechliches und reizba- 
res Alter. Shakſpéare, K. Kear”t, "1: Denn audı. die Werke der 
Muſen waren. ohne ſie (die Grazien) ungefatig und reizlos. Herder. 
Dort' erſcheinen ſie als wahre Zierden ded Ganzen ünd ale Reiz: 
mittel in jedem Augenblick einer Stodnng:: Göthe, Meiſt. Wander. 
3; 10. Reizvoll Elinget des Ruhnis lockender  Silberton in das 
fhlagende Herz. Klopſtock, der Zürcherſe. 
— Scheiften: .· 
| | 0.0. Wurzel skit, sciz.) , . .. 
.. Scheiße; ſchiß, geſchiſſen, ſcheißen -Cahd. sclzu, sceiz, sh 
zum&s, scizaner,. scizan;  mhd: schize, scheiz, schizzen, ge 
schizzen, . schizen; agj. scitan, engl. shite, altıı. skita, fchwed, 
skita,, altfranz. eschiter, neufranz. chier; vgl; gr. X&eır) ‚den Koth 
aus den Gedärmen von ſich geben, ein nur der niedern Volklsſprache 
angehöriger Ausdrud. Ab —, an—, anf, aus—, be—, vericeißen. 
Scheißig; Dachfcheißerl heißt in der füddeutfchen. Volksſprache Die 
Taube; die Scheiß, Scheißen (ahd. scizzata; agſ. skitta) Durchfall; 
Sheißel auch Schiſſer (unanjehnlidyer, fraftlofer Menfdı;-Shis; 
Beſchiß (Betrug); Verſchiß (Verruf, Studentenausdrud). — Die rd 
miſchen Hauptleut beſchiſſen jre Knecht hübichlich mit Finanzen.- Aven- 
tinus, Chronit 272. Aljo hette ich Deu guten Handel, den geineinem Sprid- 
wort nad, auff einmal verderbt und verſchiſſen. Simplieiffünus 1, 27. 
Scheiſſer. Simpliciſſinus 1;8. Plackſcheiſſer. Daf. 1,16. De 
Plackſcheißerei abzuwarten. Daſ. 1, 1. Wie er bat lang ber von 
viel jaren groſſe befcheifjereny getrieben. H. Sache. Beſchiß tregt 
‚nicht für.. Seb. Zrauf. Ergvilfraßlappfcheifig. Fiſchart, Gargan- 
tun ©. 3. Da mander die Scheiß und Ruhr an den Half ges 
freſſen. Phil. von Sittewald 6. Geſicht. 
Scheißfalke, — haus, — kraut, —Iorbeer, —melde, —rübe, — wur, 


BGleißen. i) 
J (Wurzel g(X)lit, glig.) 
Gleiße, gliß, gegliſſen, aleißen (ahd. kligu, kleiz, klizumes, 
kliganér, klizan; mhd. glize, gleiz, glizzen, geglizzer, glizen; 


1) Meigaud N. 2148 Anm. zeigt,. daß ih im nhd. gleißen zwei Baba 
vermilcht Haben: das ahd. kligan S gleißen, glänzen, woher gligern (ſ. S. 185) 








837 


altn. glita, altf. glitan, ſcwed. glitira, engl. glitter, glister; goth. 
| litmunjan == blendendes Licht von fi) werfen) 1) augenbiendenden 

in von ſich werfen (j. S. 185); 2) augenblendenden Schein ha- 
ben, der leer ift: und über das Wirfliche täuſcht; 3) (veraltet) fich 
verſtellen, als thue man etwas, was doch nicht iſt; 4) einen guten 
Schein annehmen, um zu täufchen, beſonders in übler Abſicht. — Wie 
doch der Schelm fo viel verheißt, und mur verleiht, was gofden gleißt! 
Göthe, Fauſt 2, 46. Laßt ihr nur darum ew’ge Baue gleißen, 
um fehnefl diejelben. wieder einzureißen? Kleiſt. Es hafte hicht des 
Menſchen Geift an eitlem Gute, das nur gleißt! ‚Voß. Neujahrs⸗ 
lied. Vnd wenn du dich gleich mit Laugen wuͤhſcheſt, ſo gleifſet 
doch deine Vntugent deſte Mich für mir. Luther, Bibelüberſ. Jer. 2, 
22. Das von füber,. ‚god und ftahl gließ. ‚Hoffmannswaldauifche Ged. 
4, 174. Und. zeige dann in jedem Falle fi (dein Geift) gleich dem 
edeliten Metalle, das glänzt-und niemals gleißt. Blumauer. Schön- 
heit, die fein gleißender Lug befledt. Lo; der deutiche Geſang. — 


Die Volksſprache Iagt: Außen begliſſen, innen befchiflen. 
Derftellen fih (f. ſtellen ©. 28) ſich anders. geben, als die Wirklichkeit 


it, um dieſe dahinter in gewiſſer (übler oder guter) Abficht zu verbergen. 
Heudeln (nieberb, hücheln, ſchwed. hyckla, Yän. hykle, fehlt ahd. unb 
mhd., ſtammt vermuthli von hauchen, mh. hüchen, einer Nebenform von 
goth. kükjan, ahd. küchen — küſſen) allgemein einen Scyein äußerlich ans 
nehmen, um fih angenehm, gefällig zu machen und ben Andern für fich zu 
gewinnen; dann als angenommenen Schein äußerlich zur Wahrnehmung geben, 
mas dem Wahrnehmenden wohltäut, angenehm, gefällig ift, ihn einnimmt. 

Schmeidyeln (ſpäter mhd. smayheln, smeichlen, von dem gebräuchlichen mhd. 

- smeichen) durch Glattthun und gefälliges Bezeigen, Zuthunlichfeit angenehm 
auf ein Weſen wirken; im Befondern (im guten, öfter im übeln Sinne) auf 
dieſe Weife Iemanden für ſich einzunehmen ‚ vber feine Gunſt zu gewinnen ſu⸗ 
hen. — Müffen fid; auch noch Teufel in’ ihren Freund verftellen? Leffing, 

Emilie Balotti 5, 8. Befiehlt mir gleidy die Klugheit und bie Pflicht, die ich 

dem Reich, dem Kaifer ſchuldig bin, daß fd) mein wahres Herz ‚vor. ihm (Bal: 

leuſtein) verberge, ein falſches hab! ich niemals ihm geheuchelt! Schiller, 

Piccolomini 1, 3 Hierbei Fonnte ich dem —— mit der Wahrheit 

fhmeicheln. Bötbe, itgl. Reife Meffiua .13. 

Gleiße, auch Gleiß (mhd. gliz), —ã (abo, kilthhisäre, mhd. 
gelichessere, glicheszere, glichser, gelichsenære, glichsensere, älter- 
ud. Gleychßner, Glychner, Gleichßner), Gleißnerei,.gleiß- 
neriſch. — Mag er die That. durch Gleiße beſchönigen. Voß Auf⸗ 
beiterung. Armſel'ge Gleißner,; wie veracht' ich euch, die an euch : 
ſelbſt fo wie die Belt befügt! Schiller, Jungfrau v. O. 2, 2. Ma ag 


und das voliere kalmhison inhd gelichsen ; glſehsen, alternhd. ke 
- Seichsnen,.. en, gleißen, gleyBnen -— ‚glei u u er au 
u se. an 3 Anderer wäre ne simiulare), : res 








- 


I} 


888 


Hof * Stadt ganz Lüge fein nnd Gleißnerei. Shakſpeare, Corio⸗ 
Im 1, 9 


‚9. 
Glitzen, Glitzern ſ. S.185; Glitz (ahd. kliz, mhd. gliz, altu 
letta). — Roßnaßgligend, ſchmutzglitzend. Fiſchatt, Gargantua 
. 115. 221. Da leuchtet jr gefchmeide gleich als der fonnen glitz. 
Reime v. 1562. — Und welch ein zierliches Gewand fließt dir von 
Schultern zu den Soden, mit Purpurſaum und Gligertand! Göthe, 


Zunft 2, 43. 
(Wurzel slit, sliz.) 


Schleiße, ſchliß, geſchliſſen, ſchleißen (ahd. slizu, sleiz, 


elizumes, sliganér, sligan; mhd. siize, sleiz,.slizzen, geslizzen, 
slizen; agj. slitan, altn. slita, engl. slit, ſchwed. slıta) 1) fpalten, 
ven, abgenügt werden; 2) fyalten, reißen machen (ahd. sleizan, 
mhd. sleizen ſchwach); 3) (veraltet) zubringen.eine Zeit, zu Ende bringen, 
andy zu Ende geben; 4) (veraltet) verlaffen, fly entfernen; 5) ab« 
ftreifen, abrupfen: Federn. — Berfchleißen 1) durch den Gebrauch ab- 
genügt werden; 2) durdy den Gebrauch abnützen; 3) zubrimgen; 4) 
ablaffen an Kaufende, anbringen. Ab —, auf —, zerſchleißen. — Sem 
Leben verzeren und ſchleißen. Schneller 3, 458. Ja ift mein not ned) 
nicht geflizzen. Daſ. Nun war auch dieſe Frift dahin geſchkiſſen. Mir 
chaeler. Wir mußten Haus und Hof ſchleißen. Scheuchzer. Drev Pfund 
Gansfedern follen geſchliſſener ein Pfund ausmachen. Schmeller 3, 
459. — Wen weg (welchen Weg) er Ichleiffen (geben) mag. Fr. v. Spee. 
Offt habens (die Bienen) abgeſchliſſen wol halbe flügel zart. At. 
v. Spee. Das Thürmlein auf dem Gfofter ward abgeſchliſſen. 
Bluntſchli. Die breiten Ohren tief zerriffen, vom Wolfszahn grimmig 
aufgeichliffen. Kinfel, Otto d. Sch. 2. Alles Fleiß verſchleißt 
wie ein Kleid. Xuther, Bibelüberf.. Sir. 14, 18. Sobald der (Man: 
tel) ganz und gar verſchliſſen, weder Stih noch Fetzen länger 
halten will. Leſſing, Nathan d. WB. 2, 5. Die beide Ir Läben in 
Künfchheit (Keuſchheit) und Reinigkeit verfchliffen habend. Tſchnudi 
Il, 16. Ein zerſchliſſenes Kleid. Simpliciſſimus 5, 22. Er but 
feine = im Lernen verjchliffen. Voc. v. 1618. , 

chleiße (mhd. slize) 1) geipaltener dünner Holzfpan, Der in 
manchen Gegenden jtatt des Lichtes dient; 2) abgetragenes Kleidungs- 
ſtück (auch Charpie); ſchleiß, ſchleißig — abgenugt, Schleißen- 
baum, —kiefer, —ftamnı, —ſtock; Schleißfeder, — fohre, ar, 


‚—ftein, —zwiebel. — Nimmft ein Leinwand, oft weiß, oft fchlei 


* 


Bucher, Kinderlehre 1781 S. 15. 

Schlitz der, auch die Schlitze (ahd. mhd. sliz, altn, slit) über- 
— eine. lange ſchmale Deffuung; ſchlitzen, ſchlitzig. — Sie (ie 
Band) ſei durch einen SchLig vecht Durch und durch gefpalten. Shale⸗ 


839 


fpeare, Sommernachtstraum 5, 1. I will ihnen mit -meinen Zan- 
em den Bauch ſchlitzen. Schiller, Raͤuber 2, 3. Ein Paar Hand- 
chuhe, wunderfam geſchlitzt. Göthe, Leben 1. B. Ein kurzes ſei— 
denes Weſtchen mit geſchlitzten ſpaniſchen Ermeln. Goͤthe, Meiſters 
Lehrjahre 2, 4. Reich' uns ein ehern Rohr, zierlich zum Mund ge— 
ſpitzt, blätterzart angeſchlitzt. Göthe, Ka Zerichligt war 
e8 (das Kleid) ſchon. Göthe, Leben 3.8. — Mit grauen Aeuglein, 
enggefdhligt Redwitz, Amaranth, . Obrenfhligig. Fiſchart, Gur- 
gantna ©. 87. u | 
Schlitzauge, —Augig, —eifen, —fenfter, —graben, — meſſer. 


Spleißen. 
(Wurzel split, spliz.) | 


Spieiße, ſpliß, geſpliſſen, fpleißen (ahd. splizu, spleiz, spli- 
zumes, ——— splizan; mhd. splige, spleiz, splizzen, ge- 
splizzen, splizen; holland. splitien, er) splita, engl. split) aus 
einander fafern, oder gleichwie faferig aus einander reißen oder beriten, 
im Befondern in Eleine Stüde. — Daß durd) ftolzen Wahn im Willen 
das arme Chriftentfum in Stüde ift geſpliſſen. Opitz. Schaw, 
nun eben mir zerjpleijfen meine pfeifflein. Sr. Spee. Die kläw— 
fein, gar fittlih auffgefplifien. Der. Das Pfüfflein zerriß und 
zerſpliß fih mit Sinnen. Bürger, der Abt v. St. Gallen. 
Spalten (f. d.) von einander reißen, fi gewaltfam trennend von eins 
anber gehen; ſo von einander geben machen. Klieben (f. d.) fih gewaltfam 
von einander geben, ſo daß eine in bie Ränge geheude Oeffnung zwifchen ben 
Theilen ves fehlen Körpers entſteht; gewaltfam in folder Deffnung ſich von 
einanber geben machen. — Es wälzen fih nuh bei der Pforte die Felſen un- 
abfehlih hinab, durch träufelndes Feuer gefpalten. Klopfod, Meſſias 9, 
755. Doch Din ſchützt' ihn nicht, nun Roboaſters Schwert entzwei ihn 
fliebt, bis an den Nabel. Alzinger, Dooliu 8, 51. 
Spleiße (mbd. splize), ipleißig; Spleißherd, —hütte, 
—knecht, —fupfer, — meiſter, — meſſer, —ofen, — tiegel. | 
Spliten, auch jplitten und fpleten== ſpalten; der Spiett, 
de Spilete, Splette = Spalt; Splitter (ahd. splitar, mhd. 
splitter); fplittern. — Was ſiheſtu aber den Splitter in deines 
Bruders auge, vnd wirt nicht gewar des Balken in deinem auge? 
Luther, DBibelüperj. Matth. 7, 5. Daß ihre heil'gen Worte jplit- 
term. TH. Körner, wein Baterland, Schaffe Linderung dieſem zer- 
fplitterten Herzen! Thümmel Wie ſich hohe Waſſerfaͤlle zer- 
fplittern und, ſchon weit über die Erde verflatten. I. Paul“ - 
Splitternackt (niederſächſ. splintergackend) nadt bis auf den 
legten Splitter. — So zog fie bis auf's Fell ihn aus, und ſchickt ihn 
fplitternadt nad Haus. N. Froſchmäusler. DE 


80 


Fadennackt (von Baden, ahd. fadum, mhd. vadem, agf. fädhm, engl, 
fathom, ſchwed. famn, hollänt. vadem) und fafennadt, auch fafernadt 
(von Faſe, ahd. fasa, mihd. vase, agſ. fas, vers) nadt Eis auf ben legten 
Faden oder Faſen vom Gewand. Nachdrücklicher And fplitterfabennadt, 
fplitterfafennadt. — Alfo vorwärts oder zieht gleich fafernadt von 

Leder. Shafefpeare, was ihr. wollt 3, 4. — 

Eplitterrichter — kleinlicher liebloſer Beurtheiler, vornehmlich 
‚ein ſolcher Tadler; ſplitterrichten = kleinlich lieblos urtheilen. — 
Flieh auf ewig: die. Geſichter aller finſtern Splitterrichter.  Gün- 
tber. Dü fſchmähleſt, ſchimpfſt und wirft ein Splitterrichter. Uz, 
Brief an Gleim. Die größten- Fleden ſucht durch freches Splitter- 
richten der fhönften Poeſie der Tadler anzudichten. Nabener, die 
Unentbehrlichkeit. der Reime. Die Redlichkeit, die fih daran nicht 
fehrt, daß man fie jplitterrihte. Günther, 

"Keittler!) (nad Schmitihenner und Weigand aus einer Mifchung 
bes goth. greitan — weinen nıld bes griech. xeızınog, lat. criticus = Be 
urtheiler entftanden) ver Eeinliche Taler oder vielmehr Tadelfuͤchtige — Ber: 
unglimpfen (nieberd. vorüngelimpen, aus ahd. ungalimph(fJi, mbb. der 
ungelimpf = Unglimpf, ahd. das galimfi, mhb. der gelimpf, von br 
ahd. ſtarken limph(f)an, mhb, limpfen — zufländig, angemeſſen fein) zumäck - 
Jemanden fo barftellen, als ftände ihm etwas Gewiſſes nicht zu; dann ge 
wöhnlich zu unnadpfichtig und gehäffig von einem Gegenftande reden zum befien 
Unehre. Verleumden (minder gut verläumden, zufammengezogen ans 
verleumunden, ahd. kaunhliumuntöön, mhd. verliumen, oder gebildet 
von Leumund; auch Leumde, ahd. hliumunt, mhd. liumet, liumde, äl⸗ 
ternhb. leumet, leumat, leumut, leumd; altn. hlisma — flingen, goth. hliuma = 

Ohr) Jenianden dadurch, daß man von ihm ohne (früher ohne und mit) 
Grund, oder ohne es erweiſen zu koͤnnen, Boͤſes ſagt, in üble Meinung bringen 
Stärker tft Tätern (ahd. lastardn, mht. lastern, altf. lastrean, agſ. leah- 
trjan, altn. lasta, ſ. Lafler ©, 686) abſichtlich von Jemanden Schaͤndliches 
fagen, damit die öffentliche Meinung wider ihn ſei. Berläfern — ihs 

durch böfes Neben von ihm abfichtlih zu Schanden machen oder In ver Me’ 

nung des Andern zu Grunde richten. Gelinder als verleumben if ans. 

fhwärzen (von ſchwarz goth. svarts, ahd. mhb. swarz, altf. svöart, 

altn. svartr, engl. swart) Semanden in der Meinung eines Sindern verdäd 

tigen, daß er in biefer übel (in übelm, nicht hellem Lichte) daſteht. — Mit 

welcher Liberalität er (Mriftoteles) die Dichter gegen Grübler und Krittler 

. mSchug nimmt. Göthe,. Briefw. mit Schiller 3, 90. Hör Pfaff! uns Soldaten 

mag er: ſchimpfen, den Feldherrn foll er uns nicht verunglimpfen. Schiller, - 
Ballenfteine Lager 8. Ich mußte meinen Helden auf's gränlichfte verleums 

— ee F * Br ar . . R Se RE ae 





es 1) Man vgl. ferner, "was Mopftort über -diefes Wort in feiner Selehrtentepn: 
blik Kr Abſchnitt „Wortflaubgrei“ (hat, und bad parabolifche Gedicht „Krititer" 
a un 


! 
‘ 








841 

den hören. Göthe, Lehen 1. B. Was willit da mir bei Schweſtern, die 
veigem Stolze Läftern? Rüdert, gef. Gedichte 3, 46. (Wenn ihr) Niemand 
verläftert, auf Riemand lüpt. Schiller, Wallenfleins Lager 8. Dem Fürflen 
macht ihr’& Leben fauer, macht ihm alle Echritte ſchwer, ihr ſchwärzt ihn 
un Schiller, Piccolomini 1, 4. 

Splitterbaum, — bruch, — holz, —ſchere, —toll, —wurm. — 
Dei Proviſor ſchnellte eine der feinen chirurgiſchen Splitterfcheren 
ab. 3. Paul. De Brudnacht malt fe jplitterdul, Bob, 

Anm. Splint, Splinter rengl.. splinter) ſcheint durch eingefchobenee n 


ven Splitter gebildet. 
| Schmeißen. - 
. (Wurjel smit, smiz.) 
Schmeiße, ſchmiß, geſchmiſſen, ſchmeißen (ahd. smizu, smeiz, 


smigumés, smiganèêr, smizan; mhd. smize, smeiz, smizzen, ge- 
smizzen, sınlzen) 1) -befchmeißen, bejubeln (jo im früheſter Zeit: 
- got). smeitan, ahd. smizan, .pisınizan, mittelniederl. smiten); 2) 
worauf auffahren machen, wohin fahren (agſ. smitan, engl. smite; 
altfrief. smita —= werfen); 3) werfen, ſchlagen (aus mittelniederd. 
smyten); 4) die Erkremente auswerfen; 5) (Volksſprache) Tabakrau⸗ 
hen. (gleichjam den Dampf in die Luft werfen?); 6) (Volksſprache) ſpa⸗ 
zieren gehen, gemächlich gehen, ee wol mit dem Begriff des 
Schnellen (vgl. iagilih sär ügsmoig — Jeglicher machte fich jchnell 
(aus dem Tempel) davon. Otfried 111, 17:80. Joh. 8, 9). — Du 
wurdeft mit Schneeballen geſchmiſſen. Schiller, Räuber 1, 2. Du 
biſt mir der rechte Held, Fröſche mit Steinen breit zu [hmeißen. 
Dal. 3, 5. Das riß mis wie die Windshraut fort, und ſchmiß uns 
tief in Blut und Mord. Schiller, Eberhard d. Gr. Warum ſchmei— 
Ben fie uns nicht aus dem Land? Schiller, Wallenfteins Lager 11. 
Der Fuhrmann ſchmeißt mit der Geifel, und gibt ein Schmitzen. 
Erhard 1588. 62. Eine Schwalbe ſchmeiſte aus jhrem Neſt. Lu— 
ther, Bibelüberfegung Tob. 2, 11. Sie find übers Feld hinaus ge: 
ſchmiſſen (gewandelt). Schmeller 3,477. 
Das finnverwandte werfen |. ©. 424. ._ “ — 

Ab—, an—, auf—, aus —, be—, bei—, drein—, durch — 
ein —, entgegen —, er —, fort —, her —, herab —, heran —, herauf — 
herans — herein —, herüber —, herum — , herunter —, herzu — hin — 
hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch — hinein—, 
hinüber — hinnuter —, hinweg —, binzu— ‚nach —, niedet —, über — 
um—, umher—, ver—, vor—, voran -, voraus —, vorbei —, vor⸗ 
über—, weg —, zer , zu —, zurück —, zuſammenſchmeißen be⸗ 








8*2 


„dürfen, feiner weitern Ertlärung. — Der Kopf iſt abgeſchmiſſen! 


Gtyph. Einem eine ‚Klette (Schandfled) anfdhmeißen. : Stieler. 
Die Bäum und Hage find, mit: Raupennefern häufig-angefigmeißet... 








842 


m — — — — 


Wirzb. Verordn. v. 170%. Darmit nit die Wheeren von meiß und 
Rhatzen beſchmaiſſet werden. Feuerb v. 1891. Und follten fie 
ihr Werk und offenbare Schriften mit Zügen felber noch beichmeißen 
und vergiften. Opitz. Ich will von feinem Gruße wiffen, als ihr 
die Fenfter eingefhmijien. Göthe, Fauſt 1, 105. Ex fand zu 
feinen Züßen eine erihmijfene Maus J. Paul, Hefperus 6. Der 
Menſch erſchmeiß' ihn von hinten. Daſ. 8. So ſchmiſſen fie 
das Pulver fort. Lichtenberg, von der ſchwimmenden Batterie. Weil 
er nicht weggehen wollte, fo babe ih ihn heruntergeſchmiſſen. 
Gebrüder Grimm, Märchen von einem, der auszog, Das Fürchten zu 
lernen. Unſere Friedensrichter die Treppe hinabzuſchmeißen! 
Schiller, Fiesfe 2, 8. Worauf ihm der. Stallmeifter ein paar tüch— 
tige Ohrfeigen gegeben und ihn zur Thüre hinausgeſchmiſſen. 
Göthe, Meifters Lehrj. 2, 14. (Bis daß ich) Das Herz ibm ausge: 
riſſen, und das dir nachgeſchmiſſen. Bürger, Entführung. Der 
jo die Zapfern niederſchmeißt. Alginger, Doolin 8, 27. Dumit 
nicht die Structur, deren ganze Schönheit im richtigen Gleichgewicht 
beſteht, nad) einer Seite umgeſchmiſſen wird. Lichtenberg, Briefe 
aus England 3. Waſſer reißt wol Eichen um, und hat Käufer um- 
geihmijfen.. Leſſtng. Ohne dieſes Tiefe ich Gefahr, aller Sorgfalt 
ungeachtet, umauichmeißen. Lichtenberg, Anhang zur Pbhofiogno- 
mie. (Bis daß er) das Herz Dir ausgerifien, und das Dir vorge⸗ 
ſchmiſſen. Bürger, Gutführung, Ich babe) den Außerfk, platten 
Dialog ganz weggeſchmiſſen? Göthe, 2. Aufenthalt in Rom 12 
Sepbhr. Den Schädel müßt ihr ihm zerichmeißen. Pfeffel, der 
tolle Hund. (Er) fhmeißt das Fenfter zu. Göthe, Götz v. B. 3. 
Da ſchmeiß' ich gemiß zu. Göthe, Die Fiicherin. (Die) rothe Heller 
mit einer Majeftät zur ückſchmeißen, daß, wer bloß die Miene 
fieht, denken jollte, e8 wären Goldftüde. Lichtenberg, Orbis pictus. 
Wir wollen fie zufammenjchmeißen. Göthe, Gib v. B. 3. 
Geſchmeiß (älternhd. ſchmeiß, geimaiß) 1) eig. Kothauswurf 
durdy den natürliben Gang; 2) Gier and Brut geflägelter Jmielten, 
weil gemeinhin gleichjam als beiudelnder Auswurf derfelben angeichen; 
3) bejudelnde kleine Inſekten; 4) überhaupt beiudelndes, efelbuftes 
feines Gethier; 5) (figürlich) ſchlechte, werachtete Leute, die gleichſam 
unreiner Auswurf der menſchlichen Geſellſchaft find. — Da fiel jm 
auß der ſchwalben neft der warm ſchmeiß auff feine augen. Dieten⸗ 
berger, Bibelüberſ. (1571.) Tobias: 2, 11. Daz fi zen .die toten 
tier und daz Gefmaiß von den Vögeln. Schmeller 8, 476. Dem 
Vortrefflicleit hat Zalfennuge und Adlerfing, und ift mit nichten ein 
Schmetterling, der nur fo eben ein wenig übern Geſchmeiß um- 
herflattert. Stlopftod, Gelehrtenrepublik. Sthon Ipndte das Geſchmeiß 
bin und wieder. Göthe, Campagne in Frankreich 6. Oct. Zugleich 
Soldat und Diedsgefdhimeiß. Göthe, Kauft 2, 286. | 











843 


‚Ungegbefer!) unangenehme beſchwerliche Heine Sufelten; dann überhaupt 
usangenehmes, beſchwerliches Tleines und MBeineres Getbier. Geziefer in 
bemfelben Sinne, aber feltener. — D, wenn je ein Mittel gegen die Mücken 
und Spinnen erfunden werden follte, machen Sie es doch ja gemeinnüpig! 
Denn wenn man oft in himmliſchen Entzückungen aufgefahren if, erinnert einen 
das leidige Geziefer, mit feinen Stacheln und Frabligen Füßen, gleich wieder 
an die Sterblichkeit, Böthe, Triumph der Empfindſamkeit 2. Ich habe keines⸗ 
wegs Ungegiefer und Bettelherbergen dort getroffen. Goͤthe, Kampaane fu 
Fraukreich zum 24. Sept. Da er Buzifer unter fie ſchickt. Luther, Bibel 
überf. Bf, 78, WB. 

Schmiß (mittelniederl. sraet) Wurf; heftiger Schlag; das Ger 
ſchmiſſene, Auswurf, Unflat. — Schmitte = Schmutz und jhmit- 
ten — beftreichen tichlichten bet Webern), beſchmitzen, gehören der 
Bolfsipradhe an und find aus miederd. und niederl. smitten, smetten 
eingedrungen. 

Schmitz der (ahd. smiz, mhd. smitz) 1) Schlag F2) Schmußfleden ; 
3) (bei den Webern) jeder Umgang des Kettenganges um den Scher- 
rahmen. Die Schmike 1) Werkzeug zum Schmigen; 2) ſchmutzen⸗ 
der abfärbender Körper; 3) Schmußfleden. Schmitzzen (ahd. smiz- 
zan, mhd. smitzen) 1) werfen; 2) mit einem dünnen, biegfamen 
Körper ſchlagen; 3) beſchmutzen; £) überhaupt mit Farben beftreichen. 
— Shmuß (mhd. smuz, engl. smut) anbaftende, ſich anhängende, 
anfegende Unreinigkeit; fg. unflttticher, Zucht und Ehrbarkeit verleßen- 
der Ausdiud. Schmutzen, ſchmutzig. — Die Schmiße einer 
Veitihe, wenn der Fuhrmann einen Zug thnt. Göthe, ital. Reife 11. 
Mai 1787. Kein Land, fein Stand, wo’ man nicht der Wahrheit 
en Schmitzen gibt. P. Abraham. — Wenn ichs Trand in die Erden 
ſchmitz. H. Sachs. Verberatus, der gefhmigt ift worden. Aven⸗ 
tms, Grammatik. Im allen Stüden thut und die Welt mit Hön- 
wordt ſchmitzen. H. Sachs. Das wäre meines Bedlinfend wenig- 
ſtens Eine Art, den Tadel abzulehnen, womit man und Deutſche 
anſchmitzt. J. Paul, Titan 6. Das Ungereimte, womit man ihn 





’) Aelternhd. le ungeaiber Unzifer, J— Unzibel, Uns 
geſeufer. Grimm (R. Fuchs LIV. u. d, Myth. 2. A. S. 36) erklaͤrt Unge⸗ 
ziefer S unvopferbares Thier. Er bildet es von ahd. zepar = Opferthier, vielleicht 
an alles Dpfermäßige von Thieren, Pflanzen und Bäumen? agſ. tiber, tifer, 
tifr, alte. tafn-— Opferthier, auch Getreideopfer; daher altfranz. atoivre und 
die vermutheten althd. unzepar, agſ. unüiber. Ziefer, Geziefer begreift auch 
nweilen Ziegen und Schweine Schmeller (bayr. Wörterb, IV, 228) findet 
rimms Gedanke an das verfchöllene zepar, „zu nobel und antik“, und denkt lieber 
an das ahd. arzibdn = im Wachéthum zurückbleiben. Weigand (Syn. No, 
1997. Anm.) pflichtet Schmellern bei, und betrachtet ale Stammwort das ah. 
ꝛipo —=.träge, was zurüdhleibt,. ahd. arzibön,- fränf. zifen. Er Hält die Ablei⸗ 
fung von nlederd. zefer, zever — Käfer, woraus nah Schwend Geziefer ent: 
Randen fein mag, mit Recht für durchaus widerſtrebend und numöglih. 





844 
jo gern beſchmitzte. Daſ. 50. Bejchmiget zwar mit ſeines Rei 
des: Geifer. Bürger, Epiltel des J. Schere. och ift Das Aeußere 
nur befhmigt. Rückert, geſ. Gedihte 6, 94. Koth und Schmuß 
befprigte Mann und Roß. Göthe, Kampagne in Frankreih 19. Sept. 
Woraus denn ein ſchmutziger Spectafel hervorgeht. Göthe, Leben 
13. B. Sie ſchlug das eine Ende der "Schürze hinauf, um vor und 
die ſchmutzige Seite zur verſtecken. Göthe, ital. Reife Palermo 13. 
April. Maulſchmutzig. Fiſchart, Gargantna 89, 154. — So haben 
fie auch mit .Wafchen-und Reinigen alle Zröge. des Dorfes beſchmutzt 
und alle Brunnen befüdelt. Göthe, Hermann und Dorothea 7, 3. 
Unrath (ahd. mho. unrät) nhd. gewöhnlic) Unnühes zum WBegwerfen. 
""Unflat (inhd. unvlät, von goth. fleths?, agf. fled, ahd. fät — Reinlich⸗ 
“Leit, ierlichfeitz vgl. altn. AA, mittelnieverl; vlaen = bie Haut abziehen; 
- mb. vlein, vloun, vieuwen, vlöuwen = im Waſſer hin und ber bewegen, 
.. . „wafchen) efelhafte Unreinigkelt. Davon un flätig (mhd. unvietec) — Bote 
(wol aus ahd. zaturra — Feilweib) unanfländiger, unzüchtiger, die Keuſch⸗ 
heit verlegender Ausorud, — Befleden (j. Flecken ©. 781) einzelne 
Stellen ver Oberfläche unrein machen. Beſudeln (von fudeln, nieder 
euddeln, wol von fieden f. d.; verfchieden von goth. sänljan, ahd. solöe, 
suljan — befudeln, in einer Koihladye wälzen, franz. soniller) etwas be 
ſchmieren. Berunreinigen (abgeleitet von rein, goth. hrainis, abe. 
hreini, mhe. reine, altf. hreni, altn. hreinn, fdpweb. ren, holländ. reyz, 
nah Grimm aus dem flarfen Berbum agf. hriaan, altu. hrina, — ſchreien 
laut tönen; auch tönen machen, berühren; Wadernagel, Schmittbeuner 
u. 9. vgl. gt. zpivem fondern, fihten) ganz unrein machen. — Da der Uns 
flat die Schnauze darüber gehabt hat. Goͤthe, Bürgergeneral 13. (Bis e) 
an den Schuhfohlen feines Urenkels unflätig anklebt. Schiller, Räuber 
4,3. (Sie) leiven feinen neben fidy, der feine Ehre nur im minbeiten befledt- 
Herder, Eid 51. Binige Teiche "waren ſchon durch eingefunfene Pferde ver: 
unreinigt. Göthe, Gampagne in Frankreich 21. Sept. 
Berfhmigt, Verfhmigtheit mit ihren Syn. |. S. 690. 
Schymitzwort; Schmugärmel, —hube, — buch, — farbe, —fleck, 
—igel, —tfittel, —koch, —lappen, —papier, —rede, —riß, —titel, 
—mort, —zeihnung. 5 
Schmettern (ſ. S. 471) 1) einen.beftigen, zitfernden. und. er 
ihütternden Schall von fich geben,*bervorbringen; 2) ſchmetternd ertönen; 
3) fchmetternd an ehren andern Körper bewegen, ftoßen, werfen md 
. bewegt, geftoßen und geworfen werden. — Mit Urkraft fh metterten 
*- Sturmdrommeten darein. Sonnenberg. Wenn aus hallendem Er 
der Kriegeruf jhmetterte . Voß. - Wen durch ihr ſchmetternd 
Lied die Lerche minder Kunſt verrieth. Gellert. Und der geſchmetterte 
Bald dampft! Klopſtock, Frühlingsfeier. — Wild ſchmettert auf 
iht Klagernf, Collin. Und es erſchütterte ganz vor Zeus durch⸗ 
. fepmetterndem Blipftrapl, Voß.‘ Det. Kriegöpofaune Donnerftimme 





Be 71,50 





durchſchmetterte die Luft os nicht, Cronegl. Da Big! und 
"Trompet- und Horn und der ꝓolternde Brummbaß wild mit betäubendem 
Hall. einfchmetterten, Voß, Luiſe (in der früheren Ausgäbe). 
Schinettert jein Schwert durch den Felsſchild Mildanielis herab 
auf die Zefte der Bruſt. Sonnenberg... Jener gereijten Gettheit, die 
mid niederjchmettert, will ich getroft in's Auge jchauend ftehn. 
Söthe, Cugenie 5, 5. Hektors Ruf, des Ermürgers... umfhmettert 
mid. Voß. Zerichmetter die Feinde.durch. deine. Macht. Luther, 
* Bibelüberf. Juͤdith 9,9, Daß das Getös der zufammenichmetternden- 
Panzer und Schilde weit nachhallte. Sonnenberg. 
Geſchmetter. — Bie Lerheng lometter in ‚fonnigen — 
Redwiß, Amaranth. 
Anm. Schmetterling wird von Weigand No. 1658 mit ‚großer Wahr- 
Tchetnlichfeit auf fchmettern, nieberd. smitien, nieberl. smetten = befleden .' 


zuwrüdgeführk Dieſes Thier. if. allerdings dasjenige, — dor. andern .mit abs _ 
wiſchbaren — bedeckt iſt. 


Bleichen. . 


— mik; vgl: ſanſke. bhräg — glänzen; gr. gityan = — — 
glänzen, lat. flagrare = bremen, fulgere = glänzen.) 


Bleichen, blich, neblichen, bleichen (ahd. plihhn, pleib, plih- 
huines, plihhaner, plihhan, plichan; mhd. bliche, bleich, blichen, 
"geblichen, blichen;, agf. altı, blican, altn.. blika). urfprünglich ſchim⸗ 
mern; matt ſchimmern; fatt der‘ natürlichen a dem farblojen Weiß 
nahe Tommen (in dieſen Bedeutungen ahd. mhd. und nhd. auch ſchwach); 
ein ſolches farbloſes Weiß geben (activ, nad) ſchw. Form, ahd. pleichen, 

.. bb. bleichen, altn. .bleikjä), — Wie die Alpenroſe bleiht und 
verfümmert in der Sumpfeslufl. Schiller, Tell 4, 2 Und.wär es 
auch ver befte Wein, der an der: Mofel bleidyet! Hagedorn. - Ihm 
glänzte die Locke filberweiß, gebleicht von der Fülle der Jahre. - 
Schiller, Graf von Habsburg. Daß Furcht des‘ Zodes ihre Wangen, 
bleichte. Schiller, Maria Stuart 5, 3. Vergebens bleicht man 
einen Mohren. Gieſeke. 


Ab—, aus—, er —, nach —, nieder-—, über, "verbleihen—, 
erflären . fi ans nachfolgenden a — Bir ſehn den Alder⸗ 
mann mit abgebleichten Haaren. Voß, am Geburtstag. Abge⸗ 
bleithte Roſenblaäͤtter. J. Paul, Heſperns 22. Abgeblichen ſtehn 
die Hügel, ſchmucklos trauern Hain und Flur. Juͤſti. Es iſt zwar 
ein Aleden, aber doch ein Flecken, den die Zeit ausbleicht. Leifing. 
Der Thürmer erblöichet, der Thürmer erbebt. Göthe, Zodtentanz. 
Des Haufes Lamcafter erblichene Aſche! Shakſpeare, Richard IN. 
1,2. Sie faß erblidhen und. elend.: H. Sachs. Der Sonuen- 
(bein erblich zu Mondenſchein. 3. Paul. nd fann ich die Stdt 








nicht erreichen, jo muß der Zreund mir erbleichen (fterben). Schiller, 
Bürgihaft. - „Rubinen ‚werden gar verfcheuht, Das Wanygentoth fie 
niedeibleicht. Göthe, Zauft 2, 215. Ueberbleicht ericheint mir 
ihon von grauen Zelten. Wöge weit das Thal: Dat. 2, 113. & 
beobachtete genau die Umftände, in denen man den Berblidenen 
(Seftorbenen) angetroffen hatte. Goͤthe, Wahr. 2, 18. Wo er eines 
zweideutigen Todes verblichen. Göthe, Leben 9. B. Zu’ gleiber 
‚Zeit lich man die armen verbleidhten Waiſenkinder ans ibıen 
Mauern in's Freie: Daf. 1. B. Dort färbt Karmin die längft ver- 
blichne Wange der gnäd'gen Fran. Meattbiffon, die Befreiung. 
Bleich (ahd. pleih, mhd. bleich, agf: bläc, blec, bleac, .ultn. 
bleikr, blackr, engl. black, fchwed. black, blek) mattſchimmerud; 
farblos, anftatt der natürlichen Farbe dem farbloſen Weiß nahe. Bleich⸗ 
- beit; Bleicher; Bleichung; bleichbar; Bleiche (ahd. pleihi, mb. 
“ bleiche, altn.’ blakki, blik = Glanz) 1) dic.bleihe Farbe; 2) Kun, 
gewiſſe Körper zu bleichen, nebft den ‚dazu gehörigen Vorrichtungen; 
3) der Plaß, wo man gewille Körper bleicht; 4) ſo viel Leinwand, 
als man in Einem Stücke (im weitern Sinne: auf einmal) bleicht. — 
Kein Merkmal bleicher FZurdt. Schiller, Maria Stunt 5, 1. 3 
ſeht fie bleich und zitternd fichn. Schiller, Tel 3, 3. Stern der 
Liebe (Mond) bleich und trübe ift dein Sifberlicht. Mattbiffon. Ihre 
vorige Bleichheit komme gar von ihrer vorgeblihen Sehnſnucht ua 
ibm. J. Paul, Hefperus. 22, - Nun, beim heißen Sonnenſtich, bring’ 
ich's (das Tuch) anf die Bleiche. Göthe, die Spinnerin. In Ober 
fachten muß eine Magd von Martinstag bis zum Palmſonntag vier 
Bleihen, die Bleiche zu 12 Ellen, ſpinnen. Adelung. Milb- 
Dleidher Lump! Shafipeare, Macheth -5, 3. Seh’ ich nicht, daß 
alles Lebensblut ans euren geiiterbleiden Wangen wih? Scöiller. 
Mit jammerbleihem Angejficht. Schnbart. Der Mönche jünder 
bleibe Zunft. Schiller Sein Antlitz, kurz zuvor fo welt, fo todten- 
bleich, wird feuerroth. Wieland, Oberon 8, 18. — Eins der lie 
lichſten und finnvollften Bemmenbilder malte fi mit unverbleich— 
baren Farben in meine Seele. Matthiſſon, der große Bernhardsberg. 
Blaß (nah Weigand eigentlih bias, von ahd. blas, mhb. lasse = 
weißgefleckte Stirne, Bläffe; nad Diefenbach zufammenhängenp wit raf, 
bijednjety = erblaßen, von altflav. bljed, illyr. blid, bled, pola. blady, 
böhm. bledy = blaß) von fchwächerer Farbe als die natürlie, fo daß fh 
noch die Grundfarbe erkennen läßt. Fahl und falb (urſprünglich nur due 
Form, ahd. falo' und falw, mhd. val, gen. valwes; gr. welıos — fmwärzlid, 
roAıog = grau, weislich, lat. pallidus — bleich, blaß) unterfcheinen ſich ni. 
fo, daß im Allgemeinen falb = if in das Gelbe, fahl — in das Orree 
fallend. — Mephiſto, fiehſt du dort ein bl-affes, ſchönes Kind allein amd 
ferne ſtehen? Göthe, Fauſt. 1, 218. (Wie) eine frifche Roͤthe Die bIägli: 
Heu Wangen anf einmal wieber zierend färpte. Böthe, Weil. Wauderj. 8, 10. 





847 . 





— 


Er if nicht allein bleich, wer nicht ſatt iR und. nicht reich, großes Ent und 
ſtetes Prafien, macht, vielmehr die Lente blaffen. Logan, Siumed. 9, 76. 
Indianiſche veigen trieben’ ihre großen, fetten Blätterförpet zwiſchen niedrigen 
graͤulich grünen Myrthen, unter gelbgrünmn Oranathäumen und fahlgrünen ' 
Diivenzweigen. Böthe,. ital. Reife Fondi 23, Febr. Gin fahler Glanz, ber 
fi) vom Abgrund hebet. Alxinger. Wenn es (das Grüne) falb im Herbſt 
geſchwankt. Goͤthe, Dauer im.Werhfel. So weit wir (im der Nat) bei 
falbem Lit umberfahen. Goͤthe, Gampagae in Frankreich '29. Sept. 
Bleichblan, — farbig, —gelb, — grün, —haat, — plan, —platz, 
—rafen, —roth, —jalz, — ſchwarz, —flätte, — wand, —waflerfucht, 
- wert, :—wiefe u. a. — Lehnſt du deine bleihgebärmte Wange 
ummer noch an dieſen Aſchenkrug? Matthifſon, Troſt an Eliſa. Le⸗ 
pidus) hat die Bleichſucht. Shakeſpeare, Antonins und Cleopatra 
2. — du bleichſücht'ges Ding! Shateſpeare, Romeo und 
ulie 
Biecken (abd. plöchen, uhd. hlöken, blöcken) and Licht treten, 
besorlehchten , hervorſchimmerni, aud- beroorichimmern machen, ent⸗ 
blöhen. — Die. Zind (Zaͤhne), die Schenkel blecken. H. Sad. 
Gr empledht das haubt überal. Horned, Chronik 760. Mit bleden- 
dem Hals und bloßen Armen. Matthefius. Alle deine Feinde pfeiffen 
dich an, bleden die : Zeene vd jprechen. Luther," Bibelüber!. Klagel. 
2, 16. Wen (den Berg Ida), der nun ganz faft blediet, weil wir 
ihn mit uns verbrannt, bat Der. Schnee zehnmal bededet. Opitz, 
Trojaneriunen 1625 ©. 5. Es fam ein Panterthier, das gafft und 
biedet ihn an. Hagedorn. Der Wafler Kluft und Gang ward auf- 
— der. tiefe Grund der Erden ganz entblecket. Dpip 
Bleckarſch (in der Volksſprache der Name der Dekligwalbe 
hirando, urbica 8), —Dede (bei den Binzern), —zahu. 
Bü ahd. plich, blic, ptb)hg, mhd. blic, Blick)" it 1) eig. 
Das: 2) ſchnell wohin fallender Schimnier des Auges, der Soime. zc. 
3) ein Körper, der einen foldyen Blick von ſich gibt; 4) das ſchnell 
vorübergehende Aue einer Sache; 5) ein jehr kurger Feittheil. 
An—, Auf—, Aus—, Durh—;, Ein—, Empor—, Her— 
unter —, Ueber—, Um - Vorblick; blicklich (augenblidlid, 
md. biiclich — leuchtend). — deine Pfeile fuhren mit glentzen dahin 
vnd deine Sphere mit blicken des blitzes. Luther, Bibelüberſ. Gal. 
4, 11. Sie warf mir von der Seite einen veraͤchtlichen Blick zu. 
Duſch Ihr ſtrenger Blick ſchießt mächtige Strahlen umher. Zachariä. 
Du achteſt Gott ſo klein, und kannſt doch ohne Gott nicht einen Blick 
(Augenblick) nur fein. Koganı . Singed. 365. — Bor Allen aber bes 
hauptete der Anblid über die Eis- und Schneeberge feine Rechte. 
Göthe, Briefe aus der Schweiz 2. Abthl. Aljo hatte der Lichtanblid 
der Emwigerlösten ihm das Innere bewegt. Klopftod, Meſſias 11, 136. 
Bo er fo lang unifonft auf Menſchenanblick harrt. Wieland. 











888. 


D du der Natur. Wonneanbl te, Bleib ewig mir. K. F. Cramer. 
Der Dichter heht ſeinen Geſang mit einem frommen Aufblick zum 


| poll. an. Hngertannter bei Campe. Das’ 'gegoffene Rohr (die Kanone), 
“vor deffen furchtdaren Aufblick (Feuerſchein), deflen Donner der Wilden. 
Könige von’ihren Thronen aufzittern. - Kofegarten. „Einen freundiichen-- 


obgleich ſchmalen Ausblick ins Nedarthal. Göthe, Briefw. mit 
Schiller 3, 246: Froher Ausblid im die Zufimft. Ungenannter bei 
Campe. Selten findet man'.(in London) ein enges Gaͤßchen, weldes 
- einen ſchmalen Durch blie auf die Themfe vergönnt: Campe," Defien 
Emporblid der Chariten Miene belaufchte. Baggefen. Rief's im 
ei Sonnenberg. -Bon Neuen begannft Du, Eynthia, 
fragenden Umblicks. Baggefen. Die Borblide. guter heller Men— 
ichen hinüber in die Gefilde der Zukunft. Benzel-Sternau. — Nest 
erträgt fein Adleublick nur den Wiederfchein vom Licht, deſſen Klar- 
- beit dich umgiebt. Günther. Sein Adlersblick entdedte nichts. 
Pieffel, der Fund. Damit fie nicht eilend wede den himmliſchen Zorn 


und mit Allmachtsblick euch vertilge. Klopftod, Meſſias. Damit 


ihr (Eltern) ſelbſt einft, wenn eure Augen alt find und die Blicke 'er- 
lofchen, um euren Krankenſtuhl und euer Sterbebette jtatt des gierigen 
Eis- und Erbblickes ängſtliche verweinte Augen. antreffet. 3. Paul. 


Du fährt ſo fort, mit froß’gen Eiſesblicken ihn’ wegzuſtoßen. 


Schiller, Seinele 1. Deine Woune fendet fie mit dem Engelsblide 
ſchweſterlicher Sympathie wuchernd dir zuruͤcke. Schiller. Auf's neue 


wird der ganze Felſenrücken ... durchſucht mit Falkenblicken. Bier 


land. Mit dem tiefen Feuerblick. Göthe, Egmont 3. Er wandte 
den Flaminenblid. Porter, Eleazar. (Diefe Augen- kehrten) zu 
dem Forſcherblick ihres Gatten zurück. Benzel- Sternan. Das 
bange Stiunen in Freudeblick und lauten Dank verwandelt, 
| Sphigenie 3, 3. Ich Clender „genieße noch einen Freudenblick. 
. Herdei. (Er kehrt zurück) zu des Vaters Ftendenthränenbtit. 
Matthiffon, Elegie. Funkenblicke ſeh' ich ſprühen. Göthe, Fauft 
2,309. Zrrfunfenblid an len: Enden. Dei. 2, 283.. So armft 
das andre mir mit Höllenblid. Göthe, Eugenie 5, 6. ZJüng- 
lingsblicke taumelten voll freude nath dem Heiz des lieben Mädchens 
bin.“ Hölfy, Elegie a. e. Landmädchen. Wagſt dar, Scheuial, dich vor 


dem Kennerblid Phöbus zu zeigen? Göthe, Zauft 2, 189. Um 


des Todes bittre Pfeile dringen aus dem Lächeln deines Kinderblide. 


— Schiller, die Kindesmörderin. Der. Linder -und der Könige: Geſchick 


liegt fonnenflar vor meinem Kindesblid. Schiller, Jungfrau v. D. 
2; 10. Der leßte lichte Lebensblick. Göthe, Iphigenie 3, 1. Mit 


zärtlihem Liebesblid ... empfängt ihn Fräulein Kunigunde. Schiiler,. 


der Handſchuh. Die Mondesblicke den Sterblichen fcheinen. Goͤthe. 
Dämmerungsfäden, Mondenblide, Nachtviolenduft verwebend. Goͤthe. 
Ta lohnt der Mutterblick ſie reicher. Redwitz, Amaranth. Wuth 





% 


848 


entfunkelt dDrob des Unholdes Nachtblick. Mattkiffen, mileſ. Märchen. 
Die nad) dem Segen unierd deutichen Landes mit Neideshliden 
raubbegierig Schauen. Schiller, Biecolomini 2, 5. DBlidet auf zum 
Retterblick. Göthe, Fauſt 2, 343. Denn. ih fürchte die Göttin 
mit dem forfchenden Nichterblide. Gollin. Die Sohlen fremder 
Männer gewahrete bald fein jpähender Scharfblid. Pyrker, Rudolph 2. 
Eudy brütet der Mutter Sonne Scheideblid. Götbe, Herbitgefühl. 
Zeus mit Schöpfersblide beftätigte den Taufchtractat. Pferfel, der 
Fuchs, der Spürhund und der Luchs. O dieſes Lächeln feh’ ich jchen, 
auch dieſen Serlenblid. Gollin. Er begleitete dieſe Worte. mit einem 
tückiſchen Seitenblide. Göthe, Meiſters Lehrjähre 2, 11. Dein 
Siegesblick und leuchtet im furchtbaren Schlachtgrau'n! : Pyrker, 
Nudolpb 8. Die Unſchuld hat eine Sprache, einen Siegerblic, der 
die Verläumdung mächtig niederbligt! Schiller, Jungfrau v. O. 4, 11. 
Der Silberblid der Sugend. J. Paul. Wenn ein einziger Son⸗ 
nenblick uns den aufmunternden Glanz einer heitern Stunde darſtellt. 
Goͤthe, Meiſters Lehrjahre 2, 2. Im Geflinmier fanfter Sterne zucke 
dir des Kindes graſſer Sterbeblick! Schiller, die Kindesmörderin. 
Seht den Zelienquell freudehell, wie ein Sternenblid. Göthe Er 
blidt und mit feurigem Strablenblid an. Göthe, Fauſt 2, 170. 
Helle deinen Thränenblid. Hoͤlty. Dergeblich forfchte Pyrrha nach 
dem Baterblide des Epimetheus umher. Benzel-Sternau. Und bald 
erliicht ein ee Streben: im jel’gen Wechfelblid. Göthe, 
Welch ein Ichmelzendes Entzüden gleitet, unter Wonneblicken, dir 
von le Hand. Engelſchall. Es. brauchte nicht mehr als den 
eitblid einer Mitte. Muſäus. — Blicklich Calle Augenblide) 
eider wandelt. Logan, Anh. zu den Sinnged. 138. Wer bezahlt 
euch Leib und Leben, die ihr blicklich hin müßt geben? Flemming. 
Angenbli, eig. ein Bli mit den Augen; gewoͤhnlich überhaupt 
die am fürzeften gedachte Zeit ald ein Untheilbares. Augenblicklich — 
einem Angenblide gleich. — Ihr lieber Augenblid ward durch die 
Thränen dunkel. Jeſen. Erlanben Sie, daß ich Sie nur auf einige 
Augenblide allein unterhalten darf, Weiße. Zuletzt benutzte ich 
einige Augenblicke (Blicke der Augen), die fie anf mich warf, fie zu 
fragen. Goͤthe, Meiftere Wanderjahre 1, 5. ber, zufrieden mit 
Rllerem Ruhme, brechen Die Zrauen des Augenblicks (der Gegen 
wart) Blume. Schiller, Würde der Frauen. Sie ſollen ſich zurüd- 
ziehen augenblids. Schiller, Wallenfleind Tod 3, 19. Be er⸗ 
.. augenblicklich töfcht es jede wilde Glut! A. W. Schlegel. 
18 fie ein augenblidlihes Stillhalten und Rückblicken mehr ver- 
muthete als gewahr ward. Göthe, das Kind. mit dem Löwen. — Er 

ſahe Tih angenbiictid, (jeden Augenblick) um. ©. v. Birken. 
z Na (abgekürzt aus nun, gotb. nu, ahd. nd, mhd. nd, nu, nuo, nuon, 
nuwc, engl. now, gt. sin, Tat, name) bezeichnet eig. den Augenblid ver Ges 

54 








850 





genwart; wird dan von jeher kaum beufhnren Zeitgefchwinbigfeit geſagt. Hui 
(Interjectton der Schnelligkeit) in der niebern Schreibart von der Echnellig⸗ 
feit gebraucht, die feine Berechnung geflattet. — Bald (chv. palde, mi. 
balde, von gotb. balths, af, pak, agf. hald, altı. balld, ball — falm) in 
kurzer Zeit; es fehlt nicht viel, daß. Geſchwind (von goth. svinthe, air. 
suind, mfb. awinde = fterf f. ©. 265) wirb von jeber ſtarken Fortbewegung 
gefagt; dann vons jeder Mewegung, die in fürzerer Zeit vor ſich geht, als vie 
gewößnlihe. Schnell (ahd. mäb. saöl, agf. snell, altn. sniallr, altfraa;. 
isnel = farf, Fräftig) in hohem Grade geſchwind. Hurtig (mb. kurioe, 
von ber hurt — heftiger Stoß, hurten = ftofen, rennen, franz. keurter, 
engl. hurry, holländ. horten, wol ans mitiellat. hortare, ortare, zujammes- 
geftellt mit arietare — mit dem Wibder Roßen, um die Mauern zu zerbrechen) 
wie in ſtarkem Antrieb thätig, eine ſarke Jorthewegung in der Tätigkeit bar 
bend; eine mehr als gemöhnliche Geſchwindigkeit in der Thatigkelt zu eigen 
Gabenb, darum wur von lebenpen Weſen gefagt. Rafch, mit. ter abwerbiaien 
Mebenform rifch, (ahd. rase, mäb. rasch), altn. röskr, engl. rash, fdymer. 
rask, rysk) bez. eine größere Geſchwindigkeit als Hurtig, und wird auch von 
leblofen Dingen geſagt. Behende (mhd. behende, ans ahd. pihamdi) eig. 
bei der Hand, gefchwind mit Leicptigfeit unn Gewandtheit. Alugs (mb. 
Auges, Genitiv von. Flug, aber mit Furzem u) im Bing. Stracks (nr 
strackes, Genitiv von Arad ©. 296) in kürzeſter Richinng nach einem Bund; 
in fürzefter Zeit. Unverzäglid, früger and unverzögertff.zichen) obm 
Berzug, bezeichnet einen gehen Grad von Geſchwindigkeit, indem es verneint, 
was berfelben entgegenſteht. Schlennig (ahd. slianic, siünie, mb». eliunee; 
sliunen = fehr ellen) in größter Gile, und daher in Ffürzefer Zeit. Zaͤh⸗ 
. lings (von jähe ©. 729) in hohem Grabe gefgwind mit dem Rebenbegrifk 
der Befchwindigkeit. Blöglich (von Plog — der harte Fall) angenblitlig, 
mit den Mebenbegriff des Heftigen, Unvermuibeten. — In einem g 

Nu. Wadernagels Leſeb. 889, 5 ans bem 14.5. Doc in einem Nu fehnapp 
ten vie Waſſer ab. Göthe, Leben 2. B, In einem Hai wird bir das Glich 
ganı geneigt. Opig. Und trieb im Hull fein ehernhufiges Seipann Tyalkın 
nad. Bürger, Ilias. Deines Hauptes ein allmächliger Wink führt ui im 
einem Huy dahin, zurüd in einem Huy. Schiller, Semele %. Sie machen 
mich fchamroth ; bald dürfte ich mich dafür rächen, Leſſing. Ich ergriff dieſe 
&infall. mit der lebhafteſten Ungeduld, ihn je bälder, je Tieter in's Werl za 
fegen. Wieland. 66 fhlug mein Herz; geſchwind zu Biere! Ge war ge 
than faft eh’ gedacht. Gothe, Willlommen und Abfchied, Der Reiter und fein 
geſchwindes Roß. Schiller, Wallenfteins Lager 11. In einem Augeablid 
fern und nah, ſchnell wir die Sündfluth And wir da, Daſ. 6. Mach har⸗ 
tig, Semi! Zieh die Maue ein! Der Sturm, ih mein’, wirb da fein, ch 
wir'e denfen, Schiller, Zell 1, 1. Rafcy. auf ein eiſern Gitterthor gieng's 
mit verhängtem Zügel. Bürger, Lenore. Riſch geht's nach meiner Miukter 
fort. Bürger, die Entführung. Der Ruabe, ber eilt fo behenbe, war bald 
an Schloſſes Ente. Goͤthe, Wirkang in ber Ferne. Kaum feh' ich mich im 


851 


ebnen Blan, flugs fchlagen meine Doggen an. Schiller, Kampf mit dem 
Drachen. As ich hinzukam, kaunt' ich Reineken ſtracke. Göthe, BMeineke 
Fuchs 1, 74 Ih fühle, daß es ſchleunig mit mir envet, Schiller, Tel 
4,2. Der Jungfrau Begehren will ih unverzögert Benüge leiften. Hars⸗ 
börffer, Brauenzimmergefvrächfpiele 1, 39. Als jählings ein Norbwind aufs 
fahr. -Baggefen. Bm vnd vm wird ja ſchrecken plöglicye furcht. Luther, 
Bihelüberf. Hiob 18, 11. | 
Blickfener, —gold, — ling (Weißfiſch), —ſilber u. a. — Blick— 
ſchnelles Fallen allerhöchſter Sterne. Göthe, Fauſt 2, 282. So 
ſah er die Blonde, die ihm zum Glück blickſchußrecht ſaß, in einem 
fort mit unbeſchreiblicher Liebe. an. J. Paul. Dieſes Eigenheitszeichen 
des Auges und des Mundes können nur blickweiſe, nicht fortdauernd 
fügen. Campe. Wenn man aber dem Leſer das Blidztel über den 
Charakter Diefer Perfon begreiflich macht. Ungenannter bei Campe. 
Bliden (ahd plichan, nıhd. blicken, agſ, blican, altn. blika — 
blicken und blißen) 1) eig. fchimmern, einen kurzen, ſchnell vorüber- 
benden Schein, Glanz von fi) werfen; 2) (veraltet) bliken; 3) a 
ein kommen, fichtbar werden; 4) ſchnell, mit einer leichten Be— 
wegung der Augen auf etwas jehen; 4) durch Blide äußern, von ſich 
geben; 6) (bei Zeichnerh«und Malern) das Licht auf den erleuchteten 
Stellen des Gemaͤldes heller machen. — Die Wagen bliden wie 
Fackeln. Luther, Bibelüber. Nahum 2, 4 Nicht kehre mir den 
Rüden, laß ja dein Antlig bliden als meiner Seelen Licht. Opi 
Der Donner, den der Hofehimmel ſchickt, trifft, ehe man es merkt, 
daß er geblidt (geblitzt). Opig. Der fröhliche Gehorſam, den ic) 
fonſt aus eimem jeden Ange blicken ſah. Göthe, Iphigenie 1, 3. 
Ras fr eine Verachtung aller Anden blickt ibm nicht aus jeder 
Miene. Leifing. Bir dürfen nur vecht zärtlidy auf ſie blicken. Gellert. 
Grimmige, onbefante Zhier, oder die Fewr jpeieten, oder mit grimmi⸗ 
gem Rauch ſchnaubeten, oder graniame funden aus den Augen blicke⸗ 
ten. Rutber,. Bibelüberſ. ish. 11, 1% Sie rollt die Augen 
voller Wuth, die eine Hölle blicken. Hölty. 
RI— an —, auf — aus— durch —, ein — empor —, enfgegen—, 
—, her⸗, herab —, heran —, herauf —, heraus — herein — her⸗ 
ie— hernieder —, herüber —, herum— herunter —, hervor —, 
en, hin—, Hinab—, binen— üinauf — inank hinein hin⸗ 
Ber—, binunter--, hinweg —, hinzu —, nach — nieder—, rück—, 
Aber — um — ‚umfer——, ver — vor —, vorun —, voraus —, vorbei —, 
vorüber —, weg —, zu — zurüd—, zuſammenblicken find Hat, aber nicht 
alle gleich gebraͤuchlich — Den Landmann blickſt du mit Verachtung an, 
Sarlker, Te123,2. Db ich gleich ſie nicht fcharf auſah, fondern vlg Zeit 
u Zeit wie zufällig aufblidte. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 13. 
ri weckte fie erſt der aufblidende Morgen. Lafontaine Dort 
blikt man durch. Uhland, Herzog Ernſt 5. Ich fehe, dad Manche 
% 


54 








852 


nur aus bloßer Neugier dieſe Borlefungen durchblicken werden. 
Ewald. Das Einbliden. in dieje heiligen Gegenden. Schubart. 
Da blickt ihr aus des Fenfters Schimmer gedankenſchwer fein Hanpt 
entgegen. Hedwig, Amaranth. : Was mußt’ ih erblicken! Schiller, 
Marin Stuart 5, 5. Saturnia und Pallas blidten ber. Bürger. 
Wie man herab auf den Zodfeind blidt. Klopftod, Meifias 4, 8 
Es blickt lachend das Blaue herein. Schiller, Spaziergang. Da 
blickt aus halbverſchloßner Thür ein Lockenkoͤpfchen hell herfür. 
Redwitz, Amaranth. Wir ſahen von weitem die Dent de Raulion über 
einen Nebel, der auf dem See ſtand, hervorblicken. Göthe, Briefe 
a. d. Schweiz 2. Abth. "Daß ich ſchadenfroh auf dich hinblicke. 
Uhland, Herzog Emft 2... Zum Boden blickt fie trüb’ hinab. Red⸗ 
wis, Amaranth. (Er) blidt in den Tumult hinaus. Bürger, ic 
v. br. M. Wofern dein Geift jet niederblidt auf uns. Shake⸗ 
fpeare, 3. Cäſar 3, 1. (As flo) ein Rückblicken mehr vermutbete 
als gewahr ward, Göthe, das Kind mit dem Löwen. Und mit fdywen- 
- enden Lichtern durch's Laub überblidte der Mond fie. Göthe, 
Hermann und Dorothea 8, 86. Sie fonate fi aber nicht enthalten, 
nad) dem Zurücbleibenden nochmals umzubliden. Göthe, das Kind 
mit dem Löwen. (Die) vom hohen Sonnenſtern der Pflicht wicht 
wegblicken. 3 Paul. Und fehmachteft du des Lebens müde, und 
winfet wir die lange Ruh, fo fipt zu deines Lagers Häupten dei 
Freund und blickt die Tröftung zu. Koſegatten. Jetzo blidt er 
zur Inſel —— Sonnenberg. 

Mit erblicken find ſtunverwandt gewahren (mbb. gawara) und ge: 
wahr werden (ahb. gewar werdan; alti. giwar, mittelnteberl. gowar; ey 
altf. wara, mhd. war = Ucht, Aufmerffamldt f. ©. 625) allgemein venmit 
tell des Geſichtes zum Bewußtſein von einem Dinge kommen; zum VBewerptfein 
von einem Gegenflande kommen vermittelt des Innern Geſichtes, d. i. bunt 
Urtheil aus den Wirkungen des Gegenflandes ober durch Schluß, mälcmb 
erbliden nur in Hinfiht auf das gefagt wird, was unmilielber im vie 
Augen fällt, — Und einen Ritter hoch zu Roß, gewahr’ ich in den Wim 
ſchentroß. Schiller, Kampf m. d. Dr. Uls Re ein augenblidiiies Seilfhaihmn 
und Rückblicken mehr vermuthete ale gewagr wurd, Gothe, das Aus ai 
dem Löwen. | 

Blider, Blidung (mhd. blickumnge), blicklich (md, blioklich 
— leuchtend) find mur in Zufanimenjeßung nit andern Wörtern ge 
bräuchlich — Bei Erblidung einer zinnernen Schäffel. Göthe, inl. 
Reiſe 8. Det. Ä 

Blig (ahd. u. mhd. mit Blick in den Formen zufansmenfallend, 
niederd. blix, mittelniederl, blixeme, ſchwed. blixt ?]) em -Ichue wen 

1) J. Agricola Hat in feinen Eprich woͤrtern öfters Blitz, Blitzen; alle 


710 fagt er: Diſer tag (des Berichtes) wird einher fallen, wie en bilde uud 
wie ein bieb des nachtes. A * 





: 853 
uͤbergehender heller Schein; im engern Sinne Blitzſtrahl; ſchuell wie 
der Blitz, im gemeinen Leben andy Interjection; blitzigz blitzlich 
(geſchwind wie der Blitz,· — Bnd das ſchwerts blitz wird mit ſchre⸗ 
den vher jn faren. Luther, Bibelüberſ. Hiob 20, 3. Die Blitze 
iblängeln ſich nicht mehr durch's ſchwangere Gewoͤlk. Geßner. Wenn 
man für jeden Donner und Blitz, den ihr losbrennt mit eurer Zun— 
enſpitz', die Glocken müßt läuten. Schiller, Wallenfteins Luger 8. 
Bi, wie die wackern Dimen fchreiten! Göthe, Zauft 1, 49. — 
Mit ſelnem Augenblitz vom hoben Thurm umberzujchauen. Göthe, 
Fauſt 2, 211. Worin (im Geſchmeide) der feurig gluͤhende Rubin mit 
dem Smaragd die Farbenblitze kreuze. Schiller, Braut v. M. Schießend 
auf jeglichen deu Freudenblitz. Shakeſpeare, Cymbeline 5, 5. Ihre 
Bärter nennen's den legten Lebenshlig. Shakeſpeate, Romeo und 
er 3 Ein Sounenblig ſchlug empor. J. Paul. Kein 
trabtblig ſpaltet, was halte. Göthe, Fauſt 2, 273. Auf ihr 
(der Erde) ſprang wol der Todesblitz regellos unter den forglofen 
Voöllern umher. J. Paul. Und (ich) flog wieder herab’ in’s blühende 
Schiff, und es floß tief in Wellenblitzen über Edelfteine weiter. . 
% Paul. — Menſch, vertraue feinen Stimden, weil ſie nimmer ſtille 
Runden; du läufft mit, und haft Dich bliglich deinem End entgegeu 
fanden. a 1131. © 0 52.000 
Bligableiter, — blau, — feuer, — feuerung (Electriflerung), — feuer: 
flaſche, —feuergeräth, —feuerhaltig, — feuerleer, —fenexleiter, — feuern, 
—— — — gi Fa 
— feuerzeug, —funken, — ſchlag, —ftoffhalter, — ſtoffig, —itoffleer, 
ſoffmeſſer, — ſtoffſammler, — ſtoffſauger, —ſtoffzeiger, —ſtrahl u. a.; 
Blißes eile, —helle u. a5: blitzewerfend. — ee Ih | 
artig.. Göthe, Fauſt 2, 147. Der bligbefpeerte Zeus. Gedlke. 
Zlitzeit' hätte der ne Schwung Eloas. Klopftod, Meſſias. Die 
bligentladene Wolle. Hulem. "Wir fanden, Daß dieſer Beinftein - 
m höherem Grade blipfeuertg war. Campe. Ich z0g einen Fleinen 
Dligfenermefjer oder Electrometer aus. der Taſche. Campe. Mich 
traf das Wort wie fchnelles vtipge ſchmetter. Tiedge. Tanzt hin 
und wieder blitzgeſchwind, Bürger. Der von der unverſehnen 
kecken Beichuldigung wie blißgetroffen fland. Wieland, Oberon 
14, 33. Unerſchuͤttert ftand Fredal auf der bebenden Erde von Blik- 
glut und Donuerwolfen. Benzel-Sternau. Die bligleitende Ei— 
getihaft mancher Körper. Campe. Hoc ehrft du Zeus die Wogen- 
berricherin bligfchleudernd. Collin. Ein geheites Berhältuiß ... 
offenbarte fi blitzſchnehl. Goͤthe, Meiſters Wanderf. 3; 10. (Ev) 
verärtte die.blip ichwangre Gabe feines Vulvers. Benzel⸗Sternau. 
Schwefel, wodurch der Blitz ſtoff angezogen wird. Campe. Der 
ie bligverfengtes Haar. Halem. Blipzerihmetterten 
Bipfeln enkfanjet Feffiches Rauſchen. Fr. Stolberg. — Mit Blibes- 


854 


fingen 


ſchnelle ift er hier. Göthe, ZJanberlehrling. Die — wit 
einem Mal des alten Hafles Blitzes ſtrahl den Aar. Redwitz, Ama 
vanth. Mit Blitzes wink zerſtreute ſich's im Lauf. Goͤthe, Yauft 2, 
66. — Vernichte mit dem entflammten blitzewerfenden Schwert 
euch. Klopfiod, Meiftas 9, 691. 


Bligen (ſehr entitellt aus ahd. plöcchazan, pleccazan, ple- 
chazan, agj. bliecettan, blycitan, mhd. blecchezen, bleczen, blic- 
zen, älternhd, blixen, blitzjen |. bliden S. 851 ſchimmern, glänzen ; heil 
und ſchnell glänzen; im Bejonderu von dem jchnellen ſtarken Glanze 
oder Scheine, welden bei einem Gewitter Die Blitze verurjadhen. — 
Ab—, an—, auf—, aus—, durch —, ent—, er—, her—, 
berab—, beran—, berauf—, herein —, berüber—., her— 
unter—, hbervor—, nah —, nieder—, über—, um —, ver—, 
vor —, zer, zurüdbligen find Mar, aber nicht alle gleich im 
Gebrauch. — Wie die Morgeufpnne bligt der Herrliche in jeimer 

oldnen Rüſtung. Sciler. —* ob) ein neuer Lebensgeiſt durch alle 
dern blige. Wieland. .Hier bat Demofthened gedonnert und ge— 
blitzt. Opitz. Und ſtürmt auf Hüon ein, glei einem Ungewitter, 
Bin t Schlag auf Schlag. Wieland, Oberon. Verklärung bligt dem 
Augenpaar.. Kofegarfen. — Hat ihn das Aug’ der gräßlichen Meduje 
angebligt? Wieland. Bis Pas Licht der Gegenwart wieder in 
meiner Seele auf — ar Senem durchblitzet die hei⸗ 
lige Nacht der Kriftalle Gefunfel Baggefen. Eine hobe Begeifterung 
durchblitzt Die verborgenen Winkel der Seele. Abbe, Deinem 
Aug’ entbligt mehr denn fterbliyer Glanz. Koſegarten. Die Sonn’ 
iſt aufaegangen, in Diautantenem Gefchmeid erbligt die Flur. Klop- 
ſtock. O welch ſtrahlender Götterblick, wie blitzt er auf mi ber. 
Sonnenberg. Donner blitzten herab. Sonnenberg. Der Edle bört 
* Urtheil ſchweigend, blitzt auf das verhaßte Weib noch einen Blid 
erab. Wieland. Zunge Seraphim ſchienen herauzublitzen. Son— 
nenberg. Die Unſchuld hat eine Sprache, einen Siegerblick, der die 
ee mächtig niederbligt! Schiller, Jungfrau v. D. 4, 10. 
ine ſchwere Gewitterwolke Aberbligte unaufhörlich das Dunkle Meer. 
Campe. O Tugend, fie Gedanfen umbli pen: Zweifel umdounern 
dich. Kretſchmar. (Gott) der unfrer Feinde Trotz zerblißet. Arndt, 
Rundgeſang. Deren Funkeln fehr romantifh aus den Tiefen Ddieler 
Blätternafe zurüdbligte © Wagner 


Wetterleuchten (Nat wetterleiigen, bei Agricola Sprichn. 588 
wetterleuden,.bei Fiemming ©. 884 der Lübeder Ausgabe wetterlea& 
ten, mb. wöterleichen, von Better ©. 288 war goth. laiks ©. 48) 
deutet bloß auf ven Schein, nicht auf ben Strahl. — Die Blipe, vie wie 
fhon lauge am Horizonte Leuchten gejehen, und die ich Immer für wetsers 
kühlen ausgegeben habe. Gälbe. (Ws). ſtrahle Der benbflern - uub Bis 








u... 8385 


weiterleugtunne Wolle Bob. Dort die Güter um Zeus, den Wet⸗ 
terleudtenden, fipend. Bof. j 


Gleichen. 
(Wurzel ga-Nih, lik.) 


Gleiche, glich, geglichen, gleichen (goth. galeikan, ahd. ka- 
Khan, mhd gelichen,. glicehen gehen nadı ſchw. Form, daher das 
uhd. Schwenfen) mit verbunfelter Urbedeutung (nah Grimm bedeu- 
tete.goth. ſtark. keikan vielleicht verbinden) nhd. T gleich ſein; 2) gerade, 
eben, glatt machen; 3) vergleichen, gisich ſtellen. — Ab —, An—, 
aus—, vergleichen 1.8.2349). — Ich liebe einen Weg, der meir 
wen gleicht Schiller, Picclomi 4, 4. Ein Blotte, die Schiffen 
‚ wor fowol, ale Städt und Thürmen gleichte (glich). Lohenſteiu, 
Cleopatra 1, 9. - Wird deine Treu fih deiner Schönheit gleihen 
tangemefien fein)? Opitz. Und es gleiche ſchon Die. Wage an dem 
Hummel Nat und. Tage. Schiller, Her und Leander. huft dm, 
guter Mops, nicht meiner Stirne Kalten, ſah ich dem Wrillenipiel der 


deinen zu, gegleicht (glatt gemacht). Thümmel. Daß ich den klaren | 


Schein alsbald nicht follte gleichen (vergleichen) ınit ihres Haares 
Zieht. Opitz. Daß wir nit za gleich en find den Alten. Dpitz wer» 
fh vermag dir ingend ein Mann ſich zu gleichen dev flerblichen Er- 
debewohner. Bob, Odyſſee 23, 125. — Kinder... die des Vaters 
tıpfen Sinn. und der Mutter ſchönes Kinn lieblich weiden abeglei- 
Gen Adarftellen). Logan, Siunged, 13. Diefe erſte Grundfaſer hat 
ſih alles übrige arigeglichen. Göthe, Ramenu’s. Neffe. Ungleih 
exrſcheint im Leben viel, doch bald und unerwartet ift ed ausgegli- 
gen. Göthe, Eugenie A, 2. Wenn zwilchen ihnen einiges Mißver⸗ 
haͤltniß des Standes. war, fo glich ſich dieſes gar Leicht durch die 
Denfart der Zeit aus. Göche, Wahlverw. 2, 7. Der Plaß jollte 
wieder verglihen ( et) und ebenfalls befät werden. Göthe, 
Bahlverw, 2, 1. hat- Den Plab- un denfelben (den Tempel) 
We verglidgen, man ebnete nur dem Umkreis, worauf die Säulen 
egrüuder werden jollten. Goͤthe, ital. Reife Segeft 20. April. Wahr⸗ 

-unfere Zeit vergleicht fich den felteften Zeiten. Göthe, Her- 
wu and Dorothea 5, 220. Ewer Gedechtnis wird vergleicht 
werden der afichen. Luther, Bibelüberi. Hiob 13, 1% 


‚ Bleib !) (goth. galeiks, ahd. kace)lih, kilih, mbDd. gelich, 
altı. likr, altf. gilic, agſ. lic, gelic, engl. like, ſchiwed. lik, holl. lijk, dan, 





‚39 Schweiger fagt (in Mages pädag. Revue 1847 Juni): „lih und 
leiks waren feine — ns leiks iR elgentlich — ſehend, alſo galeiks gleich 
drein ſehend, d. i. mit einem Andern.“ Im Goth., Ahd. und Mhd. kommt aller⸗ 


⸗ 





856 “ 








lige) 1) (Adj.) im jenen Merkmalen sölligmit einem Andern äbereinftiimmend; 
2) angemeflen, geziemend, pafjend; 3) mäßig, billig, gewöhnlich; 4) nach 
einem mäßigen, mittlern Anfchlag, ungefähr; 5) gerade, eben, glatt; 
6) (Adv.) ebenfo, wenn mehrere Dinge in ihren Umftänden völlig oder 
doch großen Theiles übereinftimmen; 7) gerade, genau; 8) (Adv. der 
Zeit) zu einer, beflimmten Zeit; 9) zu einer nicht genau beſtimmten 
Zeit. — Weil er gleiche Reigungen und Abſichten mit wir hat. 
Geller. Wolfen, die Gebirgen. gleich am Saume des Meeres auf- 
fleigen. Geßner. So ſetzt fich alles wieder in's Gleiche. Göthe, 
Meiſters Wanderj. 7, 6. Dazu, was fi der- Welt gelich (zur Welt 
paflend). Boner, Edelſtein. Die Rauberey möcht nirgends baß noch 
—— (paſſender) als dem Diebſtahl zugeſtellt werden. Landtag v. 
516 ©. 368. Gleiche (angemeſſene) und freundliche Rech 


Krenner, Landtagsh. 1, 59. Darinn wollten Wir uns unſers Theils 
gleichlich und ehrbarlich finden laſſen. Daſ 8, 284. Einen glei- 


ch en (maͤßigen) Lon nemen. Daſ. 1, 166. Daß die Zehrung geringer 
und gleicher würde. Daſ. 7, 105. Damit das Getraid beſſer in 


gleichem Kauf blibe. Daſ. 1, 159. Wodurch ſich das Gewebe 
| — (ebner, glatter) ſchlagen läͤßt und klarer erſcheint. Goͤthe, 


eiſters Wanderj. 3, 5. «(Drei Söhne) die alle drei ihm gleich 
gehorfam waren. Leifing, Nathan,» W. 3, 7. Kam gleich. (gerade: 
am Ende des Brachmonals gen Augſpurg. Aventinus, Ch Es 


langt gleich. (gerade). noch zu einem Kleide. Gellert. Geht denn 

das —— mit der Liebe. au? Gelert. Das gnäbige Grin 
lein hat gle d Mer wird 

‘den Augenblid gleich voller Argwohn fein. :Gellert. — Aalgieich zu 


ch (ſo eben) nach Ihnen gefrägt. Crone 


ſchlüpfen. Goͤthe, Fauſt 2, 30. Ob ich die übrigen Schaaren glei⸗ 
cherweiſe heranzuführen wünſchen ſollte. Göthe, Meiſters Wanderj. 
1, 10. Da ſah ih in den engelgleichen en Schiller. Die 
felfengleich gethlrmten Maſſen. Göthe, ‚Eugenie 5, 7. Die 
(Strahlen der Sonne) ihre. glatte Haut mit flammengleidem 
Roth bemahlen. Wieland. Da taudt.. geiftergleidh. zum Söller 
Amaranth heraus. Redwitz, Amaranth. Nicht alfo, wie tapfer du ſeiſt, 
gottgleicher Achilleus. Voß, Ilias 1, 431. Nur Poſeidon zürnte 


dem göttergleihen Odyſſeus. Voß, Odyſſee 1, & m 


acht 
das Leben böllegleih. Redwitz, Amaranth. Iſt jedes nicht ein 
inbaltgleihes Ding? Daſ. Wie rühmt die Sage meines Vaters 
Kraft des fühnen löwengleichen Herkules nicht. Bürger. Aber 
ein Schwarm, abhold der Vernunft... ſchwärmte daher, nachtgleich. 
Voß. (Daß fle das Leben) für em hummervolles und ftaubgleiches 


Dinge das einfache Al. nicht mehr vor, wol aber im YAaf., Alte. ıc., woraus folgt, 
Da nn Goth., Ahd. und Mhd. wenigftens in ber Wurzel voransgefept wers 
en muß. ’ 








— 


Dafein erflärt haben. Goͤthe. Bremd und ſchattengleich ericheint 


mir die Umgebung. Goͤthe, Eugenie 1, 2. ‚Ihre Kleider .... trugen 


fie firenengleid ein Weilchen noch empor. - Shafefpeare, Hamlet 
4, 4 Sturmgleich wäthet im Vaterlande Hetoais jein- Heer ipt. 
Somenberg. 

Aehnlich (aoth. analeiks, uhr. anakalih, makilib, agf. anlio, mhd. 
anelich, aus goth. ahd. ana, alt. &, agſ an, mhr. anc, an, fanskr. anu, 
or. ara, an und lei, li ©. 47, glei S. regen 
annähernd. — Weil er feiner Brüder. einem, dem er deſonders lich gehabt, ſo 
ähnlich fehe. Leffing, Ratkan d. W 1, 2. a 

Gelichter (von gleich) Dinge gleiches Weſens, Bun aber nur 
von. Berfonen gefagt, meiſt mit einem verächtlichen Rebenbegriff. — 
Und ich kannte das Gelichter. Goͤthe, Rechenſchaft. Und belebt 
als wahrer Dichter, ſchaf⸗ und fäuiiches Gelichter mit Geflunung 
wie mit Sinn. "Auch der Eſel kommt zu - Ehren und — uns weit 


Lehren. Böthe. Welder ich nachfagen muß, daß fe für die beſchei⸗ 


denfte und fittigfte ihres Gelichters befamnt if. Wieland. 
Art. & 238..&pießgejelle (von Spieß, ahd. spioz, mhb. apiez, 
. alin. spiet®) und Befelle S. 745.) bezeichnet nur den einzelnen Waffen 
oder Rampfgenoflen; gewößnlich Genoſſe oder Theilb ader einer ſchlechten Hand⸗ 
lung. — Der Helb, ſobald fein’ neuer Spießgeſelle das beſte Roß, das ſeinen 


Gerrn :verloren, nebR. einem guten Schwert ſich aus der Beut' erkoren, ſpotut 
ſeinen ſchnaubenden Hengſi. Wieland, Oberon 2, 6. Wer mir widerſpricht, 


J der war nes Moͤrders Spiehgefetle. Leffing,. Emitie Snlotti, 4,5. -- 
— Gleicher, Gleichung, Gleichheit, gleichig; dar, 


‚ desfefbigen— 3)). tn gleichen; f ogleich; — Was — der 


— Gottes fur eine gieihe N * mit den’ Goͤtzen. Lu⸗ 
ther, Bibelüberf- 2. Kor. 6, 16. Tüchti nn yaie 
giebesnahtundiagesgleiden, Rüdert, gef. Ged. 2, 329. Gleich 
nach der Frühling⸗, Zag- und- Nadtgleihe J. Baul, Dep . 
Man fagt, die englifche Rationalſchuld Fönne, wenn man fie in T 

lern ausjable, einen ordentlichen Ring um die Erde nie‘ ein zweiter 
Gleicher geben. 3. Paul, Siebenkaͤß 5. (Sie) wollten ihre alge- 
braifhe Gleichung noch weiter fortjegen. Daf. 1. Sie find durch 
Gleichung der Laften, bie einzige wahre Freiheit und Gerechtigfeit, 


*, Nah Schirliz (die dentſchen Waffennamen, Gpmmaflakyrogr. Stargard 
ſoll no Wort 5 einem, freilich nur vermuteten, ahd. Berbum spiutan = 
en 
— — Wieſe Phraſen, in denen etwas Incorrectes ſteckt, wie man ſie nehmen 
vgl. Grimm HI, 81 und meine Grammatik I. 2, 8. 360. Ginige ältere 
Beifdiele find: desglich die vesten von Switze,. (14. Jahrh.) Wadernagel, 
altd. Leſeb 927, 1. Desglichen die von, Costenz. Daf. 930, 29. Die lan- 
gen spieß desglichen (15. Jahrh.) Daſ. ‘1058, 1. Bndt vindt man im lande 
nit vins glihen. Bet. Btterlin, Ghronif.(v. I. 1507). a fin glid nit fy 
aber allem: volck. 4. Bibelüberf. (1470-78) 1 Kön. 10, 24 


efänoben © 4 meine Ä 





838 
größten Nationaltuuft geſtiegen. Seume. Dielen anglei- 
En: hoher Leut. Fiſchart, —— S. 300. Bo von Sum: 
men und Ausgleihungen die Rede if. Göthe, Reiſters Wandeij 

‚14 Wo eine Aasgleichung (dev Gtreitigkeit) vor ſich geben 
sollte, Göthe, Leben 9. B. Das Zranenzimmer, die ed mitbeniit, 
iſt nicht ungeneigt, eine Art vom Bergleichung einzugehen. Leite, 
Miß Sara Gumpion 1, 7. — Feiheit ud Öleihheit hört mau 
fallen. Schiller, Glocke. Gleichheit MR ümmer das feitete Band 
der Liebe. Leffing, Miuna v..B 55. (Dahh) eine Meine Umgleid- 
heit fichtbar fein möchte. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 84. Ehe, 
Redlichleit, feites Molen, Wahrhaftigleit, Angehen wider Drohende 
Wunden, Grtragem. ber ‚geishlugemen , Selbitachtung , esse: 
heit ,.. Alles Das nud älmliche Wörter bezeichnen ‚doch nur 
Hälfte der Ritlihen Natur, Die ſilliche Shirfe und Erhabenheit. s 
Paul. Wuchtelgleichig, Fiſchurt, Gargantua S. 478. — Oftmehi 
wünſcht fie den Tod, um nicht dergleichen gu ſehen. Voß. Sat 
muth, deren gleichen mir in der Geſchichte nicht befanmt if. Her⸗ 
der. re Prieſter aber bringen das vmb, das jnen gegeben wid, 
Desgleihen auch jre Weiber beafien dauon. Luther, Bibelüberi. 
Bar. 6, 77. Desfelbigen gleichen auch der Kelch, Da. Lıl 
22, 2. Dei denen auch, die für mich kriegen, Befiudet er inglei- 
Gen & DOpig. 

Gleichhebeusend (©. 217), — breit, —deutig, — dick, —ent⸗ 
Br — ewig, .— farbig, — fließend, —geltend (©. 169), — gef, 

—geſtaltet, —giltig (©. 169), —gmdig, —groß, —haltung — bo, 

—klang, —lang, —luf, — —5 —autig, — liegend, 
— llinie, — macher, — maͤchtig, — machung, — wish (S. 352), — meß⸗ 
bar, — ſcheukelig, — ſchritt, u en —finnig, — ſtimmig, 
—ſtimmuug, —jtrid, — theilend, — heiler, —theifig, —viel, — dit, 
— winfelig, —zeitigkeit, En gleihernmaßen, —weiſe; 
Abgleibftauge; Abgleichuugswage; Bergleid, —bar, —lich 
— mäßig; Bergleihungsgtad, — grand, —punft, —ſtaffel. — Rd, 
—ſtufe, —weil, — Schreden wie Burien jagen herum gleich au 
mit dem Chaos. Sonnenberg. Ihm war gleihalterig Phar 
ton. Voß. So gleichartig auch die Sinne des Gefühles, des Ge: 
ruches und des Geſchmackes mit den Sinnen des Gefichtes und Ge 
böres find. Sulzer. Das einzige Mittel Dagegen fei aus eigene 
Bruft fittlih gleichgeltende, — — 
a Gefinnungen hervorzurufen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 13. 

ie gleihempfindende Seele Bragur. Denn in der Mitteruadt 
faltem Hauch begegnen ale planbene Seufzer ich. Voß. De 
follte man mäßig und gleihförmig in allem fein. Göthe, Wahte. 
1, 6. Bon ihr laufen a Wege nah allen Seiten 
Göthe , Meifters Wan 1. Sie fprachen und handelten aus 








550 


Gleichgefühl anf emerlei ⸗Weife. Campe. So Iange die Quelle 
qnifit und rimt, to lange bleiben wir gleichgefinnt. @öthe, der 
Müllerin Reue. Oft verficherte fie, daß eine laͤndliche Ruhe gleich“ 
efimmter für ihre Sede fe: Meißner. Gib ihrem Bar das 
—*— Gleichgewicht. Wieland. Und fie umarmten einander die 
zwo gleichherzigen Jungfrau'n. Voß. Mädchen mit gleihjäh- 
zigen Mädchen verbunden J. Paul. Mit dem Gleichlaut einer 
harmonischen Suite. Herder. Die Säule nnß.dem Gleich maß un⸗ 
tertban an ihre Schweiter nachbarlich ſich lehnen. Schiller, die Künſt⸗ 
ler: Es erfordert ja Doc ein gerechtes Gefeb gleichmäßige Güter- 
vertheilung. Platen, die verbängnißpolle Babel 5. Gleichmeſſend 
gießt der Himmel feinen Thau auf alle durſtende Gewächſe aus. Schiller. 
Spiel der ehe des Ghucks und Unglücks, feines won beiben wißt ihr 
je zu beſtehn mit Gleichmuth. Göthe, Fnuſt 2, 208. Diefem un⸗ 
eſtinmen Treiben begegnete Ottilie mit gleichmüthiger Thätigleit. 
Wahlv. 2, 4. (Es zeugt) von ſeiner Heiterkeit und Gleich⸗ 
mäthigfeit, Göthe, Leben 7. B. Was als Ader erſchien, Das 
bleibt gleichnamige Mer. Voß. So daß Niemand wußte, wie ich 
anf eimnal, gleichfam!) Dusch Inſpiration, zu der. freuden Sprache 
gelangt, war. Goͤthe, Leben 3. B. (Bie ſehr Yet: man ſich über das 
unwürdige, unmetaphufiihe Zettmaß mit metaphyſiſcher Stuenge ge = 
g leichſamt Iſich in Vergleichen des Wortes gieichſam bedientL - Her: 
der.) (Sie famen) vom gleich ſchwebenden Schiffe. Voß. Juſp- 
fern die Frerndſchaft eine gleichfeitige Uebereiuſtimmuug des Cha— 
rakters voraudieht. Geller. Tropt der. Friſt eines freudeloſen Daſeins 
‚amt dem. Gleichſinne eines Herzens, das Dem Gelispel weichlicher 
Empfindungen fich verſchließt. Meyer: Herablaſſung und Gleich⸗ 
Rellung. Knigge Auch Hier ſchien Hilarie gleſich ſti mmig zu 
deuken. Görhe, Meiſters Wanderj.2, >. Suchen uud aͤchten, rächen, 
find ihnen auch. Gleichwörter. Herder. Ob ich die Übrigen Schaa— 
ren —— heranzuführen wünſchen ſollte. Goͤthe, Meiſters 
Wanderj. 1, 10. Dieſes und jenes beſteht ‚neben einander gleich⸗ 
zeitig. Benzel⸗Sternau. — Daß der Vergleich zu Stand käme. 
Goͤthe, Götz v. B. 1. Der Königin non Saba vergleichbax. Goͤthe, 
Wirkung iu die gerne. Es geſchieht nach Deiner großen, unver⸗ 
gleichbaren Gerechtigleit. Goöthe, Benvenuto Cellini 1, 12. Man 
fand den Ort unvergleichlich. Göthe, Wahlp. 1, 15. 
Gleichförmig — ſo, daß die Formen in manchen Stücken nicht 
verſchieden find. — Doch waren fie (die Zeichnungen) durchaus zart 
und gleihförmig. Göthe, Leben 4. B. 


— ——— — — 

2) Gleich ſam ſtand früher als Adv., mit dem Dativ und auch als Con⸗ 
junction für gleich als ob. — Gleichfam denen von Bern begaben ſich auch 
die von ZArich zu Feld. Stumpf. 6 leben je dermaſſen alle Menſchen, gleich 
Sam kein Mott wer. Myeutiund, Chrouif 1580. Bl. 109. | 





IN 


ſchreiben. Schiller, Abfall d. 


860 


. Etnformig = Hd in der Form von audern Dingen gar nicht under 
ſcheidend. — Nichts als Ten Kuhreih'n und der. Heerbegluden einförmiges 

Gelkut' vernehm' ich bier, Schiller, Tel 2, * - 

Gleichfalls (für gleiches Falles) von derſelben Beſchaffenheit 
nnd Größe. — Der Bildner gleihesfalls vergleicht ſich eben dem 
Reiter. Göthe, den Drillingsfteunden von Coin (Ich bin) Sohn des 
vorigen Schaffners , der gleihfalls jeinem Vater in dieſer Stelle 
nachfolgte. Goͤthe, Meiſters Wander. 1, 2 

Ebenfalls (f. eben ©. 5? ı bezeichnet nur Uebereinkimmung nad 
ver Beſchaffenheit. — Daß dir Nupränme etwas zufammenräden, wur daß 

Tafel und Brunnen fi ebeufalle zu nähern fcheinen. GBöthe, Leben 2, ®- 

Gleichniß (ahd. die kali)iihnissa, —nissi, das kali)iihniesi, 
mhd. die gelichnusse, glichnisse) allg. dad, was eine Aehnlichkeil 
womit darftellt; im Bejondern eine unter dem Bilde eines äbmlichen 
Gegenftandes verfinnlichende Grdichtung, vornehmlich wenn fie erzäblend 
if. Vergleichung iſt überhanpt Vorſtellung, welche fid) mit der Aehn⸗ 
lichkeit zwiichen Gegenftänden beichäftigt. — Ihr ſeht bier weber 
Thaten noch Begebenheiten, fondern Wunder und Gleichniſſe. Göthe, 
Meiſters Wanderi. 2, 2. Es ift eine Gleichnißrede. Göthe, Wahle. 


41, 4 Wenn du dich in ELTERN erſchoͤpft haſt. 
4. u i 


Shaffpenre, K. Heinrich IV. 1. Tb | 
Glieichwol ifk eime adverfative Conjunction, welche die gleichgeoße 


Möglichkeit, das gleihgroße Statthaben einer Einrämmung -gegenlber . 


ausdrückt. — Ihr Verdienſt legte fle als etwas Entfchledenes zu deu 
ſißen der Königin wieder; Die unbefangene Rachwelt bürfte gleichwol 
denfen tragen, dieſes geritige Urtheil ohne Einſchraͤnkung zu unter: 


Doch (gotb.thamh, ahb. dob, dhoh; thoh, mh. doch, alta. tha, thöst, 
agf. theäh, dhedh, engl. though, nah Brimm HI, 176 f. aus dem geth 
Demonftrativ thata entfproffen) deutet zumädit auf tie Wirflichkeit im Degen 
fag zu der logiſchen Richtwirklichkeit; bezeichnet als abverfative Gonfiaction 
die Aufhehung einer aus dem Conceſſtoſatze gezugenen Kolgernug nnd hebt ven 
logifchen Werth des Adverſativſatzes im Gegenſatze gegen bie Folgerung herver; 
witd daher im Belondern dann gebraucht, wenn der Sprechende feinen eignen 
Gedanken verbeflert, ober die Anstehnung, die man ihm geben fünnte, befäpräuft; 
in jevem Falle hebt doch den Gegenſatz beftimmt nnd fiharf hervor. Dennod 
(aus dann noch, ahd. (hannanoh, mhP. dannoch für danne noch) eig. zu 
ber Zeit noch: dann fogar va no; deffenungeachtet (minder gut dem: 
ungeachtet) und nichtodeſtoweniger bezeichnen eine ausbrüdliche Her 
vorhehung bes Aoverfativfages im Gegenſatze gegen einen in dem Gonceſſtofatze 
ausgebrückten realen oder moralifchen Grund: Dennoch bezeichnet nur eine 
unmittelbare Nachfolge der Einräumung mit tiefer im Gegenfage, nie aber 
Berneinung des Grundes, oter fu heitimmt ben Begenfag hervorhebend wie 
doch; deſſenungeachtet bebdentet ohne Berückfichtigung des im Borand: 





85 


Y 


gehenden Ausgerrädten. Soll bei den genannte Gonjeaurtionen neben dem 


logifchen Werthe des Mbverfativfapes zugleich das lagiſche Werhältwif des 
‚Gegenfages hervorgehoben werben; fo gebraudt man zugleich die Genjunction 
— (goth. afat, ahd. avar, avur, mbhd. aver, aber, verfürzt ava, av, ave, 

‚ f Srimm H, 708 f., Il, 378 f. und meine Gramm. I. 3, $. 208), 
— muß vor jedoch — aber boch wegbleiben. Jedeunoch = aber 
vennoch. Indeſſen med in deß bezeichnen vie Zeitbeiunmug als einen Zeit⸗ 
raum, und drücken als adverſative Conſunctisnen eine Beſchränkung, Milderung 
des Vorhergehenden aus. — Das iſt doch hart, daß wir die Steine ſelbſt zu 
unferm Twing und Kerker ſollen fahren. Schiller, Tel 1, 3. Der Hulbigung 
des Groͤßten iR fie werib, doch nie wird fie den Wunſch fo hoch erheben! 
Schiller, Iungfeau v. O. 8, 4. Leicht bei einander wohnen bie Gedanken; 
do Hart im Raume Roßen ſich die Sachen. Schiller, Wallenfrins Tob .2, 2. 
Die ſteht's um Divier, meinen alten Kämm’rer? Doch der Getrene fihläßt 
wohl lange fchon ben ew!gen Schlaf, denn er war ho an Jahren, Schiller, 
Maria Gtuart 5, 6. Ich wollte geru den Biedermann erretten; doch es IR 
tein unmöglich. Schiller, Zell, 1, 1. Die Böpte wollen wir mit ihren Rurds 
ten verjagen und die fehlen Schlöffer brechen: doch, wenn es fein mag, vhne 
Blut: Daf.2, 2. (Schrewsbury:) Sie if die Mädtige . . . demüthiget Buch, 
Maria:) Bor ihr! ich kann es nimmermehr! (Schrewebary:) That's Deus 
noch! Eprecht ehrerbietig, mit Gelaſſenheit! Schiller, Raria Stuart 8, 3, 
Sraget zurüd was end zuerſt entzweite, ihr wißt es nicht, fa fünbet ihr’ 
auch aus, ihre würdet euch des kind'ſchen Haders ſchämen. Und denmoch iſt's 
der erſte Kinderſtreit, der, forigezengt in unglückſel'ger Kette, die geu'ſte Unbill 
dieſes Tage geboren. Schiller, Braut v. M. Die Druckerkunſt war ſchon 
über hundert Jahre erfunden; deſſen ungeachtet erſchien ein Buch noch als 
ein Heilige. Goͤthe. Alle ‚hörten den Knall, alte fahen das Feuer, aber bei 
nõherer Unterfuchung fand man die Scheibe ohne die mindefte Verletzung. 
Defungsahtet nahm bie Geſellſchaft den Borfall ſehr ernſthaft. Goͤthe, 
Unterhaltungen veuifcher Ansgeivanderten. Ich weiß, vu bift nicht für biefe 
Helrath; demungeachtet, wenn du etwas bagegen zu fagen haft, fager will, 
fo ſag's geradezu. Göthe, GClavigo 4. Sein guter Genius flörte feine Reiſe 
nor durch ein unvermuthetes Hinverniß, Indem der Marquis von Bergen durch 
eine Wunde außer Stand gefept wurde, fie fogleih mit ihm anzutırien; 
nichtodeſtoweniger machte er fich allein auf den Weg. Schiller, Abfall 
d. R. Den Deutichen. IR nichts daran gelegen, zufammen zu bleiben, aber 
doch für fih zu bleiben. Göthe, Gr bezeichnete feinen Abichied mit Gnade, 
denn ‘er wußte, in welchen Händen er fie Heß; den noch aber wurde durch 
die Biurichtung des Staatsrathes dem nieberländifchen Adel mehr geſchmeichelt, 
als wirklicher Einfluß gegeben. Schiller, Abfall v. N. Es iſt wahr, ein 


’ 


Menſch, der fo lebt, wie Hippias, muß fo denfen; und wer fo denkt, wie Hip⸗ | 


pias, würde unglüdlidy fein, wenn er nicht fo leben fönnte; aber ich mn$ 
gleich wol lachen, wenn ich an den Ton der Unfehlbarkeit denke, mit vem er 
ſprach. Wieland. Ich lernte wol auch Etwas in biefem Gollegium; jedoch 








Aber das, woran mir eigenttich gelegen war, wurde ich nit aufgefiärt. Göthe, 
Beben. (Wrangel:) Roc mit Griiuumen redet man davon, wir fle vor Jahren 
"gegen Menſchendenken, ein Heer wie aus dem Nie hervorgerufen. Je⸗ 
vennoh — (Gallenſtein:.; Deunoch? (Bringel:) Gene Wärden meint, 
eig leichter Ding docn moͤcht es fein, mit Nichts in's Feld zu Rellen ſechzig 
ı  tanfend Krieger, als nur ein Sochzigttheil davon num Treubruch zu verleiten. 
Schiller, Wallcaſteins Tod 1, 5, Anbere (meiner. Ücheiten) bedurften, wm 
anerfamet zu werden, mehrerer Jahres indeffen singen andy dieſe worüber, 
umd ein zweites, drittes nachwachſendes Geſchlecht entſchaäͤrigt mich boppelt nad 
dreifach für bie Umbülden, die ich von meinen früheren Beitgenoffen zu erduldes 
hatte. Gethe, Leben. ne 
Dbpleih und wenngleich, erft jpäter aufgelontmene GConjunt⸗ 
tionen dur Einleitung concerfiver Säge, deren Unterſchied, zwar nicht 
immer beobachtet, aus der Berichiedenheit von ob und wenn!) fid 
ergibt. — Obgleich man dem Feinde. nur. eine geringe Macht ent- 
gegenzufegen hatte; fo formte man Doch hoffen, ſich zu behaupten. 
Schiller. Wenn es gleich diefen Truppen an Tapferkeit — 
fo reigten fie doch —X einen glaͤnzenden Aufputz die Augen. iller. 
Obſchon, wenuſchon, ungeachtet (auch unerachtet), wie ob: 
gleich uns wennagleich, etſt fpäter aufgefomme, ſind in ihren Um 
terſchieden aus den einfachen Wortern klar; dasſelbe gilt von obwol, obzwar 
: (veraltet), ob-aunch, wenn auf, wie auch, wiewol.) — Die Gärten 
li⸗ferten die Fchönften Muſter, und obſchon tie Rränze fehr reich amsgelattet 
iwurben, Tb kam man doch fraher, ale man gedacht hatte, damit zu Stande 
Gothe, Wahlverwandeiſchaften 2, 3. Wenn jr ſchon ewer Hende auabreite, 


. Ob, aot&. iba, ibäi, ahd. ipu, ibu, upi, ubi, ube, obe, oba, m&b. ube, 
obe, ob, gl. if, altf., altn. &6, mittelniederl,, neuniederl. of, engl. if, iN eig. der 
Dativ des bh. goth. iba, ahh. iba — Zweifel, Bedingung, dann zunäcdhtt Genj. 
des Zweifeihaften und ſteht dann bedingend ———— einer angenommene: 
Wirklichkeit, oder in dem Verhaältniß einer bebingenden Moͤglichkeit. — Wenn ans 
waun, ahd. huanne und huenne, mhd. wenne, altſ. huan, agſ. hwonne, engl. 
when — zu welcher Zeit, hat hier den Begriff der Bedingung des angenommenen 
Falles, der angenommenen Wirklichkeit mit der Cinräumung. 

2) Auch (goth. 4uk, agf. ec, altn. auk, ok, og, altf. ök, ahd. auh, ont, 
mW. ouch, engl. oke, ſchwed. ock, och, hän.. og, unter fly mit einzelnen Bew 
heiten) bebeutet zugelegt ald Vermehrung, flellt die Cinraͤum ale ſich an 
ein Anderes oder Vorhergehendes wie ein Mehr anfchließenn oder ernd bat. 
Das Wort kommt von gofh. Aukan, ahd. auhön, agf. eäcan, altf. d alte. 
auka, lat. nugere = vermehren. — Wie (ans abd. so hwio, so wide = 
—— zuſannmengezogen auie, mihd. swie) wird vorzüglich gebraucht, wenn der 
nſaß auf nachdruckliche Weile hervorgehoben werden ſoll. — Wol und wohl 
(gutb. vaila, ahd. wela, wola, wala, oh mhv. wol, wal, altf. wel, agf. wiola, 
wiola, altn. vel, engl. wel, gehört zu wollen) deutet auf eine Möglichkeit des. 
Cingeräumten bin und läßt den Vorbehalt eines Zweifels zu. — Zwar (ab. 
si. wäre, zi wäre, mhb. zewäre,-zwär == zum MWabren) hat den Begriff der 
Bewigheit unb Binräumung. — Schon (ahd..scöne, mht. schöne) früher mit 
fh ön finnlidy einerlei, dann abflract mit der egeicnung einer in Anfehung ber Zeit 
unverzögerten ober vielmebr eln unerwartetes Chetſein in ſich aufnehmenden Eirräumung. 


. 





verberge ich doch. meine Unger von end, Mab ob jr ſchon viel betet, höre-ich 
euch doch nicht. Luther, Bibelüberf. Jeſ. 1, 15. Auch id begrüße dich, 
wenn ih ſchon zürne. Böthe, Taffo 1, 4. Die Fremden hatten ſich 
entjesst, ungeachtet man ven ihnen muf' eine ſonderbare Weiſe bedilhrt wor⸗ 
den war, dech den Weutſch zurückgelaſſen, daß man fie irgendwo wieber aus 
treffen mächte. Göthe, Wahlnerwankifiheßten 2, 11. Di folt dich nid 
furchten, Db fie wol ein ungehoxfam Gans An. Luther, Aibeluberſ. Chech. 
2,6. Dbzwar fie elle bie Yuffeung bmitar, fo hieß es voch ı. Gimpli⸗ 
eifimus2, 20, Aber denmech, wenn ich duldend trage, Hetnife, ſende mir hin⸗ 
fort, ob auch weinender die Seele zagd, ende mir dein fanftes Liebeswort. 
Tiedge. Laſſen Sie in diefer Ungewißgeit des Lebens, zwifchen viefem Hoffen 
mad Bangen, dem bebürftigen Herzen doch nur eine Art van Leiten, nach 

vwelchem es biablidle, wann «8 and nicht durnach ſteuern kaus. Goöthe, Wahl 
verwanbtfihaften 1, 18. Wie. firafbar auch des Fürften Zwede waren, vie 

Schritte, die er öffentlich gethan, verfiatteten noch eine milde Drutung. Schiller, 
Biceolomini 5, 1. Die (Geſchichte), wie wohl fie mir ſchon vor einigen 

- Jahren begagmet If, wich noch immer in ber Grinnerung umwabig, wacht. Böthe, 
Meiſters Wanderjahre 3, 6; 


Zugleich (abd. ze liche) zu einer und derſelben Jeit; zu An⸗ 
derm noch hinzu und mit dieſem. — Wie reizend wird nicht die 
ee wenn’ fie ſich zugle ich auf Natur nnd Tugend gtundet. 


Semeinſchafttich (ahd. kimeinlth, mho. gcmeinfich) in Beziehung 
eines und besjelben vereinigt. Gemeinſam (ahd. kamelnsum, mhd. ge- 
meimsam) zumäch dem Giren wie dem’ Andern zukommend; dann basfelbe, 
was gemeiufchafflip, jedoch ebler und mehr Sinn und Charakter des Bere: 
wigtfeins andtruenn. — Mt mangel’ ihr Herz des gemeinfamen Mahles. 
Beh, Flbae 2,4181. Auch die Erde, zuvor wie Luft und an gemeinfam. 
VDoß. Ovide Metamowph. 1, 190 


Um. 1. Leiche iſt goth. teik — lebender und tobter Koͤrver, altn. lik, 
dp. üb, auf. aliſ. Mo — Fleifch, lebenvet und tobter Körperr ahd. ſteht für Icbens 
ber nnd Lodter Körper — Uhamo (dig. Decke des Kerpers), alt. Hhamo, 
og. Hchoma, mhb, licham, lichnäme, weher nhd. Leihnam. — Nimmt man 

®rimm als Urbebeatung das guth. leikan verbinden an, uben ©. 855, 
t zufammenftellen. 

um. %. Weigand flellt das S. 47 erwähnte — lich (vgl. gleich) mit 
Leich e im frühern. Stune — und glaubt, daß —— —2 aͤußere 
— das Ausfchen deute. 

3. deis (qiſchlaich) iſt mit allmalich etwas peranderter Bedeutuug 
—* aus dem nal gehörigen goth. läiks, alfn. leikr (Spiel, Spruug) |. ©. 408. 

Aum Fuͤrwoͤrter —* und welch, zu dieſem — lich gebürend, 
ind * ellt: — svaleiks, ahd. =ölfh, solih, sulfh, altſ. Bulle, ae svile, 
mi». selich, soloh. seih, 261h, engl. such, mitselniterl, "sulk, — . zuik, 

Mr slik; ——— hvtleike, ehr. hwöllb, hwiollh, weh 

ul, agf. edle, ilo, altn. hvillkr, mhb. welh, wälch, neunieberl. welk, e ee 
—— laser Goth. sva (naht. fo) R— fo, auf —— el, sv = wie; 
vie, beide ind urſpruͤnglich Caſus ven Furws 








8864 


Schleichen. 
(Wurzel slih, alik) 
umsghice, (al, sefälkhen, Klein cm, si, ci 
u slihbandr, an; s sli 
slichen) 1) fi) leife langſam binfchiebend fortbewegen; 2) fich heimlich 
und kaum vernehmbar leife und laugſam fortbewegen (eig. und uneig.); 
3) (veraltet) etwas auf eine leife und langfame Art — — 4) (vers 
altet) leiſe über etwas hinfahrend ftreicheln, ſchmeicheln ſchwed. s lô ka). — 
Bas auff on ſchleicht, das fol euch eme Schew jein. Luther, 
Bibelüberj. 3. Mof. 11, 41. Mit leifem Tritt um dieſes Haus zu 
ſchleichen. Schiler, Malenfeind Tod 3, 18. Er war der ſchlei⸗ 
chendſte Berräther. Shafefpeare, Ricyard IN. 8, 5. Ju's zweite 
Jahr ſchon ſchleicht die Unterhandlung. Schiller, ——— — — — Tod 
1,5. Er gebt in Waͤldern, mo an Schilf und Straͤuchen in kam 
men lifern Silberbaͤche fhleiden. Kleiſt. Ha, wennn ein folcher 
Wunſch in meine Seele ſchlich. Weiße. Diele Thräne, die ſich aus 
ihrem Auge. fhleicht. Leſſing. Knecht ſchaw, ſobald ich Dir tim 
en oe im »’ Handzwel umb den Hals. 

f. d.) und das davon gebildete, nbb. gebräuchlidgerr flä: 
pfen be. gr 9 gleitend durch oder in einen Raum oder ans ve 
felben bewegen, mit dem (bei ſchlüpfen hervortretenden) Nebenbegriff ber 
Schnelligkeit, gewandter Geſchwindigkeit, meift auch zugleich des Unwermerlien 
— Er fhLlüpfte durch die offene Thür. Engelſchall. 

Ab —, an —, auf —, aus — be—, bei —, durch —, ein — einhet— 
ent—, er—, fort —, heim > ber—, herab—, heran-—, herauf—, er 
aus—, herbei—, erein—berüber—, herum — ‚herunter — hervor— 
herzu —, bin—, Binab—, hinan —, hinanf—, binaus up 
hinein —, binter— hinüber — ‚hinunter — ‚hinweg Hinzu— 
nieder —, über—, um —, umber— ‚anier—, nike yor—., — 
voraus—, vorbei, vorüber—, weg —, zu — 55* 

ſchleichen find klar. — Er ihlide mit — ges achte wieder 

ab. Wieland Oberon 11, 11.. Denn ift der Adler England erk anf 
Raub, fo fommt das Wieſei Schottland augeſchlichen zu jenem 
unbewachten Neſt. Shakeſpeare, — V. 1, 2. Meine Bebke 
wollt' ich heut beſchleichen. Goöͤthe der Beſuch. Wie er (de 
Schlunmer) in ſchwüler Stunde den Wanderer unter des 
duftender Erle beſchle icht. Voß, Philemon und Baucis 187. Di 
durchſchleicht uns innen inanche Hoffnung. Goͤthe, an Lotlcchen. 
Schlupfwinkel, in welchen der Kluge ... ſich verbergen oder dur ch⸗ 
ſchleichen kann. Goͤthe, Egmout & hatte ſich in einigen Hlar 
fern eingeſchlichen. Göthe, Rameau's Neffe. Schleicht eins nad 
dem andern gekleidet einher. Göthe, Todtentanz. Und ber futcht⸗ 
fame Mömer entjchlich zu feinem Palaſte. Kiopfiod, Meiſias 7, 861. 















865 


Die Thräne, die dem abgewandten Aug’ entfhlich.. Wieland. Die 

mögen ftnnen und ausfinnen, wandeln und fchleichen, gefangen, wohin 
fie können, erfchleichen, was fle fönnen. Göthe, Egmont 2. Er— 
ſchlichen ift der Brief. Schiller, Zell 2, 2. Mir war jedoch durd) 
dieje hämiſchen Worte eine Art von fittlicher Krankheit eingeimpft, die 
im ftillen fortfchlich. Göthe, Leben 2. B. Wo im Sande der Weg 
verzogen fortſcheicht. Klopftod, Zurcht der Geliebten. Ein unbe- 
merft heimſchleichen der Verbannter. Shafeipeare, K. Heinrich IV. 
1. hl. 4, 3. Sie ſchleicht heran. Göthe, Taffo 4, 3. In wel: 
chem (Thal) die Nahe ungefehen heranſchleicht. Göthe, St. Ro- 
chusfeſt. Schon ſchlich ..: der ſtille Mond herauf am Horizonte. 
Wieland, Oberon 3, 52. Sollten die Franzoſen fi) herausgeſchli— 
hen haben? Göthe, Campagne in Frankreich 16. Juni. Dienstag 
ſchleicht dann auch herbei. Goͤthe, die Luftigen von Weimar. Mor—⸗ 
. gen früh werden WOOO Mann verkappt zur Stadt bineinjchleichen. 
Schiller, Fiesfo 2, 15. Weil die früher erlaubte Gewalt über das 
nicht = moraliihe Weſen fi} hinter der Allmälichkeit feiner Entwicklung 
unbemerft als eine über das moralifhe herüberſchleicht. 3. Paul, 
Titan 58. Er ſchleicht mit feiner Büchſe herum. Göthe, Göß v. 
B. 3. Er fchleicht aus dem Gebüſch hervor. Göthe, Adler und 
Taube. Im Labyrinth der Thaͤler hinzuſchleichen. Göthe, Kauft 
1, 202. Wenn der Weltmenſch in einer abzehrenden Melancholie über 
großen Verluſt feine Tage hinichleicht. !ı Göthe, Meifters Lehrj. 
2, 2. Die fie die dazwifchen liegenden. Stufen hinabſchlichen. 
Göthe, ital. Reife 9. Oktbr. Sachte ſchlich fie hinan. Göthe, Herz 
mann und Dorothea 4, 63. Ich ſchleiche mich hinein. Schiller, 
Räuber 2, 3. Ih hinterſchlich fie unverſehens. Simpliciſſimus 
5, 17. Daß fih von dem vorhergehenden etwas in’s nachfolgende 
binüberfhleicht. Göthe, FZarbenlehre 19. (Da) erhafchte mich ein 
anderes Geipenft, Das mir jchon Dieje Tage nachgeſchlichen. Göthe, 
ital. Reife 17. April 1787. So leif und ichlau ift ihm die Rache 
nachgeſchlichen. Schiller, Piccolomint 5, 1. Der in der Nacht 
allein das Heer des Feindes überjchleicht. Göthe, Iphigenie 5, 3, 
Bo und die Neigung ... unverfebend Üüberjchleichen kann. Göthe, 
Leben 12.8. Daß ich auf den Einfall gefommen bin, Sie am Sonn- 
abende mit meinem ungehofften Beſuche in Leipzig zu überſchlei— 
hen.” Rabener, Brief an Gijefe (28. April 1748). Lauernd um— 
ſchleicht es (das Unglück) die Häufer der Menichen. Schiller, Braut 
v. Meifina. (Er) umſchlich das Zodtengerüft mit heftigen Seuf- 
zen. Voß, Ilias 23, 225. Unfichtdbar jhlihen mir dur den Pa— 
laft umber. Göthe, der Zauberflöte 2. Theil. Ein fremdes Kind 
underfchlaichen (unterſchieben). Lori, R.v. 1616, f.801. Er mußte 


ı) Seltner Gebrauch des Mortes In activem Sinn. 
55 





866 


fi) im Wald verfriecdhen vnd verfchleidhen. Aventinus, Ghreuif 
1580 BL. 300. Wo ift die Schlange? Sie ift verſchlichen. Her 
der. Eilet ihr Tage, die ihr der traurigen Aleone jo langſam ver- 
ſchleicht. Duſch. Walter fchleiht voran. Wieland, Oberen 7, 
30. Ich ſchlich mich hart am Stuhl vorbei. Göthe, FZauft 1, 1%. 
Unterdeffen [chleihet auf dem Gange bäuslich ſpät Die Mutter neh 
vorbei. Göthe, die Braut v. Korinth, Schleiche dich ſachte weg. 
Söthe, Egmont 5. So könntet ihr wegſchleichen. Shakeſpeare, 
die Iuftigen Weiber von Windjor 4, 2. Jeder Dolch und nadte Te 
gen ſchleicht in die Scheide ftil zurüd. Wieland, Oberon 1, 45 
Sie ſchleicht zurüd. Daf. 4. 57, So müffen wir... uns veritohlen 
zuſammen ſchleichen. Schiller, Tell 2, 2. 

Schleich (zarter Teichſchlamm, ahd. slic, mbd. slich, holländ. 
slijck), Blindſchleiche (ahd. plintslicho), Schleier (mi. 
slichsere), Schleiherei, Schlich (abd..slih, mhd. slich). — Da 
diefe Fülle der Gefichte der trodne Schleicher ftören muß! Göthe, 
Fauft 1, 36. Wie oft Habe ich deinen Vater gewarnt, ſich vor dieſen 
Schleihereien in feine Büherlammer in Acht zu nehmen. Wieland. 
Gewiß war Niemand gefchieter und gewandter, Erbſchleiche rei zu 
erzeugen, ald er. Göthe, Zag und Jahreshefte 1805. Aus dem 
Shlih wird ein Sprung J. Baul. Er weiß alle Gänge und 
Schliche im Gebirg. Göthe, Göp v. B. 3. Daß ich hinter ihre 
Schliche fommen follte. Gellert. Der giftigen Suchten (Kraufpeiten) 
heimlichen Einfchlich verwehren. Minderer 16%0. ©. 76. — Bear 
mit Schneckenſchliche die Vollendungspfade wandelt. Heydenreich 

Schleihbrief, —druder, —fieber, —gang, —gift, 
—treppe, —weg wa; Schlichfaß, — kofer, — kübel. — 
Die mit kleinen leicht zu verbergenden Abbildungen der Mittelmäßigkeit 
Schleihhandel trieben. Klopftod, Gelehrtenrepublif. Seine waderen 
Wilddiebe und Schleihhändler entzüdten uns. Göthe, Leben 
11. B. Der Yüngling legte fih auf Geberdenfpiel und Schleich⸗ 
mienen. Benzel-Sternau. Und (fie) bat fie noch einmal um weib⸗ 
lihde Schleichtritte. 3 Paul. 

Anm. Das von Weigand. hierher gerechnete ſchlecht f. S. 708. 


Streichen. 
(Wurzel stril'.) 
Streiche, rich, geſtrichen, ſtreichen (ahd. strihhu, streih, 
striches, 


strihhum£s, strihhaner, strihhan; mhd. striche, Streich, 
(richen, strichen; engl. strike, stroke, ſchwed. sıryka), in eimer 
ängendehnung über oder auf etwas hinbewegen; 2) ſchnell und ftill Rd 
fortbewegen; (mbd. ſchwach); 3) (von manchen Ehieren) fid) nach der Begat⸗ 
tung fehnen und fich wirklich begatten; 4) (Schifferipradye) niederfahren 





867 


machen: die Segel; 5). Weiches oder Flüſſiges durch Druck und Fort⸗ 
bewegung mit einem andern Körper auf etwas haftend ausbreiten, einen 
Strich machen; 6) (mhd. streichen, ſchwach) Schläge geben; 7) (Volks⸗ 
De auf etwas bieten, ſchlagen. — Der, zum MWeben zu ſchwach, 

i Kirhenwufit und Gelagen fräftig den Brummbaß ſtrich. Voß, 
Luiſe 1, 224. Dann aus geftrihenem Maß einjchüttet den färg- 
lichen Vorſchuß. Voß, die Leibeigenen 62. Ich ſtrich mich ſachte 
aus der vornehmen Geſellſchäft. Göthe, Werther. Die Lüfte, fo bier 
reihen, find immer ungejund. Opitz. Tief um das Scilfgras 
reicht die Erdſchwab' und der Spaß. Hagedorn. Die wollen... 
die Rechnung jtreichen. Schiller, Biccolomini 1, 2. So euch jemand 
in das angefichte reicht ( ſchlägt). Zutber, Bibelüberf. 2. Kor. 11, %. 
3 fechte aljo, wicht als der in die Zuft ſtreichet. Daſ. 1. Kor. 
9, W. 

Schmieren (goth. — ahd. pismerön, smi(é)rwan, smi(ö)ran, 
mhd. smirwen, smiren, smirn, smörn, agſ. smerwan, smerjan, smirjan. 
altn. smyrja, engl. smear, ſchwed. smörja; vgl. gr. uroigew = fulben, f. 
Schmer ©. 478) Elebrige Fettigkeit, dann überhaupt Haftendes Klüfüge auf 
etwas Feſtem mit einem fellen Körper ausvehnen, daß es darauf hängen bleibt, 
— Läaßt fih die Krankheit nicht Euriren, muß man fie eben mit Hoffnung, 
fhmieren. Göthe, Jahrmarktéfeſt zu Plundersweilern. 


Herausſtreichen — durch tie Rede mit gefaͤlliger Wichtigkeit 
vor Anderen auszeichnen, befonders beifällig. — Da nun ein Schrift 
fteller die Seinigen, denen er ergeben ift, Die Sache, der er auhängt, 
nicht Loben und herausijtreichen darf: Göthe, Leben 13. 8. 

Loben (ahd. lopon, lopen, altf. lobhön, lobön, loudn, agſ. lofjan, 
altn. lofa, leyfa, nıhd. loben, zu lieben gehörig) Beifall geren; vornehmlich 
lant auszeichnend fi äußern über Jemanden oder etwad, GStärfer it rüh⸗ 
men (&. 631), noch ſtärker yreifen (©. 5). ; 


Neberftreichen bezeichnet Bloß die Handlung des Ueberhinbewe- 

ge eng auf Feſtem, fie mag nun mit einem Pinjel.oder pinjelartigen 

erfzenge, oder mit jedem andern Körper gejchehen. — Cie ijt keins 

von den winddürren, mit Zleifchfarbe überitrihenen Gerippen. Lich⸗ 
tenberg, Briefe aus England. 

Tünchen (ahd. tunihhön, tunichön, mhd. jänchen: vom lat. tunica = 
überberfendes längeres Unterkleid, ahd. tunihha, tunicha, mbr. tünche = 
Unterkleid u. fig. die aus Kultflüffigfeit aufgetragene Wandbekleidung) vers 
mittelft eines in Kalfflüfflgkeit getauchten und auf einer Flaͤche bin und her 
bewegten Binfel® oder pinfelartigen Werfzeuges derſelben einen Farbüberzug 
geben. — Alſo fügt’ er und feurte fih an zu wähnen, die Gottheit decke ge⸗ 
tünchte Gräber nicht auf. Klopſtock, Meſſias 4, 172. 

Ab—, an—, auf —, aus —, be—, bei—, durch —, ein—, ent—, 
ber—, herab — ‚heran, berauf—, herans — _,berein— , berüber—., 


55 * 





868 





herum —, Berunter —, hervor —, herzu —, Bin— , hinab —, binan—, 
binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, binnuter—, 
hinweg —, hinzn —, nach —, nieder —, um—, umher —, ver—, 
vor —, voran —, voraus —, vorbei—, vorüber—, weg —, zer—, 
u—, zurück —, zuſammenſtreichen find an ſich klar. — An dem 
rauerſpiele, was eben nicht gehen wolle oder könne, abzuſtrei— 
hen. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 4. Auch ftreicht er nicht, wie 
mehrere thun, ſein Scheernieffer in der flahen Haud ab. Götbe, 
Meifters Wanderj. 3, 8. Weil die Häufer alle grauweiß ange— 
ftriden find. Göthe, Leben 10. B. Ich fuhr während des Ber: 
bandes fort, ihn mit Wein anzuftreichen. Götbe, Meifters Lehrj. 6. 
Darf ich bitten, anzuftreicen, was ihnen bedenklich vorfonmt? 
Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 107. Bhiline Hatte ibn mit dem 
Ellenbogen angeftriden. Göthe, Meijters Lehrj. 5, 14. Der fid 
bei mir anzuftreichen «in Gunft zu feßen? gewußt hatte. Göthe, 
Lila 1. (Die Salbe) reinlih aufgeitrihen. Göthe, Kauft 2, 79. 
Der Unterichied der aufgeitrihenen Metalle. Göthe, Leben 19. 8. 
Die mit Kalt weiß ausgeftrichenen Fugen bezeichnen genau die 
Größe der Quadern. Göthe, Leben 10. B. Er jtrih aus ım dem 
Gedichte). Daf. 3. B. Der ein’ ift wie ein Löw’ erhigt, der auf den 
Raub pflegt ausyguftreichen. a Einen ſtrichen ſie mit Gerten 
auf. Aventinus, Ehronif 1580. BI. 180. Ein ausgeſtrichener 
(ausgepeitichter) Dieb. Weiße. Streicht löbli aus (preij’t) dem 
Herren feine Werke. Opig.. Haft du aud) den Jüngling von Athen, 
wie ich dir aufteug, mit-dem Saft beftrichen? Shakſpeare, Sommer- 
nachtstraum 3, 2. Wenn fie ein fleiner Wind beſtreicht. Opi 
Und wurden roth, jobald fein Auge fie beftridh. Wieland. (Als 
die Franzojen) eine Batterie errichtet hutten und damit das Feld und 
die Chauffee beftrichen. Göthe, Belagerung von Mainz. «Indem 
er) manchmal allein die Gegend durchſtrich. Göthe, Wahlv. 2, 10, 
Zwiſchen beiden Wällen ftreicht eine Erhebung durch. Ungenanuter 
bei Campe. Strich drauf ein Spange, Kett' und Ring‘. Göthe, 
Fanſt 1, 146. Der Wind blieb ungünftig, den unſer Schiff in ver- 
fchiedenen Richtungen fortftreichend nur überliften fonnte. Göthe, 
ital. Reife 13, Mai 1787. Ale Man, da fie böreten, Das die Phir - 
fifter flohen, ftrihen hinder jnen her im ftreit. Luther, Bibelüberſ. 
1. Sam. 14, 22. (Ein Wind), der durd den Sattel, der zwei 
Gipfel verbindet, hereinſtrich. Göthe, Briefe aus der Schweiz 
2. Abthl. An hinabftreihenden Wielen. Göthe, Weilters Wander. 
1, 8. Iſt er nachgeftrihen. Michaeler. Haben fie doch die Güte, 
darin gerade anszuftreiihen, was Sie heraus wünſchen, und zu 
unterfireihen, was fid geändert wünſchen. Schiller, Briefm. mit 
Göthe, 2, 120. So verftric ein Monat geſchwind. Goͤthe, erfte 
Epiftel. Altes Rauhe mit Gyps und Kalk verftreihen. Göthe, 








869 


Pater Brey. Zur Bequemlichkeit des Setzers habe id) die Berje voth 
vor geſtrichen. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 338. Der fonft die 
Sache hätte vor fih vorbeiftreichen laffen. Daf. 2, 10. Euer 
ruhiges Wandeln, Gelige, ftreiht nur vor mir vorüber. Göthe, 
Triumph der Empfindfamfeit 4. Eben fo behend und leicht ftrich ich 
das Stoppelfeld (den Bart) vom Boden weg. Göthe, Meifters Wan- 
derj. 3, 8. Unfer fchönes Karten- und Luftgebäaude .*. fo zerftärt, zer- 
riffen, zerftrihen umd zerftrent zu fehen. Göthe, Briefw. mit Schiller 
2, 158. Die Loden reiht zurüd die Hand. Voß, die frühe Melkerin, 

Anm. Die Barticivien geftatten noch andere Zufammenfeßungen 3. B. Nicht 
bloß gänges Kleingeld und landftreichende, von den Händen bes Trofjes abges 
griffene und befubelte Scheidemuͤnze. Voß. Das Kühnhingeſtrichene reiste 
mich. Göthe, der Sammler und die Seinigen 3. Brief. 

Streichein (von ftreihen), fanft mit der Hand ftreichen, wird 
mit mehreren Prüpofitionen zuſammengeſetzt. — Seine Kindlein frei: 
chelnd. Voß, Baurenglüd. 

Streich 1) eine mit einem Zuge geſchehende Bewegung; 2) eine 
ſchnelle oder unvermuthete nachtheilige, oder auch liſtige Handlung; 
3) (gemeine Sprechart) überhaupt. Begebenheit. Die Streiche (Schif⸗ 
ferſprache) eine Art Ruder (Steuerruder) auf kleinern Fahrzeugen. 
Streicher 1) eine Perſon, welche ſtreicht; 2) ein Werkzeug, zum Strei⸗ 
hen; ſtreichig (veraltet). — Der Gegner fiel vor jedem Streich. 
BSöthe, Fauſt 2, 287. Wenn man einen Streich drauf führte mit 
der Art. Schiller, Tell 3, 3. Der in Ränfen.und Schwänfen und 
allen Streichen gewandt war. Göthe, Reineke Fuchs 5, 90. Als 
mir der unangenehme Streid) paſſirte. Göthe, Meilters Wander]. 
3, 6. — Ein Unterbett, das ihnen beim Aufftreich überboten wird, 
Schiller, Räuber 1, 2. — Es traf fie alle wie ein Dounerftreid. 
Schiller, Marin Stuart 2, 4. So ftürzten fie, die Doppelftreiche 
doppelnd, auf den Feind. Shafefpeare, Macbeth 1, 2. Bon ihrer 
Stärfe ſchwach beſchirmt erliegen unter Klanımenftreichen bejahrte 
fturmgewohnte Eichen. 3. 2. Huber. Keinen neuen Gewaltftreid, 
Bruder! Der. (Daer fih) über diefen Jugendſtreich fehr liebe- 
voll erklärte. Göthe, Leben 15. B. Den Mordftreich wirklich zu 
vollführen. Schiller, Maria Stunt 4, 9. Die Iuftigen Ritter- 
reiche in Don Quixote. Reichardt. Solche gutmüthige Schalfs- 
und Halbihelmen-Streihe. Göthe, Leben 7. B. Män nennt 
fie bult nur Schwabenftreiche. -Uhland, ſchwäbiſche Kunde. Ch’ 
noeh ein Schwertftreih um die Stadt gefhehn? Schiller, Jung—⸗ 
frau von Orleans 1, 5. Ein fcharfes Lied, wie Schwertesitreid. 
Uhland, am 18. October 1816. Ein Theaterftreich über den andern. 
Leffing, Hamburger Dramaturgie 19. Was zauderft du und hemmt 
den Zodesftreih? Schiller, Jungfrau v. O. 3, 10. Die fih auf den 
Ruf ihres Landes Wunderftreiche einbildet. Göthe, Werthers Leis 








870 


den I. 24. Dec. Bei der Reveille und beim JZapfenftreich . Schil- 
ler, Wallenſteins Lager 6. — Den kühnen Seedurdftreicer. 
Göthe, Fauſt 2, 194. Laß mich von einem Anftreicher abmalen. 
Shafeipeare, viel Lirmen um nichts 1, 1. Die fih fogar Spighuben 
und Landftreiher wählen. Xichtenberg, Lawrence Earnshaw. 
Auf eine Landftreicherin deutete nichts an ihr. Göthe, Meiiters 
Wander. 1,5. Wenn der (Felsbewohner) von diefen Luftſtreichern 
(Bögen) auf die ganzen Erdgejchledhter ſchließen wollte? Herder. 
Blindftreihiger Zujedenfechter. Fifchart, Gargantua S. 230. 
Mit Landſtreicher (der ohne feſten Wohnort das Land durchfireicht, wit 
der verbächtigen Abficht des Stehlens) find Äinnverwandt: Herumſtreicher, 
der mit dem unfläten fchnellen Bewegen eine verdächtige Abficht verbindet; 

Herumftteifer, der fih unſtät da- und dorthin begibt, aber ohne auszu⸗ 

ſchließen, daß dabei Beichäftigung mit vorkommenden Gegenfländen Etatt 

finden könne; Herumfhwärmer (von f[hwärmen, Shwarm ©. 122), 

der fich regellos bald das bald dorthin treibt, befonders von feinen Sintiltungen 

und Gefühlen fortgeriffien; Lanpdläufer, ber fich, ohne fehlen Wohnort, aus Mu: 

Biggang im Lande umher treibt und auf Koften Anderer erhält; BDagabuny 

(das lat. vagabundas, franz. vagabond) bezeichnet den Landlänfer, vor 

nehmlich aber den Landftreicher, ohme gerabe immer die Härte dieſes Aus: 

drucks zu verbinden. — (Man) wolle ihm aber ale einem Bagabunvden einen 

Dentzettel geben und ihn weiter fchiden, weil er einige Tage in der Gegend 

hberumgefhmärmt fei... Gr fei nur um das Schloß herumgeſtreift 

und des Nachts herein gefchlichen, um Philinen aufzuſuchen. Göthe, Meilters 

Lehrj. 3, 10. Geſtern machte ich Sie mit einer thärichten Landlänferin 

befannt. Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1, 6. 

Anm. Im Simpliciffimus (4, 8 u. o.) heißen diefe Leute Lanpfahrer und 
Storger, Storcher. Nah Schmeller (bayr. Woörterb. 3, 655) gehört dieſes 
vielleicht zu Stör = Strauß, Mühefeligfeit, wobei mhbd. storie, von altframy, 
estor, provencal, estorn — vom deutſchen Sturm zu vgl. 

Spornftreich6, ein genitiviiches Adverbium, im fchnelliten Laufe, 

leih einem durch Sporen angetriebenen Pferde. — Ich fehrete Sporn- 
reis wieder umb. Simpliciſſimus 1, 5. 

Streihbant, — baum, —blume, —bod, —bret, —bürjte, — decke, 
—eifen, —feuer, —feuerzeug, — fiſch, —form, —garn, --bader, 
Be — holz, — hummel, —kalk, —farpfen, —käſe, —fraut, 
—fübel, —lehm, —linie, —maß, — meißel, —mefjer, — model, — mon, 
—nadel, —neg, —ofen, —palme, —pfeımig, —ſcheffel, — Ichindel, 
—ſpan, —Ipatel, —ftange, —itein, — ſtiel, —flod, —teih, —thuns 
fiſch, — tiſch, —wate, —weger, —wehre, — winkel, — wiſch, — wolle, 
—wunde, — würdig, —zeit u. a.; Abſtreichbaum, — eiſen, — meißel; 

1) Zapfenſtreich (niederd. — — militärifche® Lagerzeichen zum 

0, 


Schlag auf den Zapfen (ahb. zapfo, mhb. zapfe, agſ. täppe, altn. tappi, engl. 
“ap, niederb. tappe) als Verſchluß des Faſſes am Mbent. 


871 


Aufſtreicheiſen; AUusftreicheifen. — Em Streichbled in der Linken. 
Sötbe, Leben 5.8, Die Innung der Streihmader ift nicht min— 
der zahlreich. Benzel- Stemau. (Mit) einem gewaltigen Streidh- 
riemen am Zalar. Seume. Man betrachtet fie nur als Gäfte, als. 
Streihvögel. Göthe, Briefe aus der Schweiz 2. Abthl. 

Strich (gotb. striks, ahd. strih, mhd. strich, altn. strik, agſ. 
strice, engl. strike, streke, streak, ſchwed. strek) 1) Handlung des 
Streihend; 2) die Art und Weife, auch die Richtung des Streichens; 
3) Das durch Streichen Hervorgebrachte, beionderd das in die Länge. 
gehende fichtbare Zeihen mit mehr. oder weniger Breite, und ohne 
gerade den Begriff von Regelmäßigkeit verbinden zu müflen; 4) das⸗ 
jenige, was geftrichen wird, 3. B. Zitzen der Kuh; 5) dasjenige, was 
geftrichen worden ift: eim Strich Ziegel. Ab —, Au—, Auf—, Aus—, 
Bei—, Durchſtrich mn a.; firideln. = mit feinen Strichen ver- 
ſehen. — Das Kriegäheer nahm feinen Strich dahin. Stettlan. 
Hier. macht er einen Strid mit Bier. Günther. Wodurd es zwar 
einen gefühlvollen Anftrich des heiter Durchlebten gewann. Göthe, 
Meifters Wanderf. 2, 4. Außendinge find nur der Anftrich des 
Mannes. Schiller, Räuber 4, 6. (dr war auf der Baßgeige) taktfeſt 
und von fräftigem Anftric. Voß, Xuife 3. b, 83. Auch iſt aufm 
ganzen Erdenftric, fein Menſch jo weil’ und Hug als ich. Göthe, 
Satyıos 3. Die Länge der Nächte... gewährt dieſem Erdftrich 
einen neuen Bortheil. ©. Forfter, die Inſeln bei Aflen. (Du follteft) 
deinem Eid mit einem einz’gen Zederftrich entiagen. Schiller, Bicco- 
lomini 5, 1. Ich made nicht gem Gedankenſtriche. Goͤthe, Wer- 
ther I. 10. Oct. Wäre fie nicht alſo nadr ihren Grundftrihen 
für uns anders überfegbar als fle ift? Herder. Wie die Herzen mei- 
ner Bölfer in meinen fernften Himmelsftrichen ſchlagen. Schiller, 
Don Karlos 1, 6. Ebenſo enthält die Form jedes Landſtriches 
mit natürlicher Schrift die Gejchichte der Erde. Lichtenberg, über Phys 
fiognomif. In allen verjchiedenen Dunfträumen und Luftſtrichen. 
Satffert. Daß ich Ahnen aus. allen "Ständen genug Figuren und 
Handlungen zu Ihren harten Pinfelitrihen finden wollte. Göthe, 
Meifters Lehrj 7, 3. Bon Regenftrichen gepeiticht. Göthe, ital. 
Reife 8. Sept. Bon der Auerhahnbalz bis zum zweiten Schnepfen- 
ſtrich ... war nichts verfäaumt. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 4. Wo 
ih dann der Weizenftriche genug antreffen würde, Göthe, ital. 
Reiſe Girgenti 27. April. 

- Rinte (ahd. linna, altn. Hoa, nicht ohne Anklang an ahd. Mina, mhp, 
line = Leine, Zugfeil, von dem aus fat. linum — ein gleicherweife ents 
flammenden lat. linea urfprüngli = Faden, Schnur, franz. ligne, engl. line) 
urfprünglich fortgehende Berlängerung eines Punktes in Einer Richtung ohne 
Apweichunq von ihr; dann überhaupt fortgehende Berlängerung eines Punktes 
mit einer gewiffen Regelmäßigfeit, nach mathemätifcher Beitimmung ohne 





872 


Breite und Die. — Sinnverwandt mit Landſt rich (unbelimmt ausgerchnter 
Theil der Ervoberfläche, der bei geringer Breite nach einer Richtung fortläuft) 
ift Gegend (ahb. gegene, gegende, mhd. gegene, gegen, gegent, gegenöte, 
von gegen) ein hinſichtlich der &ränzen unbeflimmter Theil einer Fläche nach 
Lage, Richtung, Beziehung zu etwas. — Bine fruchtbare Gegend ſchien ſich 

wie ein Meer auszubreiten. Goͤthe, Meiftere Wanderj. 1, 8. 
Strihbörs, —bret, —fiih, —förmig, —heufchrede, —Larpfen, 
—kompaß, — haut, —ling, —naht, —punct, —raupe, —ſchindel, 
—ſarſche, —ftein, —tafel, —-taube, —vogel, — voll, —weife, —zaun, 
— zeit u. a.; Abflrichblei, — holz, —zinn. — (Die) der armen Zhie- 
nette einen Kleinen Regenfchirm gegen die Strichgewitter.... reichen 
wollte, 3. Paul. Lieber ein Land⸗, als Strihregen. J. Paul, Titan 58. 
Strack (ahd. strah, mhd. strac, agſ. sträc |. S. 296); ftrads 
(S. 850); fireden?) (ahd. strecchan aus strachjan, mhd. strecken, 
agſ. str&can, strican, engl. stretch, ſchwed. straecka) ſtrack machen: 
an—, auf, aus—, durd—, er—, heraus—, hervor—, 
nach —, ver—, voll— (©. 32), vorftreden ua GStrede, 
Streder, Streckung. — Kantart der Hahn) ein firader kühner 
Gefelle. Göthe, Reinefe Fuchs 1, 191. Daß fie einige Hauptmaximen ernft 
und fträdlich befolgen müffe. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 8. 
Zwiſchen Lilo und Stabroek ſtreckt fi) eine große etwas abhängige 
Ebene bis nad Antwerpen. Schiller, Belagerung von Antwerpen. 
Nicht Tann Arme. nunmehr der Elende ftreden zur Mutter. Voß. 
Indem er einfam ins Gras geſtreckt mit irrenden Bliden den Him— 
mel durchlief. Geßner. Welche Schatten von Hügeln und einlamen 
Bäumen ſtreckten fi über die grüne Ebene aus. Duſch. (Die) fich 
bis Saaralbe und weiter hin unüberfehlich erftredte. Göthe, Leben 
10. B. Ihre Nahahmung erftredt fid) auf die ganze fichtbare Na— 
fur. Leſſing, Laokoon 3. Sie blickte ängftlid nad ihm zurück, und 
ſah, wie er ihr. die Arme nachſtreckte. Lafontaine. Letzterem bat 
jogar mein Vater ein vollftändiges Silberfervice vorgeftredt. J 
Paul, Titan 9. Um das Urtheil vollftreden zu jehn. Göthe, Rei- 
nefe Fuchs 4, 140. — Ueber der Erde weitefte Streden. Göthe, 
Sphigenie 1, 4 Wir wollten lieber zu Zuße gehen, als uns der Ge- 
fahr und Bejchwerlichkeit dieſer Wegftrecde ausfegen. Göthe, Xeben 6.2. 
Dehnen (f. S. 4) allgemein etwas auselnander treiben, nady jeter 
Richtung, ohne daß feine Theile fi von einander trennen. Ziehen (f. d.) 
überhaupt furtbewegen, befondere nach fich furtbewegen, e8 mag nun aus eber 
in einander gehen, abet immer durch eine von außen auf ben Körper wirkende 
- Kraft. Reden (goth. rakjan, ahd. rachjan, rechan, agf. ræcean, altn. 
3) Wadernagel ſtellt ſtrecken mit lat. strages, struere zufar:men; Grimm 
(N, 53) führt es auf ein verlornes ftarfes goth. Verbum strikan mit der Beden⸗ 
tung henken, barreichen (dirigere, porrigere) zurüd, und fragt, ob nicht dazu auch 

goth. striks, ahd. strih (Strich) gehöre. 





— 


rakna, mht. reken, rechen, nah Wackernagel zu recht ©. 88 und lat. 
rogere gehörig, nah Maßmann von goth. rikan — aufhäufen, vergrößern, 
nah Weigand von ragen, ahd. rakön, mhb. ragen) in einer oder mehs 
reren Richtungen rudweife erweitern. — Die Syn. von vorfreden ſ. ©. 576, 
— Könnte man das Leben ftreden, wie man fann das Leber dehnen. 
Logau, Anhang zu d. Sgd. 117. Die Räume wachſen, ed dehnt fih das 
Hans. Schiller, Glode. Der Graben... der fih um das Lager zog. Schiller. 
Dnd Mofe redet feine hand zum Himel. Luther, Bibelüberf, 2. Mof. 10, 22. 
©Stradgang, — heit. | 
Streckbar, —bein, — bett, — block, —bug, —eiſen, —fiſch, 
—fuge, —fuß, —hammer, —herd, — holz, —lage, —ling, —muskel, 
—ofen, — rahmen, —raupe, —faal, —ſchicht, —teich, —walz, —werk. 
— As das Gedicht ſtreckenweiſe ... auf dem Papier ſtand. 
Göthe, Leben 4. B. 
Anm. Tas von Schwenck zu ſtreden gerechnete Strick ſ. S- 380, 


Weichen. 
— (Wurzel wih, wik). 

Weiche, wich, gewichen, weichen (ahd. wihhu, weih, wihhu- 
mes, wihhaner, wihhan, wichan; mhd. wiche, weich, wichen, 
gewichen, wichen; altn, vikja, agſ. vican. mittelniederl. neuniederd: 
wiken, neuniederl. wijken, fchwed. vika; vgl. lat. vincere — befie- 
gen) einem Drude nachgeben, fih von demjelben aus feiner Stellung_ 

ringen laſſen. — Die Bruft mit Flor bededt, der jedem Lüftchen 
wid. Leſſing. Nun jo it die Welt aus ihrer Bahn gewicdhen. 
Schiller, Don Karlos 4, 3. Der Herzog wird in feinem-Stüde wei- 
hen, Sciller, Biccolomini 1, 1. | 

Ab—, aus —, ent— (ji. S. 32), ber—, berab— , beran—, J 
herauf —, heraus —, herein —, herüber —, herunter —, hervor—, 
herzu —, hin —, hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch —, 
binein—, hinüber—, binunter—, hinweg—, hinzu—, nach —, 
nieder —, ver — (beſonders im Partic.), weg —, zurückweichen. — Er 
ſuche durch dieſen abweichenden Schritt den abgeſchiedenen Seelen 
aus dem Wege zu gehen. Göthe, Leben 2. B. Sie weichen hinter ihm 
ab. Schiller, Fiesko 5,5. Sie weichen von einander ab. Shakeſpeare, 
Othello 1, 3. Aber den Gegengeſchmack weichet die Dienerin aus. 
Göthe, der neue Pauſias. Hier (im Weg) weicht er mir nicht aus. 
Schiller, Tell 4, 3. Fern entwich der Brofane. Göthe, röm. Ele- 
gien 12. Auf jeinen Antrieb find geſtern aud die Oberften ent- 
wichen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 8 Wenn von der hinab-- 
gewichenen Somne ein zitternder Schein am Horizont heraufdämmerte. 
Göthe, Meifters Lehrj. 1, 7. Im jüngit verwichner Nacht. Schils 
ler, Jungfr. v. O. 1, 10. Belieb’ es euch zur Seite wegzuwei- 
hen. Er weicht vor ihnen zurüd. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 19. 


f 





874 





Eiunverwandt mit ausweichen iR auslenken (j. Imfen ©. 373), 
nur von felbfithätigen, frei handelnden Weſen gefagt, deutet bloß auf eine 
Beränberung ber Richtung, während ausweichen auf Ort und Tichtung 
geht. — Sich! er lenket unfern Ghrenbogen aus, und unfern. gelte 
bängten Hoffen. Ramler. 

Weiher, Weichung; Abweichungsfinder, —farte, — kompaß, 
—freis, — linie, — winkel, — zeichen, —zeiger. Unab—, unausweid- 
lich find doppelt zufammengejegt. — Das Jtaliänifhe, Das mir als 
eine luſtige Abweichung des Lateinifchen aufftel. Goͤthe, Leben 1. 
3. Schubart fpielte auf dem Klavier mit vieler Fertigkeit, obgleich 
etwas wild und unzufammenhängend und in jehr frenıden Auswei- 
Hungen. Nicolai. Wir "haben das unabweidhlidhe Streben. 
Söthe, aus Makariens Archiv. Da er ein unausweihlid Bedärf- 
uiß fühlte. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9. 

Weich (ahd. weih, mbd. weich, agſ. väc, veac, engl. weak, 
altn. veikr, ſchwed. vek, dän. veeg) einem Drude leicht nachgebend ; 
leicht Eindrüde auf- und annehmend,' empfänglich, nachgebend; Weich⸗ 
beit; weihlih, Weichlichkeit; verweihlihen; Weichling; 
die Weiche 1) die Eigenfchaft, der Zuſtand eines‘ Dinges, da es 
weich ift; 2) der weiche Theil am Leibe ver Menichen und Xbiere 
den Rippen und Hüften. — Weicheres rang mit Hartem. 

oß, Ovids Metam. 1, 25. Rinne lächelte weich fort, aber wie em 
Engel im Gebet. 3. Paul, Titan. Er lat in den weichen Gefang 
ein. Voß. O weiche Männer tapfrer Franken, fprecht Helvetien um 
Männer an! Ramler. Seine fonnigen Strahlen erlojchen im weid- 
fen (matteften) Sternglanz. Sonnenberg. Von diefem allzuwei- 
hen Lebewohl fol ein erfrenlich Wiederiehn uns beiten! Göthe, 
‚Eugenie 1, 6. Auf grünen Moospfühl ſammetweich. Redwiß, 
Amaranth. Wohin fi fo geme die orientaliihe Weichheit jenfte. 
Herder, Anftatt fih der Weichlichleit hinzugeben. Goͤthe, Leben 
2. B. Welche fid in jedem Augenblid der Ruhe zu verweiclichen 
fürchteten. Daf, 15. B. Indem nun das deutiche Theater fih völlig 
zur Verweichlichung bimneigte. Daf. 13. B. Nod die Weich⸗ 
lingen.... werden das Reid) Gottes ererben. Luther, Bibelüber]. 1. 
Kor. 6, 10. (Er) durchſtieß ihm die Weiche des Bauches. Voß, 
Ilias 16, 319. 

Weichen (abd. weichön, weichen, agf. väcan, altn. veikja = 
weich werden; ahd. weichjan, altj. w&cön, agi. vaeecan — weid 
machen) 1) weich werden; 23) weich machen (aud) fig). Ab—, an—, 
auf—, aus—, durch—, ein—, erweidhen. — Es ift der Staub- 
regen, der das .Herz für Die großen Tropfen der einfachern Töne auf- 
weiht J. Paul, Hefperus 18. Wo der Gefang der Dichter umd 
der Nachtigallen tiefer m die A ra Seele quillt. 3. Paul, 
Zitan WO. Das meifte war, wie die Perfonen felbft, tüchtig Durd- 





875 


weicht. Göthe, Meifters Lehrj. 3, 3. Mit Spinnenfaft mußt du 
den Faden einweichen. Novalis, Heinrih von Dfterdingen 1, 9. 
Endlich erweicht ſchloß man auf. Göthe, Kampagne in Frankreich 
4. Octbr. Daß das verfeftete Produet anfängt ſich unter Ihren Hän- 
den wieder zu erweidhen. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 84. 
Beich auch, —beule, —bottig, — faß, —fiſch, — floſſe, —haarig, 
—herzig, — herzigkeit, —hufig, —kuͤbel, —kufe, —pflafter, —ſchwamm, 
— ſchwanz, — ſtachelig, — ſtock, —zellenhammer u, a; Weichenband, 
—bruch, —drüfe. — Statt der ſanften, weiharmigen-Braut. Schil⸗ 
ler, Semele 1. Voll weichbuſiger Mohrinnen. Sonnenberg. Dem 
Kanarienvogel gleih, der... jo weichfederig. J. Paul, Mein 
weichflüjfiges Hey. % Paul. Ein weidhgelodter Knabe. 
Dverbed. Ein Hügel: ... weihgrafig. Baggeien. Weichherzige 
Duldung erniedrigt uns. Ratſchky. Sie legte janft die rechte Hand 
auf fein weihlodfiges Haupt. 3%. Paul. Jeder einſame Athentenjer 
war lenkſam und weihmäüthig. Schiller, Solon. Die Eier der 
Amphibien find weich] nn Funk. Mein Wechfel zwiihen Weich⸗ 
und Hartfein. 3. Baul. Der Zalfitein beißt auch Weichftein, 
weil er ſehr weich ift. Hoffmann. 

Anm. Weidhbild (mhd. wichbilde, aitſ. wikbiletho, altnieverd. weckbeld, 
wibbelde, neunieberd. wikbelde, wikbild, neunieberl. wijkbeeld, eine Stadt mit 
einem Gebiet) gehört nicht zu weich, fondern .ift gebildet cus goth. veihs, ahd. 
wih, wich, mhb. wich, agſ. altn. vik, altfrief. wik, altſächſ. wik, neuniederd. 
wike, wik, nenniedal. wijk = Ort, Stadt und Bil» S, 72%. Ruh Grimm 
IN, 418 fammt Weich vom goth, veihs — Heilig; fpäter habe man, dem lat. 
vicas (gr. olxos) zu gefallen das organifche s aufgegeben, das in. ahd. Ortsnamen 


wihsa, wihse, wechsa fih nod) finde. Andere leiten das Mort geradezu von 
lat. vicus ab. 


2 Kreiſchen !). 


Kreifche, Ereifchte, gefreifcht (in der Volksſprache kriſch, ge- 
frifchen), kreiſchen (mhd. creiieren, krigieren, kriieren, kroijieren 
— beim Kampfe jchreien, mittelniederl. erischen, aus franz. crier, 
proveneal. eridar, fpan. gritar, ital. gridare, ift das urbane römifche 
quiritare = das römische Volk, die QAuiriten, um Hilfe anſchreien, 
dann jammernd fchreien) zunächft laut aufichreien; dann vornehmlid) 
in grellen, jchneidenden Lauten jchreien: ab—, an—, auf—, aus—, 
durd—, bervor—, zuſammenkreiſchen. — Bor dem Frofch, der. 
emporfprang, jüngferlich kreiſchend. Voß, Luife 1, 134. Friert der 


- 41) Dies Berbam gehört, nach dem Gebrauch der nhd. Schriftfleller, nicht zur 
ftarfen bare ch babe es hier darum angeführt, weil ee in der Volks⸗ 
fprache, hefondere am Mittelrhein, fa nur in flarfer Form gehört wird. Tas 
wmittelniederl. crischen geht nach ftarfer —— von da ſcheint das Wort 
ins Hochdeutſche eingedrungen zu fein. Grimm (Bram. I, 1025 Nro. 176) weiſt 
ertschen und kreiſchen der flarfen Gonjugation zu. 


876 


Bot mit kaltem Schimmer, oder kreiſcht der Wetterhahn. Voß. Da 
freifchten die Mißtöne heftiger. 3. Paul, Siebenkäs 8. Dann kreiſcht 
ih auf. Shafefpeare, Wintermährchen 4, 1. Laut nun kreiſchten 
fie auf. Voß, Odyſſee 6, 117.. (Sie) freiihen ümmerfort da= 
zwifchen fchadenfroh ein hartes Nein. Göthe, Bandora. Es kreiſcht 
aus dem Schiff hervor. N. Grün, der lebte Ritter. 

Schreien (I. d.) überhaupt bie Stimme- ſtark angefirengt Hören lafien, 
VBrällen (Holänd. brullen, engl. brawl, bän. bröle, ſchwed. wrala, fdpweiz. 
bräulen, ſchwàb. brellen, bröllen, nah Shwend aus brühlen, brüdlen 
von breihen?) in tiefem ſtarkem Schalle anf gewaltige Weiſe laut werben. — 
Laß fie denn über Argliſt ſchrein. Schiller, Piccolomini 3, 1. Das wear 
mein Bater! brüllte Ahasveros. Schubart. Er läuft und brüllet = 
einem fort, wie ich je ein Bullenfalb babe brüllen hören. Ghafefpeare, R. 
Heinrich IV, 1. Thl. 2, 4. 
Anm. Sleming gebraucht (Lübeder Ausg. S. 12. 16. 17) kreiſchen ia 

eigenthümlicher Korm und Bereutung: Das reifen (Reigen) macht mir bange, das 
meine Beine kreiſcht (gleihfam kreiſchen mad.) Die Hipe, die dich kreiſcht 
(freifyen macht), die treibet mir den Schwaß. Hier hängft du (Heiland) Strie 
menvoll, entleibet, außgefretfcht (wol der ausgeſchrien, ausgelitten hat). 
Kreifcher (in der Volksſprache Krifcher); Gekreiſch (in der 
Volksſprache Gekriſch) anhaltendes Kreifhen. — Heb' dich weg, Du 
alter Kreiſcher! Uhland, der Romantiker. und der Recenfent. Nichts 
nu ih, als ein mürriiches Gekreiſch. Uhland, das Ständchen. 
ben wie Maͤdchenſtimm' umſcholl ein helles Gekreiſch mid. Boß, 
Odyſſee 6, 122. 


Schreien '). 
(Wurzel scriw, scrig). 


Schreie, fchrie, gefchrien und gefchrieen (früher auch ſchrei, 
fhreite, gefchreit), fehreien (ahd. scriu, screi, scirumd&s, scira- 
ner, scrian; mbd. schrie, schrei und schre, schrirn und schriuwen, 
geschrirn. aud) geschriuwen, geschriwen, geschrigen, geschrihen, 
schrien, auch schriwen nid schrigen, niederd. im Inf. nody jchranen 
und fhrijen, holländ. schreeuwen, jchwed. skriken, skrien, dan. 
skrigen; vgl. lat. screare — ſich räujpern) 1) überhaupt die Stimme 
ſtark angeftrengt hören laffen; 2) laut weinen (ahd. screiön, mbD. 
schreien audy = freien machen); 3) (uneig ) vor Anderm ſehr merf- 
fi) jein, auf eine auffallende Art bervorftechen. — Wie der Hirſch 
Ihreiet nah friſchem Wafler. Luther, Bibelüber. Pi. 42, 2. Cs 
it nicht Dichtung, daß Bruderblut fchreiet Herder. Ihr Vater 
bat den fhreienden Berrath an uns begangen. Schiller, WBallen- 


1) Mit dieſem Berbum beginnt die zweite Claſſe tiefer Ablanteform (et, ie, ie). 








877 


fteins Tod 3,21. — Er ſchrey. ns Er ſchri, ſchrei, fohrey, 
fie jchreieten. Fifchart, Gargantua ©. 158. 203. 217. 
Duarren (von dem ftarfen ahd. queran, ch(k)erran = firren, fnirren, 
lat. garrire, queri) ſchnarrend fchreien, in der Wetterau noch derren = 
laut weinen ©. 387); dann nıurrend oder unfreuntlich fich widerlich lant äußern; 
ſich weinerlich laut äußern. Rufen (ſ. d.) ſtark austönende Stimmäußerung 
“Hören laffen. Kreiſchen und brüllen |. 6.875.878. — Bernher quarret 
der Laubfroſch dumpf. Voß, die Reife, Der Feuerwächter vom Salisberg hat 
eben Zwei gerufen. Schiller, Tell 2, 2. J 
Anm. Im: 15.— 16. J. findet man auch das Partic. geſchrauen, ge: 
fhrumen, gefhraumwen, 3. B. da wardf geſtürmbt und freudt geſchrauwen, 
in einem die Eroberung der Etadt Mainz im J. 1462 befingenden Gericht. Im 
Fräter. jagt H. Sachs ih ſchrir, ſchrier; doch nicht durchgängig. 

Ab—, an—, auf—, aus — bei—, daher —, durch —, empor—., - 
entgegen —, fort —, ber—, herab —, herauf —, heraus —, herein —, 
herüber —, herunter —, bervor—, berzu—, bin—, hinab —, hin⸗ 
auf —, hinaus—, hindurch —, hinein —, hinüber—, hinunter —,— 
hinweg —, nach —, nieder—, über—, um—, umher—, ver—, 
Bor—-, voraus —, zer—, 3u— , zurück—, zuſammenſchreien find 
klar. — Viel ſtolze Kluge ſchreien dem armen Sterblichen des 
Willens Freiheit ab. Hagedorn. Und erſt die Mutter anzuſchreien. 
Göthe, der Müllerin Verrath. Die Schildwachen haben's (das Männ- 
fein) oft angefhrien. Schiller, Wullenfteins Lager 6. Wenn fie 
ein Dürftiger um Huf und Zroft anfchreit. Gryphius. Ich wollte 
auffahren, auffehreien. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 14. Ich ſelbſt 
an jeder Ede als Metze Ausgeſchrien. Shakeſpeare, Wintermähr- 
hen 3, 2. Häufig und viel ausfchreiend. Voß, Ilias 17, 66. 
Wie, den lebten Zroft ihm nehmen, auszufchreien feinen Schmerz? 
Scyreien, aus muß ich ihn fchreien. Bürger.“ So fuhr fie fort den 
Bater auf Unkoften des Sohnes zu beſchreien (tadeln) und zu loben. 
Göthe, Meifters Wander. 2, 3. Er beſchrie die Graufamteit. 
Böthe, Kampagne in Franfreih 11. Sept. Da befchriig jhn Her- 
zog Ludwig vor dem König und andern Fürften für einen Räuber. 
Chronik bei Freyb. I, 133. Das Würfeln, fo dich befhrait macht 
cin übeln Ruf bringt), wo nicht gar infamiert. Minderer 1620, ©. 
‚36. Sein übelbejchreit Herfommen... . anders ift er der verdamme 
ten Sect um der Gemeinfchaft halber, darin er mit dem Türcken lang- 
ber geftanden ift, nicht befdyreit. Herzog Albrecht von Baiern an 
K Mar 1. im Zahr- 1570. Dieweil fo. viele daherſchrien rings 
m dem Saale. Voß, Odyſſee 21, 367. Kin dumpfes, verwünſchen⸗ 
des Gehenl durchſchreit, empört, die rafende Bergöttrung des 
Triumph. Tiedge, Urania 6. Dreimal fchrie er empor. Voß, 
Ilias 11, 462. Hab’ ich dir nicht entgegengejchrien? Kofegars 
ten, Hymne an die Tugend. Schreiet fort, Mißtöne, zerfchreit 


878 


—— — — — — — 


die Schatten. J. Paul, Siebenkäs 8. (Er) ſchrie in die Gaſſes 
hinab. Schiller, Maria Stuart 5, 13. Die ſollte ihren Mann finden, 
der auch wieder aus dem Walde riefe, wie fie hinein ſchreit! Götbe, 
Jery und Bätely. Aus jedem Zenfter jhrien ihm Kinder mad. 
J. Paul, Hejperus 8. Viktor juchte jein uneiniges unglüdlicdyes Her 
zu überjchreien. Daf. 22. Ueberſchreien fönnen Sie mid. 
Leifing, Antigöze-1. Sollen dich die Dohlen nibt umſchrein, mußt 
nicht Knopf auf dem Kirchthurm fein. Göthe, zahme Fenien V. Daß 
der Mann von Genie, der einen allgemeinen Irrthum verichreit, 
oder einer großen Wahrheit Eingang verjchafft, immer ein Weſen iſt, 
das unjere DBerehrung verdient. Goͤthe, Rameau’s Neffe. Hub’ ich 
reimend mid) verjchrieen. Voß, Bußlied eines Romantifers. Daß 
England ward verfhrien um Zyrannei. Shafefpeare, K. Heirrich 
v1. 2. Thl. 3, 1. Sie ſchreit ihm zu. Ziedge, Urania 6. 
Sinnverwandt mit verichrien (in böfes Geſchrei gebracht) ſind: bes 
rufen (f. rufen) allg. viel und laht befprocdhen, vorzugeweiſe in gutem 
Sinne; berüchtigt (von berüchtigen, von Rucht, Gerücht, ältershd 
geruech , mittelnieverd. geruchte, von ahd. rahhön — fagen, erzählen, |. 
Anm. 1 zu riedyen) ins Gerücht gebracht; in einem übeln Gerüchte ſtehend, 
mit dem Mebenbegriffe, daß es gegründet fei. — Er ſchien fa glüdticher m 
preifn, als die berufnen fieben Weifen. Hagedorn. Sch Hätte ven bes 
rüchtigten Spiegelberg gefchen. Schiller, Räuber 2, 3. 

Schrei (ahd. screi, mhd. schrei, schre), Geſchrei, Schreier, 
Schreierei, fchreierifch, fchreiig, Echreiling. — That fie einen 
Schrei. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 2 — Plöplich bört er mehr⸗ 
mals einen fait erbitterten Klageichrei. % Paul Dear Noth— 
ſchrei jammert. Klopitod, der rechte Entſchluß. Der lebte Sterbe- 
Ihrei einiger Banfnotenverfälicher war aus Tibures Trauerfeld zu 
ihr gedrungen. Benzel- Stenau. Dort war jekt. ringsum Gewing 
und Gemepel und Wuthſchret. Pyrker, Zunifiag 9. — Sie forder- 
ten des Mädchens Blüthen mit ſchrecklichem Geſchrei von mir. Göthe, 
der Müllerin Verrath. — Doch bald zerftreut den angenehmen Wabe 
des Fräuleind Angftgeichrei. Wieland, Oberon 6, 3. Deinetbalb 
it Feldgeſchrei und Getümmel rings entbrannt. Voß, Ilias 6, 338 
Deun jchon bob fih ihr Freudengeſchrei die Reihen hinunter. 
Pyrker, Zunifias 3. Selbft ihr letztes Jammergefchrei vermochte 
die zarte zitternde Nerve bei euch nicht zu rühren. Klopitod, Meſſias 
18, 171. Wenn ihm der kleine Schwan beim Hereintreten ins Hans 
mit Zubelgefchrei entgegeniprang. Engel. Kampfgeichrei mw 
Toben. Uhland, der blinde König. Laute Klagegeichrei itieg zu 
der Hohen auf: Benzel- Sternau. Das Kriegsgeichrei erichalle. 
Ruther, Bibelüberf. Jerem. 42, 2. Des Markts heiſeres Srämer- 
geihrei. Salis, Elegie. Am Fe ließ er die Schmerzen durch 
einander reden und lag ftill vor ihrem Leichengeſchrei ale die Leiche. 





879 


— — — — — — — — 


J. Paul. Jugendliches Freuden- und Luſtgeſchrei. Herder. Daß 
man mich jo umdräugt mit Mahngeſchrei und Schuld. Shakeſpeare, 
Timon 2, 2. Scherzgeſchrei und Luſtgejauchze wechſelnd übers 
täuben mid). Göthe, Fauſt 2, 229. Ihr Jammer zog unkenntlich als 
ein femes Schlachtgeſchrei um ihn. % Paul. Dann jauchzen 
wir im Siegogeſchrei. Klopftod, Heinrich der Vogler. Und fchleudre 
wit Triumphgeſchrei mein Haupt in eine Schindergrube. Pfeffel, 
Cato. Was will dies Waldgeſchrei? Neufird. Alſo erhub der 
Permilchten ſich Wuthgeſchrei und Verzweiflung. Voß. Laut jcholl 
durch die Säle das Zetergeichrei. Bürger, Lenardo und Blandine. 
— Ihm wird ein Schreier zugelaflen. Klopftod, Gelehrtenrepubiik. 
Tem.Hahn und feinen Schreiern allen zum Bändiger. Voß, der 
Kauz und der Adler. Daß wir wie Seiltänzer und Marftichreier 
reiſen. Göthe, Meifters Lehrj. 4,1. Daß es mit der öffentlichen 
Marktfchreierei nicht gehn würde. Klopſtock, Gelehrtenrepublit 6. 
Morgen. Ich will ſchreiichter fein, ald ein Papagei, wenn es reg- 
nen will. Shakſpeare, jo wie es ‘euch gefällt 4, 1. Taubſchreiig. 
— Gargantua S. 144. Schreiling, Milchſchreiling. Daſ. 
49, 95. | 

Mit Markftfcireier (der feine Kunſt oder Gefchidlichfeit, auch eigene 
Heilmittel öffentlich oder laut anprelfende Arzt, vornehmlich, wenn er babei 
ein Stümper if; überhaupt wer fein oder Anberer Thun und Kenntniß in ir 
gend einer Kunft .orer Wiffenfhaft grundlos oder üBertrieben anpreif) find 
finnverwandt: Duadfalber (engl. quacksalver, von quaden, quafen, 
enal. quack, lat. coaxare un? Salber, ah. salpäri, von Sulbe, ahd. das 
salb, die salba, mh. salbe, agſ. sealf, nad Bott aus fanffr. ip = bes 
ftreihen, mit sa zufammengefegt; vgl. gr. aAsipsw falben) der prablenve 
Stümper in der Heilfunde, im Beſondern der ungelehrte Arzt; überhaupt der 
unwiſſende ſchlechte Arzt; Charlatan (franz.. charlatan, . aus ital. ciarla- 
täno, von ciarläre — ſchwatzen) der redſelig vrahlerifche Afterarzt; gemei: 
niglich der gauflerifche Afterarzt; überhaupt ber gauflerifche Selbftprahler nach 
Arbeit, Kunſt, Berdienft etc. — Gs iſt hier nicht von Euren noch von Quads 
falbereien die Rede. Göthe, Lila 1. | 


Speien. 
(Wurzel spiw). 

Speie, fpie, gefpien und geſpieen (auch ſchwach fpeiete, ger 
jpeiet) fpeien (ahd. spiwu, spei und spe, spiwumes, aud) spiu, 
spei, Spirumes, spiwaner, epiwan, aud) spiuwan, spiwan, spu- 
wen, spian, spiben; mhd. spie, spei und spe, spiuwen, gespiu- 
wen, spien auch spiwen und spiuwen, bei Rebhun und Geiler 
spiiwen; goth. speivan, agj. spivan, speovian, alti. spiwan, altn. 
spya, engl. spew, ſchwed. spy, niederj. spijen; lat. spuere, gr. 
arvew, worzar) 1) allgemein aus und mit dem Munde auswerfen 








— — — 


oder von ſtch geben, auch erbrechen; 2) (ſtg.) zornig fauchen, blaſen: die 
Katze ſpeit; 3) überhaupt auswerfen durch eine mit einer Mundoͤffnung 
vergleichbare Deffnung. — Er wird Dir in's Angefiht ſpeien. Schil⸗ 
ler, Räuber 2, 1. Bir ſpei'ten Flamm' und Tod. Gleim. Sie 
baben vnter yhre antlig gefpeyet. J. Agricola, Spridw. 95. Cie 
bat geſpeyt. Fleming ©. 118 der Lübeder Ausgabe. Sie fpeyten. 
Dpig. (Derjelbe hat auh ausgeſpeyt, veripeyt) Er fpei. 
Fiſchart, Gargantua S. 217. 

Spucken (im Voc. v. 1482 spuchen, von ahd. spuwen, mhb. spiuwen) 
wirb nur von dem gewöhnlichen Auswerfen aus’ und mit dem Munde gefagt. 
Spüpen (bei Aventinus und noch landfchaftlich speuzen, ſpauzen Neben 
forın von ſpeien, wie lat. spulare von spuere) gilt im jüngeren- Sprachges 
brauch nur im gemeinen Leben und mehr ale landſchaftlicher Ausdruck für 
ſpucken. — Wie er rüuspert und wie er fpudt, das habt ihr ihm glädlid 
abgegudt. Schiller, Wallenſteins Lager 6, Gr ſpuützet in feine angen. 
Luther, Bibelüberf. Mark. 8, 23. Er bie jhm felbe die Zung ab, und {peu 
Bet fie der Mugen in das Maul. Wventinus, Chronik 1580 BI. 213. 

An—, aus—, be—, durch —, ein—, ber—, hin —, binaus—, 
nach —, verjpeien. — Sie jpeit mid nit an. Schiller, Ränber 
5, 2. Mitten in ihrem Tempel fpieeft du die majeltätijche Gered- 
tigkeit an. Schiller, Fiesfo 2, 13. Pfui! fpeit ihr aus. Göthe, 
vor Gericht. Da fpeit das Doppelt geöffnete Haus zwei Leoparden 
auf einmal aus. Schiller, der Handſchuh. Geiſter, ausgeſpien 
aus Gräbern. Schiller, Räuber 5, 1. Daß fie deftomehrer einge- 
fpiehen und angetriefelt haben. Simplicifimus 6, 2. Sie fpıen 
aus flammenden Schtünden ... die Saat des Verderbens, brüllend, 

inaus. Pyrker, Zunifias 6. Sie werden ihm verfpotten und ver- 
Ipeien. Luther, Bibelüberf. Mark. 10, 34. Er wird verjpeiet 
. werden. Daf. Luf. 18, 32. 

Anm, Zufammienfegungen mit dem Barticipium.Präf. find: $euerfpeiende 
Rachen. Goͤthe, Fauſt 2, 49. Feuerſpeiend ... Weinfeuerfpeilend. Fi 
fhart, Gargantua E. 30, 205. . 

Speiung, Speier, Speierei, fpeierlichz Geſpei; Speiet (ver⸗ 
altet); Speiekel, —fieber, — fliege, —gat, — kaſten, —fraut, —fübel, 
— loch, —napf, —röhre, —faft, —Ichlange, —teufel, —topf, — trank, 
— vogel, — wort, —wurm, —wäürzel. — Die haben mit jrem vnnüßen 
gei pey (Gefpötte, Geichwäß) diefe edle Kunft unverftendig gemacht. 

ventinus, Chronik 1580 BL. 106. Si tribend Speywort. Tſchudi, 
Ehronif I, 76. Alfo tatend Iro vil wie die Hund, fo je ſpyeten 
widerumb freffend. Daf. I, 41. 

Speichel (goth. spaiskuldr, ahd. spichilla, spehhala, speichel- 
tra, speichaltra, mhd. speichel, speicholter, speichlöte; Speifchelte, 
Beleidigung mit Anſpeien? niederd. spedel, spei, spije) Fluͤſſigkeit 
im Munde; davon ſpeicheln. — (Der Hund) let den Speichel 


881 





auf. Pfeffel, Thraſtmund und fein Pudel. Die Kranken ſpaichelnt 
viel. Schmeller 3, 554 | 

Speicheldrüfe, — fluß, —gang, —-fraut, —kur, — leder, —teiz, 
—thierhen, —wurz, — wurzel. 


| Freien. | 
(Wurzel frij; vgl. fanffr. pri = erfreuen umd lieben) 


Freie, freiete, gefreiet (in der Volksſprache frie, gefrien), 
eien (mhd. vrien ſchwach, neuniederl., neuniederd. vrijen, ſchwed. 
ija, fria, dän. frie, altn, freia; von goth. frijön — lieben, woher 

auch Freund, goth. frijönds, ahd. friunt, agſ. fr&ond, friend, mhd. 
vriunt S. 282) um die Liebeövereinigung mit einer Perfon weiblichen 
(felten männlichen) Geſchlechts werben. — Nach reichen Weibern frei'n und 
Scäpegraben jegnet nie. Bürger. (Daß du) es wagteft zu frein 
im Krieg und über den Trümmern. Göthe, Hermann und Dorothea 
2, 157. Hier wird gefreit umd anderswo begraben. Schiller, Tell 
4, 3. Ich weiß, wie Philipp lieben fann und wie er freite. Scil- 
ler, Don Karlos 1, 5. Bis ich die Schwefter dem Gatten gefreit. 
Schiller, Bürgfchaft. — (Sie wird) im Alter noch umfreit. Göthe, 
Fauſt 2, 132. Wann fi) mit Gewalt Umverftand verfrept, wird 
geboren. draus tolle Wütigfeit. Logau, Sinnged. 1093. 

Freier (der fih um eine weibliche Perfon zur Ehe bewirbt, es 
mag aus Liebe geihehen oder nicht); die Frei aud die Freit, Freiet, 
Freite, Freierei (mhd. vrie, neuniederd. frije), freierifh. — Du 
bift ein miferabler Freier. Göthe, Zauft 2, 146. Da trachtet Er 
allein zu thun fol’ eine Frey. — 3. Rift. Der Entſchluß ward gefaßt, 
mich auf die Freite zu ſchicken. Göthe, Meifters Wander. 3, 6. 
Kun reift er anf Freierei. Pfeffel, Minos und der Schatten. Wo 
de freverifhen Waſſer buhlen mit den fchwanden Aften. Fleming, 
©. 443 der Lübecker Ausgabe. J 

Liebhaber (von liebhaben = einige Zuneigung zn einander haben) 
überhaupt Perfon, welcher einige Zuneigung (Liebe) wozu eigen iſt; im enges 
ren inne der in Gefchlehtöneigung zu einem Frauenzimmer um dasſelbe fich 

Bemühende und Gefchäftige, er mag nun Abſicht zu chelicher Verbindung mit 

ihm haben oder nit. Bräutigam (ahd. p(b)rätik(g)omo, agſ. brydgumo, 
mhbd. briutegom, von Braut ©.419, und goth. agf. guma, ahd. k(g)omo, 
altn. gumi, lat. homo — Mann) Hut die Einwilligung zur ehelicgen Vers 
Bindung von Seiten der Braut, ihrer Eltern oder Bormünder erhalten und 
fi mit ir verlobt. — Für Liebhaber findet fidh zuweilen das fremde Wort 
Balan (franz. galant). — Könnte jemand die Liebhaber aller wohlden⸗ 
Tenden Mäaädchen in Bräutigame verwandeln; fo wäre es eine gruße Wohls 
Kat für unfer Geſchlecht, ſelbſt wenn auf dieſes Berhältniß Feine Ehe fulgen 
x 56 








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folite. Goͤthe, Meiſters Lehri. 6. Iſt's nicht ein Mann, fei's derweil ein &e- 
lan. Göthe, Fauſt 1, 152. 
— Freiwerber (S. 419), — werberei, werbung; Freierſsmann, 
. 419. | 


Anm. Zu einer Wurzel mit goth. frijön gehört wol auch frei, geth. 
freis, ahd. fri. mbd. vri, agf. frio, freo, frig, ultn. fri. belländ. wry. engl Tree. 
ſchwed. dän. fri und Friede ©. 240 


Schneien. 
(Wurzel aniw.) 


Schneiet, ſchueiete, gefchneiet (m der Volksſprache ſchuie, ge- 
ſchnien = geſchnauen), ſchneien (ahd. sniwet, snei, sniwande, 
sniwan ; mhd. sniet, snei, gesniwon, sniwen, aud) smien, znigen 
fchw., in Voc. v. 1445 sneyben, in der öfterreichiichen Boltofprace 
schneiben, schneiwen, agf. snivan, altn. sniva, niederdentikh saien, 
suiegen; vgl. griech. vigeır, lat.ningere), unperjönfich: es fällt Schuee. — 
Doß wir and Süden und aus Norden zufammen geſchneit md ge 
blajen worden. Schiller, Wallenſteins Lager 11. Daß ich wie aus 
einer fremden Welt herein gefchneit ausfehe. Göäthe, Leben 6. A. 
Man faget ans Vexation ungefär im Merz: heur wird es nach dem 
May noch ſchneyben. Bodmann, NRotata v. 1700. Es hat nun auß- 
geihneyt.. . Dein Grab das müſſe Mühen mit Ligen ganz ver 
Ichnien, Fleming, ©. 332. 477 der. Lübeder Ausgabe. Durch die 
beſchneiten wilden Höhn. Göthe, der Müllerin Verrat. lieber 
beichneiten Gebirgen. Klopitod, Meſſtas I, 604. Sie denken weil 
mit ſolchen Blümeleien die beißen Teufel einzuſchneien. Göthe, Fauf 
2, 327. Thal und Feld und Haide find um und um mit Leichen über- 
ſchneit. Kleift. Hemmten nicht Hohlweg’ und verichneiete Gründe die 
Durchfahrt. Voß, der 70. Geburtstag 26. Mir folgete eine werde 
Fahne, weldyer von allen Orten und Windeln gleihlam Bold zu⸗ 
ſchnie. Simpliciſſimus 5, 21. 

Schnee (goth. sväivs, ahd. snew, snéo, sne, mhd. ane, agl. 
snäv, snaw, altıl. snior, snoer, engl. snow, ſchwed. snö, hollaͤnd. 
sneeuw, böhm. snih, poln. snjeg, lat. nix, gen, nivis, gr. vie, 
sıyas), fehneeig (ahd. su&wag, mihd. an&wec). — Es find dieſen 
Winter 78 Schnee gefallen. Bluntfhli. Der Hände Schnee 
Gryphius. Mit ihres Buſens Schnee die Lilien beihämt Wieland. 
Mur unfrer Hänpter Eis und Schnee will nicht zerrinnen. A. Ticher⸗ 
nig. — Der Jungfrau (des Gletihers) ſchneeige Schulter. Baggeſen. 
Ein ſchneeiges Band. Voß. Die fhimmernde Wolle, den ſchnee⸗ 
ihten Lein. Schiller, Glode. 

Schneeammer, —apfel, — bahn, — baum, —beere, — berg, 
— binſe, — birn, — blind, — blume, — dohle, — drofiel, — enzian, 





883 


— eule, —finf, — fledte, — gans, — garn, — gebirge, — gerolle, 
— geftürze, —gewälze, — glöckchen, — gränze, —grube, — haar, 
— hahnenfuß, — haſe, — haube, — hauſe, — Haut, — huhn, —jahr, 
— fönig, — lawine, — lerche, —Iinie, — luſt, — meiſe, — mild, 
— ort, — netz, — pappel, — pflug, — pilz, — regen, — ſchlange, 
— ſchuh — ſperling, — ſteinbrech, — ſturz, — tropfen, — veilchen, 
— vogel, — waſſer, — weiß, — wetter, — wieſel, — wind, — wolke, 
— wurm, — wurz, —zeit u. a. — So wälzte ſich auch der Schnee- 
ball des Beifalls zu einer ungeheuern Größe. Göthe, Meiſters 
Lehrj. 2, 4. Vom ſchnee bedeckten Dlymyos. Voß, Ilias 18, 616. 
Des gefürchteten Gipfels ſchneebehangener Scheitel. Gsthe, Harz⸗ 
reife im Winter. Lieber den Windbruch der Frühlingeitärme, als den 
Schneebruch des Alters. 3. Panl. Wenn auf jenem Schnee⸗ 
gefifde eine Seele die andere umfaßte. J. Paul. Oder ein Schnee- 
geftöber, das weiß die Gefilde bededet. Voß. Hell durch Raub- 
ewimmel bleibt der Frühlingshimmel, und der Berge Schneegewand. 

attbiffon, der Wald. - Zwei Schneegewölbe. Thünmel, Im 
Schneegemölfe Wieland. Wo zwiſchen Felszacken und Schnee 
gipfeln fonnige Flächen mit zarten Roſen ſich bebeden. Göthe, 
Meifters Wunder. 2, 8. Wenn der Greis erflaunte über das ftöbernde 
Flockengewimmel' und des Gebirgg Schneelaft. Voß. Da wurde ... 
dr Schneemann aufgethürmt. Matthiffon, die Kinderjahre. Die 
Schneemaſſen der Algen ſchmolzen. Benzeh-Sternau. Ein Meer, 
weih wie Schneenebel, 3% Paul. Schneerofen und Erdbeern. 
Boß. Flimmernder Schneeftaub flattert umber. Geßner. Mit einer 
thronenden Schneeftien unter dem braunen Lockenüberhang. J. Paul. 
Bis zur Schneeftufe der fernften Gipfel, Meyer. | 


Scheinen. 
(Wurzel sein.) 


Scheine, ſchien, geſchienen, fcheinen (ahd. scinu, scein, sci- 
numes, seinandr, scinan; mhd. schine, schein, schinen, gesehinen, 
schinen; agſ. scinan, altn. skina, engl. schine, fchwed. skina) 
1) allgemein Licht von fih geben, im Beſondern volleres, ftehendes 
Licht (S. 185); 2) durch glänzendes, fchönes Aeußere von weiten 
fihtbar fein, ſich auszeichnen, bemerkbar machen; 3: auf eine gewiffe 
Art empfunden werden, äußerlich in die Sinne fallen, ohne daß die 
Sache gerade: fo ift, wie fie empfunden wird, und oft, daß die Sache 
gamz anders iſt, als fie empfunden wird, als fle uns vorkommt (S. 36); 
4) dem geiftligen Auge klar werden; 5) fo in die Sinne fallen, daß 
man dafür geſtimmt wird. — Die. Sonnen alſo ſcheinen uns nicht 
mehr. Schiller, Piccolomini 2, 2. Der Blig ſcheinet vom Auffgang 
bis zum Niddergang. Luther, Bibelüberſ. Matth, 24, 27. Nicht be- 


568 





> 


884 


ft Du zu Scheinen (glänzen) in der Montur vor dem Mäpchen. 
öthe. Wie aus den Büchern ſcheint (erhellt). Opig. Jede Stumde 
Ideint ihm eine traurige Winternadht. Geßner.- 
Die Synonymen f. ©. 36 und 185. 
Ab —, an—, anf, aus—, be—, bei—, daher —, darein—, 
durch —, entgegen—, er—, .ber—, berab—, heran —, herauf — 
ne berein— , herüber— , herunter— , hervor —, herzu — 
in-, hinab -, binauf—, hinaus —, hindurch —, binein—, Bin» 
über—, berunter—, binzu—, nach —, über—, um—, umber—, 
unter—, ver—, vor —, voran —, voraus—, vorbei—, vorüber—, 
wider — zurück — ‚zufammenfcheinen bedürfen feiner weitern Erflärumg. 
Da der Krieg jo ſehr wüthet, und feine Hoffnung befferer Zeiten an- 
iheinet. Hermes. Aber noch größern Schmerz foll der Altvater bei 
dem anfcheinenden DBerluft feines Sohnes Joſeph empfinden. Göthe, 
Leben 4 B. Bis daß die fonn aufihin fo Far. Euring. Weil die 
Sonne auf die eingefunfene Erde tiefer aufjcheine. Kichtenberg, 
über die Weiffagungen des H. Ziehen. Gemacht, den lächerlichen Bliß 
der Exrdengötter auszufheinen. Wieland. Bon der aufgeheude 
Sonne beſchienen. Göthe, Leben 10. B. Wenn boͤſe Weiber ihre 
Tücke woll'n befcheinen !) (ihr einen Schein, Anſtrich geben), je 
wiffen fie fein befleres Mittel, als das Weinen. Logau, Sinnged. 
2. Zugabe 72, Wie roth und gelb e8 (dad Obſt) daherſche int über 
die Mauer. Boß, die Crleichterten 34. Zwilchen deu Bäumen fanden 
Lihtpyramiden und Kugeln auf durchſcheinenden “Piedeftalen. 
Göthe, Leben 5. B. Die Balcone find mit Durhicheinenden 
Puapierlaternen verziert, Göthe, röm. Carneval. Sein Blig durch⸗ 
ſcheint das Feld. Opitz. So flieht man bie und da Lichter erſchei⸗ 
nen. Göthe, röm. Barneval. Wo wir erſchienen und pochten am, 
ward nicht gegrüßt noch aufgethan. Schiller, Wallenfteind Lager 6. 
Da mir der Ordnung hoher Geiſt erihienen. Sciller, Piccolomint 
1, 2. Aus dunkler Bucht zu ihr herauf des Kloiterd weiße Maner 
ſcheint. Redwitz, Amaranth. Daß enthüllet die Zwidelbinme hervot⸗ 
ſchien. Voß, Luiſe 1, 136. Ich bin vom Glanz des Tages über- 
ſchienen. Götbe, Zaflo 4 2. Das Licht des Tages Tonnute das 
Licht der Liebe nicht. überfheinen. Göthe, Leben 16, B. Wir 
war Geftait, Farbe, Haltung jener vom günftigen Himmel überjcdier 
nenen Landſchaft noch unmittelbar gegenwärtig. Göthe, Campagne in 
Frankreich Bempelfort Nov. Die Sonne mag verfbeinen, bie 
Flamme mag verfprühn. Rüdert, gef. Ged. 1, 234. Run war ver⸗ 
ſchienen zehen Jahr. H. Sachs. Da fcheint uns ein Bildchen, ein 
öttlidhes, vor. Göthe, ergo bibamus. Der wie der feſte Stern des 
—* mir als die Lebensregel vorgeſchienen. Schiller, Ballenfteins 


1) Die meh. Sprache hat ein actives scheinen — ſcheinen machen. 





885 


od 2%, 2. Die halb vorfheinende Adel. Voß. Daß er ragt’ 
ams vielen, und vorfhien unter den Helden. Voß, Ilias 2, 483. 
Er trat hinan und an defien widerfheinende Feniter. J. Paul, 
Sefperus 10, (Da mir das) Betragen der See⸗ und Huafenleute noch 
im Aug’ und Ohr widerſchien und widerfiung. Göthe, ital. Reife 
10. Det. Die untergehende Sonne, and den Spiegel zurüdichei- 
nenDd, blendete ihn. Böthe, Meifters MWanderj. 1, 8. Da nod Mond 
und Morgen in den thauenden Luͤſtwäldern zufammenichienen. 
J. Paul, Titan 67. a TE 
Anm. Die Rortieivien geftatten noch andere Zufammenfegungen, 3. B. bie 
fonnebefhienene Gegend. Benzels Sternau, j 
Schein (ahd. scin, mhd. schin; altn. skin — Schein und 
Mond; wie noch in Franken), 1) der Zuftand des Scheinens, der Zu- 
and, da ein leuchtender Körper ſichtbar ift, die Art, wie ein Ding in 
die Sinne fällt; 23) das Kicht, welches ein Körper von ſich gibt; 
3) mas in die Sinne fällt, ohne daß der Wahrnehmende Ueberzengung 
von deffen Wirklichkeit hätte; 4) ſchriftlich Ausgeftelltes zur Bemuahr- 
heitung einer Thatfache. — Früh von des Tages erftem Schein. Schiller, 
olin. Bon oben durch der Kuppel Deffnung ‚wirft der Mond den 
leihen filberblauen Schein. Schiller, das verichleierte Bild zu Sais, 
Der Mond behielt immer einen Schein um fich. Goͤthe, ital. Reife 
14. Sept. 1786. (Die) nicht etwa malerische oder dichterifche Schatten 
und Scheine find. Daf. Neapel 17. Mai 1787. — Nody war fein 
Anſchein zu ihrer Entfernung. Schiller, Abfall’ d. N. 2. B. Der 
rothe Nacfchetn der untergegangenen Sonne. Bürde. Der erften 
Herrlichkeit Nach ſche in. Sonnenberg. Wie des duftenden Räps gelb- 
bluhende Felder noch ein rötbender Nachſchein färbt. Sulis, Abend- 
ſehnſfucht. Gegen Ende des Carnevals kommen mehr offene Wagen 
um Borfchein. Göthe, röm. Barneval. Ein Gleiches gilt von dent 
iederfheinen des meergränen Wuflers. Göthe, ital. Reife 8. Oft. 
1786. Den Blick nach dir, geträbt von fpätrer Trauer; heilt Abend- 
fein. Salis, die Kinderzeit. (Sie) ſchmücken die Opfer, die fie 
ihm würgen, mit dem Afterfcheine deines unfterblichen Kranzes. 
immel. Im Ampelſchein. Redwitz, Amaranth. Ein plößliches Ge— 
wittergrauen düftert oft der Freundfchaft Aetherſchein. Matthiffon, 
Elegie. Ein Jeder wollte die Gefellichaft in Augenichein nehmen. 
Göthe, Meifters Lehrj. 3, 4 Willlommen füßer Dämmerfchein! 
Göthe, FZanft 1, 139. Ein Johanniswürmchen faß feines Demant- 
ſcheins unbewußt im weichen Gras. Pfeffel, das Johanniswürmchen. 
Bald im Gevierten, Bald im Doppelſchein. Schiller, MWallenfteins 
Zod 1, 1. Und jener mißt am Dritt- nud Biertfehein, wer 
furdhtbar oder erblos wird fein. Soltau. Ein Empfangidein 
(ward) ausgeftellt." Goͤthe, Meifters Wanderj. 1, 12%. Licht und 
Fackelſchein im Hofe. Daf.-% 5. Bemerken Sie die Nichtigkeit des 





888 


Mit augenfcheinlich ſind finwerwandt: Gewiß (8.571), allgemein 
in Wahrheit nicht anders, als man fi vorſtellt. Ansgemacht (v. and 
machen ©. 578) vermittelt völliger Durchführung der Unterfuchung ober 
Erledigung des Streites über eine Sache gewiß. Entſchieden (v. ents 
fheiden ©. 578) völlig gewiß, unumflöglih. Unläugbar (f. lügen) 
fo, daß es ſich wider befferes Wiffen (vernünftiger Weife) nicht verneinen läßt. 
Unzweifelhaft (f. Zweifel S. 430), woran fein Zweifel haftet, worein 
fein Zweifel zu feßen if. — Offenbar (ahd. offanpar, mäb, offenbär umb 
offenbeere, aus offen und har S. 47) unbebedt, bloß, völlig uuverdedi 
wahrnehmbar. — Er nimmt fie gewiß zu feiner Fran. Goͤthe, Fauf 1, 187. 
Iſt es denn ſchon völlig ausgemacht erwielen? -Leffing, Nathan d. W. 5 7. 
Cin Mann von entſchiedener Urkraft. Lavater. "(Er Hatte) eine uns 

leugbare Beratung gegen, das Geld. I. Paul, Eiebenfäs. Gr wußte 
wohl, das Geld erfauft den Sieg, unzweifelhaft, ſowohl in Lieb als 
Krieg. Hagedorn. Bel den Menfchen waltet offenbar ein anderes Natur⸗ 
geieß. Herder. a N 
Scheinadel, —art, — begriff, —begründung, — behelf, — blind, 
—buße, —chriſt, —darftellung, — ding, —Ddornraupe, — edelſtein, 
— ehe, —ehre, —eulenraupe, —feder, —feind, —feindichaft, — fiſch, 
—fromm, —gelebrt, — glaube, —gliederig, —glüd, — geld, grund, 
— handel, —beiligkeit, —bilfe, —käfer, —kampf, —lage, —Eing, 
—förper, — lehre, —liebe, — lob, — luſt, —macht, —mangel, — mit- 
tel, —ruhe, — ſchwaͤrmerraupe, —fleg, —fülber, — ſittſamkeit, — ſparm- 
raupe, —fpinnerraupe, —fpinnerichabe, — ſprödigkeit, —ſtolz, —ſttafe, 
—ftreit, — ſucht, —thräne, —treu, —treue, — tugend, —übel, — us 
ſache, —verdienft, — vergnügen, — vertrag, —wahr, — werk, — wider⸗ 
ſpruch, —wohl, —wunder, —wurzel, —zahlung, —zorn u. a. — 
Daß ich fehrte mit Scheinbew eijen.. © eare, Cymbeline & 5. 
Wie fi der Sonne Scheinbild in dem Dunftfreis mahlt, ch’ fie 
fommt. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 3. Der große Scheinbund 
Deutichlands. Ungenanuter bei Campe. (Er) fol zum Xeufel gehn 
mit feiner Scheindienftfertigfeit. Platen, rom. Dedipud 5. Uns 
fpriht der. Scheinfreund, fo wie du, allein bei guten Zagen zu. 
Hagedorn. Der Scheinfriede dauerte ſechs Monate. Ungenannter 
bei Gampe. Ach! und es herbt in dem imnerften Keim das Gute durch 
Scheinfurcht. Baggefen. Scheingedilde und Morgentramm. Her⸗ 
der. Unter den Scheingeftakten ſurchtſamer oder wagender Bas- 
heit. Meyer. In jene fheingroße Welt. I. Paul. Das führt 
zu der Scheingröße, vor der man junge Kauflente nicht genug war⸗ 
nen kann. Ewald. Ein flüchtig Scheingut. Günther. Die fortfuhr 
ſich mit einer ſcheinheiligen, unfchuldigen Miene gar artig zu ges 
bärden. Göthe, Meifters ehr. 3,1.. Dem bisherigen Scheinberr= 
ſcher der Welt. Br ee Da er fie (die Waaren) Doch wur 
duch einen Scheinfauf von einem Franzoſen übernommen hatte. 


