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Digitized by Google
— — oo ve N
Harvard College Library
FROM THE LIBRARY OF
GEORGE ADAM SCHMITT
OF BOSTON
Instructor in German in Harvard University
1856-1863
Captain in the zoth Mass. Vols.
1861-1863
8. Dec. ı, 1837
d. Sept. 21, 1898
Received Sept. 15, 1899
Dnomaliſches Wörterbud),
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Beitrag zu einem auf die Sprache
klaffifchen Schrifeller
gegründeten
Wörterbuch der nenhochdentihen Sprache,
von
Joſeph
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fine: Übefondere bie alte Erzdioceſe Köln
Zweite Ausgabe.
Wiesbaden,
Berlag von Chr. Limba
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8252.41.%.
sy Harvard Colleg: Librazy
Sept. 10, 1898
Frun: tie’ Library of
Geor;e Adam Scamfft.
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Vorwort.
„Die Onomatik ſetzt die Geſetze der Wortbildung voraus,
veſchãftigt ſich nicht mit der Betrachtung dieſer Geſetze, ſon—
dern mit der Anwendung derſelben auf die in der Sprache
vorhandenen Wurzeln, Stämme, Ableitungen und Zuſammen—
fegungen, Summa, auf den ganzen Wortſchatz. Die deutfche
Onomatik weiſt erjtens die Wurzeln der beutfchen Sprache
nad; und gibt ihre Bedeutungen an. Sie zählt zweitens alle
die Stämme auf, welche durch Ab- nnd Inlaut aus den vor:
bandenen Wurzeln erwachſen find, und gibt wieder ihre Be-
Deutungen an. Sie zählt damı drittens alle die Ableitungen
anf, welche durch Vor- und Naclaut von den Stämmen her-
kommen, und gibt endlich die vorhandenen Zıfammenfegungen
an. Die Onomatik begnügt ſich aber nicht damit, daß fie
den ganzen Wortfchag, fnftematifch geordnet, verzeichnet und
von jedem Worte bie verfchiedenen Bebentungen (nrfprüng:
liche, weitere, metaphorifche) angibt; fie gibt auch die finn-
verwandten Wörter (Synonymen) au und zeigt, in wiefern
Diefefben einestheils übereinftimmen, anderntheils fich unter-
ſcheiden.“
So erklärt Dr. Mager die Aufgabe der Onomatif *)
md fügt dann bei: „Weder geben wir alle Wörter der
*) Deutſches Sprachbuch, Anfänge der Grammatif, Onomatik und
Sprahfunf, von Dr. Mager Stuttgart 1842. 8. ©. 177 f.
IV
deutfchen Sprache, noch fügen wir den mitgetheilten Wörtern
Erläuterungen bei, indem wir diefe dem mündlichen Unterricht
überlaflen.” Uber gerade bei dem mündlidhen Unter-
richt treten mancherlei Schwierigkeiten ein, wie jeder Lehrer
finden kann, der es verfucht, die an fich reiche Sanımlung
von Dr. Mager, wenn auch nur theilweife, mit Schülern
durchzunehmen, umd dies um jo mehr, als außer den „Er-
läuterungen” auch die „Synonymen“ fehlen. Dadurch veran-
laßt, äußerten mir einige wadere Lehrer an höheren Schul-
anftalten (Gymnaſien und Schullehrerfeminarien), die den Un-
terriht in der deutfchen Sprache gerne fo fruchtbringend als
möglid) machen möchten, den Wunſch, ich möchte e8 verjuchen,
die Lücke auszufüllen, welche Dr. Mager in diefer Hinficht
abfichtlih in feinem Buche gelafjen. Überzeugt, daß durch
ein tüchtiges Betreiben der Onomatik, wie Dr. Mager deren
Aufgabe geftellt, das Verſtändniß unferer Mutterfprache ge-
fördert, das Hineinbliden in die Werkftätte des deutſchen
Sprachgeiſtes erleichtert und damit die Liebe zu Thuiskons
Sprade, der es „ein Spiel ift, den Gedanken, die Em-
pfindung, treffend und mit Kraft, mit Wendungen der Kühn-
heit, zu jagen“ (Klopftod), allgemeiner werden könnte, war
ich gerne bereit, zur Ausfüllung jener Lücke, mein befcheides
nes Scherflein beizutragen. — Daß ich bei der Ausarbeitung
die Werke von Grimm, Graff, Shmeller, Wader-
nagel, Ziemann, Diefenbad, Stieler, Adelung,
Campe, Heinfius, Schmitthbenner, Schwend,
Heyfe, Weyh, Weigand u. 4. fleißig gebraucht habe,
wird der Lefer auch ohne meine Verficherung bald erjehen.
Den größten Werth meines Buches, das dem Sprad-
forfcher wie dem Laien, dem Lehrer wie dem Schüler, jedem
V
— — — —
Frennde' der deutſchen Sprache willkommen und nicht ganz
ohne Nugen fein möchte, glaube ich darin fehen zu dürfen,
daß es die einzelnen Wortbildungen nach Bedentung und Form
durch zahlreiche Beiſpiele aus unfern Elaffifchen Schriftſtellern
zu erhärten fucht. Die Sprache der Klaffiler muß die Grund-
fage aller Lerifalifchen Werke bilden. Dies gilt für unjere
Zeit um fo mehr, als duch die Schriftfteller unferer zweiten
klaſſiſchen Periode (18—19. Jahrhundert) die neuhochdeutſche
Sprache eine Ausbildung gewonnen hat, wie man fie am An-
fang des 18. Jahrhunderts nicht erwarten konnte. Daß
übrigens nicht zu jedem Worte (namentlich zu den zahlreichen
Zufammenfegungen), nicht zu jeder Bedeutung und gramma—
tiihen Fügung eines Wortes Beiſpiele gegeben find, wirb ber
nachfichtige Leſer entfchuldigen. Die angeführten Formen der
früheren Sprache dienen zur Erläuterung, da manches Wort
in der jegigen Geftalt ohne NRüdfiht auf die frühere unver:
ftändlich bleiben würde, 3. B. bequem verglichen mit To m-
men. Auch zur allmählichen Berbefferung und Feftftellung un-
ferer unficheren und vielfach fehlerhaften Orthographie dürfte
das Hinweifen auf die frühere Form des Wortes dienen.
Daß hier und da aud auf die Volksſprache Rüdficht genom-
men ift, bedarf wol feiner Entfchuldigung.
Die Anordnung des Ganzen beruht auf den Formen des
Ablautes mit Beachtung des auf den Wurzelvofal folgenden
Konfonanten, und folgt im Allgemeinen der von Dr. Mager
gegebenen Reihenfolge. Doch glaubte ich im Befonderen von
feiner Anordnung abweichen, auch manches von ihm angeführte
Wort (wie meiftens, nicht immer, die fubftantivifch gebrauch—
ten Imfinitive und die eine Handlung oder einen Zuftand aus-
drüdenden weiblichen Bildungen auf — ung) auslafjen zu
VI
— — —a— Hm — — —
dürfen. An der Hand unſerer Klaſſiker iſt es mir dagegen
gelungen, viele von Dr. Mager abſichtlich oder nuabſichtlich
übergangene, auch in unfern beften Wörterbüchern zur Zeit
noch fehlende Wörter anführen zu können. Die Beifpiele
jelbft find in der Schreibweife der Verfaſſer (aus den Origi-
nalausgaben) augeführt, wenn ich diefelbe auch nicht überall
billigen Tann. Die Anführungen aus Shakeſpeare find aus
der meifterhaften Schlegel-Tiedifchen Überfegung. Ein am
Ende beigegebenes Verzeichniß der angeführten und größ-
tentheils erklärten Wortformen wird zeigen, daß ich, ohne den
Borwurf der Unbeſcheidenheit fürchten zu müſſen, mein Bud,
das zunächſt nur die ftarfen Verba (deren Ablaut als die
weſentlichſte, Tebendigfte Kraft der deutfchen Sprache erfcheint)
mit den dazu gehörigen Bildiingen und Synonymen behandelt,
anch einen, und zwar ziemlich reichen „Beitrag zu einem auf
die Sprache der klaſſiſchen Schriftfteller gegründeten Wörter-
buch der neuhochdeutſchen Sprache“ nennen darf.
Gerne hätte ich noch eine gedrängte Einleitung über die fo-
genannten Vor- und Nachfylben nah Form und Bedeu—
tung beigegeben, aber der Raum wollte dies nicht geftatten.
Ich verweife darum, neben dem Einzelnen, was hier und da
gegeben ift, 3. B. bar, lich, fam u. U., den nachlichtigen
Lejer auf meine „Grammatik der neuhochdeutfchen Sprade“,
1. Xheil, 2. Abtheilung.
J. Kehrein.
N 1 i
v u u
: e | a (eu 50) | 1a 18
| a: 0 v o 0
Bei diefer Tabelle gibt e8, wie bei der folgenden, mande Ab⸗
weichungen. Man vergleiche inzwifchen: gr. ayoos, Tat. ager, goth.
akrs, ahd. achar und ahhar, mhd. acker und aker, nhd. Ader,
agf. äcer, altn. akr. — Tat. is, goth. is, ahd. ir (Er), mhd. ör
(im pl. ir), uhd. er (pl. ihr), agf. he, (gen. his, pl. hi), altn. hann
(gen. hans, ohne pl.); Tat. piscis |. 3. Tab. und daf. Yo, — goth,
sunus, ahd. sunu, mhd. sum, nhd. Sohn, agf. sunu, altn. sunr. —
gr. 3£, lat. sex, goth. saihs, ahd., mhd. sähs, nhd. ſechs, agf. six, altn.
sex; goth. hafrda, ahd. hörta, md. hört, nhd. Herd, agf. heord, altn.
hiörd. — lat. cornu, goth. hatirn, ahd. mhd. nhd. agf. altn. horn.
1
2
2 Verhältniß der langen Vocale und Doppellaute.
Mittel: | Pteu:
® “ l d. ®
Griech Goth a thoch —æE Angelf. Altnord
7 — & a (0) — „| 4
0,01 6,ä 0 u Ö 0
o jae,oe,ü| äi 6 ei| e,ei | Al) |ei(e)
ov dau, o, uſ äu d, ou o, | eä
—
sv iu, i io | iu, ie | eu, ie — io, y
Vgl. gr. mw, lat. mensis, goth. m&na, ahd. mäno, mhd.
mäne, älter nhd. man, nun Mond, agf. möna, altn. mäne. —
geazwp etc. f. bei der 3. Tabelle. — gr. xolvos, Tat. communis,
goth. gamäins, ahd. gimeini, mhd. gemeine, nhd. gemein, agſ.
gemzne, altn. gemen; goth. sväit, ahd. sueiz, inhd. sweiz, nhd.
Schweiß, agf. svät, altn. sveiti; lat. unus, goth. äins, ahd. ein,
mhd. ein, nhd. ein, agf. An, altn. einn. — gr. ovs, lat. auris,
goth. Ausd, ahd. ôra, mhd. Ore, nhd. Ohr, agf. eäre, (altn. aur?);
ahd. kouch, mhd. gouch, nhd. Gauch, agſ. geäc, altn. gaukr. —
gr. Alvor, lat. linum, goth. lein, ahd. lin, mhd. lin, nhd. Leim,
agſ. lin, altn. Hin; gr. zgeis, Tat. tres, goth. threis, ahd. dri, inhd.
dri, nhd. drei, agf. thri, altn. thri; goth. hveits, ahd. huiz, mhd.
wiz, nhd. weiß, agf. hvit, altn. hvitr. — gr. xevw, (lat. gutta),
goth. giuta, ahd. kiuzu, mhd. giuze, nhd. gieße, agſ. geöto, altn. gyt.
Anm. Dem agſ. u. altn. y gebührt ein Circumfler; diefes Zeichen i eben
nicht vorrätbig.
3
3. Berhältniß ber Eonfonanten.
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(dh, th) d | bd,t |th,dh |th, dh
e(g) |uc(g)
Die hier aufgeftellte Tabelle erleidet allerdings manche Abs
beifungen, doch wird ihre Richtigkeit im Allgemeinen durch folgende
4*
4
Beifpiele beftätigt: gr. xarraßıs, Tat. canmabis, (got. fehlt), ah.
hanaf, mhd. hancf, nhd. Hanf, agf. hanp, altn. hanpr; goth. diups,
ahd. Hof, mh. tief, nhd. tief, agſ. dEop, altn. diupr. — gr. raw,
lat. pecus, goth. faibu, ahd. vihu, mhd. vihe, nhd. Vieh, agf.
löch, altn. fe. — gr. goarop, lat. frater, guth. bröthar, ahd.
pruoder, mhd. bruoder, nhd. Bruder, agf. brödhar, altn. brödhir-
— gr. dalxsıs, Tat. dicere, goth. teihan, ahd. zeigöon, mhd. zeigen,
nhd. zeigen; guth. häitan, ahd. heizan, mhd. heizen, nhb. heißen,
agf. hätan, altn. heita. — gr. ne (lat. fera), goth. dius, ahd.
tior, mhd. tier, nhd. Thier, agf. döor, altn. dyr. — gr. zeivew,
lat. tendere, goth. thanjan, ahd. denen und ihenan, mhd. denen,
nhd. dehnen; gr. «v, lat. tu, goth, thu, ahd. dü, mhd. dä, nhd.
du, agf. thd, altn. thö (f. auch goazae.) — gr. &ya, Iat. ego,
goth. ik, ahd. ih, mhd. ich, nhd. ih, agf. ic, altn. ẽk; goth.
liugan, ahd. liukan, mhd. liegen, nhd. Tügen ftatt liegen, agſ.
feogan, altı. liuga. — gr. xamaßıs, ſ. oben. — gr. yögros, lat,
hortus, goth. gards, ahd. karto, mhd. garte, nhd. Garten, agf.
seard, altn. gardr. — gr. oyl&ew, lat. scindere, goth. skäidan,
ahd. skeidan, mhd. scheiden, nhd. ſcheiden, agſ. sceadan; lat.
piscis, goth. fisks, ahd. visc, mhd. visch, nhd. Fiſch, agſ. fisc,
altn. fiskr. — gr. (dom = id ſage), lat. verbum, goth. vaurd, ahd.
wort, mhd. wort, nhd. Wort, agf. vord, altn. ordh (für ord);
Iat. vermis, goth. vaurms, ahb. wurm und worm, uhd. wurm,
nhd. Wurm, agf. vyrm und vorm, altı. ormr. (Bergl. unten nod)
hehlen, gebären, brechen, gähren, weben, wiegen, flechten.)
5
Ber, empfehlen.
(Wurzel fal, fil, falh, filh, fanffr. val.)
Befehle, befahl, befohlen, befehlen (ahd. pivilihu, pi-
valah, pivalähumeds, pivolohaner, pive&lahan u. piv&lehen; mh.
bevilhe, bevalch, bevulhen, bevolhen, bevolen u. bevoln, be-
völhen u. bevelchen; von goth. filhan, ahd. velahan, altn. fela,
ſanſtr. val — bedecken, begraben) bedeutet eigentlich übergeben und hat
mit fehlen (ſ. dasſ.) nichts gemein. Aus dem Begriff des Ueber⸗
gebens entwidelt fi die Bedeutung Jemanden unfere Willensinei-
nung übergeben, und daraus etwas Fund geben, was. ein Anderer
thun oder unterlaffen fol. — Gott befohlen, Brüder! Schiller,
die Schlacht. In meiner Königin jelbfteigne Hand befahl fie mir
den Brief zu übergeben. Schiller, Maria Stuart, 2, 4. Verhaf—⸗
ten wollt’ ich ihn, wie du befahlſt. Schiller, Tell. 3, 3.
Gebieten (ahd. gapiutan, mid. gebieten) wird nur von ber Willensers
flärung eines Höheren, felbft des höchſten Weſens und von der Nothwendigkeit
gefagt. Heißen (ahd. heizan, mb). heizen) zunächft zu etwas mündlich ans
zegen, Jemanden mündlich fagen, was er fhun fol. Vorſchreiben (von
abt. furigascriban, von ahd. scriban, scripan, mhb. schriben = fchreiben
von lat. scribere, pracscribere) Regeln des Berhaltens geben (zunächit
ſchriftlich); etwas fund geben, damit man ſich in feinem Thun und Laſſen dar⸗
nach richten fol. VBerorbnen (mhb. orden, ordenen, von lat. ordinare)
Richtſchnur für die Handlung geben, eigentlich machen, daß. die Handlungen
einer gewiſſen Orbnung folgen. — Verachteſt tu fo deinen Kaiſer Tell, und
mich, der hier an, feiner Statt gebietet? Schiller, Tell 3, 3. Heiß mid
nicht reden, heiß mid, ſchweigen. Göthe, Mignon. Kein Kaifer bat dem.
Herzen vorzufchreiben. Schiller, Wallenfteing Tod 2, 7. Berurpnet iſt
im englifhen Geſetz, daß jever Angeflagte durch Geſchworne von Seines⸗
gleichen full gerichtet werben. Schiller, Marla Stuart 1, 7.
Empfehlen (mbb. enphälhen, enpfelen, empfeln) in Jemando
Geneigtheit bittend übergeben, Jemands gute Meinung für ſich in
Anſpruch nehmen; weggehen und. beim Weggehen fi eines An-
dern Gunft übergeben. — Ih fheute mich, gleich mit den erſten
Worten, und dringend ihm den Süngling zu empfehlen. Göthe,
Taffo 3, 1. Er empfiehlt fih Ihnen tauſendmal. C. 5. Weiße
die Poeten n. d. M. 1, 3. Herr Oraf! Erlaubt mir, daß ich mic
empfehle. Schiller, Piccolomini 4, 3. .
Greifen (mhd. prisen von franz. priser; vergleiche Tat. protium) alle
gemein das Genehmſein wovon vorſtellig machen. Anpreiſen drückt zugleich
aus, daß man das Geprieſene an den Andern zu Bringen, ihn für baffelbe zu
gewinnen ſuche. — Gottlob! daß ih fingen und preifen fann, zu fingen
and preifen den bravm Mann. Bürger, 2. v. br. M. Dagegen wollte fie
6
dem Propheten Samuel nicht vie mindeſte Aufmerfjamfeit fchenfen, wenn ihr
gleich Wilhelm das Bruſtſchildchen anpries. Gothe, Meiſters Lehrjahre 1, 3.
Anbefehlen und anempfehlen if das verftärfte be- und em-
pfehlen. — Er (der Burgvogt) hab’ ihr anbefohlen, ihm ein
Bad zu rüften. Schiller, Tell 1, 1. Uns ward Liskow fehr früh als
> vorzüglicher Satyrifer ... gepriefen und anempfohlen. Göthe,
eben. 7.2.
Befehl (mhd. bevälch), Empfehl, — befehleriſch, Be⸗
ehlshaber, Befehlsweiſe, Befehlbuch (Schiller, Wallenſteins Lager 11.);
its⸗, Landes-, Raths⸗, Regierungsbefehl; Empfehlungsbrief, —
ſchreiben; empfehlenswerth, — würdig. — Ich, ſein Chef, gab ihm
Befehl, ausdrücklichen, nicht von dem Platz zu weichen. Schiller,
Piccolomini 2,7. Beförderung geht euch nach Empfehl und Gunſt.
Shakſpeare, Othello 1,1. Jago warb ſchon befehligt was zu
thun. Daſ. 2, 3.
Gebot, Geheiß, Vorſchrift, Verordnung ergeben ſich aus den Zeit⸗
wörtern bei befehlen. — Satzung (mhd. satzunge von setzen und dieſes
von sitzen, ahd. sizan, goth., agſ. sitan, altn. sitia — ſitzen, ahd. sazjan,
sezjan, goth. satjan, agſ. stetan, settan, altn. setja — ſeten; vergleiche lat.
sedere, sidere, gt. ilsır, ELedIaı) was geſetzt, feſt eingerichtet iſt, damit
man fih darnach richte Geſetz (ahd. geser, mhb. gesetze, gesetzede)
Aufftellung von Gebot und Regel, wornach fih das Allgemeine, alfo nicht bloß
ein Ginzelnes, nothwendig richten oder beſtimmen muß. — Ge ift ein Gebot
Du fol den Namen deines Herrgotts nicht eitel ausframen. Schiller, Wal:
lenſteins Lager 7. Auf mein Geheig entfernte fi die Fürftin Eboli. Schil⸗
ler, Don Karlos 1, 6. In meine Borfchrift if des beſondern Falles
nicht gedacht. Daf. 1, 8. Ter nen erwählte König kann mehr als das, fann
die Berorbnungen bes Abgefchledenen durch das Feu'r vertilgen. Daf. 1,
5. Nicht durch eitelen Zank um Geheimnig ober um Saßung nahen wir
Gott. Voß, Luife 2, 194.
Hehlen.
(Wurzel bal, hil, fanffr. hul — bedecken; vgi. lat. cel-are, oc-cul-ere,
occultare — verbergen, verheimlidhen, gr. xaA-unrew — verbergen,
x.enzren — fehlen, verhehlen.)
ehle, hehlte (früher hahl), gebeblt, hehlen; gebräuchlicher
verheble, verhehlte (früher verhahi), verhohlen, ee,
verbeblen (ahd. hilu, hal, hälumds, holandr, hölan; mhb. hil,
hal, hälen, geholn, heln; auch ah. v(f)Jarhelan, mhd. verhöln)
eigentlich (jedoch wenig gebräuchlich) in einen hohlen Raum ver-
fhjließen, etwas mit einer Hülle verfehen und fo den Augen ver-
7
bergen; dann auf eine pflichtwidrige Weiſe etwas geheim a
der Wahrnehmung entziehen, daß es nicht zur Deffentlichfeit kommt.
— Wer bürgt ung dafür, daß wir nicht Opfer ver Befchlüffe find,
die man vor uns zu hehlen nöthig adtet? Schiller, Wallenfteing
To 1, 5. Daß Sie fo treulos, fo hämiſch mir bis auf Diefen
Augenblid die Gefahr verhehlen dürfen, die meiner Liebe droht.
Leſſing, Emilie Galotti 1, 6, Jetzt werft die Hülle der verichwieg-
nen Nacht von euch, die euren ſtillen Zug verhehlte. Schiller,
Jungfrau von Orleans 2, 4.
Bergen (ahd. perakan, bergan, mhb. börgen, agf. bẽorgan, altn.
biarga; vergleiche ge. yapyrvu, Ypayırı ich berge, ſchließe ein) in Si:
cherheit bringen oder crhalten; davon dann ver Wahrnehmung entziehen. Vers
beryen (ab. farbörgan, farpirkan, mihd. verbergen) drückt diefen Begriff
deutlicher und nachbrüdlicher, aber audy allgemeiner aus. Berfchweigen
(ahd. versatgen, farsulgdn, nıhb. verswigen, von ahd. sulgen, mh. swigen,
agſ. svigan, svigjan — fihmeigen) etwas durch Schweigen verbergen, d. 1.
darch Worte nicht befaunt machen; dann übechaupt nicht befannt- machen, es
mag fein, anf welche Welfe es wolle. Verheimlichen (abgeleitet von heim»
lich, uhd. heimlich = zum Haufe (heima) gehörig, beimlichen — zum
Hnfenthalt nehmen, vann- in fih bewahren) etwas heimlich (in Ruhe und Si⸗
cherheit vor allem unangenehm Störenven) halten und fo verbergen. — Vers
halten Enhd. virhalden und ahd. haltan, halden — halten, bewahren) be
dentet mit Kraftanwendung machen, baß etwas, was von da, wo es iſt, hers
ansfrebt, zurückbleibt und nicht ausfommt; dann im Befonderen machen, daß
etwas im Bewußtfein zurüdgehalten ift und vor dem Andern unbefannt bleibt.
Hinterkalten etwas, was dem Andern zur Kenntniß -fommen follte ober
fann, feiner Kenntniß entziehen, nur damit es nicht zu feiner Renntniß komme.
Berduckeln, befier vertucdeln (aus ahd. fartuchalan — überſchütten und
verbergen, wol von tiahan, tühan == tauchen) mit Sorgfalt etwas geheim
halten, damit nichts davon befannt wird. Bertuſchen (mhd. vertüschen)
das Kundwerben untervräden, Siehe noch verſtechen. — Hier wo wir ge⸗
borgen vor Stürmer md Sorgen des Lebens uns freu'n. Gotter. Er if
gerettet doch und wohl geborgen? Schiller, Tell 1, 4. Den Mörver gebt
herans, den ihr verborgen. Des Wegs Fam er, umfonft verhehlt ihr ihn,
- Schiller, Tel 1,1. Daß ich das verſchweigen foll, der Seligkeit fo viel
in dieſe Bruſt vermauern foll, it ſchrecklich. Schiller, Don Karlus 2, 4. Nun
ja! Ich dent’, Ihr fürchtet feinen Vater, weil Ihr's vor dem, vor feinem Bas
ter, mein’ ich, fo fehr verheimlicht. Schiller, Piccolomini 3, 8. Ste fah
ihm in bie Angen, die von verhaltenen Thränen blinkten. Böthe, Meifters
Lehrjahre 2,14. Herr Walther Fürſt, ich will Euch nicht verhalten: nicht
eine müß’ge Neugier führt mich ber; mich drücken fihwere Sorgen. Schiller,
Tell 1, 4. 86 geht in mandymal wohl ein wenig funterbunt und garftig zu
anf diefem Erdenrund, das läßt fich freilich nicht vertufchen. Wieland.
Anm, Unterſchlagen = veruntreuend zu eignem Nutzen verwenden, ifl
7
nwellen etwas — nit verhelmlichen. Ich Timmte mit bir zanken.
aß du ein Gehbeimniß doch vor mir gehabt, ein Abentener mir voch unter«
ſchlagen. Leffing, Nathan der Welfe 4, 4. -
Hehl (der) wird nur in den Redensarten: Feinen Hehl haben,
ohne Hehl gebraucht. — Er hat es feinen Hehl, daß wir um fei-
netwillen hieher berufen find. Schiller; Piccolomini 3, 1. Jetzt wen⸗
ben fie rüdlenfend ihren Lauf, und ohne Hehl, gilt ihre Abſicht
Cypern. : Shaffpeare, Othello 1, 3. .
Anm, Stieler führt in feinem Mörterhbudy vom Jahr 1601 vie Redensarten
an:.&8 hat noch feinen häl. Man -Fann nichts häl vor ihm haben.
Hehler (mhb. helre — Hehler, hölere — heimliger Auf-
paſſer) der etwas verhehlt, -befonders in der Nedensart: Wäre der
Hehler nicht, fp wäre der Stehler nicht. |
Berhohlen, unverhoblen (ahd. .vCf)arholan, unfarholan, mhd. .
verholen, unverholen) find Mittelwörter, werden aber nhd. nur
als Bei- und Nebenwörter gebraucht. Dre ſchwache Form bat mehr
ee Bedeutung und. verbale Kraft. — Ihr nun brüdt’ er die
and, unverhehlt den Liebenden Eltern. Voß, Luife 1,797. Ganz -
unverbohlen hörteſt du. mich ſagen. Shaffpeare, Othello 1, 1.
- Helm (goth. hilms, ahd., mhd., alti., agſ. helm, altn. hiälmr)
die edle (erhabene) metallene Kriegsbededung des Kopfes als Schutz⸗
waffe. — Kein Menſch vermag zu fagen, ob er nicht des Helmes
braucht. Ein ſtählern Dad ee Daupt ift jetzo mehr werth als -
ein fteinern Haus. Schiller, Jungfrau von Orleans, Prolog &. —
Helmbinde, — dach, —fenfter, —förmig, —gewölbe, —gitter,
—famm, —Iehen, —teif, —roft,. —fRiße, ‚—ftange, — Rod, —ftuß,
—taube, —zeihen; Ritterh elm. — |
Haube (mi. hübe, mit houbet = Ganyt, wol zu keben gehoöͤrig)
bedeutet zunächft die Kopfbefleidung -überhaunt; fig, die Befleivung ber oberſten
Spigen erhabener Dinge; bie metallene Kopfbekleidnag uhne ritterlichen Schmud?
und gemeiniglich für die Knechte. — Der grane Thalvogt konnnt, dumpf brüllt
der Firn (Gletfcher), der Mythenftein zieht feine Haube an. Schiller, Teil 1,1.
Anm. 1. Die ältere Sprache gebraucht helm auch fig. im Eiune von Schuß,
wie auch in ber. Hl. Schrift (1. zhef. 5,8.) Helm ber Hoffnung des Heils —
Mit dieſem Worte werben viele Gigennamen gebildet, 3. B. Hölmburgis (Schuß:
burg), Anshelm, (Ans — Gott) Wilihelm, Willcheim, (vilja, wili = Bi, ;
«8. Sehr eniftellt it Hellebarte aus helmparten, helembart d. i.
2 = (mid. barte = Streitärt), Art, breites Echlagbeil zum Berfchmettern ber
Held (kommt erft im 12. Jahrhundert vor, ahd. helid, mhd.
hetet, heit, agf. häleth) eigehtlih wol der Gehelmte; dann der
muthvolle, tapfere und auch insbefonbere fampffundige Kämpfer, der
Kampf mag beftehen, worin es fei; dann jeder, der worin ausge-
zeichnete Stärke befigt. — Heldenarm, — bahn, —brief, —buch,
—frau, —gediht, —geift, —gefhichte, —haft, —hand, — heer,
—her,, kraft, — lied, — lob, — if, — mat, — maͤßtg, — muth,
—müthig, —oper, — probe ‚ —reih, —farg, —faal, ſqhwerl
—finn, —ſpiel, — ſprache, —ſtark, — ſtirne, that; —tod,
—tugend, —weib, — zeit; Olaubens— , Kriege—, Wonheld.
Hölle für Helle, wie — im 17. — (goth. hali =
Hölle und Höhle, ahd. helja, hella, mhd. helle) 1) (veraltet, noch
in der Volksſprache) ein hohler, verftedter Drt, z. B. in der Schmiede
unter dem Herd, die Rebenfeite einer Malzdarre neben dem Eibofen,
der enge Kaum, den am einem Winfel der Stube der Ofen mi
ber Wand Silbet; I) Aufenthaltsort . erg Ft ”
Himmels. — Höllenangft, —bran wi
— hund, — kind, a hoitsfpraih: für — = ein, —
(Moos⸗art); Hol
‚Hohl ( uk Ih ahd., mhd., agf. hol, altn. holr) „ leeren
Raum im ern babend: Baum; 2) nad innen. gebogen: hohle
— "opt gefchtiffenes Glas; 3) (fig.) Teer an Inhalt, dieſer fei
lid, Ton ꝛc. — Warum nicht einem leeren. boplen Hut?
Bash du dich doch vor einem hohlen Schädel. Schiller, Tell 8, 8.
Bes ih, ob diefe Stäbe nicht durchgefeilt, au dieſes Zimmers
Boden, dieſe Wände, Außen feſt, nicht h von Innen ſind?
Shitier, Maria Stuart 1, 1. Es ſchaut ihr Meter Blick mit der
Begier des Aolers um fd her. Böthe, Iphigenia 3,1. Mutter!
Mutter! Spricht fie hohle Worte. Göthe, Braut von Eorinth. Die
ungeftüme Srefferin, die ae, ber nicht mit — Namen, Figu⸗
ranten gedient iſt. Schiller, allenfteing Tod 1,
Ausgehöplt (Mittelwort aus aushöhlen, ne ahnen; ahd. ar-
holon, in der Bolfsfprache auch anshuljen, aushulchen) bedeutet Hohl
gemacht, von einem Gegenitand gebraucht, der vorher nicht Hohl war und auch
nicht von ſelbſt hohl geworben if. Leer (ahb. läri, mhd., agf- lære) ohne
Inhalt. — Ich fol’ es wohl mit anſeh'n, wie es: uch von Tag zu Tag
anshöhlen wirb His auf die Zehen? Leſſing, Nathan ver Weife‘ 2, 9. Graf
Balfy Hat ein leeres Glas vor fh. "Schiller, Piccolomint 4,5.
Hohlader, —äugig, —bädig, —beere (Himbeere), — bofrer,
-deichſei, — ode, —eifen, —feile, —flöte, —gefäjroi, —glaß,
—häring, — fehle, -kirſche, —flinge, —krähe, —kreiſel, —lauch,
—meiſel, — mütze, — ring, — röhre, ſchnaͤbler fpiegel, —taube,
—ireppe, — weg, —wert, —wurz, —zahn, —ziegel, —zirkel.
Yım. finder, in der Bolf 1 d 1 d.
holafu)ntar, ———— holunder, u — ra, hohe ; RN a
hoker) wirb von Abelung u. A. von hohl abgleitet. Die Endung der (ahd. tar,
der, dir) it wahrfcheinlich aus goth. triu, ahd. triu, tera, tira, altf. tr&o, alin.
tre, agf. treöw, — ſlav. — — Rn Baum en Ir Aie :
Ihr lich dag noch unau ndene holan, we d
wo holen, Tr einen Recjenden Strauß ober Baum bedeutet. Zu derſelben ;
Bıryel gehört ahd. hulis ‚ huliz, mh. huls = Stedpalme.
10
Höhle (ahd. holi, agſ. hale, altn. mhd. hol) überhaupt leerer
Raum im Innern eines Körpers, dieſer Raum mag groß ober klein
fein. — Welch Aeußerftes ift noch zu fürchten, wenn der Stern des
Auges in feiner Höhle nicht mehr ficher iſt? Schiller, Tell 1, 4.
Ihr wagtet euch bis in des Tiegers Höhle? Daſ. 2,2. — Augen—,
Bauch —, Baum, Bers—, Bruft—, Dachs —, Dradien— , Fuchs⸗
höhle u. a. — Höhlung; höhlen gebräudlicher aushöhlen.
Grotte (franz. grotte, abgeleitet aus lat. crypla, gr. zerar, = ver⸗
deckter Ort, unterirbifches Gewölbe) bedeutet eine gewölbte Erd⸗, Berg⸗ oder
Belfenhöhle, vorzüglich wenn diefe angenehm zum Aufenthalte, im Beſonderen
Tünftlich oder Doch wie künſtlich bereitet il. Kluft (ahd. chluft = Scheere,
von chliupan = ſpalten) ift die weite Erd⸗,, Berg- oder Felſenſpalte, auch
überhaupt eine weite tiefe Deffnung zwifchen Bergen oder Felſen. — Und wie
der Flare Duell aus dunkler Grotte, fo drangen unaufhaltfam helle Thränen
aus hen lichtlofen Höhlen ihrer Augen. Houmwald, das Bild. Erſchrocken
fliehen auf zerftreuten Wegen die Bunter, die Teufrer mit Affan, in Klüften
fih, in Höhlen einzufchliegen. Schiller, Aeneis 4, 30.
Anm. Abd. huliwa, mhd. hülwe — Lade, Höhlung im Boden mit Waſſer
efüllt, daher auch hülloch d. i. hülweloch, hat fi in dem Hül her Bolfs-
prache erhalten, 3. B. Grashül, Miſthül, Roßhuͤl (Pferdeſchwemme).
Hülle (ahd. hulla, aud) heli, helina, mhd. hülle) wird dag
über einem Gegenftande Befindliche genannt, was ihn ganz umfchließt,
fo daß man nichts von ihm fehen Fann. — Falſcher Pontus, deine
Stille war nur des Verrathes Hülle. Schiller, Hero und Leander.
Erde, .. wo Gott in ven Hüllen der Menſchheit wandelt, Klopſtock,
Meftas 3, 86,
Dede (ahd. decchi, mhd. decke; vergleiche dach, gr. r#/os, lat. tec-
tum) bezeichnet den Begriff allgemeiner, ohne Rüdficht darauf, ob das über
dem Gegenſtande Befinvliche über Dem ganzen Gegenſtande oder nur über eis
nem Theile besfelben if. Bedeckung, nur von dem Deden bes ganzen Ge⸗
genftandes gefagt, bezeichnet zunächft die Handlung des Dedens; dann wer
diefe Handlung ausübt, das Dedenve ſelbſt. — Über uns fehlen eine rothe
Dede fih zu legen. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 3. Über euch fenkt fich
bie Dede ber tiefiten Geheimniſſe nieder. Klopſtock, Meffias 5, 771. Bu
Bedeckung der Brüde wurden an beiden Enden derfelben ſtarke Baſteien
aufgeführt. Schiller, Belagerung von Antwerpen.
Anm. 1. Gehilb, beſſer Gehilw (mhd. gehilwe) was den Himmel be-
det, einhüllt, ſowol der feine Dunft oder Nebel, der an ſchönen Somntertagen die
Atmofjphäre umzieht, der f. g. Herchud (mol von ahd. heiön == fengen), als
auch fürmliches Gewoͤlk. Davon vie Adj. gehilt, gebilw, gehil, gehilwig.
Anm. 2. Die Redensart die Hülle und Külle haben (victu et amictu
abundare) heißt foviel Haben, daß man ſich (äußerlich) einhüllen und (innerlich)
anfüllen ann. Ich habe Guts vie Hull’ und Fülle Lefling, vie Brille
Hüllen (goth.,. ahd. huljan, mh. hüllen) in einen biegfamen
Körper wideln und fo dem Anblick entziehen. — Bor feinem Gefichte,
11
das_in trauernbee Dunkel, in fhreiflidee Schwermuth Hütte, fap
er Dualen gehäuft auf Dualen zur Ewigkeit eingehn. Klopftod,
Meſſias 2, 629.
Deden (abt. dechan, decchan, dachan, mhb. deken, decken) und
Bededen erflären fi aus Dede und Beredung. — Der Wirth, er deckte
ſelbſt mich zu mit feinem fühlen Schatten. Uhland, bie Einkehr. Wie ihm
ver Kaiſer ſelbſten erlaubt, zu bedecken fein fürftlih Hanpt. Schiller, Wallen⸗
Reine Lager 11. |
Ein-, ent-, um-, verhüllen (früher auch noch be=, zuhüllen)
bebürfen feiner mweitern Erklärung — So hüllt er alles, was
den Menſchen nur ehrmwürbig, Tiebenswürbig machen kann, ins blü-
hende Gewand der Fabel ein. Göthe, Taflo 1, 4. Den Erwählten
bab’ ich enthüllt das Geheimniß meiner Sendung und deiner Gott⸗
heit. Klopſtock, Meſſias 4, 1327. Salom ging indeß, mit Dampf
und Wolken umbüllet. Dal. 2, 237. a du uns auf reid
bebauter Flur mande leicht perhüllte Spur einer lieben Seele
zeigteſt. Böthe, an Lottchen. Hell und heller wird es fchon um
die unverhüllten Glieder. Göthe, an Luna.
Mit enthüllen (etwas uns Unbekanntes ganz zu unferer Kenntniß brins
gen, fo daß es in allen Theilen und Umfländen vor unferer Anfchauung fich
befindet) ſinnverwandt find entdecken (ahd. intdecchan), das überhaupt ge⸗
fagt wird, wenn etwas, defien Dafein uns unbekannt ifl, zu unferer Kenntniß
gebracht wird, befonders auch von Geheimniſſen, und entwideln (urſprüng⸗
lid von ahd. wiccho oder wichta — Binde, daher auh Wide oder Wied
— Dodt, Koll. wike, engl. wiek) eigentlid ein Gebinde aus einander Löfen;
daher fig. etwas in feinen einzelnen Theilen,, fowie viefe aus einander her:
vorgehen, nach einander zur Kennjniß oder auch zur Anſchauung bringen, fo
daß zugleich der innere Zufammenhang des Dinges vor unferm Geiſte ſteht
— Ich bin entdedt, ih bin durch ſchaut! Schiller, Maria Stuart 4, 2.
Doch würd' ich Eure Majeität beſchwoͤren, um Ihrer Ruhe willen Sie be-
ſchwoͤren, bei dem Cutdeckten fill zu ſtehn, das Forſchen in ein Geheimniß
eig aufzugeben, das niemals freudig fih entwideln kann. Schiller, Don
Rarlos 3, 4.
Hülſe (ahd. hulse, eig. hulisa, mit der ſchwäbiſchen Neben-
form DHelbe, ahd. helawa, mhd. hulst, hulft) bedeutet eigentlich
und gerwwöhnlidy Das fchmale, aus zweien durch eine ſ. g. Naht verbundes
nen Klappen zufammengefeßte hautartige Fru Beh dann fig.
Hülle, fcheidenartiger Behälter. — Ihr treffet Hülfen an und
Schalen ohne Kern. P. Flemming. AU die verbaßten Hülfen
des Standes. Schiller, Don Karlos 1, 3. Die Ffünftli gebohrten
und gefüllten Hülfen (bei einem Feuerwerk). Göthe, Meifters
Lehrjahre 2,1. — Hälfen, ab—, aushülſen; hülfig; Hülfenfrucht.
Schale (ahd. scala, scala, mhb. schal, schale, schäle, auch — Platte,
12
Schäffeligeibe und Trinkbecher) ahldebarer Naturüberzug, allgemein natürlicher
Fruchtbehaͤlter. Davon abgeleitet iſt Schalfe (ahd. sceliva, mhb. schelve)
Baumfchale, Holzrinde, der aufgeblähete Häufige Fruchtüberzug; Klappen einer
Gülfe. Hochdeutſch felten ft Schlaue oder Schlaube (uus niederd. slüe)
für Schlaufe (mhd. sloufe), worin man ſchlieft (fchlüpft), aufgeblähete
Hülle der. f. g. Hülfenfrüchte, dann die äufßerfte Fruchthülle. Schote (mhd.
schöte, vielleiht-v. ahd. scuan — befchatten) das aus zwei durch. Nähte ges
ſchloſſenen Tänglichen Klappen gebilvete Eamengehäufe. — Die Schale kann
nur bitter fein; der Kern iſt's fiher nicht. Leffing, Nathan ber Weiſe 2, 5.
Man will den. wahren Kern und fättigt fi & mit Schelfen. Günther. So
hoffe ich nicht, man werbe tie- fünf Kapitelreihen von Schlauben wieder
abdruden laſſen, ohne ‚mit einer Note wenigſtens Winke zu geben, wo ber
Kern liegt. Herber. (Ge fielen) bie ran in bie Schuten. Göthe, eat
dercourage.
Halm un halm, mho. halm, haln, agf. helıne, höalme,
altn. 2. olksſprache Helme, Tat. calamus, gr. sarauos), Stengel
der Grasarten, befonders des Getreives, wird von Grimm uw |
a (hohl) zu dieſer Wurzel: gerechnet, alfo eigentlich das Hohle.
grünt ung fein Halm, es. wädhft Feine Saat. Schiller, Wal⸗
lenſteins Lager 11.
Ahre (ahd. daz ahir, ahar, mbb. — — agſ. &ar, noch im 16.
Jahrhundert das äher; vergl. gr. .axpog, lat. acer = in eine Spige aus
laufend, fcharf) bedeutet den oberſten fpigenvollen Theil der Getreide und —
her andern Grasarten, worin dicht am Stengel die Fruchtkoͤrner ſitzen.
Kolben, weniger gut bie Kolbe (ahd. der cholpo, mhd. kolbe,
kylfa u. kolfr) ift eigentlich das Furze vide runde Ende eines Dinges, 3. 2.
eines Stores; dann aher bie kurze dice Ähre, z. B. des Waizens, Spelzes,
beſonders die Yurge dicke rundliche Blutenwalze mancher Gewaͤchſe. Die Riſpe
(mhd. respe — Reiſich, von rispen — ſammeln, kraͤuſeln) begeichnet den
obern Theil der Gras: und Getreidearten, infofern er ſich in eine Menge
längerer und. Fürzerer Aftchen zertheitt, woran auf einfachen Stielchen bie
Blüten und Sruchtkörner figen, fo daß das Ganze eine längliche Geftalt Hat,
3. B. an Hafer, Hirfe, Schilfgras. — Der (Windhalm) ſprach zu einem
Halm mit einer vollen Ahre. J. N. Goͤtz, bie beiden Kornaͤhren. Jetzo
ſchwebte der Kahn am krummen Geſtad' um ein Röhricht und braunfolbiges
Mied. Voß, Luiſe, 1, 604.
th. hulihs, ahd. mh. hold, agſ. huld, hold) geneigt,
lwollend, wohlthuend, — chuenden Eindrug machend,
rimm wahrfch einlich urzel hal, N aber wol
et yon ahd. halden, — hyldan — fi en, wie
de (ahd. halda, —* halde) die ab Au e Seite
Huld (ahd. huldi, mhd. hulde) das mohlthuende
jegen Jemanden, beſonders des Höheren gegen ben
13
Geringeren. — Wenn die Natur ˖ der Dichtung hol de Gabe aus
reicher Willkür freundlih mir geſchenkt. Goͤthe, fi 1,3. Sie
fub das füßefte, lieblichſte, hald ſe ligſte, beſte Gefchöpf unter ber
Sonne, ganz -Güte und Großmuth, "ganz Unfchuld und. Freude!
Leſſing, Minna von. Barnhelm 5, 9. Was find wir, wenn faifers
fihe Huld fih von uns wendet!’ -Schiller, Piccolomini 2, 2. Ich
Rand auf Berges Halde, als. Sonn’ hinunter ging. Rüdert, Abend⸗
lied. > Zr u VE F
Aumuth, anmuthig, fanfte Begierde‘ erregend, nämlich an d. f. nach
ch; fo daß man eine fanfte Begierde nach Tan) dein Gegenſtand hat,’ wels
dyer den Sinnen gefällt. Grazie (von franz. gräce, ans bem lat. gratia)
bezeichnet die anmuthige Schönheit in der Beweguitg und Haltung wie der Ge⸗
berden, Mienen, Stimmen u. dgl. (S. weiter angenehm, annehmlic,
. gewogen.) — Ihre Zormen find voller Aumuth, ganz in der griechtichen
fifen Würde hingeftellt. $. P. Sturz 4. Brief, Holdfelig Kind, bu, meine
füße Freude, anmuthig wie der Wei. J. R. Götz, Warnung au einen
ihönen Knaben. Gie wandelt in einer verborbenen Zeit, im Gewühle ver
Hofintriguen und Künſte, mit einer Grazie, welche ben Weltmann eutzückt
und einer Tugend, bie ven Himmel befriedigt. Sturz, 5. Brief.
Anm. Hierher rechnet Wi Wackernagel auch das zugebende, erklärende
und — mundartlich auch haltexs. halter! ch (abo. halto, mhd.
halt) eigentlich ſich vorwärts ſenkend, geneigi. Richtiger faſſen Grimm (Gram.
3, 240) und Schmeller (bayer. Wörterb. 2, 185) dies Wort als ein" verbales
Ayverbium für halte ich, wie nhb. gef hweige d. 1. ich geſchweige, mh. ich
geswige danne. — manig, täsent séle wirt-halt von .der selben sünde ges
irret; ich hab dich. Halt. gar zu lieb; "es wirt michs, Halt ich, nuch je keiner
überreden. Avent. Ahron: . Bl,
.. Stehlen
(Wurzel stäl, stil.)
Stehle, ſtähl, geftohlen, fehlen (ahd. stilu, stal, stälumds,
stolaner, stelan und stilan; ınhd. stil; stal, stälen, geäteln, stäln;
goth. stilan, agſ. stelan, steelan, altn. stela) ift eigentlich heimlich
thun; dann. heimlich Anderer Eigenthum ſich zueignen, es mag dabei
Widerſtand zu überwinden fein oder nicht. -— Denken Sie nicht
etwa, daß ich durch ne Beine ige a in feine
Gunft mich. ſt ahl. Schiller, Piccolomini 1, 3.. Ja Mer auch nur
Eine Seele fein nennt auf dem Erdenrund!’ Und wer's nicht Ber
lount, der ſtehle weinend de Ar are Bund !. Schiller, an bie
Freude. Krogt, wo haft du das Halsband geftohlen? Schiller,
Ballenfteins Lager & biefer Stunde wird's ein eleitet, bie Armee.
dr Kaifer zu Mehlen und. bem Geinbe zupufügren! Sciket, Piece
( ae
14
Euntwenden (von goth. vandjan, ahd. wenten, mhb. wenden = wenden,
. factitiv zu wintan, winden = winden) eigentlich |. v. a. einenr Andern weg⸗
und fi zuwenden; dann allgemein Anderer Eigentpum fi zueignen, aber
nur jenes, das wirklich wegbewegt werben kann, infofern dies nicht mit offener
Gewalt geſchieht. Rauben (ahd. roub(p)ön, nihd. rouben, von ahd.
raub, mhb. roup, agf. röaf, zunächft auf Gewand zurüdzuführen; mittellat.
rauba, franz: robe; dann die den befiegten Feinde entzogene Rüftung) if
vffen und mit Gewalt weguehmen. Maufen (von einenr verloren Zeitworte
entfproffen, wovon ſich in den :Malbergifchen Gloſſen ahd. musido oder mö-
sido — Diebflahl findet; die Wurzel iſt fanffr. mush — ſtehlen; nhr. ift
maufen an maufen = Mäufe fangen, mhb. müsen, angelehnt) heimlich Klei=
nigfeiten entwenden. (Im mittelrhein. Bolfspialeft hört man dafür ſchnauſen
— ſchnauzen? gleihfam mit der Schnauze wegtragen?) Plündern (von
Blunder, mit unficherer Wurzel) des beweglichen Gutes berauben, wie dies
im Kriege zu gefchehen pflegt. Stipitzzen fein und liſtig Kleinigfeiten fehlen.
— Ib bin mir felbft entwandt, fie iſt es mir. Göthe, Taſſo 5, 5. Die
Welt wird nie das Glüd erlauben, als Beute wird es nur gehafcht; ent=
wenden mußt du's oder rauben, eh dich die Mißgunſt überrafcht. Schiller,
das Geheimnig. Dort raubt man mir bad Herz, bier wird es mirgeftohlen,
weil Chloris ſchneller zwar, doch Doris fichrer fiegt; tie Schönheit zeigt ſich
dort im freien Feld, und liegt in Doris Zügen hier ale hinterm Buſch
verholen. Ch. Wernide. Was foll dir's (das Taſchentuch) nun, daß du fo
eifrig drängft, ihr’ wegzumanfen? Shaffpeare, Othello 3, 3. Als ob
ih ihm was gemaußt. C. F. Weiße, d. Boeten n. d. M. 2, 3. Dur
Plünderung ber niederfächfifchen und weſtphäliſchen Stifter fammelten fie
Kräfte, die Bisthümer am Oberrhein zu plündern. Schiller, Sojähriger
Krieg 2. B. Herr Galgendieb! weiß er die Kirfchen, die verfchmigt er vor
dem Maul mir wegftipigt? Bürger, zum Spag.
Ab-, aus⸗, be«, er-, weg, zufammenftehlen bedürfen Feiner
weitern Erklärung. — (Sie) meinen, daß die Unterfehrift von neu=
lich, die abgeftohlne, fie zu nichts verbinde Schiller, Wallen-
eins Tod 2, 5. Wollen Sie, daß ich die unerzogene Waife eine®
a beitehlen fol? Lefling, Minna von Barnhelm 1, 6. Bän—
der, die den Damen entfallen find, begierig wegzuftehlen. Schiller,
Don Karlos 2, 8... Du haft dich vom frohen Mahle hinwegge—
ſtohlen. Schiller, Räuber 3, 1. Der firdenräubrifhe Mord ift in
des Tempels — gebrochen, und hat das Leben draus hin—
weggeftohlen. iller, Macbeth 2, 8,
Verſtohlen (ahd. Adv. stulingun, mhd. verstolne) heimlidy,
meift als Adverbium gebraudt. — So. müffen wir auf unferm eignen
Erb’ und väterlihen Boden und verſtohlen zufammen fchleichen.
Schiller, Tel 2, 2 Was bedeuten dieſe ſtummen Winfe, die du
verſtohlen heimlich mit ihr wechſelſt? Schiller, Wallenfteins
Top 3, 12. Sie genießen es mit einer ſolchen verſtohlnen,
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ne Furcht, die einen großen Theil des kindiſchen Glücks aus⸗
macht. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 5.
Stehler, Diebſtahl (ahd. diu stäla, agf. stal, stala, mhd.
stäle und diepstäl). — Du willft den Diebſtahl bereuen, fobald
du das Geftohlene in Sicherheit weißt. Schiller, Rabale und Liebe 5, 1.
Nehmen.
(Wurzel nam, nim, fanffr. nam, ni-yam.)
Nehme, nahm, genommen, nehmen (ahd. nimu, nam, nämumes,
nomaner, nẽman; mhd. nim, nam, namen, genomen und genumen,
nemen; goth. niman, agf. niman und neman, altn. nema). Die
Grundbedeutung iſt wol ſich worauf hinwenden, um es zu erlangen;
dann etwas von einem Andern weg⸗ und zu ſich bewegen. Daraus
entwiceln ſich die einzelnen Anwendungen, und das Wort bedeutet 1) alls
gemein in feine Gewalt fommen maden: Gelb, ein Glas; 2) in ein
nahes Berhältniß des Zuſammenſeins mit ſich kommen machen: zur Ehe,
zum Begleiter; 3) (in verfchievenen Redensarten) in einen Zuftand
verfegt werben durch das Nehmen irgend einer Sade: Schaden,
ein Ende, eine gute Wendung, das nimmt mid Wunder; 4) (fig.)
in verſchiedenen Redensarten: die Flucht, Urlaub, fein Nachtlager,
das Maß zu etwas, fi die Mühe, Antheil, eine Abfchrift, etwas
in Adht, etwas zu Herzen ꝛc. — Nehmet Holz vom on
Schiller, Glocke. Er meldet, Regensburg fei genommen. iller,
Wallenſteins Lager 4. Der Landesammann nehme feinen lag.
Schiller, Tel 2, . Er nehme feine Weite, wies Brau *
Da. 3, 3. Der jede Sorge mir vom Haupte nahm. _ er
Taſſo 1, 3. Als ich den Urlaub fhon genommen. Schiller, Pics
colomini 2, 2. Nehmet euch in Acht. Schiller, Wallenfteins Tod
1,5. Das nimmt mid Wunder. Schiller, Don Karlos 2, .5.
Faſſen (ahd. fnzön, mhd. vazzen, wol zu vaz == Gefäß gehörig; ver⸗
gleiche lat. vasa colligere und convasare — bie Gefäße ſammeln; np. fich
faften wie fc fammeln) mit Glievern oder einem Werkzeug auf zwei ober mehr
Seiten zufammennehmen zum Halten; dann in weiterem Sinne. abreichenn in
feine Gewalt befommen. Greifen (ahd. grifan und greifön, mhp. grifen und
greifen) zum Nehmen geöffnete Glieder oder ein fo geöffnetes dber gefrimmtes
Berfzeng woraufbin bewegen, um durch Schließung derfelben ven Gegenſtand
in feine Gewalt zu bekomnen. — Wir laſſen los, was wir begierig faßten.
Göthe, Taſſo 3, 2. Zurüd! des Gatten denke, den das ſcharfe Schwert, der
Kinder, die des Haufes Flamme tobend fat. Göthe, Borfpiel am 19. Seyt.
1807. Auch dieſes Lepte follen wir verfuchen, eh’ wir zum Schwerte greifen.
Schiffer, Tell 2, 2. Wollt ihr mein Wort nicht gelten laſſen, follt ihr's mit
Gründen greifen ımd faffen. Schiller, Wallenfteins Lager 11.
16
Abnehmen 1) von einem höheren Orte herab: den Hut vom
Kopfe, die Früchte vom Baume, Die. oberen Karten im Spiele;
2) von einer Perfon oder Sache weg: eine Laſt; 3) durch Schneiden
wegnehmen: ein Glied, den Bart; 4) abbinden, entwöhnen (in ber
Landwirthſchaft); ein Kalb; 5) abfaufen, meiſt mit dem Nebenbegriff,
dag- dem Verkäufer dadurch irgend eine Erleichterung wird ; 6) ab⸗
legen Jaſſen: einen Eid, die Sehnung; 7) aus etwas erfennen, ur⸗
theffenz daraus fann man abnehmen; 8) ſich allmälih verändern,
langſam vermindern an Eörperlicher Größe ,‚ an Vermögen, Anfehen, -
Dauer, innerer und äußerer Stärfe. — Bier nahm er den Hut ab.
Böthe, Leben 6.3. Franzisfa, nimm- dem Herın Major den
Ring ab. Leifing, Minna von Barnhelm 5, 5. AS id) Apollen
bat, das gräßliche Geleit der NRachegeifter von ber Seite mir ab⸗
unehmen. Göthe, Iphigenia 2, 1. Ruhig, wie im Zagen guter
rdnung, nahm er des Amtes Rechenſchaft mir ab.- Schiller,
Wallenfleins Tod 4, & Seine Kräfte nahmen fihtbar ab. Göthe,
Meifterd Lehrfahre 4, 16. En Ce ©
Abſallen (von fallen, ahd. fallan, mhb. vallen, urſpruͤnglich wol fidh
bewegen, vorzüglich abwärts; vergleiche gr. mallo, lat. pello — ich ſchwinge,
ſtoße) raſch abnehmen, fehnell ſchwinden. GBinfallen mager werben im
. Bärffien Sinne Berfallen eine ſolche Verminderung des volllummenen
Zuſtandes erleiven, daß biefe in eine gänzliche Unvollfommenheit, ja bie zur
gänzlicyen. Auflöfung übergeht. — Kann man denn keinen alten Dann vor-
..Rellen,. ohne ihm bürre Beine, einen fahlen Kopf und ein eingefallenee
Geficht zu. geben? Leifing, ant. Briefe 5. Während daß diefer König feine
Gelehrſamkeit erfchöpfte, um ben: Urfprung ber koͤniglichen Majeftät im Him⸗
- mel aufzufuchen, ließ ex die feinige auf Erden verfallen. Schiller, Sojährige
Krieg 2. Buch. |
‚Annehmen 1) ein Dargebotenes in Empfang nehmen‘, übers
nehmen, mit der Befchränfung, daß man etwas in ein ausdrücklich
nahes. Verhältniß des Zufammenfeins mit fih kommen made: ein
Gefchenf, "einen Bedienten, einen Auftrag zur Beforgung, ein Amt,
eine Waiſe an Kindes Statt, guten Rath, fih einer Sache; 2) fi}
eigen machen: eine ernſte Miene; 3); mit dem Verſtand, zugeben,
Satz als wahr, etwas für Ernſt; 4) zu etwag
als (zum) Bürger, Mitglied einer Geſellſchaft; 5)
unehmen , gedeihen: das — an. —
it, das ——— an ˖ von Gott. Schiller, Tell 5, 2.
ch der Uninündigen mit großem Eifer an. Göthe,
re 1, 1. Es iſt billig, daß wir das beſte, nicht.
von ihm annehmen. Leſſing, ant. Briefe 28.
nich zum Genoſſen an. Schiller, Bürgſchaft.
0. D etwas in die Höhe. heben, zu ſich in die Höhe
bringen, wobei ‘die Art des Hebens unbeſtimmt gelaffen wird: einen
17
Kreuzer von der Erde; 2) ausmefim, abzeichnen (in der Zeichens und
Meßkunſt), nieverfchreiben: einen Ader, eine fehöne Gegend, ein °
Protokoll; 3) in eine Verbindung, Bejelfchaft nehmen, einen Aufent⸗
halt en ed mag derfelbe Fury oder lang fein; 4) borgen, als
ein Anlehen zu fi nehmen: Geld; 5) von einer gewiffen Seite
(geiftig) betrachten und feine Empfindungen darüber äußern: etwas
ut, übel; 6) ſich mit Jemanden in einen (körperlichen oder geiftigen)
ampf einlaffen: im Fechten, Rechnen; 7) (Boltsipradhe) zuneh⸗
men, wachen (auch bei der Begattung empfangen, vom Vieh ge-
bräuhlih): der Mond nimmt ed beim Striden eine (um eine)
Mache aufnehmen. — Ein Bildnis nehm’ ih vom Boden auf.
Schiller, Turandot 1, 3. Gaftlih haben wir's (das fremde Ge⸗
ſchlecht) aufgenommen. Schiller, Braut.von Meffin. Nehmt
mich auf in euern Bund. Schiller, Tel 5, 3. Nimm auf, bei
wem du fannft und wie du fannft! Geh’, borg’, verſprich. Leſſing,
Nathan der Weife 3, 2. Wie nahm man's auf, daß ih Gemahlin,
Tochter zu diefer Winterzeit hierher beſchieden? Schiller, Piccolos
mini 2, 2 Das erfte, was wir thun follten, fagte der Hauptmann,
wäre, daß ich die Gegend mit der Magnetnadel aufnähme. Göthe,
Raplverwandtichaften 1, 3. Man fagt, du nehmft e8 auf mit je
dem Ehügen? Schiller, Tell 3, 3,
Unfbeben (mh. üfheben und heven, ahd. hevjan — heben) in bie
Höße bringen, meilt mit dem Nebenbegriff von Kraftanwendung. Empfangen
(ahd. intfankan, intphähan, antfähan, mhd. enpfangen, enpfähen eigentlich
einfangen, erhalten) Jemanden, der zu uns Fommt, bei uns annehmen, es
mag ber Kommende fich bei uns aufhalten oder nit. Auch bewillfummen
laͤßt dies nubeſtimmt; f. dasſ. — D hebt Ihn (den Kranz) auf, ihr Götter,
und verflärt ihn zwifchen Wollen, daß er buch und höher und unerreichbar
ſchwebe. Böthe, Taffo 1, 3. Empfangt mich, Heillge Schatten! Ihr hohen,
belanbten Gewölbe, der ernften Betrachlung geweiht, empfangt mich. Kleiſt,
Srähling. Herzog Albrechts fürftlihe Gemahlin, Graf Harrachs edle Tochter
Bätte fo, nicht eben fo empfangen werden follen! Schiller, Piccolomini 1,2.
Ausncehmen IT) aus einem Orte heraus: einen Zahn, den
Fiſch, den Hafen (d. h. aus dem F., H.); 2) unter andern Dingen
derielben Art nicht mitbegreifen, ansfhliefen: alle waren da, ausgenom⸗
men du; 3, fid) von andern gleichartigen Dingen unterſcheiden, aus-
zeichnen: das Kleid, fie nimmt ſich in dieſem Kleide fehr gut aus,
fie iR ausnehmend ſchön; 4) ausbebingen und 5) ausforfchen ind mehr
der a angehörig. — Die Klöfter find ausgenommene
Refter. Schiller, Wallenfteind Lager 8. Alle Befehlshaber haben
mir Gründe gefagt, ausgenommen die fungen. Leffing, Philotas 5.
Als fie fertig waren, empfanden fie alle ein ausnehmendes Ber-
grügen. Goͤthe, Meiſters Lehrjahre 4, 2. Wie nimmt ein leiden⸗
18
(Haft Stammeln gefchrieben ch fo feltfam aus! Göthe, Bor-
lage. |
. Die Synonymen von audnehmend (d. i. durch ho ad von
Eine — in bie Sinne — ſiehe ——— m.
Benehmen 1) ven Gebraud einer Sache hindern, entfernen:
einem die Ausficht, jeden Vorwand, das benimmt dir nichts; 2) ſich
betragen, fehen oder erfennen laffen, wie man in Beziehung worauf
ift oder wozu thut: fi Hug, ungefchidt (früher und auch zumeilen
noch bloß nehmen); 3) fid berathen, verfländigen mit Jemanden:
ih habe mich mit ihm benommen. — Yerbinand wollte diefem noch
nicht ale Hoffnung benehmen. Schiller, SOjähriger Krieg 2.2.
Das foll euch Rechas wegen alle Scrupel nur benehmen. Leſſing,
Nathan der Weife 3, 10. Wie nimmt fidh der Kolalto ? iller,
Piccolomini 2, 6. Ich Hätte mich noch wohl anders dabei nehmen
fönnen. Leffing, Emilie Galotti 2, 6. Der Knabe benahm ſich
nicht zum beften. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 4.
Sich verhalten (mh. verhalten hat andere Berentung anfallen, vers
heimlichen), von Perfonen gefagt, eine gewiffe Art und Weile auf Anderes
hin haben oder annehmen. Sich beitragen (mhd. sich tragen) fi Außern
durch feine Handlungen als Ausprud feiner geiſtigen Eigenfchaften, feines Ge⸗
fühls, feiner Beflnnung. Sih aufführen (von führen, ahd. fuaren, mhb. vüe-
ren, factitiv zu fahren) eigentlih zur Höhe führen, dann auf eine gewiffe
Art und Weife es äußerlich treiben und thun, in Beziehung darauf, was ſich
nach den in der menfchlichen Gefellfhaft Herrfchenden Anfichten gebührt. —
Wenn fie fih nur gleich ruhigen Unterihanen betrügen . . Sie müßten felber
fih ruhig verhalten. Schiller, ZOjähriger Krieg furtgefept yon Woltmann
5. B. Siehe weiter gebaren. — Ungeachtet des harten Benchmens ei⸗
nes Lehrheren gegen feinen Lehrling, war das Verhalten dieſes doch fo
ruhig und gebuldig, und fein Bletragen fo tabellos, daß jener ihm das
Zeugniß einer guten Aufführung geben mußte.
Anm. Sinnverwandt, aber weniger gebräuchlich if, fih gehaben. Sch
fürdyt', auch du bift nur ein Afterbild, und doch, mein Treu, gebabft du dich
ale König. Shaffpeare, König Heinrich IV., 1. Thl. 5, 4.
Durchnehmen 1) der Reihe nach vornehmen; 2) tabeln, in
biefer Bedeutung auch her- und herumnehmen. — Indem er
das Vergangene wieder burhnahm, warb ihm ein Umſtand...
immer widriger. Göthe, Meifters Lehrfahre 4, 12. Der flatt ans
derer mid) gar oft mit Worten herummahm. Göthe, Hermann
und Dorothea 2, 174.
Durchgehen ilt mit durch nehm en finnverwanbt, hat jedoch wicht den
Nebenbegriff bes Tadelns, der meiit bei durchnehmen ſich findet. Durhlaufen
it, ver Zufammenfegung gemäß, ein fchnelles Durchgehen. — Was hätte es
helfen fönnen, wenn ich einen Tempel nach dem andern burchgegangen wäre 7
Was ich von den Statuen des einen fagte, hätte ih von den Statuen aller
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fagen müßen. Lefling, ant. Briefe 8 Laufen Se geſchwind die ganze
Schrift des Herm Klop durch. Daf. 16. 2
Einnehmen 1) hinein, hereinnehmen: die Segel, frifches Waſ⸗
fer (in das Schiff); 2) zu fich nehmen, in fich aufnehinen: Arznei, dag
Frühftüd, Bittere Vorwürfe; 3) in Befig nehmen (oft nit Gewalt: -
eine Stadt; 4) einen Raum ausfüllen: den ganzen Gafthof; 5) be
haupten, inne haben: einen ehrenvollen Poften, den unterftien Platz4
6) eine Wirfung äußern: der Wein hat ihn den Kopf eingenommen,
mein Kopf ift mir heute fehr eingenommen; 7) die Kräfte der Seele
beſtimmen, auf fie (angenehmen oder unangenehmen) Eindrud machen:
für oder gegen ‘jemanden, von Zorn, Furcht, Anmuth eingenommen
fein, fi) einnehmen laſſen; 8) in Empfang nehmen: Geld; 9) (früher,
mit 2 verwandt) verfiehen, faſſen. — Ewig flößt der Kahn ‚vom
Lande, doch nur Schatten nimmt er ein. Schiller, Klage ber
. Er follte bereit fein, ung morgen in bie Feflung einzu:
nehmen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 233. Unfer Freund hatte
ein trauriges Abendeffen eingenommen. Göthe, Meifterd Lehr:
jahre 1, 13. Wo die Pferde * Futter einnahmen. Daſelbſt 4,5.
Der übrige Raum des Schiffes, den der Kaſten nicht einnahm,
wurde mit Steinen ausgefüllt. Schiller, Belagerung von Antwerpen.
So ein Bramarbas und a will ie alle feſten
Shlöffer. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Sie ift Feine vollendete
Schönheit, aber dennoch einnehmend in ihrem ganzen Anftand.
9. P. Sturz, 4. Brief, Wir nahmen viel (Geld) ein. Göthe,
Meifters Lehrjahre 4, 16,
Erobern fih zum Dbern (Herrn) machen über eine Sache, unb zwar
infofern dies mit Gewalt gegen Widerſtand gefchieht. Erbenten (noch nicht
alt, von Beute, altn. bytt = Umtaufh und Beute, byta — taufchen und
austheilen, älter uhd. beuten — vertheilen, 3. B. beraubt bie Kirchen, beutet
alles unter die Soldaten. Aventin. bayr. Chron.) duch Beutemachen, d. t.
als ein Gut nach Kriegegebraud in Beflg nehmen. — Ihre ganze Artillerie,
ige ganzes Lager war erobert, über hunvert Bahnen und Standarten er:
bentet. Schiller, 30jähriger Krieg 2. B.
Entnehmen 1) (oberveutfh) von der Stelle wegnehmen: Brot
dem Schranfe; 2) einen des Befiges berauben; 3) entlehnen (fiehe
aufnehmen): Geld, eine Stelle aus einem Bude; 4) (bei Kaufleuten)
eine Summe auf einen (traffieren, Wechfel auf ihn nehmen); 5) be⸗
freien: Jemanden der Sorge, Gefahr, fremder Gerichtsbarkeit; 6)
erieben, verftehen (fiehe abnehinen): aus deinem Brief entnahm id).
O entnimm mid der Erbe, mein Vater! Hölty, der arme Hein-
rich. — Ad Fürft, ih bin verſchenkt, und bin mir felbft ent:
nommen. Hoffmannswaldan.
Entgegenuehmen wird nur von dem gebraucht, was vermittelft
der Haͤnde oder gleihfam wie mit ihnen angenomunen. wird, und
20
2
ift als gewählter Ausdruck gebraudt, meift von einem Annehmen
bei en ber Kaiſer hat meine Bittfchrift entgegenzuneh⸗
men gerubt,
ansnehmen 1) etwas aus einem Drte oder aus andern
Dingen: Geld aus zem Beutel, einen Vogel aus dem Nefte; 2) ſich
erausnehmen, aus Ueberhebung etwas thun, wozu man nicht be-
t iſt; fich eine Freiheit gegen Andere erlauben, welche einem nicht
zuſteht. Der Ausdrud gehört mehr der gewöhnlichen Sprache an. —
(Dragoner:) Der Piccolomini, der junge, thut fie (Pappenheims
Küraffiere) jegt führen, den haben fie fih aus eigner Macht zum
Dberft gefeßt in der Lützener Schlacht, als ver —— umge⸗
kommen. (Arkebufter:) Haben fie ſich ſo was ausgenommen?
(Dragoner:) Dieß Regiment hat was voraus, Schiller, Wallen-
fleins Lager 11. Ich denfe nicht, daß ich mir zu viel heraus:
nehme, wenn ich mich auch noch an einem andern Orte von Herrn -
Klog gemeint glaube, wo er mich nicht nennt. Leſſing, ant. Briefe 9.
Sich ermächtigen (von mächtig, Macht, mhd. mahtig, maht) ſich aus
eigner Willfür die Macht wozu beilegen und fo aus eigner Macht handeln.
Der Dreifte nimmt ſich etwas heraus, der Kühne ermächtigt fi), der
Kecke und Berwegene maßt fih an. Siehe anmaßen bei anfpreden.
Fr — Daß fle (die Engländer) ſchon die große Stabt Paris Inn’ hätten und bes
Meiches ſich ermächtigt. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 10.
Übernehmen 1) in Empfang nehmen, e8 fei für uns. oder für
einen Andern: in Gut, ein Geſchäft; 2) an oder auf fid) nehmen,
fih zu etwas freiwillig anheiſchig machen: eine Arbeit; 3) zupiel
auf oder zu ſich nehmen: ſich im Effen, mit Arbeit; 4) zuviel von
einem: beim Kaufen und Verfaufen; 5) (felten) ftol auf etwas fein:
fi) einer Sache; 6) überwältigen: Laß did den Argwohn
nicht übernehmen. — Du übernimmft die fpanifchen Regimenter.
Schiller, Walenfteinsg Tod 2, 1. Den Roßberg übernehm’ id
zu erfleigen. Schiller, Tel 2, 2, Da übernahm mid der gerechte
Zorn. Daf. 1, 4 Sanft hat der Schlaf den Holden übernom-
men. Göthe, Fauft 2, 86. u:
Unternehmen, ſich beftlinmen Iaffen, etwas zu thun, wozu flär-
fere Wirkfamfeit gehört. Diefe allgemeine Bedeutung {ft entitanden
aus dem ahd. untarnöman fo viel als breden d. i. zwiſchenein
ein Aufhören machen, daher mhd. sich undernömen = ſich gegen-
feitig umfaffen. — Er führt's zum Biel, was er auch unters
nommen. Schiller, Tell 4, 1.
Eich unterfangen (aus ahd. untarfähan — aufnehmen, dann heimlich
wegnehmen, mhd. sich undervangen — ſich gegenfeitig umarmen) fich bei
wirklich oder anfcheinend unzureichender Kraft vder bei anmaßlicher Neberhebung
mehr, als zuſteht, zu einer Handlung beftimmen laſſen. Sich unterfichen,
au bloß unterfiehen (mb. sich understän) eigentlich ſich zwiſchenſtellenb
21
machen, daß eimas nicht gefchteht; dann fo viel als unternehmen, und
weiter durch zu viel Meinung von fih und feinem Kraftgefühl fi mehr zu
einer Handlung beflimmen laſſen, als zufeht. Sih unterwinden (ahd.
sich untarwintan) zunächft fo viel als bezwingen, dann fi mit Schwie⸗
rigfeit auf etwas einlaffen; daraus mit anfttengender Kraftanwendung bei eis
aan Bewußtfein unzureichender Rraft ſich zn einer ſchwierigen Handlung bes
innen. — Siehe noh wagen: — Das will ich zu entfcheiden mich nicht
anterfangen. Schiller, Don Karlos 4, 9. Ich werd’ mich unterftehn,
ea das zu wehren. Schiller, Teil 1, 2. (Er wollt) ih alles vermeffen
und unterwinden. Schiller, Wallenſteins Lager 6.
Bernehmen 1) ein Ding oder deffen Gegenwart durch die
Ginne, in engerer und gewöhnlicher Bedeutung durch den Sinn des
Gehör empfinden, 2) mit Gegenwart des Geiftes, mit Bewußtſein
anhören: vernimm meine Stimme; 3) deffen, was uns durch) Laute
mitgetheilt wird, bewußt werben, ohne es gerabe immer zu ver-
ſtehen; 4) durch das Gerücht, die Rede Anderer erfahren: ich habe
ihtd davon pernommen; 5) einen gerichtlich verhören; 6) ſich ver⸗
nehmen laffen, fagen oder machen, daß ein Anderer ung hört, —
Oft höor! ich fchon, und dieſe Tage wieder hab’ ich's gehört, ja hätt’
ER nit vernommen, ſo müßt ichs denen. Göthe, Taffo 2, 1.
ige ‚ deren Ohr ihn (den Schöpfer) in dem mächtigen Raufchen
des Sturmwinds hört, im Donner, der rollt, oder im Tifpelnden
Bade, Unerfhafner, dich vernimmt! Klopflod, der Allgegen-
wärtige. Hat man je vernommen von dergleihen? Schiller,
Tell 1, 3. Denn wer weiß, ob die Gerechtigkeit nicht auch nöthig
findet, mid zu vernehmen. Leſſing, ilie Galotti 5, 9. —
Vernehmlich. — Ganz Teife fpricht ein Gott in unfrer Bruft, ganz
leife, ganz vernehmlich. Göthe, Taffo 3, 2.
. Hören (goth. häusjan, ahb. hörjan, mhb. hoeren; vergleiche gr. uxovev.
— hören, lat. auris = Ohr, aulire — hören; Ohr, goth. Ausd, ahd. mhd.
öre, ör) allgemein durch den Sinn des Gehörs empfinden. Verſtehen (ah.
varstantan, virstän, mhbb. verstän, verst@n) urfprünglich fi vor oder
gegen etwas abhaltenn oder verbedend binftellen, daß es nicht weiter kann;
tan überhaupt vor etwas flehen: daher denn 1) vor etwas hin ſtehen, übers
Haupt anf etwas aufachten, damit ihm nichts Uebles wiberfahre; 2) fich gegen
ein Ding Hinrichten, vornehmlich um es feinem Geiſte gegenwärtig zu machen;
daraus ſich deffen bewußt werten, was fich aus dem, das fich dem Geiſte mit-
theilt, zu erkennen gibt. — Wir hören und wir glauben zu verftehn.
Göthe, Taſſo 2, 1.
Yum. Das Subſtantiv das Vernehmen Hat noch die beim Zehtwort vers
altete Berentung ſich mit Jemanden benehmen, berathichlagen, umgehen: Unglüd:
licher Weiſe flanb er mit denen, welche fie (die ſchoͤnen Wiſſenſchaften) enltivirten,
wicht im beflen Bernehmen. Göthe, Leben 6.2.
. Bornehmen 1) vor ſich (dem Orte nad) uehmens eine Schürze,
22
einen Auffag; 2) den Anfang, Anftalten zu etwas machen: eine
Reife, eine Arbeit; 3) fih vornehmen feinen Willen worauf richten,
um ed wirflih zu maden, mit dem Nebenbegriff, daß die Perfon
das Ziel für fi gewählt habe. — Damit er ihn (den engel nittenen
Bart) gleich wieder vornehmen (vorbinden) fann. Göthe, Meis
fters Lehrjahre 4, 1. Die DVerloofung (ward) abermald® vorge:
nommen. Göthe, Leben 6. B. Ich wette, wenn ich Ihren Bett-
ler nun vornehme, daß aud diefer eben fo wenig Stich halten
wird. Leffing, Minna von Barnhelın 4, 6. Aber wir hätten ung
aud) vornemen follen, an HA zu denfen. Dafelbft 4, 1.
Kaum bemerkte man, daß das Eis ſich verlor, fo wurde von den
Belagerern der Bau der Schiffbrüde nun mit allem Ernſte vorge-
nommen. Schiller, Belagerung von Antwerpen,
Sich entfchließen (mb. entsliezen = auffchließen) bezeichnet das Selbſt⸗
beſtimmen mit Rüdficht auf die vorausgehende Unbeſtimmtheit. Vorhaben
und fih vorfegenm bezeichnen die Richtung auf das nach unferem Willen zu
verwirflichende Ziel vor und. — Daß der König fih zu andern Maßregeln
entfchließen müſſe. Göthe, Cgmont 2. Du felber follft uns fagen, was
tu vor haft. Schiller, Wallenfteins Tod 8, 15.
Zunehmen zu etwas Anderem hinzunehmen; dann allgemein
durch ein Dazu ein fleigendes Verhältniß erhalten, Gegenſatz zu ab⸗
nehmen. — Diefe Eftacade Tief von beiden entgegenftehenden Ufern
ſo weit in den Strom hinein, als es die aueh ende Tiefe und
Gewalt des Waſſers geftattete. Schiller, Belagerung von Antwerpen.
Taf ihre Furcht fi) verringerte, und ihr Muth zunahm.
Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 4.
Wachſen (ahd. wahsan, mh. wahsen; vergleiche lat. vigere — leben,
befonders von Pflanzen gefagt) drückt das Zunehmen als ein Werden aus, das
ein tätiges iſt, ſich gleichfam von Innen fortfegt, im Beſonderen als Keim
und aus dem Keime fich fortentwidelt. Gedeihen (früher einfach dihen, fo
noch in ter Volfsfpradje) gutes Dafein und fofort Geſtalt und Körperlichfeit
gewinnen; daher (figürlich) glüdlichen Zortgang in feinem Eein haben. —
Des Landes Heerſtrom wuchs und ſchwoll. Bürger, Lich vom braven Mann.
Miewohl die Kamille, jemehr fie getreten wird, um fo fchneller währt, fo
wird doch die Jugend, je mehr man fie verſchwendet, um fo fchneller abges
nutzt. Shaffpeare, König Heinrich IV. 1. Theil 2, 4. Redlichkeit gedeiht in
jedem Stande. Schiller, Tell 2, 2.
Fort«, her⸗, herab-, herein-, hin-, dabin-, mit, nach·, um-,
voraus«, wahr-, weg-, binweg-, wieder⸗, zuräd-, zufammenneb-
men bedürfen Feiner weitern Erklärung. — Deine Locke nehm’ ich
mit mir fort, N Braut von Corinth. Aber wo mirft du
mehr hHernehmen, Werner? Leffing, Minna von Barnhelm 5, 1.
Indem er die Stipouette Leonorens, die an einem himmelblauen
23
T
Bande hängt, herabnimmt. Schiller, Fiesko 1, 4. - Der Bater
macht ihm dieſe Freude, er nimmt die Vögel glei herein. Gellert,
ver Zeifig. Nehmt hin die Welt! Schiller, die Theilung der Erde.
Er nahm mein Herz dahin. Derf. Aeneis 4, 5. Sie nehmen
Jahrszeit mit. Der. Don Karls 2, & Die Herren
(Collegium der Achte) ließen mich rufen und machten wid)
tätig herunter, ſowohl weil ih in der Jade gelaufen fan, da die
andern Mäntel umgenommen hatten, als weil die Herren ſchon
ze Haufe einzeln durch meine Gegner eingenommen waren. Gö—
; venuto Gellini 1, 3. So nimm deinen Danf porauß,
ler, Fiesko 1, 2. Hat Niemand wahrgenommen, ob der
Zafant Bertraute a Schiller, Don. Karlos 2, 12. Du fennft
ven Prinzen Heraflius nicht? den braven Mann nicht, der Perfien
weggenommen? Leſſing, Minna von Barnheln 1, 12. Ein
icher, gut ober böfe, nimmt fidh feinen Lohn mit feiner That
hinweg. Böthe, Iphigenia 2, 1. Ein Errötben zurückzuneh—
men, haben . Ihon der Schande ſich geopfert. Schiller, Don
Karlos 2, 15 an muß dergleichen Stellen forgfältig alle zu-
fammennehmen, ehe man entjcheidet, ob er im Ganzen eimen I
tigen Begriff davon gehabt oder nicht. Leſſing, ant. Briefe 28.
Und es nahm fi zufammen der trefflihe Jüngling und fagte.
Göthe, Hermann und Dorothea 4, 71. >
Anm. 1. Theilnehmen if, in der Zufammenfegung, nur im Participtum
gebrãuchlich: Er hatte feine Angen auf vie fünften, hoben, ftillen, theilnch-
menden Geſichtszüge der Ankommenden gerichtet. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 6.
Yum. 2, Selten it die Form mißnehmen d. h. falfch, übel aufnehmen,
Bruder von Gloſter, ihr mißnehmt die Sache. Shuffpeare, König Richard 1, 3,
Nehmer (ah. nämo, nomo, numen, nömari) {ft nur in Zus
fammenfegung mit Ab», Ein⸗, Ueber-, Unter, Theil-, Wahr: ge:
branhlid. in Brief von eurem Ginnehmer. Goͤthe, Eg⸗
ment 3. — Die frühere Sprache hatte noch andere, z. B. arpinomo
(Srbnehmer), mietanẽmo (Miethnehmer), nötnumeo (Nothnehmer,
Räuber), sigunömo (Siegnehmer, Sieger).
Genehm für genäm (ahd. ganämi, mhd. genseme, geneme)
was gern genommen wird, Ben und genähm (jet Tieber gäng und
gebe, auch gäbe, ſ. geben); in biefer Bedeutung wie in der von Gern⸗
empfundenem veraltet. Gebraͤugii iſt noch die Redensart einem
erwas genehm halten. Genehmhaltung, genehmigen, Ge—
nehmigung. — Ohne unſer Genehmhalten ſich nicht von ung
zu trennen. Schiller, Piccolomini 4, 1. Auf die Antwort, daß
man fich gerne dazu bequemen werde, wenn Servien c8 genehm
halte, begaben fie fich zu dieſem. Schiller, 3Ofähriger Krieg fort:
gefegt von Woltmann 5. B. Wir genehm’gen Alles; für einen
24
Freund ift und kein Preis zu hoch. Schiller, Jungfrau von Or⸗
leans 3, 2. |
Zugeben (ahd. zuoköpan, zuog&ban) eigentlidh fu viel ale hin⸗
zugeben: dann ſich dahin äußern, daß man etwas fo fein laſſe, wie es ber
Andere haben will uber vorbringt (während genehmigen bedentet, etwas, was
Jemand will, fagt, thut, für gut, gern annehmbar halten, daß man erflärt,
es folle fo fein, wie es it). Zugefehen (mhd. zuo gesiän) ſich unauss
weichend dahin vernehmen laffen (geflehen), daß man einverflanben fei mit tem,
was von Eeiten eines Andern verlangt, vorgebracht, geihan wird. Gins
ränmen (von räumen, ahd. rümen, mÄt. rümen — Raum laſſen) dem,
was der Andere will oder urtheilt, nachlafien (Raum geben), um frei zu geben,
dag es Statt haben kann. Wie die genannten Verka von äußern Hand⸗
Iungen wie von Vorftellungen gefagt werben, fo bes und einwilligen (nad
mhd. willigen, von willic — geneigten Willen hatend, wilig) bloß von
äußern Handlungen. — Doc zugegeben, daß bie alten Gemälte in heiten
Stüden eben fv vollfommen waren, als vie beten Gemälde neuerer Zeit.
Leſſing, ant. Briefe 9. Sie wären fchlechtertings in ter Nothwentigfeit, an
Sranfreih Bortheile zuzug eſtehen. Eifer, BOjähriger Krieg, fortgefeßt
von Woltmann 5. B. Das räum Ich ein. Aber, gute Claudia, hatteft du
darum Recht, weil dir der Ausgang Recht gibt? Leifing, Emilie Galvtt 2, 4.
Wiewohl viefelben alle Hauptpunfte der Forderungen des Gegenthelle bewilligt
hatten. Schiller, SOjähriger Krieg, fortgefeht von Wolimann 5. B. Entlich
nach langer Verzögerung willigte man ein, ber a zu weichen.
Schiller, univerfalhiftorifhe Ueberſicht.
Angenehm (goth. andandms, ahd. und mhd. ohne an) was
ben Sinnen gefällt, iſt weniger als anmuthig und anmuths⸗
voll. Siehe hold. — Der Springquell fällt mit angenehmem
Rauſchen. Schiller, die Erwartung. Es iſt wohl angenehm,
ſich mit fich felbft befchäftigen. Göthe, Taffo 2, 3.
Lieblich (ahd. Jinplib, mh. lieplich — zur Liebe gehörig) leidenſchaft⸗
‚liche Neigung zu ſich erregend, freundlich ſchimmernd (da ahd. Jiupt und Kup
au Licht und Schimmer bedeutet), — Echön ift der Triebe! Ein lieblicher
Knabe liegt er gelagert am ruhigen Bad. Edhiller, Braut von Meifina.
2 und angenehm), Annehmlichkeit. —
Der $ de einige annehmlidhe Erbietungen
der © Kae Krieg 2. B. Die Damen
haben ſelb lie und ihre Abfiht war,
durd) den Goldftüden) die annehmlifte
Form ſiers Lehrjahre 4, 1.
amten ſagt der Bolfswig: Er ift ein gar ans
nehmlicher Herr. — Annehmlichkeit überhaupt iſt biejenige augeborne
ober erworbene Gigenfchaft, durch deren Wahrnehmung Empfindungen: anges
regt werben, welche man gerne hat. Reiz (von reizen, einer Rebenform
25
von zeigen, mhb. rizen) if die genannte Gigenfchaft, imfofern fe ein leb⸗
haftes und flarfes Begehren (Hinreißen) zu fich zugleich In jenen Empfindungen
erregt. — Ueberdieß wüßte ich feinen Stand, ber fo viel Annehmlich⸗
feiten, fo viel reigende Ausfühten barböte. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 14.
Das müfen Reize fonder Gleichen fein, bie einen reis in folches Feuer
ſegen. Schiller, Maria Stuart 2, 8.
Bornehm, auch alterthämlich fürnehm (mhd. vürneeme und
vorneme) viel mehr, als Anderes, genehm durch Werth und Ans
Kin, worin tiefe auch beſtehen. — Raum hatt? idy mid in bie
t gefptelt und fing an aufzutauchen, als man mid ſchon fo vor⸗
nehm hielt, mich zu mißbrauden. Göthe, Sprihwörtlid. Sie
un, als wenn fie zu fürnehm wären. Schiller, Wallenfteins .
— Muß ein fürnehmer Geiſt jetzt in ihn fahren. Da⸗
Der Vornehme hat Anfchen des Ranges, beſonders In der bürgerlichen
Geſellſchaft. Der Hohe nimmt, befonders In der bürgerlichen Geſellſchaft
einen folchen Rang ein, daß er welt über Anbere iſt, und biefe ihm unterges
ordnet find. Der Große ſteht in einem weit hervorragenden, einflußreichen
gleichſam erfien Rauge. — Es iſt der Fluch der Hohen, daß bie Niebern
füch ihres ofimen Ohres bemaͤchtigen. Schiller, Brant von Meifina. Laſſen
wir bie Broßen, der Erbe Fürſten um die Erde loſen. Schiller, Jungfrau
von Orleans, Prolog 8. — Vornehmlich (faft nur Nebenwort) vor Andern
feiner Art oben au Geltung und Rang. Borzäüglich (von Vorzug, zu ziehen)
mehr, als Andere, durch ben weit über dieſe erhebenden Grad ber Geltung im
Urtheil. — Die Figuren auf den Münzen gehören vornehmlich zur Bilder⸗
ſyrache. Leffiug, amt. Briefe 7. Franz Wilhelm, Biſchof zu Osnabrüd,
wohnte aufpaſſend der Sendung bei, welche vorzüglich wegen ber Heffifchen
Sache noch an Trautmannsdorf geſchah. Schiller, ZOjähriger Krieg, fortger
fest von Boltmenn 5. 2.
Yum. ® ellt (Meifters ahre 5, 16) einen treffenden Unterjchieb
zwilchen —— es a A a “ Der Se —5* iſt
negativ ... . er ſucht Alles zu vermeiden, was unwürdig, was gemein iſt... es
ſucht ein änferliches Gleichgewicht zu erhalten, innerlich mag es flärmen, wie er
will Der edle Menſch kann ſich in Momenten vernachläffigen, der vornehme nie ır.
Die Nahme (ahd. näma, mhd. näme, näm), gewaltthätiges
Nehmen, gemwaltthätig Genommenes (Beute), ift nhd. nur In Au
fammenjegung mit Ab-, Ans, Auf, Aus, Ein, Rach⸗, Ueber, Zus,
Theil⸗ gebraͤuchlich. Siehe die entfprechenden Beitwörter.
Bernunft (ahd. vale)rnumft, —nunft, —nunst, vernume(i)sti, -
mhd. vernunft, älter nhd. Vernumft, Vernumpft, bei Rüdert, ges
fammelte Gedichte 4, 126 Vernumft, gereimt auf gefchrumft, von
neman, wie Zunft von zöman, Kunft von quäman, fo auch heri-
mi — Beute, notnunft — Gewaltthätigfeit) zunächft das Ver⸗
mögen, daß ber Geiſt von außen her empfängt, Vorſtellungen hat,
26
biefe verbindet und fchließt, alfo nad dem Empfangenen gleihfam
aus ſich fchafft, ſich durch dieſe Vorftellungen zu einem Thun bes
flimmen läßt (in diefer Bedeutung aud) auf die Thiere übertragen);
davon dann weiter 1) das aus Fr feldft erzeugende Geiſtesvermoͤgen 3
2) das fittlich = geiftige Vermögen; 3) Inbegriff ver felbftthätig er-
fannten und erfchloffenen überfinnlihen Wahrheiten, im Gegenſatz
der Offenbarung, bed Inbegriffs der durch ein höheres Wefen
mitgetheilten überfinnlihen Wahrheit. — Vernunftlos (feine Ver⸗
nunft habend, feine Wirkung der Vernunft zeigend), vernünftig,
unvernünftig (feine Vernunft habend, die Vernunft verlebend).
Berftand (ah. varstant, virstand) 1) das Bermögen, finnlidh (ver⸗
mittel der Sinne) eine Vorſtellung zu haben, durch welche man ſich des Gegen⸗
flandes bewußt iſt; 2) das Vermögen, finnliche VBorftellungen zu haben und fie ges
dantenthälig angemeffen zu verwenden; 8) die Weife, wie der Geiſt etwas, was Ihm
von einem geifligen Wefen vorgeftellt wird, aufzufafien Hat. Nach philoſophi⸗
ſchem Sprachgebrauch iſt Berftand das Bermögen, daß etwas auf dem Erfah⸗
rungeiwege (a posteriori) zum Bewußtfein fommt oder dem Geiſte gegenwärtig
wird; Vernunft das Vermögen, daß man aus Gründen und nur durch und
ans fi ſelbſt (a priori) überfinnlidh erkennt. — Das Thier hat au Ber⸗
nunft; das wiflen wir, die wir die Gemſen jagen; die Rellen Flug, wu fle
zur Weide gehen, 'ne Borhut aus, die fpist das Ohr und warnet mit heller
Pfeife, wenn der Jäger naht. Schiller, Tell 1, 1. So laßt uns jept mit
Zleig betrachten, was durch die ſchwache Kraft entfpringt; den ſchlechten
Mann muß man verachten, der nie bevadht, was er volldringt. Das
iſt's ja, was den Menfchen zieret, und dazu warb ihm der Verſtand, daß
er im innern Herzen fpüret, was er erfchafft mit feiner Hand.
"Schiller, Blode. Mein Schwiegerfohn full nicht allein Fener und Lebhaftigs
feit und gute Manieren haben, ſondern auch einen feinen Berftand und fo
viel Vernunft ale man forbern fann. 9. C. Schlegel, der Geheinmißvolle
1, 6. — Der Berftändige finvet faſt alles Läherlih, der Vernünftige
fat nichts. Goͤthe, Wahlverwanpfchaften, aus Ottiliens Tagebach.
Yum. 1. Auch Abend (ah. Abant, Abunt, mhb. Abend, nurb. aftan, agſ.
sefen) wird als Partieipium von dem fchweizerifchen Aben (mol verfürzt aus 4.
abandèn, mhd. äbenden = Abend werden; vergleiche sende für senende von
senen — fehnen, hälde für hälende von höln — hehlen) d. i. abnehmen, hierher
erechnet, fchwerlich mit Recht. her darf man ein Anlehnen viefes Aben an bie
Bartifel aba, abe, ab annehmen.
Anm. 8. Nennen (gofh. namnjan, ahd. namnjan, nammjan, nannjan,
nemman, nemnan, nennan, mh. nennen, nemnen, nemmen, agf. nemnian,
altn. nefna) wird von manchen Gelehrten (3. B. Grimm II., 30) zu nöman ge⸗
rechnet, befunders wegen Name (goth. namö, ahb. namöd, mhb. name, agf. na-
ma, altn. namn, nafn, flav. imja (vergleiche flavifchk imu — ich nehme). Die
eigentliche Wurzel liegt aber nah Bott und Graff Im fanffritifhen dschnA un®
lat, gnoscere (noscere), gr. yravas, ahd. chnähan, agf. cnawan, engl. know
— kennen, wiflen; fansfr. naman Rat dschäman, lat. nomen, pr- Ovoya, neugr.
van, alle mit abgelloßenem Anlaut, welcher noch erfichtlich ift im lat. agnomen
Rait adgnomen, cognomen flaft con-, cumgnomen.
277
Kommen.
(Wurzel quam, quim, fanffr. gam — gehen.
Komme, Tam, gekommen, Tommen (ahd. quimu, quam,
quämunds, quomandr, qu&man; mhd. kome, kam (und m),
kämen, gekomen, komen; goth. quiman, agf. cuman, altn. koma)
1) eigentli an dem Orte der redenden Perfon gegenwärtig werben,
wobei das Wie oft durch das Mittelmort eines andern Verbums
ausgedrüdt wird; 2) (figürlich), mit verſchiedenen Präpofitionen, in
allerlei thätige und Teidentliche Beränderun en, Umftände sc. kommen:
an einander, an das Licht, aus der Noth, auf den Gedanken, zu
Gnaben, um fein Vermögen, hinter etwas, von Sinnen; 3) (von
leblofen Dingen) einem andern Dinge gegenwärtig gemacht werben;
(in verſchiedenem Sinne) entftehen, herrühren, koſten: der Brief ifl
mit der Poft, das Bud ift ihm nie aus der Hand gekommen; der
Sommer fommt, einem zu Ohren, zu Statten, an den Tag foms
men, es fommt 20 fl. — Wann wird der Retter kommen dieſem
Lande? Schiller, Tell 1, 1. Egmont kam auf den Markt ges
ritten. Göthe, Egmont 4. Woher kam euch die Kunde? Schil⸗
ler, Tell 5, 1. Daß der Zufall jo gern den Treulofen zu Statten
kommt! elling, Minna von Barnhelm 5, 10. Wie fommen
Sie zu diefem Ringe? Daſ. 2%, 2. Ich bin um die_ Hand gelom>
men. Schiller, Wallenfteins Lager 11.
Berlieren (ahb. varliosan, mbb. verliesen und verlieren, agf. far
leosan, eines Stammes mit 106, ahd. los) bebeutet etwas, was man gehabt
hat, nicht mehr haben, daß es dahin it, zunächft wider den Willen deſſen⸗
der e8 Hatte; dann ohne einen erwarteten Erfolg bleiben (thun) Einbüßen
fo viel als in die Buße (mhb. buoge, zu bag — gut gehörig) hinein kom⸗
men; daher dazu fommen, daß man eiwas, was man hat, laſſen muß, um
genugzuthun; dann allgemein in etwas, was gefchieht oder vorgeht, und worauf
bin man in einer gewifien Beiheiligung oder Beziehung iſt oder doch dafür ans
geichen wirt, erleiden, daß etwas, was man hat, hin if. — Wer über ger
voifie Dinge den Verſtand nicht verliert, der hat keinen zn verlieren.
Leſfing, Smilie Galotti 4, 7. Die Geſchichte gewinnt bei dieſem Geſichtepunkt,
was fhre Helven einbüßen. Schiller, in Hoffmeiflers Nachlefe 4, 40.
Abkommen 1) fich entfernen, abirren: vom rechten Wege, yon
feinem Vorhaben (früher mit dem Genitiv ſich eined Dinges ent
levigen); 2) aus dem Gebraude kommen: diefe Mode ift abgefom-
men; 3) Kplehter ; geringer, fhwächer werben (au herab» und
berunterfommen). Der Infinitiv flieht auch (als Hauptwort)
Sinne von Uebereinfommen, friedlicher Berfländigung — Wir
fommen ab vom Spiele. Leſſing, Nathan ver Weiſe 2, 1. Ein
fribliges AbEo mmen war notpwendig, ober eine Schlacht mußte
23
entfcheiden. H. Luden, Schlacht bei Straßburg im Jahr 336. Mas
trauren wir denn viel, daß der und jener ftirbt, und kömmt der
Sorgen ab. Opitz. Siehe, wie ih ab fei fommen, wie mir
alle Kraft genommen. Opitz.
Einnverwandt mit abgefommen find: abgebracht, abgefhafft,
abgeftellt — nicht mehr int Gebrauch. Dies drückt abgefommen allgemein
aus, die übrigen Auédrücke aber „durch irgend eine Cinwirkung abgekommen.“
Abgeftellt und abgefchafft veutenan, daß dies von Höheren bei Untergebe =
nen geſchehe; abgebracht hat diefen Nebenbegriff nicht. — Wenn man den
Tod abfchaffen Fönnte, dagegen hätten wir nichts. Goͤthe, nachgelaſſene
Werke 9, 116.
Unm. Abftellen kommt von ftellen 2.1. zum ftehen bringen, ahb. staljan,
stallan, stellan, mhb. stellen, gehört mit Stall, ahb., mh. stal, altu. stallr,
Stolle, mhd. stolle und Stuhl, ahd. stöl, stual, stuol, mhb. stmol zu
einer Wurzel mit gr. drilley —= fielen. — Abſchaffen von fchaffen, goth.
skapan, agf. sceapan, scepan, sceppan, Scapan, altn. skapa, ahb. scaffan,
scafan, mhb. schaffen beveutet überhaupt thätig fein, daß etwas zum Dafein
fommt. — Abgebracht von abbringen, bringen, goth. briggan, ahd. prinkan,
bringan, agf. bringan, mhr. bringen, brengen — herbeibewegen.
Ankommen 1) nahe kommen, ſich nähern; 2) vorgelaffen wer⸗
ben: es kann heute niemand bei dem König ankommen; 3) übel auf-
enommen werden: du wirft bei ihm ankommen; 4) Unterfommen,
erforgung finden: feine Tochter ift gut angefommen; 5) empfunden
werben, befallen werden, von Gutem oder Böſem, mit dein Neben-
begriffe, daß es bald vorübergehe: das Lachen ift ihm angefommen,
die Arbeit Fam ihm hart an; 6) auf etwas beruhen, mit dem Neben-
begriff des Ungewiſſen, Zweifelhaften, Zufälligen, was ben beſtim⸗
menden Grund betrifft: bei diefer Sache kommt ed auf feine Ent⸗
ſcheidung an; 7) (früher) anfommen um ein Ding — verweifen,
anfahren. — Ein Eilbot ift Ruben ner Schiller, Wallenfteins
Lager 4. Komme du in der Geftalt des rauhen Eishärs auf mid)
an. Schiller, Macbeth 3, 8 Geh’ nur, du wirft mit der guten
Zeitung bei ihm anfommen! ©. %. Weiße. Bedenkt, worauf es
anfommt Schiller, Piccolomini 4, 7. Mir fommt ein eigen
Grauen an bei diefem Segen. Schiller, Jungfrau von Orleans,
Prolog 2.
Aulangen, eintreffen fiche bei treffen. Abhangen (minder gut
abhängen, von ahd. hangen, mhd. hangen, zu hähen gehörig wie vähen
zn vangen) bezeichnet die Verbindung, den Bufammenhang mit bem den ber
ſtimmenden Grund enthaltenden Dinge, und fofort auch das durch diefes “Ding
notäwendige Bedingtſein. Anlaufen (ah. anahloufan, mhb. anloufen)
deutet (wie anlommen) zunächft auf den Thäter und das Unangenehme, das
er durch die üble Aufnahme feines Thuns empfindet, zugleich mit dem Neben⸗
begriff des Vorelligen in der That, wad ankommen und anfloßen (ah.
anastözan, mhd. anstögen, vom golf. stäutan, altn. steyta,' ahb. stözan,
möb. siögen — floßen) nicht ausbrüden. Anſtoßen beutet vorzüglich auf
die unangenehme Empfindung des Andern, ber das Thuu übel aufnimmt. Ans
wandeln (von ahd. wantaldn, mht. wandeln = treiben, verändern, auch
Arafen, gehört zu wandön, wenden — wenden) befallen werven, wie ans
fummen, nur ebler und mil dem Nehenbegriff, daß es weniger fchnell ges
ſchehe. — Bon dem Befige viefer beiden Forte fchien der ganze Erfolg ver
Belagerung abzuhängen. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Laßt fie
nur anlaufen. Schiller, Räuber 2, 3. Ia freilich iſt er uns Allen ein
Stein des Anſtoßes nnd Argernifiee. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Drum
Bab’ ich meine Haut dem Kaifer verhandelt, daß feine Sorg' mich mehr ans
wandelt. Schiller, Wallenſteins Lager 6.
Auffommen 1) in die Höhe fommen: aus dem Waffer, von
der Erde, von einer Krankheit, Zweifel fommt ihm auf; 2) auf-
wachen, von XThieren und Pflanzen gefagt; 3) zu Anfehen und
Bermögen kommen; 4) gebräuchlich werden, mit dem Nebenbegriff
bes Gewinnens ober Crlangend der Herrfchaft über Anderes; 9)
(Boltsiprache) offenbar werden, flatt ausfommen — Komm t
vom Lager auf, und gibt Gott Fried im Staat, gelobt der kranke
Star, fo werb ih ein Soldat. Leſſing, der franfe Star. Franz,
ſteh auf ‚und laß das Weinen! Ih kann wieder auffommen.
Goͤthe, Götz von Berlichingen 5. Es ift der Natur der Sache ges
mäß, dag jene (Siegelringe) Tängft in Gebrauch waren, ehe
diefe (Siegelringe mit gefrhnittenen Steinen) aufgelommen. ef
fing, ant. Briefe 22. |
Gebräuhli werden und Mode werden haben ven Nebenbegriff von
auffommen nit. — Dieje Unterbrechung rührt von der fürzlih aufges
fommenen Neuerung her... ‚diefe find jept Mode. Shakſpeare, Hamlet
2,2. Siehe unten Herfommen.
Auskommen 1) aus einem verichloffenen Raume kommen, auch
berausfommen: ich bin heute noch nicht ausgelommen, die juns
gen Hühner find ſchon ausgelommen; 2) zur Kenntniß kommen,
von etwas gefagt, das geheim gehalten werden follte; 3) entitehen:
es ift Feuer in der Stadt ausgefommen; 4) zu einem gewilfen
Zwede jo viel haben, ald man dazu braucht, aber nur von den
Inden Perfonen gefagt: mit dem Geld, dem Zeug; 5) feine
t erreichen: fiehe, wie du damit ausfommft; 6) fi) mit einem
vertragen: er konnte mit ihm nicht ausfommen. — Clavigo kann
das Papier nit ausfommen laſſen. Göthe, Clavigo 3. Wenn
wir in ber Stadt zufammenfommen, werden wir ausgefpürt, Eriegen
Zuhörer, und die Sache kommt aus. Shaffpeare, Sommernachts⸗
traum 1, 1. Dan fommt nicht aus mit fanften Mitteln. Schil⸗
ler, Jiccolomini 1, 2. Überfluß kommt eher zu grauen Haaren,
aber Auskommen lebt länger. Shaffpeare, der Kaufmann von
Venedig 1, 3. Weil doch meift hinter der Stärke eine Gutmuͤthig⸗
feit verborgen Tiegt, fo ift im Nothfall auch mit ihnen (den Kriegs-
leuten) auszufommen. Göthe, Wahlverwandfchaften 2, 5 (aus
Ottiliens Tagebud)).
Bekannt werden allgemein zur Kenntnig kommen. — Ausreichen
von ahd. reichan, mhd. reichen, agf. reecan, abgeleitet von ahd. rihhan
— viel vermögen) und auslangen (von ahb.,langön, langen = nad
Entferntem fireben; mhd. ift langen — lang werben, dann f. v. a den Arm
wonach weit ausitreden) drüden durch ihre Grundwörter aus, daß nur das
Nöthigfte vorhanden fei, um zu dem Zwede zu gelangen. Zulangen (menis
ger finnverwandt mit auskommen) drückt ein erforberlihes Borhandenfein
zum Biele oder Zweck aus. — Der Prinz von Dranien hatte die Sröffnungen
von d'Eſtrades ale eine fcherzhafte Höflichkeit angefehn, fobald faft zu gleicher
Zeit befannt wurde, daß Spanien fich dem fchiebsrichterlichen Urtheil der
Königin Mutter hingegeben habe. Schiller, 80jähriger Krieg, fortgefegt von
Woltmann 5. Bud. Das arme Thier, durchſichtiger ale Gras, ſchien
kaum belebt genug, bis Bagdad auszureichen. Wieland, Oberon 4, 30.
Fordere mehr, wenn es nicht zulangt. Leſſtng, Minna von Barn⸗
"helm 2, 8.
Belommen 1) allgemein empfangen, e8 mag das, was einem
Dinge zufommt, woher zu ihm kommen, over ſich aus demfelben
entwideln, und wir mögen ed wollen oder nidht: Briefe, Geld,
Schläge, Vorwürfe, Sonnenfhein, einen Mann, einen Antrag, die
Pflanzen befommen Blätter, Früchte; 2) Folgen oder Wirfung
haben, zum Bortheil oder Nachtheil gereihen: der Gang befommt
ihm gut, ſchlecht; 3) (früher) fortfoımmen, gedeihen, von Pflanzen
und Thieren; 4) (früher) br, begeben, ereignen; 5) (Bolfsiprache)
begegnen. — Noch hat er feinen Biffen Brod aus meiner Hand
befommen. Xefling, Minna yon Barnhelm 1, 8 Nehmen fie
ung das Unſre in Seffeln, müffen wir’ wieder befommen in
Löffen. Schiller, Wallenfteins Lager 1. Ich glaubte nur, daß ich
den Herrn in meinem Leben wieder nie zu fehn befommen würde.
Leſſing, Nathan der Weife 4, 1. Sie befam euch übel, bie
Lection. Schiller, Wallenfteins Lager 6.
Empfangen (ahd. aCi)ntfankan, infähan, mhb. enpfähen — einfan-
gen, in ſich Hineinfangen, in fich nehmen) in ſich annehmen, wobei zugleich
eingefchloffen if, daß das, was wir fo annehmen, woher zu uns fomme, und
dag wir Handeln, damit wir das zur Annahme zu und Kommende haben
Binnen. Erhalten bedeutet etwas, was uns zufommt, nehmen, um es feft
zu haben (halten); daher etwas zur Befibnahme bekommen, zu dem Belle
von etwas gelangen; darans endlich machen, daß der Bell von etwas bleibt.
Kriegen (urfprüngli nieberdeutfh, mhd. krigen) ift eigentlih mit ber
Hand ergreifen, und bat alfo den Nebenbegriff des Gtrebens nad etwas. —
31
Roc gar nicht war das Heer. Erſchaffen erſt mußt’ es der Friedlaud; er
empfieng es wicht, er gab's dem Kaifer! Bon dem Kalfer nicht erhiel⸗
tew wir den Wallenflein zum Felbherrn. So iſt es nicht, fo niht! Bon
Woallenflein erhielten wir den Kaiſer erſt zum Germ, er Mnäyfi uns, er
allein, an dieſe Fahnen. Schiller, Piccolomini 1, 3. Schaf dein Geſicht
mir aus den Angen! Seiton! ih kriege Herzweh, wenn ich's fehe, Seiton!
Schiller, Macbeth 5, 4.
Beikommen 1) näher kommen: der Feſtung, den DManne;
2) glei fein: diefer Wein kommt jenem nicht bei; 3) fi) beifommen
laffen, wagen; 4) GVolksſprache) mit einer Sache gut oder übel
beitommen, Bortheil oder Nachtheil dabei haben. — Die Natur hat
fo viel eit vorbehalten, daß wir mit Wiffen und Willens
ihr nicht — —— beifommen, oder fie in die Enge
n können. Göthe, Aelteres, nachgelaffene Werfe 10, 73. - Daß
es Steine von einer geringeren Gattung find, welde dem alten
— mehr oder weniger beikommen. Leſſing, ant. Briefe
». Et’ ih nur dem Tempelheren erft beizufommen. Leffing,
Rattan der Weile 4, 6. Er Tiefe es fih nicht beifommen,
dem römifchen Volke in feiner Macht, in feinen Mafregeln und
Berhlüffen entgegenzutreten. Dfenbrüggen, Ciceros Rede für ven
Milo, Einleitung Seite 17. j
en 1) durch einen Drt reifen: der Kaiſer ift heute
bier durchgekommen; 2) Überwindung von Hinderniffen wohin
langen: fie Tonnten nicht (durch den Fluß, das Gedränge, die
Schiwierigfeiten des Verſtehens einer Stelle) durchkommen; 3) völlig
mit etwas zu Ende, zu Stande: mit einer Arbeit, einem Buch, mit
dem Arm (durch den Armel); 4) die Abficht erreichen, aus einer
Berlegenheit, Gefahr Fommen. — Wo wir nur durchgekommen
find, erzählen Kinder und Kindeskind nad Hundert und aber u
dert Jahren von dem Holf noch und feinen Schaaren, Schiller,
Wallenſteins Lager 6. in braver Reiter und ein rechter Regen
fommen überall durch. Göthe, Götz von Berlichingen 8.
Einfommen 1) mit einem Anliegen einer Bitte, Beſchwerde
fih an eine höhere Behörde wenden; 2) eintreffen: es find Beſchwer⸗
den gegen ihn eingefommen; 3) zur (oder in die) Kaffe fommen, be:
zahlt werben; 4) einfallen, in Gedanken kommen, in dieſer Bes
deutung öfters bei Leſſing; 5) (Volksſprache) in die Wochen foms
men. — Ich werde noch einige Zeit warten, und ſodann zum dritten⸗
male einfommen. Leſſing, Briefe an feinen Bruber 80. Gegen
den Bifor fommen viele Klagen ein. Shaffpeare, König Heinrich
IV., 2 Theil 5, 1. Wir dürfen fühn verthun, in Hoffnung deffen,
was einfommt. Shaffpeare, König Heinrih IV., 1. Theil 4, 1.
Wie follte mir einfommen, daß der mir feine Dienfte anbieten
würde, der auf das Feindfeligfte mich zu übermwältigen trachtete,
Göthe, Götz von Berlichingen 3. Wem ift es vor ihm einges= -
fommen, das Geringfle von Perfpective darin zu finden? Beffing,
antig. Briefe 12. Wer follte wegen der Berneinung feiner Geburt
fi) einfommen laſſen, an ein bedeutendes Etwas zu denfen?
Schiller, Räuber 4, 3. | |
Entlommen 1) allgemein davon kommen, entfliehen: er ift im
den Wald entfommen; 2) abhanden fommen, verloren gehen: ver
Hund ift mir entkommen. — Ein Wunder war’d, daß ihr ent-
fommen. Schiller, Tell 4, 1.
Die nachfolgenden finnverwandten Ausbrüde geben mit dem daß zugleich
bie Art an, wie man ſich hinmwegbegibt. Entweichen (mhb. entwichen)
hebt den Begriff hervor, daß der Ort und die Richtung verändert werde, be=
ſonders auch, daß man vor dem Drange des Nebels, oder der Gefahr nach⸗
gebe. Gntfliehen (ahd. vliohan, mhb. vliehen) drückt die Eile des Weg⸗
begebens aus. Entwifchen (von dem Gmpfindungslaut ver Schnelle wits,
witfh — wips, mh. intwisken) hat befonders Die Bedeutung des Schnellen
und zugleich des lnerwarteten, Unbemerften und Heimlihen. Entgehen
(mh. eng(k)An) wird eigentlich von Fortbewegung überhaupt gebraucht; daher
figürlich in der Fortbewegung unbemerkt laſſen. Gntlaufen hat ben Bes
griff des geſchwinden Fortbewegens, im befondern auch (wie entgehen) vorn
lebendigen Dingen mit den Füßen. Entrinnen (fiche rinnen) bezeichnet,
dag das geſchwinde Fortbewegen mit Stärke oder Heftigkeit geſchehe. Ent⸗
fpringen (flehe fpringen) hat: den Begriff, daß füch der Körper lebhaft ſtark
erhebt und durch eine fchnelle Fortbewegung über Hinderniſſe wegeilt, ohne
diefe zu berühren, und fo fih dann frei fühlt. Entſchlüpfen (ahd. ant-
slupfen, mhb. enslifen, von ahd. ‚sluphan, sluphen, mhb. slupfen, altf.
sloppen, slupjan = ſchlüũpfen, ans, ausziehen; vergleiche fchleifen) hebt
den Begriff ver Geſchwindigkeit und auch der Gewandtheit hervor, mit der et=
was durchhin entkommt. — Und drei, mit gewaltigen: Streichen, erlegt er, bie
andern entweichen. Schiller, Bürgichaftl. Eur Zräulein Trudchen ift ent-
flohn. Bürger, die Gntführung. Als diefer die Arbeit gethan und die
Beinde entwifcht ſah.. Das Frohloden der Armee war um fo größer, nach⸗
dem man erſt die große Gefahr vernommen, der die Schiffe nur eben ent⸗
gangen waren. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Jener, leicht zu
Zuß, entlief mir. Shaffpeare, Othello 2, 3. Wollt Ihr die Folgen tragen,
wenn er zum Feind entrinnt durch unfre Schuld? Schiller, Wallenſteins
Tod 4, 6. Und glaubt er fliehend zu entfpringen, geflügelt find wir ba.
Schiller, Kraniche des Ibykus. Wir ‚öffnen willig unfre . Hände, daß uns
wiverbringlich uns ein Gut entfchlüpfe Göthe, Taſſo 2, 4.
Entgegentonmmen dahin fich bewegen, woher ein Anderes fich
— wobei es unbeſtimmt bleibt, ob es mit oder ohne Abſicht
860 of Und entgegen kommt ihm Philoftratus. Schiller,
gſcha
33
in ———— — ——
Begegnen (mhd. begegenen) läßt wie entgegenkommen unbeſtimmt,
ob es mit oder ohne Abſicht auf das Andere geſchehe, drückt aber wie auch
entgegenfommen in jedem Falle aus, daß ein Zuſammentreffen von beiden
Seiten Statt findet. Begegnen wird allein auf den Zeitpunct angewendet, in
welchem man in dieſer Bewegung zu einander gelangt, man mag nun übrigens
ſich an einander vorüber bewegen, oder nicht. Entgegen gehen deutet an,
dag die Bewegung abſichtlich gefchieht, um mit dem andern ſich herzubewe⸗
genden Dinge zufammenzutreffen, dabei aber unheftimmt bleibt, ob dies Zur
fammentreffen wirflih Statt finde oder nicht. — Iſt aus dem Innern doch
ber Feind verjagt; dem Feind von Außen wollen wir begegnen. Schiller,
Tell 5, 1. (Mancher) empfand es ſelbſt, mie göftergleich dem armen Irren⸗
ben ein freundlich Menfchenangefiht begegnet. Göthe, Iphigenie 4, 2.
Geh ven Weibern zart entgegen, du gewinnit fie auf mein Wort. Göthe,
Antivorten.
Fortkommen 1) von (aus) einem Drte wegkommen; 2) (eig.
und fig.) vorwärtsfommen: man fann auf dem Wege nicht fortkom⸗
men, die Pflanze kommt fort. — Macht, daß ihr fortfommt. Schiller,
Wallenſteins Tod 2, 7. Und wer rafch ift und verwegen, Fommt
vielleicht noch beffer fort. Göthe, Antworten. Für Görgen iſt mir
F nicht bange, der kömmt gewiß durch ſeine Dummheit fort.
llert, der ſterbende Vater.
Herkommen 1) eig. ſich (von einem Orte her) ber redenden
Perfon nähern: der Wind kommt von Often her; 2) abſtammen,
die Wirkung einer Urfadhe fein: er kommt von jenem Herrn ber,
biefe Beichuldigungen kommen yon ihm her; 3) (fig.) üblich fein:
es it ſo hergekommen — gebräuchlich im ſubſtantiviſchen Inf. das
Herfommen). — Seine Tochter wird heut Abend auf dem Gute,
von dem er herkommt, dem Grafen Appiani angetraut. Leffing,
Emilie Galotti 2, 3. — die wenigſten (Fehler) von ihm
ſelbſt herko mmen mögen. Leſſing, ant. Briefe 31. -
Abſtammen bezeichnet mehr das blutsverwandtliche Entſproſſenſein von-
Boreltern oder einer vorelterlihen PBerfon in Anfehung der Zwifchenglieber,
wird aber wie herfommen auch fig. gebraucht. Siehe Geburt, Abr
Inuft, Herfunft. — Es rühmt ſich diejes Für, von Ammon abzuſtam⸗
men. Schiller, Aeneis 4, 37. Untet allen Neigungen, die von dem Schoͤn⸗
beitögefübl abftammen, und das Bigenthum feiner Seelen find, empfiehlt
feine ich Dem moralijchen Gefühl fo fehr, als der verevelte Affect der Liebe.
Schiller, über die nothwendigen Grenzen beim Gebrauche ſchöner Bormen.
Nachkommen 1) eig. hinter etwas kommen, ſich in Beziehung
zu etwas, das räumlich oder zeitlih vor ift, fortbewegen; daraus
2) auf die Willensbeftimmung eines Andern oder überhaupt auf eine
gegebene Hin feinen freien Handlungen ihre Richtung zur Erfüllung
jener geben: dem Befehle, Gefege. — Als wir yon Nürnberg weg-
gingen, ift er uns nicht damit (mit ber Garderobe) nachgefvus
3
34
men. Leffing, Dinna von Barnhelm 3, 1. Sie ermaßne fie alfo
ernſtlich, auch ihren Verheißungen gleichfalls nachzukommen.
Schiller, Abfall der Niederlande 3. B.
Folgen (ahd. mhd. folgen, altſ. folgön, agf. fyligean, altn. fyIgja) bedeutet
zunächſt auf ein Anderes (uach) fein oder kommen, was räumlich ober zeitlich
vor ift; davon mit Jemanden oder mit etwas fein, was räumlich oder zeitlich
zuerft if; dann feine freien Handlungen ver wirklichen ober nur fo angenom-
menen Willensbeitimmung eines Andern oder überhaupt einer gegebenen unter:
orbnen, anch auf ben Andern felbit, nicht bloß auf die Willensbefimmung
bezogen. In beiderlei Beziehungen fleht auch gehorchen (verflärft von ge⸗
hören, ahd. kihorjan — hören, gehurchen), aber mit dem Nebenbegriff des
Aufmerfens auf den Andern und auf bie von ihm gegebene (nicht aud aus
den Umfländen gefchloffene, wie beifolgen) Willensbeftimmung, fo wie des
Erfennenlafiens viefes Aufmerkens. Befolgen flieht, wie nachkommen,
nur in Beziehung auf eine Willensbeflimmung und nicht auf die Perfun, von
der diefe ausgeht. — Zwar feh’ ih nicht, wie ich dem Ruth des Treuen
folgen full. Goͤthe, Iphigenie 1, 2. Sag’ nidyt, da müßelt der Nothwen⸗
digfeit gehorchen und dem Dringen deines Volks. Schiller, Marta Stuart
2, 3, Wieder ein Gebot ift: Du follft nicht ftehlen. Ja, das befolgt ihr
nah dem Wort. Schiller, Wallenfteins Lager 8.
Niederfommen wird wie entbunden werden fig, und Anftan-
des halben verhüllend von der Geburt eined Kindes gefagt. Nie
berfommen (wie Niederfunft) bezeichnet die Beburt von Sei⸗
ten der Schwäche und des Unwohlſeins der Gebärerin; entbunden
werden (wie Entbindung) bezeidinet fie von der Seite, daß die
Gebärerin von etwas Beichwerlichem befreit werde. Entbinden
(und Entbindung) wird mehr von hohen Perfonen, zugleich au
von der bei der Geburt befchäftigten helfenden Perfon (Arzt, Amme
gefagt. Die Ausdrucksweiſe in die Wochen fommen berüdfich-
tigt die Zeit, welche die Gebärerin nad) der Geburt noch im Bette
‚zubringen muß. — Die Wittwe freite wieder, und kam mit einem
Knaben nieder, den man den Eleinen Töffel hieß. Lichtwer, der
Heine ZTöffel. Hier auf dem Strohe Tiegt die erfi entbundene
Frau des reichen Befigers. Göthe, Hermann und Dorothea 2, 32.
Kommt die Hoheit in die Wochen! Paten, die verhängniß-
volle Gabel 5. |
Anm. Die frühere Sprache hatte genefen (ahv. ganesan, mhb. genösen,
ju nerjan, goth. nasjan — nähren, gehörig) in der Bedeutung kefreit werben
von etwas, bann finnverwanbt mit entbunden werden, was ſich uhd. noch
zuweilen: findet, } B. wie ich der übeln nöt genöse; diu (bie) eines kindes
sol genösen. ©ie. ift genefen eines Knabens. Luther, Iſaias 66, 7. Der ift
der Noth im Tod genefen. W. Smets, die Leichenbegleitung. Sein Weib, ein
ihm fehr ee war eines Kindleins erfl genefen. Langbein, der Hirte
von ger . .
35
Werkommen 1) über etwas: der Fluß iſt zu breit, ich kam
nicht überfommen;, 2) erhalten: Madt, ein Amt; 3) überfallen
werden: es überfam ihn ein unbezwingbarer Schlaf; 4) (früber)
überfommen einen eines Dinges — ihn deffen überweilen. — Die
großen Geldſummen, jagen fie, welche Penneranda überfomuren
bat, um fie in der Verfammlung auszutheilen, machen ung viel
Kummer. Schiller, 3Ojähriger Krieg, fortgefegt von Woltmann 5. 2.
Die Gefar, fo fie bald überfommen dörfte. Weichmann, Poefie
der Niederſachſen 1, 6. | i
Unterfommen 1) unter etwas, ein Obdach; 2) (fig.) feine
Verſorgung finden; 3) (früher) unterbleiben, verhindern, abftellen,
— Ich muß wo anders (in einem andern Wirthshaus) unterzu-
fommen ſuchen. Leſſing, Minna von Barnheln 1, 3. Er wolle
aunterzufommen (eine Stelle zu finden) ſuchen. Göthe, Meifters
Lehrjahre 1, 11.
Berfommen 1) dahin fein, ohne daß man weiß, wohin es
gekommen ift: das Buch ift mir verfommen; 2) nad) und nad) ges
ſchwächt werden, daß das Dafein dahin ift Lin der Volksſprache
verfamen und verlamden); 3) (jeltner) übereinfommen mit
Jemanden; 4) früher) vorbauen, verhindern. — Da wohnt’ und
weint’ er, und verkam, durch feines Mädels Schuld, vor Gran,
verlöfchend wie ein Licht. Bürger, Bruder Graurod. |
Berloren geben (von verlieren, fiehe beifommen) dahin fein, daß
man es nicht mehr Hat; fo werden, daß: eimas ohne ben erwarteten Erfolg
dahin (zu Ende) if. — Auf dem langen Wege, aus dem Auge durch ven
Ara in den Pinfel, wie viel geht da (bei dem Maler) verloren. Leſſing
Exwmilie Galotti 1, 4. a
Borkommen 1) Anderes, was voraus oder in gleichmäßiger
Bewegungslinie iſt, Hinter fih zurüdlaffen, fei e8 durd wirkliche
räumliche Fortbewegung, oder überhaupt, 3. DB. durch Übertrefs
fen; 2) in gewiffer Beziehung mit der nämlichen Handlung - eher
fertig fein, als ein Anderer (gewöhnlicher zuporfommen); 3) zu
Jemanden kommen, ohne daß die Perfon genannt zu werden braucht:
ich fonnte nicht vorlommen; 4) in Beziehung auf ein wahrnehm⸗
bares Wefen anegenwärtig und von ihm wahrgenoinmen werden;
dem Sinne oder dem Geiſte fi vergegenwärtigen mit Ungewißheit,
ob es Wirkliches fei oder nicht, oder aud) mit dem Bemußtfein,
dag es Unwirkliches iſt; 5) unvermuthet gegenwärtig werben, ſich
ereignen; 6) (urjprünglih und noch zumeilen in der Volfsiprache)
orkommen. — Der Borderfte, der ſtürzt, und fo fomm’ id
nun yor. Leffing, Nathan ver Weife'5, 1. Seine Liebe, raſch wie
kin Sporn, gab ibm ſo ſchnelle Flügen, daß er uns lang zu vor⸗
lam Gꝙiller, Mar eth 1, 13. Die Ausdrücke der Leidenſchaft,
3*
36
von Freude zur Wuth, follen flüchtig, wie fie im Leben vorfom-
men, aufgezeichnet werden. Göthe, Abendmahl von Leonardo da
Vinci Bd. 39, 1233. Ihre wechlelnden wunderlichen Stimmen famen
mir Höchft ehrwürdig vor. Göthe, Meifters Lehrfahre 1, 2. Je⸗
dem fommt fie wie fein Liebehen vor. Göthe, Fauſt 1, 219.
Überholen (mhd. überholn == herüberholen) etwas, mas voraus iſt,
hinter fich zurüdlaffen, fowol im eigentlichen Sinne, wenn es durch Gefchwindigfeit
geichieht, als auch überhaupt, dann auch übertreffen durch Nacheiferung. —
Scheinen (goth. skeinan, ahd. agf. scinan, mhd. schinen, alta. skina,
erft mhb.. unperfönlich, urfprünglich Licht von ſich geben) bedeutet Hier Außer-
Ich in die Sinne fallen mit zweifelhafter oder feiner Wirklichkeit des Innern;
dann überhaupt etwas finnlichgeiftig empfinden ohne Wirklichkeit oder doch
mit Ungewißhelt. — Er (der Pfeil) überholt aber auch den Sturm aus dem
hohen Nord. Klopflod, Hermanns Schlacht 2. Man fand, dag ich in der
Mufif und im Tanzen den Unterricht und das Beifpiel, das fie mir geben
Eonnte, bald überholte. Wieland. Ind ehe das dritte Morgenroth fcheint.
Schiller, Bürgfchaft. Sin Glanz vom Himmel ſchien die Hohe zu umleuchten-
Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 9.
Zukommen 1) zu etwas fommen, in örtlicher Beziehung in
ein Gegenwärtigfein und dann in ein Dafein ſich bewegen: er Tann
nicht zufommen, zufomme uns dein Reich; 2) überbradht werden:
die Nachricht tft mir zugefommen; 3) allgemein als Beftimmung fich
zu einem Dinge fo verhalten, daß fie in Beziehung deffelben bejaht
wird; Jemandes Pflicht und Befugniß gemäß fein. — Wahrhaftig,
(er) iſt's, kömmt auf und zu. Leſſing, Nathan der Weile 1, 2.
Um diefe Zeit fam mir die Kunde zu. Schiller, Maria Stuart
1, 6. Erlauben Sie mir, Ihnen die näheren Erörterungen nad)
und nad zufommen zu laſſen. Lefling, ant. Briefe 14. Dar-
über werd’ ich dem Erflärung geben, dem's zufommt, dieſe Frag’
an mich zu thun. Schiller, Wallenfleins Tod 2, 6.
Gehören (ahd. kali)hörjan, mhd. gehoeren) wen fein, als in einer
gewiffen Beziehung der Abhängigkeit zu ihm flehend; damn überhaupt wen
mit Grund fein, mit Grund zukommen, feinen zureichenden Grand worte
haben. Zuftehen wirb nur gefagt, wenn die Beſtimmung eine freie Hand⸗
lung ift, deren Ausübung angefprochen werben kann. Giche noch gebühren.
— Das Feld gehört dem Biſchof und dem König. Ediller, Tell 3, 8.
Beil... ven Wangeliſchen ſchwere Verantwortung zuftehn möcte. Schiller,
30jähriger Krieg, fortgefept von Woltmann 5. B.
Zufammentommen d. i. fid) aus er Sein zu einem Zu⸗
fammenfein, Beieinanderfein bewegen: Menſchen, Kugeln, Linien. —
Wer zählt die Völker, nennt die Namen, die gaftlich hier zufam-
men famen? Schiller, Kraniche des Ibykus.
37
Sammeln (ahd. samandn, seminön, nihd. samenen, agf. samnjan,
somnjan, von sam, sama — zugleich und zufammt) bebeutet allgemein aus⸗
einander feiende Dinge bei einander fommen machen. Berfammeln bezeich⸗
net den Begriff von fammeln beitinnmter, und wird nur In Beziehung auf Les
beubiges (oder das poetifch belebt dargeftellte Leblofe) gebraucht. Beide Derba
ſetzen immer eine Abficht zum *Beieinanderfein voraus, während das Zuſam⸗
menfonmen eben ſowol abſichtslos gefcheben fan. — Um tes Lichts gefell’ge
Flamme ſammeln fi die Hausbewohner. Schiller, Glocke. Folgt mir nad)
Frauenberg, wo alle Treuen bei Gallas ſich und Altringer verfammeln.
Schiller, Wallenſteins Tod 2, 6.
Keiner weitern Erflärung bedürfen: dahin-, dar- (auf einen),
darüber-, darunter-, a wifchen-, heim, herauf⸗, herans-,
berbei-, berein-, herwieber-, herüber-, herum⸗, herunter-, bervor-,
bin-, binab-, hinan⸗, hinau . hinaus-, binein-, binüber-, hinun⸗
ter⸗ hinzu⸗, lo®-, mik, ü erein⸗ (ſ. entſprechen), um⸗, voran⸗
vorbei-, vorüber-, weg⸗, wieder⸗, zurück⸗, zuvorkommen,
von denen manche meiſt getrennt geſchrieben, auch theilweiſe in
verſchiedenen Bedeutungen gebraucht werden. — O Gott des Him⸗
mels! Muß es dahin kommen! Schiller, Maria Stuart 3, 4.
Es möchte noch ein Unheil zwiſchen kommen. Schiller, Turan⸗
dot 3, 4. Man ſagt, er habe ſtracks, ſobald er heimgekom—
men, ſich hingelegt. Wieland, Oberon 1, 54. Nirgends baut die
Milde, die her ab in menfdlicher Geftalt vom Himmel fommt, ein
Reich ſich fchuglter. Göthe, Iphigenie 4, 2. Freundlich famen
beran die n. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 65. Und
zu mir mein Bater, wie Todtengeftalt Herauffam. Klovftod, Meſ—⸗
fias 3, 723. IIe weniger id) etwas dabei hberausfommen fah.
Böthe, Leben 6. Bud. Dies fommt heraus, drum meld’ ich
dieſen Ort. Shaffpeare, König Richard 1, 4 Damit c8 nicht
herausfomme, als ob Sie mir zu Gefallen rede. Leffing, Minna
son Barnheim 3,4. Der enticheidende Augenblick fchien endlich ber-
beigefommen zu fein. Schiller, dreißigjähriger Krieg 1. Bud).
Und e8 behaget fo wohl, wenn mit dem gewünfceten Weibchen auch
in Körben und Kaften die nüglihe Gabe hereinkommt. Göthe,
Hermann. und Dorothea 2, 172. Bis Nahridt ung herüber
tommt vom Walde. Schiller, Tell 1, 4. Sie famen hinter Ant-
werpen herum. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Ich bin
hberuntergefommen (vom Berge), und weiß doch felbft nicht
wie. Goͤthe, Schäfers Klagelied. Sie fommen hervor (aus ben
Stäbern), ein Weib da, ein Mann. Göthe, Tedtentanz. Wo Fam
der Baidmann!) hin, mit dem ich ſprach? Schiller, Tell 4, B.
2) Befir Wei dmann (mhb. weileman) von ahd. weida, mid. weide =
das Ausgehen auf den Bang von Wild, Vögeln, Fiſchen, Lebensnahrung; ah.
weidanon — fagen.
38
Laßt mich, ich komme bald zu euch hinab: .Göthe, Iphigenie 2,1.
Endlih famft du zur Laube hinan. Göthe, Aleris und Dora.
Einftens war des Zwergekönigs Majeſtät Hinaufgefommen 9.
Neumann, die Riefen und bie au Das fommt auf reiche
Augen und arme Hände hinaus. Shakſpeare, So wie e8 euch ge-
fällt 4, 4. Als id nun endlich vor's Thor und auf bie Straße
binausfam. Göthe, Hermann und Dorothea 2, 16. Bon außen
fommt nichts in Sie hinein. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 16.
Die gnädige Frau läßt Sie fehr bitten gleih hinüber zu Fommen.
Göthe, Stella 1. Wollt er biefen Abend ?
Paten, Treue um Treue 5. Horchend wundert’ ich mich, — als
ih hinzukam, kannt' ich Reineken ſtracks. Göthe, Reineke Fuchs
1, 74. Es iſt für Sie recht gut, Herr Major, daß Sie auf dieſe
Weiſe von ihr losgekommen ſind. Leſſing, Minna von Barn⸗
heim 4, 7. Wie ärgerlich mir es geweſen, daß Du nicht mitkom⸗
men können, brauche ich Dir nicht zu ſagen. Leſſing, Briefe an ſei⸗
nen Bruder 127. Der Piccolomini war's, der umgekommen.
Schiller, Wallenſteins Tod 4, 6. Das Ding kommt um (d. i. uns
ter die Leute). Schiller, Räuber 2, 3. Sie kamen nicht bei Dir
vorbei? Schiller, Macbeth 4, 5. Ein Kaufzug, hat er vernom⸗
men, wird frühe vorüberfommen. Uhland, —** Rechberger.
Ich bin bei dieſem noch fo ziemlich weggekommen. Leſſing, Minna
von Barnhelm 2, 2. Mach nur, daß wir wegkommen. Leſſing,
Emilie Galotti 4, 8. Wenn Sie von Brüffel wiederfommen.
Schiller, Don Karlos 2, 5. Wer nicht vorwärts geht, der fommt
zurüde. Göthe, Hermann und Dorothea 3, 66. Willſt Du mit
nee That zuvor ihn kommen. Schiller, Wallenſteins
Bequem, ein Reft der älteren Form, (ahd. piquämi, mhd.
bequeme, agf. gecveme), eigentlih zufommend, übereinftimmend
womit; dann Feine Beichwerlichfeit macdend und daher zum Ges
brauche angemeffen; davon auf die Perfon übertragen, Angemefjen-
beit zum Gebrauche Tiebend und darum Beſchwerlichkeit feheuend. —
Davon unbequem, bes (unbe-) quemlih, Be- (Unbes)
quemlicdfeit, fi bequemen. — Der glatten Pferde wohlges
nährte Zucht ift von den Bergen glüdlich beimgebradht zur Wins
terung in den bequemen Ställen. Sciller, Tel 1, 2. So war
ich heiter, aller Menfchen Freund, behülflih, wach, zu Rath und
That bequem. Göthe, die natürliche Tochter 3, 4. Macht's Euch
bequem. Schiller, Picecolemini 4, 6. er aber recht bequem
iſt und faul, flög’ dem eine gebratene Taube ind Maul, er würde
höchlich ſich's verbitten, wär’ e nicht auch gefchict zerfchnitten. Göthe,
Sprichwörtlich. Sollte e8 nicht vollfommen nad * Gnaden Be⸗
quemlichkeit geweſen ſein, ſo geruhen Ihro Gnaden nur zu bes
fehlen. Leifing, Minna von Barnhelm 2, 2. Kein Ehrenmann
wird fih der Schmach bequemen. Schiller, Tel 1, 3 Wir, in
Heindes Land, mußten derweil uns fchleht bequemen. Schiller,
Wallenſteins Lager 6.
Gelegen (mh. gelögen, von ahd. likan, mhb. ligen) zunächft anges
meſſen nach der Lage, dann dadurch ohne Befchwerlichkeit für den Gebrauch.
Semädlid (mhp. gemacheltch, von ahd. mah, kimah, mhb. gemach
— Ruhe und Wohnfl) wird nur von ſolchem gefagt, was mit Ruhe vers
bunten tft, ohne Unannehmlichfeit. — Wird darum auch Ihr unvermutheter
Aublid ihm gelegen fein? Leffing, Smilie Galotti 4, 6. Dom fichern
Bort läßt ſich's gemächlich rathen. Schiller, Tell 1, 1.
Aum. Ganz unfer bequem dem Sinne nach iſt das fchweizerifche komm⸗
li& (mbb. kumenlich, im 17. Jahrhundert Fumlich, engliih comely = zu⸗
fagend, tanglih). ES Hagelt ſchwer; kommt in die Hütte, Vater, es iſt nicht
fommlich, bier im Freien haufen. Schiller, Tell 4, 1.
Das Herlommen (mit dem Grundbegriff des aus früherer Zeit
auf die fpätere unverändert Uebergegangenen und Erhaltenen) erflärt
fh aus berfommen 3. Davon Derfömmlich. —. Das urfprüngs
lihe Berlangen über die Neligiongfreiheit der Unterthanen war. jegt
gemildert, indem nicht mehr verlangt wurde, daß diejenigen, welche
die öffentliche Ausübung ihres Glaubens nit durch Herfommen
und Berträge hätten, nod Freiheit haben follten, fie einzurichten,
Schiller, dreißigjähriger Krieg, fortgefegt von Woltmann 5. 2,
Es iſt dieſes eine herkömmliche Sache. Göthes Leben 13. B.
Drum iſt mlich feit der Väter grauen Zeit, daß vor Ge—
richt fein gegen den Schotten, fein Schotte gegen jenen zeugen
darf. Schiller, Maria Stuart 1, 7.
Sebrauch (ahd. prüäh) und altertbämlich Brauch, eine gleichfürmige,
darch Wiederholung entilandene Beobachtung und Uebereinftimmung. Ges
wohnheit (ahb. giwonaheit, mhb. gewonheit, von ah. giwon = gewohnt,
wenjan = gewöhnen, wonen = fich gewöhnen, gewohnt fein, wini, mhb. wine
— Geliebter) wird gejagt, wenn jene gleichförmige Beubachtung oder Uebereinſtim⸗
mung obue deutliches Bewußtſein der Beſtimmungsgründe, fo und nicht anders zu
handeln, geſchieht, weil dieſes Handeln durch feine öftere Wiederholung une fo vor
Anderm zu eigen (zur Natur) geworben ift, daß wir es nicht lafien fönnen und
festwährend ohne deutliches Bewußtfein und Meberlegung dazu getrieben wer:
en. Die Sitte (ahd. der sita, mh. dör und die site, goth., agf. sidu,
alte. sidr) eigentlich die Form zu handeln und zu leben, fe mag gut ober
übel fein; dann mit der näheren Beſtimmung, daß fle herrſchend if, und daß
fe ans dem Sefichtspuncte und nach dem Gefühle der Schicklichleit und Ans
Rönbigkeit beurtheilt wird, welchen Nebenbegriff Gebrauch und Gewohn⸗
heit nicht haben. Belä)remonie (aus lat. ce(se)remonia, ce(s#)rimonia)
uebereinſtimmung freier Handlungen mit dem unterfcheivenden Nebenbegriff ei⸗
ner gewiften Feierlichleit. Mode (franz. la mode, aus lat. medus) hat den
40
—— tn
Mebenbegriff des Veraͤuderlichen und häufigen Wechfeld je nach dem Geichuade
der Zeiten und Völker. Weiſe (ahd. wisä, mh. wisc) bebentet allgemein
die Befchaffenheit des Handelns. — Ihn Hält in Schranfen nur das beutliche
Geſetz und ver Gebräuche tiefgetretne Spur. Schiller, Wallenfleins Tob 4, 2-
Ein tiefer Sinn wohnt in den alten Bräuchen. Schiller, Maria Etuart
1,7. Ich fürchte, daß jeder die armfeligen Gewohnheiten bes Winkele
in dem er geboren worden, für die eigentlihen Sitten des gemeinfchaftlichen
Baterlandes halten dürfte. Leſſing, Hamburger Dramaturgie 1, 22. Ich follte
meinen, daß es ſonach um fo weniger Schwierigkeit haben fünne, bie Gere
monde bis zu ihrer Zurückkunft auszufegen. Lefling, Emilie Galotti 2, 10.
Wenn das in Frankreich Mode if, warum foll’s nicht in Spanien fein ?
Goͤthe, Clavigo 1. Die kommen eben von ber Reife, man fieht’s an ihrer
wunderlihen Weife. Göthe, Fauft 1, 108.
Abkömmling, Nachkomme, Nachkösmmling Heißt, wer von
einem Andern abftammt; der erfte Ausdruck deutet auf das Gefchlecht,
bie beiden andern auf bie Zeitfolge; Nahfömmling hat dabei
oft den Nebenbegriff eines unedeln Urfprungse. — Diefer (Karl von
Durazz0), ein Abkömmling Karls II., befand fich Tange in Un⸗
garn. Paten, Gefchichten des Königreichs Neapel 1, 1. Gnug,
‚ wenn verfeßt in höhre Sphären ein Nachkomm uns ing Hellre
jest. Leſſing. Dergleihen unzerftörliche höchſt achtungswerthe Er⸗
innerungen an die Voreltern find es, um derentwillen wir bie Feh⸗
ler ” Nahfömmlinge verzeihen. Göthe, nachgelaffene Werfe
9, 192.
Die Nachkommen (früher oft, 3. B. bei Opitz, die Nachkom⸗
menen) nennt man Menichen als in der Zeitfolge von andern abs
ftaınınende, es mögen num einzelne fein, oder man mag ımter den
Nachkommen eine Gefammtheit der Menfchen bezeichnen. Der
Gegenfag iſt Borfahren. — Er mußte ſich zulegt gedrungen füh⸗
len, auch die Regeln feiner Kunft, in fo fern er fie einfehen gelernt,
den Nahfommen zu überliefern. Göthe, Anhang zum Leben des
Bevenuto Cellini XV., 3.
Nachwelt ift Gegenfab von Borwelt, wie auch das alterihänliche
Afterwelt (von ahd. aftar, mhd. after — nach, hinten) das aber oft den
Nebendegriif des Unechten, des Schlechten hat. — Wenn ich nur nichts von
Nachwelt hören follte; geſetzt daß id) von Nachwelt reden wollte, wer
machte denn der Mitmwelt Spaß? Göthe, Fanſt, Prolog. Vergebens ſchreiben
wir für Welt und Aftermwelt. Hagedorn. ”
Anm. Zuweilen flieht auch Nachkommenſchaft. Ich fah in ihnen ſchon
Nachkommenſchaften, die dereinft, wie ung, die Vorſicht glücklich macht. Gieſeke.
Vollkommen, gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts oft noch
vollenfommen, (ahd. fullechomen, mhd. vollenkomen ımd vol-
komen) bedeutet nn volführt, erfüllt, zu Ende gebradit; dann
jeden feiner Theile in dem gehörigen Grade ber Güte, der inneren
41
Stärfe, der gehörigen Größe und Weite (von Kleidun n) habend.
Davon Bollfommendpeit, vervollfommnen, Bervollfomm-
nung. — Wenn mid ja zu Rom die Freunde nicht vollfommen
überzeugen. Göthe, Taffo 4, 4. Bringft du es (das Gedicht) voll:
fommener dann zurüd; wir werden und des höheren Genuffes
rem. Daf. 5, 2. Jede Arbeit behalte Jange für dich, und fpare
keine Zeile, fie zu vervollfommnen. Platen, Lebensregeln 49. Der
Zweck deines Lebens fei Vervollkommnung im Guten. Daf. 13.
Ganz (ahd. kanz, mhd. ganz) deutet an, daß ein Ding alle Theile Hat,
bezeichnet zugleich das Ungetheiltjein der Größe. Vollſtändig d. i. alle zu ſei⸗
nee Beſtimmung nöthigen einzelnen Theile habend. — Nach und nach nahm
de jo mein ganzes Herz, meinen ganzen Kopf ein, daß jebt noch etwas
andere Mühe bat ein Plägchen zu gewinnen. Göthe, die Geſchwiſter. Was
jene durch eine geheime Verbindung mehrerer durch die Melt zerfireuter thä⸗
tiger Glieder zu bewirken ſuchen, will der Letztere, vollitändiger und fürzer,
turdh ein einziges Subject ausführen. Schiller, 10. Br. über Don Karlos.
Willkommen (ahd. willicomo, willecome, mhb. willekomen,
in der pollftändigen Redensart sit, sista willekomen) und das
verftärfte Sottwillfommen (mhd. gotewillekomen, vollftändiger
bis d. i. fei got und mir wilkome, Wadernageld altd. Leſebuch
984, 37) drüdt den Inhalt des Grußes aus; denn der Ausdrud
bedeutet zur Freude oder angenehm (nad dem Willen) gefommen,
und ift alfo audy nur Zuruf zum Empfange des Ankommenden. Das
Wort fteht auch adjertivifh, ohne Rüdfiht auf Gruß. Da bei den
alten Dentſchen für den eintretenden Gaft der gefüllte Becher die
erfte Gabe des freundlichen Empfanges war, fo wurde Died Trinf-
geſchirr auch der Willfomm genannt. — Bewillfommen Yes
manden, der zu uns kommt, bei uns aunehinen, er mag fidh bei
und aufhalten oder nicht, mit dem Nebenbegriff, daß ung der Kom:
mende angenehin komme. — Willkommen, Vater! euch grüßt
Drei. Göthe, Iphigenie 3, 2 Seid hochwillkommen unter
meinem Dach! Schiller, Tel 1, 4 Willkomm, Herr Vater,
Gottwillfomm! Uhland, drei Fräulein. Auch aus Einfalt
hatten fich oft in diefen Mäandern (Höhlen) arme Thiere gefangen,
willfommene Beute dem Räuber. Göthe, Reineke Fuchs 2, 29.
Mein Herz zum wenigften bewillkommt Ale Schiller, Mac-
8, 8
Gruß (ahd. kruog, mfd. gruoz) iſt nrfprünglid; der Aneuf, fowol der
freundliche als auch der feinpliche, mhb. der freunblicde Anruf, ſei er zum
Impfang oder zum Abfchiede u. f. wm. Begrüßt iſt der Imperativ von
grüßen (ahb. kruogan, mhd. grüezen). Gmpfangen f. bei aufneh⸗
men. — D Herr, verjelht ven rohen Gruß! GBöthe, Kauft 1, 1237. Be:
grüßet feld mir, edle Herrn, gegräßt ihr, fehöne Damen! Gölhe, der
42
. Das einfache Quuft (ahd. chamfi) if allmaͤlich aufer Gebrauch
mmen; das abgeleitete fünftig (ahd. chumftig) fo wie die zu⸗
imengejegten Zufunft, zufünftig und die Adverbien künftig⸗
hin und (obwol felten) hinkünftig werden von ben beften Schrift⸗
ftellern gebraucht. — Er flarb im Yadr nach unfers Heilands Kunft
vierkundert zwanzig ſechs. Shafipeare, König Heinrich V. 1, 2
Wenn fie (die Propheten) aus — Geſicht des Heilands Kunft
berichtet. Bürger, St. Stephan. Laſſen Sie mich feine Zukunft
denfen, wo ich mich felbft haffen müßte. Lefling, Minna von Barn⸗
beim 5, 5. Da fand ich die Tafel voll vom Schidjal, das unfre
fünftige Größe verfündigt. Klopſtock, Meſſias 2, 319. Sollten
nicht uns in der Jugend wie im Schlafe die Bilder zukünftiger
Schickſale umfchweben? Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 9. Reineken
follt ihr. überall ehren mit Weib und mit Rindern, wo fie euch im-
mer bei er oder Nacht hinkünftig begegnen. . Göthe, Reineke
Fuchs 6, |
Abkunft bezeichnet überhaupt ein blutsverwandtſchaftliches Ent⸗
fproffenfein, im Beſondern aber in Beziehung auf die Voreltern und
beren. Stand, | | |
Herkunft bezeichnet dasfelbe, nur mehr in Dinficht. des Fort⸗
gehend auf die Gegenwart. &. weiter Geburt. — Die Abfunft
von dem Zeus erhebt ihr Herz. Schiller, Phäpra 3, 3. O fage,
wenn dir ein Verhängniß nicht die Lippe fchließt, aus weldem unſ⸗
rer u: du deine göttergleihe Herfunft zählt. Göthe, Iphi⸗
genie 2, 2. ae
Auskunft Belehrung über etwas, woraus wir nicht fommen
fönnen, es mag uns basjelbe nun unbefännt, verworren, oder dunkel
fein. * ſetzt ein Sein in der Sache poraus, und deutet das
rauf — daß man einzelne Theile nicht gehörig mit dem Geiſte zu
burchichauen vermag. — Für den Wald fanden wir eine gute Aus⸗
funft. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 7, Sie gab die Ausfunft,
u eben eine Geſellſchaft Iuftiger Gefellen aus dem Staliäner Keller
nebenan heraus taumle. Daf. 1, 8.
Aufklärung (von Elar, aufklären, mh. clären — hell werben; vers
gleiche lat. clarus) {ft Belehrung Hber etwas, wenn fie alles binwegbringt,
was bie leichte und volle Erkenntniß hindert, fo daß die Sache geiſtig durch⸗
fhaut und fo in Ihren Theilen erfannt werben kann. Aufſchluß (von auf:
fehließen, ahd. antsliogan, mbb. entsliogen, von dem einfachen ahd. sliugan,
sliogan, mhb. sliegen = fchließen, ſchleußen it Belehrung, wenn fie uns über etwas
ertheilt wird, in das wir nicht geiſtig einzubringen vermögen. Auflöfung (von
anflöfen, mhd. loesen = lus machen), wenn etwas fo verfuupft und verwickelt if,
daß man nur mit Mühe in dasjelbe geikig hineinkommen und es auseinander
bringen kann. Antwort (ahd. antwurti eig. Gegenwort d. i. was anf eis
43
was Anderes gefagt wird) iſt allgemein Erwiederung auf etwas mündlich aber
fchriftlich Borgebrachtee. Beſcheid (mhd. bescheit, von bescheiden — ei⸗
nem etwas deutlich auseinander feßen, vom ahb. sceidan, nmıhb. scheiden,
goth. skaidan, agf. sceadan — ſcheiden) ift eine beſtimmte Antwort, die Jes
munden zu Theil wird, überhaupt die Untergebenen auf Anfragen, Bitten und
wul. ertheilte; dann audy beflimmte Erflärung, 3. B. über eine dunkle Stelle.
— Bir gaben einanver wechfelweife fo viel Aufflärung, als einem jeden
beliebte. Goͤthe, Campagne in Frankreich, Werke B. 30, 311. Vorzüglich wers
ven einige Haushaltungs- und Rechnungsbücher gefchägt, welche über vie Les
beusweife jener Zeiten befündere Auffchlüffe geben. GBöthe, Anhang zum
Leben des Benvenuto Bellini XV, 5. Das iR die Auflöfung bes Näthfele.
Leifing, ant. Briefe 17. Hat er den Queſtenberg mit einer guten Autwort
entlaſſen? Schiller, Wallenfleins Tod 3, 3. Grwarte feinen andern Bes
ſcheid. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 5.
Einfünfte und Einkommen bezeichnet allgemein was Jemand
an Geld oder andern Nupungen zu beziehen hat, er mag dieſe im
eignen Beſitze oder in einen andern übergeben haben; überhaupt bes
deuten dieſe Ausprüde einen regelmäßigen Bezug von Geld oder an-
derem beweglichen Gut. Einkommen und Einnahıne bezeichnet
auch Bloß die Handlung, und dann als wirklich gefchehen. — Die
@infünfte ver Länder nehmen wir aus Tafchenbüdern und Tas
hellen. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 17. Doc fünnte er mir fein
Einfommen eines ganzen Jahre geben. Göthe, Egmont 4.
Einnahme drückt eigentlich ‚die Handlung des Ginnehmens aus, ſodann
was man einnimmt an Geld oder beweglichem Gut überhaupt, es mag nun
zum eignen Befik gehören, ober nur in des Cigenthümers Namen eingenoms
men werden. Renten (von ahd. rentön, mhb. renten — ergeben; das
franz. rente flammt aus dem Deutfchen) und Binfen (ah. pl. zinsä und
zinsi, mihd. zins, alt. tins, wol vom lat. census, oder wenigſtens damit
wurzelverwandt) find nur ein Theil der Ginfünfte, nämlich nur das, was
man als Rugung von Gütern, Bapitalien und Rechten bezieht. Renten bes
deutet den Ertrag von dem wirklichen. oder zur Nutzung ausgeſetzten Vermögen,
und wird von dem Bmpfänger gefagt; Zinfen fieht auch in Hinſicht des
Geber, was er für Rubung an Jemanden zu deſſen Bezug zu geben hat.
Für Zinfen vom Beld fagt die Volksfprache oft Intereffen (vom lat. in-
. teresse — bazwilchen fein, nützen). Wenn er feine Einnahme einiger:
maßen der Ausgabe gleich fegen will. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 14. Täg⸗
lich, fiehft dan, wachfen meine Jungen und die Zahl von ihren Korberungen,
aber meine Renten nicht. Gödingk 17. Epiftel, Er iſt da, ber große fchöne
Angenblid, der endlich des hohen Pfunbes Zinfen von mir fordert. Schiller,
Don Karlos 3, 2. Sie follen mir es (das gelichene Geld) ſodann mit In⸗
tereffen wieder geben. Leſſing, Minna von Barnhelm 8, 7.
Übereinfunft beveutet eigentlich f. v. a. Verhältniß zu An⸗
derm, daß gegenfeitig in Gewiſſem basfelbe if; daher dann gegen
44
feitiges Zufammengehen der Gedanken verfchiedener Perfonen über
etwas in eins, was dann gegenfeitig dasfelbe iſt; Feſtſetzung einer
gegenfeitig in eins gehenden Willendmeinung. — Da man bald ver-
nahm, es fei eigentlih nur eine Uebereinfunft, daß die Vor—
poften Friede halten follten. Göthe, Compagne in Frankreich, Werfe
Br. 30, 83,
Vereinigung (von vereinen, mhb. vereinen — übereinfommen, vers
fühnen) if 1) Bewirken eines gegenfeitigen DBerhältniffes zum Ginigfein, fo
wie dieſes Verhaͤltniß felbit, und zwar zu feſtem Berbundenfein in Ginigfelt ;
2) das VBerbundenwerven in eins, und das hierdurch begründete gegenfeitige
Verhältniß. Vertrag bedeutet zunächft f. v. a. Überhebung einer Sache
(Sorttragen verfelben); davon dann Ausgleichung, gegeufeitig feftgefepte Wil⸗
Ienserflärung als fefte Beftimmung gegenfeitiger Rechte und Berbintlichkeiten
über etwas. — Die Häupter der Union, anftatt diefe gefährliche Bereinigung
der Ligue mit dem Kaiſer zu Hintertreiben, wenbeten vielmehr Alles an, fie
zu befchleunigen. Schiller, Zojaͤhriger Krieg 1.B. Mein Bertrag erheifcht’e
daß alle Raiferheere mir gehorchen. Schiller, Piccolomini 2, 7.
Anfömmling, feltner Kömmling (ahd. chumelinc), An-,
Dazwifchen-, Zwifchen-, Herauf⸗, Rieder, Rück⸗, Zurüd:, Wie⸗
der-, Zufammenfunft bevürfen feiner weitern Erflärung. Cine
feltne Form iſt Überfunft. — Nicht ihre Hand allein, auch ihre
Gunſt droht mir der neue Antömmling zu rauben. Schiller,
Maria Stuart 2, 8. Lieber Kömmling! Göthe, Fauſt 2, 298.
Ich dächte, Sie Tiefen die ganze Schreiberei bis auf die Ankunft
meines Oheims. Leffing, Minna von Barnhelm 2, 2. Ingleichen
die Sequeſtration dem.. mit Dazwiſchenkunft des Reiche zu Augs-
burg errichteten Vergleich zumiderläuft. Schiller, ea Krieg,
fortgefegt von Woltmann, münfterifcher Friedensſchluß Artikel 5, 8.
Ihn Hinderte des nahen Feindes oder Gottes Zwifhenfunft.
Göthe, Fauſt 2, 183. Sei ftolz ob meiner Herauffunft. Klop-
ſtock, Meſſias 2, 118. Frau Melina erwartete ängftlich ihre Nie-
derfunft. Göthe, Meitters Lehrjahre 4, 7. Ich freute mid auf
feine Rüdfunft. Göthe, Götz von Berlichingen 5. Sch follte mei=
nen, daß es fonach um fo weniger Schwierigfeit. haben fönne, bie
Geremonie bis zu ihrer Zurüdfunft auszufegen. Leſſing, Emilie
Galotti 2, 10. Meld' ihm meine Wiederkunft. Leffing, Nathan
der Weife 1, 4. Habe ich ihn nicht in diefem Briefe auf heute um
eine Zufammenfunft bier auf Dolofa gebeten? Leffing, Emilie
Galotti 4, 3. Das Anfuchen der Regentin um bie perfönliche Über:
funft (aus Spanien in die Niederlande) des Königs. Schiller,
Abfall der Niederlande 3. Bud). '
Anm. 1. Die frühere Sprache hat noch andere Formen, bie von fommen
gen find. Sp führt z. B. Stieler in feinem Wörterbuch (v. 3. 1691) an: bes
mmlich (paftend), Bes, Durchs, Ent⸗, Fort⸗ Vor⸗, Los⸗, Übers, Ber-, Ums, Wei:
|
ns /gebären. Verwandelnd uyge
45
tefommung. — Yu © ares König Heinrich V., 2, 2 ſicht vie feine Form:
®ott fei Dank für die uU DET nn Lg
Anm. 3. Seltne Formen find die in Weichmanns Poeſie ver Nieverfachfen
(1,146. 2,127) vorfommenden Ankunft für Abfunft und Willtunft. Die
Anfunft und der Stand wird gleichfalls übergangen. Das Hamburg uns zur
Billtunft hoffen lafit?
Gebären fiatt geberen.
(Rurzel p(b)ar, p(b)ir, fansfr, bhri (bhar), gr. gYEpsır, gogelr,
lat. fer(e)re —= tragen, bringen.)
Gebäre, gebar, geboren, gebären (ahd. kapiru, kepar, ke-
pärum&s, keporaner, kapäran; mhd. gebir, gebar, gebären,
geborn, gebern; aud) einfady peran, bern, goth. bairan) bedeutet
eigentlich tragen, dann Erzeugted zur Welt bringen, zunächſt und
sornehmlih von Menſchen und Thieren, dann (dichterifh) auch von
andern Dingen hervorbringen wie durch Zeugung. — Gebier mir
feine Tochter! Schiller, Macbeth 1, 15. Eine Stadt ja hat uns
geboren. Schiller, Braut von Meffin. Was dem glühenden
Strahl Afrikas Boden gebiert. Schiller, Spaziergang. Und will
fih nimmer erfchöpfen und leeren, als wollte dag Meer noch ein
Meer gebären. Schiller, Tauder. Das aber ift der Fluch der
böfen t, daß fie, fortzeugend, immer Böfes muß gebären.
— Piccolomini 5, 1. — Gebärerin, (Ge⸗hbärmutter; bär⸗
haft und unbärhaft (= fruchtbar und — alte Sprache)
geboren, an⸗, ein⸗, nach⸗ ums (Göthe, Rinaldo), uns, wieder⸗,
blind⸗, erſt⸗, hoch⸗, neu⸗, wohlgeboren.
Anm. 1. Gingeboren kommt in doppelter Bedeutung vor: ter eing e⸗
borne Sohn Gottes. — Bingeboren auf dem Grunde ſelnes (des Dichters)
tert fie fi in viel Beftalten. — ben fo felten
iM ausgebären (gebräudhliher if Ausgeburk): Wie vie fchwangere Phantafle
Sebilde von unbefannten Dingen ausgebiert. Shaffpeare, Sommernadhtstraum 5,1.
—— Shakſpeare (König Lear 4, 1) gebärt ſtatt gebiert, auf be:
=
Entbehren (ahd. antperan, intpöran, mhd. enbörn) bedeutet
eigentlich in ſich tragen, daher ſ. v. a. meinen, wie e8 auch ahd.
vorfommt; dann fih außer der Richtung nad) einem gewiſſen Ziele
halten (gleihjam ent — wegtragen); daraus endlich ertragen, daß
man etwas nit hat. — on entbehrt ein Würb’ger eine Krone.
Böthe, Taffo 2, 3. Erft heute fand fie eine Tochter, und leicht
entbehrt fie, was fie nie beſaß. Schiller, Braut von Meſſina. —
Davon entbehrlih, unentbehrlih. Der Friede hat ihnen
mehre meines Gleichen entbehrlich gemacht, und am Ende iſt
ihnen Riemand unentbehrlid, dehin Minna von Barn⸗
fein 1, 12.
Aus währt vie ſchoͤne Blume der Weisheit hervor. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 2.
. 2. Aud — — Gedichte 4, 335) Hut dus feltene um⸗
u
HL
46
Ertrafhen (mid. rät haben eines dinges =) Abhilfe, Rath haben
für ein Ding, es zu laffen wifien, es nicht nöthig Haben. Miffen (ap.
missan, mhd. missen, von misso, misse, missi — Mangel, Verſchieden⸗
- heit) ein Ding nicht haben, indem es uns empfinblih if, daß es uns fehlt.
Bermiffen (mhb. vermissen) drückt dies noch flärfer aus und fügt hiermit
binzu, daß der Mangel ein unfreiwilliger if, und man flarfes Berlangen nach
dem fehlenden Gegenftande hat. — Ihrer Dienfte kann ich nicht entratben.
Schiller, Marla Stuart 1, 2. Wenn e6 fein muß, felbft auch das zu miffen,
was man liebt und fchäßel. Gödingf 17. Gpiftel. Den Sänger vermiß’
ich, den Bringer der Lufl. Schiller, Graf von Habsburg.
Gebaren (ahd. kipäran, kebärön, mhd. gebären, aus dem
Präter. par, bar) und ſich gebaren ein geinifies äußerliches An⸗
+ annehmen, äußerlich thun; dann ſich auf eine gewiffe Art und
eife äußerlich in Haltung, Bewegung, Handlung zeigen. — Wie
fie auf dem Lande mit der Gefellihaft gebarte, fo that fie es
aud bier. Göthe, Leben 11. Mit diefem allem weiß ich zu ger
bahren. Böthe, Fauſt 2, 37. ALS ein Held wollt’ er gebaren.
Nüdert, gefammelte Gedichte 4, 389, Was will der Fürft denn
ſelbſt fo fharf auf fie gebahren? Lohenftein, Sophonisbe 4, 501.
Wie Flug hat die Natur mit Dir und mir gebahret. Derfelbe,
Rofen 39. |
Anm. Die Synonymen fiehe bei benehmen.
Gebühren (ahd. kipurjan, mhd. gebürn, agf. gebyrian) und
fih gebühren ift eigentlich fich für Jemanden erheben, daß es ihm
zufommt, geſchieht; dann fi) zutragen, Jemanden gefchehen, und
daraus Jemanden zufommen, wie e8 recht if. — Die an die
ihm gebührt, geb’ ih ihn gern. Schiller, Tell 2, 1. elchem
nun gebührt's, das Haupt zu geben der Gemeinde? Daſelbſt
2, 2. Unterwürfig, wie ſich's gebührt, trat ich dem Herrn ent⸗
egen. Daſelbſt 1, 2. — Davon die Gebühr; gebührlich, Ge-
a Pas, Selten ift — (gereimt
auf würde). Rückert, geſammelte Gedichte 4, 38.
Sig fchicken (mhd. sich schicken — fi paßlich geftalten, thätige
Form von so&han, gascähan, geschöhen = durch höhere Sendung, Schickung
fich ereiguen) fo fein, daß fih Eins zum Andern orbnet, einrichtet, oder wie
Eins zum Andern nad Anordnuug, Ginrihtung fein muß. Sich paffen
(franz. passer) eigentlidh fo fein, daß ins durch das Andere durchgeht (pafs
Kert), alfo Eins in das Andere ſich orbnet; bann allgemein fo fein, wie
Eins zum Andern fein muß. Biemen und fich ziemen (ahd. zöman, mhb.
zämen, wol zu lat. domo, gr. Ssuo;, danam gehörig) nach gebilbeter Anficht
zufländig fein. Gtärfer und voller drückt dieſen Begriff geziemen (gezämen)
ans. — Gewöhnlich wählte ih daher bei der Austheilung diejenigen (Rollen)
welche fih gar nicht für mih ſchickten. Goͤthe, Meifters Lehrjahte 1, 8.
47
Das ſiel mir mein Lebtag une: ein, daß wir fo gnt zuſammen paffen.
Schiller, Wallenfeins Lager 11. Die verfolgen, die uns nicht betrübten, das
jiemt uns nit und will uns nicht gebühren. Schiller, Tell 5, 1. Zum
Wale, das wir ermit bereiten, geziemt fi wol.ein ernſtes Wort. Schiller,
Glode. - . J >
Yum. Das ahb. perj 8 parjan), mhb. bern, altn. berja = floßen
uk bilden, Fneten it ta 290 ana Da: Mat Sehe va afer Mar
wit fuer baut zeſamen pert ben waichen laim. Werners Maria), nhb. beren
(m den — gebraͤuchlich) = ſtoßen, ſtampfen, und abberen, ab:
hören (Volksſprache) — durchprügeln gehört. wol zu par, pir, bair, wie lat.
ferire zu ferre. . E ——
Dar (ahd. päri, mhd. bære, agſ., altn. bær), früher ein
Ajectiv, jetzt dem Anſcheine nach eine bloße a bedeutet
1) tragend, hervorbringend: ehrbar, luſtbar; 2) die Möglichfeit, Zus
Kslihfeit einer Handlung ausdrüdend: erflärbar, lesbar; 3) unbe:
dedt, bloß, frei von etwas: harfüßig, aller Schuld bar; 4) gegen:
wärtig, vor Augen Tiegend: bares Geld. — Wer yon Ergebung
ſpricht an Deftreich, foll rechtlos fein und aller Ehren baar. Sdjil:
in, zu 2, 2. Wenn ih baar Geld in dem Schreibpult ver:
muthete hatte. Leſſing, Minna von Barnhelm 1, 3. Hab ich die
Daarfhaft gerettet imd meinen Körper, fo hab’ ich alles gerettet.
Götfe, Hermann und Dorothea.2, 5.
Anm. 1. Im einzelnen Fällen Röpt Jich mit dar zufanmen. Diefes lich
we fam, fchon frühe gleichfam zu bloßen Nachſylben gefehmoäch (urfbrünglich Adj.
mb Bron., goth.leiks, ah. Iih, mhb. lich, galeiks, kalth, gelich = 2? ähnlich ;
sama, altn. samr — berfelbe) brüden in ver Iufammenfegung, bie he Iden, eine
lichkeit aus; Jam geht dabei mehr auf Einn und Charakter, Lich mehr auf
vie äußere Natur der IR fam iſt mehr thätig (activ), Lich mehr leidentlich
(air). Bergleiche rathfam und räthlich, forgfam und forglich, ehrfam und ehr:
lich ———— und bezwinglich, erklarbar und erklärlich, lesbar und leſerlich (für
Yum. 2. Ob bar (baar) i , fann zweifelhaft er:
Keinen. ar ift feer- — leer, ae — al nn nadt, har —
‚ bar = unbedeckt. Man muß bar faſſen als im angebornen, natürlichen
ande befintlih. Vergl. ahd. parn, mh. barn (von bern) das Kind. Die
a. Sprache hat noch die Zeitwörter parön, kaparön == bloß machen.
Bahre (ahd. pära, mhd. bäre, im 16. Jahrhundert auch böre,
we niederdentſch bare und boere) überhaupt Werkzeug zum Tragen
(fe Trage); dann im Befonderen die Todtenbahre, Traggeftell, um
bie Tobtenfärge zur Gruft zu bringen; zuweilen der Sarg felbfl. —
Rat eine Bahre von Aften. Göthe, Göß von ans 8,
Bean wir das Land befreit, dann legen wir den friichen Kranz des
Siegs ihm auf die Bahre. Schiller, Tel 4, 2. Als ich wieder zu
wir felber kam, lag id ſchon in der Bahre, und ins Leichentuch
wie ein Todter. Ich krazte an dem Dedel ber Bahre.
ward — Es war finſtere Nacht, mein Sohn Franz ſtand
ver mir. Bas? rief er mit entſetzlicher Stimme, willſt bu denn
48
ewig Ieben? Und gleich flog der Sargpedel wieder zu. Schiller,
Räuber 4, 6.
Anm. In der allgemeinen Bedentung unterfcheiden fih Bahre und Trage
nicht. Sie bereiteten eilig aus abgehauenen Aftlen und eingeflochtenem Reiſig eine
Trage, luden den Verwundeten a — ni log in feinen warmen Weber:
ro gehüllt, ruhig auf der Bahre. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 7.
Empor (ahd. in bore, inpor, mhd. enbor, aus in und por, bore
— Höhe) in die Höhe, ift nhd. etwas entftellt. Davon fommt em:
pören (mhd. enboeren) eigentlidy in die Höhe heben; dann weiter
ſich feindlich erheben gegen die Obrigfeit, und die Zufammenfegungen
Borbühne, de —ſcheune. — Und diefe Schwerter, die
wir bier empören, nicht ehr zu fenfen. NRüdert, Gedichte 2, 14.
Empört bat fih der Herzog, zu dem Feind hat er fi fchlagen
wollen. Schiller, Wallenfteind Tod 3, 12. — Davon Empörer,
—ung.
Sich erheben (ahd. arhafen, arheven, mhd. erheben), aufftehen
(mhd. üf stän, vom ahd. stan, sten; vergleiche lat. stare, gr. orar in Äornu)
werden fowol von ber MWiverfeglichfeit gegen die eigne Staatsgewalt ober
Obrigfeit gefagt, ale auch überhaupt gegen drohende oder drückende frembe
Gewalt. Sich erheben if ein gelinverer Ausdruck. Sich auflehnen (f. ab:
lehnen bei weigern) und ſich empoören bezeichnet ſtets ein offen feindliches
Wivderſetzen gegen bie eigne Stantsgewalt oder Obrigkeit. Sich empöüren
wird von thätlichem Widerfegen, fih auflehnen von dem offenen vorfäßlichen,
feindlichen Verweigern des Gehurfams gegen die Befehle und Berfügungen
der Obrigkeit gefagt. — Nicht erhebe di, Kiſſave. Göthe, neugriechifches
Helvenlied 6. Die ganze Armee würde furchtbar gährend fih erheben. Schil⸗
ler, Bircolomini 2, 7. Aufftehn würde Englands ganze Jugend, Fein
Schwert in feiner Scheide. müflig bleiben, und die Empörung mit gigam«
tifchem Haupt durch dieſe Friedensinſel fchreiten. Schiller, Maria Stuart
1, 6. Meifter Jakob meinte dabei: Ich thäte wohl, wenn ih alles fichen
und liegen ließe und mich nicht mit den rafenden Narren gegen ven Pabſt auf:
lehnte. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 8. °
Anm. 1. Logau gebraucht noch das einfache Bor für Höhe: Wer bei Hof
am mindften wäget, fleigt am meiften in vie Bor.
Anm. 2. In Zuſammenſetzungen der früheren Spra a n
allzu, z. B. lan == ai y Tan. * an — ne
thümlichen borz lang (vom Durchfall gefagt), wenn man nicht lieber borz ans
dem baieriſchen borzen (bei Hans Sachs pürken) — hervurftehen und Blrzel
(mit der Abfeitungstorm zen, zel) von aht. perön — hervorfichen, purjan =
emporheben, mhb. beren = ag erheben, ‚buren, büren, bürn = emporhalten,
erflären will.
Geberde und Gebärde (ahd. kipärida, mhd. gobserde und
geberde) bedeutet zunächft überhaupt das äußerlich fichtbare Der
tragen, die Art wie man ſich äußerlich zeigt in Bewegungen und
Handlungen; dann jede Bewegung ober Stellung des Körpers oder
49
*
kiner rer es mag dadurch etwas inneres ausgebrüdt werben
oder nicht, die Bewegungen mögen willfürlih oder unwillkürlich
kin. — Schweigend, mit göttlidy heitrer Geberd', erhub fich ver
Grrapf. Klopfiod, Meffias 1, 184. Nun bebt fi der Schenfel,
um wadelt das Bein, Gebärden da gibt es vertradte. Göthe,
Tedtentanz. ALS nun das Heer vorüber war, yerraufte fie ihr Ra⸗
benhaar, und warf fich hin zur Erde mit wüthigee Geberde. Bür-
ser, Leonore. — Davon fih geberden, Geberdenfpiel, —kunſt,
dig. — Wundert euch, ir Freunde, nicht, wie ich mich ges
berde. Göthe, Tifchlied. Wenn ich zu Magen und mich unge-
bärdig zu flellen anfing. Göthe, Leben 6, 2.
Miene (franz. mine, wahrfcheinli” aus ahd. meina, mhb. meine —
Acht, Debeutung, Weiſe, Gefinnung) bezeichnet nur die Befichtszäge und
ihre Bewegung ober Stellung und zwar 1) als Ausprud der Seele ober deſſen,
was in ihr vorgeht und 2) infofern jene Bewegung oder Stellung willkürlich
R Grimaffe (franz. grimace, ital. grimazzo, aus ahd. kramizi oder
gramizza — das Murten, der Zorn und bie zornige Geberde) bezeichnet zus
söhR die durch Zorn und dergleichen verzerrte Geberde; dann allgemein vie
«bihtlich verzerrte Geberde, vorzüglich wenn fie ins Komiſche ober auch ine
Biderliche geht, ober fich aus DVerflelluug erzeugt, wo dann das Wort fo
vd als erheuchelte Miene bedeutet. — Was wollen diefe Mienen fagen?
Schiller, Don Karlos 2, 2. Die Tiefenbacher machen böfe Mienen. Schil⸗
ir, Ballenfteins Tod 8, 7. Ich Iäugne nicht, daß ein fchöner Mund, der
ſiq ein wenig ſpoͤttiſch verzieht, nicht felten um fo viel ſchoͤner iſt. Aber,
wohl gemerkt, ein wenig; die Berziehung muß nicht bie zur Brimaffe gehen,
wie bei dieſer Graͤfſin. Leifing, Emilie Galotti 1, 4.
Sehurt (ahd. kapurt, mhd. geburt) 1) die Handlung des
Gebaͤrens; 2) die Abflammung, die Herkunft, das Entfproffenfein,
Eltern, Ort und Zeit bezogen. — Indem die Bürgerlichen eis
nen rühmlichen Fleiß anwenden, durch Talente den Mangel der
Gedurt zu erfegen. Göthe, Göp yon Berliingen 1. Gefällt
dirs, weil die Sonne fo brennt, in der Geißblattlaub’ an dem
Vache deine Geburt (Geburtstag) zu feiern?! Voß, Luiſe 1, 20.
— Davon gebürtig, aud bloß bürtig, ebenbürtig, vollbürtig; Ges
Dartsadel, — brief, —fehler, —helfer, —jahr, — land, —Iifte,
ot, —ſchein, —ſtadt, —ſtunde, —tag, —zeit; After—, Aus,
ER—, Nach —, Wieder—, Spottgeburt — Fauſt 1, 185). —
Ein junger Menfch, von den canarifchen Inſeln bürtig. Göthe,
Cavigo 1. Nun hoff’ id mir das Recht vollbürt’ger Kinpfchaft
ahmlih zu erwerben. Göthe, die natürliche Tochter 1, 6. Er er-
lte, daß er aus Böhmen gebürtig ſei. Novalis, Heinrich von
gm 1, 5.
Der Stamm (ahd. mhb. stam, altf. stamn, agf. stämn, altı. stofn;
- 4
50
vergleiche gr. srayılv und srapig — das in die Höhe Stehende) in bilvlicher
Anwendung vom Baumflamme hergenommen, bezeichnet überhaupt eine Ders
wanbtichaftslinie oder auch eine Blutsverwanbtichaft in Rückſicht auf bem
Stifter und-als eine Befammtheit.. Eine feltuere Form iſt e6, wenn Herber
(Eid 33) fagt: Ins Geſicht' nenn ich euch foldye, eure Borfahr'n, euren Abs
ffamm. Abſtammung bezeichnet das blutsverwandtichaftliche Cntſproſſen⸗
fein von Voreltern oder einer vorelterlichen Berfon in Anfehung der Zwiſchen⸗
glieder. — Ob uns der See, ob une die Berge jcheiden, fo fiud wir Eines
Stammes doch und Bluts. Schiller, Tell 2, 3. Das if genug, fie in ben
heirurijchen Werfen zu erklären, ohne deswegen zu einer unmittelbaren Ab⸗
fammung von ben Aegypten feine Zuflucht nehmen zu dürfen. Leifing,
ant. Br. 18.
Bürde (ah. purdi, mhb. bürde, agf. byrdhen von buren,
bürn — erheben, Partic. burt für geburt) das Tragbund, die Laft,
für einen Menfchen oder ein Thier; dann (eigentlih und figürlich)
das überhaupt Schwerzutragende, während Laſt (ahd. hlast, mhd.
last, vom ahd. hladön, mhd. laden; vergleiche Tat. clitella = Sats
tel) den Nebenbegriff des Schweren nicht nothwendig hat, — Will
er zu hohen Ehren und Würden, büd’ er fi unter die goldenen
Bürden. Schiller, Wallenfteins Lager 11. Armut, Keufchheit
und Gehorfam, drei Gelübde, deren Is einzeln betrachtet, der
Natur das Unausſtehlichſte fcheint, fo unerträglih find fie alle.
Und fein ganzes Leben unter diefer Laſt, oder der weit brüdenderen
Bürde des Gewiſſens muthlos zu keuchen! Göthe, Goötz von Ber⸗
lichingen 1. — Davon bürden, gebräucdlicher aufbürden, Bürde⸗
ſtahl (Steiermärf. Stahl.)
Anm. Zu einer Wurzel mit gebären werden von einigen Gelehrten noch
ee ei Birke, — Börſe. Das
ord (ahd. port) urſprün wol das Tragende, das Bret, ahd. auch der Tiſch.
Der Bord (ahd. port, iiihd. bort, agſ. und alte. bord) Fr — über Bi
werfen, an Bord geben; dann auch (bichterifch) Binfaffung, äußerſte Grenze eines
Dinges überhaupt: dee Bord der Höhle (Voß); am blumenvollen Bord des flich-
enden Kriftalls. (Wieland). Der Bort und die Borte (ahb. port, porti, mbd.
ort, borte? Band von Seide und Gold als Belag von Kleidun sftäden. Deere
(ahd. peri, mhb. altn. ber, agf. beria, goth. basi, davon unfer Befing d. 1. Blau⸗
beere) das fleifhige Samengehäufe der Pflanzen. Davon viele Zufammenfegungen :
Heldel—, Maul—, Stadel— u. a. Birke lab. pirihha, mh. birke, agf. biork,
niederf. barke, hol. berke, engl. birch) und die Sufammenfegungen Dickhupn,
— oh —wurzel; Birkenpilz, —faft, —ſchwamm, — wald. Birne (ahb. pira,
mbb. bir, holl. peere, engl. pear) eigentlich das Erzeugte, Betragene; dann Frucht.
Davın Birmapfel, —baum, —mofl, — probe (in der Fe, —quitte, —faft,
—ſtiel, —wein; Apfelbirne, Honig , Jacobs , Könige— , Pfund—, Weinbirme
u . en e (franz. bourse, ahb. purssa, purissa) eine Art leverner Beutel,
e
51
Berften.
(®urzel pCb)rast, p(bjrist; vergleiche Tat, frustum — Stück, fru-
stare — zerſtückeln.)
Berſte, barſt (borit) geborſten, berſten (verſetzt aus ahd.
pristu, prast, prâústumèés, prostaner, prẽstan; mhd. briste, brast,
brasten, gebrosten, brẽsten; agſ. börstan, aliniederd. bersten,
eine Verſtaͤrkungsform von brechen, ſ. df.) bezeichnet zunächſt' das
Geränfh des Brechens; dann allgemein mit Gewalt und Heftigfeit
— Auf Seen und Strömen das Grundeis borftl. Bürger,
Lied vom braven Mann. Schrei, bis du berfteft, Schurke. Schils
Ir, Tel 3, 3. Berſtend reißt der Boden unter meinen Füßen.
Böthe, Taſſo 5, 5. Knoſpen berftien, Blätter —— Salis,
Maͤtzlied. Des Schmerzes Höllenqual durchdringt der Wolfen Schoß
mit beriendem Geheule (clamores simul horrendos ad sidera
tolli. Schiller, Aneis, 2, 38.
Springen (cafe. springan, agſ. springan, sprincan, altn. sprin-
g, nhb. springen, Nebenform von ahd. sprikan — brechen; vergleiche
das landſchaftliche ſprock — zerbrehlih) wird von dem fchnellen Auss
einanderfahren feſter Körper geſagt. Platzen (mhd. plaz — ſchallender
Schlag, mit agf. blatjan, mit Blatter und Blaſe — Auftreibung aus dem
Imern, verwandt) bedentet ein Brechen, welches dadurch geſchieht, daß der
Körper durch innere Gewalt zu ſehr ausgedehnt wird. — Seht, hinter une
wie die Kartetfche fpringt! Schiller, die Schlacht. Die befonnten Hügel
grünen, und des @ifes Rinde fpringt. Schiller, Klage ver Ceres. Bis
Reigend die farbige Blaſe geplast war. Voß, Luife 1, 336.
Aufberſten dv. i. durch DBerften geöffnet werben: die Blume
Nuß, Erde, ver Baum ift aufgeborften. Zerberften ift flärfer
als en. — Zerborften und zertrümmert ſchoß ein Pfeiler nad)
dem andern fort. Bürger, Lied vom braven Mann. Im Leib, ver
foh zerbarft. Shaffpeare, König Richard II. 1, 4 Bis daß
der Halm zerbirftet. Alringer, Doolin 3, 3, — Berftgrag,
—fraut, er — hilf.
Das Gebreften (ahd. bresto, brösta, hrösti = Mangel;
mbd. der gebreste — Gebrechen, Mangel, in der Volksſprache der
Braft) innerer fehwerer Kummer, — So ernft, mein Freund? Ich
feane dich nicht mehr. Schon viele Tage ſeh' ich's ſchweigend an,
wie finftrer Trübfinn deine Stirne furcht. Auf deinem Herzen
drückt ein ſtill Gebreſten, vertrau’ es mir, ich bin bein treües
Weib, und meine Hälfte fordr' ich deines Grams. Schiller, Tell
1,2. — Davon das landſchaftliche fi breften und fih abbreſten
— inneren Summer leiden (ahd. gebröstan, ınhd. gebrösten —
gebrechen, mangeln).
4#
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Kummer (mhb. kumber, von ahd. kümjan, chümöda = betrauern ;
vergleiche franz. comble, lat. cumulus — Haufe, hier Belaftung des Ge⸗
müthes) bebentet anhaltend augreifende, fich ſelbſt verzehrende Betrübniß über et⸗
was. Bram (agf. grama — die gereizte Aufwallung, mhb. gram — abs
hold, Präter. von grimmen — wüthen, raſen; vergleihe gr. zoeuddr —
zunächft wiehern von Pferden, dann überhaupt Getoͤſe, Geräuſch machen) if
urfprünglich eine Nebenform von Grimm (mhb. grim) und bebentet uhd. au⸗
haltende und fich fortwährenn nährende (gleichfam über einem Übel hinbrütende)
tiefe nagende büftere Betrübniß, die innerlich verzehren fann. Harm (abb.
haram, mhb. harm, altn. harmr —= Schmach, Schmerz baräber) tiefer au⸗
haltenver innerlich verfräntender (und fo verzehrender) Schmerz. Herzeleid
(mh. daz hörzeleit, diu hörzeleide) fränfungsvolle (durch bittere Kränfungem
erzeugte) Betrübniß; dann überhaupt bittere, jammervolle Betrübniß. Schwer
muth (mb. sweerer muot) krankhaftes Bertieftfein der ganzen Seelenkraft
in eine Betrübnig. — Laßt ihren Kummer reden! Laßt fie klagen! Miſcht
eure Thränen mit den ihrigen! denn einen großen Schmerz hat fie erfahren.
Schiller, Wallenfteins Tod 4, 9. Der Bram, das lange Kerkerelmd nagt
an meinem Leben. Schiller, Maria Stuart 1, 2. Gib deinen Schmerzen
Worte. Harm, der nicht ſpricht, erflict das volle Herz, und macht es brechen.
Schiller, Macbeth 4, 7. Mit dem Unglädstag fing’s an, das große Herze⸗
leid des Landes. Schiller, Piccolomini 4, 5. Neigeft dich mit leifem Tröften
an de Schwermuth dumpfes Ohr. GSalie, das Mitleid.
Yuam. 1. In der früheren Sprache Hatte brast audı die Bedeutung Lärın,
Menge, Pracht. Die heutige Volksſprache gebraucht noch Braſt und Braf (beide
auch von Stieler im 17. Jahrhundert angeführt) für läflige Menge, Mafie, Blunder.
Anm. 2. Zu einer Wurzel mit berften, breiten gehört auch praffeln
(mb. brasteln, Berfleinerungsform von brasten, ahd. prastön — knittern, praſ⸗
feln) Ft braften. Dabin auch das vollsthümlide brafteln, brofteln,
broffeln = elfertig thun (ohne Noth und Zweck), vermuthlich zunächfl den mit
einem folchen Thun verbundenen Lärm, Braſt andeutend. — Zu derfelben Wurzel
fönnte, nach dem agf. brustjan — hervorbrechen, auch Bruft (goth. brusts, ab
prast, mh. brust) gerechnet werben (das Vorbrechende, Knofpende), wenn nicht
il breost und altn. briost und bryst (Brüftcyen) auf ein wurzelhaftes u hin⸗
wiefen. — In der früheren Sprache Hatte der Bruft (von braften, berfin) tie
nn Bruch, Sebrechen, Verluſt eines Gerichtshandels. Davon Wolken⸗
Gruft = Wolkenbruch.
Treffen.
(Wurzel traf, trif; vergl. fanffr. tri = hinübergehen, gr. HAlBar
— drüden, preſſen.)
Treffe, traf, getroffen, treffen (ahd. trifu, traf, träfumds,
trofaner, tr&fan; mhd. triffe, traf, träfen, getroflen, träffen;
agf. drẽpan, altn. drepa) iſt 1) zunächſt fo viel als ih wohin
erſtrecken, dann berühren, womit ſich weiter der Begriff des wahr
nehbmbaren oft nachbrüdlichen Berührens verbindet; 23) Semanden
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an einem Drte perfönlich gegenwärtig finden; 3) in einen Zuftand
gerathen, gleichſam von einer (meiſt unangenehmen, übeln) Sache
Gear werden: die Reihe, das Unglück hat ihn getroffen; 4) das
uchte oder Berlangte von ungefähr oder durch Verfuche, durch
Nuthmaßung ausfindig machen: den rechten Weg, bie rechte Me-
Iodie; 5) Cin der Malerei) ein Vorbild genau nachmalen; 6) (in
fen Redensarten) etwas veranftalten; 7) eine verlangte Abficht
Veranſtaltung, gleichfam als von ungefähr, erreichen: eine
sute Heirat, Wahl; 8) (unperfönlid) fich treffen fo viel als ein-
treten, geſchehen. — Weil du den Apfel triffft vom Baume auf
hundert Schritte. Schiller, Tell 3, 3. Da wär’ es denn ganz
artig, wenn er und zur guten Stunde träfe. Göthe, Taſſo 1, 1.
Des Baterd Wort hat heute ne fränfend getro {fen. Goͤthe,
.Hermann und Dorothea 4, 157. Fluch treffe fie! Schiller, Jung⸗
au von Orleans, Prolog 3. Sieh! fieh! da treffen wir Tuftige
te. Schiller, Wallenfteins Lager 5. Und jeder rief, fie iſt
RE fen (genau gemalt). Gellert, Selinde. Man muß zum
iderſtand die Borfehrungen gegen Schottland treffen. Shak⸗
feare, König Heinrich V. 1,2. Es traf ſich grade, gmäb’ge
‚ daß wir Schaufpieler unterweges eingeholt. Shaffpeare,
amlet, 2, 3.
Sälagen (goth., ahd. slahan, mhb. slahen, slAn, agf. slän, slagan,
elcagan, altn. slä) eine mit Heftigkeit die Luft durchfchneidenne Bewegung
machen (mur nicht ruckweiſe wie ſtoßen), wobei ein Gegenſtand ſtark berührt
wird. Die Schloſſen treffen das Getreide manchmal fo, daß fie alles zer⸗
ſchlagen oder vo niederfchlagen. — Mein Amt war nicht, zu fchlagen,
fprach dranf der Mann mit Herzeleid. &. Schwab, Karls des Kühnen Tod.
Schlagt ihn todt, ven Hund! Böthe, Recenſent.
Antr 1) etwas, oder Jemanden, deſſen Dafein an einem
Drt uns nicht befannt ift, dafelbft gewahr werden, es gefchebe ab:
kart oder zufällig; 2) (felten) anlangen, betreffen: es traf Leib
und Leben. — Ich treff ihn bier fogar bei euch nicht an. Göthe,
Taffo, 1, 2. Wenn wir einen Brief, den wir unter gewiffen Um⸗
Händen gefchrieben und gefiegelt haben, der aber den Freund, an
den er gerichtet war, nicht antrifft, fonbern wieder zu ung zurüd-
er. t wird, nad) einiger Zeit eröffnen, überfällt uns eine —
findung. Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 2.
Finden (ahd. agſ. findan, mhb. vinden, altn. finna) bezeichnet allge⸗
mein etwas, deſſen Daſein an einem Orte uns nicht bekannt iſt, daſelbſt ges
wahr werben; finden wird auch dann geſagt, wenn ber Gegenfland ber burch
das Wort bezeichneten Thätigfeit erft durch dieſe in das Dafeln Fommt: eine
bisher nicht bekannte allgemeine Wahrheit, einen mathematifchen Beweis. —
Drangfal hab’ ich zu Haus verlafien, Drangfal find’ ich hier. Schiller,
Ta 1, 4.
nn
Betreffen 1) über einer Cböfen) That antreffen: in (bei, über)
dem Diebftahl; 2) eine unerwartete ae a Veränderung von
außen erleiden: eine Krankheit, ein Unglüd hat ihn betroffen; 3)
anlangen, das beabfichtigte Ziel erreichen, in nächſter oder unmittels
barer Beziehung, meift mit dem Nebenbegriff der Stärfe. Zuweilen
ftebt auch anbetreffen und in etwas verſchiedenem Sinne mit>
betreffen — Fleuch, bevor dich Schehriars Trabanten, voll Bes
gier nad) deinem Blut, betreffen. Paten, bie Abbaffiden 2, Nicht
einen jeden betrifft es anzufangen von vorn fein ganzes Leben
und Wefen. Göthe, Hermann und Dorothea 2, 162. Meine Eine
würfe, von der Schwierigfeit hergenommen, die Homeriſchen Fabeln
zu malen, was betreffen fie effing, antig. Briefe. Was leſet
Ihr, mein Prinz? Worte. Doc anbetreffend, mein Prinz? Shake
fpeare, Hamlet 2, 2. Iſt's was, Ihr Herrn, das ung mitbetrifft?
Schiller, Wallenfteing Lager 11. ;
Ungehen überhaupt in Beziehung auf etwas flehen; anlangen (ſiehe
auslangen) in entfernterer. — Was geht dich's au? Göthe, Fauſt L,
1835. Was Hamlet angeht und fein Liebögetändel, fo nimm's als Sitte,
als ein Spiel des Bluts. Shakſpeare, Hamlet 1, 3. Was das Regiment
der Frauen anbetrifft.... Und was anlangt ihre Gleichheit? Herder⸗
Eid 18.
Eintreffen 1) ankommen zu rechter Zeit oder am rechten Orte;
2) in Erfüllung gehen; 3) in Übereinftimmung fein; in etwas wirke
lich jo werden, wie es beflimmt ober gegeben iſt. — Der König ift
gen vor Abend in Madrid noch einzutreffen. Schiller, Don
arlos 1, 1. Sie treffen diefen Vormittag noch ein. Schiller,
Piccolomini 1, 1.
Ankommen f. bei fommen. Anlangen drüdt ein Ankommen von
fernher aus. Zutreffen hebt mehr die Übereinftimmnng, eintreffen mehr
das Gegenwärtigwerben worin hervor. — Allen Ziebhabern der übernatürlichen
Phyſik wird Hierdurch befannt geinacht, daß vor ein paar Tagen der weltbe⸗
rühmte Zauberer Philadelphus Philadelphia allhier auf der orbinären Po
angelangt ift, ob es ihm gleich ein Leichtes gewefen wäre, durch die Luft
zu fommen ©. H. Lichtenberg. Wohl trifft e8 zu, daß dieſe Schreckge⸗
Kalt in Waffen unfre Wacht befucht, fo ähnlich dem König, der der Anlaß
diefes Kriegs. Shaffpeare, Hamlet 1, 1,
Ubertreifen ehedem hervorragen; hervorſtehen im Berhälmiß
zu Anderem, fo daß ſich diefes darunter befindet; dann durch Zus
fommen eines höheren Grades Anderes in etwas als geringer unter
fi Tafjen. — Homer läßt feine Helden von den Männern, wie fie
Neſtor in feiner Sn gefannt hatte, noch an Stärfe weit über-
treffen. Leffing, Laokoon 12.
Überfteigen (ahd. uparstikan, ubarstigan, mhb. überstigen, agf. ofer-
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stigan, alin. yürstiga; vergleiche gr. Greizev — fleigen) ſich über etwas
zur Höhe Gehendes hinausbewegen, dann Entgegemflchendes bewältigen durch
Daruberhinausbewegen zur Höhe; dann durch höheren Groͤßengrad mehr fein,
als ein Anderes, infofern das Mehrfein ale ein Höhergehen angefehen wird.
— Bie Hoch die Leipziger den Nachbar überfleigen. Gimther. Seine
Nachahmungsgabe überftieg allen Glauben. Goͤthe, Meifters Lehrjahre 4, 18.
Übereintreffen gegenfeitig in Gemiffen ſich berühren, daß in
dem einen wie in dem andern Ding dasfelbe ift, gerne mit dem
Rebenbegriff des Zufälligen. Siehe weiter entfpreden — In
wie fern mein Urtheil mit dem Urtheil wohlunterrichteter Menfchen
übereintrifft. Göthe, Schweizer Reife.
Zufammentreffen bezeichnet allgemein an einem Orte von wo⸗
her in Berührung oder in ein Oegenwärtigfein womit fommen. —
— Bieled traf men, das ich zu unſerm Vortheil nutzen
fonnte. Göthe, Taſſo 1,4. Noch er fie den Schweiß der erften
Schlacht von ihrer Stirn gewifcht, verjuchten. fie das Glüd in einem
neuen Rampf, und hart zufammentreffend Tieß ich beide Heere.
Schiller, Macheth 1, 2.
Aufftoßen (mh. wider stözen, fiehe flogen) unerwartet womit zus
ſammentreffen. Begegnen (ahd. pikakanan, mhd. begegenen) bezeichnet
den obigen Begriff, wenn die Berührung oder das Begenwärtigfein des einen
Gegenftandes in Beziehung des andern von anderswoher kommt, als viefer
fi bewegt. — Diehrere Beweife, wie fchlecht er die Onellen gebraucht bat,
werben uns bei jedem Schritte aufſtoßen. Leffing, ant. Br. 17. Di heißt
dein eigen Herz ihn freundlich und vertraulich zu begegnen. Göthe, Iphi⸗
genie 1, 2.
Dos Treffen, das feindliche Aufeinandertreffen mit Gebrauch
der Kräfte und Waffen gegen einander, wird. vorzüglich von Heeres⸗
theilen geiest , bie gegen einander find, felten von einzelnen Perfo-
nen. Daher werden auch gewifle, aus mehreren Reihen Soldaten
bildete, Abtheilungen eines in Schlachtordnung flehenden Heeres
Ereffen genant: das Vorbers, Hinter, Mitteltreffen.
Gefecht ffiche Fechten) und Kampf (ahd. champh, mhb. kampf) wer;
ven fowol von ganzen Heeresmaflen, wie auch von deren Abtheilungen, von
ein zelnen Berfonen, ja fogar von ben Thieren und einzelnen Perſonen und
Tieren gegen einander gefagt. Gefecht deutet auf (körperliche oder geiflige)
Bafen. Kampf bezeichnet jebe angefirengte Bemähung, feinen Gegner zu
überwinden, es mag mit oder ohne Waffen gefchehen. Bon dem Waffenges
brauche, den ganze feinbliche Heeresmaſſen gegen einander machen, wird
Schlacht (ahd. slaht und slahta, mhd. alaht) gefagt, mit dem Nebenbegriff,
daß es um Leben ober Tod fl Handelt. Das Sharmütel (mib. schar-
mätzel, aus bem ital. scaramuccio, franz. escarmouche) iR ein unbebeus
imberes Gefecht zwiſchen Pleinen Heerhanfen, auch, wiewol ungewbhnlich,
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zwifchen einzelnen Berfonen. Das Gerenne (von rennen) iR ein veralteter,
aber der Erneuerung weriher Ausdruck für ein geringes Keitergefecht. — So
entfteht bald hier bald ba ein Zweikampf, ein Scharmäsel ober eine
Schlacht. Goͤthe, römijcher Carneval. Das Scharmüpel iſt aber noch
kein Treffen, in welches ich mich zn feiner Zeit Paragraph für Paragraph
einzulaffen gefonnen bin. Leifing, gegen Wald. Unbedeutende Gerenne bei
Gplingen (1314) und bei dem Judenkirchhofe zu Speer abgerechnet, verfloffen
indeſſen mehrere Sabre, ohne daß die fireitenden Parteien fi in Deutfchland
in offenem Felde begegneten. Schmitthenner. Schlacht und Kampf fiche
oben (S. 55) bei zufammentreffen.
Der Treff (mhd. der traf, in der nude 2 der Triff)
ein derber Schlag. — Der Treffer (beim Spielen) ein Loos, wel⸗
ches trifft, einen Gewinn erhaͤlt, im Ge egenfoß zu Niete "om
6 man niet, das Nichts.) — Diefes bunte Lotto bes Lebens, worin
o mancher feine Unfchuld und feinen Himmel fest, einen Tr effer
"ba hen. Schiller, Räuber 3, . — Treffichuß; trefflich, Treffs
lie eit; — lallerihumlich fürtrefflich, Vortrefflichkeit).
zu Li ai “en .. Li et — —
Pr Zur:
Ausnehmend f. ausnehmen. Ausgezeichnet (von fich auszeichnen)
beveutet zunaͤchſt fo viel als vor Anderm befonders kenntlich gemacht; dann
vornehmlich ale ein vor Anderm in hohem Grabe Kenntliches vorteilhaft im
die Sinne fallend. Vorzüglich (von Borzug, mhb.vürzoc) bebeutet eigent⸗
lid an Geltung über Andere im Urtheile geſetzt; dann mehr, als Anbere,
durch hohen Brad der Geltung im Urtheile. Trefflich Cälternhb. tröffenlich ſtatt
tröffentlich)) bebeutet zunächft fo viel ale auf ganz befondere, den Gegenſtand ans
gehende (treffende) Weife; daher dann in hohem Grade hervorſtechend, höchſt
vortheilhaft für ſich bemerklich; wird and gebraucht zu Exäftiger Bezeichnung
eines höchft bemerklichden Grades, von Ungutem oft ironiſch. Vortrefflich
(ahd. vuritreffant) drüdt mehr aus ale trefflich, wird aber im Gebrauch
von biefem nicht unterſchieden. Ausbündig, In der Schweiz auch für⸗
bündig (älter nhd. üzbüntig, ausbüntlich, von Ausbund eigentlich bei den
Krämern das außen auf das Waarenpaket gebundene Schauflüd als ein
auserlefenes der Waare) beventet auserlefen oder einzig in feiner Art. Herr⸗
Lich (fat Hehrlich, abe. herlib, mhb- herlich, herelich von her — hehr)-
einem Herrn (ahb. heriro, mhd. herre, Komparativ von her) gemäß, im
hohem Grade durch Anfchengebendes ausgezeichnet; als hoͤchſt vorerefflich im
die Sinne fallend oder dem Geiſte genehm — Da ver ausgezeichnete Bi-
fchof von Würzburg, Johann Philiyp von Schönborn, nun auch Kurfürf von
Mainz geworben. Schiller, SOjähriger Krieg, fortgefeht von Woltmann, 5-
B. Weil er die vorzüglichfte Bigenfchaft. befaß. Göthe, Rochusfel. Das
treffliche Geſpann. Schiller, Tel 1, 4. Salmaflus macht über biefe
Stelle einen treffliden Wirrwar. Leifiug, ant. Br. 80. Dieß ift es, was
uns auch in ben vortrefflich ſten Stüden der griechiſchen Bühne etwas zu
wünfchen übrig läßt. Schiller, über tragiſche Kunfl. Der Hochfelige hat im⸗
mer groß gedacht von Cuer Gnaden fürtrefflihdem Verſtand und Jelb⸗
— —— u a —1 — — 4—u 2401
de — — ——— — —— — —
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berengaben. Schiller, Vallenſteins Tod 1, 5. Wenn gleichwohl biefer Aus⸗
band aller Menfchen fo ein gemeiner Jude wäre. Leffing, Rathau der Weife
4, 4. Dieß iſt der allerausbündigfke Spitzbube. Shakſpeare, König Heins
rich IV., 1. Theil 1, 2. Iſt denn der Engländer fo ausbündig im Trins
in? Shaffpeare, Othello 2, 3. Zwar herrlich ift die liedeswerthe That,
doch fchön iſt's auch, der Thaten flärffle Fülle durch würd'ge Lieber auf bie
Nachwelt bringen. Göthe, Taffo 2, 1. Und herrlich, in der Jugend Prans
gen, wie ein Gebild aus Himmelshöh’n, ficht er die Jungfrau vor ſich ſtehn.
Schiller, Slode.
Zeiftig *) (erſt nhd., von tref en bedeutet zunächft na ——
lich berührend; dann die Sache na cklich berührend, im
ſaß des Verfehlenden, Unzulaͤn —* — nachbrüdtich und mit
Beſtimmtheit wirkend. — Er ft, wie er zurückkam, Das uneriwars
tete Blendwerk mit den triftigften Gründen beinahe aus der Seele
vertrieben. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 17.
Erheblich (erft nhd, von erheben) aan, finnlich ober geiftig her⸗
vorgehoben und In Folge hiervon beachtet zu werden. — Ein gewifler Giani⸗
beili ans Nantua, der ſich in der Stadt niebergelaffen und ihr in der Folge
biefer Belagerung fehr erhebliche Dienfte leiſtete, that ven Borfchlag. Schil⸗
ler, Belagerung von Antwerpen. Siehe weiter wichtig.
Betroffen (aus dem 18. oder Ende des 17. Jahrhunderts ſtam⸗
— über einem Thun auf einmal Ale und dadurch hefti
Dr nn elle — Gnädiger Herr, ich bin aͤußerſt Aal,
— e Galotti 1, . Der (Feind), hochbetroffen,
Beht semegungie, mit weit geöffnet ftarrem Blick das Wunder ans
Raunend. Schiller, Jungfrau yon Orleans 1, 9. -
Berlegen (Mittelwort von verliegen) mit beforgter und furdifamer
Unruhe des Verhaltens unfelt zu einer Willensbeftimmung. Betreten (Mits
telwort von betreten) durch etwas, befien man ſich nicht verficht, in feinen
Gevanten, denen man ſich überläßt, anf einmal gehemmt und außer Gemuͤtho⸗
faßung gefommen. Das Wort iſt wenig mehr in Gebrauch. Befürzt (bie
zum 18. Jahrhundert auch verſtürzt, Mittelwort von beſtürzen, ahd.
b(p)isturzen, mhb. besturzen von aht. sturzen, mhb. stürzen — flürzen,
fallen und fällen) zeigt ven hödften Grad dieſes Gemüths zuſtandes in feis
ner heftigen plöglichen Erſchütterung an, daß man nicht weiß, was man
venfen oder thun fol. Verblüfft (Mittelwort von dem niederd. verblüfs
fen, verbluffen, dluffen, eine Nebenform des Ianpfchaftlichen bleffen,
blaffen ſchlagen) bedeutet eigentlich durch etwas, was winerfährt, fo ſcheu
gemacht, daß man wie vor ben Kopf geſchlagen ſich benimmt; dann über etwas
”) Gin anderes le iſt von nieder. Trift = Trieb, alſo von trei⸗
den — — Er a gkeit. — (Sr ſchafft dem Gewachf Trif⸗
ee ———— irrthumlich, trift ig in beiden ae von
dieſem
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Unerwartetes ganz betäubt, wie vor den Kopf geſchlagen. Berbugt, auch
bedugt (von mhp. betützen — durch ſchen muchende Betäubung außer Faſſung
bringen, angelehnt an das landſchaftliche du zen, duttfen, bogen —= mit
einem Kopf an ben andern Eurz und fchnell flogen) mit kurzer fchnellee Bes
müthserfcgütterung anflehend vor etwas, wie wenn man mit dem Kopfe wider⸗
gerannt iſt. — So verlegen bin ich nie geweſen. Göthe, Kauft, Borſpiel.
Sie dürfen nicht darüber betreten fein. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 16.
Sie war beſtürzt über meinen Antrag. Göthe, Götz von Berlichingen 8.
. Herr von Lormenil if ganz verblüfft über die fonderbare Aufnahme. Schil⸗
ler, Neffe als Onkel 2, 1. Wenn er fyürt, daß es Ernft if, Friccht fein thea⸗
traliicher Eifer gewiß zum Kreuz, er kehrt bedutzt nah Zranfreich zurück.
Gothe, Glavigo 4, 1. Er feilt in ein ganz unverdutzt. Ghamifo, ber
rechte Barbier.
um. über fagte man auch noch befugt, von Volksſprache) für
flogen: Doc) — mir — Be ob — — fich Ara e Gie
2 ae diefen Ginwürfen beſt utzt befand. Hofmannswaldau, ber ſterbende
Drefchen.
(Wurzel drasc, deisc; vergleiche fanffr. trut — brechen, Tat. terere
= reihen, triturare dreſchen, gr. rgver, zalger — reiben, auf-
reiben.) .
Drecſche, draſch (droſch), gedroſchen, drefchen (ahd. drisku,
drasc, draskuméês, droskaméêr, drẽskan; mhd. drische, drasche.
dräschen, gedroschen, dreschen; goth. thriskan, agſ. dhrescan,
dherscan, altıt. threskia) 1) die Fruchtkörner aus ben Achren oder
Schalen fchlagen (früher auch treten); 2) (Bollsfpradhe) prügeln;
3) Cheffer dräuſchen) heftig reguen, eigentlidy den Schall des hef-
tigen Regens nachahmen; 4) (lieber trätfchen) plaudern. — Uns
fere Pferb’ auch follen mir heut’ an der Krippe voll Habers ſchwel⸗
gen, und. unfere Küh' ungedrofchener Garben fi weiblich fäts
tigen. Voß, Luife 3, a, 59%, Mir macht der böfe (Müßiggang)
keine Noth: ich dreſch' ihn fhief und frumm. Claudius, der glüds
liche Bauer, j —
Anm. Draͤ ‚b ‚drei „ ber Bo örend,
ſcheinen Racafımın > Yes ——— fein, De Ben er — en
von dem aus treten abgel. ſchweiz. trätfchen — langfam und träge gehen,
müßig ſchlendern, Bedeutet zunächft gehaltlus a in müßigem Stägehen aflen ;
dann .austragend ſchwatzen. — Bängt, weil er ſchon den Handel halb vergefien,
ärchen ſtets ‚von vorne wieder an ... Die Mutter hört zuleht zu fragen,
und er zu trätſchen auf. Wieland, Pervonte. Run fügte fie noch hinzu, was
weiter würde geträtfcht werben. Goͤthe, Werther.
Ab⸗, alt, ab», durch⸗ nad», über-, ver⸗ vor⸗, zerdreſchen be⸗
dürfen feiner weitern Erklaͤrung. Früher ſagt man auch noch ent⸗
— — ——
und verdreſchen. — Ueberhaupt follte man einmal ven abge»
brofhenen Zank über Driginalität aufgeben. Platen, das Theater
als Nationalinftitut. Klip und Elap! Droͤſchet auf und ab! Voß,
Drojcherlied. (Sn der Auswahl letzter Hand, Leipzig 1833 fteht
immer dröſchen.) Hier drifht man die Frucht gleich aus,
Böthe, ital. Reife, St. Agata 24. Februar 1787. Und fie mit der
Dfengakel... weiblich durchdroſch. Göthe, Meifters Lehrjahre 4,
18. Wärme mir einer das verdrofchene —2 — von Redlich⸗
keit auf. Schiller, Fiesko 1, 8. Ward er auf einmal angefallen,
son einigen Perfonen feitgehalten, inveffen andere auf ihn wader
—— und ihn im Finſtern ſo zerdraſchen, daß er beinahe
iegen blieb. jet Meifters Lehrjahre 3, 9. Dreichen, Drefchung;
Dreicheriohn, — flaub; en —knoten, — machine, —tenne,
— wagen, —zehute, — zeit; Drifdel (ahb. driseil, driscila Drefche
Hegel), —kürbiß.
Anm. der Vo ache eigen find: das Gedraͤſch, Gedre d.
—— — einmal reden En ber Druſch (ei dih LAW
ofcgene, das zu Drefchende, das einmalige Abprefhen; driſcheln obenhin
dreſchen, Teicht überbrefchen die Garden, um bie reifften und beiten Körner als
Berfprung zum Ausfien zu erhalten. An andern Orten fagt man dafür anbo Le
(son mh. ern — floßen, „ Iolagen, dreſchen, woher au Amboß, mhd. anebög
= das worauf gefchlagen wird).
Brechen. ;
urzel b(p)rab, b{pJrih, fanffer. bhra-nj; lat. frangere, fregi
fractum = brechen; vergleiche gr. —**& —= ſpalten, fägen.)
Breche, brach, gebrochen, brechen (ahd. prihhu, prah, prä-
hum£s, prohhaner, prehban; mhd. briche, brach, brächen, ge-
brochen, bröchen; gr brikan, agf. bräcan, brecan, breacan,
altn. bräka). Die Grundbedeutung dieſes Wortes, das intranfitiy,
tranfitio und reciproc, im eigentlichen und figürliden Sinne gebraucht
wird, iſt Das fchnelle Hervorfommen von Tiht und Schall, dann
erſt das Auseinandergehen und zwar mit brecdendem Schall. 1) gläns
zend heroorfommen: die Sonne bricht durch die Wolfen; 2) vor⸗
en fein, aber nur von Erzen und Steinen gefagt, mit dem Nes
beubegrijf des Slanzes: bier brechen Erze; 3) plöglih und mit Hef⸗
t zum Vorſchein fommen: die Thränen brechen ihm aus den
ugen; 4) mit mühfamer Neberwindung körperlicher Hinderniffe an
einen Ort (oder aus demfelben) gelangen: aus dem Gefängnif, in
das Haus; 5) zerbrechen im eigentlichen Sinn: das Eifen bricht, der
Baum ift gebrochen; 6) der Kraft beraubt werben: die Augen (der
Muth) find (iſt) ihm gebrochen; 7) unvermoͤgend werden zu bezahlen:
das größte Handelshaus in diefer Stadt iſt gebrochen; 8) heftigen
Schmerz, Mitleiden empfinden (in Verbindung mit Herz): das Herz
60
wollte ihm brechen bei diefem Anblid; 9) Feſtes gewaltſam trennen:
Seffeln, Flachs (bei Hanf und Flachs auch zumeilen ſchwach); 10)
abbrechen: Blumen, Obſt, (figürlih) eine Urfache vom Zaune; 11)
mit Gewalt trennen: Steine, das Schloß von der Thüre; 12) öff-
nen, gangbar machen: Bahn (oft figürlih); 13) zufammenbiegen,
—legen: einen Brief, Bogen Papier; 14) eine von ber graben
Linie abweichende (doch nicht Frumme) Richtung geben: gebrochenes
Dach, gebrochene Schrift, die Strahlen brechen fi; 15) kraftlos
machen: Kalte brechen die Säure, 16) zähmen, überwinden: den
Willen, Eigenfinn; 17) theilen: ein Wort, eine Zeile; 18) über:
treten, nicht mehr beobachten: ein Geſetz, das Stillfhweigen, den
Frieden; 19) von ſich geben durch Erbrechen: Blut, Galle (auch in⸗
tranfitip: der Kranke hat gebrochen und reciproc fi) gebrochen); 20)
fih plöglich trennen:. die Wellen, Wolfen brechen fi: 21) fih äns
dern: die Kälte hat fi gebrochen; 22) mit einem, d. I. das
frühere Verhältniß auflöten. — Die Seele war’s, die, sn lang
tel durch alte Feſſeln jegt auf einmal brad. Schiller, Die
egegnung. Jene breden aus dem Hinterhalt. Schiller, Tel 4,
1. Dem fredhen Buben hab’ ich den Finger mit dem Stab ges
brochen. Daſelbſt 1, 4. Da brad ihr die Taffe fo hart an dem
Munde. Göthe, Wirkung in die Kerne, Steht die Burg noch, und
Schloß Sarnen Tiegt in Aſche und der Roßberg iſt gebrochen?
Schiller, Tel 5, 1. Er ruft e8, und fein auge bridt. Schiller,
Kraniche des Ibikus. Da zittert’ er, brach ihm in der Wehmuth
das Herz. Klopſtock, Meſſias 6, 185. So bricht der letzte Anfer
unfrer Hoffnung. Schiller, Tell 4, 1. Knabe ſprach: ih breche
did, Röslein auf der Helden! Göthe, Heidenröslein. Der hat
nie das Glück gefoftet, der die Frucht des Himmels nicht raubend
an des Höllenfluffes ſchauervollem Rande bricht. Schiller, Hero
und Leander, Durd den Vorhack des Lagers ... will der Nieges
ag flürmend Bahn fih brechen. Schiller, Piccolomini 2, 7.
er Aftuarius gehot ihr zu ſchweigen, und hielt feine Feder über
den gebrochenen Blatte. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 13. Da
war e8 Zeit, den flogen Willen bir zu breden. Schiller, Wallen-
ſteins Tod 1, 7. Sie brachte ihre Antworten in einem gebrodes
nen Deutfh vor. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 4. it meinem
Slüde {chloß er den Bund und bricht ihn. Schiller, Wallenſteins
erbet nicht verlangen, daß ich meinen Eid brechen
von Berlidingen 2. Den (Waffenftillftand) euer
av gebrochen. Leiling, Nathan ver Weife 1, 5.
el — nahe, ich wohl das lange Schwei
r, Braut von Meſſina. Sanfter brechen
8 Ufers Felſenwand ... die Brandung bricht
ſchäumend ſich am Fuß der Klippen. Schiller, Hero und Leander.
61
RR du nicht förmlich Drehen mit dem Hof. Schiller, Picco-
lomini 2, 6. |
Pflücken (agſ. pluccjan, mhb. pflüäcken) bebentet zunächk mit den
Fingerfpigen ausziehen, faſt mur auf Beflevertes angewandt; dann mit ben
Fingerſpigen abbrechen, und zwar auf eine feine, zierliche Weil. — G8
pflüdte Blümlein mannigfalt ein Mägblein auf der lichten Au. Uhland,
der Kranz. Kommt doch, und pflüdt Erpbeern! Voß, Luife 1, 176. Aber
pflüdten indeß fie Küffe von anderen Lippen. J. Baflow, Küffe d. I. Se
— 13.
Das mhb. bröhen (wol von bröchen) we lenchten (vergleiche
ed. — und ſcheint eines Stammes zu fein mit börhten (abe. perahten
Srüher waren noch andere Revensarten gebräuchlich: bie 4
Kit — Sn fauer; diu schalkheit in ze süre brach — die Schalfheit ſchl Ing
ihn ins Saure um; einem das Fell bredien rc burchprägeln; den Wurf
Sprunge bredjen — über die Wurfweite hinausfpringen.
Abbrechen (auch öfters herabbrechen) 1) durch Brecdhen von .
einander trennen und getrennt werben: der Aft, die Nabel iſt abge
brochen; 2) plögli inne halten, ohne daß die Sache zu Ende ge
bracht it: bei dieſem Worte brach er ab; 3) mit Gewalt wegnehmen
und entziehen: das Schloß, einem etwas an der Koft (früher in
biefer Bedeutung au 2. ohne Acc.: Warum dürften wir dem Leib ab»
en en? Opik); ) niederreißen: ein Haus; 5) Cfelten) nn
vermindern. — Da kam arabiſch Raub — brach mein
haͤuschen ab. Leifing, Nathan der Weiſe 4, 7. Wie wenn ein Ger
ſpraͤch abbricht rebfeligen "Greifen. Voß Luiſe 2, 491. Brecht
ab, Es iſt umfonft, fie zu bewegen. Schiller, Jungfrau yon Or⸗
leans 3, 4. Abbrechen, einziehen, fparen will ich gern. Leffing,
Nathan“ der Weiſe 2, 2, Da man ben Spr gen . Zeit und
Aufmerkfamfeit ab bradı. Gothe, Leben 6,
Aufbören = nicht fortfahren, die Sache — zu Ende ſein oder nicht.
— Wenn ich einmal zu fürchten angefangen, hab' ich zu fürchten aufgehört.
Schiller, Don Karlos 1, 6.
Yum. Sinnverwandt mit abbredhen 2, nur flärfer iſt abreißen bei Schil⸗
ler, Aeneis 4, 14: Gin — Geſpraͤch wirr fehüchtern angefangen, ſchnell reißt
vie Furcht es wieder ab
Anbrechen ( (auch öfters heranbrechen) 1) plötzlich (und oft
mit Gewalt) in die zeitliche Wirklichkeit treten: der Tag, die Schlacht
bricht an; 2) das erſte Stück, den erſten Theil von etwas nehmen:
Brot, Wein; 3) (Minder gebräuchlich) en faulen: das Obft
iſt angebroshen. — Shladt, du brichſt anl Körner. Der Tag
bricht am, and Mars regiert die Stunde. Schiller, Wallenfteind
Tod 1,1. Und eh’ der Tag, der eben jegt am Himmel verhängs
sipnoll heranbricht, umerdeht. Schiller, Piccolomini 5, 2. Das
Obſt, das Bier bricht an, wird fanl, wird ſauer. Steinbach.
Aufangen (abb. anafähan, mid. anvähen) hervortreten in bie Wirklich⸗
keit der Zeit oder dem Raume nach; das Erſte fein im Raum in Bezug auf
das Uebrige. Beginnen (ahb. biginnan, iihd. beginnen, audy einfach gin-
nen; vergleiche ahd. anakin = Anbeginn) Kervortreten in bie Wirklichkeit von
Sandlungen oder von einem Ding überhaupt gefagt. Anheben (mhb. an-
heben) auf gewaltige ober’ feierliche Weife beginnen. — Das Werk if anges
fangen, nicht vollendet. Schiller, Tel 5, 1. Dort fängt meines Reiches
Graͤnze an. Schiller, Maria Stuart 8, 1. Was ver Vater glorreih be⸗
gonnen, will der Sohn vollenden. Schiller, Tell 4, 8. Ichova Hub das
Gericht an. Klopftod, Meſſtas 5, 346.
Aufbrechen 1) aufgebrochen werden, durch innern Trieb fi}
öffnen: die Knofpen find aufgebrochen; 23) den Drt feines Aufent-
haltes verändern, gewöhnlich von Heeren, größeren Geſellſchaften
und fürftlihen Verfonen; 3) durch Brechen öffnen ‚ ohne nothwendig
den Nebenbegriff der Erreihung eines Zweckes mit einzufchließen:
die Thüre, den Brief, das Straßenpflafter; 4) (früher) für an⸗
bredden. — Doc auf dem Regensburger Fürftentag da a Br
auf! da lag es fund und offen. Schiller, Piccolomini 2, 7. t’
Nacht in aller Stille brecht ihr auf mit allen leichten Truppen.
Schiller, Wallenfteind Tod 2, 15. Sein Brief iſt aufgebroden.
Schiller, Wallenfleind Top 3, 10.
Ausbrechen (auch öfters herausbrechen) 1) ausgebrochen wer⸗
den oder felbft ausbrechen: ein Zahn iſt ihm ausgebrochen; 2) fid) mit
Gewalt aus einem Orte befreien: der DBerhaftete iſt ausgebrochen ;
3) heftig, plöglih (mit Gewalt) ind Dafein treten: der Krieg, ein
Feuer, eine heftige Krankheit ift ausgebrochen; 4) mit Heftigfeit laut
werben: ein Gefchrei, er ift in ein lautes Gelächter ausgebrochen 5
5) (meift durch Zerbrechen) herausnehmen: einen Zahn; 6) (gemein)
durch Erbrechen von ſich geben; 7) ausbrechen Taffen, etwas, bag
aus einem Innern nad Außen ftrebt, nicht hemmen, mit dem Neben
begriff eines heftigen und gewaltfamen Strebens nad Aufen. —
Brecht nit in eitle Klagen aus. Schiffer, Wallenfteins Tod 3, 2,
Da bricht die Menge tobend aus. Schiller, Kampf mit dem Dra>
hen. (Es) ift ein Wetter ausgebrochen. Alringer, Doolin, 5.
5. Welches (Murren) ftündlih in eine offenbare Meuterei aus⸗
zubredhen drohte. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Durch
Grethens Entfernung war der Knaben und Sünglingspflanze dag
Herz ausgebrodhen. Göthe, Leben, 6.2. Racdem er von
dem Unheil, das unter diefen Freunden ausgebrochen, Nachricht
erhalten. Göthe, Wahlverwandfchaften 1, 18. Der Arzt hatte die
dringendſten Urfachen, das Leiden des Laofoon nicht in Gefchrei
hberausbredhen zu Taffen. Leffing, Laofoon 6.
Entftehen (ahb. instantan, mh. entstän, entsten) aus etwas hervor
- gehend anfongen zu fein. Austaffen (mhb. Ggläzen, üzlän) allgemein
63
chsas, das ans einem Junern ſtrebt, nicht hemmen. — Nun iſt der Unterfchied
von 16 auf 166 Thaler ohne Zweifel zu groß, als daß er bloß von der mehr
ober weniger trefflichen Arbeit hätte entfichen follen. . Leffing, ant. Briefe
3. Laffen Sie Ihren Schmerz in verdiente Berwünfchungen aus. Leffing.
Durchbrechen 1) durch Brechen öffnen, Bahn machen: der Dieb,
er it auf dem Eis durchgebrochen, Das Waffer hat den Damm durch⸗
brochen; 23) in Stüde zerbrechen: einen Stod; 3) gezeichnete Figu⸗
ren in Blech, Holz, Leinwand ꝛc. ausſchneiden, ausnaͤhen, nur im
Partie. gebraucht. — Wie ein reißender Gewitterfirom durchbrach
er würgend unfre Reihen. Schiller, Machetb 1,2. Was 2 |
durchbrach, fchlugen euch auf der Flucht die Bauernweiber m
Haden und Miftgaben tobt. Göthe, Egmont 1. Wenn jene (Gries
und Römer), unter einem glüdlidheren Himmel, ihr Dach auf
en ruben ließen, ſo entfland ja ſchon an und für ſich eine
durchbrochene Wand. Göthe, Leben 12. 2.
Einbrechen 1) plöglich oder gewaltfam kommen, beginnen, meift
mit dem Nebenbegriff des Unvermutheten: bie Kälte, die Nacht bricht
ein; 2) nad innen und unten fallen: bas Eis, die Dede iſt eins
gebrochen; 3) überhand nehmen: allerlei Unordnungen find eingebros
chen; 4) mit Zerbrecdhen der Hinverniffe in etwas hineindringen:
der Dieb iſt eingebrochen, die Reiterei follte in den Feind einbrechen;
5) niederreißen: ein Haus. — Kaum bricht der Abend ein, Schils
er, Aneis 4, 14. Wenn fie (die Brüde) nicht einbricht unter
eurer Schub. Schiller, Tel 5,2. Das wilde Thier zu jagen, das
en: in bie fihre Hürte Schiller, Wallenfteins
ed 1,06. |
Eriureißen hat den Nebenbegriff, daß das Trennen aus feſtem Zuſammen⸗
bang, das Überhanduehmen mit Schnelligkeit und Gewalt gefchieht. — Reißt
tie Mauer ein! Schiller, Tel 5, 1. Der Lohenftelnifche Gefchmad reißt
wieber ein. C. F. Weiße, die Poeten nach der Mode 1, 4.
Entbrechen fih 1) ſich mit Gewalt von etwas zurüdhalten,
fo daß es bei ung unterbleibt; 2) ſich losreißen, abfondern, entzie⸗
ben, den Umgang mit einer Perfon, den Gebraud einer Sache vers
meiden, fih zurüdhalten: fid alles Gehorfams entbrechen, du wirft
dich meiner nicht —— ih kann mich kaum der Thränen ent⸗
breden; 3) (früher, ohne fih) einer Klage entgehen, indem man
fie von ſich abwehrt, ſich rechtfertigt: einem Kläger um eine Sache
entbrechen = deshalb gegen ihn Iosgefprochen werden. — Ein Thräs
nenfirom entbricht dem Auge. Hermes. Hat, ſprach er, ver Cid
geichworen, was er wohl nicht fchwören follte: jo entbrech' er fi,
und Einen herzunennen, den Er wählt. Herder, Eid. 33. Daß man
fih des enibricht Lfrei von Antonius macht). Lohenſtein, Cleo⸗
yatra 3,39. Was Weiſe hat fie denn des Lebens fi entbrochen?
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on Du mußt dich oder willſt dich meiner felbft entbrechen.
er
Sich enthalten hat nur die Bebeutung fi von etwas zurädhalten, fo
daß es bei uns unterbleibt. — Wer ann dabei ber Thränen fih enthalten?
Wieland, Oberon 6, 72.
Erbrechen 1) mit Gewalt (mit Anwendung einer Thätigkeit
ze! einen Gegenftand) öffnen, mit dem (in er Tiegenden) Nebenbes
ff der Erreichung eines Zwedes; 2) (fi) übergeben: der Kranke
Bat fih erbrochen. — Als er fein Zimmer neulih erbrocden glaubte.
Böthe, Taffo 1, 2. Briefe nad) Brabant erbri a ber König.
Schiller, Don Karlos 2, 15. Endlich wollt’ ih mid erbrechen,
und —8 öffne ſchon den Mund. Platen, der romantiſche Oedipus 3.
ebrechen ige da fein, infofern dadurch eine Unvolllommen⸗
heit entfteht, vie als ein Übel erfcheint. — Beinah gebricht aud
mir die Stärke, diefen Auftritt zu ertragen. Schiller, Jungfrau yon
Drleans 3, 2, Wenn e8 dir an Faſſung ganz gebricht, fo fol
mir's an Geduld gewiß nicht fehlen. Böthe, Taſſo 5, 5.
Mangeln (ahb. mangolön, mh. mangelen, verwandt mit lat. mancus,
woher ital. mancare, franz. manquer) bebeutet allgemein nicht da fein, fo
daß dadurch eine Unvollfommenheit entſteht. Fehlen (ahd. nicht da, mhd.
failieren, fälieren, von franz. faillir, dann veelen, älter nhb. failen, feilen,
mittelniederd. velen, veilen, ital. falläre, fallire, urfprünglich von lat, fallere
— täufhen, gr. dpyallsım — fällen, dann zweifelhaft machen) beveutet nicht
da fein, da es da fein ſollte Abgehen (mhd. abe gAn) beveutet mit etwas
fo fein, daß nichts mehr davon ba iſt; fo fein, daß etwas nicht da iſt, was
udthig oder erwünfcht wäre. Entſtehen (mhd. enstän) beventet aufhören,
zu Ende fein, ferne gehalten fein, infofern doch ber Befitz ober Genuß des
Nichtvafeienden gewünfcht wird. — Es foll Ihren Vollkommenheiten nit an
Bewunderern fehlen, und meinem Glüde wird es nicht an Neivern gebre=
hen. Leffing, Minna von Barmhelm 5, 9. Dem alles mangelte, was
mein Bruder befaß: Genie, Leben, Geiſt und rafches Weſen; an dem ſich
aber auch alles fand, was jenem abging: Liebe zur Orbnung, Fleiß. Goͤthe,
Meifters Lehrjahre 4, 16. Wie du fehoneft, jo müſſe die Schlingen in Lemnos
dein muntres Weib bir verzeihn, und nie deiner Umarmung entfiehn. Ranıler.
Nachbrechen 1) Hinter einer Perfon oder Sache her brechen:
als die Wand meggenommen war, brady bie Dede nad; 2) brechend
nacharbeiten (beſonders vom Bergbau gebraudt): die Schweine bres
chen den Suchen auf dem Ader, die Leute brechen dieſer Ader nach;
8) (früher) fih um etwas abarbeiten, nad einem. Dinge fehr ver⸗
langen.
: Umbrechen 1) umbiegen, daß etwas bredhe: einen Baum; 2)
(zuweilen) umpflügen, umgraben, fo daß das Unterfte zu oberft fommt ;
8) das Gebrochene von neuem brechen: eine Serviette, die gefeßte
Schrift.
nn Be 9 | Ts
|
L_ L 2
65
Unterbredhen die Fortdauer eines Dinges, einer Handlung auf
eine gewifle Zeit hindern. — Schweig’ und unterbrich mid nicht.
Böthe, Taſſo 2, 4 Wollen wir allein ung eigenfinnig fteifen und
verftoden, die Länderkette ihm zu unterbrechen? Schiller, Tell 2,1.
Verbrechen (felten) ab= (zuweilen aud vorn ab⸗) brechen: eine
Gerte; 2) völlig brechen: den Stod; 3) übertreten, Geſetz, Gebot
Borfhrift, jedoch ohne daß diefe Wörter dabei ftehen (früher ug
einfach brechen, wie altn. brek — das Verbrechen); 4) (vorzügli
in der Jaͤgerei gebräuchlich) durch abgebrocdhene Dinge, befonders
Zweige, etwas bezeichnen; 5) (felten) verluftig gehen, nach dem frü-
beren Gebrauche: die Hand verbredien — ſich wieder verehelidhen,
son Witwen und Witwern gefagt. — Zu einer ſchweren That beruft
ein Gott ven edeln Mann, der viel verbrad, und leg ihm auf, was
uns unmöglic) ſcheint zu enden. Göthe, Iphigenie 2, 1. Sie hatten gleich⸗
wol fih am Kenfer hoch verbrocen. Lohenftein, @leopatra 1, 291.
Zerbrechen 1) in Stüde brechen (auch fig.); 2) (Volksſprache)
von Kühen geſagt, die von zu vielem Gras⸗ und Kleefreſſen bis zum
Berſten anſchwellen. — Zerbrechen wollte mir das Herz. Göckingk,
5. Ep. Seine Feſſeln zerbricht der Menſch, ver Beglückte! Zer⸗
riß er mit ven Feſſeln der Furcht nur nicht den Zügel der Scham!
Schiller, Spaziergang.