“ 








889 


Ewald. Mitten im rauhen Gebirg glänzt der anmnthige Schein- 
'nabe. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 8. Ohne fih andere Schein- 
nechte erbetteln gu Eöumen. Benzel-Stemau. Die täufchende Kam⸗ 
nerfrau der Scheinkunſt. Deri. Ein langes ſchlummerndes Schein⸗ 
eben. Der. Des finftern Mters, defien Schattenreih und Schein» 
eiche durch die Wunderfvaft der Griechen und Römer auflebte. 3. 

Erdmamı gab fi alle Scheinmühe. Benzel-Sternau. Hits 
jegen ifts mhmwürdiger, den Scheinnußen eined Staates der Bil- 
igfeit hintauzuſetzen. Hofmann. Berzeiht’s dem Morgenländer, daß 
rt von dieſer ſtolzdürftigen Scheinpradt nichts wußte. Herder. 
Hus des Scheintods tiefem Schlummer ift fle blahend auferftanden. 
Uhland, Durand. Auch ohne uns werden die Scheintodten erwacen. 
Söthe, Wahlo. 1, 15. Geliehene Scheinvollfommenpeiten. 
Angenannter bei Bampe. (Die Narrbeiten würden) ihre üblen Wir⸗ 
ungen mıf unjere Idee von dem jungen ſtürmiſchen Scheinwefen 
acht verlieren. Xeifing, Hamb. Dramaturgie 9. Alles hing von... 
auter Scheinworten ab. Herder. Wie manche bargen fi... vor 
bin jcheinzornig hinter Stühle. Alginger. 

Schön (goth. skäunis, ahd. scöni, mhd. schoene, altf, scöni, 
19f. scene, sceöne ftatt scääne, ſchwed. skön, dän. skjön, von 
einem vermuthlichen Zeitwort skiunan, einer Nebenform von ſcheinen) 
urſprünglich wol „icheinend” (mie mittelntederd. schoon = rtin); 
dann auffallend und einnehmend im Aeußern auf das Geſicht, die An— 
hauang wirkend. Davm die Schöne (goth. skäunei, ahd. Keöni, 
nbd. schoene) und die Schönheit (mhd. schönheit), Schon (ahd. 
ıhd. scöno, mhd. schöne) |. S, 862). — Dieß, bemußt, Daß um 
chön, wenigftens erträglih hübſch, zu heißen, man fein Urtheil wicht 
chlechthin, jondern immer. nur relativ fällen muß. Kant. Die eine 
agte weinend: ich habe mi für hübſch gehalten, man hat mid felbft 
ſchön genamt. 2. Ziel, B. Accorombona 5, 4 Das Urbild jeder 
Zugend, jeder Schöne Gothe. Schönheit fommt von Schein, 
ie if ein Schein und kann als höchſtes Ziel der Kunft nicht gelten. 
Böthe, der Sammler und die Seinen 5. Brief, Wie Seelenihön- 
yeit fleigert fich die holde Form. Göthe, Fauſt, 2, 252. 2 

Sübſch (aus ahd. hovisc, mhb. 'bövisc, nieberb. kovisch) dg. zum 
Hofe gehörig, hofmäßig, uhd. gewöhnlih angenehm in ber Form. — Er hätte 


einige hübfche Partien tun können. Goͤthe, Meiſters Lehrj. 1, 18. Und 


ven hübſchten Badfifch Im ganzen Dorf. Goͤthe, Böh v. B. 2. 

Schönen (ahd. scönjan, mhd. schoenen) — ſchoͤn machen, ift 
ninder gebräuchlich, ald verfhönen und verfchönern. Bon (künſt⸗ 
ihem) Hellmachen des Weines fagt man noch fchönen. Aus be— 
chönen (mhd. beschoenen = ſchmücken) entwidelte fih beſchöni— 
jen = etwas liebeles mit einem angenehmen Scheine zu verbeden 
uhen. Davon Beſchönigung. — Fürflin, euer reines Schön hat 





890 


ein Sieber igt verhöhnet; uber Schönes ruhet mır, Daß «ed nuchmals 


ihöner fhönet Cichöner it). Logau, Sinnged. 1508. Ein Maler if er 
auch, der alle Lafter jchönet (ſchͤn macht) zu einer Helena. Bogen, 
Simuged. 2. Zugabe 218. Diefer geihönte Lamdwein. J. Paul 
Leben follten fie nicht mehr verichönen. Göthe, Sonette 6. Er koumte 
feine Augen nicht von dem jchönen Geſichte wegwenden, Das von einem 
ie Halblihte verſchoͤnert war. Göthe, Meiſters Wander} 
Ja, finnreich genug, fie (die Zehler) zu beſchönen. Gtart 
Bad Laſter ift, das fich nicht ſelbſt befhönet? Werlhof. Rur das 
Halbvermögen wünſchte germ feine beſchraͤnkte — — 
des unbedingten Ganzen zu — und — — 


Borwand einer unbeywinglüipen "a era —** 
beihönigen. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, — — ab! z 
nige nicht die Gewalt. Göthe, Iphigenie 5, 3. — Zaub UNO. 
licher Beſchönigung. Shafeipeare, Romeo und Julie 3, 1 
Bemanteln (ven Mantel, ahd. mandali)l, mantel, mip. mantel, 
agf. a alta. möttul, aus wittellat. mantellum) allgemein etwas Ychelen 
zu verbeden fuhren. — Dedmittel allgemein dasjenige, mas man gebrand, 
eine üble Handlung. auders darzuſtellen, als fie id. Dedmantel if der 
gewöhnliche Ausdruck für den genannten Begriff, — Bas ſelbſt Bauizi gera 
bemänteln wollte. Alringre, Daolin 8, 31. Wr macht bie Sparfumfrit nm 
Deckmittel feines Geizes. Game, 
Schönadel, —äugig, — banm, —blatt, — blind (von Pferden), 
— brot, —brüftig, — buſig, —drud, —fürber, —fürberei, —$eiler, 
fieachen, —geiſterei, —gelehrte, a — baden, — eu, —beiz, 
—kopf, —kraut, —künftig, —tiebihen, —Ung, —mabler, — maß, 
—meht, —pflafter, —toggen, —-fäulig, —Ichresbefunft, —jdpreibenei, 
—ſchreibung, —feite, — ſichtshaus, —finnig, —fpreder, —thuer, 
—thuerei, — wiſſenſchaftlich u. a. ; Schönbeitsapfel, — gefühl, — mit- 
tel, —feife u. — Schöuarmiges Kind. Gedike. Schöubräun-> 
hen überwand emdlich alle Bedenflichleit. Kid. O wer wird Vielen 
Schöndanf der ungtzogenen Menfchenfinder in Anniahnung bringen. 
Benzel-Stemm. Schöugehördete Schiffe. Voß. Otte er mehr 
Schöngefühl, mehr Sinn für Bohlffang ‚gehabt. Wolfe Schön⸗ 
gegliederte Menſchen. 3. Paul. Afterkbümlich in jeglichem 30% 
ergeht ed (das Märchen) den Schöngeift. Sonnenberg. In den 
allermeiften geichichtlihen und | Bbnneiniaen Schriften. Campe. 
Wo die Nymphe wohnte, die Ihöngelodte Voß. Schönge: 
nn Nofie. Bob. Schöngeräderte Wagen. Voß. Der Schön: 
Halt Begleiter. Göthe, Fauft 2, 181. Schöulaubige Strimce. 
—— In dem Kreiſ' ſchönlockiger Inugfrau'n. Voß. Die 
Schönmahlerei der Mittel. Benzel-Sternau. Ich babe Dich nur 
erft neulich mit einem ibönmähnichten Zelter beſchenkt. Bodmer. 
Philoſophiſche Schhönredner einer untauglichen Idealmenſchheit. Her⸗ 


891 


der Barum Safe. unfere Schönfchreiber: nad) der Mode eben 
dies aurum volubile fallen? Der. Aber Karl! and du nun em 
Schönſchwätzer? Kogebue. Schönfinn nannt ich den geiftigen 
Sinn. Baggejen. Ob das, mas er ‚ans. der Innigkeit feiner heiligſten 
Gefühle mittheilt, ihrem verichlofienen Gemüthe niht Schönfprade 
des Empfindlers dünfe. Meyer. Schönnliegige Heerden. Voß. 
Die Ihönmwangige Chryfeis. Bürger. — Sie fehen heute den Zank⸗ 
md Scönheitsapfek der Ehe nur im der Sonnenſeite der Liebe 
bangen. 3. Paul. Bis zum Tegten, hoͤchſten blethenden Schönheits- 
bilde. Herder. Worauf dann dieſer Schönheitserhaltungs- 
lehrer fich jeinen Abſchied erbat. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 4. 
Der Glanz der Edelfräulein, die im Zu ab arten der Katha- 
rina blühn. Schiller. Schmerz, ‚den Das eriper fie Schoͤnheit⸗ 
liebenden rege macht. Goͤthe, Fauſt 2, 189. Die grauſen Nacht⸗ 
eburten drängt. der Schönheitsfreund Phoͤbus hinweg in Höhlen. 
Da. 2, 187. Jugendfülle, Schönheitsmeer! Matthilfon, Natur- 
—— Der kraft- und ſchönheitsreiche Gliederbau der Menſchen.⸗ 
jerder. Ausbildung des Schönheitsſinnes. PB. Paul. Der grie— 
iſche Geſchmack war die ſchöne Nationalblume ihrer freiern —** 
keit, ihres fchönheitstrunkenen Genies. Herder. Das Seewaſſer 
feines Lebens jüßet er ſich durch das Schönheitswaſſer ab, worin 
- er ſich ſtündlich badet 3. Paul. — Ihr Garten iſt noch in manchen 
Stücken verſchönlich. Wolfe. Verjüngungs- und Verſchönerungs— 
mittel. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 8. 

Schonen (ahd. scöndn, mhd. ne von fihön) eig. ſchoͤn 
thun, ſchmeicheln, nachgeben; feit dem 15. J. machen, dab is 
was ehem Dinge zufommen könnte, von demielben abgehalten werde. 
Das erit im älternNHd. fi vorfindende verſchonen bedeutet gänz- 
lid) fchonen vor dem in eigner Gewält Tiegenden Zugedaten Uebeln. 
— Schont ſeines Sämerzes. Schiller, Tell 1, So verſchont 
der Rinder. Voß. 

Hüten (mhb. — huotjan, mhbd. — agf. hedan, zu lat, ca 
vere, caulus S.631) ein wahrſcheinliches Uebel abzuhalten ſuchen. In Acht nebs 
men (f. Abt ©. 488) vor Verfchlimmerung zu bewahren fuchen, infofern 
wir mit Fleiß und forgfältig unfern Einn auf den Begenfland der Bewahrung 
richten. — Willſt du nicht das Lämmleln hüten. Schiller, Wpenjäger. Ara 
bat fi wohl mit im in Act zuimehmen. Leſſtng. 

Schonbar, Ochondarkeit; ſchonenswerth, — würdig; Schonungs- 
briſfe, —I08,  +-reich; Schomzeit, — Gin fhonenswärdiger, 
unantaflbaver Greis. So ſchonunglos ward du dahingegeben. 
Schiller. NRim flieh gen Himmel, ſchönungsreiche Milde. A. W. 
v. Schlegel. 

Anm. Sſchiem wahrſcheinlich von einem mit ſcheinen —— aber 
verlotuen gulh. skeiman — ein wenig fcheinen, ſ. S. 185. — Shönbart, ent: 











892 


Rellt aus Schembart und an ſchönm augelchnt, im .Nomenclater v. 1987 neh 
schömpart = Larve wider die Sonne, if das nachgemachte falſche Angefickt, Die 
Larve. Das Wort iR außer Gebrauch. : 


Bleiben. 
(Wurzel 1ib). 

Bleibe, blieb, geblieben, bleiben (ahd. pilipu, pileip, pilipe- 
mes, pilipaner, piltpan; mhd. blibe, hleip, bliben, gebliben, blibes; 
gen. leiban, agſ. lifan, altf. biliban, bilibhan, holläud. blyben, ſchwed. 

lifwa, dän. blive; vgl. gr. Reina, lat. linguere — luffen, zurüd: 
lafien; ahd. activ leipen, mhd. leiben, niederj. leven) eig. unterlafen 
werden, übrig fein; davon nhd. 1) fortfahren zu jein, fortdauern; 2) 
fortfahren in einem gewiffen Zuftand zu fein, gewiffe Eigenjchaften zu 
haben; 3) fortfahren an einem Geiifien Orte zu jein, den Ort, we 
man iſt, nicht verändern; 4) umfommen, fterben (f. S. 291). — Sim 
wir num zufammen blieben, bleibt dann auch das treue Lieben? 
‚Göthe, Frühlingsorafel. Bleibende Eindrüde. Herder. Bleiben 
wir von den Soldatenhaufen. Schiller, Wallenfteins Lager 1. Ted 
meine Berdienfte, die blieben im Stillen. Daſ. 7. — zertrit ip 
alle, ich Leib ir einen nieht. Rojengarten 1638. 

Beharren (von harren ©. 776) feſt auf etwas bleiben. — Eid 
aufhalten (f. halten) allg. länger an einem Orte fein, ale erft bie Abücht 
war. Verziehen (f. zgieben), infofern man das Weitergeben hindert, a 
die Länge zieht, fo daß es nicht oder nur langfam vor fi gebt. Berwei: 
len (von weilen goth. hveilan, ahd, hwilan, wilan, mht. wilen, diet ven 
Weile, autb. hveila, ahd. hwila, wila, mh. wile, ulif. hwila, agf, bwile, 
engl, while, ſchwed. while, ppln. chwila) geht hloß auf die Zeit, wäheab 
welcher ein Ding fih aufhält. — Die andern Eyn. |. S. 291. — Ginen hop 
pelt und dreifach größern Raum, auf dem er vielleidht auch nicht zu behar⸗ 
ren gedenkt. Böthe, Meiſters Wanderf. 8, 9. (Tempelherr:) Ihr habt fehr 
lang Euch bei dem Sultan aufgehalten. (Nathan:) So lange nun wol 
nicht. Ich ward im Hingehn zn viel verweilt. Leffing, Nathan d. W. 3,9, 
Der Prinz vergönne mir, daß ich mich fo lange mit meiner Tochter noch hier 

verweitle. Leffing, Emilie Balotti 5, 3. Sobald (reitet er hinaus), daß er 

dich Hier trifft, wo du noch lange verzieheſt. Daf. 2, 3. 

Anm. Die Form obne be, b haf ſich, befonders In Urkunden ver Rheinge 
— lange erhalten, z. B. verliben = verbleiben in einer Urf. vom Jahr 1488, 

Rothe Urkunden der Stadt Obermoſchel. Münden 1848, 

Ab —, an—, auf —, and—, da—, dabinter—, hinter — nach— 
üer —, übrig —, unter —, ver—, vor —, weg—, zurück— 
menbleiben erklaͤren aus nachfolgenden Beiſpielen. — Spüt auf⸗ 
bleiben iſt fpät aufbleiben. Shakſpeare, was ihr wollt 28 
Wie ging's zu, daß ihr ſo lang ausbleibt? Göthe, v. B. J1. 
Wie wißt ihr, daß Graf Gallas außenbleibt? Schiller, Piccolomini 
1, 1. Bleib da. Schiller, Walleuſteins Lager 8. Da will der Graf, 


mein gnäd’ger Herr, nicht dahinten bleiben. Schiller, Piccolommi 
4,5. Sie ift das Cinzige was von mir nachbleibt auf Erden. 
Schiller, Wallenſteins Tod 3, 4. Sie ift fort; und was mir nadı= 
bleibt vom verbaßten Leben, ift nichts als Bitterkeit. Shakefpenre, 
Othello 1, 1. Wer von uns nadhbleibt, wünſcht dem Freund im 
flilen Grabe Ruh. Voß, Empfang des Neujahrs. Denen (Worten) 
das Werk ſelbſt nachher entweder wideripricht, oder Doch ſehr nach⸗ 
bleibt. Herder, Antrittsrede in Bückeburg. Daß er nicht länger als 
einen Monat nachbleibe. J. Paul. Daß Niemand überbleibe, 
der den Raub verratben könne Schiller, Marid Stuart 3, 6. Es 
ſei dieſes Geſtein überblieben von einer großen Mafle. Göthe, 
Meifters Wanderj. 1, 3. Zudem er die übergebliebenen Papiere 
benetzte. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 2. Indem fie dem Kinde etwas 
übriggebliebenes Zuckerwerk reichte. Daf. 2, 4. Das hätte nım 
freiliid unterbleiben follen. Göthe, Reineke Fuchs 3, 385. Sie 
fönnen nicht lange an foldhen Orten verbleiben. Göthe, Leben 4. 
B. Das verbleibt (unterbleibt) nun vor der Hand. Rückert, gef. 
Ged. 2, 30. Es ift alles fomen vnd feins verblieben (ausgebl.). 
Luther, Bibelüberf. Yo. 33, 21. O warım blieb eucd nicht der 
Vorhang der ewigen Nacht vor? Herder. Deßwegen ift Graf Gallas 
weggeblieben. Schiller, Riccolomini 5, 1. - Der Kammerdiener des 
Herm ift fhon zwei Tage zuridgeblieben. Göthe, Meifters Wan⸗ 
derj. 3, 8. Daß Mann und Pferd nach ihren Abtheilungen immer regel⸗ 
mäßig zufammenblieben. Göthe, Campagne in Frankreich 1. Oct. 
BSleiber, Bleibung, bleiblich find einfach wenig gebräuchlich; 
BHeberbleibfel (goth. läibes, leiba, altn. leifar, altſ. lehha, agf. If, 
abd. leipa und Aleipa, mhd. Aleipe — das Webriggebliebene) was 
von einem Ganzen noch vorhanden ift, gerne mit dem Gedanken m 
Geringeres, — Daß mich Zuhauſebleiber die 
Pracht verdroß. Ruͤckert, geſ. Ged. 5, 349. Daß ſie fich bey den 
ſelben bleiblich niedergelaſſen haben. S. Münſter, Cosmographia 
1544 S. 400 Unausbleiblich kommt der Tag der Wahrheit. 
Schiller, Jungfrau v. O. 5, 4. Do er nun vor Inen geſſen bat, do 
nam er die Oleibeten und gab ſy den jüngeren. Geiler von Keiſers⸗ 
berg. Bei den Ueberbleibſeln der geftrigen Zudergeichente. Göthe, 
Leben 3.B. Ueberbleibfel von —38 J. Paul, Heſperus 11. 
u (von Reſt, engl. rest, franz. reste, au6 lat. restare = übrig 
fein) iR im Wilgemeinen ebler als Ueberbleibſel. — Indem nun aber die Kugeln 
der Karlsſchanze in vie Ueberrefte der Dacher und Bemäuer fehlngen. Böthe, 
‚Belagerung von Mainz. 


Yum. 1. Für Heberkleibfel fagt H. Sache Ueberbleibling: Wer 
mil dein vberbleibling efien. 

Anm. 2. Der Verbleib iſt veraltet, kommt jedoch hier und da wieder vor. 
— Bei einem Transport von Rekruten in der vergangenen Woche haben fich fünf 
Mann auf ven Sifenbahnhofe heimlich zu entfernen getvußt, von deren Verbleib 





894 


ber Militärbehörte noch nichts bekannt geworden ifl. Berliner Genflit. Zeitung 
38. Dezbr. 1850. - 

Leib (ahd. lip = Leben, altıı. if = Leben und Unterleib, mb». 
lip = da8 Leben und der Leib) die Stoffmafle, das Materielle des Meu- 
ſchen und Thiered. Davon leibig in verjdiedenen Zujammenjegungen: 
hart —, düan— ꝛc.; leiben (in Berbindung mit leben) leiblich da fein; 
beleiben mit einem Leib verjehen; entleiben (ſ. ©. 682) verlei- 
ben, einverleiben. — hr. macht verlieren euren Leib. Theuerdanl. 
Bei Leibe iprich fein Wort. Gellert. Selig find die Leibe, die 
nicht geborn haben. Luther, Bibelüberf. Luk. 33, 29. Rur der Er- 
denleib wird Erde; jein Bewohner bleibt. Voß. Den Felſenleib, 
durchbrauft von Meeren, erſchuf vol Keim’ uns deine Hand. Voß 
Den Staubleib mit jeiner Zodtenfarbe. Schubart. — Der dä 
leibige Pitt. Ungenannter bei Campe. So einer [hmalleibigen 
Kreuzipinne. Göthe, Egmont 4. In diefem einzigen Zuge ftehen fie 
da, wie fie leiden und leben. Leſſing. Der balt bier offen Hof, 
ißt, trinfet, febt und leibet. Mieland, Oberon 3, 23. Nach meines 
Einftdets Ableiben (Tod). Simpliciffünus 1, 1% Die Namen dere 
in Gott abgeleibten Brüder und Schweitern werden öffentlich ver- 
leſen. Nikolai. Jairus Tochter fehnäubet, und Lazarus, jein Freund, 
wird wieder neu beleibet, Fleming, ©. 5 der Lübecker Ausgabe. 
(Div) ergiebt die Mufe ſich auf ihrem Eulenflug, um ein beleibtres 
Bild in ihre Form zu drücken. Thümmel. Das Befeelen und Bes 
leiben find noch in Eins zufammen. %. Paul. Der träge Schwanz 
von [chwerbeleibten Küben. Haller. (Ex) liegt hier todt, ent- 
leibt vor Romeo. Shafeipeare, Romeo und Julie 3, 4. Ich leide 
nicht, daß ihr allein nur bleibt, bis Euch die Kirch' einander einver- 
leibt. Daf. 2, 6. Wiewohl ih Mann uud Frau in Einem Leib 
verleiben. Logan, Sinnged. WEI. Was uns von Dir verbleibel, 
mit dem du wart ümmleibet (dein Leib), jey ehrlich beygethan 
(begraben). Fleming ©. 332 der Lũbecker Ausgabe. 

Körper (mhd. eorper, lat. oorpus, gen. corporis) Leib im Gegenfap 
des Geiſtes; dann allgemein Raum GBinnehmendes, Materielles, im Beyeufeg 
des Geifigen. Rumpf (nah Brimm von mhb. rimpfen, agf. rimpen 
— zufammenziehen, runzeln; Rebenform von Ranft, ahd. rampft, mid. rampfl, 
sampf = Kante, Gefäß aus Baumrinde, gleichfam aus gerungelter äuperer 
Baumbaut, auch Baumabſchultt; vgl. gr. npdudos = eingefikeumpft) über: 
haupt Menfchens over Thierförwer im Gegenſatz des Kopfes. — Rein Körper, 
durch Arbeit ausgebildet, war im Stande alles zu übernegmen, was dabei ges 
fordert wurde. Göthe, Veiſters Wanderj. 8,2, Jetzt ein gigant’fcher Rumpf, 
am Meeresfirand entdeckt; es fehlt: das Haupt. Schiller, Aeneis 2, W. 

Leibchen (Begrifföfigur von Leib) die ärmellofe fteif anfchließende 
Bruftbefleidung ded weiblichen Geſchlechts, an manchen Orten and für 
die Wefte des männlichen Geſchlechts gebraucht. 


808 


Das (auch der) Wamme (mhd. wambeis, wambas, wahrſcheiulich von 
Bamme, Wampe, goih. vamba, ahd. wampa, agſ. vafnb, altn, vömpr, 
altf. wamba, mhr. wambe, wamme, engl. womb, bän. vom, ſchwed. vamb 
== Unterleib, befunders der hängente Bauch, Schmeerbauch) iſt das anſchlie⸗ 
Bende, den Unterleib bis anf die. Hüften, zuweilen and) darunter, und ben Rumpf 
bedeckende Kleidungsauck, es mag unter oder über andern Kleidern getragen 
werben, mi oder ohne Aermel und von Stoff fein, von welchem es wolle. Für 
Wamms haben wir im gemeinen Leben bas fremde. Kamijol (franz. cami- 
sole, ital. oamiciusla, mittellet.- camisiole) eig. das zunaͤchſt auf dem 
Hemd aufchließende Aerınelfleidungsflüd des Oberfürpers (von dem, dem ahb. 
hemide, mbb. hemede, Hemd nachgebildeten mittellat. camisia, fyan. ca- 
misa, ital. camicia, franz. chemise). Jacke (mhd. und älternhb. schegge, 
schecke, schacke, gegen 1500 jegke, jecke, von altfranz. jaoque, jaque, 
ital, giäco, fpanifchszigennerifch jaco = Soldatenüberrock eigner Art, vielleicht 
aus lat. sagum = grobdtuchener Soldatenühermantel ; val. fanffr. aadschdsch& 
= Banzer, Waffenkleid) zunachſt ein- flarkgefültertes, durchſtepptes, anfchlies 
ßendes Leibfleid über den Audern Anzug, mit Aermeln, befondere ale Schutz⸗ 
wand für den Kampf; ſpäter anliegendes Aermelfleid bis auf ober Aber die 
Hüften ; im Befondern ein furzes, fuappes Kleidungeſtück mit Aermeln umb ohne 
Schöge. Die Juppe (auh Joppe, Iupe, Jope, Juppel, Ioppet, 
mhP. jope, jopp, juppe, juppel, joppel, aus mittellat. japa, idel. giubba, 
fren;. jupon, jape, von fpan, aljuba aus arab. aldschubbah — baumwol⸗ 
lener Unterfittel) ift ein ten Rumpf bedeckendes anfcließendes Mebers aber Un⸗ 
terfleid, wit Aermeln und ohne Echöße, ehedem bei männlidyer wie weiblicher 
Tracht, jegt nur noch bei legterer. Das (auch der) Koller oder eig. Gol⸗ 
ler, früher üblicher Goller, auch Golter (mr. gollier, goller, gollir, 
aus franz. collier = Halaband, von dem gleichbed. wittellat. collerium, col- 
larium, lat. collare, von eolum = Hals) das ſchützende Halsſtück der Rü⸗ 
fung; dann ein den Hals und auch wol den Obertheil des Rumpfes ſchützen⸗ 
des Stüd ber ehemaligen Waffenfleidung; dann die enge leverne Reitkleidung; 
jegt das anſchließende Keitkleidungsſtück des Oberfötpere. GHeickbedentend iR 
das fremde Gollet, Collett (ital, colletta, franz. collat, von lat. colum = 
Hals). Das Mieder (anftatt Mäder, wie noch oberbeutfch, mhd. muoder, 
altnieverd, müder) das für ſich abgefonberte fleife Bruchſtück des weiblichen 
Anzugs, dem Oberkörper fchöne, fchlaaf gehaltene Form zu geben, hänfia zum 
Staate. Das Gorjett (engl. und franz. corset; mhd, oursit = Waffen 
so) der ſteife franz. Schnürleib, — Und- fein Rod bat mir von allen, wie 
mein eifernes Wamms gefallen. Schiller, Wallenfleins Lager ti. Er 
fuopfle feinen Wammes auf. Brentano. Rothbebackt wie ein gefochter 
Krebs, grüßt Die Mufe mich in fchmug’ger Suppe, A. DB. Schlegel, Wettge⸗ 
- fang. Gr trägt ein Roller von Elendehaut. Schiller, Wallenſteins Lager 6. Und 
fähen des Teufels Angeficht weit lieber al6 unferegelben Rolletter. Dal. 11. Allen 
umbüllte die Bruf ber todtabmwehrende Roller, Pyrker, Tunillas 8, 165, 
Wie ſchalkhaft verrät das knappe Corſet, das fchliegende Meder bie 
ſchlankeſten ®liever! Weiße. 








806 


Leiblich (ahd. Hblih — Tebendig, mhd. Hplich —= körperlich, 
perſönlich) zunächſt den Leib angehend; Gegenfag von geiftig; dann 
in engfter Blutverwandtichaft ſtehend durch nächftes Angehören der 

eugung nad), ohne Rüdfiht auf Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßig- 
eit, binfichtiih der Geburt. Eheleiblih — geſetzmäßig geboren. 
Reibhaft, ll np liphaft — lebendig, mhd. liphaft = 
Leib habeud) dem Leibe nad; davon, und faft gewöhnlicher  Leib- 
baftig — dem wirklichen völligen Leibe nach; fig. in Wirklichkeit, im 
Gegentag des leeren Scheind. Leibeigen — mit feinem Leibe einem 
en 2 Eigenthum. pflichtig. — So ſprich von Scylla, Teiblich Bir 
ſchwiſterlind. Göthe, Fauſt 2, 19%. Ein Sohn war glfdfich zur 
Welt gefommen, und die Frauen verficherten fämmtlich, es fei der 
ganze leibhafte Vater. Göthe, Wahlv. 2, 8. Laß mich nur jchnell 
noch im den Spiegel ſchauen! Das Krauenbild war gar zu ſchoͤn! 
(Mephiftopheles:) Rein! Rein! Du folft das Mufter aller Frauen 
nun bald leibhaftig vor dir fehn. Gothe, Zauft 1, 132%. Sie 
that e8, und von dem Augenblide an war ich ihr ganz leibeigen ge 
worden. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 6, Hören wir nicht fchon hier 
und da die bitterftien Klagen der Edlen, daß ihre Unterthanen, ihre 
Leibeigenen fi gegen fie auflehnen? Göthe, Götz v. 2. 3. 
Natürlich und Kebs = f. E. 69%. — Knecht (ahd. chnäht, agf. 
cniht, chneoht, mbb. knöht, wol von chnahan, chnähan = erzeugen, eu 
erkennen) urſprünglich der Knabe; dann der umverheirathete junge Mann; fe 
fort der Kriegemann; Diener einer Herrſchaft, eines Gebietenden; uhd. ge 
gewöhnlich der durch Befindevertrag zu niederen Dienjten Berpflichtete. Der 
Selave (franz. esclave, engl. slave, aus lat. sclavus, gr. 6xAaßos) iR 
ber Leibeigene in Härterem Sinne — Ihr feld die Herrfcher und ich Ein wer 

Knecht. Schiller, Braut v. M. Wer fh Knall und Kal, ihm felbkt zu 

leben, nicht entichließen kann, der Iebet Andrer Sclav auf immer. Leffiug, 

Nathan d. W. 2,9. Re: j 

Reibbäder, —binde, —dienft, —eflen, —frohne, —gedinge, 
— geld, —geleit, gewicht, —getränt, —gewim, —gurt, —gut, 
—hetze, — holz, —bumd, —jäger, —neiht, — noten, — och, — kuchen, 
—fürfchner, —kutfcher, — lakei, —laus, —näherin, —pacht, — pferd, 
—recht, —reigen, — ſchirm, —jhmerz, —Ihnitt, — ſchuſter, — ſchü 
ud, —füd, —ſtuhl, —tuch, —wagen, — waͤſche, — waſſer, 
—waſſerſucht, —weh, —wundatzt, — zinſen, —zucht, —züchter, —zwang, 
u. a.; Leibesbeſchaffenheit, — bewegung, —bürde, —dicke, — fehler, 

abe, —gebrechen, —gefahr, —geftalt, —groͤße, — laͤnge, —krank, 
—franfheit, —nahrung, —pflege, — ſorge, —ſtrafe u. a. — Die 
Feuchtigkeit des Morgen⸗ und Abendthaues halten die Leibärzte für 
höchſt ſchaädlich. Göthe, Triumph der Empfindſamkeit 2. Lieſeſt du 
erſt ein wenig im Bett? ein Kapitel der Bibel oder ein Leibbuch? 
Voß. Der rf des leibdurchbohrenden Erzes. Voß, Ilias 





897 


4, 511. DBläffe der Armut und fflavifche Furcht find meine Leib- 
farbe. Schiller, Räuber 2, 2 Ich kann in Ihrem Xeibgefange 
weder ein dichteriiches noch fittliches Verdienft finden. Göthe, Meifters 
Zehrjahre 2, 11. Rüftig im Leibgurt. Voß, Ilias 5, 707. Wo 
ein Ehegenos fein Gemahel macet leyblos (des Lebens beraubt). 
H. Sachs. o würde niemand eine Leibrente kaufen wollen. 
Shakeſpeare, Romeo und Julie 8, 1. Tauſende von Leibrentnern 
verloren ihren Unterhalt. Campe. Eilend hüllt' er den Leib in den 
wunderföftlihen Leibrock. Voß, Odyſſee 15, 60. Dort mein Xeib- 
roß. Ubland, Ludwig d. B, 3, 3. Ihr Leibſchneiden, wovon 
id) fie fo gern befreit fähe. Thümmel. Die Buroneffe ſchob geſchwinde 
den Leibichneider der Gräfin dazwiſchen. Göthe, Meilters Lehrj. 
3, 7. Es ift ein Soldatenliedchen, mein Leibſtück. Götbe, Egmont 1. 
Unjere Sabina hatte ſich acht trefflich genährte echt riefennäßige Eap- 
padocier zu ihren Leibträgern angejchufft. Böttiger, Sabina. Es ift die 
Leibwache der Negentin. Göthe, Egmont 1. — Dann hatten 
Leibes- und Seelenärzte ein fehr ſchlimmes Spiel. Benzel- 
Sternau. Sie möchte fterben ohne Zeibeserben. ‚Schiller, Stuart 
3, 1. Uebungen der Leibesgefhidlichfeiten. Meudelsfohn. Daß 
alle Leibesglieder, dem Bauch rebellifch, aljo ihn verflagten. Shafe- 
fpeare, Eoriolan 1, 1. Um ihre Leibeshöhe zu vergrößern, trugen 
fie einen aus hohen Federn zufammengeießten Kopfputz. Campe. Nicht 
mächtiger ald ich und du an Leibeskraft. Shafefpeare, 3. Cäſar 
1, 3.. Natalien fann man bei Leibesleben jelig preiſen. Goͤthe, 
Meifters Lehrj. 8, 5. - Leibesſtärke und Muth... Die Körper. 
der Jungfrauen wurden duch Leibesübungen gehärtet. Schiller, 


2pfurg. er — | 

| Reben (got. liban, altn. lifa, ahd. löpen, mhd. löben, altf, 
tibbj(l&)an, libhön, agſ. lifjan, ‚l&ofjan, engl. live,. ſchwed. lefwa, 
dän. leve) überhaupt Daſein als befeeltes Wefen haben; dann auch 
figürl. Ab—, auf—, aus—, durch —, ein—, ent—, er—, ge—, 
bin—, nah —, über—, ver—, zujammenleben. — Lebe, 
wie du, wenn Du ftirbit, wünſchen ‚wirft, gelebt zu haben. Gellert. 
Und ein Gott, ein heiliger Wille lebt. Schiller, Worte des Glaubens, 
-Sie bat dic früh zum äbgelebten Manne gemacht! Schiller, Wal⸗ 
lenfteind Tod 5, 4. Die Welt hat abgelebt in Frieden. Morhof. 
Da lebte jede Hoffmung auf. Uhland, H. Ernft 2. Dreißig Jahre 
haben wir zujammen ausgelebt und ausgehalten. Schiller. Jene 
entlebten Gefchöpfe zu beleben. Göthe, Leben 14. B. Biel 
Zeiten baft du ſchon durchgelebt. Klopſtock. Jetzt trugt ihr Steine 
zu und wolltet ihn entleben. Fleming. Was werd’ ich noch Alles _ 
erleben müflen. Schiller, Wallenfteins Lager 5. Menſchen, Die des 
almufens: (von. Almojen) geleben. Lande. Ordn. v. 1553. Darımb 
Sermanioms gelebt deß befelchs feines Vatters. Aventinus, Chronik 

57 





898 


1580 Bl. 171. Wenn man in Mühe und Arbeit vor fih hinlebt. 
Göthe, Egmont 3. Und ihm finkt in Dunfel der Namen nadle- 
bender Kinder. Bob. Du haft dich ſelbſt überlebt, die Edeln 
überlebt. Göthe, Götz v. B. 5. Die verlebte Welt wird jünger. 
Fleming. Als wir in der Penfion zufammenlebten. Göthe, Wahl⸗ 
verwandſchaften 1, 3. 

Dafein (f. fein S. 219) bezeichnet ale Subſtantiv allgemein ti 
Mirflichfeit eines Dinges in ihrer Fortbdauer. — Mit abgelebt (mas We 
Lebensfraft verloren bar, ohne Bezug auf ein beflimmtes Alter) find fin 
verwöndt: alt goth. alths und alds, f. weiter Seite 740) lange Ze 
befanden, in tiefer Eigenſchaft von Allem ohne Unterfchled gefagt; be: 
jahrt (von Jahr, goth. jer, ahd. mhd. altf. jar, agſ. gear, engl. year, 
altn. Ar, ſchwed. ar, dAn. aar; Wadernagel vgl. gr. das — Wrühliug, 
apa — Zeit, Zeitabfchnitt, lat. ver — Frühling) nur von Menfchen, im gre 
meinen Leben auch von Thieren, felten von Pflanzen, und zwar von höherem 
Alter gebraucht; bekagt (von dem veralteten betagen, dies von Tag, geth. 
dags, ahd. mhb. tac, agf. ſchwed. bän. dag, engl. day; Wackernagel vgl. 
gr. rayıs—=fhnell, Schwend lat. sub dio, divo — unter freiem Himmel) 
it auf Menſchen befchränft. — So virl gewährt ein Freund, daß auch bad 
Leben nicht mehr’ als ein Daſein if, wenn uns ein Freund gebricht. Hager 
dorn. Blinder, alter Bater. Schiller, Tel 1, 4. Bejahrte Eichen. 3a: 
charia. So müflen wir dies Kleid je länger wir betagen, mit Roth am 
Muühſal tragen. A. Tſcherning. 

Leben, das, kommt einfach und in Zujammenfegungen vor. — 
Alfo erwacht zu dem Leben der Leben, nicht wieder wegzwmelfen, 
die Tochter Jephtha's. Klopitod, Meſſtas. Sieh, wie fen Leben 
jebt aus Diefer Wunde quillt. Weiße. Alles Leben ſank auf's Antlik. 
Sonnenberg. Und da im Stmub -vorwärts die anderen Leben hinab- 
ſchau'n, gab er dem Menſchen erhabenen Blick. Voß. Ginen Blid, 
neliebtes Leben, und ich bin beloßnt genug.. Göthe. Es wallt im 
Rojeniheine der Blumenleben hin. Mathiffon, Kinderjahre. In⸗ 
deffen war dad Freudenleben einmal im Gange. Göthe, eikers 
Wanderj. 3, 6. Sie fühlet der Waldeswildniß Frühlingsleben im 
ihr Geheimniß fid) verweben. Redwitz, Amaranth. . Da bielt Dich dus 
unglüdlihe Hofleben. Göthe, Götz v. B. 1. In der Langweile 
des Hüterlebens. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 9. Im Bor 
tod feh’ ich, matt und hingebleiht, von Tag zu Tag ein Kırmmer- 
leben jchwanfen. Göthe, -Eugenie 4, 2. Natalien kann man be 
Leibesleben jelig, priefen. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 5. In ſolchen 
Wut und Moderleben muß es für ewig Grillen geben. Göthe, 
Fauſt 2, 94. Heiſa du. luſtig Reiterleben! Redwitz, Amaranib. 
Zu dieſer Wildniß frehes Städtelebens. Göthe, Eugenie 5, 7. 
Er an fih des Zufammenlebens. Göthe, Wahlverwandt- 

aft 2, 10. == 


⸗ 





899 


Lebend allg. Dafein als befeeltes Weſen habend. Lebendig 
(ſtatt lebendig, ahd. löpentic, mhd. lebendec, fpäter mhd. auch lẽbetig, 
lömptig, lömtig, lömpig, lendig, in der Volksſprache noch Tebig) 

emein was lebend; dann auch viel Leben (geweckte Empfindung, 
raſchere Wirkſamkeit oder Thätigkeit, erhöhetes munteres Weſen) habend 
und zeigend. Davon das nun veraltete lebendigen. Lebhaft 
(uhd. löbehaft, lebhaft) urfprünglih Leben habend; dann in hohem 
Grade Kraftthätigleit habend und äußernd. — Leblos (ahd. libelös, 
mhd. lẽbelôs) überh. fein Leben habend, dasjelbe mag nun völlig 
mangeln, oder auch unterdrüdt fein. — Daß fle aus Tebendem Born 
ihm Flut zur Sprenge beforgen. Voß. Du bift todt lebendig, id 
bin lebendig todt. Opitz. Statt zu ferben ward der Zucht recht 
bei mir lebendig. Göthe, flirbt der Fuchs. Den neuen Bau le— 
bendig zu beginnen. Schiller, Braut v. M. In beiden Zällen 
fagnirt die Betrachtung, einmal als überlebendig, das andere Maul 
als getödtet. Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Was 
dort Lebendigkeit athmet. Klopftod. Sonft kann fein Menſch des 
anderen Seelen lebendigen‘ oder tödten. Wicel. — Eine beids 
lebige Exiſtenz führen Gm Anfichten folgen, an zwei Tiſchen ſpeiſen). 
ei polit. Blätter Bd. 24, 608. Und, die wir beidlebig find, 
öthe. Ein Doppellebiges Thier (Amphibie). Wagener. Hatten 
jene Bilder und die Gedanten an das Leben der Heiligen meine Ein— 
bildungstraft beichäftigt, fo drüdte fih das Alles nur lebhafter bei 
mir ein. Göthe, Meifterd Wanderj. 1, 2. Erwärmt eudy, ihr Händel 
Hebe di, Teblofer Bufen, und fchlage der Luft! Schiller, Braut 
von Meifina.  ° . | J 
Luſtig (mhd. Iustec, ſ. Luft ©. 340) zur Froͤhlichkeit geſtimmt, auch 
dazu erweckend. Munter (ahd. muntar, mhb. mund(t)er, litthau. mudrus, 
nah Schwend zu mahnen gehörig, nah Weigand wahrfcheinlicher zu 
ahd. mandjun, altj. mendjan = fid freuen) urfpr. aufregend angenehm ger 
ſtimmter oder flimmender Entpfindung; dann von reger Lebensfraft und foldhe 
jeigend; überhaupt in vegem Kruftgefühl oder reger Thätigfeit der Kräfte ſich 
äußernd. Aufgeweckt (von aufmeden, dies von wecken goth. vakjan, 
ahd. wecchan, wechan, mho. wecken, weken, agf.-weccöan, enal. wakc, 
fuetitive Form von wachen S. 757) in höherem Grade munter; in einem 
beſondern Brave für Thätigkeit geeignet. — Todt (f. &. 682) des Lebens 
ermangelnd. — Bnd das Weib ſchawet an, das von dem Bawm gut zu efien: 
were, vnd Heblig unzufehen, das ein lüfliger Bawm were, weil er Hug 
machte. Luther, Bisilüberf. 1. Mofes 3,6. Und die hüpfenden Lämmer grafen 

Inftig um ihn auf dem fonnigen Rafen. Schiller, Braut v. M. Iſt der 

König munter? Gr trug mir auf, ihn früh zu weden. Schiller, Macbeth 

2,6. DRuntes fördert feine Schritte in dem wilden Forft der Wanderer. 

Schiller, Blade Du, ein immer munterer Geſelle. Gothe, Iphigenie 2,1. 

Und was die Unterhaltung betraf, ſo drehte fie ſich faſt ganzliy um die Vers 
570 








0 
böhnung des gegenwärtigen, freilich nicht ſehr aufg ewedten Menſchen 
Bötbe, Leben 5. B. — Er liegt nicht wie ein Todter, feht, die Feder auf 
feinen Lippen regt fi! Schiller, Tell 4, 2. 


Lebensart. (ſ. Art S. 2338) aͤußeres gefälliges Betragen in Un- 
ezwungenheit und angenehm mächender Augemefienheit in den geiell- 
aftlichen Berhältniffen zu einander. — Der ich zwar gefittet war, 
aber duch eigentlih was man Lebensart nennt, nicht befaß. Böthe, 
Leben 6. B. (Er) begab fi bei den Franzoſen in die Schule, um 
lebensartig zu werden. Daf. | | 
Söflihteit (von Höflich, ahd. hovelih, mhd. hovelich, eines Stammes 
mit hübſch ©. 889) if dies Betragen in Achtungebezeigung und Aufmerk 
famkeit gegen Andere. Sittenammuth (f. Sitte ©. 389, Anmuth ©. 
13) iR das genannte Äußere Betragen, wenn es in feiner Wohlgefälligkeit 
ſolche Annehmlichkeit zeigt, daß das Herz eines Seven, der Geſchmack und 
Bildung hat, dadurch gewonnen wird, Bei Welt (ahp. wöralt, werali, 
mhb. wörlt, agf. vörold, altf. werold, altfrief. warld, wrald, altn. verald, 
veröld, neuniederd. weld, neunieberl, wereld, engl. world, fchweb. werld, 
dän. verd von wer S. 408 und alt, alfo Menfchenalter) wird jenes Be 
tragen in Kenntniß und Ausübung der feinen Sitten gefept, wie fie zur Zeit 
unter den Gebildeten, überhaupt in der feinern Geſellſchaft herrſchend ſtud. — 
Fräuleins alle Höflichkeit erweiſ't. Wöthe, Kauft 1, 156. 


Lebehoch, — wohl u. a.; lebhaft, —honig, —kuhen, — tags⸗ 
recht u. a.; lebenvoll, —wedend u. g.; Lebensanſchanung, —anfict, 
— bedingung, — buch, — dauer, —eiche, —efel, —ende, — fähigkeit, 
— feuer, —flamme, —freude, — freudig, —freudigfeit; freund, —ger 
fahr, —gefährlih, —geſchichte, —haß, —bolz, —jahr, — klugheit, 
—kunſt, —fürze, —länglih, —Iehre, —mühe, — nachricht, —quell, 
—reiz, — ruhe, —faft, —ſchiff, —ſtoff, — flrafe, —trauım, — überdruß, 
—umjtand, —unterhalt, —verlängerungslunft, — vermögen, — ver⸗ 
fiherung, —verficherungsanftalt, —wandel, — waſſer, —zeihen, —ziel 
u.“ — Bir wurden früh entfernt von Lebechören. Göthe, Fauf 
2, 342. Der Sonne heiligen Lebeftrahlen find todte .Werfe nur 
ein Spaß. Daf. 2, 171., Ihre Geberden drüden den Umſtehenden 
die zartefte Anhänglichfeit aus, Liebe, Dankbarkeit, Abbitte und das 
berzlichfte Lebewobl. Göthe, Wahlv. 7, 18. — Der (Herr) von 
einem lebhaften, Geifte war. Goͤthe, Unterhaltungen deutſcher Aus⸗ 
gew. Lebloſe Göpen. Luther, Bibelüberf. Weish. 14, 29. Deu 
(Schloßflügel) er vielleicht fein Lebtage nicht bewohnt. Göthe, die 
Aufgeregten 1, 7. Bir find unfere Lebzeit über einander wechſel⸗ 
feitig uns fo viel fihuldig geworden. Goͤthe, Wahl. 1, 1. — Im 
gefegneten Schooß des lebenduftenden Edens. Klopſtock, Meifias 
1,489. Lebenerfhöpfende Arbeit. Pyrker, Moies 1. Dur 

Krankheit lebenerſchöpft. Pyrker, Mallabäer 3.. Lebenerweder, 





901 


fomm! Knebel. (Adam) ward Pater und oe derer, die 
fein Bild trugen. Herder. (Haft Du) dein Zebenlang umfonft der 
Sterne Lauf gemeſſen? Schiller, Wallenſteins Zod 1, 7.. Xeben- 
leere Wildniß. Koſegarten. Grauenvoll umfängt den Einfanen die 
lebenlofe Stille Schiller, Das Meſſer zudte ſchon den leben- 
vollen Bufen zu durchbohren. Göthe, Iphigenie 5, 3. Bon jenem 
lebenwarmen Bilde blieb- der Schatten nur zurüd. . Schiller, Götter 
Griechenlands. Wärme des, Frühlings. athmet fie (die Menfchenliebe ) 
fanft und Tebenmwedend die Herjen der Welt an. Sonnenberg. — 
Jede Entwidelung der menichlihen Lebensalter zeugt alfo von tie- 
fer Wahrheit in diejer Gefchichte. Herder. Aus dem Sumpfe jener 
lebensarmen Dünflinge. Meyer. Mit jedem Schritt wird weiter 
die raihe Lebensbahn. Göthe, Bundeslied. Damit fie jeinen 
Lebensballaft ausichifften. 3. Paul, Hefperus 16. Kein Lebens⸗ 
balfam hilft” Bürde. Kühlung, wie von Lebensbäumen träuft. 
Hölty,- Elegie b. d. Gr. m. V. Im Lebensbecher mifchen fich die 
Seelen. Herder. Hier wo das Brennholz zu den erſten Lebens— 
bedürfniffen gehört. Matthiffon, der große Bernhard. Immer⸗ 
fort die heiterfte Lebensbegleiterin. Böthe, Meiſters Wanderf. 
1, 10. Lieber Xejer, ift dir jeßo nicht wie dem Lebensbeſchrei— 
ber, der nun den Eintritt dieſes jungen Viktors in die Kaplanei und 
Lebensbefhreibung faum erwarten fann? 3. Paul, Hefperus 1. 
(Er hatte) eine verdiente Stufe feiner Lebensbeftimmung erftiegen. 
Göthe, Wahlv. 2, 10. Doc bleibt mir nicht, mein Freund, dies 
Lebensbild. Shakefpeare, Antonius und ‚Eleopatra 4, 12. Zur 
legten Sylb' auf unfern Lebensblatt. Shufefpeare, Macheth 5, 5. 
Der lebte lichte Lebensblick des ſchwer Erkrankten Göthe, Iphi⸗ 
enie 3, 1. Ihre Wärter nennen’8 den lebten Xebenblig! Shafe- 
— Romeo und Julie 5, 3. Seh’ ih nicht, daß alles Lebens⸗ 
blut aus euern geifterbleichen Wangen blih? Schiller. (Du) ſchmückeſt 
neu die Deiner mit frifhen Lebensblüthen berrlih aus? Göthe, 
Sphigenie 4, 3. Unfer Lebensbuch wird immer mehr ag. 
J. Baul. Daß er fowohl auf dem Theater als auf der Lebens— 
bühne eine öig vorftellte, der man nach Belieben mitfpielen konnte. 
Göthe, Leben TO. B. Für die Lebensdauer iſt kein Gefeg. Göthe, 
Meifters Lehrj. 8, 8. Ehre, Geiz, Leid, Wein und Liebe find des 
Menfhen Lebensdiebe.. Logau, Sinnged. 680. Du (Liebe) jollteft 
e8 (das Herz) ja unter den Lebensdornen mit fanfter Hand pfles 
gen. Benzel- Sternau. Boll Lebensdrang. Thümmel. So ‚matt 
und doch lebensdurftig. 3. Paul. Vol praktifher Lebensein- 
wirkung ift fle (die Siryftallographie) nicht. Göthe, aus Makariens 
Archiv. Da fteht der holde Lebensengel mächtig vor mir. Schiller. 
Wie er war aufgegangen, jo ging Ignatius unter, leuchtend, mit 
Lebensergufie. Klopftod, Meffias 10, 360. Berfuch einer Lebens- 





902 


erhbaltungsfunde von Bertele. Ihre (der Welten) beiderfeitigen 
Eigenfchaften in der vorübergehenden Lebenserſcheinung zu mui- 
feſtiren. Göthe, Meifters Wanderf. 3, 14. Biel zu finnen gibt's bem 
zarten Lebensfaden. Göthe, Fauſt 2, 34. Da er doch für Alba 
nos frobe LZebensfahrt ein günftiger Seitenwind war. J. Paul. 
Unjer Munn wurde dazwiſchen wegen manches Lebensfalles wm 
Rath gefragt. Göthe, Meifters Wander 3, 5. In diefer Rebens- 
feuchte erglänzt eıft deine Leuchte. Göthe, Zauft 2, 177. De 
edeln Körperd hulde Lebensflamme fühlt fi im ſchmiegſamer 
Kryftal der Welle. Göthe, Zauft 2, 108. Dem das „Haar jhen 
graut und Erinnerer der Lebeusfludht wird. Klopſtock. In 2er 
bensfluthen wall’ ih auf_und ab. Göthe, Fauſt 1, 35. Auer⸗ 
fennung einer wunderbaren Lebensfolge. Göthe, Meifters Wander, 
3, 13. (Der) die Schöpfung meiner an Bruft mit taufend fe 
bensfragen hindert. Göthe, Kauft 1, 80. Als wollte fie fragen, 
ob feine Kreunde nicht auch Antheil an der Lebensfreude form 
fönnten. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 3. Und der füße Lebensfriede 
wandelt fi) in wilden Schmerz. Tiedge. Griechiſche Lebensfriſche 
und indifhe Lebensmüde. % Paul, Durch ihren Haß zu ſterben 
wär’ mir beiler, als ohne deine Liebe Lebensfriſt. Shalſpeare, 
Romeo und Julie 2, 2. Aus denen eben folhe Lebensfrücte fd 
hervorwänden. -Ungenannter bei Campe. An vielen Plüben an de 
See ſchimmerten ihm Sterne aus .einer nachmitternächtlichen Lebens⸗ 
frühe herauf. 3. Paul. Die Hand, der Fuß zerftreut aus Lebens 
fugen. Göthe, Schlußgedidht zu W. Meiſter. Durd die Schöpfung 
floß die Lebensfülle, Schiller, Götter Griechenlands. Der fer 
bensfunfe fehlt aud. Shakeſpeare, 3. Caͤſar 1,3. Ich will fehen, deh 
ich ihn zu einem raſchen Lebensgalop anrege. Göthe, Meiſters 
Wanderj. 1, 9. Wo er, vor Beginn eines neuen Lebensgangeh 
fo manches abzuſchließen gedachte. Daf. 2, 7. Der zugleid) als vol- 
kommen gattliher Lebensgefährte gewählt die völlige. Verwirklichung 
des väterlichen Dafeins von der Zeit wie billig verfpräcde. Daſ. % 8 
Einfamfeit, die erfte Erzieherin und Lebensgefährtin eines Möndt, 
wirft doc) wohl. Zimmermann. Die von allem Lebensgefühl I 
anz verlaffen waren. Göthe, Meifters Lehrj. 1, 14. Mit der friden 

ebensgegenwart ded Sohnes. Göthe, Meiſters Wanderj. & 9 
Dann bemmte der heftige Krampf einer-gemaltfamen Giferjuht af 
einmal den Lauf feiner Lebensgeiſter. Böthe, Meiſters Lehri. & 
12, Wilhelm trug den Zuftand feines neuen Lebensgenofien da 
Verbündeten vor, Goͤthe, Meifters Wanderj. 1, 11. An die Etck 
eines frohen Lebensgenuffes Die Hoffnung fremder Glückſeligleit zu 
fegen. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 6. Sich dem großen Lebens⸗ 
geihäfte auf die lebhaftefte Weile midmen. Göthe, Meifters Bar 
derjahre 2, 6, Salamis heget das Bild noch ganz in Lebensgekall 





903 


Boß. Damit er wie eine Ente auf dem Teiche, fo auf den Brettern 
einem fünftigen Lebensgewadel und Gejchnatter eingt entgegen 
geleitet werde, Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Mit welchen kühnen 
abenteuerlichen Formen ſteigt unſer Lebensgewölbe den Himmel 
hinan, ehe es verſchwindet! J. Paul. Das Lebensgewühl aller 
Schöpfung zu empfinden. Herder. Uns hat ein Gott geſegnet mit 
freiem Lebensglüd. Göthe, Bundeslied. Er trank lepte Lebens⸗ 

Iut. Göthe, König in Thule. Auch am euböiihen Strande das Le— 
Denen ras bei Anthedon rupfte fie. Voß. Der mir eine Danne in 
Lebensgröße zeigte. Göthe, Briefe aus der Schweiz 1. Abthl. Auf 
ernftem Lebensgrunde zeigt fi) das Heilige fo fchön. Göthe, Mei: 
fierd Wanderj. 1, 7. Vollbeſtand erwünfchter Lebensgüter. Göthe, 
Eugenie 4, & Der Bater Aller ließ zur Gabe dir volles Maß zur 
Lebeushabe, um PVielen wohlzuthun. Voß. So verjchwindet der 
ichönjte unmittelbarfte Lebenshauch unwiederbringlid. Göthe, Wahl: 
verwandtichaften 2, 9. (DaB) fein Geilt Hoffnung, Xebenshoff- 
nung in den Zod hinüberbringe. Göthe, Goͤtz v. B. 5. Die Zahl 
feiner Lebensjahre vernuthen wir nur. Göthe, Meilters Lehr. 8,.8. 
Sie hätte dem erichöpften Pilgersmann noch einſt den froben Zebens- 
kelch gereicht. Ubland, H. Ernſt 2. Deines Glaubens Lebensfern. 
Redwiß, Amaranth. Der an Tapferkeit. und Lebensflugheit. allen 
andern vorgelaufen if. Göthe, Meiſters Lehrj. 5,4. Es follte mich 
wundern, wenn er nicht auch aus dieſen Trümmern noch feine Lebens» 
fraft auf ein lebendige Wefen ausübte Göthe, Meiſters Wander]. 
1, 2. Nur Sinn für die Sache giebt ihr lebenskräftige Abkömm— 
linge. Benzel-Sternau,. Da denn die Nachrichten . . . Lucianen unauf« 
baltiam in einen andern Lebenskreis hineinzogen. Göthe, Wahl- 
vermandtichaften 2, 5. Und wie konnt’ er diefe lebenslange jchwei- 
ende Kälte gegen mich. behaupten? 3. Paul. Weil, fonft bei der 
loßen Zebenslänge die Jahre der Patriarchen in einander flelen, 
Herder. Der tüchtige Mann war feiner Stelle lebenslän zuig gewiß. 
Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1, 8. Seine gewöhnlichen Lebensläufe. 
Goͤthe, Meiſters Wanderj. 2, 12. Einem Lebensläufer ſchlägt er's 
ab. Hippel. Wilhelm, der beſchränkte Lebensleitung zu bemerken 
glaubt. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Wer dieſen Ring beſitzt ... 
dem löſcht Fein Element das Lebenslicht. Wieland. Lebenslied, 
beißt ein Gedicht Matthiffons. Der Schnitt ging durch den Ballen, 
gerade unter dem Daumen, theilte die Lebenslinie, Göthe, Meifters 
Ei 4, 20. Daß er nur da (in der Religion) Odem und Lebens- 
Lurt ichöpfen könne. Liebermann. Und nun erwacht in der erftorbenen 
Bruft die Hoffnung wieder und die Lebensluft. Schiller. Haben 
doch Lebensmüde, bejahrte Männer den Shrigen zugerufen: gedenfe 
zu fterben! jo dürfen wir Lebensluftige jüngere wohl und immerfort 
ermuntern und ermahnen mit den heiten Worten: gedenfe zu wandern! 





904 


Söthe, Meifters Wanderj. 3, 1. Ach, des Lebens fchönfte Feier endigt 
auch den Kebeusmai. Schiller, Glocke. Gift, das unfer Lebens⸗ 
mark verzehrt. Wieland. Jeder mußte monatlich eine gewifle Summe 
an Lebensmitteln geben. Schiller, Lykurg. Von deinem Lebens: 
morgen bis zum Abend bütet dich ihr Blick. Mündhaufen. Wer 
ſtöhnt' und jchwigte unter Lebens müh? Shafeipeare, Hamlet 2, 3. 
So dulden fie auch meinen. Lebensmuth. Sffland. Henarez war der 
ſchoͤnſte lebensmuthigfte, feurigfte Jüngling. Kind. Der Jüngling 
muß die Religion als feine Lebensmutter umfaflen. Liebermam. 
Lebensnymphen wohnen in bufdriger Klirfte feucht erfriichtem Raum. 
Goͤthe, Fauſt 2, 225. Zieht Lebensöl aus Gift. Lohenftein. (Ich 
will) wie der Lebensopfer Pelifan mit meinen Blut fie tränfen. 
Shaffpeare, Hamlet 4, 2. Daß es mithin mehr auf gute Lebens: 
ordnung, ald auf funftgerechte Arzneien anfommt. Benzel- Sternau. 
Die Religion darf m feiner Lebensperiode vernachlälftgt werden. 
Schneider. Die Geheimniffe der Lebenspfade darf und kann man 
nicht offenbaren. Göthe, aus Makariens Archiv. Er fprach jept ſehr 
ernjt von felbfimörderiichen Phantaflen . . . von Lebenspflidten. 
%. Paul. Indem ich mir einen ganz andern Xebensplan, als den 
mir vorgefchriebenen, zu erfinnen trachtete. Göthe, Leben 6. B. Gele⸗ 
enheiten, die nur in Einen Lebenspunft zufammengedrängt, Dem 
— Ftüchteknoten bilden. Schiller. Trinkeſt durſtig aus den Le⸗ 
bensquell. Hölty, Elegie b. d. Gr. m. V. Die Menſchen ſcherzen 
und bangen fih an den Kebensräthfeln herum. Göthe, Briefm. 
mit Schiller 6, 59. Um den Lebensranm audzufüllen. Göthe, Wahl⸗ 
verwandtichaften 1, 18. So peitjchte Luciane der Lebens rauſch um 
gefelligen Strudel immer vor ſich ber. Daf. 2, 5. Wo du die Summe 
der großen Lebensrechnung ziehen folit. Schiller, Wallenfteing Tod 
1, 7. Wenn ich fie zur XKebensregel mache. Göthe, Meifters Lehrj. 
7, 6. Burum ein unerflärter. Schmerz dir alle Lebensregung 
hemmt? Göthe, Kauft 1, 31. Ihm, deinem Bilde, wurde Leben aus 
aus deinem lebensreihen Mund. Ur. In Lebensreihe fahft mar - 
Liebesbrünftige. Göthe, Kauft 2, 188. Und bin nunmehr tief in der 
Lebensreife als Mann -ein Thor. Seume. Sa es (das Kind) fchien 
jelbft noch mit dem legten Lebensreſt feine geliebte Herrin erreichen 
zu wollen. Göthe, WBuhlverwandtichaften 2, 18. Unſere Memmen ... 
wurden nun Lebensrettung in der Noth. Shafeipeare, Cymbeline 
.5, 3. Um zuletzt die große Lebensrolfe mit gemeiner Berwandtichaft 
zu beihliegen. Schiller, Wallenfteine Tod 3,4. So mehrt es ihren 
Lebensſaft.  Pfeffel, das Elexir. Der. Ejel Bileams ftarb alt und 
lebensfatt. Pfeffel, die Unfterblichkeit. Da ſank froh beladen jeine 
Lebensfchale Herder. Wirklich hatte die Wiederhohung feiner 
Lebensihidfale fein Iebhaftes Gemüth, angenehm aufgeregt. Goͤthe, 
Wahlverwandtichaften 1,2. Was find Die dichteften Lebensfchreden 








905 


anders als 2c. 3. Paul. (Wenn die Kunft) in einem erfrenlichen Le- 
bensſchritte vorwärts gehen folle. Göthe, Betrachtungen im Sinne 
der Wanderer. Und wie das glüdlichite Geftirm des Morgens führft 
du die Febensfonne mir herauf. Schiller. Bei marteroollen Le- 
bensftrafen. Pferfel, Abdul. Die auf der. einfchneidenden Lebens- 
firaße dennoch -vom hoben Sonienftern der Pflicht nicht wegbliden. 
J. Paul. Es (das Gut) rauſcht im Lebensftrom hinab, Göthe, 
Fauſt 2, 264. Auf einer höheren Lebensitufe. Göthe, Wahlverwandt- 
ſchaften 2, 10. Ein neuer Kampf und neue Lebensſtürme. Gollin. 
Dem wird es wohlgehn lange Febenstage duch. Göthe, Fauſt 
2, 210. (So wollen wir) dir, Herrliche, den Tebensteppich weben. 
Schiller, Huldigung der Künfte, Der (Zroft) Leite wie ein Stern mit 
freundlich milden Strahl mich durch das dunkle Lebensthal. Bürde. 
Ihr ließ der Gaft feine Verwunderung über eine fo hübfche lebens- 
thätige Eolonie vermerken. Göthe, Meifterd Wanderj. 1, 10. Le 
bensthätigkeit und Züchtigkeit ift mit auslangendem Unterricht 
weit verträglicher ald man denkt. Daſ. 2, 9. Die (Leiden) wir im 
Lebenstaumel der Woche vielleicht gering achteten. Daſ. 1, 7. 
Der in allen Lebenstiefen zittert. Göthe, Zauft 1, 34. Die Eleinfte 
(Bunde) ift ein Rebenstod. Shakefpeare, Macbeth 3, 4. Alles 
Hohe nahmen fie mit fort, alle Karben, alle Lebenstöne. Schiller, 
Götter Griechenlands, Mit Lebensunterhalt beladen. Platen 
Abaffiden 1. Nachftehender, von Unmuth und Lebensverdruß über> 
Iadene Monolog. Göthe, über Byrons Manfred. Da man an feinen 
Lebensverhälftniffen nicht fo viel zupfen und zerren foll. Göthe, 
. Bahlverwandtichaften 1, 2. roh lebt mir Muth im lebensvollen 
Buſen. Collin. Wenn durh Kebensporfülle die Gemüther munter 
und luſtig aufgeregt wurden. Göthe, Leben 14. B. Er wurde zu le- 
benswährendem Feſtungsbaue verurtheilt. Ungenannter bei Campe. 
Der Lebenswandrung Zag ift ſchwül. Matthiifon. Dies lebens— 
warnte, fühlende Bewegen. Shakeſpeate, Maß für Maß 3, 1. Dean 
bringt ihn- auf fein Bett und ſpür't noch Puls und Lebenswärme. 
Bürde. In ſtarken Menfchen werden große Schmerzen und Freuden zu 
überjchauenden Anhöhen ded ganzen Lebensweges. J. Paul, Zitan 
34. Der Lebenswein ift- ausgeichenkt. Shafefpenre, Macbeth 2, 2. 
Unfer Hinmel, unfere Einrichtungen, unfere Lebensweiſe legen und 
andere Bedürfniffe auf. Herder. (Die Dichtkunft) lehrte die Menfchen 
Lebensweisheit. Herder. Der aus der ftürmifchenlebenswelle zeitig 
ewarnt fich berausgerettet in des Klofters friedliche Zelle. Schiller, 

zaut von Meſſina. Zu lebenswieriger Feitungsarbeit verdammt. 
Ungenannter bei Campe. Es treibt der ungefhwächte Muth noch friich) 
und herrlih auf drLebenswoge. Schiller, Wallenfteind Tod 5, 4. 
(Gott) beftimmte meine Tebenszeit. Gellert. Doc, ſchien ibn Die 
gegenwärtige Gefellihaft viel ernfter, nicht zum Scherz auf Schein, 














908 


jondern auf bedeutende Lebenszwecke gerichtet. Göthe, Meiſters 
Wanderj. 3, 1. | 


Anm. 1. Sehr entflellt find vie Zahlwörter elf (eilf) und zwölf, gotk 
ainlif, tvalif; ahd. cinlif, zuelif; uhr. einlef, einlif, zweief, zweif; agf. end- 
leofan, tvelf; alin. ellifu, tölf; engl. eleven, twelve, ſchwed. ellofva un» elfva, 
tolf ; dän. elleve, tolv. Der Einn iſt: zehn und eins darüber, zwei darüber. So 
erklärte Grimm früher. Nun gibt er (Geh. der deutfchen Sprache S. 246) mit 
Acht Boppé Annahme den Vorzug, daß in dem lif von ainlif, tvalif Forma 
einer uralten Zehnzahl erhalten find, auf welche die Schickſale des gewöhnlichen 
Worte Feinen Einfluß übten. 

Unm. 8. Laib (Brot) gehört nicht zu bleiben. Das Wort lautet gotk. 
hläibs, ahd. hleip, leip, mhd. leip, agf. hlaf, altn. hleifr, leifr, engl. loaf, (diva 
lef, flav. chljep, chlep. 


Stleiben. 
CWurzel klib.) 


Kleibe, klieb, geklieben, Bleiben (ahd. chlipu, chleip, chlipu- 
m£s, chlipaner, chlipan; mhd. klibe, kleip, kliben, gekliben, 
klifen; agi. clifan, engl. cleave, ſchwed. klibbe, daͤn. kläve) bangen, 
feft fein, feft wachlen, haften, feſt fihen, auch fig. befteben, dauern, 
ift nhd. nicht fehr im Gebrauch, doch Laffen fich Beiſpiele aus verſchie⸗ 
denen Zeiten nachweifen, befonders von befleiben im fig. Sinne — 
Se wird mein Glück befleiben und grünen für und für. Opiß, 
poemata 1635 S. 197. Biel ſuchen groffen Rubm, und meynen 
zu befleiben durch Lob, das ninmmer flirbt, mit Leben und mit 
Schreiben. Opig, Viel Gut 1629. S. 7. Wo dir dein Glüde mehr 
wird ald am Nil befleiben. Lohenftein, Bleopatra 1, 633. Ben 
der ae Er ige recht an der Bruft befleibet. Hoffmanuswaldan, 
Heldenbriefe 64. Wie foll ein fchwaches Kraut in frembder Lufft be⸗ 
fleiben? Daſ. 88. Die jchlecht ift ımferen Lieben der, Abſchieds⸗ 
Wunſch beflieben? Günther, weltl. Dden 36. Was -unfer 
Wolf geichrieben, das ift in dir fo wohl beflieben. Gottiched, 12 
Dde auf Cramers Bermäblung. Bei feit befleibter Sat. Weich⸗ 
mann, Poeſie der Niederfahien 1, 62. So lang ein Reft von Bram- 
ſchweigs Bold befleibt. . Daf. 4, 55. Der lafle dann an dir bes 
fleiben, was jet mein Mund von Herken ſpricht. Daf. 4, M. 
Wo Difteln kaum befleiben. Wieland, Oberon 9, & Wenn die 
Lehre Der Vernunft in uns bekleiben foll,. Leifing, Hamburg. Dra- 
maturgie 79. So mögt ihr denn in Dre befleiben. Göthe, 
Satyros 5. Bin ich feft beklieben. Nüdert, gel. Ged. 2, 429. 
Weil man fonft nicht recht befleibt. Daf. 4, 74 Wenn bier ein 
Gedänkchen bekliebe der Liebe. Daſ. 4,167. Daß die Pflanze der 
Liebe nicht nach Wäflrung befliebe. Daſ. 4.189. Was du be- 
flieb. Daj. 4, 200. 





007 


— · — 





Aleben (zuweilen kleiben) ahd. ohlöpéên, kleipjan, mhd. klö- 
ben, kleiben) vermittelft einer haftenden Feuchtigkeit an der Ober⸗ 
fläche eines Körpers feft fein und feft machen (|. ©. 651). — An—, 
auf —, aus —, be—, ein—, nah —, über—, um —, ver—, 
wider —, zu —, zuſammenkleben. Denn die Flügel kleiben 
an den Leimruthſtangen. Rückert, geſ. Ged. 6, 319. Weil des Grafen 
von Helfenſtein Blut an ſeinen Kleidern klebt. Göthe, Götz v. B. 5. 
Daraus ſah ich, daß er fromm iſt und nicht bloß am Zeitlichen klebet. 
Gellert. (Wie du Goliaths) unförmliches Haupt auf einer großen 
Stecknadel mit wächſernem Griff dem kleinen Dawid in die Hand 
flebteft. - Söthe, Meilters Lehrj. 1, 2. Laffet uns ablegen’ die 
Sünde, fo vns jmer anflebt. Luther, Bibeluberf. Hebr. 12, 1. 
Bilduiffe... auf die Wand neben einander in gewifler Ordnung aufs 

eflebt. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9. Alte Damen und alte 

pfeifen aber befleben leicht an männlichen Lippen. 3. Paul, 
Hefperus 3. Die Bedienten befleben den Rand des Kutichendedels 
mit Kerzchen. Göthe, röm. Barneval. Er zieht vom Stuhl fein 
Schwert empor, vom Buhlenbiut umklebt. Redwitz, Amaranth. 


Kleber 1) eine Perfon die; 2) ein Ding das lebt; Eleberig 
(früher und bier und da in der Volksſprache noch kleber, ahd. 
klöpar, mhd. kleber). — Ein weißer Elebriger Saft. ©. Forſter, 
der Brodbaum. 

Alebauſter, —feuer, —garn, —gras, —kraut, —kugel, —laus, 
—nelfe, —neß, —pflafter, —pfoft, —tanft, —ſchmiege, —Ihrift, 
—ſchwamm, —fpindel, —werf —wurz, —zettel. 

Klippe (ahd. chlipa, agſ. elöofu, altj. klipa, nah Grimm 
von ahd. chlipan) ift ein berverragender, und m eine oder mehr 
Spitzen —— ſchroffer Fels, er mag nun auf dem Lande oder 
im Meere fein. — Manche Klippe fährt dein Liebſter noch vorbei, 
Goͤthe, an die Erwählte. , 

Fels (minder gut Felſen, ahd. ver flv)elis und die flv)ölisa, mhd. 
der völs, altf. ſölis. ſchwed. fjäll, dan. fjeld, franz. falise, falaise, gr. 
rrälla) jede Steinmafle, fie mag nun hervorragend fein oder nicht. Gine 
Steinmaffe von beträchtlicher Breite, dann auch von beträchtlicher Höhe wire 
oberd. eine Fluh oder Fluhe (Bhühe) genannt (ahd. fluah, Auch, ſchweiz. 
fluech, agf. floh); auch Belswand, ſelbſt Felsabſturz. Alpe (ahd. alpun, 
mb. albe, mittelniederd. alve1]) eine ſehr hohe Bergſpitze. — Riff (altn. 
rif, vielleicht niederd. Nebenform von Rippe) ſchmale Sand⸗ und Felſenbank 


1) Gallorum alti montes ip vocantur fagt Servius. Nah Dies 
fenbad und Weigand ſcheint Name keltiſch Wadernagel vgl. die 
Elfen (gefvenftine zwergenhafte, in Flüſſen und Bergen hauſende Weſen) und 
gr. aApos, lat. albus = weiß. Graff I, 242 jagt von al ala Weiveplag, over 
der Höhe wegen; auch galifch alp = hoher Dt. rimm (b. Mythologie 2.9. 


908 


Im Geegewäffer. — Wie die Flut mit fchuellen Strömen wachſend die Beljen 
überfpült, die In dem Sand am Ufer liegen. Gothe, Sphigenie 4, 3. Dart 
IR das Hadmefler, wo ſchon der Schiffe mehrere gebrochen. Benz fe nik 
weislich dort vorüberlenfen, jo wird base Schiff zerſchmettert an ver Flak, 
die ſich jähftopig abfenkt in die Tiefe. Schiller, Zell 4, 1. Die Aly ik ck 
geweidet. Daf. 1, 1. Aus ber Tiefe ragend ein Belfenriff. Geiler, da 
- Xauder. _ j - 
Klippfifch, — horn, —Eleber, — mans; Klippenbod, —dadl, 
—fiſch, — bahn, —hafe, —fpringer, —vogel, —weg u. a. — Di 
ftachlichte Roche, der Klippenfite, Schiller, Taucher. Klippen 
rauhes Weſen. Benzel-Sternau. Die ernfle, klippenweiche 
Bahn. Pfeffel. Zum Profeten wurde er besufen, ſprach der Klip: 
penfteiger. Benzel-Stemau. : Wer konnte wol den Menſchen lehren 
der Elippenvollen See zn trau'n. ©. N. Schlegel. 
Anm. Abb. cliba, agf. elib(fe), uhd. klibe — Klette (ahd. auch chletta) 
iſt außer Gebrauch; ebenfo mho. klöp und klöbe —, Vogelleim. Stieler (181) 


hat noch der Kleb. 
- Reiben. 
| | (Wurzel rib.) 

Heide, rieb, gerieben, reiben (ahd. ripu, reip, ripumts, 
ripaner, ripan; mhbd. ribe, reip, riben, geriben, riben, altn. rifa, 
mittelniederl. wriven, neuniederl, wrifen, ſchwed. rifwa, dän. riva, 
engl. rive) 1) etwas angedrüdt woran wiederholt darauf hin und he 
bewegen, aud in ineig. "Sinne; 2) durch Reiben zubereiten, je 
richten, Hein machen; 3) ſich reiben, an nnd gegen einander bemegt 
werden, fo daß der eine Körper dem andern in feiner Bewegung Br 
derftand Teifte. — Wenn ich mich ruhig verhalten. und das Uebel 
nicht durch Reiben und Kraßen — wollte. Goͤthe Leben 
1.38. Er will fih an Scribenten reiben, nur. weil ex ſelbſt fen 
Lob gewinnt. Hagedorn. 

Die Synonimen |. ©. 650, 

Ab—, an—, anf, aus—, be—, bei—, durd—, en— 
ent —, binweg—, nach —, über—, unter —, ver —, weg—, zer— 
zuſammenreiben find. klar. — Die Verzierung mit mehr Mühe wiedtt 
abzureiben, als wir fie aufgemahlt hatten. Göthe, Leben 11. 2. 
Daß fie fich faft die Baden aufrieb. Göthe, Meijters Lehr. 4 & 
Daß Krankheit fie. im Kerker aufgerieben! Schiller, Maria Stuart 
1, 8. Die beiden reiben, mit feindlicher Kraft, einer den anden 
fih auf. Göthe, Weißagungen des Balis 5. Er wollt’ ihm de 


©. 413) ſtimut mit Wadernagel überein: er meint alp (Mif, Elfe) möge ur 

ſprünglich einen lichten, weißen, guten Geiſt bezeichnen; daun ſchließe 4 de 

— des ſchneebedeckten Hochgebirgs (Alpen) und bes Haren Stromes (At 
is, eo) an, 





909 


= — 


J 


Bad geſegent und ihn ausgerieben haben. Göthe, Goͤtz v. B. 1. 
Kaum die Augen ausgerieben, Kinder, langeweilt ihr ſchon? Göthe, 
Fauſt 2, 227. Sie hatte in einen Napf mit Waffer Kreide einge- 
rieben. Göthe, Meifters Lehr. 3, 11. Ich rieb meine Thränen 
ein. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 1%: Auch Alkmen entreibt mit 
dem Daum vordringende Thränen ihrem Ang. Voß. Den Kuß, den 
nach jungfräuliher Abwehr man hinwegreibt mit der Hand. Voß, 
Inunende Liebe. Ich will ihn zu Staub zerreiben. Schiller, Räus 
ber 2, 1. Mir laß die Wolluft, ihn zu Brei zufammenzureiben! 
Dat. 2, 38. Reibe das Abfchabfel noch klarer auf Marmor zujam- 
men. % Paul, Siebenläs 2. | 
Einnverwandt mit aufreiben (efwas reiben es offen, auch fo lange, 
bis es nicht mehr da ff) If vertilgen (von tilgen, ahd. Hligön, tiligon, 
mbd. tilegen, agf. dilyjan, eine erweiterte Form yon dem dasfelbe ausprücfenden 
ahd. tilön, tilen, fo bei Graff V,.398 nach Otftid, währene Grimm tilön, 
. Glen anniinmt, wahrfcheinlih zu Theil S. 96 gehörig) allg. machen, daß 
etwas aufhört, fein Dafein zu haben, infofern ein völliges, gänzliches Aufhoͤ⸗ 
ren ausgedruckt wird. — Der Zweifel meiner fürftlichen Geburt, er ift getilgt, 
fobald ih dich vertilge. Schiller, Maria Stuart 4, 10. 

Heide, Reibel, (abd. ribil, mhd. ribel), Reiber (mbd. ribzere), 
Heibung; Reibahle, — aſch, —ballen, —bledh, —bret, — faß, —feuer, 
— hammer, — holz, —keſſel, —keule, —lappen, —nagel, —pfanne, 
— platte, — preſſe, —ſand, — ſchale, —Icheit, —ſtein, —ſtock, —tabak, 
—tuch, — wiſch, —wohl (Bohrer bei Schloffer) u.a. — Aus Farben⸗ 
reibern find trefflihe Maler hervorgegangen. Göthe, Betrachtungen 
im Siune der Wanderer. Soll ich bier dafür erfaufen Geräth, Brei- 
napf, Reibeifen? Platen, verhängnißd. Gabel 2, (Indem es) an Del 
zum Reibezeug mangelt. ©. P. Sturz, Fragment aus den Papie- 
ven eines Hypochondriſten. 

- Nibeln, rippeln, rippen — wiederholt reiben; fi rippeln — 
ſich auftehnen gegen einen Stärferen; rebben — durch Reiben auf- 
reiben: jeine nicht feft fchließenden Schuhe haben ihm die Ferſen ge— 
rebbt, aufgerebbt gehören der Volksſprache an. — Daß fle (die 
Zlöhe) die verrieblen und vertriebelen mögen. Simplichfimus 3,6. 


Schreiben !). 
(Wurzel scrib). — 
—Schreibe, ſchrieb, geſchrieben, ſchreiben (ahd. seripu, screip, 
scripum&s, scripaner, scripan; mhd. schribe, schreip, schriben, 


1) Das Wort follte, als fremdes, nach ter ſchwachen Konjugation gehen; es 
ift aber fhon fehr frühe. in die deutſche Sprache — Nach Schwenck 
ſoll das Wort, mit vorgetretenem ſ, mit graben von gleicher Abkunft ſein, wo⸗ 
für nichts ſpricht. 


910 





. .r 


geschriben, schriben; ſchwed skrifwa, hollaͤnd. schryven, aus fat. 
scribere) 1) überhaupt Schriftzüge machen, Wörter Durch beftimmmte 
Zeichen dem Auge fihtbar machen; 2) fehreibend hervorbringen , ver- 
fertigen; 3) zumeilen für abſchreiben. — Wenn er nur lefen fann und 
ſchreiben. Schiller, Wallenfteins Lager 7. Sie waren’, Die Die 
Thörichte verführt, fich Englands Königin zu ſchrei ben. Schiller, 
Maria Stuart 2, 3. Schreibend ſchreibt er in Schreiben ge 
fhriebene Shriften, Der Schreiber. Voß, der wortreiche Nach⸗ 
ſchreiber. 

Anm. Bine Urkunde vom Jahr 1188 In Roths Urkunden der Stadt Ober 
mofchel, München 1848, S. 8 hat das Partic. verschruben, ähnlich den Form 
verluwen und verluhen (fi leihen) bejonders in mittelcheinifchen Deufwälere. 

Beſchreiben 1) mit Schriftzügen verfehen, voll ſchreiben, an etwas 
ſchreiben; 2) durch ‚ausgeführtere Darftellung in (zunächft fchriftlichen, 
im weiteren Sinne auch mündlichen) Worten eine dentlisbe bildartige 
Borftellung von etwas machen; 3) (veraltet) ausfchreiben,. um etwas 
jchreiben. — Wenn ich nun gleich das weiße Blatt dir site, amfatt 
daß ich's mit Lettern erſt befchreibe. Göthe, Sonette 10. Brief 
ſchaften, von denen er die unbefhriebenen Blätter mit größter 
Gelaffenheit abſchnitt. Göthe, ital. Reife Meifina 12. Mai 17. 
Du ſchil derſt deines Vaters He. Wie du's beihreibtt, io fs 
in feinem Eingeweide, in Diefer ſchwarzen Heuchler&- Bruft geftultet, 
Schiller, Wallenſteins Tod 3, 18. Er beſchrieb einen Reichstag 
gen Ingelheym. Aventinus, Chronit 1580. Bl. 80. 

Schildern (f. S. 831) if Hier auf NRede und Schrift angewandt: im 
Gigenthümlichkelt ausgeführt nach Farbe, Licht und Schatten darſtellen. Abs 
fhildern = nah einem Urbild und biefem im Gingelnen wie im Ganges 
ähnlich ſchildern. — Mit ihrer Feuerzunge ſchil derte fie jeden Umſtand der 
verruchten That. Göthe, Iphigenie 3, 1. Daß ich ihre &eräthichaften zu) 
einfaches Maſchinenwerk zeichnete und hübſche lieber mit Zierlichkeit a b⸗ 
f&hilderte. Göthe, Meiftere Wanderj. 3, 5. Briefe, worin er ſich nad be 
Barbe feines Bartes, dem Schnitte friner Waben, ver Welfe feines Ganges, 
nach Augen, Stirn und @efichtefarke ne auaelalinen Kabra 
fol. Shakeſpeare, was ihr wollt 2, 8. 

Ab—, an—, anf—, aus —, bei—, ein — — fort — bt—, 
heraus —, berein- —, herunter —, hin⸗ binans—, binein— ‚nad—, 
nieder—, über— , um— , unter —, ver— , vor— (©. 5), 3a, 
——— zufammenfchreiben ergeben fih aus nachfolgenden Beiſpie⸗ 
en. — In kurzer Zeit erhält du abgefchrieben dem Gedicht. 
Goͤthe, Taſſo 5, 2. So ſchob . ihr nl abgeichriebene 
Federn unter, Göthe, Wahlo. 1, 6. Arſenik fteht auch außen (anf 
der Büchſe) angefchrieben. Göthe, Scherz, Lift und Rache 1. 
Seine Freunde find übel beiipr angeſchrieben. Göthe, Meifters Lehrj. 
7,6. Id trug ein Mährchen vor, das idy hernady unter dem Zitel 














911- 


“ ° 


„die neue Melufine” aufgeſchrieben habe Göthe, Leben 10. B. 
Nach dem ſchrieb (kündigte) der Keyſer Nero dem Felix Die Haupt» 
mannfhafft auff. Aventinus, Ehronif 1580. Bl. 180. Laß mir die 
Etele aus Camper u hreiben. Göthe, 3. Aufenthalt in 
Rom 12. Det. 1787. er anfänglich auf Augsburg im Detöber 1763 
ausgejchriebene churfürftliche Eollegialtag ward nun nach Frauk⸗ 
furt verlegt. Göthe, Leben 5. B. Doch bier auf diefer andern Tafel 
ler ich jede Vergehung pünftlih beigefchrieben. Schiller, Don 
Karlos 3, 5. Ihr wart in's Waſſer eingejhrieben. Göfhe, am 
Fluſſe Ich will dich in unfere Zahl einfhreiben laſſen. Göthe, 
Denvenuto Gellini 1, 4 Wo ein Elauren fogar Reichthum fih er⸗ 
Ihreibt. Pfaten, rom. Dedipus 1. Und fogleicy bereit war fort- 
zuſchreiben. Göthe, Leben 14. B. Eine aus pedantiihen Zeiten 
ich herfchreibende Gewohnheit. Dal. 7. B. Daß ih das Ge- 
didt... in der Diagonale (des quer liegenden Bogens) herunter- 
Ihrieb. Daf.16.B Weiher fih herunterſchreibt. Lichten⸗ 
berg, Nachtrag zu den liter. Bemerkungen. Diefes Hin- und Wir- 
derſchreiben, fo Yan auch war, ftörte das gute Verhältniß 
nit. Göthe, Leben 14. Meine Seele follft du haben! ſchrieb 
id hin mit eignem Blut. Göthe, der Echapgräber. Die nicht wes 
nigftens einen Perioden ... techt gut hinauszuſchreiben (fertig 
zu. .ichr.) wüßte. I. Paul, Siebenfäs 3. Der Aktuarlus hatte indefe 
jen immer die Worte nachgeſchrieben. Göthe, Meifters Lehrj. 
1, 13. Unſere Bemerfungen niederzufhreiben. Göthe, 2% 
Aufenthalt in Rom Dec. Die verflegelten und überfhriebenen 
Neujahrsgeichenfe wurden von den Kindern . . . ausgetheilt: Göthe, 
Leben 3. B. Ueberfchreien können Sie mi, überfhreiben follen 
Eie mich gewiß nicht. Xeffing, Antigdze 1. (Da) nur wenige Blaͤtter 
umgefchrieben zu werden brauchten. Götpe, Leben 4. B. Klein 
ift Das Feld, das ich umjchreibe. Schiller, Näthfel. Umſchrei— 
bew Sie die wenigen Worte, fo wird der Stun alfobald hervorleuch⸗ 
ten. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 6. Ich müßte ein Schurke fein, 
wenn ich mich könnte bereden laffen das zu unterſchreiben. Göthe, 
Götz v. B. 4. Weil id mid, im langen Buche nicht ewig verſchrei— 
ben fann. % Paul, Titan 3: Bir jeßen- eine Formel auf, worin‘ 
wir und dem Herzog insgeſammt verſchreiben. Schiller, Piccolo⸗ 
mini 8, 1. Was die Bersfihaft voriges Jahr zu verfhreiben 
(kommen zu laflen) angefangen. Göthe, Wahlv. 2, 9. Ich gebe Ihnen 
diefe Nachricht fo, wie fie mit aus Berlin zugeſchrieben if. Sul- 
zer. Dem Herzog ſchreibt allein die Kränfung zu. Schiller, Wal⸗ 
lenfteins Tod 1, 6. (Der) ein Briefchen voller Xabeserhebungen an- 
jenen zu rückſchrieb. Keffing, Hamburg. Dramaturgie 36. Er hatte 
viele auf der Reife geſehen und hoffte daraus ein feidliches Heft zu= 
Iammenfcdreiben zu können. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 17. 





912 


Yum. Ju partic. Iufammenfegung fagt Kedwitz in vd. Amarantb: Go blückt 
gedankenſchwer und finfter fein grambeſchriebenes Angeficht. 

Schreiber (ahd. scribo, scribAri, mhd. schribsere, schriber); 
Schreiberei; Schreibung; Gefchreibe; das Schreiben (Kundmachung 
in fchriftlicher Anrede); Nbreibbar, fchreiblih (nur in Zuſammen⸗ 
ſetzmigen) — (Er gab das Blatt) dem Schreiber. Sonuenberg. 
Mein Abſchriber ift ausgebfieben. Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 
56. Ausſchreiber, Abeonterfeier ꝛc. Klopftod, Gelehrtenrepublif. 
Lieber Leſer, ift Dir iego nicht wie dem Lebensbefhreiber? 
J. Paul, Hefperus 1. Das Weib ift bier aus der Nahbarfchaft eines 
Amtihreibers Tochter. Göthe, Werther 2. B. 4 De. Bie 
ein Chronikenſchreiber das aufzeichnen würde. Daf. 15. März 
Gelahrte Herrn Fragmentenfhreiber. Pferfel, das Goldſtück. 
Dann eile gleih Egmonts Geheimſchreiber gefangen zu nehmen. 
Göthe, Egmont 4. Der dramatifche Dichter ift fein Geſchicht⸗ 
ſchreiber. Leifing, Hamburg. Dramaturgie 11. Sein Abichiedswort 
thut euch duch mich der Komdödienfchreiber zu wiſſen. Platen, 
die verh. Gabel 5. Da die Schönfhreiber immer mit dem Mo 
raliichen ihrer Schriften, das nüßt, etwas Unmoralifches, das vergiftet, 
aber reizt, A verbinden wiffen. 3. Baul, Hefperus 1. Ein unförms 
liher Stadtfchreiber ritt voraus. Göthe, Meifters Lehr. 1, 1%. 
Ob ich bei einem feftlidien Mahle neben einem Vater der Stadt, oder 
einem Zollſchreiber ſitze. Sturz, ein .Rangftreit. — Ich dächte, 
Sie ließen die ganze Schreiberei bis auf die Ankunft meines 
Oheims. Leifing, Minna v. B. 2, 2. VBielfhreiberei in meh 
reren Sprachen. Göthe, Zag- und Yahreshefte 1749— 64. — Be— 
ſchreibungen von gegenwärtigen Zuftänden einzelner Menfchen. Göthe, 
Meiſters Wanderj. I, 7. Die Kebensbeihhreibung des Erſtern 
batte mich im Innerſten ergriffen. Göthe, Leben 10. B. Lab uns 
nun au die Gutsbejchreibung gehen. Göthe, Wahlv. 1, 4. Laß 
uns die engliihden Parkbeſchreibungen mit Kupfern zur Abend- 
unterhaltung vornehmen. Daf. 1, 6. Dann zog fle eine Reije- 
beihreibung hervor. Daf. 1,.17. Schaff mir die Verſchrei— 
bung! Schiller, Biccolomini 2, 6. Die Schuldverſchreibung 
‚lautet an die Todten. Schiller, Reſignation. — Wie fo ein Sefchreibe 
- am Ort felbft zufümmenfchrumpft. Göthe, ital. Reiſe 2. Dec. 1786. 
— Ich bediente mich derjelben (Terminologie) in einem Briefe, den 
ich unter der Maske eines Landgeiftlichen an einen neuen Amtöbruder 
zu erlafien beliebte. Das Hauptthema desfelbigen Schreibens war 
jedod die Looſung der damaligen Zeit, fie hieß Toleranz. Götbe, 
Leben 12.3. Ich erhielt von Baufe Darüber ein Schönes Belobungs- 
Ihreiben. Daf. 7.B As ih nun mein Bittfchreiben einge 


reicht. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 2. Geben Sie mir eine Pitt 





hrift, ein Empfehlungsfhreiben an meinen Bater! Schiller, 


— — — 


Don Karlos 2, 8. Der Hoffaplan Eymann ſandte ein langes Glück⸗ 
wunfidicdhreiben an Viktor. 3. Paul, Heiperus 7. Es müſſe ein 
föniglides Handfchreiben an Sie unterwegs fein. Leifing, Minna 
v. B. 4, 6. Ale Meldungsfhreiben übernahm. Mittler. Göthe, 
Wahlv. 2, 8. — Auch find unſchreibbare Dinge darnnter. Göthe, 
Briefw. mit Schiller 5, 75. — Nach wie vor übten fie eine unber 
jchreibliche Anziehungskraft gegen einander aus. Göthe, Wahlv. 2, 17. 
Die Synonymen von Schreiben, Sendſchreiben |. ©. 224. 
Schreibart 1) Art und Weile die Schriftzüge zu machen; 2) 
Art und Weiſe feine Gedanken fchriftlih auszudruͤcken, fubjeckv und 
objectiv. — CEine gefällige Schreibart fing an durchaus nöthig zu 
werden. Göthe, Xeben 7. B. Bus 
Stul (franz. stile, engl. style, von lat. stylus, gr. drvlog), objectiv, 
die Gigenthümligfeit einer Darflellung durch Sprache; bann auch anf alle 
ſchönen Künſte angewandt. Diction (lat. diotio v. dicere — fagen) if 
was Sthreibart. Ton tlat.tonus S. 829) iſt die Ausdrucksweiſe eines Kunſtwerkes 
mach der herrfchenden Empfindung, die durch jene erregt wird. — Männer, 
die ... in Predigten und Abhandlungen durch einen guten und reinen Styl 
der Religion ... Beifall und Anhänglichkeit zu erwerben fuchten. Göthe, 
Leben 7.2. | 
Schreibbedarf, —behör, —blei, —bret, —flechte, —gebühr, 
— ehilſe, —geiſt, —geld, —geſetz, —griffel, — groſchen, —helfer, 
—faften, —kitzel, — koͤcher, —kunſt, —künftler, — lade, — leder, — lohn, 
—luſt, — meifter, —papier, —regel, —richtig, — ſchilling, —ſchrank, 
— ſchule, —ſtein, —ſtift, —ſucht, —tafel, —tag, —übung, —wuth, 
— zeug, —zimmer, —zug u. a.; Schreiberamt, — fiſch, —holz, — lohn, 
—poſten, —roje, — ſtelle u. a. — Der Buchbinder mit bunten 
Schreibbüchern (war) erſt heute (da). J. Paul, Heſperus 1. Der 
duchhlauchtige Schreibdaumen. Daſ.7. Eine tragbare Schreib— 
feder mit Dinte. J. Paul, Titan 36. Verzeihen Sie die Schreib— 
fehler. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 158. Dazu aber fehlt mir 
die Neigung und meiner alten fhweren Hand die Schreibfertig- 
feit. Spalding. Bei mir (ift e8) der Schreibfinger 3. Baul, 
Zitan 33. Das ganze tomantiihe Schreibgelage. Daf.36. (Wie 
fie) eine gewiffe Schreibgeſchicklichkeit ſich zu verfchaffen wiflen. 
Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 146. . Daß ich als Knabe unter fei- 
nen Büchern und Schreibfalendern geſtört. Göthe, Leben 1. 2. 
Die ſchreibluſtige Hand des Nutors. 3. Paul. "Weil ich durch 
diefe Privatübung von den VBorfchriften des Schreibemeifters ent- 
bunden wurde. Göthe, Leben 4. B. Und ich wär’ bald vor Unge— 
duld wieder —— zum Schreibepult. Schiller, Wallenſteins 
Lager 6. Die Schreibſeligkeit meiner neuen Freunde. Göthe, 
Meifterds Wanderj. 1, 6. Hatte er feine Geichäfte in der engen 
Schreibſtube am uralten Pulte vollendet. Göthe, Meifters Lehrj. 


58 


914 . : 


1,11. Als ich mit feinem Sohne Schreibftunde hatte. Göthe, Leben 
4.8 Schreibtafel ber! Shafefpeare, Hamlet 1, 5. Rur werde 
er (der Knabe) von Schullehbrem mit Schreibterten verſchont, wie 
fie ſie zu pflegen. J. Paul. Führte ihn der Graf an einen großen 
Schreibtiſch. Göthe, Leben 13. B. Er packte fein Reiſeſchreib 
zeug wieder ganz gemächlich in die Wagentaſche. Benzel⸗Sternan. 
Man gebe mir einen kleinen Schreiber- oder Cimehmer⸗Dienſ. 
Göthe, Meifters Lehrj. 1, 14. 

Schrift (ahd. serib, giserib, scrift, mhd. schrifet, schrift, 
schrift, altn. skräf) überhaupt Geſchriebenes; dann allg. Art uw 
eife, wie Jemand fchreibt; Niedergefchriebened oder Gedrudtes, it 

fofern ed einigen und nur feinen großen Umfang hat, in Bezi 

auf den Inhalt wie auf den Verfaſſer. Davon ſchriftlich. Hand- 
ſchrift = Form der Schriftzüge; eigenhändige Namensunterkhrift; 
das zum Drude Gejchriebene; eine der Altern Zeit amgehörige Ur⸗ 
oder Abjchrift eines Werkes; fchriftliche Verfiherung, vornehmlich inje 
fern fle aus freier Hand ausgeftellt iſt ohne gerichtliche Beglaubigung. 
— Ganz vergebens ftrebft du daher durch Schriften des Menſchen 
ſchon entichiedenen Hang und feine Neigung zu wenden. Göthe, 1. 
Epiftel. Ich geb’ nichts Schriftlihes von mir. Schiller, Piccolo⸗ 
mini 2, 5. (Er) ließ ihn Handjchriften fehen won machen Per⸗ 
fonen. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 7. Schaff mir ihre Hand- 
ſchrift! Schiller, Piccolomini 2, 6. That ex jm dasſelbige Gelt, 
vnd nam eine Handjchrifft von jm. Xuther, Bibelüberf. Tob. 1, 17. 
— Laß mich die Abſchrift eilig baben.. Göthe, Taſſo 5, De 
fie unfere Gedichte abjchriftlich verbreiten. Goͤthe, Briefw. mit Stils 
ler 2, 209. Bis der Brief, der Aufichrift gemäß, dießmal abge 
geben werden konnte. Göthe, Meiſters Wanderi. 3, 3. Eine Ju⸗ 
ſchrift, über die. ich trete! Göthe, der Wandrer. Dieie zufällige 
Arbeit widmete ich infchriftlich dem Freunde Göthe, Tag- und 
Jahreshefte 1807. Sagen Sie mir, was will der Better im ſeiner 
Nachſchrift mit Valerinen? Göthe, Meifters Wander. 1, 6. Bir 
find nur Ueberſchriften; Die Welt hat Die Kapitel des Bucht. 
“ Göthe, Vened. Epigr. 59. Er beitellte fi) Die Geſchichte Mofls, der 
Waſſer aus dem Felſen jchlägt, mit der Umjchrift: ut bibat pope- 
us. Göthe,. Benvenuto Cellini 3, 2. Zuletzt legte er Wilhelmen em 
weißes Blatt vor mit Erfuchen um einige Zeilen, doch ohne Unter: 
ſchrift. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 7. Weil id durch Diefe Pri⸗ 
vatübung von den Vorſchriften des Schreibemeiltersd entbunden 
wurde. Göthe, Leben 4. B. Wie nach Bafo ein Hofmann jeine Bitt⸗ 
ihriften in die Nachſchrift verihob. J. Paul, Hefperus 11. So 
ftelle dort... Denkzeiben, Denkſchriften auf. Göthe, Wahlv. 2,1. 
Bei dem zwedmäßigen und zwedlojen Anhäufen der Drudichriften 
Söthe, Windelmann 1. Sie ſuchten unter den Bächern, und fun 





915 


den einige fogenannte Erbauungsfchriften. Göthe, Meifters Lehrj. 
1, 6. Erziehungsidriften, boff ih, bat man reichlich ange- 
ihafft? Platen, vom. Dedipus 2. Mit untilgbarer Feuerſchrift in 
dieſen Kopf, in dieſes Herz gegraben. Alxinger. Du weißt das Berg⸗ 
volk denkt und fimulirt, it in Natur- und Feljenfchrift jtudirt. 
Göthe, Fauſt 2, 268. So Far beweglich bleibt das Bild der Lieben, 
mit Flammenſchrift in's treue Herz gefchrieben. Göthe, Elegie. 
Bei den kleinen Flugſchriften, die ich ungenannt herausgab. Göthe, 
Leben 13. B. Und die Glanzſchrift erſchreckt fernher. Voß. Bläu— 
lich ſchimmert'... am Gewölbe des Heiligthums die Gluthſchrift. 
Matthiſſon, mileſ. Märchen. Mit Goldſchrift ſchreib' ic ans Mal 
der Erhabnen. Klopſtock, Delphi. Seine Grabſchrift ſei der Ort, 
wo man ihn findet. Schiller, Jungfrau v. O. 3, 7. In gemeldeter 
Epoche jedoch lernen wir fie gewiſſermaßen nur aus ihren Irrſchrif— 
ten fennen. Göthe, Leben 19. B, (Sie) leſen die Zeitungen und 
Monatsſchriften. Göthe, die Aufgeregten 1,2. Allerhand Geiſter⸗ 
chen aus Zeitungen oder Monatichriften, in welchen die Buch 
ſehr ift gelobpriefen worden. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Cr lehnte 
die Mittheitung diefer Preisſchrift humoriftiich ab, Göthe, Leben 
10. 3. Eine Münze, deren Raudſchrift heißt. J. Paul, Sieben- 
käs 8 Reinſchrift ud Gieglung foll die Canzeley beſchäft'gen. 
GSöthe, Fauft 2, 293. Ew'ge Schmachſchrift deiner Mutterfande. 
Schiller, Rouffeau. . Daß ich eine Schutzſchrift ausarbeite für Ema—⸗ 
nuel. 3. Paul, Hefperus 8. XThaten, welche flammen mit Sternen= 
Fchrift in den Sälen des Himmels. Kofegarten, Hymne an die Tugend. 
Daß ich meiner Partey eine mit vieler Energie zu ihren Gunften ab» 
gefaßte Streitfchrift vorgeleien. Göthe, Leben 13. B. Mein gan- 
zes Bündnig will ich Dir. enthüllen, und meiner finftern Stine 
Zeichenſchrift. Shafefpeare, 3. Cäfar 2, 1. Cinwürfe, welde 
mir wider meme Zueignungsfchrift gemacht werden fönnen, 
Rabener, an Sancho Panſas Kiel. | 
Sinnverwandt mit Schrift find: Hand (goth. handus, ahd. mhd. hant, 
altf. hand, agf. hond, altır. hönd, ſchwed. dän. engl. haand, vielleicht von 
goth. hinthan = greifen) geht mehr auf. vie. Bine, auf bie Gandbewegung 
in Beziehung auf die Schriftform. — Wert (f. ©. 470) If jedes Niederge⸗ 
fchriebene oder Gedruckte von größerm Umfang als Schrift, in Bezishung auf 
den Inhalt wie auf den Verfaſſer. Buch (guth. die höka, ahd. das puoh, 
mb. huoch, alte. bök, agf. böc, engl. hook, fchweb, bok, neuniederl. boek, 
dan. bog; altflav. bukür — Buchflabe, ruff. bukvaz nad Grimm u. 9. 
vieleicht mit Buche zum goth. hakan, gehörig, beffen Urhereutung aber vers 
ſchollen iſt S. 6523 vgL au Diefenbach: goth. Wörterbuch 1,339) ein Ganzes 
anfammengeheftefer Blätter in under zu Schrift oder Drud, ohne Bezug auf 
Inhalt und Berfaffer. — Wie er eine ſehr reinliche Hand ſchrieb. Goͤthe 
Leben 10.3, 
— 





916 


- 


Schriftabſatz, —anzeige, —ausleger, — auslegung, —behäftui, 
—beurtheiler, —beurtbeilung, — beweis, —börs, —erflärer, —erflä- 
rung, —flechte, —forfher, —Forihung, —gebräuclih, — gelehrte, 
—gemwölbe, —gießer, —gießerei, —gießererz, — gießermetall, —gießer- 
zettel, —guß, —bhalter, —jaspiß, — kammer, —kunft, — mäßig, — nut» 
ter, —richter, — Säule, —ſchatz, — ſchaͤtzer, — ſchrank, —feite, — feßer, 
— fchneider, —ichneiderei, — ſpindel, —ipötter, — ſprache, —fteim, 
—ftellerihaft, — ſtellerwelt, — ftempel, —taihe, —tert, —verüdhter, 
—verfälicher, — verfaſſer, — verftändig, —wecjel, —wort, — zeichen 
u.a. — Schrifterfinder. Herder. Die ganze Brut der Schrift- 
gelehrten. Pfeffel, der Wundermantel. Im innem Schriftluften. 
J. Paul, Hefperus 7. Al Schriftlehrer und Schriftfteller red 
licher... . fohreiben und Ichren zu können. Lavater. Hier fende ich 
Ihnen einige Schriftproben für den Drud des Almanachs. Schil- 
ler, Briefw. mit Göthe 2, 89. Zu einer fo buchftaben- und fehrift- 
reihen Zeit. Herder. Ein Berk, zu defien Lefung mein Landeshert 
feine Landeskinder und felber die Schriftfajfen noch mehr nöthigen 
follte. 3. Paul, Heſperns 1. Er citirte... bei jedem Vorfalle ſechs 
paffende Schriftftellen. Meißner. Dieſes ift für den Scrift- 
fteller ein unerichöpflicher Quell von Wahrheiten. Lichtenberg, Beobad- 
tungen über den Menfchen. Daß man ganz die Stimmung der Schrift: 
tellerin annimmt. Schilder, Brief. mit Göthe 4, 243. Eben ie 
wenig fhriftftellerifche Methode oder Künftlerfinn berrichte in 
feinen (Lavaters) übrigen Schriften. Göthe, Leben 19.B. (Daß fie) 
bie und da fhriftftellerten. ‘Blaten, die verhängnißvolle Gabel 
5. Siebe da, der erite Schriftverfuch. Herder. Inden fchrift- 
vollen Zeiten. Herde. Schriftzeichen find’s. Chamifio, Sa 
Ins y Gomez. Den Schild des Helden zeichnet faum cin Schrift: 
zug. Uhland, Romanze vom Recenfenten. 


Treiben. 
(Wurzel drib.) 


Treibe, trieb, getrieben, treiben (ahd. tripu, treip, tripumes, 
tripaner, tripan; mhPd. tribe, treip, triben, —— triben ; goth. 
dreivan, altn. drifa, altj. dribhan, altfrief. driva, agf. drifan, mittel: 
niederl. driven, neuniederl. drifen, engl. drive, ſchwed. drifwa, vän. 
driva; Wadernagel vgl. gr. zosnen — wenden, Schwend gt. 
Dopvßelr — verwirren, flören, beide dem Gefeß der Lautverfchiebung 
nicht gemäß) nah Weigand zunäcft fordem, dann drohen umd 
nöthigen; Davon nhd. 1) zum Bewegen, Fortbewegen nötbigen (goth. 
dreiban und dräibjan); 2) durch innern oder äußern Beftimmungsgrund 
im Bewegung , Fortbewegung gejeßt werden oder fein; 3) (fig.) durch 
innern Trieb wachſen, beionders merklich ftark, auch gähren, ſchäumen, 





917 





ſich blähen; 4) fortfegen, nachfolgen; 5) durch Schlagen, Gtoßen, 
. Drüden ausdehnen; 6) oft und viel thun, ausüben. — So lang ein 
Hirte tried auf dieſen Bergen. Schüler, Zel 1, 4 Die Welt 
kann bundertmal, kann taujendmal um ihre Pole treiben. Schiller, 
Don Karlos 1, 5. Es treibt der ungefchwächte Muth noch frifch und 
herrlich auf der Lebenswoge. Schiller, Wallenfteind Tod 5, 4. Die 
Bäume treiben Knospen. Göthe, Götz v. B. 5. Die Gelehrjamleit 
kann auch ins Laub treiben, ohne Früchte zu fragen. Lichtenberg, 
philoj. Bemerkungen. So weit fann er’8 auch noch treiben. Schiller, 
Wallenfteins Lager 7. So find wir pfiffig und treiben’s fein. Dai. 1. 
Ein Meßgewand, das von Stiderei, ja von getriebenen Gold- 
figuren ftarrt. Göthe, ital. Reife Rom 3. Nov, Rüdgeführt, Adelbert, 
in den Saal, wo wir al8 Buben unfere Jagd trieben. Göthe, GOdtz 
v. B. 1. Solchen Spott mit mir zu treiben! Schiller, Maria 
Stuart 4, 5. Treib’ er ein ehrlich Gewerb in Ruh. ‚Schiller, . 
Wallenſteins Lager 11. 
Jagen (ahb. jagön, jagen, mhb. jagen, ſchwed. jaga, dän. jage1]) eig. 
in heftig ſchnelle Fortbewegung fegen; ſich in heftiger Cile fortbewegen. — 
Und diefe Wolfen, die nah Mittag jagen, fie fuchen Fraukreichs fernen 
Deean, Schiller, Maria Stuart 3, 1. " & 
Untreiben 1) anfangen zu treiben; 2) Semanden Durch ſtarke, 
ja gewaltfame Mittel dazu zu, bringen fuchen, daß er thäfiger werde ; 
3) daran treiben: einen Reif; 4) herangetrieben werden. — Er trieb 
mich dazu an. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 6. So wie untenntliche 
Leichname aus Amerifa an die Küften der alten Welt antreiben. 
3. Paui | | 
Ermunteen (ahd. armuntardn, irmuntren, armuntarjan, mhb. ermän- 
tern, f. munter ©. 899) machen, daß man munter wird; machen, baß man 
im eine lebendige Stimmung zur Thätigkeit verfegt wird. Aufmuntern in 
eine recht lebendige Stimmung zur Thätigfelt verfegen. — Ih ermunterte 
ihn, Hand nnd Auge zum letztenmal anzuftrengen. Göthe, ital. Reife 14. 
Mai 1787. Er fchien die Marime meines Baterd angenommen zu haben, 
daß junge Leute nichts mehr aufmuntern und anregen könne. Wöthe, 
Lehen 4. B. | | 
Sintertreiben (oberd. auch untertreiben.) es darauf anlegen, 
daß etwas, was geſchehen joll, nicht zur Ausführung fommt, — (Konnt’ 
ich) nicht die Reife hintertreiben? Schiller, PBiccolomini 1, 5. 
Bereiteln (von eitel ©. 751) machen, daß etwas, was geſchehen full 
oder worauf der Sinn fleht, zunichte wird. — Daß würde von eurer Seite 
erwartet, und dieß wurde vereitelt. Shakeſpeare, was ihr wollt 8, 2, 


») Die Wurzel des Wortes ift nicht Mar. Wacker nagel fragt, ob es mit 
geehe (gäbe) zu sehte (Acht) wie gr. aus (fchnell) zu Sewneıv (verfolgen), äyYdes 
Cfeind) gehöre; Graff A, 579 Rellt eine ganze Reihe Vermuthungen auf, 








918 


" Bertreiben 1) etwas von fi in die Kerne treiben, mit Gewalt 
von dem Orte, wo es ift, ans dem Kreife feiner Empfindung treiben; 
2) die Karben auseinander treiben, verdünnen und fo mehr verbreiten; 
3) Waare in Aufnahme und Abfag bringen (f. S. 604); 4) falſch 
treiben, befonders von dem vechten Wege abtreiben. — Die fih vom 
Raube der vertriebenen Bürger mälten. Schiller, Piccolomini 1, 2. 
Wer nit vertrieben fein will, muß vertreiben. Schiller, 
Wallenſteins Tod 2, 2. So mus man des tods bitterfeit vertrei- 
ben. Luther, Bibeläberf. 1. Sam. 13, 323. Einige allzukühn croqufrte 
Pinfelftriche zu lindern und mit den übrigen in eine fanftere Haltung zu 
vertreiben. Leffing, Hamburg Dramaturgie W. Was er aus feinem 
a Weins vertreibet und ausfchenfet. Mon. boica 2, 148 v. J. 
1392. i | 
Verjagen (f. jagen ©. 917) einen Gegenkand ſich heftig fchnell von 
da, wo er if, hinwegbegeben machen, insbeſondere gewaltfam, Berbanner 
(ahb. farpannan, mhb. verbannen, f, Bann S. 247) burch firafenbrohenbes 
Gebot abfondern und ansfloßen. Berweifen (f. a. weifen) durch Befehl 
beftimmen, daß Jemand von einem Orte ſich binwegbegeben und wegbleiben 
fol. — Denn bir die Griffen zu verjagen bin id, als edler Junker, bier. 
Goͤthe, Fauſt 1, 78. Verjage mich von diefer Stelle nicht! Schiller, Dos 
Karlos 1,2. Den verbanne nicht aus beines Heinrichs Geſellſchaft. Shake⸗ 
fpeare, K. Helurih IV. 1. Thl. 2, 4 Nach geendetem Landtage wird er 
allezeit Landes verwiefen. Klopflud, Gelehrtenrepublif. j 
Ab—, an—, auf— (ſ. S. 248), aus —, be—, bei—, durd—., 
- ein—, empor—, ent—, entgegen—, fort—, heim —, ber—, herab —, 
beran—, berauf—, beraus—, berbei—, berein—, berüber—, 
berum— , berunter— , bervor— , herzu—, hin —, binab—, 
hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, binüber—, 
hinunter —, hinweg —, hinzu —, mit —, nah —, nieder —, über—, 
um —, umber—, unter —, vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vor⸗ 
über —, weg —, wider —, zer—, 3u—, zurück—, zuſammentreiben 
find klar. — O ſaͤheſt du, wie meine Seele kaͤmpft, ein boös Geſchick, das fie 
ergreifen will, im erften Anfall muthig abzutreiben! Göthe, Iphigenie 
5, 3. Iſt Geduld ſchon eine abgetriebene Mäbhre, jo ichleppt fie 
fih Doc fort. Shafipeare, König Heinrich V. 2, 1. Da in einem guten 
Staate das männlihe Stammholz zu Ladſtöcken abgetrieben win. 
3. Paul, Hefperus 1. Ih kann Niemand auftreiben (finden). 
Göthe, Gh v. B. 3. Warum vermagft du nicht die Ahnung zu vers 
ſcheuchen, die tauſendfach in Dir fih auf- und niedertreibt? Göthe, 
Egmont 5. Da nun die Gefäße übermäßig aufgetrieben waren. 
Göthe, Benvenuto Gellini 2, 12. Dort wo dem Hirten ruft eintreis 
bend der Hirt, und der austreibend ihn höret. Voß, Ddpflee 
10, 82. Aus dem Grabe werd’ ih ausgetrieben. Göthe, die Braut 
von Corinth. Eudlich trieb die Noth nad) dem Gewerbe mid aus, 








919 


&öthe, der neue fias. Er betrieb das Elapierfpielen mit ſolchem 
Eifer. Göthe, u 4.8. Er gab ihm den Auftrag, die Arbeit bei 
mir zu betreiben. Göthe, Beuvenuto Gellini 1, 11. Auch follen große 
Summen auf den Namen der Königin bei Maurifchen Agenten be= 
trieben worden jein. Schiller, Don Karlos 5, 9. Sie unterjuchten 
die Kaſſen, erforfchten die Refte und übernahmen das Gefchäft, fie 
beizutreiben. Göthe,. Leben 12. B. Was er vorfchlug und durch⸗ 
trieb. 3. Paul. Haben ein berg dDurchtrieben mit geiß. Luther, 
Bibelüber|. 2. Betr. 2, 14. Ganz durchtrieb ich (auf dem Meere) 
die Racht. Voß. Der nicht minder in der Gelehrſamkrit als Regie- 
ruugsſachen Durchtriebene Herr von Zulichen. Gryphius. Deifen 
m allem, was Wiflenfchaft beißt, durchtriebene Gefchidlichkeit. 
Opitz. Ein feder Burſch! Geh, du bift zu Durchtrieben. Shaffpeare, 
K. Richard I. 2, 4. Es ift noch uicht zeit, Das Vieh einzutreiben. 
Luther, Bibelüberſ. 1. Moſ. 29, 7. Du kaunſt, wenn er verfäumt 
(zu zahlen), mit befi’rer Stim eintreiben, was Dir verfallen iſt. 
Shakſpeare, Kaufmann von Venedig 1, 3. Als er endlich kommt, wird 
Demea zwar eingetrieben (in die Enge getrieben), aber im gering 
ten nicht überzengt, Leſfiug, Hamburg. Dramaturgie 82. Daß Ban 
igfeit nic) Dir entgegentreibe. Göthe, Eugente 3, 9. Das rafche 

chickſal, es treibt uns fort. Schiller, Wallenfteins Lager 11. 
Zreibt ihr jetzt beim? - Schiller, Tel 1, 1. Den Gottes Gericht 
hertreibt. Schiller, Jungfrau v O. 4, 11. Und treibt gerade 
hieher ihre Heerde. Daf. Prol. 2. (Er) fucht erft den Geiſt her- 
auszutreiben. Göthe, Zauft 1, 96, (Als) das Verlangen, diefe 
Bilder zu jehen, das ganze Haus herbeitrieb. Göthe, Xeben 3. 2. 
Hat er fi doch geftern in der Gegend herumgetrieben. Göthe, 
Meifters Wanderj. 1, 9. Den jetzt Sutan in grimmiger Wuth bei 
den Todten hHerumtrieb. Klopftod, Meſſtas 2, 114. Weil die un- 
terften Zweige aus der Erde hervorzutreiben jchienen. Göthe, 
Leben 2.3. Allgemaltig treibt des Augenblicks Gebieterftimme mid) an 
das entwöhnte Licht der Welt hervor. Schiller, Braut v. M. Der 
freche Ruf, der bin und her des Beifalld Woge treibt. Göthe, 
Taſſo 3, 3. Der mit verborgen ahnungsvollem Zug die Tochter hin- 
trieb zu des Vaters Grab! Schiller, Braut v. M. Einen Eleinen 
Ejel mit Körben zu verfehen und vor mir ber die fteilen Zußpfade 
binanf- und binabzutreiben. Göthe, Meilters Wander. 1, 2. 
Sonft hätten wir und ohne Roth und Vernunft hinaufgetrieben. 
Goͤthe, Meifters Lehrj. 7, 9. Er hatte, diefen (den Stamm) zu tren- 
nen, fchon zwei tüchtige Keile hineingetrieben. Göthe, R. Fuchs 
2, 90. So mußte fie mid) dody ans meiner Gränze hinauszutrei- 
ben. Göthe, Leben 2. B. Hinweggetrieben wurde mit Gewalt die 
Rinderheerde. Schiäler, Braut v. M. Der's nur fo beiher mittrieb. 
J Paul, Mtan 36. Und trieb im Hui fein ehernhufiges Geipann 


920 


Tydiden nach. Bürger, Jlins. Wie magft du deine Rednerei mır gleich 
jo bigig übertreiben? Göthe, Fauft 1, 87. Aber der Schreckliche 
trieb noch fern auf den Flut des Meer um. Pyrker, Tuniſias 8 
Warum feh’ ich fie von Angft umbergetrieben? Schiller, Wallen⸗ 
fteind Zod 3, 13. Weil ich dem Lefer im jedem Kapitel immer jo viel 
Ideen vortreiben werde. %. Baul, Titan 9. Jeder treibt fih am 
dem Andern raſch und fremd vorüber. Sciller, Tel 4, 3. Daß u 
feine Gewalt noch Lift von dem Friedländer weg fol treiben 
Schiller, Wallenfteind Lager 11. Ein Zeftament anfechten und wider 
treiben. Würzburg, Lgr. Ordn. von 1618. Man läflet erft feinen 
beiten Geift verrauchen, weil er fonft die Zlafchen zertreibt. 3. Baul, 
Siebenkäs 9. Hat dem Schelten ihn dem Tode zugetrieben. Götk, 
Pandora. Spott, der auf der Schwelle beinah mich ſchon aus dem 
Haufe zurüdtreibt. Göthe, Hermann und Dorothea 9, 105. Ich 
will gleich fort und Dir fchiden, was ich in der Eilezufammentrei- 
ben kann. Göthe, Götz v.B3. . 

Mit durchtrieben (der feine ſchlau und liſtig erfundenen Gutwärk 
oder Binfälle eben fo ausführt) ift finnverwandt abgefeimt (ſ. Feim ©. 105) aller 
ſchlimmen Schreige voll. — D fie ik eine abgefeimte Bübin. EShile, 
Maria Stuart 4, 5. 

Anm. Die PBartteipien geftatten noch andere Zuſammenſetzungen, 3. 9. Wir 
ind ein Handeltceibend Boll. Schiller, Jungfrau v. O. 3, 3. Auch was der 
Dichter fang, fehnfuhtgetrieben. Uhland, Vorſchlag. 

Treiber (ahd. tribäri): Ab —, An—, Ein— , Bertreiber; 
Zreiberei; Treibung: Ab—, An—, Aus—, Bertreibung; treid- 
ih. — Ich ftand bei meinem Ejel vor der Thür, wie einer, der koſt⸗ 
bare Waaren abgeladen hat und wieder ein eben fo armer Treiber 
ift al8 vorher. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 2. Die edle Trei- 
berin, Tröfterin, Hoffnung! Göthe Ein flolger Menſchentrei— 
ber. Voß, Zunfer Kord 138. Lux fchrieb ein * a he Blatt 
für Cordav, ein zweites gegen die Bertreiber der Republikaner. J 
Paul. Die Rollen werden (in fleinen Städten) zwar jchlechter ger 
fpielt, und Klaticherei und Treiberei find dann freilich die Spring⸗ 
federn der größten Begebenheiten. Zimmermann. Seit Zarquins Ver⸗ 
treibung. Shaffpeare, Coriolan 5, 4. Durch unwidertreibliche 
Argumente. Simpliciſſimus 3, 5. 

Treibader, —aft, —blatt, —bogen, —bolzen, — brief, —bunzen, 
—eifen, —erz, —farbe, —faß, —fäuftel, — gar, —hammer, — hans⸗ 
gewaͤchs, El — hauswärme, —herd, —hert, —holz, —hut, 
—hütte, —jagd, —feil, —fitt, —fom, —fraut, —kuuſt, —lauge, 
—leute, —ling, —lohn, —mittel, — muskel, —ofen, — pech, —pferd, 
—pulver, —rad, —ſand, —ſchacht, —ſcheibe, —ſchwefel, —iegel, 
—ſtange, —ſtock, —ſtoß, —weg, — werk, —zeug u. a.; bear- 
beit, —bier, —herd, — holz, —mittel, —torf; eiberlobn, Ab⸗ 








' 921 


treibungsmitel, — Gewächshänjer ımd Zreibebeete. Göthe, 
Wahlv. 1, 1. : Dur ſchwimmendes Treibeis. Göthe, Meifters 
Wanderj. 2, 10. Die bloße Erziehung iſt das Treibhaus und der 
Treibſcherben. % Paul. Dann it e8 doch mur Treibhbaug- 
frudt. Ewald. So Ihwäht man die Ratur durch Treibhaus- 
fünfte. Benzel-Sternau. Zreibjagen im tiefften Schnee... wurde 
veranftaltet. Göthe, Wahlv. 2, 5. - So hänge ich über den Loh⸗ und 
Zreiblaften meine Blüten. 3. Paul, Hefperus 1. Aus den Feld⸗ 
beet - Landes in den Loh- und Treibfübel der Stadt. 3. Baul, 
Titan 1. ; 

Zeitvertreib (nhd. Bildung, ähnlich dem mhd. leitvertrip, teit- 
vertreip) das, was gethan wird oder dazu dient, damit nur vie Zeit 
eben vorübergehe. — Doch du warft mir Zeitvertreib, goldne 
Phantaſie. Göthe, der neue Amadis. Eine Gefellichaft, die zu den 
allgemeinften und fchalften Zeitvertreiben greifen muß. Göthe, 
Meifters Lehrj. 6. Spielt ein Geift mit meinen Jugendzeitver— 
treiben? Herder. Ihr Lieblingszeitvertreib erregt ihr lange 
Weile. Bieland. 

Kurzweil (die, minder gut oberd. das, f. Langweile S. 837) das, 
was oder womit man bie Zeit vergängli und unmerklich dahingehen macht. 
Unterhaltung (f. Halten) das gefellfchaftliche Hins und Herteden zwifchen 
Berfonen; die Handlung, fo zu befchäftigen, wie e6 der Andre gerne Hat, da= 
wit ihm die Zeit ohne Beſchwerde verſtreicht; das, was fo befchäftigt, damit 
die Zeit, ohne zu befchiweren, verſtreicht. — Scherzt nicht, o Herr! mit biefen 
armen Leuten! Ihr feht fle bleich und zitternd flehn, fo wenig find fie Kurze 
weils gewohnt aus Curem Munde. Schiller, Tell 3, 3. Tanfend ſchöne 
Sachen, die Kindern, wie fie war, bei Tage Kurzweil machen. Wieland, 
(58 gibt) eine fehr angenehme Unterhaftung, Goͤthe, Briefwechſel mit 
Schiller 3, 299. | 


Treiben (das) das einer feften Beftimmung gemäße — 
werden oder Fertbewegtſein zu oder in etwas; das beſtimmende 
wegen. Das Getreibe bed. das Treiben als Handlung oder Thaͤtig⸗ 
keit collectiv gedacht, d. h. in einem Sammelbegriff. 3 Getriebe 
— ein Ding, weldes vermittelft Vorrichtung in einander greifend um⸗ 
getrieben wird; das einer feften Beftimmung gemäße Foribewegtwerden 
oder Yortbewegtfein zu oder in etwas als Sammelbegriff eines zufam- 
menbängenden, in einander greifenden Wirkens, gleichfam eines Zrieb- 
werfed. — Das Treiben und Buhlen nach Beifall. Koſegarten. 
Das Erdetreiben, wies auch ſei, ift immer doch nur Pladerei. 
Göthe, Fauft 2, 171. Wer lange auf einer Univerfität lebte, und 
Das Getreibe der Wiflenfchaften mit anſah. Göthe, Windelmann 3. 
Drüdt er den Ring des Mittelfingers, fo richtet fih die Geftalt unter 
Dem Rollen des innen Getriebes auf, 3. Paul, Zitan d. 





922 


Trieb (mhd. trip ſ. ©. 318) 1) der Zuſtand, da man treibet, 

d. h. getrieben wird; 2) die Handlung, da mm treibet, die auf eme 
Fortbewegung bin beftimmend wirkende Kraft; 3) die wirkende Urſache 
in der Seele, wodurd ſie zu einer gewiffen Richtung nad einem Ge: 
aenftande bin beſtimmt, und zwar eine uwwillkürliche, auf etwas hin 
bewegende Aeußerung der in einem lebenden Körper liegenden Kraft; 
4) (mehr in der Vollsſprache) Ort, wohin bas Vieh getrieben wird, 
(Trift) und Gefammtheit des Viehes. — Maͤchtig ift der Trieb des 
Daterlandes! Schiller, Tell 5, 1. Da des Mutbes freier Trieb m 
fühnen That mid zog. Schiller, MWallenfteins Tod 1, 4. Entöede 
Sylvien die Neigung deiner Triebe, Gellert. Nächt it in umſem 
Trieb der gleißend Wolf gefallen. Uhland, Schlacht bei Döffingen. 
Inſtinkt (lat. instinctus v. instinguere — anteizen) der zit vem 
eigentgämlichen Dafein eines thieriſchen Weſens gedachte, bewußtlos geänfert 

Trieb, der Naturtrieb. Neigung ff. veigen ©. 180) die einer Perfea 

zur Bewohnheit gewordene und als Regel dienende Serlenbeflimmung auf cine 

(im Guten oder im Böfen angenehm vorgeflellten) Gegenſtand hin. Haus 

(f. bangen) die der Borftellung des Gegenftandes hingegebene Neigung. — 

Es geht den angenommenen Gewohnheiten, Znftincten und Begirden nad. 

Gerber, von den Schulen als Werkſtaͤtten des Geiñes Gottes. 

Ab—, An—, Be—, Um— , Vertrieb u. a., wie aus nachfol⸗ 
enden Beifpielen erhellt. — Aus eigenem Antrieb. Göthe, Leben 
.B. Der früher eingeleitete, aber unterbrochene Betrieb. Daſ. 3.8. 

Auch in unfer Haus brachte die Lebendigkeit dieſes Mannes einen 
größern Muſikbetrieb. Daf. 4 B. Seine dringenden Anregungen 
rachten mein ruhiges fünftleriich beſchauliches Weſen in Umtrieh. 
Dai. 14. B. Wo Spinner und Weber ... einen u VBertrich 
gelucter Waaren ins Ausland vorbereitete. Göthe, Meiters Wander]. 
‚5. Die Bogner Meſſe bewirkte einen jtarfen Seidenvertrieh. 
Göthe, ital. Reife Trient 11. Sept. 1786. Iſt Beßrungstrich 
uns zugefelt? @öthe, die Wellen und die Leute. Ein allgemem ver 
ändernder EN Geift d. Jonrnale. Ein Blatt fchrei- 
ben regt den Bildungstrieb Tebemdiger auf, als ein Buch leſen. 
3. Paul. Gleich allmächtig wie dort in der todten Schöpfung ew’gem 
Federtrieb. Schiller. Kannft du des Herzens FZlammentrieb nit 
dämpfen. Schiller, der Kampf. Sie waren beide jung, und bei dem 
Freundſchaftstriebe empfanden fle zugleich Die Stärke gleicher Liebe, 
Gellert. Fühlt ihr feine Zrühlingstriebe? Uz. Deßwegen ich der 
Abendafche heil’gen Schag entblößend früh zu neuem Gluthtrie b aufge 
facht. Goͤthe, Pandora. ies ift em Grundtrieb in der Seele. Gedicke 
Bor dem geringften thieriihen Handwerkstrieb bis zur 
Ausübung der geiftigen Kunft. Göthe, Meifters Lehrj. 8 5. Seime 
harten Holztriebe. J. Paul, Hefperns 17. So war der fromme 
Greis, vor dem mit Kiudestrieben Amanda niederfiel. Wieland, 





923 


.. — em Re — —— — 


Oberon. Dort glauben wir mehr Naturtrieb ... zu erblicken. 
Göthe, Leben 12. B. Ein ſchwerer Schlaftrieb liegt wie Blei auf 
mir. Shafefpeare, Macbeth 1,2. Wo ein holder Wonnetaumel fpielt 
in alle Seelentriebe. Platen, verhängnißvolle Gabel 5, Der Tod 
vernichtet nur die Sinnentriebe. Cotllin. Die ſchlimmſten Zufaͤlle 
bat der Zahntrieb gemacht. Schiller, Briefwechſel mit Göthe 3, 63. 
Anwandelt mih Muth und Zerfiörungstrieb. Maten, die ver- 
hängnißvolle Gabel 2. J 

Triebartig, —hammer, —koͤrner, —fraft, —los, — maß, — ſand, 
— ſtahl u. A. Abtriebsrecht, — ſchlag. — Die eigentlichen Zrieb- 
federn. des irdiſchen Lebens. Göthe, Leben 13. 3 Man tft felten 
nah 60 Jahren noch ein tried mäßiger Vorgreifer. Lidhtenberg, 
Nachtrag zu den Beobacht. über den Penfchen. Daß ich thn nicht 
als Triebrad in den Mechanismus irgend einer Novelle mit einge- 
fügt habe. &öthe, Leben 16. B. Wenn dieje triebvolle mit Blut 
und Frucht prangende Urfprache (die deutſche). Boß. Daß der Mond 
um ordentlichen Triedmerfe der Flut nnd Ebbe zu rechnen fei. 
opomitie). Unfere” zur Ordnung gewöhnten Kräfte wirken trieb= 
werftmäßig. Campe. | 

Zriebfam, betriebfam, mit feinen Synonymen |. S. 068. — 
Die der Mann im triebfamen Gmten gejammelt. Voß, Dvids 
Metam. 8, 644. Die. betriebjame Gegend gab einen berupigenden 
Anblick. Goͤthe, Leben 14. B. So ließ ih es an einer heimlichen 
Betriebſamkeit nicht fehlen. Dal. 2. B. 

Triebel (mbd. tribel) ein Werkzeug zum Zreiben; ein kurzer Ste- 
den, auf deſſen Ende in einem Knabenſpiel ein Steden oder Prügel 
eichlagen wird, um ihn in die Luft zu prellen; in der Schweiz aud) 

engjel von Kraut und Nüben als Futter für die Schweine, und 

von Kleie und Waffer als Zutter für die Hühner. Zriebeln das 
genannte Spiel. jpielen. — Daß fie (die Flöhe) die Weiber verrieblen 
umd vertriebelen mögen. Simpficijfimns 3, 6 

Trift (mho. trift) 1) der Zuſtand, da ein Körper getrieben wird; 
2) dasfenige, was treibt (in beiden Bed., befonders im Niederb. ge- 
bräuchlich); 3) dasjenige; was getrieben wird, Herde; 4) Land, wor« 
auf Das Vieh, befonders als Herde, getrieben wird, um fih da Futter 
zu fuchen oder Weide zu haben; im Befondern das zur Weide die- 
nende Brachfeld; 5) das Recht, jein Vieh über des Andern Grund 
und Boden auf die Weide, wie auch, es auf des Andern Brachfelder 
zur Weide zu treiben. Davon triftig — treibend, umterichieden von 
triftig = treffend S. 57. — Die Trift fchönvkießiger Böcke hur⸗ 
tig ins Schiff einwerfend. Voß, Odyſſee 9, 469. Kebt wohl ihr 
Berge, ihr geliebten Triften! Schiller, Jungfran v. D. Prol. 4. — 
Gelangt' ich zu der. Alpentrift. Schiller, Tell 2,2. Wer hätte fi 
auf meiner Schäfertrift zu mir geiellt? Schiller, Jungfrau v. O. 2, 10, 





924 


Wieſe (f. ©. 536) Grasland, befunders gehegles, zur Bennkung. — 
Anger (ahb. angar, mihd. anger, agſ. iuge, altn. engi, engl. ing, bin. 
eng) früher gepflügtes wie ungepflügtes Bauland; dann Grundſtück, das vom 
Beſttzer nach Belieben zu Brasland oder ale Ader, zu Gehölz etc. benupt 
wird; vornehmlich wildgrünes Grasland meilt geringeren Umfangs, fei e6 zum 
Mähen oder Abweiden. Weide (ahd. weida, mhb. weide, altn. veidi, veidr, 
f. Weidmann S. 37) futtertragendes Land zum Abfreffen für vie Thiere 
im Freien, fei es nun grass ober überhaupt Fräuterbewachfenes Land, Aze 
(ah. awa, owa, ouwa, iihd. ouwe; agf. ewe?, verwandt mit goth. ahva, 
ahd. aha, lat. aqua — Waſſer) Flußinſel; wäfleriger Grund, niedriger Grau 
an und mit Flüſſen; guter‘ weibereicher Wiefeugrund; fruchtbare, getwächsreide 
Lanbesflähe. Matte (ahd. der mato, mihd. der mate, älternhd. die matte, 
vielleicht mit ahd. mahan, mhb. maejen = mähen, lat. meters — mia 
verwandt) Grasland von reichem erfreulidem Aufwuchſe. Alpe (6. 7) 
iſt ſowol der hohe Berg, als auch die Bergwaide. — Wenn-nicht an ihrem 
(der Berge) Fuß eine unenbliche Folge von Wiefen und Matten... ſich 
erſtreckte. Goͤthe, Leben 10. B. War mit ‚Hafen bedeckt ein weiter .grünender 
Anger vor dem Dorfe. Goͤthe, Hermann und Dorothea &, 153. Auf te 
Bergen gibt es einige Weide, auch auf den Aeckern, da ein Drittel als Brade 
liegen bleibt. Böthe, Sicilien. Und abs er auf feinem ſtattlichen Roß im eine 
Au kommt geritten. Schiller, Graf von Habeburg. 


Triftfrei, — geld, —gerechtigkeit, — recht, —ſchäfer, — ſtein; 
Abtrift. — Um auf einem großen Triftraum eine Menge Rex 
Shen verſchiedentlichſt und zwedimäßig zu beichäftigen und zu erkuftigen 
Göthe, Meifters Wanderj. 1, 8, Ä | 


Meiden. 
(Wurzel mid.) 


Meide, mied, gemieden, meiden (ahd. midu, meit, mite- 
mes, mitandr, midan; mhd. mide, meit, miten, gemiten, miden; 
agf. midhan — verborgen jein; altn. mida = bemegen, meida = 
verlegen) nah Schwend mit dem Grundbegriff „Bewegung“, wa. 
Weigand (nad dem ahd. midan) wol richtiger verbergen, verborgen 
halten; nbd. fi entfernt von etwas halten, entfernt von etwas biel- 
ben, um nicht in feine Gegenwart zu kommen Bermeiden ift nade 
drüdlicher. — Wer miede nicht, wenn er's umgeben fann, dus 
Yeußerfte! Schiller, Wallenfteins Tod 2, Der Ruhe Glück md 
ihre reinen Freuden find mir entflobn, auf immer mich zu meiden 
Ungenamiter in Schillers Muſenalmanach v. 1789. Waren fie faſt 
einſtimmig der Meinung, daß man das. Uebel vermeiden und am 
Orte bleiben, oder ihm ausweichen und einen andern Weg ermählen 
müſſe. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 4. 





925 


Fliehen If. d.) ſich beftreben, bei etwas nicht gegenwärtig zu fein, Indem " 
man fi eig hinwegbegibt, befonders aus Furcht etc. vor einem Uebel; 
fi überhaupt hinwegbegeben, um nicht in der Gegenwart von etwas zu fein. 
Umgeben (f. geben) ih in- Beziehung anf etwas ausbiegend vorüberhin 
bewegen, um es nicht zu berühren, ober andy nur fill zur Gelte vorüber zu 
fommen. — Da faßt ein namenlofes Sehnen des Jänglinge Herz, er irrt 
alfetn, aus feinem Augen brechen Thränen, er flieht der Brüder wilden Reih'n. 
Schiller, Glocke. 

Bermeidung (ahd. midunga); ver—, unvermeidbar; ver—, 
unvermeidlich. — Durch weilere Meidung. Klopftod, der jegige 
Krieg. So ift Berwirrung und Ungerechtigkeit unvermeidlich. 
Goͤthe, Goͤtz v. B. 1. | 

Anm. Mehrere zu meiden gehörige Bildungen find im Laufe der Seit außer 
Gebrauch gefommen, z. B. goth. gamäids — mangelhaft, ſchwach, ahd. kimeit 
— ler, thoͤricht, mhd. gemeit — heiter, indem der Begriff von eitel, leer in den 
von heiter, lebensfroh übergieng. 


Scheiden. !) 
(Wurzel skeid, skid.) 
Scheide, ſchied, geſchieden, ſcheiden (ahd. skeidn, skiad, 
skſaduméês, skeidanêr, skeidan; mhd. scheide, schiet, schieden, 
gescheiden, scheiden; goth. skaidan, agſ. scäAdan, altſ. ek&dan, 
altfxief. sk&tha, engl. sched; vgl. lat. scindo, scidi, gr. eK — 
fpalten, rennen, 1) außer Verbindung mit einander fein, außer Ver⸗ 
bindung mit Andern treten oder kommen; 2) außer inniger Verbiu⸗ 
dung mit Andern kommen machen, in Beziehung einer innigen Ber- 
bindung von einander kommen machen (abd. ſchwach skeidön); 3) 
fidy fcheiden, ſowohl von neben einander befindlichen, als aud) von 
unter einander gemiſchten Dingen, da Die gteicharfigen Theile ſich ver- 
einigen und vereinigt ſich von den ungleichartigen abfondern. — Daß 
ih heute von meinem Glüde fheiden muß. Schiller, Piecolomint 
3, 3. Das Alte, das Würd’ge feheidet, andre. Zeiten kommen. 
Schiller, Tell 2, 1. Wenn du geſchie den (geftorben) bift, wirft du 
begraben. U. Ticherning. Das Los Icheidet zwifchen den Mechtigen. 
Luther, Bibelüberf. Sprichw. 18, 18. Ermordet liegt mir der geliebte 
Sohn, und von dem Lebenden ſcheid' ich mich ſelbſt. Stiller, 2. 
v. M. Feindlich ſcheiden die Wege fih. Schiller, Wallenfteins 
Tod 2, 2. Da fcheidet Jacob die lemmer. Luther, Bibelüberf. 
1. Moſ. 30, 4 Da fheidet Gott das Liecht vom Finfternis. 
Daj. 1. Moi. 1, 4. 


2) Dieſes Berbum. hatte abh. und mhb. eine andere Ablautsform, die von 
beißen, woraus ſich der Wechfel vom — ſcheid und — ſchied erklürt. Das 
abt. scitön, mbb. schiten = trennen, fcheiden weifen auf ein rein ablautenbes goth. 
skeidan hin, worans das reduplicierende skAidan ſich gebildet 





926 


Trennen (ahd. trennjan, mh. trennen) allg. ein‘ Weis uber Suca: 
anberfein aufhören oder unflatibaft machen. Abtrennen = von dmi 
trennen mit dem Gebanfen, daß das Getrennte von den Gegenſtande ſeiner 
Verbindung entfernt fi. Sondern (ahd. suntarön, mhd. sundern, af 
sundrian, altn. sundra, von goth. sumdrö, ahd. suntar, mhd. sunder, agſ. 
sunder, altn. sundr — getrennt, für ſich abgefchloffen von Andern; nad 
Weigand vielleicht zufammenhängend mit geth. sunja = Wahrheit, n.4 
Wackernagel eine Gomparativkildung zu lat. sine — ohne) für fi allen, 
völlig abgeſchloſſen fein machen vun Anderm, zuntal wenn im Gegenfas ı 
Zufammenfein oder Ineinsnehmen mit dieſem Andern Statt haben Löuuk. 
Abfondern — machen, daß etwas aus dem Zufanmenfein mit Andern 2 
dieſem für fi allein, für fich ‘abgefchluffen fommt und entfernt ik. — Os 
freundlich Gaſtrecht walte van dir zu uns: fo find wir nicht auf ewig ger 
trennt und abgeſchieden. Göthe, Iphigenie 5, 6. Nur wer die Ehe 
facht kennt, weiß, was ich leide! Allein und abgetrennt von aller Fredde, 
feh’ ich an's Jirmament nach jeber Seite. Böthe, Mignon. Bildaifle... auf 
die Wand neben einander in gewiffer Drbnung aufgeflebt, durch farbige Sänme 
und Zwifchenräume gefondert. the, Meiſters Wanderj. 1, 9. Der be 
deutende Menfch, den man fich ohne Umgebung nicht denfen Fann, tritt einzea 
abgefondert heraus, und flellt fh vor uns wir vor einem Epirgd 
Daſß. 1, 7. 

Anm. Die frühere Ablautsform hat ſich auge erhalten, wie nachfolgende 
Beifpiele darthun: Sie muogen nit gefchetden werten. U. v. Eyb (15. Zabch. 
ch hab vernommen, ewere gemahel von diſer welt gefcheivden fein. Hugo, Re 
torica Tübingen 1528 Bl. 45b. Bnfer verfhetdener (geflorkener) abt. F⸗ 
fhart, Gargantua -&. 483. Als Meyſter Gobelin abgeſchiden. Daf:- WM 
Sie fheideten von dem Wein das Waſſer. Daf. 388. Opih (} 1639) * 


ſcheiden —— öfter) geſchieden. Ob fie geſcheiden ſei'n von 
und Ländern. ickert, gef. Geb. 1, 215. _ 


Ab—, ans, be—, berbe—, vorbe—. dahin —, ent — (S. 
578), bin—, hinweg —, unter —, ver —, wegicheiden bedürfen 
feiner weitern Erklärung. — Auch ſchied fie aus dem Land der Hof 
nung ab. Göthe, Sphigenie 3, 1. Wie den Schatten des abge: 
Ibiednen Freundes, Dal. Se hofft! ich denn vergebens, bier ver 
wabrt, von meines Haujes Schickſal abgeſchieden, dereinft mit reiner 
Hand und reinem Herzen die jchwer befledte Wohnung zu entſühnen. 
Dal. 4, 5. Ich wünide, daß der Juli unſere Wünjche und Zwece 
beffer befriedigen möge als der abiheidende Monat. Göthe, Brief 
wechſel mit Schiller 5, 96. In eines Gartens abgeichiedener 
Stille. Schiller, B. v. M. Es (das Ealz) ſchied ſich Leicht wieder 
aus. Göthe, Leben 8. B. Wer einmal (in die Gefellichaft) enge 
treten war, ſchied nicht leicht wieder aus. Heufe. Dich anzuloden, 
eigt man dir die Braut, doch deiner Umfchnid iſt fie nicht beſchie⸗ 

en. Säiller, Tell 2, 1. Manches beichied jeitdem der Allmächtige. 
Voß, Luiſe 1, 389. Beſcheid cerfläre) und das Wortipiel Fiſch. 








927 


— — — 





— — 


Keiner-beſcheidet ſich gern mit dem. Theile, der ihm gebühret. 
Göthe, vier Jahreszeiten 76. Zu dem Congreß „.. war auch Leuch⸗ 
jenring beſchieden. Göthe, Leben 13. B. Weiber, die reich find, 
verschwenden an: Bus und Spiel und beſcheiden belehren) den 
Mann, daß es ihm nichts koſtet. Billaume Allein, wer bejcheidet 
fid) nicht gern, daß reine Bemerkungen jeltner find, ald man. glaubt? 
Göthe, Einleitung zu den Propylaͤen. Wer weiß ſich zu beiheiden 
(erinnern) nur emer grimmen That. Opitz. Komm du Richter aller 
Heyden, auf deſſen Macht wir uns befcheiden (verlaſſen). Opig, 
Die Töchter Hab’ ich alle herbeſchieden. Göthe, Fauſt 2, 162. 
Er ſoll wiften, warum er ibn erſt bärtig vorbejchieden % Paul, 
Zitan 1. Schied er dahin in Unmuth gegen mih? Schiller, Tell 
4, 2. Es ift vieles wahr, was ſich nicht berechnen läßt, jo wie fehr 
vieles, was ſich nicht bis zum entfchiedenen Experiment bringen 
laßt. Göthe, aus Mafariens Archiv. Der vom Züngling bier den 
Greis eutjcheiden (untericheiden) kann? Weichmann, Poeſie der 
Niederſachſen 2, 191. Gluck vud vngluck fol jre freundjchafft nicht 
entichenden (ſcheiden). % Agricola, Sprichw. 77. Auch .ift es 
löblich, daß an die edien Hingeſchiedenen von Zeit zn Zeit erin- 
nert werde, Tiedge. Er ſchied rein hinweg. Schiller, Braut v. M. 
Der Mann, der Männer unterſcheidet, fennt und rühmt dich hoch! 
@örhe, Zaffo 1, 4. Die Weisheit des Herrn hat fie (die Tage) jo 
onteriheiden. Luther, Bibelüberf. Sirach 43, 8 Drum hab’ id) 
euch, ihr wißt’s, auch ehrenvoll ſtets unterfchieden in der Heeres- 
woge. Schiller, Walleniteins Tod 3, 15. Sehn. wir nicht aus wie 
aus einem Spahn?... Wer hat und jo zufanmmengefchmiedet, daß ihr 
uns nimmer unterichiedet? Schiller, Wallenfteins Lager 11. Seht, 
Kinder, wie ein Wütherich verſcheidet! Schiller, Zell 4, 3. - Ain 
ſach, Die verriht vnd verſchaiden (enstichieden) iſt. Schmeller 3, 
323. Sad, die verricht vnd verjchiden ift. Daf. 3, 324. Dann 
in der Dammerung fiheidet er weg. Voß, Zlias 17, 664. 

Aum. Aventinus (Ehronif 1880 BI. 720) fagt auch: Holland vmbſcheidt 
rer Rhein, wie ein Infel. — In vertigipialer Zuſammenſetzung ſagt Klopſtock: 
Nachdem fie aufſtieg! oder ſank die ſchickſalentſcheidende Wagſchal! 

Scheide (ahd. sceida, mhd. scheife, agf. seedhe, szaedh, 
seadh, altf, skedia, skeidir, engl. shenth, ſchwed. seida) eig. Hand⸗ 
(ung des Sceidens; Dann 1) der Ort, wo fich Dinge von einander 
icheiden; 2) eim Ding, wodurch eine Sache vom den übrigen geſchieden 
wird, Dadurch, daß es Die Sache in feinen hohlen Raum nuknimmt.*) 
Scheidig (ahd. sceitic) ift veraltet. — Sondern wie zween Land⸗ 
männer die Gränz' einander bejtreiten, jeder ein Maß in der Hand, 
auf gemeinfamer Scheide des Feldes. Voß, Ilias 12, 421. Auf 


1) Weigand Ne 952% leitet Scheid.e in ber 9. Bed. von einer Wurzel, die 
mit funffr. tschhid ==: bedecken übereinſtimmt, ich zweifle, ok mit Recht... 














928 


der Scheide von Holland und England wohnend. Gſthe, Campagne 
in Franfreih. Münfter Nobr. Scheide des Zages und der Rad, 
ein dDämmerndes Zwielicht. Voß. Da fle uff die wegicheid kam. 
H. Sachs, St. Peter mit der Geiß. — Eine ſchmal vorgerklk 
Bergicheide nahm uns auf in ihre Felfenfchatten. Meyer. ie ſtaud 
an der Grenzfcheide ihrer Beionnenheit. Benzel - Sternau. Des 
(Meer) Gott zur Länderfcheide zwiſchen euh und ums geiegt. 
Schiller, Jungfrau v. D. 2, 7. Wenn es diesmal die Eigenſchaften 
einer Wettericheide bat. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 160. — 
Hält feiner Krieger Schwert noch in der Scheide. Schiller, Junafım 
v. ©. 1, 1. Zangiheidig. Fiſchart, Gargantua S. 303. 

Grenze (Bränze, Im 16. Jahrh. häufig Bränige, mihd. noch me 
hört, vielleicht ans-bem flav. krajina, graniza) bez. allg. das, wo bie Oreje 
eines Dinges aufhört, auch von Unräumlichem. Der alte deutiche Anedrick 
für Grenze it die Marl (goth.marka, ahd. marahha, maracha, marha, marche, 
marca, marka, mb. marke, agſ. mẽare, altn.mark, engl.mark, ſchwed. märke, 
ital. marca, franz. marche; vgl. lat. margo = Rund |. S. 488) zunächk Zeigen) 
dann bie feſte, räumlich bezeichnete Grenze; feile Bekimmung der Aufßerien 
Punkte eines Dinges, wie weit es reiche; bildlich auch vom Zritlichen getraut. 
Schranke (mh. der, die schranke, Fechterausdruck, Gchranfe, als Hindernij 
gelegtes Querholz; ahd. scranc, mhb. schranc, altn. skrök — Betrug, & 
dichtung; von agſ. serincan — fih zufammenziehen, tranfitio screncas, 
ahd. screncjan, mäb. schrenken = (be)ſchränken, verfhränfen) bie 
jenige Grenze, durch welche die weitere Ausdehnung eines Dinges, fein Bed 
erwerben gehluvert wird; allg. nicht zu überfchreitende Grenze. — Futteral 
(von mittellat. foderellus, dies von fodrus —= Futter) die hohle Außenbellä⸗ 
dung eines Dinges, fie mag eine Form haben, welche fe will. — So ſche I 
weiß, wie leicht dein rafcher Geiſt von einer Grenze zu der audern fchwenfl. 
Goͤthe. (Er) ſteht an den Marken des langverheißenen Landes. Fake, 
Mofes 3. Hier ſteh' ich an den Marken meiner Tage. Tb. Körner. da 
uns in unfern Schranken bleiben, Lords! Schiller, Marta Stuart 2, A 
Ja wohl (kam vie Welt fol Kleinod Laufen), und ein Futteral az. 
Shafefpeare, viel Laärmen um nidhte 1, 1. 


Scheid (mhd. der scheit = Entiheidung) ift nur noch im einigen 
= en, jedoch mit verfchiedenem Geſchlecht (der, die), ger 
räͤuchlich: ** (S. 43. 82), Sutſcheid (gebräuchlicher Ent- 
ſcheidung), GSeſcheid (Eingeweide des Wildes, Ende am Hicſch⸗ 
geweih, Maß), Halbſcheid, Hinfcheid; in andern iſt allmälich ſchied 
eingetreten: Abſchied (S. 82) davon verabſchieden; Unterſchied. — 


— 





1) Damit läßt fich vereinigen, was Grimm (db. Myth. 2 U. S. 60) feat: 
„Welchen tiefen einfluß das waldleben von jeher anf alle verhältniffe uufers volles 
hatte, bewähren die marfgenofienfchaften, und marka, das wort, nad) dem fie tes 
namen führen, bezeichnete erfl mal» und dann auch grenze.“ 








929 


Da können auch die Befcheide der Kammer auf Gnaden und Holz- 
fahen zur Sprache fonimen. J. Paul, Heſperus 12. Ihr Dauk für 
jenen Konjiftorialbeiheid. 3. Paul, Siebenfäs 4. Erfläre den 
Götterbeſcheid. Voß, Ilias 1, 85. Sekt wahret, Männer, eure 
Würde, ſteht auf zu männlihem Enticheid. Uhland, den Landftän- 
den zum Chriſtophstag. Es hatte dieſer muntere Mann eine fleine 
Sammlung ‚folder Salomonifhen Entiheidungen gemadıt. Göthe, 
Leben 3: B. An dem Zag der großen Entfheidung. Klopſtock, 
Meſſias 10, 872. Es fol für einen jugbaren Hirſch gehalten werden, 
der an dem Gewicht acht Geſcheiden bat. Gejaidsordn. v. 1616. 
In ihrem großen Schmerz und Wittwenleid, worein der blutige Hin⸗ 
ſcheid ihres Herrn die Königin verfeßt. Schiller, Tell 5,1. (Indem 
ih nun aber Winckelmanns Abſcheiden gränzenlos beklagte. Göthe, 
Leben 8. B.) Laß mein Aug’ den Abſchied fagen, den mein Mund 
nicht nehmen kann. Göthe, der Abichied. Papſt Glemens hatte in- 
deſſen ... die fünf Compagnien ... wieder verabſchiedet. Göthe, 
Benvenuto Eellini 2, 7. Gewöhnlich wehrt fi) der Menſch, fo lange 
als er kann, den Thoren, den er im Bufen hegt, zu verabſchieden. 
Göthe, Meifters Lehrj. 2, 2 Daß du uns underfhaid (Rechen- 
ſchaft) gebeft, warum du die (grobe) red gethan. habeft. Ehr. in Freib. 
Sammi. 1, 91.. Der ganze Unterſchied ift in den Röcken. Schiller, 
Ballenfteins Lager 6. 

- Scheider (mhd. scheidzre): Ab-, Be-, Entfcheider; Schei- 
dung (ahd. scidunga, mhd. schidange, scheidunge): Ab», Ans-, 
Be, Ent-, Unterfcheidungs; .gefcheld (ſ. ©. 772), Gefcheidigkeit; 
beigeiden (S. 770), Befcheidenbeit, befcheidentlich; Abgefchieden- 
heit; entfchieden (S. 888), Entſchiedenheit; verfchieden, verfchie- 
deutlich, Verſchiedenheit; ſchiedlich (mhd. scheidenliche = getrennt); 
nuter⸗ verfchiedlich. — Lind we bleibt iht (der Sonne und des Mondes) 
Kauf, ihre große Bewegung oben in den Wüften der Himmelsräume, da= 
durch fie Scheiden des Tages und der Nacht werden? Herder. Lieg’ und 
mb’, jo dachte bei feinem Leichnam Johannes, bis an jenen gefürchteten 
Zag, den großen Entſcheider. Kiopftod, Meffias 11, 1517. — 
Die Scheidung jchmerzte Wilhelmen tief. Göthe, Meifters Lehrj. 
5, 15. Aus der ſchidung gen (ſtch dem richterlichen Ausſpruch nicht 
mierwerfen). Mon. boica 9, 213. Am mittwochen nach unfer lieben 
Frauentag wer Schidung (Mariä Himmelfahrt). Krenner, Landtagsh. 
% 86. Ob das Selgeröt auf den Tach unfer Schidunge (auf 
unſern Sterbetag) begangen nicht mochte werden. Mon. boica 7, 169 
v. 3. 1334. Die alte koͤnigin brunhild ein liſtig befcheiden (ver- 
nimftig) weib. Aventmus, Chronit 1580. BI. 271. Zu jeinen be— 
Iheidenen Jaten kommen (mündig werden). SKrenner, Landtagsh. 
1, 118. Ih trat. zu ihm befheidentlich und ſprach. Schiller, 
Tell 3, 1. Darf-mam, ohne Unbeicheidenheit, fragen, was der 

5 


930 


Streit war? Shafefpeare, Cymbeline 1, 3. — Was auch ſollte ſenſ 
der Treffliche vornehmen hier in dieſer Abgeſ chiedenheit? Paten, 
tom. Oedipus 1. Unter allen Fächern der antiquariichen Literatur 
ift für keins jo wenig geichehen, als für das gothiſche, wiewol vielleicht, 
der hiſtoriſchen Entichiedenbeit feines Alterthums nab, das merk- 
würdigfte unter allen. Gräter. Sie drücken etwas Anderes aus, aber 
nicht etwas Verſchiedenes. KLeifiug, Hamburg. Dramaturgie N. 
(Natban:) Ih weiß... ., DaB alle Länder gute Menſchen tragen 
(Tempelherr:) Mit Unterſchied doch hoffentlich? (Rathan:) Ya 
wohl; an Farb’, an Kleidung, an Geſtalt verſchieden. (Tewpel⸗ 
herr:) Auch bier bald mehr, bald weniger, als dert. (Nathan:) Mit 
diefem Unterſchied iſt's nicht weit ber. Leſſing, Nathan d. W. 2 8 
Um auf einem großem Triftraum eine Menge Menſchen verſchie—⸗ 
dentlichſt und gleichmäßig zu befhäftigen und zu erlufligen. Goͤthe, 
Meiſters Wanderj. 1, 8. Welch eine ungeheure Menge von Ber- 
fhiedenheiten faflet das Wort Nation. Herder. Ein Genie, weldes 
fi) einen fo verihiedenartigen Stoff jo ganz aneignen founk. 
Ebeling. Durch Zuſammenſetzung — —— Federn. 
J. Paul. Berfhiedenformige Wörter. Molfe Mit der Ge 
ſellſchaft fridlich und ſchidlich (verträglich) leben. Wagenſeil, = 
Norimb. 547. Schidliche Räthe beordert zur Ausihedung und 
Bertheilung einer Verlaffenihaft. Kremer, Laudtgeh. 17, 226. So 
hätten wir denn ganz friedlich und ſchiedlich durch die Belt fchleichen 
fönnen. Thümmel. Wenn fie . unterſchiedliche ſtimme von 
fich geben. Luther, Bibelüberſ. 1. Kor. 14, 5. 
Das mit Beſcheidenheit unverwondte Demuth (©. 1235) bag mw 
vörderft das Gefühl der Mäßigleit im Urtheil über den eigenen Werth, vie 
Genäthsverfaffung, woraus dieſe Mößigfeit hervorgeht, Tann die Aruperung 
derſelben. — Mit verfchieden (ſo, dag das Eine wicht basjelbe Kat ste 
nicht fo ift, wie das Andere) iſt finnverwandt manigfalt, manigfeltig 

(auch mannigf. gefchrieben, got. managfalths, ahd. manacıg)falt, mir. 

manecvalt, agf. mänigföald, altn. margfaldr, aus goth. manags, abo. mr 

nac, manic, mbhd. manec, menic, agf. manig, menig, alta. margr = wi, 
woher unfer manig, mannig, mand und — falt, —fältig f. falten) 
ein folches Berhältnig des Ginen zum Andern und zu einem Dritten x, bar 
bend, daß dem Sinne bald dieſes, bald jenes gegenwärtig wird — Das Ge 
mälde der Natur fürs Auge if fo maunnig falt ahwechſelnd wmd gref, 

Herder. Auf taufendfach verfchlungenen Wegen der reihen Mannigfaltig 

feit. Schiller, die Künftler. 

Scheidebant, — baum, —beiher, — bein, —bod, —eifen, —erʒ 
—fäuſtel, —gaden, —gerüft, —geftell, —glab, —haten, — junge, 
—famm, —tfolben, —latte, — linie, — mauer, —mehl, — meiſter, 
—meſſer, — muſchel, —ofen, —pfahl, —preſſe, —richter, —fafl, 
—ſchacht, —fig, — ſpruch, — ſtein, — ſtube, —ſtuhl, —trichter, wei, 











931 


—wert, —zeihen u. a.; Scheidenband, — ſtaͤche, — foͤrmig, — fort⸗ 
54 — grad, — haut, —fäfer, —mündung, Pe —vorhof; 
tfcheideflimme, — wort; Entfcheidungsaugenblid, — grund, 
—ſtimme, —tag, —zeihen, — zufall, —zuſtand u. a.; nuterſcheidbar, 
—lih; Unterfcheidungsjahr, —fraft, — lehre, — zeichen u. A. — 
(Werde) wie ein junger Hirſs auff den Scheidebergen. Luther, 
Bihelüberf. Hobel. 2, 17. Euch brütet der Mutter Sonne Schei— 
deblick. Göthe, Herbitgefühl. Als die Frau den Trauer-Scheid— 
brief fahe. Göthe, Klaggefang. Uns begleitet nicht ein Scheide— 
gruß. Göthe, Eugenie 4,3. Laboratorium, das weniger der Schei=- 
bekunſt als der VBereinkunft diente. 3. Raul, Heiperus 8. Es war 
foger ein bezeichnender Ehrentitel der Chemiker, daß man fie Schei— 
defünftler nannte. Göthe, Wahlv. 1, 4. Wo fein mütterlich Ach, 
bang bei dem Scheidefuß und aus biutender Bruft gejeufzt. Klop⸗ 
Rod, der Lehrling der Griechen. Die meiften großen Gewerfherren 
in England find Freunde und Kenner der Witjenichaften, befonders 
der Bewegungslehre oder Mechanik, der Naturlehre, der Scheide- 
lehre oder Chemie. Campe. Wo der Schetdmann (Richter) durch 
die Finger ſah. H. Ringwald. Wie die Scheidemünze gebt von 
Hand zu Hand. Schiller, Piceolomint 4, 4. Hier oben auf dem 
Scheidepunkt (zwifchen Italien und Deutfchland). Göthe, Leben 
19. B. (Wo uns) der Scheidefonne letzter Strahl eıttzädt. Göthe, 
oa Werther. Bo, ald der Scheideftrom, die Eider ſich ergießt. 
Axinger. Und raſtlos wälzt die Zeit ein Heer von Scheideftunden 
buch die Unendlichkeit. Tiedde. Der Scheideton war bier die 
Stärle der männlichen Zonart neben der Stärke der weiblichen. 3. 
Baul. Wenn von der Wahrheit nur dieſe dünne: Scheidewand 
vi treunt. Schiller, das nerichleierte Bild zu Sais. Tupfe nun⸗ 
mehr mit freffendem Scheidewaſſer. Voß, der Niejenhügel 158. 
Oben auf der weiten Höhe, der Herfules-S heidemwege. J. Paul. 
Die Gejundheit des Leibes ift das Gleichgewicht jeiner Ab⸗ und 
Ausiheidungsthätigkeit. Abicht. Wenn die Entſcheidungs— 
punfte der Krankheit Derannsken Ebeling. Zeigt das verfälichte 
Blatt, Die iveggelaßne, fo ganz entfheidungsvolle Klaufel nicht, 
man wollte zu nichts Gutem uns verbinden? Schiller, Piccolomini 5, 1. 
Zange kounte ich. jedoch den eigentlihen Unterfheidungsgrund 
richt auffinden. Göthe, Leben 15. B. Es kann diefer Name Spott- 
name, sder Unterfheidungs- und Ehrenname gewefen fein. 
ie ae großer, ruhmwürdiger, gottähnlicher Unter heidungs- 
„ng. Eanıpe, Ä 
Schiedniß ift jehr felten. — Die Linie der Schiedniß ift jetzt 
in eine der Einigung umgefchlagen. Görres, Myſtik 1, 32. (Görres 
hat dns Wort öfters) 
Schiedbuch, —beere, —mahl, —marle, —mauer, —rain, 
398 


er 932 


—ſchacht; Schiedsfreund, —mam (&. 715), — probe, — richter 
(8. 715), —ſpruch u. a; Abſchiednehmen, — nehmend; Abfchieds- 
auftritt, —bitte, —brief, —feier, —feft, —gedicht, —gehör, —ges 
ichent, —geſuch, — gruß, — predigt, —rede, —ſchmaus, — ſtündchen, 
—ftunde, —thräne, —trauer, —trunf, —weh,. —wunfch, —zeit u.' a, 
— Welchem doch Dlympier Schiedsrichteramt verliehen. Platen, 
tom. Oedipus 1. Für ſo'n Schiedsurtheil geb’ ich noch die ge 
ſchiedene Scherben nit. H. v. Kleift, der zerbrodyene Krug 6. Dort 
werdet ihr ... neue Feſte begeh’n, die Abſchiednehmen nicht tren- 
net. Klopftod, Meſſias 4, 1122. Des abſchiednehmenden Lä— 
chelns der frommen Geliebten. Daf, 5, 335. Der Major wollte nur 
nod) der Form wegen einen Abfchiedsbefuch machen. Göthe, Mei- 
ſters Wanderj. 2, 4. Deßhalb fie auch jederzeit einen großen Bor- 
rath von Abſchiedscharten mit fih Führen. Daſ. 3, 9. Diefe 
Abihiedsformel wohldenkender freundlicher Katholifen war mir 
nicht fremd. Göthe, Campagne in Frankreich Münfter Novbr. Ein- 
gefeguet vom Sohne Cytherens ftieg nun ihr Glück mit unferm 
Abſchiedsgeſang. Thümmel. (Sie) fang mit heiter Seele ihr Ab⸗ 
ſchiedslied. Pfeffel, die Nachtigall und der Staar. Ein Abfchieds- 
mahl, welches um eben diefe Zeit gegeben wurde. Schiller, Abfall 
d. N 3.8 Nimm, Göttlihe, den Abſchiedsſegen. Klopſtock, 
der Abichied. Seid ftark, der Abſchiedstag it da! Schubart. Mit 
dem Abſchiedsweine nur fliehet, der da innen mir.brennet und 
glübet! Uhland, Abſchied. Sein Abſchiedswort thut euch durch 
nich der Komödienſchreiber zu wiſſen. Platen, die verhängnißvolle Ga⸗ 
bel 5. — Er eilt, der heißen Abſchiedszähren des Fräuleins ein⸗ 
gedenk, um bald zurückzukehren. Bürde. 

Scheit, im Pl. Scheite und Scheiter (ahd. sceit, uhd. 
scheite, .scheitel = Holzſpan, mhd. schit, altn. skid — Scheit, 
agſ. scide, engl. shid — Schindel) getrenntes Stück Holz, es fe 
groß oder klein, und durch Hauen, Schneiden oder auf andere Weiſe 
des Trennens entſtanden. Davon ſcheitern, Scheiterhaufen. — 
Dann flammen Reiſig und Scheite. Göthe, röm. Elegie 9. Alſo 
irret ein Sohn bei Gerippund Scheiter am Meere. Klopfſtock, 
Meſſias 9, 36. Ein Grabſcheit in der Hand. Wieland, Oberon 
12, 24. Ohn' Richtſcheit und ohn' Hammerlaut. Redwitz, Ama 
ranth. Daß wir, bei fo ſchönen Hoffnungen, ganz nahe vor 
fen jheitern. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 11. Und, wie fie ſeibſt, 
anı End’ auch ich zericheitern. Göthe, Kauft 1,89. — Des Feuers 
rothe Säule, die fih von eurem Scheiterhaufen hebt. Sciller, 
Braut v. M. Jetzo gebeut, daß vom Scheitergerüft die dort fi 
zerftreuend rüften ihr Mahl, Voß, Ilias 23, 158. 
loben (fi. flieben), ein größeres abgefvaltenes Holzſtück, iA uhr. 

nicht üblich. ine gebranchtere Nebenform if Kluft eig. gefpaltenes Ding 








933 


zum Zufammenfchlagen ver getrennten Theile; dann abgefpaltenes Holzſtück, hefon- 

ders vor Brenuholz (f. S. 10.885). — Trümmer (Blur, von Trumm; ahd.mhr. 

das drum — Ende; bei Gailer der trom, Pl. die troeme, in der 4. (1470— 78) u- 

Augsb. Bibelüberf. von 1507 der trom = Ballen; nhr. die, audy der Trünm- 

mer als Sing., im Bl. auh Trümmer) allg. Stüde eines zerbrochenen 

oder überhaupt eines Banzen (gr. Spvumna — das Abgeriebene, Bruchſtück), 

Neberrefte von Zerflörtem. Ruinen (aus lat. ruina — Berfall) ſtehen ge: 

bliebeue Ueberreſte eines zerflörten und verfallenen großartig aufgeführten Wer⸗ 

fes, vornehmlich eines Bauwerkes. Das (ver) Wrad (aus niederb. wrack, 
ans altfrief. wrak — beſchädigt, holland. wrak — mangelhaft, fchlecht, von 
agf. wröcan = zertrümmert werben, altfrief. wröka, altn. röka — flogen) 
das übrig gebliebene Körperganze eines durch gewaltfame Beſchädigung ober 
Alter trümmerhaften und fo unbraudhbar gewordenen Schiffer; dann auch auf 
andere Fahrzeuge übertragen. — Holiſt oß viele auf und neben einander ges 
legte Stüde Holz zufammengenommen, die Stüde Holz; mögen ganz oder ge⸗ 
fpalten fein. — Ob der Herr gleih Steine und Klüfte vom Himmel regnet, 
fo werben fie uns nicht ſchaden. Opitz. MWachholdergehölz und trockene Klüfte 
der Zeder. Buß, Orpheus 952. Was fichfiu den agen in dem auge dines 

bruoders vnd fihf nit den trom in dim auge? 4. Bibelüberſ. (147073) 

Matth. 7, 3. GE flürzt” in die Fluten der Felstrumm. Buß. Kann ich 

fie nicht auf diefem Trümmer vetten, fo ſterb' ich wenigſtens mit ihr. Zacha- 

riä. Bern nicht lag von dem Grabe... eine große Trümmer. Klovtud, 
Meſſias. Sah fie (die Stadt) endlih, wie Trümmern... ferne liegen. 

Dat. Die Wühfeligfeit in ben unfcheinbaren Trümmern eines Theaters 

herunnzufteigen, benahm uns die Luft, die Trümmer der Stadt zu befichen. 

Böihe, ital. Reife Segaft 20. April 1787. Es find die Ruinen eines deutſchen, 

auf römiſche Neite gebanten Schloſſes. Goͤthe, Leben 10. B. Ich aber, den 

im Wrad der Sand umfleußt, muß fehn, wie ich ans Lund in einer Trüm— 

mer fahre. Goecking. Dort, von der Deichfel geriffen, lieget die Art, und 

dort die Speichen zerbrochener Räder, weit aus fchnellt in die Munde ber 

Brad des getrümmerten Wagens. Voß. Schon, ruft fie, fteht der Hol z⸗ 

ſto aufgeffürmt. Wieland, Dberon 12, 45. 

Sceitflöße, —hauer, —holz, —maß, —meiler. 

Scheitel (ſ. S. 421), [heitelig; ſcheiteln Cahd. zisceitilön, - 
mhd. scheiteln). — Welch zweijchneidiges Schwert auf meinen Schei— 
tel daherblinft. - Klopftef, Meifins 4, 502. Blühender Hügel nur 
froh, hochſcheitlige Berge vermeidend.: Baggeien. Danı füßte fie 
ihr Haupt zwiiden den gejcheitelten Haaren. Göthe, Meiſters 
Wander. 8, 14. — Wie der Schnee hinſchmilzt auf bochgefcei- 
telten Bergen. Voß, Ddnffee 19, 204. 

Sceitelbein, — fläche, —kappe, — kreis, — linie, — loch, — winkel 
u. a. — Daß über meinen braunen Sceitelhaar die fchnellen 
Sahre machtlos hingegangen. Schiller, Wallenſteins Tod 5, 4 Wie 
fi die Sonne von unferm Sceitelpunft entfernt. Hebel, die 





934 


Sonne und die Erde. Hier ... flehft du zwei feindliche Geſtirne, die 
im ganzen Lauf der Zeiten ein einzig Mahl in feheitelrehter Bahn 
zerichmetternd fich berühren. Schiller, W. Tod. 


Breifen (oft preißen). ') 
(Wurzel pris, prit, pret.) 


Preife, pries, gepriefen, preifen (abd. prisön, mhd. prisen, 
nad) ſchwacher Form) allg. das Genehmfein wovon vorftellig machen 
(©. 5); Jemanden oder etwas ald von hohem Werthe laut auszeidh- 
nen und Dadurd im Urtheile Anderer erhöhen. — Sa, ja, im Gaal- 
freiß und auch in Meißen hört man euch Herm nicht befonders prei- 
fen. Schiller, Wallenfteins Lager 6. (Du) priefeft mir den gold» 
nen Mittelweg. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 4 Welchen Oreftes 
erfchlug, der gepriefene Sohn Agamemnons. Voß. 

Die Synonymen f. ©. 5. i 

Anm.’ Beifpiele der ſchw. Fotm: Sie warb gepreyfet. A. v. Eyb. Ge⸗ 
preifet. Fiſchart, Gargantua S. 122. Gepriſen. Daf. 125. Gepreifet... 
gevriefen. Opitz. Hat gepreift. Lohenſtein, Gleopatra 1, 174. Hat geprie 
fen. Daſ. 2, 318. Gepreiſet. Hoffmannsmwaldau, der netrene Schäfer ©. 136. 
Hat gepriefen. Derf. Heldenbriefe S. 83. Der Noel liebte dich, und preifite 
deine Gaben. Weichmann, Poefie der Nieverfachfen 1, 196. Gepreiſ't. Daf. 
1, 208. Gepriefen. Daf. 1, 214. Gott Jehovah, fei hoch gepreift! Boß, 
Hymnus. Sie preiften Bott. Nüdert, gef. Ged. 1, 46. 

An— (5. 5), aus —, fort—, heraus —, hoch —, lobpreifen. 
— Die Kinder werden auch nicht ruhn, und werden doch o Gott, 
dein Thun und Werk nicht ganz auspreiſen. P. Gerhard. So 
jeher man auch die Weisheit unſers Jahrhunderts herauspreiſet. 
Ungenannter bei Campe. Freund, dem man neidlos und liebevoll 
nacheifert, feine Verdienſte anerlennt, fie hochpreiſ't. Göthe, LXeben 
14. B. Allerhand Geifterhen aus Zeitungen oder Monatſchriften, in 
welchen dieß Buch jehr ift gelobpriefen worden. Klopftod, Gelehr⸗ 
tenrepublif, Mit dem von ihnen Tobgepriejenen Syfteme. Augsb. 
Alg. Zeit. 1850 Nr. 83. Möndye von Eifterz rief er dabin, daB 
dief? in Saatengefilden die Wildniß wandelten, und im Geſange des 
Ehors lobprieſen?) den Schöpfer. Pyrker, Rudolph 2. 

Breifer, Preiſung; Preis (S. 437), preislih. — Zritt dann 
ein gleicher Anpreifer eben diefes Buches auf. Klopftod, Gelehrten⸗ 
republik. Bielwiffer, Zautpreifer fchöner Handlungen und jelbft 
Mitthäter. Herder, 2. Homilie von den Schranken und Mißbräuchen 2c. 


1) Diefes dur das franzöflihe pris, priser, vom lat. pretium — Preis, 
Werth flanımende fremde Verbum follte eigentlich nach der ſchwachen Conj. gehen, 
wie vies ahd. und mhd. der Fall war. Ginzelne ſchwache Formen laffen fi bis 
in die neuefte Zeit nachweifen 


2) Es follte lobpreiße, gelubpretft Heißen, 

















935 


m 


— Wegen einer joldhen Anpreifung eines jolchen Buches. Klop⸗ 
ſtock, Gelehrtenrepublif. Die ‚Brieftafche ward unter großen Lob— 
preifungen der Reihe nach herumgegeben. Göthe, Meiftere Wun- 
derj. 2, 3 So vereiniget jchweben Töne vor dem, der das Ohr 
un bat, und Preiſe vorüber. Klopftod, Meſſias 1, 238. Hier 
ommt aud das Rütli zurüd, alles Lobes und Preijes werth. Göthe, 
Briefm. mit Schiller 6, 253. — An wen ich den Zettel wegen der 
Büherpreife für die Auction zu fenden.babe. Schiller, Briefw. 
nit Göthe 5, 98. Don PBrimeln und von Ehrenpreis. Nedwig, 
Amaranth. Ein Stolz, an dem Erlöjuungspreife ... mir zu 
verdienen meinen Theil, Daf. Und aller Zreibeit böchfte Freiheit wird 
fie zum Himmelspreis dir geben. Daſelbſt. Mein it der 
Sängerpreie. Daſelbſt. Ein nie zu erringeuder. Kanıpfpreie. 
Herder. @uriofitäten, die Durch den hoben Kaufpreis Aufnerkjauts 
keit und Bewunderung erregen jollten. Göthe, Tag- und Juhreshefte 
1805. Ceuta, das man als Löſepreis für ihn fordert. Göthe, 
Briefw. mit Schiller 6, 259. Auch du fannjt Gurgeleien den Vor— 
zugspreis vor meinen Tönen weihen? Ungenannter bei Campe. 
Dein preislicdes Verdienft macht unfern Mund zu enge. Günther 
Da die Belanntfchaft ſchon recht preislid angegangen. Hagedorn 
Lohn (guih.das läuns, ahd. altſ. mhd. das derlön, agſ. leän, altn.laun, vielleicht 
zu los ©. 281.750 gehörig; vol. gr. Avesv, Fat. luere = löſen; ſ. belohnen 
©. 166) Wiedervergeltung oder Entgelt nach Bervienft. Belohnung, das 
empfangene Gute ale ein freiwillig zuertheiltes Vergeltende in Anerfennung 
des Berbienfles worin. — Der Wutherih! der hat nun feinen Lohn! Hat’s 
lang verdient um's Volk von Unterwalden. Schiller, Tell 1, 1. Sie mußte 
ihren Zweck durh Belohnungen zu erreichen. Göthe, Leben 1. B. 
Preisausſetzer, —ausfteller, —austheilung, —bewerber, —be= 
werbung, —ertheiler, —ertheilung, — ſatz, — ſetzer, —verzeichniß, 
—ziegel u. a. — Ihr habt, jo ſprach er, feine Ausftellung, aljo auch 
wohl feine Breisausgabe? Göthe, Meilters Wanderj. 2, 9. 
Eine Preisausf epung der £. pr. Akademie der Wiſſenſchaften in 
Berlin. Bragur. Glänzende Ritteripiele waren im Gebrauch, an de— 
nen als Preisaustheilerinnen die Damen theilnahmen. Herder. 
Würd’ ich) aufftellen als Preisfrage diefen kurzen Zap. Platen, 
die verhängnißvolle Babel 4. Ueberall fchweigen die Seraphim jeßt 
und feiern den Anblid, welcher, des Preisgefangs Belohner, von 
Gott auf fie ſtrahlte. Klopfiod, Meſſias. Verſteht alle Breisnamen, 
der J— gegeben. Herder. Er lehnte die Mittheilung dieſer Preis— 
ſchrift humoriſtiſch ab. Göthe, Leben 10. 3. Auch ftellt man Da 
die Pre is ſt ücke der Mahlerei auf. Ungenannter bei Campe. Sprich, 
preisvoller Odyſſeus. Voß, Ilias 9, 673. Sohn des ritterlichen 
fiommen preiswertben Herrn. Wieland, Oberon 1, W. Welch 
preiswürdig Loos faällt dir! Göthe, Egmont 5. Unfere Preis- 





936 S 
zeihnungen find nun -ausgeftellt. Goͤthe, Briefw. mit Schiller 
5, 184. 


a. Weifen.!) 
(Wurzel wis.) 


Beife, wies, newiefen, weijen (goth. veisön, ahd. wison, 
mhd. wisen — jehen, befuchen, lat. visere, visitare; goth. veisan, 
ahd. wisan, wissan, wizjan, mhd. wisen, altn. altfriej. ſchwed. 
wisa, Dän. vise, agſ. visjan, altj. wisean, neuniederd. wisen — 
zeigen, alle nach fchwacher Form) 1) beftimmte Richtung wohin geben, 
führen; wiſſend, kundig machen, unterrichten, belehren; 3) (ſelten) 
beweiſen. — Du hätteſt ihm nothwendig deinen Abſcheu ja gezeigt, 
er hätt? ſich weiſeenn laſſen. Schiller, Piccolomini 5, 1. enn ein 
Irrlicht euch die Wege weiſen ſoll, ſo müßt ihr's ſo genau nicht 
nehmen. Göthe, Fauft 1, 203. Ich muß euch weiſen ver die Lands⸗ 
gemeinde. Schiller, Tell 2, 2. Dreimal wieſeſt du den Fürſten von 
dir. Schiller, Don Karlos 1, 2. Sein Geiſt ſich nur auf der Baht: 
parade weift. Schiller, Walleniteins Lager 6. Wenn ihr Umſtände 
machen wollt, fo wird man euch weijen, wie man feine.macht. Göthe, 
Götz v. B. 5. Auguſt war nicht gewohnt, in Anfehung des Wiges 
die allzugroben Ausfchweifungen zu vergeben; wenigftens hat ex ed an 
einer ähnlichen Perfon, an Ovid, nicht gewieſeun. Leſſing. 

Zeigen (f. zeiben) 1) ein Wohin oder Wo angeben, um tarauf bin 
ben Gefichtsſinn zu beflimmen; 2) dem Förperlichen oder gelftigen Auge vor 
ftellig machen. — Die Gegenden, die ich ihr zeigte. Göthe, Meiftere Wan- 
derj. 1, 2. Zeiget Euh zum Abfchied dem Infanten. Schiller, Don Karlos 
2, 3. In welchem (Gefyräch) jener fih als ein fchaffenver Idealiſt, biefer 
als ein völliger Reinholdinaner zeigt. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 5. 

Erweijen 1) augenſcheinlich beweijen, die an Jemanden gerichtete 
Handlung erfennen oder fehen laffen; 2) zureichend beweifen (ſ. ©. 
577). — Daß Sie im Lager uus die Ehr' erweifen. Schiller, 
Piccolomini 1, 2. Mid ſoll das Reich als feinen Schirmer ehren, 
reihsfürftlih mich erweiiend, will ih würdig mid bei des Reiches 
Fürften niederfegen. Daf. 2, 5. Indem er den Tempel bewegt, fo 
erweijet er fich einen Hobenpriefter. Opitz. Vielleich daß morgen 
Schon der Ausgang fih erwiefen. Ediller, Don Karlos 2, 15. 


1) Diefes Berbum gieng bis ins 16. Jahrh. meiſt nach ſchwacher Form, miſchte 
fi) dann aber immer mehr mit dem unter b angeführten flarfen wei ſen. Ginige 
Beiſpiele der ſchw. Form aus früherer Zeit find: Ste werden vnterweiſt. U». 
Eyb. Der Kunig bat die Eunigin bey der Hand in je berberg geweiht. Weiten 
rieder, Beiträge 3, 123, Du beweifeteft jnen feine barmhergigfeit. Luther, Bis 
belüberf. Pf. 47, 6. Er bemweifte Lohenftein,. Lobr. auf — — 
Volk, dem Lieb und Treu den Weg au dir geweift, Weichmaun, Roche der 
Mieberfachfen 2, 35, Dpig hat geweifi und gewiefen. 











937 


— ee — — — — 
* 


Erzeigen ergibt ſich aus zeigen 2. Zufügen (f. fügen ©. 508) 
eine angeordnete Handlung an jemanden in böfer Abficht ausüben. Anthun 
(if. thun S. 492) überhaupt eine Handlung an Jemanden richten. — Die 
andern Eyn. f. S. 577.— a, würtig haft du ſtete mit uns verfahren, mein 
Feldherr, uns geehrt durch dein Bertraun, und Gunſt erzeigt vor allen Res 
gimentern, Schiller, Ballenfleins Top 3, 15. Gin Wrangel war's, der vor 
Stralfund viel Böfes mir zugefügt. Daf. 1, 5. Gebiete Schweigen jenen 
rohen Etimmen, die fich erbreitten, deinem KRönigswillen Bwang anzuthun. 
Stiller, Marie Stuart 4, 9. 

Unterweifen zunaͤchſt nähere Anleitung geben zu geiftiger Auf- 
aſſung und Kenntniß worin; dann, als wenn es edferer Ausdruck 
päre, fir unterrichten. — Und wenn Natur Dih unterweift, dann 
ſeht Die Seelenkraft dir auf, Göthe, Fauſt 1,31. (Er) will meine Unjchuld 
m Eidbrechen unterweijen. Schiller, Fiesko 2, 3. 

Lehren (f, ©. 531) auf vie Spur, auf das Beleife bringen; wiſſen mar 
chen oder ausüben machen; im Befondern durch Bortrag wifien machen in 
Deziehung auf Kenntniffee Unterrichten (f. richten ©. 197) Kenntniß 
worüber mitthrilen; im Befondern in forigefepter Thätigfeit Kenntniß mitthei⸗ 
len, infofern der Lernende binfichtlich der Crwerbung der Kenntniffe gleichjam 
mehr behandelt (geifig hrarbeitet) wird. — Da die jüngera (Profefioren) 
eigentlich nur lehren, um zu lernen, und noch dazu, wenn fie gute Köpfe 
find, dem Zeitalter voreilen; fo erwerben fie ihre Bildung durchans auf Uns 
toften der Zuhörer, weil diefe nicht in dem unterrichtet werden, was fie 
eigentlich brauchen, fendern in dem, was der Lehrer für ſich zu bearkeiten nör 
ſfhig findet. Goͤthe, Keben 6. 2, 

Ab—, an— (S, 731), auf—, aus —, be— (5.577), bei—, 
dar —, durch —, ein —, fort—, her —, herab —, herauf —, beraus—, 
herein —, herüber —, herum — herunter —, hervor — ‚berzu— ‚bin —. 
hinab —, hinan —, hinauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, bin- 
über — herunter —, hinweg — hinzu — nach — ‚über — (S.733), ver — 
(S. 918), vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber —, weg —, 
zu—, zurecht —, zurückweiſen find klar, aber nicht alle gleich im 
Gebrauch. — Margarethe, wenn er kommt, weij’ ihn ab. Göthe, 
Götz v. B. 2. Iſt fie duch Heinrich’ legten Willen nicht ſtillſchwei— 
gend abgewiejen? Schiller, Maria Stunt 2, 3. Dieweil fie mir 
all Stih abweifen (abwenden). H. Sads. Alle find angewie- 
jen Dich zu ſchützen. Göthe, Zaffo 4, 1. (Der eudy) Heilbronn, 
eine feiner geliebten Städte, zum Aufenthalt anwies. Göthe, Götz 
v. B. 4. Niemand tritt in unfern Kreis, als wer gewifle Tatente 
aufzumweifen hat. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 6. Wie das Wör⸗ 
terbuch ausmweij’t. Göthe, Leben 11. B. Wie fih’8 nun vor eini⸗ 
gen Jahren auswies. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1802. Hub’, 
ih nicht von jeher durch alle Handlungen bewiefen, daß ic) befler 
als einer fühle, was Deutichland feinen Regenten jchuldig it? Göthe, 








. 


938 


Goͤtz v. 3. 4. Meinem Schwager ziemt’s, fich immer groß und fürft- 
ih zu beweifen. Schiller, Piccolomini 2, 4. Ihr habt dem Hut 
nicht Reverenz bewiejen. Schiller, Tell 3, 3. Ein Brief, der ſehr 
fehöne Ausftchten in die Ferne dDarwies. Göthe, Wahlverw. 1, 14. 
(Sie möchten) mid in die Zimmer auf der Münze einweifen laflen. 
Göthe, Benvenuto Bellini 2, 4. Weiſ't her! Schiller, Wallenſteins 
Lager 11. Als er eines Abends ein Bündel Hervorwies. Göthe, 
Meifters Lehrj 1, 3. Auch ich Hatte mich in allem Wiſſen umber- 
etrieben und war früh genug auf die Eitelkeit deöfelben hing ewie— 
Pen worden. Göthe, Leben 10. B. In's hohe Meer werd’ ich hin— 
ausgemwiefen. Göthe, Fauft 1, 43. Ein Geipenft, Das auf die 
Spuren, wo die Berheerung zog, mit Graun binunterweift. Ziedge, 
Urania 6. (Welcher) mir einige Sprachfehler nachwies. Göthe, Le— 
ben 3. B. Als uns der Bäder einiges Brot auf die Reife veriugte 
und uns in den Gafthof verwies, wo wir es allenfallg an Ort und 
Stelle verzehren dürften. Goͤthe, Leben 10.8. Als Wilhelm das Blaͤttchen 
vorwied Göthe, Meilters Wanderj. 2. 7. O hätte damals em 
wohlthätiger Geift vor meiner Thüre did vorbeigewiefen. Göthe, 
Eugenie 3,1. Emilie trat zu ihr, ward aber ſogleich weggewieſen. 
Söthe, Leben 9. B. (Welche) euch mit jedem Windshauch den Un- 
rath zurüdiendet, den ihr der Haupfftraße zugemwiefen habt. Göthe, 
ital. Reife Palermo 5. April 1787. Daß ein gebildeter Franzoſe mid 
nicht mehr höflich zur echtweiſen . . mußte. Göthe, Leben 11. 3. 
Sie kamen auf den Gedanken einen hohen Thurm zu bauen, der ihnen 
aus weiter Ferne den Weg wieder zurückweiſen ſollte. Daſ. 4. B. 
Wenn der Menſch ganz auf fl ſelbſt zurüdgewiefen iſt. Goͤtbe, 
ital. Reife 14. Mai 1787. Habt Ihr Befehl gegeben, daß man ihn 
zurüdweij’t, wenn er fommt? Schiller, Maria Stuart 4, 5. 