Keiner weitern Erklaͤrung bebürfen: entzwei—, herein—,
berunter—, hervor —, (alterthümlih herfür— ), hinein—,
los —, nieder—, rad—, vor—, weg—, zufammen—; früher
(17. Jahrhundert) bebrehen — umbreden, beibrehen — beis
nahe brechen, mn. — durch Drehen aufbewahren. — Ewig⸗
feit fchwingt über ihnen Kreife, bricht die Senfe des Saturns
entzwei. Schiller, Gruppe aus dein Tartarus. Die Nacht drohte
bereinzubredhen. Göthe, Meifters Lehrjahre 4,6. Bon welchen
(Gebäuden) . . . andere big auf ven dritten, zweiten, erften Stod
eruntergebroden find. Göthe, italienifche Reife, Meffina 18.
ai 1787. So brad ein neues Schredniß aus dem Schoße des
Siegs hervor. Schiller, Macbeth 1, 2. Daß fold’ ein grauſam
mörd'riſch Ungewitter gaͤhlings herfürbrach aus des Gottharbe
ünden. — Kell 8 brechen 5 Acht auf
peare, Kön in — ‚2 Das Bol t auf,
der Sturm bridt 108. Körner, Männer und Buben. Die Sorge
war groß, auch dieſe möchten auf ung losbrechen. Göthe, Cams
pagne in Frankreich 27. September. Dort lehrt man ums, wie man
Sprache verbirbt, mit Schrauben fie foltert und radbricht ). Pla⸗
ten, die verhängnißvolle Gabel 4 Bis ... der treulos mürbe
Ban zufammenbridt. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 8.
9 Befer radbrecht, da radbrechen nad ver ſchwachen Gonjugation geht.
5
Die Breche (ahd. bröcha, mhd. bröche) 1) ein Werkzeug zum
Brechen, befonvders des Hanfes, Flachſes; 2) die Breche und ber
Sucher (noch im 18. Jahrhundert) eine Borrichtung , in welder
Perfonen, die fi gewiſſe Bergehungen gegen bie Sitienpolizei hatten
zu Schulden kommen laſſen, zur Strafe der öffentlihen Beſchämung
ausgeftellt wurden. — Ei8—, Hanf, Flachs —, Nuß—, Sten—,
Ochſenbreche (Pflanze).
Anm. Das franz. breche (Brefche), der Bruch in einer Mauer ober in
einem Walle, ift urfprünglich dentſch. — Cine Breſche ift jever Tag, die viele Men⸗
ſchen erſtürmen. Göthe, Sprichwoͤrtlich.
Brecher (ahd. prẽnhbo, prẽchari) iſt einfach nur als Eigen⸗
name, dann aber in Zuſammenſetzung gebräuchlich: Ehe—, Eid—,
Mauer —, Sorgen—, Stein—, Verbrecher.
Synonym mit Verbrecher (ver das Geſetz abſichtlich verlegt) find: Sün-
der (ahd. sundärc, mhr. sundzere, von Sünde, ahd. sundja, sunta, mv.
sündc, agf. syn, altn. eynd; vergleiche Tat. sons ſchuldig, , fräflid) der
vom religidfen und Sittengefeb abweicht; Frevler (von ehb. fravali, mhb.
vreyel = vermegen, wnerfchrorfen, dann leichtfertig gewaltthaͤtig), der vorfäg-
lich Böfes thut zum empfindlichen Schaden des Andern, meik aus Vergnügs
lichfeit um bes Böfen willen; Lakerhafter (von Lafter, ahd. Jastar‘) ; ver-
gleiche goth. laian = fihmähen,; ahd. Iahan — verbieten), der mit groben,
befleckenden Sünden behaftet ift und Yertigfeit zu fündigen hat; Böfer (von
688, ahd. pösi), ver Andern fittlich zuwider und daher thätig if, ihnen Nach-
heil zuzufligen; Boshafter, ber ans Neigung und Luft böfe if; Boͤſe⸗
wicht (aus mh. hoser wibt = Wefen, Greatur), böjer, elender, verächtlidyer
Menſch, befonders der grabe, nichtswürbige Verbrecher; Tückiſcher (aus mp.
tak flatt zuc = haflige Bewegung nach etwas, erinnernd an tücken ſchnell
unter etwas ſich verſteckend nieverfahren), ber durch heimliche, hinterliſtige Ver⸗
ſteſlung fich äußernde Boshafte; Gpnttlofer, der ohne Achtung gegen Gott '
und göttliche Gebote fih Zeigende; Ruchloſer (aus ahd. ruohläs, mEb.
rnochlös == forglos, narhläffig, v. ruohha, rugh = Sorge, davon geruben, ver⸗
ſchieden von Ruhe ahd. ruewa) der alles Geſetz und alle Rüdficht auf Gewiſſen,
Ehre und Schante außer Acht Sebende; Berrudter, der Ruchloſe im. höchſten
Grad. — Berfolgt den Verbrech er! Goͤthe, Iphigenie 3, 1. Der (Hymnus)
durch das Herz zerreißend dringt, die Bande um ben Sünder frhlingt. Schil⸗
Jer, Kraniche des Ibifus, Er fürchte den Frevler mehr als euch. Göüthe,
Reineke Fuchs 1, 49. Wenn Selt und Zuder ein Fehler it, fo helfe Bott -
ven Lafterhaften. Shaffpeare, König Heincich IV. 1. Theil 2, 4. Erſt
eine Reihe Böfer.oner Suter bringt enblich das Entſetzen, bringt die Freude
ker Welt hervor. Göthe, Iphigenie 1, 8. Denn es if Reineke falſch une
boshaft. Goͤthe, Reineke Gurke 1, 379. Es geßehn pie Boͤſewichter,
geiroffen von der Rache Strahl. Schiffer, Kraniche des Ibikne. Tädifch
*) Laſter, agf."I&ahtar!, beveutete ehedem: Tadel, Vorwurf, Schmach, die
Ehre Kraͤnkendes. Lichtenterg (über Phnfiognomif) fagt: „LE im D
heißt urfyrunglich a und nit — mens
X ———
67
hatte ſchon Threſt, auf ſchwere Thaten ſinnend, lange dem Bruder einen Sohn
entwaudt. Goͤthe, Iphigenie 1, 3. Ich bin, die rechte Wahrheit zu ſagen,
wicht viel beffer, als einer von den Gottloſen. Shaffpeare, König Heinrich
IV. 1. Theil 1, 2. Was man Berruchten thnt wird micht gefegnet. Goͤthe,
Sphigente 1, 3.
Das Gebrechen (mhd. där gebröche) bedeutet das Nichtdaſein
von etwas als ein Uebel; dann auch eine Abweichung der Form im
Aeßern als ein verunftaltendes oder unfüchtig machendes Uebel, vor⸗
nebmlich bei dem menfchlihen Körper. — Doc ſchäme dich nicht ber
Gebrechen. Böthe, Vorklage.
Mangel (mhd. mangel) und Fehler (mhd. veele) ergeben ſich ans
mangeln nnd fehlen, bei gebrechen. — (Du) fpenbeit, wenn der Mans
gel bat. Galis, das Mitleid. Wenn bu verirreft, fuch’ ich allemal die Tu⸗
genb unter Hunderten zu rathen, die ich des Fehlers zeifen Tann. Schiller,
Don Karlos 2, 15.
Das Berbrechen (ahd. und myhd. nicht vorhanden) ergibt fid
in feiner Bedeutung aus Verbrecher und verbreden 3, —
Sünde, Laſter, Gottlofigkeit, Frevel ꝛc., fiche bei Verbrecher.
Bergehen beveutet Berirrung vom Geſetz als Zuwiderhandlung gegen dass
felbe in milderem Sinne. Mifjethat (ahb. missatät, mhb. missetät), jetzt
in engerer Bedentung als früher, bedeutet gemüthshäßliche, ber Leibes⸗ ober
Lebensftrafe fchuldige That; in religiöfer Beziehung überhaupt was gegen
Gottes Geſetz gethan wird. Unthat (ahd., mhd. untät) böfe, Iafterhafte,
kefoubers die wibernatürlige, Abſchen erregende That. Uedelthat Cahb.
ubiltät) eine That, von’ welcher man fühlt, daß fie im Wiverfpruch mit Recht
and Geſetz il. Bubenfiäc iſt zunächit leichtfertige and böfe That, üblicher
aber iſt nie härtere Bedeuiung bie nienrige, mutbwillige, boͤſe That. — Wenn
tiefe Bergehungen auch wahre Berbrechen, wenn es auch vorfäglidhe
Laſter wären: ad! ich würde ihr (der Tochter) doch vergehen. Leſſing, Mig
Sara Sampfen 1, 1. Sprich, welcher Sünde zeiht bi dein Gewiſſen?
Schiller, Matia Stuart 3,7. Wars ein Vergehn, nach ſolchem But zu
ſtreben? Ela Srevel wär's, es zaghaft aufzugeben! Schiller, Turandot 5, 3,
Böfes Werk muß untergehen, Rache folgt ver. Frevelthat. Schiller, das
Siegesfeſt. Unglacklich ſchwere Thaten find gejchehen, und eine Frevels
haudlung faßt die andere in enggeſchloßner Kette granfend an. Schiller,
Wallenfleins Tod 3, 18. Die Gotter rächen ver Bäter Mifferhat nicht an
vem Sohn. Göthe, Iphigenie 2, 1. Gin Gefhäft, das, an ſich felbR ver
widelt, nun gar durch Unthaten fo verworren erfchien. Goͤthe, Keben 12.2.
So gerecht er auch fel nad Übelthaten verwehret. Gothe, Reineke Fuchs
1, 168. Ohngeachtet der vielen Kerzen, welche ihnen zu ihrem Bubenflüde
leuchteten, wurbe kein Ginziger erfannt. Schiller, Abfall der Niederlande. B.
Bredung, Handlung des Brechens, tt weder in allen Bebeu-
kungen von brechen nod in allen mit brechen vorkommenden Zu-
5*
68
fammenfegungen gebräuhlih 9. — Ab—, An—, Aus—, Durch —,
Erbredung u. a. Ä
Brechbohne, —eifen, — falle, —fieber, —graupe Lim Bergbau),
—haar, — hammer, —haus (Krankenhaus), —fanne, —folben,
—ling (dh), — mittel, —mühle, —nuß, —pulver, —punet,
—fhraube, —flange, —tanne (Xerdhenbaum), —pitriol, —veide
(Hedens oder Zaunfirfhe), — wein, —weinftein, —wurz, —zjange,
— zeug. — Brechlich, gebr—, —keit; zerbr—; brechbar (früher audy
brechhaft, brechſam); verbrecheriſch.
Die Brache (ahd. prähha, brächa, mhd. bräche, brächunge)
1) das Umbrechen, das erite Pflügen des Bodens nad der Ernte;
2) die Ruhe, welche man die Aeder genießen läßt, nachdem fie zwei
Jahre Cin manden Gegenden ein Jahr) lang bearbeitet und befüet
. waren. — Brachen (ahd. prächön, brächan, mhd. brächen, in
der Volksſprache bröcden, broͤchbauen, brochackern, broͤchzackern); Bra=
her; Brachacker, —feld, —flur, —furche, —gras, — heu, —huhn,
— hut, —käfer, —korn, —land, — läufer, (was), —lerche, —männ⸗
en (Champignon), —monat, —ſchein (im Kalender, Neumond im
uni), —fhlag, —ſchnepfe, —vogel, —waid (Färbepflanze), —wiefe,
—wurzel (triticum repens L.), —;zeit.
YAum 1. Das Beiwort brach fcheint aus einer Bllipfe: zur Brach, für vie
Brach entitanden. — Im brachen Feld hat Lülh und Schierling und das geile
Erdrauch ſich eingeniflet. Shafjpeare, König Heinrich V. 5, 2.
Anm. 2. Das erwähnte gadern leitet Schmitthenner (Deutfches Mör-
terbuch 558) von Sacke ab; beſſer denkt man mit Schmeller und Anden an
das ahd. zi akare gän, ze acker gen — yflügen.
Der Bruch (ahd. pruch, mh. bruch, agf. bryc) 1) das Bre-
en oder ©ebrochenfein: eines Deines; 2) die durch Brechen ent⸗
andene Oeffnung ober Deigäbigung: in einem Damm, Papier, bei
einem Menfchen (bernia); 3) die Stelle des Bruͤches, der Ort wo
etwas ie wird: des Minerals, der Marmorbruch; 4) das
was gebrochen wird: Zahl; 5) der (dad) Brüd (ahd. daz pruoh,
mh. daz bruoch) Sumpfmwiefe; 6) der Brücd (ahd. daz bruch,
mi. daz bruoch, altn. brök) eine Art langer weiter Beinfleiber ;
7) (früher) Entgang, Gebrechen, Beeinträdtigung: auf daß Niemanden
an Borfprehern Mangel oder Bruch beſchehe; 8) (früher) Unter-
laffungsfhuld, Hinderung, Anfland: daß das ihrer halben feinen
Bruch hätte. — Da das Nadte unter den Falten Tiegt, fo werden
die Brüche anſchaulich durch die Lage und Bewegung der Glieder
gewirft, 9. P. Sturz, 6. Brief. Eon gezadet ift ver Bruch.
R :
*) Menn aus dem goih. al in gewiffen Faͤllen, befondere vor r und h, ein
Ei und mhb. & wird, jo nennt Grimm bies Brechung, z. 2. goth. stairnd,
ahd. sterno, mhd. sterne, nhd. Stern.
Schiller, Glocke. Noͤth'ge mich zu einem Tauten Bruche vor ber
Jeit. Schiller, Piccolomini 5, 3. Aus dem Fels bruch wiegt ſich
der Stein. Schiller, Spaziergang. Wenn fie einen Bruch in der
Rechnung findet. Schiller, Fiesko 1, 4. Die wohl einfahen, daß
die Summe unfrer Exiſtenz, durch Vernunft dividirt, niemals rein
aufgehe, fondern daß immer ein wunderlicher Bruch übrig bleibe.
Böthe, Meifters Lehrjahre 4, 18. Dieß Meierhöfchen im Brüche,
das mit Riedgras gededt ift und mit geflochtenen Binfen. Ramler,
Catuſl 19, 1.
Hoyer (nieverf. mudder, mudde , älter nhd. motter, Bolkoſprache auch
Muth), durch ſtehende Fenchtigkeit der Feſtigkeit benommene und fo mehr
ober weniger anfgelöfte Erde. Moraft (mittelnieverl. marassch, neuniederl.
maras, moeras, wol eine erweiterte Rebenform von goth. marei = Meer)
wäflerige tieffothige Bodenfläche, tiefer naffer Koth. Das (der) Moor (ahd.,
mh. mwor, agf. mör, aus marei) eine Fläche wäflerigen Koihlandes, es mag
aun feier oder weich, bewachfen fein oder nicht, vornehmlich mit fetter Erde
darchzogen. Marſch (agi. mersco, niederd. marsch, Nebenform der Altern
Ynsoräde für Morafl) tiefliegende naffe, aus fetter Erbe angefchlänmte und
zu üppigen Gras» und Kornwuchs fich eiguende Bobenfläche In niebrigen
Bafergegentn. Sumpf (ahd. sunft, suumft, mhb. sunft, vielleicht zu ahd.
swimman, goth., agf. svimman, altn. svema, mhb. swimmen = ſchwim⸗
men gehörig; vergleiche ahd. gisuumftin = den Schwinmenden, goth. svumse
= Ehwimmplag, ahd. gasuumft — das Schwimmen ; altı. sund = Sund, aus
sumd, svamd, svumad T) feichtes ſtehendes Sewäfler über Schlammboben, worauf .
man einfiuft. Ried (bei Anbern Niet, Rieth, ah. hriot, agf. hröod, mh.
riet) der mit Sumpfgras (Ried) und Binfen bewachfene Grund, befonvere
tiefgelegene Wieſen. — Ahd. war hosa (pl. hosun) die untere Beinbefleivung
anjwärts bis zum Knie, gleichfam der Stiefel oder Strumbf (daher löderhosa
— Gtiefel); ſchon mhd. bedeutet hose die ganze Bedeckung des Beines von
den Hüften an bis auf den Fuß (ahd. dafür pruch, auch mh. noch neben
hose gebraucht). — Für Baukerott (franz. banqueroute, ital. bancorottn,
ververbt aus lat. hanqua rupta, woher engl. bankrupt, bebeutet urfprünglich
eine zerbrochene Wechſelbank, weil ehedem den Wechölern in Italien, wenn fie
zu bezahlen aufhörten, die Wechſelbank umgeworfen oder zerbrochen wurde)
fagt man auch Bruch over Bankbruch. — Läßt den trägen Beil in dem
viden Morafte zurüce, wie das träge Maulthier im zähen M oder die eiferne
Sohle. Ramler, Catull 17, 25. Und waten tief duch Sumpf und Moor.
Bürger. Wie die Bappel, welch' auf feuchter Marſch an großen Sümpfen
enporwuchs. Bürger, Ilias 4, 482. Jetzo ſchwebte ver Kahn am frummen
Geſtad' um ein Möhricht und braunfolbiges Ried. Voß, Euife 1, 694.
I, An—, Auf, Aus — Durch — Einbruch erflären ſich
aus Bruch und den Zuſammenſetzungen von brechen. — Wenn die
Natur in dem moraliſchen Bau der Geſellſchaft ihre Mannigfaltig-
70
feit zu behanpten ftrebt, fo darf der moralifchen Einheit dadurch det
Abbruch gefchehen. Schiller, über vie äfthetifhe Erziehung des
Menfchen 4. Brief. Worin (im Gebet) er den Himmel anrief.. . .
or (den Bergleuten) reihe Anbrüche zu befcderen. Rovaliß,
einrih von DOfterdingen 1,5. Bis Anbruch der Racht fl Jeder⸗
mann Herr feiner Zeit. Schiller, Macbeth 3, 2. Wartet nicht erſt
auf Befehl zum Aufbrud. Dafelbft 3,8. Das deutet und auf einen
nahen Ausbruch der Empörung. Schiller, Piccolomini 1,8:
er im Leben mäßig, von wildem Ausbrud frei in Luft and Zorn.
Shaffpeare, König Heinrih V. 2, 3. Wer eine lenenihaftlich Ent-
zündete bet Einbruch der Nacht von dem Wege zu ihrem Liebhaber
abhalten will. Göthe, nachgelaffene Werte 6, 291. Nur muß er
ben Pfiff nicht bis zum Einbruch in meine Grundfäbe treiben.
Scilfer, Kabale und Liebe 1, 5.
Der Nachtheil beveutet das Zufommen von ÜBelem, infofern baburch
einem Ding viel oder wenig in etwas benommen wirb und es fo gegen Andere
zurüditeht, dann auch viefes Übel ſelbſt. Verluſt (nicht Verlurſt, wie man
zumeilen findet, fiche verlieren), Hinwegkommen eines Butes wider ben
Willen deſſen, der es hat; dann auch das Hinweggefommene fell. Schaden
(ahd. scado, mhd. schade, scade, altn. skadi; vergleiche gr. Syirdsog ==
verwegen) eigentlich Verlegung, dann eine als Üibel erſcheinende Minderung in
Beziehung auf etwas einen Zuftand Vervollkommnendes, gleichfam Berlegung
am Gut und was als Gut angefehen wird. — Sinnverwandt mit Ausbruch
(ein von neuem hearbeitetes Grundftäk) find Neubruch (ahb. niwibruht)
neu urbar gemachtes Land, in Hinficht des nen aufgebrouchenen und ſchwer
bearbeiteten Bodens; bie Neurode (das Neuteut, ahd. niuriute, mit. niu-
weriute, daher viele ahd. Ortsnamen) neu umgearbeifetes Land, infofern das
darauf befindliche Gehölz und wilde Wacheſhum ausgetilgt (ausgerottet) wer⸗
den mußte. — Daß mir zum Nachtheil fein Menfchenfind, auch felbfl der
Kaiſer nicht, bei der Armee zn fagen haben follte. Schillet, Piccolomini 2, 7.
Der Berluft aller dieſer Plätze entrig den Antwerpern jede Huffnung. Schil⸗
fer, Belagerung von Antwerpen. Man muß, um nicht zu Grunde zu geben,
mit Schaden und Kunmer fpielen. Böthe, Meifters Lehrjahre 1, 14. Liegt.
eine Matte heimlich im Gehoͤlz, das Nütli heißt fie hei dem Volk ver Hir⸗
ten, weil dort die Waldung ausgereutet ward. Schiller, Tel 1, 4.
Brucharzt, —band, —beere (Heivelbeere), —beule, —dadh,
— dorf, —broffel, —gold, —holz, —fraut, —mandel, —ort, — Pflanze,
—pflafter, —faß, —ſchiene, —ſchneider, —fchnepfe, —filder, —ftein,
—ftüd, — waſſer, —weide, —wurz, —zahl; Bein—, Che—, Fries
dens—, Nabel, Schiff —, Stein—, Woilkenbruch u. a.
Brüchig. (Mag fie ſich immer ergänzen eure brüchige Welt
in fih! Göthe, weſtöſtlicher Divan Suleika.) Bund—, eid —, gicht —,
treubrüdig. An —, aus —, laut —, verbrüchig find wenig mehr im
h
\
du
[2
71
Gebrauch. Unverbrüchlich, —keit. Wolfs Philoſophie wurde
damahls noch als anbrüchig angeſehen. Michaelis. Unverbrüch—
liche Geſetze. Bürger, Nachtfeier der Venus. — See: 15—17.
Jahrhundert) findet fih auh Brüdler — Kleinhändler mit Lein-
wand ımd Garn. Diefe Händler waren vielleicht zugleich Verferti⸗
ger von Brüchen (Hofen).
Brüchen und brüchten (nieverfähfifh) an Geld ftrafen, von
Brühe, Brüchte (mhd. brüchte, agf. bryce urfprünglid —
Brechung des Geſetzes, fpäter die Entrichtung der Buße dafür).
Der Brode und Broden (ahd. proccho, brocco, mhd. brocke)
von brechen, bedeutet zunächft ein abgebruchenes over abgelöftes Stüd
son einer fefteren Maffe, befonders von Brot, Kuchen, Fleiſch. — Die
follen wir glei an uns Ioden mit gutem Schlud und guten Brok⸗
ten. Schiller, Wallenfteins Lager 2.
Brocken (ahd. procchön, m. brocken) tn Ffleine Stüde
(Broden) brechen (früher auch für abbrechen, 3. B. Roſen broden,
Lilien abbroden, bei Pater Abraham); brödeln; ab —, ein—, zubroden ;
ab —, zer—, zubrödeln. — Hier läßt der Ritter, da ihn Die Sonne zu
drüden begarin, fih Brot in friiche Milch von einer Hirtin broden,
Wieland, Dberon 2, 8. Die gefräßige Zeit, vielleicht auch heftige
Erverfhütterungen , haben von dem NRiefenhanpte des Brodens jo
manches Zelfenftüd abgebrodt. Campe. Ich war der Mann, der
biefe Suppe einbrodte Schiller, Fiesko 8, 7. Sieht man frei
Ich den fo Sr fih bröckelndeu Muſchelkalk. Göthe, italieniſche
Reiſe, Gir 25. April 1787. Damit ih nicht . . . die Berge
nah Schiffpfunden zugebrödelt bekomme. J. P. Richter. Daß
man doch nicht zerbrödele, ſtatt ven Fortſchuß des Ganzen zu
fühlen. Herder. Das Geſpräch zerbrach oder a ſich.
Göthe, Leben 14. B. — Die Brodeln (ital. brocooli, franz,
broques de choux, von ital. brocio, franz. brooe = Spike)
Kohiſproſſe, eine Art Blumenkohl. Das fremde (romaniſche) Wort
kommt aus dem Deutfchen, wie auch Brorat titel. brocato, franz,
brocard), ein mit Blumen durchwirktes (durchbrochenes) Zeug, auch
als Beiwort gebraͤuchlich. — Bei ver unglaublichen Conſumtion
von Gemäfen machen wirklich die Strünke und Blätter von Bl
menfohl, Broccoli.x. einen großen Theil des Neapolitanifchen
Kehrichts and. Göthe, italienifche Reiſe Neapel, 28. Mai 1787. Sie
tragen brocatene over geftidte Weſten. Göthe, roͤmiſches Carneval.
Die Renme (mid. crumen; agſ. crame, engl. ram, Volksfprache Kräs
mde und Krumelcher) und bie Brofame (ahd. prosamo, prosama, brosma,
brosmo, nhb. broseme, brosme, in ver Volksſprache Brufem *), bezeichnet
« itthennex (Mörterbuch 78) fchreibt ahd. prösAma und prösämo
77) — ee und samo jä a gleichfam Brottorn, —*8 mit
72
das weiche Innere des Brotes, im Gegenfah ber harten Aufera Brotrinbe
oder Krufle; dann auch ein Fleines abgeriebenes oder uhgebrödeltes Theilchen
biefer weichen innern Brotmafle, oder überhaupt des Brotes. Brofam kaun
aud die Brotbrocken bedeuten, Krume aber nur das Fleine abgerichene ober
abgebrochene Brottheilchen; Krume wirb auch von einem Heinen abgeriebenen
oder abgebrochenen Theilchen einer feſten Speife überhaupt, 3. B. Kuchen,
Zuder, Salz ıc, gefagt, Brofam aber nit. — Da fammelte bie Heine
Minna die Krümchen und Brofamen, bie übrighlieben, und bewahrte fie.
Krummacher, die Fleine Wohlthäterin. j
Sprechen.
(Wurzel sprah, sprih.)
Spreche, ſprach, geſprochen, fprechen (ahd. sprihhu, sprah,
eprähumds, eprohhaner, sprehhan ; mhd. spriche, sprach, sprächen,
gesprochen , spröchen; agf. spröcan und specan, engl. speac,
aͤlternhd. auch fpechen, Volksſprache noch hier und da fpädhten).
Das Wort fheint den Urbegriff des Zerlegens, gleihfam des Zer⸗
äftelns, hier auf die Sprache angewandt, zu haben. Verwandt Das
mit ift der Begriff des Hervorfprießens, den Andere als Grundbe⸗
riff annehmen, auf ahd. spräk, mhd. spröke — Flecken auf der
So (davon mhd. sprikeläht, sprökeln = fpridelicht, bunt, fprideln)
ſich beziehend. Agſ. heißt sprẽc, altn. sprök Reis, Holzſtücken; ahd.
sprähhulla, mhd. sprächel Schote, Hülfe, Abſchneidſel; ahd. spräh-
hön, mhd. sprächen — zerſchneiden, und ſich beſprechen, ſchwatzen
(letztere Bedeutung noch hier und da in dem landſchaftlichen geſprocht,
beſprocht, das wie sprähhön, sprächen nach ſchw. Conj. geht). Sprechen
en nun verinittelft der Stimme Töne oder Wörter hervorbringen ;
ann vermittelft der Stimme Gedanfen und Empfindungen in Worten
ausdrüden, wobei die Art und Weife wie, die Perfon, zu welcher,
bie Sache, über weldye gefprochen wirb, durch beigefügte Ausdrücke
näher bezeichnet wird. Zuweilen fteht ſprechen auch in figürlichem
Sinn Gedanken, Gefühle durch Mienen und dergleichen beutlich
machen. — Er ſprach mit Teiferer Stimme Klopſtock, M
1, 61. Die Lüge befreit nicht, wie jedes andre wahr J———
Wort, die Bruſt. Göthe, Iphigenie 4, 1. Das Unglüd ſpricht
—5— zu ve — ehe * 2. Den u &s h
üchtern fragen, un verſtand ich, was er ſprach. il⸗
ler, das Geheimniß. — So (der ich) itzund fo lange Zeit getheidigt
Recht. Weigand denkt mit größerem Necht an eine Nebenform bes alte. briôta
== bredden, Wadernagel an brösten, berften, brechen.
783
en) und gefpragt habe. Hofmannswaldau, der flers
Meden (goth. rödjan, ahb. redjön, redinön, mhd. reden, altn. roeda;
vergleidge goth. rathjan = berechnen, ſchließen, goth. rathjo, lat. ratio =
Beruunft, gr. pnrpa — Webe) beveniet zunächkt fich vermittelſt der Stimme
in Wörtern äußern, in welcher Beventung das Wort bei dem Gebrauch uns
&ler ſcheint, als ſprechen; dann gedankenverbindend vermittelll der Stinme
ſich änfern, beſonders in fortgehender Gedankenverbinvung. Sagen (ahd.
sagen, saton, Bagjan, sejan, wihb. Sagen, agſ. Sagun, SEgan, SECgan,
secgan, alin. segia) bebeutet überhaupt durch Sprachtäne ober Wörter zu er⸗
keanen geben, zunächfl wermittelfi ver Gtinmme, dann allgemein wie nach In:
Salt, Ausdruck, Siun u. dgl. zu erkennen geben. — Was ſagſt du? Wels
des Wort hal du geredet? Schiller, Braut von Reſſina. Ich ſchone dich;
denn ſonſt würd' ich dir fagen: IR’s edel, fo zu reden, wie du ſprichſt?
Göthe, Taſſo 5, 4. Rur flets zu fprechen, ohne was zu fagen, das war
von je der Redner größte & Blaten, Shah des Rhampfinit 1. Wer
viel ſprech en, aber Nichts zu fagen, gefchweige recht und gefällig zu fagen
weiß, if ein Ungebildeter. Gerber. — Wer reden will, muß ſprechen fünuen
and zu fageu willen, was feinen Geift bewegt.
Abſprechen 1) durch ein Urtheil, einen Ausſpruch etwas ent-
sehen, verneinen, auch die Erlangung eines fünftigen Gutes: einem
ein Haus, eine Eigenfchaft, die Aerzte haben dem Kranfen das Le-
ben abgefprochen; 3) abſprechend urtheilen: er fpricht über Alles ab;
3) (jeltner) Unrecht geben: ich kann ihm darin nicht abfprechen; 4)
Bolksſprache) etwas mit einem verabreden; 5) (früher) abichaffen. —
Oft begrub ſchon der Kranfe den Arzt, der das Leben ihm kürzlich
abgefprohen. Göthe, Achilles. Er will durchaus nicht leiden,
dag man den alten Artiften die Perſpective abſpricht. Leffing,
ant. Br. 9. Ber fpri 2 ihn ab, daß er die Menfchen kenne,
fie zu gebrauchen wiffel Schiller, Piccolomini 1, 4. Seine Urtheile
waren richtig ohne abfprechend, treffend ohne Tieblos zu fein.
Goͤthe, ers Lehrjahre 4, 16. Die Kaiſer haben ſelbſt den Irr⸗
thum abgeſprochen. Opitz.
Anſprechen 1) fo viel als anreden, meiſt grüßend; 2)
bitten, fih um etwas mit Worten an Jemanden wenden; 3) fi
durch Worte (mit Recht oder Unrecht) etwas zueignen (früher: einen
anſprechen um ein Ding — ihn deshalb Beide 9 belangen); 4)
gefallen, Intereſſe erregen; 5) (Jaͤgerſprache, bei Göthe oft auch in
anderer Beziehung) mit Worten anzeigen: im 3. Jahre wird ein
hmgee Schwein — mehr Friſchling angeſprochen. — Denn nie⸗
t' ich den für meinen Freund, deß Mund mich nur um einen
Pfeunig anſpricht zur Löſung des abtrünn'gen Mortimer. Shaf-
ſpeare, König Heinrich IV., 1. Thl. 1, 3. Mein Geſtirn darf ohne
3
74
Schain jo ſtolzes Glück anſprechen. Shaäkſpeare, Othello 1, 2.
Daß hinter jedem ſeiner Gedanken ihr Name im Hinterhalt Füge ?
ihn anfpräcde in jeder Fußtapfe der Natur. Schiller, Fiesko 1,
1. Mich Hatte eine tiefe, Bedeutende, drangvolle Welt fchon früher
angef proden. Göthe, Leben 7. B. Aus allen Geftalten blickte
nur das reinſte Daſein hervor, alle mußte man, wo nicht für edel,
Doc für gut anſprechen. Goͤthe, Wahlverwandtſchaften 2, 2.
Bom Fall faum abgehalten warb er in einen: Seffel gebradht, und
man mußte ihn, — * —— Beihülfe, für todt
anſprechen. Daſelbſt 2
Bitten (goth. bidjan, 2 bitjan und piten, nohp: biton) eigentifh fich
nieberwerfen (vergleiche betto .— Bett, bitch = ſich ſtrecken, darreichen; ver⸗
gleiche Tat. pati — leiden, petere — bitten); dann fih an Jemanden wenden,
daß er nus ans Güte etwas zu Theil werben laſſe. Beten (ah. pẽtön,
mb. böten) ift eine befondere Art des Bittens, nämlich feine Gedanken, fein
Gemäth mit einem höheren Weſen befchäftigen, ohne RKückſtcht anf den Inhalt
dieſer Beſchaͤftigung, ob fe Bitte, Wunſch, Dant u. f. w. fei, und ohne, wie
bei bitten und flehen, ben Gegenftand zu benennen, an ben dieſe Beſchäf⸗
tigung gerichtet iſt. Diefes Lepte iit auch der Fall bei bettela (ah. peta-
lön, mhb. bötelen), d. h. anhaltend und zudringlich bitten; dann das Bitten
um eine Babe gleichfam als Gewerbe treiben, um Ach feinen Unterhalt zu vere
ſchaffen. Flehen (ahd. öhön, mhd. vlehen und vlögen) urfprürglid) ſchmei⸗
cheln (wie noch Holländ. vleijen) bebeutet inbrünfig und demüthig bitten.
Grfuden, anfuhen und nach ſuchen (mh. ersuachen = burh—, aus⸗
ſuchen, ansuochen — ſich anſchmiegen, von, goth. sökjan, ahd. söchjan,
suochjan, suahhan, agſ. soccan, altn. sockia, iihd. -suochen — ſuchen,
eigentlich nachfolgen einer Sache, um fie zur erreichen, zu finden) drücken aus,
dag man fich fürmlich (d. i. in der gehörigen Form) an Jemanden wendet,
damit er uns das, weswegen wir uns an ihn wenden, gemähren möge An:
ſuchen ift ein Ausdruck größerer Ehrerbletuug als erfuchen, und wird darum
auch nur von einem Geſuch an Höhere gebraudt. Angehen (eigentlich zu
einem hingehen) ſich dringlich bittend oder fordernd an Jemanden weuben,
Antreten eigentlich nahe zu Jemanden treten; daher mit einer Bitte oder
ung nahe zu Jemanden treten, oft mit den Nebeunbegriff,
r Jorderung von Wichtigkeit fel, oder daß die Forderung
ee. Anmaßen (vo mhd. mäzen *z fich enthalten,
obachten, mẽgan, mözen — meſſen) ſich elne Sache in
mit Unbeſcheidenheit und widerrechtlich zueignen. Siehe
Ich bitte in dieſeni Brief um eine große Gunſt.
t 1,2. Kinder, wir beten zu Bott, dem Unendlichen!
Voß, Luife 1, 46. Als wär! ih da, um's Gnaden⸗
Hiller, Biccolomint, 1,2. Bon ver Barmherzigfeit bes
ih flebend das Geſchent des Lebens. Schiller, Tell
Anz noch det Rath von Antwerpen eriheilten ifin eine
75
Antwort, bagegen ſetzte mun bie franzsffähen Sefrhgenen Freiheit, um beren
Loslaffung er angefndt hatie, und fahbte ihm fehne unb ſeiner Offiziere
Effekten und Kleinodien heraus. Schiller, Abfall der Meverlando, fortgeſetzt
von Curths 2, 10. Gleich morgen früh will ich die tugendhafte Desdemona
erfuchen, ſich für mid) zu verwenden .':’: Ith will wieber um eine Stelle
bet ihm nahfuchen. Shakſpeate, Dihello 2, 3. Hadhbem fie noch einige
Worte gewechfelt Hatten, ſchied Wilhelm mit dem Verſprechen, morgen ganz
früh die Eltern anzugehen und zu fehen, was er ausrichten könne. Göthe,
Meifters Lehrjahre 1, 14. Und als ich Bahn mir mache durch's Gewühl, da
tritt ein braun Bohemerweib mich an. Sthiller, Jungfrau von Orleans, Bro:
log 8. Deiner Heiligen Zeichen, 5 Wahrheit, Hat ver Betrug fih angemaßt.
Schiller, Spaziergang.
Anm. Göthe (Leben T. Buch) gebrincht anmaßen auch in einen, wie es
ſcheint, ebleren Sinne, ohne bes Nebeubegriff des Unbeſcheidenen. Man hielt ſich
(ia ver Boefle) an Beiſpiele, und war auch da nit gebeſſert; die auslänpiichen
danden zu weit ab, fo ſehr wie die alten, und aus ben heiten inländiſchen blickte
jeresmal eine enifchiedene Individualität heryor, deren Tugenden man fich nicht
anmaßen fonnte, und in deren Fehler jü faflen: man fhechten wußte... -
Auffprechen (jest wenig im Gebr) Hatte Im 17. Jahrhun—⸗
dert die Bedeutung ermahnen, aufregen: einen zum Krieg duffprechen
— zu den Waffen fufen. Der Aberglaube ſagt auch: ein Schloß
aufſprechen — es durch geheime Zauberwörte öffnen... . Er
Anöfprechen: 1).nurch artienlierte Laute Worte, Gedanken, Ger
fimuugen, Gefühle, Urtheife ec. vernehrilich, vollig ausdrücken; 3)
(ih) durdy Worte erfchöpfen; 3} bis au. Ende ſprechen. — D,. web
ches Wort Fpricht meine Fürſtin aus? Göte,:Taffo.%,1.. Haben
wir und wieder Qusgeſprochen, fo mliag: der Schwarm dann kom⸗
mn. Dafelbfi 1, & Der Charakter: fpriche.fih durch Haudlnng
ud Reve aus. J. P. Richter. Keine Anmerkungen! ver. Text
fpricht fich feldft aus. BengelsSteman: . nz... }
Beiprechen 1) etwas und ſich über etwas, daͤruͤber fich berathen,
wobei mut bleibt, ob Ban zu einem —
ſei oder nicht; 2) durch Zauberformeln bannen; 3) (ſelten) um etwas
anſprechen, erſuchen. Früher hatte das Wort noch andere Bedeutun⸗
gen, als: zur Rede fepem „zutheilen,anſchulbigen, vor" Bericht
laden; einem Gelegenheit zur uͤnierretung mit. ſtch verſchaffen. —
So koöͤnnen wir gemeinſam — — und mit
Gott es feſt beſchlleßen. Schiller, Tell 1, 4. Auch iſt es ſwhön
und klinget auch ſelbſt in unſterblichen Ohren lieblich, wenn ‘feine
Vertrauten von ihm fich zärtlih beſprechen. Klopftock, Meffias
3, 125. Den hohen — beſfprehen —— gebie⸗
tet mir des Hetzeus feur'ger Btaͤng. Sthltler, Aneis 2,48. (ME
phiſtopheles, die Flamme beſprechend): Sel tng freundlich Ele:
ment! Göthe, Fauſt 1, 116. Kür jedes ſchöne K
nd, das uufern-
76
Schutz beſpricht, und Wunden zu verlachen. Wieland.
Udus fäuft den ganzen ; wird er darüber wo befproden?
Fr Wer recht lebt und gerecht, den ſollſt du nicht beſprechen.
i
Abreden, and verabreden, Abrede nehmen, eigentlich zu Cude
reden, wird nur dann geſagt, wenn ein Beſchluß in der betreffenden Sache
gefaßt wird. Zuweilen ſteht auch etwas, oder ſich über etwas bereden. Gin
ſeltener Gebrauch iſt es, wenn Göthe in ähnlichem Sinne ausreden anuwen⸗
det. — Was haben Sie mit ihr abgeredet? Leſſing, Emilie Galotti 3, 1.
Sie Hören ja, daß es verabredet worden. Daſelbſt 4, 3. Da hört’ ich
wie fie Abred' nahmen. Shaffpeare, Biel Lärm um Nichts 3, 2 Die
Deputirten der Stände haben die Natificationen ihrer Principalen, in der
beredeten Form und dem beiliuimten Termin, anszuliefern verſprochen. Schil⸗
ler, 30jähriger Krieg, fortgefept von Woltmann, weitphällicher Sriede 17, 12.
Bir haben viel auszureden, abzuthun. Entſchlüſſe ſind nun zu fallen,
Briefe viel zu ſchreiben. Göthe, Taflo 1, 2.
Einſprechen 1) durch Worte etwas, Muth, Troſt x. bei
bringen; 2) Einſpruch thus; 3) einfebren, ,‚ um Jemanden zu ſpre⸗
hen, mit dem Nebenbegriff, daß man nur auf kürzere Zeit eine
fehre. — Sogleich läßt Priamus der Hände Band ihm Töfen und
ſpricht ihm Troft mit mildern Worten ein. Schiller, Aeneis 2, 25.
Dein Perlhühnchen bereits, das verzärtelte, hat fo gefafelt, * un⸗
willig der Hahn einſpraq mit eifrigem Strafton. Boß, ai 2,
3 — geiſtreiche Köpfe für fe einfpragen. Goͤthe, &e-
hatte manchmal ein Wörtden mit eingefpro-
* Goͤthe, e 5. B. Mir iſt's unertraͤglich, daß ein Mann
. dent König und dem Feldherrn unverſchämt einſprechen (wi⸗—
derſprechen) darf. Herder, Cid 41. Ih muß auch bei dem Grafen
noch einfpreden. sefling, Emilie Galotti 2, 4.
Einkehren (von kehren, ahd. chöran, mh. kören, egf. cyrran für cæran
= eine gewiffe Richtung geben over nehmen; vergleiche altu. keira — antreis
ben) abwenden von der genommenen Richtung, um fl an einen Dit, zn Je⸗
manden zu begeben. — Ju den einfamen Sennhütten kehrt' ih ein. Schiller
Tell 2, 2.
Entiprechen (mhd. enspröchen, ahd. dafür Dan Do
quedan, qhuödan, chuuedan, ımpd. qyöden, chöden, raet.
chod, davon wahrſcheinlich unjer — 5 vergleiche la at. in- er;
iſt zumächft fo viel als gegenhin fprechen, auf eine Anſprache erwie-
bern; dann einem Böſes nachſagen; daneben auch wiederhallen; ba-
von in allgemeiner Begriffsentwidelung: dem, mas geäußert wird,
emäß thun, und ganz allgemein fo fein, wie ed Anderm gemä fein
ol. — So große Hoffnungen man von diefer Allianz geichöpft
hatte fo EN entf prad ihnen der Erfolg. Schiller, 3Ojähriger
Krieg 2.
1
77
Übereiutonmen in dem Berhältnig zu Auberm ſtehen, daß gegenfeitig
in einer gewiffen Sache dasfelbe fein wird. Übereinkimmen eigentlich
fo viel als einerlei Etimme *) gegenfeitig über etwas geben, d. i. fich über
einen Gegenſtaud gegenfeitig auf viefelbe Weiſe erflären; dann allgemein in
Gewiſſem dasſelbe fein (nicht werden, wie bei übereinfommen), wie ein
anderes Ding. Siehe noch übereintreffen. — Auf das fagte ich: ich
wollte niemanden ſchaden, ich hätte meine angefangenen Arbeiten geembigt,
wärbe immer nur mir ſelbſt nnd niemand anders angehören, und wer mid
brauchte, möchte mit mir übereinltommen. Göthe, Benvenuto Gellini 1,3.
Denn Recht Hat jeder eigene Charakter, der übereinſtimmt niit fi ſelbſt.
Schiller, Wallenſteins Tod 1,7. Mit Gerdern konnt' ich nicht Abereinflims
men, Kanten aber auch nicht folgen. Göthe, nachgelaſſene Werke 10, 51.
— nhess fommt auch, ——— — —
vr: e (die Tontänßter — en ereinzuſtim⸗
men. Göoͤthe, See Lehrjahre — * =
Serſprechen 1) mit Worten ſich — verbindlich machen (her⸗
vorgegangen aus dem mhd. sich verspröchen ſich son ſich weg⸗
und alio einem Andern zufprechen), beflimmte Ausficht n zu
etwas (eigentlich und figärlih): Jemanden feine Hilfe, die Witterung
verfpricht eine reiche Ernte; 2) fich verſprechen oder einander ver⸗
(Verſprechung, Verſpruch halten) einander die Che geleben;
3) (fich) ein anderes Wort hören laffen, als das man hören laflen -
wollte; 4) (jelten) gegen etwas ſprechen, es mißbilligen, tabeln, ableb-
nen; 5) (ſelten) mit Sprechen hinbringen, verplandern. — Du weißt,
daß ich vorerſt noch Rom verſprochen bin, und diefer Pflicht muß
jede andre ſchweigen. Wielaud, Oberon 7, 3. Ich habe. mir der
Frende viel, ſehr viel, von dieſem Aufenthalt verſprochen, und
ih habe nicht gefunden, was ich hoffte. Schiller, Don Karlos 1,3.
Ich foll ja noch hören, daß er verfprocen if. Leffing, Emilie
Galstti 1, 6. Biele verſprachen fi, ehe fie ſich verſprachen.
8. Schall, Kinderfpiel 2. Was fangen Sie, Papa? Sie haben fi
verſprochen. Ich ſollt' erft vierzehn Jahre fen? Nein, vierzehn
Jahr und fieben Wochen. Gellert. Und id, habe wit euch fo manche
Stunde verfproden. —— Wer von Füuͤrſten reden will,
will er Gutes reden nicht, hut’ er ſich, dag auch fein Maul Erbe-
götter nicht verſpricht. Logan.
Geloben (ahd. kilopän, mihd. geloben, mit ahd. kiloupan, kalaupan,
mir. gelouben = glauben wurzelverwankt, zu lieb un loben gehörig)
*) Gelflige Berbindung ver Duchitaben und Wörter war anfangs finnliches
Sammeln, Binden, Zählen der Stäbe: ahd. ruota= Ruthe, agf. rddan — ſam⸗
i ian — reben; lisan — fanmneln, Iefen wie lat. legere. Darnach
nicht in Abrede zu flellen zwifchen stiban — flügen, Istab =
Gab und Stimme goth. stibna, ahd. stimna, stimma, stömna, slömma, mhd.
stimme, stimne, stimbe, agf. stemm, siöfn, stsefn, stöfen, fehoft. steven, alin,
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mit Worten feierlich ſich wozu verbindlich machen, eigentlich zu was, was
unſern herzlichen Beifall hat. Verheißen (ahd. farakiheizan, kiheigan,
mhd. verheizen) zunäcdft fo viel als mit Beſtimmtheit ſagen von ſich weg
auf einen Andern hin; danon mit einer durch hinzugefügte wörtliche Beglau⸗
bigung befefligten Beftimmtheit kund thun, daß etwas gejchehen ober Jemanden
etwas werben foll. Zufagen eigentlich feſt in Beziehung auf etwas jagen,
d. 1. von etwas mit Beſtimmtheit fagen, dag es fein foll; dann in Bezichung
auf etwas, was gewollt wird, erflären, daß es gefchehen full. Sich ver-
ſprechen und fi verreden (biefes ungewöhnlicher) unterſcheiden ſich wie
fprechen und reden, Dasuneble ſich verfhuappen, bi. mit ſchnell und
klappend zufchlagender Mundöffnung auf etwas zufahren, ohne es zu faſſen
:(mbb. auappen, verflärft aus snaben mit bem Gruubbegriff kurze ſchnelle
Klappbeivegung machen, baher auch mit kurz und fchnell. klappendem Auftritt
des Fußes gehen, auch hüpfend gehen, landſchaftlich ſchn appen — hinten?
bedeutet vorſchnell und unbedacht etwas ſagen, was man geheim halten wollte.
— ‚Damals gelobt' ich mir in meinem Innern mis fürchtbatem ibfehwur.. -
Bas ich mir gelobt im jenes Augenblickes Hollenqualen, if eine beif'ge
Schuld, ich will fie zahlen. Schiller, Teil 4,8. Cie Haben ſich ihm zu eveim
Waffendienſt gelobt. Dafelbt 3, 2. Denke, daß bie Gunſt der Mufen Un⸗
vergaͤngliches serheißt, Ten Gehalt in deinem Buſen und bie Form in dei⸗
nem Beil. Böthe, Damen im Wechſel. Indem fie won der einen Seite burdh
Welt und Jamilie, Bräutigam und eigne Zufage unaufläslich gebunden war.
Gothe, Wahlverwanbfchaften 2, 10. Wie kommte, daß man ih fo außer⸗
ordentlich betreffen findet, wenn man fi verfahrappt Bat? Hermes. .
Zufprehen 1) einem eine Sade, fie ihm durch Worte (durch
ein Urteil) zueignen (früher au heimfprehen); 2) ermuntern,
durch Worte ermahnenz 3) einkehten, Jemanden befuchen, meift mit
dem Nebenbegriff einer Bitte um etwas; 4) fehlen) fo viel als zu⸗
fagen, d. f. dem, was ein Anderes in Beziehung auf ſich Bedingt,
gerecht (Ubereinſtimmend) fein. — Sie waren: mein, mir gugefpro-
hen von zwei großen Thronen, mir zuerkannt -von Himmel und
Natur. Schiller, Dan Kalos 1,5; O {pri mir nicht mit: fünf
ter Lippe zu. e, Taſſo 5,5. Nachdem fle mie zugeſprochen
hatte, ich möchte nicht weggehen. &öthe, Reben 10.8, Uns ſpricht
der Scheinfreund, ſowie du, allein bei guten Tagen zu. Hagedorn.
Das einfach Schöne ſoll der Kenner ſtchätzen; Verziertes aber ſpricht
ber Menge zu. Böthe, die natärlihe Toter 2, 8. Was biefer
an nicht: vollfommen zuſprach, ward verändert. Leffing, Ham⸗
burg De ramaturgie 1, 317. Ausgabe von 1776,
urch —, fort—, frei—., für — los —, mit —, nach —, vor —
wider —, zuſammenſprechen bedürfen feiner weitern Erklärung. —
In der Überzeugung, daß man einen Vorſatz nicht ficherer abſtumpfen
kann, als wenn man fh öfters durchſpricht. Göthe, ee
wandtſchaften 1,2. Bis bie firengfte Unterſuchung fie Freigeipre-
es
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chen, will ich ſelbſt aus Guaſtalla nicht weichen. Leſſing, Emilie
Galotti 5,5. Man bittet mich, bei Ihnen fürzuſ ee Schil⸗
ler, Don Karlos 1, 3. Gie bat) mid beſchworen und gefleht, fie
von der furdtbaren Probe loszuſprechen. Scdiller, Turandot
5, 1. Indem eine Perfon fpricht, fehen wir zugleich ihre Blicke, ihre
Geſichtszüge, ihre Hände, ja oft den ganzen Körper ınitfprechen.
Schiller, über Anmuth und Würde. Sie fünnen fiher nachſpre—
ben: Sch bin doch der große Reimreih. €. F. Weiße, die Poeten
nad der Diode 1, 4. Er verftand fein Handwerk vollfommen und
hörte nicht auf, ihr von Eduard vorzuſprechen. Göthe, -.
verwanbtichaften 1, 17. Wenn etwa morgen der junge Menſch hier
vorſprechen Chierherfommen) will, fol er den Grund erfahren.
Shakſpeare, Was ihr wollt 2, 1. Die Welt ift voller Widerſpruch,
und follte fich's (das Buch) nicht widerfprehen? Göthe, Vor-
klage.
* Widerſprechend überhaupt ſich fo zu einander verhaltend, daß Eins das
Andre aufhebt. Widerſinnig (älternhd. widerſinns, ſo auch mhd., von
Sinn, ahd., mhd. sin, altn. sinna, sismi; vgl. lat. sensus, sentire) den Ber:
Kandesgefehen und überhaupt der Art und Weiſe, wie man nach Geift und
Gefühl Vie Dinge anzufehen hat, entgegen. — Daß ſowohl die ganze Reihe,
ale auch manche einzelne Stüde dadurch äußerſt verwirrt, unbegreiflih und
widerfprechend werden müßte. Leifing, ant. Br. 3. Auch ſchwankt er
oft im widerfinnigen Leben. Göthe, Fanſt 2, 50.
Sprecher (ahd. spröhhari, sprähhari. mhd. spröächere —
Schiedsrichter) überhaupt der Sprechende (verfchleden nad) dem Orte,
wo und dem Inhalte, woräher er fpricht); dann ein , der
gerne das große Wort führt. Das. Wort ift in vielen Zufanmens
jegungen gebräuchlich, z. B. Groß —, Ber —, Nach —, Vor—, Wider—,
Für— (auch Fürſprach, ahd. furisprähbo);, Sprecherin, Vorſpreche⸗
tin; Sprecergewiht (Gothe, Hodzeitfied). —- Über den Gegenfland
tes Geſpraͤchs hab’ ih den Sprecher vergeffen. Meißner. Wer
eine Sunft bei mir erlangen will, wurd feines Fürſprachs nöthig
haben. Schiller, Zurandot 5, 4. Bleibt, ihr geheimnißvollen Sprer
herinnen. Schiffer, Marbetb 1, 5. Ich müßte einen andern
Borfpreder wählen. Göthe, Clavigo 2. Aber, gute Bruneschi,
wo deine Borfprecherin? Leſſing, Emilie Galottt 1, 7.
Sprechart, —bar, —faal, ar — ſüchtig, — zimmer, Art
und Ort, wie und wo man fpricht. bb. iſt sprächhüäs — Ge:
. m Rlofter, dann eupheniftifch (wie auch
Sprechlich ift nicht gebräuchlich, wol
nmwiderfprehlid und im 17. Jahr:
d unverfprehlid, was und was
werden Fann.— Und ber Unausfpred-
n. Klopſtock. Duelle des Lesens, un-
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ansſprechlich erer Barmherzigkeit, höherer Onaben Geber. Klop⸗
ck. In Verbindung mit andern Stellen fheint e8 mir unwider⸗
ſprechlich. Göthe, Meifters Lehrjahre 5. 6.
Sprihwort (minder gut Sprüdmwort, mhb. sprichwort,
nieberd. sprekword, aus dem von ahd. sprihhu, mhd. spriche —
ich fpreche abgeleiteten mhb. spriche — Wort) ift eigentlich ein kurzer
Say (Wort), der zugleich ein Spruch iſt und dabei unter dem Volke
allgemein gehört wird. Das Sprichwort Fleidet die in ihm enthaltene
Wahrheit unter einem gleichnißartigen oder doch bildlichen Ausdruck
ein. Davon ſprichwoͤrtlich, Spridwörterfammlung, —fpiel.
Denkſpruch (Sentenz) infofern die darin ansgefprochene Wahrheit von
Gedaͤchtniß leicht aufgefaßt und behalten werden kann und gegeben wird, um
fich derfelben in vorkommenden Fällen, die fie angehen, zu erinnern. Ginn-
ſpruch if die finureiche und wigige Einkleivung einer Wahrheit. IR ein
folder Spruch zur herrſchenden Regel des Verhaltens geworden, fo if er
Wahlſpruch (franz. Deviſe). — Ich denke, das heißt, mit dem Sprich⸗
wort zu rtden, einen mit feinem eigenen Wette beiräufen wollen. Leſſing,
ant. Br. 1. Iſt dieß ein Prolog, oder ein Deukſpruch auf einem Ringe?
Shalkſpeare, Hamlet 3, 1. Gr blieb viel zu lange an eiser bee, ja man
möchte fagen an ‚einer Senten hängen. Gäthe, Meifters Lehrjahre 5, 1.
Dadurch wurden biefe Bemerkungen, Beirachiungen, ausgezogene Giun-
ſprüche und was fonf vorfommen mag, ven Schreibenden ganz befonders
eigen. Goͤthe, Wahlverwanbifchaften 2, 2. Abwechſelung ohne Zerfireuung
wäre für Lehrer und Leben ver fchönfte Wahlſpruch. Dafelöfl 2, 7.
Sprache (ahd. sprähha, mhd. spräche, agf. sprace, spraece)
1) Gedanfenäußerung vermittelt der Stimme; * die Geſammtheit
der Wörter eines Volkes; 3) (früher) Rede und Gegenrede vor Ge⸗
richt. — Ab—, An—, Aus— , Cin—, Für—, Rüd—, Vor—
fprade erklären ſich aus dene ntiprechenden Zeitwörtern. Seltner ift
an? rache: (Er) Tiegt ohne Wartung, ohne Rath und Zuſprach',
ein Raub der Schmerzen und bes Todes da. Teffing, Nathan ber
Weile 1, 2. (Sie) danfte ihm für feine Zuſprache auf die röh⸗
.rendfte Weiſe. Novalis, Heinrich von Ofterbingen 1, 4. Hatte id)
doch ſchon manchmal bemerkt, dag . . . die Vorſprache der Groß⸗
. oder einer Tante nicht ohne Wirfung geweſen. Göthe, Leben
Abrede und Verabredung bezeichnet ein zu Ende gebrachtes Reben
wegen etwas, fo daß man barüber zu einem Beſchluſſe gefommen if. Rüds
fprache verbindet diefen Begriff nicht, if alfo bloß des beftimmenben Reben
mit Andern wegen etwas. Ausfprache und Ausrede (wenig gebräudlich)
beziehen fich auf die Art des änfern Vortrags durch bie Stimme, jene in Bes
zug anf bie Laute der einzelnen Wörter, dieſe mehr auf den Zufammenhang
derſelben. — Kommt laßt une mit den Andern Abred nehmen. Gchiller,
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Tell 1, 3. Wir Batten aus feinem Munde uns beide die Wunderlichkeiten
ver englifchen Ausſprache anzueignen geſucht. Göthe, Leben 6. B. Der,
ein fo junges Blut, fo. gelehrt fchon, und fo erbaulich prebigte, daß Hell tönte
die Anored' auch in die Winkel. Voß, Luife 3, b, 11.
Sprachban, —buh, —fenfter (in den Klöſtern das Fenfter
im Sprachzimmer, mhd. spröchvönster eine gewiſſe fchügende Lage
beim Kechten) —forfher, —forſchung, —gebrauh, —gelehrte, —ges
menge, —geſetz, —gitter (mas rd ‚„ —tenner, —fenntniß,
—funde, —fundig, —funft, —lehre, —Iehrer (früher auch spräch-
man Redner vor Gericht, Lehrer der Beredſamkeit), —meifter, — reis
nigfeit, —richter, — arm, —fertig, —fertigfeit, —gemäß, —ge
wandt, — lich, — ios (mhd. auch mit der Bedeutung frei vor Anſprache
vor Gericht), —rihtig, —rihtigkeit, —wibrig, Bauchfprache,
Bauern—, Diebs—, Grund—, Haupt —, Helden—, KRunft—, Mut:
ter— ,. Ur— und andere.
Sprachlos (ahb. sprähhalös, mhd. sprächlös) wird nur von Menſchen
gefagt und bedeutet zunächft ohne articulierte oder wörtliche Stimmäußerung;
uülbllicher Weiſe aber beveutet das Wort articulierter ober wörtlicher Stimmäußerung
vorübergehend benommen. Stumm (ahd., mhb., altj. stam, gehört mit mhb.
stemmen, altn. stemma — hemmen, nhd. flemmen , das Wafler flauen, zu
goth. stamms, altn. stamr, ah. stamm — flumm und flammelnd, zungenge:
kennt, ahd. stammen, stammalön, altn. stama — flammeln, mit der Zunge
nicht forttönnen) bedeutet unvermögend artieulierte Töne und Wörter hervorzu⸗
bringen, fowol von Thieren als Menfchen gefagt; dann überhaupt uhne Laut
ängerung. Wo fih ſtumm und ſprachlos im Begriffe berühren, iſt jenes
ſtaͤrker und nacdjbrüdlicher als dieſes. — Bang’ athmend und ſprachlos
drückt' er die Heine Hand. Voß, Luife 1, 122. Gr umarmte mit Heftigfeit
Bater und Mutter, ſprachlos. Daſelbſt 1, 792. Manche Tage war’ fie
| ganz ſtumm, zu Zeiten antwortete fie mehr auf verfchlevene Fragen. Göthe,
Mefters Lehrjahre 2, 6. Iene ſprach's; doch es ſtaunte ver Bräutigam flumm
and ſprachlos. Voß, Luife 3, a, 262. |
Geſpräch (ahd. kisprähhi, gasprähhi, mhd. gespraeche —
Sähigfeit. zu fprechen, dann Zuſammenſprechung) bedeutet gegenfeitige
mündliche Gedankenmittheilung. — Liebes— , Hirten— , Religiong-
geipräh u. a — Gefprädig (ahd. gaspräbhi, —igfeit) gerne
eine Unterredung führend, früher in biefem Sinne auch gefpräd
und —— Endlich geſellte ſich ein geſprächiger Gefährte
zu ihm. Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 3. — Andere Adj. des 16.
und 17. Jahrhunderts find: anſprächig, viel—, übelgefprächig, ge-
ſpraächſam (—jamteit), —baft (—haftigfeit), — lich.
| Zivei- auch Zwiegeſpraäch (in altertümlicher Farbe auch Zwei⸗ und
J Zwieſprache) gegenſeitige muͤndliche Gedankenmittheilung zweier Perſonen
zuter einander, ohne Beziehung auf Kunſtform. Dialog (lat. dialogus, gr.
Ä 6
‘
gen
dialorog) g. m. ©. von Geiten der Kunfiform beitaditel. Uuterrebung
g. m. G., gerne mit dem Nebenbegriff, daß dabei etwas behandelt wird. —
Ein Bläschen Tofayerwein, ein ofines Herz dabei und ein vernünftiges Ge⸗
ſpräch, fo lieb’ ich's. Schiller, Piccolomini 4, 6. Das Volk konnte unferm
Zwiegeſpraäſch zuzuhören nicht fatt werden. Goͤthe, italieniſche Reife, vom
Brenner bis Verona. (Sie) tritt auf den Kreuzweg bin und pflegt geheime
Zweifpracd mit ver Luft des Berges. Schiller, Jungfrau von Orleans,
Prolog 2. Die mit den Himmlifchen umgehen bürfen, fie ale Bälle bewirthen
und manche Zwiefprache mit ihnen halten. Göthe, Leben 4. B. Den ge:
fhraubtplatten Dialog (der Scaufpiele) hatte er bald gefaßt. Goͤthe,
Meifters Lehrjahre 4, 18. Die Unterredung warb lebhaft. Goͤthe, Meiſters
Lehrjahre 2, 2. ZZ z
Anm. Selten (zu billigen?) iſt ver * das?) Zweifprad in folgen⸗
ben Beiſpielen; So dräut’ er einft, als er in hartem Zweiſprach ah Eis die
aleitende Streitart gefchleudert. Shakſpeare, Hamlet 1, 1. Im Zwiefprad.
Derfelbe, König Johann 1, 1. Zum Zwieſprach. Kinkel, Otto der Schütz 10.
Spruch (ahd. sprüh, mhd. spruch) 1) Geſprochenes, Wort,
Rede; 2) kurzes oder langes, gereimted oder ungereimtes Kedeftäd,
infofern e8 auf münbliches Seh en oder Derlamieren berechnet iſt;
3) was als zu Recht erkannt, in einer Rechtsſache richterlich ges
fprodhen wird, Urtheil,- Ausſpruch des Richter oder der Schieds⸗
leute, früher der Spruhmänner; 4) (früher) Anſpruch, rechtliche
Forderung oder Klage. — Sen bevor wir's laſſen rinnen, betet ei-
nen frommen Spruch! Schiller, Glocke. it bunten Wappen:
fhildern iſt's (das Haus) bemahlt und weifen Sprüchen. Schiller,
Tel 1, 2. Hat er gerichtet nad) gerethtem Spruch? Dafeltf 5, 1.
Urtheil (ahd. diu urteil, urteili, urteila und daz urteil, mäb. die’
. urteile und dag urteil, agf. ordäl, daraus lat. ordalium, Drdalien, aus
ar, ir, ur und teilan) allgemein entſcheidender Rechtsſpruch richterliher Ge⸗
walt. Das Erfenntniß (aus erkennen, Senneit, goth. kannjan, ahd. chenn-
jan, mhd. kennen) efgentlih Act und dann auch Inbegriff des Erkennens;
daraus die nach Unterfuhung und Befund einer Rechtsfache auf has, was
Rechtens ift, ergehende Beſtimmung. Der Befcheid (von hefchelden, mihd.
bescheiden = auseinanderſetzen) iſt eigentlich eine beſtimmte Antwort, die
Jemanden zu Theil wird; dann im Beſondern ſowol die Willenserflärung einer
Behörde als Antwort auf gemachte Gingabe, als aüch "die eine Rechtsſache
beendigende richterliche Beſtimmung, oder vielmehr richterliche Verfügung in
einer Rechtsſache, die an ein dem Gerichte als folchem unterworfenes Subject
erlaſſen wird. S. S. 48. Der Abſchied, (eigentlich Abſcheid) eigentlich Erledigung
aus einer gewiſſen Dienſtverpflichtung; dann die zum Schluſſe einer in oͤffentlichen
Landesangelegenheiten gehaltenen Verſamnlung dazu berechtigter und berufener
Berfonen 1) niebergelegte endliche Willenserflärung über die gefaßten Be⸗
Tehlüffe, welche durch Genehmigung und Bellätigung des Staateoberhauptes
Rechts» und Geſetzeskraft erhalten, oder 2) gegebene Entichließung dee Staates
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oberhauptes über die Beraikungen und gefaßten Befchlüffe: Reichsabſchiede,
Landtagsabſchiede. — Ihr. hättek fchöner eure Pflicht gethan, wenn ich dieß
Urtheil nicht zu ſprechen hätte. Goͤthe, Taſſo 2, 2. Gebt uns Beſcheid,
was damit werben foll. Schiller, Tel 5, 1. Wer Schaden thut, um ben
Leuten, bie den Schaden bejehen und darüber erfennen, Diäten zu verfchafs
fen, iR ein ehrloſer Boͤſewicht. "Lichtenberg, Bemerkungen zut Cpiſtel an Goͤb⸗
hard. Ich Hätte mir eher den Tod, als meinen Abſchied vermnthet. Leſ⸗
fing, Ninna von Barnhelm 1, 8.
Au—, Aus—, Ein—, Ver—, Vor—, Wider —, Zuſpruch;
aufprudslss, —Tofigfeit, — Spruchbuch, — collegium,
—bidter, — -fägig, — fertig, —Inb, --mamn, — mäßig, —rede, —reid),
—rei auch Spruchbrief (fhriftlich abgefaßter Ausfprud
des ters), Spruchmann (Schiedsrichter), Spruchweiſer
— Anderer Sitten durch Geberden und Stimme ausdrückt, um
— En): — Bibelfprud, Kern —, Lob—, Macht —, Rich⸗
ijtten — u.
Anſpruch — anſprechen 83.) wird nur dann geſagt, wenn bie zufläns
bige Forderung geltend gemacht wird. Recht (ahd. mhb. röht) wird nur von
befunten Forderungen gefagt, man mag fle geltend machen ober nicht. Sins
fvruch und Cinrede, Widerfprüch und Widerrede erflären ſich aus
fprechen und reden. — Jebwedem Anfpruc auf bieß Reich entfag’ Ich.
Schiller, Marla Stuart 8, 4. NS vie Leute von dem. Gotteshaus Binflebeln
die Alp in Anfpruch nahmen. Schiller, Tell 2; 2. Er hat ein Net
fein Geſchopf. Schiller, Biccolomini 3, 8. Daß nicht der erfle Bräufl-
am au dem tar fich zeige mit hinderndem Cinſpruch. Goöthe, Hermann
und Dorothea 9, 254. Du Haft mir in deinem Leben noch feine Widerrede
gegeben. Schiller, Räuber 4, 3. '
Anm. 1. Durch Borfekung der Partikel be weben aus Subſtantiven viele,
mitunter etwas auffallende, Verba gebildet. So lieſt man auch von Anf pruch
hier und da das Verbum beanfpruchen — Anſpruch auf etwas machen.
Aum. 2. rare find: Gottſprich, — —— als
Bi
gotterforich, als eh — das will jagen, gleihfam, nemli 8 find, wie
es ſcheint, el he ( — aan Redensarten, auch gottwolfeit,
ri Bit, quit für — an, ſiehe oben entfpre en), Gott geb u.a.
Gr geht, ale gotte er (ale vb Gott Rune. er haͤtt's Pobagra.
Stechen!
(Rurzel stah, stih; vergleihe Tat. instigare, fostinguere = an
reizen ; gr. orker, Wurzel orıy — ſtechen.)
Steche, ad, gehochen, Reden (ahd. stihhu, stah, stähumes,
—— atẽhhan; mhd.atiche, stach, stächen, gestochen, stöchen ;
stiejan) bedeutet 2 mit der Spitze in etwas bringen, eigentlich und
ih u und wird fin verfähienenen Conftructionen gebraucht: die
6*
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Nadel fticht, mit der Nabel ſtechen, einen tobt ftechen, ben Staar
- ftehen, der Kigel it ihn, ein Bild in Kupfer ſtechen, Sylben
ſtechen (wol weil die Kinder die Sylben mit fpikigen Griffeln zeig-
ten); 2) ritterlich mit Lanzen (im QZurnier) kaͤmpfen in ft over
Scherz; 3 zum Spiel fämpfen, auch ohne Ranzen: im Karten, Wür⸗
feliyiel, wo eine Karte, ein Würfel, die andere fliht (überwindet);
4) (eigentlich und figürlich) einen Schmerz verurfadhen, welcher dem
von ſtechenden Werkzeugen gleichet: die Sonne flicht, das ſticht ihm
(ihr) in die Nafe; 5) (hochdeutſch felten) nad etwas fledhen, d. i.
darnach ftreben. — Röslein ſprach: ich fteche dich. Göthe, Heiden-
röslein. Flugs dann flich mir im Garten bie a enen Spars
gel. Voß, Life 2, 330. Stich unverzüglich in die See. Schil-
ler, Fiesko 5, 15. Wenn id) nur einmal einen Buchhändler bereden
fönnte, dag er mid in Kupfer ftehen lief. C. 5. Weiße, die
Poeten nad der Mode 2, 1. Haben Sie Luft, einem alten Narren
den Staar zu tehen? Derfelbe, die Häushälterin 2, 6. Wollte
Gott, .... mein Arm (fühlte) Stärfe, einen Feind vom Pferd zu
ſtechen. Göthe, Gig von Berlichingen 1. Ein Smaragd, auf
welchen eine Amymone geftuchen war. _Leffing, ant. Br. 33. Wenn
fie der Muth ſticht. Schiller, Tell 3, 3. Zarte Saatenfpigen fle-
hen aus den Furchen. Salis, Märzliev. Es wäre wohl der Mühe
werth, einmal das Berläumden beim Kaffeetiſch als ein Kartenfpiel
vorzuftellen, wo immer Einer den Andern ſticht. Lichtenberg, Bor-
fchläge. Der Zweifel durchdrang ihn mit ſtechendem Feuer. Klop-
ſtock, Meffias 7, 671. Die (Farbe) Wanfelmüth’gen in. die Augen
ſticht. Shaffpeare, König Heinrich IV., 1. Thl. 5,1. Die Ruhm⸗
und Ehrfucht, das Bafthaus der Gebrechen, da Rom und Griechen⸗
Iand fo geizig darnach ſtechen. Opitz.
Abſtechen (in einigen Redensarten auch herabftiechen) 1) mit
Stidhen von einem höheren Orte berunterbringen: den Gegner vom
Pferde, Heu vom Wagen; 2) mit einem Stidy abfondern, bezeichnen:
die Kehle, ein Schwein, den Rafen, ein Lager; 3) im Stechen über:
treffen: im Ring⸗, Kartenfpiel; 4) mit Stechen oder Graben nach⸗
bilden: ein Gemälde in Kupfer, 5) den Wein, wenn er fidh gefeßt
hat, um ihn vollfftändig zu Jäutern, abziehen, den Bodenfag nehmen;
6) (mit, verfchienenen Präpefitionen) fehr verfchieden fein in Ver⸗
feih mit einem andern Ding. — Er läßt ſich eben ven Hals ab-
ehen,-wie ein welſches She. Schiller, Turandot 2, 2. Der
Tauben Atlas ſtach (übertraf) Dianens Silber ab. Günther. Seine
gelaſſene Außenſeite ſticht gegen die Unruhe meines Charakters fehr
lebhaft ad, Die ſich nicht verbergen Täßt. Göthe, Werthers Leiden 1.
Anftechen 1) in die Seitenflähe einer Sache fteden und fo
antreiben: ein Pferd (ſonſt auch anfladheln); 2) durd Stechen be-
feftigen: Fleiſch mit ver Gabel; 3) anfangen zu nehmen: ein Faß
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Bier; 4) (im gemeinen Leben) angeſtochen kommen; 5) empfind⸗
liche Borte ſagen; 6) (Zimmermanusſprache) einen Baumflamm an-
ſtechen, Einfchnitte in denſelben hauen, um ihn deſto leichter mit ber
Art nad) der Schnurlinie behauen zu Ffönnen. — (Er) ſticht feinen
Klepper an. Opitz. (Er) flach ein Faß nad dem andern an.
Kopifh, Noah. Tenokles, den Artftophanes in feinen Fröſchen an»
Kit. Leſſing. Sticht fie das Mädchen an? Göthe, Jahrınarfte-
feft zu Plundersweilern. Daß er gern zu neden und die Unbefan-
genften tückiſch anzuftechen beliebte. Göthe, Leben 14. B.
Unzwaden (von zwacken, mhb. zwacken, von Zweck, ahd. zu&c, mhd.
zwöc — nagelförmig zugeſpitztes Stüdchen Holzes oder anderer Maſſe zum
Ginfchlagen) Iemanden empfindliche Worte fagen, mit Hervorhebung des Em:
vünblicken. Anzapfen (aus. anzupfen verborben, mhb. zupfen) hat ven
Rebenbegriff res Muthwilligen und Redifchen. — Was ward deß mir Gewinn
wenn bie mir zufagenden Rechte du mit Gewalt anzwadl. Voß, Horaz
Erik. II, 2,23. Daß man glauben follte, dem Satan jelbit müſſe einmal ter
Kigel vergehen, bie Leute anzuzapfen, die innerhalb des Walles wohnen.
Lichtenberg, Timorus. . ;
Auftechen 1) mit Stechen öffnen: ein Geſchwür; 2) eine vor-
bandene Deffnung mit Stechen erweitern, yon neuen flechen: eine
enuste Kupferplatte; 3) mit Stehen befeftigen: den Abfag am
h; 4) mit etwas Spigem in die Höhe heben: Heu mit der
Babel; 5) (Jägerſprache) auftreiben: einen Hafen; 6) (oberd.) an-
‚ verklagen; 7) befondere Redensarten: die Kugel des Kegel:
iebers fticht an, wenn fie vor dem Bret, auf dem fie fortrollen
ſoll, ven Boden und das Vorderende des Bretes berührt; ein Floß
ſticht an, wenn ed mit einer Ede irgendwo anſtößt; Bier, Wein
fiehen an, wenn fie in die Effiggährung überzugehen anfangen, einen
Stich befommen. — Mit diefen beiden Eifen könnt ihr die Löcher
aufſtechen. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 6.
Ansjtechen (in einigen Redensarten auch herausſtechen) 1) durch
Stechen herausbringen: Torf, einem ein Auge; 2) mit Stechen ab»
bilden (ausfchneiden, ausbauen): ein Bild; 3) durch Stechen aus:
hohlen: einen Teih, Graben; 4) vermittelft des Stechhebers aus
dem Faß holen, (im Scherz) austrinfen ; 5) um Jemandes Gunft
Bringen. — Was follte der Graf hier? Sich büden, ſchmeicheln
und friechen, und die Marinellis auszuftehen ſuchen? Lefling,
Emilie Galotti 2, A. Hier draußen find ein paar muntre Jungen
and Cypern, die gern eine Slaihe auf die Gefunpheit des ſchwarzen
Othello ansftehen möchten. Shakſpeare Dtbello, 2, 3.
Beitechen 1) (Bergmannsfprache) mehrmals in einen Körper
Reden; 2) im Nähen, fatt eines eingefihlagenen gewöhnlichen Sau:
. mes, die Enden mit Fleinen Stichen umfchlingen (dafür auch ums
Rechen und üäberfiehen); 3) durch Geſchenke zu einer unerlaubten
86
Handlun — auf ſeine Seite brin 4) einnehmen, blenden:
der Ösfämad beit den Gaumen, biele Karbe beißt die Augen.
— Der a... at beftochen werden follen mit dieſem Schmuck
Shiler, Maria Stuart 1, 1. Der ®is beſticht pic "nicht. Götpe,
Zaffo 1, 1. Leider aber ward mein Urtheil noch auf eine andere
Weife beftochen. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 8.
Durchſtechen 1) durch etwas ftechen, eine Derfon, ne —
ſtechen; 2) — einen Damm; 3) durchſchaufeln:
treide; 4) mit Jemanden heimlich etwas Böfes_ verabreden. — wu
tapfern Pettin, welcher nebft einigen feiner Waffengefährten gefangen
ward, durchſtach Roubain hohnlachend und Falten Bluts mit eig⸗
ner Hand. Schiller, Abfall der Niederlande, fortgeſetzt von Curths,
Bela von Antwerpen. Man hatte bei Saftingen die Damme
— en. Schiller, ——— von Antwerpen.
Ein—, er—, herum —, herunter —, hervor —, nach —, nie⸗
der —, über—, um —, ver —, vor —, zer —, zu —, zurück —, zuſam⸗
menſtechen bedürfen keiner weitern € ärung. — Gar bald bemerkte
“ Over u) daß. ein fcharfer Dorn gain die Ballen indes
war. Göthe, Novelle: das Kind mit dem Löwen. na Sk
den ein andrer erftach, ließ mir ein Paar glüdliche el nach. Schi
ler, Wallenſteins Lager 1. Sicher hat man an fo Vielen —
lang herumgeſtochen. Platen, — verhängnißvolle Gabel 4.
Sticht die bee gleich fo derb as Shaffpeare, König
Heinrih V. 2, 2. Und e8 ſtachen ihm doch aus dem Schnappfad
vor bie geftohlenen Mefler und. Gabeln. . Platen, die verhängnißs
volle Babel 1. Nach der unter biefen verfchiebenen Farben am
meiſten hervorſtechen den, zum Grunde liegenden Farbe bekam er
(der Achat) verſchiedene Namen. Leſſing, ant. Br. 26. Und wenn
ein Tröpflein Blutes rann, ſo ſtach 9 dich doch nieder. C
. miffo, der rechte Barbier. Als (fie, die Königin) dem Geſchwiſter
das Licht der Augen überftad. Göthe, Fauſt 2, 324. Ein Edel:
mann bielt feine beiden Eltern (ihre über) feil, md wollte fie ale
gute Knieftüde verftedhen (vertaufhen). J. P. Richter. - Die Un⸗
ſchuld ward gerochen, das Unthier jümmerlich zerfiohen. Zadharid,
der Bär und die Bienen. Stich zu! Platen, die verhängn nißvolle
Gabel 5. Wir haben fie sufammengefogen. Goͤthe, Goͤtz von
Berlichingen 5.
techer (Perfon u. Werkzeug) ; Kupfer—, Petſchaft —, Staar—,
Bilder— , Beftecher und andere. Abſtecher = kurze ebenteife. —
Ihr ſeid ein ſcharfer Stecher. Wieland, Oberon 3, 12. Hab’ eis
nen Abſtech er gemacht nach Gent, © er, Wallenfteing Lager 5.
Ein ee a neigt ſich dem eichler, dem Beſtecher.
e au
Stehapfel, —bahn, — baum, — beere, —beutel, —bolzen,
87
‚ —degen, —born, —eide, —eifen, —erling und —eling
58 —fliege, — gabel, —geld, —ginſter, — groſchen (Abgabe),
paufen, —heber, — helm ‚ —bol, —famm, —fanne,
—Effen, Her, —forn, Mont, ange, —laub, —Löffel, —mef-
kr, ern —nup, Fre dr ha a un ae
„— ‚— ſchein, — ſchlitten, — ſchwa
—dwein, —fehe, ; — —ftahl, —ſtaude, — vieh, —waffe,
—weide, — weite, — winde, —wurm, —wurzel, —zettel.
— are ang und der Stechend (ahd. stächedo,: nd. stäche)
für unfer Seitenſtechen. — Wollt ihr Milgweh
—*5* — en lagen, jo kommt mit-mir. Shak⸗
mn Die En 2 ſtech, verfärft flechvoll, ſtechgratatenvoll *
betrunken. Man vergleiche damit oben ausſtechen 4 und ahd. stöchal, goth.
stikl = Becher.
Stich (goth. stiks — Punct, ahd., mhd. stich, agſ. slice) 1)
die Handlung des Steh af! 2) die dabır - verurfachte Wunde,
Deffnung (aud) fang. das iſt ein Stich, der nicht blutet,
von einer anzüglichen e gefagt); 3) die Art und Weife zu fler
den, befonderd beim Nähen; 4) das — im Kartenſpiel,
Abdruck einer Kupferplatte; 5) der Ort, geſtochen wird, beſon⸗
ders bei dem zu ſchl tenben Vieh; 6) die — —— weier Stiche
von einander (bei Schuhen); 7) ſaͤuerliche Beſchaffenheit bei Wein
und Bier; 8) Taufchhandel; 9) die figürliche Redensart Stich halten
kommt ber von: das Leder, der Zeug hält den Stih nicht, reißt
and; 10) abfchüffige Stelle | Ha Straße (verhärtete Form aus ahd.
stikan — fleigen. — Wenn ich fehe, wie- theure “Männer buch
den ge — — aus dem Nichts hervorſpringen. Rabener,
Es hat mir in meinem Leben ſo nichts einen
* — the, Fauſt 1, 182. Ich fürchte, daß
ihn —* — — eefſing, ant. Br. 12,
Durch —, Bienen —, Schlangen—, Zunges
ſtich; da — halten (beide in der Zimmermannsſprache), — blatt
(am Degen, au ein. Trumpf im Kartenfpiel), —büttel (Stichling),
— eutfcheid (die Entfcheidung des Präfiventen bei ann ber
Stimmen), —haltig, —herd, — holz, — ofen, —probe, — wand,
—ſchmelze, —feite (alte im Hüttenwefen), — maß, —preffe, "füge,
—tag, — wein (der zur Probe aus dem Faß genoinmen Avird),
— m —* (und ——e—— ergrimmt, —*
br ). — Wurm war bie r.
Wieland, Oberon 4, 75. —
— allgemein das Berhältuig einer gewiſen Verſchiedenheit (Ents
gegenfehung) zwiſchen Dingen von gewiffer Ähnlichkeit. Contraſt (ital.
contrasto, franz. contraste, vom lat. contra = gegen unb stare := fichen)
88
wird nur der hervorftechende, oder auffallende Segenfag genannt, natuͤrlich
zwiſchen Dingen, zwifchen denen wir uns ein gewiſſes Verhältniß zu benfen
"pflegen. Als deutfchen Ausdruck dafür kann man Abſt ich gebrauchen. —
Um nun den Gegenſatz zwifchen ver Umgebung eines Bebninen und unferes
Autors mit wenigem anfchaulich zu machen. Göthe, Note zum weftöftlichen
Divan, Bergleihung. Das if freilich ein feltfamer Sontraft! die Bernunft
und bie Narrheit! Zwei allerliebfte Gegenbilder! C. J. Weiße.
Stichel (ahd. stihhil, mhd. stichel und stickel, agf. sticel,
altn. stikill) ein Werkzeug zum Stechen, doch nur in einigen Fällen,
befonders in dem — Grabſtichel. In figürlicher Be⸗
deutung kommen die abgeleiteten und ae vor:
Stidler, Stichelei, Stidhelrede, ſticheln (ſpotten, auch ein
gewiſſes Kartenſpiel ſpielen). — Jedes Erz, wenn es gegoſſen iſt,
muß mit Hammer und Grabſtichel De werden. Göthe,
Benvenuto Gellini 4, 4. Wenn ich die Thätlichfeiten meiner Geſel⸗
len fo ziemlidy abzuhalten wußte, fo war ich doch —— ihren
Stiche leien und Mißreden gewachſen. Göthe, Leben 2. B. Aus
allerlei Anzüglichkeiten und Stichelreden. hätte man ſchließen fols
len. Goöͤthe, Meiſters Lehrjahre 4, 7. Laß den Witzling und be⸗
ſticheln. Göthe, Muſen und Grazien in der Mark.
Aufziehen und ſchrauben (altn. seryfa = in einer Schneckenlinie drehen)
ſich direct auf eine Perſon durch Worte oder Handlung laut äußern, um ſie
berabzufegen. Spotten (ahd. spotten, spottön, mhb. spotten von spot
— Scherz, im Gegenfaß des Ernſtes), ſticheln und fih aufhalten gehen
auf die Sachen, Handlungen, Geäußertes überhaupt, freilich immer in Bes
ziehung auf eine Perfon; fpotten und ſich aufhalten ſetzen nicht Immer
laute Außerung voraus. — Werner hörte, wie fehr man Sie mit Ihren For⸗
derungen an die Kriegsfaffe aufzicht. Leſſing, Minna von Barnhelm 1, 4.
Gib Acht, ich ſchraube fie. Göthe, Fauſt 1, 108. Sikingen, Selbig, Ders
lihingen ſpotten des Faiferlichen Anfcehene. Göthe, Götz von Berlichingen
I. Auf Blonde Hihelft du? Hagedorn.
Stachel (ahd. diu_stahilla, stachilla, stacchulla, md. diu
stachel) ein flechendes Ding, ftechende Spige in verfchievener Form
und Bedeutung, auch figürlich — Stacheln; fladelig; Stachel⸗
Cain (Eiparfette), —bart, — bauch, — beere, —biene, —birne, — boͤrs
(Fiſch), —dolde, —drache, —eidechſe, —feige, —fiſch, —floh, —floſſe,
—flunder (Fiſch), —frucht, —gewächs, —gitter, —gras, —gürtel,
— haar, — hirſe, —hund (Haifiſch), —kafer, —karpfen, —kohl,
—kopf, —koralle, —krabbe, — kranz, —kraut, —krebs, —kugel,
—mafrele, — mohn, —natter, —nuß, —reim, —roche, — ſchlitten,
— ſſchnecke, — ſchwamm, — ſchwein, —thier, — wort. Bienen —,
. Ehren—., Gewiſſens-Stachel und andere. — Dem Schwachen iſt
fein Stachel auch gegeben. Schiller, Tell 4, 3. Die Herzen alle
dieſes biedern Volkes erregt’ ich mit dem Stachel meiner Worte.
mut Su *
BA A u —
— He | ——⏑
59
Daſelbſt 2, 2. Mein Reichthum ſelbſt wär’ eine Würze nur des
Habens Hunger heftiger zu ſtacheln. Schiller, Macbeth 4, 6.
‚ Anm. Die Stange des Flößers, Schiffere, die an dem einen Ende mit eis
win eifernen Safen verjehen if, heißt in ver Bolleſprache Hole, Hoc, and
Stachel md Städel.
Stocher Werkzeug zum ſtechen; Zahnſtocher. Stocherer heißt
auf den Dampfſchiffen ꝛc. der Knecht ‚ der das Feuer aufflicht =
. mterhält. Stochern ein Intenfivum von ſtechen in verſchiedenen
Dedentungen. — Dir könnte es alſo freilich einerlei fein, hinter eis
zen Pult über Iiniirten Büchern zu fiten, Zinfen einzutragen und -
Reſte herauszu ſt ocher n. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 14.
Steden.
(Wurzel, f. ftechen.)
Stede, ſteckte (fa), geſteckt (geſtocken), ſtecken (ahd. mh.
Mad, stecchu, stachte, kistachtôr, stecchan aus stacchjan,
intranfiiiv stecchen; stecke, stacte,: gestact, stecken), eine
verRärkte, verbickte Form von ſtechen, fommt intranfitio und tran-
tip vor, in jener Bedeutung nach der flarfen, in diefer nad ver
hen Form gehend (ohne daß jedoch diefer Unterfchieb von ben
ftftellern genau gewahrt wird) und bebeutet 1) in etwas Anderem
nn fein mit mehr oder minder Ge bed Haftens: der Nagel
in ver Wand, zwifchen Thür und Angel, in Schulden fleden;
2) feden bleiben, nit von der Stelle können: in einer Rede;
3) einen fpigigen oder Tangen, dann in weiterer Bedeutung auch ei⸗
nen andern Körper in eine enge Deffnung thun: ben Braten an ben
Spieß, den Finger in das Loch, Geld in den Beutel; 4) in Ges
wahrſam (Berborpenheit) fein und dahin bringen; 5) verwenden:
Geld in ein Gefhhäftz 6) Jemanden insgeheim Nachricht geben: er
hat mir fein Wörtchen davon gef, ih habe e8 ihm geſteckt (derb
geſagt); 7) in Brand fleden; 8) eine Obrfeige fleden Candy flechen).
= ganze Unterfchied ift in den Nöden, und ich sn gern mag
m meinem fteden. Schiller, Wallenfteins Lager 6. enn ich in
dem en Denise ftäde, fo ging ih in Gottes Namen burd.
Gothe, Benvenuto Cellini 1, 4. Wenn man einen wirklichen Ring
daran hätte ſtecke wollen. Leffing, Minna yon Barnhelm 1, 15.
Die führen heimlich ſpitz'ge Eifen mit, die man geſchwind kann an
die Stäbe ſtecken. Schiller, Zell 2, 2. Wo das geſteckt hat, Tiegt
noch mehr. Schiller, Maria Stuart 1, 1. Unter der Bank ftad
ein hu Packt fchlechter — und Zeuge. Rabener, Kleider
machen Leute. Ich mag mein Näschen nicht in Alles fieden. Leſ⸗
ſing, Nathan der Weiſe 4, 1. Du ſteckteſt noch einen zweiten
u die. Schiller, Te 3, 3. Ya, wenn Ihro Mafeftät nicht
—* Da thun, fo feden eine die Kerl am End in Sad. Göõthe,
Goͤtz von Berlichingen 1. Verwundern Sie ſich nicht, daß ich ſo
viel Geld — ſtecke. Gellert. So haſt du kürzlich nichts voͤn
—*— Be nt nicht? Auch ihm nichts geftedt? Leffing,
eife 4, 8. Er gab demnach Befehl, fie m Burg)
in — — zu ſtecken. Kleiſt, Ciſſides und Baches
Anfteden 1) etwas an’ ein anderes Ding: ein Band; 2) mit
en, von Krankheiten, von Heuer gebraudt; 3) (Bergbau) mit
fühlen zu befeftigen over zu verbauen anfangen; 4) (aud) anftechen)
anfangen zu zapfen. — Er nerfegte baranf, daß. ih ihn (den Degen)
nur frei und ohne Erlaubniß anfteden follte. Göthe, Benvenuto
5 — 2, 4. Dein weibiſch Anſehn a mir noch die Adern mit
Seigeit an. "Schiller, Macbeth 5, 4. Ein Rei von Soldaten
er gründen, die Welt anfteden und entzünden. Schiller,
Ballenfein Lager 6. Wir fendeten unfere leeren Gefäße zu bem
a der uns erfuchen 2 Geduld zu haben, bie bie, vierte
angefedt fe. Göthe, St. Rochus usten,
Anzünden (goth. intundjyan, ahd. zuntjan, mh. zünden, wol vom cell.
tan = ®ener) bezeichnet in Brand ſetzen dadurch, daß ein Gegenſtand an eis
nen andern gebracht wird; dann auch von Allem gefagt, worou das Bil
des Feuerelements, euer, Olnt, Licht und dergleichen gebraucht wir. Ent»
zünden bezeichnet überhaupt ven Begriff des Machens, daß ein Rörper brennt
oder leuchtet, es. mag der Körper durch Annäherung eines andern Körpers
von außen oder (und zwar vorzüglich) durch Innern Zeuerfloff in Brand ger
fest werden. — Nicht Zeit iſt's jetzt, ich wieberhol’ es Euch, bie freud'ge
Hochzeitfackel anzuzünden. Schiller, Marla Stuart 2, 2 D laß an
— Leben das deinige anzünden. Schiller, Braut von Meſſtna.
Das — — anpengen iſt das mhd. en —
ber tige mi, — ans fankjan = anzünden, ahd. ho, mbb. vank
nfen, goth. fana = Feuer.
Einfteden 1) in etwas Reden: Degen, Dieb; 2) (mehr dem
gewöhnlichen eben angehörig) etwas, was widerf z und. wibrig
au um. wirft, ohne —— und egmung bins
nehmen; Schinpf, — Schläge. — — Sie ee (das
Meſſer) ein und ‚gebenfen le meiner babel. Göthe, Meifters Lehr⸗
jahre 2, 4. Tobias hatte eine Art Leuchter vorgeſtellt, in wel
das Horn als * Kerze. eingeſteckt werben ſollte. Goͤthe n⸗
— Cellini 1, 12. Der neue Brutus ward ohne Lärmen, 2
gemeiner Tafchendieb, eingefledt. ©. P. Sturz 6. Dr.
Di vu; —E mil ang einfteden. hakſpeare, *
Berbeifen = — — bigen) durch Anfeinanderbeißen ver Bühne
Kiunlaben over Lippen mit Gewalt eine zum Ausbruch drängende Empfinbung
91
winerfitebenb zuräktfhalten, die Empfindung mag übrigens fein, welde je
wolle, nur nıng fie eine tiefe und heftige fein. Berfchluden und nieder
ſchlucken (ehr. farsliccan, mh. verslicken, vom ahd. sliocan, sleccan,
mir. slicken — ſchlecken, ſchlucken) das, was eine unangenehme Empfindung
erregt, mit Beſchwerniß und ohne Äußerung (Entgeguung) in fich gleichſam
Sinunterfisßend einnehmen, fo wie eine Empfindung zurüdfloßen, daß fie nicht
rule kommt. — Gie fuhr auf einmal nach dem Herzen mit eimer
‚ welche Schmerzen verbeißt.. Böthe, Meiſters Lehrjahre 2, 41.
eo und verbiffene Wuth hatten meine ganze Seele unmebelt.
Rinne von Barnhelm 5, 5. Bas fle auch willen mögen, die Macht iſt mein,
fe müflen’s nieverſchlucken. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 8. Nach
langem Widerſtande eilte er tief In ver Nacht.nach Hauſe und fm mit einem
Bläschen kryſtalliſtrten trodnen Salzes zurüd, welches in Waſſer anfgelöfl
von dem Patienten verjchludt wurde: Goͤthe, Leben 8. Bud.
Ab—, auf, aus —, be—, bi—, durch — , fort—, herum —,
— hin hinauf —, hinein —, —* —* um —, un⸗
— ver—, vor —, vdran —, weg—, zu J —, zuſanmen⸗
Beeh brrürtin feier weiter Erhiinen. a ager war abgeftedt,
und wir bezogen den für une beſtimmten Raum. Göthe, Campagne
in Branfreich 19. September. Er Br . Werkzeug , Shaufe
rührt und Spaten! Das Abge muß fogleich nn
ge Sa Kauft 2, 318. Ich hab dem Out ni u in
Scherzes wegen. Schiller, Tell 4 Aa
Haar war in eine runde Lode aufgefedt, Göoͤthe, Leben 10. B.
Den Kometen ſteckt er, wie eine Ruthe, drohend am Himmelgsfenſter
ans. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Dieſes Wort beveutet Leute,
a — Finger bis an die weißen Naͤgel mit Steinringen be⸗
Leſſing, ant. Br. 3, Dann, mit Blumen reich beſtecket,
eg man e8 3 (das Herz) auf goldner Schaale. Uhland, der Ras
Rellan von Couci. Die Baronefie hatte es (das Portefewille) ihm
ri beizufteden gewußt. Göthe, Meiſters Lehrjahre 1, 5.
aus der Brieftafche mit Geld und bedeutenden P
——— und ſonſtigen Kleini ‚die man an in erumfledt?
gne y Sranfreidh 6. Dftober. Wo habe ich a
Sun) — — — 87— Minna von Barnhelm 5, Ich
bier d und das Ende (des Bandes) ſtecke ich —
— — 4. Alſo ließ der Bär ſich bethören und ſteckte
den Kopf in die Spalte bi8 an die Ohren hinein. Göthe, Reineke
‚9. Die Sremben beſſer zu erfreuen umſteckt der milde
den mit dichten Malen Hagedorn. Den (Bücherhaus
fen), bis and K en. hinauf, ein — Papier umſteckt.
Böthe, Fauſt laubte, Sn egiment fei bloß unters
geſteckt — von Barnhelm 4, 6. D ge,
der... ſich bei — een Yeti irgendwo gegen ein ein ⸗
92
ge unterfledt, iſt deßwegen nody nicht verftoßen. Göthe, ital.
eife Neapel am 38. Mai 1787. An dem Ehfaal nebenbei ver-
ſteckt Ihr fi. Schiller, Wallenfleins Tod 5, 1. Kein Thal war
fo verftedt, ich ſpäht' e8 aus. ler, Tel 2, 1. Das Hohe
Ziel, das er ſich vorgeftedt fah, fchten ihm näher, Göthe, Mei⸗
ſters Lehrfahre 1, 8 Wirth (den Kopf voranſteckend): If es
erlaubt, meine gnäd’ge Herrfhaft? Leifing, Minna von Barnhelm
2,2. Ich hätte erft meine Uhrkette weggeſteckt. Lichtenberg, Bemerf.
zur Epift. an Göbhard. Erft geftern ſteckte er dem Alten ein Juwelen
täftchen zu. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 8 Er ſteckte einige
Inſtrumente in feiner ledernen Tafche zuſammen. Göthe, Meifters
Lehrjahre 7, 3. Laßt uns unfere Köpfe gu fammenftefen und ei-
!
nen weifen Rath pflegen. Shaffpeare, Was ihr wollt 3, 5.
Verſteckt, das, was in ver Seele vorgeht, tief heimlich vor dem Ans
dern haltend, daß er es nicht merken fol, vornehmlich in ungater Abficht-
Berfchloffen un⸗, ober doch ſchwer zugänglich, was die Seele oder dem
Geiſt angeht. — O mich Hat Höllenkunft getaͤuſcht. Mir fandte ver Algrund
den verſteckteſten ver Geifter, den lügenkundigſten herauf und ſtellt' ihn
als Freund an meine Seite. Schiller, Wallenfleins Top 3, 18. Du biſt
verſteckt und MIN, und bie Leute glauben Wunder was hinter dir verborgen
fei. Goͤthe, Leben 6. B. Was if dir? So verfchloffen feierlich em⸗
pfängft du mich, entziehft dich meinen Armen, als wollte du mich ganz ver⸗
flogen? Schiller, Braut von Meſſtna. Er wirbt um dich, ſchon iſt's ber
dritte Herbft, mit ſtillem Wunfch, mit herzlicdem Bemuͤhn, du ſtoͤßeſt ihn ver
ſchloſſen, Ealt, zuräd. Schiller, Jungfrau von Orleans, Prolog 2.
Unm. Selten iR das mit verftedt finnverwandte verbedt. Adramalech
fam ne ein Geiſt, verruchter ald Satan und verdeckter. Klopſtock, Mefllas
Anm. 8. Erſtecken braucht Logau für machen, baß etwas erſtickt,
So jagt auch Hufmannswaldan im flerbenden Sorrates: Sie (bie Seele) liege.
gang erflarrt durch ſchnoͤdes Fleifch erſtecket.
Das Beſteck 1) Zutteral, in das Mefler, Gabeln ꝛc. geftedkt
werden; 2) dieſe Dinge felbft; 3) die Bemerkung eines Ortes auf
der Seefarte. — Bon diefer Yandesart unterrichtet, hatte man mir
fhon folde Beftede zugeſhaft die man dort flach und zierlich
— findet. Göthe, Campagne in Frankreich 5. September.
ber Tafel gab er jeder ein Beſteck von Golbe fein. Platen,
ber gläferne Pantoffel 2.
Der Berfted Hinterhalt, Verbergung. — Daß fold ein König
fpielt! Verſteck. Shaffpeare, König Rear 1, 5.
Stedamboß, —bohne — brief, —büchfe, —erbfe, —feder, flug,
- —garn, —haube, —huften, —forn, —fraut (Orant), -- Teiter, —leuch⸗
ter, — el, —nabel, —nagel, —neß, — eis, —rübe, —zirkel, —
— — Richt ſehr gebrauchlich fdheint das geiviß gute Stedling.
entſcheidenden Beweis zeigte er bergleihen Stedlinge gar
93
„angefän in feinem Garten. Göthe, ital. Nele, Reapel
—— " =
Yum. Bei einigen dieſer Zuſammenſetzungen flieht auch Stech. —
Der Steden (ahd. steccho, mhd. stecke, agf. sticca, altn.
sticki, älter ahd. Sted) 1) der lange wie kurze — *2 — des eines
Holzausſchuſſes; 2) (in einigen Gegenden) Benennung eines gewiſſen
Scheitholzmaßes. — Stedenbündel, Stedenfneht, —pferd, —reiter,
—roß, — ſchwamm; Hirten—, Bohnen— , Zaunfteden.
Stab (ahb., mhd. stab, stap, agf. stäf, staf, altn. stafr) bebeutel eis
gentlich fchmal ausgebehntes flarres Ding von einiger Länge; im Befondern
dann ein folches Ding von gebildeterer Form nad) Angemefienheit zu feiner
Beſtimmung; auch ehrenvolles Zeichen der Würde und des Amtes. ©. weiter
Stod — Fromme Stab! DO hätt’ ich nimmer mit dem Schwerte dich
vertaufht! Schiller, Jungfrau von Orleans 4, 1.
Stiden (mhd. sticken, intenfiv von ſtechen) 1) eine gemachte
Jeihmmg mit Stichen ausfüllen, erhabene Figuren auf etwas nähen;
2) (veraltet) fo- viel als erftiden, der nöthigen Luft zum —19
berauben und beraubt werden; 3) (Volksſprache) die Pfähle im Früh⸗
jahr in den Weinbergen feftfteden; 4) (Bauweſen) den Raum zwifchen
zwei Ballen mit dünnen Stäben ausfüllen. — Bet unferer Hochzeit
werden feine geftidten Kleider parabiren. Göthe, Clavigo 4. Die
Schönſte war geſchmückt mit einem leichten Kleide, von rofenfarbner
Seide, mit afengofb durchſtickt. Bürger, Entführung der Europa.
Da wollte ich geflern meinen Namen in die Guirlande hinein»
ſticken. Paten, der gläferne Pantoffel 1> Die Botichafter der ab»
wefenden : weltlishen Churfürften in ihren elle mit Gold
überflidten Kleidern. Göthe, Leben 5. Bud,
Stidereis Seiven—, Perlenftiderin; Stickdampf, — dunſt, —eis
fen, —fieber, — flug, — garn, —gold, —grund, — huſten, — luft,
—mufter, —nandel, —rahmen, —feide, —filber, —floff, — wert
— wurz, —zeug. — Ein felden Kleid mit etwas Stiderei, das
trägt er gern. Göthe, Taſſo — 4.
.1. Stickßen Mehl, Waͤſche ꝛe. gefagt) in ein offener Luft
BI ai a Us Der en —* — 2 a teen En
Bolksſprache an.
Anm. 2. Die frühere Sprache (wol nur die Volkoſprache hatte auch ge⸗
tidel = voll, verflärft fliden und widenvoll; fidzeitig — überreif (von
Fer: und Gartenfrüchten); ſticker S grell tönend (Hans Sad).
Stiel (ahd. stichil amd stehho, mhd. stichel und stickel,
agf. staca, stace) 1) Pflock, fpiber Pfahl: Zaupt; 2) (figärlich)
dummer, unbehilflicher Menſch, wie auch Stod.
Anm. Das volksthümliche ſtickelfitzen, fliglfigen — mit Worten auf
einander ſticheln, fept eine eigene Bebeutung voraus, wahrfcheinlich fitzen = eig.
mit ver Ruhe hauen. '
D
94
Der Seicken (nicht ſehr gebräudklich), ein dünnes, langes, vabei
fpitiges Ding, wofür fonft Stridnadel, Stridftod gefagt wird. — Jetzt
fühner flört’ ich fie im Striden und nahm ihr Knaul vom Schuß;
TE chlug fie mit dem Stiden auf meine Finger los.
Stock (ahd. stoc, stoch, mhd. stoc, agf. Stoc, stocce, altn.
stockr), theils von ſtechen theils von fleden gebiltet, 1) Stamms
abfehnitt; dann allgemein ein mit einiger Länge verfehener Abfchnitt
eines feften Holzausfchuffes; 2) Stamm eines Baumes ober Gewaͤch⸗
ſes; 3)° befonders Pflanzen und Gewächſe, fie mögen flaudenartig
wachſen ober nicht, holzartige Stengel haben over nicht; 4) ein kur⸗
zes dickes Stück: Sturz, Rumpf eined Baumes, Geldftod, Bienen
ſtock; 5) Gefängniß, weil die Gefangenen darin an einem Stod,
Klon befeftigt, oft auch mit den Füßen in einen ſolchen ausgehöhlten
Klotz geichloffen waren; 6) ein kurzes vide Werkzeug oder Ding
(Kunftwort): in der Orgel, Schraubſtock; 7) (Volksſprache) der mitt= .
lere Theil eines Hemdes ohne Aermel oder Zwickel (and) Rumpf,
Sturz geifannt); 8) eine Maffe bei einander befinditiher Dinge ei⸗
ner Art: Eierſtock; 9) ein unförmlicher Haufen von Dingen einer
Art, aber wie 8, nur in einzelnen Fällen: im Bergbau, Heuſtock;
10) Inbegriff aller in einer Höhe over auf einem Boden eines
Gebäudes befindlichen Zimmer (auch Geſchoß in figärlicher Beden⸗
g — vas a Einporgefproßte, von fchleßen) ;
11) figürlih ein dummer Menſch. Davon ftödig, befonvders in der
10. und 11. Bedeutung. — In diefem Rod führ’ ich, fieht er, des Kaiſers
Stod. Schiller, Wallenfteing Lager 7, Im Vordergrund ein mädh-
tiger in ber Erbe Eulen Stod eines viekjährigen Eich⸗
baums. Göthe, ital. Reife, Rom 7. November. Aber den übrigen
Berg bebedten einzelne Stöde, Fleinere Trauben tragend. Göthe,
Hermann und Dorothea 4, 32. Höher fleigt aber die Bewunderung,
wenn man fie (die Bienen) in ihren Stöden felbft beobachtet. 8.
Den, Beichreibung der Bienen. Daß man ihm ein Paar Zimmer
im ‚oberften Stode überließ. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 5. So
viel ich alle (Schaufpieler) beurtheilen Bann, fo tft fein einziger
Stof darıntr, und Stöde allein find die Tmverbefferlichen.
Göthe, Meifters Tehrjahre 4, 19. Ich war'meift zu lebhaft und
zu fi, und ſchien entweder zubringlih oder ſtöckig, je nachdem
bie Menſchen mid anzogen oder abftiefen. Göthe, Erben 5.2.
Stande (ahd. städa, mho. städe, Rebeaform von agf. studa — Pfoflen,
aͤlternhd. Stud = Säule, altı. stydia — flügen, aus einer Wurzel mit '
ſtehen, lat. stare) ift eigentlich fo viel als auf einem Flecken vereinigte vers
zweigte Stengelpflanze; fo wie biefe ganze. Pflanze felbfl. Das Gefläude
iR ein Sammelwort, aber wenig mehr im Gebrauch. Opitz fagt (Exchäferei
von ber Nymphe Hareinie ©. 495: durch Hecken und Geſtaͤude. Go blüht
um eine Geber niedriges Geſt äan de. Alxiuger, Doolin 6,77. Strau (inhd
sträch, NRebenform von atrut = Geküfch) die Stengelpflange mit einem oder
mehreren mehr in fyerrigem Gezweige ges und verwachſenen Wurzeltrieben,
voruehmlich wenn dieſe Holzfiengel find. Buſch (ahd. busc, bosc, mhb.
busch, altı. büsk, aus dem mittellat. buscus, ital, bosco, franz. bois) bie
in WBurzeltrieben und Gezweig ober Blättern ſich auebreitenden und dickſtehen⸗
ven Gtengels ober Stämmehenpflangen. — Ein Teppich mit wilder Kühnbeit _
ans Stauden und Blumen und Gaaten gewebt, bekleidete Thäler und
Hügel. Kleiſt, Frühling. rel, wie der Fink auf Sträuchern und Bäu-
men. Schiller, Wallenſteins Lager 7. Und in ber Bern’ erbliden fle in
Büſchen ein fhönes Schloß. Wieland, Oberon 2, 27.
Anm. Der Bolföfprache gehören Stockach (ahd. stocchahl), Geſtockicht,
Geſtocket — Blay mit vielen Wurzelſtöcken von gefällten Bäumen. - i
- Stodamboß, — arbeiter, band, — degen, —biener, —erbſe,
— en, —eule, —fäulung, —feder, —fiſch (bei Logau Stödelfifch),
—garbe, —geige, —hamen, —haue, —haus, — holz, — kohle, —Ta-
terne, — meifter, — meſſer, —morgel, —narr, —p e —pilz, —
preffe, — raum, —rinne, —rolle, —rofe, —ſchere, —ſcheit, —fhils
ling, — ſchlag, — ſchnupfen, —ſchraube, —ſchwamm, — uhr, —viole,
—wache, — werk, —zahn, —zange, —ziemen; — blind, —dumm,
—bunfel, —bürre, finſter, —fremd, —fteif, — ſtill, —ſtumm; Lad—,
Hirten —, Bienen—, Reben—, Rofen—, Hut —, Strick—, Wachs⸗
ſtock und andere. — Stodig, ſtoͤckiſch.
Unm. In vielen Sajammenjepungen druͤckt fo, bald vun der einen bald
von der andern Bedeutung ausgehend, bloß eine Verſtäͤrkung des einfachen Wortes
E Stodken (zu eben gehörig) 1) aufhören fi zu bewegen: bas
zu n gehörig aufhören zu bewegen:
Blut, das Geld FR 2 (von Stud) das Tuch floden, dasſelbe
aufs oder zufammenrollen. — Aus—, be—, er—, verfloden —
Venn du am breiten Fluſſe wohnft,. jeiht fodt er manchmal auf
vorbei. Gothe, Paraboliih 7. Wie tft, o Sohn, dir Die Zunge
— die ſchon dir im nde lange Fahre geftodt. Göthe,
— ann Frl ee > io Ri chwieg er = ne
eifterd rel, ill und ruhig fpann, ohne nur
a Roden. Göthe, die Spinnerin. Mir grauft, der Athem fo dt.
Schiller, Acneis 2, 1. Wollen wir allein uns eigenfEunig fteifen
und verfioden, bie L fette ihm zu unterbrehen? -Schiller,
Zei 2, 1. Ich durfte n enfchen auf diefer. Welt anfehen, die
sehäfligen Gefühlen in ihrem Bufen Raum geben, bie fi gegen -
das Gute von irgend einer Art verfioden und. fih und Andern
das Schlechte aufbringen’ wollen. Göthe, Meifters Lehrjahre 6. B.,
Bekenniniſſe einer fhönen Seele. _
©&t5 ißt bei den Nadlern der eiferne Lauf, worin ſich der
Amboß an ber pe befindet. — Anderer Art ift Stödel in dem
Pflanzennamen Liebftödel (Liebſteckel, ahd. lubistechal, angelf.
‚lIufestice, Tatein. libusticum, levisticum, kubisticum, ligusti
von der Landfchaft igurien?). Wenn das Jahr nun alter, no
vor des Sommers Tod, und der Geburt des frofl’gen Winters,
dann blühn uns am — Blutnelken und die ſtreif'gen Lie bes⸗
ſtöckel (engl. 'gilly flowers), Baſtarde der Natur will man fie
nennen. Shakſpeare, Wintermahrchen 4, 3. |
Stück (ahd. stucchi, mhb. stücke, stuck, agf. stycce, sticce)
bedeutet eigentlich (als zu flechen gehörig) etwas Abgeflochenes;, dann
‚überhaupt ein ae yon einem Ganzen; davon dann ein für
ſich beftebendes, aber mit Anderem zufammengezähltes L Vieh,
Geld, Kanone ꝛc. — Den (Gianibelle) der raſende Pöhel in Stücken
reißen wollte, Schiller, Belagerung von Antwerpen. Das Stüd
(dramatifhes) war voller — aber ohne Schilderung wah⸗
rer Charaktere. Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 8. Gebt ihr ein
Stück (dramatiſches), ſo gebt es gleich in Stücken! öthe,
Fauſt Vorfpiel, (Er) raubte dem Kothurn gar mand) Achtgroſchen⸗
ftüd. Göthe, Leben 7. B. Es das Modell) tft immer ein ſchön
Stüd Arbeit. Göthe, ital. Reife, Münden, 6. September. Die
Apenninen find mir ein merfwürbigeds Stüd Welt. Dafelöfi, Los
gano 22. October.
Theil (goth. däils, ahd. mhd. dör, daz teil, agf. dsel) bedeutet allge⸗
mein das mit Anderem ein Ganzes Ausmachende im Gegenfage zu dem Ganzen
Antheil der Jemanden zukommende Theil, Mitempfindung an eiwas einen
Andern Betreffendem. Portion (aus franz. portion, lat. portio) bezeichnet
den Berhältnißtheil. — Keiner... . war fo verächtlich und Kein, daß er fich
nicht einen Theil der Ehre zueignete. Schiller, Belagerung von Antwerpen.
AUmfonft in diefem ganzen Kreis umher fpäh’ ich nach einem Auge, das em⸗
pfindet. Wo weilen meine Söhne, daß ich Antheil in einem Auge lefe
Schiller, Braut von Meſſina. Es foll nicht von mir heißen, dag ich Deutſch⸗
land zerftüdet hab’, verrathen an ven Fremdling, um meine Portion
mir zu erfchleichen. Schiller, Piccolomini 2, 5.
Anm. Der Stud Gypo) führt feinen Namen vom ital, stucco; davon
stucatore, franz. stucateur = GEypsarbeiter. — An ben Blatter ‚ver Eapitäle
find Borfprünge, wo fich vielleicht der Stud anfchliegen follte. Goͤthe, ital. Reife,
Segeft 20. April 1787. j
Stürkarbeiter, — bett, — boden, —faß, —geftell, —gießer, — gut
wi —hufe, — junter, -- fappe, — karten, — keller, Tgifen —
—kohle, — kugel, —ladung, —meifter, — meſſing, —neffel, — ofen,
—perle, — pferd, —pforte, —probe, —pulver, —-pußer, —richter,
-ring, —fäge, —fäger Vogel), —ſchuß, — chütze, —feil ı Pers
fauf (3. Paul), —wagen, —wall, —weife (Adverbium), .—werf,
—wifher,; Baum —, Garten —, Gold —, Grund —, Haupt —, Kopf—,
Kraut —, Kunſt —, deib—, Meiſter —, Mittel —, Mund—, Singſtück
und andere. | ;
7
Stücken (ahd. stuechian, mhd. stücken) 1) in Städe theilen,
es geichehe auf welche Art e8 wolle; 9) ein Ganzes, was eigentlich
ein zufammenhangendes Ganzes fein follte, aus Stüden zufammens
ſezen; 3) (Volksſprache) nad) dem Stüde (ſtückweiſe) arbeiten; 4)
(früher) aus Verdruß eine kurze (gleichfam zerftüdte) Antwort geben,
wertwechjeln., reizen. Abgeleitet ift ſtückeln. Beide werden zufams
mengefeßt mit ab, an, auf, aus, be, ein, mit, ver, zer, zus
ſammen. — Er faffete fein Kebsweib und ftüdte fie mit Bein und
allem in zwölf Stüde. Luther, Richter 19, 9. Wer hat ven
Nachdruck und hat den Verftand, diefe geftüdelten Heeresmaffen
jufammenzufügen und zu paſſen? Schiller, Wallenfteins Lager 11.
Das Gedicht verhunzt er dann vollends durch Abichneiden und Ans
ſtücken. ©. Müller. Cine Thätigfeit läßt ſich in die andere ver;
weben, feine an die andere anftüdeln Göthe, Wahlverwandt-
ſchaften 2, 8. (Sie) fehnitten die Hüften aus, umbhüllten fie dops
pelt mit Fette und beftüdelten fie. Bürger, Ilias 1, 460. (Voß
üßerfeßt: bededten fie dann mit den Stüden ber Glieder.) Es ſtand,
den Dpferfarren zu zerftüden, Laokoon am feftlihen Altar. Scils
ler, Aeneis 2, 34. Nun hatte ihm aber fein Unglüd und feine
Kranfpeit das reine Gefühl der Jugend geraubt und ihm dagegen
einen Blick auf bie — keit, auf das Zerſtückelte unſers
Daſeins eröffnet. Göthe. hatte mich die zwar höchſt löbliche,
aber doch den Eindruck der ſchönen Erdoberfläche vor dem Anſchauen
des Geiſtes zerftüdelnde Geognoſie nicht angelockt. Göthe, Leben
18. B. Des Knaben Kleid iſt wunderbar, vielfarb zuſammenge—⸗
ſtückt. Uhland, Elein Roland.
Hächen ſtatt rechen (wie noch im 16. Jahrhundert.)
(Wurzel rah, rih; wrab, wrih? vergleiche gr. ooyn — Befchaffens
heit der Seele, innerliches Aufſchwellen, Dom: at. urgere — drängen.)
Näche, rächte, gerächt (richtiger, aber minder gebräuchlich vo. dh,
geroden), rächen (ahd. rihhu, rah, rähume&s, rohhaner, r&hhan,
auch röchan und hröhhan; anhd. riche, rach, rächen, gerochen,
röchen; goth. vrikan, agj. vrecan, altf. wröcan, mittelniederd, ge-
wrechen) urfprünglih verfolgen; dann feindfelig ein angethanes
Uebel pergelten, indem der Beleidigte fo Tange den Beleidiger ver-
folgt, bis er an diefem feinen Schuuerz gebüßt hat. Das Wort
wird, in weiterem Sinne, auch vor Gott, als rechtmäßige Wieder.
vergeltung, als Zufügung von Uebel demjenigen, welcher Uebel ver-
urfaht hat, als Offenbarung feiner Gerechtigkeit gegen ven Uebel⸗
thäter, und von der Obrigfeit, als Dienerin der Gerechtigkeit, ger
7
98
braucht. — Nichts Geſcheh'nes rächen, gedrohtem Uebel wollen wir
begegnen. iller, Tell 2, 2. Es lebt ein Gott, zu ſtrafen und
zu rächen. Daſelbſt 4, 3. Oftmals hab’ ich an ihnen nicht Wurf
noch Steine gerochen. Göthe, Hermann und Dorothea 4, 164.
Du. fol anf das grimmigfte gerächt werden. Göthe, Clavigo 2.
Anden (nicht ahnen, ahd. nnadön, andön, mhr. anden, von aht.
anado, mhb. ande — Son, Unlaft) if nrfprüngfich eifern; dann vergeltend
nebeles anfügen, mit bem Rebenbegriff einer auf Vergeltung tringenten Eee
Ienbewegung über die Begangene That. Strafen (ahd. siräfan, mht. sträAfen,
von ahd. stronfa — Yeftiges Beitreichen) urfprünglich angeftrengt ziehen, dann
in Begiehung einer begangeren Handlung Weheles leiden machen — O Him-
mel, verzeihe mir jegliche Echuld, und ahnde nicht mein Verbrehen! Sie
wähnt, es erhübe fi Geiſtertumult, ihr ſträfliches Zugen zn rädyen.
Bürger, die Kuh,
Anm. Fiſchart Hat im 46. Jahrhumdert no: Er rach allen vnbill. Gar⸗
gantua S. 289.
Rächer, früher auch die Zufammenfegungen Gegen—, Ri;
ber—, Mordräder; rächeriſch, Raͤcherſchwert. — Darım hat un-
fere Schuld auf ihn den Räder geworfen. Klopſtock, Mefftas
4, 1105. Die rg ie ergretten fie, des Frevels Rächerinnen.
Schiller, Watlenfteins Tod 3,31. Du wäreft Selbfträder. Spies.
Auch in der Vorzeit oft in die Haͤnde der Führer des Volkes gabſt
dein Rächerſchwert. Pyrker, Rudolph 5.
R (ahd. rimha, mbb. rache, rächunge, agſ. vracu, altn.
reeki, altſ. wraoo, wreca, Volfksſprache auch der Rach); Blu t—,
Selbſtrache. — So lange Toverte ver Rache ſchwarzes Feuer in
feines Gottes Bruſt. Ramler.
Nach(e) abkühlung, —auge, —ausruf, — blick, — brennend,
— bruder, —drang, —bdurft, — dürſtend, — engel, —gebet, — ges
danfe, —gefühl, —geift, —gelübde, —geriht, —gelättigt, —gier,
— glühend, —glut, —gott, —göttin, —grimm, — heiß, —Iuft, — mit⸗
tel, —fhwert, — ſchweſter, —finn, —ſtoß, — ſucht, —trunfen, — voll,
—sollftreder, —zorn. — Daß Lift die Herrihaft der Erde und des
Menfchengeihlechts zur Rahabfühlung dir hingab. Sonnenberg.
Den Feldherrn, die ihr Gott ruft zu verderben, flammt's vom Rach⸗
auge. Klopflod. Und Wuthſchrei'n und Rahausrufen erfholl
Sumpf auf. Klopſtock. Sem Auge glühte in Racheblick. Benzel-
Sternau. Werden wir... vahbrennend heraufziehn. Sonnen
berg. Dort . . . flanden die Rachebrüder. Pyrker, Rudolph 11.
Im fchwüleften Ra en Sonnenberg. Oder das Bolf der
Erplinge bier aus lechzendem Rachdurſt ... in füßer Wuth zu
verderben. Sonnenberg. Ja, rahepürftender Geift, dein Gaumen
ſoll fid) Iaben an feinem Blut. Wieland, Oberon 1, 46. Barum
treibt ihn der Racheengel in eine nme Hölle? Sean Paul.
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Und ihr ſtummes Rachegebet rief Tod, Sonnenberg. Meine
Eerle.durdiwirrt ein Chaos von Rachegedanken. Sonnenberg.
Rachgedanken toben in dem Buſen. Schiller, Maria Stuart 5,7.
Und glühend Rachgefühl Hab’ ih gefogen aus ber erlojh’nen
Some feines Blicks. Schiller, Tel 2, 2. Sie wird... ein
Rahegeift in deinem Reich herumgehen. Schiller, Maria Stuart
4,9. Ihr Todesgötter, rechnet mir's nicht zu, daß ich mein De
lih Rachgehübde brede. Schiller, Jungfrau von Orleans 3, 4.
Und hohe Wechfelgefpräde gingen im Kreis der. Verſammlung herum,
we Rahegerichte. Sonnenberg. (Dann) zogen fie heim, ſieg⸗
tranfen und rachegefättigt. Pyrker, Rudolph 5. Die le
fpricht von den begangenen (Verbrechen). Scilfer, Don Karlos 3,4.
Schon fange dürft’ ich nach der Luft, mein raheglühend Herz in
keinem Blut zu fühlen. Wieland, Oberon 1,34. Und Götterföhn’
anf Wagen hoch rachglühend flürmen an. Göthe, Künftlers Mor-
enlid. Ihre Rachglut fühlen. Kofegarten. Denn die Rach⸗
ötter fchaffen im Stillen. Schiller, Braut yon Meffina. Der
ein weih’ ich eure Seelen. Schiller, Wallenfteind Tod
3,3. Auch wie jegliches Trojerherz fubelt vor Racheluſt. Eollin.
defreit ihn von Gewaltichlag wilder Rachluſt! Göthe, Panbora.
Egiebiges Rachhemittel. Benzel-Sternau. So fällt das Rache⸗
ſhwert mir aus der Hand. Collin. Wenn id) das Rachſchwert
meines Gottes in Händen führte. Schiller, Jungfrau von Orleans
8,4 Der Racheſchweſtern Chor. Schiller. (Der) mir in dem
Herzen glühenden Haß und Rachſucht weit. Pyrker, Rudolph 10.
Der verzweifelnd, Tiebetrunfen, rachetrunken, fchwergefcholten, in
bie nachtumhüllten Fluten fih vom Felſen flürzete.. Göthe, Pan⸗
dora. Ein glühend rachvoll Angedenken Iebt der Gräuel, bie ge-
ſchehen auf dieſem Boden. Schiller. As Rachevollſtrecker, als
ewige Diener heiligen Zorns. Sonnenberg. DBraufend vor Rach⸗
jorn. Sonnenberg. |
. Yum. 1. rüber und noch gtoßentheils im 17. Jahrhundert waren noch ges
kinglih: Rachebürger (Gerichtsbeifiger), Ruchdegen, Rachvergeſſer; rachlos, rach⸗
willig; rächig, gerächig, rächifch, rächerifch, rachfelig, rachgern. — Geiler und
% von Cyb Haben im 15. Jahrhundert noh Ra hral. \
Yum. 2. Zu derfelben Wurzel gehört auch Recke (ahd. reccheo, mhd. reke,
— rekhe) nie We —— dann — elle fpäs _
Schrecken.
(Wurzel serac, seric.)
Schrecke, ſchrack, geſchrocken, ſchrecken (mh. schricke, schrac,
7*
100
schräken, geschröcken, schröcken; ahb. scriean, schricchen,
schröcchön; alt. skrika = wanfen) bedeutet eigentlich auffpringen
G. 2. in Heufdhrede, ahd. hewischröcchjo), ift aber als Reutram
in diefer Bedeutung nur noch in Zufammenfegungen mit er‘) und
auf gebräudjlich (ahd. arscrichan, arserican; mfd. erschricken).
Das active ſchrecken (ahd. screcjan, screccan, screcchen, aus
scracjan, ml. schrecken) ‚geht nach der ſchw. Eonjugation. Das
Wort wird num gebraucht: 1) (Jägerfpradhe) von Rehböcken, wenn
fie etwas Ungewöhnliches erbliden, dabei ftusen und einen plöglidhen
Laut von fid) geben; 2) (von las, von Töpfergefhirr) mit einem
hellen Laut ———— 3) (gewöhnlich) in eine plögliche und hef⸗
tige Bewegung, beſonders durch den plöglichen Anblid einer uner=-
warteten Sad in eine heftige Erfchütterung rn: 4) (actio)
in eine folche verfegen. — Aufblidend ſchrack der tapfre Diomed.
Bürger. Seine Heere follen uns nit [hreden. Schiller, Tel 5,1.
Erfhreden 1) erfchüttert werden durch das plögliche Eintreten
.von Unangenehmem . oder (jedoch feltner) Angenehmem; 2) einem
Andern dieſes Erfehüttertwerden verurfahen. — Erfhrid nicht,
zarte Freundin. Göthe, — 4, 2. Da ſeh' er wundernd dag
erfhrodne Thier zu einer Nonne Füßen zitternd liegen. Schiller,
Braut yon Meſſina. Sie erfhridt und hatte Recht ſich zu er—
fhreden. Hagedorn. Ein Wellenfhlag erfhredt ihr unglüd«
abnend Ohr. ABieland.
Entfegen ſich (1. fisen) iR färker und wird nur von lbelem gefagt.
— Bas entfent Eu fu? Schiller, Maria Stuart 5,5 Da entfept’
er ich und wurde blaß. Falk. Entſetzt vernahm ih das Gntfehlidge.
Schiller, Braut von Meifina.
Ab —, an —, Wr ein—, fort—, binweg—, ver—, weg—,
srüd—, zufomm recken bevürfen feiner weiteren Erklärung. —
nftatt dadurch abgefchredt zu werben, wurden fie nur —
hitziger. Schiller, Belagerung von Antwerpen. In jren Hütten fie
(die Belagerer) auffzuwecken, von unfrer Statt (Stadt) fie abzu⸗
fhreden. Hans Sachs. Wie in Afrifa Hirtenkinder mit einer
Peitſche naturhiftorifche Löwen vom Weidevieh abfhreden. Jean
Paul, Hefperus 17. Rubig naht fie wie der Friede; aber, wie mit
Schmach bedeckt, fühlt fih zitternd der Alcive von der Tugend an⸗
al hredt. Tiedge. Diefer Umſtand mußte Leptere aus ihrer
icherheit auffchreden. Schiller, SOjähriger Krieg 1.32. Der
Greis fhrad auf. Langbein. Die Madıt a (das Herz) ein⸗
gefhredt Schiller, Wallenfteins Tod 1,9 Cr fhredt Fieber
1) &6 iR cin feltner Gebrauch, wenn Schiller (Brief an W. v. Humboldt
12. Sept. 1808) fagt: Ich habe mid, über Fernows Ausfehen, ver felt acht Ta«
gen bier angefommen if, wirklich erfchroden, fo veraltert erfchien er mir.
101
\ | |
= mbDenichen fort. Soltau Wenn ich entflöhe, fort durch Meere
— gefhredt. Voß. Das hohe Meer hat fie binweggefhredt.
| the, Eugenie 4, I. Entweder entved’ ich fein Geheimniß oder
ſchreck' ihn durch Liſt aus diefen Mauern ee Schiller, Turandot
3, 1. Wahre Tugend, erzwingt unmillfürlihe Ehrfurdt und ſchreckt
auch die verwegenfte Bosheit zurüd. H. P. Sturz, 5. Brief.
Zufammenfdrad der Ritterdmann. Bürger, vie Entführung.
. Der Schred, ver (und das) Schrecken (inhd. schric, älternhd.
ſchrack, in der Volksſprache auch Schroden und Schraden)
1) das Schreden Verurſachende; 2) der Schreden Empfindende. —
Noch zittert mir. der red durch jede Nerve. Leſſing, Nathan
der Weiſe 1, 1. Der Schred ift mir ‚in die Glieder gefahren.
Göthe, Leben 10. B. Weldy freudig Schreden nimmt mid ein!
Gellert. Sie waren über mein © en über die Wunden bes
— aͤußerſt verdrießlich ... enn Luſt und Freude ſehr ge⸗
chickt find, die Liebe zuerſt zu erzeugen und im Stillen zu nähren;
fo wird fie, die von Natur herzhaft ift, durch den Schreden am
Teichteften angetrieben, ſich zu entfcheivden und zu erklären. Goͤthe,
Meifters Lehrjahre 6: Befenntniffe einer fchönen Serle. Der fchred-
lichſte der Schreden das ift der Menfch in feinem Wahn. Schiller,
®lode. Aber dieſes Schrecken iſt fo wenig eine von den Abfichten
des Trauerfpiels, daß es vielmehr die alten Dichter auf alle Weiſe zu
mindern fuchten. Leffing, Hamburger Dramaturgie 2, 74. Daß
Albion das Schreden der beraubten Ozeane werde. Ramler. —
Schleunig entftand ein Rufen des Freudeſchreckens. Klopftock,
Meſſias 11, 1095. (Sie er ihm .freudigerfhroden. Das
ſelbſt 14, 693.) Ob dieſes u hreden gegen Morgen nad)
lieg. . iſt ſchwerauszumitteln. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 1.
Zum Erfchred. Herder, Cid 16, |
Schrecklich, erſchrecklich, Schreckniß, Erſchreckniß, ſchreckbar,
ſchreckhaft, erſchrocken, Erſchrockenheit, Unerſchrockenheit ſind an
fi Har. — Wie ſchrecklich hab’ ich mich verſtrickt! Schiller, Don
Karlos 2, 8. Schredlich bift du, Weltrichter. Klopftod, Meſſias,
1, 339... Auch find in einer erfchredlihen Stunde Begierden
nad) A tief in feiner Seele, die war fonft edler, gewurzelt.
Das. 3,436. Kür eine Braut hat fie einen erfhredlidhen Appe
dt Göthe, die Fifcherin. Ein ai. wüthenn Schreckniß if
der Krieg. Schiller, Tel 1,2 mmt’s, den Schleier al
wo das nahe Schreckniß droht? Schiller, Kaſſandra. Gottes
Säredniß fällt noch auf mich. Klopfiod, Meffins 4, 69. Das
Erſchreckniß macht die Thränen faft zu Steinen. Günther. Das
Geraͤuſch des Waſſers war —— Ungenaunter bei Campe.
5 bin fo ſchreckhaft. Schiller, Wallenſteins Tod 3, 3. Der
102 :
that fehr erfhroden. Schiller, Piccolomini 5, 2. Mehr Uner-
ſchrockenheit gäb’ es. Voß, Ilias 10, 228.
Anm. Bemerkenswerth iſt der mehr ver gewöhnlichen Sprache angehörige
>
=)
Gebrauch von ſchrecklich und erfhredtich für fehr: ſchrecklich groß, lang.x.
Schon Stieler führt diefen Bebrauch an: Er ift erſchrecklich geduldig, er liebet ihn
erſchrecklich.
Schreckbild, —gedanke, —geiſt, —gefpenft, —getön, — herd
Vogelherd), —horn; — larve, —ling, —pulver, —ſchanze, — ſchuß,
—ſprung, —ſtein, — ſtimme, —ſtrafe, —thier, —tuch, (bei den Jagern),
nr tim
er -_—. rs
ei = we — ze
>. 24
— vogel (mergus serrator L.), —wafler; Schredenberger (eine "
kurſächſiſche Münze, von dem Dorfe Schredenderg fo genannt), —
bleih, —erfheinung, —frei, —gang, —gebieter, —geheul, —ges
rüftet, —geftalt, — 08 , — erfchaffend, —ſchickſal, —fender, — vers :
bängnig, — voll, —wort; Schredensauftrag, —ausfiht, —bild,
—botfchaft, —brand, — gang, —gedanke, —gefpenft, —geftalt, — gott,
‚ — hand, —herrſchaft, — könig, —kraft, —läufte, —mond, — nachricht,
—nacht, —nähe, —ort, —poft, —ruf, —ſache, —fpur, —ſtunde,
—tag, —tod, — voll, — wort, — zeit, —zug. — Ich zitterte vor dem
erhabnen Schreckbild dieſer Tugend. Schiller, Don Karlos 2, 9.
Oft naht in dem Feld der Furcht erſtatrendes Schreckbild nur dem
Feigen. Pyrker, Tuniſias 6. Der (Kranke) in des Fiebers Gluth,
von Schreckgebilden umgeben. Daſ. 7. Die (Minerva) aus
dem Haupte Jupiters entſproſſen, gleichſam ein ſichtbar gewordener
mächtiger Schreckgedanke. Herder. Die Schredgefpenfter,
die ihm drohend entgegenliefen. J. Paul. Nun aber braucht's noch
Schreckgetön. Goöthe, Fauſt 2, 283. Am Ende ſteht einem das
————— der Pilatusberg und die Jungfrau vor der Naſe.
J. Paul, Titan 41. Sobald ſie aufblickte, gerann ihr Herz vor
der nahen Schredlarve. J. Paul. Der ſchreckenbleiche Mund
macht ſchnell die Schulpbewußten fund. Schiller, en des Iby⸗
fus. Das bange Fräulein (bebte vor) der kommenden recken—
erſcheinung. Benzel⸗Sternau. Alles ſteht in großer Ordnung,
ſchreckenfrei. Gleim. Mich nicht zu halten im Schredengang
der Vollendung. Sonnenberg. Dem Schredengebieter. Voß,
Ilias 8, 108. Fürchterlich flieg ein Schredengeheul jegt. Sons
nendberg. Mit dem [hredengerüfteten Engel. Pyrker, Rudolph 5.
Und da gingen ihm vor den Gedanken bes ewigen Todes Schreden-
eftalten vorüber. Klopfiod, Meſſias 5, 416. (Der Thron) nun
n fhredenerfchaffende Näcte gehüllt fand. Daf 10, 16. Und
jegt reißt mein Shredenfhidfal mid, die Arme, Rettungslofe, :
in den Strudel dieſes Haffes, dieſes Unglüds mid hinein. Schiller,
Braut von Meffina. (Er ruft an) den Zeus, den Schredenfen-
der. Schiller, das Siegesfeſt. Gleih auf der Stelle vertilgt’ u
Das Schreckenverhängniß. Voß, Odyſſee 2, 251. Die dr er
ft Ti
un
103
nn — — — —
ad ſchrecken voll umſteht. Schiller, Braut von Meſſina. Ja,
des Schrecken worts Gewicht erdrückt mich. Göthe, Eugenie 5, 6.
Barum heftet ihr fo jchredensvolle Blicke nad der Thüre?
öhiler, Braut von Meſſina. Ch’ euch ihr — — ——
iberraſhht. Schiller, Maria Stuart 1, 6. ie Schreckens⸗
ausjiht Des Lebens fid zu benebeln. Sonnenberg, (Er) rang
mm einem Schredensbild zu entfliehn. Pyrker, Rudolph 8.
dem Bater kömmt die Schredensbotihaft zu. Uhland, nors
minniiher Brauch. Daß fi die Testen Kohlen von unfers Haus
ſes Schreckensbrand in mir verglimmen. Göthe, Srpigenie 3, 1.
Mein Schreckensgang bringt fehgften Gewinn. öthe, Kauft
2, 7. Erſchüttert im Geiſt vor dem Schredensgedanfen. Pyr⸗
fer, Rudolph 1. Yängft wohl ſah ich im Geift mit weiten Schritten
dad Schreckens geſpenſt heriehreiten. Schiller, Braut von Mef-
fina. Ob wir jest die a des gorgonifchen Uns
holds end’ aus Ais Palaſt die furchtbare Perſefoneia. Voß, =
jee 11, 634. Hat das Geleit der Schreckensgötter fo das Blut
in deinen Adern aufgetrocknet? Göthe, Iphigenie 3, 1. Wer ift
fie dann, tie Unbezwinglide, die Schredensgöttin! Schiller,
Jetzt ift fie da, die falte Schredenshand, die in mein fröhlid
Hoffen ſchauderud greift. Schiller, Wallenſteins Tod 3, 3. Um
den erhabnen Schredensfünig. Gries. Ach, meine frühe Blut
ſchuld, längft ag fie kehrt zurück mit neuer Schredengfraft.
Schiller, aria Stuart 5, 7. In jenen Schreckensläuften,
wo Menſchenfluthen Land und Volk erſäuften. Göthe, Fauſt 2, 16.
Da du vorhin im blutrothdüſtern Schein im Schreckensmond
an dieſem Himmel hingſt. Schiller, Jungfrau von Orleans 3, 4.
Sobald nah Franfenland die Schreckens nachricht fchallt. Al⸗
ringer, Doolin 9, 38. Zwar verheißt ung die Schrefensnadht in
dem Kampfe den Bortheil. Pyrker, Rudolph 6. Macht dem Feinde
eure Schredensnähe durh lauten Schlachtruf fund. Schiller,
el yon Orleans 2, 4. Was hält mid noh am Schredens
ort? Böthe, Rinaldo. Zu Ohren brauft ihm wie ein Meer bie
Schreckens poſt der Dirne Bürger, die Entführung Da be
täubte ihn Holnarens Schredensruf. Meißner.” Wer fonnte in
diefer Schredengftunde prüfend wägen? Schiller, Jungfrau von
Orleans 5,1. An dem furdtbar großen Schrefenstage. Herder.
Die Todestrommel, die eines Bruders Schreckenstod verfündet.
Sollin. Und diefe Schreckenszeit ift das Wintermährchen unfrer
Enfel geworden. Huber. Auch die legte Schredensfpur war vers
wiſcht. Benzel-Sternau. Jüngft erft kam der Kune heran, dem wil⸗
den Tartaren folgend im Schredenszug. Yyrker, Rudolph 8.
Um. Das ahd. scric= Sprung iſt erhalten in den Alternhd. der Schrick
Schricken = Sprung im Geſchirr, ploͤtzlicher Knall.
104
Göhren fiatt gehren (geren) *).
(Wurzel g(j)as, gG)is, gG)ar, gG)ir, kas, kis; vergleiche fanffr. era
— foden.)
Gaͤhre, gohr, gegohren, gähren (mhd. gir, gar, gären,
gorn, gern und gären, girn; goth. gaisjan — heftig erfchüttern ;
ahd. g(j)ẽsan, glj)erjan = gähren, altn. giösa) hat den Begriff
einer heftigen, inneın Bewegung , befonders von lüffigfeiten, wenn
fie fhäumend aufbraufen, oder in eine heftige aufwallende Beweguug
geratben; auch figürlid auf die unruhige Bun im Herzen, im.
Bolfe übertragen. — Ließ ein längſt begrabener Dann dieſes Fäß-
chen fchon im Keller jähren. Gödingf 10. Epiftel. Der Moft feines
heißen Dichten Blutes gor davon Härter. Jean Paul, Titan 4.
Schnell, unverhofft, bei nächtlich ftiller Weile gährt’s in dem tücki—
ſchen Feuerfehlunde. Schiller, Wallenfteing Tod 3,18. Wie gährend
ftieg aus der Erfchlagenen Blut der Mutter Geiſt. Göthe, Iphigenie
3, 1. Dort trennt ein jährend Sauer das Wafler und das Fett.
Haller, die Alpen. .
Gäſchen und (hochdeutſch gebräuchlichen) gifchen, zu verfelten Wurzel
gehörend, darum auch jäfchen, bezeichnet zunächft das Geräufch, das bei dem
Gemenge widerſtreitender Blemente entſteht, z. B. des Feuers und des Waffers;
dann aufdraufend ſchaͤumen. Kochen (ahd. chohhön, chochen, mhb. kochen,
agf. cueccan, altn. kocka, von lateinifch coquere oder doch Damit verwandt)
bebeutet in einer durch die Hitze aufwallenden Flüſſigkeit erweichen und zube:
reiten. In figürlicher Bedeutung geht gähren mehr auf die innere Heftige
Bewegung, Eochen mehr auf das Aufwallen verfelben nach außen. —Unwillig,
wie fich euer gegen Wafler im Kampfe wehrt und gifchend feinen Feind
zu tilgen ſucht. Böthe, Iphigenie 5, 3. Räder gifchten (bei einem Zeuers
wen). Goͤthe, Wahlverwandtfehaften 1, 15. Hier fehen wir fchäumende
Meereswogen Den unterwafchnen Bellen umgäfchen. Göthe, Bhilofirate
Gemälde, Ajar. Wie heftig wilde Gaͤhrung unten kocht. Göthe, Cugenie
3,4. Der Bürger kocht uns warme Suppen. Schiller, Wallenſteins Lager 11.
m. Die ſchw ift fehle : Sn dem (B erberhlihe Sä
von. — gä en — orte, A. — a
*) Fiſchart (am Ende tes 16. Jabrhunderts) fchreibt jären; giren führt
Scmeller (2, 62) aus dem Jahre 1618 an; Stieler (Jahr 1691) hat gären,
ieren, jären, gäricht, gärhaft. — Die nachfolgenden Berba: gähren,
Poren. ſchwören, weben, wiegen, fechten, flechten, löſchen haben
nun im Prät. den Ablaut's ſtatt des früheren a. ec
—
Ba
u re DM.
— U DE. Zur ——
jur 20 |
*
N — — — —— wi
105
Ab—, auf, aud—, durch —, mit—, nach—, über—, ver-
sahren bedürfen feiner weiteren Erklärung. — Wenn e8 (das Bol)
ih aufgährt und feine Ketten zerreißt? Göthe, Werthers Leiden
3% Aug — Ich fah hin, und die Unermeßlichfeit gor zu unzähligen
Hügeln auf, und zum u Sturme. Sean Paul. Welcher
(Zranf) durch Puls und Mark anfgährt. Voß. (ES) umröthete
pöslih aufgährender Zorn ihm die bläffer gewordenen Wangen.
Pier, Tunifiad 9. Ob nicht ein wüthender Sturmwind fern an
des Himmel Rand aufgährete. Daf. 3. Es war fein Schatten-
fiel, im Sig der Phantafie aus Weindunft ausgegohren. Wie
land, Oberon 4, 8. Die Spöttereien über Thoren haben darin
ausgegohren. Göckingk, 10 Epiftel. Weil euch der Wein behagt uns
ansgegohren. Platen, Abbaffiden, Prolog, Nicht nur erfcheint
uster den wirten Kämpfen und Bewegungen des Tages die Maffe
geitdurchgohrner als je, auch die Richtung auf das Neligiöfe
wird lebendiger. Augsburg. allg. Zeitung 1847. Nr. 3. Ueberall
wo und das zur Moral vergorene Getränf dargeboten wird, iſt
Riht mehr die friſche epifche Thierfabel, fondern bereits ihr Nieder⸗
Klag vorhanden. J. Grimm, Vorrede zum Reinefe Tuch.
Gäſcht und Gifcht CHeffer Geſcht, mhd. gäst, gist, jöst, im
17. Jahrhundert häufig Jäſcht, niederd. und holländ. gest, gist,
engl, yest, mittellat. gestum) zunächft gährendes Aufbrauſen, dann
Gaͤhrungsſchaum, hernach überhaupt aus aufbraufender, heftiger Be⸗
wegung entftehender oder entftandener Schaum. — Und ed wallet
und fievet und braufet und zifcht, wie wenn a mit Feuer ſich
mengt, bi8 zum Himmel fpriget der dampfende Giſcht. Schiller,
er. Die Flut von rotem Jäſcht befhäumt. Weichmann,
Poefie der Nieverfachfen 1, 22. Der Schmertz erregt mir Jäſcht
md Geifer. Günther, auf das Glück. Schaut, weld ein grüner
Jaͤſcht fi für (vor) dem Munde fezt. Lohnftein, Cheopatra 5, 485.
Geſcht, ſchreibt Hoffmannswaldau, der getreue Schäfer 111.
Schaum (ahd. schm, mh. schüm, älternhd. auch schaim, altu. sküm,
frau. ecume, altfranz. escume, ital. schiuma) die trübe obenanffigenbe
Yläschenmenge bewegter Klüffigkeit, welche Bedeutung in Yhfchaum Anmwens
dung auf ausgeftoßenes Schlechtes findet. Geifer (im Bocab. von 1429
geiffer, mittelchein. Gawer; Ianbfchaftlih Seifer, ahd. seivar, mhd.
seiver, älternhb. saifer,. niederd. sever und sabbe, holländ. zabber, wetterau.
säwer) ber ansfließenne Speichel, 3. B. bA kleinen Kindern, dann ber bei
heftiger innerer Wallung hervorkommende Speichelfchaum, daher ausbrechende
boshafte Aufregung. Beim in Süppentfchland für Schaum (ahd. feima, vaim,
mbb. veim, agf. fAm; vergleiche fanffr. phena, flav. pjena = Schaum) im
Defonden abgejchäumte Unreinigkeit. Die Hefe, zuweilen auch der Hefen
(ad. der hefo, der hevilo, agf. häfe, mittelniederd. heffe, lat. faex, fiche
heben) ber Bodenfag, das Schlechtefle, das aber noch benupt werben kann. Die
106
Bärme (agf. böorma, engl. barm, von agf. böoran, ahd. p(b)eêran — tragen,
heben, fiche gebären ©. 45) mehr nieberd., bezeichnet zunächft den Bierſchaum,
dann die durch Bährung abgefchievenen und wieder zur Erzeugrng von Gähruug
dienenden Theile. — Bon den Zähnen rinnt ihm (dem Löwen) Schaum.
Dip, Ilias 29, 168. Auch vom Schaume rein, muß die Mifchung fein-
Schiller, Glocke. Er wird nun wohl uuch auf die Hefen gefommen fein.
Leffing.
Gähre, Bährung; Gährbottich, —faß, —kammer, — mittel,
—ſtange, —ſtoff, —teig. — Was in einem ſolchen Geiſte für eine
Bewegung, was in einer ſolchen Natur für eine Gährung müſſe
geweſen ſein, läßt ſich weder faſſen noch darſtellen. Göthe, Leben
10. B. Dort iſt jetzt alles in Gährung. Paten, die verhäng-
nißvolle Gabel 4.
Anm. 1. Das Adjectiv gargelocht, bereitet, ahd. karo, karawo, uhd.
gar. agſ. gearo, göarwe, if eines Stammes mit altu. göra (gera) — machen;
daher ahd. karawan, mhb. gerwen — bereiten, * (das Leder bereiten). Der
Gerber Heißt ahd. lédarkarwo. — Damit alles recht gahr werte. Göthe,
Meiſters Wanderjahre 1, 4.
Anm. 2. Gier, gieren, begierig, Begier, Begierde, (ahd. keẽron,
king, mhd. gern, gireo) gehören zu einer andern Wurzel gar, gir, lat. carus =
lieb, gr. zaloeır ſich freuen. — Boll Gier nach fchnöbem Geldgewinn. Bürger,
die Entführung. Der nach Speif’ und Wein nur giert. Voß, Odyſſee 20, 378.
So Ciner ihn (den Wein) gierig verfchludt. Daf. 21, 334. Boller Begier.
Daj. 22, 359. Sehnfuchtsvoll und begterig. Daf. 22, 50. Allzugroße Be
gierde wird immer ſchädlich. Wer den Geift der Gierigkeit Hat, er lebt nur
in Sorgen. Göthe, Reineke Fuchs 11, 66 f.
Anm. 8. Zur u k(g)is frheint Geiſt (ahd. keist, mhd. geist, altn.
gustr) zu gehören = der Wehente, Hins und Auffahrende; vergleiche altu. gosa=
wehen, gustr = das Wehen, geistr — heftig.
Anm. 4. Gin anders Wort ift ver Behr, Gehre, bei Stieler Geer und
Oehr VFalte, Zipfel, feilförmiges Stüd Seug. von guth. gäis, lat. gaesum,
ahd. mhd. er := Werheug zum Stechen, die Feilförmige Schneide des Wnrffpießes,
der Wurfſpieß ſelbſt. — Wenn jemand heilig Fleiſch trüge In feines Kleives Geren.
&uther, Bibelüberfepung. Hagg. 2, 13. ve Maß zu nehmen ſchneidet fie aus
dem Ganzen und weiß dabei alle lecken und Gehren dergeſtalt zu nupen, daß
großer Bortheil daraus entiteht. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 4.
Scheren.
(Wurzel scar, seir; vergleihe fanfft. cAr — durddringen, kar =
theilen, gr. zeige, Evger ſcheren, lat. cernere — jondern.)
Schere, ſchor, geichoren, fcheren (ahd. sciru, scar, scäruınds,
seoraner, sceran; mhd. schir, schar, schären, geschorn, schern;
agſ. scẽran, altn. sköra) hat überhaupt den Begriff der Tren-
nung und vebeutet 1) fchneiden, abfchneiven, inden man mit
einem fcharfen Meſſer über die Oberfläche Hinfährt: den Bart, den
Kopf; 2) (figürlih, wie ſchneiden) einem zu viel abnehmen: der
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Birth hat feine Gäſte geichoren; 3) (veraltet) theilen, einen Unter⸗
fhied machen: wer wollte da fcheren; 4) zutheilen, gebräuchlicher iſt
das ſchwache befcheren, befonders von dem, was ein höheres Wefen
oder durch dasjelbe ein Anderer gibt, 5) Mühe und Beſchwerde
machen, befonders wenn es ohne Noth geichieht; 6) den Ort ſchnell
verändern: die Störde feheren; 7) in die Länge bewegen, ausſpan⸗
nen (in biefer Bedeutung auch Ichieren geſprochen): ein Tau jcheren.
— Ich wünfchte, dag der Harfenfpieler ſich noch geſchwind ben Bart
fheren ließe. Göthe, Meifters Lehrjahre 4,1. Leber Nacht wär’
er (der Schopf) gefhoren glatt, Schiller, Wallenfteind Lager 8.
Mit Difteln wird das Tuch gerauhet, d. h. uufgefragt, um es beffer
zu ſcheren. Sean Paul, Titan 32. Anmerkung. Aber fie eilten
dur die gefchorne Wieſe. Voß, Luiſe 1, 802. Uns Bäume)
ſchor Fahlföpfig und ehrlos oft der graufame Gärtıter, die rankende
Erbſe zu ſtäbeln. Voß, die büßenden Jungfrauen. Und wer nit
ihiert, der wird geſchoren, fobald er nur den Rüden dreht.
Günther. Das heißt die Leute ſcheren. Schiller, Piccolomini 1,1.
Werden ımS viel um den Kaiſer ſcheren. Schiller, Wallenfteing
Lager 11. Pervonte, den das Alles wenig ſcherte (für fchor). Wie⸗
land. Schert euch maus, wenn ihr was auszumachen habt. Göthe,
Gög von Berlidhingen 1. Schier did zum Satan. Schiller, Ka-
bale und Liebe 1, 1. Macht was ihr wollt; nur laßt mih unge
fhoren. Göthe, den Zubringlichen.
Drillen und trillen (mb. drillen, wol aus dem vom agſ. thyrijan,
tkirljan — durchbohren abgeleiteten engl. drill = durchbohren und drillen) bes
deutet zunächft in Freisförmigem Umſchwung umtreiben; bann mit übergroßer
Mühe und Beſchwerde, überhaupt, uberläftig, empfindlich quälen. Hupdeln
(vieleicht aus ahd. hutulön = betaiten, oder zufammenhängend mit hudel=
zerfetztes Zengſtück) achtlos zerarbeitend behandeln; durch unnöthige Mühe und
Beichwerve achtlos behandeln. — Trille, Räbchen, lang und fein, trille
fein ein Fädelein, mir zum Bufenfchleier. Bürger, Spinnerlied. Horch! wie
ver Sturm die Fahne triilt. Bürger, Bruder Sraurock. Doch ich bin
Herr, mich maß man nicht fo teillen. Hagedom. Die Steuer trillt une
noch. Logan. Die Zauberin, vie He auf mancherlei Art trillte und foppte.
Mufäus. Alles Andre thäten He Hudeln und fchänden, den Soldaten trugen
Re auf ven Händen. Schiller, Wallenfteins Lager 11. Ich rede niemals von
dieſer Beſtie, und er kann mich nicht ungehupdelt-laffen. Göthe, Benvenuto
Gellini 4, 5. Hahn! Despotenhudelei! Gott wahre mich vor Selaverei!
“ Bürger, zum Spa. |
Ab—, an—, auf—, aus—, be—, ein—, fort— (fh, fo auch
heim—, weg—), um—, ver—, zuſcheren bevürfen feiner weis
ten Erklärung. — Denn was die Bafe befchert zum Geburtsta
der zu Weihnacht. Voß, Luife 1, 671. Früchte, die der Herb
befhert. Schiller, das eleufliche Heft. Den Armen fei das fhönfte
108
Loos befhert. Schiller, die Begegnung. (Ihr habt mir ja doch
zu verdanken die ganze Ber derung. aten,. dir verh. Gabel 2.)
Sie ließ ihn behende zwifchen Kopf und Schwanz und Bruft um
Bauche befheren. Göthe, Reineke Buchs 11, 380. Abgewandt
vom Gerüfte, befhor er fein bräunliches Haupthaar. Voß, Ilias
3, 141. Man kann ſich fogleih wieder fortfcheeren. Jean
Paul, Siebenfäg 2. Und fremde Baum’, ihr junges Haupt ums-
fhoren, dringt dir Sylvan. Ramler, auf einen Granatapfel. So
wurde zu dem Thor die Frau hinausgeführt, die Haare weggeſcho—
ren. Platen, die großen Kaifer. Um wie am feinften on
Tuche jede Fleine faliche Faſer wegzuſcheeren. Sean Paul, Sie-
bentäs 3. Der Vogel, der fein Neft erbaut im zugefhornen
Buchenlaub. Platen, vom. Oedipus 5.
Scherbank (auf Blechhämmern, bei Webern und Tuchſcherern),
—becken, — blöd, —bot und —flotte der Schweden), — diſtel, —eiſen,
—flocke, —futter, —gabel (hei den Webern), —gang (auf ven Schif⸗
fen), —garn, —glied (im Bergban), —haare, — haften, —holz,
— horn (Ammonshorn), —kaſten (bei den Kattunmwebern), — kind
(Gefelle der Tuchſcherer), — kohle, —kufe (bei den Tuchmachern),
—latte, — leine (auf den Schiffen), —ling (heracleum sphondylium
L.), — maus (ahd. scẽro, mhd. schermüs, Maulwurf), —meſſer,
—meſſerfiſch, — meſſerſchnaͤbler, — mühle, —nidel (Pflanze), — rah⸗
men (Haspel der Kattunweber), —ſchwalbe, —ſchwanz (faleo mil-
vus L.), — ſpann (Richtſpann im Schiffbau), — ſtock (im ——
—ſtube, —tanz, — tiſch, —tritt, —tuch, —wenzel, — wolle; Schee⸗
renaſſel (scolopendra forficata L.), —bot, —flotte, —foͤrmig,
—ſchleifer, — ſchmied, —ſtock (in den Me — — Ein Scher⸗
meſſer babe neben ihm gelegen. Göthe, Meiſters Lehrjahre 8, 10.
Schere (ahd. scäri, scär, scöra; mhd. schære, altn.
sceri—= Sichel, scaeri—= Schere, ſchwed. skära), 1) ein aus zwei
Armen. beftehendes (befanntes) Schneidewerkzeug; 2) (in verfchiebenen
Revensarten) ein gejpaltenes, in zwei Arme getheiltes Ding: Baum—,
Bettfhere; 3) ein abgefpaltenes, abgefchnittenes Felsſtück, beſonders
in der Nord» und Oſtſee; 4) bei den Pferden bie Höhlung, welche
Durch die oberſten und breiteiten Theile der untern Kinnlade gebildet
wird. Bart—, Bett—, Liht—, Garten —, Schaf—, Tuh—, Zaun: .
sichere u. a. — Wenn ich ja übergnädig wär’, fo holt’ ich eine ſcharfe
Scheer und ſchnitt ihm ab die Flügelein. Bürger, zum Spas.
Durch Sachſens Kreife 30g die Kriegesfurie, bis an die Scheeren
des Belts den Schreden feines Namens tragend. Schiller, Piccolo«
mini 2, 7. Mit Inofuliermeffern und Gartenfheeren. Sean
Paul, Titan 1. Die eine Lichtſcheere nad einer Kerze binbe-
wegte. Göthe, Leben 8. 2. |
Scheer, Schererei; Bart—, Feld —, Leut—, Tuchſcherer.
gen des Geſetzes, des grauſamen; Gehorfam
109
— Der Scesrer mußte flaunend etwas Anderes zerhachen als das
Kim. Sean Paul, Heiperus4. Führt mi als Bartſcherer bei
dem Herm nur ein. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 8..
Yam. das richtigere Feldſcherer (mh. scherer) fagt &5
N Ds Feldſch (mb ) fagt the (Reiers
Scherge (ahd. scarjo, scaro, scerio, mhd. scherge, scheri
scherig, .schirg) iſt urfprünglicdh (von scara = ‚Derrenauflage, Fro *
wie in Scharwerk, abgeleitet) Ehrentitel, ſoviel als Scharführer, Schar⸗
hauptmann; dann Ausrichter höherer Befehle, Herold; ſofort Krohn,
Gerichtsbote, Ausrichter richterlicher Befehle; dann Ausrichter pein⸗
licher Gerichtspflege; nhd. niederer Yollftreddender Diener des Gerichts
und der Polizei, bejonders zur Vollftrefung von Strafen. Im ges
meinen Leben gilt der Ausbrud für niedrig, in höherer Sprache Air
alterthümlich, auch niit edlerem Anſtrich. Schergenamt, —haft, —volf.
— ir (ſpricht Gordon, Commandant von Eger) find. nur Scher⸗
beißt bie Tugend, um.
Die der Niedre ſich beiverben darf. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 2.
Ergreift ihn, ihr. eifernen — Goͤthe, Ballade. So ſteht
ein Scherge, von einem Wuͤthriche geſandt, daß er die Unſchuld
dem gehobnen Henkerbeile zuſchleppe, fuͤhllos, taub bei ihrem Angft-
gehenle. Alxinger, Doolin 4, 9. — (Daß fie) ſelbſt von feinem pri⸗
vilegirten Anklaäͤger — und Schergenamte feinen Reſpect haben
würden. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 18. Sie verſchloß ſcher⸗
genhaft ihre rende im Kerker ihres Innern. Benzel⸗Sternau.
aa Schar des Schergenvolkes fland ihm treulich
Häſcher (von haſchen, mhd. haschen; vergleiche ital. cacciare, franz.
chasser — jagen) ber niedere der Sicherheitspoligei wartende bürgerliche Dies
ner. Henker (von henten, Nebenform von hängen) ift zunächſt der bie
Strafe an dem zum Galgen Berurtheilten Vollziehende; dann überhaupt ber
niebere Vollſtrecker des peinlichen Verfahrens an dem Verbrecher; im weiteſten
Einne der Vollſtrecker eines peinlichen Nrthelld an dem Verurtheilten, doch
fier mehr umehrliche Benennung. — Ihn fchlugen die Häfcher in Bande,
Schiller, Bürgfhaft. So müßt’ er fallen durch des Henkers Hand, menn
wir nach Wien lebendig ihn gefiefert? Schilfer, Wallenfleins Tod 5, 2.
Anm. Bon 6 Herge in gutem Sinne kommt, mit auegefloßenem c (tie
follen und Schuld, goth. skulan, skulds, ahb. sculan, scult, mhb. süln, sult
mb schult) das militärifdye. Sergeant, ital. sergeante, fpan. sargento, älter-
— sariandus, gemeindeutſch Scherſchant; aͤlternhd. Schergant für Gerichts⸗
er. |
Scherbe (und ver Scherbel und Scherben, mhd. schierbe)
1) gebrochenes Stück eines gläfernen, irdenen , ſteinernen Gefäßes;
9 hohles Gefäß von ſolchem zerbrechlichen Stoff: Blumenfderbe;
3) im Schiffbau eine zwifchen den Enden zweier Planfen oder Höl⸗
110
zer, die: ſich verlängern follen, gemachte Fuge; 4) (in manchen Ge
genden) ein Maß. — Daß diefer, ohne fidy Tange zu bebenfen, ihm
die Scherben des Napfs an den Kopf warf. Göthe, Meifters Lehr
jahre 2, 10. Ein edler Wein läßt fih aus ſchlechten Scherben
trinfen. Lohenftein. Die Scherben vor meinem Fenſter bethaut’
ich mit Thränen, ad)! als ih am früpen Morgen dir diefe Blumen
brach. Göthe, Kauft 1, 190. Der Ader kann folglih nur noch in
Blumenfherben am Fenſter blühen. Jean Paul, Giebenfäg 2
Beilage. In deren Nelkenſcherben nur Konkordien floriert hatten.
Sean Paul, Titan 38.
Scherbenblume, —berg, —futter (meffingenes Modell), —ge⸗
richt, —gewaͤchs, —farren (in den Harzer Hütten), —fobalt, —kraut
(serratula tinctoria L.), — kuchen, —nelfe, — rand, —urtheil. —
Um wichtigere Beete führte er einen bunten muſiviſchen Scherben:
rand. "Sean Paul, Heiperus 7.
Scherbe (und Scharbe, mhd. scharbe, scherbe, ahd. scarba)
ein Waffervogel, Mewe von langfamem, ſchwebendem Fluge (pele-
canus <arbo L.); fiebe fheren 6.
Scherben (auch ſchärben und farben, ahd. scarbön, mhd.
scharben) mehrere zufammengenommene Theile (Kraut, Bohnen) in
lange, ſchmale Stüde zerſchneiden. — Scharbebrett, —fraut,
— meffer.
Gef, Scherflein (auch Schärf, Schärflein gefchrieben,
ahd. scerf, mhd. scherf, altn. skarfr, ſchwed. skärf) kleines Stüd
dünngeſchlagenen Metalle (verwandt mit Scherbe); dann eine Fleine
Münze; allgemein ein fleiner Beitrag, um etwas zu bezahlen, wenn
es auch nicht mit Geld gefchicht. — Ich muß ernftlih Daran denen,
durch die Publication meines lang vorbereiteten Werkes ein kleines
Scherf als Zeichen meiner chriftlichlutherifchen Gefinnung ‘auf den
Altar des Herrn nieberzulegen. Fr. Jacobs. Ich werde nächſtens
einmal ein’ paar Scherfe eines erften Beitrags mitbringen. Klop⸗
fiod, Gelehrtenrepublif 5. Morgen. Da alle bir ein Schärf-
lein weihen. Bürger, Lied an den Mond, Schon von dem erften
Berichte jo großer Leiden gerühret, fehidten wir eilend ein Scherf
lein von unferm Ueberfluß. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 158.
Doch ſchlag“ an deine Bruft und gib vom frevlen Glück ein mäßig
Shärflein, geid dem Heiligthum zurück. Göthe, Fauſt 2, 204.
Schar (ahd. scära, soar, ınhd. schar; agſ. scaru = Haufen,
scear, sceära — Theil) 1) gleihfam das Abgefchnittene, Abgetheilte,
die beftimmte Vielheit, Abtheilungz; 2) die Reihe (Ordnung), in wels
cher eine ſolche Abtheilung etwas that, mit dem Begriff des Tren-
nens, Ablöfens, befonderd die Tanztour (dm baieriſchen Oberland);
8) Verrichtung oder Arbeit, zu welder unter mehreren jeder nad
feiner Reipenfolge verbunden iſt: Schardienſt, Scharwacht; 4) das
111
einſchneidende Schneidewerkzeug am Pfluge (ahb. scaro, scar, anf.
scær, scear, mho. schar) ; 5) der Einfchnitt an einem Schacht (im
Bergbau). — Haufen fhanten; allein bald wurden die Haufen zu
Ehaaren, bald die Schaaren zu Heeren. Klopfiod, Meffias
20, 585. Fehlen en es nie an Scharen holder Spiele. Bürger,
Huldigungslied. Ein Heer zu fämmeln ſchnell treibt mid) der edle
3ern, und mit der Freunde Schar die Veſte zu gewinnen. Schiller,
Aeneis 2, 56. Ihr Pflug hat feine Räder, und die Pflugſchar if
nicht beweglich. Göthe, ital. Reife, Perugia 25. October.
Beer (gofb. harjis, ahd. heri, inhd. her, agf. here, altn. her) bebeutet
urſprunglich die Berfammlung der Männer aus dem Molke; dann eine große
Menge, befonders ver Krieggerüfleten. Heerſchar foriel als eine Schar,
welche ein Heer if. Das von Klopſtock (Meiflas 18, 2. 19, 246) gebrauchte
Scharenheer = ein aus Scharen beſteheudes Heer, fit eine überaus große
Menge. Armee (franz. armee, ital. armada, vom lat. armare = bewaff-
wen) wird nur von Kriegäheeren nenerer Zeit gejagt, aber nicht in ver höheren
und Dichterifchen Sprache. — Die Sonne löfcht aus, heiß brennt die Echlgcht,
ſchwarz brütet auf dem Heere die Nacht. Schiller, die Schlacht. Aus⸗
faat, o wie reif ſchimmerſt da her! Laut euft im Gefild die Heerfhaar
zu Der Erndte. Klopſtock, Meſſias 20, 830. Im unendlicher Ferne fah ich
die Shaarenheere ver Ueberwinder zum Himmel wallen. Daf. 19, 244.
Die Armee ſich immer muß nen gebären. Schiller, Wallenfleins Lager 5.
Scharbock (Krankheit, Pflanze), —bolten (bei den Zimmerlens
tm), — deich, — diſtel (Schartendiſteſ), „gan —Huft (beide im
Bergbau), —framme (am Pflug), kreuz (in Bergmwerfen), —ling
(heracleum sphondylium L.), —meilter, —pfahl, —flod, — wage,
— wer; Bettler—, Brüder—, Buben—, Chriften—, Delphinen—,
Engel —, Faunen —, Flatter—, Frauen —, Freier—, Geiſter —, Hels
den—, Hilfs —, Höflings—, Hunde —, Inſecten —, Jäger —, Krieger —,
Kriegs —, Männer —, Menſchen —, Mohren—, Pilger—, Räuber—,
Reiter —, Ritter —, Sieger—, Voͤgel —, Vol—, Bor-—, Wimmel:
har u.a. Scharenführer, —gebieter, —gewähl, —trenner,
—weiſe. — Mit einem Schaarmwerf von Andacht. Herder, Ans
trittsrede in Büdeburg. Doch weilt er nicht bei der Bettlerſchaar,
Uhland, em Roland. Willkommen, faubre Brüderſchaar! Uh—
land, von den faubern Zechbrübern. Goldgelodte, friſche Buben-
fbaar. Göthe, Fauſt 2, 240. Drauf fam des Wegs ’ne Chriften-
Be Uhland, ſchwäbiſche Kunde. — —
Schiller, Hero und Leander. Kinder, hold wie Engelſchaaren.
Uhland, Dante. Die Faunenſchaar im luſtigen Tanz. Göthe, Fauſt
2,55. Der Bübchen Flatter ſch aar. Göthe, Mat. Fürſten der Freier⸗
ſchaar. Voß, Odyſſee 4, 629. Denn unter bleichen Geiſter⸗
— feh? = dich ſchon feit - vielen hundert Jahren. Göthe,
Fauſt 2, 172. n fol& Gebilde führt auch unſre Heldenf haar
112
vor feinen Urslirafnen her in Farbenglanz. Daf. 2, 208. (Er)
barrete nur der verheißenen Hülfsſchar. Pyrker, Rudolph 6.
Die Höflingsihaar Im Kreife verlernet jeden Spott. Uhland,
des Sängers Fluch. Eine Hundefhaar verfammelte fih um bag
Eckhaus. Göthe, Tags und Yahreshefte 1801. Um Wandrer ſich
Inſectenſchaaren ziehen. Göthe, Eugenie 4, 2 Da ritt des
Könige Sohn mit feinen Jägerſchaaren. Uhland, Mährden.
Wann Kriegerfhaaren ziehn im Waffenglanze. Uhland, Gejang
und Krieg. Und rüdt heran mit Kriegesfchaar. Bürger, bie
Weiber von Weinsberg. Hier überfahen fie den ganzen Weg, bie
binaufgefchrittene Männerfhaar. Göthe, Wahlverwandtfchaften
‚1,9. Als ih aus des Kloſters Hut in die fremden Menfchen-
fharen mich gewagt. Schiller, Braut yon Meffina, And es flieht
die Mohrenfhaar. Ubland, St. George Ritter 1. en lan
fhaaren wimmelten die Wege Schiller, Maria Stuart 1, 6.
Eeit eine Räuberfhaar Amanden mir entrif. Wieland, Oberon
12, 33. Bon deiner Söhne Ritterſchar begleitet... Schiller, Braut
von Meffine Bon der Siegerfhaar ummimmelt. Göthe, Fauſt
23, 28. Die Vögelſchaar an Wäldergipfeln ftreiftl. Göthe, an
Werther. (Er) —8 die nahende Volksſchar. Pyrker, Rudolph 3.
Die Vorſchar ſtürzt' auf die —95 Pyrker, Tuniſias 8.
emſig müßt ihr fein, ihr Wimmelſchaaren. Göthe, Fauſt 2, 139.
— Und rief dem Schaarenführer freundlich zu. Bürger. Die
finſteren Scharengebieter folgten dem Könige nad. Pyrker, Ru⸗
dolph 3. Seitdem ſtreben wir hier im Schaarengewühl ver
Achaier. Voß, Ilias 13, 777. Der Scharentrenner Adilleus.
Voß, Ilias. Und die Mäufe, taufendfärbig, ſchaarenweiſe. Göthe,
Fauſt 1,205. Was Auge hat, läuft ſchaarenweis herbei. Wieland,
Dberon 7,7. Meine Mutter umdrängen mit unmwillfommner Bewer
bung f len Söhne der Männer. Voß, Odyſſee 2, 50.
Scharen d. i. in Scharen, dann allgemein verfammeln. Davon
- ent—, um—, zufammenfharen. — Ich fehe fchon, wie fie fi
fhaaren. Böthe, Fauſt 2, 23. Des. ganzen Gaues Bauern fiehn
um den Ort gefhaart. Uhland, die drei Könige zu Heimfen.
Und Wehr und Waffen von ſich werfend entfhaart das gan
Heer fih im Gefilde. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 9. &
flop, umſchart in der Luft fort, Pyrker, Zunifias 10. (Es war)
das mittlere Treffen gefondert, feindumfdhart Daf. 1%. Wo
im fohimmernden Zeltraum Rudolph, heldenumſchart, fein har
rete. Porker, Rudolph 10. | Ä
Anm. Scharlach (mhd. scharlach und scharlät) iſt undentſch, vom mit
tellat. scarlatum und scarletum gebildet nz —
Scharwache, gemeinüblich Schar wacht, bedeutet die zur Wache
beſtellten Perſonen, daß fie durch Umgang in Gemeinſchaft reges
— —— — —
Anfachten zur Sicherheit halten, während die Schildwache bie ein⸗
jelne zum **— ausgeſtellte bewaffnete, alfo die auf dem Wache⸗
ũ ei dem aufgehangenen Schilde) ſtehende Perſon iſt.
— Indeſſen war die Schaarwache herbei gekommen. Göthe,
Meiſters Lehrjahre 2,10. Wenn noch fein Poſitivgeſetz dem Schar⸗
wächter oder dem Henker Vollmacht ertheilt, ſeinen Dienſt an ihnen
zu verrichten. Lichtenberg, Epiſtel an Göbhard. Hier kann ich ruhig
Schil dwach ſtahn. Simrod, der Rekrut auf Philippsburg.
Wade (ahd. wachä, mh. wache, agſ. wäcoe, nieberl. wake) iſt der
allgemeinfte Ausbrud und bebeutet zunächk das Aufſein in der Nacht, um
woranf aufzuachten. Bon Wache abgeleitet if die Wacht (goth. vahtvo,
ahd. wahta, litthau. wakta), welches Wort uhd. faſt nur in Zufammenfegungen
vorfommt. Die Garde (älternhb. gwardey, gwardi, gwardy, gvardie,
entlehnt aus roman. , eigentlich veutichlatein. guardia, altfranz. guarde, vom
ventfchen warta, warte, Barte = das fcharfaufachtende Wohinfehen) tft vie
Jemanden beigegebene bewaffnete Mannfchaft zu Schutz und Trug, im Beſon⸗
bern bie allein zu Schub und Aufachtung um die Berfon des Fürſten beſtimm⸗
ten Truppen, die Leibwache. — Entfernt Cuch, haltet Wache vor der Thür!
Schiller, Maria Stuart 1, 5. Leibsgwardy. Fiſchart, Gargantua ©. 138.
Scharf (ah. scarf, öfter sarf, md. scharph, älternhv. scharpf,
agf. seearp, alin. skarpr), 1) frhneidend; 2) von fchneibender 8
kung, Empfindung: ein fcharfer Wind; 3) von gleichſam ſchneiden⸗
dem, gefchickt wahrnehmenden Erkenntnißvermögen: jharffihtig; 4)
u eichſam fchneidenden Geiftes, in Aufſuchung, Wahrnehmung,
ndberung; 5) von einem hoben Grad der Handlung: ſcharf gehen,
laden, fchießen. — Die Luft geht AL es ift entfeglich kalt; s iſt
eine ſhneidende und firenge Luft. Shaffpeare, Hamlet 1, 4.
- & laufht mit ſcharfem Ohr. Wieland, Oberon 7, 59. Bei Leuten,
‚I De nicht ſcharf denken fünnen, t witzige Blendwerke oft gute
, Dienfte. Gellert. Man kann’s fo ſcharf nicht nehmen und genau.
: Schiller, Piccolomini 4,7. Ich Hab’ ihn ſcharf bewacht. Daſ. 2,7.
, Und bie Gelehrten fritten ſcharf und waren ihm zuwider. Bürger,
St. Stephan. As mid [härfer Salavin ins Auge faßt. Leffing,
Nathan der Reife 1, 5. er bort ſeh' ih drei ſcharfe Schüben
Unter Hand um ein Feuer figen. Schiller, Wallenfteins Lager 1.
Der Weihrauch dampfte f Yarf. Günther.
Durchdringend (von dringen, ſ. dasſ.) mit wahrnehmender Kraft bis im
das Innerſte dringen und das Verborgene zeriheilend. Bein (ahd. fin, mh.
vin, altn. ſinn =politus, blank, fein gemacht, franz. fin, mittellateln. finus;
vielleicht von finitus?) das Kleinſte und Zarteſte wahrnehmenn, was dem ges
wöhnlihen Sinn und Berſtand ſchwer wahrzunehmen if, und dieſe alfo leicht
unbemerkt laſſen. Scharfſich tig von leicht wahrnehmenber und auffaffender
(Eirperliher und geiftiger) Sehkraft bis ins Kleine und Berne. Scharffin-
nig geitgewandt in einer ſelbſt bie in das Innerſte gehennen Wahrnehmung
<
KT ⸗
114
3
des Berborgenen und Unterſcheidenden. — Streng (ahb. strank(g)i, strenk(g)i
mhe. strenge, agf. sträng, streng, altn. strängr; vergleiche gr. oremns, lat.
strenuus) von feſter Kraft; flark, kraft⸗ und muthvoll, firaff; in manchen
Bedeutungen angelehnt an eine dem ahd. strang(c), mbb. stranc, agf. sträng,
alt. strengr = Strang, dem lat. stringere, gr. drpayyar = fitaff anfpans
nen, zufammenziehen, zu Grunde liegende Wurzel: unnachfichtlich feR und
genau in Befolgung eines Verhaltens oder für ein Verhalten, ohne ſich durch
eine fanftere Gemüthsregung beitimmen zu laffen. — Wir merken erſt, wie
traurig und unangenehm ein trüber Tag if, wenn ein einziger, durchdrin⸗
gender Somnenblid uns den aufmunternden Glanz einer heiter Stunde
darſtellt. Goöthe, Meiſters Lehrjahre 3, 2. Meiſter war ein hoͤchſt feiner
und ſcharfſinniger Kopf. Lichtenberg, zum Andenken vou Verſtorbenen.
GEi, über ven fharffinnigen Mann! Ja, ja, was befien Falfenaugen ent⸗
gehen foll! Leffing, ant. Briefe 86. Die Berfafung bat feine Würde zuvers
läffiger gegen alle Gefahren verfchangt, ſcharfſinniger non bem traurigfien
Pflichten, von den Leiden der Herrfchaft befreit, als es irgend ein Staats:
kluͤgler ausdenken mag. H. P. Sturz 5. Brief. Weil ein firenges Gebot
des fharfen Vaters dich ſchreckte. Ramler, Catull 68, 159. 6000 Thaler
ein ziemlicher Verſtand, 12000 Thlr. ein feiner Verſtand, 30000 Thlr.
ein großer Verſtaud, 50000 Thlr. ein durch dringender Verſtand. Has
Wörterbuch, Derftand.
eo. angefchlofien, — bau, —blätterig, —blick, —blidend,
bolzen, g, —eiien, —gefehliffen, —— — hei —pammer,
—fantig, — klauig, —klug, —fraut, (asperugo L.), ftig, —maul
(e realota L.), —rand, (helix albeila L.), —renner, —riditer,
pe (turbo acutangulus L.), —ſchneidig, ZieuB, —fhüße,
— ich, — ſichtigkeit, — inn, —finnigfeit, —pigig, —zad1g, PR
—trennend; haarfharf. — Wo fi der Geifl, verivorren, !
quält in fumpfer Sinne Schranken, —— Ioffnem Ket⸗
tenſchmerz. Goͤthe, Fauſt 2, 334. Die Sohlen fremder Männer
hrete bald fein fpähenber Scharfblid. Pyrker, Rudolph 6.
Ar war der forgfame und ſcharfblicken de Steurer in Berfuchun
den Meifter zu weden. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 10. Da Do
er (der a: Hana AHA ihm alsbald auch die Sch
tern durchfu iſias 8. Doch es ſchüttelten Speere
die Mori linfene = ——— Frl — 618. Mit
ee Angel Voß, 9. Scharfllauige
er. Voß, Odyſſee 16, 217. Wer Nie wohl fo [harfflug,
fo Pe vernsfen Ya Schiler, Don Karlos 2, 8. (Sie) erreichten des
Berge fharfluftige Krümmen. Voß, Flias 19, 482. Sein Hals
wär’ ein rechtes Freſſen für einen Scharfrichter. Golhe, Egmont 2.
Wenn ich's gerade ſagen ol, Da. (fol er vornehs
men.) Platen, rom. Debipus 1 En — or
Acht feine Reinheit eben fo groß war. Sean Paul, T
115
Beſonders aber erzürnte er fih über unfern Mangel an Pr.
finn. Göthe, Leben 10.8. Mit ſcharfſpitziger Lanze Voß,
Jias 16, 310. Mit Sharfzadigem Marmor. Voß, Ilias 12
330. Schharfzahnige Hunde. Voß, Ilias 10, 360. Sein ſcharf—⸗
trennender Dli zu ſcheiden Beßres vom Schlimmern. Koſe⸗
garten, Hymne an die Tugend.
arfe (ahd. scarpht, mhd. scherpfe) 1) die Eigenfchaft, der
Zuftand eined fcharfen Dinges (eigentl. und figürl.); 2) ein fcharfes
Ding, oder der fcharfe Theil eines Dinges; 3) (bei ven Mülfern)
die und Weile die Muͤhlſteine zu fchärfen. — Denn nun fieht
ed Allen fürwahr auf der Schärfe des Meſſers, fchmählicher Unter⸗
gang ven Achaiern, oder auch Leben. Voß, Ilias 10, 173. Doch
wurden aud) diefe mit gehöriger Schärfe und Genanigfeit aufge
fuht. Göthe, Windelmann 2. — Augen—, Amtds— , Degen—,
Efig—, Rauch —, Sinnnfhärfe u. a,
Schärfen Cälternhb. scherflen, altn. skerpa) 1) (Jägerſprache)
ſchneiden; 2) ſchneidend machen Ceigentl. und figürl.).. Davon
ab—, auf—, aus—, ein—, zufhärfen. — Ein feiner Plan!
Sein zugefpist! Nur Schade, zu fein geſch I daß die Spipe
ah! Schiller, Maria Stuart 4, 3. Biel Denken [härft den
Sinn. Opitz. Kränfen ein liebendes Herz, und fehweigen müflen;
sefhärfter Fönnen die Dualen nicht fein, die Rhadamant_ fi
it. Göthe. Ih... werde bie Ernſt einfhärfen. Voß,
Luiſe 3.38. 195. Vergeßt nur nicht dem Schneider einzufhärfen,
dag er mir aufs genauefte mißt. Göthe, Kauft 1, 111. Merkfwürs
war ed, als wir neben der fonft in die Luft gerichteten Spige
fanden, auf ven Zufhärfungen verfelben Sphinr nad) Sphinren
anf Das Zierlichfte abgebildet zu fehen. Göthe, zweiter Aufenthalt .
im Rom, September.
Wehen (ahd. hwezzan, mhb. wetzen, agf. hwettan, altn. hvetia,
von agf. hwat, hwäs, altn. hvattr, hvass = ſcharf, ſchneidend) beveutend
reibend oder ſtreichend fchärfen. Schleifen (f. dasſ.) ift eigentlich fich glei⸗
tenb beiwegen; dann glätten, vie Reibung auf der Oberfläche benchmen. —
Ginprägen (gehört zufammen mit mhd. phrengen —= drängen, drücken, aus
phrangian, mit eingefchobenem n), wie einfgärfen, machen, daß etwas im
Berftande eindringlich fe. Cin bindien und einfnüpfen (von ahb. chupfen
— durch einen Knopf verbinden) machen, daß etwas im Gedächtniß fefthalte.
— Schon wegte Meiſter Nrlan auf diefen Braten feinen Zahn; Bürger,
der Raubgraf. ber mächtig befiedert, mit frifh gefchliffener Schärfe,
bringen die andern (Pfeile Amors) in’s Marl. Gothe, römifche Glegien 8.
Richt die Gewohnheit zu gehorchen allein möcht” ich dir einprägen. Göthe,
Egmont 4. (Er) erflärte Wilhelmen, wie das Fräulein ihm eingebunden,
für die Berlaffene Sorge zn tragen. Goͤthe, Meifters Lehrjahre 4, 9. Daß
er (Marineli in Lefings Emilie Galotti) nachher dem Angelo eingelnüpft,
8*
116
— nn U 2
den Grafen nicht bloß zu verwunden; fonbern nieberzufchteßen, davon llegt ber
wahre Grund in feiner Furcht vor dem Sweifampfe J. I. Engel.
Scharte (ahd. scarta, mhd. scharte, altn. scard) 1) Einfchnitt,
eine m‘ Schneiden, Reigen, Brechen ꝛc. verurfachte —— an
ſcharfen ſchneidenden Werkzeugen, in einer Mauer; 2) (ſig.) Scha⸗
den; 3) (früher und noch in der Volksſprache) Tiegel, Pfanne;
4) (Bolfefpradhe) ein Pr ars abgefprungenes Stüd, Span,
Splitter. — Du haft fein Iharfes Schwert mit Scharten flunpf
gemadt. Opitz. Ich maßte mih an, o Borfiht, die Scharten
deines Schwertes auszuwetzen und beine Partellichfeiten gut zu ma=
hen. Schiller, Räuber 5, 2. Auswetzen wollt’ er dieſe Schart
an manchem Städtlerihopf. Schiller, Graf Eberhard der Greiner.
Wie wurde Fallſtaffs Degen fo ſchartig? Shaffpeare, König Hein⸗
rih IV. 1. Theil 2, 4.
Schartendiftel, —fraut, —fchnäbler (phoenicopterus L.); Ha⸗
— Schieß —, Meſſer —, Säge—, Feldſ arte (serratula arven-
sis L.)
Anm. Scharte hängt zunächfl mit dem ahd. Adjectiv scart, mhb. schart —
verlegt, verftümmelt, air scartian, scertan — ſcharten, verlegen, zufammen.
Schnur (ahd. scurt, mhd. schür) 1) die Handlung des Sche-
vend (mitunter auch figürl., in der Volksſprache dann oft der Schur);
2) die Zeit, zu welcher die Schafe gefchoren werden; 3) dos was
abgefhoren, abgebrochen (im Bergbau), abgemähet wird; davon
4) überhaupt der Ertrag eines Feldes, — Wie Samſons Haarzopf
wuchs es nur der gamen Nation zum Schur. Soltau Diefe
nn chur, Verſammlung iſt fie aller Liebesgdtter. Shaffpeare,
das Wintermährden 4, 3.
Schürig, Schurwolle, Feld—, Haar—, Schaf—, Wollſchur. —
Eine Mufil, die den heiligen und profanen Charafter vermiſcht, ift
getttoe, und eine halbfhürtge, welche ſchwache, jammervolle, er-
ärmlihe Empfindungen auszudrüden Belieben findet, abgeſchmackt.
Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer.
Anm. Gin anderes Wort Id Wildſchur (ein Wolfspelz, an weldhem bie
Haare auswendig find) mhd. wintschäre (Öberfleiv), wol von dem poln. wilczura
(Wolfspelz, von wilk = Wolf). — Stolberg, trotz dem Orkan, wie er winiere,
fomm in $ Iber Wildſchur. Voß, der Winterſchmaus.
Schurf 1) Wunde, Offnung, Schnitt; 2) (gewoͤhnlich Schorf,
niederd. schorf, schörft = Grind, vom agſ. scöorfan = nagen)
Grind, die rauhe Rinde auf einer Wunde, die Krätze.
ürfen (ahd. scurfan, mh. schürfen, agf. scyrpan, Scyr-
fan; vgl. scöorfen) eigentlih mit etwas Scharfem aufkragen (im
Bergbau), einen Ritz, Schnitt, Loch, eine Deffnung ı. — Da⸗
von auf—, erſchürfen. — Nach einer Pauſe trat ein Bergmann
mit einer Bade or und ſtellte, indeß die Andern eine ernfihafte
117
Melodie fpielten, die Handlung bes Schürfens vor. Göthe, Mei-
ers Lehrjahre 2, 14. Nach ihrer Wohnung magft in's Tiefſte
fhürfen. Göthe, Sant 2, 73. Und e8 wird fich leicht erfchürs
fen, ob wie beide Gleiches meinen. Göthe, an ‚Sie.
Schürfer (mhd. schürfeere — Nadrichter, der ben Holzhaus
fen zum Verbrennen anftedt); Schürfarbeit, —geld, —gezäh (die
Werkzeuge zum Schürfen), —hobel, —ſchacht, —weien, —zettel;
fhorfig, Schorfhobel, —Tattig (rumex acutus L.), —m008 (lichenL.).
Schüren (ahd. scurjan) überhaupt bewegen, gewöhnlich Das
Heuer zurechtftoßen, damit es brenne; auch ein Kunſtwort der Boͤtt⸗
der, wenn fie das brennende Pech in den Fäſſern hin und vn rüts
teln; den Rod fchüren d. h. ihn aufheben, in die Höhe ziehen. —
Schürft du das Feuer nicht, bift du nichts werth. Göthe, Pandora.
Daß meine Liebe felbft, die ich euch zeige, nur eures Haſſes Flamme
heft'ger ſchüre. Schiller, Braut von Meffina. Ein geheimer Trieb,
der feine Hoffnung ſchürt. Wieland, Oberon 11, 16. Daß er
bfie, mich nur bindet, fondern daß er fie auch ſchürt. Logan.
ob, daß ich ein Junge bin, der nichts zu [hüren hat, Over⸗
bed. — Der Opferbrand wird angefchürt. Hagedorn. Noch flammt
der Streit, den Eris angefhürt. Wieland. Gegen Mitternacht
wollt’ er fich fein Feuer einmal auffhüren. Grimm, Hausmär⸗
den 3. Ein chemiſcher Ofen, der zone Zeit ohne Nachſchüren
fortarbeitet. I. Paul, Titan 47. Anmerl. Und weilman, fhmähend
auf den Rauch, am Holsftoß Hingeftredet, zuſchüret. Voß, bie
drei Diebe.
Schürer; Schürbaum, —bledh, —bütte, —eifen, —hafen, —herd,
—-holz, —knecht, -loch, —ſchaufel, —ſtab, —ſtachel, —flol.
Schürgen (ahd. scurakan ? scurgan ? scurigan ? scorak&n ?
scorakön ? im Partie. scoragunten Doc. 233°, mhd. schürgen,
schargen, ſchwed. skurigla) fortftoßen, vorwärts treiben. Davon
fhurigeln (in der Volksſprache auch ſchoörgeln) plagen, quälen,
eigentlich berumftoßen. eo (in der Volksſprache Scherg(i)er)
heißen diejenigen, welde das Gepäd ver Reiſenden 3. B. von den
Dampfichiffen in Mainz, Eoblenz ıc. in die Stabt bejorgen, mögen
fie e8 tragen oder fahren.
Aum. Statt ſchürgen fagt C. F. Weiße (Haushälterin 2, 8): war
ein Ochfe, daß id 1a a u a f Ay ’ en
Schierling (ahd. scäriling, scörning, mhd. schörling) eine
befannte Giftpflanze mit eingefhnittenen Blättern. — Im
fupfernen Ziegel den Effig kochen mit Baldrian und Donnerneffel
md Schierling. Voß, der Riefenhügel 123.
Anm. 1. Ray Schmitthenner und Schwend Hängt and Schaner
por skura — Sturmwirbel, ahd. schr, mhb. schär = lingewitter, vornehmlich,
‚ mittelntederd. scure = ®ewitter, agf. scür, scöör, engl. shower = Plap-
118
vegen uud ylöglicher Regenguß, altu. skür = Gelagregen) mit ſchüren, ſchu⸗
sen zufammen,
Yum. 2. Adelnug, Shweud'n. A. führen any Schurke (von fur
gen) und Scherz (glei fam — — auf ſcheren zurük. Weigand
will lieber an das engl. schark = etrieger, oder an das ital. scoreggi-
äre — peitſchen (alfo der bie Hide erbient) venten, und bei Scherz au das
ital. scherzo, verwandt mit ahd. scörön, mhb. schörn, schernen — bie Jeier⸗
Runde halten, Muthwillen treiben, fpotten. Schmeller weilt anf altu. akritinn
= [oe erzhaft, skritn — Boflen und auf mhb. schreczen = fdherzen,, fpielen Hin.
®: mm findet in diefem Wort eh re ein thierifchee Jauchjen, denn mhb.
schörzen wird vom geilen Schrei des om blödenven Kalbe, vom wichern
den Pferde gebraucht. W. —— —8 das gr. Huslpery, Ouuprav =
hũpfen, fpringen, vorzäglid von re und = — gebraucht.
Anm. 8. Scharren (ahd. sc . scar, mhbb. schörren) iſt mit
ſcheren verwandt. So auch das — Er lie 1a urren. — Nieder vie
enge ruft ſinkt ſchon der Ss, bie ——— Schaufel ſchurrt. — arten.
— r voraus und ſchurrte auf = runden — hinunter (in den Br
alis, — J — 1, Ihr Vater, Herr Baron! Iſt er endlich
— hurrt? — Be ſouſt in ver nn Bolksſprache auch
brratzen für eben). Voß, Junker Kord 115
Anm. 4. > ee fchier ift auf bie Wurzel scur = beiegen
d = vorwärts eilen, urüd
a en een Dar
Yum. 5. Gin anderes Wort if das ni che — —
mb. schir, alte. skir, altſ. und agſ. scir, goth. skeirs; davon 280
— elkatern, Del made. = Danıe fheuern een CH
518 erenes Tuch un dazu: „ n Ni
—BWB fichtige Leinwand, weniger fein, als —S
Schwären ſtatt ſchweren.
(Wurzel suar, suir; war, wir? sar?)
Schwäre, ſchwor, geſchworen, ſchwaͤren (ahd. suiru, suar,
suArum&s, suoraner, suéran; mhd. swir, swar, swären, gesworn,
swörn; vgl. ahd. warahk, mhd. warch, gen. warhes, warges =
Eiter, wärhen fchwären und inhd. ser, sere — Verlegung, Schmerz,
BOT, serlich — verwundet, fehmerzlich) eigentlich ſchmerzen, empfind⸗
Kid. fein; ——— nur in der dritten ern gebraudyt in der Bes
deutung mit Eiter angefüllt werden. — Dies Amt ziemt einer Frau
umeift; id, übernehm’ es: tft füß mein Mund, mag meine Zunge
h wären, und nie mehr meines ns erglüh’nben Zornes Trompete
„Shalfprare, Wintermährchen 2. Sehen Sie die fhlechte
sun ung (der Nadeln); jeder Si damit ſchwärt. J. Paul,
enkaͤs 7. Der ſchwärenden Beulen fchredliche Dual, Border,
Mofes 2.
Unm. 1. ner : sfchwär, ſchwuren, et 1 tins ſchwaͤren. Ich
—— wäre, cr fiwäre, mle (msn; Sa fhwar, 14 fowiee, ge
119 -
" (um. 9. MR. hat swörn auch noch vie abgeleitete (fig.) Bedeutung her⸗
vorfprießen: dag berndiu bluot swirt e des hörzen blüete d. i. das ge⸗
Börende Blut Supiept hervor aus des Herzens Blüthe. Gottfrieds Lobgeſang auf
Chriſtus und Maria Ze: —
Ab —, aus —, fort—, herausſchwären bedürfen keiner weiterm
Erklaͤrung, kommen aber in der Schriftſprache ſelten vor. — Stie⸗
ler hat außer a b—, aus—, noch unter —, zer—, zu —, zu—
fammenfhwären.
Schwären, der, die Schwäre (ahb. der suero, mhd. swer =
Vollsſprache Schwärn) eine Erhöhung der äußern Haut, unter wel:
Ser ſich Eiter ſammelt. Geſchwür (ahd. daz gasuer, mhd. geswer, '
bei Etieler Geſchwär, Geſchwür) eine Eiterfammlung unter der
äußern Haut, aber aud) im Körper. — Wo die Hunde des a
Mannes ihm die Schwären leden. Shaffpeare, König Heinrich KV."
1. Theil 4, 2. Aud ging hinweg bie böfe Schwär. Overbeck.
Jemand flirbt floifh, an einem Geſchwür am Rüden. Lichtenberg,
wißige und fatgrifhe Einfälle. Dieß ift des Wohlſtands und ber
Geſchwür, das innen aufbricht, während fi von außen fein
Grund des Todes zeigt. Shaffpeare, Hamlet 4, 1. 2
Schwer (ahd. suäri, mhd. swaere, swer, agf. svar, sver,
ver) Drud- und Schmerzempfindung ausdrüdend, deren Ueberwia⸗
bung Mühe Eoftet: Laft, Geld, Zunge, Sorge, Sünde ꝛc. — Die
Schwere (ahd. suäri, mhd. swaere) die Eigenſchaft eines Dinges,
da es ſchwer if; früher auch Schmerz, Sorge, Noth. — Keine Irr⸗
thümer find ſchwerer zu heben, als die ihren Schuß in dem natür-
lichen Charakter ihres Geiftes finden. Gellert. Nimmer erweckt ihn
ber fröhliche Reigen, denn der Schlummer der Todten ift ſchwer.
Schiller, Braut von Meffina. Denn zu tief fihon hat ver Haß ge-
freifen, und zu ſchwere Thaten find gefchehn. Dal. Etwas fürd-
tm und hoffen und forgen muß der Menſch für den kommenden
Morgen, daß er die Schwere des Dafeins ertrage. Daf. '
Sart (goth. hardus, ahd., mh. hart, agf. heard) feſt in feinen Thels
len; dann (fig.) unangenefm. Empfindlich unangenehme oder durch das
Unangenehme leicht aufreizende Cindrücke in höherem Grab erregend. Siehe
ah Gewicht und Wucht. — Der erſte Augenblid muß auf dich eine
enpfindliche Wirkung machen. Gäthe, Clavigo 8. Iſt denn die Krone
ein fo einzig Gut! Iſt es fo bitter fh wer, davon zu ſcheiden? Sch kenne,
was noch [ch werer fich erträgt. Don dieſen trotzig herriſchen Gemüthern
ſich meiftern loffen, von der Gnade leben Hochfinnig eigenwilliger Bafallen, das
iſt des Harte für ein ebles Herz, und bittter, als dem Schickſal unterliegen.
Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 6. —
Eiſen —, Sorgenſchwere; ſchwerathemig, —athınend, — auf⸗
ſtöhnend, — bedeckt, —bebangen, —beladen, —belaftend, —bewaffnet,
—blütig, — duftend, —fall, —faällig —faͤlligkeit, —faltig, —fläche (in
120
ber Mathematit), — flüſſig, —füßig, — geharnifcht, —gefräuft, —
— —geöote, gem, lau, hal, Ser, pe
rig, —börigfeit, —köpfig, —kraft, —Taftend, — leder, +-Ieibig, — lich,
— linie, —löthig, —meifer (die Schwere der Luft zu meffen), —muth,
— müthig, —punet, —reid, — feinen, —fpath ), —ftein, —flö
nend, —treffend, —wandelnd, — wichtig; alter(s) ſchwer, bedeu⸗
tung—, blei—, donner—, frucht —, gewitter—, inhalt —, ſchickſal —,
ſchlummer — u. a. Und unter Eines Joches Eiſenſchwere bog
er verneinend ihren ſtarren Sinn. Schiller, Braut von Meffina.
.Mißmuth, Neue, Vorwurf, Sorgenfhwere belaftens (das Herz)
nun in ſchwüler Atnofphäre. Göthe, Elegie. Die tief unter uns
fhwerathmend wohnen in dem Dualm der Städte. Schiller,
Tell 2, % Die nun trugen zur Stadt den fhweraufftöhnen=
den Krieger. Voß, Ilias 14, 43%. Aber aus ſchwerbedeckter
Enge treibet mich ein eigenes Gewicht. Göthe, Braut von Corinth.
Entfaltet mir die [hwerbehangenen Aeſte. Göthe, Ilmenau
3. September 1783. Der (Zag) mir auf einmal jede bange Sorge
vom ſchwerbeladnen Bufen hebt. Schiller, Braut von Meifina.
Gehüllt in trauernde [hwerbelaftende Dämmerung. Klopſtock,
Meffias 9, 56. Denn es war der Greis in der Naht ſchwer⸗
duftender Stunden aufgeftanden. Daf, 6, 161. ne bäßliche
Unart ift das, die Sie ſchwerfälli ß und aldern mad. iller,
Fiesko 2, 2. (Gewand), das ihre Götterformen edler hervorhob,
als einft das ſchwerfaltige. Benzel-Sternau, Ein anderer Mann
aber blieb ernft an feinem ſchwerfüßigen Tifhe ſitzen. Derf.
Der Spanier fhwergeharnifchte Reiter. Pyrker, Tuniſias 8.
Schwingt zu Roß fih ſchwergerüſtet. Uhland, Ritter Paris.
Es beugte ſich der Stolz des Kaifers vor dem Schwergefränften.
Schiller, Wallenfteing Tod 3, 13. Rachetrunfen, ſchwergeſcholten.
Böthe, Pandora. Mein Herz, das zu ſchwergläubig war. Thüm⸗
mel. Schwerhauptig fanf er. Sonnenberg: er ibm von
feiner Shwerhörigfeit helfen wollen. 3 Paul, Heiperus
3. Die Troer umſchlug fchwerlaftender Kummer. Voß,
Ilias 16, 549. Schwerlich indeß wohl kommt er anfest. Daf.
17, 709. Kurz darauf betrat Saul die Scene, in großer Verlegen-
eit über die Sınpertinenz des [hwerlöthigen Kriegers. Göthe,-
eifters Lehrjahrte 1, 2. (Du) neigeft dich mit Ieffem Tröſten an
der Schwermuth dumpfes Ohr. Salis, das Mitleid. Ein Mit
leiden, das felten von empfindfamerr Schwermüthelei begleitet
wird. Lichtenberg, morl. Bemerkungen. Du bift ung faum ent-
wichen, und fhwermüthig ziehen aus bumpfen Hölen..... Verdruß
6 Spat (und zwar richti —
spand; verpleie fanfte sphatika = amnhall © nn epet. engl
mb Langeweile. Gothe, an Zacharis. Schwermuthsvoll und
vumpfig hallt Gelaͤute. Hölty, Elegie. Sein ſchwermuth⸗
trankes Bürde. Da der Ehrenpunkt der Schwerpunkt
war. ul, Titan 11. Wo ich Arybos Tochter, des gar ſchwer⸗
reihen*), mich rühme. Voß, Odyſſee 15, 435. Die leichte Be⸗
in der ſchwerſcheinen den Rüſtung. Göthe, Meifters
kehrjahre 5, 11. Ohne zu fürchten Zeus. ſchwertreffenden Zorn.
Voß, Ilias 13, 624. Mein ſchwerwandelndes Hornvieh. Voß
Odyſſee 4, 330. So lenke dann die alterfhweren Tritte nach
jenem wohlbefannten Klofter Hin. Schiller, Braut von Meffina.
Den Nacken altersfhwer gebeugt. Pyrker, Rudolph 6. Drei
Vorte hört man, bedeutungfhmwer Schiller, die Worte des
Vahns. ES Tiegt mir bleifhwer in den Füßen. Göthe, Fauſt
1, 118. Diefe donnerfhwere Wolfe Schiller, Braut von Mef-
fm. Daß deine Sprache eine reichhaltige, vollblühende, frucht⸗
fdwere... Sprade fe. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Und es
naht gewitterfchwer. Schiller, Hero und Leander. Drei Worte
nen’ ich euch, inhaltfhwer. iller, die Worte des Glaubens,
So hört und fchant das ſchickſalſchwere Blatt. Göthe, Fauſt
2, 65. (Er) neigt das Haupt, wie ſchlummerſchwer. Uhland,
der Rofenfranz. i
Yum. art Hat noch einige andere Infammenfekungen:s Schwermägig,
ee He ee 102, en . *
Schwierig (ie iſt bloß Dehnung, ahd. suẽrag, mhd. swirec),
Schwierigkeit. — Bergvölker find unbezwingbar wegen ber Fels⸗
wände und des engen ſchwierigen Zugangs. Meißner. Bis ein
Verf des Genies, von dem man nur aus der "Erfahrung lernen
konn, wie viel Schwierigfeiten es zu überfleigen vermag, biefe
Bedenklichkeiten AN widerlegt. velfing, Hamburg. Dras
maturgie 1,2%. Da liegt die Schwierigkeit. Wieland, Oberon 4, 61.
Anm. Für Schwierig flieht bei Schiller oft (meiſt auf Perfonen über:
tagen) ſch würig, welche Schreibweife nicht nachzuahmen, auch nicht in allen
Ausgaben beibehalten it. — Der Adel it fh würig. Fiesko 2,18. Alle Stände
ea g. Biccolomint 1, 8. Auch öfters bei Sölhe, aber mit derfelben Unficher-
find doch nur ihres Gleichen, das fühlen fie und werden ſchwürig.
Gig von Berlichingen. Das Bulk wird ſchwierig werden. Egmont 2. ®
Beſchweren, feltner ſchweren (ahd. svärian, mhd. swieren
amd beswzeren) 1) ſchwer maden: ven Magen; 2) (figürli) Bes
ſchwerde maden;.3) fi) beklagen. Davon Beſchwerde (ahd. suẽ-
rado, suẽrido, suẽrdo, mhd. swẽrde), Beſchwer, beſchwerlich,
Beſchwerlichkeit, Beſchwerniß, Beſchwerung; erfchwereü.
®) Nach dem gr. Original (molvyalvov) heißt es eigentlich des an Erz rei:
den. Die Bollsſprache gebraucht Hier und da das einfache ſchwer in der Bedeu⸗
hg wen reich, 3. DB. im Jerjel von Fr. Lennig: „Eich fein e ſchwerer Mann.“
122
— Zerſtreute laͤndliche Wohnungen, freilih von ber kaͤrglichſten
Sorte, jede von ihren Bewohnern felbft zufaummengezimmert aus ver⸗
fehränften Balfen, die großen ſchwarzen Schindeln der Dächer mit
Steinen befhwert, damit fie der Wind nicht wegführe. age
Meiſters Wanderfahre 3, 5. Einer will die Sonne, die den Au—
dern beſchwert. tler, Wallenfteins Lager 11. Ich befhwere
mich nicht über dieſes Mißtrauen. Leffing, Minna von Barnhelm 5, 5.
Und ſchweret feven Aft mit einer fügen Frucht. Alringer, Doolin
6, 53. Vernehmet meine Befhwerden. Göthe, Reinefe Fuchs
1, 22, DBergeben und vergefien fon tft jeglihe Beſchwerde.
Bürger, die Entführung. Gern trägt fie die Beſchwerden des
ungetooßnten Standed. Wieland, Oberon 9, 30. Das macht ihm
eben fein Beſchwer. Kopiſch, —— (Sie war) —— und haus⸗
Bd, fleinlih und beſchwerlich. Göthe, Meifters Lehrjahre
1: — zu fuͤrchten iſt leicht, aber beſchwerlich, Ehrfurcht zu
hegen iſt ſchwer, aber bequem. Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 1.
ing er an, uns, wiewohl mit ann Befhwerlichfeit, Die Ge
chichte davon zu geben. Göthe, Werther 1.2. 1. Juli. (Sie)
endeten ohne Beſchwerniß nod an demfelbigen Tag. -VBoß, Odyſ
fee 8, 335. Was mir tauſendfach die eigne Noth et Hwert. Wie
land, Oberon 9, 16. . |
Laͤſtig (von Laft, fiehe Laden) bebentet in hohem Grabe drückend unan:
genehm, ſehr befhwerlid — Run bift du los der allzu läfligen Schwere.
Goͤthe, Kauft 2, 49. Der dicke Rauch, welchen dieſe Fadeln in einem engen
unterirhifchen Raume hervorbringen, . wird den Augen läflig und madyt pas
Athemholen befhwerlid. N. v. Humboldt, bie Felehöhle von Guadhare.
Anm. 1. Zu diefee Wurzel gehört wol aud) ahd. ser — Schmerz, wovon
nhb. verfehren und unverfehrt (ahb.seraw&n — hinſchwinden, nieverf. seren
= Schmerz erregen, mh. sören — Schmerz erregen, verwunden). Ober {fl an
gr. Salon — ich verziehe die Lippen, zeige die Zähne, ‚ale Ausprud des Zornes,
des Hohnes ıc. zu denken? — Dann, andrerfeits, verfehr ich meine Freunde.
Shaffpeare, König Richard II. 3, 7. Rüdert Hat noch die Sehre. Sie fürd:
tet eine Sehre, die ihr würde gethan. Nichts ihr bringe Fahr (Gefahr) und S ehr.
Sefammelte Gedichte 4, 381. 200. |
Anm. 8. W. Wadernagel rechnet hierher au Schwarte (mhb. swarte,
agf. swöard, altn. svördr, holland. zwoord) die vide, harte, behaarte Haut des
Shlerfleifehee früher auch die behaarte Kopfhaut des Menſchen. — Daß die Sch warte
bavon zufammenfchrumpfte. Göthe, NReinefe Fuchs 8, 303. Bier dutzend Bände,
in Pan und Schweinfhwarten. Voß, der Horfpfaffe,
m. 3. warm (ahd. suaram, suarm, mhb. swarm) fünnte man ver-
fucht fein auch Hierher zu rechnen; befier denft man an fanffr. swr, swri, Bwar
tönen, swara = Ton, alfo das könende Durcheinanderbewegen.
Weben.
(Wurzel wab, wib, agſ. vef, fanffr. vap, vip.)
Sebe, wob, gewoben, weben; auch ſchwach conjugiert, (ahd.
Ä wipu, wap, wäpume£s, wöpaner, wöpan; mhd. wibe, — wä-
ummin
dag was in ihm lebt md weht und
123
geweben, wöben; goth. bivafbjan — umgeben, den;
agſ. vefan, altn. vefa, — väfva, daͤn. voeve, engl. weave)
mit der Grundbedeutung hin und ber bewegen, in diefer Bebeutung
jedoch veraltet und nur gebräuchlich in beſondern Redensarten: Alles
Iebt und webt an ihm; gewöhnlid die Fäden hin und her ziehen,
@infchiegung eines Fadens in einen ausgefpannten Aufzug
hervorbringen: Tuch, Spiten, auch fi — Liſt, Betrug. — So
e ſeine Kraft, nie ſeinen
Geiſt vermi Göthe, Gott, Gemüth und Welt. Im Lenzhauch
webt der Geift des Herrn. Matthiffen, Naturgenuß. Reich’ ihm
beinen beil’gen Schleier, der — —— die ihn tragen,
wmverleglih aus den Grab der Fluten hebt. Schiller, Hero und
Leander. Der bied Band um eure heilen Sinne wob. Schiller,
Maria Stuart 1, 3. Daß alle Lift und alles a. Gewebe
fi) allein in meinem Kopfe fpinnt und webt. Göthe, Taffo 4, 3.
Da werde der Iuftige Reigen gewebt. Mathiffon, Keenreigen. Hoch
über der Zeit und dem Raume webt lebendig der höchſte Gedanke.
Schiller, Worte des Glaubens. Denk dir ein Weib im fchönften
Jugendlicht nach einem Urbild von dort oben aus Rofenglut und
kilienſchein gewoben. Wieland.
ab—, an—, auf—, aus —, durch —, ein —, ent —, fort—,
mit —, über—, um— , ver—, vor —, zu—, zuſammenweben be-
dürfen keinerweitern Erklaͤrung, ſind jedoch nicht alle gleich gebräuchlich.
— Einen Knäuel abweben. Thümmel. Der es beliebt, zu immer
regem Leben, mit Handlungen die Handlung zu durchweben.
GBöthe, Feftgefang zum 18. Dezember 1818. Dom Brautfleiv eh’
ih fie umbebt, mit Silber und mit Gold durchwebt. Paten,
. Des Sonnenſcheins grünlid durchwobenes Gold.
Salis, Elegie an die Ruhe. Nichts erwedt die Neugierde der Jugend
als Ban nützlicher Kenntniffe in angenehme Gedichte
eingewebt. Lichtenberg, äfthet. Bemerfungen. Ein Iuftig Gewebe,
leicht zu entweben. Klopflod, Meſſias 7, 47. Welches (Schids
9 unfihtbar ſich dem Auge fortwebt, immer ind Dunklre webt.
lopſtock an Gott. Schwarze Marmormaſſen aufgelöft, zu weißen
kryſtalliniſchen Säulen und Flächen wieber bergefie t, beuteten wir
auf das fortwebende Leben der Natur. the, Campagne in
Frankreich, Duisbnrg im November. Flora fol ihn überweben,
golden, blau und purpurroth. Bürger, Nachtfeier der Venus. Weile,
don der fühl, 0 Wandrer, überwebt. Matthiffen, das
Grabmal, Ihre reine Stirne, von gefräufelten Haaren durchſichtig
überwebt. J. Paul, Titan 56. Du gebft von Luft ummwoben.
Pleten, Gefang der Todten. Nun fchaw ich ferne zu, wie bier, mit
Rohr ummebet, die vothe Wolfe bebet, dort Ente, Schwan und
124
—— —
Kuh. Voß, der Agneswerder. Und Sinngrün, yon der Freund⸗
fhaft Hand gepflegt, verwebte fie mit Mirt’ und Rosmarin. Mat:
thiffon, das Kloſter. Was vielen ward zu Dornenranfen, hab’ ich
en a ai ge rom. er . * emp⸗
eng uns freundlich, ob ihn gleich nie eine gewiſſe Feierlichkeit ver⸗
ließ, die in ſeine Sitten, * in feinen Stil, verwebt if. H.
P. Sturz 1. Brief, In feine vielverwobnen Gänge nimmt jet
dev Wald die Pilger auf, Uhland, von den fieben Zechbrüdern.
AS... der jüngere vorwitzigere Orient die Weisheit des Dichters
verfannte, bie ſolchen Vorhang der Finſterniß vorgewebt hatte.
. Herder, So treten beide (Hoffnung und Erinnerung) bin zur Gegen
wart und weben dies Zwifchendand mit Blumendeden zu. Tiedge,
Urania 4. Gar mancher würde begreifen, wie ſchwer es fei, ein
Werk aus Wiffen und Einbildungskraft zufammenzumweben.
a A ene Werfe 9, 158.
. Das Bartleipium wird auch mit andern Wörtern ee —
— B. Und deckt mit dicht gewebtem Flor die lieblichſte von allen Scenen. Goͤthe,
— 108. Fahret wohl, ihr goldgewebten Träume! Schiller, bie Kinbee:
Gewebe (ahd. kawẽp, giwẽppi, w&ppi, wuppi, mh. webe,
webbe, weppe zunächſt Einjchlag, Garn zum Weben, agf. væbb,
veb, altj. webbi, neunicderd, wewe) 1) Handlung des Wehene:
das Gewebe währet den ganzen Tag; 2) die Art und Weife des
(eigentlichen und ngürligen) Webens: das Fünftliche Gewebe des
Tuches, der Lüge; 3) die gewobene Sache. Voß bat das immer
mehr veraltende Webe öfters gebraucht. — Welder (Schranf)
mit Leinwand hausgefponnenes Garns und zarterer Webe des Aus
lands voll von unten bis oben gedrängt war. Luiſe 3, b. 585.
Schnell durd Spur’ und Haspel eilt, ſchön gefnäult, drauf vein
Garn zur Webe. Voß, beim Flachsbrechen. Bergefien. fie das
ſchreckliche Gewebe eines finnlofen Traumes. Leffing.
Anm. Das finnverwandte Befpinnft fiche bei fpinnen.
Spinnengewebe (ahd. spinnaweppi, spinnunweppi, mhd.
spinnewebe, spinnenweppe), Spinnengewebe (fiehe beide bei fpin-
nen), Kunftgewebe, Körper— , Nerven— , Spitengewebe; Gewebe
baum. — Alle Fäden ihres zitternden Körpergewebes ſchwanken
dann mit ihr. J. Paul, Hefperus 28. Und die zartefte (Kühlung
der reineren Luft) des Nervengewebes Gleichgewicht halten Hilft.
Klopftod, der Kamin. In deinem Laubgewebe, Natur. Tiedge.
Dann zum Gewande wählt dag Runftgewebe des Indiers. Schil—
Ier, Braut von Meſſina. Den Loden an langfaın das Spitzen⸗
gewebe nah. % Paul, Hefperus 27.
Anm. Fiſchart Hat auch ein Verbum fpinnenmweben: der die ganz Welt
erfeubert, erläutert, erlaufet vnd fpinnenweppet. (Sie) ſpinnenwebben.
Gargantun S. 149. 68.
125
Weber (ahd. wöberi, mhb. weber), —arbeit, —baum, —blatt,
—biftel, —ei, —eintrag, —filhlein (cyprinus alburnus L.), —ges
wid, —famm, — karde, —fueht, — knopf (gyrinus), —fnoten,
— nf, —meifter, — chaͤmel — if —ſchlichte, —ſpule, —ftube,
—fuhl, —zettel (auch Webſchiff, —ſtuhl*) u. a.); Kunſt —, Leinen—,
Bollen—, Strumpfiweber u. a — Das preifen die Schüler aller
Orten, find aber feine Weber geworden. Göthe, Fauſt 1, 96.
Jene ovidiſchen Verſe werden von Arachnen gefagt, einer eben fo
geſchickten als hübfchen und zierlihen Weberin. Göthe, Meifters
Wanderjahre 2, 4. Er iſt Mufter in feinem Geſchaͤft und verfteht
was zur Spinnerei und Weberei und vergleichen gehört, vollkom⸗
men anzugeben. Dafelbft 3, 5.
e, meift in der Zufammenfeßung Honigwabe (Gälternhd.
kungweffel) gebraucht (ahd. wäba, wäbo, mhd. wäbe) iſt nad
Grimm nicht aus Tat. favus, wie Schmitthenner meint, fondern
aus ahd. wap (mob) gebildet. — Höher aber fteigt die Bewunderung,
wenn man fie (die Bienen) in ihren Stöden felbft beobachtet, ihre
Vaben, ihre Arbeiten. Dfen, Befchreibung der Bienen. Honig,
der der Wab' entfloß. Salis, Tester Wunſch. (Sie werden) finden
dich und Taben mit fügen Früchten oder Honigwaben. Platen,
rem. Dedipug 2,
Sinmerwanbt, dabei im Gebrauche fehr verbreitet iit der Ausdruck RG
für Rip, altſ. räta, mhd. räz, älternhd. raeß, roß, fpäter an manchen
Orten Röft, z. B. auch bei Gellert: Daß unfer (ver Bienen) Roft von Honig
rinnt.
Yum. Waffel (nieverb. wafel, wäfel, engl. wafer) ein Gebäd, das einer
abe ähnlich fieht. — Brachten fodann für Walter und Karl vielrautige Waf⸗
feln. Voß, Luife 1, 570.
Welpe (ahd. wafsä, wefsä, mhd. wäfse, agſ. väps) ſcheint
vom deutſchen weben gebifbet, dann an das lat. vespa angelehnt,
daher Wefpe ftatt Wepſe. — Wefpenfalf (falco apivorus L.),
Age —freffer, —neft, —fid. ’ j
ebel und Wibel (ahd. wibel, webil, agf. väfel, vifel),
mhd. wibel, bei Alberus Wuͤbel, Wibbel, Kornmwübel) Käfer,
Kornwurm. Davon die mehr der Volksſprache angehörigen Zuſam⸗
menfeßungen: Dred—, Koın— , Roßwibel.
Bibeln (auch wiebeln, mhd. wibelen) fich fäferartig bewegen,
von einer großen Menge Fleiner Thiere gefagt. In Oberdeutfchland
ver—, zuwiebeln verflehen, zuflopfen, 3. B. ein tod
in einem Kleidungsftüd. — Da vor Freuden Alles wiebelt, ba
*) Göthe fagt im Fauſt 1, 30 Webſtuhl und in Meifters Wanderjahren 8, 5
Bebegefhirr, in verbale Sufammenfegung, font in fubftantivifcher: Webers
Rupl, Weberbaum, Weberfhiffchen, Webergefhäft in Meiſters Wans
berjaheen 3, 5. — E86 fank zur Erde das Webſchiff. Voß, Ilias 22, 448,
\
126
mit Gleichem Gleiches Tiebelt. Logau. Würmwüblend. Fiſchart,
Gargantua ©. 46.
Webel und Weibel (ahd. mhd. weibel) 1) Gerichtsdiener;
2) Inhaber einer Stelle bei den Soldaten: Feldwebel, Freiwebel Cin
der Schweiz eine obrigfeitlie Perfon unter dem Amtmann). —
Der Landesammann nehme feinen Plab, und feine Weibel fliehen
ihm zur Seite. Schiller, Tell 2, 2. Endlich, als die Stunde flug,
löſt' ihn der Weibel ab und frug: Iſt nichts zu rapportiren? Sins
rod, der Rekrut auf Philippsburg.
BWebern, wabern (auf dem Wefterwald wawrichen, uhd.
waberen, weberen, altn. vafra, bei Fiſchart wäfern, bei Alberus
webern) fi hin und her bewegen, auch von Gefpenftern gefagt
(altn, vofa, vofra = das Geſpenſt, dän. vever — behend): Die
Frau webert den ganzen Tag im Haus herum (ift gefhäftig); es
webert (fpudt) in diefem Haufe. Beide Wörter gehören jegt mehr
der Volksſprache an. — Du machſt de was da webert. Luther,
Pfalm 65, 9. Ich fauff vnd wäfer. Fiſchart, Gargantua S. 485.
Im Wafler wäferen. Daf. 231.
Anm. 1. Aus derfelben Wurzel mit weben, jeboch mit veränbertem Lippen
laut, flammt wahrfcheinlih auch weifen (von ahd. wiljan = weben, woher Sr
wift = Gewebe, wefal, wöval, mhb. wövel, webel = Cinſchlag beim Gewebe,
bei Stieler waflel und wiefel; oder von ahd. wifan, mhb. weifen = aufwideln,
alte. vippa = umdrehen), vermittelt ver Weife abwinden, hajpeln. — Weine
Meife, ſtets lebendig, hat noch nie fich übereilt. Fäden kommen, Fäden weifen,
jevem Ten’ ich feine Bahn. Böthe, Fauf 2, 35.
Yum. 8%. Wabeln, waibeln, wabben, nieverb. quabbeln (mh. wa-
belen, vergleiche ahd. weipön = zitiernd fi en), von feuchtem Lockerern ges
fagt, das fich zitternd hin und ber bewegt, ift wahrfcheinlich ſtammverſchieden von
weben. — Wenn dir's früh im Magen wabbelt. Voß, der Dorfpfaffe.
.8. Wippen = auf und nieberfchweben, auf⸗ und nieverfchnellen,
fheint mit weben wurzelverwandt. Davon Wippe, Wipper, Wippgalgen,
Mippfeil, Wippen Band (im Waſſerbau). — Denn ein gewiſſer Fra Mauritio
fet ein fehr firenger Auffeher und würde um einer Kleinigkeit willen Sand Johann
den Täufer felbft wippen lafien. Böthe, Benvenuto —* 2,4 So ſah der
erſte Menſch im erſten Traum ſich wippen, und ſtieg und fiel bald Hoch, bald
tief. Thuͤmmel. Wär’ ih auch auf ver Wippe ober allen Foltern in ber Welt,
fo Sa ich mir's nicht mit Gewalt abnöthigen. Shaffpeare, König Helnrih IV.
1. Thl. 2,4. Aber es ift für einen Engläuver Fein Verrath, franzöfliche Kronen zu
befchneiven, und morgen wird der König ſelbſt ein Kipper und Wipper fein.
Shaffyeare, König Heinrih V. 4, 1. — Firhart (im 16. Jahrhundert) fagt: das
wibende wabende Wafler.
Wiegen flatt wigen, wegen.
(Wurzel wag, wig, fanffe. vah; vergleiche Tat. veh—ere, gr. oy—eir
— fahren, ſich fortbewegen.)
Wiege, wog, gewogen, wiegen, in tranfitivem Sinne meift
ſchwach (ah. wiku, wac, wäkumes, wekaner, wekan; mhd. wige,
127
iu wac, wägen (wuoc, wuogen), gewögen, wögen; golf. vigan)
1h) ſanft Hin und her, auf und ab bewegen; 2) * ewiſſe Schwere
2] haben; 3) dieſe Schwere durch Wiegen Anden, — Schwankend wies
3 gen im Morgenwinde fich die jungen Zweige. Göthe, Taſſo 1, 1.
ı- Bie gend gleitet der Kahn über der leiſen Flut fanft erröthendes
Blau. Matthiffon, die Waſſerfahrt. Wehe dem Fahrzeug, das jetzt
unterwegs in vieler furdhtbaren Wiege wird gewiegt. Schiller,
Zeit 4, 1. Mit Inbrunſt herzte der Greis fein freundliches Kind
(kuiſe), auf dem Schoße fie wiegend. Voß, Luife 1, 59. Im
Schimmer der Abendröthe wiegt ihn in Schlummer ber murmelnde
Bad. Sciller, Braut von Meſſina. Der mittelfte Brillant allein
wiegt über fünf Karat. Lefling, Minna von Barnhelm 2, 3. Auf
der Größe Gipfel vergiß nicht, was ein Freund wiegt in der Noth.
Schiller, Jungfrau von Orleans 3, 4& Die feindlichen Feldherren
aber, Die ei, diefer Kriegewagichale fhwer wiegen, flellen das
Gleichgewicht wieder her. Archenholz. Der flag der wag ihm als
ein wint (galt ihm gleich einem Wind, d. i. nichts). Boner, Fabel
62. Sparfam und mit Würde wog ber Fürft mir jenes Wort des
Beifalls. Schiller, Wallenfteind Tod 4, 2. Cr wiegt die innere
Kraft, die fid) in Körpern regt. Haller, über die Vernunft.
ãgen (ahd. wegjan, hd. wegen), bie thätige Form von
wiegen, darum eigentlich ſchwach biegend, bedeutet 1) foviel als
wiegen (in thätigem Sinn); 2) figürli) die Güte einer (unförpers
lihen) Sache genau zu erforfchen fuchen. — Das Glück deiner Tage
wäge nicht mit der Goldwage. Göthe, Sprichwörtlich. Man
wäge mich, das will ich nicht vermeiden. Göthe, Taffo 2,3. Wie?
du ſtutzeſt? wägft mich mit dem Auge? Leſſing, Nathan der Welfe
3,5. Wie wägete die Wage? Herver. Ihm iſt in der richtenden '
— fein Blut zum gewiſſen Tode gewogen.*) Klopſtock, Meſſias
Yum. Fiſchart hat im 16. Jahrhundert noch mehrfach die alten Formen bes
wehrt: Sie wagen am Gewicht zu ſchwer. Gargantua S. 296. Der nachtheil
ward erwagen. Daſ. ©. 297. Hugen fagt in feiner Rethorica vom I. 1528
» 19 b. Achthundert gulbin rechtes gewichts, bezalt, gegeben und gewegen. Daf
109%. Wir haben den Handel gehört und erwegen. "
Abwägen und abwiegen 1) die Schwere durch Wiegen erfa hs
ren: Ste; 2) das Berhältnig einer Sache gegen eine andere bes
fimmen: Gründe, Zweifel; 3) nad dem Gewichte zutheilen: dem
Käufer den Kaffee, dem Soldaten das Brot; 4) die wafferrechte
Lage eines Drtes mit der Waflerwoge erforfchen. — Wenn er ihre
Sehler und Vorzüge abwiegt. 9 P. Sturz, 1% Brief. Dis
©) Es laͤßt fih aus dem Präteritum und dem Participium nbp. nicht immer
atzchmen, ob der Schriftfteller an wiegen oder an wägen gedacht. In thätigen
Gran follte wiegen und wägen nach ſchwacher, In neutralem dagegen wiegen
.. 2b Amfer Gonjngation gehen.
128
um gewandten abwiegenden Weltmann. Göthe, Meifters Lehr⸗
Tahre 4, 16. Friedrich der Zweite, auf feiner Kraft ruhend, ſchien
noch immer das Schickſal Europens und der Welt abzuwiegen.
Göthe, Leben 17. B. Nun ging es an ein Abwiegen aller und jeder
Handlungen. Göthe, Meiſters Lehrjahre 6. Buch, Bekenntniſſe ei⸗
ner ſchönen Seele. Längſt hatt' ich alles reiflich abgewogen. Göthe,
Egmont 4. Die (Rechte) abzuwägen, iſt jetzt keine Zeit. Schiller,
4, 3. Bis ich ſeine Gründe in aller ihrer Stärke gegen die
meinigen abwägen kann. Leſſing, Antigöze 8.
Einwägen 1) wägen und in ein Gefäß thun: Butter; 2) durch
öfters Wiegen vermindert werben: es wägt ſich gewöhnlich etwas
ein. Einwiegen 1) in Schlaf wiegen; 2) befänftigen. — Du
wägft dein Gold und Silber ein, warum mwägft du nicht auch deine
Worte auf der Goldwage? Luther, Sirach 38, 29. Ihn wiegt:
nicht die Einfamfeit mehr fehmeihelnd ein, Göthe, Taſſo 1, 2.
wiegte Schmerz und Sehnfuht und jeden Wunfch mit leiſen
Tönen ein. Daf. 3, 2
Erwägen abwägend überlegen, für und wider nad dem Ge⸗
wicht prüfen, alfo nach der Wichtigfeit. — Hört, was ih bei mir
felbft erwogen. Schiller, Braut von Meffina. Das > ih laͤngſt
auch wohl erwägt. Nüdert, gef. Geb. 6, 28. — Erwiegſt du
den Berbienft? Opis, Nleberfegung der Troi. des Seneca S, 131.
Bedenken (ahd. pidenkan, mhd. bedenken) die Umftände und Ber:
haͤltniſſe von etwas ſich vergegenwärtigen und deutlich machen, um zur Gr⸗
kenntniß desfelben zu gelangen. Beherzigen (von Herz, goth. hairts,
ahd. herzä, hd. hörze) bezeichnet das Thätigfein des Gefühlsvermögens bei
dem Prüfen, Betrachten (ahb. p(b)itrahton, mh. betrahten, von ahb.
t(d)rahton, mh. trahten, lat. tractare) denfend und empfindend (geiflig und
koͤrperlich) anfehen, fo daß die ganze Aufmerkſamkeit auf den Gegenfland ges
richtet if. Überlegen (mhd. überlegen — belegen, befegen) etwas in fei«
nem Zufammenhang (fi gleichſam darüber legend) betrachten, um ſich bars
nach zu entfchliegen ober fein Verhalten zu beflimmen. — Sp erwägen Gie
bob, fo bedenken Sie doch, wie fehr Sie fi in Disgrace fehen, Lady!
Schiller, Kabale und Liebe 4,9. Eh ihr zum Schwerte greift, bedenkt
es wohl. Schiller, Tell 2, 2. Sie mag ihr Heil beherzigen. Schiller,
Jungfrau von Orleans 1, 5. So laßt uns jetzt mit Fleiß betrachten, was
durch die ſchwache Kraft entipringt. Schiller, Glocke. Ihr habt's nun über-
legt; Habt nun gefunden, daß der Patriarch fo unrecht doch nicht hat. Leſ⸗
fing, Nathan der Weile 4, 1.
Berwägen (ober verwegen? wie früher) 1) nad der Reihe
wägen; 2) falfch wägen, e8 gefchehe abſichtlich oder unabſichtlich (in bei⸗
den Bedeutungen nicht ſehr gebraͤuchlich); 3) ſich einer Sache, ſich acht
und furchtlos einem Uebel unterziehen, nd. weniger im Gebrauch. —
129 j
Hat u Landmann folder That verwogen? Schiller, Tell
4,2 Soldyer Gewaltthat hätte’ der Tyrann wider bie freie Edle ſich
verwogen? Daf. Der je des Frevels fih verwäget und feine
Hand an diefen Schleier leget. Wieland, Oberon 12, 6. Der fi
verwog der Ehriften Gott zu läſtern. Daf. 5, 36. Des ich mid)
wol vermegen fann. Boner, Fabel 42.
Sich vermeflen (ah. vermözzan, mhb. vermözzen = das Maß übers
ſchreiten) ſich zuviel (übermäßig) Zutrauen auf fich felbft in etwas beilegen,
mit zuviel Zutrauen auf ſich felbit in Beziehung zu etwas hochfahrend, Furcht
ı und achtlos gegen Mebeles. — Wenn der Squire fi Hiefer That vermeifen.
. Stiller, Maria Stuart 5, 4.
: Auf—, aus — dar— ' durch — ] fort — hin —, binauf—,
wt—, nach —, nieder— , über —, um —, vor—, 30— , zurüd-
wagen nnd wiegen, ſich hinwiegen bedürfen Feiner weitern Erklä⸗
rang, find jedoch nicht alle gleich ſehr im Gebrauch. — Und wiegt denn
er allein die Schale meines Werthes und meiner Liebe auf? Göthe,
Taſſo 4, 5. Ja, wenn felber mit Golde dich aufzumägen geböte
Primus. Voß, Ilias. Es wiegte diefe Thränen nicht auf.
Shiller, Räuber 5, 2. Sie muften durch Bündniffe unter einander
eine Macht aufzumägen fuchen, gegen welche fie einzeln nicht bes
Randen. Schiller, vreißigjähriger Krieg 1.3. (Er) wieget mit
dem Böglein ſich im Schlife auf und ab. Fr. Stolberg, der Abend.
Iudeß diefer fehr bald den Teichten, heißen, ftillen Wilbling richtig
auswog. J. Paul, Titan %7. Cine gute Apotheferwage der The⸗
mis, die Skrupel un Daf. 39. Wenn fie auch zehnmal fo
viel und zwamzigfältige Sühnung hergebracht darwögen. Voß,
Sid 22, 349. Kaum war ein Schlag dahin geflogen, als ſchon
für die Auslage ein gleichgewichtiger entge ve Michaeler..
Ran wiegt die Gunft hier nicht für Kiften bin. Haller, die Alpen.
Ber find die Vögel in ven Xeften der Stromes-Pappeln hinge—
wiegt? Göthe, Zauft, 2,119. Die Welle-wieget unfern Kahn im
Audertaft Hinauf. Göthe, auf den Ser. So wägt fie ie:
Sans erſt nad. Soltau. Ich wollte ihn tröften, ich häufte Ge—
meinfprüche, nub glaubte thn niederzumtegen (zu befänftigen),
weil er nicht ſprach. Meyer. Er hatte einen überwiegenden
erfand und konnte ſich in alle BVorftellungsarten verfegen. Göthe,
Reiters Lehrjahre 6, Buch, Befenntniffe einer fchönen Seele. Nicht
die Macht des ſchwediſchen Reiches, nur der Geift und das yerfön-
liche Anſehen feines verftorhenen Beherrfchers hatten ihm ven über
wiegenden Einfluß erworben. Schiller, 30fähriger Krieg 4.2.
Ein Duentchen Dante wird, ihn zu vergnügen, die Eentner
Undanfs völlig überwiegen. Göthe, —* 2,162. Doch wiegt
Geziere, wiegen Weibertüden dem Männerwort, dem Töniglichen
9
130
Eid auf eurer Wage vor. Alxinger, Doolin 4, 19, Das Gofe
wird hurtig vorgewogen. Wieland, Oberon 11, 5. So wollers
Sie nur die vorgewogne That. Schiller, Don Karlos 3, 10.