Anm. Die Particirien geftatten noch andere Zufunmenfegungen, 3. B..(Gt 
beifchte) fchnelleren Bang, mit erhobener, oft ſchrittweiſender Rechten. Pyrker, 
Rudolph 5.- & - 

Weiſer (abd. wiso, mhd. wise, wissere — Führer; altn. visir 
— König), der (das) da weiſet; Weifel (ahd. wisal, mbd. wisel) 
eig. Führer, König, im Befondern Bienenkönig; Weiſung (obhd. 
wisunga, mhd. wisunge); Weis (mhd. wis) und weislich nur 
in Zuſammenſetzungen: Aus—, Be— etc. — Der Marſchalk um 
die Weifen (im Kriegsvolk). Suchenwirt. Sing Leben auch am 
Weiſer einer Uhr. Shakeſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 5, % 
(Geld) zu prächtigen Spiegeln und Stundenweiſern. K. G. Eber: 
hard. enn der Sefundenmweifer dir kein Wegweifer m cm 
Eden deiner Seele wird, fo wird's der Monatweifer noch minder, 
dem du lebſt nicht von Monat zu Monat, jondern von Sekunde zu 
Eefunde. 3. Paul. Aber Niemand wollte, den Weifel dieſes Ber: 
ſchwarms ausgenoummen, wieder zurüd. 3. Paul, Hefperus 16. Ich 








939 


ſahm die Weifung auf das andere Leben. Schiller, Reflgnation. 
Reine Beifung (Befehl) war, Euch jeglihe Bequemlichkeit zu 
baffen. Uhland, Ludwig d. B. 4. Die Weiſung (Beweifung) dem 
ufzulegen, wider den ein Verdenken oder VBerwähnen. Krenner, Lands 
agsh. 11, 412. Wo er fie entweder ſaͤmmtlich —— oder eine 
seitere Anweifung zu finden hoffen dürfte. Göthe, Meiſters Wan⸗ 
ei. 3, 16. Die an ihn geichidte Geldanweiſung. Schiller, 
Iriefm, mit Göthe 2, 268. an pflegt wohl den Schreier von der 
!tandesverweifung loszuſprechen. Klopſtock, Gelehrtenrepublik, 
Kielleicht find folgende die reiten Wegmweiiungen. Daſ. Doc 
tinmere ich mich nicht, daß mir irgend eine Zurechtweifung ober 
fufmunterung von feiner Seite hierüber zu Xheil geworden wäre. 
Böthe, Leben 10. B. — Mit unabweislich feiter Hand. Shafes 
peare, Mach. 1,7. In Ettersberg nämlich bei Weimar jolle, nah Aus- 
eis eines beliebten Journals, eine Buche gefunden werden. Göthe, 
ing und Jahreshefte 1805. Um nur nicht von dem lebten unand- 
veislihen Termin entichieden gezwungen zu werden. Göthe, Wahlv. 
1, 17. Die Sache ipricht, die Elareiten Beweiſe. Schiller, Bicco- 
omini 5, 1. Der aus der Natım geichöpfte Aehnlichkeitsbe— 
‚eis, wodurd die Mehrheit nnmittelbarer Dffenbarungen erwiejen 
verden joll. Campe. Daß ich kehrte mit Scheinbemweiien. Shafe- 
peare, Eymbeline 5, 5. (Wenn nur) nicht fo viel Zuverfiht auf 
einen Erweis ... zum Grunde läge! Leſſing, Antigege 7. Der 
echte Ring war nit erweislich; ran fo unerweislidh, als uns 
est der rechte Glaube. Leifing, Nathan d. W. 3, 7. Da ift ein 
leberweis und Bild der Göttlichkeit. Opitz. Dieweil ihr Unter - 
veiß gleicht der Schrift. Opig, von der Wahrheit der chriftl. Reli- 
ion 1631 ©. 70. Ohne einen von der Turf. Landesdirektion von 
dayern anögefertigten Vorweis (Erlaubnißſchein). Hamb, Zeitung. 
Beife (ij. S. 772); naſeweis (mhd. nasewise, naswis — 
fahren im Riechen oder Spüren) vorweg mit eingebildeter Eiuficht 
der überklug ſich benehmend; weislich (ahd. wislih, mhd. wislich) 
uf eine weiſe Art; Weisheit (ahd. wist, wisheitt, wisheit, mhd. 
visheit). — Sie ſpuren auch zu flund ls die nasweifen Hund. 
echmellee 6, 177. Eine Art von naſeweiſem Neftquädelcen. 
Böthe, Leben 4 B. Die Weisheit läßt von einer goldnen Wolfe 
on Zeit zu Zeit erhaben Sprüche tönen. Göthe, Taſſo 1, 4. (Die 
Dihtfunft) lehrte die Menſchen Lebensweisheit. Herder. Zür 
eine Luft mich zu unterrichten waren es neue, und für Najeweid- 
eit und jugendlichen Dünfel ſehr willkommene Gegenftände. Göthe, 
eben 9. B. Wie von Schattenweisheit umnadtet. Klopftod, 
Reiflas 18, 391. 
Neugierig (mbr. niugerne, holländ. nienwsgierig, in der Volkeſprache 
nenfchierig, neudſchierig, neudſcherig, f. S. 106 Anm, 2) begierig 


940 


auf etwas Neues, dann befonders auf Reuigkeiten. Borwigpig(fürwigig?) 
ahd. firwizte, mhb. virwitzic, ſ. wißig S. 209) zunähR verwuubert; dam 
vorſchnell in Berborgenes uber Geheimes einzubringen aus Luſt es zu willen; 
geneigt, ſich in Borfchnelligkeit unbefugt oder verwogen mil etwas zu be 
faſſen und fo zu erthellen, überhaupt fi mit Borfchnelligfeit unbefugt za 
äußern. Schnippiſch (uieberb.-snippsch, weſtfäl. snippek und snappsk, 
wahrfcheinlih von fhnippen = ein Schnippchen ſchlagen) vorweg ſpigig 
furz gegen Jemanden, vornehmlich in Worten. — Da gibts nur Ein Vergche 
und Verbrechen: ber Orbre fürwigig wiberfprechen. Schiller, Wallenfeins 
Lager 6. Sie iR fo fitt- und tugendreich, und etwae ſchnippiſch doch = 
glei ... Wie fie furz angebunden war, bas ıfl nun zum Gntzüden ger! 
Goͤthe, Fauſt 1, 183. — Schweinhafftig und auffſchnüpffiſch im Reber 

Simpliciſſimus 8, 23. 

Beife (S. 40) eig.. das Wie der Bewegung; dann Das Bi 
des Thuns oder Seins, die Beichaffenheit des Handelns oder Der Tbe- 
tigkeit, während Art (S. 238) aud das Räumliche, Stoffliche, Die 
Beionderheit, alfo mehr eintheilend anzeigt. Mit Weile (Weis) wer 
den viele genitiviihe Adverbia gebildet. — Ja ir abweis (Ua) 
verfteh ih wol. H. Sache. Das jedermamı dein vollweis mu 
innen werden, die du treibft bei tag und naht. H. Sachs. — Bei aller 
Ueberzeugung von Ihrer raſchen Ausführungsweife Schiller. 
Briefm. mit Göthe 5, 37. Aber audy in Bezug auf die neuefte um 
uns ber bewegte Weltgefchichte ift Diefe Betrachtungsweiſe fındt 
bar. Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Deren veridier 
dene Denkweiſe und Abficht Yorik uns gar zierlih auseinander 
fest. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 9. DVöllige Uebereinftimmung mit 
meiner Denkensweiſe. Göthe, Briefm. mit Schiller I, 22. Di 
fih nundieHandelsweifeHamletö gar gutwerdeerklären laſſen. Götke, 
M. Lehrj. 4,3. Und aus der ew’gen Erdenharfe, gewährt vom Hauch der 
Himmelsweijen, zugleich die beften Saiten reißen. Redwitz, Amarantt. 
Was zürnſt du unjerer froben JZugendweije? Schiller, an einen Mora: 
ften. Zwar hüllt fid) Levana in den Regenbogenfchleier von ihres Schöpfers 
Kunftweife. Benzel- Sternau. Wer möchte mein Leben mir nad 
Menſchenweiſe deuten? Schiller, WBallenftens Tod 5, 4. Da 
echten Ritterweif’ ergeben. Benzel-Sternau. Seine mathematiſche 
Methode war das Widerfpiel meiner poetifchen Sinnesd- und Dar- 
ftellungsweife. Göthe, Xeben 14. B. So geht e8 mir mit der 
Sonettenweife Uhland, Sciußfonett. (Sie nahte) in. Trau— 
mesweife. Uhland, Rudello. Deine Stärke oder Gemüthbsweiie 
alles Große ruhig aufzunehmen. J. Paul. — Als würe er and: 


2) Vollmer erflärt finnreih das ahd. firiwizzi = mundi spectacuem 
von firi, firn, goth. fairhvus — Welt und wizzi, altf. uuiti, unit d. i. opane- 
a aaeintgel, wenn er fagt: firiwizzi Weisheit der —8 





941 


chließlicherweiſe der; Form gewogen. Göthe, Winckelmann 2. 
jene Sekte Religion geben wir einem jeden nur ausftattungsweije 
n die Welt mit. Göthe, Meiſters Wanderj. 2,2. Der (Springquell) 
ſogenweiſ' in des Bedens Spiegel fi goß. Voß. So wirkte in 
injerer Straßburger Societät Shafeipeare, ftüdweife und im Guns 
en, ftellen- und auszugsweife. Göthe, Leben 11. B. Daß 
t bürftigerweife bloß die Länge und nicht auch die Breite der 
Ratur in Anfchlag bringt. Schiller, Briefw. mit. Göthe 4, 37. (ES) 
vord epochenweiſe durchgedacht. Göthe, Tag- und Jahxeshefte 
1798. Das Neue ſchob fich flötzweiſe Aber das Alte hin. Daſ. 
180%. Wenn wir das fritiihe Gejchäft geſprächsweiſe unter uns 
ibthun. Schiller, Briefm. mit Göthe 5, 93. Ich babe es endlich 
lüflihermeife arrangiven können. Dal 5, 25. Uuglüdli- 
bermeife war niemand da. Göthe, Wahlv. 2, 6. Ob ich die übri- 
en Schaaren gleicherweije heranzuführen wünfchen follte. Goͤthe, 
Reiters Wanderj. 1, 10. Gruppenmeife lagexte ſich die Geſell⸗ 
haft unter den Bäumen. Göthe, Meiflers Lehrj. 4, 5. Die freuz- 
veis übereinander geworfenen Bäume verjperren diefen Weg. Goͤthe, 
Reifters Wanderj. 1, 4 Daß die Meinungen mafjenweis. fi 
erbreiten. Göthe, aus Makariens Archiv. (Sie zogen) paarweis 
um Saale hinaus. Göthe, Meiſters Wanderj. 3,1. Partienweis 
vie ſie angekommen. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1802. Wie ich 
——— geglaubt hatte. Göthe, Leben 8. B. Wie 
4 punktweiſe alle dieje Beichuldigungen wieder in der- Anklage 
and. Göthe, Egmont 5. (Ich) meinte quellmweif’...Göthe, Pan⸗ 
oa. Zeil an Zeile fehlangenartig reihenweis. Göthe, Fauſt 2, 
74. Bas Augen bat läuft ſcharenweiſ' herbei, den präct'gen 
tirhgang amzuflaunen. Wieland. Bis zulegt die jchwäbilchen Gebirge 
hattenweis in den Horizont verfließen. Göthe, Leben 10. B. 
Die haſpl' ich ſchnellerweis. Uhland, Mährchen. Was ich gegen- 
sArtig ſt ück- und: ſprungweiſe davon zu fagen gedenfe. Göthe, 
chen 7. B. Er machte ſich manchmal fprung- und ftoßweile 
uft. Daſ. 11 B. (Sie) bewarben jidy wenig anders als flreitweife 
m fie. Herder, Wenn unfere Thränen ſtromweis rollten. Schiller, 
Hegie. Zwar wird aud er fLufenweife zu Werke gehen. Göthe, 
Iriefw. mit Schiller 3, 379. Dir auch nur das Allernothdürftigfte, 
:undenweis und flundenhaft möchte man fagen, arbeiten. Daſ. 6, 
16. Diejen (Abhang) hat man nicht allen teraſſenweis abgear- 
eitet. Göthe, Leben 10. B. Hier ik überall ein theilweiſer Be— 
tz ſchon ergriffen. Göthe, Meifterd Wanderj. 3, 12. Berfprigen will 
h... mein Blut... tropfenweis. Schiller, Piccolomint 1, 4. 
Bas ih umgefehrterweife dem Moumer zur Abfertigung fagen 
ürde. Schiller, Briefm. mit Göthe 4, 151. Ach. leiſt' euch jede 
sicherheit, die ihr vernünft’gerweife von mir fordern möget. 








942 


Schiller, Wallenfteins Tod 1, 5. Uns der rohen Ratur wenigſtens 
verfuhöweife hinzugeben. Göthe, Leben 11. B. Es gehört vor- 
ugsweije zur Würdigung diefes Gedidyts das, was man Genrüth 
beiht Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 373. Seine Methode erinnert 
an den wechſelsweiſen Unterriht. Göthe, Meiſters Wanderj. $, 
11. Charlotten zufälligerweife etwas angenehm geſagt zu haben. 
Goͤthe, Bahlv. 2, 8. Fiſche, die fih bald einzeln, bald zugweife 
bin und her bewegten. Göthe, Leben 1. B. 

Weiskänfer (auch Freikäufer) find Waarendiebe, die durd 
Lift, allerhand Kunftgriffe und Ränke aus Buden, Häufern und auf 
‚Straßen zu entwenden fuchen, um fo gleichjam weile oder frei 
zu laufen. 
Dieb (goth. thiubs, ahd. diup, diop, mbb. diep, agf. theef, theaf, 

‚thyf, ſchwed. tjuf, dän. tyv, engl.’ theef, thief) allg. heimlicher Entweder 
fremden Eigenthums. Gaudieb1) umſtreichender und handfertiger, verſchla⸗ 
gener, ausgelernter Did. Gaunner und Spitzbube ſ. S. 362. Stro⸗ 
mer iſt ein Dieb, der das Gedränge von Menſchen (den Menfchenfirom ©, 
188), das folde Diebe manchmal auf eine pfiffige Welfe zu erregen fuden, 
benutzt, um in demfelben ſicher zu fehlen, was er habhaft werben faun. Die 
genannten Ausbrüde beziehen ſich alle auf ein Heimlidyes Entwenden; auf 
ein öffentliches, mit Gewalt verbundenes bentet Räuber (ab. raubari, 
agf. rösfere, altn, raufari, m$b. roubsere, f. rauben ©. 14). — Wär va 
ein Dieb, wollt’ ich gleich dich erkennen. Böthe, Jauſt 1, 133. Gott arckf 
dig, Gaudieb! Schiller, der Neffe ale Ontel 8, 3. Sind's Räuber, vi 
ihn feig erfhlagen? Schiller, Kraniche des Ibykus. 

Weismahen (S. 232), weisſagen (flatt weißagen S. 518), 
Weisthum (ahd. mhd. wietuom); Weisheitsdunkel, —feind, —or⸗ 
fcher, —forſchung, — freund, —gürtel, — lehre, — lehrer, —tebrig, 
—zahn u. a.; Abweiſeblech, — ſtock; Anweiſelank, geld, —tag; 
Beweisartikel, — bar, —friſt, — führer, — führung, — kraft, — lich 
— mittel, —punkt, —ſchrift, —ſtelle, — zeuge u. a. — An den fe 
als ihren Weisheitskram aufädelten. Herder. Dieſer lächerliche 
Weisheits- und Zugendlrämer Herder. Bon ihren Weis: 
beitsliedern und Klagegefängen. Herder. Lnerträglihe Weis: 
heitsnarren Herder. Ihre Gnofld war Weisheitsquell. Herder. 
(Wo man) Weisheitsipräcde aus ihrem (der Tbiere) Munde und 
Betragen dichtete. Herder. Freudig und weisheitsſspoll fang Ebert 
Klopftod. Künftiger Sünder weisheitverlaffene Hoffnung! 
Klopftock, Meſſias 11, 864. Ich hätte mein und meines Hachbers 


2) Ge ift in dem Wort eine Bermifchung des nieverb. Ari. gau == behende, 
geſchwind, holländ. gaauw — ſchnell, geſchwind, fertig, gefickt und des Erbi. 
Ban (f. ©. an alfo ein das ganze Rand beſtehlender Dieb, nicht zu verfennen, 
bie eigentliche Bildung aber fchwerlich andzumitieln, da man bie ahd. und mir. 
Torm des Wortes nicht kauhuht. 


943 


Bermögen auf die Beweisfübrung deſſen geſetzt, was ich behaup- 
tete. Shafefpeare, Eymbeline 1, 5. Wenn fle nichts ald Beweis⸗ 
gründe achtet. Schiller, Briefw. mit Göthe 1,58. in gerichtlicher 
Beweisfhein. Geift der Journale. Diefer Menich i in ihrer 
Gewalt mit allen Beweisftüden dieſer Wiedervereinigung. linge- 
nannter bei Campe. Er will der Welt Beweisthum geben. Weich— 
mann, Poeſie der Niederfachien. 

Anm. 1. Waiſe (ahd. weiso, mhe. weise, nennieherl. wes) erſcheint nach 
Grimm H, 47 als die durchs Präteritum ausgedrückte Regation, das unmändige, 
fhirms und vaterlofe (wisellös, wie altn. födrlaus, Kind. Das Wort if abb. 
männlih, nhd. gewoͤhnlich weiblih, ſelbſt von Rnaben. Du bift eine Waife, 
Morig, jagt Engel, Edelknabe 7. Luiher, Bibelüberf. Hivb 6, 27 fügt: Ir follet 
über einen armen Walfen. 

Aum. 8. Das Thier Wifent (eine Art Budelochfe mit mähnenartigem 
Halskaar und flarken Hörnern, ahd. wisant, wisunt, mihd. wisent) findet fi in 
unfern Gegenden nicht mehr; ver Name hat ſich übrigens in Cigennamen von Bers 
fonen und Orten erhalten: Wieſenſteig, Wieſendangen. 


b. Ber: weifen (für verweigen). ?) 


Berweife, verwies, verwiefen, verweilen (ahd. wizu, weiz, 
wizum6s, wizaner, wizan; aud flv)airwizan; mhd. wize, 
weiz, wizzen, gewizzen, wizen; auch verwizen; goth. veitan, 
fraveitan; altf, agf. witan; nittelniederd. verwiten, ſchon 1429 
verwisen ſtatt verweizen) Jemanden etwas Geſchehenes mit Wor- 
ten ftrafend bemerklich machen. — Ych habe es ihm verwiejen. 
Shafefpeare, K. Heinrich IV. 3. Th. 1, & Wollt ihr mit Spott 
ee = fo ſcharf verweifen? Shalefpeare, viel Lärmen um 

8 5 


Die Eynonymm f. S.4. Ä 

Weis, Weile (ſtatt Weiß; älternbd. auch Witze, Wiz, It— 
wiß, Stwiz; ahd. wizi, mhd. wize, altj. witi, altn. viti, agf. wite 
— Gtrafe) 1). Strafe, befonders Strafe der abgefchiedenen Seelen; 
2) Höllenfput, Geifterfput find für die Schriftiprache veraltet; eben 
fo weizen — ald arme Seelen umgehen, überhaupt als Geiſt, als 
Geſpenſt erfcheinen, fpufen und weigigen (ahd. wizandn, mhd. 
wizen, wizegen) yeinigen, fitafen. — Daz fein fele werd ertöft auz 
baizzer wige fewre. Suchenwirt. Got hat die weiczen darumb bes 
ſchaffen, das die fel gereinigt werden. Bruder Berthold. Da ift ein 
weit (Gefpenft) in dem perg. Schmeller 4, 205. Z’nachft hats in 


1) Die Srundbebeutung ift wol Ab geifig werauf richten, beachten, wifien 5 
denn Jemanden etwas wiflen; hieraus Iemianden etwas zurechnen, Schuld geben- 
Manche frühere Formen find nun veraltet, zum Theil, mehr ober minder entitellt, 
in der Volkeſprache erhalten. Vgl. altn. veita — ſchenken, ahd. weizan und das 
in Saiern fid) noch endende weiſen == bei gewiffen Antäffen, beſonders Hochzeiten, 
Kindtaufen, fh mit einem Geſchenk einkellen. & h 








944 


de Kuchl gweigt (geſpult). Voltsſted daf. 4, 206. in tewfel der 
waicziget di felen. Daf. 

Berweis, Verweiſer, Bermeifung, verweißlich ergeben ich aus 
verweiſen. — Ein jchweigender Verweis war mir deinAnblid. Görbe, 
Sphigenie 4, 4. 

Anm. 1. Hierher gehört auch das der Volkoſprache angehörige wigel = 
bang: &6 wird mir wigel. 

Unm. 2. Srimm II, 14 rechnet hierher au wiffen ©. 518. Darım 
entwidelte ih Witz (S. 882); aus dem Bräter. wissa erflärt ih vas verbeie 
Apjectiv gewiß ©. 571. 

Anm. 3. Weiß (goth. hveits, ahd. hwiz, mbd. wiz, og hvit, altſ. gie 
An white, ſchwed. hwit) gehört, wie aus dem anlautenten h fi ergibt, zidk 

erher, — 


Schweigen. 
(Wurzel swig.) 


Schweige, ſchwieg, geſchwiegen, ſchweigen (mhd. 
sweic, swigen, geswigen, swigen; ahd. suik(g)eu, Pl: ag. 


| . svigjan oder svigjan; nach Badernagel mitt ahd. suifton, mb. 


swiften = beſchwichtigen zu gt. opios —=.gebrehlid, lahm; nad 
Schwend zu gr. oyar ſchweigen, lat. silere, wahrſcheinlich für 
siclere) bat nah Grimm 11, 17 die Urbedeutung drüden, iegen'); 
davon abgeleitet die Stimme unterdrüden, oder flille werden, 
Berung unterlaffen. Davon das abgeleitete ſchwache ſchweigen (ab. 
sueigan, mhd. sweigen) — chweigen machen. — Halbpart, Schie, 
fo will ih ſchweigen. Schiller, Wallenfteins Lager 3. Sein firenges 
Auge hieß die heftig wallende Empfindung [hweigen. Schiller, Pic⸗ 
colomini 3, 4. Schweig' eine Weile, o Wind. Göthe, Wertber. 
Des Krieges Stürme ſchweigen. Schiller, Jungfrau v. DO, 4 1.— 
Ih will and’re Gaben ſchweigen. Weichmann, Poeſie der Rieder⸗ 
ſachſen 2, 205. Sonſt hätten wir längſt ihn bier geſchweigt in 
Palaſte, den hell ertönenden Redner. Voß, Ilias M0, 273. Bü 
woll'n den Wahn verliebter Thoren ſchweigen. Lohenſtein, Roſen 8 
Berſtummen (mbd. verstammen ſ. ſtumm ©. 81) eig. Ausım made; 
dann Lautäußeruug unterlaffen, weil fe aus natürligem oder fittlicgem Ran 
gel au ihr nicht geſchehen kann. — Sie faßt' ins Auge wich, fürwahr ſo ſche, 
als wenn ihre Aug’ die Zunge gang verſtummte. Shalrfpeare, was UR 
wollt 2, 2. Berkummen müſſen faljhe Meuler. Luther, Bitelüberfegung 
Bf. 81, 19. 
:  &e—, ver— (5.7), ſtillſchweigen. — Geſwaig dein zungen 
zu aller frift, wann fweigen die allerft tugend ft. Schmeller 3, 583. 


2) Den nerdifhen Mundarten mangelt dieſe atoaelen Bedentung: alte. 
sveigja = biegen, svig — Rieberbrüdung. 








945 


Cerlo hatte fie nicht einmal zu Gaſtrollen gelafien, geihweige?) 
daß er ihnen Hoffnung zum Engagement gemadyt hätte. Göthe, Mei— 
ſters Lehrjahre 4, 19. Berplaudern ift jhädlih, verfhweigen ift 
gut. .Göthe, der getreue Edart. Aber Heimlichkeiten find Dinge, die 
fih wohl jagen laffen, und Die man nur zu gewiſſer Zeit, in gewiffen 
Ländern, theils ans Neid verhehlte, theils aus Furcht verbiß, theils 
aus Klugheit verſchwieg. Leſſing, Ernft und Fall 4. Schweige 
file! Schiller, Wallenfteind Lager 8. Ich verfprah Stillfhwei- 
gen dem Thäter. Voß, Luife 3, 377. 

Anm. In partieivialer Zufammenfegung ſagt Goͤthe, Meiſters Wanderjahre 
Das iſt eben ihre zarte, ſchweigende, halbſchweigende, halbandeutende 

anter. 

Verſchwiegen (Partic. Bräter. von verſchweigem) überhaupt, aber 
in verftürlendem Sinne, Lautäußerung unterlaſſend, beſonders Gehei— 
mes unverlautbarend; ſchweigſam — ſchweigend nah Sinn und Eha- 
rakter, d. i. gewohnt und geneigt, Zautäußerung zu unterlaffen; Davon 
Berihwiegenheit, Schweigiamteit. — & war der treuefte, 
weifefte, redlichite, werfchwiegenfte, liebevollſte Freund. Göthe, 
Benvenuto- Bellini 1, 9. Sieht verfhwiegener Tänze geheimniß- 
volle Bewegung. Göthe, geweihter Platz. Bis dahin verlang’ ich von 
euch beiden Berichwiegenbeit. Göthe, Eugenie 1, 5. Nun fuch- 
ten die Schweftern durch Aufrichtigkeit und Mittheilung das Vertrauen 
des ſchweigſamen Gaftes, der ihnen gefiel, zu gewinnen. Göthe, 
Meifters Wanderj. 1, 6. Dazu darf ih nit ſchweigſam bleiben. 
Söthe Fauft ?, 54. Erſtaunt' ich ob der öden Gänge Schweig- 
ſamkeit. Daj. 2, 186. | 

Schweiger, Schweigniß, Schweigung (mhd. swigunge) find 
nicht fehr gebräuchlich. — Endlich, liebe Kinder, ein Brief von dem 
dreijährigen Schweiger. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 6. Dann 
im. Kıyflall und feiner ewigen Schweigniß erbliden fie der Ober- 
weit Ereigniß. Göthe, Fauſt 2, 269. 

Schwichtigen, gebräuchlicher beſchwichtigen (niederd. abge- 
leitete Form von ahd. suifiön, mhd. swiften lautlo8 machen, fehwei- 
gen machen ?]) machen, daß etwas nicht laut wird, ſich nicht offenbart. 
— Ad), wie ſchwichtigeſt du des Lebens ſchluchzende Wehen! Ko— 
fegarten, Hymne an die Tugend. Umfaſſ' ich fie, die Schmerzen zu 
befhmwidt’gen? Göthe, Wahsthum. Die Wucherflauen find be⸗ 
ſchwichtigt. Göthe, Fauſt 2, 64. — Schwichtiger meiner Leiden. 


) Diefes partifelhafte gefchweige entivringt aus der 1. Verſon tes Ber: 
bums. Ahr. ih wile des sulgen, mho. ich gceswige danne, S. Grimm ll, 
242 und meine Srammatif I. 2, $. 387. 

2) Aehnlichen Uebergang des | in ch jeigt Nichte, ahd. agſ. eltn. nift, ahd. 
niftilä, mhr. niftel, neben Neffe, ahd. nelo, mhd. neve, agſ. nöfa, vgl. lat. 


aepos, fanjffr. napfr. 
oo 


946 


ri zn trau’ ich der Beſchwichtigung. Uhland, Her⸗ 


En (von ruhig, mbb. ruowec, ruowig, diee von Ruhe, ab. 
räwa, ruowa, ra, mh. räwe, ruowe, alin. rö) ruhig machen, d. i. machen, 
daß etwas in feiner Bewegung und Rraftäußerung nachläzßt Befänftigen 
(von fanft, ahd. sanfti, samfti, semfti, mhb. senfte, semfte, agf. saft, sel, 
engf. soft) machen, vaß etwas weniger unangenehm empfunden wird, indem 
das Rauhe und Heftige desfelben ſich minder äußert. — Diefee zufammen be 
trachtet möchte wohl hinreichend fein, einen jeden Theilnehmenden zu berußi: 
gen. Goͤthe, Meiftere Wanderj. 2, 6. Ban habe ihm zur Aber gelaffen m 
fonft alles Beſänfrigende möglich angewendet. Daſ. 2, 6. 


Steigen. 
(Wurzel stig.) _ 


Steige, ſtieg, geftiegen, fleigen (stiku, steic, stikumds und 
stikamös, stikaner, stikan; mhd. stige, steic, stigen, 
stigen; goth.steigan, agj. stigan, alt. stiga, engl. stigh, stie, stey, 
ſchwed. stiga, gr. orelgar) 1) geben, fih zu Zug fortbewegen, befor- 
derö gegen die Höhe; 2) fidy in Die Höhe bewegen, oder bewegt wer⸗ 
den, es fei in fenfrechter oder in fchräger Richtung; 3) fi m de 
Höhe erftreden; 4) zunehmen, jowol an Zahl und Menge, al auch 
an innerer Stärke. — Stürzt er, dann fteig’ ich zu Thron. Sonne 
berg. Denn, der fie brachte, flieg recht in der Hiße und höchſten 
Kraft des Handgemengs zu Pferd. — Heinrich IV. 1. Thl. 1,1. 
Die Lerche ſteigt und ſchwirrt von Luſt erregt. Hagedorn. Das 

Schlachtroß ſteigt und die Trompeten klingen. Schiller, Jungfran v. O. 
Prolog 4. Er iſt ihnen zu hoch geſtiegen, möchten ihn gern herunter 
kriegen. Schiller, Wallenftens Luger 2, Immer fteigender hebſt dm, 
Woge, did. Klopſtock. Ha, welch ein lauter Paͤan fleigt von feinen 
Siegen in mein entzücktes Ohr! Ramler. Palläfte von Marmor ſtei⸗ 
gen dort hoch an die Wolfen Geßner. Jedermann zaudert bei’u 
ſteigenden Preiſe, während der De immer fteigt. Göthe, Briefm. 
mit Schiller 4, 144. 

Ab—, an—, auf— , aus —, be—, bei—, durch —, ein, 
empor—, ent—, entgegen—, er —, fort—, ber—, herab —., Beran—, 
berauf—, heraus —, berein—, hernieder , berüber—, berum-, 
herunter— , bervor— , herzu —, hin —, binab— , bins, 
binauf—, hinaus —, hindurch, hinein —, hinuͤber⸗ Sinunter— 
hinweg —, binzu—, nah —, nieder—, über— (f. S. 54), um, 
umher —, unter—, ver —, vor—-, voran —, voraus -, vorbei — 
vorüber —, zu -, zurüd—, zufammenfteigen find an fich — — 
39 war .im Wiripepaus zum Geift abgefliegen. Göthe, Leben 

9. 3. Sir Walter Blunt, vom Pferd erfi abgeftiegen. Shalipeare, 





947 


nn 2 


8. Heinrich IV. 1. 25. 1, 1. Wähnt man doch, daß ganz im das 
Meer abfteige der Himmel. Voß. Bis in entfchiedenem Gang ab- 
feigt von Kronion ein Fahrwind. Voß, Slias 14, 19. Doc, ſchon 
kömmt er angeitiegen. Weiße. Eine fanft anfteigende Fläche. 
Goͤthe, ital. Reife 9. Det. Wenn die Mutter fchon ins Obergemach 
aufftieg. Voß. Wer vermag wohl einen Berg ohne Schwachheit 
anfzufteigen? Günther. Ihr jpürt von dem Gewitter, Das auf- 
ſteigt, eine erbärmliche Mattigkeit in dem Gliedern. Göthe, Egmont 
4. Eine Bombe, die in einer janften, glänzenden Linie aufſteigt. 
Göthe, Leben 11.2. Am Fuße eines auffteigenden Hügels. Göthe, 
Campagne in Frankreich 23. Aug. Umher fiieg buntes Getöf’ auf. 
Ro. Goldlockig, ſchön und rojenathmend flieg er (der Morgen) wie 
der Herold auf. Wieland. Ohne des Pflanzers Sorg’ und der Aderer 
Heigt das Gewaäͤchs auf. Voß. Da ift mir eine Grille aufgeftie- 
gen. Göthe, itul. Reife 8, Sept. 1786. Nah auffteigender Ord— 
nung. Göthe, Leben 5. B. Die auffteigende Reihe der Bernunft- 
ihlüffe. Kant. Ih fuhr nun ftrads vor mid hin, flieg mehrere 
Stationen nit aus. Göthe, die neue Melufine Befteige lieber 
das fichere Thier, das ich dir ausgeſucht. Schiller, Wallenſteins Tod 
2, 3. Manchen Wald habe ich durchwandelt, mund Gebirg durch⸗ 
fiegen. Göthe, wad wir bringen 10. Ich war zueift eingeftie= 
gen. Göthe, ital. Reife Catania 4. Mai 1787. (Als fie) nun wieder 
die Stufen emporitieg. Voß, Luiſe 3. a., 107. Heiliger Rauch 
ſteigt mit dem Gebete ftillbegleitend, empor. Klopſtock, Meijias 1, 
349. Frifchblutend fteigt die längftvergebue Schuld aus ihrem leicht 
bededten Grab empor. Schiller, Maria Stunt 1, 4. Jetzo wie 
laut Das Getös holzbanender Männer emporfteigt. Voß, Ilias 16, 
632. Der jdyredlihe Gedanfe: wie, wenn fie dich verriethe? ftieg 
in ihm empor. Meißner. Bin id) dem fiuftern Gefängniß entitie- 
gen? Scdiller, Maria Stuart 3, I. Nur was der Erd’ entfteigt, 
wird auch der Erde Raub. Ziedge, Urania 4. Als mir der Säulen 
Pracht und Siegesbogen entgegenftieg. Schiller, Maria Stuart 
1,6. Er erfteigt aus der Gruft einft. Herder. Dieß ſchloß er⸗ 
eigen wir in dieſer Naht. Schiller, Marin Stunt 3, 6. Strah⸗ 
lengeftalt flieg ber vom Olymp. Sonnenberg. Herabgeftiegen 
von Der Höhe verweilte ich noch eine Zeit lang vor dem Angeficht 
des’ ehrwürdigen Gebäudes. Göthe, Leben 9. B. Der Sonne Licht 
ift unter, herab fteigt ein verhäugnißvoller Abend. Schiller, Wallen- 
keins Tod 4,8. Zu neuen Freuden flieg mein Geift heran. Göthe, 
Zueignung. (Er) fteiget froh den Berg heran. Göthe, deutlicher 
Barnaß. Ein widerfpenft’ger Geift, heraufgeftiegen aus dem Feuer— 
Fuhl. Schiller, Jungfrau v. DO. 3, 9. Er) öffnete den Schlag, 
ıber niemand flieg heraus. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9. IK 
tieg mit der doppelten Beute wieder herein. Göthe, Götz v. 2. 


60 * 


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$. Die. Mühſeligkeit in den unſcheiubaren Trümmern eines Theaters 
berumzufteigen. Göthe, ital. Reife Segeit 20. April 1787. Der 
Vater war indeffen gelafien beruntergeftiegen, Göthe, Leben 3. 
B. est flieg über den Gedernwald der Morgen herunter. Key 
tod, Meſſias 2, 1. Wenn der traurige Zag an des flammenden 
Dceand Ufern dampfend hervorſteigt. Klopftod, Meſſias 2, 356. 
Nun fahen wir in einem öden baumlojen Thale die prächtige Kirde 
bervorfteigen. Göthe, Leben 18. B. (Als wir) in die Regie 
der Saar und Moſel hinabftiegen. Göthe, Leben 10. B. Dieſes 
Lichtweg fteiget hinab! Klopftod, Meiflas 1, 451. Den Felle 
flieg ih jegt hinan. Sciller, Kampf mit dem Draden. Welche 
(Flut) Sogar über die höcyften Berge hinaufzufteigen drohte. Göthe, 
Leben 6. B. Gleich unten an der Treppe faud ich einen Mann, der 
eben auch hinanfzufteigen im Begriff war. Dafelbfi 9. B. Bi 
ih zum Dachfenfter hina usſtieg. Göthe, Götz v. B. 3. Nm 
fteiget nicht mehr mit den Krügen die Kellnerin heiter hinein 
Söthe. Bergſchloß. Daß ih hinunterfteige und den Fluch ver 
föhne. Schiller, Braut v. M. Freier Blick der Hinterlaff’nen ftieg 
dem neuen Gott in des Olymps verflärte Räume nach. Göthe, En— 
genie 3, 4. (Sie) ftieg ihm wankend in das Männerjimuıer nad. 
% Paul, Siebenkäs 1. So fteigit du denn, Erfüllung, ſchönſte 
Tochter des größten Vaters, endlich zu mir nieder. Göthe, Iphigenie 
3, 1. Wie vom geſchmolznen Schnee ein Bächlein überiteigt. 
Göthe, Fauſt 1, 173. Er wollte an den Spalieren überfteigen. 
Göthe, Meifters Lehrjahre 5, 14. Nur durch Menjchen befiegt mad 
überfteigt man Menichen. 3. Paul, Titan 5. Daß eure Kusfl 
viel Künfte überfteigt Göthe, Kauft 1, 100. Dichter! wohin ver 
fteigeft du dich? Göthe, röm. Elegien 7. Die Schöne, ohne ſich 
in Fragen zu verfteigen, glaubt ihrem Hüon nad. Wieland, Obe 
ton 6, 49. Er ftieg langjam und ftolz wie ein Heyameter voran, 
und feine Frau trippelte wie ein PBentameterchen hinter drein. Lichten⸗ 
berg, Nachtrag zu den wißigen und fomifchen Ausdrücken. Mit ibm 
(dem Adler) die Höhe zurüdzufteigen. 3. Paul, Siebenkäs 7. 

Aum. Die Barticipien geftatten noch andere Infammenfepungen, 3- B. Atf⸗ 
ſcholl es herauf in den himmelſteigenden Tempe. Klopftock. 

Steig (goth. stäiga, altn. stigr), Steige, Stieg, Stiege, Steg mit 
ihren Synonymenf.S.141; Steiger; Steigung; fleigbar und ſteiglich 
in Zufammenfegungen. — Bon der aufgehenden Sonne beſchienen erheb ſich 
por uns die berühmte Zabemer Steige. Göthe, Leben 10. B. Bon 
Gaftor Giovanni herab führt ein rauber, unbequemer Stieg. Goͤthe, 
ital, Reife 30. April 1787. — Verehre fchroffe Felfenfteige. Göthe, 
Fauſt 2, 148. Er aber bewegte fih nicht aus dem Fußſteig. Voß, 
Odyſſee 17, 234. Wo von Wachholderſträuchen den Kiejelkeig 
binan verworrne Ranken fchleichen. Salis, die Eiufiedelei. — Der Ab⸗ 





919 


fieg war zu jähe. Goͤthe, Meifters Wander. 1, 1. So erlangte 
fie eine fchön gefchwungene Wendung zum Aufftieg. Göthe, Wahlv. 
1,3. Man jah ſich von einem fchroffen Niederftieg bedroht. Göthe, 
Meiſters Wanderj. 3, 5. (Ich erflomm) die legte von den Schie- 
ferftiegen. Chamiffo, Salas y Gomez 1. Schon trampelt’8 laut die 
langen Wendelftiegen herauf. Wieland, Oberon 3, 46. Froh 
walle auf dem Felfenfteg der Pilger zu dem Gnadenbilde. Schiller, 
Kampf mit dem Drachen. An jedem Abend geh’ ich aus, hinauf den 
Wieſenſteg. Uhland, Lauf der Welt. — Da er nun jeine eltern- und 
geldloſe Braut auf einmal als Steigerin in ein ausgezimmertes 
Silberbergwer? fahren laffen wollte J. Paul, Siebenkäs 1. Der 
Mittelmann glaubt, die Obermänner ftehen darum auf den Höheren 
Sproffen der Stuatsfeiter, um beffer die Nachſteiger zu überjchauen, 
indeß er ſelber das Auge weniger auf den Kopf feines Nachfteigers 
ald auf den Hintern feines Vorſteigers heftet. 3. Paul. — Indem 
er bei feiner Thronbefteigung wenigftens einen Schuldner losge— 
laffen. J. Paul, Siebenfäs 9. — Die leiht erfteigbare Mauer. 
Pyrker, Rudolph 8. Berzäunt mit unerfteigbarn Zellen. Shake— 
ipeare, Eymbeline 3, 1. Die teilen Wäude find durch nen angelegte 
Treppen erfteiglih. Göthe, St. Rochusfeſt. (Die) auf uner- 
teiglichen Gebürgen thronen. PBlaten, rom. Dedipus 2, 

Steigbaum, —bohne, —bügelmustel, —kehrer, —leiter, —litz, 
—rad, —radfloben, —riemen, —rohr, —röhre, —Ichaufler, — zeug 
u. a.; Stegekehrer, —reifdihter, —ring, —Ichaufler, —Iehne u. a. 
— Man fuhr ohne Steigbügel auf dem Pferde bin und her. Göthe, 
Reben 4. B. Aus feinen (Anors) Pfeilen Sporen und Steigeifen 
zu machen. J. Paul, Hejperus 27. Er habe fih aus den Steg- 
reife jogleich fterbfich verliebt. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 4. 

- Steigen (ahd. steigön, mhd. steigen — fleigen machen, erhoͤ— 
ben in Zahl, Werth, Preis) ift nhd. minder gebräuchlich als ftei- 
gern (S. 765) in demielben Sinne. Berfteigern in öffentlichem 
Ausrufe zu Mehrgebot ausjegen. — Ein gut an den zinjen ftaigen 
und höhern. Mon. boica 22, 595. Durd) Sparfamleit ein fichres 
Gluͤck zu fteigern. Göthe, Eugenie 2, 1. Ihn bei der Erneuerung 
des Contractes zu feigern. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 9. Indem 
ſich Würde und Pracht fteigerten. Göthe, Leben 5. B. Im Doll 
verffeigern fönnte man Die pädagog’ihen Schriften hier. Platen, 
tom. Dedipus 2, | 

Die mit ſteigern finnverwandten Auspräde erhöhen, fanfen etc. 
£ ©. 732. 665. — Mitverfieigern find finnverwandt: verauctionieren (aus 
lat, auctio = Bermehrung, Berfteigerung) öffentlich ausſetzen durch Aufruf 

- zum Beifauf. nad Mehrgebut. Berganten (zunächſt aus franz. encanter, 
ital. incantare; zu Grunde liegt Sant, franz. le gant, eig. lencan, alt 
franz. in quant, ital. il incanto, miltellat. imcantum , aus lat. in quantum 


950 


— um Wie viel, wie theuer) zu offenem gerichtlichen Verkauf an den Mein⸗ 
bietenden ausfenen. — Pokal und Kette wird veranctionirt. Göthe 
Fauſt 2, 87. 

Anm. Götbe gebraucht auch fleigern in intranfitivem Siune: Wir Gaben 
in diefem zweiten Buche die Berhältniffe unferer alten Freunde bedeutend Reis 
gern fehen. Meiftere Wanderj. 2, 8. 

Steigerer; Steigeruug, — grad, —Sftufe; Verſteigerer, Ber- 
fleigerung, — buch, —sſache, — Stube. — Daß die allgemeine An- 
erfennung des Dichterifchen Berdienftes mit Vermehrung und Stei— 
gerung raſch auf einander folgender Productionen in gleihem Maße 
fortwuchs. Göthe, Lebensverhaͤltniß zu Byron. 

Anm. 1. Das zu ſteigen gehörige Keil lautet ah. steigal, steikal, stei 
kel, stöchal, mhb. steigel, stigel, stichel, stickel, stöchel, steiger. 

Anm. 2. Stieglig leitet Adelung von fleigen, weil der Stieglig mit 
Leichtigkeit Flettere; Andere leiten das Wort von Heben; Campe von bem Led⸗ 
ton, weldyen diefer Vogel hören läßt, der wie Stiegliet Flingen fell; Shwerd 
glaubt mit mehr Grund, der Name ſtamme aus dem Slaviſchen (boͤhm. stehlik, 
poln. szezygiel). 


Kriegen (flatt Breigen). 
(Wurzel krig.) | 

Kriege, Eriegte, gefriegt (Bollsiprahe frag, (ge)kriegen, 
(ge)£reit), Friegen (mhd. krige, kreic, krigen, gekrigen, kri 
bolländ. ik’ kreeg, ik heb gekreegen, niederſächſ. ich £ — 
gekricht, weſterw. ih krag, hab gelreit) iſt eigentlich mit der 
‚Hand ergreifen und hat alſo den Nebenbegriff des Strebens nad) et⸗ 
was; dann allgemein befommen, erhalten (eig, md fig.) — Ru 
warte, ich will dich ſchon wieder Triegen. Weiße. Vnd mar alle 
ein Weinftod, der Neben kreig vnd Zweige. Luther, Bibelüberjchung 
Ez. 17, 6. Er friegte viel Eſte. Daſ. 31, 5. Ih friege ned 
den Tod über euch. Geller. Mehr Speck und Butter und Gier 
friegft du in den Torniſter geſchenkt. Götz. Zu zeigen, daß dem 
Bolt von dir die Wahrheit a Se — Für die Eleine Bo% 
beit mußt du eins abfriegen eiße. Er ift ihnen zu hoch geſtie⸗ 
gen, möchten ihn gern herunterfriegen. Schiller, Wallenſt. Lug. 

Die Synonymen ſ. S. 80. 


Ge : Deiben. 
(Wurzel dih, dig; vgl. ſanſtt. drik = wachſen.) 
Gedeihe, gedieh, gediehen, gedeihen (in der Bellsipradhe auch 
einfach deihen, ahd. dihu, d&h, digumes, diganer, dihan uud g 
dihan; mhd. .gedihe, gedäch, ge we; gedigen, gedihen; goth. 
theihan, agf. thean, thesn, altf. thihan, (hian, jchwed. tya, tags, 
dän. tee, niederj. digen, diggen; gr. rixran — zur Welt bringen) 
gutes Dafein und jofort Geftalt und Körperlichleit genommen, an aͤn⸗ 








951 





ßerm Umfange zunehmen; davon fig. 1) ie Fortgang in feinen 
Sein haben, an Zahl und an äußerm Wohlftend zunehmen; 2) er⸗ 
wünfchtes Wachsthum, erwünfcten Fortgang haben; 3) Cfeltner) ent- 
fiehen, geveichen, ausfchlagen; 49) (veraltet) kommen, gerathen. An⸗ 
gedeihen j. S.482. — Sie ıdie Linden) waren vortrefflih gediehen. 
Söthe, Wahlv. 2, 8. Ire Gemeine foll fur mir gedeien. Luther, 
Bibelüberf. Fer. 30, 0. Gott hat das deien gegeben ... Gott der 
das gedeien gibt. Daf. 1, Kor. 3, 6. 7. ir müflen das Werf 
in dieſen nächften Tagen weiter fördern, als es in Jahren nicht ge— 
dieh. Schiller, Biccolomini 3,1. Was kann aus blut’ger That Euch) 
Gluͤckliches gedeihen? Schiller, Wallenfteing Tod 4, 8. Endlich 
wurde ein Menſch geboren, welcher fo einfach war, daß feine bobe 
Einfachheit zum Sprihworte gedieh. Benzel» Sternau. Dadurch 
nemend an narung ab, gedeyen an den Bettelftiab. H. Sachs. Laß 
mich nicht unter die gedeyen, wo ſtolzer Frevel fi) befindt. Opitz. 
Und nun wäre den Griechen die Rückkehr angediehen. Bürger, 
Ilias 2, 1595. | j 
Die Synonymen f. S. 22. 

Gediegen (das alte Partic. Präter. von gedeihen) an Weſen 
md Geftalt flärker geworden; echt gedrungen gehaltvoll; in gedrun- 
gener Feftigkeit durch und durch unvermifcht mit Anderm. Gedieg 
(veraltet), Gediegenbeit. — Zeit mit gediegenem Horne der 
Hof. Voß. Im See heulet gediegener Froſt. Voß. Ich keune 
Eures Eifers reinen Trieb, weiß, daß gediegne Weisheit aus ir 
redet. Schiller, Maria Stuart 2, 3. Auf feftgediegner Bahn 
Nimm ich den Hügel fchnell hinan. Salis, Winterlied. Zweimal färbt 
fih Das Haar; zuerft aus dem Blonden ins Braune, bis das Braune 
ſodann filbergediegen fich zeigt. Göthe, Weilfagungen des Bakis 
22. Beld-, Luft- und Ehrengeiz macht, daß die ganze Welt fo arm 
Rt am Gedieg, und nichts von Heil behält. Logau, Sinnged. 1678, 

Das Äinnverwandte rein f. ©. 844. 

Gedeihen (der Infinitiv), gedeiblih; deihſam Cin der Volks⸗ 
ſprache). — Die Rechtsgelehrſamkeit hat bei uns u Gedeihen. 
Duſch. Denn nicht iſt jener (Rath) gedeihlich. Voß, Ilias 9, 425. 

Dick (ahd. dicchi, agf. dhic, dhicca, altſ. thicci, altn. thykr, 
mhd. dicke) von vieler ſtarker Maſſe im Aeußern und Innern, in 
Menge. Dicht (altn. theter, mhd. dihte ſ. S. 411) wird nur ge- 
braucht von dem durch die ftarfe Maſſe herbeigeführten fehr nahen 
(engen) Beifammenjein ihrer Theile. Davon verdicken (landfchaftlich 
ah verdidern ahd. diken, mhd. dicken) und verdichten — 
Die Herrn Generäle und Kommandanten, die ſich fo dick hier zufam- 
menfanden. Schiller, Wallenfteins Lager 2, Gr kehret es DIE’) um. 


1) Diefes dick, auch ded == oft (ahd. diccho, mhb. dicke) Kat in ber 
Bolksfpeache erhalten: did, bed, bedmols, ! —— 





952 


Geiler, von Kaiſersberg. Im dick beichilften Bad. Eronegl Ru 
geht’8 aufs Neue los durch Did und Dünn. Wieland, Oberon 2, 31. 
Sn der athemlofen Bruft geichwellt, begann das dicke Blut zu ſtocken. 
Daf. 5, 5%. Die dichte rabenichwuarze Hülle, die um den Himmel 
liegt. Dat. 1,15. Eilt, eilt, fie find mir Dicht fchon an den Ferlen 
: Schiller, Tel 1, 1. — Verdickt mein Blut. Shafefpeare, Macbeth 
1, 5. Die Luft in der Röhre verdiderte fih. Hirzel. Der Regen 
verdichtete fich immer mehr und mehr. Beder. 


Diech (das, f. S. 697) Dickbein, Hüfte ift nun veraltet, um 
noch hier und da in der Volksſprache gebraͤuchlich — Er ward duch 
ein Diech geftochen. Aventinus Chronit 1580 BL. 84. 

Anm. 1. Das ah. dihsmo, d&hsmo, mhb. deiseme, desme — Ganeiry 
jr in dem Dafem der Bolfsfprache erhalten. - 

Anm. 8. Dehel,. Deckel (mhd. döheme, dehtem, döchel) Rot che 
Fütterung, namentlich der Schweine ˖ durch die Früchte der Eiche und Bude; ham 
au —— das Recht, fie durch oder für die Schweine zu fammeln, gehan 
vıeue erher. 


Anm. 3. Mit großer Wahrfcheinlichfeit wird von mehreren Gelehrten (Griuz, 
MWeigand, Schweizer u N.) zu gedeihen auch ahd. dekan, mbr. de 
miltelnieberl. deghen — Degen, Kriegsheld gerechnet. Schirlig (Hama 
progr. Stargard 1844) leitet Degen (Waffe, f. S. 151) unmittelbar aus tem 
ital. dago, franz. dague = Dolch, und findet die Wurzel von Degen mt 
Deich fel im engl. dig — bohren, graben und im gr. Irrasv fchärfen. 

Anm. 4. Dem goth. theihs = Zelt, die fortfchreitende Zeit, von theihan 
liegt nhd, Deichfel, ahd. dihsila, mhd. dihsel nahe; das Geräth fcheint hama 
geheißen, daß an ihm der Wagen vorfchreitet und fortgezogen wird. Bgl. let 
tempus — Zeit und temo — Deichſel, auch die Deichfel im Sternbild des Bas 
gens, die fhon vor Fahrtaufenden wie heute als Stunvenzeiger am naͤchtlichen 
Himmel galt, ü BI ; 


Leihen. " 
(Wurzel lih, lic; vol. Tat. linquere, liqui, lic- tum.) 

Leibe, lieh, geliehen, leihen (ahd. lihu, I&h, liwumes, liwa- 
ner, lihan; mhd. lihe, l&ch, lihen, gelihen, lihen; goth. leihvan, 
agſ. lihan, Isenan, altn. leigia, lia) und das aus dem Subftantt 
Leben (ahd. l&han, agf. lean, læn, altn. len, län, mhd. l&hen, 
len) gebildete Tehnen (ahd. lehanôn, agf. lsenan, alt. lena, md. 
löhnen, l&hen) find ihrem Begriffe. nach mit ihren Synonymen ©. 
455. 576 erllärt. — Vielleicht bracht's Jemand als ein Pfand, und meint 
Mutter lieh darauf. Göthe, Zauft 1, 143. Sie wollen und in die 
Niederland’ leihen. Schiller, Wallenfteins Lager 11. Er leiht den 
Feind fein Ohr. Schiller, Biccolomini 3, 1. Lord Burleigh leiht 
dienftfertig dem Gerichte, dem er den Geift verlichn, nun auch den 
Mund, Schiller, Maria Stuart 1, 7, 











: 953 


Anm. .Die älternhd, Yormen verliuwen, verluwen, verluhen find nach 
®rimm I, 146 aus dem alten Bartic. verliwan entforungen. uch hat gut gar 
aroz ern verluben. Berthold v. Reg. Die Formen finden Hi oft in mittelrbeis 
nifchen Urkunden. 

Ab— , au—, aus— (S. 455), be—, dBar—, ent-- ©. 455), 
fort—, nach —, ver— (©. 455), zufammenleihen und (meift auch 
— lehnen. — Einem einen Gedanken ableihen. Attifches Mufeum. 
Einem zinslos liegende Gelder anleihen. Berlepſch. Ich achte 
des ftattlichften Ritters dich werth, belichen mit Leuten und Landen. 
Bürger. Ein Blick aus Shrer obern Gartenftube, mit der Sie, wie 
ich höre, einen Philoſophen belieben haben, würde jept fehr erquid- 
lich ſein. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 117. Berpfände meine fö- 
niglihen Zölle und laß Dir Geld darleihn von den Lombarden. 
Schiller, Jungfrau v. ©. 1, 2. Die Blumen aus der Geifterwelt 
entlieben. Salis, Andenken an die Abwejenden. Ich fühle die Kraft 
mit meinem Glück verliehn. Schiller, BPiccolomini 3, 8. — Die 
Hauptzüge der Fabel find aus der neuen Heloije des Ruſſeau ent— 
lehnt. Leffing, Hamb. Dramaturgie 8, 

Anm. In Barticipalzufammenfegung fagt Voß: Nur die guttverlichne 
(Habe) gedeiht wohl. . , j 

Leider: An—, Aus —, Verleiher; Anleihe; Lehen, be- 
lehnen. — Dem Leiher geht es wie dem Borger. Luther, Bibel- 
überſ. Pf. 4. 2. Die Verleiher der Stühle und Gerüſte. Göthe, 
röm. Carneval. Es follte fein Buch im Laufe des Jahres über die 
Schwelle mir fommen, vom Bücherverleiher gefeudei. Götbe, 
Eyifteln 2. Er folle das Geld als eine Anleihe behalten. G. 9. 
v. Schubert, des Vaters Segen baut den Kinder Häuſer. Vom 
Kaifer felbft und Reich trägft du dies Haus zu Lehn. Schiller, Tel’ 
2, 2. — Ich habe nody die Lehn zu empfangen und was dergleichen 
Dinge mehr find. Göthe, Briefw. mit Schiller 5, 113. — Dieter fieß 
ihn dann, nachdem er ernannt war, von der Kaiferin mit dem Königs. 
bann belehnen. 3. Möſer, die weitph. Freigerichte. 

Leibbank, — buch, —groichen, — haus, — kauf, — ſchein, —tag u. a.; 
Serleihbuch, — recht, —tag; lehenbar, —bauer, —brief, — bürger, 
—dienft, —erbe, —feld, — fiſcher, —frau, —geld, — gericht, —gro⸗ 
ſchen, —gut, — haft, — haͤuer, —herr, — herrſchaft, —hof, —knecht, 
—mann, —pferd, —probft, — recht, —richter, —rührig, — ſchaft, 
—ſchatz, —ſchein, — ſchulze, —ſtuͤck, — ſuchung, —tafel, —trägen 
—waare, —weife, — zins; Lehensband, — bekenntniß, — buch, —ent- 
ſetzung, — erbe, —eröffnung, —fähig, — fall, —fehler, —folge, —fol⸗ 
ger, —frevel, — gebrauch, —gebühr, — gefaͤlle, —gericht, —hand, 
— herr, — hof, —pflicht, —richter, — ſache, — ſchein, —ſchuld, —treue, 
—verbindung, —vererbung, — verfaſſung, — vertrag, —verwirfung, 
—weſen u. a — Da er eine große Leihbibliothek fand. Goͤthe, 


N 





954 


Meifters Lehrj. 4, 17. Zu fertigen den nemen Lehenobrief. Us 
land, Herzog Ernft 1, 2. Ich bin Dir zugethan darch Lehenseid. 
Daſ. 2. Wie nun ich dein einz’ger Rehensmann. Dal. 

Aum. Lohn (5. 166 und 985) Laßt ſich nicht zu leihen rechmen. 


Seihen (au feigen). 
(Wurzel sih, sig.) 

Seihe, fieh, gefiehen, feihen, auch nad) fchw. Ferm (ahd. sthu, 
seh, sigum&s, siganer, sihan; mhd. sige, seic, sigen, gesigen, 
sigen; altn. sia, agj. seon, engl. sew, holländ. ziggen, ſchweiz. sie- 
nen, ſchwed. siga) 1) fallen, niederfallen: gewöhnlid 2), Zluifiges 
durch Kleine Deffuungen durchgehen machen. Ab—, aus —, durch— 
ſeihen. — Er ſeie (fieh) die Waſſer von den Wolfen. Dieten⸗ 
berger, Bibelüberf. (1571) 2. Könige 22, 12. Gleichwol müſſen von 
diefem Waſſerkügelchen ... fih in 24 Stunden wicht mehr als 4 Ur 
zen abſeihen. J. Baul, Hefperus 16. 

Sichten (älternhd. au fechten, aus feihen) vermittell des Ei:bri 
oder einer Wurffchaufel Täutern, fondernd läutern. Sieben (ven Sieb 
abd. mhd. sip, agf. sife, nieberf. sef, seve, engl. sive) durch dae Sie 
durchrütteln, wird wie fihten nur von Trodenem gefagt. — Da regte vie 
Phantafle mir manches Bild, die Schäge der Erinnerung fichten», anf. 
Goͤthe, Eugenie 4, 2. Daß er auch gelenkt und weich fe, wußt' ich feinen 
Flache zu Fichten. Böthe, Fauſt 2, 34. 
©eihe (ahd. siha, mhd. sihe f. S. 693). Seihblech, —braße, 

—-faß, ford, —tuch. i 

Seigen (ahd. sik(g)an, mhd. eigen, altf. agf. sigan, altı. sisa 
— finfen, ſich niederwärts bewegen) und fiegen find veraltet. Der 
pon verfiegen?’), ‚bei Zuther und Opib noch verfeigen = ul 
Feuchtigkeit in die Tiefe vergehen; an Feuchtigkeit abnehmen, welde 
ganz in die Ziefe vergeht, insbejondere nad) und nad); aus 
an Feuchtigkeit aufhören, folche von fih zu geben, zu fließen, insbe⸗ 
fondere, wenn es nad und nad) gefchieht: Aus dem mbd. zeigers, 
ahd. irseigren entwidelte fi) das nhd. feigern, fidern = in 
faum merklich fleinen Zröpfchen duch eine feine Deffnung durch⸗ 
dringen und durchdringen laſſen. An —, durch —, ein —, der 
ſickern. — Der Ströme Flut hat müſſen dir verſeigen. Opiß 
Es wird ein Oſtwind kommen, der wird jre Quelle verſiegen 
Luther, Bibelüberf. Hof. 18, 15. Gib jnen vnfruchtbare Leibe vnd 


1) Diefes Berbum gieng früher nach Narfer Form. Bol. no: Welchen vie 
Waſſerquelle verfiegen waren. Luther, Bibelüberf. Bf. 107, 33. Das haljem: 
frant der Hold ift mehr ale Halb verftiegen. Lohenſteln. Diefer Brunnen nam 
ab, bis auff den Mittag, da verfige er gar, Aventinus, Ghronif 1580 B. @6. 
Nachdem das Reich gang erfiegen, kein Geld vorkauben wer. Daf. BI. 270 








955 


verfiegene Brüfte Daſ. 9, 14. Wie ein Strom verfieget vnd 
vertrognet. Daſ. Hiob 14, 11. Da wolte mir für Angft der 
Beine Mark verjeigen... das Blut iſt außgedorrt: das heiße Mard 
verfiegen ... Hippofrene iſt verfogen (ausgetrodnet). Zleming, 
©. 17. 441. 634 der Lübeder Ausgabe. Der Schnee, der nach und 
sach zerjchmilzt, läßt die Quellen im Sommer nie verfiegen. Gellert. 
Nun bog fih Der Regenbogen eines hellem Lebens über die ein- 
ſickernde Sündflut berüber J. Paul, Siebenkäs 4 
Bertrodnen (ahd. ar—, irtruch(k)anan, von troden, ahd. trucchan. 
truchan, mh. trucken, agf. drig, dryg) durch Verbunften oder überhaupt 
Bergehen fo abnehmen, daß (von der Feuchtigkeit) nichts mehr da if. Ver⸗ 
dorren (f. dürr und dorren ©. 414) aus Mangel au Nahrungsfeuchtig⸗ 
keit, Rabrungsfaft verberben. — Es war da ein Menfch, der hatte eine ver⸗ 
dorrete Hand. Luther, Bibeluberf. Marf. 3, 1. 
Anm. 1. Rah Grimm gehört hierher auch feicht (uhd. sthie, allen: 


seicht, seig) wo das Wafler einfidert und fchwindet und untief nur wenig über 
dem Boden Reht, oder auch biefer fich zeigt. 


Unm. 2%. Geiger (mhb. seigsere) gehört auch hierher, Das Wort bezeich- 
nete früher die Bleimage der Maurer etc., fpäter den Stab, der mit dem Hammer 
anf die Uhrglocke feylägt, um die Stunden anzuzeigen, | 

Aum. 83. Siegen f. S. 2%, | 

Aum. 4. Zu fiegen gehört auch ſogen, foden — niehertropfen, in Salz⸗ 
flevereien gebraudit. — 108 Ten, ; 
Zeihen. 


Wurzel zih, zig, tih, tik.) 

Zeihe, zieh, gezichen, zeihen (ahd. zihu, zeh, zigumés, zi- 
ganer, zihan; mhd. zihe, zech, zigen, gezigen, zihen ; got teihan 
— fagen, verfündigen; vgl. gr. dalwwum — ich zeige, lat. dico — ich 
fage) mit der Grundbedeutung fagen, verfündigen; dann etwas wor⸗ 
auf ausfagen, meift Uebles worauf, meift auf Jemanden ausfagen; 
nhd. gewöhnlich Jemanden eine Beziehung zu Webelem beilegen, daß 
ed von ihm herrühre, er ed begangen, daran Theil habe ꝛc. — Daß 
jeder ihm ftaunend das Wunder zeih’ (erkläre). Eollin, K. Max 
auf der Martinswand. Man zeihe fie verwegner Weberfchreitung der 
amvertrauten Vollmacht, freventlicher Verhoͤhnung höchfter, Taiferlicher 
Befehle. Schiller, Piccolomint 2, 2. Welcher Sünde zeiht did 
dein Gewifien? Schiller, Maria Stuart 5, 7. (3) jeibe dich als 
einen Beltverführer, einen Zaubrer. Shafefpeare, Othello 1, 3. Sagt, 
was wollen die fih zeihnm!), wenn fie eigennügig jeyn? Logau 8, 


2) Nach Leffings Bemerkung zu Logau foll ſich zeichen das Gegentheil 
fein von fich verzeihen (Verzicht than) und alfo begehren, etwas haben 
wollen ausvräden. Die Grunbbebeutung fagen (fich zufagen, für fi in Aus 
ſpruch nehmen) dringt noch deutlich durch. 


- 





956 


30. Was zeiht Achilles ſich, fih Neftor, feinen Hals zu jegen iu 
den Stih? Opitz, Lob des Kriegsgottes 575. 

Scärfer als zeiben ift bezichtigen (ſeltner bezichten, fälichlich, 
aber gewöhnlich bezüchten, bezudtigen, (von ahd. piziht, mhb. beziht). 
Befchuldigen f. S. 332. — Will nun folder verbotnen Thaten mid Ye 
mand bezüchten, thu’ er’s mit reblichen, gültigen Zcugen. Göthe, Reiner 
Fuchs 9, 112. Damit nicht ein Antrer etwa dieſes und jenes, von mir im 
Stillen begangnen, unbekannten Berbrechens dereinſt bezüchtiget merk. 
Daf. 4. 18. So tief, ald man bie Königin bezüchtigt, herab zu finfen, 
toftet viel. Schiller, Don Karlus 3, 10. 

Anm. Fehlerhaft fagt Stiller (Don Karlos): Ein Verbrechen, deſſen ih 
Eie zeihte. . 

Be—, ent—, verzeihen (S. 485. 487); Berzeiher, Verzeihung. 
verzeihbar, verzeiblih; Zicht, Zichter find veraltet; die Imzicht 
(ahd. mbd. die inziht — Anſchuldigung), der (richtiger, aber unge: 
bräuchlicher die) Verzicht ımbd. die verziht — einhüßende Entja= 
hung), verzichten (S. 4185). — Ch’ müf er feine Brüder des 
falſchen Spield bezeihen. Leifing, Nathan d. W. 3, 7. Dem 
niemand ift, der dieſen Balboa auch nur des ſchwächern Fehls noch 
je bezeihte. Eollin. Sch entzeih auch (ſage lo8) mich genglich aller 
rechten vnd artikel der rechten. Hug, Nhetorica Tübingen 1528 BL 
83. Dije obgefchribuen entzeihung vnd aufgebung. Daj. 81. Se 
lid) re vnd auffgab feiner vogtey. Dat 82. Und haben 
darauff beid gebrüdern verzigen aller freyheiten. Daf. 82. Bea 
viel Geld bat auszuleihen, muß der Freundichaft fi verzeiben; 
denn der Zag zum Wiedergeben pflegt die Freundichaft aufzuheben. 
Logau, Sinnged. 734. Verzeiht, euch wird verziehen. Götbe, 
zahme Zenien IV. — Gott, Verzeiher der Sünde! SKlopftod, Mei- 
fins 11, 830. Während diejes Fortleſens Verzeihung angedeihlu 
laſſen. Klopſtock, Gelehrtenrepublik. — In diefer Zeit vielleicht ver— 
eihbbar. Göthe, Campagne in Franfreih 30. Auguſt. Wie jelten 
ab’ ich einen Schaufpieler verzeihliche und unverzeihliche Miß— 
griffe, Durch die das innere Ohr fo fihnöde beleidigt wird, anerfennen 
und ſich ihrer fchämen fehen! Göthe, Meifters Lehrj. 4, a — So I 
er bei diefer Verzicht beharret. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Bir 
thun gleich Verzicht auf das, was wir weggeben. Göthe, Meifters 
Lehrj. 7, 3. 

Die Synonymen von verzeihen und verzichten |. ©. 485. 487. 

. gehe (ahd. die zeha, mhd. zehe, agf. tä, engl. toe, altn. 14, 
überall weiblih, in der Volks-, zuweilen auch in der Schriftiprade 
mäunlih, Tat. digitus Be) ift eigentlich Zeigeglied, Zeigefinger des 
Fußes. — Und willſt Du deinen Zeh’, du Tropf, zum Herzen mas 
hen. Shafefpeare König Lear 3, 3. Einſtens war des Zwergeföuigs 


% 








987 


Majeftät hinaufgekommen, hatte auf des Rieſenkdnigs großem Zehe 
Platz genommen. H. Neumann, die Rieſen und die Zwerge. 

Inzichtgericht; Verzichtbrief, — eid, —leiſtung. 

Zehn (Zahlwort, not taihun, ahd. zöhan, mhd. zehen, zen, 
altſ. tein, agf. tyn, altfriej. tian, altn. tin, fchwed. tio, dän. ti, gr. 
dtxe, lat. decem) als zeigende Zahl. Die Zehn als Subfl. lautet 
goth. tigus, ahd. zie, unorgan. zuc, altn. tugr, mbd. zie, nhd. zig 
(Big): zwanzig, Dreißig etc., gr. dexus (Gen. dexados), lat. decas 
(Gen. decadis), Decade. 

Zeigen (ahd. zeigjan, zeigön, zeigan, mhd. zeigen, agſ. tae- 
con, niederf. tögen) ift mit feinen Synonymen S. 936 erklärt. — 
Anf—, be—, durd—, er— (S. 937), ber—, berab-—, 
heran —, berauf— , heraus —, berein—, herüber—, her— 
unter —, hervor —, herzu- -„hin—, hinab —, hinan —, hin— 
auf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinun— 
ter — hinweg —, hinzu —, nach —, vor—, voran —, vorbei—, 
vorüber—, zurück gegen find klar, aber nicht alle gleich gebräuchlich. — 
Als jener einen großen Krebs zwiichen Wurzeln hervorhofend ihn luftig auf = 
zeigte. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 1%. Die Dankbarkeit, die fie 
ihm bezeigte. Daf. 1, 5. So wolle er ſich gewiß erfenntlidh be— 
zeigen. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 6. Er möchte nur die Wohl» 
that, Die ich ihm erzeigt, auch wieder einem andern erweifen, ber 
feiner gleihfals bedürfen könne. Daf. Sie erkletterte den Maft und 
erzeigte-fih als ein kühner Matrofe ... (beſſer; einen fühnen Ma— 
trofen). Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 7. Er zeigt nad, Daß ze. 
Ungenannter bei Campe. Der Diener war gewohnt, die Fremden zu 
unterhalten und manches im Haufe vorzuzeigen. Göthe, Meifters 
BWanderj. 1, 6. ; Ä 

Anzeigen 1) Jemanden etwas zu wiſſen thun, infofern ihm dies 
zu Gejicht gebracht wird (f. S. 322); 2) Jemanden etwas zur Kennt- 
niß bringen, mit dem Nebenbegriff, daß es mit Abficht geichehe; 3) 
Merkmal von etwas fein. | 

Anfagen (i. fogen ©. 73) Jemanden etwas mündlich zu wiffen thun. 
Andeuten f. S, 322. Benachrichtigen (f. richten S. 197) wenn es 
ale Nachricht zu wiffen gethan oder gegeben wird. Melden (ahb. mölden, 
möldön, möldan,, mht. mölden, agf. meldian, dän. melde, moelde) allg. 
zur Keuntniß übergeben, ohne eine beflimmte Berfon zu bezeichnen, der etwas 
zur Kenntniß übergeben wird. Anmelden — infofern dies an Jemanden 
gefchieht. Bekannt machen = allg. etwas zur Kenntniß bringen. Er⸗ 
öffnen (ahb. aroffandn, von öffnen, ahd. offanjan, offanön, ofindn, 
mb. offen, von offen, ahd. ofan, offan, mhÄb. offen, altn. opiun, das ge 

‚ bliebene ftarfe Partic. Präter. von dem verlornen Verbum iupan; dazu auf, 
goth. iup, Adv. in die Höhe, uf Präpof., abe. uf, mhd. üf, ouf, altſ. agf. 
engl. up, dän. op) dasjenige, was verfchloffen, verborgen, nicht gejagt war, 





958 


zur Kenntnlß bringen, und zwar geradezu, ohne Umflände zu machen, mit dem Reben 

begriff des Vertrauens, der Tranligfeit. Dffenbaren (f. offenbar ©. 838) 

hebt hervor, das dasjenige, was man zur Kenntniß bringt, in feinem ganzen Umfunge 

volls Händig zur Kenntnig gebracht werde, namentlich wenn man durchaus nicht zu 
diefer Kenntniß gelangen konnte, die Berborgenheit des Gegenſtandes ſchwer 
zu durchdringen war. Entveden f. © 11. Berrathen (f. rathen) 
infofern das Entveden einer Sache, die geheim bleiben follte, in böfer Abit 
gefchieht oder in flrafbarer Weiſe, nur von denen gebraucht, Die des Geheim 
niffes theilhaftig find. Die andern Syn. f. ©. 322. — Sagt as, mein 

Ritter werth! Wer bat Buch ſolche Streich’ gelehrt? Uhland, ſchwäbiſche 

Kunde. Bald nachher wurde Lucindens Morgenandacht von Sulien halb 

nedif$ angedeutet. Gothe, Meiſters Wanterj. 1, 8. in weitläufige 

Gdiet, das uns von dem Bevorſtehenden benach richtigte. Göthe, Leber 5 

DB. Würden die jungen Leute, wie zu boffen, bald einig, fo ſollte man's 

melden. Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1, 8. Als der Wirth hereintrat und 

einen Sarfenfpielee anmeldete. Göthe, Meiſtees Lehrj. 3, 11. Ih ach 
ſogleich, ihm folches anzumelden. Shakſpeare, 8. Richard II. 3, 7. Um 
wie fol ich vor ihn treten, es ihm eröffnen, dem gut, lieben Bat? 

Böthe, Meiſters Wanderj. 1, 8. Daß ein Gott da Proben fei, der ſich in 

Eltern, Lehrern, Borgefepten abbilde und offenbart. Daf. 31. Mir ents 

deckt's fein eigner Mund. Schiller, Piccolomini 1, 3. Das Illo tranfem 

Muth hat dir’! verrathen. Dal. 5, 1. 

Zeiger (ahd. zeigäri, mhd. zeiger — Anzeiger, Zeigefinger), 
Sn, Borzeigerz Anzeige, Anzeigung, Pingerzeig; gzeigder, 

iglid. — Der Zeiger bat vollbracht den Lauf. Schiller, Die Kin⸗ 
esmörderin. Welch ein glüdliches National = Apercü wur nicht der 
Reichsanzeiger! Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 326. Wan wollte 
ihn zu feiner Anzeige eines andern Stüdes laſſen. Göthe, Meiſters 
Lehr. 5, 1% Der weißbefläubte Stod follte eme Hauptanzeige 
eben. Daf. 3, 9, Auf ihren Fingerzeig kommt Alles an. Gäthe, 

higenie 4, 2, 
Geiger (f. ©. 955) bebeutet das flabartige Werkzeug an ber Uhr, pa 

Angabe der Zahl der Zeittheilchen als Hammerflab an der Schlaguhr und fickt 

dann für die Schlagubr ſelbſt. — Bis der Seiger zwölfe fchlägt. 

Zeigebant, — ſtein —tafel, —tiſch, u. a; Zeigermnstel, 
—flange, — uhr, wert; Anzeigeamt, —beweis, —blatt, — weile. — 
er richtete den Zeigefinger. Göthe, Amor als Landſchafts⸗ 
maler. 

Anm. 1. Ob Zeich en, zeichnen (ſ. S. 200 rt, iſt zwei 
chen iſt goth. taikns, in. velhhan, ——— ee — 
tacn, altn. takn, teikn, lat. signum. Pott loſt signum auf in si-gnum zu 
fanffr. jna = gnoscere — erkennen. Seihnen, aus zeihenen geth. 
täiknjan, ahd. zeihhanjan, zeichanjan, zeihhandp, agf. tzeknjan, altn, teikns, 
mbd. zeichen. Daher Zeichenlehrer, Zeihenfhule, falſch Zeichnen: 
lehrer, Zeihnenfhule, wie Schreiblehrer, nicht Schreibenlehrer. 





959 








- nm. 9. Bu zeiben gehört nah Grimm IE, 336 vielleicht auch Zeit, z 
(die Anfıgung, indictio), ahd. zit für zid aus zthad, ubb. zit, alt. agf. altn. id. 


Sieden. !) 
(Wurzel sud; vgl. ſanſtr. sadh — reinigen.) 


Siede, fott, gefotten, fieden (ahd. siudu, söt, sutum&s, sota- 
ner, siudan, siodan; wmhd. siude, söt, suten, gesoten, sieden; 
agi. seädhan, altn. sioda, engl. seeth, ſchwed. sjuda, holländ. zieden) 
1) allgemein fprudelnd aufwallen (vgl, agſ. seadh, mhd. söt.— 
Brunnen); 2) im Bejondern durch Hige in wallender a fein, 
auch fig. auf innerlich wallende, leidenfchaftliche Bewegung des Men- 
hen angewandt; 3) in einer durch Hige aufwallenden Alüffigfeit erwei⸗ 
chen und zubereiten, und zwar durch einfaches Entziehen des rohen 
Zuſtandes in einer erhitzten Flüſſigkeit. — Und es wallet und ſiedet 
und brauſet und ziſcht. Schiller, der Taucher. Er macht, das das 
tiefffe Meer ſeudet wie ein töffen (Topf). Luther, Bibelüberſ. Hiob 
41, 21. Noch ſiedet das Blut mir im Leibe. Goͤthe, der Müllerin 
Neue. Es kocht das inn’re Mark, die nr Begier der Rache 
ſiedet jchäumend in der Bruſt. Göthe, Taſſo 2 3. Gefotten oder 
gebraten! Er iſt aus Feuer gerathben. Göthe, fprichwörtlid. Bier 
auß Gerften fieden. Aventinus, Ehronit 1580. BL 26, 

Kochen |. &. 104. | 

Ab— , an—, auf —, aus—, durch —, ein —, nt—, nach — 
über—, um—, verfieden find klar, aber nicht alle gleich gebräuchlich. 
— Außerdem efjen fie auch noch Früchte und grüne Bohnen, die fie 
im Waſſer abfieden und mit Knoblauch und Del anmachen. Göthe, 
ital. Reife 14. Sept. 1786. Sie (die Zeuerquelle) fiedet auf vom 
tiefften Schlund. Göthe, Fauſt 2, 59. Der entfeßfihe Fraß ift blu- 
tiges Menfchenfleifh, Das Getränf auffiedende Thränen. Voß, Die 
Reibeignen 156. Es brauft’ ausfiedend der Kefiel. Voß, Luife 1, 
332. Lebt werd Libya erft nah ausgefottener Näffe trockener 
Sand. Voß. Suppe kocht und fiedet ein. Göthe, offene Tafel. 
Dunſtendes Ba eig das geborftenem Boden entfiedet. 
Voß. Wie ein heis Waſſer vom befftigen Fewr verjeudet. Luther, 
Bibelüberf. Zel. 64, & 

Anm. Die Barticipien gefatten noch andere Zufammenfepungen, 3. B. 
Hierauf reichte uns diefer die weingefottnen Forellen, Boß, der Abendſchmaus 126. 

Sieder, Siede, Siedung, fiedig, fiedenig — fehr, heiß find ver 
altet; Sod und Sud (ahd. kisod, mhd. söt) 1) der Zuftand, da 


3) Mit dieſem Verbum begiunt die Ablautsform ie (ü, au), o und 6, o und 
d. — Früher konnten viele Verba diefer Ablautsform das te in der Flexion tn 
eu verwandelt, Heute iſt der Gebrauch befchränfter, wie aus ben bei den einzelnen 
dormen angeführten Beifpielen erhelli. ' 








900 


ein Körper fiedet; 23) fo viel als auf einmal gefotten wird; 3) Brühe, 
welche man hat fleden laffen; Daher Suder, Sudder — Zahl: 
brübe; 4) für Sodbrennen Ab—, Borfud. — Johann, de 
muntre Seifenfieder Hagedorn. Geußt Söder auf und Gar 
daran. Logau 2, 84. Es heißt, ich lag’ im Sode und wäre widt 
gewandt. Günther. ES brennt mi der Sat. Voc. v. 1618. Se 
viel es deſſen ſich entlud, fteht es noch immerfort im Sud. To 
mel. Wallt wieder auf in Gluth und Sud. Göthe, Fauſt 2, 9. 
Siedebank, —bottih, —faß, — grad, —hitze, —hütte, —kaſten, 
—feffel, —korb, —funft, — lade, —ofen, —pfanne, — punkt, —ſchale, 
— fchneide, — woheu.a.; Anfiedefcherbe, —tiegel; Sodbord, — brennen, 
—bret, --brunnen, —dede, —diftel, —eimer, — graben, — bir, 
—fraut, —ruthe, — ſchling, — ſchote, — ſchwengel, —ftuhl, — waſſer; 
Sodendeich, — führer, — gruft, —Ipittung, —ftecher. — Als ob mu 
mid mit ſiedheißem Wafler begofjen hätte. Göthe, Meiſters Lebij 
. Sn dem Siedequalm des Hintergrundes ſeh' ich die Flammen⸗ 
fladt in ewiger Gluth. Göthe, Fauſt 2, 334. Noch mehr Sob- 
brennen und Säure fammelte fih in Viktors Herzen. 3. Paul, 


Heſperus 5. Er flieht auf großen Anfiedfherben Rubu ww 


Amethuft. Alzinger, Doolin 6, 50. 

Sudeln (f. S. 844); ab —, be, verfudeln; Sudler, Sue 
Iung. Sudelei, fudelig, fudelhaft. — Wer ift der Thor, der zugiedt, 
daß man, um Theile herauszufchmüden, ihm ein Ganzes verjudle? 
Kolbe. Mit bIutbefudelter Rüſtung. Voß. — Ein Ber, ds 
ftatt feiner Kupferftihe Sudelei liefert. Ungenannter bei Game. 

Sudelkoch, —magd, —mahler, —papier, —wälche, —wer. — 
Und ſchafft die Sudellöhherei wol dreißig Jahre mir vom Lei? 
Göthe, Fauft 1, 119. 


Schliefen. 
(Wurzel slup, sluf.) 
Schliefe, ſchloff, gefchloffen, fchliefen (ahd. sliufu, slacf, 


slufum&s, slofaner, sliufan und sliofan; mhd. sliufe, slouf, sluffen, 
gesloffen, sliefen) ſich gleichfam gleitend Durch oder in einem Ranmt 
oder aus demfelben — iſt allmälig immer mehr außer Gebrauch 
gefommen und dem verftärkten fchlüpfen (ahd. sluphan, sinpfas, 
sluphen, mhd. slupfen, slipfen, alt. sloppen, slupjan) gewichen 
Schlaufen (ahd. slouphen, slaufan, mhd. sloufen, agf. slepano, 
slefan — anziehen, fchleifen machen) ganz felten. aB_. auf-ı 
aus—, durch —, ein—, ent—, ber—, herab —, heran, 
berauf—, heraus—, herein —, herüber —, herum —, her: 
unter—, berzu—, bin—, binab—, binan—, hinauf- 
binaus—, bindurh—, hinein—, hinüber—, hinunter— hir 





| 


961 





veg—, binzu—, nah —, nieder—, unter—, ver—, 
)or—, vorbei--, borüber—, weg—, zurüdidhlüpfen — 
Ir ſchlieffen auß der jchalen. Bi Gargantua S. 79. Auf 
vn Ep gefhloffen. Daf. 390. elche im Frühjahr ausſchlie— 
en und ſich im Mai verpuppen. Oken, Beſchreib. der Ameiſen. (So 
jenaunt) nach dem im Neſt ausgeſchlofnen jungen Vogel. Grimm, 
Beichichte der deutſchen Sprache ©. 24. Der alle Häufer aus— 
ch loff (durchſuchte). Aventinus, Chronik 1580 Bl. 182%. — Ihr 
nüßt unten durchſchliefen ... Nun ſchloffen fie dem Thore 
‚inein. Grimm, Karls Heimkehr aus Ungerland. Ich will mich in 
ie Heck verſchlieffen. H. Sachs. Es it daſſelbe Hoſenbein, das 
ener abgeſtraufet am Abend hat, in das hinein am Morgen dieſer 
hlaufet (ſchliefet). Rückert, geſammelte Gedichte 5, 417. — 
Man erblickt keinen Vogel, kein Thier, als das eilend nach 
inem Schutzorte ſchlüpft. Göthe, Egmont 4. Sobald die Mauls 
veerbänme genngſames Laub zeigten, ließ man fle (die Seiden⸗ 
virmer) ausjchlüpfen Göthe, Xeben 4 B. Zwiſchen der Ges 
ahr und dem, der fid) Davor fürchtet, durchzuſchlüpfen. Göthe, 
om. Carneval. Es entfliegt die Auſoner Cornele (Wurfjpieß) rafch 
yurcy die wehende Luft, und dem Schlund' einfchlüpfend, durch 
übrt fie tief ihm die Bruſt. Voß, Aeneis 8, 698. Laß Egmont mit 
sen feinigen, mit jo welen entjchlüpfen. Göthe, Egmont 4. Und 
ie entichlüpfte dem Arm. Voß, Luiſe 1, 373. Willſt du eines 
iberhupfen, wird das andre dir entichlupfen!). Nüdert, gel. Ger 
Yichte 6, 276. Sie ſchlüpfen her nud bunte Zephyrs ſchlüpfen 
rad. K. A. Schmidt. Daß die Stimme &. darüber hinſchlüpft. 
teifing, Hamburg. Dramaturgie 8. Denn ſieh nur Beatrice, wie ein 
Riebig, ſchlüpft Dicht am Boden bin, uns zu belaufchen. Shake— 
peare, viel Lärmen um nichts 3, 1. Wenn c8 nım einmal geglüdt 
var (in den Kaiſerſaal) hineinzufhlüpfen. Göthe, Leben 1. B. 
Den Kolibri fümmern alle Quftballen und Wolkenwogen wenig, fo lange 
t jo leicht unterſchlüpfen fann als jegt. Benzel-Sternau. Un⸗ 
nerklich ſchlüpfte jo die Winterzeit vorbei. Wieland. Daß in 
er Enge des Weges id vorbeiſchlüpf'. Voß, Ilias 23, 416, 
Sben wollt' ih ihm vorüberſchlüpfen, als er erwachte. Koſegar⸗ 
en. Indem fie (die Zeit) unbemerkt vorüberſchlüpft. Benzel⸗ 
Sternau. «Vielleicht kann ich) dabei mit einem kleinen Eingang über 
ie Auslegung des erften (Maͤhrchens) wegſchlüpfen. Goͤthe, Brief 
vechjel mit Schiller 1, 2772.. Die Schlange fohlüpft in dus Ges 
weige ſcheu zurüd. Uhland, H. Ernſt 1, 3. 
Die Syn. ſchleichen, entkommen 1. |. S. 32. 864. 


8) Auch 1, 293 reimt Rüdert entfchlupfen auf zupfen. 
. & 


r 


902 





Schlüpfer, (ahd. sliufäri, slophäri, mhd. slupfer) ; der SchIupf 
(ahd. sluph, mhd. slupf) au Schluff; Schlaufe f. S. 12; die 
Schluft (mhd. sluft) und die wol daraus durch niederdeutichen Eins 
fluß gebildete Zorım Schlucht — ſchmale, zwiſchen Erdhöhen durch⸗ 
gehende Tiefe; ſchlüpferig (ahd. slefur, slöffer, mbd. sleffer, sle- 
pfer, alt. sleipr) = wo man leicht fchliefen, jeblüpfen, gleiten kam. 
— Ale Schlüpff erjuchen. Voc. v. 1618. ud ſchützt vor Bey 
und Schuß feir Schluf des Moors und Waldes. Voß, Junker Koıd 
19. Daß wir unjerm alten Bürgermeiiter endlich wieder einen Uns 
terichluf und einen warnen Bilfen gönnen. Nagel, Bürgeranfruße 
zu Landshut 27. Den armen vertriebenen Piemontejern Unterichlauf 
und Herberg zu ſuchen. Bluntjchli. Die Burger jugten jm hilff, bey⸗ 
ftand und vnderjchlauff zu S. Miünfter, Cosmographia 154. 
©. 405. Dahero fie denn diefen Unterſchlief (Schlupfwinkel) uns 
terfucht. Lohenſtein, Anmerf. zu Sophonisbe V. 323. — Nur die 


„Schluft, die auch das Raubthier birgt, war und Herberge. Uhland, 


Herzog Emit +, 1. In Abgrundsjhlüften, wo fie fchliefen, 
(wurden) Die Seegethiere aufgeregt. Tieck. Es zeigte ſich durch 
Schluchten und Bergrücken eine ſchöne Anoſicht. Göthe. In gebüſch⸗ 
umhüllender Bergſchlucht. Pyrker, Rudolph6. Das Auge voll ron 
jenen abſchießenden graulichen Gebirgsſchluchten. Göthe, St. Ro— 
chusfeſt. — Sp ſchmal (iſt der Grund) nicht, aber ſchlüpferig. 
—— Egmont 2. Das Glück iſt gar ſchlüpfferig. Aventinus 
ronik. | 
Schlupffliege, —hafen, —käfer, — könig, —loch, —pforte, —thor 
u. a. — Ich habe es ingeffen auch bei andern Schmetterlingen und 
auch bei Schlupfweipen bemerkt. Göthe, Briefw. mit Scyifler 2, 
179. Weil fie Schiupfwinfel bilden. Göthe, Egmont 4. 
Unterfcbleif !) = heimlich bösliche Bevortbeilung des Audern au 
nt; (veraltet) Ort des Unterfchliefend. — Jeder Unterſchleif iſ 
uns imerräglih. Göthe, Meiſters Lehrj. 7,6. Ohn vnderſchleiff 
vnd zelt. Fr. v. Spee. — 
Betrug (ahd. getröog, kitrok, mhd. getroc ſ. trügen) abergrup 
Täuſchung zu Iemandes oder eignem Nuchtheil oder Schaden. — Bir Hütten 
den Betrug uns fünnen fvaren. Schiller, Ricenlomini 4, 8. 
‚Anm. 3u fchliefen gehören noch: Schlippe — enger Naum zwiſchen 
zwei Häuſern; (fchweiz.) Schlufi = Oberkleid, Kittel; Sclieffer = Nuf. 


3) Unterfchleif fcheint nah Weigand einerfeits verderbt ans unter: 
fhleichen = heimlid weg und wohin bringen; andererfeit6 gehört es offenbar 
mehr pi dem aus ſchliefen gebildeten fchläufen — ſchliefen machen, un» id 
nur mit ſchleichen vermiſcht. Joſua Mauler fagt noch: Sich auf einem Handel 
Schlön ffen vud ab jm ſüchtten = ſich von irgend einem Thun losmachen. Wr 
ternbd. if voderschleuffen = heimlich unterfchriehen, Aus Unterſchlaf, Uns: 
terfhlauf, Unterfhlief — geheimer und fiherer Aufenthalt bat ſtch dat 


| ah. Unterfcpleif hervorgebildit.. 





- 


DR 


% 


Schliffel (Schlüffel) fol nach Campe von ſchleifen fonmen. Schmeller 
3, 438 if ungewiß, ob das erſt im 17. Jahrh. nachweiebare Wort zu ſchleifen 
oder ſchliefen gehört, möchle es jedoch wegen der niederrheiniſchen Form Schlüfs 
fel und der ſchweizeriſchen Schluffi lieber zu ſchliefen ziehen. Ihm ſtimmt 
Weigand Nr. 2020 Ann. bei. 


Triefen. 
(Wurzel truf.) 


Triefe, troff, getroffen, triefen (ahd. triufu, trouf, trufumds, 
trofaner, triuſau und trioſan; mhd. triufe, trouf, truffen, getroffen, 
triefen; altj. agj. driopan, altn. driupa, engl. drip, drop) allgem. 
flüſſig niederfallen; Flüſſigkeit niederfallen laſſen oder auch niederfällen 
machen. Bon triefen iſt das feltene triefelu gebildet: Im Sinne 
von triefen fteht das ſchwachbiegende, zunächſt von Traufe gebil- 
dete träufen, -landichaftlih auch traufen, trauffen, träupfen 
(ahd. troufan, mhd. froufen). Davon fommt träufeln, ein veröfe 
terndes PVerkleinerungswort, um die Menge niederfallender Heiner 
Flüſſigkeitskügelchen zu bezeichnen. Tropfen (ahd. trophön, mhD. 
tropfen, agf. dropjan, von der Tropfen ahd. trofo, tropho, tropfo, 
mhd. tropfe, altj. dropo, agſ. dropa), landſchaftlich auch tropfen, 
tropezen (ahd. trofkph)azjan, troffiph)azön, mhd. tropfezen, 
agſ. droppetan) und tröpfeln (von mhd. Das tröpfel = Tröpfe 
hen) bezeichnen nur ein Niederfallen nnd Niederfallenlaffen oder auch 
Niederfallenmachen von Zlüjfigkeitsfügelchen, und find unterfchieden wie 
träufen-und träufeln. — Der Negen troff nicht mehr auff Er⸗ 
deu. Luther, Bibelüberf. 2. Mof. 9, 33. Noch war, was ihn um—⸗ 
gab, naß und triefend. Göthe, Wahlv. 2, 10. Wo Blum’ und 
Blatt von Zitterperle triefen. Göthe, Fauſt 2, 6. Honig trieft 
bom ausgehöhlten Stamm: Dal. 2, 225. Weſſen Wunden troffen 
auf dieſem Hügel des Todes? Klopſtock, Meifins 13, 253. Die 
Berge triefen mit füßen Wein. Luther, Bibelüberſ. Joel 3, 18, 
Hier trieft das Thal... vom Ueberfluffe des Segens. Klopſtock, 
Meifins 3, 600, Der Erweis, der von Folgen"triefet. Klopftod, 
der Rheinwein. — Daß fie defto mehrer eingejpiehen und angetries 
felt haben. Simpliciſſimus 6,2. — Daß Blnt auf Golgatha fräufte. 
Klopſtock, Meſſias. Am Fuß der himmliſchen Eeder, die hoch und er⸗ 
haben jtand und mit leiſem Geräuſch von dem ftillen waldigen Wipfel 
Schlummer und Thau auf die Ruhenden träufte. Daſ. 3, 529. 
Ales.träunfte von. Güte und Segen, Herder. — Thun die Himmel 
fid) auf und reguen, jo träufelt das Waſſer über Felſen und Gras. 
Söthe, Weiſſagungen des Balis 17. Ihr Wolken ſenkt euch aus der 
Höh und traufelt Balſam anf Die Wälder. Gryphius. Es wälzen 
fid nah bei der Pforte die Felſen unabſehlich hinab, durch tzAur 
felndes Feuer geſpaltet. Klopfiod, Meſſias 9, 759. — Selbſt am 


61° 








964 


ärtlichften Reh tropft noch die blutende Wunde. Jachariä. Hör 
iöteänmend der Winde Geriuih und des tropfenden Wegen. 
"Voß, Luife 1, 496. — So auch dir, Patroflos, entrinnt das trö- 
pfelnde Thränlein. Voß, Ilias 16, 11. 

Anm. Brüber ſteht Tropfen auch im Einne von Schlag, z. B. Sram 
gefchluaen von dem tropfen oder flag. 4. Bibelüberf. (1470-73) 1 Da. 9, 
55. Tietenberger (1571) daſelbſt: Do flug der Tropf. 

Ab—, an—, anf—, aus —, be—, dur —, ein—, ent —, ber—, 
berab—, heraus —, herein —, bernieder—, berüber —, herunter —, 
hin —, hinab —, hinein —, binüber—, hinunter —, nah —, nieder —, 
über—, um—, ver—, 3u—, zurück—, zuſammentriefen, — tränfen, 
—träufeln, —tropfen, —tröpfeln find klar, aber nicht alle gleich 

ebräuchlih. — Daß ihr das Bier die platte Bruft betriefet. Shake⸗ 
peare, Sommernadtstraum 2, 1. Hier enttroff das glänzende Naß 
dem Vließe der Laͤmmer. Pyrker, Mojes 1. Wie alsbald an der 
Lanze dein ſchwarzes Blut mir berabtrieft. Voß, Ilias 1, 38 
Schnell wird dunkeles Blut an unſerem Speer ibm herunter trie: 
fen. Boß, Odyſſee 16, 441. Blut, das niedertroff aus der 
Wunde Voß, Ilias 5, 870. Laß die (von Schnee und Regen na 
gewordenen) jporen vertrieffen, das ift, verzeuch ein weyl. Agtis 
cola, Sprihw. 440. — Wie auf die Rojen hell aus des Mergens 
Hund der Thau ‚herabtränft. Klopitod, Wingelf 3. Und zitternd 
träuft vom Knauf bis zum Portale der Silberſtrom berwieder. 
Redwitz, Amaranth. Mein Unglück träuft auf ſie herunter. Görke, 
Meiſters Wanderj. 2, 5. Uud fteigt nicht mit jedem Tropfen der Jeit 
mehr, der in das Meer binträuft der Beraangenbeit, eines Gebemen 
Weinen gen Himntel empor. Klopftod, Meſſias 13, 678. Allein ihe 
Del verträuft wie Waller aus dem Siebe. Kohenftein. — Tu 
nennft du unnütz, wenn von deinem Weſen auf Taujende herab ein 
Balſam träufelt? Göthe, Iphigenie 1, 2. Blutige Tropfen herab 
und träufelt’ er auf das Gefilde. Voß, Ilias 16, 160. Das 
(Blut) von meinen Zritten herniedertranfelnd meinen Pfad ke: 
zeichnet. Göthe, Iphigenie 2, 1. — Daß du heute deine Tinktur fir 
nediegenes Geld austropfef. ©. PB. Sturz, über ein Paar alte 
Münzen. (Der Eimer) war immer in zwei Tagen wieder andgt: 
tropft. 3. Paul, Siebenfüis 6. Damit er die Atlasweite nicht be⸗ 
tropft. 3% Raul, Titan 6. Nicht fern davon enttropft der Matter 
Auge ein werdender Smaragd. Alxinger, Doolin 6, Fl. Oder es 
tropften in's Gras blänlihe Pflaumen herab. Sulis, Elegie u 
die Ruhe. In eine fchwarze Hölle voll hinuntertropfenden 
Giftes. 3. Paul, Neujahrsnacht eines verdorbenen Zünglings. Te 
Rachen, der mit Zähnen voll geitopft, grüngelben Geifer nieder- 
tropft. Aging, Doolin 3, 10. O jeßt möchte ich, fagte Theodor, 
mein Blut in diefes Morgenroth vertropfen laſſen für did. J 


965 





. 


Paul. Lehnten ihn (den ins Waſſer Gefullenen) an die Sonne hin, 
ließen wieder vertropfen thn. Hand Sachs. — Man foll dem Krams 
fen von dieſem Tränukchen ftündlih zwanzig Tropfen abtröpfeln. 
Campe. Ich tröpfelte mein Blut für Drachmen aus. Shake— 
ipeare, J. Cäſar 4, 3. Mancher bat jchon alle Kraft feines Geiftes 
n feinen Schriften ansgetröpfelt. Zimmermann Die Flügel, 
die vom Thau befeuchtet und fo betröpfelt waren. Hagedorn. Und’ 
der Wandernden Stim euttröpfelten Perlen der Mattheit. Bag- 
zeien. Kurz vor dem Eſſen ... ſchlang er einem halben Strom Kuft 
n die Brut und jagte, ihn langſam herauströpfelnd. J Paul, 
Siebeufis 5. Dieſer mußte ihm alſo im Gehen feinen Rednerflug 
zutröpfelu. % Paul, Hejperns 2. ne 
Anm. Die Barticivien geftatten noch andere Zufammenfekungen, 4. B. Daß: 
ser erhobenen Bauft Kluttriefend der Degen entſchlupfte. Pyrker, Tunifias 9. 
Inter des Beuertriefenden Armen. Ediller, Semele 1. Daß wir dein Fer 
und unfer Feſt unter des fegentriefenden Friedens befchattenrem Fittige feiern ! 
Klepftock, das neue Jahrhundert. Und bept das Reh durch blutbetriefte Mege 
Dugerorn. Tiefe ſchweißbetriefte Cile. Shuafefreare, Hamlet 1, 1. Nuf 
ihweißbetränften Rofien. Uhland, H. Ernit 8, Dur das thaubeträufte 
Feld. Sulis, legter Wunſch. er 
Trief ift veraltet; gebräuchlich ift das gfeichbedeutende Tranfe 
‘abd. das trouf, die trouphi, mhd. ‚das trouf, die troufe) das von 
einer Höhe berabtränfelnde Wafler; der Ort anf der Erde, auf 
relchen dus vom Dache tropfende Waffer füllt; die Dachrinne, welde . 
338 von dem Dache rinnende Waſſer auffängt und ausgießet. Zrie- 
ig; Tropfen (1. ©. 963); Tropf (S. 385); Geträufel, Ge- 
:röpfel. — Nicht einmal die Sperlinge dürfen an feiner Dach— 
traufe bauen. Shakeſpeare, Maß für Maß 3, 2. Naßtrieffig. 
Fiſchärt, Gargantua S. 87. Ich habe: feinen Blutstropfen in mir, 
‘er nicht euer wäre. Göthe, Götz von Berlihingen 4. Die Honige 
tropfen der Freude J. Panl. Daß doch Die Wetterwolfe nur 
Blagtropfen, und feine Schlogen auf fie warf. 3. Puul, Titan 
13. Regentropfen vereinigen fih gerne zu Strömen. Göthe, 
Wahlv. 1, 4. Meine Wonne ... will ji verbernen n Schmer— 
‚enstropfen. Shakeſpeare, Macbeth 1, 4. Wo dieſe Segentro— 
Ifen fließen, muß alles wachen und eriprießen. Drollinger. Wie 
riejge Thanestropfen im Morgenjonnenftrabl. Redwig, Amaranth. 
Ind heiße, ſchwere Thränentropfen hingen in meinen Aug. Sciler, 
Don Karlos 1, 2. Sie theilt mit mir den Todestropfen. Göthe, 
Egmont 5. Der fallende Waijertropfen it rund. Göthe, Wahlv. 
1, 4 Bundertropfen führie er jederzeit bei ſich. Göthe, Meiſt. 
Banderj. 3, 5. — Durch faltes Geträufel. Matthiſſon, Alpenreife. 
Daß mir Getröpfel fhon um Gehörn und Ohren und ringe 
ın den Zotten herabtrieft. - Voß, der bezauberte Teufel, 


Zriefauge, — naſe, — naſig u. a.; Trauffaß, —recht, —rinne, 








968 





—röhre, —fohle, —waffer, — wein u. a.; Träufelbütte; Trtopf⸗ 
bat, — bar, —durflüifig, —bernftein, —faß, —glas, — hab, 
—harz, —kaſten, —kraut, —fübel, — kufe, —narzifienlilie, — naſe, 
— naſig, — pfanne, —regen, —rinne, — ſchwefel, — ſtein, — tro— 
—pitriol, —wein, —wurz, —zapfen, —zinn u. a.; Abtropfbaunk, 
—pfanne, —trog; Tropfenfall u. a. — Wer weiß, wen der trief⸗ 
äugige Schuft geichn. H v. Kleilt, der zerbrochene Krug 1. Trief⸗ 
nät ig. Fiſchart, Gargantua ©. 155. Trieffnaß ald die getaufften 
Meuß. H. Sachs. Sie kamen im ftärfiten Plaßregen und waren 
traufnaß. Kofegarten. — Im Tropfbad des Zhaues. 3. Baul, 
Heſperus 9. Erquidender Ihau beleuchtete im Tropffeuer die 
Blätter» und Blütenwelt. Benzel-Sternau. Wie tropfit du und bi 
fogar tropfnaß. H. Sachs. Das Zropfenei aus Mecresgrund. 
Göthe, Fauft 2, 215. Wie den flarren Reif der heiße Südwind leicht 
bewältigt und in Tropfenform ihn ftrdömen läßt von überfromen 
Dächern. Platen, Abbaifiden 6. Wer nicht vor der Revolution ein 
Revolutionäre war ... der fpreizte ſich mit feiner Tropfenbaftig- 
feit nicht breit unter feiner Hausthüre aus. J. Paul. Berfprigen 
will ich für ihn, für diefen Wallenftein, mein Blut, das lebte meines 
Herzens, tropfenweife. Schiller, Piccolomini 1, 4. 


Saufen. 
(Wurzel suf.) 


Eaufe, foff, gefoffen, faufen (ahd. shfu, souf, sufumda, ao- 
faner, süfan; mbd. süfe, souf, suffen, gesoffen, süfen; agſ. supan, 
altn. sypa, ichwed. supa, holländ. soepen, suypen) früher in $läi- 
figleit zum Verderben untergehen, ſchlürfen; dann in niedriger Weiſe 
Flufftgfeit vermittelft der Mundöffnung in ſich ziehen (von den Thieren); 
von den Menſchen: im niedriger, thierifcher Weile, unmaͤßig Fluſſigkeü 
vermittelft der Mundöffnung zu fid nehmen; (veraltet) auch vom Ta- 
bafrauchen gebraucht, wie trinken. — Bis der Lewe das blut der 
Erſchlagenen fauffe. Luther, Bibelüberf. 4 Moſes 3, 24. Cm 
Menſch, der vnrecht feufft wie wafler. Dal. Hiob 16, 16. Ey, 
das muß immer faufen und frefien.. Schiller, Walleniteins Lager 2, 
Mit offener Bruft fingt Runde, ſauft und ſchreit. Göthe, Kauft 1, 
— etliche noch Tubac ſauffen. Phil. von Sittewald 6. 

eſicht. | | 

Trinken |. S. 299- Zechen (mhd. zöchen = zufammenfügen, orbuen, 
Geld zufammenlegen, um Wein zu kaufen; ahd. zehda — zufanmenfügen 
orbnen; mhd. zöche = Einrichtung, Ankalt; Reihe, iu welcher etwas bes 
Einzelnen trifft 2); zufammengelegtes Geld zum gemeinfhaftlihden Weintrinken; 


1) Daher älternhd. umb die zeche — ber Reihe nad, unfer um ig: 
Cie DD——— 





987 


Sie allo vereinten Berfonen, ihr Zuſammenſein in dieſer Weiſe) auf gemein⸗ 
ſame Koſten ſich mit einander in Eſſen und Trinken gütlich thun; ſich bei Eſſen 
und Triuken, welche der Wirth berechnet, gütlich thun; bei dem Oenuſſe gets 
ſftiger Getruͤnke veritehend fich gütlich thun. — Da zechten an dem nächſten 

Tiſch zwei wilde rohe Buben. A. W. v. Schlegel, Warnung. 

Ab—, an—, auf—, aus —, be—, durd— , ein—, ent —, 
er—, fort —, nach —, nieder—, über —, ver— , vor—, zuſaufen 
find klar. — Leipzigs Krone ward den Feigen abgeſoffen. Zacha— 
ri, Renommift 1. Du wolleft dir dafür die Gurgel abfaufen. 
Schiller, Räuber 1, 2. Soll ich's gleih ausjaufen? J. Baul, 
Zitan 42. So findet ihr die Wachen befoffen. Echiller, Fiesko 3, 
4. Gott weiß, was ich in meiner Krankheit habe einjaufen müffen. 
Zahn bei Campe. Soll das ganze Haus erfanfen? Götbe, der 
Zanberlehrling. Die Kerle erfoffen, wie fie das Waſſer jchmedten, 
Böthe, Egmont 1. Wo man fein Leben und feine Seele verfrißt und 
verfäuft. 3 Paul, Hefperus 18. Ich Habs dir oft mit Hohnla- 
hen bei Burgunder zugefoffen. Schiller, Räuber 5, 1. Sauf 
zu, Hauptmann! Dal. 3, 2%. Su 

Säufen (ahd. saufjan, soufjan, mhd. soufen) faufen maden, 
it einfach wicht mehr gebräuchlih: be—, erfänfen (dafür in der 
Volfsiprahe gewöhnlich verjänfen, ahd, farsaufjan). — Um did 
nnd Feld und Nue zu erſäufen. Göthe, Fauſt 1, 61. Daß bie 
deutihen Waffer nicht erſäuften. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 8, 
Erjäuft fei aller Groll in dieſem Bundestrunf! Schiller, Piccolo⸗ 
mini 4, 7. . 

Säufer, Söffer (ſ. S. 30H; Sauferei; Sof, Suff (mh. 
sonf, shf); Geföf, Gefänfte; fäufig, föffig — Ih wir ein 
Säufer. Bürger, Epiftel des 3%. Schere. In jeufferey wandeln. 
Luther, Bibelüberf. 1. Betr. 4, 3. Soff und Spiel und Müdels 
die Menge! Schiller, Wallenſteins Luger 6. (Ihm wird) feines ge⸗ 
wöhnlihen Geſöffs ... fo viel er will, gelaffen. Klopſtock, —* 
tenrepublik. So ſchlürft unendliches Gefäufte der edlen Herrn dei 
legten Tropfen aus. Göthe, Kauft 2, 14. Fräſsig und fäuffig. Aven— 
tms, Chronik 1580 Bl. 287. 

Saufgelag, —genoß, —geſelle, —gefellichaft,. —gier, —gurgel, 
nn — hans, Be, —franf, ne Be Ba ; un 
—udt, —tag. — Iſt's jebt Zeit zu Saufgelagen? chiller, 
Balleniteins Lager 8. — — 


Fließen. 


(Wurzel flut, f(v)lug). 


Fließe, floß, nefloffen, fließen, (ahd. Kv)liuzu, f(v)löz, fCv)lu- 
sumes, f(v)lozaner, f(v)liuzan und fiv)liozan; mhd. vliuze, vloz, 


968 


vinzzen, gevlozzen, vliezen; agſ flädtan, altn. fliota, ſchwed. Ayta, 
holläind. vlieten? 1), von einem höhern Orte nach einem niedrigern ſich 
bewegen, von flüjfigen und flüfflg gemachten Körpern; 2) im Junern 
enthaltene Keuchtigfeit von fich fallen; 3) ſchmelzen und abwärts laufen; 
4) das Papier fließt, wenn es durdjchlägt, oder wegen Mangels des 
Keimes die Dinte einſaugt umd verbreiten läßt; 5) aus etwas jeinen 
Uriprung nehmen, als Folge aus etwas berfommen; 6) (uneig.) von 
Gewändern, Haaren, Tönen, Worten, Zeit und Ericheinungen in der 
Zeit ze. gebraucht. — Mein königliches Blut floß ſchändlich unser 
unbarmberz’gen Streichen. Schiller, Don Karlos 1, 2. Daß die Bol: 
Ken fliejfen vnd trieffen fecr auff Die Menichen. Luther, Bibelüberſ. 
Hiob 36, 28. Du, deffen Augen floffen, febald fie Zion ſahn. Rum 


ler. Was für fanftes Entzüiden fließt aus dir, hberbitlihe Gegend! _ 


Geßner. Wahrheit, die in tauſendfachem Strahle von des großen Bar 
ters Kelche fleußt. Schiller, Elegie auf den Tod eines Jünglingt 
Wie wollt’ ich der grauen Haare fpotten? Werden wohl die meinen 
ewig blond vom Naden flichen? Schiller, Semele 1. Und wahr 
haft fließt das Wort aus Herz und Munde. Göthe, ſprichwörtlich. 
Di ſah ih, und die milde Freude floß von dem fügen Blid auf 
mid. Göthe, Willfommen und Abſchied. Ob fie gleich mit dem flie- 
Benden Schleier ihr Auge bedeckte. Klopitod, Meſſias 4, 771. 
Die Eynonynen, f. ©. 138, 

Ab —, an—, auf —, aus —, be—, bei—, dahin —, darnicder —, 
davon —, durch —, ein—, einher —, empor—, ent —, entgegen —, 
fort —, her—, herab —, heran —, herauf—, heraus —, herein—, 
hernieder —, herüber —, herum —, herunter —, hervor —, u—, 
bin — , hinab —, hinan —, binauf —, hinaus — hindurch —, hinein —, 
hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —, nach —, nieder —, über —, 
um—, umber—, unter —, ver —, vor—, voran —, voraus —, vor⸗ 
bei—, vorüber —, weg — zer —, zu —, zurück —, zuſammenfließen find 
klar. — Wie fleußt der Thränen Bach die bleichen Wangen ab. Do 
Zräufelnd von abfliegender Feuchtigkeit. Göthe, Campagne in Zranl- 
reich 11. Sept. Das der Bauch weiter aufflofs (aufſchwoll). Rel⸗ 
lenhagen Froſchmenſeler. Der Quell des Seh'ns iſt ausgeflojien 
Schiller, Tell 1, 4. Das Zeld, von Römerbfut beflojien. Kretid- 
mann, Rhingulphs Klage 1. Die (Stimme), wit filbernem Laute, 
wie in Gelängen, dahinfloß. Klopſtock, Meifias 5, 109. Da flop 
in betäubenden Schlummer ſanft mein Leben dahin. Voß, die Weihe 
80. Schäumend fehrt die Welle wieder, fließt nicht mehr im Bett 
dDarnieder. Göthe, Fauſt 2, 135. So fließt denn auch mit ihm 
(dem Wafler) davon. Göthe, am Kluffe Die Ebnen und Hügel, 
welche fid) vor den Hochgebirgen Tirols und Deiterreihs im Norden 
ausbreiten, durchfließt und begränzt die Donau. G. P. Mendeld- 
fohn, der Rhein uünd die Donau, Dem Amor tft der Wein auch ziem- 





969 





ch eingefloffen Opitz. Jener Vorfag, meine innere Natur nad 
ren Eigenheiten gewähren, und die äußere nach ihren inenichaften 
uf mich einfließen zu laffen. Göthe, Leben 12. B. Wie er (der 
Strom) in jeinen Geftaden einherfloß. Kloyftod, Meſſias 13,.167. 
Zon ihr fließt Leben und Wärme in die Adern der Erd’ empor.‘ 
Daſ. 1, 625. Ihr Blut entfließt. Schiller, Jungfrau v. O. 3, 11. 
Bie wohlriehende Düfte den Delbaum entfließen. Slopitod, Mei- 
iad. Dem fein wallendes Herz recht Tiebend entgegenfloß. % 
Bauf, Xitan 30. Dann fließt die Arbeit munter fort. Schiller, 
Hlocke. Erſt mit dem legten Strahle der Some floß das letzte Blut 
n dem Bade fort. Klopftod, Hermannsihlaht 7. Schmachtender 
ann im Xispel der Zärtlichkeit floß Melodie der. Voß, Luiſe 3. b, 
315. Da floß häufig die Thräne vom Aug’ mir herab. Göthe, 
Alexis und Dora. Und ibm von der Kippe der Hauch janfttönend 
»erabfloß. Klopftod, Meſſias 3, 478. Lange Echatteufteppen lies 
en zurüd von hberanfließendem Schattenlidt. 3. Paul, Heiperus 
13. Zwar floß alänzendes Haar auf feine Schultern hernieder. 
ſtlopſtock, Meſſias 9, 489. Wolken fließen von ihr, wie ein ſinken— 
des Meer, unaufhörlich herunter. Daf. 1, 589. Cein Blut floß 
Jin in das Feld. Daf. 4, 125. Die wir das erweidhte Metall in 
der Rinne hinfließen fehen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 13. (Wie 
Die Lava) eine janfte, ziemlich ebene Fläche hinabfloß. Göthe, ital. 
Meile Neapel 20. März 1787. Ließ nicht Prometheus jelbit die reine 
Hinmelsglut auf friihen Thon vergötternd niederfließen? Göthe, 
Ilmenau. Der Feier feftliher Glanz floß über den Fuß des Uns 
fterbliben nieder. Klopſtock, Meſſias 1,-705. Tas Bädylein, fo 
vom nadten SKlippenabbang niederfleußt Matthiffen, die Weihe. 
Ah es (das Herz) möchte gern gekanut fein, überfließen im Das 
Mitempfinden einer Creatur. Göthe, an Lottchen. Der du der Freie 
den viele jchaffit, jedem ein überfließend Maß. Göthe, Hurzreije 
im Winter. Dein Herz voll Innigkeit fließet.über von jüßem Ge- 
fühl. Klopftod, Meſſias 3, 500. Das ganze nadte Geſchöpf über- 
floß Blut. Herder. Und ein jugendfih Lächeln umfloß des Uns 
fterblichen Stirne. Klopftod, Meſſias 3, 475. Ganz von jeinem (des 
Mondes) Schauerliht umfloſſen. Göthe, an Belinden. Und doch 
umfließt euch ewig Licht und Leben. Schiller, Marin Stuart 1, 6, 
Verfließet, vielgeliebte Lieder, zum Meere der Vergefienheit! Göthe, 
am Zluffe. Bis zuletzt die ſchwaͤbiſchen Gebirge fehattenmweis in den 
Horizeut verfließen. Göthe, Leben 10. B. Still in Unſchuld wa⸗ 
ven ihm faum zwölf Zahre verflofien. Klopſtock, Meſſias 4, 675. 
Ald wenn nad) alle dem, was jebt entwidelt ift, ein Tropfen ans einen 
Dean, der uns vorfließt, ein Fund wäre. Herder. Die Mojel 
fließt unmittelbar vorbei. Göthe, Campagne in Zranfreih -23. Aug. 
Jede Stunde, die fonft in deiner Umarmung vorbeifloß. Klopftod, 


8 





970 


Selmar und Selma. Der (Mat) mir, weil ich allen war, SP’ mub 
traurig vorüberfloß. Klopſtock, Bardale. Ich möchte von der Feuch⸗ 
tigfeit des Dintenfliches, die hier fo häufig wegfließt, etwas ein 
trocknen. Göthe, ital. Reife 8. Dct. 1786. Dann floß von des Eri⸗ 
gen Throne die Nacht a Klopftod, Meifias 11, 31. Ich füble 
mih in Liebestraum zerfließen. Göthe, Kauft 1, 140. Du der 
füße Wahn zulegt vor ihm zerfließet. Wieland, Oberen 3, 9. 
Die Nebel find zerfloſſen vor Dieiem Sonnenftrabl. Tiedge, Urania 
2. Da manches Gute theild in der Familie ſelbſt entiprang, theil 
ihr von anßen zufloß. Göthe, Leben 1. B. Kluge Berwalterin 
ftetd der geheim zufließenden Wohlthat. Voß, Luiſe 3. b, 419. 
Eh’ fieheit du Die Loire zurüde fließen. Schiller, Zungfrau v. D. 
1,10. Das zuiammengeflojjene Negenwafler. Göthe, Campagnt 
in Franfreih 21. Sept. Damit aber das Metall ſchneller erhigt winde 
und zujammenflöjje. Göthe, Benvenuto Cellini 4, 6. 

Anm. Die Burticipien geitatten noch andere Zufammenfesungen, 3. B. Ya 
nah, durch das blutfliepende Thal. Kretſchmat. Die goldpurcfloßnee 
Wollenlagen blaßten. Salis, Monodie. Bon lichtumfloſſenen Hügeln. G. 3.cc, 
Die rofenumfloffene Stine, Pyrker, Tunifias 4. Eile füßte die tAränens 
umfloffenen Augen. Daſ. 9. Un den fhauerumfloffenen Gidbure. 
Pyrker, Rudolph. 

ließ (ahd. pifleoz, mhd. vliez); Fließung; Wließblattern, 
— gar, —gold, —harz, —loch, — papier, —poden, — waſſer, —ınafr 
fergang. — Gewäfler... die zuweilen aus ließen fich entipinnen 
B. Hoffmann. Auß fonderer Infliſſung des Himmels. Fiſchart, 
Gargantua ©. 52. 

Fluß (ahd. ſCy)luz, mhd. vluz, agſ. flöot, altn. fliöt, engl. 
flood, flow, ſchwed. dän. flod, holländ. vliet) urſprünglich das Flie⸗ 
Bende, Lauf der Flüſſigkeit; im Beſondern das aus den Zuſammen⸗ 
fluß von Bächen entitandene fließende Gewäſſer. Ab —, Aus, 
Durh—, Ein—, Ueber— (©. 393), Zufluß wa. Flüſſig, 
überflüſſig (S. 393). — Wie der Fluß, in die Breit’ und Länge, 
jo manden Inftigen Nahen bewegt. Göthe, Fauſt 1, 53. Die Map 
fen find im Flug. Schiller, Glode. — Dort ſchwebt, leiſe bewegt 
und befrönt mit flüjjigem Schimmer, eine junftere Sonne. Klep⸗ 
ftod, Meſſias 1, 624. Wie fehr ich längft, o ſchöne Freundin, bier 
jhon überflüfjig bin, das weiß ich wohl. Göthe, Taſſo 4,2 — 
Abzüge, die nur zum Abfluß des Waſſers beitimmt find. Göthe, 
ital. Reile 9. Det. 1786, Wir trabten nah Abflug der Pfartge⸗ 
meine alle Emporen hinauf. 3. Paul. Dem Jordan einen unter 
irdifhen Ausflug zu geben. Göthe, Leben 4. B. Der Leichname 
Ausfluß. Klopftod, Meifins 2, 514. Ale Lihtausfläjie um 

uten Mächte ftanımen von ihm. Herder. Diejer wohnt am Ein- 
uß. er aber am Ausfluß des Buches. Göthe, Briefw. mit Schil⸗ 
ler 6, 227. Lem’ ihren Einfluß kennen. Göthe, Taffo 44 Bus 





971 





Idemstne— nm 


ſchafft ihre (der Eeele) jenen ewigen Umfluß von Ruhe bei alfen 
bereinbrechenden Stürmen des Lebens. E. Wagner. Nach deſſen (eines 
Jahres) Verfluß cine neue Wahl vorgenommen wurde. Schiller, 
Colon. Durd einen fonderbaren Zufammenftuß von Umitinden, 
Söthe, Briefw. mit Schiller 3, 117. — Die Naht grub einen Edens 
fin um den andern ab. J. Paul, Siebenfäs 1. Alle die Eiter- 
fläſſe haben. Luther, Bibelüberſ. 4. Mof. 5, 2. Mein Ohr ums 
tönt ein Harmonienfluß Schiller, die Erwartung. Der die Frucht 
Des Himmels nicht raubend an des Höllenfluſſes ſchanervollem 
Rande bricht. Schiller, Hero und Leander. Gleich dem Mäander- 
fluſſe. Pfeffel, der Hut. Diefer mußte ihm aljo unter dem Gehen 
feinen Rednerfluß zutröpfeln. J. Paul, Heiperus 2. Eie friegen 
noch einen Schlagfluß. Göthe, Götz v. B. 1. Der umfangende 
Zodesfluß raufchte mit Einen Arme um fi. % Paul. Durch 
Rauch und Qualm ſeh' ich den matten Schein ded Todtenflujjee 
mir zur Hölle leuchten. .Göthe, Iphigenie 3, 1. | 
Mit Fluß find finnverwandt: Bach (abd. der nnd tie pah, mhd. der 
und die bach, agf. becc? altf. bak, altn. beckr, neuniederl. beek, engl. 
beck, ſchwed. bäck, dan. bäk f. S. 652) das Heine fließende Mafler, Strom 
(f. S. 138) ſtarker, Heftiger Lauf der Klüfftgfeit; großer, ftarfer Klug. Die großen 
Slüffe nennt man and Lands oter Heerftröme — Mit Ausflug Ort 
des Ausfliegens) find finnverwandt: Mündung (f. Rund. 541) Auss oder 
Gingangsöffnnng einer in Förperlicher Umfchließung Gefangenen Räumlichfeit; vie 
Münde (altfrief. mutha, altn. munni) und das Gemünd (ahd. gimundi) 
bed. Mündung eines fliegenten Eewäſſers, find aber nhd. faſt nur roch in 
Gigennamen von Flußmündungen ober vielmehr Drten von folchen gebräuchlich: 
Drlamünde, Sminemünde, Schwäbiſch-Bemünd. — Einfluß, Ginwirfung 
und Cindruck ſ. S. 323. — Wie durch hohler Felfen Becken weint ein Bach. 
Schiller. Was für Berge, für Wüften, was für Ströme trennen und denn 
noch. Leffing, Nathan d. W. 1, 2. Des Zander Heerſtrom wuchs und 
ſchwoll. Bürger, Lieb v. br. M. — Aus der rauchenden Mündung ihrer 
Schwefellamine. Schiller, Räuber 1, 2. Eng (if) vie Mündung bes Ganges. 
Boß, Odyſſee 22, 137. An der Münde'des Stroms. Voß, Horaz Sat. I. 


2, 3. | 

Alußadler, —artin, —bad, —bartfiſch, —blume, —börs, 
—braffer, —brüde, —büdjfe, —dorn, —eijen, —erde, — fahrzeug, 
—falk, fall, fh, —galle, — geſtirn, —geld, —gott, —granste, 
—kahn, —fannenfraut, — —kieſel, — krebs, — meſſer, — mit⸗ 
tef, — moos, — muſchel, —nadel, —nire, —nymphe, — ochs, —ofen, 
—otter, — pferd, —pflafter, —pulver, —rauch, — recht, —ſand, 
— ſchiff, — ſchifffahrt, — ſchildkroͤte — ſchnecke, — ſchwamm, — ſchwimm⸗ 
ſchnecke, — ſeite, — ſpath, —ſpathdunſt, — ſpatherde, — ſpathgeiſt, 
— ſpathſauer, — ſpathſäure, — ſpindel, —ftein, —ftoff, —tabak, — teu⸗ 


! 


972 


REES 


wohnende Weiden. Voß. Als die Gefühl in ihrem Flußbette 


ein wenig ruhiger wieder dahinliefen. Kl. Schmidt. Cinige Stunden, 
in denen ich Dem Zuge ausgeſetzt war, bradyten mir ein Flußfieber 


zu Wege. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 141. Da wir und ah 





in das mäandriſche Zlußgemwinde ... verichlungen ſahen. Götke 
Eumpagne in Franfreih 31. Oft. Man erlangt dadurch eine Uchr 


Hö 
mit allen Anfiedelungen innerhalb der fruchtbarften Gauen. Göthe, 
St. Rochusfeſt. Negupten, ein fo fpätes, zum Theil neu erichaffenes 
Land, ein fettes Slußufer, Das aus der Höbe beſetzt wurde, Herder. 

Floß (der, das, in der Volfsiprache die Floz, ahd. der Ndz, 


zeugung von jeder Slußregion. Göthe, Leben 10. B. Auf da 
be. über Biebrich erſchaute man das weite, prächtige Flußtbal 


mhd. vlöz) was Flöße; Flößer; Floſſe (ahd. flöza, mhd. vlöze) 
ber Fiſche, floſſig; das Floß (ahd. der floͤz, mbd. vloz) time 


Bolksipradye ein fließendes Waſſer, auch die Rinne für dasfelbe; flößen 
(ahd. Nulozjan, mhd. vloezen, altn. Nöta) machen, daß etwas won 
fließenden Waſſer fortgetragen wird; almälich und fanft wohin fliehen 
machen (auch fig.): ab—, an—, auf—, ein—, her —, berub-, 
hin —, binab—, nah —, nieder—, unter —, der—, Dis 
bei—, vorüber—, zurüd—, zufammenflößen — Bit 


den ſchweren Floß zur Stelle. Schiller, das eleufifche Zeit. Hefte 


dann mit Nägeln den Floß und bindenden Klammern. Voß, Odyfte 


5, 248. Der du jchönes Kraut trägft um die reinen Flößer (fie 


ßeuden Wafler). Opig. Auf dem ebenen Strom aleiten die Zlöße 
dahin. Schiller, Spaziergang. So zuppeln wir noch immer wie fl» 
liegende Karpfen mit den poetiichen Floſſen ımd Flügeln. %. Yenl, 
Titan 55. Und die Schenkel gefrümmt zum foſſigen Schweife des 
Fiſches. Voß. Berück' ich den goldbefloßten Fiſch. Chafeipeut, 
Antonius und leopatra 2, 5. — Athem und Leben aetroft ſaugen ımd 
flößen wir ein. Göthe, röm. Elegien 18. Der Regen bat (an der 
Säule) die Buchftaben gar hingeflößt. Aoentinus, Chronik. Ta 
nach Unfterblichfeit dürftende Menih muß fuchen den Himmel ihen 
anf Erden zu finden und Ewigdauerndes zu verflößen im jein iM 
ſches Tagewerk. Fichte, Reden a. d. d. N. Was mit feiner Ra 
fi) verflößet in Gleichlant, nennt er ‘das Gute. Sonnenberg. 
Das mit flößen finnverwanrte gießen f. ©. 973. 

. Floßanweifer, — band, —beamte, — bediente, —hett, —brüft, 
—bdienft, —feder, — führer, —garn, —gehau, —gerechtigfeit, —ber 
del, —herr, —hieb, —hüter, — junge, —klafter, —knecht, —log 
— mann, —ofen, —ordnung, —platz, —rechen, — rechnung, — lecht 
—rücken, — ſchaden, — ſcheit, — ſchreiber, —teih, —verwalter, —wand, 
—waſſer, —wehr, — weſen, —winden.a.; Flöß art, —anftall, — 

— bauhoiz, —baum, —graben, — haken, —bolz, —meiſter, HB; 
Floſſengarbe, —reif. — Floßfüßige Robben. Voß, Odyſſee 4,4% 





973) 


Anm. 1. Klotte (alin. floti, agſ flota, ſchwed. flotta, din. ftaade, engl. 
Rect, holländ. vlote, franz. flotte, ital, Nlotta) gehört wol zu fließen; uuch Pas 
Arjectiv flott, franz. flot, engl. »float, nicht aber Flut (goth. flöthus, ahd. 
flohat, Nuohat, fluot. ſlot, mhd. vluot, agi. altn. Nöd, alıf. Huod, Nod, engl. 
found, dan. Add, ſoowed. Nöd); menigftens ſprechen ter lange Bocal, der auslaus 
tente Sonfonant und die ahd. Formen flohat, flunhat, dagegen. Orimm II, 236 
Betrachtet Auot für fluod, aus fuohad, von einem verlurnen Berbum fluohan — flies 
Sen, wozu abd. flawjan, alın. ſlöoa, agſ. fleövan, engl. flow, dan. flijve, lat, 
Aluere zu ſtimmen ſcheinen. 

Anm. 2. Blöze (and Flöpe, Flötz, Fletz), 1) Boden, Grund; 2) ehene, 
wagrechte Klühe: 3) Sturenboten; 4) der gepflatterte oder aus feſtgeſtampftem 
Lehm beftebente Boden der Gänge im Haufe, der Hausflur; 5) dieſe Gänge oder 
Pie Hausflur ſelbſt; 6) eine ganz oder beinahe wagrechte Lage der Ert: und Eteins 
meffen von beträchklicher Breite im Bergbau, gehört z dem ahd. Adj. flaz = flach, 
altu. fat; vgl. gr. zAarvg, lat. planus = flach, eben. 


Giefßen. 
| (Wurzel gut, guz.) 

Siege, goß, nenofien, gießen (ahd. kiuzu, köz, kuzumes, 
kozaner, kiuzan u. kiozan; mhd. giuze, 863. gUZZen, gẽgoggen, gie- 
zen; goth. giutan, agſ. geötan, dän.gyde, ſchwed. gjuta, holländ. gieten; 
dl. lat. gutta = Tropfen, gr. gie — gießen) 1) allg. fließen mas _ 
hen; 2) im Befondern far und viel fließen machen; 3) einen flüjftg 

emachten Körper in eine Form gießen; 4) durch Gießen in eine Form 
Berosibringen;, 5) reichlid) mittheilen, verbreiten, in Menge fallen laffen; 
6) für be—, ver—, ergießen; 7) es gießt — e8 regnet jehr ſtark. 
— Und was ilt’3, das, wenn mich Lanra küſſet, Burpurflamnen auf 
die Burgen geußt? Schiller, Phantaſie an Laura. Leute, die grie— 
chiſche Münzen einfehmelzen, um moderned Zeng daraus zu gießen. 
Lichtenberg, liter. Bemerkungen. Sch mil meinen Geiſt auff deinen Samen 
geiſſen, vnd meinen Leyen auff deine Nachfomen. Luther, Bibel⸗ 
überj. Jeſ. 4, 3. Gieß ih ihm Schlummer um den rubigen Blid, 
Herder. In den Klauen hielt’ er und rupfte die Taub' und goß ihr 
Gefieder zur Erde. Voß. Warme Lüfte voll Tuft und Bir in Füll' 
auf den Schwingen, hauchten umber und goſſen die Blüt' auf die 
bräntliche Liebe. Sonnenberg. Zu gießen Menicenblut. Opiß.. 
Raſtlos fort ohn' Unterlaß ftrebt die Länge fort in's Weite, endlich 
gießet fid) Die Breite, grundlos jenft die Tiefe fih. Schiller, Sprüche 
des Eonfacius. Es ftürmt, ed gießt, es dröhnt und kracht. Campe, 
Das finnverwandte flößen, f. S. 972. 

Eingießen 1) allg. eine Flüffigkeit durch Erbebung eines Be- 
hälters aus dieſem in einen andern fließen machen (auch fin.); 2) mit 
fluifigem Metall in einem Körper befeitigen. — Die Zeit iſt unendlich 
lang und ein jeder Zag ein Gefäß, in das fich jehr viel eingießen 
läßt. Böthe, Xeben 8 B. Der jm die Seele eingegojjen hat. 
Luther, Bibelüberj. Weisheit 15, 11. 


- 


. 


974 





Einſchenken (f. ſchenken ©. 483) in ekı Triufgefchirt, zum Srinfen 
eingiegen, und zwar, um ten Durfi zu flillen ober um fi zu vergnügen. — 
Gr fchenfte beiden ein, fie an und ſchluckte das Glas ſehr lebhaft hia⸗ 
unter. Göthe, Campagne in Frankreich, Duisburg Nov. 
Ab—, an—, auf—, aus —, be—, bei—, durh—, empor—, 
ent—, entgegen—, er—, fort —, her —, herab —, heran —, herauf —, 
heraus —, herein —, herüber —, herum —, herunter — ‚herzu— ‚bin—, 
hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hin: 
über—, hinunter—, hinweg —, hinzu —, nach —, nieder —, über—, 
nm— , nmber—, unter, ver —, vor —, voran —, voraus —, vor⸗ 
bei— , vorüuber—, weg —, zu—, zurück—, zufammengießen 
bedürfen keiner weitern Erklärung. — Der Meiſter hatte einen ſchöuen 
Sturz eines antiken Jünglings in eine bildſame Maſſe abgegoſſen. 
Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 3. Sie ſchafft ihm einen Rock auf den 
Leib wie angegoſſen. Daſ. 3, 4. Weil Wein genug aufgegei- 
ſen war. J. Paul, Titan 54. Und der Mühlknecht ſtürzt in den 
Trichter hinab, wenn' er juſt aufgießet das Korn jetzt. Platen, die 
verhängnißvolle Gabel 3Z. Auszugießen auf dein einzig Haupt die 
ganze Schale feines Zorns. Chhiller, Jungfrau v. O. 1, 10. Gleich⸗ 
meſſend gießt der Himmel feinen Thau auf alle durftende Gemädie 
and Dal. 3, 4 Geuß deiner Ruhe Gefühle, deine Celigfeit über 
mid aus! SKlopftod, Meſſias 12, 705. Warum dachteſt du nicht 
daran, ed fo einzurichten, daß er (der Fuß) ebenjo gut als der Kopf 
fi) ausgießen möge. Göthe, Benvenuto Eellint 4, 6. Ein Aufer- 
jtehungstag ift ausgegoijen, wo dumpfe Mitternadyt, voll’ Todes⸗ 
geijter, lag. Tiedge, Urania 2. Glles Gut fih von Gott ausgeußt. 
H. Sachs. So goß fi eine Kriegeswolfe aus von Völkern über 
Orleans Gefilde. Schiller, Jungfrau v. DO. Prolog 3. Ruhige Biäus, 
did auch, Die unermeplih ſich ausgiegt um Das braune Gebirg 
Schiller, Spaziergang. Wenn ein brüderlich Volk, durch das Blut dei 
Bundes geheiligt, vor dem Berjühner der Menjchen in Subellicder Ad 
ausgießt. Klopſtock, Meſſias 1, 658. Wenn Jemand Schläge krie⸗ 
en oder begoſſen werden ſollte. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 1. Dies 
Auge (hat) ſein frühes Grab mit treuen Thränen begoſſen. Wie— 
land, Oberon 1, 24. Dem Amor iſt der Wein auch ziemlich einge⸗ 
floſſen, ſo daß er ganz und gar Gemüth und Sim begoſſen. Opitz 
Thäler, die gegenwärtig ihre Waſſer dorthin ergießen. Göthe, ital 
Reife 3. Sept. 1786. Wo hinter dem Albis die Sihl ftrömend ber- 
abicbießt, um fih unterhalb Zürich in die Limmat zu ergießen 
Göthe, Leben 19. B. Schon fank tiefer die Sonn’ und ergoß viel⸗ 
farbige Schimmer durch abhangendes Laub. Voß, Luije 1, 613. Sie 
lagen zu den Füßen der heil’gen Jungfrau in Gebet ergoſſen. Schiller, 
Don Karlos 2, 8. Zus Baierland, wie ein geichwollner Strom, er⸗ 
goß ſich dieſer Guſtav. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 13, Zeige 





975 





dich dem Volle, das ſonſt ſich jubelnd um dich ber ergog. Schiller, 
Maria Stuart 4, 9. Daß, zum Zwede, Waffer fließe, und mit rei— 
chem vollem Schwalle zu dem Bade fih ergieße. Göthe, der Zau— 
berfehrling! Der Himmel droht in Feuerbächen fih berabzugießen. 
Schiller, Jungfrau v. O. 5, 1. Weil dein Ddienftbares Auge wider 
den Ewigen ftritt und unbeilige Thränen herabgoß! Klopitod, 
Meifins 4, 340. Da gießt unendliher Regen herab. Schil⸗ 
ler, Bürgihäft. Gießt herunter, Ströme des Himmels, und ers 
füuft das Land! Schiller, Tel 4, 1. Wie fie niet, in Andacht bins 
gegoſſen, ſchön, wie Raphael die Unſchuld malt! Matthiffon, die 
Betende. Gießet des Zopfes fiedendes Waſſer hinein. Voß, Phi— 
femon und Baucis 77. Biegen wir etwas Warmes binzu? Voß, 
Zuije 1, 521. Wer nieder vom ſchönen Baum die Eichel geußt? 
Voß, Weihe der Schönheit. (Als wenn) fie Wein und Kusfaden 
niedergöſſen? % Paul, Zitan 2%, .Mit fliegender Röthe die Wange 
bis gegen den Nacken übergojjen. Göthe, Hermann und Dorothea 
9, 90. Dennoch übergießt mid ein Grauen. Schiller, Braut von 
Meſſina. (Er) legte fid mitten hinein (in das Lager) und über» 
goß fih mit Blättern. Voß, Ddvffee 5, 487. Bald fah ich mich 
von Wolfen wie umgojjen. Göthe, Zueignung Wie wenn mit 
aoldenem Rand ein Mann das Eilber umgießet. Voß, Odyſſee 6, 
232. Der luft und aud die wolfen mit trüb und gra (grau) Do 
wurden undergoſſen. Titurel. Saht ihr fie eine Thräne nur 
vergießen? Schiller, Maria Stuart 1, 8. . Ein Altar des Bluts, 
vergofjen von Mördern. Klopitod, Meſſias 1, 27. Der finjtern 
Quelle vergleichbar, die aus jähem Geflipp vergeußt ihr dunkles 
Gewäſſer. Voß, Ilias 9, 14. Indem fie das Gefrome, das man 
uns von der Zufel ſendete, weggoß. Göthe, Leben 3.3. Gießt 
Das Fehlende zu. Göthe, 2. Epütel. (Sie) gießen den Mäyden 
das. Waſſer in die Scheffel zu. 3. Baul, Zitan 6. (Der) das Wi- 
drige zufammengoß. Göthe, Fauſt 1, 58. Gleichwohl müflen alle 
Bölfer der Erde einmal zufammengegdfjfen werden J. Paul, 
Heſperus 19. 

Anm. Die Participien geftatten noch andere Iufammenfeßungen, 1. B. Die 
Thränenvergießende fhauend. Voß, Ilias 6, 459. Und in dunfele Welten fich 
re und wolfenumgoffen famen in flürmenden Flug fie ihm nad. Sons 
nenberg. 
Sieh (Volksiprache Gefäß zum Gießen, mhd. die gieze = Rinne), 
Gießung, Gießer, Gießerei; gießbar, gieplih, gießig, 
Gießling (die 3 lebten bei Stieler) find wenig im Gebraud. — 
(Er) verfimdet mit poetijcher Ergießung die hohen innern Schön— 
heiten.. Göthe, Windelmann 2. (Die) wieder Aufgießer... werden. 
J. Paul, Hefperus 10, Bor des Begichers Verdienft. Klopftod, 
die Rache, Sene, die Blutvergießer belohnten. Klopftod, Meifias 








976 





15, 781. Ich bemerke hier, DaB zu Meffina no zwei Glocken⸗ 
en dieſes Namens leben. Göthe, ital. Reiſe Palermo 13. April 
787. Deßmegen bin ich jegt au mein Glodengießerlied gegm 
en. Schiller, Briefw. niit Göthe 3, 161. Ju einem Gypsgießer 
— Göthe, ital. Reiſe 25. Dechr. 1786. Selbſt dat 
Kannengießern!) macht die Leute weiſer. Lichtenberz, Allerhand. 
Wenn er zu den fruchtbaren Kupfergießereien tritt. K. v. Hal 
bronner. das Arfenal won Portsmouth. ! 

Gießbad, — bank, —beden, —bedenfnorpel, —bedenmusfel, 
—blech, — bogen, —budel, —erz, fleber, —flaihe, —form, — hans, 
— hütte, —kaſten, —felle, — keſſel, —fopf, —brüde, — kunt, —lade, 
—loch, —Löffel, — meiſter, —mergel, — modell, —mutter, — ofen, 
—pfanne, —preffe, —rahmen, —rinne, —töhre, — ſand, — ſchaufel, 
—itein, —tafel, —tiegel, —tifh, —vogel, —waare, — werk, —zauge, 
—zapfen u. a, — Ein Büchlein aber rauſchte durch's Feld, von dei 
Gießbachs reißenden Fluten geichwellt. Schiller, Graf von Habe 
burg. (Er) brachte ein Handbecken nebit Gießfaß und Handaude 
zurüd. Göthe, Leben 5. B. Er lich hier die pädagogiichen Kunſt⸗ 
gärtner fo lange mit Gteßfannen... um ihn laufen. 3. Paul, 
Titan 1. Daß die Milchtöpfchen in Franken ihren Gießſchnabel 
dem Henfel gegenüber haben. 3. Baul. ” 

Goſſe (j. S. 192, vol. ahd. Bioas — Bächlein); Guß (ab. 
klein, mbd. guz) 1) Handlung des Gießens; 2) das was gegoſſen 
wird; 3) Ort, Durch welchen gegoffen wird: Ab —, Auf —, Aus, 
Er —, Um—, Verguß u. a. — Mih in die Gojfe werfen? 
Shafeipeare, König Heinvih IV. 2. Thl. 2, 1. Wenu’s regnet, er- 
innere ich mich des Rauſchens der Leutra und ihrer Goſſen. Göthe, 
Briefw. mit Schiller 3, WR. Und mit Blißesjchnelle wieder if er 
bier mit raſchem Guſſe. Göthe, Zauberlehrling. Nicht Des Regent 
Guß, der draußen gewaltium berabichligt. Göthe, Hermann und 
Dorothea 9, 176. Laßt's mit Aſchenſalz durchdringen, das befördert 
hl den Guß. Schiller, Glodfe. Che ich den Guß meines Per 
fens unternahm. Göthe, Benvenuto Cellini 4, 4. — Verſammelt am 
Theetijch jchlürften wir den dampfenden Abg uß. G. Jacobi. Außer 
Laakoon ... befanden fich feine Abgüſſe auf der Akademie. Götbe, 
Zebeun 11. B. Hier fanden Gypsabgüſſe von Statuen. Görke, 
Meiſters Wanderj. 3, 3. Ein wenig labender vierter Aufguß af 
die Trebern des alten Mofts. J. Grimm, Borrede zum R. Fuchs. 
Das Menſchengeſchlecht ift frei und nimmt wie das Aufgußthier, 
die vielgeitaltete Vorticelle, in jedem Augenblid bald regelmäßig, bald 


1) Etieler hat Kanngießer im Sinn von Zinngießer, nicht, wie jeßt, 
um damit einen Menichen zu bezeichnen, welcher gerne über öffentliche und Gtaxtee 
angelegen"eiten und Vorfälle fo gut als er es verjtcht fpricht, feine Bermutgungen . 
und Meinungen datei und darüber äußert. 


” 





977 





regellofe Figuren an. J. Paul, Heſperus 23. Zu meiner Erquickung 
habe ich ‚geitern einen Ausguß des folofjalen Junokopfes ... in den 
Saal geſtellt. Göthe, ital. Reife 6. Jan. 1787. Wir gingen das 
Thal hinauf, den Ausguß- des Eisthals vorbei. Göthe, Briefe aus 
der Schweiz 2. Abthl. Einem fchriftlihen Erguß, er fei fröhlich oder 
verdrieglich, feßt fi) Doch niemand unmittelbar entgegen. Göthe, Le⸗ 
ben 13. B. Eingehemmt in des Stromes Erguß. Voß, Ilias 21, 
232. Purpurdunkle Glutergüſſe und Ströme von Bliken. Sons 
nenberg. (Daß er) fih an Freunden betrogen und feinen Herzens- 
erguß unglücklich vergeudet hatte. Göthe, Meifters Wander. 1, 8. 
Wie er war aufgegimgen, fo ging Ignatius unter, leuchtend mit Le— 
benserguffe Klopftod, Meſſias 10, 360. Sein Schlachtihwert, 
roth von olympifcher Vorzeit Thun, in dem Strablenergufie 
Sonnenberg. Als feine Gefühle fih im beruhigenden Thränener- 
guß Luft machten. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 8 Donnre mit 
dem Fluch des Blutverguffes den Fürften an, der falt ein Frie- 
denswort verwarf. Ziedge, Urania 6. Der braufende Gewitter: 
guß. 3. Paul. Ein krummer Elephantenzahn ward nad) einem gro= 
gen Regenguß in der Gelmeröder Schlucht entdedt. Göthe, Tag⸗ 
und Sahreshefte 1801. Durch die metallenen Mündungen ſtrömt mit 
dreifahen Strahlguß. Baggeſen. Dein Strahlenguß regnet 
erwärmend heinieder auf Anger‘ und Au Schiller, der Flüchtling. 
(Ich habe) mit heißen Thränengüffen vor das Bild der Hochge— 
benedeiten mich geworfen. Schiller, Don Karlos 1, 2, Das war ein 
Wetterguß! der Fund. Und ſchluchzend unter Zähren- 
güffen erwache fie! Bürger, an der Traumgott. 
Sußeifen, — form, —manı, — mündung, —mutter, —regen, 
—tröhre, —ſtahl, —ſtein, —wuare, —wachs, —werf u. a. Aus⸗ 
ußbleh, —kelle, —pfännden, —röhre. — Um altes Eifen zu 
hmelzen und eine Gußanftalt in's Werk zu ſetzen. Göthe, Tag. 
und Ssahreshefte 1795. (Ach ließ) die beiden Gußlöcher aufſtoßen. 
Göthe, Benv. Gellini 4, 3. 


» Ge:niefien 
(Wurzel nut, nuz.) 


Genieße, genoß, genofien, genießen Cahd. niuzu, nöz, nu- 
€s, nozaner, niu(0)Zan und ganiu(o)zan; mhd. niuze, nöz, nuz- 
zen,,genozzen, niezen und geniezen; goth. niutan, agj. m&dtan, 
niötan, altũ. niôta, dün. nejde, ſchwed. njuta) mit dem Grundbegriff 
nehmen (jo goth.) bedeutet nhd. 1) überhaupt mit Luſt empfinden; 
2) Nußen von etwas haben, an dem Guten einer Sudye Theil neh 
men; 3) ald Speije und Trank zu fih nehmen, dann auch fig, auf 
den Geift angewendet, Aus—, durch —, mit—, vor —, weg- 
63 





078 


enießen. — Ein Guet nußen und nießen. Mon. boica 3%, 34%. 
Ein Weib Teiblih nießen. Ehron. v. 1486, Das Pfarrgotteshans 
nießt jährlich an Gülten 74 fl. Baumgartner, Neuft. 75. Daß ich 
der lieben Sonne gendffe. Göthe, Göß v: 8.5. Will er genie- 
Ben den DBaterfegen. Schiller, Wallen eins Zager 11. Genießen 
Sie Ihr Glück. Schiller, Piceolomini 3,3. Eile, geneuß die Dein, 
die feierlichfte der Stunden. Voß, das Brautfeſt 41. Selig iſt, die 
da vnſchüldig iſt, dieſſelbige wirds “genteffen zur zeit, wenn man 
die Seelen richten wird. Xuther, Bibelüberf. Weisheit 8, 13. per 
felig find wir, die wir einer guten Erziehung genoffen haben. Ge 
lert. Ich kann e8 nicht zufrieden fein, daß man ihm auch jenes nicht 
für genoffen ausgehen laͤßt. Leſſing. — Wollen Sie das Glück des 
‚Lebens nun nicht ausgenießen, weil ein düftrer Zwifchenraum ſich 
unjern Hoffnungen eingefchoben a Ungenannter bei Campe, 
durchſtürmter durchgenoſſ'ner Tagesiuft. Göthe, Pandora. Col 
du als Vicekönig unter u — ine Würde fortgenießen. 
‚Shafefpeare, K. Heinrih V Thl. 5, 4. Sage, willit du a 
genießen, haft du deine il gethan? Göthe, Rechenſchaft. Un 
eine Liu und befebte Eisbahn il genießen. Göthe, Leben 12. 
B. Mit der Miene vorgenießender Freude über der Lieben Ge- 
nuß. Benzel- Stemau. So gibt e8 dagegen andere Dinge, die ia 
der Yugend, ie wie reife Früchte weggenoffen werden müffen. 
u Reben ns dere 8 2. 
.1. e Ba en geftatten noch andere Zufammenfehungen, 
Wie nes lebt und Kae —— Ei n es Es) 
war der Lot reingenoff’nes Friedens. Böthe, Eugene 

Unm. 8. Weberutener (übernehmen, Aberlaben) iſt veraliet, chubdi 

nif I. 88. 64) u: Si beforgt, Br wurd es (das Klofler) Abernteffen. 
Si habend das Gottzhuß übern off en. 

Nieß, Nießer (altn. niötr), Nießling, Nießung, nießbar, alte. 
nießlich find veraltet, hier und da noch in der Vollksſprache erhalten. 
Niepbrauh — das — Nutzungsrecht, eig an Erinag 
einer Sade, mit Ausfchließung Des Eigenthums derfelben und unbe 
ſchadet ihrer Subftanz; auch das Recht zu Diefem Bezug. — Die Geiſt⸗ 
Alichen hätten ihr meiſtes Gut und Rieß am Weinwachs. Gmeiner, 
Reg. Ehronit 3, 514. Aigenthumblich oder nießlich. Lori, mie 
zur Geſch. des Lechtans v. 1553. Wer, welche Wiſſenſchaft er baut, 
nur auf Genieß des Leibes fchaut, den nennt fihon Luther: Nieß⸗ 
ling. Voß, die beiden Abmege. 

Nutzung = Bezug an Ertrag wovon; dam allg. Bezug an Ertrag eiaz 
Sache mit Ausihliegung des Bigenthame derfelben und unbeſchadet Ihrer Gab 
flanz; and das Mecht zu diefem Bezuge. Beſtimmter drückt den Begriff des 
genannten Bezugs an Ertrag und dann auch das Recht dazu bie May mies 
ßung aus. Abnupen (Alternhv. der abnutze, die abnutzung und abniessung) 
iſt noch Hier und da in der Volkoſprache gebräunhlicg mn Mupuchme mouse. — 


— 


079 


Be näherer Unierſuchung findet ſich, daß ich noch einen ganz leiblichen Kauf 
gethan habe, ob er gleich der bisherigen Rutzung nach zu hoch ſchien. Goͤthe, 
Briefw. mit Schiller 4, 149. Da ihm die Nutznießung biefer Verträge 
... gebührt. 3. Paul, Heſperus 8, 

Genie (mhd. geniez) Genießer, Genießung, genießbar, 
genießlih; Genuß. — Nimmer, nimmermehr bienteden faͤnd' ih 
füßeren Genieß. Bürger, Minnefold. Der Menſch, der den Ge- 
nieß von dieſen Liechtern nimpt, Opitz, von der Wahrheit der chrift- 
lichen Religion. Breslau 1631. S. 97. Was hat die Gerechtigkeit fur 
.. mit der DBugerechtigkeit? Luther, Bibelüberf. 2. Kor. 6, 14. 
Die trug jren Herrn viel Genies zu mit warfagen. Daf. Apoftelg. 
16, 16. Auf daß der mädtige Genießer nicht =. ausſtrecke feine 
Hand und fofte vom Baum des Lebens. Herder Genießbar in 
Der Ferne, Göthe, Chriſtgeſchenk. Der Blick ward ger bald auf ein 
Genießbares geheftet. Göthe, Meiſters Wanderj. 2,12%. Wodurch 
er zuletzt unverſtaͤndlich und ungenießbar wird. Göthe, Leben 7. 
3. Jenes Lied... dankt mir dann genießlich. Voß, mein Sor⸗ 
genfrei. Der Krämer nüger Schwur und ihr genießlich Ceigen- 
nügig) Lügen... Wer im Geringen bübelt, wo man nicht viel ger 
wirnt, wird mehr in Sachen vortheln, die mehr genießlich (vor- 
theilhaft) find. Logau. Allda man ein genießlichen (Nutzen bringen- 
den) Marckt möcht uffrichten. Tihudi I, 40. — Hier in ih den 
Rath, durchblaͤttre die Werke der Alten mit gejchäftiger Hand, täglich 
mit neuem Genuß. Göthe, römifche Elegien 5. ai neuen Lebens 
freunden und? Genüffen vielfältig aufgeregt. Göthe, Leben 12. B. 
— Hier kam die Berderbniß der Zeit, durch Derweichlihung und 
Mebergenuß, jeden Augenblick zur Sprache, Göthe, Xeben 15. 2. 
Und du fonnteft die Flügel hängen laſſen und anderm Gewürme ruhig 
den Borgenuß einräumen. Thümmel. Fehlt zum Allgenuß des 
Schönen, Herrliche, dein Kuß mir nur. Blumauer. (Die) dem All— 
tagsgenuß eine höhere Würze geben. Ewald. Juſtin hält den 
Ehegenuß für unrein. Henke, Zu Dichterifchen MWeltanfihten und 
Geiſtes gen! fen vorbereitet. Göthe, Leben 11. B. Der voll« 
kommner Daterfreude Hohgenuß mit feinem Knechte herzlich theilen 
wird. Göthe, Eugenie 1,1. Mit dir, Lebensgenuß, will id auch 
alle Lebensgenüffe brüderlich theilen. Ungenannter bei Campe. 
So if hier der Naturgenuß reiner, von aller Bedürftigkeit ent⸗ 
fernter Kunſtgenuß. Göthe, Windelmann 1. (Die) mid ver- 
fchwendrifh mit Prachtgenüſſen zu erdrücken ſchien. Göthe, Gu- 

enie 4,2, Dann atbmen fie als Thier’ ohne Seelengenuß. Klop- 
Be der Freiheit. Sie fühlen fich im Teifeften Selbtgenuf fe zu⸗ 
ieden. Herder. Den Bielgenuß der Speifen. Göthe, Reifezehrung. 
Müder Stunden Bollgenuß. Goͤthe, Pandora. (Der) feine Fr 
tigkeit durch einen gelegentlichen Weingenuß zu ſteigern pflegte, 
R \ ‘ : a j 





Goͤthe, Wahlv. 1, 17. Zried’ und Wonnegenuß des gereimigten 
"Dafeins. Baggeſen. 

Genießluft, — luſtig, —waare; Genußdurſt, —fuht, — ſüchtig 
u. a. — Wenn ich die Genießluſt der kleinen Menſchen reizen 
wollte. Campe. Unſere genußdurſtigen finnlichen Zeiten. Ewald. 
Sie ſchmachtet ihre grünendſten Jahre hin, einſam, genußlos md 
ungenoffen. SKojegarten. Ein Werk, welches eine genußreiche Le— 
fung gewährt. Ungenannter bei Campe. - Der Menſch, Das genuß: 
feltgite Thier. Kofegarten. 

Genoſſe (ahd. keg)aliAndz, —nözi, —ndzo; mhd. gend 
enöze, agſ. geneät, altn. nautr, mittelniederl. ghenot), mit f. Syn. |. 
745; Seno n; Genoffame (ahd. gandzsami, nıhd. genözsame), Ge⸗ 
noffameeit, beide veraltet; Genofjenfchaft Cahd. gandzscaf, gandzscaft, 
mbd. genözschaft), — Du bift jene Genoffin. Platen, die verhäng- 
nißoole Gäbel 2. Im Borbeigehn merfen wir an, daB das Wort 
Genofjam noch jegt in der Schweiz und zwar, fo viel wir und 
erinnern, in Uri üblich ift, und einen Theil des Kantons anzeigt. Klop⸗ 
ſtock, Gelehrtenrepublik. Inngehabter befigung genoffamkeit (Rie 
Bung). Hug, Rhetorica Tübingen 15%. Bl. 173. — Laßt uns wür- 
dige Adendmahlsgenoffen fein. K. T. Heinze. Worauf fich dam 
der Berggenoß gleichfalls eingerichtet hatte, Göthe, Meiſters Ban 
derj. 3, 13. Der junge Befiggenoffe trat foeben herein. Daſ.1, 
12. Doc fagen Sie, weswegen denn ihr Bettgenoß den jchlaum 
Dieb am Stehlen nicht verhinderte, Platen, die verhängnißvolle Gabel 
1. Laßt die Bundsgenofjen und verjammeln. Chafefpeare, J. 
Caͤſar 4, 1. Bin ich nicht eure freue Bundsgenofjin? Schiller, 
Sungfrau v. O. 2, 2. Mber ein Dienftgenoß, dem das Imge 
Haar zu befchneiden oblag. Voß. Die beiden Ehegenoffen von 
Friedenseiland. KL. Schmidt. Entflammt von Ixions Eh er 
noffin Voß. Doch er war unfer Eidgenoß. Schiller, Ted 5, 
1. Sie gefellte fih zu den Garten- und Feldgenoffen. Götk, 
Meifters Wander. 3, 15. Innige Verbindung der Flur- und Stadt: 
genoffen Daf. 3, 9. (Wenn er) Freudegenoffen fich wählt. 
Klopftot, an Ebert. Den Hausgenoffen drohen. Götbe, Furk 
2, 191. (Ih freute) meiner Jugendgenoffin und Habe mid. 
Voß. Jaſons Kampfgenofjen. Matthiffen, die neuen Argonanten. 
Sämmtlihe Kantsgenoffen... zu fchlachten. Göthe, Briefw. mit 
Schiller 5, 65. Sie ſah vorwandelnd der Kriegsgenoß Eteonens. 
Boß, Odyſſee 4, 2%. Den Lagergenoffen. Pyrker, Tuniflas 6. 
Selbſt ihre Kunftgenoffen geftanden. Bürde, Ich fteb’ auf umd 
ermahne die zitternden Leidensgenoſſen. Voß. Nicht über Zeit- 
noch 2andgenoffen mußt du dich beffagen. Göthe, ſprichwoͤrtlich. 
Ich kenne) dich, guter ehrlicher Lebens- und Freudengenoffe 
DBenzel» Sternau, Durch anhaltenden Fleiß, Thätigkeit und Trene 





981 





machte er ſich bafd zum Mitgenoffen des Gewerbes. Goͤthe, Mei- 
ſters Wanderj. 3, 13. Wir fennen und ja als fünftige Reifege- 
nofjen. Platen, die verh. Gabel 3. Indem wir die vorgüglichite 
Mafie tbätiger Menfchen als unfere Gefellen und Schidfalsgenof- 
fen angeſprochen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 9. Vernimm denn, 
was in beitrer Mondnacht jüngft ein Schiffsgenoß auf dem Ver— 
deck erzählt! Uhland, normänniicher Brauch. Ariſtophanes wurde ſo— 
gar Krifoftoms Schlafgenoffe. Benzel-Sternau. Bis ich dem Ba- 
terlande gedient al8 Schwertgenoß. Uhland, Lied eines deutichen 
Sängers. Zu Luft und Zreude ihrer Sprachgenoſſen. Göthe, 
engl. Literatur. Dir will ih auf immer Thatengenoffin fein, 
T tfer, Rudolph 3, Unter-Oppofition meiner Tiſchgenoſſen. Göthe, 
eben 11. B. Aber Odyſſeus traf den edeln Molion, des Königes 
Wagengenoſſen. Boß, Ilias 11, 321. Verlaßt mich hier, ge- 
treue Weggenoffen! Göthe, Elegie. Ein zweites, drittes nach⸗ 
wachlendes Gefchlecht entjchädigte mich doppelt für die Unbilden, die 
ich von meinen früheren Zeitgenoſſen zu erdulden hatte, - Götbe, 
Leben. — Die Genoffenfhaften der Chriften. Henke. Dieſe 
- Eingenoffenfhaft (innige Aneignung) der-Sage ift folglich. ge- 
rade ihr vechtes Zeichen. Brüder Grimm, Vorrede zu den deutſchen 
Sagen. Eine Jungfernſchaar aus ihrer Haus- uud Dienſtgenoſſen— 
ſchaft. Michaeler, | 
Rügen (ahd. nuzjan, mod. nützen, agſ. notjan, nyljan, altn. 
nytja) und nugen (ahd. nuzön, nüzzön, mbd. nutzen) werden nhd. 
ht immer, auch in Ober» und Niederdeutichland nicht auf eine und 
Diejelbe Weife gefchieden. Nach der Spradhähnlichkeit von trinken, 
tränfen u.a. folltenugen = Nugen bringen, nüglidy fein (neutrum), 
nügen — gebrauchen, anwenden (activum) fein. — Bedenfe wag 
du thuſt, und was dir nüttzt. Göthe, Iphigenie 1,2. Sei fläts der 
Wahrheit hold, fie nutzt vor taufend Dingen. Hagedorn, Theuer 
ift mir der Freund, Doch auch den Feind fann ih nüßen; zeigt mir 
der Freund, was ich kann, Iehrt mid) der Feind, was ich fol, Scil- 
fer, Zreund und Feind, Dürft Ihr denn darum nicht nüßen, was. 
dem ungeachtet ex Beßres hat? nicht feinen Reichtbum nügen. Leſ⸗ 
fing, Nathan d. W. 2, 5. — Eine Gliederpuppe von Stahl fünute 
man abnugen, wenn man von Morgen bis in die Nacht am Faden 
zöge. Göthe, Rameau's Neffe. Ein Trinkgeſchirr, das nod nit ab⸗ 
—J Hagedorn. Die Abgenutztheit des Heldenlobes. Gedike. 
in Mantel, fo entfaſert, abgefärbt und ausgenützt. Wieland, 
Der. (Garten) von eivem einzigen Herrn beberrfcht und benußt ward. 
Göthe, Meifters Wanderj. 1, 4 Zuletzt benutzte ich einen Augenz 
blick, fle zu fragen, ob fle allein reife. Daf. 1, 5. Und, mit nichts 
Gutes thun die güldne Zeit vernügt. Opitz. Ward nicht, bei rg 
vernützten Kräften, ber müde Rabner abgeruft? 3. A, Schlege 


- und mug 





982 


Penn bie bloße Soßle vernupt iſt. Shakeſpeare, Romeo und Yale 
Das mit nupen finnverwandie dienen f. ©. 273. — Srt feis 
CſJ. ©, 454) allg. die nöthige Bollkommenheit wozu haben. Frommen (ai. 
frumjan, mho. vrümen, vrumen, von fromm, ahd. frum, mbb. vrum, agf. 
from, freom, altn. from = förbernd, paſſend zum Vorwärtöbringen, dan 
Tugenden ansübend ans Berehrung gegen Bott; gemeinſchaftlichen Gtanmes 
mit goth. frums = Anfang, fruma = Erfter, agſ. frum = Anfang, frama = 
Urheber, ahd. fram = vorwärts, lat. primus — Erſter) mit der eigeutgüm- 
lichen Bedeutung des Vorwärtsbringens. Tangen (f. S. 504) die Bigenfgaft 
haben, daß man dasjenige bamit zu wirken im Stande if, was man bunt 
wirken wild. — Mit abnutzen (durch Gebrauchen einer Sache die Braudghar- 
feit berfelben vermindern oder ſelbſt fle der Brauchbarkeit Benehmen) if finnv. vers 
brauchen (f. brauchen 6.273) mit einer Sache über das Gebührende az; 
mit einer Sache fo viel thun, daß fie aufhört zu fein, ober daß ber Beſther aufs 
bört, fie zu haben. — So Giner iſt der Wallenften, mb taugte vem Haf 
ein Andrer beffer, der Armee frommt nur ein Solcher. Echiller, Piccolsmizi 

1, 4. Da id, dem Kaiſer dienend, Euch zugleig und Eurem Sobue froms 

men barf. Uhland, Herzog Ernſt 8. 

Nug, Nugen (ahd. nuz, mhd. nutz ſtark, nutze ſchwach, agſ. 
nyt, note, altn. nyt); —— (S. 22); Rutzung, 
nub, nütze (S. 436); nützig (mhd. nützec) und nutzig in 
— nichtsnuig, unnützlich, nuglos (S. 437); mutlich 

ar (S. 717); nutzhaft. — Zu gemeinem Nuz. Rückert, 

gef. Ged. 4, 278. Anlagen, welche ſaͤnmtlich auf Nutzen und Ge⸗ 
nuß bindeuteten. — Meiſters Wanderj. 1, 6, (Er hatte) ihrem 
Eigennutze gefchmeichelt. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 16. Weil a 
von ihnen Uneigennug, Theilnahme an feinem Schickſal hoffen 
kann. Göthe, Egmont 4. Daun reißt ex feine Güter eigennägigen 
Pächtern aus den Himden. Göthe, Goͤß v. 3. 1. Auch die Lieb’ iR 
eigennutzig (gereimt auf trugig). Rüdert, gef. Ged. 6, 104. BWiter- 
fpricht nicht etwa feine Erwartung einer belohnenden Glüdfeligkeit nad 
Diefem Leben der Uneigennützigkeit. Leffing, hamburg. Drama- 
turgie 2. Elorinde nimmt fi mit der uneigennügigften Groß 
muth ihrer an. Daf. In Abfiht auf Wahl genteinnägiger Gegen⸗ 
-ftände. Göthe, Leben 13.3. Keinipige Soldaten. lteiffimnd 
1,3. Es wäre ein recht nichtsnußiger Handel, Shakeſpeare, 
Romeo und Julie 2, 4. — Indem Charlotte die Nutzung Diefes Flecket 
Der mes zufihern faffen. Göthe, Wahlv. 2, 1. Auch eilte man fe 
fhnell als möglih die Beute zu benußen und zur Benußung zu 
vertheilen. Göthe, Meifters Wanderf. 3, 8. Mehrere in den ſpaͤtern 
gelten zu Wohnungen und Gewerbsbenutzungen eingerichtete 
eften. Göthe, Leben 1. B. Und jede Bornügung der Zeit in 
den Kinderfahren iſt wirklicher Gewinn fürs Jünglingsalter. Gedike. — 


088 
EEE EEE 


erkennen was ihm nung iſt. Böthe, Meiſters Wanderj. 2,9. Die 
8 doch nichts nüg. Schiller, Wallenfteins Lager 3. Der Krämer 
nützer Schwur und ihr genteglich Lügen. Logau. Doch will er 
fih ein Bißchen unnütz machen, hält fie ihn furz als wie 
Göthe, Lilis Park. Iſt dies der Lohn für meine Nüplichleit? 
Dfeffel, der Scorpion. Er betrübte fih über feine Unnützlichkeit. 
J. Paul, Hefperus 21. Beſonders wußte ich einige verfallene Scheuern 
und Remifen für den häuslichen Gebrauch wieder nugbar zu machen, 
Göthe, Meifters Wander. 1, 2. Weltnupßbare Pflanzenarten. 
Rüdert, gef. Gedichte 5, 269. Hier tritt ſchon das Amt eines Leh⸗ 
rers der u. in das Licht der Nutzbarkeit. Herder, Antritts⸗ 
rede in Bückeburg. Es griff durch Ort und Stellung gar bequem 
und nutzhaft in einander Göthe, Tag⸗ und Jahreshefte 1794. 
Mit Nupen find finnverwandt: Bortheil, Gewinn, Gewinnft 
f. S. 227; ferner Gebrauch (f. ©. 89) in Hinficht der wiederholten An⸗ 
wendung, des wieberhulten Thätigfeins zum Zwecke; Behnf (niederd. behöf— 
Bebärfulg, Helländ. behoef, dän. behov, von agf. behofjan, engl. behove — 
paflend, auch nothwendig fein) ale Bebürfnig ober gehörig und nothwenbig 
zum Zwecke. — Das Geld Tönnen Sie zu Ihrem Bebraucde anwenden, 
Gellert. Im Kriege dienten fie (dieſe Klöfer) zu’ verſchiedenen Behufenz 
bald zu Magazinen, bald zum Aufenthaltsorte für Gefangene, Seume. 
Anm. tlebernug == Wucher iſt veraltetz Der kein vbernug ober gewin 
nimpt. Dietenberger, Bibelüberf. (1571) &;. 18, 8. 

Nutzanwendung, —eiche, —eigenthum, —garten, —gefälle, —ge= 
waͤchs, —holz, —nießer, —nießung (S. 978) u. a. — Sie machen ihn 
(den 5. Det.) zu einer Art von — ng. Leſſing, Hamburg. 
ne 7. Der ganze Bang der Vernunft, der Kultur, ja felb 

ber Rutzberechnung geht dahin. Herder. Die binlänglichen Sto 
zu nußreichen Bemerkimgen geben, J. Loöwe. 


Schießen. 
(Wurzel ekut, scuz), - 
Schieße, ſchoß, geſchoſſen, Schießen (ahd. sciu u, seoz, scu- 


mös, scozaner, sciuzan uud sciozan; mhd. schiuze, schöz, 
schuzzen, geschozzen, schiezen; goth. skiutan, ag|. scäötan, 
altn. skiota, holländ. schieten,, engl. shoot) 1) fich fchnell von einem 
Drte bewegen, fig. fchnell wachjen; 2) ſchießen machen, einem Dinge 
eine ſchießende, d. h. ſehr ſchnelle Bewegung mittbeilen; 3) (in engerer 
Bedeutung) vermittelft eines Geſchoſſes, befonders eines Feuergeweh⸗ 
res ſchießen machen oder mit größter Gewalt und Schnelligkeit forts 
ſchnellen; 4) (in weiterer und uneig. Bedeutung) foviel als fchieben, 
werfen = Brot in den Ofen, Geld; 5) (im Seeweſen) die Sonne 
fchiegen = die Höhe der Some mit einem Werkzeuge beobachten; 





j 084 s 

(Studentenſprache) Kleinigkeiten entwenden. — Die Shlauuge ſchos 
2. dem Weibe aus jrem Munde ein Waſſer. Luther, Bibelüberf. 
Offenb. 12, 15. Jene gewaltigen Wetterbäche ... fommen finfter ge- 
raufcht und geſchoſſen. Schiller, Brautv. M. Weil Unkraut ſchießt. 
Shafefpeare, K. Richard II. 2, 4. Seitwärts ſchoß er den Bild. 
Sonnenberg. Saul ſchoß den Spieß nad dem David. Luther, Bir 
belüberf. 1. Sam. 20, 33. Sie haben ohne Hahn ſchon mandyen 
Bock gefhoifen. Hagedorn, der Jäger. 

Anm. Das Particip gefchoffen kommt auh im Sim von Schaß 1 
vor: Die tumme (Dumme) bleibt gefh offen, und macht mit ihren yoffen Das 
gange zimmer voll. Ben. Nenkirch, Schertz⸗Lied. 

Abfchießen 1) ein Geſchoß mit großer Gewalt und Schnelligkeit 
forttreiben; 2) duch einen Schuß abfondern; 3) einen abichießen = 
näher ans Ziel treffen al& er; 4) gleichſam als einen Schoß hervor⸗ 
treiben, hervorbringen; 5) zum legten Male ſchießen, das Schießen 
beendigen; 6) ſchnell hinabftürzen; 7) (von den Karben) ihr frifches 
Anſehen verlieren, gewoͤhnlich verſchießen. — Wie fie aud ihre 
Büchſen abſchießen ... folten. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 7. 
Es lenken, gleih nah abgeſchoſſenen a ag einige Wagen in 
die Mitte hinein. Göthe, röm. Carneval. ie fie (die Hand) end 
abgefhoffen ward vor Landshut. Göthe, Goͤtz v. B. 1. Das 
Auge voll von jenen abſchießenden graulichen Gebirgsichludten. 
Böthe, St. Rochusfeſt. | 

Losſchießen wird wie abſchießen von allen Schießwerkzengen ohre 

Unterſchied geſagt. Löfen und (das ſeltnere) ablöfen (von los, ſ. vers 

lieren) fliehen nur von grobem Befchüpr, das von feiner Ladung befreit wirb. 

Abfeuern und Iosfeneru' (von Feuer, abb. fur, mhbb. viur, agſ. ale. 

fyr, engl. fire, holländ. vuur, gr. zup) mit dem Orundbegriff des einiges; 

vgl. lat. purus = rein, ahd. furban, ayf. feorman — reinigen) werben am 
- von folgen Schießwerkzeugen gefagt, welche durch Feuer (Schießpalver) ab 
neichoffen werden: abfhiegen und abfeuern deuten auf ein Schiefen in 
die Ferne, und fofort nach einem Ziele. — Weßhalb der Anführer... eine Bitele 
losfh of. Böthe, Leben 15. 8. Sobald fie oben bei dem Venetiauiſches 

Palaſt angelangt find, werben Heine Mörfer gelöf’t. Gothe, röm. Garamıl. 

Der fürchterlich drößnende Klang abgefeuerter Haubipen fiel. meinem frieb⸗ 

lichen Ihr unerträglich. Goͤthe, Campagne in Branfrei 30, Aug. (Gr Ef) 

die auf einen engen Fleck gerichteten Kanonen alle Iosfeuern, U. ves 

Mebnyänpfy, Szolnoks Vertheidiger. 

An—, auf—, aus —, be—, bei—, durch —, ein—, empor— 
ent —, entgegen —, er —, fort —, her —, herab —, herau —, herauf —, 
heraus — herbei — herein —, herüber —, herum — berunter—, 

erzu —, bin— , hinab —, hinan —, hinauf—, hinaus — pin 
urch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu, 














nn — N 1 


= [u 


wor-- (f. © 576), voran—, vorand— , vorbei—, vöräber—; 
weg—, zu—, zurück—, zufammenfchteßen find keiner weiten Er— 
Flärung bedürftig. — Was vermag nicht em angeſchoſſener Eber? 
Schiller, Fiesto 2, 5. Neun Geſchlechter follen aus. der großen Auf- 
Löjung anſchießen. Novalis, Heinrich von DOfterdingen 1, 8. So 
wie verfchiedene Salze in verfhiedenen Formen anfchießen. Xichten- 
berg, über Phyfiognomil. Sie [hießen an, und feines darf herein. 
Söthe, Fauſt 2, 63. Die Saat ift aufgefhoffen Hagedorn. 
Durch aufichießende Waſſerſtrahlen. J. Paul, Zitan 34, Lange 
aufgefhoffene Don Quixote. Lichtenberg, orbis pietus. Indem 
vor mir aufihuß im See ein Weibshild rauhe. H. Sachs. Er ift 
zwar am Leben geblieben, hat ſich aber die Augen ausgefhoffen. 
Böthe, Leben 13.B. Zu publiciren fie außfhuffen die alteft Göt- 
tin. 9. Sachs. Einen u der Woche zum Feyertag ausſchießen. 
Luther. Den zwanzigſten Mann (zum Kriegsdienſt) auszuſchießen 
und zu ermählen. Inſtruktion von 1512. Sie machen Anſtalt uns 
zu beſchießen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 19. Da war ich ge- 
ſchwindt mit einer andern Zugen befhoffen (fertig, gefaßt). Alb. 
Gusman ©. 152. Zwei Stunden waren faft verfloflen, daß Veit fein 
fihönes Geld nicht einmahl durchgeſchoſſen (durchaezählt). Bern⸗ 
hard, Baris durchſchoß rüdwärts dem Deiochos oben die Schul» 
ter. Voß, Ilias 15, 341. Auf Regenbogen durchſchoß (durdeilte) 
ich fehneller als du die Nacht. Voß. Den Katechismus,. brav durch⸗ 
fhofien, mit Sprüden und felbfteignen Gloſſen. Voß, der Dorf» 
pfaffe. Ein Theil der nach Mainz gewendeten Mauer war einge» 
hoffen. Göthe, Belagerung von Mainz. Doch beim Rütteln ſchoß 
der Giebel unverfebend ein. Voß, Aufmunterung. Leferinnen, die 
fich in alle Bücher und Männer einzuſchießen wiflen. J. Paul, 
Hefperus 36. Zwei harte Thränen entfchofien ihr. 3. Baul, Sie- 
bentäs 6. Daß einer der unfrigen, der fih zu kühn zwiichen die 
Heden gewagt hatte, umzingelt und, da er fich Feineswegs ergeben 
wollte, erfhoffen wurde. Göthe, Kampagne in Frankreich 21. Sept. 
Daß e8 dir zum argen erfchieffen wirdt. -Dietenberger, Bibelüberf. 
(1571) Ser. 2, 21. So hat doch folches DVerbieten nit erfchießen 
(zureihen) wöllen. Land, Ord. v. 1553. Mit bittlicher Anrufung, 
ihm deshalben zu erfchießen (behilflich zu fein). Kremer, Landtags- 
handl. 9, 313. Zerborften und zertrümmert ſchoß eim ‘Pfeiler nad) 
dem andern fort. Bürger, Lied v. br. M. Wo hinter dem Albis 
die Sihl frömend herabſchießt. Göthe, Leben 19.3. Es ſchießt 
der Blitz herab aus heitern Höh'n. Schiller, Piccolomini 3, 9. 
Um fih mit einem Widerfacher herumzuſchießen. 3. Paul, Hef- 
perus 12, In ziemlicher Höhe ſchießt aus einer Felskluft ein ſtar⸗ 
ter Bach flammend herunter in ein Becken. Göthe, Briefe aus der 
Schweiz 2, Abthl. Wohl manches Fahrzeug, vom Strudel gefaßt, 





Brenn 


ſchoß gah in die Tiefe hinab. Schiller, Taucher. Ihr fiber 
das Ziel hinausgeſchoſſen. Shakeſpeare, K. Heinrich T. 
Wenn auf dem langen Strom das Menjchengefhleht in taufend Wie⸗ 
n und Särgen hinunterſchießet. J. Paul, Titan ——— 
Gens fonnt’ er doch zu Andreas mitfhießen. %. Paul, Si 
6. Es ift der Fall von dem verlomen Pfeil, dem man einen ander 
nachſchießt. Göthe, Briefw. mit Schiller 5, 105. Wie bald ein 
Lichtmeer ihr nachſchoß. 3. Paul, Hefperus 7. Die noch immer 
nahfchießenden Trümmer -Kofegarten. Da ward Egmont Das 
Pferd unter dem Leibe niedergefchuffen. Göthe, Egmonti. Auf 
feine Tauben ... [hießen die Sabichte öfter.nieder, als auf die 
länzendweißen. 3. Paul, Titan 40. vberſchießen wie ein wafler, 
ß gefteurt. Voc. v. 1618. Die Reime find in den erſten an 
Berfen dreyzehen, in den andern zweyen, und fo umbfhießend (ab- 
wechfelnd) zwoͤlffſylbig. Opitz. In ein fahles Aſchgrau „waren alle 
feine — verſchoſſen, Rovalis, Heinrich von Ofterdingen 2 
Das enwaſſer verſcheuſſt. Luther, Bibelüberſ. Jer. 18, 14. 
Nachdem das Fewerwerck verſchoß, zuünd man an das gemachte Schloß. 
H. Sachs. Cr hoffe, daß noch wenige Prinzeffinnen getraut worden, 
im die er fih nicht verfchoffen hätte. 3. Paul, Hefperns 3 | Eines 
Narren Bolzen find bald verſchoſſen. Shakefpeare, ſ. Heinrich V. 
8,7. Ich will euch die verfhoffenen Bolzen wieder holen. Goͤthe, 
Goͤtz v. B. 1. Sie denken, wir haben uns verſchoſſen Call unfer 
Puiver und Blei verfch.). Daf. 3. Han aufgeben mein gütlein u=d 
verfcheuße mic) des (verzichte darauf) mit hant und halm. Mon. 
hoica 24, 588 v. J. 1411. Es firömte das Abendopfer erdwärts 
mit vorfhießender Glut. Klopſtock, Meſſtas 10, 1030, Das 
vorgefchoffene Gezweig. J. Paul, Hefperus 4. Noch ſeh' ich 
nicht, wie fle p ihren vorgefhoffnen Geldern... kommen werden. 
Schiller, Biecolomini2,7. So ſchoß er auch bei einer ganzen 
wohlgefleideter Srauenzimmer vorbei. Meißner. Richt Bitgen gleich, 
die ſchnell vorüberfhießen. Schiller, Brautv. M. Ein vorüber: 
fhießender Nahtvogel. 3. Paul, Titan 52. Wie mir Diefe Haxd 
weggeihoffen wurd. Gothe, Goötz v. B. 1. Der Ort ift ſehr 
zerihoffen. Göthe, Belagerung von Mainz. Hier praugte vor 
geiten ein luſtiges Schloß, das längft in Schutt und in Trümmer 
jerfhoß. Bürger, Lenardo und Blandine. (Mars) ſchoß ... de 
rothen Blitze meinen Sternen zu. Schiller, Wallenfteins Zod 1, 1. 
Er riefs, umd fchneller, als ein Bolz, ſchießt Ceilt) er dem There 
zu. Altinger, Doolin 3, 9. (Sie) ſchoſſen defto frifiher zu auf 
ihres Ludwigs Bruder. Xichtenberg, von der ſchwimmenden Batterie. 
Das Ganze ſchoß von allen Seiten zufammen und ward eine fes 
lide Maſſe. Göthe, Leben 18. B. Zu deren cder Kuh) Kaufſchilling 
bie vier Saushaltungen zufammenfchoffen 3. Paul, Siebenfäß 











— 


3 * Bin ich nicht zuſammengeſchofſen wie dieſer Krüpe 
Daſ. 


pel ? 

Schieß (ahd. scioz, mhd. schiez), ) Schießen, Geſchieß, 
Schießer — Seite — Gebaͤudes, die vom Grunde bis zur Firſte 
eine flätige fenkrechte, ein Viereck mit darauf geſetztem Dieied vor⸗ 
ſtellende Flaͤche bildet, Giebelſeite als ne nfaß der — um⸗ 
ſchießig, erſchießlich find veraltet. — Schieße und = 
ein flaches Brei an einer Stange, um das Brot damit in * Ofen zu 
ſchießen; Schießer = Einer der ſchießt; Schießung = Handlung 
bes Schießens find zwar nicht veraltet, aber doch wen gm im Gebrauch. 
— Da fiel der ſchieß darnider und erfiug wol XXI . Bis 
ſchof Heinrich zu Augsburg vernümet Er lieben frawen eirdden vaſt, 
vmd machet die ſchoͤnen porten oder ge (hieß ob der firden eingang, 
Augab. Ehromil, Der Kirchthurm zu Sandau fey im Grund gefundhen, 
und derfelb von oben herabgefalen; der border hier fen zumal da 
mit eingangen .... müefle man einen neuen Schieffen aufmauren, 
und ob im Gipffel des Schieffens am khlain Thürnlein auffüren. 
Meichelb. ra Ben. 2, ee gr Bilder am Schießer der 
Domliche zu Salzbur N Chron. 276. Die Reime find 
trochaiſch, —— n umbſchieſſend) von ſteben und 
acht Syllaben tapfere und erſchießliche Landftener. 
Krenuer, — Pi 25, Wie am fiherften und — 
ſten (wirkſamſten) dagegen fürzunehmen ſey. Daſ. 10, Eu 
und eurerm Land au‘ im und Troſt erſchießlich. — 5 40. 

— bedarf, —beere, — blech, — bolzen, —eifen, fjiſch, 

—geld, a ae: — graben, —haus, —herd, —holz 
—E echſe)y, —hund, —hütte, —karren, —klinge, 
—fugel, — lein, — — mahl, —nagel, —— —pflock, —pları, 
—platz, —prügel, —recht, —ring, —ſcheibe, —ſcheit, —ſchlange, 
— ſchute, — ſpreize, — ſpule, — ſtatt, —fleiger, — ud, —tafel, —tafche, 
— wagen, — wand, —wehr, —wieſe, —zwecke u. a.; Beſchießhütte, 
—meilter, — ordnung, —zeihen. — Das hoͤchſt mechaniſche Mittel 
eines Schießgewe x "rhert eine fhnelle That mit der geringften 
Auftrengung. Goͤthe, Leben 18. B. An jeder Vorderfeite gähnt ein 
Schießloch an dem andern. Lichtenberg. Das von Wilden Ya 
Schießpulver 3 Baul, Hefperus 1. Da entriß er das mächtige 
Schießrohr. Pyrker, Tunifias 10. Daß er ein Fenſter einftieß und 
ans des Schießſcharte nod einige der nöthigften nachbrennende 
Schüſſe zum Unglückvogel auf der Stange binauftbat. J. Paul, Ti- 
Km 15, Aber wenn die Alten Fechterſpiele hatten, fo waren wir zu 


2 Die Besrife Begriffe „wiegen und Sch * erläutert eiwa unſer nihd. werfen 
und Wurf (Jalte im Kleidv). Die alten Rockſchöße waren gefaltet und gefranzt. 

Diefe Worte Grimms (IE, 21) — dieſes eu (gleihfam Schoß) 
einigermaßen erflären. 








988: 
Schießfpielen herabgefunfen. Benzel- Sternau Im Sch ⸗ 
bäude führte er fie in den Schießſtand. J. Paul, Siebenkäs 9, 
Jetzt fehnell mein Schießzeug faflend. Schiller, Zell 4, 1. 

Schuß (ahd. scnz, mhd. schuz, altn. skot) 1) der Zuftand 
da ein Ding fich fchnell fortbewegt; 2) lebhaftes übereiltes (einem 
Fortſchießen gleiches) Verfahren, das und ungereimt vorlommt, Dann 
die Gemüthseigenthümlichkeit, ſo zu handeln, auch ein fo bandelmder 
Menfh; 3) etwas das in die Göde ſchießt, anfchießt; 4) die Hand: 
lung da man ſchießt, fowie auch der Knall und die Sirkung, welche 
dadurch hervorgebracht werden; 5) der Zuſtand, da man von einen 
Geſchoſſe Be wird oder ift; 6) die Ladung, Die aus einem Ge- 
wehr gefchoffen wird; 7) die Stelle, wo ein Thier durch ein Geſchoß 
verwundet ift; 8) fo viel als auf einmal geſchoſſen wird; 9) (veraltet) 
Augenkrankheit der Kapen, in welcher fie toll werden und zum Kopf: 
einrennen bin und her fchießen; auch auf Menſchen übertragen. — 
Die SC chollen rolten, Schuß auf Schuß, von beiden Ufern. Bür- 
‚ger, Lied v. br. M. Gleich) dem Papa dort kommt r in Schuß. 

oß, Luife 1, 519. Don jeder Seite wurden an diefem Tage zcha- 
taufend Schüſſe verfchwendet. Göthe, Campagne in Zranfreich 19, 
Sept. Mir tödtete ein Schuß das Pferd. Schiller, Walleniteins 
Tod 2, 3. (Daß fle) euch in den Schuß rennen. Scyiller, Räuber 
2, 3. Wem die Augen roth ſeynd, und ihm die Schüſſ im bie 
Augen geend (gehen), der hab die Augen in kaltes Wafler, fo gelis 
gent jm die Schuff. Ortolph. 
Wurm (f. ©. 4) fig. Gedanke, der im Geiſte peinigenb umgeht und am 
Herzen nagt; dann eigenthümliche Brille, die Semand bat; überhaupt «in als 
Gemüths⸗ und Geiſteseigenheit auffälliger und der gewöhnlichen Anficht wider 
ſtrebender Gedanke. Nagel (5. 721) fig. Hohe unbegründete Ginbildung, ber 
funders wenn fie ſich durch ſteifes hochtrabendes Weſen zeigt. Sparren (ak. 
sparro, mhb. sparre, vun einem verlornen spairran — offen fliehen, daher 
ahd. sparjan, sperran, mhd. sperren — ſperren) eig. ſchraͤgſtehender Dach⸗ 
balken; danun Hochmuthögrille; Brille, daß man vor Andern etwas vorans- 
habe.!) — Gin jeder Denfch Hat feinen Wurm, Goperilus ten feinen, 
Böthe, fprichwörtli, Der kritiſche Idealiſt Hat, wie ihr noch vielleicht nicht 
wißt, auch oft wohl mas von mehr als Cinem Sparren, Klopflod, Gelehrien⸗ 
republif. 

Abſchuß (abſchüſſig), Au — Anf—, Aus—, Nach —, Ueber—, 

Vor—, Zufchuß u. a — In der Höhe iſt ein ſteiler Abſchuß, 


1) „GOöthe:“ Sonſt war ich Freund von Narren, ich rief fie ins Hans 
a brachte jeder feinen Sparren, wollte Zimmermeifter fein.” — Das ik 
olfeh, mißlungener Scherz. Bei der Prüfung der Nittermäßigkeit und Turnier⸗ 
fähigkeit wurden Schilde und Wappen unterfucht, wobei birfelben etwa wegen eine 
perſchrantten Balkens oder Sparrens zu viel oder zu wenig mitunter einer Anfech⸗ 
tung unterlagen.” S. G. Wurm, Hofer Programm von 184%. 











089 


wei Kafter tief. Ungenannter bei Campe. Abfchliffige Gründe 
emmen mit gähnender Kluft hinter mir, vor mir den Schritt. Schil⸗ 
er, Spaziergang. Die meiften Krankheiten, welchen man bier unter- 
porfen tft, find Anſchüſſe und Gicht. Campe. Ein ftoßender Auf- 
ch uß des Blutes in das Gehirn. 3. Paul, Siebenkäs 9. Diefer 
Husfhuß der wilden Phantafte Kl. Schmidt. (Daß wir ihm) in 
ınferm Ausfhuß eine -confultative Stimme geben mödten. Schiller, 
Briefm. mit Göthe 1, 41. Ich komme mit dem Bürgerausfhuß,. 
Göthe, Bürgergeneral 9. (Ich habe) mir den Ueberſchuß wöchent- 
(ih aus der LZofung geholt. Göthe, Werther I, 11. Juli. Welch ein 
Tauſch wäre dies geweien, auch ohne Ueberſchuß? Shakeſpeare, 
Wintermährchen. 4, 3. Ihm kam der Vorſchuß (im Zweilampf) zu. 
Ungenannter bei Campe. Ein Buchhändler hatte ihm Vorſchuß ge— 
leiftet. Göthe, 2. Aufenthalt in Rom Augufl. Der, wenn darbend 
ein Mann für Weib und Kinderchen Brotkorn beijcht vom belafteten 
Speicher, ihn erft mit dem Prügel bewillkommt, dann aus geftrichenent 
Map einjchüttet den kärglihen Vorſchuß. Voß, die Keibeigenen 60. 
Wollten die Leute mit Hand anlegen, jo würde fein großer Zuſchuß 
A fein, um bier eine Mauer im Halbkreis aufzuführen. Göthe, 
Wahlv. 1,6. — Welcher auf Bogenjhuß fern harrete. Voß, Ilias 
15, 709. Nun lag kaum einen Büchfenfhuß davon ein Stift. 
Wieland, Oberon 2,3%. Da gönnt ich ihm den Hauptfhuß nicht. 
Uhland, H. Ernſt 3. Hochſchüſſe waren jehr ungewiß. Göthe, Be- 
fagerung von Mainz. So fchnell muß fein Karthaunenſchuß des 
Zeus die fchwarze Luft durchfahren. Pfeffel, Minos und der Schatten. 
Es ift leicht zu zeigen, daß diefer Kernſchuß aus einer Doppelbüchie 
dem Magifter durd) Mark und Bein durchfuhr. 3. Paul, Titan 16, 
(Sie) wedten im Lärmſchuß eilig, den Wall entlang, die kühnen 
Genofien zum Kampf auf. Pyrker, Tunifing 6. Es war ein Meifter- 
ſchuß. Schiller, Tel 3, 5. Als man ihnen lakoniſch mit ein paar 
Musketenſchüſſen antwortete. Göthe, Meifters Lehrj. 4,5, (Sie) 
that feinetwegen die Nothſchüſſe unten am Berge. J Paul, Titan 
12. Aber wenn jenen ein Speer wo verwundete, oder ein Pfeil: 
ſchuß. Voß, Ilias 11, 191. Da kriegt’ ich zum Abfchied noch einen 
Streifihuß ans Bein. Göthe, Egmont 1. 4 
Mit abfchäffig (ſtark abwärts geneigt) IR abhängig (f. Abhang 
G. 29%) finnverwandt, das aber bloß die Neigung zur Fläche bezeichnet. — 
Der Raum, anf welchem die zahlreiche Gemeinde fleht, iſt eine große, uns 
vollendete Terraffe, ungleich und Hinterwärls abhängig. Bäthe, St. Rochue⸗ 
fell. Die abhängige Geite wird gehöfcht. Böthe, Belagerung von Main;. 
Schuſſig, ſchuſſelich — voreilig; Schuſſel und Schoffel was 
Schoß 2, davon — ſchoſſeln; Schuſſer = Schnelllügelchen, 
davon ſchuſſern; Schoſſer — Knecht, welcher auf der Alpe den 
Dünger beſorgt; Schöſſel und Schößlein = Hänfling (von ſeiner 


* 





9 





— 


Art ſchußweiſe zu Degen ?) find theils veraltet, theils der Bollsſprache 
angehörend. — Die Heinen Jungens in den Pfügen laßt fie mit ihren 
Schuſſern — Goͤthe, das Neueſte von Plundersweiler. 