Alſo wägt er ſich felbft jede der Thaten vor. Klopſtock, Friedrich
der Fünfte. Inzwiſchen daß die Männer, welche mit foldhen Gyps⸗
confetti handeln, während des Streites mit Ihren Körbihen geſchäftig
find, und einem jeden, fo viel Pfund er verlangt, eilig zuwiegen.
Böthe, römiſches Carneval. Dein Glaube war dein zugewogene$
Glück. Schiller, Refignation. Nur fürdte ich beinahe, daß eg un
möglich fei, dieſem und andern ähnlichen Prädicaten, — Homer
hier und da Perſonen und Sachen beilegt, richtigen Gehalt im
Deutſchen zuzuwägen. Bürger, Note zu ſ. Ueberſ. von Homers
Ilias 1, 7. Daß ns fie wägen die geftrige Schuld die Achaier
reihlih. Voß, Ilias 13, 744. Alle wiegen r in verſchiedenen
Zeiten nad) Anarchie oder Knechtſchaft Hin. H. P. Sturz 5. Brief.
Lange wiegte ih mid fo Hin. Göthe, Meifters Tehrjahre 4, 16.
Gewogen (ahd. giwägan, mhd. gewäögen), das Participium
von wiegen, beveutet gewiegt, wird aber nur von einem Höheren
efagt, der einem Niederen geneigt ift, !infofern diefer der Geneigt-
t jenes Wichtigkeit und hohe Geltung beilegt, Davon Gewogen⸗
eit, ungewogen. Lobenftein fagt bewogen für gewogen,
oder ift es — — Götter waren ihr gewogen, Menſchen
waren ihr geneigt. Herder. Weil den Verliebten Beleidigung der
Art zur Liebe en als zur Gewogenheit reizt. Ramler, Catull
61, 8. Die Drachen werden uns durch Kirrung ſelbſt bewogen.
Lohenſtein, Sophonisbe 4, 222, '
Zugethan (von zuihun, mhd. zuo tuon) gute Geflnnung für Jemanden
fußernd. Geneigt (von neigen, ahb. hnikan, mhb. nigen) angenähert zu
Jemanben hin ans innerem Triebe. Bünftig (mhd. gunstlich, von gunst,
biefes von ahb. giunnen, mh. gunnen, günnen, ans ge-unnen — zuertheilen,
agf. unnan — zugeben, goth. unnan, altn. unna — begünfligen, goth ansts,
ahd. anst = Gunft, ahd. abunst, apanst, altf. abunst, avunst, afonst =
Abgunſt) Jemandes Abficht oder Wahl fürdernd. Bnädig (ahd. kinddig,
mbb. gensedec, genädic, von Gnade, ahd. kinAda; vergleiche goth. nithan
== helfen, nord. nedi = Ruhe, mh. din sunne get ze gnäden = die Sonne
geht unter) eigentlich fich herablafiend, dann wohlwollend gegen ven @eriuges
ren, infofern es dieſer unverbient empfängt und nicht verdienen kann. — Die meis
ften find mir zugethan. Schiller, Don Karlos 1,2. Sein Herz iR dem Bolfe
nicht geneigt; warum iſt alle Welt dem Grafen Egmont fo Hold? Göthe,
Egmont 1. Die Gelegenheit IR gänftig. Schiller, Tell 4,3. So acht' ich
wohl, Bott würb’ euch nicht verlafien und ber gerechten Sache gnädig fein.
Schiller, Tel 1,2. Daß unfrer Blut die Zeit nicht ſchade, räumt fie kein Recht
ans Schwachhelt ein, und ihre Gunſt bleibt immer Gnade, nub ich muß im⸗
mer dankbar fein. Göthe, Jugendged. nachgel. Werke 7,10. — Siche noch Hold.
431
Berwegen ff das in alter Biegung erhaltene Participium Yon
verwägen, ohne Roth, ohne daß es bie Pflicht erfordert, ſich im
Gefahr begebend und die Gefahr verachtend; davon Verwegenheit,
verwegentlid. — Wer mag vermwegen genug fein, Leid und
Leben zu wagen um biefen bdjen Verräther? Göthe, Reinefe Zucht
3, 185. Bermwegen wär’ ed, meine Kauft zu rühmen, denn fie
bat nichts gethan. Göthe, Taſſo 2, 8. Geh den Weibern zart ent
gegen, du gewinnft fie auf mein Wort; und wer raſch iſt und ver»
wegen, fommt vnielleicht noch heffer Göthe, Antworten. Ind
wenn auch der Gatte, ber Vater v t, die heiligen Bande ver»
wegentlich löſt. Göthe, Ballade.
Bermeſſen, weniger ſtark vermeſſent lich (nhd. vermezzcenlich), da6
gern abverbialifch ſteht, ſiehe in feiner Bedeutung bei verwägen. Toll—⸗
kühn (ahd. umd mhd. nicht vorhanden, zuſammengeſetzt aus toll und Fühn,
tol, küene) bebeutet wie verſtandesberaubt und miderfinnig furchtlos gegen
Gefahr, ohne diefelbe zu achten. Tolldreiſt (nicht dreuſt aus tol und altf.
thristi, von agf. thritsjan = wagen) furchtlos auf wiberfinnige Weiſe. —
Ber follte wohl fo fcharfling, fo vermeffen, fo müßig fein, den Karlos
zu belauſchen? Schiller, Don Karlos 2, &. Daß Macbeth, von dem Blend»
werk voll, verwirrt und tollkfühn werben fol. Schiller, Mache) 4, 2. Der
meinen Morgenfchlaf, fo tollfühn unterbridht. Wieland, Oberon 8, 82.
Graf Ludwig, der nur feinem Unwillen Gehör gab, behauptete tollbreift,
daß man ohne Zeitverluft zu den Waffen greifen müſſe. Schiller, Abfall der
Wiege (add. d wiga, mhb ige fpäter wiege)
iege . waga und wiga, mhb. wage, wige wiege
Berfzeug damit zu wiegen (ſ. d. Wort). Davon Wiegerin; Wiegen-
alter, —angebinde, — band, —bret, — feier, —feſt, — fefttag, —fuß,
—-gefang, —geihent, —fraut, —Iied, mädchen, —pferd, — ſchild,
—piegel, tu. — Mutterarm ift Kindermwiege. Göthe, Tifch-
bins Soytlen 6. Er nahm vielmehr ein ungemein liebliches Schau>
fchh feines innern Menfchen in der Paradewiege wahr. 3. Paul,
Titan 18. Bon dem Wiegenafter an. Bürger, bei dem Grabe
meines Großvaters. Sp ein Wiegenfeft Haft du noch nicht erlebt.
% Saul, Heſperus 7. Nun kam Dina, die melopifche Wederin
Bun senTchiage Derf. ar Wiegengefang. Böthe, -
Leiden 1, 13. Mat. ag fi der Thor umaufhörlih mit
deinem Wiegengefchente L eppen. Berizel-Sternau. Der Mut⸗
ter füßes Wiegenlied. Salis, die ſtillende Mutter. Was erblid’
ih dort am Wiegenfhilde? Mündhaufen.
age (ahd. wäga, mhd. wäge, altı. vAg, agf. vB, veg)
bezeichnet zunächft das Prüfen der Schwere eines Rörpers, od er fi
eine andere Schwere zur Höhe oder nieberbewegt, auch das
, wie in der Redensart: Einem die Wage halten; das
g zu biefer Prafung; Wahrſcheinlichkeit des gleichen Erfolges
9%
132
-
von beiden Seiten und Ungewißheit, — welcher Seite der Aus⸗
ſchlag erfolgen werde. — Mein Mittag iſt dahin, der ohngefehr die
age des kurtzen Lebens hielt. Caniß, Bereitung zum Tode. Ka⸗
merad, die Zeiten find fchwer, das Schwert ift nicht bei ber pe
mehr. Schiller, Walfenfteind Lager 11. Ewig wanfet des Geſchickes
Mage. Schiller, Wallenfteind Top 5, 4. So laßt uns denn durchs
Loos den Hünmel fragen, was für ein. Opfer er verlangt! Iſt Ei-
ner unter euch, dem vor der Wage bangt? Wieland, Oberon 7,22,
Bageamt, —balfen, —baum, —geld, —gewicht, —halter,
— haus, — herr, Moden, — knecht, —funft, —mader, —meifter,
—nagel (an der Deichfel, an welchem die Wage beweglich ift),
—recht, — ſäule, —fhale, —ſcheit, —ſchnur, —fhreiber, .- ftange,
—ftein, — zettel, —zunge; Fiſch —, Fleiſch —, Gerechtigkeits —, Gold —,
Krämer —, Salz —, Sohl—, Stadtwage u. a. — Der ganze Kör
per zieht ſich in den wagrechten Stand. Leſſing, Hamburg. Dra⸗
maturgie 1, 3. (Der) des Weltgerichts Wagſchal hält in ver
furdtbaren Hand. Klopftod, Meſſias 5, 319. Im Grunde Eonnte
nur fein wilder Arın den Degen beffer ald die Geredhtigfeitg-
waage halten. J. Paul, Heſperus 3. Um zu weinen und einige
Tropfen für vie Sohlwage des Sapes zu gewinnen. J. Paul,
Titan 33,
Anm. Bür unfer Sugabe feet man früher Zuwage. — Dann wann fie
allda eine Kuh flehlen, fu nemmen fie das Kalb für eine Zuwag. Pater Abraham.
Wagen (ahd. wäkön, mhd. wägen) eigentlich auf die Wage,
d. i. die Ungewißheit fegen, nach welcher Seite der Ausſchlag er-
folgen werde; dann allgemein auf die Ungewißheit feben, wenn
Wahrfcheinlichkeit des Ausfchlages nad) der übeln Seite bevorftebt,
mit Gefahr aufs —— ſetzen. — Der ſoll mir's zeugen, ob die
Fahrt zu wagen. Schiller, Tell 1, 1. Was ſich der Tell getraut,
das konntet ihr nicht wagen? Daſ. Ihr wagtet euch bis in des
Tiegers Höhle? Daſ. 2, 2. Darum durften ſie ſich auf der Wel⸗
ten furchtbarem Schauplatz, noch ungebildet, ſo bald hervorzutreten
nicht wagen. Klopſtock, Meſſias 1, 674. — Melina man ſich
mit feinem Plane hervor. Göthe, Meiſters Lehrjahre 5, 16. Das
mit fich Fein Ungefchidter Hinaufwagte. Daf. 4, 2 Es dauerte
lange, bis ih allein mih hineinwagte. Göthe, Leben 4. B. Mir
— rg fih Zünglinge nicht nachgewagt. Klopftod, mehr Uns
terricht.
Anm. 1. Die Synonymen ſiehe bei-unterneh.nen ©. X.
Anm. 8. Abb. wagan, mhd. en heißt fortbewegen. So findet das
Mort noch bei Eifehart a Slam of die Wale mi * —
daher wagen. Gargantua ©. 151.
Wager, der da wagt; waglich, Wagniß; Wagefahrt, —geiſt,
—hals, —halſen (ſelten), — mittel, —muth, 2— —piel,
133
—fprung, flül, — that. — Wo vom Fü Wager die Bahn
bir nicht vorgegraben bu fiehft. Göthe, Muth. Sie (die rechte Minne)
könnte wol aus einem felgen Menfchen einen waglichen beherzten
Kitter machen. Wieland. Es (das Buch) ift vielmehr beſtimmt die
Lücke eines Autorlebens auszufüllen, manches Bruchſtück zu ergänzen
md das Andenken verlorner und verfchollner Bagniffe zu erhalten.
Göthe, Leben 12.8. Wo auf der ſchönen Erde nur Gewalt, ver-
ſchmitzte Habfucht, fühne Wagniß galt. Göthe, Feflzug Goͤtz von
Berliiingen. Auf neues Wagniß enplich blieb doch nur vom beften
Bollen halb und halbe Spur. Göthe, zu meinen Handzeichirungen 1.
Das Bagnig*) iſt ohnedieß —— wegen der vielen Vorarbeiten,
weniger mißlich. Gedike. Mich erfüllt's mit Grauſen, was die
—* von euern Wagefahrten ſich erzählen. Schiller, Tell 3,1.
Man müſſe, dei wunderhafter Wagefahrt nach einem koſtbaren
Taliemann, ... unaufhaltſam vorſchreiten. Göthe, Tag- und Jahres⸗
—— Ihr werdet doch Fein folder Waghals En. Wieland,
n 8, 16. Der's waghalfet. Klopftod, Gelehrtenrepublit.
Velches ein Anderer nicht hätte waghalfen dürfen Mufäus,
Waghertz. Fiſchart, Gargantua S. 403. Ich verhehle mein Wag⸗
mittel nicht. J. Paul. Fuͤrwahr, dich * noch ſelbſt dein Wage⸗
math. Bürger. Im ſich dieſer Wagf aft zu — J. Paul.
Mit die am wenigſten haͤtt' ich gewünſcht das Wageſpiel der Waf—⸗
fen zu verſuchen. Göthe, u» 2,3 Bon des zu Feld den
Bagefprung zu thun. Schiller, Tel 4, 3. Ein kühnes Wag⸗
Küd fomme mir zu Statten. Platen, rom. Oedipus 3. Ohne dich
das Wageſtück zu enden. Schiller, Don Karlos 5, 3. Der das
a > chloß mit männlich Fühner Wagethat gewann. Schiller,
5, 1.
Wagen, pt. bei den Schriftfieller meift Wagen, felten Wägen
(aid. wagan, ınhb, wagen, agſ. vaegen, vaegn, fanffr. väha, lat,
eitcakım, gr. oynua) eigentlih das fi) Fortbewegende, gewöhns
lih ein Fuhrwerk mit vier Rädern. — Und fo Tag zerbrochen ver
Bagen und Hilflos die Menfchen. Göthe, Hermann und Dorothea
1,144. (Man hatte) von umgeworfenen Wagen Bericht zu ers
Ratten. Göthe, Campagne in Frankreich 38. Auguſt. Zwiſchen
umgeflüngten Wagen. Daf. 12. Oktober. Befonders freuten mic)
—*— en mit niedrigen Raͤdern. Göthe, ital. Reife Vicenza 19.
ember.
Vagner (ahd. waginari, mhb. wagenzere und wagner) ber
®) Gampe führt das, fhlechter, die Wagniß an. Bei diefen Bildungen anf
-ıi ee die — um die Neutra. Uebrigens ſcheint den
neneren und neueſten Schriftſtellern wieder ein größeres Hinneigen zu dem Fem.
Ar — Vergleiche weiter Grimm Gramm. IL, 827 und meine Gramm.
134
ba — macht In e, —— de ‚ —
de, ei
—— —— —geſchitr En u,
he _ — KH —foften, —felle (bei 4 Stieler) ‚, —tette,
— — tee, —Jader, —— an
er, — er, —macher, —wei — —nagel
— „ rennen, —renner, „orale —furere, —
—ſchott (dünn gefügtes Eigen, — = ilern), — föprot (grobes
——— —fig, —iperre —ſterz, firang, —tag (an wel⸗
bie Wagefrohnen en getha n es), —tafhe, —theer, —thron,
ar treppe, —tritt, — wunder, —winde, —jieher; ge—,
Brot—, — Ri Pürkd—*), Kolmagen ı und andere, wie
ans ben nachfolgenben Beifpielen zu en. Die (Zwei — der
Wagener jetzt abhaut mit blinkendem Ioß Ilias
Die — eluden Roſſe. Daſ. 15, 354. Im —ã —
Se nn ——
wußte nofl af man ehr uneig agenführer
wo man agenzieber meine, Benzel-Sternau. Auch ift *
dein Wagengefaͤhrte. Voß, Ilias 8, 104. Aber Odyſſeus tr
den edlen Molion, des Königes Wagengenoſſen Daſ. 11, 321.
(Er) entraffte den Bölferhirten Bianor, und darauf den Ge⸗
noſſen, ven Wagenlenker Oileus. zur chwang ſich herab vom
Wagengefhirr. Voß, Slias 11, Sammt dem Wagenge⸗
8 — Daſ. 12, 114. Und —— wollt ihr dieſes —*
gengeficn een, als etwa durch den — ————
— Paul. Jetzo er der Held Peiſiſtratos
es nieder im Wagenkorb. Voß, Odyſſce 15, 130. Auf
Wagenfund und Männerflärfe vertrauend. Voß, Flias 4, 308,
Wir fuhren an’s Fenſter und fahen bei'm Schein zweier heilfenihten-
fie an a Me —— —— Ich
ügte... einige gebrochene Wagenräder Ö
26. Mai. Gottlieb trieb mit aller Mü agenfchläffel
nich auf, 3 Paul, a 14. (Er) feifte —** mit Wagen⸗
theer und Fachthrau ein. J. Paul, Heſperus 1. Und dieſer, der
als Prachtgebilde hier auf dem Wagenthrone prangt? Göoͤthe,
Kauft 2, 44. Den (Zwiſchenraum) fih der Vater vor der Wagen-
thüre zur Stubenthüre durchführen ließ. J. za Ei tus —
Der ihm auf den Wagenfußtritt geholfen. J. P
Wehrfriß erneuerte, da er ſchon auf ber en A dos Seit
in biefen (den Wagen) Eehrte, wieder ven a Daf. 11. Achil⸗
Ins Wagenwender. Schilier, Aeneis 2, 84. — Der Bauer muß
*) B Birſch, wie das mhb. birsen = Das Bert font
von ee bersa (Parkzaun), davon birsare, japen via. Da
135
den Saul und den Stier vorfpannen an unfre Bagagewagen.
Schiller, Wallenſteins Lager 11. Die Aufınerkfamfeit der Zufchauer
war indef auf ven Bauerwagen gerichtet. Göthe, Meifters Lehr-
fahre 1, 13. Da flieg er vergöttert auf den Triumph und Don-
rerwagen neben feiner Liane ein. J. Paul, Titan 22. Während
die Furie auf dem a. enwagen in die Luft zog. Göthe, Leben
9. B. Auf ſchwarzen Wolfen rollt des Donners Feuerwagen.
Wieland, on 3, 62. Sechzehn fehsfpännige Galawagen der
kaiſerlichen Rammerherrn. Göthe, Leben 5. B. Sie fhien, in ihrem
Glas w agen uns allen vollkommen fichtbar, ... zu ſcherzen. Göthe,
Leben 9. B. Wir fehen... vorfahren einen Herrfhaftswagen.
Gothe, Meiſters Wanverfahre 3, 10. Auch die Bärin, die Ba
der Himmelswagen genannt wird. Voß, Odyſſee 5, 273 Eher
reißt ihr einen Stern vom Himmelwagen. Schiller, Jungfrau
von Orleans 2,7. Eh’ er an die Deichfel des Hof- und Staats⸗
wagens gefhirrt wäre J. Paul, Hefperus 8 So fah er über
den Markt einen Leichenwagen zwiſchen Fackeln ziehen. 3. Paul,
Zitan 50. Stundenlang konnte er am fchmupigen Lihtwagen (im
Theater) fliehen. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 15. Sarbenfpiel
von Benus Mufhelwagen kommt Galatee. Göthe, Kauft 2, 162.
(Als ih) Packwaͤgen und Chaiſen aufgefahren ſah. Göthe, Cams
pagne in Frankreich 6. September. Worin er... ordentlich aus⸗
feht wie ein grüner Pürfhwagen, an dem die Thierftüde ber
Jagd angemalet find. % Paul, Hefperus 11. Laß einen
eifewagen fchnell bereit ar Schiller, Wallenfteing Tod 3, 17.
Das (Wachstuch) man zu Rüſtwagen ynd ähnlichem Gebrauch
ste. Göthe, Leben 4 B. Sobald der alte Saturn (d. i. die
Zeit) dieſe (die Welber) mit feinem Sihelwagen und mit bem
Neinen Geſchütz und feiner Sanduhr abfällt. J. Paul, Hefperus 8,
Ms ich mehrere Nächte in einem Schlafwagen zubradte. Göthe,
Farbenlehre 91. So hielt ver Shwanenwagen. Wieland, Obe⸗
ron 6, 5A. (Ein Knäbleind faß in dem Silberwagen. Dal.
3, 28. Es feffelt mich die herrſchende Natur zu feft an feinen (Almors)
Siegeswagen Uz, Brief an © Wann fie (die Sunne) im
Straßlenwagen einher in blauer Himmelsftraße zieht. Bürger,
an ven Mond. Daß ich feinen Wagen für einen leeren Zeremo»
sienwagen anrechne. J. Paul, Hefperus 10,
Boge für Sa (at. vegs — Bewegung; ah. wäc, wäg,
mi. wäc, wäge, altn. vagr, alt. wäg, agſ. veeg, veg — Woge)
hochauf fich waͤlzende agree Wafferbogen ver Mafferfläche (au
fa. gebraudt), während Welle (ahb. wella, mhd. welle; ahd. wel-
kan, mhd. wellen, agf. vealvian —= wählen; wel = rund; vol.
lat. volvere, gr. Mer, elävar — wälzen) diefen Waflerbogen all-
gemein bezeichnet, er mag groß oder Klein fein. — Vieles laſſen fie,
136
merin wir gewaltfam WB og’ auf Woge ſehn, wie leichte Wellen
unbemerft vorüberrauſchen. Göthe, Taffo 2, 1. (Er) fieht des Kor⸗
nes bewegte Wogen. Schiller, Glocke.
Anm. Eigentlich if Woge das gefammte wogende Wafler, daher Merr,
See, Strudel u. dgl., wie noch der Wog, } B. der große Wog bei Darmflabi.
Beinahe daeſelbe it Gewog, fonft faft foviel ale das Wogen. — Aus Skaman⸗
ders Gewog tratſt du gerettet hervor. Uhland, Achilles. Wann der Sturmwind
... af des Sees Gewog brauft. Voß, Renſerofo 228. Des Ahrenfelde Ges
woge lauſcht leif’ am Hügelpfad. Mathiſſon, Abendgemälbe,
Wogig, wogenhaftz Wogenbahn, —berg, —bett, —
—drang, —dunkel, —fahrt, —fall, —flut, —gebirge, —gebrauſe,
—gefilde, —geraäuſch, —geſchwemme, —getöfe, —getümmel, — gewir⸗
bel, A eife ,„ —gürtel, —raufdend, —ſchaum, —ſchlag, —fpiel,
—ſpitze, —ſtrom, —ftrudel, —flurz, —tanz, — weis, —wurf; Geld⸗
woge, Heeres —, Lebens —, Luft—, Meeres—, Todes —, Volks —,
ae Zitter— u. a. — Wende den wogigen Strom. Klop⸗
ſtock, Meſſias 7, 582%. Wogig und fihnell frömt der Zeitenlauf.
Kretſchman. Hochwogig erhebt ſich fein (des Rheines) Strom,
Klopftod, Aganippe. itten in ber fittlich bürgerlichen Geſellſchaft
in ſolcher Berworrenheit befangen, die fi wogenhaft um ihn, in
{hm hin und ber flug. Goͤthe, Meifters Wanderfahre 1, 9_ Und
nehme meines Todes Zeugen zum Plagevämon mit auf feiner W os
enbahn, Schiller. Des höheren Weltmeerrs Wogenberge zu
Fon. Klopftod, die Verwandlung. (Die Sonne) fank in ihr Wo⸗
genbett im rofigen Welten. Pyrfer, Tunifius 8. Tauſendſtimmig,
wie des Ozeans Wogenbruch tofet fein prophet’icher Sprud. Kos
fegarten. Soll der Bewundrung und der Liebe Wogendrang ben
Buſen mir fprengen? Schubart. Durch Wogendunfel.bin ich
fühn gedrungen. Deutfcher Merkur. Daß er, der Wogenfahret
fhon fatt, vom Ruder fpringt. Ungenannter bei Campe. Bei ges
linder Wogenflut. Bürger, Nacıtfeier der Venus. Ruhete zwi⸗
ſchen Wogengebirgen die einfame Patmos. Klopftod, Meſſias.
Umgeht dag Wogengefilde den Rebenhügel, Schiller. (Die Wets
terbäche) reißen die Dämme donnernd mit fort im Wogenges
ſchwemme. Schiller, Braut von Meffina In Schiffen durch maͤch⸗
tiges Wogengetümmel. Voß. Im fhredliden Wogengewirs
bel. Pyrker, Tuniſias 9, a den Schatten ihm Stortbeferg
(eines berüchtigten Seeräubers) Schatten in des rothen Phlegethung
Wogengezifch Fielholen. Klopftod, der Denkſtein. Neptun, dee
um die Länder feinen Wogengürtel ſchlingt. Schiller, das Sie⸗
efeg Am Ufer des wogenrauſchenden Meeres. Stolberg.
ie Pulverflamme ſchlängelte ſich zwiſchen Wolkenglut und Wogen⸗
- fhaum. Benzel-Sternau. Jetzo ruheten wr am Wogenſchlage
des Meeres. Voß, Odyſſee 4, 430. Ich ſuchte gleich dem Schwim⸗
137
mer im Wogenſpiel etwas zum Anhalten. Benzel-Sternau. (Das
Shi) auf Wogenfpigen fchwebt. Wieland, Oberon 8,19. In
den Gefilden zwiſchen Simois und Zanthus Wogenftrömen. Bürs
ger. Soll mir auch die fefte Bruft im Wogenſtrudel anfämpfen.
Colin (Da) ein Wogenfturz fi flürzte vom Felſen. Klopftod,
bie Zrühlingsfeier. Wenn ſich Gedank' und Empfindungsfchaner mit
leißes Bluts harmoniſchem Wogentanz entichwingt dem Allerhei-
ligften. Voß. Und aldnun wogenweis im wimmelnden Gebränge
aus alten Gaſſen ſchon die Menge fih auf den Plag ergoß. Wies
land. Sie jehen jeden Tebhaften Wogenwurf.. . als linbill des
Schickſals an. Benzel⸗Sternau. Darauf fohüttete er den Sad vor
dem Fürſten aus und plättete die Goldwoge auseinander. J. Paul,
Heſperus 18. Drum hab’ ich euch, ihr wißt's, auch ehrenvoll flet$
unterfchieden in der Heeres woge. Schiller, Wallenfteins Top 3, 15
Es treibt der ungefhwädhte Muth noch frifc und herrfid auf der
Lebenswoge. Daf. 5, 4 - In die fließenden bunten Licht wo⸗
gen, die durch die Augenlieder drangen, tauchte er fih. J. Paul,
Heſperus 14. Eine Meereswoge, fie ſchwankt und fauftl. Göthe,
Joh. Sebus. Wie fi) der Liebende freut, wenn nun vie Geliebte,
ver hohen Tode swog' entflohn, wieder das fer betritt. Klopftod,
der Eroberungskrieg. Menelas mit Bolfeswogen fommt auf euch
berangesogen. Göthe, Fauſt 2, 220. Es bligen Waffenwogen
dem Hügel, ſchwankend, ab. Goͤthe, die glüdlichen Gatten. Blicke
mbig von dem Bogen deiner un auf Zitterwogen mildeblitzend
Blanzgewimmel. Göthe, Zauft 2, 158.
Wogen für wagen (ah. wagön, wagen, ınhd. wagen) fi
bewegen, erichüttert werben, von großen Maffen Flüſſigkeiten, die
wechſend fleigen und fallen; dann auch fig. auf andre Dinge übers
tragen. Davon die Zufammenfegung auf—, daher —, dahin—,
durch —, einber—, fort—, her—, beran—, berauf—, ber»
un—, berzu—, hbin—, hinaus—, hinunter—, nach—, nies
der—, um—, Ver—,vorbei—, vorüber —, zurüd—, zuwogen.—
Echt hin, wie's brandet, wie es wogt und Wirbel zieht und alle
Waſſer aufrührt in der Tiefe. Schiller, Tel 1, 1. Erftidt vom
wogenden Staube. Göthe, Hermann und Dorothea 1,150. Der
Tod ift los, ſchon wogt der Kampf. Schiller, die Schladt. Im
Binde wogt das verlilberte Gras. Schiller, Spaziergang. Danft
ed dem wogenden Slüde, danft dem Gefchide männiglid Gut,
Böthe, zum neuen Jahr. Nein, was im Buſen mir Iebendig wogt,
in enge Formeln läßt fid) das nicht dämmen. Collin. Wenn fie
jest von Auenthal zu den im Sonnengolde wogenden Fenſtern
unfers Schloffes auffeben. J. Paul. ie (die Nymphen) ſcherzten
nad wogeten fich auf den Friftallenen Sluten. Mufäus. Sie (bie
Hut)... . wogte fie al’ in den fchirmenden Hafen. Pyrker, Zus
138
um an (nu
niſias 3. Und wie der Wind das gelbe Laub von den Bäumen
wirbelte, wogt’ und zerftreute. Voß. Cine der Infeln Liegt in ver
weitaufmwogenden Meerfiut. Voß, Odyffee 4, 354. Jebt.. -
wogten fie auf und nieder. Daf. 12, 419. Aufwogen (auf-
fhwellen) deine wilden Adern. Heydenreich. Wie der Hoden mit
Bra em Dampfe daherwogt. Voß, Luiſe 1, 145. Wo flache
ichte Gerfte bei Iebendem Roggen dahinwogt. Salis, Elegie an
mein Vaterland. Daß das Blut durchwogke die Stadt. fer,
Rudolph 3. Und“ durch die zwiefach offnen Thore wogen ſchon
Taufende einher. Schiller, Aeneis 2, 59. (Es) ſchloſſen fünf
Triumphthore dem Auge die — in eine weitausgeſpannte, wie ein
grünes Meer fortwogende Ebene auf. J. Paul, Titan 42. Mag
der Welten Band ſich löſen, eine zweite Wafferflut herwogend
altes Athmende verfchlingen! Schiller, Maria Stuart 3, 6. Die
gewaltige Flut, die beranmogt. Voß. Wie im Hauch zwei ſtrei⸗
tender Wind’ an ven Ufern wogen die Fluten des See's heranf
und hinunter. Yyrker, — 9. Den kaum verlaſſenen Raum
erfüllte ſogleich wieder das hereinwogende Boll, Göthe, Leben
5. B. Das Hin> und Herwogen der Geſellſchaft. Daſ. 16.2.
Aus den Gaſſen zur Seite wogt' es dichter herzu. Sonnenberg.
In weichen (Gedanken) ſich Eduards Angehörige eine Zeitlang hin⸗
"und herwogten. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 18. In Eil'
auf die fehlinmernden Fluten des Meeres wogten die Schiffe hin—
aus. Pyrker, Tuniſias 4. Weit nachwogt' ihm das Todesgewand.
Sonnenberg. (Sie) fehreten heim in die meerummogte Behau⸗
fung. Pyrker, Tuniſias 6. Die ganze Gegenwart, die ung um-
wogt. Tiedge. Er griff einen einzigen Dreiflang auf dem Klavier und
ließ ihn verwogen. 3. Panl. Als der Zug abermals, jedoch abge-
kürzt und ——— vor unſern Augen vorbeiwogte. Göthe,
Leben 5. B. Das einfame Vorüberwogen und Schilfgeflüfter
eines Teife berveglichen Stromes. Daf. 17. B. ine vorbeifreuzende
Zaube und eine vorüberwogende Taube. J. Paul, Titan 22.
In fchwanfen Siberwellen wogt die Saat der Ernte zu. Göthe,
Kauft 2, 5.
ließen (f. d.) bezeichnet allgemeln das Sichbewegen einer Flüſſigkelt,
oder (dichterifch) auf (in) einer Klüffigleit. Strömen (von Strom, ah.
straum, mhbb. stroum, agf. stream, ultn. straumr) verbindet zugleich den
Begriff ver Größe, Ausbreitung in gewiffen Grenzen, Schnelligkeit; fo auch
fig. von der ſich ſtromartig fortbewegenden Maffe, 3. B. Menfhen. Rinnen
(f. d.) wirb fowol von dem Taugfameren, fanfteren, wie auch von dem gefchwin-
den Sichfortbetvegen tropfbarer Flüſſigkelten (auch fig. von der Zeit) gefagt.
Riefeln (ahd. hrisilön, mbb. risclen, von ahd. risan, mhb. risen = ſich
von unten nach oben und von oben nach unten bewegen?) fich mit einem fei⸗
nen Beräufch in kleinen hellen allmälich fortbewegen, befoubers zur Tiefe.
139
Biuten (von Fiat, ahd. v(f)inot, v(Ü)ldt, mb. vinot, agf. altıı. Mid; davon fiöder
—= Speiche am Waſſerrade, Gerinne, uhd. Fluder uud Gefluper?) Rd in
großer Mafte, gleichfam überfchwenmend,, hinbewegen, eig. von Yläffigkeiten,
dann andy fig. auf andere Dinge übertragen- — Und zu eines Stroms Ge
Raden kam ich, ver nach Morgen flo. Schiffer, Pilgrim. Es floſſen
Heden und Hütten und Dächer und Scheuern umher. Kleiſt, Ueberſchwemmung.
Bo bort Tiefen fie (die Bahn) deckt, ſtroͤmts vielleicht, ſprudeln vielleicht
Onellen empor . . . ben ungehörten Wogen entfirömt, dem geheimen Quell
entriefelt der Top. Klopſtock, Bislauf. Laß rinnen ber Thraͤnen ver
geblichen Lauf. Gchiller, des Maͤdchens Klage. Lieblich iſt's, wie Aber glai⸗
sen Kieſeln ſilberhelle Fluten rie ſeln. Schiller, Laura am Clavier. Doch
wo bie Spur, vie aus der Menge, ver Völker flutendem Gedräͤnge, den
ſchwarzen Thaͤter kenntlich macht? Schiller, Kraniche des Ibykus. O wie
anellen, wie riefeln, wie rauchen in mächtigen Bluten nie verflechende
Stiröm’ ans bir. Kofegarten, Hynme an bie Tugend.
Unm. Das Bartic. wogend wirb auch noch mit andern Wörtern zuſam⸗
mengefeht,, z DB. Am graumogenden Strand. Bob, Ilias 1, 350. In des
Seers graumogender Schwellung. Daf. 19, 207 uf dunkelwogender
nt. Boß, fiee 4, 482.
Degen (goth. vigan — bewegen und bewegt werben; ahd.
wekan, biwekan, mhd. wegen, bewegen) wird meiſt durch Des
wegen vertreten und bebeutet allgemein die Stelle im Raum vers
ändern; dann in Bewegung feten. — Bewegen 1) die Stelle im
Raum verändern; 2) (fig.) Gefühle und Leivenfchaften erregen, fie
mögen gelind oder heftig fein: das ganze Haus iſt darliber trauri
uud beivegt, die Erzählung bewegte ihn zu Thraͤnen; 3) (meiſt ſta
conj.) durch verfchievene Mittel ven Willen befiimmen; 4) ſich in
eiwas finden, umzugehen wiſſen: er bewegt fid) mit Anftand in allen
Geſellſchaften. Davon durch —, fort—, herumbewegenz Bes>
veger; Beweggrund; Bewegung, —ungskraft, —ungs—
los; beweglich, —keit und die ſeltneren Bewegniß und be⸗
vegſam, —keit. — Sie (die treue Liebe) wegt ſich, fie regt ſich
und ändert ſich nicht. Göthre, Jery und Baͤtely. Eine Welt des
Ruhmes bewegt glaͤnzend jenſeits dieſer Berge. Schiller, Tell
3, 1. Langſam bewegt er feine Schritte. Goͤthe, Taſſo 1, 2.
Bon mancher —b* bewegt. Daſ. Was Eure Furſtlichteit
bewegen mag. Schiller, Wallenſteins Tod 1,5, Durch bie Stärke
dieſer Gründe bewogen, zog ber Herzog feine Macht zufammen.
Schiffer, Belagerung von . Seine Bruſt war mit einem
Hänzenden Darnifch bedeckt, — alle Theile ſeines Leibes ſich
— ie Söthe, das Märchen. Nah dem Maß bewe⸗
et alles an mir fort. Göthe, dee Mufenfohn. So darf ver
fein Problem flehen laſſen und ſich etwa In einiger Entfernung
va herumbewegen. Göthe, Betrachtungen im Sinne ber Wand⸗
2)
140
ver. Aber. ver Krieg hat auch ſeine Ehre, der Beweger bes Men-
ſchengeſchicks. Schiller, Braut von Meſſina. Trotz der Enticheid-
gründe beim Berflande und trog der Beweggründe beim Willen
wählt der Menſch ſowol fein Syftem als fein Thun. 3. Paul,
perus 28. Daß er ibm ja die lauterſten und triftigften Bewe⸗
gungegründe gebe. Leſſing, hamburg. Dramaturgie 1,1. Wenn
die fe die Bewegungen bes Körpers leitet. Göthe, Meifters
Lehrfahre 2, 11. Gi le und Körperfloff, und
ich baue fie zur Welt auf. 2. Meifter. Der (Feind), hochbetroffen,
fieht bewegungslos, mit weit geöffnet ſtarrem Bli das Wunder
anftaunend. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 9. Es ziemt ſich
nicht für uns, den heiligen Gebrauch mit leicht bew eg a Bers
nunft nad unferem Sinn zu deuten und zu Ienfen. Göthe, Iphi⸗
genie 1, 3. Er (Ovid) hatte — Beweglichkeit des Gei⸗
es. Platen, das Theater als Nationalinſtitut. Erſt ſtand er un⸗
ee.‘ Wieland, Oberon 1, 41. Aus 2 Bewegniß.
Liscov. Eine angenommene Bewegſamkeit. igge.
Anm. 1. Nicht ſehr gebraͤuchlich (in der hochd. Sasiniveage) iſt das Bei
Schweizer Schriftitellern fi findende entwegen. — Bei Beurthellung der Flaflis
fchen Balpurgienadht (in Göthes Zauft) glaube ich nun, müſſe hauptjächlidy viefe
Rückſicht unentweglich gehalten werben. Cramer, Commentar zur Walpurgis-
nacht (Zürich und Winterthur 1843) ©. 12. Baſelland ſteht unentwegt dba.
Frankf. DO. 8. 3. 1846 Nr. 1. aus dem Bafellander Wochenblatt.
Amm. 2. Fiſchart Hat auch Iufammenfegungen mit Roth: notbeweglidhe
vrfach vnd vrſächliche notbeweglichkeit. Gargantua ©. 237. notweglide
anleytung. Daf. 245.
Anm. 3. Die PBartic. von bewegen geftatten noch andere Zuſammenſetzun⸗
gr Den fteinbewegenden Hebel. Säthe. Adilleis. Ein freibewegtes
n. Göthe, Kauft 2, 136. In die lurmbewegte See. Schiller, Hero unb
Leander. Alle Näh' und alle Ferne befrievrigt nicht die tiefbewegte Brufl.
Göthe, Fauſt Prolog. Den vielbewegten Nez der Welt zu meiden. Goͤthe,
Gugenie 3, 4. Wildbewegte Wünfche flürgen aus den überbrängten Herzen.
Söthe, Pandora. Nah Paphos trugen Ihn die ſchnellbewegten Flügel. 1,
Sieg des Liebesgottes 4.
Gemüthsbewegung überhaupt eine in dem innern Seelenzus
ftande vorgehende Veränderung (Bewegung) des Fühlens oder Wols
lens. — Daß er verfprad, lieber einige Zeit zu verreifen, als feine
Geliebte zu ängfligen und ihr durch diefe Bemüthsbewegungen
zu ſchaden. Göthe, Meifters Lehrjahre 7, 8.
Affeet (lat. affectus, von aflicere — anthun, Eindruck machen) bebentet
das übermäßige inmere Gefühl, d. t. ein folches inneres Gefühl, welches ben
f. 9. innem Sinn mit größerer Gtärfe bewegt (affidert). Leide uſchaft
(fiehe Leiden) iR das übermäßige finnliche Begehren over Werabfcheuen, ober
beides zufammen (gemifchte 2.) und begreift ſolche finnliche Begierden und
Berabfchenungen, welche ven f. g. Innern Sinn mit größerer Stärke und an:
dauernd bewegen. — Als der aufgeklärte verfeinerte Wortführer der Bolkeges
fühle wärbe er (der Volksdichter) dem hervorfirömenden, Sprache ſuchenden
141
Affeft ver Liebe, der Freude, ‚der Andacht, bes Traurigkelt, ver Goffnung
=. a. m. einen reinern geiftveichern Text unterlegen. Schiller, über Bürgers
Gerichte. Sie (vie Göttinnen des Reizes und ver Schönheit) belohnen nur
die Leidenſchaft, vie fie einfloͤßten. Daf. |
Weg— der, (gott. vigs, ahd. wẽe(g), mhd.wöc,agf. veg, altn. vẽgr,
fanjfr. vaha), 1) der linienartige Raum, durch welchen ober auf
welchem hin eine Bewegung geſchieht; die Spur, woran ſich erfennen
läßt, wohinaus das, was fi) fortbemwegt, hin iſt; 2) Art und Weife
der Handlung in etwas, dann aud Art und Weife des Gelangeng
zu etwas, während Mittel (von Mitte, ahd. mitti, altn. midja,
kanffr. madhja, vom Adj. goth. midis, ahd. mitti, mhd. mitte, agf. midde,
altı.midr, lat. medius, gr. udoes) allgemein das, was angemeffen zur
Grreihung eines Zweckes ift, bezeichnet. — Laß uns entfliehen! Ich
fenne die Wege; die Mittel können bir nicht unbekannt fein. Göthe,
Eomont 5.
Straße (ahb. sträza, mhb. sträze, ayf. straete, strete, altn. streeti,
aus lat. via strata, sc. lapidibus- d. i. niedergeftampfter, gepflaftertee Weg
ans Steinen) iſt allgemein der längere und breitere Meg für Fuhrwerke. Ihr
fieht entgegen ver Pfad (af. phad, pad, mhd. pfat, wahrjcheinlih aus gr.
naros) der fihmale betretene Weg, fet er.zum Gehen für Menfchen oder zum
Reiten für Zugthiere (3. B. Leinpfad) u. dgl.; im Befondern der feft und eben
getretene Weg neben dem Fuhrweg. Der Steig (mhd. stic, mit stöc und
stige zu stigen — fteigen gehörig), minder gebräuchlich der Stieg und bie .
Steige (mhd. stige) der fohmale enge Weg, der nur betreten, nicht befahren
werden kann; dann lieber der zur Höhe angehende Weg, auf dem man ſtei⸗
aen muß. Der Steg (mhd. stec), früher mit Steig gleichbebeutend, ift
grgenwärtig ein fchmales Holz zum Übergang über ein Waffer over eine Tiefe.
Tie Bahn (mhd. ban, zu Bühne mhd. bünt geh.) freier, geebneter Plap zum
Gehen, Reiten u. bgl.; dann der freie zu ungehinderter Fortbewegung gleich«
gemachte Weg. Der Gang (f. gehen) iſt eigentlich vie Thätigfeit, vermittelft ber
Füße (des Oehens) ſich fortzubewegen; dann ver zum Gehen geeignete Längens
taum, befonders zwifchen Gegenſtaͤnden. Die Schhneife (mfb. sneise, bei
J. Paul Schnait, fiehe ſchneiden) iſt nur noch der ausgefchnittene Wald»
weg zum Mogelfang (Bougelfchneife); dann überhaupt ausgehauener Waldweg.
— Hab’ ich den Marft und die Straßen doch nie fo einfam gefehen. Göthe,
Hermann und Dorothea 1, 1. Durch ihr (der Wieſe) freundliches Grin
fchlingt fich der Länplihe Pfad. Schiller, Spaziergang. : Gradaus geht des
Blitzes, geht des Kanonballs fürchterlicher Pfad. Schnell, auf dem nächften
Bege langt er an, macht fi zermalmend Plab, um zu zermalmen. Mein
Sohn! die Straße, die ver Menſch befährt, worauf der Segen wandelt,
diefe folgt der Flüffe Lauf. Schiller, Biccolomini 1, 4. Aber zwifchen ver
ewigen Höh’ und der ewigen Tiefe trägt ein geländerter Steig flyer ven
Bantrer dahin. Schiller, Spaziergang. Am Abgrund leitet der fchwinplichte
Steg. Schiller, Bergliev. Über Schlünve baut’ ih Stege. Schiller, der
142.
u ggg nenn
Pilgrim, Der Gtieg bie Selten hinauf IR gar hubſch angelegt. Gothe,
Wahlverwandtſchaften 1,1. So erlangte fie eine fchön gefchiwungene Wendung
gum Aufſtieg. Daf. 1, 8. Und als ih Bahn mir made durchs Gewühl.
Schiller, Jungfrau von Orleans, Prolog. Und ein anvermal, ale ich bir
eilend nachging, liefſt du vor mir burch einen langen Bang. Schiller, Bals
Ienfeins Top 5, 3. Mit Freude über den Bang bes fchillernden Taubenhalſes
in ver Schnait. J. Paul, Sievenfäs5. Gr getranete fi) mit den Schlingen
davon die Dohnerſchnait durch den Schwarzwald durchzuführen. Daf. 6.
Wenlos, wegfam, ummeglih; Wegeamt, —aufieher, —ban,
—bereiter, —befferer, —blatt (plantago L.), — breit (dasſ.), — di⸗
fiel, —dorn, —geld, —genoffe, —gefell, — gras, — kerze (verbascum
nigrum L.), —foft, —frefie, (alyasum incanum L.), —fümmel
(carum carviL.), —lagerer, — lattig, — lerche, — leuchte, — meſſer,
“ — müde, —narr (lacerta salamandra L.), —rich, — ſaͤule, — ſcheide,
—ſcheu, —ſchlinge (viburnum lantana L.), — ſchnecke, — ſpinne,
—ftein, —fterz Vaqſtelge)ſtreche —firoh (galium verum L.),
—tritt (polygonum aviculare L.), —walte (centaurea calcipatra),
— arte (cichorium intybas L.), — weiſer, — winde, —zehrung,
— zoll; Ab⸗, Aus—, Durd—, Neben—, Feld—, Wald—,
MWiefenweg u v. a, wie aus ben nachfolgenden Beifpielen zu
erſehen. — Die engen Pfade völlig weglos macht. Göthe, zu
meinen Hanbzeichnungen 6. Mir beut Durhwegfamer Meergrund
dunfele Bahn. Voß. Als Liane wider Eharitond Erwartung beide
in einen unwegfamen Eichenhain — bat. J. Paul, Ti⸗
tan 45. Eile gerade und nicht umweglich zum Ziele. Wolfe.
Berlaßt mich bier getreue Weggenoffen! Göthe, Elegie. Auf
einmal ſchlug mein Weggefell mit beiden Käuften heftig vor
den Kopf. Göthe, Leben 9. B. Schaffe ſodann Wegtof. Voß,
Odyſſee 2, 290. (In jenen Zeiten) wurden bie auf die Meffen
ziebenden Handelsleute von Wegelagerern, edlen und uneblen
Geſchlechts, willfürlich geplagt. Göthe, Leben 1. B. Uns der Ge
fahr und Sogwerhäle dieſer Wegſtrecke ausſetzen. Göthe, Xeben
6. B. Er ging verſäeten ſchwarzen Papierſchnitzeln als Wegwei—
fern nad. J. Paul, Heſperus 4. Daß er mit reichlichen Gaben
zur Wegezehrung beglüdt wurde. Göthe Leben, 16. B. — Um
und hier länger, dort kürzer aufzuhalten, und allenfalls einen Abs
weg zu nehmen, wo etwas zu befehen war. Buſch. Daß Niemand
als buch jenen erfien Anweg zu dem Zauberichloffe gelangen
könne. Göthe, Novelle. Ich ließ mich ge einem folhen Ausweg
Gr geneigt finden. Göthe Leben 11. DB. Zieh bin auf Hymens
Iumenwegen! Sciller, an D. Slevoigt. Bis zum Damms
weg, welden fie ziehn, 1ft’8 immer ein Stündchen. Göthe, Her⸗
mann und Dorothea 1, 6. Bis Schoppe den Diagonalmweg
ausmittelte. J. Paul, Titan 2. (Er) brachte jenen Dorfweg
143
wer zur Sprache.
* Fahrweg der ei Per rar betrete beine —*
iller, Don Karlos 2, 4. = Ari pi weiße Bruſt der
über den Bubrieg, I Paul, Heſperus 9. Ging
Hrfenwen Söthe, Sonette 2. (Er) trat fräflig und ra
ven Fels we — Goͤthe, Meiſters —— —
einen nähern Fuß weg einzuſchla Daſ. Sah er auf en Fern
artenwege die font Geſellſchaft langſam gehen.
J. Paul, Titan 45. Wo ſich der ſteile Gebirgsweg um eine
Ede herum ſchnell nach der Tiefe wendete. Göthe, Meiſters Wan⸗
ahre 1, 1. Weit durch den Himmel einen Glanzweg ziehend.
Shiler, Wallenſteins Tod 4,1. Jeder Gnadenweg (iſt) geſperrt.
Schiller, Maria Stuart 3, 6, Am Hude Heerweg ſtehl's (das
Hans). Schiller, Tell 1, 2 (Ste ſetzte) ihre Freigebigkeit g
die Armen auf dem Heimwege fort. Gö Reiters Lehrjahre
3,4. Zeigm Sie mir den Hinweg, den ne wi gen
kaben, Goͤthe, Br rel haehiie 1,11. Wenn ihn der
dineinweg durch das berg eifigte Tyrol — hatte.
Gothe, Windelmann 1. — ande des Hochwegs irrte
das knarrende Rad. Göthe = ermann und Dorethea 1,137. Dort
ver Karavan' auflauernd einfamen Hohlweg Phrker, Zunifiag
9%, Der Lertor |perrte ihr nit leichter Hand den Eleinften Irrweg
m J. Paul, Titan 40. Warum laſſen wir und auf Klugheits-
verleiten | Söthe, Meiſters Wanderjahre 1, 8. Kräft’ge
Sumnrofie fchleppen bald über Rnüppelwe 280. bald eingehauene
Stufen hinab ein- buntverworrenes Gepäd. Daf. 2, 7. (Sie) tritt
af den Kreuzweg hin. Schiller, Jungfrau von Orleans Prolog 2.
(Sie waren) auf Die Hg N an einen andern wohl
ntm Runftweg. eifter8 Lehrjahre 1,9. In ſtarken
emhen werben große Schmerzen und Freuden zu überfchauenven
Anhöpen des ganzen Lebensweges. J. Paul, Titan 3. (Du)
dag mir den goldnen Mittelmwe Schiller, Wallenſteins —
Iſt jeder Rettungsweg abgeſ⸗ nitien. — 4,
Kidman und Krümmungen ging man. Voß, Jlias 23 6.
Gleichſam Rut ſchwege für ſchwere Urfleinmaffen. Göthe, Vieiſters
Vanderjahre 2, 10. F ging den Sandweg. J. ar
— abermals am Eocibewege. öthe, Meifiers .
Der a zum Altare war. von den Far
“ Blktenfinupes emalt, Paul, Titan 43, Indem ich. einen
a. ngulcälagen AR, Göthe, Leben 18. B. Auf der
onnenweges an fih auf den zum
— * look Meſſias 5, 1 Gar mandıe Epanier-
wege wurden borthin vorgenommen. Böthe, Tags und Jahreshefte
1801, Und fo ſaß das trauliche Paar unter dem Thorweg. ©
144
Hermann und Dorothea 1, 59. Der Ummeg. bringt uns auch da⸗
hin. Göthe, Meifters Lehrjahre 4,4. Wir müflen-jebt vielen wüſten
en Köpfen auf ihren werfehrten Unwegen folgen.
osheim.
Keineswegs, d. i. auf keine Weiſe, in Feiner Beziehung, ir
keiner Hinſicht, iſt ein genitiviſches Adverbium, wie auch die ſeltneren
Formen mittewegs, hälftewegs. — Ich werde, wie es ſcheint,
leer ausgehen, ſagte Laertes. Mit nichten, verſetzte Philine. Ihr
ſollt euch keineswegs beklagen. Göthe, Meiſtes ar 2,4
(Daß er) nunmehr einen gar vortheilhaften Sig nad Bervienft und
Wunſch erlangen follte, gerade Mittew 2 zwifchen der Akademie
und dem Oberamtınann gelegen. Göthe, Meifters Wanderjahre 1,8,
Als ich aber Hälftewegs um Erlaubniß bat, ihn mit in des Amt:
manns Wohnung zu nehmen. Daf. 2, 12.
Das präpofitionale Adverbium mit nichten (mhd. n. älternhd. mit nihte,
von ahd. daz niwiht, aus bem verneinenden ni und wiht, guth. vaihts =
Ding, und ohne wiiht, ieht) {ft geradezu gewichtige, nachdrückliche Berneinung,
jedoch abitrafter, als bie. lebendige ber früheren Sprache, worin ver Sinn bes
Hauptwortes noch gefühlt wurde.
Wegen (entſprungen aus dem gen. pl. wẽgene, den die mh.
mittelnieverd. Adverbien aller wögene beftätigen, altn. vegna, ahd.
wegöno?) und, mit dem Dativ und von, von wegen (mhd. von
wegen) zeigt den Beweggrund ausdrüdlid an, dag ein Anderes
von dem herfomme, worauf das Wort hinweife. Wegen bezeid-
net einen moralifchen, mehr äußern, aber auch einen realen Grund,
wenn es wirfend oder hindernd ſteht. — Ganz befonders rühınt ınan
ihn wegen feiner Stärfe im Disputiren. Göthe, Götz von Ber:
lichingen 1. Eine jede Mahlzeit ward ein Zeit, das fowol wegen
der Koften, als wegen der Unbequemlichfeit nicht oft wiederpolt
werben fonnte. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 11. Als man viefes
Schiff in See brachte, fand ſich's, daß es feiner unbehilflichen Größe
wegen fchlechterbings nicht zu Ienfen fei. Schiller, Belagerung von
Antwerpen. Bitten fie von meinetwegen ben Monardien. Schiller,
Don Karlos 2, 11. Gebt Rechenſchaft dem Könige des Himmels
von wegen des vergoß’nen Blutes! Schiller, Jungfrau yon Dr-
leans 1, 11.
Salb, halben, halber (von dem veralteten Subitantiv Halbe, ahd.
halp& und halp, mh. halbe und halp = Seite, Gegend; halber fcheint
morganiſch entflanden aus einer Bermiichung des Subflantivums mit dem Ad⸗
jectivum; willkürlich ift die Regel mancher Grammatifer, halben fiehn, wenn
das Eubflantiv den Artikel oder ein Fürwort vor fih babe, halber, wo bas
nicht der Fall ſei) zeigen von etwas an, daß anf feiner Seite der Grund
fi. Um⸗willen (bloß uhd.) bezeichnet den Gegenftand als etwas Perſoͤn⸗
liches, duch deſſen Willen wir beitimmt werben, ober auch das, woburd
145
unfer Wille beſtimmt wird. Doch wird es and allgemeiner überhaupt in ber
Bezeichnung des Beweggrundes, ununterfchieben von wegen, gebraucht. Ob
(aht. oba, mhd. obe), für die Profa veraltet, aber für die Poeſie geadelt,
iR gleichbebentend mit über, jedoch ohne Beziehung auf eine Fläche, vie äber
zufonmt; als caufale Praͤp. if ob finnverwandt mit wegen, regiert ahr.
den Dativ, nhd. Dativ und Genitiv (legterer iſt geläufiger). Meber (ahd.
ubar, mho. über) bezeichnet Ort und Richtung in Beziehung auf den Gegens
fland von oben und unten. Als Zeitpräp. bezeichnet über die Gleichzeitigfeit,
oft auch vie Bleichzeitigfeit eines caufalen Verhältniffes. Um (ahd. umpi,
nbd. umbe) iſt Orts, Zeits und Zahlpräpofition, bezeichnet auch eine Cigen⸗
Ichaft, ben Gegenſtand eines Wiſſens, befonvers den Wechfel, Tauſch, Breit,
Berluft, und als caufale Praͤp. das Verhaͤltniß des Beweggrundes mit Hinficht
worauf oder mit Zweckbezlehnng. — Den Herrn erfragend fürflicher Hochbe⸗
grüßung Halt. Göthe, Fauft 2, 209. Sie müßten der guten Sache halber
freilich gewärtig fein, allerlei Verdruß zu erbulten. Lichtenberg, über die
Ehwärmerei. Der Schulrath warb meinen Helden an, feiner Satire halber.
J. Baul, Siebenkaͤs 3. Der viel begangenen Frevels halben des Hofs ſich
enthielt. Göthe, Reinefe Fuchs 1, 14. Ich mußte tem wohl mid, chrens
balber bequemen. Daf. 12, 123. Um meiner Ruhe willen erklären Sie
ſich deutlicher. Schiller, Den Karlos 4, 21. Ob dem Altar hing eine Mutter
Gottes. Schiller, Piccolomini 8, 3 Ihr feid verwundert ob des feltfamen
Geraͤths. Schiller, Jungfrau von Orleans Prol. 8. ntrüftet fand ich dieſe
grade Seele u 5 dem gewaltfam neuen Regiment. Schiller, Tell 2, 2. Ueber
ver Befchreibung da vergaß’ ich ben ganzen Krieg. Schiller, Piccolomini 2, 7.
Rich ruft die Sorge fort um die geraubte Schweſter. Schiller, Braut von
Reſſina.
Aum. In meinet—, deinet—, feinet—, unfert—, euert— ihret—,
halber, —vegen ſteht —et für —en, wie von meinen, deinen wegen und
Sermen zeigen. Das t iſt unorganifch angehängt, aber ſchon ie alt.
Mio. heist e8 minenthalben, ahb. mina halbün, noch im 18. Sahrhuudert ihrent-
wegen, 3. B. bei Uz. Das hohe Alter des angehängten (gewiſſermaßen adver⸗
Belifchen) t zeigen Formen wie allentsit (für in alldn sitön) bei Notfer, ordent-
Ich, dögintlich n. a.
Weg, areufativifches Apverbium von Weg (aus dön wöc ent-
ſtanden), bedeutet bloß Bewegung in bie Ferne, von einem Orte weg,
ohne daß eine vorherige Verbindung vorausgefeßt wird. — Ich hatt’
ihn noch zu fprechen, doch weg war er. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 3.
Ab (ah. ap, mihd. ab) veutet auf eine Verbindung, bie durch Entfer⸗
zung getrennt wird. Wort (goth. n. ahd. nicht vorhanden, agf. fordh, mir.
vort) bedeutet zuuaͤchſt vorwärts ; dann überhaupt eine Entfernung, eine Bewegung
aus einem Ort. Hin (ahd. hina, mhb. hin, wahrfcheinli der Accuſ. von
einem alten Demonſtrativ his) beveutet eine Bewegung von dieſem Ort zu
jmem. Ent⸗ (ahd. int—, ent—, in—, mbb. ent—, en—) fleht nur in Zu⸗
ſammenſetzung mit andern Wörtetn und hat den Begriff des Bewegens zur
Gerne aus dem Innern hervor. — Daß erſchrocken ab dem Rofie er gefunfen.
10
!
146
Schlegel, Karl und Roland. Cuer Ruhm iR doch verloren, eure Nacht iR
hin. Schiller, Jungfrau von Orleans 5, 10.
Gewicht (ahd. wägt, gawägi, ınld. gewæge, ag. wiht, alte.
vigt, niederf. die Wicht) die beftimmte Größe (dad Map) ver
Schwere eines Körpers; Körper, welde zur Erforſchung dieſer
Schwere gebraudt werben; (figürlih) das fittliche oder geiſtige Maß
der Schwere von etwas. Davon gewichtig, wiätig, (früher aud)
wicht), Wichtigfeit; Apotheker—, Kaufmanns —, Gleich —, Ueber:
gewicht und a.; Gewichtſtein, — uhr, —zeichen. — Es hängt Ge-
wicht ſich an Gewicht, und ihre Maſſe zieht mich ſchwer hinab.
Schiller, Wallenſteins Tod 3,23. Zum Gegengewicht deſſen, was
in der Welt fo ſchnell wechſelt. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 12.
Das Gleichgewicht in den menjchlihen Handlungen kann leider nur
durch Gegenfäbe bergeftellt werben. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 7.
Die Töpfe drunten, voll von Goldgewicht. Göthe, Fauft 2, 21.
Mit Rednergebärden und Sprechergewicht. Göthe, Hocheitlieh,
Daß irgend ein Uebergewicht von Außen deine Wahl beftimmen
möge. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 19. Ein lang und breites
Volksgewicht. Göthe, Kauft 2, 214. Sammt dem gewid>
tigen Helm. Voß, Ilias 22, 112, Höret der Mutter vermahnende
Rede, wahrlich fie fpridht ein gewichtiges Wort! Schiller, Braut
von Meſſina. Manche Sache, bie am ſich ſehr unwichtig ift, wird
dadurch wichtig, daß fih Leute von Anſehen fi ihrer annehmen,
die man für wichtig hält. Lichtenberg, phtlofophifche Bemerfungen.
Keine Zeit, feine Reue, fein noch fo vollwichtiger Erfag Eonnte
diefe Verfchuldungen aus dem Gemüthe ihres Herrn vertilgen. Schils
ler, Abfall der Niederlande 4. B. Siehe die feurige Kraft de ge⸗
wichtlos mwölbenden Himmels fchlummert empor. Voß. Das Werd
x wicter, als ich wohl gedacht. Hoffnannswaldau, der getreue
chäfer 3, 9. |
Wichtig iſt uns, was große Folgen hat, es mag nun ein Verlangen zu
fih oder Wohlgefallen an fi erweden ober nicht. Intereffant (franz.
interessant, von interesser, lat. interesse —= an etwas gelegen fein) Ber:
langen oder Beziehung zu fich erregend, daß man mit Vergnügen und Wohl
gefallen feine Aufmerkſamkeit mit dem Gegenſtande befchäftigt, indem dieſer im
Hinficht des Beſitzes oder ber Erkenntniß und befonders zugleich des geiſtigen
Genufies an ihm viel verfpricht oder aud gewährt. Anziehend (ſeltner an⸗
züglich, fiehe ziehen) Beziehung zu fich erregeud, mit Kraft finnlich oder
auch geiſtig an fich kommen machend. — Bedeutend (Barticiplum von bes
benten, fiehe bei Sinn) ſich als etwas Großes, ober vorzugsweiſe Fenntlich
machend. Bedeutſam hebt den Begriff von bedeutend mehr als Cigen⸗
thümlichkeit, und alfo ſtaͤrker hervor. Anfehnli (ſtehe fehen) Anſehen
habend, d. i. größer als gewöhnli und dadurch die mit der Meinung von
Borzügen verbundene Aufmerkſamkeit auf ſich ziehend. Beträchtlich (von
147
betrachten &. 1238) in Betracht zu nehmen, wärbig, von ber Größe, daß
das leibliche oder geiſtige Auge ben Gegenſtand anfieht. Erheblich und
triftig fie ©. 57. — Macht ihr (der Königin) Stand ſchon äfters ihre
Unfälle wichtiger, fo macht er fie darum nicht intereffanter. Leffing,
Hamburg. Dramaturgie 1, 14. reift nur hinein in's volle Menſchenleben!
Ein jeder lobt's, nicht vielen iſt's bekannt, und wo ihr's padt, da iſt's intes
teffant. Göthe, Fauſt Borfpie. Ob er (der Stoff) gleih in mehr als
Ginem Sinne bedeutend und interreffant if. @öthe, Briefwechſel mit
Schiller 3, 83. Die Beichäftigung mit fo vielen Menfchen von der gemeins
fien Arbeit bis zu folchen, denen man einen gewiffen Kunſtwerth kaum verfas
gen Fonnte, war für mich hoͤchſt anziehend. Göthe, Leben 4 Bd. Das
Alles Hat fo was Anzüglihes. Böthe, Werthere Leiden I, 12. Mai.
Richts iſt bedeutender in jedem Zuflande, als die Dazwifchenfunft eines
Dritten. Goͤthe, Wahlverwandtfchaften 1, 1. Auch fiel’ ich mir die Gegend
&uferft anmuthig und beveutfam vor. Novalis, Heinrich von Ofterdingen 2.
Er that einen anfehnlidhen Lotteriegewinnfl. Goͤthe, Wahlverwandtſchaf⸗
ten 1, 2.
Die Wucht (aus Be , wie Bucht aus biegen) bebeutet eine
solle, durch ihren hoben Grad ausgezeichnete Schwere. — Und fie
nimmt die Wucht des Speeres aus des Tägers rauher Hand. Schil⸗
fer, eleuf. Feſt. Und als wollte fie (die Flamme) im Wehen mit fi
fort der Erde Wucht reifen in gewalt’ger Flucht. Schiller, Glocke.
ern und verweigern (ahd. weigarön, mhb. weigern, im
16—18. Jahrhundert meift wegern), eine Verftärfungsform von
wiegen, bedeutet urfpränglich durch Körperbewegung (Ropfionttefung)
nicht gewähren, wobei ed natürlih auf den Willen anfoınmt. Davon
Weigerung, enonel! und das feltnere unweigerlid. —
Wohl kannte dich dein bin, da er dir Land und Leute weigerte,
Schiller, Tell 5, 2. DÖttilie verweigerte aber ausdrücklich
zu geben. Göthe, Bahfverwanifejaften 2, 15. Der Mann, der
mich jegt mit allen Reichthümern verweigert (nicht haben will),
wird mich der ganzen Welt ftreitig machen, fobalb er hört, daß ich
unglücklich und verlaffen bin. Leifing, Minna von Barnhelm 4, 1.
Er verweigert fi dem großmüthigen Anerbieten, und will fi
aus -Ulneigennäßigfeit verweigert zu haben fcheinen. Leffing,
burg. Dramaturgie 1, ®. Mangelte Vertrauen, wo Majeftät
unweigerlich gebeut? Göthe, Kauft 2, 14.
Cin Anerbieten mit abgelehnt (von Ichnen, .abt.' hlindn, mhd.
lEnen; vgl. gr. «Alverv, lat. clinare — neigen, beugen) over ausgefchlas
gen; ein Begehren wird abgefchlagen, furzweg nicht gewährt, ober vers
fagt (mhb. versagen), wobei der Verſagende freiwillig oder aus Rothwen⸗
digkeit Handelt. — Er lehnte alle Iuterceffiunen Wilhelms für fie mit Achſel⸗
zuden ab. Göthe, Mefters Lehrjahre 4, 19. Gr ſchlug die augetragene
Ehre mit ver größten Verachtung aus. Leſſtug, Emilie Galotti 8, 1. Mein
10°
148
junget Ser, ed bleibt bei tem Entſchluß, dergleichen Billen zu verfagen.
Ich habe, was ich ihm anitzt verwegern muß, ſchon feinem Bater abge⸗
ſchlagen. Hagedorn.
Anm. Einige leiten auch wiegeln, aufwiegeln, Aufwiegler von
wiegen ber. Das goth. vigan, ahd. weigjan, agſ. wegean — autreiben, hängt
zufammen mit guth. veihan, ahd. wigan, agf. vigan — fümpfen. So ilt, wel
wiegeln, bei Dafypodius Im 16. Jahrhundert weigeln = aufreizen, kaͤmpfen
machen, zum Streiten over Kriegen aufregen, eine wieverhulente Form von veihan,
vigan. — Sollte Jemand verwegen genug fein, mich als den Urheber der Ber:
fhywörung anzuflagen, daß ich damit umgegangen, Pie Branzofen gegen vie ge
pe Berfon ihres Königs Aulsuwieneln Edhiller, Selpichte der Unruhen
n Frankreich. Reden wir jebt, verfammeln wir uns jest; fo beißt es, wir gefellen
uns zu den Aufwieglern. Göthe, Egmont %.
Fechten.
| (Wurzel vah—t, vih—t; vaht, viht.)
echte, focht, gefochten, fechten (ahd. vihtu, vaht, vähtumes,
vohtaner, vähtan; mhd. vihte, vaht, vähten, gevohten, vöhten;
agf. fihtan, feahlan, feohtan, altf, fEhton, altfrief. fiuchta, altn.
Gkta, mittelniederd, veghten, mit altn. fika — raſch bewegen ver-
wandt) bedeutet 1) mit Waffenbeiwegung thätlich entgegenfein, 2) in
weiterer Bedeutung fireiten überhaupt, die Waffen mögen fürperliche
oder geiftige- fein; 3) betteln, beſonders von Handwerksburſchen ge⸗
jagt. (Diefer Gebrauch) ſtammt yon der ehemaligen Gewohnheit ber,
die Soldaten nad) geendigtem Kriege abzudanfen, da denn viele der—
felben unverfchämte Bettler wurden, weldye ihre ungeflüme und vft
gewaltthätige DBettelei mit dem anftändigen Namen des Fechtens
zu bemänteln fuchten) — Ich 2 es (das Volk) fehten fehen bei
Fapenz. Schiller, Tell 2, 1. Wir Männer fönnen tapfer fechtend
fterben. Daf. 1, 2. Wir haben mit dem Eee gefochten. Daf. 4, 3.
Der Franke (nad) der franz. Revolution) ficht; ver Emigrirte gebt
fechten. Lichtenberg, wißige und komiſche Ausbrüde.
Kämpfen (ahd. chamfan, chemfan, mijd. kenpfen, agf. campjan,
altn. keppa, wol aus jat. campus — Feld, oder damit wurgelverwandt) be⸗
deutet angefttengt zur Ueberwindung des Gegners fein. Streiten (fiche daeſ)
allgemein tHätfich entgegen fein. Ringen (fiehe dasſ.) winden, drehen; dann
mühfam und andauernd in thätlicher Bewegung gegen Hiudernifie fein nach
einem Gegenſtande. — Auf Ton und Lehen wird gefämpft. Schiller, Tell 4,2
Willſt heller fehn, als deine edeln Väter, die um der Freiheit koſtbarn Gpel-
ſtein mit Gut und Blut und Heldenkraft geftritien! Daf. 2,1. Grrang
noch kaum mit dem Tore. Klopſtock, Meflius 2, 142.
Anfechten 1) mit Waffen worauf eindringen; 2) überhaupt fi.
an Jemanden machen, um ihm an Leib oder Leben zu geben (in bei-
ben Bedentungen veraltet); 3) gegen etwas fi ald Gegner beneh-
149
mu
men, um es nicht gelten zu laffen; einem den Befitz von etwas ſtrei⸗
ig machen, es gefchehe mit oder ohne Gewalt: die Ehre eines Mens
rg eines Andern Meinung, Glauben, von einer Krankheit ange
fohten werden; 4) ans gegnerifcher (feindlicher) Abficht auf Jemanden
wirken, daß er Böſes thue: vom Satan angefochten werden; 5) auf
Jemanden eine Wirfung haben, von ber. er unangenehm berührt
wird: das ficht mich wenig an. — Umgeben rings von Feinden hält
mich nur die Volfsgunft auf den angefochtenen Thron. Schil⸗
fer, Maria Stuart 4,10. Mich ficht es nicht an. Schiller, Braut
von Meſſina. Das fiht mid nun alles Feinen. Pfifferling an.
Gothe, Reineke Fuchs 7, 189.
Ungreifen (fiche greifen) mit Gewalt und einvringlich (unmittelbar)
wider Jemanden etwas thun, um Ihm dadurch einen Befik flreitig zu machen.
Berfuchen (ahb. varsuohhan, mhd. versuochen, wahrfcheinlich zu Sache
sache gehörig, wie ruochen = Rüdficht nehmen, bedacht fein, unfer geruben,
ju rahha, racha — Sache, Rede, Rechenfchaft, ruchka, ruoh — Sorge)
bedeutet allgemein thätig fein auf eine Möglichkeit Hin; dann auf Jemanden
wirken auf die Möglichkelt bin, daß er fich beſtimmen laſſe, Böfes zu thun. —
Sie Heben um Erlaubniß anzugreifen. Schiller, Wallenfleins Tod 3, 20.
Da ihr (Heren) mit Räthfeln ihn (Macbeth) und Zauberworten verfucht zu
granenvollem Morden. Schiller, Macheth 4,2. Machet und befet, damit ber
Verſucher nicht über euch komme. Klopſtock, Meffias 5, 479.
Erfechten (ahd. irfähtan, mhd. ervähten, agf. Afeohtan) eigent-
lich durch Bekriegung in feine Gewalt befummen; mit Waffen in der
Hand durchdringen und erlangen, nicht: felten mit dem Nebenbegriff
des Unftatthaften. — Indem wir hier im Feld gefurgt, fle groß zu
machen, das höchſte Irdiſche ihr zu A Schiller, Piccolo:
mm 2, 3, Da finnt ein kluger Mann in durdgewachten Nächten
bald das, Bald jenes Amt mit Schmeicheln zu erfechten. Halter,
ſchweiz. Gedichte 5.
Erftreiten allgemein durd große Anſtrengung und Mühe gegen feind⸗
lichen Widerſtand erlangen. Erkämpfen durch einen hohen Grad der An-
frengung und des Bemühens ven Widerftand überwinden und fo das Erſtrebte
erlangen. Erringen bezeichnet dies Grlangen, wenn es mit höchft müß-
fümer und ausdauernter Beirebung, felbft gegen die größten Echwierigfeiten
verbunden iſt. — Noch ſſeht's euch frei, den Cingang zu erftreiten. Uhland,
Gefang und Krieg 2. Und trog hemmender Müh’ und Gefahr, in des göft-
lichen Mannes durcharbeitender Kraft, Ruhm und Bollendung errang. Voß.
Ab —, ans , he, dur; fort —, mit —, nach — ver—,
vorfechten bedürfen keiner weitern Erklärung, man muß jedoch im⸗
mer an förperliche: und -geiftige Waffen denken, da bald jene, bald
dieſe — verſtanden fird. —. Nachdem wir. disfes Böhmen mit
anferm. Blut den Sachſen abgefocht en. Seller, Piccolomini 1, 2.
150
Ich habe meine eigne (Sage) aussufehten mit dem XTyranızem.
Schiller, Tell 4,2. Schade, daß mir's gerade jept an Zeit gebricht,
ben würb’gen Kampf mit Alba auszufehten. Schiller, Don Kar»
108 2, 5. So mußt du dich das nicht irre machen laſſen, fjon=-
dern, wie der große Lacevämonier, im Schatten fortfehtem.
Kiopftod, Gelehrtenrepublik 1. Morgen. Der (Ritter) faß fo Rols
darauf, als hätt? er mitgefodhten bei der Croberung
Graals. Alringer, Doolin 1, 40. Einen Offizier ..., der *
ſiebenjaͤhrigen Krieg mitgefo ten und fich ein allgemeines Zu⸗
trauen erworben habe. Goͤthe, Leben 7. B. Wahrhaftig groß fein,
a nicht ohne — len fih regen; doch einen Strobhalm
elber groß verfehten, wenn Ehre auf dem Spiel. Shaffpeare,
Hamlet 4, 2. Das. Net, das jedem freien Dann die Waffen gibt
zur Hand, damit er ſiets verfechten kann den Fürften und dag
Land. ühland, das alte gute Recht.
Anm. Befechten (defümpfen) und wiberfedhten (ich viertes), früher
ebräuchlih, kommen wol jetzt nicht mehr vor. Samfon, ale er ward befoch⸗
en. Opitz. Ih will all haben recht, obſchon all’ Belt mir widerfecht.
6. Sache. — Luther ſagt auch: Was fpienelficht er dann mit erbichteten Worten.
echter (ahd. vähtari, mhd, vähtsere), Fechterin; Fechtb One
—dbvdegen, — handſchuh, —haus, — kunſt, —meifter, —ort, —plaß,
—ſchuh, —ſchule, —ſchüler, — flunde — übung; $ehterart,
gang, —gewanbtheit, —hanbiwerf, -—Eunf, —fpiel, —fprung,
—Hreih; Feder —, Kiopf⸗ Kunf—, Nacht —, Ber—, Bor—,
Wort— , Zugenfedhter. — So werben wol Berftand und Vernunft,
wie zwei Ko pf 18 ter, fid ee en Göthe, Briefw.
mit Schiller 3, 1 Dem F ederfechter gleich. Duſch. Weiler noch
morgen an aus — Vorfechter I; dem Themisſchwerte ein
Nachfechter mit dem Kriegdegen Ad fönnte. J. Paul, Hefperus 12,
Wenn er fon en bob im diefer in der Sehtfunft weit über-
legen war, Göthe, Meifterd Lehrfahte 2, 14. Die Tanz: und
Sehtflunden wollten nicht zum. beften glüden, Daf. 2,9. (Sie)
festen dabei. ihre‘ Fechtübungen mit großer Anftren ung fort.
Daf. 5, 8. Zwei Fechtmeiſter befanden fi in der tobt.
Es fehlte wenig, fo hätten die Fechtſchulen ganz ernftliche ‚Ge
fechte veranlaßt. "Göthe, Leben 4. aß wir wohl daran thun
.. einen kritiſchen Beotplag u den Horen zu eröffnen.
Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 166 (Man konnte). die Legen⸗
ben feiner Se — geiten ſaſſen Goͤthe, Tag⸗ und Jahres⸗
bei fte 1805. Körperliche Stärke, en eit, die wil⸗
Selbſthülfe war dort an der —— ® — 6. —
eil Baſedow) die Behterfieeide D
als ich Naturalift zu führen wußte. Dat. Te Ben
cht (ahd. vehta und kafeht, mho. vöhte und .
agf. geföcht und gefiht) fiche bei Treffen & 55. — Gefedt-
151
Base; Fels —, Schatten—, Schein—, See—, Stier—, Vorder —,
rpoſten —, Wort—, Spiegefgefeht u. a. — Sie richten ihre
fdwarzen Segel hierher vom heißen Felsgefecht. Göthe, Fauft
2, 279. Durch das wanfende Schattengefeht. J. Paul, Zitan
43. Bei Stiergefecht, Turnier und Streit. Paten, rom. Oedi⸗
yus 3. In dem Vordergefeht. Voß, Ilias 18,456. So daß
man jened ganze Betragen als ein zn anfehen kann.
Böthe, Leben 18. B. Die Sade if feinem Wortgefecht mehr
unterworfen. Schiller, Maria Stuart 1, 7.
Fuchtel nennt man 1) einen Degen mit breiter, gerader Klinge
pm Fuchteln d. i. ee Hauen oder Schlagen, wie er ehedem
zur Strafe der Unterofficiere und Junker gebraucht wurde; 2) die
Etrafe mit einem folhen Degen; 3) (fig.) —* Zucht: einen unter
die Fuchtel nehmen. Die Volksſprache Br ah ab—, durch—,
einfuhteln. — Fuchtelmann Heißt im Defterreichifchen ver
ih, wol von fuchteln = hin und her bewegen, Tebhaft fchlas
w wie mit flammender Klinge. — Ich verdiente hundert Fuchtel.
fing, Minna von Barnhelm 5, 14. Ih füchtelte mit der Des
genfpige auf der Karte hin und her, Risbeck.
Schwert (ahd. suört, mh. swört, agf. svẽord, altn.svärd) bie gerabe
gewichtige Hiebwaffe mit breiter Klinge. Der Degen (ah. dekan, mh.
degen — Diener eines Großen, dann tapferer Kriegsmann, Held; Schwert)
bat eine lange fchmale, in eine Spike auslaufende Klinge und ift daher Stichs
waffe. Der Säbel (nieverb. zabel, zunächft von franz. sabre für sable, und
biefes wahrfcheinli aus dem fpätern gr. Gaßurn krummes Schwert, von
Gados — krumm, nad) Andern von einem altgall. sappa — frummer Degen)
zeichnet fih durch eine gefrümmte Klinge aus und ift daher Schneidewaffe.
Der Ballafch (ruf. palasch) iſt ein Reiterfehwert mit gerader breiter Rüden:
flinge. Der Sarraß (vielleicht von ber puln. Aufforderung zum Zweikampf
zarraz — glei, alsbald) iſt ein fehr großer Degen uber Säbel, — Zur
. Schmiede ging ein junger Held ; er Hatte ein gutes Schwert beftellt. Uhland,
das Schwert. Wo aber waren denn die tapfern Degen, Saintralles, La
Hire und Frankreichs Bruſtwehr, der helvdenmüthige Baſtard? Schiller, Jungs
frau won Orleans Prolog 3. Nehmt Hin! Nicht werth mehr bin ich biefes
Degens. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 6. Ich feh des Ritters gutes
Schwert, des Heiden blinfenden Säbel. Wieland, Oberon 1, 1. In der
Sand hielt er einen eniblößten Pallaſch. O. v. Kopebue, Beſuch der Kö⸗
zigin von Tahaili. Sein Sarras war, man glaubt es kaum, fo groß fchier
wie ein Weberbaum. Glaubius, der Rieſe Goliath.
Aum. 1. Statt ver hier genannten Synonymen hört man zuweilen auch ben
Ve meiſten verfelben allgemein bezeichnenden Ausdrud Seitengemwehr, weldyes
Bort au Böthe gebraucht: Beide Freunde zogen beherzt ihre &ritensen ehre.
Neiſters Lehrjahre 4, 5.
Yum. 2. W. Badernagel ſtellt Kauft (abd.füst, mhd. vüst) zufanmen
152
mit fechten, gr. zug = Faufl, wuyun = Saufampf, lat. pugnus —= Fauſt,
pugna — Kampf, Gefecht, pugil = auftfimpfer. Mittellat. heißt fustarc prü-
geln, ahd. füstön, mhd. vüsten — einen mit Fäuften fchlagen und fechten.
— —
Flechten.
(Wurzel vlah-t, vlih-t; vlaht, vlih-t; vgl. gr. Ada, Tat. plicare,
plectere = fledhten, falten; fanffr. pre = verbinden.)
Flechte, flocht, geflochten, flechten (ahd. vhlibtu, vlaht, vläh-
tum&s, vlohtaner, vlehtan; mhd. vlihte, vlaht, vlähten, gevlohten,
vlähten; altn. flötta, flietta, flitta, ſchwed. fläta, dän. flette) 1) zwei
oder mehrere biegſame Dinge in einander fchlingen und ſo der Fänge
nad) verbinden: die Haare, Bänder in die Haare, Weiden zu einem
Korbe, einen Miffethäter auf das Rad; 2) dur Flechten hervor:
bringen, winden: einen Kran, Zaun, Deden aus Baft; 3) fi
ſchlingen, winden: die Rebe fliht fih um die Ulme; 4) (figürlich)
füfiefen: einen Bund. — Zweige, die ih in Gedanfen flodt.
Göthe, Taffo 1, 1. Der die golone Binde ihr um die ſchöne Stirne
flehten wird. Schiller, Braut von Meffina. Chret die Frauen,
fie flechten und weben himmliſche Rofen ins irdiſche Leben, flech⸗
ten ber Liebe beglüdendes Band, Schiller, Würde der Frauen.
Doch mit des Gefchides ren ift Fein em’ger Bund zu Flechten.
Schiller, Glocke. Nur der Körper eignet jenen Mächten, die das
dunkle Schickſal flechten. Schiller. Ins Innerfte des weißen
So flicht (verbirgt) die Dulderin ihr thränenvoll Gefiht. Kl.
midt.
An—, auf—, aus —, be—, bei—, durch —, ein—, ent—,
fort—, binein—, nach —, über—, um—, unter—, ver—, VOr—,
zu—, zurüd— , zufammenflechten bebürfen Feiner weitern Erffä-
rung, find jedoch nicht. alle gleich gebräuchlich. — Stand das Mütter:
chen auf vom ee en en Spinnftuhl. Voß, 70. Geburts:
tag 69. Die Wilden beflodten vie Stangen mit Palmblättern.
Ungenannter bei Campe. Sie ſprach ein mit Franzöfifh und Ita⸗
liäniſch durchflochtenes Deutih. Göthe, Meifters Lehrfahre 2, 6.
Die weitumherliegenden, mit herrlichen dichten Bäumen befegten und
durchflochtenen Auen. Göthe, Leben 9. B. Das Haar, wie
ber Hulbgöttinnen Gekräuſel fhöngelodt, und zierlih mit Gold und
Silber dur ee Voß. Sie bereiteten eilig aus abgebauenen
Äften und eingeflochtenem Neifig eine Trage. Göthe, Meifters
Lehrjahre 4, 7. Eben der Gott, der Die ganze Welt regieret, hat
auch unfer Glück, wie er ihren Grund Yegte, in ihren Zufammen-
hang mit eingeflodhten. Käftner. Als er recht von Herzen lachte,
flocht' ih das erſte Wort yon Ihrer Sage ein. Benzel-Sternau.
153
Heuchler, die fih wit Schmeicheln flechten ein. H. Sads. Die
Blumen würden ihrem Haar entflochten. Lafontaine. Beide find
fo genau hineingeflochten. Leifing, Hamburg. Dramaturgie 2, 88.
Wenn er (der Rebel) wie ein Zugneß Gipfel und Berge über;
ftiht J. Paul, Hefperus 1. Diefes ſeidne Haar, verfalten fchon
den finftern Todesmächten, gebrauch's, den Sflaven ewig zu ums
lebten. Schiller, Maria Stuart 3, 6. Siehſt du nicht bie
Schlange, die den Bufen mir umflidt? A. W. Schlegel, Mit
Müh arbeitete fich durch ein edles Pferd, weiß wie ber Schnee; die
Mähnen, unterflodhten mit Golde, fhimmerten. Alringer, Doolin
1,42. Bon äußerm Drang unangefochten bleibt Freunde fo in Eins
verflochten, dem Tage gönnet heitern Blick! Göthe, nachgelaffene
Berfe 7, 119. Durch das Labyrinth ne Hinderniffe.
Duſch. Man fann fich nicht erwehren, von einer ſolchen Berpfleds
tung der Schidfale ſchmerzlich ergriffen zu werden. Schiller, Briefw.
wit Göthe 6, 133. Da ftand fie num, wie fie gewöhnlich in den
Garten ging, ihre braunen Paare theild um die Stine fallend,
theils in ſtarken Zöpfen zurüdgeflodten. Göthe, der Sammler
und die Seinigen 2. Brief. it feltner Kunft flichtſt du der
* Rath u deine Wünſche ug in Eins zufammen. Göthe,
higenie 2, 1.
Die Flechte (mhd. vlöhte, neuniederd. vlecht, ſchwed. fläta)
1) Zufammengeflochtenes; 2) yerfchievdene "Dinge (Geſchwüre und
Panzer), die fih in Geftalt eines Geflechtes ausbreiten. — Das
Geflecht (ahd. givleht, mhd. gevläht, gevlähtunge) 1) ein ge-
flochtenes Ding, bier au in manchen Zufammenfegungen ——
lich; 2) ein Geſchwür auf der Haut. — Umwunden bin ich, römiſche
Flechten, von euch. Göthe, röm. Elegien 4 Diefe waren ſchlecht
und veraltet, der weidenen Flechte nicht unwerth. Voß, Philemon
und Baucis 87. Wo jetzt hohe Waldbäume ihre Gipfel luftig er
heben, da überzogen einſt zarte Flechten das erdenloſe Geſtein.
A. v. Humboldt, Ideen zu einer Phyſiognomik der Gewächſe. Jetzt
drückte ſie das Geflecht der goldnen Haare zurechte. Geßner. Der
Kuß der letzte, grauſam ſüß, zerſchneidend ein herrliches Geflecht
verſchlungner Minnen. Göthe, Elegie. Unter'm Schatten üppigen
Geflechts von Rebenlaub. Uhland, die Bildſäule des un
— Dorthin, wo fih in Sümpfeu Schlang’ und Tieger durd Rohr
und Dorngeflechte tüdifch drängen. Göthe, Eugenie 4, 2. Jener
entriß... eilend des Panzers Kunſtgeflecht von der Bruſt. Voß,
Bevor des morbenden Heltor blutiges Panzergeflecht ringsher
um die Bruft du zerriffen. Voß, Sins 16, 839. Durch Zwang
bes Ruthengeflechtes. Daf. 13, 57%. Durd Tieblihes Wels
lengeflechte. Göthe, Kauft 2, 173.
Flechtkorb, — mens, — ſchiene, — wagen, — weibe, —iwerf,
154
—zaum; Pau, Kaͤſe —, Mogen—, Hirſen Schwind—, Farbe —
Licht —, Pech —, Hunds —, Steinflechte; Kunſtgeflecht. — Mit
allen ihren Waſſerſchößlingen und Flechtmooſen. J. Paul, Tis
tan 10. Das Flechtwerk eines feinen innern Bandes. Daſ. 13.
achs (ahd. flahs, mhd. vlahs, agf. flẽax) bezeichnet gewöhn-
fi die Cbefannte) Pflanze ihrem Bafte nad, und dieſen beſonders
in feiner Zubereitung, vornehmlich zum Spinnen, während Rein
(vom Tat. linum, gr. Alvov) die Pflanze als ſolche bezeichnet, und
nur von Dichtern für Flachs gebraudht wird. — Kein Faden Flach 8
wird und gefponnen. Göckingf 8. Epiftel. Glänzend unwindet der
goldene Lein die tanzende Spindel. Schiller, Spaziergang.
Flächſen; Flachsader (Flechſey, —arbeit, —artig, —bart,
— bau, —baum, —bereitung, — bläuel (beſſer Bleuel von goth.
hliggvan, ahd. pliuuan, inhd. bliuwen = fchlagen, bleuen) —blüthe,
—bofe, —brede, —bündel, — darre, —farbe, —feld, —finfe,
— gelb, —gras (eriophorum L.), —haar, — handel, —hedhel, —faute,
—knoppe, (was) — note, — kopf, —kraut, — land, —marft, mühle,
—raufe, —reifte, —riffel, —röfte, —famen, —fhwinge, —fpinnerin,
—werg; Frauen—, Seidven—, Waſſer —, Wieſenflachs.
lechſe (bei Adelung Flaͤchſe) bezeichnet die Sehne als feinfa⸗
ſeriges (flachsartiges) Gliederband, oder auch bloß das faſerige Mit⸗
telglied zwiſchen Muskeln und Knochen. Die Volksſprache hat davon
aufflächſen und aufflächſnen vom Metzgerhunde geſagt, wenn
er das Rind, das er treibt, in die Flechſen der Hinterbeine kneipt,
ohne es zu beißen. — Flechſenartig, —haube, —haut (beide in
der Zergliederungsfi..:ft, jene ein Gewebe von Zlechfen, welches ven
rn Theil der obern Wölbung des Schädeld überziebt; dieſe eine
reite und dünne Flechſe, die das Anfehen einerhaut hat). — Nun
waren die Slechfen feiner Arme entzweigefchnitten. 3. Paul, Sies
benfäs 7.
Löfchen ftatt Tefchen.
(Wurzel laa—c, lis—c; lasc, lisc; vergl. fanffr. laj = unmfoms
men, ſchwinden.)
Loͤſche, loſch (im 17. Jahrhundert noh Taf), geloſchen,
löſchen; gebräuchlicher auslöfchen, erlöſchen und verlöfchen,
zuweilen, —28 ‚ nach ſchwacher Conjuga n (ahd. lisku, lasc,
läskum6s, loskan@r, löskan, auch arlöskan, irlöskan; mhd. lische,
lasch, läschen, geloschen, löschen, auch er—, verlöschen) aufs
ören zu brennen (2. aufhören zu fein): das Feuer, das Lebens⸗
icht, die Liebe, die DEN ift erlofchen. — Und es Töfcht das Licht
der Sterne... Und im Wind erlifcht die Fackel. iller, Hero
und Leander. Liſch aus, mein Licht, auf ewig aus ——
Leonore. Mein Sohn, für den die Sonne nicht ausloſch. Klop⸗
155
ſtock, Meffias 11, 1473. Der Brand Taf aus. Lohenſtein,
Eleopatra 1, 514. Glühend Rachegefühl hab’ ich gefogen aus
ber erloſchnen Sonne feines Blicks. Schiller, Tel 2, 2. Iſt
Geift und Wig erlofhen? Göthe, Taſſo 2, 1. Indem ihm auch
das Licht erlaſch, groß Angft und Forcht fein Herz durchdraſch.
9. Sachs. Euch iſt die Sonne verloſchen. Klopſtock, Meſſias
10, 520. Bald verliſcht ein unbegränztes Streben im ſel'gen
Wechſelblick. Göthe, Weltſeele. So verlifht er por den Ans
benfen der Menfchen. Göthe, Götz von Berlichingen 5. Ein Bild
ber Deinen, das in deiner Seele noch nicht verlofchen. Leffing,
Ratban der Weiſe 3, 1. Er verfam, verlöfhend wie ein Ticht.
Bürger, Bruder Graurod. In dem feharf gefalznen Thränenquell
des Grams serlöfchten ihre fhönen Augen. Houwald, das Bild.
Mit fchnell verlöf nn Zügen fchreiben fie des Lebens Bilder auf
die glatte Stirne. Hiller, Wallenfteing Tod 3, 7.
Köfchen (ahd. leskan, mhd. leschen, ans lascjan, altf. lesvjan)
geht als thätige Form nad) der ſchwachen Konjugation; fo auch ab—,
aus—, er—, ver—, ne hen. — Wer diefen Ring befigt, dem
loͤſcht fein Element das Lebenslicht. Wieland. (Die) uns den Ruhm
erworben, den kaum nad) Tanger Zeit der Enkel Abart Tefcht. Haller,
verdorbene Sitten. (Da er) bie fertig gebrannte Kalfgrube feines
Zorns mit Wein ablöſchte. % Paul, Titan 15. Wilhelm hatte
kaum feine Stube erreicht, als er feine Kleider abwarf und nad
—— chtem Lichte ins Bett eilte. Göthe, Meiſters Lehrjahre
2, 11. Iſt es nicht vielleicht ein flüchtiger Eindruck, den man wies
der auszulöſchen hoffen kann? Göthe, Meiſters Wanderjahre 2,3.
Doch die Leiden der Freundſchaft Hatten nicht jede Schönheit ver.
jugendlichen Debora auszulöſchen vermocht. Klopſtock, Meffias
15, 337. Leſcht das Licht aus. Lohenſtein, Cleopatra 1, 259.
(Mandye Tafel mußte) gar durch die Erklärungen weggelöſcht
werden. Göthe, Reben 18. B. Bon der Tafel der Erinnerung will
th m hen alle thörichten Geſchichten. Shaffpeare, Hamlet 1,5.
ſchlich und ausloͤſchlich kommen nicht vor, wol aber un=
ausloͤſchlich, unlöfhbar. — Unaufhörlih rief er fih jene Bes
ebenheit zurüc, welche einen unauslöfhlihen Eindruck auf fein
Semüth gemadht hatte. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 9. Urplößs
lich unloͤſchbar lodert umher Glut. Voß, Jlias 16, 124
; Löfchanflalt, — brand, —eimer, —faß, —geld, —ges
räth, — haften, — Horn, —kohle, —Fübel, —mannfgaft, —napf,
—papier, —plaß, —ihaufer, —fpieß, —trog, — wanne, —wagler,
—wedel, — wiſch. — Statt der Löfchanftalten fo viele Breman⸗
Raften. J. Paul, Heſperns 2 Doch unbraudbar wird fie (die
are) durd das reimeriihe Loͤſchpapier. Platen, bie verh.
156
Selfen. *) |
(Wurzel hal—f, hil—f; half, hilf; helfan ftatt hölafan, alſo ſchützen
durch Berbergen?)
Helfe, half, geholfen, helfen (ahd. hilfu, half, hulfumes,
holfaner, hölfan; mhd. hilfe, half, hulfen, geholfen, helfen; goth.
hilpan, 9 hälpan, altn. hialpa. mittelniederd. helpen) Kräfte
anwenden für etwas auf eine Beftiimmung bin, und zwar 1) zur
Berbefferung eines ſchlimmen und zur Herbeiführung eines beſſeren
Zuftandes dienen; guter Rath hilft, hier hilft fein Bitten, es iſt
ihn nicht mehr zu helfen; 2) zur Erreihung eines Zieles mitwirken,
eine andere dahin wirkende (befonders unzureichende) Kraft ver:
ftärfen, feine Kräfte mit denen eines Andern vereinigen: Gott helfe
euch, einem auf das Pferd helfen; 3) allgemeiner, nützlich fein, zur
Beförderung eined Zwedes dienen; 4) (älter Sprade) ausftatten,
verforgen. — Der Strang ift mir entzwei. 4 mir ihn Vater.
(Tell:) Ih nicht. Ein rechter Schütze Hilft ſich ſelbſt. Schiller,
Tell 3, 1. Da hilft keine Gegenwehr. Schiller, Wallenſteins
Lager 6. Wer hilft uns dann wohl zu unſerem Geld? Daſ. 11.
Was Hilft dir das? Leſſing, Nathan der Weiſe 2,1. Ih Half
euch von einem Feind und mir zu einem Pferde. Göthe, Götz von
Berlichingen 3. Es würde mir zu viel mehr Nuben und Ehre ge-
reihen, wenn ih ihm an feinem filbernen Gefäßen hälfe Göthe,
Benvenuto GCellini 1,4. Ich hülfe den Griechen, Platen, die verh.
Gabel 1. Weil id hoffte, er fulle mir helfen und beiftehen,
baß ich in den Dienft des großen Königs käm. Göthe, Benvenuto
1,2. Chint (Kinder), den geholfen iſt (vie verforgt, ausgeftattet
find). Augsburg. Stadtbuch.
Beiſtehen (ſ. ſtehen) deutet in feiner Iufammenfegung darauf Bin,
daß der Eine feine Kräfte mit denen. bes Andern zu einem Zwecke ver:
einigt, beſonders wenn biefe legten zu bemfelben unzureichend erfcheinen.
Der Ansdruck kann darum nur pon folden Dingen gefagt werben, welche mit
Abſicht handeln oder zu handeln ſcheinen. Überhelfen eigentlich zum Kum:
men über etwas hinüber mitwirfen, und dann durch feine Thätigkeit und Mit:
wirkung feiner Kräfte machen, daß er über eine Echwierigkeit, die ihn in
Perlegenheit fegt, über ein Uebel hinwegkommt. Früher hatte übers wie
drüber= und drobhelfen auch die Bedeutung beſchützen. Befördern
(von fürber = vorwärts, weiter, ahd. vurdir, davon vurdrjan, mıhb. vürdern,
agf, fyrdrian) machen, daß etwas dem Ziele näher Fomme Beitragen (f.
tragen) zu dem Vorhandenen noch Hinzuthun auf bad Näherbringen zum
Ziele Hin, und folcher Weife auf tiefes einwirken. — Beiſte hen follen fe
*) Mit diefem Verbum beginnt die Ablautsformel e (i), a, o (m).
157
mir in meinen Blanen. Schiller, Piccolomini 2, 5. IH half ihm in ſolchen
Fällen gewöhnlich über, wofür er midy mit aufrichtiger Neigung belohnte.
Göthe, Leben 9. B. Laßt's mit Afchenfalz durchdringen, das befördert ſchnell
ven Guß. Schiller, Glocke. Wie iſt's? Will's fördern? Miill's bald
gehn? Göthe, Fauſt 1, 157. Uebernehmt, meine Lieben, doch das Geſchäft.
Bin ich hergeſtellt, eh Ihr geendet habt, fo will ich das Meinige beitragen.
Böthe, Meifters Wanderjahre 1, 6.
Yum. 1. Die Volksſprache In Süddeutſchland gebraucht Helfen In abver-
Halem Sinne, fo daß es hilft: Ich will helfen mit bir gehn; form helfen mit!
Aum. 2%. Der Volfsfprache, theilmeife anch ber Altern Sprache eigen find
tie Redensarten: Helf Gott! Gott Helf! ale gegen Niefende; Ab⸗
weiſangsformel gegen einen Bettler, dem man nichts geben kann oder will. — Muß
man ten Mund doch, ich follte meinen, nicht weiter aufmachen zu einem Helf
Bett! Echiller, Wallenſteins Lager 8.
Yum. 3. Im Mhd. wird aus tem plur. pract. der Conjunctiv gebildet.
Taran erinnert der uhd. Conj. hül fe von dem ahd. und mhd. hulfumds, hulfen.
Rh, möchte das mindergebräuchliche hälfe vorzuziehen fein, da wir in halfen
wie half Das a beibehalten. Im 16. Jahrhundert ſagt Bifchart auch im Indiea—
tiv: er behulff ſich.
4. Das goth. hilpam hat den gen. der Perfon, pas ahb. hekan bald
ten soc. bald den dat., jenen in der fchwächeren Bebentung von nügen, tiefen in
der Rürfern vor Hilfe fringen. Im Mh. ſieht bei göttlichen, Heiliger Hilfeleiftung
ver dat. Diefer Unterfchien iſt nhd. nicht ganz verwiſcht: Gott hilft mir, bein
Glanbe hat dir geholfen, was hilft michs? — Bas hilft mich das? iſt ubjectiver
geredet, was hilft mir das? perfünlicher.
Abhelfen 1) von einem höheren Orte berunterbelfen, 2) auf:
hören madyen, durch Fürſorge verbeffern: einem Uebel, den Be-
werben, Jemandes Bedürfniß; 3) (früher) einem abhelfen — ihn
umbringen. — Oder fah er einen Engel unter den Meißel hervor-
gehen und half viefem Irrthum in der Eile mit einem deſto fchlech-
tern Herzen ab? Schiller, Rabale und Liebe 5, 7. Ich will auf's
nächte Dorf und fehn, ob ich nicht mit warnen Ueberfchlägen meis
nem Uebel abheffen fann. Göthe, Götz von Berlichingen 3.
Anbelfen tft veraltet. Campe führt e8 an mit der Beden⸗
tung: „einem Andern an etwas helfen, einem Andern zur Annäherung
am eine Sache behülflich fein, mehr in uneigentlicher Bedeutung,”
Letztere Bedeutung führt auch Stieler an. Im Prompt. von 1618
bat anheifen die Bedentung — , anfpornen durch die Bes
gierde, etwas zu thun: da ward jhm erft angeholffen tum pri-
mum fax ei subjecta est. Dem leicht angeholffen ift zu reden
ad direndum promptus.
Behelfen 1) fi zu helfen fuchen, damit durchzukommen fuchen ;
2) ausfommen , zufrieden fein; 3) (früher) fich einer Perfon, eines
Dinges behelfen a) ed als Hilfsmittel, zu feiner Entſchädigung ger
brauchen, vorbringen; b) es dabei bewenden Taffen, fi damit bes
gnügen. — Der Soldat bepilft und fhidt fi, wie er kann. Schil⸗
ler, Piccolomini 3, 1. Denn lange, bis es nicht mehr Tann, be-
1858
bilft fich u. mit feilen Sclavenfeelen. Schiller, Wal⸗
lenſteins Top 1 Gelt, wenn fo ein Musfe von ſich da und
bort und dort ann u ſchon herumbeholfen hat. Schiller,
Kabale und Liebe 1, Wir tollen uns feiner andern Herrſchaft
gegen gedachter Herrfchaft behelfen. Monam. boica 25, 470.
Berbeifen, Hüfe leiften zu irgend einem Zwede, mit dem Re
benbegriff der Erreihung desſelben. — Da Fam der. Schneider zu
deinem Vater und bat ihn, er möchte ihm zu feinem Geld ver-
elfen. Göthe, Götz von Berlichingen 1. Indem er mir zur
öhm’f 2 Rorn .. Belle Schiller, Roltenfteins Top 1, 5.
den Begriff ber Hilfeleiftung allgemein aus ant
läßt es m ob der Zweck durch die Hilfe erreicht wird oder wicht. —
Gr unterrichtete Eduarden, einige Jäger und Bauern, die ihm bei dem Gefchaͤft
behülflich fein follten. Goͤthe, Wahlverwandtichaften 1, 8.
Keiner — — beduͤrfen — aus—, bei, ae
Senke duch—, ein—, — —, heraus —, hin — hinab—
hi nauf— ‚, hinaus —, "hinein, pinüber—, binunter—., hinweg
, nah— , wieder—, um—, unter—, vor— , VOTaN-.
vorbei, weg—, zu—, zurüd— , zufammenpelfen, von denen
einige ganz veraltet, anbere wenig im ebrauh find. — 8 if
eine Seele in biefen Tropfen, die mit der unfrigen nahe verwandt
ift, freundlich ſich zu ihr gefelt ‚und fehwefterlich ihr in den Augen⸗
bliden aufbilft, wo i ie ſchaffen und wirken ſoll und eben er
mangeln will, Göthe, Lila 2. Wenn ältere Gefchwifter alsdann
für die jüngeren forgen, und das Haus fih in fi 1 felbft bedient
und aufhilft. Göthe, errang ni 2,7. Gib mir de
Hand, ich will dir aufhelfen (vom Boden). Spaffpeare, das
Wintermährchen 4, 2. Die Form des Buches war für den Anfänger
nicht „ günfig, daß ev ſich ferbft hätte aushelfen können. Götke,
Leben 4. B. Welcher, wenn Noth eintrat, ihm gern aushalf mit
dem Brummbaß. 08, Luife 3. b, 82. Wir halten hier gemein⸗
ſam Haus, und helfen gern einander aus. Voß, Luiſe 3. a, 428.
Sie halfen fh durch, indem fie für die Advocaten ſchrieben.
Böthe, Leben 5. B. Wie ih mir in ſolchen Fällen in der frame
ſiſchen Sprache die ich doch nicht elernt, mit mehr oder weniger
Bequemlichkeit Durdgeholfen, se, Leben 3. B. Wem ihr
mir nicht einhelfen wollt, fuhr er fort, fo werde ich mir felbß
zu helfen willen. Göthe, Deifterg 8 — 5— 8, 10. So müſſen
und ſollen mir enthe u die EN on Moyß. Hugen, Rhe
torica Tübingen 15238 BI. 73 a bat nn er den Armen
auf der Bruſt, er möchte mir een Benvenuto
Cellini 2, 12. Niemand fand ſich, der mir aus = n daborinte des
Geleifteten und Beabfichtigten, der That und des Vorſatzes, des Er⸗
bauten und Angeveuteten (des Kölner Domes) hätte berauspelfen
159
finnen. Göthe, Leben 14. B. Bis ih ihm hinhelfe. Schiller,
Räuber 1,2% Der Sprung ift hoch, doch die Spaliere helfen
wir hinab. Platen, Treue um Treue 3. Wie Tebhaft iſt die Dank⸗
barkeit derjenigen, denen wir mit Ruhe über leidenſchaftliche Ver⸗
legenheiten DT Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 17.
Der Mangel an Gelegenheit und das Schild Minervens hatten ihm
über die Windinonate des Gefühle hHinübergeholfen. J. Paul,
Heſperus 8. Daß Sie mir fo auf einmal über fo vieles hinweg⸗
helfen. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 108. Ihm fendet fein
baulodiger Bruder des Meers mithelfende Fluten. Voß. So viel
den Adaiern im Kampf Mithelfende waren. Boß, Ilias 12,
180, Die Deutfchen willen zu bericht'gen, aber fie verſtehen nicht
uahzubelfen. Göthe, Sprihwörtlid. Du tadelſt mid, daß ich
einem jeden in feiner Meinung nachhalf. Göthe, Meifterd Wander⸗
jahre 2, 10. Sie bat nur Gott, daß er Ihr nur über biefen Tag
weghelfen möchte. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 17.
Heffrant (marrubium vulgare L.), —rebt (Gantredt),
—nde, — willig (mit beifwilligem Herzen, Wolfe), —wur;.
Helfer (ahd. helfari, helfäre, mhd. helfsere, hälfer) eine Perfon
al in Sübbeutfhland auch für Gehilfe Davon Ab—,
Anf—, Aus—, Ein— , Mit—, Nah—, Unter—, Diebs—,
Ordnrts—, Map, Selbſt—, Rothhelfer, Helfershelfer.
— Dem Helfer half der Helfer droben. Göthe, Fauſt 1, 56.
Bo find die blut'gen Helfer deines Mordes? Schiller, Tell 5, 2.
diefer Zeit nun fei ihr Die Gegenwart einer fo lieben Freundin
md Helferin unentbehrlich en. Göthe, Wahlvermandtichaf-
m2,7. Herr Hans, Helffer in der obern Pfarr. Mederers
Madt 163 ad 1504. Gleichſam als wären dieſe die Bettauf-
belfer vom tiefen Erdenlager. I. Paul, Titan 12. Sei ung
Rithelfer des Kampfes! Voß, Ilias 17, 339. Du dreihauptige
and, Mitkundige unſeres Beginnens ımd Mithelferin ſtets. Voß.
Gleich nimm Dies und Diebeshelfer. Schiller, Wallenfteing
9, 7. Man ging die Tugenden berfelben durch und fand, ar;
S nit Nothhelter genug geben fünne. Göthe, St. Rochusfeſt.
Daß ein Geburtshelfer angeftellt wurde. Göthe, Leben 1.8,
Er beſtellte Meßheifer, damit fie feinen Lebensballaſt ausfchifften.
Paul, Hefperus 16. Die Geftalt eines rohen, wohlmeinenden
elbſthelfers in wilder anardifcher Zeit erregte meinen tiefften
Anteil, Göthe, Leben 10. B. Du warf fein Helfershelfer.
Her, Räuber 4, 6. Wenn du nicht fein Helfershelfer bif.
>, Eden, Lift und Rade 8.
elfershelfer d. 1. der Helfer eines Helfers, alfo untergevröneter
Sehe, ya $ —— f Helfer Self ſ 8
. verädhtli Nebenbegriff, ven das Wort im 15. Jahrhundert
ug nicht rd Siche — —— 2 er = i
100
Selferamt, — knecht, — ſatz (beide in den Bergmerfen), —Rab.
Und dieſe Blumen wahr’ ich deinen Kindern, und biefen Helferkab
bem Ehgemahl. Herder.
Gebilfe (minter gut Gehülfe, ahd. gahelfo, mhd. gehölfe)
eine Perfon, die mit einer andern oder mit andern Perfonen zu ci-
nerlei Zwecke thätig ift, mit dem Nebendegriff, daß dieſes Thätigſein
der Werfon dem unzureichenden Thätigfein eines Andern oder An
derer anf Eine Beftimmung hin zugethan it. — Einem weitläufigen
Briefe der Borfteherin war eine furze Nachſchrift hinzugefügt, nebit
einer Beilage von der Hand eines männlihen Gehülfen am In
ftitut. Göthe, Wahlverwandtfchaften 1, 3. Der junge Mann hatte
nicht ohne Vorbedacht einer Gehülfin erwähnt. Daf. 2, 7.
Mitarbeiter (von Arbeit, goth. arbäichs, ahd. arapeit, mhd. archeit,
arbeit, ſ. Geſchäft) if überhaupt eine Perſon, die mit einer ober mit au
been Perſonen zu einerlei Zweck thätig if. — Die Vorfleherin der Penſion
war bereits in Jahren, fie hatte fi unter ihren Mitarbeitern und Mit:
arbeiterinnen ſchon lange nad) einer Perfou umgefehen, die eigentlich mit
ihr in Gefellfchaft träte. Göthe, Wahlvermandtfchaften 2, 7.
Hilfe (minder gut Hülfe, abo. hilfa, helfa, mhd. hilfe, helfe,
altf. helpa, agſ. hälpe, altn. hiälp, einmal ahd. hulfa, mittelniederd.
holpe, hulpe) bezeichnet den Begriff der Mitwirkung zu eines Ans
bern Zweden am allgemeinften, und wird auch gefagt, wann es die
eignen Zwede gilt, und wann überhaupt die thätige Wirfung auf
Beförderung ber Zwede hingeht, ohne daß fie gerade immer eine
Mitwirkung if. In den Gerichten ift Hilfe diejenige gerichtlige
Handlung, wodurd der Ueberwieſene genöthigt wird, dem Urtheil
Folge zu Teiften: Hilfsvollſtreckung (Ereeution). — Ja Herr, mit Got
tes Hülfe getrau’ ich mir's, und helf' ung wohl hiedannen. Schil⸗
ler, Tel 4, 1. Und feine alte kranke Muhme, die faum trodned
Brot hat, muß ihren zugewogenen Haufen Flachs fpinnen für den
Hof, damit ihr nicht die Hülfe geſchehe. Seume.
Beiſtand (f. ſte hen und oben ©. 156 helfen) ift Mitwirfung zu des Andern
Zwecken, oder Thäfigfeit wie Mitwirfung zur Unterftügung bes Andern. Bots
ſchub (f. ſchieben) eigentlich die Handlung und dann der Zuftand des Bor
fhiebens, fufort das was vorgefchoben wird, bat demnach die figürliche Be
deutung: die Thätigkeit zu Jemandes Zwecken in etwas durch Dargeben von
Mitteln, deren Anwendung die Sache zum Zwede vorwärts bringt. — Re
gend um ſich her fah er die mindefle Hoffnung zu Hülfe und Beiſtaub
Goͤthe, Winkelmann 1. Der König verlangt Beiſtand. Göthe, Egmont 4.
Euer mächt'ger Beiſt and verſichert uns ven glücklichen Erfolg. Schiller, Maria
Stuart 2, 18. Daß fle den Mördern inmer Vorſchub thun. Schiller, Tell 5, 1.
Anm. Sticler itt im Irrthum wenn er fagt: „Hülfe, früher Olf, havor
Adolf v. i. Adelhülf; Gangolf v. 1. Dangkalfı Ludolf d. i. der Lente Hülf:
Rudolf d. i. Ruhehülf.“ Olf ſteht Hier für Wolf, nit welchem Wort (Wulf)
im Abd. viele Gigennamen gebildet werben. S. Grimm Il. 380, 881, 887.
161
' — Aus—, Bei—, — Geburts
Rach —, Noth —, Selbſt —, Wechſelhilfe. — Scham ſelber heiſcht
Abhälfe ſchleunig. Shakſpeare, König Lear 1,4. Jagd und Krieg
ſind eine folche für den Edelmann immer bereite a lurlı Göthe,
Bahlverwandtichaften 1, 18. Eine Sparkaffe zur Aufhülfe für
beruntergefommene Handwerker. Ungenannter bei Campe. Auch
fan man es ohne große Beihülfe leiften. Göthe, Wahlperwandt⸗
ſchaft 1, 3. (Wenn) das Volk, zerreißend feine Kette, zur Eigen»
älfe fchrediih greif. Schiller, Glocke. Da ich felbft zu jeder
inhülfe untauglih bin. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 228,
Hiermit ift eine Anftalt zur unentgeldlihen Geburtshülfe ver-
bunden. H. P. Surz, Bernflorf. Sie fagte das Feftgefprädh, zu ihrer
Mutter Gebturtstag gedichtet, bei weniger Nachhuͤlfe gar ſchicklich
her. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 10. Indeſſen du geheim auf
meine Mörderhülfe hoff. Schiller, Maria Stuart 2, 6. Die
wildeſte Selbfthülfe war dort an der Tagesordnung. Göthe, les
tn 6. B. Der Wechſelhülfe gevenfend. Pyrfer, Rudolph 9.
Silfreich (davon Helferih, mho. hälferieh), hilflos (app.
helfalös, mhd. helfelös) und das feltnere hHülfsfertig Cbeffer hilfe
fertig) find an fih Har. Hülfbar Cheffer hilfbar, mhd. helfe-
bernde), nt (mhd. helfelich, hälflich, hölfeclich), hilflich,
abbeiflich, bebelflich (gebräuclicher behilflich) find wenig
mehr im Gebrauch. — Edel fei der Menfh, hülfreich und gut!
Gothe, das Göttliche. Der Menſch kömmt ſchwächer und hülflofer
auf die Welt, als alle andere befeelte Gefchöpfe. Geller. In wel⸗
Hülfloſigkeit ich fie verließ. Göthe, Meifters Lehrjahre 2,2.
diefe Fenſter (Wunden), die ſich aufgetban, dein Leben zu ents
laſen, träufl’ ih, fieh! hülfloſen Balfam meiner armen Augen.
Shafjpeare, König Richard III., 1, 2. Daß ein gewaltiger ſowohl
ideeller als reeller Zubrang biefen fonft en wohlmwollens
ven und hülfsfertigen jungen Mann oft außer Stand feße fid)
zu bewegen, geſchweige zu wirfen. Göthe, Campagne in Sranfreich,
Duisburg, November. Er war fo hülfefertig, fo freunplid
thaͤtig. J. Paul. Sey mir hülfbar. Lohenftein, Cleopatra 3, 67.
Bis er mehrere Freifchöpfen antraf, die ihm helfliche Hand Ieifteten.
J. Möfer, die weftphälifchen Freigerichte. Jeglichein, der euch) ver-
er tröftlih und hülflich zu fein. Göthe, Einſamkeit. Zu der
bindung) Wilhelm behuͤlflich geweſen. Göthe, Meifters Lehr-
jahre 2, 5. Laß fi) dein Heil doch hülflich zu mir neigen. Opitz.
, —fundig, —fuhend, —verlangend, —winfend, —ges
fellt, —Teiftung; Hilfsamt, —anlage, —arın, —arbeit, —aufe °
Inge, band, —beamte, — ‚ —igfeit, —begriff, —biſchof,
—bitte, — brief, erbietung, —gebot, —geld, —genoß, —
—grund, —heer, —kaſſe, —fenntnig, —krieg, — laſche (im Berg⸗
11
162 _
bau), —laut, —Tauter (beides für Eonfonant), —Iehrer, —madht,
mittel, —note (in der Tonkunfl), —organ, —prediger, — quelle,
—reht, —fag, har, — ſteuer, —flimme (in ker Tonfunft),
—ftollen (im Bergbau), —thürftod (im Bergbau), —ton, —truppen,
— vertrag, — voll, —wiflenfchaft, — wort, —zeitiwort, —zwang. —
Ueberall ber Hülf eruf 2eidender, denen ihr nicht helfen könnt.
Meyer. Wenn ih das Hülferufen der Geängftigten wieder hörte.
3. Paul, Nushirwans Gemah war einem jeden Hülfefuhenden
zu jeder Zeit offen. Meißner. Ob hülfefundig ein Weſen athme,
dhr Rettung zu bringen. Pyrfer, Tuniſias 9. Starrte mein hülfe-
verlangendes Auge Klopftod, Meſſias 14, 880. Kein hülfe-
winfend Boot. Wieland, Oberon 1, 5. Es ſteh' ihm Lichten-
ftein, fo er dort ermattete, hHülfegejellet. Pyrker, Rudolph 11.
Eine fünftlide Hülfsanlage. Herder. Mander Hülfsarbeiten
gedenk' ich nicht. Göthe, Meifters Wanverjahre 3, 12. In hülfe-
bedürftiger Kindheit. Pyrker, Tuniſias 9._ Das Zutrauen fo
vieler andern Hülfsbedärftigen. Göthe, Leben 16. 3. Ohne
neue Hülfgsbegriffe. Herder. Unter fie ward auch id) als Hülfs⸗
—— Bürger. Die Hülfsglieder unſerer
‚ danken. Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 12. Drang und Eile
augleic nöthigten mid) zu einem wunderbaren Hülfsmittel. Göthe,
Leben 19. B. Aus gleihgältigen thierifhen Hülfsorganen ruft
ſich das Licht ein Organ hervor. Göthe, Farbenlehre Einlei
Die reihen Hülfsquellen verfiegten bald. Göthe, Leben 11. 3.
(Er) harrte nur der verheißenen Hülfsfharar. Pyrker, Rudolph 6.
Nicht biet? ih dir Mundvorrath und tapferes Hülfsvolk. rfer,
Tunifias 10. Bon Sphragiftif und ihren Hülfswiffenfhaften.
J. Paul, Hefperus 38. Bei ven Hilfswörtern feyn und haben
werden wir wol nie zur völligen Feſtſetzung gelangen. Klopftod,
Gelehrtenrepublik.
Behelf (oberd. auch Behilf) iſt eigentlich Rechtshilfe, die man
bei Jemanden ſucht; dann das, was man in Ermangelung zureichen⸗
der Mittel vorbringt, um von etwas, was unangenehm berührt,
wegzukommen; auch Genůge mit dem, was man in Ermangelung
des Zureichenden hat. Davon behilflich (minder gut behülflich,
oberd. behelflich) eigentlich zu einer Ausrede dienlich, gehörig;
dem hilfeleiſtend, ſ. oben S. 158. — Dieſen Behelf als
beſten erſann ſein wählender Scharfſinn. Baggeſen. Du fingſt F
genug für den Nothbehelf. Shaffpeare, viel Lärm um nichts 2,3,
He gnaden. und Behelff, fo die weibsperfonen haben. Berichts:
ordnung von 1520. So war ich heiter, aller Menihen Freund,
Bepültkig, wach, zu Rath und That bequem. Göthe, Eugenie 3, 4,
Vorwand (f. vorwenden) das, was als ungegränbeter oder auch ges
gründeter Beweggrund over Abſicht geäußert wirb, von welchen man glauben
163
machen will, fe ſeien bie wirkllchen. Ansflucht (f. fliehen) if hier bild⸗
lich das, was unter Borbringung nichtiger Gründe gefchieht, um dem zu ent:
gehen, wodurch Jemanden zugejept wird oder werden Tann. — Diefer eitle
Trop wird ſchnell verfchwinden, wenn man ihm den Borwand raubt. Man
Hätte dieſen Babingten und Tifchhurn ihr in Perfon vorführen, ihre Schreiber
ihr gegenüber ſtellen ſollen. Schiller, Maria Stuart 1, 8. Damit er feinen
Borwand hat, mir nicht Wort zu halten. Leſſing, Smilie Balotti 4, 6.
De Launft des Kaiſers Befehl und ernfle Ordre nicht verhöhuen, nicht länger
Ausflucht ſuchen. Schiller, Viccolomini 2, 6:
Beholfen und Beholfenheit find nicht an gebräuchlich, wol.
aber unbeholfen und Unbeholfenheit. Unbehilflich (minder
gut unbehülflich) eigentlich unfähtg, im eigner Bewegung Hilfe
anzuwenden, dann ein fehr träger, an ſich verzweifelter und von ſich
verlafiener Menſch, (geiftig) in hohen Grabe ungelen? und unges
wandte. Stärfer fcheint unbeholfen zu fein. — Hier eine Eleine
fange Frau mit einem großen alten Manne; dort umgefehrt ein klei⸗
zer munterer Mann und eine unbehülfliche Riefin. Göthe, Wahl-
verwandtfchaften 2, 5. Menfchenverftand iſt eine herrliche Sache,
allein dad unbeholfenfte, unbraudhbarfte Ding von der Welt bei
ſolchen Gelegenheiten, wo man ihn nicht nöthig hat. Lichtenberg,
wigige und ſatiriſche Einfälle. Wenn kraftlos Alter, unbeholfne
Glieder im Armſtuhl deinen Vater hielten feſt. Shaffpeare, König
Heinrich VI. 1. Thl. 4, 6. Er (Ovid) hatte eine große Beweglich⸗
Ishfeit des Geiſtes und die höchfte Meiſterſchaft über bie flarre Un-
bepulffichfeit feiner Miutterfprache. laten, das Theater als
Rationalinftitut. |
Schwerfaͤllig (f. Fallen) mähfam in oder zu der Bewegung aus brüs
‚ Gender Sewichtmaffe, in hohem Grade mühfam ohne Leichtigkeit und Beweg⸗
lichfeit. Plump (vom mittelnieberd. plump = flumpf, plumpen = flumpf
machen) Kart maflenhaft roh und daher ungefügig zu leichter Bewegung; mafs
fenhaft roh, fo daß im höchflen Grave das Geſchickte, Feine, Gebildete, Gier
liche vermißt wird. — Schwerfälliger als die Perioden in den Schriften
der Reichsgerichte find, gibt es ſcwerlich; plumper ale Kloz konnte felbft
der Bauernſtolz Feine Recenfionen abfaſſen. Leffing. Cine häßliche Nnart if
‚vie Ele [hwerfällig und albern macht. Raſch! lebhaft und witzig!
iller, Fiesfo 2, 2. Der blinde unbehnlfene Koloß, der mit plumpen
Knochen anfangs Gepolter macht. Daf. 2, 5. Der Blumpe, der nicht
fgwimmen fann, er will's dem Wafler verweifen. Goͤthe. Schwimme, wer
ſchwimmen Tann, und wer vIump iſt, geht ımter! Schiller, Räuber 1, 1.
Dabei‘ benehm' ich mich plump wie Holz. Schiller, Fiesko 1, 9. Jud' ift
Jude. Ich bin ein plumper Schwab. Leffing, Nathan der Weiſe 1, 6.
11?
164 '
— — —
Gelten.
(Wurzel gal—t, gil—t; galt, gilt.)
Gelte, galt, gegolten, gelten (ahd. kiltu, kalt, kultumds,
koltaner, költan; ınhd. gilte, galt, gulten, gegolten, gelten;
goth. gildan — erftatten, agf. gildan = ſchuldig fein, gelden —
erftatten, bezahlen, altn. gilda — gelten, den Preis einer Sadye
beftimmen, gialda — bezahlen) 1) (veraltet) geben, gewähren, zu
Leiftendes abtragen, den Werth erftatten; 2) (gewöhnlich) einen der
zu etwas verwendeten Mühe und Koften entſprechenden Werth
haben, einem Gegenwerth gleich ftehen; 3) überhaupt (ohne daß im-
mer an Geldwerth gedacht wird) werth fein, Werth und Gehalt
haben; 4) für etwas Werthvolles, Wichtiges gehalten, dafür ange⸗
jeben werden; 5) (in verjchievenen Redensarten, wobei Ergänzung
von Auslaffungen und Umſchreibung zur Hilfe ee werden
müffen) zum Ziel haben, erforvert werden: e8 galt ihnen Sieg oder
Tod, dir gilt nicht diefes Lied, hier giltd einen Kampf; 6) (Volks⸗
fprache) einen gelten laſſen = ihm einen gaftfreundlihen Trunf oder
Bilfen anbieten; 7) (früher) abzahlen, bejonders jährlichen Zing
zahlen, dieſer beftehe in Geld oder Naturalien. — Daß fie (die
Wefte) mir zum Beweiſe gegolten. Göthe, Wirkung in bie Ferne.
Sechs und zwanzig Groſchen gilt mein Thaler. öthe, Sprich⸗
wörtlich, Will er erlojchne Rechte wieder geltend machen? Göthe,
Egmont 1. (Das) morgen gilt, weil’d heute bat gegolten.
Schiller, Wallenfteinsg Top 1,4. Keine ee mehr. Schil-
ler, Wallenfteins Lager 6. Wollt ihr mein Wort niht gelten
Iaffen, folt ihr's mit Händen greifen und faffen. Daf. 11. Did
fohredt fein Sturm, wenn es zu retten gilt. Sdiller, Tell 3, 3.
ar gilt das dritte Glas. Göthe, Tiſchlied. Es gilt dein
eben, du junger Knab. Uhland, des Knaben Tod. Brüder, galt’
e8 But und Blut, dem Verdienſte feine Kronen, Untergang der
Fügendrut! Schiller, an die Freude. Wer erben will, der fol
aud) gelten, Schmeller, bayr. Wörterb. 2,40. Der Hof zu Infhofen
bey der großen Faber giltet jerlich ein Schaf (Scheffel) waizes. Daf.
Koſten (mhd. kosten, fpäter costen, ſteht mit ahb. ch(k)ust = Schägung,
Werth, c(ch)ostön = koſten, tarieren in Verbindung, warb dann vermifcht
und durchdrungen von den fpan. und ital. Costare, Costar, franz. Co
altfranz. couster, von lat. constare) im Kaufwerth fiehen, wirb flets in Be⸗
ziehung auf denjenigen gebraucht, dem eine Sache im. Werth, oder überhaupt
zu ftehen kommt und bebeutet -für einen Aufwand von Werth, wie Arbeit,
Kraft, Geld 16. zu fiehen kommen. — Gin ununterbrochenes heftige Bomben:
feuer vegnete mehrere Tage lang in das ſchwediſche Lager, welches dem Könige
manchen braven Schweden koſtete. Schiller, ZOjühriger Krieg 8. B. Laß
ich mir's fo viel Foften, in die Höh zu kommen. Schiller, Wallenſteins
15
Top 3, 4 Diefer Bernd koſtete ihn feine Freiheit. Schiller, Belagerung
von Antwerpen. Wenn es ihm nichts als tem Umflurz der Geſetze Foftet?
Schiller, Don Karlos 1, 5.
Unm. 1. Abgekürzt ift die in. Süddeutfchland gebräuchliche Redensart Belt
es Gott! d. i. Bott vergelte es. Davon der Geltsgott ver mündliche Danf.
YAum. 23. NRürdert (gef. Gedichte 4, 50) fagt: Wenn er (der Klang) gölte
mir und meinem Grame. Beſſer it gälte, von galt, ſiehe S. 157 Anm. 3.
Anm. 3. In funtaktifcher Hinfiht mag bier bemerkt werben: Selten fordert
ig ber Bedeutung von werth f ein den Acc. der Sache und den Dat. der Ber:
fon; tritt aber die Berfon an die Stelle ver Suche, fo follte man fle im Acc. er:
warten, die Schriftlleller ziehen aber häufig ben Dativ vor. Jeder Maur galt-
einen Hieb. Herder, Bin 55. ;
Ab- und übergelten find nun veraltet. Abgelten, abgilten
Einem etwas bedeutete früher, ihm die Koften dafür erfeßen, es
iym ablöfen. Man foll mir ten Bau abgelten. Hat ihm die
Mauer abgegiltet. Schmeller 2, 41. Uebergelten d. i. an
Geltung übertreffen.
Entgelten (ahd. ant(in)geltan — büfen, antgaltjan — ent-
gelten laſſen, ftrafen, ınhd. engälten — büfen) 1) für eine Schuld
Gleiches wieder Teiften, ‘ohne auszudrücken, daß fie dadurch völlig
gut gemacht werde; 2) (früher) entgelten eines Dinges etwas, fo
und fo viel, d. h. dadurch in fo und fo viel Koften, Schaden Fom-
men. — Wenn Löwen um die Höhlen ſich befriegen, entgelten
ihren Zwift harmloſe Lämmer. Shaffpeare, König Heinrih VI,
5. Thl. 2, 5. Sie bringt dem jüngern Manne feine Kinder; er
achtet fie, und läßt ſie's nicht entgelten. Göthe, Taffo 3, 2. Und
hab’ ich auch gedient und gefungen zu Danf, zuerft ald ein Knecht
and dann als ein Ritter ftarf: fo laßt mich das entgelten am
heutigen Tag, vergönnet mir auf die Feinde ben erften Sag Uh⸗
land, Taillefer. (Hier hat entgelten einen etwas abweichenden Sinn.)
Büßen (ahd. bogjan, buozjan, puozzan — beſſer machen, goth. ga-
betan, mhd. büezen, zu ahd. b(p)ag, mhd. baz, altſ. agſ. bet, altn. betr
— beffer pehörig) Strafe leiden für das gethane Uebel, Gutmachung des⸗
felben (Buße), gewöhnlich) mit dem Nebenbegriff des innern Schmerzes über
das Begangene. Sonft bat büßen noch andere Bedeutungen: 1) durch etwas
Schmerzhaftes erkaufen: 2) Begierven und Leidenſchaften befriedigen; 3) zur
Erfegung des zugefügten Schadens anhalten, flrafen; 4) als Buße oder Strufe-
geben. — Bor jebem Kreuze fallet Bin und büßet mit heißen Reuethränen
are Schuld. Schiller, Tell 5, 2. Ein Augenblick gelebt im Paradieſe wird
nicht zu theuer mit dem Tod gedüßt. Schiller. Der Landenberger büßte
feinen Sohn um Heinen Fehlers willen, ließ die Ochfen, das befte Baar, ihm
aus dem Pfluge fpannen. Schiller, Tell 1, 4.
Bergelten 1) -Cveraltet) en erftatten, eigentlich und ur-
ſprünglich die Abgabe oder den Zins zurüderflatten; 2) für Em-
_ pfangenes fo viel, als dieſem gleich Fommt, zurüdgeben, es fei dies
166
nun Gutes oder Böfes, wobei auf die Gefinnung, das Innere nicht
geiehen wird. — Die Rad’ ift mein, und ih will vergelten.
vB, die Leibeigenen 112. Es vergelt’ ihm Gott, der alled ver⸗
gilt, in Ewigkeit! Voß, die Freigelaffenen 1239. Sollt’ er fi
irgend nur vermeflen und mir zum Hohne das Mindefle wagen,
(et, ih ſchwor' e8 bei Gott! der möge mich firafen, wofern id
ihm nicht grimmig ver gölte, daß er zu bleiben nicht wüßte. Göthe,
einefe Fuchs 1, 82%. Wird’ auch fchön zu Tage fommen, daß
es Fleiß und Kunft vergilt? Schiller, Glocke. Die weil bie
Pfenning ſtehen unpvergolten: (fo lange das Gelb nicht zurüdbe-
zahlt if). Amberg. Act bei Schmeller 2, 42.
Danten (ahd. dankön, agf. dhancjan, mhb. danken, altn. thacka;
Dank, abp. danc, goth. thanks, agf. dhanc urfpränglih eins mit Danf
in Gedanke von denken) empfuangenes Gute erwiebern mit befonderer Rückſicht
auf die Gefinnung (das wohlwollende Gedenken), mit der die Griwviederung
geſchieht. Belohnen (ahd. lonon, agf. leanıan, altn. launa, altf. Iönos,
mh. lönen) bezeichnet wie vergelten nur das äußere thätige Erwiedern durch
ein anderes Gute, ohne dabei anf die Sefinnung zu jehen. Belohnen — für
etwas Kohn geben, d. 1, eine Gabe, zu welcher wir uns gegen Jemanden, in
Hinficht feiner geleifteten Dienfte verpflichtet fühlen, ver Lohn mag nun bem
Dienfte gleich kommen oder nicht. — Ich danfe Gott mit Saitenfviel, daß
ich kein König worden. Claudius, täglich zu fingen. O da müfleft, wär er
noch fo felten, doch den Herrn bald finden, der fortan Freund, wie ich bir
ſei, und das vergelten, was ich leider! nur verbanfen (in wohlwollenver
GSefinnung) Tann! Gödingf, 17. Ep. Belohnt er Ihre Mühe? Gene
Freude vergilt.er Ihnen. Schiller, Piccolomini 2, 4. '
Bergelter (ahd. antgältari), VBergelterin. — Meint ihr dem
Arın des Vergelters im öden Neid des Nichts zu entlaufen?
Schiller, Räuber 5, 1. Wahrhaft Iernen wir dann, daß Gott die
Perfon nicht anfieht, fondern in allerlei Volk ift, wer ihn fürchtet
und recht thut, angenehm dem VBergelter. Voß, Luiſe 1, 409.
Du throneft hier mit des Gerichte Wage und nenneft did Vers
un Schiller, Refignation. (Der) den Wiedervergelter
feiner Herrlichkeit fchaute. Klopſtock, Meſſias 11, 630.
Geld (ahd. k(g)ält, mhd. gält, goth. und agf. gild = Tribut,
Leiftung an die Obrigfeit und die Götter, altn. giald — Geld, gildi
— Würde, Ehre) ie eigentlih die Gegenleiftung für etwas, be
fonders in Bezahlung; dann die fhuldige Herrenabgabe, Zins; end»
lich Metall als Berfehrmittel unter den Menſchen; davon überhaupt
das unter den Menſchen übliche Zaplmittel, e8 mag basfelbe nun
in geprägten Metall oder andern dazu beftimmten Dingen beftehen:
Papiergeld. — Da fam der Schneider zu deinem Vater und bat
ihn, er möchte ihm zu feinem Gelb perbeifen. Goͤthe, Götz von
Berlichingen 1.
167
Ränge (ahb. dia muniza und dör muniz, mhb. diu münze, agf. my-
net, aliftief. menote, oltn. mynt, aus dem lat. moncta) geprägtes Metalls
flückhen, fei es nun als Berkehrmittel oder nicht, z. B. Denfmünze. Im
Beſondern ift Münze Sammelwort und beveutet geprägtes Metall ale Verkehr⸗
mittel; in engerer Bebeutung Fleinere Münzforten, von welchen bie Fleinilen
Sceidemünge heißen. — Nein, ſie (Thekla) ift mir ein langgeſpartes Kleis
nod, die höchite legte Münze meines Schages. Schiller, Wallenſteins Tod 8, 4.
Anm. Rüdert bat (gefammelte Gebichte 3, 494) die Gelte für Vers
gzeltung, Bezahlung: das (Haupt) nimm zu meiner Gelte des Ritterfchlages.
Ungeld (mhd. ungält, fo noch bei Alberus) auch Umgeld be
bentet zunächſt unpflichtige Verkaufs: und Verbrauchsabgabe; dann
überhaupt Waaren-, Verkaufs⸗, Verbrauchsauflage als außerordent-
licher Auffchlag. — Als oft ein fremdes (Stück) Vieh (im Lande)
verfauft wird, als oft gibt der Hingeber ven Zoll und der Käufer
den Ungeld. Scmeller 2, 43. Davon verungelden = bad
Ungeld für eine Waare bezahlen,
BoH (ahd. mh. zol, altſ. tol, agf. toll, altfrief. tolne, tolene, tolen,
altn. tollr, aus lat. telonium, mittellat. tolonium, toletum, dies aus ben
gr. rölos, relovıov eigentlich —= Zwed, dann was zum Zweck des Staats⸗
haushaltes entrichtet wird) überhaupt fo viel ale Waaren⸗, Verkanfs⸗, Der:
fübrungs-, Durchgangsabgabe, uhd. beſonders Verführungs: und Durchgangs⸗
abgabe. Maut (ſo bei Grimm, Schmeller u. A., Mauth bei Adelung,
Gampe u. A. ahd. diu müta, mho. diu muͤte, daraus auch diu muote, aus
dem mittellat. muta, was von lat. mutare — verändern, wechfeln) die Wech—⸗
feltätte des Beleitsgebietes, Zullftätte, das Geleit, dann Durchgangszoll, nhd.
fowol Mautſtätte, d. i. Stätte, wo die Maut entrichtet wirt, ale auch und
zwar am üblichflen Berführungszol (Auss und Gingangszoll), d. i. Abgabe
von Waaren und Bütern bei ihrem Uebergang aus einem Landesgebiet in das
andere. — Statt des veraltenden Ausdrucks Ungeld ift nun für ben Begriff
der Berbrauchds und Derfaufsabgabe der fremde Ausbrud die Accife ge
bräuchlich, ehedem auch ſchlechthin cisa, cysa 3. B. in einer Urkunde von
1340, Im 15. Jahrhundert Zetfe, Itefe, Syfe, im 16. Jahrhundert verdeutſcht
Achßeyß, von dem aus lat. accidere — einfchneiden entfprungen mittellat.
accısia. („Bon den Steuererhebern wurden, bevor Bapierfchrift gewöhnlich war,
Kerbföde gebraucht, quf denen der Steuerbetrag bes Pflichtigen eingefchnit-
ten war. Diefe Stöde wurden gefpalten und dienten, indem vie eine Hälfte
ia ber Hand bes Steuerpflichtigen, die andere in derjenigen bes Erhebers
blieb, auch zur Quittung und Controle. Daher hieß denn auch die Abgabe,
befonbers die Grundabgabe, Kerb (incisio, tallia), die noch zur Grundab⸗
gabe hinzukommende Abgabe (Neben, Zuabgabe) von Früchten aber accisia,
Acciſe.“ Schmittheuner.) Unpflicht eine im Verhaͤltniß bes Unterihanen;
verbandes auferlegte Leilung und Naturallaft oder Geltabgabe, urſprünglich
Infofern deren Auflage ungewohnt ik, und ber Leiftende ſich dazu nicht recht⸗
lich verbunden hält. z
168
— nn
Geldadel, —angelegenheit,. —anwelfung, —arm, —anflage,
— ausgabe, —auslage, —bedarf, —bebürftig, —begierde, —begierig,
—beitrag, —belohnung, —befig, —betrag, —beutel, — börfe, —büdhte,
—buße, — diebſtahl, —durſt, —einnahıne, —erwerb, —fach, —faß,
—forderung, —gefälle, —gehalt, —geiz, — geſchäft, — geſchenk, —gier,
—gierig, —gülte, —gürtel, —handel, —haufen, —hilfe, —hunger,
—jude, —faften, —katze, —Eifte, —Elemm, —klemme, —flumpen,
— lade, —Iehen, —liebe, — lieferung, —los, —mader, —mäfler,
—mangel, —männden, —mufhel, —noth, —poſt, —poften,
— preis, — quelle, —rednung, —reih, —reihthum, —rente,
—fahe, —fad, —fammler, —ſchachtel, —ſchaffer, — ſchrank,
—ſchuld, —ſchwinge, —ſendung, —ſteuer, —ftod, —ſtolz, —ſtrafe,
—ſtück, — ſucht, — ſüchtig, —ſumme, —taſche, —tiſch, —umlauf,
—verleiher, —verluft, —verpraß, — verſchwender, —vortheil, — wech⸗
ſel, —wechsler, — wucher, — wurm, — zulage; An—, Auf—, Mit—,
Nach —, Um—, Hand—, Kopf—, Lehr—, Löfe—, Poſt—, Reiſe—,
Schmerzen —, Straf—, Taſchen —, Trink —, Wehr—, Wochengeld
u. a. — Cotta beklagt ſich, daß ihm Eſcher auf die an ihn abge-
fhidte Geldanweiſung und auf drei Briefe noch nicht geant⸗
worte. Schiller, Briefv. mit Göthe 2, 268. Mich dauert nur ver
Geldbetrag. Platen, rom. Oedipus 2. Drüdte ihn der Doftor
langfaın auf ven Stuhl und auf feinen Geldbeutel nieder. 3. Paul,
Heſperus 17. Die Britten indefjen nahmen den Narren famınt feiner
Geldbörſe kaum wahr. Daf. 26. Brief und Geldfächer. Göthe,
Meiftere Wanderjahre 3, 6. Der die fchuldige Geldpoſt abholen
werde. Daf. 3, 13. Wegen deren (Auffäge) er mic mit manchem
Geldgeſchenke belohnte. Göthe, Leben 1. B. Alsvdann fol audy
die Geldrechnung folgen. Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 209.
Ein unfhäßbarer Geldreichthum. Göthe, Tag- und Jahreshefte
1805. (Die fi) zu liſtigen Geldfchneidereien hatten verleiten
laffen. Göthe, Leben 6. Bd. Was das ein Gelpfpiel*) koſt!
Göthe, Götz von Berlichingen . Womit foll id) den thörichten
Geldverpraß deden? Thümmel. Da nahm ih Handgeld von
den Sachſen. Schiller, Wallenfteins Lager 6. Erſt nad bezahls
tem theurem Lehrgelde. Göthe, Betrachtungen im Sinne der
Wanderer. Dann gilt’d, wenn nicht fein Leben doch ſchweres Löfe-
geld. Uhland, der Ueberfall im Wildbade. Poftgeld und Trink—
geld wurden bezahlt. Göthe, Meifterd Wanderfahre 3, 6. Ich
*) Spiel (ah. mhb. altn. spil) hat verfchiedene Bedeutungen: 1) das was
man zu vergnüglicher Zeitfürzung treibt; 2) eine leichte, von blußer Wiltfür abs
bangende Sache: 8) Sace, Sefchäft überhaupt; 4) lebhafte Bewegung. Gebränge,
Menge; 5) Be ohne den Nebenbegriff der Bewegung. — Ein anderes Spiel
if in Beiſpiel ahd. p(b)ispil, p(b)ispel vd. i. Beirede, Gleichnißrede, von sp,
epel = Rede, Erzählung, wahre wie erdichtete.
169
hatte feinen vothen Heller Reifegeld tin Sad. Göthe, Goͤtz von:
Berlichingen 1, 2. Er konnte ihm einiges Schmerzengeld nit
verſagen. J. Paul, Hefperusg 9, Die Summe der Strafgelder
war beftimmt. Göthe, Meifters Lehriahre 3, 4. Melina ſetzte noch
vie Berficherung eines beftimmten Tafchengeldes hinzu. Daf. 3, 2.
Kein Wochengeld nad) dem PBerhältniffe zu vermehren. Göthe,
Verther 1, 11. Zul. | |
Der Entgelt (bei Campe das €.) d. i. die Entgeltung, ber
Kachtheil, Schaden, ſchuldbefreiende Leiftung, Gegengabe an Gelb,
kommt nur mit der Präpofition ohne vor. Davon unentgeltlich
(nicht unentgelplich) d. i. ohne Gegengabe an Geld, dann allgemein
ohne dag Bezahlung dafür verlangt wird. Bergelt fo viel als
Vergeltung. Da ein fremdes Gut ohn' allen Entgelt fie verprafs
im. Voß, Odyſſee 1, 161. Wie Scipio ihn ohn Entgeld loß
gelaſſen. Lohenftein, Sophonisbe S. 103. (Der Bettler) nimmt
1b ein Weib und fcheidet fih davon nen und ohne Pro⸗
ceß. J. Möfer. (Die) neues unentgeldplihes Local für die
vorhandenen Körper anwied. Göthe, Tag: und Yahreshefte 1802,
Unentgeltlich, wie zu den Sternen des Firmaments, wendet er
feine Augen zu folhen Wunderwerfen empor. Göthe, Windelmann 1.
Venn Jemand * dieſer Halbinſel eine Gurgel\für euch überzählig
hat, befehlt! und ich ſchneide ſie ab, unentgeltlich. Schiller,
dFiesko 1,9. Daß ihr mich zum Vergelt mit Vorſatz wieder be⸗
leidigt. Voß, Odyſſee 2, 73. Daß fie dereinſt zum Vergelt nicht
nur verftummte. Klopſtock, Weisfagung.
Umfonft (mhd. umbesust, umbesus, umbsüst, in der Grundbedeutung
vuufel, vielleicht verwandt mit goth. suns — alsbald, fchnell, alfo das fehnell
Gethane nnd fomit Nichtige) ohne Erfolg, dann überhaupt, ohne daß eimas
dafür empfangen vder gegeben wird. — Er würbe zu bebauern fein, wenn er
eine fo weite Reife umfonft hätte thun follen. Gellert.
Anm. Hoffmannswaldan fagt: ohne Wiedergelt (d. 1. ohne Gegengabe.)
der getreue Schäfer 46.
Siltig (nah Grimm minder gut gültig, da ſchwerlich das
Subftantiv Gülte zum Grund liegt, mhd. geltid) was Geltung hat,
im Preife ſteht; 2) (Volksſprache) theuer. — Davon ungiltig,
vollgiltig; gleichgiltig fo, daß Lebereinfiimmung nad dem
Verthe in Beziehung auf etwas Statt haben Tann (am gebräud-
lichſten von Perſonen, infofern in Beziehung anf fie etwas darin
übereinftimmenden Werth haben kann, ob es iſt oder nicht, hiermit
auf fie weder einen angenehmen noch unangenehmen Eindruck macht,
ned) fie dadurch für. oder gegen anregt), während gleichgeltend
tel ift als Yon a — in Beziehung auf et—⸗
— Ihr Engelländ — die Räuberhände nad dieſem Frank⸗
br niht Rep noch gült’gen Anſpruch habt auf
ich aus, wo i
170
fo viel Erbe, als eines Pferdes Huf bedeckt. Schiller, frau
von Orleans 2, 2. Aber wo nicht fie mir büßen des Raubs voll-
ültige Buße. Voß, Odyffee 12, 382 Die Weiber wiffen —
o viel aus der ſchweizeriſchen Jurisprudenz, daß vier halbe
oder —— Zugen einen ganzen oder gültigen überwiegen.
J. Paul, Siebenkäs 8. Wohl die eu (des Kriegsvolfes) Fam
aus frembem Dienft feldflüchtig ung herüber, glei gittis— unter’m
Doppeladler fechtend, wie unter'm Löwen und den Lilien, Sciller,
Piccolomini 1, 2. —— kann der Menſch nur einen ge⸗
wiſſen Grad des Unglücks faſſen; was darüber hinausgeht, vernichtet
ihn oder ni ihn gleichgültig. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 4.
ch fage, fie war nit gleichgültig gegen ihn. Göthe, Gög von
Berlichingen 3. Mit einer angenehmen Gleihgülti gfeit AR er
broben (auf dem Pferde). Daf. 2. Sie hatte in ihrem Leben ge-
nugfam einſehen gelernt, wie hoch jede wahre Neigung zu ſchätzen
fei, in einer Welt, wo Gleichgültigkeit und una eigents
lid) a Haufe find. Göthe, Wahlverwandtfchaften 1, 3.
ilte (ahd. gulti, mhd. gülte) 1) (veraltet) Schul, Schul:
digkeit; 2) die jährliche Schuldigfeit für geliehenes Gut, es beftehe
in Geld oder Grund und Boden; 3) das jährlihe Einkommen Yon
einem ſolchen Gut. — Die Römer haben den gewunnen Yanden und
Leuten zur Gült auffgelegt nur Silber, nit Gold. Av. Chron. bei
Schmeller 2, 4,
Bültbar, — bauer, —brief, — buch, —herr; Oras —, Grund —,
Herren —, Stiftsgülte u. A. —
Gilde (zunäͤchſt aus dem Angelſ. und Engl. zu und berübenges
- kommen, agf. gild — Reifung an die Obrigfeit und an die Götter,
davon Opfer enoffenfchaft, die religiöfe Gemeinde, wie gegilda —
Genoffe, endlih engl. guild, altengl. gyld = Smmung) ezeichnet
bie in gleichem Gefchäfte verbundene Körperfhaftz der Ausd iſt
vorzüglich in Niederdeutſchland gebräuchlich. — Aber er hatte etwas
aus den Alten gewonnen, was bie Philologen von der Gilde ge:
wöhnlich zulegt oder gar nicht lernen. Söthe, Windelmann 3.
ei nun, daß wir aner Familie, einem Stande, einer Gilde, einer
tadt, oder einem Staate angehören. Göthe, Leben 14. B. Die
liehfte mir aus der Sibyllengilde. Göthe, Fauſt 2, 138.
Sunung (ahd. einunga, mäb. einungo = Ginung, Bereinigung, von
ahd. einon, mhb. einen = einen, vereinen, verbinden) allgemein eine Ber:
bindung zu einer Körperfchafl. Gewerk (ahd. giwörch, altſ. giwirki, gi-
wöre, agf. gewöorce = Gebilde, Gewirk, Werk, von ahd. werah, mäb.
were = Werh) die Gewerksgenoſſenſchaft, d. i. die einerlei Werkgeſchaͤft Bes
treibenden, dann die Meifter eines Gewerbes ale Innung. Handwerk (ab.
hantwörch, mhd. hantwörc, altſ. handgiwösc, altu. handverk, basdben
goth. handuvasrhts = wit der Hann gemacht) die einerlei Werkgefchäft mit
171
ver Hand Betreibenben, dann bie Glieder ber Gewerbeimuung, zuwellen auch
vie verfammelten Gewerbsaͤlteſten oder Borgefehten. “Zunft (ahd. zumft,
zumfti, mbb. zumft, zunft = Zuſammenkunft, Verſammlung, ahd. kizumft
— Bertrag, Bund, von goth. gatiman, ahd. zöman, mh. zömen — ziemen,
übereinfommen, zukommen ober gebühren &.46) eine Körperfchaft, deren Glie⸗
ver einerlei Gewerbe treiben, als Abtheilung oder Ordnung der Bürgerfchaft,
dann. auch des Standes, und überhaupt Leute einer und derfelben Art zufam-
mengenommen. Innung, Zunft und Bilde werben auch figürlid von
Ständen gebraudht, Gewerk und Handwerk niht. — Zwei Innungen,
die Mepger und Weinſchroͤter, Hatten fich hergebrachtermaßen fo poſtirt, daß
einer von beiden biefer ungeheure Braten zu Theil werben mußte. Goͤthe,
Leben 5. B. Wo ihr gelahrter Innungen Zöglinge, zur Amtsbefugnlß
zänftiget für Altar ... Zür jede Zunft auch, und der geformelten Welts
weisheit, Jünger zur Meifterfchaft mit Brief und ſtolzem Siegel weihend.
Voß, die Züuftler. Das dritte, die Vollendung (eines Gebäubes) iſt bie
Sorge gar vieler Gewerke. Böthe, Wahlverwanvtfcpaften 1, 9. Hier bleibt
genug Boeten einzuweihen, zu fliften Gild- und Haudwerkéneid. Göthe,
dauſt 2, 245. Mepger und Schneider und Krämer hinterher, und Wirth’ und
Barbierer und alle Zünfte Schiller, Räuber 1, 2. CEndlich waren die
Zünfte und das Boll verfammelt. Die Zunft ver Gotteögelehrten kam
zuletzt. Klopſtock, Gelehrtenrepublik. (Dafelbft if auch von der Zunft der
Redner, Dichter, Befchichtfchreiber, Naturforſcher, Nechtsgelehrten, Aſtrono⸗
men, Nathematiker, Weltweiſen die Rebe.)
Anm. 1. Ginige Gelehrte (3. B. Schmitthenner) führen au Gold (got.
. ahd. kolt, agf. gold, mhd. golt, altn. guiD auf gelten zurüd, alfo das
Rerthoolle, Geltende; befier Ieltet man (mit Grimm) das Wort ab von gelb,
ae. gelo (masc. nom. gelewer, gen. gölewes), mho. göl (mase. nom. gölwer,
gen. gelwes), alfo eigentlich das gelbe Metall.
2. Gulden (früher guldin, guldein, Adjectivum von Gold, eigent-
der gulpene, goldene Pfennig), aus einer beilimmten Duantität feinen Goldes
d, war ehedem der Maßſtab für die fllbernen Münzen. Im Jahr 1585 fien
man an, Gilberftäcde zu fehlagen, die einem ſolchen Gulden (Goldſtück) In Wert
gleich fein und 60 Kreuzer gelten follten. Man nanute diefe ſilbernen Stüde Gul⸗
diaer = Groſchen, Guldiner, Buldner, Reihsguldner, Reichsgul⸗
den. Der Werth blieb jedoch nicht immer auf 60 Kreuzer fliehen, er ſank und ftieg.
Aum. 8. Gelt (eine zur Bejahung aufforderndes verbules Adverbium), bei
Fiſchart im 16. Jahrhundert gelt und geltet, if aus dem Präf. Gonfunct. ge
lildet von gelten. — Belt es Loft dich die Band wol etwas? Yifchart, Gars
garlua von 1582 ©. 184. Geltet ihr Franken, welche nit gern fpinnen, bie
* gute Wirtin? Daf. 185. Du laͤchelſt? Belt! die Schülerinn iſt weifer
6 ihre Meifteriun? Schiller, Semele 2. -
Schelten.
Burzel scal—t, scil—t; scalt, scilt; zu ahd. scällan mhd. schel-
ka = fallen, ober zu (dem daraus gebildeten) ah. scaltan, mhd.
* schalten = ſtoßen gehörig?)
Schelte, ſchalt, geſchſten, ſchelten (ahd. soiltu, scalt, scul-
172
tum&s, scoltaner, scan; mhd. schilte, schalt, schulten,
scholten, schölten; vergleihe af. scaltan — flofen, dann
—*— beflecken, wie scälta = Makel, Schmach, gotscelta
— Öpottesläfterung) 1) einen flarfen, und dann überhaupt einen
Schall von fi geben (fo pe in der Yägerfpradie *); 2) -Die
Stimme Taut und ftarf hören Taffen; 3) nennen, einem ein ehren
oder unehrenhaftes Prädicat beilegen; 4) (gemöhnlicdh) eine ehren
rührige Aeußerung in Worten gegen Jemanden vorbringen; 5) fei>
nen Unmillen durd heftige, harte, beleidigende Ausdrücke auslaflen ;
6) (Volfsfpradhe) —— — (Du) die alle Welt verehrn, Carthago
wird vergöttern, die Rom für Afrikens Penthaſilea ſchilt (öffentlich
erflärt). Lohenftein, Sophonigbe 1, 364. Lind diefer Herzog (Phi-
lipp von Burgund), der fih den Guten fcheften läßt, verfauft fein
Vaterland, das Erbland feiner Ahnen, dem Reichsfeind. Schiller,
Piccolomini 1, 4. Man fchalt gewiß mein neueftes Betragen ?
Daf. 2,2. Schilt oder Iobe meine That. Schiller, Braut von
Meifina. Aber fie ließ es an Worten nicht fehlen, fie [halt ihn: du
hantelft als ein Schelm! Göthe, Reinefe Fuchs 3, 122. Da möcht
ich gleich Halbbagen fluchen und Groſchen ſchelten. Schmeller 3, 360.
Keifen (f. dasfelbe) aus Unwillen und unfreunblicher Laune ſich zänfifch.
anslaffen, beſonders wenn es anhalten it. Schmählen (minter gut
fhmälen, eine Berfleinerungsferm von ſchmähen; vergleiche ahb..smähi,
mhd. smache — klein, unanſehnlich, ahd. smählih, mhd. smeehenlich, smaeh-
lich, smältch — ſchmählich, verächtlich, ahd. smähen, mhb. smähen = un:
bebeutend, werthlos fein, ah. smähjan, mhb. smahen — als ſchlecht oder
verächtlich daritellen) feinen Unwillen worüber durch gelinde, aber duch mit
Empfindlichkeit verbundene Worte äußern. — Du weißt, daß Tag für Tag dein
alter Bater Feift. Voß. Sei's drum, wir laffen fie keifen und fchinaufen.
Schiller, Fiesko 1, 7. Wen, o du Stolzer, halt du geſchmäht? Klopflock,
Meifias 11, 1027. Sie werden gefchmält haben, daß der Hansvater fo
lange auf fich warten Tief. Schiller, Fiesko 4, 6. Wie konnt' ich fonft fo
tapfer [hmählen, wenn tbät ein armes Mägdlein fehlen! Göthe, Fauſt
1, 188. Ungebuldig begann Bellyn am Thore zu ſchmählen: Lampe, wollt
ihr nicht fort? Göthe, Reineke Fuchs 6,279. Nun fing die Mutter an, über
das flete Lefen zu fchmälen. Böthe, Befenntniffe einer ſchönen Seele.
Anm. 1. Bon fhölte gilt das oben ©. 165 bei gölte Befagte.
Anm. %. Das Participium wird auch mit andern Wörtern zufammengefept,
z. B. Schwergeſcholten. Bölhe, Pandora.
Auf —, aus—, be—, durch —, gegen—, mit—, nach —,
über —, wegſchelten bedürfen keiner weiteren Erklaͤrung, fie find je—
») Heppe ſagt in feinem wohlred. Jäger. 2. A. Regensburg 1779 ©. 312:
fhallen, ſchalten oder [yelten wird gefprocdhen, wenn ein Thier die Stimme
von fich hören läßt, die ober nicht anders ins Gehör füllt, ald wenn einer ſtark und
granzend in die hohl zufamm gehaltene Hände ſchreyet. O, a Da, O!
173
dech nicht alle gleich gebräuchlich und gehören zum Theil der Volks⸗
fprache an. — Fürwahrl du bit dem Lehrer zu vergleichen, ber
keinen Zögling ob ——— Kirſchen ausſchalt und ſcheltend
ſelber ſie gefreſſen. Uhland, Bekehrung zum Sonett. Und Niemand
darf euch drum beſchelten. Rückert, geſammelte Gedichte 1, 50.
Als aber der Kerl ſich murrend, ja gegenſcheltend, mit kleinen
Schritten entfernte. Göthe, Wahlverwandtſchaften 1, 6, ALS der
Gonverneur ihm noch etwas nachzuſchelten grimmig umkehrte.
Goͤthe, ital. Reiſe Meſſina 12. Mai 1787. Wir gebens zu, du
lannſt uns überſchelten. Shakſpeare, König Heinrich IV. 1. Thl.
4,3. Er ſchalt mich weg und drohte, mich zu ſchlagen. Shals
ipeare, Sommernaditstraum 3, 2.
Schelte (ahd. scölta, mhd. schölte) 1) Klage; 2) Scheltwort.
— Gefhelte, Schelter (ahd. scöltari, schältzere) der da ſchilt.
— Höre jegliher Schelte Drohn. Göthe, Fauſt 2, 189. ir
friegen nun Schelten und Streich' bis aufs Blut. Göthe, der
e Edart. Dieß Gerufe und Geſchelte. Klopfiod, Ges
republik. — Scheltbar, — brief, —fhrift, — wort. — Wahr:
heit Redt in dir o Wein! wie will ber denn ſcheltbar fein, der
die Wahrheit zu ergründen, ſich beym Bachus viel Täßt finden?
Logan, Sinngedichte 101. ES ziemt, in DVaterfreudenftunde, nicht
Haß dem Herzen, Scheltwort nicht dem Munde. Göthe, Fauſt 2, 163.
Unbefcholten, Unbefcholtenheit find von befcholten gebildet.
— (68 ift die Rede) yon dem . Namen, von der Ehre zweier
Männer, die bis jetzt unbefcholten, durch dieſe wunderlihe Hands
lung, wenn wir fie aud nicht anders nennen wollen, in Gefahr
fommen, vor der Welt in einem höchft feltfamen Lichte zu erfcheinen.
Böthe, Wahlverwandtfchaften 2, 12. |
Schwimmen.
(Wurzel suam, suim; svam, svim.)
Ehwimme, ſchwamm, geſchwommen, ſchwimmen (ahd. suimmu,
suam, suummume&s, suummaner, suimman, swimman; mhd. swim«
me, swam, Swummen, geswummen, swimmen; goth. agf. svim-
man, altn. svama) 1) von flüfjigen Körpern, fich auf einer Fläche hinbe⸗
‚sich in Menge verbreiten; 2) von einem flüffigen Körper, beſonders
defien Oberfläche getragen und auf bemfelben fortbewegt werben,
un) (intranfitio) fich ſchwebend erhalten und fortbewegen; 3) (fig-)
von einem gleichfam flüffigen Körper umgeben oder bevedt fein, daß
es fe als ſchwimme es in demfelben; 4) fanft und wellenförmig
gen. — Einſam in der a ſchwomm der Patriarch,
; A Gedichte 3, 330. Ihr Auge ſchwamm in Tränen.
Echiller, Maria Stuart 8, & Die Arche der Kirche fhwimmt im
174
Blute. Schiller, Wallenſteins Lager 8. (Er) fah fie (die Stabt)
endlih, wie Trümmer, auf denen bewölfender Dampf ſchwimmt,
ferne liegen. Klopftod, Meſſias 9, 484,
Yum. 1. Shwomm if eine abweichende, bei Rückert, der manche Abwei⸗
Yung hat, nicht fehr auffallende Form. — Das frühere u im praet. und im
rtic. bat fich länger erhalten. Opitz (17. Jahrh.) fagt: das Heer fh wummen.
ifhart (16. Jahrh.) Hat: Er ſchwum, ſchwam; der Igel muß gefhwum:
men haben. Geſchwummen fagt noch heute bie Volfeſprache⸗
. 2. Unter den finten folgenden zuſammengeſezten Jormen find
mehrere mit fig. Bedeutung.
Schwemmen (ahd. suammjan, mhd. swemmen), factitiv zu
immen, bedeutet ſchwimmen machen. — Sanfter brechen ſich die
ellen an des Ufers Felſenwand, und ſie ſchwemmen, ruhig ſpie⸗
lend, einen Leichnam an den Strand. Schiller, Hero und Leander.
Der Gießbach ſchwemmte den Steg aus-dem Grund. VYyrker, Ru⸗
dolph 10. — Da ſchwimmen und ſchwemmen Verba der Bewe⸗
gung find, fo werden fie mit den meiſten Ortspräpoſitionen und Par⸗
tifeln J ammengeſetzt. Einer weiteren Erflärung bedürfen darum nicht:
b —, an —, auf—, aus —, be—, bei —, daher —, dahin —,
durch — ein —, einher —, ent —, entgegen —, er —, fort—, her —,
erab —, heran —, herauf —, heraus —, herbei — berein—, ber-
ber—, herum —, herunter —, hervor —, bin—, binab-- , hinan —,
— —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —,
nweg —, mit—, nach —, nieder—, über—, um—, umber—,
‚unter—, ver —, vor —, voran —, voraus —, vorbei—, vorüber —,
—, wider —, zu —, zurück— zuſammenſchwimmen (und, oder)
—ſchwemmen, die jedoch nicht alle gleich gebräuchlich ſind. — Da⸗
her werde der Spip rege mäßig weg= und anfhwimmen. J. Paul,
Hefperus 1. Zehn Archen Tamen nun fo noch, gleih Noah’, an⸗
gefhwommen. Lichtenberg, v. d. ſchwimmend. Batterle. Wann
muß ich aufhören, über diefem glänzenden ftillen Deere, über dieſem
fhönen Ankerplatz des Lebens aufzufhwimmen?! % Paul,
Heſperus 8. Da kam .. . von Tenedos ein gräßlich Schlangen
paar s. . dahergeſchwommen auf den flillen Wogen. Scilter,
Amels 3, 34.. Schwamm er in Eile dahin. Voß, Odyſſee 5,
375. Seht die grünen weiten Räume, von Delphinen raſch durch⸗
ne Goͤthe, Rinaldo. Und hättefl du den Ocean durch⸗
chwommen. Göthe, Fauſt 2, 74. Das Fahrzeug kam glückl
einhergeſchwommen. Göthe, Wahlverwandtſchaften 2, 10.
Glücklich war er ſelbſt entſchwommen. Uhland, Unſtern. Den
in herunter werden bir die Leichen der. Bürger, der Kinder, der
ngfrauen entgegenfhwimmen Göthe, Egmont 2. (Er)
meint das blum'ge Fahrzeng zu erfhwimmen. land, normaͤn⸗
oa Brand. Aber ah, die Feten Schmerzen, im Herzen,
ſchwimmen nit im Strome fort. Göthe, an Mignon. (IH)
175 \
\dwimm’ unter dem Waſſer fort. Schiller, Räuber 2, 3. Der
Ruhm, wonach du ringft, iſt Luft, iſt Seifenblafe, fleiget ſchwülſtig,
ſhwimmt fort, und fchimmert, und zerpufft. Voß, reine
- De. Schwäne fommen aus den Buchten hergefhwommen.
Böthe, Fauſt 2, 186. Kein Scifflein ſchwimmet gr ihr heran.
Böthe, Joh. Sebus. Wer ſchwimmet dort herbet, um den bie
Bogen rollen? Uhland, der Königsfohn 3. Deſto dickere „>
wolfen ſchwammen vom offnen Krater des Grabes In das grü-
nende Leben herein. J. Paul, Titan 32. Der Kahn von der
andern Seite ſchwamm herüber. Göthe, Wahlverwandtfchaften
1, 15. Sie (die Band) ſchwamm einfam und majeſtätiſch auf
ben Teiche herum. Leffing, die Sand. Da ſchwamm die Sonne
mit rotber heißer Bruft goldne Kreife in den Wolfen ziehend her⸗
vor. % Paul, Titan 59. Die Gemüth TE nicht von der Natur
beſtimmt, gi fühl? es leider, auf weichen Element ver Tage froh
m’s weite Meer der Zeiten hinzuſchwimmen. Göthe, ir
5, 2. Ringend ſchwamm er hinan. Voß, Odyſſee 5, 399. Da
fhwimmt der Halbmond hin. Tiedge, Urania 2. (Der Zweig)
fönnte fuglich zu ihr hinabſchwimmen. Göthe, Meiſters Wan⸗
derjahre 1, 1. J wamm hinüber. Göthe, Fauſt 2, 131.
Die Brüder wateten, ich patſchte, ſcwamm hinüber. Göthe,
ft 2, 131. Sie werden daß felbft Ternen, es je eine angenehme
findung, manchmal allein auf dem Waller Hinzufhwimmen
und fein eigner Fähr- und Steuermann zu fein. Göthe, Wahlver⸗
wandtfchaften 1, 12. Die Iäftigfien Kleidungsſtücke wegwerfend,
ſtürzte er fih in’d Waſſer und * der ſchönen Freundin
nad. Göthe, Wahlvermandtichaften 2, 10: die wunderl. Nachbarsk.
Deraufcht von Entzüden und doc, jedes Eindrucks bewußt, ſchwamm
er gemach dem Teichtenden Strome nad. Novalis, Heinrich von
nn 1, 1. Ringe umfhwimmt das Fleine Felſeneiland
ſpaͤhend Affad. Paten, die Abaffiden 7. Die Auftern umſſchwam⸗
5 men ihr feiones feuerfarbenes Kleid, Voß. Die (Luft) rings an
' m Erdball ſchwimmt umher Yyrker, Tuniſias 1. Wann
laum der Tag am Horizont entglommen, bis er ind Abendroth zuletzt
verſchwommen. Platen, 59. Sonett. Ob auch die Lebensbahn
im Nebelmeer verſchwimme. Tiedge, Urania 2. Sie ver-
een in Glückſeligkeit. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 8.
ie vor ſchnellen Schiffen ein Hügel aus Wellen vorſchwimmt.
3 Paul, Titan 34. est mit kaum gehörten Ruderfchlägen ſchwim⸗
men wir dem Erlenhafen zu. Ingenannter bei Campe. Di fieheft
ruhig bie Wolfe des Todes auf die Sonne zufhwimmen. J. Paul,
18. Daß es Unfinn wäre, zurüdszufhwimmen, wem
bas ſchon ſo weit hinten liegt. Schiller, Raͤuber 4,8. Wun⸗
derbar find wir gekommen, wunderbar zurückgeſchwommen.
um
—X ie
“ er.
——
vI
176
Göthe, Rinaldo. Als Garten und Himmel und See wirklich zu
Einem dunfeln Koloffe zufammenfhwammen. % Paul, Titan 7.
— Schon mehrmals in ähnlihen Fällen fei ein gewaltfamer Platz⸗
regen gefallen und habe die meift un Strab
Theil rein abgeſchwemmt. Göthe, ital.
1787. Angeſchwemmtes Sandland und Dünen. Cbeling, bei
Campe. Es war nicht mehr Verwitterung des Gebirge, fondern
aufgefhwemmtes, gemiſchtes Erdreich. Göthe, ital. Reife
3. Sept. 1786. (Daß er) feig verrätherifh Die ſchuldloſe Seele
dadurch ihm ausgefhwemmt in Strömen Bluts. Shaffpeare,
König Richard IL 1, 1. Ausgeſchwemmt war der Orund. Voß,
Ilias 23, 40. Nun foll mein er a Aug’ ihr
Elend fein. Shaffpeare, König Heinrih VI. 2 Thl. 2, 4 Der
Felſen Haupt, das fi) fo hoch jegt ftredet, ftand ganz beſchwemmt,
war mit der Fluth bedecket. Opiz. (Wie Sie) bei ihm die halbe
Naht mit en an binwegfhwemmten.
Schiller, Kabale und Liebe 3, 1. Diefe Welle, die das Ufer fchlägt,
wird, troß ihr (der Weisheit) das Ufer niederfhmwemmen. Tiedge,
Urania 1. Wenn jener Wogendrang ... die geweihte Höhe der uns
bewachten Infel überfhwemmt. Tiedge, Urania 6. Die Feinde
faben fi) umringt und überfhwemmt. Böthe, Egmont 5. Das
Schloß warb mit Gegenbefuhen überfhwenmt Göthe, Wahl:
verwandtichaften 2, 4. So treibt das Franfe Schiff mit Tiefen ganz
befchloffen; mit Waffer unterfhöwemmt, mit Wolfen übergoffen.
P. Flemming. (Die Gefellen) mit vollem Glas das Lob ver⸗
ſchwemmt. Göthe, Fauft 1, 191. Man findet feine Waflerriffe
noch fonft Verſchwemmtes. Göthe, ital. Reife, Caftel Betrano
21. April 1787. Biel Abhäng’ auch verſchwemmen bie fchroff
aushöhlenden Waſſer. Voß, Ilias 16, 391. Wo verfhwemmen
nicht alles die Strudel der Friegerifhen Heere. Claudius, ine
eftverfhwemmende lleberfegung. Lavater. Schwenmmt er
—2*— fie (die Tyrannei) von ihrem Grunde, den fie ſich anmaßt,
weg! Göthe, Egmont 5. Nie hat noch DBefferung mit einer Flut
fo rafhen Stromes Fehler weggefhwemmt. Shaffpeare, König
Heinrich V., 1, 1. Der Weg geht auf den Höhen, wo man unten
die Iſar fließen fieht, über namen der hwemmte Kisdhügel hin.
Göthe, ital. Reife, Mittelmald 4. September 1786,
Schwenme (ahd. swem) bie Handlung des Schwemmens umd
der Ort, an welchem jene Handlung vorgenommen wird. Daven
Geſchwemme. — Berlaffen von Pferden, die aus der Schwemme
nicht zurüdfehrten. Göthe, Kampagne in Sranfreih, vom 13—17.
September. Es geht nun in die zehnte Woche, da ritt er mit des
Herrn einzigem und letztem Reitpferde nad der Shwemme” Lehr
fing, Minna von Barnhelm 8, 2. Jene gewaltigen Wetterbäche . .
e, wenigftens zum
Reife, Palerıno 13. April
——
177
reißen die Brüden und re die Dämme donnernd mit fort im
Vogen geſchwemme. Schiller, Braut von Meifina. Und feinen
Ra g vmbſtieß, macht in der Klauffen (Klaufe) ein Ger
fhwemb. H. Sachs.
1) eine ſchwimmende Perſon; 2) ein ſchwimmen⸗
des Schiff; 3) eine Pflanze (aponogeton L.); 4) Meerpferd (pe-
gasus natans L.); 5) Lerchenfalfe, weil er in der Xuft ſchwebt; 6)
ein in Riemen bangender ‚bevedter Wagen. — Wenn des Tages
— Schimmer bleichet, ſtürzt der kühne Schwimmer in des
tus finſtre Flut. Schiller, Hero und Leander. Jedes Auge bes
gleitete ihn, der als neh Schwimmer den Knaben bald sr-
reichte. Göthe, Wahlverwandtfhaften 1, 15. Daß fih Allınan-
ſaris der fchönen Shwimmerin gar freundlid und gewogen bes
mieten hat. Wieland, Oberon 12, 50. Die ganze Sciffbrüde wurde
von dieſen Shwimmern (Schiffen) gevedt, welche ſowohl ober-
halb als ımterhalb der Brüde angebracht waren. Schiller, Be:
lagerung yon Antwerpen.
wimmaron (orontium aquaticum L.), —blafe, —brud,
fer, —fuß, —gebirde, —gürtel, — haut, —fäfer, —kleid,
—frähe, — kunſt, — künſtler, —Tuft, — ſchnecke, —ſchule, —ſchwanz,
—kin, —ſtunde, —thier, — vogel, —zeug; Schwemmenkraut,
— ‚ Schwenmfel (in dein Pochwerken, geringes Erz),
db. — Fiſchſhwimmblaſe. J. Paul, Hefperus 16,
zudem fie lächerlich mit Shwimmgebärden laufen. Göthe,
2, 2832. Viktor brachte alfo feinen Shwimmgürtel heraus.
Saul, Hefperus 16. Im Vertrauen auf feine Shwimmfunft,
Yaul, Titan 7. Die Schwäne in gefell’gr Schwimmluſt.
Goͤthe, Fanſt 2, 06.
—— (goth. svamms — der reinigende Schwamm, dann
das Gewaͤchs, ahd. suam, suamme, suamp, suamb, nd. swaın,
a. swamm, altn. svampr) bezeichnet 1) das Gewächs allgemein; 2)
das davon Bereitete; 3) einen Auswuchs an dem Ihierifchen und menſch⸗
lichen Körper. — Die Kranfen find wie Shwamm und Zunber.
Göthe, das Jahrmarktfeſt zu Plundersweiler. Schon daß er ununs
terbrochen fchlechten Tabak rauchte, fiel äußert Täflig, um fo mehr
als er einen unreinlich bereiteten, fchnell euer fangenden, aber häß-
lih danſtenden Shwamm, nach ausgeraudter Seite ſogleich wieder
aufſchlug, und jedesmal mit den erſten Zügen die Luft unerträglich
verpeftete. Ich nannte Diefes Präparat Baſedow'ſchen Stinkſchwamm.
Böthe, Reben 14. B. Andre, nachdem fie die Tifche mit aufge-
loderten Schwämmen fäuberten. Voß, Odyſſee 1, 111. |
Pilz (ahd. plbJuliz, agf. bulat, bolot, im 16. Jahrhundert bulg, ans .
letus , gr. Bollııyc) bedeutet eigentlich den eßbaren Schwamm, woher
Die anf den Walbgang zum Pilzefuchen ſich gründende Mebensart: in bie Pilze
1?
178
gehen =: verloren gehen, abhanden kommen. Im gewoͤhnlichen Lehen verfheint
man unter Pilz ven Fleinen leichten, ſchnell aufſchießenden und bald wieder
verfaulenden Schwamm. Zunder (ahd. zuntro, agf. tender uns tyndre =
Kohle und Feuerſchwamm, ahd. mhd. zander — glühende Kohle, gehört zu
zünden f. dasſ.), brennbarer Körper, Feuerſchwamm, mis ben Rebenbegrifi
dees ſchnellen Feuerfangens, während in Schwamm bie natürliche Beſch affen⸗
» heit vorwiegt. — Soll doch nicht ale ein Bilz ver Menſch dem Boden ent-
f . wachen, und verfaulen geſchwind an bem Plage, ber ihn erzeugt hat. Gothe,
- Hermann und Dorothea 3, 9. Slugs dana ſtich mir im Garten Die neuge
ſchoſſenen Spargel, tie nach dem fruchtbaren Regen die Wärm’ als Bilze
herusgfoct. Voß, Luife 2, 880. Wäre nicht bie ganze Tragödie darüber iu
"vie Pilze gegangen? Leffing, Hamburg. Dramaturgie 1, 16. Aber ber
Hausknecht fing die fprühenden Funken des Stable in ſchwammigen Zun:
der. Voß, Lulfe 1, 325.
Schwammig, —artig, —baum, —büchſe, — dampf, — doſe,
- drücker —* gewahs, —koralle, — kraut, — kuchen, — milbe,
—matte, —raupe, —feife, — ſtein; Ader—, Blätter, en —,
Feld —, Milch —, Miſt —, Sternſchwamm u. .- Dieb e8 ge»
ſchah in einem dicht aa are von Tabaks⸗ nd Shwamm-
dampf erfüllten Zimmer öthe, Leben 11. 2.
chweimen (nhb. felten, abb. sulman, ınhd. swimen, swei-
ınen, mittelniederd. zwimen, altn. sveima, bei Stieler ſchweimnen,
ſchweimelen, fchwiemen, fehwiemelen) bedeutet zunächſt ſchwebend xy
bewegen, befonders fliegen; dann unflät umherwandernd ſich Be
wegen; in fchwindelndem Drehen mit Schwinden ber Sinne fi Gin
und wieber chwebend bewegen. Das Wort ſcheint mit ſchwimmen
zu Einer Wurzel zu gehören. — Si (dia sunne, Sonne) sweimet
80 Morgan nn — Vi ehe Y 2 den luften. —
umbſchwaimender (lediger) Schn 6. Jahrhundert.
ſtarres Bild, weg ſchweimt' ih, da ich's ſah. A. W. Schlegel.
Warten (eines Stammes mit winken ahd. winchan, m$b. winken)
Rh unfeſt Hiu und her bewegen. Gtärkeres unfeſtes Hin⸗ und
in vermehrter Schwingung (au figärlich) zeigt ſchwanken (ſ. fhwingen)
an. Schwanken behält dieſe Bebeutung ohne Rebenbegaifl, wähenn wanten
(auch figärlich) gerne leiſer oder ſtaͤrker den Begriff bes unfeſten Weichens bei:
mifcht. Wadeln (agf. wiceljan®, engl. waggle, hollänt.- waggelen, fat.
vacillare, flammt aus ahd. wachen, mb. wacken — ſich los bis nu
ber’ beivegen, was eine verbichtete Form vorn wegen, f daeſelbe &. 139)
fih 106 bewegen, aus Mangel an Feſtigkeit fich wiederholentlich ſchuekler
hin und ber bewegen. Taumeln (ah. tamilon, mhd. tümehı, von abe.
tümon ober tuimon = fd, im Kreife drehen) in Freisbrehenn ſchwebeuder afer
drehend fchwenfender Bewegung durcheinander fein; dann in drehender Be
wegung durcheinander fein; bann in drehender Bewegung ber Sinne Ehxperlich
unficher fih hin und Ber bewegen. Das niedrige torfeln (früher dorkeln
499
wit Turg = ungewiffes Schwanfen im 14. Jahrhundert, aus dem fat. tor-
quere — drehen, torcular, ohd. torcul und torcula — Kelten) beventet.
mit Kreisbrehung ver Sinne fich fallend Hin und her beivegen. — So maus
des Herz, dad auf der Bahn ber Tugend zu wanfen anfing, hat an dem
Freunde eine Stütze gefunden. Geller. Halb unter Laub verſteckt, ſah er an
breit belaubten Kaufen Melonen gleich, fie (die Frucht) auf die Erde wanfen.
Wieland, Oberon 8, 48. Am ſchwankenden Reifig hängt zwitfchernd der
Zeig. Salis, Lieb im Freien. Ihr gebt mir ſchwankende Bermuthung.
Shiler, Don Karlos 3, 4. Tiſch! ... ſtehe fer und wackle nicht! Gellert.
Doch wel ein Schreden Binterher! vie Glocke kommt gewackelt. Göthe,
die wandelnde Glode. Trunfner yom lebten Stroh reiß mich, ein Feuermeer
nur im fchäumenden Aug’, mich geblenvetn Taumelnden in der Hölle
nächtlicges Thor. Göthe, an Schwager Kronos. So tauml’ ih von Be
gierde zu Genuß. Mölhe, Sau 1, 171. Wo taymelt eine Seele durch
Gefilde der Lu, um die Detüubungspüfie wehn? Tiedge, Uraniq 5, Gt
Änft und torfelt anf vie Erde. Hagedorn. Das vierte, das fünfte, das
fehle Schwein, fie turfeln fo wüſt in die BVorftapt hinein. Falk, Grau:
wägtelein. Der Säufer guf den Beinen, der Buhler au den Sinnen, fieht
Wunder, wer drauf flehet, wie beide torkfeln fünnen. Logau, Sinnged. 2528,
Aum. Su einer Wurzel mit fhwimmen gehören mahrfcheinlich auch Sumpf und
Srad (j. ofen S. 69). Pictorius hat ſch wumm für Schwamm und das Schwimmen.
Klimmen.
(Wurzel klam, klim.)
Kimme, klomm, geflommen (minder gut Elimmte, geklimmt),
klinmen (mhd. klimmu, klam, klummen, gekluminen, klim-
men; ahd. klimp(b)an, eo climan, mittelniederd. elemben, wahr-
Keinlich Nebenform yon klemmen) bedeutet 1) (eigentlich) ein müh-
ſames und fehr anſtrengungsvolles Steigen mittelft Seftfaffene, indem
Hände wie Füße und and der übrige Körper dabei gleichfam ange⸗
brüdt werben fünnen; 2) (figärlih) nach etwas Hoͤhein, Erhabenem
mit großer Anftrengung fireben. — Einige klimmen“) über die
Höhen. Göthe, Fauft 1, 77. Die Kühnpeit, mit der ich zu ſchwin-
delnden Pfaden geklimmt. Zachariä. Wenn bie--getrübte Fluth
48 in die Wolfen klimmt. Opitz.
Kletteen (eine Wieverholungsform von Fletten — anhängen, Fleben,
das auf Klette, ahd. chletta zurücweifet) bedeutet wie Flimmen fi an
einem Heilen Körber durch Forigreifen und Fehhulten furtbewegen, ift jedoch
in Bedentung und Gebrauch minder ebel als Elimmen. — Den gothifchen
Zierrat ergreift nun der Wit und Elettert von Zinne zu Binnen. Goͤthe,
Tobtenfranz. Ich Flettere anf ven Bam. Goͤthe, Gib von Berlidyingen 3.
Ber Heißt oft groß? ver ſchnell nach Ehren klettert, ven Kuͤhnheit hebt,
de Höhe ſchwindlig macht. Hagedorn. a © vn:
ee — i
*) In der Ausg. yon 1828 fieht glimmen.
‘ m
180
— [u —
Ab—, an—, auf—, durch —, empor —, ent—, er—, fort—,
herab —, beran —, herauf—, heraus —, herein —, herüber —
herum —, herunter —, hin — hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus — ,
hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter— , hinweg —, mit—,
nach —, über— , um—, ver —, vor—, voran —, voraus —, vor⸗
bei—, zu —, zurückklimmen bedürfen leiner weitern Erklärung, ſind
jedoch nicht alle gleich gebräuchlich. — Ich klimme ab und auf den
Lebenshügel, wo dich, o Herr, wo mich ich werde finden. Herder. Wie ge-
ftidanflimmende Brandung brauft im Drfan. Voß, Fuife 3, b, 521.
(Er) flomm den fdhmalen Weg auf. Klopftod, Meſſias 10, 383.
(Er) klomm, ein kundiger Kletterer, jaudzend auf an dem
Wall. Pyrker, Tunifiag 10. Wenig Lebendes durchklimmt, be-
fümmert, neuentftanpne Hügel, und jede Trümmer deutet auf ein
Grab. Göthe, — 5, 7. Es klimmt der Süngling rafch
empor an einer fchlanfen Haime. Paten, Abbaſſiden 4. elchen
frummen Wegen des dornichten Grübelns entflomm er, ch’ er
zum Lichte, das ihn, von Bott umleuchtet, emporflog! ————
Meſſias 10, 277. So müſſen wir dießmal noch, verſetzte Char⸗
lotte, den alten etwas beſchwerlichen Fußpfad erflimmen. Göthe,
Wahlverwandtſchaften 1, 3. (Er) hatte noch den Strand erfloms
men, Uhland, Unftern Laßt und herunterflimmen. Göthe,
Fauſt 2, 163. Hinanzuflimmen an den glatten Wänden. Schil-
ler, Tell 4, 3. Großer Thaten herrliche Vollbringer Flimmten zu
den Seligen hinan. Schiller, Götter Griechenlands, Wo zehn
Andere mit aller Anftrengung nicht hHinaufflimmen, wirft du
fpielend, im Schlafe, gehoben! Schiller, Kabale und Liebe 1, 7.
Entfchloffen Elimmt der trog’ge Sieger nad. Schiller, Aeneis 2, 78.
Soll diefer zarte Fuß die Felſenklippen blutend überflimmen.
Eollin. Veit klimmt zu rück in frober Haft. Voß, die drei Diebe.
Klimmer, Klimmerin Cole Schlange, die leichteſte Klimmerin.
Herder), Klimmſtag (auch Laufſtag, auf ven Sciffen).
Klemmen.
(Wurzel klam, klim.)
Klemme, Elemmte, geklemmt, Elemmen; beflemmen, beklomm
beflommen, aber u eflemmte, beklemmt (ahd. ck(k)lamjan,
mb. klimmen, altn. klemma = einengen, einzwängen, Erampfbaft
zufammenziehen, von agſ. clam = Band) bedeutet drückend ober zu:
Eaminenpreffenb einengen, im eigentlichen und figärhihen Sinn. —
Und fragft du noch, warum dein Herz fih bang In deinem Bufen
klemmt. Göthe, Fauſt 1, 31. Ich fah ihn die Anterlippe zwifchen
die Zähne Flemmen. Schiller, Räuber 2,3. Nun war der Braune
181
fangen Haupt und Füße geklemmt. Göthe, Neinefe Fuchs 2, 100.
— & fand fie e8 ganz natürlih, daß ihr das Herz lebhaft fchlug,
und ihr die Bruſt beflomm. Novalis, Heinrich von ——
1, 8. hoffe fill, mich foll die kleine Friſt von allem heilen
was mich jetzt beflemmt. Göthe, Taſſo 5, 2 Don Schauer:
bildern rings der Blick umfangen im wüſten Kaum beflommner
Herzensleere. Göthe, Elegie. Wer befchwichtigt beklommnes Herz,
das allzuviel verloren? Göthe, Ausfühnung. Drängt’ ich beklom⸗
men mih an ihren Schoos. Göthe, Fphigenie 2, 1. war den
anzen 28 fo heiß, fo bänglih, fo beklommen ſchwül. Göthe,
Kauf 2, 287. Da war beflemmt mein Herz. Göthe, Hermann
und Dorothea 2, 127. Umwölkte Prinzen, herzbeflemmte Pairs!
Shaffpeare, König Richard II. 2, 2.
Ab—, au— durch —, ein—, hinein —, nieder—, über—,
m—, unter—, ver—, 3u— , zuruck—, zuſammenklemmen find
au fih Har, aber nicht gleich gebräuchlich. — Und wo im Felſen⸗
grmde der eingeflemmte Sluß fich, ſchäumend, aus dem Schlunde
auf Räder ſtürzen muß. Göthe, die glüdlidhen Gatten. mer
klenmte fie tiefer fih ein. Göthe, Reineke Fuchs 3, 118. Wer, '
anfer mir, entband euch aller Schranfen ppilifterhaft einklem men⸗
der Gedanken? Göthe, Zauft 2, 10%. (Er) Flemmte den Bart
mit hinein. Grimm, Hausmärden 4. Leidet fie es nicht, fo
bleibt ein wohlgebauter Körper allemahl um deſto fhöner, je we-
aiger ihn eine unnatürlihe Schnürbruft umflemmt. 3. D. Over
bed. Und bald wie Pſyche verklemmt (feſt anliegt) an Amors
Rarmorfigur. Thümmel. |
Anm. Stieler führt noch auf—, aus—, zerflemmen an.
Klemme (altn. klemma —= Enge, angustiae), Klemmer,
Llemmfall, —hafen, —ig, —Ihlot; Klemmung, Berlemmung; Des
Hommenpeit. — Nur in fo weit, als es nöthig ift, die Familie in
vie Klemme zu treiben. Schiller, Kabale und Liebe 3,1. Halten
Durft und Hungerqual mich in Angft und Klemme. Bürger, Zech⸗
lied Die Sorge, die Bellemmung mehrt fih nur. Göthe, Eus
genie 4, 2. (Sie) kennt nicht den zärtlihen Kummer feiner Seele
„feines Herzens Beklommenheit nicht, worüber er felbft flaunt,
tell er noch nie die Bangigkeit fühlte, Klopftod, Salem.
‚ Klemm und Hamm (in manden Gegenden klumm) d. i.
drafend ober zufammenpreffend eingeengt, fo eingeengt, daß ein Ges
drüdtiein, ein Zufammenpreffen entſteht oder da ifl. Der Ausdruck
Khört mehr der Sprache des gewöhnlichen Lebens an. -- Ein klemm
thewring. S. Stand, Chronit 194 b.
Knapp (alin. knappr) eingeengt, mit dem Nebenbegriff, daß nur eben
Zureichung da ift, aber nicht mehr und nicht weniger, doch zu dem Weniger
182
— — — — — — —
züneigend. — Eilf Wittwen und nenn Mädchen fit ein Inappes Auskommen
für Einen Mann. Shakſpeare, Kaufmann von Venedig 2, 2.
Kamm, Klamme (mbb. klamme). enge Bergfchlucht, enger
Bergweg, der meift zugleich das Rinnſal eines beftändigen oder eis
nes bloßen Wetter Baches ff. Der Klamm (Bolfsiprade, mEr.
klame, klamme, klampfe fo viel ald kramme — Krampf) eine
Art Krampf in der Luftröhre. — Wir traten in eine Klamme und
fanden ung in der Region bes brennenden Berges. Göthe, Leben
10, 3. Im irs Herzen klamm. Suchenwirt.
Klammer, in der Volksſprache auh Klampe, Klamper,
Klampfe Caltn. klampi), flammern (ah. klampfarjan, chlam-
pheren, ınhd. klammen, klamphern, klembern = klemmen, frampf-
haft zuſammenziehen) und die Zufammenfegungen: ab—, an—,
auf—, be—, ein—, er—, um—, ver—, zuflammetr find
an ſich Mar. — Und, da ich falle, reift die ſtarke Klammer. Shaf
jpeare, König Heinrih VI 3. Thl. 2, 6. Kaum ſah er den Kater
über den Käficht geflammert Zachariä. So Flammert fi der
Schiffer noch am Felſen feft, in dem er fcheitern ſollte. Göthe,
Taffo 5, 5. Am das Glück (pflegt) zu klammern fich der Neid.
Schiller, Phantafie an Laura. Wenn er mit ehernen Banden Daran
geklammert wäre Schiller, Räuber 1,1. Nun fühl’ ich erft den
dringenden Beruf mid anzuflammern Göthe, Cugenie 5, 8.
alt auf den Kranken zu, beflamınert (griff heftigen) Puls und
and. Canitz. Immer möcht ich noch umklammert noch von
ihren Armen fein! Göthe, Luft und Dual. In des Schredeng
Wahn laß ich los der Koralle umflamımerten Zweig. Schilfer,
Taucher.
Klammererbfe (pisum leptololum), — hirſch (Käfer), — ſatz
Barenthefe), — ſtrauch. | *
Aunum. 1. Mundartlich wird 1 und r vertauſcht; das fehen wir oben auch bei
mbb. klamme und kramme. Krampf muß jeboch zu Frumm gerechnet werden.
Das zu feinem von beiden gehörige Krammetévogel iſt zufamnengezogen aus
Rrantwitvogel d. i. die Wadhhulderbeerendroffel, von ah. chrana (vielleicht
verwandt mit lat. Branum = Korn) und witu — bas Holz, Alfo wahrſcheinlich
v
mm. 2. Zu einer Warzel mit klammern — mit Metall feſt zuſammen⸗
haften, ſcheint Klempener, Klempner d. 1. Blechſchmied zu gehören; ebenfo
flemfern und Flimpern, jenes einen flärfern, dieſes einen fchwächern, aber
feinern Ton ausdrädend. — Bald Flimpert fie auf ihrer Laute. Bürger, die beiden
Liebenten. Bald glaubte ich eine Laute, bald eine Harfe, bald eine Cither zu
hören, und bald no etwas Klimperndes, das einem von biefen drei Juſtru⸗
menten gemäß war. Göthe, ber neue Paris. Mann der Mein iu Gimmelsflang
wandelt mein Seflimper. Bürger, Zechlied. Beſchneid't die Nägel in Ruh
> * und ſingt fein Klimpimpimperlied. Göſhe, Prolog zum Bup-
venſpiel.
483
Glimmen.
(Burzel glam, glim; vergl. ahd. kleimo — Glanz, Zitterlicht,
auch Johanniswürmchen; altſ. glimo — bedeutende Lichtausſtrömung
mho. glim — Funke, iſt lat. gliscere — engtlimmen, dann tropifch
wachſen noch zu vgl.?)
Slimme, glomm, geglommen, glimmen (fehlt ahd., mhd.
glimen und glimmen, nad ſchw. Eonjugation, wie aud oft nhd.
= in Funfen fi) auslaffen, feßt ein verlornes ahd. gliman, goth.
gleiman voraus) bedeutet 1) ſchwach glühen, in einzelnen Funken
ünzen; 2) (auch figürlih) mit ſchwachem Feuer und ohne Flamme
en. — Und die Fadel, wie fie glomm, Tieß man eilig wan⸗
dern. Göthe, flirbt der Fuchs, fo gilt der Balg. Schon Tange fah'
üh diefes Feuer glimmen, nun (öägt es Salt in lichte Flammen
aus, — ugenie 2, 2. Die glimmenden Balken lagen
darüber. Göthe, Hermann und Dorothea 2, 135. Wenn Dir noch
ein Zunfe von Hoffnung irgend anderswo glimmt. Schiller, Räu-
ber 3, 2. Franken und Schwaben. allein alimmt noch von ben
Reiten des innerlichen ververblichen Bürgerkriegs. Göthe, Götz von
Berlihingen 8,
@lüben (ahd. glöjan, kluohan, kluon, agf. glövan, mi. glüejen,
slüen, altn. glda) feurig glänzen, feurig leuchten, es mag nun wirflichee
euer fein odernidht. Brennen (goth. brannjan, ahd. prennan, mhb. bren-
nen, agf. bärnen, altn. brenna, factitiv zu goth. brinnan, ahb. prinnan,
mbd. brinnen, agf. birnen, altn. brönna; vergl. lat. fornus, fornax =
Ofen) eigentlich aufwallen von Feuer und Wafler, bezeichnet dann beſonders
die Wirkung des Feuers in Entwickelung des Wärmeftoffs nnd in dem ſchmerz⸗
lichen Eindrud auf das Gefühl. Lodern (ahd. lodarön, von Lode, ahb.
lodo, ludo = ein herabhangender Tuchlappen, Haarzotten, woher auch ahd.
Iudara — Windel, Tuch) bezeichnet ein helles Brennen mit leichtem Hin⸗
und Herbeiwegen der Flamme, ohne daß dies gerade durch einen Luftzug be-
wirft wird, Bon dem Feuer ift dann der Ausdruck figürlich anf andere Dinge
übergeiragen. — (Wer laͤßt) das Abendroth im ernflen Sinne glühn? Goͤthe,
Sauft, Borfpiel. Kennſt du das Land, wo die Eitronen blühen, im dunkeln
Laub die Goldorangen glühn? Goöthe, Mignon. Und es brannten
die Echeuern der reichgefammelten Ernten, und es brannten bie Straßen
bis zu dem Narkt. Böthe, Hermann und Dorothen 2, 119. E8 fchminbelt
mie, es brennt mein Eingeweide. Nur, wer die Schnfucht Fennt, weiß, was
ich leide! Goͤthe, Meifters Lehrjahre 4, 11. Der Fürſt Feldmarſchall tabelte
einigemal perfönlih, daß man vie Flamme allzu ſtark auflodern Tafle.
Gothe, Campagne in Ftankreich 19. September. Der (Erlenbach) ald lodernde
Kackade des Dorfes Mühle treibt. Matthiſſon, Mondfcheingemälbe. Taufend,
saufend würden do dern, mich vor's Meltgericht zu fodern. Bürger.
—
— — —
im Bräter. glam: In keinen aber glam ein Zunfen
. Rohenflei
ie ER — — Weil noch Fein Than und Kuß auf Rof und
Lippen ſchwam, und in der Hertzens-Glutt fein Liebes-Weyrauch glam. Reine Liebe.
Ab—, an—, auf—, aus— , burh— , ent—, er—, fort—,
nach —, wieder —, ver—, wegkl
Erklärung. — Sie ſaßen um einen großen, runden, flachen, a b⸗
limmenden Afchenhaufen. Göthe, Campagne in Frankreich 19.
— Unter dem erblaßten Arkturus ne Nebel an.
% Paul, Hefperusg 8. Und vom Hauche der legten Freude glimm-
. ten noch einmal feine blaffen Wangen an. J. Paul. Auch meis
ned Volks erſtorb'ner Muth glimmt auf in manchem Heldenfunfen.
Schiller, Aeneis 2, 65. Daß flaunend der Landınann vom aufs
glimmenden Schatze ſprach. Voß, der deutſche Gefang. Er eilte
gegen die ausglimmenden Fenſter der Abtei zu! J. Paul, Def-
perus 13. Hat fein Lämpchen ausgeglimmt. Pfeffel. Um dieſe
Haut aus weißen Rofen von rothen durchglommen. %. Paul,
Hefperus 4. Wenn faum der Tag am Horizont entglommen.
Daten, Schap des Nhampfinit 2. (Bis) das Glansgewimmel ver
Geftirne faht entglimmt! Salis, Abendbilder. Und dem Oſtge⸗
wölf entglimmt roth des Mondes Helle. Voß, die Abendfille.
Blige erglimmen. Kofegarten. Der in des Nächſten Lieb inbrüns
ftiglih erglimmet. Die Sruchtbringenden bei Campe. Deffen (des
epifchen Zeitalter) Erinnerung jedoch, wie eine. heilige Glut, in
@inzelnem noch fortglimmt. Platen, das Theater ald Nationals
inftitut. Ob ein verfprungener Funke davon in Yorettend Herzen
fich verhalte und nachglimme. 3. Paul, Siebenfäs 3. Sie blafen
mir ſchadenfroh die Aſche von der Seele, und leiden nicht, daß fich die
legten Kohlen von unſers Haufes Schredensbrande ftill in mir ver⸗
went Böthe, Iphigenie 3, 1. Wenn der Abend verglimmt.
08, die Paffionsblume. So möchte wohl mein müder Lebensdocht
yon ſelbſt verglimmen. Shaffpeare, König Lear 4, 6. Sein
Auge verglomm, wie drüben des Abends Schimmer. Pyrfer,
Tuniſias 12,
Glimm (hei Stieler glimmig, glimmicht) d. h. glimmend
iſt nicht mehr im Gebrauch, findet fih aber noch bie gegen bie
Mitte des vorigen Jahrhunderts. — Ya treibe wie ein Wind des
Krieges glimme Flammen. Lohenſtein, Sophonishe 1, 184. So
laßt der Glieder Del auf glimmen Röften Ereifhen. Daf. 1, 28.
Als wenn er Aſch' auf glimme Kohlen ſtreuet. Daſ. 1, 344. Es
follen eure glimme DPerzen auf Anmuts⸗Roſen ig herzen.
Weichmann, Poefle der Nieverfachfen 1, 172. Als ich in feiner
glimmen Seelen die Luft angefacht. Daf. 1, 171.
Glimmern, eine Beröfterungsform von glimmen, bebeutet
ſchwache Lichtfunken von fi werfen. Glimmer (davon glimmerig,
—
immen bedürfen feiner weitern
188
Simmererde, fand, — ſchiefer) 1) ein ſchwacher Schein, —
mern; 2) ein taube Bergart, die aus ſchuppenfoͤrmigen, wie
und Silber glänzenden Blättern beſteht. (Stieler führt Slimmer
auch noch mit der Bedeutung Morgen- und Abendfiern an.)
— Bie feltfam glimmert dur die Gründe ein morgenröthlich
träber Schein! Göthe, Yauft 1, 205. Geknüpft mit Ketten-Bändern
ſchaut' ich jenen Kranz, der Schulter ſchmiegten fie zwitzernd *), glims
mernd gern fi an. Göthe, Pandora. les, nachdem bei dem
limmernden Dodt der Erzählende dunfel, oder dunkler es fah.
‚ der Nachruhm. Wo des Brandes dunkler Glimmer
Dammrung freut durchs Eleine Zimmer. Voß, Penferofo 119, Den
Blimmer und das Gewicht der Krone weggeben. 3. Paul, Tis
tan 22. Seht ihr nicht, Baumeifter, poetiich zu reden, den Glim⸗
mer von Arconens Stadt? Daf, 1. Sie (bie —— beſtehen
... aus Glimmer oder Katzengold. Schubart, Bildung der Erd⸗
©.
Scheinen (f. d.) bedeutet allgemein Licht von fich geben, im Befonbern
volleres Rehendes Licht. Schein it zunaͤchſt das Licht, welches ein Körper
von ſich gibt, im Beſondern das vollere, lebende. Wurzelverwandt (aus sci—)
iſt fhimmern (niederd. schömern, mhb. schimen = fcdheinen, glänzen, von
gott. skeima — Leuchte, ahd. scimo — Schein, Lichiflrahl, mhb. schime,
schim —= Schein und Schatten (letztere Bedeutung noch in der Volksſprache:
Keht der Dachs feinen Schiem), daraus nhd. Schemen = Schattnbild,
agf. schma —= Schein) mattes Licht von fi geben, Fleines in lebhafter Bes
- wegung ausfahrendes Licht von fich werfen, und Schiuumer — mattes Licht,
dann Fleines in lebhafter Bewegung auffahrendes Licht, Leuchten (ahd. altſ.
liuhtan, agf. Iyhtan, mhd. liuhten — leuchten, liehten — lichten, eigent-
lich liechten) ſichtbar machen; Licht von fich geben, dag man fehen kann; in
zarũckwerfendem Lichte flark in die Augen fallend fihtbar fein; davon figärlich
als vorzüglich und herrlich im die Augen fallen. Glanz (ah. glanzi, von
dem Adi. glanz glänzend) volles, in hohem Grave ausflrämendes ober zurüd-
geworfenes Lit. Glänzen (ahd. k(g)lanzan, mäb. glanzen, fo auch
oberb., was richtiger) in hohem Grabe Licht ausflrömen oder zurückwerfen.
Beide Ausprüde auch figürlich angewandt. Wurzelverwandt iR gligern (ab.
k(g)iiazinen, alti. glitinon, agf. glitenan, mho. und älternhd. glitzen, von
gleißen f. d.) das Lit in Heinen häufigen Lichtbligen von ſich werfen.
Tunfeln (zu einer Wurzel mit goth. fana = Feuer, altn. funi = Glut⸗
afche, ahd. funcho, mhd. vanke — Funke gehörig) mit funkenartigem Aus;
ſprühen Lichtfeuer von fih werfen, beſonders lebhaftes. Flimmen (Neben-
form von flammen, von lat. flamma — anfwallende Feuerzunge) wallende
Lichtblite (Wenerzänglein) von fi geben. Davon das veröfternde flimmern
*) Statt zwingernd, von ahd. zvinzardn, mhd. zwinzern und zwinzen
= an den Augen 3 de Bewegungen leiden ober machen, das lat. nictare,
oculis micare. .
180
— — — —
(neden flammern) Zitterlicht, kleine hüufig und ungewiß ſpriugende Licht⸗
blitze von ſich werfen. Davon Geflimmer, bei Rädert (geſammelte Ge⸗
dichte 2, 56) Geflimm, gereimt auf Grimm. Flittern (neben flattern,
bei Joſua Maaler flottern and fluttern, if das ahd. viſ)lödiroön =
mittelſt ſchaellen und ſchlagenden Auf⸗ und Nicberbewegene ber Flügel Hiegen ;')
zitterndes, zuckendes Licht im Kleinen von fich werfen. Klirren (fcheint eine
durch die Volksſprach and Flittern®) gebildete Jorm) ſchwebendes Bitter:
lit, zittetnden Schein von fih werfen Flinken (von flinf — klei⸗
nes gefälfiges Licht von ſich werfend, eine Mebenform von oberd. Wlan und
Zlunf= Funke, übrigens mit blauk verwandt, inte auch Stieler anntınmf) klei⸗
nes Bitterlicht von ſich werfen. Davon flinfern, flunfen, flunterz
(nieverfächl., figärlich bleudende mid übertreibenne Reden führen). Blinken
(Nebenform son blank, ahd. planch (wuher mittellat. blancus, franz. blanc)
altn. blank == weiß) Helles Licht Im Kleinen von ſich werfen. Strahl (abe.
sträl und sträla, md. sträl und sträle, apf. streel) ſcheint den Gruntbes
griff der gerade fortfchießenden Linie ®) zu haben (mhb. sträl, sträle ital. strale,
flaw. strela = Pfeil, strelati = ſchleßen, strelötz = Säge), dann Licht:
linie zu bedenten. Davon ſtrahlen = Lichtlinien von fi werfen. — Die
Sonnen alfo fiheinen uns nicht mehr; fortan muß eignes Feuer uns er:
lenchten. Schiller, PBierolomini 2, 2. O mas if Goldes, was Juwelen
Schein! Schiller, Maria Stuart 1, 6. &6 glänzt ver Saul, es ſchim⸗
mert das Gemach. Goͤthe, Mignon. Ein Lächeln ſchimmert um der Got⸗
iin Mund. Schiller, Amelie 4, 28. Die Kirchenfenfter ſchimmern; in
Silber wallt das Korn; bewegte Sternchen Flimmern anf Teich und Mies
fenforn. Nathiſſon, Mondfcheingemälde. Ich denke bein, wenn mir ber
Sonne Schimmer vom Meere ſtrahlt; ich denke dein, wenn ſich des Mon:
des Flimmer in Duellen mahlt. Goͤthe, Nähe des Geliebten. Es leuchten
drei Sterne am Himmel, die geben ver Lieb einen Schein. Herder, Volks⸗
lieber. Wem iſt es nicht bekannt, das Oberſt Buttler dem ganzen Heer voran
ale Mufter leuchtet! Schiller, Piccolomini 4, 4. Was glänzt dort vom
Balve im Sonnenfchein? Körner, Lüsowe wilde Jagd. Sein Rüflzeng glänzt
und gleigt, daß mir's, wie Welterleuchten, noch in ben Mugen beißt.
Uhland, Ueberfall im Wilbbad. Gin matter Schein (wie wenn fidh, zwiſchen
Myrtenwänden mit Efen überwölbt, in einen Yrählingshatn der Tag verliert)
entdeckt ibm eine Reihe Bimmer, bie ohne Ende ſcheint; und, wie er vorwärts
geht, wird unvermerft das malte Licht zu Schimmer, der Schimmer
1) Gin anderes Berbum iR goth. flautan, flautjan — prahlen, woher Flitter⸗
ſtaat; viät = Schönheit, erhalten in unvlät = efelbafte Unſchoͤnheit.
2) Solche Uebergänge des t und d iner find namentlich dem mittelrheiniſchen
Volksdialekt eigen, 3. B. ſchare = ſchaden, Werte, Flerrermaus = Wetter, le:
dermaus (fu heißt jever Schmetterling), wirre, werre = wiber, wieder, Lore =
Lode (Eprofiv), Fure, Lure = Butter, Luder
8) Darın auch das volkothümliche der Straähl (Karmn) und ſtrählen, abe.
streljan, mhb. straln, streln.
187
ſchnell zum hochſten Glanz erhöht. Wieland, Oberon 16, 46. Rat iſt
ſchon hereingefunfen,, ſchlleßt fich heilig Stern an Stern; große Lichter, Feine
Zunfen glißern nah und glänzen fen; gligern bier im See fih ſpie⸗
gend, glängen droßen Flarer Nacht. Göthe, Kauft 2, 4. Es geht ein
Liebesgeſtirn mir anf und funfelt. Göthe, der Müllerin Reue. Sie ſelbſt,
im reirhften Bug und mit Inwelen ganz belaftet, zeigt ihm bloß, daß alt dieß
Ennte Sunfeln nicht fähig ift, den angebornen Glanz von ihrer Schönheit
zu verbunfeln. Wieland, Oberon 13, 49. Wenn in bem finfterr Wald ein
flimmender Sonnenbli@ wandelt. Zachariaä. Wenn dein Blick in meine
Blide flimmt. Schiller, Gntzickung an Laura. Die Sterne flammten,
bie Kälte war gewachſen, fie fühlten nichts davon und fuhren dem lang daher
gligernden Widerfchein des Mondes, uimiitelbar dem himmliſchen Ge⸗
Hirn ſelbſt entgegen.” Da blickten Fe auf und fahen im Geflimmer bes
Wiverſcheine die Geftalt eines Mannes hin und her ſchweben. Göthe,
Meiſters Wanterjahre 2, 5. Gin lieblihes Geflimmer erwacht Im Schoß
der Dunkelheit. Tiedge, Urania 4. Dein Sehen kann kein wahres Sehen
fein, es ift das Flimmern nur von ungewiffem Schein. Wieland, Obes
ron 7, 60. Mie reih und füß durchflimmert ſich rein des Sflbers und
ver Farben Blitz. Göthe, Sugenie 2, 5. Drinnen die Kammern und bie
Gemächer, Schränfe und Fächer, flimmerin und flammern. NRüdert, ges
fanımelte Gerichte 3, 148. Ge fchleicht ein Flaͤnmchen am Unkenteich, das
fHmmert und flammert fo fraurig. Bürger, des Pfarrers Tochter von
Tanbenhain. Seh’ ih das Geflitter, das Geflatter. Göthe, Lilis
Park. Das zweifelhafte Licht, das unter taufendfachem Flittern in diefem
Labyrinih mit ſichtbar'm Dunkel ſicht. Wieland, Oberon 14, 18. Wie viel
Sternlein am Hinmel flittern. Rüdert, gefammelte Gebichte 3, 123. Seht,
wie fie (die goldenen Engel) flittern. Daf. 3, 164. Die Berge wanften
um ihn Der, es flirrt' ihm vor der Stirne. Bürger, die Entführung.
Und durch's flirrende Gemach ſturz' ich fort. Grillparzer, Ahnfrau 2. Um⸗
flirret“ es ihr Anilitz. Bürger, Lenatdo und Blandine. Dieſe Dirne mit
ihtem flinkernden Schleier. Wieland. Schau, wie das flinkert in der
Eonnen! Schiller, Wallenſteins Lager 8. Daß laut heule der Sturm und
blatroth flunfre das Nordlicht. Voß. Und (Goliath) flunferte und
prohlte groß. Clandius, ver Rieſe Goliath. Luna läßt ihre Silber blinken.
Opitz. Wie ſtrahlt das Feuer fhöner Augen. Hageborn.
Yum. Vielleicht gehört hierher auch Glinfter, glinftern d. i. ſchwacher
Glanz, ſchwach glämzen, für Gleinſter, gleinftern. Campe leitet das Wort
ab son einem nieberd. glinzen für glänzen. Myhd. findet fich allerdings glinzen
= fanfeln, glinzheit = äußerer Ölanz.
Beginnen.
(Wurzel gan, gin.)
Beginne, begann, begonnen, beginnen (ahd. pikinnu, pikan,
pikunnume&s, pikunnaner, pikinnan; mhd. beginne, began, be-
188
— ———— — — — —
gunnen, beginnen; goth. duginnan, ahd. auch gianan uud iak(g)in-
nan, agſ. ginnen, altſ. bigianan; altn. ginna — anlocken) *).
Nhd. bedeutet beginnen (zuweilen auch anbeginnen) 1) hervor—
treten in die Wirklichkeit, von Handlungen oder einem Ding übers
haupt gelagt; 2) ben Anfang mit einer Sache machen; 3) überhaupt
thun, unternehmen, vorhaben, — Es glüdte aber nicht, und ſo be⸗
gann aufs Neue das blut’ge Kriegesfpiel. Schiller, Pircolomini
2,7. Es wird gehandelt werben, eh’ noch dag Jahr den neuen
Kreis begiunt. Schiller, Tell 4, 2. Seelen, die jego wurden, und
noch nicht zu denfen begannen, zitterten und empfanden zuerſt.
Klopſtock, Meſſias 1,147. Es würde Freiheit mir und Leben foften,
und fein verwegenes Beginnen nur befchleunigen. Schiller, Picco:
Iomini 1, 3. Dieſer reichte nun au, rechts anbeginnend, des
füßen Neftars... den übrigen Göttern. Bürger, Ilias 1, 597.
Im weiten Meere mußt du anbeginnen. Goͤthe, Fauſt 2, 168.
Die ſiunverwandten Ausprüde: aunbrechen, anfangen, anheben fiche
bei aubrechen ©. 61 f. ,
Anm. 1. Dis Particiyplum wird auch mit andern Wörtern zufammengefekt:
(Sr) rief dem Fampfbeginnenpen Helen. Pyrker, Rubolyh 4.
Anm. 2%. Bon diefem Berbum finden ſich manche abweichende Formen.
Sie begunden, fagt Eyb im 15. Jahrhundert, fle begunt, Kifchart im 16.
Jahrhundert, Mein guter Ohm, dieß ende, wie's begoun gan auf Sohn).
Shakſpeare, König Richard II. 1, 1. Ach! Heit! ich dis beginnt fchon in
der zarten Jugend! Lohenſtein, Sophunisbe 2, 243. Ste begunte aus eb
. lichen Blicken feiner Augen zu urtheilen. Hofmannswaldan, Liebe zwifchen Graf
Lndwigen amd einer Mahomelanin. Opitz hat: begunnte, beguntte, bat be:
gunt, ihr beguntet. ‚Begunnte zu gerinnen. Weichmann, Poefle der Nie
derfachfen 1, 188, Und alles, was fein Stolz begonnte, recht unverfchämt bes
wundern konnte. Gellert, der baronifirte Bürger. Als fie au fliehn begonnte.
Rückert, gefammelte Gedichte 3, 58. Was fich zu eurem —X* bier zu regen
gleih Begonnte. Göthe, Kauft 1, 165. Und wenn das legte Glas zu Kopf zu
gehn begonnte. Wieland, Dberon 2, 24. — Diefe Formen lehnen ſich an bas
ahd. pikunnan, pikonda, das aus pikinnan ſich gebildet. So auch mhd. be-
gunde, begonde.
Beginner, Som und Anbeginn (abo. pCb)ik(g)in, anak(g)ir,
anage(i)nni, mhd. begin, anegin) Anfang einer Sache, jedoch if
Anbeginn. in der Anmwenduug von geringerem Umfang. — Du
Beginner und o du Vollender, —— vom Anfang, und für
ewig, für ewig erwacht und vom Anbeginne! Klopſtock, Mei
ſias 13, 735. Schwer iſt aller Beginn. Voß, der 70. Geburts⸗
*) Die Grundbedeutung it nah Grimm (d. Mythologie 2. A. S. 5235)
fvalten, öffnen. Aus dem finnlichen Spalten muß das abgezogene anheben,
anfangen folgen. „Wie ahd. ink(g)innan, mhb. enginnen und ginnen den Be—
griff des Spoltens, Offneus hat, ſo wird ihn wol aud) das altı. Mana frü
gehabt haben. Grimm vernuthet — mit altn. gina, ahd. kinan, mht.
— == gaͤhnen; denn altn. gin (Offnung des Mundes) iſt auch Raum, Zwi—⸗
chenraum.
189
————— —————————— — I
tag 40. AMo ſagt' er und nahete ſich erhabneren Thaten, als ſeit
ver Engel Geburt, dem Anbeginne der Erden und der Sonnen
efhahe. Klopftod, Meffias 4, 1339. Doc das Entfegen, das dem
—*— der alten Nacht, vom a nn entfleigend, vielgeftaltet
noch wie glühende Wolfen aus des Berges Feuerſchlund herauf ſich
wälzt, erfdhüttert euch deg Helden Bruſt. Göthe, Fanſt 2, 185.
innen,
(Wurzel rin, rän.)
Himme, rann, geronnen, rinnen (ahb. rinnu, ran, runnum6s, run-
naner, rinnan; mhd. rinne, ran, runnen, gerunnen, rinnen; goth.
rinnan — mit Heftigfeit laufen, altf., agf. rinnan, altn. ränna)
wird 1) ſowol von dem Tangfamern, fanftern, wie auch von dem
geſchwinden Sichfortbewegen tropfbarer Slüffigfeiten gefagt; 2) auch
auf andere Dinge übertragen, die aus feinern Körnern befteben;
3) durch Ritzen oder des Schluffes entbehrende Fugen der Gefäße
binausvringen, und von den Gefäßen felbft, durch Riten oder im
Schluſſe nachgebende Flüffigfeiten durchlaſſen; 4) (ſelten, activ)
tinnend herbeiführen; 5) (aber nur entrinnnen) ſich überhaupt
ſchnell fortbewegen, mit dem Nebenbegriff der Stärke oder Heftigkeit.
— Thränen rinnen von den Wangen. Göthe, Nachgefühl Da
rann fein Sand, und feine Glocke ſchlug. Schiller, Piecolomini
3,8. Bon der Stirne heiß rinnen muß der Schweiß. Schiller,
Blade. Die (Duellen) vom Blute rönnen. Rückert, gef. Ged. 1,
214. Da rinnen Ströme jedem Staubtheile Nahrung und Ers
quidung. Herber.
Lecken, oberb. Techen (mittelnieverl. Ieken, altn. leka — tuupfen, auss
Rrömen, vermifcht mit led, lech, agf. hlece, engl, leaky, altn. lekr = riffig
für Släffiafeiten) 1) durch Ritzen oder im Schluffe nachgebende Fugen hinaus:
bringen ober hinauslaſſen; 2) (vom Waflerfahrzeug) Blüffigfeit auf eben ſolche
Beife eindringen lafien. Laufen (ſ. d.) vente auf das geichwinde fi
Serausbeiwegen der Flüffigfeit aus den Gefäße. Andere mit rinnen ſinn⸗
verwandte Wörter fiche bei wegen ©. 133. — Wenn fdyon von hier und dort
zugleich die Welle fchlägt in's lecke Boot. Platen, der rom. Oedipus 3.
Seh ich über jede Schwelle doch ſchon Wafferfiröme Taufen. Göthe, Zauber:
lehrling.
Aum. 1. Stieler führt neben rann, geronnen auch rante, runne,
geraut, gernunen an.
Anm. 2. Das Partic. wird auch mit andern Wörtern zuſammengeſetzt, z. B.
Erin ſchwarzrinnendes Blut. Voß, Ilias 16, 580. Des Mitleid fanft-
jerrinnende Thräne. Klopſtock, Meſſias 14, 211.
u ln.
Gerinnen (geth. garinnen = zufemmenlaufen) bedeutet eigent⸗
Ich zufammenrinnen, deutet alfo zunächſt darauf, daß fi die Flüſ⸗—
figfeit zufammenthut, und ift der gewöhnliche Ausdruck, um anzuge-
ben, daß Körper aus ihrem Zuſtande der Flüffigfeit zu einem feftern
übergeben (weicher Begriff ſchon tm ahd. karinnan liegt). — Wenn
meine Leidenfchaft Sünde ift, fo mögen die Enden von Tugend und
Lafter in einander fließen, und Himmel und Hölle in eine Berdamm-
niß gerinnen. Schiller, Fiesko 2,3. Als wenn fie am Gerin-
nen des Metal Schuld feien. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 6.
Dlut, gerinnend, ftillet Teicht fich felber. Göthe, Pandora. Das
Metall gerann und warb ein heller Spiegel. Novalis, Heinrich
von Ofterdingen 1, 9. Diefer Hält zwei zufammengerinnende
0 fo gut auseinander. J. Paul, Heſperus 11. Und
dort gerinnt die Milch und wird ein ſtehend Del. Haller, Die
Alpen,
Geliefern (itatt des verafteten und gleichbebeutenven liefern im Be-
brauch, wol von mäd, liberen, ahd. überön — gerinuen maden, biefes
von ah. Up(b)an, agf. lifan — bleiben, f. d.) deutet auf Pas Aufhören bes
flüffiges Zuftandes. Geſtehen (f. ftehen) ift eigentlih fich ſtellen und ſtill
fliehen, deutet alfo auf das Feſtwerden der Flüffigkeit und wird in tiefer Hin⸗
fiht auch von dem völligen Feſtwerden gebraucht, welches Feine Bewegung ver
einzelnen Thelle zuläßt, und wovon weber gerinnen noch geliefern vor
fommen. — So wird fein Balfam fließen, als hier durch Haut und Fleiſch
dein Lieferblut fi dringt. Scultetus. Gelicfert Blut und Giter rinnt
häufig von ihm weg. Flemming.
Ab—, au—, aus —, be—, dahin—, durch — ein—, nt—,
fort—, her —, herab —, heraus —, herüber—, herunfer— , ber:
vor —, hin —, hinab —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —,
hinunter —, hinweg —, nach —, nieder —, über—, um—, umher —
ver—, v —, vorüber—, weg—, zer —, zurück —, zuſammen⸗
rinnen bedürfen keiner weiteren Erklaͤrung, ſind jedoch nicht alle
gleich gebräuchlich. — Neben dem letzten Tropfen bes abrinnen-
den Jahrs. J. Paul, Siebenfäs 9. (Wo) des Fammers undanf-
bare Thränen im durchlöcherten Siebe der Ewigkeit ausrinnen.
Schiller, Fiesko 3, 1. Da gieng mit Blut beronnen der alte
Hildebrand. Simrod, Nibelungen 2345, 3. Weil er fie für einen
dahinrinnenden Fluß hält. I. Paul, Heſperus 8. Deiner Lüfte
balſamiſcher Strom durchrinnt mich erquidend. Schiller, Spazier⸗
zang. Das Töniglihe Blut, das Eure Adern durchrinnt, ver-
mäht ſö niedrige Vermiſchung. Schiller, Jungfrau von Orleans
3, 1. Und Weile auf Welle zerrinnet, und Stunde an Stunde
entrinnet, Schiller, Surgihaft Octavius entrann der Tyran-
nei des Feindes, wird er der Tyrannei, die in ihm tobt, entgehn?
19
,‚ Urania 6. Entränn er ſetzo kraftks meinen Händen.
er, Tell 4, 3, Durch banges Rohrgefläfter rinzt ſchwach das
Bäglein fort. Mathiffen, das Todtenopfer. Daß fein zarte Ge-
hitn an blutigen Steinen herabrann. Klopſtock, Meſſias 2, 12%.
Schon glitt, zärtliche Braut, meine verlorne Hand, nach Anakreons
Spiel, rann es, wie Silberton, turch die Saiten herunter. Klop⸗
fied, die Braut, Es rann ihm das Blut die Nafe herunter.
Böthe, NReinefe Fuchs 12, 75. Leichte Stunden rannen ſchnell
und jchneller an dem halberwachten Träumer hin, Tiedge, Urania }.
Bel wehen die Winde, wol Waller rinnt Hin, Bürger, Lenardo
und Blandine. Wie glattes Del auf der oberen Welle hinab-
tinnt, Voß, Jlias 2, 75. Und mande Zähre rann hinab.
Bürger, Bruder Graurock. Ad wenn er mit dem Blütendufte hätte
über die Blumen hinüberrinnen Eönnen! % Paul, Hefperus 9.
Die Thränen, die ihnen nachrinnen. Daſ. W. Bon dem (Schloß)
der Silberregen bed Mondes niederrann, Daſ. 28. (Er) hub feine
Hand an überrinnende Auge, um Fein Zeichen feiner Schmerzen
zu geben. J. Paul, Siehenfä 2. Und rings ift alles vom Feuer
umronnen. Göthe, Kauft 2, 178. So wird dein Herz zerfließen
und in fanften warmen Flammen in. der Bruft umberrinnen.
3 Paul, Hefperus 46. Die Zeit verrinnt Schiller, Maria
Stuart 1, 6. Die Wolfen waren verronnen und verzogen. 9.
Paul. Doch Winde verwehen, doch Waffer verrinnt. Bürger,
benardo und Blandine. Die wegrinnenden Felder, J. Paul,
Heiperus 38. Wie Silder im Schmelzofen rinnen wir mit glühen-
dem Licht zuſammen. %. Paul, Titan 47. (Er) wollte mit ver
hin und hergeführten eifernen Ruthe die Immer wieber zufammen -
tinnende Welle der Zeit auseinander theilen. Daſ. 51. Den
on Theil (diefes Bodens) bildet das Waffer, vielleicht einft vor
brtaufenden durch eleftrifches Feuer aus Tuftförmigen Stoffen z u⸗
—— —— Humboldt, Ideen zu einer Yhyſtognomik der
Gewaͤchſe.
Die mit entrinnen ſiunverwandten Ausdrůcke fiehe bei entkommen
& 32. 2
‚Rime, zuweilen auch Renne, (ah. rinna, mhd. rinne) 1
ee lange ſchmale Vertiefung, fo fern im derſelben eine Flüſſi ‚ch
tinnet oder Durch dieſelbe abgeführt wird; 2) eine ähnliche Ber.
tiefung, 3. B. auf dem Bogenlauf; 3) (Jägerſprache) ein leicht auf:
geſteltes Garn, in welches man eine Tanbe thut, um Raubpögel
germittelft berfelben zu fangen. Davon Gerinne und das Rinn-
ſal gewöhnlicher Rinnfel (ahd. rennisal, ınhd. rensel, bei Stie-
ler Rendel und. Runfel) Lad, welches die Milch gerinnen macht,
192
darum wäre beffer Rennfal*); ver Rinnfel, auch (oberdentſch) Der
Rung, die Rünſe, die Runfe, die Ronne, dieRunne GBolls⸗
— — Rinne. — Brauſend ſtürzt der Gießbach herab durch Die
inne des Felſen. Schiller, Spaziergang. Wie ich zum Dachfenſter
hinausſtieg und die Rinne holen wollte. Göthe, Götz von Berlichin⸗
gen 3. Unſer Weg ging nunmehr an den Rinnen hinauf, in wel⸗
chen das Alaunmwalfer heruntergeleitet wird. Göthe, Leben 10.B. Auf
des Bogens Rinne legt den Pfeil er. Platen, Abbaffiden 4. Nach fo
viel Dual und Leiden wollte die fünftlihe Thränenrinne ſich nicht
bilden. Goͤthe, Leben 10. B. Denn fieh! wir haben ven Rinnfel
bald fertig. Brommer. Den Durft mir fiillend mit. ver Gletſcher
Mich, die in ven Runſen fohäumend nieverquilit, Schiller, Tell
2,2% Waſſerbette, wafferrunfen. Hugen, Rethorica, Tübingen
1538. BI. 169 b. Die (Wafferleitungen) glashelleg Gerinne ber
Berg’ in die wimmelnden Stäbte führen. Cludius.
Anm. Mit Rinne und Gerinne ik Gnffe einigermaßen ſinnverwandt:
bort denkt man mehr an das Minnen des Waflers, hier an das Hineingleßen des
Waſſers in die Rinne An manchen Orten if allgemein Goſſe gebräuchlidy.
Rinnängig, —baum, —eifen, —holz, —Teifte (in der Säu⸗
lenordnung), —ftein; Rinnenblatt, — blume (hydrophylium), —för-
mig, —garn, —knecht (in den Brauhäuſern), —mujchel (solen L.),
— (albatros, diomedea L.), —zirkelz Dach , Regen—,
Blei —, Feldrinne u. a — Entrinndbar fommt nidt vor, wol
aber unentrinnbar: die Thür. Fracht, flürzt, unentrinnbar.
Schiller, Räuber 5, 1. Mit unentrinnbarem Berberben zu
umfchlingen. Schiller, Aeneis 4, 102. — Bon dem oberd. Rune
th. runs = Lauf) fommt blutrünftig (ahd. plotruns = Blut⸗
uf, runsig, runstig — fließend, hei Stieler runftig, Blutrunft),
fo daß das Blut rinnt.
Mennen (goth. rannjan — aufgehen machen, ahd. rennjan,
rennan, mhd. rennen — laufen, rinnen, fließen machen, und ins
tranfitiv Taufen, altn. rennja = ſchnell laufen maden; ahd. rinnan
= rinnen und ſchnell reiten; ahd. und agf. rennan überhaupt —
mit Heftigfeit laufen) 1) mit Heftigfeit, mit Anftrengung laufen, nur
von Tebenden Wefen gefagt; 2) mit heftigem Anlauf, Anſatz oder
Anfturz ftoßen. — Alles rennet, rettet, flüchtet. Schiller, Glode.
Und wie die Zeit von bannen rennt. Schiller, Wallenſteins Lager 8.
Laufen (f. ©.) bebentet überhaupt ſich gefchwind fortbeiwegen. — So
rennt nnd Täuft nun ein jeder, um ben traurigen Zug ber armen Vertrieb⸗
nen zu fehen. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 5.
Anm. Das PBarticiplum wird mit andern Wörtern zufammengefebt: Leich t⸗
rennende Gaule. Voß, Ilias 4, 500.
®) Für geronnene Mil fagt Goͤthe Schliypermilcd (fo audi Stieler): Wie
ich den Rahm abgehoben habe, find’ Ich die Schlippermilch. Bürgergeneral. ©.
193
Ab —, au— auf— (in Berhindung mit davon), aus --, be—,
baber—, dahin —, davon— , durch —, ein—, einher—, ent—,
entgegen ¶ er—, fort— , ber— , berab— , beran— , berauf—,
heraus, herbei —, berein—, herüber—, herum —, herunter —,
r— , bin—, hinab—, binan—, binauf— , binaus— , bin-
darch , binein— , hinüber—, hinunfer-—, binweg—, hinzu—,
los mit —, nach —, nieder—, über—., um—, unter—, ‚Ber—,
weit—, wiber—, zer —, zu+, zurück — zuvor—, zufammenten-
nen bedürfen feiner weitern Erklaͤrung, find jedoch nicht alle gleich
im Gebrauch. — Habt ihr ein Paar Zinken abgerennt? Goöthe,
GH 9. B. 3. Weil in dem Augenblid des Abrennens die
Geſchicklichkeit des loslaſſenden, fo wie zufällige Umftände, zum Vors
tbeile des einen oder des andern Pferdes entſcheiden können. Göthe,
rom, Carneval. Man fchnaubt, man rennt fih an. Wieland,
Oberen 1, 44. Da er über bie Brad’ anrennete. Voß, Luiſe
2, 250. Ob mich gleih viel Zrübfal angerennet. Dpitz.
Der legte Mahner kömmt mid trotzig angerennt Weichmann,
Porfie ver Niederfachfen 1, 241. Es wurde vorgeftellt vie keuſche
Feſtung der Schönheit, wie ſie vom DBerlangen berennt wird.
Schiller, Maria Stuart 2, 1. Wie wenn der Kälber Schaar
... allgumal aufpüpfenn daherrennt. Voß, Odyſſee 10,.410,
(&) rennt mit ihm davon wie toll. Uhland, Unſtern. Was
aiht zu Pferde gefchehen Fonnte, wurde zu Fuß durchraunt.
Göthe, Waplverwandtichaften 2, 4. Rudolph von Paln durd-
rennt ihn mit dem Speer. Schiller, Tell 5, 1. Er hätt’ in fei-
ner Wuth mih durch und durch gerannt. Wieland, Oberen
1, 43. Mit diefem Dolhe Fommen Sie auf mich eingerannt.
Leffing, Anti-Goeze 11. Wie bevedt dein Roß ınit Wunden, dag
fo muthig eingerannt! Uhland, St. George Nitter, Hektor,
du rennft nun alfo einher. Bob, Ilias 17, 75. Allein auch
anf diefem Wege rannte er nur neuen Ununehmlichfeiten ent =
gegen. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 15. Der Abbe war fort-
erannt, Göthe, Meiſters Lehrjahre 8, 10. Und brennt dag
Haus, da packt man auf und rennt heraus. Göthe, Pandora.
Es rannten die tollen Verwandten herbei. Göthe, der Müllerin
Reue. Der Gehülfe rennt in diefem Augenblid herein. Göthe,
Meiſters Wanderjahre 3, 13. Daraus rennt mit wilden Sprunge
ein Zieger hervor. Schiller, der Handſchuh. Sein nicht ſo hart
und rennt aus Eigenfinn, trog eined Freundes Nath, in euer Un—
glüd Hin! Wieland, Oberon 2, 15. Der zu Pferde einen Berg
ſteilrecht hinanrennt. Shafipeare, König Heinrich IV. 1. Thl. 2,4,
Renn’ auf Kirke hinan. Voß, Odyſſee 10, 295. Da rannten
ale voll Haft nah der Schanze hinaus. VPyrker, Tuniſias 10,
13
194
Leichter if, e8 (das Schwert} vorzubalten, als hineinzurenhen if.
ig — Oedipus 2. (Sie) will hinwegrennen. Schiller,
Raͤuber 2, 2. Sogleich vor allen Odyſſens rannte hinzu. Voß,
Odyſſee 19, 447. Endlich füllt das Sell, und die Pferde rennen
108. Göthe, röm. Carneval. Wenn wir zufammen oft dem Wilde
nad duch Berg’ und Thäler rannten. Göthe, Iphigenie 2, 1.