Für Schuſſer Hört man in andern Gegenden Glicker, Klicker, 

Blüder, Klüder (bolländ. klikker),. Im Voc. von 1429 ſteht klucker = 

- globus, gluckern — glohisare, Das Wort gehört wol zu ahd. klekjan, 
mh. klecken — fpringen machen, ſchallen; ahd. ch(k)lohh(ch)ön, m. 
klocken = flopfen, anfhlagm, woher Glocke ©. 334, — Die Grauit 
waden auf den Darmfädter Feldern find Slider, mit weldhen bie Riefes- 
finder fpielten. Lichtenberg, Liter. Bemerkungen. 
Schußbartel (was Schuß 2) —baum, —bolgen, —brüde, 
— bühne, —fertig, —feſt, —gatter, —geld, —geredit, —gerimme, 
—feil, —laden, — mäßig, — reiht, — rolle, — ſchlange, —ftein, —tritt, 
—weide, — weite, —wunde u. a.; Abſchußlage (im Wafferbau); 
Ausſchußbogen, —tag, —tagsabichied. — Ihr Juden thatet fonft 
geheime Stoßs und Schußgebete, wenn euch eim Weiler aufikieß. 
% Baul, Siebentäs 4. " Torweit zerflennend ſchußlöcher. Fitcdatt, 
Gargantua ©. 38. Du, Got, bift nu mein ſtarker jchilt, darunter 
recht ſchußfrey verborgen ich fihher vor Gefahr und forgen fan ftebts 
etroft und ruhwig fein. Weckherlin. Adelbeid, die Schußwaſſer 
m Verſchluß hatte. Huber. — So fah er die Blonde, die ihm zum 
— a faß, in einem fort mit unbefchreiblicher Liebe 
an. J. Paul. 

Schoß (ahd. das acoz, mhd. schoz, altn. skeyti, akot) iſt 
nun ganz verdrängt Durch Geſchoß S. 94, bei Stieler das und der (ahd. 
das gascdz, 5* mhd. geschöz, agſ. gescẽot). — Ein Plid- 
ſchos (Biigihoß) Im ze jungft flug. Schmeller 3, 410. Ein Ge- 
ſchoß, der bald verpufft. Fleming, S. 665 der Kübeder Ausgabe. 
Trotz' ih Jupiter Donnergefhoß. Knebel. Das richt gemelter 
Künftler (Archimedes) groß in die Römer ein Hagelgeihoß. $. 
Sachs. Und mit der Rechten entzog fie die Jagdgeſchoſſe den 
Schultern. Voß, Ilias 21, 489. Ihm folgte der Knapp’ mit dem 
Zägergefhoß. Schiller, Graf von Habsburg. Vom dunfelen Blute 
u jäubern außer dem Kriegsgeichoß des Sarpedon. Bob. Den 
* den Mordgeſchoſſen entreißend. Voß, Ilias 18, 2. 

en Wiederhall der Eppichllüfte ſchreckt kein Schlachtgeſchoß 

Salis, an ein Thal, Er (der Köder) enthielt viel Todesgefchoſſe. 
Voß, Odyffee 21, 12. 

affe (goth. vepn, ahd. wäfan, mh. wäfen, wäpen, alt. wäpas, 

agf. wsepen, altn. wäpn, wopn, ſchwed. vapen, bän. vaaben, engl. weapen. 

pr. omAo» überall neutr. ) unorganiich wit abgeworfenem n aus Dem pker. 


1) W. G. Schirli dent & anıen, . tunen 
1004) —— Band a we ea — 16 ERGEN 
emnwen 





'991 


gebildei, alterigämlich und richtiger das Waffen, if der allgemeinfte Aushrud 
für Kriegswerkzeng. Räftung (ahb. rustt, rustunga, mhd. rüstunge, von 
rüften, ahd. hrustan, hrustn, rustjan, mhb. rüsten) das angelegte Werl: 
zeug, um etwas leichter auszurichten; alles zum Kampfe oben Kriege nöthige 
Geräth, vorzuͤglich das, was angelegt wird. und zu Händen fein muß, um zu 
Vertheidigung und Angriff geichickt zu fein. Wehre (ahd. wart, wert, mbb. 
were, wer, altn. veria, |. wahren ©. 631), n5b, gebränchlicher die Wehr, 
das, womit man wehrt, befonderd Schupwaffe, Gewehr (ahd. kiwer, mhd. 
gewer) Angriffswaffe zum Handgebrauch; im Befondern Schießwerkzeug, das 

— mit der Hand gebraucht wird. Geſchütz (mh. geschuzze, geschütze) früs 
ber jedes Schleßzeug; nun bie Geſammtheit der größern Schießwerlzenge, auch 
das einzelne diefer Schießwerkzeuge. Stück (f. ©. 96) das einzelne grobe 
Geſchũtßz, im Befondern die Kanone, — Roland das Schwert zur Selte band, 
Heren Milons ſtarkes Waffen. Uhland, Roland Schildträger. Das mag 
eine ganz gute Waffe zum Angriffe fein. Wieland, Wagen, Roſſe, feſte 
Städte und Rüftnng. Luther, Bibelüberf. 2. Kön. 10, 2. Das (Pferd) 
trug des Riefen fchwere Wehr,. den Harnifch fammt dem Schwerte. Uhland, 
Roland Schildträgerr., Werfen von fich die blutige Wehre. Schiller. So 
lang fie noch befist, Tann fie noch fhaden, denn Alles wird Gewehr in ihrer 
Band. Schiller, Marla Stuart 1, 1: Wenn endlich die Kanone brummt und 
knattert's Hein Gewehr. Göihe, Kriegsglüd. Daß die Franzoſen das hieher 
gerichtete Sefchüg abfeuerten. Gothe, Belagerung von Mainz. Hier fland 
viel Belugerungsgefhüg. Daſ. Im Stum des Donnerz 
geſchützes. Pyrker, Tunifias 1, 

Schoß auch Schuß, gebräuhliher Schößling (ahd. scuzzelinc, 
mhd. schuzlinc, schüzzelinc) ein in die Höhe gefchoffenes, ſchnell 
in die Höhe gewachfened Ding: Gewächs, junger Menſch; ſchoſſen 
— fchnell in die Höhe wahlen. Davon Geſchoß (fig.) Inbegriff 
aller in einer Höhe oder auf einem Boden eines Gebäudes befind- 
lichen Zimmer, gleichfam das Emporgefchofiene ſ. S. 94. — Wie fo lang 
und grade der Schoß des Nofengebüfches. Voß, Luife 2, 285. Hier an 
rothen Lindenſchoſſen Knofpen berften. Salis, Märzlied. Scham: 
haft erglübend, nahm ich den heiligen Rebſchoß. Voß, der Reben⸗ 
fproß. — Die neuen Schößlinge. Göthe, Spbigenie 1, 2. Wie 
heiter werde ich Die Derlegenheiten der jungen Aufſchößlinge be- 
trachten. Göthe, Wahlv. 2, 15. Mit allen ihren heraldiſchen Blät- 
tern, Wafferihößlingen und Slechtmoofen. J. Paul, Zitan 10. 
Er war fo gefällig wie ein Weidenfhößling. Göthe, Götz v. B. 2. 
— In Aehren gefhoßte noch grüne Gerſte. Göthe, ital. Reife Cal⸗ 
tanifetta 38. April 1787. Unter allen Gefämen ift der Same. des 
Aufruhrs derjenige, Der am fehnellften auffchoßt. Meißner. — 
dickſchoſſende Spargel meine Mama, Voß, Luiſe 3.b, 116. Wie 
Die dide Saat halb ſchon gleich verfchoffer hat. Bring, S. 4%. 
— Und kann's vom hoben Thurmgeſchoß mit Blicken nicht ergrei⸗ 





208 


fen. Göthe, das Blümlein Wunderſchoͤn. Ein meift in Kramläden 
verwandeltes Untergefhoß. Göthe, Leben 5. B. Don bier aber 
war fein Weg in das Halbgeſchoß, wo fie wohnte. Göthe, Wahl⸗ 
verwandtichuften 1, 11. 

Schoßbalk, —beere, —faß, —gerinne, —gras, —kelle, —Eiel, 
—kraut, —raupe, —rebe, —reis, —rinne, —itein, —wurz. 

Schoß, Schooß (früher die, mın der 1) goth. der und das skänts, 
ahd. der scöz, die scöza, agj. scöät, altn. skaut, skeyti, nıbd. der 
und die schöz, die schöze, mittelniederl. scöt) 1) der Bug am 
Unterfeibe des Menſchen, ori wenn er fißt; 2) gemöhnlih 
ee zwifchen den Echenfeln einer fihenden Perſon, beſonders 
einer weiblichen und wenn fie die Schenfel ein wenig aus einander 
thut, fo daß der Rod eine Vertiefung befommt; 3) oft nur ven 
den zufamneengehaltenen Schenkeln eines Eipenden; 4) derjenige Theil 
an Mannsfleidern, welcher von den Seiten des Schoßes nad) hiz- 
ten binabhängt und an und in welchem fi die Taſche befindet 
Davon fhoßen und fhößeln. — Es wand ihr ein Knäbdyen ſich 
weinend vom Schooß. Bürger. Das Scheflin ſchlieff in feinen 
Schoß. Luther, Bibelüberj. 2. Sum. 12, 3. Erde ‚mein mütterlich 
Land, die du mich im kühlenden Schooße einft zu den Schlafenden 
Gottes begräbſt. Klopftod. Aus den Schößen fterblicher Mütter. 
Klopſtock, Meſſtas 2, 448. Die Erde nimmt uns fünft auf ihren 
Blumenſchoß. Xiedge, Urania 4 Saturnus Reich ift aus, Der 
die geheime Geburt der Dinge in dem Erdenſchooß und in den 
Tiefen beherrſcht. Schiller. Fhetig burg im Gewandſchoß ihe. 
Voß, Ilias 6, 136. Daß er im Zriumphe... flürz’ in den Glut⸗ 
ſchooß. Sonnenberg. Senfet mid hinab in eures tiefen Friedens 
Grabesfhoog. Göthe, Eugenie 5, 6. Umfaͤngt mich nicht der 
weite Himmelsfhog? Schiller, Maria Stuart 3, 1. Ein Kind 
im Mutterfhoß ruht. Salis, die Herbſtnacht. Warum dünkeſt du 
dih zu Erden, riejenrauhe Stimmen aus dem Wolkenſchoeße. 
Benzel- Sternau, Ihm ruhen noch im Zeitenſchoße die fchmarzen 
und die heiteru Looſe. Schiller, Glode. — Dein Bufen foll mich 
umſchooßen. Rückert, geſ. Ged. 4, 2367. 

Schoßkind — der durch Uebermaß von Zuneigung und zärtlice 
Pilege Ausgezeichnete. — Blindlings folgte id dem Gluck, vdeffen 
Schlachtopfer und Schooßkind ich wechſelsweiſe gewejen war. Meiker. 

Liebling (ſ. lieblich S. 24) allg. der dur hefonderes Wohlmwolen 
eines Weſens Ausgezeichnete, inſofern dieſes Wohlwollen Buneigung, befouders 
innige, fl. Guüͤnſtling (f. Gunſt, günflig E_120) ter durch Förberung 


1) Opip ( J 1639) fagt mei die, ſelten der Shy; Lohengein 
(t 1683) mei vie; Günther (41723) der und bie; 9. v. Haller ($ 1777) 
der und die. Den PL Schooße hat Bimmermanı, Münch. 8, 873. - 





993 


feines äußern Wohles vor Andern Ausgezeichnete, — Mit wahrer Leipenfchaft 
verfchwenbete fie den ganzen Reichthum ihrer Lieblofungen ... an ihren 
Liebling. Goöthe, Meiftere Lehrj. 1, 11. Der unglüdlide Sänfling 
mußte das Vergnügen, frembe Bebern eine kurze Zeit getragen zu haben, 
theuer bezahlen. Daf. 3, 9. - 

Schoßbein, — fall, — fell, —hund, ‚—jünger, —rippe, —ſchlange, 
— finde, — tuch u.a. — Indem man einen gewiffen Schoßnarren 
nicht verläugnete, fo tractirte man ihn auch nur für das, was er war, 
Göthe. Es ift ihnen nicht genug, die Schooßneigungen ihrer 
Zuhörer zu bekämpfen; fie wollen fie auch befiegen. Klinger. 

Schoß (der und das, mhd. der schoz, das geschoz, nieder. 
schot, agſ. gescäöt), von ſchießen im Sinne „Geld zufchießen“, über- 
haupt herrſchaftliche, obrigkeitliche Abgaben, die entrichtet werden müf- 
fen von Seiten des Zuſammenſchießens der zur Zahlung Verbundenen, 
während Steuer (ahd. stiura, st&ora, mhb. stiure, stiuwer), gegen⸗ 
wöärtig der üblichfte Ausdrud, zunächſt auf den Zwee der —— 
des öffentlichen Weſens fleht; davon Abſchoß. — Er ſchützt in aller 
Kraft Freiheit von Zoll und Schoß, ald Recht der Ritterfchaft. Voß, 
Zunfer Kord 147. (Sie) ſchrieben Schoß und Stenern aus. P. 
Gerhard, der Acker der Edeln. 

Schoßbar, — buch, —eid, —frei, —herr, — leute, —mann, 
BB rg —pflichtig, —_regifter, —zeit, —zins; abfehoßpflichtig, 
—re 

Schügen (mhd. schützen — fchirmen, agf. scotjan = mit Pfei- 
len jchießen) von dem veralteten, baieriſch noch lebenden ſchutzen 

(ahd. scuzzan, scozzön, mhd. schutzen — durd Schwung oder 
Stoß in fehneller, kurzer Bewegung forttreiben, woher agf. scyttan, 
engl. shut — ftauen, hemmen, verfchliegen. Schügen wäre zunächft 
ſchnell etwas vorftoßen, dann dadurch die Annäherung eined Uebels 
abhalten. Davon be— (©. 404), vorfhüsgen (S. 274). — Gott, 
Deine Hülffe [hü . mich. Luther, Bibelüberf. Pi 69, 30. Der 
Menſch hat nur allzu fehr Urſache, fich vor dem Menfchen zu ſchützen. 
Söthe, Meifters Wanderj. 1, 4 Man ift vor Wind und Sonne 
geſchützt. Daf. 1,5. Diefer fupferne Kaminſchirm ſchützt mich 
noch immer vor dem Feuer: Daf. 1, 12. Was ſchützt dann der 
gnädige Herr vor? Voß, die Zeibeigenen 46. 

Schirmen und verthridigen f. S. 404. — Bel Treu und Blauben, 
und in vollem Gruft, und fo mich der Himmel f ch irme. Shalfpeare, fo wie 
ed euch gefällt 4, 1. 

Schutz; Schäger, Schügung, fhügig, Schügling, Schügel, 
Schütze (ahd. scuzzo, mhd. schütze, altn. skyti), — Wer iſt's, 
in deſſen Schirm, als unter'm breiten Schuß der göttlichen Negide, 
Demarat jept fiht, jest flegt? Leſſing, Kleonnis 1, — Herr Huͤon 


- 





994° 


. 


nimmt mit Danf die wundervollen Pfänder von feines neuen Schügers 
Huld. Wieland, Oberon 2, 52. Eine mähtige Städtebeihügerin 
war fie. Herder. Drauf (auf der Aegis) war Streit, drauf Schützung, 
und drauf die ſtarre Verfolgung. Voß, Ilias 3, 740. Das ſchiffbrot 
das ift zweimal gebachen, bert und ſchützig. Geiler v K. Schügpend 
gs Empanda um das ruhige Dorf und hütete den Schlummer ihrer 

——— Benzel⸗Sternau. — Aber dort ſeh' ich Drei ſcharfe 
Schüßen linfer Hand um ein Feuer a Schiller, Wallenfteins 
Lager 1. Ein Abeſchütz von gereiften Jahren. Platen, rem. Dedi- 
pus 4, Er it ein beßrer Wildſchütz als du denkſt. Shakeſpeare, 
Maß für Maß 4, 3. So bleibt mein Ruhm als Schützin umer 
lehrt. Shafefpeare, Liebes-Luſt und Leid 3, 1. 


Gqhirm (ahd. scirm, soörm, md. schirm) und Bertpeidigung fat 
aus fchirmen und vertheidigeu ©. 404 Flar. 


Schuganwalt, —bild, —blattern, —brett, —brief, —buhne, 
—bund, —empfohlen, —flügel, —frau, —gatter, —gehänge, —geld, 
— geld, —geleit, —genoffe, —genoffenihaft, —gerechtigfeit, — geſuch, 
—hhter, — haltung, —heilige, —heiligthum, —herr, — herrlich, — herr- 
(haft, — jude, —kampf, —Taften, —kolben, —krieg, —Teiftung, — mann, 
— mantel, —mauer, —mittel, —poden, —recht, —rede (S. 404), 
—redner, —feil, —flel, —ſucher, —teih, — verwandte, — vorrede, 
—wache, —waffe, —zettel, —zeug u. a.; Schügenbruder, — brüder- 
ſchaft, —einung, — eſſen, —gelag, —gefellfhaft, — graben, — hans, 
—hof, — jagen, —kaſſe, —koͤnig, —krug, —meifter, — plan, —plaß, 
-—-raupe, —Ihmaus, —Abung, —wiele u. a. — Gleich, wer den Schu: 
anfleher, gleich, wer den Fremdling beleidigt. Voß. Es freut mich, 
Daß Sie meinem Freunde und Schugbefohlenen nit ganz m 
ünftig find. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 144. Die Klinge des 
Schwertes bat ein ausgeblumted Schugeifen. Bragur. Sein gukr 
Schutzengel erwadte nun mit neuer Kraft. Meißner. Daß fie in 
Kurzem wie ein freundlider Schupgeift ihm unentbehrlich war. 
Goͤthe, Wahlv. 1, 7. Erbe, mein Shugfind! Sonnenberg Die 
Schutzkraft der Kuhpocken. Jen. Lit.» Zeitung. Der Ichuglefe 
Zuftand des Kindes. Morit. Man erblicdt keinen Vogel, fein Thier, 
As das eilend nah einem Schugort ſchlüpft. Göthe, Egmont 4 
Daß ich eine Schugfchrift ausarbeite für Emanuel. 3. Baul, Heſ⸗ 
perus 8. Die dyaribdifch umfprudelten Zelfen, des Abgruuds — 
‚thbürme. Sonnenberg. Keine Schutzwehr. Shakeſpeare, Cym 
line 3, 4. Schutzwort zu Gunſten eines Verbannten. Campe. — 
I" Schüßengebäude führte er fie in den Schießſtand. 3. Raul, 

iebenfä8 9. Endlich widelte der zufammengeringelte Schüßen- 
knäul fih in langen Fäden ab. Dali. 7. Ich darf ja nur wein 
Schützenloos und meine Bücher verlaufen. 3. Baul. 


"7 


995 


Aum. Schüſſel (ahd. scuzila, scuzzila, scagula, mb. schüggel, alta 
3kutull, agf. scutel, franz. escaelle, fpan. escudilla, ital. scodella) flammt hoͤchſt 
vahrſchei fi vom lat. scatula, scutilla, einer Verkleinerungsform von scutum 


Schild. 
Schliefien. 
(Wurzel slut, sluz). 
Schließe, ſchloß, geſchloſſen, ſchließen (abd. sliuzu, sldz, sluzu- 


mes, slozaner, sliuzan, sliozan; mh. sliuze, 8löz, sluzzen, ge- 
jlozzen, sliezen; ſchwed. sluta, niederf. sliten, sluten; Wader- 
ragel vgl. lat. cludere — fließen, clavis, gr. Ant; = Schlüffel) 
I) eine Deffnung genau ausfüllen, etwas genau decken, umgeben, fv 
yaß feine Deffnung bleibt, das Offene zumachen, 2) in das Schloß 
yaffen und dasfelbe öffnen; 3) in fich fohließen, faffen, enthalten; 4) 
ein Ende (den Schluß) erreihen, zu Ende kommen, tranfitiv zu Ende 
ringen; 5) zu Stande gebracht werden, tranſitiv zu Stande bringen; 
3) von allen Seiten umgeben und dadurch gleichſam zumachen, von 
dem Uebrigen abfondern; 7) in Anfehung der Zeit, der Zahl oder 
ınderer Umftände einfchränfen; 8) durch Gedanfenverbindung oder 
Rachdenken findend aus etwas Gegebenem, fei es Thatſache oder Ur⸗ 
heil herleiten. — Ich ſchloß doch ganz gewiß den Schrein. @öthe, 
Tauft 1, 143. Und wir fle (die Stadt) mit Ketten an den Himmel 
jefchloffen. Schiller, Wallenfteins a 8 Die Kreundfchaft ift 
ft ein Werk der Natur, das gegenfeitige Neigungen und Dienftleiftun- 
en in ſich ſchließt. Adelung. Mit dem Helm und dem Wehrge- 
äng ſchließt er fih an eine würdige Meng’. Schiller, Wallenfteing 
'ager 7. Und fchnell, als wär e8 ewig fo geweien, fchloß ſich der 
zund, den feine Menfchen Löfen. Schiller, Braut v. M. Abſolute Gewalt 
at er, müßt ihr wiffen, Krieg zu führen und Frieden zu fchließen. 
Schiller, Wallenfteind Lager 11. Stehn wir nicht gegen den Feind ge— 
hloffen, recht wie zufammengeleimt und gegoflen ? Daf. 11. Und 
ehe da, ein tapfres Baar, das würdig den Heldenreihen ſchließt. 
Schiller, Piceolomini 1, 2. Bald fhloffen alle Hand in Hand, ein 
teihentanz ward angefüngen. Uz. Wenn ed Jemand fähe, fo würde 
gewiß auf eine ftarfe Bertraufichkeit ſchließen. Gellert. 
Bolgern (f. folgen ©. 84) aus etwas Gegebenem, ſei es Thatfache 
oder Urtheil, denkend herleiten, und zwar als eine Zolge, vd. h. als in der 
Thatſache ober dem Urtheile feinen Grund habend und daraus hervorgehend. 
— Alle Kinder, fie mochten befchäftigt fein, wie fie wollten, liegen ihre Arbeit 
liegen und weudeten fich mit befondern, aber verſchiedenen Gebärden gegen die 
Borbeireitenden, und es war leicht zu folgern, baß es dem Vorgefepten galt, 
Goͤthe, Meiſters Wanterj. 2, 1. 
Aufſchließen — aus dem Verſchluſſe öffnen; auch unverfchloffen 
geben. Entſchließen — des Verſchluſſes benehmen; durch Auf: 


63 * 








996 


hören oder Nachlaffen eines Verſchluſſes hervorfommen ; des Verſchluſ⸗ 
ichluffes benehmend öffnen; aus dem Innern hervor durch fortgeiepte 
Gedanfenverbindung finden, Durch Schlüffe herausbringen I). Sich 
entfchließen |. ©. 22. Erfchließen — aus dem ZJuftande des Ge 
ſchloſſenſeins herauskommen machen und fo öffnen; aus einem Ge 
ichlofjenfein heraustretend Dargeben. — Verbotne Echäge wagt’ ih 
aufzufchließen. Göthe, Eugenie 4, 2. Ein Heiner alter Mann... 
ſchloß mir die Pforten auf. Schiller, Piccofomini 8, 4. u die 
fremde Schar, wenn eine Mutter Das Herz aufjchließen will ver 
ihren Kindern? Schiller, Braut v. M. Die Vergangenheit ſchließt 
und die Zukunft auf. Ziedge, Urania 3. Da er die Offenbarım 
uns aufſchloß. Klopftod. Leif entfhloß fie die Thür. Dep, 
Luife 2, 458. Bls ſich der Thaten Frucht entjchleußt. Voß, Neu 
jahrslied. Entſchließt fi die Blüte nicht heute, jo wird fie mer- 
gen fi) zeigen. Herder. (Wenn) die Gefühle fih erjchliegen 

öthe, Idylle. Ya, Anna, ohne Rüdhalt fol vor dir Das Herz der 
Schwefter ſich erſchließen! Schiller, Neneis 4, 4. 

Deffnen (f. 6.957) im weiteften Sinne Kraft änfern, daß etwas cf 
wird; in unverbeciter Seele dargeben. Aufthun (von thun ©. 492) Krafl 
äufßerung anwenden auf etwas, daß ed aus einem feſten, gleidhfam eine Be 
wegung burchhin benehmenden Uneinanverfein unter fi oder mit Andern 
fomme, alfo offen werbe; Eund ihun. Aufmaden (ſ. mach en ©.587) dx 
Boneinanderfein aus einer feſten Berbindung unter fid ober nıit Anberm darch 
Berwendung von Thätigfeit verwirklichen, alfo mit Thätigkeit ein Dffenfein 
verwirklichen. — Wie hat fi) dies Heiligthum, das font fo ſtreng verwahrt 
wird, gleih in den erfien Stunden Buch geöffnet? Sciller, Ficcolomizi 
83, 4, D Öffnet euch, ihr lieben Augenlichter! Schiller, Braut von Reina. 
Deffnet die Safe! Plap! Schiller, Tell 3, 3. Dann Bücher des Lchens, 

welche dem Hauche mächtiger Winde fih Iffnen, und Namen fünflige 
Ghriften, neue belohnende Namen, des Himmels Unfterblichkeit aufibun 
Klopſtock, Meſſias. Ganz England Hütet meines Kerfers Thore; ver. freie 
Wille der Eliſabeth allein kann fie mir aufihun Sciller, Maria Stnart 1,6. 
Ab—, an—, aus—, be—, bi—, ein—, los —, nah —, um—., 
ver—, vor—, zu —, zurüd—, zufammenfchließen find Mar. — 
Größere und kleinere Accorde abzufhließen. Göthe, Meiſters 
Wanderj. 3, 12. Wodurh das Gedicht zwar geendigt, aber nicht 
abgeſchloſſen wird. Göthe, Leben 15.8. Schließt Eure Rechnung 
mit dem Himmel ab. Schiller, Maria Stuart 1, 2. Der Streit fl 
abgeſchloſſen zwilhen mir und dem geliebten Bruder! Schiller, 
Braut v. M. Ich Schloß es (das Haus) ab und liefre hier de 
Schlüffel aus. Schiller, Wallenfteins Zod 5, 1% Um ſich von der 


2) Logau fügt in feltnen Sinne: Wer vom Herzen Gott entfhlenft 
(auefchliegt). Sinuged. 610. 








997 


irklichen Welt abzuſchließen. Schiller. Nichts ift für einen Philo- 
pben beleidigender, als dieſe Anzahl von Pächtern (in wiſſenſchaft⸗ 
hen Gegenftänden), welche um jo mächtiger abichließen (abipre- 
ven’, als fie unwiffend find. Hirzel. Die Haube ſchließt nicht. an. 
‚acharid, And Vaterland, ans theure, ſchließ dich an, das halte feft mit 
einem ganzen Herzen! Schiller, Tell2, 1. Sein Haus ift nicht mehr 
as meine, wenn er dad Mädchen.ausfchließt, das ich allein nach 
yaus zu führen begehre. Göthe, Hermann und Dorothea 4, 226. 
5ie Schloffen mich, wie aus dem Baterherzen, von Ihres Zepters 
Intheil aus. Schiller, Don Karlos %, 2. Die über Männerwerth 
nd Männerruhm ausſchließend ohme Widerfpruch enticheiden ? Daf. 
,8 Was wollt ihr euh beſchließen, verriegeln um und um? 
Spig. Sie beihloffen (umſchl.) eine groffe menge Fiſche. Luther, 
Zzibelüberſ. Luk. 5, 6. Gott der Höchfte, der Deine Feinde in deine 
zand beſchloſſen Cübergeben) hat. Daſ. Mof. 14, 20. Um zulegt 
ie große Lebensrolle mit gemeiner Verwandtſchaft zu beſchließen 
endigen)? Schiller, Wallenfteins Zod.3, 4. So hat er denn be= 
hloffen, was fein Fürſt beſchließen ſollte. Göthe, Egmont 4. 
Sr ließ mir beigefhloffenen Aufiag von dem Architekt Weinbrenner 
m Sie zurück. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 132. Der Zweck 

iefer Verbindung, welcher ſich nicht bloß auf Handelsfreiheit ein⸗ 
chloß. Meiſter. Der Mann ift nur ein koſtbares Gefäß, das wicht’ge 
Dinge einſchließt. Schiller, Piccolomini 5, 2. Eine Perle, die ver- 
orgen in flillen Schalen eingeſchloſſen ruht. Göthe, Taſſo 2, 1. 
he feht nur nicht die Mauer, die uns einſchließt. Schiller Maria 
Stuart 3, 1. Der keuche ewig am Ruder, bis ihn die Pofaune des 
Weltgerichts losſchließt. Schiller, Fiesko 4, 6. Die mein Arm fo 
ehr zu umfhließen begehret. Göthe, Hermann und Dorothea 
), 34. Mein Herz, nur einem GEinzigen geweiht, uUmſchloß die 
janze Welt. Schiller, Don Karlos 4, 21. Frei, wie das Firmament 
ie Welt umfpinnt, fo muß die Gnade Freund und Zend umfchlie- 
zen. Schiller, Jungfrau v.. O. 3, 4. Aber Odyffeus uUmſchloß ihm 
ven Mund mit den Händen Voß. Der Bad, den Eis verfhloß, 
md Sonn’ und Weft entflegeln. Hagedorn. Als hieltſt du einen grün 
ichen Gedanken verfchlojjen im Öebim. Shaffpeare, Othello 3, 3. 
Sin graues Männlein pflegt bei nächtliher Friſt duch verſchloſſene 
Thüren zu ihm einzugehen. Schiller, Wallenfteins Lager 6. Nicht der 
Süngere |ch ließ t dem Yelteren immer das Auge, Das ſich willig ge 
enkt, Fräftig dem Schwächeren zu. Göthe, Euphrofnne. Wenn dies 
nein blankes Eiſen Bertha's Gefängniß niht aufſchließt, fo 
Hließe ſich das Ohr des Erhörers meinem lebten Gebet 5 
Schiller, Fiesko 1, 12. Wenn Ihr mich anfchaut mit dem Eifesblid, 
‚Hließt fih das Herz mir ſchauderad zu. Schiller, Maria Stuart 
3, 4. Liebe [hließet feier fie zufammen. Göthe, Braut von 


— 


998 


Corinth. Nur durch die Gunft der Mufen ſchließ en fi jo vide 
Reime fett in Eins zufammen. Göthe, Taflo 1, 2. 

Anm. Die Barticipien geflatten nach andern Bufammenfepungen, z. B. Eis 
ferngefhloffen Halte die Reih'n. Pyrker, Tunifias 8. (Ich bringe dir) m 
Ketten Hartgefchloffen foldhen Knecht. Göthe, Fauf 2,211. Der ale frumm 

efchloffener pflägender Frohner an dem Schreibtifche ſteht. J. Pant, Titan 9 

o fich der Geiſt verworren, Falt, verquält in ſtumpfer Sinne Schranken, [darf 
angefhloff'nem Kettenfchmerz. Böthe, Fauſt 2, 334. Der allumſchlie⸗ 
ßende Himmel. Boß. Durch Taänz' und Spiele der bergumfdloffenen He 
math. Pyrker, Tuniflas 8. Herrn Walther rinnt ein Schauer durch die erzum: 
— Glieder. Redwitz, Amaranth. Aus tagverſchloßnen Hölen. Gthe 
an na. - 
Entfchloffen, Entſchloſſenheit; verfchloffen, Berfchlofjenpeit 
Abge —, Eingeſchloſſenheit erflären fi aus den entiprechenden Zeit- 
wörtern. — Der in blindem Eifer jeßt zu jedem Aeußerften ent- 
ſchloſſen ſcheint. Schiller, Piccolomint 1, 3. Bertrauen zn dir 
felbft, Entfchloffenheit ift deine Venus! Daf. 1, 6. In meiner 
jepigen Ein- und Abgeſchloſſenheit erfahre id nur an dem 
immer fürzern Tagesbogen, daß fich Die Zeit bewegt. Schiller, Briefe. 
mit Goͤthe 6, 222. 

Schließe, Schließer, Schließung (ahd. eliuzunga , mp. 
sliezunge), fehließbar, ſchließlich, leuße (oft auch, aber umid- 
tig, Schleuſe, mhd. sliuge). — Wir mußten uns die Gunft der 
Schließer zu verfchaffen. Göthe, Leben 1. B. Zanten und Schließe⸗ 
rinnen. Göthe, Tag- und Zahreshefte 1794. Meine bisherige trene 
Beſchließerin und Haushälterin wird abziehen, weil fie beirathet. 
Söthe, Wahlverw. 1, 4. Eine geihwinde Entſchließunng mähle 
nöthig fein. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 7. Der Zwed ... lendıtet un- 
widerfprechlich aus dieſe Rathſchließun q beroor. Herder. Und 
trieb uns ſchließlich, unſre Sicherheit in diefem Bund zu ſuchen. 
Shakſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 4, 3. — Bei abſchließlichet 
Durchficht des mit ihm vieljährig gepflogenen Briefwechiels. Goͤthe. 
Briefw. mit Schiller, Zuneigung an ©. MR. den König von Bayen. 
Womit man fih die Zeit über ausſchließlich beichäftigt hate. 
Söthe, Wahl. 3,7. Ausfhließlich aller vorübergehenden Zeichen 
der Gemüthsbewegungen. Lichtenberg, über Phyflognomil. Als wäre 
er ausfhließliherweife der Form gewogen. Göthe, Windd- 
mann 2. — Wie ein Strom entftürzet der Schleußen weiteröffneten 
Thor. Pyrker, Tuniſias 6. ALS der erfte Sprutz ſich ergoß aus der 
Wolkenſchleuſe. Rüdert, gei. Ged. 5, 250. 

Mit ſchließlich (wodurch 1) das bisher Genannte als ein gefchloffenes 

"Ganze bezeichnet, 2) die Bolgerung als Schlußfolge, als ein aus dem ummib 

telbar vorhergehenden Urteile erſchloſſenes Urtheil bezeichnet) Kind fianverwazkt: 

Endlich (ahd. entlih, mhr. endelich), am Ende (f. Ende S. 732) we 

zulegt (von legt, f. laffen) bezeichnen überhaupt, Daß nichts macht folgt. 

Al ſo (mio. also) ganz fo, ganz in dem Grabe und der Beſchaffenheit; af 





999 


feit den letzten Jahrhunderten bat dieſe Bartikel die Bezeichnung des Berhält, 
siffes zwiſchen Grand und Folge angenommen. Folglich (f. folgen ©. 
34) bezeichnet bekimmt bie Folgerung und verbindet biefe inımer unmittelbar 
mit dem den Grund anshrädenden Gag oder verlangt den logtſchen Grund 
(Brund des Urtheils) ausprädli vor fih. Demnach und ſon ach (f. nad 
©. 553) eig. dem Borhergehenden nachfolgend, bezeichnen hier fowel eine auf 
die im vorhergehenden Satze ausgedrückte Thatfache ſich ſtühende Erkenntniß, 
als auch die der Angemeſſenheit des Einen zu einem Andern; fie deuten das 
Berbältniß der Folgernng weniger beſtimmt an, als alfo und folglid. 
Sorac hebt den Begriff der Angemeflenheit fchärfer hervor und bezeichnet. 
vorzugsweife die Große und Befchaffenheit des Grundes. Ohne den Begriff 
der Angemefienheit zu enthalten, bezeichnen fomit und mithin das Verhälts 
miß der Folgernng befimmter, indem fie die Jolgerung als etwas mit dem 
Grunde Begebenes darſtellen, alſo daß zugleich mit dem einen Sap auch ber 
andere gegeben ſei. Das flärfere fomit (das vorzugsweije die Stärke und 
Beichaffengeit des rundes andeutet) und fonach gehen mehr auf das Prä- 
Dicat, demnach und mithin mehr anf pas Ganze bes vorhergehenden Satzes. 
Bur Bezeichnung einer natürliyen Wirfung, die aus dem. in ben unmiltelbar 
vorhergehenden Sage Ausgebrädten hervorgeht, wirb beſonders daher geſetzt. 
Darum, deswegen und deshalb, nm des willen (au deshalb, deß⸗ 
wegen, um def willen, |. ©. 144) werben zur Bezeichnung des Verhältniſſes 
zur wirkenden Urfache gebraudt. Run (f. Ru ©. 849) wird gebraucht, den 
Faden der Rede fortzuführen, mit dem Nebenbegriffe ver Urfächlichfeit, welche 
in den genannten ober voramdgefehten Umfländen enthalten oder durch fle vers 
anlaft if, wobel aber immer, wenn auch nur leife, die Zeitbebeutung ter Ges ° 
geuwart bleibt, und die genannten Umfände nie ſelbſt ale Urfache dargeftellt 
werden. — Die bat fh endlich auch bethört. Böthe, Fauf 1, 186. Da 
Sommen drei Reiter, fle weiten hervor, bie unter dem Bette gehalten; dann 
folgt ein fingendes Elingendes Chor pofiterlich Feiner Befalten ... Zuletzt 
anf vergaßbetem Wagen die Braut und die Gaͤſte getragen. Goͤthe, Hochzeit 
lied, Aber es hielt fchwer, folche (Fahrzeuge zur Schiffbrüde) ohne großen 
Beriuft an Autwerpen vorbeizubringen; er mußte fih alſo einſtweilen bamit 
begnügen, den Fluß um vie Hälfte verengt zu haben. Schiller, Belagerung 
von Antwerpen. Da macht Ihr einen Streih, zu bem man, wein man ihn 
als ein Subſtantivum betrachtet, nerfchiedene Arjektive, und folglich, wenn 
man ihn als Subjekt betrachtet, verfchievene Präpicate finden fünnte. Göthe, 
Zwölf Regimenter gilt es, ſchwediſch Volk. Mein Kopf muß dafür haften. 
Alles könnte zulegt nur falfches Syiel ... (Ich) muß demnach darauf bes 
ſtehn, daß Herzog Friedlaud förmlich, unwiderruflich breche mit dem Kaiſer 
ſonſt ihm kein ſchwediſch Volk vertrauet wird. Schiller, Wallenſteins Tod 1,5. 
Und fonad) meine ritterliche Abſage nur kurz. Leſſing. Cogito, ergo sum. 
Ich denke, und mithin fo bin ih! Iſt das Eine nur wahr, iſt #8 das Andre 
gewiß. Schiller, vie Philofophen. Inzwiſchen hat dee Prinz ven Gutſchluß 
gefaßt, durch tüchtige Künſtler ch eine Welt in der Stube zu verfchaffen; 


4000 


fein Schloß iR daher anf vie angenehwmfte Weiſe ausgeziert, feine Zimmer 

gleihen Lauben, feine Säle Waͤldern, feine Kabinette Grotten. Goͤthe. Diefer 

Krieg verfchlingt uns Alle, Oeſtreich will feinem Frieden; daram eben, weil 

ich den Frieden fuche, muß ich fallen. Schiller, Wallenfieins Tod 8, 15. Als 

les, was entſteht, ſucht Ah Raum uns will Dauer; Deswegen verbrängt 
es ein Anderes vom Platz und verkürzt feine Dauer. Göthe. Der Geh iR em 
aktives Mißverguügen, der Neid ein paſſives; deshalb darf man ſich nit 
wundern, wenu ber Neid fo fchnell in Haß übergeht. Goͤthe. Dies Manifel 
erflärt ihm in die Acht. Nun wählt, ob Ihr mit uns die gute Sache, mü 

ihm der Böfen böfes Loos wollt theilen? Schiller, WBallenfleins Tod 2, 6. 

Schließanker, — baum, —bolzen, —feder, — geld, —gevierte, 
—hahn, — haken, — holz, —kappe, —kette, —knie, kohl, — lorb, 
—kraut, — lattig, — muskel, —nagel, —paß, —riegel, —fäge, — ſalat; 
Schließeramt; Schleußenbau, —blatt, —boden, — drempel, 
— geld, — grundboden, — kammer, — mauer, — meiſter, — nagel, 
—räumer, — ſchũtze, —thor, —thüre, —vorboden, —wand, —zoll u. a — 
Schlag zehn bringt Ihr dem Herzog ſelbſt die Schlüſſel, dann ſeid 
ihr Eures Schließeramtes quitt. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 7. 
Da man ſchleuſenweis das Fluß hinabſteigt. Göthe, ital. Reiſe 
Venedig 28. Sept. 1786. 

Schloß (ahd. mhd. e10g2 altn. slot), 1) ein Ding, weldes 
fhließet; 2) der Ort, wo ein Ding geichloffen iſt; 3) ein eingefchloffe- 
ner Ort (ſ. ©. 451). Schloffer Bei Goͤthe Schlöffer- Verfertiger 
von Schlöffern 1. — (Sie) fügt der Riegel und der Schlöſſer 
feftes Band. Schiller, das eleuſiſche Zeit. Wir fingen und fagen vom 
Grafen fo gern, der bier in dem Schloffe gehaufet ... Da fand er 
feine Schlöffelein oben. Göthe, Hochzeitlied. Ich ſetzte nach dem 
Schloͤßchen Wörth hinüber. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 382. — 
Die häusliche Biene verachtet ihr dumpfes Verſchloß. Voß, der kom⸗ 
mende Frühling. Drinnen im Speerverfhloß. Voß, Ddyffee 4, 138. 
Wölbe zur Laub’, o DBoie, der bläulichen Sterngranadilla zähes Ge⸗ 
ranf, aus der Kunft bäbendem Winterverfchloß. Voß, die Pafflons⸗ 
blume. Er fah unverwandt auf das Armſchloß. Göthe, Meiſters 
Lehrj. 3, 12. Nicht Riegel, noch Deffuung, noch Borlegfhlog fießt 
man. Platen, die verhängnißvolle Gabel 2. (Man follte uns) auf ein 
Bergichlog fperren. Göthe, Briefm. mit Schiller 4, 245. Kehrt er 
zu des Felfenfchloffes Hallen. Matthiffon, Elegie. Das Grenz- 
Ihloß Eger. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 5. Ich reit’ auf luft'gen 
Geifterroß zu deiner Seit’ zum Hochzeitſchloß. Redwißz, Amaranth. 
Der fhöne Schäfer zog fo nah vorüber an dem Königsſchloß 
Uhland, der Schäfer: Es flimmert die Lampe m Hochzeitſchloß. 
Schiller, Wallenfteind Lager 11. Der Schleßvogt au einem 
Zandfchlöffer. 3. Paul. Wogegen er den Gang nad) dem Rieſen⸗ 
ſchloß abrieth. Goͤthe, Meifters Wander}. 1, 4 (Er) ließ ihn im 














EIN... 


finftere Trauerſchloß hinaufgehen. 3. Paul, e&r) kömmt am Abend 

vor Frohnfaften zum Zauberihloß Pfeffel, Pipin. — Ya, ich darf 

mich rühmen, ſchon als Knabe einen geſchickten Schmied durd, meine 

Anforderungen zum Schlöſſer, Feilenhauer uud Uhrmacher gefteigert 
u baben. Göthe, Meifters Wanderj. 3. 4. Er votirte auf das Her- 
olen des Schloſſers. J. Baul, Zitan 14. 


Wohnung (ahd. wonunga, mhd. wonunge, mittelniederd. wanunge) 
von wohnen (ah. wonen, mhd. wonen, altf, wondn, wunödn, agſ. vunian, 
neunieberb, wanen, engl. won, nah Badernagel eines Stammes mit 
Wonne ©. 229) allg. das was gemacht if, um ein feſtes Sein darin zu 
haben. Haus (f. S. 708) Gebäude für den Menſchen. Palaſt (ungut 

Vallaſt, mhb. palas, palast, franz. palais, aus lat. palatium) ein weit⸗ 
läufiges, großes, vornehmes Wohngebäude, beſonders wenn es fürfilich (im 
weiten Sinne) oder wie fürftlich, hohem Stande gemäß iſt. Siehe noch Jeſte, 
Feſtung, Burg S. 451.782. — Bin ih, rief fie uns, fo fremd im Haufe, 
daß ich von dem Gaſte nichts vernahm? Göthe, Braut von Gorluth, Ein 
koͤſtliche Balaft nach dem Mufter des liebſten Sommeraufenthaltes meiner 
Meltern. Göthe, die neue Melufine. 


Schloßarm, —aufiehber, — balken, —band, — beamte, —bein, 
— berg, —beutel, —bewohner, —bier, — blech, —blecheifen, — brun⸗ 
nen, — Dame, —fedet, —fenfter, —flügel, — frau, — gat, —gefinde, 
zen“ — hauptmann, — her, —herrſchaft, —holz, — kapelle, 
—tfiel, —kirche, — kirchner, — knochen, —fraut, —küſter, —kutſche, 
— macher, — markt, —mauer, —nagel, —pferd, —platz, —prediger, 
—jaal, —fänger, —faffe, — ſoldat, —ſtein, —thüre, —thürmer, 
— tritt, — uhr, —vermalter, —vieh, —wadhe, —wächter, — wagen, 
— wall, —weg, . — u. a.; Schlofferarbeit, —bled, — geſell u. a. 
— Der Schloßberg verläuft fih in einen vorfpringenden Winkel 
herunter. Göthe, Wahlverw. 1, 6. (Er bielt fih) einen Schloß⸗ 
caplan. Bieffel, die Wahl. Bei der Anlage zu. einem neuen Theil 
des großen Schloßgartens. Göthe, Wahlverw. 1, 3. In diefem 
Augenblid flug die Schloßglode. Das. 1, 11. Die Fürſtin, die 
ihrem Gemahl noch in den Schloßhof hinab mit dem Schnupftuch 
nachgewinft hatte. Göthe, das Kind mit dem Löwen. (Ich ſah) einen 
bübichen Ort mit bedeutenden Schloßgebäuden. Göthe, Eampagne 
in Frankreich 6. Sept. Eines Zuges leitete fie ihr Spaziergang durch 
die Schloßpforte des rechten Flügels. Göthe, Wahlverw. 1, 7. 
Sie harıen vor dem Schloßthor. Shaffpeare, Macheth 3, 1. Ward 
der edele Herr und Ritter von Meißau nidjt in unwürdiger Haft von 
dir verbannet in dem Schloßthurm? Pyrker, Rudolph 5. (Da) fie 
mehr als einmal den Tritt des erwünſchten Schloßvoigts zu hören 
glaubten. Böthe, Meifterd Lehrj. 3, 3. Daß Burgen auf den 
Schloßmwart niederpraffeln. Shafeipeare, Macheth 4, 1. — (Ev) 


. +» 


1002 





en den Klausner in die Koften des Schlofferlohne. 3. Bau, 
iebenfäs 7 

Schläfiel (ahd. sluzil, sluzzil, mhd. slüzzel); Schlüffelaber, 
—bein, — fiel (ah —be ut büchfe, Hi - dom, —ge, 
—hafen, — fette, — kluppe, — aut, —ring, —rohr, — — 

— zehnte u. a — Schlag zehn bringt Ahr dem Herz 

Schlüſſel. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 7. Zu alten 
it das Schlüffelden gefunden. Göthe, Meiflers Wanderj. 3, 2% 
Er bringt die Feſtungsſchlüſſel. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 8. 
Hätte er den Hauptſchlüſſel bei fih gehabt. Göthe, Meifters ge 
1, 17. Die ar die den Löjefhlüffel bat für jede Schufd, der 
Himmel hat vergeben. Schiller, Maria Stuart 1, 4. Zwölf Kanonen 
gingen Draußen los aus eben fo vielen Stubenfhlüffeln. J. Baıl, 
Heſperus 1. Gottlieb trieb mit aller Mühe den Wagenſchlüſſel 
nicht auf. J. Paul, Zitan 14. Mitten am Schlüſſelbein 
er ihn. Voß, Ilias 17, 309. Sie ſollten nämlich fo viel Schläſſel⸗ 
blumen als möglih jammeln. Göthe, Meiſters nd 2, 12 
Kein Schlüffelloh war zu fehen. Göthe, Leben 1 

Schluß (mhd. sluz): Ab—, An—, Auf— (©. 2 Aut— 
2. 0. (hläffig; eblBBLid (et — 
u. a. 93 (ſelten). — 's Negimenter zu 
Roß und Fuß ftimmen alle in Diefen Schluß. Schiller, Wallenfteie 
Lager 11. Sie haben ihren . nt gefaßt. Schiller, Pics 
lomini 2, 5. Laß mih ... am Schluß der Laufbahn nicht allen! 
% A. Schlegel (Er) iſt über diefen Dienft des Zufall fehr erfrent, 
und ungejäumt ihn zu benugen [hlüffig. Wieland, Oberon 8, 2% 
Nun war ich wieder meines Raths unſchlüſſig. Rüdert, gei. Be. 
1, 160. Daß ich des Pflückens unentfelüffig ftand. Dat. 1, 1%. 
Die Unentſchlüſſigkeit der Herzogin von Parma theilte ſich dem 
Kabinette zu Madrid mit. Schiller, Abfall d. N. Einleitung. Er be 
reitet den völligen Abſchluß vor. Göthe, — Wanderj. 3, 7. 
Der Reim zeigte den Abſchluß des poetiſchen Sapes. Göthe, Leben 
18. B. Ich bildete mir. ein, über den Charakter Moſis ganz nem 
Aufſchlüſſe geben zu können. Daf. 12. B. Grüßen Gie Estia 
fchönftene nnd Sören fonft feine Entihlüffe und Befcläfie 
Söthe, Briefw. mit Schiller 6, 18. So bitte ih Sie, mir = 
bewußten Brief an ihn (Tatobi) Vi ı chluß zu fenden. 
1, 102. Den Heldenentihluß. Pyrker, — — (Daß 
mich mit dem Berfhluß (Berichließen) der Th 
Goͤthe, die neue Melufine. (Daß ihr. den Löwen) rein in 
nen Verſchluß wieder zurückbringen könntet? Göthe, Das Kind mil 
dem Löwen. Wie leicht begeht man alsdann den Fehlſchluß. Göthe, 
Meifters Lehrj. 3, 12. Den Brautring zog nah Himmelsfhluß 
geſalbte Viſhofeband mir ab. Redwitz, Amaranth. Daß Gottes Kath⸗ 








i 1003 


fchlüffe merforſchlich ſeien. Göthe, Leben 16. B. Wem er den 
Rechnungsſchluß beenden fönnte mit einem bloßen Dolch. Shake⸗ 
jpeare, Hamlet 2, 3. Daß unter Ddiefer nämlichen Regierung ein 
Reichsſchluß durchgegangen. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Der 
Thorſchluß feines heutigen Edens. J. Paul, Titan 57. Der Trug- 
ſchluß, den die Leidenfchaft fo bequem findet, trat nun in feiner völli- 
gen Ineongruenz nad und nach hervor. Göthe, Xeben 17. B. Beim 
Himmel, daß du fhön, ift untrugſchlüßlich. Shafefpeare, Liebes 
Luſt und Leid 3, 1. Nicht jeder Wohenfhluß macht Gott Die 
Zeche. Göthe, ſprichwoͤrtlich. | 
Schlußarm, —art, — balken, —bein, —bemerfung, —bier, 
— fall, — folge, — form, —gedanfe, —gerecht, —gefang, —gewebe, 
— jahr, —keil, — lauf, — leiſte, — mäßig, —name, — punkt, — rech⸗ 
nung, —redt, —reif, —reim, —ridtig, — läge, —füd, — tritt, 
— überfiht, —urtheil, — vergleich, — vertrag, — wort, — zeichen, 
— ziegel, —zierat u. a. — Du fpridift dein Schlußgebet. Shafe- 
fpeare, Maß für Maß 1, 2. Abends machte er jene Schlußfetten. 
% Paul, Hefperus 16. Eine warme Empfindung in eine froftige 
Schlußrede zu verwandeln. Leifing, Hamb. Dramat. 20. Sie erihrad 
über den unvermutheten Schlußſatz. Wieland. Als wenn der Schluß- 
fein feines organifchen Weſens entfremdet wäre. Göthe, Meifters 
Wanderj. 2. 5. Den Schlußtag ihres Wittwenjahres brachte ich faſt 
ganz bei ihr zu. Ungenannter bei Campe. 
Anm. Schloße —= Hagel, von bis jet unbefannter Abkunft, ſoll nad 
Schwenck vielleiht für Schlohfe (don fchlagen, slahan) ftehen. Dagegen ftimmt 
die von3iemann ans Müllers Sammlung 8. angeführte mhd. Stelle: Ir bein wären 
wizer, dann ein slöz, was an das ſchloßweiß der Bolksfprache erinnert. 


Spriefen. 
(Wurzel sprut, spruz.) u 

Sprieße, fproß, geſproſſen, fprießen (ahd. spriuzu, spröz, 
spruzumes, sprozaner, spriuzgan und spriozan; mhd. spriuze, 
spröz, Spruzzen, gesprozzen, spriezen; agſ. spr&ötan, engl. sprout, 
sprit, nieder}. sprotten, spruten, holländ. spruyten), eigentlid, her⸗ 
vorbrehend (aus einander fahrend), emporwachſen; dann allmaͤlich in 
die Höhe wachlen, auch fig. auf Anderes übertragen; (felten) fprießen 
maden. — Blumen fehet ruhig ſprießen. Göthe, Fauft 2, 27. Auf 
ihren Pfaden foll die Freude |prießen. Schiller, Braut v. M. Der 
Fruchtbaum und der Ader ſprießt. Voß, die Laube. Wie am nadten 
Zweige des Feigenbaumes fcheinbare Früchte fprießen. % Paul, 
Zitan 16. Die Blume, die ſchon fprißt die Bletter weit vonfanmen, 
Eohenftein, Rofen 74. Unten fproß die heilige Erd’ aufgrünende 
Kräuter. Voß. 


— 








1004 





Gproflen (von Sproß), Sproſſen treiben, in Sproſſen enswadten, 
auch fig. auf Anderes übertragen. Keimen (abv. chiman und chinan, mb. 
kimen nu» kinen, goth. keinan, agf. cinan = ſich dffuen, gähnen, verwaudt 
mit ahd. beginnen und gähnen ©. i88) geht auf den Anfang bes Hervor⸗ 
kommens aus Same oder Pflanze, das Hervorbrechen daraus. — Da ſproſ⸗ 
fen hundert bräunlich rothe Flecken, die zum Berbruß bie weiße Haut bes 
decken. Bölhe, Fauſt 2, 78. Da fteh’ ich, ein eutlanbter Stamm! Doch immer 
im Marle lebt vie fchaffende Gewalt, die fproffend eine Welt aus ich ges 
boren. Schiller, Ballenfteins Tod 3, 13. Welcher der ſiebente {profßte vom 
Stamm des altenden Belus. Voß. In dem neuen Birkenhaine Fnofpen. neu- 
belebte Aeſte, nub es führen junge Weſte koſend uns den Lenz. herbei. Hoff: 
nungen keimen nnd fproffen! Herder. 

Ab—, auf—, aus —, durch —, empor —, ent— (ſ. ©. 366), 
er—, her—, hervot —, nah —, um—, vorſprießen und — ſproſſen 
bedürfen keiner weitern Erklärung — Wie aus dem Keim der 
Nkanntſchaft nad) und nad in uns holde Gewohnheit entiproß. Göthe, 
Meramorphofe der Pflanze. Allein wie herrlich diefem Sturm erſprie— 
Bend, wölbt fid) des bunten Bogens Wechfeldauer. Göthe, Fauſt 2, 7. 
Bill aber fonften ja fein Rath und Weg erfprießen. Dpie Seine 
lernung bat erſproßen. A. v. Evb. Daß Alles außer Gott von 
Bott ſey hergeiproßen. Opitz. Rohre jprießen hervor. Göthe, 
röm. Elegien 20. Züngling . . . dem der Jugend frühſtes Milchhaat 
kaum das Kinn umfproß. Kofegarten. — Diefe mit geiltiger Schön 
aufiproffende Blüte des ‚Guten gab ih. Voß, die Weihe 40. Er 
und der..Söhn’ Urjöhne, die je aufiprojjen in Zukunft. Voß, Alias 
20, 308. Sie (die fanfteren Ahnungen) fprechen uns mit leifer Sym- 
pathie im Blid der Unfhuld an, die, gleih dem reinen Thaue der 
neu befproßten Morgenaue, noch unbefledt am jungen Leben hängt. 
Ziedge, Urmia 5. Eine traubenreihe Wein- und Epheulaube fproßt 
auf ihm (dem Felfen) empor. Herder. Es entfproßten auf einmal 
dem Strange Palmen. Klopitod. Erſt entfproßte das goldne Geſchlecht. 
Beh, Dvids Metam. 1, 88. Ein Blumenglödchen vom Boden bervor 
war früh gejprofiet im lieblichen Flor. Göthe, gleich und gleid. 
Welche (Kräuter) die fchönen Gewäfler des Stroms weitwu 
umfproßten. Boß, Ilias 21, 352. Und fein Kinn umfproßte der 
finfteren Locken Gefräufel. Voß, Odyſſee 16, 176. 

Anm. Die Barticipien geflatten noch andere Zufammenfeßungen, 4 B. de 
Blut der bergentfproffenen Duelle. Pyrker, Tuniflas 9. Die edelents 
fproffene Tyra, Voß. Welches erhabene Sitze bereitet ven Göttern und edles 
@ötterentfproffenen. Einvius, Aus herzentfproff’nerBerehrang für das 
gehalligte Kreuz. Pyrker, Rudolph 9. Des hbimmelentfproffenen Stromes. 
Boß, Odyſſee 4, 477. Sumpfentſproſſenen Eppich. Boß, Ilias 2, 776, 

Sündentfproßne Werke. Shafefpeare, Macbeth 3, 2. Auf nabrungipreis 
fender Erde. Voß, Odyſſee 3, 3. Wolle keinen Dank, Feine felbfifproffenpe 


Ernte. Herder. Um das langauffproffende Möhricht. Bo, Jlias 18, 576, 
Derkünveft du den Gegen ber zartbefproßteu da. Bürger, an bie Hoffnung. 


1005 


Erfprieß; erſprießlich, Erſprießlichkeit; der Sproß, der zu- 
weilen die Sproſſe (ahd. sprozzo, mhd. sprozze, agf. sprauta, 
sprote, sprota, altu. sproti), Sprößling ; Geſproß; die Sproffe, 
auch Sprofjel einer Leiter (mhd. sprüzzel). — Was war der Er- 
ſprieß? Rückert, geſ. Ged. 3; 406. Der (Rath) ſtets voll Einficht 
und erfprießlich war. Shafefpeare. Macbeth 3, 1. Richt mehr dieß 
unerfprießlihe Geihwäß! Shakeſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 
3, 1. Das (Ziel) mit heiligen Sproß Barden umfchattete. Klopftod, 
an Gleim. Aber Amalia brad von der Sinarofe des Fenfters einen 
belaubetn Sproß. Voß, Luiſe 3. a., 235. So hatte er freilich keinen 
Begriff davon, wie ein armer Söldling der Hygiäa ſich vermeſſen 
fönne auf den echten Abfproß des langen Syivefter nur den ent- 
femteften Anfprud; zu machen. Kl. Schmidt. Niederſchwankend am 
Zrüblingsiproß. Klopftod, Bardale. Schauet einer Männin Sohn! 
die reine Sproffe ſtrebet ... empor. Herder, Hoffnungen eines 
Sohnes. Umwölbt von Lerhbaumfproffen Salis, Monodie. 
Siehe, ſchon flredt der Sprößling der Geder den grünenden Arm 
ans. Klopſtock, Meifias 1, 65. Umhaucht vom Duft junger BTüthen- 
ſproſſen. Matthiffon, die neuen Argonauten. Es welfet dir dein 
Lorbeerfprößling. Klopftod, ihr Schlummer. Jetzo brach fie Ge- 
ſproß von der Myrtenftaud’ an dem Fenfter. Voß, Kuife 3. a., 197. 
Auf dem Laubgeſproß der Myrthe. Overbed. Rings im jungen 
Maigefproß. Matthiffon, der Wald. Zünde dir Sebergefproß an. 
Doß, der Niefenhügel 132. Die Geifterleiter, die aus dieſer Welt des 
Staubes bis in die Sternenwelt, mit taufend Sproffen, hinauf ſich 
baut. Schiller, Piccolomini 2, 6. 

Sprige und Sprüße (ahd. sprizza, spruzza, mbd. spritze, 
spruize), fprigen (auch fprüßen ©. 368, mhd. sprutzen = 
fproffen) wenden den Begriff auf das Flüffige an. — Hoch im Dogen 
fprıgen Quellen Waſſerwogen. Schiller, Glode. Welchen jet von der 
Hufe Geftampf aniprigten die Tropfen. Voß. Bon angejprüßten 
Flecken. Leibnig, über Berbefferung der teutſchen Sprache 29. Hab’ 
er beträchtlihe Ströme ausgefprigt. 3. Paul, Zitan 36. Ja Ddiefe 
Hallen ſelbſt beiprige Blut. Schiller, Braut v. M. Anders nicht, 
ald wenn mit beichädigtem Bleie die Röhre plagt und gewaltig em= 
por aus ziichender Deffnung das Waſſer fprigt. Voß. Purpum 
Blut entfpribt ihm. Kofegarten. Ueberiprigt mit Blut. Kretſchmar. 
Auf jeden Ruf fein Blut für jede zu verfprigen. Wieland. 

Sprutz (fo viel als auf einen geiprigt wird) ift felten. — Als der erſte 

Sprugz ſich ergoß aus der Wolkenſchleuſe. Rückert, geſ. Geb. 5, 250. 

Spritzbad, — büchſe, —fiſch, —glas, — gurke, —kanne, —krug, 
—tuchen, — leder, —ling, — mittel, —nudel, —regen, —töhre, 
—ſchlange, — wall, —wedel, — wurm; Spritzen bohrer, —haus, 
—macher, —meifter, —rohr. 





1086 


Uum. Zu einer Wurzel mit fprießen .gehören wahrfcheinlih auch bie 
J—— I wenn gr ia tm fp . 9 n er sprizen), 
ne orfahrn (1. ©. un reißeln (abr. alön, mbb. sprizeln 
ſpalten, fplittern (beide in Franken — in geftredten Balcpp reiten). e . 


Verdrießen. 
(Wurzel drut, druz.) 

Berdrieße, verdroß, verdroſſen, verdrießen (ahd. ar-driuzu, 
ardröz, ardruzumös, ardrozaner, ardriuzan, ardriozan aud) far- 
driozan, pidriozan, aud) einfad) driozan; mhd. verdriuze, verdröz, 
verdruzzen, verdrozzen, verdriezen und bedriegen; goth. Ihriutan 
— Schmerzen empfinden, usthriutjan — beidwerlidy fein, agi. 
dhreadjan, dhrietjan — drängen, altn. thriota = mangeln; vgl. 
Int, trudere — forttreiben) gewoͤhnlich unperjönlich gebraucht, Kat den 
Grundbegriff lang binziehen (ahd. drözan, gidrözan) und Daher befchwer- 
lich fein; dann überhaupt über etwas Unluſt (Unmuth) haben, die (der) 
uuns jehr empfindlich ift. — Hätt’ was dich verdroſſen. Göthe, Liebhaber 
in allen Geftalten. Beleidigen kann e8 Sie nicht, auch nicht einmal 
verdrießen. Göthe, der Sammler und die Seinigen 4. Brief. Dei- 
wegen bleib’ ih, weil es did verdrießt. Schiller, Braut v. M. 
Mich verdreufft die hoffart Jacob. Luther, Bibelüberf. Amos 6, 8. 
Es verdreufft mich auff fle, das fle ſich wider dich feßen. Dal. 

ſ. 139, 21. Meine Seele verdreufft mein leben. Daf. Hiob 10, 1. 

ttlob, daß ich mich feine Mühe dauern, und aud um einen Pfernig 
feinen Weg verdriegen lafle. Gellert. Sollt’ aber jemand fich ver⸗ 
dDrießen ob unſrer Tiebesblide Fahrt. G. R. Wedherlin. 

Dauern (f. bedauern ©. 832), eig. Eoflbar fein; denn Berlaf über 
etwas empfinden, mit dem Nebenbegriff einer weichmüthigen, mitleidigen Stimm 
mung, Reuen, gereuen (f. Reue ©. 813), unangenehme, ſchmerzliche 
Empfindung über etwas Gethanes haben, mit dem Wunfche, es nicht gethan 
zu haben. — Verſchnupfen (f. ſchnupfen bei ſchnieben, ſchnauben) 
ich worüber betroffen, die Stimmung verfegt (beſchwerend gehemmt) fühlen, 
fo daß dieſe zu einer empfindlich wibrigen wird. — Veglüct, wer Treue vein 
im Bufen trägt, kein Opfer wird ihn je gerenen! Göthe, Fauf 1, 87. Ihe 
Frohthun Habe ihn als einen ausgeſchloſſenen Erben ja verſchnupfen 
müflen,. I. Baul, Flegeljahre 11. Sie fcheinen fogar mich vermeiden zu 
wollen, gehen vor das Haus und flüflern zufanmen, das ich ger michi am 
ihnen gewohnt bin. Was mich aber am meiften verfhuupft, iſt — and die 
fleine Margot bat Herzklopfen, ohne mir Rechenſchaft davon zu geben. Thüm⸗ 
mel, Reife ıc. 1. 20. 

Berdrießung ; verdroffen (1. S.741), Berdroſſenbeit; uuyer- 
drofien (ſ. S. 668), Unverdroſſenheit erklären fihh aus verdrießen. — 
IH ſuchte mein Verlorenes gar verdroffen. Göthe, Abfchied. Gebt 
nur unverdroffen voran und tretet behutſam. Göthe. 


Ss 





1007 


Berdrieß (ahd. urdriez, mhd. verdriez, mittelniederd. verdre£t, 
niederf. verdriet) zunaͤchſt das Beichwerlichwerden -oder Müdewerden 
duch ein Zuviel oder Zulange in Beziehung eines Gegeuflandes; dann 
Gefühl der Unbehaglichfeit und der empfindlich beſchwerlichen widrigen 
Stimmung worüber. Statt Diefer alterthümlichen Form ſteht nun 
Berdruß (ahd. urdruz, urdruzi, urdruzeda, urdrioz, mbd. urdriez, 
urdruz), davon das feltene verdrüßig. Urdruß (ahd. urdruzze, 
mhd. urdrütze) und urdrüßig (ahd. urdruzic, mhd. urdrüzzic) 
find felten; ebenjo Widerdrieß (mhd. wieerdriez) und Widerdruß. 
— Das fie mir verdries thun. Luther, Bibelüberſ. Jer. 7, 18, Zu 
Verdrieß des Hausherren. Daſ. Ezech. 8, 3. Wie viel Verdrieß 
dem alten Herrn auch täglich fein böjer Sohn gebracht, fo blieb er 
doch fein Sohn. Wieland, Oberon 1, 41. Amo 1341 ift eine ſolche 
Menge Karpfen die Donau heraufgeftiegen, Daß man im Kauffen und 
Efien ein Derdruß darob gehabt. Dudher, ſalzburg. Chronik 191. 
Hievon wollte ich ausgehen, und auch mit Berdruß und Zorn mich 
bören laflen. 8. H. Jacobi. Er würde nur Berdruß vom Edelmanne 
haben, Gellert. Daß ein Hauptverdruß das Leben dir vergällen 
muß. Göthe, Fauſt 2, 307. Nachitehender, von Unmuth und Lebens⸗ 
verdruß überladene Monolog. Göthe, über Byrons Manfred. Lebens- 
verdräffig hat Fifchart, Gargantua, S. 541. Do würdend Si ver- 
drüßig. udel., 45. — Wie fie des Treibens hier urdrüß wer- 
den. Rudert, gel. Ged. 3, 204. Bekümernuſſe, widerdrieß oder 
Ihaden thaten. Hug, Rhetorica Tübingen 1538. BL 136b. In zum 
Biderdruß. Aventinus Chrouik 1580. BL. 298. 

Unmuth (ahd. uamuot, unmuoti, mhd, unmuot, f. Muth &. 205) 
unbeftiedigte und über Jemanden oder etwas ungeneigte, lebhaft unangenehme, 
nufreundlich bewegte Seelenſtimmung, als Gegentheil befriedigter heiterer 
vertrauensvoſſer Stimmung. Aerger (von ärgern, ahd. argerön, mhd. 
ergern — ärger, ſchlechter machen, von arg, S. 600, aufgeregt fein zu einer 
widrig empfindlih ergreifenden Gegenſtimmung. Aergerniß (älternbr. 
ergerniß, ergernuß), Alter ale das dem 18. Jahrh. angehörige Wort Aerger, 
urſprünglich Aufregung des fittlichen ober religiöfen Gefühle durch Ungebühr⸗ 
lies , was bie Sittlichleit oder Religiöfität zu Schanden macht ober ihr 

ſchadet; dann das, was als ungebührlich das ſittliche ober religisfe Gefuͤhl 
aufregt, ſei es nun, daß ber Andere dadurch zum Böfen verführt und vet« 
dorben (feine Sittlichfeit oder Meligiöfität zu Schanben gemacht) wird, ober 
daß er das ingebührliche widrig empfindet. — Mißfallen (f. fallen) übers 
baupt unangenehme, widtige Stimmung worüber. Mifvergnügen (Gegen⸗ 
fa von Bergnügen ©. 540) unangenehme, widrige Stimmung aus Nicht⸗ 
verwirklichung von irgend etwas, was man verwirklichen möchte, ober darüber, 
wie man es verwirklicht haben möchte, Unluf (f. Luſt ©. 546) if das 

Mißvergnügen in feiner finnlichen Stärke, und kann auch ohne Beziehung 

auf einen Gegenſtand, worüber es ſich erregt hat, als unangenehmer Zuſtand 





1008 


einer Seelenſtimmung, aber mehr einer erhöheten da fen. — Die. . . wirkte 

ale Unmutb, wo nicht Verdruß weisfagte. Ethe, Leben 13. B. Ge 

ſchlich ich mit verbiffenen Merger in mein Zimmer zuräd. Thümmel. Jazer 
lich verzehrte ihn die Hergerniß, mehr über mein Glück als über feinen 
Verluſt. Gdthe, Egmont 5. Es mus ja ergernis fomen, Doch weh dem 

Menfchen, durch welchen ergernis kompt. Luther, Bibelüberf. Matth. 18, 7. 

Cinerſeits Hatte ich an dieſen Dingen mande Luſt . . . anbererfelts abe 

konute ich mir ein geheimes Mißfallen nicht verbergen. Böthe, Leben 5. ®. 

Ohne daß es meine Abfiht war, bir Mißvergnügen zu machen. Göthe, 

Benvenuto Gellini 2, 8. Auch am eurer Geite hört’ er mil Unluf die Kriege 

‚ feyalmel. Herder, Gib 70, 

Berdrießlih (minder gut verdrüßlich,“) niederl, verdrietelijk) 
fih worüber unbehaglid) füblend und mit Empfindlichkeit widrig ge- 
fiimmt. Davon Berdrießlichkeit. — Aber der Vater ftand mit Biber 
willen dagegen, auf die Weinende fchauend, und fprach die verdrieß- 
then Worte. Göthe, Hermann und Dorothea 9, 188. Indem er 
hierüber verdrießlich war, ward er es über manche Andere. Götke, 
Wahlv. 1, 13. Zhr hättet wegen eurer Güter Berdrießlichkeiten. 
Goͤthe, Goͤtz v. B. 1. Wenn du verdrüßlich bift, fo frage dich 
felbft: Was ift die Urfache deiner Verdrüßlichkeit? Platen, Kebens- 
regeln 40. | 

Unmuthig (ahd. unmuoti, m&b. unmuotec) und ärgerlidy erkläre 

Ah aus Unmnth und Aerger ©. 1007. Märriſch and grämlid 
-f ©. 107, Launiſch (von Laune, vielleicht von dem aus aus dem kat. 
luna genommenen ahd. Iüna, Iüno, mhb. lane = Mond, Mondphafe, d. i. 
Wechſel der Mondgeflalt; dann überhaupt Wechfel, Beräuberung) vor 
veränberlicher wunberlicher Gemütheflimmung. — Mein eigenes Ungläd ſchlag 
mich nieder, machte mih ärgerlich, Furzfichtig, fchächtern, Läffig. Leffiug, 
Minna v. 2. 5,2. Warum fo märrifch, Herr Tomm. Gngel, Tob. Vin 
Denn das Meer iR der Raum ber Hoffnung, und der Infälle launifd Reid. 
Schiller. Wie wenn buftiges Schimmergewölf an ver Blaͤne des GHfummels 
immer veränberlich folgt der Zefyre launiſchem Anhauch. Voß, Luife 1, 364 

Weberdruß (S. 338) unangenehmes, unbehagliches und zum Wider 
willen neigendes Gefühl genen etwas auf dem Grunde eines in Be 
ziehung des Gegenftandes für die Perfon gewordenen Zuviel oder eı- 
müdenden inerleies. Davon überdräßig (überdräfiig) Ja 
demfelben Sinne findet ſich auch in der frühern Sprache Berdruß, 
verdrüßig. — Der Tag ift mir zum Ueberdruß. Göthe, Aeols⸗ 
Bun ALS daher jener Ueberdruß zu fchildern war. Göthe, Leben 

3.3. Wie die königlichen Heere des Schlagens überdrüßig mur- 
den. Schiller, Abfall d. N. Einleitung. Ich ward überdrüjfig der 
Zuhbaufebleibung. Rüdert, gef. Ged. 1, 147. 


1) So bei Leffing, Blaten, 3. Baul. 





1 


1009 


Langeweile ſ. S. 837. Gkel (mhd. und älternhd. erkel, von ercken, 
erken — widrige, unwillige Empfindung über etwas mit Reiz zum Erbre⸗ 
chen haben; engl. irk — kränken, verdrießen) widrige, zum Erbrechen anre⸗ 
gende Empfindung vor etwas. — Satt (goth. saths, ahd. mhd. sat, altn. 
sadr, aus lat. sat, salis = genug, satus — ſatt) geſtillt in dem Maße feiner 
Genugluft woran; dann überhaupt gefillten Verlangens woran. Maßleis 
dig (mun veraltet, von dem oberbeutfhen Maßleid, ahd. mazleide, altn. 
matleidi, ans goth. mats ©, 556 und Leid ©. 813) Eſſens überbrüffig; 
dann unluflig gegen etwas als dem Gefühle zuwider, — Ich glaube, du fpielft 
den Fteigeiſt? Gin ehrliher Mann möchte einen Efel davor befommen, wenn 
er ficht, daß ein jeder Lumpenhund es fein will. Leffing, Freigeift 1, 5. Ich. 

bin des trocknen Tons nun fatt. Göthe, Fauſt 1, 99. So lebet, fo ſtirbt 
der Wilde, fatt aber nicht überbrüffig der einfachen Vergnügen, die ihm 
feine Sinne geben. Herber, Ideen 9, 1. Was geröftet ſchon maßleidige 
Gaͤſt' auf ſtützende Arme zurüdruft. Voß, Horazens Sat, II. 4, 38, 


Anm. Nach dem Grundbegriff Iang. hinziehen gehören hierher vielleicht 
auch der Droß (ahd. drozza, mhb. droz, drozze, agf. thröte, engl. throat, ital. 
strozza), die Droßel, die Drügel (mhd. drüzzel) = Schlund, Kehle, Burgel, 
wovon droßeln, erbroßeln (droſſeln, erdroffeln) = erwürgen. 


Diefßfen. 
(Wurzel duz; vgl. Tat. tu(n)dere.) 


° Dieße, doß, gedofjen, dießen (ahd. diuzu, döz, duzumes, do- 
zaner, diuzan, diozan; mhd. diuze, döz, duggen, gedozzen, diezen; 
agf. thestan, altn. thista, ſchwed. tiuta) iſt nhd. erlojchen, findet ſich 
noch im 16. Jahrh. Die Grundbedeutung ift mol heftig anftogen, daß 
etwas tönt; dann -gewöhnlich laut tönen, von fihmetternden Blafein- 
firumenten, befonderd aber von raujchendem Wafler gefagt. Dazu gehört das 
Subft. Doß (ahd. mhd. döz, agf. ıhesıa Waflerfall). — Das es 
gar laut erdoß. Heldenbuh von 1560 Bf. 26. Mit lautem Knall 
und Doß. H. Sadıe. 


Riechen. 
(Wurzel ruch.) 


Nieche, roch, gerochen, riechen (ahd. riuhhu, rouh, ruhhume&s, 
rohhaner, riuhhan, riohhan; mhd. riuche, rouch, ruchen, ge- 
rochen, riechen; agf. recan, reocan, alt. riüka, litthau. rukti, 
ſchwed. röka, holländ. rooken, engl. reek; Wackernagel vgl. Tat. 
rogus — Scheiterhaufen, um die Zodten Darauf zn verbrennen) 
vielleiht mit dem Grundbegriff auffteigen (vgl. fanffr. ruh = wach⸗ 
fen), ift nhd. 1) überhaupt feine Ausdünftungen von ſich geben, welche 
durch. gewifle in der Nafe befindliche Nerven empfunden wird (1. ©. 297); 
2) feine Ausdänftungen durch Wirkung auf gewifle in der Naie beflnd« 


64 








1010 


liche Nerven empfinden; 3) (uneig.) ſich einer Sache nähern (Daß mar 
fie gleihjam riehen kann?). — Gefpenfter, die Schwefel aus der 
Nafe riehen. P. Abraham. Das Stühlen riecht je nach armen 
Sünden. Göthe, Götz v. B. 4. Ih mag nit riehen in em 
Verſamlung. Luther, Bibelüberſ. Amos 5, 21. Wie eine flechſen 
Schnur zureiſt, wenn ſie ans fewr reucht. Daſ. Richt. 16, 9. 


Duften, ſtinken |. S. 297. Bittern (mhd. witeren, gu Better 
©. 282) von etwas vermittelt deſſen Ausdünftung forttragenden Luftzuges 
durch die Geruchswerfjeuge Bewußtfein empfangen oder «6 fo ausfinten. — 
Er wittert das Tuch in den Lüften. Göthe, Todtentanz. Und daß er oben: 
drein aus den Allegorien der Srammatifer fo viel heraus witferte, als ihm 
nah Schimmel des Alterthams roh. Voß. — Daßs gott nitt wittert 
(Wetter macht) noch irem willen. Geiler von Kuifersberg. 

Anm. Die baierifche;Bolfsiprache fagt für riechen allgemein ſchmecken 
. ©. 472). — Die Rofe ſchmeckt angenehm. So Heft es auch im der 4 
ihelüberf. (1470—73) Joh. 11,39 von dem todten Lazarus: Er ſchem eckt vezund 
— — viertägig. Daſ. 12, 3 heißt es: das huſz erfullt mit vem-geichmad 
> Ab—, an—, auf —, aus —, be—, durch —, her —, beraus—, 
hin —, nach —, über —, ver—, vorriechen find klar, aber nicht alle 
gleich gebräuchlich. — Mit ihrem taſtenden Geſicht hat fie «Die Schnecke) 
mir [hen was abgerochen. Göthe, Zauft 1, 31%. Sie richte 
einem jeden Möbel an, ob das Ding heilig ift oder profan. Dar. 1, 
145. (Er) dolmetſcht und deutelt Silber allein, und beriecht den 
Moder. Voß, die Ziinftler. (Die Naſe fteht mitten im Geficht), um 
die beiden Augen nad) beiden Seiten der Nafe hin ji gebrauchen, das 
mit man in Das, was man nicht herausriechen kann, ein Einjeben 
habe. Shafeipeare, K. Rear 1, 5. 

Riechel (Blumenftrauß); Niecher, Niecherei ; Niechbar, — bein, 
—beinfchlagader, —beinzelle, —büchſe, —dorn, —jalz, —itoff, —waſ⸗ 
fer. — Ein Demagogenriecdhernashornsangefiht. Platen, die ver 
hängnißvolle Gabel 5. Der Fürft trug mid) überall wie ein Riehfläid- 
chen bei fih. 3. Paul, Heiperus 17. Weihrauch zu ziehn in meiner 
Naſe Riechorgan. Platen, rom. Dedipus 1. 

Ruch (mhd. ruch), gebräudlicder Geruch (f. S. 298). — Meine 
Narde gab feinen Ruch. Luther, Bibelüberf. Hobel. 1, 12. Er gibt 
einen Ruch von fih, Fleming ©. 135 der Lübecker Ausgabe. 

Bär zu Wandsbeck rod den Ruch. Claudius. Herlihde Düfte, ger 
waltig, ftrömen füßen Geruch, Alles befebend, umher. Göthe, Me 
tamorphoje der Pflanzen. Wo vormald die Opfer, Gott ein fiker 
Geruch, fid) unentheiligt erhuben. Klopſtock, Meifind 4, 303. — 
Trug dich dein Pferd fo leicht herum und fcheute vor dem Blutge- 
ruhe niht? Göthe, Egmont 4. Wie ermattete Schiffer, die fich auf 
Die Erde, ihre Mutter, längelang binwerfen und den flärfenden Grd- 


! 


Bau 


eruch mit vollen Zügen athmen. Herder. Den Staubleib tragen, . 
it feiner Zodtenfarbe, und jeinem Siechthum, feinem Gräberge- 
ud. Schubart. Der garftige... Raum, die Kälte, der Moderge- 
uch, alles Sn war mir im höchſten Grade zuwider, Göthe, 
eben 4. B. Das (Zimmer) der Delgeruc noch unangenehm madıt. 
Höthe, Meifters Lehrj.7,5. Gleih Opfergerüchen. Göthe, Iphi— 
enie 4,5. Ein ſtarker Schwefelgeruch umzog und. Göthe, Leben 
0.8. Alle Wohlgerüche Arabiens würden dieſe Heine Hand nicht 
vohlriechend machen. Shakeſpeare, Macbeth 5, 1. 
Die Synonymen f. S. 298. 

Aucdgras, — [08 (ohne R.), —ſaat (Klebkraut); geruchlos, 
—mangel, —voll; Geruchsempfindung, —nerve, —finn. — Geruch— 
ofe Blumen. Geßner. Du, der in feinem Erbreich allen Mufen 
ſeruch volle Tempel weihte! Küttner. 

Hauch (ahd. rouh, mhd. rouch, altn. raukr, reykr, agſ. re 
oec, altſ. roc, litthau. rukis, engl. reek, ſchwed. rök, dän. el 
5. 460); rauchig (ahd. rouhic, rochic, ruchic, mhd. ruchec); 
:auchen (ahd. rouhan, rouchan, rouhjan, rouhen, mhd. rouchen), 
äuchen, gebräuchlicher räuchern: ab—, an—, auf-, auß—, be—, 
urch —, ein, nach —, um—, verrauchen und —räuchern. Rancher, 
Räucherer, Räucherung. — Beim Heerraud (ſ. S. 10). Göthe, 
Zarbenlehre 154. Eine Art Höherguch. Göthe, ital. Reife 14. Sept. 
1786, Hügeraud. Lohenſtein, Suphonisbe 2, 369. Umflort vom 
euchten Nebelrauch. Salis, die Herbftnadht. Ein reines Herz und 
Beihraucd und Gebet bringt fie den Göttern dar. Göthe, Iphigenie 
, 1. — AS er rauchen fieht den Schlot. Schiller, Gang nach dem 
Siienhammer. Schon daß er unterwegs ſchlechten Tabak rauchte. 
Höthe, Leben 14. B. Du fah er vor fih, in rauchendem Blute, 
inen Mörder, der fo erwürgte. Klopftod, Meſſias 5, 430. Es 
ernte Joſt ohn' Unterlaß, daß ihm der Kopf fat rauchte. Hagedorn. 
zhm zu dämpfen die Unruh, will ich die Pfeif? berlegen, und was 
onft wünfchet ein Raucher Voß, Luiſe 3. b, 623, — In welchen 
Schalen) die verjchiedenen Mifchungen abgeraucht werden jollten. 
Höthe, Leben 8. B. Den Büherhaufen). bis an’s hohe Gewölb' 
inauf, ein angeraucht Papier umitedt. Göthe, Fauſt 1, 31. Sie 
die Locken) rauchten dampfend auf, gequetfcht vom heißen Stahl. 
zachariä. Auf dem Plage dampften verichiedene Deffnungen, andere 
atten ſchon ausgeraudt. Göthe, Leben 10. B. Nah ausge- 
auchter Pfeife. Daf. 14. B. Nur daß die Luft nicht verraucht. 
pig. — Mit edlem reuchwerk wol durchreucht (durchräucht). H. 
Sache. — Daß die Hausfrau einfalzen und räuchern muß. Göthe, 
tal, Reife Neapel 28. Mai 1787. Dieje perennierende Baljamftaude, 
te den innen Menfchen immerwährend anräuchert. 3. Paul, Titan 
3. Hundert Lumpenhunde kämen täglih mich zu beräuchern. 

| ur 





1012 


Böthe, Ramenu’s Neffe. Daß ih durchräuchre den Saal. Boß, 
Odyſſee 22, 482. Vom Höfling rings umräudert. Klopfiod, Kai- 
fer „Heinrich. 
Weihrauchbaum, — büchſe, —faß, —fihte, —holder, — käſtchen, 
—fiefer, —kraut, —rinde, —ftunde, —ſtrauch, —vogel, —wurz n. a; 
Weihrauchsdampf, —nebel. — Schon ahn' ich aus der Schafe Weib: 
rauch duft. Göthe, Fauſt 2,84 Ein weihraudleer Altar. Lohen⸗ 
ftein. Wenn er durch Weihrauchwolken zeucht. Ramler. Zıma 
Weihbrauhsdampf was duftet fo gemiiht? Göthe, Fauſt 2, 86. 
Dann muß fortan, nach magifchem Behandeln, der Weihrauchs— 
nebel fih in Götter wandeln. Daſ. 2, 77. 
Rauchfang (im 15. Jahrh. rauchfankch) aufgebauter Kanal 

zum Auffangen und Wegführen des Rauches. — Ein Rauchfang if 
dir auch gewiß. Göthe, Fauſt 1, 72. 

Schornſtein (mh. scorstein, älternhv. schorstain, schornstein, «lt 

niederd scorenstein, mittelnieberd. schorsten, dän. skorsteen , Bolfsiprade 

Schornſte, Schürnfte, von altſchwed. skarsten — Herbplatte, dies ven 

altn. skara = ſchüren, Feuer anwehen ſ. S. 117) zunaͤchſt die ſichere Unterlage tes 

Feners im Haufe, um es erhaben zu befferem Brennen der Luft mehr ansja- 

fepen; uhd. die aufgebaute Höhlung zur Abführung des Rauches. Schlot 

(ahd. mhd. slät, niederd. slöt) ift zunächft etwas Hohles, bezeichnet dann den 

Rauchfang als röhrenartigen Abzugskanal oder Höhlung des Rauches. Ka: 
min (älternhd. kamin, kemit, kemmet, chümich, kömich, aus lat, cami 
nus, gt. xauvog) bezeichnet zunädhft die offene Beuerflelle des Zimmers, melde 
bei und gemauert ift, dann die Beuermauer zum Auffangen und Kortfähren 
des Rauches, im Befunderen die Fleinere Feuermauer, welche von bem Ofen 
eines Zimmers ausgeht. — Aus dem Haus zum Schornftein hinaus. Gätke, 
Fauſt 4, 121. Und als er rauchen fieht den Schlot. Schiller, Gang nad 

dem Gijenhammer, Es (das Stühchen) hat einen Kamin, ber zwar im 

Winter ein wenig raucht. Leffing, Minna v. B 1,3. 

Nauchdicht, — fanggeld, —fangfehrer, —fangfteuer, —farbe, 
—farbig, —feuer, —gans, —gelb, —gewölbe, —grau, —holz, —kam⸗ 
mer, —Enecht, —kohle, —Eugel, —loch, — meiſter, —opfer, —pfanne, 
—pfennig, —poftl, —pulver, — ſchutz, —ſchlich, nr — jpinne, 
—ftein, —fteuer, —ftube, — tabak, —topf u. a.; Abrauſchale; 
Räucherfleiſch, —holz, —kammer, —fammer, —lampe, —pfanne, 
—wurſt u. a — Dann rauft man aus der Stirn ihm (dem Bode) 
Huar und wirft ed auf den Rauchaltar. Hagedom. Rauchdampf 
fehn wir allein von der Erd’ aufiteigen am Himmel. Voß, Odyſſee 
10, 99. Der ihm das Rauchfaß fnieend bei der Meſſe jchwingt. 
Platen, rom. Dedipus 2, Durch die Raudgluth ſiedet Baljam 
. aus dem Harzbauım. Göthe, Pandora. Worin man für fie eine Rau 

pfanne mehr voll Kohleudanıpf als Wohlgeruch herumtrug. 3. Paul, 
zitan 36. Veſuvs Raüchſäule wurde abgeweht. 3. Paul. Jetzt 








1013 


zuckten gabelfchwänzige Rauchſchwalben mit der PBurpurbruft 3. 
Ban, Titan 43. Wie ich felbft aus den fich mehrenden weißen Raud- 
treifen febe.. © Wagner. Purpurflanımen und vollmondröthliche 
Rauchſtroͤme. Sonnenberg. Sch bringe ſüßes Rauchwerk in Die 
Zlamme. Göthe, Iphigenie 3, 1. Den wohlgebauten höhern Theil 
der Stadt von leihten Rauchwolken gedämpft. Göthe, Das Kind 
mit dem Löwen. — Bis auf das leichtefte Wölkchen des Räucer- 
altars, die Schmeichelei. ‚Klopftod, ihr Tod., Indem er Räuder: 
kerzchen befaß. Göthe, Leben 1.8. (Wenn) einer feinem Gaſte 
jeßt gutes Räucerpulver und dann Geftanf aufitreute. Klopſtock, 
Gelehrtenrepublik. J 

Anm. 1. Grimm rechnet hierher noch Gerücht (146.149), Nah Weis 
— ſich in dieſen Worte zwei Verba gemiſcht, ahd. rahhön — erzählen 
und rie . 

Anm. 2%. Nah Schwend iſt der röchelnde Tun des Athems Grund⸗ 
beventung von riedyen. Darnady gehörte auch röcheln, lat. erugere, eructare = 
rülpfen, gr. dpavyasv zu derſelben Wurzel. 


.Kriechen. 
(Wurzel kruch.) 


Krieche, kroch, gekrochen, Eriechen (kriuhhu, krouh, kruh- 
hum@s, krohhandr, kriuhban, kriohban; mbd. kriuche, krouch, 
krüchen, gekrochen, kriechen) 1) vermittelft der Füße fid) von 
einer Stelle zur andern bewegen, mit dem Nebenbegriffe, Daß dieſes 
auf eine langſame Art geſchehe; 2) (in engerer Bedeutung) fid) mit 
geſenktem Leibe und gefrümmten Beinen von der Stelle bewegen, von 
ſolchen Thieren, von welchen man jonit friechen nicht gebraucht; 3) 
(uneigentlih) von Gewächſen, die fi) nicht in die Höhe erheben, fon- 
dern nahe an der Erde ausbreiten. — Der in ein Bockshorn kruch. 
Lohenſtein, Cleopatra 1, 234. Ich kroch durch alle Krümmen des 
Gebirge. Schiller, Tel 2, 2 Das ift feine Beute, die da kreucht 
und fleugt. Daf. 3, 1. . 

Ab—, an—, auf—, aus—, be—, bei— , durh— , ein—, 
mpor— , ent— , entgegn— , er—, her—, herab —, beran—, 
herauf , heraus —, herein —, herüber—, herum - , herunter — 
hervor —, herzu —, bin— , hinab —, hinan—, binauf—, hin⸗ 
aus — hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —, 
hinzu —, nah —, nieder— , über—, um—, umher—, unter —, 
ber — vor—, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber—, zu—, 
zurück—, zuſammenkriechen. — Als dort nur ſo eben ankriechen 
zu dürfen... Klopſtock, Gelehrtenrepublik. Bon Mopſen wird er (der 
Hand) faum erkannt, jo dürftig kommt er angekrochen. Hagedorn. 
Ber konnte es dir an der Nafe anjeben, DaB du mit deiner roman 
haften Liebe würdeft angefrochen kommen? Weiße. Der Zölpel ver: 








1014 


ſchwindet —— fo wie der Cavalier auskriecht. Lichtenberg, 
orbis pictus. Sie werden dich befriechen, die Ameifen. Leifing, 
Ernft und Fall 2. Ich durchkroch fie (die Höhle). Göthe, Eam- 
pagne in Frankreich Duisburg Rvbr. Sie (die Ehrfucht) bricht deu 
Abgrund auf, durchkreucht der Grüfte Nacht. Günther. Wie wir 
alle leider mit dunkeln Sinnen in die fchöne Natur einkriechen 
J. Paul, Titan 11. Wo Velten elinkriechen zu lichten Pünktchen. 

Raul. Dem bäßlichiten Gefpenft, das dem Kozyt entkroch. Seume 

ol ich dem nur immer die Höhe erfriehen? Göthe, Briefe ans 
der Schweiz 1. Abtheilung. Man hält ihn des Glücks für unwürdig, 
weil er e8 erfriehen will. Gellert. Da er denn, unter Gottes 
GSeleit, durch Hülfe feines Stabes allgemah in den nächſten Ban 
fortfrod. Göthe, -St, Rochusfeſt. Doch von dem Ohr des Arg- 
wohns aufgefangen, kriecht es (das Wort) wie Schlingfraut endlos 
treibend fort. Schiller, Braut v. M. Sie (die Schnede) kommt 
herangefrodhen. Göthe, Fauft 1, 212. Selbſt die ungeftalte 
Epinne roch herbei und fog gewaltig. Göthe, die Nektartropfen 
D, immer noch befier, Vater, als ich Eröch’ um den Thron herum. 
Schiler, Kabale und Liebe 1, 7. Daß er hinabkriecht und den 
Kinbläjer feines Xobredners macht. J. Paul, Hefperus 1. Die mie 
Spinnen an den glänzenden Wänden hinaufkriechen. J. Paul, 
Heiperus 13. Ehe wir zu dem Zaun wieder hinauskrochen Göthe, 
Canıpagne in Franfreih 4. Det. Gar bedächtig kroch er hinein 
Göthe, Reineke Fuchs 3, 368. Wo er auch unter den Meufchen 
hbinunterfriedht. Schiller, Kabale und Liebe 1, 7. Diefe Scha⸗ 
Ienthiere des moralischen Daſeins mögen ihren Fühlhoͤrnern nach⸗ 
kriechen. Benzel- Sternau Da überkroch die Holde plöglich ein 
Schlummerhügel. 3. Paul, Hejperus 18. Ad) wer mag doch 
funft das Unglüd, fo ftets vberfreudht den Menfchen und in Ar 
muth zeucht. H. Sachs. Welche das Rennthiermoos umkreucht 
und die Alpenbirfe. V. d. Lühe. Der-Epbeu frod an der Mauer 
umber. Pyrfer, Rudolph 7. Es kommt eine Zeit, wo man Geit 
dankt, wenn man irgendwo unterfriecden fann. Göthe, Egmont 3. 
Wie nur fo viel verflucht Geftndel im engen Haufe fih verfred! 
Göthe, der Müllerin Verrat, Daß taufendmal fi) das entfepfice 
Geſtändniß ſchon auf meinen Lippen meldet, doch fcheu und feig zu⸗ 
rück zum Herzen frieht. Schiller, Don Karlos 1, 2 Warum fell 
denn der Geilt fo zufammenfriedhen? % Paul, Titan 57. 

Anm. In partieivialer Zufammenfeßung fagt Klopſtock, Meſſ. 6,385: Ber 
Allen hatte mit Schmähfucht Bhilo und erdekriechender Bosheit ihre ſcher 
Fleinen beweglichen Herzen erfüllt. 
Krieche, Eriechig ; Kriechung, Kriecher Kriecherei, Kriechbohne, 

—ente, —erbje, —ling, müde, —röhre, —tofe u.a. — Säned- 
friechige fupplerin. Fifchart, Gargantua S. 87. Folgerungen, die 


1015 


in argliftiger Kriecher daraus zieht. Lichtenberg, Epiftel an Göb- 
rd. Kuechtlichfeiten und Kriechereien. Klopftod, Gelehrtenrepu- 
if. Mebertriebene Kriecherei gegen Hofleute. 3. Paul, Hefperus 
16. Hätte der Winkelkriecher zu Haufe geſehen. Shafefpeare, 
Rab für Maß 4, 3. Doc) werde zuvor bei den Schädeln am Opfer 
reiner Kriehfucht! Klopſtock, Meſſias 13, 527. 


Bieten. 
(Wurzel bud, but.) 


Biete, bot, neboten, bieten (ahd. piuta, pöt, putumes, po- 
anôr, piutan und piotan; mhd., hiute, böt, buten, geboten, bie- 
en; goth. biuden, altj. biodan, altfrief. biada, neufrief. neuniederl. 
jieden, neuniederd. beden, agſ. beödan, altengl. bede, engl. bid, 
ıltn. biodha, bioda, ſchwed. bjuda, dän. byde) 1) eig. wol darge— 
sen, darreichen 1); 2) (veraltet) befehlen, (gebieten); 3) zu leiden zu— 
nuthen; 4) im Haudel anbieten, gewifferniaßen eine Summe Geldes 
Yarreihen; 5) fagen, wünfchen: einer guten Morgen. — Welcher ift 
„unter euch Menichen, jo jn fein Son bittet vmbs FEN Der jm einen 
Stein biete? Luther, Bibelüberf. Matt, 7,9. In Scywaben bie- 
ten ſechs (Regimenter), in Bayern zwölf deu Schwediſchen die Spitze. 
Sciler, Piccolomini 1, 2. Ich biete meine Treu’ nicht feil. Daf. 
4, 4& Beut der ftrengen zeit, Daß fie nicht gierig fey, durch falfche 
ud und lift dem Bande weh zu thun. Sofmannswaldauifhe Ged. 
2, 32. Der Liebe Glück der Waare gleich zu achten, worauf gebo— 
:en werden kann! Schiller, Don Karlos 2, 8. Der König ſendet 
nich bieher und beut der Priefterin Dianend Gruß und Heil. Göthe, 
Iphigenie 1, 2. Glüdlidh, wenn ein deutiher Mann feinem Freunde 
Better Micheln gun Abend bieten kann. Göthe, Muſen und Gru- 
ien in der Marl. : 

Berbieten 1) als unzuläfig beitimmen mit Straffälligfeit gegen 
Zuwiderbandfung, oft auch bloß verwehren; 2) (veraltet) vorladen, 
vefannt machen; 3) (veraltet) in Befchlag nehmen. — Geh’, ich reiße 
nich 108, obgleich die männliche Tugend nicht die Thräne verbeut. 
tlopftod, an Giſeke. O fo vergönne mir nur das zu feheinen, was 
as Geſchick zu werden mir verbeut. Ramler. Weißt du, daß Dich 
te Acht verfolgt, daß du dem Freund verboten?) und dem Feind 
rlaubt? Schiller, Tel 5, & Einen neuen Bau verbieten (be- 


1) Die Orundbebeurung if wol finulih fireden. Vgl. Parzival swar ern 
den arm) böt oder swanc = wenn er ten Arm ftredite oder ſchwang. 

1) Verbieten und erlauben find hier Ausdrücke bei der Acht gebräuchlich. 
der Leib des Beächteten war jevermänniglich erlaubt d. i. freigegeben, auch den 
zoͤgeln, rn vogelfrei d. i. den Bögeln freigegeben.” Wurm, Hufer, Pros 
ramm 9. . - N 


+ 








1016 


kannt machen). Jülicher Polizeiordnung. Ein igleich (jeglicher) man 
oder fraw, Di purpur ſint, Die verpietent (belegen mit Beichlag) 
einen igleichen man oder ein frawen vn ir gelt wol in der flat, wen 
fie herin homment. Ruprecht v. Freiſ. Rechtb. Weitenrieders Beitr. 7, 104. 
Unterfagen (1. fagen ©. 73) durch wörtliche Willenserflärung befims 
men, daß etwas bisher Zugelaffenes oder als zuläffig Angefehenes unterlaffen 
werde. — Oft hab’ ich's ihm unterfagt. Herder, Eid 7. 
Ab—, an— (©. 708), aner—, auf—, aufge —, aus —, dar — 
(©. 708), ent— (©. 708), entgegen—, er — (5.708), ge— (8.5), 
herum —, nah —, über , um —, vor —, zu —, zurücdbieten. — Ueber: 
legen fie das Glück, das ſich ihnen heute auf ihr ganzes Leben an- 
bietet. Gellert. Ich kann mit ihm nicht rechten, fann ihn weder 
verklagen, nod) mich jelbft vertheidigen, nod ihm jegt genug zu thun 
mih anerbieten. Göthe, Taſſo 2, 4 Das ftile Loos, Pas ich 
mit diefer Hand ihr anerbiete Schiller, Jungfrau v. O. 3, + 
Sa, ich verſuch' es, Alles biet' ih auf. Schiller, Maria Stuart 2, 8. 
Ja babe alle Fürſten aufgeboten. Dal. 5, 7. Ich erfrage mir 
verfprochene AJunggefellen, Die ſchon zweinml aufgeboten cin der 
Kirche aufgerufen) find. Shakeſpeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 4, 2. 
Er lies den Jüden auffgebieten. Luther, Bibelüberf. 1. Mach. 9, 
63. Kleine Krämer, welde ... ihren Kram ausbieten: Göthe, 
ital. Reife Neapel 38. Mai 1787. Des Sternberg’s Güter merden 
ausgeboten. Sciller, Piccolomini 4, 1. Ich biete dem Junker 
aus. Schiller, Kabale und Liebe 1, 1. Stund’ um Stunde wird 
uns das Leben freundlih Dargeboten. Göthe, Elegie. Ludwig IL, 
Sohn des in Apulien verftorbenen Valois, wurde ins Land entbo- 
ten. Platen, Geſch. d. K. Platen 1, 2. Laß er den Bifchoif zu- 
entbieten. Zinfgref, Apoph. 1, 43. Der Füngling ihr entgegen: 
bot: O kämeſt du herab zu mir! Uhland, der Schäfer. Der König 
gebent, daß ich am Kreuz mit dem Leben bezahle das frevelnde 
Streben. Schiller, Bürgfehaft. Und weil hier die Scham nun nicht 
weiter gebeut. Göthe, Todtentanz. Sieben geboten (ftanden von 
der Hut. Voß. Die Zeit hat hierüber mit einer gebietenden Stimme 
bereit8 entichieden. Herder, Seine Worte bot er mit der Kreigebig- 
feit eines Weltinannes ... wie Schnupftabak herum. 3. Paul. Wir 
bewunderten die verfchiedenen glänzenden Darftellungen und feenmäßis 
en Alammengebäude, womit immer ein Gejandter den andern zu 
berbieten gedacht hatte. Göthe, Xeben 5. B. Ein linterbett, das 
ihnen beim Aufitreih überboten wird. Schiller, Räuber 1,2 Wen 
er Waar’ umbietet im Land. Voß, Luiſe 2, 281. 
Die Synonymen von an—, aner—, dar—, ent—, erbieten i. 
©. 708, von gebieten ©. 5. 


Anm. Die Participien gehalten noch andere Zufammenfegungen, z. B. die 
friedenbietenden Herzen. Pyrker, Rudolph 8. An der ſiegsruhmbieten⸗ 








1017 


den Laufbahn. Daf. 9.. Mit fampfanbietender Stirn. Pyrker, Tuniſtas 9. 
Unfer Hauptmann und hochgebietender Herr. Schiller, Wallenfteing Lager 7. 
Die thatengebletende Sturmfahn? Pyrker, Rudolph 9, Dem Schreiben des 
gottgebotnen Geſetzes. Klopſtock, Meſſias 9, 209. ö 


Bietung (ahd. bietunga, mhd. bietunge); Bieter (mhd. bie- 
tere); Anbieter, Gebieter (mhd. gebietzere, gebieter), Öebie- 
tiger (felten); gebieterifch; bietig; erbietig, gebräuchlicher 
erbötig (©. 741); Gebiet (mbd, gebiete) das Recht zu gebieten ; 
Bezirk in welchem Jemand zu gebieten hat. — Die Handbietung 
diefer beiden Entwürfe war ein Hauptgrund ihrer Ausführung. Campe. 
(Wir find) gegen fo holde Anerbietungen unempfänglih Göthe, 
Zeben 13. B. Mein Gemüth war von Natur zur Ehrerbietung 

eneigt. Göthe, Leben 1. B. Sprecht ehrerbietig, mit Gelaflen- 
beit: Schiller, Maria Stuart 3, 3. Was ihr befchließet, werdet ihr. 
dennoch zufeßt als Herr und Gebieter volljiehen. Göthe, Reineke 
Fuchs 7, 124. Ich Halle die hochmüthigen Aftergebieter der 
Schöpfung. Benzel-Sternau. Dem tapferen Heldengebieter. Pyr— 
fer, Tuniſias 1. Der trefflihe Zagergebieter. Dal. 6. Du bift 
Obergebieter. Voß, Zlias 9, 69. Mit den oberften Schiffes- 
gebietern. Pyrker, Tuniſias 3. Und es ritten die Führer zum 
Schlahtengebieter. Sonnenberg. Den gewaltigen Schreden- 
gebieter. Boß, Ilias 6, 97. Bölfergebieter. Voß, Odyſſee 
4, 156. Ein hoher Weltgebieter. Tiedge, Urania 3. Englands 
Handelsgebieter. Beder, Weltgefhichte 7. A. 14, 148. — Was! 
tief Zuciane gebieterifch. Göthe, Wahlv. 2, 4. Don Pedanterie 
und gebieterijhem Weſen merfte man wenig. Göthe, Meifters 
Lehrj. 3, 12%. — Den. (Vertrag) bin ich, meinethalben (meinerjeits) 
zu geleben auch bietig. Krenner, Landtagsh. I1, 39. Wann jedes 
mich eines beffern zu berichten erbietig it. Harsdörffer, Zrauenzim- 
mergefprächfpiele 1, 20. Auf welches Nnfprechen die Frauen allemal 
gar willig und urpietig gewejen. Weftenrieder, Beitr. 5, 106 v. 
3. 1580. Sep er willig und dero begehrten zu be— 
fürdern. PB. Abraham. — Zu des Himmels Zuftgebieten., Unge 
nunnter bei Campe. Schnell von Geſtirn zu Geftim durch tiefere 
Sonnengebiete ſchwebt' er dahin. Sonnenberg. Der Heerzug 
freifte um Mitternaht durch Sonnen- und Sternengebiete. 
Sonnenberg. Ein Leben, das jo weit, weil über Staubgebiete 
hinaus die Wurzel ſchlug. Tiedge. 


Herr (f. ©. 56); herriſch (mhd. herisch, hbersch) ſich beſtrebend 
and überhebend, Andere nud feiner Willeneäußerung zu beflimmen, und zivar 
immer mit der übelen Nebenbetentung beleidigender Anwendung oder Uebertrei- 
bung wie der Ueberhebung gegen Untergebene oder überhaupt Andere, gleich 
als wenn man fie ald Untergebene anfähe. — Bon biefen tropig herriſchen 
Gemüthern fich meiſtern laſſen. Ehiller, Jungfrau v. ©. 1, 6, 


3 


1018 


Gebieterſchaft, — ftimme. — Auch zeichnet fich feine Gebieter- 
{haft im äußern Betragen durch Gang und Miene aus. Grellmann. 
Allgewaltig treibt des Augenblides Gebieterfiimme mid au dus 
entwohnte Licht der Welt hervor. Schiller, Braut v. M. 

Bot (das, mhd. bot) — Befehl, Anbieten eines Preifes für 
eine Sache, ift veraltet, und nur in Zufummenfegungen noch gebräud- 
lich: Gebot (ahd. kipot, mhd. gebob ogf altn. bod f. S.6), Auf⸗ 
gebot, Berbot (mhd. verbot). — Wieder ein Gebot ift: du fol 
nicht fehlen. Schiller, Wallenſteins en 8 68 erihien ein Auf: 
. gebot, niemand aber wollte geben. Göthe, Tag- und Jahreshefte 
1794. Die Dam’ ift insgeheim dem Lord verlobt, und ich, ihr Mann, 
verniht” Eu’ Aufgebot. Shalefpeare, K. Lear 5, 3. Das muß 
der Aufbot (Aufruf) feon zu ihrer Buhlerey. Hoffmannswalden. 
Es fen der Aufbot da zur langen Ewigkeit. Weichmann, Poeſie der 
Niederſachſen 2, 226. — Daß id ein Eilgebot des Könige tren 
erfülle. Göthe, Zauft 2, 180. So fehr mißtrauen fie beide noch 
dem Göttergebot. Voß. Trautes Niden, grüß eudy Gott! war 
des Mädchens Grußgebot. Blumauer. So mit Herridyergebet 
umwandelt’ er Schaaren der Männer. Voß, Ilias 4, 250. Auf der 
Göttin —— Schiller, das eleuſiſche Feſt. Ihrer Bruft ge⸗ 
waltige Luͤſte zaͤhmet das Naturgebot. Daf. 

- Mit Aufgebot (allg. Bewaffnung und Verſammlung von wehrhafter 
Mannfchaft eines Volkes) find finnverwandt: Heerbann (ahd. heribse, 
mbb. herban f. ©. 111 und 247) das_rechtmäßige Aufgebot der Wehrpflichtigen zum 
Kriege. Landſt urm (f. S. 291. 601.680) das Aufgebot der ganzen Mafe 
des Volkes, vornehmlich aller wehrhaften Männer des Landes, zur Bewaffnung 
und Abwehr gegen den Außern Feind. — Schon kommt er angezogen mit 
flarfem Aufgebot. Uhland, die Döffinger Schlacht. Much der mädtige 
Burgund, der Länders@ewaltige, hat feine Mannen alle herbeigeführt... Eie 
folgen alle dem Heerbann des gewaltig herrfchenden Burgund und wollen 
Orleans bezwingen. Schiller, Jungfrau v. O. Prolog B. 

Bote (ahd. poto, mhd. bote, altn. bodi, agf. boda) eig Dar- 
bringer; dann allg. wer zum Verſchicken in Ausrichtung von Aufträgen 
gebraudyt wird, mährend die Verkleinerungsfform Büttel (ahd. putil, 
‚mbd. bütel, agf. bydel, engl. beadle, dän. böddel, ſchwed. bödel, 
ital. bedello, ſpan. bedel, franz. bedeau) nhd. nur in der Bedeutung 
eines niederen Gerichtödienerd gebrauht wird. Bon Bote fonmt 
Botſchaft (mhd. boteschaft, botschaft), Botfhafter (S. 229 
und das jeltene Verbum verboten = durch Bote oder Botſchaft 
melden. — Stehn wir nicht in tiefem Frieden mit dem Ezaar zu Moskau? 
Ich ſelbſt als euer Lönigliher Bote errichtete den zwanzigjäbrigen 
Bund. Schiller, Demetrius. Du ew'ge Sonne, die der Erdball um- 
kreiſt, fei du die Botin meiner Wünfhe! Daf. Unfere Wänſche 
find Borgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen, Borboten des⸗ 





1018 








jenigen, was wir zu feiften im Stade fein werden. Göthe, Leben 
9 3. — Bie ein Zlügelbote des Himmels. Shafeipeare, Romeo 
und Julie 2, 2. Sei mir gegrüßt, begnadigter Seraph, du Frie= 
densbote! Klopſtock, Meffias 1, 493. Als zum obern Schloßther 
ein Fußbote bereingeiprungen kam. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 
16. Der Sarnbote beftieg den Heuboden. Daj. 8, 5. Der Ge- 
richtsbote. Göthe, Götz v. B. 4. So überrafht mich hier der 
Himmelsbote Schiller. Lihtboten find nicht rein vor ihm. 
Herder. Zu Liebeshoten taugen nur Gedanken. Shakefpeare, Mac- 
beth 2, 5. Um mich als einen Mahnboten zu zerftreuen. Göthe, - 
Zeben 4. B. — Benn mich der Poſtbote nicht drängte. Göthe, 
Wahlv. 1, 1. Wohl eingelemte Stundenboten konnten fogar von 
Der Länge ihres eigenen Schattens ohnfehlbar die rechte Morgens und 
Abendftunde angeben. Böttiger. Die grauen Streifen, die das Ge- 
wölk durchziehn, find Tagesboten. Shafefpenre, 3. Cäfar 2, 1. 
Jedes Rauſchen fündigt mir den Fußtritt eines Unglücksboten an. 
Schiller, Wallenfteins Tod 8, 3. — Gabriel aber erhub fich zur neuen 
Botſchaft. Klopſtock, Meſſtas 1, 705. Kein fo herb Geficht zu 
einer folhen Kreudenbotihaft. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 7. 
Wer aber bringt der Mutter Helabe die Trauerbotfhaft von 
Achillens Rufe? Collin. Den Ichönften Boten Unglüdsbotfchaft 
häßficht ihn. Göthe, Fauſt 2, 221. — Der Fiscal, der ein befcheide- 
nerer Büttel als der Gouverneur war, wendete fich zu ihm und fagte. 
Göthe, Benvenuto Eellini 1, 12. — Den Namen verbotener Ge— 
richte führten die Freigerichte ohnftreitig daher, weil das Gericht der 
missorum unter dem blauen Himmel em ungeboten, das Stillgericht 
aber ein geboten Ding war, wovor feiner, ald wer Dazu werbotet 
geladen) war, erihien. 3. Möoſer, die weit. Freigerichte, 
Die Synonymen von Dienftbote f. ©. 2235. — Mit Borbote (bee - 
einen andern anfünkigt. der nach ihm kommt) finnverwandt if Vorläufer 
(. Taufen) fowol wer über den Anbern binansläuft, daß diefer nachbleibt 
als auch wer in Beziehung anf einen Andern fo ſich hinbewegt, daß biefer 
nach ihm iſt ober fommt. — Er lebt nur mit Erzvätern, Propheten und 
Borläufern. Göthe, Leben 10. 2. 
Anm. Unfer Pedell it bloß eine Eniftellung aus Büttel. 

Botenamt, — brot, — büchſe, — lauf, —läufer, —lohn, —meis 
fter, — ſchild, —ſpieß; botmäßig, —mäßigfeit. — Dem guten Bo⸗ 
ten fein Botenbrot? Leſſing, Nathan d. W. 5, 1. Die Boten- 
frau fiebt vor der Thüre. Göthe, Briefm. mit Schiller 4, 29. Der 
fhwerfälige Botengang unfſerer Sprade. Thümmel. Bleicher 
Botenlänfer. Shafefpeare, Kaufmann von Benedig 8, 2. Zum 
Vorſchmack eures Botenlohns nehmt diefe Kleinigkeit. Göthe, Eus 
genie 2, 5. Mein Botenſtab ergrünt von frifhen Zweigen! Schil- 
ler, Braut v. M. Die Botenftunde jchlägt. Göthe, Briefe. mit 


1020 


Schiller 5, W. Bielleiht bat ihn (Th. Earver) Voigt, der mit Reife: 
befchreibungen reichlich verfehen ift, und mir ihn wohl auf emen Bo- 
tentag leibt. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 147. Daß Sie der 
Aufſa Bogen mit den Botenweibern erhalten. Dai. 1, 19. 
nm. Dus zu bieten gehörige nbd. Biet — Gerüſt hatte früher (as 
biuds, ahd. piot, mh. biet, altn. biodr, agf. bööd) die Bedeutung Opfertiſch. 


Klieben. 
(Wurzel klib, klub). 


Kliebe, klob, gekloben Elieben (ahd. chliupu, chloup, chlu- 
pum&s, chlopaner, chiopan und chliupan; mhd. kliube, kloup, 
kluben, gekloben, klieben; agj. cleäfon, clẽofan, altn. kliufa, 
altf. cliobhan, mittelniederl. clieven und cloven, .niederd. klöven, 
engl. cleave, franz. cliver, jdhwed. klyfwa) nhd. jehr felten, iſt eig 
ſich gewaltſam von einander geben, fo daß eine in die Länge gehende 
Deffnung zwiichen den Theilen des feiten Körpers entſteht; (actiw) ge 
waltjum in ſolcher Deffnung ſich von einander geben machen. Die 
Bolfsiprache fagt Eleuben, Elöven, kliwwern. — Des Tempels 
Vorhang zerreiß, und manch Fels zerflöbet. M. Weiß. Das ce 
(das Schiff) halb von annder klob.“ Theuerdank 65, 32. Ausg. 1517. 
Der Hausfnecht, der juft.Scheite klob, lief her mit jeinem Schlägel. 
Blumauer, Aeneis 8 Doch Odin ſchützt' ihn nit, num Noboafters 
Schwert entzwey ihn Eliebt, bis an den Nabel. Alxinger, Dooli 
8, 51. Das jhn (ihnen) die Beuch wolten aufflieben. H. Sachs 

Die Synonymen Spalten und fpleißen f. S. 839. 

Klanben (ahd. chlüban, mhd. klüben), Nebenform von lichen, 
bedeutet nhd. mit den Fingern, oder auch mit Hilfe von etwas, was 
man in den Fingern hält (audy mit den Zähnen) durch Scharren oder 
Schaben in kleinen Theilden von einem Körper nach und nad le 
oder abmachen; (fig.) das Schlechte, Untaugliche von etwas mit den 
Fingern im Kleinlichen aus- und abjondern ; fpipfindig bis ins Klein 
fihe unterjuchen, prüfen und ausjcheiden, beſonders wenn- es auf 
unnütze Weiſe geichieht. Davon Klauber, —erig; Klaubebühre, 
—junge (alle im Bergmweien). — Imſen auf! es (das Gold) and- 

uflauben. Göthe, Fauft 2, 138. Das alte Rom aus dem neuen 
Berandsutlauhen. Göthe, ital. Reife Rom 7. Nov. 1786. Die 
ſes erbärmliche Hervorklauben der frühern und abgelebten Litere- 
tur. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 6. Des öden Formelflan: 
-bens. Boß, der Bund. — Die eigentlihen Geſchichtklanber. 
Kichtenberg, liter. Bemerkungen Die Wortklauber haſchten jeden 
Laut aus ihrem Munde auf. Mujäus. 
Kueupeln (wol eine Fortbiſdung des nieberb. gnauen — beißen, gusu 
ein = nagen, oder von knauen, holland. knaauwen — beißen, ef: 





1021 
rn 
ober verwandt mit. bolländ. knabbeln ?) iR ein mühfames Ragen. Nagen 
(f. S. 721) anhaltend nach und nach mit den Zähnen abbröckeln. — Daß 
wir für Hunger nnd Elend fchier nagen müflen die eigenen Kuchen. Schiller, 
Wallenſteins Lager 1. 


Klaue (ahd. chläwa, chlöa, mhd. klä, agſ. clawu, altn.klA, klauf, 
engl. claw, dän. kloe, klov, ſchwed. klo, klöf, Volksſpr. K'6) mit den Sy- 
nonymen f. ©. 638). Davon Bauig; Elauen = mit den Stlauen 
packen; Klauer; Elauern Cim Holfteiniihen) — klettern. — Unjer 
Vieh foll mit uns gehen, und nicht .eine Klaue dahinten bleiben. 
Luther, Bibelüberf. 2. Mof. 10, 26. — Die Afterkflauen fehlen 
dein Smergeeh. Zunfe. Die Buherflanen find befchwichtigt. Göthe, 
Fauſt 2, 64. Dreimahl den klauigen Krebs... ſah er. Voß. Denn 
ſie warf fih über ihn her, zerbiß und zerkfragt ihm mit den Nägeln 
das Fell und klaut' und zerrt’ ihn gewaltig. Göthe, Reineke Fuchs 
11, 292, 
Andere Synonymen von Klaue' find noch Kralle = der vurfichende, 
frumme fcharfe Nagel an der Zehe des Thieres, Fänge (f. fangen) = 
womit man fängt, bed. bei den Raubthieren das Gebiß, bei den Raubvögeln 
die Klauen, — Um Mitternacht. flieht er Gefpenfter und den Teufel, zählt 
unter der Bettdecke die Krallen an feinen Klauen. Leiſewitz, Rebe eines 
Gelehrten an eine Gefellichaft Gelehrter. Und ans den Lüften ſchwang ein 
Adler fih herab, ein zitternd Reh in feinen Fängen. Schiller, Brant v. M. 


Klauhammer; Klauenfett, —geld, —horn, — muſchel, —fteuer, 
—thaler, —winde, —wurm, — zehnte. 


Kloben (ahd. chlopo, mhd. klobe); Klaft (ahd. chluft, mhd. 
kluft) Einftig; Geklüſt mit ihren Synonymen |. S. 10 und 932. 
— Den Biederhall der Eppichklüfte fehredt Fein Schlachtgeſchoß. 
Salis, an ein Thal. . Unendliches Wehe jchrei’ in der Abgrunds— 
Huft... Satan! Klopftod, Meiflas. Zieht fie in die Bergfluft. 
Voß. Avernus, eigentlich jede Durftende Lache oder Erdfluft, worüber 
fein Bogel fliegt. Voß. In ziemliher Höhe fchießt aus einer Fels— 
kluft ein Acker Bach herunter. Göthe, Briefe aus der Schweiz 2. 
Abthl. Frau Berta ſaß in der Felfenfluft. Uhland, Klein Roland. 
Dann graufen Gelärmes jchmettert’ er's niederdonnernd hinein in den 
Rachen der Graunkluft. Sonnenberg. Dem Scooß der. Stein- 
luft. Matthiffon, die Gnomen. Daß Geninsberuf Sprünge über 
Rieſenklüfte mächt. Benzel-Sternau. — In des Gefängniffes "ties 
fem Geklüft. Klopftod. Noch lagern fie in Wald und Felsge— 
klüft. Uhland, H. Emft 3. Hangendes Feliengeftüft. Voß. 
Ro fein lebender Bach nieder am Moosgeklüft rollt durthfichtige 
Flut. Voß. — Am Kreidefels der kluftigen Leufade. Salis, Monodie. 
Der Kalkſtein ift fehr klüftig. Göthe, Schweijerreife 18. Sept. 1797. 
Wo dieſes Geftein, ninder zerflüftet, die Wafler auf der Ober⸗ 





1022 


fläche zufammenhält. 4. v. Humboldt, Ideen zu einer Phyfiognemie 
der Gewaͤchſe. 
Anm. Klufter = Gtammende eines Baumes gehört ver Volkeſprache an. 
Klobenarbeit, — deichſel, —glied, —holz, — hütte, —ring, —fäge, 
—feil; Kluftdamm, — wert. 
Anm. Rnobland fleht für Kloblauch, wie noch Tſchudi I, 8% Ro 2 
chlounlouch, klobelouch, mhd, klobelouch d. i. geflobener (gefpaltener) 


Schieben. 
(Burzel scup, skuf.) 


Schiebe, ſchob, -gefchoben, fehieben (ahd. sciupu, scoup, seu- 
pum&s, scopaner, sciopan und seiupan; mhd. schiube, schoup, 
schuben, geschoben, schieben; goth. skiuban, agj. sc&öfan, engl 
shove, ſchwed. skufwa, skuffa), wol mit der umfuffenden Grundbes 
deutung floßen, voranbringen, zufammenhäufen, nhd. 1) mit anhalten 
dem Drude an oder auf der (befonder8 wagerechten oder doch beinahe 
wagerechten) Flaͤche eines andern Körpers hin nad und nach bewegen; 
2) allmälid) feine Lage, feinen Zuftand verändern: ein Thier, das Ge 
treide, die Pflanzen fchieben; 3) fich ſchieben aus feiner geraden oder 
rechten Lage kommen; 4) (veraltet) heimlich begünftigen, Vorſchub 
leiften; 5) (veraltet) gerichtlich überweifen, indem man einen augen- 
ſcheinlichen Unftand, ein förperliches Anzeichen eines Fehlers auf einen 
ſchiebt; 6) (veraltet) einen Verbrecher oder eine Gerichtsfache von einer 
incompetenten oder untern obrigkeitlihen Stelle vor eine andere com- 
petente oder höhere bringen. — Das müßt’ ein Kerl fein, der das 
Weinfaß von Fuhd in den Sad ſchieben wollte. Göthe, Goͤtz v.2. 
1. Du glaubft zu ſchieben und du.wirft geſchoben. Göthe, Fanft 
1, 214. Keim fremder Mund ſoll zwischen uns fih ſchie ben. Schl⸗ 
ler, Wallenfteing Tod 3, 15. Der Scharwerch halben werden wir 
auch berichtet, daß die gar ungleich angelegt, und einer für Den andern 
darin gefchont und ae ... daß die Amtleute und Dblente 
einem ſchüben und dem andern Scharwerd) bieten. Krenner, Land 
tagsh. 7, 407. 490. Wer jmp (Bienen) ftilt, werdent Die nicht im 
feiner gewalt begriffen ung daz (bis Daß) er fie auspricht, man mag 
die peyfar (Bienenlörbe) wol auf in fhieben cihn damit gerictli 
Aberweifen), da die jmp inn geweſen fint. WVeftenrieder, Beiträge 7, 
61. Was man in der Stifft in der Wildſchonawe nicht geridyten und 
zu End pringen mag, das foll man ſchieben gen Natfelden. Mos. 
hoica 2, 164. 

Aufſchieben 1) eine Sache auf die audere fchieben; 2) Durd 
Schieben öffnen; 3) (uneig.) etwas, was in der Gegenwart gethan 
‚ werden follte, in der Zukunft thun wollen, es mag bereits angefangen 

fein oder nicht, wobei auf das Bollbringen in der Zukunft einiger 








1023 


Nachdruck gelegt wird, während verſchie ben das Vollbringeu in der 
Zufunft zweifelhaft {äßt. Verſchieben bedeutet noch 1) aus feiner 
Stelle, aus der biherigen Lage ſchieben; 2) aus dex gehörigen oder 
Doch gewöhnlichen Lage, wie auch an den unrechten, ungehörigen Ort 
ſchieben; 3) (uneig.) ln fehlerhaft wachſen; 4) durch Schie⸗ 
ben verbrauchen ‚ durchbringen. — Da ſtand ich in meinem Winkel, 
ſchob das Fenfter halb auf. Göthe, Egmont 5. Sciebt man es 
auf, fo wird der Twing vollendet. Schiller, Tel 2, 2. Daß das 
Unbegeeiflihe nur verfhoben, aber nicht aufgehoben ift. Lichten⸗ 
berg, philoſ. Bemerfungen. Bis auf den > Augenblid verſchiebt 
zu erklären. Göthe, 4. So der gemüthlide Greis 
= verfhob das fammtene Käppchen. Voß, Zuife 3. a, 76. Hat 
fih dir was im Kopf verfhoben? Göthe, Fauſt 1, 144. Jener 
Heine verfchoben.e Kerl von Buchbinder. Thümmel. 
Verziehen (ſ. ziehen) das, was noch nicht angefangen IR, wicht In der 
Gegenwart, oder nicht in der beflimmten oder gehörigen Zeit wirklich machen; 
das, was angefangen ift, in die Länge ziehen, über die beflimmte over gehörige 
Zeit hinaus, wobel das Bollbringen zweifelhaft bleibt. DBerzögern (f. zö⸗ 
gern bei ziehen) recht in die Länge ziehen, ober machen, daß ſich etwas 
über die Gebühr Binzieht, fo daß es nur fehr langſam einen Anfang oder 
Bortgang hat. Bertagen (von Tag, altf. altn, dag, agſ. deg, mittel⸗ 
niederl. dach, daghe, neunieberl. däg, engl. day f. ©. 898) auf einen 
andern Tag hinausfegen. — Einft verzog er mehrere Tage, ich war ıin Bers 
zweiflung. Goͤthe, Meifters Lehrj.7,4. Als der Mond noch Hinter den Alpen 
verzog. 3. Paul, -Hefverus 138. Das Thier verzögerte feinen Schritt. 
Goͤthe, Meiftere Wanderj. 1, 1. Da kommen Juden mit dem Schein vertags 
ter Schnuld. Goͤthe, Miiter Eurts Brautfahrt, Wir geſtehen, daß uns das 


Ießtere der Fall fcheint, und dag wir nicht zweifeln, daß dieſe Bartel ihre - 


Plane keineswegs modiflcirt, fondern nur bis auf den Zeitpunft vertagt hat. 
Augsburg. Allg. Zeitung 1847 Ro. 12, 


Einſchieben 1) in einen Ort, Raum 20; 2) zwiſchen andere 
Dinge, mit in die Reihe bringen, beſonders heimlich) und biermit auch 
Pi bh — te, unrechtmaͤßige Weile; 3) entzwei fchieben: auf der 

mmer aber konnten Die gefchnittenen Steine als ein 

—— "Mittelglied eingefhoben werden, wenn die Unterhal⸗ 

tung irgend lüdenhaft zu werden drohte. Göthe, Kampagne in Zranf- 

reich Münſter Nobr. —* aͤrgerſt du dich über fälſchlich Erhobene? 
Wo gäb' es denn nicht Eingeſchobene? Göthe, ſprichwoͤrtlich. 

Einſchalten (von ſchalten ahd. scaltan, mhb. schalten, altſ. scaldan 

= ſtoßen; nach Grimm II. 986 verwandt mit ſchelten ©. 171, fo daß 

fgelten — Makel zufügen, ein abgezogener Begriff if) in ein anderes Ding 

bringen, fo daß es zwifchen den Theilen deſſelben ſich befindet, wenn man Recht 

oder Gewalt dazu bat, — Unter ven Papieren, die une zur Redaction vors 





1024 
liegen, Anden wir einen Schwanf, den wir ohne weitere Borbereitung bier 
einſchalten, weil unfere Angelegenheiten inmer ernfthafter werben, unb für 
dergleichen Unregelmäßigkelten fernerhin feine Stelle finden möchten. Giüibe, 
Meiſters Wanderj. 8, 8. 

Ab—, an—, aus—, dazwiſchen —, durch —, ent—, entgegen —, 
fort—, her —, herab— , heran —, herauf—, heraus—, Herbei—, 
herein —, herüber —, herum —, herunter —, berau— , bin —, hinab —, 
hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hin⸗ 
unter — hinweg —, binzu— ‚nad — ‚nieder — ‚über — um — ‚umber—, 
unter —, vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber —, weg —, 

er —, zu —, zurück —, zuſammenſchieben find feiner weitern Grflärung 
edürftig. — Hans, nachdem er gelöſet das Hemmſeil, ſchob von der Aus 
fuhrt ab. Voß, Luiſe 1,685. (Die Baroneſſe) ſchob geſchwinde den Leib⸗ 
Schneider der Gräfin dazwiſchen. Götbe, Meifters Lehrj. 3,7. Um 
mehrere Eolonnen neben einander fortzufhieben. Göthe, Kampagne 
in Frankreich 19. Sept. Wenn man die Gefteinarten unterfucht, die 
in den Bächen herabgeſchoben werden. Göthe, ital, Reife Palermo 
4. April 1787. Man jchiebt eine nach der andern heraus umd 
wieder hinein. Göthe, Wahlv. 2, 9. Den Architekten aufzufordem, 
F nöthigen und gewiſſermaßen herbeizuſchieben. Daſ. 2, 4 
ne dltlihe wiunderwürdige Dame ward auf einem Lehnſeſſel von zwei 
jungen hübſchen Mädchen hereingefchoben. Göthe, Meiiters Wan⸗ 
derj. 1, 10. Schiebt meine Bernunft nicht im Kurzweil herum. 
Schiller, Fiesko 1,12. Hätt’ ih fie nicht hervorgefhoben. Götke, 
Fauſt 2, 137. Da ſchob der Luftige Junker einen Knaben vor ſich 
hin. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 8 Ich ſchob ihr das Blatt 
näher bin, das fie fchon wieder mir zugeſchoben hatte. Göthe, 
Leben 5. B. Die Beflerung jcheint wieder weit hinausgeſchoben. 
Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 214. Sie Ihob die Epheuranfen 
mit leichter Hand hinweg. Wieland, Oberon 10,39. Dann ſchiebe 
den fnorrigen Klo nad. Voß, der 70. Geburtstag 113. Daß fie 
und darin getreuli nachſchie ben (uns begünftigen) und bebolfen 
jein follen. Lori, Lechrain 92. Meiner Sehnſucht ſchiebt ein böfer 
Geift ftatt Freud’ und Glüf verwandte Schmerzen unter. Götke, 
Zaffo 3; 2. Nach Tafel... läßt man ein ee Blatt... 
ur Unterfchrift herumgehn. Schiller, Piccolomini 3,1. Führte die 
ferde hinaus in den Hof, wo der willige Knecht ſchon vorgeſcho— 
ben die Kutſche. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 138 Ich ſchob 
den Riegel vor. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 8 Schoppe fam 
zurüd und wollte ihn vor das Loch feines Guckkaftens haben, worin 
er die Bifariat-Huldigung in Klofterdorf vorbeifchob. 3. Paul, Ti 
tan 49. Nicht Schlöffer find, nicht Riegel wegzufcdieben. Göthe, 
Fauſt 2, 73. Schnell die gefellige Menge (der Ameifen), zu taufend 
Schaaren zerfhoben, wimmelt fie hin und her. Götbe, Achilleis. 


1025 


Wie mandyes Zuckerbrot ich euch hab’ zugefhoben. Schiller, Raͤu⸗ 
ber 4,4. (Daß ich) den Kaften zuſchob. Göthe, Meifters Lehrj. 
1, 5. Ich bob noch einen Koffer auf die Kifte, um Die ſchon herein— 
brechenden Füllungen der belagerten Thüre zurückzuſchie ben und 
feftzuhalten. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 8. Haſtig ſchob fie den 
Riegel zurüd. Voß, Luije 3a, 255. Die Vergangenheit beiteht aus 
der Geichichte, die wieder eine zufammengejchobene von Ermor— 
deten bewohnte Gegenwart it. J. Paul, Hejperus 1. 

Schiebe, Schiebling, Schieber: An—., Aus—, Nach —, Bor- 
ſchieber; Schiebung, ſchiebig; Geſchiebe; Anfchiebjel, Einfchieb- 
fel; ſchiebbar, fehieblih: auf , verfchiebbar, —lich. — Ohne 
mich lang zu befinnen, z0g ich den Schieber (von dem Käftchen) 
weg. Göthe, Leben 3. B. Brachte nun der gejchäftige Beſitzer aus 
einem nebenftehenden Schrank neue Schieber zum Borfchein. Göthe, 
Tag- und Zahreshefte 1805. Daß ihn fein Karrenfchieber anders 
verfteht. Leifing, Antigöze 7. Ein fo wadrer Kegelſchieber. Shafe- 
fpeare, Liebes Luft und Leid 5, 1. Aber der Aderamann ift Doc) ſtets 
auf Neue von den immer wieder hervordringeuden Gefchieben ge- 
plagt. Göthe, ital. Reife 14. Sept. 1786. In mandhem Granit- 

ejchiebe fand ich Geichwilter und Verwandte meiner Kabinetsitüde. 

af. 7. Sept. 1786. Nachſchübig ſeyn Einem (ihm Hilfe leiſten).“ 
Urfunde von 1449. So fted’ ich doch voll Narrheiten nicht ſowol 
als voll Narren, die mancher Weile als Einſchiebſel durchſchießt. 
% Paul, Siebenfäs 4. 

Schieb(e)bant, —barte, — bock, —dedel, —eilen, —färrner, 
—floben, —lade, muß, —ochs, — plug, — rad, — ſack, —ſtange, 
—thüre, —werf, —zange, —zeng u. a.; Schieberling, — muth; 
Anſchiebeſtück, — tiſch — Auch hatte man ibm aus dem kleinen 
Schiebefenſter entgegen geſehen. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 5. 
Endlich keuchten zwei Kinder daher, davon eines als Zugvieh an einem 
Schiebekarren angeitridt war. J. Paul, Heſperus 9. Daß man 
Freunde und Feinde (im Puppenſpiel) in Einen Schiebkaſten packte. 
Göthe, Meiſters Lehrj. 1,5. Da ih fein Berufskarrenſchieber 
bin, eine ziemlich zahlreiche Raſſe (Race, Art), die nach und nach ihre 
Schiebriemen jogar zu Ordensbändern erhoben hat. Benzel⸗Ster— 
rau. Und harret, bis die Schiebewände in Ordnung find Der 
neue Froſchmeusler. 

Schub (ahd. scub, mhd. schub) 1) Handlung des Schiebens; 
2) Zuftand, da etwas: ſchiebt; 3) dasjenige, was gejchoben wird; 4) 
fo viel als auf einmal gefhoben wird; 5) Ort, wo Kegel gefchoben 
werden; 6) (veraltet) heimliche Beginftigung, Liſt; 7) (veraltet) Be— 
weis durch den Augenschein; 8) Lieferung der Delinquenten von einer 
Gerichtsftelle zur andern. Davon An—, Auf, Bei—, Nab—, 
Unter—, Vorſchub. Der Volksſprache gehören an: Schübling (eine 


65 ı 





1026 


Art Wurf); Schübet (das Angebadene von Speifen, dad man afd 
bejonders ſchmackhaft vom Ziegel ſchabt); Schübel (ahd. scubil, 
Büſchel, fig. Menge); ſchübeln (am Haar ziehen), fortwälzen (mbp. 
schübelen). — Und zwang im Schub (Schublade) zu wohnen. 
Rüdert, gei. Ged. 4, 300. Kann feinen heißen Schub Suppen lei⸗ 
den. Dr. Minderer 5.111. Nach dem jhm diefer Schub (Anſchlag) 
nicht gerahten wolt, erdacht er einen andern lift. Aventinus, Chrom 
1580. Bl. 85. Hat man des Schubs (augenſcheinlichen Beweiſes) 
nicht, man fol jn vberzeugen mit fiben mannen. Weftenrieder, Beitr. 
7, 61. Da hab dag Recht zwüchen N. und N. einen Schub (Auf 
(hub) gewonnen... Mon. hoica. 9, 287. — Aud der Aufſchub bat 
feine Freunden. Göthe, Götz v. B. 1. Ptochus rufet feinen Freund 
in der Not um Beiſchub an. Logan, Sinnged. 11, 112. Dieter 
Unterfhub der Kritik, Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Daß fie den 
Mördern immer Vorſchub thun. Schiller, Tell 5, 1. — Abers 
Kraut iſts raͤreſt Sreaffe, wenns a reachte Schüepet hot. Weizmann, 
3, 150. 

Schubblech — fach, —fenfter, —farren, — loch, —riegel, — ſack, 
—tifch, —walze, —wand, —weile, —zeit u. a. — Aus diefen Schub⸗ 
fasten lacht uns ein unendlicher Frühling von Blüten und Früchten 
der Kunſt. Göthe, ital. Reife’ Palermo 12. April 1787. Da fie die 
Thür erbroden und offen und die Schubladen in Stauden fand. 
Göthe, Benvenuto Eellint 1, 10. Ein ſchlechtes Schubladenſtück 
Göthe, Wahlv. 2, 9. 

Schubjude (nah Adelung u. A. von ſchubben, einem Ber- 
ftärkingewort von ſchieben) eig. gleichjan der durch Schubben mit 
der Jade zeigt, daß er Ungeziefer an fih hat, it Schimpfbeneunung 
für den verachteten, unreinlichen, ſchmutzigen Elenden, Der jein Aeuße⸗ 
es im hoͤchſten Grade vernachläſſigt. — So bält fon Schubjad 
ihn für wen Ihr wollt. H. v. Kleift, der zerbrochene Krug 1. 

Schuft (fehlt ahd. u mhd, von unficherer Abfunft, nad) Cinigen von ſchaben, 
nach) Antern von dem unten folgenden ſchuppen?)) iR zunächſt der armfelig bettel⸗ 
bafte, im äußern Anzuge ſchäbige Menſch; dann überhaupt der niederträchtige, cho⸗ 
rafterlofe Clende. Lump (eine Figur von Lumpen, bei Stieler Lumpe, 
wol von dem früheren lampen — fchlapp nieverhangen) zunäcft befpimpfenbe 

Benennung des ſchmutzigen Zerlumpten, und dann überhaupt des wieberträuäb 

gen, armfeligen, vermögenlofen Menſchen. Noch weil flärfer id Lumpens 

hund, Lotterbube (aus abo. lotar — filtlich Schlechtes; mihd. loter, 
altn. loddari = Menſch, der fi dem lüderlichen Leben, hefouders dem Epie- 
len und Boffenteißen ergeben) zunächſt lüberlicher, betrügerifcher Kandlänfer: 


1) Stieler bat Schuft und fügt, das Wort, das Ginige von dem Hebräis 
fchen scophet = urteilen, richterlich entſcheiden, ableiten wollten, ſtehe für E haft 
= el, d. i. ein Menſch, der nicht mehr werth fei, als ein alter Stie⸗ 
felichaft. 








1027 


dann gewöhnlich der ſchlimme gefährliche Tangenichts. Halnunf (wahrſchein⸗ 

li$ das aus hallr — gebeugt und ok — Joch zufammengefegte altn. hal- 

loka = der Unterjochte) der nichtewürbige fchlechtvenfende Menich, häufig mit 

dem Nebenbegriffe des Echleichenden, Heimtückiſchen, Betrügerifhen. Das bie 

höchfte Verachtung ausdrückende Wort it Hundsfott (bei Fiſchart im 16, 

J. Hundefutt, ſchwed. hunsfott, dän. hundsfot, altfranz. chien-foutre, 

eig. = Hundsſcham, von ahd. f{v)ot, mhd. vot, vut, voz, Fotz, gr. Aurrog; 

vgl. lat. futuere — ehelich beifchlafen). — Unmöglih! Der Schuft? Goöthe, 

‚ Bürgergeneral 11. Darauf antwortete Benedetto: Felix und ic) feien zwei 

große Lumpe. Göthe, Benvenutv Gellini 2, 1. Ihn auf- jeder Seite noch 

Schurken, Lotterbuben, 'ehrenrührigen Kerl und fchlechten Burſchen nennen 

zu hören. Lichtenberg, Spittel von Göbhard. Was will der Bauer da? Fort, 

Halunk! Schiller, Wallenfleind Lager 2. Ich wollte lieber mein ander 

Bein dazu verlieren, als fo ein Hundsfott fein. Göthe, Göp von Bers 
lichingen 2. . 

Schober (ahd. schoup und scopar, agj. sceaf, ımbd. schober) 

— Haufen; fehobern (nıhd. schoberen) = aufhäufen, auf einander 

ſchieben. — Daum ruhen fie und wir in füßen Duft am Schober. 


Voß, die Heumad 108. Um Schwad’ und geihobertes Grummet. 


Voß, der Abendſchmaus 101. 

Schupven (fchubben) und fehupfen (mhd. schuffen, schupfen) 
— ſtoßen; ſchüppeln ſchüppelig; Schüppe was Schaufel (ahd. 
scüvila, mhd. schüvel); fehaufelicht ſchaufelig; fchaufeln. — Auch 
flachen die Zliegen fo Ichlimm und das büpfende Thierlein. Selbit 
mein Alart lag winfelnd und ſchuppte ſich. Voß. Das glänzende 
Kleid eines abgeſchuppten Ziiches. Göthe, Meiſters Lehrj. 1, 15. 
Jetzt werden fie beſſer jhüppeln Grimm, Märchen von einem der 
auszog das Fürchten zu lernen. Kaum daß von Zeit zu Zeit der 
Klang aneinander Ichlagender Schaufeln und Haden eine nahe Be— 
wegung andeutete. Göthe, Belagerung von Mainz. Er gräbt und 
ſchaufelt jo lang erlebt. Schiller. Ei, hört doch, Gevatter Schauf- 
ler. Shafejpeare, König Hamlet 5, 1. 

Schunfelband, —bein, —blatt, —bohrer, —bürger, —ente, 
—ſtſch, —förmig, —gehöm, —geweih, — hirſch, —hofe, —kunſt, 
—ohr, —rad, — recht, —ſchlag, — ſtiel, —werk, —wurf, —zahn. 

Anm. 1. Schüvpeln und ſchüppelig könnten vielleicht auch hergeleitet 


werden von Scheibe — runde Flädhe, nur macht das ü Berenfen. Ahd. findet 
ſich —— „mhd. schhbelöht, älternhd. scheublöcht, schäwblot, scheubelt 
= rund. 

Anm. 2. Schopf (goth. skufts, mhd. schopf) gehört nay Grimm viel: 
leicht zu fchieben, von dem Bufammenflußen des Haares. 

nm. 8. Schopf, Fürſchopf, Schopven, Shuppen, Schupfen 

(mb, schopf, schopfe, schupfe, franz. 6chopp — Wetterdach, bedeckter Gang, 
geringes Gebäude) gehört wahrſcheinlich zu fhieben. Aventinus, Chronik 1580 
Ar fagt : Wo ’e6 regnet, hielt man ſolche Schulen in Sülen und vnter⸗ 

pffen. 


65% 


1028 


Stieben. 
(Wurzel sub.) 


Stiebe, ſtob, geftoben, flieben (ahd. stiupu, stoup, stupumes, 
stopaner, stiupan und stiopan; mhd. stiube, stoup, stuben, ge- 
stoben, stieben; ntittelniederl. stüven, neuniederl. stuifen) 1) ſich in 
Geſtalt eines Staubes erheben und niederlaffen, 2) (uneig.) auf Re 
entropfeit, Feuerfünken übertragen; 3) fi) ſchnell in die Höhe, über: 
— ſchnell fortbewegen und fortbewegen machen; 4) (Jaͤgerſprache 
von den Feldhühnern) den Koth fallen laſſen. — Daß Roß und Reis 
ter jchnoben und Kies und Funken ftoben. Bürger, Lenore. Breit 
flockiger Schnee jtiebt in der Tiefe. Göthe, Briefe aus der Schweiz 
2. Abthl. — Tas aufftiebende Wafler des Waflerfalls. Bürde 
Eine Windsbrant mid; empor auffhub, darmit ich in die Lufft auff- 
ſtub. H. Sachs. Ein müller, der mit mel iit beftoben. Scmelk, 
3, 603. Der wetterträchtigen Wolfe entftieben einzelne plagende 
Tropfen, bevor der Regen ſich ſegnend ergießt. Koſegarten. Tas 
Originalblatt dieſes Scherzes iſt niemals abgeſchrieben worden und jeit 
vielen Jahren verftoben. Götbe, Leben 13. B. Schrecklich werden 
fie verftieben, leichter als ein Traum vergehn. Canitz. Ich wil 
das Gras an den Waffern verſtieben. Luther, Bibelüber]. ei. 19, 
7. Smd mir fo viele verftäubt und verjtiebt. Nüdert, gei. Ge. 
4, 92. Wie Nebel zerftiebte trübfinniger Wahn. Göthe, Pandora. 
Diener und Habe zerftoben. Göthe, Hodzeitlied. Die zerftie- 
benden Reize eines fremden Gefichts. 3. Paul, Heiperus 4. Zu— 
rüd dort jtoben die Troer. Voß, Ilias 4, 497. Aus üllem Früh—⸗ 
(ingeduft zufammgejtoben. Rückert, geſ. Ged. 2, 103. 

Stieber, fliebern (Nafenftieber geben); Geftiche. — Bietet ihn 
einen Naſenſtüber an. Göthe, Rameau's Neffe. Man Ddedt eilig 
mit Raſen und Erde, mit Koblengeitiebe und was man zur Hund 
hat, die... Flamme zu. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 4. 


Stuub ‘goth. stubjus, ahd. stoup, stuppi, stubbi, md. stoup, 
stüppe, stüppede, altihwed. stoft, mittellat. estopa, ſ. ©. 73); 
ſtaubig; ſtauben — ſich als Staub erbeben (was itieben 1); ſtänben 
(abd. stoupan, stoupjan, stoubjan, mhd. stoupen) 1: Staub erre 
gen; 2) ald Staub ftreuen, einen in Staub verwandelten Körper 
ftrenen; 3) von Staub reinigen. Stänbern, ein wiederhoftes Ztäu- 
ben. — Stanb von den Füßen fich ſchüttelnd. Göthe, Hermann und 
Dorothea 1, 67. Gebt, wie allen die Schuhe fo ftaubig find! Dai 
1, 40. — Der das Scheimnig der Natur entdedt bat, geringe Arten 
von Blumen durch den Abftaub einer edeln zu verbeffern. Thümmel. 
Vielleicht führt Eie der Büherftaub... zurüd, Sciller, Briefw. 
mit Göthe 6, 96. Mit Blut und Kriegesftaube bejudelt. Bob, 


1029 


Ilias 6, 268 Aufflog der flimmernde Sandftaub. Pyrker, Zus 
uiflas 5. Wie Sonnenftaub fein Lieb zerrinnt. Redwitz, Ama— 
vanth. Mich ſchuf aus Vermejungsftaube tief im zertrümmerten 
Paradiefe der Todtenerwecker. Klopftod, Meffiad 15, 1309. Unten 
im Waſſerſtaube hat man einen Regenbogen hin und wieder, wie 
man geht, ganz nahe vor fih. Göthe, Briefe aus der Schweiz 2. 
Abthl. — Daß der Staub nicht vor ihm in das Unermeßliche ftäube, 
Kiopftod, Meſſias 5, 3235. Noch ftäuben die Wege. Göthe, Venet. 
Epigranme 4. So fommt Ihr auf die Brüde, welche ftäubet. Scil- 
ler, Zel 5, 2. In der ftäubenden Dürre des Sommers. Voß, 
der bezauberte Teufel 83. Sie flogen in ftänbendem Lauf durch' 
die Kelder. Voß, Ilias 23, 37%. — Auch den eichenen Schrank... 
hatte fie adgeftäubt. Voß, der 70. Geburtstag 63. Die weite 
Laufbahn ſtäubte, wie Wolfen, auf. Klopftod, die beiden Muſen. 
Nachdem er fie (die Haare) zu. meinem Entjeßen gewaltig ausge- 
ſtäubt Hatte. Göthe, Leben 1.B. Unſerm Freunde... fiel der weiß 
beftäubte und befledte Rock des Pedanten ein. Göthe, Meiſters 
Lehrj. 3, 11. Der ich geftern Abend mit beftaubten Gamaſchen 
bier angefommen war, Göthe, Meifters Wanderj. 3, 6. Richtelnde 
tönnen’s (das Werk) mit Tadel beftäuben und Lobe. Klopſtock, der 
Nachruhm. Zlogen fie hurtig, dürchſtäubend den Raum ded Ger 
flldes. Voß. Auf dem Kirchhof ftäubt die Gebeine herum laut- 
jaufend ein wüthender Windftoß. Blaten, die verhängnißvolle Gabel 3. 
Bald liegt. dem Städter die Werfftatt überftäubt. Full. Wenn ich 
den Kaffee gar in dem herrlichen Grottenwerf reichte, Das nun freilich 
verftaubt und bald verfallen mir daſteht. Göthe, Hermamı und Do— 
rothea 3, 90. Gleich des Feldes Blumen werde alles Fleiſch ver- 
ſtäubt. Voß, Troſt am Grabe. Das Gewitter verftänbte %. 
Paul, Titan 8. Ausgelät zerſtäuben ift auch unfer Loos. Salis, 
Pflügerlied. Der (Waſſerſtrahl) in unzählige Funken zerftäubte, 
Novalis, Heinrich von Ofterdingen 1, 1. 

Außer Mehl (S. 725) find mit Staub noch finnverwantt: Mill 
and Müll (8. 7286); Schutt (f. fhütten S. 654) zufammengefchüttetes 
Getruͤmmer, befenders von erbigen Körpern, es man, nun von felbft eder durch 
Menihenhände zufammengefchüttet fein; Kehricht (mhd. kerach, lands 
ſchaftlich Kehrſel, von Fehren ©. 272) ver vom Boden turd Kehren ent 
fernter Abgang, Unrath oder Schmutz; Unrath f. S. 842. — Ob fie (bie 
Kirche) gleich fchon viele hundert Jahre In Schutt liegt. Böthe, Meifters 
Wanderj. 1,2. Indem man den Schutt in die zerfallenen Mauerſtätten felbft 
neworfen. Göthe, ital. Reife Meffina 13. Mui 1787. An beiden Seiten 
Scärittteine, die jeder Laden» und MWerfftaftbefiger mit unabläffigem Kehren 
reinlich hält, indem er Alles in die Mitte hinunterfchiebt, welche dadurch nur 
immer unreinlicher wird, und auch mit jedem Windshaudy den Unrath zus 
rüdfendet, den ihr der Hanptfirage zugemiefen habt. In Neapel tragen ge. 











- 109 


= 


fchäfttge Kiel jeden Tag das Kehricht nach Gärten uud Feldern. Daf. Bas 

leemo 5. April 1787. “ 

Anm. Die Barticipien gefkatten noch andere Iufammenfegungen: Dein fnz 
fenftäubendes Ange. SKofegarten. Der weißbeſtäubte Rod follte eine Haupt 
anzeige geben. Goͤthe, Meifters Lehrj. 3, 9. 

Stauber, Stäuber; Staubartig, —balg, — bedeckt, —bebäl- 
ter, —bejen, —beutel, — boden, —blüte, —bofift, — brand, — bürfte, 
— erde, —fach, —faden, —feder, —fege, —flechte, —flügel, —gefäh, 
—gewächs, —gewebe, —haar, —hanf, —haut, —hülle, —hülſe, 
—fäfer, — kalb, —amm, —kloß, —folbe, — korn, —friecher, — lans, 
—lawine, —leder, —mehl, —moos, —perle, =-pflanzge, — pinſel, 
—töthe, —fäge, —ſame, —jand, —ſchwamm, —fieb, —fohn, — ſpinne, 
—tabak, —träger, —vogel, —weg, —wirbel, — zeug u. a. — De 
Zul des himmelentflürzenden Staubbachs. Baggeſen. (Sie find) 
auf immer dem Schmerze der Staubbewohner entriffen. Klopitod. 
Dann fteigen fie, die Schlangenhäupter fchüttelnd, von allen Seiten 
ftauberregend auf. Schiller. Bon Inſekten fahen Cook und TRearcs 
außer verfchiedenen Käfern und Fliegen mehrere Arten Staubflüg- 
ler. E. A. W. Zimmermann. Ein Leben, das jo weit, weit übe 
-Staubgebiete hinaus die Wurzel fchlug. Tiedge: Das Staub- 
gebilde war nod nicht Menſch. Herder, Nur Liebe war die Schöpfer 
rin der Weſen und ward der Staubgebornen Lehrerin. Herde. 
Und was ift der Wohner der Hütte von Leim (Lehm) ftaubgegrün- 
Det und jchnell von Motten zernagt. Herder. Zum mühfeligen Staub- 
geſchlecht ſenk' jegt freundlih den Flug. Voß. Und wie jollten 
wir dieſem Staubgeihöpfe zumuthen, fih den Anfang der Welt 
zu denfen? Herder. Mit den Staubgewimmel fleugft, o Erde, 
du dahin! Matthiffon, die Sterbende. Staubgewölf ummallte den 
ScyHeppenden. Voß. O Allmacht! rief fie, die um dieſes grauſe 
u weht, o höre mich! Benzel-Sternau. Daß fie dus 
ganze Leben und Wefen der Sterbliden für ein Nichts, für ein kum⸗ 
mervolles und ftaubgleihes Dufein erklärt haben. Göthe. Ein 
zufammengetviebener Staubhügel. Herder. Und ihr fönntet verlie- 
ven das Antlig Gottes, und ein zerbrochener, mürber, geſtaltloſer, 
Ihlammiger Staubfloß werden. Herder. Diefe Pflanze, dieß Staubs- 
forn. Herder. Ihr müßt doch eine Entſchädigung für euer Stanb- 
trieben haben. Benzel-Sternau. Feind dem Stüubling zu wer 
den wird’ id) erröthen. Sonnenberg. Ueber der Leiche des Stäub- 
lingsgefhlehts. Sonnenberg. Kaum hatte id) meinen Staub- 
mantel abgeworfen. Benzel-Sternau. Die oben angeführte Stelle 
Hiobs, da der Staubmenſch dem flammenden reinen Lichtengel ent- 
gegengejeßt wird. Herder. Es it der Staubregen, der das Hey 
für die großen Tropfen der einfachern Töne aufweicht. 3. Baul, Hei- 
yerus 18. Die Staubrinde von vierzehn Meilen auf den Kleidern. 








1081 


— 


al. Schmidt. Du ziehſt fle herunter zu Den Erdenſöhnen und Staub- 
töchtern. Beuzel⸗Sternau. In itaubummölften Sommertagen. 
A 2. Karſch. Sah aus dem Schoße des Süds her feurig gebarniich- 
tes Höllenheer ſtaubwirbelnd heraufziehn. Sonnenberg. Auf ein⸗ 
mal bedeckte fi der Horizont mit einer furctbaren Staubwolke. 
Gothe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Hiuwirbelt umber aus den Städten 
Staub, ftaubwölfend. . Sonnenberg. 


Stöbern (mhd. stöberen) 1) ftauben, in Geftalt eines Stanbes 
herumfliegen, bejonder8 von Schnee gejagt; 2) begierig fuchen, beſon⸗ 
ders von Jagdhunden gefagt; 3) fo viel als ftänbern; dann aufjagen, 
aufſchrecken; (uneig.) auf ähnliche Art herausbringen. Ab—, auf—, 
aus —, durch —, ent—, berum— , nah —, um —, unter —, 
ver—, zerftößbern — Wenn's nun regnet, ftöbert und fröftelt. 
Goͤthe, Werther I. 8. Febr. Er ftöbert die Perfier auß Syrien. 
Anentinus, Chronif 1580. BI. 134. Kalt fprühn um Wangen und 
Locken mir ftöbernde Flocken. Mattbiffon, Alpenreife. Dder dem 
duckenden Hafen in Buſch, der die feindlihen Mäuler Höbernder 
Hd’ anſchaut. Voß. — Nach einer Stunde ftöberte Leibgever ein 
mit dem zerbrödelten Siegel des Bormunds überpichtes Schreiben 
aus. J. Baul, Siebenfis 2. Solch ein Schwall von Gefchoflen 
entftöberte dort der Achaier Händen. Voß, Ilias 12, 159. (Da) 
mußte ich in allen parifer Dachſtuben berumftöbern. Göthe, Ras 
meau's Neffe. Den (Sik der Götter) fein Sturm noch erfchütterte, 
nie auch der Regen fenchtete, oder der Schnee umftöberte. Voß, 
Odyſſee 6, 43. Als Cromwell dieſelbe Kriegsmacht zeritöberte 
(zerſtreute). Simplieiifimus 6, 8. 

Stöber (Voc. von 1419 stöhrer — Yagdhund), flöberigz 
Geftöber (ahd. kistupari?). — Der Laienbruder, deß fi der Paz 
keiacch fo gern zum Stöber bedient. Leifing, Nathan d. W. 5, 5. 
Nun ritt ih an dem Nordofthange des Harzes im grinmigen, mid) 
zur Seite beftürmenden Stöberwetter. Göthe, Campagne in Frank: 
reich Duisburg Nvbr. Da rannte fie durd das Geftöber Voß, 
der 70. Geburtstag 163. Ddemberaubender Schwefelqualm und Afchen- 
— dichtes Gewölk. Pyrker, Tuniſias 4. Wen du nicht ver⸗ 
aͤſſſt, Genius, wirft im Schneegeſtöber warmumhüllen. Göthe, 
Wanderers Sturulied. 


Schnieben. 
(Wurzel snub.) P 


Schniebe, ſchnob, gefchnoben, fehnieben (mhd. sniube, snoup, 
snuben, gesnoben, snieben, neuniederl. snuifen) und das gebräud- 


1032 


lihere fchnauben!) (ſpätermhd. snüben) bezeichnen allg. den Athem 
hörbar durch die Nafe einziehen und ausftoßen; werden auch angewen- 
det auf beftige, ſich durch ſtark hörbares Einziehen und Ausftoßen des 
Athens Außernde Gemüthsbewegung. — Daß Roß und Reiter fıhno- 
ben. Bürger, Lenort. Wie vom Anger die wiederfäuende Kuh ihn 
anſchnob. Voß, Philemon und Baucis 88. Daß es (das Roß) ge 
bäumt aufihnob und ächzte, von Schmerzen gefoltert. Porker, Tu- 
niſias 12. (ES) ſchnob das Entiegen vor den Scharen einher. 
Pyrker, Maffabier 1. Der König wies ihn fchnöde von fib ab, und . 
ſchnob Dies dDonnernde Gebot ihm nah. Bürger. Nachdem fie ein 
wenig verichnoben hatten. Muſäus. Der Wind hat das Gewölbe 
zurüdgefhnoben. NRüdert, gel. Gedichte 4, 176. — Lamentone 
ihnaubte und blies, daß man einen Wind zu hören glaubte. Göthe, 
Berwenuto Eellini 2, 4 Ein mächtiger Geift ſchnaubt aus der 
Rufen. Göthe, Lill’s Park. Der Herbft hat geſchnaubt. Nüdert, 
gef. Gedichte A, 176. Und den Dger hörteft nahen, der nad) deinem 
Fleiſch geſchnaubet. Uhland, vom feinen Däumling. Gebt him, 
die ihr nah Golde ſchnaubet. U. Er ſchnaubt ihn wild an. 
Schiller, Fiesko 2, 14. Ihr habt matt mir gemacht die Gluth au- 
(hnaubender Stier. Bo. Der Dampf beſchnaubt fie. Klop⸗ 
tod, mehr Unterricht, Welchen (ber) vor allen großer Zorn im 
Buſen mit drohender Stärfe daherſchnaubt. Voß, Slias 17, 21. 
Die Thiere, die ihr jeht, die aus Erbarmen ung jo ſtark entgegen- 
ſchnauben. Wieland, Oberon 2, 1. Schnaubt's heran mit 
Sturmgewalt. Göthe, Fauſt 2, 42. 2 


Anm. 1. Das Partic. Präf. geitattet noch andere Zufammenjegungen, ;- 8. 
Slammenfhnaubenden Muthes. Pyrker, Rudolph 5. Glutſchnaubende 
Roſſe. Pyrker, Tunifias 9, Racheſchnaubenden Grimme. Daf. 10. Die 
wathfhnaubende Megäre! Schiller, Jungfrau v. D. 1, 5. 

Anm. 2. In allgemeinerem Sinn athmen fagt Flemming S. 5 ber Lü⸗ 
befer Ausgabe von der vom Tor erwedten Tochter des Jairus: Jairus Tochter 
fhnäubet, und Lazarus, fein Freund, wird wieder neu beleibet. 


Schnieber; ſchnaubig it veraltet. — Seine Luft, die er begehrt, 
find die ſchnaubig wilden Hunde. Opiß. 

Schnaufen (mbd. snouwen, niederd. snuven, holländ. snuyven, 
engl. snufl, sniff, snub, ſchwed. snufwa, in der öfterreich. Volksſprache 
ſchnupfazen) wird nur von dem ftarf börbaren Einziehen und Aus 
ftoßen des Athens durch die Nafe gebraucht. — (Die vergiftete Ratte) 
fiel an den Herd und zuckt' und lag und thät erbärmlih ſchnaufen. 
Göthe, Zauft 1, 106. Die Pferde... fhnauften und toften. 
Göthe, Kampagne in Zranfreih 19. Sept. Mit Ruh erſchnauffen 
mag. Opig. Leg’ ich mid) hin, ein wenig zu verihnaufen. Chafe- 

1) Schnauben follte nach ſchwacher Form gehen wie mhd. snüben. Schen 


Etieler hat im Präteritum ſchnaubete und ſchnob, im Partieiplum gefhnaus 
bei und gefhuoben, und ſo dauert das Schwanken bis heute. 








. 1083 


ſpeare, Heinrich VI. 3 Thl. 2, 3. Dom ſtarken Laufen * ich mich 
nicht ſobald verſchnaufen. Weichmann, Poeſie der Niederſachſen 
1, 78. Satt das Feuer ſeiner Liebe zu verſchnaufen. Thümmel. 

Anm. Das mhd. snawen = ſtark anhauchen bat fich im baieriſchen ſchna uen 
— heftig, ſchwer athmen, fehmweizer. ſchnauen = anſchnauzen erhalten. 

Schnoben — mit ſchniebendem Laute beriechen; ſchnobern (auch 
ſchnopern, ſchnoppern, ſchuuppern) — oft und viel ſchnoben. 
— Sein Bogen abgeſpannt, ſeine Hunde ſchnobend um ihn. Göthe. 
Sei ruhig Pudel! renne nicht hin und wieder! An der Schwelle was 
ſchnoberſt du hier? Göthe, Fauſt 1, 64. Er ſchnopert, was er 
ſchnopern kann. Daf. 1, 227. — Unglüdlicherweile waren die Futter⸗ 
ſäcke gefault, und fo mußte der Hafer von der Erde aufgeſchnopert 
werden. Göthe, Campagne in Frankreich Trier 29. Det, Die Kerls 
find vom Zeufel befeffen, ihnoppern herum an allen Eſſen. Böthe, 
Pater Brey. Die alten Gefährten (Hunde) von treuerem Sinn um- 
Ichnoberten traulich ihm Lippen und Kinn. Bürger. Dann ſchnup⸗ 
per du- Voß, der bezauberte Zeufel 5. 

Schnüffeln (auch Ihnuffeln, zuweilen ſchniffeln) fchnaufend 
riechen, vehen; fpürend fuhen, davon Schnüffler, Schnüffe- 
a ie. Frau Hat gar einen feinen Geruch, ſchnuffelt immer 

ee Göthe, Fauſt 1, 145. Dennoch ſollen und müſſen 
—— des Herrn Hauptpaſtors liebe Kinder in Chriſto dieſen beſchnuf—⸗ 
felten, beleckten Brei wieder in den Mund ſchmieren laſſen. Leſſing, 
Antigöze 2. Lüften umfchnüffelten oft die Matrojen des Schiffes 
Kajũte. Voß. — Was Lermes, was Geſchwirres auf Aufruhrſchnif—⸗ 
filei? Was willſt du Sqchniffler wirres und heiſeres Geſchrei? 
Voß, die Anſchwaͤrzer. 

Schnupfen Ai verfiärftes ſchnauben; ; 2) fchnaubend riechen, mit 
der Luft in der Nafe in die Höhe ziehen; 3) (veraltet) fo viel als 
ſchluchzen. — ‚Ein tragifher Schaufpieler, der in der Probe au 
ſchnupft, made fie immer bange. Göthe, Meifterd Lehrjahre 5, 8 
Das Schmußwetter ift meinem Fleiße nicht fehr günftig, da es die 
alten Uebel Katarrh und Schnupfen wieder zurüdgebracht hat. 
Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 90. Man hat Beilpiele, wo Diefer 
fettige Dunft, in der Nähe ein ngeihnupft, t, den plöglichen Tod nady 
fi gezogen hat. Lichtenberg, Geſchichte der —— 

Verſchnupfen mit feinen Synonymen ſ. S 

Schnupfer, ſchnupficht, ſchnupfig; ———— —taback, 
—tub; fhnupfenartin, —fieber, — mittel. — Hätteft mein Reben 
um’n Briefe Schnupftabaf haben fünnen. Schiller, Räuber 2, 3, 
— an ihm mein Schnupftud um die Haud. Göthe, Meifters 

ehrjahre 6 

Schnipfzen (und ſchnüpfzen, ahd. snöphizan , snöphezan, 

snophizan, nihd. snipfezen, snüpfezen, snupfezen, älternhd. snupfl- 


— 


m 


1034 


* 


tzen, snypfitzen, bei Alberus schniptzen, sehnipssen, schnipsen, 
in der Volksſprache fhnopfezen, ſchnepfezen, [hnippien) = 
ichluchzen, gt der gewöhnlichen Sprache an. 

Anm. Schnauze und fhneuzen (©. 542) werden von Weigant mi 
fhnieben zu einem Stamme gerechnet. Tie agf. und altn. Gormen fprahe 
nicht dafür, man müßte denn den Ausfall eins w (b) annehmen. 


Schrauben. 
(Wurzel serub.) 
Schranbe, ſchrod, gefchroben (öfters ſchraubte, gefchraubt), 


ſchranben (erft nhd., altn. seryfa, niederjächt. schrüven, bater. schrae- 


fen, engl. screw, franz. €crouer) 1) in einer Schneckenlinie drehen; 
2) Zemanden durch nedifchen Spott hart zuſetzen (S. 88, wahrfheis 
lich von dem Daumenfchrauben der ehemaligen Folter abftract genen⸗ 
men): ab—, an—, auf—, aus—, ein—, her—, hin—, nab-,ı 
über—, um—, unter—, ver—, vor—, zu—, zu rück—, zu— 
ſammenſchrauben. — Bon einem franzöoͤſtſchen Tragödienſchreiber 
auf Stelzen geſchraubt. Schiller, Räuber 1,2. Agathe ſchraubte 
jetzt ihr Nähkliſſen an feinen Schreibtiſch. J. Paul, Heſperus 16 
Feierlich hob der Papa mit geſchrobenem Zuge den Stöpfel eier 
Flaſche. Voß, Luiſe 1, 622. Wozu noch ſchreiben, was geſchmwiedet 
mir, geſchroben ind Gedaͤchmiß? Shakeſpeare, Cymbeline 2, 2 
— Wie mit angeſchraubten 2300 Fuß langen Feuerſpritzenſclaͤn⸗ 
hen. J. Paul, Siebenkäs 4. Um meine Neugier aufzufchrauben 
haſt du dein Beſtes gethan. Wieland, Oberon 2, 23. Was für ir 
Mundſtück anf ein fo närriſch gewundenes Inſtrument qu fz uſchrau 
ben ſei. J. Paul, Heſperus 8. In eine Quetſchform eingeſchraubt. 
J. Paul. Er wußte in das geheimſte Vertrauen ſich ein zuſchrau— 
ben. Waſer. Der empor ſich ſchraubenden Ohnmacht. Platen, 
die verhaͤngnißvolle Gabel 5. Das Ih oder Du..., das alsdım 
ſo hergeſchraubt wird. Herder. Glüdlicherweife für Diejenigen, 
mit welchen er unzufrieden war, aing er niemals direct zu IBerfe, im 
dern ſchraubte nur mit Bezügen, Anſpielungen, clafſtſchen Etelen 
und bibliihen Sprüchen auf die Mängel Hin, die er zu rügen ger 
Dachte. Göthe, Leben 4. B. Sie (die Hand) überfhranbt, fe 
erichlafft Saiten. 3. Paul. In wie weit mag dieſe Schöpfungsfelter 
fie auch verfpannt und verfhraubt haben. Herder. Die noch nidt 
des Sceinens Wuth verichrob. Kojegarten. Wenn id auf men 
Lager gekrochen, unter meiner Dede kümmerlich zufammengefchro: 
ben bin. Göthe, Rameau’s Neffe. 
Die Syn. won ſchrauben 2. f. ©. 88, 

Verſchroben — durch unrichtiges Schrauben verdorben, beion 
ders wenn dabei die Schraube fich feſt gefangen hat; (fig.) widernatir⸗ 
lich geiſtig verlehrt, jo daß dadurch dem Geifle Gewalt angethan ff 


_ 


| 








41035 


and dieſer in der Verkehrtheit feſtfitzt. — Freunde ſlieht die dunkle 
Kummer, wo man eud) das Licht verzwidt, und mit kümmerlichitem 
Sammer fi verihroben Bilden büdt. Göthe, zabme Kenien VL 
Es gehört durduns eine gewiffe Berihrobenheit dazu, um fid 
gern mit Karrifaturen und Zerrbildern abzugeben. Göthe, Wahlv. 2,7. 
Verdreht (f. drehen S. 272) in andere geiftige Richtung gebracht, als 

die rechte oder die nakurgemaͤße -M. — Wenn nicht ſchlimme Gebanfen gute 
Reben verdrehen, fo werbe ich Niemanden Aergerniß geben. Shafefpeare, 
viel Lärmen um nichts 3, 4 | 
Schraube (niederf. schruve, fihwed. skruf, engl. screw, holländ. 
schroef, ital. scrofola, franz. &croue, poln. szrula, finniſch scruuwi) 
eine mit Gewinden verfehene Walze von Metall oder Holz. — Was 
fie (die Natur) deinem Geift nicht offenbaren mag, das zwngR du 
ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben. Göthe, Fauft 1, 42 
Zeg’ immer feinem Buſen Nachtſchrauben und Nadıtriegel an. J. 
Paul, Hefperus 14. Ä | 
Schraubhorn, —mühle, — ſtock, — ſtockzange, —werf; Schrau⸗ 
benbaum, —blech, —bohrer, —brett, — docke, — dreher, —eijen, 
— futter, —gerinne, — gewinde, —horn, — hornſchaf, — kloben, — knecht, 
—kunſt, —mutter, — regiſter, —reif, —ringel, —falat, — ſatz, — ihlüf- 
ſel, — ſchnecke, —ſchnur, —ſtahl, — ſtein, — ſtock, —winde, —zange, 
—zeng, —zieher, —zug, —zwinge, —zwinger u. a. — Die Zähne 
des Narwals haben das Anſehen, als wären fie ſchraubenförmig 
gewunden. Funke.“ Die Lauben drehten ihn in Schraubengängen 
in eine immer tiefere Nacht hinein. 3. Paul, Titan 23. Er windet 
fh m einer Schraubenkfinie fort. Hebel, die Sonne und die Erde. 


Kiefen. 


(Wurzel kus; vgl. fanjfr. jush = lieben, lat. gustare, gried). yavar 
— foften, verfuchen.) ' | 


Kiefe, For, geforen, Tiefen, älternhd. auch kieren (ahd. chiusu, 
chös, churume@s, choraner, chiusan und chiosan; mhd. kiuse, kös, 
kurn, gekorn, kiesen; goth. kiusan, agſ. cöösan, altn. kiosa, 
ſchwed. kesa, engl. choose, franz. choisir) und küren (fören, ahd. 
chorön, koren, mhd. korn, kürn, agſ. curon) !) vermittelft der 
Sinne überhanpt empfinden; dann prüfen, unterfuchen, um das Befte 
zu wählen. — (Da Gott) zu der Stätte did der Herrlichkeit for 
und des Anſchau'ns. Klopftod, Meſſias 1, 266. In jener Geftalt der 
Erbarmung, die du koreſt, in ihr mein gefallnes Gefchlecht zu ver⸗ 


7) Kor und geforen fann von kieſen und von (dem eig. ſchwach biegenden) 
küren kommen. Der Uebergang des ſ iu r iſt wie bei frieren und Froſi,— 
verlieren und Verluſt. Die Schreihweiſe Ehurfürft iſt dem Nhd. nicht gemäß. 





1086 


föhnen.  Daf. 1, 498. Wollten wir insgeſammt die Bürger Ylioms 
fiefen. Bürger, as 2, 125. — Bie die Moren Beiber ertie- 
ren. Rollenhagen, Froſchmeuſeler 1. 4,1. Warumb wollen wir jhn 
verlieren (verwarfen)? Daſ. II. 4, 4. Das find die heiligen 
Zwölfe, Selia, die zu Bertrauten der Mittler Gottes fih auskor 
Klopftod, Meſſias 3, 111. Du erförft doch Blindheit. Klopited, 
das Gehör. Köre fein ander Lund. Klopftod, der Denkſtein. Doch 
heißt fie uns bierzu meift ſolche Mittel füren. Alxinger, Doelin 6, 
67. So weit Erinnerung zurüd mich führet, hatt’ ich im Spiel fr 

rt Braut erfüret. %. Minding, Ueberj. v. Tegners Frithiofſage 

r bat fih die güldene Kron’, ich den Blumenfranz mir erkoſen 
Uhland, der Rojengarten. 

Die Syuorymen f. S. 528. 

nm. 1. Hier und da findet man das ſchwache Partic, erkieſt, z. 8. der 
Mörder wird erfieft bei Flemming ©. 9 der Lübeder Ausgabe. — Das 
- erfofen (gereimt auf Rofen) bei Uhland miderfpricyt den Sprachgefepen, Here 
fh aber fon bei Ph. I. Spener (zwölf chriſt. Kreichpredigten etc. Frauffe 
1886 ©. 3): der von ihr erfofener und beliebter tert. 

Anm. 3. Die Barticipien geftatten noch andere Zuſammenſetzungen, ı 2. 
Guabde, vie gab der Berföhner den Erflerfornen. Klopkod, Meſſtas td, 13% 
Bom Beind in die Falle gelodi Harb Sarno den felbflerforenen Tea... a 
dem Leperforenen. Pyrker, Tunifias 8. 

Kiefung (ahd. kiusunga), Kiefer (mhd. kieser); Kür (uf. 
kuri, mhd. kür, kure, kur, kust, kusti, agſ. cyre, cyst, altn. kostr, 
mittelniederd. köre) 1) überhaupt Wahl; 2) im Beſondern die Ball 
eined NeichBoberhauptes. — So wird ihm die Kür vorgelegt zweier 
Dinge. ‚Klopftod, Gelehrtenrepublil. — Des Allgewaltigen Willens⸗ 
für. Göthe, Fauſt 2, 306. Ein jgliher nah feinem wilkör 
Luther, Bibelüberf. 2. Kor. 9, 7. Nach eignem Willkühr. Ein 
pliciffimus 1, 13. 

Kurerbe, —erzlanzler, — für, —fürftenbanf, —fürftenrath, 
—fürftentag, — fürftenthum, —färftenverem, —füritenwärde, — fürſ⸗ 
lich, —geld, —gericht, — herr, — hof, —hut, —freis, — land, —mante, 
— mare, —nacht, —prinz, —recht, —ſachfen, —idhmwert, — ſtaat, 
— würde. — Der Ehurfürft von der Pfalz mochte fommen, um den 
beiden Majeftüten aufzuwarten, dieje mochten die Churfürſten bejaden, 
man mochte zur legten hurfürftlicden Sißung anfammenfahren, um 
die rüdjtändigen Puncte zu erledigen und den Churverein zu er 
neuern. Göthe, Leben 5.3. Im Auswärtigen beharrt Churfadien 
auf feiner Anhänglichkeit an Kaijer und Reid. Göthe, Tag- u. Jah⸗ 
resbefte 1796. 

Anm. 1. Roten = fchmeden (goth. käusjan, ahd, kostön, kostjan, 
costjan, mhb. kosten) ift eines Stammes mit Fiefen; in koſten — yelten 
164) if Vermiſchung mit dem lat. constare eingetreten. 

Aum. 2. Reufch (ahd. chäse, chiusc, agſ. cäsc, mhb. kiusche) gehoͤn 
nah Brimm zur Wurzel von kieſen. — Wie iſt das älternhd. künsch zn es 

Hören? Ziemann denft an künne — Geſchlecht. 








1037 


Anm. 3. Xn5 (ahd. cuss, ahuss, agſ. coss, alta. koss,, mehd. kus) mb 
füifen (abd. chussan, kussan, ag. cyssan, altn. kyssa, mhb. küssen) find . 
nah Weiganpd audeinerlei Wurzel mit goth. kükjan == füſſen. Wackerna⸗ 
gel val. Int. osculare = füffen; vgl. noch ar. vurerr, uver — füffen. 

Anm. 1. Koſen (ahd. chösön, mhb. cdsen) ſtammt wol von lat. causari. 


. Frieren. 
(Wurzel frus.) 


Frieren, fror, gefroren, frieren (ahd. fv)riusu, f(v)rös, 
f{v)rurum&s, flv)roraner, f(v)riusan und f(v)riosan; mhd. vriuse, 
vrös, vrurn, gevrorn, vriesen; agi. fr&ösan, frysan, altn. friösa, 
engl. freeze, wetterau. bair. freufen, froifen, niederd. vresen, 
vreren, mittelniederl. vriesen, neuniederl. vrrezen !]) 1) Kälte em- 
pfinden; 2) durch Kälte in einen feften Körper verwandelt werden. — 
Er iſt nicht zu verwunden, er ift feft gegen Schuß und Hieb! Er iſt 
REIT EEeN, mit der Zeufelsfunft behaftet. Schiller, Wallenfteins Tod 
5. 2. : 
Ab—, an—, auf—, aus—, be—, durch —, ein—, er —, ge— 
nach —, über —, um—, ver—, zu—, zuſammenfrieren. — Siehe, 
bier klebt mein und dein Geiſt angefroren an die Eisicholle. J. 
Paul, Hefperus 15. Dem Fenfter angefrorne Blumen. %. Paul. 
"Der Ritter bleibt wie unaefroren ftehen Wieland. Da fie im 
Eife befror. Göthe, Reineke Fuchs 11, 70. (Ich war) als leicht- 
gekleidet wirflih DArhgefroren. Göthe, Leben 16.8. Einge- 
froren jahen wir fo Zahrhunderte ſtarren. Göthe, Jahreszeiten 87. 
Wozu die eingefrorenen Yeftungsgraben Gelegenheit verjchafften. 
Göthe, Leben 15. B. An Diefer glühbenden Bruft foll mein Herz 
wieder erwarmen, das am Zodtenbett des Baterlandes einfriert. 
Schiller, Fiesfo 1, 10, Ein erfrorner Fuß verhindert mid am 
Mandeln wie am Tanzen. Göthe, Fauſt 2, 79. Indem fie das Ge- 
frorne, dad man uns von, der Tafel jendete, weggoß. Göthe, Leben 
3. B. NAußerordentlihe Frevel machen es (das Blut) vor Schreden 
gefrieren. Schiller, Fiesto 3, 9. Der über den nächtlichen, weiten, 
zu Eisfeldern überfrorenen Wieſen aus den Wolfen bervortretende 
Vollmond. Göthe, Leben 12. B, Wie den flarren Reif der heiße 
Südwind feicht bewältigt und in Zropfenforn ihn fkrömen laßt von 
überfrornen Dächern. PBlaten, die Abbaffiden 6. Armes Thierchen! 
jagt’ ich, du verfrieft ja hier. Schiller, Räuber 2, 3. 

Gefrier die (Avent. Bram.) 1) das Gefrorenfein; 2) das Felt: 
fein gegen Schuß und Hieb, Gefrör und Gefröret — der erfrorne 





1) Schwenk ſtellt mit frieren lat. frigere — frieren, frigere — roſten, 
gr. ppidceıv — fräuſeln zuſammen, wogegen jedoch ber Anlaut ſpricht; eher kann 
man mit Welgand, Diefenbach, Döderlein anlat. prurire = jucken denken. 








1038 


Theil am Leibe. Der Froͤrer, Gefrörer, auch das Frieren — das 
falte Fieber. — Alsbald die Gefrier aufgeht. Lori, Urk. v. 1616. 
Sch wollte lieber noch einmal das Frier en haben. Göthe. 

Brierpunct, Gefrierpunct. 

Friefel,, (das, der) eine mit Frieren verbundene Krmfbeit. — 
Der Frieſel ift heraus. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 206. So— 
viel man vernimmt, bat fi) der Frieſel eingeftell. Augsb. Allg 
Zeit. 1847 No. 348. i 

Froſt (goth. frius, abd. agf. altf. altı. engl. neuniederd. ſchwed 
frost, mhd. vrost, agſ. altfrief. forst, mittelniederl. vorst, wetterem 
froast) größere Kälte, welche das Waſſer geitehen macht. Darm 
froſtig (ahd. frostag, mhd. vrostec), fröfteln. — Sidy vor dem 
Froſte zu ſichern. Göthe, Meilters Lehrj. 2, 2. Leicht ja vertilgt 
mid) reifender Morgenfroft. Voß, Odyffee 17, 4. Indeß fie m 
dDiefem Nachtfroft der Seele daftehen. J. Paul, Hefperus 13. Au 
die mütterliche Bruft will ich Die prefien, bis von Todesfroft ge 
föft die warmen Adern wieder fchlagen. Schiller. Plöglic fiel cin 
Winterfroft. Pfeffel, der Goldfaſan. Ob fie den froftigen Lieb⸗ 
haber ihrer‘ Romanze nicht fenne. Göthe, Meifterd Wanderj. 1,» 
Bald wird es dir froftiger gegen den Abend. Boß, Odyſſee 17, 191. 
Wenn's nun regnet und ftöbert und fröftelt und thaut. Göthe, 
Werther I. 8. Februar. 

Kalt (gutb. kalds, ahd. chalt, agf. cald, cõald, altn, kaldr, mi. 
kalt, ſchwed. kalt, -dän. kold, Holländ. koudt, engl. cold, chill, eines Gtam 
mes nılt lat, gelu = Kälte, gelidus — falt) überhaupt von ſolchen merfit 
hen Mangel an Wärme, daß man ein Nichtvafein berfelben zu empimta 
glaubt. Davon Kälte (ah. chaltt, mhd. kelte). — Wie dag bet Itndasit 
Froſt die Falten Lippen bindet. Leſſing. 

Froͤſtler, Froͤſtling; Froſtbeule, —bohrer, —geichwufft, — it: 
tel, — monat, — pflafter, —punct, —rauch, —falbe, — ſchauer, — ſchmet⸗ 
terling, — wetter. — Ein $rödftling tft fein weifer Mann. Dverkeil. 

Anm. Froſch (ahd. frosc, agf. frox, frocca, froga, altn. froska, frmwe. 
frö, norweg. fröer, dän. froe, frook, holländ. vorsch, engl. frog, fresk, wald. 
broasce, mittelat, bruscus) leitet Ihre von ſchwed. frö — Samen ab, alfo Laik- 
thier, Adelung von frieren, alfo Ealtes Thier, Grimm von rinem vermatheten 

oth. friskan, (woher wol frifch ahb. frisc, mhb. vrisch, agf. fersc, alte. fersk, 


risk, ital. fresco, franz. fraiche, frais) hüpfen und grün fein, alfo das fräde 
gräne Thier. 


Der : lieren. 


(Wurzel las.) 


Derlieren, verlor, verloren, verlieren (ahd. liusu, lös, laru- 
mes, loraner, liusan und liosan, gewöhnlich farliu(o)san; nıhd. ver- 
liase (zuweilen auch verliure), verlös, verlurn, verlorn, verliesen 


- 





1039 


und verlieren; goth. liusan, fraliusan, alti. farlöosan, farliosan, 
agi. lẽéésan und forl&dsan, niederl. verliezen, engl, lose), mit dem 
Srundbegriff des Trennens, nhd. 1) was man gehabt hat, nicht mehr 
haben, daß es dahin ift; 2) machen, Daß etwas in feinem Beftehen 
aufhört und nicht mehr ift; 3) (in engerer Bedeutung) die Spur, den 
Weg verlieren, davon ablommen; 4) ohne den gehofften Nußen, ohne 
Die beabfichtigte Wirkung hervorzubringen, anwenden; 5) verloren gehen, 
fein, ganz und ohne Rettung unglücklich fein; 6) (in einiger Redens⸗ 
art) nicht vollftändig ſein: eine verlerne Lippe (im Schiffbau), eine 
verlorne Verzimmerung (im Bergbau); 7) fi verlieren — nad) und 
nach aus der Gegenwart fi entfernen (eig. und uneig.). — Damit 
er nicht zugleich einen zanıan und eine gute Suppe verlöre, 
@Böthe, Leben 2. B. Der dritte Mann foll verloren fein! Scil- 
ler, Wallenſteins Lager 6. Was glänzt ift für den Augenblid gebo⸗ 
ven; Das Nechte bleibt der Nachwelt unverloren. Göthe, Kauft Bor- 
tpiel. Garacalla verlor gegen die Parther (im Kriege). Senler. 
Doch fchnell war ihre Spur verloren, fobald das Mädchen Abichied 
nahm. Schiller, das Mädchen aus der Fremde. Und ging ein Lamm 
mir in .den wüften Bergen verloren, immer zeigte mir's ein Traum. 
Schiller, Zımafrau v. DO. 1, 10. Fehlſt du in (den Schuß), fo iſt 
Dein Kopf verloren. Schiller, Tell 3, 3. Die übrige Gejellichaft 
hatte ſich file verloren. Göthe, ital. Reife Meſſina 13, Mai 1787. 
Ihr ganzes Glück auf ewig zu zerſtören, braucht's einen Augenblid, 
worin fie fih verlören. Wieland, Oberon. Ä 
Die Eynonymen |. S 27 und 35. 

Aum. 1. Logau (Siunged. 1589) Hat im Vartic. verlaf: da fie nun 
Deutiland, was der Krieg verberbt hat und verlaf, daß Friede dieſes wieder 
bringt, verbefiert und verfalt. Graff (2, 266) bat: farlorta dea manslagun = 
richtete tie Mörter zu Grunde. Dies farlorta verlangt ein ſchw. farlorjan, wie 
— ein tranſitives verlieren da iR; varans ließe ſich wol ein uhd. verlafen 

aren. 

Anm. 2. Die Participien geſtatten verſchiedene Zufammenfegungen, 3. B. 
der pfadoerlierende Wanderer. Klopſtock, die Roßlrappe. Um Sicherheit des 
Daſeins ruft zuerſt aus tiefer Noth ein Halbverlorner noch. Göthe, Cugenie 
4, 2. Sparrenverloren. Fiſchart, Gargantua ©. 41. : 

Berlierer, Berlierung (mbd. verliesunge), verlierbar, unver- 
lierbar; Verlies (mittelniederl. verlies) 1) Verluſt; 2) Gefängniß; 
verlorner Boften u. Art.) — So ftimm’ er dann in der Ber- 
fieter Sim. Shafeipeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 5, 1. Ich be= 
forgte die VBerlierung meines Kopffs. Simpliciffimus 3, 10. Der 
unverlierbare Schag. Wieland, Oberon 10, 48. 


Berinft (bei füdd. Schriftftellern oft Berlurft, get. fralusts, 


ahd. farlor, forlust, altf. farlust, mhd. verlius, verlust, agf. ein- 


3) In dieſem Sinne meiſt Verließ gefchrieben, als fäme das Wort von vers 
laffen. Campe und Schmeller fin für Berlies von verlieren, 





1040 


———————— ——— (ie 
⸗ 


fach lor, Iyre), verlaſtig, verluſtigen. — Von der groffen verluit 
wegen. Aventinus, Chronik 1580. BI. 142. Auf einen ſtarken Blut⸗ 
verluft war eine Ohnmacht gefolgt. Göthe, Meiſters Lehrj. 8, 10 
Blos die ns Weile nenn’ ih Zeitverluft. Platen, die verhäng- 
nißvolle Gabel 3. Ein Schluß ded Parlaments erffärt dich des Throns 
verluftig. Schiller,” Jungfrau v. O. 1, 5. Wollet ihr des Brm- 
nens und des Landes nicht unftreitig verluftiget werden. Michaeler 
- gr = jeeligkeit zu verluftigen. Spener, zwölf Leichpredigten 
1 8. 
Die Synonywen von Verluſt f. S. 70, 

208 (goth. läus, altu. laus, ahd. altſ. mhd. los, ſchwed. löse, 
agſ. leäs, bolländ. loos, engl. less) nicht habend; frei von gebunde⸗ 
nem Zuftande ; löfen (goth. lausjan, ahd. losjan, Iösan, altj. loscan, 
agi. losjan, Iysan, altn. losa, leysa, mhd. loesen) die Verbindung 
von Dingen unter eininder aufhören machen; Geld für etwas einneh- 
men, indem man das Berkaufte frei macht, dem Käufer überläßt. — 
Ab— (5. 984), auf— (©. 42), aus—, ein—, erlöfen; ge- 
lojen = loswerden iſt veraltet. — So find wir eined mürt'ſchen 
Mannes 108. Schiller, Jungfrau v. D. 1, % Und Frau Ermelya 
ſprach: ich möchte fragen, wie feid ihr [08 und ledig geworden? 
Göthe, Reineke Fuchs 6, 210. Wie ifl, o Sohn, dir die Junge ge⸗ 
löſ't, die ſchon dir im Munde fange Jahre geſtockt, und nur ſich durj⸗ 
tig bewegte? Göthe, Hermann und Dorothea 5, 109. Bas ich darans 
(aus der Frucht) Löfe (dafür einnehme), kann er gleihfalls haben. 
Leffing, Minna v. B. 1, 12%. — Als ihn der Schlummer empfing, 
der die Sorgen zerftreut und die Glieder ſanft auflöft. Voß. So 
aufgeldfet in Xiebe jchwindet er. Voß. Alles Gute löſet ſich in 
Vergnügen auf, alles Boͤſe in Schmerz. Wieland. Ich will die Men⸗ 
Shen erlöſen. Klopftod, Meifias 1, 137. — Wo ich meiner See 
len Qual in dem herben Thränenthal anders fol gelojen. Grypbins. 

Ab f. S. 145. Frei (S. 882) durch nichts Anderes befchränft ober 

‚gehindert, Ledig f.S.819. Quitt (mhd. quit und quit, frälermäb. queik, 

franz. quitte, aus mittellat. quitus, quittus flatt quietus — ruhig, nit rem 

quẽdau S. 886, wie Schmitthenner meint). losgeſprochen, frei, vernefmiich 
in Hinficht auf eine Verbindlichkeit. — Die Eynonymen von Io 6 == ansgeigfen 

ſ. ©. 750; von löfen f. ©. 984. — Ale wär! er des Königs eigener 

Sohn und frei und ledig von allen Verbrechen. Göthe, Reineke Fuchs 4, 

7. Schlag zehn bringt Ihr dem Herzog felbit die Schlüffel, tanı feis Ir 

Eures Schließeramtes quitt. Schiller, Walleufteins Tod 4, 7. 