Den rannt’ id fammt dem Pferde nieder. Göthe, Götz v. B. 1.
Wenn ihr nicht geſchwind un fo werde ih Wie Thüre nieders
rennen. Göthe, Benvenuto edini 2,5 Die zügellofe (Freiheit),
welche Zeit und Schranfen überrennt. Werthes. Dem optiſchen
Magen, mit welchem der Teufel den im Angſtkreiſe befeftigten Dias -
gifter zu überrennen drohte, Fam endlich ein wahrer nachgefah⸗
ren, worin der fünftige Landfchaftdirefter fa. J. Paul, Titan 14
Der Nürrenberger, deffen Wiß umrennte, wie fein Tand. Gleim.
Es wäre Noth, Augen Binten und vorn zu haben, um nicht ewig
umgerannt und gefloßen zu werben. Hailbronner, Befchreibumg
von Kairo. Ich weiß, wie jeder Lift die Wege verrennt find,
Göthe, Egmont 5. AM’ aus der Thüre rannten fie vor. Voß,
Slias 18, 29. Und voran der quäfende (Hafe) rennet, Voß,
Has 10, 362%. Da rannte der weiße Hirſch vorbei. Uh—
fand, der weiße Hirſch. Obgleich ein folhes VBorüberrennen
wenig Genuß und Belehrung gewährt. Göthe, ital. Reife Cento
17. Detober 1786. Doch gänzlich fill und flumm rennt es mir
vorüber. Göthe, der neue Copernieus, Ich venne zu und bin
- ein rechter Mann. Göthe, Fauſt 2, 91. Doch wenn er mit fchnelleren
Füßen zuvorrennt. Voß, Ilias 10, 346, Das wunderſeltſame
a nah Glückſeligkeit. Schiller, Räuber 3, 2. Do
gibt e8 eine Art Geiſt, die weit Tieber Verſteckens fpielt, al wett>
rennt. Benzel-Sternau. Da fie mit ihren Freiern wetterannte.
Bürger, Europa.
Anm. 1. Stieler hat verrennen auch in der Bebentung von löthen
(mh. loeten, von löt = ſchmelzbares Metall, beſonders Blei; dann Stud Ber
tall von befiimmtem Gewicht, Loth). Schmeller führt verreunen an =
eine Zuge, ein Loch mit Pech, Wachs, Blei ıc.
Anm. 2. Da der Umlaut des a, v, u durch ein nachfolgendes e (früßer i)
der Bildung oder Biegung bewirft wird, in gewiffen Fällen mit Wegfall des e (i)
Rückumlaut d. h. der urfprüngliche Bocal wieder eintritt; fo muß rennen. (mil
nmgelautetem e aus goth. rannjan) im Bräter. und Partie. haben vennete, ge-
vennet, ober rannte, gerannt. Hierbei darf an Feine —
Conjugation gedacht werben. Daſſelbe gilt bei brennen, kennen, nennen,
fenden ꝛc., doch ift nicht bei allen Rüdumlaut eingetreten: nit trannte,
ſchwandte.
Renner (mhd. renner — Laufburſche, Knappe) 1) eine Per
fon welche rennt; 2) gewöhnfich ein fehnelllaufendes Pferd; 3) Cin
den Eifenbergwerfen) der das Eifen rinnen over fließen macht. —
Es ſchnauben die muth’gen Renner. Uhland, Trinklied. Weh⸗
195
meier wollte nun, fo gut wie fen Nebenrenner, fih mit ganz
neuen Lehren des Zöglings bemeiftern. J. Paul, Titan 17.
Slegper (von kleppen — flappern, aus ahd. chlaphön, chlaphan, altn.
klappa — Mappen, Flappern und Haffen abgeleitet) beveutet zunächſt ben
Bafgänger, d. I. ein hurtiges Pferd, das gleichmäßig im Wechfel ber liuken
and der rechten Füße (im Paßgang, Dreifhlag) wiegend und dabei wie in
fanftem Trotte fchnell geht; dann, wie im neuen Sprachgebraud allein übs
lich, Laufpferd, vornehmlich geringer Geftalt, gemeineres Laufpferd. Zelter
(ah. zältari, zöltir, zelter, mhb. zeltsere, zelter, zeltensere, zöltenpfzerit, .
mittelnieberb. tölden pert, älternhb. zältner, von mhb. zölten, zöltnen =
im Paſſe oder im Schritte gehen *) bedeutet Paßgänger, wie er bei Klepper
erflärt if. — Zween Klepper aus der Barbarei, die ſelbſt den Rubilan im
Lauf erreichet hätten, gerieihen einft in Streit; ein jeder wollte wetten, baß
er der ſchnellſte Renner fei. Pfeffel. Aber vier gefchmüdte Knaben führs
ten einen weißen Zelter. Blafen, die Abbaſſiden 2.
Gerenne d. i. geringes Reitergefecht |. S. 56. — Der Renn
nicht mehr im Gebrauch. Fiſchart fagt noch: in vollen renn,
(etwas) im renn auffheben. Gargantua S. 350,
ahn, —berg, —eifen (beide im Bergbau), —feuer,
—herd (beide im Hüttenweien), — hirſch, —hol; (Sparrenholz),
—jagen, —fäferr, — pferd, —ſau, —füule, —ſchiff, —ſchlitten,
—fpiel, —Ipindel, —flein, —thierbreme (tabanus tarandi L.),
-thierflechte (lichen rangiferinus L.), —thierhornißg, —thierfalb,
—thierleder, —thierzudt, — wagen, —werf (im Hüttenwefen) u. a.
— Fern in der Speere Gewühl und auf bie ftäubende Rennbahn
ruft ihn der Iodende Ruhm. Schiller, die Gefchledhter. Das pfeil:
ſchnelle Rennthier fah den Strauß. Leffing, der Strauß. Die
ihr dürres Rennthiermoog in Händen hatte. % Paul, Titan
1% Mit einem Schild aus fieben Rennthierhäuten. Alringer,
Doolin 8, 14. Sei er ein Denkmal etwa des Tängft geftorbenen
Mannes, oder ein Rennziel auch. Voß, Ilias 23, 331,
Unm. 1. Die bei Stieler noch vorkommenden Adjective vennig, rennbar,
rennhaft find jept veraltet.
Anm. 2. Gehört auch Rand (ahd, mhd. rant, agf. rand, altn. rönd) hier:
* Gleichſam das Heraufgetauchte? Oder iſt Wurzelverwandtſchaft in Rand,
inde (ahd. hrinta, rinta, mhb. rinde, agf. hrind, rind) und gıwos —= Haut
aumuchmen? Yür jenes möchte Grimm, für dieſes W. Wadernagel fich ent-
®) Der Rame fcheint celtiberifchen Urfprungs (bastifh zaldia — Pferd).
Thieldones uannten die Römer die ſchnellen afturifchen Pferde: In een
pania callaica gens est et asturica: equini generis (bi sunt quos thieldones
Vocamus, minori forma apbe a0: asturcones) gignunt, quibus non vulgaris
in carsu gradus, sed mollis alterno crurum explicatu glomeratio, unde
oquis tolutim (d.i. das bie Beine im Paßgaug hebt, tollit) carpere incursus
traditur arte. Pl N. VII. 42, 62. ergleiche noch Martial. Epigr.
XIV, 199. Senec. Epist. 87.
J
13*
196
ſcheiden. Grimm vermuthet Iufammenhang zwifehen ahd. hrinan — rühren, bes
rühren, tünen machen (agf. hrinan, altn. hrina — tönen, rufen) Rinde und
Rein (gewöhnlich Rain, mhb. rein, Alternhb. ſchon rain). ° |
Anm. 3. Der ſüddeutſchen Volksſprache gehört venneln — Huber, Gerfle,
Erkfen :c., d. 1. ihre Fruchtförner auf der Piühle un: fpalten oder doch
enthilfen. (Abd. rinnila, mhd. rennel = Mühlbeutel.) Anderwärts fommt rem:
meln, rollen, rellen, rödeln in dieſem Sinne vor. Im 17. Jahrhundert
findet fih trendeln und trenlen. Renneln ließe fi als fackitiv aus rins
nen erflären, wie rödeln (reveln) aus mhb. reden — burchbeuteln; vergleiche
mh. ritern, ahd. hritarön — reitern, durch die Reiter ſchütteln.
Anm. 4. Für Striemen auf der Haut, von Schlägen ıc. verurfacht, fagt
die Volksſprache Rone und Rune. Sit, nach dem Begiff der Aehnlichkeit, an rin:
nen, Rinn zu denten?
Spinnen,
(Wurzel span, spin.)
Spinne, fpinn, gefponnen, fpinnen (ahd. spinnu, span,
spunnumäs, Spunnan@r, spinnan; mhd. spinne, span, Spunnen,
gcspunnen, spinnen; goth. agſ. spinnan, altn. spinna; vergleiche
gr. oglyyan — zufammenziehen, binden). Der Örundbegriff fcheint
ziehen, dehnen zu fein. 1) einen weichen und faferigen Körper
zu einem langen Faden ziehen und zufammendrehen: Flachs, Wolle;
2) (figürlich) nah und nad, in ununterbrocdhener Folge entftehen
machen, bewirken, nad) Art eines Fadens fortführen; 3) (Bolfe-
fpradhe) ſchnurren nah Art der Spinnräder, von den Kagen gefagt.
— Bir Schweftern faßen, die Wolle fpinnend. Schiller, Tell
1,2. Als ih Ri und ruhig fpann. Göthe, Die Spinnerin. Daß
alle Liſt und alles heimliche Gewebe ficy allein in meinem Kopfe
fpinnt und webt! Göthe, Taffo 4,3. Es fpinnt fih etwas gegen
die Vögte. Schiller, Tell 3,1. Was die dunkle Naht gefponnen
fol frei und fröhlih an das Licht der Sonnen. Daf. 2,2. Spinat
er Verrath. Schiller, Wallenfteindg Tod 2, 5. Ein Liebesnetz hab' ich
um dich gefponnen. Daf. 3, 18. Konnten wir nicht in frohem
Genuß harmlos pergnügliche Tage fpinnen? Schiller, Braut von
Meffina. Meine alte blinde Rage, die fpinnt auf meinem Schoß.
Uhland, Mährchen. Ä
Anm. 1. Die Volksſprache Hut noch meiſt das frühere Participium ges
fpunnen.
Anm. 2. Das Partieipium wird auch mit andern Wörtern zufammengefept:
Menn ein Weib lohnfpinnend und reblih abwägt Woll’ und Gewicht. .Boß,
Ilias 12, 433. (Die) unheilfpinnend diefe ganze Infel aus ihrem Kerfer zn
erobern hofft. Schiller, Marla Stuart 1, 1. Saht ihr den Morgan und den
tänfefpinnenven viſchof von Roße? Daſ. 2, 4. Reinſpinnende Gedanken.
KORG Gargantua ©.87. Leinwand hHansgefponnenes Garne. Voß, Luiſe,
!
!
497
Anfpinnen 1) anfangen an etwas zu ſpinnen: einen Moden;
3) durd Spinnen mit etwas verbinden: einen Faden, die Spinne
fpinut ihr Gewebe an die Mauer an; 3) (jfigürlich) planmäßig
machen, daß etwas Böfes geſchieht, mit dem Nebenbegrüf des Keinen
md Heimlichen. — Wenn fih nur da nichts (fein Liebesverhältniß)
anfpinnt Leffing, Minma von Barnhelm 8, 1. Die Kaufleute
meinten, ob fie vielleicht burdy den Bergmann ein vortheilhaften Vers
fer mit Böhmen anfpinnen möchten. Novalis, Heinrich von
Dfterdingen 1, 5. Wie als einft der Eleier und. Pplier Fehde ſich
anfpann. Voß, Ilias 11, 670. (Der) durch wirklichen Witz urs
kräftig erlegt den zwiftanfpinnenden Wigbold. Platen, rom.“
Dedipus 1
“
Anrichten (von richten, goth. raihtjan, ahb. rihtan, mhb. rihten, altf.
rihtjan, agf. rihtan, rebtan, lat. regere urfprünglih —= das Wohin eines
Dinges beftimmen, dann bie rechte Stellung, Richtung geben) bezeichnet über
haupt machen, daß etwas Böfes entfleht, wird jedoch zumeilen auch von et
was Gutem gefagt. Anftiften (von fliften, ahd. stiftan, mhb. stiflen =
feftellen, in der Form gleich Tat. stipes — fefler Pfahl, stipare = ans
Ropfen) beſtehen machen, veranlaffen, im böfen Sinn, und zwar abſichtlich,
durch Anreizung Anderer. Anzetteln (Zettel, Anzettel beim Wehen mas
den, von ahd. zetjan — auseinander breiten, 3. B. in der Volksſprache das
gemähete Gras zetten, zetteln, mhd..zeten, davon anzeten — anfangen zu
weben) machen, daß etwas Böfes entiteht, mit Hindeutung auf das aus vies
Im Fleinen Thellen Zufammengefegte. — Gr muß dieſe Heine Verwirrung mit
Fleiß angerichtet haben. Gellert. D was werve ich für Freude anrich⸗
tem! Weiße. Sein Werk iſt alles dies. Er hat es angeſtiftet!“ Wieland,
Dberon, 1, 47. Nun zettelt ihr einen Zweck an. Shakſpeare, König Hein⸗
sig IV. 1. Thl. 3, 3.
Ab —, auf—, aus—, be—, ein—, ent—, er —, fort —,
herab - , heraus —, mit —, nach —, über—, um—, unter —,
ver —, vor —, zuſammenſpinnen bedürfen feiner weitern
Erklärung. — Wird Vieles vor den Augen abgeſponnen. Göthe
Fauſt Vorfpiel. So verſchwand Die ganze Maffe (einer Wolfe) na
md nad) und ward vor meinen Augen, wie ein Roden, von einer
mfihtbaren Hand ganz eigentlih abgefponnen. Göthe, italien.
Reife 8: September. Als wenn er fein Mährchen recht weitläufig aus⸗
jufpinnen gedaͤchte. Göthe, Meifters Wanderfahre 1, 8. &s ſoll
mich wundern, was für ein Hülfsmittel ich da wieder ausfpins
nen werde. J. Paul, Siebeufäs 3, Mein Schidfal ſpann erft ven
* meines Lebens aus, und das deinige wand ihn auf. Duſch.
in ſolches, noch fo feſt beſponnenes Syſtem fällt oft in Einem
lit von Erfahrung zufammen. Knigge. Eilt aber die Raupe
| Rd kinzufpinnen, nicht lann fie mehr Blättern Geſchmack abge,
198
winnen. Obthe, ſprichwortlich. Ich fpinne eure Yäben in einen
Faden ein. Novalis, Heinrich von Ofterbingen 1, 9. Der neue
Ankömmling ... war bald dergeſtalt eingefponnen und gefeflelt.
Söthe, Leben 1% B. Und wer biefen Gedanken entfponnen,
fagt, muß das nicht ein erleuchteter politifcher Kopf fein? Schiller,
Räuber 1, 2. Das fhwärzefle Komplott entfpinnt fi) vor dei⸗
nen Augen. Schiller, Piccolomini 5, 1. Die Alten hatten während
der Zeit immer mürrifh fortgefponnen. Novalis, Heinrid von
Dfterdingen 1, 9. Was Natur bedarf, den Lebensfaden fortzu-
fpinnen. Wieland, Oberon 9, 4. Spinne die Parze mir
Hug langſam den Faden herab. Göthe, römische Elegien 15. Der
erfte Lügner, Myſtiker und Metaphufifer von Anfang hätte no
zehnfach mehr Unfinn aus dem unfchuldigen Namen herausfpins
nen fünnen. Herder. (Der Herbft) überfpinnt, thalab bergan,
das Feld mit bunter Seide, Voß, Obſtlied. Sie (die Tugend) führt
ung durch diefes Labyrinth, das ung mit täufchenden Geweben übers
pinnt Tiedge, Urania 2. Die Raup umfpinnt den goldnen
weig zum Winterhaus für ihre Brut. Göthe, der Wandrer. Abs
ſcheulich dacht’ ich die Verſchwörung mir, die unfichtbar und raſtlos
mid umfpann. Göthe, Taffo 5, 5. Dey Major umfpinnen
wir mit Lit. Schiller, Kabale und Liebe 3, 1. Diefe Ulmen, mit
Neben umfponnen, find fie nicht Kinder unfrer Sonnen ? Scil-
Ier, Braut von Meffina. Der Flachs it verfponnen. Novalis,
Heinrich von Ofterdingen 1, 9. Das Geweb, worin fih Liſt ver:
fpinnt. Leffing. Und was fie (die Seele) aus ihren fünf Kanker⸗
fpinnwarzen verfpinnt und abzwirnt. J. Paul. Aber Thiennettens
Bruftfhmerzen ... über ein ganz mit dem Leichenflor zugefpon-
nenes Leben. J. Paul. Beim Taffo iſt e8 ein Zauberer, ein Kerl,
der weder Chrift noch Mohamedaner ift, fondern ſich aus beiden Res
ligionen einen eigenen Aberglauben zufammengefponnen hat.
Leffing, Hamburg. Dramaturgie 1, 1.
Anm. Adjectiva — haben wir nicht. Fiſchart (Gargantua S.
88. 275) ſagt: ſeidenſpinnig, reinfpinnig.
Spinne (ahd. spinna, mhd. spinne), Spinner (Draht—,
Gold —, Silber —, Tabal—), Spinnerin, Spinnerei, find an
fih klar. — Es rudt fih von Schnörkel zu Schnörfel hinan, lange
beinigen Spinnen vergleichbar. Göthe, Todtentanz, Wo Spin-
ner und Weber in Unzahl durch Thäler und Schluchten einen großen
Vertrieb gefuchter Waaren ins Ausland vorbereiteten. Göthe, Mei⸗
fir Wanderjahre 3, 5. Rüſtige Spinnerinnen zogen fodann
meine Aufmerkſamkeit auf ſich. Def Er verfteht, wag zur Spin»
nerei gehört, vollflommen anzugeben. Daf.
Spinnfliege (hippobosca equina L.), gewebe, — haar, —halen,
—hanf, —haus, —pütte (im Seidenbau), —jungfer, —Topf, — lappen,
öe⸗
Aans (Blattlans), —magb, — maͤrchen, — meiſter, — milbe (aca-
rus telarius L.), — mũhle, —raupe, —recht, —rockendiſtel (cartha-
mus lanatus L), —feide, — ſtube, —warze, —weib, — werk, —wirs
bel, —wirtel, —woden u. a.; ——— —webe; Spinnen⸗
affe (Meerfage), — diſtel (centaurea benedicta L.), —fiſch (cal-
lonymus L.), —freſſer, — gewirk, —gift, — kopf (murex tribu-
hus L.), —fraut (anthericam L.), —krebs, — linie, —netz, — ſtecher
(arachneolithi L.), — todter (sphex L.); Spinnerlohn. — Arach⸗
nens Arbeit, Nadel, Spinngeräthe ward immer mit der ſtol⸗
zu Hand gepaart. Gries. (Wo fie) von der ſtrengen Zudt- und
Spinnmeifterin fogleih mit einer doppelten Aufgabe ... eins
pfangen wird. Böttiger. Und Spinnrad oder Haspel furrt. Voß,
Megro 259. Spinnroden und Nabel, die lohnen mit Zier. Voß,
die Däustiche, Sie fingt beim Rahmen und beim Spinneroden.
Hölty, an einen Freund. So daß nur das Thierleben Die rechte
und laͤngſte Spinnfchule für die Parze Lacheſis bleibe. J. Paul,
Stand das Mütterhen auf vom binfenbeflochtenen Spinnftupl.
Voß, 70. Geburtstag 69. Die Richtung der letzten Spinnweife
gewährt einen fehr mahlerifchen Contraſt. Göthe, Meifters Wans
ahre 3, 5. Diefe Spinnweben von Spitem zerreißt das
einzige Wort: du mußt ſterben! Schiller, Räuber 5, 1. Du
fannft die Fäden eines Spinngewebs flar machen. Schiller, -
Jungfrau von Orleans 5, 11. Spinnenfuß und Krötenbaug.
Böthe, Fauſt 2, 224. nn die verfehiedenen Häufer eintretend fand
ei Gelegenheit ... mi von der Spinnertechnif zu unterrichten.
öthe, Meifters Wanderjahre 3, 5.
Spindel (ahd. spinnala, .mfd, spinele, spinle, spille, agf.
spindel, spinl) 1) ein langes, rundes und oft fpigiges Ding, wo⸗
mit fih häufig noch der Begriff der Bewegung um Feine Achſe vers
bindet; 2) ein mit einer Spindel verfehenes, ein Spindeln abgebents
des, zu Spindeln dienendes Ding. — (Sie) dreht um die fehurrende
Spindel den Faden. Schiller, Glocke. Indem er (der Erdball)
RU ım feine Spindel rollt. 3. 8. Huber. Die fchönfte Wendels
teppe yon der Welt, mit offener weiter Spindel, Göthe, ital.
Reiſe 2. October 1786,
Yum, Bon dem verkürzten spille aus spinle für spinele iſt Spillmagen
(tät, spilmäc von mäc a „Verwandter) gebilvet, ein Berwandbter von meibs
Iher Seite. Der Gegenſatz iſt swörtmäc — Verwandter von männlicher Seite
— Hierher gehört auch das volksthümliche Spenel, Spennel = Stednabel
(ebd. spenula, mhd. spönel, spinele d. 1. fpindelförmiges Heft).
Spindelbaum, —birne, —buhe, —fürmig, —bolz, —Eorb,
—kraut (atractylis L,), —Tappen (bei den Uhrmachern) —pflaume,
—preile, —raupe (larva fusiformis), — ſchnece (murex), —walze,
—wirtel, —zapfen, —unge u, u — Sie hatte wohl nichts erfahren
vom firengen Spindelbann.' nhlaib, Mahrchen. Am Wege
ftund gerade ein alter Spindelmann. : Dafelb ft.
Geipinnft (mhd. gespunsty dus ineinander verflochtenen Fe
ben Beftehendes, aber nur in’ Hinficht der gefponnenen: Füden, wäh
rend Gewebe darauf hindeutet, daß die Fäden fmeinander ver
flochten und fo verbunden find. — Er handelte das Geſpinnſt em,
tbeilte frifhe Baumwolle aus. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 5.
Die. Wefpen lachen eures Gef pinnftes. Göthe, Egmont 4. Seine
Tugend fei eined Träumer Hirngefpinnft gemein. Schiller,
Don Karlos 5, 9. Laffet mich einen Augenblick wegſehen von die
fem Haßgefpinnfe. % Paul, Hefperus 8, Sn Zune
fpinnft verwidelt ung die Nacht. Göthe, Kauft 2,
Spannen (aht. spannan, mhd. spannen — nn an⸗
heften, befeſtigen nach ſtarker Eonjugation, ahd. spannu, spian, spia-
num&s, spannandr, spannan; mhd. spanne, spien, Spienen, Be
spannen, spannen; doch nbd. auch ſchon ſchw. gespannet) über:
haupt ziehen, ausdehnen, dann im Beſondern die Theile eines feder-
oder ftahlharten Körpers durch Ausdepnen oder Zufammendräden m
eine ſolche Tage bringen, daß fie vermöge ihrer Federfraft wieder in
ihre vorige Lage zurüdzufehren fuhen. — Wozu Iernten wir die
Armbruft fpannien? Schiller, Tell 1,4. (Er) lich die Ochſen, das
befte Paar, ihn aus ben Pfluge ſpan nen. Daf. Die Knaben drängen
fid) rechts und links an ihn und fehen mit A Neugier
an ihm hinauf. Dal. 3, 1. Zwar bin id feit no "Zeit ein
wenig über'n Fuß mit ihm gefpannt. Leffing, Nathan ver Weiſe
2,2. Ad, wie ſpannt mich's auf’ dem Schienbeine! Gellert. Neu⸗
gier fpannte bie taumelnden Richter. Sonnenberg.
Anm. Das Barticiplum wird auch mit andern Wörtern snfammengefegt,
DB. Dier gleichgefpannete Hengſte. Voß, Odpfſee 13, 81. enge
N annt dann ließ er den muthigen Pedaſos wandeln. Voß, Stias 1 16, 153...
Ab—, an—, auf, aus—, be—, bei—, durh—, ER
ent—, et—, nah, über—, um, unter — ; ver—, vor-—, dor
an—, voraus —, zer—, zurüd—, zufammenfpannen bedürfen
. feiner weitern Grflärung — —* Armbruft hängt nod dort. unah-
gefpannt. Uhland, Schilveis. Der uns fchon fo viel Unheil aus
gethan, der vieler Starfen Nerven ab efpannt. Bürger. Sollen
wir gleich abipannen die hurtigen Roffe? Voß, Odyſſee 4, 28.
—* Muthes Feder (ift) abgeſpannt. iller, Maria Stuart
2,8 Wenn Sie 20 etwa zu einem Bubenftüd anfpannen wol
Ien. Schiller, Kabale und Liebe 5, 5. Hier fpannt, o Sterb⸗
lihe, der Seele Sehnen an. Haller, Gedanfen über Bernunft x.
(Wenn) nad) und nad alle meine Sinnen aufgefpannt werden?
Göthe, Werthers Leiden 1. 30. Auguſt. Wohlen mein Lied, ſp ann
alle deine Segel bis an ben Bimpel auf: Ramler. Die
.
Inte, Anfpanner aus dem Dorfe, fpannten ans nad ritten
ihrer Wege. Göthe, Meifterd Lehrjahre 3, 3. In dumpfer Stide
liegt mit ausgefpannten Flügeln leisathmend die Erwartung
rings umher. Wieland, Dberon 5, 59. Du haft mit göttlichen
Erbarmen am Kreuz die Arme ausgefpannt. Uhland,
der Ronnen. Ein Wagen, wie. Gold, mit feurigen Roſſen bes
ſpannt. Voß, Luife 2, 614. Auf roffebefpannten Bar
gen. Voß, Ilias 4, 366. Inwendig mit häufigen Riemen wölbt'
er (der Helm) fi, ſtraff durchſpannt. Voß, Ilias 10, 26%
Wie den jungen hitigen Ochſen, welche fi Teicht verrüden, wenn
man fie zu jung einfpannt. Rabener, wen Gott ein Amt gibt ꝛc.
Ro ich denn gleich einfpannen und foutfahren lieh. — Mei⸗
ſters Vanderjahre 3, 6. Ihr dort außen in der Welt die Naſen
eingefpannt! Schiller, Graf Eberhard der Gr. Noch nicht deu
Geſchirren entfpannt die flampfenden Roſſe. Voß, Ilias 23, 7.
Und fie entipannte den Bogen und hub von der Adhfel den Kös
. Bob. Endlich feuchten zwei Kinder daher, davon eines als
ugvieh an einem Schiebefarren angeftridt war, und das andere
vornen als fhiebender Fuhrmann nachgeſpannt. J. Paul, Hef
verns 9. Denn gern fähe fie bald mit bleichendem Linuen den
Anger überfpannt. Voß, Luife 2, 93. Der Weife, der nie Ge
walt überfpannt, nie Kräfte jchlafen laßt. Knigge. Daß er mit
einem gichterifchen Reißen des überfpannten Derzend an ihren
Hals auffprang. I. Paul, Titan 16. Wie im Often der farbige
Bogen des Friedens lichthell die Fennerwol® umfpannt! Voß, Aufs
iterung. Soviel die Klafter umſpannet. Voß, Odyſſee 9,
325. Da mein glüdliher Wahnfinn ven ganzen: Himmel in ihr zu
amfpannen wähnte! Schiller, Kabale und Liebe 4, 2. So find’
ih allem, was bie Seele mit Lock⸗ und: Gaakelwerk umſpannt.
Böthe, Fauft 1, 81. Ja wie weit mag biefe. Schbpfungsfefter fie
ad verfpannt und verfchraubt haben! Herder. Mutter:). Die
Kit läuft Zar zu geſchwind für meine alten Bene, (Water) Bir
annen vor! Göthe, was wir Bringen 3. Ich denfe,. man
Bähte fie nicht am einander, wenn man auch⸗Ochſen vorfpannte
peare, was ihr wollt 3, 2. Ein. Lächeln, wie das an einges
dertten zurüdgefpannten Mumienlippen. 3. Paul; Hefperus 21.
Um ven Bogen fanft zurüdzufpantten. J. Paul, Titan 16.
Spanne (ahd. spanna, mhd. spanne, altn. spanna, sponn)
das Längemaß zwifchen dem ausgefpannten Daumen und dem Mit
tes (au) Zeige» oder kleinen) Finger; ‚dann überhaupt.ein Eleines
Mad; der Spann fder vordere erhabene Theil des Fußes bei.
Nenſchen); Spanner der da fpannt; An—, Borfpanner; Bors
Ipann; Ein—, Zweifpannerz ein—, zwei—, pier—, ſechs⸗
fpännig m — Der ift, der feiner Lebenslänge hinzu nur Cine
F
EEE EEE BEER EEE
Spanne ragt! Boß, die Rufe. Herzfpann zu vertreiben und
Zahnmeh. , der Rieſenhügel 47. Sie (die Büchſe) war ein
Eoftbares Erbftüd von feinem Vater, der Piqueur und Büchſen⸗
fpanner bei einem großen Reichsfürſten geweſen. J. Paul, Sie
benfäüs 6. Die Fuhrleute, Anfpanner aus dem Dorfe, fpannten
aus und ritten ihrer Wege. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 3. Eier
ge Fuhr ift dem allen beftellt, mit flattlihem Borfpann. Voß,
uife 3. b, 441. (Der Notar) faß ab und fpannte ſich feiner eig
nen Borfpann*) por, indem er fie durd den Flaſchenzug des
Zügel wirklich hinaufwand. J. Paul. - Ein» und Mehrſpän—
ner, hunberterlei eigenes und requirirtes- Gepferde, weichend, ans
ftoßend, hinderte fi) rechts und links. Göthe, Kampagne in Frank⸗
reih 11. October. Zwei Hufaren bradten ein einfpänniges,
zweirädriges Wägelchen. Daf: 30. Augufl. Bei jedem auch ſtehn
zweifpännige Roffe. Voß, Ilias 5, 1%. Wir fahen .. viers
fpännig —— einen Herrſchaftswagen. Göthe, Meiſters Wan-
derjahre 3, 10. Sechzehn fehsfpännige Galawagen. Göthe,
Leben 5. B.
Spannung, An—, Über—; Spannader, —baum, —bogen,
—eifen, —feder, —frohne, —haber, — hammer (bei den Goldſchmie⸗
den), —beftel (im Jagdweſen), —holz (bei den Tuchwebern und
im Müplendau), —ioh, —kette, — Toben, — leder, —laute, — loch
Cbei den Müllern), —musfel, —nagel, —pflod, —rahmen, —raupe,
—reif, —riegel, —riemen, —ring, —rippe, — ſäckchen (an den
Bortenwirferftühlen), —fäge, —fpan (bei den Perüdenmacern),
—ſtock, —ftrid, —tag, —tau, — winde, — wüſte (bei den Sleifchern),
--j3ange, —zettel u. a; Spannenbreit, —hoch, —kreis, —lang,
ae — weit; Borfpaundienft, — pferd, —rechnung, — ſchein,
—pergätung, —weſen. — Wenn fie gegen die Ihrigen fi) in- ver
fertpauernden Spannung erhalten follten. Göthe, Winckelmann 1.
Er empfand Die Folter der unglüdlihen -Anfpannung mit. Göthe,
Meifters, Lehr. A, 20. in lebhaftes Fieber mit feinem Gefolge,
ben Arzneien, der Ueberſpannung und der Mattigfeit, Daf. 2,1.
Dei jolden Handlungen und Spanndienften des Glüdes muß
e8 feinem von uns Wunder nehmen. % Paul, Titan 9, Sie
ftraucheln ohne Alnterlaß in ihren Spannfeffeln. Bode. Die
Spannflechſe aller Großthaten, das Gold. Rüdiger. Die Spann⸗
kraft des Endlichen läßt nad. Schiller, Räuber 4, 6. Als die
) Diefe Stelle (Pariſer Ausgabe 3, 25, 1) führt Tetpel in beu neuen
Jahrbüchern für Philologie und Päbagogit 8. Supplementband 2. H. ©. 214 au
und bemerft mit Recht, daß das weibliche Gefchlecht dieſes Wortes felten fei. h
it span — das Anfvannen männlih, vürspan fählih. Campe entfchelbet Fich
reg für das, unter ann für der Vorſpann. Stieler Hat die
oripaunne
aufgebundene Serviette einen verworrenen Haufen [pannenlanger
Puppen fehen ließ. Götbhe, Meifters Lehrjahre 1, 3.
Geſpann (das) 1) was zufammengefpannt wird, vorzüglich
Pferde, Ochfen (zuweilen auch bloß das Spann); 2) (im Hütten-
weſen) eine Zahl von 10—18 kupfernen Schüffeln oder Schalen,
welche zugleich ausgetieft werden. — Der Gefpann 1) der Gefells
ſchafter, oder vielmehr der Zugefellte, befonders bei gemeinfchaftlicher
igfeit nach einem Zwede; 2) Cin Ungarn) der Oberfle in einem
Bezirke oder Kreis, der Graf, daher Gefpannidhaft*). — Es
fhmiegten ſich beide vor dem Wagen, und fie freute fich ihres Ges
fpranns. Göthe, Venedig. Epigr. 20. Geſchirr und Spann zog
Diomeded fort. Bürger... Die flampfenden Doppelgefpanne,
Voß, Ilias 10, 473. Kein ſchnellfüßiges Roßgeſpann. Daf.
13, 51. Sammt dem Wagengefpann Daf. 12, 114. Der
Kir Taumel faßt das ganze Poftgefpann. Schiller, Pegafus.
ſi du mir nicht die Winvesbraut des Viergeſpannes anvertraut?
Göthe,. Fauſt 2, 46. In der Lebhaftigfeit meiner Borftellung ers
zählte ich alles meinen Gefpannen, bie davon ganz entzüdt wurden.
Goͤthe, Meifters Lehrjahre 1,7. Die Zerftreuungen der Jugend, da
meine Geſpannſchaft 12 zu vermehren anfing, thaten dem eins
famen ftillen Vergnügen Eintrag. Daſelbſt.
Kamerad (zunächſt aus franz. camerade, mit viefem aus ital. came
rata, vom lat. camera, ahd. chamara, mh. kamere — Zimmer, Kammer)
eigentlich eine Geſellſchaft guter Freunde; dann der Gefellfchaftsfreund ſelbſt
(ahd. nur bei den niebern Ständen gebräuchlich); im engern Sinne Zelt, dann
Gtubengenofie. College (lat. collega) der Amts: ober Würdengenoſſe. Kum⸗
yan Imhd. und nieberb. cumpän, flatt compän, isländ. kompan, aus pros
vencal. compainh, franz. compaing, vor lat. com, cum = mit und panis
— Brot) zunähft Brotgenoſſe (welcher goth. gahläiba, ahd. kaleipo, von
goth. hläibs, ahd. hleip, Laib = Brot und Nahrung hieß) wie in der Handr
werlsſprache (3. DB. in der Bergmannsfpradhe am Herz) Kompe — Innunger
lied; dann gewöhnlich der luftige Geſellſchafter (nur in der gewöhnlichen Sprache
gebraͤuchlich). — Compagnie (companiam in der lex salica, mittellat.
compagnia, mhb. cumpänie == bie gefammten Kriegögefellen eines Ritters)
hängt mit Kumpan zufammen und beveutet urfpränglich Brotgenoffenfchaft,
dann Geſellſchaft. Davon Eompagnon (mhb. cumpanjän) Geſellſchafter,
dann Beichäftstheilkaber. — Wohl auf, Kameraden, aufs Pfad, aufs
. *#) Ohne den Begriff der gemeinfaftlichen Thätigkeit Fünnte man Geſpann
Von spanan — pus (fee Anmert.8.©. 204.) ableiten, alfo erflären ſovlel ale
Nilbruder. Deſſer denkt man an fpannen und erklärt (figürlich) wer mit
im Geſchirre zieht. Nach Albers ge die Gewerboleute unter einander
Geipan. Stieler hat Span und Geſpan mit der Ucherfegung socius, conjunc-
iss, deinde etiam aariga, rhedarius. Druder, bie an Einer Preſſe arbeiten,
nennen einander noch Geſpann.
204
Pferd! Schiller, Wallenſteins Lager 11. Auch ich buͤßte den Streit und Die -
Bänke feiner Gollegen. Böthe, Hermann und Dorothea 4, 176. Geht
nur, das iſt ein wadrer Kumpan! Schiller, Wallenſteins Lager 7. Da tref:
fen wir Iuft’ge Compagnie. Daf.5. Deine Tifchgefellen, als gute Kum⸗
pane, waren mir auch Gefellen für die übrige Zeit geworben. Goͤthe, Leben
9. B. Find’ ich einen akademiſchen Cumpan? Platen, vie verhängnißvolle
Gabel 1.
Anm. 1. Das fchmelzerifche Unfpunnen d. f. ver znerſt abgehechelte Hanf,
oder Flache, Werk (befier Werd, minder gut Werg, ahb. wörich, werch,
wörc, mb. wörc, älternhb. werck, wahrfcheinli aus ahd. Awerc, Awirchi,
Baier. Ewerf, von wirchan = wirken, alſo a I das Herausgeichaffte)
{ft ahd. Aspunna (fehlerhaft uspunna, usp.ınna) das Ausfpinnfel.
Anm, 2. Span, etwas Abgehauenes, ein dünnes Stüd (mbb. span, ngl.
spon) fcheint von fpannen (alfo urſprünglich wol Brett, gleichfam etwas Aus-
gelrann le) oder (durch Zufanmenziehung) von epahan, woher spache = Spache,
ürres Stück Holz, Holzfpan, zu kommen. Gin Span, ans ber Thüre oder ei:
nen Balfen eines verfchuldeten Haufes gehauen, galt früher ale Symbol des ˖dem
Glaͤubiger darauf zuſtehenden Rechtes; daher figürlich gerichtliche Srmächtigung zur
Bornahme einer Gantung.
Anm. 3. Gin anderes Wort {fl ahb. -spanan == fängen, dann anloden
(wie von lat. lac = Milch allicere, allectare — anloden) und eingeben (eigents
lich die Bruft zum Säugen bingeben). Hiervon kommen die mehr oder weniger
entftellten Sormen: Spänen (Volksſprache) entwöhnen, vie Muttermilch entziehen
und an andere Nahrung gewöhnen; Spanferfel (ah. spunnifarhili, mh.
spünpeverhlin) Milchferkel (von ahd. varah, mbb. vareh, Ist. porcus = Schwein;
fpänftig (in ab— und widerfpänftig), fie abwendig und eigenfins
nig); Geſpenſt (abb. kispanst — Gingebung,, nıhd. gespanst, gespenst —
Eingebung, Verlodung, Geiftererfcheinung). Der Span, d. t. auf Zerwürfniß
beruhendes thätliches felndliches Gegeneinanderſein, fiehe bei Streit. _
Sinnen.
(Wurzel san, sin; vergleiche lat. sensus, sentire, fanffr. san .—
dienen, syand —= laufen; aud) gr. olseod« — wegraffen, rauben ?)
Sinne, fann, geſonnen, finnen (ahd. sinnu, san, sunnu-
mes, sunnaner, sinnan; mhd. sinne, san, sunnen, unnen,
sinnen). Die Grundbedeutung des Wortes ift gehen, reifen; dann
ben Sinn worauf richten, trachten, fireben nad) etwas; daraus Die
abftracte Bedeutung denken, d. ti. denkend fireben, um etwas zum
Haren Bemwußtfein oder zur deutlichen Vorftelung zu bringen. —
Und mit finnendem Haupt faß der Kaifer da, ale dächt' er ver⸗
gangener Zeiten. Schiller, Graf von Habsburg. Ich fehe fie zu
genen Stunden finnend dort unter dem Druidenbaume fiten.
Hiller, Jungfrau von Orleans Prolog 2. Sinnft du auch nichts
Sefährliches? Schiller, Tell 3, 1. Nicht Zeit iſt's mehr zu brüten
und zu finnen. Schiller, Wallenfleins Tod 1, 1.
Denken (goth. (bankjan, ahd. dankjan, denkjan, demhan, mbr. den.
ken, agf. dhencan, alin. thenkja; vergl. lat. tangere — berühren) allges
mein die Berftantesthätigfelt auf“ einen Gegenſtand nachforſchend gerichtet
halten. Grübeln fiehe graben) Heißt eigentlich Grübchen machen; dann
bis in das Kleinſte tief einbringend mit dem Berflande forfchen, gewöknlich
mit dem Nebenbegriff des Unnügen oder gar Schäblidhden. — O denfet nicht
des Irtrthums meiner Jugend! Schiller, Tell 4, 2. Die Tugend leitet uns,
wo irre Träume grübeln. Tienge, Urania 2. Gr zeigt mir, daß die grüs
beinde Vernunft den Menfchen ewig in der Irre leitet. Schiller, Maria
Etnart 1, 6. Zwiſchen Handlung und Erfolg dehnt fich eine weite Kluft, die
des Menfchen gräbelud Sinnen, alle feine Wiffenfhaft, feines Geiſtes
ganze Kraft, feine brüftende Erfahrung, bie nicht älter als ein Tag, auszus
füllen nicht vermag. Grillparzer, Abnfrau 5.
Anm. 1. Das Barticipium fept fi auch mit andern Wörtern zufammen:
E lag, liffinnend, im Echeintob. Su Rudolph 7. Doch nun haben es
anders gewollt Fluchfinnende Götter. Buß, Odyſſee 1, 235. j
Anm. 2. Fifchart (16. Jahrh.) hat in ſchwacher Form: fie erfinnten ein
jeten Kunſtfertigkeit. Bargantua ©. 372.
Anfinnen (mhd. sinnen an einen) 1) benfend trachten over
freden an Jemanden, und zwar vorzugsweife von etwas Unrechtem
oder in feinplicher Abſicht; 2) eine Willensbeftimmung an Jemanden
richten, daß er das, worauf fie hingeht, verwirflihe; dann im Bes
ſondern mit dem Nebenbegriff, daß das Begehrte fich nicht gebührt
oder für ihn unftatthaft if. — Welches Ungeheure finnet Ihr mir
an? Ich foll vom Haupte meines Kindes (einen Apfel fchießen)
— Nein, nein doc, lieber Herr, das kommt Euch nit zu Sinn.
Verhũt's der gnäd’ge Gott, das könnt Ihr im Ernft von einem
Bater nicht begehren! Schiller, Tell 3, 3. Ich weiß, was bir
die Königin angefonnen;z fie hofft, daß deine ruhmbegier’ge Fus
gend willfähr’ger jein wird (die Maria zu ermorden), ald mein ftars
red Alter. Schiller, Maria Stuart 2, 7. Mebrerern wurde ein
Gleiches zu thun (mit der Kelle Kalk unter den Grundſtein zu wers
fen) angefonnen, und der Stein alfobald niedergeſenkt. Göthe,
Bahlverwandtfchaften 1, 9.
Aumuthen (mbd. muoten an einen, von muthen, ahd. muotdn, mötön,
mötjan, mhd. muoten — zu Muih bringen, eine zu etwas Bingezugene Stim⸗
mung haben, fie einem Andern äußern, um es zu befommen oder dazu anzu⸗
regen; agf. mödjan — flolz fein, zümen, von goth. möds, ahd. muot, möt,
mßb. muot, altf. muod, agf. möd, altn. mödr = Muth; nad Grimm wol
Ratt muohad, von ahd. muohan = flatf bewegen; vergl. fanffr. math — bewe⸗
gen, Hark erregen, nach Wadernagel mit gr. uados — Klugheit zu ahd. mandn
= erinnern) einen, ihn anzegen, daß feine Stimmung zu etwas hingezogen if, Daun
ein Begehren an jemanden ftellen, daß durch Ihn etwas gefchehe, wobei der an
iha fi Wendende Intereffiert if; dann Semanden gegen das Zartgefühl zu er:
206
fennen geben, daß von Ihm etwas geſchehen möge oder ſolle, was ihm unlich
ober befchwerlich,, überhaupt zu viel il. Zumuthen (mhb. muoten zuo er
nem) ein Begehren zu Jemanden flellen, mit dem Rebenbegriff, daß der Bes
gehrende mit feinem Begehren befsywerlich falle. Verlangen (f. gelingen)
innerlich -beflimmt werben auf etwas hin, fo daß ſich die Seele darnach bins
gezogen fühlt. — Sndliy darf idy von ber Guten Minnelohn und Gnade
muthen. Haug. Das Bild hatte mih angemuthet. Göthe, ital.
Meife Rom 5. Nov. Nebensarten, die man uns, aus dem gemeinen Lehen
zu nehmen anmuthet. Buß. Muthe mir nichts zu, was mir unmöglid
iſt. Wieland, Oberon 14, 36. Ich fühle mich wicht graufam genug, ibr
eine folche Veränderung zugnmuthen. Goͤthe, Wahlverwandtfchaften 1, 16.
Mich verlangte, eine. heitre Stunde im lieben Kreis der Meinen zu ver:
leben. Schiller, Wallenfleins Tod 8, 4.
[2
Befinnen fih 1) auf einen Gegenſtand finnen, ſich beftreben,
daß uns eine frühere Borftellung wieder gegenwärtig werde; 2)
überlegen, ohne daß ein Object dabei — wird: ich habe
mich hin und her beſonnen, beſinne dich nicht länger; 3) die Ent⸗
ſchließung zu etwas noch hinausſetzen, weil der bei dem Ueber⸗
legen beſchäftigte Geiſt zu keiner Enffchliegung foınmen Tann;
4) fih nad vorhergegangenem Ueberlegen entſchließen: ſich eines
Beffern befinnen; 5) zu feinen Sinnen zurüdfehren, fi feiner wies
ber bewußt werden. — Auf Tydeus Bild befinn’ ih mid nit
mehr. Bürger. Befinnen Sie fih, Freund, daß Sie in lauter
Näthfeln zu mir reden. Schiller, Piccolomini 1, 5. Eh’ fie von
dem Schlage fih in Wien befinnen und zuvor dir fommen. Schil:
ler, Wallenfteindg Tod 1, 3,
Anſtehen Cfiche ftehen) bie Entſchließung zu etwas noch hinausſetzen, info:
fern an der Sache fichen geblieben, und fo nicht: zur Gutfchliegung fortge⸗
fehritten wird, es mag nun dies aus Bleichgiltigfeit oder andern Gründen ge:
fchehen. Sich bedenken (fiche denken S.205) zeigt an, daß dabei der Geift
der Perſon, welche zur Eniſchließung nicht kommen Fann, thätig if. — Sic
erinnern (mhd. einfach sich innern ſ. inner) fi einer frühern Vorſtellung wie:
der bewußt werben, e8 mag diefelbe vergefien worben jein oder nicht, und fie mag uns
unabficgtlich wieder zum Bewußtfein fommen, ober dadurch, dag wir uns bes
mühen, fie uns wieder gegenwärtig zu machen. Cingedenk fein (mhd. in-
gedencke, eine Öegenwartsfoem von dem verälteten indenken = im Gebädts
niß bewahren, wie gelenE von lenken) im Innern woran denkend fein, ohne
daß der Begenfland vorher vergefien war und wieder ine Gedächtniß zurück
gebracht werden muß. Bntfinnen fi drüdt aus, daß bie Vorfiellung
wirklich gegenwärtig wird durch das Beftreben, fich diefelbe wieder gegenwärtig
zu machen. — Das alles war bei Cduarden fo fertig geworben, daß er feinen
Tag länger anſt ehen mochte, der Ausführung näher zu treten. Göthe, Wahl:
verwandtſchaften 2, 13. Ich erinnere mid) enter nit. Gothe, Gb von
Berlichingen 8. Doch blieben fie des Urſprungs ſtets gedenk. Schiller, Tell
207 \
2 % Wird man deiner inndend fein. Opth. Winket ben eingehenfen
Gemahlinnen, daß fle die Jungfrau fiegreich führen zum kranzraubenden She
gemach. Voß, das Brautfeſt 23. Wenn Sie fich des Hofballs entfinnen.
Schiller, Kıbale und Liebe 8, 2. Bon dem ich nie gehört zu haben mid
entfinne Schiller, Don Karlos 4, 12.
Anm. 1. Ohne fich gebrauchen Logau und Flemming befinnen in ber
Derentung feinen Scharffinn an etwas jeigen, durch das Sinnen etwas heraus:
— D Lieber, wie viel iſt's, das ıch pflag zu befinnen? Die Gefells
ſchaft forach ihm zu: Damon, was befinneft du?
Anm. 2. Buntfinnen fagt Lohenftein für von Sinnen bringen: Die Sius
zen ſind darch mich bezaubert * entſinnet. Roſen ©. 65.
Erfinnen durch Sinnen hervor⸗ oder herausbringen. — Als
fie ſaßen, begann er den weislich erſonnenen Vortrag. Bürger,
Ilias 2, 55.
Erdenken und ergrübeln ergeben fi aus denken und grübeln
©. 205, Erfinden (fiehe finden) wird gefagt, wenn das Erkannte vor
ber nicht da mar, alfo durch die Erfenntnig erfi ins Dafeln kommt. Erdich⸗
ten (von dichten, abe. tihtön, diktön, tictön, agf. dihtan, altn. dikta =
dictieren, dichtöon = dichten, bei Otfrid, mh. tichten, dichten von lat.
dictare) durch Denken etwas Unwirkliches (Ideelles) hervorbringen, in engerer
Bedeutung meiſt nur in übelm Verſtand. — D einen neuen Tod Hilf mir
erdenfen. Ediller, Don Karlos 8, 8. Erſparen Sie fi die Mühe zu
ergrüäbeln, weflen Beredſamkeit Sie diefe Wendung danfen. Daf. 2, 11.
Der Wein erfindet nichts, er ſchwatzt's nurans. Schiller, Piccolomint 4,7.
& fett, nein Freund, das bin ich nicht... Erdichtet iſt der Mund, verſchoͤ⸗
nert IR das Kinn. Gellert, Selinde. Es (das Lob) if poetiſch. Um fo
eher mag es erdich tet fein. Shalſpeare, was ihr wollt 1,5.
Nachfinnen die Berfianvesthätigfeit auf einen Gegenſtand an⸗
haltend nachforſchend gerichtet haben zu genauer Kenntniß besfelben,
durch tiefered Sinnen etwas zu erforfchen fuchen. — Als wenn fie
einem großen Streich nach ſännen. Göthe, Götz von Berlichingen 1.
Des reinen Herzens treulich mir bewußt, finn’ ich der Wirkung
feiner Fehler nad. Göthe, Eugenie 4, 2. =
Nachdenken und nachgrübeln ergehen ſich aus vem einfachen denken
uud grübeln. S.205.— Bir denfen nihtnad. Schiller, Wallenfteins Tod
5, 2. (Er) dachte dem Helle der Menfchen und dem Triumphe ber Cwig⸗
keit nach. "Klopitod, Meffias 1, 57. Ich fagt’s immer ſelbſt, und grübelte
fo über die Sache nad. Goͤthe, Egmont 1.
Ab—, aus— durch , mit—, über—, um—, umber—,
wi—, weg—, zer —, zurück—, zufammenfinnen bedürfen feiner
weitern Erklärung. — Ich kann das Ding nicht genug abfinnen.
Stieler. Welch neues Unerhörtes "hat der Vogt fih ausgefon=
nen! Schiller, Tel 1, 3 Charlotte fann alle Mittel durch.
Böthe, Wahlvermandtichaften 2, 17. Laffen Sie uns dieſen Ein«
208
, diefen Verfchlag aus dem Ste ja recht gut durchſinnen,
En a Göthe, Meifterd Wanderjahre 2, 3. Wem du
des Morgens erwacht, überfinne den Tag. Platen, Lebensregeln
47. Aber va er's lange im Stillen überfonnen hatte. J. Paul, Sie⸗
benfäs 5. Er fanı unruhig im Geiſt um. Voß, Ilias 2,3. Angſt⸗
voll fann er umher. Voß, Odyſſee MW, 97. Er bat fih vers
fonnen bes Beften von ihnen. Rückert, gefammelte Gedichte 4, 197.
Ehe dieſe fih verfannen der Wehr in ihrer Noth. Daf. 3, 486.
Welche (Mährchen) aus Tauter befannten Gegenftänden zufanmens
gefonnen waren. Göthe, Leben 14. 2.
Anm. Stieler hat noch: ge—, fort—, nebenfinnen Bir geſinnen
hiermit au euch, mandamus. Schmeller führt an: Alfo gefinnen wir an Euch
(17. Iahrh.) Sich KHinterfinnen — verrüädt werden. To er tie güte daran
(am Schwert) verſon (gewahr wurde).
Sinn (ahd. mhd. sin, altn. sinna, sinni; alte. sinn — Zeit-
punct) 1) die Richtung, das Streben; 2) Bewußtſein; 3) Denfart;
4) Organ der Wahrnehmung; 5) die auf das Gemeine gerichtete
Seite des geiftigen Lebens; 6) Bedeutung eined Wortes, Spruches.
— Das Tempo macht ihn (den Soldaten), der Sinn und Schid,
der Begriff, die Bedeutung, der feine Blid. Schiller, Wallen⸗
fleins Lager 6. An viefen kleinen Auffägen, welde fämmtlid in
Einem Sinne verfaßt, ein wahrhaft Ganzes ausmachen. Göthe,
Leben 13. B. Wer frifh umher fpäht mit gefunden Sinnen
Schiller, Tel 3, 1. Der Sinn iſt vollkommen übertragen, aber
ber Geiſt ift verflogen. Leſſing, Hamburg. Dramaturgie 1, 2%.
Bedeutung (ahd. gadiuti, mhd. gediute, von deuten, ahd. diutjam,
mhd. diuten, altn. thyda, nrfprünglich volfaverländlih maden, von goth.
thiuda, agf. dheod, ahd. diot, döot, mhb. djet = Bolf, womit viele Zu⸗
fammenfeßungen: Dietrich, Dietfirchen) Werth, Art des Verſtändniſſes einer
Sache. Bezeihnung (von Zeichen, goth. täikes, ahd. zeihhan, seichan,
mb. zeichen, altf. t£kan, agf. täcen, altn. takn, teikn; zeichuen, gofb.
täiknjan, ahd. zeichanjan, zeihhanjan, zeihhanön, mhb. zeichen, agf.
ta(s)knjan, altn. teikna; daher Zeichenlehrer, nicht Zeichnenlehrer; vergl. lat.
digitus — Finger) Kenntlichmahung einer Sade durch Zeichen. Berftand
(fiche ©. 26) die Angebung des Sinnes von Zeichen in ihrem Zufammenhang.
Anm. 1. Die Reventarten: Zum Sinn bringen — zu Stande briugeg, auf
gehörige Weije thun; zu Sinn gen = nach Wunſch, von Stutien geben; ——
— sententia: Maiſter von hohen finnen — magister sententiarum, gehögem
der älteren Sprache an.
Aum. 2. Der ſchwache Blaral von Sinn — ven uhd. Schriſd
z. B.
Weller oft brauchen, findet ſich ſchon im 13. Jahrhundert und solt vil guoße
sinnen vil vast an dich gewinnen. W. Wadernageld altv. Leſeb. 653, 4
Dpie (t 1639) Hut oft die Sinnen, fo auch Fr. Spee (t 1635) und P. Ger
hardt (+ 1676) Stieler in feinem Wörterbuch (1691) gibt im Plur. nur vie Sins
nen (nicht die Sinne) an. Beifpiele neuerer Dichter And: Welche Wonne Hliept
in dieſen Blick auf einmal mir durch alle meine Siunen. Göthe, Fauf 1, 32.
/
nenen Gefühlen all' meine Sinnen fi erwühlen. Daſ. 1,33. Das braune
übel daS erinhr, vergingen ihr die Sinnen. Göthe, der untreue Kuabe. Ein
belder Zauber fpielt um deine Sinnen. Schiller, Huldigung der Künjte. Doc
baſd Härft’wieder feine Sinnen des Glaubens Muth. Hieland, Dberon 4, 33,
Jeder Augenblid entfaltet neue Einnen. Daf. 6, 22. Unwillig fühlt die übers
sichten Sinnen der alte Mann in dieſer Glut zerrinnen. Daſ. 13, 58. Leicht
genhgen ſich die Sinnen. Bürger, Huldigungslied. Froh und wach find a)
Cianen. Bürger, das neue Leben. Hier jchwanden ibn die Sinnen. Bürg
a Was je mir fpielt! um Sinnen und Gemüthe. Uhland, d
Einnig (ahd. sinnie, mhd. sinncc) geiftig oder mit Empfin-
dung wahrnehmend und wahrzunehmen, daun getftig anjprechend mit
Zurtheit. — Eilig firedte gewandt der finnige Jüngling den Arm
aus. Göthe, Hermanı und Dorotben 8, 91. Und mit ſinnig fur .
zem Worte wiffe jeder, was er bat. Göthe, Fauſt 2, 25. haut
doc, wie finnig fie geht. Voß, die Kirichenpflücerin.
Sinnreich (mhd. sinnerich) viel freie Eelbitthätigfeit und Fertigfeit des
Geiſtes kundgebend. Sinnvoll = tiefe freie Selbſtthätigkeit des Geiſtes in
grapeme Umfange kundgebend. Witzig (add. wizic, wizzic, nıhd. wizec,
witzec, altj. witig, wittig, agf. gevittig) freies geiftiges Bewußtiein babend
und ansübend, gewöhnlich aber gefchwinde, in unerwarteten Aehnlichfeiten
eränderifche Geiſtesthätigkeit kundgebend. — Ein lügenhaft Gewebe knüpf' ein
Fremder dem Fremden, jinnreich und der Liſt gewohnt, zur alle vor die
Füße! Göthe, Inbigenie 3,1. Dennoch find im Erwerb’ auch wenige finns
teih. Voß, Luiſe 2, 211. Sehn wir doch das Große aller Zeiten auf den
Dretern, die die Welt bedeuten, ſinnvoll, stil an uns vorüber gehn. Schil⸗
ler, An die Freunde. Denn witzig ficht mir der alte Fuchs aus. Göthe,
Lila 1.
Unſinnig, —igfeit (ahd. unsinnic, mhd. unsinnec) in einem
Zuſtand der Betäubung, in welchem die Sinne aller Macht beuommen
Bd; höchſt widervernünftig handelnd, wüthend; finnlos (mhd. sin-
nelös) des Gebrauchs jeiner Sinne, insbefondere und vornehmlich der
fteien, Bar bewußten Selbftthätigfeit des Geiftes beraubt, man mag
au dadurch. in einem gänzlich unthätigen Zuftande gehalten fein, oder
m ſolchem Zuſtande widervernünftig handeln; wahnfiunig (von
Behnjinn) völlig des DVerftandes beraubt, völlig zerrütteten Ver—
4, und Daher ohne Rückſicht auf die Wirklichkeit ganz jeiner Ein-
Br gemäß handelnd. — Unfinnig wars leichtfinnig zu verfpre=
dem, Göthe, Fauſt 2, 71. Unjinnige, bezähme deine Freude!
Schlber, Jungfrau von Orleans 5, 10. Auch nicht in Gefahren mag
ich ſinnlos Ungeſtüme. Göthe, Zunft 2, 221. Wer ift im näm-
lchen Moment zugleich gefaßt und wüthend, finnlos und bejonnen ?
Schiller, Macheth-2, 10, Sollt’ ich der Freud’ abflerben, weil der
Fu des Schickfals meine lebensfrohe Jugend zu dem wahnjinn-
gen Gatten bat geſellt? Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 2,
14
210
Irre (geth. airzis, ahd. irri, mbd. irre, agf. irre, yrre) zunählt Gin
und ber ſchweifend, namentlich ohne Abfiht und Kenutniß des Weges; dann
das Unrechte für dad Rechte nebmend; endlich in Gedauken und Vorftellungen
ohne Zufammenbang und Webereiuftimmung unter einander und mit der Wirk⸗
lichkeit. Berrädt (von rüden, abd. rukjan, mbd. rücken; vgl. geth.
& urrusks = audgefchlofien) außer der Ordnung des Berflandes und der Bor-
ftellungen, indem der Menich von den VBorbildungen feiner Einbildungstraft
befangen und, dadurch zum richtigen Denken über den Gegenftand oder über⸗
- haupt unfähig, mit der Wirklichkeit im Widerſpruche ſteht. Wahnwitzig
(ahd. unaneuniz, mhd. wanwiz, altn. vanvitr) des Berftaudes beraubt umd
zerrüttet an demfelben, infofern der Menfch das, was er, reaellos und ver:
worren im Geiſte, denkt oder fich vorftelt, mit Lebhaftigkeit au die Stelle
des wirflichen Gegenſtandes ſetzt. — Erſt gewahrten wir vergnüglich wilden
Weſens irren auf. Göthe, Fauſt 2,267. Eure Weisbeit macht den irren
Geift noch irrer. Leifing. Wen er angeftedt bat, der wird augenblicklich
verrädt. Shakſpeare, Viel Lärmen um nihts 1, 1. Bin ih wahn⸗
wipig? Leffing, Emilie Galotti 4, 8,
Blödfinn, —ig, —igfeit (von blöde, ahd. plödi, mhd. hloede
— ſchwach, hinfällig, agf. bleade = rei, altn. blaudhr — weidy-
lich, blödhi = furdtfam, ſchwed. blöt, blöd — weich, ſchlaff, von
oth. blauthjan — abſchaffen, auslöfchen) verftandesfhwach in Hin-
ht der Auffaſſungskraft. — Ein junger Mann von vielen Fähigfei-
ten, der aber durch Anftrengung und Dünkel blödfinnig geworden
war. Göthe, Xeben 4. B.
Albern (noch im 18. Jahrh. oft alber, ahd. alawäri, agf. Salwzerlic =
gutmüthig, mhd. alewsere, alwaere — verflandesihwadh, unverfeinert, einfach)
verftandesihwach in Hinficht der Beurtbeilungstraft. Dumm (goth. dumbe,
ahd. mhd. tump = nhd. dumm und dumpf, von dem Mangel an den Sinnen⸗ und
Sprachwerfzeugen gebrandıt, dann auf den Mangel an Kraft und Schärfe Aber:
tragen) bezeichnet den merflihen Mangel an Urtheilskraft oder Scharfinn, und
fomit an Einficht oder, mit dumpf, an Verſtandeshelle. Einfältig (gotb.
äinfakhs, agi. anfeald, ahd. einf(v)akt, mhd. einvalt) eigentlih was eine
(feine) alte bat, alfo nicht ans Vielem beiteht; auf den Geiſt übertragen:
verſtandesſchwach in Hinficht der Umfaſſungskraft. — In meinen Augen iR er
der albernfte Menſch von der Welt, der in allgemeinen Ausrufungen Bers
nunft und Weisheit bis in den Himmel erhebt, und nicht den geringiten Bun:
fen davon befigt. LXeffing, Hamb. Dramaturgie 1, 8. Eine ſtumme Schöne,
fagt man, fit nicht nothwendig eine Dumme, und die Schaufpielerin hat Un⸗
recht, die eine alberne plumpe Dirne darans macht. Daf. 1, 18. Wär’ ver
Gedank' nicht fo verwünfct gefcheid, man wär’ verfuht, ihn herzlich Dumm
zu nennen. Schiller, Piccolomint 2, 7. Es treibt fi der Bürgersmann,
träg und Dumm, wie des Färbers Gaul, nur im Ring herum. Schiller,
Wallenſteins Lager 7. Bir hegen Lieb' und Blauben, einfältig gleich deu
Tauben. Boß, Rumdgelang.
211
Doppelfiun, —finnig (aus franz. doubler, fpäterlat. duplare
wurde im 15. Jahrh., neben tupelieren, dupelen, im 16. Sahrh.
doppelen; aus franz. double, lat. duplas von duo = zwei, ward
m 16. Jahrh. Doppel) eimen und noch einen geiftigen Inhalt in fich
vereinigend, beionderd wenn der eine verſteckt ift, daß man nicht leicht
an ihn denkt, und ihn alſo nicht leicht von dem andern unterjcheidet.
— Mich verklagt der Doppelfinn des Lebens. Schiller, Wallenfteins
Tod 1, 4. Ich fürchte einen Doppelſinn des Teufels, der Lügen
ragt, wie Wahrheit. Schiller, Macbeth 5, 7. Der Götter Worte find
mt Boppelfinnig, wie der Gedrädte fie in Unmuth wiähnt. Göthe,
Sphigenie 3, 1. Pflicht und Ehre! das find vieldeutig Doppelfin-
nige Namen. Schiller, Wallenſteins Zod 3, 1.
Zweidentig (fiebe Bedeutung S.208) unbeſtimmt, ob fo oder anders
geiftig zu nehmen, vornehmlich ob gut oder Abel. — Die befte (Überfegung)
iR an vielen Stellen dunkel und zweideutig. Leffing, Hamburg. Dramas
targie 1, 19. An dem Orte felbit war man fehr anf diefe Zeitung aufmerf-
ſan, wenn fie glei nur fhwanfend uud zweideutig war. Göthe, Meifters
kebtjahre 4, 4.
finna, —ig, —igfeit ift weniger als Sturrjinn, ſtarr—
ſinnig; letzteres ift — (anf dem eigenen Sim beharrend)
ungeachtet der eindringlichften Gegenporftellungen. — Rede ihr doch
ku dab fie ihren Eigenfinn fahren läßt. Gellert. Schon wieder
‚ eigenfinnige Schwärmerin? Schiller, Räuber 3, 1. Hier
eutwielte fich aber zum Unglück ein anderer Fehler, den mein Ritter
mt farrfinnigen Menfchen gemtein hatte. Göthe, Leben 9. 8.
Eigenwillig (aus willig ©. 24 und eigen, ahd. eig(k)an, mhd.
eigen, von gotb. digan, ahd. eigan, agſ. agan, mhd. eigen, gr. dyew —
haben) auf dem eignen Willen beharrlich, ohne fi, nugeachtet aller Gegen⸗
gründe, nah dem Willen Andrer zu beflimmen. Starr (ah. star, mhd.
star, stärr, sterr, ſ. bei fterben) mit unverwandtem, gleihfam geitandenem
Did; dann im höchſten Grade unblegfam. Störrig (niederd. sturrig, von
Tem mit ftarren als Nebenform ericheinenden ahd. storren, mbd. atorren
= fteif hervorfteben, woher Storre = Banmftumpf) dem das ſtarre Wefen
gen ift, mit dem NRebenbenriff eines liebloſen, finitern Gemüthes. Stör—
sifh hat zugleich flärker den Nebenbegriff des Verächtlichen. Starrköpfig
Kopf) von eingewurzeltem Starrfinn, Tibermäßig bebarrlich in unbieg—
Borurtheilen für oder wider etwas. Halsſtarrig (mhd. balsstare,
. Hals, goth. ahd. mhd. agf. altn. hals, lat. collum, fanffr. gala) höchſt
wblegfam gegen die Leitung eines Andern. Hartuädig (von hart f. d.
up Raden, ahd. hnach, mhd. nac, nache, altn. bnacki, agf. hnacca,
haecca, hnec) einen harten Raden babend ; bis zum Aeußerften beharrlich
auf feinem Borfage gegen alle Hinderniffe. Widerfpäle)nftig (mhd. wider
spenig, widerspänec, im 16—17. Jahrh. widerfpennig und widerfpens
Big, f. S. 204) unfolgfam, mit Kraft entgegenftrebend, ungeachtet der Ger
14 0
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wait des Andern, Diefen entgegenituebenden Gigenwillen zu brechen. — Von
diefen trogig hexriſchen Gemüthern fih meiſtern lafjen, von det Gnade leben
hochfinnig eigenwilliger Vaſallen, das iſt das Harte für ein edles Herz.
Schiller, Zungfrau von Orleans 1, 6. Sch weiß, was dir die Köuigin ange⸗
fonnen; fie hofft, daß deine ruhnbegier'ge Jugend willfähr'ger jein wird, als
mein ftarres Alter. Ecdiller, Maria Stuart 2, 7. Von einem denüthigen
fetter läßt fich auch das ſtörrige Laſter am Jiebften retten. Geller. Bon
eitler Störrigkeit geneien: Alginger. Died, Theure, bedenk' und ent-
jage, fleh' ich, dem ſtörriſchen Trap. Voß. Zu ſtörriſch nnd zu fremd
begegnet ihr dem Freunde. Shafipeare, 3. Caäſar 1,2. Das jein bartnäd’aer
Mutb durdı alle diefe wilde Verſchanzung der Ratur fid einen Weg erzwingt.
Wieland, Dberon 9,34. Ich will auch nit wideripänitig fein. Görbe,
Lilat, Den Menſchen laß ihr widerjpenttig Weſen. Göthe, Fauſt 2, 110.
Leichtſinn, —ig, —igfeit deuten auf einen unſtäten Seelenzu-
itand ohne bleibenden Eindruf von außen aus Mangel au Aufmerf-
jamfeit, Nachdenken und Envägung; Zlatterjinn, —beft (ſ. flat-
tern ©. 186) deuten auf einen unſtäten Seelenzuſtand in -gejchwin-
dem Ueberſchweben, nad) jehr veränderlidher Neigung, vpn einem Ge-
enftande zum andern ohne bleibenden Eindruck irgend eines oder
Verweilen bei einem nach deſſen Wichtigkeit. — Nur das leichrere.trägt
auf leichten Schultern der Leichtſinn, aber der leichte Sinn trägt
das Gewichtige leicht. Göthe. Du baft ihn (den König) nicht leicht-
jinnig jelbft entflammt. Schiller, Jumafrau.von Orleans 1,5. Und
eher mußt’ ich Euern Flatterſinn, als Eure Schwermuth jchelten.
Schiller, Maria Stunt 1, 4. Schwärmt für diefen flatierhaften
Mann. Shakeſpeare, Sommernacdtstraum 1, 1. i
Tieffinn, —ig, —igfeit iſt in das Innerſte und Verborgenfte ein-
gehendes ergründendes Geiſtesvermögen; dann geiſtig grübelndes Ber-
ſunkeuſein in einen niederſchlagenden Gedanken oder ein niederſchlagendes
Gefühl; Scharfſinn, —ig, —igkeit ſ. S. 113. — Und da. waundte
ſich Urim vol Eruſt, mit goͤttlichen Tiefſinn. Klopſtock, Meifias
1, 371. Der Barnabit' aus Toulon war's, den Ihr in der Kapelle
tiefſinnig fitzen ſaht. Schiller, Maria Stuart 3, 7. Beſonders
aber erzürute er ſich über unſern Mangel an Scharfſinn. Göthe,
Reben 10. B.‘ |
Das mit Tiefiinn finnverwandte Shwernutb f. S. 32.
Aber —, Argfinn, u. v. a., wie aus nachfolgenden Beijpielen zu i
erjeben. Bon den meilten werden auch Adjective auf —jinnig, von:
mehreren auch Subitantive uf — ſin nigkeit gebildet. — Kein Arg-
jinniger laujcht dem Geſang hier. Voß, die Kirichenpflüderin 84. ,
Sie vertrauten auf feinen Biederjinn. Göthe, Eugenie 4, 2. ' Er
bewies gegen ihn ſtets einen reinen, zarten und treuen Bruderfinn.
Gampe. Wo frei der Bürgerjinn aud ſtrebt. Voß. (Als er)
vereint abtödtenden Bußſinn Seelenfiiden und Ru in ſeinen
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— — — —
exhelleten Zügen wahrnahm. Pyrker, Rudolph 6. Zu verehren mit
gläwbigem Chriſtenſinn, was alle Menfchen erldjet. Schiller, Graf
vom Habsburg. Nicht wolle das. Gott, rief mit Demuthfinn der
Graf. Daſ. (Man edrte) den Dulderjinn im Sofrates. Platen,
mm. Oedipus 3. Wielands Agathon und Peregrinus Proteus find
Werke echten griechiihen Feinjinns Jeniſch. Ihr nahmt fle ein,”
feinjinniger Lord. Shakſpeare, König Heinrid IV. 2. Thl. 1, 2.
Veränderlich ift Frauenſinn. Schiller. Den angenehmen Geift
beicelt ein Srauenjinn. Uz, Sieg des Liebesgottes 2. - Gleich bei
dem eriten Zuſammentreffen FÜR man emen unbedingteh Zreifinn.
the, Leben 16. B. Um ein Element zu entdeden, in dem man
freisinnig atbmen könnte. Daſ. 18. B. Im Frieden thut fidy der
Kreibeitsjinn der Menſchen immer mehr hervor. Daſ. 12. B.
So wurd auch unfer jugendlicher Frohſinn keineswegs getrübt. Darf.
10. 3. Zwiſchen Tannen und Felſen überrafchte mid) weniger ein
reiner Frommſinn als ein erquidliches frifches Obſt. Göthe, Mei—
ſters Wanderjahre 4, 6. Jedes ausgefprochene Wort erregt den Ge—
genjinn. Göthe, Wahlverwandtſchaften 2, 4. Die Akademie Jena
.. . regte einen edlen Gemeinjinn auf. Götbe, Leben 20. B.
Tem ihr Geradjinn haßt der Lüge Zwang. Schiller, Braut von
Meffina. Meiſtens waren e8 gradſinnige Menſchen. Götbe, Cam—
paane in Frankreich 10. Auguſt. Den von ſeinem Vater ihm ange—
Kammten Gewerbſinn übt .er im Großen Göthe, Leben 4. B.
Zrogt Der Laſt eines freudelofen Dafeins mit dem Gleichſinne eines
Herzens, das dem Gelispel weichlicher Empfindungen fi) verjchliegt,
Mever. Daß ih mit Götterſinn und Menſchenhand vermöge zu
bilden. Götbe, Kenner und Künſtler. Da er ebenfo harthörig als
bartjinnig it. 3. Paul, Titan 29. Was den Hauptfinn betraf.
Göthe, Leben 12. B. Bermißt des Heldenjinns, der unbegrenz-
ten Güte gleich unbegrenzten Kreis. Wieland, Oberon 11, 26. Wo
Vernunft und Hochſinn wohnen, glüht fein Herz von Sympathie,
Matthifton, die Weihe. (Bis) des Schilds hochſinniger Spruch
mir glänzenden Ruhm gab. Pyrker, Tuniſias 11. Siehſt du, Falſche,
af weldyen Kaltſinn ich dir begegnen muß. Schiller, Kabate und
Liebe 1,4. Mit zurtem Kindesjinn gedacht. Herder. Am leichten
ilgerſtabe zog ich fort mit Kinderfinn Schiller, der Pilgrim.
u Wunder, dab aus einem folhen Kleinfinne nichts Großes
bevorgehen konnte. Campe. Zudem mirkten die Vorurtheile einer
manierirten Malerſchule nachtheilig auf feinen Geſchmack und Kunit-
iinn. Göthe, Windelmann 2. ben jo wenig jchriftitelleriihe Me—
thode oder Künftlerfinn: herrſchte in feinen (Lavaters) übrigen
Schriften. Götbe, Leben 19. B. Glaube, was man. fo verftändig
zent, it mehr Eitelkeit und Kurzſinn. Göthe, Fauſt 1,161. Die
feihränften Handelsweiſen, die der kurzſinnige Menſch bewußtlos
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mit Selbftgefälligleit ausübt, darzuftellen, ift fein großes Talent. Göthe,
über Grübels Gedichte. Scharfer Blid die Welt zu ſchauen, Mit-
finn jedem Herzensdrang. Göthe, Fauſt 2, 243. Die Menfchen find
gegen den Zafterjinn der Zeit um Jahrhunderte zurüd. Ungenann«
ter bei Campe. Sie fagen . . von lindem Liebesjinne. Uhland,
"Mähren. Die (Thränen) lange gehemmt mein kämpfender Nann-
finn. Baggejen. Zu vollführen das Kühne mit Mannsfinn Pyr-
fer, Maffabier 3. Es ift doch offenbar fein Menjchenjinn in die—
fer Ambaffade. Wieland, Oberon 11, 8 Seinen Mordijinn kenn'
ih. Göthe, Egmont?. Deine alte Wärterin, vol Mutterjinnes,
aus weldyem der. Pflegeſinn aufgeipregt war. Benzel- Steman.
Ihr ſtumpfer Räuberſinn berechnet ſich den Werth der fchönften
Frauenbilder. Wieland, Oberon 11, 55. Um nicht durch Vaterthrä⸗
nen den Ritterfinn . zu höhnen. Bürger, die Entführung. Der
Schalkenſinn nimmt ab, wie der Schelmenjinn zunimmt.
Benzel-Sternau. Schwachſinn'ger Alter! Sciller, Wallenfteins
Zod 5, 7. Des Geſetzes ftrenge Feifel bindet nar den Sclavens
finn, der es verichmäht. Schiller, Das Ideal und das Leben. Der
Selbſtſinn (ſchmilzt) tief in winterlihen Grüften. Göthe, Elegie.
Da der Ankömmling die wahre Gemüthslage des Majors nicht ahnen
konnte, jo nahnı er Diefe Aeußerung im Soldatenfinne. Göthe, Mei⸗
fierd Wanderjahre %, 3. (Er) hielt über unſern Stumpffinn eine ge
waltige Strafpredigt. Goͤthe, Leben 9. B. Solch Urtheil zeigt tum pf-
finnige bloß, bloß eigene Seelengemeinheit. Platen, rom. Oedipus
1. Mit Löwenmuth den Zaubenjinn bewaffnen. Cdiller, Bicco-
lomini 4, 9. Den rohen Thierjinn zähmte zur Menichlichfeit. Voß.
Dod) laß uns diejer Stunden jchönes Gut durch ſolchen Trübfinn
nicht verfümmern! Göthe, Fauft 1, 59. Wie Nebel zerftiebte trüb-
finniger Bahn. Göthe, Pandora. Die Pedanterie und Trüb-
finnigfeit der an öffentlihen Schulen angeftellten Lehrer mochte
wohl die erfte Veranlaflung Dazu (zu einem pädagogifchen Dilettantis-
mus) geben. Göthe, Leben 1.%, Und der edle hohe Tugendfinn,
ift aud) er ein leered Zraumgegrübel? Tiedge. Kann joweit der Un—
finn gehen? Wieland, Oberon 14, 35. Sa jang diefen Halbuns
finn leidenjchaftlih vor mich bin. Göthe, Leben 12. B. Daß er
fein ganz verfehrter und unjinniger Menſch ſei. Göthe, Werthers
Leiden 2, 4. September. Wenn über werdend Wachſendem vorher
der Baterjinn mit Wonne brütend jchwebte. Göthe, Eugenie 3, 4.
(Er ſprach) einfilbig, vielfinnig. 3. Paul, Hefperus 8. Naher
betrachtet, war ein großer Luft» und Spielplaß, nicht ohne Verftand,
mit einem gewiſſen Bolfsjinn eingerichtet. Göthe, Meifterd Wan-
derjahre 1, 8. Da fing nun eimer die erfte Anfangsfulbe ohne Zu⸗
fammenhang, Bor» und Nachſinn auf. Herder. Ich dulde nur
bem Wahnſinn mid entgegen. Göthe, Eugenie 4, & Auch Lich
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der Kimftler wit fingdichtendem Wahrheitsjinne eine Höhle merf-
lich werden. Göthe, Meifters Wanderjahte 2, 7. Daß Wanfel-
fin und jchnell bemwegtes Blut, noch leichte Urſach ſonſt den alten
Mann vom langgemwahrten Ehrenpfüde treibt. Schiller, Piccolomini
4, 4. Wie wankelſinnig regt fih’8 im Gemüthe! Göthe, Elegie.
Dieje Forderung, jo unmittelbar dem liberalen Weltſinn, zu dem
ich mich nach und nach bekannte, —— ſtehend, that auf mich nicht
die beſte Wirkung. Göthe, Leben 14. B. Den ich nicht durch krank—
haften Widerſinn mehr als einmal verlegt. Daſ. 8. B. Auch
ſchwankt er oft im widerſinnigen Leben. Goͤthe, Fauſt 2, 50.
Alle dieſe Dinge ſagten dem aufgeregten Zeitſinne vollkommen zu.
Gothe, Leben 13. B. Er zergeht in Zweifelſinn. Benzel-Sternau.
Aum. Fiſchart (im 16. Jahrhundert) bat noch grimmſinnig, külſin—
nig, binderrudfinnig, höherſinnig, klarſinnig, gribenſinnig,
naerjinnig. Gargantua S. 34. 13. 134, 237. 275. Die bei ihm (daf. ©.
297. 364) vorkommenden befinntich und ſinnſchöpfen find (eriteres wol in
der Bolfafprache) nicht mehr im Gebrauh. Hochbeſinnliche Bevenden haben;
fie finufhöpfen erholten (wiederh.) was zuvor gelefen war worden.
Sinnesart, der eigene Ton, in welchen das ganze Wejen eines
Menſchen in Beziehung feiner Anfichten, feiner Gefinnungsweije nad)
feinem eigenthümlihem Empfinden geftimmt ift. — Gejinnung, die
jmem Zone gemäße eigenthümliche Regel oder Neußerung des Men-
fhen fir jein Handeln, oder in Beziehung auf fich jelbit und das, was
außer ihm ift. 1) — Der Deutfche bejonders ift von einer jeldhen aus-
barıenden Sinnesart. Göthe, Leben 12. B. Diefer Sinues-
art verdankt fie ihre Selbititändigkeit. Dal. 13. B. Der größte
Theil der Zürften ift unferer Gejinnung. Göthe, Götz von Berli-
hingen 2. Auch ſie liebte ihren Vater und neigte fidy zu ſeinen Ge-
finnungen. Göthe, Leben 13. 2. |
Mit Sinnesart find finnverwandt: Charakter (gr. gapaxrıp, vou
zapasdem = eintragen, einprägen) die einer Perfon oder Sache gleichfam
aufgeprägte Eigentbümlichkeit, das eigenthümliche Weſen derfelben;. daher der
ganze Umfang von Gemüthsneigungen, wodurch fich ein Menſch von andern
unterfcheidet; Bebarrlichkeit der Sefinnung nah Grundſätzen. Herz, (goth.
hairtö, ahd. hörza, mhd. hörze, agſ. heort, hiort, altn. hiarta, fanffr. hrid,
fat. cor, cord—is, gr. x7p, zi8. aus xdap) wird von folhen Gemüthsnei⸗
gungen gefagt, die fih in dem Gefühl offenbaren in Beziehung auf das Wohl
oder Weh Anderer. Sittengepräge (ein von Campe gebilvetes Wort,
vergl. Sitte S. 39) bezeichnet den moralifchen Charakter. — Mit Gefin-
unng find flnnverwandt: Regel (abd. rögula, mhd. rögel, agf. rögul,
altn. rögla, lat. regula, von regere — richten) eigentlich Richtſcheit, Richt⸗
Tr) Der ueneften Zeit gehört das fonderbar gebildete, von jedem, nach feinem
teligiöfen und politiſchen Standpunkt, anders gedeutete Wort geſinnungstüch⸗
tig, —feit am.
216
ſchnur; davon abftract, die richtfihnurgebende Beſtimunug worte, Der Brands
fat (fiehe fipen) allgemeine Wahrheit, worauf Gedanfen in ihrer Abiei«
tung beruhen, oder Handinugen, als auf dent Grunde, ans bem fie. berwors
gehen und auf dem fie gleichjam ihre Richtſchnur haben. Die Maxime (vom
fat. maxima, nämlich regula — höchſte Richtſchnux) ift eine richtichnurgebenpe
Beitinmung für das eigne Handeln, eine fubjertive Handlungsregel. Geſehß.
fiehe ©. 6 und figen. Denkart und Denkungsart (die Schrififteller
machen feinen Unterjchied; diefer gebraucht dieje, jener jene Farm) die eigen-
thümliche Art zu denken, befonders über die fittlichen Verhätiifle Azinm
(gr. uslona eigentlich Würdigung, Schähung) if bei dm Philoſophen ein
Saz, der, ald feines weitern Beweifes bedürftig noch fähig, unmittellar ges
wiß für die Erkenntniß angenommen wird. — Es bildet ein Talent Ah im
der Stille, fih ein Character In dem Strom der. Zeit. Göthe, Zeilo 1,
2. D Gott, aus diefen Zügen ipricht fein Herz! Schiller, Maria Etmart
3,.4. Eine Regel, welche die Willkühr fich felbit für den Gebrauch ihrer
Freibeit macht. Kant. Regel wird alles und alles wird Wahl 'und alles
Bedeutung. Schiller, Spaziergang. Wenn euch eure Grundſätze ab da
nicht im Stiche laſſen, fo follt ihr gewonnen haben. Schiller, Räuber 5, 1.
Bald gehörte fie ganz der Faktion und Anderte unvermerft ihre Maximem,
Schiller, Abfall der Niederlande 2. Der fauberg Herren Rfujcherei üt, uch
ich, jchon bei euch Maxime Göthe, Fauſt Vorfplel. Dazn verdammt ihr
das Geſetz. Schiller, Piccolomini 2, 7. Ein paar Mänıter von \ehr vers
Ichiedener Denfungsart, deren Gefinnungen aber darin übereinkamen,
daß fie den Handel für das edelite Geſchäft hielten. Göthe, Meiſters LXebr:
jahre 1, 11. Deffenungeachtet waren fle febr gern beilanmen, indem durch
ihre beiderjeitige Denkart die Unterhaltung lebhaft werden mußte Dat
4, 18. In gährend Dradengift Haft du die Mil der fronmen Denfart
mir verwandelt. Schiller, Tell 4, 3. Warum widerlegt er meine Arlomata
nicht, wenn er kann? Leſſing, Autigdze 8, = en
®innbild, allgemein ſinnlich dargeftellter Gegenſtand (Bild) zur
Borftellung und Bezeichnung eines von demfelben verfchiedenen ſinn—
fichen oder geiftigen Gegenftandes; im Beſondern das felbftftändige
Sinnbild, bei welchem ein Gegenftand unabhängig von einem andern
vorgeitellt wird. Davon finnbildlid, finnbildern. — Und die-
ſes Kleid und feine Farben, find fie nicht ein Sinnbild ewiger Ge—
fahr? Göthe, Eugenie 2, 5. Dagegen fuchte ihn der Herr. von jei-
nen höheren Anfichten umd Aweden finnbildlich zu belehren. Göthe,
Leben 15. B. Was wigelft du mir da? Von weffen Brautkleid
finnbilderft du mir fo gelehrt? Leffing, Nathan der Weile 4, 6,
Emblem (ar. Zu ßA,ıa eigentlich Auwurf, Hinzugefügt, angebrachter
Zierat) bezeichnet nur ein arhängendes Sinnbild, zunächſt eine finndildliche
Verzierung, Sinnbild einer Eigenfchaft eines einzelnen bejtinmten Gegenſtau⸗
des, gewöhnlich zur Berfinulichung eines beigejegten Sinn» oder Wahlſpruches.
Sinngedicht it ein für Epigramm (gr. driyprupe :ergentlich
en
Auf⸗ sder Infchrift) gebildeter Ausdruck, ſcheint aber mır fir ‚das
wißige Epigmmm gebracht zu jein, während Epigramm im All⸗
gemeinen em kleines Gedicht bezeichhes,. in welchem eine poetiiche eg
Dı anſchaulicher, treffender, geiſtreicher Kürze dargeftellt ift. Die Dich⸗
tee wählen, ohne genauen Unterſchied, bald-Diefe bald jene Benennung,
—. Seid doch nicht ſo freh, ‚Spigrammel Warum nicht? Wir
ind nur Ueberſchriften; die Welt hat die. Kapitel des Buchs
Gothe, Epigramme 59. Dem Kıtifus vor allen wird auch fein Siun«
gedicht gefallen. Leſſtng, Sinngedichte 2.
Sinuſpruch mit jeinen Synonymen flebe S. M. J
Eiunverwandt d. i. von hewortretender Uebereinſtimmung in
den Begriffen, iſt ein deutſcher Ausdruck fir Das griech, onmanuuog,
jedenfalls treffender als die tonft auch gebrauchlihen ähnlichbe deu—
tend und gleichbedeutend — Indem unter allen Völkern gleich
bedeutende und gleiches dentende Nachrichten vorkommen. Göthe,
Meifterd Wanderjahre 2, 2. ———
Sinnbegabt, — dichter, —gleiche, —glied, —rede, — ſchluß,
—jpiel, — derſauert u. a; Sinnenall, —genuß, — ihel, — Umft,
— lehte, — liebe, — uſt, — menſch, — pfad, — rauſch, —reich, -—— wet
—ſchlaf, — ſchwelger, —ſclave, — ſpiel, — iauz, — taumel, —trielg
—tmg, —verädug, —wahr, —weg, —weide, welt, — weſen,
‚ —zanber w.az Sinnesänderung, —beruhigung, —föt⸗
derung, — genofie, — kraft, —ſchwaͤrze, verwandt, —medhfel, Weiſe,
verlzeug. — Solche Formen treibet nie Vnloanus mit den ſinn⸗
begabten feinen Hämmern. Göthe, Der Becher. Im ſinnebetäu—
benden Schlummer. Pytker, Tuniſins 10. Dieß if ein ſo wichti⸗
ger Fall für den Geiſte und Sinnforſcher. Göthe, Meiſtets Wan⸗—
derjahre 1, 10. Ihr könntet Sinnrüdhalte von ibm gelernt. haben.
Vachter. Da er ſich da Sinneſchmeichlerin hingab. Pyrker,
Ralph 8.. Weder Horazens ſinnſchwere Kürze. Jena. Liternturz
Sinuverjauerte Pantagrueliſten. Fiſchart, Gargantug S. 8. Wut
der Hölle Gaukelkunſt... auch bier noch fort usſinnverwirgend
zu bethören? Schiller, Jungfrau von Orbeans 2, 2. — Verſinkt ig
ihrer legten Trümmer Fall das Sinnenall (Sinnenwelt). Baggeſen
Die oft ein leerer Traum mid Sinnenbild ergetzt. Mühlpfort. Was
wx in der erſten Jugend kennen, Das iſt um Siunendurft: Huben
Urermüdlich umd- eben fo fruchtlos ftrebt unjere Fantaſie die Sinten«
feifeln abzuftreiſen und ſich ihrem Sinneufluge frei zu überkaif
ſen. Ungeuamiter bei Campe. Zwiſchen Sinnenglück und. Seelen⸗
frieden bieibt dem Menſchen m die bange Wahl. Schiller, das Ideal
md Das Leben. Die freie Seele rette fih vım jeder Sinuewfchtes
Pixten, rem. Dedipus3. Das Andere iſt viehiſche Sinnenknecht⸗
haft. Herder. Und kann es Dann der Voriheil, irgend eine Sim
nentunft etwa Drei::Monatg_ früher‘ einzuschien, ibelohnen? J. Bank;
218
Hier ſchwebt fle (Urania) mit geſenktem Fluge um ihren Liebling, noch
am Sinnenland. Schiller, die Künſtler. Ein Honigvöglein, leicht
und zart, iſt leichte Sinnenliebe. Bürger. Durch den Pfud der
Siunenluft eilt ih zurüd. Eſchenburg. Der Siunenmenich
liebt die finnlidy Schöne. Sonnenberg. Und (als er) eine jpäte Wie-
derfehr zum Lichte anf jchwerem Sinnenpfad ihn finden hieß. Schil⸗
fer, die Künftler. Die Sinnenprobe und das Koften der Schlange
ſprach für ihn (den Baum) und ward Grund der Berführung. Her
der. Sie zeigt, daß Trieb und Sinnenprüfung im Speil’ und
Trank den Menfchen damals ficherer Führer jein jollte. Herder. Zon-
funft kann die Trauer tödten, mildern jede Sinnengual. Flemming.
Sinnenraufd glühte aus den unftäten Blicken. Benzel- Sternau.
Das gute Mädchen arm an Gold und Sinnenreiz Biürde Sept
wand fi) von dem Sinnenjchlafe die freie ichöne Seele los. Schil⸗
fer, die Känftler. Der unfittliche, verfunfene Menich kann küflen, nad
feiner Sinnenſchwelgerei dürften, aber nicht lieben. Ewald. Der
Sinnenjclave Eebt wie Vögel an der Stange. Wieland. Doc
blendet's euch mit freiem Sinnenfpiel Göthe, Fauft 2, 110. Iſt
eben hier ein Mummenjchanz, wie überall ein a. Dai.
2, 147. Ih wollte Sinnentaumel erzwingen. Huber. r Tod
vernichtet mer die Sinnentriebe. Collin. Das iſt doch mehr als
Sinnentrug. Benzel-Stermau. Zur Verführung der Unſchuld und
ur Sinnenverrüdung eines ganzen armen Geſchlechts. Herder.
ie Rührung ruht auf feinem Sinnenwahn. Schiller, an Göthe.
In der That geht unter allen Sinnenmwegen feiner fo offen und
furz in das feft zugebaute Gehirn, als der Durch die Nafeuhöble.
% Paul. Be allem Ueberfluß der Sinnenweide ledygt das ver-
geßne Herz nad) einem Tropfen Freude. Bürde Im Mechanismus
der Natur, wozu der Menih als Sinnenwejen mit gehört. Kant.
D die Loderin von fredder Stirne, Sinnenmwolluf. WMündhanfen.
Der Strom der Rede hebt des Sinnenzaubers Madıt. Engelſchall.
— Aeußere Anftöße bewirken oft das ——— Losbrechen ſolchet
Sinnesänderung... Wovon ſich dergleichen Sinnes verwandte
am liebſten unterhalten, ſind die ſogenannten Erweckungen, Sinnes⸗
änderungen, denen wir ihren pſychologiſchen Werth nicht abſprechen.
Göthe, Leben 16. B. (Er) gab allen, zu denen er fprad), die ange-
nehmfte Sinnesberubigung. Daſ. 14. B. Was ih mir von
Unterriht und Sinnesförderung bei meinem alademijhen Aufent-
balt veriprodhen hatte. Dai. 6. B. So jollt yr ewer ſynsgenoſ⸗—
fen billih fliehen heiffen. Wicel (+ 1573). Bis endlich eine wach⸗
ſende Leidenichaft ihn aller ruhigen Sinneskraft beraubt. Göthe,
Werthers Leiden 1, 12. Augufl. Und wenn nım diefer Keim anßer
feiner unwilligen und willlührlihen Sinnesfhwärze noch jo vieles
männliche Gute bat. Herder. Weiß Ihr Bater ſchon von dieſem
219
“
em Sinneswechſel? Gotter. Auch war ihre game Sinnes-
weije dem Haufe und dem Häuslihen mehr als der Welt, mebr als
dem Leben im Freien — Gothe, Wahlverwandtſchaften 1,8,
Der (geborſtene Schafſchaͤdel) mir zu fortſchreitender Veredlung hoͤch⸗
ter Bildung und Entwicklung in die vorzüglichſten Sinneswerk⸗
jenge vor Augen ftellte. Göthe, Tag: und Jahreshefte 1790.
nm. Dpiß (+ 1639) fagt au finnenkinug, finnentoll; Gtieler (im
Börterbuche 1691) führt finnenblind, —trauf, -mädtig, — ſiech en.
Sinnung d. i. Kraft, Thätigleit des Sinnens iſt nur in Zur
ſammenſetzung mit An—, Aus, Be—, Er— gebräuchlich. — Warum
weder Schaufpieler noch Zufchauer zur Befinnung fommen. Göthe,
Meifters Lehrjahre 5, 16. Bei diefem u Anblide verlieh mich
alle Befinnungsfraft. Meißner, lag befianungslos zn
Boden geftredt. Ungenannter bei Campe. Nach einer bejinnungs-
vollen Paufe. Meißner.
‚ &innlid (mbd. sinnelich) 1) zu den Sinnen gehörend; 2) in
den Sinnen gegründet, durch die Sinne empfunden; 3) (veraltet) jo
viel als finnig; davon er—, überfinnlid; Sinnlichkeit; ver-
ſinnlichen. — Sinnlich und verftodt, ins — verſchloſ⸗
ſen, fühlt der Menſch das nächſte Wohl, das nächſte Weh. Göthe,
Eugenie 3, 4. Der ein ſinnliches Denkmal ſeines Bermögens hin⸗
terlaſſen wollte. Göthe, ital. Reife 21. Sept. 1786. Rum liegt die
wunderjame jinnlihe und unſinnliche Natur rund um uns ber,
Novalis, die Lehrlinge zu Sais 2. Ihr ganzes Weſen ſchwebt im
reifer ſüßer Sinnlichkeit. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 14. Mit
einer heitern glüdlihen Sinnlichfeit begabt, hätte er alt werden
fönnen , ohne über jeinen Zuſtand irgend nachzudenken. Daſ. 4, 17,
Benn er fih auch alle erjinnlide Mühe gibt. Schiller, Räuber
1, 1. Du überjinnlider, ſinnlicher Freier Göthe, Fauſt 1,
185. Wenn man fi nun dieſes Ereigniß noch mehr verfinnlidhe
wil. Göthe, ital. Reife, Neapel 11. März 1787.
Anfhaulih (von ſchaulich abd. scouwelich, mbr. schouwelich,
f. ſchauen) bezieht fih auf die Erkenntniß durch den Gefühlsſinnv, baum
fiaurfich Die geiftige, vorſtellende. — Eobald ih Ihnen die Verſuche ſelbſ
zeigen faun, wird alles anſchaulicher und angenehmer werden. Göthe,
Bahlverwandtichaften 1, 4. Ä 3
Gefinnt drüdt nur das Inwohnen der Geſinnung aus, ohne eine
Abficht zum Handeln zu bezeichnen; gejonnen wird nur gefagt, üts
jofern die Gefinnung auf eine Handlung gerichtet ift, zu Der ſie fich
ielbit beftinnmt hat. — Bie ex nicht geſinnt (beſſer gefonnen) jet,
ihm nachzugeben. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 19. Lange war er
feimdiih mir gefinnt. Schiller, Wullenfteins Tod 1, 1. Wenn er
ejonnen is das Feld zu ziern. Shakſpeare, K. Joham 5, 1.
—* geſinnet. Pyrler, Tuniſias 1. — Geſinnt wird mis
verschiedenen Adjectiven zujammengejegt, wie aus folgenden Beiſpielen
fh ergibt. Er wankte nicht, eiferngetinnet. Pyrker, Rudolph 8.
Durch deu: Widerſtand der Eutgegengeſinneten. Göthe, Leben
19. B. Wie du, erhnbengejinnet, nad der Bürgerkrone Did
ſehnteſt. Pyrker, Tumiſias 9. Ewige Schaude für euch, laßt ihr die
Leiche des Helden, feiggefinnet, dem Feind. Daſ. 7. Den böb-
nenden Blicken des [nn Sinar, Daf. 1% Der
ſo feft- und jo muthiggejtnnt war. Pyrker, Rudolph 3. Frei—
goſinnt fa macht er 2 PBlaten , rom. Dedipus 3.' Ein geift-
reicher frohge ſinnter Mann ſagte. Göthe, Betrachtungen im Simie der
Wanderer: - Stets heimbrachte Dev Sohn ihr, frommgeſinnet, den
Sol: Pyrket, Tuniflad 9. So lange die Duelle quillt und rinnt,
fo lange bleiben wit gleichgeſinut. Göthe, der Mällerin Reue.
Das (Volk) jüngft im frafenden Jorne die Vorſicht Hairaddius Wutb
preisgab, des graufamgejinneten Mannes. Pyrker, Tuniſias 12.
Zwar der Didyfer- freut ſich eines igroßgeſinnten Könige Gunſt.
Platen, die verhängnißvole Gabel 4. Wo - find! ich jenen gutge⸗
jennten Main? Göthe, Eugenie 5, 8. Eine leiblide Schmeiter
des hattgeſinnten Xeeted: Bep‘, Odyſſee TO, 137. - Begraben
jet das Uebrige mit ihr, der hochbegabten, hochgeſinnten Frauen.
Gothe, Taſſo 4, 1. Deines Volks Mißyetöh, tranrige Teutonia, ſtim⸗
men einft boldgejinnt Chartten in Harınonie. Voß, Die Eintracht.
Daß mic der Königlichgeſinnte vom Berderben rettet. Schiller,
Piccolomini 1, 1. Faßte Schauer die Bruft auch des Fühngefinne-
ten Münneb. : Pyrker, Mofes 1. (Sie) mar froh und leichtge-
finnt. Wieland, Oberon 7, 6. Wie mildgefinnt der Chriſten⸗
beberricher Dich anfnahm im Palaſt. Parker, Tuniſtas 2. Der mil-
bergejinnete Feldherr. Di. 11. Ich achte Dich Tedlidhgefin-
akt: Pyrker, Rudolph 3. Iſt diefer janftgejinnte Züngfing der
abehwollend mir gehäſſge Bruder? Schiller, Braut von Meiftm.
Erit fündet’ ihm Eginhard des ftölzgefinneten Fräuleins fiebever-
ſchniähendes Wort. Pyrker, Rudolph 3. Aufbot der tapfergejin-
nete Feldherr jchnell ſein muthiges Volk. Pyrker, Tunifids 3. Treu—⸗
jejinnter, Du: weint? Daſ. 5. Künftig joll nicht Taſſo zwiſchen
äumen, zwiſchen Menſchen fich einſam, ſchwach nnd trübgejinut
verlieren! Göthe, Taſſo 2, 2. Die Widriggefinnten hören we:
der auf das Eme noch auf Das Andere. Göthe, Betrachtungen im
Sinne. den Wanderer. Die Herzen dem Regenten zu erhalten, it jedes
Wohlgefinnten höchſte Pflicht. Göthe, Eugenie 1, 5. So ent
ſtand unter.den Wohl- md. Jartgefinnten ein Mißbehagen. Goͤthe,
Leben 13, B: >. 20
-. :Beonuen; —beit ift ‘der Zuſtand des Geifted, daß ær Gewalt
über ſichnhat, ſich für die zechten Mittel der That zu beſtimmen. —
Ei, Ze, du: bit ja ploͤtzlich jo beionnen! Schiller, Tel 8, 38,
!
21
Veisheit und Bef DRRENDEN zu — m Baden Geche, —
verwandtſchaften 2, 4.
Geiftesgegenweart (1. ar E.108, Kunt- Bund Gegenwart) iſt Die
Geſchwindigkeit des Geiftes, bei Borfillen mit dem rechten Bewußtfein zu Ban
Dein und vortheilbaften Entfchluß zn faſſen. — (Hofmeifter:) D hignng
beſchleicht die Stolzen oft. (Engenie J Ich ſey ihr ————
entgegen. Göthe, Engenie 2, 5.
Unbeſonnen, —heit iſt eine den Mangel einer borher beſtimmt
gefaßten Entſchließung kund gebende Handlung. — Sei unbefounen
genng, ibn deines Vaters, deines’ Kaiſers Geheimniß preiszugeben.
Schiller, Piccolomini er 3. Ehrlichkeit macht nn ' auch
wohl trogig. Göthe, Egmont 4.
Schwindelei (ſ. ſchwindeln) ift eine, gleichſam in “einem Wirbel der
Sinne berubende, haltloſe Webertreibung in Planen uud weitaus gehenden
Handlungen. Schwärmerei(ſ. Schwarm S. 12%, Anm. 3) iſt ei
Grade fih lebhaft Außernde Aurfreamrg und Erböhung det Geiſti—
ſchen (befouders dur die Einbildungskraft), wenn die Gebilde
dungskraft mıd die Gefühle, yon der Vernunft unbeherrſcht und
ausfchweifend, den Menſchen wit ſich fortreißen, ſo daß er nicht si
fomnıt, die Gebilde für die Werklichkett nimmt, und begehrt, e& |
Audere eben daflır Halten, wofür er fie hält. — Doch, Mufe,
dich die Adlerſchwinge der hohen ttunknen Schwärmerei]
ſteht beitürzt, er fragt fich, was Dir ſei, unb deine Gefichte fm
nißvoſſe Dinge. Wieland, Theren 1, 7. -
Anm. 1. Sinugräu ſahd. sinagrän, mhd. sigrüche, agf. singrete)
u» Sinnpflanze find Infammengefeht nit ein — Hark, dauernd (rin, Subſt.
Starte?); dazu gehört auch Sehne (abd senaw?, mh. Bsönewe, agl, Am BinA,
siner, Sinera, Seno, engl. sinen, altı. sin), Cüudflut ei loser? nad.
sintvlunt) und vielleicht auch Seneſchall (ap — mhd. sẽne schaft) der
ältehe Hansdiener. Bal, Grimm En ‚554f. III., 617 f. und (über:
Erchne) Schirlig: Die dentſchen ann. "Som. Progr. Stargard 1844.)
Ann. 2. Senne, Senner, Sender, Seumte gehören, nah Schuieller
(baur. Wörterb, 3, 253) vielleicht zu innen in.der Bedentung torgiäktig behandein
Anm. 3. Das veraltete ſintemal (mp. sit döm mäle, älternhd. solle-
mal, seintemal) gehört nicht zu finnen, es ik jeit dem Male. —
5 ! 5* — R 2 N fi 3t
Sn)
Sende, fandte 23. (fendete), geſendt (aeſcudet)/ enden ab
sent, santa, gesant, sentjan, und sanijan; mhd. sende, Sante,
gesant, senden; got. —— agſ. MB; ‚alte, sende). eigent⸗
') Das Wort ik gebildet aus finnen und bedeutet reifen machen. V l.
atd. sindön, aqf. sidhian, mhd. sint un — gehen, reifen: Beth, sinths -- Reife,
sind = Weg. ars
. 2 Bgl. S. 19. Aum 2. Be en ee m
272
lich machen, daß Jemand fi wohin begibt; daun gewöhnlich nach
Anordnung oder Verfügung in förmlicher oder feierlidher Weile anders»
wohin an einen beſtimmten Ort kommen machen. — Dieje Worte ver-
fündige den Fürften, die Dich fandten. Schiller, Jungfrau von Or—
leans 1, 11. Ein Gott verwirre fie (die Feinde) und wende rückwärts
auf ihrer eignen Schügen Bruft die Pfeile, die gegen meine Königin
gefandt find! Schiller, Maria Stuart 2, 4.
Schicken (ſ bei geſchehen) nah Anorduung oder Verfügung anderes
wohin fommen machen; daun von fich entfernen. Ueberſchicken, übers
fenden und übermadhen (ven machen abd. mahhön, machdn, nihd.
» machen, agf. macian, engl. make) geben nur auf Sachen, die von Jemanden
an einen Andern gefchickt werden. — (Stauffaher:) Schidte mau nach ihm?
rft:) Es iſt nach ihm geſendet. Eciller, Tel 4,2. Sie haben eine
wir überſandt. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 3.
„auf—, aus—, be—, bei—, durch —, ein—, empor—,
tgegen—, fort—, beim—, ber—, berab—, beran—,
beraus— , herbei —, herein— , berüber— , berum —,
-, bervor— , berzu—, hin—, hinab —, hinan —, hin⸗
taus—, hindurch —, hinein —, binüber— , hinunter—,
hinzu —, mit —, nach —, nieder—,, um— , umber—,
r—, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber— , weg—,
zu—, zurück—, zuſammenſenden bedürfen feiner weitern Erklärung.
— Unſere Abgeſendeten fanden weder Waffen noch Widerſtand.
Göthe, Campagne in Frankreich 14. Juni. Komm’ ih, Knecht Ro—
bert, abgeſandt von meinem Herrn und Meiſter. Voß, Knecht Ro—
bert. Aufgeiandt aus den Tiefen des Erdreichs. Voß. (Sie)
fandten ein ftilled Gebet auf. Pyrker, Tuniflas 3. Und Leute,
die ih ausgefendet, fahen verichiednes Neif’geräthe nach dem Klo—
fter tragen. Schiller, Don Karlos 5, 9. Darumb ich dih befendet
hab. X. von Eyb. Herr Riepenhaufen hatte den fchönen Kopf dieſer
Figur (der Eharitas von L. d. Vinci), in Aquarellfarben, trefflic) copirt,
zur Ausſtellung eingefandt. Göthe, Tag- und Yahreshefte 1803.
(Daß er) die Gebete erhöre, die wir zu ihm emporfenden. Geiflel,
Rede bei der Grundfteinlegung des SKtölner Doms. Ich jeh’ den Bo-
gen der den Pfeil entiandt. Göthe, Fauft 2, 213. (ALS) der
ewillfommende Müller Charlotten und. Ben Hauptmann entgegen=
gefandt war. Göthe, Wuhlverwandtichaften 1, 7. (Bis er) feine
arme Königin nach Frankreids fortgejandt Shäffyenre, König Hein-
sth VI. 2 hl. 2, 2. Bon dem Kaiſer heimgeſandt. Pyrker,
Rudolph DB. Unſer Lehrer fendet uns ber. Kloyftod, Meſſias 4,
633. Siehe, die himmlische Geder, von meinem Vater erzogen, fen=
det noch kühlende Schatten herab. Klopſtock, Meffias, 3, 697. Und
ſandte zubllosichwirrende Pfeile heran. Pyrker, Zuniflas 9. Unſer
Fürſt endet mich zu dir herauf. Klopftod, Hermanns Schlacht 2.
223
Den uns der Gef aus Bien herüberſendet. Schiller, Piceolo⸗
mim 1, 2. Aus den tiefiten entlegenften Enden des nächtlichen Grab⸗
mals jandt’ er langiame Plagen hervor. Klopfiod, Meſſias 2, 138.
Sende bin ımd laß es (das Schwert) holen. Schiller, Jungfrau
von Orleaus 1, 10. Geichworen hat fie, ganze Zeuguugen hinab-
zuienden in des Vaters Grab. Schiller, 5, 1. Die gewaltige
Burzel jendet lebendigen Safts, ady! nur die Hälfte hinauf. Göthe,
Amyntas. Laß mid) mein legtes Ach zu Dir Hinüberjenden! (Höthe,
Meier Banderjahre 1, 1. Ehrmwürdiger Greis, es iſt genug,
wenn Du Befehle hinunter fendeft. Klopſtock, Hermanns Schlacht 2.
Ich hielt für gut den alten ſchwachen König in Gewahrſam und ſichre
Hut bewacht hinwegzufenden. Shakſpeare, König Lear 5, 3.
Sehr ungern ließ id meine Chaiſe zurüd, die man mir aber nad)
Goblenz nachzuſenden veriprad. Göthe, Campagne in Frankreich
Sctober. Das find die Wleticher, die des Nachts fo Donnern und und
die Schlaglawinen niederfenden. Schiller, Tell 3, 3. Ich habe
vergebens umhergejandt, um die Spuren feines Weges /aufzufin⸗
den. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 17. Und die Some verjen-
det alühenden Brand. Schiller, Bürgſchaft. Ich babe feinen zweiten
(Beil) zu verjenden. Sciller, Tell 4, 3. Aber nachdem ihr jetzo
die ringende Eileithya vorgeſandt an das Licht. Voß, Ilias 16,
188. it meinem Gatten bin ich hergeſchifft und nun von ihm zu
ſeiner Stadt vorausgeſandt. Göthe, Fauſt 2, 180. Doch dieſem
wilden Ufer jendet uns Apoll, der Delphiſche, mit Hoffnung zu.
Götbe , Iphigenie 2, 2. Einen Blick nach dem Grabe jener Habe
fendet noch der Menſch zurüd. Schiller, Glode.
Aum. 1. Stieler bat neh: bei—, nebenfenden — einen Gefährten beige
ſellen, einen Gefandten beigeben.
Yum.?2. Die Barticipien ſetzen je mit verfchiedenen Wörtern zuſammen, 3.8.
Kein gottgefendetes Licht war, ihnen zu feuchten, gefommen. Klopſtock, *445
Ras 9, 337. Jeſus, des Augebeteten Sohn, ber Daſ
10, 596
Geſandter d. i. der mit Feierlichkeit oder mit Formlichkeit geſchickt
iR; im Bejondern der hohe Staatsbenmte, der von jeinem Staate oder
feinem Fürſten zur Wahrung der Wechte derfelben an einen andern
Staat oder Fürſten, fo lange mit dieſem die Verhaͤlmiſſe friedlich find,
eſandt iſt und bier dauernd unterhalten wird. Davon Gejandt-
—* Abgeſandter drückt nur von dem Geſandten beſtimmt aus,
daß er von Jemanden geſandt ſei. — Ich komme als Geſandter
des Gerichts. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Er, der von Jugend
auf dem Staat gedient, beherrſcht ihn jeßt, und wirkt auf jene Höfe,
bie er vor Jahren ad Gefandter ſchon gefehen und gekannt und
oft gelentt. Goͤthe, Zaflo 1,4. Wir, .chrenvoll, geihügt von eigenen
n, erwarten kaiſerlich der Voller Abgefandten. Göthe,
immelgeſandte.
224
Fauſt 2, 88. D gewiß ans der Mondſtadt Konfkmtinspel: mitga
macht von dem Fieunde, dem Hauskapelan der Gefandtſchaft.
Voß, Luiſe 2, 288.
Botfäafter iſt eigentlich jeder ‚.det in feierlichen Weiſe mit einer Bots
fhaft, d. i. einem. hoben Auftrage ; verſendet witd; An Belondern aud es
fandter im engeren Sinne dieſes Wortes. Abgevrdueter (Deputierter) if
der in gehöriger Welje mie Heitimmten Borichriften binjichtlich feines Bex—
haltens Abgefchidte, Lefonderd von abhängigen Perfonen au höhere oder zu
höheren Angelegenheiten. — Die Perfünlichkeiten der Abgeortueten,
welche auf mi einen blelbendoͤn Eindruck gentacht haben, waren junächit bie
ded Ehurmainzifcheri erſten Botfchafterd‘.. . Für Efterbasn, der boh⸗
miihe-Gefandte, war nit groß aber’ wohlgebaut. — Leben 5. 8.
ih), Sendung: Ab—, Em—,
— Zeus, den reteniender
8 bei feiner thümlichen Sen:
Ba er feinen Weg richtet. Göthe,
heim nahm fidy vor mit ‘dem erften
and, freundlich, aber ablehnend, zu
are Einfendungen jedoch brach⸗
.. Göthe, Zag- und Jahreshefte
erjchiedene phyſi aliſche Inſtrumente
ckſendung ich die Exemplare des
Benn er gleich öfters wegen ver-
e bedeutenden Werke einen Fleinen
ſ. 1804. Dur Ueberfendung
mancher Artigfeiten. Göthe, Meiſters Lehrjahre 6. Um Alles aus-
zugleichen, muß. dieje ichnelle Wegiendung em Schritt der Meber-
legung ſcheinen.“ Shakſpeare, Hamlet 3, 5.
Sendſchreiben iſt ein mit einer beſondern Feierfichfeit an Seman-
den gerichtetes Schreiben. — Conrad Photorins Sendſchreiben an
Die Herausgeber des Magazins. Lichtenberg, Bemerkungen über Sprache:
Schreiben (fiehe ſchrei ben) Kundmachung än Shriftlicher Anrede, wenn
ein, gewifiee Verhältuiß der (Etikette oder auch des Cowentionellen (der Hof-
oder Umgangsfitte) angewandt oper- beobachtet wird. Zuſchrift drüdt ein
Schreiben oder einen Brief nach der beftimmten Nichtung as Jenanden aus.
. Brief tabd. pCbJrief, :brinf, mhd. brief, altn, breſ. entichnt-aus fat. breve
== furz, im Mittellat. brevis scriptura = furzes Schreiben) ſchriftlich Rieders
ı: gelegtes als Urkunde- Billet (franz. billet) ein Brief in verjäingfem Mapitab
aus Veranlaſſung eines augenbliclichen Jutereſſes verfaßt. — Als alles dieſes
vollbracht war, überlegte nıan den Inhalt des Briſe je s. Göthe, Meiſters Raus
‚ derjahre 1,12. Das Billet enthalte ein Glück, ſagt' er. Schiller, Doy Karlos 2,7.
Gefinde. (gotb. gasinthja, ahd. gäsindjo = Gefaͤhrte, gusindi,
mhd. gesinde — Reijegefolge, Hofſtaat, . Dienerichaft eines: Kürften)
225
früber auh Ingejinde (mhd. ingesinde) ift von dem’ früheren Be-
grijfe auf die dem niedrigften körperlichen Dienft thuenden Perionen eines _
Herrn oder Haufes übertragen, namentlid Knechte und Mägde. —
Sie jagte dem Gefinde, daß fie diefe Nacht hier bleiben würde.
Göthe, die neue Melufine. Du bift der Oberfte von allen Haug
efinde. Göthe, Fauft 2, 289. Dem frechen Hohn des defg
des ſchimpflich mich zu opfern. Schiller, Don Karlos 2, 2. i
ihrem Ingeſinde Rüdigers Tochter ging. Simrock, Nibelungenlied
1359, 1. 5
Dienerfbaft (von dienen, goth. thivan, ahd. diowindn, diondn, mhd.
dienen; gebört zu gotb. thivi, ad mhd. dia — Dienerin, Sclavin, woher
abd. diumuoti, mıhd. diemuot, deEmuot = Demuth) bedeutet allgemein eine
Gefammtbeit dienender Perfonen: im Befondern die bei einem Hausweſen zu
förperlichen Arbeiten in Dienft ſtehenden Perfonen, wenn fie nicht zu den ges
ringſten Arbeiten verpflichtet find. Dienftbote, eigentlich eine beim Hans⸗
wefen zum Ausſchicken und Belorgen bedienftete Perfon; Im Beſondern eine
zu den geringſten Arbeiten vernflichtete Perion. — Man mochte fih's nicht
ganz deutlich gemacht haben, daß durch diefe Anſtalt jeder Fürſt feine Dies
nerſchaft vermehre. Göthe, Leben 12. B. Nun hatten wir zu vernehmen die
Angft, die Gefahr, den nahen Nntergang unferer Dienerichaft und Habs
feligkeiten. Göthe, Kampagne in Frankreih 21. Eept. Man iſt mit niemand
mebr geplagt, als mit den Dienjtboten. ' Göthe, Meiiterd Lehrjahre 7, 5.
Gefindel (mhd. gesindelehe, älternhd. sindel, Berkleinerungs-
fom von Geſinde) gemeine verächtliche Leute, bejonders mit dem
NRebenbegriff des Umherſtreichens; auch bloß gemeine gering geachtete
Menge. — Nur ſchlecht Geſindel läßt fich fehn und ſchwingt uns
zum Berdrieße Die zerlumpten Müpen. Was rechte Leute find, Die
machen lieber den langen Umweg um den halben Flecken, eb’ fie den
Raden beugten vor dem Hut. Schiller, Tell 3, 3. Die Marodeurd
und Das a Gefindel. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 4.
Doch die Menge hält zufammen, viel Gefindel treu verbrüdert.
gr. Schlegel. — Unter allem Diebsgefindel find die Narren am
ſchlimmſten; file rauben euch beides, Zeit und Stimmmng. Göthe,
Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Sie jcheinen fürwahr ein
Höllengejindel. Göthe, Neinefe Fuchs 11, 270.
Der (felten das) Pack (altn. baggi, ſcheint gälifchen oder tomanijchen
Urfprungs, denn gäl. pac, armoricaifh pacq, mittellat. paccus, ital.
pacco, franz. paquet — kleiner Pad; vgl. lat. pactum, gr. paxelos, franz.
bagage, mittellat. bagagium, von baga — Kaiten, Reifelaften) eigentlich der
Troß eines Kriegsheeres, dann überhaupt läſtiger Haufe geringen Volkes;
dann in weiterer Yigur das P. niedrige, fchlechte, vergöhtete Zeute in Geſell⸗
ſchaft, alfo folche zufammengenommen. Grobzeug (mehr der Umgangsſprache
angehörig) niedrige grobe Menſchen. — Es ſchaut zu ihm ein großer Hauf'
von mandherlei Bemunderern auf; doch dieſen Bad, fo ſchwer und groß,
15
wird er wohl fchwerlich jemals los. Böthe, Neueſtes von PBiundersweiler.
Die ſchlechteſte Geſellſchaft läßt dich fühlen, daß du ein Meuſch mit Menichen
bil. Doch fo iſt's nicht gemeint, Dich unter das Pad zu ſtoßen. Götbe,
Fauſt 1. Run babe ich fie alle vor den Kopf geitoßen, den hohen Adel und
das bürgerliche Grobzeug. Blauren,
Aum. Das den Rechtsverhältniſſen des Mittelalters anßebörine Semper⸗
rei (sömpervri) ſteht für söntbaere vri, d. h. gerichtsfähiger (ſchöffenbarer)
le von sent = Gericht, von gr. fat. synodus. An fenden ift demnach
nit zu denken, eben fo wenig an fat. semper, oder gar an fendenbar.
Gewinten.
(Wurzel wan, win.)
Gewinne, gewann, gewonnen, gewinnen (abd. gawinnu, ga-
wan, gawunnumds, gawunnaner, gawinnan ; mhd. gewinne, ge-
wan, gewunnen, gewinnen, altj. giwinnan, agſ. gevinnan; ven
geth. vinnan, ahd. winnan, agj. vinnan, altn. vinna = leiden, fid
abmühen, mit Mühe erwerben) eigentlich durch Arbeit und Mühe nach—
firebend wozu gelangen; dann zu ehvas gelangen, ſei es vortheilhaft
oder nachtheilig; gewöhnlich Durch Zuſammentreffen glücklicher Umſtände
u etwas Angenehmem gelangen. — Ein Fiicher, der mit feinen Netzen
Brot und Zufriedenheit gewann. Hagedorn, der Fiſcher und der
Schatz. Drdnung lehrt euch Zeit gewinnen. Göthe, Fauſt 1, 95.
Hab’ fie (die Müße) joeben im Glücksrad gewonnen. Sciller, Wal:
lenſteins Zuger Z. Gehn Bauern drauf, ei, jo gewinnt der Kaijer
mehr Soldaten. Sciller, Piccolomini 1, 2.
Anm. Sm 15. und 16. Jahrh. findet fich noch vielfach das alte gewunnen.
Ab— , an—, lieb—, zufammengewinnen find feiner weiteren
Erklärung beduͤrftig. — Ein jeder Schritt, den unfer Streben dem
Reich der Wahrheit abgewinnt, er ift ein Schritt hinein in’s heitre
Geiiterleben. Ziedge, Urania 3. Die euch mit Lügen bejdjweren, nein
Leben mir abzugemwinnen. Götbe, Reineke Fuchs 5, 157. Geben
Sie nad), gewinnen Sie's dem ftolgen Herzen ab. Schiller, Bicco-
lomini 2, 2. Noch jonft ein andrer von den Hirten allen mag dir ein
gütig Lächeln abgewinnen. Schiller, Jungfrau von Orleans Pres
log 2 Ein Argus läßt fih angewinnen Weichmann, Poeſie der
Niederlachien 1, 87. Da Netber Mutter Telles licbgewann. Bür—
r, Nuchtfeier der Venus. Daß er... eine große Welt- und Men-
kenntniß, aber nur von der jchlimmen Seite, zufammengewon-
nen hatte. Göthe, Leben 6. B.
Anm. Früher waren noch einige andere Formen gebräuchlih. So hat 5.8.
Schmeller: aufgewinnen: die Thür anfgewinnen. Voc. von 1618.
Einem Rafenden kann niemand die gefchlofjenen Hind’ aufgewinnen. Orlopb,
Arzneybuch von 1488. Sechzehn Weinzieher zufegt den Laſt (die Leiche des Fet⸗
ten) ergwinnen (aufheben) Balde. Bergewinnen = ein Spiel verlieren,
227.
meiſt tm Scherz gefebt, am Mittelrhein. verwinnen. — Früher fagte man ans
für abgewinnen, fo bei A. von Eyb: Do die Römer ir angewunnen die
Gewinner; Gewinnung; Gewinn (ahd. gawin, agf. gevin,
mhd. gewin, bei Xohenftein meiſt Gewien) eigentlich Anſtrengung;
das was man in Beziehung auf etwas thut, daß man es bat, injofern
man es wirklich befommt; das Mehr, was man dur Thätigfeit im
Bergleiche zu dem Angewendeten erhält, überhaupt das, was durch ein
glückliches Ergebnig aus etwas Gefchehendem zufommt; im Bejondern
das, was und an Gut aus einer Sache zulommt. — Gewinnft (ahd.
und mhd. nicht vorhanden, bei Luther gewinſt) bezeichnet vorzüg⸗
ih das, was man gewinnt, ohne den Thätigfeitsbe Re von Gewinn
zu haben. — Der vorfihtige Gewinner fegte fich alsbald in eine
Poſtchaiſe. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1801. Als nad beinah
drei Stunden den hochaufwuchernden Einſatz alle getilgt, glutroth der
Berlierende, und der Gewinner. Voß, der Abendichmaus 63, Und
mehrt den Gewinn mit ordnendem Sim. Schiller, Glode. Man
liebt, ftatt niedriges Gewinns, das Schöne zu dem Guten. Voß,
das Gaſtmahl. Bol Gier nah ſchnödem Goldgewinn. Bürger,
die Entführung. Was ich glaubte verloren zu haben, würde mir Ge-
winnft bringen. Göthe, Benvenuto Gellmi 1, 2. Das Edle zu
ertennen ift Gewinnſt, der nimmer ung entriffen werden kann. Göthe,
Taffo 3, 2. — Dein Bortheil ift des Nachbars Ungewinn. Rüdert,
gef. Gedichte 1, 61.
Ausbeute (f. Beute S. 19) bezeichnet das aus einer Sache ung zus
kommende Gut, infofern wir e8 und zueignen, alfo gleichfam durch Lift, Ges
walt, oder überhaupt geradezu in Befig nehmen. Ausfalt (f. fallen) it
das und durch glüdtichen Zufall zufommende Gut. — Bortbeil (j. Theil
S. 96) das erfte, befiere Theil; daher das, was dem Einen in Vergleich zu
dem Andern zufommt, daß diejer gegen jenen zurückſteht; überhaupt das, waß
dem Einen im Vergleiche zu den Andern zukommt. Nupen (f. bei genies
Beu) das, wad man zum Verwenden wovon bat; überhaupt das, was Ses
manden zu gut fommt, ohne NRebenbegriff des Dergfeiches zu den Andern. —
Wobei die Diener entweder gewiſſenlos Bortbeil zogen, oder gewiſſenhaft
fih unangenehm und verhaßt machten... Hier gab fein Talent ihm eine ents
hiedene Ausbeute. Göthe, Leben 2. B. Nicht der eigne Nutzen regiert.
Euch, Euch regiert allein der Vortheil des Souverains, des Landes. Eben
darım mißtraut Euch, edler Kord, daß nicht der Nutzen des Staats Euch
als Gerechtigkeit erfcheine Schiller, Maria Etuart 1, 7.
Aum. Gewinn und Gewinnt werden nicht immer genau geichieden,
En fügt z. B. Söthe: Er tbar einen anfehnfichen Zotteriegewinuft. Wabls
wrwandtfchaften 9, 2. Erbſchaft, Kottertegewinn wurden wecjfelfeitig ver
findigt und mitgenoflen. Leben 11. B.
Geld-— , Hohgewim u. a. — Ohne eigentlichen reellen Geld-
gewinn. Schiller, Brief. mit Göthe 4, 51. Schatz iſt fie (die Zeit),
15%
L)
228
Hochgewinn. Göthe, Fauſt 2, 218. Sei er zum Anbeginn fleigen-
dem Vollgewinn diefem gefellt! Daſ. 2, 338. Der Voͤlker brei⸗
ten Wohngewinn Daſ. 2, 306. Der Zeitgewinn von zwölf
bis vierzehn Tagen ift jo beträchtlich nicht. Schiller, Briefw. mit
Göthe 2, 245. Beiden zu höchlichem Ruhmesgewinn. Göthe,
Fauſt 2, 223.
Gewinnfucht, — ſüchtig das Streben, viel und überall zu gewin-
nen; das Ausgehen auf Gewinn, ohne gerade Andere von dem zu
ewinnenden Gute ausfchließen zu wollen. — Alle durch den Geift der
ewinnjuht an einander gezogen. Schiller, Abfall der Niederlande
1. B. das Inquifitionsgericht. Die Gewinnſüchtigen harten und
möchten erfahren, wie der Verfauf der Waaren ausgefallen und bered)-
nen ſchon im voraus die Summe des reinen Erwerbs. Göthe, Mei:
fters Wanderjahre 3, 13.
Eigennug (f. genießen) übermäßige Begierde nach Gut, infofern fie
hberbaupt darauf gerichtet iſt, was Vortheil und Genuß gewährt, und bier:
von Andere auszuſchließen fucht, alfo ausschließlich im Nugen fein will. Hab:
ſucht (von ſuchen, goth. u. altj. sökjan, ahd. suohhan, söchjan, mhd.
suochen, agf. soecan, secan, altıı. soekja, ſchwed. soeka, engl. seek, ron
aoth. sakan, ahd. sahhan — auflagen, fragen, woher any Sache, abd.
sahha, mhd. sache, urfpränglich Anklage, wie noh in Sachwalter) das
feidenfchaftliche Streben nah Habe, ohne cin Mittel zur Erwerbung auszu⸗
drüden oder zu beftimmen. — (Er hatte) ihrem Cigennupe gefchmeichelt.
Gothe, Meifters Lehrjahre 5, 16. Dann reißt er feine Güter eigennügis
gen Pächtern aus den Händen. Göthe, Götz von Berlichingen I. Sähe man
fich einer jtrengen, kühnen, unbedienten Habincht ausgefegt. Götbe, Egmont 4.
Gewinnbar, —begierde, —begierig, —gierig, —theil u. a. —
(Die Sade) ohne Wunder fat gänzlih ungewinnbar ausfiebt.
Lichtenberg, Beil. 3. Epiftel an Göbhard. Und einigt duch Gemwinn-
luft taujend Völker. Haug. Auch die Gegenwart W. Schlegel$ war
für mid) gewinnreich. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1799. Ein
für Wahrheit gewinnvoller Meinungsfampf. Sender Literatirzei«
tung. Eine glüdlihe Gewinnſpähe (Speculation). Campe.
Ueberwinden ift unorganiſch ftatt überwinnen (abd. upar-
winnan und uparwintan, agf. oferwinnan, mbd. überwinden, ge—
bildet au8 ahd. uberwint, ubarwant = Sieg) durd) Kraftanftrengung
über einen Gegeuftand Herr werden. — Davon Leberwinder (abd.
ubarwindäri), Weberwindung, unüberwindlich. — Einander
mit tangen und fpringen im groffen vortheil überwinnen G. Rol—
lenhagen (+ 1609) Froſchmeuſeler I. 1, 2. Mein Stolz it über-
wunden. Schiller, Don Karlos 1, 2. Auf Steinau’s Feldern ſtreckt
das fchwediiche Heer die Waffen, ohne Schwertitreih überwunden.
Schiller, Biccolomini 2, 17. Kennet ihr nicht die Gejeße unferer har-
ten Ueberwinder? Göthe, die erfte Walpurgisnacht. Es bat mir
— 2 ZU
nicht wenig Ueberwindung gekoſtet. Klopſtock, Gelehrtenrepubfif.
Und erwedte unter dem Volke eine unüberwindliche Begierde, ihn
aäher fennen zu lernen. Göthe, Meifterd Lehrjahre 2, 4.
@tegen ') (ahd sigindn, mhd. sigen, agſ. sigrian, altu. sigra, von
Sieg, aoth. sigis, ahd. siku, sigo, mhd. sige, agf. sige, sigor, altn. sigur,
sigr) allgemein über Entgegenitehendes die Oberhand gewinnen, In tranfls
tiver Bedeutung ſteht befiegen. Uebermannen (mhd. übermennen)
Mann (goth. mann und manna, Abd. altf. mhd. man, agſ. man, mon, altı.
madhr, Genitiv manns, in der älteiten Sprache eher dem gr. uvdporog, lat.
home — Menſch, ald dem are, lat. mas — Mann entfprehend; nad Bader:
nagel zu mabnen, manen, Minne, minne gehörig, denkendes We;
fen bezeichuend) werden über die entgegenflebende Perfon; dann überhaupt
über Lebended. Ueberwältigen (f. walten) die Oberhand über einen
Gegenſtand, eine Berfon, gewinnen durch Anwendung von Gewalt. — (Jery:)
Ich ftreite für Dich umd werde beiicat! (Bately:) Nein, Jery, du haft
wich gerächt, auch überwunden haſt dn gefiegt. Sieh, er (der Gegner)
treibt jein Dich hinweg, er macht dem Unfug ein Ende. Goͤthe, Jery und Bä-
tt. Das ü bermannt mich fo fehr: Göthe, Kauft 1, 183. Die Trevirer
waren in’s römiſche Reich eingefchlofien, erft Heiden, dann Chriſten, von
Rormannen und von Franken überwältigt. Göthe, Campagne in Frant⸗
reich, Zrier 29. October. i
Unm. Ueberwinden fommt auch ohne näheren Beifag im Sinn von ſter⸗
kavor. — Rur Wenige veritehn, was Dem für Ehren bleiben, der liegt und über:
zuuden bat, dem ewigen, dem gottigeweihten Menfchen, der auferfteben fol.
Kepitod, die Königin Luife.
Serwinden (mhd. verwinden, verwinnen) Schweres überftehen ;
mt zugekommenem, widerfahrenden Uebel, oder mit etwas, was übel
capfunden wird, dahin kommen, daß es aufhört, und man gleichlam
darüber Herr wird. — Das ers fein lebtag nicht verwunn (ver-
winnen). B. Ringwald, die lautere Wahrheit. Denn jo lange fie
* nun fie jchwerlich die Schande. Göthe, Reinefe Fuchs
Verſchmerzen (von jhmerzen, ahd. smerzan, nıhd.smörzen, |. Schmer;)
die unangenehme, ergreifendere Empfindung, welche ein Uebel macht, verlie-
ten. — Berjchmerzen werd’ ich dieſen Schlag, das weiß ich, denn was
verihmerzte nicht der Menih! Vom Höchiten, wie vom Geringiten, lernt
er fi entwöhnen, denn ihn befiegen die gewalt’gen Stunden. Schiller, Wal:
lenſteins Tod 5, 3.
Amm. B. Badernagel rechuet zu winnan auch Wonne (ahd. wunna,
wanni, wunno, mhd. wünne, wunne, altſ. wunia, wunnia, agſ. vyn, vynn,
)Badernagel rechnet fiegen zu mbd. sigen — ſich ſenken, finken (ſ.
leihen); Srimm (@r. IL, 17; vol. 475 f.) iſt zweifelhaft, ob er das Wort zu
rechnen ſoll; die Redensarten siku nöman, siku winnan flimmen ihm nicht
dafür; vielleicht darf man, fagt er, an sihen und seigen (ſ. feiben) veufen.
20
vynne) mit der urfpränglichen Bedeutung bearbeitetes Wiefenfand (gotb. vinja
— Grasgrund zur Beweidung, abd. winne — Grasfütterung, winan — bewei«
den), dann finnbildlih Augen» und Seelenweide, Freude, eu, Eher dürfte man
vielleicht an altn. una, geth. vunan — mohlgemuth, vergnügt fein denken. Xeb-
teres jeiat fih im goth. unvunands — Belümmerniß tragend. — Mit Wonne
it wol Wunſch (ahd. wunsc, mhd. wunsch) wurzelverwandt. — Kann bei Beis
den an Wurzelverwandtfchaff mit goth. vens = Erwartung, Hoffnung, venjan =
hoffen gedacht werden?
Binden,
(Wurzel ban—d, bin—d '); band, bind; fanffr. bandh, bundh.)
Binde, band, gebunden, binden (ahd. pintu, pant, puntumd&s,
puntan@r, pintan; mhd. binde, bant, bunden, gebunden, binden;
goth., agſ. alti. bindan, altfriej., altn., jchwed. binda, neufrief. byn-
nen, neuniederd. binnen, Bolfsfpr. binne) bedeutet allgemein unver-
einigte Dinge feft mit einander vereinigen, und zwar allgemein vermit-
telft Verjchlingend und Knüpfens um einen Körper herumbiegen oder
legen: ein Tuch um den Kopf, ein Band um den Hut; in weiterer
Bedeutung 1) vermittelft eines Bandes an einen Körper befeitigen:
die Hände auf den Rüden; 2) mit Banden belegen, um feft zu machen:
einen Berbrecher, das Fuß; 3) einzelne Dinge durdy Bindemittel zu
einem Ganzen vereinigen: Garben, Beſen, ein Bud; 4) feft zufam-
menhängend machen: der Leim, der Kalf bindet gut; 5) die freie Be-
wegung einer Sache verhindern, eine Sache in gewiffe Grenzen ein-
fchliegen: einem die Zunge binden, in gebundner Sprache fchreiben ;
6) die Freiheit des Willens hentmen, verhindern: durch einen Eid bin-
den; 7) von etwas abhängig machen: die Freundfchaft ift nicht an Ort
und Zeit gebunden; 8) (in der firchlichen Sprache) die Vergebung der
Sünden nicht erteilen, Gegenjag von löſen; 9) ein Elavier binden,
es jo einrichten, daß die meiſten Saiten für zwei Töne und zwei An—
Ihhläger dienen müflen; 10) (Volksſprache) das bindt’s, das macht die
Sache ganz, fertig, meilt in ironijhem Sinne. — Man bind’ ibn an
die Linde dort! Schiller, Tell 3, 3. Ich bind' es dir auf deine
Seele. Göthe, Götz von Berlichingen 5. Und jeder Arm erwacht,
den, und zu Xieb’, der Geift mit Zauberichlaf gebunden. " Wieland,
Oberon 6, 14. Das Platte kommt nirgends fo in’s Licht, wenn es in
ebundener Schreibart ausgefprochen wird. Schiller, Briefm. mit
öthe 3, 327. Drum prüfe, wer fid) ewig bindet, ob ſich das Herz
zum Herzen findet. Schiller, Glocke. Denkt Ihr, daß fte ſich durch einen Eid
1) Das d gehört wahrſcheinlich zur Ableitung. | verdient das alte
bönna = bänrifcher Korbwagen, bei Alberus bene. fchweiz. bänne, bater. bens
nen, deutſchlothring. beun, bier und da behner, behnerich, behnert. Bol.
franz. la banne, le banneau. — Benna lingua gallica genus vehiculi ap-
pellatur. Festus. Auch das gältjche bann = Band ift für die Wurzel ban beweifend.
231
gebunden glauben werden? Schiller, Piccolomini 3, 1. Kann
man’s nicht in Bücher binden, was die Stunden dir. verleibn ...
gormel hält uns nicht gebunden, unire Kunft heißt Poeſie. Uhland,
freie Kunft. Es iſt das wahre Glück an feinen Stand gebunden.
Hagedorn. — | | |
Seften (aoth. haftjan, ahd. heftjan, heftan, mhd. heften, tranfitiv von
baften, abd. haflEn, mhd. haften, gehört mit dem Adj. haft, goth. halts,
ahd. mbd. haft, altn. haptr und dem Subſt. die Haft, mhd. der haft und
diu haftunge zu haben) Dinge mittelft eines Bindemitteld an einander bes
feftigen , fo daß ihre Oberſtächen oder ihre Enden feit an einauder find.
Kenäüpfen (goth. hniapan, abd. knuphjan, chnupfan, mhd. knüpfen) durch
einen Knopf (ahd. ch(k)nopf, mhd. knoph, knopf, altı. hnappr) d. i. eine
iefte Verſchlingung von Dingen, die früher unvereinigt waren, verbinden. —
Bir heften uns an feine Sohlen, das furdtbare Gefchlecht der Nadıt.
Schiller, Kraniche des Ibycus. Zwiſchen Menſchen, Göttern und Heroen
uüpite Amor einen fhönen Bund. Schiller, Götter Griechenlands.
Abbinden 1) den Gegenitand aus feinen Banden herausnehmen
und ihn von dem Gegenftande trennen, mit welchem das Band zuſam—
menbielt; 2) durch Binden oder Aubinden trennen, abfohdern: eine
Barze, ein fängendes Kalb; 3) (bei verſchiedeieen Handmwerfern) die
Verbindung einer Sadye zu Stamde bringen, fertig binden; 4) (früher)
mit furzen Worten jagen. — Ich hatte eine Fleine Warze am untern
Augenlied, man hat mir fie glüdlih abgebunden. Göthe, Meifters
Lehrjahre 7, 5.
Rosbinden. (von los, goth. läus, ahd. mhd. los; vgl. gr. Av =
löfen) bezeichnet ein Löſen oder Aufmachen der Bande, ohne zu beitimmen,
ob der Gegenftand, der gebunden war, aus denfelben herausgenommen werde
oder nicht. — Bid er den Kahn vom Ufer [08 gebunden. Schiller, Tel
1, 1. Die lodsgebundenen Furien der Wuth ruft feines Herrfchers Stimme
mehr zurüd. Schiller, Wallenſteins Tod 3, 20.
Anbinden 1) durch Binden an etwas befeftigen
das Ufer; 2) befchenken, befonderd am Namenstüge (ı
das Subit. das Angebinde; die Volksſprache hat a
binden); 3) ſich in ein näheres (meift feindliches)
laſſen; 4) (Volksſprache) zuweilen ftatt abbinden
nun wieder mit ihm anzubinden. Göthe, Leben
urz angebunden war, das iſt nun zum Entzücke
Fauſt 1, 133. |
Anm. Die Redensart „Purz angebunden” erklärt Ndelung dabin, weil man
—— was im eigentlichen Verſtande kurz angebunden iſt, leicht und bald haben
u.
Aufbinden 1) wit einem Band auf etwas befeftigen: dem Pferde
den Manteljud; 2) in die Höhe binden: das Haar, die aufrankenden
Gewaächſe an Stäbe; 3) alles binden, was zu. binden; 4) Jemanden Lee⸗
232
res für feite Wahrheit geben, befonders mit Mißbrauch der Leichtgläu-
Digfeit des Anden; 5) Zugebundenes durch Auflöfung des Bandes
öffnen; 6) (früher) erheben, fteigern, 3. B. mit Zorn aufbinden,
den Zorn heftig erzeigen extollere indignationem. art vor
1618. — Ich Tieß ihn einen Mantelfad aufbinden. Göthe, Ben-
venuto Gellini.2, 8 Die aufgebundenen Zöpfe der Frauen.
Göthe, ital. Reife Trient 11. Sept. Weil es ſchien, als ob fie Luſt
babe mir etwas aufzubinden Göthe, die neue Melufine Nur
den Schnappſack aufgebunden! Platen, die verhängnißvolle Ga-
bel 1. Als die aufgebundene Serviette einen verworrenen Haufen
fpannenlanger Puppen jehen ließ. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 3.
Eben komme ich von Morig, deſſen geheilter Arm heute aufgebun-
den worden. Göthe, ital. Reife 6. Januar.
Großthun (groß, ahd. kröz, mhd. gröz, agf. greät, nah Beders
fehr zu bezweifelnder Annahme von ahd. gröjan [diefes fteht für kruojan,
gruen — grünen], vielleicht verwandt mit lat. gravis) mit überbebender
Uebertreibung oder mit Grundlofigkeit in Beilegen oder Schautragen wirk⸗
licher oder vermeinter Vorzüge fi) äußern, fei es nun durch Rede oder Hands
lung. Diefer Begriff tritt noch ſtärker und erweitert hervor in dem uhd.
prahlen (wahricheinlih das aus franz. brailler — laut und ungeſtüm
reden eingebürgerte gleihbedeutende plattd. prälen, oder das aus mhd. brogen,
engl. brag — groß thun, Stolz fich erheben fortgebildete oberd. sich b(p)ro-
gein — groß thun, ſich prahlen); dann im Befondern: fchautragend zu Eıs
weckung größerer Meinung fund geben. Großſprechen (f. ſprechen ©.
72) bedeutet großthun in Worten, daneben auch mit Mebertreibung verfprecen,
ohne das Verfprochene zu halten, Aufichneiden (j. [hneiden), wofür
man au, den Urjprung der Anwendung diejes Ausdrucks anzeigend, ſagt
„mit dem großen oder langen Mefjer fehneiden, ein großes oder langes Mefier
führen oder brauchen”, bedeutet Wahres oder Unwahres, wovon man fprict,
durch übermäßige Vergrößerung übertreiben, wobei eine Grundlage, etwas
MWirkliched vorausgefept wird... Wind machen (f. Wind, am Ende von
winden) ohne innere Wirklichkeit viel aus fih machen, dann etwas ohne
innere Wirktichkeit, ohne Gehalt erzählen, oder ins Große es treibend fih
äußern. Weismachen, nicht weißmachen (ahd. wisiduan, wisituon = _
weife thun, Jemanden etwas fund thun) älternhd. Jemanden etwas zu wiffen
thun, ihn defjelben fundig machen, ihn davon in Kenntuig ſetzen, uhd. gemöhn-
lid Zemanden etwas glauben machen, was nicht fo oder gar nicht fit. Auf⸗
beften (f. beften ©.231) Iemanden etwas glauben machen, um ihn zum
Beſten zu haben oder in ungnter Abficht, zeigt (im VBergleith zu aufbinden)
einen flärfern Mißbrauch der Leichtgläubigkeit des Andern durch größeres
Wahrſcheinlichmachen des Dargeitellten an. Aus den verglichenen Berben
erflären fich die Formen: Aufbinder, Brahler, Prahlhans, Auf:
fhneider, Großſprecher, Großtäner, Windmacher, Windben⸗
tel, Prahlerei, prahleriſch, großſprecheriſch ꝛc. — (Ich) konnte
; | 238
dann und wann mit ziemlich vollländiger Recitation einer Predigt groß⸗
thun. Göthe, Leben 4. B. Stolzirft einher und thuſt fo groß! Göthe,
Fauſt 2, 146. Um eine großthuige, verachtende Manier gelten zu machen,
befigt er viel zu wenig Kenntniſſe. Göthe, ital. Reife, Rom 2. Der. 1786.
Prahlſt du mit des Auges Blut?! Schiller, Melandholie an Laura. Und
du ſchämſt dich nicht, damit groß zu prablen? Schiller, Räuber 1, 2.
Zap du vernichtet doch wär, Großprahlender, und ungeboren. Voß,
Odyſſee 18, 79. D du beillofer, erbärmlicher Prahlhaus! Schiller, Räus
ber 1, 2. Es ift wahr, der Prahler, den Plautus fchildert, ift ein Soldat;
aber feine Prablereien beziehen ſich nicht blos auf feinen Stand und feine
friegerifchen Thaten. Er if in dem Punkte der Liebe eben fo großfpres
cheriſch. Leſſing, Hamburg. Dramaturgie 1, 21. (Er macht) die Groß⸗
fprecherei jenes Helden durch Wortfpiele lächerlih. Göthe, röm. Karneval.
Kängft du nun an? Du Großhans! Göthe, die Fiicherin. Run, Mers
fur, verleihe mir die Gabe des Auffchneidens?), weil du fo gut von den
Rarren fprihit! Shakfpeare, was ihr wollt 1, 5. Gr war ein allerliebfter
Heiner Aufichneider... Er war, außer feiner Anffchneiderei, ein
Knabe von guten Sitten. Göthe, Leben 3.8. Wentt ich nicht nach und
nach, meinem Naturell. gemäß, dieſe Kuftgeflaften uud Windbeuteleien zu
funjtmäpigen Daritellungen hätte verarbeiten lernen, fo wären foldhe auf-
ſchneideriſche Anfänge gewiß nicht ohne ſchlimme Folgen für mich geblies
ben. Daj. 2.8. Star macht gelehrten Wind. Rabener, die Unentbehr-
lichfeit der Reime. Sie können vor der ganzen Stadt ald Windmacher
da ſtehen! Schiller, Kabale und Liebe 3, 2. Wenn fie... . vieleicht von
einem abeligen Windbeutel berumgeholt (wird). Daſ. 1,2. Gar manches
bat er euch weis gemacht. Göthe, Epigr. 78. Dieje Weismacher thuu
der Wahrheit einen ſchlechten Dienit. Claudius, 2. Gefpräh, die Yreibeit
betreffend. Was hat uns der Lügner nicht alles aufgebeftet! Göthe,
Reineke Fuchs 7, 98.
Anm. Die Bolksfprade jagt für Prahlhans auch Windlipps, Dids
maher (didmeher), Strunzer. Strunzen, in Schwaben itrungen =
gropthun und nıüpig berumlaufen,; bei Alberus Strünßere = ein log weib,
das vmbher flreiht; Strünger — limberitreicher; niederfächf. Strüne, wirz«
burg. Strenz, auf dem Weſterwald Stronz — faule Dirne, Gaſſendirne. Bal.
mbd. striunen, gesiriuaen —= einen Gewinn machen, baieriih ſtreunen — nah
guten Bijjen, Meinen Genüſſen uud Vortheilen umberjuchen; agf. jogar strynan
bearn — Kinder gereinnen, d. i. erzeugen; mittelrhein. ſtrenzen — heimlich
Kleinigkeiten, bejonders Eßwaaren entwenden.
Einbinden 1) tinen Körper in einen andern hüllen und diejen
zubinden: junge Bäume in Stroh; 2) mit einem Einbande (Bande)
veriehen: ein Bud); 3) bei der Taufe oder der Firmung dem Pathen
ein Geſchenk geben, gewöhnlihd Geld, welches fonft in die Windeln
oder in die Zirmbinde gebunden wurde; 4) dringend empfehlen, daß
1) So hat die Andg. von 1841; die frühere von 1826 (die ich in der Regel
führe): Die Gabe des Xügens.
234
es im Gedächtniß feſt halt. — Rur fehlt der Zopf, in den ich deine
Haare einzubinden bitte. Göthe, Meifterd Lehrjahre 8, 1. Nicht
leicht hat ein Autor fih jo prächtig eingebunden —— Goͤthe,
Meiſters Wanderjahre 2, 4. Da war m ganzen Reich fein Thier,
das nicht dem Prinzen oder ihr was eingebunden hätte Pfeffel,
das Eingebinde.
Die Synonymen f. bei einfhärfen ©. 115.
Entbinden 1) das Band Löjfen, von Banden befreien; 2) von
einer Verbindlichkeit, dann auch von etwas Unaugenehmem oder Be—
fchwerlichem befreien: Einen jeines Schwures; 3) von der Leibesfrucht
befreien (|. ©, 34); 4) von dem Körper fcheiden, mit dem etwas ver-
bunden war: die Luft chemiſch. — Die Fahnenjunfer entbanden
joldye (Fähnlein) dem ragenden Schaft. Pyrker, Rudolph 11. Glaubt’
ich mich aud) der Nothwendigkeit entbunden, ihr von diefem Schritte
Gründe anzugeben. Schiller, Don Karlos 3, 10. Der Tod entbin-
Det von erzmungnen Pflihten. Schiller, Tell 5, 1. Bir irren alle-
jamt; fein Menſch fann ſich entbinden (ausnehmen), als ſei er
tadelfrei. Opiß.
Verabſchieden (ſ. ſcheiden), Abſchied geben und Abſchied er-
theilen find die allgemeinſten Ausdrücke, um Jemanden zu erklären, daß
deſſen Dienſtverpflichtung aufgehört habe, und können von Perſonen jedes
Standes und jedes Dienited gefagt werden. Verabſchieden — mahen, daß
Jemand von feinem Dienfte ab d. i. aus feinem Dienfte feheidet, ihn nicht
mehr bat. Abſchied geben und Abſchied ertheilen fagen dies deut⸗
licher und darum nachdrücklicher Cdiefes feierlicher und mit höherer Achtung),
zumal da das fhriftliche Zeugniß des Dienftanstrittes, das der Bedienftete
(beſonders der Eoldat) empfängt, ſelbſt Abſchied genannt wird. Entlaf-
fen (I. laffen) und von feinem Amte entbinden weijen zunächit auf
Befreiung von der Dienftpfliht bin, durch welche der Bedienitete gehalten
oder gebunden iſt, und verbinden nicht felten den Nebenbegriff, daß man durch
den Dienft beläftigt werde und ficy nach der Aufhebung der Dienftpflicht jehne.
Entlaffen it allgemeiner, entbinden ehreuvoller in feiner Bedeutung.
Abdanken (f. danken S. 166) jagt man, wenn man Jemanden in feinem
Dienite nicht mebr haben will und ihn aus demfelben fortfchidt, gleichfam
danfend für feine ferneren Dienitleiftungen, e8 mag nun dieſes Danken belo»
bend oder ironifch fein, und zwar mit dem Nebenbegriff, daß der Bebdienitete
“fort (ab>) geben jolle, weshalb das Wort denn auch vorzüglich nur von ges
ringeren Perſonen ſteht. Ab- und erfegen (f. fegen) bezeichnen den Bes
dieniteten als in einer Würde ftebend, d. h. durch feine Stellung über das
Gemeine erbaben, und verbinden den Nebenbegriff der Unzufriedenheit der
Behörde mit feiner Amtsführung. Abſetzen ift ftärfer als entſetzen und
bat deutlich den Rebenbegriff des Erniedrigene. — Ein Paar meiner guten
Freunde, die anderwärts ſchon wären gehangen worden, bat er mit einem
Buckel voll Schläge verabfhiedet. Göthe, Egmont 4. So hätte ich ibm
gern den Abſchied gegeben. Göthe, Benvennto Gellini 2, 8. Des Eides
gegen mich entlaif’ ich fie. Schiller, Yungfrau von Orleans 1,5. Daß
er ihn feiner Aemter eutlaffen möchte Schiller, Abfall der Riederlaude
42. Laß und diefe Scherge abdanken und in vollem Grufte ſprechen.
Shakiyeare, fo wie es euch Mänt 1, 8. Sie werden ibn abfetzen, «8
wird Alles wieder jo werden, wie zu Megensburg. Schiller, Wallenſteins Tod
3, 3. Sie fam ins Land als eine Mörderin, veriagt von ihren Boll, des
Throns entiegt. Schiller, Maria Stuart 1, 1.
Berbinden 1) mehrere Dinge an einander binden; 2) Durch
Binden verichließen, zubinden; 3) m verſchiedene Theile legen und bin
den: allen Flachs in Kloben; 4) durch, zum Binden verbrauchen: die
Strohſeile find jchon wieder verbunden; 5) (Schifferfprache) im Bin-
den verändern, anders binden, umbinden; 6) falich binden, beſonders
bei den Buchbindern; 7) fih mit Jemanden verbinden, in ein engeres
Verhältnig mit ihm treten, eine gewiſſe Abficht zu erreichen; 8) machen, -
daß Jemand durch Bewegimgsgründe zu etwas gehalten tft. — Die
Augen nur laß dir verbinden, Knabe! Schiller, Tell 3,3. Seine
Geiellfchaften, Gaftmahle und Gelage haben den Adel mehr verbun-
den und verfmüpft, als die gefährlichiten heimlichen Zufammen-
fünfte. Göthe, Egmont 1. Damtt fie fich gleich zufrieden finden,
und feiter fi mit und verbinden. Schiller, Wallenfteins Lager 2.
So verbind’ ich mich euch auf vier Wochen. Göthe, GöB von Ber-
lichingen 5. Ich dachte nicht, daß ihr nicht einmal zu dem verbun-
den jeid, was ihr verfprecht. Daf. 4. Ich bin Ihnen jehr verbun-
den. Schiller, Fiesko 3, 10. Ä
Verpflihten (I. pflegen), Härter ald verbinden, drüdt aus: machen,
dab Jemand aus den färkiten fittlichen Bewegungsgrlinden wozu gehalten if.
— Ihm Wort zu haften bin verpflichtet ich, allein auch dir verbänden
fühl’ ih mich. Platen, Schap des Rhampfinit 5.
Yum. Für verbiuden wird and das fremde obligieren (franz. obli-
ser, aus lat. obligare — vers, zufaumenbinden) gejagt.
.Ans—, be—, bei—, durch , berum— , binauf—, nab—,
zieder— , über—, um— , umber—, unter—, vor—, Weg—,
* zu—, zurück—, zuſammenbinden bedürfen feiner weiteren
aͤrung, find jedoch nicht alle gleich im Gebrauch. — Da ſtand ſte nun
wie fie gewöhnlich in den Garten ging, ihre braunen Haare theild um die
Stime fallend, theils in ſtarken Zöpfen zurüdgeflochten und mit einem
binaufgebunden. Göthe, der Samunler und die Seinigen 2.
Brief. Als Hagen das erfchaute, den Helm er feſter überband. Sim—
tod, Ribelungenlied 1675, 4. Denn er umband mit dem Riemen die
Schnen ihm unten am Knöchel. Voß, Ilias 17, 290. Die Nabel:
ſchuur it nit unterbunden worden. Schiller, Räuber 4, 3. If
man mit dem Zetteln fertig, fo wird das Geriipe unterbunden.
Goͤthe, Meifters Banderjahte 3, 5. Dusch Briefe, die man Tauben
236
unterband. Hauswald. Nur erſt die reinlihe Schürze bind’ ich
vor. Voß, Luiſe 3 a, 101. Die Nugen zugebunden haft du mich
fchnell gefunden. Göthe, blinde Kuh. Aber der verbultene Jubel
fprengte ihm faft Die zugebundene ge auf. 3. Baul, Heſperus 7.
Wie mein Ahnherr Richmond die zwei Rojen zufammenband nad
blut’gem Streit. Schiller, Marie Stuart 1, 7. Doch Alle führt au
gleich gewalt’gem Zügel ein Einziger, durch a: Lieb’ und Aurcht
zu Einem Bolfe” fie zufammenbindend. Schiller, Piccolomini 1, 2.
(Indem) ein fchnelles lebhaftes Gefpräh alle gefchwind zufammen-
verband. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 10.
Anm. 1. Früher waren uoch andere Zufammenfegungen im Gebrauch, 3. 8.
ahterbinden d. i. hinten anbinden bei Stieler. Derjelbe bat auch ausbin=
den — laxare, liberare, enodare, dissolvere.
“ Anm. 2. Die Partic. fepen ſich mehrfach zufammen, z. B.: Fortzieh'n die
länderverbindenden Straßen. Pyrker, Rudolph 4. Wie enggebunden ift
des Weibes Glück! Göthe, Zpbigenie 1, 1. An Ihrem Grabe knier ih, feſt⸗
gebunden, und fenkte tief den Geiit ins Todtenreih. Uhland, Rüdleben. Löſche
nur den Durft nah Wonne, Gramentbundner, in Walhalla's Ruh’! Schiller,
Leichenphantaſie.
Anm. 3. Es ſcheint ſchweizer. Provinzialismus zu fein, wenn es in einer
Anftruction von Chur in der Augsb. Allg. Zeitung 1847 Nr. 290 heißt: „Daß
die Derantwortung der Kolgen der Stand von Graubünden von ſich ablehne, und
ſolche mit Grund denjenigen überbinde, welche fi bartnädig weigern, ſolchen
Beſchlüſſen pflihtmäßig Folge zu geben,
Binder (ahd. pintäri, mhd. bindaere) der da bindet; ift einfach
wenig, mehr in Zufammenjeßungen im Gebraud ; fo au Bindung
(Handlung des Bindens): Be Buch —, Bürſten —, Faß —,
Garben —, Weißbinder. — Andere (Aehren) banden in Garben
bereits mit Seilen die Binder; denn drei Garbenbinder ver—
folgeten. Voß, Ilias 18, 553. Wie der Schnitter im Kranz und
die Binderin ſchmauſen zu Mittag. Voß, Luiſe 1, 581. Sie iſt
der Feenwelt Entbinderin. Shakiveare, Romeo und Julie 1, 4.
(Da ward getanzt) wie mit der — jo mit der Beſen—
binderin. Bürger, die Weiber von Weinsberg. Der Buchbinder,
der jedes Blatt auf ftarfes Papier aufzog, that fein Beſtes, die bier
und da durch unire Fahrläffigkeit zerrifienen Ränder auszugleichen und
herzuſtellen. Göthe, Leben 4 B. — Mundbinder bat Opig,
d. poem. 1625. ©. 63. — Dreißig Wochen nad) dieſem lieft e8 (das
Volk) von der glüdlihen Entbindung (der Königin). Schiller,
Don Karlos 3, 4. Das junge Paar hatte fid) nad) ihrer Berbin-
dung an einigen Orten nad) En agement umgejehen. Göthe, Meifters
Lehrjahre 2, 9. Neben feiner Kamilie mußte er feine Freunde, alle
Fremde , die nur mit feinem Haufe in einiger Verbindung fanden,
immer bei Tifche ſehen. Da. 1,11. Durch Ideenverbindungen,
Die oft Berjchiedenartiges aneinanderreis’n, (kam er darauf). Platen,
237
die verhängnigvolle Gabel 1. ine unvermuthete Folge verfchiedener
Bortverbindungen. Herder.
Mit Berbindung (überhaupt das engere Berhältniß, in welches Eins
zu dem Andern kommt, oder In welchem Eins zn dem Andern if) ift finn⸗
verwandt Verknüpfung (ſ. verknüpfen ©.2835), zunächſt die Vermachung
zu einem Knoten (Knopf), danı allgemeiner die feitere, ſchwer zu Idiende
Berbindung. Zufammenbang (|. bangen) das Aneinanderfein von Dingen,
daß eins an dem andern hängt, hält. — Jeden freuet die feltne, der zierlichen
Bilder Verknüpfung (bei einem Raäthſel). Böthe, Alexis und Dora.
Dieje drei Städte ftanden unter einander in dem genaueften Zufammens
bange. Schiller, Abfall der Niederlande 8. B. N
Binde (ahd. pinta, mhd. binde) eigentlich Alles, womit etwas
gebunden wird, bezeichnet im Bejondern ſolche Dinge, die im einzelnen
Fällen zum Ber, Auf- oder Umbinden dienen. Davon Angebinde,
Eingebinde (j. einbinden) auch (in der Volksſprache) Bindband;
Aderlaß —, Barbier—, Haupt—, Leib— , Priefter— , Rofenbinde
u.a. — Ich Darf nicht länger fchweigen, muß die Binde von deinen .
Augen nehmen. Schiller, Piccolomini 5, 1. Did) bezeichnet die bur⸗
und'ſche Binde. Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 9. Ad), ein
berzliches rothes Haubenband hätte Lea's blinden Augen fo gut wie
eine rothe Aderlaßbinde der Wunde getban! J. Paul, Titan 13,
Wohl ziemen dir zum Angebinde fid, Xieder und prophet’iche Worte.
Uhland, auf das Kind eines Dichters. Möchten fie doc) zugleich be=
denken, was wir ihnen als Eingebinde fchenfen. Göthe, fprichwört-
ih. Und fie warf die Priefterbinde zu der Erde zümend hin.
Stiller, Kaflandra. Und flüfternd wallt das fchwarze Seidenband, das
jeit der Trennung, ftatt der Rojenbinde, fie um die Loden band.
Salis, Monodie. .
Bindahle, —art (bei den Zimmerleuten), —ballen, —eijen (in
den Slashütten), —holz, —fnüttel, —ling (convolvulus sepium L.),
—loch, — meſſer, —riegel, —riem, —flod, —weide, — wert, —wurm,
—zeug u. a.; Bindebanf (in der Kriegsbaufunft), —bock (daſſelbe),
— brief, (zum Namens- oder Geburtstag), —kalk, —knecht (im Waſ⸗
jerbau), — lohn, — mittel, — ſcheide (Sch. für das Binde» oder Bande
mefler), — Ichlüffel, —ſchuß Cbei den Seidenwirfern), —Iparren, —ftein,
—zeihen, zeug u. a.; Bindelbaum; Binderlohbn; Bindungs->
mittel. — Wilhelm aber brachte aus feiner Jagdtaſche einen Kraul
Bindfaden hervor. Göthe, Meifters Banderiahre 1, 4 So fieht
man erit mit bindelojfem Auge, daß man in den Tag bineinleben
muß. Benzel- Sternau. Kein Bindewörtchen darf außenbleiben.
Göthe, Werthers Leiden 2. 24. Der. So war fie eine Art Bindungs=
mittel fürs Ganze. Göthe, Meijters Lehrjahre 5, 16.
Bindlich ift außer Gebrauch gekommen; davon verbindlid 1)
(jelten) verbunden werden fönnend; 2) zur Erfüllung verbunden, d. i.
238
fittlich genöthigt; 3) angemehm in feinem Benehmen gegen Andere,
weil man ſich gegen fie verpflichtet (verbunden) hält und dadurch Ach-
tung gegen fie ausdrückt. — Einer Frau bindlich (verbindlich) wer⸗
den. Logau, Sinnged. 2448. Sich bindlich (lat. stricte) wozu
erfläuen. Def. HI, 9. Der Abendfuß, ein treu verbindlich Sie—
gel. Göthe, Elegie. Er nahm den Grafen ungemein verbindlich
auf. J. Baul, Zitan 34.
Anheiſchig (von ahd. heizan, mhd. heizen, nhd. heißen — geloben) durch
Verſprechen verbindlich, d. 1. durch Verfprechen zur Tihernommenen Erfüllung
genöthigt. — Artig (von Art, ahd. mhd. art, urfpränglih Pflügung, wol
auch Aderbau und Feldfrucht, zu ahd. aran, mhd. eren — pflügen [vgl. gr.
«oovv, fat. arare — pflügen, gr. apros = Brot], dann Geſchlecht, anges
: bone Eigenthümlichkeit, Befchaffenheit, Weife) überhaupt (von guter Arı)
angenehm durch fein Benehmen gegen Andere. Gefällig (f. fallen) Andern
gern Gefallen erzeigend, etwas zu Gefallen thuend. — Sie ließ zu diefem
Ende einen Eid auffegen, durch welchen man fih anheiſchig madıte, den
romiſchkatholiſchen Glauben zu befördern. Schiller, Abdankung Wilhelms von
Dranien. Aber das iſt gar nicht artig, daß Sie Keute, die Ihnen gut find,
fo ängftigen. Xeifing, Minna von Barnhelm 3, 10. Ich bitte did, arti⸗
ger junger Menſch, laß uns befier mit einander befanut werden. Shakſpeare,
fo wie e8 euch gefällt 4, 1. Wie fie gefällig überall mit den Frohen fi
freut, mit den Traurigen trauert. Voß, Luiſe 8. b. 418.
Verbindlichkeit d. i. Gehaltenfein zu etwas durch (möthigende)
Bewegungsgründe, dieſe mögen num fittlich oder rechtlich fein. — Weil
fih mit kurzen Worten an läßt, was er mir für Verbindlich—
feiten fchuldig war. Göthe, Benvenuto Bellini 2, 9. Nach der
Berbindlichleit, die mir der Fürft noch kürzlich aufgelegt. Schil-
fer, Piccolomini 1, 1.
Pflicht (I. pflegen) zunächſt fo viel als Pflege, nur in verflärftem
Begriffe; davon 1) ertheilte Kürforge (cura), Unterhalt, Nubung; 2) Abs
bängigfeitsverhältniß, Dienft; 3) Gebot, welches man zu halten und zu befols
gen verbunden ift; 4) rechtliche Verbundenheit, die auf einer inneren oder
Gußeren NRöthigung beruhende Verbindlichkeit zu einem Berbalten; 5) feit dem
Anfang des 18. Jahrh. mehr fittliche (moralifche) Verbindlichkeit; dann 6)
die aus fittlicher Nothwendigkeit hervorgeheude Handlung. Die Schuldig-
feit (ein fpäter gebildetes Subft. von ſchuldig, abd. sculdic, mhd. sculdic,
agf. scyldig, diefes von Schuld, goth. skulds, ahd. scult, mhd. schuld,
altn. sculd, agf. scyid, altfrief. skelde, diefes von follen, goth. skulan,
ahd. sculan, sulen, mhd. schullen, süln, soln, altf. sculan, agf. sculan.
scöalan, scöaldan, altu, skulu; vgf. Tat. scelus) die verbindliche Beziehung
zu etwas, daß es geleiftet, erfüllt werden foll, dann die aus jener verbind⸗
lichen Beziehung bervorgebende Handlung. Die Obliegenheit (f. liegen)
eigentlich was ob (= auf) Einem liegt,. die anfliegende Verbindtichkeit, fie
mag nun übernommen oder auferlegt fein. — Die Zeit begehrt ihr Mecht
und wert ipt meine Pflicht. Günther. Die kommen dann und zollen dir
Huldigung und Pflicht, Bürger, an Themiren. Daß fie nichts, als ihre
Schaldigkeit gethan. Schiller, die Geufen. Streng beobachtete er alte
Dpliegenbeiten. Göthe, ital. Neife, Neapel 26. Mai 1737. Wenn fie
ihr auvertrantes Amt nah Obliegenheit verwalten. Schiller, Abfall der
Niederlande 1. B. Daß ih den Gläckwunſch meines Herm und Königs zu
ihren Füßen ſchuldigſt niederlege... Ich weiß, Lord Burleigh, was mir
ebliegt. Scäiller, Maria Stuart 4, 2.
Dindfel (Volksſprache) dasjenige, womit etwas gebunden wird.
— Der Bendel, bei Bampe das Bändel, als Diminutiv von
Band ') (ahd. der penül, mhd. der bendel, davon brustpendelön
— mit dem Bruftband umgürten) ein Bändchen (in der Volksſprache
der Bennel = dasjenige, womit etwas gebunden wird, von nıäßiger
Länge, bejonders Schuh und Strupfbennel), dann in Oberdeutjchland
eme Art Kopfputz in Geftalt einer Bandichleife.
Das Band pl. Bande?) (goth. bandi, ahd. pant, mhd. bant,
egf. bend) 1) das, womit etwas gebunden wird, mit der Nebenbedeus
daß daflelbe von Metall ift; davon (jedoch nur im pl.) die koͤr⸗
ihen Haft: und Zwangsmittel zum Benehmen des freien Gebrau-
ches der Glieder und hierdurch der Freiheit, diefe Mittel mögen num
gelinde oder von größter Strenge fein; auch fchlechthin das Gefängniß;
2) überhaupt das, was in einem Verhältniſſe feithält; 3) (da⸗
mit aufammenhängend) die Berwandtichaft vom Kind zu Vater oder
Butter. — Das Band, pl. Bänder 1) (überhaupt) das, womit
etwas gebunden wird; 2) (in gewöhnlicher Bedeutung) ein langes,
ihmales und dünnes Gewebe, deffen man fi zum Binden, oft auch
nur zum Putze bedient; 3) (in weiterer Bedeutung) einem Bande ähn-
licher oder anf Band befeftigter Schmud von edeln Metallen und Edel-
keinen, für verfchiedene Theile des Körpers; 4) (in mod) weiterer Be-
deutung) rund zufammengedachte biegfame Körper zum Binden: Stroh—,
Beidenbänder. — Das Band ift ferner 1) eine Gefellfhaft (auch
2) Es iſt eher mit Grimm an eine Ableitung als an eine Verkleinerung zu
denken, wie aus dem Geſchlecht fich ergibt .(Grimn fagt der B.): äber iro dr
bun näm si den bendel Aha, den si iro gäb sih zebrüstpendelonne d. i,
aber ihr (ſich) felbft nabm fie den Bendel (Gürtel) ab, den fle ihr gab, fi damit
die Bruft zu nmgärten. Marc. Capella bei ®. Wadernagel 153, 6.
®) Unorganiſch, doch gerade nicht fo felten, ift der pl. Banden: Du, ad
da hatt ausgeſtanden Kälterreden, Spott und Hohn, Speichel, Schläge, Strid und
Banden, du gerechter Bottesfohn. Homburg. Wann du und getruwtift uß difer
Gefahr zu peifen, fo wölt ih dich diner Banden ledigen. Tſchudi, Chranit I,
@. Lange hab’ ich vor dem Bild geilanden und ich fühlte frei mich alter Bans
dem. Körner. Sch dulde feine Banden... Gott hat gelöft die Banden. Rüs
dert, gei. Ged. 3, 5. 291 (im Reim). Napoleon, der um die verbündeten Fürſten
an feinen Thron zu knüpfen, ihnen andere Banden innerer Verpflichtungen ab-
nahm. Jacobs, verm. Schriften 1, 240. Längſt hätt' ich des Lebens Banden
aufgelöft mit fühner Haud. Rovalis, Heinrich von Ofterdingn 1, 4.
240
die Bande): Muſikband; 2) eine Zufammennahme von finf bis ſechs
eiſernen Zaßreifen (ſonſt auch Gejpann genannt); 3) eine Art Tonnen⸗
maß in Seeftädten; 4) im Geſchützweſen ein Reif, welcher den Kano-
nenlauf umgibt und mit demjelben zugleih gegoflen wird: Hals-,
Mittel-, Kommerband. — Andere Dinge bezeichnen veridhiedene Hand⸗
werfer durch den Nusdrud das Band, pl. meift Bänder — Der
3ände, 1) der Stoff, in welchen ein Buch gebunden ift
\ )); 2) das, was von einem Buche oder Werke zuſammen⸗
| d; 3) (veraltet) joviel als Bund. — Die Bande 1)
| Trupp; 2) Rotte im verächtlihen Sinne; 3) der Rand,
| 3; Schiffes, der gepoliterte Rand des Billards. — Ic
e Hände) aus den Banden. Shakſpeare, König Johann
! dulde feine Banden (gereimt auf Schanden). Rückert,
ger. wen. 5, 5. Sie find jelber auferftanden aus Handwerfe- und
(Sewerbes- Banden. Göthe, Zauft 1, 53. Ich bin gefangen, id
bin in Banden. Schiller, Maria Stuart 3, 1. Schnell fnüpfen fid)
der Liebe zarte Bande. Schiller. Bift du mit nähern Banden
ihm verbunden. Göthe, Iphigenie 3, 1. Gejchwilter von zwayen oder
beiden Banden (auch zwaybändige) d. i. von Seiten des Baters und
der Mutter; Gejchwifter von einem Band (auch einbändige) d. i.
von Seite des Vaters oder der Mutter führt Schmeller an 1, 179. —
Röschen gab ihm Bänder mancher Farbe, kam die Ent’, an jeinen
Schnitterhut. Hölty, Elegie. Und das Band, das ung verbindet, ſei
fein ſchwaches Rojenband. Göthe, mit einem gemahlten Band. So
fing ich an damit die Nägel zu unterfuhen, wodurch die Bänder
der Thüre befeftigt waren. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 11. Das
Band (die Vorgefegten einer Gefellihaft) heiße den Fremden will-
kommen. Göthe, Meifters Wauderjahre 3, 1. Das (Blut) die ver-
fluchte Schaar zu jtärden ihren Band, zu flürken in den Grund ihr
üldnes Vaterland, aus Berg-Kriftallen trindt. Lohenſtein, Cleopatra
‚, 653. Vier pfund Salz weites Pandes, und jechzehen pfund
enges Paudes. Schmeller 1, 179 aus dem 3. 1359. — Sie jehen
den prächtigen Band des Buches. Nabener, Zueignungsichrift an
Sanchos großen Eiel. Ein Autor fchreibt jehr viele Bande. Gellert,
der unfterbliche Autor. — O diefe wilden Banden, die eud folgen,
die raſchen Diener eures Zorns, fie find nicht eure Freunde! Schiller,
Braut von Meſſina. Daß in der Gegend von Baniffa uns eine Bande
Räuber auflel. Göthe, Benvenuto Gellini 2,8. Phylax, der... oft gan-
zen Diebesbanden durch fein Bellen widerftanden. Gellert, der Hund.
Kette (ahd. ketina, chetinna, mhd. ketene, altn. kedia, aus lat. catena)
ein Geräth, welches aus ins oder aneinander zu fortlaufender Reihe geſchlun⸗
genen Ringen oder fo gefügten vielen Gliedern beſteht, gewöhnlich auf die
große Befchwerde und daher an die Laſt des gebundenen Zuftandes biudens
tend, fig. auch gebraudt, um bindende oder gebundene Berhältnifie der
341
beuommerten Sreihäit auszubeüden, diefe mögen nun befchwertich oder angenehm
bein. Fefſel (ahd. fezzara, hd. vezzen, agf. feteor, alle mei — Fuß⸗
eiſen, ahd. vazzil, mbd. vezzel, agf, fetel, altn. fetill = Gürtel; vgl. fat,
fasciola, fascia = Binde) beengendes Haftwerkzeug um die Glieder. — Ringe
find's, die. eine Kette machen. Schiller, Maria Stuart ?, 2. Bill an den
ſchroffſten Kelten Thraziens mit dDiamantnen Ketten ich die Arge fchmieden.
Schiller, Semele 2. Durch der Hände lange Kette nm die Wette fliegt der
Gimer. Schiller, Glocke. Anmuth'ger Lipp' entiteigen goldue Ketten, und
Keiner iſt aus ihren Haft zu veiten. Gries, Taſſo 4, 88. Legt ihr dreifache
Zeffeln an! Schiller, Jungfrau von Orleans 5, 10. Du fehrteit mit
neuem euer, mit neuer Inbrunſt in meine Arme zurück, in die ich dich nur,
ale im leichte Bande, uud nie als in fchwere Feſſeln ſchloß. Leſſiug,
Miß Sara Sanıyfon 2, 8.
Achſel —, Armband u. a. — Die Achſelbänder begeiftern
ech. Göthe, Meiſters Lehrjahre 1, 1. Welhe Armbänder! Daf.
$, 12. Die Herzen flimmen überein, das ftiftet ein gut Eheband.
Schiller, Jungfrau von Orleans, Prolog 1. (Sie) brachte ein Bud)
mit, das man bald au Form und Einband für einen fleinen geo-
gaphiichen Atlas erkannte. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 16, Wie
mt Eiſenbanden bleibt die Seele in's Innerſte des Bufens Dir
geichmiedet. Göthe, Iphigenie 1, 2. Canitz, Hagedorn ... flanden
m ihönen Franzbänden in einer Reihe. Göthe, Leben 2. B.
Denn es vereinten mich die engften Freundſchaftsbande, o, mein
erihlagner Herr, mit dir. Alginger, Doolin 5, 38. (Da ihr) an der
Zreude leihtem Gängelbande jelige Geſchlechter noch geführet.
Schiller, Götter Griedenlandse. Die Sonne zog Wafler in langen
mwolfigen Strahlen, aber mir fam es vor, als fei die Erde mit Glanz-
Bändern an die Sonne gehangen und wiege fid an ihr. 3. Paul.
Die großen goldnen Ketten ftehen ihnen zu Geficht — wie dem Schwein
das Halsband. Göthe, Götz von Berlichingen, 4. Ad), ein herrliches
rothes Haubenband hätte Lea's blinden aus jo gut wie eine rothe
Aderlaßbinde der Wunde gethan! 3. Paul, Titan 13, Uns allein hat
er fie verbunden mit Himmelsband, Göthe, meine Goͤttin. Ein
Ruieband zeichnet mid nicht aus. Göthe, Fauft 1, 212, Muß fie
im Tod mit Liebesbanden mich umftiden? Schiller, Maria Stuart
5, 10. Er brachte ein Käftchen mit, nicht größer als ein kleiner
Detanbayd. Götbe, Meiftens Wanderjahre 1, 4. Er hört, wie
fienreich ihn Die Drdensbänder preiien. Uz, Kunſt, ſtets fröhlich
zu fein 3. ES Löft fih auf dad Perlenband. Göthe, Kauft 2, 46.
Da band ich fie. mit Rojenbändern. Klopſtock, das Rofenband.
So hält mid Thoas hier, em edler Mann, in exaften, heil’gen
Schauenbanden fell. Götbe, Iphigenie 1, &. Du bit an
wih geknüpft mit jedem zarten Seelenbande, - Schiller. Und
füßand. wat das ſchwarze Seidenband. Salis, Monvodie.
16
242
in königliches Stirnband. Schiller, Maria Stuart 1, 1. Das
Strunpfband den ih auch wohl mit. Göthe, Goldſchmieds⸗
gefell. Daran (am Panzer) ein geflodhtenes Tragband. Voß, Odyſſee
17, 198. Der Rojenichleife Stel’ nahm ein ſchwarzes Todtenband.
Schiller, Kindesmörderin. Man mußte für einen neuen Berband
: "Öthe, Meifters Lehrjahre 4, 9. Die machtigeren (Stände)
von dem Berbande foszulöien. Göthe, Leben 12. 2.
fein feines Zopfband einfiel. Er ſpuhlte freudig das
ie Wickelband von jeinem Kopf m ihren. J. Paul,
Ich weiß nicht, was mir hier gefällt, in dieſer engen kleinen
yoldem Zauberband mich Halt?! Göthe, Einichränkung.
beide (Hoffnung und Erinnerung) bin zur Gegenwart und
weben dies Zwifchenband mit Blumendeden zu. Tiedge, Urania 4.
Bandachat, —ader, —ähnlih, —alabafter, — blume, — bohrer
(bei den Zimmerleuten), —büfchel, — draht (bei den Drabtziehem),
—faß (Weinmaß in der Schweiz), —fabrit, —fih, —förmig, —frau,
—gefimje, —hafen, —handel, — händler, —handlung, — holz (bei den
Bötthern), —fegel, —kieſel, —fram, — kraͤmer, —freng, —laden,
—macher, —mann, —marınor, — meißel, —mefler, —nıatte, — muͤhle
(Art Weberſtuhl), — nagel, —natter, — nudel, — quaſt, —reif, —rofe,
—ſchachtel, —ftein, —ſtock (was —Holz), —ſtreif, —ſtück, —ſtuhl,
—treſſe, —tute, —weber, —weberei, — weide, — wirker, — wirferel,
— wurm, —zieher, — zwitter (Art Zinnerz) u. a; Bandenfaden
(bei den Seidenwirkern), —ſchaft, —tritt (beide bei den Seidenwir⸗
fen); Bänderjaspiß, —lag, —reih, —ſchuh u. n.; Wand, band-,
wiet« und nagelfeft. J. Paul, Vorzüglich die Bandgewerbe, die
hier befindlich find, geben einem großem Theile der Einwohner Nah:
rung. Campe. Im Feuer der Action blieb er mit der Spike jeines
Degens an der Bandfchleife meines Bügels bangen. Göthe, Leben
3.83 Das Bandwefen der Fußwurzelhoͤhle beiteht aus mehreren
iehnigen Streifen, welche jene Höhle ausfüllen. Wiedemann. Gib
bandenlos machen. Morhof. Bandenloſigkeit gebraucht Kant.
für Zügellofigkeit, Ungebundenheit, jo auch Niemeyer: die nene Re
ligion, deren einzige Abficht war, das Anjehen der jüdiſchen Religion
zu ftürzen und eine Bandlojigfeit des Lebens, die nahe an
Heidenthum grenzte,. einzuführen. Em aa je Jahre jpäter möchte
diefe Bandenlöſung zu ſpät kommen Bampe Yu bemerken ifl,
daß Hofrath Loder eben Die Bänderichre las, den höchſt wichtigen
Theil der Anatomie: denn was vermittelt wohl Muskeln und Kuochen,
als die Bänder? Oöthe., =: und Jahreshefte 1794. Alsdann
wird das längere und feinere Theil Dderjelben (der Baumwolle) mit
einem ftumpfen Meier bäderweije abgenommen. Göthe, Meiſters
Wanderjahre 3, 9. Ä |
Bändig (mhd. hendec), Bände (und Bande) zählend; in Banden,
| u —— — —— ——
7
—*
J—
243
ern davon unbändig und bändtgen (mhd. benden = in
ſchlagen); 1) etwas gänzlich bezwingen, daß es ſich nicht mehr
äußern (handeln) kann; 2) die bereits ausgebrochene oder ausbrechende
Leidenfchaft vermindern; Daum Bändigung, Bändiger. — Daher
hatte Albano in feinem Bücherriemen einft die vielbändige Ency—
clopädie aller Wiffenfchaften gebückt zu ichleppen. 3. Paul, Zitan 11.
Ya vielbandigen'Zloß. Voß, Odyſſee 5, 33. Bogit du den Naden
in’d Joch jo nie Sinne? Voß, Luife 3. a, 148. Ein weijer
Mann mad’ ihm die Sternen bündig. Opitz, von der Wahrheit
der chriftlichen Religion, nah H. Grotius, ©. 53. Sidingen ift un«
bandig in feinem Zorm. Göthe, Götz von Berlichingen 4 — Das
Volk ift Länger nicht zu bändigen. Schiller, Jungfrau von Orleans
5, 9. Die Naht, die Bändigerin der Götter und Menſchen.
Bob, Ilias 14, 359. Gehe zum NRoffebändiger Neitor. Voß,
Odyſſee 3, 17. Die beiden Amtleute waren gekommen, Jäger,
Bferdebändiger Göthe, Weiters Wanderjahre 1, 6. Denn mir
fd fie verhaßt, die rohen, welche der Männer jüße Genteinfchaft
fliehen und, en jeden reinlichen Reiz, den
Schmuck der Weiber, entbehren. Göthe, Adilleis.
Zügeln (von Zügel, f. ziehen) Zügel anfegen, etwas in Schranten
balten, fe daß es fih nur in dem Grade Außern fann, als man zuläßt. Zähe
men (von zahm, abd. mhd. zamı, agf. tam, altn. tamr, aus ziemen fiche
©, 46) zahm machen, etwas fo einfchränfen, daß es dem gefitteten Zuſtande
anpast (fi ziemt). Maͤßigen (von mäßig, ſiehe mefjen) eigentlich in
das gehörige Groͤßenverhältniß niedergehen machen, dann Überhaupt von einem
ftarfen Grade zu einem mindern zurückkommen machen. -- Keine Kurcht, kein
Zweifel zügelt ihren (der Zeit) Kauf, wenn fie enteilt. Schiller, Sprüche
des Gonfurind. Seht mit des Zuckers linderndem Saft zähmet die herbe
brennende Kraft! Schiller, Punſchlied. Der rohen Thierfinn zähmte zur
Menſchlichkeit. Bob. (ES) ſchnauht die Mordluft ungezähmt im Buſen
der Barbaren. Wieland, Oberon 5, 37. Mäßige dih, Ste! Schiller,
Wallenſteins Tod 2, 3.
Bebändern, d. i. mit Bändern vexjehen, bejeken, zieren. — Ich
kann mir die bebänderten Buben und Mädchen und ihre Bewer»
gungen noch jetzt zurüdtufen. Göthe, Leben 3. B. Nun eröffnete fie -
die Schadhtel, und ich mußte mic) Des re und wohlbe-
bänderten Kopfpuges mit ihr erfreuen. Göthe, ital. Reiſe. 8. Sept.
Bebändert find die Gegelitangen.. Platen, der Thurm mit fieben
Pforten.
Der Bunb (abd..punt, mhd. bunt), 1) der Zuftand, da mehrere
ihartige Dinge, in uneigentlicher Bedeutung, da mehrere gleichge-
te Berjonen, ja ganze Staaten mit einunder verbunden find; 2) Die
it der Berbiindenen ; 3) die Schriften des alten und neuen
16 *
244
Teftaments, gleichſam als ein Bertrag, den Gott dort mit den Juden,
bier mit den Chriſten geſchloſſen hat; 4) ein Streif, der bei Kleidungs-
ſtücken angenähet wird, um dadurch Yalten oder mehrere Theile feit zufam⸗
men zu halten; 5) eine gewiſſe Kopfbedeckung ( bei den Türken) ; 6) an In⸗
firumenten jede Abtheilung des Griffbrettes von einem Steg zum am
dern. — Das Bund (oft auch der B.), mehrere zujanmmengebum-
dene Dinge, oft durch Gebund vertreten. — Göttlicher Vater, Die
Tage des Heil und des ewigen Bundes unhen fih mir. Klopſtock,
Meiiins 1, 4. Der Schwytzer wird die alten Binde ehren.
Schiller, Zell 1, 4. Hochwachten ftellet aus auf euren Bergen, Daß
fihh der Bund zum Bunde rafch verſammle. Daf. 4,2. Alſo ware
der (ichwäbifche) Bund vmbgeworfen, als ein.gebund ſtrehe. Lim⸗
burger Chronik ©. 98, Der fhwarze turbanähnliche Bund. Gaudn.
Sie jucht der Schlüffel fchweres Bund. Kind, rt, 16 Anden: es
den Bund (Schlüſſel) hHimreichte. Grimm, Marienfind. Das Scmeider:
fein legte fih in die Ede auf en Bund Stroh und ſchlief ein.
Grimm, vom Mugen Scneiderlein. Nachdem fie den Schlüffel ge
wählt im Gebunde der Wirthichaft. Voß, Luiſe 3. b. 592..
Bündniß (mbd. diu buntnisse) Zuftaud der. Verbindung und der vers
bindende Bertrag, nicht aber die Geſammtheit der Berbundenen. — Wir ftif-
ten feinen neuen Bund; es ift ein uralt Bündniß nur von Bäter Zeit,
das wir erneuern. Schiller, Tel 2, 2. — Mit Benlus blieb ebenfalls ein
immer gleiches Berbündnig. Göthe, Tags und Jahreshefte 1801. (Ich)
fünnte mich durch ein Ehebündniß retten. Göthe, Eugenie 5, 7. Wird
diefes Freuudesbündniß, das wir jet erneut, auch noch die fpäten Enkel⸗
fühne vereinigen? Schiller, Zunafrau von Orleans 3, 4.
Anm. Wie Göthe verftärft Verbünduiß fant, fo Opip Verbund flatt
Bund: Doc inner dem Berbundt, den du mit Abraham thatſt machen. Demtfch.
Pocm. 1625. ©. 46. Derfelbe ſagt au: bey der Buudniße. Ueberſ. von
D. Heinfius Lobgeſang.
Auf, Ausbund u. a. — Sanft umſchlang ihn (den Kranz)
welliges Haar ringsum, es verbarg ihn hinten der Aufbund. Voß,
Luife 3. a. 200. Ihr, als einem Ausbund weiblicher Schönheit
und Tugend. Göthe, Leben 14. B. Maßen vielleiht dir die Troer
ein Gut, ausbündig vor anden? Bob, Ilias 20, 184. Das
(Reich) in dem Bruderbund unzaͤhli e Völker vereinet. Pyrker,
Tunifia 8. wo forglo8 geb’ ih mid ihm bin, im Schwur des Bru-
derbundes. Ziedge Ein fchöner Doppelbund vereinigt die Bar-
teien. Bürde Mit Gunft, ſprach eime dritte Dame, ich geböre
auch zu dem Dreibunde."Benzel-Sternau. Der Sprößling unjeres
Chebunds Uhland, H. Ernſt 1, 1. Um ihren alten Kreund-
ihaftsbund zu frönen. Uhland, normänniſcher Brauch. Das zum
engen Jubelbund der Liebe unſre Herzen an einander zwang.
Schiller, die Freundſchaft. Wo er im Kriegsbund mächtige —*
243
8 —
vereint. Burler, Rudoiph 1. Shen ift um ihn verſammelt der beften
Ritter Kem, vom edein Löwenbunde die Grafen und die Herm.
Uhland, die Döffinger Schladt. Brennen empor Reisbunde mit
haͤufiger Glut. Voß, Ilias 18, 211. Wie er denn die eigentliche
Seele des wunderlichen Ritterbundes war. Göthe, Leben 12. 2.
Jetzo erhob er die Recht an des Stirnbunds Zier. Pyrker, Zus
niflas 1. O fhöner Wechſelbund der Männertreu! Collin.
Die Synouymen von ausbündtg fiehe S.56. — Für ausbündig findet
fi im 16. Jahrh, 3. 3. bei S. Müniter, in der Rhetorica vou A. Hugo (Tüs
bingen 1528) meiſt fürbinvi ‚ fürbündie, mbd. fürbündic.
Anm. Der Rinbund fit in der Volksſprache 1) jo viel ald Angebinde;
2) der Einband eines Buches; 3) Maffe von Speisingredienzien, die, in eine mit
Butter beichmierte Servierte eingebunden, gefotten wird, Pudding.
Buwdart (bei den Zimmerleuten), —blume, —frei, —futter,
—haube, —holz, —ſchuh 1), —fländer (bei deu Zimmerleuten), — ſteg
(bei den Buchdruckern), —weile u. a.; Bundes behoͤrde, —feld,
— feſt, —kreis, — maͤhßig, —ſchreiber, —ftadt u. a. — Gr habe
rt, wie unmwürdig man an feinem Schwager bundbrüdig
orden ſey. Göthe, Götz von Berlihingen 4. Das leinene
einkleid hüllete bis zu der Ferſe hinab, und den ledernen
Bundſchuh. Pyrker, Rudolph 3 Bundesflüchtiger Berräther.
Schiller. (Ihr) laßt nun eures Zornes Galle an mir, dem Bunds-
freund, aus. Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 1. Und wären’s
zwanzig Bundesfürſten. Shakeſpeare, Antonius und Cleopatra 3, 11.
Laßt Die Bundsgenoſſen uns verſammeln. Shakejpeare, 3. Cäſar4, 1.
Bin ich nicht eure freue Bundsgenoſſin? Sciller, Jungfrau von
Orleans 2, . Doch die, bundesgefellt, in den ſchimmernden
Reih’n fie erblidten. Pyrker, Rudolph 11. Wodurd er in Die Lage
gerathen, von den Bundesgliedern des Entſagens aufs freumd-
lichſte in die Mitte genommen zu werden. Göthe, Meiſters Wander-
jahre 2, 7. Sie verabreden Bundeshülfe gegen gemeinſchaftliche
Freunde. Kinderlin. Der Eherubim Fittige rauſchten fürchterlich her
vou der Bundeslade. Klopſtock, M.4, 73, «Hier feiert, dem Agapun
gleich, ein heitres Bundesmahl im Stilen. Pfeffel. Die fattlichen
Herolde jego führten Die Bundesepfer herbei. Voß, Ilias 3, 268,
Er wũuſchte Feier fraber Bundestage, Göthe, Engenie. 4, 3. Erſäuft
jei aller Groll in dieſem Bundestrunf! Schiller, Piccolomini 4, 7.
In diefer jungen Dame, gelingt mein Werk, ſoll eine Bundsver-
wandtin, foll eine Königin uns blühn. Schiller, Don Karlos 2, 10,
) Bundſchuh 1) Schnürkiefel;2) Empörung, Meuteret, zunächſt der Bauerne
aufdand im 16. Zabrh., weil die Aufrührer einen jolhen Schuh als Sn auf
einer Etange oder and. in den Kahnen führten. So Campe. Da die Redens-
art: einen buntschuoch üf werſen — fi empören, ſchon mhd., alfo_ vor dem
16, Jahrh. vorfomen; fo darf mar wol mit Schmelter au das peintiche bunt
= Benterei, buntschak == Ropihweif kaufen. — J
246
&
Bundig (mhd. bündie = verbündet, vgl. md. bunt — Ber
pflichtung, bumtlich — verpflichtet), eigentlich verbindend, rechtsgiltig,
Daun fräftig überzeugend, gleichſam den Geift bindend durd die in⸗
wohnende Kraft der Nichtigkeit. Davon Bündigleit. — Der der
ganzen Verſammlung auf eine jehr bündige Art vorftellte, wie es
die Ehre der Krone erfordere, den Deutichen Fürſten beizuftehen. Schiller,
Denfw. aus d. Leben des M. BVieilleville (Das) will ich fo kurz
und bündig ald möglich eröffnen und darfiellen. Göthe, Leben 16.8.
Grundlih (ſchon im 15. Zadrh. grunilich fig. —= gänzlich und vollig,
von Grund goth. grundus, ahd. krunt, mhd. grunt, agf. grund, altn.
grunor, Paifivform von agf. grindan — zerreiben) jo viel ald von Grund
aus, oder was bis auf den Grund geht. — Beurtbeil’. ih nun aber einen
ſolchen Manu dankbar, wohlwollend und gründlich, fo darf ich nicht ein-
mal fageu, daß er eitel geweien. Göthe, Leben 15. 8.
Bundifch (in einem Bunde gegründet, ihm augemeſſen, denfelben
betreffend), Bündner (Mitglied eines Bundes), verbünden (einen
Bund jchliegen) find an ſich klar. — Da waren felbft einige von den
Bündiſchen, die zu mir fagten. Göthe, Göß von Berlichingen. 4.
Bereint fünfhundert muthigen Bündtnern. Pyrker, Tuniflas 3. Die
zwei Bündner mogen den a Laib auf einer billigen Wage
gleich. 3. Paul, Siebenkäs 6. erbündet bat fid) Alles wider fie.
Schiller, Maria. Stuart 2,.3. (Es) war nun Wilhelms erftes An⸗
liegen, fi) den Berbündeten wieder zu nähern. Göthe, Meifters
Wanderjahre 3, 1. Des Waflers und des Feuers Kraft verbündet
fieht man bier. Schiller, Gang nad) dem Eijenhammer.
Bündel (das, oberd. und mhd. aud) der bündel, aus ahd. da
kipuntili, gabuntili, mhd. dag gebündel, gebündelin), eine anfchet-
nende Verkleinerungd-, in der Wahrheit aber eine Ableitungsform und
darum wol beſſer der Bündel, bezeichnet einen Haufen von Dingen
als zufammengebundene Mafje, vornehmlich zum Zragen, und beichränft
gerne den Begriff auf Zufammenhalten durch ein Band. Bündeln ift
jelten. — Seine Schultern würden fein Reigbündel tragen. Göthe, das
Maͤhrchen. Manchen alten Heft- und Papterbundel durchzuſehen. Göthe,
Zag- und Jahreshefte 1807. Es hat ihn jener Schalf betrogen und ihm
den Bündel abgepadt. Göthe, der Müllertn Berratb. Sie raubten
nun das Kleiderbündel. Da. Du nimmft bei dieſem großen
Schritt nur feinen großen Bündel mit. Göthe, Zuuft 1, 102%. — Das
Bündeldhen unter dem Arme. Göthe, Alexis und Dora. Eben jo
verkaufen fie bündelmweis den Hafer. Göthe, ital. Reife, Girgenti .
236. April. — Befler flünde er fid) dabei, als bei der Schriftftellerei,
— ohne dieſe nur immer etwas zu bündeln und zu ſchnüren wäre.
ür
Bad (S. 225) bezeichnet allgemein einen Haufen von Dingen, die bei
dem BZufammenthun nicht bloß durch ein Band zufammengehalten, fondern
“
dis das Angebundene.) — Ich weiß mich trefflih mit der a
847
durch irgend einca äußern Umſchlag völlig umfchlojien werden. Gin größerer
Pad heißt im gemeinen Leben auch das Paden. — Man gibt mir einen
Bad Briefe. Gothe, Meiſters Wanderjahre I, 6. Wie man ein Pad Zeir
tungen lieſt. @örhe, Meiſters Lehrjahre 6. (Ich) praktizir' ihnen die Klei⸗
der weg, und heraus mit dem Pad zum Thor... Schiller, Räuber 2,3. Ich
babe eine Epedfeite und zwei Baden Jugwer. Shakſpeare, König Heinrich
IV. 1. Thl. 2, 1.
um. 1. Zu binden gehört auch Binje für Binße (ahd. pinuz, nıbd,
bisez, binz, eugi. bent, bair. Bimaip, mittelrhein. dafür Simfe, Sumie
und Simmele, vielleiht von Sump, d. I. Sumpf, weil fie gerne da wachfen)
wie fat. juncus — Binfe zu jungere — binden. — Bänd' es auch nur leicht,
wie die Binfe den Kranz. Gdthe, Herbit 69.
Anm. 2 Bein (goth. bain, ahd. mhd., altn. bein, altj. altfrief. neunie-
derfänd. neunicederd. jhwer., dän. ben, agf. ban, ſchottiſch bain), von Ginigen
anf gr. Jaiseır — gehen zurüdgeführt, kommt wahrſcheinlich von einen dem bins
-den zum Grunde liegenden beinen und bedeutet alfo das Berbundene,
Anm. 3. Mit binden au derjelben Wurzel gehört auch Bann (ahd. pan,
mb. ban, nuittellat. bannus, bannum und bandus, bandum), baunen (ahd.
kannan, mihd. bannen, altu. altfriei. baana, neufriel. banjen), Bandit d. i.
eigentlich der Verbaunte (ital. bandito, deutſchlat. bannitus), Gontreband (ital.
contrabando, franz. contrebande, von lat. contra und deutihb Bann), Bau—
dage, Bandaglit (franz. bandage, bandagiste) und Banner, er Unhd.
daz banier, daz banger, din haniere, daz paner, panner, der banner, engl.
banner, verberbt aus altfranz. la baniere, dieſes aus ital, handiera, mittellat.
baneria, banerium, banderis, bandum, ipäter gr. bei Procopius davdor, alle
aus dem Deutichen hervorgegangen, wo geth. bundvs, bandvö = Zeichen, bandv-
jan — ein Zeichen geben oder winten, langobard. band — Fahne, d. i. urfprüng«-
ei, doch mit dem
Blurbann ſchlecht mid abzufinden. Göthe, Kauft 1, 195. Hätte nicht einmal
in Baris ein Kerl fih mit fonterbanden Waaren in eine Pudelhaut einnähen
lafien. 3. Paul, Heſperus 26. Albano fei am andern Morgen blind und taub
binter der breit vorgebundenen Binde des Bandagiiten Amor dort gefeflen.
J. Baul, Titan 30. Bon welcher Bandagiitin er irrig ſchloß. Daſ. 18. Wo
ein mähtiges Banner flatterte. Pyrker, Rudolph 7. Bei Mildenberg am Maine
ſah man den fähfiihen Banner. Rückert, geſ. Gedichte 3, 274,
Finden,
(Wurzel fan—d, fin—d; fand, find; vgl. fanffe. path = gehen,
fat. venire — fommen, invenire finden.)
Zinde, fand, gefunden, finden (ahd. fLv)indu, fLv)ant, f(v)un-
dumes, f(v)undaner, f{v)indan; nhd. vinde, vand, vunden, ge-
vunden, vinden; goth. finthan, altj. agſ. findan, altn. altfrief, ſchwed.
fiona, neufriel. us „Volksſprache finne) urjprünglic gehen, ’)
dann an etwas fommen, es erkennen, bedeutet nhd.: 1) allgemein
) Die Grundbedenung zeigen das ofjetifche fandag — Weg und dad ahd.
suoglendo = Bußgänger, bs. vende — Fußgänger, Bauer im Schachſpiel.
Das goth. Anchan Temmt mehr im Sinne von vernehmen, erfahren vor; im
Einne unſers Finden® ficht goth. gitan, bigian.
us
etwas, defien Dafein an einem Orte uns nicht bekannt ik, Dafelbft
gewahrt werden, Dies mag abfihtlig oder unabfichtlih geichehen ;
2) (zuweilen) jo viel ald empfinden: ich finde feinen Beruf dazu;
8) nach vorhergegangener Prüfung erfennen; 4) fo wiel als befommen,
erhalten: Gnade bei Jemanden; 5) ſich finden in etwas, eine Sade
nach ihren Gründen einjehen, fi darein fügen; 6)-an einem Orte
(in einem Zuftande) fein. — Ein Kranz ift gar viel leichter binden,
als ihm ein würdig Haupt zu finden. Göthe, Iprichwörtlich. Wobei
id) Geheimniffe fand, die nody Niemand entdedt hatte. Göthe,
Benpenuto Gellini 1, 5. Das ließ fich unter dem Wams da finden.
Schiller, Wallenſteins Lager 6. Wir aud) nicht auf der Straße ge
funden find. Daſ. 7. In großes Unglück lernt ein edles Herz
fich endlih finden. Schiller, Maria Stuart 1, 1. Ohne das Fran⸗
zöftfhe wird man ſich fehwerlih aus dem Haufe finden. Leſſing,
Hamburg. Dramaturgie 1, 38. |
@toßen (I. d.) auf etwas d. i. unverſehens, unvermuthet etwas gewahr
werden. Ausfindig machen (von dem älternhd. Adi. findig, fandig,
mhd. vändice — erfindungsreih) etwas, das wir fuhen, nah Anwendung
vieler Mühe finden. Erfinden (ahd. ar, er—, irf(v)indan, mhd. ervin-
den) durch die Erkenntniß in die Wirklichkeit, ins Dafein bringen, gleichfam
durch Kinden hervorbringen. Auftreiben (ſ. treiben) durch lebhaftes,
mühevolles und unabläfliges mit vielen unrubigen Hins und Herbewegungen
verbundened Suchen finden. Die übrigen Syn. autreffen, erdenten,
erfinuen, ergrübeln, erdichten, eutdeden f. S. 11 und 53. —
Worauf mein Auge ftößt, begegnen mir fremde Geſichter. Schiller, Fiesko,
4, 11. Bis man ausfindig macht, wo die zwei Enden ihres Ringes ins
einander greifen. Daf. 1, 12. Sagt’ ih nit, er würde e8 ausfündig
machen? Shakſpeare, was ihr wollt 2, 5. Aber auch alsdaun no, wenn
es dem Schüler an diefer weitläuftigen Kenntniß nicht mehr fehlte, weärrbe
man die Fabeln anfangs mehr finden, als erfinden laſſeu. Leifing, Ab⸗
handlung über die Kabel 5. Daß dieſe oder jene derfelben (Zünfte) entwes
der entdede oder erfinde oder auch beides vereine. Klopitod, Gelehrten
republik. Zu gewiljen gegebenen Graden von Fähigkeiten und LZeidenfchaften
Umftände und Borfäle zuguerfinden. Lichtenberg, über Phyfioguomit,
Euch allein Hab’ ich gerecht erfunden unter meinen Räthen. Schiller, Mas
ria Stmart 5, 15. Jagt gefchwind Beram und fucht noch Meiter aufzutreis
ben. &öthe, Götz von Berlichingen 8.
Anm. Die alte Pluralform funden hat fi bis welt ins 18: Jahrh.
erhalten, 3. B. Daß ſich getreme Weiber funden. Us (+ 1796), die alten und
die neuen Sitten. Sie funden. Weihmann, Poeſie der Niederjachien (1725)
1, 19. — Der Singular fnnde ff unorganifch aus dem Plural gebildet. Er
funde Weichmaun a. a.O. 1, 61. An deilen Grunde dieles Baar den Aufent«
balt, ja fein andres Eden funde. Gottiched (+ 1766), Oden 3, 1. Sie brachten
todt fein füßes Kind, auf Rofen man es fund. G. Schwab, die heil. Regiswind.
Abfinden, allgemein ein Abkommen treffen, dahin kommen, dag
249
der Andere von jeiwer — —— abftebt, Doch: wollte 1md bedum
fen, daß wir gar zu ſchmal abgefunden würden Göthe, Cam;
pagne in Franfreih 3. Octbr. Es hieß, er Den ihm ganz darum
(mm fein väterfich Erbe) zu fürzen, mit eimem Biſchefshut ihn a bzu⸗
finden. Schiller, Tell 5, 1. Erlaubt erft, Daß ich: mit. meinem
Herzen mich abfinde. Schiller, Fiesko 5, 123. — Berföhnungen und
Abfindungen der Gottheit bet den Juden. Hanle
Befriedigen (unorganifch für befrieden, mhd. bevriden, ahd, fridön
— zu Schutz und Sicherheit einfchliegen, goth. freidjan = fihonen, altf.
frithön — bewahren, von Friede, ahd. fridu, frida, mhd. vride, altf.
frithu. alm. fridhr, frids, agf. fridhu, fredho
Zaun) Zemanden in feinen Zorderungen durkh
Eich vergleichen (f. gleichen) ins Gleiche
daß die Forderungen ftreltig gemacht werden,
ſelben eine Webereinfunft zwiſchen den Betheli
den Streit aufzuheben. — Eudt nur die Men!
friedigen ift ſchwer. Göthe, Kauft, Dorfpi
mit meinem Könige abfinden, daß er mir d
geftebe, lieber mich mit meinen Nachbarn verg
Beſchränkungen erfafien, wenn ih ihnen von
Göthe, Meifterd Wanderjahre 1, 7.
Befinden (ahd. pifioian, mhd. bevinden): 1) wach vorherge⸗
gangener Unterjuchung erkennen, beurtheilen; 2) fich Befinden an
änem Orte, in einem Zuſtande ſein, eigentlich fi an einem Orte
oder in einem Zuftande ſinnlich wahrnehmen; 3) (Volloſprache) fidy
verhalten. — Mein Leibarzt foll feine Augenkrankheit unterjuchen, und
wurd fie wahr befunden, fo muß man Nachſicht mit ihm haben.
Göthe, Benwenuto Gellini 1,11. Ich bete für den Zell, der auf dem
Schiff ſich mit befindet. Schiller, Zell 4, 1. Man erkundigte fich
femer nach dem Befinden des Gaftes. Göthe, Metiters -
jahre 3, 1. ; 5 De
Gen (gotb. sijan, ahd. mhd. sin) drüdt allgemein ein Verhalten (einen
Zuſtand) oder eine Gegenwart (Drt) aus.
Empfinden (ahd. ant—, int—, in-findan, mhd. enpfinden,.
enpbinden, im 15.—16, Jahrh. ent — en —, empfinden, ent—;
erfinden, aus goth. and—, ahd. ant—, int—, mhd. unt—, ent,
abd. ent—,) urfipranglich gegenfinden, dam inmenfinden, inne wer⸗
den eg en au jeden der Aha! . * Als er fein ſelbs
entfand. : ‚. germania Bl. 35. tte jeßt zehnfachen
Zod empfunden. Schiller, Tell 3, 3. Schmerz enpfind th,
feine Zucht ... Borempfinden wirs, die Armen. Göthe, Fauſt
2 200. (Er) weiß mit feiyem Namen ‚die Angſt der Seele zu nennen,
die er Fühlt, ihm. mit keiner Empfindung nachzuempfinden
Dieter Trauernden Zod. Mopſftock, Meſſias 3, 639.
: Yühlen (ahd. flv)uolan, f(v}ölan, Av)ötjam, uhd. vaelens vgl. gr.
alanz, lat. palma — flache Hand, fat; palparc, agſ. ſielan, altn, (Alma
== beteien) bedeutet urfprünglic betaſten, Bann durch den Zailfing Prüfen,
‚wahrnehmen, davon fig. auf die lunere Empfindyug Übertragen. — Beam
Dich zu preifen, dir zu damfen fich mein Herz entfaltet, dauu empfind' ich
erit das reinfte Glück, das Menſchen fühlen können. Göthe, Taffe 2, 1.
Ich weiß nicht: ob fie ſich dünkt fürs Alter zu gut; wo nicht, fo bat an ihr
das Kühlen kein Empfiuden, und unfer Liebesdl braucht fie für kalte
Glut. Lohenitein.
An-—, auf—, aus —, ein —, er— (5.248), her —, herab —,
berauf—, herans — herein —, herüber—, bin—, hinab—, hin
auf —, hinaus —, hiudurch —, hinein —, nach —, vor—, wieder —,
u—, zurück—, zuſammenfinden bedürfen feiner weiteren Erklärung,
nd jedoch nicht alle gleichgebräuchlich. — Wenn ſich ein Abfönımling
von N. anfinden jollte, , fönnte derſelbe auf die Papiere Aniprud
machen. Campe. So konnte Babo Leicht der Mythologie die allegoriiche
Bedeutung anerfinden. J. Paul. Des Uebels Zuelle findet du
nicht aus, und aufgefunden fließt fie ewig fort. Göthe, Eugenie
4, 29. Wo wär die ſel'ge Infel aufzufinden, wenn fie nicht bier
ift in der Unjchuld Land. Schiller, Tell 3, 2. Sie find voll Honig, Die
Blumen; aber die Bine. nur findet die Süßigfeit aus. Göthe,
der neue Pauſtas. Berede dich, wir beide hätten uns auf einem Ba
mit Masten eingefunden Schiller, Don Karlos. 1, 9. Bon
Runzeln fehien fich ‚auch etwas eingefanden ‘zu, haben. Göthe,
Wahlverwandtichaften 2, 3 Herausgefunden war das vichtige
Verhältui der. größeren Nbtheilungen. Göthe, Leben 9. B. Wie
wird ihm exit, da iw fo milden Gründen, woraus bei hellem Tag ſich
je herauszufinden, unmöglich ſchien, Die. Nadıt ihn überſtel?
, Oberon 1, 14. Hier, wo Die.alte. Treue heimiſch wohnt,
wo ſich die Falfchheit no nicht Hingefunden Schiller, Tel 3,2
Es hatten fid) unter jenen kirchlichen Alterthümern einige ſchön ge:
ſchnitzte Chorjtühle vorgefunden. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 3.
(Daß ih) die Schreibftub’ und ihre engen Wände in dem Feldlager
wiederfände? Schiller, Wallenftein’d Lager 6. Das leidenſchaft⸗
liche Mädchen hatte fich glei nad). dem Tode des Kindes wieder an
Ottilien zurüdgefunden. Göthe, Wahlverwandtſchaften 2, 13.
an uns im Dämmerlichte zuſammenfanden. Goͤthe, Le
& [5
Anm. Die Barticipien erleiden mehrfache Zuſammenſetzungen, 3.8.
Er Zeit! Porter, Zunifias 10. Bid treuerfunden am
Ziel. Porter, Rudolph 10. D laß den einz’gen a —— nen mir nicht
in der Ziufterniß des Wahnfinns raſen! Gdthe, SIphigente 3, 3. Nach berber
Treumung tiefemyfundnen Leiden. Söthe, Sonette 7. : '- we
Finder (ahd. Ando, mbd. viadere) der da findet, vihd. auch
der Dichter; Findung; findlid, auf—, be, umfindlid; find -
bar, ausfindbar; finderiſch; eufindiam find ter. — Mit Fin⸗
dung dieſes Schatzes. Simpliciſſinus 3, 18, Ich war zum on
ned) der Finder (des Briefes). Schiller, Kabale und Liebe 4, 3
Geſetzgeber, Priefter, Kunfterfinder Header. Ob nur einer find⸗
lich wäre. Logau 5, 80. Die gleich Daneben befindliche Thüre.
Goͤthe, Leben 1.B. Der hier leicht ausfindbare Standypunli. Jinge-
naunter bei Campe. (Die) als Entdeker ober Erfinder wenig:
fiend zu einiger Höhe gefommen find. Stiopftod, Gelehrtentepublil.
Sie find erfinderifc genug, allerlei Arten auszudenken. Goͤthe,
röm. Carueval. Die Jungen des Staͤdtcheu hußigfen feinem erfi 2
deriſchen Kopfe Schiller, der Verbredyer aus verfomer Ehre,
weißt, welch' eim erfiudiamer, thätiger Kopf er mar. Leifing, Gmf
und Falk 5. Die Zunft der Mathematifer (beſchaͤftigt fi) mehr mit
Erfindungen Klopſtock, Gelehrtenrepubli. So werden Sie Wiß
md Erfindungsgabe dem leichtfertigen Kuaben nicht abſprechen.
Göthe, Meiſters —*— re. 1, 9. Aergerlich ſinnend ſtand ich
da — bot all mein —— auf. Goͤthe, Leben
10. B. (Das —— wär’. e8) ganz erfindungslos. Pla
ten, ron. Dedipus 5 ah
Bindig fündig) — fifig, erfindungsreich, zu finden, befindlid) 5‘
abfindig = nicht zu finden; einfindig — fi einfindend, im
16.—17. Jahrh. ganz im Gebrauch, finden ſich uhd. nicht mehr. —
Er was gegen den landtichafften vffrichtig, fündig. ©. —
Germania BL 48. Bei St, Heimeran zu Regenſpurg iſt findi
wie König Ludwig etliche Gieter ... gegeben. Es it davon, fein.
tenftück findig. Setzten I auf Poftroß und machten ſich abfindig
und umfichtbar. In der Behaujung. einfindig. Bei vielen Histo+
ricis einfündig. Scmeller 1, 537.
Spigfindig (vielleicht beſſer Ipipfündig, wie im 16. Jahrh,
neben jpipfindig; vgl. mhd. vündec — erfindungsreich, aͤlternhd.
spitefund == liftig ausgedachter, verftedter, feiner Kunſtgriff 1), Kleine,
liche (oft unnüge) Vorſtellung mit feiner ftesichärfe ausſinnend,
over: als ſolche ausgefonnen; im Bejondern Kleinliches, verſteckt En⸗
pfindliches. mit feiner Geiftesichärfe ausfinnend, oder als ſolches aus⸗
eſonnen in Beziehung zu etwas. — Spipfind’ge. Räthiel Löjend.
iller, Jungfrau von Orleans 4, 2. In welchem (Talent) Zartheit,
Beweglichkeit und Spigfindigkeit miteinander wetteiferten. Göthe,
Leben 14. B. Die Schüler Hegels aa Dir (pigfindiglich die
Spige dar. an rom. Dedipus 5
3) Aehulich Bolfrom von Eſchenbach: mit Spißzſachen, d. i. feinen
Bauten; a aus (Chronik 1580, BI. ne viyladın Spipwert. .
5 pi Kahd. pizi, mid. :spline, gehört mit ahbl ucht. spig, kaf.-apit =
Bratfyieh, voher ahd. spizze Spießboc zu einem ahd. Verbum epizam,
berſchrte ſich aber mit ahd. spiog, Spiez, athd. Bpiez, altu. spint == Cyieh,
» " das auf ein ahd. spiozan hinweiſet), fein ſcharf zum Stechen, daven jpikig
"Km. spitzec), Meinlich ſpiz, in fchmaler Schärfe ſich endend, beide and
in flg. Bedeutung. — Und rüdt den ſpitzen Hut die Duere. Gelert, der
Sut. Ich ſtieß ihn fort und machte ihm ein fYipig Kompliment. Gellert.
Befindniß ift nun außer Gebrauch, Hoffmannswaldau hat das
Wort noch im getreuen Schäfer 71: Soll ic nad) meinem Befind-
niſſe ſprechen.
Empfindung iſt das durch einen jeden der fünf Sinne bewirkte
——— einer bei einem Dinge durch Eindrücke auf die Organe
ervorgebrachten finnlihen Erregung. Empfindniß (ahd. intphunt-
nissi) ift eine Empfindung, die nicht durch Eindrüde von außen,
fondern durch DVorftellung des Guten und Böfen entfteht, eine ſittliche
Empfindung. Empfindbar, Empfinder, Empfindler; Em
pfindlihfeit‘) (von empfindlich ſ. S. 119) iſt die Befchaffen-
heit des Subjects, leicht die Erregungen in ſich aufzunehmen, welde
durch Eindrüde auf feine Organe orgebracht werden. Im Beſon⸗
dern und am gewöhnlichften aber wird Empfindlichkeit von großer
Empfänglichkeit für die unangenehmen und durch das Unangenehme
leicht aufreizenden Eindrüde gebraucht, weil diefe die auffallenditen find.
Empfindjamkeit ift allzu große Geneigtheit und Bergnügen an
fanften, rührenden Empfindungen. Wird diefe Geneigtheit mis dieſem
fouderbaren Vergnügen gar fo Tibermäßig, daß fie bis ins Kleinliche
geht und fi) auf dieſes wendet, fo tft de Empfindelet «von dem
verkleinernden empfindeln). — Wenn ih nur an mich ſelbſt denken,
wenn ich nur meinen eigenen Empfindungen folgen dürfte. Goͤthe,
Meiſters Lehrjahre 4, 1. Plötzlich gewect von dem Sturm ber
empörten Herzensempfindung. Pyrker, Rudolph 3. Mit des
Herzens Glutempfindung. Sonnenberg. Die Hochempfin—
dungen, die unfere Busen jchwellen. Kofegarten. Das Empfin:
Dungsvermdgen des Zuſchauers. Schiller, Briefw, mit Göthe 3,396.
Welche Gattung von Empfindniifen (Zom, Sorge, Beam, Furcht,
Schreck, Reue) id) werde wählen müflen? Schiller, Räuber 2, 1.
Der Gemüthsunadel Löfcht in und die Menfchheit, die allgemeine
Empfindniß ganz aus. G. Wagner. Wenn wir die Augen inter:
balb eines ganz finftern Raumes offen halten, fo wird uns ein ger
wiſſer re empfindbar. Götbe, phyſ. Farben 5. Einer Ratır
Empfindbarkeiten zu geben. ‘Herder, Antrittöxebe in Bückeburg.
) HB. Sturz (Bernitorf) gebraucht das Wort noch mehr in den früheren
Sinn: Sein Herz war für jede Tugend empfindlich... Der Verdienſte ums
Vaterland nit einer waumıen Empfindlichkeit ehrte. u
Dah Manches won minder gelehrten, aber dabei genauen Enpfindern
offenbatt fein mag. Lichtenberg, philoſ. Bemerkungen. 3m Bogen der
Augenlieder und im Glanze der Angen liegt wit Hamer, der
tiefite, inmigſte, Ichnellte Empfinder Homers. Lamater, Man fenti-
mentaliſirt, um fich als einen Seinempfinder anzukürdigen. Jeniſch
Sie war, was id mit einem Worte eine Anempfinderin namen
möchte. Göihe, Meiters Lehrjahre 2, &. Sie hatten mid immer
zum Beften, und dad war mir empfindlich, mein Stolz war belei⸗
igt. Göthe, Hermann und Dorothea 23, 213. Daß fie: ein. fo em⸗
pfindliches und fo leicht weinemdes Herz mit:einer fo un
Heitexfeit des Angeſichts und des Geſprächs bedeckte. J. Paul, Zitan
40. Empfindlichkeit, gereizter Stolz, nichts weiter. Schiller,
Biceolomini 1, 3. Meine Empfindlichkeit ſollte dir meine Em⸗-
pfindung beſtechen? Schiller, Fiesko 2,3. Schäfer und Barden und
Empfindler und Krittler. Kurz, über ein Baar alte Mimzen.
Auf Das empfindfame Voll babe ich nie was ale Goͤthe,
Herbſt 62. Die Empfindſamkeit gibt oft dem innern Menſchen,
wie der Schlagfluß dem äußern, größere Empfiudlichfeit und Doc
Lähmung. J. Paul, Heiperus 16. Ein Zehntheil ihrer Empfin-
delet gegen Hang zur Beobachtung umzutauſchen. Xichtenberg, orbis
pictus. er Heinen Schwärmerei wollte ich nicht einmal erwähnen,
die man Empfindſamkeit oder vielmehr Empfindelei nennt.
Lichtenberg, über die Schwärmerei unſerer Zeiten. — Aber es ift nicht
bios der empfindelnde Gedanke, zu ftehen, wo diefer oder jener
große Manu ftand. Göthe, Winckelmann 1. Aber fie werden eine
ublerin juchen und eine Empfindlerin finden. Schiller, Fiesko 1,5. .
Unempfindlihd — feine Empfindung zeigend. — Andere bleiben
vielen Gegenftänden (für viele ©.) unempfindlid. Herder.
Hart (ſ.) nicht empfängfich fhr Eindrüde, welche die Dinge auf einen
machen, wird aber nar in Beziehäng auf unangenehme Eindrüde gebraucht.
Gefühllos (ſ. fühlen) ohne alles Gefühl, daher gänzlich unzugänglich
jedem angenehmen wie unangeuchmen Eindend. — Sei nit hart gegen den
Dürftigen. Luther, Bibelüberf. Sir. 4,1. Ich fah es ja, wie fievon Eurem
Briefe erfälttert war, iht Auge ſchwanm in Thränen. Nein, Re iſt nicht
gefühllos. Schiller, Maria Stuart 3, 8.
Findebuch, —geld, —ishn, — ut, —zahlz Findelgeld,
—haus, —Eind, (auch Yindlind), — mutter, — vater; Fin»
deriohn. — Er ſchafft oder trägt es (das Kind) in das Finde—
haus, Damit es weutgftens e und Namen erhalte... Warum
ich mir von dem gefunderen und freundlicheren Findlinge!) den
1) So fchreibt aud Grimm ftatt Fündling, was Andere vorziehen. (In
der 5.9. der Kinder» und Suusmährdeu von Grimm Ä, 181 ſteht Kündling.)
Das Bort babe ich ahd. und mhd. noch wicht gefunden, Fiſchart im 16. J.
Finger unmionft muß deücken laſſen. Beffing, Anti-Goeze 6. Ganfiwie
wauige Hyaden blickſt du auf das Findelkind. Salis, das Mitleid.
Kun) will memen Finderlohn haben. Schiller, Kabale und Liebe 4,8,
Fuud (ahd. funt, mhd. vunt):. 1) das. Finden; 2) die gefundene |
Sache; ‚davon: Befu nd und die Zulammenfegungen nn |
ed, —geld, —techt, —ſchacht, —ſchoß, —zettel u. a. — |
Fumd zu. offenbaren war mir unmöglich. Goͤthe, Meifters —
jahre 3, 2. Unſete Strafen beſtehen vorerſt in Abfonderung von de
birrgerlicdyen Geſellſchaft, gelinder, entſchiedener, kürzer und er nach
Befund. Day. 3, 11. Gmpfindungen, die nicht in den Alten oder
in einem ärztlichen Befundzettel können bejchrieben werden. J.
Hefperus 22. . Zungen Männern würde ich feine Briefe und Schrf
ten als eine Fundgrube von Gedanten anpreiſen. Herder. Unſer
Atzt ar feinen Fundſchein abgeben. Ungenannter bei Campe.
am. 1. Dis frühere Sprache bat noch andere Zufammenjegungen, ;. 8.
fundiam, fundfhwauger bei Kilchart, Bundjtüd bei Stider. |
m. 2. Das mhd. vunt — das Finden, dann die Erfindung, Hatte (hen
tm 14. Sabıh die Bedeutung: der liſtig bintergebende Auſchiag zu des Andern
Schaden. — Alle böße fhnde und arglift aus ee ‚ffen. Schmeller aus dem I. 144
in Wusdrud verſchwand uhd. dadurch, daß er in dep fremdber (ital. finte,
franz. feinte = — von ſeindre, niederd. vinsen, holländ. veinzen
a? veritellen) urfprän
Reiten Stop um 1700 ruf gieng.
Anm. 8. Vielleicht gehoͤrt un auch Kant = ein junger Menfſch. Dei
Wort wird gewöhnlich vom ital. fante für infante, fat. infans.. abgeleitet. Dies
feubad if nicht abgeneigt, eine Wurzelverwandtichaft mit Fuß, en —
ahd. fuaz, mhd. vuoz, agſ. altſ. föt, altu. fotr, bän. fod (fat.
gr, zorg, r0odog), zu finden. Beachtet man die oben S. 247 angeflı are *
vende, dann mittelniederl. vent, vönnt, veyn = Burſche, dän. fiante, Rage
| Troßkucht; jo if faum daran di zweifein, daß diejen verjdiedenen Wörtern eine
geineinfchaftliche Wurzel zum Grunde Tiege.
Anm. 4 Fahnden (in der Berichtefpradhe), Jemanden zu fangen firchen,
wird vou Einigen zu aber son Audern zu finden gerechnet, Wit. Sandön,
agl. fandjan, ahd. fantön = tentare, inquirere, d. i. Be ſcheint eher
für finden zu fprecen. |
Schinden.
(Wurzel scan —d, sein—d; seand, seind; vgl. altn. skinn — Haut;
lat. scindere, gr. — * = ipalten, zertheilen,.)
Schinde, ſchund, geſchunden ſchinden (abd. scindu, scand,
scundumèés, scundandr, sciadan; mhd. schinde, schand, schunden,
geschunden, schinden): 1) entblößen, die Haut, die Rinde eimes Kir
pers abziehen, ablöjen; 2) auf eine unrechtmäßtge, bedrückende und ſelbſt
graufame Art feinen Vortheil fuchen, da man den Andern gleichſam wickt
* die Haut läßt; 3) Wolksſprache) laͤrmen in Folge des Schindens,
(grau: Bünbfins, Aventinus im’ 16. J. Fündeltinde, un im 17.%
udling, Uhlaud (norm, Brauch) Fündling.
ich als Fechterwert genommenen Finte — liſtig von ⸗
|
Bedrũckens. — Mich hat fie geihunden, de fieh” nur die Mana
den! Göthe, mut 1, ME. Diefer ſoll febendig geihuuden,
baum mit Honig geſtrichen und über: ein Wespenneſt geſtellt werben.
Shakſpeare, Wintermährchen 4, 3,! Wenn ihr Niemanden hindert
wu plagt. Schiller, Wallenftein's Lager:8. Die Helden des Ater⸗
thums mit KRommentationen Mu Ihinden und zu verhunzen ‚mit
Tranerfpielen. Schiller, Räuber 1, 2. Wie Morolf einen Inden
fhand und in die Haut fid wand. Schmeller, 3, 871. Sie -drüd-
a und ſchunden den armen Mann. Aventinus, Chronik 1580,
.&. Ä 7
Anm. Kür (binden — die Hant abziefen fagt man auch abdecken,
d. i. die Die, die Haut wegnehmen, f. decken &. 11; abledern, ». I. das
Leder abziehen (von Leder, abd. lödar, mbd. leder, von ahd klid, lid, mbr. lit
— Dedel, wober Augenlied) und abſchlagen, d. i. durch Schlagen trennen ;
in der niedern Spredhart abpuffen (von mbp. büff, aftfranz. buffe = Stoß,
bei Alberns bäffen — ſchlagen), weil Das Abzieben der Haut —— durch
Etoße mir der Kauft geſchieht; abludern (von Luder, ahd. luodir, luoder =
Exife, Lockſpeiſe, ohne verächtliche Nebeuhegriffe, Schwelgerei, daher Luder⸗
Ieben, Lotterleben, dann Nichtswürdigkeit, Schlechtigkeit). F
Ab—, auf—. ans —, be—, er — fort —, nach —, u
zerſchinden bedürfen keiner weitern Erklärung. — (Er
armen Schlafgeſellen das ganze Bein abgefhunden.
venuto Cellini 2, 6. Aber ſoll er dir einen Laudjunker
ſeine Bauern wie das Vieh abſchindet. Schiller, Räube
jährlich nicht mehr Bauern abzurinden braucht, als der 9
Rünıme für feine Baſtſchuhe abſchindet. J. Panl, Tit:
janus feim Richter die Haut abſchandt. Schmeller 3
Hände waren mir inwendig abgeſchunden und biute
Beuvenuto Gellini 2, 11. An jenem Ehren beſchund
mad. Mancher hat wo Geld erfhunden ©. Dad).
ibandt, ließ er ghen Rauenna furen. ©. Frand. 9
Hälfte von dem erihundenen Gelde. Joh. Abbt. 7
deckt des Ritters Gefäß, das. noch wol baß zerfjchunden
Scchinder (schindare = Straßennäuber), allgemein
die jchindet; im Bejondern einer, der das gefüllene N
die Haut abzieht, Davon Schinderei (mhd. schinderie
räuberei); Schindung — (Mir) ließen unjer Bud
Schinder verbrennen. Schiller, Räuber 1, 2 Gegen
diihen Schinder find fie (die Neger) nicht tvenlos, dem fie haben
ihren Schindern feine Treue verjprochen. Lichtenberg, über Phy-
fiognomif. Bas foll nun wieder die Schinderei?. Ehamiffe, der’
Bettler und jein Hund,
Shindans, — fall, — fleiſch, —grube, — luder, — meſſer, — vieh
wa; Schinder haus, —hund, —karren, —ling (im 15. Jahr⸗
bundert eine ſchlechte Münze) u. a. — Iſt bo ſchon manches Uni⸗
agenie auf dem Schindanger verfault. Schiller, Ränber 1, &
Hohl die Bert alle miden Schindmähren! Shalefpeare, der Wider-
fpenftigen Jaͤhmung 4, 1. Schindersceremonien ... die. lauern⸗
den Schinderoknechte. Daf. 1,38.
Anm. Das frhher fehr gebräuchliche Schiudfeſſel (abn. schintvezyel)
= Trophnbe, Rotterbube ift nach amd nad) abgekommen. Fiſchart jagt noch Ab=
ſchindling und ſchindiſch. J |
Schuud, 1) das Abgeichundene, das Fleiſch, welches die Gerber
vor den Häuten abirhaben (abſchinden) und wegwerfen, ſofort auch, der
natürlihe Auswurf von Menfchen und Thieren; 2) (ſchlechthin ver⸗
aͤchtlich) nichtswerthe Wagre. — Welche jo viel hiſtoriſchen und theo—
logiihen Schund dem Untergange entriffen hatten. Leifiug, Anti⸗
Göze 6. Ich will auf eurem Leſetiſch bei Schund und Miſch nicht
liegen. Rüdert, gef. Ged. 6, 23. |
Hefe und Abſchaum (ſ. S. 105), Auswurf (ſ. werfen) bedeuten wie
Schund in fig. Sinn das Schlechtefte in jeiner Art: Hefe als niedrig;
Abſchaum ald unnütz, ausgeftoßen; Auswurf ats fchädfich, verachtet; Abſchaum
und Auswurf ſtehen auch von Einer Perſon, Hefe und Schund nur von meh⸗
teren Beifonm. — Abſchaum aller Mörder! Leffing, Emille Galotti 3, 8.
Daß fie... ihrer eignen Bafallen Spott, der Answurf ihres Landes, dein
Schrecken wird auf einmal im Gefängniß. Schiller, Maria Stuart 2, 3.
Schindel ) (ahd. scintala, scintila, scindula, mhd. schindel,
candula, engl. skingle, böhm. ssyndel, gr. oyır-
x), ein fleines geipaltenes Bret. Davon Schindler
re); f — (mit Schindeln bedecken, abſchälen);
‚ —deder, —eifen, —fuge, — holz, —kriecher (cer-
„), —macher, —nagel, —ſparren, —ſtamm. — Näch⸗
droben Die Schindeln krachen hören. Goͤthe, was
Wie, Teufel, ich euch da ſchindeln will. Göͤthe,
indelt ein neues Dach euch. Shakeſpeare, Timon 4, 3.
idelthurm ſummt ſchwellend durch die Himmel zu
rn rings ein feierlich Gebimmel. Voß, Jumker Kord 5.
(goth. skanda, ahd. scanta, mdh. schande, agſ.
e, altfrief, skonde, gr. alsyvrm), urſprünglich une
Hößen; gewöhnlich erniedrigende, des Werthes bench-
- D mach ed nun gut, was du übel gemacht! Bir
2), Das Wort fommt zunaͤchſt von ſchinden, dabei iR ein Anlchnen an das
ef indula, scandula, oder vielmehr eine Wurzelverwandtſchaft nicht in Abrede
u fellen,
i 2) Das mhd. scant, schande fommt auch in der Bedentung von Schamglied
und feiles Weib vor. Dies fcheint für eine Wurzelverwandtſchaft mit [binden
zu fprehen. W. Wackernagel ftellt das Wort zu ſchämen er skaman,
a. soamòn, mhd. schamen; Scham, ahd. scama, mhd. scham, schame, sche
altf. Scama, agſ. scöomu, altn. skömm). Das Wort fein im Grundbegri
miSchande auf Bloße fonit verhüflter Körpertheide zu gehen.
du es, der je mid in Schande gebracht, fo. bring’ wu) mich wieder zu
Ehren! Bürger, des Pfarrers Tochter von Zaubenheim. -
Sqchmach (ahd. smıäbt, nıht. smæhe, von «hd. Smähi; k (ömähen
S. 172) zunächſt Geringſchätzung; dann Berletzung des Jemanden gebührenden
Rechtes; gewöhnlich. kränkende Unehre oder Verhchtlichtett: Sich im vf (ahd.
soisnf, scimph, ihd. schimpf, altn. skimp Scherz, ah; abb, skämpan,
scinfan, mhd. schänpfen = fcherzen, fpaßen, altu. skimpa ‘== fpotten) ver⸗
lachen; vgl. gr. ousuua Scherzrede, Sputtrede, undrramv = 'fpetten,
ſcherzen) urfprünglich Scherz als Gegenfap von Ernft, feit Ende des 16.
Jahrh. altmülich beleidigende. Unehte, nhd. überhanpi äffentlich verletzende
Unedre. — Im Purpur ift er fihon des Volkes Hohngelächter: damit: er ohne
Troſt in feiner Marter fey, damit die Schmach jein Herz ihm drehe. Ram⸗
fer, Tod Jeſu. 's iſt doch ein Schimpf für einen Reitetsmaun, Schildwach
zu ſtehn vor einem leeren Hut. Schiller, Xell 3, &, : I
Schänden (ah. scantjän, sCentan, mhd. schenden, agf. 'seen-
dan, Volksſprache ſcheunen), 1) Schande zufügen; 3) verlegen,
verftummeln; 3) entbeiligen, entweihen; 4) eine weibliche Perſon durch
erlaubte geichlechtliche Bereinigung ihrer Ehre berauben; au =
but von unnatürlicher, ſcheußlicher Wolluſt gefagt, wogegen z
ulus, Röm. 1, 4 und 27; Kor. 6, © eifert. won a
den. — Dat (baifertihen Namen) ich verehre, felbft wo man ih
ihändet. Säilller, Tel, 8: Es lobt mich in's Geſicht und fhän-
det mich im Rücken. Logan. Der Blipftrahl fuhr den Thurm hin-
unter und [händete die Safriftei. Bluntfhli. Sie trogen Freund
und Zeind und jhänden die Gelege. Weiße. So wmüfle dereinft
dein niedriger. Knecht. das. adliche a dir [Händen Bürger. Und
Feinde nun den Inn Leib ver ſchändend, taſten an. Goͤthe,
Kimftlers Morgenlied.
Schimpfen ſ(ſiehe ae Entehren (von Ehre, abe: ‘era, mhd.
&re, agf. ar, are, altn. sera, mit dem Grundbegriff Glanz oder Schägung ;
väf. goth. aistan —= ehren, anf. est, est.—= Achtung, Gunft, lat, sestimare
S ehren; aud fat. as = Erz, gr. dia = Werth, ‚Derdienft?) — Das
Mädchen iſt engelrein... Rein und entehrt! Schiler, Fiesko 1, 12.
Anm. 1. Ansfhändiren, von ansfhänden, fit niedriger Ausdrudf.
ee un die Fezer ſtattlich ansgeihändiren.. Gellett, ‚die Bauern und der
.2. wächen, swechen ausgva n, ?
mh. Kam. 2. ‚Aus (dm iö ahb. ‚os h han, swöhhen * hbian, von ———
Gen, geruchlos fein gehörend) kommt in der Bedeutung von.[ch, änden 4 vor. —
Blandinen, dein a bchterlein, ſchwaͤcht, zut Stundt jest‘ Tomädt fie
ein ſchündticher K Birger, Lenaido nad Blaudine
————— ns in Zuſammenſetzuigen) y' Shändung,
Ian ſchändlich, Schändlichkeit. — Jeder bei ihm
b ih .ein Gottesläfterer, ein Wajeſtaͤts ſch änder. Göthe, Egmont 3.
ieſem Salsbury, Dem Tempel ſchaͤnd er. Schiller. Sungfeau von Or⸗
leans 1, 3: Schandlicher, dreimal fch andbicher Verl! Schiller,
Räuber 1,1. (Er bat) verhält in fchöne Reden jede Schaͤudlichkeit.
Bioten, rom. Dedipus 1. Ttolle dich flags aus Der Imfl hinweg,
Schandbarfter der Meufhen! Voß, Odyſſee 10, 72, ...
Echandaltar, — bild, — brief, —bube, — buch, bühne,
pe, — gebot, — gedicht, — geld, —gemälde,: —geſchichte,
+fauf, —krieg, —leben, läge, —mahl, — maul, —mittel, — name,
—pfahl, —* — pre, —ſchrift, —ſprache, fein, — ſtück,
—tittel, —tod, —meib, —winfel, —wort, — wurz, —zeichen u. a. —
Nur die Schandfled ale find übrige. Voß. Warum an den
Schandgefellen mic ſchmieden? Böthe, Fauſt 1, 233. Indeß er
mit der andern (Hand) über ihn die Schandglode läutete. 3. Paul.
Daß nicht. der Name Piccolomini ein Schandlied.jei, ei ew’ger
Fluch im Haus der Wallenſteine. Schüler, Wallenfteins Tod 3, 21.
Des fih) und unſer Weſtphalen hier jo unverihästt var Deufſßhlands
Auge an Ben Schaudpranger der Dummheit ſtellt. Sonnenberg
Eine übertriebeue Lob⸗ und Schandrede. 3. Paul. Ein Biedermeib
im Angefiht, en Schandjad in der Haut if manche. Logam
Bern) gerechter ihr Schandjäulen verewigten. Klopſtock, Die
Krieger. Eine Schandthat ſchaͤndlich rächend. Göthe, Iphigenie 2, 1.
Kine hübſche Ehren- oder Schandwache ver der Saalthüre. J. Paul.
Aum. Alberus bat no jhindig = ein laufidter fucdt, —
J Schrinden.
- + Burzel seran—d,-serin—d; scrand, serind.)
d), gefhrunden, ſchrinden (ahd, sorinte,
rugtaner, serintan; mbd. schringe, schranı,
n, schrinden); 1) (auch jhtunden) auf-
2) aufjpringen machen, Tpalten, Das Wort ift
.— Die Hut (Haut) nu mih ſchrinden.
is Erdtrich entſchrunft. Aventinus, Chronik
rie (Dorne) krumm und zacket, wie habt ihr
Meliſſus. Much vor Hig zexſchrunden.
5111. An der Finfteniß zufammenge-
ſchrunden, wird "dein Auge vem Licht -entbunden. Göthe: Bott,
Gemüth und Belt. —
Die Schrunde auch der Schrund (ahd. scrunta scruntussa,
mhd. schrunde —= Spalt, Riß, aufgeiprungene Hand, auch sohruns
—= Ni, Spalte, Schrunde, Runzel; vgl. neuniederl. Sahtabd —
jcharf, sehrandse —= Spalte; Volksſprache Shrunne, Schreun),
Spalt, Riß in einem feften Körper; davon ſchrundig, ſhrundicht. —
Im Schrund des Berges, Baggeſen. Glühn die Steppen, blühn
die Schründe. Kofegarten. Kreicht (kriegt) fen Schrunne im bie
and. Nadier, „Fröhlich Pfalz" (Frankf. 1847), ©. M7. Indem uns
die Eismaſſen durch die Bergſchrunden verdedt wurden. Goͤthe,
Briefe ans der Schweiz 2 Abthl. Das Leder wird ſchrundächtig.
Dr. Winderer S. 121. F
Anm. 1. Das niederdentſche ſchränen, fhriänen = einen ſtechenden
Schmerz verurſachen, wie wir z. B. beim Aufſpringen der Haut empfinden, ſcheint
für die Wurzel seran, scrin zu fprechen.
Anm. 2. Das ſchweiz. Schranne — Riß im Felſen, Berglüde gehört
hierher und it von Schranne —= Getreidemarkt verfchleden. Das legtere Wort,
in feiner Grundbedeutung Bank, Bank wit einer Rücklehne, dann Bank des Rich»
ters, davon Gericht, der mit Schranken, einem Geländer umgebene Gerichtspla
ſelbſt, weiter Bank oder Tiſch oder überhaupt Anftalt, Ort, Gebäude zum auf
oder Verkauf gewiffer Dinge, namentfih Getreide, Fleiſch oder Brot beftimmtt,
fautet ahd. scranna, mhd. schranne, schrande, schrange, mittellat. escranium,
itaf. scranno, franz. ecran, &crene. Daraus unfer Scharn, niederj. scharn,
mit a iebuns deö r.
Anm. 3. Das mhd. schrenzen bedeutet durch einen Riß, Spalt trennen,
(ligen; schranz = Spalt, schranze — gefchliges Kleid; davon Hoffhranz
= der in fein gefchlisten Kleidern fi Umbertreibende? Oder von niederſächſ.
schranzen, hofländ. schrantzsen, engl. schranch = frefien, eigentlich die Spei⸗
fen zerreißen ?
Schwinden.
(Wurzel svan—d, svin—d; svand, svind.) |
Shwinde, ſchwand, geſchwunden, ſchwinden (ahd. suintu, suant,
suuntum ês, suuntanèr, suintan; mhd. swinde, swant, swunden,
geswunden, swinden; agſ. svindan; von ahd. suinan,
agſ. svinan — ſchwinden, vergehend, abnehmen), in
dentung (suinan) wahrſcheinlich getrieben, getragen, g
wohin, dann 1) jchnell im Kreiſe bewegt werden, jchne
wegt werden; 2) (meigentlid, aber gewöhnlich) ſchnel
ſein oder in die Sinne zu fallen, vergehen, aud) von
Zingen und Zuftänden; 3) allmäli und unvermerft a
Umfang abuehmen. — (Als er) vom Kriegsſchauplatz fd mw.
Piccolomini 2, 7. Laßt allen Groll und Hader jeßo
Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 9. Niemals mehret
mie auch ſchwindet die Zahl. Voß. Indeſſen fühl i
meine ‚Kräfte ſchwinden. Canitz.
Sum. 1. In eizer ſchweizer. Urkunde vom Jahr 1485 (Grimme Weisthürs ;
mer 1, 66) ſteht noch: Ras dero gut an elgen vnnd erb ligeu vnnd geleit werden,
vund das weder ſchwynen noch wachen fal, ed were dann des Iybs nothurfit.
Anm. 2. Im 18. Jahrh. gebrauchte man noch das Bräter. fhwunden
4. B. Es jhwunden alle Glieder. Weichmann, Poeſie der Niederſachſen 1,78.
Alle Krafte ſchwuuden. Daf. 1, 188.
Ab—, dabin—, ein —, ent—, fort —, hin —, hinweg —, ver—,
vorbei — voxũuber —, weg —, zer —, zurück — zuſammenſchwinden
178%
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2608
bedürfen feiner weitern Erflärung. — Bon der Bein, die ich empfun⸗
den, ift mein Antliß abgeihwunden.. — Ach! mir ſchwan⸗
den die Kräfte dahin. Göthe, Amyntas. Daß uns Sinn und Ge-
dan?’ in jelige Wonne dahinſchwand. Voß, Luife 3 a, 482. Bie
eingejhwiunden! Shafeipeare, 8. Heimrih: IV. 1. Thl. 5, 4.
Schon entihwand das liebliche, ſchilfumkraͤnzte Geflade' dem Blick.
Göthe, Fauſt 2, 206. Geſchlechter ſchwinden fort, noch ehe fie
veralten. Tiedge, Urania 4. Schon verlojdhen find die Stunden,
bingefhmwunden Schmerz und Glück. Göthe, Fauſt 2, 5. Auch
von des höchſten Gebirgs beeisten zadigen Gipfeln ſchwindet Purpur
und Glanz icheidender Sonne hinweg. Göthe, Euphrofine. Die
Hand wird nach und nad) ſchwinden und endlich ganz verſchwin—
den. Göthe, das Mährchen. Goldne Wolken trugen fie hinauf, lang⸗
fam verfchwindend, in Das Land der Wonne. Schiller, Yungfrm
von Orleans 1, 10. Daß eben darum diejes ſchreckliche Geſpenſt in
der Geftalt des Königs unferer Wade vorbeifhwindet. Ham—⸗
burger Theater. Doc und ſchwand das neunte der Jahre vorüber.
Voß, Ilias 2, 295. Seht, wie meine Hand beinabe ganz wegge—
ſchwunden ift. Göthe, das Mähren. Schon längft ift der Duft
zerfhwunden. Kofegarten. Denn fo oft ſich büdte der Greis,
nach dem Zrunfe verlangend, ſchwand ihm das Wafler zurüd. Voß,
Odyſſee 11, 585.
Anm. Gefhwinden = fhwindeln iſt nhd. nicht mehr im Gebrauch.
Der Schwind, d. i. der Juſtand, da etwas ſchwindet; die
Schwinde, 1) die Flechte auf der Haut; 2) eine Art Milben (acarus
scabiei L.); Schwindblume Chelonias L.), —flechte, —grube,
—hola, —murz (chelidonium majus L.). |
&swind ucht (älternhd. swindsucht, mhd. diu swinende suht,
Schweinſucht, auch ſchlechthin suht, zu fiech, goth. siuks, ahd. siuh,
sioh, mhd. siech, altf. siok, mittelniederl. siek, agſ. sẽc, engl.
seek , altn. siucr, ſchwed. siuk gehörig), fieberhafte Kranfheit der
Abnahme an Körper und Kraft bis zum völligen tödrlihen Erlöſchen
der Lebensfräfte; auch in Beziehung auf einzelne Franfhaft angegriffene
Körpertheile, von denen dieſe Krankheit abbängt, gejagt. ‘Davon
ſchwindſüchtig. — Manchmal ift er mager. und zufammengefallen,
wie ein Kranker auf der lebten Stufe der Schwindjudt. Göoͤthe,
Ramnau's Neffe Ein ſchwindſüchtiger Profeffor hält fi bei
jeden Wort ein Fläfhchen Salmiafgeift vor die Naſe und Fieft ein
Gollegium über Die Kraft. Schiller, Räuber 1, 2.
Auszehrung (von zehren, ahd zeran, mhd. zörn, goth. tatran, agi.
wöran — brechend auflöfen, zerreißen, wettelfernd flreiten, woher aud zer:
ren abd. zerjan, mbd. zerren und Zorn, ahd. daz zorn, mhd. dör zorn,
zoren, altf. das, agf. der torn) iR allgemeine Benennung der oben vugeführ⸗
ten Krankheit, im Befondern, wenn fie auf.einer Innerlichen Vereiterung vder
——— —W —
FO a 5
267
Silekmabfonderung mit auhaltenden fchleichendem Kleber herubt. — Man
fagt wir, Ihr hättet die Anszehrung. Shaffpeare, viel Lärmen um nichts 5, 4,
Der Schwand (nıhd. swant), d. i. unmerflich fich einftellende
Abnahme, beſonders die Abnahme, die irgend ein Material durch Ein-
trocknung und andere dgl. nicht zu berechnende Umftände erleidet, ift
wenig gebräuchlich.
- Der Schwund, d. i. der Zuſtand, da etwas jchwindet. So
nennen die Aerzte den Krankheitszufall am Auge, wenn es gung ju-
fammenfällt und Flein wird, den Schwund des Augapfels.
Schwindel (ahd. suintal, mhd. swindel, altı, sunde), der-
jenige Zuftand, da fih Alles im Kopfe und. vor deu Augen im Kreife
zu drehen ſcheint. Schwindelei (cf, beillnbefonnenheit ©. 221);
— ſchwindeln (ahd. suintilön, mhd. swindeln), mit
vergehenden Sinnen im Kopfe umgetrieben werden, fig. in Handlungen
und Planen auf ungewiſſem Grunde ſich haltloſen Uebertreibungen
hingeben. — Der bloße Hauch ſeines Mundes wird dich in jenen
ſchwarzen, todtenähnlichen Schwindel hauchen. Schiller, Räuber 1, 3.
Schwaͤrmerei und Geiſtesſchwindel. Ungenannter bei Campe.
Stracks zerrinnt der dickke FZauberſchwindel. —8 Oberon 2, 44.
Auf den jhwindligen Höhn. Pyrker, Zunifias 1. Auch ibm wird
der Kopf Ijhwindeln. Göthe, Egmont 2. Und wie einen Kreijel
mit jshwindelndem Drehen trieb mich’8 um. Schiller, der Taucher,
(3b) blide mit Schwindeln hinauf, blide mit Schaudern hinab.
Schiller, Spaziergang. — Bloß wie Geifter [hwindeln fie mid an.
Schiller, Fiesko 1,12. Hinſchwindelt das Volk, Pyrker, Rudolph 2.
Daß dieſe Inſektenſeelen am Riejenwerf meiner Liebe hinaufſchwin—
deln. Schiller, Kabale und Liebe 3,5. (Er) ſchwindelte nieder.
Sonnenberg. |
. Zür er jchwindelt, ihm fchwindelt fagt I. Agricola (Sprichw. 62)
nach älterer Weife: ed gefchwindet jm (ahd.im gesuintit, mhd. im geswindet).
Schwinbdelbeere, —geift, —fraut, — mittel, —pulver, — ſucht,
—fühtig, —wurz u. a. — Sch weiß nit, welh en Schwindel-
geift die ganze Stadt ergriffen. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 1-
Raden, Ruß, am meiften aber Schwindelhaber. Uhland, Schwindel-
baber. Ein jchwindelhohes Zimmer. Mofer. Ueberall ftehft du
auf Schwindel höh'n. Sonnenberg. Huldigen Sie dem Schwin-
delfopf Gianettino. Schiller, Fiesko 2,5. Dieß fchwindel-
föpf’ge Zehen macht verrufen. bei andern Bölfern uns. Shafejpeure,
Hamlet 1, 4. Sehneft du von Schwindelftufen dich zu fchmerzen-
vollem Raum. Göthe, Fauſt 2, 241.
Schwindler (bei Bieln Schwindeler, d.i. der Schwindelnde)
it fowol der in eignen Planen haltlos (auf ungewiffen Grunde) Ueber⸗
treibende, als auch (wie engl. swindler) der durch Vorſpiegelung fal⸗
262
Fr
fer Anſtchten Amdere für feine Plane. geneigt mahende und Fe ſo
um das. Ihrige dringende Betrüger, gleihjam der Schwirbeleien
vormahende. Ze |
Schelm (ahd. scalmo, scelmo, mhb. achelme) 1) fo vid ale Sende,
BVeftilenz, eigentlich und vornehmlich Viehſeuche, und 2) davon Übertragen auf
gefallenes Vieh, Aas, wahrfcheinti in Nüdficht des Abziehens der. Haut auf-
eine Burzel mit Schale S. 1. (vgl. goth. skilfan — zerreißen, altn. skilja
— unterfeiden, skilmr — bewegt und abgefhliffen, skel = Mufchelicheibe,
goth. skaljös — Ziegel, Dachſpäne, ital. scaglia — Schupye) zurückgehend;
3) verborgenes Pörperliches Gebrechen oder Nebel; 4) (Volksſprache) Berfüh-
rer eines Frauenzimmers; 5) (gewöhntih und fo ſchon fpäter mhd.) fein ver
ſteckt Tiftiger ehrlofer Betrüger in böfer Abficht; dann in gelinderm Sinne
fein verſteckt Tiftiger Menfch zu Vergnüglichent, der’ in ſcherz⸗ oder fpaßhaften
Streihen Verſchmitzte. Schalt (goth. 'skalks — Knecht, ahd. scalh, mhd.
schalc, agf. scẽale — Diener, Eigenfneht) in Beziehung des Knechtfinns
ſchon mhd. ein Menſch von roher, boshafter Geſinnung, fhadenfroher Bube,
dann (vgl. mittelniederl, scale — ſchlau) ein mit Berftellung vergnügfich
liftiger Menſch, felbft zu ernitem Zwede, ſchadenfroher argliftiger gewandter
Betrüger, befonders unter der Miene der Unſchuld. Schurke (ahd. scurga;
vgl. fuirscurigi, firscurge — Feuerſchürer, S. 118) ift ſchlechthin der ehr⸗
Iofe Nichtswürdige. Gauner (vgl. mittellat. engaunnunı, engannum =
Betrug, ital. ingannare — betrüigen ; niederd. gau — behend, holländ. gaauw
— behend, fertig, geſchickt, ahd. kou = liſtig) umberfchweifender (vgl. ahd.
govgarun — umberfchweifen, kigauan — beforgen, Gau, goth, gavi, ahd.
kouwi, gewi, mhd. göuwe, göu, geu, Überall neutr.) liſtiger und gewandter
‚ Dieb, dann überhaupt ein folcher Betrüger, Spitz bube (bei Stietr Spitz⸗
bube — gewanbdter, liſtiger, beträgerifcher Würfelfpieler) iſt urfprünglich übers
haupt ein fein verfchmigter, liſtiger Menfch, aber wegen Bube nur in übelw
Sinne; hiervon einer, der Andre zu ihrem Nachtbeil verfhmtgt nnd liſtig
bintergebt, oder auch betrügt; endlich der verfchmigte, litige Dieb. (Das
Keine und fofort Liftige liegt in ſpitz, S. 252; vgl. mhd. spitzsachen
— feine Ränke S. 2351). Beträger (ſ. betrügen) der zu Andrer
Schaden in Abficht eignen Vortheils Tänfchende. — Im andern Jar kam der
Schelm unter das Bieh, und ftarben die Kue in aller Welt. (Sie) vers
pranten die fhelmen (die in der Schlacht getödteten). Schmeller 3, 357.
Bon Natur ein braver, ehrlicher, zuverläffiger Mann hatte er fich gegen die
Welt erbittert und ließ diefen grillenhaften Zug dergeftalt in fich walten, daß
er eine unüberwändfiche Neigung fühlte, vorfäglih ein Schalt, ja ein
Schelm zu fein. Göthe, LXeben 12.8. Einen Schurken mit goldnen
Borten unter den Hammer friegen, der die Geſetze falfchnrünzt nnd das Auge
der Gerechtigkeit überfilbert. Schiller, Räuber 2, 3. Du bift wohl nicht der
erfte Gauner, der über den hoben Galgen weggeſehen Kat. af. 1, 2.
Serzog der Beutelfchueider, Saunerkänig, Großmogul aller Scheime
unter der Sonne. Daf. 2, 3. Spipbnhen felsft, Die aus an. Sıheimen
2095
machen. Schiller, Micselomigi 4, 7. ——— man: fiud Con Voß,
die Leibeigengen 26, , ,
Verſchwenden (abd. Kv)arauentan, mb, —— auch
einfach swentan, awenden); 1) eigentlich machen, Daß: etmas. per⸗
ſchwinde, d. i. daß es abnehmend aufhoͤre gu fein; .2) muchen, Daß. etwas
abnehmend aufhöre zu ſein für den, der es hat; 3) allgemein. un⸗
nüger Weiſe übermäßig (zu: viel) verwenden. Davon Berſchwender,
verihäwenderifch. — Die vergeblüche Mühe, Diejes. und jenes TRiß-
fällige auszutotten, würde nicht jo. oft werfchmendet werden. Goͤthe,
Leben 12 B. Indeß wir bier in. thatenloſer Ruh die köſtlich edle
Rettungszeit verſchweuden. Schiller, Jungfrau vou Drkeand 1, 1.
%b habe längft einen Mahler: im Solde, der feine ganze Kunft ver»
Ihwendet, den Sturz des Appius Claudius zu mahlen. Schiller,
dieslo 1, 13. — Ich glaube, der Manu ift ein Verſchwender. Leifing,
Minna von Barnbeim 2, 1. Verwünſche des Ehreverſchwenders
Kid. Klopſtock, Stintenburg. Himmliſche Verfchwenderin! Platen,
die verhängnißvelle . Gabel 5. Mit unihäßberen Gütern lehret uns
verihwenderijch. die. Noth gelaſſen ſpielen. Göthe, Taſſo 2, ..
Verthun' fabv. ſCv)irtion, mhd. vortuon, alt}.. ſavdnan, ayj. ſardon)
iſt eigentlich vurch ſein Thun. womit zu Ende kommen, d. i. gauz aufbrau⸗
chen, daß nichto mehr davon da⸗iſt; imu Beſondern und vornehmlich ( jchon
uhd) von eitwad ungeböriger, unantzerWeiſe ſolchen Gebrauch machen, daß
es fott, dahin iſt, und fo auch auf bie. Zeit übertragen. Verjubeln (von
jubeln lat. -jubilere) in luſtigem lantem Thun verbringen‘, gehord dem ge⸗
wöhulihen Leben. an. : Duräbringen: (ahd. durahpb)rink(han) hat hier
die abgeleitete Bedeutang: etwas mit ungehörigerı, unnithzem Gchruusche um
des Bergnügeneg, des Genufſes wilten in anders Befig, dringen. Betbringen
(mh. verbringen, vürbriagen — ums Reden bringen) etwas fort, wegbrin-
gen, mit dem Nebenbegriff des Endes, Ausganges, der yı
wird bejonders van der Zeit gefagt. Zubringen (abb. a
mhd. zuobringen) eigentlich jelbftthätig wachen, daß ein
kemmt, was Ziel des Bewegung ift oder als ſolches gedach
Zeit, d. i. machen, daß die Zeit über etwas vergeht, nüglich
von Sachen, Beligthum gefagt, hat zubriugen die Bedeutun,
gen, unnügen Gebrauch verderben. Vergeuden (rein abt
mbd. gewen, göuwen, fpäter geuen, geuwen, lat. hiare :
ſperren, gähnen, danıı gierig, Tüftern nad ehwas fein; dabon ahd. gawidon,
gewidön, mhd. geuden, gewden, giaden, ‚göuden, gäaden in ‚fg: Bebeu:
tung das Maul ‚aufrelgen und großthun, prahleriſch thun; es gtoͤß, hoch her
gehen laſſen, Freudenmahle halten, wobei es hoc. her.geht; mit Gropthun ala
wverthlos verwenden, etwas für nichtsachtend übermäßig und unnüth verthun)
unnürper Veiſe nbermãßig verwenden, indem man das, was man fo verwen⸗
det, für nichts achtet, gleichſam prahferifch wegwirft, Verſchleudern (oberd.
verſchlaudern, bei Adelung verfchläupern, bei Leffing, verſchlei⸗
204
dern, von dem erſt im. 15. Jahrbh. votkommeuden Schleuder, eben.
Schlauder) etwas, was man bat, leichtfinniger Weiſe an Andre geben, in
dem man es unter dem Werthe hält, auch won der Zeit geſagt, fie ale werth⸗
[08 unter unnkgem Thun leichtfinnig veritreichen lafſen. Berjudern (ven
judern, aus lat. jocari — ſcherzen, wie Jucks ans fat. joous), dem ges
meinen Xebeu amgehörig, bedeutet in Iuftigem Leben und Treiben verthun. —
Der verlome Sohn (Luce. 15, 14 f.) verthat.fein Vermögen, indem er es
theils mit Schlemmen verſchwendete, theils mit Siederlichen Dirnen durqh⸗
bradte, theild an Luftgenofien verfhleudert und in feinem Rebermuthe ver-
geudet haben mochte, und erit, als Alles verbracht war, und tr einige
Zeit in bitterex Armuth zugebracht hatte, kehrte er reus und demütbig zw feis
nem Bater zurück. — Wie: man Geld und Zeit verthan, zeigt das Bid:
lein Iuftig an. Gdthe, Eyigramme Ueberall zahlte man die Yabrikarbeiter
bisher am. Sonnabend, woher ed danı fam, daß: fehr Viele am Somutag das
am Sonnabend empfangene Geld. verjubelten. Frankf. Ober, Boftanıtds
zeitung 1846, Beilage zu Nr. 298. Der feines Baters goldue Füchſe mit
unfesm Regiment bat durch gebracht zu Blüdsftadt; In einer luſtigen Rad.
Schiller, Wallenfteind Lager 5. Eime Königin, die ihre Zage nicht aungenüigt
in müßigen-Beihauung verbriugt. Schiller, Marin Stumt 2,2. Ver⸗
. geudet wurde fein Erbtheil. Pyrker, Zunifies5. Mir, der ich mein Talent
und meine Tage abfichtslos vergeudete, mußte ſchnell auffallen. , Götbe,
Leben 14.8. Gewiß ift bei einem zufällig räuberiichen NRadwühlen (bei den
Ausgrabungen in Herculanum) mauches edie Alterthum vergendet werden.
Böthe, ital. Reife Reapel 18. März 1787, Sie verjchleuderten Eroſchen
und wurden: je allmälich ihre Thaler los. Göthe, Tags umd Jahreghefte 1811.
. Anm. Als finmverwandt in gewifjer Hinſicht künnte auch noch verzetteln
angeführt: werden (älternhd. verzetten, ſ. S. 197) urjprünglich auseinamderbreiten
oder freuen; dann in Meine Theile auseinander treuen und fo verlieren. — Allein
er hat fein Geld wahrhaftig nicht verzettelt. Göthe, Kat 1, 132.
Verſchwendung ift ein vethältnißmäßig großer unnützer "Ber:
brauch, indem der Verbrauchende das, was 'er befigt, durch den Der:
brauch aus feinem Befige verfchwinden macht und davor keinen Nupen
hat. - hat feine Befchwerlichkeit, der beichränfte ſowohl
als ti ie. Der legtere ſetzt Ueberfluß voraus und führt
zur 2 ıg. Göthe, Wahlvermandtichaften 2, 8.
er. de wenden) laͤßt es unbeitinmt, ob jener Berbrauch nüpfich
| oder um" ° rn einzelne Bauitlen den Aufwand nicht beitreiten
founten. Be. EEE ee. “
Anm. ! rt nah Grimm auch Echwein, (gotb. svein,
ahd. suin, m m. svin) d. i. das Thier, das auf die Weide getries
ben wird (vg en, agf. svan — Hirte, Hirtenknabe).Bielleicht
it das Wort wurzelverwandt. mit Sun, abd. sd, süi, süwi, whD,sü, pl siuwe,
lat, sus, gr. vg, Dvg, — swiu aus suwin erwachſen wäre. . —— den Zuſam⸗
menhang mit suinan ſpricht das agſ. svind, swind = Speck. Pal. weiter bie
bald auf sa bald auf suinan weiſenden Grimm IT, 12. 11,332. Schmeller
3, 1777, 259, 538. Welgand 1708. Badernagel, Shwitthenwer.
— 8. Dem Auſcheine vach gehört auch geſchwind' hierher. Das Wort
it gebildet aus der Vorſylbe der. und dem Adj. goth. svintbs, ahd. suind, mhd.
—— — ſtark, — kräftig, gehört alte zu einem andern Stamm.
Winden. :
(Wurzel wan—d, win—d; wand, wind) . .
Winde, wand, gewunden, winden (ahd. wintu, want, wun-
tumes, wuntaner, wintan; mhd. winde, want, wunden,.gewun-
den, winden; golf. agf. vindan, altſ. windan, altfrtej. ſchwed. winda,
din. vinde, engl. winde), 1) kteisförmig beive en, eine gebogene,
bin und her gehende, bejonders eine, um einen unct gehende Rich-
tung annehmen, belommen; 2) ‚eine jolde Richtung geben (eigentlich)
und Agikfich); 8) vermittelſt .einer um einen feiten Punet geführte
Maft bewegen, beionders. in. die Höhe bewegen,. heben. — Aufgejagt
ans dem Lager durch wiudende Thal’ amd Gebüfche. Voß. et (er:
tmndhet um: ni auf! den gewundnen Pfad. Klopftod, die Vor-
trefflichfeit. (Ich) finfe vor. dir in mwiedrigen Staub bin, lieg’ und
bet’ uud winde mich, Vater, im Todesſchweiße. Klopfted, Meiflas:
1, 120. Da ber Dichtung zaibertiche Hülle Fich noch lieblich um die
Wahrheit wand. Schiller, Götter Griechenlands. Auch für mich
ward jener Lotbeerkranz, = deine ‚Tobtenbahre. ſchmückt, gemunden.
Exwinden fi, jo — ala. fi. untetwinden, iſt nicht mehr
gebrandhlich. (Dad ahd. Irwintan, inhd. erwinden, heißt, fih um⸗
wenden, nur bis auf einen gewiſſen Pumct gehen.) — Das mus id
fing gefunden zu beflügeln fih.erwunden. Canitz. Sich unter-
winden (früher auch ohne Pronomen), zunaͤchſt wol fo viel, als ſich
.umter etwas winden and ſo daffelbe auf, Aber fich nehmen,
. bei untevrehmen S. 21. — Bern wir Dirnen uns erwinden.
gm, Auhang 62. Das. keinen es zw befchreiten dorfft under
winden. Fiſchart, Gargınmıa .©.:274 Ein folder Mann unter-
windet fidy Der ſchweren Aufgabe, Göthe, Leber 16.8.
Si getrauen (goth. gaträuan, ahd. katräen, katrüön;, mhd. getrte!
wen) bezeichnef‘ zuuachſt, was das Stammwort trauen (goth. trauan, ahd.
wöen, trüwen, triawon, md. truwen, triawen, tronwen, altf. trüdn, anf.
trödwjan, ſchott. trow, altn. tea, mit treu, goth. triggvs, ahd. triuwi,
mid. triuwe, altf, triwi, agſ. tıöswe, altn tryggr zu fanffr. dhruwa ="
gewiß gehörig), daun Krafterforderndes mit ſtarkem Bewußtfein feiner Kraft!
und des Grfolges unternehmen. Das einfache tramen kommt in diefer Bes)
deutung erft mb. vor, iſt aber Inder Schriftſprache weniger üblich als fh
getranen. Sich ertühnen (mdd.-Erkuönen furchtlos machen zum⸗
Thun, von kühn S 131) bedeutet fncchtios handelnd und dabel Gefahr uud;
Alderſtand gering‘ achtemd unternehmen, Si brdre iſde n [von breift fi!
: ©. 131) aus Zuverficht und Selbfivertraten furchtlos unternehläen;':Hrmit
beſenders ohne -gekiutete Rückſicht auf Das dem Andern Zufkeheirde md "anf
Beſchaͤmtwerden. Sich unterftehen mund unterfangen ſ. S. 20. —
Schlafend Hatte fie mir fo gefallen, daß ich mich nicht tramte, fie zu wecen.
Göthe, der Befuh. Was fd Ber- Tell getraut, das konntet Ihr nicht
wagen? Schiller, Teil 1, 8. Ha, Ihr eykühnt Euh! Daf. 3, 3. Doch
diegmal iſt er von den Reuiten; er wirb fich grenzenlos erdreuften. Goͤthe,
KFauſt 2, 9._ De A TE BR
-: Ynm.. Erwinden hatte noch im 17: Jahrh Die. Bedeutung gebreden;
mangeln, fehlen, 3. ®; Es har mir.an. Mitiele erwunden. Landtag Yon 166
Sie rudern allefampt und lagen nicht erwinden (fehlen) in Meinung einen
Weg dem Hafen zu zu finden. Opik, Jonas ©. 19. 9
Ab--, au—, auf, aus—,.be—, durch —, ein —, eumor —
ent—, entgegen⸗, fort, her —, herab —, herauf —, heraus —,
herein —, herum —, hervor⸗, hin —, hinab —, hinauf⸗-, hin
aus— , hindurch —, hinein —, los-- , mit —, nach⸗, nieder —,
um—, umber—, vor—, zer — zu—, zurück—, zuſa menwinden
bedürfen keiner weitern arung. — Wie dein Tagewerk, gleich,
windet dein Leben ſich ab. Schiller, Spaziergang. Suſanna windet
ihr Gern ab. Voß, Luiſe 2, 89. Arnolt v. M. oder fia Freunde,die
in anwindent (angehen) von im ſelber oder von ſeiner Hausprowen.
Meichelberg bei Schmeller, 4, 106. Ich finne noch, durch die ver⸗
worrnen Pfade, die nach der ſchwarzen Nacht zu führen ſcheinen, uns
zu dem Leben wieder aufzuwinden. Gbthe, Ipbigenies2, 4.1: Die
Mittelllaffe der Bürgermäddhen behielt noch die aufgewundsmen,
mit einer großen Nadel feftgeftecten Zöpfe bei. Göthe, Leben 9,8.
Zu Diefem Zwed läßt man :die Gänge: des Zettel nach der. Ordnung
durch einen großen Kamm laufen, Der: eben die Breite des Weber⸗
baums hat, auf welchem aufgewunden werden jolL Göthe, Meiſters
Wanderjahre 3, 5. Dem noch fein Stärkerer die Balnıe. audge-.
wuuden. Günther. . Ste lieh es ſich nicht nuswinden, wen ,e.
gehöre, 3, Paul. Denkt du datan ... wie Pilatus ihm mit Dormen
die Schläfe bewand? Slopftod. Ich Hörte fragen, warum man von
den Zodten fo unbewunden Gutes fage, von Den Lebenden immer
mit einer gewiffen Borfiht. Goͤthe, Wahlverwandticaften 2, 1.
Traurig if e8, durch die Welt verlaffen, ungelellig allein fih du rich⸗
zawinden. Platen, Abbaſſiden 1. Sch bot alles auf, was an mi
von Talent und Humor war, mi) durchzuwinden. Göthe, Xeben
11.2.- Ein Bald von Statuen, Dusch den man fih durchwinden,
eine große ideale Volfögetellichaft, zwiſchen der man ſich durchdrängen
naußte, Dal, Ihr werdet das neugeborne Kind finden. in Windeln
eingwunden 9. Sachs. Wo ſich ein Steinpfad zwiſchen Myrten
zum Tempelhain emporwand, Matithiſſon, mileſtiches Märchen. Als
von. dem axrſten Entſeßer ſich Ahbadorun. emupormand... Keoepitoc,
—2
Mefind 9, 590. (Sie) entwanden mir den Degen. Schileet /
Räuber B, 2. Als fid) der Mond dem Oſtgewölk entwand. Tiedge,
Urania 4. Doch Amalia, fanft ih entwindend, trat feitiwärts an
das Feniter. Voß, Luiſe 3.2, 129. Indem fie fi) aus memen Händen
der Flucht entgegenzuwinden firebte. Benzel⸗Sternau. Sich, wie
es (dad Thier, die Schlange) im Stanbe kriecht, fi fortwindet
Dir unter dem. Fuße. Herder. Und eine leiſe Ahuung flüflert mir zu,
daß der deinige (Weg) fih im Wirrwarr fortmindet,-ohne zu etwas
zu führen. Benzel-Sternm. Es windet am Faden die Scheibe, die
von der Hand entfloh, eilig fi wieder herauf. Böthe, Epigramme 90.
Den (rothen Zaden) man nit herauswinden kann, obne alles
aufzulöfen. Göthe, Wahlverwandtfchaften 2, 2. Niemand konnt’ es
aus mir Herauswinden, wen die Sachen allemal gehören. J. Baul,
Siebenkäs 5. Da das Kränzlein um den Feldhut id berummwand.
Voß, Iamende Liebe. Doch fie windet gleich ſich jelbit hervor.
Goͤthe, Braut von Corinth. Es (das Licht) wand aus fernen, düſtern
Räumen fi, wie ein Auferftehungstag, hervor. Tiedge, Urania 2,
Bo, gen Hochſtätten, im Halbfreis fih hinwindet der Fluß. Pyrker,
Rudolph 10. Gleich einem dunfeln Zeben, wand der Strom des
Baldes ſich durch feine Waſſerfälle hinab, wohin die Zeit ihn reißt,
Tiedge, Uranta 4. Der (Pfad) fich links etwas weiter durd) ein am
muthiges Gebüfch fachte hHinaufwand. Göthe, Wahlvermandtichafe
ten 1, 1. Rach einigen Stunden Tieß der Aſtronom feinen Gaſt die
Zreppen zur Sternwarte fih hinaufwinden. Göthe, Meiſters
Banderjahre 1, 10. Sie hatte ſich nur in unbemerften Ranken durch
Die rohe Welt hindurchgewunden. Göthe, Keben 15. 8. Die
trabe Berlaffne beitert ſich auf und winder mit Macht: vom jam-
mernden Kummer ungeftümmfreudig fich 1o8.. Klopſtock, Meffias 2, 164.’
Und wand fi weichen Mirtenheden der Dame ndd. Engetkhall.
Die freie rechte Hand ift nicht himweichend, ſich umzuwinden, ſich
aufzurichten. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 13. Ach! noch wandem
feme Kraͤnze Liebende fih um! Schiller, Triumph der Liebe. Glaͤn⸗
end umwindet der goldene Lein die fauzgende Spindel. Schiller,
Spaziergang. Banım muß der Bäter Doppelſchuld und Fervelthat
und gräßlicd wie ein Schlangenpnar umwinden? Schiller, Wallen«
ſteins Tod 3, 18. Wie ih hinein (in den Fallſtrick) gerathen, weiß.
ih night; Doch wind’ ich mich umfonft u mher. Platen, Schaß des
Rhampfinit 3. Hier wanden fi Schlangen am Boden . umher.
Göthe, röin. Elegien 12. Oben auf der weiten Höhe, dem Herkules«
Scheidewege, lief der rechte Arm (des Weges) hinunter und wand.
ih dem blühenden Lilar durch Haine und Auen zu. 3. Paul, Titen 28
Anm. 1. Fiſchart ſagt noch (Gargantua S. 201): Sie begunt zu. hend⸗
winden ond ſich ybel genug zu gebeben. —
Yum. 2. Die Participien geſtatten mancherlei Zuſammegſetungen, 3:84 -
268
(Beier — hinabßeht im das aufgelöſte Spiel des unverfiändlih Frumm:
ewundnen Lebens. Schiller, Braut von Meſſina. (Dee) gern verirrt anf
Feat tgewundner Bahn. Salis, an ein Thal. Endlich erbliden fig au einem
der palmenbewiendenen Pfeiler vol Ernftes einen Süngling. Ktopftod, Meſ⸗
Ras 15, 1008. Weit vorbaftend den Schild, deß Zier, im Binge der Aufer,
ſchlangenumwunden, fihb wies. Pyrker, Rudolph 7. Der kuterruff (ein
Setaß) it eng am Weidengewundenen Kranichshals. Fiſchart, Gargantna
5.
Binder; Winde (add. winta, mhd. winde) 1) ein Merf-
eug, etwas Damit zu winden; 2) ein Pflangengefchlecht, welches
ch durch feine fich windenden Zweige, womit es fld) um andere Körper
windet, und durch feine trichterförmigen Blumen auszeichnet. — Diele
Bid wurde die Kranzminderin genannt. Göthe. Siebenfäs wollte
leider mit der hirurgifhen Winde der Vhilojophie die zwei wichtigften
Glieder Lenettens einrichten, den Kopf und das Herz, J. Paul, Sie
benfäs 5. Als nun die Grube fertig war, hub id, meine Form durd
die Kraft von Winden und guten Hanfiellen eine Elle über den
Boden. Göthe, Benvenuto Eellini 4, 6. Daß er herum durmelte
wie ene Garnwinde Simpliciſſimus 4, 14. Bon Hopfen durch—
ranft und blühender Winde. Voß, die Kirihenpflüderin 22. Es knüpft
des Weltenlenters, Hand, wie an den Pappelftamm die Gloden:-
en und an der Mutterliebe zartes Band. Salis, die ftillende
tter, er
Windig, gewindig, d. i. fich windend, find allmälich außer Ge⸗
brauch gefommen, Windung ift erhalten. — Schlangenwindig
bat Ziihart, Gargantua ©. 221. Gewindig und umbwindig
führt Schmeller 4, 108 an, — In waldiger Bindung des Seethals.
Salis, Elegie an die Rube. Sie-wollen in diefer Schlangenwin—
dung mir entgehen. Schiller, Don Karlos 2, 8.
Gewinde, 1) etwas Gewundenes (eigentlich und figürlich); 2) jo
viel Gar, als man auf einmal aufwindet; 3) eine Verbindung, ein
Gelenk, wo der eine Theil fich auf den andern nad). vielerlei Rich
tungen wendet oder bewegen läßt. — Der Knoten furchtbares Ge⸗
winde gewaltſam zu zerreißen, jtnengt der Arme Kraft ſich an. Schiller,
Aeneid 2, 33. Ach! wie wäre der Mahler beglädt, der dieſe Ge⸗
winde mahlte, das blumige Feld! Göthe, der neue Pauflas. Durch
ein bezauberndes Gewinde jüßer Irrungen. Wieland. Die Spiegel
mit Hülfe ihrer Gewinde bin und her bewegen. Geiſt der Your
nafe. — In einem Körblein von Silberdraht trug fie ein Blumenge-
winde. Pfeffel. Und fie faßte den Stab, den Dorneugemwinde
ganz umber einhüllte. Voß. Er werde fid) gemiß in diefen Fels ge⸗
winden gelamb und friſch auf einmal wieder finden. Wieland, Oberon
11, 48. (Eng verlor fid) ein Bufen in jchweifiges Felſengewinde.
Voß. Betrachte dort, was in den Irrgewinden der Erde du ver⸗
Iogen- haft. Bürger: Da zeigten au dem Laubgewind viel. geldne
Früchte ſich. Uhland, der Kranz. Aber du ziehſt Schlangenges
winde dir nach. Goͤthe, Weißſagungen des Balis?. (Wo der Geiſt)
vor ſtillem Schaun, jo. Zeit» als Volksgewinde zum Abgrund
wallt, zur Himmelshähe fteigt: Gbthe, einer hohen Reijenden.
Windel. (ahd. wintila, windila,. mhd. windel, agi. vindel),
ein zum Winden, Einwideln dienender Zeug, vierediges Stüf Lein—
wand, in welches man Tleine Kinder windet oder widelt, oder das
man ihnen im Bette —— oder beim Tragen unterhaͤlt. Davon
windeln, einwindeln; Windelband, —kind, —ſchnur,
— waſcher. — Die Kinder liegen in Wieg' und Windeln. Goͤthe
paraboliſch 13. In den Windeln der Ueppig
liche Werk der Verſchwoͤrung gewickelt. Schiller,
Kindlein, gewindelt in ihr Tüechlein, gelegt in di
4, 107. Eine Frau trug einen kleinen Glasſchre
worin ein wächſerner eingewindelter Engel |
ſperus 24. ZJluchs (flugs) droll dich, weil es il
wintelwaſchern (Maͤmer, die ſich von den RB
ſchäften brauchen lafſen) thut. H. Sachs. er.
Anm. 1. Das Wudlein, Wind! Garn enthält um Paſſau 242 lange
Fäden, wovon einer %, Eflen mit; 10 Windel machen 1 Gtren. u
Anm. 2. Gehört das winnelweich der Volksſprache hierher, (windefs
weich) fo weich durchprügelu, day man den Geprügelten gleichfam einwindeln
mu? Oder zu goth. vinnaa = leiden? ſ. gewinnen © 26. : 1.
Bindbohne, — flechte, —glode, —glödchen, —fraut, +-pflange;
—rad, —ſeil u.a.; Windebaum, —bret (bei den Seidenarbettern);
— draht, —-eifen, —gang, — glöckchen, —fraut, —nagel: (bei den Fürs
bern), —ftange, —ftod, —vogel; Windenharz, —mader; Wirtz:
derling (Winde). — Die Weinberge verwüften: und die Wintz
bäufer (Keltern) in felbigen in Aſche legen. .Schmeller 4, 108 vom
J. 1511. Der Windling, dieje Blume. wird von den Lateinerii
genannt volubilis oder funis cerborum, P. Abraham. Untb ai
nager (Nagelbohrer) oder Wintling !). Schmeller 4,108. Die aller
meiften Bäume find windſchief 2) allmählich worden. Rückert, gel.
Ge. 5, 39. - u
Gewand, Pl. Gewande und Gewänder (ahd. wanda, mhd.
want, gewant) ift eigentlid) Du8, womit man fi) ummindet, alſo
I) Daran erinnert das der Volksſprache angebörende mit dem adverbtalen
—ing, —ling gebildete Adv. überwindlings umd das davon gebildete Subſt,
Veberwindlingsnaht, eine Naht, wo die Enden zweier Stüde durchſtochen
and mit dem Faden umſchlungen, ummunden werden. -
.s
2) Neumiederd. windscheef, in der Volksſprache winſch, beſſer wind ſch.
Altm. if vindr, E82 dän. vind = verdreht, verkehrt, krumm. Daraus windſch
fir windiſch. Schmidt (weiterw. diotifon) denfr an dad alte van, wan =
Mangef und an winistar = lin. .ı:.. -
ein jedes Gewebe, ein jeder Yeug zur Belledung, im Befondern mund
zwar oberd. wie niederd. von Wolle, ehedem überhaupt jo viel als
— nbd. gerne mit dem Nebenbegriff eines vornehmeren, Langen
Ueberkleides. Davon Das. nuu erloſchene (in Ber ſüdd. Volksſprache
noch erhaltene) gewäuden — kleiden. — Und alſo ſprechend, li
fie das Gewand der Hirtin fallen und als Königin der Himmel kun
fie da im Glanz der Sonnen. Schiller, Jungfrau yon Orleans 1,10.
Er. bedient ſich bejouders ſchöner, in's braunrothe gebrochener Farben
u feinen Gewändern. Göthe, ital. Reife 17. Det. Wie in glän-
(nen Gemwanden Helena zur Zinne trat, Uhlaud, Liebestlagen 1.—
ie Auen im Blumengewand. Wieland. Mit Blutgewande
ihmüdt. Klopitod, Meſſias. Ihr führet und im Brautgewande
ie unerreichte Barze vor. Schiller. Ste nahm in das Duftende Bujen-
gewand ihn. a Ilias 6, 483. Zierlich und einfad) it dein Ehren=
gewand. Voß. Der Leib, das Erdgewand ift hin. Kreuz Dohda
dem Opferer nun der beleidigten Deinneira trauriged Feiergemwand
um die Schultern haftete. Voß. Und des Regenbogens Farben ſchmücken
nicht ihr Feftgewand. ©, Sacobi. Gefleidet in weiße Grabge⸗
wand. ‚Uhland, die Schladht bei Reutlingen. Dod trug er.dabem
faſt immer dasfelbige Hausgewand. Benzel-Stermau. Können Engd
witleidige Freudenthränen vergiegen, jo iſt's, wenn fi Verigste und
Liebende in dieſem Hochzeitgewande fehen. Herder. Ach, einmal
entfiel mir jehwindend mein Hohesprieffergewand. Stlopiled,
WMeſſias 4, 74. Und Odyſſeus Bette vielleicht nun ſtatt Der Lager:
ewand’ entjtelt von Spinnengeweb’ if. Voß, Odyſſee. Unb ber
‚ der jeinen Köcher leert, wird ein Genius im Lichtgewande.
Müchler. Litiengewand ihr Kleid, mit Blumen gegürtet. Herder.
Im Nachtgewand fährt jener aus dem Laufen. Wieland. (Der. Satan
usw) Sonn’ im Nebelgewand. Sonnenberg. Indeß eutſank der
Zochter Angiochs im väterlichen Saal ihr Prachtgewand. Bürger
Ihm folgt’ ein Junker im Burpurgewad... Ihm folgt’ em
under in Silbergewand. Bürger, Lenardo und Blandine. Sorg⸗
jam eilt ihr, Mama, aus dem Reifegewand zu enthällen Voß.
In wallendem Rojengemwande. Sonnenberg. E08 im Safrange-
wand umſchien mit Helle den Erdkreis. Voß, Ilias 8, 1. Lucjun, wein
Schlafgewand! Shafeipeare, 3. Cäſar 4, 3. In langen Falten
flog um ihn fein Schneegewand. Kojegarten. (Er) findet Roß und
Stahlgewand. Uhland, St. Georgs Ritter 1. Daß er das Sterbe:
ewand zu ihres Sohnes Begräbniß trug. Klopitod, Meſſias 12; 63.
be ſchneeiges Strablengewand. Sonnenberg. Wenn Todes—
gewand den Thron ihr donnergewebt umgrau'n. Saggeitı. Dies
Heideten Ifraels Söhne in balfamifches Todtengewand. Klopſtoc,
Meſſias. Trägt denn die Gate Bis Trauergewand? Salis,
Ermunterung. In fliegendem Wolfengewande ‚Sonnenberg. —
273
Dar Pflegerater Toll das Kind gewänden GSämeller 4; 101 aus
d J. 1884. König Ludwig. hatt: fid),. da gleich die Schlacht ſolt ‘an
geben, vergwändet (deriteßded, “ daß jn die Feind in der Schlacht
nicht kennen kunden. Aventinus Chronik 487. In der ſpaätern Ausgabe
von 1580 ſteht verkleydet hatt. vegwändet.... 0.
Kleid (mbd. kleid, | h, engl. cloth, altu, kleedhi, ſchwed. dän.
kläde, holländ. kleed) be ripränglich was der Menſch zur Bedeckung
aubat; im Befondern uhl ald Kleidungeſtuck; in emgerer Bedeutung
die lange Bekleidung des ........-- fiber dem Hembe: Sterbe—, Nachtkleid;
in der engiten Bedeutung die bei gefitteten Völkern Abliche Kleidung des
Rumpfes über dem Hemde bis zu den Küßen. Kleidung if überhaupt was
der Menſch als Körperbededung an ſich trägt, Kopf⸗, Rumpf und Fußbe⸗
dedung. Anzug (ij. ziehen) iſt Inbegriff alles deſſen, was man an den
Körper‘ oder feine Theile zieht, ſeires nun, um fie zu bededen oder ſich zu
ihmüden, ſelbſt jolhe Dinge, Die eigentlich angelegt und nicht im wahren
Einne, augezogen werden: Schnallen, Ringe u. dal. — Wie die Natyr die
innig reiche Bruſt mit einem grinen bunten Kle ide deckt, fo hüllt er-alle,
was den Menſchen nur ehrwürdig, liebenswürdig machen faun, in’s blühende
Gewand der Zabel ein. Göthe, Taſſo 1, 4. Wir würden feinen Scherz
ea — 2 Mag
zu tragen haben, wie unjre Kleidung feinen Spott erfuhr. Dal. 1, 1.
Eteht mir der Anzug gut? Voß, Luiſe 3 a, 279.
Anm. Leinwand, wofür ‚oberd.. Lrinwat, iſt dus, ahd. "vıhb, ‚Unwät,
a3. inweed — leinenes Kieidungsitüd, von. ahd. agſ. lin = Kein uud ahd. wäy,
af. wed— Klefdung, was Tpäterhin mit jeinem allmälihen Ausiterben im Hoch⸗
verfichen aufgieng in dem ’aus dem Niederd. tingedrungenen und im Nhd. von dem
ganz verichiedenen Gewand ſich mifchsuden. —mwand, altniederd. wanda, mbp:
Kl, — = Niederfleiß, |
⸗
J „—fall, händler, —haus, —macher, —mah⸗
lerei t u.a. — Gewandlos, entſtellt und ver⸗
wider w 4, 88. Thetis barg im Gewandihof
U. 3. . Der junge König hingegen fchleppte fie
in de ‚ndftuden mit den Kleinodien Karls d..Gr,
nie in einer Verkleidung, einher. Göthe, Leben 5.8. — Gewands-
weile (zum Scheine) von einer Sache ſprechen. Leifng.
Wenden (goth. vandjan, ahd, wantjan, wentan, neumiderd.
mbd. w:nden, altfrief. nordfrief. wenda, neuftief. weynen,
altı, venda, wendja, agi. vendan, vandian, engl. wend, jchwedv
vanda, dän. vende, Bolfsiprahe wenne), die factitive Form von
winden, bedeutst 1) allgemein eine andere Richtig oder ein an«
deres Verhaͤltniß geben; 2) im Bejondern eine..entgegengejeßte Ricy«
bag geben: Den Braten, dus Getreide; 3) in bejondern Redensarten
ie wel als abwenden: Wende Schaden und. Verbruß, Canitz; 4) auf«
hören, graͤrzen, anſtoßen. — ‚Auch auf Ihren Körper wenden Gie
wer. Schüler, Fiesko 2, 2. Nie wird das Glüͤck von Oeſterreich
ih wenden. Schiller, Piccolomini 1,4. Da wundte, man die
272
en auf mich Siäiller, Wallenſteins Tod 3, 18. Wir dieß Ge
inradı fih wendete Schilder, Maria Stunt 3, 6. War etr's, der
fie (die Gefahr) nom dir gewandt? Daf. 4, 6. Bender aud dir
nicht mildes Erbarmen das Herz? Voß. Wo der yfenning wendt,
da hat alle lieb ein end. Schmeller 4, 104. . |
Drehen (ahd. drajan, mhd. drejen, agf. drAwan, dhrekjan ; vgl. Tat.
torquere = drehen, tornare — drechſeln) eine Richtung um einen Punc
“oder eine Linie geben und dann auch nehmen. Kehren (abd. kerjan, mhr.
keren, cheren, verſchieden don dem mit fegen finnverwandten Fehren, ahd.
cherran, cherjan, mhd. kern, das mit girren, Firten, ahd. chirran,
chörran zu einem Stamm gehört, ſ. weiter S. 76) eigentlich eine gewiſſe
Richtung geben oder nehmen, dann im Befondern Die entgegengefeßte Richtung,
das entgegengefegte Verhälmiß geben oder nehmen. Leuten (mhd. lenken)
Bewegtem durch mittels oder unmittelbares Wirken auf daſſelbe die Richtung
oder Veränderung darin geben, die es haben fol. — Und fhauerlih gedreht
Im Kreife, beginnen fie des Hymus Weife“ Schiller, Kraniche des Ibycus.
Dortbin Fehre das Auge deines Erbatmens. Schiller, Kabale und Liebe 4, 4.
Ihr hattet Wiſſenſchaft von Allem, lenktet aus Eurem Kerker planvoll die
Verfhwörung. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Die Ergiefung eined Herzens
ſo zur verlenken. Leffing, Nathan der Weife 3, 10.
Abwenden, 1) nad einer andern Seite . menden; - 2):die'An=
näherung einer Sache, befonders einer ſchädlichen, verhüten. — Wer
von der Schönen zu ſcheiden verdammt ift, fliehe mit abgewen-
detem Blick! Göthe, Pandora. ,: Da ic) aus Dielen Bunden. ftrebe,
Macht mit Macht abwende. Schiller, Marta Stuart 1, 7. Ihr
habt das Land von Defterreih abgemwendet. Schiller, Tell'1, 4.
Wenn e8 (das drohende Unglück) mit ‚Unterwerfung, mit aa ans
feit farm abgewendet werden. Schiller, Biccolsmini 2,2. Bringe
mir Blut, o Mutter, und fluhabwendenden Schwefel. Voß,
Ddyffee 22, 481. Eu Ze Re ee
Auwenden (xhd. anawentjan. = hinanw.), an den Zweck wen⸗
den, d. i, die Richtung. gu dem Zweck hin. geben, fo daß Er erreicht
wird, es mag mit geößerem oder geringerem Aufwand: von Kräften
jcheben; 2) in Betreff eined Dinges von etwas Gebrauth. machen,
g mit dem Nebenbegriff, daß der Gebrauch zum Nutzen' der han⸗
deinden Perſon jei,. während aufwenden es unbeſtimmt läßt, - ob
mit oder ohne Nutzen für die handelnde Perſon; 3) (veraltet) an
greifen. — Indem die Bürgerlichen einen rühmlichen Fleiß anwen-
den. Göthe, Götz non Berlichingen 1. Daß die Zeit, wo nicht an«
gewendet, doch wenigftens verwendet werden kann. Goͤthe, Briefe.
mit Schiller 5, 104. Wir wellen Menichen und Geld umfonft wicht
aufgewendet haben. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 5. A
273
Gebrauden (von braunen ahd. prähhön, prühhae, prüchen, mhd.
brüchen, atti. agj. brücan, altfrief. altn. ſchwed. brüka; goth. bruks, ahd.
pruchi, agf. bryce — brauchbar, nüglich; vgl. lat. frui, fructus) mit etwas
wirffjam fein zum Zwecke, er fet gut oder böfe (wie auch bei anwenden).
Nutzen (j. bei genießen) Genuß nehmen, Bortheil ziehen von etwas. Sich
bedienen (von dienen, goth. thivan, add. diomön, verfürzt aus diowinde,
mhd. dienen, altf. thionon, alt. thiona, thiena, von ahd. diu = Sclavin,
feibeigne Dienerin, goth. thivi, agf. diva, dheove, alt. thiu, thiema, altn. thir)
ein Ding zu feinem Dienfte gebrauchen, in Bezug auf einen der handelnden
Berfon angenehmen Zwei, wie au bei nugen. — Gebraucht der Zeit, fie
gebt jo fchnel von binnen. Goͤthe, Fauſt 1, 9. Vieles traf zufammen, das
ih zu unferm Bortheil nupen konnte. Göthe, Tafjo 1, 4. Du biſt verlos
ven, wenn du dich nicht fchnell der Macht bedienſt. Schiller, Balleniteins
Tod 1,7. Sie bedienen fi keiner Seife. Göthe, ital. Reife, Birgenti
26. April 1787.
Bewenden (goth. bivandjan = fid von etwas wegw., ahd.
piwentjan — umm., binw., anw., mhd. biwenden — hinw., be-
wenden — zu Ende bringen), zu Ende fonımen, zu Ende jein, daß
nichts weiter au dem Gegenftand oder in Beziehung desjelben geichehen
foll. — (Er) läßt es bei dem Rade bewenden. Schiller, Räuber 2, 3,
Aber es währte zu lang’, ich laſſ' es lieber bewenden. Göthe,
Reineke Fuchs 1, 260.
Verbleiben (fi. bleiben) immerhin fo fein, daß es nicht geändert
werde. — Daß er (Wallenſtein) für fich allein beichliegt, was er allein vers
ſteht? Wohl! daran thut er recht, und wird’8 dabei and jein Verbleiben
haben? Er ift nun einmal nicht gemacht, nach Andern geſchmeidig fih zu
fügen und zu wenden. Schiller, Piccolomini 1, 4. |
Einwenden, allgemein Gründe gegen einen Ausſpruch, cinen
u. dgl. vordringen. Davon Einwendung, Einwand — Was
liege ich nicht noch alles einwenden Göthe, Wahlverwandticdaf-
ten 1, 3. Durch diefe Einwendungen ward Wilhelm nicht über-
zeugt. Göthe, Meifterd Lehrjahre 5, 15. Der Cinwand, von
Ammen hergenommen, kommt weiter unten bei der Rechtfertigung der-
felben vor, J. Baul. M
Berwenden, 1) von fi, von etwas weg wenden; 2). auf einen
Gegenftand der Beihäftigung oder Bearbeitung wenden, verbrauchen ;
@inwerfen (ſ. werfen) Gründe gegen einen Ausfpruc u. dgl. mit
Nachdruck, oder auch mit Heftigkeit vorbringen. Ginwerfen wird.nur ges
fagt, wenn Gegengründe gegen die Wahrheit eined Ausſpruches u. dpi. vor⸗
gebracht werden, nie aber, wie einwenden, gegen die Verbindlichkeit des—⸗
felben , befonders 3. B. gegen Befehle, Gefege, ja felbit gegen Handlungen.
— Werden file mir noch einwerfen, daß 2. Morig, Keinen Einwurf!
Ediller, Don Karlos 1, 9,
18
274
3) auf die andere Seite wenden: mit verwandter Hand eine Ohrfeige
geben; 4) durch Wenden verändern, befonders in das Gegentheil. —
Joel, der andere Sohn, verwandte jein thränendes Antlig von
dem DBater. Klopſtock, Meifins 2, 129. Sein Blut, fein Leben wird
er für den Bater freudig verwenden. Schiller, Wallenſteins Tod 3, 2.
(Erf verwendete fid ſelbſt für mich. Daſ. 2, 6. Denn alle Balken
und Deden fie find jchon lange verbrannt, und Zrepp’ und Gang und
Kapelle in Schutt und Trümmer verwandt. Göthe, Bergſchloß.
Verändern (fpäter mhd. verandern, verändern, von ander goth.
anthar, ahd. andar, mhd. ander; vgl. fanffr. ana — ander) etwas fo ma
hen, daß es nicht mehr fo if, wie e8 war (anders machen) mit dem in ver
beruhenden Begriff des völligen lImfeßens in ein Auderes. Das finnverwandie
verwandeln f. bei wandeln. — Und follte der Regent nicht Macht haben
diefes alte Herfommen zu verändern? Göthe, Egmont 4.
Borwenden, etwas als Bemweggrund oder Abfiht äußern, von
welchen man glauben machen will, fie feien die wirklichen. (Ahd. fure
wenden — eine von jeiner Richtung abweichende Richtung vorm aus
nehmen, daher oberd. fürwenden, auch — amrenden.) — Ben
ja die Nachbarn Hindernis oder Geichäft verwendeten. Voß, Luiſe
2, 2331. Allein ih wandte des Tages Gluten vor, und verhehlte
der Schmeicdhlerin, was. mir geihehn war. Voß, die Weihe 91.
Vorgeben (ſ. geben) eigentlich aus fih heraus zu Tag, zu Kunde
geben, äußern ; dann etwas äußern, worhber der Andere Grund hat ungewiß
zu fein, ob es wirklich fe ijt, oder ob man nur fo fage, um ibn etwas An-
deres glauben zu machen, als es wirklich if. Vorſchützen (von ſchützen
mbd. schützen, |. |hießen) eigentlich etwas jchußweife wohin bewegen, nm
fidh dahinter ficher zu machen ; dann um Inangenehmes von fich abzuhalten,
etwas als Beweggrund oder Abficht "äußern, was dem Andern Grund gibt,
ungewiß zu fein, ob man ihm Wirkliches gefagt babe oder nicht. — Wenn
fi) Tumult in Königreich erhübe, im Namen und zum Ruben irgend einer
Perſon, die Rechte vorgibt an die Krone, daß man gerichtlich gegen fie ver-
fahre. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Wenn ich mich beflage, wird er eine
geheime JInſtruction vorfhhgen. Göthe, Egmont 8.
Empor—, ent— (S. 14), er —, her —, beranf—, heraus,
berein—, bernieder—, herum —, bervor—, hin —, hinab —, Hin-
auf —, binaus —, hinein —, hinüber —, hinweg —, hinzu —, nach —,
nieder—, um— , umber— , weg—, zu—, zurückwenden bedürfen
feiner weitern Erklärung. — Die niedere Sonne wendet zu lüngerm
Licht empor den Lauf. Voß, Neujahrslied. Die tufel (Teufel) Fern
(wenden) alle ir lifte daran, wie fie uns des hinmelriches erwenden
(davon abhalten), daz (das) fie verlorn hant (haben). Bruder Berthold
(tr 1729. Die geichwind fann man die verfehrte Seite beraus-
wenden! Shatehpenre, was ihr wollt 3, 1. Sie dürfen früb des
275
ewigen Lichts genießen, das fpäter fi) zu und hernieder wendet.
Göthe. Fauſt 2,7. Ih wandte mein Antlig einmal bebend herum.
Klopftod, Meſſtas 5, 619. Indem er :auszumeichen ſchien, wen=-
dete er auf einmal eine große Anfiht, auf welche der bejchränfte
Gegner niemals denken konnte, wie einen diamantnen Schild hervor,
Göthe, Leben 14 B. (Er) wandte fein fchauendes Antlig nach
dem Berföhner hin. Klopftod, Meſſias 1, 146. In's britt'ſche Lager
ift e8 (das Herz) hingewendet. Schiller, Jungfrau von Orleans 4, 1.
Boll Hoffnung folgten ihre Blicke, nach der Stadt hinabgewandt,
dem Ausgang jenes Kampfes. Platen, Abbaſſiden 9. So wird au
alles, was fih binaufwenden wollte, an die beiden Stellen ge—
wiejen. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 6. Wie fih... mein treues
zu dir hinüber wende. Göthe, Sonette 9. Wir juchen, von
Athen Hinweggewandt, und neue Freunde dann in fremdem Land.
Shakſpeare, Sommernadhtstraum 1, 1. Vernehm' ich di, fo wen-
det fih, o Theurer, wie fi) die Blume nad der Sonne wendet, Die
Seele, von dem Strahle deiner Worte getroffen, ſich dem füßen Trofte
nac. Göthe, Iphigenie 4, 4. Damit er nur nicht eher (das Blatt)
umwendete, bis auch fie zu Ende der Seite gefommen. Göthe,
Wahlverwandtichaften 1, 8. Ich war fogar genöthigt, Das trodnende
Heu jelbft mit umzumwenden. Göthe, Xeben 6. B. So wend’ ich
elaften den Gaul um und reite pfeifend zurüd. 3. Paul, Titan 2.
och ſchnell wendet er fih um zur Flucht. Schiller, Jungfrau von
Orleans 1, 9. Hoch die Augen umbergewendet voll Stolzes.
Voß. Doc du wandtefi dic weg. Göthe, der neue Pauſias. Mit
weggemwandtem Blide vergießt der feile Sclav der edeln Römer
Blut. Ziedge, Urania 5. Dem alten Glück, der eignen Kraft nicht
fröhlich mehr vertrauend, wandt er jein Herz den Dunkeln Künften
zu. Schiller, Wallenfteinsg Zod 3, 3. Sein Herz ift noch den ird'—
then Dingen zugewendet. Daſ. 5, 6. Wer wandte dir die
Bölfer zu? Voß, Hymnus. Zlieh’n wir noch weiter, oder wenden
ms zurüd? Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 3.
Wendung, Bender, der da wendet, find einfach und in Zu—
jammenfegungen gebräuchlich. — Weldy eine ſchöne Wendung würde
mein Gedicht genommen haben. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 8.
Handlung befteht in der Anwendung der Willenskraft zu Erreichung
eines Zweckes. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Durh Ummendung eines
ſcheinbaren Ernftes in geiftreichen und heitern Scherz das Gemüth zu befrie-
Digen. Göthe, Leben 10.8. Meinen beften Dank für Ihre freuudichaftliche
Verwendung in der bewußten Sadye. Schiller, Briefw. mit Göthe
2, 296. Dagegen hatte Wilhelm die fchönen Ducaten der Gräfin in
der Taſche, auf deren fröhliche Verwendung er das größte Recht
zu haben glaubte. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 2. Gehüllt in dauern-
des Dunkel wie vormals blieb, drei Erdewendungen lang, die
18%
|
276
an der Geifter fprachlos ftehn. Klopſtock, Meſſias. E gehört
eine eigene Geijteswendung dazu. Göthe, Betrachtungen im Sinne
der Wanderer. Durch anmuthige Geſprächswendungen. Göthe,
Wahlverw.1, 2.— Haftiger dreht’ er dey Wender. Voß, Luife 3 a, 537.
Sein Gewiffen, nicht fein Eigennuß, war fein Einwender gegen Die
- Größe feiner Habe. 3. Paul, Heiperus 9. Nun gefteh mir im Ber:
trauen, ob du der Entwender bift? Platen, die verhängnißvolle
Gabel 1. Der Menfch der alten Zeit verhält fich zur neuen, wie ein
Bratenwender zu einer Repetiruhr. Lichtenberg, Nachteng zu den
migigen und komiſchen Husdrüden. Achilleus Wagenwen der. Schiller,
Aeneis 2, 84. |
Wende (ahd. wendi, mhd. wende), 1) die Handlung, da man
etwas wendet; 2) der Zuftand, da fich etwas wendet; 3) der Ort,
wo, der Punct, um den fi etwas wendet; 4) (Volksiprache in
einigen Gegenden Norddeutichlands) ein Feldmaß, welches einen halben
Morgen hält, nah Campe eigentlid fo ange, al8 man den Pflug
führt, ohne zu wenden; oder vielleicht beffer jo viel al mun auf ein-
mal, ohne auszufpannen, pflügen (ummenden) kann? — Unfer Erden-
jammer hat, gleich der Erde, jeine Wende; tritt fie gleich nicht früher
ein, fo erfolgt fie dod am Ende. Campe. Uriel' fund auf der
Wende des Sterns. Klopftod, Mefflas. Ueber Ortygia Hin, wo die
Sonnenwende gejehn wird. Voß, Odyſſee 15, 403.
Wendebank (in den Salzwerfen), — bock (im Bergbau), —eijen
ein Hammerwerfen), —graben (im Weinbau), —haken, —hals 1),
— kreis, —pflug, —punct, —fäule (im Schleufenbau), — ſchämel (am
Wagen), —ſchatten (in der Mahferei), —Ichaufel, —Ipindel (bei Hand-
huhmathern), —ſtange (in Hammerwerfen), —ftod, ſtecken (beide bei
Handihuhmachern), —wurz (veratrum album L.), —zirtel. — Jener
Chorus dort macht euch zum Wendehals. Göthe, Fauft 2, 123.
Wendel ift nur in Zuſammenſetzungen gebräudhlid: —baum,
—beere (ribes nigrum L.), —blume (hesperis L.), — boden,
—bohrer, —gerte, —muth (mbd. wendelmuot), — ſchnecke, —ftein
u. a. — Dann würde ferner aus ihrer Schweiterliebe Licht auf ihren
ganzen bisherigen Wendelgang fallen. J. Paul. Als man fie einen
endelftieg hinaufgebracht hatte. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 4.
Schon trampelts laut die langen Wendelftiegen herauf. Wieland,
Dberon 3, 46. Sie erftiegen eine Wendeltreppe. Göthe, Wahl:
verwandtichaften 1, 11.
Wendig (ahd. wendie, mhd. wendece — wandelbar, abwend-
bar, rüdgängig, Volksſprache wennig) ift nbd. faft nur nod in Zu-
1) Die Volksſprache ſagt Windhals. Mhd. wanthals, davon wanthalsen
— den Hals drehen, neidisch über die Achfel ſchanen. Du folt dich armer eltern
nit ſchamen, noh ob in winthalfen, wanne (denn) damit haft du fie verfmehet
(verfchmäbet) und davor verfmehet dich gut (Bott). Berthold von Megensburg.
277
numenjeßungen gebräuchlich; Das frühere wetterwendig lantei nun
wetterwendifh, ©. 282. — Niemand macht mich von euh wen-
dig. Gryphius Ct 1664). Du folt dich richten uf die wart, diu nie
an Menihen wendig wart. Boner (14. Jahrh.), Fabel 87. So
wetterwendig war das Glück. Simpliciffimus 3, 9.
Abwendig, die. Verbindung, der man bisher angehörte, verlap
ind, fi) von etwas wendend. — Sein Schreiben enthielt Ianter fpöt-
tiſche Dinge in Knittelverſen, die einen andern irre oder gar abwendig
gemacht hätten. Göthe, Leben 10. 8. :
Abfaͤllig (ſ. fallen) fi’ von etwas trennend mit der Hinweiſung auf
dad Unrecht oder den Krevel, der durch den Abfafl begangen wird, Abtrün⸗
nig (abd. abtrunnic, mhd. abeirünnec, abtrünnic, zunähft von trunne =
serve, Schar, und dieſes von trinnen, trennen — fchares, trennjan =
trennen, abtheilen); deutet auf die Trennung bin, die durch Auflöfung der
Berbindung entfteht., Abſpänſtig (abd. spenstic — aulodend f. S. 204)
duch Lockkung, namentlich trügerifhe Lodung abwendig. — Wenn ich bei
meiner Unkunde von der Beichaffenheit der Welt Euch aud eben nicht ab⸗
fällig fein fann. Novalis, Heiurih von DOfterdiugen 1, 2. Das weibliche
Geſchlecht hegt ein eignes inneres unmwandelbares Intereſſe, von dem fie nichts
in der Welt abtrünnig macht. Göthe, Wahlverwandticdhaften 2, 7. Ich
will nicht, daß du Döbbelin feine Leute abfpänftig maden ſollſt. Leſſing,
111. Brief an feinen Bruder.
Auswendig (mh. üzewendic, üzwendec, d. i. außen an ber
Band, vielleicht entftanden aus ahd. üzanandic oder Aganendie von
ahd. andi, endi = Stine, Oberfläche, Außenfläche?), was die Außen-
ſeite, Oberfläche eines Dinges betrifft ))y. — Er hat feine Predigt fo
brav auswendig gelernt. Schiller, Räuber 2, 3. Kein Lager ward
bezogen, aber die Unfrigen fchlugen ein großes Zelt auf, inwendig
md auswendig umher die reichiten herrlichſten Weizengarben zur
Shlafftätte gebreitet. Göthe, Campagne in Frankreich 29. Sept.
Außen (gotb. ütana, ahd. üzAn, üzana, mhd. üzen) und außer (ahd.
üzar, mbd. üzer) bezeichnen allgemein, daß etwas nicht in demjenigen ift,
worauf als im Rede itehend Bezug genommen wird. Außen ift ubd. nur
Ar., außer Adv. und Präpofition. Außerhalb (ahd. mbd. üzerhalp)
it an oder auf der äußeren Seite (j. S. 144) des in Bezug genommenen
Dinges, und zwar in der Nähe defjelben, während außen und außer fowol
die Nähe als die Entfernung bezeichnen. Aeußerlich (mbd. üzerlich), was
dad Aeußere eines Dinges betrifft. — Die er fanımt ihr zugleich innen mit
fiheriter Dauer, außen mit niächtigftem Heer umgab. Göthe, Fauſt 2, 224.
Das (Grab) inwendig fürdterlich, ob es zunen der Frühling gleich mit
) Früher auch Präpoſ. z. B. In- oder auswendig des Reichs Greutzen.
Sleidan, Urberfegung von 1857. Bi. 15. :
_
278
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der Blume beduftet. Klopſtock. Ste läßt es (das Bögleln) heraußer, fe
wie's ihr gefällt. Göthe, Gegenſeitig. Daß niemand mit ihm rede außer
eurer Gegenwart. Göthe, Gög von Berlichingen 5. Solchen altehrwärdigen
Feierlichkeiten folgte in guter Jahreszeit manches für uns Kinder Iuftreichere
Feſt außerhalb der Stadt unter freiem Himmel. GBöthe, Leben 1. 8.
Aeußerlich erfcheinft du mir die vielgeliebte felber. Göthe, Eugenie 4, 4.
Inwendig (ahd. innandic, mhd. innewenic, innewennic, inne
wendic, innewendeclich), die innere Seite eines Dinges betreffend,
Gegenfag von auswendig, früher auch Präpofition. — Lichthelles
Glänzen wacht inwendig um Gottes Geheimniß. Klepftod, Meſſias
- 1, 331. Inwendig vier Jam. Schmeller aus dem 3. 1523. In—
wendig einer beitimpten Zeit. Sleidan a. a. O. BL. 18 b.
Sinnen (goth. innana, ahd. innan, innin, innana, mhd. innen, eine
Kortbildung von goth. inna, ahd. inna, inni, mhd. inne = inne) und inner
(ahd. mhd. inner) find Segenfäge von außen und außer, wie innerhalb
innerhalp, innerhalben) und innerlich (innereclich, innerclich) von außer:
balb und äußerlich. — Da durdfchleicht ung innen manche Hoffnung.
Söthe, an Kottchen. Nach den erften Gefechten verfchlofien ſich lange die
Keinde inner den Mauern der Stadt. Voß. Wenn Stürme durch Zweige
und Blätter fauften, blieb innert doch der Kern des Herzens ungeregt.
Böthe, Egmont 5. Wir andern, die wir in der Stadt geblieben waren, um
diefe Pracht inner halb der Mauern und Straßen noch mehr zu bewundern.
Göthe, Leben 5. 2.
Anm. Achnlich iſt das veraltete (im 15— 16. Jahrh. gebräuchliche) ob⸗
wendig — oberhalb, z. B. bei Hug, Rhetorica Tübingen 1528. BL. 171: Ob:
wendig Pforzheim,
Nothwendig (erſt nhd., nicht bei Stieler, wahrfcheinfich nad
in—, auswendig gebildet), was nicht anders fein kann, als es iſt.
— Gleich fing id an von diefen und von jenen nothwend’gen
Dingen fonft mich zu entwöhnen: nothwendig ſchien mir nichts
-als ihre Blicke. Göthe, Sonette 6. Das ift nun die Nothwendig-
feit, fteht nicht zu ändern. Schiller, Maria Stuart 1, 8.
Röthig (ahd. nötac, nötic, mhd. nötic, nötec, von Noth ahd. mhd.
nöt, goth. näuths, agf. neäd, neöd, ned, altn. naudhr, neyd, von der Wur⸗
zel näuan, nauhan mit dem Grundbegriff verbindender Feſtigkeit? Vgl. fat.
nec-csse, ncx necis; oder zu ahd. niotdn, mhd. nieten — verlangen, genies
Gen, fich eifrig befleißen, woher nuhd. niedlich aus altf. niudlico — mit
Rührigkeit, forgfältig, genau; ahd. niot, altf. nind — PBerlangen; nieten,
altn. hnioda — mit einem Nagel befeitigen, erit im 15. Jahrh. %) minder ſtark
ald nothwendig, bedeutet, daB etwas, das zwar anders fein fünnte, wegen
einer beitimmten Abficht fo fein muß. — Nötbig (war) immer eine (Schanze)
zur Beſchützung der andern. Göthe, Campagne in Franfreih 15. Oct.
Anm. Schmeller führt noch aus dem 15. Jahrh. an: binderwendling
— rückgaͤngig, nahmwendig = nahe, treuwendig — treulos. — Inden hiſt.
279
- Blättern Bd. 17 S. 209 fleht die feltne Form: Statt aller weitwendigen
ispute.
Wendbar und wendlich (mhd. wendelich) find jetzt nur in
einigen Zufammenjegungen gebräuchlich. — Diefe aus Glauben und
Schauen entfprungene Ueberzeugung, welche in allen Züllen, die wir
für die wichtigften erfennen, anwendbar und ftärfend it, liegt zum
Grunde meinem fittlichen ſowohl als literariſchen Lebensban. Göthe,
Leben 12. B. Zu oft erjcheinen fremde Grillen. uus als ein Geichid,
das unabwendbar ift. Platen, Tree um Zreue 1. Zum öffent:
lihen Gebrauche anwendliche. Lieder. Nationalzeitung.
Wand (goth. vandus, ahd. mhd. want — das Wenden, der
Ort, wo fi) etwas wendet) 1) überhaupt eine jenfrechte, oder doch)
meift jenfrechte Fläche, 2) die ſenkrecht aufgeführte Begränzung des
Raumes an oder in einem Gebäude, 3) in weiterer Bedentung in
einzelnen Fällen, 3. B. im Jagdweſen, auf Schiffen, eine ſenkrechte,
oder fait ſenkrechte Fläche. — Indeß können meine Jiegen an der
jäben Band flettern. Geßuer. Wer fieht es dieſen Wänden an,
duß eine Königin hier wohnt? Schiller, Maria Stuart 1,1. — In deu
böchften Bergwänden. Seume. (Ich) drüde... den bintern Gran-
ten an die Felswand bin. Schiller, Tell 4,1. Daß fie die Fluthen—
wand entlang, wie aufgrimen Matten wandelten. Pyrker, Zunijias 1.
Roc die fchroffe Gebirgswand hemme Des Siegers Lauf! Daſ. 8.
Weun von der Wahrheit nur diefe dünne Scheidewand mic) trennte,
Stiller, das verjchleierte Bild zu Sais.
Bandballen, — bank, —bein, -—-bekleidung, —beien, --feit,
—flehte, —fliege, —gefims, — haken, — holz, —farte, —klompe,
—flote, —fnopf (alle 3 in der Schifferfpradhe), — kraut, —laus,
—teifte, — leuchter, —moos, —nachbar, — nagel, —pfahl, —pfeiler,
— rahmen, —ruthe, —ſäule, —ſchrank, — ſtütze, — teppich, —uhr.
Anm. Hierher gehören auch die veralteten, in der Volksſprache noch erhal:
tenen Formen Abwand — Drt am Ende des Aders, wo beim Plügen umge⸗
tehrt wird, und Anwand (abd. anawanta) 1) Rand eines Aderfeldes, der nicht
umgepflügt werden fann vder darf; 2) fo viel als Gewand (ahd. giwant, alt.
giwand — Gränze, ahd. zawentjan — unwenden, Volksſprache Gewann,
Gwann) Ackerbeet, Ackerbezirk. Davon anwanden (angwanuen) — angrän—
zn. — Einen Mahl- oder Gränzbaum auf der Gränz oder Anwanden zu
täflen ift verboten. Wirzburg. Waldordnung vom Jahr 1721. Am acer, dad find
zwu auwand und gend (geben) über den langen grasweg. Monum. boica 23, 598.
Aeder die mit der maur anwanten. Daf. 19, 588.
Anwand (jelten), Aufwand f. S. 264; Borwand ©. 162. —
Der Anmand deiner Zeit. 2. Karſchin. Su troßig ftehft du da, weil
du Leben auf todten Tüchern heuchelft und große Ehaten nit Pleinem
Aufwand verewigit (durch die Mahler). Schiller, Fiesko 2, 17. -
Daß Aufwand- und Prachtgefege den Fürften felber noch nöthiger
wären. 3. Paul, Hefperus 4. Dies alles wurde mit einem ungeheuren
Koftenanfwande betrieben. Campe.
-
n
250
Bewandt (mhd. gewant), Bartic. von Bewenden, bedeutet
dus, was außer einem Dinge ift, auf dieſes gewendet, in Richtung
auf Ddiefes gebradjt. Davon Bewandtniß und das felm Be-
wandtfhaft. — Man kann nicht recht wiflen, wie es hier Se
mit ihm bewandt ift. Klopſtock, Gelehrtenrepublil. Es it bier fo
bewandt, daß nichts beitändig jey, als nur der Unbeftand. Opitz.
Menn es mit beiden einerlei Ben andtniß hätte. Leſſtug, Ernſt
und Falk 5. (Eine gleihe VBerwandnüß ſagt Hoffmannswaldau im
fterbenden Socrates 72 ftatt Bewandtniß.)
Beihaffen (I. ſchaffen) bezeichnet die außer dem bloß äußern Ver⸗
häftniffe an einem Dinge befindliche Art des Erfcheinens, fie mag nun weſent⸗
lich oder zufällig fein. Beſtellt (von ftellen ſ. S. 238) eigentlich in eine
Stellung gebracht, bezeichnet mehr” die zufälligen Merkmale eines Dinges. —
Mie Zeit, Art und die Umſtände des Landes befchaffen find. Shakipeare,
ODthello 2, 3. Es ift doch fonderbar, beftellt, Daß nur die Reichen in ber
Welt das meilte Geld befigen. Leffing, Händchen Schlau.
Gewandt (ahd. kiwant, mhd. gewant), was ſich mit Leichtigkeit
nach den Umftänden wendet und bewegt. Davon Gewandtheit. Ans
aber hat er jeine gewandtefte verzärtelte Tochter, freut euch! gegönnt.
Göthe, meine Göttin. Charlotte, deren Gewandtheit fi in größeren
und fleineren Cirkeln befonders Dadurch bewies, daß fte jede unangenehme,
jede heftige, ja felbft nur Tebhafte Neußerung zu befeitigen, ein fich ver-
längerndes Gefpräc zu unterbredyen, ein ftodendes anzuregen wußte,
war auch Diesmal von ihrer guten Gabe nicht verlaflen. Göthe, Wahl
verwandtichaften 1, 4. — Durch Liſt und fluggewandten Sinn
verſucht' idy’S, in dem Kampf zu fiegen. Schiller, Kampf mit dem
Drachen. Tryphäna befürdjtete viel von des Jüngling's leichtge—
wandter Beredſamkeit. Klopftod, Meſſias 10, 337. (Ich möchte)
in ſprachgewandter Maße fühnem Stolze, das beſte, was Gefühl
mir gäbe, reimen. Göthe, das Sonett. Doch dem Sclauen, Biel-
gewandten ward der ſchöne Preis zu Theil. Schiller, das Sieges—
fett. Ein jeder weltgewandte Mann ziebt fie (die Kappe) behag-
lich über Kopf und Ohren. Göthe, Kauft 2, 28.
Geſchmeidig eigentlich Teicht zu Fchmieden (ahd. smidon, mhd. smi-
den — überhaupt machen, arbeiten), daher zwar Widerftand entgegenfegend,
aber doch geeignet, eine neue Korm anzunehmen und leicht in eine folche zu
bringen. Biegfam (f. Hiegen) leicht die Form, Haltung verändernd. Beug⸗
fam fih leicht aus grader Haltung in eine geblichtere bringen laſſend, nur
auf die Gemttbebefchaffenheit angewendet. — Uns loszureißen iſt noch nicht
zeitig, drum feid gefchmeidig. Göthe, Fauft 2, 141. Wie ein Kind voll
Unfhuld, mit biegfamem Herzen, folgt ich dem leichten Geſet der janft«
gebietenden Etimme. Klopſtock, Meſſias 4, 831.
Verwandt (mhd. verwandt), eigentfih wovon ab⸗ und wohin
‚gewendet, ift allgemein durch irgend eine Gemeinjchaft (Gleichheit,
281
Aehnlichkeit u. dgl.) in Verbindimg gebracht, in Berkhrung ftebend;
dann im Bejondern (eigentlih und figürlich) durch ein Familienband
angehörig. Berwandtichaft bezeichnet zunaͤchſt überhaupt das Verhaͤlt⸗
niß, Daß Eins durch eine Gemeinichaft mit dem Anden in Verbindung
fteht; im Beſondern dad Verhaͤltniß des Ungehörens durch ein Zamilien-
band. — Wohl euch, daß ihre mit dem Berräther nicht näher ver-
wandt worden. Göthe, Götz von Berlichingen 3. Am nächiten iſt's
(das Ding, der Pflug) dem Schwert verwandt. Schiller, Räthiel 10,
Verwandte find fich alle ftarfe Seelen. Schiller, Biccolominie 4, 4.
Ich hörte von Bermandtichaften leſen, und da dat’ ich eben
gleih an meine Berwandten. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 4.
Zwei angenehmen Orten (Darmftadt und Homburg), die durch Ver-
wandtichaft beider Höfe in gutem Verhältniß ftanden. Göthe, Leben
12 B. — Da drang ein Dupend Anverwandten herein. Göthe,
der Müllerin Verrath. An den Arm der blutsSverwandten Königin
mich werfend. Schiller, Maria Stuart 1, 7. In dieſer jungen Dame,
gering! mein Werk, fol meine Bundsverwandtin, fol eine Königin
uns blühn. Schiller, Don Karlos 2, 10. Da. bemerkte ex, in einer
Ede aufgetiſcht, das große Dintenfaß, Canzleiverwandte dabei.
Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 9. Dann follen die Gartenver-
wandten (Blumen), die fih von fern nur fahn, neben einander fich
freum. Göthe, der neue Pauſias. Beide Väter waren gaſtverwandt.
Söthe, Braut vom Corinth. Man verläugnete es nicht, daß man ſich
unter Geiites- ımd Gefühlsverwandten bewege. Göthe, Leben
11.3. Er gehört nun einer deutichen Heimathb an, die Menichen
um ihn find feine Landesverwandte % Paul. Hier dar’ ich
lauter Uubefännte, und finde leider Nahverwandte. Göthe, Fauft
2, 115. Erde — wie jeeverwandt. Daſ. 2, 339. Wovon fidh
dergleichen Sinnesverwandte am liebften unterhalten. Göthe,
Leben 16. B. Sie möchten gem in unfern Kreifen als Stamm«
verwandte fich erweilen. Göthe, Fauſt 2, 133. Weil Abends vorher
zwiichen ihnen von einigen Seitenverwandten die Mede gemejen.
Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 8. Einem Rectöfreund ift ein jol-
des Lorale nicht verhaßt wie einem Stallverwandten. Daf. 1, 9.
Heut zeige mir, daß unſre Seelen wablverwandt. Platen, die
verhängnißvolle Gabel 2.
Sippichaft (mhd. sippeschaft, von ahd. sippea, sibha, nıhd. sippe,
agf. sib, altn. silt bedentet eigentlich Friede, daher friedliches Verbältniß,
daun Berhältniß des Angehörens durch Famtlienband, da man den engften
Frieden im Schoße feiner Kamilie findet, wahrfcheinlich zur heil. Zabt fies
ben, gotb. sibun, ahd. sibun, mhd. siben, altj. sivon, agf. söofon, altı.
siö, altfrief. siugon gehörig, mit Hindentung auf den fiebenten, d. i. den
NRubetag beim Schöpfungswerke) dentet auf das Zufammengehören in Eins
bin, fautet für die Schriftiprache altertbümlich und verbindet in der gewöhn⸗
282
fihen Sprade, auch ohne auf Familienband zu fehen, einen verächtlichen,
unebrbaren Nebenbegriff. Zreundfchaft (ahd. friuntscaf, mhd. vriant-
schaft, agf. frööndscipe, von Klf)reund, ahd. mhd. vriunt, agſ. fröond,
friend, goth. frijond, Partic. von goth. frijon — lieben) eigentlich wohlwol⸗
Sende Zuneigung gegen Jemanden; dann die im Kamilienbande fiegende Zu:
neigung; gewöhnlich das Angehören (dev Berfouen) dur ein Familienband
außer den <eru und Kindern. — Welche gemeinfamer Stamm mir erk
und vervetterte Sippfchaft, dann das Lager verband. Voß. (3) fand
anf der Straße die ganze Sippfchaft beilammen. Göthe, Benvenute Cel⸗
ini 1, 8. Um Fleiß und Tugend wählt er fie, nicht reicher Freundfchaft
wegen. Voß.
Wandel (ahd. wantal, wantala, mhd. wandel = Umtaujd,
durch den ein Schadenerſatz geleiftet wird; der Erſatz jelbit, Genug:
thuung, Buße; Zehler, Mangel, der, nad) dem Kauf oder Vertrag ge-
funden, denſelben rechtlich aufhebt) allgemein Uebergang aus ſeinem
‚ Weſen in das eines andern Dinges, im Beſondern 1) die Verände-
rung des Ortes durch Geben; 2) das fittlihe Verhalten, die. Art,
wie man im fittlicher Hinficht gleichſam durch das Leben geht; 3) (Volks⸗
Sprache) Taufchhandel: in Handel und Wandel. Davon wandelbar
- (mh. wandelbzere), überhaupt nicht fo, wie es ſeyn jollte; dann jo
viel als mangelhaft; gewöhnlich aus feinen Weſen in das eines an-
dern Dinges übergehend, jo daß das Ding dieſes andern ift oder Ai
fein ſcheint. — Ste beichwerten das Volck mit Maut, 31, Gü
Waudel, Scharwach vnnd andern neumen Fünden, Aventinns,
Chronik 1580, Bl. 254. — Es ift ein Wandel vorgegangen. Schiller,
Piccolomini 9, 2. Auf den Schrittiteinen batte man nach wie vor
reinlichen Wandel Göthe, ital. Reife, Palermo 15. April 1787
Der heitre Wandel mancher ſchönen Tage, der ftille Raum je man
her tiefen Nächte war einzig dieſem frohen Xied geweiht. Goͤthe,
Taſſo 4, 4. Ihr pocht auf Ehrlichkeit und eremplariihen Wandel.
Schiller, Räuber 2, 3. Borerit ſey geftanden, daß ich meinen Le—
benswandel nicht immer fo eingerichtet, um der nächften Zeit, ja
des nächſten-Tages ganz ficher zu fein. Göthe, die neue Melufime.
Des Genuſſes wandelbare Freuden rächet jchleunig der Begierde
Flucht. Schiller, das. Ideal und das Leben. Plötzlich flattert ein
Tänbchen aus einem Aſtloch empor, mit wandelbarem (farbewed-
jelndem) Gefieder. Kleift, Frühling. Unwandelbar, bis die Achaier
Ilios Höhn einnehmen. Voß, Ilias 15, 70. Ich ermüdete nicht,
über Zlüchtigfeit der Neigungen ,- Wandelbarkeıt des menjchlichen
Lebens nachzudenken. Göthe, Leben 7. 8.
Beränderli (f. verändern ©. 274) bald fo bald iv- werdend, von
Einem ins Andere übergehend Wetterwendifch (von Wetter abd. we
tar, mbd. wöter, altf. wedar, agf. veeder, veder, mittelniederd. wöder, altn.
vedr, vedhr, flavifch veier, vjeter, neufrief. waer, ſchwed. väder, dän. veir,
!
283
gr. ahdre, lat. ether, mit der Orundbebeutung freie Luft, dann bewegte Luft,
Bind) veränderlich nach der Wendung des Wetters. — Das Glück fängt an
mir wetterwendifch zu werden. Gdtbe, Götz von Berlichingen 8.
Wandeln (ahd. wanton = fich verwandeln, wantalön, wan-
filön, altj. wantalön, mhd. wandeln, mit verfchiedenen Bedeutunz
gen), eigentlich machen, daß anftatt des Einen ein Anderes wird, daß
etwas aus feinem Weſen in das eines andern Dinges übergeht (früher
auch wieder herftellen, wieder gut machen und, metonyntijch, ftrafen) ;
dann (erft fpätermhd.) den Ort verändern dadurch, daß man fi an
einen andern begibt; hin und her gehen, nur in edelm Style gejagt,
und zwar vorziglid von einem Gehen. das gemächlich, ohne Beſchwer⸗
lichkeit, nicht in niedrigen Beichäftigungen ift; auch figürlich in der
böheren Schreibart. Berwandeln hat nur den Begriff der Ver⸗
änderung und bedeutet jo zu etwas Anderm machen, daß das, was
vorher war, nun diejed Andere völlig ift oder zu fein jcheint. — Zeiten
entflohn: allein die umgefchaffne blieb; und dieſe Geftalt wird nie ſich
wandeln! Klopſtock, die deutiche Bibel. Wandelt Glüde denn
die Leute, Daß fie morgen nicht wie heute? Logau, Sinnged. 2192.
Bis er den reinften Tropfen Bluts in mir zu Galle wandelte.
Göthe, Taſſo 2, 4 Da er noh wandelte im Licht. Schiller,
Zell 4,2. Unter ihm tönte die Erde, und ein wandelndes Jauchzen
durchdrang die Pforten des Abgrunds. Klopftod, Meſſias 1, 73. In
gährend Drachengift haft du die Milch der frommen Denkart mir ver=-
wandelt. Sciler, Tell 4, 3. Semehr ich diefe Juftände in Be—
grife verwandeln lernte. Göthe, Leben 11.38. Mir ift das Herz
| verwandelt und gewendet. Schiller, Jungfrau von Orleand 4, 1.
| Gehen Ci. daſſelbe) bezeichnet allgemein fich zu Fuße fortbewegen. Walz
fen (ahd. wallön, mhd. wallen, agf. veallian, ſchwerlich aus ahd. watalön
von watan, f. waten zufammengezogen, eher zu wel = rund gehörig, f.
Belle S. 135) wird nur im edelften Ausdrud, im bohen Style für wan⸗
dern gejagt, und zwar vorzüglich von Wandern in frommer Andacht zu einem
Gnapenbilde oder überhaupt einem heil. Orte. Das finnverwandte wandern
f. unten. — Sie geben friedlich, Alt’ und Junge, Männer nılt Weibern ;
göttergleich und ähnlich fcheinen die wandelnden Geitalten. Göthe, Iphi⸗
genie 3, 2. Nach dent heil’gen Grab fie wallen, auf der Bruft das Kreuz.
Schiller, Ritter Toggenburg. Nun ordnet die Füge, daß jeder fih füge und
einer mit allen, zu wandeln, zu wallen die Fluren entlang. Göthe, Idylle.
Yam. Logan bat noch das an Wandel — Umtauſch erinnernde wandeln
= umtaufhen: Alten Freund für neuen wandeln, beißt für Früchte Blumen
handeln. — Schmeller bat wendeln — einen Schaden erfegen, ſ. oben Wandel.
Abwandeln und umwandeln — machen, Daß etwas nicht mehr
io ift, wie e8 vorher war: bei abwandeln bezieht fich dies auf einen
Theil, der, vom Ganzen getrennt (ab), anders wird, als Das Übrige;
bei umwandeln auf das Ganze, jo daß es zu etwas ganz Anderem
284
wird. Beide haben auch örtliche Bedeutung, find aber dann nicht
mehr finnverwandt. — Ich übergab ihn und mich dem Himmel und
wandelte allein ab. Seume. Lieb’ und Freundihaft wandeln
unter guten, frommen Menfchen tröftend auf und ab. Tiedge, Urania 4.
Und umgewandelt jeh’ ich die Holde. Göthe, Riualdo. Und feier-
lich, nad) alter Sitte, ummwandelnd des Theaters Rund, mit laug-
ſam abgemeſſ'nem Schritte, verjchwinden fie im Hintergrund. Schiller,
‚Kraniche des Ibycus. '
Anm. Abs und umwandeln für die grammatifchen Ausdrüde declinies
ren und conjugierer zu fagen, it aus mancherlei Urfache nicht zu empfehlen.
Wandern (mbd. wandern, von dem veralteten Wander, ahd.
wantar, mbd. wander 1), neben wantal, wandel), zunächft hin= uud
bergehen, dann (eigentlich und figürlich) fich wohin begeben und zwar
1) fih nad) einem andern, ferien, fremden Orte begeben; 2) beſonders
'e Zuß reifen, vornehmlich wenn e8 weit ift; 3) (Bolköfprache) aus
em Dienft treten, von Dienftboten gejagt; 4) (Volksſprache) ſpuken:
ed wannert — geht um, fpuft (davon Gewennerz — Geipenft). —
Und er kommt ans Ufer mit wanderndem Stab. Sciller, Bürg-
ſchaft. Wir aber wollen nach der Mühle wandern. Göthe, Fauſt 1, 48.
Wandeln und wandern, als Verba der Bewegung, erleiden viel
fache Zufammenjegungen mit ab, an (f. ©. 29), aus, be, daher,
dahin, durch, ein, einher, empor, ent,entgegen, er,fort,
heim, ber, herab, beran, berauf, heraus, herbei, herein,
herüber,hberum,herunter, hervor, herzu,hin,hinab,binan,
hinauf, hinaus, bindurdh, hinein, hinüber, binunter,
hinweg, hinzu, mit, nach, nieder, über, um, umber, un—
ter, ver, vor, voran, voraus, vorbei, vorüber, weg, zu,
zurüd, zuſammen. — Alles wandelt auf und nieder. Göthe,
Leben 13. B. Als Triphon mit Antiocho, dem jungen König, auß⸗
wandlet. Züricher Bibelüberfegung. Geht fie (Zeit) zurüd auf dem
jüngft bewandelten Bogen. Voß. Der langfam ... daherwan—
delt. % Paul, Heſperus 21. . Er (Gott) wandelt ftil dahin
durch feine Ewigfeiten. Tiedge, Urania 2. Und durchwandelſt mit
Sinn Diefen geheiligten Raum. Göthe, röm. Elegien 13. Es wandle
Pracht und Frobfinn ein und aus. Platen, Berengar 3. Wenn der
Morgen einwandelt. 3. Paul, Heiverus 1. Gott ging nım und
wandelt’ einher in dem Wege der Sonnen. Klopftod, Meſſias 5,71.
Entwandelt friedlih! Göthe, Fauſt 2, 386. Wer entwandelt
durch den Garten bei der Sterne bleihem Schein? Uhland, Entja=
gung, Sogleich entwandelte Kirfe der Wohnung. Voß, Odnflee
0, 388. Schreden ergreift ihn gewiß, wenn ein Gott entgegen
ihm wandelt mitten im Kampf. Voß, Ilias 20, 130. Sie hatten
1) P. Suchenwirt und der Teichuer haben mhd. wander für wandel.
285
mn die Höhe ermwandelt. Campe. So daß es (das Wafler) nur
im weitläufigen Schlangengange fortwandeln kann. Göthe, Cam—⸗
pagne in Frankreich, Detober. Bor ihm wandelten Satan eilendes
Tritts und Sthuriel ber. Klopftod, Meſſtas 4, 226. Er wandelt
heran lichtſchön wie Apoll. PBlaten, rom. Dedipns 5. Daß in der
Hand es (das Talent) hebend der Gaſt binwandle zum Nacht:
ihmans fröhliches Herzens. Voß, Odyſſee 8, 395., Um unfer Leben
wandeln Kinder wie ſtumme Engel hin, an dich’ und Unfchuld
teih. ZTiedge, Urania 5. Sekt, da fie wieder den Pfad hinwan—
delten. Voß, Zuife 1, 222. Rhea Sylvia wandelt, die füritliche
Jungfrau, der Tiber Waſſer zu Ichöpfen, hinab, Goͤthe, röm. Ele-
in 3. Die nahwandelnden Frauen. Göthe, Wahlverwandt-
haften 1,9. Run wandelt im Geleite dir ewig Ruhe nach. Bürger,
an die Hoffnung. Und fo flanden fie auf und wandelten nieder,
das Feld hin, durch das mächtige Korn. Göthe, Hermann und Doro-
thea 8, 80. Wo wir im Baumgang auf und nieder wandeln.
Chafejpeare, viel Laͤrm um Nichts 3, 1. Um die über uns fo weit
erhabenen Männer mit eigenen Augen umherwandeln zu fehen.
Göthe, Leben 8. B. Sie 9 vorwandelnd der Kriegsgenoß Eteo-
neus. Voß, Odyſſee 4, 22. Als fie ſolches geredet, da wandelte
Pallas Athene eilig voran. Voß, Odyffee 2, 406. Ich will mich
lagern unter'm Baume, da wandelt taͤglich ſie vorbei. Uhland,
Entſchluß. Riefs im Herunterblick und wandelte ſtill vorüber,
Sonnenberg. Weggewandelt (duch das Wandeln ausgelöſcht)
ſeid ihr, tiefgegrabne Worte. Göthe, der Wanderer. Der vorher das
Zujfammenmwandeln gefehn. 3. Paul. (Eine Allee) gab zu jeder
Stunde des Tags Gelegenheit, im Freien zu verkehren und zu luft-
wandeln. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 5. Durch laue Nacht
luftwandeln Jungfraun. Voß, Deutfhland. Da luftwandelte
der König. Herder, Eid 12. — Bei feinem Abwandern betrug er ſich
in der Fahrgaſſe eben jo excentriſch. Göthe, Leben 16.8. Eine Haar
nadel, die eben vom Kopfe abwandern will. Wepel. Schlofier
wandert aus und begibt fih ... nad) Anſpach. Göthe, Tag- und
Sahreshefte 1795. Rod, in meines Lebens Lenze war ich und ich
wandert aus Schiller, der Pilgrim. Die er felber getödtet auf
eintam bewanderten Berghöh’n. Voß, Odyſſee 11, 574. Wir fuchten
unbewanderte Pfade. H PB. Sturz, Klopitod. Indeſſen ich
en Stüdchen Welt durchwandre. Göthe, Fauſt 2, 111. Eilet,
eilet, einzumwandern in das feite Baterland. Göthe, Meifters
Banderjahre 3, 12. Jh entwanderte, dort der Kriegsarbeit zu
begegnen. Voß, Ilias 12, 368. Ich hab viel erwandert, viel
Großes und Wunderbares geiehen. Wieland. Diefer Pfad verleitet
uns durch einfames Gebüſch, durch ftille Thäler fortzumwandern.
Göthe, Taſſo 2, 1. Nie dach, du weißt ja, ging id) vor deinem
1
236
prangenden Altav im vielrudrigen Schiffe vorbei, herwandernd
im Unglüd. Voß, Ilias 8, 238. Deswegen fie unerfannt umd
heimlich berumwandern müſſe. Göthe, Lila 1. Daß feine
‚ hervor aus der Thüre wandere. Voß, Odyſſee 21, 384.
Wir jungen Leute find einigemal hbingewandert Göthe,
Leben 5. B. Wo die Kränze des Ruhmes —— und das goldne
Scepter in ſtätiger Reihe wandert von Ahnherrn zum Enkel hinab.
Schiller, Braut von Meſſfina. (Er) wollt' wandern in alle Welt
hinuaus. Uhland, Siegfrieds Schwert. (Das) die Mitwandern-
den zu überfchreiten verfteht. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 9.
Es iſt ein armes verächtliches Wort, aber die Ewigkeit hat Mühe,
e8 zu umwandern Schiller, Kabale und Liebe 5, 2. Bo
Banden gefeffelt des Unmuths, fagten umwandernde Geifter
uns oft von dem jchredlichen Zündftaub (Bulver). Pyrker, Tuniſias 4.
Der Alte nimmt den Querfad auf den Rüden, den Knittel in die
Hand, und wandert friih voran. Wieland, Oberon 1, 73. Das
bunte zierliche Anfehn diefes herrenlofen aufgegebenen Gutes lodte die
Befigluft der Borbeimandernden. Göthe, Kampagne in Frank⸗
reich 12. Det. Wo eine Tugend an die Bruft der andern, und wo
der Sram an's Herz der Liebe fällt, da laß uns heiliger vorüber=
wandern, da feiert eine Engelwelt. Ziedge, Urania 4. Er war
vom Rheine wegwandernd nah Gaftein gezogen. Göthe, Tag⸗
and Sahreshefte 1795. Nun wandert’ er voll Zuverficht der Gegend
zu. Engelihall. (Er) war nad) mancherlei Schiefalen gejcheidter und
verfehrter zu uns zurüdgemwandert. Göthe, Leben 15 Bd. Ewig,
unverrädt, zufammenwandernd leuchten ewig fie herab Die Sterne.
Göthe, Pandora.
Anm. Die Participien geftatten noch andere Sufammenfeßungen, 3. 3. Die
fo mild den frommbinwandernden Pilger weden zur Liebe des Sohns.
Porker, Rudolph 2. Einzeln darauf erhub Fr des Organiiten berühmter viels
gewanderter Sohn. Voß, Luife. Das Haupt aufhebend vom weitumwans
derten Erdreih. Voß, Odyſſee 3, 453 Selber fodann fußmwandelnd erreicht er
Ilios Mauern. Voß, Zlias 11, 230. Nah der Ebne dringt fein Lauf ſchlan⸗
genwandelnd. Göthe, Mahomets Gefang. Aber ans der dnmpfen grauen Kerne
Findet leifewandelnd fih der Sturn an. Göthe, Seefahrt. Mein ſchwer⸗
wandelndes Hornvieh. Voß, Odyſſee 4,320. Bel den meerdurhwandeln»
den Schiffen. Voß, Jlias 7,72. Das nachtdurchwandelnde Scheufal. Voß.
Gar nicht ähnliches Stammes find unfterbliche Götter und erbummwandelnde
Menihen. Voß, Zlias 5, 442. Die bimmelummandelnde Sonne Schiller.
Bandelung, Banderung find einfad) und in Zufammenfeguns
gen gebräuchlich; Wandeler (mhd. wandelsere) ift minder gebräudy-
dd ald Wanderer — allgemein Fußreifender, aber nur in edelm
. Sinn. — Entzückt über die Wandlungen meines Schiefald. Klop-
ſtock, der Berwandelte. Fern war von unferem Freunde jede Anwaud-
lung des Lachens. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, W. (Daß fie) in
287
ewig drobender Berwandlung fi) bewegend vermehren. Daf. 3, 9.
Ran kann einige Worte binter einander nicht ohne Tonwandlung
ansiprechen. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. — Seine Wanderung über
den Kirchbof. Göthe, Meiſters Lehrjahre 5, 4 Ob ihm nicht aud)
manchmal ein Lied bei jemen Fußwanderungen einfalle. Göthe,
Reiters Wanderjahre 3, 1. Haben Sie von Seelenwanderung -
nicht gehört? Göthe, was wir bringen 18. — Jeder... ſchreit dem
kühnen Wandler zu. Alringer, Doolin 1, 37. Zlüftre mir, du
tihtwandlerin! Baggefen. Die Wolfenwandlerin Iris. Voß.
— Be ih Wandrer furze Ruhe finde. Göthe, Wandrer und Päch—
tern. Sehen wir aber bedeutende Stantsmänner, obwohl ungern,
ihten hoben Poſten verlafien,. fo haben wir Urfache fie zu bedauern,
da wir fie weder als Auswanderer noch ald Wanderer anerfen-
nen dürfen; nicht als Auswanderer, weil fie einen wünfchens-
werthen Zuftand entbehren, ohne daß irgend eine Ausficht auf beffere
Juftände fid) auch nur feheinbar eröffnete; nicht als Wanderer, weil
men anderer Orten auf irgend eine Weiſe nützlich zu fein felten ver-
gömmt ift. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 9. Sie hielt fi) an den
Bellwanderer. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 8. Nur zu oft,
daß nad) Pflege verlangende Länderdurchwandrer täufchen. Voß,
Odyſſee 14, 134. Befuch’ oft Die befadnen Erdenwanderer. Klop-
Rod, die Zukunft. Wenn ein folder Pilger der Erdewander-
ſhaft dennody nicht auffchauet und lernt, der verwirft ſich felber.
Kopftod, Meifias 9, 256.
Waller (mbd. wallere, wellere = Fußgänger überhaupt) gehört nur
| der edelſten und feierlichiten Ausprudaweife an. Wallfahrer (d. i. der
walen fährt, ſ. Fahren) iſt eigentlich wer auf Reifen gebt; dann, und fo
gewöhnlich, wer in fronmmer Andacht wohin, um dafelbit eine Andacht zu ver«
rihten oder zu erfüllen, als zu einem Gnadenbilde zc. einen Fußweg, bejons
ders eine Fußreiſe macht.) Pilger, alterthümlich edler Pilgrin (ab.
pilikrto, pilikrim, mhd. p(b)ilgerin, p(b)ilgerim, altı. ptlagrimr; im 15.
Jahrh. ift plb)ilger neben pilgeram gebräuchlich, ital. peregrino, pellegrino,
franz. pelerin, von lat. peregrinus aus peregre eigentlich über Feld, per
und ager, dann fremd) wer weit feruhin zur Erfüllung einer frommen Ans
Yacht zu Fuße (auch wol zu Schiffe) eine geiftliche Reife macht. Pilger
und Baller werden im eveiften Sinne aud auf das heimatlofe Leben an=
gewandt, das fich nach dem Heimatorte, wie nad einen Gnadenorte fehnt,
im Befondern auf das Erdenleben, inſofern daffelbe als eine geiftliche Reife
.) Diefer Buß felbft heipt Wallfahrt, früher Wallesfart. Daß
dieſes nicht eine Baht in den Wald fei, alfo eigentlih Waldfahrt heiße,
me mancher (3. B. Welter, Lehrbuch der Weltgefchichte 6. A. 2, 13) zu meis
un [heint, beweiſen myd. wullebruoder — Pilger, wallekappe — Pilgerfleid,
villeriap = Bilgerfab u. a. |
288
zur fernen wahren Heimat, den Himmel, gedacht wird. — Ja wohl bin ich
nur ein Wandrer, ein Waller auf der Erde! Göthe, Werthers Lei⸗
den 1, 16. Juli. Einft war der Piad von Wallern voll. Uhland, die vers
lorene Kirche. Alle einzeln berangelommenen Ballfahrer und alle vers
einigten Gemeindeproseffionen flanden hier verfammelt. Göthe, Et. Rochns⸗
feſt. rei ift dem Wanderer der Weg, der Hirte treibe in's Gefilde. frob
walle auf dem Kelfeniteg der Pilger zu dem Önadenbilde. Schiller, Kampf
mit dem Draden. Ach bin ein Pilgrim in der Zeit. Uz, an die Eonne.
Einige werden als .etn Trupp Bilgrimme kommen, die nad Loretto walls
fabrten geben. Schiller, Fiesko 2, 15.
Anm. Stieler hat noch das nhd. ganz gebrändhlihde Einwanderer, das
minder gebräuchliche VBerwandeler und das ganz außer Gebrauch gekommene
Nahwandeler.
Nachtwandler Cbei Herder ungewöhnlih Nachtwanderer) eine
Perſon, mit dem frankhaften Zuftande behaftet, im Schlafe aufzuftehen
und wie wachender Weile Handlungen zu verrichten, deren fie fich
wacend nicht mehr bewußt ift, mit dem deutlichen Hinweijen, daß dies
jur Nachtözeit und durch Hin- und Herwandeln geichehe. — Geführ-
ich wie ein Nachtwandler auf jäher Dachſpitze wandelt. Schiller,
über Egmont. Kannft du den Wagen (das Sternbild) zu jeiner Zeit
beroorführen? Und die Nahtwandrerin über ihre Söhne tröjten ?
Herder. Daß das Schnarren und Sprigen der Feder mid) aus mei—
nem nachtwandlerifchen Dichten we Göthe, Leben 16.2.
Mondfühtig (ahd. mänötsuhtic) eig. mit einer Krankheit behajtet, die
fih monatlich wiederholt; dann in dem oben genannten krankhaften Zuftande
zu Zeiten fi befindend mit Beimifchung der Anficht, daß diefer Zujtand unter
dem Ginfluffe des Mondwechſels ftehe und ſich äußere und nachlaſſe, je nadh-
dem der Mond zus oder abninımt.
Wandelgeiſt, —glüd, —kraut (cucubalus behen L.), —liebe,
—matte, — monat (April), rap, —finn, —ftein (Gränzftein),
—weife, — wetter, —zeit u. a; Wanderbuch, —bändel, —falk,
— geld, —geräth, —gejell, —hut, — jahr, — Kleid, krankheit, — maus,
. —ratte, —fad, —jpiere (in Schiffen), s—-ftraße, —taube (columba
migratoria L.), — weg, —zeit u. a; Wandersmann. — Sie
ingen die Wandelbahn — Pyrker, Maklabäer 3. Aber die
andelerden ſind auf ihren Thierkreis eingeſchränkt und an Eine
Sonne gebunden. J. Paul. Er fang das Lied der Sterne, den Wan-
delgang um ihres Vaters Thron. Herder. Wenn an der Farbe
Scheine fie (die Ringe) werden wandelhaft. Nüdert, gel Ge.
3, 495. Ihrer Götterjugend Roſen blühen wandellos (beftändig,
unveränderlich) im ewigen Ruin. Schiller, das Ideal und Das Leben.
Daß diefem Drt fein jchwaßender Prediger, fein wandellofer (ohne
tugendhaften Wandel) Ehrift, der Propheten felbit nicht fühlt, fich nahe!
Klopftod, die Stunden der Weihe. So ift fie (die Beharrlichleit) der
289 -
Hauptſtein in der Krone des Menjchen, von der Kraft des Geiftes
reizbarem Bandelmuth der Einbildungsfraft abgenommen. Benzel-
Sternau. Schnellathimend und glühend machte er fi) in die bunte
Bandelreibe... hinein. 3. Paul, Zitan 40. Man behandelte
mich nicht, wie bisher auf der Reiſe, bloß als den Dunftichweif jener
beiden großen Wandelfterne. Göthe, Leben 14. B. Wird, da er
ach von Krafau nicht zurüd, den Wandeltanz mit dir heut nicht
eröfgnen. Werner. — Wenn er es wagte, auf friihen Wanderfüßen
jein Ziel zu erreihen. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 9. Ich be-
darf recht jeher des erfahrenen Wandergefährten. Platen, Die
verhängnißvolle Gabel 3. So daß eine volfländige Wandergejell«-
ihaft... dahin zu jchreiten ſchien. Göthe, Meifterd Wanderjahre
3, 1. Boll frober Wanderluft. Lenau, Seemorgen. Die braud-
baren WBanderluftigen mit in unjern Zug aufzunehmen. Göthe,
Meiſters Wanderjahre 3, 4. Heiß’ ihm einen Wanderpfennig
reihen! Uhland, Ludwig d. B. 1. Als wenn ich es, nad) ermüden-
der WBanderfchaft, vielleiht unter andern ungünftigen Umjtänden
vor Augen ſehe. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 4. Es jei nur von
ener Bergwanderung die Rede. Göthe, ital. Reife 8. Sept.
(Merkur:) Und haben Sie von Seelenwanderung nicht gehört?
(Mutter:) Ad, ich weiß nicht, ob meine Seele oder mein Körper auf
der Wanderſchaft ift. Göthe, was wir bringen 18. Nach kurzem .
Bedenken ertönte fodann ein freudiger-dem Wanderſchritt ange
mefjener Zwiegefung. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 1. Ein Bauers-
mann am WBanderjtabe fchritt daher. Bürger, Lied vom braven
Mann. In Jtalien nahmen die Wandervölker den damahls grä-
cfirten roͤmiſchen Character an. Ungenannter bei Campe.
Anm. rüber. waren noch andere Formen gebräuchlich, 3.8. Wanderpflicht,
—tenfel, — eilt; Bandelreim, —ſchluß bei Stieler; Bandelbüchlein (Strafs
und Bußverzeichnig), — gericht, —ftrafe, —ferze (die während der Stillmeile augezlins
det zu werden pflegt), —leuchter (für Wandl.) —fchelle (für Wandſch.) bei Echmeller.
Bewandert it eigentlich viel und weit "umher ande und
davon dann figürlich durch Vefliffenheit worin von vieler Kenntniß. —
Ihr nennt Euch fremd in Englands Reichsgefegen; in Englands Une
gluk feid Ihr jehr bewandert. Schiller, Maria Stuart 1, 7. So
wurde auch hier eine gleiche Bekanntſchaft mit dem Corpus Juris fir
nöthig befunden, worin ich auch bald auf das volllommenfte bewan-
dert war. Göthe, Leben 4. B.
Kundig (ahd. ch(k)undic, mhd. kundec, kündec, fund ahd. ch(k)unt,
mbd. kunt, agf. chudh, von können goth. kunnan, ahd. ch(k)unnan, mhd.
kunnen, künnen, agf. cunnan — wiffen, geiftig vermögen) überredungsge⸗
wandt, Kiffig, große Kunde, umfaſſende Kenntniffe worin habend. Erfah⸗
ten (ahd. irvaran, vou irvaran — hindurchfahren, bindurchgeben, f. fah⸗
ten) durch Betreiben oder Durchforſchen eines Dinges in demjelben von aus«
gedehnter, beſtimmter und gewifier Kenutniß, im Bejondern, wenu dieje Kennt:
19
290
niß zu allgemeinen Wahrheiten fortgeſchritien iſt, die aus ihr abgegegen find,
und als Regeln und Sätze in Beurtheilung und Handlung bei ähnlichen
Källen nnd Gegeufänden beftimmen. — Bündig und kurz war unfere Trau
(Trauung); und gewiß fein Kundiger möchte fie tadeln. Voß, Luife 3 a,
472. Rur der erfahrne Maunn befipt fein Ohr, der thätige fein Zutramm,
feine Gunſt. @öthe, Taſſo 1, 4.
Anm. 1. Rab Grimm 11,85. IV,623 gehören zu winden vieleicht and
Bunder und Bunde. Jenes lautet abd. wuntar, mhd. agſ. wunder, alti.
wundar, wunder, altfrief. neufrief. weuniederl. engl. wonder, neuniederd. Volks⸗
iprache wunner, altn. ändr, dän. ſchwed. under Ga bedeutete dann wel das
vom gewöhnlichen Lauf der Dinge Abweichende. Oder ift an goth. vanan, alie
— die Kreude, das freudige € nen zu denken? (,Konne ©. 239.) Wund
wovon Wunde) iſt goth. vunde, abd. mhd. wunt, agſ. vund, mittelniederl. wont.
uh Wackernagel rechnet das Wort zu winden, wie lat. vulnus zu volvere,
Graff zieht vulnus zu fanjfr. vrana — Wunde, vgl. aber auch janffr. vadh =
tödten, vyadh — verwunden, gr. orraserr = verwunden, lettifch wäts = Wunde.
Uum, 2. Bimver if ſehr entitellt (abd. Gintprawa, nihd. älteruhd. wint-
br&), die Haare an den Augenliedern (Augenbrauen, fehlerhaft auch Augen⸗
braunen, ahd. p(b)räwa, mhd. bräwe, brä, gotb. brahv, agf. broev, engl.
brow) und wol in Bezug auf das Winden, Wenden, Bewegen derfelben.
Aum. 8. Wind (goth. vinde, ahd. mhd. wint, altf. agſ. wind, altu. vindr,
fat. ventas) gehört nicht hierher, ſondern ift wahrſcheinlich eine jehr alte Barti«
eipialform von wehen, goth. vaian, abd. wajau, wähan, mhd. wæjen, waen,
altfrief. waia, neufrief. wacyen; vgl. ar. arıar wehen, arenog = Wind. —
Bindmonat (October) abd. windemät, windumemänöt, hr, windemänöt,
von abd. windemen, mhd. windemen ift von fat. vindemiae — Herbſt, vinde-
miare — berbfien, nicht ven Wind, aebildet.
Anm. 4. Der Rame Wende, Bandale, abd. Winid, mbd. Winede,
Wint (lat. Venetus 7 abd. Wandali, gehört ſchwerlich hierher, jcheint fibrigene
deutfch (keltiſch?) zu fein.
Dinfen.
(Wurzel dan—s, din—s; dans, dins.)
Dinfe, dans, gedunfen, dinfen (ahd. dinsu, dans, dunsu-
mes, dunsaner, dinsan; mhd. dinse, dans, dunsen, gedunsen,
dinsen; goth. altj. thinsan), nhd. nur noch im Participium (gedun—
jen, aufgedunjen) und in einem neuen Verbum dunfen (ahd.
dansdn = ziehen) gebraäuchlich, hat urſprünglich die Bedeutung ziehen,
ſchleppen, tragen, uhd. (als Intranſitiv) die Bedeutung aurichwellen,
fih ausdehnen, gleichfam auseinander gezogen werden. — Wir fahen
nun nicht mehr in jenen Gedichten ein angeipanntes und aufgebun-
jenes Heldenwefen. Göthe, Leben 12. B. Mit dem aufgedunr
jenen Ballen Waſſerſucht. Shakeſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 2, 4.
ief im Gemach ift ein Lager ... Dunjend von bräunlichem Flaum
und nit bräunlicher Hülle bededet. Voß.
Anm. 1. Grimm (Gram. Il, 36, 56) it zweifelhaft, ob er Dunkt hier
ber, oder zu dehnen ehe fol. Badernaael und Beigand rechnen das
Bort zu Dinfen; Graff V, 480 ſchwankt zwifchen verſchiedenen Wurzeln. Das
Wort lantet goth. dauns (Geruch), ahd. dit)unst, d(t)uni(e)st (Sturm), mhd.
29%
denst (Dampf). Das Aufqualmen, Aufwirbein des Rauches, fowie dad zufam«
men gesnaane Better (Sturm) ſcheinen für —— mit Dinfen zu ſprechen.
m.2. Badernagel und Grimm rechnen hierher auch Tanz, ahd.
mbd. tanz, altı. dans; tanzen ahd. dansön — ziehen, einen Umzug Halten,
wbd. tanzen (tanzen), dansen (bin und herziehen). Grimm fagt: „Daher
vielleicht das rom. damsa, bei der Zurkdnahme in Tanz vergröbert #.
Anm. 3. Nah Schmeller (bayer. Wörterb. J, 385) gehört zu Dinfen
au die Dünfel = eine dünne Stange, mit einem aus Weiden geflochtenen Ring
(Dänfelbals) an jedem Ende, welche, gleichſam afs flarres Seil, zum Faſſen
des Lendſtechens (Pfahles am fer) und Befeftigen des Floßes am denfelben
dient. — Dunfel WVolksſprache) a re ſtolzen, etwas einfäftigen
Veibsbildes fcheint verdorben aus fpan. doncella (Kammermädchen).
Sinken.
(Wurzel sig, sig; vgl. ſanſtr. sag — verbergen.)
Sinke, ſank, geſunken, ſinken (ahd. sinhu, sanh, sunhumés,
sunhaner, sinhan, sinchan, sinkan; mhd. sinke, sano, sunken,
gesunken, sinken; got. siggvan, ag]. sincan, mit eingeſchobenem n
von ahd. sikan, mhd. sigen, altj. agj. sigan, altı. siga = fi) nieder-
wirtd bewegen, woher unjer ver-ſiegen ſtatt versjeigen; verwandt
iſt ſeihen, ſ. d.) 1) fich allmälich, langjam niederbewegen; 2) (figür⸗
ih) im Kampfe getödtet werden, mit Bezug auf Die Art, wie der Ge-
tödtete fih auf Die Stelle niederbewegt, wo fein Leichnam liegen wird;.
3) nah und nad) abnehmen, an Stärke, Lebhaftigfeit vermindert wer⸗
fu; 4) bis zu einem gewiffen Grade erniedrigt, auch ſchlecht werden.
— Laut weinend ſankſt du mir zu Füßen. Schiller, Don Karlos 1, 2.
An uniern Mauern fanf der edle Held für jeines Königs Sache.
Ehiler, Jungfrau von Orleans 1, 3. Und findet ihn bei der Wach'
am finfenden Feuer. Klopftod. Doch eh ich ſinke in die Nichtigfeit,
io ein aufhöre, der fo groß begonnen. Schiller, Walleniteins Tod 1,7.
Fallen (ſ. d.) allgemein fi nach unten bewegen aus Mangel eines Hals
tungs⸗ oder gehörigen Unterftüßungspunctes; (figürlich) im Kampfe getödtet
werden mit Bezug auf die Art, wie der Getödtete fih auf die Stelle nieders
bewegt, wo fein Leichnam liegen wird (fallen drüdt den Begriff ſtärker und
Iebbafter aus als finten). Stürzen (ahd. sturzen, mhd. stürzen, wahrs
(heintih mit Sturm ahd. mhd. Sturm, agf. storm, stearm, altn. stormr,
Benern goth. ahd. stiurjan, mhd. stiuren, agf. Mt&orah, stivran, styran,
altn. styra, und ftören ahd. störjan, stärjan, mbd, stoeren, agf. styran
= ſchuttern, heftig bewegen, aus Giner Wurzel, weldye fi} in fanftr. star
findet ) bedeutet eigentlich ein gefchwindee umd hefttge®, fallendes Bewegen
nach jeder Richtung, welche es andy fei. Beiden (f. d.) bezeichnet, in ſei⸗
ner Sinnverwandtfhaft mit fallen und ſinken, die Folge des Getödtet-
—— — —
) Graff VI, 702 f. ſtelt Diele Worte als wurzelverwandt zuſammen; Grimm
I, 8 ſtellt Kenern, ſtören, Sturm zuſammen; Wackernagel bemerkt zu
Eturm und ſtürzen nichts, weift bei ſteuern auf gr. dravoog = ei:
Kehender Pfabi und lat. instaurare Hin, und ftellt ftören mit str6 (Stroh) und
lat. sternere zfamımen —
19 *
*
292
ſeins/ daß nämlich der Getddtete nicht die Stelle: verlafie, wo er getödtet wors
den, und ift der gewöhnliche Ausdruck für ben Begriff im Kampfe getödter
werden. — Ich weiß nicht, welcher feindfelige Dämon jept unfrie Schanfpier
fer, beſonders weiblichen Geſchlechts, beherricht, daß fie eine fo greße Ktunſt
im Fallen, oder foll ich fagen, im Stürzen? ſuchen. 3.3. Engel. Und
eber nicht erfolgt des Kampfes Ende, als bis der letzte Mann gefallen if.
Schiller, Wallenſteins Tod 4, 10. Er blieb darauf bei Askalon. Leifing,
Nathau der Weije 4, 7.
: Yam. Müdert (gel. Ged. 2, 69) gebraucht noch die frühere Conjuctivform
verfünfe, gereimt auf dünke. Ä
Berfinken (mhd. versinken), 1) eigentlid) jo finfen, daß es dahin,
weg ift; 2) in einem folchen Grade in einen gewiffen Zuftand fommen
778 Zuthun der Perſon), daß man, von demſelben einge-
yewältigt, nur jchwer wieder herauskommen kann; 3) (fig.)
Seele oder dem Geifte mit etwas zu thun haben, daß
Anderes empfänglich find oder feinen. — Was du ge—
wie ein Sarg in deiner Bruft verjunfen Schiller,
1; 4 Was ift ein Kopf wie diejer gegen ſiebzig ver-
onen? Dal. 3, 6. Berjunfen in did) jelber ftehit du
m Ziaumenden. Schiller. Glauben Sie denn, daß Die
n der Sie verfunfen find, Ahnen und der Krunfen
9... Wenn and nur Muſik und Tanz um fle herum
nfeln Traurigkeit riffen, in die fie verſenkt ift. Göthe,
0 fie faß verſenkt in ibr Buch. Göthe, Wahlverwandt-
ichaften 2, 13. | 2
Sich vertiefen (von tief, goth. diups, add. tiuf, tiof, nıhd. tief, aftf.
diop, agf. deöp, altn. diüpr, Eines Stammes mit taufen, goth. daupjan,
ahd. toufan, altf. döpjan, hd. toufen eigentlich — untertauchen) jo ineine
j Beichäftinung mit etwas eingeben, daß afled Andre außer dem Gegenftande
derfelben der Seele oder dem Geijte verfehwindet. — In einen ſchlechten vers
wahrlof'ten Bauergarten babe ich mich auf Orangenäſte gefegt umd mich in _
Grillen vertieft. Göthe, ital. Reife 7. Mai 1787.
Ab—, bei—, dahin--, darwider—, durch —, ein—, ent—,
er—, ber—, herab —, heraus —, herein —, bernieder—, herüber —,
berunter—, bervor—, her— und hin—, hinab—, hinaus —, hin⸗
ein—, hinüber —, hinunter —, hinweg —, mit —, nach —, nieder —,
über —, um—, unter—, vor—, vorbei, vorüber —, weg—,
u—, zurüd—, zuſammenſinken find klar, aber nicht alle gleich ges
räuchlich — Welche (Fenſter) die Sonn’ abjinfend beleuchtete.
Voß, Luife 1, 688. Als die Sonne nunmehr abſank. Voß, Odyſſee
9, 168. Da jeder dahinſank, ftürzt auf jeden ein Feld. Klopftod,
Meiftas 1, 155. Und fie ſanken betäubt von feiner Stimme dar=
nieder. Daſ. 6, 69. Sie (die Freude) fol nicht mit Windftößen
au den Flügeln reißen, ſtill jollen die ausgeitredten Schwingen das
208
dinme Blau durchfchneiden und durchſinken. J. Paul De Eti-
kette lange Scheidewand ift zwiihen Sohn und Vater eingeiunfen
Schiller, Don Karlos 2, 2. 8 richtet an den wüſten Erimmmern der
eingefunfnen Zeit die Ewigkeit fib auf. Tiedge, Urania 2. Eurem
Haupt die goldenen Kronen jehnell entſinken. Klopſtock, Meſſias
5, 464. Darum aber entjinf euch nicht der edle Muth: Schiller,
Jungfrau von Orleans 2, 2. Als das Schiff er ſank. Herder, Fremd
haft nach dem Tode. Der im Meer erfinfet. Herder, der Schiffe
btuch. Dennoch erjänf ih, du Gottverföhner, ‚dein Leiden zu fingen,
Klopſtock, Meifias 5, 356. Hinter ihm ſanken die Felſen zitternd
herab. Daſ. 2, 368. Nun janf die von Blißen genährte Sonne
feuertrunfen aus dem rothen Gewitter heraus. J. Paul. Nacht ift
iden hereingejunfen. Göthe, Fauſt 3, 4 Schon ſank die Nacht
bernieder. Ubhland, die drei Könige zu Heimſen. Und jchon ſinket
er ſchwebend auf ihren Zempel herunter. Klopjtod, Meiftas ı, 714.
Auch ſank Die blühende Mähne wallend hervor aus dem Ringe des
Jochs. Voß, Ilias 17, 439. Der Himmel ſank näher herzu mit
hoben Sternen. %. Paul. Zu deinen Füßen jinf ich wehrlos, lebend
bin. Schiller, Jungfrau von Orleans, 2, 7. Jeßz iſt's wicht Zeit,
ermattet binzufinfen. Daf. 3, 6. Wie unter dir der trügeriiche
Fim einbricht und du hinabſinkſt. Schiller, Tell 3, 1. Das Ring-
lein ſank hinunter. Uhland, der Ring. Wenn alles an mir hin-
wegiänfe (mid alles verließe). Meyer. Die ganze Erde und die
Some ſanken nad. % Paul, Siebenkäs, 1. Blumenftäd. (Er)
fiebt m das Meer fie niederjinfen. Göthe, Alerts und Dora. Die
Gräfin ſinkt um. Schiller, Fiesfo 4, 15. (Sie) wagt ihren ganzen
Reihtbum und Befitz großmüthig an mein unterfintend Glüd.
Schiller, Yınıgfrau von Orleans 1, 4. Alle wir dreh'n vorſinkend
mit eifigem Ruder die Meerflut. Voß. Das ganze Weltgebände ſank
mit jeiner Inermeßlichfeit vor uns vorbei. J. Paul, Siebenfäg,
1. Blumenſtück. Indem Das Kind mit der Sitzſtange vor ihm vor⸗
überſank. 3 Paul, Titan 14. Doch ſcheint die Göttin endlich
weg;zufinfen. Göthe, Zauft 2, 59. Frage dich, ob du den Mann
no fennft, der, vom Glanze feiner Geiftesgaben weggefunfen,
nun im Dunfel lebt? Tiedge, Urania 1. Albano wandte fi nach
"den Gebirgen, denen die Abendionne, wie aufgelöfet, in ſtechendem
Glanze zufant. 3. Paul, Mein Geiſt fteigt auf und finft wieder
zurüd. Göthe, Lila 2. Wer mit düſtrem rückgeſunknem Blide ...
ſchwankt dem ſtummgetragenen Sarge nah? Srhiller, Leichenphantaſie.
Daß man die zufällig entftandenen und nah und nach zujammen«
finfenden Hügel ungefäumt vergleiche. Göthe, Wahlverwandtic. 2, 1:
Anm. Die Barticipien geitatten noch andere Zuſammenſetzungen, 3. B. J
d,
keine gramverfuntne Wange, dein nelichtes Haupt dürft' ich berühren! Here
da. Die weinbetäubt und ſchlafverſunken waren, Shakeſpeare, Macbeth 3, 6,
N
.
hy
294
Sinker, eigentlich eine Perſon, die ſinkt, fo 3. B. im Bergbau;
dann auch ein zur Fortpflanzung in Die Erde geienfter Zweig eines
Gewaͤchſes, gewoͤhnlich Senfer, Abſenker; Sintung — Sinf-
ler, Sinfergefhworner, Sinkwerk (in den Berg- und Salz⸗
werten) — Allen matten Sinfern. Rüdert, gef. Ged. 4, 139.
Die Sinke (auch Sinken, Sink, Sunf) gebraudt die Vollo⸗
ſprache, um eine niedrige Gegend, die Vertiefung in einer Fläche zu
bezeichnen, wofür fodann die Senke (mhd. senke — Thal) oder
auch das Geſenke (mehr auf die Richtung nach der Tiefe deutend)
geſagt wird. — Bon dem Geſenke des Flußbettes Hängt der Fall ab.
Abhang (I. hHangen) bezeichnet allgemein die Neigung einer Erdfläche
zu einem ftumpfen Winkel mit der Meereöflähe. Abdachung (von Dach,
ahd. mhd. dach, fat. tetum von tegere, gr. zeyog = Dad, |, deden ©.
11), infofern die Neigung allmälich und fanft, ungefähr wie die Neigung
eines fanft anſteigenden Daches, und. von bedemiender Ausdehnung if. Lehne
(ahd. blind, mhd. löne = Zurüdbiegung, ven «hb.. hlinjan, blindn, hlinon,
mbd. Jönen, agf. hlionan, hlinjan; vgl. lat. elinare, gr. xAlvay = neigen,
fenten; goth. hlains = Hügel) und Leite (ahd. Uta ſtatt hlita, mhd. Iite,
ſpaäͤtermhd. leite, agſ. hldh, altn. blid, ſchott. lithe — ſanftgeneigte Höhen⸗
ſeite der Erde; vgl. gr. »Aurvs, lat. clivus = Hügel) find fanft anſteigende
Seiten der Berge und Hügel. Halde (ahd. halda, mhd. halde == abſchüſ⸗
‚figer Ort, von ahd. halden — abſchüſſig fein, fi neigen |. S. 12) ift die
fleil aniteigende und daher abichäiffige Sekte eines Berges oder überhaupt
einer Anhöhe. Böſchung (woher kommt das Wort? Schwend denkt au
mitteflat. bassare, ftanz. baisser — neigen, herantortbun;g Schmitthen⸗
ner leitet e8 ab von Bufen ahd. puaosum, mhd. buosemz; Adelung beuft
en beißen 3. B. in das Gras beißen, d..i. fallen; Friſch leitet es ab von
Böſch, ſoviel als Bufch, ſchweiz. Bölh.— Raſenſtück, Raſenbüſchel) if
eine ſteile Abdachung, welche an erbauten Werken, wie Mauern, Feſtungs⸗
werken, Gräben ꝛc. durch die Kunſt gebildet iſt. — Am untern ſteilen Abs
bang gehn dem Pferde die letzten, ſchmalen Klippenſtufen aus. Goͤthe, Eus
Benie 1, 8. (Bir hatten) einen ſchmalen Eteg nur an der einen Seite mit
Zehne verfehen angetroffen. Göthe, Meifters Banderjahre 8, 5. Ich ftand
auf Berges Halde. Rüdert, Ubendlied. Bon beiden Seiten Beinbau, [inte
mit Manern eingefaßt, rechts abgeböfht. Göthe, St. Rochns⸗Feſt.
Senken (ahd. sankjan, senkjan, mhd. senken, agſ. sencan),
die thätige Form, zu finken, bedeutet 1) allgemein finfen machen, nach
und nah in die Xiefe laflen; 2) im engeren Sinne tief machen (im
Bergbau), eine Rebe, einen Jweig jenfen (tim Wein- und Gartenbau),
fie Dadurch fortpflanzen, daß man fie vom Stamme, ohne fie Davon
abzulöjen, in die Erde ſenket, d. h. nieberbeugt und einen Theil der»
felben in der Erde befeitigt, damit er darın Wurzel ſchlage, und damit
fie, wenn dies gefchehen ift, vom Stamme abgelöjet werden föunen. —
Auf die Kniee ſenkt fie fih. Schiller, Braut von Meſſina. Und
295
N
\enften ihm Dann die Triumphesfahnen zu hen. Sonnenberg.
D möchteft du auch in das innerfte Herz mir ſenken den Blick. Voß.
Hier ſchwebt fie mit gefenktem Fluge. Schtller. Es gab ihnen
ht auf, zu beten und zu ruhen, wohin fich fo gem Die orientaliſche
Weichheit jenfte. Herder.
Senken fest fih im Allgenieinen mit den bei ſinken genannten
Partien zuſammen. — (Sie fist) mit abgeſenktem Haupt und
Aug. Goͤthe, H. Sachſens poetische Sendung. Go wird das Schiff
zerihmettert an der Fluth, die ſich gähftogig abſenkt in die Tiefe.
Schiller, Tell 4, 1. Gleichwie der Gevögel unzählbar fliegende Schaa⸗
vn... hierhin flattern und Dort, mit freudigem na: der Flügel,
dann mit Getön abjenfen den an Voß, Ilias 2, . Das feine
Blaͤttchen, ohne fichtlich äußere Beranlaffung, auf- und ntederfentkt.
Söthe, Leben 16. B. Ich erinnere nur an die perfpeftivifc, in die
Mauerdide fid) einfenfenden Thüren. Dal. 9. B. Das Himm-
liſche, Ewige wird in den Körper irdiſcher Abfihten eingejenkt.
Tai. 14. B. Senfet den Todten dann ein bei dem Grabe, bei
dem er ſtarb! Klopftod an Ebert. Die Lanzen kühn dem Feind ent-
nn Pyrker, Rudolph 9. ie fih ein Nebelgewölf
erſenkt auf die Dämmernden Berghöh'n. Daf. 3. Die (Gottheit)
fih, in der Mitte der Zeiten, in die menfchlihe Natur herabſenkt,
um ihr früheres Ebenbild vollkommen wiederherzuftellen. Göthe, Leben
14.8. Ruy Diaz, ſprach der eine mit herabgeſenktem Blid.
Herder, Eid 6%. Süße Düfte, Nebelhüllen fenft die Dämmerung
heran. Göthe, Fauſt 2, 4. Schön erhebt ſich der Agley und ſenkt
das Köpfchen herunter. Göthe, Frühling 6. Weinend ſenkt' ich
die Hand ihm in feine Hand Hin. Klopftod, der Abſchied. (Daß ich)
mit hingeſenktem, teunfenen Blick fie jah! Klopftod, dem Erlöjer.-
Die (Zruhlingstage) hinab zu der faum erjchaffenen Erde ſich jenf-
ten. Klopſtock, Meifias 2, 760. Blume mit dem Purpurfchein, die
Cupidos Pfeile weihn, fen dich in fein Aug’ hinein. Shafefpeare,
Sommernadhtstraum 3, 2. Dorther ſenkt fih ein ftrahlender Weg...
nah Gottes Welten hinüber. Klopſtock, Meffiad 2, 369. Abends
wurden Rittweifter von Voß neben La Biere niedergefenkt (be-
graben. Göthe, Campagne in Frankreich, Belagerung von Mainz.
Dieje blieb, wie entzückt, um den hoben göttlichen Lehrer, jenfte
ftoh die Gedanfen in tiefe Betrachtungen nieder. Klopftod, Meſſias
1, 690. Laß alle Fähren lieber verſenken. Schiller, Jungfrau von
Dileans 1, 5. Verſenkt im Lethe jey auf ewig das DBergangene.
Daj. 3, 2. Im Thal, das fich bei einen Hügeln verfenkte. Klop-
ſtoc, Meſſias 8,528. Borzufenten den Speer. Pyrker, Rudolph 1.
Indeß fie den Kopf wie eine Deufe verfenkte 3. Baul, Titan 45. !
Anm. Die Barticiyien geftatten noch andere Zuſammenſetzungen, 3. B. Hu
296
der Alve grüugeſenkten Wielen. Göihe, Kauft 2, 7. Das ſchiefgeſenkte
Haupt. Daf. 2, 99:
Sernke und Senker find bereit S. 294 angeführt; Senkung;
Senkel (ahd. senkil, senchil, mhd. senkel) Werkzeug zum Finden
der ſenkrechten Richtung, der Ziefe (was Senkblei). Genfer
von ihnen hab’ ich nie geſucht. Shafefpeare, Wintermährchen 4, 3.
(Daß ein) Nelkenabfenfer ihrer fihönen Seele blühbe, er ſelber
nämlich. 3. Baul, Hefperus 22. — Er ift an der Berfenfung hängen
eblieben. Göthe, Meifters Lebrjahre 5, 12. Der fhwachfichtige Alte
—**— mit den Augen, wie die ungewiſſen Schiffe mit dem Senkel.
Benzel Sternau.
m. Senkel in der Bedeutung von Riemen, Hofenneſtel, oben an der
Spitze zum leichtern Cinſenken mit Blech gefaßt, ſcheint eher das altfranz. cengle,
lat. cingulum zu ſein.
Senkrecht fo in der Ebene ſtehend, daß auch nicht die geringſte
Neigung gegen Diefelbe da it, und folder Geftalt an allen Seiten
ſ.g. rechte Winkel mit ihr gebildet werden. — Steile Felfen, welche
ſenkrecht den letzten Waſſerſpiegel entichieden befränzten und ihre
bedeutenden Formen auf der Oberfläche deffelben abbildeten. Göthe,
Wahlverwandtichaften 1, 3. Dort ift alles fenf- und wageredht
und regelhaft. Göthe, Fauft 2, 208.
Aufrecht (ahd. mhd. üfreht, von recht goth. raihts, ahd. mhd. altſ.
röht, agf. röht, riht, aftn. r&ttr, fanffr. ridshu, fat. rectus, richten gotb.
raihtjan, ahd. rihtjan, mhd. rihten, altf. rihtjan, agf. rihtan, röhtan, altn,
retta, lat. regere) auf der Ebene des Gefichtskreiſes fo ftehend, daß keine
Neigung zur Lage ſichtbar ift, auch figfrlih. Gerade (ahd. kerad, girad,
mhd. gerade, findet fih erft im 10—11. Zahrh: in der Bedentung gleich von
Zahlen, d. 1. Zablpaaren; ) fiehe Rede urfprünglih —= Zahl und reden
S. 73. 77), im Gegenſatz zu frumm, die fürzefte Entfernung zwifchen zwei
Puncten bezeichnend, ohne hiermit die Neigungslofigkeit gegen die Ebene ein-
zufchließen; überhaupt dem fchlef und ſchräg entgegengefept. Strad (ahd.
mbd. strac, apf. strac, sträc, strec, |. ftreden) in die Länge gedehnt, d. i.
in der Art gerade, daß an feinem Theile binfichtlich der Richtung des Gan⸗
zen eine Abweichung in diefer Statt findet. — Damals führte mein Geiſt
den eurigen; jept hältft du mi aufrecht. Göthe, Goͤtz von Berlichingen 5.
Kerzengerade mit unverwandten Blicken (marfchieren die Soldaten). Göthe,
Egmont 4. Gerad’ und fehlant, wie Rohr. Voß, die Freigelaffenen 156,
Wohlgebaut, zeigte er fih ſt rack, ohne fteif zu fein, doc, mehr mit einem
erniten als gefälligen Anſtand. Böthe, Dh. Hadert. Schön Suschen ſteht
noch fra und gut. Götbe, Joh. Sebus.
Senkblei, —eifen, —fäuftel (im Bergbau), —gam, —grube,
ee —— —
) re führt gerade auf ahd. redi, mhb.rede — hurtig, Tetcht und
re bereit, aufrichtfam, ar. padıog — leicht, zuruck. Schmeller denkt ebens
alls an eine — ————— der Begriffe gerade und ſchnell, weiſet dabei auch
auf isfäud. rõd, agſ. räden = Ordnung, Stand, und islaͤnd. rada = ordnen bin.
(4
207
—haten, — hammer, — holz, —knecht, — kolben, —korb, — linie,
—nadel, —pfahl, —rebe, —reuſe, —rippe, — ſchlacht (im Waſſerbau),
—ſpaten (bdei den Brunnenmachern), —ftod, —ſtück, —wage, —waſche
(beim Waſſerbau), —werf, —zeit; Senkel blech, —holz, —liel,
—madjer, —nadel, —ſchnur, — ſtift. — Und ſolches könnt ihr ftündlich
mit Senkblei ſelbſt erproben. Platen, der grundloſe Brunnen.
Anm. Schmeller bat noch Senkbaum — Balken, quer über einen: Kin
eingefentt, um das Waſſer zum Ablafjen in einen Rebenrinnfal oder Mühlba
aufzuftauen.
Stiuken.
(Wurzel stan—c, Stin—c; stanc, stinc.9)
Stine, ſtank, geftunten, ftinken (ahd. stinhu, stanh, stun-
hum&s, stunhaner, stinhan, stinchan, stinkan; mhd. stinke, stanc,
stunken, gestunken, stinken; agſ. stincan; vgl. goth. ugf. stigqvan
— ſich ſtark fortbewegen, ftoßen, —* gastagqvjan — beleidigen, ans
ſtoßen, agſ. stencan — ausſtreuen, fprengen, altn. stöckva, ſchwed.
stänka — beſprengen) bedeutet urſprünglich überhaupt riechen, ſowol
gut als übel (jo noch hier und da in der Vollsipradhe); auch den
eruch wahrnehmen; nhd. übel riechen (zuweilen auch figürlich). —
Drum ftanf aud die Luft fo nad Schwefel. Schiller, Räuber 2, 3,
Sch wittere den Gerud von einem Erecutionsmorgen; die Sonne
will nicht hervor, die Nebel ſtinken. Göthe, Egmont 4. Die (Zlafche)
auch nicht mehr im mind’ften ftinft. Göthe, Zauft 1, 129.
Rieden (I. d.) überhaupt feine Ausdünftungen von fi) geben, welde
durch gewifie in der Nafe befindliche Nerven empfunden werden; feine Auss
Dünftungen durch Wirkung auf diefe Nerven empfinden. — Duften (neues
Wort von Duft ahd. in einer Mondfeer Gloſſe bei Schmeller 1,359 duft
— fälte, mhd. tuft —= gefrorner Dunſt; Wackernagel rechnet das Wort
mit taub zu gr. zupos, ruplog Dunſt, —ig, Dualm, —ig) bedeutet
von Pflanzen und Pflanzentheilen feine, zarte angenehme Ausdünftung durch
die Athmungdorgane von fi geben; überhaupt angenehm auf die Geruchs⸗
nerven wirkende, feine, zarte Ausdünftung von fih geben. — Das Stühlchen
riecht fo nah armen Sündern, wie überhaupt die ganze Stube. Göthe,
Gög von Berlihingen 4. Ich riech's auch ſchon lange. Schiller, Räuber
2,3. Die Röslein dufteten ſtille. Uhland, der Rofengarten.
Anm. Aventinus (Chronik 1580 31.221) fagt in jept nicht mehr gebraͤuch⸗
lichem Sinn: Keyfer Diocletiano bett lang das Maul nach dem Keyſerthümb ges
Runden, er bat vor langer zeit anzeigung, das er Keyſer folt werden.
An—, er—, üb ten. — Du ſtinkeſt nad) ftinfender Hof⸗
fart mich an. Bürger, Lenardo und Blandine. Greuliche Zrevel, Die
1) Balernagel rechnet das Wort zur Wurzel von ftehen, S. 83, was,
wenn n als eingefchoben betrachtet werden darf, vieles für fich hat. Grimm II, 279
treunt stan-h, stan-C, rechnet alfo n zur Wurzel, h (c). zur Ableitung.
208
*
bis zum Himmel hinaufſtinken. Schiller, Räuber 2, 3. Dein
Epigramm, o D., iſt fein! Es hat mic) trefflich durchgezogen! Und
it, vollkommen jchön zu jeyn, eritunfen und exlogen. Xeifing, 84.
Epigramm. Das Fleiſch war erfaulet und erfiunfen. Fiſchart, Gar⸗
gantua S. 156. Daß übrigens der ftärkite parfum von dem hier ans
geipießten Sahne felbft alle assa foetida der Hölle überftinft. Un—
genannter bei Campe.
Anm. Fiſchart bat einige Participialzuſammenfetzungen: die Böckſtiuden⸗
den Spanier, Zwibelftindend, ——— (Zeheſt.), Pechſtinckend.
Gargantua S. 46, 87, 103, 152.
Stinker; Stinkerei; Stinfig; Gtinfapfel, — baum, —beere,
— blume, bock —drüfe, — faul, fh, —ſüege, — fuchs, —gafle,
—hahn, — harz, —holz, —kaͤfer, —kamille, —kreſſe, —lad, —neflel,
—ohr, —ratz (Iltis), —roche, —ſalm, — ſchabe, —ſchiefer, —ſchwamm,
—ſpath, —ſtein, —ſtrauch, —teufel (solanum dolcamara L.), —thier,
—topf, —winde, —wurz. — Ale Herren Tabaktrinker, auch ſogar
die in der Stadt, rauchen jetzt all einen Stinfer, weil man feinen
guten bat, Zirndorfer Tabaklied. Meinft du, deine Stinfereien
in eeipäig machen die Gränzen des menſchlichen Witzes aus? Schiller,
Räuber 1, 2. Stallftinfig. Fiſchart, Gargantua S. 120.
Geſtank und Stan (abd. stank, mid. stanc), Geruch und
Duft erklären fih aus flinfen, riechen und duften. — Die
Hölle ſchwoll von Schwefelftant. Göthe, Fauſt 2, 253. Dia findeft
du zu jeder Zeit gewiß Geftanf uud Thätigkeit. Daf. 2, 255. Hy-
men jchwebet herbei, und herrlihe Düfte, gewaltig, ſtrömen füßen
Geruch, Alles belebend umher. Göthe, Reinmorpbufe der Pflanzen.
Stänkten — riechend machen, Geftanf erregen; davon ftänfern,
durchſtaͤnkern (auffpüren); Stänler (fgürlich eine Perjon, die
gern aus niederträchtiger Zankſucht unnöthige Streitigkeiten, VBerdrieß-
lichkeiten und Zerwürfniffe macht, Uneinigfeit erregt, Einen gegen den
Andern anftiftet); Stänferei. — Veturia ruft ihrer Jugend mit
Seufzen, wenn fie an fie denkt; fie ober fleucht je mehr zuritde, weil
jen’ tm Seufzen etwas ſtänkt. Logau, Sinnged. 2763. Die Zug:
diebe, Die Söffer, die Faullenzer, die ftänfern aus ‚Lungerweile.
Söthe, Egmont 2, Sie durchſtänckerten alles auff das genauefte.
Simpliciffimus 1, 14. Daß die Luft fih veränderte und alles um
uns ber verftänderte. Daf. 6, 31. Nur dem einzigen Stäufer
gilt dieſe meine Bitte nicht, der hämifch und Fein genug it, Händel
anzufpinnen, Die er ſelbſt durchzufeßen weder Herz noch Kraft but.
Berfng , Bibliolatrie.
Störenfried ?) (Kriebensförer) bezeichnet Überhaupt eine friedeufldrende,
1) Ueber ſolche Bildungen, wie Störenfried, Hebenftreit, Haffen>
pf J — Störe den, Hebe den 2.) f. Grimm I, 961 ind meine Grammatik
. 340.
° ‘
200 .
eine ein angenehmes Berhältniß Jemandes oder Andrer unterbrechende ober
aufhören machende Berfon. — Ich merk’ ſchon, Bas if der Störenfried.
Körner, der Ruchtwächter 5.,
Trinken. Ä
(Burzel tran—c, trin—c; trac? Grimm H, 279 trennt tran—h,
tran—c; vgl. fanifr. trish — dürften.) |
Trinke, trank, getrunken, trinken (ahd. trinku, tranh, trun-
humts, trunhandr, trinhan, trinchan, trinkan; nthd. trinke, trane,
tranken, getrunken, trinken; goth. drigkan, agſ. alt. drincan,
alte. drecka, mittelntederd. trönken), allgemein Zlünfigkeit vermittelft
der Mundöfftumg in ſich ziehen; im Bejondern geiftige Flüffſigkeiten
reichlich genießen; in beiden Bedeutungen auch auf Xeblofes übertragen.
— Auf, trinkt erneuter Freude dies Glas des echten Weins! Göthe,
Dundeslied. Wird fein engländiſch Roß mehr aus den Wellen der
pächtigfirömenden Loire trinken. Schiller, Jungfrau von Orleans
3. Laß mich im vollen, in durftigen Zügen trinfen die freie,
die himmliſche Luft. Schiller, Maria Stuart 3, 1. Freude trinfen
alle Weſen an den Brüften der Natur. Schiller, an die Freude. Die
Luft, getaucht in der Gewürze Glut, trinkt von der heißen Wange
mir die Glut. Schiller, die Erwartung. - 2
Saufen (f. d) ſchlinfen, in niedriger Weiſe Flüſſigkeit vermittelſt der
Munddffnung in fi ziehen, gewöhnlicher Ausdruck von Tieren; von den
Menſchen im Sinne: in niedriger, thierifcher Weife, unmäßig Flüffigkeit ver⸗
mitteft der Mundoffnung zu ſich nehmen, und fo auch in Beziehung des Ger
unfled geiftiger Flüffigkeit. — Ei, das muß immer faufen umd frefien. Schil⸗
ler, Wallenſteins Lager 2. :
Aum. 1. Rüdert (gef. Ged. 2, 69) hat die alte Conjunctivform trünte,
. i e e. 2.v.Kienke fagt im Leben der Dichterin 2. Karich (+ 1781):
e ß
Anm. 2. In gewiſſem Betracht ift auh bechern finnvermandt (von Becher
ahd. pehhar, pöchar, mhd. pöchzere, becher, altf. biker, aftn. bikar; nad
Bıde rnagel zu Bad nehörig, alfo becher zu fchreiben ? Oder entiehnt aus
wittelat. picarium, bicarium, zu gr. mıev = triufen, gehörig?) Das Bechern
ud Trinken wird euch zu Grunde richten. Shafjpeare, was ihr wollt 1, 3.
Anm. 3. In Süddeutfchland fagt man Tabak trinken für Tabak rauchen,
Kachdem er die Tabadpfeiffen angelegt und angefangen zu trinden. Altöttinger
Hiſtorie von 1098. Siche oben Tabadtrinter ©. 298 bei Stinker. Im
Simpliciſſimus 4, 13 ſteht Zobad fanffen, |
Ab —, an—, auf—, aus —, be—, durch —, ein—, ent — er —
fort—, heraus — herum—, herunter —, hinab —, hinunter —, hin⸗
— — nab-—, meder —, ‚nm, DEr—, DOT—,
weg—, zuteinfen bedinfen keiner weiteren Erklärung. — Die Ehefrau
des Iuquifiten habe des Morgens die Kühe vor den Hirten getrieben,
und bei ihrer Rücklehr fei fie [hen angetranfen geweien. Klein. Wo
300°
die kommende Sonne und der wandelnde Mond den Dampf der Ver⸗
wefungen auftrinkt. Klopſtock, Meſſias 6, 288. Nun trinkt mir alle
Neigen aus. Göthe, vanitas. Daß er fih alle Abend betrinkt.
Shakeſpeare, was ihr wollt 1,3. Bis nach durchgetrunkner Radıt
Titan bei Gejang erwacht. Ungenannter bei Campe. - Die ferne Aue
trinket den milden Regen ein. Fr. Stolberg, das Gewitter. Und
meinten Alle, elend zu ertrinken. Schiller, Tech 4, 1. Wo das.
Blut der Empörer den Hügel hinabtrank. Klopftod, Meiflas 6, 365. |
Da trinf ich mit, Lieutenant, umd :will Guch Beſcheid thun. Shake⸗
jpeare, Othello 2, 3. Heut gilt e8, wer den Andern niedertrimft.
Schiller, Ballenfteins Tod 4, 7. Und trinkt der Braut Gefundheit
um. Voß, Pfingitreihen. (Ich) fog begierig füßen Wein vom Rande,
Gram und Sorg’ auf Einmal zu vertrinfen. Göthe, der Becher.
Wenn nad) dem heft’gen Wirbeltang die Nächte fchmaufend man ver⸗
trinfet. Göthe, Kauft, Boripiel. Er (der Monzinger Wein) ſoll fi
feicht und angenehm wegtrinken. Göthe, St. Rochusfeſt. (Ich)
- trant den Freunden zu. Göthe, Campagne in Frankreich, 19. Sept.
Anm. Einen Berftorbenen vertrinfen, im einigen Gegenden ver
faufen, d. i. bei feiner Zeichenfeler in der Wohnung des Verſtorbenen auf Red»
nung der Hinterlaffenen eine Mahlzeit halten, iſt noch eine unfäbliche Eitte. Das
Ungeziemende einfebend, bat man in manchen Gegenden diefe, eigentlich den Trä-
gern der Leiche zufommende, Mahlzeit auf einen fpäter folgenden Sonntag nud
meift in ein Wirthshaus verlegt. i
Trinker (abd. trinko, trinkäri, mhd. trinkære, trinker), einfach
und in Zujammenjeßungen gebräudhlih; Teinferei; Trinkung. —
Die Flaſchen und Becher einem kleinen Trinker wohl proportionirt.
Göthe, die neue Melufine, Dieß war allen Waſſertrinkern wun-
derfam. Klopftod, Wingolf 6. I
Trinkbar, —becher, —bude, —fahne (in den Schenken), —feſt,
—gefährte, —gefäß, —genoß, —geſell, —geiellihaft, —haus, — bern,
—fanne, —lied, —luſt, —faal, —ſchale, —ſtube, — ſucht, — ſüchtig,
—trog, —wafler, —zimmer u. a. — Die Mahlzeit war die frugalfte,
der Wein triufbar. Göthe, Leben 5. B. Unſre Ditbyrambendichter,
oder vielmehr unfre alten Trinfbrüder, die fih einen willführlichen
Ramen geben. Herder. In St. Länen waren jchon drei Bad- und
Zrinfgäfte angekommen. 93 Paul, Heſperus 26. Wo da ift
Trinkgelag umd allerlei Gefpaßes. Klopſtock, Gelehrtenrepubli. Der
durch manches allzu gute Zrinfgeld merken fonnte, was für Ver—
bältniffe obwalteten. Ööthe, Leben 17. B. Ein Trinkgeſchirr von
feinem Gold gedreht. Wieland, Oberon 2, 47. - Unter dieſer Ziich-
und Baurede, wobei fein Trinkglas zerichlagen wutrde. 53. Paut,
Hefpernd 9. Das fol Der erfte Trinkſpruch ſein. Uhland, das alte
ute Recht. Ic aber fchlich mich nad der verlaßnen Triafftätee
enzel-Sternau. I
Trinkwein ift in manchen Gegenden Getränk des ‚gemeinen Man⸗
1
us, and den mit Wafſer begoflenen und nochmals gefeiterten Treftern ;
auch ſchlechter, nicht zum Verkauf geeigueter Bein.
Tran (goth. draggk, ahd. tranh, tranch, trank, mhd. trance,
alt. dranc, überall Das) bedeutet zunaͤchſt Flüffigfeit zum Trinken; im
Befondern eine als Mittel wofür beftimmte Alt gfeit zum Zrinfen. —
Gb deinen Trank herbei und fülle die Schale rajch bis an den Rand
binan; denn memen Freund wird diefer Trunk nicht jchaden. Göthe,
Fauſt 1, 131. Trinken Sie! der Trank wird fie fühlen. Schiller,
Kabale und Kiebe 5, 7. — Die Bosheit mifcht dir einen Gallen-
trank. ‚Bünde. Ich muß den Gifttrank dieſer Seligkeit vollends
ansichlärfen. Schiller, Nüuber 4, 4. Sein Wein, bei meiner Treu!
it Achter Göttertranf. Wieland, Oberon 2, 55. Berzeihen wear
dir ein Heiltranf. Bodmer. Denkt nicht jein (des Tantalus) Herz
anf ſchwarze Bubenftüde, nodı da ihn Himmels trank erhigt? 12.
Zicht Lebensöl aus Gift und Honigträuf’ aus Ga’. Lohenſtein.
(Ste) wird heil durch diefen Labungetranf. Alginger, Doolin 5, 25.
Mir gallet der Luſttrank, dem die Reue folgt. Wolfe. Abdul ließ
durch die Mengen herum jebt reichen den Muthtrank, Sonnenberg.
Einen goldenen Becher des herzerfreuenden Weines trug er daher
der Rechten, um Opfertranf vor der Abfahrt. Voß, Odyſſee 15, 147.
Richt befler als ein Pferdetrant. Shafeipeare, Coriolan 2,1. Ein
Tropfe Haß, der in den Freudenbecher zurüdbleibt, macht den Se—
genstranf zum Gift. Schiller, Jungfrau von Orleans 3, 4. Bis
von Letbes TZaumeltranf ich trunfen bin. Schiller, Semele 1. Der
euch Durch Zaubertränfe.... erhigte. Schiller, Marla Stuart 1,4.
Anm. Haller (die Alpen) bat noch das alte neutrum: Kein Gut, fein
ubthig Tran, ein. Gift. verlieret ihr.
Zrantopfer, —rinne, —geld (gebräuclicher Trinkgeld). — So
idnappt Gr ja an Zrankgeld baar zehn Blinde, ohne Händchen.
Binger, an Göckingk.
Trunk (ahd. trunh, trunch, trunk, mhd. irunk) iſt zunächſt Hand⸗
lung des Trinkens; dann übermäßiger Geuuß geiſtigen Getränkes die in
Ginem Zuge getrunkene Flüſſigkeit; überhaupt jo viel Flüſſigkeit zum
Trinken, ald man anf einmal im Zuge trinken kann; davon das ver-
tete trünkig. — Sie gab ihm einen frijhen Trunk. Göthe, Stif-
tmmgslied. Gnädige Herten, ein Biſſen und Trunk! Sciller, Wallen⸗
tteins Luger 3. — Erjäuft jei aller Grol im Bundestrunf! Schiller,
Biecolomini 49.7. Noch einen Schlaftrunt! Daf. 4, 6. Den
Umtrunf wollen fie noch halten. Dat. 4, 5. Wer zum Tiſchtrunk
ziſchtrunk minmıt, felten dem die Fußgicht kömmt. Logau, Anhang
zu den Sinnged. MO. Daß id) nach alten Hausgebraudh den Früh⸗
trunk erft. mit meinen Knechten theile. Schiller, Zell 2, 1. Laß mich
danken... für jeden Labetruuk. Klopſtock, Meſſias 12, 432. Worin
die jo oft beiogene Bruſt/ fih au der fremden mitten im Liebes-
⸗
202
trunk des Augenblicks die kalte Nachbarſchaft der Gebrechen weiſſagt
J. Paul, Titan 61. Menſchenfleiſch einſchlingend und drauf den lau⸗
teren Milchtrunk. Voß, Odyſſee 9, 297. Waſſertrunk wid
Nektar mir ſein. Voß. — Untertrunk ſagt Fiſchart, Gargantua
S. 84. — Süß, tründig, H. Sachs.
Anm. Andere —— ſind ſeltner, z. B. Mitten darauf dam
ſtand ein eherner Korb voll trunkelnladender Zwiebeln. Voß, Ilias 11,630.
Einen Schwäͤchling, der ploͤtzlich, wenn auch uur im Trunkmuth etwas vors
ftellen will. 3. Paul. Und (hatte) fih wenig anders gegen den Trunfipreder
ansgelafien als mit leichtem Nein, Ja. J. l.
Getränk bedeutet überhaupt Zlüſſigkeit, inſofern ſie zum Trinken
beſtimmt ift oder getrunken wird, beſonders aber Flüſſigkeit zur Stil⸗
lung der Trinkbegier, ſei dieſe num Durſt oder Luſt am e⸗
ſchmack ꝛc. — Sie ſaugt mit Gier verräthriſches Gatränke. Gö |
paraboliih 6. Indem eine ähnliche Perſon verichiedene Arten von
Getränten hereinbradhte. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 3 Als fie
der Speife nunmehr fidy erjättiget und des Getränkes. Voß, Luife
1, 621. — Welche ſüß und lauter das Göttergetränk ibm be
wahrten. Voß, Odyſſee 2, 2. Wenn man bei dem Froſchge—
tränte feine Zeit vertrau’rt. E. v. Kleiſt.
Trunken (Partic.) durch Genuß geiftigen Getränfed oder Dem-
jelben Aehnliches des freien Gebraudyes der Sinne benommen, und
zwar in Folge des Trinkens; in auögedehnterem Sinne betäubend ein-
enommen, finnenberaubt, erfüllt von überwältigend wirfender, vornehm-
ih angenehmer Empfindung, oder diejes Eingenommenfein, Grfülltien
jeigenn. etennten (von betrinfen) bezeichnet die ‚gange und volle
ewältigung der Berfon duch Trinken . und Ddeutet ausdrücklich
auf Handlung, mwodurd jener Zuftand bei der Perſon hervorgebracht
worden if. — Die trunfenen Seelen hören ſogar die Donner
niht. Kann Liebe jo bethören? Wieland, Oberon 1, 3. Zrunten
vor wallender Freude, rief ich, von ihrer Herrlichkeit trunken. Klop⸗
ſtock, Meſſias 18, 501. Ihr Augen) macht mich verwirrt und trun⸗
fen. Götbe, röm. Elegien 13. Der blauen Flut entquillt die Him⸗
melstochter janft und mild, getragen von Najaden zu trunfenen Ge-
ftaden. Schiller, Triumph der Liebe. Im Kopfe war mir's wie
betrunfen. Göthe, Rettung — Abnungstrunfen, voll vom
Vorgefühle fampferrungener Unfterblichkeit. Deutſch. Merkur. Und ſchloß
das dDanftrunfene Mädchen an feine Bruft. Lafontaine Wir be-
treten feuertrunfen, Himmliſche, dein Heiligthum.* Schüler, an
die Freude. Ein Glüd, das der Freudetrunfene gem der ganzen
Welt mitgetheilt hätte. Meißner. Die gifttrunfenen Pfeile. Wil⸗
lamov, Am Ende fün® ich, glanztrunfen wie eine mit Hmig
überfüllte Biene, ſüß betäubt auf's Grad herab. J. Baul. Glut-
trunfen ißt rief ex. Sonnenberg. Eure großen himmeltrunkenen
Augen. 3. Paul. Subeltrunfen im Herzen und Geifl. Sonnen-
berg. Roh lichttrunken vom glänzenden Lande der Träume,
% Paul. Der verzweifelnd liebetrunken, rachetrunken ...
fich vom Felſen ſtürzete. Göthe, Fauſt 2, 419. Wenn er eben lie=
bestrunken nun die Arme auseinander ſwingt nach dir. Schiller,
Semele 1. Als wie ein taumelnder luſttrunkner Auerhahn. Wie—
land, Oberon.7, 65. Er ſchwankt, wie nebeltrunken, in einen
Arm. Wieland. In des hohen, quellentrunkenen Baumes Be—
ſchattung wohneten Völker umher. Klopſtock, Meſſias. Schlaftrun—
ken, vom Weine betäubt, hinſinken Die Zeigen. Pyrker, Tuniſtas 6.
Rings um ſie lag ſchon Alles ſchlummertrunken. Wieland, Oberon
17. Siegtrunken und racegefättigt. Pyrker, Rudolph 5. Und
die Griechen, fiegestrunfen, Schiller, das Siegesfeſt. Aber Gas-
pard berührte den fonnetrunfenen Sohn. J. Paul, Wo Das volle,
thbränentrunfene Herz nichts fann und nichts will als bloß weinen.
%.PBaul. Ihre Blicke waren traumtrunfen 3 Paul. So ſchlage
dih! fagte der Hauptmann, halb feelen-, halb weiutrunten.
% Paul. Als nun Balboa mid) Gattin geibte, mih wonnetruns
fen in die Arme ſchloß. Gollin. — Dort in der Feſte ew’ger Zrun-
fenbeit vernahm fie nie der Wahrheit ernſte Stimme. Schiller, Maria
Stuart 2, 3. Solchen Zerftreuungen und Heiterfeiten gab ih mid)
um ſo fieber und zwar Bis zur Trunfenbeit hin. Göthe, Leben
11. B. Und andrer Schauer Trunfenhbeiten werden dich dort,
mo du ſchlummerſt, weden. Klopſtock, dem Erldfer. — Daß fle vor
fauter Eile und Freudetrunfenbeit den Athem faft verliert.
Wieland, Oberon. In denen (Bliden) Freud’ und Liebestrun-
ten beit den tiefen Gram nur halb erftiden. Wieland, Oberoit. In ihrer
blinden Siegestrunfenheit. Schiller, Wallenftems Tod 4, 8. In
Bonnetrunfenheit begraben. Schiller, der Kampf. Bon Wolluft-
trunfenbheit. Bürde,
Beſoffen erffärt fih aus faufen. Beraufht [von beraufdhen, :
diefed von rauſchen mhd. riuschen‘, rüäschen, agf. hryscjan, eugf. rush;
vgl ahd. rüzjan, rüzon, agſ. hrutan, altn. hriota, mhd. rüzen = ſchnar⸗
hen, älternhd. rungen = mil den Zähnen knirſchen; Raufch eigentlich
heftige Bewegung, finnverworrene Betäubung von bigigem Getränfe oder
erfüiflender angenehmer Empfindung) finnverworren betäubt and Genuß geiiti-
gen Getränfes, geiſtig betänbender Neizmittel, oder aus: Eingenommen- und
Grfültfein von angenehmer Empfindung. — Wenn Zhr alfo Luſt habt, diefe
Nacht einen Streich zu wagen, fo findet Ihr die Wachen beſoffen. Schil⸗
ter, Fiesko 3, 4 Ich läge berauſcht im Rajen des Schloßgartens. Schil«
ter, Räuber 5, 1.
Anm. Die Bolksfprache hat viele Ausdrücke, um das Betrunfenfein zu bes
zeichnen. W. Behtbold, Lehrer zu Niedermozftadt im Großherzogthum Heſſen,
bat wir unter andern zahlreichen Beiträgen zu einem mich ſchon ſeit Jahren bes
ichaftigenden „Wörterbuch der heififchen und naſſauiſchen Vollsmundarten“ aud
304
u Ausdrüde aefhidt: A horr'n Spig (Gothe fagt Befpyigung, Tag- mb
Jahreshefte 1811); A Bott fich benebelt; & horr ä mol geichnoppt: ä horr aam gepeßt;
& hott fich aan gekaaft; ä herr & Stech (er iſt ſtech S. 87); & hoti jchenp gelare; & hott
aach genunk; A hott fe tief ins Glas gegudt; & es felig; A bott fih bezahlt;
& bott fu väil (viel); & horr'm Dad; A horr aan geblofe. — Die meiften dieſer
YAusdrudsformen finden fi), mehr oder minder verändert, auch au andern Orten.
Ich reihe aus der hiefigen Gegend (Weſterwald) noch au: der it befnippelt; der
it beknollt; der ift behae; der hor en Zopf; dem iſt die Gaß fe ſchmal; der ik
beduſſelt; der iſt beſchmiert; der ift befäbelt; der iſt angelafen; der hot fe wil
geleimt. Auch mehrere diefer Redensarten find anderwärts gebräuchlich.
Trunkenbold (mhd. trunkenbolt, wahrſcheinlich von goth. balths,
ahd. palt —= fühn, tapfer, alſo dem im Beſtimmungswort nachhän—
gend: vgl. mhd. wankelbolt —= dem Wankelmuth — hel-
ebalt — ſchnell im Helfen, agſ. cyningbald — dem König ver-
trauend, und den Eigennamen Leopold ahd. Liutpold) der dem über-
mäßigen Genuffe geiftigen Geträntes Ergebene, infofern Died Ergebenjein
Durch us etrunfenfein fih Fund gibt. — Rivo! jchreit der
Trunkenbold. Shafefpeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 2, 4.
Säufer, in der gemeinen Sprache Söffer, der wiedrigem, unmäßigem
Genuſſe eines (vorzüglich geiftigen) Getränkes fih Hingebende Verſoffe⸗
ner dit der flärkite der angeführten finnverwandten Ausdrüde, der durch un
mäßigen Genuß geiitigen Betränfes an feinem beſſeren Selbit Zerrättete. —
Weun er (der Wein) dringt bis ins Herz, und zu Eutſchließungen, die der
Säufer verfennt (nicht kennt), jeden Gedanken wedt. Kiopftod, Zürcherſee.
Die Tagdiebe, die Edffer, die Faullenzer. Göthe, Egmont 2. Verſoff⸗
ner, unverfehämter Mann, Leſſing, die Haushaltung.
Tränken (ahd. trankjan, trenkjan, trenhan, mhd. trenken,
goth. dragkjan, altj. drenkjan, agf. drencan), die thätige Form zu
trinken, wird einfach) und in Zuſammenſetzung mit ein— und er—
gebraucht. — Da konnte fie num nicht daran denken, dad arme Würm⸗
chen felbft zu tränten. Göthe, Fauſt 1, 163. Die Zwillinge trän-
fet eine Wölfin. Göthe, röm. Elegien 3. Aus den zarten Niejelwellen
tränkef ihr gar Silens abicheufic hier? Göthe, deuticher Parnaf.
Ad, nun wirft Du mit mir die Blumen fünftig nit tränten! Klop-
ſtock, Meſſias 2, 230. Was er auch lügt, ic tränk' es ihm ein.
Göthe, Reineke Fuchs 12, 36. Klagen ertränkt er im Golde der
Nebeu, Schiller, Leichenphantaſie. Wo ift Fiesfo? Ertrunfen! Ant-
wortet die Hölle oder das Zollbaus? Ertränft, wenn das hübſcher
lautet. Schiller, Fiesko 5, 17. — Das blutgetränfe Feld.
Kretfchmann.
Tränker; Tränkung; Tränke (ahd. trenka, mhd. trenke), Ort,
wo das Vieh — trinkt oder getränkt wird. — Gar manchen hab'
ih zur Tränke führen, vor der Schmiede halten ſehen. Göthe, Cam⸗
pagne in Frankreich 23. Aug. Waldungen find auch jeglicher Art und
zur Tränke darin unverfiegende Bäche. Voß, Odyſſee 13, 246.
305
Hinten). |
(Wurzel hanc, hinc; hac, hie?)
Hinke, hinkte, gehinkt (gehunfen) — (ahd. hinhu, hanh,
hunhum&s, hunhaner, hinhan, hinchan. hinkan; mhd. hinke, hanc,
bunken, gehunken, kinken; wahrſcheinlich mit Hangen verwandt),
bei dem Gehen auf die eme oder die andere Seite, wie Kürze oder
eine andere Mangelhaftigfeit der Glieder zum Gehen beftimmt, mit
dem Körper Hieberbangen. — Das id) an wenden heim bin ghunden.
H. Sachs, das Narrenjchneiden. Er band auff einem pain. — Sachs.
Fiſchart ſagt (Gargantua ©. 40. 98.): Er bat an dem Bein ge⸗—
bunden ... Geſſen ungetrunden fei gebunden, getrunden vugeſſen
fei zwijchen zwelen ftülen nidergeſeſſen. Aventinus ſagt (Chronik 1580
BL 55. 252): Der König thet wol viel guts, hand aber and) ein
— Der König hat gehuncken. — Im Abendlicht hinkt über
chloßbrücke, die Bärenmüß’ tief im Geſicht, ein Kriegsmann an
nr Krüde. Schmid, der alte Krieger. — Der Baron, der geführt
berbeibinfte. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 4. Iſelin und was
dem nachhinkt und nachlallet. Geift der Zournale, Er fan nach⸗
gebunden. Opiß, deutid. poem. 1625. ©. 53.
Humpeln (niederd., oberd. humpen, ſchweiz. himpen; engl. himp,
himple; eine duch Einſchiebung des m verjtärkte Bildung. aus mhd. hübel
Erböhung, Hügel?) bei gebrehlichen oder gelähmten Gliedern und Nieder-
Bangen des Körpers mit ſtarkem Auf» and Nieber- und Sin- und Herbewes
gen der Arme und Beine, Überhaupt der Wieder des Körpers im Gehen fi
fortarbeiten. — Aber mir fand Apoll den Pegafus deutſcher Begeiftrung, der,
fhwerfälliger noch, als Silens langöhrichtes LZaitthier, nach dem Hexameter⸗
tanz des gefläigelten griechifchen Roſſes humpelnd, zur feilten Schaar der
lämifchen Schaar fi hinſchleppt. Voß, das Ständchen (in der früheren Aus⸗
gabe). Hump’ ich dann auf beiden Krüden ihr mit Sad und Pade nad.
Hölty, petrarchifche Bettlerode, im Leipg. Muſenalmanach von.1779, ©. 237,
Hinkend, wer an den Zügen fo beichaffen iſt, daß der regel-,
mäßige Gang dadurch gehindert wird, iſt aus hinken Mar. Hinkig
it veraltet. — Ich möchte zwar, hinkend auf todtem Holz, den
fiehenden Hirſch nicht ereilen Langbein, der Stelzfuß., Ein lahmer
wd hinckiger Hirtenbube. Simpliciffimus 1, 2.
Zabın (ahd. altf. agf. mhd. lam = gliederfchwa, gebrechlich, gichtbrüs
big, kraftlos zur Bewegung, fei dies. nun in Schwäche oder Steifigfeit der
Glieder) mit dem Grundbegriff matt, ſchwach (altn. lamr = gebrochener Kraft)
— —
' Diefes Bort wie das nachfolgende winken geben In der berligen Schrift⸗
jorache nach der ſchwachen Conjugatlon; die Volksſprache ſagt noch nach der ſtar⸗
im — gewunken. tieler (im 3. 1001) führt im Präter. zanN
und hinkte, im Partit. gehnnken und gehinkt an.
20
306
bedentet an einem Gliede der Beine oder Hände im freien Gebrauche gehin⸗
dert. Krüppelig (von Kräüppel, mhd. crupel, cruppel, altn. kryppil, ven
agf. crööpan, altfrief. kriapa, altn. krypa, mittelniederl. crüpen, mittelnie
derd. crupen, krupen — friehen, woher wahrſcheinlich and Krebs flatt
Krebß ahd. chrepaz, chrepiz, mhd. krebeg und Krabbe agi. crabba, altn,
krahbi) zunädit wer friehend, auf die Krücke geflügt fich forthelfen muß;
fußlahm; aliederlabm; dann überhaupt eine Perſon, deren Hände oder Füße,
oder deren ganzer Körper nicht die gehörige Vollitändigkeit und natürliche
Korm haben, wie fie zum leichten @ebrauche und zur Schönheit nothwendig
it. — Bon ungefähr muß einen Blinden ein Lahmer auf der Straße fin-
den. Gellert, der Blinde und der Lahme.
Hinker; Hinkung; Hinkerei. — Hinferei ift an der Tages«-
ordnung, bald in diefer, bald in jener Weile, und Ganzheit und Ent⸗
fehiedenheit im göttlichen Leben eine jeltene Perle. 3. W. Krummacher,
Elias 7. Predigt (1847).
Yum. Hierber gebört wahrfcheinlich auch das hickeln der Volksſprache —
auf einem Fuße herumhüpfen, a bei gewiſſen Kinderfpielen. Darnach wäre
in hinten das nm vielleicht eingejchoben, wofür auch das ahd. hahan — bangen
zu ſprechen ſcheint. Schmidt (weiterw. Idiotikon) rechnet das Wort zu wadeln,
gewiß mit Unrecht.
Winken ').
(Wurzel wan—c, win—c; wanc, winc.)
Winke, winkte, gewintt (gewunfen), winken (mbd. winke,
wane und wincte, gewinket, winken; ahd. ſchwach winchan,
wischön, agf. vincian), mit der Grundbedeutung zurüdweichen, be=
deutet nun 1) furze und fchnelle Bewegungen machen von oben nad)
unten; 2) Durch eine Fleine Bewegung, anftatt der Worte, jeine Gedanken,
feinen Willen äußern, zu erkennen geben; 3) durch eine ſolche Bewe—
gung etwas befehlen. — Die alten Dänen winkten nicht einmal
mit dem Auge vor Wunden ins Gefiht. J. Paul. Fürchterlich
winfte der Helmbufh. Voß, Ilias 3, 337. Sehet bin in fein (des
Menſchen) himmliſches Antlig, auf feine winfende Stirn, in jein
redendes Auge. Herder. Wann's in die Seele mir legt die vathende
Göttin Athene, win? id Dir mit dem Haupte geheim. Voß, Odyſſee
16, 2382. Wintft du mih in offne Freundesarme? Kofegarten.
Warſt dur vielleicht zu innig ſchon verfunfen in jenes Lied, Daß furcht⸗
bares Verhängniß zum Tode Jedem, nun aud Dir, gewunken?
Uhland, auf &." Gangloffs Tod 2.
Anm. Mit winden 1 und 2 ift niden (abd. huicchan, mhd. nicken
von neigen, ahd. hnikan, mhd. nigen, goth. hneivan) finnverwandt, bat jedoch
1) Stiefer führt die Bartic. gewinket uud gewunten an. Yu Oberdeutich-
fand fagt man winfe, wunk, gewunfen. Die ahd. ftarfe Form ift nicht zu
belegen, aber aus den Bildungen wank, wink, winchan ſicher zu jchließen.
307
weriger den Nebenbegriff des Schnellen, als des Wiederholten. — Und oben nidt
ein Buſch von einem grauen Geier. Se Doolin 8, 14. Mar wird für
diefen Wohlgenuß gar lieblih Dank mir niden. Bürger.
An—, auf—, aus —, ent—, er-—, fort—, her—, berab—,
eean—, berauf—, heraus —, berbei—, herein —, berüber—,
— herunter —, hin —, hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus —,
hindurch — hinein — hinüber —, hiuunter — hinweg — hinzu—,
nach —, weg—, zer—, zu —, zurückwirken find klar, aber nicht alle
gleich gebräuchlich — Es windken die hohen goͤttlichen Frauen mid
an. Göthe, Euphroſyne. Als er (Gott) dem Unding einſt die kommen⸗
den Welten entwinkte. Klopftock, Meffias 4, 1346. Umarmt ihn,
winket die Andern fort. Bürde. Dem Sturm herwinkend. Son—
nenberg. Hier winken die Thäler in ihr Tempe zur Erd’ herab. Klop⸗
ſtock, Friedensburg. Gleich des Vaters Allmacht, wenn er Untergang
unerforicht anf Velten herabwinkt. Klopftod, Meſſias 2, 193. Jetzo
winet er heran, die Todesſeraphim nahten. Sonnenberg. Der
Ritter bleibt als wie gefroren ſteht, winkt Scherasmin herbei. Wie—
md, Oberon 3, 54. Bon welchen (Helm) fürchterlich der Toſt
(Helmbuſch) hHerunterwinfte. Bürger, Zlias 3, 337. Wann fle
an ihrem Zifche fißt, fo werd’ ich fherzend hingewinket. Bürger,
die beiden Liebenden. Da öffnete er (Gott) feinem Lieblingsgeichöpfe
Bil und Seele, Löfete ihm Sprache und Zunge, wintte ai feine
Güte, Herrlichkeit und Ba allmählig hinab vom Himmel zur
Erde. Herder. Die Zürftin, die ihrem Gemahl noch in den Schloßhof
hinab mit dem Schnupftuh nachgewinkt hatte. Göthe, Novelle:
das Kind mit dem Löwen. Sie winkt ihm endlih weg. Wieland,
Dberon 13, 15. Sie winkt die Nymphen weg. Daf. 13, 52. Um-
ſonſt zerwinkt der trene Alte ſich. Daſ. 6, 51. (Ich willy Ruhe
nur das und nur Glück das nennen, was fie mir zu winkt. Klopftod,
m Gott. (Ich) ermahnte mit dringendem Ernft die Genoffen ... mit
ne Haupt. Voß, Odyſſee 9, 485. Der Burgermeeichter
ot und zugewunke. Nadler, Fröhlich Pfalz (Frankf. 1847) ©. 59.
Aber mit zauberiſch feffelndem Blide winken die Frauen den Zlücht-
ling aurüde. Schiller, Würde der Frauen.
m. Das Partie. geftattet noch andere Zufammenfeßungen, 5.8. Gewähre
u Zeichen der Huld und der beifallwinfenden Allmacht! Pyrker, Tus
Der Win (ahd. wink, mhd. wine, bei Stieler Wink und
Bunt), eine Bewegung, ein Zeichen, womit man einem Anden, ohne
Borte, feine Meinung und feinen Willen zn verftehen gibt. Die
Binfe ein Ding, welches gleichſam winfet, fich fchnell auf und nieder
beweget, 3. B. bei den Radlern und Damaftwebern. — Da wir ge-
windigt werden, die erften Winke zu winken nad dem ſchmalen Wege.
Aepſteck, Meſſias 15, 48. Und gabit du nicht erft neulich ftille
Binke, du hoffteft mir, in ruh'gen Angenbliden, verborgenes Ver⸗
a.
308
hältniß zu befennen. Göthe, Eugenie 1, 1. — Mit einem Augen-
winke deut’ e8 an. Collin. Mit Bligeswinf zerftreute ſich's im
Lauf. Göthe, Fauſt 2, 66. Unferem Herrſcherwink zu gehorchen.
Pyrfer, Eleazar. Todes winke, gerikt auf gefaltetem Täflein. Voß,
Ilias 6, 168. (In der fpätern — ſteht Mordwinke.)
Anm. Bas it Wink in folgendem Beiſpiel von S. Dach: Zur Medhten
um die Win? erauget (zeigt) fi die Stadt? Das Wort ſcheint dem folgenden
Winkel zum Grunde zu liegen.
Mintel (ahd. winchil, winkil, mhd. winkel, agi. wincel,
vincel), eigentlich das Zurückweichende, fid) Einbiegende, der innere
Raum zwiſchen zufammenftoßenden Flächen, dann überhaupt (eigentlich
und figürlich) die innere, abſeits zwifchen einjchließenden Gegenitänden
gelegene Räumlichkeit; davon winfelig. — Einmal entlaffen aus dem
fihern Winkel des Herzens. Schiller, Wallenjteins Tod 1,4. Durch
den glüdlihen Winkel diefes fruchtbaren Thals und feiner Krüm-
mungen wandern. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 11. (Als) aus
allen Winkeln und Ziefen die Nacht hervordrang. Göthe, Meifters
Lehrjahre 1, 7. (Er) vertrat ihm jeden Schlupfwinfel Dal. 2, 1.
Eine winfelige Stadt. Seume.
Ede oberd. das Ed, in Zufammenfegungen nur das El, 5.8. Dreieck
(ahd. ekka, altf. eggia, mhd. eke, ecke; vgl. gr. auy, axig = Spige, Tat.
acus — Nadel, acies — Schärfe) nripränglich das ſcharf und fpig Geſtal⸗
tete, dann das dergeftalt auögehende äußerte Ende eined Dinges; die dem
Winkel entgegengefegte, außerhalb der Linien entitehende Figur. — Wie rollt
es leicht um die Ede. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 19.
Anm. Mit dem Wort Winkel werden viele Ortönamen gebildet: Kräh⸗
winfel (abd. crawinchil) u. a. Winkel im Rheingau beißt im 3. 848 Win-
kelun (Dat. Pf.)
Winkeladvocat, —band (bei den Schloffern), —bogen, —dadh,
— deich, —druderei, —eijen, —fafler (Werkzeug), —geichwindigfeit
(in der Naturlehre), —haken, —hebel, —holz, —klammer, —fnie
(im Schiffbau), —ham, —freuz, —linie, — loch, —meifter, —mefie,
— meffer, —münze, —naht, — predigt, —pulsader, —rathgeber,
— recht, —ſaͤule, —ſchaufel, — ſcheibe, —fchenfe, —Ichneide, —Ichule,
—ſchuſter, — ſpinne, —ftändig, —tadel, —treppe, — verſammlung,
—weiſer, —zahn, —zapfen, —zirkel u. a. — Laufen in Winkel⸗
gaſſen zuſammen. Sonnenberg. Die alte, winkelhafte, an vielen
Stellen düſtre Beſchaffenheit des Hauſes. Göthe, Leben 1. B. Der
junge rüſtige Mann hatte wirklich eine Poliraxt auf der Schulter und
ein langes ſchwankes eiſernes Winkelmaß. Göthe, Meiſters Wander⸗
jahre 1,1. Einen Winkelrath halten. Schottel. Er ward des Chri⸗
ſtenthums unbärt’ger Winkelrichter. Hagedorn. Verließ ſich auf Feine
Winkelſtützen. Herder. Laß jenes (das Herz) ſich gut aufführen
und feine Winkelzüge fuchen, damit Diefer (der Verſtand) ihm den
Zugang nicht erjchwere. Herder.
309
Wank (ahd. wank, mhd. wane — Bewegung, Zurückweichung,
wence — Beründerlichleit; fchwed. wanc — Gebredhen), das Ab-,
Zurücdweichen, der Seitenfprung, Seitenweg, früher aud) für Wint
gebraucht; die Wanke, ein Klögchen bei den Tuchſcherern; wanfen
(abd. wanchön, wancöon, mhd. wanken, flehe S. 178), fich ein
wenig aus feiner Lage bewegen (auch figürlih); wankel (ahd. wan-
chal, mhd. wankel, agf. vancol), wanfelbar, wankelhaft,
veränderlih; wanfelig (ahd. wanchilic); wanfeln (ahd. wanchil-
jan, mhd. wankeln), ein wenig wanken. — Ohne Wank. Rüdert,
gel. Ged. 3, 216. Daß deine Stärde nichts von Wand und Stoß
erfahre. Richey, in Weichmanns Poeſie der Niederfachien 4, 68. Ich
ſehe den berzbrechenden augenwankh, mit dem du mic einladeft.
Paſſauer Bredigt von 1675. — Unwantenden Muthes. Bürger,
Jias 2, 344. Nicht abwankfend vom Ziel. Voß. (Indem er) unter
dem in's himmliſche Blau getauchten Tannengrün durchwankte.
J. Paul, Heſperus 9. Edallwina entwankte der Nacht der ent—
weiheten Laube. Koſegarten, das Fraͤulein von Jarmin. Waͤre ſie nicht
an beiden Enden mit großen niederwankenden Blumen beſteckt.
3 Paul, Heſperus 14. Wer taumelnd auf der Gaſſe herumwankt.
Kopftod, Gelebrtenrepublik. Er, nachwankend, nahte, wo Thetis
ſaß. Voß, Ilias 18, 421. An dem Geſtad' umwankend des weit-
aufrauſchenden Meeres. Voß, Odyſſee 13, 2%. Er wankt' an mir
vorüber. Uhland, H. Emft 1, 2. — Die frawen (Frauen) fein pnftet
mdmwanfel. A. v. Eyb (+ 1485). Groß Herren mandel find. H. Sache.
Das Gefhirr wird wankel bar (ſchadhaft). Schmeller, 4, 117, aus
der Volksſprache. Mit wankelhaften Schritten. Weichmann, Poefte
der Niederfachien 1, 122. Kein tapfer Mann foll nicht wanfeln.
Aventinus Chronik 225.
Anm. Für wanken, wankeln hat die Volksſprache hier und da ſchrau—
fein (mbd. schranken — ungewiß hin und hertreten, auch schrenken = jeit:
wärtd abweichen, fiebe Schranke). i
Wankelmuth (mhd. wankeler muot), —müthig, von unfeft
weihhender, Teicht fich hin und her bewegender Seelenftimmung; — her⸗
19, —laune, —rede, —ſinn. — Was jeid ihr, um von Wankel—
muth zu jprechen. Göthe, Göß von Berlichingen 2. Die wanfel-
müth'ge Menge, die jeder Wind herumtreibt. Schiller, Maria Stuart
4, 11. Seid ihr vielleicht müde des gutherzigen Fürften? Sehnt fih
euere Wankellaune nad einem Wüterih? Wächter.
Unbeftändig (fiebe ftehen) leicht abweichend von einem angenommenen
Verhalten, wobei der Gedanke haftet, daß zu der Keftigfeit in einem anges
uommenen Verhalten die Kräfte mangeln. Beränderlih (von verändern,
ändern j. S.274. 282) leicht von einem Verhalten zum andern übergebend
oder dem gemäß. — Ich hatte die fepten Tage bei fehr unbeſtändigem BWet-
ter nit auf das angenehmfte zugebracht. Gothe, Tag: und Jahreshefte 1801.
‘wenken) eine Bewegung feitwärts machen, abweichen von der graden
.
810
Uum. Das frühere wenken (ahd. wenchan, wenkjan ans — mbd.
ichtung,
und wenkeln (das zu Erwartende nicht leiſten) haben ſich hier und da in der
Volksſprache erhalten.
Dringen.
(Wurzel dran—c, drin—c; drac, dric?)
Dringe, drang, gedrungen, dringen (ahd. drinku, dranc,
drunkumdös, drunkandr, drinkan, dringan; mhd. dringe, drane,
drungen, gedrungen, dringen; agf. altj. thringan — drüden; agf.
tringen —= berühren), 1) durch Drüden vorwärts oder auf die Seite
zu kommen, einen Raum einzunehmen juchen; 2) (in weiterer umd
meift uneigentliher Bedeutung) mit Weberwindung eines Widerftandes
einen Raum einnehmen, an einen Ort gelangen: der Zend ift in Die
Stadt gedr.; der Ruf feiner Thaten ift bis zu und gedr.; 3) für
drängen, d. i. in einen engen Raum bringen, wozu nöthigen, auf
etwas beitehen: die Noth dringt ihn dazu; eine dringende Urfache hat
ihn vom Beſuch abgehalten; er bat darauf gedrungen, daß die Brüde
bergeftellt werde. — Es dringen Blüthen aus jedem Zweig. Göthe,
Mailied. Seines Lebens Schall, der auch zu mir Drang. Schiller,
Piccolomini 3, 7. Indeß der junge Weimariſche Held in's Franken
- Iand unaufgehalten drang. Daf. 2, 7. — Im Felde da dringt
(drängt) die Gegenwart. Daf. 1, 4. Wie bat der Zwift fih in mein
Haus gedrungen? Göthe, Tafio 2, 4 Mich drang’s ſo grade
zu genießen. Göthe, FZauft 1, 140,
Anm. 1. Mit alter Präteritalform fagt Gellert: Eeine lagen drungen
in das Herz. Sie drungen hinein. Weichmanu, Poefie der Niederfachien 1, 34.
Sobald fein Dichter « Geil mir durch die Ohren drung. Daf. 1, 262. — Der
Eing. drung iſt mehr zu tadeln, findet fih aber auch fonft, 3. B. Bis daß die
Morgenröt aufdrung. H. Sachs.
Anm. 2%. In tranfitivem Sinne kommt dringen fohon ker vor neben
dem feltneren Drängen; es ift darum Beingen nbd. nicht gerade fehlerhaft, aber
doch nicht zu loben, weil wir drängen haben. Gottfried vorn Straßbarg fagt
im 18. Jahrh. leitliche dol kanstu von herzen dringen d i. Leidvolles aa
liches) Leiden Zannft du von Herzen entfernen. Da wolt ir euch auch zu drin-
gen. Siterfpiel 15. Jahrh. Und die Aegipter Drungen das Volt, daß fie es
eilend aus dem Lande treiben. Luther, Bibelüberf. 2. Mof. 12, 38. Sollten wir
fie denn über (gegen) ihren Willen dazu driugen? Herzog Albredt von Baiern
in einem Schreiben an 8. Magimilian IM. vom Jahr 1570. Da die Römer fo
bart gedrungen wurden von Hannibal. Aventinus, Chronik 1580. BI. 115.
Einer den andern mit Gewalt von dem Throne Drang. Hoffmannsmalden, Hel⸗
dendriefe. Durch Imerfahrenheit hab ich e& weg gedrungen. Hoſſmannéwal⸗
dau, der getreue Exhäfer. Zwar er drang mic auf dem Wege. Opiß (+ 1639).
Bor Sorg’ und Ad ich fein müſſ' unverdrungen. Rückert, geil. Geb. 2, 257.
Drängen (ahd. drangön, mhd. drangen, drengen; altn.
tbrengja — bändigen, einzwängen), die thätige Form von dringen,
bedeutet 1) vorwärts oder auf die Seite hinausdrüden, mit Gewalt
311
—— — — re
vor⸗ oder ſeitwaͤrts treiben, um Platz zu gewinnen: Jemanden an bie
Band, auf die Seite; 2) (unelgentlih) drücken, plagen: weil die
Gläubiger ihn hart drängten; 3) auf elne unbefugte und unbejcheidene
Veiſe Zutritt ſuchen, mit Mühe zu erlangen ſuchen: er drängte fich
zu diefer Stelle ntit anffallender Frechheit. — Denn es drängt’ un—
MWädliher Zahrwind, Voß. Wie die Nofe, wenn fie aus der Anofpe
fih drängt. Geßner. Wie drängte mich’ in diefem Augenblid,
ihm um den Hals zu fallen. Schiller, Piccolomini 3, 4.' Alles rief
den Herzog nun in's bart gedrängte Baiern. Daf. 2, 7.
Aum. Das von drängen abgeleitete drängeln gehört der Volksſprache
a. — Schuti dt (weitere. Idiotikon S. 254) rechnet hierher auch thürängeln,
därängeln, als ein Itergtiv von drängen, d. i. drängeln. In andern
Gegenden heißt das Wort DT» und Düringeln —= quälen beionders mit Wor⸗
ten, bier und da auch blog ringeln. Man Fönnte vielleicht aud an agf. vringen
= drehen, hart anftreifen, (nhd. Waſche ausringen), fowie an mhd. angen mıd
engen — beengen, fehweig. angeln = Roth leiden denken.
Abd—, an—, auf⸗ aus— be—, bei —, durd—, ein—,
eanpor—, ent — entgegen—, er —, fort —, her —, betab—, heran —
beeauf— , heraus , herdei—, herein —, herüber —, herum—,
beenater——, berwor— , berzu —, hin — hinad —, hinan —, hinauf —,
hinaus hindurch — hinein — hinüber —, hinunter — hinweg —,
hinza— los—, nach —, uieder—, über —, um —, umber—,
unter—, ver—, vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber —,
weg —, zu —, zurück — zuſammendrinugen und (oder) —drän
fiad an ſich klar, jedoch wicht alle gleich gebräuchlich. — Du haͤtteſt
dich ans keinem andern Grunde der abgedrungnen Unterſchrift ge⸗
weigert? Schiller, Piccolomini 85,1. Daß fie mich nicht abdringen
vom Eingang. Voß, Dduffee 22, 107. Grad auf den König dringt
fe an. Schiller, Jungfrau von Orleans 5, 13. Die ihn durch Bitten
md Andringen in feiner Erzählung flörte Göthe, Leben 9. B.
Eben diefe Vorurtheile, ſollten die nidyt eben zu einer vorläufigen Er⸗
Narung und Einleitung berechtigen und andringen? Herder, Antrins-
tede in Bückeburg. Dein Geſchrei Drang laut zu mir auf. Pyrfer,
Roies 2. Drangen wir uns die auf, oder du Dich ums? Göthe,
Fauſt 1, 233. Umwiderftehlid dringt der Glaube an eine Geifter-
weit fi) deinem Herzen auf. Ziedge, Urania 5. Und alle Schwerter...
durhdrängen meinen Buſen. Schiller, Wulleniteine Tod 3, 29.
Ih kenn' ihn, ih durchdringe jeine Seele. Schiller, Don Karlos.
2, 16. Ganz durchdrungen von ihrer Mutterpflicht. Tiedge,
Urania 6. Was dringt ihr Alle wie von Sinnen auf den unfchuld’-
gen Jüngling ein? Goͤthe, der Mülerin Verrath. Die Kaijerlichen
md’, die eingedrungen. Schiller, Wallenſteins Tod 5, 9. Daß
zeben Ranzen ibm in's faliche Herz eindrängen, dem Veträther!
Schiller, Jungfram von Orleans 5, 11. Ws drang’ ein Gedante
zum Ausbruch froh aus dem Heizen empor Voß, Luiſe 3, 87.
312
Wie des Rofendles Gedäft dem verſchloſſenen Beruftein geiftig ent-
dringt. Voß, der Abendihmaus 150. Alsdann bemerfen wir erft
eine große Mannichfaltigfeit, die und als Menge entgegendringt.
Söthe, Farbenlehre Einleitung. Erdringe nicht, was ich verlagen
follte. Goͤthe, Iphigenie 4, 2. Der Abbe war fortgerannt, Auguftinen
aufzufuchen und einige Aufflärungen von ihm zu erdringen. Göthe,
Meifters Lehrjahre 8, 10. (Er) drang fort in die Mauren-Zänder.
Herder, Eid 49. Das fam durch die Gebüfhe hergedrungen.
Uhland, der Wald. Gewaffnet Volk dringt an den Thurm heran.
Schiller, Jungfrau von Orleans 5, 12. (Er) fol in der Hälfte Zeit,
die du hberaufzudringen gebrauchteit, Dich zu ihr, zurüd euch beide
bringen. Wieland, Oberon 9, 48. Mit leigm Laute dringt her-
aus vom tiefften Hain ein Trauerfang. Collin. Von Norden dringt
der jcharfe Geifterzahn auf di herbei. Göthe, Fauft 2, 61. Ein
Vater mit feinen fchönen Töchtern erwartete den Tod von den herein
dringenden Bellen. Göthe, Meifters Lehrjahre 7, 1. Sein blig-
werfender Blid: drang Ipähend herum. Sonnenberg. Zu mir in die
Tiefen ift fein Erde- noch Hölenwefen heruntergedrungen. .Son-
nenberg. Unverſehens find fie hinter der Weinhöhe hervorgedrun—
gen. Göthe, Götz von Berlichingen 4. Eine hervordringende
ſpitze Naſe zeichnete ſich aus. Göthe, Leben 12. B. Des Oelbergs
waldige Gipfel von der Stimm' erbebten, der rufenden, drangen
Die Blinden und die vormals Tauben herzu. Klopſtock, Meſſias 4, 421.
Sie drangen muthig bin. Uhland, Mährchen! Zu ihm hinab
in’8 öde Burgverließ dringt feines Freundes Troft. Schiller, Tel 4, &
Ein Gemüſe- und Baumgarten drang bis an die Häufer hinan.
Goͤthe, Meifters Lehrjahre 7, 4. Neuer und märhfiger. dringt leuch⸗
tende Flamme hinauf. Göthe, röm. Elegien 6. Der Stngling, obne
Schwert und Schild, ift keck binaufgedrungen Uhland, der
Königsſohn 7. Wenn das Heer der Achaier hHinausdrang. Voß,
Ilias 19, 317. Bis zum Ufer des Meeres leiht bindurdzu-
dringen der Danaer Schiff und Gezelte. Voß, Ilias 13, 143.
Friſch an und dringt auf ihn hinein! Göthe, Fauſt 2, 49, Man
hatte fid) vorgenommen, weit in das Gebirg hineinzudringen.
Göthe, Novelle: das Kind mit dem Löwen. Hinüberdringen
kann der Stimme Schall. Schiller, Tel 1, 1. So dringt auf fie
vergebens treu und mächtig der Ueberredung goldne Zunge los.
Göthe, Iphigenie 1, 3. Es dringt der Feind gewaltig dürch das
Thor ihm nad. Platen, Abbaſſiden 9. Neich’, Arme, Alte und die
Jungen wurden von ‚feiner ſterck (Stärke) niederdrungen. H. Sachs.
Wenn font von deinen Worten, deinen Bliden ein ganzer Himmel
mid überdrang. Göthe, Zuuft 1, 41. Lang eingeichloffene
Seufzer und veraltete Thränen drangen jeßt aus dem geöffneten
Mutterherzen in das fremde weiche über. 3. Baul, Heiverus 3. Biel
31%
Kinig, Fürsten und ſtarcke Held, welche der Tod doch all bezwang, ir
(ifre) fterd und Gewalt er vberdrang. H. Sachs. Hier drang
aun Odyſſeus unter, und häufte fich jchnell mit eigenen Händen ein
. Voß, Odyſſee 5, 481. Berdrungen von einer Neben-
ern. Schiller, Don Karlos 2, 9. Bleibt Poefle zu Wald und
Auft verdrungen. Uhland, Gefang und Krieg. Er läßt, die Krank⸗
keit zu verdringen, fich eilends Dint' umd Feder bringen. Gellert,
die franfe Frau. Der Zeugen Freude verdrang oft Wehmuth. Klop-
fo, Meifias 13, 5. Nichts hielt ihn auf, bis in das Herz von
Deftreih vorzudringen. Schiller, Piceolomini 1, 2. Lebhaft vor⸗
dringende Geifter begnügen fich nicht mit dem Genuffe, fie verlangen
Kemtniß. Göthe, zweiter Aufenthalt in Rom, September. Aber die
Streiter zu Fuß, mit ebenen Waffen gerüftet, Drangen voran,
Dh, Ilias 11, 49. Sie drang mir einen Ueberrock zu. Göthe,
Reiters Wanderjahre 3, 10. Deßhalb will ich bier gewiſſe zu⸗
dringende Bemerkungen einfchalten. Göthe, Leben 10 3. Ich
dringe zu, tret’ alle Sträuche nieder. Göthe, Lilis Park. — (Sie)
mennten die Schang ung abaudrengen. H. Sachs. Heltor, nichts
erwiedernd, fleg voll heißer Gier, Das Heer der Griehen abzudrän=
gen und hinein zu würgen, fchnell vorbei. Bürger, Ilias. Immer
drängt ſich mein Herz feft an den Bufen ihr an. Göthe, Epigramme 3.
Den Herrlichften, was auch der Geiſt empfangen, drängt immer
fremd und fremder Stoff fih an. Göthe, Fauſt 1, 40. So krachten
de glänzenden Flügel, aufgedrängt von dem Schlüſſel. Voß,
Ddnflee, 21, 49. (Er) drängt’ urichnell in des Meeres tiefgehöh-
Item Bette den Grund im donnernden Klug’ auf. Pyrker, Moſes 2.
Racht jener fich zu wichtig, drängt fih auf. Wieland. Was be—
dränget dich jo fehr? Görhe, neue Liebe neued Leben. Und Zinfter-
ns drängt ringsum bei. Göthe, Zauft 1, 19% (Er) drängete
Dinten das Erz durch. Voß, Odyſſee 22, 295. Der (Strom) fid)
am wieder durch enge Brüdenbogen durchdrängen joll. Göthe,
Gampagne in Frankreich 11. Oct. Der zwilchen Sohn und Bater,
berufen, fih einzudrängen nicht erröthete. Schiller, Don Karlos
4,1. Lanz’ an Lanz’ eindrängend. Voß, Zlias 13, 130. Kaum
feht den König er gefangen, drängt er flürmend an den Platz des
Unglüds ein. Herder, Eid 24. Indem, hoch fchlagend von Entzüden,
br Herz empor fid drängt, an jeines fi) zu drüden. Wieland,
Dberon 6, 11. Allem Gedräng’ entdrängt. Koſegarten. Daß die
Bone mir Thränen entdrängt. Koſegarten. Bis die Landichaft
fih verförpert und der Baum ſich als eine Geftalt uns entgegen,
drängt. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 11. Es erdrängeten
ich viel an einander in der enge. Aventinus, Ehronif 1580. Bl. 303.
68 drängt mic) das entfeßlihe Gewimmel aus diefen Wänden fort.
Stiller, niteind Tod 4, 11. Nun drängt das Wirkliche, mit
.
314
dichten Maflen, an mich heran. Göthe, Eugenie 3, 4. Denn raſch
dDränget fid) Ares beran. Göthe, Phöbos und Hermes. Gewaltig
fämpft und drängt das Würdige, Das Große, zum Xeben fih her—
auf. Tiedge, Urania 5. Als man bei Hofe vernahn, es komme
Reinele wirklih, drängte fich jeder heraus, ihn zu jehn. the,
Reinefe Fuchs 4, 1. Zu den u drängt jeder fih herbei.
Böthe, die glüdlihen Gatten. Wie drängt fich in mein fiebliches
Gemälde das Schiefal einer Fremdlingin herein? Platen, der glä-
ferne Pantoffel 3. Der geringfte Anlaß drängt mir eine Thräne
hervor. Goͤthe, Meifters Lehrjahre 7, 5. Es iſt ein Gott! O
Freund, der heilige Gedanke durchftrahlt Die Nacht und drängt durch
Zweifel fi hervor Tiedge, Urania 3. Da drängt fidh alles
Bolt herzu. Uhland, der Königsiohn 6. Was drängt zu der
Grube dich Hin? Göthe, der Gott und die Bajadere. Sie will den
einen Theil zum höcften Glück berechtigt wiffen, wenn der andre fie
binabzudrängen ftrebt. Göthe, Eugenie 4, 1. Du drängft un
al m die Thäler, in die engen Hütten hinein. Uhland, des Hirten
Winterlied. Mächtig Dranget uns durch Luft und Schmerz die Natur
ven That zu That hinüber. Tiedge, Urania 1. Er hatte noch im-
mer gezaudert, nun aber Drängte es ihn hinweg. Göthe, Wahl⸗
verwandtichaften 3, 7. Hier drängte fih nun jedermann hinzu.
Göthe, Leben 12. B. Selbſt dem großen Talent drängt ſich ein
größeres nach. Göthe, Euphroſyne. Nahdrängt das Volk mit
wilden Rufen. Schiller, Kampf mit dem Drachen. Ihre (der Hügel)
fanften Seiten und Rüden find mit Weinftöden überdrängt. Göthe,
St. Rochusfeſt. Wildbewegte Wünſche flürzen aus den überdräng-
ten Herzen. Göthe, en Würdig find fle zu umdrängen
Krämerinnen und die Waare. Göthe, Fauft 2, 24. Drauf- haft du
mich entriffen der Wuth umdrängender Gegner. Pyrker, Rudolph 5.
Sanftere Jahrunderte verdrängen Philipps Zeiten. Schiller, Don
Karlos 3, 4 Der... fih raih vordrängt. Platen, Benedig 1.
Er drängte die ſchüchternen Kinder eilender vor. Pyrker, Tunifias 8.
Alfo drängt’ er voran. Sommenberg. Die Pferde am Wagen fingen
an, auf das fi) vorbeidrängende Vieh auszufchlagen. Lichtenberg,
Allerhand. (Sie) ftedte den Scylüffel hinein und ſchob wegdrän-
gend die Riegel. Voß, Odyſſee 21, 47. Wo fid) taujend unange-
nehme Gedanken auf ihn zudrängten. Göthe, Meifter® Lehrjahre,
2, 14. Wie die Stadt auf einer, mit ausjpringendem Winkel nach
dem Fluß zudrängenden Fläche ... erbaut iſt. Göthe, —
in Frankreich, Trier 29. Oct. Weichend werden ſie nach der
langſam zurückgedrängt. Göthe, Iphigenie 5, 8. So waren
wir noch mehr als zur Zeit der Franzoſen zujammengedrängt.
Göthe, Leben 15. 2.
Anm. 1. Zerdrängen tft felten. Wie die Sengfte ihr eigen Voll zer
815
,
treten und zerdrengen. Weichmann, Poeſte der Riederſachſen 1, 24. Gtieler
bat auödrängen und zgerdrängen: Er a. fi) gerdränget, ehe er hinein
fan, daß nichts darüber ift (adeo comprimebatur).
Aum. 2. Die Participien geitatten noch andere Zufanmenfepungen, 3. 8.
Zum Zorne gereizt von herzdurchdringender Feindſchafi. Voß, Ilias 20,
253. Shmerzdurdhdrungen. Byrker, Rudolph 10. Wonnedurchdrun—
en von deinem almächtigen Ruf. Baggeſen. Wenn die leberwundene die Hälfte
eined Dafeins nothgedrungen verliert. Göthe, Keben 11. B. (Man ift ge»
nothdränget. Hoffmannswaldau, der fterbende Socrates. Dies ift eine feltene
Form.) Mich aber hört: gleich jene [hwerangedrängte Schaar. Göthe, Pans
dora. (Weil wir) jein, des an nicht achten. Pyrker, Rudolph 8.
Einem vielbedrängten König bift als Bote du gelanfen. Uhland, Romanze
vom Meinen Däumling. |
Dringend (Partic. Praͤſ. v. dringen) 1) antreibend, daß etwas bald
geftbehe mit der Hindentung, daß die Sache eilt, feinen Aufichub er⸗
eiden darf; 2) ſtark auf Jemanden einwirfend, um ihn nach feinem
Billen zu nöthigen, dieſes Einwirken mag nun in Beweggründen bes
ftehen oder nicht. — Nur um zwei Augenblide bittet er, er hab’ ein
dringendes. Gefhäft. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. Nein, das
it Dringender. Leiling, Minna von Barnhelm 4, 8.
Ungelegentlich (f. liegen) antreibend, daß etwas bald gefchehe, geht
anf die Perfon, weicher die Sache an dad Herz gelegt wird, oder anf biejes
rige, welcher die Sache an dem Herzen gelegen ift, während Dringend auf
die antreibende Sache felbft gebt. Inſtändig (f. Steben) eigentlich in
etwas ftehen bleibend, daher mit fortgefeßter Bemähung ıngeachtet des Wider⸗
ſtandes anhaltend Jemanden nach feinem Willen zu beftimmen ſuchend, aber
nur, infofern man Beweggründe anwendet, folglich nur vom vernünftigen Bes
fen. — Weßhalb ich fie angetegentlich und, ich wage zn fagen, im Nas -
men vieler Lefer erfuche, die Zugabe ja nicht außer Acht zu laſſen. Göthe,
Bindelmann 8. In der Mufit ließ ich dich unterweiien, auf dein inftäns
dig Fleben. Uhland, das Ständchen,
Durchdringend mit feinen Synonomen }. ©. 113.
Gedrungen (Bartic. Prät. v. dringen), in uneigentlicher Bedeu-
tung für gedrängt. — (Weil) wir es dem fleinen, gedrungnen,
mit fchwarzen Feueraugen hin umd wieder blidenden Manne gar wohl
zutrauten. Göthe, Leben 5.8. Er hat ihm eine feſte, gedrungene
Geftalt gegeben. Göthe, 2. Aufenthalt in Rom, December. An Dunfels
beit grenzende Gedrungenheit des Vortrags. Bragur.
Gedrängt und bedrängt (ahd. gidrangot, bidrangot) ift, worauf
Drang ausgeübt wird: gedrängt bezeichnet den Begriff allgemein,
wird aljo auch dann gelagt, wenn Die Beflimmung auf einen engen
Raum zum dichten Zufammenfein der engen Maffe im Innern aus-
gedrücdt werden foll, in welcher Bedeutung bedrängt nicht gebraucht
wird; bedrängt bezeichnet nur die gewaltfame Beftimmung des Ge⸗
genftandes von außen, daher auch —= von Uebeln fo bejchwert, Daß
man fein Mittel zu feiner Rettung vor ihnen weiß (ſ. Bedrängniß).
—
816
Denn Bank an Bank gedränget figen, es brechen fait der Bühne
Stüßen, herbeigeftrömt von fern und nah, der Griechen Völker wartend
da. Schiller, Kraniche des Ibhykus. Warum find wir bedrängt? warum
erhebt der Feind fid) wieder? Schiller, Jungfrau von Orleans 5, 7.
Vertrau auf Gott und rette den Bedrän gien Schiller, Tel 1, 1.
Anm. Die Volksſprache bat noch das frühere bedrangt, bedrangen
erhalten: Straf derjenigen, die Jemand zu Gefchäften (Teftamenten) betrangen.
en}
Birzburg. Landgerichtsordnung von 1618. j
Dringer, eine Perſon, die dringt, ift minder gebräuchlich als
Dränger; Dringung, Drangung. — Köſtlich unſchätzbare Ge-
wichte 6 (die alten Ordnungen), die der bedraͤngte Menſch an ſeiner
Dränger rafhen Willen band. Schiller, Piccolomint 1, 4 Gott
wog den Dränger und das Land. Stolberg, die Trümmer.
Dringlich, ziemlich finnverwandt mit dringend, ift mehr der
niedern Sprache angehörend ; Dringlichfeit. — Ihr Vater Indet euch
nun felber bald aufs Dringlichfte. Leffing, Nathan der Weiſe 1, 6.
Die Dringlichkeit der Umftände. Ungenannter bei Campe. Not-
tringlich jagt Fiichart, Gargantua S. 122.
ndringlich oder zudringlich it, wer mit Begehren Jemanden
beichwerlih faͤlt. Zudringlich, mehr — als andring—
lich, eigentlich ſich — hart heran bewegend, führt den Neben-
begriff des Unbejcheidenen und are des Gewaltjamen im Begehren
vorzugsweiſe, und verbindet aljo immer eine nachtheilige Bedeutung ;
andringlid) hat diefe entweder nicht, oder nur in geringem Maße.
Anz, Zudringlichkeit; An-, Zudringling. — Er flug für
Morgen eine Spazierfahrt auf dem Meere, zu den Zelfen von Jaci,
andringlich vor. Göthe, ital. Reife Catania 5. Mai. Indem
er Vorſpann und Relais auf is früh andringlich zuiagte.
Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 3. Wo von beiterer, zierlicher
Andringlichkeit irgend eine glüdliche ul zu hoffen wäre.
Daf. 2, 7. Ih fang zuletzt ein Bivat allen jelbftftändigen Män—
nern, ein Pereat den Andringlingen. Göthe, Leben 12. B. —
Deßwegen wir auch heute au dem heiterſten Tage das Meer dunfel-
blau, ernfthaft und zudringlich fanden, anftatt daß es bei Neapel,
von der Mittagsitunde an, immer heiterer, luftiger und ferner glänzt.
Göthe, ital. Reife. Den Zudringlichen, der zwiſchen Sohn und
Vater, unberufen, fich — nicht erröthet. Schiller, Don Karlos,
2, 1. Wenn fein lebhaftes Begehren zudringlich ward. Göthe,
Wahlverwandtſchaften 1, 2. Wer ließ fich nicht Durch ihre reizenden
Zudringlidhfeiten in Bewegung jegen? Daſ. 2, 4. Wadere und
nit Recht berühmte Männer werden gegen Zudringlichkeit aller
Art geihübt. Göthe, Leben 12. 2.
Anm. Mit andringlich finnverwandt, jedoch ohne den Nebenbegriff des
Unbefcheidenen , it andringend. — (Er war feineswegs on und ans
dringend. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 16. Was ich bier von den Kräften
817
der Serie fage, gilt von den Reiguugen des Herzens noch audringender. Her⸗
der, Antrittsrede in Bückeburg.
Auf—, durch —, ein—, vordringlich ; durchdringbar; bebräng-
ih; —keit; — ling bedürfen feiner weiteren Erklärung. — Bei einer
freien und nicht au fdringlichen Perfönlichkeit. Göthe, Meifters Wan-
derjahre 3, 10. (Das war) nicht Tebhafter und aufd en vorzu⸗
biden. Göthe, Campagne in Frankreich 23. Aug. Durchdringlich dem
Erz und mächtigen Steinen des Feldes. * Ilias 13, 323. Das
echte Gemüth iſt wie das Licht, eben ſo ruhig und empfindlich, eben
ſo elaſtiſh und durchdringlich. Novalis, Heinrich von Ofterdingen
1,7. Deren (der Berge und Wälder) Seiten und Tiefen aber
meinem Blick —— waren. Goͤthe, Reben 10. B.
Rein Strom war uns zu ſchnell, kein Wald zu undurchdringlich.
Stiller, WBallenfteins Tod 3, 15. Er ſey nun ale Eindringling
mzuſehen und zu behandeln. Göthe, Keben 11. B. Die vordring-
liche Natur. Ef 17. 3. Alles, was uns begränzt, fchien für das—
ſelbe Durhdringbar. Daſ. 2. B. Und was Bedränglidhes
guten Städten grimmig droht. Göthe, Fauft 3, 203. — Raturbe-
trenglich jagt Fiſchart, Gargantuı S. 125.
Drang (mhd. dranc), zunächft fo viel, als die auf etwas hin
mit ſtarker Schwere aufliegende wirkende Kraft, ohne gerade auf be=
fimmende Wirkung zur Fortbewegung zu fehen, wie Trieb; davon
1} (eigentlich und nneigentlich) der Sud da man gedrängt wird;
2) (in den Hüttenwerfen) kleine Blafen, welche ſich bei dem Treiben
af dem Treibherd am Rande herum fehen lafien. — Deſſen find die
Hauptleute nicht begnügig geweten, fondern fich für (vor) mein Schloß
Flügelsberg gelagert, dasjelbe mit Drang (Gemalt) erobert. Baier.
Landtagsverhandl. von Krenner 11, 104. Die Raben, die zu Gefang
um wenig Gaben ımd vielen Drang wie Bavıs haben. Tiedge.
Er bat mich mit einem Drange, welchem ich nichts abichlagen Fonnte.
Sonnenberg. Im fehönen Kreis der Blätter Drang. Göthe. Groß
wur der Drang (in der Schlacht). Schiller, Wallenfteins Tod 2, 3.
So zweifle nicht, daß fle dort drüben au ... des Dranges mid’
find und des harten Jochs. Schiller, Tel 1, 2. — Die Amptleute
des Fürften thaten dem von Wilderrod jo großen überdrang, das jr
(ihrer) vil Davon entrinnen mußten. Avent. Ehrenit. Der JZudrang der
— in die Stadt ward nun immer ſtärker. Göthe, Leben 5 B.
Erde Mark mit Abnungsdrang durchwühlen. Gdthe, Fauſt
1, 173. Bei Feftesdrang. Göthe, Fauſt 2, 280, Gemeindrang
eilt die Lücke zu verichließen. Daſ. 2, 321. Jedem Herzensdrang.
Daſ. 2, 243. Den fie im Liebesdrange umklammert hält. Al—
zinger, Doolin 10, 64. Des edleren Muthes Flammendrang in
der Bruſt. Pyrker, Zunifias 12. Dem mächtigen Schlahtdrang.
Porter, Rudolph 11. Wo dich Sorgendrang ... erwartet. Göthe,
318
Engenie 2, 5. Wo es laut herſchwaͤrmt von Feuerlieb' und von
Thatdrang. Somenberg. Wie im Waffendrange ihr getreuer
Streiter fiel. Uhland, Maiklage. Trop Wirbel, Sum md Bogen-
drang. Bürger, Lied vom braven Mann.
Trieb (fiehe treiben) die auf eine Kortbewegung bin beftimmend
wirkende Kraft, dann fo viel als unwillkürliche, fortftrebende Zwedänßes
rung einer Raturkraft. — Der Roth gehorchend, nicht dem eignen Trieb,
Schiller, Braut von Meffina. Wie anders, da des Muthes freier Trieb zur
fühnen That mich zog, die rauh gebietend die Noth jebt, die Erhaltung von
mir Beifht. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 4.
Drangfal, die und das, (ähnlich gebildet wie mbd. daz dwanc-
sal = Zwangfal, bei Stieler Drangfal, drangfälig) hart bes
ſchwerende Gewaltthätigfeit (davon früher bedrangfalen, in der
Umgangsfprahe drangjalieren); dann (und fo jebt gewöhn-
(id) Fülle ſtarker befchwerender Einwirfung, in Fülle befchweren-
des, ſtark einwirkendes Lebel. — Bedraͤngniß (die und das) =
hart beichränktes Verhalten unter ftarfer, der Hilfe benehmender be⸗
fehwerender — in Benehmung der Hilfe ſtark einwirkendes
Uebel. — Drangſal hab' ich zu Haus verlaſſen, Drangſal find'
ih hier. Denn ganz unleidlich iſt's, was wir erdulden, und dieſes
Dranges ift fein Biel zu ſeh'n. Schiller, Tel 1, 4. Herr! id
könnte die Drangfal, die mir der Bube bereitet, nicht mit eilenden
Morten in vielen Wochen erzählen. Göthe, Reineke Fuchs 1, 35.
Jedes Drangfal dieſes Lebens, fo dein weiches Herz gedrüdt.
Bürger, an Agathe. Juden zu bedrangialen, fie mit Steinen zu
werfen oder mit andern. Drangfalen zu verfolgen, ift verboten.
MWirzburg, Verordnung v. 1666. 1692. — Diele wollten mir übel,
ih kam in große Bedrängnif. Göthe, Reineke Fuchs 7, 257.
Dem hevorftehenden DBedrängniß feitwärts zu entfernteren Freunden
auszuweichen. Göthe, Campagne in Frankreich 30. Aug. — Seien
es äustiche oder Haudelsbedrängnijfe. Göthe, Meifters Wan-
derjahre 3, 13.
Das Ungemach (ahd. unk(g)i(a)mah, unk(g)emahha, mhd. ungile)-
mach von ahd. k(g)i(a)mah, mhd. gemach, agf. gemaca — Ruhe, Bequem;
lichkeit, Ort wo man ſich pflegt nud ruht (Gemach], ahd. unk(g)iCa)mah, mbr.
ungemach == unzufammenpafiend, ungleich, beichwerlich; vgl. agf. maca =
gleih, Geführte, altn. maki — gleih, Gatte, altn. mak — Ruhe, alte
makr = leicht, bequem, rubig) eigentlich was die Ruhe benimmt und flört;
"das die Ruhe benehmende und beſchwerende widerfahrne Nebel, ed mag nun
fein oder groß fein. IAnglüd (mhd. ungelücke, fo noch oft im 18. Jahrh.,
f. bei gelingen), das allgemeine Gegentheil von Glück, tft Berbiutung anfer
unfrer Gewalt liegender Umſtände ader Verhältniſſe zu übelm Erfolge, oder
vielmehr daß Uebles zukommt, Uebles widerfährt; dann nnangenehm Cuwfind⸗
819
— — — —
bares, Uebles, was durch Verbindung außer unſrer Gewalt liegender Umſtände
zukomumt. Biderwärtigkeit (ahd. widerwartigt, mhd. widerwertekeit
von widerwärtig, abd, wida(e)rwa(e)rtic, mbhd, widerwertic, widirwer-
dic, ahd. widafe)rwart, zu werden gehörig) was unferm Wohl und Willen
entgegen iſt und fo überhaupt was Unangenchmes begegnet. Roth (f. ©.
778) Beſtimmung, die jedes andere Verhalten, ald das durch fie gegebene,
ausſchließt; gewaltſame Beengung, vornehmlich hart befchwerende; gewaltfam
beengendes Verhältniß. Elend (für Ellend, ahd. elilenti, ellent(d)e, mh».
ellende, alt. elilendi = Ausland, dann Verbannung, Gefangenfchaft im
Ausland, von goth. alis, ahd. ali, eli => ander, fremd, lat. alius, gr. @AAo0g)
verlafjener, deö Unentbehrlichſten beraubter Zuftand; dann am üblichften höchit
beflagenswerther übler Zuftand. Die (dad) Trübſal (ahd. daz traop(b)i-
sal, tröbisal, von trühbe, ahd. truobi, tröbi, mhd. trüebe, agf. dröf, altf.
drobi; Wacke rnagel vgl. lat. turba = Menge, turpis = ſchandlich, ar. Sopv-
Bos = Lärm, zupßn = Perwirrung) das @emüth beſchwerende niederdrüfs
kende Stimmung aus Bewegtiein, Eingenommenjein von unangenehmer Ems
pfindung; dann auch ein diefe Stimmung erztugendes Uebel. Das Leiden
(f. leiden) unangenehme, angreifende traurig fllmmende Empfindung. Jam⸗
mer (add. dör und dag jämar, bei Notker Amer, mbd. jämer, altf. jamar,
giamar, agf. göomeor, altn. ymr, ſchwed. jaemmer; vgl. altn. ambr =
Knirſchen und Klagen, omja — heulen, jamla = Magen, lat, amarus =
bitter; auch Tat. gemero — fenfzen? nah Badernagel zu gr. Snula,
(fretif$ dasla) Berluft, wie gr. Guyes, zu lat, jugem = Joch) Zuftand
des hochſten Schmerzes und Elendes; die flärkfie Stage, d. 1. hoher Grad des
lauten Ausdruds von Schmerzgefühl. Kreuz (ahd. daz chrüzi, chrüci,
Ak)räz(c)i, mhd. kriuze, altu. kross, engl. cross, ſchwed. kryas, dän. kors,
aus dem weibl, lat. crux, franz croix, ital. croce, ſpan. crez) Balken mit
Suerbolz, woran Berbrecher zur Zodesitrafe angeheftet wurden; daher abftract
(in Anwendung des Leidens Ehrijti, wenn er fein Kreuz zur eignen Marter
trägt) dem Chriſten als ſolchem widerfahrendes Leiden oder zufommendes
Uebel, gern als ein durch göttliche Fügung zur Prüfung auferlegtes betrachtet
(nad den Worten Ehrifti bei Matth. 16, 24); daun überhaupt empfindlich
aufliegendes beſchwerendes Webel (oder beſchwerende Uebel). — Als der König
den Bären in feinem Elend erblicdte, rief ee: Gnädiger Gott! erkenn’ ich
Braunen? Wie kommt er jo geihändet? Und Braun verfepte: Leider erbärns
ih if das Ungemach, das ihr erblickt. Göthe, Reinele Fuchs 2, 251.