Köfer (ahd. losäri, mhd. loesære, loeser), Erlöfer; Löſung 
(ahd. lösunga, mhd. loesunge), Ab—, Auf—, Aus—, Ein—, Erle 
fung; Loſung; löslich (ahd. löslih), ab —, auflöslich ; lösbar, ab—, 
auflösber. — Wenn Jemand feinen Löſer hat. Xuther, Bibelüberi. 
3. Mof. 35, 36. Sie, die Löjerin der Schmerzen. Herder. Ad, 











1041 


wie bift du, Erlöfer, ermüdet! Klopſtock, Meifias 1, 69. Wir 
nehmen Alceftis für Admetus Seele zur Löſung an. Herder. Täg— 
lich arbeitet die Natnr an unferer Auflöjung Duſch. Sing’, un« 
fterblihe Seele, der jündigen Menfchen Erlöfun g. Klopftod, Meſ⸗ 
ſias 1, 1. Ich habe das Geld ans der Loſung genommen. Göthe. 
Und er jchwigte vor Angſt und häufige Loſung (Ausleerung) ent- 
fiel ihm. Göthe, Reineke Fuchs 10, 208. Jene ſeichten und lös— 
lihen Einwürfe. Bragur. Die abtrenulihen und ablöslidhen 
Redetheilhen. Campe. Die Anflöslichkeit der Ehe. Heufe. 

Loͤſegeld, —geſchenk, —keil, — mittel, — jchlüffel, — ſtunde u. a.; 
Erloͤſungsſtunde, — werk, —zeit. — (Sie trugen) Hektors Löſege— 
ſchenk. Voß, Ilias. Die Kirche, die die Löſeſchlüſſel hat für 
jede Schuld, der Himmel hat vergeben. Schiller, Maria Stuart 1,4. 
Endfih hat fie ausgerungen, die Erlöfungsftunde naht. Tiedge, 
Urania 3. oo 

Anm. Hierher gehört wahrfcheinlih auh Luft f. ©. 310. ' 


Biegen. ‚ 
(Wurzel bug; vgl. fanifr. bhug = gebogen fein.) 


Biege, bog, gebogen, biegen (ahd. piuku, pouc, pukume&s, 
pokan?r, piukan und piokan; nıhd. biuge, bouc, hugen, gebogen, 
biegen; goth. biugan, agſ. heogan, bügan, altn. beygja, neuniederd. 
bögen, holländ. buigen, ſchwed. huya, böja, dän. böje, engl. how, 
in der Sprache der Schneider buden, umbuden — den Rand 
eines Kleiderftoffes zu einem Saume umbiegen) 1) allgemein aus der 
graden Richtung in eine andere bringen, intranfitiv fommen; 2) in 
einer gebogenen Linie um etwas gehen; 3) eine gebogene Richtung, 
Geftalt haben. — Beugen (ahd. baugjan) ift nur niedermärts biegen, 
in diefem Sinne auch figürlich. Zuweilen findet fib beugen für 
biegen, aud biegen für beugen. — Man foll ihn mit gebog- 
nem Knie und mit entblößten Haupt verehren. Schiller, Tell ft, 3. 
Bieg einen alten Stamm, verſuch's, und er wird brechen. Weiße. 
Wie er um eine Ede biegt. Benzel-Sternau. Tadler und Verläum— 
dungsmeffer biegen wie geichliffnes Blei. Günther. Man biegt 
ich mit Bedacht in ihr Joch. Leſſing. — Daß fie den Naden mir 
lernen beugen, den fie aufrecht tragen. Schiller, Tell 4, 3. Den 
teden Geift der Freiheit will ih beugen. Daj. Die ihr Knie vor 
dem Götzen nicht beugen. Klopſtock, Meifias 4, 594. Krachend 
beugen die alt verjährten Eichen ihre Krone. Schiller, Jungfrau v. 
D. 5, 1. So wie die Rojen vom Nordwind gebeugt. Zadarid. 
Beuge ungefcheut das Necht. Hagedorn. (Die Berba) werden von 
.. deutfchen Grammatikern durchaus regelmäßig gebengt. 3. Paul, 

iebenfäd 4. — Daß durch eignes Verdienft der muſikaliſche Lorbeer 
66 





1042 


um die Schläfe ih beugt. Zachariäa. Die Gegend, wo der Pfad 
um einen Hügel beuge. Engelihal. Wenn Jahre erdemmärts der 
Mutter Stirn gebogen. Duſch. Daß ich nicht gleich den Hut ge 
zogen und mich nicht tief vor dir gebogen. Ungenannter bei Campe. 
Sid bürfen (ahd. pucchan, mh. bücken, altn. bukka, eine Berfärs 
fungsform von biegen) den eigenen Körper in feiner obern Hälfte nieder⸗ 
und zugleich vorwärts biegen. Eid, weigen (zulh. haeivan, ah. hnik(g)as, 
agf. hnivan, hnigan, altf. hnigan, altn. hniga, mhb. nigen, ſchwed. miga, 
dan. neye; Schwend vgl. lat. nuere, niccre = winfen, gr. vevas) ı= 
fprünglidy nieverwärts bewegen; davon durch Biegung nieberwärts bewegen. — 

Mit gebogen find finnverwandt: Frumm (ahd. ch(k)rump(b), mb». krumg, 

agf. crumb(p), engl. cramp, ſchwed. krum, flar. hrom, eine Rebenform von 

ahd. ch(k)rimman, mhd. krimmen = mit Krallen oder Zähnen einhacken 

überhaupt von der graden Richtung abweichend ohne Icharfen Abipruug, m 

gekrümmt (von frümmen, ahd. kich(k)rump(b)jan, m&d. krämbes) 

frumm gemacht, zum Ktummfein geneigt. — IR er (ber Ring) der Züihe 
werth, ſich darnach zu büden, fo liegt er hier vor euren Wugen. Ehate 
fpeare, was ihr wollt 2, 2. D mid ſoll's nicht wundern, wenn fh die 

Felfen büden in den Eee. Schiller, Tell 4, 1. Und der Graf zur Eike 

fih neiget bin, das Haupt mit Demuth entblößet. Schiller, Graf von Gabe: 

burg. Wozu die Erummen Wege, Herr Minifter? Gerad beraus, Schiler 

Piccolomini 2, 7. Gr hatte ſich Stäbe gefchnitten zu einem Zaun, und Img 

ihre Laft gefrümmt auf der Schulter. Geßner. 

Ab —, an—, auf—, aus —, bei—, ein —, her —, herab — her: 
au —, herauf —, heraus —, herbei—, herein —, herüber —, Berum-, 
herunter —, hervor —, herzu —, hin —, hinab —, hinaus —, hinein — 
hinüber —, hinunter —, hiuweg —, hiuzu —, nach —, unieder —, aber—, 
um— , unter —, ver —, vor—, voran —, voraus —, vordii—, 
vorüber—, wea—, zu —, zurück—, zuſammenbiegen und —beu 
gen. — Bir haben die Söhne auf Tugend und Gottesfurcht zogen, 
von allen Laften (Laſtern) fie abgebogen. H. Sachs. Das bebende 
Mädchen, das jeitwärts abgebogen jtammelte. 3. Paul, Titan 13. 
(Daß wir) nie die Schönheit ifoliert ohne angebognen Vortheil 
ſuchen. Daj. 6. (Er ſah) der Fürſtin auf Das von der Zeit anfge- 
bogene Kinn. Daſ. 74. Ih lieg aus der fchredlihen Fahrleiſe 
binabwärts ausbiegen. Göthe, Campagne in Frankreich 6. Sept. 
Da fie fletsS dem Anlaß ausgebogen Wieland. (Die Mauern) 
find oben ausgebogen. Göthe, ital. Reife Palermo 9. April 1787. 
Sollte eine eingebogene Straßenfeite grade werden. Göthe, Leben 
9. B. Zwei Stellen (des Manujeriptes) nur habe ih eiuge bogen 
Göthe, Briefw. mıt Schiller 6, 249. So ſchmeidigt ihn mein Wun⸗ 
derhold und biegt dein Haupt herab, . Bürger, das Blümchen Wun⸗ 
derhod. Nun bog fih der Regenbogen eines bellern Lebens über 
die einfidernde Sündflut hberüber. % Paul, Siebenfäs 4. Welcher 


1043 


(Pad) ſich ſchraͤg — den altenden Ahorn. Voß, Luiſe 1, 
139. Die Myrthe bog, blühend, ſich über uns hin. Göthe, Alexis 
und Dora. Und wie den Leib hinaus fie biegt. Redwitz, Ama— 
ranth. Er hörte, hHinübergebogen, ihres Odems melodifches Weh’n. 
Pyrker, Tuniſtas 8 Bog'ſt den Flehenden du Ipröde den Mund 
hinweg. Voß, Ausſöhnung. Das (Schiff) fih der fchleudernden 
Donnergewalt nachbog. Pyrker, Zunifias 10. Ein Knie nieder- 
gebogen. Göthe, Rameau's Neffe. Knaben faßten das Knie fi 
niederbiegender Väter. Klopitod, Meifins 5, 244 Mit Hilfe 
übergebogener Nußbaumäſte. Göthe, Briefe aus der Schweiz 2. 
Abthl. Wie hohe Thürme eben darum übergebogen ſcheinen. J. 
Paul, Zitan 26. Sch möchte vor Wuth umbiegen die Pole des 
Himmels. Platen, die verhängnißvolle Gabel 2, (Es) verbog wie 
Blei fid) die Spike. Voß, Ilias 11, 337. Hätte nicht behend fi 
Arhimbald verbogen (auf die Seite gebeugt). Alxinger, Doolin 5, 
55. Indem fie ih vorbog. Göthe, Leben 10. B. Er hat feine 
line Hand um ihren Hals gelegt und biegt fih, um fie bequemer 
anzujehen, ein wenig mit dem Körper zurüd. Göthe, ital. Reije 
Gento 17. Det. 1786. Wegend den weißen Zahn im zurüdge- 
bogenen Rüffel. Voß, Zlias 11, 416. Drei und zwanzig Trauer⸗ 
birfen waren zu einem niedrigen Gebüfh zufammengebogen. J. 
Paul, Helperus 12. — Anderswohin abbeugend. Voß, Ddpffee 19, 
556. Aber fie beugt ab von Gelehrſamkeit. 3. Baul, Siebenkäs 9. 
Bleibt bei der Cache, beugt nidt aus. Sciller, Maria Stuart 1, 
7. Ihm auszubeugen war der Streich zu jchnell gefallen. Leifing, 
Nathan d. W. 3, 8. Da er dem Trotz ausbeugt der übermüthigen 
Männer. Voß, Odyſſee 17, 581. Lei ausbeugend das Haupt. 
Daf: 30, 301. Sanft hergebeugt fiehft du auf mich. Collin. Der - 
Ritter beugte fih herab. Göthe, das Kind mit dem Löwen. Ach, 
unfer beugt tief der Schmerz, beugt tief der Andacht Ernſt 
herab. Voß, das Begräbniß. Um auf den Zehen fehwebend, ohne 
Beftreifen fih aus dieſem Zauberhimmel herauszubeugen %. 
Baul, Heiperus 27. Der (Regenbogen) von des Berge Windmühle 
zum -[piegelnden See ſich herumbeugt. Voß, die Kirichenpflüderin 
5. Schmeichelnd zum geringen Mann pflegt gefallner Stolz her un⸗ 
ter fih zu beugen. Schiller, Wallenfteins Zod 4, 2. Der ganze 
Himmel beugt mit Scharen froher Engel fih herunter. Schiller, 
Don Karlos 2, 2. Ein Mädchen, das ſich aus der Ede hervor» 
beugte. Göthe, Kampagne in Franfreih 30, Aug. Wie wenn der 
kommende Weſt unermeßliche Saaten erreget, zudend mit Ungeflüm, 
und binabbeugt wallende Nehren. Voß, Ilias 2, 147. Er ſaß in 
Trauer verfunfen dort auf dem Zelfenriff, das fih auf die Fluten 
inüber beugt. Pyrker, Rudolph 10. Jetzo beugte ſie fich zu 
Kuaben hinunter, Pyrler, Maklabäer 3, Niedergebeugt 
@* 





1044 





wie wir find. Voß, Ilias 6,85. Eie beugte fih über zu fhöpfen. 
Böthe, Hermann und Dorothea 7, 40. Der Ritter ſich tief verbeu- 
end ſpricht. Schiller, Handſchuh (nach der früheren Lesart). Das 
ericht diente mehr zum Vorwande, die Unrubftifter zu beftrafen, als 
daß es grüydlich dem Unrecht vorgebeugt hätte. Göthe; Leben 12. 
B. Spornend das feurige Roß, und vorgebeugt aus dem Sattel 
bis zu den Mähnen. Pyrker, Tuniſias 9. Ich babe dir den größten 
Gedanken des Menichen, der feine Seele zufammenbeugt und doch 
wieder aufrichtet auf ewig, noch nicht gegeben. J. Paul, Heiperus 2. 
Kür vorbeugen in fig. Sinne dafür thun, daß etmas nicht geſchehe, 
» fagte man früer und noch oberbeutfih vorbiegen. Borbauen (i.bancı 
S. 623) dahin arbeiten, daß efwas gethan fei, wodurch das, deſſen Geidehr 
man vorausfteht, gehindert oder ubgewendet werte. — Ich denck jhm (tm 
Hirih) noch wol fürzubeugen im Full ich eile. Dpig. Damit tem äbel 
möchte vorgebieget werden. Philander von Sittewald 7. Geficht. Mr 
werde doch alien giftigen Excepzionen, bie der Vormund aus tem Umtanige 
des Namens gegen die Auszahlung feiner Gelder fangen fönnte, jurifif vor 
gebogen haben. I. Paul, Siebenfäs 2. Willſt du erwarten, bis er bie 
böfe Luft an dir gebüßt? der Fuge Dann baut vor. Schiller, Tell 1, 2. 
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfeßungen, z. B. Usb 
ich faßte das Meſſer, das fFrummgebognene. Göthe, Amyntad. Sie regien He 
leichtgebogenen Schenkel. Voß, Odyſſee 6, 318. An einer blentend weht 
Stirne zeigten fi zarte dunkle fanftgebogene Augenbraunen. Goöthe, Meißlers 
Lehrj. 4, 15. Schon mandhmal hob das ſchwere Beil der Opfernde zu des erds 
gebeugten Thieres Nacken weihend anf. Göthe, Fauſt 2, 183. Durch midi: 
ges Wort, burch Fräfl’ge That errege ber tiefgebeugten Herzen eigne Kraft. 
Goͤthe, Eugenie 5, 7. Zeit mit den Schweif umfchlingend die weitnachber⸗ 
gende Ceder. Pyrker, Tuniſias 7. Er zieht... Eniedengend fi aurüd, Wieland. 
Biegfam und beugfam f. S. 380; Biege und Benge (mi. 
biuge) — Krümme, gebogene frumme Fläche; Bieger und Benger; 
Biegung und Beugung (ahd. kapiugunga); Beugniß (jelten) — 
Ad, warum, o Natur, warum, nugärtliche Mutter, gabeft du zum Ee⸗ 
. fühl mir ein zu biegfames Herz? Klopſtock, die künftige Geliehtr. 
(Sch) brach mir ſchwankes Gefproß vom biegfamen Weidig. Bob, 
Odyſſee 10, 166. (Er zeigte) eine große Biegſamkeit ſowohl ia 
feiner Vorſtellungsart, als in Handlungen und Gebärden. Götke, 
Meifters Lehrj. 4, 18. Noch unbiegjamer war mein Oheim durd 
hänsliches Unglück geworden. Daf. 6. Wie unbeugfames at. 
Pyrker, Rudolph 6. Wo im Gelenk ſich bewegt die fehnige Benge 
des’ Kniees. Voß. Du nennft dich einen Ehebieger. Simplicik- 
mus- 1, 24. — Sie entfernte fih mit anftändiger Beugung. Götke, 
Meifters Wanderj. 3, 14. Sie fuchte durch gewaltfame Abbeugung 
ihres Gefichtes von ... ihre Thränen zu verbergen, 3. Paul. Ohne 
Ausbeugung die Bahn fortgehen. Schubert. Sie machte eine 
leihte Verbeugung. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 10. Im eine 





! 


1045 


Kniebeugung verräthit du Freundfchaft und Liebe? Schiller, Fiesko 
2, 3. Ergebung ohne Beugniß. Rückert, geſ. Ged. 1, 49%. 

Biegeifen, — ſcheibe, —zange; Beugſchiene. 

Bogen (ahd. poko, agſ. boga, altn. hogi, mhd. boge, altfrieſ. 
boga, neufrieſ. boage, neuniederl. boog, ſchwed. bage, dän. hue, 
engl. bow) 1) jeder Theil einer Erummen Linie; 2) etwas, das nad) 
einer folchen frummen Linie verfertigt wird und die Geitalt derjelben 
bat; 3) ein gewiſſes Stüd Papier; 4) (in der Anatomie) ein Theil 
des Gehirns. Davon Bogener, bogig, auch bögig und bogen. 
— Mit dem Pfeil, dem Bogen, durch Gebirg und Thal fommt der 
Schuß gezogen... Schiller, Tel 3, 1. Auf PBfeilern und auf Bogen 
ſchwer, aus Quaderftein von unten auf, lag eine Brüfe drüber her. 
Bürger, Lied v.br.M. — Noch habe ich die Aushängebogen des 
erften (Buches) nicht. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 55. Den wal- 
desſchwarzen Bergesbogen. Redwitz, Amaranth. Und mitten in 
dem Blätterbogen kömmt mit dem Monde feierlih der Hof im 
Wald herangezogen. Daf. Der (Strom) fid) nun wieder Durch einige 
Brüdenbogen durckhdrängen ſoll. Göthe, Campagne in’ Frankreich 
11. Oct. Im jeder Gaſſe ftiegen Ehrenbogen. Schiller, Jungfrau 
v. O. 1, 5. Da ſtieß er an ein Mädchen an mit jeinem Ellen- 
bogen. Göthe, Zauft 1, 54. Der nun den lichten Farbenbogen 
von Pol zu Pol fo herrlih fpannt. Kub. Der (Waſſerfall) mit be- 
täubendem Getöfe von einem hohen Felſenbogen herunterftürzt. 
Wieland. Als er im Fenfterbogen eingejchlummert. Schiller, Wal- 
lenfteins Tod 4, 2. So ging der Fiedelbogen. Göthe, Fauſt 1, 
54. Da hingegen Lavaterd Stirnknochen von den fanfteiten braunen 
Haarbogen eingefaßt erjchien. Göthe, Leben 14. B. Denn ftets 
in Bandlung it der Himmelsbogen Schiller, Wallenfteing Tod 
1, 1. Ein Regenbogen mitten in der Nacht. Schiller, Tell 2, 2. 
Zu des Schloßthors Säulenbogen. Redwig, Amaranth. Als mir 
der Säulen Praht und Siegesbogen entgegenftieg. Schiller, Ma- 
ria Stuart 1, 6. Dann fol der Mond gleich einem Silberbogen 
am Himmel neugefpannt die Nacht befhaun. A. W. von Schlegel. 
Ich erinnere nur an die... bis in's Unendliche an ihren Pfeilern und 
Spigbogen verzierten Thüren. Göthe, Leben 9. B, Traurig juch’ 
ih an dem Sternenbogen, dich, Selene, find’ ich dort nicht mehr. 
Schiller, Götter Griechenlands. Wie flammende Monde bligten die 
graunvollen Strahlenbogen des Schwunges. Sonnenberg. In mei— 
ner jegigen Ein- und Abgeichloffenheit erfahre ich nur an dem immer 
fürzeren en daß ſich die Zeit bewegt, Schiller, Briefw. 
mit Göthe 6, 222. Zriumphbögen und Süulen. Göthe, itaf. 
Reife Rom 7. Nov. — Bei Bicenz ift feine merkwürdige einbogige 
Brücke. Die zwei dafelbft, von Halludio erbaut, find dreibogig. 
Goͤthe, Briefw. mit Schiller 1,218. Großbogige Schlangenlinien, 


, 1046 


Bürde. Spigbögiger Zenith erhebt den Geiſt. Göthe, Fauft 2, 
83. — Die Stimme bogt fih. Kofegurten. Wir finden das herföunz- 
liche, mit ‚Heinen Gebäuden umgebene Rund in Heineren Halbcirkeln 
ausgebogt. Göthe, ital. Reife Palermo 9. April 1787. 
Sdchwibbogen (bei Campe Schwiebbogen, ahd. suip(b)oge, 
mhd. swiboge, älternhd. swigboge, im Doc. v. 1445 swiebogen, 
jpäter swibpogen, nad) Eampe von [hweben; nah Weigand 
wol neue vom svig = a, rien = frümmen) 
ewölbter Durchgangsbogen; gemauerte Ueberwölbung in engeftelt. 
5 en —* — ahd. giwölbi, ——— Fer agl- 
hwöalfa, altn. hvolf; agf. bwealfjan, altn. hvelfa, mb». welben = wölben, 
zu mhd, wöl = rund, lat. volvere, gr. eilvarr — wälzen gehörig) bobiramb 
gemauerte Dede; der durch dieſe Decke beichloffene Raum. — Als bätte ich 
durch die Deffnung einen Gewölbes in einen königlichen Saal hinabgeſchen. 
Goͤthe, die neue Melufine, 
Bogenbegeichnung, —bohrer, —dede, — drille, — fahrt, —feile, 
— fiſch, —fläde, —flügel, — form, —gerüft, —gewölbe, —groß, 
— größe, —kampf, —fümpfer, —laube, — leder, — lehre, —leifte, 
. — linie, — macher, — muſterung, — rolle, —rund, —rüftung, — ſaͤge, 
— hau, —ſchauer, — ſchlagen, —ſchluß, —Ichnitt, —ſchũtze, — ſprung, 
—ſtrich, — ſtück, —thüre, — weg, — winde, — zahl, — zeichen, —ür 
kel u. a. — Apollon, dem bogenberühmten. Voß, Ilias 4, 101. 
Sieh jetzt . .. der Bogenfenſter runde Scheiben! Redwitz, Am⸗ 
ranth. Das Schwein hat einen bogenförmigen Leib. Funke. Die 
trefflihe Bogenfreundin. Voß. Der bogenführende Schuß 
gott. Gedike. Durch enge ſich oft durchkreuzende lichtloſe Bogen: 
gänge. Wieland, Oberon 13, 45. Unter dem Bogengeſtel mil 
purpurjeidenem Umhang. Voß, Luife 3. b, 609. Die herrliche Bo- 
genhalle, weldhe auf der innern Seite des Palaftes rings berum- 
läuft. Campe. Ale der Bogenfund' erfahrene, tapfere Männer. 
Voß. Bogenlange Erklärungen. Reihhardt. Aus feiner (des Tha⸗ 
les) Ziefe ftiegen drei ungeheure Bogenmauern indie Höhe. Thüme- 
mel. Vertraute Bogenfehne ... verlag mich nicht im fürchterlichen 
Ernſt! Schiller, Tell 4, 3. Welcher auf Bogenihuß fern barreke. 
Voß, Ilias 15, 709. Ein aus 4 Theilen in 60 Bogenjeiten be 
ftehendes Werk. Geift der Journale. Zum Preis dem ftärkiten Bo- 
genipanner. Kinfel, Dtto d. Sch. 3. Dod heim erichoß die Bo⸗ 
enjpannerin Diana fie. Bürger. AL ich in der Ferne eine m 
Ellene en bemerkte. Lichtenberg, Nachtrag zu den 
merfungen über fib ſelbſt. Ein Strom nun wirft den Bogenftrabl 
Göthe, Fauſt 2, 282, Als id den. Bogenftrang anzog. Schiller, 
Tell 4, 3. Weil ihn felbft der Vermeſſnne zum Bogenftreite ge 
fordert. Voß, Odyſſee 8, 238. Bogentragende Amazonen. Ge 
dife. Der Kreter Bogenvolf. Derf. Welches (Gemälde) unter dem 





1047 


zrückenthurm an einer Bogenwand zu fehen war. WBöthe, Leben 
. B. Ein porzellanener Wallfiſch ſchnob den Eruftallenen Spring, der 
ogenmweif in des Beckens Spiegel fi goß. Voß. Und warf durch 
jener und Flammen, donnernd, im Bogenwurf, die Kugel zur 
geſte hinüber. Pyrker, Tunifias 10. 

Bug (ahd. puoc, mhd. buoc, ag. altn. bög) jede gebogene Fläche 
md der Ort, wo fi ein Körper biegt oder wo er gebogen wird; 
m wmenjchlihen und thierifchen Körper bejoudere Theile. Die alte 
form Baug (ahd. pouc, mhd. bouc, altn. baugr, agſ. beah; val. 
at. boja = Band, Seffel) — Ning, Spange, Kette ift nicht mehr 
m Gebrauch. — Aber den Knien erftarret der Bug. Voß. Eine 
Zinie, ein Bug, ein Winkel, eine Falt', ein Mahl, ein Nichts auf 
:ined wilden Europäerd Geficht. Leffing, Nathan d. W. 1,2. Da 
ın dem Najenbug. Göthe, Künftlers Erdenwallen 2. Friß Brocken 
nit halb Zentner Gewicht, verzehr gang fülberne Büegl. P. Abraham. 

Bugader, —anker, —band, —holz, —ſchwinden) — ſpriet, 
— fange, — id. — (Das Pferd if) ſtark buglahm. Shakeſpeare, 
der Widerſpenſtigen Zähmung 3, 2. 

Bügeln (minder gut biegeln, ſchweiz. boͤgeln) Büge in Die Wäſche 
nachen, fie fälteln, kraus machen; auch die Büge herausmachen, glät⸗ 
ten: Ab --, auf—, aus—, nad—, nieder—, über—, um—, 
verbügeln. — Wie fih das Nähen und Flicken vermehrt, das Waſchen 
und Biegeln. Götbe, 2. Epiltel. Die mit Waſchen und Bügeln 
nicht fertig werden fonnten. Göthe, Wahlvpv. 2, 4. 

Bügel jedes nad) einem Bogen gefrümmte Holz oder Metall, — 
Da zog er den Bügel des Hornes (Bogens), ſchnellt' und traf. Voß. 
Ihr Inſtrumente freilich fpottet mein, mit Rad und Kämmen, Walz’ 
und Bügel. Göthe, Zauft 1, 41. Gabft du nicht Kußhand, hielteſt 
meinen Bügel? Shakeſpeare, König Heinrich VI. 2. Thl. 4,1. Die 
Knnechte ehrerbietig den Silberbügeln nahn. Redwig, Amaranth. 
Man fuhr ohne Steigbügel auf dem Pferde hin und her. Göthe, 
Reben 4. B. 

Bügeldohne, —eilen, —feft, —garn, —Ios, —mefler, — netz, 
—riemen, —ting, —rod, —ſtahl, —taiche, —träger, — tuch. — Hier 
'annft du deine Bügelgans braten. Shakeſpeate, Macbeth 2, 2. 

Bucht (ahd. piuko, mhd. biuc, altn. bugr — Biegung und 
Budt, dän. bugt) mit jeinen Synonymen f. ©. 637. — Des weit- 
yerühmten Tempeld prächtige Trümmer und die Waldbucht. Mat- 
bien, milef. Märchen. Des Eurates tiefem Buchtgeftad. Göthe, Fauft 
2, 1 


1. 

Bühel (älternhd. Büchel, ahd. puhil, mhd. bühel) eig. eine 
Srdanfchwellung, Haufen; dann ein etwas länglicher und fait horizon« 
al fortlaufender Hügel. — Zum Bühle da rettet euch! Göthe, 
30h. Sebus. 


* 





1048 


Dägel (ahd. hukil? von mhb. houc —= Anhöhe, ſ. Hoch ©. 25) Aber 
haupt eine fehr merkliche Bodenerhöhung über der Erdoberfläche, Im Beſondern 
eine beträchtliche Erhöhung der Erdoberfläche unter der Bergeshöhe. — Düne 
(agf. dun, engl. down, hollänv. duin; vgl. altgallifh, agf. dün — Höhe, 
Hervorragung des Erdbodens, und den Taunus) ein Sandhügel an ver 
Meeresküſte. — Sie (die Blumen) deden die ganze Summerfeite des Hüs 
gele. @öthe, Meiſters Manderj. 1, 6. Vom lepten fernen Poſten, ver an 
die Dünen branden hört den Belt, Schiller, Piccolomini 1, 2. _ 

Budel (erſt uhd., aus abd. puchelön = ſich ftarf auswärts 
biegen erklärlich) ift zunächft der erhabene Rückenauswuchs; dann Bes 
1ennung des Rückens von Menfchen und Thieren, zwar landſchaftlich 
gemeinüblicher, aber für dad Hochdeutſche immer niedriger Ausdruck. 
Davon budelig (älternbd. budelt, puclatj, budeln. Bückling 
(von fih büden). — Ein Paar meiner guten Freunde... bat er mit 
einem Budel vol Schläge verabichiedet. Göthe, Egmont 4. Wem 
ih ihm doch eins auf den Katzenbuckel geben dürfte! Leifing, Minna 
v8 1,3 Mit nen Rumpfe ſich budelnd jpriugt er 
hinab in die Woge. Voß. — Lahm und budlet. Simpliciifimus 6, 5. 
Er machte feinen Bückling. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 4 

Höcker (mhd. hocker, von hoch S 25) if nur Rückenaußwuchs, und 

zwar als Erhabenheit, Höhe. — Rücken (ahd. hrucki, mho. rucke, all, 

bruggi, ayf. hrycg, altn. hryggr, engl. rig, ridge) 1) der durch axeinauder 
gereihte Wirbelbeine gehaltene Längentheil bes Rumpfes, bei den Thieren ber 

Dber: und bei den Menfchen der Hintertheil des Rumpfes vom Nacken bie zum 

Kreuze; 2) der genannte Rörpertheil zum Tagen, aud) figürlich ; 3) die abgewandte 

Seite im Begenfag der Befichtefeite, 4) die höchſte Längenfläcdhe des Berges. 

Hode oder Hude (Nebenform von Höder, ahb. mhd. houc) Rüden, mehr 

in Beziehung des Rückenaufnehmens vder Rüdentragene. — Gin Gleiches zu 

thun rathen wir auch den nicht hiſtoriſchen Seribenten, deren Werfe vid 

Auswudhes, Köder und Budel, vder fürzer, viel Ueberflüffiges Haben, 

wohlmeinend an. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Die Finder Ifrael müflen jren 

Beinvden den rücken keren. Luther, Bibelüberf. Joſ. 7, 12. Endlos liegt Pie 

Welt vor deinen Bliden, und die Schifffahrt felbit ermißt fie kaum; doch auf 
ihrem unermeßnen Rüden, if für zehen Glückliche niht Raum. Schüler. 

Schon winkt auf hohem Bergesrüden Afroforinth des Wandrers Bliden, 

Schiller, Kraniche des Ibykus. 

Budeleifen, — fifer, —meilel, — ochs, —pinne, —thier. 

Anm. 1. Die Budel (runderbotene metalliiche Berziernng) feheint aus 
En Plural von der Buckel fi gebildet und in den Singular eingedrängt zu 
aben. — 

Anm. %. Gliemann (Archiv f. d. Stud. d. new. Eprachen und Literatar 
VII 270) rechnet zu biegen auch Bock, wobei zu beachten it, daß der floßende 
Bock fih in die Höhe richtet und dann die Stirne ſenkt, wodurch ber Hals gebogen 


wird, Much von einem Pferd, das fih baͤumt, um den Reiter abzuwerfen, fagt 
man, &6 bode. 


1049 





Fliegen. 
(Wurzel flug.) 


Fliege, flog. geflogen, fliegen (ahd. fiv)liuku, flv)louc, 
f(v)lukumes, f(v)lokaner, fiv)liulo)kan; mhd. vliuge, vlouc, 
viugen, gevlogen, vliegen; agſ. fliogan, altn. fliuga, dän. fleyen, 
ſchwed. fluga, engl. fly, bolländ. vliegen, mittelrhein. Volksſprache 
flieje; Wackernagel ftellt e8 zu lat. pluma — Feder) 1) mit 
Hilfe der Flügel ſich durch die Luft bewegen; 2) (uneig.) jchnell den 
Drt verändern, ſehr eilen; 3) durch fremde Kraft ſich durch die Luft 
bewegen, in der Luft jchweben; 4) ſchnell vorübergehen; 5) fchnell 
etwas thun. — Das ift feine (des Jägers) Beute, was da freucht 
und fleugt. Schiller, Tell 3, 1. Voll jüßen Schwindel flieg’ ic) 
nach dem Plage. Schiller, Don Karlos 2, 15. Daß der Königin von 
Böhmen, meiner Tante, dein Federball in's Auge flog. Dai. 1, 2. 
Sprach mit fliegenden Worten. Chr. Stolberg. Unterm Grün, 
durchſtrahlt von Himmelshläue, flogen fie den deutjchen Ringelreihn. 
Hölty. Don der Linken zur Rechten flog fein Schwert einen flam- 
menden Kreis. Kretſchmar. 

Anm. Opit ſagt in alter Prateritalform: die“ Turteltaube flug ben Ul⸗ 
menbäumen zu. - ' 

Ab—, au—, auf—, aus —, be—, bei, daber—, dahin —, 
davon— , durch —, ein—, empor—, ent—, entgegen —, et—, 
fort—, her —, herab—, beran -, berauf—, heraus —, herbei—, 
berein—, hernieder ‚. herüber—, herum —, berunter— , hervor —, 
herzu —, Bin - , binab—, hinau —, Hinauf—, hinaus —., hindurch —, 
hinein —, binüber—, hinunter —, hinweg —, hinzu —, mit —, nad —, 
mieder —, über—, um—, umber—, unter—, ver —, vor—, vor⸗ 
au—, voraus —, vorbei —, vorüber—, weg—, zer —, zu —, zu⸗ 
rũck —, zuſammen —, zuvorfliegen bedürfen feiner weitern Erklärung. 
— Mein Pfeil flog ab. Göthe, ſprichwoörtlich. Gegen die verzeh⸗ 
rende Sonne der Majeſtät anzufliegen. Schiller, Fiesko 1,4. Ein 
Dünner angeflogener Goldſchaum. Schiller, Kabale und Liebe 4,7. 
Es machte mir nichts Vergnügen, dals was mid anflog. Göthe, Le- 
ben 8. B. Flog euch nicht ein füßer Schauer der Entzüdung an? 
Novalis, Heinrich von Dfterdingen 2. Schmefelfies hab’ ich in dem 
Seftein aud öfter angeflogen gefunden. Göthe, ital. Reife Bo- 
logna 20. Det. 1786. . Zurmolin fammelte jorgfältig die aufflie- 
gende Aſche. Novalis, Heinrich von Ofterdingen 1, 9. Leicht, wie 
der Vogel von dem wirthbar'n Zweige, wo ‘er 'geniftet, fliegt ex von 
mir auf. Sciller, Wallenfteind Zod 3, 8. ie ein Schiff, das mit⸗ 
ten auf dem Weltmeer in Brand geräth, mit einem Mal und berftend 
a. Schiller, Piccolomini 5, 3. Wilde, aufffiegende 
Haare. Leifing In dieſem Augenblide flog die Seitenthür auf. 





1050 


— 


N 


Göthe, Leben 9. B. Schoͤne Rıfter von ausgeflogenen Wahrhei⸗ 
ten. Lichtenberg, Parakletor. Was leichte Beine hatte war ausge 
flogen. Schiller, Räuber 2, 3. Voll neun Zage beflogen das 
Heer die Pfeile des Gottes. Bürger, Ilias 1, 53. Der nie be- 
flogne Gipfel. Haller. Schon waren eilenden Flugs zwo fliehende 
Stunden über ded Seraphs Haupte dahin mit der Stille geflo- 
gen. Klopſtock, Meiftas 3, 97. Mit deinem Staubgewimmel fleugf, 
o Erde, du dahin! Matthiffon, die Sterbende. Denn er und ned 
ein Zheil des Helmes flog davon. Alxinger, Doolin 5, 55. Schnell 
den Kamin durchflog wie ein Vogel fle. Bob, Odyſſee 1, 321. 
Schnell mit dem Segel wogendes Meer zu durdhfliegen Dal. 7, 
34. Ewig ohne Ah, als ob er ewig ſchiede, durchfliegt er jeden 
Kreis der Lebensthätigfeit, und Üüberflöge gern den raſchen Flug der 
Zeit. Ziedge, Urania,3. Ganz den Tag durchflog ih. Voß, Yias 
1, 592. Er fliegt die Schrift durch. Schiller. Kanonenkugeln 
flogen wild auf uns ein. Göthe, Campagne in Zranfreich 19. Sept. 
Den lichten Bing zu wagen, und Niemand unterthan einberzuflie- 
gen! Redwig, Amaranth. So fliegt ein großer Gedanke feurig gen 
Himmel a empor, von dem er gedacht ward. Klopſtock, Me 
fias 4, . Da horch! ein jüßer Liebeston kam lei’ emporge— 
flogen. Bürger. Wenn fie (die Seele) dent Leib in Gedanken ſchnel⸗ 
len Fluges entfleugt. Klopftod, Meifias 1, 166. Ihr A 
int haſtigen Lauf der PBantoffel. Voß, der 70. Geburtstag 17 

Stürmendes Schwungs entflog fie den Felſenhoh'n des Olpympos. 
Voß, Ilias 7, 19. Und das Leben entflog ihm. Voß. Und nidt 
entflog ihr die Rede. Derf. Sie eilt und fliegt jo bebende ent- 
gegen des Edjloffes Ende, Göthe, Wirkung in die Ferne. Daan 
erblidet von der Schönheit Hügel freudig das erflogne Ziel. Schil⸗ 
ler, das Ideal und das Leben. Welche (Felien) kein Adler erflog- 
Salis, Elegie. Erfleug das Ziel der Ehre. Matthiffen, die Kin 
derjahre. Des Edeln Geift, er erfleucht (erflengt) den Oſymp. 
Herder. Weil fle nicht wie die andern fortflog. Göthe, Leben 2 
B. So von des Meeres Höh’n hberflog... der Dumpfuntmurrende 
Nachhall. Pyrker, Tuniflas 3. Sie fommmen... m Sturm her⸗ 
angeflogen. Wieland, Oberon 2, 3. Daß die Infecten zwar hin⸗ 
einwärts, aber felbft die privilegirten Welpen nicht ungerupft beraus- 
fliegen könnten. Göthe, LXeben 8. B. Aber mit-dem Zephyr kam 
ein Eliterhen hHerbeigeflogen. Blaten, die verhängnißvolle Gabel 
3. Der (Engel) je aus einem unbekannten Paradies in diefe Erde 
hineingeflogen. J. Baul, Hefperus 4. Der Geifler aufjauchzen 
des Heer flog braufend hernieder. Pyrker, Zunifias 9. Gleich 
dem braujenden Sturm flog jetzt der Römerbefleger Hermann, mit 
feinem Gefolg’, aus Amerila’8 Fluren herüber. Pyrker, Tuniſias 6. 
Er ſah den Block mit Kortunens Rad ſich oben dreimal herumfreifen 


- 








1051 
nd endlich loöfpringen und herunterfliegen. 3. Baul, Sieben- 
i8 7. Die (Bögel) möchten hervorfliegen. Göthe, Leben 10.8. 
der Gaftellan war in feine größten Zollbeiten verfallen... er wollte 
m Thurme hberunterfliegen. Göthe, Benvenuto Cellini 3, 12. 
3om hinfliegenden blonden Haar. Klopftod, die Braut. Mit 
3hädon flog am Arm des Gtüdes das heitre Xeben hin. Ziedge, 
Irania 4. (Ex) floa in den Lüften jchnell gen Süden hinab. Pyr⸗ 
er, Tuniſias 4. Wie wir Hinaufgeflogen find, flürzt das Haus 
ufammen. Göthe, was wir bringen 10. Schnell entblößt? er den 
linfenden Stahl und flog auf das Blachfeld muthig hinaus. Pyr⸗ 
er, Tunifias 8, Wie ein Menfch, der ftirbt, den Augenblid erwar⸗ 
end, mo er entweder vernichtet hinabraucht, oder neu belebt in goͤtt⸗ 
ihe Welten hineinfliegt. 3. Paul. Er ſchwang fich Draußen auf's 
eurige Roß und flog nach der Schanze hinüber. Pyrker, Zuniflas 
. So wär ein Theil des Kopfes mitgeflogen. Alriuger, Doos 
in 5, 55. Er behauptete, es könne mic niemand erreichen als er, 
venn er mir nachflöge. Göthe, Beuvenuto Eellini 2, 12. Der 
Schleier) niederfliegt zum Silberſchuh. Redwig, Amaranth. Kos 
ide wurde zum erfteumale von einer zürmenden Röthe überflogen. 
3. Paul, Heſperus 4. Schnell war der Graben... von diefen ftürm’- 
hen Scharen überflogen. Schiller, MWallenfteins Tod 4, 10. Wenn- 
Raspinette nicht die Blitze Jupiters im Nothfall überflöne Wie— 
and. Schwer (iſt e8) wie Dädalus die Wolfe überflienen fonder 
Braun. %. Rift. Weit die Vernunft des Greijes überfliegend. 
Schlegel. Lange nah Erd’ umfliegend, wo auszuruhen vergönnt 
ei. Voß. Seht in Zrauben gedränat umflieaen fie ı die Bienen) 
Binmen des Lenzes. Voß. Die Schmwalben fliegen nädtig (bei 
Nacht) das Dorf noch einmal um (falſch für: fie umfliegen). Rüdert, 
wei. Ged. 5, 429, Wenn nach Speife die Mutter umberflog. 
Boß, das Brautfeft 31. Schon war der größte Theil der Gäfte nad) 
md nah verflogen Göthe, Meifters Lehrj. 6. Nichts als die 
üße früh verfliegende Träumerei. Schiller, Kabale und Liebe 4,7. 
Zaften Sie ihren Zum bier verfliegen. Geller. Aber die Stunde 
yerflient. Voß, der Riejenhügel 153. Wahr ift es,. diefer Schwan 
lieat wenia, doch er verflient fi nicht. Hagedorn. Dem Flint 
Hiamozzo jo nern an der Spige vor. J. Paul. Wo der Alpaar 
nd voranfliegt. Baggeſen. Schon der Name des Töniglichen 
Sohnes, der voraus vor meinen Fahnen fliegen wird. Schiller, 
Don Karlos 2, 2. Schlummernde nedet fie ftets, Wacende fliegt 
ie vorbei. Göthe, röm. Elegien 4 Fliegen die Tauben der Saat 
n aleihem Momente vorüber. Göthe, Weisitnoungen des Bafis 9. 
Wie ſchnell der Kindheit liebliher Traum vorübergeflouen. Wie- 
and, Oberon 1,29. Wären’s Schwäne, wären weggeflognen. Göthe, 
Rlaggelang von der edeln Frauen des Afan Aga. So wie das Reh 





ganz feine Beftimmung zu erfällen jcheint, wenn es leicht über die fei- 
menden Saaten wegfliegt. Göthe, Leben 11. B. Ich floh mb 
-fam mit zerfliegenden Haaren... unter dad Boll. Klopſtock, Mei 
fins 4, 87. Rauch, der eh zerfleucht, als kömmt. Fleming S. 2 
der Lübecker Ausgabe. Ih flog firädlingg dem Orte zu. Göthe, 
Leben 12. 3. Da flog ihm das Haupthaar und das Gewand we 
Wollen zu rück. Klopftod, Meſſias 5, 142. Doch der unglückliche 
Bater flog auf dem jchnaubenden Hoffe nah dem Lager ınräd 
Pyrker, Rudolph 9. Eben fo oft flog jener zuvor. , Yias 
22, 197. 

Anm. Die Barticipien getatten noch andere Iufammenfegungen, 5.8. Hi: 
melfliegendes Gräaunen. Rlopfod, der Erbarmer. Gr redet mit ſchaell⸗ 
fliegenden Morten. Klopiſtock, Meiflas 15, 156. Gin fonnenfliegeuder 
— Voßs. Die ſonnanffliegenden Adler. Koſegarten, Hymne an te 

ugend. 


Flieger; Fliegung; Fliege (ahd. fliuga, agſ. fleoga, flega, 
altn. fluga, engl. fly, dän. flue) ein bekanntes Ungeziefer; ein leidt⸗ 
finniger, (tederlicher Menſch. — Wenn. alle Flieger (Vögel) bed 
flug, wie der Rabe, wären! Gleim, der Adler und der Rabe. Zau- 
jend Fliegen hatt’ ich am Abend erfchlagen; doc wedte mid Em 
beim früheften Zugen. Göthe, ſprichwörtlich. So, lebt die Zliege 
(der. Menſch) noch? fiel der Wirth ein. 3. Paul. 

Fliegeubaum, — blume, —ente, —falle, —fänger, —fittig, — Türk, 
—gam, —gift, — glas, —täfer, — Mappe, —Hatiche, — kopf, —krart, 
—netz, — papier, —pflafter, —pilz, —pulver, — ſchimmel, dei 
per, — ſchrank, —ſchwamm, —ipießer, —itecher, —flein. — vogel, — many, 
—wafler u. a. — Wenn man euch Fliegengott ), Derderbe, 
Lügner heißt. Göthe, Zauft 1,70. Fliegenſchnauz' und Mäda 
naf mit ihren Anverwandten, Froſch im Laub’ und Grill im Bf 
das find die Mufllanten! Göthe, Fauft 1, 224. Wie Fliegen 
ſchwärme drängt fih das Heer der Thoren auf. Pfeifel, der Pu 
und fein Hofmeilter. (Er) macht Blitze fih aus Fliegenmwedeln 

Dfeffel, der Rauſch. 

Flug (ahd. altn. flug, mhd. viuc, ſchwed. flygt, dan. Augt) 1) 
Handlung, Zuitand, da ein Thier oder Körper fliegt, in weiterer de 
deutung ſich jchnell fortbewegt; 2) mas zufammenfliegt: ein Flug Ri 
bühner; 3) in der Wappenfunft ein Flügelpaarz; 4) der Ort, and 
welchem etwas fliegt; 5). Ort und Zeit des Fliegens gewiſſer Voͤgel 
Ab—, An— (©. 69%),.Auf—, Aus—, Durd—, Ein 
Ueberflug u. a. — Der Flug des Pfeiles. Luther, Bibelüber. 
Weisheit 5, 12. Da wir diefen Winter nun vollends einige größere 


1) Der Name Beel zebubs, den man in Aegypten als Gott verehrte, darit 
er die läfige Blage der Fliegen abwenden follte, 











Flüge machen wollen. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 196.. Wie 
raſch durchläuft in lieblichem Gewühl der NRofenfinger Flug.die ſee⸗ 
lenvollen Saiten. Bürde. Wenn Phantafle fi ſonſt mit fühnem 
Flug und hoffnungsvoll zum Ewigen erweitert. Göthe, Zauft 1, 40. 
Noch fein junger Flug hat fid, zu weit von meinen Augen entfernt. 
Geßner. —. Freilich wirft du, gutes Kind, deinen Abflug aus dem 
ländlichen Honigbaum in den ftädtiichen gläjernen Bienenſtand mit 
tiefern Schmerzen halten, als du vorausgefeßt. 3. -Paul, Zitan 27. 
Unſelige Gefchäftigfeit verzehrt den himmliſchen Anflug der Nadıt. 
Novalis, 2..Hymne an die Nacht. Den rotbfammigen Urhahn in dem 
Aufflug mit dem Glutſtrahl aus Gewöl tief. Voß. Ach! das. 
Vorgefühl in Finfterniffen, das zum Aufflug ihre (der Seele) Schwin⸗ 
gen fträubt, ift nur Ahndung. Salis, Piyche’s Trauer. Raſtloſer 
Aufflug zum Ziele Schubart. Obgleich) Werner mit diefem neuen 
Ausflug micht zufrieden zu jein fchien. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 7. 
Der Durchflug eines Gedanfend. 2. Meifter. Als hätt’ er Jahr⸗ 
hunderte ſchon im des fchnellen Herabflu $ Augenbliden durchlebt. 
Pyrker, Zunifias 1. Seinen kleinen Rüdlügen ... ſchenket eure 
Aufmerkfamkeit. E. Wagner. Müde des Umflugs. Baggejen. Et⸗ 
was im Borbeifluge erwähnen. Bragur. Der eilende Vorüber— 
flug der Zeit. Ziedge. Sie hatte folhe weder dem Borüberflug 
ihrer funtelnden Augen noch den gleich vergänglichen Tönen ihres 
Mundes zu verdanken. Thümmel. Denn Bortrefflichleit hat Ns - 
auge und Adlerflug.. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Des Cherubs 
Denn un Schubart. Im freudigen Eilflug zahllos Ichreiten 
einher die Heldenjöhne der Vorwelt. Pyrker, Zunifias 1. Nur dir 
. . ergibt Die Mufe fih auf ihrem Eulenflug Zhümmel Welche 
nur mein Geiftesflug erreiht Salis, Monodie am Meere. Noch 
rauſcheſt du ſtets mit Geniusfluge die Saiten herab. Klopftod, 
der Hügel und der Hain. O bull’ ihr die Schulter, 0.0. 
Baggeſen. Edler Xöwe, verfegte der Adler, auf meinen Himmel- 
flügen lernte ih. Benzel-Sternan. Den Hochflug und das Hod- 
gewilde bannen in unſern freien Waldern. Schiller, Zell 2, 1. Den 
Bug, den die Trompete blält, den lauten ſchönen Kriegesflug. 
Klopſtock, Schlachtlied. D dann, ihr Brüder, ſchwur ich mit eud), 
im Gramm der ftillen Mondnacht, edleren Liedesflug Voß. Des 
mwechfelnden, des fühneren, deuticheren ODdenflugs. Klopitod, Thuis⸗ 
fon. Unermüdlich und eben jo fruchtlos ftrebt unſere Bhantafle ... 
fih ihrem Sinnenfluge frei zu überlaffen. Ungenanntet bei Campe. 
Iſt's flolzer Adler Sonnenflug? Uhland, die Siegesbotſchaft. 
Salek kam, wie ein Hagelgewölk im brauſenden Sturmflug. Pyr⸗ 
ker, Tuniſias 7. Ihn (den Mann) reißt die Zeit im Thatenfluge 
fort. Collin. Zwar fein kundiger Seher, noch Vogelflüge verfte- 
hend. Voß, Odyſſee 1,208. Phöbus Lieder ſchweben kühn und freier, 





a 4054 


— —— —— — 





-faft, wie Bragas hoher Wolkenflug. Münchhauſen. Bunderfings 


\ 


bejonderer Art. Göthe, Fauft 2, 173. 
Flugs mit feinen Synonymen f. ©. 850, 

Flugbett, —biene, —blatt, —brand, —feuer, —geld, —haber, 
—heer, —lager, —loch, —mehl, —iwiene, — ſchiff, — ſchreder, 
—ſchũtze, —tbaler, — urtheil, --wildbret, —wiſch, —zettel u. a. — 
Sp rennt es (das Pferd) fort mit wilder Flugbenterde. Schifer, 
Pegaſus im Joche. Auf dem Rüdwege ftieß mir mein Pathchen am, 
das den halben Schwanz eines papiernen Dracyen flnafertig mache. 
J. Paul. Die Flughaut eines Schmetterling J. Paul. Bälte 
jie fort auf dem Flugſand. Pyrker, Tuniſias 10. Bei den heim 
Flugſchriften, die ih unnenannt herausgab. Göthe, Leben 13. 8 
Er lockte in Blumenbühl Flugtauben täglich Durch Zutter näher. 
J. Paul, Titan 1. Eine Biene, deren Flugwerk ihr Honig ver- 
pichte. J. Baul, Hejperus 14. _ 

Flügel 1) etwas das flieget, fih in der Luft beweget; 2) ein 
Werkzeug zum Fliegen bei deu Voͤgeln ete., auch bildlich in verfekte- 
denem Simte; 3) ein befanntes Zonwerkgeng, nach der Geſtalt bes 
Flügels eines Vogels nenannt. Davon flägelig, flügeln, Belag 
ler, Berlügelung, Flügler. — Ein mürriſch ungeduldig Dieb 
aibt der erſchrocknen Zofe Flügel. Schiller. Und wenn die Areibeit 
dann von Banden los ders goldnen Flügel fchläat. Weihe Di 
Barke vogeljchnell dircdyidmeidet Schon mit ausgelpaunten Zlüugnelr 
die blaue Flut. Wieland. Die Fäden (laufen) durh das Blar m 
der Lade ſowohl als durch die Flügel des Geſchirts... Alles (min) 
mit einem, an einen Stab aebundenen Gänſeflügel gerädelt 
Goͤthe, Meifters Wanderj. 3, 5. Zeit dem Gemad zu verjchliehen 
die wohl einfugenden Flügel. Voß, Odyſſee 21, 236. So bat 
mich Gottes Leitung getragen auf Adlersflüneln Klopited, Re 
fias 11, 3. Es erblaßten die Doppelflügel von Ahorn. Beh. 
(Daß) die frohe Seele fib auf Engelsflügeln ſchwingt zur em 
aen Freiheit. Schiller, Maria Stuart 5, 6. Der (Zrabfim) im 
Schneegewoͤlk mit Eulenflügelu lauert. „Wieland. Indeſſen der 


Vater die Fenſterflügel auftiß. Göthe, Xeben 1. B. In derer 


Windftille unjerer Lungenflünel ſpricht man nur janfte, leiſe Werte 
3. Baul, Heiperus 8. Und eilend tönten ſie (die Engel) oft mit vem 
Purpurflünel, Klopſtock, Meſſias. Doch tiefer büllt im ie 
Skhattenflügel,... die Dunfelheit fein öded Leben ein. Tiedae. 
Ein Hauptgebäude, Seitenflünel und wad man nur wünſchen fan. 
Goͤthe, Meifters Wanderj. 3, 6. Auf den Seraphsflügein De 
Geſangs ſchwang die befreite Seele fi nach voben. Schiller, Brau 
v. M. So ſchwang ein junger Schmetterling die blaugezadten Sil⸗ 
berfiügel. Pfeifel, der Schmetterling und der Rabe. Den Straf: 
lenflügeln, mit leichterem Purpur umgoflen. Sonnenberg. Dei 








1055 


satte. Zaubenflünel fein erlahmen. Redwitz, Amaranth. — Die 
u fonft in leichten Tänzen feine Füße flügelteft. Meißner. Zlügle 
aicher den- Kahn, nervichter Jünglingsarm! Matthiffon, die Wafler- 
ahrt. Flügelte dann zum Tydeiden den Lauf ftarfhufiger Roffe, 
308, Ilias 5, 39. Deu neflügelten Gott (Amor) folgt der 
‚eflügelte Sieg Schiller, die Geichlechter. Aber jobald ihn der 
—— des geflügelten Pfeiles gebändigt. Voß. Sprach die ge— 
lügelten Worte. Voß. Jetzo ſprach er mit zorniggeflügelter 
Stimme. Klopſtock, Meſſias 4, 111. — Soll ich dem Herrn mit dem 
slegel die Beine beflüneln? Platen, die verhängnißvolle Gabel 2. 
hr Stunden, o! beflügelt euch! Cronegk. Ei, o eile mid 
mporzuflügelu, wo fid unter mir die Welten drehn. Maithifion, 
ie Bollendung. Er glich einem entflügelten, entwaffneten Amor. 
Jenzel-Sternau. Indeſſen jchien die Gelellichaft in einen förmlichen 
zalbeirkel gebildet, ihn zu überflügeln. Göthe, Meifters Wander⸗ 
ahre 1, 9. Morgenwind umflügelt die beichattete Bucht, Göthe, 
teben 18. B. — Schnellfüßiger Roſſe Beflügeler. Voß, Odyſſee 
8, 263. Jet um die theuerften Glieder gefchwingt mit junger Be— 
lüglung gab fie umſonſt, ad) kalt! mit hartem Schnabel ihm Küffe. 
Bo. Seht legt auch die Beflüglung des Stahls der Städter fich 
m. Klopftod, der Kamin. In erhabener Odenbeflügelung. Pla— 
en, rom. Dedipus 5. Bon Inſekten ſahen Cook und Mearcs außer 
erfchiedenen Käfern und Zliegen mehrere Arten Staubflügler. 
5ẽ. A. W. Zimmermann. 
Anm. Die Participien geſtatten noch andere Zuſammenſetzungen 1.2. Fuß⸗ 

‚eflügelte Roſſe. Voß. Leichtgeflügelt und keck. Herder. Gin leicht⸗ 
eflügelter Scherz. Kl. Samivt, DO ſturmbeflügelter Lauf, K 


. 5. 
tramer, Alſo nn wonncheflügelt bahin. Buygefen. Die wagenbeflüs 
‚einden Roffe. Voß, Ilias 15, 354. 


Blügelband, — bauer, —deich, — farn, —feder, —förmig, — fort⸗ 
ag, —frucht, —fruchtbaum, — futter, —gott, — herd, —horn, —ko⸗ 
ten, —find, —Mnabe, —kölbchen, — mächer, - mantel, —meiiter, 
—musfel, —müße, —nadel, —nerve, —ort, — pferd, — inne, —fas 
nen, —Ichlagader, — ſchnecke, —ichraube, —thier, —thor, —thüre, 
-tuh, —welle, —werf, —wurm, —zwedeijen u. a. — Steigend 
oben fie (die Wolfen) flünelartig die * Geſtalt empor. Göthe, 
Reiſters Wanderjahre 1, 10. Wie ein Flügelbote des Himmels. 
Shuafeipeare, Romeo und Julie 2, 2. Eines aufgeflogenen Engels -» 
vegaelegte Flügeldede. 3 Paul, Hefperus 4. Aengſtlich Zlü- 
elflatterfhlagen! Göthe, Fauſt 2, 141. Kaum weilt ſein 
flügelfuß in Tyrus nächften Gauen. Schiller, Neneis 4,49. Der 
Schwan) vom zerfnidten Flügelgelenk ans Leben befeitigt, ſehnend 
u andern Schwänen aufſah. 3. Paul, Hefperus 7. Darum vers 
velfte fein Flügelglanz. Krummacher, der Schneetterling, Sieh! 
er Bübchen Flatterſchaar, das bewegt und regt fo ſchnelle, wie der 








nn 


Morgen ⸗fie gebar, flüͤgelhaft ſich Paar und Paar. Göthe, Mai. 
Bon elaftiich feiner Leinwand puffte ihre Fl J elhaube. Herder, Eid 13. 
Ein nettes Flügelhäubchen ftand dem kleinen Kopfe und dem feinen 
Sefichte gar wohl. Göthe, Leben 13,3. Perſeus mit dem Flügelhute. 
Rode. Der ſchwere Panzer wird zum Fluͤgelkleide. Schiller, Jung. 
v. O. 5, — Bor ihrem wilden Fluge erſchreck' ich und werde flü⸗ 
gellahm. © Wagner. Der FZlügellauf des Roſſes. Bragur. 

aber die Aurora mit geflügelten Roffen fährt und der Tagsgott mit 
flügellofen. 3. Paul. Wäre noch, wie fonft, ein Freigeiſt Zlä- 

elmann. Platen, rom. Dedipus 4 Wenn ein fehnend Hoffen .. 
Erfüllungspforten findet f lügeloffen. Söthe, Zauft 2, 7- it 
ihrem weißen Slügelpaar, fie (die Victoria) dünkt fich wohl fie ki 
ein Aar. Göthe, Fauſt 2, 40. Genialiſche Thätigkeit iſt der Apolli- 
nariihe Zlügelpfeil des Scithifchen Abaris. Ben — N 
ihwarzfammtnen Flügelröcken. Götbe, Leben 5. So wird em 
Slügelroß es dort ereilen. ee Die Schwäne heben fich ver 
ibm mit fchnellerem Flügelſchlag. Klopitod, der Hügel und der 
Hain. Auf Flügeifhnellen offen. Schiller. Hinaus! mit Flu⸗ 
gelſchnelle durch das Land. Göthe, Eugenie 3, 4. Das Jamert... 
mit Flügelſchnelligkeit zu m trunfnen Ohre binzutragen. 
Schiller, Maria Stuart 2, 2. O laß. mit Jlügelichritten um 
eilen! Wieland. Erſt nüpft er an den Fuß die goldnen Flügel» 
fohlen. Schiller, Aeneis 4,45. Getragen auf dem Flügelſchwunge 
des Stahls. Klopſtock, die Kunft Tialfs. Des Saales Zlügeltbor 
wird aufgethan. Redwitz, Amaranth. Was anders, wenn das Flü⸗ 
gelvieh ein'n großen Poeten auf ſich ſpürt. Kl. Schmidt. 


Geflügel bezeichnet überhaupt die Vögel, zahme wie wilde, eßbare 
wie nicht eßbare, dann die zahmen und wilden eßbaren in der Küche 
und zubereitet. — Daß des Geflünels Heer fih alſo frölig ftellt, 
daß durch fein Singen Saat und Heiden beimlid werden. Opitz. Alles 
war, befonders was auf das Geflügel Bezug hatte, mit der beiten 
Laune dargeftellt. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 4. — Wenu auch 
längſt die alte Barbarei von neuen wie Nactgeffügel über dir 

- baujet. ©. Waguer. Rauſchend kränzt goldbeglänzt wanfend Ried des 
Vorlands Hügel, wild umſchwaͤrmt vom Sceegeflügel. Matthiffen, 
Abendlandichaft. 


Federvieh (aus Feder, ahd. födars, mp, vẽder, agſ. feiher, fidher, 
altn fiödur, fidr, altniederd. vedere, ſchwed. ‚fjäder, dän fjaeder, 1jaer, engl 
feather, holländ. veder, veer, und Vieh, goth. faihu, ahb, fihu, mh. vibe, 
agf. föoh, altn, fe, engl. fer, ſchwed. fae, fanffr. pagu, gr. zör, lat. pecus) 
bezeichnet die zahmen Bögel, dann vie zahmen efbaren Bögel, fo lange fe 
nicht in der Küche zur Zubereitung find. — Seine Raunende Seele jeß mi 
aber neben dem Federvieh. I. Paul, Giebenfäs 7. 





1057 





nn — 


Unm. 1. Flücke, Flügge (abd. Aucchi, Aukki. mhd. vlücke, bei Fle⸗ 
ming flicke) fcheint eine Berflärfungeform von fliegen zu fein, 

Anm. 2. Flackern (aht. flagarön, flogarön, altn. flögra, ſchwed. flacka, 
agſ. fliccerjan, engl. flack) ſcheint ebenfalls mit Fliegen verwandt. Das einfache 
fladen (holland, vlacken) ift veraltet: Flackende und brenn nde Liebe. Weiler v, 
Kaiirrsberg. Eine Scheune, weſche voll Stroh gelegen, verfladet gar. Wurſtiſen, 
Bafler Chronik. — Zu fludern=fid ſchnell hin und her bewegen gehört wahrs 
ſcheinlich Flagge, ſchwed. flagga, engl. dän. flag, hullänt. vlaggh. 

Anm. 3. FgFiocke (abd. flocho, agf. flacea (pl.), mhb. vlocke, engl. lock) 
IR wahrſcheinlich aus dem lat. floccus entlehnt. : he 


Lügen. !) 
(Wurzel lug.) 


Züge, log, gelogen, lügen (ahd. liuku, louc, lukumäs, lo- 
kaner, liu(o)kan; mhd. liuge, louc, lugen, gelogen, liegen; goth. 
liugan, altf. liogan, agſ. leögan, altıriel. liaga, altn. liüga, engl. 
Iye, dan. — ſſlav. lugati, legati) 1) eine Unwahrheit fagen, vor⸗ 
züglich wiſſentlich und abſichtlich; 2) auf eine lügenhafte heuchleriſche 
Art, um zu täuſchen, an den Tag legen oder äußern. — (Entweder 
Du leugft ung, oder du ſahſt dad Geſicht. Klopftod, Meſſias 4, 115. 
(Wein ihr) Niemand verläftert, auf Niemand lügt. Schiller, Wal⸗ 
feniteins Lager 8. Deßwegen logft du tückiſch mir Verſöhnung. 
Schiller. Fern erblid’ ih den Mohn, erglüht. Doch kymm' ich dir 
näher, adı! jo ſeh' ich zu bald, Daß du die Roje nur lügft. Göthe. 

Ab—, au—, auf—, aus—, be—, durh— ein--, er—, her⸗ 
aus—, hinaus —, hinein —, nah—, ver—, vor—, zufammenlü- 
gen. — Die ihm fein Chr’ und Gut hat abgelogen. H. Sade. 
Die Krümmungen, die unjerm kleinen Leben eina optiiche Länge ans 
Lügen. %. Paul. Dem es feine Mühe macht, das Eigene von dem 
Angelogenen zu untericheiden. Leffing, Antigöze 10. Wollen Sie 
mir Dinge auflügen, Die der Augenfchein widerlegt? Schmettau. 
Daß mein Mund ihn nicht belogen. Schiller, Piccolomini 5, 3. 
Mir bat fein Quäckerſchwarm das Pulver eingelogen, das den 

ebundnen Sinn zur Offenbarung zwingt. Gintber. Die fonderbars 
Ben, erlogenen Begebenheiten haben eine Natürlichkeit, die ich nie 
fo gefühlt habe. Göthe, ital. Reife Neapel 17. Mai 1787. Mit er- 
fogener Heiterkeit. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Ihr könnet 


1) Sollte vigentlih liegen geichrieben werden, wie noch in ber 2. Hälfte 
des 17. I. geſchah. ine falfhe Ruckſicht auf das Eubllantio Küne und die uns 
richtige Unterfcheidung von liegen fur ligen S. 567 haben tie Schreibweiſe 
Lügen beivorgebracht. — Nach dem goth. Beimort läugns — heimlich icheint der 
Urbegriff irgend eine finnlihe Verhullung gewefen au sein. Im But. f! nubere = 
verhüllen und heirathen, weil vie Braut bei der Hochzeit mit einem Sılrier vers 
Hält wurde. Aehnliche Berwandtfchaft ſcheint ſich zwifchen dem, flarfen goth. liugan, 
— lügen und dem ſchwachen liugan — heirathen zu finden. Bal. Grimm II, 
88. IV, 601. Betgand Ro. 2083, 


67 








1068 


WED ——— — Tr rue — 


- 


den Schöpfer aus feiner Welt hinauslügen. Schiller, Fiesko 2, 3. 
Daß ſich fein Teufel noch in das Himmelreih hineinlog. Schiller, 
Kabale und Liebe 4, 2. Einer wird hinder rüd verlogen. H. Sachs 
Der verlogenjte Schelm der Chriftenheit. Shakſpeare, 8. Heinrich 
VI. 2. Thl. 2, 1. Welcher Schreckenstraum fommt ihr der halber- 
wachten Seele vorzulügen? Göthe, Egmont 5. 

Zug (ahd. lug) alterthũmlich; Züge (goth. liugus, ahd. luk(git, 
luk(g)in, mhd. lüge, lugen, lugin, Jügene, alti. Iugina, ayt. ſig, 
lige, altn. Iyga, Iygd, engl. Iye) die wiſſentliche und abfichtliche Uns 
wahrheit, eine für Wahrheit ausgegebene Erdichtung, vornehmlich mit 
dem Nebenbegriff des Unfittlihen; Lügner (abd. altn. Iiugäri, agi. 
leogere, mhd. lügenzere), lügnerifch. — An lauterer Schönheit, 
bie fein gleißender Zug befledt. Voß. Dieß falfche Herz bringt Lug 
und Trug in den wahrbaft’gen Himmel. Schiller, Wallenjteins Tod 
3, 9. Richt zu vermailigen durch Kläfferlug. Koſegarten, die Un- 
ſchuld. Verſtrickend it der Lüge trüglich Mark. Schiller, Jungfrau 
v. O. 2, 10. Ich fehe nichts von diefen Waſſerlügen (gelogenen 
Dingen, die im Wafler fein follen). Göthe, Fauſt 2. 283. Ir 
beit ift Lugbeit. Fiſchart, Gargantua S. 283. — Der Bauer braudt 
zu emerAblüge nichts als die Heimfte Gefahr, nur Borlüge nummt 
er für nicht ehrlich genug und will Wort halten. %. Paul Du Ki 
und bleibit gin Lügner. Göthe, Fauſt 1, 158. Sie eine Lügner 
rin? Schiller, Jungfrau v. DO. 5, 7. — Mein Auge wird fid) wohl 
an den Delügern legen. Opiß. 

Lügenfeind, — freund, —fürft, —ged, —maul, —predi 
—redner, —ſack, --zeihuung ı. a. — Bom Thron Gottes bis 
Gewürm der Erde fan alles Lügenbeweis, Pfeil und Hülle des 
Aüberrügers werden. Herder. Ein Lügenbild lebendiger Geftalten. 
Schiller, Refignation. Dem Berdienite jeine Krone, Untergang der 
Lügenbrut! Schiller, an die. Freude. Den entrollten Lügenfah- 
nen folgen alle. Göthe, Fauſt 2, 267. Sole grelle Zügenfar- 
ben verdienen fcharfe Lauge. Benzel-Sternau. Es find Lügengeifter, 
die dich berüdend in den Abgrund ziehn. Schiller, Wallenfteind Ted 
2,2. Die böſe lügenhafte Zunge meines größten Feindes. Götbe, 
Benvenuto Gellini 2, 2. Eu'r Lügenföder fünat den Wauhrheits- 

karpfen. Shafefpeare, Hamlet 2, 1. Mir fandte der Abgrund den 
verſteckteſten der Geifter, den Tügefundigften, berauf. Schiller, 
Wallenſteins Tod 3, 18. (Bon) den Lügenkünften baft du feine 
Ahnung. Schiller, Piccolomini 5, 1. Deiner Lügenlehre bieget 
fi) willig die Eiche. Wächter. Agamemnon bieß ibn einen Wahrjager 
des Unglüds; aber Lügenprophet getraute ſich jeldjt Agamemnon 
nicht zu fagen. Herder. Bis du ihn 5—5 in dein falſches 
Lügenreich. Schiller, Hero und Leander. Erprobe deine Lügen⸗ 
ihaume. Göthe, Fauft 2, 19. Sollten wir trauern, weil uns die 





— 


Lügenzunge der Fama Bothſchaft des Kummers zuflüſterte? Ge— 
dike. Dem Herrn entrollt vom Lügenſchwarm. Redwitz, Ama— 
ranth. Auf deiner Lügnerzunge. Shuteipenre, Goriolan 3, 3. 
Läugnen, auch leugnen !) zu erkennen geben, daß etwas nicht 
wahr jei; der Wahrheit zuwider, gegen fein befleres Wiſſen verneinen; 
ab—, verläugnen; Läugner, Läugnung, unleugbar. — Er 
zeigt, Daß ich das nicht geradezu leugnen will, woran ich zweifle, 
Zeijing, über den Tod. (Arkebuſier:) Wer uns bezahlt, Das ijt der 
Kaifer. (Zronipeter:) Das läugn' ih ihm, fieht er, in's Angeficht. 
Wer und nicht zahlt, Das ift der Kaifer! Schiller, Wallenfteind Lager 
11. — Ich bin nicht der Menjch, der irgend etwas abzuleugnen 
im. Stande wäre, Leſſing, Nathan d. W. 5, 5. Du wirft mich Dreis 
mal verleugnen! Klopfiod, Meifias 3, 169, — Wie tief in der 
Feldichlacht fterbend ein Gotteäleugner fih wälzt. Klopftod, Mej- 
find 4, 4. — Sie ergriffen Die Gelegenheit über manche unleug- 
bare Sympathieen zu jprechen. Göthe, Unterhaltungen deuticher Aus— 
gewanderten. Welch eine Selbftverleugnung! Pfeffel, der Fakir. 
Verneinen (ahd. intneinan, aus nein ahd. mhd. nein, dies aus der 
BVerneinung qui. ni, ahd. ni, mhd. ne, altj, ni, ne, agf. né, altfrief. ne, 
ni und ein) allgemein zu erkennen geben, daß etwas nicht fei. — Die Gadi⸗ 
taner wären unter allen Völfern die einzigen gewefen, welche den Tod verchs 
ret. Berehret fügt von den Gaditanern zu wenig, und verneinet von den 
übrigen Bölfern zu viel, Leffing, über den Tod. 


Triegen und trügen. 2) 
(Wurzel trug) 

Triege (früge), trog, getrogen, triegen und trügen (ahd. 
triuku, trouc, trukumds, trokandr, triu(o)kan; mhd. triuge, trouc, 
trugen, getrogen, triegen; agſ. dräögan, altn. drygja = thun 
und ertragen) vielleicht mit dem Örundbegriff tragen, ziehen (vgl. Ge— 
fpenft und spanan ©. 204) und das gebräudlicyere betriegen 


’) Grimm, Graff, Klopfod, Voß, Leſſing u. A. ſchreiben leug⸗ 
nen; Adelung, Campe, Schmeller, Wackernagel, Wieland, Göthe, 
Schiller u. A. läugnen. Das Wort lantet goth längnjan, ahd. lofayuk(gıinan, 
lofa)uk(g)anjan, lo.aJuk(g)anen, lo(a)Juk(g)unön, altf. lognean, agi. lygnjan, 
mbp. lougenen, loug(k)en, älternhv. leückenen, laugen, laugenen, löugnen. Nach 
Grimm ſoll Hier eu für mhd. ou, nicht für Su wie tonft, ſtehen, weil ung da der Auflauf 
versteckt frei. Vergleihet man laufen mbr. loufen und nimmt man an, daß im 
mhd. lougen das ou bleibt und regelrecht in älternhd. und oberd. laugen und 
laugnen übergeht; fo fchrint e8 richtiger, läugnen zu fehreifen. 

2) ©. die Note zu lügen ©. 1057. 68 ift wol noch nicht zu fpät, das richtige 
triegen wieder einzuführen, da bier eine Unterfchridung wie bei lügen und 
liegen gar nicht vorliegt. Auch baben, wie aus den angeführten Beifpielen zu 
eriehen, mehrere unferer beſſern Schrififteller bis heute die richtige Form gewahrt. 
— Bel diefem Worte fühlt man recht den Mangel kritiſcher Ansgaben von Böthe, 
Schiller u. A., da in den vorliegenden die Rechtſchreibung höchſt fchwanfend if, 

6* 











1060 


und betrügen S. 732 (ahd. pitriuk(g)an, mhd. betriegen, altf. bedrio- 
gan, bidröogan) bedeuten zu Jemandes Nachtheil oder Schaden täu- 
hen. — Kannft Du zu der Welt nur Neigung tragen, die fo oft Di 
trog? Göthe, an Lottchen. Wer befre Güter Pennt, als die das 
Gluͤck und zeigt, um die der Ehrgeiz buhlt, um die es ihn betrengt. 
Uz, Kunft jtet3 fröhlidh zu fein 3. So geh’ es jedem, der am Tage 
fein edles Liebhen freib betriegt. Göthe, der Müllerin Berratb. 
Sch habe nid) ſelbſt Hintergangen, mid) felbit wider Wiſſen be- 
trogen. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 15. Damit fie fi) alle unter 
einander recht betriegen und belügen fönnen. Daf. 5, 16. Ginen 
Betrieger betriegt man nicht, fondern den hintergebt man 
nur. Leſſing. Aber wenn das Geficht mich nun täufchte? der Tram 
mid betröge? SKlopftod, Meſſtas 3, 720. — Bis du ibn ber- 
ausbetrogen in dein faljches Lügeureich. Schiller, Hero und Leander. 
Das Glück meines Lebens bübiſch hinwegbetrogen! Schilke, 
Räuber 4, 4. Der unter Gottes Larve Dir Ehre, Scham und Un- 
schuld wegbetrog! Schiller, Semele 1. 
Zäufchen (mhr. tüschen = Schelmerei treiben, taschen — verbergen 
S. 7) etwas nad Schein für Anderen, was man wahrzunehmen glaubt, uehs 
. men laffen ober geben. Beliſten (von LiR S. 531) fünfllich angelegt zu 
verborgener Erreichung eined Zweckes ein lebendes Weſen täufhen. Ueber⸗— 
liſten durch fünſtlich angelegte Täuſchung zur verborgenen Erreichung eines 
Zweckes ein lebendes Weſen übermögen. Hintergehen (ſ. geben) darch 
heimliche, verſteckte, verſtellte Handlung täuſchen. Berücken (von rüden 
ahd. ruch(k)jan, rucchen, mhd. rücken) unvermuthet überfallen; durch fein 
angelegte Lockung oder anziehenden Schein töufchend fangen oder für ſich ober 
feine Abſicht gewinnen, gleichfam wie wenn e8 durch unvermutheten Ueberfafl 
geſchieht. — Durch falfhen Schein getäufcht eil’ ih ihm nadhzuwankeln, 
Gellert, Diefer Zunge Gewalt, die mich beliſtete. Voß. Wie fonnten Ele 
mich, den Tag über, ohne Beſchämung anfehen, den fie bes Nachts ſchmählich 
unerlanht wherlifteten? Göthe, Meiſters Watiderj. 1,9. Es find Lügengeißier, 
die dich berückend in den Abgrund ziehen. Schiller, Wallenfteine Top 2, 2, 
Trieger und Trüger (ahd. triugäri, altſ. driogeri, ub?. 
triegere; ahd. truk(g)inäri, mhd. trügensere find gebildet von 
dem von Trug abgeleiteten ſchwachen ahd. truk!g)anön, truk(g)i- 
nön, mhd. trügen für trügenen), Betrie(ü)ger; Trie(ü)gerei, 
triecü)gerifch; Betrielä)gerei, betrie(ü)gerifch; trielu)alih, be⸗ 
frie(ü)glich (von triegen, betriegen; abd. trugilih, trügelich 
und trügenlich, nhd. trüglich, betrüglich von Zrug oder tru— 
ginön und trügen); Trug (ahd. trugi, truk/g)ida, trugiheit, troch- 
Russi, gitrocnissa, getr&og, gatrog, kitroc, altf. gidrog, mh. 
trüge, trügene, trügeheit, trügenisse, getroch; Betrug (I. ©. 
962). — Trügerin, von Anfang und nie beſtanden in der Wahı- 
heit. Herder. Def fie Betrüger find, kann ich nicht zeigen. Göthe, 








4064 


Taſſo 4, 3. Betrieger, Schelme find fie. Voß, Die Xeibeige- 
nen 26. Vom Thron Gottes bis zum Gewürm der Erde kann alles 
Lügenbeweis, Pfeil und Hülle des Allbetrügers werden. Herder. 
Dod den Bethörten jchmeichelt die Eitelkeit, die Selbftbetrüge- 
rin Wieland. Die Anjchläge der Gottlojen find Trügerei. Luther, 
Bibelüberj. Spridyw. 13,5. Die Betrügereien ränfevoller Knechte. 
Söthe, Leben 3. B. — So führten mic dieſe Kennzeichen trüglich 
genua hin und wieder. Göthe, Leben 2, B. Ich mag au mit Dir, 
weil ich dich liebe, -das fchledhte Zeug won dden Worten nicht weiter 
wechſeln und betrieglich anstanſchen. Göthe, Meiftere Wanderj. 
1, 3. (Er) fann nicht wohl anders, als ihm die Betrieglidhfeit 
unferer Hoffnungen zu Gemüthe führen. Leſſing, Hamburger Dranınz 
turgie 4. Ein unbetrüglihes Gefühl fügt mir. Wieland, Obe— 
xon 4, 8. — Dies falſche Herz bringt Lug und Trug in den wahr- 
haft'gen Himmel. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 9. Mitten im Dot- 
nengefild des finnejchmeichelnden Irrthums. und unendlichen Trugß. 
Pyrfer, Moſes 1. — Herrſcht Zufall bloß und Augentrug? Göthe, 
die Weifen und die Leute. Der Menjch ringt nach der Befriedigung 
feines innigften Weſens; doppelt der von heiligen Gefühlen, von 
Brudertrug, von verwundeten Vertrauen grauſam gequälte Menfch. 
Benzel-Sternau. Indeß Armida fo von jeder Seite der Ritter Schnar 
und Liebestrug unmeht. Gries, Taſſo. Das ift doch mehr als 
Sinnentrug. Benzel-Sternau — Wir hätten den Betrug uns 
fönnen ſparen. Schiller, Piccolomini 4, 3. (Ich) gönn’ euch ſolchen 
Selbſtbetrug. Göthe, Tebendiges Andenken. 

Truggrund, — liſt, — ſatz, —ipiel, —werk u. a. — Trugbild, 
ſchweige! Herder. Siegend dir den Stahl ins ſchwarze trugerfüllte 
Herz zu ſenken. Collin. Und bildete ſchnell ein Truggebilde des 
Ebers. Voß. Aber er ſelbſt wiſchte das freundliche Truggemählde 
aus. Benzel-Sternau. Zwiſchen dieſe Truggeſichter bannt mich, 
ach! die Kette feſt. Göthe, Fauſt 2, 38. Ploͤtzlich ſah er im Geiſt 
der wahnſinniggenährten Hoffnung Truggeſtalt in der Wirklichkeit. 
Pyrker, Rudolph 5. Das Truggeweb' fleht man jept ſchrecklich ſich 
entfalten. Schiller. Weg trugbafte Schwärme der eiteln Thorheit 
vaterlos Gezücht! Voß. Der trugloſe Gefell, beiheuerte höchlich. 
Muſäus. Dieſer Trugſache Schranken ſetzen. Ungenannter bei Campe. 
Der Trugſchluß, den die Leidenſchaft ſo bequem findet, trat nun 
in feiner völligen Incongrnenz nach und nach hervor. Göthe, Leben 
16. B. Des Menihen Trugfinn findet der Wege viel. Herder, 
Doch ſchon hatte zuvor dem trugperblendeten Waldftein fih Da- 
homira gewendet. Pyrfer, Rudolph 4. Die verlodt auf trugver- 


hülleten Binden fih zu den Feinden gefelt. Daſ. Trugpoller -. 


wie Glatteis. Voß. Der finnliche Begriff davon ift eine Trugvor— 
ftellung. Herder. au 


’ 


1062 


Sangen. 
(Wurzel sug.) 


Sauge, fog, gefonen (zuweilen ſchwach faugte, geſaugt), fangen 
(ahd. siuku oder süku, souc, sukumes, sokanéêr, siu(o)kan; mh?. 
süge, souc, sugen, gesogen, sügen; agl, sugan, altı. siuga, engl 
suck, ſchwed. suga, holländ. zuigen, lat. sugere, franz. sucer) 
1) den Saft, die Ztüfjigkeit aus einem Körper langſam und nach um 
nah in ſich ziehen; 2) in engerer Bedeutung von kleinen Kindern und 
den Jungen der Thiere, die Muttermilh aus der Mutter Bruft, aus 
dem Euter in ſich ziehen; 3) in weiterer Bedeutung (auch fig.) langſan 
in fih aufnehmen. — Der die Galle ſchon gejaugt an ihrer Mutter 
Brüften. Xobenftein, Sophonisbe 5, 265. Emfig waren drauf die 
Dienen hinterher, und jaugten fleißig. Göthe, die Neftartropfen. 
Du haft mid mächtig angezogen, an meiner Sphäre lang geſogen. 
Göthe, Fauſt 1, 34. Und friihe Nahrung, neues Blut jang’ ih ans 
freier Welt. Göthe, auf dem See. Er fog fi jchwelgend voll az 
meiner Liebe Brüiten. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 18. Glühend 
Rachgefühl hab’ ich gefogen aus der erlofchnen Sonne feines Blicks 
Schiller, Tell 2, 2. 


Ab—, an—, auf—, aus—, be—, ein—, ent—, heraus —, 
nach —, wegſaugen. — Wie die Inſecten fein rothes Blut bei ſich 
führen, als das den andern Thieren abgeſogne. J. Paul, Heſperns 
16. Apollosgeſtalten, denen ſich ein Auge anſaugt. 3. Paul. Richt 
zu liebeln leis mit Augen, ſondern feſt ſich anzuſaugen an geliebte 
Lippen. Göthe, Generalbeichte. Die Winde der Nacht ſaugten be— 
gierig den Hauch auf. Göthe, Meiſters Lehrj. 1, 17. Das (Hen) 
gern die eilenden Töne ohne Störung aufſog. J. Paul, Hefperas 
18. Und fo faugt fie das Mark, jauget die Secle mir aus. Göthe, 
Ampntas. Aber die Fürſten, lieber Herr, find fie aut, fie werden fel- 
ber ausgeſogen, und dan fcheinen fie auszujaugen J. Panl, 
Titan 49. Sie wünſchte nur an ihm die Rojen zu befaugen. Xohen- 
fein, Benus. Ich erwarte Sie und Ihre Arbeit mit großem Ber: 
‚fangen, und wünſche Ihnen Glück, daß Sie dieſe befogne noch m 


alten Jahrhundert abthun können. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 348. 





Athem und Leben getroft faugen und flößen wir ein. Göthe, röm. 
Eiegien 18. (Ich) fog beberzt der fügen Hoffnung reiniten Baljam 
ein. Göthe, Taffo 3, 2. Scheint nicht jeden Kuß fein kleiner Mund 
dem ihren zu entjaugen? Wieland, Oberon 10, 45. Das Blut 
gu entfaugen der Aber. Pyrker, Tuniſias 11. Ehe die Sonn’ ans 
er Erde den geftrigen Regen berausjaugt. Voß, die Bleicherin 
54. Seht nur die hungrige ımd arme Schaar, eu’r fchöner Schein 
faugt ihre Seelen weg. Shakeſpeare, K. Heinih V. 4, 2, 


1063 


Sog (veraftet) 1) das Saugen; .2) ein Ding, welches in fich ſaugt 
(mhd. der soge — Zeit des Saugens, diesuge == Mutterfchwein). 

Säugen (ahd. sougjan, sougan, mhd. sougen) jaugen lajlen, 
zu faugen neben; in weiterer Bedeutung Nahrung reichen, Pflege an« 
gedeihen Infien. — Ach, jie wollen ihn tödten, den meine Hünde ge— 
tragen haben, meine Brüfte gefäugt. Klopftod, Meſſtas 4, 732. 
Wie fommt es, daß fie ſäugen follen, daß Obrigfeiten faugen wol« 
len? Logan. Sie feuget die ab «entwöhnt die). 4. Bibelüberf. 
(1370-73). Oſ. 1, 8. Ich habe Kinder aufgefängt und weiß, 
wie allgewaltig Mutterliebe zwingt. Schifler. j 

Anm. Die vornehmere Sprace der Neuzeit fagt fürfängen lieber ſchen⸗ 
ten, ſ ©. 483. 

Saugern und ſuckeln (jchweiz. suggen, suggelen, süggelen) 
gehören mehr der gemeinen Sprache an. — Dir wäflerts manl, mit 
faugerts. Fiſchart, Gargantua S. 19. 

Sanger, Säugling, — Ihr werdet wiſſen, daß viele auch von 
den reichen Großen, und unter den Wucherern, bie gierigften Sauger 
der linjern find. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Verdammter Hauf’ ihr 
alle von Blutjfaugern! Shakeſpeare, K. Richard 11.3, 3. — Wenn 
der Säugling die Kranfende wet und Nahrung begehret. Göthe, 
Hermann und Dorothen 7, 126. Es fei eine ——— an die 
Ammen- und Säuglingszärthichkeit. Göthe, Meiſters Wander⸗ 
jahre 2, 11. 

Saugader, — aderdrüſe, —blume, —borſte, —egel, —ferkel, 
—fiſch, — glas, — horn, —kalb, —kännchen, —lamm, —loch, —mahl, 
— mutter, —pflanze, —pumpe, —rohr, — roͤhre, —rüſſel, —ſand, 
— ſchale, — ſcwamm, —warze, — werd, —zahn; Säugamme, — milch, 
—thier. — Die Ammen der Nltenp die gewöoͤhnlich ihrer Sauge- 
töchter Freundinnen bis zur Mannbarfeit blieben. Meißner. Gleich» 
ſam wie ein Wallfiſch uoch unter die Saͤugethiere gehörig. 3. Paul, 
Hefperus 4. 


Flichen. 

| (Wurzel Muh.) 
liebe, floh, gefloben, fliehen (ahd. flv)liuhu, fiv)löh, fCv)lu- 
humés, f(v)lohaner, f(v)liu(o)han; mhd. vliuhe, vlöh, vluhen, 
geyiohen, vliehen; goth. thliuhan, agf. fläsgan, flean, Höon, fly- 
can, altn. flya, engl. flee, fly, dän. flye, holland. vlieden) überbaupt 
ih eiligit von etwas hinwegbegeben; fich beitreben, bei etwas nicht 
gegenwärtig zu fein. — Fleuch nun, Xäfterer! fleuch, Hohnſprecher 
des Zodtenerwerers! Klopitod, Meffias 11, 1017. Als Herzog Friede 
land nad) dieſem großen Tag, wie ein Befiegter, nach Böheim floh. 





1064 


Schiller, Piccolomini 1, 7. Er bittet mit den treuften Zähren, die 
ſchamhaft von den Wangen fliebn. Gellert. 
Das finnverwandte meiden ſ. ©. 924. 

Ab—, an—, auf—, aus —, bei—, dahin —, davon— ‚durd-, 
ent —, (6.32), entgegen —, er—, heim —, her —, herab —, heran -, 
berauf—, heraus —, herein —, bernieder— , herüber —, herunter — 
hervor—, herzu —, hin-, hinab — hinan —, binauf—, hinans—, 
hindurch —, hinein —, binäber—, hinunter —, hinweg —, binzu—, 
nach —, über —, um—, unber—, unter—, vor—, voran—, 
voraus —, vorbei —, vorüber —, weg —, zu—, zurüd—, zufen- 
menfliehen ſind klar. — Den Herren, der mir helfen kann, floh 
ih mit meinem Rufen an. H. Sachs. Lunge ſchon floh fie auf 
zu der reineren Schar hoher Olympier, fle, die Göttin Gerechtigfeit. 
8. 3. Cramer Da das Morgenrotb auffloh. 3. Paul. Wenn 
Sahrhunderte Dabingefloben. Schiller, Don Karlos 4, 21. Als 
flöh’ ihnen die Beute Davon. Göthe, Alexis und. Dora. Bif du, 
o Schöne, mir entflobn? Göthe, an die Euntfernte. Du wirt auf 
die Sternenjtunde warten, bis Dir die irdiiche entfliebt! Schiller, 
Piccolomini 2, 6. Die Egypter flohen jm (dem Strom) eut- 

egen. Luther, Bibelüberi. 2. Moj. 14, 27. Alſo gedenfit du -im 
—*— von der weitdurchwanderten Troja heimzufliehn? Voß, Ilias 
14, 88. Flieht hin, und Gott geleite Cure Flut! Schiller, 
Marin Stunt 3, 8. Bepurpurt fliehn die Wellen hinab zum 
Gartenteih. Matehiffon, Abendgemälde. Das (Wild) quer hinüber 
nad) dem Walde flieht. Uhland, H. Ernſt 2. Um nur in Eile hin- 
weuazufliehn vor dem Unglüd. Voß, Odyſſee 3, 175. Vergebens 
lockte fie mit liebevoller Stimme nahfliebend ihn in ihren Ar 
au: Wieland. Der Kinderflught nachflohen die Bäter. Sonnen 
erg. Der Herzog Alencon flieht zu ihm über. Shakeſpeare, 8. 
Heinrich VI. 1. Thl. 1, 1. Wie wenn ein berbftlicher Nord bintreibt 
die verdorreten Diſteln Durch das Gefild’, und dicht in einander ges 
wirrt fie umberfliehn. Voß, Odyſſee 5, 3%. Lieblicher, als Die 
Geſtirne, da fie vor dem Antlig des Schöpfer jugendlich jchön und 
voll Licht, mit ihren Tagen, vorbeiflohn. Klopftod, Meiftas 1, 297. 
Schneller als die Gegenſtände felber dich vorüberfliehn. Göthe, 
Dauer im Wedel. Daß die geſchlagene Partei erit über ihn weg- 
fliehen müßte. Göthe, Leben 3, B. Dreimal fliehn fie zurüd. 
Klopſtock, Meifias 5, 61. 3 

licher, Fliehung, fliehbar find einfach ſelten. — Flieher, 
Knieer, Steher. Rüdert, ae. Ged. 2, 16. In Verfolgungen und 
in Entfliehbung. Voß, Ilias 5, 2233. Warım fo zaghaft zittern 
vor dem Tod, dem unentfliebbaren Geſchick? Schiller, Jungfrau 
v. O. 2, 7.— Verehrung des Fliehenswerthen. Göthe, Meiſters 
Wanderj. 2, 2. 








1065 


Flucht (ahd. fluht, agf. flyht, altn. flöter, mhd. vluht) 1) die - 
Handlung da man flieht; 2) der Ort wohin man flieht; 3) der Raum 
und die Bejchaffenbeit, welche ein Ding haben muß, wenn es fich ger 
börig und leicht bewegen foll; 4) Reihe. Davon flüchten (ahd. 
flahtjan) 1) fich eiligit aus Furcht vor einem Uebel oder etwas Uebelm, 
es mag dies ein wirkliches oder aud) mur ein ſcheinbares fein, hinweg⸗ 
begeben; 2) Sachen aus Furcht vor etwas Uebelm in möglichiter Eile 
binwegbringen. Flüchtig (ahd. Auhtic, mhd. vlühtec); verflüchtigen; 
Flüchtling. — Zreibt die Zöchter in die Flüchte (DL). Logau, 
Sinnged. 2162. Da hilft feine Gegenwehr, hilft feine Flucht. Schil⸗ 
ler, Wallenſteins Lager 6. Er bewohnte eine gar heitre Zimmer— 
flucht auf gleicher Erde. Göthe, Leben 4. B. Daher glaubte id) 
mir die Ausflucht erlauben zu können. Göthe, Leben 5. B. (Der 
Griechen Heer) wies der Schlacht in Rückflucht nah den Schiffen 
dennoh nicht den Naden. Bürger, line. Der mir bei fid gern eine 
Zuflucht erlaubte. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 6. Und Strafe, 
wo nicht er fle fände, binzufügt Landesfluht Bob. Dem das - 
Haar ſchon graut und Erinnerer der Lebensflucht wird. Klopftod. 
(Schon) müthet der Zod mit Schwert und mit Bliß, mit jedem Ber- 
derben binter die Völkerflucht einher. Sonnenberg. — Alles rennet, 
xettet, flüchtet. Schiller, Glocke. Sie flüchtete in den Wald. 
Böthe, Lila 1. Du warf es, treue Seele, der ihn (den Schatz) mir 
deithin geflüchtet hat auf beff're Zage. Schiller, Braut v. M. 
Kamen indeß einflüchtend die anderen Troer. Voß, Slias 21, 604. 
Und wir, bebend vor Angft, entflüchteten. Voß, Odyſſee 9, 386. 
Wähnte verwirrted Geſchrei heimflüchtender Krieger zu bören. 
Pyrker, Zunifias 11. Bor den eignen Truppen wegzuflüdten. 
Schiller, Biccolonini 5, 1. — Der Flüchtige feunt fein. Geſetz. Göthe, 
Hermanın und Dorothea 6, 58. Bundesflüdhtiger Berräther. 
Schiller. Wohl die Hälfte fam aus fremdem Dienft feldflüchtig 
uns herüber. Schiller, Piceolomini 1, 2 Was that er denn, land= . 
sun! zu werden? Shakeſpeare, Macbeth 4, 2. Ausflüch— 
tige Reden. Campe. — Wo find die Stunden, überjchnell verflüd- 
tigt? Göthe, Ausſöhnung. Die darin enthalteren verflücdhtigten 
mineralifchen Theile. Göthe, ital. Reife Neapel 20. März 1787. 
Du ran, was er, der arme Flüchtling, leidet! Göthe, Iphi— 
enie ’ 

ü it Ausflucht (S. 163) find finnverwandt Vorwand, Behelf (ſ. S. 
162), Ausrede f.S. 80) = Ablehnung eines Bormwurfes durch Gründe, die wahr 
oder falſch fein Fünnen, und Entfhuldigung (f. ©. 404) = Anerfennung 
der Richtigkeit des Vorwurfes unter Borbringung mildernder Gründe. — Du 
fuchit eine Ausrede Göthe, Meiftere Wanderj. 1, 3. 3 
Fluchtbau, —frei, —röhre; Ausfluchtsgrund; Zufluchtshütt⸗ 

chen, —ort, —ſtätte. — (Es brennt) mir der Fluchtvorſatz in 


- 


1066 


der Seele, Platen, tie verhaͤngnißvolle Gabel 3. Daß ein Flucht⸗ 
weg offen ſtand. Langbein, der Wirth von Oggersheim. — Wie das 
freundlich überfonnte Zufluchtseiland müden Sciffern glänzt! 
Matthiffen, an den Zod. Hier dürften wir ein Zufluhtshüuttcden 
bauen. Salis, an ein Thal. Wo find’ id) Aermfte einen Zufludts 
ort? Schiller, Maria. Stunt 3, 6. Hulda batte ihre Inſel zu 
Zufluchtsſtätte des verfolgten Unglücks, zum Freihafen des jchuld- 
Iojen Elends gemacht. Benzel-Sternau. 


Anm. Das mbp. viloehen für vloehenen (and Möhanjan) fliehen wadhe, 
flüchten Hat fih bie ins 17. Jahrh. erhalten. Das Wort fommt fchr oft im 
Eimplichfimus vor, 3. B. Ich babe euch hieher in Sicherheit geflehnet... 
Den geflehnten Leuten. 1, 22. 23, 


Ziehen. 
(Wurzel zuh, zug.) 


Ziehe, zog, gezogen, ziehen (ahd. ziuhu, zöh, zugumeäs, 20- 
ganer, ziulo)han; mhd. ziuhe, zöch, zugen, gezogen, ziehen; 
goth. tiuhan, altj. tiohan, agj. t&ogan, altı.toga, engl. tow, ſchwed. 
toga, lat. ducere, gr. doxeiv) 1) einen Körper, welcher Widerſtand 
leiftet, wenn auch nur durch feine Schwere, langſam durch einen Raum 
nad) einer gewiſſen Richtung bewegen, befonders nad). oder zu fid) bin; 
2) durch Ziehen hervorbringen, bembeiten, verändern; 3) auf irgemd 
eine Art in Bewegung feßen, bewirfen, 4) über einen größern Raum 
bewegen, eine größere Ausdehnung beionders in die Länge geben; 5) 
durch Reichnug dev Nabrung and durch Pflege Überhaupt groß ziehen, 
gleichſam in die Höhe ziehen; 6) Zöne länger aushalten als andere, 
oder als gewöhnlich; 7) Cintranfitiv und neutr.) fich langjam von 
einem Orte nach einem andern bewegen; 8) den Ort jeines Aufent- 
haltes, feiner Wohnung verändern; 9) (neutr.) in einer laugfamen 
Bewegung gezogen feine Kraft äußern; 10) (recipr.) ſich nad einer 
ag bin ununterbrodhen erſtrecken; 11) feine Richtung, Lage im 
feinen Theilen verändern; 12) nah und nad in etwas eindringen, 
wie Davon angezogen; 13) eine langjanıe Veränderung an ſich bemir- 
fen; 14) ſich in die Länge eritreden. — Ich zog (den Degen), um 
fie zu trennen. A. W. Schlegel. Wir zogen vom Xeder. Göthe, 
Meiſters Wanderj. 3, 6. Uns Alle — das Herz zum Vaterländ. 
Schiller, Don Karlos 1, 3. Wenn heut auch graͤmlich der pfälziſche 
Herr das Gefiht 309. Voß, Luiſe 3. a, 51. Lind zu deinen ew'gen 
Unbehagen ftößt dich heute, was dich geſtern zog. Göthe Als er 
den letzten Odem zog. Bürger. Nehmt euern Sohn zurüd, ich ziebe 
nichts aus ihm. Gellert. (Ich) zog mit dem Succurs vor Mantua 
Schiller, Wallenfteins Lager 5. Als du vor acht Jahren wit Feuer 
und Schwert durch Deutichlands Kreije zogſt. Schiller, Wallenfteins 








— nn — — — — 


Tod 1, 7. Der Eichwald brauſet, die Wolfen ziehn. Schiller, des 
Mädchens Klage. Bald foll er felbft in feinen Eingeweiden die beßre 
Probe fehn, wie gut e8 (das Schwert) zieht. Gries. ‘ Ein röthliches 
Gemiſch zieht von dem Berge fid ins Thal. Gegner. Schnell war 
Der Graben auch, der fi um's Lager 309g, von diefen ſtürm'ſchen 
Scharen überflogen. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 10. 

Die Synonymen reden, Rreden, dehnen ji. ©. 872. 

Abzieben 1) durch Ziehen abfondern; 2) (im gemeinen Leben 
und bei verjchiedenen Handwerkern) durch Abjondern, Wegichaffen- eine 
Bollendinig bewirfen, 3) dem Gemüthe nad) von etwas entfernen; 
4) nicht alles das geben was gefordert wird, der Zahl, dem Maße, 
dem Gewichte nach vermindern; 5) bei Bergleichung verjchiedener Dinge 
Die allgemeinen Merfmale und Beftimmungen derjelben für fich betrach⸗ 
ten und fo einen allgemeinen Cabitraften) Begriff bilden, der alle diefe 
verglichenen Dinge unter ſich begreift; 6) fi abziehen — ſich durch 
vieles Ziehen entkräften; 7) ſich mit feinem Gepäck 2c. von einem Drt 
entfernen. — Die Efje, die den Rauch abzog, ſchwebte darüber. 
Göthe, Campagne in Franfreih 4. Det. So will ich gern felbft die 
Müpe abziehen. Göthe, Benvenuto Celini 2, 7. Dem er einige 
abgezogene Wafler überreichte. Daſ. 3, 9. - Sein Herz von etwas 
abziehen. Campe. Gott jegne euch, geb’ euch glüdliche Tage, und 
behalte die, die er euch abzieht, für eure Kinder! Göthe, Götz v. 
B. 3. Er folle-fih drei Scudi monatlid, abziehen laſſen. Göthe, 
Benvenuto Gellini 2, 9. Wahrlich der Unflun fpielt Verſteckens leid)- 
fer in den geräumigen abgezugenen Kunftwörtern der Philojophen. 
J. Paul, Hefperus 8 Nun waren die Stellen der Abziehenden 
defto Leichter zu erjegen. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1791. Ich 
mußt auch abziehn unverrichteter Dinge. Schiller, Piccolomini 1, 2. 
Stimmentöne ziehn um unfre Rauben, feufzend hier, dort jauchzend, 
ab und auf. Tiedge, Urania 1; 

Abzwaden (ſ. zwacken ©. 85) nicht alles daejenige geben, was ges 
forbert wird, beſonders von Heinern Abzügen gefaat, mit dem Nebenbegriffe, 

- dab ber Abzug am ter Forderung dem Fordernden empfindlich if. Abſon— 
dern (ſ. S. 926) bezeichnet hier dieſelde Thätigfeit, wie abziehen, aber von ber 

Seite des Fürſichdenfene derjenigen Merkmale, vie allen verglichenen Tingen 

gemein find, um dieſe unter einen gemeinfchaftligen Begriff zu bringen, und 

dann dem entgegen der „übrigen nicht gemeinfchaftlichen Dierfmale allein. — 

Wächſt nach und nah der Beſitz der Staatsbürger, jo zwackt man ihnen 

auch bavon ab, weniger voder mehr, wie fie verdienen, daß man ihnen von 

diefer Seite weke thue. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 11. 

Ausziehen 1) durch Ziehen herausbringen; 2) Kleider und an— 
dere Gegenftände, die man anzieht, vom Leibe nehmen; 3) nuseinan- 
der ziehen, ausdehnen; 4) mit einem Zuge aushöhlen (bei Böttichern) ; 
5) Fine bisherige Wohnung verlaffen; 6) mit einer gewifien Feier— 


% 


[4 





1068 


lichkeit oder Zörmlichfeit aus einem Orte ziehen; 7) in der größten 
Geiywindigfeit davon laufen; 8) den erſten Zug thun im Bretipie; 
9) (Volksſprache) ausdampfen; 10) (veraltet) erzeugen. — Zend 
dies jchmerzliche Geichoß der Schulter aus. Bürger, Ilias. So nie 
Haute, ald zu einem Andenken nöthig find, mit den Wurzeln wie Me 
natrettihe anszuzichen. J. Paul, Siebenfis 4. Ich habe die 
neugefundenen Briefe König Rudolph von Habsburg gelejen um 
ausgezogen. J. v. Müller, Brief Genf 25. März 1774. Darf 
du den Nod nur ausziehn Schiller, Walleniteins Tod 5, & 5 
it ein- Schelm, bat im Spiel betrogen .... und hat mich rein and- 
gezogen. Scdiller, Wallenfteins Lager 11. Eine davon, auszie— 
heud mit hurtigem Finger den Faden. Voß. Als ich deilen Woh— 
nung für einige meiner deutſchen Arbeiter verlangte, wollte er nicht 
ausziehen. Göthe, Benvenuto Cellini 3, 6. Sonft wenn der. Be 
ter auszog, liebe Kinder, da war ein Freuen, wenn er wiederlam 
Schiller, Tell 4, 3. Willſt Du das, o Richter, fo waffne mid, laj 
mih mit ausziehn gegen des Schredlichen Angefiht! Kionited, 
Meſſias 5, 30. Die gläubige Menge zog mit Prieitern und Heili- 
genbildern aus. Ungenannter bei Campe. Cie hätten ihn ſollen 
ausziehen (davon laufen) fehen. Weiße. Chriſtoph von Fraunberg 
hat bey feiner Hausfrawen vil Kiuder außzogen. Hund, bayriſches 
Stammenbuch 2, 84. 

Aus: und entfleiden (f. anfleiden ©. 575) wepden nur von Paie 
nen in Bezug auf Kleivungsflüde gefagt. @ntfleiden: wirt von tem Ak 
legen alles deſſen gefagt, was man an feinem Leibe trägt, ohne Untericieh, 
auch bildlich nackt und bloß werden von etwas. Auskleiden geht nur auf 
eine umſchließende leitung. Ausziehen gehört ter gewöhnlichen Sprecart, 
auefleiden der feirern Umgangefpracke, entfleiden dem höhern Ein 
an. — Wo vie Schaufpicler in der Zwiſchenzeit fih aufhielten, und ſich au 
und auskleideten. Göthe, Leben 3. B. Entfleivde mid, ih will mid 
fchlafen legen. Schiller, Wallenfleins Tod 5, 4, 

Durchzieben 1) Durch eine Oeffnung, emen Raum ziehen; 2) 
Jemanden auf unedle Weile ſcharf, überhaupt ſehr empfindlich tadeln; 
3) von einem Ende bis zum andern ziehen, oder in einem Zuge, ix 
Gejellichaft mit Andern reifen; 4) durch eine Gegend, einen Ort ua 
allen Theilen ziehen, uneig. durchdringen. — Gegen Norden liegt eine 
fruchtbare, mit kleinen HB Fldehen durchzogene Fläche. Göthe, Leben 
10. B. (Ih) durchzog die Welt. Göthe, der neue Amadis. Eine 
vorzügliche Unterhaftung beftaud in einem ertemporirten Spiel, in wel 
chem fie ihre bisherigen Gönner und Wohlthäter nayahmten und durch⸗ 
zogen. Göthe, Meiſters Lehr. 4, 2. Diefe find, Die der Herr aus⸗ 
gefand hat, das Land durch zu ziehen. Luther, Bibelüberj. Ja 
har. 1, 10. Vnd als fie fomen waren im des felbige Land, zog 
Abram durch. Daſ. 1. Moſ. 12, 6 Alſo giengen die Männer him, 





1069 


vnd Durchzogen das Land. Daf. Joſ. 18,6. Wenn die Seele alle 
- Gebiete der Natur durchzogen hat. Duſch. 

Hecheln (ab. hachaldn ? gefrhloffen aus hachele, mhb.: hachel = 
Hechel, mid. hacheln) und das flärfere durchhecheln gehören mehr ver 
Sprache des’ gemeinen Xebens an. 

Au— (5. 146. 575. 751), aner—, auf— (©. 88), aufer—, 
be—, bei—, daber—, dahin —, ein—, einher—, empor—, ent—, 
entgegen--, er—, fort —, beim—, ber—, berab—, heran —, ber- 
auf—, heraus —, berbei—, herein— , hernieder—, berüber—, ber- 
um - ‚ herunter —, hervor —, herzu —, hin —, hinab —, hinan —, hin⸗ 
auf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, hiuter —, hinüber —, hinun- 
ter —, hinweg —, hinzu —, los —, mit—, nach —, nieder —, über—, 
am—, umber—, unter— (S. 425), ver— (S. 892. 1023), voll — (S. 
732), vor —, voran — voraus —, vorbei—, vorüber —, weg —, zu —, 
urück —, zuſammenziehen erklaͤren ſich meiſt aus nachfolgenden Beis 
im inen neuen Menjchen hat er angezogen. Schiller, Wal⸗ 
lenſteins Lager 7. Als ich den Bogenftrang anzog. Ediller, Tell 
4,3. Du ziehft mich an, bartherziger Magnet. Shafefpeare, Som: 
mernachtstraum 2, 1. Hier ziehen die Spigen der Berge die ſchwe— 
benden Dünfte an. Kofegarten. Im vierten Theil. des angezoge- 
nen Werks. Leffing. Indeſſen kommen aud) gleich lauten Meeres⸗ 
wogen ... die Schaaren angezogen. Zachariä. Mein gnädiger Herr 
hat fi des armen maunes darauf angezogen (angenommen). Krens 
ner, Landtagshandl. 1, 221. Wir haben -angeborne und anerzogene 
Schwächen. Göthe, Leben 8 B. (Sie) verjeßte, daB es ihr ſehr feid 
thue, feinen aufgezogenen Grund (auf ihrem Stüdrahmen) zu 
haben. Göthe, Meifters Wander}. 1, 5 Der Buchbinder, der jedes 
Blatt auf ſtarkes Papier anfzog. Göthe, Leben 4. B. In dem 
Augenblick jei man bemüht geweien, die Segel Aufzuziehen. Göthe, 
ital. Reiſe 14. Mai 1787. Wenn die Ewigkeit vor uns ihren Vor⸗— 
hang aufziehet. Duſch. Ich zog den Baftlisfen auf an meinem 
Buſen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 18. Laß Tiefenbach ablöſen 
unverzüglich, und Terzky's Grenadiere anfziehn Dal. 3, 6. Ein 
Sturm ziebt auf. Schlegel. Wenn die Stimme aufzieht oder 
finft. Hiller. Still und eng und ruhig auferzogen warf man uns 
anf Einmal in die Welt. Göthe, an Xottchen. Das die jchaffende 
Natur ... unferer Seelen zartes Saitenjpiel am Morgen unferes Le= 
bens gleich bezog. Schiller, Don Karlos 1, 2. Ein jchrediih Bla 
beziehet ihr firgendlich Gefiht. Weiße. Mit Krieg hab’ ich bezo— 
gen die ganze ſchöne Welt. Gleim. Wenn du das Schloß am Meer 
beziehen wilft. Schiller, Braut v. Meſſina. Eine Kirmeß ift übers 
haupt die Meſſe, die Bettler jedes Standes jährli beziehen. %. 
Paul, Siebenkaͤs 3. Die Wachen beziehen nur mit Schauer diefen 
Poſten. Schiller, Don Karlos 5, 6. Mit einigen Scherzreden, die 








1070 


— — — — 





ſich auf Hänslichkeit bezogen. Göthe, Meiſters Wanderj. 1,8. Des 
(Bolf) wie ein Gewitter daherzieht. Göthr, Hermann und Dort 
then 4, 83. Der (Wind) lei im Gefolg balſamiſcher Düfte Daber- 
zie ht. Paten, die verhängnißoolle Gabel 2. Bild, Du Cimsige, 
wirft du auf jenem Wege Dahinziehn, welden ich kam. Voß, Luiſe 
3. a, 316. Bis man von feinem Bater Nachriht eingezogen 
Sihiller, Wallenfteind Tod 4, 10. Stundenlang konnte er am ſchmußi⸗ 
gen Lichtwagen fteben, den Qualm der Unichlittlampen einziehen 

öthe, Meiſters Wanderjahre 1, 15. Gerichtlid zieht er bald des 
Weibes Ehmann ein. Geller. Solltet ihr, o Krieger, für unier 
bebuuptete Freiheit in die neue Wohnung der Pracht und Unſterblich⸗ 
feit einziehn! Klopſtock, Meſſias 2, 315. Glaubt ihr, wenn wi 
kommeun, jo werde dad Mädchen uns folgen, weil wir reich find, aber 
fie arm und vertrieben einherzieht? Göthe, Hermann und Der 
thea 6, 239. Geftört it der Todten heiliged Reich, Die Gebundenen, 
die Gefangenen, ziehn empor! Herder. Dort wo Ajas die Schiff 
an den Strand und Proteftlaos längs dem grauen Gemäfler empor—⸗ 
09." Voß, Ilias 13, 681. Er naht der Zafel fih, und alle Augen 
rauen ziehn fi erftaunt empor, den Fremden anzujchauen. Bir 
land, Oberon 5, 35. Entzench deinen fus (Fuß) vom hauſe deines 
Neheften. Luther, Bibelüberf. Sprihw. 5, 17. Er lich eine Then 
rung in das Land kommen und entzog allen Borrath. Dat. Pi. 10, 
16. Meine Näcften haben -fih entzogen (mir ihre Hilfe), umd 
meine Freunde haben mein vergeſſen. Daſ. Hiob 19, 14. Bill id 
raſch mich ihr entziehen. Göthe, neue Xiebe, neues Leben. Ze— 
gen ihnen Drei Garnifonregimenter in Doppelichtitt entgegen J 
Paul, Heiperus 1. Die vier Fleinen Pferde fonuten meine Halbchaiſe 
faum erziehen. Göthe, Campagne in Franfreih 4. Det. Die Erde 
nimmt uns fanft auf ihren Blumenſchoß und zeigt von fern uns neue 
Erden, für die fie und erzieht. Ziedge, Urania 4. Schon ziehn 
die Schiffe nach einander fort. Göthe, Eugenie 5,9. ES zieht mid 
fort. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 11. Heimzuziehn mit ihren 
Bräuten. Herder, Eid 57. Furcht, die ichrediiche Begleitung der Th— 
rannei, wird fchaudernd vor dir herziehn. Schiller, Maria Stuat 
4, 9. Zögernd kommt die Zukunft hergezogen. Schiller, Sprüche 
des Confuzius. Zieh Ddiefen Geift von feinem Lirquell ab. Goͤthe, 
Fauſt Prolog, Es faßte Hebe den Wandrer und 309g mich in die 
Hallen heran. Göthe, röm. Elegien 7. (Wir) find ihm ergeben und 
gewogen, hat er. ung felbft doch herangezogen (gebildet). Schiller, 
Wallenfteins Lager 2. Daß Mark Anton mit ihm Octavius beran- 
iehn gegen uns mit flarfer Macht. Shaleipeare, 3. Cäſar 4, % 
Zheilet Die Wolfen fogleih, Die über ihr Glück ſich hHeraufzichn! 
Göthe, Hermann und Dorothea 9, 5. Wenn am donnernden Himmel 
das hohe Gewitter herauf zieht. Klopftod, Meffins 2, 135. Wie 


1071 
jeder doch die Beine lupft, fich wie er faın herauszieht! Göthe, Fauft 
1,228. Ein Wetter zieht herbei. Göthe, Scherz, Lift und Rache 4. 
Ald Herzog Friedland die zerftreuten Feindesheere herbei von allen 
Seiten Deutſchlands zog. Schiller, Piccolomini 1, 7. Der Architekt 
fonnte nicht unterlaffen, die Kapelle jogleich in feinen Plan mit her— 
einzuziehen. Göthe, Wahlv. 2, & Die Augenlieder waren. von 
harten Jahren tief uud kränklich über die milden Blide hereinge— 
zogen. J. Paul, Titan 34. Ich will dich rettend herüberziehn 
auf unfre reine Seite! Schiller, Jungfrau u. D. 2%, 10. Das Stud 
hatten fie von einer herumziehenden (Scauipieler-) Zruppe ge⸗ 
borgt. Goͤthe, Meifters Vehrj. 2, 3. Er zog nich einige Monate 
(mit der Arbeit) herum. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 5. Im röthe 
fihen Wege, der durch das Rauſchen des Kidrond von Jeruſalem ſich 
an des Delbergs Fuße berumzog. Klopflod, Meifins 11, 1450. 
(Sie) ſteckten's (das Fleiſch) an Spieße, brieten ſodann ‚vorfichtig und 
sogeu es alles herunter. Voß, Ilias 1, 465. Ablehnend ward 
auch die franzöfiiche Kritik, verneinend, hberunterziehbend Göthe, 
Leben 11. B. Und wie ich flieg, zog von dem Fluß der Wiejen ein 
Nebel ſich in Streifen faht hervor. Göthe, Zueignung. Alſo ſprach 
er und zog den geftidten ledernen Beutel an den Riemen hervor. 
Goͤthe, Hermamı und Dorothen 6, 311. (ALS) der Abt herfürzog 
einen alten Brief. Schiller, Tell 2, 2. Es zieht.mich graufend hin 
und zieht mich ichaudernd mit dunkler falter Schredeushand zurüd. 
Stiller, Br. v. M. In diefem Raume (ſehen wir) einen Munn mit 
Heerden und Gütern hin und wiederziehn. Göthe, Xeben 4. 2. 
Auch mich wird meines Vaters Schuld mit ins Berderben hbinab- 
ziehn. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 21. Aſchfarb von Anfehn, 
mager, bleich und blutlos, weil alles fi ums Herz binabgezogen. 
Shakeſpeare, 8. Heinrich Vi. 2. Thl. 3, 2. Irrthum verläßt uns 
nie; doc ziehet ein höher Bedürfniß immer den ftrebenden Geiſt 
leife zur Wahrheit Hinan. Göthe, Jahreszeiten 53. In der Nähe 
eines Wäfſerchens zwiſchen Bappeln und Erlen, an hinaufziehen— 
den Aeckern. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 8 Ten Nebel, ‚welcher 
binauf fih 309. Klopſtock, Meſſias 2, 278. Zum Feniler da ziehen 
die Winde hinaus Göthe, Hochzeitlied. Da zieht es dich mit 
trauter Macht zur Welt des Weibes... hinein. Redwig, Amarauth. 
Alſo kan ein verwirrtes Gemüte fid weder hinterziehen (zurüdz.), 
noch an dem Orte, wo es wil, verbleiben. Opik, Schäferei, Bred« 
fan 16%. ©. 19. Gr binterzeucht (unterſchläͤgt) der falfchen 
Götter Chr. Opitz, von der Wahrbeit der chrijtl. Religion. 1681. 
©. 103. Und 309 in grünlihen Goldes Gefunfel quer auf dem 
dunkelen Strom die flimmernde Straße hinunter. Pyrker, Rudolph 
10. Wenn Jemand auf die Aerzte, auf Advokaten, oder die elenden 
Philoſophen Loszieht, fo lachen die Vernünftigen unter denfelben 





1072 


mit. Lichtenberg, Nachtrag zu den Beobachtungen über den Menichen. 
Fragt einer, ob ich ich mitziehn will. Voß, die Vierzehnjährige. 
(Daß) der feinfte engliſche Bleiftift die geübtefte Hand nicht in den 
Stand jege, dieſe Linien nachzuziehen. Göthe, ital Reife 14. Mai 
1787. Es braucht ein großes Beijpiel, die Armee ihm nachzuzieche. 
Schiller, Wulleniteins Tod 3, 2. Vnd es zoch jm viel Volcks nad. 
Luther, Bibelüberj. Job. 6, 3. Wenn er (der Zuftand) uns aud 
niederzuziehen und zu drüden fcheint. Göthe, Leben 8. B. Be 
reits it niedergezogen (in das Wafler) das Schiff. Voß, Ddnflee 
8, 151. Die Töchter Moab werden vor Arnon überziehen. Luther, 
Bibelüberſ. Eſ. 16, 2. (Es jollte), eine feine‘ lederne Mühe über- 
gezogen werden. Göthe, Meifters Wander. 2, 3. Dann jolltet 
Du, gung wie Du da bit, mit Gold überzogen werden. Schiller, 
Räuber 2, 4. Dunkel überzog fein Augefiht. Bürger. Man fagt, 
bei Spröden überzieh' die Liebe doc die Vorfiht nie. Wieland. 
Niemand thurfte (wagte) Ifrael vberziehen (mit Krieg). Luther, 
Bibelüberſ. Judith 16, 30. Sie ziehen vmb in der Wüften. Da 
ei. 16, 8. (Weislinger:) Führt uns nun den nächſten und befien 
Weg. (Bote) Wir müffen umziehen. Die Wafler find von dez 
entjeglihen Regen alle ausgetreten. Göthe, Göß v. B. 5. Nun ber 
jchloß ich, fchnell in die Stadt zu reiten, mih umzuziehen (umu- 
Heiden). Göthe, Leben 10. B. Der ftolz die fiegenden Hügel um- 
309. Klopfiod. Wie dem Ungewitter ftehn, das drofend uns um- 
zieht von allen Enden? Schiller, Piccolomini 1, 3. Daß er dem 
Rinde mit Gold umziehedie Hörner. Voß, Odyſſee 3, 426. Drax- 
gen umzogen fle dann mit tiefen Graben die Mauer. Voß, Ylias 
7, 440. Wie lang’ er noch in fremden Yanden umherzieht. Götbe, 
Hermann md Dorothea 6, 204. GStüßen eines Gebäudes, Die man 
nicht wegnehmen Darf, ohne vorher eine feite Mauer unterzuziechen. 
Göthe, Meifters Lehrj. 5, 4 Wenn wir nun das nit tuen, fo un- 
derziehen (entziehen) wir Gott das fein ift. Geiler v. Keiſersberg. 
Sid feines Erbed unterziehen (daflelbe in Befig nehmen). Kren- 
ner, Landtagdh. Verzeuch nicht deinen zorn. Luther, Bibelüberk 
Ser. 15, 15. Wem ih nad verzognen Strafen jene Lungmuth 
frech‘ verwerfe. Michaelis. Nur verzeucd nicht lünger die Wohltbat 
Würdigen. Voß, die Erleichterten 91. Ein fchöner Mund, der fi 
ein wenig ſpöttiſch verzieht. Leifing, Emilie Galotti 1, 4. Gin 
Außerft verzogenes Näthiel. Herder. Sein verzogener Name. 
Goͤthe, Meifters Lehri. 3, 6. Drei Monde, davon fi) zwei im biufge 
Dolchgeftalt verzogen und verwandelten. Schiller, Wallenſteins Tod 
4,3. Wo im Sande der Weg verzogen fortſchleicht Klopftoch 
Furcht der Geliebten. Aeltere Perjonen, mit denen idy bisher umge 
gangen, hatten mich mit Schonung zu bilden geſucht, a: t auch 
Durch Nachgiebigkeit verzogen. Göthe, Leben 10. 8. 


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1073 





verzogfi. du zu kommen? Rothe. Daß, .dich zu. fehn, der flare 
Quell —— J. N. Götz. Vollziehet euer Amt. Göthe, 
Benvenuto Cellini 2, 12. Mord und Tod zog ihnen vor. Herder. 
Man fol die Ketten vorziehn. Schiller, Wahenſteins Tod 3, 19. 
Das hat der Fürſt davon, daß er die Welſchen immer vorgezogen! 
Schiller, Piccolomini 4,7, Er laſſe früh voraufziehn feine Macht. 
Shakeſpeare, J. Eälar 4, 3. Er ließ den Vorbeiziehenden 
manche Spende reihen. Göthe, Leben 3. B. Man zog mit Schen 
vorüber Göthe, Campagne in Sranfreih 3. Oct. Laß noch ein— 
mal.den Tag vorüberziehen. Tiedge, Urania 4 Weggezogen 
it das Wolkenheer. Baggeſen. Unter dem Fuße des Eilenden 208 
fih flüchtige Tämmerung wallend weg. Klopſtock, Meſſias 1, 618. 
Sie ſehen von den Geheimniffen der Majeftit durch meine Hand den 
Schleier weangezogen Schiller, Ton Karlos 3, 10. Ziehen 
Sie die Hand nidt weg. Schiller, Piccolomini 1, 4. Alle dieje 
herrlichen Gebilde fonnten duch Auf- und Zuziehen der Vorhänge 
in Das vortheilhaftefte Licht geftellt werden. Göthe, Leben 11. ®. 
Der Krieg. in Pommer hat mir's zugezogen. Schiller, Piccolo 
mini 4, 6. Und zieh’ dem König zu mit jechszehn Fahney. Schil⸗ 
ler, Jungfrau v. D. Prolog 3. 68 ziehet mid dem Abgrand zu. 
Schiller. Die ihn zurüd vom Abgrund ziehn. Schiller, Biccolvs 
mini 5, 3. Unſere Leute 309 man aus dem Feuer zurüd. Göthe, 
Kampagne in Fraukreich 19. Sept. So zog er fih in ſolthen Stun— 
den in fein Zimmer zurüd. Göthe, Leben 3. B. Obſchon ihr Bild 
nach dem: allerfleinften Maßftabe zufammengezogen war. Göthe, 
Meiſters Wanderj. 3, 6. Wem aber Unglück das Herz zufammene 
og. Göthe, Harzreiſe. Ein Ungemwitter zieht ſich über ihnen zu— 
jammen. Schiller, Piccolomini 2, 

Anm. Die Bartieipien geftatten noch andere Sufammenfegungen, z. B. 
Schleunig fchofft er aus Erz fi dünngezogene Kettlein. Bob. Da faßte ber 
Feldherr felber ren kunſtgezogenen Lauf (der Flinte). Pyrker, Tunifins 12, 
Dis alter Sorgfalt lihtgezugne Evur aus diefer Muüfte Trauerfig verſchwindet. 
Böthe, Sugenie 3, 4. Gutferne dich aus meiner Enge reingezognem Kreis, 
Böthe, Eugente 4,1. Du kriegerz ugte, [hlacdterzogene, junge Brut! Göthe, 
Kauft 2, 190. It das ein Schickſal für die Weicherzogene? Schiller, 
Maria Stuart-1, 1. Diejes (Rind) opfer' ich dir mit goldumzogenen Höts 
ıern. Voß, Odyſſee 3, 334. 

Abgezogenbeit; eingezogen, Eingezogenbeit; Entzogenbeit; 
zurückgezogen, Zurudgezogenheit; ungezonen (©. 704), Unge- 
jogenbeit; nnverzogenlich (veraltet), wir ſagen Dafür unverziige 
id. — Der Begriff einer Abgezogenheit. Abiht. Man mag 
roch fo eingezogen fein. Göthe, Wahlv. 2, 4 ans DOttiliend Tages 
»uch. Im trauten Schatten fliler Entzogenheit. Salis, Eutzos 
zenheit. Ein Geift, der bier in Ruhe und Zurüdgezogenheit 
ebt. Lingenannter bei Campe. Seid nit fo ungezogen! Göthe, 

' 68 





1074 


guuf 1, 55. Er fchreibt wohl noch von einzelnen Ungezogenhei— 
ten und Toflfühnheiten? Göthe, Egmont 2. — (Daß es) under 
zogenlich (ſogleich) gehalten joll werben. Hug, Rhetorica Tabingen 
1528. BI. 15%. " 

Hänuslich (ſ. Haus S. 703) was das Hans angeht; Ach anf das Kan 
befchräntend ; davon wenig Umgang mit Andern habend. — Die züchtige Hank 
fran, die Mutter der Kinder ... herrfchet weife im baäusligen Æreiſe 
Schiller, GOlocke. Und all ihr häusliches Beginnen umfangen in ver Heck 
nen Welt. Göthe, Fauſt. 

Zieher: Ab—, An—, Auf—, Aus—, Be—, Er—, 
Vollzieher u. a, Ziehung: Ab —, An--, Aufziehbungna 
— Am dritten (Tiſche fäßen) die min 3. Paul, Heipenus 
19. Durch Sorgfalt der Eitern und Erzieher. Göthe, Bettach 
tungen im Sinne der Wanderer. Indem Sie bei jeder Unterhaltung 
Ihrer fürtrefflihen Erzieherin Ehre machen. Göthe, Unterhaltungen 
deuticher Ausgewanderten, Richt vor Irrthümern zu bemahren ift di 
au des Menſchenerziehers, sondern den Irrenden zu leiten 

öthe. Da ohnehin jeder Selbfizögling und jeder Selbfterzieher 
behauptet. 3. Paul. Das Herz in uns iſt fein (des Schickſals) 
bietrifcher a Schiller, Wallenſteins Tod 1,7. Wem 
Wolfe der Zunlenzieher der andern würde. J. Baul, Hefperns 8 
Gorfziehern gleich. Alxinger, Doolin 3, 40. Hätte ih bei dem 
tbeuerften Lichtzieher in Europa eben fo wohlfeil Lichter haben 
Können. Shafeipeare, König Heinrih IV. 1. Zhl. 3, 3. Und wußr 
längit, daß man oft ſehr uneigentlich Wagenführer tage wo man Wa⸗ 
genzieher meine. Benzel-Sternau. — Jede Anziehung ift wer 
felfeitin. Göthe, Wahlen, 2, 7. In Gedanken mochte ich mich arm 
mit folchen Späßen, ohue weitere Beziehung, befchäftigen. Goche, 
Leben 11. B. Weber diefer Umkleidung werden nunmehr fünf Scid- 
ten Steine zum Brennen mit ſechs Zoll Einziehung (abnehmender 
Breite), bienächft wieder fünf Schichten mit eben einer ſolchen Ein: 
iehung aufneftellt. Gilly. Es ward fo viel von Erziehung ge 
prochen. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 9. Hier (das Paradies) if die 
eilige Stätte der Menfhenerziehung. Herder. Die Verzie— 
una (des Gefichtes) muß nicht bis zur Grimafle gehen. Leifine, 
Emilie Galotti 1, 4 Wir wollen mit Zuziebung des Volkes die 
Abgeordneten wählen. Klopftod, Gelehrtenrepubiit. 

Mit Beziehung (Handlung des Bezichens; Belimmung eines Dinge 
ale eine ſolche gedacht, welche demfelben zu einem andern binzufommi) Rab 
finnverwandt: das Verhalten (f. Halten) die Art und elle, welche «iz 
Gegenftand auf den andern bin bat oder annimmt: vie Act und Weife, wie 
der Begenftand vor unfere Anfhauung tritt; das Berbältnig die Art uud 
Weiſe, wie ein Begenftand auf ben andern hin if, als einzelne Bekimmung, 
die ihm auf diefen Hin zufommt; Bezug(ſ. Bug S. 1075) ſteht eigentliy und 





41075 


vornehmlich in dem Iepten Begriffe von Beziehung, aber auch in dem 
erften, doch in dieſen abſtrakten Begriffen ohne Mehrzahl, alfo mehr allgemein, 
ohne auf die einzelne Sanvlung zu fehen. — Kann man überall Meisheit 
und Ordnung in der Natur bemerken, und fein Verlangen fühlen, in feinem 
eigenen Verhalten audh Weisheit und Ordnung zu beobadheen? Gellert. 
Aber ich kenne mich wohl und fühle das ganze Verhältuiß. Göthe, Hera - 
mann und Dorothea 9, 103. Vielleicht können Sie in einem andern Bezug 
meine Neugierde befriedigen. Böthe, Meiſtere Manderj. 2, 1. Welche vie 
fämmtlichen Bezüge der Perſonen und Zuſtäude fehr wohl durchſah. Cöthe, 
Leben 17. B. 

Ziebader, — band, —bank, —bar, —bengel, —brüde, — brun⸗ 
en, —eijen, —farbe, —garn, —natter, — haken, —bechel, — junge, : 
-find (©. 6237), —Elinge, —Eloben, — kopf, —Eraft, —leine, —leis 
x, —loch, —lüfter, —od8, —paufter, — pferd, —pflafter, — rad, 
-ring, —füae, —ihaft, — ſcheibe, — ſchiff, — Khlade, — ſchnur, 
-jchraube, —jeil, —ſtange, —ſtock, — ſtrick, —flrang, — weg, —welle, 
-werk, —zange, —zeug; Abziehblaſe, —bürfte, —eifen, — feile, 
-klinge, —klötzchen, — muskel, — pflug, —riemen, — ſtein, —walze, 
·zahl, —zeug; Anzieheiſen, —ſchlüſſel; Aufziehbrücke, — hammer, 
-Enopf, —loch; Ausziehkifte, — ſcheibe, —ſtirnrad, — ſtube, —zime 
ier; Unterziehhuſen, —fleiß; Ziehungsliſte, —taa; Anziehungs⸗ 
raft, — kreis; Beziehungsbegriff, —fall,. wort; Erziehungsge⸗ 
haft, — ſchrift, — ſchule. — Zum Vortheil feiner mit Unterzieh— 
uſen und Unterziehſteiß bewaffneten Herzens-Zaarin. J. Paul, 
jejperus 4. So ſehe ich dieſen Ziehungstag meines Looſes nicht 
hne Spannung entgegen, Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 159. Der 
rang ... ähnliche gleichgeitimmte Weſen in feinen Anziehungs— 
reis zu reißen. Kofegarten. Nach wie nor übten fie eine unbe⸗ 
hreiblihe, faſt magiihe Anziehungsfraft gegen einander aus, 
zöthe, Wahlp. 2, 13. Mit wie wenig Worten ließe fid, das ganze 
drziehungsgeſchäft ausſprechen. Göthe, Wahl. 2, 7. Erzien 
ungsidhriften, hoff ih, hat man reichlich angeihafft? Platen, 
om. Dedipus 5. Jene alten Schulen waren Erziehungsſchulen 
ir Zöglinge. Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 251. 

Zug (ahd. mhd. zuc, goth. tauhs? vgl. ustauhs —= Vollendung, 
ig. Auszug) 1) die Handlung des Ziebens in verichiedene Bedeutun« 
en; 2) dasjenige, was ziehetz 3) dasjenige, was gezogen wird, was 
uch einen Zug, Durch ein Ziehen entiteht; 4) der Ort, wo etwas 
ezogen wird. — Gintemalen R. Zug (Vorzug) und Tag beaehrt 
at. Krenner, Landtagsh. 3, 39. Dean hatte den Zug einen weiten 
Immeg geführt. Göthe, Leben 8. B. Der nad der Alten Brauch 
tt feinen eignen Zügen das väterliche Feld bemüht ift zu bepflügen. 
Sanig. Ein herrliher Zug Pferde! Göthe, ital. Reile 8, Oct, 1786. 
Tuhig ift fein Schlaf und friedlich lächeln feine Züge. Schiller, Tell 4, 2. 

6. ; 











1076 


Ab—, Aun— (©. 771), Auf—, Auszug u. a. erflären ſih 
aus nachfolgenden Beifpielen. — Eine ſolche neue Einrichtung ward 
veranlagt durch den Abzug der Gefellfchaft Bellomo’s. Göthe, Tag 
und ZJahreshefte 1791. Der Garnifon wurde ein ehrenvoller Abzıg 
bewilligt. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Es find, nad Ih: 
jug der weggebliebenen noch 630 (Epigramme). Schiller, Briefe. 
mit Göthe 2, 63. Wie viel irgend ein Camerad Schulden babe um 
Abzug leiden müſſe. Göthe, Meifters Lehrj. 1, 15. Allen den u 
die Eden geichobenen Kehrig ... in die Abzüge zu führen. Götk, 
ital. Reife 9. Det. 1786, Ein Gewitter iſt im Anzug, Edile, 
Tel 1, 1. Daß man lieber eine mächtige, dem Anzuge gemadiene 
Geftalt, um der günftigeren Wirkung wegen, damit beflcidet und am⸗ 
ſchmuͤckt geſehen hätte. @öthe. Leben 5.8. Um feinen Beinanzag 
fteht es fchlecht. Ungenannter bei Campe. Ich will gleich den Brant 
anzug bei ihr beitellen. Schiller, der Neffe als Onkel 1, 10. Du 
Amtmannd Tochter Julchen trat in einem leichten Morgenanzuge 
rafh in das Zimmer. Lafontaine. Die Landichaft foll bei ihren 
Schrift-Verfaſſer dergleihen harte und unbejcheidene Anzüge (beide 
richt vorgebradyte Angaben) abitellen. Landtag von 1669 ©. 116. 
Wir hatten in einem Haufe Pla genommen, wo der Aufzug, mau 
er aus dem Dom zurüdfam, ebenfalld wieder an und vorbei mußt. 
Goͤthe, Leben 5. B. Niemanden fiel ein über mid) zu fpotten, wem 
ih in diefem Aufzuge durch's Gebirge fam. Göthe, Meifters Bar 
derj. 1, 2.: Die fofort nah dem Aufzuge des Vorhangs erihieen 
J. Paul, Titan 67. Während ihr Schiffchen durchflog das Gefpink 
des ftebenden Aufzugs. Voß. An (ohne) alle ferrere (fernere) wer 
gerunge und aufzüg (Verzug). Mon. boica 9, 283. (Als fie) fr 
nen (des Richters) Auszug erzählte. Göthe, Meiſters HBanderjahre 
1, 11. Auf dem Ehauffeehanfe beichäftigte und nun der fermen tr 

elmäßige Auszug der Franzofen. Göthe, Belagerung von Main 
—* ‚und Erinnerungsbücher, Auszüge beim Leſen alter m 
neuer Schriftiteller enthaltend. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 4. Tu 
Auszug aller tödlich feinen Kräfte. GBöthe, Fauſt 1,42. Du Ark 
zug aller Zier. Fleming S. 275 der Kübeder Ausgabe. Sie ſei de 
Auszug jeltner Damen. Kl. Schmidt. Vnd ſollen die Jüden felde 
ſtück tremlich halten, on allen betrug vnd auszug. !) Luther, Bi 
überf. 1. Matt. 8, 26. Was du gewiß verheift, daffelb on alle aus 
ig (Einrede) Teift, wilt anders jein ein biderman. H. Sachs. Obe 
Beigerung und Auszug. Aventinus, Chronif 184. Dom Auszug 
(Austrag, Nupniegung) Lebende find regulariter Wittiber oder and 
fonft alt erlebte Ehepaare, welche ihre Kinder nicht mehr in Rahm 


2) Gamve faßt bier Auszug im Sinne von Ausnahme. Ge ik aber Bub 
wendung, Borentbaltung zu verftehen. 


1077 
aben. Wirzburger Berordn. v. 177. Run mar an dieien Geſell— 
chafts- und Anſtandsbezügen nichts mehr zu jchonen. Göthe, 
Reiters Wander. 1,9. Er ſchien das Modell wirklich in gewiſſen 
Bewegungen und Sliederbezug übertroffen zu haben, Daſ. 2, 9. 
Sin. inonlides Klavier, Deffen Sanaboden nicht jo oft als jen Sai— 
'enbezug geiprungen war. 3. Paul, Heſperus 4 Durch einen 
Bechielbezug. Götbe, Farbenlehre 175. Fremde, die auf ihren 
Durchzügen bald vernünftig, bald zweckmäßig jene Länder zu ber 
reifen Änſtalt machen. Göthe, röm. Carneval. Wie der gemächliche 
Troß auf ..gebefferten Wegen hinter des Zürften Einzug. Götbe, 
Harzreiſe. Siegreich dann... halt’ ih den-Feiteinzug. Voß. Mit 
liebend emſiger Zudringlichleit des Heeres Fortzug bindend. Schil⸗ 
ler, Biccolomini 1, 4. Vom Sturm de8 Heranzugs. Sonnenberg. 
Ich führe den Nachzug. Porker, Tuniſias 5. Weder er noch Far 
milie wollten von &äften weiter wiffen, am wenigften dießmal von 
Preußen auf dem Rückzuge. Göthe, Kampagne in Frankreich 9. 
Det Der Ueberzug war eine, Kruſte von Gyps. Göthe, Benne- 
nuto Gellini 3, 9. Heute gab ich jo gerne manches befiere Stüd an 
Ueberzügen und Hemden. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 25. 
Wie ichnell ift die Rinde weggeichmolzen, die mein Herz unigab! Eine 
Schichte nad), der andern des verhärteten Umzuges löfete fi ab, 
Thümmel. Ohne Unterzug (Unterbredyung). Geiler von Keifers- 
berg. Bei dergleichen Scheunen, wo eine große Laſt von rohen Steis 
nen auf den Boden zu ftehen fümmt, muß man ja die Unterzüge 
ſehr wohl unterftäßen. Gilly. Das ich nicht Weigern noch Verzug 
ertrage. Shakeſpeare, was ihr wollt 2, 4 Der Herr verzeuhet 
nicht die Verheiſſung, wie es etliche für einen verzog achten. Luther, 
Bibelüberj. 2. Petr. 3, 9. Seder Verzug war mißlich. Göthe, Le- 
ben 3. B. Sie wollen meine Zlammen zu peinlihem Berzug, wie 
ein Roman, verdammen? Us, der Sieg des LKiebesgotted. Im vor: 
zug waren die Schüßen. Luther, Bibelüberf, 1. Mafl. 9, 4. Der 
Scythe ſetzt in's Neden feinen Borzug. Göthe, Yphigenie 1, 2, 
Dir gehorche des Heeres Vorderzug. Pyrker, Zunifias 5. — Ganz 
war mein Herz an deiner Seite, und jeder Athemzug für did. 
Söthe, Willlommen und Abſchied. Wilhelm erkannte fogleih an Dies 
fen flüchtigen Bleiftiftzügen. die Hand der Gräfin. Göthe, Weir 
ſters Lehrj. 8, 2 Dieſe Tiefe bei einer ruhigen Fläche ... ift ein 
vorzägliber Eharafterzug des gegenwärtigen Romans. Schiller, 
Briefwechſel mit Göthe 2, 71. Mit einer Senfenjchmiede und einem 
Drathzug. Göthe, Leben 10. B. Der Anblid eures Kleinen Za- 
milienzuges erregt Bertrauen. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 1. 
Diefer Federzug enticheidet deines Lebens Glück und Frieden, Schil- 
ler, Maria Stuart 4, 9. (Sie) möchten gern dem fünftigen Gemahl 
noch vor den Feldzug. die Geliebte zeigen. Schiller, Piccolomini 





1078 


2, 2. (Ich) grabe dem Sinne bes entfegten Hörenden mit Fener- 
zügen dieſes Unglüd ein. Göthe, Eugenie 3, 1. In Flammen: 
zügen ftrahlten die Worte, Benzel- Sternau. indem ex fich dark 
den Flaſchenzug des Zügels wirktid hinaufwand. 3. Paul (as) 
hielt einen finnigen Zlurzua um und duch Das Ganze. Göthe 
Meifters Wanderjahre 1, 8. Wer fah in manchen Vorſtellungen wid 
jene Sreudenzüge und Tänze vor dem Wagen des Bachus m 
der Ariadne? Herder. Durch manchen benachbarten Gebirg s8zug fer: 
wandernd. Göthe, Meilt. Wanderj. 2,7. Man erzählte hundert große Er.) 
Heine Geſchichtszüge von Pölenburgs Kinderliebe. Kl. Schmidt. Ede 
ards Gejichtszüge verwandelten ſich. Göthe, Wahlv. 1, 13. Ta 
General follte durch einen Gewaltzug mitten durch des Feindes 
Land das fpanliche Heer umgeben. Doffett Das Fleine Schema 
einer Geſchichte der Optif enthält viele bedeutende Grundzüge em 
allgemeinen Geſchichte der Wiffenfchaft. Schiller, Briefw. wit Göͤche 
4,45. Doc, war fie (die Erzählung der Begebenheit) in den Haupt 
gügen nicht entftellt. Göthe, Wahlo. 2, 11. Den ftrablenden Herr 
zug. Klopftod. So blieb er bald em gutes Stück hinter dem Hee 
reszug zurüd. Uhland, ſchwäbiſche Kunde. Dann febten wir feld 
den Heimzug fort. Uhland, H. Emft 4, 1. Als jept in des Ra⸗ 
gend Stunden ſich eint’, im Port, zu dem Heldenzuge die freies 
maht. Pyrker, Zunifiad 3. Reichgeihmüdte Hügelzüge.»- 
Uferzug md WBellenfpiegel. Göthe, Fauft 2, 248. Ueber weile 
(Flaͤche) der Zagdzug weggehen mußte. Göthe, das Kind mit dem 
Löwen. So wird aus deinem Marftall, reich geſchirrt, ein prähten 
Jagdzug mir von dir gebracht. Stiller, Piccolomini 2, 4. En 
Kaufz u hat er vernommen, witd frühe vorubergekommen. Ublas, 
Junker Rechberger. Was iſt's mit dieſem Kranich zug. Scla, 
Kraniche des Ibykus. Um die friedlichen Bewohner der dortigen Bil 
der durch einen unerwarteten Kriegszug zu benunrnhigen. Gölbe, 
das Kind mit dem Löwen. Der Krönnngszug bereitet ſich. Sb 
fer, Jungfrau v. O. 4, 2. Götz Weilfenhein eröffnet den fang 
Leichenzug. Uhland, die Schlacht bei Reutlingen. Jeder giebt Dub, 
was er nad feinem Lieblingszuge des Genie(s) geben mag. Hr 
der. La uns zufammengefchmiegt im behaglichen Kaͤmmerlein al 
thau'n, wenn kalter Luftzug engt Das Herz. Voß. Nur mit mans 
Meifterzügen if ihr Charakter vollendet. Göthe, Meiften LA 
4, 14. Unfere Namenszüge find darein gejchnitten. Göthe, Baht. 
1,18. Um einige Bilder, deren Maße etwas zu Bein genommen wii: 
den, Mit wenigen Pinfelzligen zu erweitern. Böthe, Leben 3.3 
Auf meinen Pilgerzügen. Pfeffel, Ber Fuchs und das Eihhen 
Sieg, errungen im Raubzug. fer, Tuniſias 4. Man un | 
wiel von deinem Ritterzug. Bfeffel, der Aeronaute. Sein 
Keht bei den Nömerzägen uns vorn. Schiller, Tell 2, 3 WM 


⸗ 


1078 


Wort, das er und die Weiber ſprachen, war en Schachzug. 3. Baul, 
Heiperus 16, Ein leiter verjchönernder Schattenzug von Trotz 
lagert fi über den Liebreiz. Benzel-Sternau. (Daß) gar bald um 
nich die blühenden Gelichter den Schmerzenszug langiamen Tode 
verratben. Goͤthe, Iphigenie 2, 1. Nach Sachſen ging der Schnecken— 
zug. Löwen. Und den Schild des Helden zeichnet. faum ein Schrift- 
zug. Uhland, Romanze vom Recenfenten. Wegen des Schlegeliſchen 
Streifzugs bin ich ganz Ihrer Meinung. Göthe, Briefwechiel mit 
Schiller 5, 160. Komm in den Götterſaal, ich will den Kranz all 
deiner Thatenzüge dir erflehn. Herder. Graunvoll war fie, Die 
Pracht Des düſtern Todtenzuges. Sonnenberg. Was fpricht man 
som Zürlenzug? Göthe, Götz v. 3. 1. Bon der einen Seite 
ber um das Eckhaus fahen wir einen Zrauerzug berumziehen. Göthe, 
Meiſters Wanderj. 2, 12. Ein großer, ruhmwürdiger, gottäbnlicyer 
Unterſcheidungszug. Campe Mein Auftxag heiſcht fo fchleuni- 


gen Vollzug. Ubland, H. Ernſt 4, 2. (Da) der Wellenzug - 


nach dem Felſengeſtade fich wälzte, Pyrler, Tuniſias 5. So aufge⸗ 


fordert folgte ich den verſchiedenen Winkelzügen. Göthe, ital. Reife 


Neapel 12. März 1787. Ja, ich fehe fchon von weiten Wolken⸗ 
zug und Dun und Raub, Göthe, deuticher Parnaß. 

Mit Ueberzug (Beug, welches zum Ueberziehen eines Dinges dient) iſt 
finnverwandt: Zieche (ahd. ziecha, mhb. zieche, «ngl. tick, vielleicht 
von ziehen, uber doch, wenn fremd her, daran angelehnt, Adelung 
denft an wendiſch zycha — Dede, Bezelt) fadartiger äußerer Ueberzug. 
Bleichbedeutend if der niederſächſiſche Ausdruck die Büre (Bühre, veis 
muthlich zufammenhängend wit franz. la bure, le bureau, ital. burätto). — 
Feinere Laken und Bühren. Voß, Luife 3. b. 588, 

Zugameife, —angel, —anfer, —arbeit, — arm, —band, —baum, 
— biene, —bohrer, —eijen, — erz, — fiſch, —genögel, —graben, —heu- 
fchredde, — haspel, — leder, —leine, —loch, — maus, —mefler, — mit⸗ 
tel, —magel, — netz, — ochs, — ordnung, — papier, —pferd, —pflaſter, 
— rad, —ramme, —raupe, —rebe, — recht, —rind, —ring, —ichaft, 
— ſchiff, — ſchraube, —ſeil, — ſtab, --fange, —Riefel, — ſtuhl, —tau, 
—thier, —thor, —thüre, —vieh, — volkl, — winde, — wolle, —zehent 
u. a.; Abzugsbitten, — blech, — bogen, —brief, —bügel, —faß, 
—flagge, —freiheit, —geld, — graben, — kupfer, —predigt, — rech⸗ 
sung, — recht, — rinne, — röhre, — roͤſche, — ſchlacke, — ſchlackenblei, 
— ſchlag, — ſchnalle, — zahl, —zeit; Anzugmiltel, Anzugsgeld, —ge- 
tchent, — mahl, —rede, — ſchmaus, —tag, — zeit u. a.; Aufzugſtrippe, 

ugösrüde, —geld; Auszugmacher, Auszugsfeier — feſt, 
— mäßig u. a; Bezugnahme, ae: Untergug er; 
Serzugſaal, — zimmer; Vorzugspreis, — reiht, weile. — Da) die 
geringen Schäfer nur durch wine Zugbrüde zugänglich waren. 
Bürhe, Bahlv. 2,8 Wie gefangen im weiteinichließenden Inge 








1080 


garn. Voß, Ilias 5, 487. Das Rep der Zuggemwölfe ſchwilt 

Salis, die Herbſtnacht. Beſonders war fie forgfältig, alle Zugluft 

abzuwehren. Göthe, Wahlv. 1,7. Um das Map diefer Unannehm- 

lichkeiten voll zu machen, wurde unfere Wohnung zugleich fendht wand 
zugluftig befinden. Campe. It c8 ein Zugitüd? Göthe, Mei⸗ 
fters Lehr. 1, 15. Er jah die Welt nicht mehr wie ein Zugvogel 
an. Dal. 8, 1. Fiſche, Die fich bald ‚einzeln bald zugweije binzad 
her bewegteh. Göthe, Leben 2. B. Weil ich mandıes Lächeln... 
für das Zugwerk uud die Zrerbuchitaben des Haffes anjehe. J. Paul. 

Das Streifchen Papier lag anf dem Schreibtiih und ward vom Zug⸗ 

wind heruntergeführt. Göthe, Wahlv. 1, 13. Daß er feine Aus 

zugspredigt obne den Eingang anfing. % Paul, Heiperus 4 

Wenn er jeine Auszugsjammlungen zur Hand bat. Campe 

(Er wirkte) ftellen- und aAuszugsweiſe. Götbe, Leben 11.3. (Mar 

muß) die Unterzugftänder nicht zu weit auseinander jeßen. Gillp. 

Auch du kannſt Gurgeleien den Vorzugspreis vor meinen Tönen 

weihen? Ungenannter bei Campe. Es gehört vorzugsweije zu 

Würdignung dieſes Gedichted Dad was man Gemüth nenut. 

Briefw. mit Göthe 3, 373: 

Nachzügler; ab—, an— (S. 146.815), be—, ver—, unver — 

(S. 850), vorzüglich (S. 25.565). — Wo er aber bald verjchiedene 

Alan Nachzügler und Troßknechte anfichtig ward. Göthe, Leben 

.B. Das hat alles jo was anzügliches, was Ichauerliches. Göthe, 

Werther 1. 12. Mai. Aus allerlei Anzüglidfeiten und Stidel- 

reden bätte man fchließen follen. Göthe, Meiiters Lehrj. 4, 7. Bü 

beipradyen noch einigemal dieje Gegenitände, und er ließ uns ein hier- 

auf bezüglihes Blatt zurück. Göthe, Meiſters Wander. 3, 18. 

Es gab mir viel zu denken, bezüglich auf das Abgehandelte. Göthe, 

Briefw. mit Schiller 6, 145. 

- Mit Nachzügler (zunächſt tabelnde Benennang eines abſichtlich hizter 
einem Zuge in einiger Sutfernung Zurüdkleibenden, befondere dann eines in 
Abücht der Ausübung von allerlei Unvrdnung, Ausfhweifung nnb Gewalt: 
tbätigfeit hinter dem Heerzuge in einiger Entfernung zurückbleibenden Eelte 
ten) iſt das der frongöfiichdentfchen Soldatenſprache angehörige Mar o dent 
(franz. maraudeur, engl. marauder, ſpan. merodoador, von franz. marande 
— ahgemattet, franz. marauder, ſpan. merodear = im Nachzuge nurrlanh 

. plünvern, wahrſcheinlich von arab. maridha = krank fein, zweifelbaft von 
Einigen auf den gene plündernten Grafen von Merode im Heere Könls 
Ferdinands III. zurückgeführt) ſowol der aus Wegemüdigkeit, Mattigfeit oder 
Krankheit hinter den andern Soldaten zurückbleibende Soldat, als auch de 
Nachzügler im ſchlimmen Sinne, 

Zonen (ahd. zogön, mhd. zogen) 1) heftig ziehen, zerren; 2) 
in einem Zuge gehen, ziehen, ift veraltet (pinzgaueriſch zogeln, ja- 
geln — gehen). Davon Das auch veraltete notzogen (ad. notat 








1081 


ön, nötzogjan, mbd. nötzogen) unjer nothzüchtigen; feelzogen 
— in den legten Zügen liegen. Herzog (ſ. ©. 748); berzoglich, 
Derzogtbum. — Er zogete mic vil unpillih. Diut. 3, 95. Doc 
oil ich und frauw politan wider hain zu hawſe zogen. Salomon und 
Morolf. Wer frawen oder jundfrawen notzogt. LZandesfreiheit von 
514 Das der jchaldhafftig N. in meinem abweien mein gemabel 
jewaltiglfih zu bensttzogen vnderftanden. Hug, Rhetorica Zubingen 
52 Bl. 42 h. Das jhm der Atbem gar entging, und er zu Seel⸗ 
‚gen anna Rollenhagen, Froſchmeuſeler 1. 2, 23. Lord Angelo 
yerzogt(gebietet als Herzog) recht tapfer in feiner Abweſenheit. 
Sphaleipeare, Maß für Mab 8, 2. „Mein Wappenfchild und hier mein 
Derzogthbum... die Herzogsfahne vor das Herzogszelt. 
.. H. Ernſt 5. Daß es in Schwaben Herzogswärde trug. 
af. 4, 2. i 

Zögling (i. ©. 627) — wer gezogen, d. 1. nicht allein unter- 
ichtet, fondern auch in jeinen Sitten gebildet wird. — Sehr felten, 
aß ein Zögling auf etwas fällt, was noch nicht da geweſen ... 
Drannigfaltigfeit an Farbe und Schnitt der Zöglingsfleidung.. 
Höthe, Meilters — 2, 2. Auf dann, wenn euch das Herz die 
erachtete Zöglingin rühret. Voß. Da ohnehin jeder Selbftzög- 
ing und jeder Selbſterzieher behauptet, 3. Paul. 


Anfänger (f. fangen) eine Berfon für fih ale ſolche, wide irgend 
etwas zu lernen den Anfang macht oder gemacht hat, e6 mag dies nun unter 
der Leitung eines Unterrichtenden gefchehen oder nicht. Cinen Unterrichtenren 
fegen voraus; Lehrling (f. lehren ©. 531.937) überhaupt wer gelehrt wird; 
Schüler (ahd. scuoläri, agf. scolere, mhd. schulsere) wer in einer Schule 
(ahd. scua(o)la, mho. schuole, agf. sceol, scal, scole, engl. shool, ſchwed. 
»kola, höhm. ssola, mittellat. escula, franz. Ecole, von lat. schola, gr. 
yon) Unterricht empfängt; Jünger (add. junk(g)iro, junk(g)ero, nıhb. 
Jüngere, Gomparativ von jung, engl. young, ſchwed. dän. ung, hollaͤnd. 
Jong, f. weiter ©. 424) Anhänger einer neuen Lehre. — Die andern Sys 
nonymen f. S. 627. — Unferm Wanderer firl der Ernft anf, die wunderbare 
Strenge, mit welter ſowohl Anfänger als Kortfchreitende bihandelt wurten .. 
Die Schüler lernen eine (Kunft) wie vie andere in Ihrer Bebingiheit keunen. 
Goͤthe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Er (ter Hund) der Etudenten trefflicher 
Ecolar, Goöͤthe, Fauf 1, 63. Glaub ih, ſprichſt dn, dem Wort, das der 
Weisheit Dieifter wich Ichren, das ter Lehrlinge Schar ſicher und fertig 
beſchwoͤrt? Echiller, der Genius. Bis zum Scheiden des Meifters von feinen 
Jüngern. Böthe, Meiflere Wanderj. 2, 2. 

Anm. Fur Auswanderer fagt Grimm (Befchichte der deutlichen Sprache, 
Vorrede IX) Auszögling. 

Zögern, älternhd. zogern (von dem veralteten zogen ©. 1080) 
durch Langſamthun bingieben in der Zeit, durch Langſamthun tadelhaft ver- 


1082 





ziehen: auf—, verzögern (1. 5.1023); Zögerer, Berzögerer; Z— 
gerung, Berzögerungs verzögerlich, — keit. — Der Pfarrer j0- 
gerte Chielt) mid auff biß 10 Uhr. Simpficiffimus 1, 28. Ghies 
Schwindeln zögert mir vor die Stime den Jaudern. Göthe, am 
Schwager Kronos. Min zögerte bis gegen Abend. Göthe, Leben 
1.8. Jemandes Bildung aufzögern. Bieland. Die Inizianden 
(Einzumeihenden) theils abzuichreden, theil® anfzuzögern fuden. 
Der. Deffen (des Borjuges) Ausführung ic) von Zeit zu Zeit, wie 
ed zu gehen pflegt, verzögerte. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 11. 
Der Zumult war ohnehin jo groß, daß eine Zögerung fid von jelbk 
verſteckte und entſchuldigte. Göthe, Leben 8. Nah den laugſam 
verzögerlihen Einveden. 3. Paul EB wi auf die Berzöger- 
lichkeit der Steuercontribuenten bei Bezahlung der Steuern binge- 
wiejen. Augsb. Allg. Zeit. 1850. No. 76, 

i Siemen (abe. süman, sümjan, mbd. sämen, wol verwandt mit altn 
semsa — verhindern, aufhalten, sems — Langfamfeit; Graff VI, 221 wel 
noch fanjfr. sam — ruhen) zunädit ſorglos unterlaffen zu thun, vernachläſſi⸗ 
gen; eine Bewegung unterlaffend oder in ihr nachlaffend verziehen; in einem 
verziehenden Bleiben fein. Zaubern (wie Freude von freuen ©. 548, 
fd zaudern vom einfachen ahd. zuön, zh&ön — langfam thun, ne. zuem, 
altn, toſ = Berzug, tefia = hindern, verziehen, mittelnieberb. töven — lichen 
bleiben) durch Langjamthun feine Bewegung aufhalten oder haften muden, 
daß fie feinen oder doch nur gehemmten Bortgang hat, gerne mit dem Rebrn 
begriffe, daB es aus Unentichloffenheit geſchehe. —Trödeln (niebert. trödeln, 

trudeln, bei Stielee trödelen, treubelen, treideln, bei Schottel tröt- 

‘ Ten) durch unndthiges, unerhebliches Thun die Zeit zu dem, mas geſchehes 
ſollte, In die Länge ziehen. Trändeln (auch trenveln und frentela: 
ülteruieberb, trendtelen = mit Kügelchen fyielen, von agf. trendel — Kreis, 
-engl. trendel, trendie = Walze; niederl. trantelen = hin und wieder achen, 
fchweiz. träntelen — langfam fein in Gehen und Thun) fih mit unnöthigen 
Kleinigkeiten abgeben ımb dadurch nicht vorwärts finmen. Weite Berka gr: 
hören faft nur der Bolksfprache an. Aufhalten (f. S. 892) eine Bewe⸗ 
gnng ganz aufhören machen. Verweilen (f. S. 892) ficht zunäd auf 
die Zeitlänge, die dem Fortgang eines Dinges entzogen wird, dadurch daß 
daſſelbe an jenem gehindert in. — Aufenthalt I) die Hinderung von eimas 
in feinem. Fortgang, infofern desſelbe fo gehindert I, daß es in feinem Worte 
gange Hille ſteht; 2) das hindernde Ding ſelbſt; 3) der Ort, wo man ſich auf 
längere oder Eürzere Zeit aufhält. — Wie lange will du fänmen? Bürger, 

Lenore. (Se) zauderte und hätte noch lange gezögert, wenn nicht x. 

Böthe, Werther. Wie fie zaubern und trentlen. Göthe, Gig v. 2. 5. 

— Das, fpricht er, if Tea Aufenthalt. Schiller, Bang nach em Wiiens 
hammer. 

Zügel (ahd. zugil, zuhil, hd. zügel, mittelniederd. tugele, 

mittelniederl. togkel) find Die Leufriemen des Baumes, gleichſam der 


» 








1088 


Griff des Zaumes, woran das Pferd gezogen wird; fig. tn Beziehung 
zwingender‘ Einſchränkung. Davon zugelles (der höchſte Brad von 
ansſchweifend); zügelu (mbd. zügelen ©. 248). — Da feht ihn der 
Graf auf fein rirterlich Pferd und reicht ihm die prächtigen Zdume... 
Da bringt er dem Grafen fem Roß zurüd, beicheiden am Zügel ge- 
führer. Schiller, Graf von Habsburg. Kurz, alle Element’ tm Streit 
ertämpfen fid mit zügellojem Grimme Wieland, Oberon 2, 30. 

ie zugelloſen Zriebe Ur. Die Zügelloſigkeit diejer Spa 
wier brachte den gemeinen Mann zur Berzweiflung. - Schiller. Und 
ſpornt die — elten Stroͤme. Voß. — Anſchirrend die gold— 
gezügelten of Voß, Hias 5, 7%. 

Trenſe (niederd. trense, nieberl. trens?]) ift das leichte, aus zwei Ries 
men mit eimfrchen flangenlufen Gebiß und Kopfriemenwerf beftehende Lenk⸗ 
werkzeug am Kopfe des Reitthieres. Za um (ah. mhb. zoum, agf. teum, hofländ. 
toom, altn. taumr, ſchwebd. töm, vielleicht von ziehen, fo daß ah. zoum 
aus zöham gebildet wäre) ein. Haftſchnur; gewöhnlich das vollfändige, aus 
Lenfriemen, Gebiß und Kopfriemen mit Kinnkette beftehende Lenkwerkzeug am 
Kopfe des Reitthieres. — Brei |. S. 882. 1040. Ungebunden = durch nichts 
gebunden, nicht durch aͤn here Berhöttnifle gehalten oder gehemmt (f. binden S.230). 
Ausfhmweifend (von ſchweifen S.508) In Handlungen das Maß überſchrei⸗ 
tend, Liederlig (fo Grimm, tm 15.53. liederlich — leicht, gering, denn 
auch nachlaͤfſig, leichthin, bei Andern laͤderlich von Luder ©. 255, wo 
„ah. luodir“ zu ſtreichen und „mhd.“ vor lunder zu fegen If) zunächit ohne 
Gehalt, ohne Feſtigkeit mit dem Nebenbegriff des Untauglichen, in hohem 
Grade leichtfertig; im Befondern von geilligen Wein ohne Widerſtand gegen 
feine finulichen Läfte und Begierden; vorzüglich allen verberhlichen Benidfen 
fi leicht hingebend. — Much bändigte er das Bferb mur durch eine Trenfe. 
Goͤthe, Meiſters Wanderf. 8, 16. Dem großen Trieb, dem prächtig fchaffens 
den, fann er dann ungebunden frei willfahren. Schiller, Piccolomini 8, 

4. Bofite der Diann ausfhweifend fein, fo Hintergebt ex mich. Shalke⸗ 
fveare, K. Heinr. IV. 1. Thl. 2, 4 Du lebteſt mit einem liederlichen jun: 
gen Edelmann. Goöͤthe, Weifters Lehrj. 8, 1. 
Bügelbrafien, — Hand, — ring. — ber Antilochos warf den 
zAgellentenden Diener. Beh; Ilias 5, 580, 
Zucht (ahd. mhd. zuht) 1) (veraltet) ein Werkzeug zum ziehen; 
2) die Fortpflanzung eines Thieres oder einer Art Thiere, wie aud) 
die Beranftaltung dieſer Fortpflanzung mit Inbegriff des Aufziehens 
durch Nährung und Wartung; 3) Erziehung, Sorgfamfeit in Hand- 
habung defien, was fich gebührt; 4) höhere feine Bildung fowol im 
Innern des Gemüthes felbft, als in den äußern Formen des Umgangs. 





1) Schmittbenner kitet das Wort von trennen, Schwend, von der 
Srundbeventung: „runde Schnur“ auegehend, leitet es von trendeln: beide Ans 
nahmen haben viel gegen ſich. 





——— 


Davon züchtig (ahd. zuhtic, mhd. zühtec) — leiblich und geiſtig 
von guter Zucht, Wohlgezogenheit; von feinem zartem Gefühle der 
Woblanſtaͤndigkeit, was das ſinnlich Geſchlechtliche angeht. Zuchten 
— ſich fortpflanzen, als Zucht ſich an einem Orte befinden; züchten 


. *(abd. zuhtjan, mhd. zühten) — in Zucht nehmen, erziehen; züchtig 


jein. Züchter (ahd. zubiäri = Erzieher) ubd. nur in Bichzuchter. 
— Du bit nod) jung genug, daß gute Zucht dich eines beſſern Wegs 
befehren kann. Göthe, Taſſo 2, 3. Aber wer bei den Soldaten fucht 
die Furcht Gottes und die gute Zucht und die Scham, der wird we⸗ 
nig finden. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Jugend dient zur Zucht 
(Erzielung von Kindern). Logan, Sinnged. 412, — Die Auzudt 
der Obitbäume. Ungenannter bei Campe. Der neue Pachter war em 


- deidenfchaftlicher Freund von Baumzudt. Göthe, Tag- und Jahres⸗ 


befte 1801. Die feinere Obft- und Blumenzucht bejorgend. 
Göthe, Leben 1. B. Daß es erwachſ' in firenger Klofterzudt. 
Uhland, Herzog Ernſt 3. (Der) die ſtrengſte Mannszucdt hielt 


 Göthe, Egmont 4. Daß kein Geichöpf bülflofer auf die Welt kömmt, 


länger Vater- und Mutterzucdt nöthig bat (als der Menſch. 
Herder, Sie gewahrten der fruchtbarften Gegend, weldhe an fenften 
Hügeln den Feldbau, auf höheren Bergen die Schafzudht, im wei 
ten Thalflächen die Viehzucht begünftigte. Göthe, Meifterd Wanderj. 


23,1. — Und in der Grazie züchtigem Schleier nähren fie (die 


Frauen) wachſam das ewige Feuer jchöner Gefühle mit heiliger Hand. 
Schiller, Würde der Frauen. Mit züchtigen, verihämten Wangen 
fieht er die Jungfrau vor ſich ftehn. Schiller, Glode. Und winft gar 
zudhtiglich ihn mit der Hand herbei. Wieland. — Hie iſt Gras 
und Moos, dich drin lagern, ja, und drunten.zuchtet Natterbrur. 
Kofegarten. Vernunft und Liebe heilt und züchtet uns Kinder, groß 
und kein. Voß. Ein Stüd ſchwarz Brodt, und Zwiebeln Dazu, Ichmedet 
mir in meinem Winkel, wo ich fir mich bin, und nicht fo züchten 
(Ehre, Beicheidenheit beobachten) darf, eben fo gut. Ueberſetzung des 
Don Quigote 2%, 11. | 
Enthaltſam (f ©. 550) fo, daß man fih ven einem Genuſſe abs 
und fernzuhalten weiß; fitttlih mäßig in Anſehung ber Gefchlechtsinf; 
ſich alle gefchlechtlihe Berührung verſagend. Keufh If. S. 1036) un 
fprünglich wol prüfenden: Sinne; dann nüchtern, fih nicht von einer Leiden 
ſchaft bewältigen laffend, im Befoudern rein im der Geſchlechtsliebe, rein 
von Herifchaft der Geſchlechteluft und fomit unbeflectt von irgend einer Ge— 
ſchlechtsſünde; alle fleifchlie Berührung meiden. Ehrbar (ſ. €. 770) 
im Innern wie im Aeußern Achtung an fi) habend; im Beſondern darch 
Reinheit des Wandels dem Außer Wohlſtand gemäß. Schampaft (akt. 
scamahaft, von Scham ©. 2:6) ein tiefes und leiſes Gefühl ter Stım 
habend. — Wie die Beiwoͤrter fo unterfcheiden ſich auch die Hauptwörter Ent: 
baltfamkeit, Keuſchheit, Eprbarfeit, Schamhaftigkeit. — 34 








1085 


war mir meines entbaltfamen Betragens bewußt. @ölhe, Beben 11. B. 

Ich nenne mi zwar Penfch und rein und rein von böfen Fehlen. Göthe. 

Und wenn Ihe halbweg ehr bar thut, dann habt ihr Fe (die Frauen) all uns 

term Hut. Goͤthe, Fauſt I, 100. Und ſcham haft tritt als Jungfrau ihm 

entgegen, die er einit an der Amnme Brut verließ. Schiller, Piccolomini 1, 4. 

Unzucht (abd. mhd. unzuht) der Zuftand, wo nicht mit Strenge 
gehandhabt wird, was fich gebührt; alles was der fein gebildeten Sitte 
zuwider ift, ungebührliches wildes Betragen; nhd. bejonders ungebührliche 
Befriedigung des Geſchlechtstriebes, dieſe mag außerehelich oder jelbft ehe⸗ 
lich geicheben. — Bey Hochzeiten joll Unzucht (mit fchambaren Re- 
den, Gefchrei, Singen, Raufen) vermieden werden. Lori, Lechrain v. 
1616. Diejenigen, weldye Gott verachten, vnd allein vmb vnzucht 
in Weiber nemen, wie dad tumme Vieh. Luther, Bibelüberf. Tob. 

‚18. 

Hurerei (f. Hure ©. 692) ift ungebührliche außereheliche Befriedigung 
des Geſchlechtstriebes, vornehmlih mit Perſonen, die ſich feil zu derſelben 
hingeben. | 

- Zudtente, —entwohnt, —fähig, —gans, —geriht, —gefeß, 
— gewohnt, —halter, —haus, — haͤusler, —henaft, — huhn, —kalb, 
—tfehre, —los, —meifter, — mittel, —ochs, —peitihe, — pferd, —rich⸗ 
ter, — rind, —ſau, —ſchaf, —ſchule, —ihwein, —fähr, —ftier, 
—ſtute, —vieh, —widder, —willig u. a. — Daß. nicht Die edlern - 
Sprößlinge Glut und Froft ausfaug’ und Sturmwind, ftehn fie in 
beil’ger Zuchfgärten Dämmrung eingefriedigt. Voß. Was foll das 
todte Woͤrterbuch, das elende Gedaͤchtnißwerk, der hölzerne Zucht⸗ 
kerker? Herder. 

Züchtling eine Perfon, welche der Zucht einer andern anvertraut 
iſt; gewöhnlich eine Perfon, welche in einem Zuchthaus zur Strafe und 
Beflerung gerangen gehalten wird. — Jene alten Schulen waren Ere 
ziehungsichulen für Zöglinge, die neuern müßten Eorrectionshäufer für 
Züchtlinge ſein. Schiller, Briefw. mit Goͤthe 4, 251. Und da der 
Herr fie mit Fleiß in Züchtlingsſchulen verwahrloft. Voß. 

Gezücht etwas Aufgezogenes, ofme ſich auf die Thiere zu bes 
fchränfen. — Sein Bündniß iſt mit dem Gezücht der Schlange 
Schiller, Marla Stuart 3, 4. Ter eiteln Thorheit vaterlos Gezücht. 
Bo8, Penferoſo 2. Um mir einmal von dem Gezücht (den poetifchen 
Dilettanten) einen recht anfchaulichen Begriff zu machen. Göthe, Briefw. 
mit Schiller 5, 88. Nachſager, Angaffer.... und wer fonft noch die= 
ſes Gelichterd, Gejchmeißes und Gezüchts fein mag. Klopftod, Ge⸗ 
lehrtenrepublik. — Berrätherin, Sirene, Höllegezüdht. Wieland, 
Dberon 6, 91. Xuft, Erde und Meer wider das Hyänengezüdt 
ins Treffen zu fahren. Schiller, Räuber 1,2. Kommt, ihr Nattern- 
gezücht? Pyrker, Makkabäer 3. Du erftachft herzhaft bein Schlan- 
gengezücht. Platen die verhängnißuolle Gabel 2. Erdfloh, Welpe, 


L 





1086 


die Würmer, das Tenfelsgezücte Göthe, Weisſagungen des 
Bakis W. 

Brut (abd. pruot, mhb. braot, won brüten ahd. pruotan, mbb. brũe 
ten, agf, br&dan, mittelrkein, briyem, niederd. bröden, brõen, nieterl. broe 
den, broejen, zu brühen mbb, brücjen und braten gehörig) die Hans 
lung des Brütensz die jungen aus den Giern gefommenen Bögel; van and 
unf junge Thiere überhaupt (aufler den Shugethteren), auf fchlechte Meufchen 
ꝛc. übertragen. — Die Raup’ umfpiant den goldnen Iweig zum Winterbawe 

‚» für ihre Brut. Gothe, der Wanderer. Wie Ah vom Schwefelvfubl erzeugte 
Drachen befämpfen, die verwandte Brut verfehktagen. Göthe, Iphigenie 3, 1. 
Bei euch, vergnügtes Dolf, Hat nie in den Gemüthern der. Lafter fihwarg 
Brut den erfien Sitz gefaßt. Galler, die Alpen 471. 


Züchtigen (mhd. zühtegen) eig. zu Zucht and Ordnung gewöh— 
nen; gewöhnlich wegen einer Handlung Lebles Teiden machen als Bei 
ferungsmittel. Davon nhd. nothzüchtigen (ſ. oben S. 1081); Zud- 
tiger, Züchtigung. — In dieſem Briefe fpricht er mit Verachtung 
von euch, räth dem Minifter, euern Dinkel, wie er ihn nennt, zu 
zuchtigen. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 6. Genotzüchtigt 
Fiſchart, Gargantua S. 46. So mögen fle... eure Weiber und Toͤch⸗ 
ter vor enern Augen notbzüchtigen. Shafeipeare, Heinrih VI. % 
Thl. 4, 8. — Mögen fle alddanı die Züchtigung empfinden. Götke, 
“ Unterhaltungen deutfcher, Ausgewanderten. 


Strafen f. ©. 98. Büßen ſ. S. 1658. Kaflelen (verderbt aus mr. als 
ternhd. kastigen, castigen, fefligen, ahd. c(ch)astigdn, c(ch)estigön, aus 
lat. castigare — wofür Uebels anthun, um zum Guten hinzuleiten) weni 
veinlich befchweren, ober zur Plage auferlegen, was hart empfunden wird, be 
ſonders und vorzüglich, daß ber Leidente dadurch religiöfes Verdienſt habe, 
in welcher Bedeutung denn der Ausédruck ein firdhlicher if. — Jene Fran, We 
ſich fafteit. Göthe, Rameau's Neffe. 


Zuck (mbhd. zuc, gen. zuckes) eine ſchnelle und ſogleich vor 
übergehende Bewegung, welche in einem Ziehen beitebt; auch eim Ad⸗ 
verbium in demſelben Sinne. Davon zuden und (tranfitio) zuden 
(ahd. zuhjan, zuchjan, zucchön, zochön, mbd. zucken, zücken, 
zochen): auf—, aus —, daber—, durch —, eut—, ber—, mit — 
nach —, nieder—, über—, um —, unter —, ver —, zuſammenzucken 
und zuweilen —zücken; zuckeln = langſam, mit kleinen gleichſan 
zuckenden Schritten gehen gehört mehr der Volksſprache an. — Ber 
vermag das menſchliche Herz ſo genau zu entfalten, daß es von jeden 
Ruck und Zuck dieſer reizbaren Muskel Grund und Urſache ſollte au 
zugeben wiſſen? Muſäus. Ic bin zu nahe ihrer Atmoſphäre; zuck! 
jo bin ih da! Göthe. — Durch die Nacht zudt ungemiffe Hellt 
Schüler, Wallenſteins Tod 5, 3. Ich will nicht zuden mit den 
Wimpern. Schiller, Tell 8, 3. Der zudende Sturmwind. Beh 


1087 


Ste fannen beide, indem ihr Ange völlte, und die Fibern Siegesge⸗ 
ühle zuckten. Benzel- Stern. Daß er den Dolch nad) ihr ge⸗ 
ückt? Schiller, Don Karlos 4, 18. — Aufzudende Eingeweide 
ounte man zählen fogar. Voß. Aufzuckt m Gemüth mix ein Graun« 
orſatze Platen, die verhängnißnolle Gabel 2. Er zudte den ehernen 
Schaft ihm Daher. Voß, Ilias 4, 469. Ein Glanz der ftillen Nacht 
»urchzuckt den Fruchtbaumwald. Ziedge, Urania 5. Und mit Bliden, 
ie mich fchredten, mir dad Innerſte durchzuckten, in das tiefite 
derz mir ſchaute. Schiller. Was du geichrieben haft, ob du es gleid)- 
vol in der Hand Hältft, mag ed Dir amer entzuden. Beichtbud) 
1579. Barum entzüdft Du mich nicht ganz und gar zu dir? Gry⸗ 
bins. Wenn fih ein Herz, entzüdend und —*88 dem Her⸗ 
en ſchenkt in ſüßen Selbtveraeflen. Schiller, Maria Stuart 2, 6. 
Abweſend ſchein' ich nur, ich bin entzüdt. Göthe, Taffs 1,4. Eine 
tlofterhenn, welche unlängft von dem Fuchs nach feiner Diebsart mit- 
‚udt, doch wieder abgejagt worden. Beichtbud 1579. Aber jo wie 
r das Schwert niederzüdt. Bragur. Bolfauffen und trunfen ſeyn 
yeifit bey den huestteriichen Brüdern überzuden. Ey von Herzen, 
r bat fih überzuſckt. Erhard 17. Hüpanien und Frankreich haben 
r eigene angeborne Sprach verloren, und reden nun Die rämifche Sprach, 
oh verzuckt nnd. zerbrechen. Aventinus, Chronik 141. Vergebt, 
venn ich mic) felbft begeiftert fühle, wie ein Verzückter weder Zeit 
ioch Ort, noch was ich jage wohl bedenfen kann; denn alle dieſe Dich- 
er, dieſe Kränze, das ſeltne feitliche Gewand der Schönen verjeßt mich, 
ms mir felbft in fremdes Land. Göthe, Taſſo 1,4. — Adhfel- 
zuckend ſteh' ich ängſtlich. Göthe, Kauft 2, 229. R 
Das Gutzücken wit feinen Synonymen f. ©. 546. — Ents und das 
förfere yerzüäden drüden einen fo hoben Grad angenehmer Empfindungen 
aus, daß der Menfch ihrer nicht mächtig und weit feinem Geiſte abweſend zu 
fein fcheint. Bezaubern (von zaubern ahd. zouparön, mhb, zoubern, 
altn. töfra, von Zauber ahd. zoupar, mh. zouber, altu. töffr, ſchwed. tof- 
wer, wahrfcheinlicy verwandt mit zauen goth. täujan, agſ tawian, mhd, 
zouwan = thun, bereiten) und verzaubern welien darauf hin, baß ber 
genannte Gemüthsſtand wie von überirhifchen, übernatürliden Mächten komme, 
und daß man in demfelben, wie durch übernatürliche Wirkung, gehalten werde. 
— Wie wir im Hochentzüden uns mit goldenen Ketten ſchmücken. Böthe, 
Fauſt 2, 159. Die Phantafle verfegt dich auf einmal in ihre begauberten 
Gegenden. Dufh. Weil die Bezauberung ber Schönheit aller Männer 
Zunge bindet, fo ſei's gewagt, ich rede, Schillers, Don Karlos 8, 8. Ich 
Reh’ nicht auf, Hier will ich ewig knieen. Auf diefem Platz will ich vers 
zaubert liegen. Daf. 1, 5. ‚ 
Zucker, Zudung, Eut—, Een; Verzücktheit; ent- 
zückbar. — Kein franzöfliher Achfelzuder. Geift der Journale. 
Sie fällt fat in Zudungen, als mau die Tafle dem Mund nähert. 


- 


1088 


Göthe, Wahlv. 2, 18. (Er) jah wit getröfteten Auge, voll Ent⸗ 


zückung nad ihm von jenem Zellen herunter. Klopftod, Meffias 2, 


157. Entzückungsvoll beichleihet er die dunkeln Heden. Pfeffel, 


der Bring und fein Hofmeifter. Der Liebe Götterentzüdung, jet 


kenn' ich fie! Gollin. (Bann) Bonneentzüdung lauten Danf an- 
ftimmt in hellem Saitenllang. Voß. Die Verzüdung in Die idea⸗ 
fifchen Welten. Wieland. Die Augeſichter in einer ſolchen Berzädt- 
heit. Shafefpeare, Wintermächen 5, 2. 

Zeugen (abd. ziugen, agl. teögan, mhd. ziugen, nah Wei⸗ 
gand aus Einer Wurzel mit ziehen) 1) überhaupt hervorbringen; 
2) im Beſondern in Berbindung mit einem gleichen Weſen amdern 
Geſchlechts ein Weſen feiner Art aus fich felbit hervorbringen, wo es 
gewöhnlich nur von Menjchen und vorzugsweile vom Vater gebraucht 
wird (5.1089); 3) Zeuge (S.424) jein, die Wahrheit einer Sade 
durch fein Zeugniß betätigen (ahd. gaziugön, mhd. ziugen); 4) (Schif⸗ 
ferfprache) mit dem nöthigen Zeuge verfehen. — Weinwachs zeugen. 
Aventinus, Chronit 34. Geraifige Knecht wol erzeugt (gerüftet) mit 
Pierden, Haruaſch und Wer. Krenner, Landtagsh. 5, 384. Den Zrid 


beſtäten und erzeugen mit zweyen, die den Frid gemacht haben. 


Daſ. 12, 104. Daß vor Gericht fein Britte gegen den Schotten, 
fein Schotte gegen jenen zeugen darf. Schiller, Maria Stuart 1,7. 
Bor ihm (Gott) zeugt jeder Gedanke unferer Seele. Gellert. 

Anm. In vartieivialee Zufammenfegung ſagt Göthe (Fauſt 2, 1907: Da 
friegergengte Brut! 

Ueberzengen mit feinen Synonymen |. S. 733. 

Zeuger, Zeugung, einfach und zufammengefeßt; Erzeugniß. — 
Zellns, die Zengerin. Voß. Und er rühmte fih meinen Erzen- 
ger. Der. Längit entwichene Zeugungen fammelten die Schäge 
der Weisheit. Herder. Entfagt’ ich der Erzeugung echten Stamms 
vom Kleinod aller Frauen. Shafeipeare, Antonius und Cleopatra 3, 
11. He! Sunftbezeugung? Daf. Mit Höflichkeit und Ehrbe- 
zenaung. Shafeipeare, 3. Cäfar 4, 2 Ich jehe Diele würd'gen 
Peers mit ſchnell vertauſchter Ueberzeugung unter vier Regiernn.en 
den Glauben viermal ändern. Schiller, Maria Stuart 1, 7. — De 
Widerwille diejes herrlibe Naturerzeugniß noch weiter zum ent 
ftellen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 3. 

Zeng (ahd. das, auch der? ziuh, ziug, ziuc von zeugen) und 
Gezeug (ahd. der, das k(g)aziuc, k(g)iziue, mhd. geziuc) 1) Maſſe 
der Zubereitung wozu; 2) Gemirf als Ge- und Verbrauchsſtoff; 3) 
Mittel der Berrichtunga in etwas, auch Das Zeugungsglied; 4) Zuge: 
rüftetes zum Siege, felbft die Kriensleute; 5) fig.) auf Dinge umd 
Menſchen in verächtlihdem Sinne angewandt. Arbeits—, Belt, 
Diebs , Bahr— , Hebe—, Kopf— , Leinen—, Nacht —, Pferde— 
Reiß —, Ruͤſt —, Schreib —, Seiden—, Silber—, Sommer—, Spiel—, 


' 








1089 

Tiſch —, Töpfer, Weiß —, Winter—, Wollenzeug u. a. — Denn 
ex fennt wol den Zeug, der an uns allen zu finden ift. Opitz. Ein 
wohlgetüfteter Zeug zu Roß und Fuß. MWeberjegung des Livius von 
1514. Ein Maden oder Kapaun, ein Mann der ſeines Gezengs 
nit hat. Voc. v. 1482. (Sie faßt ibn) by dem Hals und by finem 
Züg. Zalhoffer, Fechtbuch. Wir wiffen, daß in Frankreich jegt wun— 
derlihes Zeug geſchieht. Göthe. (Wo) fir die Nacht Fangzeug 
auslegte der Fiſcher. Voß, Luiſe 1, 754 Er padte fein Reiſe⸗ 
ſchreibzeug wieder ganz gemäclich in die Wagentaſche. Benzel⸗ 
Sternan. Die Reitzeuge zogen aller Augen auf fi. Göthe, Leben 
5.8 Wie es bligt im erznen Schrein von Roſſeszeng! Redwiß, 
Amaranth. Um's Sattelzeng gemach die Spinne webt. dal. Tas 
Spielzeug eines grillenhaften Glücks. Schiller, Piccolomini 4, 4. 
Die erſte junge Liebe bat feine Sprachwerkzeuge. J. Paul, Tit. 
36. Ich ſchaffte Tiſchlerwerkzeug an. Goͤthe, Meiſters Wans 

derj. 3, 4. 
Stoff (engl. stuff, von franz. etoffe, altfranz. estoffe, ſpan. estofa) 
das woraus etwas gemacht iſt oder wird; das was daraus gemacht iſt, infvs 
fern das Bemachte ein feines Gewirk it. — Mo finden Eie uud nidt Stoff 
ſich zu quälen. Göthe. - Be 
Zeugamt, —art, —baum, —bütte, —feiler, —glied, —han- 
del, —haus, —hofe, — jünger, —kammer, —foffer, —fleid, — knecht, 
— often, —fraft, — kram, — macher, — mantel, — meijter, — mutter, 
—peitihe, rad, — raſch, —ſchacht, —Ichaft, — ſchmied, —ſchmiede, 
— ſchneider, —ſchnur, — ſchreiber, —ftadel. — ſteuer, — ſtrecke, —teich, 
— wagen, wart, —weber, — wirker; Zeugungsalied, —kraft, —ort, 
—theile. — Er iſt eine Marionette ohne Zeugungskraft. Shake— 

ſpeare, Maß für Maß 3, 2. | 
Zeuge (mhd. ziuhe, ziuge, geziuge, von zieben in Beziehn 
des Beiziehens zu gerichtlich bewahrheitender Ausiage, fei es —** 
Beiziehen, oder nach altem ſymboliſchem Gerichtsgebrauch Beiziehen am 
Ohre) der Ausſage über eine wirkliche Thatſache leiſtet oder leiſten 
kann; wer eine Thatſache als dabei geweſen wahrnimmt; was als bei 
der Thatſache Über deren Wirklichkeit beweiſt. Davon Zeugniß (mhd. 
2iuc, geziuc). — Das find zwei Zeugen, die noch leben. Schiller, 
Maria Stuart 1,7. Waret ihr Zenginnen jchon des Geridyts ge— 
weien? Klopſtock, Meifiad 18, 158. Auf das Zeugniß meiner 
Hansbedienten verdammt man mih? Cdiller, Maria Stuart 1, 7. 
Gewährſsmann (von Gewähr mhd. diu gewöre von währen ©. 

838) der für die Wahrheit oder Gewißheit wovon einftcht. . 
‚Zengenabhörung, —ausfage, —eid, —fällig, —frei, —füh—⸗ 
rer, —[08, —verhör u.a, — Zeugenfreie Minuten. 3. Paul. Um: 
* einen zeugenloſen fremden Augenblick zuzuwenden. J. 








1090 _ 


Anm. 1. Das volfsthümliche Lebſucht if eigentlich Sebe, Leibzucht, die 
keibesnahrung, mhd. Mpzuht, In der Bibelüberfegung von Dietenberger (1571) 
Tobias 2, 19 heißt es: die leibzucht fie mit jren henden gewan. Sn Lutters 
Bibeluberſ. 1. Mach. 10, 54: Ich wil jr ein füniglide Leibzuct verosbuen. 

Anm. 8. 3ühe (ahb. zahi, mhd. zeehe) gehört vielleiht zu zie hen. — 
Zu zäbe fchrint das veraltete Zahen, Zachen (mhd. zAch, zähe) — Laune, 
Docht zu gehören. BZulegt nahmen die Ungern Zachen, wurffen ein gemwaltiz 
Kewerwerd von Bäch vnd Schweiel In die Statt. Aventinus, Chronik 1580. AL 
: 833. Keyſer Theodofius hab ein leuchter, der jhm felbs Del zum zoch en gegoffen 
Babe. Daf. BI. 250. 

Anm. 3. Dem äußern Scheine nach gehört auch Ziege hierher, im ber 
Wirklichkeit muß das Wort zu einer andern, bis jetzt freilich nicht befannten Wurzel 
gerechnet werden. @&8 lautet ahd. ziga, ziega, mh. zige. 


Fallen . 
(Wurzel fal.) 


Falle, fiel, gefallen, fallen (ahd. fCv)allu, fFiv)ial, flvw)iale- 
mes, fiv)allaner, f(v)allan; mhd. valle, viel, vielen gevallen, 
vallen; agſ. feallan, feollan, altn. falla, jchwed. falla, ban. falde, 
engl. fall, holländ. vallen; vgl. gr. oyaddır — fällen, zu Boden 
werfen, zallar — ſchwingen, werfen, lat. pellere 1.) allgemein fi 
nach unten bewegen aus Mangel eines Haltungs- oder gehörigen Un— 
terftügungspunctes, auch uneigentli in verjchiedenen Bedeutungen: am 
Höhe, Stärfe des Tones, am Preiſe abuchmen, aus einem volllom- 
menen Zuftand in. einen unvollfommenen gerathen, verloren geben; 2) 
durch widerftreitende Handlungen gegen religiöjes und Gittengejeg der 
religiöjen und fittlihen Höhe und Würde verluftig werden; 3) unver: 
muthet und fehnell fallen (S. 679); 4) im Kampfe getödtet werden 
(f. S. 291); 5) and einer höhern Gegend zur Erde herabfommen 
(befonders vom Schnee); 6) kommen (von den Kichtitrahlen); 7) jeim, 
vorkommen, durch die Sinne empfunden werden; 8) geboren, erzeugt 
werden; 9) etwas zufällig jagen; 10) ein Geiprädh, eine Sade nicht 
weiter fortjeßen; 11) Aehnlicfeit haben oder befommen (beionders von 
Farben); etwas ſchnell, unvermuthet thun: dem ‘Pferd in den Zügel, 
dem Feind in den Nüden. — Hier läßt fie fih in einer troftlojen 
Lage auf den Sofa fallen. Wieland. Ob, Jammer, die fallende 
Sucht did) ereilet! Voß, der Riefenhünel 97. Heil dir! Vollendet ! 
Majeſtätiſcher Sünder! Deine furdtbare Rolle vollbracht. Hoher 
Gefallener! Schiller, Monument Moors. Ein Geredhter fellt fieben 
mal. Luther, Bibelüberf. Sprihw. 24, 16. Das Bollwerk des Baper- 
lands ift gefallen. Schiller, Wallenſteins Lager 8. Ich bitte Sk 

1) Mit dieſem Verbum beginnt die erſte Glaffe der redurlicierenten 
Derbi. Da die Reduplication nur noch im Gothiſchen zu erfennen if, fo gebe 
ich bei den nachfolgenden Verben aud die gothifhen Formen an, foweit diefeihre 
befannt find. Die erfte Claſſe bat nhd. die Ablaute a, ie, a. 


⸗ 





. 1091 


— — — — — — 


recht ſehr, laſſen Sie deswegen nichts von Ihrer Hochachtung gegen 
mich fallen. Gellert. In ihm fiel unſere Hoffnung. Duſch. Wenn 
ſchrägere Strahlen der Sonne auf dieſe Ebene fallen. Duſch. Als 
ih mich) umſah in des Biſchofs Wohnung, fiel mir ein weiblih Bild- 
nig in die Augen. Schiller, Marin Stuart I, 6. Wenn mir nur 
das Neden nicht fo beichwerlih fiele. Gellert. Es it ein Schuß 
gefallen! Göthe, Schneider-Fourage. Es Fällt vielleicht ein Wort, dag 
mir auf Euch zu kommen Anlaß gibt. Lelfing, Nathan d. W. 2, 7. 
Da nun der Kunftrath ſchon an mebrern Orten deutliche Winfe fal— 
len laffen. 3. Paul. So oft fie davon zu reden aufing, ließ er das 
Geſpräch fallen. Göthe. Bor David fiel Jedermann. Luther, Bis 
belüberi. 2. Sam. %, 2. 

Sündigen (ahd. suntön, mhd. sünden, altf. sundöön, sundiön, f. 
Sünder ©. 66) allgemein dem religidfen und Sittengejeg Wivderſtreitendes 
tun. Behlen (f. S. 64) vergegenwärtigt lebendig, daß das Unrechte für 
das Rechte gethan werde, es gefchehe dies nun wiflentlich oder unwiffentlich. 
— Die andern Synonymen |. S. 291. 679.— (Dem Himmel ift) fündigen 
wollen auch fündigen. Leffing, Emilie Balotti 2, 6. Fehlen it das 
Loos der Sterblihen. Mofes Mendelsfohn. 

Anm. Fiſchart (Gargantua S. 235, 283) hat die abweichenden Prätes _ 
ritalformen: er ful, ed geful jm. 

Gefallen 1) (veraltet) zufallen, begegnen, ſich fügen; daraus 
2) angenehme Empfindung von etwas Haben. — König Pipino ge- 
fiel (fiel bei der Theilung zu) Gafeonien. Aventinus, Ehronif 1580. 
31. 297. Ihre Gelübde gefallen den guten Herren fo wenig, als 
fie dem jündigen Freunde der weltlihen Werte behagen. Götbe, 
Reinefe Fuchs 8, 176. 

Behagen (ahr. pihagön? mhd. behagen und gehagen, nah Waders 
nagel-eig. anitacheln von ahd. hagan, mhd. hagen — Dornbuſch, nad 
Friſch und Schmitthenner aus der urfpriinglichen Bedeutung eines Um: 
ſchließens mit einem Bag, ahd. mhd. hac, agf. hæg, hege, altn. haga, 
hagi, mittellat. haga, haiu, haio zu deuten); dann recht innerlich wohlthuende 
Empfindungen von etwas haben, mit wohlthuenden Empfintungen erfüllen. 
Belieben (f.Tieblih S.24) für gut finden, wobei der Begriff der Neigung, 
des Begehrens hervorgehoben wird. — (Silit) dich nicht beim Tanze wohls 
behagen! Göthe, Kauf. Beliebet nur, das Plaudern rinzuftellen, fo 
werb’ ich tun, was meines Amtes iſt. Schiller, Turandut 8, 4. 

Veberfallen 1) über ein Ding hbinwegfallen; 2) unvermuthet, 
und zwar heftig gewaltfam, beſchwerlich Jemanden gegenwärtig fein, 
über Jemanden berfallen. — Nun überfällt mich bier die Scham. 
Göthe, Braut von Korinth. Da überfiel den Hof ein Trupp vete 
laufnen Gefindels. Göthe, Hermann und Dorothea 6, 108. 

Ueberraſchen (f. raſch S. 850) bat den Begriff, daß es durch flarke, 
eroße Geſchwindigkeit gefchehe. Ueberrumpeln (von rumpeln, mhd. 

: oo 


1092 


——6 —— —— — — 


rumpeln = fi ungeflüm und mit Geränfch bewegen, nhr. dumpfes Geränſch 
machen) bezeichnet, daß jenes unvermuthete Gegenwärkigiein Getöfe nud Us 
ordnung errege. — Mich däudıt, ich fühle dieirs Jünglings Baben mit um 
fichtbarer leiſer neberraſchung ſich in mein Auge ſchleichen. Shakſpeare, 
was ihr wollt 1,5. Die Emigrirten ſollten ihn einen Augenblick überrumpelt 
haben, ohne ihn halten zu fünnen. Böthe, Campagne in Frankreich 4. Ent. 
Ab— (©. 16), an— (S. 788), anheim—, auf—, aus —, 
de—, bei (S. 558), darnieder —, durch —, ein— (©. 16.559), ent—, 
entgegen—, er—, beim—, ber—, berab—, heran — herauf—, her⸗ 
aus—, berein—, bernieder—, herüber—, berum—, herunter—, 
hervor —, herzu —, hin —, binab —, binarf—, hinans —, Hindurd—, 
binein—, binuber—, hinunter—, hinweg — hinzu—, miß— (6. 
1007), mit—, nach —, nieder—, rüd—, um— , umber—, ver— 
(©. 16), vor— (©. 486), voran —, voraus —, vorbei—, vor: 
über—, meg—, zer—, zu—, zurüd—, zufammenfallen. — Se 
fiel jein Bruder den Halß von einem Pferdt ab. Aventinus, Ebie⸗ 
nit 1580 Bl. 104. Dem Wurm, der Menjch heißt, jühriget, blübet, 
verblüht und abfällt. Klopftod, an Gott. Daß der Kadaver tüg- 
(ih abfällt und eindort. J. Paul, Titan 29, Wenn er hurtig 
macht, Fällt Cbei der Theilung). auch für ihn was ab Schiller, Pic 
eofonrini 4, 1. Da der Boden gegen die Berge zu abfällt. Götke, 
ital. Reife 22. Febr. 1787. (Trübe Abnungen) fallen mein banges 
Herz in düftern Träumen an. Schiller, Wallenfteins Zod 5, 3. Ale) 
falien dem Henker anheim. Shaferpeare, Wintermährchen 4, 3. 
Die große Manigfaltigkeit in Schnitt und Farbe der Kleider fallt mir 
auf. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 1. Wie man feine Anlagen dem 
Fremden gerne vorzeigt, damit er das, was und gewöhnkich geworden, 
auffallend erblide und den aünftigen Eindrund davon für immer fe 
halte. Daf. 1, 8. Die Zähne find mir in eurem Dienfte ausgefal- 
fen. Shafeipeare, fo wie es euch gefällt 1, 1. Und immer it noch 
etwas nachzuhofen, dad in der Eil’ ihr ausnefallen war. Wieland, 
Oberon 5, 15. Ruftlos fechtend Fällt die Mannſchaft aus. Schiller, 
Jungfrauv. ©. 1, 3. Ich fuhr fort mehrer: dergleichen Gewehre zu 
machen, welche fhöner und dauerhafter als Die Türfiichen felbft aus 
fielen. Götbe, Benvenuto Cellini 1, 6. Wenn den Nächiten ein 
Unglück befället. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 71. In der 
Lebhuftinkeit der Ausführung war es den übrigen auch nicht beige fallen. 
Göthe, Meifters Lehrj. 1, 8. Nun fiel die ganze Verſammlung Eu 
tan auf Einmal mit Ungeftüm bei. Klopſtock, Meiftas 2, 731. Tr 
durch die Raufen der vier Fakultäten dur fallen. 3 Paul, Heipernt 
22. Friedrich der Zweite war mit 60,000 Mann in Sachſen einge 
fallen. Göthe, Leben 2. B. Als erzu reden anfing, fielen fie mi 
friegeriichem Spiel betäubend ein. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 22 
Db nun ſchon, wie ich fürchte, edas abermals eingefallene falte 











1093 


Better Sie abhalten wird. Göthe, Briefm. mit Schiller 1, 107. 
zällt einft ein Mißjahr ein. Voß, Junker Kord 143. Ob ihm nicht 
ud) mandımal ein Leid bei feinen Fußwanderungen einfalle. Götbe, 
Neifters Wanderj. 3, 1. Gr war mager und eingefallen. Göthe, 
Benvenuto Gellini 2, 8 Auf einmal entfiel mir fchwindelnd mein 
Joheöprieftergewand. Klopſtock, Meſſias 4, 74. Das jm Das Schwert 
us jeiner hand entfallen mus. Luther, Bibelüber). Ezech. 30, 22. 
nn: feinem der Muth um degwillen. Göthe, Meiftere Lehrj. 
Am jüngften Tag... find wir verpflichtet Rechenichaft zu geben 
ya — Wort das imnduͤtz uns entfallen. Göthe, Warnung. Nie 
ntfalle Die (entſchwinde deinem Gedächtniß) Die Zuſage, die du 
ben thateft! und nie entfall’ (feble) aud) deinem Mutbe der Beiſtand 
ver Götter! Meißner. Meine Güter jeien dem Kaijer heimgefal— 
en. Göthe, Götz v. B. 4. Sonnen fallt auf mid her! Klöp- 
iod, Meſſias 2, 808. Wie der Falk darüber herfällt! Shafefpeare, 
vas ihr wollt, 2, 5. Die Haare fielen ihr dunkel und reich über 
Jie Stirne herab. Göthe, röm. Elegien 4 (Wollen Sie) den Brief 
rgendwo berausfallen lafien? Schiller, Kabale und Liebe 3, 2. 
Wenn du dein glübendes vor Liede zudendes Geficht unter dem her 
ibergefallenen Haaren gegen ihn aufhebft. 3. Paul, Titan 15. 
Hottes Schreckniß fällt noch auf mich, wie tödtend, herunter. 
tiopftod, Meifins 4, 69. Da fällt eben Alles hin! Schiller, Wal⸗ 
enſteins Lager 11. Spät mit der ſinkenden Sonne fiel ih in Lem⸗ 
108 hinab. Voß, Ilias 1, 592. Da ich den Becher Dir frängte, Die 
Roſenknoſpe hineinfiel. Göthe, der neue Pauſias. So würde auch 
Aue Sonntag Ihnen nicht mißfallen. Göthe, Meifters Wanderj. 
, 7. Weil du mir in Suchen mißgefallen. Opig. Daß mir an- 
indich bald an dir was mißgefiel. Lohenſtein, Roſen 28. Die 
einander in Gräber nachfallen. J. Paul, Heſperus 3. Falle 
rieder, Knabe! Schiller, Tell 3, 3. Bis dieſes Zweifels felſenfeſte 
Rinde von dieſem Herzen niederfaitt. Schiller, Don Karlos 2, 2. 
Aus ihrem offnen weiten rüdfallendeu Gewand. ER Oberon 
13, 61. Bis man an Doppeljeitigen Lähmungen umfällt. 3. Baul, 
Titan 10. Das alte verfallne Gemäuer. Göthe, Bergſchlop. Daß 
euch die Angeſichte verfallen und der Leib verſchmachte. Luther, 
Bibelüberſ. 3. Moſ. 26, 16. Wenn mit tiefem verfallneren Auge 
die Todtengräber Durch die Leichname wandeln. Klopſtock, Meſſias 3, 
551. Eure Leiber ſollen in der Wüſte verfallen (ſterben). Luther, 
Bibelüberſ. 4. Moſ. 14. 29. Er iſt noch nicht verfallen, und ich 
möchte ihn nicht gern vor ſeinem Termin bezahlen. Shakeſpeare, K. 
Heinrich IV. 1. Thl. 5, 1. Daß ihr Die Akte vom vergangenen Jahr 
jebrocdyen, dem Gejeß verfallen jeid. Schiller, Maria Stuart 1,7. 
Da er durch eure gen mung in die Strafe der Acht verfällt. 
Göthe, Oöh v. B. 2. Es iſt nicht eins verfallen (verloren, un 





1094 


wirkſam) aus allen jeinen guten Worten. Luther, Bibelüberf. 1. Kön 
8, 56. Sind duch den Dampf erftidt, verfallen (verfchüttet) Durch 
die Winde. Opig. Da foll der Wirth den Wein oder den 

dafür feiner Obrigkeit verfallen haben. Lori, Lechtain v. 1616. Der 
wigige Kopf und mittelmäßige Denfer wird bei gewiſſen Bege- 
benbeiten immer auf aefünitelte Erklärungen verfallen. Lichtenberg, 
pſych. Bemerfungen. Seine eingedrüdte Brust, feine vorfallenden 
"Schultern. Göthe, Meifters Lebrj. 8, 1. Werde mid, wenn Etwas 
vorfällt Platen, Schaß des Rhampſinit 4. Schwierigfeiten, die im 
den Bergen von Storcia wegfielen. Göthe, Benvenuto Cellini 2,1. 
Soll zu Aſche mir zerfallen dieſer Glieder Götterpradht ?_ Göthe, 
der Gott und die Bajadere. Und folft auch du und du und du wicht 
gleih mit mir zerfallen. Göthe, zahme XKenien I. Wo die Ge- 
waͤſſer fich fcheiden, und ein Theil in die Saar, ein Theil dem Rheine 
zufählt. Göthe, Leben 10. B. Der Sippfchaft aber fiel ihr Erbe 
zu. Bürger. Wie wenig ihnen dafür Belohnung zufalle. % Paul 
Das Dajein fiel und zu, die Freiheit wird errungen. Ziedge, Ura- 
nia 6. Es iſt wol war (wahr), ih fall dir zu (bed. H. Sachs. 
Bielleicht zur alten Krone falten wir zurüd, wenn einft Burgund 
und Frankreich ſich verſöhnen. Schiller, Jungfrau v. D. Prolog 3. 
Er flieg den Berg binan, und fiel den Augenblid beladen in das 
Thal zurüd. Gellert. Eh diefe Worte noch verhallen, sehn ihre 
Frauen fie, durchrannt vom ſpitz'gen Stahl, zufammenfallen 
Schiller, Aeneis 4, 121. Manchmal ift er mager und zufammen- 
gefallen. Göthe, Rameau's Neffe. (Heil und Heiligkeit) Faklen 
dort in. Einem Geift zujammen. Ziedge, Urania. 

Mit auffallend (unfere Aufmerffamfeit plöplich und unerwartet m 
hohem Grave erregend und auf fid gehend) find finnverwandt: feltfam 
(abd. seltsäni, mhd. söltssene, söltseine, altn. sialdsenn, älternhd. seltsen, 
sellzsam, aus ſelt⸗, felten, goth. sildana? ahd. seltana, mhd. selten, 
anf. söldan, engl. seldom, altn. sinldan, und aus ſam, vielleicht Particiy 
von fehen, ©. 508, wo dann ahd. sani für sahani flände) wenig und 
in Abweihung von dem Gewöhnlichen vorfommend und dadurch fremd um 
die Aufmerffamfeit befondere auf ſich ziehend; fonderbar (mh. sonderbsre 
1. jondern S. 926) was befonders hervorzubeben iſt, ausgezeichnet; von 
dem Gewöhnlichen abgefondert, gefchieben und darum bie Aufmerffamfeit auf 
ſich ziehend; abenteuerlich (f. Abenteuer S. 492) vft bis zum ungereim: 
ten feltfam; wunderbar (mhd. wunderbsere, von Wunder S. 290) ein 
Wunder an fich tragend oder darſtellend; wunderlich (ahd. wuntarlih, 
mh. wunderlich) fv daß man fid darüber wundert oder verwundert, alio 
nur auf die Thätigfeiten lebender Weſen eingefchränft, was bei wunderbar 
nicht der Fall if, auch nicht bei wunderfam —= einem Wunder gemäß, ähn⸗ 
ih. — Seltfam, bei Bott! höhft wunderbar und feltfam! Schiller, 
Jungfrau v. ©. 1, 9. Seltfamgr Stimmen wurderfamen Klang ver 











IR... 


nimmt man oft. Daf. Prolog 2. Du aber ſtammſt aus HeldensZweigen, die 

taufenb ſchone Brüchte zeigen, du biſt ein fonderbares Kind. Chr. Gry⸗ 
phina. Kaum war diefes gefprochen, fu zeigte ſich den ſchroffen Weg herab 
eine jonderbare Grfcheinung. Oöthe, Meiftere Wanderj. 1,1. Alles übrige 
it auch abenteuerlich zwar, aber fein Abenteuer... die ganze Welt 
- wirft mir feit langen Jahren vor, ich fei ein launig wunderliches Mädchen, 

Daf. 2, 11. 

Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Bufammenfegungen z.B. Him, 
mıeliallende Blitze. Klopflod, Meillae 11, 963. Gin fohimmerntes Gewand, 
Das alle Farben ſtrablt, die friſchgefallner Schnee auf bunte Miefen mahlt. 
U}, der Sieg des Liebesgottes?. In das altverfallne (Haus) laß mich ziehn. 
&öthe, Gugenie 5, 9. 

Fallen (ahd. faljan, mhd. vellen, agf. faellan, altn. fella) 1) 
fallen machen; 2) in weiterer Bedeutung durch ein Geſchoß fallen ma— 
chen, erlegen, tödten; 3) (uneig.) zu Grunde richten; 4) (veraltet) 
aufhören mahen; 5) ein Urtheil fallen Inffen, ausfprechen; 6) (veral- 
tet) vererben; 7, WVolksſprache) eine Weiböperfon zu Falle bringen, 
Ab—, um—, ver—, zerfällen. Sie haben die Thüren zu Boden 
gefället. Bluntſchli. Ich bin der Baum, der fernere Schatten 
fällt als Aften. Lohenftein, Sophonisbe 5, 637. Es fam mit zadi« 
ner Babel haſtig ter ‘Pater herbei und glaubte den Räuber zu fällen. 
Göthe, Reinefe Fuchs 3, 145. Mein Diener liegt ſchon durch glei« 
hen Schuß gefällt. Geller. Sein Anfchlag wird gi fellen. 
Luther, Bibelüberſ. Hiob 18, 7. Du fannft der Völker Toben fällen, 
wie ſtürmig fie auch find. Opitz. — Sobald der alte Saturn (die Zeit) 
diefe (die Weiber) mit feinem Sichelwagen und mit dem Eleinen Ge— 
Ihüg und feiner Sanduhr abfällt. 3. Paul, Hejverus 8. Der in 
ein rawes Feldt und. Steine ließ verfellen die Stadt Jerufalem. 
DOpig, von der Wahrheit der chriftlichen Religion 1631. ©. 82. Ich 
bin jme verfellt. Hug, Rhetorica Tübingen 1528 Bl. 78a. (Er) . 
verfällete ten Klausner in die Koften des Schlofferlohnes. 3. Paul, 
Siebenfäs 7. Bis er einen aroßen Truthahn an der Gabel- hatte, 
um ihn in der Luft mie der Reiher die Fiſche, und noch ai italiaͤniſch 
zu zerfällen. J. Paul, Heſperus 26. Die Aufgabe ſelbſt (iſt) we— 
der genau genug beſtimmt, noch natürlich genug zerfället, noch voll— 
ftändig und aus voller Bruft beantwortet. Herder. 


Gefallen (infinitiviſches Subitantiv von gefallen 1. Nad 
Gefallen = wie ed uns gefällt, angenehm ift; nach Belieben = 
wie es unferer Neigung, unferem Begehren genügt; nad Willkür 
(1. füren S. 9) = wie e8 der freie Bill prüfend wählt, nad) freiem 
Entſchluß. — Gefalljuht (von Campe gebildet für das franz. 
coquetterie) leidenjchaftliche Begierde zu gefallen, beſonders durch för= 


1) So muß, troß dem abweichenden (männlichen und fachlichen) Geſchlechte 
das Wort gefaßt werden. Das ahd. der gifal iſt = slahta, Nieberlage. 


1096 

. perliche oder geiftige Vorzüge, fei es nun durch wirkliche Vorzüge oder 
Dadurch, daß Ddiejelben in dem Grade vorhanden find, als dieſer der 
Befiger ihnen beilegt, oder nicht. — Thut mir den Gefallen. Goethe, 
Camont 1. An denen ich ſelbſt einiges Gefallen babe. Goethe, 
Briefe mit Schiller 5, 310. Sie müflen uns einen Gefallen 
thun. Goetbe, Meifters Lehrjahre 7, 4. In allen Anftalten zu Feier 
lichkeiten und Zeiten erregten Pracht und Würde ein ftilles Gefal 
len. Daſ. 6. Nach nichts ringt Die weltiihe Gefallſucht fo ſehr, 
al8 nach dem Scheine des Naiven. Schiller. 

@itelkeit (f. S. 751. 752) eigentlih Leerheit, Nichtigkeit; daun ges 
baltlofe oder ungegründete hohe Meinung von Vorzügen, Die entweber gar 
nicht da fint, oder doch nicht in dem beigelegten Grave; Begierde zu gefalien, 
in hohem Grade oder nieverem Grade. — Habe ih gewandelt in eitelkeit? 
Luther, Bibelüberſ. Hiob 31, 5. _ 

Tall (ahd. fal, mhd. yal, alte. fall) 1) der Zuſtand, da eim 
Perſon oder Suche füllt, eigentlich und uneigentlih: das Sinken von 
einer Höbe, die Abnahme an Würde und Macht, Schwängerung, Ab⸗ 
ſterben; 2) Dasjenine, was füllt, was geichieht oder geicheben fanz: 
im Bergbau eine Art von Klüften, bei den Jägern an Krankheit orer 
“vor Hunger gejtorbenes Wild; 3) die Höhe, um welche ein Körper fällt; 
4) der Ort, wo das Waſſer von einer größern oder geringern Höbe 
herabfaͤllt; 5) Cin der Schifftahrt) ein laufendes Tau, wemit ein Segel 
aufgehißt wird; 6) (veraltet) Veränderung, die fich bei einem Lebugut 
zuträgt, indem ed an einen andern Lehnträger übergeht; Die bei joldyen 
Fällen dem Lehneherr gebührende Abgabe; das Recht einen Theil vom 
beweglichen Nachlaß eines Leibeigenen oder Lehenträgerd zu fordern, jo 
wie Diejer Theil ſelbſt. — Die Nachricht, daß Mathilde all ihr Gut 
durch eines Handelohauſes Fall verloren. Bürde. Wie es Den taäan—⸗ 
jendinaltanfend Zodten Gottes einjt fein wird, hat das große Weh von 
dem Falle (Adams) bis an den Gerichtstag ausgeflagt. Klopited, 
Meſſias. Anftatt Dich von dem Verderben zu.retten, flürzt er Lich tie- 
fer hinein, indem er fi zu deinem Falle geſellt. Goethe, Göß r. 

4, Der innere gleihe Sinn, den Fälle nicht zerrütten Hager 
— Nahe Bäche rauſchten in kleinen Fällen ſanft in das Getöſe. 

eßner. | 

Ab—, An—, Aus— (©.227), Bei—, Durch —, Ein-, 
Heim—, Nieder—, Rück—, Über—, Un—, Ber— (S. 716), 
Bor— (©. 492), Zer—, Zu— (5.492), Zwifchenfal u. a. — 
Wo der At’ ein umnendlicber Abfall lag in Lanb und Geiträud. 
Voß, Zuife, 1, 322. Das Nitterfräulein willit Du dir erwerben mit dei- 
nem Abfall von dem Land: Schiller, Tell 2, 1. Es gibt fo vice 
Schattirungen der Empfindungen, als Abfälle (Abweichungen, Verſchie⸗ 
denheiten) zwiſchen einer Habichts- und Stumpfnaſe. Goethe. Diele 
Regel leidet große Abfälle (Ausnahmen). Gottihed. Unbefümmert 








4107 


um den Ab» oder Beifall meiner versfünitelnden Zeitgenoffen. Bür« 
ger. Das allerliebfte Geſchlecht hat doch immer jeine eigenfinnige Anr 
fälle. Weile. Es ift verglichen worden, daß die fünftigen Anfälle 
(anfallenden Güter) als gemeinfchaftlie Güter angefehen werden jollen. 
Ungenannter bei Campe. Du wirft weder teil nod) anfal haben an 
dieſem wort. Luther, Bibelüberi. Apſtl. 8, 21. Ich danfe recht fehr, 
daß Sie mir die Sorge über Ihren Fieberanfall fo bald benum- 
men haben Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 157. Bon dem Ay se. 
fall der Franzoſen in der Nacht anf Marienborn vermelde ich Folgen- 
des. Goethe, Belagerung von Mainz. (Daß er) feine Caution zu 
färglichem Erſatz des Ausfalls inne behalten und das Gut ander. 
weit verpachtet ‚werden ſollte. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 11. 
Wilbelmen verdroß dieſer Ausfall (ſcharfer Tadel) ein wenig. 
Goethe, Meifters Lehrj. 1, 10. Mit Beifall und Verehrung hör’ 
ich Dich. Goethe, Zaffo 2, 3. Die ah! Menihenbeifall... fi 
zu ihrer Thaten Belohner wählten. Klopitod. Eudlid ward der Alte 
an einem Durchfall fo heftig krank, daß er fait geftorben wäre. - 
Goethe, Benvenuto Cellini 3, 3.. Trier und Pfalz vermuthen eher des 
Himmels Einfall. Goethe, Göß v. B. 4. hr werdet mir verge- 
den und wenn ed euch wohl geht, noch gar meinen Einfalt-Ioben. 
Göthe, Zery und Bättely. Der Verkäufer fteht dem Käufer gut für 
al rechtlich Einfall (Eingriffe), frieg, aniprach und irrung, die die⸗ 
ſem am Erkauften beichehen möchten. Mon. boica 19, 393. Als 
Fürſten ſich zu feinem. Karls) Handfuß drängten, und jegt in Einem, 
Einem Niederfall jehs SKönigreihe ihm zu Zügen lügen. Schiller, 
Ton Karlos 1, 1. Unerträglic muß dem Kröblichen ein jäher Rüd- 
fall in die Schmerzen jein. Goetbe, Iphigenie 3, 1. Wir ftanden, 
feines Ueberfalls gewärtig, bei Neuftadt ichwach verſchanzt in uns 
jerem Lager. Schiller, Wallenfteins: Tod 4, 10. Id) weiß, das ganze 
Rand nimmt Theil an meinem Unfall. Goethe, Göß v. B. 1. Iſt 
der Unfall (die Seuche) under ‚der Schäfferey geweſt. R. Leouhards 
Mirafel vor 1605. In kranken Verfall des Körpers. Goethe, 
Meifters Wunderj. 1, 6. Der Zeit Verfall. Shafeipeare, 3. Cäjar 
2, 1. Der die Civilvorfälle... zu ſchlichten hatte, Goethe, Leben 
3,6. Wenn duch Lebensvorfälle die Gemüther munter und 
aufgerent wurden. Dal. 14. B. Er nahm die fümmtliden Vorfal—⸗ 
lenheiten unierer Nachmittagswanderung wieder auf. Daj. 9, 8. 
Es gibt feinen Zufall; und was uns blindes Obugefähr nur 
dünft, gerade das fteigt aus den tiefften Quellen. Schiller, Wallenft. 
Tod 3, 3, Die Richter jollen fein jonderpartey in gericht oder anhang 
oder Zu efall (Beiftimmung) fuechen oder machen. Gerichtsord. v. 1588. 
Es hat ſchwer gefallen nach fo langen Paufen und unglücklichen Zwi- 
ſchenfällen wieder Pofto zu faffen. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 
370, — Güter, die in Bawfell (Bauſchaden) fommen. Mon. boica 





1098 


7, 314 v. 3. 1503. Ueberhaupt folte man in manchen fittliden 
Bildungsfällen die Mängel nicht zu ſchwer nehmen. Goethe, Leben 
10. B. Ihm Thränen opfern werd’ ich beim Blätterfall. Matthi- 
fon, Zodtenopfer. Und docdy haben wir gemeflene Ordre, end m de 
Güte zum überreden, oder im Entſtehungsfall euch in den Thum 
zu werfen. Goethe, Göß v. B. 4. Würde diefe (die Rechtswiſſen⸗ 
haft) fo viel Erbichaften theilen, wenn jene (die Arzneiwiflenicaft) 
nicht für Erbfälle forgte? Sturz, Rangſtreit. Bei näherer Unter 
ſuchung fand ich .fle (die Soldaten) um einen trichterförmigen Erd 
fall gelagert. Goethe, Kampagne in Zranfreich 30. Aug. Wir gir- 
gen in die Höhle hinein, ungefähr eine Viertelftunde über verſchieden 
Selienfälle, jehr abichüffig immer bergab. Seume. Wir wol 
einen Fußfall thun. Goethe, Götz v. B. 4. Das ift ein Glüdsfall 
Shafeipeare, Muß für Maß 4, 3. Dem Billard gab man das Stel: 
lenneg, den Kugelfall dem Ohr des Zählers anzudeuten. Ungenam⸗ 
ter bei Campe. Bloß Lunens Lichtfall überfprengte noch die Gegend. 
J. Baul, Helperns 7. (Sie) könnten uns, im Notbfall, wichtige 
Dienfte leiten. Goethe, Benvenuto Bellini 2, 1. Weint, Newton, 
ihren (der Welten) Riefenfall. Schiller, Phantafie an Laura. (Da 
‘entbehrft) niht Stromfall, noch den Schlag der geflüchteten Walk. 
Klopftod, das Gehör. Alles ift jegt ſchon auf Reim und Silben 
fall eingerichtet. Gothe, Briefw. mit Schiller 4, 323. Dem a die 
Harfe auf den Todesfall geichenkt hat. Goethe, Meiſters Lebrj. 9 
16. Nah der Trommel dumpfem Tonfall. Voß, Dithyrambu. 
Sie unterhielten fich von ihren Unglüdsfällen. Bfeffel, der Pem 
mer und der Kater. Welch ein Schall überbrauft den Wafferfallt 
Goethe, Deuticher Parnaß. Sanfter Melodien Schall im gemehrel 
Wechſelfall. Voß. Weil die Gegenwart des Gegenſtandes da 
Wechſelfall zwifhen Ja und Nein aufdringt, die Großen und Be 
bei in diefem Zwingfall lieber verneinen, da diefer Zwang das Ber 
dienft verringert. 3. Paul. Hinterm Krug beim Würfelfalle 
Redwig, Amaranth. 

Das mit Abfall (gänzliches Lostrennen von einer Gemeinſchäft, Mi 
einer rechtmäßigen Oberherrſchaft) finnvermandte Empörung f. S. #8. - 
Mit Zufall find außer den S. 499 angeführten noch finnverwantt: Leß 
(ſ. E. 5060); Ungefähr (auch ohngefähr, älternhd. ongefer, ohngefeht, 
eig. än gevser, äne gevaere eg. — ohne Nachſtellung, Hinterliſt; Mass 
außer der Abſicht zufommend; der rechten Wahrheit und genauerer Befimmusg 
unvorgreiflih, nur fohin ohne genaue Beflimmung, von äne = ohne wo) 
gevsere, gevaerde, f. Gefahr S. 753) das Geſchehen ohne Abſicht un de⸗ 
rechnung; Schanze (mhd. schanze, franz. chance = Glückswurf des Enke) 
nur in hefondern Redensarten gebraͤuchlich — Sie dürfen um den Red de 
Schanze fhlagen (Das Loß werfen). Opip. Daß er gezwungen wart, uf 
diefe neue Schanz fein Glück und feinen Ruhm’zu ſehen. Wieland. 


1090 


Ball (der zuerft als Adverbium, dann als Gonjunction verwen- 
dete Genitiv von Fall) vereinzelt dad Ungewiſſe, und- bezeichnet, daß 
Das einzelne Statthaben von etwas auf das Ungewiſſe vorausgejegt 
werde, wodurch ein Anderes bedingt wird. — Allenfalls, eben- 
falls, gleihfalls |. S.860. — Da meine Frau auch eines böfen 
Huſtens wegen nicht ausgeht, jo haben Sie wohl die Güte, falls es 
nöthig, und bei Serenissimo des Concerts wegen zu entfchuldigen. 
Stiller, Briefw. mit Göthe 6, 242. Das wenige, was ich zu thun 
babe, kann noh allenfalls unterbleiben. Daf. 6, 255. — Id bat 
ihn bei allenfalfiger Rückkehr mich wieder zu beebren. Goethe, 
Meifters Wanderj. 3, 8. & 

Wenn (f. S. 832) dient, einen Sag einzuleiten, welcher einfache, reine 
Bedingung des durch ihn beilimmien Sapes il. Das kezügliche wo (guth. 
hvar, war, ahd. huuär, wär, mbr, wä) und das hindeutend Fezügliche aber 
feliener fo (goth. sve&, abd. mhb. sö) heben vie Bedingung ſcharf hervor, nur 
iſt fo feltener und ſieht alterthümlih aus. Wofern, wofür aud, wiewol 
felten und mehr hervortretend fofern (ahd. 50 förro daz) und dafern ſtehen, 
hebt die Bedingung ale eine Cinſchräukung auf ewas noch Ungewiſſes ſcharf 
hervor, welche einichränfeade Beziehung aus der Bezeichnung der Abmeſſung 
in fern (f. S. 514) hervorgeht. — Wohlthätig if des Feuers Wacht, wenn 
fie der Menſch bezäbmt, bewacht. Schiller, Glocke. Sie werden mich retten und, 
wo ih ohne Rettung verloren bin, theilnehmend um mich weinen, Schiller, 
Sp du fämpfſt ritterlih, freut dein alter Vater fih. F. L. Stolberg, Lied. 
Gib mir, wofern es dir nefälkt, des Lebens Ruh und Freuden. Gellert. Bers 
nunft und Wahrheit fein gebelen, (baferr man ja an euch gebenft) den 
folgen Reimen nachzutreten. Hagedorn. Ich halte mih an die Branzofen 
f offen fie heiter und zierlich find. Göthe, Meiffers Wanderj, 1, 5. 

Faällig (ahd. fellie, mhd. vellec) was im Begriff ift zu fallen, 
in verjchiedenen Bedeutungen, beionders bei Jufummenfegungen. Da— 
von Fälligkeit; ab— (©. 277), an—, auf, bei—, ein—, ge— 
(S. 741), heim—, hin—, niß—, um—, 3u—, zwifchenfällig 
u. a. — Schon in zwei Monden, einen Monat früher, ald die Ver— 
fchreibung fällia, fommt gewiß zebnfältig der Betrag mir ein. Shak⸗ 
jpeare, Kaufmann von Benedig 1, 3. Einen in die Unkoften fällig 
erkennen. Lori, LZedyrain v. 1616. — Das Laub blieb an den Bäumen, 
ſo Daß weder Reif nod) Schnee felbiges möge abfällig machen. 
Bluntihli. Sie wöllen euch von mir abfellig maden. Luther, Bis 
belüberf. Sal. 4, 17. Das Abfällige der Baumwolle. 3. Bau. 
Die abfällige Seite eines platten Daches. Reichsanzeiger. (Wenn 
er nicht) beifällige Aufmunterung gegönnt hätte. Goethe, Campagne 
in Franfreih 30. Aug. Falls alsdann ein Sonn= oder Feſttag ein- 
fällig fein jollte, Ulrike. Da der Georgentag an einem Sonntag 
gefällig (fallend) wäre. Bayreuth. Verordnung. Kaum batte diejer 
Zwiegefang, von einem gefälligen mäßigen Chor begleitet, ſich zum 





x.41100 
Ende geneigt. Goethe, Meifters Wanderj. 3, 1. Weder ihre Strenge, 
wodurd fie unſre Neigung meiftern wollte, noch ihre Gefälligkeit, 
mit der fie unfre Neigungen zu Zugenten machen möchte, fonnte un 
genügen. Goethe, Meifters Lehrj. 6. Die Hand (if) dem Munde 
dienſtgefäll'ger nicht. Shafeipeare, Hamlet 1, 2. Wir beguägter 
und an der gottgefälligen Zhat felbft. Goethe, St. Rochusiek. 
Der ehrwürdige Gottesgerechte -finft zum menfchengerälligen 
Schwäger herab. Sturz, Rungftreit. Stolz und felbfitgefällig. 
Goethe, Fauſt 2, 126. Zu einer glüdlihen Selbftgefälligke 
empor zu fteigen. Goethe, Meifters Lehrj. 8, 2. Daß man mit Rık 
burn und Nachbarinnen im beften VBernehmen und immer in einen 
engern Gefälligkeitswechſel ſtehen müſſe. Daſ. 8, 10. Wie es 
ſo leicht nicht ſei, daß herrliche Gaben der Götter durch hinfällige 
Männer bewältiget werden. Voß, Ilias 230, 365. Vielleicht jo 
man denfen, ein ſolches Betragen ‚wäre dem Bräutigam migfällig 
geweſen. Goethe, Wahlvy. 2, 5. Er halte gnädiges Geſchenk fin 
Lohn, zufälti & n Buß für wohlverdienten Schmud. Goethe, Tuflo 3 
Es freute den Gehülfen.... Ehurlotten zufälligerweite etwas In 
genehmes gejagt zu haben. Göthe, Wahlv. 2, 8. Die Dabei vorfew- 
menden Zufälligfeiten ſtutzten wir poetifch auf. Göthe, Xeben 6. 
B. Durch ſolche unangenehme Fleine Zwiſchenfälligkeiten. Ta, 
11. B. — Denn e8 ſei augenfällig, daß nur noch Pla für dus 
Bild eined Kaiſers übrig bleibe. Dat 1. 3. Dort halt man nd 
auf alles Augenfällige. Platen, vom, Dedipus 1. Die Bar: 
fälliafeit der Dorflirhe. 3. Paul, Zitan 22. Fußfällig e— 
‚ gefleht von Fatme. Wieland, Oberon 13, 6. Glüdfellig me 
ſtuück. Fiſchart, Gargantua S. 460. Jetzo werde der Held vor Klstie 
hinfallen und Fnieefällig fleben. 3. Paul, Heiperus 4. So cha 
geht der Hiltorifer eben io umftändfih und ſchwerfällig feinen Bam. 
Schiller, Briefm. m. ©. 5, 315. (Wenn man) die Straffältigeudum 
eine rechtmaͤßige Verbindung noch gar belohnen wolle. Göthe, Meike 
Lehrj. 8,9. Eine ftufenfällige Abnahme. Götbe, Windelmann 1. 
Die Synonymen von ab⸗, ges, fhwerfällig f. S. 163. 377. 7411.— 
Mit Befältigfeit ind noch finnverwandt: Dienft(f. S. 437) jene Handling 
bes Dienens, fie mag nun zu Iemandes Beilem gereichen, und Liebeedieni 
.—= Dienft aus Liebe, d. i. aus herzlicher Zuneigung zu Jemanden. — ME 
hinfällig (leicht Hinfallend; ohne innere Kraft zn fortdanerndem fehm fie: 
verlidem Daſein oder Beitehen) ift finnverwandt ſchwach (5. 257) wanz 
. Rraftwirtung habend. — Dep Rößlein war fo franf und ſchwach. Ublal, 

“ fchwähifhe Runde. . — 

Gefaͤll 1) die Höhe, um wie viel ein flüſſiger Körper bei jenen 
Abfluffe fällt; 2) dasjenine was fällt, aewöhnlich uneigentlid und Im 
Plural dasjenige, was von einem Grundftüde fällt, mas dasjelbe ct 
trägt. — Zehnten, Zins und Gaben und Gefälle. Göthe, Fark? 








1101 


m en nn — — — 


296. -Wende du dieß Ungefäll (Unglück). Fleming S. 291 der 
Lübecker Ausgabe. | 

Holle (ahd. falla, mhd. valle, alti. valla, agf. feall) f. S. 380. 
— Man hatte eine folhe Gitterfalle eingerichtet. Göthe, Mei⸗ 
ſters Wanderj. 1, 4. Wie nennt ihr das Stüf? Die Mauiefalle. 
Shakeſpeare, Hamlet 3, 1. 

Fallbahre, — baum, —beil, — bie, —blod, — breit, —brüde, 
—eifen, —endung, — fertig, —fled, —gang, —aatter, —geld, — gra⸗ 
nate, —grube, —gut, —haus, — holz, —hut, —käfer, —feflel, — klappe, 
- klinke, — Mob, —kraut, —laden, — lehen, — muͤtze, —pfahl, — reif, 
—riegel, —fad, — ſchirm, — ſchloß, —Ihnalle, —filber, —ſtrick (S. 
380), — ſucht, —tau, — tiſch, —trank, —tuch, — wildbret, — wind, , 
—wunde u. a.; fällbar, —wafler ; Abfallsröhre; Anfallsgeld, —punkt, 
—recht, —tag; Beifallbegierig, —klatſchen u. a.; Beifallsbezci⸗ 
gung, Sr — würdig; Einfalldaten, —ichnalle, — pipe; Ein- 
fallsloth, — punkt, —ftüge, — winkel; Verfallbuch, —gut, —ſache, 
—tag, —zeit; Zufallswort. — Nah dem Fallknecht ſchickte Jener. 
Platen, die verhängnißvelle Gabel 3. Und als er wieder fam, ftellt 
ihm der Zürft ein neues fein gewebtes Fallnetz auf. Bürger. Ad! 
wir werden hienieden liegend in die Höhe geworfen gleih Fallſüſch⸗— 
tigen. J. Paul, Heiperus 18. Und fo feße ich's denn, diefen zum 
Zall-, jenen zum Prüf» ımd Edfteine hin. Herder Wir ſenken 
das Fallthor. Pyrfer, Rudolph 6. Jene ſchließen mit Geräufch 
die Fallthür. Platen, Abaffiden 1. Die FZalltöne der alten Kits 
henlieder find furz, und ihr Rhythmus ift einförmig. Bürger. (Er) 
fab ihm beifalllähelnd in's Aug. Pyrker, Rudolph 7. Ihr Lä- 
cheln, ihr Beifallwinken it wie der Senen der Gottheit zu großen 
Zhaten. Lafontaine. Gemwähre mir ein Zeichen der Huld und der 
beifallwinfenden Allmacht! Pyrker, Tuniſias 1. Donnergleich 
ericholl des Volfes Beifallsruf. Uhland, H. Ernſt & Nicht eben 
ans der fpäten Berfallszeit, da Religion und urfprängliche An— 
lage, auf Religion gebauet, wie tief gefunfen war? Herder. Nimm 
die Verichreibung mit, und merfe die VBerfallzeit. Shakeſpeare, 
Zimon 2, 1. Bei jedem Zufallswörtden. Göthe, Fauſt 1,19%. 

Anm. Ballieren (ital. fallire, engl. fail, mittellat. falliare) iſt durch das 
fremde — ieren von fallen abgeleitet. 


Falten. 
(Wurzel falt.) 
Falte, faltete, gefalten (und nefaltet), falten (goth. faltha, 
fAifalth, fäifalıhum, falthans, falthan ; ahd. f( v)Jaldu, f( v)ialt, f(vjialdu- 


mes, fiv)aldandr, f(v)aldan; mhd. valte, vielt, vielten, gevalten, val- 
ten; altn. falda, agf. fealdan, engl. fold, holländ. vouden, baier. 


— 





1102 


falehen, ital, infaldare, provencal. faoda, faudaz vgl. qr. wait 
— geichwungen, dtzioos, lat. duplus — zweifach) uriprünglid) wm 
geben, einhüllen; daraus zufammentegen, in Zaltenleaen: auf—, aus—, 
durch — ein—, ent—, nach —, um—, 3u—, zufammenfalten; 
fälteln. — Das Geftridte mit den Nadeln ruhte zwijchen den ge- 
faltnen zarten Händen. Göthe, der Beſuch. Sauber bat fie der 
Saum des Hemdes zur Krauje gefaltet. Göthe, Hermann und De 
rothea 3, 171. — Die Knoipe fpaltet die volle Bruft, die Blume 
faltet fih auf zur Luft. Bürger. Die Breite der ausgefaltenen 
Flügel des Goldadlers von einer Spige zur andern beträgt acht bis 
zehn Fuß. Funke. Star, mit glühender Stirn, die der Grimm 
durchfaltete. Klopſtock. Doch eingefalter figt die Unbeweg⸗ 
liche. Göthe, Fauſt 2, 186. Und wird das Waſſer ſich entfalten, 
jogleich wird ſich's lebendig geftalten. Göthe, Gott, Gemüth und Belt. 
Wenn ich, fie liebe mid) nicht, den trüben Gedanken entfalte. Klep⸗ 
ftod, Meiftas 4, 801. Sept entfaltet das Nachtinjelt die mehligen 
Flügel. Zacharid. Sie goß die weißen Schultern um den Sohn, um 
faltet’ ihm den Silberjchleier um. Bürger. Wie mande Flügel, 
nur wenn fie zügefaltet find, Pfauenipiegel gießen. 3. Paul. Nu 
falten vor der umnachteten Stim die Hände fi bang zu. Klop⸗ 
fiod. Er (der Sänger) breitet es Tuftig und glänzend aus Das zu⸗ 
jammengefaltete Leben. Schiller, die vier Weltalter. Wenn vie 
berührte Mimofa ihre geftederten Blätter paarweife zufiammenfal 
tet. Göthe, Leben 16. B. 

Falte (ahd. der falt, mhd. der valt, die valte, agi. fiald, alta 
faldr); =falt, —faltig nd — fältig (ab. fall, mıbd. valt, 
goth. falth, agi. feald, Tat. —plex) eig. Zulten hebend, auch im Falten 
gelegt, f. einfältig ©. 210; vervielfältigen. — Daß, jo lieb 
jein Kopf ihm ift, die Hoſen feine Kalten werfen. Goͤthe, FZauft 1, 
111. Haft du die vordere Wadelfalte des verfürzten Rocks geie- 
ben? Göthe, Meifters Lehrj. 4, 1. Hat fie in Kindeseinfalt 
teile zum Erker ſich hinausgebogen. Redwitz, Amaranth. Apollo gab 
jhm ein zweyfeltige antwort. Aventinus, Chronik 1580 BL 101. 
Ein dreifeltige Schnur reiffet nicht leicht entzwey Luther, Bibel: 
überf. Bred. Sat. 4, 12%. Schon in zwei Monden, einen Monat frä- 
ber, als die Verjchreibung füllig, kommt gewiß zehnfältig der Be 
trag davon mir ein. Shafefpeare, Kaufmann von Venedig 1,3. Mit 
zitternder Sorgfalt folgte mein Herz dent gebietenden Wink. Klop⸗ 
tod, Meifins 4, 827. So zeigt e8 Liebe, Mutterjorafalt an 
Göthe, Eugenie 5, 2. Ich betrachtete fie forgfältig. Göthe, Mei- 
fters Lehrj. 1, 6. Das (daß) er fein Reid) weitert und mannig- 
faltigt. 9. Sachs. Er bat um DBermannigfaltigung de 
Verſuche. Göthe, Wahlv. 2, 11. Wer die Natur aufmerkſam anfiehet, 
vervielfältigt für fih ihre Reizuchen. Gellert. Inden er die 





1103 


Vervielfältigung durch Abformung fehen ließ. Göthe, Meifters 
Wanderj. 3, 3. : 

Der Salz (mhd. ber valz, von falzen f. unten) wird nur gefagt von 
ver regelmäßig gemachten Balte im Papier. Die Nunzel (ahd. runza, 
runzila, mhb. runze, runzel, agf. wrincl, ſchwed. rynka, skrynka, engl. 
wrinkle, lat. ruga) bebeutet die natürlihe Falte einer nicht angelpannten 
Zläche, befonder® der Haut. —fach =in Fächer (ahd. fah, mhd. fach, agſ. 
feec) abgetheilt, wird befondere vom Zufammenfegen. gleichartiger Dinge zu 
einem Ganzen gefagt. — Sie haben jept gar viel Runzeln mehr. Bäthe, 
Künfllers Erdewallen 2. — Dreifah if der Schritt der Zelt. Schiller, 
Sprüche des Confucius 1. 

YAum. Logau (Sinnged. 618. 1108) fagt vielen und vervielen: daß 
er mit gevielten Zweigen möge bis zun Sternen fleigen. Dazu macht Leifing 
folgende Bemerkung: „Wir follten das Wort vervielen nicht untergehen laffen, 
Bermehren, vervielen, vervielfältigen find drey Wörter, melde dienen, 
Das verfchiedene Zunehmen der Dinge an Größe, Anzahl und Bigenfchaften ges 
nau zu beitlimmen. 3. B. Das Waſſer vermehrt fih; alle Blumen vervies 
len nich; einige Blumen vervielfältigen fid.“ ’ 

Faltkammer, — tod, —ftuhl, —tafel; Faltenblume, —klappe, 
—kniff, —magen, —rand, —red, —ſaum, —ſchwamm, —tud, 
—weiſe, —wurf u. a — Das lange Faltenhemd. Göthe, Fauſt 
2, 330. Im Zaltenkleid ein reich Behagen. Daf. 1, 44. Gein 
Leben liegt faltenlos und leuchtend ausgebreitet. Schiller. (Da) 
warf die VBerderbliche ein faltenreich und fünftlich fi) verwirrendes 
Gewebe ihm auf die Schultern. Göthe, Iphigenie 2,.2. Jeder 
Faltenſchlag ihres Florkleides. Thümmel. Ein faltenvolles 
Oberkleid. Attiſches Muſeum. 

Falzen (ahd. falzjan, mhd. valzen, mhd. zuweilen ſtark, jo auch 
in füddeutſcher Volksſprache fielz, gefalzen) in Falten oder Falze 
legen, iſt wahrſcheinlich Nebenform von falten: ab —, an —, aus--, 
be —, ein—, um—, zuſammenfalzen. — Falzer, Falzung. 
(mbd. valzunge). 

Falzamboß, —banf, —bein, — blume, — bock, — brett, —eiſen, 
—haken, — hammer, —hobel, —meffer, —zange, —ziegel. 

Anm. Pfeifholter, im oberdeutſcher Volksſprache Fifalter, Feifalter, 
Beifalter, Zwiefalter männlich, ahd vivaltra, fivaltra, ſtvalter, uhd vr 
valter, vivelter, agſ. filfalde, altniederd. pifoldre weiblich, kann nah Graff IT, 
515 ans lat papilio entſtanden und dem beutfchen falten (Zufammenfalten der 


Flügel) nur angepaßt fein; nah Grimm Gram. III, 368 kommt das Wört von 
falten. 


Halten. 
(Wurzel halt). 


Halte, hielt, gehalten, halten (goth. halda, häihald, häihal- 
dum, haldans, haldan; ahd. haltu, hialt, hialtum£s, haltaner, 


1104 


haltan; mhd. halte, hielt, hielten, gehalten, halten; agi. healdas, 
altn. hallda, engl. hold, fchwed. halla, dän. holde, bolländ: houden) 
mit dem Grundbegriff des Umfaffens, bedeutet nhd. 1) Ctranj.) wit 
- der Hand ımmittelbar oder vermittelit eines Werfzeuges fahlen umd bie 
Lage, den Zuitand, worin es fich dabei befindet, fortdauern laſſen; 2) 
(uneig.) die Bewegung den Ausbruch eines Dinges balten; 3) den 
Zuftand eines Dinged und Die Veränderungen desſelben beitimmen; 
4) eine Sache veranftalten, fie zur Wirklichkeit bringen, fte vor ſich 
gehen laflen; 5) etwas beobachten, fich einer Sadıe gemäß Betragen; 
6) zu irgend einem Zweck anjchaffen, entftehen machen, fortdanern und 
beitehen laffen, das äußere Berhältnig einer Sache beſtimmen und fort- 
Duuern laffen; 7) ein Urtheil über den Werth und die Güte eine 
Sache füllen, fle ſchätzen; 8) (intranf.) eine Bewegung aufhören machen, 
aufhören fih zu bewegen (eig. und uneig.); 9) auf oder über etmad 
bulten, Sorge tragen, daß etwas beobachtet werde; 10) an fich bartem, 
fich nicht verrathen, feine wahren Geſinnungen und Empfindungen nicht 
Außern, nicht ausbrechen laffen; 11) (in der Schifffahrt) feuern, ſegckn; 
12) (zurückbezũglich) fih an etwas halten, etwas Feites angreifen und 
dadurch verhindern, daß man nicht fallt (eig. und uneig.); 13) ſich 
fortdauernd auf gewiffe Art betragen; 14) in gutem und braudbarem 
Zuſtande verharren; 15) auf einer Seite bleiben, fortgeben; 16) 
(neutral) in jeinen Theilen oder mit etwas Anderem feſt verbuuden 
fein, dauerhaft fein; 17) enthalten, in feinem Junern fallen fönnen; 
18) das Gleichgewicht halten, gleiche Schwere mit etwas er 
und uneig.); 19) ftille fliehen; 20) (Volksſprache) fein, zu ⸗ 
ſtelligen oder durchzuſetzen ſein. — Gott pfleget über den Die freue 
Hand zu halten, dem Ueberlaft und Unrecht wird gethan. Op: 
Den Zeufel halte, wer ihn hält! Götbe, Fauſt 1. 74. Ich wei 
daß dich Geichälte halten. Geller. Wer an ein gebaltenes 
Kunſtwerk gewöhnt ift, ficht ſich zulegt ungern ins Gräuzenloje getrie⸗ 
ben. Göthe, Leben 13. B. (Die) das Kajtel Sauct Elmo in drei 
wiederholten Stürmen am hoben Mittag hielten. Schiller, Den 
Karlos 3, 7. Es fehlt an Voll, er kann das Feld nicht halten 
Schiller, Jungfrau v. DO. Prolog 3. Stiemand bielt Stand. Daj. 
23, 1. (Ev) ließ Betitunde halten. Sciller, Walleuſteins Lager 6 
(Bir; follten da ſtrenge Mannszucht halten. Du. 6 Drum md 
er Soldaten halten können. Daf. 11. Daß der Friedländer einen 
Zeufel aus der Hölle im Solde hält. Dal. 6. Die Freundfafl, 
fo vortrefflih fie ift, Halt uns Doc nie wegen der Liebe fchadled. 
Gellert. Ich muß bitten, den arellen Ton ein wenig janfter zu bal⸗ 

ten.‘ Leſſing. Mich hat herzlich verlangt, mit euch dieß Mahl uod zu 
balten. Klopſtock, Meſſias 4, 1074. Man verſprach uns Diente, 
hielt ſie Wenigen. Meißner. Die rechte Bahn halten. Opik 
Können Sie alauben, daß ich Ihre Partei gegen meine Schwefter habe 


⸗ 














1105 


halten müſſen? Leſſing. Zu Chinon hält der König feinen Hof. 
Schiller, Jungfrau v. D. Prolog 3. Ich halte viel auf ein billiges 
Lob. Gellert. Wer Gott ahnet ift hoch zu halten. Göthe, ſprich— 
woͤrtlich. Wie die würdigen Altvordern e8 gehalten und gethan. 
Schiller, Tell 1,2. Gottes lebender Wind. hielt zwiſchen den ehernen 
Bogen unbeweglich. Klopftod, Meſſias. Der Sag, bei weldyem wir 
halten. Leffing. Sie hält mit großer Demuth an den Sitten ihrer Vors 
fahren. Gellert, Wir müfjen den Verftand gewöhnen mit feinen Urthei⸗ 
fen an fi zu halten. Sonnenfels. (Er) fchaute des Mädchens ftil- 
len Berdruß und gehaltenen Schmerz und Thränen in Auge. Göthe, 
Hermann und Dorothea 9, 108. Aber ich hielt auf Pylos den Lauf 
(des Schiffes). Voß. Ih halte mich zu denen, die dich fürchten. 
Luther, Bibelüberf. Pf. 119, 63. Hier Halt fid) (wird gehalten) das 
Gericht. Colin. Buttlern traf ih. Gleich it er jelber bier. Der 
hält dir feſt. Schiller, Wallenfteing Tod 3, 6. DaB wenigitens bis 
Nom des Ritters Weisheit halte. Wieland, Oberon. Wie hält’s, 
haben fie ausgeichlafen? Weiße. 
Haben (If. S. 639) in der Gewalt eines Dinges fein; (landfchuftlich) in einem 
Dinge feit fein. Haften (f. heften S.231) feſt an oder auf etwas fein ober 
bleiben. — Ich lief; kaum naht” ich mich dem Ton, fo Hatte mich das Neg auch 
fchon. Gellert. Seh’ ih an andern große Bigenfchaften, und wollen die an mir 
auch nicht haften, fo werd’ ich fie in Liebe pflegen. Böthe, ſprichwoͤrtlich. 
Abhalten 1) in einiger Entfernung von ſich oder einer Sache 
halten (eig. u. uneig.); 2) Jemanden von der Vollbringung einer Sache 
zurüdhalten, hindern; 3) gehörig und bis zu Ende halten, aushalten, 
ausftehen; 4) (im Seeweien) auf eine gewiffe Art feuern; 5) (bei 
Mägden) das Kind bei Seite halten, daß es feine Nothdurft verrichte. — 
D daß der fteife Befuh abhält auf dem Scloffe die Herrſchaft! 
Voß, Luiſe 1, 35. Dom Fall faum abgehalten ward er in einem 
Seffel gebracht. Göthe, Wahl. 2, 8. 
Hindern (abd. hintarjan, mhb. hindern, agf. hindrian, altn. hindra 
von binder, nun hinter S. 599), Verhindern iſt flärfer. Wehren 
(f. S. 611.631) machen, daß ein Beſtehen nicht gefährdet wird; Gewalt gebraus 
chen, um Jemandes Thätigfelt zu verhindern. Bermehren ift flärfer, Stö— 
ren (S. 291) heftig, thätig einwirken, um etwas aus feiner Orbnung zu 
bringen und zu unterbrechen, hier, um etwas, das gefchieht, durch erregte Uns 
ordnung aufzuhalten oder aufhören zu machen. — Ahnen iſt nicht zu helfen, 
und fie hindern uns, daß man fich feltfi hilft. Böthe, Meiſters Wanderj. 
1, 8. Diefe (Züge) vergrößerten ſich nach und nach, ohne daß ınan e6 ver- 
hindern fonnte over wollte. Böthe, Leben 2. B. Was will die Nadel nad 
Norven gekehrt? Sich ſelbſt zu finden, es iſt ihr verwehrt. Böthe, Bott, Ges 
müth und Welt, Ic fann dem Zweifel nach, der meine Ruhe ftört. Gellert. 
Anfhalten 1) in feinem Laufe unterbrechen, eine Bewegung oder 
Thätigkeit gänzlich) aufhören ntachen, fle mag nun darnach wieder fort« 
76 











UN. 


— 





1} 


geiept werden oder nicht; 2) (veraltet) Aufenthalt geben, beherbergen, 
erhalten, ernähren; 3) fich aufhalten, an einem Orte verweilen, bei 
einer Sache verweilen, fich lange Zeit mit ihr beichäftigen; 4) tadeln 
— (Lucinde:) Er geht, Claudine, gebt; du haͤlhtſt ihn nicht? (Elan 
dine:) Wer gäbe mir das Recht ihn aufzuhalten? Göthe, Elaudime 
von Billa Bella. (Sie hoffen) den allgemeinen Frühling anfzubal- 
ten, der die Geftalt der Welt verjüngt? Schiller, Don Karlos 3, 10. 
Im Klofter Ehtbal jollten 14 Münch und 13 Ritter mit jren Hank 
frauen aufgehalten werden. Aventinus, Chronit 501. Man laſſe 
mich hier noch einiger Männer gedeufen, weldye fi in Leipzig auf- 
A oder dajelbfi auf kurze Zeit verweilten. Göthe, Leben 
88. 


Hemmen (ahd. hemmau, wäb. hemmen, ſchwed. hacmma, hamma, 
dän. hemme, enıl, hem, nah Weigant von der Wurzel ham — halten, 
binden, fangen, woher alta. hamla — Rette, gr. rauılog — Aufertau, abe. 
hamo = Hamen, Bungneg) ſagt man auch, wenn nur eine bedeutende Ber: 
minderung der Bewegung oder Thätigfeit dur Abhalten bewirkt wird. Die 
anderen Synonymen |. S. 88. 892. — Was bültit du meinen aufgebohnen Arm 
und hemmſt des Schwertes blutige Entſcheidung? Schiller, Jungfrau ven 
Drleans 2, 10. 

An—, anbe—, aufbe— (©. 631), aus— (©. 765), be—, 
bi—, beibe—, durch , ein— (©. 764), empor —, ent— (©. 
63), entgegen —, er— (©. 30), feſt —, fort —, gegen—, baus—, 
her —, herab —, heran —, herauf —, heraus —, berein-—, herüber — 
herunter —, hervor —, herzu —, hin —, binab— , hinan —, hinauf—, 
hinaus —, hinein —, binter— (S. 7), hinüber—, binunter—, 
hinweg —, hinzu—, inne —, mit—, nach —, nieder—, über—, 
am—, unter —, ver— (S. 7. 18), vor — (S. 426), voran —, vor 
aus —, vorbe —, vorbei—, vorent —, vorüber —, weg —, wider—, 
u—, zurück—, zurüdbe- , zurüder—, zuſammenhalten. — 

aß man die Kinder in Uniform zu geben anhalte. Görhe, Wahlvo. 
2,7. Nun anzuhalten (zum Steben zu bringen) die Pferde. Goͤthe, 
Hermann und Dorothea 5, 150. Die juugen Leute wirklich in Em- 
pfang zu nehmen, Die in dem benachbarten Städtchen eingehelt mund 
angehalten worden waren. Göthe, Meiſters Lehrj. 1,13. Haltet 
an und ftehbt! Schiller, Tel 3, 3. Auch war fein Umgang mit 
Wilhelminen ein anhaltender Zwiſt. Göthe, Meiſters Lehrj. 1, 15. 
Mit welchen Thränen ich für den Knaben, der fortfränlelte, zu beten 
anhielt. Daj. 6. Zwei Stunden hab’ das Schießen Bu scbalıen 
Schiller, Wallenfteins Zod 4, 4. Weislingen hat während feiner Ge- 
fangenfchaft ihre Xiebe gewonnen, um fie angebalten, und ich jugte 
fie ihm zu. Göthe, Göß v. B. 3. Er behielt feinen lieberzug aus 
Slatteis an. 3. Paul, Zitau 33. Du mußt ihm aber erlauben, daß 
er feinen Hut aufbehalt. Göthe, Leben 10, B. Ginen Zen zit 





1107 


unehmender Stärke aushalten. Hiller. Laßt Weiberliebe nicht das 
Band zertrennen, das jeden Schickſalswechſel ausgehalten. Schiller, 
Jungfrau v. ©. 3, 1. Bift du gekommen, deine verjprochene Zeit bei 
mir auszuhalten? Göthe, Benvenuto Gellini 2, 8 Wer nicht 
arbeiten föndte, hielt man vom Zehenden und den Kichengütern au 8 
Chetöftigte, ernährte man). Aventinus, Chronik. Ihr möchtet ibn wohl 
fieber ganz behalten? Schiller, Piccolomini 3, 6. Recht ftetö be— 
hält das Schickſal. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. Wem ihr die 
Sünden erlaffet, find fie erlaflen; wem ihr fie behaltet, find fie be— 
balten! Klopſtock, Meſſias 14, 1387. Ich will mir fie auf Erden 
zum Samen behalten (aufbewahren). Luther, Bibelüberf. Hol. 2, 
33. Einige Arbeiter, die noch am Hausban beichäftigt waren, wollte 
man gern fo lange beibehalten, bis auch diefed fromme Werf voll» 
endet wäre. Göthe, Wahlv. 2, 2. In ihren fteifen Stiefeln, die zu— 
legt nicht mehr durchhalten wollten, litten diefe braven Menſchen 
bei dem fchredlichen = unendlih. Göthe, Kampagne in Frankreich 
30. Oct. Halt ein, du tapferer Rede. N. Vogl, Huniad. (Daß 
er) die Arme gen Himmel emporbielt. Klopftod, Meſſias 4, 1134. 
Nebenft andern Bedienten enthielt Chielt auf) fih an feinem Hofe ꝛc. 
Hoffmannswaldau, Heldenbdriefe 1. Da zog Abram hinab in Egypten, 
das er fich dafelbs als ein Frembdling enthielte (aufhielte). Luther, 
Bibelüberf. 1. Mol. 12, 10. Der ganze Leib enthält fi anein- 
ander durch Gelenfe und Fugen. Daf. Eol. 2, 19. Daß fie ſich des 
Drted enthalten follten. Daf. 3. Eir. 6, 27. Wer kann dabei der 
Thränen fihb enthalten? Wieland, Oberen 6, 72. Entbalte 
(erhalte) du mich, Herr, fo bin enthalten ih. Fleming, S. 21 der 
gübeder Ausgabe. Andeß enthalte (bewahre) uns vein Wort. Lu— 
ther, Bibelüberf. Ier. 15, 16. Der Herr enthält ıunterftüßt) die 
Gerechten. Daf. Bf. 37, 17. Enthalte die Zungen für (vor) dem 
Fluchen. Daf. Weisheit 1, 11. Der Abt... hält endlih unfern 
Degen mit aufgehobnem Arm fein Scapulier entgegen. Wieland, 
Dberon 1, 4. Man will ihn beim Kommando bloß erhalten. 
Schiller, Piccolomini 3, 1. An ihr bloß bielteft du bei jenem 
Sturme dih feſt. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. Der nicht das 
Glück feſthält in unauflösliher Umarmung. Schiller, Maria Stuart 
3,6. Dod jetzo hält er (der Flaußrock) fchwerlid gegen. Voß, 
der Flaußrod. Baumgarten’s Weib, der baushält zu Alzellen, wollt’ 
er zu frecher Ungebühr mißbrauchen. Schiller, Tell 1, 4. .Wo man 
mit Dank in einem Reijewagen haushielte und darin fchriebe und 
fehliefe. 3. Paul, Titan 53. Seme Figur, fein Gang, feine Bewegung 
und Declamation mußten herhalten. Göthe, Meilters Lehrj. 2, 2. 
Der Alte, dem er das Kind hinhielt. Göthe, Wahlv. 2, 8 Da 
ich die mijerable Jahrözeit und Witterung in allen Nerven jpüre und 
mich mun fo eben hinhalte Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 270. 
70% 





1108 


Er war unvermögend, ihn länger zu belügen und hinzuhalten. % 
Paul, Titan 20. Mit der eigenen Hand bielit das Gewand da 
binauf. Göthe, der neue Paufias. Und hinterhält ihm fen ge 
rechtes Erbe. Schiller, Tel 2,2. Weil er fie Durch Zaum und Ketten 
binterhielt. Opig, von der Wahrheit der chriſtl. Religion 1631. 
S. 3. Haltet nun ein Wenig inne, Barden! SKlopftod, Her: 
mannsichlaht 6. Ja, wenn man’s haben fann, ih halt’ es mit. 
Schiller, Piccolomini 4, 6. Allein er (der Eindrud) bielt nicht 
lange nach. Göthe, Leben 7. B. Den Soldaten wollen fie nieder- 
balten. Schiller, Wallenfteins Lager 11. Die Sonne fteht hoch, 
Daher ihm ein Knabe den Schirm überbält. Göthe, St. Rochusfel. 
Ze mehr die Welt und ging zu nichte, laß fefter uns die Lieb um- 
halten! Redwitz, Amaranth. Aron aber vnd Hur onterhielten 
(hielten unterftügend) jm (Mojes) feine hende. Luther, Bibelüber]. 2 
Mof. 17, 12. Uns überließ er die Sorge, das Feuer zu unterhal- 
ten. Göthe, Benvenuto Cellini 2, 1. Ich weiß zu gut, daß feld 
erfahrnen Dann mein arm Gefpräh nicht unterhalten fann. Götbe, 
Fauſt 1, 160. Sie wild zum Letztenmal allein mit Gott fih unter- 
balten. Schiller, Maria Stunt 5, 4. Ich weiß, Du ftrafit wid 
nicht, wenn der verhalten Strom aus meinen Augen bricht. Weiße. 
Die Sterne verhalten Chalten zurück) jren ſchein. Luther, Bibel- 
überſ. Joel 2, 10. Bor einiger Zeit verhielt er nicht, daß er fih 
um meine Hand bewerbe. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 13. Sollſt 
Alles wiffen, Freund! ich will dir nichts verhalten. Wieland, Obes 
von 12, 32. Dem Schreien einer Frau, der man den Mund ver- 
‚bält (zuhält), Ichien der Ton zu gleichen. Wieland. Der Menſch der 
alten Zeit verhält fi zur neuen, wie ein Bratenwender zu einer 
Repetiruhr. LXichtenberg, Nachtrag zu den wißigen und fomifchen Aus— 
drüden. Ob ein veriprungener Funke davon in Lenettens Herzen fi 
verbalte und nachglimme. J. Paul, Siebenkäs 3. Halt niemand 
feinen verdienten Lohn für. Luther, Bibelüberf. Tob. 4, 15. Leiter 
ift e8 (das Schwert) vorzubalten, als hineinzurennen ift. Platen, 
vom. Oedipus 2, So lange das (Geld) vorhielt (ausreichte,, bes 
diente ich mich Des Wagens. Göthe, Meiſters Wander. 3, 6. (Da 
er) die Zweige mit vorausgebaltenen Händen fanft auseinander 
bog. 3. Paul, Zitan 3. Du ſolt dem Dürfftigen vnd Armen jeinen 
Lohn nicht vorhalten (vorbehalten). Luther, Bibelüber. 5. Mei. 
24,14. Haftu mir denn feinen Segen vorbehalten (aufbebalten)? 
Daf. 1. Mof. 27,36. (Du) wilit mir deine Gunft großmüthig vor- 
behalten (bewahren). Göthe, Tafſo 5, 2. Die Pflichten gegen 
Deitreich werden fle fi) immer vorbehalten (ausbedingen). Schiller, 
Piccolomini 2, 6. Im Grabe wohnt Einer, der mir Achtung vor= 
enthalten. Schiller, Don Karlos 5,9. Ihre alten handfeften Kerle 
hielten lange wider. Göthe, Egmont 1. Ich halte mir die Obren 





1109 


zu. Platen, die verhängnißvolle Gabel 2. Tiefe halten zurüd. 
Voß. Merktet ihr nicht, daß fie zurüdbaltender war? Göthe, 
Egmont 2. Er wolle den alten Soldaten... Die Gebühren einen 
Halben Monat zurüdbhalten Dal. 2. Ich leſ' in euern Augen, 
eurer Stimme gebrochnen Tönen etwas Unglüdjel’ges, das mir zur 
rückgehalten wird. Schiller, Braut v. M. Wenn er noch Sinn 
und Witz genug zurückbehalten hat. Shakeſpeare, viel Laͤrmen um 
nichts 1, 1. Es (das Luſtſpiel) ſoll in der Thalia abgedruckt werden, 
mit welcher fie es alsdann zurüderhalten. Schiller, Briefm. mit 
Göthe 1, 65. Durch ihn (Gott) und in ihm hält der Weltenbund 
zufammen. Ziedge, Urania Wir. hielten immer redlid zus 
ſammen als gute brave Jungen. Göthe, Göß v. B. 1. Daß ic 
erkenne, was die Welt im AInnerften zufammenbält. Göthe, Fauft 
1, 9. Das von Zeitgenofien richtig oder falſch Geurtheilte mit den 
Ueberzeugungen der Nachwelt zufammenzuhalten und zu segtet: 
chen. Göthe, Leben 9. 2. 

Anm. Die Barticipien geftatten noch andere u .B. Der, dıs 
Kaiſers Vaſall, ſtatthaltend herrfchtin dem Land bort. Pyrfer, Tuniflas 3, (Sie 
werden) nur wohlbebalten unter Dach zu fommen fuchen. Schiller, Ficcolos 
mini 2, 6. freundliche Schrift des Geſetzes, des menfchenerhaltenden its 
tes. Schiller Spaziergang. Wahrhaftigkeit, die reine, hätt’ ung alle, die welt: 
erbaltende, nereitet! Schiller. Und mit halbverbaltwem Lachen fte ihm 


ſchõne Knixe machen. Redwitz, Amaranth, Der Ritter, nem der langverhaltne 
Drang zur Marter wird. Wieland, Oberon 8, 12. 


Ungehalten — bewegte Gegenftimmung gegen Iemanden oder 
etwas änßernd. — Schleael erzählt, Daß der Herzog von Gotha über 
die Kenien fehr ungehalten fei. Schiller, "Briefw. mit Göthe 2, 235. 


Unwillig (mhd. unwillec, f. willig S. 24. 741) aufgeregt abgeneigte, uns . 
angenehme Empfindung über widrig Mißſtimmendes äußernd. Böfe, (f. S. 66.814) 
feindlich mißgelimmt über Semanden oder eiwas. Zornig (ahd. zornac, 
mhr. zornec, von Zorn S. 260) leidenfchaftlich bewegt in widriger Gegen⸗ 
Rimmung gegen Iemanden oder etwas. — Un willig fteigt der Greif, Schil⸗ 
ler, Pegafus im Joche. Du bit mir böe, Octavio? Mei Gott, ich kin 
niht Schuld an dem verhaßten Streit. Schiller, Piccolomini 5, 1, Ich erins 
nere mich nicht ihn zornig gefehen zu haben. Güthe, Leben 1. Bd. 


Halter (abd. halto, haltäri, mhd. halter) 1) eine Berjon, welche 
etwas hält; 2) Werkzeug zum Halten; 3) — Ort, wo man 
etwas hält, aufbewahrt, auh Gehalter An—, Auf— , Aus—, 
&r—, Unterhalter u. a. Hälter, ein Ort, ein Raum, wo man 
etwas aufbewahrt. — Die Halterinnen deines Daſeins. „Herder, 
2. Homilie von den Schranfen und Mißbräuchen ꝛc. In der Frawen 
Gewandkalter (Gewandgehalter). H. Sachs. Jenes Flehen, mit 
den fie zu feiner Schöpfung Erhalter rufen. Kolpſtock, Meſſias 
11, 35. Jeſus Ehriftus, der Miterhalter der Schöpfungen. Daf. 


1110 


11, 40. Berkünde gnädig uns der Welterhalter das Opfer. Pla⸗ 
“ten, rom. Dedipus 4. Inhelder (Inhaber) did Briefd. Mon. 
boica 35, 241. Es jollen fih viele Mithalter des Götterbotens 
deutjcher Programme über Die fpäte Anzeige dieſer Ueberſetzung anfe 
gehalten haben. %. Paul, Siebenkäs 5. Ein gefhäftiger Unter- 
halter unnüger Regungen. Herder, Autrittsrede in Büdeburg. Er 
bereicherte fih ald Banfhalter in den Bädern. Campe. ittern 
Angrimm gegen Profeſſionbankhalter. J. Paul, Titan 37. Dem 
iſt nur der Handel geſchloſſen und vom Buchhalter in's Hauptbuch 
eingetragen. J. Paul, Titan 58. Sie zur Buchhalterin und Per 
leſerin der Briefe ihrer Mutter zu machen. J. Paul, Heiperus 12 
Er ließ durch ſeinen Gerichtshalter die ſtrengſte Inquifition vor⸗ 
nehmen. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 9. Ein jeder guter Haushal⸗ 
ter jollte fie in ſeiner Wirthſchaft einführen. Daſ. 1, 10. Meine 
bisherige treue Beichließerin und Haushälterin wird abziehen. Göthe, 
Wahlv. 1, 4. Die Geitult, unter der alle feine Schönheitideale nur 
als Schildhalter und Karyatiden ftanden. 3. Baul, Heiperus 16. 
Da eben der Stammbhalter Luigi gleich in den eriten Jahren feim 
Held von nerpdjer Bedeutung war. J. Paul, Titan 37. Das mad, 
daß Graf Egmont unſer Statthalter ift. Göthe, Egmont 1. Roh 
werden alle Statthalterſchaften mit Niederländern befegt. Dar. 
Nebſt dem, der ihr Worthalter war. Gleim. Sonft geht ihm der 
figlihe Fiſcher Schwerlih zum Hälter hinab. Voß, 70. Geburtstag 
142. Ich will immer gehen und die Korellen aus dem Fiichhälter 
langen. Gellert. Hier in dieſem Bujen fpringt eine Quelle, friiher, 
feuriger, als in den trüben fumpfigen Behältern. Sciller, Dou Kar- 
08 2, 2. Da fteht der verwinichte Schagbehälter noch. Platen, 
die verhängnißvolle Gabel 5. 

Haltung eimhd. haltunge) 1) die Handlung des Haltens; 2) 
Art und Weile fich zu halten, feinen Körper zu tragen; 3) (Bells 
ſprache) Feitigfeit eines Dinges; 4) (Volksſprache) dasjenige, woran 
fih etwas hält. Ab—, An—, Auf—, Aus —, Er—, Unter 
(S. 921), Ber—, Bor—, Zu—, Zurück—, Zufammen- 
haltung u. a. — Auch da ließ er e8 an Ausführung und Hal: 
tung nicht fehlen. Göthe, Leben 2. B. Die gebeugte Haltung 
des Geſichts. Shafefpeare, Hamlet 1, 2. Aufrehthalgung de 
weiblichen Zucht. Ratſchky. So bürdet Tyrannenreht dem linter 
drüdten Zandeserhaltung auf. Klopftod, an den Kaifer. Worauf 
denn dieſer Shönheitserhaltungslehrer fich feinen Abfchied et⸗ 
bat. Goͤthe, Meifters Wanderj. 2, 4. Die Selbfterhbaltung u 
einem jo ungeheuern Drange kannte ſchon fein Mitleiden mehr. Göthe, 
Campagne in Frankreich 11. Det. In ſolchen Fällen fehlte e8 nie an 
Unterhaltung. Göthe, Meifters Lebrj. 1, 3. Im ward ſteis ſein 
vnterhaltung (fein Unterhalt) gegeben. Luther, Bibelüberf. Jer 


1111 


52, 34. Laß und die englifhen Parkbefchreibungen mit Kupfer zur 
Abendunterhaltung vornehmen. Göthe, Wahlv. 1, 6. Die ge- 
wöhnliben Beſuchsunterhaltungen dünkten ihr bald ganz uns 
ſchmackhaft. Dai. 2,4 Wir könnten ihm bei uns feine Lieblings: 
unterhaltung verichaffen. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 1. Selbit bei 
Borbejcheiden in Dresden ihm (dem Prediger) gemachte nadydrüdliche 
Borbaltungen fruchteten nichts. Ed. Da jene Zurüdbaltung 
und Blödigkeit nicht zu überwinden geweſen. Göthe, Meifters Lehrj. 
1, 15. — Welche Bortheile gewährt die Doppelte Buchhaltung dem 
Kaufmanne!. Daſ. 1, 10. Seine, bei flacher Bruft, etwas vorgebo- 
gene Körperhaltung. Göthe, Xeben 14. B. ‘ 

Halt (ahd. die halta, mbd. halte — Weideplatz, mhd. der halt 
— Hinterhalt) 1) Handlung, da man etwas hält, uneig. Einhalt, Zu⸗ 
rücdhaltung; 2) dasjenige, woran man fi halt oder halten fann; 3) 
dasjenige, was ein andered Ding enthält, befler Gehalt, 4) die Eigen- 
fchuft einer Sache, da fie hält, feft, dauerhaft ift; 5) (veraltet) Hin⸗ 
terhalt; 6) (Volksſprache) Bezirk, in welchem Jemand für die öffent- 
liche Sicherheit zu forgen bat. Ab—, An—, Auf—, Aufent— 
Rück—, Rücken —, Ber—, Bor—, Borbe—, Bider —, 
Zufammenhalt u. a. Das Adjectiv haltig ift nur in Zufammen- 
fegungen gebräuchlich. — Die Zeit, wo wir verichließen, pflegt als 
ein Strom zu fließen, der feinen Halt nicht weiß. Opitz. Doc eine 
Hand von Oben wird feinem MWachsthum ſchleunig Halt gebieten. 
Shiller, Jungfrau v. O. 3, 4 Wohl dem Herzen findet ſich einmal 
Einer, der ein Mittelpunkt für viele Tauſend wird, ein Halt. Schiller, 
Piccolomini 1,4. Der untere Theil des Körpers ift des obern Halt. 
Platen, die verhaͤngnißvolle Gabel 2. Der alte Halt des Reiche: 
thalers. Lori, Münzrecht 3, 29. Hier lag er oft im Halt, mit 
Nofen wohl verhängt, wenn er die Jagd beftullt. Logau, Siunged. 
1257. Da fam id in der Räuber handt, hielten oft tag vnd nacht 
im Halt. H. Sachs. Der Halt (die im Hinterhalt Tiegende Mann⸗ 
schaft) brach auf. Aventinus Ehronif 355. — Kein Abhalt joll mich 
hindern. Campe. Auch die tragiſchen PBerfonen jelbft bedürfen Diejes 
Anhalts, diefer Ruhe, um fih zu ſammeln. Schiller. Die arme 
Verwaiſete fand nirgends einen ftüßenden Anhalt. Ungenannter bei 
@ampe. Zerbrochene Räder an Wagen und Kanonen machten gar 
manchen Aufbalt. Göthe, Campagne in Frankreich 28. Aug. Nach 
überftandener Gewalt verföhnt ein fchöner Aufenthalt. Göthe, Fauſt 
2, 308. Jetzt muß ich eilen, den Eleinen Reſt der guten Jahrszeit 
und meines Gartenaufenthalts für den Wallenſtein zu benußen. 
Schiller, Briefm. mit Göthe 4, 160. Endlich hatten die getroffenen 
Anftalten dem Feuer Einhalt gethan. Göthe, Meifterd Lehrjahre 5, 
13. Die Welt it dein Enthalt (Nufenthalt), das Klofter ift vor 





1112 


(für) mich. Hoffmannswaldau, Heldenbriefe 35. Die Seele. ichien 
aus ihrem geheimen Enthalt in’s Aune getreten. Bodmer, Noachide 
1. Geſ. (Er) ruft Amandens Bild zum mäcdht’gen Gegenbalt 
Wieland, Oberon 13, 58. Jene brechen aus dem Hinterhalt 
Schiller, Zell 2, 2. Ich kann und darf nidt binterbaltig fein. 
Göthe, Wahlv. 2, 12. Aber im Nachhalt (Hintertreifen) fand 
Aurel mit den Zapfern von Malta. Pyrker, Zunifias 12. Wie leicht 
geht Barichaft ohne Nahhalt zu Grunde Benzel-Sternau. Ihr 
andern aber habt Urjadhe auf andere Dinge zu jeben, die bedeutender 
und nachhaltiger find. Göthe, Meiiters Wanderj. 2, 3. Ich darf 
nicht gleich ihr unfre Namen nennen, unſer Schiejal nit obne Rüde 
halt ihr vertrau'n. Göthe, Iphigenie 3, 1. Doc jener den fom- 
menden Scharen fühn entgeaen zu fümpfen bereit, fab forichend zum 
Rückhalt. Pyrker, Zunifias 6. Nennt ibr das einen Rückenhalt 
jeiner Freunde fen? Hol die Bet ſolches Rückenhalten! Shafe 
„ſpeare, 8. Heinrich IV. 1. Thl. 2, 4. Ihr könntet Sinnrückhalte 
von ihm gelernt haben. Wächter. Urkraft, Verhalt und Zwed, tief 
ansgegründet, umſchlingt der Anmuth leichtgefnüpfte Schnur. Voß, 
der Geift Gottes, Man ſprach von einem miniftertelen Borbalt 
(Zadel), von nichts Geringerem als einer Art Verweis. Göthe, Tag- 
und Jahreshefte 1803. Sie that deshalb einen wohlmeinenden Vor— 
halt (Vorſtellung). Mufäus. Hierin geb’ es feinen andern Verlaß 
und Vorhalt (Stüge). J. Panl. Bor Tiſch war ein gewilfer Bor- 
behalt und eine Klauſel drin von Kaiſers Dienft. Schiller, Piccoles 
mini 4, 7. Ihr Herz hatte feinen Widerhalt. Göthe, Meiſters 
Lehrj. 1, 9. Alles befonmt Weſen, Zuſammenhalt, Möglicfeit, 
Exiſtenz. Herder, — Seine Iuftigen Stüde find am wahren Komiſchen 
fo geringhaltig noch nicht. Leſſing, Hamburg. Dramaturgie 10. 
Zum erftenmal kam mir der eigeufte Sinn meiner Worte aus dem 
Munde eined andern reihhaltiger, voller und in einem größer 
Umfang wieder entgeaen. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 5. Der Ton- 
halt bildet die an ſich jelbit fchon langen Wörter oder Sylben auf 
zweierlei Weiſe. Klopſtock, Gelehrtenrepublif, 

Gehalt (der) 1) der körperliche Inhalt, die Beichaffenheit eimer 
Sache, nach welcher fie etwas in ihrem Innern enthalten, in fih 
faffen kann; 2) dasjenige, was ein Körper von gewiffen andern Theis 
len in ji enthält, das, was Gutes an einem Gegenftande it, umd 
wodurch er im Urtheil hoch ſteht ci. ©. 437); 3) (oft auch das) 
der Unterhalt, gewöhnlich und bejonders dasjenige Geld, weldyes der 
Beamte ald Bedienfteter im Amte zu beziehen bat, ſowol in Beziehung 
auf Öffentliches Amt, als auf Brivatdienft. — Gebaltig — Gebalt 
babend. — Denfe, daß die Gunjt der Mufen Uinvergängliches verheißt, 
den Gehalt in deinem Buſen und die Korm in deinem Geift. Götbe, 
Dauer im Wechſel. Wenn man ja feiner Schweſter ein jäbrliches 





1113 


Sehult ausjegen will. Göthe, Clavigo 4. Der befundene Fein— 
gehalt des Silbers. Ungenannter bei Campe. Ohne Noth und 
Eharaktergehalt. Platen, vom. Dedipus 1. Er wolle den alten 
Soldaten, den Wittwen und einigen andern, denen ihr Gnadenge- 
balte gebt, die Gebühren einen Monat zurückhalten. Göthe, Eg—⸗ 
mont 2. Dad Jahrgehalt, das er fi) ausbedingt, it freilich ſtark. 
Söthe, Meifters Wander. 2,3. Ich wollte meinen Antheil an dieſem 
Spaß nicht für den reihiten Jahrg ehalt vom großen Mogul hins 
geben. Shafeipeare, was ihr wollt 2, 5. Bei dem Glauben an einen 
taujend Mal höheren Tugendgehalt Lianens. 3. Paul, Zitan 21. 
— Daß eine werthloje Münze neben einer gehaltigen auch inımer 
eine gewiffe Art von Curs behält. Göthe, 2. Aufenthalt in Rom Dec. 
Kohn (der, das ſ. S. 166.935) ührrhaupt was Jemand für Dienitleitung 

empfängt; im Beſondern verpflittungemäßige Babe, vornehmlich Beltgabe für 
niebere Tienfte. Löhnung, das einzele Dienfltaggeld des gemeinen Solda— 

ten und der niedern milltärifchen Dienitbeamten. Sold (mh. solt, ital. 
soldo, ſpan. sucldo, franz. solde, von lat. solidus — eine gewiffe Mürze, 
fpäter angelehnt an follen, f. S. 238) die im Dienft empfangene Bezah⸗ 

lung: im Beſondern Tienſtgeld des gemeinen Soldaten und der nierern mil’- 

törifchen Dienftbeantten. Beſoldung fit das, was der Beamte als Bedien⸗ 

fteter In einem öffentlichen Ante zu beziehen hat. Das Fremdwort tie Gage 

(franz gage, aus mittellut. gagiam, gadinm, guadium, vadium, von goth. 

vadi = Verpflihtungegeld, Draufgelv) it der Gehalt des Oifficiens und des 

Schauſpielers. — Der Wütherih! ter hut nun feinen Lohn! Hat's lang 

verdient um's Bolf von Unterwalden. Sciller, Tell 1, 1. Wenn ich fic, ebe 

tas Jahr um in, fortjage, fo muß ich ihr das ganze Lohn braahlen. Gellert; 

Hat man uns nit feit vierzia Wochen die Löhmmng immer umfonft vers 

ſprochen? Schiller, Walleniteins La .er 11. Und fein Sold muß dem Sol⸗ 

daten werden, darnach heißt er! Echiller, Piccolomint 2, 7. 

Inhalt 1) dasjenige, was in einem andern Dinge enthalten, oder 
Dem Raume nach darin befindlicdy it, eia. und uneigentlich; 2) dasje- 
nige, was ein Raum enthalten kann, feine Größe. — Ich hab’ den 
Inhalt Ihrer Sendung zwar vernommen. Schiller, Piccolomini 2, 
7. Was joll der Inhalt fein des neuen Bunds, den wir hier un 
ter'm Sternenhimmel ftiften? Schiller, Tel 2, 2. Einhalt deines 
Fürtrages. Hoffmannswalduu, der fterbende Socrates 87. — Iſt jedes 
nicht ein inhaltgleihes Ding? Nedwig, Amaranth. 

Das finnverwandtr Stoff f. &. 1089. 

Unterhalt 1) die Handlung, da man unterhälf, alle Xebensbe- 
Dürfniffe reiht; 2) Bedarf zu einem Beftehen überhaupt, im-Befondern 
zum Beftehen des förperlichen Lebens. — Und ift die Forderung übers 
haupt fo unbillig, daß eine Frau fo viel mitbringen fol, als fie zum 
Unterhalt ihres Putzes gebrauht? J. Möfer, patrivt. Phantaſien 
2, 16. Daß ihm der Herzog feinen Unterhalt aud im der Ferne 





1114 


willig reichen laſſe. Göthe, Taſſo 2. Der Unterhalt des befagten 
Rindes beftreiten. 3. Baul, Siebenläs 3. Mit Kebensunterhalt 
beladen. Platen, Abaffiden 1. 

Das Ausfommen (f. auslommen 4. S. 39) Bedarf, um als e: 

werbendes Wefen leben zu können. Brot (fo Adelung, Caupe, Grimm ı 
A, bei Andern weniger gut Brod, ahd. pröt, mihd. brot, altf. bröd, «gi. 
breäd, engl. hread, altfrief. brAd, altn. brauth. ſchwed. dan. brod, wahr 
ſcheinlich von ahb. priuwan, mhb. briuwen, agf. bradwan, altfrief. briewa 
= branen, duch Dampflocdyen bereiten, nicht von gr. Bporoc — ehe, 
was nad der Lautverfchiebung ahd. phröd, mhb. pfröl, uhd. Frod beißen 
müßte) zumäcdhft ver ans Getreidemehl bereitete und gebadene Teig als tägl: 
eo Rährmittel des Neuſchen; dann Nabrungepflege; überhaupt Nahrungs: 
bedarf, um leben zu Ffünnen. — Wiewohl ex auf ein ſicheres Ausfommer 
von einem Bierteljahr zum andern rechnen konnte. Göthe, Leben 9. B. 34 
batte nicyt zum Zeitvertreib zu gaffen, erft Kinder und dann Brot zu ſchaffen, 
und Brot im allerweit’ien Sinn! Göthe, Fauſt 1. Gib zur des Reibes 
Noht, vie Kleidung und das Brot 93. Riſt. 

Haushalt und das minder dichteriihe Hausbaltung begreift 
alt die Geichäfte der Beforgung des Hausweſens. — Dem er, del 
dend in Schiffen, vertraut den fämmtlihen Haushalt. Voß, Odyſſee 
2, 227. Die mit tüchtigem Menfhen den Haushalt zu führen be 
dacht find. Göthe, Hermann und Dorothea 7, 176. Sie batte die 
Bejorgung der Haushaltung über fi genommen. Göthe, Meiſters 
Lehrj. 6. Zu deren (der Kuh) Kaufſchilling die vier Haushaltun 

en zufanmengefchoffen. 3. Paul, Siebentäs 3. Es war ihr Haus 
—— Göthe, Meiſters Lehrj. 8, 10. Sie liefert dem 
Bater pünftlih ihre Haushaltungsrehnung. Da. Wanderj. 1,8 
Wirthſchaft (ahd. wirtscaft, mhd. wirtschaft, altf. wirdscepi f. ®irtb 
©. 445) begreift nur einen Theil der Haushaltung, nämlid den Betrieb alles 
defien, was den Erwerb und Verbrauch zu Unterhalt und Bequemlichkeit des 
Lebens angeht. — Machen Sie einige Schritte mit mir anf'6 Feld und feher 
fib um, wie ich meine Wirthfchaft betreibe. Gothe, Meiſtere Wanderj. 1, 11. 
Hanshälteriſch (von Haushälter, bei Göthe auh haushäl⸗ 
tifh und haus hältig von Haushalt) ſchonend und wenig gebrau⸗ 
hend in Anfehung des Haushaltes, alfo zum Nugen des Hauswejen. — Dit 
aud) hüpfende Bohnen vom Schoß banshälterifch fammelnd. Voß, der 
70. Geburtstag 134. Die fanften Abhänge waren haus hälteriſch 
benugt. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 1. Er wolle ihm eine reiche 
Frau geben, Da einem wohlvenfenden Manne dody nur mit einer bau 
hältiſchen gedient fei. Goͤthe, Meifters Lehrj. 7, 6. Hier gilt es 
nun haushältig zu jein. Göthe, ital. Reife Neapel 26. Febr. 
Sparſam ſ. S. 550. Nathſam f. bei rathen. Wirtbſchaft⸗ 
Lich erflärt ſich aus Wirthſchaft. — (Daß er) von dem Reſt, fo weit a 
reicht, ſtill und ſparſam lebt. Leſſing, Minna v. B. 4, 3. Gr übernahe 








— — 


1115 


die Zamiliengüter, wußte fie freifinnig zu behandeln, fie wirthſchaftlich 

einzurichten. Böthe, Meiſters Wander]. I, 7. 

Haltbar, haltſam, Haltlich meilt in Zufammenfegungenz' Balt- 
band, —kette, Tamm, —nagel, —ritt, — ſchaf, —Ihöps, —vieh 
u. a.; Hälterkahn, — ſchiff; Anhaltſeil, —pfahl; Anhaltspunkt; 
Aufhaltring; Aufenthaltsort, —zeit; gehaltleer, — los, —reich, 
—meſſer, —meffung, —voll; Gehaltsmangel, —zulage; Unterhalt⸗ 
ſchale; Unterhaltékoſten, —mangel, — mittel; Erhaltungsbrille, 
—werth, —würdig (auch erhaltenswerth, —würdig); Unterhaltungs- 
gabe, — koſten, —kunſt, —ton; Verhaͤltungsart, —befehl, —lehre, 
— regel; Haushaltungsbuch, — geſchäft, —kunſt, —regel, — ſorge 
u. a. — Und wenn du mir alsdann nur Einen haltbaren Grund 

eben kannſt. Wieland. Wenn Sie ihn alſo von der Unhaltbars 
eit der Newtoniichen Lehre durch den Augenfchein überführen. Schiller, 
Briefw. mit Göthe 5, 3%. Er finft im Drang der unaufhalts 
barı Zriebe in ihren Arm. Wieland, Oberon 3, 61. Da denn die 
Nachrichten... Zucimen unaufbaltjam in einen audern Lebenskreis 
bineingezogen. Göthe, Wahlv. 2, 5. Trodne die unaufhaltbaren 
Thränen. Klopftod, Meſſias 11, 1381. Alles zu wagen für einen 
Staat, der noh erhaltbar iſt. Meißner. Deren zärtlichftes Aben- 
theuer die Lejer unterhalten ſoll, in fo fern fie namlich unterhalt- 
bar find. Ungenaunter bei Campe. Weil dergleichen Wörter be— 
hältlhicher find. Fiſcher. Ein leicht unterhaltlider Gaſt. Campe. 
Durch Eifer und Anhaltſamkeit. Göthe, Leben 4. B. Raſ't nicht 
unaufbaltiam der Sturm? Göthe, Amyntas. Diefer junge Menſch 
it fehr behaltſam. Heynatz. Darum badete er Sommer und Winter 
eisfalt, jo wie er eben darum in allem enthaltſam blieb. J. Paul, 
Zitan 48. Als du der Unenthaltfamfeit ihn zeihteit. Shafe- 
ſpeare, Cymbeline 3, 4. Eine der ichöniten und gehaltſamſten 
Stellen. Bragur. — Die haltloje Erde rollte in Nidyts! Benzel- 
Sternau. Weder um Arfer zu werfen, noch anzufnüpfen ein Halt 
jeil. Voß, Odyſſee 9, 137. Banden ihn feft mit den Halttaun. 
Daſ. 2, 486. Zu ihr, für die mein Leben nody allein erhalten 
würdig war. Wieland, Oberon 8, 45. Daher muß ihm jein Leben, 
tobald er einem andern davon Rechenfchaft geben will, 10 gehaltleer 
vorfommen. Schilter, Briefw. mit Göthe 2, 101. Gehaltloſe 
Iräumereien. Koſegarten. Wo von dem Schacht, gehaltreich, ſchil— 
leındes Eiſen der Bergmann fördert zu Tag. Pyrker, Zunifins 3. 
Beil fie durch fein gehaltvolles Geſpräch dasjenige zu ſehen und 
zu kennen alaubte,» was ihr bisher ganz unbefannt geblieben war. 
Göthe, Wahl. 2, 7. So entftanden jene Briefwechſel, über deren 
Gehaltsmangel die neuere Welt fich verwundert. Göthe, Leben 
10. B. Was Sie an Sachen und an Ideen mitgebracht, verſpricht 
mir einen unterhaltungsreichen unterrichtenden Winter, Schiller, 


1116 


— — — —— — — — 


Briefw. mit Göthe 3, 322. Ihr ſollt ihnen Verhaltungsbefehle 
geben. Klopſtock, Gelehrtenrepublik. Das klingt verwünſcht haus⸗ 
haltungsmäßig. Benzel-Sternau. Er fragte mich um meine Mei— 
nung, und ichien beſonders n Haushaltungsſachen das Zutrauen 
zu mir zu haben, als wenn ich alles wiſſe. Goͤthe. 

Haltniß (ahd. halınissa, haltnissi) ift faft nur in Zuſammen⸗ 
jegungen mit Be— und Ber— gebräuchlich. — Wie faum der Zus 
konnt' ohne Hältniß gehen. Weichmann, Poeſie der Niederfuchten 
4, 297. 6(Er) faßt das falte Behältniß feiner Gebeine. Klopſtoch 
Meſſias 2, 124. Nachdem er Das Berhältniß eines jeden Anme 
jenden zum Kinde mit Nachdruck geſchildert. Göthe, Wahlv. 2, 8 
Wenn zwiichen ihnen einiges Mißverhältniß des Standes mar. 
Dal. 2, 7. Man bireb jedody in einem freundlichen Briefverhält- 
nid. Göthe, Leben 12. B. Bei feinen vielfahen Gefhäfts- un 
Weltverhältniſſen an dergleichen gewöhnt. Göthe, Meiſters Wan⸗ 
deri. 2, 5. Da man an Lebensverhältnijfen nicht jo vie 
zupfen und zerren joll. Göthe, Wahlv. 1, 2. Deſſen wahrbaftet 
Neigungsverbältuiß nur darin zu beftehen ſchien. Göthe, Mei—⸗ 
iters Wanderj. 3, 13. Diejes und jenes befteht neben einander gleidh- 
—— aus dem Wechſelverhältniß, ale Urſache und Wirkung. 

enzel = Sternan. 

Verhältnißantheil, —anzeiger, —begriff, —los, — mäßig, 
— regel, —theil, —wort, —zahl. — Lehrjahre find ein Verhält— 
nißbegriff. Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 111. 

Anm Das in tie Rede eingeſchobene, zugebende, erflärende und bekräftigende 
Ze ſ. S. 13. Im Simplicifimus 1, 8 —*9 es: Ich gedenke baltig Han, 
a... 


Spalten. 
(Wurzel spalt; spal—ı? ']) 


Spalte, fpaltete, gefpalten (auch geipaltet), fpalten (ab. 
spaltu, spialt, spialtum&s, spaltanes, spaltan; mbd. spalte, spiel, 
spielten, gespalten, spalten; ſchwed. spjäla, eugl. spelt; nad Wei⸗ 
gand wahrfceinlih Nebenform -von ahd. spildan, mhd. spilden = 
ausgeben, altu. spilda, ultj. spildian = verderben, agſ. spillan = ver- 
fieren, was wol in Eoftfpielin, für Loftfpildig erhalten it; Ba 
ckernagel val. gr. aonzAyyk = Höhle, oxadlsır ſcharren, graben, lat. 
scalpere) 1) gleichſam öffnend auseinander fein machen, d. i. etwa dadurch 
auseinander jein machen, daß die Berbindung der Theile desſelben ver: 


1) Wihd. findet fiy spellen, (aus spalian) — ſpalten. was vffenbar mil 
jvalten zufammenhängt, auch nhr, fich noch findet: Wenn das Wetter die fleiners, 
Giche ſpällt. Aleming ©. 197 ver Lübecker Ausgaben. Flugs mit ſcharfem Inge 
fpellt er den Bauch. Er. Kind, der Xöwe, 


41117 


—. — 


mittelft gemaltfamen Durchreißens oder Durchbrechens aufgehoben wird; 
2) ſich felbit jo feinen, in beiden Beziehungen eigentlich und uneigent- 
ih. Ab—, an—, auf—, aus—, durch—, entzwei—, er—, 
nach —, ver—, vor—, zeripalten. —- Darnach tom ein pligen, 
vnd jpielt den ein turn von einander. Ofele, script. I, 585. Der 
zeripielt dem fünig feinen kopf. S Münſter, Cosmographia 1544. 
©. 523. Er zerhieb gar viel der jchilte vnd manchen Helm aud 
jpielt. Heldenbuch von 3. 1560. BL. 93. Den ftarfen jchild von 
borne er jm da gar erfpielt. Daf. BL. 98. — Bedenft, ihr habt 
weiches Holz zu ſpalten. Göthe, Fauft Vorfpiel. Die Lippe... ift 
geipalten und fie jchmerzt erbärmlich. Göthe, Liebebedürfniß. Die 
Welt... fpaltete ſich fogleich in zwei Parteien. Göthe, Leben 2.2. 
Geſpaltne Klauen treten alle Sitte nieder. Göthe, Fauſt 2, 249. 
Es wälzen fich nah bei der Pforte die Felfen unabjeblich hinab, durch 
träufelndes Zeuer geipalten 1). Klopftod, Meifias 9, 755. — Die 
Wunden feiner Bruft nod weiter aufzufpalten. Bürde Cie 
mäßige Rige durchſpaltete feit der Erbauung ſchon die gemeinjame 
Wand der beiden verbundenen Häujer. Voß. Hätt' Angulaffers Ring 
nicht über ihm gewaltet, ihn hätt’ auf Einen Zug der Löw’ entzwei— 
gejpaltet. Wieland, Oberon 4, 25. Doch diefer Schwelle Zauber 
zu zerfpalten bedarf ich eines Rattenzahns. Göthe, Fauſt 1, 77. 
Ihr habt ihm mit der Art den Kopf zerſpalten? Schiller, Zell 1, 1. 
Die innvermandten Flieben und fpleißen f. S.839. 10230, trennen ©. 926. 
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfegungen,, 3. B. das 
marmorfpultende Schlachtihwert. Sonnenberg, Bon fettem Kien und klein⸗ 
efpaltnen Fichten. Wieland, Oberon 10, 9. Daß die Flamme ſelbſt, ves 
Feuers tothe Säule, die fi von euerm Scheiterhaufen hebt, ſich zweigeſpalten 
von einander theile Schiller, Braut. v. M. 
Spalter, Spaltung; Spalt und Spalte (ahd. mhd. epalt) 
ſ. ©. 835; fpaltig (ahd. spaltic); Zwielpalt, zwieſpältig ſ. ©. 
720. — Die Syaltung des Reich in zwei -Religionsparteien. 
Göthe, Leben 12. b. Die Finger und Zehen find Abfpaltungen 
der Hände und Füße. Popowitih. Und fchwarz aus dem weißen 
Schlund klafft hinunter ein gähnender Spalt. Schiller, der Taucher. 
Aus fnorrigem Spalt der Eichen erichallt Das Sumſen der Bienen. 
Voß, im Grünen Wo aus dem Felfenipalt am beißeften und 
vollften der edle Spruüdel wallt. Uhland, der Ueberfall im Wildbad. 
Strahlt die Sonne vielleiht durch heimliche Spalten und Klüfte? 
Göthe, Euphroſyne. Wer ruft da aus der Felſenſpalte? Göthe, 
Fauſt 1, 09. Man windet fi ftufenweife durch finftre Mauer: 
Ipalten hindurch. Göthe, St. Rochusfeft. Sie erregt nur immer 
Zwieſpalt. Göthe, Eugenie 4, 3. Klappt nicht immer jein Glas, 


‚ ” So hat die Quartusgabe von 1755. In ven fpätern Ausgaben ſteht ges 
paltet. 








1118 


wie ein jpaltiger Zopf! Voß, Luiſe 1,638. Zwyfpältige (amwei- 
deutige) Antwort. Avertinus Shronit 1580. BL. 101. Der Majer 
fand fid) — Göthe, Meiſtero Wanderj. 2, 5. Da ich 
ſonſt . .. une zwieſpältig mit mir ſelbſt geweſen wäre. Göthe, 
Briefw. mit Schiller 3,-349. Zwiefpältig (zweifadhı iſt die Aut 
der Quelle. Küdert, gei. Ged. 3, 81. Ein Draden mit Dreifpal- 
tiger Zunge. Voß. ö 

Spaltader, —upfel, — art, —bart, —blume, — bruch, —fuj, 
—feil, —klinge, — lauch, — meſſer, —fäge, —ſchnitt, — ſtrahl, — ſtüc. 
—topf, —wurz, — zahn, —zwiebel. — Und iſt denn das Leben etwa 
anders, als der Kampf der Nüanzen mit dem Spaltſtrahl des 
Prisma? Benzel-Sternan. 

Anm. Stieler hat au ein Berbum fpiltern im Sinne von fpalten 


Walten. 
(Wurzel valt.) 


Walte, waltete, gewaltet (früher wielt, geiwalten), walten 
(goth. valda, väivald, väivaldum, valdans, valdan; ahd. walte, 
- wialt, wialtumes, waltaner, waltan; mhd. walte, wielt, gewalten, 
walten; alt. waldan, agi. vealdan, lithau. waldyti, lat. valere. 
1) Gewalt über etwas haben, herrichen; 2) freie jorgende Anordnung, 
beliebiges \orgendes Beſtimmen ausgedehnt ausüben; 3) allgemeiner 
ein übermögendes Dafein haben. (Das VBerbum ift nun gauz in de 
ſchwache Form übergegangen.) — Wie er die fachen wielte. Helden 
bud, vom J. 1560 Bl. 34. Aller furzweil er wielt. H. Sad. 
. Große treu und Freundichaft fie wielten. H. Sachs. Da but Stei⸗ 
nen geichalten und gewalten. Zichudi, Ehrouif 1, 172. Sie haben 
den Gotteödienft verwalten. S. Frand, Germania Bi. 42%. — 
Weil er des Reiches waltete. Voß. Und drinnen waltet die züch⸗ 
tige Hausfrau. Schiller, Glode. Laß föniali des Gaftredyts Fülle 
walten. Schiller, Neneis 2, 10, Daß biebei eine Art Abyichtlichkeit 
durchwalten mußte, lag in der Sade. Göthe, Campague in 
Frankreich. Pempelfort Nov. Die Ordnungen rings zu Durchwalten. 
Voß, Ilias 4, 230. Die bier obwalten jo herrii.h. Voß. Du du 
nunmehr ein anderes feiges Kriegsvolf führteft, nur nicht uns o bwal⸗ 
teteft. Bob. Wie an der nordiſchen Elb' obwalt’ unbändiger 
Winter. Voß. Berwalten |. S. 536. 

Anm. Ju varticipieler Zufammenfegung fagt Ramler: Sei veines dich lier 
benden Baterlandes allwaltender Schutzgeiſt. 

Walter (ahd. walto, altj. waldo; Verwalter, Sachwalter; 
Anwalt (abd. anawalto); Verwaltung; Gewalt (abd. der und die 
k(g)a—, k(g)iwalt, mhd. der gewalt, altj. giwald, agf. gewald), 
gewaltig (ahd. k(g)e(i)waltic, mhd. gewaltec); gewaltfam; ge 


1119 


wältigen, vergewalten, vergewaltigen,. überwältigen 
(5. 229.) erklären fi) ans walten. — Heil dem großen guten Wal⸗ 
ter. Gampe. Daß andenfendes Boll Obwalter mid nennt und 
Erzenger. Doß. Kluge Berwalterin ftets der geheim zufließenden 
Wohlthat. Voß, Luife 3. bh. 419. Ein warmer Anwalt ift Graf 
Schrewshury. Schiller, Marin Stuart 2, 3. Wenn er fogar an der 
Staatsverwaltung Antheil nimmt. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 6. 
Bir und abtrogen laffen durch Gewalt, was wir der Güte weiger- 
ten? Schiller, Tell 2, 2. So wahr ift es, daß Zugend, Beritand 
und andere Gaben des Geiftes und des Herzens, im einer ſchönen 
Geſtalt mehr Reiz und rafchere Aligewalt auf alle Herzen, fogar der 
tobeften Wilden haben. Wieland. Doch unnatürfich war und neuer 
Art die Kriegsgemwalt in dieſes Mannes Händen. Schiller, Wal- 
-fenftein. Der fodann aus feiner Machtgewalt die Nitter ichuf. 
Göthe, Meifterd Wanderj. 3, 6. Um Rettung aus des Todes Nacht⸗ 
gewalt. Göthe, Eugenie 4, & Dem der Sohn des verborgenen 
Kronos Zepter gab und Gelee, dag ihm die Obergewalt jei. 
Voß. Wie verborgen ihr zu mächtiger Parteigemwalt euch bebt. 
Göthe, Eugenie 3, 1. Schnaubt's heran mit Sturmgemwalt. Göthe, 
Fauſt 2, 42. — Sie rollten gewaltige Felſen Eis. Bürger, Lied v. 
br. M. Es zwinget mid, des Hungers allgewaltige Noth. Göthe. 
Ihr habt euh gewaltfam zugeeignet, was ich euch noch heut zu 
übergeben Willens war. Schiller, Marin Stuart 1, & — Daß der 
hund mocht den hajen vergwalten. H. Sachs. Einen verunrechten 
und vergewältigen. Kramer, Landtagsh. 10, 181. Die Feinde 
ſollen jn nicht beweldigen. Luther, Bibelüberſ. Pf. 89. 20. Wenn 
ihn die eurige (Hand) überwältigte. Göthe, Goͤtz v. B. 1. 

Gewaltamt, —anmaßung, —brief, — durſt, —führen, —geber, 
—gericht, —haber, — handlung, —herr, —herriſch, — herrſchaft, 
—herrſchen, —raub, — richter, —thäter, — thätig, —thätigkeit, 
—träger u. a; Anwaltſchaft, Anwaltsgebühr. — Seines 
mordenden Stahls Blutbegier und der Rechte Gewalthieb. Pyrker, 
Tuniſias 9. Gewaltlüſterner Empörer! Benzel-⸗Sternau. Mit 
des Krieges Gewaltſchritt. Sonnenberg. Allen drohen fie in dreifter 
Gewaltſprache. Meyer. Keinen neuen Gewaltfireich, Bruder! 
Huber. Wie gierig die Hab- und Gewaltſucht ... greift. Benzel- 
Stemau. So hab’ ich mit eignem Neß verderblich mich verftrict, und nur 
Gewaltthat kann es reißend löfen. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 4. 
Der General follte duch einen Gewaltzug mitten durch des Fein- 
des Land das fpaniiche Heer umgehen. Poſſelt. 


Anm. Walpode, eigentlich Waltbote (ahd. waltpoto, kiwaltpoto, mhb. 
waltbote) Geſandter ves Herrfchers, if entſtellt. 


1120 


Salzen. 
(Wurzel sal—t.) 


Salz, falzte, gefalzen (zuweilen gefalzet), falzen (gotb. salta, 
säisalt, säisaltum, saltads, saltan; ahd. salzu, sialz, stalzum&s, 
salzaner, salzan; mhd. salze, sielz, sielzen, gesalzen, salzen; 
altn. salta, lat. salire) mit Salz beftreuen, würzen. Ab—, an, 
be—, durd—, ein—, verjalzen (ſ. ©. 829). — Da priet Te 
bias ein ſtucke des viiches, das ander tail das jielzen jv. Schmeller 
3, 340. Und wenn ſie dann Maden gewannen, ſielz er fie em. H. 
Sachs. Und ein friih geſalzenes Fleiſch befand fi im Zroge. 
(Söthe, Reineke Fuchs. 3, 310, Bayern bat früher gunz Schwaben 
und die Schweiz befalzen (mit Salz verfehen.. Schmeller 3, 41. 
Daß die Hausfrau einfalzen und räuchern muß, um vie Küche des 
ganze Jahr zu verforgen. Göthe, ital. Reiſe Neapel 28. Mai 1787. 
Biele Köche verjalzen den Brei. Göthe, ſprichwörtlich. Ich habe 
zweien die Freude verjalzen. Shaffpeare, K. Heinrich IV. 1. ZbL 2,4. 

Salz (goth. salt, ahd. mhd. salz, agſ. sealt, altn. salt, ſchwed. 

engl. salt, Holläud. sout, franz sel, ital. sale, poln. sol, böhm. sel. 
lat. sal, gr. &s, funffr. sara); falzig, dafür auch zuweilen falz, 
falzen. Die Sulze und Sülze (ahd. sulza, mhd. sulze, ital. soleio) 
— Salzbrühe; fulzen (in Sulze einlenen), Sülzer. Mehr der Bolls- 
ſprache angehörig find: ſulchen, ſulhen, ſulen (in Salzwaſſer 
beizen oder gebeizt werden); die Sulch, Sulb, Sul (Waſſer, das 
von eingefalzenem Fleiſch 2c. zufammenfipt, Salzbrühe). — Die Ge 
birge, welche feine Muicheln, feine Steinfohlen und feine Salze ent- 
halten... nennt man Urgebirge. ©. H. v. Schubert, Bildung der 
Erdoderfläche. Schifft' er durch die ſal zige Fluth des breiten Helles 
pontos. Goͤthe, Achilleis. Auf ſalzem Feld (Meer). Fr. Spee (17. 
label) Die jalze Meereswoge. Kojegurten. Der (Kahn) Pier 
alze Flut beführt. Shufeipeure, Romeo und Julie 3, 5. Ihr Geil: 
Iichen feyd ein Salz der Erden, jpricht der Herr, em Salz, lem 
Sulz, fein ſchweinene gar nit. PB. Abraham. — Laßt's mit Aſchen⸗ 
ſal durchdringen. Schiller, Glocke. Hajeln... müſſen verbrannt zu 
Stoff des Todes mit beißendem Erdjalz bier fih vermählen. Clau⸗ 
dius. So verbinden wir das Del durh Laugenſalz mit dem Waſſet. 
Göthe, Wahlv. 4, 4. 

Salzabgabe, —ader, —amt, —beere, —bereiter, —berg, — 
werk, —binfe, —blumen, —blüte, —bohne, —brodem, — brühe, 
— brunnen, — büchſe, —bund, —butter, —erde, —faß, —fluß, —fuhre, 
— führer, —fütterung, —gaft, —geift, —genuß, —geſchmack, —ges 
werk, —graf, — grad, — grube, —gurfe, —handel, —händler, —bis 
Find, —haus, --heiht, — herr, — junker, —faper, —fürner, —kaſten, 
—floß, —Elumpen, —fnappe, — koralle, —korb, —torn, — kothe, 


1121 


—kram, —kraͤmer, — kraut, —frebs, —hiftell, — krücke, — kuchen, 
— lake, — lecke, —mann, — markt, — maß, —mefler, — meſte, — mo⸗ 
raſt, —mühle, — mutter, — natter, — niederlage, — ordnung, —pacht, 
—pähter, —paß, —pfanne, —pfäuner, —pfennig, —pflanze, — preis, 
— probe, — quelle, —rinde, —rinne, —jamenkraut, —fäule, —füure, 
—haufel, —ſcheibe, — ſchiff, — ſchlange, — ſchmant, —ſchöpp, --Ichrape, 
— ſchreiber, —ſchwaden, —ſchweiß, —ſee, —fieder, —ſiederei, — ſode, 
— ſohle, — ſpindel, — ſtaͤtte, — ſtein, —fteuer, —ſtock, —ſtrauch, —ftube, 
— ſtück, — ſumpf, —theil, —tonne, —topf, —trodenofen, — trog, 
— verſilberer, —verwalter, — verwaltung, —wage, — wagen, —waſſer, 
— werk, —weien, — wirker, —zins, —zoll u. a.; Sülzfleiſch, —milch, 
—ſtube. — Es haben auch die ſalzbuben oder arbeiter alle wochen 
einen ruhetag. Merian. Als Eur Taucher den Salzfiſch hängt' an 
ſeine Schnur. Shakeſpeare, Antonius und Cleopatra 2, 5. Dort er⸗ 
ſtreckt ſich ein ſpitziger Fels in die Salzflut. Voß. Gleichwie ein 
Raubgeſchwader im Salzmeer. Voß. (Die Woge) ſpeit von ferne 
den Salzſchaum. Voß. 

Anm. 1. Mit Salz und Sulz find verſchiedene Eigennamen gebilbdet: 
Salzach, Salzburg, Sulz, Sulzbach, Sulzgau. 

Anm. 2. Salzwedel (in ven älteſten Urkunden Soltwideln, Soli⸗ 
wedeln geſchrieben) iR nah W. Gliemann (Archiv für das Studium ber 
neueren Sprachen IV, 1, 202 f.) zuſammengeſetzt aus Sol (unfruchtbare, feuchte 
Niederung) und tmedel (von eo — verweilen) im Sinne von Wohnſitz, Ort, 
wo man fich angefiedelt bat. Der plattveutfche Dialekt fpriht Soltwel, 


Fangen (othteriih faben). 
(Wurzel fah. 1].) 


Bange, fieng, *) gefäugen, fangen und fahen (goth. faha, 
fAifah, faifahum, fahans, fahan; ahd. fanku, fiank, fiankumes, 
fankantr, fankan und fähan; mhd. vähe (für vange), vie und 
vienc, viengen, gevangen, vähen; alti. fahan, faan, agſ. foan, 
fon, altn. ſa, fänga, engl. fang, ſchwed. fa, fanga, dän. faae, ſchweiz. 
fohen, foihen, fähen, baier. fahhen, fäuhhen, mittelniederl, vangben, 
neuniederl. vangen) mit der Grundbedeutung der Freude über den 
Beſitz einer Sache, bezeichnet nhd. 1) mit einem Dinge, womit man 
zufammenfaßt, etwas fejtnehmen; 2) (in weiterer und uneig. Bed.) 
einen Fliehenden erhafchen und feftnehmen; 3) befeftigen, einjchließen; 
4) vom Feuer, von Leidenfchaften ſchnell entzündet, leicht ergriffen 





12) Grimm nimmt als Wurzelverbum ein goth. faihan an, was fi im ahb. 
kiföhan — fich freuen erhalten hat. Davon das gutb. fagindn, altn. fagna — 
fi freuen, goth. faheds — Freude. Mit fahan verflocht ſich allmälich das aus 
einem verlornen goth. fingan gebildete fank(g)an, 

2) Faͤlſchlich fing (hing, ging) gefchrieben, indem man ie ale Dehnung 
betrachtet, was es nicht if. 

71 


1122 


werden; 5) (zurückbezüglich) un feine Freiheit fonımen, Durch Gera 
then in eine Schlinge ꝛc.; 6) aufgefaßt, eingeichlofien werden. — 
Gefangen haben wir fie immer. Schiller, Piccolomini 2, 1. Zeit 
lebens foll ich ein Gefangner jein von dieſem Kamen. Daſ. 1, + 
Ir Schoͤnheit fieng fein hertz. Luther, Bibelüberf. Judith 16, 11. 
Seitdem fing mancher Schäfer aus Ehloris Augen Feuer. Hagedorn. 
Und das Mädchen ftehbt gefangen, und fie weint zum eritenmal. 
Goͤthe, der Gott und die Bajadere. — Er folle mid fahen. Götke, 
Benvenuto Cellini 2, 1. | 
Berhaften Ci. baften S. 333. 1105) der Freiheit beraubend feſtnehuren zur 

Unterfuhung und Sicherheit. Die andern Synonymen |. &, 787. — Wie 

ſchmaͤhlich der berühmte Voltaire in Zoanffurt fei verhaftet worden. Gälke, 

Leben 3. 2. 

Anm. Fiſchart fügt (Gargantua S. 470): man fieng an ... wann Nr 
Fiſch augler z0g zu feuh, fo fung er nie 

Ab, an — (S. 62.187.558), auf —, aus — be— (S.484), ein—, 
emp — (©. 17 30), nach —, über—, um — (S. 378), unter — (5.3. 
266), ver— (5.680), vor—, wen —, zu ‚zufammenfaugen. — Und 
dabei, gleichwie ein ernſtes Gerhäft abfangen den hüpfenden Floh 
fh. Platen, die verhängnißvolle Gabel 4. Und fo geitelt ihn ab- 
zufangen hart er de8 Gegners ohne Bangen. Kinkel, Otto d. Sc. 
2. Einige Bauten, die er unternommen, ja fogar angefangen batte, 
wurden eingeftellt. Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1, 11. Er fing’ 
klein an. Schiller, Wallenfteins Lager 7. Beſtürmt von Lieb’ und 
Zärtlichkeit, wollt’ ich ſchon an zu reden fangen. Gellrt. So fell 
die Fram von newen anvengen (d. i. die beim Antritt eines Lehen⸗ 
gutes fchuldige Gebühr an den Grundherrn entrichten). Mon. boiea 
2%, 513. Kein Schild fing deinen Mordftreih auf. Schiller, Wal⸗ 
lenſteins Zod 3,9, Briefe freilich, von dem Infanten aufgefangen, 
müßten bier Wirkung thun. Schiller, Don Karlos 2, 12. Einen 
auffangen (einfriedigen). Mon. hoica 8, 278. Bon einem Ta 
zu adern, ſammt abrainen und ausfangen.!) Wiltmeifter v. %. 1747. 
Ungerechtes Gut befängt die Seele. Göthe, Fauſt 1, 145. Dem 
mit den Todten hab’ ich mich niemals gem befangen. Daſ. Prolog. 
Indem fah umfer wandernd Baar ſich unvermerft in einem Park be- 
fangen. Bieland. Liebfter, komm’, ihn (den Schmetterling) eins 
zufangen. @öthe, Schadenfreude. So ainer agfher oder ännger 
will einfenngen (mit einem Graben umgeben), der fol gegen jeinem 


1) Hierzu bemerft Schmeller: Beym Umpflügen eines Feltes werden (in ber 
Oberpfalz) die beyden Abhänge von jedem ſchmaalen Ackerbeet (Bifang) fo weg: 
sgeſchnitten, daß nur die Mitte deffelben ale ein Rain übrig bleibt. Diefrn Ruin 

nun durch den mitten durchgehenden Pflug rechte und links werfen, fo daß zu 
beyden Selten neue Bifänge entſtehen, ker da, wo vorher ein Bifang wer, 
eine Bürche wird, heißt ausfangen. 





1123 


Nachpern anderthalb werchſchuch ligen laßen. Münchner Magift. Ordn. 
v.1489. Barum kommt er nicht, um feinen legten Segen zu empfan- 
gen? Schiller, Tel 4, 2 Empfangt ihn (den Degen) neu zu— 
rück aus meiner Hand, Schiller, Wallenfteins Tod 2,6. Mein Danf 
noh zu empfabn. Göthe, Fauſt 2, 298. Da mid ein graulicher 
Tag hinten im Norden umfing. Göthe, röm. Elegien 7. Umfängt 
mic nicht der weite Himmelsſchoß? Schiller, Maria Stuart 3, 1. 
Pfänderfpiel und dritter Mann wollten nit verfangen Göthe, 
Fauft 2, 8. Wenn der Sturm in diefer Waſſerkluft ſich erft ver- 
fangen. Schiller, Zell 4, 1. Wie fie einem Herrn gram wurden, 
fingen fie ihm etwa einen Sohn weg. Göthe, Egmont 2. 

Anm. Die Particiyien geſtatten noch andere Zufammenfrgungen z. B. Daß 
er kriegsgefangen ſich ſah Ryrker, Rudolph 9. Nicht möglich iſt's, mit fo ges 
ringer Mannſchaft ſolch einen Staatsgefangenen zu bewahren. Schiller, Wals 
ĩenſteins Tod 4, 6. 

Befangen (Partic. von befangen) eingenommen von, parteiiſch 
für etwas; verlegen, verwirrt. Davon Befangenheit. — Umfan- 
genheit it neu gebildet. — Dort trug ich die fchwierigfte Sache 
vor einem befangenen Richter. Voß. Gib mir den feltuen Mann 
mit reinem, offnem Herzen, mit hellem Geift und unbefananen 
Augen. Schiller, Don Karlos 3, 5. Ein Gemijch von jungfräulicher 
Befungenheit und innigem Selbftbewußtjein. Wieland. Zu jchnell 
verrauichte Sabre der Unbefangenheit. Matthiſſon, die Kinder- 
jahre. Da drüngt es (das geiltige Leben) ringend fi hervor aus 
der Umfangenheit von irdiihen Gemwalten. Ziedge, Urania 5. 

Mit unbefangen (unbeſchroͤnkt durch foldyes, was der Seele, wie dem 

Geiſte, vie offene Aeußerung benimmt, es mag dies Benehmende nun Gerlens 

Riınmung, Leidenſchaft 2c. oder Meinung, zurüdhaltende Rüdficht ze. fein) it dreiſt 

(1. S. 181 u. erdreiften 8.205) finnverwandt, das fih nur auf Unbefchränfts 

heit durch Furcht bezieht und nicht bloß ein Ausichließen von Befchränfendem, 


fondern ein zuverfichtliches Vorgehen, gleihfam ein Borwagen im Handeln _ 


ausbrädt. — Darüber fpottete fie und fagte dreiſt, fie hätten Unrecht. Gellert. 

Fänger (ahd.fangäri) eine Berfon, zuweilen Sache, die fängt, auch bloß 
an fi lodt: An— (©.1081), Empfänger u. a.; Fängerei, fängerifch. 
— Ich will ihnen mit meinen Fängern (Fangzaͤhnen) Den Bauch fchligen. 
Schiller, Räuber 2,3. Im Gürtel Dolh und Fänger blinft. Red— 
wig, Amaranth. Die Mißtöne der Anfänger find in gewiffe Ein— 
fiedeleien verwielen. Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 1. Welch ein 
Gläd für den Geber und Empfänger! Göthe, Meilters Lehr. 4, 
2. Ein Empfänger babe fid fo gut zu febämen wie eine Empfän- 
gerin. J. Paul, Titan 58. Den Diebfänger zu nennen. Daſ. 
37. Du bit der ewige Grillenfänger Schiller, Fiesko 1,7. 
Seine Grillenfängereien baben alsdann eine wahre Unterlage. 
Goͤthe, Morig als Etymolog. Um dic) einem mißgeichaffenen, gril« 


Te 





1124 


lenfängerifhen Bdotier an den Hals zu merfen. Wieland. Stelz 
auf den Hirſchfänger. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 4. Ich bin... 
der vielgereifte Rattenfänger... Mitunter au ein Kinderfär- 
ger... Gelegentlih ein Mädchenfänger. Göthe, der Rattenfänger. 
Mit Srillenfänger (der in trüben, ſeltſamen, wunderlicyen Ginfäilen 

mit eigenfinniger Stimmung, Grillen, befangen if und ihnen nadhängt) fin 

> Annverwandt: Phantaſt (griech. yarrasırz — ber fidh brüflend oder prah- 
lend zur Schau Stellende) der in ungezügelter, regellofer Bhantafle Befungene 

und hierin Ausfchweifende, woraus fonderbare Ginfälle hervorgehen, vie ihem 
einen närrifchen Yuftrih geben, und Schwärmer (f. Sgwärmerei ©, 

221 und Herumfhmwärmer S. 870) der in dunkelen Gebilden feine Bors 

flellungsfeaft und in dunfeln Gefühlen, weiche der Menſch mit feiner Bernunft 

nicht beherrſchen kann, und von denen er fortgerifien wird, orbnungselos ums 
ſchweift, fo daß er nicht zur klaren Anſchauung zur Beſinnung fommt, vie 

Gebilde für Wirtlichfeit nimmt und demgemäß redet oder überhaupt that. 

Die Binfälle können angenehm wie unangenehm fein. 

Fang (ahd. agſ. altır. fang, mhd. vane) 1) die Handlung des 
Fangens; 2) das, was man fängt; 3) der Ort, wo man fängt; 4) 
das Werkzeug, womit man etwas fänat; 5) Gebiß und Klauen der 
Raubthiere (ſ. S.1021); 6) (Jaͤgerſprache) Biß eines Hundes, Stich 
mit dem Hirichfänger 2c.; 7) (im Bergbau) Grube, die ein Gewerbe 
empfangen hat; 8) (veraltet) Feldfrüchte (davon fängen, fengen 
- — Naturalerträgniffe beziehen, einbringen). An—, Auf--, Aus-, 
Bi—, ) Ein—, Emp—, Jür—, Nach —, Ueber —, Um-—, 
Ber—, Vorfang u. a. — Wir werden einen guten Fang 
thun. Göthe, Goͤtz v. B. 2. Feng (Gruben) jahen. Lori, Berg- 
recht 350. Alle fenng und Frücht, Die auf den Gründen wachſen. 
Amberger, Rechtbuch. Frücht, Zing, Gült oder Nugungen zu gebür⸗ 
licher Zeit fengen oder einbringen. Lehnordn. v. 1553. WBaun der 
Bauersmann nit fo vil Früchten, als er ausfäet, wieder einfänget, 
fo hält mans vor ain unfrudhtbars Jahr. Urbarsgebrauh S. 104. 
— Auch war der Anfang ihren Wünichen hold. Schiller, Piccolo⸗ 
mini 1, 7. Totväl oder Anveng (j. oben anvengen). Mon. boica 
2, 489. Die Zorftmeifter follen feinen Auffang (Einfriedigung durch 
einen Graben) erlauben an den Enden, da Holz wachſen möchte. Kren- 
ner, Landtagsh. 18, 334. In dem erften (Feld) ligen fiben By 
fanng, in dem andern veld dreyzehen Pyfang. Mon. boica 5, 81 
v. 3.1438. Wird jemand beklagt, er bab von der Gemein was ein- 
gefangen, und beftehet ed, der foll den Einfang wiederum hin⸗ 


— 





1) Bifang (ahd. p(b)iſang, nıbd. bivanc) der Ackerbalken, die beim wieder⸗ 
holten Hins und NHerfahren mit dem ’fluge, mittelt des Pflugmeflerd und der 
Pflugſchar losgefchnittenen Streifen Erde, melde, durch das Streichbrett gegen und 
über einander geworfen, eine Grhabenheit (mehr vder weniger fchmales, durch Fut⸗ 
den eing-fangenes, befangenes Beet) zwifchen zwei Vertiefungen (Furchen) bilden. 








1125 


— — — — — 





wegräumen. Lori, Lechrain 25. Tit. 5. Art. Dreifach würdig ſei 
geſegnet ein ſolcher Empfang! Göthe, Fauſt 2,210. Vornehm⸗will⸗ 
kommnen Gaſtempfang verkündet es. Daſ. 2, 209. Wohlem— 
pfang bereitend mir. Daſ. 2, 208. Dem Richter ſeinen Fürfang 
(Voreinnahme) geben. Kreiner, Landtagsh. 16, 23. Auf dem hohen, 
uralten Burgraume liegt das neue Girgenti, in einem Umfung, groß 
enug um Einwohner zu faffen. Göthe, ital. Reije 24. April 1787. 

ic wollen den ganzen verborgenen Umfang eurer Erlöjung durch» 
ſchaun. Klopftod, Meifias 1, 424. — Gebt den Ham und Gril- 
lenfang, gebet ihn den Minden. Hölty. Eilend zum Wallfiſch— 
fang’ in fchanfelnden Booten. Byrker, Rudolph 3. Wil Vogelfang 
dir nicht gerathen. Goͤthe, fprihmwörtlid. Ein Rauchfang ift dir 
auch gewiß. Göthe, Kauft 1, 72. Ihn verdroß, das gute verftändige 
Geihöpf in den Händen eines Wildfangs zu wiflen. Göthe, Mei- 
fterd Wander. 1, 9. _ 

Fängig und fängli find nur in Zuſammenſetzungen gebräudy“ . 
lih. — Der Kaifer felber haltete gar ein einfängig und einzogne 
Hofhaltung. Bopn. Mirakel. Daß ich unmwiderftehlih nah uran— 
fänglichen Zuſtänden hingezogen werde. Göthe, Meilters Wanderj. 
2, 11. Bier Sprachen verfteht er umfanglid. Wolfe Welcher 
Behörde durfte man zumuthen, die eingehenden Schriften, welche nicht 
anders als umfänglich fein konnten, felbft von dem beften Stopfe 
ausgearbeitet, durchzuprüfen? Göthe, Tag- und Jahreshefte 1804. 
Wodurch fie alles, was im mindeften verfänglic fchien, von fi 
abzulehnen wußte. Göthe, Wahlv. 2, 5. Allein auch mit dem beften 
Dorfage gelang es den Fremden nicht die Freunde dießmal mit einer 
unverfänglichen Unterhaltung zu erfreuen. Daf. 2, 10. Daß 
haben wir ein aleichniß in der natur, Das nit in allen krankheiten ein 
arzney verfänuflich (die beabfichtigte Wirfung hervorbringend) ift. 
Geiler von Keifersberg. J 

Empfänglich = in dem Zuſtand, Einwirkungen in ſich aufzu« 
nehmen. Davon Empfänglidfeit. — Zu einer andern Zeit hätte 
ich e8 vielleicyt nicht jo reigend gefunden, als diegmal, da es mid) fo 
empfänglicd antraf. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 7. (Wir find) ge- 
gen jo holde Anerbietungen unempfänglid. Göthe, Leben 13. B. 
Die Zufchauer... batten mehr Empfünglichkeit für das Außeror- 
dentliche. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 13. 

Das finnverwandte fähig f. €. 1127. | 

Fängniß (ahd. fangnissa, mhd. vancnusse, agſ. fangennesse) 
ift veraltet und faſt nur noch in Zufammenfegungen gebräuchlich. Fäng⸗ 
nufjen, Befängnnfien — Jemanden gefangen jeßen finden fid) noch 
im 17. Jahrh. — (Daß) Ihr Euch bis auf die nächte Sonnenmwende 
unfeblbar in die Fängniß wieder ftellt. Uhland, Ludwig d. B. 4, 
Die Oper ſtimmt durch die Madıt der Muflf und durch eine freiere 


1126 


—— — — — — — 


harmoniſche Reizung der Sinnlichkeit das Gemüth zu einer ſchönen 
Empfängniß. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 397. Daß es ihnen 
auch nicht die Freude der Selbftempfängniß gab. Herder. Er 
(der Bogel) fchleppt des Gefängniſſes Schmach noch ein Stüdchen 
des Fadens nad). Göthe, an ein goldnes Herz. In der Gefängmiß 
Luſtgemache. Rüdert, gel. Ged. 2, 124. 

Mit Befängniß (mhd. bie gevancnusse, Zuſtand des Gefaugeufeins; 
jeder Ort, we fi Jemand in eimem ſolchen Zußande befindet) iR finnsrrmantz 
ber Kerker (goth. karkara, abd. kich)ark(ch)äri un: carceri, mb» ker- 
keere und kerker, von lat. carcer, gr. uugxapor) ıin enges, ſchlimmes Ges 
fängnig mit zwangvoller, harter Behandlung. — Bu ihm’ hinab in’6 öde Burg 
verließ bringt Feines Freundes Trof ... Wenn er erfranfte! A, in des 
Kerkers feuchter Finſterniß muß »r erfranfen.... Gr kann nicht leben in 
dem Hauch der Brüfte. Schiller, Tell 4, 2. Wollten ibn drauf tie Nürnberger 
Herren mir nichte, dir nichts in’ Garcer fperren. Schiller, Ballent. Laa. 7. 

Fangball, — brief, —buhne, —damm, —geld, —beufchrede 

—leine, —lufl, — meſſer, —reufe, — ſchürze, —ftod, —ſtrick, — tag, 
—vogel u. a.; Anfangsbohrer, — buch, — grund, — lehre, —Iinie, 
—ſchule u. a; Empfangnehmung u. a.; Verfangkraut, —redit; 
Gefangenaufſeher, —hüter, —nehmung, —ſchaft, — wärter; Ge 
fängnißſtrafe. — Die wenigen Kammerjäger, die mich leſen, müfſſen 
dieſe Fangart häufig gebraucht haben. J. Paul, Heſperus 1. Sie 
freuete ſich, daß Viktor feinen alten Zreund von den Fangeiſen und 
Fanazähnen diefes Wüftlings wegführen würde. Dal. 3. Zog m 
Grauen der Nacht das weitumjchwimmende Fanagnetz nad) dem glei» 
tenden Kahn. Pyrker, Zunifias 8 Mich beraufcht fie, die mit Jagd⸗ 
rohr und mit Fangſtahl an dem Leibgurt auf der Wildbahn fi 
einberihwang. Voß. (Wo) für die Naht Fangzeug auslegte ber 
Fiſcher. Voß, Luiſe 1, 754. Ein anfangloies Urweſen. Bragır. 
Er ſah unverwandt auf das Armſchloß, Das, zu feiner größten Ber- 
wunderung, die Anfangsbudftaben jeiner Namen in brillantenen 
Zügen jehen ließ. Göthe, Meifters Lehrj. 3, 12. Die Anfang 
eindrüce der wejentlichen Gegenſtände unferer Erkenutniß. De 
Die Unfangspunte des Unterrichts. Peſtalozzi. (Ich muB) bes 
ginnen mit den Anfangsregeln. Shafeipenre, der Widerfpenftigen 
Zähmung 3, 1. Da fing nun einer die erfte Anfangsiyibe auf. 
Herder. Diefe Vorausiegung verträgt fih nicht mit den Anfang 
verfen. Eihenburg Er nahm mit der heitern Ruhe des Alters Das 
Anfangswort auf, welches id im Sturm und Drang des jugends 
lichen Feuers verlaffen hatte. Benzel-Sternau. Die Anfan gszeilen 
eines Gedichts. Eſchenburg. (Sie) laſſen einen Empfangſchein für 
mich geben. Schiller, Briefw. mik Göthe 2, 204. Nach den gemöhn- 
lichen Empfangsbegrüßungen. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 4 
In ew'gem Kerker will man mich bewahren, und meine Rache, meinen 


1127 


Mechtsanſpruch mir mir vericharren in Gefängnißnacht. Schiller, 
Maria Stuurt 1, 6. 

Fähig (von fahen) eig. wem eine gewiffe Einwirkung aufzu⸗ 
nehmen eigen it, daher überhaupt wem die Kraft und die Thätigkeit 
eigen ift, eine gewiſſe Beſtimmung wirklich zu machen. Davon Fä— 
higkeit (©. 505), befähigen. — Des Schönen find die Menfchen 
felten fähig, öfter des Guten. Göthe, Meilters Wander. 1, & 
Daß fie nicht bloß gelehrte und eigentlid gefhäftsfähige, fondern 
auch geitreiche und vielveriprechende Männer in ihre Dienſte aufnah⸗ 
men. Göthe, Leben 12. B. Wo der Maun erft liebfähig wird, 
Söäthe, Wahlv. 1, 2. Selbft diejenigen Handwerker waren raths— 
fähig. Göthe, Xeben 17. B. Beil e8 an Bahlfähigen fehlte 
Klopfod, Gelehrtenrepublik. Jeder rvechtichaffene Menſch wird aller- 
Dings befliffen jein, seine Fähigkeiten immer weiter auszubilden. 
5. Schleiermacher,, daß die Vorzüge des Geiftes ohne fittliche Ge⸗ 
finnungen feinen Werth haben. Der Bildungsfähigkeit eines 
Menſchen fommt das Licht der Natur, welches immer thätig ift, ihn 
über jeine Zuſtände aufzuklären, auch bier gar freundlich zu flatten. 
Göthe, Leben 10.8. Jarno, der von bergmänniichen Unternehmungen 
und den dazu erforderlichen Keuntniffen und Thatfähigleiten den 
Sinn voll hatte. Göthe, Meifters Wanderj. 1,4. Sein äußerer Sinn 
wird dadurch mit feiner innen Urtheilsfähigkeit außer Gleich- 
gewicht geſetzt. Daſ. 1,10. Sein Alter und feine Erfahrungen, meint 
er, befähbigten ihn dazu. Campe. 

Das Vermögen (mhd. mugent, mugenheit, mugentheit, älternhd. ver 
mugen) allgemein das Geeignetſein, das ein Ding hat, etwas zu wirken, Die 
andern Synonymen f. ©. 505. — Und ich dank' es meinem Edyöpfer, daß 
er mir, enih zuzureden, euch zu reinigen die Seele, Kraft no und Ber⸗ 
mögen fchenft. Herder, Eid 22. 

Finger (goth. figgrs, ahd. f(v)ink(g)ar, mhd. vinger, altn, 
fingr, agj. finger, engl. dän. jchwed. finger) von fingan (j. oben ©. 
1121), davon Fingern. — So gleiteten fie fanft an meinen Fingern 
hinauf. Göthe, Leben 2. B. Das ift Gottes Finger. Luther, Bi⸗ 
belüberf. 2, Mof. 8, 19. PBurpurblumen, die frehe Schäfer gröblicher 
benennen, doch zücht'ge Jungfraun todte Mannesfinger. Shake— 
ſpeare, Hamlet 4, 4. Drückt er den Ring des Mittelfingers. 
3% Paul, Titan 5 Als die dämmernde Eo8 mit Rofjenfingern 
emporftieg. Voß, Odyſſee 9, 560. Bei mir (iſt e8) der Schreib- 
finger. J. Paul, Titan 33. Und er richtete den Zeigefinger 
nad) dem weiten aussejpannten Teppich. Göthe, Amor als Lands 
Ihaftsmahler. — Er fingert um den Puls. Hagedorn. Friſch nimm 
die Flöte her, du mußt mir etwas fingern. Rot. Saftige, kraut⸗ 
artige Stengel mit großen, bald pfeilförmigen, bald gefingerten, 
bald länglichen Blättern. A. v. Humboldt, Ideen zu einer Phyfion- 





1128 


nomif der Gewaͤchſe. So glaubte nun jeder, der nur ſechs zählen 
fonnte, einen Hexameter abfingern zu können. Voß. Es ging wid 
Zeit verloren, fie (die Lichtſchere) aufzufingern (vom Tiſch anfze- 
heben). Lichtenberg, Geſch. d.Lichtpuge. — Wenn Ihr mit Eurer Fingerei 
(Muſik) bei ihr durchdringen fünnt, gut. Shafeipeare, Cymbeline 2, 3. 
Fingerbein, —beuger, —blutader, —fiih, —flähe, —gamg 
— gelent, — geſchwür, —glied, — gras, —handſchuh, — hut, — Hüter, 
—ig, — fort, — kraut, —kuppel, —ling, —muſchel, —muskel, —us 
nel, — nagelneu, —rechnen, —reif, —rüden, —rüdennerve, — ſchlag⸗ 
ader, —Ichnede, — ſtein, —flod, —ftreder, —ftüd, —tud, — wm, 
— zahl u. a; fingersbreit, — did, —hoch, —lang. — Aber die mer- 
fien Fingerarbeiten, womit man das weiblide Quedfülber firzt. 
J. Paul. Mißtrauiſch aufgefchredt von jedem leifen Wort trägt a 
die Augen num an feinen Fingerenden. Wieland, Dberon 7, 18 
In dem löniglihen Schatz lag ein ungeheurer goldner Fingerring. 
Göthe, Die neue Melufine. Daß ihre des Fingerſatzes Aunft be 
greift. Shafeipeare, der Widerfpenftigen Zähmung 3, 1. Andere be 
jtimmen das Sapphiiche Versmaß aus einem Trochäus oder Wälge, 
einen Spondäus oder Tritt, einem Dactylus oder Fingerſchlag 
Stenzel. Weder Taſtatur noh Fingerſetzung ſchien zu einigem 
Gleichniß Gelegenheit zu geben. Göthe, Xeben 4. B. Alle Bernänf- 
telei ift nur aus Gefühl entflanden, und wird daraus nur Durch ein 
feineres Fingerfpiel entwidelt. Herder. Mit einmal erblidte ich 
auf weinen Fingerſpitzen ein allerliebites Mädchen herumtanzen. 
Göthe, Leben 2. B. (Da fie) das Hündefalten für die maureride 
Fingerfpracde anfah. 3. Paul, Hefperus 10. Ich meine den Fir 
gerwechſel (bei Mufifern). Göthe, Meifters Wanderj. 2, 9. Auf 
ihren Zingerzeig kommt alles an. Göthe, Iphigenie 4,2. Ir (bee) 
Nachbaurn merktens fern vnd nahen vnd fingerzeigend auff mid 
ahen. H. Sachs. 
b F 1. an (1. ©.4u.1056) wird, als den Begriff der erfrenenpe Gabe 
in fi fließend, von Grimm hierher (goth. faihan f. oben ©. 1121) geredgat. 
nm. 3. Die oberbeutfhen Zormen fechfen (auch fächſen), fechienen, 
einiechfen, einfehfenen— in die Scheuer bringen (die Feldfrüchte ıc.), mh 
anbauen, fönnen nach den oben (©. 1124) angeführten Fang 8 und fängen, 
fangen vielleicht bierher gerechnet werden, Fechſer (und Fädfer) ein in dw 
Erde gevflanzter Zweig eines Gewächſes, um dieſes fortzupflanzen. — Der legte 
hohlröhrige Schuß und Fech ſer des hohenfließer Manneſtammes. J. Baul, Titan 10. 


Hangen. !) 

(Wurzel hah.) 
—Dange, hieng, gebangen, bangen (goth. haha, häihah, hai- 
hahum, hahans, hahan; ahd. hahu, hianc. hiankumes, hankanfr, 


1) Wie bei faben und fangen, fo haben ‚fi auch bier zwei Berba ge 
miſcht: Haben und das aus einem verlornen hingan gebildete hangen. — Dem 





1129 


iahan; mhd hähe (für hange), hie u. hienc, hiengen, gehangen, 
‚ähen u. hangen, tranfitiv und intranfitiv, agſ. hangan, altn. hanga, 
ngl. hang, ſchwed. haenga, dän. haenge) 1) ſchwebend gehalten 
erden, von einem Körper geſagt, der an einem feiner Theile, ge- 
»öhnlich dem oberen Theile, von einem feititehenden oder befeftigten 
törper fo gehalten wird, daß er daran nod beweglich ift und die 
Eheile desfelben vermöge des Geſetzes der Schwere nad) dem Boden 
treben, auf den er füllen würde, menn jener Korper ihn nicht mehr 
ielte; 2) (uneig.) voll von hangenden Dingen fein: der Baum hängt 
oller Früchte, der Himmel voller Geigen; 3) fih an etwas jo feit 
alten, daß man Daran hängt oder zu bangen ſcheint; 4) ununter« 
rohen, feit auf etwas gerichtet, gleichiam angeheftet jein; 5) fi) etwas 
eigen: der Tiſch hängt; 6) im weitern Sinne fchweben. — In einer 
Stunde feh’ ich ihn bangen. Schiller, Wallenfteins Lager 10. Ob. 
em Altar hing eine Mutter Gottes. Schiller, Piccolomini 3, 3. 
18 Bid zu hbangen.. wird dein Bildniß hängen (fo nah Erfor⸗ 
ernıß des Reimes). Rüdert, gef. Ged. 1, 411. Und heiße, fchwere - 
‚hränentropfen hingen in meinem Ange. Schiller, Don Karlos 1,- 2. 
In dem falfichten Fels hängt von dem Morgen zum Abend euer 
Binzer mit emfiger Hade. Zachariä. Am Gipfel eines Waflerberges 
ieng pft mein Kahn hoch in der Luft. E. v. Kleiſt, Jrin. ie 
ft hieng unverwendet mein Auge an dem Hügel. Klopftod. Jener 
Fage denk' ich träumend, als ich, Engel, an dir hieng. Göthe. 

Hängen (in der Bolköfprache denken, ſchon ahd. bei Notker 
ıenchen, jonft ahd. hangjan, hengjan, aufhängen, nachgeben, bangen 
affen, mhd. hangen, hengen, aufhängen, nachgeben, zulaflen, agſ. 
angjan, altı. hengja) 1) bangen laffen; 2) bangen machen (eig. u. 
meigentlih). — Wie bangen für hängen, fo findet fi) auch hän— 
‚en für bangen, — Derſelbe Schalck fan den Kopf hengen.. und 
nft jehen. Luther, Bibelüberf. Sir. 19, 22. Laflen wir. und aus 
inanderfprengen, werden fie und noch den Brodforb höher hängen. - 
Schiller, Wallenfteins Lager 11. Und hängte das Schwert um die 
Schulter. Voß. Niht an die Güter hänge dein Herz. Schiller. 
Bas hängt ihr euch glei einem böfen Geift an meine Ferien! 
Schiller. Geld und Gut kann er confldciren, kann henken laffen 
md pardenniren. Schiller, Wallenfteins Lager 11. Wir haben nidyt 
Sattelhentens ‚Zeit. Göthe, Götz v. B. 5. 

Berhängen 1) durch etwas, was man vor= oder überhängt, ver= 
'ergen, verichließen; 2) unrecht, falfch hängen; 3) weit, vorwärts - 
angen laffen; 4) einem gejchehen, einem Thun nad)geben, nicht dDuges 


br. Spracigebrauche nach follte das neutrale Berbum heißen: bangen, bange, 
ängft, hängt, bieng, gehangen; das tranfilive: hängen, bänge,'hänaft, 
ängt, bängte, gehängt, Vermiſchungen beider Formen zeigen fi ſchon mhd. 








1130 


— 


gen, jondern viemehr dafür fein. — Aber fih auch jo zu verbängen 
und zu verwideln. Lichtenberg, erite Beilage zur Epiſtel an Göbhard. 
Die Unfichtbarfeit des Rittes machte einen Theil von deſſen Größe ans 
und die Moſisdecke verroppelte den Glanz, indem fie ihu verbieng. 
%. Paul, Titan 1. Schell gab ex feinem Pferd die Sporen und 
floh mit verhbängtem Zügel davon. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 4. 
Daß ich, vorgreifend den verhängten Stunden, mir eigenmädhtig 
mein Geſchick erforen. Schiller, Braut v. M. Ach unterwurf mich 
ſchweigend den Geihid, das Gott, mein Meifter, über mid ver: 
Dante Schiller, Jungfrau v. O. 5, 4 Weldyer Gott verbing 
der Erde dieſe Strafen? Tiedge, Urania 6. 
Zulaſſen |. ©. 780. s 

Ab— (S. 28), an—, aus—, be—, bei—, darnieder—, ein — 
empor—, eut—, ber— , herab— , herauf—, heraus , Herein—, 
bernieder—, berüber—, herum —, bherunter—, bervor—, bin—, 
hinab —, hinauf —, hinaus —, hinein —, hinüber —, binuuter—, 
hinweg —, mit—, nach —, nieder—, über—, am—, umber—, 
vr ,vor—, voran—, weg—, zu—, zurück—, zuſammenhanges 
und — hängen, dazu noch auf-, er—, unterhängen. — Ein Bein 
ſtock raukend in üppigem Wuchs und voll Hangender Zrauben. Voß, 
Odyſſee 5, 68. Unterhalb derfelben erblidte dus’ Auge Reiben vom 
niedrigen, janft abhängenden Hügeln. ©. Forſter, Otaheiti. Ber 
fennft du den Werth eines freien Rittersmannes, der nur abhängt 
von Gott, feinem Kaifer und ſich ſelbſt! Göthe, Götz v. B. 1- Klam⸗ 
mernd feſt fi) anzuhangen. Göthe, Beherzigung. So wird geſeg— 
net, wer Gott anhänget in Ehrfurcht! Voß, Luiſe 3.a, 365 & 
war eine auhangende (dauernde) PBeitilenz. Gem. Reg. Ehreuil 
4, 404 v. J. 1520. Herr meine Seele bleibt behangen an Dir. 
Opitz. Vnd da das Maul (Maulthier) vuter eine groffe dicke Eiche 
tom, bebieng fein Heubt an der Eichen. Lutber, Bibelüber. 2 
Samml. 18, 19. Maxentius bebing alſo todt an der Brüden. 
Aventinus, Chronik 1580. Bl. 226. Daß leider feine veredelte Sede 
in einem zerknickten Körper lebe, der ſchon tief ins Grub einhänge 
3 Paul, Hefperus 4. Und dem Bug enthbangen die Wumpen. 
Voß. Seinen Schultern enthing ein Pardelvließ. Bürger, Ilias 
3, 17. Denn über mir hing jchroff die Kelswand ber. Schiller, 
Zell 3, 1. Zerrißne Wolfen hingen vom Nbendhimmel tief herab. 
Tiedge, Urania 4 Und fchlaff an dem Mafte das Segel berab- 
bing.. Pyrker, Zuniflas 3. Dennoch müſſen Bänder heraushän- 
gen. 3. Paul, Heiperus 4. Als mir ein paar nebeneinanderjtehende 
Kaften in die Augen fielen, aus deren einem Drähte durch den übel 
verichloffenen Schieber heraushingen. Göthe, Meifters Lehrj. 1, & 
Gefaltst hängt die Hand hernieder. NRedwig, Amaranth. Und fie 
waren durch eines Herüberhängenden Hügeld Schatten gegangen. 











1131 


dlopſtock, Meifias 14, 602. Um die /Handelsbübchen), hafbfeiden, im 
Sommer das Läppchen herumhäugt. Göthe, Hermann und Doro- 
bea 2, 212. Ueber ihn hing, da er litt, Die Nacht von dem Him- 
nelherunter. Klopitod, Meſſias 5, 711. Mithinhbängender Hand, 
Voß, Ilias 13,597. Wie der Leichnam blutig und bleidy und ſtumm 
u der Erd’ binabhing. Klopftod, Meifias 11, 42. Die (Klippe) 
chroff und fteil hinaushängt in die unendlihe See. Schiller, der 
Faucher. Wenn ih hänge, jo made ich ein paar Galgen fett, denn 
enu ich Hänge, jo muß der alte Sir John mithängen Shak— 
peare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 2, 1. Sm die verfchiedenen Häufer 
intyetend, fand ich Bo meiner alten Liebhaberei nahzubän- 
‚en. Göthe, Meifters Wander, 3, 5 Nachzuhangen dem Gram. 
308, Ddyifee 4, 19%. Der Batter hat mit jeim Nachbengen 
Nahfiht) den Sohn verderbt. Prompt. v. 1618. Die Trauben find 
eitig und bejchweren die Ranfen, die fang und ſchwankend nieder- 
‚ängen. Göthe, ital. Reife Vicenza 19. Sept. 1786. Mit ſchwar⸗ 
en Haaren, die ihr den Rüden niederbangen. Wieland, Dberon 
, 18. ine fteile Mauer mit einem oben überhbängenden Kopie. 
Böthe, ital. Reife 9. Okt. 1786. Der Fels hing über. Göthe, Ben⸗ 
enuto Gellini 2,3. Alle diefe Guirlanden überhingen das Peſtizer 
Jauptther. 3. Paul, Zitan 36. Es entflieht die umhangende 
Zaumfrndt. Voß. Mit vorhbangendem Haupt. Voß, Odyflee 18, 
54. (Da du, Traube) noch ungekeltert, aber jchon feuriger dem 
theine zubingft. Slopftod, der Rheinwein. So daß es ihr dünkte, 
ur durch Die edlere Clafie der Dichter mit dem übrigen Menfchenge= 
hlechte zufammenzubängen Novalis, Heinrich v. Ofterdingen 
, 3 — Ben fie nicht hängen fönnen, um ihn zu quälen, den hän-— 
en fie ab, weil er ihnen entging. Benzel-Sternan. Der auf die 
sehler feiner Mitbürger überall ein wachſames Auge hat und froh zu 
ein fcheint, wenn er ihnen eind anhängen kann. Göthe, Meifters 
ehrj. 2, 4 So hängt fich freilich Alles beffer an. Leifing, Nathan 
. ®. 5, 6. Was mit und an dir fiebte, litt, bat fih wo anders 
ngebangen. Göthe, zahme Zenien I. Henckt mir die Thüre an. 
iifchart, Gargantua S. 266. Mich felbft nufhängen, das ift wahr, 
as hätte ich thum follen. Göthe, Leben 9.B. Bon einem Englän- 
er wird erzählt, er habe fi aufgehangen, um nicht mehr täglich 
ch unse und anzuziehen. Daf. 13. B. (Wenn) fie euch in tiefem 
‚burn an Ketten anfhingen. Göthe, Götz v. B. 1. Che ih mir 
ine gelehrte Frau aufhängen ließe. Leſſing. Bergaß man die Kinn- 
tte ein oder auszuhängen. Göthe, Leben 4 B. Wenn Das 
Int’ge Zeichen des Bürgerkrieged ausgehaugen ift. Schiller, Jung- 
au». D 1,5 Sch hing die Leiter aus, er martet in dem Hofe. 
ginger. Die Wände (waren) aalericartig mit aneinanderftoßenden Ge- 
lählden behangen. Göthe Leben 13. B. Mit allerlei geiſtreich ge— 


1132 


dachten Figuren behängt. Göthe, ital. Reiſe Neapel 18. 
1787. Wieviel hat Lepidus ihm nicht mit Glimpf entbangen? 
Zehenftein, Gleopatra 1, 671. Judas erhang fih. Luther, Bibel- 


überf. Matth. 27, 5. Des Erhängens erwähnt man nicht gem, 


weil es ein unedler Tod ift. Göthe, Leben 13. B. Den Buich, der 
die Zweige herabhängt. Voß, Luiſe 1, 199. Und aus den Bal- 
fen, blutiaroth, hängt der Herrgott den Kriegemantel runter. Schil⸗ 
ler, Wallenfteins Lager 8. Die ftattlihen Roſſe wuren mit reich ge- 
ftidten Waldrappen überhangen. Göthe, Leben 5.3. Man mil 
den Betteliad zuweilen aus Spaß überbängen, um den Rüden 
für ernfthafte Zeiten daran zu gewöhnen. J. Paul, Siebenfäs 1. 
Der Alte hatte die fchwere Harfe ee Söthe, Meikerd 
Lehrj. 5, 12. Unſer Reitfnecht hatte ein kleines Weinfäßchen am 
Riemen umgehängt. Göthe, ital. Reife Alcamo 18. April 1787. 
Düfter mit Gewölk umbing ſich der ganze Himmel. Platen, om. 
Dedipus 4. Einen Rod, der noch viel wärmer hält, hing ihm ber 
Kailer um. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 2. Selbſt dann nabte der 
König und hängete jedem ein Schwert um. Voß, der Abendgang 45. 
(Ih) hinge ftets den Schleier vor. Paten, die verhängnißvolle Gabel 4. 

Anm. Die Particivien geftatten noch andere — — z. B. Helme, 
fo dicht und fo hoch, mit ſchwerabhangenden Aehren. Voß, Enije 3. a, 577. 
Im gemäldebehangenen Eäulenfaal, Klopftod, die Roßtrappe. Des gefü 
teten Bipfele f[chneebehangner Scheitel. Göthe, Harzreife. Traübenbehendt, 
rauchgehenckt. Fiſchart, Gargantua S. 224. 155. 

Hänger ift nur in Zuſammenſetzungen gebräuchlich: An—, Kopf: 
hänger; davon kopfhängeriſch. Denker (ſ. S. 109), Henterei, 
verhenkert; Häugel (mbd. hengel = Baft und Bandweide), derjenige 
Theil eines Körpers, der den einen Theil mit dem andern verbindet, 
das Gelenk; Henkel, in der Volksſprache Henk, der gebogene Kalt: 
ariff an einen Gefäß, woran dasjelbe gehängt, überhaupt bequem ge⸗ 
faßt werden fann, davon henfeln — mit Henfeln verjeben. — Se 
machte die Offenheit eines frifhen jugendlihen Muthes mir ſehr viele 
Freunde und Anhänger. Göthe, Leben 9. B. Er machte aus Ma- 
Dame Gertrude eine Anhängerin der LXehre des Gabalis. Xeifing, 
Hamburger Dramaturgie 10. Wenn der Borübergehende nichts als 
den melandoliihen Kopfhänger fleht. Xichtenberg, Bemerfuugen 
über fich ſelbſt. Er war dabei ein verftändiger Mann und feineswegs 
fopfbängerifch in feinem Thun und Laſſen. Göthe, Xeben 9. 2. 
Ein Man aber jpannet den Bogen on gefehr, vnd ſchos den König 
Sirael zwiffhen dem Pantzer vud Hengel . Luther, Bibelüberj. 1. 
Kön. 22, 34. Scinderei, Henkerei. Fiſchart, Gargantua S. 49. 
So ärgerte fie mich noch den legten Tag mit dem verhenferten 


1) „Da das Schwert anhengt, von den Achſeln vbenher bis auff die Hüfie.“ 
Luther, in einer Randbemerfung zu obiger Stelle. 








1133 


Seplauder. J. Paul, Siebenfäs 9. Es (das Gefäß) war mit zwei 
hönen Henkeln geziert. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 4. In jei- 
ver Rechten hielt er ein ſilbernes gehenkeltes Gemäß. Göthe, 
chen 9. B 

Henkerfriſt, —ged, —iſch, —mahl, mäßig, —Ihwert u. a. 
Henkelblume, —dufaten, —flajche, — form, —gefäß, —korb, —ſchlüſſel, 
—ſtück, —tafie, —thaler. — Für fie geopfert fiel das beſte 
Haupt auf dieſer Infel unterm Henferbeil. Schiller. Sie könnt' es 
vagen, mein gefröntes Haupt ſchmachvoll auf einen Henkerblock zu 
egen? Schiller, Maria Stuart 1, 6. Der Hunger, der mit Hen- 
erluft die hohlen Eingeweid’ euch jchmerzlicdy dehnt. Deuticher Mer- 
ur. Mein Hierfein tft Athembolen unter Henfershand. Schiller, 
=. a 2, 2. Alba, des Fanatismus rauher Henkersknecht. 
Daf. 1, 2. 

Hang (S. 92%); Abhang (S. 294), abhängig (S. 989), 
Abhängigkeit, Abhängling; Anhang (S. 619), anhängig, anhäng- 
ich, Anhängfel; Be—, Ueber — Um —, Bor— , Zufammenbang. — 
ir den Hang. und Gang dieſes außerordentlichen Geiftes begreiflich zu 
nachen. Goͤthe, Leben 10.3. Und wie er trittin des Zelfen Hang. Schiller, 
ver Taucher. Die Vorderfeite des Schloffes Tiegt mit der Stadt auf 
benem Boden, die Hinterfeite Dagegen am Abbange eines fteilen 
Felſens. Göthe, Leben 10. B. Dies gab dem Strome feiner Bered- 
amfeit einen jchnellen Abhbang. 5 Paul. Es liegt am Felsab- 
yang. Göthe, ital. Reife Kaftro Giovanni 29, April 1787. Das 
Bächlein, fo vom nadten Klippenabhang niederfleußt. Matthiffon, 
jie Weihe. Auf einem Raſenabhang ließ er fi) nieder. Göthe, 
Wahlv. 1, 10. (Indem der Garten) einen, zwar im Gunzen ab- 
yängigen, dod aber mannigfaltig bald erhöhten, bald vertieften Boden 
vededte. Göthe, Meifters Wander. 1, 4. Vom Augenblid abhän- 
ig. Göthe, Fauft 2, 208. Unabhängig von dem na.hfolgenden 
hredlichen Ereigniffe. Göthe, Meiiters Lehrj. 4, 3. Er behauptete 
roß allen jeinen Abhängigkeiten vor, ich weiß nicht wie vielen 
Borgefegten einen gewiſſen Grad von Selbftftändigfeit. Campe. Wenn 
hre Natur fih zur Freiheit und Unabhängigkeit einigermaßen 
vieder heritellte. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 1. Die hohen Staats⸗ 
seamten fammt dem Heere ihrer Abhänglinge. Campe. Wenn uns 
ein Anhang in der Empörungen But ‚vor feinen Augen erwürgt 
yat. Klopftod, Meſſias 4, 43. Unſer unvermerkter Anhang an die 
Mode. Lichtenberg, liter. Bemerkungen. König Karl nahm Richild, 
einen Anhang (Perfon, mit welcher er, ohne Verebelichung, bisher 
telebt) zu der Ehe. Aventinus, Chronif 354. Die Suche ift ſchon 
unhänaig (bei Gericht). Göthe, Leben 5. B. Florine war ein muns 
eres nediihes Weien, wie e8 jchien nirgends anhänglich, aud 
eine Anhänglichfeit fordernd noch verlangend. Göthe, Meifters 





1134 


Banderj. 3, 10. Das Würzburgiihe Anhängſel. 3. Paul, U 
tan 15, Berjdnvenderiihe Spipenbehänge. Ungenannter bei Gampe. 
Voͤllig wie ein Meiner Phöbus, tritt er wohlgemuth zur Kante, zu dem 
Ueberhang. Göthe, Zauft 2, 230. Es rast da ein Ueberbang 
hervor, von dem du weiter an dem Walde hinunterfeben faunft. Klop⸗ 
tod, Hermannsſchlacht 2. In den ungehennten Bächen, die in den 
fünftigen Blumenüberhang bineinfloffen. 3. Paut, Siebenkäs 3. 
Die Vberhangſamkeit der Sloden. Fiſchart, Gargantua S. 3. | 
Umhang und zeltartigen Schmuck. Goͤthe, Fauſt 2, 209. Une 
dem Boaengeftell mit purpurieidenem Umhang. Voß, LZuife 3.b, 
609. Ich hatte den Vorhang jchon eröffnet. Kloptod, Meat 
4, 67. Der Zwiſchenvorhang ging in die Höhe. Göthe, Weiter 
Lebrj.5, 11. Als wenn ed mir zwiichen die Bettvorgänge bin 
bliefe. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1801. Neben der Platte der 
Fenftervorhänge 9%. Paul, Heiperus 1. Die Möglichkeit, an 
die Dinge auch auffer ihrem Zufammenhbange lebendig zu machen 
Söthe, Leben 12. B. Bon jühem Felshang im der Entſcheidinz 
That ihr Leid hinabſcholl. Voß, die Bundeseihe. Bon Bald me 
Felſenhang noch halb umichloffen. Uhland, auf K. Gangloffs Tod 3. 
Berjunfen dort am Waldeshang. Uhland, die drei Schiöffer. Sie 
ebt vorbei am Epheuhang. Nedwig, Amarauth. Sie geber.. 
inunter den Kaftanienhbang. Daſ. Da wird aus Doru und Lau— 
beshang ein taufendfältig ſüßes Loden! Daf. Als ſchwebt es jegt 
hervor aus dem geborfinen Mauerbang. Daj. So find fie unterm 
Nadelhang gewandelt ftill den trauten Gang. Daf. Bald grüßt 
ihn duft’ger Rebenbang. Daf. Drunten tief im TZannenhang.. 
in Meiner Bucht das Waſſer ſteht. Daſ. 

Die Synonymen von Huang f. S. 922; von Abhang ©. 294; vn 
abBängig ©. 989; von unabhängig (frei) ©. 882; von Anhanz 
©. 619. — Das mit Ums und Vorhang finnverwandte Garbime (ver 
nieberb, gardine, gordine, niederl. gordijn, aus mittellat. fpan. ital. cortiaa) 
iR der Bett: und der Wenftervorhang. — (Er) zog zufammen die Bartrise 
Redwitz, Märchen. ? 

Gehange. auch Gehen (mhd. gehenge, gehengende, ahd. kig)e- 
hank(g)ida = Nachſicht, Zuftimmung) 1) dasjenige was hängt; 9) 
dasjenige, woran etwas hängt; 2) (veraltet) Nachgiebigteit, Nachfickt, 
in dieſer Bedeutung auch der Gehengen. — An dem Gebänge ie 
Anhöhe. Fr. Schulz. Das Wintergrün über dem Eingange war in 
zierlihe Gehänge verflodhten. Ungenannter bei Campe. Jetzo fügte 
fie audy die fhönen Gehäng' in die Ohren. Voß, Ilias 14, 18% 
Rimm das Gehenk, noch warn vom Buſen der Freundin, zum Au: 
denfen von mir. Voß, Luife 3. a, 244. Das Schwert mit dDiamante 
nem Gehäng. Schiller, Brautv.M. Das Gehäng (des Degen) 
ft noch geflochten wie ich e8 zu Haufe zurecht machte. Göthe, Bene 








1135 


to Gellmi 2, 4. Er hut das Geheng von der Muetter... Es 
rat den Gehengen vom Vater. Scheller 2, 213. Die Zabel ift 
neiſtentheits nur Angehänge der leichten Dichtungsurten. Jeniſch. 
— Am fteilen Berggehänge. Götbe, Tiichbeins Idyllen 2. Durch 
Bintradht, wie Blumengehänge verknüpft und in Reihen gefügt. 
Salis, Lied bei einer Waflerfahrt. Die Blütengebänge des Früh. 
inge. % Paul. Sprach's, und Band um den Naden das Löftliche 
Bufengebenf ihr. Voß, Luile 3. a, 248. Dort lehnen fie tief in 
Damaftgehängen. Redwig, Amarantb. So wurden noch Blumene 
md Fruchtgehänge beſchloſſen. Göthe, Wahlv. 2, 3. Ihr Ge- 
»ächtniß verlangt nur Namen, um in ihrer Wiederholung Halsge⸗ 
yänge von Schaupfennigen zum äußern Schmud zu finden. Meyer. 
Der Wald ift frei von Eis und Reifgehänge. Göthe, die erſte 
Balpurgisnaht. Triefen von Schweiß wird Manchem das Riemen 
jehenk. Boß, Ilias 2, 388. Mit dem Helm und dem Wehrge- 
ang’ fließt er fih an eine würbige Meng’. Schiller, Wallenfteins 

Hängniß (mhd. henenusse) iſt veraltet, an feine Gtelle ifl 
Berbangniß (f. S. 506) getreten. — Gottes Straf mit Hengnus 
drieg und anderer Unfüll. Landtag v. 1605. Ihn führte fein Ber- 
ängniß. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 1. Entflohn dem Todes⸗ 
erhängniß. Voß. Sih dem Rade des Weltverhbängnitfes, 
as unaufhaltiam in vollem Laufe rollt, entgegen werfen. Schiller, 
Don Karlos 3, 10. Mit ibnen wuchs aus unbefannt verhängniße 
‚ollen Samen auch ein unfel’ger Bruderhaßempor. Schiller, Brautv. M. 

Halä)ngebauf, — bauch, —bett, —blatt, —bolzen, —hrüde, 
—bügel, —dohne, — eiſen, —flih, —garı, —haut, —kappe, — fette, 
—fiuft, —kompaß, — ampe, — mörſer, —nagel, —pfahl, —fäule, 
—fchaufel, — ſchloß, —ſeil, — ſtab, — ſtück, —ſtuhl, —wage, —wand, 
—warze, —weide, u.a.; Aufhängeband, —freuz; Ausbaͤngebogen, 
-fchild; Behangzeit; Cinhängezirkel; Vorhängeblech, —ſchloß; 
zorhangring, —ſtab, —ſtange. — Flattert drüber, Hängebirken! 
Salis, der Gottesacker. Lauter hagere, ſchmalleibige, hänghäutige 
Rädchenfiguren. J. Paul. Guirlanden, in welchen Hängeleuchter 
hwebten. Göthe, Leben 5. B. Leiſe geweckt entfuhr der Hänge— 
satte der Kaiſer, Pyrker, Tuniſias 5. Er riß die Haugriemen 
ex Kleider entzwei. 3 Paul, Heſperus 16. Bogen von Hänge- 
serfe, Göthe, Triumph der Empfindſamkeit 4. Noch habe ich die 
Lusbängebogen des erften (Buches) nicht. Göthe, Briefw. mit 
Schiller 1, 58. 

Hunger (goth. huhrus, ahd. hunkar, nıhd. hunger, altn. hün- 
ur, agf. hungor, ſchwed. dän. engl. hunger) die Begierde zu eſſen, 
as heftige Verlangen nach etwas (ſ. S. 538), leitet Grimm von 
inem verlornen flarfen Verbum hingan = gefeflelt werden von etwas, 








: 1136 


darnach fehr verlangen, das in fofern mit bangen wol verwandt if}. 
Davon hungerig (ahd. hungarac, mhd. hungerc), hungern (gofh. 
huggrjan. ahd. hungarjan, hungarön, agj. hungrjan); ab—, ans—, 
verhungern. Das tranfitive Hüngern. ıft nicht jehr gebräuchlich. — 
Die Kapen guter Art maujen beffer wenn fie fett, ald wenn fie Hung 
tig find. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 11. Wenn mir etwas fehle, 
fo bungere ich. Gellert. Sobald mid hungert oder durſtet, 
werde ich bei Ihnen fein. Leifing, Juden 16. Nun kam der Heiligen 
Regiment, wonacd fie fi) lange vergebens geſehnt und fich halb ab- 
—— hatten. Soltau. Ein verhungert Hähnchen fand einen 
feinen Diamant. Hagedorn, Das Hähnchen und der Diamant. Di 
Aerzte zu Spaa... hüngern ihn einige Wochen. Wekherlin. 

Durft (goth. thatırstei, ahd. mhd. durst, von dürr ©. 414) Begierde 
zu trinken, davon durſtig. Siche noh Eßluſt S. 538. — Daß ar (ar 
Trunk) nicht nur den Durft euch ſtillt. Göthe, Bau 2, 56. Ihr jeb 
müde, Bruder Martin, und ohne Zweifel durſtig! Goͤthe, Gotz v. B. 1. 

Hungerblümchen, — blume, —brunnem —geftalt, —hadle, 
— bode, —korn, — kraut, — kur, —rechen, —itelle, — ſtrafe, — tuch 
u. a.; Hungersnoth. — Die Hungerharken, die das Joch der 
Frohne drüdt. Voß. Diefe Hungerleider, die nah dem Segen 
unſers deutfchen Landes mit Neideshliden raubbegierig ſchauen, Schil⸗ 
ler, Piccolomini 2, 5. Hat fo en Hungermann Humor? Götke, 
Fauſt 2, 53. Aber bei ihr waren Geſchäfte Pauſen und Die Thränen- 
drüfen fanımt dem Herzen Hungerquellen. J. Paul. Die ım 
den Glanz weniger Stunden den Zod im Hungerthburme vergeffen. 
Benzel-Sternau. Geiftvoller Marmontel, welchen die Herftellung der 
Menfchenrechte zum Hungertode brachte. Benzel-Sternau. (in 
bungerwilder Tiger. NRedwig, Amaranth. Es war einft eime 
Hungersnoth im Thierreich. Pfeffel, der Goldfaſan. 


Geben. !) 
(Wurzel ging; vgl. janffr. ga — gehen.) 

(Sehe, nieng, nenangen, gehen (goth. gagga, gäigagg [fe 
müßte das Präter heißen, dafür ſteht einmal die ſchwache Form gag- 
gida, faft gemöhnlic) von einem andern Stamm iddja, iddjedum], 
gasgans, BaSBan; ahd. kig)än, (klg)ank(g)u, kig)iankigh, 

(g)iank(g)umes, k(g)ank(g)aner, k(g)ank(g)an, auch krg)dn 
und k(g)en; mhd. gän und gen (flutt gange, praes. con). 
gange, imperat. ganc), giene und gie, giengen, gegangen, neben 
jeltnerem gegän und gegen, gän und gen, davon das muorgan. uhd. 








1) Grimm leitet goth. gaggan von einem verlornen gingen — freben na 
eiwas, wovon ahd. gingo, mhr ginge — Verlangen, Sinnen und Tradıten. 


1137 : 


gehen, gehe; agf. gangan und gän, altn. ganga, ſchwed. ga, dän. 
saae, engl. go, hollind. gaen) mit der Grundbedeutung eines Stre⸗ 
end nad) Etwas bedeutet nhd. 1) allgemein fich fort (an einen andern 
Ort) bewegen, im Befondern zu Fuße; 2) machen, verfahren, handeln; 
3) in einem gewiſſen Zuftand fein, etwas thun, darein gerathen; 4) 
uch gehen bewirfen, heroorbringen: fi müde, Blafen geben; 5) 
‚uneig.) in verichiedenen Bedeutungen einen Zuftand, eine Richtung, 
einen Zweck 2c. anzeigen. — Der Bater im Hain iſt gangen die 
Wölfe zu fihießen. Göthe, Ballade Dann geht's durch Zannen- 
wälber Ins grüne Thal gefprengt. Uhland, der Ueberfall im Wild- 
bad. Ich finge nicht für Eleine Knaben, die voller Stolz zur Schule 
zehn. Leifing. Laßt jeden feines Pfades gehen. Göthe, Egmont 
1. Geh deinen Weg. Leifing. Hab’ mich immer nur fo geben 
laſſen. Schiller, Wallenfteins. Lager 11. Da lag mid) dir die Stellen 
jeigen, mo meine fihönfte Stunde ging. or Laſſen ſie mich nur 
gehen, ich will meine Sache ſchon machen. Weiße. Wußt ich nicht, 
daß ich mit einem Weibe handeln ging? Göthe, Iphigenie 1, 3. 
Seh’ lieber jagen. Schiller, Tell 3, 1. Und der Knabe ging zu 
fagen. Schiller, Alpenjäger. Wer ſich trägt, wie die Alten gingen, 
der ift ehrbar und fittiam. Gellert. Alles das geht von des Bauern 
Felle. Schiller, Wallenfteins Lager 1. Alles da Luftiger, loſer ging. 
Da. 6. Ging mir dorten die Wirthſchaft zu Grund. Dal. 9. 
Dann geht es an ein Fliegen dem Brunnen zu. Wieland. 


Schlendern (niederd. Holländ. slendern, oberd. schlenzen, vielleicht zu⸗ 
fammenhängend mit altn. slindrulegr = ſchlottrig, slen — Kraftlofigfeit) 
langfam, gemächlich und anftrengungslos gehen, gewöhnlich mit dem Neben- 
begriff der Gedankenlofigfeit.. Stapfen (ahd. stephan, stephen, agf. staep- 
pan, steppan, altf. stapan, Imhd. stapfen, stepfen, staffen, f. Fußſtapfe 
©. 744) mit flarfen, feiten Tritten geben; fo ſchwer gehen, daß der Buß in 
den Boden einbringt (vgl. plattd. stippen — eintunfen), Stapeln (von 
stapan, Mebenform von Staffel, ahd. der stafal, staphol, die staphala, 
mbb. der stafel, staffel, bie stafele, agf. stapel, stapol, stapul, stapela) 
mit hoch aufgehobenen Beinen daherfchreiten, vornehmlich in furzen Schritten 
und mit einem Anſtriche des Komifchen. Matfcheln f. S. 659; reifen ©. 
727; wallen, wandeln, wandern ©2335; fahren, reiten, laufen, 
fhreiten, treten am gehörigen Orte — Daß man ihn (den Weg) ges 
fellig, fehlenternd und mit Behaglichkeit zurücklegen könnte. Göthe, Wahlv. 
1,7. Der edle Bräutigam, zwar ein wenig fleif und ſchwer, ſtapft an Ro⸗ 
fetten Hand gar ehrenfelt daher. Wieland, Oberon 6, 42. 

Anm. Fiſchart hat noch die alten Conjunctiv⸗ und. Imperativformen: daß 
darzu gang; daß bir feyn Lufft nicht gang entgegen; gung (gehe) ins Bat. 
Bargantua ©. 137. 80. 90. In der Volksſprache am anlitelrhein hört man aud 
oft die Imperativform gang. 


Aufgehen, 1) in bie Höhe, auf einen Ort gehen, auch vermite 
a 2 


F 


1138 


telſt künftlicher Mittel fi in’ die Höhe erheben; 2) wund geben; 3) 
fi) aufwärts bewegen, (von den Himmelskörpern) ſichtbar werden, zum 
Vorſchein kommen, (von Samen) in die Höhe geben, über der re 
fichtbar werden; 4) geöffnet werden, fowol duch innere Kraft, «di 
auch Durch äußere Gewalt nachlaſſen; 5) verbraucht, vernichtet, auf 
eboben werden; 6) (Volksſprache) auf einen Körper paflen. — Hm 
RR. der verjchiedentlih in 8. aufgegangen, hat bier legten Som 
lag eine Luftfahrt gehalten. Hamburg. Zeitung. Da bin ih auf 
angen (zormig geworden). Portiunfulabüchlein. In ihren Bezirken 
it fle (die Sonne) niemals au fe und niemald untergangen. Klopiiel, 
Meiftas 1, 629. Die Zeit wird es nun lehren, ob diefe Ausjaat kei 
mir aufgehn wird. Schiller, Briefm. mit Göthe 1, 40. Jeßt 
gehen mir die Augen auf. Sciler, Don Carlos 2, 9. Wo mi 
einem Mal fein Herz mir aufging. Schiller, Piccolommi 1, & 
Der Städte Thore gehen auf, Daf; 1,4. Laß aufgeben, was de 
haft! die beften Weine! Daf. 4, 4. Nicht ohne Bewegung ſab a 
daher diefe jo fange bewahrten Heiligtbümer nad) einander in Rank 
und Flamme vorjihd aufgehen. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 2. Dei 
die Summe unſrer Eriftenz, Durch Vernunft dividirt, niemals rem 
aufgehe, jondern daß immer ein wunderlihder Bruch übrig bleibe. 
Das. 4, 17. 

Aufkeimen (f. keimen ©. 1004) bezeichnet zunächt das erſte Herrotge 
ben ans dem Samenkorn; dann auch figürlich. — Welche Belohnung für Kr 
Mühe, Tugend in das junge auffelmende Gemüth zu pflanzen. Geha. 

Begehen, 1) bin und her an einem Drt gehen, bejonders ihm za 
befichtigen; 2) eine Handlung ausüben, grwöhnlid eine fehlerhafte, 
nachtheilige, böje, aber in einem gelindern Sinne, felten eine gute; 
3) fich zur Fortpflanzung des Gefchlechtsvereinigen, von Menſchen (veraltet) 
und Ehieren gebraucht; 4) (alterthümlich) auf irgend eine Weite fert- 
geſetzt fittlih handeln in Beziehung auf Andre. — Ich beging alle 
ſelbſt mit einem geſchickten Forſtmann. Göthe, Meiſters Lehrj. 7, 6. 
Schalfhaft, munter und emit begehen wir heimliche Feſte. Götke, 
Nöm. Elegien 4. Voͤgel und Froͤſch' und Thier und Mücken begeda 
fih zu allen Augenbliden. Göthe, Satyros 1. Die, ohne zu pflanen, 
zu adern, zu füen, mit Müßiggang fih, auf Koiten der Götter be 
gehen. Wieland. Wenn Brüder eind find, vnd Die Nachbar fid 
lieb haben, vnd Man vnd Weib fi) miteinander wol begeben La⸗ 
ther, Bibelüberf. Sir. 25, 2. Ich wußte mich mit allen zu begebn. 
Wieland. 

Ausüben (von üben, ahd. uopjan, uoban, mhd. uoben, ücben, mi: 
telniederd. üben, altf. öbjan, altu. oefa, ſchwed. öfwa, dan. öbwe, bolläm. 
oefenen, nah ®rimm von einem verlomen aban — verniögen, woher gel. 
aba — Mann, goth. abrs — flarf, ahd. afaldn = hereiten, altu. afls = 
bereiter, können, erzeugen, agf. abal = Kraft, ahr. aop — Gifer, auch Banıkze) 





1139 


- böfe wie gute Handlungen vollbringen; verüben wirb nur von wirklich Boöͤſen 
geſagt. — Sich begatren (von gatten, mhd. gaten — verwandtſchaftlich 
vereinigen; ahd. pikatön = berühren, begegnen; von Gatte, ahd. k(g)ik(g)ato, 
altf, gigado, agſ. gegada — der Verbundene, Genoſſe, mhb. gatc, altfrief, 
gade = Gatte, von einem verlornn Stammwort gidan — verbinden) ges 
fchlechtlich vereinigen, von Thieren gefagt. Beſchlafen (früher beifdplas 
fen; f. Ihlafen) wird als verhüllender Ausbrud nur von Menfchen gejagt; 
beiwohnen (f. wohnen ©. 1001) der anitändigfte Ausbrud, wird nur von 
ehelicher Bereinigung gefagt. — So übt er nun gar lang ‚und oft viel Buz 
benftüde aus. Bürger. Doc flets umfchlang fle mir flehend die Kniee, jene 
zuvor au befchlafen. Voß, Ilias 9, 452. Gin jugendlich Weib, ihr beis 
zumwohbnen in Wolluſt. Daf. 2, 232, 

Ergeben 1) bis zu Ende gehen; 2) durch Gehen erhalten, fih 
richaffen; 3) den innern Trieb zugehen auslaffen und ihn dadurch 
‚friedigen, fei ed nun, um einem Bedürfniffe zu genügen, oder des 
ergnügens halber, auch figürlich; 4) gleichſam aus einem Orte 
ben, gewöhnlich uneigentlid) befannt gemacht werden, von Befehlen 
.3 5) gefchehen, erfolgen; 6) geichehen laſſen, geduldig ertragen. 
- Sie durfte frei im Freien fih ergehen. Schiler, Braut v. M. 
lie Blicke, frei und feflellos, ergehen fih in ungemeſſ'nen Räumen, 
‚Hiller, Maria Stuart 3, 1. Schloffer und Merk thaten fich feinen 
wang an, und ergingen (befpracdyen) fich über manches fo offen, 
8 wenn fein Fremder dabei wäre. Göthe, Leben 12. B. Sie folg- - 
n, wenn der Heribamn erging. Schiller, Tel 2, 2. So ift des 
eiftes Ruf an mid ergangen. Schiller, Sungfrau v. O. Prolog 

Wie er und deutet (die Träume) fo iſt's ergangen. Luther, 
ibelüberj. 1 Mof. 41, 13. Ih will nicht fragen, wie e8 Euch er- 
ing. Schiller, Maria Stuart 5, 1 | 

Suftwandeln (f. Luft ©. 340 und wandeln ©. 283) gehen zum 
Derguügen, ein Auédruck der höbern und gewähltern Schreibart. Der übliche 
Ausédruck in gewöhnlicher Rede ift [pazieren (vom lat. spatiari). — Wie 
in einer Sommernacht ich dort in dem nahen Walde mih Iufwandelnd 
einſt ergien g. Grillvarzer, Ahnfrau 1. Das war ein Spazieren, auf 
Dorf und Tanzplap Rühren. Göthe, Fauſt 1, 187. 

Umgehen (umgehen) a. neutr. 1) um feine Achſe gehen; 2) 
ig.) zu Ende gehen: das Jahr ift umgegangen, 3) im Kreiſe, nach 
r Reihe herumgehen; b. intrans. 1) um etwas, feiner Außerften 
zenze nad, chen, dann auch nur in einem Bezirk hernmgehen; 2) 
ınperjönlich) ein Geipenft geht um, läßt fich fehen oder hören; 3) 
ı Gehen einen Umweg nehmen; 4) mit Jemanden umgehen, mit ihm 
t zufaummenfommen oder häufig bei und mit ihm fein, auch von der 
xt und Weiſe gejagt, wie die mit einander umgebenden PBerjonen 
nander behandeln; 5) (fig.) fich mit etwas befchäftigen, auch in Ge- 
ınfen auf etwas ausſein; c. trans. im Gehen: etwas umfloßen. — 

43° 


1140 





Umgehen 1) rundum um etwas gehen; 2) fih in Beziehung auf 
etwas ausbiegend vorüberhin bewegen, um es nicht zu berühren, oder 
auch nur Still zur Seite vorüber zu fommen (©. 925); 3) (fig.) 
bintergehen, täufchen, weil ‚jenes Umgehen, wenn es Statt finden foll, 
auf eine heimliche und unmerkliche Weile gefchehben muß. — Und laßt 
bie Bewirthbungen umgehn. Do. Ih will in der Stab vmbge— 
ben auff den Gaflen. Luther, Bibelüberf. Hobel. 3, 2 Daß um 
abermals eine ſolche Weiffagung oder vielmehr Vorbedeutung umgehe. 
@öthe, Leben 1. B. Ich gebe Nachts um, wie ein gequälter Geiſt. 
Schiller, Maria Stuart 1, 1. In meinem Keller ſelbſt gebt’ um. 
Leſſing. Daß es in dem Zimmer zur. Mitternadhrsftimde umgebe... 
daß es in dem Zimmer fpufe. H. v. Kleift, das Bettelweib von 2 
carno. Sie müflen weit umgehen durch's Gebirg. Schiller, Tell 
3, 2. Undriftlich- feit ihr mit mir umgegangen. Shakeſpeare, 
K. Richard IN. 1, 2. Wir lernten nun auch mit den Gartengefchäften . 
umgeben. Göthe, Leben 4. B. Ic weiß, worauf der Junker um- 
geht (mas er vorhat). Weiße. Alſo umging den Patraklos der 
bräunliche Held Menalaos. Voß, Ilias 17.2. Er fommt über Auen 
und Wiefen, umgeht auf trodnem Anger mandyen leinen See. 
Söthe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Das alles umgebende Meer. 
Göthe, ital. Reife Neapel, 17. Mai 1787. Sie umging feine Frage. 
3 Paul. Nie wirft du mich fchlau umgehen, noch bereden. Voß. 
Spuken (von Spuk, mh. spuc, niederb.iispök, neunieberl. spock, 

ſchwed. spok, von unbefannter Ableitung) iſt mit umgehen b. 3 fiunverwankt 

und hebt nur das hei ſolchem Umgehen von Geiſtern der Verſtorbenen gehäck 

Beräufch mehr hervor. 