Don falfchen Freunden flammt mein ganzes Unglüd. Schiller, Ballenfteins
Ted 5,5. Daß felbk die Widerwärtigfeiten uns höheren Genuß, uns
teinre Luft bereiten. Alzinger, Doolin 10, 8. Die ungeſtüme Prefferin, die
Roth. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 7. Bad (Adam) auß feinem Luſtgar⸗
ten verſtoſſen ward, und mufte das ellend bawen. Matthefius (} 1565), Sa;
topta DI; 10. Den Menfchen, deſſen Natur durch das Laſter zerflört wird,
muß das Lafter nothwendig elend machen; ob es gleich nicht die einzige Art
des Elendes für ihn fein darf, wofern es mehrere Arten feiner Zerftörung
320
giebt. Garve. hr beiden, die ihr mir fo oft, in Roth und Trübfal, beis
geftanden. Göthe, Fauſt Vorfpiel. Einigermaßen erholte fih unfer Geiſt von
alle vem Trübſal und Jammer. Göthe, Campagne in Frankreich 25. Juli.
Du Knabe! kennſt noch nicht mein Leiden, kennſt diefer Thränen Duelle
wicht. Ungenannter bei Campe. Schien bel in meine Kammer die Sonne
früh herauf, faß ich in allem Jammer in meinen Bett ſchon auf. - Böthe,
Fauft 1, 190. Durd die Straßen der Städte, vom Sammer gefolget, fchreis
tet das Unglück. Ediller, Braut von Meffina. Ueber dem itummen erwacht
lauter mnermeßliher Jammer. Daf. Daß der Keidende (Jejus) unter der
Laſt des Kreuzes erliegt. Götbhe, Leben 15. B. Wo nichts ald Kreuz,
als Sorg' und Kummer lebt. Shakefpeare, König Richard MI. 2, 3,
Drangvoll d. i. fehr gedrängt (eigentlih und uneigentlich). —
Nicht vorwärts fonnten file, auch nicht zurüd, gefeilt in dDrangvoll
fürchterliche Enge. Schiller, Wallenfteing Tod 4, 10. Drangvoller
MWünfche holder Inbegriff, Erfüllung hoffend, heiter zu geitehn. Göthe,
Eugenie 1, 1. Rübrend und drangvoll fhreiben. Zimmermann.
Gedrang, gedränge, früher auch bloß drang (mhd. drenge,
dreuge), nahe an einander oder an andere Körper gedrüdt. — Da
iperren auf gedrangem Steg zwei Mörder plöglid) jenen Weg. Schil-
ler, Kraniche des Ibykus. Und Zatme fo gedrang an Scherasmin fich
ſchmiegte. Wieland, Dberon 6, 18. Dann lehret ihn die Roth ſchmal
und gedränge liegen. Günther. Weil dieß. der Herrlichkeit ge-
dränge Schranken find. Weichmaun, Poefle der Niederſachſen 2, 190.
Gedränge (bei Stieler der Gedrang — Drang; da8 Ge-
dränge, ahd. drangöd, gadrengi, alt. gethring, mhd. der ge-
dranc und daz gedrenge = Gedränge, der. Drud; mhd. gedrenge,
altn. thröng aud) — beengter, verwachſener Weg) 1) ein anhaltendes,
wieberholted Drängen; 2) ein Haufe zufammengedrängter oder draͤn⸗
gender Menſchen oder Thiere. — Und rings erfüllte den hohen Balkon
das Volk in freud’gem Gedränge Schiller, Graf von Habsburg.
Der Herzog kann ſich des Gedränges faum erledigen. Schiller,
Jungfran von Orleans 3, 2. — Im Angftgedränge bürgerlichen
Kriegs. Schiller, Maria Stuart 2, 3. Der Welten erjchuf, dort des
Zages finfendes Gold und den Staub hier voll Gewürmgedräng,
wer ift Der? Klopſtock, die Geftirne. Im dichten, bunten Hofge-
dDränge. Göthe, Zauft 2, 71. Und in dem Jubelgedräng fort
wogten die trefflihen Scharen. Pyrfer, Tunifias 4. (Er) glaubt
- jeinen erften Herrn im Shlahtgedräng zu fehen. Wieland, Oberon
6, 3. (Da) ebbt' es fi weg zu ee lE Sonnenberg.
Am Stadtgedräng. Göthe, En enie 3, 2. Im Volksgedräng
verborgen wohnten wir ihr (der Zodtenfeier) bei. Schiller, "Braut von
Meifina. Da ſucht' er m dem Weltgedräng fidh felbft nur zu be⸗
wahren. Schiller.
321
Drüden ) (abd. drucchan, drukjan, mhd. druken, drücken,
agf. thrẽogan, dhrycan, dhriccan, altn. thrüga, thryckia, oberd.
druden, niederd. Drüden, beide ohne Lnterjchied der Bedeutung)
allgemein durch die Kraft oder Schwere eines darauf liegenden Kör⸗
pers in einen engern Raum zufammendrängen; auf ein Ding jo wir-
fm, als ob jenes geihähe; im Bejondern 1) Beichwerden, Sorgen,
Kummer verurjahen; 2) Schaden, Schmerzen verurjahen: da drüdt
mih der Schub; 3) befeftigen: Das Siegel auf eine Urkunde; 4) zau⸗
dern; 5) ſich zurüdziehen: er drückte fich demuthsvoll in die Ede;
6) fih heimficy entfernen. — Er hatte jeinen Mund auf meine Hand
gedrüdt. Geller. Ein Ding, das demuthsvoll jid in die de
dradt. Schiller. Er drüdte ſchnell fih aus dem Haus. Göthe,
der Müllerin Verrat. So fprechen die Kinder und dDrüden fi
idmell. Göthe, der getreue Edart. Wir mußten ung dDrüden von Ort
ju Drt, der alte Reſpect war eben fort. Schiller, Wallenfteins Lager.
Preſſen (ahd. pressön, mhd. pressen, zunähft von lat. pressare, dies
von premo, pressi, pressum) in hohem Grade drüden. — Sich duden
(mhd. sich tücken, tücken, zu tauchen gebörig, f. S. 7) fi) durch Inein⸗
anderbiegen des Körpers Peiner machen, damit man nicht bemerkt werde. —
Raſtloſe Seufjer preßt feiner Söhne Zwift aus feinem Berzen. Schlegel.
Die ungeitiime Preſſerin, die Roth. Schiller, Ballenfteins Tod 1, 7.
Das Wild Duft fih ins Aehrenfeld und hofft da fihern Aufenthalt. Bärger,.
der wilde Zäger. Duck dich Säl (Eeele), ed kommt eyn Blagregen. Fiſchart,
Gargantua E. 164. |
Yum. Kür dräden — zandern hat die Volksſprache druckſen, mitdem
Rrbenbegriff des Sträubens. — Wenn er klagt und drudii und immer wieder
daelpe wiederholt. Göthe.
Drucken, urjprünglid eins mit drücken, wird (oder follte doch)
bloß vom Webertragen der Schriftzeihen und Bilder mitteld Formen
md Farben auf etwas Anderes, überhaupt nur von dem Daritellen
durch fihtbare Zeichen gebraucht. — Ich hatte noch von Behriſch her
eine unüberwindliche Abneigung, etwas von mir gedrudt zu jehen.
Göthe, Leben 11. B.
Ausdrücken 1) durch Drüden herausbringen, ausprefjen, (figürlich)
wos im Innern it, im Neußern zu erkennen geben; 2) durch Drüden
auslöichen: Das Licht; 3) durch Drüden ausdehnen: die Hornplatten.
— Schnell drüdte ihre Wuth das Lebenslicht ihm aus. Weiße. O
!) Gehört diefes Wort zu dringen? Weigand betrachtet es (fun. Wör⸗
terd. N. 810) als eine Nebenform von gedrungen; in dem Nachtrag zu N. 494
ſcheint es ihm fammverwandt mit ahd. druen = leiden und drouuan (drouwen)
= droben, was auf Zwang deute. Wadernagel itellt es mit gr. zpvs =
junger, ungegobrner Wein mit den Hefen, Moft, und mit gr. rooyo — ich nage,
tanrpere, naſche zuſawmen. Schwend rechnet ed zu dringen. Dafür ſcheiut
ud druden — treiben, ausfchlagen, hervordringen von den Bäumen und Knoſ—⸗
vn, was das Prompt. von 1618 hat, zu fprechen.
21
322
weiche Wolluſt, welch Entzüden! vergebens wünſch' ich's auszu-
drüden, mit welcher Brünftigfeit die Krau den Mann umfing !
Gellert. Sanfte Melancholie auszudrüden, fann nur ihren Blicke,
kann nur ihrem Zone gelingen. Leſſing, Hamburg. Dramaturgie 20.
Anzeigen (von zeigen, ahd. zeigön, mhd. zeigen, |. zeichen) Jemans
den etwas zu wiflen thun, zu erkennen geben, infofern ihm diefes Etwas zu
Geſicht gebracht wird. Bezeichnen (vom zeichnen ftatt zeihenen, ſ. S.
2083) zu erfenuen geben durch unterfcheidende Merkmale. Bedeuten (mhd.
bediuteu, von deuten, |. S. 308) und andenten = etwas fenntlidh mas
hen, jo dap man ed weiß und verfteht, was es fein fol. -- Weil ich die
Umhat, fobald ich fie entdeckt hatte, den Gerichten nicht anzeigte. Götbe,
Meiſters Wanderjahre 3, 3. Welch ein Unglück, daß oft kein fichtbarer Un—
terichied die fchwärzeite Bosbeit und die edelfte Tugend bezeichnet. Duſch.
Die Wablfreiheit der böhm'ſchen Kron' das wird bedeutet durch den run—
den Hut und durd das wilde Rop. Schiller, Piccolomini 4, 5. Unzäblig
(find) die Mittel, weiche die erfinderifche Natur innerhalb ihrer eignen Kräfte
zu entdeden, ſodann aber auch, wenn diefe nicht auslangen, außerhalb ihres
- Bereiche freundlih anzudenten weiß. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 5.
Ab—, an—, auf—, be—, bei—, durch —, ein—, empor—,
ent—, entgegen —, er —, fort —, her —, herab —, heran —, herauf —,
heraus —, berbei—, herein —, berüber—, herum —, berunter—,
bervor—, berzu—, hin —, hinab —, hinan —, hinauf—, hinaus —,
hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —,
nach —, nieder —, über—, um—, unter —, ver —, vor—, voran —,
poraus —, vorbei—, vorüber —, weg —, zu—, zurüd—, zuſam⸗
men—, zuvordrücken und (mehrfach) drucken bedürfen feiner weiteren
Erklärung. — Noch einen neuen Schmud den Männern abzudrüden.
Gellert. Der feinen ewigen Geſetzen des Todes Siegel aufgedrüdt.
Ramler. (Die) die. Empfindung des Ganzen nit ausdrüdt. Göthe,
Meifters Lehrj. 2, >. Wie die fih Durch die felbittihen Menichen
durchdrücken. Daſ.7, 8. Du drüdft den Tod ihren Schädeln ein.
Kleift. So drückt das ganze Theater mitfammt dem ganzen Zeitalter
auf mih ein. Schiller, Briefm. mit Göthe 6, 191. Sein Sturz
erdrüde feinen Freund und fein Jahrhundert. Schiller, Don Karlos
9, 9. Mein überjchwellend und empörtes Herz hab’ ih hinabge—
drückt in meinen Bujen. Schiller, Tel 3, 3. Hier einen nieder-
gedrüdten Riejentempel. 3. Baul. Verdrücke den Seufzer nicht,
der deinen Buſen hinaufdringt. Geßner. Noch bin id) Manns genu
deu Gegner w egzudrüden. Uhland, Ludwig d. B. 2. Sollt’ er *
jein Herz zerdrücken. Shakeſpeare, Coriolan 3, 2. O Doris,
drücke du mir dort dereinſt die Augen weinend zu! Kleiſt. Die Alte
drückte dem Jünglinge ſtumm und erfreut die Hände zum Fortbeten
zuſammen. J. Paul, Titan 21. — In meinem nächſten Briefe
boffe ich fie (die Ballade) Ihnen nebft dem ganzen Reft des Alma-
323
nachs abgedrudt j" jenden. Schiller, Briefm. mit Göthe 9, 254.
Beldhe (Tapeten) mit Formen abgedrudt werden. Göthe, Leben
4.8. In der wörtlih beigedrudten Berfion. Daj. Da das Aver-
tiffement noch extra vorgedrudt wird. Schiller, Briefw. mit Göthe 1,78.
Anm. Händedrüden ift nicht in allen Perfonen gebräuchlich. — Des
Herzens und des Händedrüdend fein End. Wieland. Thun am Kirmep To
bequem, knixen, Augeln, bändedrüden, um fein Herzchen zu berüden. Voß.
Drud (ahd. druch, druk, mhd. druc) die Handlung, aud das
Ergebniß des Drüdens und Drudens ; Drüdun 8 (mbd. druckunge);
Drudniß (ahd. thrucnessi); Drüder, Druder(mbd. drücker);
Druderei; Gedrüde — Kalt wird der Kuß von deinem Munde,
matt der Drud von deiner Hand. Göthe, der Abſchied. Drud und
Papier nehmen fi) gut aus. Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 35. (Er
hatte) den Unterdrüdungsgeift Derer feinen gelernt, die das
Bort Freiheit immer im Munde führten. Göthe, Unterhaltungen deut:
fher Ausgewanderten. Iſt diefes in Druders Händen. Göthe, Briefw.
mit Schiller 6, 219. Ich begreife nicht, warum uns der Abdruder
ſechs Tage gar nichts mehr geſchickt hat. Daſ. 2, 199. Der Almanach
iſt nun in die Druckerei gegeben. Daſ. 4, 242.
Ausdruck überhaupt jedes äußere Zeichen, wodurch man das,
was in der Seele iſt oder vorgeht (fein Inneres), zu erkennen gibt;
die der Empfindung entiprechende Aeußerung, mit Beziehung auf den
Ton des Wortes oder den Klang der Stimme. — In meinem SKopfe
Ieben noh Ausdrüde längſt abgejchiedener Urſachen. Kichtenberg,
ra ar wa fi) jelbft. Außer den Nitterausdrüden. Göthe,
Leben 12. 2.
Wort If. dv.) ift eine Einheit von Lauten, welcher eine geiltige Ans
ſchauung zum Grunde liegt. — Eie declamirte nicht übel, und wollte immer
declamiren ; allein man merkte bald, daß es nur eine Wort declamation war,
die anf einzelnen Stellen Iaitete, umd die Empfindung des Ganzen nicht aus»
drüdte. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 5.
Eindruck ift eine tiefe, ftarfe, hervorftechende fittliche Einwirkung,
an wenn fie mit Einmal geichieht und vorübergehend if. — (Die)
alle Zugänge meiner Seele den Eindrüden der Zärtlichkeit wieder
öffnet. Leſſtng, Minna von Barnhelm 5, 5. — Die Anfangsein-
drücke der wejentlihen Gegenftände unſerer Erkenntniß. Peſtalozzi.
Ich genoß einen langentbehrten freundlichen Jugendeindruck. Göthe,
italienijche Reife. Venedig.
Einftiuß (f. fliehen) wird befonders von einer anhaltenden, aber in
der That beſtimmenden Einwirkung gefagt, fie mag nun allmälich dazu gekom⸗
men fein oder nicht, bedeutend oder in geringerem Maße beſtehen. Ein wir⸗
tung (von wirfen, goth. vaurkjan, ahd. wirkjan, wurkjan, wurchan,
mh. würken, wirken, agf. wyrcan, engl. work, ſchwed. yrka, |. Wert S,
170) bezeichnet allgemein fowol eine Handlung, die bei einem andern Dinge
4*
324
irgend eine Veränderung bervorbringt, als auch diefe Veränderung ſelbſt, wit
dem Rebenbegriff, daß die Handlung von irgend einem Wehen ausgehe. —
Eine ſolche Rangerböhung aber blich auf die Zurückgelaſſenen nicht ohne Gin:
fluß. Göthe, Tags und Jahreshefte 1803. Keine äußere Einwirkung
noch Bedingung können diefem innern Urweſen etwas anhaben. Göthe, Leben 12.8.
Ab— , An—, Bor— , Brobedrud u. a. find klar. — Ale
Werke der Natur find Abdrücke der Gottheit. Geller. Wir wollen
doch bald Anftalten zum Abdrud der Horen machen. Schiller, Briefm.
mit Göthe F, 52. Um Stegelabdrüde für meine Wappenſamm⸗
lung zu holen. Göthe, Leben 4. B. Da fie (die Glieder eines Satzes)
weder in Abficht auf die Deutlichfeit und den Nahdrud, noch in
Rüdfiht auf den in den ganzen Perioden herrfchenden Affeet von
einerlei Werth und Belang fein fünnen. Leffing, Hamb. Dramaturgie
8. Die Ätzdrücke zu der Hirschen Abhandlung. Göthe, Briefw.
mit Schiller 2, 190. Wort und Handdrud, Voß. Sie jehen einen
Probedrud aus der Beilage. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 300,
Drudbaum, —bret, — farbe, —firniß, — form, —freibeit,
—hebel, —holz, — jahr, —foften, —kugel, —nagel, — Sl, —ort,
— papier, — platte, — probe, —pumpe, — ſchwaͤrze, — ftempel, — ftüd,
—tafel, — tiſch, —mwafler, — wert, —zange u. a.; Druderballen,
—farbe, — kunſt, —lohn, —preſſe, —ſchwärze u.a. — Ich hoffe,
daß ſie keine Druckfehler finden ſollen. Schiller, Briefw. mit Goͤthe,
1, 89. Bei dem zweckmäßigen und zweckloſen Anhäufen der Drud-
ſchriften. Göthe, Winckelmann 1. Der in der Form eines Hundes
der Welt Druckſachen apportirte. J. Paul, Heſperus 26. Ich ver⸗
fertigte verſchiedene kleine Druckerſtöcke. Göthe, Leben 8. B. Der
ſonſt ſogar die proſaiſchen Buchdruckerſtöcke über die lebenden
Olgemälde der Dichtkunſt ſtellte. J. Paul, Heſperus 4.
Klingen.
(Wurzel klan—g, klin—g; klag, klac?) )
Klinge, Elang, geflungen, Elingen (ahd. klinka, klanc, klunku-
mes, klunkaner, klinkan, chlinkan, k(ch)lingan ; nıhd. klinge, klanc,
klungen, geklungen, klingen; altn. klingia und klaka) urjprünglid
überhaupt hell lauten (3. B. mhd. auch ylätfchern vom —28
dann im Beſondern 1) einen Klang hervorbringen, ſowol ihn bewirken
als ihn von ſich geben; 2) in Art und Weiſe des Klanges (des aus⸗
gedehnten Lautes) gehört werden, im Bejondern dem Inhalte nad); 3)
(meift ſchwache Form) dem Gehörfinn durch ausgedehnten Tou vernehm⸗
1) Bol. fat. clangere — fingen, gr. «Aafer —= tönen, ſchreien (dtlayfa,
»brAayya und xdeirya, Eulayov): daB altn. klaka, wie das mhd. klac — hip
Krach, Klad= Ehall, Ipricht für die Wurzel klag, mit eingefchobenem n, wie
auch das gr. dulayor, und das Adj. «Aayepos ſchreiend, von den Kranichen
geſagt; das g wurde durch Verdoppelung ng, nk, vgl. gr. Mapyz = Klang.
‚325
+
ih machen, bejonders durch das Anftoßen der Gläfer beim Trinken. —
Da hört er ein Klingen, wie Flöten jo füß. Schiller, Zell 1, 1.
Hört du das Hifthorn? Hört du's Elingen, mächtigen Rufes, durch
Feld und Hain. Schiller, Maria Stuart 8, 1. Hell Elingt von
allen Thärmen das Geläut. Sihiller, Piceolomini 1,4. Das Elingt
gang anders, ald der Fürſt von Friedland vor acht, neun Jahren ſich
vernehinen ließ. Dai. 2, 7. Was unten tief dem Erdenjohne das
wechielnde Verhaͤngniß bringt, das fchlägt an die metallne Krone
(Glocke), Die es erbaulich weiter Elingt. Schiller, Glode. (Der Vater
hatte) mit Mütterchen auf die Gefundheit ihres Sohnes Zacharias
geflingt. Voß, der 70. Geburtstag 30.
Zauten (ahd. hlütjan, hliatjan, hihten, mhd. lüten, altn. hlioda; agſ.
hiydan = rufen; vgl. gr. „Ava = hörten, vAvrog — berühmt, Tantraus
ſchend, fat. cluere — lauten, inclutus, inehytus — berähmt) zunächſt fich dem
Gebörfinne vernehmlich machen; im Befondern nah dem Juhalte mit dem
Ohre füch vernehmen laſſen; dem Gehörfinne vernehmlich werden; nach einer
Art und Weile (wohl, beil x.) dem Gebörfinne vernehmlich werden. Tönen
(m$d. doenen; vgl. agf. dyne — der Donner, dynjan — tönen, altj. dun-
jan — dröhnen ; gr. rovog, fat. tonus eigentlihd — Spannung, dann Rad:
drud das dur Anſpannung Hörbare, Syiben- und Wortaccent im Laut) in
einem Ton oder in Tönen fih bören laffen; (dichterifch) durd Töne Aupern,
durh Töne bewirken. Schallen und hallen (f. d.) bedeuten urſprünglich
Echall und Hal mahen, dann Schall und Hall von fih hören laſſen (fiehe
Schall und Hall bei Klang ©. 89). Gellen (ahd. k(g)elan, mhd.
gellen, altn. gella, engl. yell, hollãnd. ghillen; zu ahd. k(g)alm = Schall,
ahd. gelzön, altn. gelta — hellen, ahd. gilön = heulen von Hunden, gebörig)
bedeutet zunächft fo viel als heil fchaflen (jo noch baierifch gallen) nhd. nur
unangenehm ſcharf durchdringend fchallen, unangenehm durchdringend wieder-
hallen. — Mein Saitenfpiel fol lauten für und für, o Herr, vondir. Opitz.
Troden ift Jung’ und Kehle, ja faum noch lautet die Stimme. Voß. So
lautete, was man gefihrieben. Göthe, Reinefe Fuchs 1, 268. Hinter den
verichränften Lauben diefer Zweige, diefer Stauden tönt ein menichenähnlichs
Lauten. Göthe, Fauft 2,124. Süßes Tönen entlodt er der Flöte. Schiller,
Braut von Meffina. Töne, Schwager, in's Horn. Göthe. Alle Thiere bis auf
die ſtummen Fiſche tönen ihre Empfindung. Herder. Heroldsruf nun tönte
jeden herbei. Voß. Blaft in euer Horn, daß es weitfchmetternd durch die
Berge halle. Schiller, Tel 5, 1. Und wenn die Abendglode hallt,
dann red’ ich, Herr mit dir. Uhland, Kied eines Armen. Er zieht die Glocke,
die einen gellenden, durhdringenden Ton erfchallen läßt. Göthe, Fauft
2,9.
Anm. Die alte Präteritalform klungen findet fi) noch im 18. Jahrh.
Klungen nicht die ſanften Seyten? Gottiched, 4. Ode. Worauf in Augen-
blick fo a als Thal erflungen, weil Groß und Klein mit beflem Halſe
lungen. Weichmaun, Poeſie der Niederjachfen 1, 81. Der Sing. klung (bei
Schiller fortklung, in mehreren Ausgaben, f. unten) iſt tadelnswerth.
326
Klingen (ahd. ch(k)link(g)ilön, chlengilön) ein hohes und
feines Getön cd. i. fchnell anf einander hoch und fein aufchlagende
Zonwiederholung) hören laſſen oder machen. — Da fündet es der
Sakriſtan mit hellem Glöcklein Elingelnd am. Schiller, der Sarg
nah dem Eifenhammer. Was fingelt ihr und Elingelt im Sonetto
Voß, Klingfonate.
Anm. Klingern (bei Rüdert, gef. Bed. 3,364) ift eine neue Bildung:
Er redet beim Klingern (gereimt anf Fingern). — Das flengfen und Pling-
fen der Volksſprache ift ahd. ch(k)lingisön, mhd. klingesen.
Ab—, an —, auf—, aus —, durch —, ein—, empor—, et--,
entgegen —, er—, fort —, her—, berab—, herau—, berauf—,
heraus —, herein —, herüber—, herunter—, hin —, hinan—,
binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —,
miß — mit—, nach —, nieder —, über—, um —, umber—, ver
vor—, vorau—, wieder —, zurück —, zuſammenklingen und (min⸗
der gebräuchlich) klingeln ſind klar. — Das Jahr klingt ab. Göthe,
— — 2, 3 aus Ottiliens Tagebuche. Abgeklungner
Liebe Trauerpfaͤnder. Göthe, Leben 16. B. Das Abklingen des—
ſelben (des farbloſen Bildes) iſt von einer Farbenerſcheinung begleitet.
Goͤthe, Farbenlehre 39. Der hineingeworfene Stein treibt das er
nach allen Seiten, die Wirkung erreicht eine höchſte Stufe, fie Elingt
ab und gelangt, im Gegenſatz, zur Tiefe. Daſ. 98. Wenn fie (des
Kuhreihens Melodie) dir anflingt auf der fremden Erde. Schiller,
Zell 2, 1. Angellungen! Göthe, Fauſt 2, 32. (Daß er) gleich
falls anflingte und die Günftlinge unter den handelnden Perſonen
hoch leben ließ. &öthe, Meifters Lehrjahre 2, 10. Ein Lied ift auf-
la tief aus des Bergmanns Schacht. Uhland, Maͤhrchen.
ie, wenn man die Glode aud nicht mehr ziehet, es lange dauert,
bis fie ausgeflungen. Uhland, Schlußfjonett. Als jegt zum zwölf
ten Mal von dem Kirchthurm dumpf die Glod’ ausflang. Pyrker,
Rudolph 6. Die Entdedung neuer Gebrechen flang ſtündlich durch.
Göthe, Leben 12. B. Heiliger Wehmuth füge Schauer haben innig
uns durchklungen. Novalıs, Heinrich von Ofterdingen 2, Diefes
Einflingen, Einfugen, Zujammenftimmen. Sojegarten. Sie jaß
und lehnte ſich ſanft auf eine Harfe, Der ein weinender Laut entflang.
Klopſtock, Meifins 15, 345. Etwas lanter Flang es ihr entgegen.
Göthe, Wahlverwandtſchaften 1,11. Laß die Suiten raſch erklingen.
Göthe, an Lina. Ein Glöcklein hört er erflingen fern. Schiller,
Graf von Habsburg. Und als der Chor nody fortflung, flieg der
Sarg... verfinfend in die Unterwelt hinab. Schiller, Braut von Mer
fin. Das (Echo) von den Thürmen der Stadt, ein fehr geichwäßi«
ges berflang. Göthe, Hermum und Dorothea 4, 41. (ber einft)
lang uuf das — Zeichen keine Antwort mir herab. Uhland,
Liebesklagen. Klangen heran auf goldenen Flügeln zum Thron
327
Donatoas. Sonnenberg. Wie die Melodie eines Liedes, das aus der
Kindheit beraufflingt. 3. Paul, Heſperus 13. Bon den Höhen
fangen Alphörner herein. J. Paul. Das Mettenglödlein in der
Waldkapelle klingt hell herüber aus dem Schwyperland. Schiller,
Zell 2, 2. Aus dem Orient klangen diefe Töne in die Abendläns-
der hinüber. Schreiber. Die trivialften Aeußerungen können auf
eine jo mißklingende Weiſe mit dem Intereſſe der gegenwärtigen
(Perfonen) zufammentreffen. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 10. —*
in der Dinge Lauf jetzt mißklingt, tönet in ewigen Harmonien.
Klopftock, an Fanny. Und in des ftrömenden Lichts Umkreis bis zum
nachtenden Chaos raucht” ätheriicher Xüfte gefammt mitflingende
Wallung. Voß, Luiſe 3 b, 511. Auf den Knaben machte es einen
ſehr ftarfen Eindrud, der in eine große langdauernde Wirkung nad =
fang. Göthe, Leben 1. B. So oft im emeuenden Umjchwung, in
verjüngter Geftalt aufftrebte Die Welt, klang aud ein germantiches
Lied nad. Platen, rom. Dedipus 5. Und vom Fenſter klang es
nieder. Uhland, Entſagung. Bis zulegt vom hohen Gitter füße
Antwort niederflang. Uhland, Liebesflagen. Bufaunen Don (Ton)
der ftarfe bett aller Lerchen fang (Sarg) wol überflungen. Zitu-
tel. Während der Gejang .... umberflang. Sonnenberg. Ange-
denfen du verklungner Freude. Göthe, an ein goldnes Herz. Na⸗
men verklingen. Schiller, Braut von Meiftna in harmonisch
verflingendes Lied, schließt fi) das Leben dem edlen Gemüth.
Matthiffen, Lebenslied. In der Welt, in der ich lebe, klingt nichts
Literarifches weder vor nody nad. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 18.
Geſang muß trefflich hier von Diefer Wölbung wiederflingen. Göthe,
Zauft 1, 110. Die Stätte, die ein guter Menfch betrat, ift einge«
weiht; nach hundert Jahren Elingt fein Wort und feine That dem
Enfel wieder. Göthe, Zafjo 1, 1. Die bedeutende Buppenipielfabel
des Andenn (Zauft) klang und fummte gar vieltönig in mir wieder.
Göthe, Leben 10. B. Der Yüngling hörte wehmüthig dem zurüd-
flingenden lieben wie von Scwanen zu. J. Paul, Titan 45,
Es muß irgend eine Harmonie zwifchen diefem Wafferftäubchen und
meinem Geifte zufammenflingen. J. Baul, Heſperus 14. Die
Nachtigallen der beiden Infeln langen zufammen. J. Paul. —
Weder den Schnee durchklingelt ein Schlittener, Voß, der Winter-
ſchmaus. Wie ein Schlitten, welcher vom Berg’ in dad Dorf ber-
flingelte. Boß, der 70, Geburtstag 168. Es ijt bekannt, wie fehr
Thomſon wider diefe NRarrenfchelle, mit Der man der Melpomene nach—
flingelt, geeifert hat. Leifing, hamburg. Dramaturgie 7.
Anm. Die Participien geftatten noch andere Zufammenfegungen, 3. B. Und
freudeklingend Saitenipiel begleitet wein Gebet. Göthe, Känitlerd Morgen-
lid. Süßklingend. Fiſchart, Gargantua S. 112.
Klinger, einen oder etwas, was Hingt, klingen macht (Name der
—
328
anas clangula L.); Klinker (befier Klinger) eine Art Kleiner umd
dünner Backſteine, welche, wenn fie frei gehalten und angefchlagen
werden, £lingen; Klingler, der da Elingelt; — Klinge—
lung. — Diet Mühlen find ganz von gelben Klinfern gebaut.
Ebeling. Auf, Klingler, hört von mir ein andres Detto! Voß,
Klingionate. Ihr beluftiget nur das Ohr, o Pandor' und Tamborine;
und o Klingeler in dem rang! Voß, Dithyrambus.
Klinge (ahd. klinga, mhd. klinge — Gießbach) klingender,
länzender Stahl; ein langer, dünner, nach Verhaͤltniß der Länge
chmaler und an der einen Kante jcharfer Elingender Körper von Eijen
oder Stahl, damit zu ſchneiden oder zu hauen; (in engerer Bedeus
timg) die Klinge eines DR — Wir müffen diefe Scharten aus-
wegen, und wenn die Klingen darüber zu Grunde gehen follten.
Goͤthe, Götz von Berlihingen 3. Wo noch die Klinge Alles thät
bedeuten. Schiller, Wallenfteins Lager 6. Roſt'ge Degenklingen.
Uhland, die Döffinger Schludt.
Anm. Klinge in. der frübern Bedeutung Gießbach, auch Schlucht, tiefer
Graben für einen ſolchen Bach, bat fich in der Volksſprache erhalten, befonders in
den Ramen mander Feldbezirfe. — Gebirg, Klingen und wüſte Wälder. 9.
Sachs. Ellingen, Rinnen oder Waflergäng. Lori, Xechrain 514.
Klingel, eine Eleine metallene Glode, damit Andern ein gewiftes
Zeichen zu geben, fie herbeizurufen. — Und hell wie eine Klingel
dein Stimmen ſchallt. Voß, der Kuß.
Geklinge und Geklingel; — Gekläuge und Geklängel find
veraltet. — Umher klang hellee Gefling’ an einander, Voß, Xuife
1, 634. Näher und näher kam das Gekling', und das Klatjchen
der Peitſch' und der Pferde Getrampel. Boß, der 70. Geburtstag 175.
Doppelgefling bleibt ihr Geſang. Klopftod, die deutiche Sprache.
Die tönenden Scellen füllen mit hohlem Geflingel die laut ant-
wortenden Thäler. Zachariä. Der heutige Wintertag, durch Das
Schlittengeflingel unterbrochen, ift mir nicht unangenehm. Schiller,
Briefw. mit Göthe 4, 359. Nicht die biedere Sprache des Herzens,
nur das Rauſchgold tönender Fragen und hohen Wortgeflingels
hatte Werth. Lingenaunter bei Campe. Da bört er von Ketten gar
ein laut Gefleng. H. Sachs. Mit dem Geklängel der gereimten
Iateinifchen Gedichte. Kraufe.
Klingabler (aquila clanga L.) —gedicht u. a.; Klingenprobe,
—ſchmied, ftod u. a.; Klingeldraßt, —herr, — mann, —möhre
(Zuderwurzel), —quaft, —ſchnur u. a. — Ohne Diele (Folge von
Gedanken) iſt das fchönfte Sonett ein Klinggedicht. Herder. Auf
denn! die Gläſer gefüllt und laut zum kryſtallenen Klingklang an-
geftimmt! Voß, Luiſe 3. b, 232. Hört von den Klingllängen
auf. Klopitod. Und horch! und horch! der Pfortenring ganz lofe,
leiſe, Flinglingling! Bürger, Lenore. Er zog von Zeit zu Zeit
329
die Kling (=el) ſchnur des Pfeifens, Damit ſich der Kleine nicht
verfpränge. 3. Paul. Herbei vor meinen Klingenbieb! Bürger,
Die Entführung. Gibt e8 etwas Erhabeneres, dacht’ ic), als ein (einen)
Klingelbeutelvater? J. Paul, Heſperus 4 Wenn fih die
Sn thüre hinter mir ſchloß. Göthe, Leben 4. B.
lang (ahd. chlanch, chlanc, klanc, mhd. klanc, felten klunc;
altı. kldagr = felfiger Dit), Laut oder Schall, injofern er ftätige (und
als etwas in feinen Theilen Geregeltes erjcheinende) Ausdehnung hat.
— Trommeln und Pfeifen, friegriiher Klang! Schiller, Walleniteins
Rager 7. Wo ftarkes fih und Mildes paarten, da gibt es einen guten
Klang. Schiller, Glode.
Laut (ahd. die hiät, die hläta, mhd. die lüte, der lut, f. lauten
S. 335) ift allgemein das dem Gehörfinn Empfindbare; im Befondern hör⸗
bare Aeußerung durch die Stimme. Ton (mbd. dön f. tönen ©. 325) der
unterfchiedene Laut, der im Verbältniß zu andern Zauten gedachte Laut. Schalt
(f. ihalten) nachhaltiger, andauernder, ſtärkerer Laut; in der Naturlehre,
wie oft auch im Leben, alled was gehört wird, als ſolches. Hast (Präteritals
form von mhd. höllen, hal, hullen, j. halfen) der auf den Luftwellen forts
Ihwebende Shall. — Zu den heiligen Tönen, die jegt meine ganze Seel’ ums
faffen, will der tbierifche Laut nicht pafien. Goͤthe, Kauft 1, 65. Die Luft
it rein und trägt den Schall fo weit. Schiller, Tel 2, 2. Run höret' ich
Donner, nun Harfen, dann die Stimme der Rufer am Thron ; doch der Stimme
Gedanken konnt ich nicht fallen: denn einzelne Halle nur hört' ich vers
nehmlich, und die andern verfanten im raufchenden Strome der Donner. Klop⸗
ited, Meffius 18, 478.
Ub— , Anklang u. A. — Ich grämte mich, daß unfre Sprache
jo viel periodischen Abflang hat. Klopſtock. Alles, was den Men—
ihen interejfirt, wird auch in dem andern einen Anklang finden.
Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 10. Ich will an die Beiflänge
erinnern. Klopitod. Und ift denn dieſer Einklang, den der Menſch
mit der ganzen Schöpfung macht, nur ein Spiel des Emwigen und fein
Rachhall einer nähern, größern Harmonie? 3. Paul, eben 14.
Gegenflang rauſcht. Klopſtock, die deutſche Sprache. Erwedt vom
Nachklang jüßer Lieder. Wieland, Oberon 10, 42. (Der Zon)
verihwindet mit einem bänglihen Nachklang. Göthe, Unterhaltungen
deuticher Ausgewanderten. Hall am Felſen, Wiederflang! Bürger, '
Rachtfeier der Venus 3. Der Seelen entzüdender Zufammen-
Hang. Schiller, Don Karlos 2, 8. — Und zogen wir mit Hörner-
Hang ins Lager froh zurüd, und Weib und Kind im Rundgejang
Walzer und beim Becherklang Luftfeiern unfer Glück. Schiller,
Eberhard der Greiner. Hinhorhend dem Dreiflang. Baggeien.
Denn mit der Zreude Feierflange begrüßt fle das geliebte Kind.
Schiller, Glocke. Kein Feſtklang tönte von dem Glodenhaus.
land, H. Ernft 2. Hoc Llingt das Kied vom braven Mann wie
%
330
DOrgelton und Glockenklang. Bürger, Lied v. br. M. Wenn fi
Zuufende vereinen und des —* Tags Erſcheinen mit Geſängen,
Freudeklängen herrlich feiern. Göthe, Idylle. Doch that ers wohl
um Goldesklang? Bürger, Lied v. br. M. Wo ihm der ſüße
ng ge aus einer Kammer entgegen fchallte. Göthe, Meifters
Lehrjahre 2, 13. Dich preift, Allmächtiger, der Sterne Zubelflang.
Matthiffen, bi. Lied. Mit Kettenklang. Schiller, die unüberwind-
liche Flotte Es entflog Lautenklang ihrer Flügel Schwung.
Klopftod, Skulda. Leyerklang aus Paradieſes-Fernen. Schiller,
Entzüfdung an Laura. Zrompelenfhal und Paukenklang bezeich-
neten die ritterliche Guftfreibeit. Benzel-Sternau. Mit Orgel- umd
Pofaunenflang. Boß, Penferofo 286. Der neue Liederflang
verfündige die Zauber deiner Anmuth! Ubhland, es d. B. 1.
Warum ſollte dieſer Mißklang in der vernünftigen (Natur) ſein?
Schiller, Räuber 4, 6. Trommelwirbel, Pfeifenklang ſchmettert
durch die Glieder. Schiller, die Schlacht. Und manch ein alterthiim-
lich) Heldenlied ertönt wie Schwertgeklirr und Scildesflang.
Uhland, normännifher Brauch. Nun foll ich fagen und fingen von
Zrommeten und Schwerterflang. Ubland, der junge König 2.
Brich auch durch unſre Zeiten mit hellem Schwertesflang. Uhland,
Eberhard der Raufchebart. Was bei dem Saitenflang der Mujen
mit füßem Beben dich durchdrang. Schiller, die Künſtler. Sicheln
flingen, Mädchen fingen unter Sichelklang. Hölty, Enntelied. Die
Stimme Melodie, wie Silberflang aus fließenden Kryſtallen.
Schiller, Semele 1. Blieben doc ihm unjre Stimmen ungehört wie
Sphärenflang. Uhland, Liebesklagen. Man trug fie wohl bei
Zrauerflang am andern Tage fort. Ungenamuter bei Campe. Un⸗
N zu dem Waffenklang. Klopftod, der Lehrling der Griechen.
infame Waldhornklänge hallen. Uhland, die drei Schlöffer.
Miihe Staub zu Staube der Scaufeln dumpfer Wechfelllang.
Voß. Was hätte mich bewegen follen ... bloße Wortfläuge m
meine Dichtungen einzuführen? Göthe, Xeben 12. B. Aus Felien-
böhlen tönt’8 von mächtigen Bunderflängen. Göthe, Fauſt 2, 288.
Ha! Du jollteft Jubel hören, hören Saug und Zimbelflang. Bürger,
Nachtfeter der Venus.
Klangente, —geräth, — lehre, —lein, —meffer, —ftein u. a. —
Sig’ ich bier im Flangerfüllten Haine, Baggejen. Worin jenit
der gute Hand Sachs auf dem Schufterd und Apollos Dreifuß für
Menjchen- und Klangfüße arbeitete. 3. Paul, Denn das Gemeine
geht Flanglos zum Orkus hinab. Schiller, Nänie. Laß die wälſche
Klangmethode der Kanzonen und Sonette, Uhland, der Recenient.
Er (der Prolog) ift aljo ſelbſt klaugreich genug. Schiller, Briefw.
mit Göthe 4, 309. Indeß ſei's wenigſtens Zeichen⸗, Bild-, Zahl- und
331
Klangfpiel der Eindifchen alten Welt. Herder. Die fchönften und
edelſten Klangwörter unferer Sprache. Herder.
Klage !) (ahd. ch(k)lak(g)a, mhd. klage), 1) lauter Ausdrud
des Schmerzes, er mac gelind oder ftarf, in Worten oder nur in
Zönen fich offenbaren; 2) die Trauer‘ um einen Verftorbenen, das
keihenbegängniß, die Trauerfleider; 3) Aeußerung feines Mißvergnü-
end und feiner Beichwerde über eine Perſon oder Sache vor Gericht.
ie Wehklage üt die mehr ergreifende, ftärfere Klage. — Anſtatt
fd) darin behaglich zu fühlen ... erging fle fih in Klagen. Göthe,
Leben 13. B. Klag’ ift ein Mißton im Chore der Sphären. Salis,
Grmunterung. Iſegrim aber, der Wolf, begann die Klage. Göthe,
Remele Fuchs 1, 19. Er lehnte die Selbſtanklage des Fürften
ab, Meißner. Mehr als des Dulders Weheklage rührt ergebene
Gelafenheit das Herz. Eollin. — Man konnte von fern Die Sam-
merflage vernehmen. Göthe, Reineke Fuchs 1,195. Alle Trauer—
und Leichenklagen find nicht in der älteften Urkunde. Herder. Die
Zodtenflage ift in diefen Mauern faum verhallt. Schiller, Braut
von Meſſina. Warum unterfagt Priamus bei dem Begräbniß der
Grihlagenen feinem Heere die weinende Trauerklage? Herder. —
Vieder mußt du Liebesflage fingen. Uhland, an Petrarka. ber
wenig mocht’ ihm frommen all die füße Liederkla ge Uhland, der
a von Couci. Mordgefchrei und Sterbeflagen. Göthe,
‚141.
Das finnverwandte Jammer f. &. 819.
Klagen (ahd. ch(k)lak(g)ön, klagjan, klagen; mhd. klagen;
dt. klaga — anflagen) 1) unangenehme, befonders jchmerzhafte und
hanige Empfindungen durch Laute und Worte an den Tag legen;
2) jem Mißvergnügen, feine Unzufriedenheit über eine Perſon oder
Sache vor Gericht äußern, damit die Urfache derfelben |
ud Genugthuung gegeben werde; 3) (feltner) beflagen, befonders
jmen Schmerz über den Tod eines Andern laut äußern; 4) (jebt
Jemlich veraltet) ſich klagen — ſich klagend äußern, fi beflagen;
5) durch Klagen in einen gewiſſen Zuſtand fich verſetzen. — Alle
batten zu —— Göthe, Reinefe Fuchs 1, 17. Wir klagen den
merſetzlichen Schaden. Daſ. 1, 196. Frau Berta faß in der Felſen⸗
kluft, fie klagt ihr bittres Loos. Uhland, Hein Roland. Und wer
will bei jolhen Kriegen einen klagen, der in Ruh fan bei feinen
Litern liegen? Tſcherning. Sobald fih eins im Haufe klagt. Gel-
lett. Da ich mid Flag’ ob meiner Pein. Opig. Als eben aud) jein
(de8 Schwagers) Weib ankam, die fih in füßem Geſange ihm nach
u Zode geklaget. Herder.
') Rah dem oben ©. 324 bei der Wurzel von eher it es mehr
als wahrſcheinlich, daß Klage, lagen zu Einer Familie mit Plingen gehört.
332
Unm. Kür klagen (bei Kranken) hört man in der Volfefprache jehr oft
farmen und farmfen, aus goth. kara, agf. engl. care — Sorge, abd. chara
= Klage, Behliage, Leiden, (daher mbd. carfritag, charvritag = Karfreitag),
angelehnt an das verwandte Harm S. 52. Daher mhd. harmen — meinen.
Anklagen — Klage über Jemanden an Jemanden bringen,
drückt wie verklagen in der urfprünglichen Bedeutung — über Je-
manden klagen, nicht beftimmt aus, daß es bei einer Behörde geichebe.
Dann ftehen beide Ausdrüde wie auch belangen (f. bei gelingen)
in der Bedeutung wider Jemanden bei der geeigneten Behörde Klage
führen, und zwar verklagen und belangen von jeder gerichtlichen
Klage, anklagen nur von einer peinlichen. — Anflagen tft mein
Amt und meine Sendung. Schiller, Piccolomini 2, 7. Es ift mein
Wille, daß man auf Leib und Leben ihn verflage, Schiller, Maria
Stuart 5, 15. Deßhalb, rieth man mir, ihn gerichtlich zu belangen.
Göthe, Benvenuto Gellini 2, 9.
Mit anllagen (in Hinficht einer böfen Handlung Beſchwerde an ex
manden richten) iſt beſchuldigen (ahd. sculdigön, mhd. sculdi(e)gen =
eine Schuld beimeilen, |. Schuld S. 238) finnverwandt und bedeutet über:
haupt eine böfe Handlung oder etwas Böſes als Jemandes (des Urhe⸗
bers) Schuld betrachten. Das mit anflagen (Befchwerde führen in Hin—⸗
fiht gefepwidriger Handlungen, und zwar infofern hinfichtlich derſelben Ges
nugthuung geleiftet werden fol) finnverwandte angeben f. bei geben. —
Die Beihuldigten (waren) fuspendirt. Göthe, Leben 12%. 3.
Beklagen bezeichnet bloß die Aeußerung des Schmerzes über etwas,
und — nur, wenn dieſe in Worten geſchieht (auch vor Gericht). —
Bellagt er fi) bei mir, jo laſſ' ich’8 unterfuchen. Göthe, Taſſo 1,2. Ich
ſchrie und beklagt’ ihn. Göthe, Reineke Fuchs. Kläger und Beklagte
fönnten wegiterben. Lichtenberg, Bemerkungen zur Epiftel an Göbhard.
Bedauern (ftatt betauern, mhd. türen, düren, von tbeuer ahd.
tiuri, tür, mbd. tiare, mittelniederi. türe) urfprünglich etwas für zu koſtbar
halten, dann jeinen Schmerz über etwas äußern, wenn dies auch bloß durch
Mienen gefchieht. Bejammern (abd. jamarön, mhd. jämern, ſ. S. 319)
‚fein Schmerzgefühl laut äußern, ſei es durch Worte oder bloße Laute, wie
Senfzen, Stöhnen u. dgl. — Kind, ih bedaure did. Güthe, Xaune des
Berliebten 1. Daran der Mann fi feit that klammern und feinen Zuſtand
drauf bejammern. Nüdert, Parabel. ;
Auf—, aus—, ein —, hinüber —, mit—, nah —, um— , vor—,
wehklagen find Elar, übrigens nicht gleich gebräuchlich. — O der Angſt
Stimme, die herrufend vom Abgrund dumpf tünte aus Staubmwolfen
zum Licht auf umfonft Flagte. Klopftod. Wie e8 den Taufendmal-
taufend der Todten Gottes einft ſein wird, hat Das große Weh von dem
Zulle bis an den Gerichtötag ausgeflagt. Klopftod, Meſſias. Den
Ausgeflagten werft ihr ins Gefängniß. Shakeſpeare, Cymbeline
3, 2. Wandelt’ am Ufer und klagte zur Herkflawohnung hinüber.
333
Somnenberg. So klagte der Hafe dem Leoparden nad). Benzel⸗
Stemau Was bilfts unfruchtbar nachklagen. Herder. Seufzendes
Gewimmer umklagt die Stellen jeßt, wo einft der Friede ſaß. Tiedge,
Urania 6. Und leicht bereit ein fühnes Wort zu wagen, begann fie
io der Mutter vorzuflagen. Blaten, der grundloje Brunnen. Wenn
mit gerungenen Haͤnden hie Braut um den Bräutigam wehllagt.
Alopſtock, Meſſias 3, 548.
Kläger, Klagung; An—, Berkläger; An—, Berklagung find
aus den Zeitwörtern klar. — Stehet den Klägern zu Recht. Göthe,
Reineke Fuchs 3, 13. Er ging, wie Scipio, aus der Verfammlung
fine Ankläger 9 P. Sturz, Bernflorf. Damit er an feinen
Derflägern fi raͤchte. Göthe, Reineke Fuchs 5, 7.
Kläglich (ahd. chlagalib, mhd. klale)gelich) eigentlich = weh-
Magend, dann beflagenswerth. — Sp fläglih es auch an fid if.
Ehiller, Briefw. mit Göthe 4, 130. Die Weibercharaktere find Tläg-
lihe Fragen. Daj. 5, 56. Noch als dein tapfrer Vater wie ein
And kläglich erzählte meines Vaters Tod. Shafeipeare, König Ri-
dad IH. 1, 2.
Erbärmlich (ahd. erbarmelih, mhd. erbarmechch, von goth. arman
—= Mitleiden haben, ſich erbarmen, verftärft goth. gaarman, ahd. parmen,
mbd. barmen, d. i. bearmen, ahd. irp(b)armen, mhd. erbarmen, von goth.
arms, ahd. mhd. agf. altn. arm = arm, elend) eigentlih —= zum Erbarınen
(ahd. dia irbarmida, mhd. diu erberme, erbermede, erbermekeit) und
daher in einem folchen Zuftand, daß er unfer Mitgefühl erwedt; dann übers
banpt in einem fehr übeln, namentlich fehr mangelhaften Zuftande. Jäm⸗
merlidh (abd. jämarlih, mhd. jaeemerlich, jamercheh) bedeutet ſowol mit
Jammer (ſ. S. 319), ald auch zum Bejanmern, bejammernswerth. — Wenn
Audre bärmlich fidh beklagen. Göthe, H. Sachs. Mußt di nur recht'er⸗
bärmtich ſtellen. Schiller, Wallenfteins Lager 1. So rief fie und lag ist
erbärmtich fprachlos auf der eritarreten Leiche. Geßner, der Tod Abels 5.
Das Heer war zum Erbarmen, jede Nothdurft, jede Bequemlichkeit gebrach.
Schiller, Piccolomini 1,7. Daß dein Hirn... mit Luft nach Wahrheit, jänıs
merlich geirret. Götbe, Kauft 1, 41. .
Slagbar; Klagebrief, — frau, —gediht, —Ichrift, —weib,
—zettel u. a.; Flagenreich; Flagenswertb; klägeriſch. — Wie
der dritte klag bar wird. E. G. R. in den Hoffmannswaldan. Ged. 1,231.
Seine Feinde werden Lügenhafte Klagartikel jchmieden. Göthe, Götz
von Berlihingen 5. Sie jchien mir, —* mit Klaggebärde,
zu ſchweben zwifchen Himmel hin und Erde, Uhland, ein Abend. Ihren
Blalmen, Weisheitsliedern und Klagegelängen. Herder. Lautes
Klaggefchrei flieg zu der Hohen auf. Benzel-Stemau. Das janft
wie Klagegetön Icholl. Voß. Nachdem Fam aud) die Ritterin zart
m einem ſchwarzen Klaggewande. H. Sachs. Die ganze Welt ift
ERBE... EEE ”
ein Klagehaus. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Nicht der Liebe
Klagelaut. Uhland, Entjagung. Einem Klagelied aus der Halle
hört? ich mit Thränen zu. Uhland, das Schloß am Meere. Als fie fie
wieder ſah, Elagenlos und hoffnungslos. 3. Paul. (Daß) auf der
Treppe Stufen fi der Zug der Klagemänner faft begegnen mag.
Schiller, Braut von Meſſina. Ein Ohr zu leihen jenen Klagepunc-
ten. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Da begann mit tiefem Wehe...
Karol diefe Klagerede. Fr. Schlegel, Karl uud Roland 11. Mit
des zerriffenen Herzend Klageruf wollt ihr den Himmel fterbend
noch begrüßen? Collin. Plötzlich hört er mehrmals einen fait exbit-
terten Klagefchrei. J. Paul. Bald nachher ergriff die Trauer ihrer
Klageitimme mein todbanges Herz. Thümmel. Des Klofters Dunkeln
Eichen entliipelt Klageton. Matthiffon, das Todtenopfer. Mit lei⸗
fem Klageflötenton. Herder. Er rief hinauf fo klage voll. Uh—
land, der Schäfer. Lange vorher, aljo vor der Klagezeit des Tage-
Löhnerdienftes. Herder. Seele haudht fie (die Liebe) in das Ach Ela-
genreiher Nachtigallen. Schiller, Triumph der Liebe. Ein kla—
genswerther Schaden. Bragur. Daß ich... die Mordthaten ein-
mal... Elägerifch vorrrüge. 3. Paul.
Anm. 1. Klinke (abd. chti)inka?) gehört zu einer andern Wurzel, zu
abd. klankjan, mhd. klenken = in einander fchlingen. Davon auch Klüngel
— Snäuel Bam, ahd. clunga, mbd. klunge, clungen; Klunter = Quaſte,
und das klauken, klenken, klenkeln, klenkern = hin und ber ſchlingen,
bin und ber ſchwanken, der Volksfpradhe, wie uuch der Klank, die Klanken,
Berion, die gerne berumfchlingelt, herumfchlengt; der Klenkel, Kiengel (Ro
Hengel), Rlumpen Nafenfchleim, den man hängen bat oder hinwirft. — Da drü
felfe der Sohn auf die Klinke. Göthe, Hermann und Dorothea ?, 272. Er
hatte Drefien auf dem Hut mit einem Klunker dran. Glaudius, Goliath.
Anm. 2. Glode (agf. clugga, ahd. chloccha, mhbd. gik)iocke, franz.
chlothe, engl. clock) flammt von dem veralteten klocken, ahd. ch(k)lohh(ch)ön,
mbd. klocken = an etwaa Hopfen, fchlagen.
Gelingen.
(Wurzel lan—g, lin—g; lag, lac? vgl. janffr. langh — hinüber-
fpringen, ling = umfafjen, gr. Aoygn, fat. lancea — Lanze, lat.
longus = lang, languere — ermatten, gr. Ia(o)yyalsır — lange
machen, zaudern, Anlo)yya» — lithau. ilgas, poln. dlugi
— lang.
Gelinge, gelang, gelungen, gelingen (ahd. gik)ilink(g)u,
gilanc, gilunkumes, gilunkaner, gilink(g)an ; mhd. gelinge, gelanc,
gelungen, gelingen, aud) bloß ahd. lingan, mhd. lingen) eigentlich
— ſich nachziehen, erfolgen, von GStatten gehen, nhd. überhaupt zu
gutem — oder Ausgang kommen, jedoch in Folge einer Thätigkeit
von Seiten der Perſon. — Es iſt euch gelungen. Schiller, Buͤrg⸗
335
ſchaft. (Ich erwarte) den Eilenden, der mir die Nachricht bri wie
e8 mit Prag gelungen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 10. Ob
wird gelänge, den erzürnten Pair zur alten Pflicht und Treu zu-
rüdzuführen. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 4. Daß fih Herz
und Auge weide an dem wohlgelungenen Bild. Schiller, Glode.
Einſchlagen (ſ. ſchlagen) in feinem Weſen nach Wunſch ſich wenden,
befonders wenn dies zum Guten geſchieht, und zwar in Beziehung auf die
innere Beichaffenheit eines Dinges geſagt, und nicht auch, wo bloß Das Acußere,
die Form in Betracht fommt. Gerathen (mhd. geräten, was eigentlich
wie abd. k(g)irätan, altf. girädan — ratheu, daun zu Stande briugen, unvers
fehens wohin kommen, mit der Zeit werden) zu gutem Stande kommen, auch
von dem gejagt, worauf Die Thätigfeit gewendet wird, ohne daß es ein Er:
gebniß derjelben wäre, wie auch von dem, was wie von felbft zu gutem Etande
kommt. — So gebt es von Lehrer zum Schüler, der, wenn er gut einfchlägt,
böchitens wieder Lehrer wird. Lichtenberg, liter. Bemerkungen. Man probiert,
es gerätb, es mißräth, man verändert. Göthe, Bahlverwandtichaften 1,8.
Anm. Die alte Präteritalform bat fich bis weit ins 18. Jahrh. erhalten,
doch ift der Eing. — lung tadelnswerther als der Plur. lungen. Und was
ihr mündlich woblgelunge. Gottfhed, 11. Ode. Was tanfenden mislung.
Us, Brief an Serretär G. Gelünge (im Reim). Weihmann Poeſie der Nies
derſachſen 4, 237. 5, 231.
Mißlingen (mbd. misselingen) und mißrathen (mhd. misse-
räten) ergeben fih aus gelingen und,gerathen (glüden und
mißglüden und verunglüden |. unten). — Das Vernünftigfte
babe ich mißlingen jehen, das Abgeichmadtefte gelingen. Göthe,
Bahlverwandtfchaften 1,2. Alles mißlang und das Beſte miß-
rieth, durch fichtlihe Rache der Vorficht. Platen, die verhängnißvolle
Gabel 1. Mißrathen jetzt und jeßt vielleiht gelungen. Göthe,
Zuuft Borfpiel.
Anm. Die Form mißgelingen ift nicht mehr gebränchlich. — Der Streidy
muß mißgelingen. Beldmann, Poefie der Niederſachſen 2, 48.
Lang ') (goth. laB*, ahd. lank, lanc(g), mhd. lanc, aftn.
langr, altj. lang, agſ. lang, læng, leng) eigentlich was ſich hinzieht ;
dann (eigentlih und figürlih) in größter Ausdehnung feiner Xheile
nach derſelben Richtung fich erſtreckend, im Gegenjab von breit, did
md hoch; (als Nebenwort) lange (ahd. lango, mhd. lange) =
von großer Dauer der Zeit, auch vergleichnngsweile „bei weiten“,
‚mehr als hinlänglich.“ Davon das Subftantiv Länge — Mir ift
von langer Hand (durd Umwege) das wie und wann der Sache
wohl befannt. Wieland. Der Wahn ift kurz, die New ift lang.
Schiller, Glocke. O fleh mid an, wie mir nad) einer langen Zeit
dus Herz fi öffnet. Göthe, Iphigenie 3, 1. Doc hal bei Gott, er
?) Lang wird von Grimm, Balernagel, Beigand u. A, mit ges
lingen zufammengeitellt.
336
fränft fie nicht mehr lange! Alxinger, Doolin 3, 2. Sie fieht lange
nicht fo fehön aus, als es die Leute machen. Geller. Das it wohl
gut. Aber lange nicht genug. Göthe, Götz von Berlichingen 1.
Da die aufgebundene Serviette einen verworrenen Haufen ſpannen—
langer Puppen jehen ließ. Göthe, Meifterd Lehrjahre 1, 3. Der
Nationalismus feheint hier vorzäglicy dadurch zu fehlen, daß er dürfti⸗
Be bloß die Länge und nicht die Breite der Natur in Anſchlag
ringt. Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 37. 5 |
Längs (mhd. langes) eine von lang genitivifh abgeleitete Prä-
pofition mit dem Dativ und (jelten) Genitiv. Entlang eigentlid
in die Länge mit Nccufativ, Dativ und (jelten) Genitiv. Beide be:
ke beftimmter al8 an die Nähe in Beziehung. auf einen nach der
änge ausgedehnten Gegenftand. — Der Herzog ließ die Wache längs
dem ganzen Ufer verdoppeln. Schiller, Belagerung von Antwerpen.
Noch fo viele längs ſeines Zuges durch Deutichland ——
Beſatzungen hatten ſein Heer nicht vermindert. Schiller, Aal d. R. Den
ganzen Berg entlang ſtroͤmt ein wüthender Zaubergeſang. Göthe, Fauſt
1, 207. So ließ er da entlang dem Weiher fortichleppen von dem
matten Reiher. Kinkel, Dtto der Schütz 8. Wir hatten ſchon den
ganzen Zag gejagt entlang des MWuldgebirges. Schiller, Braut von
eſſina. — Und als fie famen an die Reuß. Schiller, Zell 5, 1.
Langſam (ahd. altj. langsam — lang dauernd, ewig, agi. lang-
sum = lang, el träg, altn. langsamr — lang, überdrüj-
fig, ahd. lancseim ? mhd. lancseim für lancsein ? — träg) bedeutet
eigentlich ſich Hinziehend, dann allgemein im Gegenjag zur Gefchwin-
digfeit ſich bewegend. — Aber ungern feh’ ich den Jüngling, der immer
fo .. in dem Haufe ſich regt, nad) außen langjam und ſchüch⸗
tern. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 206.
Gemach (ahd. kimäh, mhd. gemach — paffend, bequem, auch Subſt.
Ruhe, Bequemlichkeit, ſ. S. 318) verbindet noch den Begriff des Anitrengungss
ofen in der Bewegung. — Sie ruderten gemach der Heimat wieder zn.
Kleift, rin.
Länglich, Hinlänglich und zulänglich erklären fih aus lang,
bin= und zulangen. — Bei jeglichem Ringe kommt mir der läng-
lihen Hand jchönes Gebild in den Sinn. Göthe, Alerts und Dora.
Sid) zu trennen (in der Ehe) gibts gar feinen hinlänglichen Grund.
Göthe, Wahlverw. 1,8. Hätte man dieſen einen zulänglichen Un—
terhalt geſichert. Göthe, Leben 12. B. DBrauchbare Theile. und im
Ganzen unzulänglid. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 123. Die
Eonpedien, über deren Zulänglichkeit uns Hamlet fchon ein be-
denflihes Wort ins Ohr geraunt hatte. Göthe, Leben 9.B. Da wo
der Zufall mit der menjchlihen Schwäche und Unzulänglichfeit fpielt
Göthe, Unterhaltungen deutſcher Ausgewanderten.
337
Genug (f. verguägt S. 344) allgemein fonief, als erfordertwirb. Ge⸗
nugfam (ahd. kanuoksam, mhd. gennocsam) fs, daß es genug fein kam.
Hinreigend (f. reihen Seite 839) geht überhaupt auf das ndthige
Map zum Erforderniß; hinlänalich — tm nothwendig geringften Maße
zum Erforderniß. — Hat einer genug und will nicht mehr. Göthe, Bandora.
Go fang ich dir zum Troft, zum Elf genugſam bin. Wieland, Oberon 7, 79.
Langafter, —Ährig, — armig, —bart, —bärtig, —baum, —beil,
—bein, —blätterig, —Diftel, —eſpe, —feſſel, eg —finne,
fc, —floſſe, —fuß, —füßig, —geöhret, —gefhw nat, —gefpipt,
— lied, — haar, — hals, —hufig, —jährig, —klauig, —Löpfig, —kra⸗
gen, — mefierfhmied, —nafe, —-ohr, —Öhrig, — tod, —rund, a
ae —ſchenkelig, —ſcherbe, — ſchlaͤfer, —ſchnabel, æ ſchn
belig. —Ichößig, — ſchote, — ſchub, —ſchwanz, —ſchwaͤnzig, —ſchweifig,
—fichtig, — ſpliſſung, —ſtachelig, —ſtange, —ſtielig, —ſtroh, — ſylbig,
—sieredd, — wagen, — welle, —wiede, —wurz, —zotlig u. — Sie
verlangte ihren Kangarm. J. Paul. Wielands u
3. Paul. Langbeinigen Spinnen vergleichbar. Göthe, Todtentang.
Ser aus Kreta ftamm’ ich, dem langgebreiteten Eiland, Voß. Die
langgegliederten Schatten. 3. Paul, Er zeigte den Tanggehal-
feten Taucher. Voß. Langgellauete Karſte. Voß. Werft denn
jmer Langgelodte dort? Schiller. Der langgeſchaftete Dreis
u Voß. Es fprengten die ftampfenden Roffe langgeftredt nad
Stadt. Voß. Das Fell Diefes Thieres ift langhaarig. Zunke
Langhalfige Schwäne Voß. NArtazerzed die Langhand. Man-
dorf. Den Ianghändigen König. Bodmer. Langhin furcht
die Gleife des Kiels. Göthe. Langkrallige Klamen. Voß.
Die beiden Brennpunkte des poetischen Langkreiſes. % Paul: So
daß er bei der Langohrſchar ein rechter zweiter Orpheus war, Sole
tu. Rangrödige Mädden. Campe. Langſchaftige Spieße
Boß, Ilias 4, 838. Langfchlängelnde Ströme Voß. Mein
langfchneidiges Schwert. Voß. Da hinab langſtreifige dun—
td und hellgrim wallende Korngefilie. Voß. Zur Bezeichnung des
Lang und Kurztones. Wolle. Das Merkmahl der Langtönig-
feit. Wolle.
Langeweile (zuweilen auch Langweile) eigentlich lange Zeit
dauernd; dann gewöhnlich unbehagliches Gefühl durch Befchwerung im
Berbringen der Zeit wegen Mangeld an Unterhaltung oder Beichäfti-
gung, zu dieſem mag nun der Stoff gänzlich fehlen, oder vorhandener
Stoff fie nicht gewähren. Davon langweilen — Langeweile ver-
urfachen oder fühlen. — Wenn diefen Langeweile treibt, kommt
jener fatt vom übertifchten Mahle. Göthe, Fauſt Borfpiel, ' (Sie)
find nicht für die Langweil herbemüht, Schiller, Wallenfteins La-
ger Wiewohl es manchen guten Schlag von Lejern je gelang-
weilt Haben mag. Bürger. Kaum die Augen auögerieben, Kinder,
338
langeweilt ihr ſchon? Göthe, Fauſt 2, 227. Als fich die Griechen
vor Troja Iangweilten. Benzel = Sternau. Ich fühlte zum erſten
Mable, daß Uhren dem Gejhäftsmann Magnetnadeln, dem Lang-
weilenden Gefellihaft, dem Wartenden Zortur find. Benzel - Ster-
nau. Sch belangeweile dich vielleicht. Wieland.
Weberdruß (f. verdrießen) unbehagliches mit Sehnſucht nach Verän⸗
derung verbundenes Gefühl aus Mangel an Unterhaltung oder Beihäftigung
in Sättigung an etwas, das Unterhaltung oder Beihäftigung erit gewährte
oder durch anhaltendes Einerlei ermüdete. — Der Tag ift mir zum Ueber⸗
druß, langweilig iſt's, wenn Nächte fich befeuern. Göthe, Aeolsharfen.
Zangweilig, d. i. Langeweile verurfadhend. — O! unfchmadhafte
Wiederkehr des Alten! Rangweilige Dasfelbigkeit des Dafeins!
Schiller, Demetrius 1. Die Langweiligkeit der Prozeffe. Göthe,
die Aufgeregten 1, 7.
Zangwierig (abd. languuiric, langweric, mhd. lancwörec, von wähs
ren goth. vairan, ahd. uueren, wörön, mhd. wern) überhaupt anhaltend
oder fich binziebend in der Zeit, dadurch befchwerend oder unangenehm wer⸗
dend. — Wo den Lenz langwierig und lau des Winter Tage Zeus dar⸗
heut. Voß, Horaz Dd. 2, 6. Hier thürmte fich ein Zelfen, durch der Wo⸗
gen Sangwier'gen Schlag am legten Uferrand von unten ausgehöhlt. Griec,
Arioſt 10, 23.
Langmuth, allgemein anhaltende (lange) Nachfiht gegen zuge-
fügtes Böfe in dauernder Duldung desjelben, man mag nun gar nicht
vergeften, oder erft nad) langem Aufichub der Vergeltung dieſe ausüben,
Langmüthigkeit drüdt mehr die Geneigtheit zu dieſer anhaltenden
Nachſicht aus, das Innewohnen ihres Wejens ald etwas Eigenes. —
Wenn id) nad verzognen Strafen jeine Langmuth frech verwerfe.
Michaelis,
Zangen (ahd. langön, langen — nach Entferntem fireben,
gleichſam ſich ſinnlich oder geiftig nach etwas auöftreden, mhd. langen
‚= lang werden, dann fo viel ald den Arm wonad) weit ausftredten),
1) eine gewiſſe Länge haben, fih mit feiner Länge bis zu einem ge-
wiſſen Buncte oder Ding erftreden, 2) (felten) ei werden oder fein;
3) durch Ausftreden des Armed oder überhaupt des Körpers holen;
4) in erforderlihem Maße da fein, erforderliher Maßen zu etwas
- haben. — Hin- und zulangen (f. ©. 80) bezeichnen den Begriff:
nur eben erforderlicher Maßen fein, beftimmter, eigentlich wie figürlich,
ohne die andern Bedeutungen von langen zu Beben; nur die Bes
deutung „den Arm ausftreden" haben beide. — Bis dahin Tanget
meine Höflichkeit nicht. Leffing. Erdenbau kann übel ig n (dauer),
drein ſich Wind und Wafler mengen. Logan, Sinnged. 2756. Er
fangte mit der andern (Hand) nad) der Schlange. Novalis, Heinrich
von Ofterdingen 1, 9. Das Heu mit Gabelftangen zur Bodenlufe
langen. Voß, die Heumad 105. Langen und bangen in ſchwe⸗
bender Bein. Göthe, Egmont 8. Ich will immer gehen und bie
Sorellen aus dem Fiichhälter langen. Geller. Das lodere Gewoͤlke
langte wicht zu, den Hinmel-zu deden. J. Banl, Heſperus 7. Fröh⸗
lichen Muthes langten die Himmliichen zu. Voß, Philemon und
Bancis 110.
Reigen (ahd. reichan, mh. reichen, agſ. recan, engl.’reach, von
ahd. rihhan, mhd. richen = vermögen, gewaltig fein, veich fein, regieren,
kat. regere, woher auch ahd. daz rihhi, mhd. riche, goth. reiki, lat. regnum
‚ = Red) bis zur Genüge filh binausdehnen, fei ed num in der Suche ſelbſt
oder in ihre Wirkung, edler als das im neueren Sprachgebrauche gemeinere
langen. Solen (ahd. hakon, holen, holen, mhd. holnz vgl. gr. xalam,
lat. ealare == rufen, berbeirufen) fi zu einem Dinge in der Abſicht, es von
dem Orte, wo es ift, zu einem andern au bringen, binbegeben und dieſes Bes
abfichtigte ausführen. — Gott, deine Güte reicht jo weit, fo weit die Wol⸗
ten reihen. Gellert. Geh! hole dir einen der Laken. Göthe, Todtentanz.
Anlangen |. S. 38 und 54. Belangen j. S. 332. Anbe⸗
langen (früher auch bloß belangen) gehört mehr der gemöhnfichen
Sprahe an, Die höhere gebraucht anlangen. — Bas menfchkichen
Berterb und Seligfeit be ar Dpig, von der Wahrheit der criftl.
RKeligion. Holofernes .thet mih anlangen «(erjuchen) zu fügen jm.
H. Sachs. Und anbelangend euers Herrn Erbieten. Shafejpeare,
8 Heinrich VI. 1. Thl. 5, 1.
Unm. Dem veralteten Kanzleiſthl gehört aAnlangen in der Bedeutung von
bittend einfommen an. — Als der Hertzog von defien Freunden vmb Geade anz
gelangt wurde, Zincgref, Apopb. 1, 127. 5
Belang fteht in uneigentlicher Bedeutung für Wichtigkeit. —
Selten geſchah es, Daß man den übrigen Mitgliedern eine Angelegenheit
von Belang zur Berathſchlagung vorlegte. Schiller, Kardinal Sranvella.
Erlangen und erreichen ergeben ſich in ihrer Bedeutung: aus
langen und reihen: erlangen drückt Die Ausdehnung in Die
Länge deutlich aus und bezeichnet hierdurd den Gegenftand des Stre-
bens als einen entfernteren; erreichen läßt die Auddehnung unbe⸗
Rimmt. — Ich hoffe ſtill, doch hoff' ich's zu erlangen. Göthe,
Sonette 17. Auf Wurfes Weite ſah ich's ſtets vor mir, doch Fonnt’
Ws nicht erreichen noch erzielen. Schiller, Braut von Meſſina.
. Berlangen (ahd, bloß langön, langen, mhd. langen, altſ. langön,
ag. langjan, langa) ift urſprünglich fortlangen, und deutet darauf hin,
jenige, wonach man ſinnlich firebt, fort von uns, d. i. entfernt
iſt; dann (won der Bedeutung zu lange dünfen im 1% Jahrh.) innerlich
beſtimmt werden auf etwas bin, io daß ſich die Seele darnach hinge-
zogen fühlt; weiter ein inneres Beftimmtwerden auf etwas hin äußern,
daß dies und zukomme. Siehe noch bei anjinnen ©. 206; in der
Bedeutung zu Theil werden ift das Wort veraltet. — Kommt!
mich verlangte, eine heitere Stunde im lieben Kreis der Meinen
3%
840
zu verleben. Schiller, WBallenfteins Tod 3, 4. Daß der verſanmelte
Himmel der Zeiten Fülle vernehme, die er mit innigem, heißem Ver⸗
langen verlangte. Klopftod, Meſſias 1, 181. Alle die heftigen
Empfindinigen einer leidenichaftlichen Eiferfucht miſchten fi zu dem
unerfannten Berlangen einer dunkeln Begierde. Göthe, Meifters
Lehrjahre 8, 3. Die grabvperlangenden Blide. Klopfird, Meifias
9, 392. — Wurd mir nüpit verlangen (zu Theil), als Müy und
Arbeit. Tichudi I, 76. So Im die 4 verlangte. Daſ. J, 74.
Begehren (goth. gairon, ahd. kẽron, mhd. görn, eines Stammes mit gern,
goth. gairns, ahd. körno, mhd. gerne) bezeichnet allgemein finnlich nad
etwas ftreben; dann auf das rein vernünftige Streben übertragen. Gieren
(von dem Subſt. Gier, ahd. kiri, mhd. gir |. S. 106) wird nur von dem
finnlichen Streben gefagt mit dem Nebenbegriff der Stärke und Heftigfeit.
Luft baben (gotb. Iustus, ahd. mhd. lust, f. verlieren) aud angenehmen
Gefühle an etwas darnach fireben. Lüften (goth. lastön, ahd. Iustön — Luft
haben, lastjan = Luſt bereiten, mbd. lusten, lüsten) bezeichnet dasſelbe was Ku
, baben = au Sinntihfeit wonach ftreben. Geläften — ſtarke oder heftige
Luft nah etwas haben. Lüſtern — einen ſtarken oder heftigen finnlichen
Xrieb nach etwas empfinden mit dem Nebenbegriff, daB derſelbe anhaltend
Cöfter wiederkehrend) ſei. Wänſchen (abd. wenscan, agf. wiscan, mb).
wünschen, ſ. weiter S. 280) nad etwas verlangen, mit dem Rebenbegriffe
der Ungewiſſenheit, daß wir es erlangen, oder ohne daß wir es zu erlangen
fuhen. Sid ſehnen (mhd. sich senen, eines Stammes mit Sehne, ahd.
sinemna, söniwa, sönawa, mhd. sönewe, engl. sinew, lat. sinus, f. weiter
S. 2231, wo sinen zu ftreichen) urfpränglich fich hinziehen, geſpannt fein; Davon
inneres Weh empfinden, trauern; gefvanntes, anhaltendes, tiefgefühltes Ber:
langen, inneres Web baden nad einem Gegeuſtande, der in der, Wirklichteit
oder in Gedanken fern von uns if. — Fordern (ungat fodern, aba
fordaron, mbd..vordern, ſchwed. fodra, dän. fordre, hoffänd. vorderen, von ahd.
fordar, mho. vorder, agſ. fardhor, engl. further —= fürder) urfprüngkicg vors
wärt& kommen; dann haben wollen, Daß etwas vorwärts komme, geſchehe, oder daß
man «8 erhalte; daher zu erkennen geben, daß man. haben will, und zwar in
der Weife, daß es dem, der es haben will, werden maß ober joll, oder ale
wenn es ihm werden müfle oder folle; (in nneigentlicher Bedeutung) die Bes
ziehung zu etwas im ſich haben, daß es zukommen muß oder fol. Erfors,
dern urfprängfich ausprüden, daß man etwas au ſich und wieder haken will;
dann allgemein die Beziehung zu etwas in fi haben, daß es zu dem, was
diefe Beziehung bat, kommen müfje, wie es dieſem gerecht iR. Heiſchen
(ſ. d.) urfprängli zu erfahren, dann zu bekommen bemüht fein; in dem Ich,
ten Sinne aud von dem bettelhaften Erwerben, wobei obne Umſtände auge
fordert wird: etwas fo haben wollen, daß das, was man haben will, darauf
folgen und zufommen müfle; (in uneigentlicher Bedeutung) die ſtarke Bezichung
zu etwas in fi haben, daß es zukommen müfle Erheiſchen (ahd. areis
oa) eigentlich ausfragen; . verhält ſich Dann gu beifchen, wie erfordera
341
®
zu fordern. — Der Menſch verfuche die Götter nicht, und begehre nims
mer und nimmer zu ſchauen, was fie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen,
Schiller, Taucher. Die Sterne, die begehrt man nit. Gothe, Trof in
Ihräuen. Da gehrte ihrer zum WWeibe,ein fremder König. Rüdert, gef,
Ged. 8, 497. Der nah Speif' und Beine nur giert. Voß, Odyſſee 20,
378. Ich hätte Luft nun abzufahren. Göthe, Kauft 1, 115. Und feiner
rechten Hand konnte man ed anfeben, daß fie ein Lüſtchen Hatte, fich mit
meiner linken bekannt zu mahen. Meißner. Da lüftet es Brannen über:
mäßig nad diefer geliebten Epeife. Göthe, Reineke Fuchs 2, 69. Daß dic
geläften nicht dürfe des fremden Guts. Kofegarten. Des Kaiſers Bogt,
der auf dem Roßberg hauſte, Gelüſten trmg er nach verbotuer Frucht; Baum⸗
garteus Weib, der haushält zu Alzellen, wollt’ er zu frecher Ungebühr miß-
brauchen. Schiller, Teil 1, 4. LDiefen Geluit müfjen fie niederichiuden.
Schiller, Fiesko 1, 5.) Ihr Borwig lüſtert nicht nad) unerlaubten Gütern.
SHauer. Es kommt fie ein Lüſtern an, dem fchünen Schäfer zu füllen. Wie⸗
land. Das audgedörrte Keld wünjcht nach dem Thau, der Schnitter ua
m Zelt. Gryphius. Ahr wünſchtet heut Gewißheit Eures Schickſals.
Schiller, Maria Stuart 1,7. Mit beißen Zhränen wirft du dic, dereink
heim fehnen nad den väterlichen Bergen. Schiller, Tell 2, 1. Wie nad
wir du ſehneſt. Müdert, gel. Ged. 1, 422. Jetzt fordert mic ein drin
gend Wert von hier. Schiller, Braut von Meſſtna. Und denke, daß ich fie,
fir die ich ewig brenne, von Gott und Menſchen nicht nur wünfchen, (fons
dern) fordern Lönne. Alginger, Doolin. Das Anſehen wird erhalten,
wann jeder fich erweilt jo wie fein Stand es fodert, und ihm fein Amt «s
geist. Logan, Sinnged. 11, 126. Warumb haſtu denn mein gela nieht in
die Wechſelbank gegeben? und wann ich kommen were, hette ich's mit wucher
erfoddert Luther, Bibelüberfegung Luc. 19, 28. Ih Hetfche deinen
Unterricht in ganz was anderm. Leifing, Nathan der Weife 3,5. Wie anders!
da des Mutbes freier Trieb zur kühnen Thar mich zog, die rauh gebieten
die Roth jept, die Erhaltung von mir heiſcht. Schiller, Wallenfteins Tod
1, 4 Mein Bertrag erheifcht's, daß alle Kaiſerheere mir gehorchen. Schil-
ler, Piccolomini 2, 7.
Ab—, aus— (S. 30), ge—, ber—, herab —, berunter—, her⸗
vor —, bin—, hinaus —, nach —, zulangen; verlängen (ahd. leng-
jan, mhd. lengen, lengern, agſ. langjan, lengjan, altn. lengja), ver⸗
langern (erlangen, erlängern, mhd. erlengen find veraltet), hand⸗
langen (von mhd. hantlance.— Herrenfteuer, hantlanger — Diener)
bedinfen keiner weiteren Erklärung. — Die Vollmacht langt Ihr bei dem
Kanzler ab, Uhland, H. Ernft 3. Der Riefe mit der Stange fhlug, aus—
langend in die Weite. Uhland, Roland Schildträger. Die ausge—
längte Nacht laufen fle und fprechen früh Morgens. A. Olearius.
Bon manchem Tonnte nur der Freund auslangende Nechenfchaft
geben. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 5. Man ſieht Caſtro Gio-
vanni nicht eher, als bis man ganz oben aufden Bergrüden gelangt,
342
denn es liegt am Felsabhang gegen Norden. Goͤthe, ital. Reife, Caſtto
G. 29. April 1787. Sie nun langte die Mühle herab vom Ge-
fimfe des Schornfteins. Voß, der 70. Geburtstag 131. (Der Aar)
will langen ſich zur Kron’ herab die goldne Sonne. Uhland, der
Königsfehmn 5. achus langt’ auch Mederäpfel aus dem Korb’
hervor, Voß, Rundgeſang. Ein gut gefchriebener Wechfelbrief, mit
dem auc der Banferotirer zur Not neh hinauslangt. Schiller,
Raͤuber 1, 1. Wenn, ſanft die nachzulangen, der Sehnfſucht Arm
ſich hebt. Salis, der Entfernten. Wenn in der Arbeit es (das Leder)
nicht langen wollte zu. Hoffmannswaldau. Ged. 2, 135. Daß die
Kette fih fort durch alle Zeiten verlänge. Göthe, Metamorphoſe
der Pflanzen, Sie find durch erlängte Glut fehr jämmerlich ver-
m Dpis, von der Wahrheit der chriftl. Religion ©. 64. Zur jel-
igen Zeit ging die Sonne wieder zurüd und erlängerte dem Kö—
nige das Reben. Luther, Bibelüberfeßung Sir. 48, 36. Berläugerft
du der Liebe kurze Tage? Göthe, an ein goldnes Herz. Einer von
den Mablern, die auf der Fabrik arbeiteten, hatte bei dem Theater in
der Refidenz gehandlangt. Göthe, Meiftere Lehrjahre, 3, 3.
Anm. 1. Wahrſcheinlich gehört zu lang and der Rame Lenz, das Länger
werden der Tage andeutend. Das Wort lantet ahd. lonzo, (zuſammengezogen aus
lengizo ?), lenzinmänöd, lengizinmändd, langiz, mbd. lenze, lengez, lenge
mänet, agf. lencten, lengten, lenten, Iaencten, Isenten, 5. B. in lenctenid =
Lenzzeit, lenctenfaesten = Renzfaften. Derwandt damit ift wol das ſlav. leto,
lato, Hjeto, das eigentlih Sommer ausdrüdt, allmälich aber auf das ganze Jahr
erftredt worden iſt.
Aum, 2, Wahrſcheinlich gehört Hierher and) Zunge (ahd. langa, lumgunna,
Inaginna, lungins, mhd. Junge, ag. Jungen, altn. lunga), fo genannt wegen ihrer
beweglicheu Beſchaffenheit. Pol. ahd. lungar, mhd. lunger, agf. Jungre = frei
in der Bewegung, ſchnell, gewandt; altn. lingvi, lüngr = Schlange,
Glüd ) (ahd. luch, altn. lucka, mhd. gelücke, älternhd.
Gelücke, Gelück) allgemein angenehmer Zuſtand im Befig und
Genuß erwünſchter Güter (im weiteften Sinne dieſes Wortes), die
und durch die Verbindung der Umftinde außer uns zufommen. Davon
glücklich, d, i. begünftigt durch die Verbindung der Umftände, welche
außer unjerer Gewalt flegen; in einem angenehmen Zuſtande durch
einen bon der günftigen Verbindung der Umftände außer uns zufom:
menden, vollfommenen Beflg und Genuß deffen, was man wünſcht
oder will. Glücklichkeit, die Eigenfchaft einer Sache, da fle vom
Glüde herruͤhrt. Glückſelig, eigentlid jo viel als befikreich an
Glück, im Befondern vom Berge und Genuffe fittlicher Güter ge
2) Weigaud (Inn. Wörterb. N. 810) betrachtet GIUE als eine Mebenform
von gelungen, wie Druf neben dringen, Schluck neben fhlimgen.
Bra 1, 145 t, ob ahd. luch, altu. Jucka zu loden (ahd. I loches,
lochjan, a d. locken, agf. luccian, altn, locka) gehöre. W. Wader:
nagel reine Süd, locken und Milch (ieſes fchwerlich mit Recht, f. mels
Tea) za’ einer Wurzel, .
343
brandıt. Davon Glüdfeligkeit, der Zuftand eines Glückſeligen. —
Biderjepet fi ein neues linheil unferem Glück? Göthe, Iphigenie
4,4. So lange ihre vorigen Beherricher Fein höheres Anliegen hatten,
als ihren Bohlftand abzuwarten, näherte fi ihr Zuftand dem ftillen
Glücke einer gefchloffenen Familie, deren Haupt der Regent war.
Schiller, Abfall der Niederlande 1. B. Die bekannte Glücklichkeit
feines Gedächtniſſes war wol nicht der einzige Grund feines fchnellen
Fortrũckens. Gedike. Aus des Lebens Mühen und ewiger Dual möcht’
ih fliehen in dieſes glüdfelige Thal. Schiller, Berglied. So glück—
(ih nicht und doch Schiller, Macbeth 1, 5. Aber
wofür der heiße Hunger nah Gluckſeligkeit? Schiller, Räuber 4, 6.
Um einige gläubige Sünderinnen damit zu beglüdjeligen. Seume.
Jeder, dem die Beredlung und Beglüdfeligung feiner Gattung
am Herzen liegt. Kofegarten. — Doppelglüd, Bruder! Benzel-
Stemau. Mit dem Unbeftand des Erdenglüds Wieland. Noch
M Ddiefe Nuheftätte des Zamilienglüdes uns gemeinichaftlich.
Benzel-Sternau. So manches Götterglüd ging durch eine zag—
bafte Stunde verloren. % Paul. Da drängt fih denn das Haus-
zwifchen Aeltern und Kinder, und bin find Hausfriede und
ausglüd. Benzel-Sternau. Fahr hin, o Welt, fomm Himmels-
lück! Gollin. Wer im Frieden wünſchet ſich Krieg zurüd, der ift ge=
Üpieden vom Hoffnu ng8 glück. Göthe, Fauſt 2, 240. Uns hat ein Gott
geiegnet mit freiem Le ——— Goͤthe, Bundeslied. Die ſeligſte
(Thaͤtigkeit iſt die), welche, alles Andere vergeſſend, Menſchenglück
ſchafft. Benzel-Sternau. Eine Art von Entſchädigung für das Mutter-
glück, das ihr verfagt war. Göthe Kein Schattenglüd kann
dDiefen Bufen fühlen. Schiller. Ihrer Mutter ihr Seelenglüd mit
betenden Thränen zujchreibend. J. Baul. (Warum) foll unverfucht das
Siegsglück bleiben mir felber. Voß. Zwiſchen Sinnenglüd und
Seelenfrieden bleibt dem Menſchen nur die bange Wahl. Schiller,
und Leben, Ein Ball des Wechſelglücks zu fein. Wieland.
Heil (mbd. heil, in welchem Wort fi die getrennt neben einander
Rebenden Formen abd. das heil, agf. hael, altn. heil = Vorbedeutung und
Wohlfahrt und die heili, agſ. haclu, altu. heill = Wohlfahrt vereinigen)
angenehmer Zuftand im Befitz und Genuß erwänfdter Güter, die uns zu-
kommen, mit dem (nicht in Glſick liegenden) Nebenbegriff der Befreimg von
einem unangenehmen, übeln Zuftande; vornehmlich Genuß innerer (geiſtlicher)
Güter und Wohlthaten. — Selig (getb. sels, ahd. wAlle, mhd. suelec =
aut, glüdlich, mit goth. saljan — wohnen, salida, abd. sälida, salda, mıhd.
sälde, selde — Wohnung, Befip oder Gut, und lat. salus — Heil eines
Stammes) eigentlich Beſttz oder Gut habend, reich an Beſitz oder Gut; davon
boͤchſt glädtich, in einem hochſt angenehmen Zuftande; hietnach (angelehnt an
Seele, geth. säivala, ahd. s&ola, s£ula, sela, mihd. sele, agf. säwel, säwl,
engl. soul, altu. säl, ſchwed. säl, dan. siäl eigentlich Die bewegende, wogende
344
Kraft eines zum Leben gefchaffenen Weſens, und fo perwendt mit See, goth,
säivs, ahd. s6o, seu, mhd. se, agſ. Söö, see, engl. sea, alin. sA, ser; gr-
seleıv = hin und her bewegen) befonders von dem angenehmen Zuflande im
Beige und Genuſſe innerer, d. i. fittlicher Güter (Seelengüter) gefagt; end⸗
ih vom Befipe und Genuſſe der höchſten fittlichen Güter, naͤmlich der übers
irdifchen Kreuden gebraucht. Davon Seligkeit (mhd. selekeit) der Zuflaup
eines Seligen. — Vergnügt (von vergnügen, bdiefes von genügen
mbd. gnüegen, you genug, goth. ganöhs, ahd. kinuoo, mhd. Ke(i)nuoc,
gnuoc, agf. genöh, holländ. genoeg, ſchwed. nog, wol zu nahe, goth. nchv,
abd, näh, mbd. nähe, altf. nA, näho, agf. neah gehörig) fo daß man anf
das, was man empfangen bat, nichts mehr will und fich beruhigt fühlt; ger
müthöheiter, daß man ſich fo angenehm fühlt, wie man es wünſcht. Aufrier
den (ahd. zi fridiu == zu Frieden, friedlicher Weife, Friede ©. 249); eigent-
ih fo, daß man unangeregt von unangenehmer Seelenbemegung oder Seelen⸗
flimmung und yon Widerſtreit ift; dann im Befondern nicht beunruhigt, etwas zu
wollen, was man night at, oder mehr zu wollen, ald man hat. Befriedigt (von
befriedigen ©. 249) in Beziehung auf das, was man, unangenehm in ber
Beele bewegt, wollte, dadurch geftillt und beruhigt, DaB es und geworden if.
— Zum Bühle da rettet euch! harret derweil; gleich kehr' ih zurüd, uns
allen ift Heil. Göthe, 3. Sebus. Euch will ich meine letzte Beichte thum,
und Euer Mund fol mir das Heif verfünden. Schiller, Marig Stuart 5,7,
Heil dir, Menſchengeſchlecht! Bald wirft du felig wie ich fein! Klopſtock,
Meſſiaß 5, 286. Wie felig, wer fein Liebchen bat, wie ſelig lebt der
Maun! Bürger, Zuft am Liebchen. Reichthum mag, wenn du es willit, did
glücklich machen, aper nicht fefig. Herder. Ach, ich fah den Himmel
offen und der Sel’gen Angefiht! Schiller, Iungfrau von Orleans 4, 1.
Schäfer, lernt von feinen Seelen falte Worte, kalten Blick. Richt die Ser
ligkeit erzählen, fie verfrhweigen, das it Glüd. Boje, in Ramlers Igr.
Blumenlefe 2, 38, Lotte fann vergnägt fein; alle Theile find zufrieden,
wenigſtens kann Keiner fagen, daß ex verliere. Duſch. Ich glaube in ber That,
daß fie in ihrem neuen Stande zufrieden lebt, vielleicht glücklich. Duſch.
7 Hoffmannswaldau gebraucht glückſelig in der Bedentung von
lücklich, erfolgreich: Er war in Weber epungen vortrefflich glückſ —— —
Mit gleicher Blüdfeligkeit Chat er überſetzt)) Vorrede zu ſ. deutſchen Ueber⸗
ſetzungen. Hug (Rhetorica, Tübingen 1528. 46 b) ſagt: Glickfamlich für
olädlich. Sielven (1557. 12b) u. U, glüdhafftig. .
Unglüd, ſiehe S. 318. — Bon fafihen Freunden droht Dir
nabes Unheil .,. Komm, fies es felbft in dem Planetenftand, Daß
Unglüd Dir von falfchen Freunden droht, Schiller, Wallenfteins
Tod 5, 8. Spiel der Witterung des Glücks und Unglüds, feines
von beiben wißt ihr je zu beftehn mit Gleichmuth. Göthe, Fauſt 2, 208.
Wo noch zum Ungelüd am Bock ein weißes Haͤrchen ift, alsdann
Ade, Genick! Bürger, der Raubgraf. — Bei Maͤdchen, die dur Lie-
besunglüd a find, wird ein Heirathsvorſchlag bald gar. Goͤthe,
Götz von Berlichingen 3,
848
Nuhell (ahd. das ushes, die unheilt, mhd. das unbeil) zunächſt Zuſtand
des Ungeinubfeind, Siramfheit (beſonders Tobſucht); davon treffendes, einen
Zuſtand gefährdendes Webel; überhaupt das ZJukommende oyer Zugelommene,
was zu empfindlich nnangenehmem, übelm Zuflande wird oder gereicht, dies
wog uns in einer Berbindung der Unflände außer und liegen oder in der
Abſicht Anderer, oder eine Folge eines Thuns fein. Unfteru (aus dem Glau-
ben an hold oder feindlich einwirkende Geſtirne entfiandener Ausdrud, von
Stern goth. stairno, abd. siörnd, störn, störro, mh). sterne, stern, större,
alm. stiorna, engl. star, ſchwed. stjerna, bolländ. sterre, star; vgl. gr.
asrzp, lat, stella) eigentlih Stern, woraus Ungläd, widriges Schickſal ges
weißagt wird, d. i. Unglüd, widriges Schidfal anzeigender, bringender Stern;
dann diefes widrige, böfe Schickſal felbit; davon überhaupt Uebles, was nad
höberer Weltordnung unabwendbar widerfährt. — Ad, man hört fo manr
het Unheil von den Räubern dort im Walde! Grillparzer, Ahufrau 1.
Ad! vieleicht, indem wir hoffen, hat und Unheil ſchon getroffen. Schiller,
Glode. Hat mein Unftern fi verfchworen, daß ich iterbend leben ſoll?
Ganig. Schwebt doch immer ein Unftern Über mir, jobald ich einmal ruhen
and mir wohltbun wil! @öthe, Wahlverwandtfchaften 1, 9.
. Im Simpliciffimns 4, 13 ſteht Stern im Sinn von Glück: Im
abrigen Hatte ich abermal wenig Stern. So aud bei Aventinus (Chronik 1580,
8 um: Diefer zeit haben die Mömer nicht viel Sterns gehabt, groß Vnglück
uUnglũcklich und verunglüdt ergeben fic, in ihrer Sinnverwandt-
ſchaft leicht aus glüflih und verunglüden ©. 342. 347, —
AH! daß die Menichen jo Unglücklich find! Göthe, Fauſt 1,152. —
Ans Berunglüdung. Simpliciſſimus 2, 37.
Gluckbegabt u. a.; Glücksball, baum, —bote, — botſchaft,
—bude, —göttin, —gut, —hafen, — haͤndchen (Name einer Wurzel),
— pr (fiehe Pig S. 177), —ritter, —rutbe, — ſpiel, —ftunde,
ug, —murf, —zug u. a.; Glüdfeligfeitslehre, —Ichrer u. a.
— Run aber, nun verkannt' er weiter nicht Ben glüdbegab-
ien Götterjohn. Bürger. Des Spähers glüdbefräönte Wach—
kmfeit. Schiller. Auch das hat fo fein Glückhaftes und
Mingelt nach guter Vorbedeutung. Klopſtock. Die Wort nur
halt dem Ohr mit Slüdverheißung. Shafefpenre, Macheth 5, 7.
Die grauenhaft die Reihe glüdnoller Stunden fchloß. Thimmmel.
Ju einem Aufzug, der nicht glückweiſſagend ſchien. Wieland,
‚bin verlegen, ob ich den Glückwunſch ſchon empfangen darf.
iller, Piccolomini 1, 1. (Er) ſandte ein langes Gluckwunſch⸗
ſchreiben an Viktor. 3. Baul, Hefperus 7. Man beglückwünſchte
den bi. Medardus. Muſaͤus. Das it ein Gluͤcks fali. Shakeſpeare,
Raß für Maß 4, 8. Wenn die — den Großen und Machti⸗
ge wiederträchtig ſchmeicheln. Klinger. Sie find ja ein rechtes Glüds-
ind. Gellert, Froh ladet der Gliücksmann über die Schulter zur
Gran. Sonnenberg. Aber wie viele ganz andere Männer, als ich bin,
N t
546
bleiben im Dunkeln und fehen fih von unverichämten Glüͤckspilzen
verdrängt. Schiller. (So) verdroß es mich Doch bei aller Freude, daß
der Glüdsprinz jo zweckmäßig gebildet fei. Goͤthe. Hab’ fie jo
eben. im Glüdsrad gewonnen. Schiller, Wallenſteins Lager 3. Der
Glücksſohn begegnete dem Sohne des Elends. Benzel- Stermau.
Der fteigende Pol bededte unter andern füdlichen Sternbildern auch
dieſes warme, das mit Glücks ſonnen jo lange über ihm geſchimmert.
3. Paul. Nicht den italifhen Strom, wo Cäſar wagte den Glücks—
jprung. Baggefen. Das Vertrauen anf Gott, diefer hohe Glücks—
ftand Der Seele. Hermes, Wie er den Schaß, zu dem fein Glüds-
ftern ihn gefiihrt, aufs wäürdigfte benugen werde. Bürde. pre
Glücksumſtände berechtigten fie. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 14.
Sie, die Glückswechſel und Eheftand nicht verichlimmert hatten,
bot und beichwur ihren Gemahl; bis er nachgab Meißner. Eine io
fchnele Glückswende Eonnte er nicht ertragen. Campe. — Die
. macht der Verſtand und die Wahl J Klopſtock,
Meſſias. David erwachte, ach, glückſeligkeitsſatt und nach dem
herrlichen Bilde. Daf. 11, 910.
Unglüdahnend, —ftifter u. a.; Ungludsbaum, — all, —ge-
noſſe, —geihichte, —gejell, —jahr, —kind, —ſchmied, — ſchweſtet,
— woche, —zeit u. a — Ein Wellenſchlag erſchreckt ihr unglüc—
ahnend Ohr. Wieland, Oberon 8,51. Wie unglückbringend. . .iſt
Feindſchaft zwiſchen Brüdern. Schiller, Braut von Meſſina. Wie, wird denn
feiner des Orkans gewahrt, der unglüddrohend ſchon am fernen
Weſt aufichauert? SKofegarten. Und wie zu unglüdihwangern
Zügen Amandens Sterne ſchon fi an einander fügen. Wieland, Obe⸗
von. Du Unglüdjelige Luther, Bibelüberſetz. 4. Ef. 15, 59.
Jedes Raufchen kündigt mir den Zußtritt eines Unglüdsboten an.
Schiller. Den jchönften Boten Unglücksbotſchaft häßlicht ihm.
Göthe, Fauft 2, 221. Sein Unglüdsbruder — herbei. Campe.
Wer wie Cervantes den echten Ritterſinn durch edles Hingeben für
Unglücksgefährten feuerbewährte. Benzel-Sternau. Traf er ein
Unglückslos. Voß. Inzwiſchen hatte das Gerüchte Das Unglücks—
nie gern verbreitet und verziert. Wieland. Bis am fſläiſchen
. Zhore endlih, an dieſem Unglüdsorte, Der trmirige Abſchied der
Scene endet. Herder. Sie zog des Wolkenſammlers Panzer an, bewehrte
fih zur Unglücksſchlacht. Bürger, Ilias. Unglüdsjeher, der
nie eim gedeihliches Wort mir geredet! Voß, Ilias 1, 106. Ihr
helft aus dem Staube dem Unglädsjohn empor. Alxinger. Duß
über mir die Unglüdsfterne ftunden. Schiller, Wallenfteins Tod
3,2 Mag diefe Unglücksſtunde verflucht auf ewig im Galender
ftehn! Shakeſpeare, Macbeth 4, 1. Kein Unglüdsfturm füg' ihr
ein Unheil zu. Lohenſtein. Und mit dem Unglüdstag fimng's an
Das große Herzeleid des Landes. Schiller, Piccolomini 4, 5 Daß
847
fe den Som zur Unglülschat entflammte. Collin. Wie zur Däm⸗
merzeit ein fhwarzer Unglüdsvogel fchreit. Uhland, die Sieges⸗
botihaft. Was Hab’ ich nicht getragen und gelitten im Ddiefer Che:
unglücksvollem Bund. Schiller, Braut von Meifina, Der Diejes
Ungludswort ausiprad. Schiller,
Glücken (von Glück) zu gutem Erfolg oder Nusgang kommen,
wobei man vornehmlich auf die außer unjrer Gewalt ftebenden, dußern
Begebenheiten und limftände ficht, infsfern folche zu dem guten Er-
folg oder Ausgang wirken. — Mißglücken ift das Gegentheil Davon.
— Berunglüden — ſich zum entgegengefeßten nachtheiligen, Ver⸗
ut an fid) tragenden Erfolg oder Ausgang wenden, injofern dies vor-
nehmlich durch Einwirkung außer unferer Gewalt liegender, äußerer
Begebenheiten und Umftände geichieht. — Beglüden — Einen glüd-
lich machen. — Solch ein Rageut es muß euch glüden. Göthe, Fauſt
Boripiel. So hat fichs außgeglüdt. Simpliciifinus 3,7. Miß⸗
glückt es ihnen, je mißglüdt es und. Shafeipeare, König Johann
5, 4. Dod daß der fonft fo fiegenden Gewalt Doolinen zu befingen
mißgeglückt. Alxinger, Doolin 3, 35. Diefe Briefe wurden denen,
für welche fie beftimmt waren, mit abfichtlih verunglüdter Heim«-
lichkeit zugeſtellt. Schiller, Abfall der Niederlande 4. B. Beglüdt,
beglückt, wer die Geliebte findet. Hölty, Geligfeit der Liebenden.
Zu der Mutter will ich dich tragen, eine unbeglüdende Laft! Scil-
ter, Braut von Meſſtna. — Er war der Beglücker und Gejepgeber
von Menichen, die er gerettet hatte, Zunfe. Feuergeborner Erdbe-
gluder Willamev.
Hingen,
(Burzel hrin—g, rin—g; hrie, ric? vgl. altn. hröck = ich werde
gedreht, altn. kringr = Kreis, altilav. krag = Kreis, gr. xelxog,
lat. cireus = Kreis; ital. aringa, franz. harangue.)
Hinge, rang, gerungen, ringen (ahd. rinku, ranc, runkumes,
runkan£r, rinkan und ringan; mhd. ringe, ranc, rungen, gerun-
gen, ringen; agſ. vringen = ausdrüden) mit der Grundbedeutung
winden, drehen; dann mühſam und andauernd in thätlicher Bewegung
gegen Hindernifte fein nach einem Gegenftande. — Er rang ‚die beben-
den Hände. Klopftod, Meifins 6, 114. Ringt nicht die Hände jo!
fill jegt Euch nieder, laßt Euer Herz mich ringen. Shakefpeare,
Hamlet 3, 3. Nach Balmen ringt er, die im Himmel für der Un—
fterblichen Rechte ſproſſen. Klopftod, dem Erlöſer. D Königin, Daß
ih gerungen habe, gexrungen, wie fein Sterblicher noch rang,
iſt —* mein Zeuge. Schiller, Don Karlos 1, 5. (Sie haben) um—
ſenſt den harten Kampf mit der Natur gerungen. Dal. 3, 9
Die Herzogin ringt mit dem Tode. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 12,
Ber friſch umberfpäht mit gefunden Sinnen, auf Gott vertraut und bie
348
en Ran der ringt fich leicht aus jeder Fahr und Noch. Schiller,
Die Synonymen |. hei Fechten S. 148,
Anm. 1. Die Bräteritalform (rung), rungen fiubet fih noch im 18,
Jahrh. Der mit dem Tode runge. Weichmann, Poefle der Niederfahfen 1, 11.
Es rungen die gefhwächten Arme mit Jammer, Unrub, Angit und Tod. Günther,
weltliche Oden und Lieder 45.
Ringe, zingte, geringt (ahd. hringön, ringöun, uhd. ringen,
altu. hrinuga) von Ring ?) gebildet, mit einem Ring umgeben, ver⸗
iehen, wird öfters, beionders in Zuiammenjegungen mit dem obigen
zingen verwechjelt. — Und es ringte fih da ein Häuflein winziger
Inſeln al’ um die Mutterinfel. Sonnenberg.
Umringen (ahd. umbihringan, von be. umbihrinc, mhd. um-
berine = Umkreis) eigentlid) nad) fchw. Gonj. gehend, oft aber (durch
Vermiſchung) zur ftarken gerechnet, heißt eigentlich vingweile, dann
einem rede vergleichbar alljeitig einjchließen. — Er ift faſt umringt.
Söthe, Götz von Berlichingen 3. Da diefer Wonne Strom fie um-
tingte. Klopſtock. Und er kommt, ed umringt üm die jubelnde
Schaar. Schiller, Taucher. Die Arme wirft er um die Schlang und
hält fie feit umrungen. Uhland, der Königsjohn 7. Umrungen
jahn wir uns von beiden Heeren, nicht Hoffnung war zu flegen noch zu
fliehen. Schiller, Jungfrau von Orleans t, 9. Den Mächtigen in feines -
Heeres Mitte, umringt von feinen Zaujenden. Schiller, ‘Piccolomini
5, 1. Doch von Mauern noch umrungen. Grillparzer, Ahnfrau 5.
Umgeben (f. geben) af» oder aud nur mehrfeitig einen Kreis ober
ein dem Kreiſe vergleichbares Aeußeres, dann überhaupt ein Aeußeres um
etwas bilden oder machen. Umzirken (von dem aus lat. circus = runde
Umfangslinte, Kreis, circa — rundum entlehnten ahd. umpicirc, mhd. umbe-
eirkel = Umkreis) ift dem edeln Styl eigen und bedeutet: eine beſonders
alljeitig gleichweit vom Mittelpunct entfernte, wieder in Ach felbit laufende
Linie iu Beziehung auf ein Inneres befchreiben oder bilden, eigentlich wie
figürlich. Umzingeln (von dem ans lat. cingulaum == Gürtel, cingere —
gürten, umgeben, entlehnten mhd. ziogel — enge Umſchließung, Zwinger)
aflfeitig eng einfchliegen, um den Ausgang und freied Bewegen zu beuchmen,
— Nahe umgeben dich die Nebe des Verderbens. Schiller, Walleufteins
Tod 5, 5. Auch die Spangen nicht vergeht, die ſchönen Arme reizend zu
umzirken. Schiller, Braut von Meſſina. Ich lobt' euh, wenn ich end
1) Ring tft ahd., altn., altf., agf. hring(c), mhd. rinc = Kreislinie; dann
freiöfinienfdrmig Gemachtes; von Perfonen gebildete Kreis: nnd Bogenlinie; der
Kreis und Bogen, in weldhem bei Gericht die Urtheilſprecher und Richter ſaßen;
Kreis, in dem die Menge zu irgend einem Jwed ih verfaumelt. Baderuagel
rechnet das Wort mit ringen (= kämpfen) zu einer Wurzel; Weigand hegt
pause dagegen; Graff (U, 528. 1V, 1168) und Diefen bach (goth. Wört
, 237) führen ahd. hringan und ringan = fämpfen, und ahd. hringön, hringjan,
fingön, ringjan = mit Ringen verjehen an. Sind beide Formen urfpränglid
nicht verwandt, fo trat doch fchon fehr frühe eine Vermiſchung ein.
— 88
Gabi in der Mitte fände, von Gans umzirkt umd maenbbraus. Göthe,
Fanſt 1, 212. Man umzingelt fon den Bart. Schiller, Maria Stuart
8, & Limnfer Feldherr iſt umzingelt. Schiller, Jungfrau von Orleans
5, 11. Bon Diamanten glänzen die Miederfpangen und das Band, das ihren
Lilienarm umzingelt. Alginger, Doolin 9, 58, j
Ab—, an—, auf—, aus —, be—, bei—, durch —, empor—,
eut—, entgegen—, er — (5.149), fort—, heraus — hervor — los -,
nach — nieder—, über — wett — zer—, zu — zufammenringen be=
ditrfen feiner weiteren Erklaͤrung. — Die Prieſterin ums abzurin 8 N.
unflürmt uns der Dolopen Schaar. Schiller, Aeneis 2, 75. Sie
ganz allein, die löwenherz'ge Jungfrau, flritt mit dem Wolf und rang
das Lamm ihm ab. Schuler, Jungfrau von Orleans Prolog 3. Das '
Reh zu entflieh’n mit den Füßen is abrang. Voß. Er, ſich felber
— ob auch Verkennende dort anringen und dort, Voß, Dar⸗
ellung. lUnmuthsvoll dann trägt er jein Loos, anringendeg
Geiſtes. Voß, Düpfiee 18, 135. Da ſchauderte durch's 3 die
Kraft, fih aufzuringen. Ziedge, Urania 4. Aber der andere Ber
brecher, ein Jüngling, verführt in der Blüthe, böfes Herzens nicht,
doch bingerifien zur Sünde, rang aus jeinem Elend fih auf, Klop-
Kid, Meſſias 8, 310. Ausgeftritten, ausgerungen iſt der lange,
ſchwere Streit. Schiller, dns Siegesfeſt. Endlih bat fie ausge»
rungen, die. Erlöfungsftunde naht. Ziedge, Urania 3. Nur das
Mägdiein ſei Riemands Schap, bis fie beriugt vom Priefter wird,
Rojegarten. Ihre legten durchrungenen, durchkämpften Zage
n. Je mehr die Geele fih emporringt zu dem Frieden.
Ziedge, Urania 5. Sein Rom ward ibm (dem Brutus) entrungen.
Tiedge, Urania 5. Welches (Blachfeld) der. Fleiß mühſam braufenden
Bogen entrang.. Boß, Das Brautfeft 68. Ein tapferes Häuflein
— entgegenrang. Pyrker, Rudolph 6. Im Sturm erringt
er den Minneſold. Schiller, Wallenſteins Lager 11. Wie der Herbſt⸗
tag klar aus Nebelgedüft ſich hervorringt. Voß, an F. G. Jacobi,
Du ſtreckteſt... indeſſen tauſendmal den losgerungnen Arm' nach
deinem Better. Alxinger, Doolin 6, 72. Und ringt in ſtill verfei-
werten Gefühlen der lieblichen Begleitung nach. Schiller, die Künſtler.
Etlich waren überrungen. Ziturel. Fürder aud) wollen von Tag
zu zu wir erwartend dort um Den Breis wettringen. Voß, Odyſſee
2, . Sie wettrangen. !) Rückert, gel. Ged. 3, 346. Wenn
unjere Kinder mit aͤngſtlichem Blide und mit bebendem Knie, mit bang
jerrungenen Händen gehn und den Gott der Väter in feinem Hei-
ligthum ſuchen. Klopftod, Meffias 3, 314. (Sie) zerfchlug den Bu⸗
2) Eigentlich if wettringen als flarkes Verbum falih. Siehe Grimm
: : 623 und meine Grammati? I, 2. 6. 102 f. Schwache Berba der Art,
aibt es viele. Eine große Zahl hat Tetpel zufammengeftellt in Viehoffs Ars
chiv für den dentichen Unterricht 2. Jahrh. 2. Heft &. 15 f. ’
850
fen und zerrang Die Hand. .. ‚ Xenore. Wenn ein ſehnend
Hoffen dem höchiten Wunfch ſich traulih zugerungen. Göthe, Kauft
2, 7. (Die u den glatten Leib im Reif zufammenringt.
Schiller, Aeneis 2, 83.
Anm. Die Barticivien geftatten no andere Zufammenfegungen: Aber ibt
Herz wird abgeqwält von Arbeit uud Schweiß bartringender Mübfal. Dos,
- Alias 17, 745. Mit Banggerungenen Händen. Klopſtock, Meat. Mit
bangzerrungenen Händen. Daf. Werth der großen Betoßnung... fei der
dauernde Kampf der bimmelringenden Seele! Daf. 10, 954. Bol von Bow
efühlen fampferrungener Uniterblichkeit. Dentfcher Merkur. Bertraut der
J Wahrheit. Voß. Auch dieß iſt Lohn des früherrunge—
nen Zieled. Klopſtock, die Königin Luiſe. Wie dort Pettarch im felsumting-—
ten Thal. Salis, an ein Thal.
Ringer, einer welcher ringt, befonders ringend kämpft. — Hoͤh're
Diele ftärkten da den Ringer. Schiller, Götter Griechenlands. —
od) dem Eros fiegt er ob im beinftellenden Ringerfpiel. Göthe,
Fauſt 2, 232,
Erringung; Errungenſchaft (in der Volksſprache auch bloß
Rungenjchaft) errungene, durch eigne Anftrengung erworbene Gü⸗
ter 2), im Gegenſatz der Erb⸗ oder Stammgüter, des Rehens, der Mit-
ift ꝛc.; befonders heißt jo Das Vermögen, das Eheleute während ihrer
e fi} erworben haben. — Zu Erringung des fchönften Krauzes
der Mufen. Göthe, Meifterd Lehrfahre 3, 9. Die fchöne Harmonie,
die füße Ruhe des befchaulichen Verweilens, die uns einft cme Er⸗
rungenfhaft unjerer Kunftftudien duͤnkte, iſt nicht mehr gewüt⸗
digt. Augsburg. Allg. Zeitung 1847 Nr. 5. | .
Ring ift in feinen verfchiedenen Bedeutungen 5.348 angegeben.
— Alſo ſprach fle und fledte die Ringe nebeneinander. Säle Her⸗
mann und Dorothea 9, 297. Der Kloben, woran Zeus den Ring
der Welt, die fonft in Scherben ging, vorfichtig aufgehangen. Schiller,
bie Weltweifen. Um ihren Raten in Dunkeln Ringen flel das Haar.
Schiller, Jungfrau von Drleans 1, 9. Wollt ihre in ungen Ringen
ruhig tanzen. Shafefpeare, Sommernadhtstraum 2, 1. Wohlan, io
fei der Ring fogleich gebildet. Schiller, Tell 2, 2. Durch den gan-
gen Ring der Meere. Platen. Was den großen Ring (Erdkreis)
wohnt. Schiller, an die Freude. — Eine der Geſtalten feuchtet, wie der
friiye Blumenring, der vom erften Than befeuchtet um Die junge
Tellus hing. Tiedge. In dem Löniglihen Schatze lag ein ungeheurer
goldner Fingerring. Göthe, dieneue Melufine Den Naden amläuft
ein goldener Halsring. Voß. Gleichſam als Ketten und Najenringe,
um die Eitelfeit zu zähmen. J. Paul, Siebenfäs 3. Wenn nuͤr Die
I) In nenefter Zeit bat das Wort „Errungenfdaft“ eine mehrfach erweiterte
Bedeutung angenommen, indem ed Das durch jedes denkbare Mittel, in ftärmifcher
a ag felten durch offenen Aufruhr, und mit roher Gewalt an fich Beriffene
ezeichne
2) Abd. ring dörd ẽrdo, wöralthring.
351
Ohrring’ meine wären! Göthe, Fauſt 1, 143. Noch lange traf der
Bauer, der hinter'm Pfluge ging, auf roſt'ge Degenklingen, Speereifen,
Banzerring. Uhland, die Döffinger Schladht. Ach bin um einen
Siegelring von meinem Großvater gefommen. Shafeipeare, König
Heinrich IV. 1. Thl. 3, 3. Da er den Treuring von Helenen
nahm. Wächter. Sobald der Zauberring an feinem Finger ftedt.
Bieland, Dberon 3, X.
RNeif (goth. räips, ahd. mhd. reif, agf. räp, altn. reip, niederd. röp,
mittelrhein. Volksſprache Raf) urſprünglich fo viel als Seil, dann gefchluns
genes, beſonders kreisgefchlungenes Seil und fofort Kreislinie; daraus ums
ſchließendes zufammen haltendes Band, namentlich wenn es in Kreisform ift; im
Befondern wieder Bloß das runde Band des Ringes ohne die Verzierung. —
Zirkel (mbd. cirkel, lat. circulas, von circus ©. 348) der Kreis, der in
allen feinen Theilen gleichweit vom Mittelpunet entfernt iſt, fteht zuweilen wie
Reif figfrlih von der Krone — (Er) zog ihm vom Finger den Trauring,
nahm den Ring der Mutter darauf und verlobte die Kinder; ſprach: noch
eiumal fei der guidenen Reifen Beſtimmung, fe ein Band zu knüpfen.
Hermann und Dorothen.9, 240. Der Ring maht Ehen, und Ringe find’s,
die eine Kette machen. Bringt Seiner Hoheit dieß Geſchenk (den Derlobungss
ring). Es ift noch feine Kette, bindet mich noch nicht; doch kann ein Reif
draus werden, der mich bindet. Schiller, Maria Stuart 2, 2. Der goldne
Reif der Herrichaft foll fie ſchmücken. Zedlitz, Turturell 2. Mit der fihern
Hand meint er den goldnen Zirkel fchon zu fallen. Schiller, Biccolomini 5, 1.
Rings (ehedem auch gerings), ein genitivifches Adverbium von
Ring, bedeutet in oder nad Kreisumfang. Stärfer und voller iſt
ringsum (ſchwed. omkring). — Ein Schrei des Entſetzens wird
tings gehört. Schiller, Taucher. Don Ddiefem ringsum fteilen
Schloß lafſ' id die Augen ſchweifen. Göthe, das Blümlein Wunder-
ſchön. — Iſt's nicht genug an Dielen flammenden Boten, die ringe
berum auf allen Bergen leuchten? Schiller, Zell 5, 1. Wo eine herrliche
Buche ringsumber ſich freien Raum gehalten hatte. Göthe, Meifters
Banderjahre 1,8. Grillengefchwirr war ringsher. Voß, Luije 1, 125.
Um (ahd. umpi, umbi, mhd. umbe, um, älternhd. umb, altf. umbi,
agf. ymbe, ymb, altfrief. umbe, altn. um, gr. aupl) hat bie räumliche
Grundbedentung einer mehr oder weniger freisförmigen Richtung in Beziehung
eines inneren Gegenſtandes. Herum bezeichnet zunächft In oder nach einer
mehr oder weniger freisartigen, alls oder mehrfeitigen Bewegung oder Rich⸗
tung. Umher bezeichnet zunächſt die im Beziehung zum etwas nach allen oder
mehreren Seiten im Aeußern defielben hinlauiende Richtung. — Sie dreht
am die ſchnurrende Spindel den Faden. Schiller, Glocke. Des ganzen Gaues
Bauern ftehn um den Ort gefchaart. Uhland, die 3 Könige von Heimfen.
So regen fi alle Geftirne mit dir und um dich umher. Göthe, Begen-
wart. In diefem Revier herum, fagen fie, werd’ ich ihn antreffen. Schil⸗
ler, Räuber 3, 2.
2
358
a, —amſel, —anker, —auge (Ratte), —band,
—bauch, —bein (an den Hufen der Pferde), —blume, —
-bord (auf den Schiffen), —bürger, — deich (im Waſſerbau), — droſſel,
—finger, —ſiſch, —gießbeckenband, —gießbeckenmuskel (beide in der
Anatomie), — haken, —horn, —fnorpel (in der Anatomie), — fragen,
— aut, —lerche, —Iuftröhrenband (in der Anatomie), —maß, — marke,
—panzer, —platz, —Ihachtel, —ſchildknorpelband, — ſchildmuskel (beide
in der Anatomie), — ſchwamm, — ſpindel, — ſtock. —tanz, —tau (auf
den Schiffen), —uhr, — weiſe u. a. — Ringartige Narben an
einem Stode. Willdenow. Der Rubin, welcher in feiner Ringfai-
fung ung für fid) fortglänzt. Benzel-Stemau. Wie die Sonne bei
der ringförmigen Finfterniß. % Paul, Titan 21. Sieh! er lehnt
die fchwebenden Planeten ew’gen Ringgangs um die Sonne fliehn.
Schiler, Phantaſie an Laura. (Sie) ergriff ein Ringfäfthen. Göthe,
Meifters Lehrjahre 3, 13. Warum eine ſchöne Hand eine höderige
Ringkugel werden muß. J. Paul, Siebenfäs 3. Hier, wo man,
den Hohlweg durdy die äußern Ringmauern berauflonmend, vor
die eigentlihe Burg gelangt. Göthe, Novelle: das Kind mit dem Lö-
wen. Das Fliehen und Ringrennen des flingenden Tanzes. 5.
Baul. Zum Ringipiel riethet ihr. Göthe, Fauft 2, 268. Lippert
Zeigabdrüde alter Ringfteine, — Hände verſchlinget freudig
zum Ringverein. Göthe, Fauſt 2, 386, R
Ningel (ahd. die ringila = rundes Gebäck und Sonnenblume,
mhd. ringel = Sonnenblume) jowol die Fleinere ringartige Umſaſſung,
Se um die Augen, am Halſe eines Vogels, ald aud) die ringartige
iegung. Davon wol Kringel = rundes Gebäck, Brepel 1), auch
(met Kringen) eine runde Unterlage auf dem Kopfe beim Tragen
(vgl. altn. kringr, kringla = Kreis, neuniederl. kring — Kreis,
Kranz, krink = Kreis, ſchwed. kringla, dän. kringle — rundes
Backwerk, ahd. protrinch, ringila — rundes Backwerk). — Und tanz⸗
ten Ringel nad) des Windes Pfeifen. Shalefpeare, Sommernachté⸗
traum 3, 1. Gräßlid fchaut er (der Drache) umber in Ringel
gedreht um die Felsfluft. Voß, Ilias 22, 95. Wie fi ihr Haar,
mit weichem Riederwallen, in Ioje Ringel jchlingt. Salis, Berenice.
Weil frau wie Rebenringel dein Haupthaar wallt. Boß, der Kuß.
Unter ihm (dem Strobhut) flog in den Wind des dunfelen Haare
Geringel. Voß, Luiſe 1,116. Im Lodengeringel leuchtet hoch
ihm ein Stern. Sonnenberg. Ringel Ringelein Rofenkranz! Voß,
Maid. — Er holte die Kringlen, wie fle gar wurden, heraus.
Goͤthe, ital. Reife Neapel 19. März 1787. Die Sonne malt zitternde
2) Das Wort lautet ahd. pricella, prezita, pre ioß: mhd. brezite, bresi-
telle, hrizelle, breceline — verſchlungenen Armen ähnliches Weizeugebäck, ams
mittelat. bracellus von brachium = Arm, gl. ital, braccialetto, franz. bra-
cclet = Armband.
353
Kringel (runde Schatten der Schüäffel) an die Wand. Chanıiffo, die
Rache. Und bracht! ein großes Gebacknes, Butterfringel im Dorfe
enannt, von dem Thüringer Brezel. Voß, Luije 3 b, 375. Eyn
glein mit eym frengel. Fiſchart, Gargantua S. 441. Sie legte
ihren Kringen zurecht. Göthe, Werther Leiden I, 15. Mai.
Ringeln (ahd. hringilön, mhd. ringeln) 1) mit Ringeln ver
ieben; 2) in Ringel legen; 3) in Ringel fallen, fih krümmen. —
Doch er (der Krug) hielt fich ftät aufdem geringelten Tuch. Göthe,
Alezis und Dora. Da ringelt’d und jchleift es und raufchet und
wirrt. Göthe, Hochzeitlied. Er hatte fein blondes Haar in ſaubern Locken
eringelt. K. Schmidt. Die ringelnde Schlange. Boß. Kurze
en ringelten fi um's zierliche Hälschen. Göthe, röm. Elegien 4.
Anm. Statt des der höheren Sprache angehörenden Wortes Ring und des
minder edeln Ringel, vom Haare gefagt, hat die Dichter» und höhere Umgaugs⸗
ſprache Rode (ahd. der locch, mhd. loc, altf. agf. loc, aftn. lockr, aus ahd.
liuhhao, agf. Iyccan, mhd. liechen = zupfen) eigentlich "ringelärtiger, gleichſam
in ih zufammengelaufener Haarbäfehel; die Volksſprache Krolle (mhd. krülle,
von krüllen — fräufeln) büſchelartig in fi gekrümmt zufammenlaufendes Haar.
Ab—, an—, auf—, aus—, auseinander —, be —, durch —, ein —,
empor—-, ent—, berab—, hinab —, nach —, über—, um —, 3u—,
zuſammenringeln find an ſich klar. — Die Furienſchlangen ringeln
fih zu Locken auf. J-Paul, Siebenkäs 5. Ihr dunkles Haar, na=
türlich aufgeringelt, wallt auf ein fchimmerndes Gewand. Alginger,
Doolin 9, 58. Sobald einer die in der beiten Verzifferungskanzlei
verzogenen Namen der erften Bände des Titan auseinanderringelt.
J. Paul, Titan 9. Da gerade#Eitle die meiften (Ringe) tragen und
die beringelte Hand am meiften bewegen, 3. Paul, Siebenkäs 3.
Belbberingelte vnd vngberingelte Juden. Fiihart, Gargan-
ta ©. 379. Der Jungfrau lockenberingelte Lilienarme. Son⸗
nenberg. Blutig trof ihm das Haar, wie der Huldgöttinnen Gekräu—
jel, ‚fihöngelodt und ae mit Gold und Silber durchringelt.
Voß, Ilias 17, 51. Entringelt auf die Schulter finft die Hälfte
goldner Locken nieder. Bürger, die beiden Liebenden. Wie ein Seil
umringelt den freifenden Wellbaum. Pyrker, Tuniflas 7. Und die
umringelnden Schlangen zurüd vom Geficht ſich werfend. Voß.
Und mit Sonnen umringelte Welten. Sonnenberg. Emlich widelte
der zufammengeringelte Schützenknäul fi) in langen Fäden ab,
$% Raul, Siebentäs 7. |
Anm. * participialer Zuſammenſetzung ſagt Voß: Schlangenumrin—
gelte Schweſtern.
— —bär, —biene, —bohne, —brot (Bretzel), —drof-
jel, —fall, —fliege, —fuß (des Pferdes), —gaus, —gedicht, —fette,
—foralle, —fraut, —kuckuck, —mewe, —molte, —natter, —ode, —per=
fing, —tabe, —raupe, —taupenmotte, —veim, — rennen, —titt, —
(Ritornell in der Mufit), — ſchlange, —ſchote, —ſchwanz, —ſpatz, — ſte⸗
28
—
354
den, —ftehbahn, — ſtock, —ftüd (Rondeau im der Mufll), — vogel,
—walze, —wanze, —weizgen u.a. — Die Ringelblum, die mit der
Scan’ enichläft und weinend mit ihr auffteht. Shakeſpeare, Wintermaͤhr⸗
hen 4, 3. Gefchmüdt mit Edelftein umd einer Reiherfeder fleußt lang
herab ihr braunes Ringelhaar. Alginger. Weit flog an des Nadens
‚Schnee ihr die bräunfihe Ringellode zurüd in den Lüften. Sen-
nenberg. Am goldnen Ringellodenhaar. Bürger, Bruder Grau
tod. Jetzo geftellt an der Pforte der ringellodigen Göttin. Voß,
Odyſſee 10, 320. Unterm Grün, durchftrahlt von Himmelbläue, flo
gen fie den deutihen Ringelreih'n. Hölty, Elegie auf ein Land⸗
mädchen. Bei einem Ringelrennen. Pfeffel, Odoard und Iſabelle.
Kommt! einen A einen Zeenfang! Shafeipeare, Sommer:
nachtstraum 2, 2.. Wie ihn die FZürftin 9 in Lanzen⸗- und Ringel—
fpiel geſehen hatte. Goͤthe, das Kind mit dem Löwen. Junge Bin
Frauen winfen und. beginnen deutihen Ringeltanz. Galis, Herbft-
ied.. Die Ringeltaub’ in dem Ulmbaum gut’. Voß, Luiſe 1, 619.
Rang ') (ahd. rang, mhd. ranc) 1.) urſprünglich etwas ſich Fort⸗
tingendes, davon ein fortfaufender Berghang ; 2) eine Reihe von mehre-
ren neben einander befindlichen Dingen Einer Art, und die Linie, welche
fie bilden; 3) die Range bei den Perrückenmachern, der erfte, "zweite 2c.
Rang im Theater; daher 4) uneigentlich der Grad der Würde und des
Anfehens, welcher fid nad) der Reihe oder Stelle, welche Jemand in
der bürgerlichen Gejellfchaft einnimmt, richtet, 5) die obere Stelle,
als ein Zeichen eines vorzüglidien Ranges in der bürgerlichen Gefell-
haft. Davon (das franzöftich- deutjche) rangieren — den Hung
anmeifen. — Daß id) um den Namen eines tapfern und treuen Nit-
ters gearbeitet habe, nicht um hohe Reichthümer und Rang zu ge-
winnen. Göthe, Göß von. Berlidhingen 4. Ein Mädchen ohne Ver:
mögen und ohne Rang. Leifing. — Sol an erhabenem Sinne der
Heid’ uns nehmen den Borrang? Do, Luiſe 2, 518. Wenn die
Repräjentation nicht mit Leben und Glück arrangirt wird. Götbe,
Briefw. mit Schiller 5, 341. Wenn man fo viel zufammenjchleppt
und nur eine Zeit lang anfteht das Eingebradhte einzurangiren,
fo weiß man bald nicht wo man fid laffen fol. Daf. 4, 133.
Rangihiff, —ſtolz, —ftreit u. a. — Eine folhe Ranger:
böhung aber blieb auf die Jurücgelaffenen nicht ohne Einfluß.
Böthe, Tag⸗ und Jahreshefte 1803. Da begriffen wir leicht, warum
De Rangordnung unferes Senates nad) Baͤnken eingetheilt fei.
Göthe, Leben 1.8. Wo Corgen Rangſucht und Beglänzen
zu einer Prachtliebe reizen, die ſelten wirklichen Reichthum anzeigt.
1) Gehoͤrt das Wort hierher? Schmitthenner rechnet es zur Wurzel
kwa—, lat. gra— (gradi) fortgehen. Mit größerer Wahrſcheinlichkeit denken
Graff (Al, 530) uud Schwend an Zufammenbang mit ringen.
855
—— — — — — —— ——
H. P. Sturz, Bernſtorfs Leben. Rangſüchtige Geſandten. J. Paul,
Eine Rangverordnung Peters I. Geiſt der Journale. Rang-
08, einſam, behauptend den Feld des geferneten Vogels. Baggefen,
Hurtig vertheilte dieſen (Faſan) ein bunter Lakai rangmäßig den
Damen und Herren. Voß.
Hang oder Rangen, der, auch die Range = ein fanft abhängi-
ger Berg, fortlaufender Berghang, gehört mehr der Volksſprache an, -
— Der Rang oder Rangen = Pilod im Schiffe, um welchen das
Ländſeil geichlungen wird, gehört gleichfalls der Volksſprache au. —
Der und die Range = ein langer dünner hoch aufgefchoffener junger
Menſch, ſchwed. rangel. — Die garftigen ſchmutzigen Rangen! Goͤthe,
Reineke Fuchs 11, 275. Ein geiziger, rangiger Filz. Göthe, Wer:
thers Leiden J. 11. Juli. — Der Rang, Rangen, auch Rankkorn
— eine Krankheit der Schweine, ſonſt aub Klamm, Klämme (von
klemmen) genannt,
Anm. Die Range = Sau weibliheg Geſchlechts, fol nah Shwend
berfommen von einem Zeitwort rangen —= laufen, im Niederfächfifchen gebräuch-
fi (mb. rangen, ranken — hin und ber bewegen, dehnen) in der abgeleiteten
Bedeutung herumtoben, lärmen. Dan vgl. damit mhd. rangen — ringen, in
Hamburg rangeln= ringen, fih im Scherze raufen, ſchäkern und agj. engl. rank
= geil. — Stieler führt ein Adj. rang = raub, rob, ftreng an (mbd. findet fich
ranc — ſchmächtig) und leitet davon Range —= bäurifiher, unverfchämter Menſch.
Nenken (mhd. renken, Bräter, rancte, neben rangen, ranken
— hin und her bewegen) mehr in der Zuſammenſetzung mit aus—,
ein—, ent—, ver— gebräuchlich, bedeutet eigentlich Drehen, biegen, hin
und her ziehen, umbiegen. — In welche Verwirrung junge Geifter durch
ſolche Ausgerenkte Magimen, halb verfiandene Gelege und zerplit-
terte Lehren fich verfegt fühlten, läßt fid) wohl deufen, Göthe, Leben 7. 2.
Ich fürchte, mein Schulterblatt ift ausgerenkt, CShafejpeare, Win⸗
termahrchen 4, 2. Entrenfte Schulterblätter! Göthe, (in einem
Gedichte hinter Meifters Wanderjahren), Er tappte hin und wieder,
verrenfte faft die Glieder. Göthe, blinde Kuh, Meine rechte Hand
ft verrenft. Göthe, Zery und Bätely,
Rank, der, (mbd. rance — Biegung, Krümmung, bei Alberus
Rand = ars, argutia, agſ. vrene, ſchott. wrink = Liſt, agl.
bevrencan — überliften) veraltet, gebräuchlich im Plural (Ränke)
bedeutet verftedt angelegte verfnüpfte Kunftgriffe ald Mittel auf einen
abeln Zweck bin. — Ich wil euch lern (lehren) ein fonndern rannd,
Theuerdank, 68, 42. Ausg. v.1517. Wer hält nicht diefen Rand für.
Ausfluht? Lohenftein, Benus. Der in Ränken und Schwänfen und
allen Streichen gewandt war. Göthe, Neinefe Fuchs 5, 90. Auch ich
büßte den Streit und die Ränke feiner Eollegen. Göthe, Hermann
und Dorothea 4, 176. Der Henker hole fie mit ihren Teufels»
ränfen. Us, Sieg des Kiebesgottes 8.
He
356
Liſt (ahd. mhd. agſ. altn. list, aftj. listi, von goth. laisjan — willen)
iſt zunächſt fo viel als Wiſſenſchaft, Kunſt; dann ſcharffinnige Erfindung;
dann künſtlich angelegte Täuſchung zur verborgenen Erreichung eines Jedes,
ed mag nun jene finnreich oder nicht finureich, gut oder böfe fein, im Bes
fondern dieſes Letztere. — Wir müſſen und zur Liſt bequemen. Götbe,
Fauft 1, 136.
Ränkerei; Ränkegeifi, — macher, — ichmied, —-ipieler, — voll.
— Spanien [hit Abgeordnete die Geifter zu eutflammen und Rän-
fereien zu flften. Ungenannter bei Campe. Niedriger Ränkegeift.
Benzel-Sternau. Sagen Sie dem Ränkeſchmied, daß ich ihm das
Haus verbiete. Benzel - Stenau. Der muß denjelben (den Kranz)
ränfevoll erjchleichen. Platen, vom. Dedipus 3.
Hanke, die, hier und da auch der Ranken) bedeutet zunächft:
der (meift gewundene) Schlingfaden eines Gewächſes; danı allgemein
Schlingihößling eines Gewächfes, d. i. ein ſich fortfchlingender, win:
dender fchlanfer Gemäcözweig. Bei den Weinſtock wird ngemeinigfic
die vorhergehenden Jahres durch den Schnitt verfürzte Rebe Ranfe
enannt. Davon das Gerank. — Und ich faßte dus Meffer, Dad
rummgebogene, ſcharfe, trennte fchneidend, und riß Ranfe nah Rans
fen herab. Göthe, Amyntas. Wo dich Die Reb' umwallt mit Ge-
rank und werdenden Zräublein. Voß, Die büßenden Jungfrauen 34.
— Was vielen ward zu Dornenranfen, Hab’ ich zum Rojendia-
den verwoben. PBlaten, rom. Dedipus 4 Ringsum die Epheuran—
fen fchleihen. Uhland, die drei Schlöſſer. Wölbe zur Laub’, o Boie,
der bläulichen Sterngranadille zähes Gerank, aus der Kunit büben-
dem Winterverfchloß. Voß, die Paſſionsblume. NRebengeranf ſinkt
nieder, umhängt von laftenden Zrauben. Voß.
Mebe (oberd. au der Reb, ahd. diu repa, mhd. diu und der rẽbe,
ſchwed. ref, böhm. rywa, wahrfcheinlich eine Rebenform von Reif S. 351)
ift zunächſt jo viel ala Schlingſchößling eines Gewächſes; im Befondern der
Schlingfhößling des Weinſtocks; auch der Weinſtock jelbit. — Daß den Purpur⸗
faft der Neben Bachus in die Echale drückt. Schiller, Gunſt des Augenblickes.
Hanke, der, auch Runke und Runfen — ein übermäßig großes
Stück von irgend einer Sache, namentlid vom Brot, gehört der Volls⸗
ſprache an.
Kanten (in eigentlic, und figürlicher Bedeutung) ift einfach, wie in
der Zufammenfeßung mit an, auf, aus ꝛc. aus Ranke Bar. Ranfeln
ift felten. — Harkla erfchrad, rankt' eng an Heroals männliche Bruft
fih. Sonnenberg. Heronl rankt' ans Herz die Geliebte, Derj. Und
- wie der Baum fih in die Erde ſchlingt mit jeiner Wurzeln Kraft und feit
fich kettet, jo rankt das Edle fi), das Treffliche, mit feinen Thaten an
das Leben an. Schiller, Huldigung der Künfte. Die (Laube) ich mit
paniſcher Kref und hochaufrankendem Kürbis überwölbt. Voß,
ie Freigelaffenen 19. Mir glühn purpurne Trauben an lang aus-
357
rankenden Reben. Voß. Bon Hopfen durchrankt und blühender
Binde. Voß, Die, Kirichenpflüderin 22. Traulich rankt fi die
Reb' empor an dem niedrigen Fenſter. Schiller, Spaperaug. Früchte
fallen ab von den Zweigen, jo die Höhl’ umranken. Tiedge, Ura-
ia 1. Did mit vertraulihen Armen umranken und .enpfinden,
wie nahe du bift. Platen Treue um Treue 1. — Ein Genie verfteht
die Blume, wein fie ſich neigt und den liebevollen Hopfen, der ſich
binanf raufelt. Hippel. -
Nankenbaum, — gewächs, — ſtab, —wurz u. a.; Rankkorn,
— made. — Mit reben- und rankenartigen Gewaͤchſen zu prangen.
Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 12. Das Rankengeweb' um die
granitene Wölbung. Voß. Vom Zrieb der Gottheit, fiche, befchleu-
niget, flieg Ranlenwaldung übergemölbt. Voß.
Anm. Gering Guweilen einfach ring, ahd. rinki, kirinki, uhd. ring,
gering; ringen, geringen) == leicht und von geringem Werth, von niedrigem
Grade, Icheint zu einem andern Stamm zu gehören, vielleicht zu rinnen? Davon
tingern, ge—, verringern. — Hear Abt, ih bin zum Mönche zu ring.
Uhland, Junker Mechberger. Nicht möglich iſt's, mit fo a Haunfhah
feld einen Staatögefangnen zu bewahren. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 6. Des
Baters Erbtheil ringern. Luther, Bibelüberfegung 4. Mof. 36,4. Was die Gicht '
in Zingern möchte ringern. Hüdert, geſ. Ged. 2, 24. Gott geringert die
Hohen. Opitz, Jonas 10. ESoll diefer Troft nicht auch die Qualen eines jüngern,
noch nicht fo mürben Manns verringern? Alxiuger, Doolin 5, I. Glaube,
dein Bahn vergeriugert uns nicht. Lohenſtein, Cleopatra 2, 756.
Singen.
(Wurzel san—g, Sin—g; sag; vgl. lat. sonare — tönen; ſanſtr.
swan = fingen; ſanſkr. sajj = fanmeln.)
Singe, fang, gefungen, fingen (sinku, sanc, sunkume&s,
sunkaner, sinkan und singan; mhd. singe, Sanc, sungen, gesun-
gen, singen; goth. siggvan, agſ. singan, altn. singia, engl. sing,
ſchwed. sjunga) mit der Grumdbedeutung lefen, d. i. Schriftlaute
jaumeln; dann das Gelefene herſagen (recitieren), erzählen; dann
1) Zöne mit erhöhter Stimme hören laſſen, etwas durch Gefang aus:
drücken, durch Gejang preijen; 2) (übertragen) einen feinen Laut vou
fih geben, von Dingen gejagt, die feine Stimme haben: der Topf,
die Kugel fingt; 3) Wörter und Syiben mit gedehntem, hell tönendem
Laute ausſprechen; 4) Dichten. — Singen, jetzt, in diefer Angft
der ſchwer beladenen Seele, vor ihm fingen! Schiller, Wallenſteins
Tod 3, 3. Sing’, unfterblihe Seele, der fündigen Menjchen Erlö-
fung. Klopftod, Meifias 1, 1. Melde mir, Sionitin, das Lied, dus
die Engel jeßt jangen. Daf. 1, 344. Die Vögel in der Luft und
der Hirt auf dem Felde fingen ihr Entzüden. Geßner, Ihn (Gott)
jingt das Thal, ihn fingt der Hain. Tiedge. Noch einmal fingt
die goldne Leier den grimmen Krieg, der Liebe füße Qual. Kojegarten.
358
Wir fingen und fagen 1) vom Grafen fo gern, der bier in dem
Scyloffe gehaniet. Söthe, Hochzeitlied. Wir haben mehr anakreon⸗
tifche Dichter als ihn, wenn wir das Alles Anafreontifch nennen, was
von Liebe und Wein finget. Herder.
Anm. Die alten Bräteritalformen (jung), [ungen baben fi lange erhal⸗
ten: Sie fungen. Fiſchart, Gargantua ©. 158. Die Mufen itimmten drauf die
Sayten, und fungen dir, befcheiduer Freund! Günther, weltl. Oden 11. Sie
fungen voll zufriedner Kult. Uz, an Gleim. Worauf im Augenblick fo Berg
als Thal erklungen, weil Groß und Klein mit hellem Halfe ſungen. Weich⸗
mann, Poefie der Niederſachſen 1, 81. Ob fie mit taufend Zungen fünge. Dal.
2, 108. Was die Väter fungen, das zwitfchern die Zungen. Göthe, M. Tiſch⸗
beins Idyllen 7, Demnad fo hatt! er, Ärade als ihm die Ohren ſungen, mit
feiner MRitterfchaft zu Pferde fich gefhwungen. Wieland, Oberon 3, 48.
Ab—, an—, auf—, aus —, be—, bei—, duch— , ein —,
empor—, entgegen—, er—, fort —, heim —, her —, herab —, her⸗
an—, herauf —, beraus—, herein —, herüber—, herum —, ber-
unter —, hin —, hinab —, hinan —, hinanf —, hinaus —, hinein —,
hinüber —, lob— 2), mit —, nah— , nieder —, über—, um—,
ver —, vor —, voran —, weg —, zu —, zurück —, zufammenfingen
ſind an ſich klar, aber nicht alle gleich gebräuchlich — Wenn aber
die guten Leute... Billets abſingen, die fie erhalten. Göthe,
über Wahrheit und Wahrfcheinfichfeit der Kunſtwerke. Wenn du das
Lied abjängft. Voß, die Kirichenpflüderin 54. Die Vögel riefen
und fangen ung an. Göthe, der neue Paris. Angefungen von
der Singihule der Mufen. 3. Paul, Titan 9. Da horchte fief, aus
feinen Felſenhoͤhlen, der aufgefungne Menfchenfinn hervor, Tiedge,
Urania 3. Hätteft fchon die Aufträg’ ausgefungen? Voß, an
au, Wenn die Beiper ausgejungen, werd’ id euern Wunſch
der Abbatiſſin melden, PBlaten, die Abbaifiden 8 So darf id), ob⸗
wohl mit der bebenden Stimme eines Sterblichen, doch den Gott-
verföhner befingen. Klopftod, Meſſtas 1, 15. Nun hätt’ ich vor
Ungeduld alle meine Lieder zweimal durchgeſungen. Göthe, Die
Fiſcherin. Er ſchlaͤft! So recht, ihr Iuft’gen zarten Jungen! Ihr
habt ihn trefflich eingefungen. Göthe, Fauft 1, 77. Als endlich
Ehariton den Säugling mit einem eiligern Tautern Wiegenliede ein-
fang. 3. Paul, Zitan 43. Wo Lehrer noch ihre Beioldung ein=
fingen (d, h. durch Singen verdienen) müſſen. Dolz. Die Erd’ im
Sternenchor flieg auf, und fang empor, dir, o Bater! Voß,
Pfingitlied. Wenn mein erfungner Ruhm... nun aud) verweht
it, Klopftod, an Fanny. Ob es Wandrer fortgefungen, ob es
Winde hingetragen. Uhland, Don Maſſias. Drum fingt ihn heim,
1) Diefe alliterierenden Worte wurden im Mhd. gewöhnlid verbunden, um
Igrifche und epifche Poefie und ihren Bortrag zu bezeichnen. Bol. darüber befon:
ders 8. Lahmanns Abhandlung.
2) Siehe die Note S. 349. Be giengen folche Verba nach der ſchwachen
angon.
Eoningation, 3. B. ahd. wunnis
J
Shaffpeare, fo wie es euch gefällt 4, 2. Unterm. Getös geſpaltner
(fie hatten Donner lege dumpfer, entheiligter Harfen, verftinmt
zı den Zönen des Zodes, jangen fies ber. Klopſtock, Meſſias
2, 408. So wär’ es wahr, dab Dich theffalifche Frauen, tn freoiend
magiichem Bertrauen von deinem Pferd herabgejungen? Göthe,
Fauſt 2, 153. Scäße, jcheiternd bier verfchlungen, habt ihr uns
berangefungen? Göthe, Fauſt 2, 159. Golgatha's biutiger,
beilerfüllter, ewiger Altar!- Sangen am Nebo die Engel heranf.
Klopfiod, Meifias 11, 896. Preifen will ich deinen herrlichen Na⸗
men, lobjingen, lobfingen deinen berrlichen Namen! Klopftod,
Glückſeligkeit Aller. Sie nahe lobſingend. Voß, die etneuete
Menſchheit. Lobſingt durch aller Himmel Ferne! Voß, die Sterne.
Und fingt den Rundreim kräftig mit! Göthe, Zauft 1, 108.
Bon Gottes höherem Frieden fang ein Laut dem anderen Laute, der
leiſer es nachſang. Klopſtock, Meſſias 12, 643. Worin (in wel⸗
her Elegie) ein an der Liebe verfallender Edler ſich ſelber nieder-
jang. 3. Paul, Siebeufäs 3. Daß der Hirt Thyrfis, von dem
Hirten Coridon überfungen, fid) vergeblich bemühet. Valentin.
Mit Hymnen zu umjingen. Göthe, Epimetheus 2,8. Umfungen
von freudigen Kindern. J. Paul. Dieſe Lyra, die mir hier jo man»
hen Schmerz verfang. Herder. Die Zeit der Einfamkeit ver-
fingen. Herder. Hat er nicht schon den himmliſchen Hörern den
Namen Amalia vorgejungen? Schiller, Räuber 2, 2. Ihr vor-
zujingen den Eulengefang. Schiller, Kabale und Liebe 3, 6. Das
ſchöne Mädchen ſingt uns vor. Voß, Weihe der Schönheit. Sie
(die Barden) rauſchen in den Harfen und fingen mit uns den Rö—⸗
mern Verwünſchungen zu. Klopftod, Hermanns Schlacht 2. Oder
umjonft Einjchläfrungen ihm und Seligkeit zuſingt. Klopftod, Meſ⸗
fia3 12, 32. Singt uns deutichen Stun und deutfche Herzen, fingt
uns Würd’ und innern Muth zur ück. Münchaufen. Die Schiffer
jangen ihnen frohe Lieder zuräd. % Paul. Karl und ich haben’
(das Lied) oft zufammen zur Laute gefungen. Schiller, Räuber 2, 2,
Aum. Anfingen Einen = ihm zu Ehren, oder um eine milde Gabe zu
erhalten, ihm etwas vorfingen. Dies nefdieht noch bier und da auf dem Lande,
befonders zur Adventzeit, am bi. 3 Königstage zc., wo Ärmere Perfonen vor den
Hänfern geiitlihe Lieder fingen, fo auch das Neujahr anfingen. — Befingen
einen Altar = Meſſe darauf Iefen; befingen einen Beritorbenen oder die Bes
fingutB balten für einen Verſtorbenen, gehören der früheren Sprache an,
waren aber im 17. Zahrb. noch gebräudlich.
Singeln, nicht ſehr gebräuchlich, hat den Nebenbegriff des Klein⸗
lihen, Berächtlihen. — Was fingelt ihr und Elingelt im Sonetto,
Voß, Klingionate.
Singer (ahd. singäri, mhd. singære, singer) 1) eine Perſon
die fingt; 2) der Cbejonders Iyrifche) Bichter In beiden Bedeutungen
ſteht jet lieber Sänger (ahd. sangäri, saugäre, mhd. senger.)
Daven Singerin (ahd. singarin, mhd. singerin) und Sängerin
(ahd. singa, sangera, sangarin, mhd. sengerin); Singung, Ab-
fingung. — Muntre Singer bier und Sprecher reichen ſich den
Hirtenbeher. Voß, Abgeichiedenheit. Der und das Lied gejungen
bat, der war ein frommer Singer. Voß, Nachgeſang. anens
bieß fie daher, die Singerin, Voß. Ahr Keinen frohen Sän=
er, wie lieblidy tönt euer Lied von hoher Bäume Wipfeln! Geßner.
rum fol der Sänger mit dem König gehen, fie beide wohnen
auf der Menfchheit Höhen! Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 2.
Die Sängerinnen und Sänger weineten ihr. Klopſtock, Meſ—⸗
las 11, 958. — Wie Sie, um nur einigermaßen leben zu können,
Ihr Herz an einen herumziehenden Bänkeljänger!)... hängen
mußte. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 11. Der Morgenjänger,
der Lobfänger Gottes in der ganzen lebenden erwachenden Natur,
das .ift der Dichter der Schöpfung. Herder. Sie ift als Hofjänge-
rin angenommen. Göthe, Briefwechfel mit Schiller 3, 17. Wollten
ihn zum Meifterfänger weihn. Göthe, H. Sachs. Die Min-
nefänger lagen zu weit von und ab, Göthe, Leben 18 B. —
Rah Abfingung der wenigen Worte. Klopftod, Gelehrtenrepublik.
Single)bar, —baß, — dor, —droffel, —fliege, —fuge cin
der Tonkunſt), —gediht, —lehrer, —leiter, —meilter, —mefle,
— müde, — note, —pult, —faite (auf einer Geige), —ſatz (im Der
Muſik), — ſchauſpiel, —ſchnake, —ihüler, — ſchwan, —ſpiel, — ſtimme,
—ſtück, —ſtunde, —weife, —zeit (Zeit des feierlichen, pfarrlichen
Gottesdienſtes) u. a. — Uebrigens iſt die eine von den Körneriſchen
Melodien recht fingbar. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 114. Un—
befingbare Luft. Klopftod, die künftige Geliebte. Auch gar mans
chen fchon vorhandenen (Dperntert) zu befierer Singbarfeit auszu—⸗
ichreiben. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1791. Herr König, glaubet
ihr, daß dieß der Singkunſt frommt? Alxinger, Doolin 10, 14.
Angefungen von der Singſchule der Muſen. % Paul, Zitau 9.
Ich höre ein Gejchrei eines Singetanzes. Ruther, Bibelüberfeßung
2. Moſ. 32, 18. Wenn Freude zur Sklavin gemacht wird, fo ftirbt
fie in Ketten, wie Der jonft freie Singvogel im Käfig. Benzel⸗
Sternau. Anton Ulrichs, Herzog von olfenbättel, riftfürftliches
Davids-Harfenipiel mit Singweiſen, erfhien zu Nürnberg 1667.
Die umb jingzeit ir gotshaus haimſuchent. Urbunde von 1447 bei
Schmeller 3, 2772. Unter Singenszeit fol niemand im Wirths⸗
hans ſeyn. Amberger Stadtrecht dai.
. Singergeift jagt Voß (der deutſche Gejang): Fröhlich Lüftete
1) Einer, der auf den Gajjen oder an öifentlichen Orten allerlei abentener-
liche Gefchichten abfingt und dabei, um befjer gehört und gefehen zu werden, auf
eine Erhoͤhnng (eine Bauk, ein Bänkelein) fih ſtellt; dann überhaupt ein
ichlechter Dichter, ein Reimer.
861
wm altender Moderduft rings auf heimijcher Zur jeglicher Singer:
geift.
Sängerchor, u. a. Vielgeehrt m Sängerchore war Rudello's
wertber Name.. Welch ein edle Sängerorden! Uhland, Rus
delle. Kein Traum von Sängerewigleit umganfelt meinen Sinn.
Giſelke. Doch vor dem hohen Zhore, da hält der Sängergreis..
Einft z0g nad) dieſem Schloffe ein edled8 Sängerpaar... Du Fluch
des Sängerthbums! Ubhland, des Sängers Fluch. Sänger:
liebe, tief und fchmerzlih. Ubland, Sängerliebe. Wohl ift e8 dus,
uf Sängertreu! Alxinger, Doolin 10, 20.
Gefinge drückt ein wiederhoftes, anhaltendes Singen aus, wie
ehedem im guten Sinne das Geſäng, gehört nhd. der niedern Sprech⸗
art an und bezeichnet das Singen in der Wiederholung als befchwer-
lid) oder auch ald ungut. Singſaug!) erwedt den Gedanken an
einen jchlechten, ungeregelten, mißfälligen .. — Und da e8 mit
dem Gejinge nicht fort wollte. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Das
wird ein jämmerlihes Geſinge geben. Wieland, Ueberjeßung Lu⸗
cinas 2, 380. Singſang flingt. Voß, Klingionate Wenn id)
des Hämmlings Singjang nicht, wie die Taranteltänze haffe! Seume.
Sang (ahd. mhd. Das sanc, minder gebräuchlich) das kasank,
gesanc) nur noch dichteriich altertbümlic, mehr in der Zufammen-
ſetzung gebraucht, und Geſang bezeichnen eigentlich die Handlung des
Singens und (übertragen) des Singbardichtend; dann allgemein was
gejungen wird, auch das zufammenhängende Zönen der Vögel; im Be-
jondern iſt Geſang = fingbares Gedicht, oder wenigftens ein Ge⸗
dicht der Art, wie man fie früher wirklich zu fingen pflegte; dann
auch größere Abtheilung einer großen Dichtung. — Ariel bewegt den
Sang in hinmliſch reinen Tönen. Göthe, Fauſt 1, 223. Ha! du
jollteft Jubel hören, hören Sang und enge Bürger, Nacht:
feier der Venus 2. Himmliih tönt geweihter Dichter Sang. 9.
W. v. Schlegel. — Der Stimme jeelenvolles Spiel entfaltete fi) zum
Gefange. Schiller, die Künftler. Das frei Geläuf’ und offenen Ge—
fang dem neuen Glauben fihert. Schiller, Piccolomini 4, 5. Wo
das Waldhbon mit Gejang ball. Voß, die Jägerin. Ihr foll’s
danfen, fie höre den Gejang janfter Zlöten. Geßner.
Lied (ahd. liod, mbd liet, fränf. löud, agf. löodh, altn. liodh, mittels
lat. leudus, engl. lid, niederf. leed; goth. liuthon, ahd. liudön — fingen)
ift eigentlich fo viel als Singgedicht, auch wenn es nur ehedem gefungen zu
werden pflegte, wie die alten Heldengedichte, 3. B. das Nibelungenlied; im
Befondern it Lied — Iyrifhes (zum mufifalifchen Vortrage vermittelit der
Stimme beftimmtes) Gedicht, oder, nad wiflenichaftlichem Begriffe, ein Er⸗
1) Das Unedle klebt den in andern Bocalen wiederholenden und nicht ohne
niedrigkomiſchen Anitrich geichaffenen Klangzuſammenſetzungen an, 3. B. Schnick⸗
ihuad, Wiſchewaſche, Klingklang n. a. Bol. Grimm'l, 1,561 5. 8.9.
36%
zengniß der dichterifchen Selbfinarftellung des Geiſtes in feiner gemüthlichen
Lebensform; in weiterem Sinne auch das zuiammenbängende Getdn derjent⸗
aen Thiere, von welchen man fagt, daß fie fingen; in Augfier Bedentung If
Lied — der mufllalifchdichteriiche Erguß in geiftigindividueller Gemätböftim-
mung der Gegenwart, in welde fi felbft das Bergangene als Element des
Liedes verfepen muß.!) — Ad, wie traurig fieht in Lettern, ſchwarz auf
weiß, das Lied mich an, das aus deinem Mund vergdtrern, das ein Herz
jerreißen kann. Böthe, an Lina. Verfließet, vielgeliebte Lieder, zum Meere
der Bergefienheit! Göthe, am Fluſſe. Das Lied der Nactiaaflen tönt nid:
in feinen (des Grabes) Schoß. Salts, das Grab.
Die Sange (ahd. sanka, mhd. sange) = Büihel, Bündel,
Strauß, bejonders Nehren, von jingen == ſammeln, it jept veraltet,
findet fid) noch oft in Luthers Bibelüberiegung, 3. B. Boas legte der
Ruth Sangen vor. Ruth 2, 14. Davon in der Volksſprache ſän⸗
geln = ehren leien.
Bor--, Erntefang u. a.; Ab—, An— , Abendgefang u. a.
— Bir franztragendes Paar, das merke dir! jingen den Vorſang.
Boß, die Freigelafienen 140. Bis, vom Mond beichinmert, rings die
Stoppel flimmert, tönt der Erntefang. Hölty, Emtelied. Wie Bie-
nenfang. Bürger, Abendphantafiee Freiheitsſang alldeutſcher
Tugend. Voß. Kein Lerchenſang. Uhland, Geifterleben. Lauter
als Menihenfang fchallet e8 weit. Göthe, Pandora. In den
Zhalen der Provence it der Minnefang entiprofien. Uhland, Ru-
delle. Wie hier ringsum Luft und Wipfel voll Morgenfang. Her:
der. Kommt! einen Ringel, einen Feenſang! Shalfpeare, Som⸗
mernadhtötraum 2, 2. Die der Erde nicht gehören, beb mit Schwa-
nenfang empor. Salis, Gefang an die Harmonie, Da figt fie hier
mit Todtenfang an dieſem ftillen Ort. Ungenannter bei Campe.
Bei Trauerfang und Klang. Bürger, Bruder Graurod. Man
hört die Luft von Vogelſang erihallen. Wieland, Oberon 10, 20.
— Gie zogen mit Angefang und Antwort. Göthe, St. Rochusfeſt.
Jetzo ftört nur etwa der Nachtigall Abendgeſang mich, etwa der
Morgengeiang äbender Scwalben am Sims. Voß. (E8) ftieg
nun ihr Glück mit unferm Abichiedsgejang Zhümme. Was
horcheft Du unter dem weitverbreiteten Flügel der Nacht‘ dem fernen
fterbenden Widerhalle des Bardengefanges? Klopftod, der Hügel
und der Hain. Dann der Hömer Schall nad) altem Brautgejan-
I) Die neuere Aeithetil gibt als Arten des Xiedes (in weiten Sinne den
Wortes) an: bie Elegie (gr. dAryeia) Trauers oder Klagediht zu muflkaliichem
Vortrage; Ode (gr. 067) mufttalilhdichterifcher fhwungvoller Erauß des Erbabes
nen oder der Jdeen; Hymne (gr. vuvos) erhabeniyrifches Gedicht ſchwungvoller
religidjer Begeiiterung; Pfalm (ar..Yaruos) muflfaliichdichterifcher Erguß voll
bödyiter Gottbegeifterung; Dit hy rambe (ar. dudroaudos) fchwungvolles Inrifches
Gedicht auf den Bein oder den Gott des Weines (Bacchus) von wilden Tanmel
fühnfter Begeitterung.
363
gestritt. Klopftod‘, die Kunft Tialfe. Ein allgemeiner Chorgeiang
eriholl. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 1. Ich böre Ehriiten-
geiang. Klopfiod, die Chöre. Es kommen darin vortrefflihe Drei—
aelänge vor. Campe. Ihr vorzufingen den Eulengefang. Scil-
ler, Kabale und Liebe 3, 6. Sei mir gelegnet im Zeiergejange!
Ehr. Stollberg. Komm wieder (Friede), wo dein jüßer Feldgefang
von berdvollen Hügeln und aus Weinbeerhütten und unter Komaltä-
ven flang. Ramler. Begonnen hab’ ich einen Feſtgeſang. Uhland,
die jterbenden. Helden. Zum Tanze gewandt und Freudengefange,
Voß. Und all dein Leben jei ein Frohgefang! Herder. Gunilde,
du Befreite, fingft mir den Grabgejang. Uhland, der blinde König,
Wilft du zu Strophen werden, o Haingejang? Klopftod, Wingolf 1.
Bald diefer bald jener Freund ließ in declamatorifhem Halbgefange
eine Klopſtockiſche Ode ertönen. Göthe, Leben 12. B. Die den deut-
ihen Heldengejängen fanfte Rhytmosbewegung oft zur Gefährtin
gab. Klopſtock, an ©. Zigno. Denen die Muſen lieblich tönende
Stimmen gaben zum Hirtengeiang. Ar. Stollberg. Darum firömt
in vollern Wogen deuticher Barden Hochgeſang. Schiller, Die deutſche
Muſe. Das iſt Adams Hocdzeitgefang. Herder. Und mifchte den .
Donner in den Höllengejang. Sonnenberg. Zu lauten Roſſes⸗
hufen ertönte Kampfgefang. Juſti. Du hobſt bald Keltergefang
m. Voß. Horb! tönt es nicht von ferne bald dumpf, wie Klag-
ef ang?. K. F. Günther, der alte Geiger. Daß unbelohnt, ver-
chmaäht, Deutichlands Genius altgriechiichen Kraftgefang zur un—
böfichen Harf erhebt. Voß, an J. Andre. Kriegsgefänge dichten,
Döttiger. Sänger fangen den Leidgeſang. Meyer, Unter Lerchen⸗
gei ange ftreuten wir munter die Saaten. ‚Herder. Zuletzt ward er (der
Reim) injonderheit in den lateinifchen Liebesgefängen fo überfließend
grand, als ihn wol fein Araber gebraucht hat. Herder, Beginnt den
obgeſang! Bürger, Nachtfeier der Venus 3. Da war mein Leben
Luſtgeſang, Uhland, mein Gefang Schal, o Maigefang, er-
halle! Bürger, Nachtfeier der Venus 3. Schon wirbelt die Schwalbe
den Morgengefang. Bürger, Lenardo und Blandine, Nach dem
göttlihen Maß des herrlihiten Mufengefanges, Göthe, Achilleis,
Des Wächters Hom und Rachtgeſang hat nie mein Ohr gehöret. Bür-
ger, das harte Mädchen. Ich bilde mir ein Bild jenes feurigen Natur>
geiangs, Klopitod, der Hügel und der Hain. Da nach Sion zurüd
des Preisgeianges Triumph kam. Klopftod, Meſſias 15, 1268,
Ehabener erfcholl von den Balmen um Phiala doch ihm aud) Prophe⸗
tengejang. Klopftod, Aganippe und Phiala. Die Adler fingen den
Rahegejang. Klopftod, Hermannsſchlacht 4. Zlinf, wie desReihen-
gei angs ſchmucke Zigeunerin hüpft. Voß. Und Weib und Kind im
undgejang beim Walzer und beim Becherklang Iuftfeiern unjer
Glück. Schiller, Eberhard der Greiner. Eil’ hinauf und fordre
364
Schlachtgeſang! Klopftod, Hermannsichlacht 6. Solch ein Zauber:
bild in der Seele eines Morgenländers mußte unfer Schöpfungs-
gejang fein. Herder Dann wirbelt heller Siegesgelang ihm
nad. Denis. Da fang der Laute Silbergejang. Klopftod, Sponda.
Denn von Neuem begannen der Sterbegejang und die Thränen.
Klopftod, Meſſias 12, 136. Komm mit demem Sühngejange,
Himmelstochter, Harmonie! Salis, an die Harmonie. (Er)ift Tenpel-
geſang mir. Klopftod, Meifins 12, 345. Das Zeitalter der leben-
digen Thatengefänge. Herder. Wohlauf, fürget den Thränen-
gefang! Herder. Dann miſch' idy fühner unter den Throngejang
des Menjchen Stimme. Klopftod, dem Erloͤſer. Und es begann ihr
Zodtengefang. Klopftod, Meſſias 12, 106. Da hob, aufblidend,
der Briefter den — ang au. Pyrker, Tuniſias 11. Trommel⸗
wirbel, Pfeifenklang ſtimmen ſchon Triumphgeſang. Schiller, die
Schlacht. (Der Hirte) verbreitet früh ſchon durch die Auen heitern
Vorgeſang mittägiger Heimchen. Gothe, Pandora. Im Dickicht
ſchallt der Broffel Waldgefang Salis, an ein Thal. In das
wilde Zeit der Freuden mifchten fie den Wehgefung. Schiller, das
. Siegesfeft. Stimmet an den Weihgeſang. Bürger, Rachtfeier der
Venus 2. Das Lullen unjrer Kinder drang oft, gleich der Lerche Ju⸗
belichlage, in unſern froben Weltgefang. Pfeffel. Die Sonne
tönt nach alter Weile in Bruderjphären Wettgefaug. Göthe, Fauſt
Prolog. Ich brauhe Wiegengeſang. Göthe, Werthers Leiden 1,
"13. Mai. (If) nicht im Thale des Todes Wonnegefang? Klep-
tod. Laß fliegen, o Schatten, deinen Zaubergejang den mädhtigften
Flug. Klopftod, der Hügel und der Hain. Nach kurzem Bedenfen
ertönte fogleich ein freudiger, dem Wanderfchritt angemeffener Zwei-
gefang. Göthe, Meilters Wanderjahre 3, 1. Kaum hatte dieſer
Smisgei ang fi zum Ende geneigt. Daſ.
angboden, — dichtart (Iyrifche Poeſie), — dichter, —droſſel,
—fink, —gedicht, —herd (bei den Vogelftellern), —lerche, —meifter,
— rede (Recitativ), —ihwalbe, —ſpiel, —ſtändchen, —vogel u. a.;
Geſangdroſſel, —fhwalbe, —vogel u. a. — Ein invalides Kla»
vier, deſſen Sangboden nicht fo oft als jein Saitenbezug gefprungen
war. J. Paul, Heiperus 4. Ihr hättet nicht fo ſangreich mich ger
funden. Shafejpeare, Maß für Mag 4, 1. Ejchelbach berühret in dem
Sangftreite mit Klingſor die Fabel von diefem König. Höfer. Die
große ungerftörbare Leier des Weltalld, die Die Sungweijen der
Simmel jtimmt. Herder. So ließ ich auch das Ebersdorfer Gejang-
buch bei mir liegen. Göthe, Belenntniffe einer fchönen Seele. Alt⸗
italiihe Gefanggdättinnen Voß. Gleims tonreihe Gejang-
beiferin (Xeier). Voß. Zönft, üppiger Launen voll, deinen alten
Geſangherrn oft aus Tieblihem Morgentraum. Voß. Muß id
allein denn ftumm und geſanglos fein? Herder. Entferne den ra-
365
jenden Krieg von umfern friedieligen Hätten und Diefer gejangrei-
hen Flur. Blumauer. Gejangrichter. FZiichart, Gargantua ©. 189,
Der Inbegriff aller Geſangweiſen. Herder.
Sengen (mhd. sengen und hesengen, ahd. bisen:’an aus
sangjan) eigentlich Fniftern, fingen maden; dann 1) von der Hitze au
feiner Oberfläche verbrannt werden; 2) die haarigen oder haarähnlichen
Zbeile auf der Oberfläche eines Körpers abbrennen, auch allgemeiner
niederbrennen, von Gebäuden 2c. gejagt; 3) (in weiterer Bedeutung)
au von der Sonne (ja jogar von Der Kälte) verbrennen und Dürr
und gelb machen- (und werden). — (Ich) fühlte mit Milch den Durft
in Des Mittans jengender Schwüle. Salis, Elegie an die Ruhe.
Glück zu dem Meijter unter euch, der am wildelten fengt, am gräß-
fihften mordet. Schiller, Räuber 1, 3 Die Grille und die Heu-
ihredfe zwoiticherten unter dem Schatten der Blätter im geiengten
Graſe. Geßner. Möge dann nie im Lenze der Froft anfependes Obft
dir jengen, und nie Sturmwinde die blühenden Bäume zerjchütteln.
Voß. Nicht vom Fältenden Schnee werde die Pflanze gefengt. Voß.
— Ausgejengt von verderblichen Xeidenichaften. Koſegarten. Wo
Hpperions Rad die reife Saat abjengt. Lohenftein, Venus. Das
du alſo befenget (verf.) bit. H. Sachs. Der reiff verjängt die
jaat, Lohenftein. Meine flile Zugend am Lichte der Bewunderung
zu verfengen. Schiller, Kabale und Liebe 2, 3. Er (der Mantel)
ft verjengt. Leſſing, Nathan der Weile 2, 5. War mein Zelt voll
des herrlichften Geruch gebratenen und verjengten Schweinefettes.
Böthe, Campagne in Franfreih 1. Det. An welchem Zenfter erblick
ih einft das holde Geſchöpf, das' mich verjengend erquidt? Göthe,
töm. Elegieen 1. Um wie anı feinften engliihen Tuche jede Kleine
falſche Faſer weggufcheeren und wegzufengen. 3. Baul, Siebenfäg 3.
Anm. 1. Die Nägeriprache fagt: Die Bhgel haben ſich verjenget — vers
maufet. Siehe Henpes „wohlredender Jäger”. 2.9. Regensburg 1779. S. 383.
Yum. 2. Bei den Ortsnamen Singbofen, Singolding u. a. könnte
die erite Sylbe wol aus altf. sink, anf. since = Haufe erklärt werden; befier
dent man vielleicht an irgend ein Sammeln, das an diefen Orten Statt gefnu⸗
ven. Doc fünnen anch beide Begriffe verwandt fein.
Springen.
(Wurzel: spran—g, sprin—g; spric ?)
Springe, ſprang, geiprungen, fpringen (ahd. sprinku,
spranc, sprunkumäs, sprunkanfr, sprink(g)an, aud) ſchwach spran-
kön; mhd. springe, spranc, sprungen, gesprungen, springen; agſ.
spring(c)an; altn. springa — zeripringen, spranga — überfpringen,
überfteigen) urſprünglich wol fih in jchnellem Bruch auseinander
geben (vgl Urjprung); dann zum Wachsthum herporbrechen (mittel-
niederl. springhen), weil das, woraus etwas hervorquillt oder hervor:
866
fprießt, auseinander fährt; uhd. 1) ſchnell ausemanderfahren, von feften
Körpern gejagt (1. S. 51); 9) vermittelt eines Schwunges der Füße
fi jchnell vom Boden emporheben, auch wenn diefes Sichemporheben
mit fchnellem Fortbewegen gefchieht; 3) (von flüffigen Körpern) durch
Druck fchnell und in einem Strahle aus einer Deffnung getrieben und
bewegt werden; 4) (in uneigentliher Bedeutung) in verjchiedenen
Redensarten: aus der Haut fpringen u. a.; 5) (Bollsiprache, bier
und da auch fprengen) befpringen, d. i. befruchten, von Stieren
und Hengiten in Bezug auf Kühe und Stuten gefagt. — Bin id
derjelbe denn nicht mehr, dem bier fonft alle Thüren jprangen?
Schiller, Don Karlos 4, 32. Doc nicht für möglidy acht' ich's, jo
gar fteil geht's (das Zelfenriff) an, vom Schiff es jpringend ab-
ureihen. Schiller, Zell 4, 1. Wenn, verjprigt auf dieſem Todes⸗
* hoch mein Blut vom Rumpfe ſpringt. Schiller, die Kindes⸗
moͤrderin. Muthig ſprang er im Gewühle der Menſchen, wie auf
Gebirgen ein jugendlich Sich. Schiller, Leichenphantaſie. Weile Blaſen
feh’ ic) fpringen. Schiller, Glode. Dem Bater gleiche der Sohn
wie aus den Augen gefprungen. Thümmel.
Häpfen (i. heben) mir Schnellung fleif gehaltener Füße kurz fpringen;
Aberhaupt in fteifer Haltung kurz zur Höhe gefchuellt fih bewegen. — Ber:
ften und plagen f. ©. 51. — Mild, wie... Florens Sohn über das Bins
menfeld hüpft. Schiller, Xeichenpbantafle. Als wär’ die Erde mitten ent⸗
zwei geborften und der Himmel zerplagt. Schiller, Räuber 2, 3.
Aum. Die älteren Präteritalformen (fytung), fprungen baben fi 6
ins 18. Jahrh. erhalten. Er fvrunge Fiſchart, Gargantua ©. 362. Cie
fpvrungen. Daf. 158. (Er fprang freies fuſſes. Daf. 458.) Meiner Jither
fchlaffe Seyten fprungen mir vor Kummer ab. Gottiched, Oden 3, 7. Die
andern fprungen auf. Us, Sieg des Liebesgottes 2. Zween wolgefttedte Binde
(Windbunde) fprungen. Weichmann, Poeſie der Niederfachien 1, 125.
Entipringen bezeichnet 1) ein lebhaftes und fchnelles Hervor⸗
gehen aus etwas heraus ins Dafeln, von Quellen, Gewädfen, Men:
hen 2c. gejagt; 2) jo viel als entlommen (f. ©. 32); 3) (früher)
fid) entipringen fo viel als ſich entipinnen, entitehen (in beſondern
Redensarten). — Blumen entipringen, DBögelein fingen. Ram⸗
ler, Iyr. Blumenlefe 8, 58. Sage nur, durch weldy ein Wunder von
diejem wilden Stamme du entiprangfl. Göthe, Spbigenie 1, 3.
Ich habe gewiffe Nachricht, Daß des Prinzen Wunſch, nad Flandern
abzureiien, in dem Kopfe der Königin entiprang. Schiller, Don
Karlos 4, 12. Es fihmerzete den Zeus das Haupt drei Monde. lang,
bevor Zritonia aus feiner Stirn entfprang. Voß. Wo fih ein Bor-
tbeil aufthät zum Entfpringen. Schiller, Tell 4, 1. Sind's nidt
die Engel jchöner Art, um die ſich viele Krieg entfprimgen? Günther.
Entftehen (I. ſtehen) bezeichnet allgemein ans etwas hervorgehen un»
fo anfangen zu fein. Entfprießen (f. fprießen) wird befonders von
dem Hervorwachſen der Pflanzen gefagt, und bat demgemäß die Bedeutung
eines nicht gefehwinden, allmälichen Hervorgebend. Die andern finnverwandten
Ansdrücke fiebe S. 32. — Ind in dem eiguen Willen feiner Tochter ſollt
ihm der neue Streit entſtehn? Schiller, Piceolomini 3, 8 O gedenfe
denn auch, wie aus dem Keim der Bekanntſchaft nach und nach in uns holde
Gewohnheit entiproß. Göthe, Metamorphofe der Pflanzen. Das Geſchlecht,.
das dem entfpriept. Bürger. |
Überfpringen 1) allgemein (eigentlich) jchnell von einem Orte
zu einem andern fid) über Dazwiichenliegendes bewegen, ohne diejed
zu berühren, 2) (uneigentlich) bei Bewegung von einer. Vorftellung
Y einer andern eine oder mehr Zwiichenvorftellungen unberührt laffen;
) im Springen zuvorfommen; 4) ſich überjpringen = ſich durch zu
vieles oder heftiges Springen abmatten und jchaden. — Sie hatte
eine Art von überipringendem Fieber. Göthe, Meifterd Lehrjahre
9, 16. Drum verzeihbt mir und dem fchnellen Flug, dab ſechzehn
Jahre ih überfpringe. Shakefpeare, Wintermährchen 3, 3. ch
hab' einen magifchen Kreis von Flüchen um did) gezogen, den er nicht
überjpringen fol. Sciler, Räuber 1, 1. effen übereiltes
Streben der Erde Freilden überfpringt. Göthe, Zauft 1,93. (Bo)
m Abgrund, von kühner Brüde überjprungen, der wilde Strom
tobt. Göthe, Meiſters Warderjahre 2, 7.
Uebergehen (ſ. geben) bat allgemein die Bedeutungen von über.
fpringen 1, 2, obne den Nebenbegriff einer Geſchwindigkeit hervorzuheben,
Diejer Begriff der Geſchwindigkeit Liegt ausdrädtidh wie in überfpringen,
fo au ia Überhüpfen, welches legtere Wort im Grunde eine Bewegung
von wesiger Weite ausdrückt. — Ich kann ſo ſchnell nicht aus der Ziefe mei⸗
ned Elends zur Hoffnung übergeben, Schifler, Maria Stuart 1, 6. Wie
föanen Sie es ihm verdenten, daß er dieſes übergangen iſt? LXeifing.
Venn du, mich überhüpfend, gering’re Kinder in die Arme drückteſt.
Schillet, Don Karlos 1, 2.
ESprengen (abd. sprangjan, sprengan; mhd. sprengen =
ipringen machen und beiprengen, agf. sprengan — befprengen, altn.
sprengja = auffprengen) 1) (eigentlich und uneigentlih) mit Heftig-
keit, mit Gewalt einen Köcper Ipringen, brechen, reißen machen; 2) einen
Körper in geringer Mafie, in Eleinen Theilen werfen, werfend verbrei⸗
ten; 3) Flüſſigkeit in Beinen Tropfen über etwas verbreiten, wodurch
dies mit farbigen, vom Grunde abftechenden Puncten bedeckt erjcheint;
4) ſchnell fpringen, laufen machen, auch im Sprunge reiten. — Der
Stadie Thore gehen auf, von felbit, nicht die Petarde braucht fie mehr
Aiprengen. Schiller, Piccolomini 1, 4 (Ich werde) die Bank
m Pharao fprengen. Schiller, Fiesko 3, 5. Die Armee war ge⸗
Iprengt, flelle dir die fürchterliche Lüge der Leute vor. Seume.
Sonderbar, wie es dort plazuegnete; doch von der Brüde bis zu dem
Dorf hat kaum ein einziger Tropfen gefprenget. Voß, die Kirichen-
piläderin 29. Fromm aus rheiniſchem Kelchglas jprengen wir ihm.
368
— — —* —
Voß, an F. H. Jacobi. Und bunt ihm ſprengte die Flügel. Voß.
Der Ritter ſprengt ſo eben in den Hof. Schiller, Jungfrau von
Orleans 1, 4. Er hatte des Stahles Band mit filberbereiftem Laube
und röthlih geſprengten fliehenden Fiſchen geſtickt. Klopſtock, die
Kunſt Tialfs. Juſt der Unterſchied, wie zwiſchen dunkeln und ge—
ſprengten Roſen. Shakeſpeare, ſo wie es euch gefällt 3, 5.
Streuen (goth. sıravjan, ahd. streuujan, strewjaa, mhd. strowen,
ströuwen, agj. ströowjan, engl. strew, davon auch Stroh, ahd. strö,
sträo , strou, nıhd. strö, agf. streäw, engl. straw; vgl. fat. sternere,
stravi — ſtreuen, gt. Oropdar, Orparıves = auseinander breiten) zerthei⸗
end auseinander breiten oder werfen, eigentlih nur von Mebrerem und Dies
lem und nur von Feſtem gelagt, Doch auch auf das orduungelos im Kleinen
Auseinanderzertheilte überhaupt angemandtt Sprigen (auch fpräßen,
1. fprießen) zunächſt aus einer Deffuung hervorbrechend auseinander fah⸗
ven, oder fv anseinander fahren machen; dann überhaupt ale Flüſſiges im
Pleinen Teilen, Tropfen, ſtark (mit Gewalt) aus oder wohin fahren. —
Und Häderling jtreuen wir vor die Thür! Göthe, Fauſt 1, 188. Traum
dann follte dein Hirn durch die Höhle mir hiehin und dorthin aus dem Zers
fchmetterten [prügen am Grund. Voß, Odyſſee 9, 458.
Ab— , an— , auf—, aus— , andeinander—, be—, bei—,
daher —, dahin —, davon —, durch —, ein—, einher — empor—,
entgegen—, entzwei—, er—, fort—, heim —, her—, herab —,
erau—, beranf—, heraus —, herbei—, herein—, hernieder —,
über—, herum —, herunter —, hervor —, herzu —, hin —, hin⸗
ab —, hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hin⸗
über—, hinunter —, hinweg —, hinzu —, los —, mit —, nach —, nie⸗
der—, rück —, über—, um—, nmber—, unter— , ver—, vor —,
voran—, voraus—, vorbei—, vorüber—, zer—, 3u—, zurüd—,
zufammenfpringen und fprengen bedürfen feiner weiteren Erklärung.
— Bon den kleinen Verhältniffen des Orts und des bürgerlichen Lebens
war aller Firniß jo rein abgefprungen. 3. Paul, Hejperus 14. Wenn
von uns abfpringen all die verhaßten Hülfen des Standes. Schiller,
Kabale und Liebe 1, 3. Da iprang fie ab (vom Pfad). Göthe,
Fauft 2, 131. Aus deſſen Stamm ſprang Diofles ab. Bürger, Ilias.
Sein Grimm jprang, wie ein Zöwe, den ein Jäger nah dem ans
dern anjchießet, gegen den Dritten an. 3. Paul, Zitan 14. Mein
Gefängniß ſprang auf. Schiller, Maria Stuart 1, 6. Es fpran
body auf vor Entzüden der Fleher. Baggeſen. Dann loderten a
den ausfpringenden Erdzungen fladernde Feuer auf. Göthe, die
Fifcherin (in einer Note), (Man mußte) auf ein- und ausſprin—
ne Winkeln unregelmäßiger Felspartieen neue Schanzen vorſchie⸗
en. Göthe, Campagne in Frankreich 15. Oct. Zrümmernd aus:
einander fpringt das AU. Schiller, Phantafle an Laura. Samjon,
als er ward beiprungen (angefallen), befochten und gedrudt. Opik.
369
Geht, ſpringt ihm bei, wenn ihm noch Hidfe frommt. Schiller,
Jungfrau von Orleans 3, 7. O (präng ed wie ein Reh dahin,
daß ich es Fönnte jagen! Uhland, Jaͤgerlied. Sie war fhon einge»
iprungen (in den Wagen), ihm Blick und Kußhand freundlich
zuwerfend. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 9. Der Pilger fpringt
geſtaͤrkt empor. Uhland, der Pilger. Wie vermundert war ich, als
mir anftatt einer fauertöpfiichen Geſellſchaft ein drittes akademiſches
Leben entgegenfprung. Gdthe, Leben 12. B. Die goldne Kette
ft entzwei gefprungen. Schiller, Wallenſteins Tod 5, 4. Laertes
ijprang fort. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 4. (Das Pferd) kommt
wiehernd hergeſprungen. Uhland, der Königsiohn 6 So fprang
ih denn zu euch herab. Platen, vom. Dedipus 8. Ns aber vom
alten Schloß herab eilig ein Mann heranfpringend gejehen ward.
Göche, Novelle: das Kind mit dem Löwen. Der Philifter ſpringt
zum Zhüre heraus. Göthe, Puraboliih 13. Friedrich Iprung bier
mit nach alter Art hinweg, fprang wieder herbei und brachte
das verjprochene Heft: „nun muß ih aber auch erfahren,” rief er,
„mas aus uns werden wird.” Hiermit war er wieder entiprungen.
Böthe, Meiſters Wanderjahre 3, 13. Der Pudel merkte nichts, als
ea hereingejprungen. Göthe, Fauſt 1, 73. Da wird friſch ge
imgen und hberumgejprungen. Voß, die Dorfjugend. Ein nus-
eihneter anftändiger Knabe ſprang binten herunter Göthe,
eiſters Wanderjahre 1, 9. Reue Schönheitöwelten [priwgen aus
der bereicherten Ratur hervor. Schiller, die Künftler. Sie machen
fie ahnlich, aber nicht Hervorfpringend. Leifing, Hamburg, Dr
maturgie 22. Wie aber j un mit mir der Wallady über Hecken
md Zaun’ und Graben bin! Voß, Junker Kord 61. Gr errieth
weder die Berfaflerin noch das Datum des Briefes, außer ſpaͤter durch
ein hin- und herjpringendes Leſen. 3. Paul, Titan 43. Längft
war fie felbft den Fels hbinabgefprungen. ‘Platen, rom. Dedipus 4.
Der Zöllner fprang ind Dach hinan. Bürger, Lied v. br. M.
(Weil ex) aus dem Bianıjfimo in ein zu wildes Fortiſſimo binaaf-
ſprang. 3. Paul, Titan 35. Der am Bären Doria hinaufſpringt
Stiller, Fieslo 1, 5. Sieben von meinen Leuten fpringen mit ,
unterthäniger Eilfertigkeit nah ihm hinaus Shakeſpeare, was iht
wollt 2, 5. Lem’ erft die Gefahr des Abgrunds kennen, ch” du bins
einjpringft! Schiller, Räuber 3, 2. Da hatt! ich" neben meinem
Haus einen Graben, der, wie wenig, feine acht Schnh breit war, wo
wir Buben uns in die Wette bemühte, hinüberzuſpringen.
Daſ. 1, 2. Und jo ſprang ich hinweg. Göthe, Alexis ımd Dorn,
Sie dann Sprangen hinzu. Bob, Odyſſee 22, 74. Wem fi
die großenden Elemente verföhnen, umd der. Nordpol dem Südpol
nachſpringt. Schiller, Fiesto 2, 5. Da er langem mit nach⸗
ipringenden Schatten... durch die Lorbesrhäume gung. J. Paul,
4
\
370
Titan 2. Wie die :Bemie dich rückſpringend mit ſich in den Ab⸗
grund reißt. Schiller, Tell 3, 1. (Als) Flamme nach Flamme, rechts
und links ſich überſ on ihm entgegen -züngelte. Göthe, Ro-
velle: Das Kind mit dem Löwen. ch ſeh' ihn cden Hund) ungewiß
amd furchtſam uns umfpringen Göthe, Fauſt 1, 68. Deſto freier
£önnen wir mit. dem Mufifanten umjpringen. Schiller, Kabale und
Liebe 3, 1. Sie die Flut) ſprang am dem ſchwaärzlichen Schiffskiel
fhiumerd number. Pyrker, Zunifia.3. Denn da fich vorhin Sphe
vom Briefe auf einmal auf das fürftliche Sterben verfprang. %.
Paul, Titan 8. Er folle darım die andern armen Teufel nicht über-
sehen, die in ihren Kappen die verſprungene Nachleſe des zeripal-
tenen Klafterholzes erhöben. J. Paul, Siebenfäs 3. Und gerade der
Strom der höhern Menſchen verfpriugt (ſpringt bis zur Erihöpfung
und hört anf zu fpr.) und befruchtet nichts. J. Baul, Titan. St
den Appetit veripringen J. Baul. Er z0g von Zeit zu Zeit die
Klingichnur des Pfeifers, damit fid) der Kleine wicht verjpränge.
3 Paul. Wenn ibm (beim Leſen) ein Dritter wiffentlich mit den
Augen vorfpringt. Göthe, Wahlperwandtſchaften 1,4. Der Schloß⸗
berg. verläuft fich in einen vorſpringenden Winfel herunter. Daf.
1,:6. An einen Ort norausfpriugen. Schiller, Kabale und Liebe
5, 1. Da fpringt ein Hirſch vorbei. Uhland, Die Jagd von Win-
heiter. Mein Gehirn treibt öfters wunderbare Blaſen auf, die ſchuell,
wie fie entitanden find, zerfpringen. Schiller, Don Kurlos 2, &.
Mllzuftraff gefpannt gerfpringt der Bogen. Schiller, Tell, 3. Sie
fei zugeiprungen und habe ihm das Meter aus der Hand gerij-
fen. Göthe, Meiſters Wanderjahre 5, 13. Auf den Schügen jpringt
den Bfeil zu rück. Schiller, Tel 8,3. Wahrlich er dürſtete nach dem
frischen Baffin, worin die Fontainen zurüdiprangen J. Baul,
Titan 35. Wie die kichte Flut der zufammenfpringenden Naphtha⸗
quellen. 3. Paul. — Die Gurt, Brufl-, Schwanz: und Sattelrie-
men Des. höfifchen, Heinftädtiihen und bürgerlichen Lebens batte fein
Bucephalus längſt abgefprengt J. Paul, Titan 53. Des Land-
vogto Reiter fommen angelprengt Schiller, Tell 1, 1. Zudem
ift wirklich die: ichiefe Stellung des‘ aufgepfanzten und mit Der Kolbe
des Gewehrs gegen die Erde gefleiften Yajonet3 dem. aniprengen-
den: Pferde gefährlicher. Leifing, antiq. Briefe 89. Eiſen ſchützet zwar
den Mann, wenn Gewalt:ihn ſprenget an (anfällt). Logau, Sians
— 2790. Das Mles verbraunte der Alte auf geſpaltetem Holz und
prengt' es mit feurigem Bein an. Bürger, Ilias 1, 461. Er
fprengt: fie anf, der Erde Felſenriegel. Tiedge, Ytania 3. (Eine
amme .war’s, Die aus. dem SEHE Dedel barſt. Platen,
glaͤſerne Pantoffel 1. Schau hin, der Abgrund jprengt Rd auf.
Koſegarten. Aeußerſt nahe geht es mir, Daß es einigen wüßigen Ver⸗
Iäunpern belieht hat, auszuiprengen. Lichtenberg, 2. Beilage zur
nn
371
Phyflognomik. (ES) hatte ie Aufſehen erregt und das Geheimniß
woreilig ausgefprengt. Göthe, Tag- und Jahreöhefte 1802. Bald
fprengt der Krieg fie wieder auseinander. Schiller, Piccolomini
2, 6. Der (Schwindel) auf. dem ſchlüpfrigen, mit WMutterblut be⸗
ſpreugten Pfade fort mich zu den Todten reißt. Göthe, Iphigenio
2,1. Und wid kam Plump, den Zaum verhängt, wie weit voran,
sanerg need Bürger, die Entfährung Wir [prengen das
vom. Schiller, Räuber 4,4. DieRoffe durchſprengten ibm ſcheu
Das Geftlde. Voß, Ilias 6, 38. Wir durchſprengen im Getüm—
mel, Floreſtans erfchredites Heer. Platen, Treue um Treue 2. Das
Graß, mit Grim gemenget, mit rot: und weiß zierlih durchſprenget.
H. Sad. Mit Gold Durhfprengtes Gfas kommt ihr nicht gleich.
Michaelis, Hiob 238, 17. Tief in den Fels, auf dem es hängt, ift
eine Grotte eingeiprengt. Schiller, Kampf mit dem Drachen. ch
gehe zurüd, [prenge die Thüre ein. Schiller, Räuber 3,2. Sprengte
danı ein in die Feinde. Herder, Eid 35. Welches (Roß) behend
und geſtreckt einheripreugt durd Das Gefilde. Voß, Zlias 22, 28,
Horch es Fracht, es fpringt der Dedel, wie emporgeiprengte La—
ſten. Platen, die verhängnißvolle Gabel 5. War der (Wein) ſchlecht,
fo ſprengt' er fort. Müller, est! est! Sie ſprengten Die
Läufer im Kluge fort. Pyrker, Rudolph 4. Noch jprengten fie
bach gegen uns Ger. Klopſtock, Hermannsichlacht 3. Ich feh’ ihn
uch... den Rappen fprengen von der Brüd herab. Schiller,
Piccolomini 1, 1. Da fprengt herab der Kömigsjohn. Uhland,
der Königsſohn 6. Schon fprengte Felix mit verbundenen Kopfe
wieder heran. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 6. Fünf Reiter
jprengen das Thal herauf. Klopſtock, Hermanusichluht 1. Da
jprengt herbei Herr Edelftted. Platen, Die großen Kaiſer. (AS
fie) Eduarden zu Pferde fogleich in den Schloßhof hereinſprengen
ſah. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 17. Aber e8 fprengte deu
Kaifer das Roß in Eile Herüber. Porker, Rudolph 7. Sch will Sie
wicht eber herüberiprengen als nöthig ift. Göthe, Brief. mit
Schiffer 4, 325. Der fprengt herum in biefer Geifternacht. Göthe,
Aut 2, 122. Wie unerfchredt hinſprengte der Schilderſchütterer
Tydeus. Voß, Ilias 5, 16. Indem man neber der Golonne her⸗
ritt, begegnete man mehreren befannter Offizieten, die hin= und wie—
derijprengten. Göthe, Campagne in Frankreich 19% Sept. Gie
fprengte, was das Pferd vermochte, Die jteile, fleinige Strede
hinan. Göthe, Newelle: das Kind mit dem Löwen. ie Hafen
Iprengen fie hinauf dort jenen Hügel. Herder, Eid 30. (Er)
fprengte hinauf und hinunter vorn den Reih'n. Porker, Rudolph
8. Aber er fprengt’ im Fluge hinaus vor Die glänzenden Scha⸗
ven. Dai. 11. Dann fprengt’ er hinein. und führte den erften
Stoß. Uhland, Taillefer Ex fprengte, daß es Funken floh. hin-
.4*r
372
unter von dem Hofe. Bürger, die Entführung. Als der Eid auf
feinem Roſſe losfprengt auf den Haufen Krieger. Herder, Eid 35.
Spät fommt mandımal noch eind nachgeſprengt. Göthe, rum. Car⸗
neval Abrennen. Blos Lunens Lichtfall überjprengte nod) die
Gegend. 3. Paul, Hefperus 7. Als früher geweibetes Waſſer fprengte
der Priefter umber. Pyrker, Rudolph 1. Diefe Hülle (Pekeſche)
hatten ſich mehrere durch den Krieg verfprengte preußiiche ———
"zu einer Interimsuniform beliebt. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1807.
Ein Reiter fprengte vor. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 12. Wenn
Schaaren vorausgeiprengter Kurtere unfre Niederfahrt melden.
Schiller, Räuber 1, 2. Der Jagdjunfer im Borbeifprengen ver-
fieht Mienenſprache genug, ihn zu fennen. Lichtenberg, Beobachtungen
über den Menſchen. Blindwüthend mit des Donners Krachen zer-
fprengt es (das glühende Erz) das geborſt'ne Haus. Schiller, Glode.
Die Nacht war windig ımd fchauerlich, ich ſprengte zu, um nicht bis
morgen früh auf ihren Anblid warten zu müſſen. Göthe, Lchen 11.8.
Indem er's fagt, fo [prengt er auf ihn zu. Wieland, Oberon 2, 17.
Er fprengte zurüd. Göthe, Kampagne in Frankreich 9. Oct.
Yum. Bon den Participien ſetzt fi) befonders befprengt mit Sub.
fammen, 3. B, die blutbeiprengten Hütten. Klopflod, Meifiad 14, 919. *
den — Hain. Salis, das Abendroth. Die ſternendurch—
ſprengeten Flügel (der Engel). Sonnenberg.
Spring (ahd. spring, urspring, mhd. sprine, ursprine —
Quelle) 1) der Ort, wo etwas fpringt, d. i. ſich erhebet: im Schiff⸗
bau; 2) der Ort, wo das Waſſer fihtbar aus der Erde fpringt;
3) Quelle, das fpringende Waſſer. — Was du für einen Spring
gereipı. Hoffmannswaldauifche Gedichte 1, 175. Ein porzellanener
allfiſch blies aus der Schnede den hellen Kryftallipring, der in
des Bedens Spiegel fih) bog. Voß, der Abendichmaus 95.
Springer (ahd. springo, sprangäri, mhd. springzere, springer),
1) eine Perjon, welche fpringt (auch mehrere Thiere führen dieſen
Namen, aud ein Stein im Schadhfpiel); 2) (Volksſprache) Fußfeffel
(euphemiftiich, weil fie das Springen verhindert?); 3) (früher und
noch in der Volksſprache) ‚Art Fiſchzeug. — Eine große Gejellichaft
Seiltänzer, Springer und Gaufler. Göthe, Meifters Lehrj. 23, 4.
Als über Zaun’ und Heden der wilde Springer kam. Haug. Lieber
Wollt’ ich fie Durch den tiefften Schlaf hören, al8 von Lanfern, Sprin»
gern und andern Beftien das ewige: Schady dem König! Göthe, Göͤtz
von Berlichingen 2. Dieweil ſolch FZiihen mit den Roller und Sprin-
ger dem See groß nadıthaillig. Schmeller, aus Mon. boic. 8, 354 ad
an. 1520. — Der kleine Baumjpringer. Benzel-Steman. Zuft-
fpringerin, laß mich bewundern! Voß, die Kirfchenpflüderin 20, —
Für Luftfpringer fagt Opik in umeigentlicher See eg Lüff—
tenſpringer. Derfelbe fagt auch: Einen fpringerifchen Engelländer.
Unm. Gtieler führt Springer == Belberrod (Bogenrod) an.
€
\
373
Springader, —ball, — beten, —faden’ (in den Glashätten),
—fiſch, — flachs, — gurke, —fafer, —hahn, —hans, —hafe, —Hengfl,
—herd (Vogelherd), —horn, — kaͤfer, —kammer, —kaſten, —iſte,
—klappe, — kolben, —korn, —frant, —kreſſe, —kugel, —lade, — luke
(auf den Schiffen), —mehl, —maus, —müde, —ochſe, —pferd,
—tatte, —teif, — reiter, —rod, —fame, — ſchiff, —ſchwanz, —fpinme,
—tange, —ſtropp (auf den Schiffen), —tanz, —tau, — wall (Wal⸗
ih), — wand (bei den Vogelftellern), —wanze, —wurm u. a. —
Springauf (Maiblume), Lilien, Narziffen füllet euren Körben ein.
Opitz. (Laßt uns) den Springbod — vom Fels. Schiller,
Braut von Meſſina. Ein luſt'ger Springbrunn. Göthe, Künſtlers
Abendlied. (Indeß Chariton) auf Springfedern zu drücken ſchien.
J. Paul, Titan 45. Sei nur deine Ankunft auch fo, du ſpring—
federiges Weſen! 3. Paul. Die Springflut fleigt mit großem
Draufen auf. Opitz. Springgläfer, die den Hammer vertragen.
% Paul, Titan 33. rei herans zu reden, fo heg' ich einige Ber—⸗
ahtung gegen einen Kopf voll Springideen, die mitihren Spring-
fügen von einer Gehimfammer in die andere ſetzen; denn ich finde
feinen Unterichied zwifchen ihnen und den Springwürmern im Ge-
dürm. 3. Paul, Hefperus 11. Du warft immer fo en Springins-
feld. Göthe, Egmont 1. Wo die Mutter über einige muntere kleine
Springinsfelder!) Wade hielt. 3. Baul. Federkraft oder Spring-
kraft, das Dermögen einer Materie, ihre durch eine andere beivegende
Kraft veränderte Größe oder Geftalt bei Nachlaſſung derjelben wieder
anzunehmen. Kant. Selbft in der Springefunft, die an die Stelle
der Zanzkunft getreten ift, find fie nicht rei. Reichardt. Im Hexa⸗
meter fteigt ded Springquells flüfftge Säule. Schiller, das Die
ſtichon. Anfügend den drein Springröhren die lechzenden Lippen.
Baggeien. Und fie verfolgt im Fliehn, gleich einem Wetterftrahl, der ,
Springftod. Zacharia. Wo die Spriugmwaffer das mannichfal-
tige Park⸗ und Garten⸗-Local verherrlihten. Göthe, Tag und Yahe
reshefte 1801. Sie geben dir die Springwurzel. ter.
Anm. Stieler hat noch Springwein und Springzeit (des Viehes).
Sptang fommt nur in Zufammenfegung nit Ab, An, und aud
da jelten vor. — Der Abiprang (das abipringende Wafler) Tprengt
alle Krankheit ab. Grimm, dentſche Mythologie 2, A. ©. 678. Wie
viel Umſturz Des Poftwagens, wie viel Anfpränge aller Belt Hırfaren
würde fie herzählen! Hermes.
Sprung (ahd. sprung, mhd. sprunc) 1) eine ſich in die Länge
erfiredende Zrennung der Theile eines feften Körpers, weldye nicht ganz
hindurchgeht: das Glas hat einen Sprung; 2) Handlung da man
— — — — —
2) Dieſer Plural iſt fehlerhaft. Weber die Zuſammenſetzung ganzer Redene⸗
arten val. Grimm Il, 959 f. uud meine Srammatit I, 2, $. 339.
374
ſpringi; 3) (umeigentlich) fchneller Uebergaug von einen Gegenſtande
um andern mit Vebergehung der Stufen dazwiſchen oder der zur Ber-
bindemg derfelben dienenden Sachen; 4) das Werkzeng des Sprüngens,
3 B. die Hinterfüße der Hafen; 5) Raum, fo weit man jpringt (un-
eigentlich eine Eleine Entfernung); 6) Angel bei der Sprungfiiderei. —
Ein Sprung von diefer Brüde macht mich frei. Schiller, Tell 1,2%
Daß der Oberſchenk von Bot auf dem Sprung fei, um die Lady
zu werben. Schiller, Kabale und Liebe 3, 2. Fries in der Natar
geht ſprungweiſe, und fo ift auch aus dem Zuftande der barbariichen
Mythologie zur exiten heitern PBhilofophie fein Sprung. Herder.
Drum nim ih a jungs friih Ding, und mad) halt mit ihr die fie=-
ben u den Art a) Marc. Sturm.
Mb—, An—, Auf, Ansiprung u.a; Bocks —, Fehl—, Ha⸗
fenfprung u. a. — Kein Abiprung aber Hilft ihm nicht. Hagedorn,
der Hafe und viele Freunde. Mit des Rehes Aniprung. Klopftod,
Unterriht. Als er hierauf Ichier, wie ein Gott, den vierten Anfprung
that. Bürger. Es ſchnob im taumelnden Aufiprung. Ppyrker,
Zunifia 9. Alle diefe Verfuche und ihre Erfolge gaben feinen reinen
Ausiprung (Ergebniß, Refultat). Campe. Daß die wallenden Mäh-
nen beider fi ftreiften im Gegenſprung. Pyrker, Zunifias 12,
Ein folher Ueberſprung ift im höchſten Sime pathetiih. Göthe,
über Laofoon 2, Mehr ein Ueberſprung ald ein Lebergang vom
bürgerlichen Leben zum Mährchen ift mem dießmaliger Beitrag gewor-
den. Göthe, Briefw. mit Schiller 1,199. Kleine Diebe fängt man fo
weg, e8 haben die großen ftarfen Vorſprung, mögen das Land und
die Schlöffer verwalten. Göthe, Reinefe Fuchs 8, 134. Wo uns aud)
nicht ein. Fuß breit Borjprung oder Bucht zur Rettung gegeben ift.
Göthe, ital Reife 14. Mai 1787. An den Blatten der Capitäle find
Vorſprünge. Daſ. Segeft 30. April 1787. — Der die ärgſten
Bodfprünge machte. Shakeſpeare, fo wie es euch gefällt 3, 3.
(Ich jehe Di) von einer Klippe zu Der andern den Fehlſprung
thun. Schiller, Zell 3, 1. Ehe neue Geiftesiprünge uns entfüh-
ten. Benzel-Sternau, Gegen Fremde zwang ihn feine Natur allemal
un Anfang einige fatyrifhe und andere Hafenfprünge zu machen.
Paul, Hefperus 4. Da jollt ihr ein Zlüftern hören, wenn den
Kanzeliprung wir thun. Voß. Es ift ja nurein Katzenſprung.
Göthe, Leben 5. B. Wenn eine Drofjel fingt, fo macht er. gleich)
Luftſprünge. Shafejpeare, Kaufmann von Venedig 1, Deu
Mordjprung nah ihrem Herzen. % Paul. Hier nun warfen die
Müden fih hin, faum adhtend den Quelliprung. Baggefen. Nun
rollte fi der Schwanz zufammen und that den ergümten Schlangen:
genjprung an deine Bruft. 3. Paul. Da gar nichts von den Beftien
zu men war, nicht einmal ein Seiteufprung. 3. Paul, Hef-
perus 1. | |
373.
Anm. Schmeller bat noch Iniprien a en Ausſchlag im Seht (J.
Agricola, Eprichw. 593 hat: Frege, geſchwere, unfpring); Ausſprung =,
Ausihlag, Krätze. (Im Vocab. von 1482 ſteht: efprig oder neriß, dürrer Grindt.)
Stieler bat Ausfprung = Flucht; Befprung des Viehes; Einfprung,
Rahiprung, Rückſprung. Fiſchart (Bargantua ©. 69) fagt ſechsſprüu⸗
gig. — Selten iR Entfprung für Urſprung: den. Entfprung von Diph⸗
tbongen. Grimm, Geichichte der deutfchen Eprade S. 335.
Urſprung (ahd. urspring, ursprung, mhd. ursprinc, urSprunc,
ültenbd. vrfprund; mid, das sprine, sprüne = Quelle) 1) (ver-
aftet) das hervorſpringende Waffer; daraus 2) (figärlich) der Anfang;
3) (ganz abftract) Enttftehung zum Dafein, Anfang des Daſeins eines
Dinges. — Jeſus der aller Ding ift ein erfter vrfpring. M. Be-
beim (15. Sabrh.) in: Quellen und Berichungen zur vaterfänd. Ge⸗
ihihte, Literatur und Kunſt. Wien 1849. 9, 11. Der Urjprung
p Newfarn, der aus dem Gotzhaus- gigen entſpringt. Mon. boica
‚210. Der des Urfprungs Quellen verhehlt, der Styl. Voß,
Horaz Oden IV. 14, 15. Daß deine Seele wie dein Urfprung rein.
Chiler, Braut von Meſſtna. Doch eines Haders Urjprung fleigt
binanf in unverſtaͤnd'ger Kindheit frühe Zeil. Daf. — Diefen unfern
Erdurfprung. Herder. ar | ie | -
Duelle, der Quell (ſ. quellen) 1) aus der Erde anftreibendes Waf⸗
fer; 2) fließendes Quellwaſſer; 3) (fig.) das, woher ein Bing fein Dafeln
hat: das, worin ein Ding den Grund feines Dafeins hat. — Und fieh‘, and
dem Zelfen, geſchwätzig fchnell, fpringt murmelnd hervor ein lebendiger Duett:
Schiller, Bürgichaft. Du fehöpfeft droben ah dent Qunelf des Lichts. Schil-
let, Braut von Meffina. Stellt’ er den Dreifuß, nnd den verfchtefjenen Keſ⸗
fel daranf, mit der Quelle des Waldes Voß, Knife 1,831. Suähte...
den Bingefeflenen feines Sprengeld neue helfen des Erwerbes zu: öffnen.
I. Möfer, Osnabt. Gef. 2, 34.
Urſprünglich — der Entſtehung nad) zuerſt, To dab etwas An⸗
detes daraus hervokgeht. — Ich wandle auf weiter dunkler‘ Hirt ur-
Iprüngfiher Natur. Gbthe, Gott, Gemüth und Welt. Alle ur-
ſprünglich deuticher Abkunft. Schiller, Abfall der Niederlande 1. B.
. Eigentlich (agſ. Agenlic, mhd. eigenlich für eigentlich, altn. eigenligr,
and dem Partic. von add. eigan, altn. eiga f. S. 211), ansſchließlich zukom⸗
mend oder angehörend. — Diejenigen, die ſich auf das Drama veritehen, wii
fen wohl, dag Schiller ein Mamatifcher Dichter im eigentlihen Sinne
bed Wortes iſt. Platen, das’ Theater als Rattonaltnftitnt.
‚ Sprungbein, — fiſcherei, —gelent, —hafer, —riemen, —thaler
(früher in manchen Gegenden eine Abgabe Neuvermählter), — zeit u. a.
— Des vornehme Jüngling ſetzte ſich ans erfte beſte Tiſchchen, ohne
den ſprungfertigen Rothrock, etwas zu fodern. J. Paul.
Das Mal der ſprunggeühten Myrine. Voß, Ilias 2, 814. Was
WW gegenwärtig ſtück- und ſprungweiſe davon (won Der deutſchen
Siteratur) zu fagen gedenke. Göthe, Leben 7. B. |
376
Sprenge 1) die Handlung, da man fprengt; 2) dasjenige, wo⸗
mit gefprengt wird; 3) die Spreng (Vollsiprache) Das Aeußerfte, der
Raud, 3. DB. eines Abgrundes. — Daß fie die Blumen erfrtichte mit
tägliher Sprenge des Nektars. Voß, die Weihe 44. Sept nad)
heiliger Spreng’ entlaßt mid, Voß, Odyſſee 13, 39.
Anm Stieler Hat Sprenge in der Bedeutung von Baflerubr.
Gefprenge 1) das Sprengen; 2) was von ‚der graden Linie
abfpringt (im Bergbau, in der Baukunſt); 3) (Volksſprache) was nur
vereinzelt (wie gejprigt, gefprengt) vorfommt; 4) (Volksſprache) Das
ausgeſtreute (ausgefprengte) Gerüdht. — Wenn die Eichel gerathen
und es entweder ein ganz oder halbes Geäderig *) oder nur ein Ge-
ſpreng gibt, Anſpach. Forſtverordnung.
Sprengel, (mhd. sprengel) 1) ein Ding, womit man ſprenget;
Büchel, deflen fi der Pfarrer bedient, um feine Gemeinde mit Weih⸗
waffer zu beiprengen; daher 2) (fig.) die Amtsverrichtung, der Bezirk
eines Pfarrers, Biſchofs ꝛe, wie das Zepter in Bezug auf den König. 2)
— Krewfer (fraufer) denn ein [prengel was (war) ir har (Haar).
Schmeller 3, 590. Er hatte den Sprengel (MWeihwaflerwedel) in
der Hand. Simpliciſſimus 2, 31. Unier Haus lag im churpfälziſchen
Sprengel. Göthe, Leben 5, B. Der (Flecken Dom Remi) in dem
Kirhenfprengel liegt von Zoul. Schiller, Jungfrau von Dr-
leans 1, 10. ’
Sprenger; fprengbar —becher, — block, — büſchel, —faß,
—gabel, —gefäß, —graben, —grube, —kanne, —keſſel, —liſte, —krug,
—kugel, —maft, —pinfel, — quaſt, —ſtück, —tag, —tonne, —topf,
—trichter, —wage, —wedel, —werk, —wiſch. — An die Kammer-
thür wie ein Sprengblod mit dem ganzen Leibe anzurennen und
fie etwa einzuftogen. J. Paul. |
— —7 —7— enkel (im Simpliciffimus 1, 11 Sprindel) d, i. ein ges
mit einer Schnur und einem Schnellbolze verjeben ijt und
ı die fih darauf Mana Vöogel zu fangen, gehört nad
n, weil der Sprentel beim Fallen des Schneide es fpringt,
enfeln, mhd. spröckeln — fledig maden, iſt verwandt
j. sprencan, engl. sprinkle. — Sprickelicht (Volsfprade
mbd. spriceläht, spröckeloht von sprecke, spröckel =
‚ bei Alberus ſprüncklicht — hund, daß mancherley farb
.... :enfelte Pardel mit Delphinen.... fi) vermählen. Mat-
thiſſon, milefifches Märchen. Ein Drache, mit rotbgefprenteltem Rüden.
1) Aecker, Geäcker, Aeckerich, Geäckerich find Sammelnanen für die
Frucht der Buche und der Eichel. Die Wörter gehören wol zu goth. akran —
Frucht überhaupt, altn. akarn —= Eidel, agf. äcern, aeceren, accorn, accoern,
npd. Eder. Bol. Grimm III, 375. | |
2), Shwend fagt etwas auffallend: „der Bezirk, ein abgeleiteter Ausdruck
von Sprengel, d. i. Sprentel, weil der Sprentel rund ift, einen Zirkel bildet,
alfo foniel als Zirkel." - |
FIT.
ira, Zliee 32, 8. Was von ben Rümmern bunt und ſprenuklicht lee.
ar Kaufmann von Venedig 1, 8.
nm. 3. Das landfchaftliche [prod (E. 51) gehört wol zu ſpringen. —
ngs bracht” alles Sufanna, Honigfuchen dabei, und Dreffernäft auf dem Teller;
ß und ſprock und gewärzt. : Voß, Zuife 3. b, 368.
Aum. 4. Schwenck rechnet bierber au fprenzen, entweder and sprimg-
zen Bonn oder sprinkzen ſprenken, ſprenkeln. bd. ift sprenzen == zer⸗
fprengen, befprengen und fchmüden ; ſchweiz fpranzen = ie preizen, einher⸗
ſtolzieren. Mhd. spronz = Eprung, Spalt führt Grimm Il, 216 anf ein altes
rintan, ahd. sprinzan — zeripringen zurkd, mit eingefhobenem n, fo daß bie
& Form spreitan, ahd. sprizan (fpreißen, fpreizew) wäre, woher mhd. aprize
= Spalt. — Fiſchart (Gargantua S. 490. 164) fagt: befprengen == beiprens
gen; befprengung vnd befprengmädelung.
Schlingen.
(Wurzel slan—g, slin—g; slic ?)
Shlinge, ſchlaug, gefchlungen, fchlingen (ahd. slinku, slanc,
slunkum&s, slunkanör, slinkan, slingan; mhd. slinge, slanc, slun-
gen, geslungen, slingen — flechten, füh wie die Schlange fortbe-
wegen; vgl. altı. slöngva — werfen, binwerfen, slingr — dad Wan⸗
fen, j. beweglich, agi. slingan = fledhten, slincan = kriechen)
beißt wol zunächſt jo viel als fi in Bogenwindungen geichmeidig fort⸗
bewegen, dann leife gleitend ſich hinbewegen, fchleihen; dann über-
Baupt in bogenförmiger Windung fich bewegen, auch wenn es nur eine
ft; Davon (activiſch) eine in. einen Bogen oder Kreis gehrkunnte Rich⸗
tung geben, und in folcher Richtung, nach einer ſolchen Linie bewe-
gen. — Schlingen — mit ſtarkem Juge und eifrigem Drange nach
dem, was man genießt, Durch den Schlund in den Magen aufnehmen,
dann überhaupt wie mit Haftig gierigem Zug in fih aufnehmen, iſt
ihon frühe im Neuhochdeutſchen entjtellt aus dem alten, noch Lange
nebenbei erhalten Thlinden ahd. slintan, mhd. slinden. !) — Durch)
ihr (der Wiefe) freundliches Grün ſchlingt fi der ländliche Pfad.
Schiller, Spaziergang. "Einen umarmenden Zweig ſchlingt um Die
Hütte der Baum, Da. Schlingen im Mondlicht dort Elfen den
are Reihn? Schiller, der Tanz.
m. Die alte Präteritafform bat ſich fange erhalten, 3.8. Dann —
er fie (die Hände) um den Entſchlafnen. Klopſtock, Meſfias 11, 553. Hui! fa
er fetber auf und ſchlung fein Heerhorn nm den Naden. Bürger, die Entfüh⸗
rung. Den er im Kreiſe ſchlung, Weichmann, Boefie der Riederjachien 1, 11.
Uuſſchlingen 1) in anliegender bogenförmiger Windung (in, Geftalt
einer Schlinge) allfeitig in ſich fchließen oder aufnehmen; 2) mit Innig«
feit, Leidenfchaftlichfeit umarmen [von Menſchen in Beziehung auf
Menſchen). — Mit dem Gürtel jofert umfchlang er den Leibrod.
5.6 genügt, beide Formen ihrem Urſprung nach auseinander zu halten.
Hier mögen fie beide nach einander abgehandelt werden. Vielleicht liegt auch in
dem zweiten Wort der Grundbegriff des Gekrümmten, Gefchlungenen Schlund
lautet in manchen Gegenden Schluuk, Schlung, Schlouk.
378
Voß, Odyſſee 14, 72. Ein vertraulih Band umfchlinge fortan bie
Kronen Frankreich und Britannien! Schiller, Maria Stunt 2 2.
Wer umſchlingt mein Haupt mit Efeu? Voß, Ditbyrautbus. Dort
liegt der Hirt beim nahen Waflerfall, vom fanften Arm der Schäferin
zmichlungen. Sleifl. Seid umfhlungen, Millionen! Schiller,
an die rende.
Umfafien (1. fafien ©. 15- wozu noch ahd. fagga — Gebund, Bündel,
Laft zu vgl.) etwas allfeitig nach feiner ‚Ausdehnung als ein Zimeres auf⸗
nehmen; im eigentlichen Sinne gerne mit dem Begriff des baltenden Bretfens.
Umfangen (mhd. umbevähen, umbevangen, f. fangen) ‚etwa in allſei⸗
tiger Bewegung oder Richtung zu einem innern Gegenitande mahen. Um⸗
faffen drüdt ein ſtarkes Einwirten auf En Gegenſtand, der ein innerer
wird oder als jolcher gehalten ift, aus, was umfangen nicht verbindet; um:
faffen wird vom Menſchen mehr als bloße körperlihe Handlung, umfans
gen mehr mit dein Gedanken des Beweggrundes einer Seelenregling gebraucht.
Umarmen = mit Mindung des Armes?) oder ber Arme afffeltig berüb⸗
rend umfchließen, faſt ur als Aeußerung eitter Seelenregung. — Beil fic
den gegenwärtigen Zuſtand des Bolkes nicht umfaßt. Göthe, Egmont 4.
- + Die Erinnerung and: das Gefühl umfaſſen mich. Göthe. Umfang id
die vertraute Schweſterbruſt! Schiller, Jutigfrau von Orleans 4, 9. (Als)
des Koloſſeums Herrlichkeit den Etamnenden umfing: Schiffer, Maria Stuart
1,6. &o feſt umarmt, wie Meben ſich umſchlingen. Wieland.
Berſchlingen 1) in einander ſchlingen; 2) wie mit yleriger Ge⸗
ſchwindigkeit (gleichfam tn ſich hinein reißen) in fih aufnehmen, daß
das Dajein diefes jo Anfgenonmmenen aufhört (eig. u. fig.). — Mei:
nem Namen verſchlang fie dem ihtigen. Göthe, röm. Elegien 15.
Auf der Zagd verfchlungnen Pfaden. Schiller, Braut von Meiftna.
Diefer Krieg verichlingt uns Alle. Schiller, Wallenfteing Tod 3,
15. Mit jugendlidher Glut verfchlingt der Gteis die Stimmen des
Gerüuchts. Schiller, Don Karlos 1, 4. u
Verzehren (ahd. flv)i(a)rzeran, ınhd. verzäm, f. &. 260) urfprüng-
lich einen Körper durch Anfldfen In die einzelnen Theile fo abnehmen machen,
bis daß auf ſolche Weife fein Dafein aufhört; allgemein etwas fo abnehmen
machen, daß es aufhört zu fein. Schluden und verfhluden ſ. unten ©.
384. — Müfjen wir freilich Honigſcheiben verzehren. Göthe, Reineke Zucht
2, 55. (Sol ich den Augenblid) mit Sorgen und Grillen verzehren?
Gdthe, Egmont 2.
An—, auf—, aus—, be—, durch —, ein—, ent--, fort —,
|
4) Arm {ft goth. arms, ahd. aram, arm, mhd. altſ. alifief. arm, agſ. car,
altn. armr, gr. aguos, lat. armus. Nah Grimm Il, 148 it Arm — das ar:
beitende Glied und gehört zufammen mit arın, ahd. aram, ngf. Sarm, altu.
arme — der arbeitende, mübfelige Knecht. Aehnlich Schmittbenner, went
ee es zu aran = arbeiten, pflügen rechnet. Weigand faßt es als greifendes Glied
und ſtellt e8 mit gr. apıa, uarago, wignr, apruaı gufammer. -
878 ij
hernn — hin hinauf⸗ himenter — nicder
über—, vor—, zu—, zurück—, zufammenſchlingen find an ſich
far, jedoch nicht alle gleich gebräuchlich. — Zwei fo weiche Blumen
wie feine Fran mit Dem ihr angefchlungenen Epheu. J. Paul,
Zitan 30. Zuletzt eine wunderfam fih auffchlingende Spike. Göthe,
Kampagne in Frankreich 24, Oct, Diefer Gedanke ſchlang ſich durch
dad Ganze durch. Göthe, Leben 6. B. (Wie) die mächtigen Aeſte
duch die Rüden durchgeſchlungen find. Göthe, Movelle: das Kind
mit dem Löwen, Hier ſchlingen ſich wieder andere Thäler ein.
Böthe, Briefe aus der Schweiz 2. Wthl. Gewürze, ſüße Sachen, ſtark
Setränfe, eins um das andre ſchlingt er haſtig ein. Göthe, Taflo
d 1. Das Streben der Vernunft, den Knoten zu entjchlingen, if
Zhorheit. Ziedge, Urania 2. Das (Städten) fi fehr mahleriſch
um emen Berg berumfchlingt. Göthe, Leben 10. B. Gie bilden
den Afanth mit feinen Blättern und Blumen, die ſich auf verfchiedene
Baie herumſchlingen. Göthe, Benvenuto Cellini 1, & So hat
man doch indeflen einen Leitfaden, an dem man fi hinſchlingen
fan. Göthe, ital. Reife 10. Jamıar. Man fchlingt die Züge, die
und jchmeichelt, in vollen Zügen hinab. Göthe, Rameaus Neffe.
Eh ſchlinge der Exde ſchwarzer Schlund uns hinab! Voß, Ilias
17, 416. (Er) ſchlang begierig hinein. Göthe, Reineke Fuchs 10,
5. Die Wafler, die fie (die Charybde) hinunterſchlang. Schil—
ter, Taucher. Aber nun batte ihn der hinweggeſchlungen.
Denzel-Sternau. Schlang's in den Abgrund nieder. Sonnenberg.
Hab und Gut wegſchlingen in Ueppigkeit. Voß, Odyſſee 14, 92.
I es der Einklang nicht, der aus dem Bufen dringt, und in fein
Herz die Welt zurüdefchlingt? Göthe, Fauſt Vorſpiel. Ich bin
gefaßt, ruft Rezia, und fohlingt ein Ach zurüd, das ihrer Bruſt
entjteiget. Wieland, Oberon 11, 46. Der ln Punct bierbei
war der, daß man Die religiöfe und bürgerliche Verfafſung unzertrenns
ih in eins zufammenihlang. Göthe, Leben 15. 2. Re
Unm. Die Participien fegen ſich auch mit andern Wörtern zufammen, 5.8.
Robfhlingenden Hunden. Voß, Ilias 23, 31. Mit fanftumfhlingen»
den Händchen. Pyrker, Tuniflas 9. Feſtumſchlingend. Göthe, Eugenie 5,6.
Raubverſchlingende Löwen. Boß, Stine 5, 782. Bollsverfchlingen-
der (für voltverfet.) König. Daf. 231. Den Wald mit weitverfhlungnen
u auszuroden. Schiller, Tel 2,2, Bildete mir der augſtumſchlungene
Geiſt folches Derworreuet Göthe, Fauſt 2, 188. Ä
Schlinger (abd. slingäri, mhd. ‚slingzere, altn. slöngr) der da
ſchlingt, früher aud) Schleuderer; Schlingung; ſchlingig, geſchlin—
ig = ſchlank und Gefhling == die Gurgel mit den daran hängenden
eweiden epbarer Thiere (vgl. altn. slang == Eingeweide der Thiere)
gehören der Volksſprache an. — Unrathſchlinger. Voß, Odyſſee 17,
20. Biehifher Berſchlinger. Shafefpeare, König Heinrich IV.
2. 1. 1, 3. Gabenverjälinger Voß.
en
Schlinge (ahd. slinga, mbb. slinge, «iin. slöngva, släng —
Schleuder) 1) ein ſich fchlingendes Ding; ein Werkzeug, um Thiere
zu fangen; im Schiffbau heißen Schlingen vier ind Kreuz befeitigte
Hölzer an jedem Mafte, auf welchen der Maſtkorb ſteht. — Diefelben
(Haare) brauchten fie zu den Schlingen vnd Sclaudern. Aventi⸗
mus, Ghronit 1580 Bl. 81. Die Schlingen ihm werfend um den
Rücht’gen Fuß. Schiller, Kraniche des Ibycus. Verwahrt ift mir das
Ohr vor deiner Rede Schlingen. Sciller, Yungfran von Drleans
2, 10. Ich fol mich ftellen; foll beforgen laſſen; fol Fallen legen;
fol auf Glatteis führen... die Schlinge liegt ja nur Dem geizigen,
beforglichen, furchtſamen Juden. Leifing, Nathan der Weile 3, 4. —
Die aus dem Fenſter eine vielblätterige Rebenjchlinge bereinzog.
3. Paul, Zitan 42. Wie foll ich nun des wunderbaren Knotens
Räthſelſchlinge, die euch umftriet, zu löſen übernehmen? Götbe,
Eugenie 5, 2.
Sale (ſ. fallen) Werkzeug zum Fangen kleiner und größerer Thiere,
indem es zufällt und feſthält. Strick (ahd. stric, stricch, strih, mbd. stric;
vgl. lat. styingere, gr. drpuyyeıy ſtraff anziehen; Strang, ©. 114)
und Fallſtrick werden, weil fie grob und ſtark ſind, nur zum ange
großer Thiere gebraudt. AL diefe Auspräde fichen au im fig. Siune. —
Dahinter fteft eine böfe Kalle. Schiller, Wallenſteins Lager 11. Eium
Strid um deinen Hals! Göthe, Böy von Berlidingen 8. Und follt id
ihm nicht glauben? In den Schwären der tremften Liebe einen Falikrid
fürdten? Schiffer, Maria Smart 4, 5.
Schlingbaum, —fuder, —rabe, —wurm u. a. — Nicht Wur⸗
zeln aus der Lippe jchlägt das Wort, das unbedadht dem fchnellen
Zorn ertflohen ; doch von dem Ohr des Argwohns ntgelangen, friecht e8
wie Schlingfraut endlos treibend fort. Schiller, Braut von Meffina.
Schlung (der) 1) Handlung des Schlingens; 2) fo viel als man
anf einmal ſchlingt; 3) ein verjchlungener Zug; 4) f. v. a. Schlund.
— Ein alter aber ift3, aus dem dein auge fan des liebes triejeneth ?)
mit vollem ſchlunge faugen. Hoffmaunswaldauiihe Ged.5,7. Wenn
er (der Kranich) aubäon auß feinem Half den Knochen, der von jeis
nem eflen jbm (dem Wolf) gefehrlih den fchlung befeflen. Rollen:
bagen, Froſchmeuſeler I. 2, 21.
Schlink(e) (mhd. der slinc, slinke), eigentlich was ſich fchlingt,
nennt die Volksſprache 1) eine aus Draht gemachte Schlinge an Klei⸗
dern, worin der Krapfen fich hängt; 2) ſoviel als Thürklinke.
Schlange (ahd. dör slango, mhd. der slange, altn. slänga,
slöngvi) das bekannte bogenförmig bingleitende Kricchthier; (fig.) ein
falfcher betriegeriiher Menſch; ein glei einer Schlange hin und ber
) Auch Trifet (franz. trisenet): Ein filberne Schal mit Wein und Bred
überichätt, mit einem Trifet, das ift, mit Juder und allerley Specerey under
einander. Albertins Gusmann ©. 478.
I}
881
gebogenes Ding: Schlauch an einer Zenerfprige. — Der pfellgerade
Schuß der Schlangen ermählt fich nur den Priefter am Altar. Schil-
ie, Aeneis 2, 36. Schlange! Schlange! (nemnt Fauſt den Mes
phiftopheles). Göthe, Fauſt 1, 174 Uber in freieren Schlangen
durchfreuzt die geregelten Zelder jetzt verfihlungen vom Wald, jebt an
den Bergen hinauf. Elimmend, ein fchimmernder Streif, die Länder ver-
fnäpfende Straße. Schiller, Spaziergang. — Das ehrne Gejhüb, das
weit in die Ferne hinüber jchleudert den Ball, Feldſchlange ge
namnt. Pyrker, Tuniſias 8 Die Surienfhlangen ringeln ſich zu
Boden auf. 3. Paul, Siebenkäs 5. Da liegt die Höllenfhlange
wir im Wege. Schiller, Maria Stuart 4, 10. Die Natter, in dem
Munde des. Bolls die Königsihlange gepriefen. Pyrker, Zuniflas
9. — Schlängelchen fcheinen fie gleih. Göthe, Vened. Epigr. 67.
gung, — blume, — brut, —eidechfe, —falt, —fiſch, —förmig, —ger
ih, —gras, — gurke, — halsvogel, — holz, — horn, —kopf, — kraut,
—-frone, —moos, —mord, —motte, — oſterluzei, —pfeife, —pulver,
—Tanpe, — rohr, —roͤhre, —fäule, —ſchnirkel —ſchnur, —ſchwanz,
—prige, — ſtecher, — ſtein, —ſtich, —ſtreifen, — tanz, —tödter,
—träger, — verehrer, —vogel, —wurz u. a. — Bald verſchlungen
Zeil' an Zeile ſchlangenartig. Goͤthe, Fauſt 2, 174. Und es
erwiederte drauf die ſchlangenbehaarte Geliebte. Sonxenberg.
Schon ſeh' ich deine Seele vom gift'gen Schlangenbiß des Arg-
wohns biuten. Schiller, Don Karlos 1, 1. Waͤhnt, Liebe fei’s, was
br im Schlangenbufen flammt. Wieland. Drum achtet ihn gleich
nem Schlangenei. Shakefpeare, 3. Edfar 2, 1. Der aufges
ſchwollne Verbrecher hatte feinem Volke die heiligen Rechte der Frei⸗
beit, fie mit Schlangenentwürfen und Klau'n des Löwen ent
fen. Klopitod. Die — ——— der Erymen. Göthe, So⸗
nette 11. Das andre it Schlangenfreiheit. Header. So daß
es (dus Waffer) nur im weitläufigen Schlangengange fortwandeln
fun. Göthe, Campagne in Frankreich, October. Schlangengeborme
beigen die Thebaner, deren Ahnen ans Drachenzähnen erwuchfen. Voß:
Hier kann nur die Berzweiflung mit der Schlangengeißel weg⸗
peitihen. Benzel-Sternau. Aber du zieht Schlangengewinde
dir nad. Göthe, Weisfagungen des Bakis 2. Du erftachit herzhaft
dein Schlangengezücht. Platen, die werhängnißvolle Gabel 2. Kein
Gift über Schlangengift. Herder. Alle meine Proben gleiten von
dieiem Ichlangenglatten Sonderling. Schiller, Don Karlos 2, 8.
Seh’ it auf dem & hlangengleife durch die Welt mein Wander⸗
Rab, Heinze. Die Gorgonen fnüpften mit ehernen Händen ihren
Shlangengürtel. Benzel- Stemau. Die Schlangenhaare
Kättelnd umftehen mich die finftern Höflengeifter. Schiller, Mia
Stuart 3, 3. Bor den Thoren gefeflelt Liege des Streits ſchlangen⸗
4
haariges Scheufal! Schiller, Braut von Meſſina. Wie ſchlan⸗
genhaft verlegten ſolche Tauben. Goͤthe, Fauſt 2, 36. Während
das Kameel den Schlangenhals in die Höhe reckte. Benzel-Sternan.
Schaudernd hör’ ih oft und wieder von dem Schlangenhaß der
Brüder. Schiller, Braut von Meſſina. Dann fteigen fie, die Schlan-
genhäupter jchüttelnd, von allen Seiten flauberregend anf. Schiller.
Hahn, Stadhel, Zunge, Schlangenhant, Alles ift an ihr (der
Schlange) zum Spridwort geworden.. Herder. Frech wibelte das
Schlangenheer der Spötter. Schiller, Refignation. Ad, vielleicht
umflattert eine Andre, mein vergeflen, Diefed Schlangenherz. Schil⸗
ler, Kindesmörderin. Bella war ihrer abgelegten nidlihen Schlan⸗
genhülle ohnerachtet noch Schlange genug, um ein Paar Schweftern
zu befchleichen. Benzel- Sternan. Den Sprmg thun von Schlan=
genklugheit zu Gottesweisheit. Herder. Wie ſtarr Metall im
Schlangenfreije fi dehnt und ſchließt. Goöthe, Pandora. Wir
folgten jenem Mansfeld unverdroffen durch alle Schlangenfrüm-
men feiner Flucht. Schiller, Wallenfteing Tod 3, 13. Ihr. jeid von
der guten Art, wenn fchon. Drachen ,. jagt’ ih zu unjern Flügelroſſen
mit Schlangenleibern. Benzel-Stenau. Da man die Schlan⸗
genlinie zum Vorbild und Symbol der Schönheit genommen. Göthe,
der Sammler und die Seinigen 4. Abtheilung. Keine Lift über Schlan-
gentift. Herder. Warum muß der Väter Doppelichuld und Frevel⸗
that uns gräßlih wie em Schlangenpaar umwinden? Schiller,
Wallenſteins Tod 3, 18. Schaum am Schlangenrahen. Benzel-
Stemau. Ein Haupt mit langen Zähnen, Schlangenrüffel. &öthe,
Fauft 2, 38. Die Löwenaugen rollend ringelt fie den Schlangen-
ſchweif über den Ziegenleib. Benzel-Stermau. Fahr zur Hölle falſche
Schlangenjeele Schiller. Am rollte ſich der Schwanz zuſammen
und that den erzgürnten Schlangenfprung amdeine Braft. 3. Baul
Wie er (Merkur) mit fi felbit und femem Schlangenftabe und
feinem Sahne und Beutel fo ganz Eins ik. Herder Schlangen-
nmringelte Schweitern. Beh. Nicht den [hlangenumfträub-
ten dreifach beilenden Hals dem medufichen Gräuel zu fefleln. Voß.