Ab— (S. 64), an— (©. 54. 74), aus— (S. 575), bei, 
daher —, dahin —, darein— , davon —, drein—, durch —, ein—, 
einher —, empor—, ent— (S. 32), entgegen—, entzwei—, fort—, 
beim—, her —, berab—, herau — — herans —, herbei— 
herein —, hernieder—, herüber —, herum—, hernnter — hervor— 
herzu —, bin —, hinab — hinan —, binauf—, hinaus —, hindurch—, 
binein—, hinter — (S. 1060), hinüber —, binunter —, hinweg — 
hinzu —, los —, mit —, nah — (©. 559), nieder—, über — (S. 367), 
umber—, unter —, ver— (S. 167), vor— (S. 486), voran-, 
vorauf —, voraus—, vorbei—, vorher —, vorüber—, weg—, 

er—, zu—, zurück—, zuſammengehen. — Kennſt du die wit. 
urg, wo der Weg abgehet nach Güſtrow rechts auf den Berg? 
Voß, die Leibeigenen 123. Seid jede Stunde des Befehls gemärtig, 
nach Brüffel abzugehn. Schiller, Don Karlos 2, 3. Die Mutter 
gieg ab und zu. Göthe, Xeben 5. B. Daß man ganz von Eur 
abgehen, oder an ſehr behutfam damit fein müfje. Goͤthe, 
Lila 1. So gings (das Buch) reißend ab. Schiller, Räuber 1, 8 
Allein es muß fein, ‚wenn der König abgeht (ſtirbt). Shalefpear, 


1141 


k. Richard III. 1, 3. Ueber dieiem abgegangenen Rod trug ich 
as härin Hembd. Simpliciffimus 1, 19. Wenn id) ſie berumziehen 
he mit lofem Haar, im Mondichein einen Kreis abgehen. Göthe, 
jla 1. Ihn bat Achilleus felbft in der münnerehrenden Feldſchlacht 
nzugehen geftugt. Voß, Ilias 7, 113. Er fteht viel feiter noch 
18 fefte Zedern ftehn, die Regen, Thau, Reif, Schnee, Froſt, Hibe 
id angehn. Logau, Sinnaed. 725. Geſchähs aber, daß dus Land 
me Not angienge. Gem. Reg. Chronik v. 3. 1296. Sic mögen 
8 angehen, wie fie wollen, „fie müſſen betrogen werden. Wieland. 
Der angehende Künftler. Göthe, der Sammler und die Seinen 8. 
rief. Jetzt wird der Flor erft angehu. Schiller, Piccolomini 4, 5. 
58 geht an, die Liebe nicht zu empfinden... Geller. So gar fteil 
jehts an (das Felfenriff). Schiller, Zell 4, 1. Gehet inde von 
ins aus, ihr hohen Engel der Throne. Klopftod, Meifias 1, 441. 
ticht und biendendes Glänzen ging von ihm aus. Daf. 1, 174. 
Das Mandat ift noch fürzlih ausgegangen. Schiller, Wallenſteins 
!ager 10. Alles Weltregiment, muß er willen, von dem Stod hat 
ıusgehen müflen Daf. 7. Wenn end)... ein Härlein ausging’ 
ms eurem Scopf. Dal. 8 Ich kann es zufrieden fein, daß man 
hm auch jenes nicht für genoffen ausgehen läfſet. Leſſing. Wie 
as ausgehen wird! , Göthe, Egmont I. Welches (Wämschen) 
n einen furzen Reiftof ausgehend, bis über die Kniee fihwebte. 
Höthe, Leben 3. B. Man freut fid) ja drauf das ausgehende 
Sahr. Volkslied. Wer weiß, geht dein Traum nicht heute aus (in. 
Srfüllung). Weiße. Auch war ihm indeſſen ein Gedicht eingefallen, 
eſſen rhythmiſche Ausführung ung nicht gleih beigeht. Göthe, 
Meifterd Wanderj. 2, 5. Schon, o Richter der Welt, frhon hör’ ich 
ern dich und einſam kommen und unerbittlich in deinen Himmeln da- 
yergehn. Klopſtock, Mefflas 1, 115. Mit euch geht unſer letzter 
Troſt dahin! Schiller, Tell 3, 3,: Wenn ich) davongehe. Shake— 
peare, viel Lärmen um nichts 2, 1. Eins geht ind Andre dreim. 
Schiller, Piccolomini 1, 3. Durch alle durchzugehn. Götbe, der 
Müllerin Verrath. Daß unter diefer nämlichen Regierung ein Reichs⸗ 
chluß dDurhgegangen. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Wie von 
inſichtbaren Geiſtern gepeitiht, gehen die Sonnenpferde der Zeit 
nit unſers Schickſals leichtem Wagen durch. Göthe, Egmont 2. 
Hehe ich in Gedauken die zahllofen Gefchlechter der Gejchichte Durch. 
Duſch. AS ich Das Vorgemach durchgehe. Schiller, Don Karlos 
k, 12. Biſt kommen ohne Kleid m dieſen firengen Tagen, durch⸗ 
jangen von dem Wind. Opitz. Ein graues Männlein pflegt bei 
iächtlicher Friſt durch verfchloffene Thüren bei ihm einzugehen. 
Schiller, Wallenſteins Lager 6. Dieß ging man ein. Göthe, Leben 
11.8. Je minder geht ihm ein, daß Oberon auf ewig fie verlaflen. 
Wieland, Oberon. Und: da überdieg bald diefe, bald jene Zunft auf 


- a 








1142 


einige Zeit einzugehn pflegte, weil es an Wahlfähigen fehlte. Klop- 
ſtock, Gelehrtenrepublif. Daß man die neue Gattung hat eingeben 
laffen. Leffing. Hamburg. Dramaturgie 53. (Der SJüngling, der) 
froh in beicheidener Wird’ einherging. Voß, Klopſtock. Mein Her 
gehet empor, wie Meereswogen im Sturm. Weiße. Und wie ovſ 
entging er nicht fchon der Berfolgenden Unfinn. Klopſtock, Mefſſiat 
4, 881. Es follten bald die Füße mir durch falfchen Tritt entgam 
gen (ausgeglitten) fein. Opitz. Sp gingen fie beide, berrlidyer durch 
die. Sreundfchaft, dem Zhrone des Himmels entgegen. Klopfted, 
Meiftas 1, 327. Unter ihren Züßen gebt der morihe Kahn ent- 
wei. Platen, die verhänanißvolle Gabel 2. Ber Bater verficherte, 
he nicht gejchen zu haben, ſeitdem alle drei fortgegangen. Göthe, 
Leben 10. B. Unſere Anfchläge anf ihn und feine Gejellen mären 
fortgegangen. Göthe, Götz v. B. 2. Als Ahitophel ſahe, das 
fein Rat richt fortgenangen war’ Fortgang gehabt hatte). Xutber, 
Bibelüberf, 2. Sum. 17, 23. Als er dieß gefagt, fanf er zurüd um 
himmliſchem Läden und war heimgegangen (geftorben). Göthe, 
Meifters Wanderj. 3, 1%. Dem ein Gut auf der Sant haimgan 
gen (zugefallen). Lori, Zandtagsordn. v. 1616. Einer auch beige zu 
und den GoMdarbeiter Laerkes hergehn. Voß, Odyſſee 3, 4. 
Auf der andern Seite war Eduard nıit der Baroneffe an den Teichen 
bernegangen. Göthe, Wahlo. 1,10. Wenn es auch draußen nk 
fo wild und wunderlid herging. Göthe, Leben 4. B. (Er) jſah 
den Meffias die Gräber herabgehn. Klopftod, Meffias 2, 130. 
Wenn der Abendftern am einfamen Himmel hberaufgebt. Dal. 1, 
543. Und nun gina ih heraus. Götbe, Hermann und Dorothea 
4, 77. Genen den Sefina gebt er mit fühnen Werten frei heraus. 
Schiller, Piccolomini 3, 1. Es ging die Welt mit mir herum. 
Götbe, Rettung. (Dann) läßt man ein unterfchobenes Blatt, weorm 
die Klaufel fehlt, zur Unterfchrift berumgehn. Schiller, Piccolomma 
3, 1. Betrus war in den Saal hberuntergegangen. Klopfted, 
"Meifins 4, 70%. Wenn er neue, nicht ſterbliche LXeiber den ewigen 
Seelen aus dem Staube der Auferftehung wird beißen bervorgehn! 
Dal. 4, 707. So will ich denn hingehn, Alles vollenden, was 
mein Gefiht mir gebot. Daf. 3, 661. Laß mid nicht trauernd zu 
meinen Genoffen, zu den Seelen der Todten mit Herzeleid nicht bie 
abgehn! Daſ. 2, 650. In dem alten Schloſſe Pleipenburg ging ’ 
man rechts in der Ede eine erneute, heitere Wendeltreppe binauf. 
Göthe, Leben 8 B. Als er nun binausgegangen. Göthe, der 
Gott und die Bajadere. Im Lande Uri, wo man hineingebt m 
das Schächenthal. Schiller, Tel 5, 2. Ich ging aud zu Seiten 
nob ays alter Belanntjchaft, fo wie Ihr es wünihtet, hinüber. 
Göthe, Hermann und Dorothea 2, 204. Mein Roß gebt über Die 
hinweg. Schiller, Zeil 4, 3. Als das Gewehr von felbit losging 





1143 


zöthe, Bew. Gellini 3, 2. Wechfeljeitig ging nun die Kanonade 
08. Göthe, Leben, 2. B. Ich fing jogleich an, auf den Sinn der 
5Sadhe Loszugeben. Dal. 4 B. Du folft aub mitgeben. 
zöthe, Meifterd Wanderj. 1, 1. Er war faum von dir weg, als ih 
ym nachging. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 3. Friedlich ftrahlend 
ebt die Somne nieder. Schiller, Jungfrau v. O. 5, 2. Drauf 
ing... Gabriel nieder den Berg zu der Siraelitinnen Einer. Klop- 
tod, Meifias, 2, 471. Wie das Waſſer Zigris, wenn es übergehet 
m Lenzen. Luther, Bibelüberf. Sir. 24, 35. Seine Augen werden 
on warmen Thränen übergehn. Schiller, Don Carlos 5, 3. 
Daß) aus einem vollen Herzen der Mund zu Zeiten überging. 
Höthe, Campaane in Franfreih Octbr. Bon dem Entichlufle, zu den 
Römeru überzugeben. Klopftod, Hermannsichlacht 4. Die Aether- 
tille ging in Harmonie über. Tiedge, Urania 2. Das, wenn id) 
a8 Blut fehe, ich für euch vbergehe (vorüberaehe). Luther, Bibel« 
ıberi. 2. Mof. 12, 13. Wie die ftolgen Hanen die Hüner über- 
sehen (befruchten). Opitz. Ein Menſch, der öfter wird mit Prüs 
ven übergannen (geichlagen), wird endlich fchlänefaul. Opitz. Die 
3 no übergeben (übertreffen). Weichmann, Poeſie der Nieder- 
achſen 2, 313. Der vierte Theil ſoll von Aeſthetik, Geichichte und 
Meltweisheit veden, wenn Ddieje weite Materie nicht das Maß eines 
Theiles übergehet. Herder. Warum übergehet ihr alfo das 
Wort des Herrn? Luther, Bibelüberf. 4. Mof. 14, 41. Wie fönnen 
Sie es ibm verdenfen, daß er diefe übergangen ift Chat)? Leſſing. 
Was meinft Du, was mich hier für Unmuth überaangen? Günther. 
Sid mit Trinden übergehen. Prompt. von 1618. Wenn du von 
Dorf zu Dorf nit Gefang und Cyther umbergingft. Doß, die 
Heumad 111. Ch’ der Tag, der eben jebt am. Himmel verhängniß- 
vol heranbricht, unteraeht. Schiller, Piccolomini 9, 2, Die Tu— 
gend kann nicht untergehn. Tiedge, Urania 6. D Meer der Wonne, 
ich ſinke, ach’ in dich unter! Sonnenberg. Wenn die Sonne meer- 
unteraing. Matbiffon, milel. Märchen. Daß manch Menſch ſich 
Darin verging (irre gieng). H. Sachs. Ich habe vor deinem Weae 
mih vergangen. Gryphius. Sollt' ich fürchten, Daß der König 
Menelas jo nraufam fi) verginge mich zu fhädgen? Göthe, Fauſt 
2, 2304. Auf jene linfe Seite (des Rheines), wo deutihe Treu’ ver- 
geht. Schiller, dem Erbprinzen von Weimar. Du fprichft von Zei- 
ten, die vergangen find. Schiller, Don Karlos 1, 2. Als ſich die 
Brüder under jhnen jelbs, nochmals mit jren Nachpauren nit möchten 
vergehen (vertranen). Hund, baier. Stammenbuh 1, 119. Auch 
drüben unterm Wald geht Schweres vor. Schiller, Tell, 4. Das 
Bolt, dad vorgina. Luther, Bibelüberf. Pred. 4, 16. Laß Gnade 
vorgehen deiner Gerechtiafeit, Du Gott der Langmuth! Höfty. Ich 
war in allen Dingen frölich, Das macht, die Weisheit gieng mir in 





1144 


denfelbigen für. Luther, Bibelüberf. Weish. 7, 12. Du gehſt mir 
weyt mit Künften vor (übertrifft mich weit). 9. Sachs. Geht mr 
voran im Zutraun, ich will folgen. Schiller, Maria Stuart 2, 8 
Die nad) dir fommen, werden heller. leuchten, als die Dir auf Dem 
Thron vorangenangen find. Ediler, Jungfrau v. O. 3, & 
Schon fah idy vor mir verfammelt die Gräber unfrer Borangegar- 
genen. Sonnenberg. Gefällts Euer Gnaden, vorauszugehn? 
Shaffpeare, viel Lärmen um nichts 1, 1. . Bon der würdigften Tra⸗ 
une bis zum leichtfertigften Nachipiel war mir Alles vor Augen und 
eift vorbeigegangen. Göthe, Leben 3. B_ So war der Rad» 
mittag 0... Götbe, ital. Reife 14. Mai 1787. Das 
Unbequeme hab’ ich hingepflanzt auf ihren Weg, wo fie vorbei 
gehn müſſen. Schiller, Tell 4, 3. (Der) nicht jein ganzes vorher 
gebendes Leben wegzuwerfen braucht. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 6 
So fehen wir... fehr bequem die Generalität bei und vorüber 
gehn. Göthe, Leben 3. B. Doch waren fie ſchon alle vorüber 
gegangen (geſtorben). Tai. 14. B. Hoch auf dem alten 
ſteht des Helden edler Geift, der wie das Schiff vorübergeht, & 
woblzufahren beißt. Göthe, Geiftesaruß. Keine vorübergehende 
Empfindlichkeit. Schiller, Piccolomini 2, 2. Mein ganzes Leben ging 
vergangenes und fünftiges, in dieſem Uugenbli an meinem inneren 
Geſicht vorüber. Schiller, Wallenft. Tod, 2, 3. Wo er weggeht, 
verwünjcht man ihn. Schiller, Piccelomini 2, 7. Wenn ihn die Ten- 
kunſt und der Mond und der Frühling und die Freudenthränen fanft 
bewegen, fo zergeht jein Herz und er will Die Liebe. %. Paul, Ti 
tan 22. Mild zergeht jein ftrenger Sinn. Novalis, Heinrich vor 
Dfterdingen 3. Was ihm abgeht, geht dem .Andern zu. Lichtenberg, 
philof. Bemerkungen. - Es gieng ihr (überfiel fie) eine Ohnmacht 
über die andere zu. Selhammer. Als fie, herabgelommen, den Bi 
den wieder zugingen. Göthe, Novelle. Es geht nicht zu mit 
rechten Dingen! Schiller, Wallenfteind Lager, 6. Schrie ich da 
Knechten, handlich zuzugehn Schiller, Tell 4, 1. Er hielt es dej⸗ 
halb doch für geratbeuer zurüdzugehen. Göthe, Leben 3. B. & 
eht zurück mit Ddiejem edlen - Haus. Schiller, Piccolommi 4 5. 
(8 fönne wohl zujammengehn, und fei recht wünjdhensmwerth und 
jchön, regieren und zugleich genießen. Göthe, Fauſt 2, 260. Umd 
weil nun unjer Bortheil fo zufammengebt, ſo laßt nnd zu einander 
auch ein recht Vertrauen falten. Schiller, Wallenfteins Zod 1, 5. 
Vergangenheit 1) der Zuftand, da etwas vergangen iſt; 23) ein 
vergangener Zufland, ein vergangenes Ding. — Begangenfchaft 
(Vergehen) ift ſelten. — Dann lächelt die Vergangenheit Durch der 
Erinnerung Flor. Salis, das Abendroth. Lie armen Menfchen erinmerz 
fi) nur jeliger Träume, nicht feliger Bergannenheiten. 3. Baul. & 
erzählte ihnen die begangenfhafft. Zinegref, Apoph. 1, 13. 





1145 


Geher ift einfach nicht gebräuchlich; auch Gaͤnger (ahd. gango, 
gengio, kenkeo, agſ. genga, gengea, mhd. genge) findet ſich ein⸗ 
fach felten; ebenjo Gehnug. — Der-falfche Grundjag, der Begeher 
eines Fehlers jei auch aller übrigen fähig, Meißner. Daß die Bes 
geherinnen heiliger Vorabende auch fchon bei ihm (dem Dichter 
Merander) eine bedeutende Rolle fpielten. Fall. Der Umgeber 
(Auffeher) au Lauffen soll alle Schiffungen mit Fleis befichtigen und 
abmefien. Lori, Bergrecht. Die Superiores oder Vorgehere einer 
Profeſſion. PBarifius, S. 115. R. Marz, der Hohenichul zu Alexan⸗ 
dria Vorgeber?!) und Rector. Aventinus, Chronik. andel⸗ 
geher. Rückert, geſ. Ged. 5, 140. — Stumm nimmt er feine vier 
zig Gaͤn get (Kameele). Rückert, geſ. Ged. 3, 78. Gänger oder 
Reuter. Daſ, 4, 322. Von den vndergengern des felds, wie vnd 
wo man vndergeen follz Hug, Rethorica Tübingen 1538. Bl. 176. 
Um ja feinem Vorgänger recht Ähnlich zu werden. Göthe, Meifters 
Lehrj. 8, 3. — Reinmetz, der ſich jelbft für einen Doppelgänger 
hielt. Helmuth. Man erkannte an ihren Stimmen jene Fußgänger, 
die auf Dem Wege hinter den Fahrenden zurückgeblieben waren. Göthe, 
Meiſters Lehrj. 3, 3. Die durh die Kirchgänger abgetretenen 
Grabfteine. Göthe, Wahlv. 2, 2. Wie viele und wie fleißige Kit- 
hengänger unjre Kathedrale, bejonders wen Biſchöfe darin predi⸗ 
gen, haben werde. Klopftod, Gelehrtenrepublid. Der Ziih ſammt 
Gartenftube, wovon jener die Koft, dieje die Koftgänger nicht faßte. 
3. Paul, Hefperus 7. Und findet dann von einem Müßiggänger 
den Schatten breit beſeſſen. Götbe, Taſſo 3, 4 Die Spaziergän— 
ger finden fih ein. Göthe, roͤm Carneval. Daß ihn Spazier- 
gängerinnen auf der höher liegenden Kunftftraße fehen fonnten. 
J. Baul, Siebenfäs 9. Spazierengänger Nüdert, gef. Ged. 
5, 140. — Barım er die kleinen Bergehungen ebenjo flreng bes 
ftrafte, als die jchwerften Verbrechen. Schiller, Solon. 

Gehbar, —meifter, — wert. — Unter mir joll mein allmächtiger 
Fuß das Meer und die Erde, mir zu bahnen gehbaren Weg, ge- 
waltfam verwüften. Klopſtock, Meifins 2, 186. Es fehlt nichts, als 
daß wir noch unfern Lehr, Geh⸗ und Zanzmeifter kennen lernten. 
Herder. Ohne welchen (Zahn) das Gehwerk floden würde, 3. Paul, 
Heſperus, 21. 

Gang (goth. gaggs, mıhd. ganc, altn. gängr) 1) die Handlung, 
da man geht; 2) foviel ald man auf einmal, in einem fort, bis zu 
einem Ruhepunkt oder bis zur Erreichung eines Ziele gehet; 3) (un⸗ 
eig.) in verjchiedenem Sinne: ein Gang von Speifen, im echten und 
Streiten jeder Art, ein Theil einer Ritterfchaft, ein furzer, Durch auf: 
und ablaufende Töne ausgedrüdte Gedanken, die Handlung des Auf- 


1 Schon Ulſilas hat für praefectus (Borgefehter) ein fahragageja. 


1146 


fchüttens in einer Mühle; 4) was da geht, was zufammen in Be- 
wegung geſetzt wird; 5) Das Ziel des Sehens, der Ort, wohin men 
gebt; 6) der Ort, wo, auf weldhem man geht, oder gehen fann, der 
zum Gehen geeignete oder gemachte Längenraum; 7) (umeig.) die 
Gewinde einer Schraube; 8) (uneig.) die Röhren und Leiter, in wei 
hen ſich eine Zlüffigfeit beweat, beionders in den thierifchen und Pflas- 
zenförperu; 9) (uneig.) gewifle Räume im Gebirge, Die in Der Künge 
und Tiefe fortdauern und an Minen oder Erzen reich find; 10) (Ja⸗ 
gerſprache) eine Reihe aufgeftellter Klebgarnen. — Wann mein Gang 
zu der Kirch' am blumigen Grabe vorbeigeht. Voß, Luiſe 3. a, 345 
Den eijernen Gang des wandelnden Richters. Klopſtock, Mejfias 4, 
542. Ihr, rief ex, hinkt, ich aber nicht; den Gang müßt ihr eub 
abgewöhnen. Gellert. Denn du haft ſchon meine Genge geek. 
Luther, Bibelüberf. Hiob 14, 6. Melodien, Gänge und Läufe obme 
Wort und Sinn. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 11. 
Die Synonymen f. S. 141. 

Ab—, An—, Bei—, Durd—, Ein—, Fort — Heim-., 
Her—, Hin —, Nach—, Rüd—, Veber—, Ber— , Bor— (6. 
492), Borüber— , Weg —, Zu—, Zurüdgang u.a. — Rad deu 
Abaang (Xod) der beiden alten Leute. Göthe, Meifters 
1, 8 So gewann dieje Teihte Waare Beifall und Abgang. Götk, 
Bampagne in Franfreih Münfter Novbr. 1782. Einige Gold- und 
Silberabgänge zu faufen. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 2. Gen 
Kühenabgängen und allerlei Unrath. Göthe, ital. Reife Palerme 
5. April 1787. Mit Sonnenaufgang wandelten wir nun bimmater. 
Göthe, ital. Reife Girgenti 25. April 1787. Die Katbarinenpfertt, 
ein ehemaliges Thor, und feit Erweiterung der Stadt ein coffee 
Durchgang. Göthe, Leben 5. B. O was hat meine Seele wicht 
noch in dieſem Durchgange durch das Leben zu dulden! Duſd 
Die der Durchgang der Venus am Nordcap objerviren mer 
len. , Lichtenberg, Tagebuch von der Reife nad England. Daß mein 
Ausgang und Eingang gebenedeit jei. Göthe, Reineke Fuchs 6, 9%. 
Es fann mich mehr nicht Ängftigen, als dieſer Eingang (der Rebe). 
Schiller, Walleniteins Tod 3, 2. Am Eingang zweier umdafteler 
Cedern. Klopſtock, Meifias 1, 56. Nahe dem Felseingang. Bw 
fer, Tuniſias 9. Wir folgten, im Fortgange der Höhle, den Ufern des 
Heinen Fluſſes. A. v. Humboldt, die Felshöhle in Guacharo. Je 
früher wir dieſe Arbeit anfangen, defto mehr Fortgang gewinnt fie. 
Gellert. Diejer ungewöhnlihe Hergang der Sat. Klopftock, Ge 
lehrtenrepublik. Tritt bin zur feierlich geheimnißvollen Pforte, von 
Hehva's Hingang (Tod) leuchtend noch erhellt. Tiedge Urania 6. 
Da iſt fein Rückgang mehr. Porker, Rudolph 1. (Das Wörtcen) 
ſollte nur zu einem Uebergang dienen. Söthe, Meifters Wander. 
2, 3. Bei ihm ift alles nur ein Uebergang. Lelfing. GSteeitig 


1147 


eiten wegen Feldmarken koͤnnen gefchlichtet werden durch einen or⸗ 
entlihen Undergang Gefſichtigung durch beeidigte Perſonen) oder 
ndergänglichen Spruch. Meixer, dissert. IV. p. Il. Gerettet 
aben wir vom Untergang das Reich. Schiller, Wallenſt. Tod 1, 
. So könnten fie ja früher kommen und vor Sonnenunter- 
‚ang wieder zu Haufe fein. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 115. 
Beltuntergang in ihrer Mitte. Schiller, die unüberwindliche Flotte, 
Siehe da die Fabel jener beiden Säulen Seths für den Waſſer— 
nd Feuerunteraang der Erde. Herder. Er dachte die Zukunft 
nd den Bergang voll Seelenangft. Klopftod, Meſſias 2, 628. 
Rod) ift immer fein Bergang (Mangel), Voß, die Kartoffelernte, 
Lhriſtus bat in allen Dingen den Vorgang (Vorzug). Xuther, Bir 
relüberf. Col. 1, 18. Dies mag die Urſache fein, warım ich mid) 
ver einzelnen Borgänge wenig erinnere. Göthe, Leben 14. B. Sie 
seherrfchen die Meinung, und entfcheidend ift ihr Borgang. Schiller, 
Wallenſt. Tod 3, 2. Verſah Gott fein Volk mit einem geichidten 
Borgang und Seelſoraer, der hieß Samuel. Nventinus, Chronik, 
Daß) ein Geſtirne Dem andern ruf im Borübergange. Klopftod, 
Deeifias 5, 27. Alle Zugänge... waren zu beiden Geiten durch 
Schranfen nnd Wachen gefichert. Göthe, Leben 5. B. Das find 
yerrlihe Zugänge (Zufluß) der Wirthichaft. Thümmel. — Die des 
Tünglings Adlergang geſehn. Schiller, Melandyolie an Laura. Em 
hattiger Baumgang war der Zufammenkunftsort. Bampe. Den 
Blumengang des Glückes fchlendern. Thümmel. Durch enge fi 
ft durchkreuzende lichtlofe Bogengänge. Wieland, Oberon 13, 45. 
Wie könnte der ſchwerfällige Bothbengang unferer Sprache jene 
ranzöfiihen Einheiten erreichen, die gleid, den Echwalben vorbeiſchie⸗ 
Ben. himmel. Wo durdy Dunkle Buchengänge blaffer Vollmonds⸗ 
ichimmer blickt. Mathifjon, Bernhigung. Ihre vorgefchriebne Reife 
zollender fie (die Eonne) mit Dounnergang. Göthe, Fauſt Prolog. 
Bir fingen der Eisgangslieder noch viel. Klopſtock, die Kunft 
Tialfs. Auch wird ihr Erdengang niemals zur Nachfolge reizen, 
und ſoll e8 nicht. Ewald. Ein dunkler Felsgang endete von bier 
ım Lichte erweiterten Hallen. Meyer. Unten im Feljengang. Por. 
er, Rudolph 6. Im Fihtengange tief fie ſteht. Redwitz, Ama⸗ 
antb. Tas übrige’ dem Kolgegang ımd Scidjal zu überlafien. 
Boͤthe, Meifters ander). 3, 14. Durch alle Gartengäng’ und 
zelder. Wieland, Oberen 13, 21. Wer jchwebte bin im Geifter- 
Jana? Redwitz, Amarantb. (Die Mathematif muß) ihren eigenen 
jroßen Geiitesgang gehen. Göthe, Betrachtungen im Sinne der 
Wanderer. Ueberdieß hinderte fo mancher Mißbraub den Gerichts: 
yang. Göthe, Leben 12. B. Durch die Gipfelgänge jagt er 
unten Kieſeln nach. Göthe, Mahomets Belang. Nicht ziemet mir 
das Uriheil über deinen Herrihergang. Ubland, H. Ernſt 1, 1. 


1148 


Und wenn du weh um Hochzeitgang den Gürtel um die Laube 
winden. Redwitz, Amarantd. Den wir gegenwärtig auf feinen Jar 
gi ngen begleiten. Goͤthe, Leben 12. B. Durh den hohlen Kel- 
ergang erihallt ihr voller Kraftgeſang. Redwitz, Amarantl. 4 
hab’ des Kirchgangs Seligkeit. Daf. Was Augen bat läuft ſcha⸗ 
renweil herbei, Den praächt'gen Kirhengang anzuflaunen. Wielaund 
(Wenn) ih nun den langen düſtern Kloftergaug durchzuwandels 
Hatte. Göthe, Leben 4. B. Der jchleihende Kranfengang. J 
Paul Doch fo oft es igt ſtrauchelt, jebo den Krebsgang kiiecht, 
geh’ du den eigenen Weg. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Wie es kei 
einem folchen autodidaftiichen Kreisgange zu erfolgen pflegt. Göthe, 
Xeben 8. B. In dem Kreuzgang wandelnd. Pyrker, Rudolph 2 
Rauſcht nichts den Raubgang daher? Schiller, die Erwartung. Dead 
(Rilar) ein fonderbarer under Wald aus Laubengän gen noch verftedie, 
% Paul, Titan 23. Defters berieth ich mich mit ihm über meinen 
einzuleitenden Lebens⸗ und Geſchäftsgang. Göthe, Leben 12. 
B. Die Stationen des Leidensganges unfered Herru. Göte, 
St. Rochusfeſt. Und nun bift du weder in der Laube nach im heben 
Lindengang zu finden. Göthe In dem Luftgang meben dem 
wallenden Strom. Baggeien. So daß e8 (dad Wafler) nur im mei 
läufigen Schlangeugange fortwandeln fann. Göthe, Eampagne in 
in Frankreich, October. In den ſtürmiſchen Mühl gängen täglicher 
Aſſembleen. J. Paul, Titan 58. Sollte man denn aber einem ſolchen 
Naturgang nichts entgegenſetze? Goͤthe, Wahlv. 2, 8. Auch Pul⸗ 
vergänge Da fle gegraben. Schiller, Jungfrau v. DO. Prolog 3 
Mit den Förmlichkeiten eines Rechtsganges genau befannt. Göthe, 
Leben 17. B. - Sieh! er lehrt die fchmebenden Planeten ew’gen 
Ringgangs um die Sonne fliehn. Schiller, Phantafie an Lana 
Unter dem Rundgang um die Inſel. 3. Paul, Heiperus 12. Be 
bin ih trüg’ den Sängergang. Redwig, Amaranth. Daß es (dab 
Zimmer) Halb einem Garten, halb einem Säulengange ähnlich ſah 
Söthe, Meifters Lehrj. 5, 12. Nimm, Schattengang, mich auf! 
Salis, an ein Thal. Siehe, doch fchweigend, meinen Schickſal⸗— 
gang mit der Welt. Sonnenberg. Stets erichöpfend den Schlad 
tengang der Heere von Abdul. Sonnenberg... Wohl ausgehanen lei⸗ 
tete ein Schnedengang zur Höh’ hinauf. Herder. Die Lauben 
drehten ihn in Schraubengängen in eine immer tiefere Nacht bie 
ein. % Paul, Titan 28. Sobald dir vom Seegang nicht mer 
wadelt der Fuß. Baggeſen. Bon den Ehren Walhalls raujcht es m 
freudigerem Strophengang. Klopfiod, Braga. Dürfen Sie ut 
die Bedeutung des Stufenganges wohl erflären? Göthe, Meiftens 
Wanderj. 3, 1. (Er) rief die Fühnen Gefährten jauchzend zum 
Sturmgang auf. Porfer, Tuniſias 10. Eilt duch den Hof zum 
Thoresgang. Redwitz, Amaranth. Bellommen folgt er vom He 





1149 . 


um Treppengang Daf. Doc fo Iange du fo den Todedgan 
sit der Menſchheit wandeln nich fiehft. Sonnenberg. Wag' auch ih 
ur Geifterfonne freudigmuthig den Bollendungsgang. Schiller, 
ie Freundſchaft. Daß vor des Vaters Waidmannsgange den 
Rorgenimbiß fie bereite. Redwig, Amaranth. Es treibt ein felt- 
ım füßer Schred fie fort zum hohlen Waldesgange. Dal. In⸗ 
em war der Sl den ganzen Zag angelegt. Göthe, 
Reiters Wanderj. 8, 13. avon mag der gewöhnliche Weltgang 
ie Schuld tragen. Göthe, Tag und Jahreshefte 1801. Hinge⸗ 
Hmiedet zum Gefang ftehn, im ew’nen Wirbelgand, einzuziehn die 
Bonnefülle, lauſchende Naturen ftille. Schiller, Laura am Elavier. 

Anfgang 1) die Handlung des Aufgehens, auch uneig. von den 
yimmelsförpern gefagt; 2) der Zuftand des Aufgehens; 3) die Him- 
telögegend, wo die. Sonne, wie man ſich ausdrüdt, aufgeht; andy die 
egen Nufgang oder Morgen liegenden Länder. — Wenn das Geſchick 
n Aufgang deines NRuhms dich fallen täßt. Weiße. Auf alles 
tolk vom Niedergang bis fern zum Aufgang. Doß, Deutichland. 
Zen Auf- und Niedergang und aller Weltkreis ehret. Opiß. Wie 
ft eilte das gute Mädchen mit Sonnenaufgang aus dem Haufe, 
söthe, Wahlverw. 1, 17. : 

Dt!) (fatt Oft, ahd. mihb. Ost, agf. eäst, engl. east, franz. Est, ger 
wöhnlich in declinirter Yorm als Adv. ahd. östana, mh. östen = von Oſten, 
ahd. östar, mhb. dster = nach Dflen; vgl. gr. alpog = Oſtwind, avpıog 
— morgendli, lat. aurork — Morgenröthe, Oſten, auster = Südwind) 
Himmelsgegend, wo die Sonne über unfern Geſichtskreis kommt. Orient ift 
das lat. oriens — aufgehen. Der Morgen (6. 496) Tugesanfang, Zeit 
des Sonnenaufgangs; dann auch Gegend des Sunnenunfgangs. 

Ausgang 1) die Handlung, da man ausgeht; 2) das Ende einer 
3egebenheit, einer Zeit; 3) der Ort, durch welchen man ausgeht. — 
Jaß mein Ausgang und Eingang gebenedeit fei. Göthe, Reinele 
uchs 6, 92. Da bald der Ausgang beweiſ't, daß er nicht befohlen 
at. Göthe, Egmont 4. —— 

Erfolg (f. folgen S. 34) drückt das Ende einer Begebenbeit als aus 
der Begebenhelt hervorgegangen, daraus folgend, ale Wirkung aus dem Vor⸗ 
bergeheuden, aus. — Bin paar alte Jungfrauen hatten diefe Penflon ſchon 
lange mit Orbnung und gutem Erfolg geführt. Göthe, Leben 9. 2. 

Niedergang 1) die Handlung, da man niedergehet; 2) (uneig.) 
er Sonnenuntergang, auch die Himnmelsgegend des Sonnenuntergangs 
. oben Aufgang). — Don auffgang der Sonnen bi8 zu Ni 
ergang. Luther, Bibelüberſ. Pf. 50, 1. 


*) Dabdurch, daß die Bezeichnungen der Weltgegenden mit denen der Winde 
rmengt wurden und werden, fin 

gt 3. B. (gef. Geb. 2, 19. 3, 832. 5, 401): Aus dem Welt und Ofle, nad 
‚üben, Wer und Norden; gegen Rord und Of. 


hen wir jene ganz nach Willkür decliniert, Nüdert - 








1150 





Weſt (ahd. mijd. agf. wöst, gewößnlich in beclinierter Forn als Ihe, 
ahd. wöstana, mhd. wösten — von Weiten; ahd. wöstar,; mhb. western 
westert = nah Weiten, zu gr. dszepa, lat, vespera — Abend, faufk, 
wasati — Nacht) bezeichnet als geographiſcher Kunſtansdruck die Himmels 
gegend, wo uns die Sonne unter den Befichisfreis tritt, Der Abend (f. 6 
26) die nächſte Zeit nach Sunnenuntergang; dann die Himmılögegenr de 
Sonnenuntergange. | 


Umgang 1) der Zuftand und die Handlung des Umgehens im 
verfchiedenem Sinne, der Zuſtand da fich etwas umdrehet, die Hands 
lung da man um etwas gehet, ein Gang auf einem Umwege, dad 
wiederholte Zufammenktommen und Zujammenfein mit Andern; 2) ein 
Ding, weldyes um ein anderes gehet. — ine Feder, welche nieder: 
ihlägt, fo oft hundet Umgänge auf den Hafpel gekommen find. 
Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 5. Hoch hatte die PBroceifion den Um 
gang nicht eröffnet. A. v. Humboldt, das Erdbeben von Carackk 
Wie mehret fih im Umgang das Berlangen, ſich mehr zu femme, 
mehr fich zu verftehn! Goͤthe, Taffo 3, 2 Was fol er überall kei 
der Gejellihaft? Es ift jein Umgang nicht, ed mögen würd'ge, wr 
diente Winner fein; er aber ift für fie zu jung, taugt nicht in de 
Geſellſchaft. Schiller, Wallenſt. Tod 3, 6. Daß er unſrer Herogi 
Amalie und fie ihm zum Lebensumaang völlig unentbehrlich ge⸗ 
worden. Göthe, Tag und Yahreshefte 1798, * 


Bekanntſchaft (ſ. kennen S 82) überhaupt eine Verbindung jwijche 
Perſonen, die dadurch entſteht, daß ſie einander befannt find, — Auf der ⸗ 
andern Seite war ihr Werther fo theuer geworben, gleich von dem erſten Ang 
bli® ihrer Bekanntſchaft an Hatte fich eine Uebereinftimmung ihrer Ge 
müther fo fchön gezeigt, der lange dauernde Umgang mit ihm fo make 
durchlebte Situation Hatte einen unauslöfhlichen Eindrud auf ihr Hz ge 
macht, Göthe, Werther II. 


Gangbar, —bau, —bord, —erz, —fiſch, —fuß, —gebirat, 
— gewicht, —aräber, —grad, — haft, —häuer, — luft, — kreuz, —pfoſte, 
— um, —fäule, —ihlüffel, —ipille, —ſtein, — ftreit, —weije, —woche 
u. a.; Abgangsbemerkung, —eijen, —loch, — rechnung, —ihmand, 
—zeugniß; Ausgangsfefl, —Iehre, —pforte, —ftüd, —zoll; Duck 
gangsfernrohr, —gut, —handel, —waare u. a.; Eingaugsfährte, 
—geld, —pforte, —preis, —thor, — zoll; Untergangsfeier, —lag 
Vorgangsrecht. — Es war von Gebirgen, Gängen und Lagern, vor 
Gangarten und Metallen der Gegend die Rede. Göthe, Meier 
Wanderj. 2, 10. Durch Wiederholung damald gangbarer mei 
bedeutender Stüde. Göthe, Campagne in Frankreich, Münſter Roobr 
Der Feld wird gangbar. GBöthe, Eugenie 1, 6. Die duntle Hoͤhle 
ft Durhgangbar. Heß. Den Rathichluß zu bewahren im unze⸗ 
gangbar feſt verſchloſſenem Gemüth. Schiller, Braut v. M. & 


151 





m mühvollegangfam. Hüdert, gei. Ged. 4 33. Durdgang- 
eredhtigfeit... vor diefem Durchgangzoll. 3. Paul, Heiperus 9. 
Borin fih ein Uebergangsgebirg bemerken läßt. Göthe, Werke 
1, 123. Und hohe Wechfelgefpräche über die Untergangsfeier 
er Belt. Sonnenberg. Der in die Flamme von Sodoma fam und 
nfter zum großen Untergangstag der veralteten Sion vor 
Ritternadyt auszog. Sonnenberg. 

Gäng (ahd. k(g)engi, mhd. genge) gehend, im Gange feiend; 
ebräuchlich, gend j. S. 49. — Gängig (ahd. k(g)engie) 
ebend, was Gänge hat, auch was gebräuchlich iſt; Gänglich (ahd. 
angalih, gang(e)lih) wo man gehen kann, find einfach und (jedoch) 
ıehr) in verfchtedenen Zuſammenſetzungen gebräuchlich. Abgängling; 
Zegängniß, das feierliche Begehen einer Suche, nur noch von der 
ꝛierlichen Beerdigung eines Todten gebräuchlich. — Junges Maut ift 
me Mühle, die gar gäng in ihrem Lauf. Logau. Ich kam auff 
ne gänge Landſtraſſe. Simpliciffimus 1, 19. Ob auch bei ihnen 
ergleihen gäng und gäbe wäre. Göthe, St. Rochusfeſt. Dann 
ürde doch wenigftend die Toleranz gängiger werden. Geift der 
ſournale. Sitten und fragen, jo bey den Juͤden gengig feynd. 
Yietenberger Bibelüberf. (1571). Ayftl. 26, 3. Und was ja noch 
baängig oder dunkel wäre, erfegen die Gloſſen. Göthe, Götz v. 2.1. 
Schleunig wird ein bejahrter und ſchon abgängiger Widder her- 
eichleppt. Voß. In diefem Sinne find’ ich das Stud durchgängig 
earbeitet. Göthe, Meijters Lehrj. 4, 13. Daß diefe zu einer höheren 
‚ultur fo nöthigen Studien niemals rudgängig werden. Göthe, 
us Makariens Archiv. Nah vorgängiger genauer Unterſuchung. 
zöthe, Egmont 5. Die in ihrem Alter wie die Menfchenfeele eine 
rebsgängige Beförderung erdulden. % Paul, Hefperus 10. 
Stulgengig ... jelbsgengig Pratſpießmül. Fiſchart, Gargantua 
5. 101.154. — Nicht fteil die Hügel, doch nicht allzu gänglich. 
zöthe, Zunft 2, 365. Wie er da Einzelne an die Jugend methodiſch 
nd eingänglich überliefere. Göthe, Tage und Sahreshefte 1805. 
rrgänalidheflug minirt er (der Feuerwerler) feine Grüfte. Göthe, 
Sonette 15. Doch ihm ertheilen luftige Welten das Uebergäng— 
iche, Dad Milde Göthe, wohl zu merken. Gie ward wieder 
mgänglich und antwortete dem freundlichen Frager gern. No— 
alis, die Natur. Daß er ihn ja in die unumgänglide 
tothwendigkeit ſetze. Leſſing, Hamburger Dramaturgie 1. Dur 
ndergänglihen Spruch (ſ. oben S. 1147 Untergang). 
8 war die unvergängliche Freundſchaft in den vergänglidhen 
züllen. 3. Paul, Heiperus 3. (Die Krankheit hatte) ihm einen 
zlick auf die Vergänglichkeit, auf das Zerſtückelte unjers Daſeins 
röffnet. Göthe, Meiſters Lehrj. 4, 17. Im Gefühl der Unver- 
änglichfeit. Matthiffon, Himmeldglaube. Wenn diefem nicht die 


1152 


@ätter... liebenswerthe Gegenwart vorübergänglich lichen. Gölhe, 
Fauſt 2, 210. Ein abgefondertes verfchloffenes Zach in den zugäng 
lien Schränfen. Göthe, Meifters Wander. 1, 10. Bas die 
Königin dabei in tiefem Buien geheimnißvoll verbergen mag, fei jedem 
unzugänglic. Göthe, Fauſt 2, 206. Durd rohen Dorngeflechtes 
Unzugänglichkeit kann er die leichten Tänze nicht gefällig ziehn. 
Goͤthe, was wir bringen 17. — Diele Unglüdlihen waren 
Stilung des Hungers mit nichts als verfchimmelten Brotfruften, Ab- 
gänglingen und fihlechter Waichitärfe verjehen. lingenannter bei 
Gampe. Wie man pfleget in den Zodten Begengniffen. Luther, 
Bibelüberj. Bar. 6, 31. Ihren gefterbenen Sänger ehret die Herr 
durch ein präctiges Begängniß. Uhland, Rudello. Wo man 
an prunkhafte Leichenbegängniſſe gewöhnt war. Söthe, Leben 
2.8. Die Brunfdegängniffe verloren fih immer mehr. Dal. 
Anm. Tſchudill, 121 bat noh Hintergangnuß = Hintergehung, Berry. 
Das mit vergänglich (defien Dafein aufhören kann, das endliches Grin 
hat) finnverwandte zeitlich (ahd. zilih, ſ. Zeit S. 959) bed. endliches 
Sein habend, oder der Aufeinanderfolge des, Seins angehörend. — Den zeit 
lichen Tod ſtirbſt Du für diefe That, willt Du auch noch den ew’gen dafür 
erben... Ih habe alles Zeitliche berichtet, und hoffe feines Menſches 
Schuldnerin aus diefer Welt zu fcheiden. Schiller, Maria Stuart 5, 7. 

Bängeln (ſchon im 15. Jahrh.) — den Gang leiten, gehen 
lehren: ab—, be—, fort—, ber—, berum—, nach—, Ver-, 
vor—, weg —, zu—, zurüdgängeln find wenig im Gebrauch. — 
Mit dem man ganggelt. Liederbuch der Clara Häßlerin aus der 
2. Hälfte des 15. Jahrh. Sol auch ih mih dadurh gängeln 
laflen, wie einen Knaben? Schiller, Räuber 1, 1. Längit ſchon 
pflegten wir dein, unknndiger, wartend und gängelnd. Bob, die 
büßenden Jungfrauen 59. 

Gegängel; Gängelei; Gängelbaud, — wagen. — Das mar 
freontiihe Gegängel ließ gleichfalls unzählige mittelmäßige Köpfe 
im breiten, Herumfchwanfen. Göthe, Xeben 7. B. Den gebarniichten 
Rieſen Geſetz am Gängelbande zu Ienfen. Schiller. Fiesfo 3, 2. 

Anm. Mit Bang werben verfchievene Gigennımen gebildet: Gangolf, 


Wolfgang. 
Schlafen. !) 
| (Wurzel slaf.) 
Schlafe, ſchlief, gefchlafen, ſchlafen (goth. sl&pa, säizlep, 
säizl&pum, sl&pans, sl&pan; ahd. släfu, sliaf, sliafumes, släfaner, 
släfan; mhd. släfe, slief, gesläfen, släfen; agſ. slaepan, alti. si 


1) Mit diefem Verbum beginnt die zweite rebuplicierende C tion, wit we 
nbb. Ablautsform A, ie, ie A. 8 8 p onjugatiom, 





1153 


— — 





—— 


pan, altfriej. sl&pa) in natürlicher -Nuhe der willkürlichen Lebens- 
thätigfeit ohne Unterdrüdung des Seelenvermögens fein, im Zuftande 
des Schlafes fein, als Gegenſatz des Wachens; dann auch fig. — 
Zn. einem Feldbett haben wir gefhlafen. Schiller, Wallenfteins 
Zod 3, 10. Der (Graf) Ichläft er nicht, möcht’ er doch fchlafen. 
Göthe, Hochzeitlid. Einfach ſchlief in dem. Sumen die Kraft. 
Göothe, Metamorphofe der Pflanzen. 
Schlummern (mid. slumen und slummern, engl. slumber, fchweb. 
8slumra, holland, sluymeren, verwandt mit altu. slum = Schweigen, Nieder 
geichlagenheit, sluma = ſchweigen, ven Muth finken lafjen) bezeidynet das . 
Ruhen in einem Mittelzunand zwiſchen Schlaf und Wachen, Ähnlich der 
Dämmerung (ahd. demenunga,, vielleicht Schreibfehler ſtatt dämerunga, 
von abd. demar = Dämmerung; vgl. agf. dim, altf. thim — dunfel, altn, 
dimma, fanffr, tamas, lit. tamsa, lat. tenebrae — Finſterniß; daher au 
büfter aus niederd. dimiter). Daher fagt Eoöthe au einbägmern = 
‚ einfchlummern. Die Volkoſprache Hat noch andere Ausprüde: duſeln, 
— lunzen, lunzeln (mh. lunzen, lunczen = ſchläfrig fein, bei Stieler 
—lunſen, lunſchen) vom Morgenfcplaf, tefonders ber Kinder, gefagt, wo fle 
nicht eigentlich ſchlafen, aber auch nicht auffichen wollen. — Geſchlafen 
hab’ ich nicht, gefhlummert nur. Göthe, Elyenor 1, 2. Der Hüter Iſrael, 
Schlefft noch ſchlumet nicht. Luther, Bibelüberf, Pf. 121, 4 Ich wil 
meine Augen nicht jchlaffen lafien, Noch meine Augenliede ſchlummen. Daf. 
132, 4. Las deine augen nicht fchlaffen, noch deine augenlied fhlummern. 
Daſ. Spr. 6, 10, Heimlich in mein. Zimmerchen verſchloſſen lag im Mondens 
fein gang von feinem, Schauerlicht umfloffen, und ih bämmert’ ein. 
Goͤthe, an Belinden, | m. 
Aus—, be, (5.1139), bei —, durch —, ein—, ent —, entgegen —, 
er—, berbei—, nach —, über—, verſchlafen. — Die einen lagen 
und ſchliefen ihren Rauſch aus. Göthe, Meiſters Wanderj. 3,8. Es 
giebt Leute, die zu keinen Entſchluß kommen können, ſie müſſen ſich denn erſt 
ber die Sache beſchlafen haben. Lichtenberg, Betrachtungen über den 
Menſchen. Er bejchlief jeinen befjern Vorſatz. Meißner. Der hat eim 
Mitter fein Tochter bichlaffen. H. Sachs. Ich wündjche, Daß mein Feind 
erwehle beyzuſchlaffen ein jolch verworfnes Thier. Rachel, 1. Satire. 
Nah einer ruhig durchſchlafenen Nacht. Göthe, Leben 3. B. 
Unter einem Banm fand ich ihn eingeſchlafen. Schiller, Piccolomini 
1, 3. Ich war eutſchlafen unterm Zauberbaum, und bin erwacht. 
Schiller, Jungfrau v. O. 4, 9. Dauid entſchlieff (ſtarb) mit ſei— 
nen Vetern. Luther, Bibelüberſ. 1. Röm. 2, 10.. Als eind zuckende 
pe neben ihm noch in der halben eingerunzelten Raupenhülſe 
ing und ihren Blütenkelchen entgegenſchlief. Paul, Siebenkäs 3. 
Sn einem ſchlechten Wirthöhaus... erſchlafen wir nun den morgen— 
den Tag. Göthe, Briefe aus der. Schweiz 2. Abthl. Es ſoll nicht 
gefagt fein, daß ein Mann in unferm Schloffe ungeftraft die Morgen- 
78 





1154 


— — — 


rsothe herbeigeſchlafen habe! Göthe, Trinmph der Empfindiamfeit 
3 Wann noch mein Mütterhen nachſchläft. Voß, Luiſe 2, 159. 
Der diefe Nacht des Jammers überſchlief. Göthe, des Epimenides 
Erwachen .2, 9. Das Vorübergehen eines Uebels, deſſen Androben 
wir alüdlih verfchlafen hatten. Göthe, Leben 3. B. 

Schlaf (goth. sleps, ahd. mhd. släf, altj. släp, altftiej. sl&p, 
engl. sleep) 1, Zuftand des Schlafens; 2, (auch im Plur. die 
Schläfe) ein Theil des Kopfes hinter den Augen, wo man den Schlag 
der Pulsader gewahr wird, und wo ein Schlag tödtlih it. — Ih 
fhlug ihn mit der Fauſt fo tüchtig auf den Schlaf, daß er für todt 
zur Ede fiel. Göthe, Benvenuto Cellini 1, 3. Daß eure Schläfe 
ſchon grau find. Göthe, Meifterd Wanderj. 2, 3. — Kinder, jo and 
vnehlihen Beifchlaff geborn werden. Luther, Bibelüberſ. Weish. 
4, 6. Der meinen Morgenſchlaf fo tolfühn unterbriht. Wieland, 
Dberon 3, 32. Jetzt wand fih von dem Sinnenfhlafe die freie 
ſchöne Seele los. Schiller, die Künftler. Ich gebe durch den Todesijchlaf 
zu Gott ein ald Soldat und brav. Göthe, Fauſt 1, 198. Wenn fie aus 
ihrem halben Todtenfchlafe zum Bewußtfein erwacht. Goͤthe, 
Wahlv. 2 Es war fon im März, wo die höheren Stände 
wegen ihres fihenden Winterichlafes mehr vollblütig als faltblütig 
find. 3. Paul, Hefperus 24. Sie fchlief den Zauberſchlaf. 
Uhland, Mährchen. Rofig glüht ihm ein Kranz von Morgenrötben 
des Jenſeits hoch um die Liltenfchläfe. Sonnenberg. 

Die ſchlafen und ſchlummern, fo unterfcheinen fh au Schlaf um 

Schlummer. — Hat ud die Geſchichte nigt aus dem Schlummer 
gerüttelt? Der ewige Schlaf würde wach geworben fein! Schiller, Mänbe 


4, 6. 
Schlafader, —apfel, — arzenei, — balſam, — bank, — beere, 
—bett, — boden, — deich, —fieber, —fiſch, — gäͤnger, —gaft, — gegend, 
—geld, —geſellſchaft, —gewand, —grube, —haube, —haus, — hoſe, 
—faften, — kirſche, — kopf, —krankheit, — kraut, — krebs, — kutſche, 
- latwerge, —laus, —lilie, — luſt, — machend, —mittel, — muslel, 
—müßig, —pelz, —pille, — ratz, — roſe, —falbe, —ſtube, — ſtuhl, 
—ſtunde, —tiſch, —trank, — wagen, — wahrſager, — weisen, 
—wirkend, —zeit u. a.; Schläfenbein, —blutader, —ede, — fläche, 
—fortſatz, —grube, — muskel, — muskelnerve, — vand, —ſchlagader, 
—zweig. — Der fortdauernd ſchöne, mehr ſchlaf⸗ als todtenähn- 
liche Zuſtand Ottiliens zog mehrere Menſchen herbei. Götbe, 
Wahlv. 2, 18. Und in der Rechten fein ſchlafbringender Stab 
Voß. Schlafdurftige alio ſchlaftrunkene 3. B. Soldaten, 
Poſtillons fchlummern im Reiten und Marichieren halb ein. J. Paul 
Im Schlafgemach, entfernt vom Feſte. Göthe, Brautnacht. 
Ariftophaned wurde ſogar Krifoftome Schlafgenojie Bene: 
Sternau Nah ihrem Sohn, der noh ihre Schlafgefelle & 





u 


Wieland, Oberon 11, 36. Kucius, mein Schlafgewand! Shafe- 
peare, 3. Cäſar 4, 3. Weswegen eine Sturmglode länger ſummt, 
ils eine Schlafglode. J. Paul, Titan. 2. o hauſet der unbe 
riebiame Schlafgott. Voß. Die (Studierfiube) noch die einzige 
Schlaffammer unferer Leidenfchaften ift. 3. Paul, Heſperus 8. 
Daß er den Mops in jeinem Wohn- und Schlaflorb wieder unter 
ven Dfen ſchob. Daf. 3. Den legten Schlaffuß giebft du mir, 
jeliebte Aderna. Benzel-Sternau. Wann wirft du (Bach) mir mein 
anftes Schlaflied rauhen? Kleift. Woraus fie in Ichlaflofen 
Nächten manchmal ein Blatt Mafarien vorlefe. Göthe, Meiſters 
Banderj. 1, 10. Höre Er, Brenie, man fagt, daB er an der 
Schlaflojigfeit frank liege. Göthe, die Aufgeregten 1, 6. Ein 
yierter Schlafluftiner fepf irgend einen Genius bis an den halben 
2eib in eine Fichte Wolfe, 3. Paul. Hier winfte er dem Pfarrer, 
eine Schlafmütze binzuwerfen. 3. Heſperus 8. Der fchlafnadı- 
ıhmende Blinzer Baggejen. Er ftridte den Schlafrod knapperan. 3. 
Baul, Hefperus 8. In den Dunkeln weiten Schlaffaal der Natur. 3, 
Paul. Liane lehnt in einem Schlafſeſſel. 3. Paul. Auch feine 
Schlafftätte theilte er mit ihnen. Benzel- Sternau Für Sitze, 
Schlafftellen und was man allenfalls fonft in einer mäßigen 
Herberge verlangen könnte, war geforgt. Göthe, Meifters Wanderf, 
, 4 Eine fo unüberwindlide Schlafſucht. Göthe, Leben 6. B. 
Sin jhwerer Schlaftrieb liegt wie Blei. auf mir. Shafefpeare, 
Deachetb 2%, 1. Noch einen Schlaftrunf! Schiller, Piccolomini 
1, 6. Und jchlaftrunten, vom Weine betäubt, hinfinken die Zeigen. 
Byrfer, Zunifias 6. Blick auf fie, wenn fie in den Armen der 
Schlaftrunfenheit liegen. Herder. Die weinbetäubt und fchlaf- 
‚erfunfen waren. Shafeipeare, Macbeth 3, 6, Als ich mehrere 
Rüchte in einem Schlafmagen zubradhte. Göthe, Zarbenlehre 91. 
Sharlotte fuchte bald in ihr Schlafzimmer zu kommen. Göthe, 
Bahlv. 1, 12. 

Mit fchlaflos (res Echlafes benommen, des Schlafes entbehrend) iſt 
finnverwandt wach (ahd.wacvonwaden ©. 757,f.noh Bade ©. 113) im 
Zuftande regfamer Lebenskraft; Im Befondern ohne Scläfrigfelt. — Sieh 
mich die Mitternadt bei meinem Sehrohr wach. Hagedorn, 

Schläfer; fchläferig (ahd. släfac, släfarac, mhd. släfec, 
läfric) Luft zum Schlafen empfindend; für einen Schläfer einge- 
ichtet; Schläferigfeit (ahd. släfarigi, mhd. eläfekeit); fchläfern 
ahd. släfön, släfarön, mhd. släfern ) Luft zum Schlafen empfinden; 
gemanden fchlafen machen: einſchläfern (auch einichläfen), 
ntfhläfen; Einſchläferung. — Wie mid, den Schläfer, friſch 
in Geift durchglühte. Göthe, Kauft 2, 115. Mit dem erften 
Sonnenftrahl beleuchte die Schläferinnen. Göthe, das Märchen. 
Inartiges Kind, Langfhläferin! Voß, Luiſe 2, 560. Die ihre 


73% 


1156 





Beyfhläffer holen. lafien. Simpliciſſimus 2, 18. Er wir fid 
deine Beifchläferinnen, deine prächtigen Kleider und alle deine 
Reichthümer zueignen. Wieland, Lucians Werfe: UWeberfahrt 6. 8 
Alle gingen, vom Reifen jchläfrig, der Ruhe zu. 3. Pant, Titan 
7. Nabe an einem großen ziweifchläfrigen Ehebett. Götke, 
Campagne in Frankreich 4. Detbr. Während Diefer Erzählung hatte 
Marianne alle ihre‘ Freundlichkeit gegen Wilhelm aufgeboten, um ihre 
Schiäfrigfeit zu verbergen. Göthe, Meiſters Lehrj. 1,6. — 
Denn ſchläfert jenes (Haupt), alle (Glieder) ſtnken nieder. Göthe, 
Fauft 2, 270. Deich ſchläfert ſonſt bei feinen Sachen. Weichmann, 
Poeſie der Niederfahfen 4, 395. Schläfernder Duft. Götbe, 
feübzeitiger grübling Ein Arzt ſchläfft den Kranfen ein. Opik 
Er ſchläft den Außen Sinn unmerflih ein. Wieland, Oberen 
10, 10. Das ſchläfert nun... meine Sinnen ein. Göthe, Eammt 
5. Du wilft mid einſchläfern. Schiller, Kabale und Liche 1, 4 
Mit dem weheinfhläfernden Balfam. Porfer, Zunifins 6. Daß 
man jm (dem Gänschen) den Kopf zwilchen die Beyn fted, es drei⸗ 
mal vmbtreb (umdrehe) und entfchleff. Ziichart, Gargantua © 273, 
Oder umfonft Einfhläfrungen ihm und Geligfeit zufingt. Klop⸗ 
ftod, Meiftas 12, 32. Ein Recht über die Selbfteinichläferungs- 
funft nad. eigenen Diktaten zu leſen. 3. Paul. 

Mit Beiſchlaͤſerin (eine Perfon” weiblichen Geſchlechts, die zu außen 
ebelicher Befchlechtövereinigung bei einem Manne fchläft) find fiunvermankt: 
Kebsweib (ahd. kebeswib, f. Kebsfin® ©. 692)-eine Perſon weiblichen 
Geſchlechts, welche ſich Cinem Manne in außerehelicher Verbindung hinze⸗ 

"geben pflegt, wie ein Cheweib, und das fremde Concubine (von lat, cor 
cubare — zufammenliegen), das die neuere vornehme Sprache ſtatt Rebewrit 
gebraucht. — Salomo hatte fiebenhunvert Weiber zu Frauen und breibazieri 
Kebsweiber, Kuther, Bibelüberf. 1. Kön. 11, 3. 


Anm. Wahrfcheinlih iſt Fchlafen murzelverwandt mit ſchlaff (ap. 
slaf, slaph, mho. slaf; ahd. slaf(ph)en, mhd. slafen, altn. slapa — ſchlaff tem. 


Braten. 
(Wurzel brat.) 


Brate, briet, gebraten, braten, (ahd. prätu, priat, pria- 
tum&s, prätandr, prätan; mhd. bräte, briet, brieten, gebrätes, 
bräten; agſ. braedan, broeden, altn. bräda, broeda, neuniederl. 
bräden, neuntederd. bräen) zunächſt erwärmen; dann mürbe werden 
in faftigem Zuftande durch Anfang der Verlohlung au der Oberfläche 
vermittelft Feuerhitze ohne gänzliche Verbrennung; bierven (tranfitie) 
jo mürbe machen: Ab—, an—, auf—, aus—, durd—, ein-—, 
—nach—, über—, ver—, ger—, zufammenbraten. 
bräteln= ein wenig braten. — Haft. deine Eaftanten zu lange ge 











1157 


taten; fie ſind dir alle zu Kohlen gerathen. Göthe, ſprichwoͤrtlich. Fuͤr mic) 
um Nachtifch hat die Tante einen Apfelgebraten. Göthe, Götz v. B. 1. 
Dort kocht's und brä fs und klappert's mit den Tellern. Göthe, Fauſt 2, 66. 
Sie brieten mit VBorficht ed (das Fleiſch) gar. Bürger, Ilias 1, 466. — 
eg den Braten morgen bald zu, und joltin (ihn) fül und langſamabbraten, 
as er nicht verbrin. Eulentpiegel Erfurt 1538. Cap. 64. Diegenfeitigen 
Rentſchen rupfen den Zeig wieder auseinander und braten ihn in Butter 
uf. Göthe, ital. Reife 14. Sept. 1786. Sie hatte furz vorher einen warmen 
3erband aus zerbratnen Aepfeln von den Augen abgenommen, 
z. Panl, Heiperus 37. Cinige (Speifen) falt nad) der Regel, und 
inige brätelnd auf Marmor. Voß, der Abendichmaus 112. 
Möften (ahd. agf. röstan, mhb. roesten, altfranz. rostir, neufranz. 
rötir, engl. rost, roast, ſchwed. rösta, ital. rostire, von Rofl, ah. röst, 
rösta, mh. röst, altn. rist, eig. = Scheiterhaufen zum Brand) auf dem 
Roſte braten; Trockneres der Feuerhitze ansgefeht ohne Berbrennung durch 
Umrühren fchnell ausbörren. — Daß die Schiefer vollfommen geröftet da» 
liegen. Göthe, Lehen 10.8. Die gerdftete Brobfrucht hatte für mich völlig 
den Geſchmack der Krume des Weizenbrods, die mit gefochten mehligen Kar⸗ 
toffeln vermifcht gemwefen wäre. &. Börfter, der Brobbamm. 


Bräter = Bratihüffel; Braten; Bratapfel, —bim, —bod, 
fi, —koch, —ofen, —pfanne, —röhre, —roſt, —fau, —ſchirm, 
-feite, —ipile u. a.; Bratenbrübe, —fett, — feuer, —meifter, 
-ichäffel u.a. — So allzeit volle Bräter bein Feuer hatten flehn. 
ig. Ich dankte ihm für den Braten Göthe, Götz v. B. 3. 
50 lang’ ich einen Bengel hab’, fürcht' ich ihre Bratfpieße nicht. 
af. 1. Wir haben auch wirklich den Morgenitem mit Brat- 
süurften in der Hand und einem vortrefflichen Glas Cyperwein 
ewilllommt. Göthe, Triumph der Empfindfamfeit 3. Leiſe ſchlich 
ie näjchige Kae beran, jehnupperte nach Bratenluft. Benzel- 
Sternau. Deren Sphärenmufif der Bratenwender if. % Baul, 
yejperus 7. | | 

Fin 1. Hierher gehört auch das brogeln und brutzeln ber Bolfe: 
rache. © 
Anm. 2. Wurzelverwandtfchaft mit braten iſt au in brüten (S. 1086) 
id wol auch in brühen (mhd. bruejen) nicht zu verfennen. 


NHatben. 
(Wurzel rat.) 


Rathe, rieth, gerathen, rathen (ahd. rätu, riat, riatumds, 
ıtaner, rätan, mhd. räte, riet, rieten, geräten, räten; altj. rädan, 
tm. räda; vgl. lat. veor, ratussglauben, meinen) 1, allgemein ind 
ngefähre urtheilen; 2, Jemanden einen Rath, ein Urtheil in einer 


1198 


Sache zur Erreiheng feiner Abfichten in ihr mittheilen. ) — 
du auch wohl bedacht, was du mir räthſt? Schiffer, Tel 1, % 
Ich will denn doch gerathen haben Better, den Degen nit a 
frühe wegzulegen. Schiller, Piccolomini 3, 4. So gehorch' ich ibm, 
welcher den beften Rath zu rathen vermag. Voß. Geihehee 
Dingen il nicht zu rathen. Leffing. 
Die Synonymen |. ©. 556.. 
Abratben 1, Worte anwenden, um jemanden zu befiktme, 
Daß er etwas nicht thun möge, Dies mag nun in Beziehung anf Uebies 
fein oder nicht; 2, durch guten oder falichen Rath von einem Anden 
zu erfahren, auch zu erhalten fuchen; 3, fi Durch Rathen erniden 
— Ich babe meinen Affen nicht mitgenommen; man hat es mit ak 
eratben. Göthe, Wahlv. 2, 4. Heute kommt etwas, das mir die 
Breite anräth, morgen ein Umfland, Der fie abräth. Goͤthe, iul 
Reife Eaferta 16. März 1787. Bis er (Xorenz Janſen) endlich dırd 
der Hochteutichen Offenherzigkeit, weil fie ein Ding nicht lange bein 
lich halten können und ihnen die Käfe gar leicht abzuratber w, 
weile geworden. Philander 2, 809. Der Schematismus uniers Ber 
ſtandes ift eine verborgene Kunft in den Tiefen der menſchlichen 
Seele, deren wahre Handgriffe wir der Natur fchwerlich jemals ab- 
rathen und fie unverdedt vor Augen legen werden. Kant 2, 1. 
Abmahnen (von mahnen, ahd. mandn, manen, mbb. manen, «ii 
manjan, monjan, alln. mana, eig. — gedenkend machend; vgl. gr. nive;i = 
Gemuth, lat. mens = Sinn, gr. uummnonscha: lat. meminisse = ſuh ® 
innern, lat. monere — etmahnen, goth. munan == meinen, gammmı = 
ſich erinnern f. S. 229) wiederholt und dringend gegen Jemanden äufen, 
daß cr ein Borhaben ‚nicht verwirflicden möge. Warnen (ahd. warn 
wmbd. warnen, agf. altf. warnjan, engl. warn, ſchwed. warna; nad ®e 
dernagel zu ahd. wara, mhd. war == Acht, Aufmerffamfeit, lat. veren = 
ſcheuen, ornare == fchnrüden gehörig ©. 631) eig. Iemanden im Bet 
woranf aufmerffam machen; dann Jemanden im Boraus (durch Zeichen Me 
Worte) auf etwas, das wir als ein Uebel anfehen, aufmerffam machen, dej 
er fih davor in Acht nehme, Das flärfere verwarnen iR Immer k 
warnen, daß man ihn nicht mehr warnen kann. — Ich fichte zu wein 
Gott, auch bier mich zu warnen, zu hindern,“ zu leiten, nad da wi 
mein Herz nicht abmahnte, fo ging ich meinen Pfad getroft fort. Giche, 
Meifters Lehrj. 6, (Die Gemfen) ftellen fing, wo fie zur Weide gehe, d 
Vorhut aus, die fpigt das Ohr und warnet mit heller Pfeife, nenn It 


1) Statt eines geifigen Rathes kann die Hilfe zur Erreichung em 
Abſicht auch ein Lörperliches Mittel fein, was In der frühern, überhaupt mer 
dem Sinnlichen zugewenbeten Sprache vorwiegend geweien fein maß. Dehe 
Miſchungen und Berührungen —— dem nun mehr geiſtigen rathen und Im 
mehr fürperlichen gerathen, beratben (ausftatten, begaben) u.a. Berührnege 
mit bereit find unverkennbar. 





1139 


Jäger nabt. Schiller, Tell 1, 1. Und wenn Hinze der Kater, den ich wir 
Ehren empfangen, nach Bermögen bewirthet, in die Wohnung des Pfaffen, 
fo fehr ih ihn treulih verwarnte, ſich bei Nacht gefchlichen und dort was 
Uebles erfahren. Goͤthe, Reineke Fuchs 4, 41. 

An—, auf—, be— (5. .686) bei—, ein—., ent— (©. 46) 
r—, fort—, ge— (5. 335), herum —, miß— (©. 335), mit --, 
jach — ver— (©. 958), wider—, zurathen. — Und der e8 euch 
nräth und der es befichlt. Göthe, Der getrene Eckart. Ich rieth 
ir an, das Urtheil unvollſtreckt zu laſſen. Schiller, Maria Stuart 
1,6. Seit zehn Jahren habeich ihnen [chon anders aufzurathen aegeben. 
Höthe, Rameau's Neffe. Auf öden Pfaden können wir dahin bei Nachtzeit 
andern unduns fill bera then. Schiller, Zeil 1,4. Es wär landtrecht, Daß 
inen unberathen (nicht ausgeftattetem) Kind jo vilerbs und quetsfoll 
verden, als amen berathen Kind. Mon, boica 6, 299 v. 3. 1440. 
Jerate ‘deine tochter Centlaffe fie mit der nöthigen Berjorgung ). 
tuther, Bibelüberſ. Sprich. 7, 2. Ob ich nun zu folchen Poſſen ſehr 
em beirieth. Göthe, Leben 12. B. Iſt's nicht ein guter Geiſt, 
er ihnen einräth auf Mittel denken Deutſchland zu beruhigen. 
höthe, Götz v. B. 1. Lieb' und ein wollt’ ich entjagen, deren doch ein 
ober Mann nicht gar leicht entrathben fanı. Bürger, an Ariſt. 
srrath’ ich etwa nicht, warum die Tochter hergefordert worden? 
Schiller, Piccolomini 3, 2. Alles bei und gerieth ins Stocken. 
Schiller, Wallenſteins Lager 6. Und wirklich gerieth man nahe 
ung bier an einander. Schiller, PBiecolomini 2, 7. Daß der Mari 
hr bald auf diefe Erfindung gerat hen müſſen. Leifing, Ernſt und Falk2. 
Bo du jren Göttern dieneft, wird dirs zum ergernis geraten. Luther, Bi- 
eläberf. 2. of. 23, 33. Das hätte dir übelgerathen können. Göthe, 
zöͤtzv. B.2. Dofle geriet hungern. Ulmer Buch der Weiten v. 1485. Duß 
defjien) man alles wol gerahten (entbehren) £undte. Nventinus, Ehronif 
580. Bl. 109. So geräth man faft in Die alte Noth zu rück. 3. Baul, 
Sibenfäs 5. Altes mißlang und das Befte mißrieth. Blaten, die ver- 
aͤngnißvolle Gabel 1. Der Brand, in den wir fehn den Weitzen miß- 
erathen. Xohenftein, Roſen 73. Mißrat' ich etwa dir Die hödıfte 
efugten Thränen? Weichmann, Poeſie der Niederfachfen 1, 198. 
Benn do... fo mitrathende Zehn mir wären im Volk der 
Ideier! Boß, Ilias 2, 372. Des Illo trunfner Muth hat dir's 
errathen. Schiller, PBiccolomini 5, 1. Daß idy ihr auf alle mög: 
he Weile die Verbindung mit einem Maune, der ihr nicht hätte 
efallen follen, widerrathben würde. Göthe, Meifters Lehrj. 6. 
aß fie dem Fürſten nur wenigftens nicht widerrathen, wenn fie 
m nicht zurathen. Ungenannter bei Campe. 

Gerathewohl — unbeſtimmte Wahrjcheinlichkeit des Ausgangs 
der Erfolges in Anſehung von etwas, von man thut, beſonders 
iſofern der gute Ausgang oder Erfolg als aus der innern Beſchaffen⸗ 





41100 


beit des Gethanen hervorgehend bezeichnet werden foll, während 
Glück mehr gebraucht wird, injofern der gute Ausgang oder 
des Gethanen von dem Zufanmentreffen unvorhergeieheuer aünfliger 
Umftäinde und Einwirkungen anßer und abhängt. — Zwei volllommen 
ähnliche Dinge... davon Gott eines. aufs Gerathewohl gewählt 
haben müßte. M. Mendelsiohn. _ | 

Rather (ahd. rätärı): Ab —, An—, Auf—, Be—, Etrather; Ber- 
rather, — ei, —iſch; an —, verräthlich; Nathung: Ab—, An—, Auf—, 
Be--, Ver—, Verheirathung; rathbar: auf—, er—, verratbbar; 
rathſam (ahd.rätsam); räthlich (ahd. rätlih); räthig ift veraltet, nur 
nod) in Zuſammeuſetzungen gebräudlich, j. bi Rath S. 1161. — Gett, 
der Berather, gewaͤhr' euch, was euch frommt. Boß, Luiſe 3. a, 430 
Graf Piceolomint it ein Verräther. Schiller, Walleuſteins Tod $, 
9. a, die VBerrätherin iſt's. Göthe, Amyntad. ch werde ein 
Landsoerräther ihnen ſein. Schiller, Walenfteins Tod 1,3. Das 
Recht der Abgejandten ſchützt Reichsverräther nicht. Schiller, 
Maria Stuart 4, 3. Da ſprach Joram zu Ahasja, Esittverrcheteren. 
Luther, Bibelüberf. 2. Kön. 9, 23. . Es theilt vielleiht das Herz mit 
dir den Kummer, der dein verräthrijch Rath mir ind geheim gejagt. 
Weiße. Einverräthlicdh Spiel: Richey. — Und als erden Berräther 
brief erjchauet. Bürger: .Durh Berräthergabe. Shakeſpeare, 
Hamlet 1, 5. Drauf al8 man ein Verrätherheer geworben. A. 
W. v. Schlegel. Undant, ſtärker als Verrätherwaffen. Shake— 
ſpeare, J. Cäſar 3,2. Behaupten, daß es gar feine praktiſchen Geſeße 
gebe, ſondern nur Anrathungen zum Behufe unſerer Begierden. 
Kant 4,125. Anrathungsgründe. Hippel 11,153. Denn nach 
langer Berathung ift doch ein jeder Entichluß nur Werk des Momenis. 
Göthe, Hermann und Dorothea 5, 59. So hatte er meine Mutter 
in den erften Jahren ihrer Verheirathung zum fleißigen Schreiben 
angehalten. Göthe, Leben 1. B. Daß alle Diebe, die. fih ... ver 
rathbar fühlten A. G. Eberhard. Letzteres jedoch jei weder be 
fouderd thunlich noch rathſam. Göthe, Leben 4. B. Auch den 
Anderen möcht ih ein rathbfames Wort. zureden. Voß, Ilias 9, 
417. (So ehr) es wohl rätblicher gewejen wäre, gerade nad 
Haufe zu fehren, Göthe, Meiſters Lehrj. 7,7. Aber gerade in dieſet 
Zeit. war unräthlich zu. fhun, was man für nothwendig bidt. 
Söthe, Tag- und Jahreshefte 1794. — Sie wurden rhätig vberein, 
fie wollten bawen ein Rathhaus. H. Sachs. Do fie redlich, thetig, 
auffrichtig, ſtandhafft find und chetig. H. Sachs. Ein flugsrätbiger 
Freund. Simpliciffimus 2, 21. Haußräthig und fparfam. Daf. 3,24 

Rath (ahd. mhd. rät, altf. alt. räd, agf. raed) 1, Das Be 
ſprechen and Ueberlegen einer Sache, wie ſie einzurichten und zu 
machen fei, um feine Abficht zu erreichen; 2, das Ve en eire 
Sache zu überlegen und die Mittel zur Erreichung einer Abſicht, zu 











1161 


3ewerftelligung aufzufinden und anzugeben; 3, die Folge der 
leberlegung, der Entſchlüſſe; 4, die Dur Die Ueberlegung an 
ie Hand gegebene Art und Weife zu bewerfftelligen, eine, Abficht 
u erreihen; 5, ein felbft gefundenes oder yon Andern und vorge- 
Hlanenes Mittel zur MWenfchaffung eines Uebels; 6, eine Ber- 
unmlung mehrerer Perfonen, um eine Sache zu überlegen; 7, eine 
3erjon, welche Andern guten Rath ertheilt, bejonders eine Perſon, 
eldhe dazu. angeftellt ift und befoldet wird, guten Rath in öffent⸗ 
ichen Angelegenheiten zu ertheilen; 8, (veraltet) Geräthe, Geräth- 
haft; 9, (veraltet) das Angeordnete, befonders die Ausflattung und 
er Akt darüber in Heirath; Gabe an eine Kirche, oder milde Stif⸗ 
ung in Gottberatb, Seelgeräth. — Es wird weder Geſetz bey den 
3rieftern, nody Ra t bey den Alten mehr fein. Luther, Bibelüber). Ezech. 7, 
8. An Rath den Unfterblichen ähnlich. Voß. (Damit du nicht) zu ſpät 
n meinen freuen Rath mit Reue denfeft. Göthe, Sphigenie 1,.2. Schaffe 
iejem Uebel Rath. A. Tſcherning. Der quögelaßne Sohn ward aljo ein 
Soldat, und dies war andy der befte Rath. Gellert. Wer ihr vorwirft, daß 
e das Ihrige nicht zu Rathe hält, der kann diefe Berläumdung in Ewig⸗ 
eit nicht verbeten. Gellert. Ich dancke dem Herrn von gantzem bergen, jm 
Tat der Fromen. Luther, Bibelüberf. Pſ. 111, 1. Der Fürſt nicht ſowohl 
18 Fuge Räthe bielten es durdaus für nützlich. Göthe, Meiſters 
Banderj. 3, 10. Keſſel, Durchſchlag, Löffel und allen Rat in der 
tuchen. Der Gewantmaifter joll der Säfte Häß und Rat ufbeben. 
Scheirer Dienflordnung v. 1500. — Segnen werdet ihr felbft den Cuts 
hluß, mir danfend den Anratb. Baggefen. Es ift ein großer 
Interfchied zwifchen dem, wozu man uns anräthig ift und dem, . 
»ozu wir verbindlich find. Kaut 4, 138. Daß gewifle Vorzeichen 
ie Nothwendigfeit einer Reform anräthig machen mußten. Kat 1, 
03. wunderlich, aufrat (Räthiel) gab (Simſon) damad. H: Sachs. 
Sich über eine Sache einen Berat zu Einem nehmen. Lori, Lechrain 
26. Einen falfhen Berat (Anſchlag) hintertreiben. Landtag v. 1514. 
laudine und Erwin (wird) in feiner Gegenwart, mit feinem Beirath ver- 
eſſert. Göthe, ital. Reife Rom 237. Det. 1787. Freunde zeigen fih bei» 
äthig, Dich zu fpormen zur That. Nüdert, geſ. Ged. 6, 69. Der 
Rißrat oder Mungel. Lori, Bergredt. Damit man in misrä- 
igen Jaren deito mehr Traidt im Land hab. Lori, Ur. zur Geſch. 
ed Lechrains v. J. 1616. Mißrätigkeit. Mandat v. 1713. Es 
edt ein VBerrath dahinter! Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9. Du 
it des Hochverraths verklagt. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. 
> Mordverrath! Herder. Mit wolbedadhtem Mute, guter Ges 
sigen umd zeitigem Vorrate (vorläufiger Berathung) unfer Bormünde. 
Ion. boica 25, 272. Sid) vorfihtig in Vorrath zu ſetzen. Göthe, 
Meifters Lehrj. 1, 10. (Laßt uns euch) Erguidungsvporrath 
»idmen. Göthe, Bugenie 4, 3. Man fcherzte einmal, dab Charlottens 


J 





1162 


Wintervorräthe nam bald anfgezehrt fein. Göthe, Wahlv. 2, 
(Der) Mundvorrath wurde ausgepadt. Göthe, Meifters Banden, 
1, 4 (Damit diefer) febiefliche Melodien aus dem Muſikvorrathe 
dazu ausfuchen follte. Göthe, Meifters Lehrj. 3, 7. babe aber auf der 
Alpe nachgefehen, wie viel Kife —— find. Goͤthe, Jery und Baͤtely. 
— Der Bergrath Scherer, der fich zu verheirathen gedenkt, macht 
Speculation — Göthe, Briefw. ri Schiller 5, 165. Im 
Blutrathe der Bartholomäusnacht. Lafontaine. Frauenrath be 
folget zu haben. Göthe, Reinele Zus 7, 102. Geheimrath vom 
He... Die Seheimräthin v. Heß. Göthe, Leben 12. B. Gleich⸗ 
wol mugr er einmal einen Abbaten und Gewiſſenſsrath m em 
Gabinet derfelben beftellen. 3. Baul, Hefperus 5. Der Juno finger 
Dogel Bat den — im Goͤtterrath, ihn zum Monarchen Es 
heben. Pfeffel, der Pfau. Der Hoͤllenrath lechzte nach Race. 
Benzel« Sternau. Der Kirhenrath verfammelt fi). Pfeffel, der 
Bundermantel. Zum wichtigen Kriegsrath viefft du bie Yeldberm. 
Pyrket, Rudolph 1. Drum fie Riebesrath gepflogen. Hedwig, 
Amarantd Ein allerhöchſtes Hamdbillet, worin der Fürſt den prafti- 
zierenden Adoolaten Flamm zum he ngsrath beruft. 
Heiperus 7. Der ältefte war der nachher fo rühmlich befamnte 
Neihshofrath von Senfenberg. Bähe, Keben 2. B. Meinen 
Großvater in der Mitte-des Schöffenratd6... geieben zu haben. 
Heil dem König, dem frei du gehordhft, und dem 
Seerath. — Nah Anordnung des Staatsratbs win 
der Brauchbare von einem Dit zum andern verſetzt. Göthe, Meiſters 

Wanderj. 3, 9. Daß ein Direftor jeden Stadtratb zu Füßer 
5; .. Meifters Lehrj. 1, 14. Einen Winkelrath halten 

Unrath (abd. mhd. unrät) 1, Mangel des Nothwendigen; 2, böfer 

Rath; 3, Nuchtheil, Schaden, Unbeit, verſchwenderiſches Derderben; 

4, Unnüßes zum Wegwerfen. — Der Herr wird wuter Dich fenden 
vafau vn Ar und —** m allem, was du vor die hand nimmſt. 
Luther, Bibelüberf. 5. Moſ. 8, 20. Mehrern Unrath uns md 
unfern land umd leuten zu fürfommen. Krenner, Landtag. 5, 119. 
= u Dienet diefer St (verfchwenderifhes Verderben des Rarden⸗ 

8). Luther Bibelüberſ. Matth. 26, 8. Dieſes Ganze wieder zu 
erzähten, würde Unrath fein. Meißner. Tr mag fich am Lenen 
rächen — denn er glaubet Unrath MM mm Weiße. 

Die Synomymen von Unrath f, S. 843 

Hausrath (mhd. hüsrät) — die beweglihen Sachen, 
welche zur Innern Einrichtung einer Wohnung dienen, während 

— (mhd. hüsgerzte) im Gewöhnlihen mehr von der 

erlzeugen umd a en Behältern des Hausgebraudes üblich iR. 
— Dere ein ſchlechtes Bett, den einzigen Hausrath dieſer armfeligen 





1163 


Bohnung, er Sige zu nehmen gendthigt geweſen. Göthe, 
Reifters Behr. 9, 

Die Möbeln z beutfchgefurmte franz. Mehrzahl les meubles, von Lat, 
mobilia = bewegliche Güter) bedeutet nur dasjenige Hausgeräthe, welches 
zur größern Bequemlichkeit, zum Bergnügen, zur Berfhwörung ze, dient. 
— Die Frau bat gar einen feinen Geruch, fehnuffelt immer im Gebetbuch, 
und riechts einen jeden Möbel an, od das Ding heilig iſt ober profan; 
und an dem Schmuck da fpürt ſie's klar, daß dabei nicht viel Gegen war. 
Goͤthe, Bauft 1, 145. 


Heirath (minder gut Heurath, abd. mbd, der, die hirät, aus ahd. 
wi == Eheftand, agf. hiwe, altn, hion == $amilie; ahd.htwo, mhd. hiwe 
= Gemahl; ahd. hiwan, hiwjan f. ©. 497) eig. Handlung der Verehe⸗ 
ihung; davon beirathen, fid, verheirathen — fid, mit einer Berfon 
mdern Geſchlechts ebelich verbinden. — Heirather, Heirathen. 

— Daß ſich unſerer Töchter feine würde zu dieſem Heirat bewegen 
affen. Herzog Albrecht von Baiern an 8. May IL im J. 1570. 
Daß ein Roman mit drei Heirathen endigt, Die alle drei Miß—⸗ 
yeirathen find. Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 104. Ale Ver⸗ 
vondte ftrömten bei der Nachricht von der Doppelheirath — 
Benzel⸗Sternau. Sucht eure Heirather anderswo. Wieland. 
var alſo bald ausgemacht, daß Herr Melina die Tochter heirathen 
ollte; dagegen ſollte fie wegen ihrer Unart fein Heirathsgut mit— 
ıehmen. Göthe, Meiſters Lehrij. 1, 14. Daß man ſie vielleicht 
zegen ihre Neigung habe verbeiratben wollen. Bähe, Meiſtero 
VWanderj. 1, 5. 


Ehelichen (ſ. Che S. 6982), ſich verehelichen, fich vermählen 
(ahd. mahaljan, gimahaljan, altſ. mahlian, mfb. gemehelen, ſ. Mah l⸗ 
ſchatz S. 497) nnd Hochzeit machen, halten (von hoch ©. 2W. 63%, 
36) werben ſowol von dem maͤnnkichen, als auch dem weiblichen Theile ges 
ſagt Ehelichen bezeichnet ven Begriff am Allgemeinften, und drückt na⸗ 
mentlih die Schließung des verbindenden Bertrags ans. Sich vermählen 
wird nat von vornehmen orer doch wenigfiens angeſehenen Perfonen gefagt; 
In edler dichteriſcher Schreibart auch von geringem und fig. überhaupt von 
Inniger Verbindung. Hochzeit madhen, halten wir mur von ber 
Scholießung der ehelichen Berbindung gefagt, eig. Infofern fle feſtlich (hoc) 
begangen wird. — Sich beweiben (von Weib, uhd. mhd. wip, agſ. altn, 
vif, mittelniedd. wif Gegenfag zu Mann) fich mit einen Weide verfehen, im niedri⸗ 
gen Ausdrud gebraucht. Beilager halten |. ©. 585. Freier ©. 881. 
— Denn Sie anders noch Willens find, meine Tochter zu ehelithen, 
Gellert. Bom Bater feiner Brant erhtelt Philet das Glück, mit Sylvien fi 
endlich zu vermäblen. Gellert. Doc ſcheint das ſchnarrende Holz von Otfeus 
Geiſt befeelet, fobald fich Rezias Geſang mit ihm vermählet. Wieland, 
Oberon 8, 49. 


1164 


 Wathferfihen, —frager, — kammer, — ſchlagen (S. 685), hin - 
(S. 1002) u. a.; rath&bedürftig, —befehl, —bote, — buch, — diener, 
— dorf, —flagge, —freund, —gefchledht, —glied, —gut, —handel, 
— haupt, —herr, — herrlich, —keller, — kiſſen, —marftall, — meiſter, 
— perjon, —faal, —ſchluß, —ſchreiber, — ſitzung, —ſpruch, —ſtand, — ſtelle 
—ſtube, —ſtuhl, —tag, —verlaß, —verwandte, —wage, — wahl, 
—wechſel, —zimmer u. a.; Vorrathsgewoͤlbe, — haus, — kammer, 
—faften, —meifter, —ſchrank, —ſtube, — verwalter; Heirathsbrief, 
—erlaubniß, —fähig, — gedanke, — luſt, —ſchein, —ſpiel, — ſtifter, 
—ſtiftung, — vertrag, — verwandt, —venwandtichaft, —wappen u. a. 
— Wo felbft Odin ratbforfhte. Voß. Als fie den Gott rath⸗ 
fragt’ um den Fünftigen Gatten. Voß. Das Bolf hut emen Rath- 
frager. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Die Römer vertriebent do die 
fünig und erwelten ratgeben und Gejeßmader. Chronik v. 1488. 
(Daß man) ihm alfo wohl eine vathgebende Stimme in unferm Ausichuß 
zugeftehen kann. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 4% Die Notb- 
wendigfeit ift der beite Rathgeber. Göthe, Tag- und Fahresheft 
1794. Barbara war als alte Dienerin, Bertraute, Rathbgeberin 
im Beil des Rechtes, die Siegel zu eröffnen. Göthe, Meiſters 
Lehrj. 1, 3. Was hat man nicht hierüber fir unvorgreifliche Muth⸗ 
maßungen, Ratbgebungen, - Mährchen, Träume? Herder. Die 
Herren Commiſſarii find auf dem Rathhauſe verfammelt. Göthe, 
Götz v. B. 4. Als er foldyes geredet, da fchied er zuerft aus dem 


„Rathkreis. Voß, Zlins 2, 84. In fo rathloier Zeit. Shafe- 


Bodmer. Selb 


fpeare, Eoriolan 5, 1. So höret nun den Ratſchlag des Herm, 
den er über Edom Hat. Luther, Bibelüberſ. Ser. 49, 20. Weich 
eing menjhhenfreundlicye Benebenheit wird die Sündflut in jo offen- 
barem Aufihluß ihres Rathſchlagers und Gejchichtbeichreibers. 
Herder. Selten geſchah es, dag man den übrigen Mitgliedern eine 
Augelegenheit von Belang zur Berathſchlagung vorlegte. Schiller, 
Kardinal Granvella. Der Zwed, der adelnde Vorzug Des zu 
ſchaffenden Geſchoͤpfs, Tautet unwiderfprechlih aus dieſer Rath 
ſchließung hervor. Herder. Daß Gottes Rathſchlüſſe uner- 
forihlich feien. Göthe, Leben 16. B. Auf feiner Stim ſaße die 
Rathſchlüſſigkeit und die Sorge für das Weſen eingegraben. 

N diejenigen Handwerker, welche zu bedenklicher Zeit, 
an der Ordnung gehalten, waren rathsfähig. Göthe, Leben 
17.3 Wo wir einen jogenannten Rathshaſen, der ihm als 


Deoputat jeiner Stelle in die Küche gelaufen war, verzehrten. Dat. 


8. DB. Deine Zeugniffe find meine Ratsleute. Luther, Bibelüberi. 
Pf. 119, 24. Mit Bewunderung der Geruld und Ausdauer jener 
puten Rathsmänner. Göthe, Leben 5. B. Morgen laßt zu dem 


der Rathsverfammlung uns wandeln. Voß, Ddpflee 1, 


— °2 


- — (DaB) anfehulihe Heiratbsanträge an mich getfun 


1165 


urden. Göthe, Meifters Lehrj. 6. Es war alfo bald ausgemacht, 
ag Herr Melina die Tochter heirathen follte; dagegen follte fie wegen 
rer linart fein Heirathsgut mitnehmen. Da. 1, 14. Meinend, aus 
:glichem Fenſter grüß’ ihn, beirathslufliges Blides, ein gudendes 
Rüdchen. Baggefen. Bon Kupplern und Heirathsmachern. Soltau. 
zei Mädchen, die durch Liebesunglüde gebeizt find, it ein Heiraths— 
orfhlag bald gar. Göthe, Götz v. B. | 
Die Synonymen von Heiratbegut ©. 497. 


Geraͤth (ahd. giräti, mbd. geræte) urſprünglich foviel als Rath, 
ann fo viel als Vorrath, nbd. allgemein bewegliches Befitzthum in 
Ferkzengen zum äußern Gebrauch im menſchlichen Leben; Geräth- 
haft. — Aus dem Garten erwuchs manch ſaubres Geräth in die 
Lirthſchaft. Voß, Luiſe 2, 216. Des Mannes Gerät (Kleidung) 
ein Weib nicht tragen. Luther, Bibelüberf. 5. Moſ. 22, 5. — 
us grobem Baugeräthe ift deine denfende Natur niht 
szimmert. Herder. Ein ungeheures Kamin und dem a 
euergeräthe. Göthe, Leben 14. B. Geh und laß m 

eräth einfhiffen. Schiller, Jungfrau v. ©. 1, 6. Ber 

erft bluttriefendes Heldengeräth fih ranbte. Voß, 

09. Die Kampfageräthe des Königs. Voß, Ddyfie 

3i8 ic) jego in Kriegesgeräth mich gehülle. Voß, J 

Bas fol das Prachtgeräth in diefem Ort des Todes 

Raria Stuart 5, 3. Und Leute, die ich ausgejendet, 

biednes Reif’geräthe, an dem Wappen der Krone fer 

em Klofter tragen. Schiller, Don Carlos 5, 9. Deu... ... .- 
richt's an Schiffen mit Rudergeräth. Voß, Odyifee 4, 559. — 
zieh- und Adergerätbihaft. Voß, Luiſe 2, 203. Schwinget 
en, Hut in Muſik und raufcht mit der Erntegeräthbihaft. Voß. 
ernet des Gottes Dienft und Gebrauch, und empfaht die geweihete 
‚aumelgerätbichaft. Voß. 

Geſchirr (ahd. k(g)iscirri, mhd. geschirre und einfach ahd. scirri, mhd. 
schirre; Wadernagel fragt, ob von ahd. scira — Geſchaͤft) ein Gefäß 
zum Gebrauch im täglichen Leben, Im Befondern ein fleines und wenig tiefes; 
im weitern Sinne jedes Geräthe, das etwas zu enthalten dienen kann; im 
weitelten jedes Geräthe, vornehmlih von Fuhrwerken. — (Da) warf ih ein 
Geſchirr auf die Straße und freute mich, dag es fo Iuflig zerbrach. Goͤthe, 
Lehen 1. DB. 

Geräthholz, — kammer, —faften; Gerätbfchaftsgut, —jamm- 
ing. — Die Geräthſchaftsſammlung des Scheidefünftlers, 


ampe. 
Näthſel (ahd. rati(u)ssa, rätisca; mhd. rætsal, rætisch, 


petsche, ræters, rætelnisse, Voc. v. 1445 ratsal, bei Fiſchart 
n 16. Jahrh. Rätzel, Rhätzal, agſ. raedels, rædelse, engl. reddle, 





1166 


neuniederl. rAdsel) eine Aufgabe Cein Wort, ein Begriff), auf eine 
Dunkle und bildlihe Art eingefleidet und umfchrieben, welche duch 
Erwägung des darin liegenden Sinnes gelöft werden ſoll. Näthſelei, 
zäthfelbaft, räthfeln (ahd. rätilu)ssön, rätischn) ent—, verräth⸗ 
feln. — So legt der Dichter ein Räthſel, finftlih wit Worten 
verfchränkt, oft der Verfammlung ins Ohr. Sieden freuet Die jeltwe, 
der zierlichen Bilder Verknüpfung, aber noch fehlet Das Wert, das 
die Bedeutung verwahrt. Göthe, Alerid und Dora. Die Menfchen 
[herzen und bangen fih an den Lebensräthfeln herum, wenige 
fümmern ſich um die auflöjenden Worte. Göthe, Briefw. mit Schiller 
6, 59. So erläutert fid) Alles durch die Stelle und eine Bibliothel 
nelehrter Ausleaungen und Lügen und Räthfeleien fleucht. Gerber 
. Und warf mir ein Geheimniß an den Kopf, das mir den Auffchlus 
Eures räthſelhaften Betragens zu enthalten fchien. Leffing, 
Nathan d. W. 5, 5. — Sie räthfeln alle über jedes Wort einzeln 
und bringen fchredliches Zeug hervor. Herder. Wer räthfelt num, 
warum Das Morgenlicht fo lange vor der. Morgenfonne geſchaffen 
worden? Herder. O jept enträthſelt fi mir Alles. Schiller, 
Don Earlos 4, 19. Keine Silbe verrüdt, verrätbfelt oder ger 
ändert.. Herder, 

Räthfelbild, —deuter, — dichter, —reim u. a. — Lang’ eh’ 
die Weijen ihren Ausfpruch wagen, löſt eine Ilias des Schickſals 
Räthfelfragen der jugendlichen Vorwelt auf. Schiller, die Künftler 
Mit folhem Räthſelkram verichone mid! Göthe, Zauft 2, 200. 
Wie fol ich nım des wunderbarens Knotens Räthfelfchlinge, die 
euch umſtrickt, zu Löfen Übernehmen? Göthe, Eugenie 5, 2. So 
lautet der Räthfelfprud aus alten Griechen. Herder. Doch wer 
entziffert je das rätbfelvolle Buch der Schickung? Bürde. Bas 
ift mit diefem Räthſelwort gemeint? Göthe. 


Anm. Mit dem alten rat werben verſchiedene — gebildet, die uhd. 
auf rad ausgehen, 3. B. Konrad (ah. Chuonrat), Betrada, 


Blafen. 
(Wurzel blas.) 


Blafe, blies, geblafen, blafen (goth. bldsa, bäibles, baible- 
sum, bl&sans, bl&san; ahd. pläsu, plias, pliasum&s, pläsaner, 
pläsan; mhd. bläse, blies, bliesen, gebläsen, bläsen; agi. bloesan, 
altn. bläsa, mittelniederl, bläsen, neuniederl. blazen, ſchwed. blasa, 
dän. bloese, engl. blow !) 1, (von der Luft) in Bewegung fem, 


1) Das engl. blow flammt zunächſt non dem mit blafen wurzelverwandten 
ahd. blAjan, blähan, mÄb. bisejen, blesn, biawen, agf. blävan, nd. blähßen; 
vgl. las. flare — wehen, blafen, gr. plasır. 


1167 


wehen; 2, in einer mit zufammengedrüdten Lippen gebildeten engen 
Munditellung die Luft ſchwach und ſtark oder gar heftig ausſtoßen, 
auch anf Blasbälge übertragen; 3, die eingeogene Zuft oder einen 
andern Körper durch die genannte Mundfiellung an oder in einen 
Körper tieiben, um dadurch allerlei zu bewirfen. — Der Wind 
blefet wo er wil. Luther, Bibelüber). Joh. 3, 8. Laflet Wind und 
Wetter blafen. Zr. v. Spee. Der Funke ſprüht, die Bälge blaſen, 
als galt’ es Felfen zu verglafen. Schiller, Gang nad dem. Eijen- 
hammer. Blafj’t in Euer Hom, daß es weitichmettternd in die 
Berge halle. Schiller, Zell 5, 1. Blafen ift nicht fldten, ihr 
müßt die Finger bewegen. Göthe, Betrachtungen im Sinne der 
Wanderer. Dem Fiſch, der Ströme bIäf’t und mit dem Schwangze 
flürmet, haft du die Adern ausgehöhlt. Haller. 

Athmen (abd. ätomön, atamon, Alemön, adhmön, mhÄb. Atemen, sotemen, 
von Athem, Odem, anf. aedhm, fanffr. Atman, abd. Atam, Atum, wahrfcheinlich 
aus ahatum, von goth. aha, ahma — Geil, das Wehend; vgl. gr. ayıas 
— wehen, anua = das Wehen, aruos —= Dampf, Dunſt, Raub, unp = 
Luft) Luft durch vie unge einziehen und ausſtoßen. Keichen und gebräuds 
licher. feuchen (mhd. kicheu; vgl. kiche = Engbrüſtigkett und küchen, 
älternhd. kauchen) fchnell und” furz einathmen mit fehnellem und kurzem 
Ansatbmen. Hauch en (mhb. hächen, gehört au mhd küchen; vgl. goth. 
kükjan = füflen, |. S. 887) fanft athmen. — Ihr Bufen athmet ſchwer 
vor prefiendem Berlangen. Wieland. Wo bin ich, o Himmel ich athıne noch Leben? 
Ramler. Und bang beginnt das Roß zu keuchen. Schiller, Kampf mit dem 
Drachen. Alles, was Leben haucht und ſich reget. Voß. 


Anblaſen (ahd. anapläsan) 1, an etwas blaſen; 2, durch Blaſen an 
einemandern Körper haften, oder auch nur an denfelben anliegen machen; 8, 
durch ftarfe Bewegung der Zuft-zum Brennen erregen (eig. und uneig.); 
4, durch Blafen fällen; 5, durch Blafen auf einem Tonwerkzeuge an- 
zeigen. — Und da er das fügte, blies er fie an. Luther, Bibel» 
uberf. Joh. 20, 22. Jubilieren und blafen, damit mau das nr 
anblies. Matheſtus. Sie bliefen mit Krummhörner die annaben- 
den Sieger freudig an. Lohenſtein, Arminius 1, 65. Das Weib 

leicht einer Flöte, die Jedem Zöne gibt, der fle anzublaſen weiß. 

inger 1, 433. ort, laßt anblafen! (zum Kampf) Fr. Müller 
3, 268. Hier felbft, im Friedensfitze meines Reiche, blies er mir 
der Empörung Flammen an. Schiller, Maria Stuart 3, 4 


Anwehen (aht. anwähan, von wehen ©. 290) durch jebe Beweguug 
der Luft zum Brennen erregen. Anfachen (von fachen, erſt fpätmhb. vachen 
— aufregen) bezeichnet ein flarkes Bewegen der Luft und daher ein flarkes 
Grregen, ift jedoch ſchwächer als anblafen. — Weht Anftedung fo gar 
gefhwind uns an? Shafejpeare, was ihr wollt 1, 5. So wieidas Schmelz⸗ 
feuer die widerſtrebenden Erze als läflig und feindſelig anfachen muß. 





1168 


Goͤthe, Leben 14. 3. Mächtig das Hol; anfahend zum Brand. Boß. 
Ilias 23, 198. 

Aufblafen 1, durch Blafen oder Zulaffung der Luft ausdehnen, uneig. 
“mit Stolz fo erfüllen, daß diefer auch im Aeußern durch Geberden, Mienen 
und Rede fehr in die Augen fällt; 2, durch Blaſen öffnen; 3, in die Höhe 
blafen, audy vom Feuer gebraucht; 4, auf einen Tonwerfzeuge zu irgend 
einem Zwede blajen; 5, durch Blaſen auf Zonmwerfzeugen aufweden, zu 
etwas aufforderitoder auch nur Dazu blafen. — Holdie Peſt, Kummer und 
Seufzen! Es bläf’t einen Menſchen auf, wie einen Schlauch. Shakeſpeare, 
K. Heinrich IV, 1. Thl. 2, 4. Er( Graf von Efieg) war von Natur fehr fol. 
Die Dienfte, die er England geleiftet hatte, bliejen ihn nody mehr auf. 
Leſſing, Hamburger Dramaturgie 22. Ich fragte muthig nad) dem Richter, 
der, aufgeblajen, did und fett, höher al8 die andern, auf einem 
Tribunal fand. Göthe, Benvenuto Gellini 3, 7. Hoch aufblafend 
das Meer aus offenen Nültern. Voß. Sie bläſ't der Rache Feuer 
in ibm auf. Göthe, Sphigenie 3, 1. Sept flugs das Hifthorn am 
und bläj’t, als läg’ ihm ob, die Zodten aufzublujen. Wieland, 
Oberon 6, 3. Geb, heiß aufblajen dem Hofgeſind. H. Sucht. 
Sch weiß, daß ihr es verftehbt Stürme aufzublafen. Klinger. 

Die Synonymen von aufgeblafen f. S. 751. 

Ab—, aus —, be—, beii—, dutch—, ein—, empor—, ent—, 
entgegen—, er—, fort—, ber—, berab—, beran—. berauf—, 
heraus —, herbei —, herein —, bernieder—, berüber—, berum—, 
herunter —, hervor —, herzu—, bin—, hinab —, hinan —, him 
auf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, binunter—, 
hinweg —, binzu—, mit —, nach —, nieder—, über—, um-, 
umber—, ver —, vor —, voran —, voraus —, vorbei—, vorüber—, 
weg —, zer —, zu—, zurück—, zufammenblafen find klar, aber 
nicht alle gleich im Gebrauch. — Ließ vom Sturm abblaſen 
Lohenſtein, Anm. 1, 1132. Daß. ich meine Stirn dazu hergebe, die 
Jagd darauf abzublafen.... das können wir die Frauen nicht zu⸗ 
mutbhen. Shaleipeare, viel Lärmen um nichts 1, 1. Amor blies 
die Fackel aus. Göthe, firbt der Fuchs, To gilt der Balg. Hier 
jpridht der fremde Mann, ih blaſe nicht. gern mich jelber aus. 
(rühme). Wieland. Wenn man Tapferkeit fo geihwind einblaien 
Fönnte, als man einen Haufen zufammenblafen kann. Göthe, 
Götz v. B. 3. Die Stürme de3 widrigen Schickſals jollen meine 
Empfindung emporblajen. Schiller, Kabule und Liebe 1, 4 Es 
weht” ein frifcher Wet und blies auf allen Wegen der Blumen 
Ambraduft mit ſüßem Hauch entgegen. Uz, Sieg des Liebesgottes 
‚3 B. Iſt eine Feder wohl fo leicht hin- und hergeblajen als 
diefer Haufe? Shafefpeare, K. Heinih VI. 2. Thl. 4 8 A 
wenn e8 mir zwifchen die Bettvorhänge hineinblieje. Goͤthe, Tag⸗ 
und Sahreshefte 1801. Und ihr Anſchlag if, die Ritter Eids voran 


binwegzublaien, ehe noch der Kampf beginnt. Herder, Eid 61. 
Sch lege alfo ein Ffleineres Fundament für ein leineres Gebäude, 
für Sie zum umblafen. Lichtenberg, über die Macht der LXiebe. 
Der Athem des Weltgerihts... hat jetzt die Schminke verblafen. 
Schiller, Kabale und Liebe 5, 2. Anftatt dag Alles itzt in ver- 
blafenen Umriſſen ſchwankt. Sturz, Fraament über die Schönheit. 
Ein kritiſches Trompeterftüchhen auf Fama's Trompete vorblaſen. 
3. Paul, Titan 16. Im einem Wink war Alles weggeblafen. 
Wieland, Oberon 4, 18. Ein Gebilde, Das die Windftöße des 
Schickſals und die Paffatwinde des Klimas faſt zerblafen können. 
J. Paul, Titan 20. Seht, wie ich dieje Feder von mir blafe, und 
on Luft zu mir zurüd fie bläſ't. Shakeſpeare, K. Heinrich VI. 
3. Thl. 3, 1 


Bläfer (mhd. bläszere), Bläferei; Blaſuug (mhd. bläsunge); 
Blaſe (ahd. p(b)läsa, mhd. bläse), blafig; Gebläfe; Blaſt (ahd. pläst, 
mhd. bläst) iſt veraltet, ebenſo Anblas (ahd. anaplast). Daß er den Ein- 
blaͤſer feines Lobredners macht. J. Paul, Heſperus. Einbläſereien 
find des Teufels Redekunſt. Göthe, Fauſt 2, 83. Sey nicht ein Ohren⸗ 
bleſer. Luther, Bibelüberſ. Sir. 5, 16. (Er) ermangelt nicht der Ohren— 
bläſer. Shakeſpeare, Hamlet 4, 2. Düſtre Ohrenbläſerei ſtreute 
nicht mehr ihr Gift in Freude und Friede. Benzel-Sternau. Weiße 
Blaſen ſeh' ich ſpringen. Schiller, Glocke. Der Direktor ſchöpfte ohnehin 
allezeit beim Miniſter die ganze Gallenblaſe voll bitterer Extrakte 
ein. J. Paul, Titan 14. Wie Katzen, die mit angeſchnallten Schwein— 
blaſen fliegen. J. Paul, Titan 61. Für eine Fiſchſchwimmblaſe 
meines Helden. J. Paul, Heſperus 17. Die auf dem unſichtbaren 
Elemente luſtig tanzenden Seifenblaſen. Göthe, Tag⸗ und Jah— 
reshefte 1801. Auf Alban wirkte das teſtamentariſche Getriebe und 
Gebläje wider meine Erwartung faft nichts. J. Paul, Titan 3. 
— Alles Freuden-Gelah verlummerte wie ein Sadpfeiffen-Zipffel, 
dem der Blaft entgangen. Simpliciifimus 2, 4. Die drei Gift, 
Damit Rom Teutfchland als mit einem peftilenzifchen Anblas vnarz> 
neilich verlibt hat. Hutten 5, 318. 

Blasdrudwert, —erde, —geräthe, — horn, —laut, — loc, 
— rohr, — werk u. a.; Blaſenball, —bandwurm, — baum, —brud), 
—entzündung, —erbje, —erdraud, — fieber, —fuß, — gang, — gras⸗ 
leder, — grün, — grund, — hals, —hut, — käfer, —firfhe, — klee, 
— kohl, —kopf, —krampft, —kraut, —moos, —mujdel, —nuf, 
—öffnung, —pflaſter, —räumer, — ſchlagender, — ſchnitt, — ſchnur, 
—ſemm, —fein, — ſtich, —ſtrauch, — vorfall, —wurm, — ziehend, 
—zins. — Und er lehrt die Kunſt der Zange und der Blaſebälge 
Zug. Schiller, das eleufiihe Feſt. (Sie) wedte die Glut mit dem 
Blasbalg. Voß, der 70. Geburtstag 125. Es war ihm möglich) 
geweſen wohltönende Blasinſtrumente zu verfammeln. Göthe, 

14 








1170 


Wuhlv. 2, 6. Aus den beiden Blafelöchern... babe er beträcht⸗ 
liche Ströme ausgeſpritzt. 3. Paul, Titan 36. | 

Anm. Wurzelverwandtfhaft mit blafen und blähen Bat an Blatter 
(ahd. p(bjlätara, iuhd. blätere, agf. bisedr, altn. bladra, engl. bladder, blister, 
ſchwed. bladdra, bleeddra). 


Zaflen. ') 
(Wurzel lat, az.) 


Zaffe, ließ, gelaſſen, lafjen (goth. I&ta, lailot, Isilotum, 1& 
tans, letan; ahd. läzu, liaz, liazuınes, lözan; mhd. läze, liez u. 
lie, liezen, geläzen, läzen u. län; altf. lätan, altn. läta, agi. læian, 
engl. let, ichwed. tata, bolländ. laaten, dän. lade) 1, überhaupt 
nicht hindern, nicht halten, mehr leidentlich als thätlich ſich verhalten; 
2, erlauben, gejtatten; 3, in uneig. Bedeutung für überlaffen, unter: 
laffen, von etwas ablaffen, nach- oder hinterlaffen, loslaſſen, tem 
Leben für Jemanden aufopfern, unterbringen, aud beherbergen, auf 
munternder Aufruf; 4, die Urfache einer Veränderung, einer Wirkung 
fein, machen, Daß etwas geſchieht; 5, den Grund der Möulichleit oder 
Tbunfichkeit einer Suche enthüllen, möglid jein; 6, ein gewiſſes Au- 
jeben haben, auf gemiffe Art in die Augen fallen. — Laſſen Sie & 
fein; daß er nicht mit Aumuth zu pfeifen und zu frallen weiß. 
Weiße. (Sie) laſſen fih gern ſchön thun und loben. Schiller, 
MWallenfteins Lager 1. Das ließ fih unter dem Wams da finden 
Dar. 6. Als der junge Mann verlangte, daß ihr ihm Blut Tajien 
jolltet. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 5. Idäus floh, ließ binter ſich 
das prächtine Geichtir und den erfchlagenen Bruder. Bürger, Ilias 
5, 20. Laß mih! Was es auch ſei, ich will’s enthüllen. Scyider, 
Ich Gab’ es oft verfucht und kann es doch nicht lafjen. Gellert. 
Willſt du den Schöpfer laſſen. Geller. Fort it er! Mit Allem 
davon gefahren... ließ mir nichts, als den Cchlingel da. Schiller, 
Wallenſteins Lager 5 Der auf uns deu Löwen ließ. Herder. 
Laßt uns fiher geben, Freunde juhen! Der Schwede jagt ms 
Hülfe zu; laßt und zum Schein fie nutzen. Schiller, Walleuſteins 
Tod 3, 15. (Der Cardinal) ließ mid in eine jeiner Wohnungen 
bringen. Göthe, Benvenuto Gellini e,.5. Bis man Die Kinder hat 
das Häßliche des Fehlers fühlen laffen. Geller. Doch läſſet fih 
die Taube girrend hören. Hagedorn. Meine Frau darf ich's nicht 
werfen laſſen. Gellert. Arer für mich läßt es ganz wirtbicaftlid. 
Gellert. 


2) Mit kurzem (geſchärftem) a ſtatt des früheren langen, bewirkt vie Ehre 
bung laſſen für laßen. 











1171 


Erlafien 1, von fi laſſen, von fi) geben; 2, Jemanden von 
einer Berbindlichfeit, die ihm etwas Unangenehmes tft, befreien; 3, 
vergeben, verzeihen. — Ich fahr’ ihnen alle Tage durch den Sinn, 
faq’ ihnen die bitterften Wahrheiten, daß fie mein müde werden und 
mich erlafien. Göthe, Götz v. B. 5. Erlafien Sie mir eine 
Rolle, die ich darchzuführen fo ganz und gar verdorben bin. Schiller, 
Don Karlos 2, 8 Dir ift die Strafe erlaffen. Schiller, Bürg- 
ſchaft. Wenn ihr die Sünden erlaffet, find fie erlaifen. Klop— 
tod, Meſſias 14, 1387. 

Das finnverwandte ſchenken f. S. 483. 487. 

Unterlafjen 1, unter etwas gelangen, fommen laſſen; 2, etwas 
nicht thun, welches zu thun man Beitimmung in fich fühlte, das 
Nichtthun mag nun vorfäglic geichehen oder nicht. — Sept unters 
Lieb fie's? Schiller, Piccolomini 2, 2. 

Ermangeln (f. mangeln ©. 64. 410) fi ein Nichtthun zufommen laffen, 
welches als eine Unvullfummenheit, al& etwas außer der Gewohnheit Liegendes 
angefehen wird, ober anftatt befien Gründe zum Thun vorhanden find. — 
Er verdient die Früchte feiner Leidenſchaft zu entbehren und der Achtung feiner 
Bamilie zu ermangeln. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 5. Die Natur ers 
mangelt nie, fi für die Beleidigungen, die man ihr zufügt, zu rächen. 
Wieland. 

Berlaffen 1, von fih, von dem Orte wo man ift, laſſen, von 
fich entfernen oder weiter geben laſſen; 2, an Andere übergehen laffen; 
3, binterlaffen, den Auftrag geben etwas zu thun; 4, da laffen, wo 
es ift, indem man ſich davon entfemt; 5, durch jeine Entfernung die 
Gemeinſchaft, die Verbindung 2c. mit etwas aufgeben; ein bisher be— 
feffenes Ding in Anderer Gewalt laffen; fich jeiner Wirkiamfeit, dem 
Beiftande nad entfernen, ohne Beiltand, ohne Hilfe laffen; 6, fi 
verlafien, ſich einem, ſtarkes zweifelloies Berficherthalten eines Gegen 
Randes ausdrüdenden Verhalten gegen Diejen in Beziehung eines vor» 
ausfichtlichen Seins oder Zufommens hingeben. — Karl ver Fünfte 
verließ seinem Nadyfolger eine Gewalt in Ddiefen Ländern, die von 
einer gemäßiaten Monarchie wenig verfchieden war. Schiller, Abfall d, 
N. 1. B. Das achte Eremplar für Meyer babe ich an Fräulein von 
Imhof abgegeben, wie unſer Freund verlaſſen bat. Schiller, Briefw. 
mit Göthe 1, 248. Wie verliert ihr die Königin? Schiller, Don 
Karlos 4, 12. Weil mich der Muth verlieh. Daf. 1, 2. Darum 
wird ein Mann feinen Vater und feine Mutter verlaffen und an 
feinem Weibe bangen. Luther, Bibelüberf. 1. Mof. 3, 24. Sfegrim 
Kat vier tüchtige Schuhe, da wär' es wohl billig, daß er ein Paar 
mir davon zu meinem Wege verließe. Göthe, Neinefe Fuchs 6, 49. 
Er verließ das Recht der eriten Geburt feinen Brüdern. Hoffmanns- 
waldau, SHeldenbriefe 144. Der Herr verlefft feine Heiligen nicht. 
Luther, Bibelüberſ. Pi. 37, 28. Wir wollen diefen Terzky's dankbar 


74 * 





1172 


fein für jede Gunft, doch ihnen auch nicht mehr vertrauen, als fie 
würdig find, und und im Uebrigen auf unjer Herz verlaſſen. 
Schiller, Piccolomini 3, 5. 

Zrauen (f. S. 265) allg. fich eines Gegenſtandes in Beziehung eines 
in ihm beruhenden Seins oder vorausfichtliden Zukommens verfichert Galten, 
tnsbefondere wenn das Sein oder Zufommen als etwas Gutes angefehen wirt. 
Vertrauen d. i. trauen, die volle Stärfe des Bewußtſeins auf den Degen 
fand geheftet. — Traum’ ihnen nicht. Sie meinen’s falſch. Schiller, Ricco⸗ 
lomini 3, 5. 

Ab— (©. 558), au — (©.7238.) auf—, aus —, be—, bi—, 
durch —, ein—, ent—, (©. 234), fort—, frei—, her —, berab—, 
heran —, berauf—, heraus —, berbei—, herein —, hernieder—, 
herüber—, herum—, herunter—, hervor—, herzu —, bin -, 
hinab —, hinau —, hinauf—, binaus—, hindurch —, hinein —, 

inter —, hinüber —, hinunter—, binweg—, hinzu—, ledig—, 
os —, mit —, nach —, nieder— — (S. 623), über —, um —, veran —, 
vor—, voran —, voraus —, vorbei—, vorüber—, weg—, zer—, 
zu— (S. 730. 1130), zurück —, zuſammenlaſſen. — Wenn man mit 
einem Male das Meer ablaſſen könnte. G. H. v. Schubert, Biſdung 
der Erdoberfläche. Der dir Blut abließ. Shakeſpeare, K. Heinrich VI. 1. 
Thl. 4,6. Es ließen der Wolf und die Wölfin ihre Schuhe mir ab. 
Göthe, Reineke Fuchs 8, 9. An Humboldt habe ich einen langen Brief ab- 
gelaſſen. Göthe, Briefw. mit Schiller 9, 165. Bohlen, laß ab vom 

Streit! Bürger. Iſt nicht unablaſſender Gram des fünftigen Bote? 
Klopftod, Meiftas 15, 922. Bald laffet ihr euch ab (hinab) in die ver⸗ 
borgenen Schlünde. Fleming. Mit Sonnenaufgang wandelten wir wm 
hinunter, wo ſich bei jedem Schritt. die Umgebung malerifcher anließ 
Göthe, ital. Reife Girgenti 25. April 1787. Hat offictalis im die band 
aufgelajfen (aufgelöfet). Luther. le Ur an, ihn (feinen üben 
Humor) über Kleinigkeiten auszulaffen. Göthe, Meifters Lehrj. 3, 11. 
Doch darüber darf ich mich nicht weiter auslaffen. Göthe, Meiſters 
Wanderj. 3, 11. Wie dieſes Gaben der Natur find, aljo Hat menſch⸗ 
liche Kunft und Arbeit ſich hiebei nicht weniger ausgelaſſen (gezeigt). 
Opitz. Der Freund möge es bei diefer allgemeinen Schilderun bes 
lafien. Göthe, Meilters Wanderj. 2, 6. O Gott! Und dann Die 
vielen Feindespoften! Man wird uns nicht durchlaſſen. Schiller, 
Wallenfteins Tod 5, 11. Es 'ſchien die Thüre zu Hein, Die hoben 
Geftalten einzulaffen. Göthe, Hermann und Dorothea 9, 58. 
(Daß) wir die PBaflagiere beobachteten und uns bald mit dieſem bald 
mit jenem, wie und Luft oder Muthwille trieb, jcherzhaft und nedend 
einließen.. Göthe, Leben 5. B. Ich fage dir, er wird Dich nicht 
(nah Rom) entlaffen. Götbe, Taſſo 4, 4. Daß das Herzogthum 
Anjou und die Grafihaft Maine freigelafien und dem Köni 
ihrem Bater, übergeben werden fol. Shafefpeare, 8. Heinrih VI. 2. 


1173 


51.1,1. Da, nad) undenfbarer Ewigkeit, Gott zu Dir fih herabließ. 
lopſtock, 2. Maſſias 1,265. Der Treffliche ließ felber fid herab, die 
oben Blaubenslebren mir zu deuten. Schiller, Maria Stuart 1, 6. 
Beil der obere Bierhahn fauers Gejöff herausließ. 3. Paul, 
5iebenfä8 2. Zwar ließ er fi) gegen niemand ald gegen die Groß⸗ 
ttter entichieden umd umftändlich heraus. Göthe, Leben 1. B. 
aßt mir herein den Alten! Göthe, der Sänger. Die ftille Bes 
:achtung, auf erfchaffene Dinge von dir berniedergelaifen. 
Iopftod, Meſſias 1, 257. Wo der Borhang nad Belieben herun- 
ergelajjen würde. Göthe, Leben 5. B. Wenn fi) der allver- 
lögende Lord Leiter fo tief zu mir herunterläßt, ein fol Be— 
enntniß mir zu thun. Schiller, Marin Stuart 2, 8. Als in des 
Ifaffen Behaufung er fih nah Mäufen hinabließ. Göthe, Reinefe 
zuchs 4, 135. Einer wird’ hineingelajfen. Ubland, die Nadıt- 
hwärmer. (Wenn) und Nachts die Mutter nicht hinunterließ. 
döthe, Zauft 1, 187. Iſt dir aber unmöglich derjenigen Liebe zu 
interlaßen (dic) ihr zu entziehen). Opitz, Scüfferey von der 
timfen Hercinie 1630. &. 18. Wenn der Gute, wie man jagt, 
eftorben, wollen wir das Hinterlaßene faufen. Göthe, Wandrer 
nd Pächterin. Er will doch wiederkommen? Hinterließ er's nicht? 
Schiller, Don Karlos 2%, 14. Freund, nimm meine Bürgichaft an und 
aß ihn ledig. Schiller, Tel 3, 3. Dean durfte fle nur undiscipli- 
irt Loslajfen, jo madıten fie uns den Garaus. Göthe, Kampagne 
ı Franfreih 27. Sept. Keine Spur nachlaffend von feiner leben⸗ 
igen Wirkung. Göthe, Hermann und Dorothea 3, 11. Ein Haupt- 
ann, den ein anderer erſtach, ließ mir ein Paar glüdlihe Würfel 
ad. Schiller, Wallenfteins Lager 1. Den Wucher haben wir nach— 
elaffen (unterlaffen). Luther, Bibefüberf. Nehem. 5, 10. Nach einen 
eigen Sommer find nachlaſſende gallichte Fieber bier ſehr gewöhnlich. 
rbeling. Ich will von 50 Thlr. bis auf 30 nachlaſſen. Gellert. 
tachlajfen (nachgeben) ftillet groß Unglüd. Luther, Bibelüber!. 
3red. 10, 4. Wie die Brüde, die ihn trug, beweglich fi) nieder. 
ieß. Schiller, Wallenfteins Zod 4, 1. Gott, Jehovah, läßt zu 
ud ſich väterlih nieder. Klopftod, Meifias 1, 417. «Du mußt) 
ie Zukunft Gott überlafien. Göthe, Lebensregel. Sie läßt mid) 
ehn, mir felber überlaffen. Göthe, Egmont 5. Vnd folt nichts 
auon vberlaffen Cübriglaffen). Luther, Bibelüber. 2. Mof. 12, 
0. Der die Ausjchweifungen der Bilderflürmer, wenn auch nidt 
bfihtiih angeftifter und befördert, doch unſtreitig von ferne ver- 
nlaßt hatte. Schiller, Abfall d. N. 4 B. Heute foll idy jcheiden 
nd von der trefitihen Frau, bei der ich geftern den ganzen Zag 
eider nicht vorgelajfen worden, meine lebten Aufträge erhalten. 
Hoͤthe, Meifters Wanderj. 1, 10. Allein um jo weniger fonnt’ ex 
en Direktor vorauslaffen. % Paul, Zitan 20.- (Der dein Aufz 





1174 


feher) unbemerkt vorüberließ. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 2. 
Bir trennten und ungern von ihr, und fie ſchien uns ungern weg- 
zulaifen. Göthe, ital. Reife Catamire 3. Mai 1787. Der weg 
gelaßne, fo ganz enticheidungspolle Klaufel. Schiller, Piccolomini 
5, 1. Seine Lavagüffe bewegen zerlaiiene Welten. 3. Baul, 
Heſperus 8. Bon jenem Gebein der Gterblichfeit, das ihr im 
Staube reifend zur Auferftehung zurückließt. Klopſtock, Meſſias 
1, 485. 

Mit ſich berablaffen (fig. überhaupt in feinen Handlungen fit den 

Stande des Geringern angeneigt madyen) find finnverwandt: ſich ernietrt 
gen (von niedrig S. 608. 719) eig. vun feiner Höhe abnehmen, es mag nun 
wenig oder viel fein; gewöhnlich fich geringer machen durch eigene Berlegung 
feiner fittlichen Würbe, und ſich gemeim machen (goth. gamains, akt. 
ka(i)meini, mhb. gemeine, agf. gemaene, aus dem alten gam-, fpütern Ba, 
ges und ein; vgl. lat. communis für com-unis, gr. x-oro5;) R& 
mit einem oder mehreren Andern, welche nach ihrer Stellung oder fittlich ge 
ringer find, gleichftellen; fich der Menge gleichitellen. — Wer ſich felbs erhö 
het, der wird ernidriget werden. Luther, Bibelüberf. Matth. 23, 12. Schon 
bört’ ich fo manchen fi) wundern, daß Immer nur Götter und faſt nie Gits 
tinnen ſich herab zur Erb’ erniedrigten. Meißner. 

Anm. Die Barticipien geflatten noch andere Zufummenfegungen, 3.3. &egra 
die Gewohnheit dee hausentlaffenen Söhne Benzel: Eternau. Gin ei 
verlaßener, förperlider Traum! Oöthe, Bugente 3, 2. (Er) bat brorbetin 

geiprouchen den Gottverlaßnen ihr Urtheil. Klopftod, Meſſtas 9, 233, Kin 
“tiger Sunder weishettverlaffene Hoffnung. Daſ. 11, 864. 

Gelaffen, Gelaffenbeit (ſ. S. 491); ansgelaffen, Ausgelafien- 
beit; Verlaſſenheit; Hinterlaffenihaft; Berlaffenfhaft; Ueber —, 
Unter—, Ber—, Exblaffer; Aus—, Unterr—, Beran—, 
ablafjung erklären fih aus den entiprechenden Zeitwörtern und aus 
nachfolgenden Beifpielen. — Du eileft mit gelaji’'nem Muth zu 
Mühle. Göthe, der Junggeſell und der Mühlbach. Sch wundere 
mid) ‚über die Gelafjenheit der Gräfin. Göthe, die Aufgeregten 
2, 1. Die Gottgelafienfhaft in langem Schmerz. Overbeck. 
Wann die ausgelaßne Jugend allzu wild fih freut. Voß, das 
Nachleben. Warum fol id denn auf eine ausgelaffene At 
fuftig fein? Geller, Der erfte Grad des Gedränged, Des Ges 
tümmels, des Lärmens und der Ausgelafjenheit. Göthe, rom. 
Earneval. Einft, als ihm die Verlaſſeuheit tief in die Seele ging. 
Blumauer. Die Schiffer hatten, nad) des Sängers Sprunge, ſich 
fogleih in feine Hinterlaffenfhaft zu theilen angefangen. Ne— 
valid, Heinrich von Ofterdingen 1,2. (Indem ich) die Nachbiſdungen 
der bedeutendften Werke des Altertbums im Kleinen aus der Ber- 
laſſenſchaft eines Kunftfreundes anfaufte. Göthe, Leben 13. B 
Sie, die Berlafferin, fle wird. verlaffen werden. Herder. Unjere 








1175 


Edken haben felbft Berdienfte, und größere, als gewöhnlich ſelbſt die 
Erbiaffer hatten. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Dieſe Auslaſſung 
jchien mir nöthig zu fein. Anton. Durch Unterlafjung der ganzen 
Aufſätze würden mir vielleiht mancher Unannehmlichkeit enthoben. 
Ungenannter bei Campe. Die Veranlaſſung meiner plößlichen 
und wunderbaren Rückkehr. Shakeſpeare, Hamlet 4 4 An die 
Stelle huldreich vertrauliher Herablaſſung war feierlihe Förm— 
lichkeit getreten. Schiller, Piccolemini 1, 2. 
Mit ausgelaffen (feinen in hohem Brave lebhaften Empfindungen 
nneingeichräntt hingegeben) find finnverwandt Luftig (f. S.899 ) und muths 
willig (f. ©. 751). 


Ab—,!) Ader—, An— (©. 570) Ant—,2) Durh—, 
Ein—, Er—, Ge—, Rab—, Unter—, Ber—, Bor—, Zulaf 
erfiären fi) aus nachfolgenden Beifpielen. — Was muß e3 für ein 
Mein jepn, ein firner oder ein Ablaß? Ayrer. Unten müffen diefe 
Grander oder Gejchirr glei) neben dem Boden einen Ablaß haben, 
Dadurch man das alte, verftandene Wafler täglich ablaffen könne. 
Hohberg. Mehr denn vierzig Jahr her ohne Ablaß. Herder. Bis 
er volllommen Ablaß der fündigen Thaten erlangt hat. Göthe, 
Reineke Fuchs 6, 25. Ich freue mich ſeht, daß die Aderläſſe gut befom- 
men ift. Göthe, Briefm. mit Schiller 5, 56. Bon einem Aderlaife, 
das ich heute vorgenommen, tit mir der Kopf eingenommen. Humboldt, 
Briefw. mit Schiller 392. (Gallifte) ließ, weil der Doctor ihr den 
Aderlaß befahl, des Königs erften Wundarzt holen. Gellert. In— 
dem wir die Kinder üben, Töne, welche fie hervorbringen, mit Zeichen 
anf die Tafel fchreiben zu lernen und nah Anlaß dieſer Zeichen 
fodann in ihrer Kehle‘ wieder zu finden. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 1. 
Da ich zu feiner meitern Zerftreuung Anlaß fand. Daf. 3, 5. 
Wo der Anlaß (Compromiß) oder Hindergang verpönt war. 
Sich verfchreiben md veranlaßen. Krenner, Landtagsh. 5, 171. 


1) Das Wort (goth. afldts, ahd. mhd. abläz, nn! aflaat), in kirchlicher Hin: 
fibt von Vielen falſch verftanden, erit jüngft noch von Grimm ganz unfatholifch, 
von der Seite des Mißbrauchs gefaßt „Für den Firchlichen Grlaß der Sünde ums 
Geld (vie Inpulgenz), wider welchen die Reformation fiegreich eiferte”, bezeichnet 
bier nach dem Fatholiichen Lehrbegriff: „ganze oder theilweife Erlafjung derjenigen 
Klare Strafen, welgye nach Bergebung der Sünden nod) erleiden find,” = 

anche Zufammenfeßungen mit Ablaß gehören der frühern Zeit (16. Jahrh.) an 
und finden darin ihre Erklärnng 

2) Antlaß tft in ver älteren Sprache jeve Befreiung, ntlafjung von irgend 
einer Berbinvlichfeit, Schuld; dann fo viel ale Ablaß. Weil ehemals die Lose 
neun oder Entlaffung öffentlicher Büßer von ihren Vergehungen’ und Kirchens 

afen und die Wiederaufnahme berfelben in die Semeinichaft der Chriſten gewöhn⸗ 
lich am Gründonnerstag geſchah, fo wurde berjelbe mie dieſe Losſprechung und 
Mieveranfnahme auch Antlaß und Antlaßtag genannt, Bel. Schmeller, 
bayer. Wörterbuch 2, 494 f. 


J 1176 


Mir gibt mem Rang und Amt zu jeder Stunde Einlaß bein 
Herzog. Schiller, Wallenfteind Tod 5, 2. Als er mir den zweilen 
noch beftigern, mir gleichfalls nicht unbekannten brieflichen Grlaf Ä 
dorlejen wollte. Göthe, Campagne in Frankreich Duisburg Role. 
So unangenehm ihm auch die fänmtlihen Mädchen erichienen, de 
fogleih in den jüngften Jahren den Alterserlaß auf dem Geht 
als Brautihag mitbrachten. J. Paul. Daß er nicht ohne Od 
fih einen Zaftenerlaß ertheile. J. Paul, Siebenfäs 3. Und m 
machte fich ftatt ihrer (der abgebrochenen Gebäude) ein neuer Belaf | 
Raum) nöthig. Göthe, Tag: und Jahreshefte 1803. Im Kopf hit 
der Geiſt überhaupt mehr Gelaß als im Herzen. 3. Paul, Titan 
57. Und innen großer Höfe Raumgelaffe. Göthe, Fauſt 2, 
Tiejer Theil des Nachlaffes, von dem feiner Erben gejonder, 
Görhe, Tag- und Sahreshefte 1802. Aber der mindefte Argwoba 
egen die Unfehlbarkeit ihres Geiftes ift ein Nerbrechen ohne Ra 
aß. Meyer. Hier, wo Anix eine Wohnung befaß, um einjam ua 
unabhängig fi) verbergen zu fönnen, wenn feine Seele Nadlaf 
(Erholung) brauchte vom widrig Alltäglihen. Meyer. Weil leich 
und wie gewehet, ohn' Unterlaß, dein ſchlanker Wuchs ſich dreke. 
Voß, der Kuß. Auf Parteien, wie fie heißen, ift heut zu Tage km 
Berlaß. Göthe, Fauſt 2, 13. Der Ritter verweilte länger, «ls 
fein Berlaß fein binterlaffene Abrede) war. Mufäus. Da 
Pferdeſchwanz, der Vorlaß (Büjher Federn, um den Zulfen zurid- 
zulofen), das Fuchseiſen. J. Paul, Giebenfäs 6. Ohne jene 
Zulaß Simpliciſſimus 1, 1. 

Laßbank, — been, —binde, —brief, —dünkel, —eijen, aM, 
—hain, —herr, —fopf, —männden, —raum, —reis, —rihter 
—[höppe, —funde, —tag, —wiele, —zapfen, —zeichen, — je; 
Ablaßbohrer, —brief, — gebet, — geld, —gerinne, —gemwinnung, — ge 
wölbe, — graben, —handel, — horn, — jahr, — kirche, —kram, —früne, 
—lehre, — markt, —ort, —pfennig, —prediger, — predigt, — ſchreiben, 
—feite, —ftreitigkeit, —tag, — woche, — zeit, —zettel; Mderlafben, 
—bäujchhen, —beden, —binde, —eifen, —geräth, —kreuz, — fu, 
—nännden, —ihnäpper, —tafel, —zeichen, — zeit, —zeug u. a.; Auflef 
brief, — geld; Einlaßgeld, —karte, — klappe, —ofen, — pre 
—zettel u.a.; Erlaßbrief, geld, —jahr, —recht, — ſchein, —fünde; 
Erlaffungsfchein, —jünde; Unterlafiungsfehler, —fünde — 
Ich muß diefen Ausdrud berichtigen, daß die Sünde durch Ablab 
gebet und Kirchenbejuch gebüßt werde; dies gefchieht einzin dur 
den würdigen Empfang des Sacramentd der Buße. Rippel. Ad, eu 
herrliches rothes Haubenband hätte Lea's blinden Augen jo gut we 
eine rothe Aderlagbinde der Wunde getban! 3. Paul, Titan 18. 
Das Einlaßpförtlein in des Thores Bohle am lockern Band m 
erznem Schnörfel hängt. Rediwig, Amaranth. 








1177 


Laß (goth.lats, ahd. hd. laz, alti. lat, agſ. læet, altn. latr, engl.lazy, 
oath, lat. lassus |. S.740) eig. zurüdjeiend, zurüdbleibend aus Unthätig- 
eitz dann ablaffend an Kraft und Regfamkeit zur That. Läſſig = Laßheit 
mpfindend, zur Laßheit geneigt: ab—, au—, auf-—, fahr—, 
ach —, ver —, zuverläffig; verläffigen, vernachläffigen. Läßlich 
= was erlaffen werden kann: ab—, unab—, er—, unerläßlid. — 
Bon Arbeit laß und Betrübniß. Voß. Nun du mir läſſiger 
»ienſt. Göthe, röm. Elegien 13. Freilich haben fie nur im Stillen 
er Kinjeitigfeit, der Unordnung, der Läjfigkeit, der Ungejchidtlich- . 
eit zufehen fönnen. Göthe, Unterhaltungen deutfcher Ausgewanderten. 
Durch des Gebieterd Bergehn und Läſſigkeiten der Völker, Voß, 
Slias 13, 108. Unläffig zu flreiten im Feld' und zu fämpfen. 
Daf. 11, 12. Es wär gefchehen umb Rom, folt in folhem Unglüd 
in wilder oder ableffiger Keiler feyn gewefen. Aventinus, Chronik 
95. Wo rein und unabläffig der Quell fließt. Göthe, Hermann 
md Dorothea 7, 30. Anläfiige (Streit veranlaffende) Worte. 
Srifh. Meine übrigen Liebhabereien erhalte ich immer durch ein oder 
ie andere Zubuße, wie man gangbare Gruben nicht nerne aufläffig 
verden läffet, fo lange als noch einige Hoffnung von künftigen Vortheilen 
cheinen will. Goͤthe. Daß ich Diele Uebungen unterbrochner und 
ahrläjfiger anftellte. Göthe, Leben 13, B. Die bier und da 
urh unſre Fahrläſſigkeit zerriflenen Ränder auszugleichen und 
erzuftellen. Daſ. 3. B. Wenn der Manu fein Heußeres, in folhem 
zall, vergißt, nachläſſig oft fih vor die Menge ſtellt. Göthe, 
Sugenie 1, 6. Ihr Erftauen gehe bloß ihre eigne Nachläſſigkeit 
m. % Paul, Hefperus 7. Mit den treuverläffigen Dentichen. 
Pyrfer, Zunifias 8 Wer fich fein ganzes Leben als einen zu ver⸗ 
äffigen Mann bewiefen, der macht eine Handlung zuverläifig, 
te bei andern zmweideutig ericheinen würde. Göthe, Wahlv. 2, 12. 
Benn auch die menfchlichen Anlagen im Ganzen nur entfchiedene 
richtung haben, fo wird es doch dem größten und erfahrenften Kenner 
chwer fein, fie mit Zuverläffigkeit vorans zu verkünden. et 
eben 2. B. Iſt dieß die Welt, von deren Unzuverläffigfeit ich 
tel gehört Habe? Göthe, Egmont 5. Während der Zweigbewohner 
ang’ die Höh’ ermaß und fih, fo gut es die fchwindenden Augen 
tlaubten, zu verläßigen fuchte, ob der gräßliche Feind auch mit 
zlügeln ausgeftattet fei. Benzel-Sternau. Es ift möglich, daß Ihr 
Sohn die fänmtlihen Parkanlagen vernahläffigt. Göthe, 
Bahlv. 2, 8 — Ein läßlich fcheinendes, faherzbafter Probe glei- 
bendes Verbot. Göthe, Eugenie 4 % Warum will man nicht eine 
feugerung laͤßlich und erträglich finden? Göthe, Meiftere Wander]. 
,3. Wollen wir nad) deinem Wink unabläßlich ftreben uns vom 
yalben zu entwöhnen. Göthe, Generalbeichte. Wie ich mich ſelbſt 


1178 


und das, was mir ein unerläßliches Bedürfniß iſt, retie ud er⸗ 
reihe. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 3. 

Mit Laß find finnverwandt: matt (mhb. mat, vom franz. mat, dies som 
fpan. und altportugief. mate, vollfländig xaque mate = fHadhmatt, von 
arab. mäta — tödten, flerben, mat shah — es fterbe der König, Kunfineıt 
des Schachſpiels) in merklichem Grade Mangel an Kraft habend, beſerders 
in Bezug anf Harfe Abfvannung der Lebensthätigkeit, e8 mag nun fener Mes 
gel oder jene Abſpannung in Innern ober änßern Gründen liegen. Mir 
(abd. muodi, mhr. müede, altn. mödr, von mühen ©. 633) durch I 
irengung over zu rege Thätigfeit an Kraft mehr oder minder wicbergedrüdt. 
— Die andern Synonymen von laß ſ. S. 740. — Mit vernadhläffigen (ih 
fo anf einen Gegenſtaud Hin verhalten, daß demfelben weder bie gehörige Auf 
merkſamkeit und Sorgfalt, noch "überhaupt die gehörige Thätigkeit zmgewenbet 
und bezeigt wird) Ift verwahrlofen (aus mhd. warlös, f. War ©. 6) 
finnverwandt: einen Gegenftand ohne alle Aufficht und unbeachtet laffen, Rs 
ganz unthätig in Beziehung des felben verhalten, daß er dadurch übel wit 
— Matt mit dir von fchweren Kummern will mit bir ih müde fchlummem 
Schiller, Geſ. ver Heloiſe an Abalarde Grab. Weil er für alles Hanbebierm 
verwahrloft ik. Shakeſpeare, was ihr wollt 1, 8, 

— Bee Das hierher oder zu verlieren gehörende Verließ (Berlien) £ 


Seißen. ') 
(Wurzel hait, haiz; hat, haz.) 


Heiße, hieß, geheißen, beißen geh. haita, häihäit, haihaitum, 
häitans, häitan; ahd. heizu, hiaz, hiazumes, heizaner, heizan; 
mhd. heize, hiez, hiezen, geheizen, heizen; agj. hætan, hatan, 
altj. heitan, altı. heita, dan. hedde, ſchwed. heta, holländ. heeten; 
vgl. lat. ciere — erregen, citare — anregen) 1, mit einem Namen 
belegen, dabei rufen und damit anreden; 2%, mündlich anreden, Je 
manden mündlich jagen, was er thun ſoll; 3, (neuır.) genannt 
werden, zum Namen haben, auch fein; 4, (unperf.) gejagt werden. — 
Dep Namen follt du Jeſus heißen. Luther, Bibelüberi. Mattb. 1, 
21. Und der Unausiprechlihe wird Jehovah geheißen! Klopitel, 
Meifias 1, 251. Made, daß ich dich bald Braut beißen fauı 
Gellert. Heiß mid nicht reden, beiß mid jchweigen. Goͤtbe, 
Mignon. Wir heißen des Friebländers wilde Jagd. Schiller, 
MWuallenfteins Lager 6. Was fol das heißen?! Daj. Seine 
Berftand nicht zum eignen Nachfinnen gewohnen, heißt, ſein Eigen- 
thum verlaffen, um betteln zu köunen. Gellert. Es ſoll nicht von 


1) Da ſcheiden in cine andere Conjugation übergegangen iſt, ſo ſind hei⸗ 
Ben und das wenig gebränchliche heiſchen die einzigen nhd. Verba der 3. reis 
plicierenden Konjugation mit der Ablautsform ei, ie, ei. 


1479 


ix ve en, Daß ich Deutſchland zerſtücket habe, Schiller, Piceolo« 
ini 2, 9. 
j Die Synenymean ſ. S. 5. 238. 

Berbeißen |. S. 78; Berbeißer (ahd. furheizo), Berheiß, 
zerheißung; Antheiß (mhd. anıheize, antheizec, von antheiz = 
jeriprechen, Gelübde) ift veraltet, und anbeifchia an jeine Stelle ge⸗ 
eten. Schultheiß (bei Campe Schuldheiß, was nah dem 
eutigen Schuld richtiger, aber nicht mehr gebräuchlich ift, verkürzt 
Schulz, in der Vollsiprahe auch Schultes und Scholles, abd. 
caldheizo, mhd. schultheize, mittellat. scultetus) eig. eine obrig⸗ 
eitliche ſon, die zur icht anhält, die Schuldigkeit zu leiſten 
eißt. Davon Schultheißerei. — Freiheit war uns verheißen. 
Schiller, Maria Stuart 5, 1. Sch wollt' mich verheißen, wollt' 
mmer verreiſen. Gothe, Liebhaber in allen Geſtalten. Wäre der 
roße Verheißer nicht der Ewige. Klopftod, das Anſchaun Gottes. 
Zie hatten geoflen verhaiß von Maximino. Aventinus, Chronik 
580... Bl. 206. Erd’ und Himmel vergehen; deine Verhei—⸗ 
jungen, Göttlier, nicht! Klopftock, dem NAllgegenwärtigen. Die 
Bort nur bält dem Ohr mit Glückverheißung. Shakeſpeare, 
Macbeth 5, 7. (Nicht erwägend) die Worte voll Muths und alän- 
ender Sienesverheißung. Pyrker, Zunifias 6. Das himmliſche 
Berbeißuugsland der Frommen. Ubland, auf K. Gangloffs Tod, 
z. 's it des Kaiſers Wil’ und Geheiß. Schiller, Walleuſteins 
rager 11. Einem eines Dinges anthaißig werden. Mon. boica 
25, 464 0.3.1487. — Die Söhne des verftorbenen Schultheißen. 
Söthe, Leben 1. B. Welches (Verhältniß) aus dem Schulthei— 
zenamt meined Großvaters für die Familie entfprang. Dal. % B. 


Aum. 1. Berbeißen fegt ſich in feinen Partietvien noch mit andern Wörs 
ern aufammen, 3. B. (Er) rief ihm mit troftverheißendem Lächeln. Pyrker, 
Tuniſias 10. Am mwetterverheißenden Morgen, Daf, 9. Der Gottver⸗ 
yeigne. Klopflud, Meſſias 11, 93. 


Anm. 2. Ob heiß, heizen (mhd. heizen) und Hitze (f. ©. 468) zu 
yeißen gehören, darüber läßt fich fireiten. Weigand und Schwend find das 
nt, Graff, Wadernagel und Schmeller, wie es fcheint, mit mehr Recht 
dagegen. 


Seifchen. 
(Wurzel eisc, isc.) 
. Heiſche, beifchte, geheiſcht (hieſch, geheiſchen), heiſchen (mhd. 
eisohe, iesch, ieschen, geeischen, eischen, zuweilen heische, 
hiesceh, hieschen, geheischen, heischen, auch ſchwach; ahd. eischn, 
escon ſchwach, mittelniederl. neuniederd. eischen und heischen, 
altſ. scön, altfrieſ. askia, aschia, mittelniederd. eisken, eischen, 
eissen, agſ. escjan, ascian, engl. ask, ax, altn. æskja, ſchwed. 





1180 


äska, daͤu. eske; vgl. fanffr. icch == verlangen, litthau. jeszkoti, 
ruffiſch iskäty = ſuchen, illyriſch iskatti = forſchen, poln. iskac = 
Ungeziefer fuchen, naliih aisc —= Tadel, hierzu goth. ehren = 
Tadel, Schande) mit den Grundbegriff fengen, un begehren, Bitten, 
verlangen, ift wenig im Gebrauch. — Ich wills geben, wie je 
J Suther. Bibelüberf. 1. Moſ. 34, 12. Sie beifchen, 
d. b. was fie ermeijen nicht löunen oder nicht wollen, wird testig 
erbettelt und eben fo trogig aufgedrungen, als ob es feines Beweises 
bedürfe. Herder. Ach heifche deinen Unterricht in ganz was anderem. 
Leffing, Nathan der Weile 3, 5. — Er iefch von Dir daz leben, 
4. Bibelüberf. (1470—73) Pi. 21,5. Darnach hieſch jm Der fürfpred 
die vier gulden. G. Wickram, Rollwagenbüchfein. Auff den abend hieid 
der meifter feinen Ion. J. Agricola, Sprichw. 338, die vbrigen fchemen 
fih nicht, mir das Brot vorm Maul abaubeithen Inden, 
Apoph. 2, 62. Der Knecht verhieſch ohn all bedenden, Das ge® 
vnd Peltz willig zu ſchenken. Rollenhagen, Froſchmeuſeler 1. 3, 22 
Haft du brav gebeifgen? Göthe, Goͤtz v. B. 5. — Mein Berta 
a. t8, daß alle Kaiferheere mir gehordyen. Schiller, Piccolo⸗ 
mint 2, 7. 
Die Synonymen f. bei verlangen ©. 206. 889. 
Ang Ar ung (ahd. eisca, eiscunga), heiſchig; au 
Heiſcheſatz. — Und damit fteht und fait mein 
> —— J. Paul. 


Hanuen. !) 
(Wurzel haw.) 


Haue, hieb, (hauete), gebanen, banen (ahd. houwu, bio u 
htu, hiowumes, houwaner, houwan; mhd. houwe, hiu, hiuwen, 
ehouwen, houwen; agſ. heäwan, in der Bolfsiprache haen, 
Bagen) urſprünglich wahrfcheinlih fo viel als ichneiden, zertheilen, 
bezeichnet nhd. 1, fchlagen, A mit einem Werkzeuge, Das ver 
legen kann, daher auch ab» und durchhauen; 2, hauend bearbeiten, 
gewinnen; 3, (Volksſprache von den Schweinen) den Begattungetrieb 
empfinden ; 4, (veraltet, noch bie und da in der Bollsfpradhe wel 
vom Einhauen der Hufe des. Pferdes) fich ſchnell bewegen, laufen. 
— Etlihe hiewe man zu Stüden. .. Ehronif 1580. DB 
226. Sie hiewen die Bäume ab. Daf. BI. 248. Wir drängten 
und fchofien und bieben. Göthe, Egmont 1. Wenn er über dr 
Schnur bauen wollte. Daf. 2. Das trodene Heu, auf der beften 
Wieſe gehauen. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 134. Ccedern 


— — — — —— 


1) it dieſem Verbum begiunt die 4. reduplicierende Gonjugotion mit ver Ab⸗ 
lautsform au (u, 0), ie, au (u, o). 





1181 

ebauen auf dem Libanon. Schiller, Ränder 1, 2. Sie haueten 
)olg. Fiſchart, Gargantua S. 357. Davon (von der Keule) haut’ 
h genaht, jo viel die Klafter umfpannet. Voß, Odyſſee 9, 325. (Er) 
lt zu dem ftillen, einfamen elfen, der vor Kurzem zum Grab ihm 
ehaun ward. Klopftod, Meſſtas, 4, 890. Steine aus den Bergen 
auen. ‚Luther, Bibelüberf, Cor. 6, 38. Du Heink Flegel hbaw 
eile) auch mit. H. Sachs. Unverſehens fellt er (der, Seeräuber) 
aber, alsbald man fein Kae wirt, fo hauet er wieder Davon. Aven⸗ 
nus, Ehrmif 1580. Bl. 254. 

Hacken (wahrfcheintih von Hade, ahd. hakko, mäb. hacke, zn Hafen 
ab. hacho, haccho gehörig) mit einem ſchneidenden Werkzeuge ohne ſtark 
ansgeholten Schwung in einen Gegenſtand einfchlagen. — Wir haun, ale, 
badten wir Zleifh zur Bank, und Eeinen Dank bat doch wohl der blutige 
Sieger. Bürger, Lieb von der Treue, j 

Ab—, au—, auf—, aus —, be—, bei—, drein—, durch —, 
m—, ent—, entzwei—, er—, fort—, ber—, herab—, beran—., 
eranf—, heraus —, berein—, bernieder—, herüber —, herum—, 
erunter—, berzu—, bin—, binab—, hinan—, binauf—, hin- 
us — hindurch —, binein—, hinüber —, hinunter—, binweg—, 
inzu —, los —, nach —, nieder —, über —, um —, umher —, unter —, 
er —, vor —, voran —, voraus —, vorbei—, vorüber—, weg —, 
er —, zu—, zurück—, zuſammenhauen find far. — Meine 
Burzeln find abgehauen. Göthe, Götz v. B. 5. (Er) hieb dem 
ervichten Arm ab. Voß, Ilias 5, 81. Haut ich die Haltfeil? ab 
es fchwarzgefchnäbelten Meerichiffs. Voß, Odhſſee 10, 1237. Ge⸗ 
orchend hieb Saturnia die Roffe an (trieb fie durch Hauen an 
'aufen an). Bürger. Denielben Zag hieb ich in der Frühſchicht, 
och als Lehrhäuer, eben wie die Sonne aufging, (im Bergwerk) 
ine reiche Ader an. Novalis, Heinrih von Ofterdingen 1, 5. Der 
5oldat durfte nur ein Kochloch aufbauen, fo traf er auf die Klarfte 
veiße Kreide. Göthe, Eampagne in Frankreich 26. Sept. Wo 
We: (aetanzt) wird, bin J allemal dabei. Bänerle, Finker als 
Rarfis. Es wurden mehrere Gräber ausgehauen. Göthe, Cam⸗ 
agne in Frankreih 19. Sept. Rings herum die Eichen ausge 
auen. Alxinger, Doolin 3, 5. Luther und wenige, die nach ihm, 
sie er, aushbauten und Ren haben den Wald zum Haine ge» 
wacht. Klopitod, Gelehrtenrepublil. Wann er (der Zimmerer) zum 
Schiffbau Lünftlih die Ballen bebaut. Voß, Ilias 3, 61. Den 
Laubgang) man auf Stufen erftieg von unbehauenen Platten. 
Höthe, Hermann und Dorothea 4, 28. Er behieb die äft. Filchart, 
Bargantua ©. 462. (Er) faßt ein tüchtig Schinfenbein, haut da 
ut taglöhnermäßig drein. Göthe, Sendfchreiben. (Er) haut durch 
is auf den Sattelfüopf. Uhland, fchwäbifche Kunde. Ich baue deine 
sinten durch. Shakeſpeare, viel Lärmen um nichts 5, 1. 's ift hier 








1182 


juft, wies beim Einhau'n geht. Schiller, Wallenſteins Lager 11. 
Dem (Leibnizens Denkmal), für die Nachwelt, Kunft des Griechen 
oder Tuskers den Dank der Miwelt eingehauen. Voß, Leibuims 
Grab. Du (Zahn) dienteft mir wie Krieger ihrem Fürſten, wm 
bauteft wader ein, galt’s Schinken oder Würften. Campe. Als va 
ſechs Jahren der Dichter vorführte den Chor, auf welchen ſaleich 
einhieb die beleidigte Sippſchaft. Platen, Barabafe. Dann entbieb 
er das Haupt ihm. Voß, Slias 14, 261. Emmen Baui erbauen 
Moetevin. Ich muß fie beraushauen. Tichtenberg, Nachrichten über 
fich ſelbſt. Ans Mailands Aufruhr hieb ih ihn heraus. Ubland, 
Ludwig v.B.2. Und hiebſt um dich herum? Göthe, Göß v. B. 
1. Das hab’ id mir lange gewünicht, mid mit jo Kommis-Brodriten 
berumzubauen. Edjiller, Räuber 2,3. Schafft ibn in den Thum, 
und haut herunter den rebell’ichen Kopf. Shakeſpeare, K. Heinrid 
vi. 2 Thl. 5, 1. Wenn der Weg noch am ichroffften Felſen bir 
gebt, ja in ihn bineingebauen if. Göthe ital. Reife auf dem 
Brenner 8. Sept. 1786. Nachdem ich anfänglich bei Der Ausiärde 
rung der losgehauenen Stufen in Körben angeftellt geweien war. 
Novalis, Heinrich v. Dfterdingen 1, 5. Aber fie rii dem em 
ſogleich von der Seite den Säbel, bieb ihn nieder gewaltia 
Goͤthe, Hermann und Dorothea 6, 114. Du magit Niemand mm 
Reden überhau'n. Shakeſpeare, der Wideripenfligen Zähmung 2 
1. Da haueten Männer mit alühender Wuth in dem Blicke rise 
der Sedem um. Klopfiod, Meſſias 12, 867. Zwanzig (Stämme) 
ſtürzt' er in allem, um hieb mit eherner Art fie, ichlichtete dann zwi 
dem Beil und ordnete fcharf nach der Richtichnur. Voß, Odyſſee 5, 
244 Bild nun haut' er umber. Voß, Ilias 10, 483. Wiıcwohl 
man bier Kernholz verhaut. Bo, an Göthe. Er wollte ala großer 
Merfmeifter gelten, weil er fih unter behauenen, auch nicht jelten 
verhauenen Quadern eingeſchanzt. Benzel-Sternau. Bon 
Schild (it) die Hälfte weggehauen. Shafeipeare, 8. Heinrich VL 
1. Thl. 1, 1. Die geopferten Thiere jeder Art... mußten in zwei 
Hälften zerhauen werden Göthe, Leben 4.8. Gin ichöner Grund⸗ 
fein (war) mit Fächern und Dredplatten zugebauen. Göthe, 
Wahlv. 1, 8. (Wie das Kind) wacker auf die Freibeuter zuge 
bauen. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 10. Er bieb ein wie du 
andere Mal zu. Göthe, Leben 15. B. Und immer die Feinde m 
Fluß zufammengehauen. Göthe, Egmont 1, 

Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfehungen, 3. B. Sehe 
wie laut das Getoͤs holzhauender Männer emporſteigt. Voß, Ilias 16, 

Hauen 1, einer der hauet «bei Bergleuten Häuer — der mit 
Gifen und Fäuftel das Erz in der Grube hauet); 2, ein Werfzeng 
zum Hauen, bejonders die hervorftehenden gekrümmten Zaͤhne der 
Schweine: Anf—, Aus—, Bor—, Bild—, Zeilen—, Hleiid-, 





1183 


© olz—, Steinerhaner; ein—, überhauig. — Ich flieg all- 
mählig bis zum Häuer, welches der eigentlihe Bergmann ift. 
Novalis, Heinrich von Dfterdingen 1, 5. Wie die unbarmberz’ge 
Soneril in jein gefalbtes Zleifh die Hauer ſchlage. Shakeſpeare, 
K. Lear. 3, 7. -- Nun werde ich euch auch für einen folchen Bild- 
bauer halten müſſen. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 7. Die zarten 
Säulen und fünftlihen bildbauerifhen Zierrathen follten ſich 
Durch eine dunklere (Farbe) auszeichnen. Götbe, Wahlv. 2, 3. Die 
Bildhbauerfunfk muß ſich daher noch ein floffartiges Jutereſſe 
Juden. Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Feilen 
bauer und Uhrmacher Göthe, Meiſters Wander. 3, 4. Köhler 
und Holzhauer. Göthe, Meifters Lehrj. 4 3. Das Biden der 
Steinhauer. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 9. 

Hau (ahd. hou) 1, Handlung des Hauens; 2, Schlag mit 
einem jchneidenden Werkzeug; 3, im Korftweien ein beftinmter Wald- 
bezirk, wo das Holz gefällt werden foll oder auch ſchon gefällt worden 
iſt: Ans—, Ge—, Ueber—, Verhau. Haue (ahd. houwa, 
howa, mhd. houwe) eig. ein jedes Werkzeug zum Hauen; in engerer 
und gewöhnlicher Bedeutung ein (ein — oder auch zweigezahntes) 
Werkzeug, um die Erde damit aufzubauen. — Und friid im Thau 
tehn fie unter ſich wechſeln den Hau. Rückert, gel. Ged. 6, 279. 
Ohne diefen Ausbau des allzu mwollültigen Wuchſes. Leſſing, 
Hamburger Dramaturgie 12. Durd) des Gehaues Stumpen, wo 
wilde Erdbeein ftehn. Salis, die Einfiedelei. So merfwindig aber 
als traurig anzufehen war der Verhau rings um die Caſſeler 
Schanzen. Göthe, Belagerung von Mainz Der eckhau, blind«- 
bau, onterhau, flügelhbau, Zoruhau, frumbhau, fchiller- 
bau, ſcheitelerhau. Fiſchart, Gargantua S. 373. — Wollt ihr 
euch mit Schaufel und Haue um einen biffen trocknen Brod abquälen? 
Schiller, Räuber 1, 2. 

Hacke (ſ. oben S. 1181) wird gemöhnlih nur dann gefagt, wenn ſich 
die Haue nicht in Zähne theilt. Karſt (ahd. mhd. karst, in der 4. Bibel; 
überf. von 1470-73 karſch) if die zweigezahnte Haue. — Der vierte mit 
Spieß und Hade bewaffnet. Göthe, Reinele Fuchs 2, 123. Mit Spieß und 
Karft und Senfe treibt er den Angriff ab. Uhland, die Döffinger Schlacht. 

Hauamboß, —banf, — bar, —block, —degen, —eijen, —geld, 
—hanımer, — hechel, — holz, —Elog, —Iand, —länder, —meißel, 
— mefler, —ftod, —zahn, —zim; Hauergeld, —glode, —lohn, 
— dicht, —fieg. ; 

Hieb (eine nbd. Biduna vom Präteritum bieb) 1, die Hand- 
fung des Hauens; 2, ein mit jedem Werkzeug verſetzter Schlan, fig. 
auch ein Meiner Rauſch; 3, die durch einen joldhen Schlag veriegte 
Wunde; 4, was Hau in 3. Bedeutung; 4, die Berechtigung in einem 
Walde Holz hauen zu dinfen; An-, Aus—, Durch—, Rieder 











4184 








hieb u. a.; biebig (im Forſtweſen) was oder wo gehamen werd 
fann; Sieber (eine leichte Hiebwaffe mit grader odec krummet Künste) 
(Er) entließ den Gefangenen mit einigen Hieben. Göthe, Ga 
pagne in Zranfreih 30. Aug. Ya er konnte die Streitugt einbaltı 
mitten im Niederbieb. J. Paul, Siebenfis 5. — Aus der Be 
fammlung geftäupt mit fchmählihen Geißelhieben.. Bob, Ws 

264. Seines mordenden Stable Blutgier und der Rechte Ge 
walthieb. Pyrfer, Tuniſias 9. Herbei vor meinen Klingenhieb! 
Bürger, die Entführung. Ein Säbelhieb ſank fehwer auf ka 
Genick. Schiller, Graf Eberhard der Greiner. Daß nicht eim 
fein Speer dich bändige oder fein Schwerthieb. Bob, Yind A 
377. Man darf den Komiker wicht verargen, wenn er im 
gehen fih einen feinen Seiteuhieb erlaubt. Göthe, Tag- m 
Sahreshefte 1803. 

Hiebwunde; Aushiebmeißel. 

Die Synonymen von Hieber f. ©. 151. 

Heu (goth. havi, ahd. houwi, hewi, mhd. höuwe, höu, # 
heg, hæg, hieg, altn. hey, engl. hay, holländ. hoy, ſchwed. di 
hö) das abgehuuene (und getrodnete) Grad. Davon heuer = 
Heu mahen; Heuer — Maͤher; Hauet, Henet — Heu und Bir 
— Und wir bringen die Frucht berein, wie dad Hen ſchon herein iſ 
Böthe, Hermann und Dorothea 1, 46. Ich ſah nach der Roͤthe dei 
Abends, die und morgen zum Heuen anmuthiges Wetter verfünil 
Voß. Man bezeichnet mit dem Wort Wildheuer ärmere Bench 
der Hochgebirge, welche ſich unterfangen auf Grasplätzen, die für des 
Vieh ſchlechterdings unzugänglich find, Heu zu machen. Göthe, 
Meifters Wanderi. 2, 7. Einführung des Traidts und Hamelk 
Lori, Urk. v. 1616. Es hätt denn ain Gut mit aigen Hauet M 
Wismad. Bayer. Landtagsordn. v. 15583. 

Henbaum, —birne, —blume, —boden, —bucht, a, 
—ernte, — futter, —gabel, —gewinn, — hechel, — haufen, mM, 
— land, —leine, —mader, —mad, — mäher, — markt, — mei 
— monat, —ochs, — pferd, —raufe, —rechen, —recht, —NEt 
—ſchein, —ſcheuer, — ſchlag, — ſchober, — ſchoppen, ſuen. 
—ſeil, —ſenſe, —ſtock, —vogel, —wage, —wagen, —wick. 
—ehnte, —zeit. 


Laufen. 
(Wurzel hlaup, hlap.) 
Laufe, lief, gelauffen (geloffen), laufen Caotb. hans 
hläihläup, hlainläaupum, hläupans, hläupan; ahd. hloufu, hliaf, haft 


mes, hloufaner, hloufan, auch ſchon one h; mihd. loufe, lief, Ieie® 
geloufen, loufen; agſ. hleäpan, alj. hlopan, altn. hlaupa, engl. If 





1185 ° 





— 


ſchwed. löpa, dän. lobe, holſlaͤnd. looper, niederſächſ. lopen) 1, über- 
haupt fi auf feinen Füßen ſchnell fortbewegen; 2, oft und viel gehen, 
einen Zwed zu erreihen; 3, feinen Aufenthaltsort oder Zuftand 
fehnell verändern; 4A, (von einem Thiere) ſich begatten; 5, (von leb- 
(ofen Körpern) fih von der Stelle bewegen, womit aber der Begriff 
der Schnelligfeit nicht notbwendig verbunden if. — So rennt und 
läuft nun ein Jeder, um den traurigen Zug der armen Vertriebnen 
zu ſehen. Göthe, Hermann und Dorothea -1, 4 Lief ich darum 
aus der Schul uud der Lehre? Schiller, Wallenfteins Lager 6. 
Sie fegen Leitern an, fie laufen Sturm. Schiller, Jungfrau v. O. 
5, 9. Und was ih auf für Wege neloffen, aufn Neidpiaf habt 
ihr mid) nie betroffen. Göthe, fprichwörtlid,. 
Die Synonymen f. ©. 189. 192. 1184, 

Anm. Fiſchart (Bargantua S. 462.870) fagt: alles das Wafler Luff... 
entloffen. 

Ab—, au— (S. 38), auf—, ans—, be— (S. 709), bei—, 
daber —, dahin —, davon —, durch —, ein—, empor —, ent— (5.32), 
entgegen —, er—, fort—, heim —, her—, berab—, herau —, her⸗ 
auf—, beraus—, berbei—, herein —, hernieder—, berüber—, 
herum —, herunter —, hervor —, herzu —, hin —, hinab - , hinan —, 
hinauf—, hinaus —, hindurch —, Hinein—, hinüber—, bin- 
unter, hinweg —, binzu—, mit—, nach—, nieder —, über—, 
um—, umber—, unter—, ver—, vor—, voran —, voraus — 
vorbei —, vorüber—, weg —, wider —, zer—, zu—, zurüd—, 
— zuvor—, zuwiderlaufen find au fi klar. — 

ewöhnlih laufen die Pferde mit einbrechender Nacht erft ab. 
Goͤthe, röm. Sameval. Bald läuft das Fädchen vom vollen Roden 
ab. Voß, die Spinnerin. Deine Uhr ift abgelaufen Schiller, 
Zell 4, 3. Alles womit man ehedem die Cinwürfe der Ungläubigen 
und Abgötter ablanfen laflen (abwies). Leſſing. Um zu ſehen wie 
die Sachen abliefen. Göthe, Benvenuto &ellini 1, 8 (Wenn 
man) jüngern von der Natur mehr begünftigten den Rang abzu—⸗ 
laufen ſuche. Göthe, Leben 4 B. Der Jahrgang dieſer Zeitfchrift 
läuft (fängt) erit vom elften Jänner an. Ungenannter bei Campe, 
Balduin mit vielem Volf kommt feuchend angelanfen. Alginger, 
Doolin 5, 60. Und einmal doch in diefem fcheuen Haufen auf einen 
Löwen anzulaufen. Schiller, Aneis 4, W. Im Abwiſchen der 
Zenfteriheiben, die von ihrem warmen Atbem angelaufen waren. 
J. Paul, Siebenfäs 9. Damit Schlägereien und mit den Schmerzen 
auch die Schmerzengelder anliefen (größer würden). Daſ. 3. 
wildes grimmes Thier läuft alle Menſchen an. Opitz. Was... fich 
Bullins an Hörnern endlih abgelaufen, das läuft fein Weib ihm 
wieder au. Bürger. Es mögen immer einige hundert Pulcinelle und 
gegen bundert Quacqueri im Corſo anfs und niederlaufen. 

175 - 


1186 


Böthe, röm. Carneval. Hochroth im aufgelaufenen Geſicht. Tieck 
wuchs und lief auf wie ein teig in der multer. Fiſchart, Garganma 
2347 b. Die auflaufende Saat im Herbſt Brockes 7, 465. 
Haare nicht aufgelaufen (in die Höhe gewachſen), fondern abge 
ſchnitten. Nachricht von einer Hildburgh. Diebsbande 1755 ©. 9. 
So Läuft der Lottofhlagihng meiner ungedrudten Manufcrüpte täglich 
höher auf. 3. Paul, Zitan?, 1. Spintifiret, wie die mud die wand 
auflauf. Fiſchart, Gargantua 211b. Denn das Glockenſpiel tönte, 
wenn die Thür nuflief. 3 Paul, Hefperus 1, 244. mit dem ars 
ein thor auflaufen (öffnen). Fiſchart, Gargantua 177 b. DE 
eine Flotte Solimans bereit von Rhodus ausgelaufen. Schiller, 
- Don Karlos 5, 8. Die Ehre ift am Ziele, und vor dem Jiele 
läuft man nit aus. Leſſing. Das auslaufende Gehwerk finde 
J. Paul, Titan 5. Und es läuft zur Sichel der Schwan aus, 
Voß. Die Höhle öffnet ſich in ein Seitenthal, das nach der Sierra 
del Guacharo ausläuft: A. v. Humboldt, die Felshöhle von 
Guacharo. Die (Borftellungen) dann freilich immer auf Betrug md 
Beihämung eines alten verliebten Geden auslaufen mochten. 
Böäthe, 2. Aufenthalt in Rom Nobr. Er dreht fid) in einem gewiſſen 
Kreiſe herum, bis er ihn ausgelaufen habe. Göthe, Briefw. mit 
Schiller 4 43. Eh nod ein Streich gefihah, lief er davon 
Shafeipeare, K. Heinrich VI. 1. Thl. 4, 1. So das Meer durde 
laufen wir. Göthe, Rinaldo. (So darf ich) die furdtbare Baba, 
mit verziehnem Straucheln durchlaufen. Klopfiod, Meffias 1, 17. 
Erftaunt durchlief der Blid die edle Meuge. Göthe, Taſſo 2, 1. 
Ohne das ſchwarze Regifter meiner Beleidigungen zu durchlaufen. 
Duſch. Die Sohlen find noch neu, fie werden bald Durdhgelaufen 
fein. Göthe, Belagerung von Mainz. Drei eurer Galeonen jmd 
reich beladen plöglih eingelunfen Shaleipenre, Kaufmann von 
Benedig 5, 1. (Als er) den Propf (des Weinfäßchen) öffnete und 
Wafler einlaufen ließ. Göthe, ital. Reife Alcamo 18. April 1787. 
Im Brennofen der Welt laufen beide jchon a ie. J. Paul. 
Titan 25. Iſt er doch in alle Welt entläufen! Göthe, Wanderer 
und, Pächterin. Ic war fchon einmal meinem Vater entlaufen 
Goͤthe, Benvenuto Gellini 1, 2. Indem ich ibr entgegenlief. 
Göthe, Leben 10. B. Um den vorausießenden Seelenhirten zu er- 
laufen. 3. Paul. Fortlaufen von Einem Manu! Göthe, Gög v. 
B. 3. Wäre ihm Juliette nicht durch einen fortlaufenden Gem- 
nientar zur Hülfe gefommen. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 6. Und 
ich wär bald vor Ungeduld wieder heimgelaufen zum Scyreibepalt. 
Stiller, Wullenfteins Lager 6. Wo ich mit den Zimmerleuten um 
die Wette über die freiliegenden Balfen und über die Geſimſe des 
Gebäudes berlief. Göthe, Leben 9. B. Run bieß er und der 
Steuermann hergelaufene Krämer. Göthe, ital. Reife 14. Rai 


4187 


787. Bor dem herablaufenden Borhang 3. Paul, Titan 47. 
daß fie in vollem Selächter berauslaufen mußte. Leifing, Hamb. 
Dramaturgie 21. Was für ein artiges Ding ein Mann iſt, wenn ex 
ı Bammd und Hofjen berumläuft und feinen Verſtand zu Haufe 
ißt! Shafejpenre, viel Lärmen um nichts 5, 1. Indem iym noch 
nmer die Thränen an den Baden herunterliefen. Göthe, 
Reifters Lehrj. 2, 14. So daß in kurzer Zeit. Diejes Gefchrille den 
anzen Corſo hin⸗ und wiederläuft. Göthe, rom, Carneaal. Und 
a läuft man hinab im heißen Staube des Mittags. Göthe, 
yerrmann und Dorothea 1, 7. As du in der Nacht Gadöchill 
inaufliefeft. Shafeipeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 3, 8. Weil 
ber gewöhnlich dergleichen geiellige Scherze auf Beripottungen bins 
usliefen. Göthe, Leben 6. B. Er konnte nicht hHinauslaufen 
nd auf einen Berg eigen. 3. Paul, Siebenfäs 6. Als an der 
iarmornen Wand eine Ader, die dunkelfarbig hHindurchlief, auf 
nmal hell ward. Göthe, das Mährchen. Dann werd’ id vom 
zoden aufftehen und unter den Enkelfhwarm binetnlaufen % 
zanl, Siebenfäs4. Da Tief ih friih Hinzu Schiller, Tell 1, 1. 
)er oft aus dem Haufe io mitläuft. Voß, Odyffee 15, 450. (Ev) 
ıtflohe der Mutter Arm, die ängftlich ihm nachlief. Klopſtock, Meſſtas 
‚116. Sebt, er läuft zum Ufer nieder. Göthe, der Zauberlehrling. 
Jap mir die Augen überlaufen. Gellert. Ueberſchwemme ihre 
jehirne mit Wein, bis ihre Herzensmeinungen überlaufen. 
schiller, Fieslo 1, 9. Da kam die Laus und überlief die Lung' 
nd Leber ihm. Claudius. Das Land fol gantz, wie mit einem 
Zaſſer yberlauffen werden. Luther, Bibelüberf. Amos 8, 8, 
s überläuft ihn kalt. Schiller, Gang nad dem Eifenhammer. 
nzählig ift der Schmeichler Haufen, die jeden Großen überlaufen. 
‚agedorn. Vnd die Weiber legten Sede au, lieffen in den gaffen. 
mb. Luther, Bibelüberi. 2. Mad. 3, 19. Ein vmlaufendes 
ad. Dai. 1% 6. Der Narren Gedanken laufen vmb, wie die 
abe am Wagen. Daſ. Sir. 33, 6. Worin drei Reihen der Zähne 
iufig und dicht uml aufen. Voß. Irrend Tief ih umher. Göthe, 
ꝛx neue Panſias. Dei deren Schätzung ſehr viel Vorurtheil mit 
nterlaufe. Göthe, Leben 1. B. Er unterlief des Zaubers Stoß. 
oltau. Und ſchwarzgelb unterlief die ſchöne Hant. Bürger. 
nd er (Gott) ſchalt das tiefe Schilfmeer, Da wart es truden vnd 
erlief. H. Sachs. Da überfiel den Hof ein Trupp verlaufnen 
jefindels. Göthe, Hermann und Dorother 6, 108. Nad) Verlauf 
er fechften Stunde, vier. find ſchon davon verloffen. Wieland, 
‚heron 3, 26. Zum Glück war die Wunde des Baums noch heil- 
ar, umd die Narbe verlief in wenigen Sommern. Mufäns Er 
:rlief den ganzen Zag. 3. Baul, Heſperus 22. Nach einigen 
agen verlief fid das Waſſer. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 11. 


Ta * 





1188 








Er ruderte nach Vermoͤgen einer flachen buſchigen Stelle zu, Die ſich 
angenebin und gelegen in den Fluß verlief. Göthe, Wahlv. 2, 10. 
Daß er fi immer in allgemeine und weltbürgerliche Betrachtungen 
verlief. 3. Paul, Zitan 40. Lug’, Seppi, ob das Vieh ſich nick 
verlaufen. Schiller, Tel 1, 1. Es bat die Sache fidy nicht atie 
längft verloffen (zugetragen). Opitz. Der an Zapferfeit um 
Lebensflugheit allen andern vorgelaufen if. Goͤthe, Weiters 
Lehrj. 5, 4 Ich möchte willen, was im Parlamente voraelaufen 
Cvorgefommen) if. Weile. Er läßt weislih den :Budel voran erk 
ante n. Schiller, WBallenfteins Lager 7. Ich fürdhte, Sie werden 
mir jo vorauslaufen, daß ih Sie nicht einbolen Fan. Göthe, 
Briefw. mit Schiller 2, 3. Da lief ih an ein fließend Waſſer. das 
Wafler lief an mie vorbei. Göthe, Rettung Wenn vor mir die 
Yahrzeiten des Lebens am Ufer vorüberlaufen % Baul, Tier 
47. Raſch dann lief ih vorüber dem fertigen Läufer YRllse. 
Voß, Ilias 23, 636. Sicherlich, mein Gewiſſen läßt mir’s zu, vom 
diefem Yuden, meinem Herrn wernzulaufen. Shaleſpeare, Kaufmamı 
von Venedig 2, 2. Daß man weglauffet Fiſchatt, Gargazims 
S. 391. Bor weldhen das Leben noch nicht in einem Brei der Ber 
weſung zerlief. 3%. Paul, Zitan 53. Sie kam vor Angft am heilen 
Tag der Kühe zugelaufen. Göthe, Fauſt 1, 106. Da eilte a 
weg und Lief auf jenes entfernte Paar zu. Göthe, Meifters Lehrj. 
7, 1. Lange Schattenfteppen Tiefen zurüd vor heranfliehendem 
gelben Sonnenlicht. 3. Paul, Heiverns 13 Mäuſe laufen ı 
jammen auf ofinem Markte. Göthe, Beiffagungen des Bafıs 9 
Auch ein Kriegsheer läuft noch wohl dem Kaiſer zufammen, wet 
die Trommel wird geichlagen. Schiller, Piccolomini2, 7. Ihm find beide 
zwei zufammenlaufende Rennbahnen J. Paul, Heipenus 18 
Daß fie auch im Railonnement uns mandmal zuvorläuft. Götke, 
der Sammler und die Seinigen 7. Br. Ingleich die Sequeflratien 
dem... mit Dazwifchenfunft des Reichs zu Augsburg errichteten 
Bergleih zuwiderläuft. Schiller, 305. Krieg fortgei. v. WBoltmanz, 
münfter. Friedensichluß Art. 5, 8. 

Die Barticipien geilatten noch andere Zuſamm⸗nſetzungen, z. ®. 3m 
fhrägablaufende Balken. Pyiter, Rudolph 4. Stets folgeten wir hard 
weitauslaufendes Blachfeld. Voß, Ilias 11, 753. Silbern glänzen We 
Naben in fhönumlaufender Ründung. Daj. 5, 726. 

Läufeln und läufern — laufen oder auslaufen machen; an- 
länfern — die Lodvögel auf den Bogelherden an kleine Riemen 
legen, damit fie berumlaufen können. — Laufel 1, eine Laufdebze, 
und in weiterer Bedeutung überhaupt eine Schlinge, Vögel darin zu 
fangen; 2, (Jägerſprache) die Spur der Hühner im Grufe und des 
Viehes um die Wälder. 

Läufer (abd. hlaufäri, hloufo, mhd. loufsre, loufe) etmat 





1189 


sine Perſon, in vielen Fällen and) eine Sache) dus läuft: Ab—, 
uf, Aus—, Bei—, Mit—, Nach—, Ueber—, Um-—, 
‚nter—, Ber -, Bor— (8. 1019), Zwiihenläufer u.a. — 
8 von Läufern, Springern und andern Beftien das ewige: 
Schach dem König! zu hören. Göthe, Götz v. B. 2. Raſch dann 
ef ich vorüber dem fertigen Läufer Ifiklos. Voß, Ilias 23, 636. 
toch find viele Menfchen der niedern Claſſe bei Handelsleuten und 
>andwerfern als Beiläufer und Handlanger beichäftigt. Göthe, 
tal. Reife Neapel 38. Mui 1787. Der das zeriplitterte Kugelge- 
änje... duch die Mitläufer ug. J Baul, Siebenläs 7. 
Ber Das heil’ge Band der Ehe flieht, o König, der verläugnet Teint 
vie ein Meberläufer, Väter und Religion. Herder, Eid 13. D' 
Sandianger und d' Unterläuffel (uUnterhändler) verzeihen nicht fo 
eicht, . wie die höhere Vorgeſetzten. Eipeldauer Briefe. (Es) er- 
chienen doch ſchon diefen Winter flüchtige Vorläufer unferer audge- 
riebenen weftlihen Nachbarn. Göthe, Campagne in Frankreich 
Münster Robr. AS Zwiihenläufer zwiichen dem Schriftfteller und 
»em Bublicum muß man fie wirklich fehr in Ehren halten. Schiller, 
Briefw. mit Göthe 4, 109. — (AIch will nicht) dich, gemeiner, 
zleiche Botenläufer von Mann zu Mann. Shafefpeare, Kauf— 
nann von Venedig 3, 2. Weil fie (die Holländer) die beften Eis— 
aufer fd. 3.9. Sturz, Klopftod. Geftern machte ich Sie mit 
siner thörihten Kandläuferin befannt. Göthe, Meifters Wander]. 
1,6. Einem Lebensläufer fchläat er’ ab. Hippel. Ein muflfa- 
iſcher Mepläufer Göthe, Leben 12.8. Der Straßenläufer! 
Schiller, Wallenſteins Lager 9. Aus den Augen! fagte der funfelnde 
Sturmlänfer J. Baul, Titan 15. 

LZauf (ahd. hlouf, hlouft, mhd. louf, louft, altj. hlop, altn. 
hlaup) 1, die Handlung, da ein Menfch oder Thier, auch ein leb- 
loſes Ding läuft; 2, (uneig.) das Kortrüden der Zelt Gier das 
altertgümliche plurale Läufte); 3, Begattung und Zeit det Begat- 
tung mancher Thiere; 4, die Gliedmaßen, welche einem Thiere zum 
Raufen dienen, oder auch ein Theil derfelben (S. 638); 5, dasjenige, 
worauf oder worin ein Ding läuft: Ab—, An—, Auf— (6. 771), 
Aud—, Be—, Durd—, Ein—, Fort—, Gegen—, Nach—, 
Ueber—, Um—, Unter—, Ber—, Bor—, Zu—, Zurück—, 
Zufammenlauf u.a. — Melodien, Gänge und Läufe ohne Worte 
und Sinn. Göthe, Meifterd Lehrj. 2, 11. Nur Pan ift fo ſtark im 
Zrillern und Läufen. Matthiffon, Faunenlied, Und der Ritter im 
ichnellen Lauf fteigt hinab im den furchtbarn Zwinger. Schiller, der 
Handſchuh. Wegen damaliger trübjeliger Läufte. Gryphius. Wenn 
der Laufft (Begattung) der fritelinge Herde war. Luther, Bibelüberf, 
1. Mof. 30, 41. Wenn die Zeit des Laufs fam. Daf. 31, 20. 
(Sie haben) des Waffenftileftandes Ablauf faum erwarten fönnen. 








1190 


Leifing, Nathan d. W. 2, 1. Stellt’ er fie (die Milch) ein gedrängt in gefloch⸗ 
tene Körbe zum Ablauf. Voß, Odyſſee 9, 247. Wegen der Plakregen 
müſſen Gräben und Abläufte gemacht werden. Hohberg. Den verichiei: 
fenen Brief hab ich darumb fo abläuftig aeftellt, obs €. ©. gefiel 
denfelbigen laſſen lejen oder auch wegichiden, daß die drei Fürften meine 
Meinung merken follten. Luther. Nur mit Ihnen mollt’ ich leben, 
meine Jugend nugen, genießen, und io das Alter im treuen vedlichen 
Anlauf. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9. Einem erften Aulanf 
und einer Streiferei wird man allenfalls widerftehen können. Goͤthe, 
Briefw. Schiller 2, 147. Die Geiftlihen und Studiofi ſollen fi 
bey ereignenden Vacantzen des Anlaufs (des Suppficierene is 
Berfon) enthalten. Bayreuth. Verordn. v. 1738. Jetzo gebiet’ im 
Sturmanlauf des Kampfes Entiheidung! Pyrker, Zuniflas 12%. 
Was für.ein Auflauf im Palafte? Schiller, Don Karlos 4, 18 
Sintemalen er der Speis nur genoß, den widerfpennigen Auflauf 
des Magens zu ftillen. Fiſchart, Gargantua 184 a. in fewerdudten 
. oder andern aufläuften. Kichhof. Bereits ift niedergezogen Das Schifl, 
und Ruderer fertig zum Auslauf. Voß, Odvffee 8, 151. Mir ürmten 
die Roſſe vorbei im geflügelten Fortlauf. Voß, Ilias 11, 615. So vie 
im Segenlauf.... er (der Wind Die Regengewölfe verſcheuchet. Byrfer, 
Zunifias 10. Der Neujabrstag ward zu jener Zeit durch den allgemeinen 
Umlauf von perfönlihen Glückwünſchungen für die Stadt jehr belebend. 
Götbe, Leben 3. B. So habe man nun auch dieſe falſchen (Aſſig⸗ 
nate) in Umlauf gezwungen. Göthe, Campagne in Franfreih 13. 
Octbr. Web euch, ſeh ih mit Mondsumlauf nicht Die game 
Berfammlung. Sonnenberg. Wir begleiten mit dem Wohlflang der 
Gefänge Fröhlich in Berlauf der Zeiten diefen einzig ſchönen Tag 
Göthe, Idylle. An eine folhe Flut, nach deren Berlauf die Ei 
oberflähe ihre jeßige Geftalt erhielt. ©. H. v. Schubert, Aildanz 
der Erdoberflähe. Du pflegeft zu durchfehen der großen Welt Ber 
lauf. Opig. So fei von dem ganzen Reifeverlauf nur da 
Allgemeinfte bier angedeutet. Göthe, Tags und Jahreshefte 1797. 
Was nah dem Borlauf ausanefeltert wurde. J. Baul, SHeiperns 
18. Ich hatte noch eben Zeit, den berrlihen Vorlauf (vorläufige 
Antwort) zu foften... Gott gebe, daß mir der Nachlauf zu feine 
Zeit auch fo ſchmecken mag. Leffing, Antigöze 2. Der Zulauf wm 
Das Gedränge war außerordentlih. Göthe, Leben 5. B. Weil in 
eine kleine Weltkugel bei der Zentripedalkraft anfaßte und ihn aus 
feinem Zu rücklaufe brachte. 3 Paul, Hefperus 77. — Des R 
der Kloſtermey'r von Mörliſchachen, der hier den Brautlauf! 


1) D. 1. Vermählungsfet, ahd. p(b)räthlouft, mb. brütlouf, altu. brütsep 
a —— ae fchnellen Davonlaufen mit der Braut wie einer Gutführte. 
adernagel. 


19 


‚alt. Schiller, Tel4,3. Da in meinem vorhergeheuden zebujährigen 
Thriſtenlauf diefe nothwendige Kraft in meiner Seele war. Göthe, 
Meifters Lehrj. 6. Sein (des Winters) Eislauf ergögt uns nur. 
Angenannter bei Campe. Bejchränft, wie du (Hain), iſt auch mein 
Srdenlauf! Satis, an ein Thal. Der Flügellauf des Roſſes. 
Bragur. Nach diejer Jahrhunderte Kreislauf. Klopſtock, Meſſias 
I, 454 Seine gewöhnlide Lebensläufe Göthe, Meifters 
Banderj. 2, 12. Ihr himmliſcher Gefang begrüßet der Sohn nad) 
apftem Pilgerlauf. Uyland, der Pilger. Die verborgnen Gefab- 
en des Querlanfs. Sonnenberg. Ihren ganzen vorigen Re— 
jentenlauf zu läftern! Schiller, Don Karlos 5, 10. Da durchbrachen 
Kon im vollen Roſſeslauf daher geiprengt, die Pappenheimer den 
Gerhack. Schiller, Wullenfteins Tod 4, 10. Der Schweden Sie- 
zeslauf (war) gehemmt. Schiller, Piccolomini 2, 7. Das aber ift 
zeicheben wider Sternenlauf und Schidfal. Schiller, Wallenfteins 
Tod 3, 9. Und Fels nnd Meer wird fortgerifien in ewig ichnellem 
Sphärenlauf. Göthe, Yauft Prolog, Mit der britannijchen ſah 
ch im Streitlauf Deutſchlauds Muſe. Klopftod, die beiden Mujen. 
3m Sturmlauf ging’s an den Wall. Pyrker, Tuniſias 9. Eh’ die 
Sonne zweimal in ihrem Tageslauf begrüßt die untern Erdbewohner. 
Shafejpeare, Maß für Maß 4,3. (Sie) folgen thranend feinem (des 
Cozytus) Trauerlauf. Schiller, Gruppe aus. dem Tartarus. Im 
Wechſellauf der Zeit. Shafeipeare, 3. Eälar 3, 1. O du des 
Meltlaufs ſüße Vergeſſenheit. Salis, die Entzogenheit. Still 
mwundelte von Thefpis Wagen die Borfihk in den Weltenlanf. 
Schiller, die Künftler. Der Roſſe Wettlauf. Schiller, Braut v. 
M. Durd) nie zu berechnenden Zeitlanf. Platen, die verhängniß- 
oolle Gabel 3. Ihn ſchenkte der Nothdurft dieſes Zeitenlaufes 
Gott, Schiller, Don Karlos 5, 10. — Wenn jonft im Keller Faß 
an Faß fi häufte, der beften Berg’. und Jahresläufte. Göthe, 


Fauſt 2, 14. Die gegenwärtigen Kriegsläufte. Göthe, Kampagne 


in Frankreich 233. Aug. In jenen Schredensläuften Göthe, 
Fauſt 2, 16. 

Die Epnonymen von Lauf 4 f. ©. 638. 

Länfig 1, laufend; 2, geläufig; 3, den Zrieb der Begattung 
empfindend und äußernd: bei—, ge—, vor—, mweitläufig 
(S. 508); läuftig; lauflich ift veraltet. — Unter den Prieſtern 
alfo war die Buchflabenichrift eine läufige und lange vor- 
erfundene Sache. Herder. Eine dDoppelläufig Zlintee Müller. 
Beiläufig! iſt's denn nöthig, daß ich eine Schupfchrift ausarbeite 
für Emanuel? 3. Baul, Hefperus 8. Es ift dem Menfchen leichter 
und geläufiger, zu fchmeichelu als p loben. J. Paul, Titan 84. 
Der mit der gewöhnlichen Geläufigkeit ſeiner Zunge alles, was 
da war, und mehr als da war, hererzaͤhlte. Göthe, Meiſters Lehrj. 


119% 


2, 4. Ich wortfpiele mit t vorläufig und Borlauf. Leffing, Anti 
göge 2. Die (Menfhwerdung ) da weitleufftig eıfläret wi. 
Dpitz. Eines neuen Stalles WBeitläufigfeit, Größe uud Pracht 
zeugten von dem übrigen Wohlbehagen des Befigers. Göthe, Leben 
10. B. Bergläuftiger Weile. Lori, Berger. Gartleuffig 
Fiſchart, Gargantua ©. 118. Als in der Stadt lauflich amd ge 
bränchlich ift. Lori, Drünzrecht 1, 34. 

Mit beiläufig (annähernd zu dem, was man meint, aber dody gleich⸗ 
fam im Neußern deeſelben ſich bewegend; gelegentli) find Kunverwartt: ne 
benbei (mhd. nöben bi, nöbent bi) zunächſt in unmittelbarer Seitennähr 
wovon; dann allgemein außer und za bem, was als Hauptſache ungefchen 
wird; um (f. ©. 851). bezeichnet eine Nähe an einem beitinmten Zeityunt, 
aud deu genauen Zeitvunkt in der Angabe; ungefähr (f. ©. 1096) zur fe 
hin ohne genane Beſtimmung. — An dem Eßſaal nebenbei verſteckt Ir Me. 
Schiller, Wallenſteins Tod 5, 1. Oft hab' ih um Mitternacht mich vor das 
Bild der Gochgebenebeiten geworfen. Schiller, Don Rarlos 1, . Ge ei 
als ungefähr mein Daum. Weiße 

Zaufbanf, —bohne, —brett, —brif, —brüde, — bube, 
—burſche, — diſtel, — dohne, —efpe, —faden, — feuer, —fuß, —aeß, 
—geräft, —graben, —hund, —jugen, — junge, — kaͤfer, — kameel, 

—farren, —klaue, —kraut, —kugel, —latte, —leiter, —magd, 
—mahl, — maſche, — paß, —pfanne, —planfe, platz, —quede, 
—rad, —füge, —ſänger, —ſchicht, —Ichießen, — ſchwied, 
ſchneider —jehreiber, —ihub, — ſchuhe, —iviel, —Rag, Neg 
— tanz, —tuch, —wagen, —werk, —zaum, — Azeit, 
—ziel, —zirkel u. a.; Ablaufbank —rinne, —röhre; Anlauftolben, 
—rad, —ſtab; Umlaufſchreiben, —zeit; ——5 — fall, 
—fuß, —plaß, —vogel, —zeug, —zug. — Seit Jahren ermägt fein 
Geiſt die gefährlihe Lauf bahn. Platen, com. Dedipus 1. Se 
entdeckte einen Schieferdeder im Laufbande feines Luftbänthens 
J. Baul. Diefer im Himmel und an fo wenig Hanffafern hangende 
Laufftubl (des Schieferdederd) machte ihr bange. J. Baul. Ar 
beitäfinger, Läuferfüße, Schweißtropfen. J. Paul. 

Yum. Das franz. galop, galoper (Galopp, galoppieren) ſtammt von kauf 


fen laufen. Ahd. Fommt vor 8(k)a(e)hioufan, mb. walap, walopieren m)» 
galopieren, 


NHufen. 
(Burzel hruf.) 


Aufe, vief (rufte, befonders bei Klopitod), gerufen, F 
(ahd. hruofu, hriaf, hriafumèês, hruofaner, hruofan, auch ſchon 
ohne h; mhd. ruofe, rief, riefen, geruofen, ruofen: goth. hröpjas, 
altj. hröpan, agl. hrepan, hreöpan, alt. hröpa, ſchwed. ropa, ſin 


1193 


raawan; vgl. lat. crepare — fnarren) 1, flarf austönende Stimm- 
äußerung hören laflen; 2, rufend fagen; 3, rufend, mit lauter Stimme 
anzeigen, befaunt machen; 4, mit lauter Stimme einem Andern ein 
Zeichen geben, daß er ſich nähere, auch uneigentlih: die Glode, die 
Pflicht, Die Ehre ruft. — Da rief der Bayern wohlverdienter Fürft 
um jchnelle Hülf’ in jeiner höchften Roth. Schiller, Piccolomini 2, 7. 
Er rufte mit lecdhzender Zunge: Mich dürftet! Klopftod, Meſſias 
10, 1048. Es ift die Glode, die dih gen Himmel oder zur Höfle 
ruft. Herder. (Er) rief aus feiner Harfe göttliche Töne. Klopitod. 
Das finnverwandte freien f. ©. 876. 

Anm. Schon mhy. findet fi ein ſchwaches Bräter. ruofte von rüefen, was 

oth. ſchwach hröpjan ift. Fiſchart (Gargantua S. 161) fagt im 16. Jahrh: 

Die andern rufften. Opitz (im 17. Jahrh.) gebraucht faſt durchgängig die ſchwache 


Form: nerufft, zugerufft, bernfften. Der fpätere Hoffmannsweldan fagı: 
er vuffte, du wirft gerufft. 


Ab—, abbe—, an—, auf—, aud—, be— (©. 878), bei—, 
durch —, ein —, einbe—, empor— ent—, entgegen—, er—, 
fort — ber—, herab —, heran —, berauf—, heraus —, berbei—, 
herbeibe —, herein —, herüber —, herunter —, hervor —, herzu—, 
bin—, hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus — hindurch—, hiu⸗ 
ein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —, mit—, nach —, 
über— , ver— , vor—, voran —, voraus— , vorbeii— , vor- 
über—, weg—, wider—, zu—, zurüd—, zurüdbe—, zu- 
fammen -, zufammenberufen bedürfen feiner weiteren Erklärung. — 
Weil jeßt eben im Dorf mit dem Horne der Wächter zwölf abruft. 
Voß, Luije 3. b. 665. Die Dame flieg aus und vernahm, ihr Ge- 
mahl ſei vor einigen Stunden abgerufen worden. Göthe, Meifters 
Wanderj. 8, 10. Rieft ihr mich ab, wenn ich hinter den Scheiben 
fand nud ion erwartete? Götbe, Egmont 1. Doch es geflel der 
Borfehung, mid) vor der Zeit von meiner jchönen Pflanzung abzu- 
ruten. Schiller, Don Karlos 4, 21. Deu (Nachtwandler) man 
nicht anrufen darf. Göthe, Leben 9. B. Das aöttlihe Oberhaupt... 
ward auch zu Lenkung weltlicyer Angelegenheiten angerufen. Dai. 
14.8. Ein Winzer, der am Zode lag, rief feine Kinder an (herbei) 
und fprad. Bürger Eben jet ruft der Nachtwächter zwei an. 
Schiller. Der Ritter ruft zu Slandrinen auf. Alginger, Doolin 3, 
9. Ihr schweigt, bis man Euh aufruft Schiller, Tel 3, 3. 
Mit Eutzüdung fteht fie nen Himmel und Ddanfet Dem, der vom 
Zode fie aufrief. Klopftod, Meiftas 11, 391. Eo wur denn feine 
Hülfe, feine Kunft vermögend fie ins Leben aufzurufeu? Göthe, 
Eugenie 3, 4. Ale Gutgefinnten ruft es auf, fid) unter meiner 
Führung zu verfammeln. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 6. Tönend 
ruften jie (die Herolde) aus, und flugs war die Menge verjammelt. 
Voß, Odyſſee 2, 8 Warum nım dieſe? rief ich trauemd aus, 
Stiller, Don Karles 1, 2. Der Herold ruft eine allgemeine Stille 





1194 


ans Wieland. Die Stuart aus dem Kerfer mit Gewalt zu reifen 
und zur Königin auszurufen. Schiller, Maria Stuart 4, 7. WM 
er zu den Frauen in's Verſammlungszimmer kam, beriefen (tadeiten) 
fie ihn einſtimmig, daß nichts (von jeiner Kleidung) recht fibe. Görhe, 
Meijters Lehrj. 5, 11. Daß er nicht unterlaffen konnte, jeine Freunde 
deßhalb zu berufen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 3. Ich beruft 
mid auf meine Eliſabeth. Schiller, Maris Stuart 4, 6. Sie liebars 
Land, find fonft auch wohl berufen Schiller, Zell 2, 2 Deb 
lernte ich vieles und ganz andre Sachen, als meine unberufener 
Zehrmeifter glaubten, in Ddiefen großen Stunden. Göthe, Meiſter 
Lebrj. 6. Er durchrief das ganze Hand, es erfolgte weder Stimm 
noch Antwort. Meißner. Kaum in's Leben eingerufen. Göͤthe, 
auf, 2, 241. Ruft die beiten unter euch empor. Platen, rom 
Dedipus 3. Plöglih entrief ihn fern zur Stadt em Geihäft 
Voß, Luife 3. a, 277. Wozu entrief dem öden Nichts ums Get 
zum Lebenshauch des Lichts? Voß, Freude vor Gott. Bergeben Si! 
rief fie ibm entgegen. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 15. Sole 
nicht möglich fein, den Alten wieder zu errufen? Göthe, das 
Mähren. Jetzt aber ruft das Gefhid mich fort, Das auf em 
Schlachtfeld noch richtend fißt und jeine Looſe ichättelt. Sehäller, 
Sungfrau v. ©. 3, 6. Man hat uns über's Oſtmeer bergerufen 
Schiller, Wulleniteind Tod 1, 5. Was aud der Obermacht gemalt: 
gen Schluß auf dich herabgerufen. Göthe, Eugenie 4, 2. Di 
Hoffnung einer glüdlicheren Zukunft hberanzurufen. Göthe, Leben 
10. B. Warum rufen Sie den Scatten Samuel beruuft 
Schiller, Don Karlos 5, 10. Kurz darauf wurde die Mutter ber 
ausgerufen. Göthe, Leben 3. B. (Wir) dringen in die Kutter, 
ihn (den Buter) Herbeizurufen. Dal. Wen darfit Du nicht her- 
beiberujen? Götbe, Fauſt 2, 9. Wenn Blutihuld kam, fo vier 
man ihn (den Richter) herein. Schiller, Tel 2, 2. 

ward der Strom herübergerufen. Klopftod, Meſſias 1, 2309. 
Ich rufe die Verwünſchungen zurüd, die ich im blinden WBahafıım 
der Verzweiflung auf dein geliebte8 Haupt herunterrief. Schiler, 
Braut v. M. Eines Abende, als ich mir eben mancherlei Bilder 
wieder hervorgerufen. Göthe, Leben 15.8. Da kam ein Knabe ger 
laufen an mein väterlich Haus, rief mich zum Strande hinab. 
Göthe, Alexis und Dora. Er rief nod, fterbend, hinauf zu dem 
König. Pyrker, Machabäer 3. So rief mic, ritterlicher Trieb binans. 
Söthe, Eugenie 4, 2. Aber der Kaifer rief nah Doria felber bir 
über. Pyrker, Zunifias 5. (Der Seele) ruf ih nah in furdt- 
barem Sturm, mit donnernder Stimme. Klopftod, Meſſias 2, 554. 
Ohne den Fürften neidenden überrufenden Rathſchluß wurd Bars 
Geipiele Caͤcina. Klopftod, Herrmann. Strenge verruft fie du 
Haus. Göthe, röm. Elegien 19. Jene berufene und verrufent 











1195 


Literaturepoche. Göthe, Leben 12. B. - Bis mid, zuleht dein Sohn 
Telemadyos aus dem Gemache vorrief. Voß, Odyſſee 23, 43 
Widerrufen kann der König nie. Schiller, Don Karlos 4, 3. 
Indem fie ihm glei ein munteres Wort zurief, Göthe, Meifters 
Lehrj. 2, 4: ir laffen ihn in dieſem Wahn dahingehn, rufen ihn 
nicht gleih zurüd? Schiller, Piccolomini 1, 5. Ich kann mir Die 
bebänderten Buben und Mädchen und ihre Bewegungen noch jept 
zurüdrufen Göthe, Leben 3. B.+ Acht höllenlange Monde find: 
es jchon, daß von der hohen Schule mid, der König zurüdberief. 
Schiller, Don Karlos 1, 2. Die Hirten will ih zuſammenrufen 
im Gebirg. Schiller, Zell 1,4. Der die Gäfte zufammenberuft. 
Göthe, Meiſters Lehrj. 6. | 

Anm. In Parricipialgufammenfegun, fagt Meißner: Palmirens weltbes 
enfene Ruinen. 

Aufer: Ab—, An— , Aus—, Berufer; Rufung (abd. ar Eau), 
An—, Aus—, Berufung; Gerufe; wider—, unwiderrnflih; Auf 
(goth. hröpi, hröpei, ahd. hröft, hröf, mhd. ruoft, ruof, altſ. hrof, 
rof): Ab—, An—, Auf, Aus —, Be—, Bider—, Zuruf u. a. 
— Ich Rufer rufe die Klage gegen den Miffethäter. Göthe, Götz 
v. B. 5. Der Rufer im Streit Menelaos. Voß, Odyſſee 3, 311. 
Bis dereinfteng zu dem Alles enträthielnden Tag die Ruferin herſchallt. 
Sonnenberg. Darumb heißt er noch heutes tags des anrüfers brun, 
der im Kinbaden ward. Luther, Bibelüber. Richt. 15, 9. Gericht, 
vor defien Ausfpruche feine Anrufung ftattfindet. Gotter. Thut ein 
A usrufer einen fohiefen Ausruf. Klopitod, Gelehrtenrepublif. Umarm' 
ich ihn den Freiheitsrufer? Boß. Der Himmelrtufer... des Un 
fterblichen Harfe, die Himmelsruferin Klopftod, Meſſias 12, 207. 
650. Er ſetzte fi) ans Inſtrument und donnerte mit einem Preftiffimo von 
Haydn, diefem rechten Stundenrufer jauchzender Stunden. J. Paul. 
Dumpf und feierlich ſcholl's, wie der Todtenruferin Hall. Sonnenberg. 
— Die Abrufung der Seele von aller Sinnlichkeit. Zimmermann. 
Meine Anrufung if gut und ehrlich. Shafeipeare, Romeo und 
Julie 2, 1. Kaum war er .allein, fo mußte er fich in folgenden 
Ausrufungen Luft machen. Göthe, Meifters Lehrj. 1, 44. Bon 
Eurer Herberufung. Shakeſpeare, Hamlet 1, 2, NRüdbern- 
funa der verbannten Freunde. Shafefpeare, Macheth 5, 7. Die 
wahre Abfiht der Zufammenberufung. Klopſfſtock, Gelehrtenre- 
publif. Dieb Gerufe und Sefchelte. Dal. — Unwiderruflid, 
Zreundin, bleibt mein Glück. Göthe, Eugenie 2, 5. — Magdale 
unterbrach den Gefang duch Rufe der Freude. Klopſtock, DReifas, 
Beruf zu fchwerem Kampf iſt Ruf zu größerm Sieg. Tiedge, 
Urania 6. Der Geſandte ſoll ſeinen Abruf ſchon erhalten haben. 
Campe. Was des Todes furchtbarn Abruf ihm in Himmelsgeſang... 
wird wandeln. Klopftod, Meifias 17, 442. Wo deiner Xieb’ An- 





1196 


—— 


ruf Petrarka janft der empfindenden Laura vorfang. Bob, Klopfted. 
Dod) nun in dem Anruf inniger Rührung feid mir gegrüßt. Voß, OD. 13, 
355. Seinen Anruf (Appellation) einreichen. Campe. Deinem Aufruf 
wegen Forſters will ich gerne gehorcdhen. Göthe, ital. Reife Gandalfe 
12. Det. 1787. (Sie) erwarten voll Kriegesluft den Aufruf zum 
Gefechte. Schiller, Wallenſteins Tod 3, 7. Seht mit fürchterfichem 
Aufruf griff der Eid an feinen Bart. Herder, Eid 57. Rab 
ſolchen und äbnlihen Ausrufen fam es endlich unter beiden zur 
Aufklärung. Göthe, Meiſters Wander. 2, 3.. (Jetzt) nahm ber 
Bater fein Glas und gebot in fräftigem Ausruf: Angellingt! Beh, 
Luiſe 1,631. 1. Ihr, der Latona Sohn, preifet mein Angftausruf. 
Colin. Wie wenn hell auftönet der Kriegsaufrnf der Dronmei. 
Doß. Bald aber erhub ſich Wonnaus ruf voll froben Erſchreckens. 
Klopſtock, Meſſtas. Wuthaus ruf der Gerichteten. Klopftod, Meſfias 
12, 147. Lodernden Flammen gleich ergriff die Herzen des Kaiſers 
Zornausruf. Pyrker, Tuniſitas 8 Kommt unden zu dem 
edelften Beruf, Göthe, Rinaldo. Sie kamen in ein grofien Beruff 
(Ruf) bey jedermann. Aventinus, Chronif 1580. Bl. 341. Daß 
Geniusberuf Sprünge über Riefenklüfte macht. Benzel- Sternam. 
Sohann II.... trug feine jener Eigenfchaften an fih, Die eimen 
Herriherberuf beurkunden. Platen, Geſchichten des Königreichs 
Neapel 1, 4. Unter dem Nachruf jauchzender Engel und Seelen 
betrat er den freieren Luftfreis. Klopftod, Meſſias 1, 710. Lieb 
Hohenblatt ein Wort von Wiederruf entfallen? Wieland, Oberon 
1, 63. Sie haben den Zuruf am Schluſſe meines vorigen Briefed 
recht ſchön und freundlich erwidert. Göthe, der Sammler und Die 
Seinen 4. Br. Der Drommetenden Kriegszuruf. Klopftod, Meſ⸗ 
fias 2, 640. — Mit Eläglidem Angſtruf. Pyrker, Zunifias 10. 
Des Klofterd Averuf verhallt von fern. Redwitz, Amaranth. Don- 
nergleich ericholl des Volles Beifallsruf. Uhland, H. Emft 2 
Sie ſchrie Fa Jehova den Dankruf jaucdzend empor. Pyrler, 
Machabäer 3. Neunmal umfreifte der Donnerruf den unendlichen 
Raum dort. Pyrfer, Zunifias 2. Und. näher fchmettert ein 

Sanfarenruf. Redwitz, Amaranth. Wohlkundig des Feldrufs. 
Voß, Ilias 4, 328. Der Freudenruf entzückter Wanderer grußt 
dich. Salis, an ein Thal. Ein Freud- und Segensruf erſchel 
die ganze Tafel her. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 1. Wie ein 
läffiger Diener, der lieber fühllos fchnacchen, als feinem Hem 
auf den Krühruf zur weiter Reife ins paradiefiiche Gefilde folgen 
möchte. Wenzel» Stemau. Und Frühlingsruf ertönte durch die 
Wipfel. Uhland, an Kerner. Als er des Geiſterrufs eryegende Laute 
vernommen. Pyrker, Zunifins 6. Lnerfchüttert Rand Fredal... ver 
Grabesrachen und Geipenfterruf. Benzel⸗Sternau. Sie) ver 
Läffet ihr nächtlich Lager vor dem Hahnenruf. Schiller, YJungfras 


1197 


— — 


v. O. Prolog 2. (Es) ertönte der mächtige Heerruf. Pyrker, 
Tuniſtas 3. Laut heiſchten fie denn mit Heroldsruf. Platen, die 
verhaͤngnißvolle Gabel 5. Und unſer Ohr dem Höllenrufe ſchließen. 
@ollin. Hell jchmettert durch den Morgen der Hörnerruf zum 
Reiten. Redewig, Amnrantb. Und immer lauter erhob fi der 
Jagdruf. Benzel-Sternau. Im Hades, noch wird mich der- Mutter 
Fammerruf verfolgen. Collin. Glodenklang und Jubelruf erhallet 
weit. Uhland, Ludwig d.B.2. Die Jagdlodung wurde zum Kampfruf. 
Benzel - Sternau. Mit des zerriffenen Herzens Klageruf wollt 
ihr den Himmel flerbend noch bearüßen? Collin. Nur den Kuckucks⸗ 
ruf veritepend. Uhland, der Jäͤger. (ES) flieg Leberuf in die 
Zufr auf. Sonnenberg. (AS) Brüder mit Liebesruf an und die 
Armen loden. Eollin. Die (Schlacht) jogleich gehorchte den Macht— 
ruf. Baggeſen. Nicht ertöne des Kriegs entfegliher Mordruf. 
Pyrker, Tuniſias 7. Bid der Bofaunenruf end dann zu Dauern- 
der Wonne wiedererweckt. Daf. 1%. Wie von Orpheus Saitenruf 
belebt. Schiller, Entzückung an Laura. Und graunvoll brüllet der 
Schlachtruf. Voß. Schwinge dich aus zerriffener Bruft los lindern⸗ 
der Schmerzensruf. Collin. Auf einen Schredensruf. Shake— 
jpeare, Hamlet 1, 1. Bald erichallt Siegsruf. Pyrker, Tunifias 
5. Der Gloden Sturmruf fchalle Pyrker, Rudolph 6. Im 
Glorie geftellt durch einen unbefledten TZugendruf. Schiller. Das 
Lied war zu vergleihen dem Unkenruf in Teichen. Bürger, Lenore. 
(Sie) begrüßt mit Bivatruf und Hiündeklatfchen ihren Gemahl. 
Göthe, Leben 5. B. (Er) verjalzte ihm den Wachtelruf. J. Paul, 
Heſperus 5. Soll mir auch Schlachtgetöſ' und Wehrruf ertönen 
neuerdings? Collin. Der feingefinneten Schmeichler Zauberruf. 
Pyrker, Rudolph 10. 

Mit Beruf (thätiger Lebenszufland, deſſen Uebernahme denfhar, von dem 
freien Willen des Menfchen abhängt) it Beflimmung (1. beitimmen ©. 
605) finnverwandt, ein dem Menfchen zugetheilter Lebenayuitaund, er mag nun 
ein thätiger oder leidentlicher fein. — Eine ſolche Beſtimmung allein ſchien 
mir allzu leer und unzulänglich. Göthe, Leben 6.2. 

Abrufichreiben, — ſchuß; Abberufungsfchreiben ; Anrufsbrief; 
Berufkraut; Berufsarbeit, —gefährte, — geſchäft, — pflicht, —recht, 
— fand, —thätig, —treue, —verrichtung, — wand, u.a.; Anrufungs⸗ 
tarh; Ausrufungsgebühr, wort, — zeichen, Ausruferamt, —ger 
bühr. — Der Hof erließ ein Abrufichreiben an feinen Gefandten. 
Campe. Die Stände, die Berufsbeftimmungen. Göthe, Wahlv. 
1, 4. Der (See) ja ohnehin ihres berufsmäßigen Elements 
Stiefbruder ift. Benzel-Sternau. Das Anrufungsaeridht (Ap- 
pellationsg. , beftätigte den Ausſpruch des Untergerichtes als gerecht 
und verwies den Aurufer zur Ruhe. Campe. Wenn e8 auch nur 
ein Ausrufungszeicden geweſen wäre. Göthe, Xeben 12. 2. 





18 


— — — — 


Schroten. 
(Wurzel scrat, scrot.) 
Schrote, ſchriet, gefchreten, ſchroten (ahd. Beröta, sertat, 


scriatum&s, scrötaner, serötan; mhbt. schröte, schriet, 
geschröten, schröten; agi. ser&adan, engl. shread, shred, shroud, 
ſchwed. skrada, holläud. schrooden, schroyen; nach Wadernagel 
zu jheren ©. 106 gehörig), wit dem Grundbegriff der 

und eines damit verbundenen Geräufches, bezeichnet nbd. 1, freien 
und nagen, von newiffen Tbieren, wodurd von einem Körper kleine 
Theile mit einem gewiſſen Geräniche abgebiffen werden; 2, zermalmen 
das Getreide iu groͤbliche Theile, welche man nicht durch das Bentel- 
tud) geben läßt; 3, mit einem gewiſſen ug ausböhlen; 3, (m 
Bergban) durch Ede ud Geſtein arbeiten; 5, der Quere nach zer 
theilen; 6, mit einem gewiſſen Geräuich einen ſchweren Körper ſchiebe⸗ 
und wälzen, auch ne Hervorhebung dieſes Geräufhes. Ab—, 
an—, aus—, dDurd—, ein—, er—, heraus—, berein—, 
hbervor—, über— , vorſchroten find an fich Har. — Bıa 
ſchroten, große Stüde Brod jchneiden. Wackius. Bis die Juden 
das loch in den feld geichrieten, darein fi daz cremr ftadten 
Schmeller, Bayr. Wörterb. 3, 520. Ich ließ mid mit meinem 
Tornifter auf dem Maulefel ihroten. Seume. Du das Ab 
jchroten des Feliens an der andern Seite. Götbe, Le 10. 3. 
Wenn die Jungen find in die Drden geftoßen, hat man inen die 
Kutten angeichroten (angeleßt). Zwingli 2, 246. Ich wil Schröter 
fchiden, die fie ausfchroten jollen vnd jre Falle ausleren. Luther, 
Bibelüberf. Jerem. 48, 12. Mit einem ftreih die flang er jm eı- 
ſchriet. Heldenbuh vom J. 1560. Bl. 67. Do verſchriet a 
im n ringe (am Panzer), das fie dahin ſtoben. Ingolſt. Reime 
v. 1562. i 

Schroter und Schröter. (mhd. schrötsere, schroeter = 
Schneider,; Schrot (seröt, mhd. schröt) 1, ein quer durchaeſchnittenes 
Stud; 2, überhaupt ein abgeicpnittenes 2. Stück von einer Sache, 
bejondere Blei oder: Eifen zum Schießen, und grob gemablencs Ge- 
treide; 3, ein and Schroten verfertigtes Ding. Davon fderötig, 
vierfcprötig. —- Der braune Schröter fliegt. Matthiſſon, der 
Wald. Schmiede, Weinſchröter, Zimmerlente. Göthe, Götz v 
B. 4. Die Zaͤhn, dieſe helfenden Zuſchrotter. P. Abraham 
Beil er ihn mit uns von gleihem Schrot und Kom ſchildert. 
Leifing, Hamb. Dramaturgie 75. Ein Sch. Heller für den Abſchrot 
und Abguß. Meuſel. Jener aber rüſtete aus dem Abſchrötleir 
wieder ein Frühſtück. Süunpficiffimus I, 115. Anſchrot und Bei 
were des Bortheils. J. Paul, Zitan 6. Die Natur leider felbk 
nicht, daß ein Schifer oder Bainfhrot (Stud von einem verlegten 


— 


— — — — 


Knochen) in der Wunde bleibt. Minderer v. J. 1620. Vom alten 
Teufelſchrot und Korne. Göthe, Fauſt 2, 324. Es ſoll auch hin⸗ 
füro zu feinem Blankenzaum noch Umſchrott einigs Holz aus un⸗ 
fern Bäldern nicht gegeben werden. D. Pfalz, Kohlordnung. So 
Die Hirnſchal (vom Hiebe) brühig oder bainſ A, iſt. Bayreuth, 
Bußord. v. 1586. Einen vierfhrötigen Trunk trinfen. Altd. 
Frälder 3, 233. Weil unfer vierjhrötiger Wagenmeifter ungefähr 
ein ſolches Geficht hatte. Lichtenberg, Nachtrag zu den phyflognonn. 
Bemerkungen. Ä Ä 

Schrotbaum, —beil, —beutel, —bock, —bohrer, —büchfe, 
—bunzen, —eifen, —faß, — form, —glode, —hammer, —bobel, 
—flein, bla, —korn, —leiter, —mans, —mebl, —meilter, 
—meißel, —meifing, — model, —mühle, — ſack, — füge, —TIhere, 
—fchwein, —feil, —ſieb, — ſpeck, Rod, — ſtrick, — ſtück, — tau, 
—thurm, — wage, — werk, —wurm, — zahn, —zeug. 

Anm. Veraltet oder der Volksſprache angehörig find: ſchrotten, ſchrö⸗— 
ten, ſchrätten — eine Art, Fiſche zu Due: ſchröten (Baffau) = beim Tanz 
mit den Füßen flampfen, ten fogenannten Drifchlag maden; ſchröoten (ſchwach) 
— Wände etc. von Holztämmen (roh oder gezimmert) bauen; der Schrot, 


en Schroter = Schneider; ver Schröt, ver Schröter = Hirſch⸗ 
fäfer; Zneſchröter (öflerreih.) — Fleifhhader. 


Stofen. 


(Wurzel stot, stat, s-tot ) 


Stoße, ſtieß, geſtoßen, ſtoßen (goth. stäuta, stäistäut, stäi- 
stäutum, stäutans,. stäutan; ahd. stözu, stiaz, stiazumds, 
stözaner, stözan: mhd stöze, #tiez, stiezen, gestözen, stözen; 
altn. steyta, jchwed. stöta, engl. toss; vgl. ital. stuzzicare = an- 
treiben, lat. tundere, perf. tutudi, sup. tusum) 1, einen Stoß bei- 
bringen, schnell und heftig gegen einen Körper bewegen, befonders 
um Ddiejen aus jeiner Stelle zu bringen, oder fonft etwas dadurch zu 
bewirfen, auch uneigentlih, wo dann der Begriff der Heftigfeit ſich 
mehr oder weniger verliert; 2, mit Jemanden etwas fammenoaien; 
3, (neutr.) an oder auf einen Körper gneftoßen, getrieben werden; 
4, etwas mit einem Stoße berühren, mit feinem Ende ſich an etwas 
Anderes erftreden; 5, (veraltet) jo viel als thun, legen, niederlegen, 
unterbringen; 6, fi ftoßen an etwas, Aerger oder Abſcheu empfinden; 
7, (veraltet vom Wafler) gefrieren, zu Eis werden. — Drum ftößt- 
er ung zum Raubthier in die Wüſte. Schiller, Biecolomini 1, 2. 
Sie ftogen alle Bhilofophie über den Hunfen. Geller. (Es) wird 
in ein Hom geftoßen. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 13. Da 
ftieß ich auf verbrannte menjchliche Gebeine. Schiller, Don Karlos 
8, 10. Stoz dein hant in mein ſeiten. Schmeller, Bayer. Wörterb. 
3, 662. Daß binfüran die Schwaben allhie feil haben, und ihren 


1200 


Wein in den Stadel ftoßen können. Gen. Regensb. Chronik 4, 129 
v. 3. 1507. Woran ftößt fih denn dein Herz noh? Geller. Ss 
wird er fein ein Stein des anftojiens, vnd ein Feld der ärger, 
das jr viel ſich dran ſtoſſen. Luther, Bibelüberi. Jef. 8, 15. Usb 
zu deinem ew’gen Unbehagen ftößt dich heute, was dich gefterm zog 
Goͤthe. Wo die Wafferflüffe in Winter ftieifen, vberfroren. Aven- 
tinus, Chronik 1580. Bl. 148. Alsbald es geftor, vnd der Donas 
geftieß. Daf. BI, 140. 

Die Synonymen ſ. S. 248. 

Ab—, an— (© 3) auf— (©. 55), aus—, be—, bei—, 
dur —, ein —, empor —, eut—, entgegen— , er—, fert—, 
ber—, herab -, beran—, beranf—, heraus —, berbei—, ber- 
ein , bernicder—, berüber --, berum—, berunter—, hervor— 
berzu—, hin —, binab—, binan— , binauf—, hinaus —, Dim 
durch —, hinein —, hinüber —, hinunter—, hinweg —, binza—, 
nach —, nieder— , über—, um—, umber—, unter—, ver—, 
vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber —, weg —, Wider—, 
zer—, zu— (S. 730), zurück—, zuſammenſtoßen bedürfen feiner 
weitern Erklärung. — Sämmtliche Schulden ſeines Weibes abſt oß en (be 
zahlen). 3. Baul, Paling. 2, 128. Sie ſpringt in den Kabn, ergreift das 
Ruder und ſtößt ab. Göthe, Wahlv. 2, 13. Meine Mutter war grauſan 
genug, das arme Mädchen abzuftoßen. Göthe, Meifterd Lehrj. 7, 
6. Daß der Eber ihm den Helmbuſch abftieß. Shakeſpeare, K. 
Richard II. 8, 4 Es fol fein Wagemann feinen Wein m fer 
Wirthshaus oder andrer Enden nicht abftoßen, dan in Die Grede 
und Keller. Kreuner, Landtagsh 13, 342. Da man das Dorf ar 
ftieß (anzündete). D. Schilling, Burgund. Krieg ©. 142%. Die 
weil fie Fried angeftoffen (gemacht) hatten. Aventinus, Chrouil 
1590. Bl. 81. Er babe uns in dad anftoßende Zimmer ge 
wiejen. Göthe, Leben .B Mich hat angeflogen ein Krankheit. H 
Sachs. Oft ſtößt fogar der Geiſt die Kindbeit wieder an. Duid. 
So wurd auf fein Wohl und feiner Anaehörigen nad) guter Deuticer 
Weile angeitoßen und getrunken. Göthe, Campagne in Frankreich 
8. Aug. (Er fuhr ab) und ſtieß bald am jenfeitigen Ufer an 
Göthe, das Mährchen. Ich wollte noch eine Geichichte aus den Fürſtenpot⸗ 
träts anftoßen. 3. Baul, Heiperus. Ich erwartete nicht, daß fie den 
Staub, den fie mit den Füßen aufitoßen, für Wolfen ausgeben würden. 
Weiße. (Ich lieh) Die beiden Gußlöcher aufitoßgen. Göthe, Benve- 
nuto Bellini 4, 3. Maulwürfe werden auch von Kaben uud Hunden 
beiauert, wenn fie aufftoßen. Funke. Wenn eud ein Weiter auf 
ftieß. 3. Baul, Siebenkäs 4. Schimpfreden wurden ausgeſtoßen. 
&ötbe, Belagerung von Mainz. Dort flehn die Unſern, Die Gud 
ausgeftoßen, verbannt. Schiller, Jungfsan v. O. 5. 4 Das 
wirklich an den Himmel, zu ſtoßen glaubte und auf alle Fälle dw 





1201 


Kuppel uniered Sommerpalaftes durchgeſtoßen haben würde. 
Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 6. Sein Pferd. von einer Partiſan 
durchſtoßen, bäumt fid) wüthend. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 10. 
Daß er ein-Zeufter einftieß. % Paul. Zitan 14: Weil feinen 
Freund er diefem Thron entftieß. Herder. In Baiern ftößt einem 
jogleich das Stift Waldjaffen entgegen. Göthe. ital. Reiſe 3. Spt. 
1786, Fortſtoßend treibt mid eine dunkle Macht von dannen. 
Schiller, Wallenfteins Tod 4, 11. Des Bruders Tüde bat mich 
bergeftoßen. Göthe, Eugenie 4, 4. Daß dir Stimme die gering- 
fügigern (Berioden) jchnell herausftößt. Keffing, Hamburg. Dra- 
maturgie 8 (Er ward) auf jeinen feindjeligen Lieblingsgedanfen 
bingeftoßen. Göthe, Leben 9. B. Mich ftoßt ihr mit hinab. 
Söthe, Eugenie 2, 1. Wir wurden uljo wieder in das jchredlichite 
Wetter binausgeitoßen. Göthe, Kampagne in Frankreih 11. Spt. 
Sie ftoßen gewaltjam, wider meinen Willen, mich hinein. Schiller, 
Piccofomint 2, 2 Die mih in dieſe Schmah binunterftieß. 
Schiller, Maria Stuart 3, 4 (Sie) flieg ihn endlich ungeduldig 
hinweg. Göthe, Meifterd Lehrj. 2,.4. Werden nicht deßwegen vom 
Buchbinder noch immer zwei leere Blätter, eind an die Vorrede, eins 
an den Beichluß vor- und nachgeſtoßen? J. Baul. Daum werft 
Ihr Euch auf beide, ſtoßt fie nieder. Schiller, Wallenſteins Tod 
5, 1. Daß dein bäßlicher Schnabel auf jenlichen, wer nur vorbei= 
geht, niederfößt, mie ein Habicht auf jorglos irrende Küchlein. 

oß, die Kirichenpflücderin 17. Mich heftiger gebärdend, wodurd) ic) 
den Becher umitieß. Göthe, die neue Melufine. Ob der da er— 
zeugen fol aigen leut hat, die im helfen wellent, die fol er unter- 
ftoßen -ainen an den andern. Heumann opusc. p. 102. Dein 
berg ftehet, zu freueln vnd vnterzuſtoſſen. Luther, Bibelüber!. 
3er. 22, 17. Damit man nicht gegen dus Coftüme veritößt. 
Goͤthe, Meifters Lehrj. 3, 7. Darin ich felbft verftoßen (gefehlt) 
hatte. Gottihed. O dann verftoße den Gaftfreund nicht von deinem 
Olymp wieder zur Erde hinab! Göthe, röm. Elegien?. Ein Liebhaber, den 
du veritießeft. Duſch. Auch fand er ganz Krüa mit Wein, jo die 
Hausmegd verftoßen (verbergen) thaten. H. Sachs. Nun hatte 
das Kinn Diejes trägen Bockinſaſſen (Kutfcyers) mehr Maul wurfhügel, 
jo nenn’ ich zierlih die Warzen, vorgeftoßen, ald nöthig ſind zum 
Rofieren und Mähen. I. Paul, Hejperus 8. Der den Zeigefluger 
voraud- mid zurückſtößt. Daf, 7. AS er einen Schritt vors 
wärts gehen wollte, ftieß er jchon wider. Göthe, Meifters Lehrj. 
7, 9. Als das Wetter eine Zeit fang gedauert hatte, hörte es auf 
und wir, Die wir alle zerftoßen waren, jegten uns, jo qut es geben 
wollte, zu Pferde. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 2. Daß ich meinen 
Degen an einen Stein zerftieß. Shafefpeare, jo wie es auch) ge- 
fällt 2, 4. Das ſchiff zerftieh fich an einen Fels, das es alles zu 

1 


1202 


Drammern ging. H. Sachs. Du ſtießeſt mich vielleicht... dem 
Elend zu. Goͤthe, Iphigenie 1, 4. Ich wollte um alles nicht, dah 
ihm eim Unglück zuftieße. Shafeipeare, was ihr mollt 3, 4. Des 
(Saum eured Kleides) eure Abſätze verächtlich zurückſtoßen 
Goͤthe, Götz v. B. . Stoßen Sie mit dem Heuchler wicht den 
Freund zurüd. Schiller, Dorn Karlos 1, 1. Die Gipfel beider 
erfcbienen num getrennt, wie noch ihre Bafen auh zujammenitogen 
mochten. Göthe, Leben 8. B. Alſo fließen auch bier die feindliche 
Heere zufammen. Porler, Tunifias 9. 

Stößer (ahd. stözäre, mhd. stözer) eine Perfon, welche flößt; ein 
Werkzeug, damit zu ſtoßen; Stöfel (abd. stözil, mhd. stoezel) Zderfjeng, 
damit zu ftoßen; bei den Töpfern ein Haufen völlig zugerichteten Thones: 
Stofung (abd. stözunga); ſtößig (mhd. stoezec): an—, aufitößig 
(5.409. 618); ſtößlich: unnmitößtich; auftoßlich ift veraltet, Etef 
. cahd. mhd. stöz) 1, Handlung des Stoßens; 2, dasjenige woran man flat, 
fig. Streit, Zwiſt; 3, ein hervorragendes Ding; 4, eine Menae von 
gleichartigen Dingen, welche über einander gelegt find, auch Giömaite, 
Gisdede über einen Fluß; 5, das Eude eines Diuges: Ab—, Mm, 
Yuf—, Aus—, Bei, Nad—, Ver—, Vor—, Wider —, a, 
Zuſammenſtoß u. a. — Doc die verfolgenden Stößer (Stoßvoögel) 
ermorden fie. Voß, Odvflee 22, 305. Unſerer Nachbaurn und Ar 
ftößer, der Böhem, Unaam. S. Zrand. Die Defterreiher usd 
ihre Anftößer. Simplice 2, 724. (Dadurch) fonnte er den Stößel 
oder Klöppel vet aut ohne Sang und Klang aus der KHöhlum 
ziehen. 3. Paul, Siebenfäs 6. Woran des Weibes Haupt, der 
Mann, den ftößigen Kopf des Böſen vorftell. Dat. 1. De 
ſtoͤßige Ochs erfaßte den webrlojen Jüngling mit den Hömem. 
Mujäns, Ehronifa 3. B. Daß gerade das Bortrefflihe daran jtmdirt 
werden muß, und das Anſtößige gleih auffällt. Schiller, Briefe. 
mit Sötbe 3, 105. Die drey wurden aufſtößig und uneins dind— 
einander. Aventinus, Chronik 114. Würde es männialichen fehr ur 
ſtoßlich vorfommen fein. Xeibnig 2, 370. Gewiſſe unumſtößlide 
Wahrheiten... find jo allgemein befaunt geworden. Leifing, Hamb. Dix 
maturgie 11. — Ib fürdte feinem Herzen diejen legten Ste# zu 
geben. Götbe, Götz v. B. 5. Smaben und Etſchen beiten ſtoz, des 
was umb Das vorredhten. Sudemirt ©. 68. Go werde woͤchentlich 
ein Stoß Tragddien öffentlich verbrannt. Platen, tom. Dedipus I 
Ein Alp kann oft 800 Stöße Bieb ſommern. Cir Phobns batr 
in Thetis Schooß jept ausgeichlafen jeinen Stoß. Solmu. Gleich 
indem flel ein ein an, giena der Stoß (die Erödede). Aoentinus, 
Chronik 38. — (Der) nicht zu treten jcheint in den Abſtoß der 
Natur und den Abfcheu aller Zeiten und Bölfer. Lichtenberg, Frag⸗ 
ment von Schwänzen. Auch mangelte der Auſtoß von außen. Götbe 
Leben 1. B. Er ift uns Alen ein Stein des Auſtoßes mw 





4203 


Hergerniffes. Schiller, Wallenſteins Lager 8 Ward ein anſtoß deß 
Kriegß (Waffenſtillftand) gemacht. Aventinus, Chronik 1580. Bl. 285. 
Iſt doch nir das recht Ethiopia, under ein Anſtoß (angrenzendes Land). 
©. Zrand, Weltb. Sb. Als unfer gi. H. Herzog Ludwig in vergatigener 
Faſtnacht einen Aufftoß (Streit) mit dem von Stauff im Schloß zu 
Rünchen auf dem Tanzhaus gehabt. Landtag v. 1516 S. 335. Der Ans- 
ſtoß oder Umtaufch einzelner Worte, Henke. Werner erinnert mich ar 
einen wichtigen chronologiihen Verſtoß. Schiller, Briefw. mit 
Göthe 2,96. Einer jener Charaktere, die bei jedem Zu ſtoß empfind- 
fih find, und doch nie deifen Quelle nachforſchen. Meißner. In 
allen Fächern, wo ihre Leidenſchaften in Zufammenjtoß geriethen. 
Wieland. — Kannſt du von ihm verlangen, er folle durch einen 
Dolchſtoß der Qual auf einmal ein Ende machen? Göthe, Werther 
1. 8. Aug. Sie ift von einem jchwimmenden Stud Eis auf den 
feften Eisftoß und dann and Land kommen, worauff der ganze Eis— 
ftoß zugleich auffgangen und mit großem Krachen gebrochen. Alt— 
Detting. Hiütor. v. 1698. Wenn der große Erdftoß nun geicieht. 
Schiller, Wullenfteind Tod 1, 3. Die Götterbilder ftanden groß, 
zeritörte fic ein Erdenftoß. Götbe, Fauſt 2, 171. Wenn ich ver- 
handeln könnte Diefen Arkadiern die Ercerptenftöße. Platen, die 
verhängnißvolle Gabel 1. Und mit gewalt’gem Fußſtoß binter mich 
fchleudr’ ih das Schifflein in den Schlund der Wafler. Schiller, Tell 
4,1. Jetzt auffangend den Hieb und jeßo vereitelnd den Herzitoß. 
Pyrker, Zunifind 10. Der lange zufawmengetragene und geitellte 
Holzftoß fängt endlich an zu brennen. Göthe, Briefw. mit Schiller 
1, 271 Diejem den Tod aufwedenden Kraftitoß. Sonnenberg. 
Nimmer mochten ihn bezwingen Schwerterihläge, Lanzenitöße. 
Uhland, der faftilifche Ritter 3. Bald wechielten abprallende Wind» 
ftöße niederftürzend mit wüthendem Saujen. Göthe, Campagne in 
Frankreich 30. Det. Eine Vierthelftunde vom Strand ergreift den 
Kahn ein neuer Wirbelftoß. Wieland, Oberon 12, 46. 


Mit anftögig (dem guten Sitten zuwider und dadurch Andern empfind⸗ 
lich) if ärgerlich (ſ. S. 1008) finnverwanvdt, das gefagt wird, infofern eine 
foldye Handlung auf die Eittlicyfeit Anderer übel, ververblich wirkt. 


Stoßaar, —axt, — bahn, —balfen, — bank, —blod, —bod, 
— bolzen, —brett, —bühne, —degen, —eijen, —erde, —falk, 
—feile, —fuge, —garn, —gebet, BE —gewehr, —herd, 
— holz, —kante, —kegelbahn, —kegelſpiel, —feil, —klampe, —klinge, 
—kolben, —kräuel, —lade, —lappen, —matte, —maus, —meve, 
—mörjer, — naht, — ochs, —perle, —riegel, —riemen, —ting, 
—rinne, —fäge, — ſchale, — ſchaufel, —ſcheibe, ſchwelle, —ſeufzer, 
—fprige, —ſtange, —ſtock—, —talje, — treil, —trog, —vogel, 
—wehr, — werk, —winfel, —zeug u. a.; Abſtoßbaum, m 

76% 


1204 


—meſſer; Abſtoßungszeichen; Anſtoßkolben, — naht, —Ichiene; 
Ausſtoßeiſen, — hobel; Beſtoßfeile, — hobel, —ergel, —zeug. — 
Den gewaltſamen Ausbrüchen der Leidenſchaft dieſes unglücklichen 
Weibes folgte, zwar unterbrochen ſtoßweiſe, ein Strom von Worten, 
wie ein Bach fid) in Abſätzen von Felſen zu Felſen ſtürzt. Göthe, 
Novelle. (Er) zeigte ihm den Stoßwind des väterlichen Zornes. 
J. Baul, Titan 15. 

Anm. 1. Stug — plögliher Halt, Augen — vor etwas zurückfahren 
abflugen, fürzer machen, find höchſt wahrfcheinlih Rebenformen von ſtoßen. 


Anm. 2. 3u derjelben Wurzel mit Htoßen gehört auch Hottern (ältere. 
statzen, statzeln, statzgen, niederd. stoettern, engl, stutter). 


Nadhwort. 


Auf dem Umſchlag der früheren Hefte babe ich Nach- 
träge und VBerbefferungen verfprohen. Das Wert, 
urfpränglich auf 45—50 berechnet, ift aber (ohne Regiiter) 
auf 76 Bogen angewachfen. Ich muß mich darum auf die 
nothwendigften Berbefferungen in den minder genauen 6 
erften Bogen befchränfen, was um fo leichter gefchehen kann, 
ald in fpäteren Artifeln oft frühere verbeffert und ergänzt 
werden. Ich bitte deshalb die im Negifter angeführten 
Stellen über ein Wort alle nachzufehen. 


S. 2 in der unteriten Zelle der Bocalreihe I. o ftatt a. 

„n3 3 v. u. l. 

„ 2 oo „ Herde 

Ve KOIVOg 

10 „un „ Svait? 

7 nn „ altn. eyra 

5 „ „ lat. linum vaßt nicht ganz zu gr. Advov; auch nhd. haben wir 
Leinen und Linnen. 

„&3 5v o. l. feoh 

Pe © Be ahd. denan 

” [4 [42 12 ” ” [7] rvu 

16 vn „ l6ogan 

„unWBE nn m Syllew 

„ ” 21 nn u eloo, Feioo 

r 5 Die Grundbedeuting von befehlen id nah Schweizer „bergen, ver: 
bergen”, dann „unter Schug und Schirm bringen”, daraus „übergeben“. 


3 3 3 3% 





1206 


S. 8 3. 20 v. o. l. hilms? 
„un 6. u. Schweizer behauptet mit Wackernagel gegen Grimm, 


Held bedeute den Hehlenden, Bergenden, Schügenden. 


„293. 5 v. v. 1. halja 


„ 10 


„ 12 


nn — 


„ 1» „ holi, hol, agf. hole u. hol 

„ .T„n. „ heien 

„4,0. „ dachjan 

v„ 3Iun „Schelfe 

„15.0 „ ag. halm, healm. — „Halm“ it nah Schweizer ang. 
das „Umfdrließenden, oder das „zur Hülle Umgeworfene*. 


„153. 1v. u l. Händen 
u 25 [ 13 ve» u er 
„8 Anm. Abventinus (Ehronif 1580 BI. 240 b) fagt auch: Er bat ben vberiuß 


37 


zT 


in Kleydern abgetham. Derfelbe gebraucht abihaffen in diefem Elm 
flarf (198 b): Daß er den — wider die Teutſchen angehoben, vnad ſchier 


an ein end bracht, abfhuff... er ſchuff alles Kriegéevolck, Harriſch 
vnd Mehr ab. 


3. 1 v. v. ſtreiche seminön. 


„39 »situ heißt ficher urfur. „die Art und Weife, die man fih zu eigen madt: 


& 8 55 


es fchließt fich un or. 4M06 für oF&ilos vom Stamm Fi’, der wieber zus 
fammengejegt und zufanmengezogen iſt uns Fe und Ho, welches legten = 
ridmm iR. Daran ſchließt ſich leicht und natürlich suesco, soleo x. am, 
affe eig. „zum Gigen machen, zum Seinen machen“, Alſo wäre nun prüh 
— ber’öftere Genuß (prühhan = frai, fanffr. bhug); gewonheit = bus 
Liebgewonnenhaben; situ da6 Bigne und Gigenthümlicye; in wisa liegt wel 
die ratio«. Schweizer, 

3. 20 v. v. I. das ehen 

„20 „ u. „ drasch — die Wurzel von drefhen it nad Grimm %, 
278 goth. thris. 

bös kommt vielleicht vom flav. bjes, altfrief. base. Kein auderer Dialect 
hat das Npjectiv, 

3. 10 „Brade, Brachfeld iR das in Ruhe liegende Ackerfeld, ber 
ungebaute Ader; brach liegen heißt ungepflügt liegen. Ahd. aber be 


deutete prächa, aratio, prächön, proscindere terram; prächa war wid 


volle Pflügung, bloß aratio prima, wobei der Ader in Schollen gebrocden 
ward, ohne dag man ihn ausſtellte; nachdem er zwei Jahre getragen hatte, 
blieb er in foldyer Ruhe das dritte liegen.” Grimm, Geld. d. d. Spr. 61. 
3. 21 v. o. svöma 

„ 22» „ Svunsl . 

„ 19 „ u. suochjan, agf. soecan, altn, soekia 

„5 un bloß das beflimmende 

„5. „ Alternbr. 


Regiſter. 


(Bon den abgeleiteten und zuſammengeſetzten Wörtern 
find bier nur Diejenigen angeführt, welche in etymologifcher oder ſyno— 
nymiſcher Hinficht beionders erflärt find; die übrigen find unter den 
betreffenden einfachen Zeit, Haupt- und Beiwörtern 2c. zu ſuchen.) 


A. 


Aas 538 

ab 145. 1040 
abberen 47 
abbören 47 
abbreſten 51 
abbringen 28 
Abdachung 294 
abdanken 234 
abdecken 255 
Abend 260. 1150 
Abenteuer 492 


abenteuerlich 1004 


aber 861 
abfallen 16. 764 
abfällig 277 
abfeuern 984 
abfinden 248 
abgefeimt 920 
abgehen 64 
Abgeordneter 224 
Abgeſandter 223 
abgefchmadt 472 
Abgrund 388 
abguden 511 
Abgunft 130 
Abbandlung 618 
Abhang 294 
abbangen 28 
abhängig 989 
abfragen 118 
Ablap 1175 


ablaffen 558. 764 
ablauern 526 
abledern 255 
abiebnen 147. 088 
ablernen 511 
abliefern 434 
ablöſen 984 
abludern 255 
abınachen 578 
abmahnen 1158 
abmerfen 511 
abnupen 982 
Abnugen 978 
abpaſſen 526 
abpuffen 255 
Abrede 80 

abreden 76 
abreißen 61 
abfchaffen 28 
Abfchaum 105. 256 
Abſchied 82. 928 
Abichied geben 234 
Abfchied ertbeilen 234 
abfchildern 910 
abichlanen 147. 255 
abſchüſſig 989 
abſetzen 234 
abfondern 926. 1067 
abfpäle)uftig 204. 277 
abitammen 33 
Abſtammung 50 
Abſtand 570 
abitellen 28 


Abſtich 619 
abtbun 578 
abtrennen 926 
abtrünnig 277 
Abwand 279 
abmwarteı 625 
abzwacken 1067 
Acciſe 167 
Acht 488 
Acht (in A. nehmen) 891 
achten 488 
Achtung 312 | 
Acker 376 
Nderich 376 
Affe 510 
Affect 1410 
Afterweli 40 
Ahn 740 
abnden 98 
ähnlich 857 
ähnlichbedeutend 217 
bre 12 
albern 210 
allemal 786 
allerdings 408 
allerhbaud 699 
allezeit 786 
Alpe 907 
alfo 998 
alt 740. 898 
Altvordern 740 
Amboß 59 
Ameife 667 


ämfig 667 

Amt 437 

an 857 

andauen 623 
Anbeginn 62. 188 
anberaunen 605 
anbieten 708 
anboßen 59 
anbrechen 188 
anbringen 484. 731 
anbrüchig 70, 409 
ander 274 

ändern 684 
andeutien 822. 957 
anerbieten 708 
anfachen 1167 
anfallen 788 


anfangen 62. 188 358 


Anfänger 1081 
anfaflen 788 
anfechten 788 
Anflug 692 
anführen 484 
angaffen 512 
angeben 832. 731 
Angebinde 237 
angedeihben 482. 951 
angeben 54. 74 
angelegentlich 315 
angenehm 24 
Anger 924 
Angefiht 522 

— Angefiht 523 
anglogen 512 
angreifen 149 
anguden 512 
Anbang 619 
anheben 62. 188 
anbeifchig 238. 1180 
anhellig 474 
anflagen 332, 484 
ankleiden 575 
anklopfen 680 


anmutben 205 
annebmlich 24 
anyaden 788 
anpengen 90 
anpochen 680 
anpreifen 5 
anrichten 197 
anfaden 728 
anfagen 957 
ap 612 
anſchaulich 219 
Anſchein 512 
Anfchlag 430 
anfchlagen 462 
anfchnarren 728 
anichnauben 728 
anfıhnaugen 728 
anfchnurren 728 
anichwärzen 840 
anfehulih 146 
anfiedeln 623 
Anſpruch 83 


anftändig 505. 770 


anftatt 782 
anfteben 206 
anftellen 604 
anitiften 197 
Anftifter 635 
anitoßen 28 
anfuchen 74 
antaften 788 
Antbeil 96 
Antheiß 1179 
anthun 937 
Antlaß 1175 
Antlib 523 
antreffen 248 
antreten 74. 558 
Antrieb 836 
Antwerk 432 
Antwort 42. 438 
antworten 438 
Anwalt 1118 


— 


anzwacken 85 
Arbeit 160. 667 
arbeitfam 667 
arg 690 

Arger 1007 


ärgerlich 1008. 2003. 


ärgern 1007 
Argernig 1007 
Arglift 690 
Arm 378 

arm 378, 418 
Armee 111 
armfelig 413 
Ari 599 
Arfchgebeller 463 


Art 238. 703, 857. 9 


artig 238 
Atbem 1167 
atbmen 1167 
Attila 540 
Artitüäde 770 
Ab 539 

Ap— 539 

äßen 530. 828 
Atzungs — 539 
auch 862 

Aue 924 

auf 957 
aufbehalten 631 
aufbewabren 631 
Aufbinder 282 
aufbringen 389 
aufbürden 653 
Aufenthalt 1082 
— — 729 
auffahriſch 729 
auffallend 1094 
aufführen 18 
aufgeblafen 751 
Aufgebot 1018 
aufgelegt 504 
aufgeräumt 504 
aufgewedt 899 





ankommen 54 Anwand 279 aufbalfen 658 
anlangen 28. 54 anwandeln 29 aufhalten 88. 892 
Anlaß 570 anweben 1167 aufbeben 630 

- anlaffen 728 nn 731 aufbeften 232 
anlaufen 28 anzapfen 85. 788 aufbören 61. 764 
Anleg 584 anzeigen 322. 957 auffeimen 1138 
Anleihe 958 anzettefn 197 Aufflärung 42 
anleiten 731 anziehen 575. 731 Auflage 496 
anliegen 589 anziehend 146 auflauern 526 
anmapen 74. 555 Anzug 271 Auflauf 771 


anmelden 957 


anzüglich 146. 81 
Anmuth 13 a * 


anzüuden 90 


Auflaurer 519 
auflehuen 48. 632 


Auflöfung 43 
aufmachen 996 
aufmerlten 488 
aufmuntern 917 
aufmugen 426 
aufnehmen 681 
aufpaden 653 
anfpaflen 526 
Aufpaſſer 519 
aufrecht 296 
aufrichten 631 
aufrüden 436 
Aufruhr 771 
aufladen 653 
Aufſchluß 4 
anfichneiden 2823 
Anfichneider 2323 
antiteben 48. 682 
aufitogen 55 - 
aufitößig 409. 618 
aufitügig 618 
aufıhun 996 
auftreiben 248 
Aufwand 264 
aufwiegeln 148 
aufziehen 88 
äugeln 510 
Augenblid 849 
Augenbrauen 290 
Augenlied 819 
Augenmerf 521 
augenjcheinlich 887 
Ausbeute 227 
Ansbund 56 
ansbündig 56 
ausdauern 765 
ausdeuten 576 
Ausdünſtung 459 
anserfielen 528 
außderfüren 528 
auserwählen 528 
Ausfall 227 
ausfindig 248 
Ausflucht 168. 1065 
ausführlich 508 
ausgeben 575 
andgelafien 1175 
ausgemacht 888 
ausgezeichnet 56 
andhalten 765 
ausfleiden 1068 
Auskommen 1114 
auslangen 80 
auslaflen 62 
ausleihen 455 


1209 
ausienten 874 
ausliefern 440 
ausmachen 578 
ansnehmend 56. 
Ausputzer 762 
Ausrede 80. 1085 
ausreden 76 
ausreichen 30 
ausrichten 732 
Ausichlag 619 
ausichlagen 147. 588 
ansjchweifend 1088 
ans fein auf etwas 575 
außen 277 
außer 277 
außerhalb 277 
äußerlich 277 
ausjöhnen 710 
Ausiprache 80 
Ausitafflerung 497 
Ausftattung 497 
ausfteben 706 
ausſtellen 606 
Ausftener 497 
ausfuchen 528 
austhun 455 
ansüben 1188 
auswendig 2377 
Auswurf 256 
Auszehrung 260 
Axiom 216 


B. 


babbeln 759 
Bach 682. 971 
Back — 652 


r Bade 651 
£ aden 650 


acken — 652 
Backenſtreich 471 
Bäcker 651 
Backpfeife 471 
Bagage 225 
Bahn 141 
Babre 47 
Bai 638 
bald 850 
Ball 463 
Band 239 
— Band 241 
Band— 242 
Bandage 247 
Bande 340 
Bändel 289 


Banden— 342 
Bänder— 249 
bändigen 248 
Bändiger 248 
Bandit 247 
Bant 598 
Baufart 692 
Bänkelfänger 360 
Banterott 69 
Bänfling 692 
Bann 247 
Bänne 230 
bannen 247 
Banner 247 
bar 47 
bärbaft 45 
Bärme 106 
barmberzig 814 
Barmherzigkeit 814 
Barfchaft 47 
Baſe 637 

Baſtard 692 
bauen 623 

Bauer 704 
bäueriih 704 
Bang 1047 
Baum 658 
beabfichtigen 526 
beantprugen 83 
beaugenjcheinigen 887 
Becher 299 

bechern 298 

Bed 589 

bedachtſam 526 
bedanfen 682 

Bedarf 412 

bedauern 332. 814 
Bedeckung 10 
bedenfen 128, 206. 579 
bedeuten 322 
bedeutend 146 
bedeutfam 146 
Bedeutung 208 
bedienen 278 
Bedienung 487 
Beding 402 

bedingen 401 
bedinglich 402 
Bedingniß 402 
bedingt 402 
Bedingung 402 

— Bedingung 402 
Bedrängnip 318 
beprängt 315 

bedürfen 412 


Bedürfniß 412 
bevürftig 412 
bedußt 58 
beeifern 839 
beeinträchtigen 719 
beerdigen 607 
Beere 50 

Beet 592 

— Beet 593 
befangen 484 
Befangenheit 1123 
befajien 484 
Befehl 6 

— Befehl 6 
Befehl — 6 
befehlen 8 
befehligen 6 
Befiudniß 251 
beflecken 844 
befleißen 829 
vefliſſen 830 
—heflifien 830 
befolgen 34 
ne 156 
befrachten 654 
befriedigen 249 
befriedigt 344 
Befund 254 
begaben 498 
begaffen 513 
begatten 1139 
Begebenbeit 491 
Begebniß 491 


begegnen 33. 55. 730 


begehrten 310. 589 
begierig 106 
Beginn 188 
beginnen 62. 187 
Beginner 188 
Begleit— 818 
begleiten 817 
Begleiter 818 
beglopen 518 
begnadigen 487 
begraben 607 
Begrabniß 644 
begreifen 513. 788 
begreiflich 772 
Begriff 792 
begründen 635 
Begründer 635 
beauden 513 
bebaftet 654 
bebagen 1091 
behandeln 729 


1210 


beharren 892 
beharrlich 776 
Behelf 162. 1065 
bebelligen 474 
bebende 850 
beherzigen 128 
bebitflih 158. 162 
Behner 230 
Behnerich 230 
Behnert 330 
Behuf 983 
behüten 631 
behutfam 526 
Beicht 766 
beichten 766 
beiern 680 
beifallen 558 
beifügen 606 
Beihilfe 715 
Beilage 498 
Beilager 585 
beilegen 547 
Beileid 814 
beimefien 547. 578 
Dein 247 
beiflichten 558 
Reifchläferin 1156 
Beiſpiel 168 
Beiß 826 

beißen 825 
Beißer 826 

beißig 826 
Beiſtand 160 
beiiteben 156 
Beifteuer 715 
beiftimmen 558 
beithbun 607 
beitragen 156 
— 1139 
Beiz — 828 

Beize 827 

beizen 539. 827 
bejahen 786 
bejahrt 898 
bejammern 332 
befannt machen 957 
befannt werden 30 
Belanntfchaft 1150 
befenuen 766 
beffommen 181 
befräftigen 786 
Belang 339 
belangen 332 
belaufen 709 
Beleg(e) 584 


belehnen 958 
beleidigen 719. 815 
belfen 463 

belfen 463 
Blb)elieben 1091. 10% 
beliitten 1060 
Belle 163 

bellen 162. 60 
Bellerhen 463 
befleriich 463 
belohnen 168 


Belobnung 9835 


bemädtigen 555 


“ bemänteln 390 


bembein 680 
bemühen 829 
benachrichtigen 957 
Bendel 239 
benebelt 303 
Benehmen 7790 
benennen 604 
Bennen 20 


beobachten 488 


Beobahtung 739 
beguem 38 
bequemlih 38 
beratben 686 
berauicht 308 
berechnen 680 
bereden 76 

bereit 750. 780. 1138 
bereitwillig 741 
beren 47 

Berg 445 

— Berg 445 
Bera— 447 
bergen 7. 444 
beralih 444 
Beren 51 
berüchtigt 873 
berüden 1060 
Beruf 1197 
berufen 878 
beruhigen 916 
befänftigen 946 
beichaffen 20 
beichauen 513 
beicheben 502 
Beicheid 43. 82. 928 
befcheiden 770. 929 
Beſcheidenheit 929 
befcheinigen 887 
beichenten 199 
befcheren 107. 4833 
beſchimpfen 608 





fchirmen 404 
eſchiß 836 
efchlag 698 
ichlafen 1130 
{hönigen 889 — 
fhuldigen 832. 956 
ſchũtzen 404 
eichwer 121 
eihwerde 121 
ichweren 121 
jchwertich 121 
eihwernig 121 
fchwichtigen 945 
eiebamme 518 
eſeß 597 
fihtigen 513. 326 
fingen 229 
finnfih 215 
eig 600 

efißer 590 
:joffen 303 
efoldung 1118 
{ounen 2320 

fer 165 

etand 777 
tändig 775 
tätigen 785 
ttatten 607 
jeite 92 

stellt 280 
stimmen 605 
eſtimmung 1197 
ſtürzt 57 

fupt 58 

{udeln 844 

et 580 

et— 591 

tagt 898 

ten 47. 580 
eter 590 
:thbeuern 642. 786 
etheuerung 642 
jetracht 521 


an 128. 518. 579. 
1721 


eträchtlich 146 
tragen 18 
treten 57 
striebfam 668 
etriegen 732 
setrieger 262 
etroffen 57 
etrübnig 814 
ketrug 962 
rügen 783 


2211 


Betrüger 262 

Bett 592 

— Bett 593 

Bett — 598 

Bettel 591 
Bettel — 591 
bettelarm 413 
betteln 74. 591 
Bettler 591 
Bettler— 592 
Beuge 1044 
beugen 1041 
Beugnig 1044 
beugiam 280. 1044 
Beute 19 
beurfunden 577 
bevollmächtigen 708 
Bevollmächtigter 660 
bewachen 631 
bewahren 631 
bewandert 288 


* bewandt 280 


bewegen 138 
Beweger 139 
beweglich 189 
Bewegniß 139 
a 139 
beweiben 1168 
beweifen 577. 987 
bewilligen 24 
bewillfommen 41 
bezahlen 707 
bezaubern 1087 
bezeichnen 322 
Bezeichnung 308 
bezeiben 956 
bezichten 956 
bezichtigen 956 
Beziehung 1074 
bezüchten 950 


bezüchtigen 951 


Bezug 1074 
biderb 411 
bieder 411 
Bieder— 412 
bieg — 1045 
Biege 1044 
biegeln 1047 
biegen 1041 
biegſam 280. 1044 
Biet 1020 
bieten 1015 
Bieter 1017 
bietig 1017 
Bifang 1124 


Bild 722 
bilden 722 
bilern 463 
Bill 463 
billen 463 
Billet 224 
bimmeln 680 
Bind— 237 
Binde 237 

— Binde 237 _ 
binden 230 
Binder 236 
— Binder 237 
bindlich 287 
Bindfel 239 
Binfe 2347 
Birg 455 
Birke 50 
Birkhuhn 455 
Birne 50 
birſchen 134 
bischen 826 
Bit 826 


.—Biß 827 


bißchen 826 
ee 826 
biffig 826 
Bitt— 589 
Bitte 588 

— Bitte 588 
bitten 74. 387 
Bitter 589 

— Bitter 589 
Bitter— 829 
bitter 828 
Bitterfeit 828 
bittern 828 
bittlich 589 
bigeln 828 
bläben 1166 
blant 186 
Blas— 1169 
Blaſe 1169 
blafen 1166 
Blafen— 1169 
Bläler 1169 
bla 846 
Blatter 1170 
bläuen 514 
Bied— 847 . 
bleden 847 
bleffeu 57 
bleiben 291. 892 
Bleiber 893 
bleiblich 898 


bleich 846 
—bleih 846 
Bleich — 847 
Bleiche 846 
bleichen 845 
Blendling 692 
bleuen 514 
Blick 847 
—Blid 847 
Blid— 851 
bliden 851 
Blicker 852 
blidlih 852 
Blidung 852 
blind 509 
blinken 186. 800 - 
blinzeln 510 
blinzen 509 
Bliß 852 

litz 858 
Blitz — 853 
blitzen 854 
Blitzes — 853 
aui 853 
bliglih 858 
blöde 210. 514 
Biöpfinn 210 
biott 418 
biutarm 413 
biuträuftig 192 
Bold 824. 1048 
bögeln 1047 
Bogen 1045 

ogen 1045 
Bogen— 1046 
bogen 1045 
Bogener 1045 
bo(ö)gig 1045 
Bolle 483 
Böller 463 
boflern 468 
Bolled 463 
Bombafl 467 
Bor— 48 
Bord 50 
borgen 454 
Börle 50 
Bort 50 
Borte 50 
borzlang 48 
b98 66. 814. 1109 
Bölhung 294 
Böſewicht 66 
boshaft 66 
Bot 1018 


1212 


Bote 1018 

— Bote 1019 
Boten— 1019 
Botfchaft 1018 
—Botſchaft 1019 


Botichafter 224. 1018 


Brach — 68 
Brache 68 
brachen 68 
Bracher 68 
Branke 638 
Brante 638 
Braß 52 

Braſt 31. 52 
braſteln 52 
Brat— 1157 
braten 1156 
Braten— 1157 
Bräter 1157 
Brauch 39 
brauchen 278. 412 
Braue 290 
brauen 1114 
Braut 419 
Drautgabe 4986 
Bräutigam 881 
Brautichab 497 
Brautwerber 419 
brav 411 
Breh— 68 
brechbar 68 
Breche 66 
—Bredhe 66 
brechen 59 
Brecher 66 
Breme 471 
brennen 183 
Breiche 66 
breiten 51 
Bretzel 3523 
Brief 224 
bringen 28. 482 
Brorat 71 
B(byrockeln 71 


Blb)roden 71. 827 


Brod 1114 
Brofam 71 
Brot 1114 
brogeln 1157 
Bruch 68 

— Bruch 69 
Bruh— 70 
Brühe 71 
—brüdig 70 
Brüchte 71 


brüben 1088. 1137 
brüflen 876 


— 1088. 1157 
bru 1157 
Bubenftäd 67 
Buch 652. 915 
Buche 652 
Buchel 1047 
Bucht 637. 1047 
Budel 1048 
Budel— 1048 
buckelig 1048 
budeln 1048 
bucken 1041 
düden 1042 


Bückling 1048 


Bug 1047 
Bug 1047 
Bug— 1047 
Bügel 1047 
— Bügel 197 
Bügel— 147 
bügeln 1047 
Bühel 1047 
Buble 751 
buhleriſch 751 
Bühne 141 
Bühre 1079 
Bulle 463 
bullern 463 
Bund 243 

— Bund 244 
Bund— 245 
Bündel 246 
— Bündel 346 
bündeln 246 
Bundes— 35 
büudig 246 
—R 246 
Bündner 246 
Bündniß 24 


Bundſchuh 245 


Bürde 50. 667 
bürden 50 
Büre 1079 
Burg 450. 782 
— Burg 450 
Burg— 451 
Bürge 453 
bürgen 459 
Bürger 451 

— Bürger 451 
Bürger— 453 


ırgern 452 
‚ürgere— 452 
ürzel 48. 599 
uſch 95 

uſen 294. 637 
uße 27 

ßen 165. 1086 
üttel 1018 
ußen 762 


©. 


‚eCä)remonie 89 
‚barafter 215 
‚harfreitag 3323 
‚barlatau 878 
hurfürſt 1035 
tieren 731 
‚lafle 703 
‚ollege 203 
ollett 895 
‚ompagnie 208 
‚ompagnon 203 
‚omplott 642 
oncubine 1156 
‚ontraft 87. 619 
‚ontreband 247 
rrect 831 
‚orjett 885 
ırieren 532 


D. 


Sach 294 

Sachtel 471 
afern 1099 
aber 999 
Yämmerung 1153 
Dampf 459 

Dan 166 

anfen 166 
arben 410 
‚arbieten 708 
Darm 414 
‚arflellen 579 
arthun 577. 579 
yarım 999 
Dafein 898 
Daſem 952 
yauerhaft 776 
‚auern 765. 1006 
Dedel 952 

deck (oft) 951 
Dede 10 

veden 10. 


1213 


Dedmantel 890 
Deckmittel 880 
Degen 151. 952 
Degen (Held) 952 
Debel 952 
dehnen 4. 872 
Deichfel 952 
deihen 950 
deibiam 951 
demnach 999 
demungeachtet 860 
Demuth 225. 930 
dengeln 471 
Deufart 216 
denfen 205. 579. 
Denkſpruch 80 
Denkungsart 216 
dennoch 860 

derb 410 
dergleichen 857 
deringeln 311 
deögleichen 857 
deſſenungeachtet 860 
des(ß)halb 999 
destB)wegen 999 
deuteln 576 
deuten 208. 576 
deutlich 406. 772 
deutfch 406 
Devije 80 

Dialvg 81 

dicht 411, 951 
dichten 207 

did 697. 9851 
Didbein 697 


Dickmacher 233 


Diction 913 


. Dieb 942 


Diebitahl 15 
Dieh 952 
dienen 225. 273 
Dienerfchaft 225 
Dienft 437 
Dienitbote 235, 1019 
dienfteifrig 741 
dienitfertig 741 
dienſtwillig 741 
dießen 1009 
Dietfirhen 208 
Dietrich 208 
dimpfen 459 
Ding 402 

— Ding 402 
Ding— 408 
dingen 400 


- 


Dinger 402 
Dings 403 
dinfen 290 
Dithyrambe 362 
doch 60 - 
dolmetichen 609 
Dolmetſcher 609 
doppel 211 
Doppelfinn 211 
Dorf-704 
dorkeln 178 
dorren 414 
Drang 317 

— Drang 317 
Drang— 8320 
drängeln 311 
drängen 310 
Dränger 316 
Drangial 318 
dräufhen 58 
drehen 272 
dreift 131. 1123 
Drefh— 59 
dreichen 58 
Dreier 59 
Drefher— 59 
drillen 107 
dringen 310 
dringend 315 
Dringer 316 
dringlich 317 
drifcheln 59 
Droß 1009 
Droßel 1009 
droßeln 1008 
Druf 323 
—Drud 324 
Druck— 324 
druden 321 
drüden 321 
Druder 323 
Druder— 324 
Drüder 323 
Drüdniß 323 
drudfen 321 
Druſch 59 
Drüßel 1009 
duden (fih) 321 
Duft 297. 459 
duften 297. 1010 
dulden 491 
dumm 210 
Düne 1047 
dunfel 406 
Dünfel 722 


—R 





dünfen 772 
Duniel 291 
Düniel 291 
Zunft 290. 49 
dürängeln 311 
durdhbringen 263 
durdhdringend 113, 315 
dürfen 412 
Durft 412 
därftig 412 
düringeln 311 
dürr 414 

Durt 1136 
dürften 414 
durſtig 1136 
Duſel 471 
duiein 1153 
durter 1153 
dupen 58 


E. 


eben 552 

eben falls 860 
Ebenmaß 552 
Ebenteuer 402 
echt 692 

Ede 208 

«der 376 

edel 25 

Ehe 692 
ebelichen 1163 
ebrbar 770, 1084 
Ghre 257 

ehren 608 
ebriih 664 

Kid 612 
Eidſchwur 642 
Eifer 753 

eigen 211 
Gıgendünfel 722 
Eigennup 228. 989 
Eigenſchaft 664 
@igeufinn 211 
eigentlich 373 
eigenwillig 211 
Eile 750 

eilt 906 
eitfertig 750 
eilig 750 
einbildiih 751 
Einbildung 722 
einbinden 113 
einbringen 435 
Einbund 245 


einbüßen 37 
eindämmern 1159 
Eindrud 828 
einfallen 16. 559 
einfältig 210 
Einflup 328 
einförmig 860 
eingebildet 751 
eingeboren 45. 601 
eingedent 206 
einheimiſch 601 
einhalten 764 
einhellig 474. 719 
einig 719 
einkehren 76 
einfnüpfen 115 
Einkünfte 43 
(Einländer 601 
einmütbig 719 
Einnabme 48 
einprägen 115 
einräumen 24 
Einrede 83 
eiureißen 68 
einichalten 1098 
einichenten 974 
—R8 335 
Ginipruhb 83 
einitellen fi 559 
einftimmig 719 
Eintracht 719 
eintragen 425 
einwerten 273 
einwiligen 24 
Einwirkung 828 
eitel 751 
@itelfeit 752. 1006 
Efel 1009 
Elegie 362 
Elend 319 

eif 9086 

Elſaß 602 
Eltern 740 
Emblem 216 
empfangen 17. 30 
empfänglich 1425 
Empfehl 6 
empfeblen 5 
enpfindbar 252 
(&mpfindelei 252 
enıpfinden 249 
Empfinder 252 
Empfindler 2332 
empfindlich 119 
Empfindniß 252. 


empor 48 

empören 48 
Empörung 48. 771. 108 
emilB)ig 007 

Ende 732 

enden 732 

endlich HER 
Eudzweck 521 

ent— 145 
eutbehren 45 
entbebrlih 45 
entbieten 708 
entbinden 34 
entblöden 514 
entdeden 11. 348. 
entehbren 257. 618 
entfernen 534 
eutfernt 534. 570 
entfliehen 32 
entgegnen 439 
entgebeu 32 

Enigelt 109 
eutbalten 63 
enthaltſam 350. 1084 
entfleiden 1068 
entlang 336 
entlaſſen 234 
eutlaufen 32 
entieiben 682. 891 
entratben 46 
enträtbfeln 1166 
entrinnen 32 
entiagen 485 
enticheiden 578 
entichieden ER. 929 
entfchließen 22 
entichlüpfen 32 
Entfibuidigung 404. 106 
entjegen 100. 334 
entieplic 615 
entiprießen 366 
entipringen 32. 366 
entiteben 62. 64. 36 
entwegen 140 
entweichen 323 
entwenden 14 
entwideln 11 
entwiichen 32 
Entzüden 546. 1087 
entzuden 1087 
entzünden 90 
Epigramm 216 
eramen 418 
Ele)rbarmen 333 
erbärmlich 333 


erbenten 19 
rbieten 708. 1016 
erbietig 1017 
erbötig 741. 1017 
Erde 807 
erdenten 207. 2348 
erdichten 207. 248 
erdreiften 265 
Erdſpitze 446 
Erdzunge 446 
ereignen 485 
Ereigniß 491 
erfahren 289 
Erfahrung 739 
erfehten 149 
erfinden 207. 248 
erfindfam 251 
Erfolg 1149 
erfordern 340 
erforichen 788 
erge(ö)gen 545 
ergrübeln 207. 248 
ergründen 7883 
erbalten 30 
erbandeln 765 
erhärten 577 
erhaſchen 787 
erheben 48 
erheblich 57. 147 
erheiſchen 340 
erhöhen 632 
erinnern 206 
erfämpfen 149 
Erkenntniß 82 
erkiefen 528 
ertlären 576. 600 
erfiärlich 790 
erfühnen 265 
erfüren 528 
erlauben 414. 730 
erleien 527 
ermächtigen 20 
ermangeln 1178. 
ermorden 682 
ermuntern 917 


erniedrigen 608. 1174 


Ernte 418 

erobern 19 
eröffnen 957 
erörtern 606 
erpaſſen 526 

erpicht 597 
errichten 575 
erringen 149 
Errungenichaft 350 


1215 


erſchrecklich 615 
Erfchrodenheit 101 
erfchwingen 389 
erſetzen 234 
erfinnen 207. 248 
eriprießlich 1005 
erftatten 607 
eritreiten 149 
erfuhen 74 
ertappen 787 
ertheilen 482 
erträglich 814 
erwügen 579 
erwäblen 528 
Erwartung 522 
erweifen 577. 936 
Erwerb 419 
Erwerbnig 419 
erwiedern 439 
erwinden 265 
erwifchen 787 
erzeigen 937. 957 
legen 424. 1088 
Eihwinge 392 
B— 538 


€ 

Eſſe 540 
een 537 
Efien 538 
Eſſer 538 
Kifig 540 
Ebluft 538 
Eiiwaare 588 
Eule 386 
wert 304 
ewig 776 


"7 
Fach 1108 
—fah 11083 
fachen 1167 
fächien 1128 
ana 840 
adennadt 840 
faben 787. 1121 
fähig 1127 
Fähigkeit 505. 1127 
fahl 846 
fabnden 254 
Fahr 788 
Kahr— 742 
Fähr — 742 
Fahre 788 
Fähre 738 
fahren 726 


——— 


—— 739 
abrläffig 740 
Fahrt 742 
— Kahrt 743 
Fahrt — 745 
ae 742 
alb 846 
Fall 1086 
all 1096 

Fal— 1101 
Kalle 380. 1101 
Falle 1101 


fallen 291. 679. 1090 


fällen 1095 
fallieren 1101 
fällig 1099 
falle 1099 
afitrid 380 
alt— 1103 
alte 1102 
älteln 1102 
falten 1101 
Falten— 1103 
—falä)itig 1102. 
ala 1103 
Ba 1108 
alzen 1103 
nn 703 
ang 1021. 1124 
—Fang 1124 
Fang — 11286 
fangen 787. 1121 
Sänger 1123 
— Fänger 11283 


. fängerijch 1123 


— fängig 1125 
—fänglih 1125 
ängnig 1125 

ant 254 
Tale 840 
fajennadt 840 
fafernadt 840 
faffen 15. 787 
faglich 772 
faul 740 
Kauft 151 
fechjen 1128 
Fechſer 1128 
echt — 150 
echten 148. 800 
Fechter 150 
Feder 392. 1056 
— 520 
edervieh 1056 
Fehde 810 


feblen 64. 1091 
ehler 614 
eifalter 1103 
im 105 


eldicherer 109 
els(en) 907 
Kerge 739 
en 204 
e 


5— 748 


rn 534. 570. 752 
Kerle 752 
fertig 749 
—fertig 749 
fertigen 752 
Fertigkeit 505. 740 
Fertigungs — 752 
Feſſel 7141 
feſt 411 
Feſte 451. 782 

eſtung 451 

(fJett 478 
Feuer 934 
Fifalter 1108 
Filz 762 

ud— 253 

dbar 251 
hose 253 

nden 58, 347 
Finder 251 

inder— 253 

deriih 251 

dig WBi 
findlich 251 

indling 253 

inger 1127 
— Finger 1127 
an, 1128 

ngern 1127 
Fingers— 1128 

inte 254. 794 

m 752 
Hirtih(g) 392 
figen 98 
Flachs 154 

—Flachs 154 
Flachs — 154 

den 1057 
fladern 1057 
Alagge 1057 
Zlähme 455 
Klammberg 455 
flammen 185 


1216 


flammern 186 
flatterbaft 212 
flattern 186 
Klatterfinn 212 
lechſe 154 
lechſen — 154 
Flecht — 153 
Flechte 153 
giechte 154 
flechten 152 
Fleck 781 
Flecken 781 
flehen 74 
flehnen 1066 
leiſch 700 
leiſcher 700 
Fleiß 830 
— Fleiß 830 
fleigen 829 
fleißig 667. 880 
ennen 387 
liege 1052 
fliegen 1049 
Fliegen — 1052 
lieger 1052 
iehben 925. 1063 
Klieber 1064 


Xlimmer 185 
flimmern 185 
flinfen 186 
flinfern 186 
flirren 186 
flittern 186 
Iode 1057 
loß 972 
loß — 972 
löß — 972 
loſſe 972 
löße 972 
loſſen — 972 
flößen 972 


Flucht 1065 
—Flucht 1065 


Kludt— 1065 
ten 1065 
chtig 1065 

flüde 1057 
Inder 139 
lug 1052 

— Flug 1052 

Flug — 1054 

Flügel 391. 1054 

— Flügel 1054 

fügel— 1055 
ügelu 1054 

flüge 1057 

lügler 1054 
ugs 850. 1054 

Zluble) 907 

Flume 455 

flunfen 186 


en 34 
olgern 995 
folglich 999 
461 
oltern 461 
fordern 340 
forfchen 788 
fort 145 
* 1027 

racht 654 

vage 723 
—Krage 723 
—— 724 
ragen 723 
Frager 723 
Fragner 724 
Fraß 543 
—Fraß 543 
SB 541 

ei 882. 1040 
freien 281 


— 881 
eierdings 403 
Freierei 881 


Freiersmann 419 
freigebig 494 
Freifänfer 942 
freilich 403 
Freite 881 


reiwerber 419 
reß — 542 
a 541 
reſſen 537. 540 
effer 542 
repen 543 
Freude 546 
freuen 546 
Kreund 282. 881 
Freundfchaft 282 
Frevel 67 
Frevler 66 
Be 249. 882 
riedlih 716 
frieren 1037 
riefel 1038 
ifh 1038 
frifchmelt 479 
froh 546 
al 546 
romm 982 
frommen 982 
Froſch 1038 
Kroft 1038 
— Froft 1038 
en 1038 
röfteln 1038 
froftig 1038 


fruchtbar 494. 716 


fruchttragend 716 
frugal 550 
But 151 
uchteln 151 
fügen 503 
ügung 506 
ühlen 250 
Kubr 746 
— 746 
r— 746 
ühren 730 
Führer 747 
— Kührer 747 
Kührer— 748 
— Führung 746 
Kund 254 
Kund-— 254 
ündling 253 
unteln 185 
unten 90. 185 
ür 752. 782 
Kurche 753 
—— 753 
urchtſam 690 
fürder 340 
Fürſprach 79 


1217 


Furt 749 
— Furt 749 
fürwitzig 940 
Fuß 638 
Fußftapfe 744 
utter 539 
Auer 928 
üttern 539 


Gabe 495 
— Gabe 498 
gäbe 493 
Gabel 501 
Gabelle 501 
gaben 499 
Gaben — 499 
gäbig 494 
gaffen 509 
Gage 1113 
gäh 729 
gähnen 188 
Gähr— 106 
&ähre 108 
gähren 104 
Galan 881 
Galle 829 

allen 325 

alopp 1192 
Gang 141. 1145 
— Gang 1146 
Gang— 1150 
ana 494. 1151 

ängel— 1152 
aängeln 1152 
Bänger 1145 
— Gänger 1145 
gängig 1151 
änglich 1251 

ant 949 
ganz 41 

r 106 

arde 113 
Gardine 1184 
gäihen 104 
geflatin 545 

alle 192, 544 
Gaſſen — 545 
Sa enhauer 545 
Gaſſenlied 545 


Gaſt 445 


Gaitgebot 574 
Gaſthaus 445 
— Geburt 49 


Gaſthof 445 


Gaſtmahl 574 
gäten 566 
ätlih 567 
atte 1139 
atten 1159 
attung 703 
Sau 2862 
Gaudieb 942 
Bauner 262. 942 
anzen 462 
awer 105 
Beäder 376 
Geäckerich(g) 376 
Gebärde 48 
gebaren 46 
ebären 45 
ebeiß 826 
Gebelfer 463 
Gevell 463 
eben 481 
eher 493 
— Geber 4983 
Geberde 48 
Gebet 590 
— Gebet 590 
Gebiet 1017 
— Gebiet 1017 
gebieten 5. 1016 
Gebieter 1017 
—Bebieter 1017 
Gebieter— 1018 
— 1017 
ebirg 445 
—BGebirg 446 
Gebirg — 450 
Gebirgs — 450 
Gebiß 826 
geblich 495 
—geboren 45 
Gebot 6. 1018 
— Gebot 1018 
Gebrauch 39. 983 
gebrauchen 273 
un 29 
ebrechen 
@ebreiten 51 
ge lomibig 495 
ebühr 46 
gebühren 46 
we 46 
ebung 493 
@ebürg 445 
Geburt 49 
Geburts — 49 
7 


gedehnt 508 
gedeihen 22. 950 
gedeiblih 951 
gedenken 709 
gediegen 951 
edieben 951 
eding 402 
— Being 402 
gedrang 320 
Gedränge 3% 
—Bedränge 320 
edrängt 315 
Gevräth 59 
nedrungen 815 
Geduld 491 
ed biß 491 
efahr 753 
Gefährt 745 
Geführte 745 
— Gefäbrte 745 
Gefallen 1095 
gefällig 238. 487. 741 
Gefängniß 1126 
Gefecht 55. 150 
— Gefecht 151 
Gefecht 151 
Geflecht 153 
— Gefleht 151 
Geflimmer 186 
efliſſen 830 
— 328 — 139 
Geflügel 1056 
Gefräß 541 
Gefrier 1037 
Gerrör 1037 
— 253 
egend 872 
Gegenſatz 87 
Gegenſtaud 431 
Gegentheil 619 
Gegenwart 443 
gegenwärtig 534 
gebaben 18 
Ge— 1145 
Gebalt 437. 11172 
— Schalt 1176 
Gebänge 1134 
— Bebänge 1135 
Gebeiß 6 
gebellen 474 


gehen 283. 557. 727. 806. 
1136 


Gebent 1134 
Geber 1145 
gebeuer 581 


1218 


Gebilb 10 
Gehilfe 160 
gehorchen 34 
gebören 36 
Gehr 106 
Geifer 105 
Geiilh)el 453 
Geiſt 106. 772 
Geiſtesgegenwart 221 
Geklänge 328 
Geklimper 328 
Geklinge 328 
Gellingel 328 
Geklüft 1021 
— Getlüft 1021 
Gekreiſch 876 
Gekriſch 876 
gekrümmt 1042 
Gelag 578 

— Gelaq 573 


. —Belager 585 


gelafien 491 
geläufig 1191 
gelb 171 
Geld: 166 
—Geld 168 
Geld— 168 
gelegen 39 
Gelegeubeit 570 
Geleger 584 
Geleiſe 531 
Geleit 817 
Geleit — 818 
geleiten 817 
Geleits — 818 
Gelichter 857 
geliefern 190 
gelingen 384 
gellen 325 
geloben 77 
geloſen 1040 
gelt 171 
Gelte 167 
gelten 164 
Geltsgott 165 
genen 310 
emach 318. 564 
gemach 336 
gemaͤchlich 29° 
emabnen 5656 
mäß 553 
gemäß 553 
—gemäß 554 
gemein 1174 
gemeinfan 863 


gemeinſchaftlich 33 


Gemünd 971 
Gemüie 574 
Gemütböbewegung 1% 
genau 830 
genehm 23 
genebmigen 23 
geneigt 130 
geneſen 34. 531 
a 475 
nieß 979 
Genieß — 0 
genießbar 979 
enießen 977 
ießer 979 
genießlich 979 
genifig 532 
a 745. 80 
MOenoſſe v00 
Genoſſenſchaft MO 
genug 337. 344 
genügen 344 
genugiam 337 
enugthun 607 
enuß 979 
— Genuß 979 
Genug — 980 
Gegnäle 460 
crade 296 
erank 356 
@eräth 1165 
eratben 335 
eratbewebl 1159 
erben 108 
erenne 56. 19 
gereuen 1006 
ering 357 
rinne 191 
geru 340 
gerren 387 
Gerud 298. 1010 
—BSerud 1010 
Geruch— 1011 
Geruchs- 1011 
Gerücht 1013 
nn 66. 149 
efammtheit 792 
Selandter 223. 668 
Gelang Wi 
— Gejang 362 


Sefänite 967 


zeſchäft 571. 666 
-Gefchäft 666 
eſchäfts — 669 
eſchãftsträger 668 
eſchehen 486. 501 
eſcheid 772. 929 
Jeicheid 928 
efcheidt 772 
5eichein 887 
efcheit 772 
Beichen? 495 
eiheut 772 
Beihicht— 508 


Beichichte 491. 502% 


-Gelhichte 502 
zeſchichten 503 
eſchichtlich 508 
Beihichts— 508 
Beichi 506 
-Geſchick 506 
Zeſchicklichkeit 505 
eſchickt 504 
Beichiebe 1025 
Befhirr 1165 
eihlaht 703 
veichlanf 383 
Zeſchlecht 702 

— Geihledht 702 
Beſchlechts 702 
Beihmad 472 
zeſchmacklos 472 
zeichmeidig 2890 
Beſchmeiß 842 
—Geſchmeiß 842 
Beihöpf 671 
—Geihöpf 671 


Geſchoß 94. 990. 991 


—Geihoß 990. 991 
Beidhrei 878 
— Geihrei 878 
Beihüg 991 
eichweige 945 
Beicmil 466 
geihwind 265. 850 
(e8) gefchwindet 261 
Gelhwing 392 
Geihwulit 467 
Geſchwür 119 
Geſell 745 
Geſenke 294 
Geſetz 6. 216. 615 
— 615 

eieg— 616 
Be 5232 
— Gefiht 5383 


gertig 522 
efihtö— 528 


Geſichtskreis 5234 


Gefinte 224 

— Befinde 224 
Gefindel 225 
— Befindel 225 
Gefinge 361 
aefinnt 219 

— gefinnt 220 
Gefinnung 215 


nefinnungstücdtig 215 
Geſöff 967 > 


—5 — 219 
eſpann 208 
—Geſpann 203 


Geſpannſchaft 208 


Geſpei 880 
Geſpenſt 204 
Geſpiele 745 
Geſpinnſt 200 
— Geſpinnſt 200 
Geſprach 81 
re 81 
geſprächig 31 
geſprächlich 81 
geſprächſam 81 
Gefprenge 376 
geiprenkelt 376 
nefprideltig 376 
Geftade 780 
Geſtank 298 
re 730 
eitände 94 
gefteben 190 
@eitöber 1031 
Geftüte 786 - 
gelund 532 
Aelunden 532 
Betränt 302 
getrauen 265 
Geträufel 965 
@etreibe 921 
Getreide 720 
Getriebe 921 
Getröpfel 965 
Gewächs 756 
— Gewädes 756 
Gewaͤchs — 757 
Gewähr 1080 
gewahren 852 
währen 454 


ewähramann 1089 
ewahr werden 852 


ewalt 1118 


1219 


— Gewalt 1119 
Bewalt— 1119 
gewaltig 1118 
——— 1118 
ewand 269 
— Gewand 270 
Gewand— 2771 
gewandt 280 
— gewandt 280 
Gewann 279 
Gewäſch 760 
Gewebe 124 
— Gewebe 124 
Gewehr 991 
Bewerb— 4% 
Gewerbe 420 
— Gewerbe 420 
Gewerber 419 
Gewerbs — 4230 
Gewerf 429 
Gewerk 470 
Gewicht 119. 146 
—Gewicht 146 
Gewicht — 146 
— 146 
ewinde 268 
—Gewinde 268 
gewindig 268 
Gewinn 227. 988 
— Gewinn 227 
Sewinn— 228 
ewinnen 2326 
ewinner 227 
Gewinnſt 227. 983 
Sewinnfucht 228 
Gewirbel 421 
gewirbig 419 
Gewirr 407 
—Gewirr 407 
gewiß 571. 888. 944 
ewog 136 
un 130 
ewohnheit 39 
ewohnt 625 
ewölbe 1046 
gezählt 548 
—BGezeug 1088 
a 843 
esiemen 46 
ezücht 1085 
gibt, es 483 
giebie 494 
ier 106 
ieren 340 
iefche 541 
77% 


Gie 
gießbar 975 
gießen 973 
Gießer 975 
—Gießer 975 
Gießerei 975 
gießig 975 
gest 975 
ift 480 
— Gift 500 
Gift — 500 
Gilde 170 
aut 169 
impel 385 
a 272. 387 
ifcht 105 
Glanz 185. 800 
ae 185 
lad 800 
fatt 800 
lage 00 
glauben 77 
gleich 855 
glei 856 
Gleich — 858 
DEN 217 
leiche 857 
gleichen 855 
Gleicher 857 
Gleicher — 858 
gleichfalls 860 
gleichförmig 859 
feihgi(ä)itig 169 
—*68 857 
ging 857 
leichmaß 552 


Gleichniß 860 


a en 
leichun 
feihwo a 860 
bieip 82 837 

leißen 185. 836 
Öfeißner 837 
Bleite 800 
leer 798 

(eticher 800 
Gletſe 800 
Glicker 990 
Glidlohn 819 
lied 816 
Glied— 816 
Glieder — 817 
gliedern 816 
Gliedmaß 556 


1220 


glimm 184 
— 183 
—* — 


mer 
I 810 
fter 187 


glinftern 187 
glinzen 187 
glitfchen 798 


figen 185. 800. 838 


litzer — 838 


9 185. 836. 838 


locke 334 
gi en 509 
luͤck 342 
—Glüf 343 
Gluͤck — 345 
glüden 347 
Glücker 990 
ga 342 
lũcks — 345 
Glückſeligkeit 345 
glühen 183. 800 
lupen 510 — 
nade 130 
nädig 130 
old 171 
Golf 638 
Goller 895 
Golter 895 
önnen 130 
oſch 541 
Goſſe 192. 976 
Gotthelf 157 
ottlos 66 
ottſprich 883 
Gottwillkommen 41 
Grab 645 
— Grab 645 
Grab— 645 
graben 643 
Graben 645 
— Graben 645 
Graben — 646 
Gräber 644 
— Gräber 644 
Gräber— 646 
Grabes — 646 
Gram 52 
a 1008 
ränze 928 
gräßlich 615 
gräten 809 
grätichen 80, 
grauen 615 


un 615 
raus 615 
grauſen 615 
Brazie 13 
Grebel 648 
Greif 792 
je reifen 15. 787 
veifer Eh 
greifig 790 
areiflich 790 
reinen 387 
renze 928 
Gribesgrabes 649 
Griebe 649 
Griebs 649 
Griff 791 
— Griff 791 
Griff — 792 
Griffel 792 
Grillenfänger 1124 
Grimaſſe 49 
Grimm 52 
grijjelich 615 
arob 704 
Grobzeug 2% 
Hi: 25. 232. 636 
großfprechen 232 
großthun 232 
Grotte 10 
Grube 645 
— Brnbe 685 
Grübel 648 
rübeln 205. 648 
ruben— 6146 
grüben 648 
N rübig 648 
ruft 646 
Grund 246 
aründen 788. 
al 246 
rundfaß 216 
rünen 282 
ruß 41 
grüßen 41 
uden 509 
ulden 171 
Gült — 170 
Guͤlte 170 
—Bülte 170 
aültig 169 
Gümpel 385 
Gunſt 180 
Kanne 130 
ünftling 902 


zurgel 388 
ſuſch 541 

Juß 976 
-&uß 976 
3Suß— 977 
utfagen 454 
utfein 454. 982 
utthätig 494 
wann 279 


H. 
aben 231. 595. 639. 1105 
Jabicht 639 
dabſucht 228 
dacke 1181 
yaden 1181 
dader 810 
dafen 637 
Dafen— 638 
Daff 637 
Daft 231. 639 
—haft 231 
yaften 231. 454. 1105 
Dag 625. 1091 
yager 384 
Daten 1181 
yalb 144 
yalben 144 
yalber 144 
Halde 12. 294 
Hall 329. 472, 473 
Dalle 475 n 
ballen 325. 473 
Saller 475 
Halm 12 
Hals 211 
bafeftarıig 211 
Halt 1111 
— Halt 1111 
Halt — 1115 
halt 13, 1116 
halten 1103 
Galä)iter 1109 
Hältnig 1116 
Haltung 1110 
Halunk 1027 
Hand 170. 915 
Handel 420 
bandeln 603 
handlich 551 
Handwerk 170 
Hang 922. 1133 
— Hang 1133 
Hala)ng— 1185 


1221 


Sängel 1132 
bangen 1128 
hängen 1128 
Sänger 1132 
— Hänger 1133 
Hängnig 1135 
Hanswurſt 834 
Harlelin 834 
Harm 52 
barren 776 
bart 253 
bartnädig 211 
barwift 537 
haſchen 109. 787 
Hälcher 108 
baftig 750 

Hau 1183 
Sau— 1183 
Haube 8 
hauchen 837, 1167 
Haue 1183 
bauen 1180 
Hauer 1182 
Häner 1182 
Sauer— 1183 
Hauet 1184 
Haufe 639 
häufen 654 
Haupt 8 

Haus 703. 1001 
Haushalt 1114 
banshälteriich 1114 
häuslich 1074 
Hausrath 1182 
Heb — 636 
Hebe 634 
Hebel 634 

— Hebel 635 
Hebel— 635 
beben 629 
Heber 635 
Hechel 1069 
becheln 1069 
Heer 111 
Heerbann 1018 
Heerführer 748 
SHeerfürft 748 
Heerſchar 111 
Hefe 105. 256. 639 
Hefen— 639 
ar 231 
heftig 729 
hegen 625 

Hehl 8 

hehlen 6 


* 


Hehler 8 


heilen 582 

beilfam 717 . 
heimifch 601 
Heirath 1161. 1168 
heirathen 1163 
Heirathsgut 497 


heiß 468. 1179 
heißen 5. 238. 1178 
— heit 666. 806 
heiter 474 

heizen 1179 
Helbe 11 

Held 8 

— Held 9 
Helden— 8 
Helf — 159 
helfen 156 
Helfer 159 

— Helfer 159 
Helfersbelfer 159 
Helferifh 161 
Helf Bott 157 
beiflih 161 

beil 474 

Hel— 474 
Hellebarte 8 
hellen 474 
Heller 475 

bellig 474 

Helm 8 

— Helm 8 
Selm— 8 
hemmen 1106 
Henkel 1132 
Henkel — 1133 
Henker 109. 1132 
Henfer— 1133 
berabwürdigen 608 
Herauch 10 
herausgeben 440 
herb 828 
Herberge 444 
berbergen 445 
Herbft 530 

Herr 56. 1017 
Herrauch 10 
berrifh 1017 
ber:tih 56 
berum 351 
Herumfchwärmer 870 


Herumftseicher 870 
Herz 128. 215 
Herzeleid 52 
Herzog 748. 1081 
Heu 1184 


Heu— 1184 
heucheln 837 
Heuer 1184 
Heuet 1184 
beulen 386 
Heurath 1163 
Heuichrede 100 
hickeln 306 
Hieb 1183 
Hieber 1184 
biebig 1184 
bilfbar 161 
Hilfe 160 


-— Hilfe 161 


Hilfe— 161 
hilflich 161 
Hilfs — 161 
Hilich 497 

hin 145 

hindern 1105 
Hingang 564 
hinten 305 
Hinter 306 
Hinferei 306 
binfig 305 
hinreichend 337 
hinrichten 683 
Hinicheid 564 
hinter 599. 1108 
Hintere 599 
hintergeben 1060 
binterbalten 7 
Hinterlift 690 
Hinterfaß 193 
hinzufügen 606 
binzutbun 607 
Hitze 468 

hoch 25. 632. 686 
bohmätbig 751 
Hoͤchſt 783 
bochtrabend 467 
Sochzeit 1163 
Hode 1048 
Höder 1048 
Hof 639 \ 
Hoffart 751 
boffärtig 751 
hoffen 522 


Hoffnung 897. 522 
—X 


1222 


— — 


Höflichkeit 900 
bofmeiitern 606 
Hofſchranz 259 
hohl 9 
Hohl — 9 
Hoͤhle 10 
—Hoͤhle 10 
höhlen 10 
hold 12 

holen 339 
Hölle 9 
Höllen— 9 
hölliſch 9 
Holitein 623 
Holunder 9 
Holzſtoß 933 
Horbel 471 
Horde 471 
hören 21 
Horizont 324 
Horn 447 
Hufen 69 

Hub 636 
Hub 636 
Hube 637 
Hüdsel 637 
hübſch 889 
Hude 1048 
budeln 107 
Huf 638 


bumpeln 305 
Hundsfott 1027 
Hunger 538. 1198 
Dunger— 1136 
bungerig 1186 
Hulü)ngern 1136 
Hungers— 113 
büpfen 366. 639 
Hure 692 
Hurenfind 692 
Hurerei 1085 


Burtig 850 
bufchen 762 
Sut 831 

büten 631. 801 


Hymne 362 


J. 
Idee 792 
Imbiß 826 
immer 776 
immerwäbrend 776 
Ims 
Inbegriff 702 
indeßien) 361 
Sugefinde 225 
ingleichen 857 
Snländer 601 
inne haben 598 
innen 278 
inner 278. 786 
innerhalb 278 
innerlih 278 
Snnung 170 
Inſaſſe 601 
inftändig 815 
Snitinet 922 
intereflaut 146 
inwendig 278 
Inwiek 637 
Juzicht 9586 
irre 210 
irren 515 
Sırfal 516 
Irrthum 516 
Irruug 516 
Itwiß(z) 943 


Jod. 
ja 403 
ach 729 
Bade 895 
jagen 917 
jäbe 729 
äblings 850 
Naht 898 
jäbzomig 7239 
Nana 319 
jämmerlich 338 
janımern 332 
janfen 387 
jäten 560 
jaueln 387 
jedennoch 861 


:Derzeit 786 
:Desmal 786 
edoch 861 

oh 657 
zoppe 885 
hoppel 895 
ubeln 268 
ucken 649 
zucks 264 

ung 424. 1081 
ungen 424 
Xünger 1081 
Sungfernfind 693 
Zuppe 895 
Suppel 895 


8. 


'alt 1038 

Kälte 1088 
Ramerad 208 
Kamin 1012 
Kamiſol 895 
Kammer 203 
Kampf 55 
Fampien 148, 809 
Kampfplag 700 
Kannengießer 976 
Karfreitag 8832 
farmen 332 
farmien 332 
Karit 1183 
fafteien 1086 
Kaften 656 
faudern 772 
kauderwelſch 772 
kaufen 603. 765 
Kebstind 692 _ 
Kebsweib 692, 1156 
Kehle 388 
kehren 76. 272 
Kehricht 1029 
Kehrſel 1029 
keichen 1167 
feifeln 172. 792 
teifen 172. 792 
Keifer 793 
feimen 1004 
feineöwegs 144 
Kerbe 828 
Kerker 11% 
Kern Mi 
kernhaft 411 
Kette 340 
feuchen 1167 


1223 


Keule 697 

keuſch 1036. 1084 
fiefen 792 

tieren 1035 
fiefen 528. 1035 
Kiefer 1036 

Kiff 793 

fippeln 792 


kirren 272 


Kilte 656 
Klad 324 

Klaff 462 
klaffen 462. 759 
kläffen 462‘ 
Klage 331 

— Klage 331 
Klage— 333 
flagen 331 
Kläger 333 
fläglich 333 
flamm 181 
Klanıme 182 
Klammer 182 
klammern 182 
Klang 329 

— Klang 229 
Klang — 330 
Klank 334 
klanken 334 
klappen 759 
klappern 759 
klar 400. 474. 772 
klatſchen 750 
Klau— 1021 
Klaube— 1020 
flauben 1020 
Klauber 1020 
Klaue 638. 1021 
klauen 1021 
Klauen— 1021 
flauern 1021 
Kleb 908 
Kieb— 907 
fleben 651. 907 
Kleber 907 
kleberig 907 
fiebig 907 
fleiben 906 
Kleid 271 
Kleidung 271 
flein 690 
fleinlaut 680 
fleinmüthig 690 
flemm 181 
Klemme 181 


tlemmen 180 
Klemmer 181 
Klengel 334 
Flengien 326 
Klenkel 334 
klenken 334 

Klepper 195 
Kette 179 

flettern 179 
fleuben 1020 
Klider 990 


lieben 839. 1020. 1117 


Klimm— 180 
flimmen 179 
Klimmer 180 
flimpern 182 
Kling— 328 
Klinge 328 
Klingel 328 
Klingel— 328 
flingeln 326 
flingen 324 
Klingen— 328 
Klinger 327 
flingern 326 
Kliugklang 328 
flingien 326 
Klinke 334 
Klinfer 328 
Klinſ(z)e 835 
Klipp— 908 
Klippe 907 
Klippen— WS 
flimwern 10230 
Kloben 932. 1021 
Kloben— 1022 
floden 334 
floyfen 678 
flöven 1020 
Klüder 990 


Kluft 10. 835. 932. 1021 ' 


— Kluft 1021 
Kluft— 1022 
Klufter 1022 
fluftig 1021 
Hug 772 
Klüngel 334 
Klunfer 334 
Klunfe 835 
fnadeu 475 
Knall 472 
Knall — 475 
knallen 476 
fnapp 181 
fnattern 566 


tnatichen 566 
tnattern 566 - 
fnaupeln 1020 
fnautfchen 566 
Knecht 896 
Kneif 794 
kneifen 793 
Kneip 794 
Kneip— 79 
Kneipe 794 
tneipen 793 
Snet— 565 
fueten 565 
fnetihen 565 
fniden 475 
Kniff 794 
Knipps 794 
Knirps 794 
fnirren 471 
knirſchen 474 
Knittel 566 
kniſtern 566 
Pnitfchen 471 
fnittern 566 
Knoblauch 1022 
Kuödel 565 
Knopf 231 
Knoten 566 
fnotfcheln 566 
knötſchen 566 
knüpfen 231 
fuutfchen 566 
Knüttel 566 
kochen 104. 959 
todern 76 
Koffer 656 
Kolben 12 
Koller 895 
fommen 27 
kommlich 30 
tünnen 289 
Kopf 676 
Kopfnuß 471 
türen 1035 
Korn 4 
Körper 894 
er 1037 
koiten 164. 1036 
Strabbe 306 
krachen 475 
Kraft 786 ⸗ 
fräftig 786 
Kralle 1021 


Krammetsvogel 182 


Krampf 182 


1224 BR 





franf 719 - 
fränfen 719 
fragen 649 
frauen 649 
Krebs 306 
freiichen 875 
Kreilcher 876 
Kreuz 319 
Kribskrabs 649 
Kriebs 649 
Kriech — 1014 
Krieche 1014 
kriechen 1013 
Kriecher 1014 
friegen 30. 950 
Kringel 352 - 
Sringen 352 
Krifcher 875 
Krittler 840 
Krolle 353 
Krume 71 
krumm 10493 
frümmen 1042 
Krüppel 306 
früppelig 306 
fuden 509 
Kummer 52 
fümmerlih 413 
Kumpan 203 
fund 289 
fündig 289 
Kunft 42 

— Rınft 44 
fünftig 42 
fünfh 1036 
Kuppler 419 
Kur 1036 
Kur— 1036 
füren 528. 1035 
furieren 532 
Kurzweil 921 
Kuß 1037 
füllen 1037 
Küite 750 


2. 


Lad 655 

Lad— 657 
Lade 655 

— Lade 656 
faden 653 
Laden 656. 658 
— Laden 656 
Lader 656 


— Luder 656 
Lage 572. 770 
— Lage 5723 
Lägel 587 

Lager 584 

— Lager 585 
Rager— 586 
lagern 585 

lahm 305 

Laib 203. 906 
Laich 498. 863 
faichen 498 
Land 601 
Landesfind 601 
Landfahrer 870 
Zandlänfer 870 
Landſpitze 446 
Landſtreicher 870 
Zanditrih 871 
Landiturm 1018 
Landzunge 446 
fang 335 
Lang— 337 
langen 338 
Langeweile 337. 1008 
laͤnglich 336 
Langmuth 338 
längs 336 
fangfam 336 
langweilig 336 
fanywierig 338 
laß 740. 1177 
—Laß 1175 
Laß— 1176 i 
faffen 1170 
fällig 740. 1177 
täplih 1177 
Laſt 657 


Kalter 66 
lafterbaft 66 
läftern 840 
läftig 658 

lau 468 

fauern 519 
Rauf 633. 11898 
— Lauf 1189 
Rauf— 1192 
Zaufel 1188 
fäufeln 1188 
laufen 189. 192. 1184 
Lönfer 1188 

— Läufer 1189 


?äufer— 1192 
äufern 1188 
Aufig 1191 
?äufte 1189 
augnen 1059 
?auigfeit 468 
aulich 468 
taune 1008 
aunifch 1008 
daut 329 
auten 325 
äuten 680 
deb — 900 
rebe — 900 
eben 897 
hen 898 
Reben 898 
chen— 900 
ebend 899 
ebendig 899 
tebens— 900 
rdebensart 900 
ebhaft 899, 
cbig 899 
eblos 899 
rebſucht 1090 
ed 189 

eden 180. 386 
Leder 255 
edig 658. 819, 1040 
eer 9. 531 
Leg — 584 
rdeg(e) 584 
egbar 583 
legen 574. 608 
deger 583. 584 
—Leger 583 
eglih 583 
eafam 583 
tchen 953 
dehen — 953 
tehend— 953 
2chne 294 
ehnen 147. 455. 781 
ehren 531. 937 
tehrling 1081 
Leib 894 


teibchen 894 
eibeigen 896 
eiben 894 
eibhaft 896 
eiblih 896 
zeibzucht 1090 


1225 


Leiche 868 
Leichnam 863 
feichtfertig 750 
Leihtfinn 212 
Reid 813 
Leid— 815 
leid 813 
leiden 708. 813 
Zeiden 319 
Leiden— 815 
Leidens — 815 


Leidenſchaft 140 


leider 813 

leidlich 716. 813 
leidſam 813 

Leih — 953 

leihen 455. 576. 952 
Leiher 953 


Rein 2 


Leinwand 271 
Leit— 818 
Leite 294. 817. 819 
leiten 731. 817 
Leiter 817. 819 
Leitungs — 818 
Lende 697 
lenken 272. 731 
Lenz 342 
fernen 511 
lesbar 530 
Leſe 529 

— Leſe 529 
Lefe— 530 
lefen 77. 527 
Refer 529 
—Lefer 530 
Refer— 530 
Leſerei 529 
feuchten 185 
leugnen 1059 
Leumund 840 
—lih 47. 863 
licht 474 
Lidlohn 819 
Liebesdienft 1100 
Liebhaber 881 
Lieblich 24 
Liebling 992 
Liebftödel 95 
Lied 361 
fiederlih 1083 
Liedlohn 819 
liefern 190. 440 
Liege— 572 
liegen 567 


Zieger 572 

Linie 871 

Lift 856. 581. 600 
liftig 690 

foben 867 
lobpreifen 934 
Rode 353 

loden 342. 836 
Lode 183 

Iodern 183 

Lohn 166. 935. 954, 1113 
fohnen 166 
Löhnung 11183 
2008 506 

los 231. 750. 1040 
Loͤſch — 155 
loſchbar 155 

löſchen 154 


Löſcher 155 


löſchlich 155 
Löfe— 1041 
löfen 980. 1040 
Löſer 1040 
losfeuern 984 
(öslih 1040 
losfagen 485 


Loß 506 
Lölo)fung 1040 _ 
Loth 194 
Rotterbube 1024 
Luder 255. 539 
füderlich 1083 
Lug 1058 

Lüge 1058 

Iugen 509 

lügen 1057 
Lligen— 1058 
Kügner 1058 
Lump 1026 
Zumpen 1026 
Zumpenbund 1026 
Zunge 342 
lunf(sJein 1153 
lunſ(z)en 1153 
Luft 340. 546. 1041 
füften 340 

füftern 340 

Iuftig 899. 1175 
Zuftigmacher 834 
fuftwandeln 1139 


M. 
machen 222. 578. 752 





Macht 20 
mäben 924 
Mahl 574 
Mahl — 725 
mahlen 724 
Wahlſchat 497 
Mahlzeit 574 
mahnen 229. 5356. 1158 
Makel 606 
mäfeln 006 
Mal 786 
malen 831 
Malter 7236 
mandı 8% 
Rang ei 67 
mangeln 6 64. 410 


manigfalt, —ig 990 
229 


Marktichreier 878 
Marodeur 1080 
Mari 68 
Marter 461 
martern 461 
Map 549 
—Maß 554 
Maͤßchen 556 
maßen 549. 550 
Maßgabe 558 
Map 2 556 
mäßig 

we 381 
mäßigen 243. 550 
Mapleid 1009 
maßleidig 1009 
mäßlich 519 
Mapregel 552 
matt 1078 
Matte 914 
Maul 541 
Maulaffe 510 
Manlichelle 471 
Maulwurf 432 
Mauraff 433 
maujen 14 
maupen 426 
Mautih) 167 
Maxime 216 
Meerbuien 638 
Mehl 725. 109 
Mehl — 725 
Mehlthau 7236 
meiden 924 


1226 


nteinen 556 
Meifter 606 
meiſtern 608 
meipe(l)n 556 
Melchthal 481 
melden 957 
mei 479 
Melk — 479 
melken 478 
melkern 481 
Melm 726 


meſſen 74. 540 
Meſſer 556 

— Mefler 549 
Meßt 556 
Metze 556. 557 
Debger 700 
Mepgler 700 
Meuchelmord 693 
meucdeln 698 
Menterei 642 
Miever 895 
Miene 49 
Miethe 401 
miethen 401 
Milbe 726 
Milch 479 
—Milch 479 
Milch — 480 
milchen 479 
Milcher 479 
mild 551 
mildern 551 
mildthätig 494 
Mill 726. 1020 
Miltha 726 
Milthan 726 
Minne 229 
miſſen 46 
Miſſethat 67 
Mipiallen 1007 
mipglüden 347 
Mipgriff 516 
mißhandeln 815 
mißhellig 720 
Mißhelligkeit 720 
miplingen 335 
mißnehmen 23 
mißrathen 385 
Mißvergnügen 1007 
Mitarbeiter 160 
Mitgift 496 


mitbin 999 
Mitleid 814 
mitnichten 144 
mittheilen 482 
Mig 556 

Möbel 1162 
Mode 9. 39 
Moder 69 
Molde 432 
Molderoff 432 
Molke(n) 479 
Molken — 479 
Molpert 432 
Molter 7236 
Molterhaufe 432 
moltern 7236 
mondſüchtig 288 
Moor 69 
Moraft 69 
Mord 682. 983 
nıcrden 682 
Morgen 496. 1149 
Morgengche 496 
müde 1178 
Müder 895 
mũhen 633 
Mübl— 7235 
Mühle 735 
Mühlen — 735 
Mulde 736 
mülfern 726 
Muüll 726. 1039 
müllen 726 
Müller 725 
Müller— 736 
Mund 540 
Miünde 971 
Mündel 627 
Mündling 627 
Mündung 971 
munter 399 
Münze 167 
mürriſch 1008 
Mus 574 

müjlen 556 
Muth 69 

Muth 205. 633 
muthmaßen 555 
mutbwillig 751. 1175 


N. 


nach 553 
naharten 683 
nachdenfen 307. 579 





Radfahrer 739 
tachfolgen 559 
tachgehen 559 
tachgiebig 487 
tachgrübelu 207 
tachguden 515 
uahläffig 740 
ıachichauen 519 
ıachiehen 487. 514 
Radhficht 487 
ıachfichtig 487 
achſuchen 74 
Rachtbeil 70 
ſtachtwandler 288 
Rachwelt 40 
Rachzügler 1080 
Naden 211 
Ragel 721 
Ragel- 722 
tageln 722 
tagen 721. 1021 
ıabe 344. 558 
Rabme 35 
—Nahme 25 
Rabhr-— 583 
Räbr— 533 
ıäbren 532 
lährlich 538 
Rabhrung 538 
NRahrung— 588 
Rahrunge— 588 
Rame 26 
Rarrentheidung 405 
tajeweis 939 
atürlich 602 
Rebel 460 
ıebenbei 1193 
Reffe 946 
iehmen 15. 787 
Rehmer 23 
—Nehmer 28 
eigen 306. 1042 
Reigung 922 
ıein 1059 
iennen 26 
ıeuerdings 408 
ıeugierig 939 
Reurode 70 

nicht 144 

Ridhte 945 


richtsdefloweniger 860 


nichtsnutzig 437 
iden 306 - 

viederlaflen 633 
viederfchluden 91 


1227 


niederträdhtig 718 
ae 278 
niedrig 608. 719 
Nieß 978 
niegbar 978 
Nießbrau 978 
Nießer 978 
nießlih 978 
Nießling 978 
Nießung 978 
Niete 56 

nieten 278 

—uiß 777 

North 278. 319 
Nothdurft 412 
nöthig 278 
nöthig haben 412 
nötbigen 897 
nothwendig 278 
nothzogen 1080 


nothzüchtigen 1081. 1086 
Nu 849 


nun 849. 989 
nuflen 471 

Nup 982 
Nup— 983 
nußbar 717 
nüge 436. 982 
Nupen 227. 982 
nußen 273. 981 
nügen 981 
—nutzig 982 
—nüpig 982 
nüglih 717 
nußlos 437 
Nupnießung 978 
Nutzung 978 


D. 


ob 145. 862 
ob aud 862 
obgleich 862 
Dbliegenheit 288 
obligieren 235 
Obmann 715 
obihon 862 
obwendig 278 
obwolh)l 862 
obzwar 862 
Dde 362 
Ddem 1167 
Odin 661 
offen 957 
offenbar 888 


öffnen 957. 9096 
obne 1098 
obngefähr 1088 
Ohr 21 
Ohrfeige 471 
Ohrſauſel 471 
Drdalien 82 
ordentlich 558 
ordnen 5 
Ordnung 703 
ores 540 
oreflig 540 
Drient 1149 
Ort 446. 606. 781 
Oſt 1149 


ofen 85 958 


P. 


Mad 225. 246 
Pallaſch 151 
Pallaſt 1001 
Panier 247 
pappeln 759 
pafien 46 
Deh 597 
Pedell 1019 
El, 1103 
ein 461 
peinigen 461 
Bin 793 
Pfad 141 
Dfand 611 
eg 
eife 
—Bleife 795 
pfeifen 794 
Pfeifer 795 
Pfeifer — 796 
Pfeifholter 1108 
Pfeiler 777 
pfetzen 793 
Pfr 796 
pfiffig 680. 796 
Dilanze 756 
Ben 626 
— Pflege 637 
Pflege— 627 
pflegen 624 
Pfleger 625 
— Pfleger 626 
pfleglich 627 
pflegfam 627 
Pflicht 238. 628 





— Pfliht 6%8 
Pflicht — 628 
Pflichten — 620 
pflichten 628 
pflüden 61 
Pflug 629 
Brote 638 
Phantaft 1124 
phlegmatiſch 741 
Pfragner 724 
Pilger 287 
Pilz 177 

Pinſel 385 
pinfeln 887 M 
pinfen 887 
pipen 794 

Plack 461 
Miaderei 461 
pladderu 542 
Plage 461 
plagen 461 
Plakes 462 
Plan 430 
plappern 759 
Plaͤrre 541 
plärren 541 
platterdings 403 
Platz 781 
plagen 51 
plauderg 758 
plöglich 850 
plunp 163. 411. 704 
plündern 14 
pochen 678 
Port 638 
Portion 96 
ik 395 
Poſſenmacher 834 
Poſſenreißer 834 
prahlen 232 
Brabler 232 
Prahlhans 232 
Praufe 538 
praß 52 
prafleln 52 
Preis 437. 934 
— Preis 935 
Preis— 935 
preifen 5. 934 
Preiſer 934 
preislich 984. 
prefien 821 
Prophet 518: 
Pſalm 362 
Pudel 824 


1228 


Bumpes 691 
pußen 762 


D. 


quabbeln 126 
quadeln 759 
quaden 878 
Quackſalber 878 
Dual 160 

— Qual 460 
Dual— 461 
Duäl— 460 
Dualen— 460 
quälen 480 
Duäler 460 
Quaãlerei 460 
quälerifch 460 
Qualm 159 
qnalmen 459 
quarren 387. 877 
Quell — 458 
Quell(e) 875. 457 
—Duell(e) 457 
Duellen— 458 
quellen 456 
Queller 458 
quellig 458 
quirren 387 
quitt 886. 1040 
Dutttung 886 


Rache 98 
Rache — 98 
Rachen 888 
raͤchen 97 

Näcer 98 

— Räder 98 
Nädelsführer 748 
ragen 872 

Rain 196 

Rand 195 


Tangeln 355 
sangen 355 
rangieren 354 
Nanf 355 
Ranke 356 
—Ranke 356 
Nänfe— 356 
ranfeln 356 


ranfen 356 
Raufen— 857; 
raſch 850 

trafen 660 
Rafen 536 
Kath 1160 

— Rath 1161 
Ratb— 1164 
rathen 556. 1157 
Rather 1160 
Kath halten 636 
rätblich 1114 
Ratbe— 1164 
ratbfam 1114 
Rath fchlagen 685 
Rätbfel 1165 
Rätbiel— 1106 
tanben 14. 943 
Räuber 942 
Randy 460. 1011 
—Mauch 1011 
Randh— 1012 
rauchen 1011 
räucdhen 1011 
Raucher 1011 
Räucher — 1012 
raäͤuchern 1011 
Rauchfang 1012 
rauchig 1011 
räumen 24 
rauſchen 303 
rebben 309 
Rebe 356 
rechnen 680 
recht 296. 588 
Recht 83 
rechtfertigen 404 
Rechtfertigung 404 
Rede 99 


reden 872 


reden 73. 77 
tedlich 665 
Reede 780 
Regel 215 
regelmäßig 553 
Reib — 909 
Reibe 909 
Reibel 909 
reiben 650. 908 
Reiber 909 
Reiberei 2398 
reich 339 
Reich 339. 703 
reihen 339 
reichhaltig 494 


eif 851 
in 844 
ifen 727 
eifiger 808 
eiß — 834 
ißen 831 
eißer 833 
Reißer 838 
eit — 803 
eite 676 
iten 727. 800 
eiter 802 
Reiter 802 
eiter— 808 
eiterei 802 
itern 196 
eiters — 803 
24. 835 
eis 835 
eiz — 836 
izbar 836 
izen 835 
flen 196 
:mmeln 196 
nen 355 
‚enn 195 
'enn— 195 
enne 191 
nnein 196 
nnen 192 
tenner 194 
tennfal 192 
let 393 
teue 8183 
suen 813, 1006 
Ihede 780 
ibeln 909 
ichten 197. 296 
tichtmag 552 
tichticheit 552 
tichtichnur 552 
tieh— 1010 
tiechel 1010 
iechen 297. 1009 
tiecher 1010 
iejeln 138 
tif 907 
tinde 165 
ting 348. 850 
-NRing 350 
ding — 352 
ing 357 
tingel 352%. 
Ringel 353 
ingeln 311. 353 


1229 


ringen 148. 847. 800 


Ninger 350 
ringern 357 
rings 351 
Rinne 19 

— Rinne 192 
Ninne— 192 
rinnen 138. 180 
Rinnſal 192 
Ninnfel 191 
rippeln 909 
tippen 909 
riſch 850 

Riß 833 

— Rip 833 
Rift 834 

Ritt 802 
Ritt — 803 
Ritter 802 

— Ritter 802 
Ritterheit 806 
Ritters — 803 
Ritz(e) 834 
ritzen 834 
röcheln 1018 
rödeln 196 
tollen 196 
Rone 196 
Nonne 192 
Roß 125 
Roͤſt 1157 
röften 1157 
Motte 772 
rotwelih 772 - 
Ruch 1010 
Ruch — 1011 
Rücken 1048 
rüden 1060 
Ruf 1195 

— Ruf 1195 
rufen 877. 1192 
Rufer 1195 
—Rufer 1195 
Ruhe 947 
ruhig 936 
Ruhm 631 
rühmen 631 
rühren 771 
Ruine 933 
ruinieren 409 
rumpeln 1091 
Rumpf 894 
rungenieren 409 
Nungenfchaft 350 
Runke 356 


Runne 192 

Rund 192 

Runſe 192 

Nunſel 191 

Runzel 1108 

Rüſſel 542 ' 
rüften 901 

Rüftung 99 

ruunßen 303 


S. 


Saal 745 
Saalbader 759 
ſaalbadern 759 
Säbel 151 
Sache 149. 228. 403 
Sachſen 623 
Sachwalter 228 
Sack 653 
ſacken 728 
ſagen 73 
Salbe 878 
Salber 878 
Salz 782. 1120 
Salz — 1120 
ſalzen 1120 
Salzwedel 1121 
—ſam 1094 
ſammeln 527 
ſanft 551. 946 
Sanfimuth 551 
Sang 361 
—ESang 362 
Sang— 364 
Sange 362 
fängeln 862 \ 
ein er 351 
Enger 360 
Säng er— 361 
Sarıaf 151 
Saflfi)e 492. 000 
— Sajle 601. 602 
fatt 1009 
Sattel 621 
— Sattel 622 
Sattel— 622 


' fatteln 621 


Sattler — 622 
Satz 617 
—Sap 619 
Sap— 621 
Sabung 6. 621 
Sau 264 





jauer 828 
Sauf— 967 
_ 299. 966 
äufen 967 
Säufer 304. 967 
Eauferei 967 
fäufig 697 
Salä)ug— 1063 
faugen 1062 
fäugen 1068 
Eäuger 1063 
fäugern 1063 
Eäule 777 
Saum 658 
fäumen 1082 
Scene 564 
Echabab 850 
Schabe — 650 
ſchaben 649 
Schaber 650 
Schabet 650 
Schabſel 650 
Ihäbig 650 
ſchachmatt 1178 
Schacht 508 


Schaf, Schaff 673 . 


Schäffel 673 
ſchaffen 661 
Schaffer 666 
Shärfer 673 
Schafmer 665 
Schafreit 676 
—ſchaft 665 
fhal 472 
Schale 1. 262 
fchälen 473 
Schalt 262 
Schall 329. 472 
— Schall 472 
Schall— 472 
an 325. 468 
halten 1023 
Scham 256 
Echämel 598 
ſchaͤmen 256 
ſchamhaft 1084 
Ehand— 258 
fhandbar 257 
Schande 256 
fhänden 257 
Echänder 257 
ſchaͤndlich 257 
Schanze 1098 
Schal 673 
Schar 110 


1230 


—Scdar 111 


Schar— 111 
Scharbe — 110 
ſcharben 110 
ſcharen 112 
Scharenheer 111 
ſcharf 113 
Scharf— 114 
Schärfe 115 
fhärfen 115.796 
Edärflein 110 
ſcharfſichtig 118 
Iharffinnig 113. 212 
Scharlah 112 
Scharn 259 
charren 118 
Scharte 116 

— Scharte 116 
Scarten— 116 
ſchartig 116 
Scharwache 112 
Schap 497. 680 
fhäpen 680 
fhauen 510 
Schauer 117 
Scanfel 1027 
Schaufel— 1027 
fhaufeln 1027 
fhaulich 219 
Schaum 105 
Schawell 598 
fcheei 510 
Scheffel 673 
Scheibe 1027 
Scheid 928 
Scheide 927 

— Scheide 928 
Scheide— 930 
Scheiden — 931 
ſcheiden 925 
Scheider 929 
ſcheidig 927 
Scheidung 929 
Schein 185. 512. 886 
—Gchein 885 
Schein— 888 
fheinbar 887 
cheinen 36. 186. 883 
ganı 8*6 
cheinlich 88T 
Scheinung 887 
Scheiß — 886 
ſcheißen 886 
Scheit 932 

— Sheit 932 


Sceit— 983 
Scheitel 431. 933 
Eheitel— 933 
fheitelig 933 
fheiteln 933 
Scheiter— 932 
fcheitern 933 
Schelfe 12 
Schell — 472 
Schelle 471 
—Schelle 471 
Schellen — 472 
ſchellen 468 
Schellhengſt 473 
ſchellig 473 
Schelm 262 
Schelt— 173 
Schelte 173 
ſchelten 171. 1023 
Schelter 173 
Echemel 598 
Schemen 185 
Scentel 697 
fchenten 483. 487. 1171 
Scher— 108 
Scherbe 109. 110 
icherben 110 
Scherben— 110 
Schere 108 

— Schere 108 
Icheren 106 
Scherer 108 
Schererei 108 
Sherflein 110 - 
Scherge 109 
ihergen 117 
Schergen— 109 


fcheuern 118. 660 
Scheune 780 
Schicht 507 
Schicht — 508 
Schichtel 507 
(ans 507 
chichtig 508 
—ſchichtig 308 
Schick 505 

(hidden 46. 32323. 503 
ſchicklich 505 


u. 506 
hidfal 508 
Schidfal— 507 


chickſals — 507 
chieb— 1025 
yieben 1022 
Schieber 1025 
chieber — 1035 
chieber 1025 
— 1025 
hdieblich 1025 
chied — 931 
hiedlich 929 
chiedniß 931 
chieds — 932 
chiedsmann 715 
chiedsrichter 715 
hielen 510 
:chiem 185. 891 
bier 118 
hierling 117 
:chieß 987 
chieß — 987 
:hieße 987 
bießen 983 
:chiegen 987 
chieper 987 
schiff 678 
-Schiff 673 
:hiff— 675 
hiffen 678 
Schiffer 674 
chiffer— 675 
schiffs— 675 
Schilde 473 
hilchen 510 
ehild 831 
bildern 831. 910 
Shifling 473 
dhimmer 185 
himmern 185 
zhimpf 257 
himvfen 257 
ehind— 255 
echindel 256 
Schindel— 256 
binden 254 
Schinder 254 
Schinder— 255 
Zchinderei 255 
Schindfeſſel 256 
Schinvig 258 
Schinken 697 
Schirm 404. 994 
chirmen 404. 993 
din 836 
hladht 55. 698 
-Ehladht 699 


1231 


Schlacht — 700 
ſchlachten 699 
Schlachten — 700 
Schlaͤchter 690 
Schlächter — 700 
ſchlächtig 700 
Schlaf 1154 
—Echlaf 1154 
Edlaf— 1154 
fchlafen 1152 
Edläfen— 1154 
Schläfer 1155 
ſchläfern 1155 
Ichläferig 1155 
ſchlaff 1156 
Schlafittich 698 
Schlag 691 
—Schlag 693 
Echlag— 697 
Schlage 696 
Schlägel 696 
Schlagel — 897 
ſchlagen 53. 676 
Schläger 696 
--Schläger 696 
Schläger— 697 
Schlange 380 

— Ehlange 381 
Ihlängeln 383 
Schlangen— 381 
Schlängler 388 
ſchlank 383 

CS chläntel 384 
ſchlanken 384 
ſchlau 690 
Edlaube 12 
Schlauch 386 
Echlalä)uder 284 
Schlaue 12 
Schlaufe 12. 962 
ichlaufen 960 
ihleht 705 
fchlechterdings 403 
ſchlecken 386 
Schlecker 386 
Schlegel 696 
Echlegel— 697 
Schleich 866 
Schleich — 866 
ſchleichen 864 
Schleicher 866 
Ecdhleicherei 866 
Echleif— 798 
Schleife 797 

— Schleife 798 


fchleifen 115. 796 
Ehleifen— 798 
Schleifer 797 
Schleiß — 838 
Schleiße 838 
ſchleißen 838 
Schleißen — 888 
ſchlendern 1137 
ſchlengen 384 
ſchlenkeln 384 
ſchlenkern 384 
Schleuder 264 
ſchleunig 850 
Schleuße 998 
Schleußen — 1000 
Schlich 866 
Schlich — 866 
ſchlicht 578. 708 
ſchlichten 578 
ſchliefen 864. 900 
Schlieffer 902 
Schließ — 1000 
Schließe 998 
ſchließen 996 
a 998 
Schlieger— 1000 
ſchließlich 998 
Sdliff 797 


Schling— 380 
Schlinge 380 

— Schlinge 380 
Schlingel 384 
Ihlingen 877 
Schlinger 379 

— Schlinger 379 
fhlingig 879 
Schlinke 380 
ſchlinkenſchlanken 384 
Schlippe 962 
Schlippermilch 192 
Schlittſchnh 808 
Schlitz 8838 
ſchlitzen 838 
ſchlockern 8388 
ſchlockſen 386 
Schlonk 377 
Schloß 451. 1080 
— Schloß 1000 
Schlo 1001 
Schloße 1008 
Schloſſer 1000 
Schloſſer — 1001 
Schlot 1012 





Schlucht 962 
—Edhludt 962 
ſchluchzen 386: 
Schluck 385 
ſchlucken 384 
Schiuder 385 
fchlucfern 386 
ſchlückſen 386 
Shluff 962 
Schlüffel 963 
Schlufi 962 
Schluft 962 
fhlummern 1153 
Edlund 387 
— Schlund 387 
8 


7 


ſchmeden 460. 472. 1010 


Schmeer 478 
fehmeicheln 837 
ſchmeißen 424. 841 
Schmelz 477 
Schmelz — 477 
Schmelze 477 
ſchmelzen 475 
Schmelzer 477 
Schmelzet 478 
Schmer 478 


1232 


Schmetterling 845 
ſchmettern 471 
Schmerz 814 
ſchmerzen 229 
ſchmieden 280 
ſchmieren 867 
Schmiß 843 
Schmitz — 844 
Schmitz(e) 843 
ſchmitzen 843 
ſchmodig 468 
ſchmodrig 468 
ſchmudig 468 
ſchmutchig 468 
ſchmuterich 468 
Schmutz 843 
Schmutzz — 744 
ſchmutzen 843 
Schnack 395 
ſchnacken 395. 759 
Schuait 141 
Schnak(e) 394 
ſchnarren 395. 728 
Schnat 823 
Echnatte 8% 
fhnauben 1032 - 
ſchnaubig 1032 
ſchnauen 1033 
fihnaufen 1032 
fhnaufen 14 


Schnauze 542. 1034 


Schnede 395 
Schnee 882 
Echnee— 882 
Schneid — 821 
Schneide 821 
ſchneideln 821 
ſchneiden 819 
Schneider 821 
Schneider — 822 
ſchneidern 821 
ſchneidig 821 
ſchneien 882 
Schneiſe 141 
chneiteln 821 
chnell 850 
ſchnepfezen 1034 
Be 395 
chnenzen 542 
fhnieben 1031 
Schnieber 1032 
fchniffeln 1033 
ſchnipfzen 1033 
| nippifch 940 
chnippſen 1034 


Schnitt 8% 
Echnitt 8% 
Schnitt — 83 
Schnitte 822 
ſchnitteln 822 
Schnitter 823 
Schnitter — 83 
Edhnig 823 
Schnig— 83 
Schnitzel 824 
Ihnigeln 824 
fihnigen 824 
Schniger 824 
Schniger— 825 
fchnoben 1033 
ſchnobern 1033 
— p)ern 1033 
chnopfezen 1034 
Ihnüln)feln 1083 
fchnupfazen 1032 
Schnupf— 1033 
Schuupfen— 103 
fchnupfen 1033 
Schnupfer 1033 
en 103 
dhnuppern 1033 
Schuur 552 
Schnurrbart 728 
Schnurre 395 
fchnurren 728 
Edunß 42 
Echnüflel 542 
Schnute 542 
Schober 1027 
fchobern 1027 
ef 673 
Schöften— 673 
Scholle 473 
fon 862. 889 
fhön 862. 889 
Schön — 890 
ſchonbar 391 
Schönbert 891 
ſchouen 891 
fhönen 889 
ſchonens — 891 
Schoͤnheit 89 
Schoͤnheits — 8% 
Schonungs — 601 
Schooß 992 
Schopf 1027 
Schopf— 671 
ante 670 
ſchoͤpfen 669 
Schopfer 670 












shöpfer— 672 
chöpfungs — 672 
schöppe 673 


:choppen 676. 1027 


shöppen— 673 
borgeln 117 

:chornftein 1012 
:höß 992. 993 
5hoß 990. 991 


schäfjel 989 
hößeln 992 
hojjen 991 


Schramme 835 
Schranfe 928 
chrankeln 308 
dhränfen 928 
Echranne 2359 
Schranz 259 
Schraubd— 10835 
Schraube 1035 

- Schraube 1035 
Schrauben— 1035 
drauben 88. 1034 
Schred 101 
Schred— 102 
ve 101 
hreden 99 
Schreden 101 ° 
Schrecken 109 
Schredend— 102 
chredhaft 101 
ihrediih 101 
Schreckniß 101 
Schrei 878 

— Schrei 878 
Schreib — 913 
Schreibart 913 
ſchreiben 5. 909 
Schreiben 2234, 912 
— Schreiben 912 
Schreiber 912 

— Shreiber 912 
Schreiber — 913 
Schreiberei 912 
ſchreiblich 912 
Schreibung 913 
ſchreien 876 


Schreier 878 
ſchreieriſch 878 
ſchreiig 878 
ſchreiten 806 
Schreiter 807 
Schrick 108 
Schrift 914 
—Schrift 914 
Schrift — 916 
ſchriftlich 914 
ſchrinden 258 
ſchrinen 259 
Schritt 807 

— Schritt 808 
Scritt— 808 
Schrittſchuh 808 
Schronne 258 
Schrot 1198 

— Schrott 1198 
Schrot — 1199 
ſchtoten 1198 
Schro(oͤ)jter 1198 
ſchrötig 1198 
ſchrotten 1190 
Schrund(e) 208 
ſchrundig 258 
Schrunne 258 
Schub 1025 

— Schub 1025 
Schub — 1028 
ſchubben 1027 
Schuͤbel 1026 
ſchübeln 1026 
ſchuben 1025 
Schübet 1026 
Schubjacke 1026 
Schübling 1025 
Schuft 1026 
Schulbe 478 
Schuld 109. 238 
fhuldig 238 
Schuldigkeit 238 
Schule 1081 
fchulen 510 
Schüler 1081 
Schuitheiß 1079 
Schulz 1079 
Schund 256 


ſchupfen 1027 


Scupfen 1027 
Schuppe 650 

Ecdüppe 14037 
fhüppeln 1027 
ſchuppen 1027 
Suppen 1087 


1233 


Schur 116 
—Schur 116 
Schur— 117 
fhüren 117 
Scdürer 117 
Schurf 116 
Schürf— 117 
fhürfen 116 
—— 117 
chũrig 116 
ſchurigeln 147 
Schurke. 118. 262 
fhurren 118 
Schuß 988. 991 
— Schuß 988 
Schuß — 9% 
Schuſſel 989 
c340 995 
fchuflelich 989 
ſchuſſeln 980 
Schuſſer 98B 
— ern 889 
ſchu 

— 1028 
fhütteln 654 
ſchütten 654 
Schutz 404. 093 
Schuß — 994 
Schüpe 993 

€ hügen— 994 
fügen 404. 993 
Schuͤtzer 998 
ſchutzig 988 
Schügling 993 
ſchwach 257. 1100 


ſchwaͤchen 257 


Schwalbad 468 
Schwall 406 
—Schwall 466 
ſchwallen 466 
Schwalm 468 
Schwamm 177 
—Schwamm 173 
Schwamm— 178 
Schwand 261 
Schwang 892 
fhwanger 396 
—ſchwanget 397 
ee 396 
Schwank 8 

— Schwanf 894 
Schwank — 396 
ſchwank 394 
ſchwankel 394 
ſchwauken 178. 985 


78 


Schwanker 396 
fhwären 118 
Schwären 119 
Schwarm 122 
Schwärmer 1124 
Schwärmerei 221 
ſchwarz 840 
ſchwatzen 758 
fchweifen 508 
fhweigen 944 
Schweiger 945 
Schweigniß 945 
ſchweigſam 945 
fhweimen 178 
Schwein 364 
fhwelen 466 
Schwell — 466 
Schwelle 465 
ſchwellen 464 
Schweller 465 
Schweller — 466 
Schwellkopf 466 
Schwemme 176 
ſchwemmen 174 
Schweng— 394 
Schwengel 394 
— Schwengel 394 
Ssumne 894 
Schwent— 396 
Schwenke 396 
ſchwenken 885 
Schwenfer 396 
Schwenkung 396 
fhwer 119 
—fhwer 119 
ſchwer— 119 
fchweren 121 
fhwerfällig 168 
Schwermuth 52 
Schwert 151 
Schwibbogen 1046 
mie 945 
Schwidtiger 945 
Schwiele 466 
fhwierig 121 
Schwimm — 177 
ſchwimmen 60. 173 
Schwimmer 177 
Schwind 260 
Schwind — 260 
Schwindel 261 
— Schwindel 261 
Schwindel— 2361 
Schwindelei 221, 261 
ſchwindeln 281 


1234 


fhwinden 259 
Schwinderling 471 
Schwindler 261 
Ehwindfuht 380 
Schwing — 392 
Schwinge 391 

— Schwinge 391 
Ihwingen 888 


Schwinger 391 


— Schwinger 381 
fhwören 639 
Sdwörer 641 
ſchwul 467 
fhwül 166. 467 
Scmwulität 467 
Schwulſt 466 
Schwulſt — 467 
Schwuͤlſtling 467 
Schwund 261 
Schwung 308 
—Schwung 893 
Schwung — 893 
Schwur 642 
—Schwur 642 
Schwur— 643 
Sclave 89 
Scrupel 430 
ſechten 954 
Sedel 622 

See 344 

Seele 348 
ſehbar 519 
Sehe 519 

ſehen 808 
Sehens — 519 
Seher 518 
—ESeher 518 
ſehlich 519 
Sehne 221. 340 
fehnen 340 
Sehre 122 
feisht 955 
Seifer 105 
feigen 954 
Seiger 955. 958 
feigern 954 
Scih— 954 
Seihe 693, 954 
eiben 954 

ein 249 

eit 221 
Seitengewehr 151 
felig 343 

felten 1094 
feltfam 1094 


femperftei 2236 
fenden 221 
Eender 224 

— Gender 2% 
Sendichreiben 724 
Sendung 224 
Seneſchall 221 
fengen 365 
Sent— 396 
Senke 294. 296 
Sentel 296 
fenfen 294 
Senfer 294. 296 
ſenkrecht 296 
Senne 21 
Sentenz 80 
Errgeant 109 
Seffel 598. 672 
Eep— 617 
ſetzen 6. 574. 003 
Erper 614 
Seßtzer — 614 


Sicht — 521 

fichtbar 520 

fichten 954 

—fihtig 5368 
fihtlih 520 

fidern 954 

Sieb 954 

In 56 

n mw) 81 

fie 260 


Eiedel 6272 
Eiede— 900 
fiedeln 622 
fieden 959 
Eieder 959 
fiedig 959 
Siedler 623 
— Siedler 633 
Sieg 229 
fiegen 229 

fied 511 
Simmel 247 
Simſe 247 
Sing — 300 
fingeln 359 
fingen 357 
Singer 359 
Einger— 361 
Singhofen 363 
Singſang 361 








Sinfe 294 
finfen 291 
Einter 291 
Sinn 308 
—Einn 212 
Sinn— 217 
Sinnbild 216 
finnbifdern 216 


finnen 204 
Sinnen— 217 
Sinnee— 217 


Einnetart 215 
Einngediht 216 
Sinngrün 212 
finnig 209 
finnlih 219 
finnlo8 209 
Sinnpflanze 221 
finnreich 209 


Sinufpruh 80. 217 


—Sinnung 219 
finnverwandt 217 
finnvofl 209 
fintemal 221 
Eippfchaft 281 
Sitte 39 
Sittenanmutb 900 
Sittengepräge 215 
fittfam 770 


Siß 597 
Er 597 
Sik— 600 
fipen 594 
Sitzer 597. 599 


f 
fogleih 857 
Soble 777 
fühnen 710 
ſolch 863 
Sold 1113 
it 109. 238 
omit 999 
ſonach 909 


1235 


fonderbar 1094 
fondern 926 
forgen 515 
Spache 204 
Spalt 835. 1117 
— Spalt 1117 
Spalt— 1118 
Spalte 835. 1117 
—— 1117 
palten 839. 1116, 
Span DI — 
fpänen 204 
Spanferfel 204 
Spann 201 
Spann— 202 
ſpaunen 200. 204 
Spanner 201 
— Spanner 201 
—fpännig 201 
fparen 550 
parren 988 
fyarfam 550. 1114 
Spaß 884 
Spapmader 834 


Epaßvogel 834 


Spat 120 
— 880 
pazieren 1139 
Spei — 880 
Speichel 880 
Speichel — 881 
ſpeicheln 880 
ſpeien 879 
Speier 880 
Speiſe 532. 538 
ſpeiſen 532. 337 
Spende 485. 
Spenel 199 
Sperling 551 
fperren 988 
Speſen 533 
Epiel 163 
Spielraum 668 
Epieh 252. 857 
Spießbock 252 
Spießgeſelle 857 
Spillmagen 199 
(piltern 1118 
Spindel 199 
Spindel— 199 
Eyinne 198 
Epinne— 199 
Spinnen— 199 
ivinnen 196 
Epinner 198 


Spinnerei 198 
—pinnig 198 
ſpiß 252. 262 
Spitz 304 
Spitzbube 262. 943 
fpisfindig 251 
Epleiße 839. 1117 
fpleißen 839 
fpleten 839 

Spiett 839 
Splint 841 


Splinter 841 


fpliten 879 
fplitten 830 
Splitter 839 
Spilitter— 841 
fplittern 839 
fplitternadt 889 
Splitterrichter 840 
Sporn 722 
De 870 
potten 88 
Sprad— 81 ‚ 
Sprache 80 
—Sprade 80, 81 
ſprachlos 81 
Sprang 373 
fpranzen 877 
Sprech — 79 
ſprechen 72 
Sprecher 79 
— Spreder 79 
Spredher— 79 
ſprechlich 79 
1006 
it en 877. 1008 
preisen 377 
Spreng— 876 
Sprenge 876 
Epreugel 376 
fprengen 376 
Epreuger 376 
Sprentel 376 
ſprenkeln 376 
fprenzen 377 
Sprichwort 80 
Lasten 876 
prießen 1003 
Spring 372 
Spring— 873 
Ipringen 51. 365 
Springer 872 
Sprintel 376 
Sprig— 1005 
Eprige 1005 
78 + 








forigen 368. 1005 
Spriken— 1005 
fprod 51. 375 
Sproß 1005 
— 1005 
Eproflel 1005 
fprofien 1004 
Sprud 82 
—Epruch 83 
Spruh— 83 
Sprühwort 80 
Sprung 373 
— Sprung 374 
Eprung— 375 
Sprug 1005 
Sprüße 1005 
fprügen 368. 1005 
fpuden 8830 
Spuf 1140 
fpufen 1140 
jpülen 758 
Spur 744 
fpüpeu 880 
Staar 417 
Staat 786 
Stab 77. 93 
Stachel 88 

— Stuhel 88 
Stahel— 883 
ftachelig 88 
ftacheln 88 
Stad 780 
Stadel 779 

— Stadel 779 
Staden 780 
Stadt 781 
Stadt— 783 
Städte— 784 
Etüdter 783 
— 1137 
Stall 28 
Stamm 49 
ſtammeln 81 
Stand 572. 769 
— Stand 773 
Stand— 777 
Standarte 779 
Stände— 777 
Ständel 776 
Ständen 776 
Ständer 776 
— Ständer 776 
Ständerling 776 
Standes— 777 
ftandhaft 775 


1236 


fländig 769 
—ftändig 769 
Händifh 775 
ſtändlich 769 
Ständling 776 
Ständuik 777 
Stank 298 
ftänfen 298 
Stänter 298 
ftänfern 298 
ftapelu 1137 
Stapfe 714 
ftapfen 744. 1187 
ftarf 417 
ftarr 211. 417 
Starr— 417 
Stärre 417 
itarren 417 
ftarrföpfig 211 
Starrfinn 211 
flärzen 417 
Stärzer 417 
ät 785 
ätig 785 
ätiih 785 
ats 786 
Statt 781 
— Statt 782 
Statt— 784 
ftatt 782 
Stätte 781 
— Stätte 782 
Stätte— 784 
ftatten 784 
ftatthaft 784 
ftattlich 786 
Staub 725. 10238 
— Staub 1028 
Staub— 1080 
auben 10238 
äuben 1028 
Stauber 1030 
Stäuber 1030 
ftäuberu 1028 
ftaubig 1028 
Staude 94. 786 
ſtech 37 
Stech — 86 
ſtechen 83 
Stecher 80 
—Stecher 86 
Sted— 92 
Reden 89. 867 
Steden 93 
Steden— 93 


Stedling 92 
Steg 141. 948 
Stege — 919 
SEteh — 768 
ſtehen 454. 768 
Steher 768 
ſtehlen 13 
Stehler 18 

ſteif 417 

Steig 141. 948 
—Eteig 948 
Steia— 949 
Steige 141. 8 
fleigen 946. 949 
Steiger 918 
Steigerer 950 
fteigern 765. 949 
Steigerungs— 950 
fteil 950 

Steiß 598 
Stelle 437. 781 
ftellen 28. 574. 008 
Stellung 770 
Sterbte) 415_ 
Sterbe— 416 
fterben 414 
Sterbens — 416 
Sterbet 415 
ſterblich 415 
Sterbling 417 
Stern 318 
Sterz 599 

ſtets 82 

Steuer 908 
ſteuern 291. 297 
Stich 87 
—Stih 87 
Etih— 87 
Stichel 88 
—Stihel 88 
Stichel — 88 
ſticheln 88 

ſtichig 87 
Stid— 93 
Stidel 93 

ftiden 93 

ſtickßen 93 
ftieben 1028 
Stieber 1028 
ftiebern 1028 
ſtief — 6236 
Stieg 141. 948 
—Stieg 919 
Stiege 564. 948 
— Stiege 919 





Stieglitz 950 
fier 417 
ſtieren 417 
fiften 197. 875 
Stifter 685 
Stimme 77 
flimmen 558. @05 
Stint— 298 
flinten 297. 1010 
Stinfer 298 
finfig 298 
ſtipitzen 14 
Stöber 1031 
flöbern 1031 
Stoder 89 
Stocherer 89 
ftohern 89 
Stock 94 
—Stof 95 
Stod— 95 
Stödel 95 
fioden 95 
nodie 95 

dia 94 
Rei 85 
Stoff 1089. 1113 
Stolle 28 
ftofpern 798 
ſtolz 751 
Stör 870 
Storcher 870 
flören 291. 1106 
Störenfried 298 
GStorger 870 - 
Storre 211. 417 
ftörrig 211 
8 211 
Stoß 2002 


Stößel 2002 
in 33. 248. 1199 
tößer 2002 
ftößig 2002 
flottern 2004 
rad 296. 872 
racks 850. 872 
afen 98. 1086 
Strabl 186 
ftrablen 188 
ftrählen 186 
Strand 780 
Strang 114 
Straße 141. 545 
ftrauben 611 


1237 





tränben 611 
ftraubig 611 
Strauch 95 
ftraudeln 798 
ſtrauchen 798 
fireben 611. 829 
Stred— 873 
Strede 872 
fireden 872 
Streder 872 
Streich 869 
—Streih 869 
Streid— 870 
Streihe 869 
ftreicheln 869 
ftreihen 866 
Etreiher 869 
—GStreiher 870 
ftreihig 869 
Streit 810 
— Streit 810 
Streit— 811 
a 811 
eiten 148. 800 


Streiter 811 


a 811 
reng 114 
Strenz 233 
ſtrenzen 238 
— 368 
reunen 233 
Strih 871 
—6trih 871 
Strid— 8723 
ſtricheln 871 
Strid 380 
ftrittig 811 
Stroh 368 
Strom 138. 971 
ftrömen 139 
Stromer 943 
Stronz 233 
Ernie 616 
Strudel 421 
firunzen 283 
Strunzer 233 
Struve 611 
Stuf 96 
Stück 96. 1 
—6Stüd 96 
Stid— 9% 
ftüdeln 97 
ftüden 97 
Stud 780 
Studel 780 


Stuhl 28, 598 
ftumm 81 
Stunde 778 
ftunden 778 
Stunden— 779 
Sturm 291. 680 


- ftürmen 680 


flürzen 57. 291 
Stute 786 
Stug 780. 2004 
Stüße 780 
ußen 2004 
ügen 780 
Styl 913 
5*— 74. 328 
uckeln 1068 
Sud 959 
Sudder 960 
Sudel— 960 
Sudelei 960 
fubeln 844. 960 
Suff 967 
fühnen 716 
Sulch 11%0 
Sul; 1121 
Sucü)lze 1120 
fulzen 1120 
Sumpf 69 
Sumje 247 
Sund 69. 179 
Sünde 67 
Eünder 66 
Sündflut 321 
fündigen 1001 
Sunk 294 


x 


tadeln 606 
Tag 898. 1038 
Zanz 291 
tanzen 291 
Tappe 688 
taͤppiſch 704 
taften 7883 
Tatze 638 

taud 860 
tauchen 7 
taufen 292 
taugen 504. 982 
tauglich 504 
taumeln 178 
Taunus 1048 
Tauſch 610 
taufhen 610 





tänfchen 1060 
That 668 
thäti 
Theil 96 
theilen 482 
theuer 436 
—tbum 666 
tbnn 492 
—— 311 
tief 292 
Tieffinn 212 
tilgen 909 
toben 680 
Todſchlag 693 
todt 682. 899 
tödten 682 
toll 660 
tofldreift 131 
toffühn 131 
Tölpel 704 
tölpifh 704 
Ton 3%. 913 
tönen 325 
torfeln 178 
traben 467 
Tracht 718 
—Tradt 718 
trachten 721. 8239 
trädhtig 397 
— Trag 714 
Trag — 714 
tragbar 716 
Trage 48. 718 
träge 740 
tragen 705 
Träger 718 
— Träger 713 
Träger— 717 
—* 718 
ich 714 
trändeln 1082 
Tranf 301 
—Tranf 301 
Trant— 301 
Traänke 304 
tränten 804 
Iränfer 304 
trätfhen 58. 759 
trauen 365. 1172 
Trauf — 965 
Traufe 965 
Itäufel— 966 
träufeln 963 
traufen 968 
träufen 9683 





1238 


Baus 814 
. ua 814 


:. — * 
treffen 52 
Treffen 55. 678 
— Treffen 55 
Treffer 55 
trefflih 56 
Tregel 713 
Ireid— 920 
treiben 916 
Treiben 921 
Treiber 920 
treideln 1082 
trendeln 196 
treneln 196 
trennen 926. 1117 
Irenfe 1083 


trenteln 1082 


Treppe 564 
Tret— 562 
Irete 562 
treten 557 
Ireter 562 
—Treter 562 
treu 265 
treudeln 1082 
Trieb 318. 922 
— Trieb 922 
Trieb — 923 
Triebel 923 
Triebfeder 836 
triebfam 923 
Trief — 
Trief — 965 
triefeln 963 
triefen 963 
triefig 965 

triegen 1059 
Trieger 1060 
Triefenet 880 


triftig 57. 147. 923 
trillen 107 

Trint— 300 

trinfen 209. 966 
Trinfer 300 
Trinkerei 300 
Trifet 380 

Tritt 562 

— Tritt 5683 
Tritt — 565 


tritteln 562 
trocken 955 
trocknen 955 
trödeln 1082 
Trog 656, 730 
Iropf 885. 965 
Tropf — 966 
tröpfeln 963 
tropfen 083 
Tropfen 963 
Tropfen— 966 
Irott 565 
trotten 565 
trüb 319 
Irübfal 319 
Truchſeß 602 
Trug 1060 
Trug— 1061 
trügen 1059 
Trüger 1060 
Truhe 656 
Trumm 933 
Trümmer 933 
Trunk 301 
—Trunf 801 
trunfen 302 
Trunkenbold 804 
trünfig 301 
Tübingen 400 
tüchtig 504 
tückiſch 66 
tündhen 867 
Iwing 398 


u. 


Übeltbat 67 

üben 1138 

über 145 
Uberbleibfel 893 
Überblid 522 
Aberdruß 338, 1008 
ñbereinkommen 77 
hbereinftimmen 77 
Ülberfluß 893. 970 
hherflüffig 398. 970 
übergeben 367 
überbäufen 634 
überholen 36 
überbüpfen 367 
überlaffen 558 
überlegen 128 
überlitten 1060 
ubermachen 222 
übermannen 2329 


übermüthig 688 
überrafchen 1091 
übderrechnen 684 
überreden 733 
Üiberreft 893 
iiberrumpeln 1091 
cher 222 
überichlagen 468 
überichütiten 654 
überihwäle)nglih 392 
überipringen 367 
überfteigen 54 
übertragen 609 
übertrieben 551 
überwältigen 229 
überweifen 733. 987 
überwinden 228 
überwindlings 269 
überzengen 733. 1088 
Überzug 1079 
Uſter 780 

Uhn 386 

um 351. 1192 
umarmen 878 
umbringen 682 

um — des willen 999 
umfangen 878 
umfaflen 878 
umgeben 348 
umgeben 925. 1139 
umher 351 
umringen 348 
umfchlingen 378 
umfonft 169. 495 
um — willen 144 
umzechig 966 
umzingeln 348 
umzirten 348 
unartig 704 
unbefangen 1128 
unbebilflih 163 
unbeholfen 163 
unbefonuen 221 
unbeftändig 309. 775 
undentlich 406 
unedht 692 

a Li 692 
uneinig 720 
unempfindlich 258 
nnentgeltlich 160 
nnentfäloffen 571 
uneradhtet 862 
Unflat 186, 844 
unflätig 844 
ungeachtet 862 


1239 
ungebunden 1088 
Ungebürde 46; 
Ulu)ngefähr 1098. 1192 
—— 1109 
ungeheuer 551 
Ungeld 167 
Ungemach 8318 
ungefittet 704 
ungeftäm 786 
ungewiß 571 
Ungeziefer 843 
ungezogen 704 


Unglimpf 840 


Unglüd 318. 344 
Unglüd— 8346 
Unglüds— 346 
Uubeil 344 
unhöflich 704 
unflar 406 
unläugbar 888 
Uninft 1007 
unmäßig 551 
Unmuth 1007 
unmuthig 1008 
unnüß 436 
unnügli 437 
Unpfliht 167 
Unrath 8423. 1029. 1162 
Unrecht 815 
unfhläffig 395, 572 
unfinnig 209 
Unfpunnen 204 
Unftern 345 - 
unterfangen 20. 286 
Untergebener 492 
Unterhaltung 921 
Unterredung 83 
unterrichten 937 
unterfagen 1016 
Unterfaß 492 
unterfchlagen 20 


Unterſchleif 982 


unterftehen 20. 266 
Untertban 492 
untertbun 492 
unterweifen 937 
unterwinden 21. 265 
unterziehen 4235 
Unthat 67 

Untiefe 749 
ununterbrochen 786 
unverbrühlih 71 
unverdroffen 668 
unverfebens 521 
unverzögert 850 


unverzüglich 850 
ah 147 
unwillig 1109 
Unzifer 843 
Unzudt 1085 
Na 888 
uraͤß 540 
urbar 716 

urdrüß 1007 

ures 540 

Urheber 635 
Urkunde 577 
Urleug 587 
Urfchlacht 619. 697 
Urſchwinge 392 
Urfprung 875 
er 82. 618 
Urtheilsfraft 772 


V. 


Vagabund 870 
Vandale 290 
ver— 752 
verabreden 76 
Verabredung 80 
verabſchieden 234 
veränderlich 282. 800 
verändern 274 
Beranlafiung 570 
Berantwortung 404 
verauctionieren 949 
verbannen 918 
verbeißen 90 
verbellen 468 
verbergen 7. 444) 
verbieten 1018 
verbindlich 287 
verbleiben 273 
verblüfft 57 
Verbot 1018 
verboten 1018 
verbrancdhen 982 
Derbrechen 67 
Derbrecher 66 
verbrecherifch 68 
verbringen 263 
verbuhlt 751 
Derbund 244 
verbinden 246 
verdedt 92 
Verderb 409 
verderben 408 
Derderben 409 
Derderben— 410 


9 


Derderber 409 
verderberifch 410 
verderblich 409 
Verderbniß 409 
verderbt 409 
verdichten 951 
verdiden 951 
verdienen 436 
verdorben 409 
verdorren 955 
verdreht 1035 
Verdrieß 1007 
verdrießen 1006 . 
verdrießtich 1008 
verdrojjen 741. 1008 
Berdruß 1097 
verdunfeln 7 
verdupt 58 
verebelichen 1163 
verehren 483. 590 
Bereinigung 44 
vereiteln 917 
verfallen 16 
verfangen 680 
verfolgen 608 
vergällen 829 
Vergangenheit 1144 
verganten 949 
vergeben 487 
vergebend 495 
vergebli 495 
vergegenwärtigen 443 
Vergehen 67 
Dergelt 169 
vergelten 168 
Dergelter 166 
Vergeß 544 
vergefien 344 
—vergefien 544 
Bergelfer 544 
vergeuden 268 
vergiften 500 
Vergleich 858 
Dergleih— 858 
vergleichen 249. 378 
Vergleichnngs — 858 
Vergnügen 546 
vergnügt 344 
vergönuen 730 
verbaften 1422 
verhalten 7. 18 
Verhalten 1074 
Berhältniß 1074 
verhandeln 608 
Verhingui 506 


1240 


verbeblen 6 
verbeimlichen 6 
Derbeiß 1179 
verbeißen 78. 1179 
verheit 597 j 
verhindern 1105 
verjagen 918 
verjubeln 263 
verjudern 2394 
verfamen 35 
verfaufen 808 
Verkehr 4230 
verknüpfen 237 
Berfnüpfung 237 
Berlag 574 
Verlags — 574 
verlangen 206. 339 
verläftern 840 
verläumden 840 
57 
verleihen 482 
verleiten 731 
verlegen 560 
verleumden 8340 
verlieren 27. 1038 
Verlies(ß) 1039 
verioden 731 
verloren neben 85 
Derluft 1039 
verinftig 1040 
vermäblen 1168 
vermefien fich 1239. 640 
vermeſſen 131. 848 
vermeifentiih 134 
permiffen 46 
Bernögen 1127 
vermutben 558 . 
verneinen 105% 
Vernunft 23 
Beruunft— 38 
vernünftig 20. 772 
verordnen 5 
Verordnung 6 
verpfänden 611 
verpflichten 335. 398 
derpicht 597 
verrathen 958 
Berrätber 1460 
verreden 78. 640. 
verringern 357 
verrucht 66. 
verrüdt 210 
verrungenieren 408 
Ders 616 

verfagen 147 


— 820 

verjammeln 87 

verichieden 929 

verfchlagen 468. 630. 680. 
7 


verfchle(ä)udern 263 
verſchlingen 378 
verichloflen 93 
verichinden 91 
verfhmäben 689% 
verihmerzen 239 
verihmipt 600. 844 
verſchnappen 78 
verſchnupfen 1008. 1063 
verichroben 1034 
verihweigen 7. 944 
verichwenden 263 
verfhwiegen 95 
Derfhwörung 643 
verfehren 1223 
verjeigen 954 
verjeflen 596 

verfeßen 439 . 
verfihern 786 
verfiegen 954 
verſinnlichen 249 
verfoffen 304 
verföhnen 710 
verforgen 515 
Verftand 26. 308. 771 
Beritand— 778 
Verſtands — 778 
verſtatten 730 

Verſteck 92 

verſteckt 92 

verſtehen 21. 513 
veriteigern 949 
verftellen 837 
veritopen 426 
versiummen 944 
verſtuͤrzt 58 

verſuchen 149 
vertagen 1023 
vertbeidigen 44. IE 
nn 204 Mi 
Vertheidigungs — 406 
vertbun 263. 453 
vertiefen 2392 
vertilgen 908 

Vertrag 44 

— Bertrag 747 
Vertrags — 7147 
vertrauen 1172 
Vertrauen 522 
vertreiben 604. 918 


—Bertreter 502 
vertrodnen 955 
vertudeln 7 
vertufchen 7 
verhiben 1139 
verungelden 167 


verunglimpfen 840 
verunreinigen 844 


vervielen 1103 


vervielfältigen 1192 


verwänen 128 
verwahren 881 


verwahriofen 1178 


verwalten 536 


verwandeln 274. 333 


verwandt 23830 
— verwandt 281 
verwarnen 1158 


le 128. 131 


verwebren 1108 
verweigern 147 
verweilen 892 


Verweis 431. 944 
verweifen 426. 918. 937. 


943 
verwerden 5836 
verwerthen 485 
verweien 535 
Verweſer 536 
verwinden 229 
verwirren 408 
verwirrt 406 
Berwirrung 407 
verwogen 128 
verworren 406 
verzaubern 1087 
verzehren 378 


verzeihen 485. 487. 956 


verzetteln 264 


Derzicht 485. 996 


Verzicht —¶ 87 
verzichten 485 


verziehen 892. 1028 


verzögern 10238 
verzüden 1087 
Veſte 451 


Dieh 4. 1056. 1128 


vielen 1103 
Vielfraß 543 
Doll 545 
Volkslied 545 
vollbringen 732 
vollenden 732 
volführen 783 
vollftändig 41 


1241 


vollitreden 732 
vollziehen 732 
vor 752 
vorbanen 1044 
vorbeugen 1044 
Vorbote 1019 
Boreltern 740 
Borfahr 739 
Vorfall 492 
vorfallen 486 
Vorgang 492 
vorgeben 274 
vorgeben 486 
vorbalten 4236 
Vorläufer 1049 
Dormund 627 
vornehm 25 
vornehmlich 25 
vorrüden 426 
vorjchießen 574 
vorfchreiben 5 
Borfchrift 6 
Vorſchub 160 
vorfhügen 274 
Vorſehung 519 
vorjegen 22 
Borftellung 792 
vorftreden 576 


Bortheil 227. 983 


vortrefilich 56 
Vorvordern 740 
Vorwand 162 
vorwitzig 940 


vorzüglich 25. 50 


IB. 


Mabe 1% 
wabeln 126 
wabern 128 
wach 1155 
Wache 113 


wachen 411. 681. 757 


Macs 756. 757 
—MWachs 756 
Mahs— 757 


wachen 32. 758 


Wachsthum 757 
Wacht 113 
wadeln 178 
wader 411 
EN 990 
Waffel 125 

Wage 131 
—Wage 182 


Wage— 132 
Wagen 133 

— Wagen 134 
Wagen — 134 
wagen 132 
wägen 127 
Wager 139 
waglih 132 
Wagner 133 
Wagniß 132 
Wahl 700 
wählen 514 
Wahlplatz 700 
Wahlſpruch 80 
Wahlſtatt 700 
wahnfinnig 209 
wahnwitzig 210 
wahr 862 
währen 338 
Wahrfager 518 
Mährwolf 408 
Waidmaunn 37 
Waiſe 943 
wallen 283 
Waller 287 
Mallfahrer 287 
Wallfahrt 287 
walfahrten 744 
PWalpode 1119 
wälfh 772 
Waltbote 1119 
walten 1118 
Palter 1118 
Wamme 895 
Wamms 895 
Wampe 895 
Wand 279 

— Hand 279 
Mand— 279 
Mandel 282 
—Wandel 282 
Mandel— 288 
wandelhar 282 
Wandeler 286 
wandeln 283 
Wander— 288 
Wanderer 230 
wandern 284 
Wanders — 288 
Wange 682 
Wank 309 
wankel 300 
Wankel — 310 
wankelbar 809 
wankelhaft 300 





wanfelig 309 
wanfelmäthig 309 
wanfeln 300 
wanfen 178. 309 
waın 862 

Warf 129 
Warfel 428. 429 
warm 468 
Wärme 468 
warnen 631. 1158 
Wart 6235 
Warte 113 
Wärtel 625 
Wärter 6%5 
warten 625 
wärts 4483 
Waſch— 761 
He 761 
Waͤſche 760 
wafchen 758 
Waſchen 760 
Wäfcher 760 
er 761 
Walen 536 

Wat 659 

waten 659 
Watfch 471 
watſcheln 659. 1137 
wawrichen 126 
Webe 124 
Mebel 125 
—Bebel 125 
weben 122 
Weber 124 

— Beber 125 
Weber — 125 
Weberei 125 
webern 126 
Wechſel 610 
wechſeln 610 
wecken 899 

Weg 141 

— Weg 142 

Weg — 142 

weg 145 

wegen 139 

wegen (Präp.) 144 
wegern 147 

Weh 814 

weh 814 

wehen 290 
Wehmutter 636 
Wehr 991 

Wehre 901 

wehren 611. 631. 1105 


1242 


Weib 1163 
Weibel 125 
weich 874 
Weich — 875 
Weichbild 875 
Weiche 874 
Weichen — 875 
weichen 637. 878 
Weiher 874 
weichlich 874 
Weide 924 
weiden 566 
Beidmannn 87 
weifen 126 
weigeln 148 
weigern 147 
MWeibrauh— 1012 
Meile 802 
weilen 892 
weinen 886 
Weinleſe 530 
Weis 933. 9483 
weife 772. 939 
—peife 940 
Weife 40. 940. 943 
— Reife 940 
Weiſel 938 
weifen 986 
Weiler 938 
—Weiſer 938 
Weisheit 930 

— Reisheit 939 
Weisheits — 942 
Weiskäufer 942 
weislich 938 
weismachen 282. 942 
weiß 944 
weisſagen 518, 942 
weißagen 518. 942 
Weißager 518 
Weisthum 942 
Weiſung 938 

— Reifung 930 
weit 570 
weitfänfig 508 
weitfchichtig 508 
weitfchweifig 508 
weiz(g)en 943 
weisth)igen 948 
welch 863 

Welle 135 

Welt 900 | 
Wende 276. 290 
Mende— 276 
Wendehals 276 


Wendel 276 
Wendel — 276 
wenden 13. 271 
Bender 375 
wendig 276 
wenig 827 
wenkeln 810 
wenfen 310 
wenn 862. 1099 
wenn auch 8623 
wennglei 862 
I 863 
Berbe— 40 
werben 418 
Werber 418 

— Berber 418 
Merberei 419 
werbiam 420 
Werch 204 
werden 434 
Beri— 429 
Werfel 423 
werfen 424 
Werft 428 

Werg 08 

Berl 170. 204. 915 
Werr 4107 
Werra 408 
Wertel 423 
wertb 435 


Wertb— 438 
Werwolf 408 
weſen 533 
Weſen 103, 584 
—Weſen 534 
Weſen — 535 
Weſpe 128 
Weſpen — 1235 
Veit 1150 
Wetter 2823 
wetterleuchten 858 
wetterwendifch 282 » 
wegen 115. 796 
Bibel 125 
wibeln 125 
Wicht 385 

widt 146 
wichtig 146 
Ride 111 
wider 470 
Biderleg 584 
Widerrede 83 


widerfinnig 79 


widerfpäle)nitig 204. 211 


Widerſpiel 619 
widerfprechend 79 
Miderjpruch 883 
widerfteben 611 
wiberftreben 611 
widerwärtig 319 
wie 862 

wie auch 262 
Wieche 11 
wieder 470 
Wiege 131 

— Biege 131 
wiegeln 148 
wiegen 126 
MWiegen— 131 
Miet 637 
Wieſe 536. 924 
Miet 659 
wieten 566 
wiewol 862 
Wildſchur 116 
Wildwachs 756 
willfährig 741 
willin 24. 741 
Willkur 1095 
wimmern 386 
Wimper 290 
Kind 290 
Wind — 269 
Windbentel 282 
Winde 268 
Winde — 289 
Windel 269 
Windel — 269 
windelweich 269 
winden 13. 268 
Winden — 269 
Winder 268 
Windhals 276 
windig 268 
Windlipps 232 
Windmachen 232 
Windmacher 232 
Windmonat 200 
Windsbraut 422 
windſch 269 
Windwirbel 422 
Wink 307 
—Wink 308 
Winke 307 
Winkel 308 
Winkel — 308 
winken 806 


— — 


winnelweich 260 
winſeln 386 
wippen 126 
Wirbel 421 
—Wirbel 421 
Wirbel — 423 
wirbelicht 423 
wirbelig 423 
wirbeln 422 
Wirbelwind 422 
wirken 323 
Wirkungskreis 608 
wirr 407 
Wirr — 407 
Wirre 407 
wirren 405 
Wirrwarr 407 
wirſch 408 
Wirfing 408 
Wirtel 423 
Wirth 445 
Wirthſchaft 1114 
wirthſchaftlich 1114 
Wirthshaus 445 
Wiſch 761 

— Wiſch 761 
Wiſch — 762 
wiſchen 761 

Ft 762 
Wiſent 943 
Wiſpel 673 
wifien 518. 944 
wiſthar 537 
witich 761 
wittern 1010 
Witz 772. 944 
wigel 944 
wißig 209 

wo 1099 
Wodan 661 
wofern 1099 
Wog 136 

Woge 135 
—Boge 136 
wogen 187 
MWogen— 136 
wogig 136 
wobl 862 
wohlthätig 494 
wohnen 1001 
Wohnung 1001 
wol 862 
wölben 1046 
wollen 514 
Wolluft 546 


1243 


Wonne 229. 546 
worben 423 
worfeln 433 
worfen 433 
Wort 323. 438 
— Bort 440 
Bort— 44 
Worter — 441 
Wrack 033 
Macher 758 
Wuchs 757 

— Wuchs 757 
wüchfig 757 
—wüuͤchfig 757 
Wucht 119. 147 
Bunde 290 
Runder 290 
wunderbar 1094 
wunderlich 1094 
wunderfam 1094 
Wunſch 230 
wünfchen 340 
Wuotan 661 


Wuͤrde 437 


— Würde 437 
würdig 435 
— würdig 435 
würdigen 435 
Wurf 423. 430 
— Wurf 431 
ar 432 
Würfel 433 
Würfel— 433 
werfeln 433 
Wurm 4. 988 
Wurſt 834 
Würtel 423 
Muth 659 

— Ruth 659 
Wuth — 660 
wüthen 659 


3. 
Zachen 1090 
zackern 68 
zähe 1090 
Ba 1090 
ahl 548 
zählen 548 
zahm 243 
zähmen 243 
Zank 810 
zanken 810 
japfen 870 








es 870 
auber 1087 
zaubern 1087 
zaudern 1084 
* 1083 
ehe 966 
jechen 966 
Sehe 956 
zehn 957 
zehren 260. 537 
Zeichen 208. 958 
zeichnen 2308. 831 
Zeige— 958 
zeigen 936. 937 
Zeiger 958 
Zeiger — 958 
zeihen 955 
Zeit 959 
zeitlich 1152 
Bee 921 
elter 196 
zjergliedern &80 
Zergliederungs — 817 
zerknirſchen 471 
zermalmen 470 
zerren 260 
zerſchellen 470 
zerſchmettern 471 
zerſeten 580 
Zettel 197 
zetteln 197 
Zeug 1088 
— Zeug 1088 
eng— 1088 
Br 1089 
Beugen— 1088 
zeugen 424. 1088 
Zeugniß 1089 
Zeugungs — 1088 
uge 1079 
Ziege 1090 
Bich— 1075 
ziehen 4. 872. 1066 
Bieher 1074 
Ziehkind 627 
Biel 521. 548 
Zielzweck 521 


1244 


ziemen 46 
— sig 957 

ins 43 

irfel 351 
zogeln 1080 
zogen 1080 
zogern 1081 
zögern 1081 
—W 627. 1081 
Zoll 167 
Zorn 260 
zornig 1109 
Bote 844 
zubringen 288 
Zucht 1083 
—AZuht 1084, 
Zuht— 1085 
zuchten 1084 
Züchter 1084 
züchtig 1084 
süchtigen 1086 
zugt ing 1085 

ud 1086 
‚zudeln 1086 
äuden 1086 
zücken 1086 
Zufall 4923 
zufolge 558 
zufrieden 344 
zufügen 937 
Zug 1075 
aus 1076 
Zug — 1079 
zugeben 24 
zugegen 534 
Iiee 1082 

ügel— 1083 
zugeln 1080 
zügeln 243 
zugeſtehen 24 
zugetban 130 
zugleich 868 
zulaugen 30 
zulaflen 780. 1130 
zulälfig 784 
zuletzt 998 
zumntben 206 


— B— — 


zuünden 90 
an 178 
unft 25. 171 
zufagen 78 
zuſammenbringen 380 
Zufamnıenhaug 237 
Zufchrift 224 
zufebend 518 
Zuſtand 572 
zuſtehen 36 
zuftoßen 730 
Zuthat 498 
zutragen 486 
Zuwage 132. 408 
suwege 770 
zwaden 85. 794 
Zwang 398 
—Zwang 399 
Zwang— 309 
zwängen 400 
Banker 400 
angfal 399 
zwar 862 
Zweck 85. 521 
zweidentig 218 
Zweifel 430 
zweifelgaft 371 
weigeipräcdh 81 
waliraße 81 
jwiden 793 
wiefalter 1208 
wiegefpräh 81 
wielpalt 720. 1117 
zwieipältig 1117 
wielprade 81 
wietracht 730 
wing— 399 
winge 398 
zwingen IF 
Zwinger 398 
zwinzern 188 
zwirbeln 4232 
wirbelwind 472 
wit 720. 810 
wiftigkeit 729 
zwölf 986 


Ueber deu onomatifchen Unterricht in 
Elementarſchulen. 


„Allge Schulbltatt“ 1851 Pr. 20 von dem leider e 
un — — — ——— r.) — 

Die Sprache iſt der treue Ab⸗ und Ausdruck unſeres Geiſtes, das Wort der 
eib des Gedankens. Denken und Sprechen find auf das Innigſte verbunden, ohne 
Yenfen feine Sprache und umgekehrt ohne Sprache Fein Denken. Ge befchräntter 
er Gedanfenfreis des Menfchen, deſto ärmer und mangelhafter feine Sprache; mit 
et Vermehrung feiner Borftellungen, Begriffe und Gedanken wär feine Sprache, 
nd zwar in gleichem Grabe, 

Wollen wie daher den Schülern Sprache geben, d. 5. fie befähigen, daß fie 
Inerfeits Das, was fie hören und lefen, richtig verfiehen und andererfeits fich über 
as, was im Bereiche ihrer Lebens: und Sculerfahrung liegt, Elar und mit einis 
er Sicherheit und Zertigfeit mündlich und ſchriftlich ausdrücken; fo darf fich unſer 
Sprachunterricht nicht bloß mit dem Meußern, mit Formen und Regeln, mit dem’ 
Sprachleibe befaflen, fondern muß fich vor allen Dingen die Anfgabe ftellen, ihren 
debanfenfreis zu orbnen, zu berichtigen, zu erweitern. Dies Legtere möchte ſich 
ber durch feinen Zweig des fprachlichen Unterrichts beffer erreichen lafien, als ges 
ade durch die Bildung von Wortfamtlien und die Erklärung der einzelnen Worts 
ebilde derfelben, fowie der einfchlägigen finnverwandten Wörter (Synonymen), mit 
ndern Worten, als durch die Onomatik. Schon ein flüchtiger Blick auf das unten 
ıitgetheilte Material zu einer derartigen Hebung wird überzeugen, daß dem Schü- 
rt auf ſolchem Wege eine Menge von Begriffen und Gedanken zugeführt und ſo 
ine Sprache bereichert werde, während man dagegen durch einen: rein grammatis 
hen Unterricht im günftigften Falle nur fein Sprachbewußtfein aufhellt, ihm aber 
inesiwegs zum Beſitze der Sprache, wenigſtens nicht in demfelben Maße, verhilft. 

Das Lehrverfahren bei dem onumatifchen Unterrichte Tann begreiflicher Weife 
erfchieden fein. Denken wir uns bie obern Klafien einer Glementarfchule, fo will 
nd folgendes um ſo mehr als zweckmäßig erfcheinen, als es ven bereits feftitehen- 
en Anfichten huldigt: a) Beifpiele zur Anſchauung und Entwidelung: b) Ergeb⸗ 
iffe aus der Betrachtung, und c) Einübung derfelben durch pafjende Aufgaben. 

1) Der Lehrer ftellt, von dem gewählten Wurzelwort audges 
end, eine Unterredung mit feinen Schülern in der Art an, daß 
ah und nach alle diejenigen Blieder der Wortfamilie, mit deren 
Jedentung er näher defannt maden will, in geeigneten Süßen 
Wortverbindungen, Redensarten) auftreten; oder er fordert die Schüler 
uf, aus einem gegebenen Wurzelworte möglichfi viele abgeleitete 
ud zufammengefepte Wörter zu bilden und dieſe in Sägen ıc. zu 
ebrauchen. @r fihreitet fomit auf erfterm Wege von der Sache zum Worte, 
agegen auf legterm von dem Worte zur Sache; jener iſt für den Schüler der 
:ichtere, Aber für den Lehrer der ſchwerere, derſelbe eignet ſich mehr für ungeübte 
Schäfer, — biefer ift weniger bildend und möchte nur bei geübtern, insbefondere 
um Behufe der flillen und häuslichen Beichäftigungen einzufchlagen fein. Kommen 
ierbei Wörter und Redensarten vor, die dem Schüler gamz unbekannt find, fo wers 
en diefe, ohne ihn lange durch Fragen bins und hHerzuzerren, in Verbindung mit 
nrern Wörtern oder in Säßen mitgetheilt. 

2) Er fucht fi Hierauf zu überzeugen, ob die Schüler mit der 
Jedeutung der in den einzelnen le vorfommenden Wörter 
er Wortfamilie gehörig vertraut find — und ermittelt im entges 
‚engefegten Falle das fehlende Verſtändniß auf eine ihrer Fafs 
ungsfraft angemeffene Weife. Das Berfichen der Wörter hat feine 
HYrade; es ift z. B. bei dem Manne viel tiefer und lebentiger, als bei dem Knaben, 
on dem man, um und furz auszubrüden, nur eine knabenhafte Auffafjung erwar: 
en fann. Bei den meilten Wörtern, welche nicht ſchon ihre Erklärung in ben 
‚ebildeten Beifpielen gefunden haben, wird e8 ausreichen, wenn fie der Schüler mit 
mbern Wörtern zu verbinden, in zu veranlaffenden Urtheilen richtig anzuwenden 
nd mit finnverwandten Wörtern zu vertaufchen weiß, indem ber Zwede bes onoma⸗ 
chen Unterrichts in Wlementarfchulen nicht darin beftehen darf, in dem Kopfe bes 


Schülers einen Schag von regelrechten Definitionen aufzuſpelchern. Man muf 
überhaupt, wie Curtmann in feinem nenen Werke „bie orm ber Bollstchule” 
bemerft, „Davon abkommen, Deftnitionen zu geben ober zu verlangen; bem bie 
Definition if die allerungenießbarſte Abſtraktion für die Sugend, und vaßt ciwe 
nur für mathematifche Lehrbücher. Sonft if jeve andere Art. von Erklärung vor 
zuzieben, beſtehe fie in Paraphrafe, Befchreibung, fpynonymen Begriffen, Ubleitun 
gen, oder was dem kindlichen Berflande am mellen zufagt, in Beifpielen Die 
Herbeifchaffung und angemeffene Mittheilung von Beifpielen if ſchon jet eine ver 
Hauptaufgaben für jeden Lehrer und wird es hei der Verlaſſung des abſtrakten 
Meges noch mehr werben”. — Der Lehrer täufche fich indefien hei tem omemalis 
ſchen Unterrichte nit in der Annahme, daß der Schüler von all den Wörtern, ber 
ren Gebrauch ihm geläufig if, auch immer ein Flares und tolles Verſtändniß beige; 
bei genauer Nachforfchung wird ſich im Gegentheil oft zeigen, daß er ſich garmass 
her derfelben ohne genügende Belannifchaft mit ihrem Inhalte bedient. 

Da das Berfländnig der abgeleiteten und zufammengefehten Wörter mehr oder 
weniger von dem des Wurzelwortes abhängig iſt; fo bürfte vorzugsweiſe deſſen ver 
fhiedene Bereutung in's Auge zu fuflen Hein. Die Betrachtung der rigentlide 
Bedeutung eined Wortes gehe jedesmal der Betrachtung ber uneigentlidyen voraus; 
fodann werde bei den Ableitungen und Zufammenjegungen, falld es niht ale zu 
ſchwierig erfcheint, nachgewiefen, wie die Bereutung des Wurzelwortes gleichjem 
ber rothe Baden ift, der fich durch die ganze Wortfamilie hinzieht. 

3) Er laßt nit nur die bereits betrachteten Wörter zur gr 
Bern Befefligung in neuen Sätzen (Wortverbindungen) anwenden 
und tritt hierbei, um das Bilden inhaltsleerer Beifviele zu ver 
hüten, — helfend ein, ſondern ſtellt endli auch zum 
Zwecke der ſtillen und häuslichen Beſhaftigung Aufgaben, die dea 
Schüler einestheils zur Wiederholung des mündlich Entmwidelten, 
und anderntheils zur weitern Ergänzung der betreffenden Bort 
familie oder zur Silbun von neuen Wortfamilien veranlafien 
Aufgaben der Art find —* und nothwendig; ſie zu bilden, wird dem Lehret 
nicht ſchwer fallen. Wir werden deßhalb an einem Beiſpiel in ber Kürze zeigen, 
wie er etwa durch Aufgaben und Fragen feine Schüler bei der Bildung der Bert 
familien unterftügen, oder ihnen biefelbe erleichtern Fünne. 

Der vnomatifche Unterricht ſchließt ſich am beiten an die Sarg ve 
— der Leſeſtücke an; indeſſen wird das Leſebuch hierbei weniger ale bei ven 
übrigen Zweigen des Sprachunterrichts Grundlage und Mittelpunkt fein könuen, 
indem es dazu einer befondern Einrichtung bebürfte. 

Um nun dem angehenden Lehrer zu zeigen, wie er einesfheils ſich anf den 
onomatifchen Unterricht vorzubereiten, und worauf er anderntheils bei bemfelben 
befonders fein Augenmerf zu richten Habe, erlauben wir uns, das Material zur Be 
handlung der Wortfamilie mit dem Wurzelmurte „geben“ Hier mitzutheilen, und 
zwar mit dem Bemerfen, daß wir die fatechetifche Unterredung darüber, felbit wenn 
wir fle für nothwendig hielten, was jedoch ‚nicht der Fall if, in Ermangelung De) 
nöthigen Raumes ihm überlaffen müflen. Wer im VBeflge des Stoffes ift, wir wel 
auch darüber zu Fatechificen, überhaupt zu reden wiffen, 


Geben. 

Was kann ich Binem geben? Der Wohlthätige gibt (reicht) dem Armen ein 
Almofen (dar). Der Freund gibt dem Yreunde bie Sand. — micht alle reiche 
Leute find fo edel gefinnt, daß fie einen Theil ihres Dermögens an die Arme ger 
ben (ihnen fchenfen). Wer ung ein Amt gibt (zur Berwaltung überträgt), eriwar: 
tet, daß wir demfelben gewiffenhaft vorſtehen. Gott muß zu Allen feinen Segen 
geben (ertheilen), font fann ung Nichts gelingen. Ginem Etwas an die Han, 
unter den Buß geben lihm (heimlich) Rath ertheilen]. Bott gebe (bewirke). Yaf 
dein Herz immer für Religton emyfänglich fei! Was bebeutet das Mörtchen „geben’ 
in folgenden Wortverbindungen: Geſetze (Regeln, Vorſchriften) geben «feftieden): 
Einem Zeit zur Arbeit geben (verflatten); Einen Gehör geben (ihn anhoͤren)? - 
Iſt dein Gewiſſen rein, fo kannſt du dich über die Schmähungen deiner Feinde zu 
frieden geben (beruhigen). — Friſches Getreide gibt (enthält in ſich) wer 





x 


Mehl, als altes. — Schon ber Augenfchein gibt es (läßt es einfehen), daß der 
finmpfe Winkel größer ift, als der rechte. ' 

Gehen — Bang, ſtehen — Stand, denken — Gedanke, ſprechen 
— Sprache, geben — Gabe. Die Kinder find eine Gabe (ein Geſchenk) Got⸗ 
tee. Manche senfchen befigen die Gabe (Faͤhigkeit), fich bei Andern beliebt F 
machen. Man macht feinen Freunden (auch Höhern und Neichern als man felbft 
iR) Geſchenke; einem Bettler aber reicht man eine Babe. Welcher Unterfchieb 
iſt zwifchen Geſchenk und Babe? Gikläre die Zuſammenſetzungen: Wunders, 
Nedner⸗, Nature, Bevbachtungss, Geiſtes⸗, Feldherrn⸗ Himmels:, Er re — 
Gaäng und gäbe, Die preußifchen Münzſorten find in Deutſchland überall gäng 
und gäbe ce find im Handel und Wandel überall gültig). Wer kannn mehrere 
Sprichwörter nennen, welche bei uns gang und gäbe find (Häufig vorfommen und 
für wahr gelten)? — Schreiben — Schrift, treiben — Trift, In 
Bift; giftig, vergiften, Bergiftung. Aus Knpfer fann man Gift (einen 
Gtoff, welcher in bem al und menſchliſchen Rörper —— Zerſtoͤrungen 
anrichtet und öfters den Tod bewirkt) bereiten. Brauntwein und Rauchtabak find 
Gift (ſehr ſchaͤdlich) für junge Leute. Gib den Sinn nachflehender zufammenges 
fester Wörter und Mortverbindungen an: Gchlangens, Ratten-, Nattergift, — 
Mitgift (Heirathegut); Giftbecher, Biftblaie, Giftpflanze, Giftſchwamm, Giftmi⸗ 
ſcher 20.5 — giftiges Kraut, giftige Worte, vergiftete Speiſen, die Unſchuld vergif⸗ 
ten, die Vergiftung der Brunnen ꝛc.! 

Beben — Beber. Der Anblid des Gebers (der männlichen Perfon, 
welche gibt) ift, wie die Gaben, erfreulih. Ginen fröhlichen Geber hat Gott lieb, 
Wer ift ein Geſetz⸗ Gaſt⸗, Rathgeber? 

Abgeben, Abgabe. Gin Offizier, welcher dem Feinde feinen Degen abgibt, 
erklärt ſich dadurch für deflen Gefangenen. Nicht jeder Jüngling gibt einen guten 
Solvaten ab (if dazu brauchbar oder tauglih). Wovon entrichtet man an ben 
Staat Abgaben? — Angeben, Angabe, Angeber, Angeberei, angebs 
Lig, angeberiſch. Gin Angeflagter gibt (führt) Beweiſe —* Unfchuld an. 
Gibſt (zeigſt) du Jemand bei der Obrigkeit in keiner andern Abfiht an, als nur 
am ihm zu ſchaden, fo mußt du dich einer folden Angeberei ſchaͤnen. Wer 
Ginen bloß angibt, der übernimmt nicht, den Beweis von der Schuld bes Ange 
aebenen zu führen; wer aber Ginen — der will den Beweis der Schu 
führen und verlangt die Beftrafung des Angellagten. Man kann einen Dieb ans 
neben, ohne ihn anzuflagen. Der Koloß von Rhodus, eine metallene Bilpfäufe, 
war angeblich (wie angegeben wird) 70 Ellen hoch. Hüte dich vor angeberis 
ſchen Menfihen (vor Menfchen, die gewohnt find, Andere anzugeben, zu verrathen) ! 
— Aufgeben, Aufgabe Wehe, wer im Unglüd die Hoffnung aufgibt 
ſ(ſchwinden läßt)! Der verfländige Schüler betradytet Das, was ihm der Lehrer 
aufgibt (zu lernen oder thun aufträgt), ale eine danfenswerthe Anleitung zu hö⸗ 
berer Bervollfommnung. — Nachgeben, nachgiebig, Nachgiebigkeit. Das 
Erdreich Hatte nachgegeben unter dem Drängen und Treten der immer zunehmens 
den Menge (war durch den Drud zur Seite ansgewichen), Der Berfländige gibt 
nad (läßt das, was Anbere wollen und thun gefchehen). Wer nachgiebig if, 
wo er es nicht follte, handelt unrecht. Der Nachgiebige vermeidet durch feine 
Nachgiebigkeit vielen Zwiſt, befördert die Gintracht und macht fid) dadurch bei 
Andern beliebt. — Begeben, Begebenbeit. a) euch zu Bas 
ter und Mutter zurüd! Nicht in allen Dingen darf man ſich feines Rechts beges 
ben (davon abſtehen). 88 begeben (ereignen) fih vor unfern Augen oft Dinge, 
die an's Unglaubliche grenzen. Man entfagt der Furcht und der Hoffnung, aber 
man begibt fi unr der Hoffnung und nicht der Furdt, Warum? Das laufende 
Jahrhundert -ift reich an merkwürdigen Begebenheiten. — Ergeben, Erge⸗ 
benheit, Ergebung, Ergebniß. Die Stadt ergab fi dem Feinde (unters 
warf fi) der Gewalt vefielten). Der Geizige ift dem Geize, ver Träge der Trägs 
heit ergeben (erſterer läßt fich vom Geize und legterer von der Trägheit behert⸗ 
ſchen). Wer geneigt if, fich einem Andern zu ergeben, der beweif't Grgebenheit. 
Mas unabänderlich if, ertragemit Ergebung. Das Ergebniß der Unterfuchung. 
— Bergeben, Bergebung, vergeblich, vergebens. Grfläre: ein Amt an 
Jemanden vergeben, Ratten und Diäufen vergeben, feinem Range und feiner 


/ 


Würde Nihts vergeben! Bergeben (verzeihen) und vergeffen {ft die Rache des 
braven Mannes, Die Bergebung der Sünden. Wer einen Mohren weiß wa- 
chen will, unternimmt eine vergebliche Arbeit (erreicht feinen Zwetk wicht. 
Bergebens (umfonft) lächelt dem Böfewicht der Heblidye Garten der Frühlinge: 
natur Zufriedenheit und Ruhe zu. — Die Zufammenfegungen mit: aus, bei, 
daher, dahin, daran, ein, fort, frei, anheim, ber, berab, beram,. 
herauf, heraug, herbei, herein, herüber, herum, herantre, berzm, 
bin, hinab, hinan, hinauf, hinaus, biuein, hinüber, binnnter, 
binweg, hinzu, los mit, preis, über, um, unter, vor, weg, wieder, 
zu — werden, wenn es ber Lehrer fir nöthig Halten follte, in ähnlicher Weile behandelt. 
Aufgaben und Kragen (au dem bereite angegebenen Zweckeh. 

1) Leite von dem Wurzelworte „binden“ Stämme ab, a) ohne und b) mit 
Ablaut! — Beiſp.: Binde, Band, Bund, 

3) Bilde mit den angeführten Stämmen Jufammeniegungen, in welden fe 
a) Grund⸗ und b) Beſtimmungswort ſiad! — Beifp: Halss, Kopf:, Rofenband ; 
Bundladen, Bandfabrif, 

3) Welche Sproßformen laffen ch von dem Wurzelworte und den gebilbeien 
Stämmen ableiten? — Beifp.: Binder (iſt einfah wenig im Gebrund), -- 
Bändchen, Buͤndniß. bündig (Bünvigfeit), bändigen (Bändiger). 

4) Bilde mit mehreren der dageweſenen Sproßformen Zufammenjeguuga! — 
Beifp.: Buchs, Beſen⸗, Faßbinder. 

5) Gib die Zufammenfegungen am, welche mit dem Wurzelworte durch Um: 

; ſtaudswoͤrtchen und Vorſylben gebildet ind !— Beifp.: Ab⸗ nach, um-, emts, verbinden. 

6) Suche von einigen dieſer Infammenfegungen neue Wörter abzuleiten! — 
Beiſp.: Entbindung, Verbindung, verbindlich (Berbindlichkeit). 

7) Mit welchen der fu eben angeführten abgeleiteten Wörter fönnen neue Zu⸗ 
fammenjegungen gebildet werben, und welche? — Beiſp.: Zahlenverbindung, Ber: 
bindungslinie. 

Nach dem Bora angenen haben wir wol faum nöthig zu bemerken, daß 
das Gelingen des onomattfchen Unterrichts die forgfältigfte ‚Vorbereitung von Sei: 
ten des Lehrers erheifcht, Wenn bei irgend einem Begenftande, jo iR es bei dieiem 
vor allen Dingen erforderlich, daß er fidy vorerit ſelbſt deſſelben vollkommen bemädhz 
tige, d. 5. gründlich wertraut made mit ben Wurzeln, Stämmen, Sproßiormen und 
Zufammenfeßungen — nah Inhalt und Form, damit er fo aus der gewonnenen 
Fülle feines Wilfens das Rechte für jeine Schüler auszuwählen und jedem zu geben 
wife, was ihm müßt und frommt, diefem leichte, jenem derbe Koſt. Au einem 
brauchbaren Hülfamittel hierzu fehlt es zur Zeit nicht mehr; wir befigen ein ſolches 
in dem in mehreren Heften erfcheinenden — 8 haben bereits vie Preffe verlafien — 
onomaliſchen Wörterbuche von Brofeflor Kehrein — einem Werke, das von Nenem 
den ſprechendſten Beweis von den gediegenen ſprachlichen Kenntniffen des Berlaflere, 
fowir von deſſen unermüdlichen Streben, den Unterricht in der dentfchen Sprache 
möglich fruchtbar zu machen, in der erfreulichſten Weile liefert. In Mager's 
Sprachbuche wird uns nur ein Umriß der Onomatik, ohne Erflärang der mitge⸗ 
theilten Wörter, ohne Synonymen, geboten; in Kehrein's vunomatlichem Wörter 
buche finden wir bugegen dies Alles, verfehen mit zahlreichen Beiſpielen aus uniern 
klaſſiſchen Schriftſtellern, volltändig und wohlgeorunet vor, Wer vor dem Grfchers 
nen diefer Hefte Onomatik in feiner Schule betrieben, wird geſtehen müflen, daß 
iym biefelben bei feiner veßfallfigen Borbereitung eine ungemeine Erleichterung ges 
währen — und deßhalb erfenntlich genug fein, dem Berfaffer für feine höcht müh⸗ 
fame Arbeit den gebührenden Dank zu zollen. Leider ſcheint aber gar Mander 
nicht zu wiffen, welchen reichen Schag dirfelben in flch bergen, wozn fie eigentlich 
beitimmt und wie fie zu gebrauchen find, — insbeſondere nicht zu willen, daß haupt⸗ 
fühlich durch das Studium eines ſolchen Werkes „das Berftärdniß unferer Mutters 

ſprache gefördert, das Hineinblicken in die Werfilätte des deutſchen Sprachgeiſtes 
erleishtert und fomit die Liebe zu Thuiskon's Sprache, der es ein Spiel ", den 
Gedanken, die Empfindung treffend und mit Kraft, mit Wendungen der Kühnheit 
zu jagen” in uns gemedt und genährt werde. 


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