Auch die fhlangenummwnndne Tiſtphone kömmt uns entgegen,
Derf. Das Schlangenungeheuer, die Schikane. Schubart. Rad
der Erde dringt fein Lauf ſchlangenwandelnd. Göthe, Mahomets
Gefang. Bis fie aus den engen Schlangenwegen des Gebirges in
die Ebene kommen. Wieland. Ans allen: Diefen Schlangenwen-
dungen einer ummoraliihen Khugheitöfehre. Kant. Kurz das geſchmei⸗
bige gewundene Schlaugenwejen legie fih auch an mich. J. Pant.
Sie wollen in diefer Schlangenmwindung mir entgehn. Schiller,
Don Karlos 2, 8. Um die Simde flehten Schlangenwirbel Scham
und Reue. Schiller, Phantaſie an Laura. Daß fie empfinde, wie es
fehärfer unge, als Schlangenzahn, ein undankbares Kind zu haben!
388
Shakeſpoare, König Bear 1,4. Ben wir boͤſem ine
unverdienter Wei: entwiſchen. U. W. Schlegel. Sie (Eva) ſah im
ihrem Samen nur Einen, den Schlangenzertreter. Herder. Die
in (den Sinn der Liebe) mit Schlangenzungen mißdeuten. Thüm⸗
me. Ihren Verfolger und Ichlangenzüngigen Läſtrer. Klopſtock,
Meifias 10, 302.
Schlangeln (bei Voß auch ſchlaͤngen) in Heinen bogenförmigen
Bindungen ſich fortbewegen. — Ein Thlängelmder Pfad leitet mid)
ſteigend empor. Schiller, Spaziergang. Ein Bauer kam beraufcht von
einem Hochzeitſchmaus und fchlängelte, gleich dem Mäarderfuffe, fich
mit geſenktem Kopf nad) Haus. Der, der Hut. Auch wandr' ich oft, nicht
ungefehn, den Ulmenweg, geichlängt an Höhn. Voß, Allegro 95.
— Ein u! der ſich fanft abſchlängelt. nn bet Campe.
Denen (Thales) anmuthig grünen baumreihen Wiejengrund die Waſ⸗
ferfülle eines immer: Tebendigen Baches bald durchſchlaͤngelte bald
Burchrauichte.. Gothe, Wahlvertsandifihaften 1, 18. Aus nebelnder
Kerne ſchlaͤngelt' itt Belzebub Her. Sonnenberg. Blibe... ſchlän⸗
gelten Lichter herab. Der. Ein fich ihm zur Seite heraufichlän-
geludner Delphin deutet. auf einen Serhelden. Göthe, ital. Reife &
Det, Wie der Hank mir da herein fi Fhlängelt. Shakeſpeare,
Kbnig Heinrich IV. 1. Thl. 3,1. Um diefe müflen wir ıms herum⸗
ſchlaͤngeln. Göthe, Novelle: das Kind mit dem Loͤwen. Ihre Hütte
aut ſteht auf grün binfhlängelndem Borland. Voß, Philemon und
Baucis 153. Born, um Haß ımd Schulter ſich windend, ſchlaͤn⸗
eltem ihr zwo Boden hinab auf den wallenden Bufen. Voß, Luiſe
‚a, 193. Wildjäger vom Kaufafus treiben Wunderthiere die Straf!
herab, mitfchlängelt em Streifzug Sommenberg. Das (Feuer) fid)
ihm nachſchlängelt. 3. Paul, Zitan 36. Gleich nicdergefchlän-
gelten Bligen. Sonnenberg. Warum fo gebrochen des Ruders Bild
in der Welle den Kahn Kun Voß, Luife 1, 759.
Schlängler, Schlängelei, Schlängelung find wew Bildungen;
ſchlängelicht hat. Stiefer ſchon. — Sie (die. das Weicheve und Ge—
lfige ohne Charalter und Bedeutung lieben) wurden auch Schläng—
er genanm ... Dieſe Schlängeley und Weichheit ‚bezieht ſich auf
eine gewiſſe Schwäche. Göthe, der Sammler und die Seinen 4, Ab-
teilung. Seine Schriften follten eben ein Grundrig von Wahrheiten
jein, wo ich feine Schlängelungen ſuche. Herder, Ihre Schläns
elung mindet. fi durch gang Frankreich. Klopftod, die Jacobiuer.
ieſe ug fraujen goldnen Loden. Shaleſpeare, Kaufmann
von Venedig 3, 2. |
Schlauk cniederfähfifh slank) von Tanger und zugleich dünner
Körperform, wenn zugleich Gefhmeidigkeit und Biegſamkeit damit ver⸗
bunden if. — Geſchlank hat diefelbe Bedeutung, wird feines alter-
thümlichen Anftrihs wegen gern im edlern Style gebraucht, — Du
33
haft mit hoͤherm Siun und größerm Herzen den zarten ſchlauken Lor-
beer dir gewählt. Göthe, Taſſo 1,1. Der Chirurgus, ein ſchlauker
wohlgebildeter Mann. Göthe, Leben 8. B. Sein geſchlanker Kör-
per plätfchert im Wafler. Herder, Ideen 6,4. (Hermes) ſchuf behend
aus des geſchlanken Stamms feingeädertem Kerne dich, viektöniges
Saitenfpiel. Voß, an Gleims Keier. |
Schmächtig (niederd. smagtig; vgl. ahd smähi, mhd. smsehe &. 72. 257)
dünn fich ausdehirend ans heftiger zehrender Begierde nach etwas; damen lang⸗
geftrerft dünn mit dem Anfeben körperlicher Schwäche. Hager (mbp. hager,
vielleicht Nebenform von hege — troden, dürr) dünn an Fleifdy in Beziehung
auf die Geftalt des Körpers oder Körpertheiles, im Gegenfag förperlicher
Dide und Fülle. — Und mir iſt's wie dem Käplein ſchmächtig, das au
deu Fenerleitern ſchleicht, fich leif’ dann um die Dauer ftreiht. Görhe, Kauf
1, 192. Auch diefe Mühnchen zart und ſchmächtig. Daf. 2, 145. Pie
besbücher und Jahrgedichte machen bleich und hager. Göthe, fyrichwörtiid
Schlanken, auch ſchlinkenſchlanken — bangen und fi) hin und
her bewegen, müßig herumgehen; ſchlenkeln die Wiederheiungsform
davon; ſchlenkern (ahd. slenkiren, fpätermhd. slenkern, verhärtete
Form von sleneker für slenger, ahd. slengira, slengura = Schleu⸗
der) = ſchwingen, fihleudern; ſchlengen (ahd. slangen, slangjes,
mhd. slengen, altn. slengja) Factitiv von Ikingen zer
ſchwenken, find faft nur noch in der Bollsfprache ge äuchlich. — Mi
fſchlenkeln und fpazieren.... fombt man waiß Gott nit in Himmel.
DB. Abraham. Paulus fchlenferte die Dtter in’s Feuer. Luther,
Bibelüberf. Apoftelgeich. 28, 5. Sie ſchlenkern im Gehen alle mit
den Armen. Göthe, ital. Reiſe, Verona 17. Sept. Zum Wahrzeichen
laſſet das Scurpfell durch die Löwen-Haut hervorſchlenkern.
Gryphius, B. Squent 1. Aufzug.
Anm. Hierher gehört wahrſcheinlich auch Schlingel, baier. Schlaänkel,
m ein müßiggängerifcher Menſch, dann auch ein plumper, unordentlidyer.
avon fhlingelu, erh chlingelhaft.
Inden 1) (abd. siuccan, slucchjan, slicken; mid. siucken
‚ neben slicken, altn. slöka, neuniederl. slonk und slok, ſchwed.
sieka und slicka; vgl. altn. sleikia — lecken) heißt eigentfiäy durch
eine gleichſam ftoßartige Bewegung des Schkundes in den Magen eins
nehmen; im Bejondern —* durch die Speiſeröhre eſſend oder
trinkend einnehmen. — Wider Willen ſchluckt' ich das Zeug (Honig).
Göthe, Neinefe Fuchs 2, 58. Die Deutihen haben fo wenig Luft
davon (vom Wafler) zu fchluden als wir. Göthe, Benvenuto Cellini
2,8 — Ben ein frofh einen ſtorchen verflidt (gereimt flidt).
ı) Ziemann ah aus einem Voc. von 1424 slinken — fihluden au. Be
athet man dieſes, Bulle. neben gelingen, drüden neben dringen;
fo fcheint es höchſt wahrfheinfich, daß slucken, slicken Rebarformen find von
ſchlingen, wofür fie an Beigand halten möchte. Schmeller (3, 433) md
Graff (V, 786) denken an jchleichen und lecken.
385
Hans NRotenplüt, des Turcken vaßenachtſpil. Es bat fi das Erd:
reich aufgetban, hat etlih Stätt mit Viehe und Leuten verjchlidt.
Aventinus, Chronik 1580. BL. 110.
Ein— , hinunter—, binweg, nieder— (S. 91), unter—,
verfchluden (S. 91) find klar. — Es war, als ob die Erd’ ihn
eingejchludt. Schiller, Wallenſteins Tod 2, 3. Ich follte es hin—
unterjchluden, und wenn ich dran erwürgen folte. Göthe, Ben
venuto Gellini 2, 4. Hier riß fi die Erd’ auf, ſchluckt' ein Tauſend
hinweg. Sonnenberg. Diefen Geluft müflen fie niederfhluden.
Schiller, Fiesko 1, 5. Gekaut, verfhludt, verdaut. Shafeipeare,
&. Heinrich) V. 2, 2. Ausgeriffen aus der linken Seite ſoll das Herz
mir werden, und verſchlucken mül ich es. Herder, Eid 38.
Schluck (mhd. sluc). — Er ift ein Mann von vielen Graden,
der manchen guten Schlud gethan. Göthe, Zauft1, 131. Die follen
wir gleih an uns loden mit gutem Schlud und guien Broden.
Schiller, Wallenſteins Lager 2. Nach der Mahlzeit bringt er ein
Schlückchen. Göthe, Reinele Fuchs 2, 115. |
Schlucker (ahd. sluko, sluhho, nıhd. slucke, niederd. siucker)
eigentlich der Schlemmer, freſſige Menſch; daun der wonach hungrig
it, darnach ſchluckt, und jelbit nichts zu beißen und zu broden hat;
endlich wer wegen übergroßen Mangeld an dem, was zu Xeibes- und
Seelennothdurft gehört, beduuernswerth oder verächtlih ift. — Da er
mid nach meinem Aufzug für einen armen Schluder halten mochte.
Göthe, Leben 10. B. Da gebt er, der barmherzige Schluder.
Leſſing. Preigeift 1, 9.
Wit (ahd. daz wiht, mhd. daz und der wiht = Weſen, auf den
Menfchen wie den Geift angewandt, goth. die vaithts, das vaiht, — Ding)
urſprünglich wer nur das thur, was nichts taugt; dann der in irgend einer
Beziehung unanfehnlihe, unbedeutende Meuſch; überhaupt der Menih, dem
etwas daran fehlt, daB er ald Menſch etwas ift uud gilt. Der Tropf (von
mbd. tropfe, älternhd. tropfen, tropff = Schlagfluß, Gicht, wahrſcheinlich
eins mit Tropfen, ſ. triefen) der Menfch, dem das Nötbigfte an Körper,
Seele oder Geift abgeht. Gimpel (bei Stieler und Logau Gümpel, als
wenn das Wort von mhd. gumpen — muthwillig fpringen herfänte) iſt eigent-
lich der Blutfink, deſſen Einfalt, mit der er ind Nep gebt, jprichwörtlich ges
worden; davon ein dummeinfältiger Menfh. Pinfel ein Menih, der fo
einfältig ift, dap er nichts von ſich felbit zu thun weiß, iſt eine Cerit im 18.
Jahrh. vorfommende) auf dem Begriffe des Geführtwerdens durch Andere
berubende Figur von der Binfel (ahd. pensil, mhd. pensel, aus lat. peni-
cillus). — Doch fiehe! da ftehet ein winziger Wicht. Göthe, Hochzeitlied.
Diefer Dann war in feinen Jünglingsjahren der einfältigfte Tropf unter
der Sonne; Hatte kaum Berfland genug, den Katechismus zu begreifen. Ihüms
mel, Reifen 1. Ein vwindiger Tropf. 3. Paul, Titan 20, So liebli
25
om
386
Hang des Voglers Bfeife, bis der Gimpel in dem Nee war. -Leifing,
Nathan der Weife 1, 3. (Er) lachte herzlich über die Gimpel. Göthe,
Meifters Kehrjahre 3, 11. Was machſt du, Pinſel? Shakeſpeare, was ihr
wont 1, 5. Welch ein Einfaltspinfel! Shakeſpeare, König Heinrich IV-
1. Thl. 2, 8.
Anm. Zu fhluden gehört wabrſcheinlich auch Schlauch abd. slüh. mhr.
slüch = SKeble, lederne Röhre. Bei dem ſchlockern und-ſchluckern der Volks—
ſprache = bin und ber fahren, fich bin und ber wanfend fortbewegen, darf wol
an fchlingen und Echluder gedacht werden.
Schlecken (altn. sleikja. fchwed. sieka, slicka, wie das mhd.
slöc — Lederbiffen, eine Nebenform von mhd. slicken neben slucken,
ahd. sliccan, sleccan) bedeutet etwas Köftliches in Fleinen Biffen zu
fidh nehmen. Davon Schleder, Sclederbiffen, —ci, — haft, —maul.
Reden (gotb. laigon, ahd. lecchän, altf. liccön, agf. liccjan, mhd. lecken,
engl. liek, ital. leceare, franz. lecher; vgl. lat. lingere, gr. Aslyaı =
feden, züngeln) überhaupt mit der Zunge über etwas aufnehmend binftreichen ;
dann mit der Zunge darüber beritreichend genießen. — Mn der Stete, da
Hunde das Blut Naboth geleckt Haben, follen auch hunde dein Blut lecken.
Rutber, Bibeläberf. 1. Kön. 21, 19.
Schiuchzen ’) (erſt nhd. in der Volksſprache ſchlückſen, ſchloͤck⸗
fen, bei Stieler ſchluckſen und ſchluchzen, eig. ſchlucke zen von
ſchlucken) aus krampfhafter Zuckung des Zwerchfelles heftig, ſtoß⸗
weiſe, ſchallend einathmen, als Wirkung eines Ergriffenſeins Des Ge—⸗
fühles, urſprünglich des Schmerzgefübles. — Julia (ſchluchzend):
die Peſt über dich! Schiller, Fiesko 4, 13. Sie konnte vor Schluch⸗
zen fchlechthin nichts jagen. Hermes. O mein Beliebter, fo ſchluch⸗
zete fie, o wie bin ich glüdlih! Geßner.
Meinen (noth. qäinön, qväindn, ahd. weindn, mbd. weinen, agf. vän-
jan, altn. veina) aus äußerer wie innerer Schmerzempfindung Thränen rin-
nen laffen; dann Aberhaupt anf innerer Empfindung Thränen rinnen laſſen.
Heulen (mbr, biuweln, hiulen, ſchwed. ulfwa, dAn. hyle, engl. howl, mit-
telniederd. hülen, von ahd. hiuwelä, huwelä, trwild — Eule, dieſes von ahd.
huwo, hüwo = U hu, wie lat. ululare' von ulula == Enle; vgl. gr. oAoArLen»
vAaleır) bedeutet eigentlich fchreien wie eine Eule; dann widerlich ſchallende
tiefe Klagelaute ausftoßen; üiberhaupt widerlich fehallende tiefe Laute ansfto-
fen. Wimmern (älternbd. wemmern, ſpätmhd. wimmerizen) ſich in ergrei-
fenden, zitternden, gebrochenen Lauten äußern. Winſeln (mbb. winseln
von ahd. winisön, winson, mbd. winsen, älternhd. winfen, winßen,
winffen, weynffen; vielleicht mit wini — Geliebter, Schatz verwandt?)
urfprünglih wol mit einer von Berlangen wonach gepreßten Stimme fi
Anfern ; in fhmwachlantiger Stimme fih äußern: ſchwach⸗ und feinlautig weh⸗
1) Das althergebrachte Wort für diefen Begriff war ſchnupfen, ſchnupf⸗
zon, ſchnipfzen, f. ſchnieben.
387
müthig thun. — (Sie) weinen vor Schmerzen und Freude. Schiller, Bürg-
ichaft. Wo wilde Raben krächzen und mitternächtliche Uhu's heulen. Schils
ler, Räuber 4, 6. Heulend kommt der Sturm geflogen. Ediller, Glocke.
Hört ihr’s wimmern hoch vom Thurm? Daf. So fpringen ihn jeine zwei
Doggen ſchon au mit frendigem ‚Heulen und Wimmern. Bürger. Sie
jammert und winfelt. Lejfing, Emilie Galotti 4, 8. Dich gräßt der Hund
frodwinfelnd. Voß, der Bettler 1.
Anm. Andere finnverwandte, jedoch minder gebräuchliche Wörter find pin
ien und pinfeln= and Weichlichfeit mit Geberden und Lauten verzagt weiner-
(ih than, nur von Menfhen; (norddeutfh) janken und jaueln (engl. yowl,
. von owl — Eule) — mit widerlihem Schallen webklagen, nur von Thieren;
flennen(abd. flannen,mbd vlennen, vlans; = aufgeiverrtes Maul, Volkoſpr. ſlans
widerlich verzogener Mund) — mit widerlich verzogenem Munde weinen; greinen
(abd. grinan, mhd. grinen, nad ftarfer Conj.) — mit widerlich verzogenem Ges
fihteweinen; gerren, quirren, quarren, (mhd. körren, ahd. ehirran, cherran,
ne. ©. 272; val. agſ. cearcjan = girren, fnarren, ccarjan = klagen, lat. queri)
aut weinen. — Der edle Schach der —— Se fängt nach Gewohnheit an
zu pinfeln, trennt ungern fi von feinem Krewid. Wieland. Sie hätten ge»
flennt und gegrinnen. Nüdert, gel. Gedichte 2, 45. (Sie) greinen Über
die Siege des Scipio... das iſt ja recht alegandrinifch geflennt. Schiller, Räus
ber. 1, 2.
Schlinden it nhd. ganz außer Gebraud) gefommen. Gtieler
führt (im 3. 1691) ſchlinden neben ſchlingen an, doch iſt nad
ihm Ihlingen viel gebräuchlicher. — Sie verfhlandt prinnende
kolen. A. von Eyb (im 15. Jahrh.) Wie die Fiſch im Meer, da
jmmer einer den andern verfchlind. H. Sachs, St. Peter mit der
Gaiß. Den Herren er verfhland. Heldenbuh vom Jahr 1560
Bl. 69. Allwo ein Spiler lebendig verichlunden worden P.
Abraham Ct 1709). Doc es wird nicht funden was Die Wölf vor
verihlunden. Logau, Sinnged. 1150.
Schlund (ahd. mhd. slunt) ift vom Halſe zunächſt die obere
(Ihlingende) Halsöffnung; Die ganze Speijeröhre bis zum Magen;
(fig.) eine fehr große Tiefe mit dem Begriff des Verſchlingens; Deff-
nung einer tiefen Höhle. Davon ſchlündig (mhd. slündec),
ſhlündlich, ſhlünden. — Als fchnappt es gierig nad) der Beute,
eröffnet fi) des Rach ens Weite, und aus dem ſchwarzen Schlunde
drau'n der Zähne flachelichte Reih'n. Schiller, Kampf mit dem Dra⸗
hen. Und felbft Bis in die tiefen Schlünde des Abgrunds wit-
text ex (der trübe Schein) hinein. Göthe, Fauft 1, 05. Wer wagt es, Rit⸗
terömann oder Knapp’, zu tauchen in diejen Schlund? Sciller,
Zaucher. Thut jih fein Schlund auf, das elendefte der Weſen zu
verihlingen? Schiller, Maria Stunt 5, 10. — Haft mit
Höhen es (das Gebirg) durchſchlündet, wo der Felsſtrom nieder-
ſtirzt. Bürde. In ſchlündlichen Tiefen des Meeres. Baggefen.
— Metallne Donnerfhlünde Schubart. Durch die öden
Seljenfchlünde der hoben Berggehölze. Matthiſſon, mileſiſches
Maͤrchen. Donnergebrül der Feuerſchlünde. Sonnenberg, Wie
2%
388
— —— — —
lühende Wolfen aus des Berges Feuerſchlund ſich wälzen. Goͤthe,
* 2, 185. Was enthaucht wohl ſolchem furchtbaren Gräuel-
ſchlund? Daſ. 2, 195. O Veſuv, dein Flammenſchlund. Voß.
Sein Auge flammet wie der offne Höllenſchlund. Wieland. Das
Gefühl hob mich vor den hundert heulenden Todesſchlünden der
Schlacht. Benzel-Sternau.
Machen (abd. hrahho, rahho, racho, agi. hraca, mhd. rache, engl.
rack, bolländ. raak) der die Stimme auslaffende Theil der Kehle hinter den
Bungenbeinen; dann Kehle und weiter der Mund, ſelbſt in edelm Sinne;
gewöhnlich weites Maul, das beim Aufiverren mit der Halshöhle weit und -
tief gäbnt, gerne mit dem Rebenbegriff des Schreckbaren in diefer Gäbnung ;
fig. fürchterlich gähnender Abgrund. Kehle (abd. chela, agj. cẽole, mhd.
kele, kel, wahrjcheinfich verwandt mit mhd. küle = Graph, Loch, lat. gula =
Epeiferöhre, gr. Jralor —= Höhlung) eigentlich röhrenartige Vertiefnng nad
der Länge: Kniekehle; dann Speiferöbre, Luftröhre. Gurgel (abd. gargula,
mhd. gurgel, fcheint aus lat. gurgulio — Halsröhre entfprungen) ift die
Epeijeröhre oder vielmehr der Eingang der Halsröhren vom Munde. Ab-
grund (ahd. abgrunt, abcrunt, abgrunt(d)i, altn. afgruunr, goth. afgrandith)
ift eig. was ohne Grund (S. 246) iſt; dann eine Tiefe, in der fich fein Grund
finden zu laſſen ſcheint. — Wie Tieblich iſt fie (deine Rede) doch in meinem
Rachen! Opitz, Pfalm 119. Stimmt die Kehle zum Geſange. Götbe,
dentfcher Parnaß. Du wolleft dir daflır die Gurgel abfanfen. Schiller,
Ränder 1, 2. Hört, wie der Abgrund toſ't, der Wirbel brüflt, fo bat’«
noch nie geraf't in diefem Schlunde! Schiller, Tell 4, 1.
Schiundbein, -—drüfe, —kopf, —röhre.
Anm. Fiſchart — S. 25) bat Grosprockſchlindig, Land—
ſchlindig. Vgl. ahd. slindo, slindari = Verſchlinger, Gefräßiger.
Schwingen.
(Wurzel svang, sving; svan—g, svin-8.)
Shwinge, fhwang, neihwungen, fchwingen: (abd. suinku,
suanc, suunkum&s, suunkaner, suinkan, suingan; mhd. swinge,
swanc, Swungen, geswungen, swingen; goth. sviggvan; agi.
sviagan — ſchlagen, svincan = arbeiten; engl. swing, fchwed.
swinga) mit der Grundbedeutung heftig bewegen, Davon 1) fich jchnell
bewegeit, befonders in einer gebogenen Richtung; 2) etwas mit einem
Schwunge bewegen; 3) jchwingend, befonders mit der Schwinge,
behandeln, bearbeiten; 4) (ſelten) mit Schwingen verjehen. — Der
hinter Reyn (Rhein), der fih in rechten Reyn auch ſchwingt. 9.
Sachs. Die Geiſel ſchwangeſt über alle Kinder. Schiller, Wallen-
fteind Zod 1, 7. Auf das muthige Roß mich zu ſchwingen. Schil-
ler, Marta Stuart 8, 1. Es biutet die Kuh der Minerva und dem
Gefhwingten (Merkur) das Kalb. Voß.
388
— — — —
Anm. Die alte Präteritalform hat ſich lang erhalten, z. B. Es ſchwung.
Weichmanu, Poefie der Niederſachſen 1,9. Er ſchwunge ibr Gefieder. Dafſ.l,
57. Er ſchwung ſich anf einem Beine herum. K. L. v. Klenke, Lebensbeſchrei—
bung der Karſch. Gleichwohl ſchwung er ſich, voll vom Gefühl der freudigiten
Hoffnung, über die boben Gräber emyor. Klopſftock, Meffiad 11, 3%8. Und bai!
war der Atride da und ſchwung, den langen Speer. Bürger. Der junge Graf,
vol Löwenarimm, ſchwung feinen Heldenitab. Schiller, Eberhard der Greiuer,
Erſchwingen (mbd. erswingen) 1) ſich empor ſchwingen; 2) ſich
emporſchwingend etwas erreichen; 3) mit Mühe, mit beſchwerlichem
Streben dazu kommen, daß man etwas hat, was man haben muß. —
Kein Sang bat fih erſchwungen. Uhland, Morgenlied. Nein, der
Götter Glück kanu feinen höhern Grad erj chwingen. Wieland.
Den erhöhten Preis der meiſten Nothwendigkeiten in Weimar zu
erſchwingen. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 180. Wie hoch ſeid
ihr beſteuert? Daß wir's kaum erſchwingen können. Schiller, Wal⸗
leuſteins Tod 4, 3.
Zuſammenbringen und aufbringen (ſ. bringen ©, 28) bedeuten
machen, daB das, was man da baben will, herbeikommt; jenes (nur von mehr
teren Dingen gefagt) bezeichnet dies zu einem Bereinigtfein; dieſes ein Her
beisujchaffendes, das erit gejucht werden muß, herbeikommen machen, day «4
da iſt. — Wie er dem Kaifer vor acht, neun Jahren die große Armee zu +
iammengebradt Schiller, Wallenſteins Lager 11. Unermeßliches Ges
ibüg ift aufgebracht von allen Enden, Schiller, Jungfrau von Orleau⸗
Prolog 3. !
Ab—, an—, auf--, aus—, be—, bei—, durb— , ein—,
einher , empor—, ent—, fort—, ber—, herab—, beran—,
berauf— , beraus—, herein —, herüber —, herum —, berunter—,
hervor, herzu —, hin —, hinab— , binan— , hinauf—, hinaus,
binduch— , hinein , hinüber—, Binunter— , Binweg— , hin-
zu — nach —, nieder —, über—, um—, umber—, vor—, vor⸗
an —, voraus —, vorbei —, vorüber—, zu —, zurück—, Zus
ſammenſchwingen bedürfen keiner weiteren Erklärung. — Das —2*
von Hute abſchwingend. Göthe, die Aufgeregten 2, 5. Den aus»
gerütteten Bergfels trachtet er Abzuſchwingen. Voß. Schwing'
dich auf, Frau Nachtigall. Göthe, Fauſt 1, 104. ALS höchſter Ler⸗
chentriller war (ſtatt hatte ſich) aufgeſchwungen Schiller. Rückert,
geſ. Ged. 4, 319. Sich auf- und nieder ſchwingend. Tiedge,
Urania 2. Daß in jegige Kunſt, welche zu Menſchenwürd' auf-
ſchwingt, deutſches Verdienſt leuchtete. Voß, an J. Andre. Auch
jetzt aAufſchwang er das Eiſen. Pyrker, Tuniſias 2. Er wollte
ausſchwingen (den Speer). Voß. So ſchnell als Lieb’ und Sehn-
ſucht euch beſchwingt. Wieland, Oberon 6,31. Mit beihwing-
ter Eil' bringt den petſchirten Brief bier zum Lord Marſchall. Shak⸗
ſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 4, 4. (Der) fid) mit Doppelflummen
zu beihwingen jcheint. 3. Paul, Titan 25. (Die) auf der Wild-
890 i
bahn fi einherſchwang. Voß, die Jägerin. Da fle (die Luft⸗
fahrer) fi über die irdifhen Dünfte emporgeihwungen hatten.
Göthe, Farbenlehre 129. Er fhwingt fein Hünenfhwert empor.
Uhland, der blinde König. Trauernd entihwang fid) ſchon der
ſchaudernde Geift jugendlic frohem Genuß. Göthe, Euphrofyne Ein
hochfliegender Adler, der... eine Schlang’ in den Klauen on —
lebend doch ſchnell ſie entſchwang (im Schwunge wegwarf). Voß.
Im Nu find alle Silfen entſchwingt (der Schwingen beraubt).
Benzel- Sternau. Frei ſchwing' ich mic durch alle Räume fort.
Schiller, Huldigung der Künfte Ihm war’ unmöglich, allein in dem
heiligen Seffel, herzuſchwingen die Lanze. Voß, Ilias 17, 464.
Als er mit edelem Anftand fi vor dem Schranfenthor von dem ſchnau⸗
benden Rofje herabfhwang. Porker, Rudolph 4 Die alte Spreu
meiner Eriftenz (mird) hberausgeihmwungen. Göthe, ital. Reiſe
Rom 10. Nov. 1787. Dort in der Enge des Wegs, wo die ebene
Bahn fih herumſchwingt. Voß, Ilias 23, 330. Hier ſank er (der
Nebel) leiſe fih Hinabzufhmwingen. Göthe, Zueignung. Auf wel-
ches (Pferd) er fi dann jeher behend hinaufſchwang. Göthe, Le—
ben B. Sie fragte, ob er noch etwas zu befehlen babe, und
«
ſchwang fih zur Thüre hinaus. Göthe. Daß in der Freier Ge-
wählihte hineinſchwingt. ) Voß, Odvffee 22, 263. (Sie) ſchwang
wie ein Reh fih hinüber. Voß, Luiſe 1, 137. Zödtendes Erz nad-
ihwingend. Voß, Ilias 11, 153. Sich dir auf Newtons Pfad,
o Muſe, nahzufhmwingen Ur. Laß dich die Winde nieder-
Ihmwingen zu dem Dardanier. Schiller, Neneis 4, 42. Der nie-
dDergefchwungenen Schwerter Gepraffel. Sonnenberg. Die (Gki-
fter) theils einzeln, theils in Ringen, ihn überall begleiten und nm=
Ihwingen. Wieland, Oberon 12, 14. Luiſe, die rajch mit dem
Knaben fih umſchwang. Voß, Luife 1, 342. Wieder darauf erbob
er ein noch viel größeres Felsſtuͤck, ſandt' e8 daher umſchwingend.
Voß, Odyſſee 9, 537. Allein vernocht? ihn (den Speer) umber-
uſchwingen Achilleus. Voß, Ilias 16, 143. Hochher, über das
grundöheer, ſchwang vor fih Obbaddon. Sonnenberg. (Er)
ſchwang fih voran nad der Wohnung Der. (Die Dichtkunft)
Ihwingt fi mit dir den ew’gen Sternen zu. Schiller, das Mädchen
von Orleand. Der bald zur Heimat fih zurüdgefhwungen.
Uhland, an Petrarka. | —
Anm. Die Participien ſetzen ſich auch mit andern Wörtern zuſammen, z. B.
Es kamen in fein grimes Haus viel leichtbeſchwingte Gäſte. Uhland, Eiu⸗
kehr. Lanzenfhwingende Männer. Voß, Ilias 2, 131. Mit Brand und
Dold in hochgeſchwungner Rechten. Ealie, an ein Thal. Die Bewrin vn⸗
gefhwungen (unmäpig) ah. H. Sachs. — Beihwingen fommt aud vor in
der Bedeutung fich gleichjam im Echwunge bemädhtigen, 3. B. Ich war mit Web:
) Im griech. Original ſteht axerricaı d. i. mit Langen, Wurfſpießen werfen.
391
— — — —
muth beſchwungen. Hoffmannewaldau, der ſterbende Socrates S. 70. In
welchem (Bette) ibn beſchwang des langen Schlaffes Nacht. Daſ. S. 149.
Des Mondes Schimmer befhwang die nie beſtiegnen Höhn. Thümmel. — Sties
a anfhwingen — ſich bei einem einfhmeicheln; bejhwingen =
Schwinger eine Berion, die fchwingt, einfach und in Jufammen-
jegungen gebräuchlich; Schwingung. — Der olympiihe Schwinger.
Bürger, Zlias 1, 609. Treten zwei Schwinger oder Ringer gegen
einander auf. Schubart, Die Schweizer. Des Goldſtabs Schwinger
Hermeiad. Voß, Odyſſee 10, 331. Fertige Schwinger des Speers.
Daſ. 18, 261. Der Keulenjchwinger Voß, Ilias 7, 9. Lan—
— Daſ. 5, 602. Vater Zeus, Strahlſchwinger.
af. 19, 121. Das Evoe muntrer Thyrſusſchwinger. Schiller,
Goͤtter Griechenlands. — Sie hatte eine Art von fieberhafter Schwin—
gung in das Haus gebracht. Göthe, Meiſters Lehrjahre 8, 10.
Seine (des Tones) langen nachdröhnenden Schwingungen waren
uns allen in den Ohren geblieben. Göthe, Unterhaltungen deutſcher
Ausgewanderten.
Schwinge (ahd. suinga, mhd. swinge, agſ. sving) ein Werkzeug
zum Schwingen, in verſchiedenem Sinne in der Landwirthſchaft, im
Bergbau; im Beſondern die Schwungfedern am Flügel, Dann der ganze
Zlügel, bejonders der großen Vögel, die fi) durch Die Größe ihrer
Schwungkraft und behen Flug auszeichnen; (fig.) Schnelligfeit, Be-
wegung zur Höhe. — Es ift Die Schwinge hier, durch die das Korn
bleibt liegen, das gut und ſauber ift, die Spreu und Staub verfliegen.
Dpig. Nun zerquetihen wir in Haft dir den Baft, den die Schwinge
reinigt. Voß, beim Zlachöbrechen. Ihn (den Adler) traf des Jägers
Beil und jchnitt der rechten Schwinge Sennkraft ab. Götbe, Adler
md Zaube. Geheimnißvoll ift jede große That, fo lang fie noch im
Reihe der Gedanken der Flügel unverfuhte Schwingen prüft.
Th. Körner. Dort erblick' ich fchöne Hügel, ewig jung und ewig grün!
Hätt' id Schwingen, hätt’ ih Flügel, nad den Hügeln zög' id)
bin. Schiller, Sehnfuht. Ach, meines Geiſtes Schwingen find
gelähmt. Schiller, Maria Stuart 3, 4. Finſtre Bergeffenheit breitet
bie dunfelnachtenden Schwingen über ganzen Geſchlechtern aus.
Schiller, Braut von Meffina. — Doch, Muſe, wohin reißt dich die
Adlerfhwinge der hohen trunfnen Schmwärmerei? Wieland, Obe-
vn 1, 7. Dem Träumenden gleich, der mit Engelihwingen zum
Himmel auffliegt. Voß. Raubet num dem Bliß die Feuerſchwin—
gen. Wieland, Dberon 14, 8. Er trägt dich von deinem feiten Bo-
den mit Raubfchwingen in die Lüfte J. Paul, Titan 60. Plötz⸗
ih entfalt’ er zwei rabenfchwarze Rieſenſchwingen. Benzel⸗Ster⸗
un. Mit Roſenſchwingen angethan. Derſ.
Flügel (f. fliegen) heißen die Flugwerkzenge aller Thiere, die fliegen
fönnen; dann wird das Wort fig. auch anf andere Dinge angewandt: die
\
302
Flügel einer Windmühle ꝛc. Fittich, falſch Fittig (ahd. fiv)ödah,
I(v)etah, f(v)ett(d)ach, f{v)öddah, flv)eddhach, ſCv)ethdhah, mhd. vötech,
vötich, vöttach, vöttech, noch bei Tihudi Chronik I, 135 Kettach, eine
mit der Ableitungsfyibe ab gebildete Form von Feder (abd. f(v)ädara,
mhd. veder, weshalb auch für Fittih ahd. I(v)ödarah, mhbd. vöderich, vide-
rich; vgl. gr. meroua ich fliege) iſt ein befiederter Flügel der Thiere,
alfo uur der Bögel; fig. auch auf Anderes übertragen. — So viel Federn
mit Zier in meinen Fittichen fipen, (Amor fiedert dereinit feine Pfeile
damit), fo viel Jahre, mit Ruh uud reinen Freuden befrönet, briugt dir der
eilenden Zeit günftiger Zlügel herbei. Götz, Epithalamium. Viel Thaten
des verworrnen Sinnes deckt die Nacht mit fchweren Fittichen. Göüthe,
Sphigenie 1, 3.
Anm. Der ausgeihwuugene Flachs oder Hanf als Abfall if ahd.
Asuinga, mhd. äswinge, oberd. Eſchwinge, wetterau. Urichwinge. 5
Das Gefhwing nennen die Jäger die beiden Flügel größerer
Vögel.
Schwingarm (im Bergbau), —block (beim Flachsſchwingen),
—bret, —kolbe, —napf (bei den Nadlern), —ſeil, —fieb, — ſtein,
—ſtock, — uhr, —wanne u. a. — Doch die Pfauen, welche einige von
den eigenen glänzenden Schwingfedern der Krähe bemerkt hatten,
verjegten. eeffing, die Pfauen und die Krähe. Ad! die Schwing:
fraft weggeichnitten. Göthe, Adler und Taube. e
Schwang (ad. suanc, mhd. swanc, gen. swankes, agſ.
svenge — Schwingung, Schwungbewegung) 1) der Zuſtand da fid
ein Ding ſchwingt, Ichwingende Bewegung; 2) der Zuſtand da etwas
im Gebrauche, gleichjam in häufiger Bewegung it; 3) (veraltet) ein
mit einer fchwingenden Bewegung gegebener Hieb. — Ueberfhwang
(mbd. überswane) das Uebertreffen, dann überjtrömende Fülle (darum
vielleicht beffer Ue berſchwank), überaus große Fülle; überfhwäng-
lich (mhd. überswenklich) in überaus großer Fülle; in überaus
hohem Grade. — Ich will, wo euch geliebt, Die Flügel, die der Wind
an einer Mühl umreißt, wenn fie im Schwange find, allein mit
einem Streih entblößter Kling aufhalten. A. Gryphius. Dies böje
wilde Werk hat gleichfalls feinen Schwang. Opitz. Die Streide
find bei uns im Schwang. Uhland, ſchwäbiſche Kunde. — Kindlein,
fammelt mit Gejang der Kartoffeln Leberihwang! Voß, Kartaffel-
ernte. Er fühlt den Leberihwang von Lieb’ und Edelmuth. Wie-
land, Oberon 9, 9. Jetzt haben wir das politiihe im überihwant.
Grimm, Geſch. der deutihen Spradhe IV. (Sie) erfreuen fich eines
überfhwenglihen Wachsthums. Göthe, Leben 8. B. Du erzeigft
uns allen eine große Wohlthat und mir eine überſchwengliche.
Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 16. Was man anfangs für Fabeln
en erjhien zuletzt als Wahrheit überihwänglich furchtbar.
öthe, Bampagne in Frankreich 237. Sept. Unüberfhwenglic ift
Et er re
398 \
das Weh! Schiller, Semele 1. (Mit) aller diefer Leberichweng-
lichkeit jegn’ ich, o Kinder, euch zu Dem ewigen Leben! Klopftod,
Meifins 13, 685. | Ta Fer
Weberfiuß Ci. fließen) iſt eigentlich Webertreten einer Flüſſigkeit wegen
gu großer Menge; dann größere Menge, Aberbanpt mehr als erforderlich til.
Daher überflüjfig (mhd. überviüzzic) aus Menge an Flüſſigken Aber:
gebend; mehr als erforderlich ift, oft mit dem Begriff des Zuviel, des Uns
nöthigen. — Was der Trobe Muth mich fprechen Fieß im Neberfluß des
Herzens. Schiller, Piccolomini 5, 4 Wenn ih im Ueberfluß fig ibn
fand. Göthe, Neinefe Zuchs.4, 225. vaß und allen überflüffigen Schmuck
deö Lebens von uns werfen! Schiller, Jungfrau von Orleans 1,4. -
Schwung 1) dus Schwingen (ſowol die Handlımg als die ſchwin—
gende Bewegung, eigentlich und figütlich); 2) eine mit einer fchwin=
genden Bewegung gemachte Linie, ein jolker Zug: die Schrift hat
Schwung. — (Was) meinem Herzen rafhen Schwung gebietet,
Schiller, Phantaſie an Laura. Die Begeijterung erhebt Dein Herz zum
helikon'ſchen Schwung. Schiller, Semele 1. Die Gedanfen waren
ihm zu Tauſenden jchon durch die Seele geflogen, ſchnell, wie die
Shwünge des Bliges, indem er dem Auge vorauseilt. Klopſtock,
Meffins 13, 838. — Hurtig mit beiden Händen umfaßt’ er die Klipp'
in dem Anſchwung. Voß, Odyffee 5, 48. Aufſchwung edles
Geſangs winkeſt du freundlich mir. Voß, an den Genius. Di nichts
mderlih wäre der Ruderer eifrigem Fortſchwung. Voß, Opdnifee
13, 22. Hält mich auch der Nachſchwung in die lichtvolle Höhe,
ans der Du herabichimmerft, immer noch fern von dir, Thümmel,
sröhlichfeit umarmt wilder Schmerzen Ueberſchwung. Schiller,
Vbantafie an Laura. (Indeſſen wir) den Umſchwung' der Thätig-
teit zu befördern wiſſen. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 7. Daß
rauichte Die Senf’ in dem Umſchwung. Voß, die Kirichenpflücerin
56. Europa's Bildung erhebt fih mit Adlerfhwunge. Klopftod,
der jegige Krieg. Ihn riß der hohe Dichterſchwung hinweg!
Söthe, Taſſo 3,4. Diefen Flammenſchwung. Klopftod. Getra-
m auf dem Flügelſchwunge des Stahls. Klopftod, die Kunft
ialfs. Es trunk —— Freiheitsſchwung Alfäos. Voß.
Rit dem Schwert, Das wie en Orkan herheult' in dem Glutſchwung.
Sonnenberg. Harfenſchwung aus angenehmern Sternen. Schiller,
Entzuͤcknng an Laura. Heilig ift der Nebenfaft, ift des Jugend—
ſchwungs Geſpiele. Uhland, Gefang der Jünglinge. Ein jugend-
lichr Maienihmwung. Schiller, Triumph der Liebe. O wen floß
m hohen Seelenſchwunge Suada jo von Honiglippen hin! St.
Brun. Siehe, wie fehwebenden Schritts im Wellenfhwung fih.
die Paare drehen! Schiller, der Tanz.
Schwungbewegung, —haft, —klammer (an den Kutjchen),
ß 394 \
\
— rad, —riemen, —ring, —ſchaufel, —flange u.a. — Die Shwung-
bewegung des Waflers in gebognen Röhren. Geift der Journale.
Die Schmwungbreter waren ſchon gelegt. Göthe, Meifters Lehr⸗
jahre 2, 4. Die Shwungfeder * Seele. J. Paul, Heſperus
17. Wenn die Schwungkraft während dieſer Anſtren ung erſchlafft
ift. Bürger. (Die) ſich ewig in der nämlichen Schwunglinie drehen.
H. PB. Sturz, Klopftock. Diefe Schrift ift ſchwungreich. Jenaer
fit. Schwungjeile Göthe, Meifters MWanderjahre 1, 8. Un-
glückfelige Schwungſucht! Schiller, Fiesco 2, 19. Lavater, der
in einem glänzenden, ſchwungvollen Style ſchreibt. Bürde.
Schwengel (mhd. swenkel) 1) ein Ding, welches geſchwungen
wird, ſich ſchwingen läßt; 2) ein Ding, wodurch ein anderes in Schwung
gebracht wird. — Ich ſah geheim von oben, wie du den Schwengel
zogft. Voß, die Waſſerträgerin. (Weil) der Schwengel fih fen
zwölfmal in der Glocke des Thurms regt. Platen, verbängnißvolle
Gabel 3.— Die an dem Brunnenfhwengel dei tröpfelnden Eimer
beraufzog. Voß, Luiſe 2, 325. Du Galgenfhwengel. Göthe,
Benvenuto Cellini 2, 6. |
Schwengbaum (im Bergbau); Schwengelbruunen, —kunſt,
—-preffe, — pumpe, —ſtütze, —uhr, —werf.
Schwan (mhd. swankel) ſchwankend dünn, ſchmächtig, eigent:
(ih von körperlichen, figürlih auch von unkörperlihen Dingen. —
Sichft auf und ab lichtgrüne ſchwanke Wellen. Göthe, Fauſt 2, 62.
Lief er auf ſchwankem Seil des Lebens hin. Schiller, Walleniteins
Tod 4, 2. Die ſchwanken Nefte beben, Uz, Kunft ftets fröhlich zu
fein 4. Und wenn mein Liebchen auch die ſchwanke Treue brad).
Alginger. St was Hain au dem leib, und ſchwankel als ain ruote
(Ruthe). Schmeller 3, 542.
Schwank (eine ſchon von Geiler von Kaiſersberg (k 1510) ge:
brauchte Figur von mbd. swanc (|. Schwang ©. 392) iſt der lu—
jtige geſchickt veritellte Streich, d. i. luſtige geichicft angelegte Hand-
lung der Berftellung (daher in ber Volksſprache Schwenkmacher
— Menſch, auf deffen Wort man nicht bauen fan); dann überhaupt
Iuitige Erdichtung eines geſchickt angelegten Streiches. — Das voll
Geſchicht' und Neuigkeit und friiher Shwänfe war. Göthe, Stif
tungslied. Ich ſelbſt fteigerte dDiefe wilden Scerze durch manchen
Schmwanf, Friederike glüngte Durch mancden nediihen Einfall
Göthe, Leben 11. B. er in Ränfen und Swänken und allen
Streihen gewandt war. Göthe, R. Fuchs 5, YO. — Er freut mit
manchem neuen Liedlein und Jugendf hwanf. Voß.
Die Schnake oder der Schnak (wie Grille, Mücke eine Figur von der
Benennung des Inſectes Schnake, älternhd. der schnäk, schnök, wahrſchein⸗
lih von einem verlornen ahd. snakan, snahhan — friechen, agf. snican =
trabbeln, woher much agf. snace = Ecorpion, altıt. snakr, snökr = Schlange,
398
abd. snecche, mhd. ecke = Schuede) Iuftiger, lächerlicher Ginfall. 1)
Schnurre (vgl. ahd. snurring, mhd. snurrinc, fat. scurra — Boflenreißer,
ſchnarren, ſchnerren = plappern, ſchwätzen) pofienbafter Ginfall, vor⸗
nehmlich injofern er eime Beine luftige Begebenheit verführt Poſſe (viel
leicht von ahd. pösi = böfe, S. 66 früher nichtöwerth, untüchtig, gehaltlos, albern,
ahd. pl. dio pösö —= läypifche Dinge, dör gebösari = Pofjenreißer) urfprängs
lich gehaltlofes, Täppifches, dann ſpaßhaft beluſtigendes Gerede, auch auf Ges
berde übertragen. — Eo Saft uns dann den Schnaden belachen. Göthe,
Pater Bray. Recht ſchnackiſſche Anſtalten. Schiller, Räuber 1, 1. Eine
Schuurre über das Weimarifhe Theater habe ich zu dictiren angefangen.
Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 78. Die Shuurren, e contrario, find
fleine muntre Harlekinen. J. B. Michaelis, die Laune. (ine ungefähre
Poſſe. Leffing. | |
Schwanten — ſich ſtark hin- und ber bewegen in vermebrter
Schwingung; (fig.) auf.die Seele übertragen. — Einen Nachen jeh’
ich a: en. Schiller, Sehnſucht. Mein Herz ſchwankt ungemiß,
Schlegel. |
Unſchläſſig fein Ci. ſchließen) = einer zu erlangenden felbitthätigen
feiten Willensbeitiunnung auf etwas bin im Weite ermangeln. Die andern
Synonymen |. S. 178. — Das find unſchlüſſige bedäctige Kiel. Gö⸗
the, Goͤtz von Berlichingen 3.
Schwanfen und das active ſchwenken (ahd. suangjan, suen-
ken, mhd. swenken, agſ. svengan), von ſchwingen und ſchwan—
fen (auch in der Bedeutung reinigen, indem man das mit Waſſer
En Gefäß ichwingend bewegt) geflatten Zujammenjegung mit vies
en Präpofitionen und Partikeln, wie nachfolgende Beijpiele zeigen. —
Meine Söhne [hwanften auf und ab. Shafeipenre, K. Richard
3,4 Sie ſchwanktte auf. Kefegarten. Langfam ließ er die Wiege
unjers Herzens ausſchwanken. $ Paul, Zitan 57. In labyrinthi-
iben Gewirren ſchwaukt ungewiß der Menih dahin. Tiedge, Ura—
nis 1. Er durchſchwankte alle heiligen Stätten in dieſem gelob-
ten Lande. 3. Paul, Zitan 9. Das Gejchrei am Stab herſchwan—
fender Greiſe. Sonnenberg. Reden ſchwanken fo leicht herüber,
hinüber. Göthe, 1. Epiſtel. Menſchen, die nicht die mindefte
Drefiur zeigen, in Hauptmanns- und Majors-Uniform auf dem Then-
2) Weigand jagt: „Der Schnad, verichieden von Schnaf und, wie es
fheint, anderer Abflammung (von ſchnacken, niederd. snakken, vielleicht nach
der Bed. des Schnabel verwandt mit abd. snagkun, snaigun — gefchnäbelte
Schiffe) it Sammelwort in den Sinne: albernes lächerfiches Thun oder Reden.“
Grimm II, 44 ſtellt altn. — — geſchwindes Schiff (lat. celox) mit snakr,
snökr mit Recht zuſammen. (Vgl. dem Begriffe nach das Schiff, das als Vo—
ael, als Fiſch, als Elephant, als Spinne in Schillers 18, Rathſel erjcheint.) Der
Schnack und das Berbum fehnaden, bei Voß ſchnaken gehören zu Schnake,
deren pfeifendes Geſumme bekannt ift.
306
ter herumſchwanken zu ſehen. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 8.
Danı ſchwankte ſeine Einbildungskraft in allen Möglichkeiten herum.
Göthe, Wahlvermandtichaften 1, 18. Aus grönländiichem Eispalaft
ſchwankt der Winter hervor. Voß, der Winter. Wie der gebogene
Kiel hinſchwankt mit dinftiger Ladung. Voß. Da predigt's fürch—
terlich laut vom zitternden hinſchwankenden Gerippe. Schiller,
Räuber 1,3. Nah langen Hin- und Herüberſchwanken fommt
jedes Ding doch endlid, in feine — Lage. Schiller, Briefw.
mit Göthe 2, 166. (Sie) ſchwankte der Laſt nach. Pyrker, Ru—
dolph 7. Heller (erblickte, ich ſelbſt mich nie im Kryſtalle des Fluſſes,
niederſchwankend am Frühlingsſproß. Klopftock, Bardale. Zu
hunderten ſchwankten um vor der Wuth der Orkane. Sonnenberg.
Ich ſchwanke zu rück. Göthe, verſchiedene Empfindungen an einem
Platze. Die Welle ſchwankt zurück. Göthe, Novelle: das Kind
mit dem Löwen. — (Er) ergriff den Knittel und ſchwenkte unbarne
berzig ihn über mid) her. Göthe, 1. Epiftel. Jung Roland Ichwenfte
jchnell genug fein Roß noch auf die Seite. Ubland, Roland Schild-
träger. Der große, der helmbuſchſchüttelnde Hektor ſchwänkte (den
‚ Helm). Bürger, Ilias 3, 334. Es muß ihm Ganymedes Hand zum
Necktar die Pokale ſchwenken. Hagedorn. Dann die zqppelude Beute
geichwind aufſchwenkt an das Ufer. Voß, Odyſſee 12, 254. Die
Truppen müflen jo einſchwenken, daß fie den Feind umgehen. Un-
genannter bei Campe. Ba ®
Schwanker, Schwankung; Schwenker, Schwenke, Schwen⸗
kung. — Er iſt einer der trauriger Schwanker, die man nicht zu—
recht weiſen kann. Klepfiod. O aͤrmliche Schwenke! Uhland, von
den 7 Zechbrüdern.
Schwankbuch, —rad u. a.; Schwenkbaum, — becken, — bier,
—bürſte, —bütte, — keſſel, —rad, —feide, —wafler u. a. — Den
ſchwankfüßigen, genügſamen Domherrn. Göthe, Meifters Lehr:
jahre 4, 16. Sollſt ſchwankweis deine Sach' fürtragen. Goͤthe,
H. Sachs.
Schwanger 9) (ahd. suangar, mhd. swanger, geswanger im
Voc. ven. tod. von 1424 swangel) Leibesfrucht tragend, eigentlich
nur von Menfchen gefagt, dam fig. fowol auf ein Bejähwertjein mit
etwas, was zur Erjcheinung kommt oder ausbricht, als auch von Zeu⸗
ung und Gebären gebraucht. Davon (das veraltete) Schwanger:
beit, Schwangerſchaft, ſchwängern. — Sonderlich wäre rath-
1) Nah Grimm 1, 37 gehört ſchwauger wahrſcheinlich zu dieſer Wur⸗
gel. Die Ableitung (von fhwingen) ſagt Weiganp N. 1695, befräftiat agl.
swengor — träge, faul, eig. der mit. lügen angetrieben werden muß; alt.
swängr ift hungerig, ob eig. ſchlaff zur Arbeit? oder von. Gelüſten erſchüttert
oder getrieben ?
397
jam wegen der jhwangern Weiber. Gryphius, Peter Squenz 1. 2.
Die pojitive Religion, Die in dieſem ſchwangern Samenfome lag,
Herder. Damit ſein ſchwangrer Keim entblühe zu edler Wiffen-
haft. Voß, die Sterne Ir ſchwangerheyt. H. Sachs. — Dei
fenerſchwangern Bauch der Felſen. Schiller, Semele 2. Frucht—
idwanger blüh'n die Au'n. Voß. Glutſchwangeres Wetter
woͤllte ſich düſter empor. Sonnenberg. Mit mir berſtet die pulver-
ſchwangere Mine. Schubart. —
amſchweben Heldenbilder aus dem
zu ungklückſchwängern Zügen
ander fügen. Wieland, Oberon. -
idwängerte Puft. Platen, Die
dern Gegenden der Luft waren jel
geihwängert. 9. v. Humboldt
nenhimmels.
Trächtig (baier. u, mittelrhein. die Tracht — Schwangerſchaft, ſ. trageu)
Leibesfrucht tragend, wird nhd. nur von Thieren gejagt, dichteriſch auch im
allgemeiner Bedenuung. — Der Aborn mild, von ſüßem Safte trächtig,
ſteigt rein empor uud ſpielt mit feiner Laſt. Göthe, Fauſt 2, 235. Mein
Buſen war fo voll und bang, von hundert Welten trächtig., Göthe, Kuuſt.
Bon Leid iſt jegliche Minnte ſchwanger, von Schmad iſt jegliche Sekunde
trächtig. Platen, Schatz des Rhampfinit 4. — Der wetterträchtigen
Wolke entfielen einzelne platzende Tropfen. Koſegarten.
. Ynm. Die böhere Umgangsfprache gebraucht für ſchwanger lieber in ge⸗—
jegneten Umſtänden, guter Hoffnung fein. — Als fie zunächit wieder
Bike Heffmuna ward... . Zwei Jahre darauf befand fie ſich wieder in ges
egneten Umſtänden. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 1.
Zwingen.
(Wurzel tvang, tving; tvan-g, tvin-g.)
Zwinge, zwang, gezwungen, zwingen (ahd. duinku, duanc,
duunkumds, duunkaner, duinkan, auch dhwingan, dwingan, zwin-
gan; mhd. twinge, twanc, twungen, gelwungen, twingen, auch
zwingen; altj. thuingan, altn. thvinga, agſ. thwingan) hat die
Örundbedeutung gewaltſam verbindend zuſammenengen; davon ein Ding
worin oder wozu Durch Gewalt beftinnmen; durch Gewalt unter feinen
Billen bringen. — Wenn e8 (das Wort) miht aus: der Seele dringt,
und mit urfräftigem Behagen die Herzen aller Hörer zwingt. Göthe,
Fauſt 1, 36. Ihn zu zwingen, wenn Sie wollen. Schiller, Picco-
Iomini 1, 2. Ä |
Noͤthigen (goth. nauthjan, ahd. nötjan, mötagön, nötigön, altı.
naudja, neyda, agf. nendjan, neodjan. nydjan, nedjan, mhd. noeten, noetigen,
mittelniederl. nöten, ſchwed. nöda, f. Roth, nöthig S. 278) Jemanden wozu
388 .
beitimmen, daß er in biefer Beziehung nicht anders Tann, als beſtimmt wird;
in gelinderem Sinne anliegend wozu zu bewegen ſuchen. Verpflichten j.
S. 235. — Die nit ehr ind Haus zurück ſich laſſen nöthen. Räckert, gei.
Gedichte 3, 340. Doch und ESterbliche ndthbigt, ady leider! trauriged Miß⸗
geſchick. Göthe, Fauſt 2, 189. Heut haft du den Vater dir, den glädlichen,
verpflichtet. Schiller, Piccolomini 2, 4.
Anm. Luther (Bibelüberf. Pf. 105, 18) Hat noch die alte Präteritaiform:
„Sie zwungen feine Füſſe im ftod.*
—* auf —, aus —, be—, bei —, ent —, er —, her —, herab —,
heran —, herauf -, heraus —, berbei—, berein—, hernieder —,
berüber—, herunter —, bervor—, herzu — hin —, hinab —, hinan —,
hinauf —, hinans —, hindurch —, hinein —, hinüber—, hinunter —,
hinweg —, hinzu —, nieder—, um —, vor—, vVoran—, voraus —,
vorbei—, vorüber—, zurück—, zuſammenzwingen bedürfen feiner
Erklaͤrung. — So hat ihm dieſer Schrecken das Geheimniß auf einmal ab-
gezwungen. Göthe, Eugenie 1, 3. Sie follen kommen, uns ein Jod
aufzuzmwingen, das wir entſchloſſen find nicht zu ertragen! Schiller, Tell
2, 1. Es ihm ausgezwungen und abgedrungen. Ungenannter
bei Campe. O kaum bezwingen wir das eigne Herz, wie ſoll
die raſche Jugend ſich bezähmen! Schiller, Tell 1, 4. O Hagedom,
der fanften Klang zuerft den rohen Spiel entzwang. Bob, Allegro
285. Der Tod entbindet von erzwungenen Pflichten. Schiller,
Zell 5, 1. Keines Bannes Gewalt zwinget die Freien berab.
- Schiller, das Glück. Der ſchwere Panzer ihn niederzwin
land, die Rache. Warum Eliora forderft du ifo von mir, mis um:
au an nad dir? Sonnenberg. Des Grames vordringende
auer zwang fie zurüd. Voß, Luiſe 3 a, 448 Mich und in
_ ein jo heilig Band zufammenzwingen? Sciller, Don Kar-
[08 1, 2
Anm, Die Bartic. geitatten noch andere Zufammenfegungen, z. B. Schlacht⸗
bezwungen. Sonneuberg. Das (Boll), waffenbezwungen, dir gebordt.
Pyrker, Mhaftabäer 8. i swung 8
Die Zwinge bei den Holzarbeitern ein Werkzeug, zwei Stücke Hol;
zujammenzuzwingen; Jwingung. — Twing (mbd. twinc, ahd. duinc)
Gefängniß, Thurm. — Zwinger (mhd. twingsere, zwingel, ahd.
twingäri, duengil = eine Perſon welche zwingt) 1) eine zwingende Berfon;
2) jo viel ald Zwing; 3) ein umſchloſſener Raum, Raum zwiſchen der
Stadtmauer und dem Graben. — Der Held, den Gott zur Bezwin-
ung Kanaans ſandte. Klopftod, Meifias 11, 1170. Das ift doc
rt, daß wir die Steine felbft zu unferm Twing und Kerker jollen
fahren. Schiller, Tell 1, 3. Seit Menfchendenfen war fein Twing-
bof bier. Dal. 1, 4. Und wie er winkt mit dem Finger, aufthut
fiy der weite Zwinger Schiller, Handſchuh. Gärten, Höfe, Hin-
tergebäude ziehen fi) bis an den es heran. Göthe, Leben 1.
B. (Die Wage) oft ſchon hochgethürmte Bezwinger der Bölfer zu
4
t. Uh⸗
399
leicht fand. Klopftock, Meſſias 4, 137. Schreden und Wuth ergriffen
den blutigen Böllerbezwinger. Daſ. 11, 1014. Städtebezwin-
gerin, du Verſchwiegenheit! Göthe, röm. Elegien 20. Zapfer ift
der Beltbezwinger. Herder, die wiedergefundenen Söhne,
Zwingeifen, —herr, — mittel; zwingbar, bezwinglid;
Gezwungenheit. — Den (Lohn) früher der Frohnvogt für den
Zwingherrn farg bedingt. Pyrker, Moſes 2. Eine unangenehme
Bereinigung von moralifchen ana ein J. Baul, Heiperns 27.
Gleich al8 ob unermüdlich und ganz unzwingbaren Muthes al’ im
Gefecht anftrebten. Voß, Ilias 15, 697. Unbezwingbar der flla-
viſchen Pflicht. Klopftod, Meiflas 2, 582. Schon ward Pergamos
Höhe bezwinglich gemacht und bezwungen. Voß. Ein fefter nicht
leiht bezwinglicher Charakter, Göthe, Leben 18. B. Den feften
Willen hab’ ih fennen lernen, den unbezwinglidhen im meiner
Bruft. Schiller, Piccolommi 3, 8 Die Unbezwinglichkeit eines
Raturgeſetzes. Göthe, Meiſters Lehrjahre 8, 9. Sei immer wahr und
offen und haſſe jede Art von Gezwungenheit und Berftellung.
Platen, Lebensregeln 36.
Zwang (abd. dwanc, mhd. twanc md getwanc, alt. gethuing)
1) der autom, da der Körper oder ein Theil desjelben durch einen
innern Grund heftig zufaummengezogen, oder heftig zu etwas gedrängt
wird; 2) der Zuftand, da die freien Handlungen eines Weſens durch
Gewalt eingefihränkt werden, es mag Diefe Gewalt eine förperliche oder
fittliche fein; 3) in engerer Bedeutung der Zuftand, da man fidh felbft
nöthigt oder ängftlich bemühet etwas zu thun; 4) ein durch Zwang
entftandenes Ding, 3. B. in der Jägerfprache die Erde, welche der
Hirſch im Gehen mit den fdharf a Schalen aufwirft.
— Du balteft ihn mit Zwang. Schiller, Henfteing Tod 3, 17.
Der Zwang, ein fleifer Gaft, der alle Freuden ftöret, mit Büden
Alles ipricht, mit Lächeln Alles böret. Zachariä. — Je ſüßer ihnen Diele
Scholung vor dem Gefhäftszwange däucht. Benzel-Sternau.
Mögen wir dem Doppelzwang entfliehen? Tiedge. Lechzen nad)
dem ſüßen Feſſelzwang. Schiller, Freundichaft. Der Gewiſſens—
jmang fehlte noch! Göthe, Egmont 1. So wird der Nothzwang -
er Begebenheiten ihn weiter ſchon und weiter führen. Schiller, Pic
colomint 3, 1. Du felbft, der uns vom falſchen Regelzwange zur
Bahrheit und Natur zurücdgeführt. Schiller, an Göthe. Diefer Zwang
mag nun ein Äußerer, oder em Selbftzwang fein. Kant.
Zwangfal (mhd. twancsal) ift nun veraltet. — In groffem
jmangff el. M. Beheim (15. Jahrh.) Dyn zwangffal. 4. Bibel:
berj. (um 1470—73) 1. Mof. 16, 11.
Zwanganleipe, —befehl, —brief, — dient, — dreſcher (in ei⸗
nigen Gegenden), —mühle, —ofen, —recht, —ſchenle, —joldat,
I
ß
400
—trieb, —weife u. 5 Zwangsmittel, —redt: — Er (der Menſch)
ift Tyrann, und fie (die Thiere) jeine Rebellen oder Zwangdiener.
Herder. In den eriten Jahren der minifterialifchen Zwangebe J.
Paul, Titan 58. Ihre Leichengebräuce find freiih Jwangerin-
nerung des unreinen Todes. Herder. Die neulihen Zwanggeſetze
des Kaiferd von China gegen den Gebraud des Opiums. Allg. Itg.
‚Die (Blätter) ih in zwanglojen Heften in jeder Jobelperiode ber-
ausgebe. J. Paul, Zitan 9. Sein Schoppe war nach wenigen Mi—
nnten des Zwangihlafs wild aufgefahren. 3. Paul, Titan. Man
fennt Spaniens zwangvolles Geremoniel. Meißner. Sole Be—
wegungsgründe find wol nicht viel beſſer, als wahre Zwangsmittel.
Gellert. Die Einzelnen wideriegen fih ihrem Jwangsrechte. Göthe,
Leben 11. B. FJ
Zwängen (ahd. dwengjan, mhd. twengen) Zwang anthun; in
engen Raum, Umfang zuſammenziehen. Zwänger, Zwaͤngung. —
Und feft mit den Knieen fie zwingend. Voß, der 70. Geburtstag
132, Sich durch die enge Gnadenpforte zwängt Göthe, Fauft
Doripiel. Zwängt in drei Tropfen wol von hundert Kräutern Säfte.
Lohenftein. — Er wünſcht, niht aufgezwän gt Shakeſp. Cymbeline
5, 4 Ich aber erlöſt von dem geiſtigen Drud, der Jene fo jämmer-
lih einzwängt. Platen, Parabafe. Indem man das Theater in
einen Concertſaal bineingezwängt hatte Göthe, Lehen 3. 8.
Auf Sand des Meeres in Felſen erzwängt. Thümmel.
Anm. In Tübingen (Tuwingen, palatin. Tvingorum) ift vielleiht das
alte Twing übrig.
Dingen. !)
(Wurzel thine = ſchwere Sadje; agſ. thingan — fihmer machen?)
Dinge, dung (dang), gedungen, (dingte, gedingt), dingen
(ahd. dingjan, dingen, gidiogjan, altj. thingön, agſ. thingan, ge-
thingjan, mhd. dingen, überall nach ſchwacher Form) eigentlich Ver⸗
ſammlung halten und reden, — eine Zuſammenkunft, Sitzung
verabreden oder anberaumen, um Rechtsſachen zu entſcheiden; eine
Rechtsſache vor den Richter zur Entſcheidung bringen; (nhd. gewöhn⸗
lich) feſtſetzen, einen Vertrag machen, vorzüglich mit der Nebenbedeu-
tung des Verſprechens; daraus einen Arbeitsvertrag, einen Lohnver-
frag machen; nad) dem ®efindevertrag in Dienft nehmen. — Ihn zu
verleumden dungen fle faljcher Zeugen Zungen. Bürger, St. Ste-
Shan, Zum Sklaven, fol’ ih fagen, Dingtet ihr den fonft jo
freien, jet bedrängten Mann. Göthe, Eugente 3, 1. Ich weiß, daß
?) Das Berbum gieng als ein (von Ding) abgeleitetes früber nach ſchwacher
Eonjugation, daher das Schwanken im Präter. und Partic.
401
hundert Augen gedungen find, mich zu bewachen. Schiller, Don
Karlos 1, 1. Sie find gedingt von feiner Tochter, euch zu tödten.
Schiller, Zurandot 4, 10. Dingen mödtet Ihr mid als Magd.
Göthe, Hermann und Dorothea 7, 77.
Miethen (ahd. mietjan, mietön, mietdn, mhd. mieten, altſ. medöan,
von Miethe, ahd. mieta, miata, mhd. miete, alf. med, engl. meed,
poln. myto — Lohn, Gabe wofür und wozu; goth. mäithins — Gabe, Ges
ſchenk, ahd. auch meida — Xohp 1) eigentlich bezahlen, belohnen für zu leis
ende Dienfte, in Beziehung auf Perfonen und Sachen. — Ürbeiter zu
mieten in feinen Weinberg. Luther, Bibelüberf. Mattb. 20, 1. (Die
4. Bibelüberf. von 1470—73 bat: ze Dingen wurder in finen wingarten.)
Anm. Aventinus (Ehronik 1580 BI. 180) bat dingen im Sinne von
appellieren: da dinget S. Paulus für den Kenfer.... Er dinget an das
Barlament.
- Ab-, bedingen u. a. Jujununenfeßungen find an ſich Har. —
Und meinem Gett it auch nichts abzudingen. Leſſing, Nathan der
Weile 2, 2. Und wollt!’ Euch nicht gerathen haben, mir vor einem
halben Jahr noch abzudingen, wozu ich jegt freiwillig mid) erbiete.
Schiller, Piccolomini 4, 4. Eine Lehre, Die niemahls it geläugnet
worden, wenn man einige geführlihe und unmuthige Köpfe au 8-
dinget (ausnimmt). Ungenannter bei Campe. Ebenjo hatte Sachfen
ein Maufthiergeftüte bei Leißnig, das man aber auf Erbpacht aus-
judingen (vermiethen) juchtee Dal. Das aber Ding ich aus,
daß.. Ganig, von der Poeſie. Ich babe die bei mir zum Nadıt-
quartier angejagten Soldaten ausgedungen (bei Andern eingemie-
tet). Heynag. Leicht (iſt) was du bedingen möchteft zu erfüllen.
Göthe, Eugenie 5, 4. Zerriffen fei, was wir bedungen haben.
Schiller, der Kampf. Gib ihm gerne, mein Kind, den bedungenen
Kuß. Voß, Luiſe 2, 237. Jedem Worte klingt der Urjprung nad)
wo es fich ber bedingt. Göthe, Fauft 2, 116. Mit denen An—
bedingungen... wie in der Uffgabung anbedingt was. Tſchudi
1, 31. 32. Die fih und den Ihrigen einen Raum auf Ddieler allge-
meinen Rubeftätte vor mehreren Jahren ausbedungen hatte. Göthe,
Bahlverwandtichaften 2, 1. Liebe war in ihre Tugend wörtlih ein»
bedungen. Schiller, Don Karlos 2, 15. Nur zum Spazierengän-
= bedang ich drein mich ein. Rückert, geſ. Gedichte 5, 140. In
iena erwartete ich die ordinäre römiſche Poft und verdung mid
darauf. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 3. Die cannelirten Säulen find .
unter der Condition verdingt, daß xc. Göthe, Briefm. mit Schiller
4, 257. Ich hatte mich dem Dienft der Schönen aller Schönen drei
Jahre lang verdingt. Wieland, Oberon 3, 6. Der fo, wie er dem
‚)6rimm I, 110. 3. A. führt das Wort zurüd auf den goth. Stamm
miuda, davon re — mittheilen, eingeben, einhelfen, ermahnen, Vgl.
205 Grimm Il, 49, Ir. 538:
26
402
Kalfer und Reich Ach verdingte. Pyrker, Rudalph 2. en
verdüngft Du Dich wohl zum Miethlinge? Voß, Odyſſee 18, .
Bald verdungen jene zween Motrojen ihren Dienft an einen reichen
Zifcher. Platen, Abbaffiden 4. Ja dinget nur die halbe Welt zu-
fammen. Ramler.
Anm. Schmeller I, 378 hat noh andingen = verdingen, aufbingen ,
= als Lehrling bei einem Handwerk annehmen, bindiugen — verdingen,
eindingen — eine Klage bei Gericht einbringen. — In Participialzufanmen-
fepung fant Shakefpeare (Antonius und Cleopatra 5, 1): Hein mordgedung-
ner . a
Bedingt, unbedingt (nicht bedungen, A a mit
oder ohne Bedingung. — Es darf ſich einer mur für frei erllären, fo
fühlt er fid) den Augenblid als bedingt. Wagt er es fih für be-
dingt zu erflären, jo fühlt er ſich frei. Göthe, Wahlverwandtichaften
2, 5 aus Dttiliens Tagebuch. Er weiß fo glatt und jo bedingt zu
iprechen. Göthe, Taſſo 4, 3. Die Schüler fernen eine wie die an-
dere in ihrer Bedingtheit fennen. Göthe, Meiſters Wanderjahre
23, 9. Barole müffen fie mir geben, eidlich, ſchriftlich, fich meinem
Dienft ji weihen, unbedingt. Schiller, Biccolomint 2, 6.
Dinger (mhd. dingeere, dinger), Dingung; Dingbrief,
— herr, — hof, —pfennig; undingbar; Beding, Bedingung, Be-
dDingniß, bedinglidh; Andingung; Geding (ahd. Einen, ga-
dingti; Leibgeding (ahd. ihgadingi). — Undingbar, feines Fürften
Waffenknecht. Salis, an ein Thal. Vom Befitzer hört’ ih die Bedinge.
Goͤthe, Wandrer und Pächterin. Mit dem Beding wechfelt' ich |
mit euch den Ring. Göthe, Zauft 1, 155. Das ift fen Beding
und Pakt. Schiller, Wallenſteins Lager 11. Nur auf Bedingung
nahm ich dieß Kommando. Schiller, Piccolomini 2, 7. Und wei
wir und dieſer Schmahbedingung? Schiller, Jungfran von Dir
leans 1,5. Bir machen den Brief der Tochter zur einzigen Beding-
niß jeiner Freiheit. Schiller, Kabale und Liebe 3, 1. Muthmaßlich
oder bedinglich fließen. Simpliciſſimus 2, 4. Mit föliher An⸗
dingung (Bed.) Zichudi I, 10. Daß das Menſchengeſchlecht überakl
unter gewiffen Naturbedingungen habe entitehen können. Göthe,
Tag= und Yahreshefte 1804. Die (Männer) hier um Euch m wich
tigem Geding (Berathung) verfammelt find. Uhland, Ludwig d. 2.
1. Cm beſſeres Leibgedinge, den ich, als ihr einer Frau geben
könnt. Shakſpeare, fo wie es euch gefällt 4, 1.
Ding, çahd. ding, agi. thine, altır. thing, mhd. dine) pl.
Dinge umd Dinger, leßteres zur Bezeichnung von beflunmten ein⸗
zelnen törperlichen Dingen, nur in der geringen Schreibart, gewöhnlich
mit dem Rebenbegriff des Kleinen oder Unwichtigen, allgemein das mas
ift, die Grundlage eines Seins; das wirklich Vorhandene ; das, was
man fid) denken fann. Davon Dinglid. — Soeinlieb Ding im Arm
zu haben. Göthe, Fauſt 1, 152. Ich glaube gar, ich hab' ihr bittre
| 4083
Dinge gefagt. Schiller, Zurandot 5, 1. Wir haben über unſere
Amubeter gezankt, ich will die Dinger noch immer fo nennen. Leffüng.
Framzisca, wenn alle Mädchen fo find, wie ich mich jegt fühle, fa
find wir jonderbare Din gen Leffing, Mina v. 3. 2, 7. Diele
femde Dinger (d. h. Reiter). Simpliciffimus 1, 3. (Sie) beten
fein luftiges Unding, wenn er da ift, gebückt und, wenn er weg ift,
mit Hohn an. Klopftod, Meſſias 2, 348.
Sache (ahd. sahha, mıhd. sache, agf. saca f. 5.228) zunächſt Anklage,
Bertolgung (ahd. sahhan, agf. sacan, fat, sequi = verfolgen); dann jedes
Ding als Gegenſtand: Beichäftigung, Angelegenheit. Das Wefen (Anfinis
tiv vom veralteten wefen, f. dasfelbe) das Sein felbit, das Dafein, das
Beſtehen im der Zeit, die Selbſtſtändigkeit (das wirkftche Sein), die beſon⸗
dere Beichaffenheit eines Dinges, auch das Ding felbit. — Eure Sache
nicht allein, ich habe meine eigne auszufechten mit dem Tyranuen. Schiller,
Tel 4, 2. Stärke zieret den Mann und freies mutbiges Wefen. Göthe,
vom, Elegien 20. Jeder (Gedanke) ijt erhabner, iſt beiliger, als die ftille
Betrachtung auf erichaffene Dinge von dir herniedergelafien. Dennoch ent«
ſchloſſeſt du dich auch außer dir Wefen zu feben. Klopſtock, Meifias 1,.257.
Anm. Der Ding aub der Dings (ſchon mhd. einigemal dör dinc) ift
abtungslofe Benennung einer Mannöperfon, gewöhnlich mit irgend einem [pot-
tenden oder verächtlichen Beiwort verbunden. — Diefer ift der Dinge. Göthe,
Bahlvermandtfchaften 2, 4. .
Schlechterdings platterdings, allerdings, neuerdings, freierdings
find anomale Adverbia aus demgen. pl. für ſchlechterdin 8 e ꝛc. (f. meine
Grammatit 1. 2, 8. 371). Schlehterdings und platterdings
= geradezu ohne Bedingung oder Einſchraͤnkung; ſchlecht ift nad»
icher als das für gemeiner geltende platt. — Allerdings —
velllonnmen fo, eine volltändig beitätigende Bejahung. — Ya, dem: ift
allerdings jo. Leffing, Nathan der Weile 2, 7. Die Form des
Verhoͤrs erfordert diefe DBorfichtigkeit f N de Leſſtug, Emi-
lie Galstti 5, 5. Der weile Vater Ielägt nun wohl mid platter-
dings nicht aus. Leifing, Nathan der Weiſe 4, 4 ch habe diefen
(den Laokoon) neuerdings wieder mit der höchſten Befriedigung ge⸗
leſen. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 291. Ich will nicht unterfuchen,
ob dich nicht fonft ein Argwohn treibt, mir dieſes Crbieten freier-
dings zu thun. Lefiing, Nathan der Weile 3, 7.
—2* (mhd. vriliche) eigentlich frei; dann fo viel als ohne Be⸗
ſchränkung. Allerdings und freilich find ſtärkere Ausdrücke der Beja⸗
bang, als ja (goth. ja, jäi, ahd. mhd. altu. ja, agſ. ja) das fchlechthin zu
ertennen gibt, es fel fo, wis gefragt ober durch die Aufitedung nefagt wurde.
— Da töunen die Herren ja nicht mehr zahlen. Fretlich! Es wird Alles
banferott. Schiller, Wallenſteins Lager 11.
Dingbant, —brief, —frieden, —geridht, — graf, —-herr, —hof,
—hörer, —kauf, —mann, —pfennig, — pfühtig, — ſtatt, — ſtelle,
—ſtuhl, —vogt; Aufdiugbrief, —geld.
26 #
404
Bertheidigen (ahd. vertagadingen, mhd. verteidingen, älter-
nhd. verthedingen, vertheidingen, verteydingen, von ahd.
tagadinc, alti. dagathingi, mhd. tagedine, tegedinc, teidine —
Tagverfammlung, dann Beſcheidung zum Gericht auf einen angefeßten
Tag, Die en Berhandlung jelbft) eigentlih vor Gericht ver-
handeln; dann redend verhandeln, das Wort führen für Jemanden
einer That oder eines Angriffs Pa in erweitertem Sinne Angriff
durch Abwehr und Gegenangriff abhalten oder unfchädlich machen. —
Bertheidige dein Leben. Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 7.
(Der ih) iBund fo lange Zeit getheidiget und geipradıt babe.
Hoffmannsmwaldau, fterbender Socrates 144. Euch zu verfprechen oder
zu vertedingen. Hug, Rhetorica Tübingen 15%. Blatt 131 *.
Schützen und beſchützen (ſ. ſchieß en) fichern vor Uebeln dur Ab⸗
halten derſelben, während in ſchirmen, beſchirmen (ahd. scirmjan,
sciramjan, mhd. schirmen, von ahd. scirm, scerm, scẽram, mhd. schirm,
schörm — Schirm) mehr das Bedecken vor Uebeln ausgedrückt iſt. Man
ift vor Wind und Sonne gefchügt. Göthe, Meiiters Wanderjahre 1, 5. Ich
beihübe did. Schiller, Maria Stuart 3, 6. So mid der Himmel
ſchirme. Shakſpeare, fo wie es euch gefällt 4, 1. Der den Ehriftenglaus
ben felbit mit Macht befchirmte. Herder, Eid 6.
Anm. Betheidigen ift veraltet. Aventinus (Chronik 1580 BI. 800)
fagt noh: Sie betheidigten (ſuchten es dahin zu bringen) mit guten Worten,
dap er die böfe Geſellſchaft alle verlaubet.
Bertheidiger (mbd. teidinger); VBertheidigung (mhd. ver-
teiding) ift eigentlih Sicherftellung gerichtlich verhandelnd durch Ab=
wehr; dann überhaupt thätlihe Sicherftellung dur Abwehr. — Mir
blieb nur die linke Hand zu meiner Vertheidigung. Göthe, der
neue Paris. Zr
Shug und Schirm find aus ſchützen und [hirmen Mar; fo and
Schutzrede und Shupfhrift aus reden ©. 73. 77 und ſchreiben.
Rechtfertigung (von rehtfertigen mhd. röhtvertigen, röhtvertec —
rechtmäßig wofür erklärt, gerecht, vechtlich, {. fertigen bei fahren) gerichtliche
Behandlung, rehtögemäße Entfühnung, das Dartbun des Ungrundes einer Bes
ſchuldigung durch genügente Gründe. Entfhuldigung (- Schuld ©. 109)
Benebmung oder Minderung einer Schuld nach Darthnung von Gründen oder aus
nıildernden Urfachen und linftänden. Berantwortung (f. antworten)
Bertheidigung mit Worten; wörtliche Darlegung der Rechtmäßigkeit von Ge⸗
tbanem. — Wer iſt's, in deffen Schirm, als unterm breiten Schuß der
göttlichen Aegide, Demarat jetzt ficht, jetzt fiegt? Leffing, Kleonnis 1, 2,
Bloß Klotilde verdient eine Schutztede. J. Baul, Heiperne 4. Iſt es
denn nöthig, daß ich eine Schutzſchrift ausarbeite für Emanuel? Daf. 8.
Mein Betragen diefen Morgen ift nicht zu rechtfertigen: zu entſchul—
digen höchſtens. Leſſing, Emilie Galotti 3, 5. Er (der Brief) enthält
meine Rechtfertigung. Leffing, Minna von Barnheim 8, 10. Du haft
—
feine weitere Entjhuldigung Göthe, Benvenuto Eellini 1, 3. Auf
meine Berantwortung. Leſſing, Minna von Barnhelm 1, 4.
Bestheidigungsanftalt, —bündniß, — grund, — krieg, —funde,
— funkt, —Iehre, —linie, —rede, —jhrift, —ftand, — waffe, —weile
u. a. — Ich für meine Perſon konnte deßhalb den größern Berthei-
dDigungsmuth weniger gegen Angriffe des meinigen (Lebens) als
gegen die eines fremden 3. B. meiner Kinder beweijen. 3. Baul. (Sie)
ordnete eine Vertheidigungsſchlacht. Sonnenberg.
Anm. 1. Alberus bat noh Teyding = naeniae d. i. Gefhwäg, und
vaterteydinger = interpres, Dolmetfcher. — (Gargantua S. 136)
jagt: Iſt er trunfen, jo thädingt (ſchwätzt) fie jhn inns Bett.
Aum. 2. Hierher gebört auch das immer mehr veraltende Narrentbeis
dung —= Geſchwätz eines Narren.
Ham. 3. Theiderei, Theidinger, Untertheidinger (Bermittler)
Hund veraltet: Mit dem Heydnifchen Meiiter lift, ſpitzweg und theiderey. Avens
tinus, Gbronif 1580 BI. 235. Er war Bntertheidinger. Daf. BI. 279.
Wirren.
(Wurzel war, wir.)
Birre, wirrte, gewirrt, wirren; verwirre, verwirrte, verwirrt
und ver Worten, verwirren (ahd. wirru, war, wurrumds, worranör,
werran; mhd. wirre, war, wurren, geworren, werren; alt|.
werran; dgl. lat. vis, vires, fanjfrit. virya — Kraft, Gewalt; aud) lat.
verrere — fehren?) mit der Grundbedeutung üble Gewalt wogegen
gebrauchen, aufregen; dann durd) einander ftören, in Unordnung brin-
gen; Davon nhd. (eig. und umeig.) unordentlih unter einander brin⸗
gen, undeutlih machen. VBerwirren 1) fo unter einander fehlingen,
dag man weder Anfang noch Ende finden, noch aud die einzelnen
Theile binlänglich unterjcheiden kann; 2) (in weiterer und uneig. Be—
deutung) in große Unordnung bringen, uneinig machen. — Da rin—
gelt’S und fchleift e8 und raufchet und wirrt. Göthe, Hochzeitlied.
Um meine Füße, feit und feiter, wirret fi das Zauberknaͤnl. Schil⸗
ler, Jungfrau von Orleans 2, 6. So durch des Lebens wirrende
Beugung führe die Neigung und in das Jahr. Göthe, zum neuen
Jahr. Wie wenn ein herbftlicher Nord bintreibt die verdorreten Difteln
duch Das Gefid, und dicht in einander gewirrt fie umberflich'n.
Dog, Odyſſee 5, 338. (Das) konnte nicht anreizen tiefer in ein Ge-
ihäft einzugehen, das, am jich felbft verwidelt, nun gar durch Un—
tbaten jo verworren ſchien. Göthe, Leben 12. B. Ein Strom
verworrner Stimmen wälzt fi braujend her. Schiller, Braut von
Reifina. Sucht nur die Menfchen zu verwirren, fie zu befriedigen
iſt ſchwer. Goͤthe, Kauft VBorfpiel.
Anm. Das Factitiv lautet mhd. werren, verwerren. Dies Wort hat Hoff⸗
mannswaldau noch, der aber. verwörrt für verwerrt fehreibt (wie im 17,
Jahrhundert mehrfach 5 für e iteht): Das Garn, darin mein Fuß aus Unbedacht
getretien, verwörret mein Gemüth. Adelheid an Aleran. ch fchreibe mit
406
verwärrten Sinnen. Zuchtheimine an Iugenand. — Doch bat er ang ver⸗
wirrt, 3. 3. die Geilter ind verwirret. Adelheid an Aleran.
Ein—, nt—, zuſammenwirren find Kar; auf—, aus be—,
gewirren find wenig oder nicht im Gebrauch. — Haare und Projeſſe
einwiren. 3% Paul. Wenn er da8 VBerworrene zu lien, das
Entworrene zu genießen hoffen durfte. Göthe, Reiters Wander⸗
jahre 2, 4. Der Knoten entwirrt ſich. Schiller, der Tanz. Nur
zufammengewirrte und mißhellige Samen der nie einträchtigen
Dinge. Voß. Remt mit eud) ein geweichs wachsliecht, alddann ge-
wirt (ichadet) euch warlich nit. H. Sad.
Anm. Die Partie. fehen fih aud mit andern Wörtern zufammen, 3. B.
Wirkt der Hölle Gaufelfunft, die ung im on fo verderbli war, aud bier
noch fort uns finnverwirrend zu bethören? Schiller, Jungfrau von Orleans
2, i.
Berworren und verwirrt nennt man, was in feinen heilen
ohne alle Ordnung vor unfern Sinnen ift, und daher feine Erfennt-
niß erſchwert oder gänzlid) hindert; verworren, Verworkenheit
wird mehr von dem Seftehen der Unordnung gebraudht, verwirrt
mehr davon, daß etwas in diejelbe gebracht fe. Berwirrung. —
Früher hatte verwerten die Son beunruhigen, beläftigen, ent⸗
eien; daher dieſelbe Bedeutung auch in verworren, Werrung,
erwerrung. — Wenn er mir jetzt auch nur verworren dient,
fo werd’ ich ihn Bald in die Klarheit führen. Goͤthe, Fauſt, Prolog
im Himmel, In neuer Zweifel mogende Bewegung und aäͤngſtlich
ſchwankende Berworrenheit ftürzt mic das Widerfprechende zurüd.
Schiller, Braut von Meſſina. Er wußte nur zu wohl, daß es ſchwerer
fei, gebildeten Menfchen bei fittlihen Berworrenheiten zu Hülfe
zu fommen, als ungebildeten. Göthe, Wahlvermandtfchaften 1, 18.
Sie reihet mir, aus loſem Scherz, verwirrten Zwirn, ihn aufzu-
Iöfen. Bürger, Die beiden Liebenden. Furcht, Sorge, Berwirrung
Dauert fort, Goͤthe, Tag- u. Yahreshefte 1796.— Alfo mußt Kaifer
Philipps bie römer unverworren laften. Aventinus, Chronik. Pan
wolt und zwar verwerten gar. Hofmann, Fundgr. 1, 334. Die
Herzog N. N. hetten vil zwayung und werring. Chronik in Freib.
Samml. 1, 18. °
Ounkel (abd. tunchal, mhd. tunkel, agf. dunkal) was, durd) die
Einne wahrgenommen, nicht binlänglih erfannt und tmterfchieden werden
fann, ımb zwar wegen Mangels an Licht. Undeutlich (Gegenfaß von
deutlich, mhd. ze düte, diute, wie ed das Volk veriteht, von ahd. diot,
deot, mhd. diet, goth. thiuda, alſ. thiod, agf. thedd, Volk, woher Deus
ten f. S. 208, nnd dentſch goth. Adv. thindiskd, ahd. Adj. diutisc, agf.
theodisc, mhd. diutisch, diutsch) wegen Mangels an gehörigem Lichte nicht
recht oder fharf zu erfennen und zu unterſcheiden in felnen Thellen. Uns
klar (Gegenfag von klar, klc)lär, lat. darus ©. 42%) durch Beimiſchunz
fremder oder überhaupt die Erkenntniß heumender Dinge oder Theile der
407
richtigen Erkenntniß unzugängtich. — Sein Bid werd bunfel. Mopkxt,
Meffiad 4, 269. Wo iſt vor ihm etwas Dunkles oder Helles? Gothe
Meifters Lehrjahre 6.8. Ich erinnere mich feiner nur Dunkel, Göthe,
Leben 1.8.
Wirrwarr (mie Klingklang, Miſchmaſch u. a. gebüdet) ein re⸗
ſes Durch⸗ und Untereinander, dag man fi) wicht Daraus finden
em. Allgemeiner, aber minder nachdrücklich it Gewirr (ahd.
k(g)awerr, k(g)iwörr, mhd. gewärre = Aufruhr). — Es iſt ein
Wirrwarr ohne Gränzen. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 10.
Wir befanden und vor der Stadt in dem größtmöglihen Gewirr
und Gewimmel. Göthe, Campagne in Frankreich 11.0. Seltſamer
Sprachen Gewirr brauſt in das wundernde Ohr. Schüler, Spa-
ziergang. — Ein Sprachwirrwarr. Platen, verhängnißvolle Babel
4. (Er windet ſich) ans geologiichem und politiſchem Ländergewirre,
Göthe, Leben 10. B. O blieb ih von den Ketten des Weltge-
wirres frei! Salis, die Einfiedelei. — Gereizze und gewerre
machen. Berthold von Regensburg.
Birre (ahd. werra, mhd. wörre, älternhd. Werr, davon ital.
guerra, franz. guerre) Anftoß, Aergerniß, Krieg, it uhd. nur im Pl.
(Wirren) gebraͤuchlich — Se it fo groß Werr in den chriflichen
Landen. 8. Ebnerin. Bedeutfamer erfcheinen uns zwei Schriften, von
welchen die eine vom Standpunft der Naturwiflenfchaft, die andere
vom Standpunkt der Gefchichte aus unter den Wirren religiöfer
Klopffechterei eine böhere Vermittelung der chriftliden Wahrheit er-
ftrebt. Augsburg. Allg. Zeit. 1847. Beilage Nr. 209. |
Wirrer, Birrung; wirr, wirrig, wirrbar; Berwirrer, Ber-
wirrung. — Und hält des Lebens Wirrung ihn umwunden. lb-
laud Vorſchlag. Wirr umd dammernd, wie ein Traumgewimmel.
Bürger. So fiel ich gleid), da ich wieder allem war, in mein wir⸗
riges, flarriiches Teen zurüd. Göthe, Leben 7. B Bis tief in
die Nacht blieb man beifammen und verwidelte fi) immer unent-
wirrbarer in die Labyrinthe menjchlicher Geſinnungen und Schid-
fale. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 10. Sie halten den Juriſten
fo arg, wie einen Verwirrer des Staates. Göthe, Götz von Ber-
fihingen 1. Er fieht die unauflöslichen Räthſel der Migverftändniffe
unjäglic) verderblihe Berwirzungen verurfachen. Göthe, Meifters
Lehrjahre 2, 2. — Aeußerungen dieſer Art ließen feine Geiſtesver⸗
wirrung bei der ſchönen Abenteurerin argwohnen. Göthe, Meifters
Banderjahre 1, 5. Welhe Gräuelverwirrung wird dein füßer
Zaubertranf meinem Geſchlechte bringen! Herder.
Birrbund, —geiſt, gan, —Inänel, —fal, —ſtroh u. a. —
Ich dachte dieſen Wirrfopf methodiſch aufzufämmen. Göthe, Briefw.
ma Schiller 6, 78. Der Bald erſchien wirrvoll. Rückert, gel.
408
Ge. 5, 2351. Manches Schifal wirrvoll. Göthe. In dem Welt-
wirrmwefen Götbe, H. Sachs.
Anm. 1. Die deutiche Mythologie kennt eine Frau werra (von den ges
wirrten fträubenden Haaren?) im DBoigtlande, die am heiligen Abende des hoben
neuen Jabres genau nachfiebt, ob auch alle Roden abgefponnen find; wo es nicht
der Fall ift, verunreinigt fie den Flachs. Am Züricherfee beißt fie chlungere,
weil fie faulen Mägden Klüngel, Knäuel in das unabgefponnene Garn bringt.
Vielleicht fteht werra für wersa, wirsa, von wirs = wirſch, wie irre für irse,
goth. airzis — irre. Hiermit kann die Borflellung des Garn⸗ und Haareverwirrend dens
noch verwandt fein. Bol. Grimm d. Mytholugie 2. A. ©. 251. Grimm
(Sram. III, 589 f.) hält dieſes ahd. mhd. wirs, gotb. vairs, agf. vyrsa für eine
alte defective Comparativform im Sinn von bös, unfer wirfh, unwirfd.
Anm. 2. Werwolf, bei Shwend Währmwolf (ag verevulf, egl.
werewolf, mbd. werwolf, goth. vairavulfs? ahd. werwolf? mittellat. gerul-
hus) ift gebildet aus goth. vair, abd. mhd. wer, agf. ver, veor, fat. vir =
ann. Werwolf iſt alfo ein Menfh, der fih, had der Mothologie und dem
Aberglauben, in einen Wolf verwandeln kann. Das Wort gehört alfo nicht zu
wirren.
Anm. 3: Birfing, ar, (gemeinital. verza, verzo), früher
Berſchkohl, aus lat. brassica gebildet? Er fcheint, fagt Schwend (der doc
lieber an brassica denkt), wenn anders died Wort deutichen Urfprungs ft, von
den fraufen Blättern den Ramen zu haben. Letzteres fagt auch Stieler, der
Werſig und Wirfhing anführt. Diefenbad verwirft die Bildung aus
brassica, auf das von Stemann angefährte wirz, wirze fußend und auf
lat. — — grün hinweiſend. Ich denke mit Schmeller u. A. lieber au
fat. brassica.
Der—Derben.
(Wurzel darb, dirb; dar-b? dar-f?)
Berderbe, verdarb, verdorben, verderben -(mhd. verdirbe, verdarp,
verdurben, verdorben, verdärben; in den ältern Dialeften nicht
vorhanden, nur im altf. farderbhan) heißt eigentlich für feinen Zweck,
feine Beftimmung unbrauchbar, unnüß werden; davon jchlecht werden,
feine urſprüngliche Güte, Vollkommenheit verlieren; umlommen, zu
Grunde geben. Das tranfitive verderben (mhd. verderben) jollte
nad) fehwachen Eonj. biegen; e8 biegt jedoch auch nad) flarfer, ja wir
ziehen leßtere fogar vor und vermeiden jene als ungewöhnlich. — Ich
bin zum Comödianten verdorben. Leffing. Du haft dich meiner
Seele herglich angenomen, das fie nicht verdörbe. Luther, Bibelüberf.
Iſ. 38, 17. Wer nicht verderbet wird durch Liebe, der verdir—
bet. Opig. Ihr thut wohl, daß ihr weiter geht, verderbt uns
doch nur die Societät. Schiller, Wallenfteind Lager 11. Berderbe,
ftrafe nich! Schiller, Jungfrau von Orleans 4, 3. So it's ihr
Wille denn, der uns verderbt. Göthe, Iphigenie 2, 1. (Ein Ha-
—— verderbte einige ſchätzbare Bücher und ſonſt werthe Dinge.
öthe, Leben 1. B. Im Geräuſche wilden ſchwankenden Lebeus, das
manchen Jüngling verderbt hat. Göthe, Hermann und Dorothea 4,
129. Sie haben meine Gedanken verdorben und fagen, fie hätten
400
mich widerlegt. Göthe, zahme Xenien V. Diefe Bilder verdarben
mir dermaßen die Einbildungskraft. Göthe, Leben 1. B. Daß es
etwa in die Hände einer unwiſſenden Beftie gerathe, die e8 mit wenig
Mühe verdürbe. Göthe, Benvenuto Gellint 1, 12.
Su Grunde riäten (Grund f. S. 2346; richten &. 296)
machen, daß ein Gegenftand bi8 auf den Grund verdorben wird, d. i. durch
Schädigung u. dgl. machen, dab ein Gegeuftand aufhört zu fein. — Sie
trennen wich und richten mih zu Grunde. Göthe, Elegie.
Anm, 1. Die Bartic. feßen ſich aud mit andern Wörtern zufammen, 3. B.
blätheverderbenden Froſt, Pyrker, Tunifiad 10. Der allverderbende
Krieg. Voß. And foll feine erdverderbende Ueberſchwemmung kommen.
Herder. BELMORC DERBENDER Zug. Pyrker, Rudolph 8 Seelenverder:
bender Rath. Dai. 4.
Anm. 3. Reblerhaft fagt Rüdert (gef. Geb. 1, 205) im Goılj. verdörbe
(gereimt auf Körbe) Eine ältere Form bat Göthe in dem oben angeführten
eiipiel aus Benvenuto Cellini 1, 12. So fagt er au in den Aufgeregten 1,7:
= verdftrben’s auch nicht gerne mit ihr, wenn fie's nur halbweg leidlich
machte.
m. 8. Kür verderben bat die Volkeſprache Hier und da (das aus
tuinieren, f. Ruin gebildete) rungeniern, verrungeniern.
Berdorben — unnüß, unbrauchbar geworden; verberbt = jo
gemacht. Davon VBerdorbenheit, Berderbtheit. — E83 jcheint
ih bin für foldye Dinge verdorben. Göthe, ital, Reife Neapel 9.
März. Empörer flanden auf, die Ordnung zu zerrütten, und Ywie-
Ipalt brütete Berdorbenheit der Sitten. Duſch. Ich laſſe dich
in einer verderbten Welt. Göthe, Gög von Berlichingen 5. Um
den Bortheil der Herrichaft ftritt ein verderbtes Gefchlecht. Göthe,
Hermann und Dorothea 6, 40. O wie verderbt find heut zu Tag
die Sitten! Platen, rom. Dedipus 4. Das Wort (treulos) iſt gut,
ihre Berderbtheit zu malen: ich Eönnte fie leicht fchlimmer nennen.
Shakſpeare, viel Lärmen um nichts 3, 2.
Aufftößig (ſ. ſtoßen), mehr Tandfchaftlicher und im gemeinen Leben
gebrauchter Ausdrud, = zum Genufjfe verdorben, zunächft auf Speife und
Trank bezogen, die aus dem Magen aufftoßen. Anbrüdig (f. ©. 70) =
anfangend, durch fich anfeßende Fäulniß zu verderben. — Daß ich fie (die
Gallerie) verdorben und anbrüchig Hereinbräcdte 3. Paul, Hefperus 17.
‚Derderber, (das) Berderben; Berderbung, Berderb, Ber-
derbniß, verderbbar, verderblich, verderberifch. — Simon Petrus
wid auch gefucht von der Wuth des Verderbers. Klopſtock, Meſ⸗
fas 4, 1047. Da ergrimmte der Geift des Menfchenverderberg,
Daſ. 2, 148. Und war von jeher nur ein Heerverderber. Schil-
ler. Daß mich der Königlichgefinnte vom VBerderben rettet. Schiller, Pic-
eolomini 1,1. Ohne Das Verderb, mit welchen die Zeit Dagegen an-
kämpft. Leffing, Emilie Galotti 1,4. Bisher war alles in meinem Leben
nur Borjpiel, nur Hinhalten, nur Zeitvertreib, nur Zeitverderb. Göthe,
Bahlverwandtichaften 1, 18. Was menſchlichen VBerderb und Se—
410
a belangt. Opib, von der Wahrheit der chriſtlichen Religion ©. 146.
( Damit) feine VBerderbniß entfiche, fo wird Das Jahr aber mo⸗
natweiſe nur Eine Sprache im Allgemeinen geſprochen. Göthe, Mei⸗
ſters Wanderjahre 2, 9. Diefer (Körper) ji Dem VBerderbniß
ausgeſetzt. Göthe, Leben 12. B. Hter kan die Berderbniß der
Zeit zur Sprade. Daf. 14 B Außer dem Verterbniß. Opiß,
— Jeſu Chriſti S. 24. Mit dem Tode dieſes vortrefflichen
Mannes beginnt die Epoche vieler verder blichen Mißbraͤuche. Göthe,
Leben 12. B. Was ihre Berderblihfeit an unſeret Billigung
verloren. Schiller, Kardinal Granvella. Verderberiſche Flammen.
2. Karſch. Um fittenverderberifcher zu fein als die Zeitungen.
Göthe, engl. Literatur.
Berderbluft; verderbenbringend, —gebilfe, —f&manger, —ftif-
ter, —traͤchtig. — Jetzt büße für Deine ſchwarze Verderbluſt.
Sonnenberg. Verderbenbringend war der Söhne Streit.
Schiller, Braut von Meffina Warum gabft du mir die Berder-
bengehüffen. Sonnenberg. Der Berderbenftifter Wars.
Bürger. Verderbenträchtig, fehwanger mit dem Blig der Waffen,
rollt's (das Pferd) in Priams Kömigsfig. Schiller, Aeneis 2, 0.
Darben ) (gotb. tharban, ahd. darpen, altſ. tharbhön, mhd.
darben) recht nöthig haben, jei es, daß man das Fehlende nicht
hatte, oder fich dasſelbe entzieht; nbd. gewöhnlich Das Nichtdaſein von
etwas (zum Leben) Nothmwendigem ſchmerzlich empfinden, an dem zum
Leben Nothwendigften Mangel leiden. Darber, Darbung. —
Ber fie (die Demuth) dDarbt, dem mangelt alles. Günther, Die
gepriefene Demuth. Mus ich deffen Einfiug darben, kann ih nim-
mermehr beftehn. Günther, anf die Phyllis. Während ſein großer
Serrlicher Sohn darbt. Schiller, Räuber 1, 3. (Ihr) darbtet,
wären nicht Kinder und Bettler hoffnungsvolle Thoren. Göthe, Pre-
methens. — Sie Darbten fih oft Das friſche Waller ab. Gellert.
Sie gaben ſchwer erdarbtes Geld. J. Bl.
Die Synonymen mangeln, Mangel haben, Mangel leiden ſ. S. 64.
Derb (ahd. därp, derap, agf. thöorf — ungefäuert, altj. derbhi
— fühn, mhd. derp — ungefäuert, trocken, älternhd. — feſt, grob,
roh?) von —— Maſſe und dadurch ſchwer, von fımerer
Feſtigkeit, ſtark (im eig. u. übertragenen) Sinn. Derbheit. — Und jo
mußte ihr auch bei einem dDerbern Backwerk Gelegenheit werden ihre
Bosheit auszulafien. Göthe, ital. Reife Neapel 12. März. Er gab ihın eine
1) Grimm II, 38 findet in darben ımd dürfen (bevinfen) Snfanmen;
bang mit verderben. Die Lippenlaute b und T gehen In einander über, wie
ahd. darpen und durfan, beide das far. cgere — bedürfen, Mangel haben aus
drüdend, zeigen. Agf. und altn. berrfcht überall f.
2) Noch in der 4. Bibelüberfegung (1470—73) heißt Das ungefäuerte Brot
der Inden gewöhnlich derb brot.
411
derbe Schelle. Lichtwer. Lade mich derb ans. Schiller, Räuber
2, 1. Tretet nicht fo maftig auf, wie Elephantenkaͤlber; und der
plumpft’ an diefem Tag fei Bud der derbe ſelber. Göthe, Fauſt
1, 31. 3 ſagt es wohl, er fei ein Narrenhäusler, der unter
Derbbeit bittern Hahn verſteckt. Shafefpeare, der Wideripenftigen
Zaͤhmung 3, 2.
Dicht Ci. gedeihen) wird geſagt, infofern die Theile einer Maffe fehr
nahe gufanmmen fich befinden, Feſt (goth. fasteis, ahd. fasti, festi, mhD.
veste, agſ. fast, fast, aftu. fast; goth. fastan — halten und bewahren) iſt
urſprünglich haltbar und erhaltbar; dann in feinen Theilen fo zufammenhals
ten, daß fie nicht getrennt werden können. — Kerubaft db. i, Kern habend,
feft wie ein Kern, (abd. körno, alt. kiarni, md. körne, körn, mit Korn,
goth. Kaurn, ahd. ch(k)orn, altf. altn. mbd.korn, agſ. oorn, zu fat. granum ; vgl.
gr. xapvov — Kern, Nuß) innerlich feit umd Lräftig ; mit Dem Nebenbegriff der ins
nern Güte und dadurch der Borzügfichkeit — Plumpf.S. 168. — Die Kremden
befjer zu erfreuen, umitedt der milde Wirth den Tiſch mit dichten Maien.
Dagedoru Bei frühen Morgen kam der arme Amintas aus dem dichten Haiune.
Geßner. Den feften Willen bab ih Tonnen lernm... Das Weib foll fich
nicht felber angehören, an fremdes Schickſal if fie feſt gebunden. Schiller,
Piccoſomini 3, 8. Hab’ ich des Menfchen Kern erft unterfucht, jo weiß ich
and fein Wollen und fein Handeln. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 3. Mir
vertrau’n Sinnfprüche die fieben Denker Griechenlands goldlauter fürwahr
und kernhaft. Voß.
Bieder, auch biderb (ahd. pidarpi, piderpi, bidarbi, biderbi,
mhd. biderbe, älternhd. biderb, bider) urſprünglich brauchbar, nütz⸗
Kb, was für die Noth hilft, wie man es bedarf; von Sachen nütz⸗
fi, von Perjonen geſchickt wozu; dann ritterlich, tüchtig, edeldenkend,
rechtſchaffen, unbeicholten. Biederfeit; bederben (abd. bidarbjan,
mbd. biderben) nüßen, gebrauchen, ift veraltet. — Wer gar zn bie⸗
der ift, bleibt zwar eim vedlih Mann, bieibt aber, wo ex ift, kömmt
jelten höher an. Logau, Singed. IH, 37. Ein alter Degen, ftolz uud
raub, jonft bieder und gut. Leffing, Emilie Galotti 1,4. Biderbe
Männer. 9. v. Müller. An offner Biederfeit gleicht ihm fein
Volk. Ramler. Ich Halt das biderman jey, ein bederbe
man, den man zu fchimpff und ernſt brauchen fan, den man beder-
ben fan, den man nützen fann, der aud) andern leuten nüp feyn fan
mi ehren vnd auffrichtig. Agricola, Sprichw. 724.
Wacker (ahd. wachar, agf. waccor, altı wakr, mhd. wacker, von
waden, goth. vakam, ahd. wahhen, altf. wachen, ag. wagen, «fıı.
vaka, mhd. wachen; vgl. lat. vigeme — Träftig fein, vigl = wachſam,
gr. dysipaıv —= weden) Überhaupt rege amd lebendig zur That; im Beſon⸗
dern mit angefpannten Kräften lebhaft berufs- und pflichtihätig. Brav (au
soman. bravo, brave, brau) tapfer, mannhaft, rechtſchaffen; mit Auszeich⸗
. 412
neng mannhaft zu oder in der That; daber Hberkaupt jo amdgegeichnet zu
oder in der’ That, dag man feinen vollen Beifall nicht verfagen kann; fittlidy
tadellos und vorwurfsfrei. — Kräftiglich arbeitet fi der Wackre durch die
Brandung. Schiller, Tel 1, 1. Der brave Mann denft an fich jelbR zu⸗
legt. Daf. (VBgl. Bürgers Lied vom braveı Mann.)
Biederfürft, —finnig, —weſen u. a. — Daß fle den Namen
des Biederfürften nod mehr als des Eroberers achten. Ramler.
Sein Biederherz. Gedife. Ein biederherziger Mam. Gedite.
Deutſche Biederfraft. Schubert. Sein Sinn war abgericht auf Bie-
derlob und Ehre. Logau. Drum flieht er jedes Biedermannes
Glück mit jcheelen Augen gift'ger Mißgunft an. Schiller, Tell 1, 2.
So fonnte fchon voraus fein Biedernund nicht fehweigen. Voß.
(Der Schwan) tönte von urahnlihem Biedermutb. Voß. Eine
feine edle Biederfeele. Schubart. Sie vertrauten auf feinen Bie-
derjinn. Göthe, Eugente 4, 2. Der Deutfche nur, hs roß an
Diederjitte, zeigt lauen Sinn für Kunſt und Trefflichfeit! Deutich.
Merkur. So rief er mit herzlihem Biederton. Bürger, Xied v.
fr. M. Dem Biedervolf. KM. Schmid. Ein Biedermweib.
Logau, Singed. V, 6. Biedermefen. Logan. |
Bedürfen, früher auch einfah Dürfen (goth. thaurban, ahd.
durfan, mhd. durfen, altn, thurfa) nöthig haben, nöthig fein, mit
der Hindeutung, daß, wenn an dem zu dem Zweck Erforderlichen
Mangel ift, jener nicht erreicht werden kann. — Was darff man
fadeln hier? Opitz, Trojanerumen ©. 40. Die Unfchuld darf der
Nebel-Kappen nicht. Lohenftein, Eleopatra 1, 674. Königen den
Mund zu fchließen Darf es oft mur eines Weibes. Herder, Eid 22
Der Maun bedarf der Geduld, er bedarf auch des reinen, immer
gleichen, ruhigen Sinus und des graden Verſtandes. Göthe, Hermann
und Dorothea 5, 25. Zweier Augenblide nur bedarf’s, mich mit
Dir zu verftändigen. Schiller, Maria Stuart 4, 6.
Brauchen (ij. S. 273) zu feinem Rupen anwenden; daun zu einem
Zwecke nöthig haben. Nöthig haben (ſ. S. 278) hebt im Begriff die
Unentbehrlichkeit zum Zwede hervor. — Man braucht nicht des Geldes,
die Blumen des Feldes find Allen gemein. Salis, Lied im rein. Daß
ih vor Zorn fogar des Plautus Schimpfwörter brauchen muß. Leffing.
Ihr Herz Scheint einen großen Antrieb mehr nöthig zu baben. Gellert.
Bedarf, Bedürfniß; dürftig (goth. thäurfts, ahd. durftig,
thurftig, mhd. dürftic), bedürftig; Dürftigkeit, Bedürftigkeit;
Nothdurft (ahd. nötdurft, nötdurfti, mhd. nötdurft, von Durft,
goth. thaurfts, ahd. durft, duruft, mhd. durft) und nothdürftig
(mbd. nördürftic) find aus dem Früheren Klar. — ber nicht allein
den Bedarf an rohen Stoffen für die Fabrication nebit dem baaren ,
Berdienit holen die Marktleute in der Stadt. Göthe, Meiſters Wan⸗
413
derjahre 3, 13. Daß du auch dad Bedürfniß deiner Freunde nicht
recht empfinden kannſt. Göthe, Taſſo 7, 2. Hier wo das Brennholz
den erſten Lebensbedürfniſſen gehört. Matthiffon, der große
Bernhardäberg, Zugend ftrahlet unter dem Schmuße eines dDürfti-
gen Lebens, wie unter dem Staube ein Demant hervor. Dufch.
Der Rationalismus jcheint hier vorzüglich dadurch zu fehlen, daß er
dürftigerweije bloß die Länge und nicht die Breite der Natur in
Anfchlag bringt. Schiller, Briefw. mit Göthe, 4, 37.‘ Die Dürf-
tigfeit des Stoffes zu verſtecken. Daſ. 4, 264. Weg war gernfen
der Richter von den Seinen, die ihn, bedürftig des Rathes, ver-
langten. Göthe, Hermann und Dorothea 6, 138. So ift hier Na—
turgenuß reiner, von aller Bedürftigfeit entfernter Kunftgenuß.
Goͤthe, Winckelmann 1. Und lehnt fih rubebedürftig auf den
ftügenden Stab. Klopjtod. (Er gab) volle Tröftung den Scelen, Die
in lihtdürftige Zweifel fid verwebten. Klopſtock. Die Noth=
durft feiner Dazwiſchenkunft fönnte leicht ftärkfer als die innere
Nothwendigfeit in die Augen fallen. Schiller, Briefw. mit Göthe
4,86. Bei mir geht die Arbeit noh fo notbdürftig fort. Dar. 4,
382. Ort, Beitandtbeile feines. Körpers, Inſtinkte der Seele, Lebens⸗
alter, Notbdürftigfeiten, alles hat er (dev Menſch) mit den Thies
ten gemein. Herder.
Arm (If. S. 378) zunächſt wol der durch Arbeit anf dem Felde (Pflügen)
feinen Unterhalt verdienen muß; dann Überhaupt des Nöthigen, was Iemand
braucht, um leben zu können, ermangelnd ; im Befondern defien, was Jemand
braucht, um in feinem Stande leben zu können. Armfetig (mbd. armselic),
biutarm (bis aufs Blut? oder daß man feine Blöße nicht decken kann ? vgl. mhd.
blut, nhd. Volksſprache blott = federlos, niederd. hlottarm, bluttarm) und bets
telarm (arm zum Betten, vgl. ahd. arm betaläri) find Verſtaͤrkungen. — Das
mit nothdürftig finnverwandte Fümmerlidy (mbd. kumberlich, kum-
merlich, |. Kummer S. 52) bedentet in hohem Grade Mangel an linent«
behrlichem leidend, auch mit dem Begriffe, daß diefer Mangel mit bedrängs
nißvoller Beträbnig empfunden werde. — D Karl, wie arm bift du, wie
bettelarm geworden, ſeitdem du Niemand liebſt als Dih! Schiller, Don
Karlos 2, 15. Um ein arnfjelig Gratthier zu erjagen. Schiller, Tell 4,3,
Es iſt eine vechtichaffene Frau, die keinen weitern Kebler bat, als daß fie
biutarm iſt. Geller. O wie fie bat! D wie fie that fo kümmerlich, fo
wimmerlih! Mufäus, Kinderflapper.
Dürfen?) bat neben der Bedeutung „nöthig haben“ (j. bedür—
fen ©. 412) auch noch die Bedeutung Freiheit haben etwas zu thım und
ı) Die fräbere Sprache hatte 2 verfchiedene anomale Verba, die in der ſpä⸗
tern Sprache zujammenfallen: goth. thaurban, prs. tharf, pl. thaurbum = bes
dürfen und datran, prs. dar, pl. datrum = dürfen, eig. wagen, fühn fein; ahd.
durfan — bedärfen, tarran — wagen; mhd. durfen, turren; uhd. dürfen. Wei⸗
414
zn lafien, dieſe Freiheit mag gegeben oder genommen ſein. — Es will
der Feind, e8 Darf der Freund nicht fehonen. Böthe, Taffo 1, 2.
Erlaubt fein (von erlauben, ahd. ar—, er—, ir—, urlaup(blan,
mbb..erloubey, eines Stanımed mit Iteb &.24) druckt aus, daß bie Freiheit eine
gegebene if. — Ich erla ube Euch, den Prinzen zu verfühnen. Schiller,
Don Karlos 1, 8, Erlanbt ik was fi ziemt. Goͤthe, Taſſo 2, 1.
Anm. 1. Beigand (fun. Wörterb. Nr. 179) rechnet Hierher auch noch
dürr (goth. thaursis, ahd. derri, mhd. dürre), dorren und Dürften (geth.
thatrsjan, ahd. durstjan, mb. dürsten); Rr. 1914 stellt er diefe Wörter mit
gr. repdonaı = id) dorre, lat. torrere = dörren, fanffr. tarsh (trish) dürften
zufamnen. Grimm MH, 89 N. 444 ftellt Dürr und Durft zufammen, getrennt
von darben, verderben. WBadernagel führt zu mhd. derren — dörren,
gt. rdosonas, Tagsog = Darre, lat. torrere, tergere — abwifchen, terra — Erde
as. Nimmt man mit Weigand und Schmeller eine Wurzel dar, dar — ohne
Saft und Kraft, an, fo laſſen fi vielleicht all diefe Wörter bier zufammenfafien.
— Der dürre Stamm, er treibt ein ſchwaches Laub. Uhland, Schildeis.
Alles lechzt und dorrt. Wieland, Oberon 7,27. Welches (Ob) ih, Frifch und
edörrt, abholt Seefahrer und Städter. Voß, Luiſe 2, 218. Daß er Per
rund) niht nur den Durft euch ſtillt. Göthe, Kauft 1, 56. Ahr feid mühe,
Bruder Martin, und ohne Zweifel durſtig! Göthe, Götz von Berlichingen 1.
Die Kluren dürften nad erquidendem Thau. Schiller, der Abend.
nm, d. Mager rechnet zu verderben and Darm (ahd. daram, darm,
mbd. darm, agf. dhearm, alın. tharmr); Wackernagel fihreibt »derren za
darm 1 Das Wort fcheint nicht hierher zu gehören.
Sterben.
(Wurzel starb, stirb; star-b, stir-b.!)
Sterbe, ftarb, geftorben, ſterben (ahd. stirpu, starp, sturpu-
mes, storpaner, störpan; mhd. stirbe, starp, sturbea, gestorben,
stärben; agſ. stearfjan — verhungern; vgl. altn. starfa — arbeiten,
fich bemühen; gt. srdopos —= dad Harte, Feſte, beionders Leder) wol
mit der Grundbedeutung ftarr werden, dann aufhören zu leben, von
Allem gefagt, welchem (eig. oder fig.) ein Leben zugeichrieben wird —
Ich laß ihn fliehen, wenn ich ihm nicht erben laſſen kann. Schiller,
Den Karlos 5, 10. Die, weiß ich, werden nicht Hungers fterben.
Scyiller, Wallenfteins Lager 14. Ich ftürbe im erften Jahr. Göthe,
Götz von Berlingen. Das Lied der Hame ſtirbt. Mathiffon, Elegie.
Es ift mir rühmlidyer, daß ich unſchuldig fterbe, als wenn ich ſchul⸗
dig umläme. Göthe, Benvenuto Cellini 2, 12.
gand rechnet goth. dauran, ahd. durfan und turran zu einer Wurzel. Nach
Badernagel hat mhd. durfen die Bedeutungen Wit haben und Freiheit
haben, wofür das Dtfriedifche ni tharf man thaz ouh redinon — nicht darf man
das auch reden, ſpricht. Grimm fagt 11, 38, nhd. derb, habe mit altn. diarfr
= fühn nichte gemein Es ſcheint ſchon frühe eine Dermifchiueg beider Berba
eingetreten zu fein.
1) Grimm trennt Il, 185 goth. stair-ban, ahd. stör-apam und fragt, ob
ed gt. örp-ipev, nara-deg-Iipev = weuden, nmitärzen fei?
45
Sum. 1. Die Genjmctivfonu Bürbe if amd der früähesen Zeit noch erhal⸗
tn. Opitz bat auch noch den Indicativ fie finrben und fie Korben, Trojane⸗
rinnen ©. 8. 47. Du ſturbeſt. Hoffmannswaldau, Tibad an Lettibe. Die
Kinder waterrlihteten wieder ihre Kinder daraus und ſturben. Leffing.
Yum. 2. Das ahd. sterbjan, mbd. sterben (nach ſchwacher Conj.) tüdten,
Rerben machen, bat ſich ange erhalten, 5 DB. Getheiltes Bett ift Haß, der nimmer
wird geiterbt. Opitz, won der Wahrheit der chritlichen Aeligion S. 49. Der
Tod, der alles ſterbi, den ſterbt ein gut Gerüchte, das ſtirbt, wenn gleich die
Belt ung Kerben, doch mit nichte. Logan, Stunged. 1861. Den (Baftlisfen)
fm Auguft gefterbt. Kobenftein, Cleopatra 5, 437.
Ab—, aus—, be—, dahin —, er—, hin —, mit —, nach —,
ver —, weg —, zuſterben. — Ich ſterbe ımter dem Getümmel
mm ab. Göthe, Egmont 1. Sollt' ich der Freud’ abgeſtorben
um? Göthe, Götz von Berlichingen 3. Iſt doch die Stadt
wie gekehrt! wie ausgeftorben! Göthe, Hermann und Dorothea
t, . Das efien in dem mund beftarb. Rollenhagen, Froich- .
meuſeler I, 1, 10. Jammernde Thraͤnen ſtürzen vom Auge, das
beiht und langfamſtarrend dahinſtirbt. Klopſtock, Mefſfias
2, 16. Ich ſterbe ind kam nicht erſterben. Göthe, Gö
von Berlichingen 5. Leer und erſtorben iſt meine Zukunft. Scil-
ler, Kabale und Liebe 3, 4. Lapt mich eilen, vor ihr hinzu-
Rerben. Göthe, Eugene 1, 4. Die brechenden Augen ferned
Ritfterbenden. Herder, A. Homilie von den Schranfen und
Mißbraͤuchen. 2. Wenn fe, ihrem entfeelten Herzen nachſterbend,
dir endlich wichts mehr verbehlen kann. J. Paul, Titan 58. Der
verftorbene Cardinal Albani war in einer foldyen Zeitverfammlung.
Göthe, ital. Reife 15. Jan. 1787. In demfelbigen Jahr, als Uz
wegkarb. Paten, verhaͤngnißvolle Gabel 4. Daß dem haarhaar’fchen
unbune hohenfließiſche Land nnd Leute zuftürben J. Paul,
r 10,
Emm. Auf—, an—, anerfterben d. i. durch den Tod eine® Andern zu⸗
Rechen, zufallen, im 16—17. Jahrh. noch im Gebrauch, finden fi num nicht
mehr. — (5) fen ibm halb angeftorben. Ringwald, die lantere Wahrheit.
Die Sterke, der Sterb (ahd. der störk(p)o, agf. stäorfa,
mhd. sterbe — Peſt, Seuche), der Sterbet, Sterbend (ahd. ster-
bot, mhd. störbet) find durch das infinitivifche Subitantiv das Ster⸗
ben verdrängt. — Dero Ziten folgt ein groſſer Sterbend. Tſchudi,
b 18. Es kam ein grofies Sterben unter beyde Partheyen. Aven-
tinus, Chronit 1580. BL. 81. Ein groſſer Sterb. Daf. BE. 370.
ein groſer fterb kam . . . Bor dem (Hunger) ein grofer
Kerben am. H. Sache.
Skerblich (ahd. stirpte, mhd. stirbee), unfterblich find far. —
So darf ich, obwohl mit ber bebenden Stimme eines Sterblidhen,
dech den Gottverföhner befingen. Klopſtock, Meſſias 1, 15. Sing’,
unfterbliche Seele, der imdigen Menſchen Erlöſung. Daf. 1, 1.
Die (Schwerter) fo Die farze Sterblichkeit verheeren. Shalſpeare,
416
K. Heinrich V. 1, 2. (Wenn ih) an Adams Unfterblichleit denke.
Klopſtock, Salem.
Anm. Fiſchart (Gargantua S. 125. 313) hat noch unabfterblid.
Sterbebett, —bild, —blid; Sterbensangft, —noth, —wort
u. a. — Der eiferfücdhtige Pankraz lag aͤchzend auf dem Sterbe—
bette. Pfeffel, die Treue. (Sie ſah) im tiefen Spiegel ihr eigenes
Sterbebild. % Paul. Im Geflimmer fanfter Sterne zude dir des
Kindes graffer Sterbeblid! Schiller, Kindesmörderin. Solde
Sterbegedanken lieb’ ich an der Jugend nicht. 3. Paul, Titan 57.
In das Meer dann fahre dein Sterbegeheul. Sonnenberg. Wie
voll Sterbegeröchel um mich. Derſ. Kehre dann auf dieſes Sterbe-
gerüfte zurüd. 3. Paul. Denn von Neuem begannen der Sterbe-
gefang und die Thränen. Klopftod, Meifias 12, 136. In der Ber-
wirrung Sterbegefeufze. Sonnenberg. Wie Sterbegetön feuf-
zet’ ihr Schmerz. Der. Daß er das Sterbegewand zu ihres
Sohnes Begräbniß trug. Klopitod, Meſſias 12, 63. Städte, noch
dämmernd im Sterbeglan be des Heil’gen. Sonnenberg. Thränen,
die ihm über Lianens Sterbeglauben entfloffen. 3. Paul, Zitan.
Sterbegloden hallen. Hölty, Elegie auf ein Zandmädchen. Ein
Bauer... fam ungewarnt ins Sterbehaus. Pferfel, der Leichnam.
Gewinfel und blutender Heere Sterbejammer. Sonnenberg. Ruhm,
auch jo ein Staatskleid, das oft zum Sterbefittel wird. Benzel⸗
Stemau, Mordgeſchrei und Sterbeflagen. Götbe, Fauſt 2, 141.
Angethan mit einem Sterbekleide jchlummert Röschen. Hölty,
Elegie auf ein Landmädchen. Die Sterbefrone fchon flinmert rund
‚um did ber. Sonnenberg. Wer jo die Sterbefunft im Leben
lernt abwarten. Mühlpfort. Ums Sterbelager der Menjchheit.
Sonnenberg. Freundlichtrauernd, wie ein Sterbelied. Kofegarien,
die Unfchuld, Das Zufammentreffen ihrer Sterbenadht mit der
Tartarusnacht. 3. Paul, Zitan 59. Umtönt von Angftgeichrei und
Sterberödeln Collin. In bleiher Sterbeifhöne lähl’ id.
Sonnenberg. Der lebte Sterbeichrei einiger Banfnotenverfälicher
war aus Tiburas Trauerfeld zu ihr gedrungen. Benzel- Sternau.
Sterbejeufzer der Natur fchauern durch die welken Haine. Lenau,
Herbſtklage. Alban wurde weich über die eiferne Jungfrau der Ster⸗
beftunde. 3. Paul, Zitan 5%. Die Saiten lispeln noch den legten
Sterbeton, Herder. Der Zepter gleiche Saturnd Senje, welce
eben jowol das Sinnbild der Erntezeit als der Sterbezeit iſt. J.
Paul. — Drum war ihr Sterbenstag ein Eingang zu den Freu⸗
den. Gryphius. Die heißen Adern zudten Sterbensangft. Ben-
zel-» Sternau. Kein Sterbenswort. Göthe, was wir bringen 9.
— Ihre (der ſchlechten Schriftiteller) gleidy bei der Geburt zum Ma-
Eulaturtode reifen Sterblinge. Wieland.
Anm. Etieler bat noh Sterber, Sterbung, Sterbfchaft, fterbhaft.
417
Starr 1) ftarrjinnig, ſtarrköpfig, förrig, ſtörriſch,
halsftarrig ſ. S. 211. — Das Subſt. Stärre ift veraltet. Andere
Zujammenfegungen find: Starrauge, —äugig, —biind (jo bei
Campe, ſonſt auch ftaarblind, ftarblind, ahd. staraplint, altfr. staru-
blind, mhd. starblint ? mittelniederl. staerblänt) —hals, —beit,
—fnoben, — kopf, —krampf, —ſiun, —ſucht, —todt, —voll. —
Dieſe grade Hand iſt zu ſtarr, um deine neuen Thaten zu verſiegeln.
Schiller, Maria Stuart 5, 15. Die Halsitärre Vocab. v. 1618.
Regte die Härt' nun ab und die troßende Starrheit. Voß.
Steif (entlehnt aus niederd. stif, agſ. stif, altn. styfr) allgemein durch
eingetretenen Zufammenhalt der Theile unbiegfam, im Gegenfag des Bieg-
famen., Gefchmeidigen, Gelenkigen. — Wohlgebaut zeigte er fih ftra@, ohne
ſteif zu fein. Göthe, Hadert.
Stier (wol Nebenform von ſtarr) ift finnverwandt mit ſtarr, mit
dem Nebenbegriff eines verftörten Weſens, einer innetn Abwefenheit
in der Seele bei feft baftendem Anſchauen. — Alles was die Kunſt
aus den großen, hervorragenden, ftieren, flarren Medufen - Augen
der Gräfin Gutes machen fann, das haben Sie, Conti, redlich daraus
gemacht. Leffing, Emilie Galotti 1, 4.
Starren (got. staurran? ahd. stardn, mhd. staren, starn, agi.
starjan, altn. stara — die Augen weit geöffnet und unbeweglid) auf
etwas heften) 1) flare werden und ſtarr jein (zuweilen auch flarr
machen, eig. und fig.); 2) ſtarr jehen, anjehen; in Diefem Sinne aud)
tieren und anftarren (goth. andstaurran). — Ihm ſtockt das
Blut, ihm ftarrt das Haar. Wieland. Das jchon gezudte Schwert
Rarrt in des Würgers Hand. Der. Sch jehe, du ſtarrſt mir mit
weit offenen Augen ind Angeficht und glaubjt noch inumer nicht, daß
ih in Eruſt rede. Derſ. Bald wird man ja jatt des ſtarrenden
Kummers. Voß. Alſo ſtarret ibn das wuartende Boll an. Klop—
ſtock. Was jtierft du jo an? Chamiſſo, .die Rache. Aber den Knien
eriiarret der Bug. Voß. Die Kälte, mit der die Welt gewiljen Leu—
ten zu bezeugen pflegt, Daß fie ihr auch gar nichts recht manchen, iſt,
wenn nicht tödtend, Doc eritarrend. Leſſing.
Anm. 1. Storre (mbP. Btorre, dazu ahd. storren, mhd sterren ©. 211.)
Baumflumpf wird nur od) bier und da in der Bolksiprache gehört. — Bon ſtarr
bat die füddentjche Volksjprache ſtärre zen, ſtärzen ſteif fein; fi ſtärzen
= fih brüſten, aufblafen; Stärzer — aufgeblafener Stußer.
Anm. 2. Zur Burzel star — ſtarr, fleif gehört wel auch ſtark (ahd.
starh, eigentlich starah, mhd. starc, agſ. stearc, altı. sterkr, eig. — jedem
Viderſtande trogend; vgl. goth. staurknan — audzehrend verdorren, d. 1. ers
Rarren, wie auch alt. storkna. |
1) Wackernagel gibt von erben als Grundbedeutung ftarı werden
an. Darnach tft wol Starr oder Staar ald Stammwort anzımebmen. Nach
Grimm H, 557 it Staar (Augentraufheit) verwandt mit jtarren, flieren.
47
418
u
Werben.
(Wurzel w(v)arb, w(v)irb; w(v)ar-b, w(v)ir-b; hvarb-b, hvir-b.)
Werbe, warb, geworben, werben (ahd. huirpu, huarp, huur-
pum&s, huorpaner, huerpan; mhd. wirbe, warp, wurben, gewor-
ben, wärben; goth. hvairban, agſ. hv&orfan, altj. hwerban, altn.
hvörfa; val. lat. orbis — Kreis), mit der Grundbedeutung ſich Drehen,
wenden, bin und ber gehen, eine Kreislinie bejchreiben, zurückkehren,
bedeutet nhd. 1) ſich bemühen um etwas, es betreiben (gleichſam bin-
und wiedergeben, um dasfelbe zu erhalten); 2) (veraltet) ein Gewerbe
treiben, durch eine Beichäftigung fich den nöthigen Unterhalt verfchaf-
fen; 3) durch Bemühung, Arbeit fich verichaffen: Soldaten werben. —
Und feilicht und wirbt mit hellem. Hauf' um’s Allerlei im Lädchen.
Göthe, der Goldicdhmiedsgejell. Arm und Eleiderlos war, als ich fie
geworben, das Mädchen. Göthe, Venedig. Epigramme 98. Wohl
darf die Liebe werben um die Liebe. Schiller, Piccolomini 3, 4.
Monet bey vns, das Land jol euch offen jein, wonet vnd werbet
vnd gewinnet drinnen. Luther, Bibelüberj. 1, Moj. 34, 10. Sie
werben Chr’ und rotbes Gold in jeinem Dienft. Kinfel, Otto der
Schütz Wenn nicht eben auf allen Straßen der Friedländer hätte
werben laſſen. Schiller, Wallenſteins Lager 6.
Anm. Zeblerbaft fagt Rüdert im Conj. erwörbe — auf Körbe
und das gleich fehlerhafte verdörbe), gef. Ged. 1, 205. Beſſer, nad der frii«
heren Sprache, ift erwürbe. Daf. 1, 419.
An—, be—, ein—, er—, umwerben bedürfen feiner Erklärung.
Stieler hat noch aus —, fort—, mit—, neben—, nach—, vor—,
zurüdmwerben (d. i. mit Schaden werben); Schmeller hat noch
abwerben = re machen, unter der Hand entziehen, 3. 3.
einen Knecht. — Ich habe fchon viele hier im Lande angeworben.
Göthe, Bürgergeneral 6. Du verdient fie (die Liebe), weil du dich
nicht darum bewirbft. Göthe, Egmont 3. Da Glaub und Treme
ift geftorben, vnd eigen muß fih eingeworben. Rollenhagen, Froſch—
meujeler I. 2, 14. Was man mit Müh’ und Fleiß verdient und
erwirbt. Göthe, Egmont 3. Don eben fo vielen geliebt, von eben
fo vielen ummorben. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 3. Die
(Ritter) an! und glänzend Euch ummarben. Schiller, Tell 3, 2.
Anm. 1. Die Participien ſetzen fih aud mit andern Wörtern zufammen,
z. B. Daß fie doch nie freimerbend, und nie hinfort fich verfammelnd, einmal
noch und zulegt allhier num ſchmauſ'ten am Gaſtmahl! Voß, Ddyffee 4, 684
Entfcheidend für kommende Zeiten lenkt ein Held im Gefecht den neugeworbe—
nen Krieger. Pyrker, Tunifias 8. Die vielummerbene Fürftin. Voß.
Anm. 2. Rürerwerben gebraucht Logan erarnen (mhd. erarnen, ven
ahd. arnön, mhd. arnen — ernten; goth. asans, ahd. mhd. arı = Ernte; vgl.
fat. aro, gr. apow — ich »flüge): So wirkt du dorten Glanz, und Segen bier
erarnen. Ginuged.
986.
Werber (ahd. hwarbari), Au—, Be—, Ge—, Mit— ; Ber-
419
bung (mhd. werbunge), An—, Bewerbung; Werberei; Erwerb,
Erwerbniß und (das feltene) gewirbig find an ſich Har. — Ich bin
der Werber und du bift der Freier. Göthe, Zauft 1, 212. Daß
er Jarno für einen Werber (von Soldaten) hielt. Göthe, Meifters
Lehrjahre 7, 9. Zwei trefflihe Bewerber. Schiller, Jungfrau von
Drleans 3, 4 Daß meine Mitwerber.., in dem gleichem Falle
waren. Göthe, Leben 1. B. Wo fih Graf Dunois in die Schranken
teilt, muß jeder andre Mitbewerber weichen. Schiller, Jungfrau
von Orleans 3, 1. Der Gewerber und der Handelsmann fchafft
jeine Waaren fchnell, der Bauer langfam. Schloffer. — Der eine (Dfft-
zier) beſonders, der eine Zeitlang auf Werbung geftanden. Göthe,
Meifterd Lehrjahre 3, 11. So ſteht's mit deiner Anwerbung um's
Zräulein. Schiller, Räuber 2, 1. Der Bater, ohne es felbft zu wol⸗
len, gab feiner Bewerbung immer ein etwas väterlicdhes Anfehn.
Goͤthe, Meifters Wanderjahre 1, 5. Er muß dieje Liebesbewer-
bung väterlich aufnehmen. Shakſpeare, Eymbeline 2,3. Ein Zeichen -
böfer Vorbedeutung, Graf, für die franzöflihe Brautwerbung.
Schiller, Maria Stuart 2, 1. — Herr Gardner leitete diefe Falfch-
werberei. Ag. Zeitung. Der ich mid auf den Erwerb fchlecht,
als ein Dichter, verftand. Göthe, Venedig. Epigramme 34%, Der
ie Boden, den die menfcliche Wiffenfchaft gewonnen, war ein
ihtlihes Erwerbniß für die neuere Dichtkunſt. Herder. Wegen
ſolcher und ähnlicher glüdlichen Erwerbniffe mag der Ritter diefe
verborgen Schäße nun wohl feinen vertrauteften Freunden ſehen laf-
in. Göthe, ital. Reife Neapel 27. Mai. Die fämmtlichen Auctions-
erwerbniſſe. Göthe, Tag- und Sahreshefte 1802. — In feinem Thun
bedächtlich, gewirbig, zum Gewinn, war nie ein Weg verächtlich.
Haller, der Mann nad) der Welt, |
Freiwerber (der zur Freie, mhd. vrie d. i. ehelichen Verbindung
wicht, ſ. freien), Beauiwerber (der um eine Braut wirbt,
goth. brüths, ahd. prüt, mhd. brüt, agſ. brid, altſ. bryd, altn. brüda,
brüdhr, ſchwed. dan. brüd, bolländ. briud, engl. bride, vielleiche von
einem Berbum bruban — heiraten, gebären? vgl. ſanſkr. bhrad
= verhüllen, wie fat. nubere, aud) die jauffr. Wurzel bhr — gebä-
ven) und Zreiersmann bemühen fi) (werben) für einen Andern
um ein Weib zu einer ehelichen Verbindung. Der Kuppler (von
dem aus lat. copulare gebildeten foppeln, fuppeln — verbinden)
bat in der Sprache den verächtlihen Nebenbegrifi angenommen, Daß
das Bemühen um eine weibliche Perjon in unlauterer Abficht geichehe,
bauptiächlich des Verdienſtes (Kuppelpelzes) wegen; auch bringt der
Kuppler Berjouen verjchiedenen Geichlechts zur Befriedigung Heifg-
licher Wolluft zufammen. — Sie müffen andern Zreiwerbern Pla
mahhen. Tieck, der geftiefelte Katex 2, 3. Diejen fandte man dann
8 Freiersmann zu den Eltern der erkoxenen Braut. Göthe, Her-
27 *
420
mann und Dorothea 6, 257. Das it ein Weib wie auserlejen zum
Kuppler- und Zigeunerwejen. Göthe, Fauſt 1, 157.
Gewerbe (ahd. gehwarbi, nıhd. gewärbe, gewerp, gewörf,
ewärft; ahd. auch einfad) werb, ımhd. werbe) 1) zunäcit das Wer-
en um etwas, dann das Gefchäft, das was man zu verrichten hatz
im Bejohdern ein Gejchäft des Umtaufches von Gütern, imiofern es
ald Erwerbmittel betrieben wird; 2) ein Eleiner an einem größern
befindlicher Körper, der fich umdrehen oder auf eine andere Art bewe-
gen läßt. — Mancher Fabriken beflig man fi da und manches Ge-
werbes. &öthe, Hermann und Dorothea 1, 58. Und warf's Aeneen
an die Hüft’, allmo das Schenfelbeiu fih im Gewerbe drebt, genannt
die Pfanne. Bürger, Ilias 5, 305. — Ich höre geru... der Frei-
gewerbe Alregiamfeit. Haug. Dein, Liebchen, iſt das Kriegs-
gewerbe nicht. Bürger.
Sandel (zu Hand gehörig, |. S. 170) iſt das genannte Geichäft, ins
fofern der Umtauſch, das Kaufen und Verkaufen in Betracht itebt, die Bers
mittelung der Webergabe einer Sache aus der Hand (dem Beſitz) des Einen
in die des Andern gegen eine gleichgeltende aus deſſen Hand (Befih) dur
Kordern und Bieten. Berkehr (j. febren ©. 76) iſt der Umtauſch zwis
chen verfchiedenen Perſonen felbit. — Bedenken Sie, was Natur und Kunſt,
was Handel und Gewerbe zuiammen fcharfen müflen, bis ein Gaftmahl
gegeben werden fann. Göthe, Meifters Lehrjahre 5, 9. Der innere Ber:
fer der Provinzen, der dadurch fo leicht gemacht wurde, wedte bald einen
Geiſt des Handels in diefen Völkern auf. Schiller, Abfall der Rieder;
lande 1. 2.
Werbegeld, —hauptmann, —kaſſe, —platz u. a.; werbjam,
erwerbſam; Erwerbſchule, —ſtand u. a.; Erwerbsfleiß,
—kunde, —mittel, — quelle, —zweig u. a.; Gewerb(e)gold,
—reich, —ſchoß,“ —ſchule, —ſtadt, —ſtand, —ſteuer, — trei⸗
bend u. a; Gewerbsleute, —mann. — Bor meinem Werbe—
ſold haben Sie ſich auch nicht mehr zu fürchten. Göthe, Meiſters
Lehrjahre 7, 3. Einem Dritten iſt der Reim eine Werbtrommel,
Bilder zu verſammeln. Herder. (Er hatte) weit in der Welt ſich
umgeſehn und gemerkt in der Schweiz und dem werbſamen Eng—
land. Voß, die Freigelaſſenen 75. Erwerblofer Müßiggang. Reichs—
anzeiger. Zwei Dännern verdankt ſie die faft beifpielloje Schonung,
deren fie fih von den erwerbluftigften Stegen zu erfreuen batte.
Allg. Zeitung. Bei vorzüglicher Frequenz der Akademie hatte fich dieſe
Erwerbsklaſſe beionderd vermehrt. Göthe, Tag- und Jahreshefte
1804. Die uneingeſchränkte Gewerbefreiheit in Frankreich. Reiche-
anzeiger. Dieje Staaten, Deren Einwohner ihren Gewerbfleiß noch
immer auf andere Nahrungszweige wenden. Ebeling. Dieß edel Ge-
werbhaus (nennt H. Sachs die Stadt Nürnberg). Es war mir
auffallend, in Helfingburg jo Deutliche Zeichen der Gewerblojig-
421
. — nn — — — — —
keit zu ſehen. Büſch. Im dieſer gewerbreichen Stadt. Göthe,
Briefw. mit Schiller 3, 207. Suhl’ijt ein ſehr gewerbſamer Ort.
Ungenannter bei Campe. Ihre angeborne Neigung zur Gewerb—
ſamkeit. Ebeling. Handwerker, denen das Holz Gewerbſtoff iſt.
Ungenannter bei Campe. Die Kauflent, Gewärbsleut und Künft-
ler. Züricher Bibelüberſ. Baruch 3. >
Wirbel (ahd. hwerbil, hwirbil, hwerbo, wörvo, mhd. wer-
bel, wirbel, wirvel, werbe, agj. hwärfa, altn. hvirpl, die bald
Kreisdehnung, bald Wirbelwind, bald Waflerwirbel bezeichnen), 1) die
umlaufende Kreisbewegung; 2) die oberite Stelle des Menjchenkopfes
als Punct Des Kreiswuchles der Haare; 3) die umlaufende Kreisbe—
wegung, auch die MWirbelitelle des Waſſers; 4) ein Ding oder Werk—
jeug, auch der Theil eines Werkzeuges, welches (oder welcher) fih um
jene Achje oder um einen feiten Punct bewegt, z. B. an einen Fen-
ter (anch Reiber genannt), an Geigen 2c.; 5) ein Durch eine (gleich«
vum) kreisförmige Bewegung (der Schlägel) bervorgebrachter, ſchnell
. wiederfehrender eintöniger Laut, welcher Ein fortdauernder (gleichjam
im Kreis fich bewegender) Laut zu fein fcheint. — Meine Laura! nenne
nr den Wirbel, der an Körper Körper mächtig reißt. Schiller,
Phantaſie an Laura. Er ift vom Wirbel bis zur Sohl' in harten
Stahl geichnallt. Uhlaud, Harald. Wie's brandet, wie ed wogt und
Birbel zieht, und alle Waſſer aufrührt in der Tiefe. Schiller, Tell
1, 1. Hört, wie der Abgrund toft, der Wirbel brüllt, jo hat's noch
nie geraft in diefem Schlunde. Dal. 4, 1. — Und rings wehet der
Wind mit jaufenden Flammenwirbeln. Voß. Lerhenwirbel,
Amſelſchlag. Uhland, Lob des Frühling. Trommelwirbel, Pfei-
tenffang fchmettert durch die Glieder. Schiller, die Schlaht. Um die
Sünde flechten Sclangenwirbel Scham und Reu’, das Eumeni-
denpaar. Schiller, Phantafie an Laura. Welten wogten auf Welten
m, Sonnenwirbel auf Sonnenwirbel. Baggefen. — Wie der
Wind Den Haufen der trodnen Spreu mit Gewirbel oftmal erregt.
Voß. Im Gewirbel der Stimmen. a. Der Loden Ge-
wirbel. Baggeſen. Braujendes Meergewirbel. Sonnenberg.
Führ in beulendem Sturmgewirbel zurüd in die Wolfen. Derſ.
Trommelgewirbel fang. Pyrker, Rudolph 9.
Scheitel !) (abd diu sceitila, mbd. diu scheitel, nhd. der und die,
ſ. iheiden) die oberfte Kopfſtelle, wo die Haare fich fcheiden, d. i. nad
verjchiedenen Seiten fich legen; fig. im höheren Styl die oberite Spibe eines
erhabenen Dinged. Strudel (von dem älternhd. strudeln, strodelen =
branfend aufmallen wie vor Hige, dies von ahd. strödah, mhd. streden =
aufbraufen ; vgl. fat. stridere) ftarfe, branfende, in die Tiefe verfchlingende
1) Das Geſchlecht dieſes Wortes ſchwankt fchon fett lange. Lohenſtein fagt:
den Scheitel, meiner Scheitel (dat.) Roſen S. 24. 9. Auf unfre
Scheitel. Cleopatra 1, 63,
422
nmlaufende Kreisdrehung des Waflerd, dann die Stelle derfelden — Mein
Schwert, ruft Hohenblat, fol, Mörder, fie auf deine Scheitel häufen.
Wieland, Oberon 1, 50. Die Scheitel Tief fpig aus. Bürger, Ilias 2,
218. Jeder von Euch hat Anſpruch auf diefen Scheitel. Ediller, Räus
ber 3, 2. Mein greifer Scheitel ward in Ehren grau. Platen, Schatz
des Rhampfinit 2. Altar des Tieblichften Danks wird ihm des gefürchteten
Gipfels fchneebehangener Scheitel. GBöthe, Harzreife. Gleich faßt mid
der Strudel mit rafendem Tobel. Schiller, Taucher.
Wirbelwind und Windwirbel unterfcheiden fi), je nachdem
Wirbel Grund- oder Beftimmungswort if. Wirbelmwind — der
wie ein fortlaufender Kreifel umtreibende Wind; Windwirbel —
der umtreibende Luftkreifel, den ein Wind macht. — Ihr folgten Berg
und Wald in Wirbelwinden. Göthe, Sonette 1. Doc jach, wie
Windeswirbel führt und rührig Laub und Staub empört. Bür-
ger, die Entführung.
Windsbraut (mythologifh, Braut des Windes, ahd. windisprüt,
wintes brüt, mhd. windesbrät, windes brät, fpäter, als man dem unvers
fländfichen mythiſchen Begriff eine andere Deutung unterzulegen fuchte, win-
desprout, wintspraut, windbrauss, windsprauch, wintsprauck, wind-
»sprew, windgsprauder, windspraich, windsprauz, in der 4. Bibelüberf.
von 1470-73 windfprümf, windfpräf, mbd. wintspröuwel) ift der
beftig braufende, heulende, dahinreißende Sturmwind. — Eine beulende
Windshraut fegte von binnen Meer, Himmel und Erde. Schiller, Räuber
5, 1. Wie raſ't die Windsbraut durch die Luft! Göthe, Fauft 1.
Anm. Lohenitein (Rofen S. 37) und Hoffmannswaldau (der getrene Schä⸗
fer ©. 17) haben Zwirbelwind. Mhd. it zwirben und zerben — herum
dreben; in Stiddeutfchland zwirbeln. — S. Münfter (Cosmographia 1544 ©,
342) jagt: An diffem ort bey fant Gewern hat der Rhein vil zwörbel.
Wirbeln (ahd. hvirbilön, mhd. wirbeln), von Wirbel gebil-
det, hat in verbalem Sinn fait alle Bedeutungen jenes Subftantive.
— Der gewirbelte Windſtoß. Voß. Der Kerl macht mid wir-
bein. Schiller, Räuber 2, 3. Und der Lerche Gejang wirbelt in
beiterer Luft. Scyiller, Spaziergang. Die Trommeln wirbeln. Uh—
Ind, Gejang und Krieg 1. Und wie der Wind auf dem Hofe das
gelbe Laub von den Bäumen wirbelte Voß. Da folgt’ er, als
tiffen Stürme dahin, als wirbelten ihn Orlane, wie Meerfchaum.
Klopftod. — Aufwirbelten viel taufend wilde Flammen. Göthe,
Fauſt 2, 62. Staubwolfen wirbein auf. Alxinger, Doolin 8, 16.
Sie (die Töne) follen heil den Himmel Auſoniens Durhwirbeln.
Ramler. Hoch auch wirbelt empor ein Gedüft aufwirbelndes Weih—
rauchs. Voß. Zauberei erwirbelft du im Zlügelfpiel. Schubart.
Und Teer des Zodes wirbelt’ herüber. Sonnenberg. Hoc in
den bligergießenden Lüften faufend herumgewirbelt. Def. Er
wird euch hinabwirbeln in die Wohnungen der Teufel Ortel.
423
x
Der (Pöbel der Hölle) wir belt nur mit, weil ein Gott ihm voran=.
geht. Sonnenberg. Angelangt im Gewölb’ umwirbelnden Staubs.
Pyrker, Rudolph 4. Güfſe von Flammen wirbelten jhwarz und
röthlidy umher mit graufem Geheule. Sonnenberg.
Yum. In participiater Zufammmenjegung ſagt Sonnenberg: Sah aus dem
Schoße des Süds ber feurig gebarntjchtes Höllenheer ſtaubwirbelnd heraufziehn.
Eters reiht an die Zeit des mujilaufwirbelnden Reigens fich die Stunde
des Ruh us. Platen, die verhünguißvolle Babel 5.
Wirbelung; wirbelig, —icht; Wirbelbalfen, — baum, — beere,
— bein, — blutader, — dorf, —gegend, —geift, —baft, — horn, —faften,
—flee, — kopf, —fraut, —ſäule, —ſcheibe, —ichlagader, — ſchnecke,
Hd, —wurm u. a. — Es empfing fie des Umſchwungs Wirbe-
lung. Baggeſen. Dieß find nur wirblichte umd irre Worte. Shaf-
meare, Hamlet 1, 1. Mehr als geiuchte Wort’ und luft'ge Weijen
aus diejer wirbelfüß'gen Zeit. Shakſpeare, was ihr wollt 2, 4.
Hingeichmiedet zum Gejang jich'n im ew’gen Wirbelgang, einzu—
ziehn die Wonnefülle, laujhende Naturen ftile. Schiller, Laura am
Blavier. Die jämmtlichen Schädelknochen feien aus verwandelten Wir-
belknochen entflanden. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1790. Schon
ieh’ ih Glutb und Wirbelraud. Göthe, Fauſt 1, 211. Sullteft
bald in Wirdelreigen und um flinfe Nymphen drehn, bald, zu
Barren unter Fweigen, füßer Ruhe pflegen ſehn. Bürger, Nachtfeier
der Benus 2. Eine Viertelftunde vom Strand ergreift den Kahn ein
Birbelitog. Wieland, Oberon 12, 46. Eu’r Helfer fam ich fern
aus Lycien von Zauthus Wirbelftrom. Bürger. Die Jugend gleicht
der See, wo manch Sirenenlied und mander Wirbelfturm ung von
dem Hafen zieht. Günther. (Mächtig) reipt das Leben euch in feine
Fluten, eudy die Zeit in ihren Wirbeltanz Schiller, Bis du wir-
belwehend mit ihm und flammend es endeit. Klopftod, Meifias 5, 29.
Anm. 1. Babhrfcheinlich gehört hierher au Werft (agſ. hwarfa = Ufer:
damm; vgl. altn. hvörfa, — Seite, hvarf, agj. hvyrft = das Umhergehen, der
Umkreis, mhd. gewörf und gewerft, oben S. 420 und mhd. wärf, werft =
Umtreis, Zufammenfunft, warp, gen, warbes — @eridhtöftätte, warf = Um⸗
kreis, Ufer, Ort, wohin die Schiffe fi) wenden, zurückkehren). Schmitt:
beuner zieht dad Wort zu werfen.
Anm. 2. Hierher gehört auch das entftellte und kaum veritandene Wurf
(Borf) beim Nüfles und Obitzäblen, wo jedesmal 10 Stück einen Wurf aus-
mahen. Abd. beißt das Wort warba d. i. Wiederkehr, wird adverbialifch ge:
braucht, wie unſer Mat (in eins, zweimal); mhd. warbe, werhe, warf, agſ.
hvöarf, mittelniederl. waerf, neuniederl. werf, altengl, wharf, z. 3. ahd sibun
warb, mhd. sichen warf (fiebenmal), mittelniederl. Ene waerf (einmal).
Anm. 3. Nach der Grundbedeutung von werben gehört hierher auch der
Burf (Borf), d. E. Stiel, Handhabe einer Senfe, abd. mhd. worb, worp,
Sensenworp, sögenswarb. Davon worben (ahd. worpön, mhd. worben),
worbenen, auworbenen, zeworben d. i. das gemähete in Schwaben lies
Er Gras umwenden, auseinander breiten. — Schmeller rechnet hieher auch die
arfel, die (der) Werfel — Drebfurbel 3. 3. an einem Spinnrad, bier und
da anh Wirtel, Bärtel, Wertel genannt, mhd. wirtel, wirten, wirden,
wol vom lat. vertens =. drehen.
424
Werfen.
(Wurzel warf, wirf; war-f, wir-f.)
Werfe, warf, geworfen, werfen (ahd. wirfu, warf, wurfu-
mes, worfaner, wärfan; mhd. wirfe, warf, wurfen, geworfen,
werfen; goth. vairpan, altj. werpan, agſ. vöorpan, altfriej. wẽrpa,
altn. verpa; vgl. lat. verber = Peitſche, Schlag; aud gr. diwzes
— werfen?), mit der Grundbedeutung in ſchnelle Bewegung feßen,
wird hd. gebraucht 1) allgemein mit oder wie mit Scdwellfraft einen
(Gegenstand von fich fortbewegen Durch die Luft; 2) im Befondern mit
Heftigfeit, Gejchwindigfeit etwas thun: einen zu Boden, die Gefeße
über den Haufen; 3) in einer gewiſſen Richtung bewegen, ohne den
Begriff der Gejchwindigkeit: feine Mugen auf Jemanden, das Holz
wirft ſich (nimmt eine andere Richtung an); 4) zur Welt bringen,
aber nur von gewifien Thieren gefagt. — Statt 's Feuer zu werfen
über: Bord, und 's Bulver zu behalten: fo ſchmiſſen fie Das Pulver
fort und ließen 's Feuer walten. Lichtenberg, von der ſchwimmenden
Batterie 36. , Wo zwifchen mein Herz und dich eine fremde Geftalt
fi) warf. Schiller, Kabale und Liebe 2, 5. (Sie) ſpreitzen ſich,
werfen fih in die Bruft. Schiller, Wallenjteins Lager 1. (Daß)
die Hofen feine Falten werfen. Göthe, Fauſt 1, 111. Grünes Hol
wirft fi bei dem Feuer. Kichtenberg, über Phyſtognomik. Doch muß
ich bitten, ein’ge Blicke noch auf diefe ganz gemeine Welt zu werfen.
Schiller, Biccolomini 3, 3. Vollkommen jo warf Wolf jogar den
Kopf. Leifing, Nathan der Weife 2,7. Ja, Ya, bier gilt das Sprüdy-
wort halb und halb: wer recht im Glüf, dem wirft der Ochs ein
Kalb. Platen, Schag des Rhampfinit 5.
Schmeißen (ſ. dasjelbe) ift mehr landübliches, hochdeutſch unedles,
aber zu fräftigem Ausdrud angewandies Wort mit dem Nebenbegriff der
Heftigkeit. — Zeugen (f. ziehen) und erzeugen allgemein die wirkende
Urſache von etwas fein, daß es zum Dafein fommt; dann im Befondern
durch fleifchliche Verbindung mit einem gleichen Weſen andern Geſchlechts ein
Weſen feines Gleichen zum Dajein fommen machen; insbefondere vom Bater
gebraucht, wie gebären (S. 45) von der Mutter. Zungen = ein Junges
oder Zunge aus feinem Innern zur Welt bringen, wie werfen nur von dem
weiblichen Thiere geſagt, {ft in diefer Bedeutung erſt nhd.; das ahd. jung-
jan ift verjüngen, mhd. jungen jung werden, von jung, goth. jaggs, ah.
mbd. junc, agf. geong, altn. üngr, litthau. jaunas, fat. juvenis, fanfft.
juwan. — Denn Epimetheus nannten mich die Zeugenden. Götbe, Pan⸗
dora. Die Bettlerin zengte mir Bettlergefchledht. Göthe, Ballade. Es
ward ein Dugend Kinderchen auch von und erzeugt. Platen, die verbäng-
nigvolle Gabel 1. In der Schwäche einer überfühten Ruhe erzeugen fid
‘ Begierden. Göthe, Götz von Berlihingen 1. Wie der Hund der bald
jungen wolt . . . bracdt fein Jungen blind zur Welt. Rollenhagen,
425
Froſchmenſeler III, 1, 9. In meine (Perrücke) hatt! die Kage heute Morgen
gejungt. 9. v. Kleift, der zerbrochene Krug 1.
Aum. In Schriften des 15—16. Jahrh. findet man die Präterita warff,
wurff; warffen, wurffen, worffen -
Abwerfen 1) durch Werfen herabbringen:: die Laſt; 2) (jelten) ſich
entzweien ; 3) Nutzen bringen, ohne den bejondern Begriff, daß Derjelbe
an Semanden gehöre. — Was für Ehre könnte ed mir bringen, einen
Knaben abzuwerfen (jagt das Pferd). Leifing, das Roß und der
Stier. Der Fürſt wollte ‘feiner Schwiegertochter gefällig fein, ohne
ich mit feinen Miniftern abzuwerfen Ungenannter bei Campe.
Da die Wieſen gegen 300 Thaler abwerfen. Lichtenberg, Bener-
fungen über Sprache. |
Eintragen (ſ. tragen) geht auf die den Bortheil gewährende Sache
und bezeichnet, dag derfelben die Eigenfchaft des Vortheilbringend inne wohne.
Einbringen (j. bringen S. 28) geht auf die Thätigkeit und deren Wirs
fung, durch Bringen gewinnen. Beide Verba drücden zugleich aus, daß der
fich ergebende Nupen an Jemanden gehöre. — Was nicht ſtracks dem Ges
brauch einträgt, das,verackten wir jorglos. Voß, Luiſe 2, 212,
Einwerfen 1) bineinwerfen: Kugeln in Die Zeitung ; 2) ein-
waͤrts⸗, nieder=, entzweiwerfen, durch Werfen zerbrechen: ein Yeniter;
3) beibringen, erweden: Einem Zweifel; 4) Gründe gegen einen Aus-
ſptuch 2c. vorbringen (j. ©. 373), — Wer warf das Feuer ein?
Schiller, Fiesko 5, 9. Wirf mir mehr fein Wort nicht ein. Lohen—
Kein, Sophoniäbe 4, 504.
Unterwerfen (ahd. untarwerfan, mhd. underwerfen) eigentlich
duch einen Schwung (Wurf) fort unter ein Anderes fahren machen,
bedeutet nhd. 1) (abitract) von einer Gewalt abhängig machen; 2)
fih unterwerfen d. i. fi von einer Nöthigung abhängig machen; 3) im
Beiondern fid) von einer Nöthigung abhängig machen, die man über
fih anerfenut und deren Macht auf einem ruht. — Der Arm, Herr
Freiherr, der die harte Erde fih unterwirft und ihren Schoß befeuchtet,
kann auch des Mannes Bruft beihügen. Schiller, Tell 4, 2. Nicht
jeder Nothdurft ſterblich —— en? Schiller, Piccolomini 2, 7.
Sich unterziehen (ahd. untarziohan, mhd. underziehen, ſ. ziehen)
ſpäter mhd. ſich eines Diuges bemächtigen, es in feinen Beſitz nehmen; uhd.
überhaupt ſich von etwas abhängig machen, was gethan oder ausgeführt wers
den joll, man mag fi) dabei leidend oder thätig verhalten.
Berwerfen (ahd. flv)ali)rwerfan, mhd. verwörfen) 1) eigent-
lich wegwerfen; 2) etwas als (wirflih oder vorgeblich) ungehörig nicht
wollen, gleichſam von ſich werfen; 3) durch Werfen der Menge nad
erthöpfen; 4) an einen unrechten, unbekannten Ort werfen; 5) durd)
Berfen aus der rechten Lage bringen: ſich den Arm; 6) durd) etwas,
was man Darauf oder davor wirft, verbergen; 7) ſich verwerfen d. i.
im Werfen verfehlen, falich werfen. — Ich will mich nicht der Rechen⸗
426
haft entziehn; die Richter find es nur, Die ih verwerfe. Schiller,
Maria Stuart 1, 7. Gnade jedem Simder der Erde und des Ab-
grunds! du allein bift verworfen! Schiller, Räuber 5, 1. Zum
Mittel verworfner Zmede (wollte er) euch verächtlidh brauchen.
Schiller, Wallenſteins Tod 2, 6.
Berftoßen (ahd. firstözan, mhd. verstözen, f. flogen) eigentlich
wegftoßen; dann einen Gegenitand (feindlich) von fih oder Andern abſchei⸗
dend entfernen, daß er nicht mehr dazu fommen fol. — Was ift dir! So
verfchlofien feierlih empfingſt du mich, entziehft dich meinen Armen, ale
wollteft du mich Sieber ganz verftoßen? Schiller, Braut von Meffina.
Borwerfen (ahd. forawerfan vorwärts hinwerfen, vorwärts hin-
ſtrecken) 1) vor etwas werfen; 2) (fig.) Jemanden etwas Ungehöriges
oder Uebeles, was er. begangen hat oder wozu er in einer gewiflen
Beziehung fteht oder gedadyt wird, mit Heftigfeit vergegemwärtigen, um
ihm wehe zu thun; 3) vor einem Andern werfen, damit dieirr nach—
werfe. — Den Prinzen nimm und wirf ihn wilden Thieren vor.
Platen, rom. Dedipus 2. Und rollt des vorgeworfnen Steines
Luft hinweg von feines Königs Gruft. Ramler, Auferftehung Jeſu.
Der ftolzen Frau war dieſes Kind ein Gräuel, das ihr nur der Nei-
gung Schwäche vorzuwerfen ſchien. Göthe, Eugenie 2, 1.
Borhalten (f. Halten) eigentlich Jemauden etwas vergegemwärrigen,
um e8 ihm zur Anſchauung zu bringen; im engern Sinne Jemanden etwas,
was er begangen bat oder wozu er fn einer gewiſſen Beziehung ſteht oder
gedacht wird, vergegenwärtigen, um ihm das Webele davon bemerflich zu
zu machen oder ihn darüber zu vernehmen. Jemanden etwas vorrüden
(ahd. furirucchan, vorüberziehen, mhd. vorrucken, ftoßartig hinhalten, bei
9. Sachs fürher rucken, vor Angen ftellen) ift dasfelbe, was vorhalten,
nur mit dem Rebenbegriff, daß es ihm empfindlich ſei. Faſt noch ftärker it
aufrüden (abd. üfrucchan, mhd. Ufrucken, eine ftoßartige Fortbewegung
zur Höhe geben). Aufmußen (niederd. upmutzen, älternhd. auffmutzen,
aufpugen, aufſchmücken, dann and fig. Geringes auffällig zur übeln Aus
zeichnung für Jemanden machen, zu ital. mozzäre, ſpan. mochar, abitugen,
fat. motilare, ftugen, mutilus, muticus, abgefingt ; oder zu dem lat. ma-
tare, abd. müzön, altn. müton, wechjeln? daber maußen, krankhaften Fe⸗
derwechfel haben, woher mhd. müzerhabec, Habicht, der ſich gemaußt hat)
zunächit einen kleinen Fehler groß vorfellen; dann Jemanden etwas Unge⸗
höriges oder Uebeles, was er begangen hat oder wozn er in einer gewiflen
Beziehung fteht oder gedacht wird, mit mehr Wichtigkeit als es bat, Schuld
geben; dann überhaupt etwas, was man übel nimmt, mit Hervorhebung zur
Laſt legen. Weſentlich verfchieden von den vorhergehenden Ausdrüden if
verweifen (ſo ſchon 1429 für verweißen, |. beweifen) Jemanden
etwas Geicheheues mit Worten itrafend bemerklich machen. — Man läßt fh
feine Mängel vorhalten. Göthe, Wahlverwandtſchaften 3, 4 aus Detiliens
Tagebuche. Da ja doch der Türke bloß Mangel der Reinlichkeit, die ihm
427
fein Profet verfchreibt, dem unglänbigen Hunde vorrückt. Voß, krit. Blät⸗
ter 1, 35. Man wollte die Verbindung eines hergelaufenen Menſchen mit
einer fo angefebenen Kamilie... ſich durch die Gegenwart nicht befländin
anfräden laffen. Göthe, Weifters Lehrjahre 1, 14. Gleichwohl hat ſich
der Elende unterkanden, unferm lichen Ramler eine Heine Rahiäffigkeit aufs
zummpen. Leffing, Briefw. mit Gleim 8. Br. Wegen des ſpöttiſchen Tos
ned babe ich nicht Zeit, diefes Dein nochmals anfzumupen. Leifing, Minna
von Barnhelm 4, 5. Sch Hab’ es ihm genug verwiefen. Leſſing, Emilie
Galotti 4, 1.
An—, auf—, aus —, be—⸗, bei —, dahin —, dar —, durch —,
empor—, ent—, enfgegn—, er — fort—, der—, berab—, her«
an —, berauf— , heraus —, berbei— , bernieder— , berüber—,
heram —, berunter—, hervor —, herzu —, hin —, hinab —, hinan —,
hinauf — hinaus — hindurch — hinein—, hinüber —, hinweg —,
hinzu —, mit—, nach —, nieder—, über—, um—, umher —, vor⸗
an⸗, voraus— , vorbei —, vorüber —, zer—, zu—, zurüd—,
zuſammenwerfen. — Wahrſcheinlich bat einmal zufällig eine Schöne
ihren worbeigebenden Freund... mit verzuderten Körnern angewor⸗
fen. Göthe, röm. Carneval. An die (Steinart) fich bei eintretendem
Thaumetter die Feuchtigkeit häufig anmwirft. Göthe, Tag- und Jah⸗
reshefte 1801. Das nadte Gefllde begaun zu freifen und aufzu—
werfen Schädel und Rippen und Kinndaden. Schiller, Räuber 5, 1.
Was fie bereihtigen konnte, fi zur Schöpferin meines Glüdes auf-
jume fen. Schiller, Kabale und Liebe 4, 7. (Die Zeit fliegt hin)
über ein weit aufgeworfenes Grab. Tiedge, Urania 2. Ein Phir
Ifoph ... hatte die Frage aufgeworfen. Lichtenberg, wibige und
ſatyriſche Einfälle. Wo haft du dein Netz ausgeworfen? Schiller,
Ränder 2, 3. Als er die Beutel felbt auswarf, und ein Jeder
diefen höchſten Preis zu erhafchen trachtete. Göthe, Leben 5. 2.
Billig verläßt meine Seele eine Welt, die wich auswirft. Duſch.
Sie möchten mir nun eine Befoldung auswerfen. Göthe, Benver
nnto Gellini 2, 4& Weil fie (die Stelle) doch meinem Helden einen
Rezenſier⸗Groſchen wenigftens für die Abendjuppe auswirft. 3. Paul,
Siebenfäs 3. Man jollte fie nen bewerfen Infien, wie die Hänier
in Göttingen. *2ichtenberg, pädag. Bemerkungen. Da in firömendes
Dlut ih dahinwarf Koränos. Voß. Da warf id den Räthen
das Papier wieder dar. Göthe, Götz von Berlidhingen 3. (Ex)
wirft ihn neben fih Darnieder in den Staub. Ziedge, Urania 3.
Der jo demuthvoll dad Haupt geneigt, er hats emporgeworfen,
Uhlend, Herzog Ernft 2. Aber im fiillen Gemad entwirft bedeu-
tende Zirkel finnend der Weije. Schiller, Spaziergang. Darum war⸗
fen wir die nadte Bruft der Partijan’ entgegen. Schiller, Wallen-
3, 15. Daß man damit (mit dem Schnee) eine Nußichale
voll Wein abkühlen oder einen Kolibri hätt? erwerfen fönnen 3.
428 |
Paul, -Siebenfäs 7. Schlaf ift Schale, wirf fie fort! Höthe, Zauft
Z 5. Er kann den Hermelin über feine Schande herwerfen. Scil-
ler, Kabale und Liebe 2, 2. Vom obern Stod ward er (der Schmud)
herabgemworfen. Schiller, Maria Stuart 1,1. In welche (Nacht)
die ferne Erde nichts heraufwarf, ats zuweilen einen verwehten
Schmetterling. I. Paul, Titan 22. Gute Natur, wirf ihn (deu
Tropfen) wieder heraus! Göthe, Egmont 2. Nur ein fchwermutbs-
volles Mondgezitter wirft ihr (der Seele) durch's Gefängnißgitter
einen matten, franfen Strahl herein. Tiedge, Urania 1. Zeig’ am
Leben mir die rothe Stelle, jenem Lichtblick, den die Morgenhelle einer
andern Melt herüberwarf! Ziedge, Urania 1. Die beftätigt in
mir einen Gedanken, den ich ſchon lang’ in mir hberummerfe. Götbe,
Lila 1. (Sie) will fih von dem oberften Geländer berunterwer-
ren. Schiller, Don Karlos 1, 1. Da ſprach ich, indem ich den Zrei-
brief hinwarf. Göthe, Sr Cellini 2, 5. (Wo ein Jüngling)
jeine erſten Auffäge hinwirft. 3. Paul, Titan 25. (men: goldnen
Becher werf' ih hinab. Schiller, Zander. Raſch wirft er die
Garn hinaus. Göthe, die Fiicherin. Und mwärfft -du die Krone
jelber hinein. Schiller, Taucher. Und du warfit in begeifterter
Wuth den Beer hinüber. Göthe, der neue Pauſias. (Er) warf
den heil’gen Becher hinunter in die Fluth. Göthe, der König in
Thule. (Er hatte ihn) die Treppe hbinuntergeworfen oder werfen
Sl Söthe, Leben 5. B. Wirf alle Scham hinweg! Schiller,
4,1. Wenn ma fie (die Schwerter) ihn nachwarf. Göthe,
die neue Melufine. Da werfen fie ihm einen Buben nieder. Götbe,
Goͤtz von Berlichingen 1. Ich hatt! ihm, vierzehn Tage vorber, zwey
Schiff auf dem Main niedergeworfen.!) Daſ. Ich will vor ihr
mich niederwerfen. Schiller, Maria Stuart 3, 4. Den (Schleier)
uns Alter oder Krankheit überwirft. Göthe, Tafl o 2, 1. Benus
und Themis hatten fih um feinetwillen überworfen. Götbe, Reben
7. 3. Selimunt liegt metbodiih umgemworfen. Göthe, ital. Reife
Meifina 13. Mai 1787. Ein Kind kann mid ummwerfen. Schiller,
Räuber 2, 3. (Er) hat mit eins ein Seil mir umgeworfen. Leſ—
fing, Nathan der Weile 2, 7. Das (Meer) wirbelnde Bogen un:
berwarf. Pyrker, Tuniflas 5. (Ih ward) vier Ellen weit weg-
geworfen. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 13. Kamft did jo weg- .
werfen und blamiren. Schiller, Mallenfteins Lager 11. Welcer
Thor wollte nun ein fchönes Gefäß zerwerfen? Herder, 2. Homilie
von den Schranken ꝛc. Die Welle, die des Schwinmers Arm zer⸗
wirft. Ubland, Herzog Ernſt 5. (Sie) zerwarf ſich im Schlum-
mer. Bürger, Lenardo und Blandine. Sogar das Gewölk zerwarf
’) Ein zur geit des Fanſtrecht gewöhnlicher Ausdruck für wegnebmen , ge⸗
fangennehnien.
420
ib. 3. Paul, Heiperus 4. Der von der Natur, wie von einem
ühenden Schullehrer, zgerworfene Vers. % Paul. (Man dem Ar-
men) eine überraichende Gabe zuwerfen mag. Göthe, Wahlverwandt-
ihaften 1, 6. Die Deffnung ward wieder zugemworfen. Göthe,
Leben 10. B. Die Gewalt des Sturms ... wirft fie zum großen
Arenderg zurüd. Schiller, Zel 4, 1. Es üt, ald würf er nur
noch einen leiſen Schatten aus einer höhern Welt zurüd. Tiedge,
Urania 4. Db er gleich jonft Schreiben aller andern Deutjchkreife tn
Ein Parterre zufammenmirft. 3. Paul, Hefperus 18. |
Aum. 1. Die Barticipien geitatten nod andere Zujanmenfegungen, 3. 2.
Bid’ bin auf dieſe feuerwerfeunden Kolojjen. Schiller, die unüberwindliche
Flotte. Die funkenwerfende Ordenkette aus Stahl und Edeliteinen verrieth
ibn. 3 Paul, Titan 4. Ihr ſtrahlenwerfender Kreis ſchloß jet um Eilva
Ah an. Klopſtock, Meffias 8, 23. Vernichte mit dem entflaumten, bLißewers
tenden Schwerte mih! Daſ. 9, 691. So fagt Obaddon zum Gottverwor—
jenen. Taf. 9, 705. Der wie ein frummgeworfener Rieſe auf der Erde
fhlief. 3 Paul, Titan 12. |
Anm. 2. Stieler hat noch beiwerfen, Schmeller bewerfen fih — ſich
(auf eine Summe) belaufen; verwerfen eine Mauer — fie mit Mörtel bewerfen.
Werfer, Werfung; werfbar, werflich; (unter-) würfig. —
Daß die Entwerfer eine eben jo gefährliche Kinfeitigfeit in der
Kunft befördern könnten. Göthe, der Sammler und die Seinen, Sfiz-
ziſten. Wenn es mit Unterwerfung, mit Rachgiebigfeit kann abge-
wendet werden. Schiller, Piceolomini 2, 2. Das Vertrauen, das uns
dem Friedland unterwürfig macht. Daſ. 1, 2. Hart fei dein Herz,
wenn du ftirbft, ununterwürfig der Gottheit! Klopſtock, Meſſias
4, 337. Unterwürfigfeit gebühret den Bafallen auch im Recht.
Herder, Eid 39. Daß er nämlidy das Zeichen der VBerwerfung
und Berworfenheit im Nngefichte trage. Göthe, Leben 16. B.
Sie (die Hunde) zu verſcheuchen, griff man nach dem erſten beften
Berfbaren. Göthe, Zag- und Jahreshefte 1801. Alles Bereinzelte
it verwerflich. Goͤthe, Leben 12.38. Zwei fo trefflihe Männer find
unverwerflihe Zeugen. Göthe, Herman und Dorothea 5, 92.
Das Gefühl jeiner Verwerflichkeit. Niemeyer.
re Fiſchart (Gargantua S. 31) fagt noch: Er war mit allen ober»
weriiid.
Gewerf, Gewerft — Unterhandlung, Verhandlung, Vertrag ift
veraltet. Diſes gewerf iſt geichehen. Zaidung und gewerft. Schmel-
fer 4, 151 aus dem 14. Jahrh. )
Werfpfeil, — zeug; Abwerfgabel, —ofen, —pfanne (alle drei
m Hüttenmwefen).
Der Warf (mhd. warf) 1) Einichlag, aud) Zettel bei einem Gewebe;
2) eine fleine Anhöhe. Der Warfel (vgl. 423), eine kleine fleinerne
1) Diefes Gewerf, Gewerft fünnte auch Gewerbe (S. 430) fein.
Uederhaupt fcheint zwifchen beiden Verben (werben und werfen) mande Bers
miſchung eingetreten zu fein.
40
Kugel, gehört der ſchwaͤb. Vollsſprache an. — Der fan eintragen falich
werfel in gefreuen warf. Renner 4427. Kleine Anhöhen, Barfen
— — ſich aus der Maſch 3—10 Fuß hoch. V. Hoffmann,
aphie.
ur (ahd. mhd. wurf) 1) die Handlung, Da man wirft; 2)
die Richtung, nach welcher eine Sache geworfen wird, nad) welcher ſich
eine geworfene Sache bewegt; 3) (in einzelnen Fällen) das Werkzeug,
womit man wirft, 3.2. der Rüſſel der Schweine (in der ZJägeriprache) ;
4) jo viel ald auf einmal geworfen zu werden pflegt (vgl. übri
Anm. 2 ©. 438). — Wollte Gott, der Burgermeijter von Nürnberg
fäm’ uns in den Wurf. Göthe, Götz von Berlidiingen 2 Wem der
große Wurf gelungen, Eines Freundes Freund zu fein. Schiller, an
die Freude,
Einwurf (ji. S. 425) bezeichnet allgemein den Begriff, Daß wir
Gründe gegen irgend eine Wahrheit porbringen, von der wir und nicht
überzeugen können. — Für den Einwurf der Ehre (jollen fle dieſen
Vorbericht nehmen), wenn fie Luſt haben follten, meine Hand zu
erzwingen. Schüler, Kabale und Liebe 2, 2. Ich finde alio nöthig,
einige Einwürfe zu beantworten. Rabener, Zueignumgsichrift au
Sancho Panſa's Eiel.
weifel (goth. tveifls, ahd. zutval, mhd. zwivel; vgl. lat. dubium
Aweifel, gr. Surloog doppelt, zweifach) eigentlich die Scheidung in zwei Fälle;
dann der ſchwankende Gemüthszuſtand bei mehreren Fällen der Beitimmung ;
Gemüthszuftand der Ungewißheit über eine Wahrheit, dann Grund, der und
in diefer Hinſicht ungewiß macht. Scrupel (fat. scrapulas, Diminutiv von
scrupus Heiner Stein ?) Seelenzuftand, der ung bei dem Haudeln anzufar-
gen oder fortzufahren durch eine innere peinliche Unruhe Anftaud gibt, obne
dag wir und des ungewiß machenden Grundes recht bewußt find. — Mid
plagen feine Scrupel noh Zweifel. Göthe, Fauſt 1, 29.
Entwurf — furzhin gemachte Anordnung, wie ein Vorgeſetztes
auszuführen fe. — Was Entwürfe zu Monumenten aller Art
betrifft. Göthe, Wahlverwandtfchaften 2,1. Seht den Entwurf von
meinem Entſchluß. Klopitod, Meſſias 2, 617. — Der aufgejchwollne
Verbrecher hatte feinem Volke die heiligen Rechte der Freiheit, fie mit
Schlangenentwürfen und Klau'n des Löwen entriffen. Stlopftod.
Alle fahen auf Höllenerfchütterers dDüfterer Stirne drohende Thaten-
entwürf' aufreifen. Sonnenberg.
Anſchlag (f. ſchlagen) der gefaßte Borfap mit Abficht der Auss
führung. Plan, Pi. bei Göthe und Edhiller Plane, bei Andern (minder
richtig, weil Fremdwort) Pläne (mbd. plän, ans franz. plan ebner Boden,
1) Serv. ad Virg. Aen. VI, 238: Scrupus proprie est lapillus brevis,
qui pressus solieitudinem creat; unde etiam sorupulus diotus est. Der weis
. * ergibt fich daraus, daß uns ſolche ſpitzige Steindeu- im Gehen empfind-
nd.
431
Grundriß, von lat. planus: chen, flach) eigentlich die wagerechte Bodenflaͤche;
dann das im Umriß vorftellig Gemachte, fowie diefer veranfchaulichende Um⸗
riß ſelbſt; davon die geebnete Bahn für die Handlung, um Vorgeſetztes aus-
zuführen; Darlegung, wie ein Borgefeptes audgeführt werde. — Wer war es
doch, der mich zum erſten Mal vor meines Sohnes ſchwarzem Anſchlag
marnte? Schiller, Don Karlos 2, 8. Bie er Plane fchmiedet... der fih
in feinen Planen betrogen findet. Schiller, Näuber 1, 1. Ich made mir
‚die Blane des alten und neuen Roms befannt. Göthe, ital. Reife Rom 7.
Nov. Eie fallen weite Blane, Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 6,
Borwurf 1) die Handlımg, da man etwas vorwirft; 2) dasjenige,
was man vorwirft, 3) Berdeutichung des lat. Wortes Object (objec-
tum), wofür man bis gegen die Mitte des vorigen Jahrh. Gegenwurf
fügte.) — Eduard fühlte in dieſen Vorſchlaͤgen einen teiten Vor—
wurf. Göthe, Wahlverwandtſchaften 1, 4. (Prinz:) Ich wünſchte,
Conti, Ihre Kunſt in andern Vorwürfen zu bewundern. (Conti:)
Eine bewunderungswürdigere Kunſt gibt es; aber ſicherlich feinen be⸗
wunderungswürdigeren Gegenſtand, als dieſen. Leffing, Emilie Ga⸗
lotti 1,4. Wollte er alſo dieſen Gegenſtand in einem Trauerſpiel
bebandeln, jo hatte er die Wahl... den Charakter ſelbſt, von dem er
bingerifjen war, zu feinem eigentlihen Vorwurf zu machen. Schiller,
über Göthe's Egmont. Vergnügen und Berdruß dasf man ihm (dem
Freunde) frei befennen, ihm frei den Gegenwurf geheimiter Wünſche
nennen. Hagedom. — Bielleicht griffen die Selbjtvorwürfe über
Erziehungsverſehen mit fo geraltiger Hand in ihr innerſtes Saiten-
viel. Benzel-Sternau.
Verweis ergibt fih aus verweifen S. 426. Gegeuftand (wol in
der fruchtbringenden Geſellſchaft im 17. Jahrh. gebildet) iſt in neueſter Zeit
fo ziemlich der allgemeine Ausdrud für Object. — Ein fchweigender Ver⸗
weis war mir dein Anblid. Göthe, Sphigenie 4, 3.
Ab— , Au— , Auf, Ans— (ſ. S. 356), Be—, Ueber —,
Beg —, Zuwurf u. a. Zuſammenſetzungen find klar; ebenfo die
jeltner vorfommenden Ab—, Aus—, Verwürfling. — Die
Aerzte riethen auf einen Abwurf (am unrehtem Ort gejammelte
Eile), dem fie aber nicht beilommen konnten. Campe. Weil er
mit allen Zuhörern unter dem Anmurf des göttlichen Samens
gen die Augen zumachte. 3. Paul, Siebenkäs 2. Auch Tag noch
zum Weberflug ein Anwurf davor (vor dem Thor) von der Größe
eines Scheffels. Mufäus, Chronika der drei Scmeftern 3. Dein
ihredfendes Rom tft ein höherer Aufwurf voll Ameiſen. Klop—
ftod, Meifias 7, 424. (Das Feuer) durch fuccefiven Auswurf und
23 Das Wort if übrigens nicht von Leſſing gebildet, wie behanptet wird,
da es ſich ſchon bei Rabener in dem 1744 gedrudten „Traum von den Beſchäf⸗
tigungen der abgeichiedenen Seelen” findet: Hundert Vorwürfe zeigten fi ihr.
Fi
432
gleichfalls nah und nach Überfirömende Laven die höchften Berge bil-
dete. Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 10. Der durch bloßes Be-
rühren und Durch Weberjendung feiner Auswürfe Krankheiten beilte.
Lichtenberg, Vorſchläge. Der blendhelle Feuerauswurf des Aema.
Ungenannter bei Campe. Ein glattes Aeußere übertündt, als em
ſchwacher Bewurf, mandes Gemäner. Göthe, Leben 7. B. Er trug
über die Stola aus der feinſten Leinwand einen Ueberwurf, der
ihm Schultern und Arme bedeckte. Böttiger. Wärft du der Menſch-
beit Wegwurf nicht geboren. Shakſpeare, Timon 4, 3. — Sie
jendten den Bleywurff ein. Luther, Bibelüberf. Apoitelgeich. 37, 38.
Warf es im Bogenwurf in der Höhl' umber. PByrfer, Zunifias 7.
Du prablteft vordem, den ftreitbaren Helden Menelaos mit Kraft
und Händen und Lanzenwurf zu befiegen. Voß, Slias. Gleich nach
der Schlacht will ich ohne Loswurf fterben. Klopftod, Hermanns-
ihladht 6. Er bejuchte die durchbrochenen Schattenwürfe jeder
Baumreibe. 3. Paul, Helperus 9. Welcher auf Bogenichuß fern
barrete, oder auf Speerwurf. Voß, Ilias 15, 709. — Diejer (der
Graben) uber wurde fo jchnell als möglich Behälter alles Unraths,
aller Abwürflinge. Göthe, Campagne in Frankreich 23. Augufl.
Diefe unheilbaren Auswürflinge.. Schlez. Außwirffling jchreibt
Fifchart, Gargantua ©. 119. Die edlen Mohren jein Verwürf—
‘“ Linge der Erden. Lohenftein, Sophonisbe 5, 210.
. Maulwurf if in dem eriten Theile jeiner Zufammenfepung jebr
ee ———— ahd. Aa er ln
altn. mold = Erdſtaub, ſ. mahlen. Davon ahd. multwurf, mhd. moltwert,
moltwurfe, fpäter mülworef, mümerf, maulwerff, moldwurff = Erdaufweifer,
bei Zifhart Maulwerff und Maulworff, in der Tollsivrache auh Mol:
deroff, Molpert, Molterhaufe, Mauraff. — Ich glaube, dag man ger
den Maufwurf fcharren börte. Wieland, Dberon 2, 18. Laß feh’n, wie viel
man foiher Maulwurfshaufen muß Über 'nander ſetzen. Schiller, Tell 1, 3.
Burfangel, — anker, —bewegung, —erde, —feffel, —garn,
—hafen, —leiter, —netz, — riemen, — ſchaufel, —ſchlauge, — ſpeer,
—ftreifig (bei den Webern), —wehr, —weite u. a. — Laut und
unzählbar flogen die Felſen nach ihr (der Burg), von des Antwerfs !)
mächtigem Wurfbaum bingejchnellt. Pyrker, Rudotph 10. Nicht
ihönerer Bilduug haben ein Wurfgeräth je unfere Augen gejeben.
Voß. Das Fußvolk verjpreitete viel Wurfgeſchoſſe. Ernefti. Wie
ihnell konnte das Wurfgejhüg ſeines unbefangenen energijden
Geiftes ihr ganzes Kunjtgebaude in Ajche verwandeln. Benzel-Sternau.
Die Trabanten der Themis Dräuten dem gejeßgebenden Innern mit
den Wurfpfeilen des Codes. Benzel- Sternau. Sein Heer um
1) Antwerf (mbd. antwerc) war'ein Wurfgeihüg, ans welchem Steine
von bedeutender Schwere, ja auch zuweilen Echwefelfeuer nad den Eilern und anf
bie Häufer der Yeite geworfen wurden. S. Schacht: Aus und über Ottolans von
Horuneck Reimhronit. Mainz 1821. S. ME.
433
Ufer des Meeres ergößte mit Wurficheiben ſich. Stolberg, Ilias
2, 774 (760). Jeglichem folgte, raſch, mit der Lunt' an der Bruft,
dr Wurfſchütz. Pyrker, Zunifias 3. Als wenn ich einen Wurf—
ipieß faflen wollte. Göthe, Briefe aus der Schweiz 1. Abthl. Er
ſchleuderte den weit binjaujenden Wurfftein. Pyrker, Makkabaͤer 3.
Mit Wurfzeug aller Art des Königs Burg zu flürmen. Bürde. Ihm
dienten Zollamt und Acciſe zum Wurfziel feiner Läfterungen. Falk.
Würfel (abd. wurphil, wurfil, nıhd. würfel) 1) eigentlic ein
Körper mit ſechs gleichen Flächen und act Eden, welche ſämmtlich
rechte Winkel bilden; 2) in engerer Bedeutung ein Fleiner Körper die=
fer Art von Knochen zc., deſſen Flächen mit Zahlen oder Buncten
(Augen) veriehen find; 3) uneigentlich, vom Würfelfpiel hergenommen,
Kampf der Entjcyeidung. — Davon würfeln, Würfler, Würfe-
lung; Gewürfel. — Ein Hauptmann, den ein andrer erftach, ließ
mir ein Paar glückliche Würfel nad. Schiller, Wallenſteins Lager-1.
Richt Anftand nahm er, Andrer Ehr’ und Würde und guten Ruf zu
würfeln und zu fpielen. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 8. Sage
dem hochloͤblichen Gericht, Das über Leben und Tod würfelt. Schil—
fr, Räuber 2, 3. Worin (in welcher Bude) zugleich gewürfelt
warde. Lichtenberg, Nachrichten und Bemerkungen über ſich jelbit. —
Ales (in der Ratur) ift nicht ausgewürfelt jeinem Effect, -jondern
berechnet. Koiegarten. Sind dieß die Elenden, die wir verwürfelt?
Shalipeare, K. Heinrid) V. 4, 5. Dieje Zufammenftellungen find durch
feine Art von Neflerion oder aud nur Willkür entitanden, fie fü
vielmehr zuſammengewürfelt. Göthe, ital. Reife Palermo 9,
April. — Spielluftig, halb und halb erichtoden, rüdt ihm der Würf-
ler, forfhend, nad. ©. Seidl, die beiden Spieler. Alles blindes
Gemwürfel des Zufalls. Sonnenberg.
Bürfelange, — becher, —bein, —bret, —eız, —fall, — form,
—fuß, —geftalt, — inhalt, —maß, —meile, —motte, —rutbe, —ſalm,
—ſchiefer, —ſchuh, —jpath, —ttein, —talf, —thon, — pogel, —weiſe,
—murzel, —zahl, —zoll u. a. — (Er) zieht ein Würfelpaar her-
vor. &. Seidl, die beiden Spieler. (Daß Ihr) mit. eines Würfel-
ipielers Leichtſim für des Ruhmes Unding es (das Leben) gewagt.
Stiller, Don Karlos 3, 4. Er liebte... das verfluhte Würfel-
ſpiel. Göthe, Fauſt 1, 155. Zum wilden eifernen Würfelipiel
ſtteckt ſich unabſehlich das Gefilde. Schiller, die Schladt. Er jei als
ein Greck (falſchet Spieler) vom Würfeltifch des Berhängnifies
aufgeftanden. Benzel-Sternan.
Worfen (ahd. worfön, nıhd. worfen) eigentlich ſchleudern, dann
im Bejondern das Getreide durch Werfen mit einer Schaufel gegen
den Wind in einem Halbfreife von der Spreu reinigen; davon das
ebräuchlichere worfeln, (bei Stieler auch die Worfel); Worfer,
orjler; Worfſchaufel (ahd. wurfscuvala), —tenne; Worfel-
B 28
4°
4
diele. — Der jeine Schaufel trägt, das Korn vecht worfen kam.
Opitz. Da das Korn geworfelt wird. Bürger, an Agathe, Wor-
fein joll man, beuteln, jieben, was der Krankheit Spuren trägt. Uh—
land, Schwindelhaber. Daß des Worfelers Schaufel du_trägft auf
rüftiger Schulter. Voß, Odyſſee 11, 128. Don der Worfeldiele
eilt das Korn zur Mühle. Voß, Dröfcherlied.
Werden.
(Wurzel ward, wird; 1) var-d, vir-d?)
Werde, ward (wurde), geworden, werden (ahd. wirdu, wart,
wurtumes, wortaner, werdan; mhd. wirde, wart, wurden, ge-
worden, werden; goth. vairthan, altf. werdhan, agf. vöordhan;
vgl. fat. vertor ich wende, gr. sodo ich the), mit dem Grundbegriff
einer Richtung wohin, eine Richtung einfchlagen, fteht nhd. 1) allge:
mein (im concretem Sinn) in einen gewiſſen Zuftand gerathen, eime
gewiſſe Beichaffenheit oder Eigenſchaft erhalten, mit oder ohne eigene
Thätigkeit und Mitwirfung; 2) wirklich werden, entfliehen; 3) im Je⸗
mandes Beſitz fommen; 4) Cim abftracten Sinn) Hilfswort des Ber-
bums im Auturum und im Paſſio. — Der wird nidt fein Pater.
Böthe, Götz von Berlichingen 1. Und ich ward ein warmer Held.
Göthe, der neue Amadis. Daß du jo buld ein Genoß der Erben des
Heils wardſt. Klopſtock, Meſſtas 11, 436. Abend ward's md
wurde Morgen. Schiller, der Pilgrim. Dein Vater ift zum Schelm
an mir geworden. Schiller, Walleniteind Tod 3, 18. Schagmeifter
bin ih bei ibm worden. Leifing, Nathan der Weile 1, 3. Ihr
werdet nicht verlangen, Daß ich meinen Eid brechen joll. Göthe, Götz
von Berlidingen 2. Ein Effen wird gegeben auf dem Schloß. Schil-
(er, Wallenfteinsg Tod 5, 2. — Iſt ibm das Her’ entworden. P.
Flemming. Alsdann muß unfere Bemübung fein, daß wir entwer-
dem und zu nichte geben. Bodmer. So wirftu ohne Krucht mir zu
entwerden Dich befleiffen. Hoffmannswaldau, der getreue Schäfer 2, 6.
Anm. 1. Die eigentlihe Form fir die 1. und 3. def. Präter. Sing. iR
ward, und diefes Verbum iſt das einzige der Biegung feiner Claſſe, welches noch
das a des Sing. neben dem u des PL. bewahrte, während die andern im ‘Bl. und
Eing. denfelben Boral haben. Im 15. Jahrh. findet man (neben er warde, fie
warden) wurde (defien u und e fehlerhaft find, beffer wäre noch wurd, wie
hund), das jedoch lange nicht recht aufkommen wollte; im 16. findetman word,
wurd, wurde, jo auch nod vielfah im 17. Erit im 18. Jahrh. drang es völlig
dur, und man glaubte fich correct auszudrüden, wenn man im abftracten Sinne
(als Hilfszeitwort) wurde, im correcten Sinne ward feßte Doc findet man
diefen Anterfchied nicht ftreng gewahrt. Die Imgangsfrrade liebt in beiderlel
1) Grimm fragt (II, 3606), ob vairthan aus (verlornem) vairaem, (mober
goth. vair, |. S. 408, ahd. werdn, werön, mhd. wörn — währen, gewähren)
oder visan fliege. Weigand Nr. 452 nimmt war, fanffr. wri oder war =
bedecken, Schüpen, wahren, als Wurzel an,
N
435
Sinne wurde, die Schreiftiprache bat mard und wurde. — Worden urben
dem Bartic. ist in der früheren Sprache felten, doch ſchon im 13. Jahrh. vorhanden :
Sint dise lider worden gemäzzen rähter lenge. Titurel 885, 1. Daz Ga-
muhret gepriset vil was worden. Parzival 57, 30. Wird find worden
verfchmächt. 4. Bibelüberſ. (1470-73) Nebem. 4, 4. So bun ich durch dich betros
gen worden. 9. v. Eyb: Spiegel der Eitten vom J. 1511 Bl. 5b. Er ift ges
teht Funden worden. Tanfer, Bajeler Ausg. v. 1521. Bl. 285 b. Dip tubel
ior (Zubeljahr) ift ofigeiebt worden. Geiler von Kaifersberg: Chriſtl. Pilger
fhaft v. 3. 1512. Da find wir, lieben Brüder, getröftet worden an euch. Lu—
tber, Bibelüberf. 1. Theil. 8, 7. — Geworden iſt noch fpäter, doch fchon bei
Sieden ar): Er (Luther) fen wol von etlicher artitel wegen gen Mom citiert
eworden. .4.
Anm. 2. Schneller bat noch erwerden und verwerden = durch die
eit die Brauchbarfeit verlieren: überwerden — übrig bleiben. Letzteres findet
ch auch öfters in der 4. Bibelüberf. (1470— 73).
erth (goth. vairths, ahd. wert, werd, nıhd. wert, altj. wörtb,
agj. weordh, wardh, älternhd. werd) zunächſt ſoviel als zufünftig,
d. i. werdend; Davon dann vor Augen, in die Augen fallend, bemert-
bar; und jo wie Eins gegen das Andere wird, in menichliher Vor-
ftelung mit Anderm verglichen nad) Gehalt ald bemerfbar hervorge-
hoben, auch in zugeneigter Meinung ausgezeichnet. — Werth fein
(werdit) sin) Eigenfchaften haben, weldye den Grund zu dem enthal-
ten, was dafür zufommt. — Würdig (ahd. wirdic, mhd. wirdec,
agj. wirdig, wordhig, dftemiederd. werdich,, älternhd. wirdig),
früher von werth nicht unterfchieden, nhd. mit dem Nebenbegriff, daß
dem Gegenftande nach dem Recht, werth, daB ihm mit Grund etwas
werde. — Davon (das jeltnere) werthen: aus, ent—, verwerthen
(goth. vairıhon, ahd. wirdön, wirdian, mbd. wirden); Ent—, Ber-
werthung; würdigen (jener würden), Würdiger, —igung. —
Ber nicht für Freiheit flerben kann, der ift der Kette werth. Sir
ger. Doch jage, was ift des Kaiſers werth an feinem herrlichen
Feſte? Schiller, Graf von Habsburg. (Daß) die Oppoſition unferer
Naturen eine Wechſelwirkung defto wünſchenswerther macht. Göthe,
Briefw. mit Schiller 4, 158. — Ja würdig haft du ſtets mit uns
verfahren, mein Zeldherr, uns geehrt durch dein Vertrauen. Schiller,
Wallenfteind Tod, 15. Vielleicht befürchtet ihr, Die Sphäre zu ver-
fehlen, die eures Geiftes würdig ift. Schiller, Don Karlos 3, 10.
Das Ganze hat die lobenswürdigfte Haltung. Göthe, Briefw. mit
Schiller 3, 91. Er if wirflih Tiebensmwürdig Daf. 3, 2333.
Ya eine bewunderungsmürdige lebereinftimmung. Daf. 4, 159.
(Dies) ift mir auch bei vielen andern Perſonen merfwürdig. Da.
4, 158. Ehrwürd’ger Herr... Um Euer Hochwürden Meinung,
bloß zu vernehmen... Wenn es Euer Hodhehrwäürden fo gefällt.
Leffing, Nathan der Weile 4, 2. Mehr Würdigkeit, mehr Anfehı.
Shafipeare, Romeo und Julie 3, 3. (Daß) er und fein Same die
priefterlice Wirdigkeit ewiglich haben ſolt. Luther, Bibelüberf.
Sir. 45, 30. — Der Ritter, deſſen Seele ſolcher That fih werthen
29%
436
durfte. Wieland. Nur der Kenner vermag diejes vortrefflihe Stüd
auszuwerthen. Campe Sie hatte ihr Erbe in den Fluren des
Bes Mo Baterlandes verwerthet. Benzel-Sternu.‘ Wir erleiden
Berlüfte durch die Entwerthung (des Getreides). Augsb. Allg.
Zeitung 1847 Nr. 345. — Die Götter wärdeten midy’s. Herder.
Ich bin gewürdiget worden, von fern euch zu ſchauen. Klopftod,
Meifins 9, 774. Sein entwürdigtes Voll, Pyrker, Moſes 3.
Es gehört vorzugsweiie zur Würdigung dieſes Gedichtes das, was
man Gemüth beißt. Schiller, Briefm. mit Göthe 3, 373.
Theuer (abd. tiuri, tiur, mhd. tiure, tiur, tiuwer, tiwer, altf. diuri,
agi. diör, deör, altn. dyr, mittelniederd. türe, (üwer) hoch und viel geltend;
viel koſtend; von hoher Geltung ald Gegenſtand bejunderer Zuneigung. — Ber:
dienen (ahd. fardionön, mhd. verdienen, von dienen, ſ. S. 273) zunächſt
durch Dienft vergelten; dann durch Thätigkeit zu eines Andern Zweden erlangen,
was dafür vergulten oder gegeben wird; In weiterem Sinne durch Thätigfein
zu irgend einem Zweck erlangen, was uns dasjelbe vergilt; durch etwas machen
oder fo fein, day das zukommt, was die Angemejjenheit dafür erfordert, ober
überhaupt nach Erforderniß der Augemeſſenheit zukommen. — Theures
Weib, gebiete deinen Thtänen! Schiller, Heftors Abichied. Was verdient
der Officier, der eidvergeſſen feine Ordre bricht? Schiller, Pircslomini 2, 7.
Unwerth (abd. unwerd, mbd. unwärt, agſ. unwäordh) ohne
Erheblichkeit in menfchlicher Meinung, als allgemeines Gegentheil des
einfachen werth. Werthlos — des Werthed ermangelnd. Nichts-
werth verneint gänzlich ein Werthjein oder ein Dafein irgend eines
Werthes. Unmwürdig (ahd. unwirdie, mhd. unwirdec) ohne Ge-
mäßheit zu höherem, achtunggebietenden, Anjehen, als allgemeines Ge-
gentheil von würdig: Würdelos — höheren, adhtunggebietenden
Anfehens ermangelnd, e8 mag Dies nun äußeres oder inneres (fittliches)
iin. Nihtswürdig — ganz und gar fein inneres (fittlihes) Ans
jehen habend, ganz und gar ohne fittlichen Werth. — Richt unwerth
jcheineft du, o Jüngling, mic der Ahnherrn, deren du dich rühmft, zu
jein. Göthe, Iphigenie 5, 6. Noch jet würde es mir jchwer fallen,
manches dergleichen, was mir aus verichiedenen Epochen übrig geblie-
ben, als werthlos zu vertilgen. Göthe, Leben 6.8 Nichts:
werthe find es, Die du unterjochlt. Bürger Unwürdig deiner
wirft du nie mich fehn. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 7. Ich bin
unwürdig, fie (die Waffen) zu führen! Schiller, Jungfrau von
Orleans 3, 10. Wenn würdelos fie (Cleopatra, ihrer Königswürde
beraubt) zum Triumphzug, nicht fie ein niederes Weib! entführt ward.’
Voß, Horaz Od. 1,37. Es ift eine nichts würdige Liebe, die fein
Bedenken trägt, ihren Gegenftand der Verachtung auszufeßen. Xeifing,
Minna von Barnhelm 4, 6.
Unnüß (ahd. unnuzi, uonuzzi, mhd. unnütze, |; genießen) ohne Nutzen.
als allgemeines Gegentheil des einfachen nüge (ahd. nuzi, nuzzi, mhd. nütze,
437
alte. nyte, agi. ny6y; zumwellen mit dem Rebenbegriff des Schlechten, des
Schlimmen: fich nmuig machen — ſich übermütbig laut machen, ſich wider;
feglich übermätbig laut machen ?). Unnützlich (ahd. annuzlik) was nicht
genäßt wird, feinen Ruben Dringend. NRublos — des Nupens ermangelnd.
Nichtsnutzig = ganz ungut als Mittel zur vortheilbaften @rreihung einer
Abſtcht und auch nichts Beortbeilnewährendes wirkend, im Befondern aus:
fchweifend in Richtsthuerei. — Ein unnäp Leben ift ein früber Tod. Göthe,
Iphigenie 1, 2. (Sie wußte) weile unnütz fcheinende Rachbardiftricte klũg⸗
lich anzufchließen. Goöthe, Meifters Wanderjahre 1, 7. Auch die Birtuofen
find fo unnägtih nicht. Wieland. Jedermann erſcheint er nuplo® und
unwärdig feines‘ Namens. Herder, Eid 13. Die meiften waren nichts:
nußige, böfe Menfchen. Rovalis, Heinrih von Dfterdingen 1, 4.
Anm. Im Simpliciffimus 6, 11 ſteht: Ein nichtswertiger Geſell.
Werth (got. vairths, ahd. daz wärd(t), mhd. daz und der
wert) von werth, bedeutet eigentlich in Den Kauf, als Tanjchpreis,
Gegebenes, dann das Wichoch * als ein Gegenstand im Urtheil ange:
ſchlagen wird oder ſteht; wie bed man emen Gegenstand anfchlägt
oder hält. Würde (ahd. diu wirdi, mhd. wirde, älternbd. Wirde)
werthuolle Beichaffenheit, Gemäßheit zu Ehre und Anſehen, adtung-
gebietendes Auſehen; ein Amt, injofern damit Ehre und Anjeben ver-
bunden it. — Doch jeh’ ich näher an, was diefer Dichtung den innern
Werth und ihre Würde gibt. Göthe, Taſſo 1, 3. Mein Guter,
zwiſchen Würd’ und Werth ift eine große Kluft. Dein Ehrenamt
nur wird geehrt; Did, felber nennt man Schuft. Voß, Würde und
Werth. Ihrer Aemter Schen und Würde ift em Mantel der (Ges
far. Günther. Er jpridyt mit. einer erfreulichen Klarheit und Wahr.
beit vom Werth und Unwerth jeiner Bemühungen. Göthe, Briefw.
mit Schiller 4, 94. Die über Mänuerwerth ımd Männerruhm
ausichliegend ohne Widerſpruch enticheiden. Schiller, Don Karlos 2, 8
Wenn er ibm bloß einen Zeitwerth zugeitcht. Schiller, Briefw.
mit Göthe 8, 152, — Aus den Händen der Araber hatten die Euro»
päer Andacht, Liebe. und Tapferkeit als einen Kranz der Ritter:
würde empfangen. Herder.
Gehalt (ji. hatten) das, was Gutes an einem Gegenitand iſt mud wos
Durch er.im Mriheile hoch ſteht. Preis (ſ. preijen) das, was wofür ala
gteichgeltend gefept wird. Amt (goth. andbabtei, ahd. antbaht, ampaht,
ampahti, mbd. ambaht, ambehte, ambet, ampt, älternbd. Ampt) urſprunglich
Das zur Ausführung Uebertragene; dann cine übertragene öffentliche Verwaltung,
fo wie die damit verbundene Stelle und Würde Dienit (abd. divnast,
mhd. dienest) uud Bedieunug deuten immer anf Abhängigfeit von einen
Höheren ; Dieyit von Seiten der Zeitung, Bedienung bezeichnet das abhängige
Verbältnig ale eim dienendes. Stelle lahd. stal, Stand, Standort) be
— — — — —— — —
rn) Die Volksſprache hat in dieſem Sinne gern unnüpig, z. B. Munügig
wollt ehr noch, glab eich, um geyer ſeyn? Lennig, die Kinderzucht.
438
zeichnet das Verhältnig als ein feiled, wol weil bamit die Berjergung ver-
fnüpft if. — Ich werf’ es (dad Leben) bin, da fein Gehalt verfchwunden.
Schiller, Wallenſteins Tod 4, 12. Arbeit ift des Bürgers Zierde, Segen iſt
der Mühe Preis; ehrt den König feine Würde, ehret und der Hände Fleiß.
Schiller, Elode. Die Waare der eitlen Weiber bat feinen beftinmten Preis,
aber in ihten Augen einen unermeßlihen Werth. (Engel, Lor. Starf 22.
Ich hab’ hier bloß ein Amt und feine Meinung. Schiller, Wallenſteius Tod
1,5. Der führt's Kommando nicht, wie ein Amt, wie eine Gewalt, die
vom Kaifer ftammt! Es ift ihm nicht um des Kalfers Dienit. Schiller,
Wallenfteins Lager 6. Welche Dienjte wird man mir verweigern? LXeifing,
Minna von Barnhelm 5, 5. Gine bürgerlihe Bedienung, fie ſei au
welche fie wolle, anzunehmen. Göthe, Meilters Lehrjahre 1, 14.
Wertharm, — ſchätzen, —ſchätzer; würde voll. — Unpartheiijche
Werthſchätzeer. Koſegarten. (Er) beuge huldigend das Knie vor
dem Zepter würdevoller Weiblichkeit. Benzel-Sternau.
Wort (Pi. Worte, feit dem 16. Jahrh. auh Wörter, erft
feit der eriten Hälfte des 18. Jahrh. unterfchieden, jedoch nicht immer
beachtet: Wörter = die einzelnen Begriffslaute an fih, Worte —
die einzelnen Begriffslaute in einer grammatiſchen Verbindung zu einem
Sape, goth. vaurd, ©. 4; vgl. ſanſtr. wardhjämi — ich fpredhe,
Int. verbum — Wort, gr. deow, Feiom — ih fage, deuran —
ich frage) iſt urſprünglich das Hervorgebrachte, das Ausgefprodhene,
der lautgewordene Gedanke. Davon worten, wörteln (beide
ſelten, ahd. wortön, vgl. spiliwortön, wortalön, mhd. worten);
Antwort (S. 42); antworten (goth. andavauırdjan, ahd. ant-
wurtjan, antwurtan, antwurdan, mhd. antwürten, altſ. and-
wordjan), beantworten, verantworten (©. 404), bevor —,
befürworten; Be—, Verantwortung; Befürwortung;
unbe—, ver—, unverantwortlid; wörtlid. — Mit Wor—
ten laͤßt fich trefflih fteeiten, mit Worten ein Syſtem bereiten,
an Worte läßt ſich trefflid glauben, ‘von einem Wort läßt fidh
fein Jota rauben. Göthe, Kauft 1, 8. — Das nicht gewostet
werden kann. Geiler von Kaiſersberg. Wörtelt Rodenberg in den
Ketten? Wächter. Und es nickten Ja! die drei zu müde dem Wör-
teln. Baggeien. Weil fie ftreitwörtelten. Simpliciifimus 3, 23.
— Beil bei den Ehineien die Schrift- der Sprache nicht antwortet.
Leibnitz. In der Geſtalt fchon liebt die Nymphe den Gott und fühlt
antwortende Flammen. Voß. Jener ſptach's, und ich ſelbſt ant-
wortete, foldhes erwiedernd. Voß, Odyſſee 11, 504. Die Frage
Eduards, ob fie Ditilien mitbringen dürften, auf eine Weiſe, Pdie’er
beliebig zu feinen Gunften auslegen konnte, zu beantworten. Göthe,
Wahlverwandtihaften 1,10. Das jr nicht forget, wie jr euch verant⸗
worten folt. Luther, Bibelüberf, Luc. 21, 14. Jeden Mord, den
du mich begehen heißt, will ih verantworten... Wie viel halt du
450
— — er — — — — — —
ſchon gethan, wobei du an Berantwortung gedacht haſt? Schiller,
Räuber 3, 2. Den (Brief) ich mir zur Beantwortung bald u
rũck erbitte. Schiller, Briefw. nıit Göthe 4, 136. Auf weine Ber»
antwortäng. 2eiling, Minna von Barnheim 1, 4. Wir verneb-
men -alle die befaunten Befürwortungen und Gegengründe ... .
Nachdem fie die Annahme des Artifeld befürwortet haben. Augsb.
Ag. Zeit. 1850, Nr. 285. — Deine Einwürfe auf weine Hppothefe
von dem Durchgange der Iſraeliten durch das rothe Meer find nicht
unbeantwortlid, Leifing, Briefe an jeinen Bruder 118. Nur in
io fern follt Ihr verantwortlich jein. Shafipeare, Eymbeliue 1,5.
Entgegnen (von entgegen, abd. ingagan, mhd. engegen) iſt eine all»
gemeiuere Bezeihnung des Begriffe auf Worte eines Andern etwas fagen,
weil Dies nicht im Worte beſtimmt ausdrüdt, daß es mit Wort oder Rebe
geichehen; hänfig it in entgegnen der Nebenbegriff hervorgehoben, daß
dasjenige, was gefagt wird, den Worten dee Andern entgegen fei, ».-i. das
Gegentheil von ihnen ausdrücke. Erwiedern (minder gut erwidern)
eigentlich wiederhofen, d. i. das Nämliche no cin Mal thun; dann zurück
tbun, d. i. auf eine an Jemaunden gerichtete Thätigkeit eine gleiche zurück
(wieder) erhalten: von Handlungen und Borten gefagt. PBerfegen (I.
feßen) auf die Worte eines Andern nachdrücklich und eindringlich fagen. —
Das Bewuptfein, man Kiebiter, euntgegmete Charlotte, iſt feine hinläug⸗
liche Waffe, ja mauchmal eine gefährliche, für den, der fie führt; und ans
dieſem aflem tritt wenigſtens ſo viel hervor, daß wir uns ja nicht übereilen
follen. Gonue wir noch einige Tage; entfcheide nicht! Wie die Sache ſteht,
erwiederte Eduard, werden wir und auch nach niehreren Tagen immer
übereilen. Die Gründe für und dagegen haben. wir wechſelsweiſe vorgebracht;
- & kommt auf den dntfchluß an, und da wär’ eö wirklich das beſte, wir gäben
. ihn dem Loos anheim. Ich weiß, verfehgte Charlotte, .daß du in zweifel-
haften Yähen gerne wettert oder würfelſt. Böthe, Wahlverwandtſchaften 1, 1.
Antworten bat früher die Bedeutung: in die Gewalt, den Be—
fig eines Andern hingeben, fo noch im 15. Jahrh. Die zuſammengefetz⸗
tn Wörter aus⸗ überantworten Drüden dann nur beftimmter
aus, jenes in aus- Dad Geben von demjenigen, der dad Hervorzu⸗
gebende hat, dieſes in über- das Hingeben an denjenigen, der das
Gegebene in Empfang nimmt. — Sem herr ward erzürnt, er aut:
wurt in Deu peynigern, vntz Das er vergult alle jchuld. Nürnberger
Bihefüberf. won 1488. Matth. 18, 34. Luther hat: Vnd fein Hear
ward zornig, und vberantwortet ju den Peinigern, bis das er be⸗
zalet alles was er jm jchüldig war, Das Uebel hatte fich ſo gefteigert,
daß die Aeltern das arme Kind nicht im Haufe behalten fonnten, ſon⸗
dern einer öffentlihen Anftat überantworten mußten. Göthe,
Bahlverwandtidaften 2, 6. Sie haben nichts von dem vergendet
was Ihnen anvertraut war, und Sie haben mit treuer reiner Hand
das verhößute Kleinod Deutjcher Einheit an Diejenigen ausgeant-
440
wortet, die mit der unabweisbaren Macht den ausſchließlichen Bernf
anfprechen darüber zu verfügen. Adreffe Des conftitutionell -menardyi
ſchen Vereins in München an den Erzherzog Johann. Ä
Herausgeben (f. geben) allgemein eiwas, was uns zugelummer M
oder wir haben, an einen Andern geben, der darauf Anfprücde macht oder
hat, doch mit dem Nebenbegriff, daß es auf ein vorbergeftelltes Berlangen
gefchehe. Ausliefern (von iiefern, bei Alberus liffern, Tieffern,
nieberl. leveren, entlehnt aus dem altital. liverare, franz. livrer, dies aus
dem lat. liberare = loemachen, entledigen) aus feiner Gewalt in die Gewalit
eines Andern geben, mit der Nebenbedeutung, daß es fürmlich und mit feier
Beſtimmtheit gefchehe. — Den Mörber gebt heraus, den ihr verborgen.
Schiller, Tell 1, 1. Und fchweigend umarmt ihn der treue Freund und lies
fert fih aus dem Tyrannen. Schiller, Bürgfcaft.
Anm. 1. Eine feltene (nun veraltete) Form ift es, wenn Opitz (Schäferey von
der Nymphe Hereinia) fagt: Bis er (der Boberfluß) an dem Gube des Landes
Schleſien feinen Strom und Namen ber Oder einantwortet.
Anm. 2. Cine neue Bildung gebraucht ein Correfpondent in ver Augsb.
Allg. Zeit. 1850 Nr, 4: Mir haben die Leute am Werke geſehen, welche bier vie
großmwortigem Lehrmeifter von Deutfchland fpielen.
ei — Binde—, Für—, Haupt—, Neben—, Umſtands —, Ber:
hältniß —, Vor—, Zahl —, Zeitwort u. a. — Sein Abſchieds—
wort thut euch durch mich der Komödienſchreiber zu wiſſen. Platen,
die verhängnißvolle Gabel 5. Eher ſchließt das Allmachtswort
der Gnade mir des Himmels Thüren. Pfeffel, der Inquiſit. Dreimal
rührt ihr Staub mit drei Bannworten den Jüngling. Voß. (So
mußt du) mir das vertrauliche Bruderwort der —* erlau⸗
ben. Benzel-Sternau. Mit dem Donnerworte ward fie (Die Pforte)
aufgethan. Schiller, Ritter Toggenburg. Das Ehrenwort eines Po—
lyhiſtors. Friedel. Und erzählt ihm mit Slammenworten, wie
wunderbar Gott fei. Klopftod, Meſſias. m Frevelworte
ſprich nicht ans. Collin. Der kalt ein Friedenéwort verwarf.
Tiedge, Urania 6. Die ätzenden Giftworte. J. Paul. (Mich trieb)
ein dunkles Glaubenswort. Schiller, der Pilgrim. Suchen und
ächten, rächen find ihnen auch Gleichwörter. Herder. Tröſtend,
wie ein heilend Götterwort. Collin. Sodann erfolgte des Herren
ferneres Herrſcherwort. Göthe, Fauſt 2, 182. Doc wirft du
fünftig noch wie heut ihr Honigwörtchen fagen. Bürger. Darum
hätt’ ich Diejen Klagen buld ein. Jawort zugejellt. Banig. OD Jam—
mermwort! Göthe, Fauft 2, 197. Ein Kaiſerwort joll man nicht
dreh'n noch deuteln. Bürger, Weiber v. W. Unſer erftes KRönigs-
wort ſei Gnade! Schiller, Jungfrau v. O. 4, 10. Mit karger Rede
faum erwiederft du des Bruders Liebeswort. Schiller, Braut v.
Mefſina. Die guten und die böſen Geifter find deinem Machtwort
unterthan. Pfeffel, Almanzır. Ich gab mein Ritterwort Schiller,
el 3, 3. Alles hing von lauter... Scheinworten ab. Herder.
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Bogelfing zu erkennen und Schickſalworte zu reden. Voß. Aufe
gerufen vom Schöpferwort deines lieblihen Rofenmunds. Gollin.
Ich follte aufkehn mit dem Schöpfungswort, Schiller, Wallen⸗
keins Tod 3, 13. So. wie wir nut, wenn du am Grabe füllt, nach«
rufen Segensworte Dir zum Abſchied. Collin. . Mit gift'gen Sta-
helworten alle Völker zur Wuth aufregend. Schiller, ‚Jungfrau v.
D. Prolog 3. Kein Sterbenswort. Göthe, was wir bringen 9
Benn num das entjegliche. ewige Todeswort Dir dumpf die Rippen
berabfintt. Sonnenberg.
Wortableitung, — arm, —art, —aufwand, —ausleger, — aus⸗
legung, — band, — bild, —blume, — braucher, —bruch, — deuter,
— deutung, —eitelfeit, —fawilie; —fänger,. —fechter, —feit, —folge,
—foricher, — forſchung, —fägung, —fülle, —gebeiße, en eit,
—gezäuk, —glied, —griff, —grübelei, —haber, — haltung, —belfer,
—fampf, —fenutnif, —Tfegerei, —frieg, —funde, —kundig, — kuͤrze,
—fürzung, — länge, — leiſtuugg, —liebe, — liſt, — macher, — macht,
— mächtig, — machung, — mangel, —meiſter, —menge, — menger,
—merfer, — peiniger, — prahler, —prahlung, —prüfer, — reich, —reich⸗
thum, — rene, 2 —ſchaͤndung, — ſchaͤrfe, — ſchaͤrfung, — ſchein,
— herz, — ſchimpf, — ſchlichter, — ſchluß, — ſchmach, —ſchuapperei,
—hön, —ſchutz, — ſchützer, — ſchwall, — ſchwellinig, —ſelig, — ſinn,
—peile, —fpredder, — ſtichler, —ftrafe, —fkrafer, —flreit, — ſtreiter.
ic, ‚ unterihied, —urtheil, —verwandtichaft, — verwech⸗
felung, — verzeichniß, — porrath, —wehr, en — werk, — weis
jr, — wurzel, —zank, —zänferei, dei —zierlichkeit, — zwang,
—zweifel, —— zit u. a.; Wörterbuch, — geklingel, — kram,
—pracht, — ichall, — ſchmuck, — ſtreit, —tadelung, —tand, —
—zjeichen u. a., wie nachfolgende Beifpiele zeigen. — Wohin find Di
Bortbaumeifter nicht geratben? Herder. In ihnen finde ich die
Beweiſe für die richtige und unxichtige Wortbildeform. Wolfe,
Denn in abgeleiteten Sprachen. waltet bei der Wortbildung blinder
Zufall. Kolbe. Wortbrüchig es Geſchlecht! Thümmel. Ueberhaupt
ſind Wortfechtereien immer eine Art von Zweikampf des Geiſtes.
Campe. Ueberſchwemme Sonnenwenden wit dammlofer Wortflut.
Benzel- Sternau. So wird fie (die deutſche Sprache) damit ungleich
mehrerer Wortformen fähig, als andere weichere Sprachen: Herder.
Unterdeß find doch einige unter ihnen öfter Wortführer, als andere.
Klopſtock, Gelehrtenrepublil. Sie (die Erklärung) it dem Wortge-
braude am urſprünglichſten. Herder. Die Sade ift feinem Wort—
efecht mehr unterworfen. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Nicht die.
tedere Sprache des Herzens, nur das Rauſchgold tönender Fragen
md hoben orte flingels hatte Werth. YUngenannter bei Campe.
Wortgelehrte Scholinften. Herder. Mit Anfand zwar, Doch ohne
jenen Shmeif von. lächerlichen Wortgepränge Binde In Seel⸗
4482
— dieſer Art verlor das Wortgefpräch ſich ſtets bei umfern
eiden. Wieland, Oberon 6, 40. D, wie leer kliugt, Philoſophen!
ener hobes Wortgetön. Kl. Schmidt. Hier entſcheidet em Muſter
durch fein Beiſpiel mehr, als zehn Wortgrübler. Herder. Nebſt
dem, der ihr Worthalter war. Gleim. So ein Wortheld. Schil⸗
ler, Wallenſteins Tod 1, 7. (Welche) gar nicht wortkarg geweſen
find. Schiller, Briefw. mit Goͤthe 4, 2774. Was hätte mich bewegen
follen ... bloße Wortflänge in meine Dichnengen einzuführen?
Göthe, Leben 12. B. Die Wortflauber hajchten jeden Laut aus
“ihrem Munde auf. Muſäus. (Man) kocht allerlet Wortkohl immer
unſchmackhaft wieder. Herder. Ihm jchniken fle Gößenbilder, puhyen
fie mit Wortfram. Benzel-Sternau. Keine, die mit: Wörterframe
ihre Liebe pinfelt. Schiller. Das (Lachen) mich beim Anblick dieſes
albernen Bortfrämers beflel. Thümmel. Wortfünftler, böre
mid. Collin. Unſere Begriffe zu verwirren durch dieſe unumfchriebe-
nen Wortlarven. Herder. Nah Wortlaut meines Lönigliden
Briefe. Eollin. Die Seelen fchienen ohne Worteslaut. Schüler,
Braut v. M. (Bo fie) fie mit dem zärtlichften Ausdrud der Liebe
wortlos aber innig zu troͤſten bemüht war. Benzel-Stenau. Did
ſchied deine Wortloſigkeit von ihr. Wächter. Sonderbar, daß bei
den Franzvſen die Wortmifcher Pedanten heißen, indeß umgekehrt
bei uns die Gegner diefer Wortmiſcherei dieſen Ramen führen.
Role. Wenn ic mid von feinem Wortprunfe bintergehen laſſe.
Herder. Bie, wenn viele Wortrichter fehon vorgenrbeitet haben?
Herder. Die abgegriffenftien Work, Wortihatten. Herder. Die
Borrede ift fo vol Blumen und Bortfhmud. Herder. Em Ber-
fafter, der unfern Bortfhlemmern jo.beillefe Arbeit macht! Herder.
Zwiſchen Diefen Wortſchranken. Herder. Die Begebenheit iſt wort:
fparender dargeftellt als die vorige, Ungenannter bei Campe. Man
wird alles nicht zur Sache Gehörige mit möglihfter Wortfparjam-
feit zu erwiedern fuchen. Bampe. Des. Herr Sauptpaftor verwieien
mir... meine Bortfpiele: und dennoch made ich jchen wieder ein
jo haͤßliches Ding und äquivschre und worttpiele mit vorläufig und
Vorlauf. Leſfing, Anti-Gdze 3. Daß der Wortſtrom ... vor den
allfeitigen Wogen und Winden zerlaufe. %. Paul. Ken Biograph
ezähl’ den: fühen Worttauſch eng vereintex Kerzen nach.
Sternan. Eine unvermuthete Folge verſchiedener Wortverbindun:-
gen. Herder. Es iſt mir eigentfih nur um den Wortveritand zu
thun. Göthe, Wahlvermandtfchaften 1,4. Die ſchwache, wortvolle,
dem Urbilde jo unähnliche Exflärung. Herder Der (Sprahhgebrand)
unter Wortwechfel den Wechſel bloß boshafter Worte verſteht. J.
Paul. Mit dem er Aber diefe Bade wortwecfelte Wieland.
Gefühle, ohne welche der Unterricht im Reltgiöfen und Moralifeben
leeres, verderblicdhes Wortwerk if. Schwarz. — In ſolchen Fallen if
448
ein Wörterbuch die willkommenſſte Begleitung. Göthe, Campagne
in Frankreich 4. Oct. Statt deſſen iſt in fie ein böſer Geiſt, mit
plumpem Wortergepolter, der Reim, gefahren. Klopſtock, an Voß.
Herr Hüon, ſtandsgemäß ein Zend um Wörterſtreit. Wieland,
Oberon 6, 48, '
Yum. 1. ‚Hierher gehört wol auch das me Michtung, ein Sein nad etwas
bin ansdrückende wärts, das aber nur in Zuſammenſetzung mit ab, auf, and,
ein, Heim, ber, bin, nieder, ober, unter, var, all, aller, ander,
berg, erd, himmel, rüd, feit, Radt, thal, nord, oR, ſüd, weſt u. a.
vorfonmmt. GEs iſt ein olter Genitiv, goth. vairthis und vairths, ahb. wartes nnd
wörtes, auch ortes (heimertes, nidarortes, widarortes), mid. wörtes, agf.
vöardes, alij. warles, alte, vord(s)is, engl. wards, nemmiederl. wärte, ſchwod.
vars; vgl. lat. versus — gerichtet nady etwas bin in dextrorsus, sinisirorsus,
rursus aus dextro—, sinisto—, re— versus. Dazu gehören auh Gegenwart
(at. gaganwart, gsagenwerti, Saganwurt, mh. gegenwäürte, gegenwürtikeit),
gegenwärtig (ahb. gaganwartic, gegenwörlio, uihd. gegenwärtic, im 15.—
16. Jahrh. gegenwuertig, gegenwurtig, gegemnmürtig, gegenwirtig),
vergegenwärtigen, aus—, wiberwärtig. — Sept. ,„ . hörten fie abs
wärts durch das Thal den Gefang. Voß, Luiſe 1, 222. Als Me aufwärts
ſahen. Wieland, Oberon 6, 33. Den See hinanfwärts. Göthe, Briefw. mit
Sqhiller 3, 288. Im Auswärtigen behorrt Churfachſen auf feiner Anhänglich-
keit an Kaifer und Reich. Göthe, Tags und Jahreshefte 1706. Blicke kriechen
niederwärts. Schiller, die Schlaht. Oberwärts fchnitt fich der helle Kreis
ſcharf an dem dunkeln Himmel ab, aber unterwärts zuckten Iebhafte Strahlen
“ nad dem Mittelpuncte zu. Göthe, das Mährhen. Vort num trieb der Eyflop mit
gellenden Bieifen fein Mafvieh berg wärts. Buß, Odyſſee 9, 236. Sowohl
räck⸗ abs ſeitwärts ... beſonders aber iſt vorwärts der Aublick herrlich.
Goͤthe, Briefw. mit Schiller 3, 381. Da war lautes Geheul und Verzweiflung
allwärts. Vyrker, Moſes 2. Muß ich ihm nicht allerwärts ... in das
Meſſer fallen? Leſſing, Anti-Goeze 10. Geh vu linkwärts, laß mi recht⸗
wärts gehn Schiller, Räuber 4, 6. An dem Trommelſchlag if a men,
daß ihre Truppen fih Pariswärte ziehn. Shakſpeare, K. Heinri VI. 1. Th.
3 3. Wie fell ich lichen? Wälderwärts ziehen? Göthe, raftlofe Liebe.
Schan'n nit Geifteraugen vor euch erdenwärts? Nüdert, gef. Ged. 3, 16.
(Beide Formen hießen befier walb-, erd wärts. Uebrigens ſchreibt Rückett bald
wärts, bald werts; vgl. abwerts, aufwerte, rückwerts, fellwerts, feitwärts,
ſtadtwerts, norbwerte, fübwärts, gef. Geb. 1, 173. 3, 71. 5, 66. 95, 123. .398.) —
Die Gegenwart von einem braven Knaben ift, vaͤcht' I, immer auch hen maß.
Gothe, Fauft Borſpiel. Wer gegenwarts ber Fran le Dimerinnen ſchilt.
Böthe, Fauſt 2, 190. (Die gewaltige Stimme) war die Perkimdigerin der ger
genmwärtigen Gottheit. Klopftod, Meifiag 4, 37. Belänbig’s Recht ber Ges
genmwärtigfeit. Haller. (Ich fonnte) mir dad Rheinthal als rönifche Beflgung
vergegenwärtigen:. @ölhe, Leben 11. B. Sie) gebärben fi gar wider⸗
wärtig.. Göthe, Fauſt 2, 33. — In abwertigfeit (Abweſenheit) der andern.
Sng, Nhetorica Tübingen 1388 Blatt 146b. F
Anm. 3. In ver 4. Bibeläüberf. (1470-73) ſteht oft Heilwärtig für ges
jund: Din glaub Hat did beylwertig gemadt. Marcus 3, 34.
Anm. 3.. Hält man fireng an der Wurzel vir (vair), fanffh, wri, ſo fanu
man noch viele Worte, z. B. währen, warten, bewirthen is. a. hierher tech»
nen. Es ifi übrigens in neuerer Zeit mit diefer Sanffritwurzel (wri, wr, vr)
viel Mißbrauch gerieben und Ungehüriges zu Tage gefürbert worben.
444
Bergen.
(Wurzel barg, birg; bar-g, bir-g; ſanſtr. bhar.)
Berge, barg, geborgen, bergen (ahd. pirku, parc, purkumes,
porkane£r, perkan, perakan, bergan; mbd. birge, barc, burgen,
geborgen, bergen; goth. bairgan, altſ. bergan, agſ. beargen, altı.
byrgja, biarga; vgl. gr. geoyrenı, gocyrum — ich berge, ſchließe
ein), mit der Grundbedeutung Zuflucht gewähren, in Sicherheit bringen,
erhalten, ſteht nhd. 1) aus dem Schiffbruche, aus einer Gefahr retten;
2) überhaupt in Sicherheit bringen (auch fig.); 3) der Wahrnehmung ent-
ziehen (eig. und fig.). Die dritte Bedeutung ift in verbergen flärker
und allgemeiner ausgedrüdt. — Alle ſturmerprobten Schiffe bergen fih
in fichrer Bucht. Schiller, Hero und Leander. Wenn aus Dem Herm
ein Bräutigam wird, jo ift fie geborgen. Göthe, Hermann. und
Dorothea 7, 192. Bor euern Praftifen und böfen Kniffen ift das
Geld nicht geborgen in der Zrub, das Kalb nicht ſicher im der
Kuh. Schiller, Wallenfteind Lager 8. Daß ich gerettet fei und wohl
— Schiller, Zell 4, 1. Was ich dem Himmel vertraut,
auch’ ich vor Menſchen nicht zu bergen. Schiller, Jungfrau von
Orleans 1, 10. Ich hab’ e8 nicht verheimlicht und verborgen.
Schiller, Maria Stuart 3, 4. |
Die Synonymen von bergen f. S. 7.— Sicher (ah. sihhur. mh. sicher
aus lat. securus d. i. sine cura = ohne Sorgen) forglos wegen Gefahr; danı
frei von Befürchtung eines Uebel. — Beborgen fünnen Verbrecher oft fein,
ſicher nie. (So überfept Eberhard die Worte Senecus Ep. 97: Tuta scelera
esse possunt, SCCura non possunt.) £
Anm. 1. Die Participien feßen fi auch mit andern Wörtern zuſammen,
In An der galanzverbergenden Dede ber näheren Zukunft. Klopitoch,
ke 4. Die Tiefverburgne fand dein ältiter Sohn. Schiller, Braut
von Meſſtna.
Anm. 2. Die Bolksſprache Hat nody: eine, hinterhin-, hinunter;,
zubergen; afterbergen = Obfl nadhlefen, nachdem es ſchon gejchüttelt worben.
Berger, Berberger (ahd. hergäri) ; Bergung, Berbergung;
DBergniß (mbd. berenüsse); berglid. — Sic verberglich auf
halten. Ertl, Prar. a. p. 230. 2
. Serberge (ahd. heriberga, agf. herebörga, altıı. herbärgi, mhd.
herberge, Bolfsfpr. Herberg, Herberig, bei Opiß Herbrige,
Daher ſpan. albergue, ital. albergo, franz. auberge) eigentlich
Heerlager, Kriegslager mit Gezelten; dann Aufnahmeort für Viele zu
wirthlicher Haufımg und Lageritatt, befonderd zur Aufnahme von Frem⸗
den und Gäften; dann Überhaupt Ort oder Haus zu Einkehr (fürze:
rem oder längerem) Aufenthalt von Fremden, was Lager oder aud
) Weigand redynet Berg «u goth. bairan — hervorbringen, erheben (ſ.
©. 45), und erklärt bergen als Denominativ eigentlich zunächft fo viel als zu
Derge, d. i. an einen fihern Ort bringen.
445
e angeht, dieſe mögen num gegen Zahlung oder unentgeltlich gege⸗
we Einkehr und 9tufenthait von Fremden mit Lager an nen
Orte der Aufnahme. Davon herbergen (ahd. herip(b)ergön, heri-
böragön, mbd. herbörgen) und beherbergen. — Gelommen bin
ih bis zu der Außerften Herberge Karmels, bis in den hohen Wald!
Mopſtock, Mefſias 20, 281. Ich nehme Herberg in dem Dorf.
Stiller, Tell 4, 1. Gott herbergt jelbft in ihm. Opitz, deutſche
poem. 1625 ©. 158.. Die Liebe herbergt unter Stroh. Lohen-
Rein, Rofen ©. 42. Der ihm fpeilet und herbergt. Voß, Odyſſee
8, 210. Als wenn mein Gehirn dergleichen Nichtigleiten beherbergte.
Stiller, Fiesko 3, 8. | |
Saftfand (ahd. gasıhüs, kasthuus, yon Gaſt, goth. gasts, k(g)ast,
agf. gäst, mid. gast, altn. gest, poln. gosc eig. der Fremde; dann ber zur
Herberge eingefehrte Fremde; vgl. lat. hospes — Fremde, hostis — #elnd ?)
iR ein Baus zur Aufnahme von Freuden (@äfen) in wirkliche Pflege und
zur Uebernachtung gegen Zahl. Gaſthof IR ein großes, weoitſchichtiges
eder vornehmes Gaſthaus, befonters zur Aufnahme von Berfonen von
Etand. Wirthshans (von Wirth, goth. vairdus, ahd. mr. wirt
= der Munn, der in einem gewiffen Berhältnifie Haupt und Pileger ill,
ſ. goth. vair S. 408) if ein Haus zur Aufnahme von Gaͤſten, welchen darin
gegen Zahlung Beträmf gefchenft und auch Epeife gegeben wird, auch wol
Radıtliger. — (Bir waren) im Gaſthaus zum weißen Roß eingekehrt.
Bölhe, Supplement des Mochusfeſtes 5. Sept. WBines Tages leltete fe för
Epaziergang durch die Schloßpforte des rechten Ylügeld binunfer nach dem
Gaſt ho fe. Böthe,. Wahlverwandtfaften 1, 7. Neulih erfahren wir im
Birtbshaufe Schiller, Räuber: 2, 3.
Berg (goth. bairgs, ahd. perac, pereg, pẽre, berg, mhd. bere,
— bẽorg, altn. biarg, altf. berag) iſt eine einzelne betraͤchtliche Er—
hoͤhung der Erdoberflaͤche. Gebirg, oft, aber minder gut Ge—
bürge, im 16. Jahrh. auch Das Birg (ahd. kla)pirki, gibirge;
mhd. gebirge, gebörc, birge — Verbergung, Drt dazu) iſt ein
Inbegriff von Bergen. — Davon bergig, birgig, bergicht (mhd.
bergeht), gebirgig, gebirgiſch, gebirgen — wie, Gebirge
thirmen. — Gibts Laͤnder, Vater, wo nicht Berge ſind? Schiller,
Zeil 3, 3, Ueber die Eis- und Schneeberge. Göthe, Briefe
a. d. Schweiz 2. Abthl. Ein Chaos ausgebrannter Schladen, in die
ein Feuerberg zulegt zujammenfällt. Wieland. Sei mir ein Got-
tesberg. Klopfſtock, Meſſtas 4, 41. Die runde Nabe rollt vom
2) Die eigentliche Beveutung yon Gaſt und hostis iſt Frembling. Dem
Deutfyen galt (und gilt bei dem Kern des Volkes noch) der Fremde als Freund,
den er an feinem Herde ald Gaſt aufnimmt, Dem friegerifchen Römer galt (beſon⸗
ders in der früheren Seit) jeder Fremdling (Nichtrömer) als Feind (hostis).
Schon hat vles engerentet Olawoky In ver Zetfchrift für das Gymnaſtal⸗
weien 1850. Juniheft &..497 fe. -
446
Himmelsberg himnter bis zur Hölle Shakſpeare, Hamlet 2, 2.
Rings von einem Leichenberg umringt. Gries. Vom Magueten-
berge Die fchauenlihe Mähr. Matthiſſon, Kinderjahre. (Werde) wie
ein junger Hirſs auf den Scheidebergen. Luther, Bibelüberf.
Hobel. 2, 17. Der Schloßberg verläuft fi) in einen vorjpringen-
den Winfel herunter. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 6. (In
TIhäler) fen Weinberg längere Schatten ſtreckt. Klopitod, Wingolf
6. Am Gipfel eines Waſſerbergs hing oft mein Kahn hoch im der
Luft. Kleift, rin. Nur daß im Süden weiße Wolfenberge aufs
wuchten. 3. Paul. — Geſperrt find alle Bälle des Gebirge. Scil-
fer, Zell 5, 1. Die ganze Reihe alle Schnee- und Eisgebirge.
Göthe, Briefe a. d. Schweiz 2. Abthl. Aber der Erde geheimes Ent-
jeßen bebt’ in den Klüften eines finftem Selfengebirgs. Klopſtock,
Meifias. Gleich eikte der flüchtige Tclavische Herold gegendas Feuer-
‚ gebirg. Daf. Sp ftanden body drüben im Himmel die ewigen
Glanzgebirge aus Eis. 3. Paul. An Ephrond Grenzenge-
birge. Klopſtock, Meſſias 15,59. Zu fällen jeglich Wild des Haın-
ebirgs. Bürger, Ilias. Am Hochgebirge fchmolz der Schnee.
ürger, Lied v. br. M. Bis an das Hochland dieſer Wald gebirge.
Schiller, Tell 2, 2. So ſucht' ich ihn nicht auf fonnigem Weinge-
birg. Uhland, die Bildiäule des Bachus. Leber des Weltmeers fchäu-
mende Wellengebirg’ und laut aufbraufende Schlünde. Baggeſen.
Seraph Eloa ſah Gott und den Mefjiad von einem Wollengebirge.
Klopitod, Meſſtas 5, 380. — Draußen auf dem bergigen Wege.
Göthe, Fauſt 1,64. Doch muß man fi feine Bergwüſte, ſondern
ein meift bebautes, obgleich gebirgiges Land vorftelen. Göthe, ital.
Reife Lugano 22. Det. Ein gebirgiiches Terrain. Göthe, Cam—
pagne in Frankreich, October. — Wie Wogen des kommenden Welt-
meers gegen den Fuß gebirgter Geſtade. Klopftod, Meffins 2, 404.
Uralt müßte man geitehen fei das hier Emporgebürgte. Göthe,
Zuuft 2, 138. Da Heht er nun am Fuß der oufgeßirgten Zuden.
Wieland. Das Meer, jo fürchterlich faum aufgebirgt. Der. Ihre
Geftade, die fih, wie Welten zufammengebirgten. Slopftod,
ifias 1, 270. Unten am mitternädhtlihen Berge waren die Gräber
in zufammengebirgte zerrüttete Feljen gehauen. Daf. 2, 100.
Anm. Stieler hat die Verba auf—, aus, be—, durch — einbergen
d. i. Berge auf Berge thürmen, mif Bergen ausfüllen, umgeben ıc,
Borgebirg — ſcharfer Vorfprung eines Gebirges oder hohen
Küftenlandes in das Meer oder einen See. — Er machte juft die
Reiſe nad) der get Hoffnung VBorgebürg. Platen, die verhäng-
nißvolle Gabel 1.
Landzunge (Erdzunge) iſt der ſich tiefer in das Meer erſtreckende
ſchmale Strich Landes. Landſpitze GErdſpitze) derfelbe kürzere, einen Vor⸗
ſprung bildende ſchmale Strich. Das Ort (ahb. mihd. ort, agſ. ord, «lin.
—8
447
oddr, fchwer. van. odde; dieſe Formen deuten auf ein goth. unds — Spitze
am Wurfſpieß; ſind lat. orior — Ich entfiche, gr. opog, lat, ora = Grenze
zu vgl 3) Rand, und äußerſtes ſcharfes Ende eines Körpers, ſcharfe Ede;
daher fcharf zugehende Laudecke als Endipige des Landes. Horn (goth. haurn,
ahb. mb. altf. agf. altn. horn, gr. xeoac, Hat. cornu) die Landſpitze ale
lange Hervotragung. — Mit Borgebirg Äft das fremde Ray (ſpan. cabo,
ital. capo, franz. cap, engl. cape, von lat. caput = Haupt, Kopf) gleich⸗
bedeutend. Nehrung (Hutt Niederung) tiefes Küftenland, ift Benennung
einiger langen ſchmalen niedrigen Landzungen an der Dftfeefüite.
Bergab, —ader, —ader, — ahorn, —alaun, —ältefte, —ampfer,
—amfel, —amt, —andem, —arbeiter, —aron, —aufter, —austheiler,
—baldrian, —balfam, — harte, —baummwolle, —beamte, —bienenfraut,
—binfe, — blau, —bod, —bohrer, —bote, — braun, —buch, — buche,
—hutter, — dicke, —diftel, —dohle, — dorf, — droſſel, — durchſchwei⸗
fend, — dürrwurz, — eimer, —einfiedler, —eiſen, —elſter, —engel⸗
wurz, —ente, —eppich, —erle, —erz, —enle, — fahrer, — fall, —fall,
—farbe, —fajan, —tein, —feld, —fenchel, —feite, —feſtung, —fett,
—feuer, — fink, — flaches, —fleden, —fleiſch, —flockenblume, —fluß,
—förderniß, —forelle, — frei, —freiheit, —fuchs, — gang, —gänie-
diftel, —gebäude, —gebet, —gebot, —gebrauch, —gegend, —geiſt,
—gelb, —gemach, —gericht, —geſchworne, —gejeß, —gefpenft, —ges
fit, — gewächs, —gewerb, —gezähn, —gezeug, —gift, —gilte, '
—gipfel, — glas, — gliedfraut, —gott, — gras, — grün, —gruß, —guhr,
jel, — gut, — hahnenfuß, —häklein, —halde, handlung, —hurt,
‚, —bafe, —haspel, — baue, —häufung, — hauptmann, —huus,
—hauslanb ‚ — baut, —benne, —berr, — bimbeere, —hoheitsrecht, |
—hoͤhle, —hollunder, —holz, — —hund, —hütte, —ifop, — junge,
—fappe, —karren, —katze, —keller, —keſſel, — kicher, —kieſel, —klee,
—fleidung, — klette, — net, —noblaud), —fohle, —korb, —kork,
—foften, —fräbe, frage, —fraut, — kreſſe, —kriſtall, — Ebel, —tuh,
—ladter, — land, —lauch, —Leder, — lehne, —lerche, — fetten, —lied,
—litie, —loch, —fofung, —löwe, — luft, —maurer, — maus, —mehl,
—meiie, —meifter,. —merle, —meffer, — milch, —mine, — mittel,
—mönd, —mänze, —nägelein, —nelfe, — öl, a — papier,
— pe, —peterlein, — pfeffer, —pflanze, —pfleger, — pilz, — polizei,
— predigt, — pumpe, —quendel, —ratte, —raute, — recht, —teihen,
—richter, — rietgras, — roſe, —röthe, —röthel, —ruhrkraut, —rüfter,
—ruthe, —fä — jache, —faft, —falz, —fünger, — ſanikel, —ſchaͤn⸗
der, —Icharte, —hicht, —ſchilf, —ſchlag, —ſchlange, —Ihlüten,
—ſchmied, — ſchmiede, —ſchnecke, —ſchnepfe, — ſchöppenſtuhl, — ſchotte,
—ſchreiber, — ſchuſſig, —Ihule, —Ihüler, —ſchwaden, — ſchwalbe,
—ſchwefel, —ſegen, — ſeife, —ſeil, —ſeſel, — ſohle, —ſperling,
—fpiele, — ſpieler, — ſpitze, Aadt, ee —ſtorch, — ſtraße,
—ſtufe, —ſtutrz, — ſucht, —talg, — taube, —thal, —theer, —theil,
448
—torf, —tracht, — trespe, —teog, — trufe, — üblich, — uhu, — ulme,
—urtheil, —veilchen, —verftändige, —vogt, —wachs, — wardein,
—megebreit, —weide, — weiderich, —wein, —wetter, —wiefel, — wind,
—winfel, wolle, —wort, —wurg, —zahn, —zehente, — zeichen, —zeit⸗
loſe, —ziege, —zimmermann, —zinn, —zimmober, — zoͤgling, —zunder
u. a. — Ploͤtzlich aus der Felſenſpalte, tritt der Geiſt, der Berges-
alte. Schiller, Alpenjäger. (Man bat fle hören) Bergarbeiten
vorftellen, Grimm, die Wichtlen. Europens letztem Bergaft ange-
knüpft. Goͤthe, Fauſt 2, 224. Bit Menichen, die bergartig waren.
Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 4. (Er) fuhr bergan wie berg-
unter. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 147. In heißer Mittags-
ftunde bergunter und bergauf. Uhland, der Lieberfall im WBild-
bad. An dem Bergbaue zu Ilmenau hatten wir und jchon mehrere
Jahre herumgequält. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1794. Berg-
bewohnende Nympben. Voß, Alias 6, 420. So daß die Berg-
bewohnerinnen fid freundlich und gefällig erwiefen. Göthe, Mei⸗
ſters Wanderjahre 3, 5. Jauchzenden Rufes flommen, von Salis
geführt, die tapferen Bergebewohner jego die Zellen hinan. Gem
weilt der finnige Bergfreund auf den luftigen Höh'n. Pyrfer, Zu-
niſias 6. Die Flut der bergentiproffenen Quelle. Pyrker, Tu⸗
nifias 9. Wilhelm wurde ji einem Bergfeit eingeladen. Göthe,
Meifters Wanderjahre 2, 10. Wie gezwängt Bergflut m Ge
Elüft weint. Voß, Luije 3», 524. Im fteilen Berggehänge. Göthe,
Tiſchbeins Idyllen 2. Durch die öden Zelienfhjlunde der Bergge-
höl ze. Matthiſſon, mileſiſches Märchen. Worauf fih dann der Berg-
F noß gleichfalls eingerichtet hatte. Goͤthe, Meiſters Wanderjahre 3,
3. Das Berggeſchlecht der Silnane.. Voß. Wo Berggeſpru—
del und traͤnket. Voß. Harmonie, die Berggewild und Sturm
im Bog und Waldung zwang. Voß. Ein erzgebirgiſcher Berg-
bahn. Bo. Wo üppig bewachſene Bergeshänge niederfleigen.
Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 7. . Schen war Athens Berg-
baupt, das heilige Sunion nahe. Voß. Dieie Berghöhen zu
erklettern. Göthe, Briefe a. d. Schweiz 1. Abthl. Nun an die
Bergjagd! Shakſpeare, Eymbeline 3, 3. Die große Bergkette
... wird der Jura genannt. Goͤthe, Briefe a. d. Schweiz 2. Abthl.
Wenn Reijende ein jehr großes Ergepen. auf ihren Bergflettereien
empfinden. Göthe, aus Makariens Archiv. Flieht fie mit ängftlichem
Fuß in die Bergfluft. Voß. Wem fein Bergknappe drumten.
Grimm, die Wichtlein. Dann Bergfrümmen durdieäbt. Voß.
Ein bergfubäugiges Weib. gefen. "Wie Bergeslaften Fällt
von meinem Herzen. Schiller, Marta Stuart 3,5. Es waren Berg⸗
leut.... Nah einer Pauſe trat ein Bergmann mit einer Hade
hervor. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 4. Dei feinen gebirgiichen
und bergmännijchen Unterſuchungen. Göthe, Meiſters Wander⸗
449
jahre 3, 14. Und rechts dir wandle ſtolz und hehr Zreiheit, die edle
Bergnimf her. Voß. Den engen, um Zeljen fi) windenden Berg-
yfad. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 7. Alvinzi beſetzte die Berg-
platte. Poſſelt. Sie wollten auf einem waldigen Bergplape Mit-
tagsruhe haften. Göthe, Meifters Wanderjahre 4, 4. Bon des Berg-
quells dunfelem Sprudel. Voß, Ilias 21, 257. Der Bergratb
Scherer macht Speculation darauf. Göthe, Briefw. mit Schiller 5, 165.
(In Betrachtung) der aus der Ferne lockenden blauen Bergreihen.
:Göthe, Leben 13. B. Ich werde ungefähr in der Hälfte Octobers
von meiner Bergreife in Zürich anlangen. Göthe, Briefw. mit Schil-
fer 3, 279. Durch wilden Bergriß. Göthe, zu meinen Handzeich-
aungen V. Bid man ganz oben auf den Bergrüden gelangt. Göthe,
ital. Reife 29. April 1787. (Es wird) im Sommer ein Bergrutſch
fein Haus begraben. Göthe, aus Makariens Archiv. Eine fchmal
vorgerüdte Bergicheide nahm uns auf in ihre Fellenfchatten. Meyer.
(Man folte) und auf der Straße wegnehmen und auf ein Berg-
ſchloß fperren. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 245. In gebüſch-⸗
umbüllender Bergſchlucht. Pyrker, Rudolph 6. Der fchöne Berg-
ſchmetterling Apollo. Matthiffon, der große Bernhardsberg. In—
dem und die Eismaffen duch Bergſchrunden verdeckt wurden,
Böthe, Briefe a. d. Schweiz 2. Abthl. Zum großen Bergfee!
Goͤthe, FZauft 2, 381. Bergftrom; der aus Tannendunfel fchäumet.
Matthiſſon. Der an dem Wipfel faßt die Bergestanne (ftatt Bergt.).
Shakſpeare, Cymbeline 4, 2. Unter mir lag es noch bergetief.
Schiller, Taucher. Schon trieb er die weidliche Heerd' auf die Berg-
trift. Voß, Odyſſee 9, 217. Bergtrümmer folgen feinen Güffen.
Schiller, Macht des Gefangs. Spiele der bergumſchloſſenen
Heimat. Pyrker, Tuniſias & Haft du das Bergvolf aufgerent?
Böthe, Fauſt 2, 263. In der Nacht des alternden Bergmwalds,
Voß. Durch Bergwaldungen rennt im Gewühl der begleitenden
Beiber fürchterlich Prokne daber Voß. Purpurbraun umftand das
Gewoge fie rings, wie ein Bergwall. Voß, Odyſſee 11,243. Bor
dem See bei Colfitorio, einem Keffel in den höchften Bergwänden,
gebt e8 bald auf der andern Seite abwärts, Seume. Es fei nur
von einer Bergwanderung die Rede. Göthe, ital. Reiſe 8. Sept.
sort nun trieb der Kyklop mit gellenden Pfeifen jein Maftvieh berg-
wärts. Voß, Odyſſee 9, 315. Die fteinernen Rinnen zum Ableiten
der Bergmaffer. Göthe, Leben 10. Bd. Zu Mittag fanden wir
ein gutes Eſſen im Zechenhaufe eines Bergwerks. Göthe, Meifters
Banderjahre 3, 13. Innerhalb eines großen eingerichteten Berg-
weſens hätte fie fich fruchtbarer fortbilden können. Göthe, Tag- und
Jahreshefte 1794. Auf trodnen Bergwiefen. Göthe, das Mühr-
Gen. Den mit Empfindung das Bergwild hörete. Voß. In ent-
legenfin Bergwildniffen. Göthe, Tag- und Jahreshefte 18083.
29
450
Rings auch waren umher Bergwölf! Voß. Doch muß man ſich
feine Bergwüſte ... vorftellen. Götbe, ital. Reife Lugano 22. Ort
Gebirgbewohner, — höhe, —thal, —torf, — wald, —meg;
Gebirgsamſel, dorf, —entitehung, —gegend, — birih, — far
ner, —fette, — funde, lehre, —maus, —ſtadt, —volk m. a.
— Ueber die waldbewachſenen Gebirghöhn. Voß. Dort hinten ſtill
im Gebirgthal hat ein kühn Geſchlecht ſich angeſiedelt. Göthe, Fauſt
2, 202. Rothgelbe Schakal im Gebirgwald. Voß. Wilde, oft
gefährliche Gebirgwege verlängerten die erſten Tage. Meyer. —
Die verſchiedenen a übten auf fle einen beiondern Ein:
fluß. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 13. Zief in der Nacht war
id) nach mühſam erftiegener halber Gebirgshöhe eingetroffen. Dai.
3,5. (Nachdem) wir einen etwas fteilen Gebirgskamm überftiegen
hatten. Dal. (Weil wir) einen vorgefchobenen Gebirgsriegel müb-
fam überflettern würden. Daj. Den Urgebirgsfnoten von Nubien
durchaus nach Weiten bis an das große Meer zu entwideln und fort-
zujeßen, ferner diefe Gebirgsreihe einigemal von Norden nad
Süden zu durchichneiden. Göthe, aus Mafariens Archiv. Die näd-
ften Gebirgsfuppen. Göthe, Leben 19. B. MUeberhaupt bat das
Gebirgsleben etwas Menfchlicdyeres ald das Leben auf dem flachen
Lande. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1,2. Gebirgesmaſſe bleibt
mir cdel-ftumm. Göthe, Kauft 2, 253. Die Gebirgsluft, die
darinnen webt, empfinde idy noch. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1780.
Die (Gefchäfte, er nach und nach in größern und Heinem Gebirgs-
orten verrichtete. Göthe, Meifters Lehrjahre 2,3. (Daß er fich) der
Gebirgsſchätze, des Eifens, der Kohlen und des Holzes, mit gu=
tem Erfolg zu bedienen gewußt. Göthe, Leben 10. B. Das Auge
voll von jenen abichießenden greulihen Gebirgsſchluchten. Göthe,
St. Rocusfeft. As Molochs Hammer Gebirgestrümmer in die
Ferne ſchlug. Göthe, Fauſt 2, 254. Noch die fchroffe Gebirge:
wand hemme des Stegers Lauf! Borfer, Tuniflas 8. Meine Feb:
ler ſtürzen fich nicht mehr wie Gebirgswaſſer einer über den an—
dern. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 1. Wo .fich der fteile Ge-
birgsweg um eine Ede herum fchnell nach der Tiefe wendet. Dal.
Fremd in der hebren Gebirgswelt. Pyrker, Zunifiag 9. Durch
manchen benachbarten Gebirgszug fortwandernd. Göthe, Meiſters
Wanderjahre 2, 7.
Burg (goth. batrgs, ahd. puruc, pure, burg, mhd. bure, ag.
burg, byrig, altſ. burug, altn. borg) eigentlich gejchüßter, umbegter
Drt (rüber Burg und Stadt) 1) allgemein ficherer Zufluchtsort; 2)
im Beſondern ein befeftigter, meift auf einer Anhöhe gelegener Wohn
fig eines Adeligen. — Freiburg if eine fihre Burg der Freien.
Schiller, Tell 4, 2. — (Worin) mander Albert Julius eine Felſen⸗
burg würde gefunden haben, Göthe, aus Makariens Archiv. Er
451.
fieht mit ihren goldnen Zinnen gleich einer Götterburg, in furdt-
bar ftolzer Pracht der Emire Burg. Wieland. Empor zur hohen
Himmelsburg der Wohnung der Linfterblihen. Bürger, Ilias.
Nahe der Stadt auf Zeljen erhob fih die thürmende Hochburg.
Pyrker, Tuniſias 2. Auch aus den Hallen der alten Hofburg. Uh—
fand, der ſchwarze Ritter. Um bie Felskluft eurer Nachtburg. Göthe,
Fauſt 2, 416. In der Ritterburg Pyrker, Rudolph 5. Die
alte Stammburg ſah auf ihn herab. Uhland, Ludwig d. B. 2.
Schon verblaßt der Abendichinmer an der hohen Waldburg Trüm-
mer. Matthiſſon, Abendlandichaft.
Feſte, minder gut Veſte (ahd. fasti, mhd. veste von feſt, S. 411)
eigentlich Befchaffenheit des Feſtſeins; dann Stärke, Schuß, Aufenthalt;
fefter, gegen feindliche Angriffe fichernder Ort, er mag Fein oder groß, durch
die Ratur oder Kunft feit fein. Feſtung bezeichnet nur einen durch Kunft
befeigten Ort. Schloß (f. ſchließen) eigentlih ein umſchloſſenes Ge—
bände, umfchloffener Drt; im gewöhnlichen Leben jedes überaus große und
weitläufige, anfehnliche Gebäude eines hohen Mannes, wie auch jeder fo ges
nannte Ritterfiß, weil diefe ehedem wirkliche Schlöffer waren. — Die Velten
alle müflen wir bezwingen. Schiller, Zell 4, 2. Da hatten wir Rejpelt,
wie eine Garniſon in einer eroberten Feftung. Schiller, Räuber-1, 2. (Zu
rähen) an den Steinen ihrer SchLöffer felbit. Schiller, Tell 5, 1.
Burgbann, —bewohner, —caplan, —dienft, —fleden, —frau,
—fräulein, —freiheit, —garten, —gerechtigfeit, —gericht, —graben,
—graf, —halde, —hauptmann, —herr, —hut, —keller, —Iehen,
— mann, —mannfchaft, —meifter, —pfaffe, —richter, —ſaß, —fiß,
—fall, —wad, — wart, —warte u. a. — Er behandelte diefe That
als das größte Verbrecher, qualificirte fie zu einem beleidigten Burg-
ftie den. Göthe, Meifters Lehrjahre 3,9. Der laute Zon von Zither,
Ft und Home durchſcholl den Burghof. Platen, der grundloje
Brunnen. Bis zu des Burgpallaftes Marmorhallen. Matthiffen,
Genferfee. Auf dem hohen, uralten Burgraume liegt das neue
Girgenti. Göthe, ital. Reife 24. April 1787. Endlid langt ex an
vor einem hohen Burgthor. Platen, Abaffiden 1. (Wo einft die Haus-
fan) ins Burgverließ die Kinder verlodte. Pyrker, Rudolph 7,
Da Burgvogt hatden Einlaß uns verfagt. Uhland, Herzog Ernft 4, 5.
Bürger (goth. baurgja, ahd. burgäri, nıhd. bürgaere, bürger,
davon lat. burgarius) zunächft der Bewohner einer Burg; dann 1)
Einwohner einer Stadt, eines Dorfes, der das Bürgerredht hat; 2)
Stadtbewohner überhaupt im Gegenfag von Landbewohner; 3) Mit-
glied des Bürgerflaudes im Gegenja des Adels und der Geijtlichkeit;
4) Mitglied der Gefellfhaft, die den Staat bilden, Staatsbürger; 5)
Mitglied einer Corporation: akademiſcher Bürger; 6) Mitglied der
menſchlichen Geſellſchaft. Bürgerin (mhd. burgserinne, burgærin);
Stadt —, Staats— , Mit—, Voll —, Pfahl —, Kleinbürger u. a;
29 *
452
bürgerlid; —— — Der Magiſtrat wollte von den Bür⸗
ern die Laften abhalten, zu denen fie fle nicht verpflichtet fchienen.
öthe, Leben 5. B. Ich rede hier als Menſch und Bürger dieſer
‚Welt. Hoffmannswaldau. In eure tapfre Hand leg’ ich mein Recht.
Wollt ihr ald eine Bürgerin mich fügen? Schiller, Zell 5, 8.
Ich bin nicht Diefes Reiches Bürgerin, bim eine freie Königin des
Auslands. Schiller, Maria Stuart 1, 7.— (Ob er ihm gleidy) das
angenehme Schaufpiel einer gedemüthigten Mitbürgerin entziehen
wollte. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 13. Was ift einem finnlichen
Erdebürger feine Erde anders ald Land und Wafler? Herder.
Site werden nicht bloß ein Grasbürger, ein Einwohner der Bor-
ftädte, in der Stadt Gottes fein. Hippel. Die Wafferbürger
wurden über die neue Entdeckungsreiſe fcheuer als jemals. Benzel-
Sternau. Wählt nah und nad der Beflg der Staatsbürger.
Goͤthe, Meifters Wanderjahre 3, 11. — Ein Sprößling eigennüg’ger
Ehr’, der ftolz und fteif und bürgerlich im Schmaujen feinem Zür-
ften wich. Hagedorn. An der bezeichneten Bahn des eigenen jowohl
al8 des mitbürgerlichen Lebens einen fo tiefen Antheil nahmen.
Göthe, Winckelmann 1. — Ein nördlich Bolt, fi) bleibend einzubür-
gern. Schiller, Piccolomini 4, 4.
Anm. Im 15.—17. Jabrh. findet ih auh burgern, verburgern =
zum Bürger aufnehmen. — Dieige verburgerte Fiſcher, unverburgerte
Handwerker. Juſtruction für die Bueßverordneten v. 1692.
Bürgeradel, —buh, —feind, —feſt, —frau, — freund, —gabe,
— geld, —gemeinde, —geichäft, —glode, — haft, —handel, — haupt⸗
mann, —haus, —hof, —kranz, —leben, —Iehen, mädchen, — magd,
— meifter ), — ordnung, —pfliht, —recht, —rede, —reich, —richter,
—rock, —rolle, —rotte, —fahen, —ſchmaus, —ſchule, —fitte,
—joldat, —ſtolz, — tube, —that, —tiſch, — voll, —wache, —wehr,
— welt, —wejen, — wort, —zanf u.0. — Bürgersfrau, —manı,
—finder, — Mit edelm Bürgerblut ift fie (die Krone) benegt.
Schiller, Jungfrau v. DO. 4, 10. Der Adel jteigt von feinen alten
Burgen und ſchwört den Städten feinen an Schiller, Tell
4, 2. Der Grieche fang in Iyriihem Ton Bürgergefeg. Klop⸗
flo, Wink. Laften, welche die arme — ſe ſeit Jahrhunderten
niedergedrückt hatten. Schiller, Solon. Nein, er gefällt mir nicht der
neue Surgemelger Göthe, Fauſt 1,50. Daß der Schultheiß fo wie
die beiden Burgemeifter aus einigen Stiftungen jährlidy etwas Silber:
zeug erhielten. Göthe, Leben 3. B. „(Er tanzt) wie mit der Burge-
meifterin, fo mit der Befeubinderin. Bürger, die Weiber von Weins⸗
berg. Inden beiden burgemeifterlihen Audienzen. Göthe, Leben
1) Gewöhnlich ſteht Bürgemeifter, — (in der Volksſprache
Borgemafter), wie auch ſchon Stieler bat, d. i. eigentlich Meiſter der Burg,
deren Bewohner zunächſt der Bürger war.
u 453
17.B. Wenn das blut’ge Zeichen de Bürgerfrieges ausgehangen
it. Schiller, Jungfrau v. O. 1, 5. Wie du, erhabengefinnt, nad) der
Bürgerfrone dich fehnteft. Pyrker, Zunifias 9. Für einen Theil der
Jenaiſchen Bürgerſchaft ward aud) gerade in dieſer Zeit ein bedeu-
tendes Gefchäft beendigt. Göthe, Zag- und Sahreshefte 1795. Wo
frei Der — auch ſtrebt, und Bürgerthat zu Göttern hebt.
Voß. Das (Glück) im Kreiſe des Bürgerſtandes hold genügſam
weilt. Göthe, Eugenie 4, 1. Hat die Königin doch nichts voraus
vor dem gemeinen Bürgerweibe Schiller, Maria Stuart 2, 2.
Bald Tiegt der Staat durch Bürgerzmift zerriffen. Eollin. — Es
treibt fi) der Bürgersmann, träg und dumm, wie des Färbers
Saul, nur im Ring herum. Schiller, Wallenſteins Lager 7:
Bürge (abd. p(b)urgo, p(b)urigo, p(b)urgeo, p(b)urio, mhd.
bürge, alt. borga) wer mit feiner Berfon wie mit jeinem Gute Si-
cherheit leiftet, ohne daß darauf gefehen wird, ob er darüber in einer
Gewahrfame gehalten werde oder nicht. Bürgin; Bürgfhaft. —
Ich laſſe den Freund dir als Bürgen, ihn magft du, entrinn’ ich,
erwürgen. Schiller, Bürgſchaft. Gehorfam fordre id von dem Volke,
und von Euch, ihr Erften, Edelften, Rath und That, ald Bürgen
diefer unbedingten Pflicht. Göthe, Egmont 4. — Und meine Bür-
gin, Königin, find Sie. Schiller. Nimm meine Bürgſchaft an.
Schiller, Tell 3, 3. j
Geifel?), nicht Geißel (ahd. kisal, gisal, mhd. gisel, ayf. gisel,
gisle, altn. gisl; zu ger = Wurfipieß, f. S. 106; vgl. gr. aiyualarog,
dopialwrog — Epeergefangener) wer mit feiner Perfon Sicherheit Teiftet,
haftet; wird vorzugäweije von demjenigen Leibbürger gebraucht, der in einer
Gewahrſame fein muß, bejonders wenn er, namentli im Kriege, gewaltfam
in eine folche genommen, oder fortgeführt wird. — Das iſt mein Troft, der
Pag bleibt uns ala Geißel. Schiller, Wallenfteins Tod 2,3. Der Gei⸗
ſel iſt bei den alten Zentfchen gleich fo vil als ein lebendig pfand gewejen.
Aventinus, Chronik.
Anm. Stieler hat Eid—, Hals—, Kriegs—, Pfand—, Schald—
bürge.
8 Bürgen (mhd. bürgen) ift Bürge fein; verbürgen bezeichnet
nur, dag man fich in den Zuſtand des Leiftens einer Sicherheit erft
verjegt, während bürgen aud das Sein in demfelben ausdrüct, daß
man die Bürgjchaft ſchon übernommen hat, -— Da bin ich, für deu
er gebürget. Schiller, Bürgſchaft. Der fur mi bürgen jollte...
dag wir einander Bürgfchaft leiften follten. Göthe, Benvenuto Cel—
fini 1, 3. Geheimniß nur verbürget unfre Thaten. Göthe, Eugenie
1) Man wollte das Wort durch die Schreibung von die Geiſel (Peitfche, ahd.
geisila, geisla, nıhd. geisel, älternbd. geyfßel, geifchel, Volköfprache Gaſchel,
wahrfcheinfich aus Einer Wurzel mit goth. gäispan — beftig erſchüttern) unter«
fheiden, verfuhr aber jchwanfend, indem man bald diejes bald jenes Wort Geis
Bei ſchrieb. Beide fordern die Zorm Geiſel.
454
1, 5. Man findet noch Ueberrefte eines feinen Tünchs an den Säu-
len, der zugleich dem Auge ſchmeicheln und die Dauer verbürgen
follte. Göthe, ital. Reife Girgenti 25. April 1787.
But fein (aut, gotb. göths, ahd. k(g)uot, göt, mhd. guot, ag.
alt. göd, aftf. göt) verbindlich fein, für den Andern zu leiſten, was er
ſchuldig if, im Kalle er nicht ſelbſt feine Verbindlichkeit erfällt. Gutſagen
drückt zugleich aus, daß man dies ansdrüdiih erkläre. Wofür fliehen =
fih in Hinficht der Verbindfichkeiten eines Andern anheiſchig machen oder ge
macht haben, daß man diefe an feiner Stelle erfüllen wolle, wenn er fi
ihrer Erfüllung entzieht. Haften (f. S. 231) mit Feftigkeit für Jemauden
ſtehen, befonders wenn dies auf längere Beit geſchieht. Gewähren (abr.
kiwören und weren, mhd. gewörn und wern) für die Güte oder Geltung
von etwas fich verbindlich machen oder einftehen und diefe Verbindlichkeit
leiften. — Wer ftände mir denn für mein Leben? Gellert. Man fell für
fie bürgen, haften. Keifing, Emilie Galotti 5, 5. Ihr haftet für fein
Keben! Schiller, Maria Stuart 4, 2. Sie getrauen fih, für ihr Betragen
zu gewähren. Schiller, Verſchwörung des Adels (Abf. d. N. 3. 8.)
Borgen (ahd. porak£n, p(b)ork(g)en, mhd. borgen, agf. böor-
gan, altı. biarga) urſprünglich ficher ftellen, büten; dann eine
Sache geben oder nehmen, ohne daß gleich Bezahlung dafür geleiftet
wird; auch (fig.) zum Gebraudye überlaffen oder nehmen, ohne daß es
Eigenthbum würde. Davon abborgen — den Eigenthümer deſſen
benehmen, was geborgt wird; erborgen = von einem Andern mit
defien Willen zum Gebrauche an ſich nehmen ohne Eigenthumsrect;
an—, auf—, ver—, zufammenborgen, früher (bei Stieler) aud
aus—, mit—, zerborgen. Borger. — Das Subitantiv Borg
(ahd. diu borga, mhd. diu borge, der borec) hat ſich nur noch in
der Redendart „auf Borg“ erhalten. — So lang der Wirth nur weis
ter borgt, find fie vergnügt umd unbeforgt. Göthe, Fauſt 1, 107.
Doch borgt ihm auf fein Inſtrument fein Kluger einen Heller. Bür-
er, Herr Bachus. Ich könnt' euch auch von den meinigen (Kleidern)
orgen. Göthe, Gög von Berlichingen 1. Mit der Wangen frijchem
Purpurblut, abgeborgt von mürben Modern? Schiller, Melandolie
an Laura. Oft ſchmückt fich die Vernunft mit abgeborgten Süpen.
Uz, Kunft ftets fröhlich zu fen 4. Sicher, daß ihn nun nicht mehr
der Wuhrheit angeborgter Schimmer täufhen kann. Blumauer.
Den aufgeborgten Beutel zu leeren. Shufipeare, Kaufmann v. V.
2,5. (Ich) legte die von einem aͤltern Freund erborgten Blätter
in meinen Hut. Göthe, Xeben 7. B. Er nimmt aus Geiz fich vor,
die Hälfte (feines Geldes) zu verborgen. G©ellert, das Teitament.
Und fann ich die Talente nicht leben verborg’ ich wenigftens
das Kleid. Göthe, Fauft 2, 245. Will er fie (die weiblihe Schön-
beit) überhaupt als Mufter von Vollkommenheit und Ddarftellen, fo
werden ihre Qualitäten von einer ganzen Schaar Göttinnen zuſam-
455
mengeborgt. Schiller, über Bürgerd Gedichte. — Kein Borger
fei, auch Fein Berleiher nicht. Shakſpeare, Hamlet 1,3. — Bein
ih das verlieren müßte, was ih auf Borg auf dem Leibe trage, fo
hätt? ich allenfalls worgen nichts mehr zu verlieren. Schiller, Räuber
1, 2 Mehr ald einer zur Zeit des Borgs eigned Vermögen gehabt,
joll er nicht aufnehmen. Bayreuth. Verordnung v. 1743. Ich ſprach
deu Wirth um jeine obere Stube nur borgsweije an, das Bezah—
len verlohnten wol die wenigen Minuten nicht. 3. Paul.
Austhun (nicht fehr gebräuchlich), früher auch verthun, iſt gauz all-
gemein Geld oder überhaupt Gut auf Zins oder Wucher legen. Leihen (f.
dasjelbe) it der allgemeinite Ausdrud für den Begriff von Jemanden mit
deſſen Willen gegen Zurüdgabe, oder eine Gegengabe, Vergütung in gleichen
Werthe, oder auch nur überhaupt Genugthuung in etwas (Zinſen, Dienit ꝛc.)
bloß zum Gebrauch nehmen, oder an Jemanden geben; auch fig. als dem
Andern nueigenthümlich Darbieten oder dargeben, im Befondern unterſtützend.
Davon aus—, ent—, verleihen. Lehnen wird ganz wie leiben ges
braucht, nur dit diejes in der edeln Sprache fait allein üblich und jeues in
der gemeinen. — (Der Graf) that das Waldſchloß an einen Lehensmann
.aus. Mufäus, Ehronifa der drei Schwetern I. Was ifts worüber mehr die
Jungfern jo entbrennen, alo wenn man fie pflegt alt und ungeitalt zu nennen ?
Denn Jugend dient zur Zucht, und Schönheit zum verthun; find diefe beide
weg, jo läßt man fie wohl ruhn. 1) Logan, Sinnged. 412. Borgen iſt
viel befjer nicht als betteln, fo wie leihen, auf Bucher leihen nicht
viel Heiler ijt als ſtehlen. Leſſing, Nathan der Weife 2, 9. Weil er aus
gemeiner Einfalt umjonit Geld ausleiht, und bier in DBenedig den Preis
der Zinfen uns heruaterbringt. Shakſpeare, Kanfınann von Venedig 1, 3.
Vergebens lüde die Götterwelt ihn ein, von der die Phantaſie das reichite
Xebensbild entlieh. Tiedge, Urania 3. Doch meinem Herrn den Mund,
jo wie den Arm zu lehnen, iſt meine Pflicht. Wieland. Laßt es Euch
nicht leid tun, daB meine Dankbarkeit deu Flor der Nacht entlehnen muß.
Schiller, Marin Stuart 2, 5.
Anm. 1. Hierher gebören auch weibliche Perfoneunamen, 3. B. ahd. Adal-
piec, EIruodpirc, Rädpire, Wilipirc; viele Ortsnamen auf re — burg.
Anm. 2. Für Bebirg jagt ſchon Aventinus (+ 1534) Birg. Hierbei
jagt Schmeller ],196: „Sollte auch in dem hochd Birkhuhn, Birkfuche ac.
das Birk eigentlich aus Birg entitanden fein?" Ziemanu führt (richtig?) mhd.
irchuon an, in Beuede- Müllers mbd. Wörterb. birkhuon, ſonſt ſteht haselhuon.
Anm. 8. Zu Bergen gebört auch der zweite Theil des Wortes Flam—⸗
berg. Den erften Theil Iciten Einige vom franz. flane = Seite, Andere vom
oberd. Flähme, niederd. Flume — Weiche des thierifchen Leibes. Dieſes
Bert feibit aber -ift von unbekannter Wurzel. In einer altfranz. Dichtung wird
en Schwert froberge oder floberge angeführt. Von diefen nicht zu deutenden
Bort Scheint Flamberg entfprungen.
1) ‚Schön müſſen fie fein, will der Dichter fagen, wenn fie bald Männer
befommen wollen, und jung müſſen fie fein, um Mütter werden zu können,“ fagt
Leſſing zu dieſer Stelle.
456
Quellen.
(Wurzel qual? wal? vgl. agſ. veall, vyll, altfrief. walle = Quelle,
janffr. jala — Waſſer; nad) Leo ift quellen aus kiwellan gebildet.)
Duelle, quoll, gequollen, qmellen (ahd. quillu, qual, quullu-
mes, quollaner, quöllan; mhd. quille, qual, quullen, gequollen,
quellen) 1) von innen ausgedehnt werden, und zwar durch eine im
Innern befindlihe Feuchtigkeit: Die Erbſen quellen; 2) (uneigentlidy)
durch innere Kraft, aus Ueberfülle hervordringen: die Augen quellen
hervor; 3) (gewöhnlich) aus einem Orte in größerer Menge zum Vor⸗
fhein kommen, von Zlüffigfeit gefagt; 4) in weiterem Sinne wo ent=-
ftehen. — Und wie ein Teig und muß von wenig Hefen quellen.
Opitz. Borwärts quollen die Augen. Voß. Wie wurde mir, als
ih ins Innre nun der Kirche trat, und die Muſik den Himmel
herunter flieg, und der Geftalten Fülle verjchwenderidh aus Wand und
Dede qnoll. Schiller, Maria Stuart 1,6. In deinem Auge quillt
die fanfte Zähre. Schlegel, Dog winfte der Vater der Götter, und
Leben quoli in den Staub. Herder. Die innere Welt, fein Mikro—
fosmus, ift der tiefe Schacht, aus dem fie (die Gedanken und Thaten)
ewig quellen. Schiller, Wallenfteind Tod 2, 3. Aus der Wolfe
quilit der Segen. Schiller, Glode.
Anm. 1. Mitunter finden fi) von dieſem Verbum abweichende Formen,
B. Eine Duelle, abzuwafchen folchen Kleden, quellet in des Feindes Aruft.
Herder. Du biſt's, dem das frifchefte Leben entquellt (im Neim). Goͤthe,
Fauſt 2, 177. Aber ah! ſchon fühl’ ih, bei dem beften Willen, Befriedigung
nicht mehr aus dem Bufen quillen. Göthe, Kauft 1, 65. — In activem Sinne
müßte es wol heißen quellt; doch ſagt Kuther: Denn gleich wie ein Born fein
wafler quillet, alfo quillet auch jre bosheit. Jerem. 6, 8, -
Anm. 2%. In manchen Gegenden gebraucht man auch artiv quellen —
Pochen, aber nur von manchen Speifen, 3. B. Kartoffeln, Fleiich zum Burftmachen,
wobei die Bed, 1. zum Grunde liegt.
Auf— , aus —, dabin—, empor— , ent—, er—, herab —,
beraus—, hervor —, hinab —, nieder—, über—, um—. umher —,
ver—, vor—, zer—, zuquellen bedürfen feiner weiten Erklärung. —
So quoll mein Manufeript täglih um fo mehr auf. Göthbe, Leben
4. B. Das Herz der guten Wanderer quoll über dieſen Ausfichten
auf. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 3. Mitten unter Waffen, auf
der Woge des Lebens, ruht ich leichter athmend, wie ein aufquel-
lender Snabe, in deinen Armen. Göthe, Egmont 5. Die aus den
fhönen guten Augen ausquellenden Thränen zu verbergen, wen⸗
dete fie fih um. Göthe, Meifters Wanderjahte 3, 13. Diejed wenige
Dlut, das ausquoll. 3 Paul, Heiperus 4. Da fcheint ein end-
liches Leben dir aus deinem Leibe zu quellen, du felbft zu empfin⸗
den, Daß e8 Dahinquillt. SKlopftod, Meſſias 10, 197. (Der Kern)
quillet ftrebend empor. Göthe, Metamorphofe der Pflanzen. Thrä-
nen entquollen dem Blid. Göthe, röm. Elegien 6. Den Lippen
457
entquillt Külle des Herzens jo leicht. Dat. MW. Da der Hand des
Almächtigen die größeren Erden entquollen. Klopftod, Früblings-
feier. Und um uns und an uns fo drängend und voll die Erde von
uidenden Blumen erquoll. Göthe, Pandora. Welche Verſöhnung
dieß Blut aus diefen Wunden herabqu'oll. Klopftod, Meſſias 8,
295. Das Kinn herausgequollen. Schiller, Kabale und Xiebe
1, 2. (Die Wolfe) ftürzte voll hberausquellender Nacht über
ihre Augen. J. Baul, Zitan 23, Daß wir die Lava nicht konnten
berausquellen jehen. Göthe, ital, Reife Neapel 20. März 1787.
Sp zeigten ſich fteinerne Bänfe, rings um die Quelle gefegt, Die im⸗
mer lebendig hervorquoll. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 156.
Denn es quillet heller nicht vom Parnaß die ew’ge Quelle ſprudelnd
von Fels zu Feld in's goldne Thal hinab. Göthe, Iphigenie 3, 1.
Den Durft mir ſtillend mit der Gleticher Milh, die in den Runſen
ihäumend niederquillt. Schiller, Tel 2, 2. So wie der Glanz
auf fie aus Lampen niederquillt. Alginger, Doolin 3, 4. Darin
der honig vberquahl. Rollenhagen, Frofehmeufeler 1. 1, 9. Aber
weilen das Gefäß ift gefüllt, davon es fprudelt und überquillt.
Schiller, Wallenſteins Lager 8 Mit dem überquellenden Füll-
horn. Schiller, Räuber 2, 1. ZThränen der vergeblihen Sehnſucht
überquofllen fein ſchönes Angefiht. 3. Baul, Titan 8. Daß Blut
ihn beiß umquoll. Voß. Die (Haare) jetzt wie ein verworrener
Hanfroden umherquollen. Göthe, Campagne m Frankreich 11.
Det. So birgt er (der. Vorhang) einen Sarg, verquollen durch
langes Alter. Platen, der gläjerne Bantoffel 3. Wie leicht verquilit
ein Spalt. Leffing, Epigramme 32. Gegen alle Rangordnung ftell’
ich lieber früher als ihn die feiften in fchelmifche Dummheit verquol-
lenen Livreebedienten vor. 3. Paul, Hefperus 11. Sprachlos, ſchwin⸗
delnd, bleich, mit weitvorquellendem Auge, blickt das Entſetzen
hinunter. Klopſtock, Mefflas 9, 757. (Er) rief unter den vorquel⸗
lenden Thränen. J. Paul, Heſperus 13. Indem fie im Schweiße
zerquoli. Bürger, die Kuh. Zugequollene Stihwunden. J. Paul.
Anm. Die Participien geftatten noch andere Zufammenfeßungen, 3. B. Meine
ſtrahlenquillenden Geſtirne. Ediller, Semele 2.
Duelle, die, der Quell (ahd. diu quälla, altn. Kyll, älternhd.
auch der Quall, bei Opip meift das Quell, aud die Quelle,
bei Lohenftein das Kwäll, das Kwell (Glenpatra 4, 484, 541),
bei Hoffmannswaldau die Quelle (ſterb. Socrates 134), bei Stie-
ler der Qvell, die Qvelle, bei Weichmann die Brunnqueli
(Poeſie der Niederſachſen 2, 313) f. in feinen Bedeutungen ©. 375.
— Die Duelle des Heils. Klopftod, Meſſias. Klar und fühl Cift)
die Badequelle. Bürger, das Dörfchen. Mit frühem Führertritt
reißt er feine Bruderquellen mit fi fort. Göthe, Mahomets Ge-
fang. An der Felfenquelle horcht' ich finnend der Nachtigall.
458
Matthiffen, die Nachtigall. Die Zwerge führen den großen Pan zur
Feuerquelle faht heran, Göthe, Fauſt 2, 59. (Ste) durftet ewig
nad) der Frendenquelle. Schiller, Kindesmörderin. Wo fib an
der Gnadenquelle die Krieger alle reinten von Schuld. Pyrker,
Rudolph 2. Die reihen Hülfsquellen verfiehten bad. Göthe,
Leben 11. B. Aber bei ihr waren Geſchäfte Baufen, und die Thrä-
nendrüjen fanmt dem Herzen Hungerquellen. % Paul. So lang
die Lebensquelle ſchäumet an der Lippen Rand. Schiller, das
Siegesfeſt. Milch- und Wein- und Honigquellen rinnen aus
dem Felſen. Herder. Und entgegen goffen Neftarquellen ewig
jtrömend ihre Wolluftwellen. Schiller, Geheimniß der NReminifcenz.
Aus den hellen Silberquellen des Barnaffus mid) erquidet. Göthe,
deutfcher Parnaß. Wüften, öd' und ſchauerlich, lichten ſich in Deimer
Strablenquelle. Schiller, Melancholie an Laura. (Er) tranf nur
aus der Wunderquelle. Pfeffel, die Quelle zu Mecca. — Aus
dem Felſen, geihwäßig, ichnell, fpringt murmelnd hervor ein lebendiger
Duell. Schiller, u Wie wenn ein wäflernder Mann von
de8 Bergquells dunfelem Sprudel über Saaten und Gärten den
Lauf dem Gewäſſer daherführt. Voß, Ilias 21, 257. Noch ichliefen
die anderen Sieger ohne Pulmen und helles Gewand durch Golgatha’s
Blutquell. Klopftod, Meffins 15, 35. Wer aus jchöner Natur
weibendem Brunnquell ſchöpft. Salis, Ländlihes Glück. Seht
den Zelfenquell. Göthe, Mahomets sn Den dein Zabe-
quell umfloß. Salis, an die Harmonie. Trinkeſt durſtig aus dem
Lebensquell. Hölty, — b. d. Gr. m. V. Daß jetzt ein Engel
mir vom Himmel niederſtiege, das Rechte mir, das Unverfälſchte, ſchöpfte
am reinen Lichtquell, mit der reinen Hand! Schiller, Wallenſteins
Tod 3, 21. Sein Auge funkelt dunkelhell, wie ein kryſtallner Schat-
tenquell. Bürger, Männerkeuſchheit. Im Hexameter fleigt Des
Springquells flülige Säule Schiller, das Diſtichon. Jetzt that
fih ihr blutiger Thränenquell auf. Bürger, Lenardo und Blandine.
Zieh dieſen Geift von feinem Urquell ab. Göthe, Fauſt 1, 3.
Zwar überichattet Nacht den Urquell unfrer Zage, Ziedge, Uramia 4.
Shre Geofis war Weisheitsquell. Herder.
Quellung; quellig; (bei Stieler noh:) Queller, —erin;
quellbaft; Quellader, —binje, —bottih, —brunnen, —bütte, —gras,
— grund, —maß, —moos, —falz, —ſand, —flod, —wafler u. a.;
Quellenmerk (sium nodiflorum L.), —ftüd u. a. — Schnell den
Ida erreicht’ er, den quelligen Nährer des Wildes. Voß, Ilias 8,
47. Wieder ijt er (der Boden) eines Theils jehr moraftig und quel-
"Lig. Göthe, Briefe a. d. Schweiz 2. Abthl. (Sie ftillten) den Durſt
mit des Quellbachs fühlenden Fluten. Pyrker, Rudolph 7. Scher-
va fprang Die glanzreihe Quellnymphe zu den Gefpielen binab.
ugenannter bei Campe. Hier nun warfen die Müden fih bin, kaum
459
“
achtend den Quellſprung. Baggefen. Weber und über —
vom Geſprudel des Quellſtrahls. Derſ. (Ich) weinte quell-
weiß. Göthe, Pandora. — Ein quellenheller Tag. J. Paul. Das
quellenmäßige Studium dieſer Periode. Koch. Einen quellen—
reihen Strom unendlicher Empfindung. Platen, die verhaͤngnißvolle Ga-
bel 3. Auf dem Gipfel des quellenſtrömenden Ida. Voß, Ilias
11, 18. Ruhet nicht im Quellenthal. Uhland, Maiklage. In
des hohen quellentrunkenen Baums Beſchattung wohnten Völker
umber. Klopſtock.
Qualm ') (ahd. mhd. walm, agſ. vealm — dampfende Hitze)
iſt der dicke, wallende, maſſenweiſe ausſtrömende und daher erſtickende
Rauch oder Dampf; dann betäubender Dampf, die Betäubung ſelbſt,
Ohnmacht. Davon qualmig, qualmen. — Durch Rauch und
Qualm ſeh' ich den matten Schein des Todtenfluſſes mir zur Hölle
leuchten. Göthe, Iphigenie 3, 1. Und ſo verdrängt mit liebevollem
Streiten der feuchten Quälme Nacht. Göthe. Von allem Wiſſens—
qualm entladen. Göthe, Fauſt 1, 30. Und Kranke nehmen anch im
Sualme (Betäubung, Ohnmacht) Wermuth ein. Günther, — Armer,
du wiegft ja jo leicht, wie Die qualmige Blaſe des Luftſchiffs! Voß,
der bezauberte Teufel 133. — Die Lüfte qualniend. Göthe, Fauſt 2,
161. Aufdampfen ſoll's und qualmen, daß eudy’8 die Augen
beist! Uhland, die drei Könige zu Heimfen. NRingsum qualmte der
Dampf aus taufend Risen. Göthe, ital. Reife Neapel 20. März.
Tief anter dem feuchten Gehölz lebt, Tangfamen Shmaud aufqual—
mend, das Werg. Voß, Neneide 5, 682. Wenn Dir der Rezenjent
en Kömchen Weihrauch fireuet, oder anderen Duft. dir entgegen-
gqualmet. Hölty. Land und Meer fcheint, dumpf und tief erftillt,
in trüben Duft gehaltlos zu verqualmen. Wieland, Oberon 6, 33.
Damyf (ahd. damph, dampf, altn. dampi, von dimpfen, mhd.
dimpfen = unhell, dunkel fein; vgl. lat, tenchrae = Finſterniß) jede durch Die
Bärme hervorgebrachte ausdehnend fpannkräftige Flüffigkeit. Dunit (S. 290)
bezeichnet Dampf mit Thellchen derjenigen tropfbaren Flüſſigkeit vermengt, aus
welchen derjelbe fih entwidelt bat. Ausdünitung — die Thätigkeit des
Dunitentwidelns, der Dunft felbft, infofern er fih aus einem Körper ent⸗
widelt. Duft(S. 297) zarter, feiner Dunft, befonders die Ausdünftungen wohl«
1) Beigand rechnet Nr. 437 das Wort zu quellen und fügt Binz:
„Ganz verfchieden von dieſem Worte ift das veraltete Dualm, abt. qualm (?)
nalvofler, todtähnlicher Zuſtand, Untergang, von ahd. quelan — Dual leiden,
erben.“ Schmelier führt II, 402 f. Qualm (ahd. quhalın, chualm, agſ.
cvealm, cvalm, mhd. twalm) und die Adj. gewelmifch, gewälmig, qwäls
mig, quelmig, qualmifh — betäubt, bewußtlos an, die er zu queljan
rechnet, womit, wie er fagt, Dualm, Dual, quälen, obfhon in der Bedeus
tung gemildert, nlammenkängen mögen.
460
riehender Körper. Nebel (abd. nöpal, mibul, mhd. möbel; vgl. gr.
vepir, — Volke, lat. nubes — Bolfe, nebula — Nebel, agf. nipaa =
ummwölfen, genip = Gewält) ift jede unmittelbar am der Erdoberfläche fi
ereignende Verdichtung der atmofphärifchen Luft. Rauch (f. riechen) die
jenige fihtbare Flüffigkeit, welche aus Körpern durd ſtarke Erbigung aufs
ſteigt. Shmandh (agſ. smoca, smööscan —= rauen, vielleicht aus
ſchmecken, ahd. kismahhan, altn. smacka, agſ. gesmecgan ; mhd. sme-
cken = riechen und ſchmecken, smachen, smacken, schmacken = riechen)
dicker unangenehmer Rauch, befonders von nur glimmenden, obue Ylanıme
verbreunenden Etoffen. — Der Begeifterung Altäre find in Dampf gehüllt
und Qualm. Platen, die verhängnißvolle Gabel 4. Ein Echauerwöltchen
fähelt’s an, bringt Rauch und Dunft zu mir heran. Odthe, Kauft 2, 312.
Daß fogar der Siehe . . . ſchnelle Geuefung erlangt, wenn er fi nur dis
nige Stunden Weges von den giftigen Ausdünſtungen der Stadt umd
der umliegenden Moräfte entfernen kann. G. Förfter, die Infeln bei Afien.
Adı aus diefes Thales Gründen, die der kalte Rebel drädt. Ediller, Schu
ſucht. So lang an diefem Pult die trübe Lampe ſchmauchte. Götbe,
Kauft 2, 42. Durd Bivouacqs augeſchmaucht und verunreinigt. @ätbe,
St. Rochusfeſt.
Duälen (ahd. quelan, chelan, mhd. quẽln, agſ. ewẽlan —
fi) quälen, nad) Rarter Form; Davon tranfttiv ahd. queljan, chelan,
mhd. queln, agj. cvellan, altn. qvelja) fehr empfindlich bedrängen, tiefe
Schmerzen leiden machen, früher auch tödten (f. S. 459 unten die Note).
— Die fhwarze Galle quält auch mid. Schiller, Semele 1. Zween
abgelebte Kater quälten fih, ihm beizuftehn. Lichtwer, die Kapen
und der Hausherr. — Wie ic mic) abgequält habe. Göthe, Cam—
pagne in Frankreich Münfter Nov. Die Pfennige, die er euch ab—
quälte Schiller, Räuber 1, 1. Bon Liebesjammer unerträglich
aufgequält. Göthe, Pandora, Der Schuldner, der, wenn die trau-
tigen Kalenden gefommen find, entweder Hauptgut oder Intereflen
berbeizuquälen genöthiget ift. Wieland, Horaz Eat. I. 3, 87.
An dem Bergbaue zu Ilmenau hatten wir uns ſchon mehrere Jahre
berumgequält. Göthe, Zag- und Jahreshefte 1794. Fern ſah er
moofige Sitten, quälte fid langſam hin. Sonnenberg. Sie hat ſich
mühlam durch das Geftein hHinaufgequält. Göthe, Wahlverwandt-
haften 1, 3. Die mir zu fchaden fih verquälen. Göthe, zabme
Xenien V. Wo fi) der Geift, verworren, kalt, verquält in ftumpfer
Sinne Schranken. Göthe, FZauft 2, 334. Nach dir mein Bujen fich
fehnend zerquält. Bürger, Lenardo und Blandine.
Qualer; Duälung (ahd. chelunga); Duälerei; quälerifeb;
Gequäle; Dual (aus dem alten Präter. gebildet, abd. quala,
chuuäla, chelt; mbd. quäle, käle); qualentlaftet u. a.; Qualen-
gewimmer u. a; Duälgeift, —göttin, —korn, —teufel u. a. —
(Er) empörte mit gewaltigem Geifterhauc die entihlummerten Quä-
461
ler. Pyrker, Rudolph 7. Halt, ich will ja fingen, du Qudferin.
Voß. Für die Rollen des Selbftquälers habe ich zum Theil Rath
geſchafft. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 274. Wenn ihn eine felbit-
quäleriſche Einbildungsfraft noch weiter führte. Göthe, Wahlver⸗
wandtichaften 1, 18. Langes Gequäl' ift bitterer Tod! Voß, die
Kirichenpflüderin 74. Man fennt jene Selbftquälerei. Göthe,
Reben 14. B. — So tiefer Schmerzen heiße Qual verbirgt dem
Augenblid unendlichen Gehalt. Göthe, Eugenie 3, 4. Für meiner
Schniucht Flammenqual. Uhland, der Pilger. Halten Durft und
Hungerqual mid in Angft und Klemme. Bürger, Zechlied. Bon
der Konvulfion der Selbitqual frei. Benzel- Sternau. Wird feine
Seelenqual durch Bangigfeit vergnügt? Chr. Gryphius. Tonfunft
kann Die Traner tödten, mildern jede Seelengqual. Flemming. — Aber
enthüll', Sionitin, der qnalbelafteten Hölle Tiefen nicht weiter.
Klopſtock, Meſſias. Deine qualentladene Seele. Ramler. Nach
einem qualerfüllten Jammerleben. Eollin. Sein Reichthum wird
ihm zum Berdruffe, zum Qualgepränge des Geſichts. Uz. Minos,
Thränen im Gefichte, milderte die Qualgerihte. Schiller, Triumph
der Liebe. Es ift eine Dualmwitite, das Feld, wo der Menich adert.
Herder. — Eine Beltvol Qualengewimner. Sonnenberg. Ixions
Qualenrad ift da. Schwieger. Am Rande der Quualentafel
Göthe, Taſſo 4, 5. Ein fihneller, ihm qualenvoller Gedanke.
Klopſtock, Meſſias 9, 688. — Ich war in zu viele, zu mannichfache
Bande von meinem Quälgeifte verjitridt. Benzel- Sternau. Die
Dee eines Straf und Quälortes nad dem Tode. Göthe,
Hein (abd. p(b)ina, mhd. pin, pine, pfin, Älternhd. pein, peen, pen,
aus gr. voıy, fat. poena) Strafe, Keibeaftrafe; gewöhntich in hohem Grad
empfindfih beunruhbigendes und bedrängendes Uebles. Peinigen (ahd.
p(b)inön, phif)indn, mhd. pfoen, agf. piajan, altn. pina) ein folch Webles
zufligen. Folter (aus mittellat. poledrus, ital. poledro — Fohlen, aus
fat. pullus = Fohlen) da3 auf vier Bäumen ruhende Stredbett zur Peini⸗
gung (jo von den alten Kranken nach ihrer Geftalt genannt, wie wir 3. B.
fagen in den Bod ſpannen); unabläffig bedrängender heftiger Schmerz. Das
von foltern. Marter (abd. marti(a)ra, mhd. marter, martel, von lat.
martyriam, gt. naorvprov — Zeugniß, in Hriftlihem Sinne Blutzeugniß)
fortgefeßte tiefe fchmerzliche Bedrängniß, ſelbſt mit tödtlichen Leiden. Davon
martern (abd. martarön, martolön, mhd. martern, marteln). Plage
(aus lat. plaga, gr. 7),77 = Schlag, Wunde) ift zunähft Wunde; gemöhn-
lich anhaltend befchwerliche, zufegende Bedrängnig wodurd. Davon pla⸗
gen (jpäter lat. plagare, mhd. plägen). Das gemeine Plack, eine Verſtär⸗
tungsform von Plage, ift hart zufeßende Plage, gerne mit dem Nebenbenriffe,
dag fie ius Kleintiche gehe. Gebräuchlicher kit in dDiefem Sinne Pladerei.
— (Er wähle) Luſt und Entfegen und grimmige Bein. Goͤthe, der Gott
und die Bajadere. Ich will Wunder thun im Peinigen. Schiffer, Räuber
462
4,8. Wär’ ih auch auf der Wippe oder allen Koltern in der Welt, jo
ließe ich mir's nicht mit Gewalt abnöthigen. Shakſpeare, K. Heinrich IV.
1. Thl. 2, 4. Wüßteſt du, wie deine Aufführung das Baterherz foltert!
Schiller, Räuber 1, 1. Daß er vor Marter todt zu Boden ſinkt. Echiller,
Tel 4, 3. Ih will ihn peinigen, ih will ihn martern. Shafipeare,
Kanfmann von Denedig 3, 1- Das wäre mir zulept doch reine Plage.
Gothe, Sonette3. Meifter muB fih immer plagen. Schiller, Glode. Aber
ift zu arg der Plad, fo vergeht dir der Gefchmad. Nüdert, gel. Ged. 6, 70.
In jenen ältern unruhigen Zeiten... wurden die Handelsleute von Weges
lagerern‘ willfürlih geplagt nnd gepladt Göthe, Xeben 1. B. Das
Erdetreiben, wie's auch jet, ift doch immer nur Pladerei. Göthe, Fauſt
2, 172.
Anm. Das in der Volksſprache bier und da gebörte Plaͤkes — Handſtreiche
ale Edhulitrafe, fommt ſchon 1577 alö handplacken vor.
Bellen ').
(Wurzel bil.)
Belle, bellte Lielten boll), gebellt, bellen (ahd. pillu, pal,
pullumes, pollaner, pellan, pillan; nıhd. bille, bal, bullen, gebol,
len, bellen; agſ. bellan; altn. belia) 1) eine Stimme hören laffen,
zunächſt von Hunden und Füchfen gejagt; 2) Getöſe verurfachen: die
Wellen bellen; 3) eine unwillige Empfindung äußern: der Magen
beit; 4) laut fchreiend an den Zag legen. — Der Hund ball. Rol-
leuhagen, Froſchmeuſeler II. 1, 8. Doch immer Eläfft es hinterher
und billt aus allen Kräften. Göthe, Kläffer. Die Hunde bollen.
Grimm, deutihe Mythologie 2. U. ©. 877, Hat er denn fchon Je—
mand an ne Simpliciſſimus 6, 15. Der Jagdhund boll.
Göthe, Leben 11. B. (won Lenz). Doch es bellete. Voß, die Kir-
fchenpflüderin 46. Er hört den Zank nicht vor Gerichten bellen.
Hagedorn. Durch die Brandungen, welche zur Rechten bellten.
Baggefen. Das Herz im Innerſten beilt' ihm. Voß. Salz auf dem
Brod wird ſchon dir den bellenden Magen befriedigen. Voß. Wer
ift Widerjpruc zu bellen rüftig? Kofegarten.
Kläffen (eig. klaffen machen, von klaffen, mhd. chlaffen = aufſchla⸗
gen, von Klaff, ahd. chlaph — der Schall der Körper beim Auffcylagen
auf einander, dann der Schlag jelbit) wird gewöhnlih von Bellen Meiner
Hunde, anfchlagen = anfangen zu bellen, bauptfäkhlih von dem lauten
Bellen großer Hunde gejagt. Das Tandichaftlihe gauzen (mhd. gouwezen,
altn. gey, bei Alberus gaugen) ift Schallnahahmung des Hundegebells, wie
das lat. baubari. — (Sie) fehn den Hirſch als Beute liegen feiner kläf⸗
2) Diefes Verbum bewahrte fange die ftarfe Form. Stieler ſagt noch im J.
16091: Ha ih boll (alicabi bull, ball), gebollen, ohne die ſchwache Korm
zu erwähnen.
—
463
fenden Verfolger. Göthe, Eugenie 1, 3. Durch das leichte Kläffen eines
und entgegenfommenden Hündchens angemeldet. Göthe, Leben 19.8. Flugs
fhlagen meine Doggen an. Schiller, Kampf mit dem Draden.
An— , auf—, empor—, er—, widerbellen find klar. —
Manche Töne find mir Berdruß, Doch bleibet am meilten Hunde-
gebelf mir verhaßt; Fläffend zerreißt e8 mein Ohr. Einen Humd
nut hör’ ich fehr oft mit frobem Behagen bellend kläffen, den
Hund, den fid) der Nachbar e308. Denn er bellte mir einft mein
Mädchen an. Göthe, röm. Elegien 17. Daß die verruchte Scylla,
von Hunden umtobt, aufbell' in ſiculiſchen Wäſſern. Voß. Hunde
beilen empor am Pferd. ©. Schwab, der Reiter und der Bodenjee.
Der ihnen hefftig widerbilt. Ringwald, die lautere Wahrheit. Dar-
nah ein Hund erbal. Tanhuſer.
Beller, —erin; Bellung; bellerifch find wenig gebrauchlich;
Gebell (mhd. gebille). — Bill (mid. bil, bel — lautende Stimme,
das Lauten der Hunde); Belle (mhd. belle, bille = Hund, Hündin);
Ball (mhd. bal —= Gebelle) find ganz veraltet. — Plötzlich nunmehr
den Odyſſeus erfah’n die wachfamen Beller. Voß, Odyſſee 14, 9. .
Wie fie mit ihren fchönen Widerbellerinnen umzufpringen haben.
J. Paul, Siebenkäs 8. — Doc hoff ich, das chain böfer gal (Gerede)
fi fra (freue) dir in neides pal (Gebelle, Gerede). Liederbuch der
Clara Häßlerin aus dein 15. Jahrh.
Belfen und das minder gebräuchliche belfern — oft und viel
bellen (eig. und fig.) find von bellen weiter gebildet, — Wie die
Hindlein belfen. Rückert, gej. Ged. 3, 349. Obgleich jo viele da—
zwiihen belfen. Göthe, fprichwörtlich. Zwar belferte fie jänmer-
ih. Bürger. Dazwilchen der Hunde Gebelfer. Göthe, Hermann
und Dorothea 1, 134,
Anm. 1. Das nhd. Bulle = Herdochs (altn. boli, litthauiſch bullas, vgl,
bull, im fat. Gefeß bellio, agſ. bulluca, engl. bullock — Stierfalb) hat den
Ramen von bullen (no in der Schweiz gebr.), neben beilen, woher er auch
Brummochs, Btummelochs heißt.
Aum. 2. Bellen hängt wahrſcheinlich zuſammen mit bil len ahd. p(b)illon,
mbd. billen — glätten, klopfen, z. B. Mühlſteine. Daher kommt wol verbels
fen (nhd. verbellen) die Hände, die Füße, wenn fie vom Auftreten, Aufſchlagen
anflanfen, aufichwellen. Schmeller 1, 167 denft an das engl. bollen = auf:
geſchwollen, fchwed. bulna == gefchwollen fein oder werden. Grimmll, 32 fagt:
„Benn ber Hebergang auf ein hallendes, rundes Gefäß ftatthaft it, fo gehören
bierher: altn. böllr, mhd. bal (Ba); agf. bolla (Bolle).” — Der Begriff der
Aufgedunfenheit liegt wol auch im abd. arsbelli, mhd. arsbelle — die Hiuter-
baden (in der Volksſprache Arfchgebeller = Schläge auf den Hintern); im
Bdller — Heiner Mörfer und (in der Vollsfpradhe) eine Meine Kugel (Schuſ⸗
fer) oder dide Nuß beim Spielen; der Begriff des Echwellenden liegt auch im
Ben LEGEN — das Zahnfleifh, in der früheren Sprade bilarna,
m BBAarenN.
Mm. 8. Andere, mehr der Bolksfprache angehörige Ausdrüde find: Bols
les = eine die, untergejeßte Mannsperfonz bolfern und bullern == einen
464
hohlen, dumpfigen Laut von fich geben, nicht bloß niederdeutſch, auch am Mittel»
rhein im Sinne von polterg gebraudt. Das Wort kommt fchwerlich vom lat.
bullare, wie Beigand Rr. 1473 auzunehmen nicht unabgeneigt iſt.
Schwellen.
(Wurzel swal, swil; nah Stieler und Wadernagel zu Welle
| gehörig.)
Schwelle, ſchwoll, geihwollen, fchwellen (ahd. suillu, sual,
suullum&s, suollaner, suellan; mhd. swille, swal, swullen, ge-
swollen, swöällen; agf. svellan; altn. svälla) allgemein von innen
aus fich ausdehnen, mit dem Gedanken, daß es ein Nufgehen zur Höhe
fei; im factitiven Sinne (in ſchwacher Form, ahd. sualjan, suellan,
mhd. swellen) jo ausdehnen machen; von Schwelle weiter gebildet,
mit einer Schwelle verfehen. — Das Niedre fchwillt, das Hohe
fenft fic) nieder. Göthe, Eugenie 1,5. Das Wafler ſchwohl. Götbe,
der Fiſcher. Da ſchwillt dem Bauer der Kamm aufs Neu. Schil⸗
ler, Ballenfteins Lager 11. Dem Iängft von böjer Schadenluft die
ihwarze Seele ſchwoll. Schiller, Fridolin. Ein Büchlein aber raujchte
Durchs Zeld, von des Gießbachs reißenden Fluten geihwellt. Scdil-
ler, Graf von Habsburg.
Anm. 1. Es finden fi) bier manche unregelmäßige Kormen, die an bie
Derwerhjelungen von Dingen und Drängen erinnern. Doc arbeitet! er ſehr,
von neuen empor zu jhwillen. Klopſtock, Meifiad 2, 485 (in der Duartausg.
von 1755). Thränen ſchwollen ihre Augen. Herder, Eid 6. WBonne... deren
Ahndung feinen Bufen ſchwillt. Kojegarten.
Anm. 2. Im fig. Sinn heißt es: Michel Veldthaler, fo ein geſchwoll⸗
ner (aufgeblafener) und hochtragender Mann. Erhard ». Hüntterifchen Wieders
täufern 1588 Bl. 60.
Anm. 3. Das alte Präter. bat noh H. Sachs: Das fein Leib geſchwall.
An—, auf—, empor— , enfgegn— , er —, ge— (veraltet),
ber--, heran —, berauf— , bervor— , über— , unter— , ver—,
vor— , zufchwellen bedürfen keiner Erklärung. — Wird nicht ein
Bolt ſich anneeli und mit anfehwellender Gewalt den alten Freund
erretten? Göthe, Egmont 5. Aber der Nacht Sängerin hallet im
Bufch, nach wehmüthiger Stille den Ton anfchwellend, in Sehn-
fucht. Voß, der Abendgang 6. Schon ſchwillt e8 anf mit borftigen
Haaren. Göthe, Fauſt 1, 68. Deßwegen erwuchs aus der nad) und
nah aufſchwellenden ungeheuren Anzahl von verjpäteten Proceſſen
dem Reihe kein Schade. Göthe, Leben 12. B. Es (das Meer)
ſchwoll empor. Göthe, Fauft 2, 258. Lilienweiß auch die luftige
Ded’ (des DBettes) emporſchwoll. Voß, Luiſe 3. b, 611. Ißt
ihwoll mein Herz empor. Wieland, Oberon 1, 47. Ringsum an
Bäumen und Gebüſch entfhwollen junge Triebe. Voß, Luiſe 1, 477.
Gleich einem Strom, der ſtolz dem Bett entjchwillt. Shakſpeare,
K. Zohann 3, 1. Defien Herz, der Ehrbegierde voll, heiß dem nahen
465
Kampf entgegenfhwoll. Matthifion, Elegie. Die Lippen, die dem
Kuß entgegenfhmwellen Wieland, Oberon 7, 4. Die (Bruft)
mit Freudebeben erihwoll, fih und, den Geiitern, gleich zu heben ?
Göthe, Kauft 1, 34. Laß jebt auch unfre, dieſer Männer, Kraft fo
riefenbaft anmwachien und erichwellen, daß uns das Uugeheure moͤg⸗
lid) jei. Uhland, Herzog Eraft 5. Die Juden fluegen Chriftum an
fein wang, das im (ihm) jein mund gefwall. Scheller 3, 534.
Bor dem aus Lilar berfchwellenden Gewitter. 3. Paul, Titan.
Stündlih wachſend ſchwillt das Verderben an die Stadt heran.
Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 3. Siehft du jene ſchwarzen Don-
nerwolfen über den Waldberg herauffchwellen? Gamye Da
ſchwoll gedrängt ein leichter Dampf aus ihm hervor. Göthe, Bans
dora. Wenn du (Fluß) in der Winternacht wüthend überfchmiltit.
Börbe, an den Mond. Mein überſchwellend und empörtes Herz
bab’ ih hinabgedrüdt in meinen Bujen. Schiller, Tell 3, 3. Bon
denen (Bligen) der warne Himmel überjhwoll. 3. Paul, Titan
3. Ich Habe mich doch entjchließen müſſen, die Gartenfeite des Hau—
fes zu unterichwellen. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 108. Ver—
ihwollene (in der Kälte) Thür (extumida janua). Vocab. v. 1618.
Wenn die Sonne aus der Wolkenglut vorſchwillt. 3%. Paul, Hefpe-
rus 9. Die Minorität unterfchied ſich gemeiniglid) durch Zahnlücken,
zugefhwollene Augen und blutige Köpfe. Lichtenberg, über die
Kopfzeuge.
Anm. Die Participien geftatten auch Zuſammenſetzung mit andern Wörtern,
3. B. Es hebt der glänzende Bach fi Liebefchwellend empor. Kerbel. Welche
(Mitch) ſtets darbietet im Zabr milchſchweliende Euter. Voß, Odyſſee 4, 69,
Auf fauftihwellendem Lager. Voß, Ilias 22, 504. An ihre wollnit-
Thwellende Bruft den König des Olympus zu empfangen. Schiller, Semele 2.
Flenuch, hochgeſchwollner Erobrer! Klopſtock, —3* 11, 976. Da fteht
man Schlangen bier und Nattern die giftgeſchwollnen Bäuche bläbn. Schil—
fer, Kraniche des Ibycus. In ihrer neidgefhwollnen Bruit. Kofegarten,
die Unſchuld.
Schweller 1) der da jchwellt; 2) die aufwärts gebogenen Bäume
unter dem Schlitten, auch Die Seitenjchwellen des Kutichkaftens. —
Steht irgendwo verpicht im Keller ein Chrenwein, ein Herzeusſchwel—
fer. Voß, Ehorgejang.
Schwellung; Schwelle (ahd. das sudlli, mhd. die und das
sweälle, niederd. sville, plattd. sülle), minder gebräuchlich der (das?)
Schwell, eigentlih das Aufichwellende, fich Gehebende dann gewöhn=
lih der Grundbalken oder das Zimmerholz, welches die Grundlage
einer Band, eines ZThürgerüftes u. dgl. bildet, eine Erhöhung, um
das Waſſer zu jchwellen; in weiterer Bedeutung Anfang einer Sache.
Die frühere Sprache (auch die heutige Volksſprache) ſagt auch dag
Geſchwell (mhd. geswelle). — In des Meers graumogender Schwel-
lung. Boß, Ilias 19, 267. Kein beifrer Mann ift über Diefe
30
466
Schwelle noch gegangen. Schiller, Tell 1,4. Wir flehen an der Schwel⸗
le wichtiger Entdedungen in der Luftlehre. Lichtenberg. Daß erbebten vor
der Rufenden Stimme die Ueberſchwellen des Tempels. Klopſtock,
Meifias 13, 180. (Ich) werde tiefgebüdt vor feiner Thürſchwelle.
Schiller, Räuber 2, 1. — Weld ein Harren für mih am Kammer-
ſchwell? Gödingk.
Schwellfarbe, —kopf, Ceigenfinniger Menſch); Schwellenbaum,
—bolz; Schwellerbaud, — franz, —riemen..
&chwiele (ahd. der suilo,- das gesuil, mhd. der und dus swil,
die geswil, agf. svile, bei Alberus ſchwill, bei Stieler Schwiele
und Schwell, in der Volksſprache der Schwillen, das Gefhwill)
eine erhobene (aufgeichwollene) Stelle in der Haut, wo fie did und
bart ift, fei fie von Natur, oder durch Drud, Schläge ꝛc. hervorge⸗
bracht; ſchwielicht, ſchwielig. — Eine blutige Schwiel’ erbob
fih über dem Rüden. Bürger, Ilias 2, 267. Wenn einem das
Hirn in: den Ferſen jäße, wärs da nicht in Gefahr, Schwielen zu
befommen? Shaffpeare, K. Lear 1, 5.
Schwielenhorn, - fpindel (Arten von Pofaunenfchneden).
Schwal 9) (ahd. sual, mhd. swal, agf. sval, altn. svalr) 1)
angejchwollene Flußmaſſe; 2) (fig.) große ungeordnete Menge; 3) (fig.)
ein großer Körper. Davon ſchwallig; ſchwallen (fih mit Ge—
räuſch wellenförmig bin und her bewegen). — Daß, zum Zwecke,
Waſſer fliege, und mit reichem vollem Schwalle zu dem Bade fi
ergieße. Göthe, Zauberlehrling. Und Wagen und Reiter und bräut-
liher Schwall. Göthe, Hochzeitlied. Ce noch der Schwall der
Geſellſchaft fich herandrängte. Göthe, 2. Aufenthalt in Rom, Bericht
Detober. Das Ungethüm! Mit dem Stahl durchwühlt' er ihm raſch
den Schwall des dunkelnden Bauchs. Fr. Stolberg. — Bededt iſt
Alles mit Waiferfhwall. Göthe, Job. Schus. Wo Phileros
wild ſich hinabjtürzt in den Meerfhwall. Göthe, Pandora. Zu-
ruf zu Maskenſchwall! Göthe, Fauſt 2, 52. Bis Mann auf
Mann die Seinen, ohne Wanken, mit ihm im N chwall ver-
fanfen. Seume, das Opfer. Wenn beim fernen Donnerhull herau—
wälzt der Sturmwind Wolkenſchwall. Voß.
Schwulft (ahd. die suulst, mhd. die swulst, altn. sullr)
1) (gewöhnlich die) der Zuftand da ein Ding jchwillt (gefchwollen ift);
1) Mär. führt Biemann swal — heißer Drang an. Unfer fhwelen =
qualmend lanafamı brennen, lautet ahd. suölan, suillen, agf. sveelan, sv&lan, mh.
swillen, neuniederd. svelen. Dahin gehören altn. svaela — rauchen, litthauiſch
swelu — fengen, agſ. swole — Hitze, uhd. ſchwül. Das ahr. suöllan, mhr.
swöllen hat aud die Bedeutung erſticken, flerben vor Durſt oder Hunger. Beide
Bebeutangen laſſen fih wol als mit einander verwandt betradyten, da bas Anger
brannte wie das Erſtickende gewöhnlich etwas aufihwillt, auch die ſchwüle Luft
in mancher Hinficht ein Auffchwellen bewirkt.
467
2) (fig., der) Uebertreibung in unechte, fcheinbare, überladene‘ Größe
und Fülle. Davon [hwülftig — zu unechter, fcheinbarer Größe
mit überladener Fülle anfgetriedben; Schwülftling (bei Schotte);
die (und der) Geſchwul ſt (ahd. die k(g)isuulst, mhd. geswulst) Aus⸗
dehnung der fleiichigen Theile des Körpers; früher auch gefhwülftig
im Sinne von ſchwülſtig. — Alſo, geipannt vom Stahle mit
Scnellfraft, hebt ji des Polfters leerer Schwulft. Voß, auf eine
Lobrede. Er ſtarb an der Schwulft. Rabener, Auszug aus der
Chronik des Dörfleins Querlequitih. Daher fommt alles Webertrie-
bene, alles Manierirte, alle falihe Grazie, aller Schwuſt. Göthe,
ital. Reife Neapel 17. Mai 1787. Der Ruhm, wonady du ringft, ift
Luft, ift Seifenblafe, fteiget ſchwülſtig. Voß, fehwergereimte Ode.
Bas im Homer das Recht uns zu gefallen hat, wird in der Neuern
Mund oft ſchwülſtig, öfters matt. Wieland, Ydris und Zenide 1,
2. — (Daß fih) zugleich ein Geſchwulſt an der linfen Seite des
Halfes gebildet hatte, den man jegt erft, nach vorübergegangener Ge-
fahr, zu bemerken Zeit fand. Göthe, LXeben 8. B. Ein Recidia des
Badengefhmwulftes überfiel mi. Göthe, Briefw. mit Schiller
1, 157. Landfarer (Quackſalber) fagen den viel gefhwulftiger
Wort. H. Sachs.
Bonmbaft (engl. bombast, aus mittellat. bombax, bembax, gr. Baufßaf
— Baumwolle, hd. bambas) eigentlich Baumwolle; dann (da diefe durch den
Drud ſich aufbläht) überaus aufgeblähtes übertriebenes Wefen in Gedanken,
Reden oder Thun. Davon bombaftifh. Hochtrabend (vom Traben des
Bferdes im hoch gehobenen Leibe, mhd. d(t)raben) fig. überhebend in unechter,
ſcheinbar gewichtiger Groͤße. — Die größte, mehr als efelhafte Megelung, die
je der fette Froſch Bombaft in dunftigem Irrlichterfumpf poetiſchen Wahns
finns laichete. Platen, rum. Oedipus 1. Werthlofe Neuigkeiten, die uns in
einem hochtrabenden Tone verfünbigt werden. Thümmel, Gr ift zugleich
fo gemein und fo foflbar, fo Friechend und fo hochtrabend. Leffing, ham:
burg. Dramaturgie 59.
Schwulſtkraut; Geſchwulſtkraut. — Der ſchwulſteinpöck—
leriſche Muſenſohn. Platen, rom. Oedipus 1.
Schwüle!) (ahd. swuoli? mhd. swüele, swüelich, swilch,
swüllec, Volksſprache ſhwüllig, geſchwüllig, ſchwilch, ſchwülch,
ſwol, ſwollig bet Stieler ſchwul, geſchwüſl) drückend heiß, fo
daß man davon beklommen wird, wie 3. B. in Gewitterlnft. Davon
Schwäüle und ſchwülen. — Es ift fo ſchwül, fo dumpfig bie,
und ift doch eben fo warm nidht drauf. Göthe, Zauft 1, 142.
1) Die Nebenform ſchwul, mehr dem gemeinen Leben angehörend, Hat die
er bee Bedeutung ängfllich Herzbeflommen, angf und bange. Davon mit Tatis
niflerender Endung Schwulität. — Der Oberuhu flöhnt und füftet, beffemmt von
Ahndungen, und ſchwul. Voß. Kein armer Verbrecher fühlt mehr Schwuli⸗
tät, Bürger, der Kaiſer und der Abt.
20 *
468
Schwillig Wetter. Vocab. v. 1618. Das aufgeblafen ſchwül—
lige weltwefen. Scherz. Durd ganz Genua berricht eine dumpfige
Schwüle. Sciller, Fiesko 2, 4. Wo feid ihr Sonnen, deren Gut
mich ſchwülte? Rückert, geſ. Gedichte 2, 327. Glut des Sommers,
der drüdend ſchwült. Dai. 1, 413.
Warm (ahd. altf. waram, warm, mhd. warm, agf. wearm, altı. varmr;
‚vgl. goth. varmjan = wärmen, fanffr. gharma, altlat. formus, gt. Hepuos,
äolifh YPeouo;s — Wärme) eigentlich die Empfindung babend oder erregend,
daß Cinem ſo it, wie wenn des Feuers Nähe auf ihn wirft. Davon Wärme
(ahd. wafe)rmi, mbb. werme, wermede, älternhd. Wärmde, Wärmbde).
Heiß (ahd. mb. heig) in hohem und fehr empfindlichem Grabe warm. Da:
von Hitze (ahb. hizza, mhb. hitze, altn. hita), Yan (ahd. lao, mit Ge
fchlechtsendung läwer, lawiu, lawaz, mh. lä, mit Geſchlechtsendung läwer,
lawiu, lawez, älternhd. law, bei Alberus gelaw; zu lat, Inerc, lavare =
wafchen, mit dem Benriff des warmen Wafchens) mäßig warm. Davon lan:
lich (mhb. leweclich), Lauigfeit (mbb. laewekeit, läawkeit), aud in un-
eigentlichem Sinne. Verſchlagen und überfchlagen ff. fhlagen) ber
Kälte oder Hitze benommen, leidlich Tau geworben. — Für drüdend dunſtigheiß
hat die Voltsfprache ſchmudig, ſchmodig, ſchmodrig, ſchmutchig,
ſchmuterich (engl. smothered; ahd. smethelich führt Schmidt, Weller:
wäldifches Idiotikon S. 198, aus Willeram an; Graff hat es nicht). —
Mache er Herrn Juſten den Ropf nit warm. Peffing, Minna von Barn-
helm 1, 2. Im trügerifchen Lichtfpiele, das die Wärme erregt, flieht man
bald ten Fuß diefer Balınen frei in ver Luft fchweben. A. v. Humboldt, Ideen
zu einer Phyfignomif der Gewächfe. Er (ber Kranz) fengt mir meine Loden,
und wie ein Strahl der Sonne, der zu heiß das Haupt mir träfe, brennt
er mir die Kraft des Denfens aus der Stirne. ieberhige bemegt mein Blat,
Böthe, Taſſo 1, 3. Süße haue Lüfte wehen. Göthe, deutfcher Barnak.
Meber die Wiege Virgils Fam mir ein lauticher Wind. Göthe, Vened. Epi⸗
gramme 1.
Anm. Zu fhwellen gehört auch der Ortename Schwalbach (swalbach).
— Neben Schwall = Menge hat Stieler noch Schwalm Das ahd. mhr.
swalm ift Strudel, Qualm.
Schallen ).
(Wurzel scal, scil; nad Wackernagel zu hallen gehörig.)
Scalle, ſcholl, geichollen, (ſchallte, geſchallt), ſchallen (ahd.
scillu, scal, scullumês, scollaner, scẽllan; mhd. schille, schal,
1) Schallen ſteht für jchellen, fchillen. Stieler hat ſchillen, a—,
verfehillen; ſchellen, geſchellet, idem quod ſchallen: ſchallen, geſchallet —
sonare, sonitu aures complere. — Die ſchwachen Formen ſchallte, geſchallt
find durch Rückumlaut aus ſchellen entſtanden, wie rannte, geraunt aus ren:
—— S. 194. Anm. 2. Im Lauf der Zeit miſchien ſich fchellen und
allen,
4698
schullen, geschollen, schälten, schillen; altı. skölla) einen Schall
von fi) geben, von ſich hören laſſen. — Die Lieder der göttfichen
Herfenfpieler ſchallen mit Macht, wie bejeelend, darein. Klopftod,
Meifiad 1, 237. Wo der Unfe Klage Scholl. Kofegarten. Cymbeln
Hangen, Pauken jhallten. Herder, Eid 46. — Wie man in den
Wald jchreit, jo Ichillt es wider heranß. Seb. Frank. Das geſchrey
erſchall. Aventinus. Als des H. Bichtigers Leben erſchall. A.
Tſchudi I, 119. |
Die Synonymen f. bei Flingen ©. 325.
Schellen (ahd. scalljan, scellan, mhd. schellen u. schallen,
älternbd. Fhällen) 1) fchallen machen, mit einem merflihen Schall
zertrümmern (zerichellen); 2) im Bejondern einen Schall mit einer
Schelle bervorbringen. — Der Gigrift mußte mit dem Glöcklein
ihellen. Schiller, Tel 3, 8.
Auf—, aus—, daher —, darein—, durch —, empor—, ent—,
entgegen—, er—, ber—, herab—, herauf—, heraus —, herein-,
herüber —, herunter —, hervor — hin —, binab—, hinauf—, hin⸗
aus — hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, miß — nach —,
nieder—, über—, um—, umher —, ver—, vor—, vorüber—, wi⸗
der—, wieder—, zu—, zurück—, aufammenfchallen; — aus—,
be—, er—, zerichellen find flar. — Stimmt ind Gekreiſch, ins. laut
aufichallende Gelächter! Voß, Junker Kord 134. Wie des Kö—
ders Geklirr ihm daherſcholl. Voß. Himmliſche Lieder Ichallen
darein. Göthe, frühzeitiger Frühling. Der laute Ton von Zither,
Flöt' und Home durchſcholl den Burghof. Platen, der grumdlofe
Brunnen. Aus allen Völfern ſchall' empor Geſang dem Unge-
nannten! Voß, Luife 1, 501. Und wie der Klang im Ohr vergebet,
der mächtig tönend ihr (der Glocke) entſchallt. Sciller, Glode.
Wo ihm der füße Harfenflang aus der Kammer entgegenfchallte,
Göthe, Meijters Lehrjahre 2, 13. Aber vor allen Stimmen erſcholl
die Stimme: des Erſten unter Den Menfchen. SKlopftod, Meffias 1,
476. Erſchollen war in diefen Thälern fehon der Ruf des neuen
Greuels. Schiller, Tel 2, 2. Bis Dereinftens zu dem Alles ent-
rathfelnden Tag die Ruferin herſchallt. Sonnenberg, Wie tod-
weisjagende Wetter ſcholl die erfchütternde Stimm’ herab. Sonnen—
berg. Der Baffenklang der Sinfenden und ‚der Huf der Roffe ſchallt
befter aus der Erde herauf. Klopſtock, Hermannsſchlacht 1. Alfo
Ihallt von dem Meere fein Dank im Dommer berüber. Pyrker,
Tunifias 3. Ein Geifterlaut herunter ſcholl. Uhland, der Schä—
fer. Weſſen ift dieſe Klage, die aus den Gräbern hervorſchallt?
Klopſtock, Meifins 14, 1007. Der (Glückwunſch), feitlichem Gtloden-
geläut gleich, über das Dorf hinſchallt. Voß, Luiſe 3 b, 316.
Dom iöben Felshang in der Entfcheidung Thal ihr Lied hinabſcholl.
Boß, die Bundeseihe. Hochfeierlich ſcholl der fegnende Zuruf anf
470
die Gewaͤfſer hinaus. vier, Tuniſias 8, Dort, denfe ich, foll
es noch beffer Hinunterichallen, als es bier durch den diden Wald
den Eheruöfern zuf challt. Klopftod, Hermannsſchlacht 2. Welche
(That) Taut in die Jubelhymne der Schöpfung mißſcholl. Sonnen-
berg. Dem des Volkes Flühe nahfhallten Schiller, Maria
Stuart 4 4. Der Abgrund ſcholl hohl dröhnend ihm nad. Bag-
gefen. Bon den Wällen umber ſcholl nieder mit Nahhall Donner-
gebrüll der Feuerſchlünde. —— Und heulen ſie (die Stürme)
von Nord und Süd, ſo überſchallt ſie doch mein Lied. Uhland,
des Knaben Berglied. Dieſen umſcholl von Todten Geräufch rings.
Voß, Odyſſee 11, 605. Den Dank und Jubel umfhallten Thüm—⸗
mel. Unzählige Diener und Sklaven . . . jammerten, lautumfchal«
lenden Rufe. Pyrker, Mofes 2. Höret, wie ſchön im Thal: „Wer
Gott läßt walten” umberfhallt! Voß, Luiſe 1, 234. Eine kurze
Rede verfchotl zum größten Theil im Winde. Göthe, Wahlver-
wandtichaften 1, 15. Es (das Stück) war eines derer, die damals
in Dentichland großen Beifall fanden und nun verfhollen find.
Göthe, Meifters Lehrjahre 4,2. Der Alten Saitenfpiel [half eurer
Leyer vor. Uz, Brief an Hofratb C. Es ſchallt an euren Ohren
vorüber. Schiller, Räuber 3, 2. Wo in düſtrer Einfamkeit dumpf
die Tritte widerfchallen. Uhland, Gejang der Jünglinge. Wenn
das Gewölbe wiederfhallt 1), fühlt man erſt recht des Baſſes
Srundgewalt. Göthe, FZauft 1, 104. (Das) Rhipäos fern mit Har-
fonienhöhn En Iholl. Voß, die Deutjchheit — Dem muß man
jo was an die Nafe heften, wenn’s morgen am Marktbrunnen aus-
geſchellt fein fol. Schiller, Kabale und Liebe 1, 2. Wie fliegt
der gleitende Schlitten nah den befhhelleten Roſſen! Eludius.
Der mit des Donnerd Macht dad ganze Land erſchellt. Opig,
deutfche poem. Breslau 1625 ©. 49, Kein Tropfen Menfchenbint
erregt fi im Geſichte, als welcher obenher von Gottes Wunden fällt,
amd ihren Mutterleib nad) Donnersart erfhällt. Scultetus, öfter-
lihe Triumphpoſaune. (Wenn der Blitz) der Eichen Kern erſchellt.
Lohenftein, Cleopatra 1, 891. a. bereitS die Häupter fo vieler
Städte zerſchellt hat und zerſchellen noch wird. Bürger, Ilias
2, 117. Und unten zerfchellt das Gerippe. Göthe, Todtentanz.
Mit zerſchelen — durch heftige Erſchütterung in Riffen und Brüder
auseinander fahren, dann auch fo anseinanderfahren machen, ſtunverwandt find
jermalmen, von goth. malma, ahb. mölmo, mäb. mölme, möln, itel.
3) Die frühere Sprache hat nur wider, goth. vithra, ahd. widar, widhar,
mh. wider, widir für das erft im vorigen Jahrh. von den Grammatifern unters
ſchiedene, don den Schrififtellern nicht immer gewahrte wider und wieder, Die
Bedeutungen laſſen fih nicht immer genau ſcheiden: Widerſchein kaun fomel
Abprall und Begenwirfung, als auch Wiederholung des Lichts bezeichnen; ähnlich
it es mit wider. und wiederfgallen. e —
471
melmo — Staub, Erdſtaub, f.mahlen) — durch Daraufpreffendes oder Darauf:
fahrendes in kleinen Theilchen auseinander gehen machen; zerfnirfchen (fo ſchon
bei Stieler, ver auch das einfache Enirfchen hat; älternhb. Enirfchen ©. 475,
tnierfen, Enirfen, Envrfen, von Enirren, das einen harten Naturlaut
nechahmend bezeichnet) knirſchend flein machen; dann Feſtes durch prefienbes
Reiben Elein brechen; uneigentlich in Trauer zerpreſſen; zerfchmettern (bei
Stieler fhmittern, fohmettern, zerſchmettern, Berflärtungss und
Wiederfolungeform vom agf. smitan = ch meißen ſ. d.) erſchütternd fchlagen
oder werfen; mit hellen erzitterndem Klang an das Gehör ſchlagen und fu -
Rh hören laffen (fchmettern); durch heftiges Widerſchlagen wit Erſchütterung
in Feine Theilchen auseinander führen machen. — Wer auf diefen Stein fels
let, ver wird zurfchellen (zerſch.). Auff welchen aber er fellet, den wird er
jumalmen (zeem.). Luther, Bibelüberf. Matih. 21, 44. Gitel zer:
malmt tie an Spreu nur ergiefigen Halme das Eſtrich. Voß, Ueberf. von
Birgils Landbau 1, 192. Zermalmt habt ihr die fremden Horden. Uhland,
am 18. Det. 1816. (Ich babe) mehr zerfnirfchte Ihränen ihr geweiht.
Shalfpeare, K. Heinrich V. 4, 1. So wird das Schiff gerfchmettert an
vr Zlut, Schiller, Tell 4, 1. Ä
Scheller; Schellung; Schelle (ahd. scella, mhd. schelle) 1)
ein Ding, welches fchallt; 2) in engerer Bedeutung ein mettallenes
Ding, welches ſchallet; 3) ein jchallender Schlag, gewöhnlich Mauls-
ihelle. — (Ev) gab ihm eine derbe Schelle. Kichtwer. Entweder
du gehſt, oder du kriegft Ohrfeigen ... Der Herzog gab ihm
einige füchtige Maulfchellen. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 7.
Beackenſtreich (1. baden und ftreichen) fit der ebelfte der Hierher ge-
hörigen fynungmen Ausdrüde. Obrfeige (kommt fon im 16. Jahrh. z. B.
bei Rollenhigen vor, holländ. oorvijg für orveeg, von vijg flatt veeg =
Zug, Sieb, f. Ohr ©. 21) Hieb ans Ohr. Kopfnuß (aus Kopf und
Nuß — Stoß, Schlag, von ahd. niozan — flogen, in der Volksſprache nuſ⸗
fen für nußen = fdlagen, befonders mit der Fauſt aufden Kopf) ein Schlag
auf den Kopf. Dachtel — Schlag an den. Kopf (von Dad in der Bolfs:
ſprache — Kopf? oder von einem einfachen, zu dengeln, ahb. tankilön, mhd.
tengeln und tengen gebörigen Verbum t(d)igan?). — Sag’, warum gabft
tu nicht fogleich dem Frechen Kerl einen Budentreih? Goͤthe, Kauft 2,
227. Ih wolte ihm ein paar Dadyteln geben. Simpliciifinus 3, 9.
Yum. Die Volksſprache Hat noch viele andere Ausdrücke, z. B. Backpfeife,
Dhrfaniel, Duſel, Schwinderlina, Breme (vgl. abd. premo = Breme,
brummende liege), Horbel, was ſchleſiſch Horche (Schlug an den Kopf zum
Aufhorchen). — H. Sach fagt: jr ein gut ohrwafchen gab, wofür man an
Mittelrhein Watfch hört,
Bein —, Hand —, Narren—, Schlittenfhelle u. a. — Als
auf ihn 108 ein Hund mit Bellen und Raſſeln vieler Halsband-
ibellen aus einer Pfennigfchenfe fprang. Bürger, der Hund a. d.
Pf. So follt Ihr von Euern Fußſchellen losfommen. Shakefpeare,
472
Map für Maß 4, 2. Es iſt befannt, wie fehr Thomfon wider diefe
Narrenfhelle geeifert hat. LXeffing, Hamburg. Dramaturgie 7.
Schelladler, — apfel, —art, —beere, —beißer, —eifen, —erbie,
— fifch, — hammer, —harz, — kraut, —lad, —wurz; Schellenband,
— baum, —balsbandd, —horn, —klang, —könig, —mufchel,
— pferd, —pflanze, —ſack, —Ihlitten, —ſchnecke, — wert u. a. —
(Sch war) aus erquidlichem Schlaf durdy ein andauerndes Schellen-
und Glodengeläute zu meinem großen Verdruß aufgewedt. Göthe,
Meifters Wanderjahre 3, 5. Auf dein Schellengeraffel adjte ih
nicht. Ungenannter bei Campe, Mit Tieblihem Scellengetön.
Bürger, die Kuh. Die Schellenkappe habe ih nun aufgelegt.
Schiller, Fiesto 2, 4. Den Schellenfarrn zu ziehn. Pfeffel, Su-
fette. Sei Er fein fhellenlauter Thor! Göthe, Fauſt 1, 37.
Was foll der Krieg mit ſolchen Schellennarren? Shafefpeare,
J. Cäſar 4, 3. Dem Billard gab man das Schellennek, den
Kugelfall dem Ohr des Zählers anzudenten. Ungenannter bei Campe.
Vergebens fümpft der [hellenumbaumelte Gott. Kl. Schmidt.
Schall (ahd. scal, mhd. schal, altn. skällr, |. S. 39.) —
Daß von dem Scalle der Lieder des Tempels Schwellen erbebten.
Klopftod, Meiftas 4, 1080. Seines Lebens Schall, der auch zu
mir drang. Schiller, Pıecolomini 3, 8. — Zog Alt und Yung mit
Subelichall den Kommenden entgegen. Bürger, Lenore. (Er)
trinft bei Orgeljchalle den fühlen Klofterwein. Uhland, Weberfall
im Wildbade. Paulenſchall erflang wiederholt. Göthe, Leben 11.
B. Wir waren durch Wein und Trompetenfhall mächtig aufge-
regt. Göthe, die neue Melufine.
Knall (f.Enallen S. 475) hörbare ftarke plöplich ausbrechende Entladung ge:
preßter Luft. — Rnall und Dampf wiederholte fi einigemal. Göthe, Sams
pagne in Franfreih 30. Aug. Hin flürzet von Ranonenfnall die Mauer
fammt dem Thurme. Uhland, Trinklied. — Die andern Syn. f. S. 329.
Schallboden, —glas, —born, —fraut, —Ioh, —ftrahl, — ſtück,
—welle, —werfzeug, —worte u. a. — Das Schallgelädter der
Freude. Kofegarten. Wie in Schallgewölben wird es (das Wort,
das der Vater feinen Kindern fagt) an dem fernen Ende laut und von
der Nachwelt gehört, 3. Paul. Schallreiche Ausdrüde Wieland.
Das frumgehörnete Schallrohr. Voß. i
Schal (mid. schal) eigentlidy fchallend, hohl; von dem hohlen
Faſſe auf den Inhalt, das Getränke übertragen kraftlos, geiftlos. —
at Ihaal und abgeſchmackt iſt ſolch ein Leben. Göthe, Eugenie
‚4.
Geſchmacklos (v. Sefch mad, agſ. smãc, ahd. kismah, gasmac,mht.smach,
smac, davon ſchmecken ahb. smacjan, kismahhan ©, 460, von einem ftarfen
Berbum smikan) ohne Geſchmack, feinen Gefchmad haben, ohne Wirfung anf die
Geſchmackswerkzeuge (auch fig). Abgefchmadt= ben Geſchmack verloren habend
413
argen den guien Gefchmock (auch fie.) — Daß hetall re ein buntes unbe⸗
friepigendp®, öfter fogar. geſchmackl oſes Weſen hervortrat. Göthe, Leben 5,
B. Und fo fchien jenes Buch unſchmackhaft, ja abgeſchmackt. Goͤthe,
Leben 11. B. . ke ee: ——
Anm, 1. Schilling (goth. skilliggs, ahd. agſ. scilling, mhd schilling,
altn. skillingr) ſchallendes, tönendes Erz, Elingende Münze, gehört zu ſchallen.
Anm. 2. Hierher ſcheint auch der erſte Theil des Wortes Schellhengſt
— gehören. Abd. heißt scälo, schẽlo, mihd. schel der Zuchthengſt. Die Wurzel
sicht far. Weigand möchte an.agf. scallan — Hoden venten.
Anm. 3. Das nun wieder veraltete Adj. fchellig — zurnig, unfinuig,
könnte zu ſchallen gehören; ein Schelliger wäre, in deſſen Kopf alles unhars
moniſch durcheinander fchullt.
Anm. 4. Scholle (ah. 'dör scollo, diu scolla, mhb. der, diu scholle)
gehört vielleicht bierher — tönende Erde; uber fleht das Wart für sculjo? in wel
em Fall 26 zu skilan — trennen, mhd. scheln = fihälen gehörte. Grimm
laͤßt es zweifelhaft. — Das der Bolfäfprache angehörige Schilbe, auh Schulbe
(abd. scelva, sceliua, sccliwa, ‘mhb. schelve = Schelfe und Scholle) — Gis⸗
ſcholle, andy Miſtſcholle, Düngerſcholle ſcheint eher zu skilan zu gehören.
Hallen).
(Butzel hal, hil; vgl. gr. Bone — ich rufe, treibe an durch Ruf;
x) — rufe, lat. calare — rufen,)
Halle, Hallte, geballt (früher Hall, geholfen), hallen (ahd.
hillu, hal, hullumds, hollaner, hällan; mhd. hille, hal, hullen,
gehollen, hällen) Hall und Schall machen (S. 325. 469) ift fait nur
dihterifch. Die frühere ftarfe Form findet ſich noch im 16. Jahrh.
— Ze hant als die ſturmen gloden erhilt. Weftenrieder, Beitr. 6,
102. Die ſchleg begundten hillen. Heldenbuh vom 3. 1560 Bl.
113. Das Berg und Thal erhall. Daſ. Bl. 114. Das es vnter
einmder ball. Daf. Bl. 176. Spruch, dorin er nye gehyllt ...
bett auch in die fage nie gebollen. Monum. boic. 25, 415. 464.
Er verhol (jagte aus). Daf. 5, 267. — Durch die fteingewölbten
Gänge jeder Odemzug hallt ab, wie in hohler Grüfte Grab. Meiß-
ner. Noch bin ich nicht fo glücklich geweſen, Diejen tiefen Ton zu
vernehmen, ob ich mir — dazu nöthigen Intervallen habe an—
hallen laſſen. Muſikal. Zeitung, Dumpf aufhallte der Grund.
Voß. Die Glocken hallen aus. Uhland, ein Abend. Glockenklan
und Jubelruf erhallet weit. Uhland, Ludwig d.B. 2. Wenn —*
(Worte) an deinem Ohr verhallen. Göthe, 13. Sonett. Laß den
Geſang vor unſerm Ohr im Saale wiederhallen. Göthe, der Sän—
gr. Die Gloden hallen dumpf zufammen Schiller, Kindes-
mörderin. | i
Die Synonymen f. bei Elingen ©. 325. =
_ Hall mit feinen Synonymen f. ©.329. 472. — Ya, er ift es, Du
dit des Donnerhalls, der Pofaunen Berg, bift Sinai! Klopſtock,
1) Eiche das zu fhallen S, 468 Bemerkte.
414
Meſſias 11, 891. Den den Wällen umber ſcholl nieder mit Rach⸗
ball Donnergebräl der Feuerfchlünde. Sonnenberg. Rirgend ihrer
fanften Stimme Rückhall. Herder. (Er) erwacht in Poſaunen-
ball. Klopſtock, Meſſias 11, 905. Getäufcht von des Wechſel—
balles Gegaukel. Voß. Alſo ftammelt’ er fanft, wie fih Wieder:
halle verlieren. Klopftod, Meſſias.
alldrommete, — horn, —jahr.
ell (ahd. gehel, mhd. hel) urjpr. unbenommen und ungehindert
vernehmlih dem Gehörfinne in hohen Zönen; dann auf Kicht und
Farbe übertragen: fo lichtvoll, daß man die Gegenftände gehörig erfen-
nen und unterjcheiden kann. Davon hellen, ab—, auf—, aus—,
erhellen. — Und er gebot Herolden von hell austönender Stimme.
Voß, Ilias 2, 50. Taghell ift die an. Schiller, Glocke. Der
freudenhelle Geleiter. Klopſtock, Meiflas 5, 106. (Ex) hüpfet
wie ein Zifh im fpiegelbellen Teich. Wieland, Oberon 8, 13. —
Bey eier Lufft. BP. Flemming.
icht (ahd. lioht, löoht, mh. lieht, altf. licht, alt. liös, f. leuchten)
allgemein Licht (fichtbar machenden” Stoff) habend. Klar (mhd. klär, lat.
clarus) das Licht in allen Theilen durchlaſſend, da feine fremde ober übers
haupt dieſes Hindurchdringen des Lichtes hemmende Dinge oder Theile vorhans
ben find. Heiter (ahd. heitar, mhd. heiter, altſ. hedar, altn. heidr, von
ungewiffem Stamm, vielleicht zu eiten — brennen, wie gr. aidpıog — heiter
. zu aldo, aidro vber zu heien ©. 10 Anm, 1. gebörig) in feinem Lichte
oder deſſen Durchfcheinen rein, insbefondere angenehm reinen Lichtes. — Ich
fomm’ aus lichten Gefilden. Voß. Die golpnen Sternlein prangen am Him:
mel hell und Flar. Claudius. Ganz in der Mitte glänzte filberhell ein
beitrer Mann. Schiller, Biccolomini 3, 4.
Hellig (mhd. hellec) bezeichnet eigentlich die Urſache des Reizes
nach Speife oder Trank; dann die durch Hitze hervorgebrachte Schwäche
(Hohlheit, Xeere); ſtark ausgetrodnet, ausgedorrt. — Wann du den
* herausarbeiteteſt, trocken und hellig. Voß, Horazens Sat.
2, 14.
Das finnverwandte burftig ergibt fih aus Durfl.
Einpellig (f. bei einträhtig); behelligen (früher bebel-
len) befchwerlih fallen; gehellen (veraltet) übereinftimmen. — Das
Lund war mit Krieg behelget. Stumpf, Schweizerchronif. Mein
Urtheil, das mir fällt, das foftet nimmer Geld, weil ſolches unbe-
heilt mein Richter mir beftellt. Zogau. Die Landescoflegien wurden mit fei-
nen Händeln und Procefien behelliget. Göthe, Wahlv. 1, 2. Alle
Geiftlichen, fo dem Pabſte hierinne gehelleten. Tſchudi I, 34.
Anhellig (geftändig) ift veraltet. — Eines Dings anhellig
fein. Lori, Lechrain 217,
Helläugig, — blau, —braun, —Ddentend, —dunfel, —geld,
— grün, —pfeife, —jeher, —weiß.
475
um. 1. Bielleicht gehört auch Halle (hallender Enal) hierher.
Anm. 2. Heller (früher Haller) if von der Stadt Ihwählfh Hall fo
genannt.
Knollen. !)
(Wurzel knal, knil.)
Knalle, knallte, geknallt (früher knille und knelle, knall,
etknollen) knallen (mhd. knille, knal, knullen, geknollen, knel-
en) in ſchnellem ſtarkem Schalle durch plötzliche beftige Erſchütterung
der Luft, nämlich indem gepreßte fich ploͤtzlich ausbreitet, gleichſam ſich
entladet, oder eine ſolche ſtark ſchallende Entladung hervorbringen.
Die ſtarke Form iſt nun erloſchen, findet ſich aber noch im 16— 17.
Jahrh. — Das jim in dem Leibe das hertze fein erknall. Helden⸗
buch vom J. 1500 Bl. 111. Wenn man das Eiſen auf dem Ambos
nicht wacker knillt, jo wird nichts rechtſchaffenes daraus. P. Abra⸗
ham. Wie ein Orkan... zehn Donner überknallt. Alxinger, Doo⸗
Iin 5, 40. Laßt alle Wetter Gottes ntedertnaflen Dal. 10, 64.
Knacken und knicken (wol zu ahd. chnistan = zerfnitfchen ©. 471, chndtan
— fneten, hnikan = geniden, neigen S. 306 gehörig) find zunächſt Schall»
wörter. Knicken bed. mit tünnerem Schalle, oder wie e8 mit ſolchem gefchieht, bres
chen oter brechen machen; Im Befondern etwas in einem Theile feiner Länge
ambrechen, fo daß ein wie durch Biegung entflandener Bruch entſteht. Kna⸗
Ken wird bloß von einem flärferen Schaffe gefagt. Rrachen (ahd. chrahhön,
cbrahhen, mhb. krachen; vgl, gr. zpezem ſchlagen) In hartem Schall
vernommen werden. — Daß Zähn’ und Schwarte knackte. Opitz. Wenn der
Zug Inadt. Goͤthe, Herm. u. Dor. 8, 101. Kradt's gleih, bricht's doch
nicht. Goͤthe.
Knall (S.472); Knallblei, — büchſe, —glas, —gold, —fugel,
—luft, —pulver, —fülber. — Neoliiher Dünfte Knallkraft. Göthe,
Fauſt 2, 150.
Schmelzen.
(Wurzel smalz, smilz; smal-z, smil-z.)
Schmelze, fhmolz, geſchmolzen, ſchmelzen (ahd. smilzu,
smalz, smulzum@s, smolzaner, smälzan; mhd. smilze, smalz,
smulzen, gesmolzen, smälzen; goth. smiltan, agſ. smältan, altn.
smälta, gr. uiAdsr) aus einem teilen Körper in einen flüffigen ver-
wandelt werden, befonders durch die Wärme; (fig.) in einen Zuftand
der Weichheit gerathen; tranfitio (mit ſchwacher Form, ahd. smalzjan,
smelzan, mhd. smelzen) in einen Zuſtand des Flüffigen oder (fig.)
2) Siehe das zu ſchallen S. 468 Bemerkte. Stieler führt Inallen,
Inüllen, fnellen an.
476
der Weichhett verſetzen, and mit Schmalz (Wett, Butter) verfehen,
bereiten; mit Schmelz bededen, überziehen. — Bo ihm in hober
Defen Glut die Eifenftufe fh molz. Schiller, Gang nach dem Ei-
ſenhammer. Dieje fanften Ichmelzenden Augen weg! Schiller,
. Kabale und Liebe 5, 7. Wenn in einer lauen Minute eine fechzig-
jährige Regel wie eines Weibes Laune ſchmilzt. Schiller, Don
Karlos 5, 10. Wol ift es feiner von dem weichen Thoren, Die eine
faliche Weiberthräne ſchmel zt. Schiller, Maria Stuart 1,3. Be
jonders ſchmelzte das letzte Lied das Herz zu der tiefiten Rührung.
Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 84. Aber der Hörenden floß Die
ſchmelzende Thrän’ auf die Wang’ hin; jo wie der Schnee hin—
ſchmilzt auf hochgejcheitelten Bergen, welden der Oft hinſchmelzte,
nachdem der Wert ihn gejhüttet; Daß von gefhmolzener Nafle ge
drängt abfließen die Bäche: alſo ſchmolz in Thränen der Gattin lieb-
liches Antlitz. Voß, Ddyffee 19, 204. Giftlofe Schlangen, ſchön ge-
ſchmelzt. Alxinger, Doolin 6, 32.
b—, auf—, aus —, bei —, dahin —, durch —, ein—, eut Bu |
herab —, heraus —, bin—, binweg—, nieder—, um—, ver—,
weg—, zer —, zu —, zufammenfchmelzen. — Die Schluden fichen-
mal abſchmilzt, eb fie des reinen Goldes fich freue. Koſegarten,
Hymne an die Zugend. Das Allerſtarrſte freudig aufzufhmelzen,
muß Liebesfeuer allgewaltig glüben. Göthe, Sonette 14. Wann er
das Fett ausſchmelzet des wohlgenähreten Maftichweins. Voß,
Sins 21, 363. Darauf bediente man fih zu Schneidewerfzeugen des
Kupfers, das durch beigefchmelztes Zinn gehärtet wurde. Unge—
nannter bei Campe. AU der Schnee ſchmilzt über Nacht Dahın.
Wieland, Oberon 5, 21. Dahingefhmolzen vor der ſchwed'ſchen
Stärke waren eure Heere. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 13. Auf
der inneren Seite (ded Ringes), die nad) Dem Finger fich fehret, jtan-
den Lettern gegraben und eingefhmolzen. Göthe, Reinefe Fuchs
10, 12. Schmelzt mein Silber ein. Schiller, Jungfrau von Or:
leans 1, 4. Die (Gewäfler) body an fehwarzen Gehölzen dem Gfet-
fher entſchmel zen. Matthiſſon, Alpenreife. Die nächften Gebirgs-
fuppen, deren Seiten der herabſchmelzende Schnee mit weißen
Zurhen und ſchwarzen Rüden ſehen ließ. Göthe, Xeben 19. B. Das
ift eine Ueberzeugung, welche fein Feuer aus mir herausſchmelzen
fol. Shafipeare, viel Lärmen um Nichts 1, 1. Des Zorues Don—
nerwolfe ſchmil zt von feiner Stime thränenthauend hin. Sdfiller,
Zungfrau von Orleans 2, 10. In Lieb' und Wohlklang hinzu—
ſchmelzen fdien die Natur. Matthiffon, die ent Ihr Anblick
ſchmelzte die Vorurtheile des Adels hinweg. chiller, Räuber
3, 2. Wenn jene Zacken, jene Eiſesthürme, die nie aufthauten ſeit
dem Schöpfungstag, von ihren hohen Kulmen niederſchmelzen.
Schiller, Tell 4, 1. Jetzt kam beſorgt auch der bereuende Direktor
473
noch, den die findlihe Stellung umſchmolz. J. Paul, Titan 16.
Bir jchmelzen jene (die roben Erze) um. Novalis, 1. Dinlog.
Gebirg’ und Haie verschmelzen im röthlichen Gedüft. Matthiſſon,
Abendgemaͤlde. Zu aͤrmlichen Flocken verſchmolz der gehügelte
Schnee. Voß, der kommende Frühling. 's iſt reine Schönheit, deren
Roth und Weiß Natur mit zarter, ſchlauer Hand verſchmelzte.
Shakfpeare, was ihr wollt 1, 5. Wär’ es Schnee, er wäre weg-
geſchmolzen. Göthe, Klaggelang von der edeln Frauen des Alan
Aga. Drum laß mich vor den Wehen der ungeftillten Luft zer⸗
ſchmelzen und vergeben! Bürger, Schwanenlied. Die Entzückun⸗
gen Hatten den Nachtfroft des Geifterjchredens zerſchmolzen. 3.
Paul, Zitan 8 Ein Geſchirr von Bleiblech, hermetifch verlutixt, d.
b. aljo zugeſchmelzt, daß unmöglich etwas berausfommt. Geift Der
Sournale. Deren Caſſe bis auf wenige Geldftüde zufammenge:
jhmolzen war. Göthe, Campagne in Frankreich 23. Aug. Auch
trübt man das Glas dadurd, daß man qepülverte und calcinirte Kno—
hen mit ihm zuſammenſchmelzt. Göthe, Farbeulehre 166. |
Anm. Die Participien geltatten noch andere Zufanmenfegungen, 3. B. Sti⸗
ria's eifenerzfchmelzenden Eſſen zu Ehren. Pyrker, Tnniftas 2. Naſſe Schauer
— fürchterlich durch fein gramgeſchmol zenes Gerippe, Schiller, Leichen:
antaſie. Nicht ſeelenſchmelzender klang jenes Barden Lied, Bürde.
Schmelz (ahd. smelzi, gismelz — Bernftein, vgl. ital. smalto,
franz. email; mhd. smelz — die Schmelze) 1) ein metallifches durch
Schmelzen erhaltenes farbiged Glas; 2) lebhafte glänzende Farbe der
Blumen 2. — Die Schmelze - Anjtalt, wo geichmeht wird, ſelten
für das, womit gejhmelzt wird. — Schmelzer 1) eine Perfon die
ichmelzt; 2) das zufanmenhangende Schmalz eines Schweines. — Es
Das Kaͤſtchen) ſchien von Gold zu fein, mit Schmelz geziert. Göthe, '
Meiſters Wanderjahre 1, 4. Und erreicht wohl der Dichter den
Schmelz der fürbigen Blumen? Göthe, der neue Paufias. (Der
Mann) alle Größen jeines Geſchlechts im lieblichiten Schmelze ver:
band. Schiller, Fiesko 1, 1. Was liegt an einigen Meufchen, Die
nur der Unruhe fröhnen? Was an eifernen Köpfen, die nicht in die
Schmelze wollen. Benzel-Sternau, Das unreine Wafler der Zieh-
brunuen ift den größten Theil des Jahres Die einzige Schmelze da-
zu ( ur Speije, Polenta)). Hiftor. polit. Blätter M, 531. Es wird
{ihren Küffen der Schmelzer jelbit zerichmelzen müffen. Weichmann,
Poefie der Niederfachlen 1, 172. u
Schmelzarbeit, — blau, —bogen,. —buch (beide im Hüttenwefen),
— eifen, — eſſe, —farbe, —feuer, —form, — gaft (im Hütteuweſen),
—gefäß, gemälde, — glas, — haus, — herd, —kammer, —kaute,
— keſſel, — kunſt, — löffel, —maler, — malerei, — ofen, —pfanne,
— rohr, —filber (bei den Gürtlern), --ftahl, — tiegel u. a. — Ver—
ſuch' es, von deiner Wahrheit ein Schmelzbild zu geben. J. Paul,
478
Sefperus 14. Wofür die Hölerin einige Schmelzbutter beifchoß.
$. Baul, Siebenfäs 6. Durch jeine Bemühungen entftanden die erften
einfahen Schmelzgemählde, d. i. es wurden Geftalten mit farbi-
en Glaſuren auf ebenen Flächen eftellt. Ungenannter bei Campe.
Bir betraten bei tiefer Nacht die im Thalgrunde liegenden Schmelz-
hütten. Göthe, Leben 10.8. Geſchickte Schmelzkünſther. Geift d.
Jonrnale. Em — Eiſen- und Schmelzwerk. Ungenaun-
ter bei Campe. Auf den Helm, den goldenes Schmelzwerk ſchmückte.
Hauswald.
Schmalz (ahd. mhd. smalz, agſ. smolt, in der Bolfsfprache
Schmelzet = was man in der Küche zum fehmelzen braucht, mhd.
smelze, smöälzete) eigentlih das ausgelaſſene (geichmolzene) Fett;
dann das Fett von Schweinen; dann überhaupt Fett zum Gebrauch
in der Küche als Zuthat an die Speifen; davon fhmalzig, ſchmal⸗
zen (gewoͤhnlich ſchmel zen, ſchmälzen). — Kennft du auch die
roße Lehre von der Butter und dem Schmalz? Uhland, die Elfen.
Silit nicht Salz und Schmalz verlieren. Göthe, paraboliih 8.
Der geriebene Käſe ſchmälzt und würzt zugleich die Schüffel. Göthe,
ital. Reife, Neapel 29. Mai 1737. — Mit Eapaunengefhmalgten
Fingern. Fiſchart, Gargantua ©. 202.
Fett (von dem Adj. fett, wieberbeutfch für feift, agf. fartt, altniederd.
vet, veit, holländ, vet, altfränf. fet, altn. feitr; vgl. gr. ziov, lat. pinguis
— fett, fanffr. pjai, pjäj = wachſen, zunehmen, ptwara = #elt) überhaupt
die befannte dlichte Subſtanz, welche aus den Ratnrerzeugniffen gewonnen wird.
Schmer (ahd. smäro, smärv, agf. smöruw, smern, smöro, mb. smör, überall
masc.) das weiche, beſonders flüffige Flehrige Fett zum Schmieren, d. 5. zum Auf⸗
ftreichen auf andere Gegenflände. — Es war eine Ratt’ im Kellerneft, lebte nur
von Bett und Butter. Böthe, Fauſt 1, 106. Butterweiche Wagenfhmer,
daß die Achſen nicht knirren und die Räder nicht girren. Goͤthe, Jahrmarkt
zu Plundersweiler.
Schmalzbirne, —blume, — brot, — faß, —fiſch, —grube, — befe,
—fäfer, — kraut, —fübel, — kuchen, —pfanne, — jalz, — fau, —fchnitte,
— ſchwein, —fländer, —fternblume, —topf, —wurz.
Anm. Der fhmalzige Samstag im 15—16. Jahrh. ift der Samstag vor
Jaßnacht. Das Verbum ſchmälzeln —= einen fehlerhaften Geruch oder Geſchmack
von Schmalz Haben gehört der Volkeſprache an.
Welken !).
(Wurzel malk, milk; mal-k, mil-k.)
Melke, molk (meltte), gemolken (gemelft), melken (ahd.
milchu, malch, mulchumes, molchan@r, milchan; mhd. milch(k)e,
1) „Sollte milkan zufammenhängen mit milan = mahlen? Bol. die Aechn⸗
lichkeit der Milh mit dem Mehl und Schnee (altu. miöll = Schnee, mialli =
479”
malch(c), mulch(k)en, gemo(u)ich(k)en, mölch(k)en; agf. melcan,
melcjan, altn. mylkja; vgl. lat. mulgere, griech. audtyer, flav. mi’sti,
litthau. milszti) die Milch aus den Ziben ziehen durch Streichen. — Die
Kühe ind gemolken. Göthe, Jery u. Bätely. Das ift ein ſchlechtes Volk,
zu nichts anftellig, als das Vieh zu melken. Schiller, Tel 1, 3
Jeßo faß er und melkte die Schaf’ und medernden Ziegen. Boß,
Odyſſee 9, 244. Großeutrige Kühe, gemelkt und mit faugenden
Kaͤlbern. Voß, der Abendſchmaus 100. Mädchen, nehmt die Einer
ſchnell, Habt ihr ausgemollen Voß, das Milchmädchen. Die
berdenmelfenden Holländer. Schiller, Jungfrau von Orleans
Prolog 3,
eilt (ahd. mẽleh, mhd. möle) fommt nur in der Zuſammen⸗
Ep mit frifch (friſchmelk) vor; Melker der da mellt; Melkerin,
ei. — Der Pferd’- und Rennthiermelker. Voß, Zilchlied.
(Summt) der Melkerin unter dem Weidicht, Voß, Luife 1, 691.
Meltfaß, —gefäß, —gelte, —fübel, —kuh, —plag, —ſchaͤmel,
—ſtuhl, — tuch, — vieh, —zeit, —ziege.
Molke, die, (das, der Molken, im 17. Jahrh. Molck, ſchweiz.
das Molken, Mulchen) die wällerigen Theile der Milch, nachdem
die Fett- und Käfetheile fi) davon geichieden haben; molkicht, mol-
fig. — Bol ſchwamm das Geſchirr von der Wolfe. Voß, Odyſſee
9, 222. Ein leichtes Molken wird dem bäuerifchen Kinde die befte
Mandelmilch. Gellert. — Allnächtlich herunter vom Rade huſcht bleich
und mollig (mollicht) ein nn Bürger.
Moltendieb (gelber Schmetterling), —faß, —kirſche, —Löffel,
—ſack u.a. — Beichert mir endlich eine Molkenkur das rare Glüd.
Schiller, die berühmte Fran.
Milch (goth. miluks, ahd. miluh, mhd. milich, milch, agſ.
möoluc, mẽole, altn. miölk, ffav. mljeko, poln. böhm. mleko, ruff.
molokö, engl. milk, ſchwed. mjölk, dän. melk; davon milden,
Milcher (Fiſch. ahd. milicha, milcha); milchicht; mildig;
Nilchheit, — — Den Durſt mir ſtillend mit der Glet-
her Milch. Schiller, Tel 2, 2. Ilſabe ſchafft mir fühlende But-
termilch. Voß, der Abendfhmaus 26. Und verbuhlte Modeammen
fäugen fie mit Eitermilch aus gift’gem Blut, Münchhaufen. Sie
fanden ein Glas Mandelmilch auf dem Zifche ftehen. Göthe, Mei-
Beige)” fagt Grimm MI, 72. In der „Geſch. d. d. Sprache“ ©. 326 fagt er:
„Dem lat. be ſcheint Aphaerefis zum Brunde zu liegen, und nad) mulgere wäre
früberes mlac, melac anzufegen, uber weil gr. yala, yalaxrog anderes!" Ben:
fey 2, 358 nimmt yalay, ylay = ulay. Warernagel rechnet das Wort zu
loden lokön, lat. lac, lacio — lode, gr. ya-Aa. Bopp Gl. 108. 172. deutet
Kharffinnig lact aus fanffr. dugdha, yalaxr aber aus einer Zuſammenſehung, deren
eriler SR Ueberreft des uralten fanffr. &A — Ruh enthielte, alſo yu-Aaur =
Kahmilch, dann jede Milch.
480
ſters Lehrjahre 8, 10. Wie ich den Raben abgehoben habe, ft’ ih
die Schlippermild. Göthe, Bürgergeneral 9%. Fülle die Schaf
in- der Kammer mit Sülzmilch. Voß, Luiſe 3. a, 523. — Eine Zi
befommit du mit Zwillingen, dreimal " melfen, die, zwei Böcklein
rend, zugleich zwei Gelten die voll milcht. Voß. Steht vor dem
Finftern milchig Grau, die Sonne beſcheint's, da wird es blan.
Göthe, Gott, Gemüth und Welt. Neichten fie nichts als milchige
Koft. Platen, die verhängnißv. Gabel 5. Läppiihe Milchheit. Lich⸗
er. 2. Beilage zur Epiftel an Göbhard.
ilchachat, —ahoın, — arche, —artig, —afch, —auge, — ud,
—bart, baum, —behältnig, — blume, —boot, —branntwein (bei den
Tartaren), —breßel, — brot, —brußder, —brüße, —brunnen, —Ddieb,
— dhtel, —drüfe, — eſſer, — eſſig⸗ — farbe, — farben, — faß, — fieber,
—fladen, —fleiih, —flor, —frau, —friefel, — gang (in der Anatomie),
—gefäß, —geld, —gelte, — geſchirr, — geſchwulſt, — gewölbe, —glas,
—glöckchen, — grütze, — harn, — haut, — hirſe, — hut, —jaspis,
—kaffee, — kammer, — kanne, —käſe, —kern, —keſſel, — kitt, —koch,
—koſt, —kraut, —kriſtall, — krug, —kuchen, —kumme, —kur, —leiter
(was Milchgang), — linſe, —löffel, —magd, —maler, — markt, — maß,
— maul, — meſſer, — milde, —mörtel, — muſchel, —nuß, — napf,
—opal, — pacht, —pächter, —peterling, —pocke, —porzellan, — pul⸗
ver, — pumpe, — rahm, — reich, — reiß, — rödel, ——— (in der
Anatomie), —ruhr, —ſauer, —fauger, —ſäure, — ſchaf, —ſchale,
—ſchauer, —ſchnee, —ſchokolade, — ſchorf, —ſchrank, — ſchwamm,
— ſeife, —ſeihe, —ſieb, — ſpeiſe, —flaar, —ſtein, —ſtern, —ſtück,
—ſtuhl, — ſuppe, — tochter, — topf, —tuch, — tünche, —tunfe, — waſ⸗
ſer, —weib, — wirthſchaft, —wundfraut, —wurz, —zahn, —zehnte,
—zind, —zuber u. a. — Du wirſt erſtaunen über die vielen großen
Kühe und über meine Milhanftalten €. Wagner. Im Thale
flog von deinem Zauberjtab’ ein Milchbach. Hüttner. Ein junger
milhbärtiger Kremsmünſterer. Popowitſch. Ein Ring von mild-
blauen Perlen. 3. Baul, Titan 8. Milhbleider — 5 — Shifs
fpeare, Macbeth 5, 3. Daß ich einen jolhen Milchbrei zu einer
folhen Unternehmung babe bewegen wollen. Shakſpeare, K. Heinrich
IV. 1. Thl. 2, 3. Mit dem fogar der Kaifer Joſeph Mildbrü-
derſchaft trinken würde. J. Baul. (Mein Geift flog) auf denjelben
Flügeln lüftern und doc furchtſam um die Milchbruft der Zukunft.
Benzel - Stemau. Mildherfüllte Eimer Voß. An gebratenen
Milchferkeln (find die Ohren und die Haut) die beiten Stücke.
J. Baul, Hefperus 21. Sie hatte das Milchfläſchen bei ſich. Götbe,
Wahlverwandtihaften 2, 11. (Er) hatte Milchhaare im Bart.
Göthe, Götz von Berlichingen 2. Ich will dich in deinem Milch—
keller bejuchen. Shafipeare, Liebes, Leid und Luft 1, 2. Deitreih
verfaufte feine Fahnen an die Milchknaben der Goldmäkler. Seume.
491
Käme nur — bald von den Milchküh'n. Voß, Luiſe 2, 838.
Schlachtet ein Milchlamm ihm. Küttner. Dieſe junge Milchling.
Simpliciſſimus 1, 8 Dort ein Trupp Milchmaädchen fingt. Voß,
Alegro 108. Milch- und Wein- und Honigquellen rinnen aus
den Felien. Herder. Nicht folgt dem faugenden Munde der Milch
faft. Voß. Welche (Herde) ſtets darbietet im Jahr milchſchwel—
ende Enter. Voß, Odyſſee 4, 89. Der Thorbeit, dieſer Milch-
ihwefter der Menſchheit. Benzel- Stemau. Die Amme ift faft
berühmter geworden, als ihr frommer Milchſohn. Seume. Gott
ging jeßt Durch die Sterne, die Milchſtraße wir nennen. Klopſtock,
Mefias 5, 149. Dem Gellipp entwallt en Milchſtrom in das
wonnige Paradies. Voß. Menſchenfleiſch einfchlingend und drauf den
Iauteren Milchtrunk. Voß, Odyſſee 9, 297. Wie um den Himmel
fh der leichte Milchweg zieht. Käftner Cr flieht und fühlt im
Flieh'n von zween elaftifchrunden milchweißen Armen fich gefange
und ummwunden. Wieland, Oberon 14, 18. Milchweiß blühte vi
Blume. Voß, Odyſſee 10,304. Wie oft er jeden Milchzuder des
Schickſals mit dem giftigen Bleizuder der Erinnerung verjegte. I. Paul,
Heiverus 28.
Anm. 1. Das Berbum melfern (in Schleſten malkern) mit den Fingern
freicyeln, {hen von Stieler angeführt (die Hunde werden nicht fein, wenn man fie
fo melfert) gehört jept der nievern Sprechatt an. H. Sachs hat dafür (im fig.
Einn) melfen: das er den Herrn die Ohren meld,
Anm. 2. Zu melfen, Milch gehört auch ver Bigenname Melchthal.
Geben-!),
(Buyel gab, gib; nad Weigand eine Fortbildung der Wurzel ka,
| fanjfr. gä — gehen.)
Gebe, gab, gegeben, geben (ahd. kipu, kap, käpume&s, köpa-
nr, köpan, geban; mhd. gibe, gap, gäben, gegäben, ge-
ben; goth. giban, agſ. gifan, altn. gefa, mittelniederd. gẽven, engl.
dan. give) 1) überhaupt machen, daß Jemand etwas ihm Zukommen⸗
des befommt, es ihm dar⸗, überreichen, wobei auf das Eigenthum nicht
Rüdlficht genommen wird; 2) uneigentlih, wo von feinem wirklichen
Ueberreichen, und oft auch von feiner körperlicher Sache die Rede ift,
wid geben auf vielerlei Weile gebraucht: a) umfonft geben, ohne
Unfoften für andere veranftalten: fein Bermögen an die Armen, ein
Feſt; b) zum Eigenthum, zur Verwaltung oder zum Gebrauch über-
kafien: einem ein Amt, feine Zochter zur Frau, ein Gut in Padıt;
c) mit-, ertheilen: einem gute Lehren, Stunden, Erlaubniß; d) ber-
vorbringen, entftehen laflen, bewirken: einem gute Worte, Troft, die
Ehre, der Sache ein Anfehen, fih Mühe; e) feftftellen, annehmen:
1) Mit diefem Verbum beginnt die Ablautsformel e (i, ie), a, e.
" . si
482
Regeln, Geſetze, im gegebenen Fall; f) verftatten, zulafien: Zeit zur
Arbeit, Gehör; g) von ſich geben, von ſich laffen, von ſich hören laſ⸗
fen: das war gut gegeben; 3) ſich geben = nachgeben, fid) auf eine
gewifle Art zeigen; 4) tragen, in fich enthalten: die Trauben geben
guten Wein; 5) abgeben, fein oder fein können: der Aft gibt einen
guten Stod; 6) begreifen, eimfehen laffen: der Augenichein gibt es;
7) Cunperfönlich) da fein, vorhanden fein, gefchehen, erftehen. — Biel
fhöne bunte Bänder, die alle gab’ ich dir. Bürger, Stußertändelei.
Meinft du, man hab’ uns ohne Grund heute die Doppelte Löhnung
egeben? Schiller, Wallenfteind Lager 2. Der Ihnen das größte
eid zum Erben gibt. Schiller, Don Karlos 1,5. Den du erfchuffl,
der Zraube Saft, giebt meinem Liede Schwing und Kraft. Bürger,
Danklied. Ich gebe mich für feinen. Zeichendeuter. Wieland. Gieb
mir immer den erquidenden Zroft, daß ich dich bald freubiger wieder:
eben werde. Weiße. Er giebt fih viele Mühe um dich. Gellert.
ieb meinem Sram fein Ziel! Bürger, Bruder Graurock. Gege-
ben!) Brüffel im ꝛc. Göthe, Egmont 5. Wo ihm das Schidjal gab
zu enifliehn. Voß. Da will ich ihm gleich ein Exempel geben (er-
zählen). Schiller, Wallenfteins Lager 7. Darnah gaben (nahmen)
die Bayern die flucht. Aventmus, Chronik 1580 Bl. 112. Diefe
Mellen geben nicht auf feine Stimme. Schiller, Tell 4, 1. Ich
bedaure Ihre Unpäßlichkeit recht herzlich und hoffe, daß fle ſich bald
geben foll. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 263. Die Kinder follen
Waiſen geben. Opitz. Es hat nicht einen einzigen Gelehrten gege—
ben, der Diefen Spaß nicht für Ernſt aufgenommen. Leſſing, über
Martial. Einen fürchterlichen Krieg gibt's. Göthe, Göß von Ber-
lichingen 4. Was gibts mit dem Bauer da? Schiller, Ballenfteins
Lager 11.
Bringen (f. ©. 28) läßt unbeitimmt, ob Jemand das ihm Zufommende
wirffich befommt oder nit. Ertheilen (von theilen, goth. däiljan, altj.
delian, aftn. deila, ahd. t(d)ale)iljan, tale)ilön. deilan, mhd. teilen, mittel⸗
niederd. deilen, ſchwed. dela, engl. deal f. Theil S. 96) drüdt aus, Daß
das, was wir befommen, und von Andern gleichfam als unfer Theil, alfo mit
einer gewifien Yörmlichkeit gegeben, und blermit als etwas Wichtige ange
fehen wird. Verleihen (f. leihen) eigentlich an Jemanden zur Nukung
geben, ohne daß es defien Eigenthum ſei, und wir alfo Erflattung des Wetthes
für das gegebene Ding fordern wollen; etwas Gutes, Angenehmes, Nützliches
und zwar aus befonderer Ghte, Gunſt oder Gnade geben. Angedeiben
laſſen (f. gedeihen, val. S. 22) aus wohlmollender Geflnnung gegen
Semanden machen, daß er etwas befommt, das zu feinen Bortheif ift und zur
Berbefferung feines -Zuftandes zc. dient. Mittbeilen (mbd. mite teilen)
von etwas, was man bat, einem audern Dinge abıeben, dentet bei dieſen
3) Im Sinne von Ausfertigen eine Urkunde 2c. fteht nur das Participium,
483
daranf bin, daß ed an dem, was man ihm gibt, Mangel habe, oder vielmehr
deſſen, was es bekommt, bedürftig fei. Dabei bleibt es (wie bei geben) uns .
beftimmt,- ob der Empfangende es gegen Entgelt, oder unentgeltlich, zu feinem
- Eigenthum befommen, oder nicht. Schenten (ahd. scencan, scenhan, agſ.
scencan, altn. skenkja, mhd. schenken, ſchwed. skänka, altfrief. skensiaz
[pan. escansiar = einfchenten?) allgemein unentgeltlich zu Eigenthum geben,
Berebren (f. Ehre S. 257) eigentlich zu Ehren bringen, dann durch eine
Gabe ehren, woher denn das Wort gewöhnlich auch etwas Feierliches im Aus⸗
drud bat. Beſcheren (ſ. S. 107) eigentlich zuertbeilen, zeigt an, daß etwas
Gutes oder Angenehmes duch oder doch wie durd ein höheres Wefen dem
Andern gegeben werde. — Habt ihr fonft nichts an mich zu bringen?
Böıhe, Kauft 1, 151. Der König, an den er fih endlich unmittelbar mit
diefem Anliegen gewendet, ertbeilte ihm jeht die nämliche Antwort. Schil⸗
fer, Abfall der Riederlande 4. B. Das Baterland verleiht die allerbeiten
Gaben. Göthe, ital. Reife 2. Januar 1787. Die Sonne mag uns taujend
Segen ſchenken. Bürger, an den Mond. Was uns der Graf für Süßig—
keiten verehrt babe. Gothe, Leben 3. B. Selbſt nun droheft du mir mein
Ehrengeſchenk zu emtreißen, welches mit Schweiß ich errungen, und mir
verehrt die Achaier! Voß, Ilias 1, 161.
Anm. Etwas feltiam iſt Die nhd. Redensart e8 gibt (minder gut giebt,
da wir gib, gibt, gibt nicht dehnen), dem man weder in der älteren Sprache
begegnet, — in den andern heutigen Dialekten ganz auf unſere Weiſe. Die
— 28 Bedeutung ſcheint die urſprüngliche. an wandte aber hernach die
Redensart auf Fälle des bloßen Vorhandenſeins, nicht des Erſtehens oder
Hervorgebrachtwerdens an. ‚Beifptele aus dem 16. Jahrh. bei Fiſchart
find: So gibts finſternuß. Fiſchart, Gargantug 1582 S. 134. Wie nafle Augen
ibt es da. 139. Es gibt geſtolne Kind. 119. So gibts Kleiderprenpen 95.
a gibts Wild Holz Leut. 95. So gebs guten Salpeter, 172. Es gibts.
Bodogram. 191. Wie ernfthafft beiten gibt es alsdann far jn. 139. Geltet ihr
Frauken, welde nit geru fpinnen, die geben gute Birtin? 185. Schon Hans
Sachs fagt in der 1553 gefchriebenen Komödie „die ungleichen Kinder Eu 4. X. :*
Geb ich nicht ein gutten tyrannen?“ (Siehe weiter Grimm IV, 230 und meine
Grammatif II. 1, $. 123.)
Abgeben 1) von fich geben, befonders von anvertrauten Dingen,
wobei es jedoch unbeftimmt bleibt, ob die rechte Perſon oder über
haupt Jemand die Sache in Empfang genommen habe oder nicht;
2) einen Theil von etwas an einen Andern, uneigentlich einem eine
derbe Antwort geben; 3) zu etwas tauglich, brauchbar fein, dienen:
einen guten Unterhändler; 4) im SKartenfpiele zum legten Male die
Karten geben; 5) fih abgeben mit etwas = ſich mit etwas befchäfti-
gen, mit dem Nebenbegriff, daß das, womit man fich befchäftigt, ale
eine Nebenſache betrafhtet wird, daher auch in nerächtlichem Sinne ge-
fagt. — Ich ließ mich nicht flören, wenn Schloffer mir manchmal ernftlich,
2) Stimm 2, 60: „Sollte nicht ahd. scenhan, mhd. schenken, agf. scen-
can, altı. skenkja (vinum infundere, promere und allmälich largire, donare)
daher rühren, daß man in frübefter Zeit das Getränk mit einer (Inöchernen‘?)
Röhre aus dem Faß laufen ließ?“
5 31 +
* ⁊
484
Merk fpöttifch etwas abgab. Göthe, Leben 12. B. (Ih) will nicht
"mehr den Unterhändfer abgeben. Göthe, Göß von Berlichingen 4.
Das wird eine Victoria abgeben. Schiller, Räuber 1, 2. Es if
eine fo angenehme Empfindung fi mit etwas zu befchäftinen was
man nur halb kann, daß niemand den Dilettanten fchelten jollte, wenn
er fid) mit einer Kunft abgibt, die er nie lernen wird. Götbe,
PWahlverwandtichaften 2, 3, |
Abliefern (f. liefern S.440) aus feiner Gewalt, zu Handen geben?);
abgeben an die betreffende Berfon. — Eich befaffen (f. fallen ©. 15)
fich womit befchäftigen ohne gründliches Verſtändniß. — In wenigen Wochen
wird er in das Zuchthaus der Refidenz abgeliefert. Schiller, der Ber:
brecher aus verlorner Ehre,
Anm. Sinnverwandt mit ſich abgeben fant Böthe, Kauft Prolog im
Himmel: Mit den Todten hab’ ich mich nicmals gerne befangen.
Angeben 1) maden, daß etwas an Andere zur Kenntnig kommt,
wenn Dies gefordert oder erwartet wird; 2) in Hinfiht begangener
Handlungen Jemanden zur Kenntniß der geeigneten Stelle, Perſon
oder Behörde bringen, ohne daß Genugthuung geleiftet wird, geme
mit dem Nebenbegriff des Heimlihen und daher bei Andern Gehäff:
en; 3) umftändli anführen, anzeigen: fein Vermögen, die Zahl der
Berionen; 4) über eine Art und Weile, wie eine Sache werden fell,
Norichläge machen, etwas Näheres beftimmen; 5) mit Geben den An-
fang nahen im Kartenſpiel; 6) (Volksſprache) auf Abichlag geben;
7) Golksſſprache) aufhören fich mit einer Sache zu beichäftigen (auf-
geben); 8) (Volksſprache) fih angeben —= ſich darftellen: zum Solda⸗
ten, zum Käufer. — Ihr von Diefem Schritte Gründe anzugeben.
Schiller, Don Karlos 3, 10. (Sie) giebt einen Flugen —*— au.
Bürger, Weiber von Weinsberg. Die Saiten gaben lauter Diſſo⸗
nanzen an. J. Paul.
Anbringen (ſ. bringen S.28) machen, daß etwas, ed mag dies Eignes
oder Fremdes fein, an Andere, und zwar anı rechten Ort oder bei den red:
ten Perfonen, zur Kenntniß kommt, was oft mit Mühe gefchieht, oft mit de
Nebenbegriff, daß die andere Perfon annimmt, was ihr vorgebracht wird, was
bei angeben und anführen (befonders von Fremdem) unbeitimmt bleibt,
die auch die Rüdficht auf rechten Ort und rechte Perſon nicht mit einfchliegen.
— Das finnverwandte auklagen ſ. S. 332. — Jept bringet Eure Rorte
an, jegt äft der Augenblid zu reden! Ediller, Maria Stuart 3, 2.
Aufgeben 1) in die Höhe % B. in Eilenwerken) ‚geben, in
weiterer Bedeutung einen Brief auf die Poft geben; 2) von ſich geben,
freiwillig fahren laſſen, wobei die aufgebende ‘Berfon ſich auch in bloß
feidendem Zuftand befinden fann: eine Stadt, den Geift; 3) zu thun
auftragen: einem Schüler eine Arbeit; 4) (Volksiprache, zu 1. gehörig)
1) Die älternbd. Sprache hat einem lifern, einen verlifern — einem
Lebensmittel reichen, ihn verköftigen. Zahlreiche Beifpiele |. bet Schmeller 3, 445 f.
485
Speifen aufgeben = antichen, vorlegen. — Barum verfehmähte ſie's,
den Edinburger Vertrag zu unterfchreiben, ihren Anſpruch an England
aunfzugeben?.. Sie wollte lieber gefangen bleiben, fidy mißhan-
delt jehn, als dieſes Ziteld leevem Prunk entjagen. Schiller, Ma-
ra Stuart 1, 1. Er jeine alten Plane aufgegeben! Schiller,
Biccolomini 3, 1. Die Läfterung, die ihn während feiner ganzen Ver—
waltung mißhandelt batte, fchonte ihn auch in dem Augenblicke nicht,
wo er fie aufgab. Schiller, Abfall der Niederlande 2. B. Euer
Eid gibt auf (befiehlt), dies Alled aufzugeben (ihm zu entjagen).
Shakſpeare, Liebes Leid und Luft 1, 1. Ih möchte fo gern im
Frieden den Geiſt aufgeben. Schiller, Räuber 2, 2. Alle (Aerzte)
en ihn (den Kranken) auf. Göthe, RKeineke Fuchs 10, 81.
as it der Auswurf fremder Länder, ift der aufgegebene Theil
des Volks. Schiller, Wallenfteins Zod 1, 5. Yen da (in .der
Schule) ein Exercitium aufgegeben war. Göthe, Egmont 1.
Entfagen (i. fagen S. 73) allgemein feinen Befip von etwad oder
fein Begehren nach etwas aufhören laſſen, mag dies freiwillig oder gezwungen
gefheben, aber immer mit ansdrücdticher Erklärung der entfagenden Perfon.
Begeben 1) (veraltet) übergeben; 2) (veraltet) verlaffen; 3)
Volksſprache) ausgeben: Geld; 4) fi) begeben — ſich wohin verfü-
gen; 5) Recht, Anſpruch, Wollen nad etwas ausdrücklich oder ftill-
ſchweigend fahren laſſen; 6) geſchehen, aber nur von Bedeutfamem
gejagt, beionders wenn ſich Folgen daraus herleiten laſſen. — Die
Hirten laufen zu, begeben ihre Waffen dem Hüter Iſraels. Scul-
tetus. Wir follen unjere Leiber begeben zum opffer. Spener, zwölff
Leichpredigten, Franckfurt 1686 ©. 68. Auch begebet nicht der
fünden ewre Glieder zu Wuffen der vngerechtigkeit. Luther, Bibel-
über). Römer 6, 13. Wenn das Glüf uns plöglih hat begeben.
Opitz. Ich will eher dieſes Leben, ald die verſprochne Zreue bege-
ben. Hoffmannswaldan, getreuer Schäfer 92. Das Unglück ließ mir
ab, nachdem id) mid begab auff Seittenfpiel und Gſang. H. Sachs.
Es ift ein jchlüpfrig glatter Grund, auf den du Dich begeben.
Schiller, Maria Stuart 2, 7.. Um u gerugguthun be⸗
— ich mich des Vorrechts meiner Würde. Daſ. 4, 6. Da nun
egab ſich's. Bürger, der Raubgraf. — Es will fich Niemand her-
anbegeben. Schiller, Tell 3, 3. Daß ich mich. nicht freventlich
wegbegeben werde. Göthe, Zifchlied. Begebet euch zu Vater
und Mutter zurüd. Göthe, Hermann und Dorothen 6, 288.
Eutfagen (ſ. oben) und ih losſagen bezeichnen, dag man das Auf⸗
börenlaffen ausdrücklich erfläre.. Sich verzeihen und verzichten (f.
zeiben) drüden aus, daß man es förmlich und feierlich erfläre, und man
Das Aufgegebene nicht wieder aufnehmen wolle. Sonſt ſteht auch Verzicht
thun, leiften. — Sic ereiguen (für eräugen, gotb. Augjan, ahd.
augjan, araugjan, mhd. ougen, erougen = zeigen, vor Augen flellen
485
wirflich werden, befonders von folchen Veränderungen gebraucht, die vorzuglich
in die Augen fallen.) Sich zutragen (ſ. tragen) wirklich werden wider
DVermuthung oder Erwarten, wir mögen bie Urfache fennen oder nidt. Vor⸗
faften (f. fallen) fchnell und unvermuthet geſchehen Vorgehen (ſ. gehen)
allmälich gefcheben, befonders wenn e8 die Aufmerkjamfeit auf fich zieht. Ge⸗
ſchehen (f. dasſelbe) allgemein wirklich werden, von Naturveränderungen, wie
von Beränderungen dur Handlungen freier Weſen gejagt. — IH fage mid
103 von diefem Könige Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 1. Er ver⸗
ziege fih deB Lands. Aventinus, Ehronif 1580 BI. 116. Sind Hüon und
Amanda die getreuen probfeften Seelen nicht, die Oberon begehrt, jo mag fe
(Titanta) ihrer nur auf ewig fich verzeihen. Wieland, Oberon 8,68. Auf
alles irdifche But völlig verzichtend. Göthe, St. Rochnsfeſt. Sie war fid
ihres ernſten Vorſatzes bewußt, auf eine fo ſchoͤne edle Neigung Berziät
zu thun. Göthe, Wahlverwandticaften 1, 18. Kannft du mir zumutben,
daß ich auf mein wohlerworbenes Glück, auf die fchönften Rechte, auf dich ſo
geradehin Berzicht leiften ſoll? Dat. 1, 16. In denen (Wangen) alle
Ziehr und Ausbund fi eräugt. Opitz. Zur Rechten um die Wink ers
auget fih die Stadt, ©. Dad. Sollten aber fonft einige Mängel ih -
eräugen. Weichmann, Poefie der Niederfachfen 4. Vorrede. Bei dir ers
Augte fih die Sauftmuth. Daf. 2, 183, In wenig Tagen kann fich viel
ereignen. Schiller, Piccolomini 5, 3. Es kann fi zutragen, daß in
einem auch fornreichen Lande, wenn das Getreide nicht geratben ift, Mangel
und Theurung entitebt. Eberhard. Wenn wieder was vorfällt, Herr Kam
merherr, Sie willen, wo ich zu erfragen bin. Leſſing, Emilie Galotti 3, 2.
Auch drüben unterm Bald geht Schweres vor. Schiller, Tel 1, 4. Und
immer was Großes iſt drauf geſchehen. Schiller, Wallenfteins 7,
Nachgeben 1) nochmals geben, noch mehr geben; 2) fpäter ge
ben; 3) nachlafjen, die Kraft vermindern, oder gar aufhören laflen;
4) geringer fein; 5) ehwad, was ein Andrer will oder thut, geichehen
laffen, injofern man von der widerftrebenden Kraft abläßt oder feine
entgegenjeßt, wo fie erwartet wird, oder fogar Befugniß dazu da ilt;
6) (veraltet) zugeben, einräumen. Aus nachgeben erklären ſich
nachgiebig, Nachgiebigkeit. — Das Erdreich hatte nachgege-
ben unter dem Drängen und Treten der immer zunehmenden Menge.
Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 15. Die Barfen hingen jede an
einem doppelten aber fchlaffen Anferthaue, um dem anfchwelleuden
Strome nachgeben zu können. Schiller, Belagerung von Antwerpen.
Wir geben niht nach und marjdiren nit. Schiller, Wallenfteins
Lager 11. Ich Hab’, ich geb’ es nach, des Herren Bund verhöhnt.
Gryphius. — In welden Händen ließ ich ſolchen Schatz? Verzaͤr⸗
1) Im tranfitiven Sinn gebraucht noch Agricola (Sprichw. 693) das Wort,
fogar fhon mit dem eingefchobenen n: Wenn er (Bott) was ereyget als wolt
was darans werden, fo wirdt nichts darauf... Er fan auch wenig ereugnen,
vnd vill geben.
—
487
teinden, nadgiebigen Weiberhänden. Göthe, Eugenie 3, 2.
Wenn es (das Unglüd) mit Unterwerfung, mit Nachgiebigkeit
kam abgewendet werden, geben Sie nad. Schiller, Piccolomini
42
Gefaͤllig fein (ſ. gefaͤllig S. 238 und fallen) gern gegen den An-
dern etwas thun, was demjelben nach Wunſch und angenehm ift, und weiles
ihm angenehm ift. Nachſehen (f. fehen) etwas, was Jemand will oder
thut, gefchehen faflen, ohne es mit Strenge zu beurtheilen oder zu rügen oder
auch entgegenzuwirten. — Gefällig, Gefälligkeit, Nachſicht, nach—
ſichtig ergeben fih darans in ihrer Sinnverwandtſchaft mit nachgiebig,
Rachgiebigkeit. — Um fi der Regentin gefällig zu bezeigen. Schil⸗
fer, Abfall der Niederlande 4. B. Weder ihre Strenge, wodurch fie unfre
Meinnng meiftern will, noch ihre Gefälligkeit, mit der fie nnfre Neiguns
gen zu Tugenden machen möchte, konnte mir genugen. GEbthe, Meiſters Lehr⸗
jahre 6. B. Run, nun, fo fonnt’ es gehn und ftehen, wenn er euch unge:
führe fo viel von feiner Seite nachgefehen. Göthe, Kauft 1, 155. Alſo
das ift mir zuleht für die höchſte Nachficht geworden. Göthe, Hermann und
Dorsihen 9, 190. Die Aranzofen find gegen Fremde, die ihre Sprache zu
reden anfangen, nach ſicht ig. Böthe, Leben 11. 2.
Bergeben 1) von fih, an einen Andern geben: ein Amt, feine
Sand; 2) Alles weggeten durch Geben erſchöpfen; 3) einen Anſpruch
auf Genugthuung für Widerfahrenes zum Beſten des Schuldigen auf-
hören laffen, wodurdy dieſem aljo etwas wird; 4) einem etwas (Gift)
beibringen, was ihm das Leben nimmt (f. unten vergifteh); 5)
falſch, unrihtig geben: die Karten. — Berfprach er Ihnen nit den
erften Purpur, den Spanien vergeben würde? Schiller, Don Kar-
(05 1, 1. Prinz, Ddiefe Hand hat noch zwei koſtbare Geſchenke zu
vergeben, ein Diadem und Karlos Herz. Daſ. 2, 8. Hierdurch
aber vergibt er jenen hohen enge gar fehr, und am Ende be-
gibt er fich ihrer gänzlich. Göthe, Leben 14. B. Vergeben und
vergeffen ijt die Rache Des braven Mannes. Schiller, der Parafit 1,
2%. (3) vergebe mid mit Gift. Platen, rom. Dedipus 2, Die
Karten find nod nicht ganz vergeben. Schiller, Kabale und Liebe
Verzeihen (ſ. zeihen) dem, welchem die Verbindlichkeit zu etwas, was
wieder gut zu machen ift, zufonmt, diefes fo gar nicht oder nicht mehr ans
rechnen, daß deſſen nicht weiter gedacht werden folle. Begnadigen (äalternhd.
begnäden, ahd. k(g)inädön, k(g)inäden, gnäden, ganädjan, ganädigon, nıhd.
genäden, gnäden — guädig fein, Gnade haben, von Gnade f. &. 130)
zuerfannte (im Beſondern durch Urtheil nnd Recht zuerfannte) Strafe mit
wohlwollender Herablaffung erlaſſen. Schenken f. oben ©. 483. — Ich habe
hier nichts zu verzeihen; denn ich babe bier nichts übel gu nehmen. Leſ⸗
fing, Emilie Galotti 4, 6, Ich aber follte nicht Geduld mit meinen Brüdern
tragen? Dem nicht verzeihn, dem du vergibit? Geller. Ich Habe ihm
ie
verziehn, aber nicht vergeben. Göthe, zahme Kenien V. Das Saladin
den Tempelherrn begnadigt. Leifing, Rathan der Weile 1,2. Daß Eu
nur darım Saladin begnadet. Daf. 1, 5. Seid edel, und großberzig
fhenft einander die unabtragbar ungeheure Schuld. Der Siege göttlichfter
ift das Vergeben! Schiller, Braut von Meifina. FRE
Acht geben (ahd. ahta, mhd. ahte, davon achten, ahd. alti.
- ahtön, mhd. ahten, agf. ehtjan, altfrief. achtia, echta, altn. ſchwed.
akta, dän. agte 1) überhaupt die Sinne auf etwas richten, um es
ffar wahrzunehmen. — Wieder fo ein Spürhund, gebt nur At,
der die Jagd auf den Herzog macht. Schiller, Wallenſteins Lager 2.
‘Acht haben iſt ein anhaltendes Achtgeben. Aufmerken (ven mer⸗
‚ten, goth. markan, ahd. markjan, marken, merban für marban, mara-
chön, mhd. merk(ch)en, agf. mearkian, altn. merkia, engl. mark, von goth.
marka, ahd. marh(ch)a, marka, mhd. marke = Marke, Greuze, von Tat.
margo — Rand, nah Diefenbach von der Wurzel mar) die Sinne auf
etwas richten, daß es Mar und deutlich werden fol. Beobachten (von be,
ob ahd. oba — Über, auf im Raume) urfprünglich verharrend auf oder über
etwas achten ober Acht geben; dann Acht über oder auf einen Gegenſtand
haben, um ihm näher zu fein, d. i. ihn näher zu erkennen.
Aus—,2) bei—, daber—, dabin—, daran—, ein-, er—,
fort—, frei—, anheim—, ber—, berab--, beran—, berauf—,
beraus—, (f. S. 440), herbei —, berein—, berüber—, berum—,
berunter—, berzu—, hin —, hinab —, binan—, binauf—, hin⸗
aus—, binein—, hinüber—, hinunter—, binweg—, hinzu—,
los —, mit —, preis —, über—, um— (I. S. 348), unter —, vor—
(. S. 274), weg—, wieder—, zu — (ſ. S. 20), zurück —, zuſam⸗
mengeben bedürfen feiner weitern Erklärung. — Die größere Menge
fhrie nach. Taback, der denn auch um theuren Preis baufig ausge:
geben wurde, Göthe, Campagne in Frankreih 27. Sept. Eine
reichhaltige Münze, wer's verftcht, fie gut auszugeben. Schiller,
Näuber 1,1. Haftu ein tochter fo muftu gelt haben die tochter auß⸗
zugeben. 4. v. Eyb. Die Tochter unfers Herrn wird morgen aus-
gegeben (verheirathet), Wieland, Oberon 4, 88, (Er) gab ſich
als Erben aus von Frau Lingaren. Shaffpeare, 8. Heinrih V. 1,
2. Ab, ich höre dein furchtbares Seufzen, mit dem du zu Gott
ſchreiſt, Rache forderft und mid) der ewigen Rache dahingibit!
Klopftod, Meffias 5, 551. Ih gäb’ (mein Leben) dran mit aller
ı) Grimm (Gram. II, 260) ſagt: „Aus der Wurzel ah-an (moveri bewegt
werden) leiten fi aha (mens Seele, Geiſt), ahma (spiritus), Adum — ahadum
(spiritus Athem), ahta = ahada (observatio Beobachtung, Acht).“ Bader-
nagel fagt: »ahten vom lat. agitare ? vgl. tihter, trahton.e ine Wurzelver⸗
Benson mit lat. agere, agitare ijt nicht zu verfennen; fie zeigt fidh”aber and
n ahan.
2) Yu der Jägerfprache ift ausgeben — Laut geben: Ich hörte die Hunde
ausgeben.
489
Billigfeit. Shalipenre, K. Heinrich VL 2%. Thl. 3, 1. Nimm aafi-
freundlichen Rath, den die heilige Muſe mir eingab. Voß, die büs
Benden Jungfrauen 10. Hier geb’ ich. ihm zwei Stübchen ein. Gel-
fett. Welch Bold jeinen Hald ergibt unter das Joch des Königes
zu Babel. Luther, Bibelüberi. Jer. 27, 11. Am Ende werden wir
(Belagerten) fterben, oder und ergehen. Göthe, Götz von Berli-
dingen 3. Doch er bat unterthaͤnig, und da ergab fie fih. Bürger,
Entführung der Europa. Bon dem Grenel.und Heidenleben, dem ſich
Offizier und Soldaten ergeben. Schiller, Walenfteind Lager 8.
Deines vollen Herzens Triebe, gib fie kei im Klange frei! Ubland,
freie Kunſt. Was Ste thun wollen und koͤnnen, fei Ihnen anbeim-
egeben. Goͤthe, Meifters Wanderjahre 1, 12, Zu einem Schelm⸗
Aid follteft Du den Namen hergeben. Schiller, Piccolomini 5, 1.
An ihr iſt's jetzo, fih berabzugeben. Sciller, Zurandot 5, 2.
Die Ichöne bippofratifche Verfahrungsart, wodurch fi), ohne Theorie,
aus einer eignen Erfahrung, die Geftalten des Wiſſens heraufga—
ben. Göthe, Leben 11.8. Er gab die Anmerkungen zu der joges
nannten Frankfurter Reformation heraus, ein Werk, in welchem die
Statuten der Reichsſtadt gefammelt find. Dal. 2. B. Gib deinen
Trant herbei. Göthe, Fauft 1, 131. (Die Brieftafche) ward unter
en Zobpreifungen der Reihe nad herumgegeben. Göthe, Meift.
derjahre 2, 3. Dem Kummer bingegeben, brach mir bereits
der Blick. Bürger, an die Hoffnung. Was es auch ſei, verſetzte er,
der Berftand oder die Empfindung, das uns eins für das andere
bingeben, eins vor dem andern wählen heißt. Göthe, Meifters
Lehrjahre 6. Einmal entlaffen aus dem fichern Winkel des Herzens,
ihrem mütterlihen Boden, hinausgegeben in des Xebens Fremde,
gebiet fie (die That) jenen tück'ſchen Mächten an, die feines Menſchen
anft vertraulfih macht. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 4 Und
wenn Du ihn nicht losgäbſt, werde man ihn mit dem Schwerte zu
befreien wiffen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 17. Sie gaben did)
niht dem Vater zum Geleite mit, Göthe, Ipbigenie 2, 1. Dem
Menichen ift, zur Bilgerfchaft durch's Leben, ein Gottgefühl, ein Ruf
des Glaubens mitgegeben. Ziedge, Urania 1. Ich kann dir frei=
lih (bei deiner Berheirathung) nichts mitgeben. Gellet. Der
Bischof hatte feinen Pfarrern beimfich mitgegeben (befoblen), den
Luien das Lefen der Bibel zu erjchweren. auc Der Terzky hat
der Mutter Ehrenweine preisgegeben. Schiller, PBiecolomini 4, 1.
Und hätt’ er fich auch nicht dem Zeufel übergeben, er müßte doch
zu Grunde gehn! Göthe, Zauft 1, 93. (Er) wünſcht die Gnade zu
erhalten, Briefe von der Regentin Mutter übergeben zu Dürfen.
Schiller, Don Karlos 1, 3. War’s etwa fatjerlihe Majeftät, die ein
emachtes Heer ihm übergab? Schiller, Piccolomini 1, 2. Die
önigliche Verordnung wird der Belanntmachung übergeben. Scil-
480
ler, Abfall der Niederlande 2. B. Daß fle die Stadt den Franzoſen
übergeben würden. Dai. 3. B. Dem Major Geraldin iſt's über-
geben (aufgetragen). Schiller, Wallerſteins Tod 5, 2. Gott hat
neben ſich gefeget auch den Nächiten; wird verleget durch Den Dienſt,
der ihm gleich liebet, und den Nächten übergiebet (aufgibt, ver-
läßt). Logau, Sinnged. 774. Da nwgab von dem hohen Moria
ihn Schimmer der Opfer. Klopftod, Meſſias 1, 51. Papſt Clemens
bat einem großen römijchen Edelmann die ſämmtlichen Artilleriften unter-
geben. Göthe, Bew. Cellini 1,2. Mache keinen Verſuch Dttilien ſonſt
irgendwo unterzugeben, in neue Verhältniſſe zu bringen. Göthe,
Iverwandtichaften 1, 16. Da fähe man... . die Königstochter
—— jeder niedern Pflicht der Kleinen Wirthſchaft untergeben.
eland, Oberon 10, 12. Wenn ihm der Herr fünfzig Schritte vor=
gab, jo konnte er ihn mit feinen beften Nenner nicht einholen. Leſ⸗
fing, Minna von Barnhelm 3, 2. Der aͤrmſte Student (auf Der
Univerfität) dünkt fi fo viel wie der Graf und gibt diefem nichts
vor, Lichtenberg, polit. Bemerkungen. Die Andern wollten den
Blättern der Eſpen am Zittern nichts bevorgeben. Opitz, Schäf-
ferey ©. 52. Das Geſetz, das ich ihnen furgegeben habe, ver-
laffen fie. Luther, Bibeluͤberſ. Jer. 9, 13. Mit einem leichten Wört⸗
lein, ehe Blut geflofien ift, denkſt du die befte Stadt aus Franfreichs
Herzen wegzugeben? Schiller, Jungfr. v. Or. 1, 5. Bald iſt's
vorüber, und der Erde geb’ ich, der ew’gen Sonne die Atome wie-
der. Daf. 3, 6. Mein Volk mag wählen, ich geb’ ihm feine Ma-
jeftät zurüd. Schiller, Maria Stunt 4, 9. Ich follte nun, wie
ein weichherz’ger Vater, was ſich gern hat und liebt, fein bürgerlich
zufammengeben? Schiller, Wallenſteins Tod 3, 4.
Anm. Die Participien geftatten noch andere — 3. B. Ihm
ehörte daher die geſetz geben de Gewalt allein. J. Paul, Heſperus 11. Wel⸗
She Haupt ihm gefället” um das flicht er mit liebender Hand jebt den Lorbeer
und jet die Herrfhaftgebende Binde. Sciiler, das Glück. (Daß man) ibm
alfo wohl eine ratbgebende Stimme in unferm Ausfchuß zugeſtehen kann.
Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 42. (Daß fich) ein tbeilnehmendes uud theil⸗
ebendes Weſen hervorthat. Göthe, Meiſters Wauderjahre 2, 5. — Heil dem
Önige, Heil dem Gottgegebenen! Klopftod, für den König. Berlajjet num
des Gefanges frendungebnen Pfad. Göthe, Fauſt 2, 185. Ind nicht fern
mehr lagen die nartenumgebenen Sänfer. Göthe, Hermann uud Dorothea 5,
4149. Des aefahbrumgebnen Weibes. Goͤthe, Eugenie 4, 2. Die Fremde,
Schlehtumgebne, Mißempfohlne, fie könnte frohen ftolzen Troſt empfiuden.
Daf. Am Rande des nahtumgehnen Dreand. Daf. Dem filberhaarigen tha⸗
tennmgebenen Greife SKlopftof, mein Vaterland. — Schon im 16. Jahrh.
beißt es: rail gekann Fifchart, Gargantua 5.308. Bey feiner hand⸗
gegebenen trewen. Hug, Rhetorica, Tübingen 1528. Ste.
Ergeben (Parcip. Präter.) freiwillig oder unfreiwillig einer frem⸗
den Macht unterworfen, aus Rückficht fruchtlofen Widerfiandes. Er-
gebenheit — das leidentlihe Berhalten, daß man ergeben ift, es
mag nun dies freiwillig jein oder nicht. Ergebang deutet darauf
491
bin, daß dies freiwillig geflhehe, mit der ſtaͤrkern oder ſchwaͤchern Hoff-
nung eines guten Ausgangs. — Die fpan’jchen NRegimenter, die dem
Kaifer ergeben, zu entwaffnen. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 5.
(Da) kam Thoas dir, ald einer Gottergebnen, mit Ehrfurcht und
mit Neigung zu begegnen. Göthe, Iphigenie 1, 2. Ich komme voll
Ergebenheit. Göthe, Kauft 1, 93: Was unabänderlich und wirf-
in da if, trägt fie mit Ergebung Schiller, Wallenfteins Tod
2.
Gelafien (i. laſſen) mäpig bei (angenehmen wie unangenehmen) Ems
pfindungen und Gemäthöbewegungen, überhaupt bei allem, was das Gemüth
außer Faſſung bringt, es mag gegenwärtig fein oder bevorftehen. Davon
Belafjenheit. Geduldklahd. kidalt, gadakt, dultt, dult, altſ. githuld,
mhd. gedulde, gedult, dulde, dult) und gedaldig (ahd. daltic, gadultic,
mhd. gedultee, gedultic, agf. dhyldig, beide von dufden ahd. dultön,
dultjan, daltan, thulten, mhd. dulten, dieſes von goth. thalan, ahd. th(d)o-
lön, th(d)olen, th(d)oljan, mhd. doln, agf. tholjan, altn. thola, engl. thole,
ſchwed. tola, dän. taale, vgl. fanffr. tul, fat. tollere, tolerare, gr. rulag,
rlar) haben den Grundbegriff eines, in Erwartung des Ausganges willigen,
ruhigen Verharrens unter etwas, was uns befchwert, mit der ausdrüdlichen
Beziehung auf die mit der Mäßigung der Empfindungen verbundene Mäßi⸗
gung der Begierde, von dem gegenwärtigen Uebel frei zu werden. — Seine
gelaſſene Außenfeite ficht gegen die Unruhe meines Charakters fehr ab,
die fich nicht verbergen läßt. Göthe, Werthers Leiden 1. Du findet mic,
o Fürſt, gelaffen flehn vor einem, den die Wuth ergriffen hat. Göthe,
Zaffo 2, 4 Du eileſt mit gelafi’nem Muth zur Mühle. Göthe, der
Junggeſell und der Mühlbach. Wenn die Geduld gelafien fih an bie
Hoffnung ſchmiegt. Salis. Die Gelaffenheit wird in großen und aus
baltenden Uebeln zur Geduld. Geller. Fahr' hin, laumherzige Gelaſ⸗
fenheit! Zum Himmel fliehe, leidende Geduld! Schiller, Maria Stuart
3, 4. Drum that der arge Stier fehr zahm und fehr geduldig. Bürger,
Entführung der Europa.
Begebenpeit und das feltnere Begebniß — was fich begibt
(f. oben S. 485), im Bejondern mehr die einzelne (wirklich werdende
oder gewordene) Veränderung, vorzüglich wenn fie bedeutjam if. —
Er fing nun an, feine eigene Geſchichte durchzudenken; fie ſchien
ibm an Begebenheiten jo leer. Göthe, Meiſters Lehrjahre 8, 1.
Zu dem erjchütternden Begebniß gefellte fih mun die ahnungsvolle
Gegenwart. Göthe, Meifters Wanderjahte 2, 5. Zumalen ich dei⸗
nes Lebens kuͤnfftige Begebnüffen beyläuffig ſehe. Simpliciffünus
1, 12.
Geſchichte (I. geſche hen) eigentlih was gefchieht, dann in engerer
Bedentung Subegriff alles des in der Belt Gefchebenen, auch Erzählung bes
Geſchehenen. Ereigniß (ahd. araugnissi, araugnissa, |. oben ©. 486)
eigentlich das Vordieaugentreten, das Offenbarwerden; dann was geſchieht,
492
indem es uns bemerkbar vor die Sinue tritt und fo wahrgenommen werden
kann, anf welche Beitimmung Begebenheit nicht hinweiſt. Vorfall Ci.
fallen) was plöplich und unerwartet gefhieht, oft mit dem Rebenbegriff
des Hindernden und Störenden. Zufall was unvorbergefeben nud wuab«
fichtlich , aber zugleich plöglich gefchieht. Vorgang (f. geben) was pldg-
lich geichieht. Abenteuer vder Ebenteuer (vom franz. aventure. avan-
ture, Died von mittellat. aventura für adventura — was zulommt, und
eventura — was geſchieht; davon, vielleiht an Abend angelehnt, ahd.
ofentiar, ihd. abentewr, ebinture, aventiure, dan. aeventyr, evcntyr,
ſchwed. äfwentyr, bei Harsdörffer, Gefprächipiele Nürnberg 1617, 7, 64
.* abendtheurlid) ungewöhnliches und auffallendes Greigniß, beionders
wenn gegen dasfelbe der Menſch, injofern er es als hindernd in feinem
Birken anfiebt oder in feiner Bekämpfung Ruhm zu gewinnen hofft,
in fühn gewagtem Unternehmen auftritt; dann die Handlung in einem
ſolchen Greigniß, auch die Erzählung desfelben, ja die abentenerliche
Perſon ſelbſt. — Welch gräßlihes Ereigniß! Schiller, Tell 4, 3.
Durch ein wildes Freudeſchießen wurde der große Vorfall der belager-
ten Stadt verfündigt. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Doch hätt’
auch gleich ein Zufall der Natur fie hingerafft, wir hießen doch die Mörs
der. Schiller, Maria Stuart 1, 8. Er war, obgleich zufrieden über die
Unfchuld der Borgänge, doch noch einigermaßen zweifelhaft. Gothe, Leben
4.8. Sie reinigten von Ungeheuern die Welt in kühnen Abenteuern.
Schiller, Kampf mit dem Drachen. Da fit das Abenten’r mit weiten
Aermeln da, der König Hafenfuß! Göthe, die Mitjchuldigen 1, 1.
Untergebener (Parcip. Präter.) ift im Allgemeinen der unter
eined Andern Befehl Stehende. — Eine neue Macht, die mir nicht
untergeben je. Scdiller, Piccolomini 2, 7.
Untertban (mhd. dör undertän, von unterthun, ahd. untartuon,
mhd. undertuon, dies von thun, ahd. tuo(a)n, duo(a)n, toan, tôn, mhd.
t(th)uon, duon, älternhd. tuen, altſ. duan, agſ. don, mittelniederl. t(d)oh,
dün, engl. do, niederſ. doon; vgl. gr. redivaı — ſetzen) eigentlich unter
"etwas (einen Andern) gebracht; dann überhanpt unter Jemandes Befehl ges
ftellt; in engerer Bedeutung: im Rechtsverhältniß der Pflichtigkeit gegen eine
gerichtös, grunde, lehns⸗, zebentherrliche oder auch Tiberhaupt gerichtsbarkeit-
lie Obergewalt ftehend. Unterjaß (mhd. der undersseze, .niederd. un-
dersate, f. figen) tft eigentlich der unter dem Berbältniß der Lehenspflicht
Seßhafte, dann überhaupt f. v. a. Untertbau. Hinterfaß (mhd. dör hie-
dersaeze) der unter dem Genuß einer Schupherrlichkeit Seßhafte und dafür
Lehnds und Dienftpflichtige. — Der es that, war Eures Könige Unter—
than, ein Franke. Schiller, Maria Stuart 4, 1. (Der Kaifer) wird um
fo viel Unterthanen ärmer! Schiller, Piccolomini 1, 2. Sie (die Für⸗
tin) übertrifft die Unterfaifen an Hoheit, Tugend und Geitalt. Hoff⸗
mannswaldau,. Bed. 2, 102. Sie fhhlingen der Güter reichliche Früchte zus
fammt den Unterfaffen hinunter. Göthe, Reineke Fuchs 10, 399. gwar
493
Rarb er euch, doch blieben euch des Edlen Htinterfaffen (Kobebues Nach⸗
treter). Platen, die verhängnißvolle Babel 2.
Geber (ahd. k(g)&bo, kig)öbäri, mhd. gebe, gẽber) Geberei,
Gebung (mhd. göhunge) find einfah (Gebung jelten) und in
verichiedenen Zuiammenfegungen gebräuchlich; Angeberei, an—, ge⸗
feßgeberifh. — Der Anblid des Gebers ift, wie die Gaben,
erfreulih. Göthe, Hermann und Dorothen 7, 26. Es muß rei-
nd fein, als uneigennügige Geberin angebetet zu werden. Göthe,
Meiſters Lehrjahre 1, 1. Mit den Einflüffen diefer Sitten und Ge-
bräuhe ging es vor der Gebung des Geſetzes doch auch allzu weit.
Klopftod, Gelehrtenrepublil. — Die Angeber des Geſchmacks.
Meipner. Die Stimmangeber in Deutichland. Platen, rom. Oe—
dipus 5. Umglänzt von des Freudengebers (Helios) Golde. Col-
Im. Ich muß bin zu der Freudengeberin. Gödinge Welcher
(Mann) Gaftgeber zum Weidenhofe geweien, Göthe, Leben 2-8.
Uebel, die fih den Geſetzgeber am dringendften daritellten, auf
die er aljo bei feiner Geſetzgebung vorzüglid Nüdfiht nahm.
Schiller, Lykurg. Du, ein Guell aller Befeligung, Herr, Heil-
geber. Klopftod. (Adam) ward Vater und Lebengeber derer,
die fein Bild trugen. Herder. (Er) mußte nachfihtig fein ald Her-
ausgeber. Göthe, Tag- und Sahreshefte 1795. Die Zröiterin,
die Muthgeberin, Die Bejänftigerin, die Hoffnung. Herder. Die
Rotbwendigkeit ift der befte Rathgeber. Göthe, Tag- und Jah—
reöhefte 1794. Hier muß die Sprachähnlichkeit wenigftens ihre oft
geftagte Rathgeberin fein. Klopſtock, Gelehrtenrepublil. Die
Götter ſandten ihm den Schlaf, den Ruhegeber. Herder. (Sie) flehte
darauf in den Tiefen der Seele zu dem Sündenvergeber. Klop—
tod, Meifias 12, 450. Ihr Tongeber eines Heinen Zirkels. H.
P. Sturz, über ein Paar alte Münzen. — Ich übernahm ihn (den
Auftrag) mit Er en Göthe, Meifters Lehrjahre 7, 5. Wüß-
teft du, welcher Geduld Beilpiel wir haben, ach, welcher Gottes—
ergebung! Klopftod, Meifins 12, 590. (Mein Gemüth wollte)
durch wahre Theilnahme zur Hingebung angeregt fein. Göthe, Xe-
ben 14. B. (Er) hatte bei jo guter Koft umd fo angenehmer Um-
gebung den vorhergegangenen Schreden vergefien. Göthe, Meifterd
Banderjahre 1, 4. (Wie fie) um — bat. Daſ. 1, 8.
Mahleriſche Farbengebung war zu gleicher Zeit mein Augenmerk.
Goͤthe, Tag- und Jahreshefte 1790. Die Zunft fchlägt auch, ob—
wohl ohne Maßgebung, vor. SKlopftod, Gelehrtenrepubli — In.
der wir fpäterhin die heftigften Angebereien und Verhetzungen er-
lebt haben. Göthe, Leben 12 B. Diefem neuen gejepgeberifchen
Acte gegemüber. Augsb. Allg. Zeit. 1850 Nr. 57.
be (gebe, ahd. käpi, mhd. gibe und gaebe), eigentlich was
gegeben werden kann, jo DaB es angenommen wird; dann überhaupt
494
häufig vorfommend im Gebrauche, nur in Verbindung mit gäng,
früher mit genehm, genähm (f. S. 33). — Ob auch dergleichen
äng imd gäb wäre Göthe, St. Rochusfeſt. Geng und geb.
ihart, Gargantua ©. 412. redgeb. Dal. 31.
Anm. Gäbig (d. i. gäbe) if veraltet. — Daß du und das Gäbige
vor dad Umgäbige, und das Ungäbige vor das Gäbige eg Sims
pliciffimus 5, 24. — Bir find ehbrgebiger, weil wir ehrfüchtiger find. Unge⸗
nannter bei Campe.
Gebbar, angebbar, Angebbarkeit find felten. — Zwiſchen den
elegten Steinen fand ſich feine angebbare Berjchiedenheit der Be—
andtheile Gilbert.
Giebig, —igfeit (Volksſprache), gebräuchliher ergiebig (ober—
deutih ausgiebig) — an Erzeugniß viel aus aus fich gebend, oder
woraus man viel Erzeugniß erhält. — Gute und gibige Hallen.
Mon. bocc. 24, 409 vom 3. 1356. Die Entrichtung beitimmter
Giebigkeiten (Kanzleiftyl für Abgaben). Jen. Literaturzeitung.
Man würde bei einigem Nachgraben vielleicht ein ergiebiges Lager
in der Tiefe finden. Göthe, Wahlverwandtfchaften 2, 11. Auch ift
feines Reichthums Quelle weit ergiebiger. Leffing, Nathan d. W.
2, 3. Mein Aufenthalt zu Wetzlar war zu einer ſolchen Unterhaltung
nicht ausgiebig genug. Göthe, Leben 12. B. Zu dem Gegen
- ausgibiger Ernten. I. Grimm, deutjhe Grammatik 3. U. 1. Thl.
Borrede XI.
Fruchtbar (mhd. vruchtbör ftatt vruchtbaere, f. bar S. 47) eigents
lich organijches (den Pflanzens und Thierreich angehöriges) Erzeugniß here
vorbringend; dann überhaupt Erzeugniß (im Befondern viel) aus fich hervor⸗
dringend. Reichhaltig (f. Halten) des Stoffes, oder was man fo ans
fieht, in beträchtliher Menge enthaltend. — So bleibt der Boden troden
und frudtbar. Göthe, Ph. Hadert Liperi 24. April. Eine Nation, die
fih einer eben fo reichhaltigen epifchen als Iyrifchen Kiteratur zu rühmen
bat. Platen, das Theater als Nationalinftitut.
Nachgiebig, —keit mit ihren Synonymen f. oben S. 486. 487,
Freigebig, — keit, gern und reichlich gebend, ed mag Gutes
oder Böjed fein, und der Empfänger das Gegebene bedürfen oder
nit. — Freigebig ift der mit feinen Schritten, der kommt von der
Kae Sped zu erbitten. Göthe, ſprichwörtlich. Alles dieſes erhielten
wir durch die greigebigfeit unſeres Bauherrn. Göthe, Wahlver-
wandtichaften 1, 9.
Gutthaͤtig (ſ. gut S. 454 und thatig) geneigt, dem Andern Gutes
zu thun, mit dem NMebenbegriffe, daß er dadfelbe bedarf. Mildthätig (f.
mild) thätig aus Milde, d. i. geneigt, Andern Gute zu erweifen and
Weichheit des Gemüthes, alfo anf eine Liebreiche, erfreuliche Weiſe und reich»
lich Wohltbätig (f. wohl) thätig, am das Wohl eines Andern zu färs
dern. — Sie find fo freundſchaftlich, ſo gutthätig, fo voller Vaterlande⸗
295
fiche. Leſſing, Eruft und Fall 1. Von der Barmberzigkeit mildthät'ger
Menfchen lebend. Schiller, Tel 2,2. Wohlthätig, beilend, nahet mir
der Tod. Schiller, Maria Stuart 5, 6.
Anm. Sinnverwandt mit freigebig iſt das gebſchnitzig der Volksſprache,
das wol mit Schnitz, Schnitzel zufammenhängt.
Geblich ift niht im Gebraud), wol aber an —, vor —, ver—
geblich (mhd. vergäbenlich). — Jede wirkliche Größe ift durch eine
Zahl angeblich. Kant. Der angeblich geftohlene Leuchter war
nur verbrannt geweſen. Berlepſch. Daß ich in‘ feinem Kerzen eine
vergebliche Hoffnung nähre. Göthe, Egmont I. Die Felfenflippe,
die der Strandende vergeblich ringend zu: erfaflen ſtrebt. Schiller,
Maria Stuart 3, 4. Doch traue nicht, bald folgt der Neid und
macht aus der Gejchielichkeit ein unvergebliches Verbrechen. Gel-
let, der Tanzbaͤr.
Bergebens (ahd. fargöbono, mhd. vergäbene und vergäbenes), ein
genitinifches Adverbinm, bedeutet: ohne Berwirklichtwerden einer Abfiht. Das
Adjectiv vergeben im Einne von vergeblich Hat fih Tange erhalten,
fheint aber immer wehr außer Gebrauch zu kommen. Iimfonft f S. 169.
— Man fpriht vergebens viel, um zu verfagen; der Audre hört von als
lem nur das Rein. Göthe, Iphigenie 1, 8. Suche nicht vergebne Hei⸗
lung! Göthe, fprihwörtlih. (DO laß und) vergebne Worte nicht bedenk⸗
lich wechſeln! Göthe, Gugenie 4,1. Es it die Sorge Eures treuen Hers
jenes, Die Euch vergebne Schreenifie erſchafft. Schiller, Maria Stuart 1,
6. Schad' um die treuen Mühen, die vergebnen! Rückert, gef. Ged. 1,
127. Ich will die Pfeile nicht umfonft verfhießen. Göthe, Egmont 1.
(Du) ſollſt niht umfonft in meine Macht gegeben fein. Schiller, Wallen-
ſteins Tod 8, 18. ch erbeitet vergeblich, vnd brachte meine Krafft vmb
font vnd vnnützlich zu. Luther, Bibelüberf. If. 49, 4. i
Babe (goth. giba, ahd. köpa, géba, mhd. gäbe, gäbe, agf.
giſu) eigentlich was gegeben wird; im ebeliten Gebrauch für Gefchent;
im engern Sinne dasjenige, was man den a gibt, — O
wohl dem hochbeglüdten Haus, wo das tft Heine Gabe! Göthe,
der Sänger. Andere ziehn frohlodend dort ein mit den Gaben der
Ferne. Schiller, Spaziergang. Im Wonnetaumel thut mein Mund,
du Geber, deine Gaben fund! Bürger, Dantlied.
Beiden? di. ſchenken S. 483) allgemein etwas an einen Andern uns
entgeltiich zu eigen Gegebened. Spende (ahd. spenta, mhd. spende, au
mittelad. spensa d. i. dispensa, spenderfe d. i. dispendere = austheilen,
gr. Irirdesr) bezeichnet zunächft die Handlung des öffentlichen Austheilend
von etwas, befonders von Almofen, dann das in diefer Weiſe Mitgetheifte.
— (Gerichtärath:) Empfange noch ein herzlich Lebewohl und eine frifche
Gabe, die auf langer Fahrt beflommuen Reifenden Erquidung athmet. (Eus
gemie:) Sch nehme dein Geſchenk mit Freuden an. Goöthe, Gugenie 5, ©.
496
Auch er Tief den Berbeiziehenden mancherlei Spende reichen. Göthe, Leben
3.8.
Abgabe 1) die Handlung des Abgebens ; 2) das von dem Sei-
uigen an die Obrigkeit Abaugebende, zu Entrichtende. — (Er beſchleu⸗
nigte) die Abgabe des väterlichen Empfehlungsichreibend. J. Paul,
Titan 31. Die Abgaben waren gering. Göthe, St. Rochusfeſt.
Auflage (ſ. liegen) ift die von der Obrigkeit, oder dem, ber bie
Macht hat, auferlegte Abgabe. Aufgaben und Abgaben heißen Laſten (f.
laden), infofern fie von dem, der fie zu entrichten bat, getranen werben
mäflen,, befonders infofern fie befchwerlich oder drädend find. — Alle Aufs
lagen follten fie gleich den Übrigen Bürgern tragen. Schiller, Abfall der
Niederlande 4. B. Unſer einer bat’s halter gut in »cher Herren Länder,
ihr Joch iſt fanft und ihre Laften find leicht. Schiller, die Flüſſe.
Ausgabe 1) die Handlung des Auögebens; 2) dasjenige, was
ausgegeben wird: des Geldes, eines Buches; 3) die über ausgegebenes
Geld geführte Rechnung. — Manche Summe, die ihnen zu willfür-
fihen Ausgaben übrig blieb. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 47.
Für das überfendete Exemplar zweiter Ausgabe danke zum ſchönſten.
Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 290. Und was ein Anderer gewann,
fi als Verluft in Ausgab' brachte (berechnete). Wieland.
Auflage heißt die Ausgabe eines Buches, inſofern das zu druckende Bach
anf die Preſſe gelegt und abgedrudt wird. — Rah dem Beiland der Auf
fage, die bei mir liegt und bei dem biefigen Buchbinder noch reſtirt, müs
ten etwa noch hundert und achtzig (Exemplare) in Weimar fein. Schiller,
Briefw. mit Göthe 2, 200.
Mitgabe ift das Jemanden als Eigenthum Mitgegebene, bes
ſonders das bei einer Verheirathung von einem Xheil dem andern
Zugebrachte. Mitgift ift nur eine andere Form (I. unter Gift).
Brautgabe (ahd. prütik&pa, brutigäba, mhd. brütgäbe, f. Braut
©. 419) ift urfprüngli das von dem Manne der Braut un Geld
und Gut Zugebrachte, welches die Heirat bedang; ſpaͤterhin audy Das,
die Braut dem Manne an Geld und Gut mit in die Ehe bringt.
Dos von Voß gebrauchte Bräutigamsgabe iſt felten. Morgen-
gabe (abd. morgangeba, altn. morgungiöf, mhd. morgengebe,
morgengäbe ') eigentlid) das anfehnlihe Geichent, das der Mam
am Morgen nach der Brautnacht der Braut gibt, gleichviel ob vorher
bedungen oder nicht; nhd. auch Das mit in die Ehe Eingebradhte, --
So fann man den Traum, wenn auch nicht unmittelbar von oben ge⸗
gebene, doch als eine göftlihe Mitgabe, einen freundlichen Begleiter
1) Morgen it goth maürgins, ahd. morkan, altf. morgan, agf. mbd. dän.
morgen, altn. morgun, altfrief. morn, neufrief. moarn. Grimm d. Myth. 2.
A. ©. 709 vermuthet einen mit Anbruch und Brechen des Tages verwandten
Begriff, weil das goth. gamatırgzjan [hueiden und kürzen ausdrädt.
497
anf der Wallfahrt zum heiligen Grabe betrachten. Novalis, H. von
DOfterdingen 1, 1. Daß er bei ihrer Zochter feine Mitgabe fid
verfprechen müßte, fie befäme eine Austattung und wetter nichts.
6. 2. v. Klenke, Lebensbeichreibung der Dichterin A. 8. Kari.
Welche fi) Neleus wegen der Schöne vermählt, nach unendlicher,
Bräntigamsgabe. Voß. Da haft du die Mitgift! Bürger,
Lenardo und Blandine. Wenn Ehre zu verlegen war, fo, fürcht' ich),
ftand eine größ’re auf dem Spiel, als mir Kaftilien zur Morgen-
gabe brachte. Schiller, Don Karlos 4, 9. jr morgengab, jo jr
ie gemabel gegeben hat. Hug, Rhetorica Tübingen 1528 BI. 166,
(Das Gut) iſt vnuerpfliht, vnuerwidmet, vnuermorgengabt.
Dat. Bi. 171.
Mablſchatz (ahd. mahalscaz, mhd. mehelscaz, nieverb. mälschat, aus
ahd. mahal — Gerichtsflätte, öffentliche Verlobung, Chevertrag, und goth.
skatts, ahd. scaz, mhd. schaz, schatz, altn. skattr, agf. scoet, sceat,
mittelniederd. schat) eigentlicd) das Unterpfand gegenfeitiger Liebe und Treue
bei der Eheverſprechung, vorzugsmweife der Braut: oder Verlobungsring; dann
überhaupt das bei einer Berehelichung von einem Theile dem andern Zuges
brachte, infofern es Geld oder Gut betriffl. Brautſchatz (mhd. brütschaz,
niederd. bruttschatt) urfbränglich der an den Vater, oder, wenn berfelbe ges
Rurben war, an den Bruder over Bormund der zu eheligenben Jungfrau oder
Wittwe für diefelbe gezahlte Kaufpreis, der dann wahrfcheinlidh der Braut nie
GBelpmitgabe in die Ehe zufam; dann allgemein fo viel als Mahlſchatz. Heiz
tatsgut — das durch die Heirat dem andern Theile zugebrachte Vermö⸗
gen. Die Ausftattung und die Ausſteuer beveuten das, was an häns-
liher Gintichtung und Leibbedarf mit in die Che gegeben wird, alfo das Hei⸗
ratsgut davon geſchieden und nicht mitgerechnet. Ansitattung erinnert
an mihd. steete ze wibe geben d. i. zur Ghe, mit feſtem Beharren, geben;
Ausfleuer hat den Grundbegriff des Unterftägens (mhd. stinren = feuern,
unterflügen, zum befjern Beitehen verfehen). Ausftaffierung (aus ital, stuffare,
franz. estoffer) tft eigentlich die Berfehung mit Stoff, dann allgemeiner (bes
fonbers in der Bolfsiprache) ſo viel ale Austattung. — Jede der Jungfrauen
teng in dem zierlichen Körbchen ven Mahlfchag, wie es die Sitte gebot.
- Blaten, d. Bifchermädchen in Buranv. Detavius Farneſe erhält mit- ihrer
Berfon die Herzogtbümer Parma und Placenza zum Brautſchatz. Schiller,
Margaretha von Parma. Daß dem Mäpcen eine Ausftattung gereicht
werden fann. Göthe, Egmont 2. Zuerſt alfo beſchloſſen die guten Alten bie
Heirat, dann fingen fie an vum Heirathsgute zu ſprechen... Wehe
dem Hanne, der fih an der Mitgift feiner Braun erholen will! ..... Aber
wißt nur, das Mädchen foll mein fein, und die Ausſteuer mag ener blei⸗
ben. Gõthe, Benvenuto Eellint 1, 1.: Daß du dein Abbild ausflaffirt
mit Allem, was die Schönheit ziert. Bürger, das Mädvel das ich meine.
Anm. Die Boltsfprache hat Hier und banoch bie Hil ichsg abe, von hiuleich;
kileich = Bermählung, Heirat; von afd.hiwan, mh, hiwen, hijen = in den
32
498
— — — — — —
Hausſtand treten, fich verehelichen (agſ. hiwa, altn. hion — Familie, uihd. hiwe
— Gemahl) nnd goth. läiks, altn. ſeikr, alth. leih, mhd. leich = Spiel; goth.
läikan — ſpringen, ſpielen; altn. leika — ſpielen, mhd. leichen, nhd. (Bulfe-
ſprache) laichen.
Zugabe, was dazu, Beigabe, was dabei gegeben wird. — Daß
er die Freundlichkeit der Braut als eine dankenswerthe Zugabe mit
Behaglichkeit aufnahm. Göthe, Wahlvermandichaften 2, 10. Dieſer
Menſch war eine traurige Zugabe zu ihrem eingejchränften Leben.
Göthe, Meifters Lehrjahre 7, 4.
In gewiffem Sinne find mit Zugabe verwandt Zuwage (f. ©. 132)
Zutbat und Beilage — Wenn du uns Fünftig ein Dugend Worte heul,
fo gib uns ein Dugend Gedanken ald Zuwage. Blaten, Schap des Rhamp⸗
finit 3. Dann geb’ ich dir Volqueſſen, Touraine, Maine, PBoitiere und Anjou,
diefe fünf Provinzen, mit ihr zugleich, und dieſe Zuthat noch, Baar breißig>
taufend Mark engländifh Gold. Shaffpeare, K. Johann 2, 2. (Einem weit:
läufigen Brief) war eine kurze Nachfchrift hinzugefügt, nebft einer Beilage
von der Hand eines Gehülfen. Göthe, Mahlverwandtfchaften 1, 2.
An—, Auf-, Gegengabe u. a. find aus folgenden Beijpielen
flar. — (Ex) hielt fi beionders an die neueften mit dem gegenfeiti-
gen Stande der Himmelslichter übereintreffenden Angaben. Götbe,
Meifters Wanderjahre 3, 15. Sein Brief war ohne Ortsangabe.
Campe. (Er fand) eine bedenflihe Aufgabe. Göthe, Meifters
Wanderjahre 3, 3. Ihr habt, fo fprach er, feine Ausitellung, alſo
auch wohl feine J— Daſ. 2, 9. Wenn ſie nicht ſieben
Potentaten (nemlich deren elendeſte Kupferſtiche) begleitet hätten, als
Dareingabe. J. Paul, Siebenkäs 6. Die nehm’ ih an zur Ge—
gengabe. Pfeffel, der Phönig Ihn beichäftigte die nähere Betrady-
tung derjelben (Disputation) und manche Vorbereitung zu eiuer kinf-
tigen Herausgabe. Göthe, Leben 12 B. Rückgabe geboten fie
der Koftbarfeiten und Schätze. J. v. Miller, Er hatte darauf ge
wußt eine Uebergabe von Mainz zu bewirken. Göthe, Kampagne
in Zranfreih Trier 29. Det. Wo die Mebergabe der Zürftenbraut
vorgeht. 3. Paul, Heiperus 9. Ich beichwichtigte fie mit eimigen
Borgaben des Nachtiſches. Göthe, Leben 17.3. Um Wieder:
gabe jener Ländereien. Shakeſpeare, Hamlet 1, 2. — Aus beiden
Iprach ein Mann von fehr großem Scharfſinn und der feinften Beob-
achtungsgabe. Schlichtegroll. (Daß er) die Bildungsgabe, die ihm
angeboren war, mit funftgemäßer Faſſung benugen möchte. Göthe, Leben
14. B. So werden Gie Big und Erfindungsgabe dem leicht-
fertigen Knaben nicht abſprechen. Göthe, Meifters Banderjahre 1,9.
Der Hochfelige hat immer groß gedacht von Eurer Gnaden fürtreffli-
hem Berftand und Feldhberrngaben. Schiller, Wallenſteins Tod
1, 5. Wegen Prüfung folder Geiftesgaben. Göthe, ital, Reife
Neapel 26. Mai 1787. Auf die der Kaiſer, allen guten Böhmen zum
”
499
Aergerniſſe, Gnadengaben häuft. Schiller, Picc.1, 2. Es if eine rechte
Gottesgabe um emen weilen und Killer ie Freund. Schiller,
Briefw. mit Göthe 4, 377. O eine edle Himmelsgabe ift das
Licht des Auges. Schiller, Tell 1, 4. (Laßt und euch) von Lan—
desguaben, zum Lebewohl, Erguidungsvorrath widmen. Göthe, Eur
genie 4, 3. Rah Mapgabe der Krankheit. Schiller, Briefw. mit
Göthe 5, 209. Die Nahahmungsgabe des Menjchen ift allges
mein. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 12. Wie ich nun über dieſe
Raturgabe nachdachte. Göthe, Leben 15. B. Und nicht Gelübd'
und DOpfergaben führen die Tlüchtigen und zurüd. Heydenreich.
Ihre Jugend ift kräft'ge Rednergabe ohne Wort. Shekſpeare, Maß
für Maß 1, 3. Jeden Borzug des Körpers verband ſie noch mit fo
mancher Seelengabe. Meißner. Da fab er die Silbergab’
au Pobaltiich niederrollen. Sonnenberg. Sprachengabe beſaß er
in hohem Grade. Göthe, Leben 14. B. Durch VBerräthergaben.
Shafipeare, Hamlet 1,5. Eine folhe Wechſelgabe wäre einer fol
hen Mutter und Freundin würdig. 3. Paul, Zitan 58. (Weil Gott)
wit hohen Wundergaben fie gefegnet. Schiller, Jungfrau von Or⸗
leans Prolog 2. J
Gabenfreſſer, —herr, — u. a. — Sie drängten mid
zum gabeſeligen Munde. Göthe, Elegie. Solches bewahrend im
Geiſt, ihr Könige, Gabenverſchlinger. Voß. Und weil an vil
orten die Viſcher jre Eunden oder Gabkauff auffer Lands haben,
Landord. von 15583 bei Schmeller 2, 9.
Gaben (ahd. göbön, geben, mhd. göben — einem ein Ger
ſchenk machen, ihn begaben) ift wenig, mehr find begaben und ver-
ausgaben im, Gebrauch. Davon Begabung, Berausgadung.
— Kein Pilger, der hicht auf dem Altar ein frommes Opfer gabte.
Dfeffel. Dann ſollſt du mid) fnieend fehen vor jener Gottheit, Die
mich fo begabte. Göthe, Taffo 2, 3. — Allbegabte Pandora
ward fie genannt. Voß. Ziehe des heiligen Eurotas frucht begab—
tem Ufer immer auf. Götbhe, Fauſt 2, 181. Nun aber, nun ver-
fannt’ er weiter nicht den glüdbegabten Götterfohn. Bürger.
Dem gottbegabten Greiſe. Göthe, Eugenie 5, 7. Der bod-
begabten Frauen. Daf, 1,1. Die rauhe fturmbewegte Zeit heiſcht
einen fraftbegadten Steuermann. Schiller, Jungfrau von Or-
leans 1, 5. Mit den finnbegabten feinen Hämmern. Göthe, der-
Becher. ; Ä
Beſchenken unterfcheivet fih von Begaben, wie Geſchenk und
Babe ©. 495.
Gift (ahd., mhd., agf., altn, die gift = Gabe) it im Sinn
von Gabe uhd. wenig mehr im Gebrauch. Davon Ab—, Witz
gift (S. 496). Mhd. wandte man diejes Wort verhüllend für den
23 *
500
tödtlichen Stoff an: der gift, nhd. (die) der, gebräuchlicher Das Gift !).
Davon giftig; vergiften (ahd. vergiftan = weg—, übergeben) ;
Bergifter, Vergiftung — Die Tenne zollt mir ihre Gift.
Bürger, Danklid. Des Kaiſers Wort ift groß und fichert jede Gift.
Göthe, Fauſt 2, 291. „Der Staat duldete es nicht, daß der Ader
mit jährlihen Abgiften zum Vortheil der abgehenden Kinder be—
jhwert wurde. % Möſer, Nicht deutjches Herzens . . gab er zur
Armengift (Almofen) den Freiheitsſang altdeuticher Tugend.
Voß. Die Zunge ift voll tödliher gifft. - Zuther, Bibelüberſ. Jac.
3, 8. Den ftärfften Gift fochen. J. Paul, Titan 262. Ich habe
felbft den Gift an Zaufende gegeben. Göthe, Fauſt 1, 58. Er
führt nun in einem feiten, geichliffenen Glasfläichchen diefes Gift als
das jonderbarite Gegengitt bei ſich. Göthe, Meifters Lehrjahre 8,
10. In gährend Drachengift baft du die Milch der frommen Dent-
art mir verwandelt. Schiller, Tel 4, 3. Die Bosheit ſprüht bier
nicht ihr Nattergift auf unbeforgter Unſchuld Nofenfronen. Salis,
an ein Thal. Und ordinirt, wenn nichts verichlägt, ein fleiues Gran
hen Rattengift. Platen, rom. Dedipus 3. Kein Gift über
Schlangengift. Herder. Wenn er das Sündengift am Men-
fchen wird gewahr. Xohenftein. — Eine Frau, deren Maun er bat hin-
richten laffen, vergiftet ihn: Göthe, Leben 14. B. Kein jcheeler
Blick des Neids vergiftet feine Kreuden. Uz, Kunft jtets fröhlich -
u fein 1. Monarch, erwiedert der Vergifter. Pfeffel, das Gift.
Da lachte die VBergifterin noch. Göthe, Fauſt 1, 106. Wir find
quitt, du Herzvergifterin! Schiller, die Kindesmörderin Die
mit jren gifftigen Worten zielen. Luther, Bibelüberi. Pi. 64, 4.
Alle Seuchen treibt er hinweg und alle Vergiftung. Göthe, Rei—
nefe Fuchs 10, 78.. a
Giftapfel, —arzenei, —barſch (perca hönenass L.), — baum, j
—becher, —beere, —biffen, —blafe, —bobne, —dumpf, —dunſt,
—eidechſe, —erz, —eſche, —effig, —fang (im Hüttenbau), —fiſch,
—gefäß, —getränkt, — hahnenfuß, —hauch, —heil (anthora L.),
— hirjchling, —hund (squalus centrina L.), —hütte (im Hüttenbau),
—fies, —kraut, —kugel, —funde, —fatwerge, —-Iehre, —mehl,
—miſcher, —mittel, muß, — pfeil, —pflanze, —pflafter, —pille,
—pilz, —pulver, —regen, —reih, —roche, — ſchlange, —ſchwamm,
—ſtein, —tranf, — waſſer, —wurzel n. a — Mit gifibenegten.
Waffen. Collin. Bit du die Giftblume? % Paul. Ein bren-
nendes. mit Neſſus Giftblut getränftes Gewand. J. Paul. (Das
er) feine Giftblüthem oder feine Heilwurzeln triebe. 3. Paul. Ich
befämpfe mein gifterfülltes Land. Shakſpeare, Coriolan 4, 3.
1) Opitz, Heffmannawaldan, Eohenftein fagen die und das Gift; Weichmann,
Galler der und Bas Gift; Ginther der, Die und das Gift — venenum.
501
F
Die die freſſenden Giftfarben zu diefem- Bilde trieb. J. Paul.
Da fieht man Schlangen hier und Nattern die giftgeichwollnen
Baͤuche blühn. Schiller, Kraniche des Ibykus. Nagten fie dort ein
Giftgewächs. Pyrker, Rudolph 5. Mit Entſetzen ſammelt meine
Feder einige der gifthauchenden Worte. Thümmel. (Wo du).
den Giftkamm der liſtigen Schlaugen beſchneiden kannſt. Benzel—
Sternau. Ich lernte geheim ja die Giftkunſt. Sonnenberg. Dir
iſt die Natter giftlos. Ramler. Für manche Menſchenbruſt in der
Kirche wurde durch die Rede der Vergangenheit die Giftſpitze abs
gebrochen. 3. Paul. Ich muß den Gifttranf diefer Seligfeit vollends
ansfchlürfen. "Schiller, Räuber 4, 4. Das Heine Kind aber wird
von Einem fcehwarzen Gifttropfen der Gegenwart ganz umzogen
und erdrüdt 3. Paul. Die gifttrunfenen Pfeile Willamov.
Giftvolle, Schlange! Das it deine Liebe! Schiller. Die ägen-
den Giftworte J. Paul. Und drüdte alle feine Giftzähne
hinein. J. Paul.
Anm. 1. Die Redenéart: was gibſt (du), was haft (du), z. B. das
von rennen, über Hals und Kopf, nehört der Volksſprache an.
Anm. 2 Gabelle (ital. gabella) Nachſteuer, Abzugsgeld, ſcheint aus dem
deutſchen Gabe gebildet. j
Anm. 3. Mit Seb— werden in den früheren Sprache verſchiedene Gigen:
‚namen gebildet: Gibeke (Burgunderfönig), Gebeno, Gebehard (Kepahart),
Göbewin, Giflet. ’ ’
Anm. 4. Im mbd. Wörterbuch von Benedg-Müller I, 509 iſt zwifchen
geben (S. 500 f.) und Gift (S. 510) Gabel.abgehandelt, ald gehörte dieſes
Bort zn geben. as Mort lautet ahd. klg)abala, mhd. gabell, gabel, altn.
saffal, agſ. gaflas, dan. ſchwed. holländ. zaffal, und wird von Wadernagel
mit lat. gabalum — Balgen (Yı zu gibil = Giebel (A), gebal = Schädel,
gr. — — Kopf gerechnet; nach Weigand iſt die Abſtammung noch unauss
gemittelt.
Geſchehen.
(Wurzel scah, seih.!)
Geſchehe, geſchah, gefcheben (kiscihu, kiscah, kiscähume6s,
kiscöhaner, kiscähan, gascähan; mhd. geschihe, geschach, ge-
schähen, geschähen, geschen) 1) allgemein, wirklich werden (I.
©. 486); 2) im Bejondern zur Wirklichkeit gebracht werden- durch das
Thätigſein von Perſonen; 3) (veraltet) es geihieht mir — ‚begegnet
mir, ich fomme in den Fall, e8 zu thun. — Diele Zeit geſchach
eine gar.groffe Finftenuß des Mons. NAventinus, Chronik 1580 DI.
- 115. Indeß ihre Complimente drechfelt, kann etwas Nützliches ge—
ihebn. Göthe, Fauſt Vorjpiel. Am Himmel gefhehen Zeichen
und Wunder. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Jetzt iſt's um dich
1) Das einfache sköhan iſt nicht mehr im Gebrauch, war es aber, z. B.
wewurt skihit — Wehſhſchickſal gefchieht, im Hildebrandolied.
502
\
efhehn! Daſ. So auch mit der Liebe der Treuen geſchicht.
—* Jery und Bätely 1. — Ein Wort macht alles ungeſchehn.
Schiller, Maria Stuart 3, 4.
Anm. 1. Die Formen geſchicht, geſchach, im 16.— 17. Jahrh. noch
mehrfach gebraucht, werden auch jept noch angewendet, befonders in ver Volksſprache.
nm. 2. Brüder findet man flatt geſchehen nuch beſchehen: das foldyes
fchon beſchehen wäre. Simpliciffiinus 1, 20.
Geſchichte (die wahrſcheinlich nach und nach zur Einzahl gewor⸗
dene ahd. Mehrzahl gescihte, mhd. geschichte, von der ahd. Ein-
zahl glk)esciht, mhd. geschiht, in einer Urkunde von 1349 bei Roth:
Urkunden der Stadt Obermofchel, Münden 1848, geschiecht) 1)
(ältere Sprache) ein ug Ding; 2) (ältere Gerihtsfpradye) That-
beftand; 3) Die geſchehene Sache (f. ©. 491). — (Frage:) Gefchicht
ih (etwas) von gefhicht? (Antwort:) Nihg nicht,. junder alle
ding geichechent von der ordnung gottes. Schmeller 3, 338. Wenn
ein Legat auf ein Geding oder Geſchicht, die in einer benannten
Zeit vollbracht oder erfüllt werden foll, gerichtet if. Dal. Wirzburg.
Landgerichtöordnung v. 1618. Es beftettiget diß wort das geichicht
des frommen Joſephs. J. Agricola, Sprihw. 101. Nach diefem
Geſchicht fraget David den Herrn. Luther, Bibelüberf. 2. Kön. 2,
1. Das gäbe Gefhichten! Göthe, der Edelfnabe und die Mül-
lerin. (Ih war) Zeuge einer rührenden Geſchichte. Schiller, Don
Karlos 1, 4. — Das (Holz) e8 zu Bechern gehöhlt, und grub mit
liebendem Fleiße Göttergeſchichten darauf. Cludius. Wie die
Fabel- und Halbgefhiähte lautet. Herder. Die ftile Haus
und Kindergefchichte fängt an vom gebohrnen Feldthiere und jei-
nem Baterlande, dem Felde. Herder. Aus unfern Kriegsgeſchich—
ten werden dann Erzählungen in langen Winternächten. Schiller.
So wollt’ er in dienod ganz brach liegende Landesgeſchichte von
Hufelum feinem Pflug einjegen. 3. Paul. Eine Muttergefchichte
E und unter Bäumen. Herder. Der Verjuh muß einem
a der Menfhengeihichte immer fehr merfwür-
Schiller, Lykurg Wofür Hältft du denn die Nachtge—
3. Paul. Nun noch zur Abwechslung eine einzige Reit-
E. Wagner. Die Mutter führte jene Schauerge-
‚ das ꝛc. 3. Paul. Bild, Gemählde der Morgenröthe,
Schöpfungsgejhicdhte. Herder. Da hat man fid
in die Spielgeſchichten —— E. Wagner.
entflammt in der Urwelt Thentergefhiht”. Sonnen .
Paladin beginnt nun feine Traumgeſchichte. Wieland,
. Die Kirhengejhichte war mir faſt noch bekannter als
Neſchichte. Göthe, Leben 11. B.
Die. ©n . S. 4. — u Echt fagf er
©. 428) für böfen Fat ngefhicht ſagt Fiſchart (Gargantua
‘
503
u
4“
Geſchichtlich; Geſchichtliebend, —fänle, u.a; Geſchichten-—
buch, —traͤger; Geſchichtsbuch, — dichter, —erlemung, —erzaͤh⸗
fung, —forſcher, —forſchung, —freund, —kalender, —kenner, — kennt⸗
niß, — kunde, —kundig, —kunſt, — tafel, —wahrheit, —wiſſenſchaft
u. a. — (Ich war) geſchichtlich vorbereitet genug. Göthe, Leben
12. B. Die eigentlichen Sefhichtflauber.... ſind ein murren⸗
des Volk. Lichtenberg, literäriſche Bemerkungen. Der dramatiſche
Dichter üt fein Geſchichtſchreiber. Leifing, hamburger Drama
turgie 19. Geberdenipäher und Geſchichtenträger. Schiller,
Don Karlos 1, 1. Kein Wunder, daß manche Leute diefe ganze Er—
zäblung für eine Seichihtsdichtung zu nehmen geneigt waren.
Ganpe. Ich will kein Gefhichtsgemählde aufftellen. Seume.
Mir ſcheint es aber bejjer, daß ich den Färglichiten Geſchichtsſtoff
vermehren helfe. Benzel-Sternau. Du wirft von diefem Geſchichts—
umſtande, der nächſten Urſache des Dreißigjährigen Krieges, wol ſchon
gehört haben. Campe. Man erzählte hundert große und kleine Ge—
ſchichts züge von Pölenburgs Kinderliebe. Kl. Schmidt.
Schicken (ahd. seiccan, mhd. schiken, schicken, schichen,
©. 46, 22% eine härtere Form von ſchehen in geſchehen!), be—
deutet 1) jo viel als madyen, daß etwas geichehe, bewirken und jo
verjchuffen, ordnen, einrichten (altn. skicka — verfügen, ordnen);
davon 2) dann nach Anordnung oder Verfügung anderswohin kommen
machen, und jo aud .bloß von fich entfernen; 3) eine dem Zwecke,
der Beitimmung angemeflene Bejchaffenheit annehmen, haben. — Wan
wirds nur Eunten geichiden, Das uns nichts böſes geſchach. Reime
von 1562. Diu vart (Fahrt) was (war) wol geſchichet. Wigalois
8857. Der Herzog mag darüber ſchicken (verfügen, Befehle geben).
Bayr. Landtagshandlungen 1, 198. Zucererbjen in Schoten und zwei
gebratene Küchlein bring’ id nur und ſchickſt du dich gut, Erdbeeren
In Hr Voß. Der fih in Alles zu ſchicken wußte Göthe,
3.8. |
@i fügen (mb. sich vüegen, ans ahd. fuogjan, fögjan, faagen,
mittelnieverd. vögen, ſchwed. foge, dòn. foje, holländ. voegen, ıngl. fadge;
vgl. gr. mruodo ich falte, anpvom.= ich hefle an, lat. pange — id
befeſtige, fanffe. pas == verbinden) in eine Berbinbung der Angemeffenheit -
oder Paßlichkeit, verbindende Zufändigfeit des Ginen zum Andern foınmen. —
Die andern Synonymen, wie weitere Beiſpiele |. S. 46. — Gr ficht mit hei-
ligem Vergnügen. auf unfrer Erde ſelbſt fitch alle Theile fügen, und Orbnung
überall, auch wo die Tugend weint, Il}. | 5
Ab—, an—, auf, aus—, be—, bei, durch —, ein—, em-
yor—, eut—, entgegen —, fort—, her—, berab—, beran—, ber-
1y Schmeller, Badernagel, Weigaud m. 9. Rellen gefchehen und
ſchichken, als zu Giner Wurzel gehörig, zuſammen.
504
auf—, heraus —, herbei —, berein—, berüber—, herum —, ber-
unter —, hervor —, herzu —, bin—, hinab —, hinaun —, hinauf—,
hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —,
hinzu —, mit—, nach —, nieder —, um—, umher —, unter —, ver—,
vor —, voran —, vorauf —, voraus —, vorbei —, vorüber —, weg—,
zu —, zurück —, zuſammen —, zuvorſchicken find klar. — Den (Bedient
ten) ih abgeſchickt hatte. Göthe, Benvenuto Cellini. Indem er fich
weiter zugehen anſchickte. Göthe, Wahlverwandtſchaften 1, 1. Sid
albern zu etwas anſchicken. Leſſing. Mein Tiſch, mein Haus, mein
Stall find foftbar aufgef hit Caufgeräumt). Opitz. Ich hatte ve
drei Boten ausgeſchickt. Göthe, Götz von Berlichingen 4. em.
- Manne gleicht Ihr, der fen früh Gejchäft beſchickt. Uhland, Ludwig
d. B. 1. Ihn beſchickten (liegen rufen) wir. Da. 1. Derden Bo:
ten fortgefchict hatte. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 10. Da
Gott . . . uns einen Menjchenerlöfer ... herabſchickt. Klcpitod,
Meſſias 2, 866. Daß der Mond -jeinen Gevatterbitter bei den Er-
dengelebrten herumſchicke. 3. Paul, Heſperus 1. Julie hatte faum
Zeit, ihn die Magd nachzuſchicken. Göthe, der Sammler und die
Seinen 6. Brief. Bon übler Wirfung ift der — welchen Euri⸗
pides ſeinen Stücken vorausſchickt. Ungenannter bei Campe. Sie
verſchaffen mir einen reitenden Boten, den ich noch heute Abend weg⸗
ſchicken kann. Göthe, Wuahlverwandtichaften 1, 10. Was Gott mir.
zuſchickt, hätte e8 auch die Geftalt des Giends, wird Wohlfahrt
bein Gellert. \
Geſchickt zunächit dem entfprechend, wie es Die Anordnung ers
fordert; dann überhaupt paßlich beichaffen, zujtändig wozu, fei Dies
nun von förperlihen Dingen oder vom Geifte; im Befondern körperlich
und geiftig im Stande, mit Leichtigkeit etwas zu thun. — Daß wir
immer beſſer und zu unferer ewigen Beltimmung gefchidter werden.
Gellert. — Hierbei bürdete er uns gewöhnlich allerlei ungeſchickte
Vorſchläge auf. Göthe, Xeben 7. B. Er ließ ſich zu einer unge-
ſchickten Stunde bei mir melden. Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 275.
. Aufgeraumt (f. S. 24) und aufgelegt (f. Liegen) in ber Gemüthe:
verfafjung, etwas mit Leihtigfeit gu thun: dort, infofern Alles, was wie Seele
trübt, hinweggeräumt ift, fo daß fle Keiter zum Handeln gefimmt iR; bier,
infofern das Gemüth die zum Handeln geeignete Richtung bat. Tüchtig
- (mh. tühtic = Eräftig, thätig, von ahd. toht — ſittlich Fräftig, gut, diu
‘ .tohti = fittlide Kraft, mbd. tuht — geeignete Stärke und Güte, älternhd.
die Tucht — krafft und macht, von taugen golf. dagan? ahd. t(d)uk(g)an,
mhb. tägen, agf. dugan, ſchwed. du(o)ga, dan. due; vgl. gt. ug, Eoyzavo)
‚bedeutet ſowol überhaupt fu viel ale Kraft und. Gute, vornehmlich Fülle ver
Kraft und Güte habend, als audy Kraft und Site, vornehmlih Fülle ber
Kraft und Güte geeignet zu einet gewiſſen Beſtimmung. Tauglich (vor
tangen) nad Erforderniß geeignet zu einer gewiſſen Beſtimmung. Siehe
505
noch beguem ©. 38. — Anfgeräumt bebeutel einen gewiſſen Zufland des
Menfchen, wo er fröhlich if, aber nicht dauernd. Kant. (Er ift) immer noch
fe aufgeräumt, als jemals. Shaffpeare, viel Lärmen um nichts 1, 1.
Sie haben ja den Herrn gefprocden, Herzog. Wie fanden Sie ihn aufge⸗
legt? Schiller, Don Karlos 3, 6. Nicht dag wir tächtig find, von vne
felber etwas zu denden. Luther, Bibelüberi. 2. Kor. 3, 5. (Die Häufer zeig:
ten Äh) tüchtig und fchön von außen, bequem und zierlich von innen. -
Goͤthe, Meiiters Wanbersjahte 2, 7.
Schicker; Schick auch Geſchick; ſchicklich, Schiclichkeit —
was den äußern Verhältniſſen angemeſſen iſt, mit ihnen übereinſtimmit.
— Der Saus und Braus, macht denn der den Soldaten aus? Das
Tempo macht ihr, der Siun und Schid, der Begriff, die Bedeus
nng, der feine Bid. Schiller, Wallenſteins a 6. Sp wäre
denn halt ’ne Komödie in den Schi gebracht. Shakſpeare, Som⸗
memachtstraum 1, 2 Das bat Schi und Geſtalt. Voß, Luiſe 1,
204. Er hatte felbft viel Handgeihid. Göthe, Wahlverwandt-
iihaften 2, 2. Bor jo vielen Perjonen ftehend fuchte er fih für den
Augenblick einen ſchicklichen Pla. Göthe, Meiſters Wanderjahre
1,9. Julie empfing = angekündigten Bräutigam, ſchicklich aber
uvorfommend. Dai, 1, 8.
Anſtaändig (f. Reben) dem Anftande gemäß; ftärker iR wohlanfiän»
dig. —-6r Hatte etwas Welches in feinem. Betragen, das fehr ſchicklich
and anſtändig war. Goͤthe, Leber 10. B. Nach der allgemeinen Brzähs
lung ſoll ih Schlegel mit vieler Mäpigung und Anſtändigkeit beitragen
haben. Schiller, Briefw. mit Goͤthe 6, 20. Einen jungen Menſchen von
Anttaud und Figur. Daf. 6, 196,
Aum. Schiller fagt an: „Und das Gemunfel und das Geſchicke“ für
wiederholtes Schiden,
Geſchicklichkeit ift die Befchaffenheit, eine fünftliche und gar
mehrfach zufammengefegte Handlung auszuführen. — Im Fleiß kaun
dich die Biene meiltern, in der Geſchicklichkeit ein Wurm dein
Lehrer fein. Schiller, die Künſtler. — Freilich haben fie nur im
‚Stillen der Einfeitigkeit, der Unordnung, der Läjfigkeit, der Unge-
ſchicklich keit zujehen können. Göthe, Unterhaltungen deutſcher Aus-
gewanderten. (Wie fie) "eine gewife Schreibgeſchicklichkeit fid
zu verfchaffen wiſſen. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 146.
Fähigkeit (von fahen, ſ. Fangen) if überhaupt die günkige Beſchaf⸗
fenheit Jemandes zu gewifien Handlungen. Bertigfeit (von fertig, f.
fahren) wird bie genannte Beſchaffenheit genannt, wenn fie von der Art if,
dag Die Ausübung der Handlungen leicht und geſchwind von Statten geht. — .
Gr verdanfte der Ratur auch noch das feltene Glück, aus Liebe zum Vater,
aus Ehrfurcht für den Freund, feine Fähigkeiten gerade dahin lenken zu
wollen, wohin man deutete. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 8. (Er) trug
Wilhelmen auf das genaueſte und vollſtaͤndigſte mit Leidenſchaft vor, was er
506°
= fih alles in beiden Welttheilen von folchen Kunfteinfüchten und Fertigfeiten
verfpreche. Daf. 1, 4. |
Geſchick wird (außer der Bedeutung von Geſchicklichkeit) wie
Schidjal in doppelter Bedeutung gebraucht: a) das nach höherer
Ordnung dem Weltwefen an Begebenheiten und Veränderungen im
Sein Zukommende, und b) dag die Verhältniffe in der Welt nad) hö—
heren ewigen Gejeßen (wie das fatum der Römer), oder nad) feiner
Willkür ordnende Weſen. Gefhid drüdt mehr die Jufammenord-
nung aus, was in Schickſal nicht liest. Schidung (mhd. dia
shickunge = Berbindung des Einen zum Andern) bedeutet zunächſt
Verbindung des Zukommens nach höherer Drdnung; dann das nach
diejer Verknüpfung Zukommende. — Ya, der Wille ift der meine,
doch Die That ift dem Geſchick; wie ich ringe, wie ich weine, feinen
Arm hält nichts zurüd, Grillparzer, Ahnfrau. O des Güde, Des
inftigen Geſchicks! Göthe, Wirkung in die Ferne. Die Weisheit
Fo entwarf der Eleinften Fliege Glück, ihr Schickſal ift beitimmt,
fo gut al8 Roms Geſchick. Uz Dein Ungefhid ift mir ein Unter—
pfand des Himmels, daß ich zu etwas Großes aufgehoben bin. Schiller,
Fiesko 1, 9. Ihr folktet Gottes gnäd’ge Schickung preifen, die es
jo gut gelenkt. Schiller, Tel 4, 2. Seht! ich will Alles eme Schi-
Fung nennen: Schiller, Maria Stuart 3, 4. — Wem dir Göt-
tergefhif Errettung gewährt. Voß. Mich kränft des Odyſſeus
Sammergeihid. Voß. Vom niedern Dienft im Stalle flieg ich
auf durch Kriegsgefhid zu dieſer Wird’ und Höhe. Schiller.
Die Wage des Schladhtengefhides ſchwankte. Pyrker, Zunifias
6. Hätte das Trauergeſchick zur Berherrlichung Zeit ihn gegönnet.
Voß. Mir zeigt der Geift nur große Weltgeſchicke. Schiller,
Jungfrau von Orleans 3, 4 Darum befahl der Vater fie zu tödten,
doch ich entrüdte fie dem Jammerſchickſal. Schiller. as ift es
anders als Menſchenſchickſal, jein Maß auszuleiden, feinen Becher
auszutrinken. Göthe. | u
Fügung (f. fügen ©. 503) iR zuerſt die Urfächlichkeitsverbindung des
Zukommens nad höheren Walten, und dam das in diefer Urſächlichkeitsver⸗
bindung Zukommende. Das Verhängniß (f. Hangen) bie höhere Bulaffung
. für die Begebenheiten und Veränderungen eines Weſens, ſo wie das burd
“ diefe Zulaffung Zukommende: gerne auf das Uehle und Unglückliche bezogen.
Loß (minder gut 2008, 206, goth. hlänts, ahr. hiöz, hidz, bösg, altſ. hiöt,
agf. hleät, hiyte, altn. hlutr, mh. löz, engl. lot, ſchweb. lott, dän. lod, franz.
lot, ital. lotto, ſpan. lote, von dem nun ansgeftorbenen ahd. Berbam hlio-
zan, mbb. liegen, agf. hlöötan, altſ. hHotan, altn. hliöta, hluta) Das einem
Meltwefen je nach &lüc ober Unglüd in Unfeheng feines Seins und ber
Veränderungen besfelben Zugefallene uder Gewordene. — Es ifl des Himmels
ſichtbarliche Fügung. Schiller, Biccolomint 1, 3. Schickſale find bie
Fügangen des Gwigen, den Orbmungen ber Ratur, den Geboten heiliger
507
—
-
Sittengeſehe entſprechend. Areihafen von 1838. 4, 120. Bo fchrieb unfer
Berhängniß auf eherne Tafeln der In Simmel und fchwieg. Klopftock, Reſſtas.
Ihn führte fein Verhängniß... bis hierher, Friedland, und nicht weiter! fagt
die Schidfalsgöttin. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 1. Da kommt das
Shidfal, roh und Falt faßt es des Freundes zärtlihe Geſtalt und wirft
ihr unter den Huffchlag feiner Pierde, das ilt das Loos des Schönen auf
der Erde. Daſ. 4, 12.
Schikfaldenter, —enthüllend u. a. Schidfalsgang, —ge-
noffie u. a. -— Wenn auch die Mutter einen der Schidfaldeuter
ins Haus berufet und ausforſcht. Voß. Jetzo erhuben fidy neue, ges
heimnigvolle Geſpräche zwilhen ihm und dem Ewigen, fchiefalent-
büllenden Inhalts. Klopftod, Meifias 1, 188. Nachdem fie -auf-
flieg oder ſank die [hidfalentfheidende Wagſchal. Klopftod,
Meifias. Des ſchickſalredenden Greifes lacht er. Voß. Und nun
ruft’ es empor von dem Abgrund, ſchickſalverwünſchend. Klop-
od. Dem [hidfalwägenden Gotte. Herder. an zu er=
fennen und Schidfalmworte zu reden. Voß. — Einen Theil der ver-
ihränften Schickſalsfäden. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 14.
Siehe, doch jchweigend, meinen Schidfalsgang ‚mit der Welt.
Sonnenberg. Indem wir die. vorzüglichfte Maffe thätiger. Menichen
als unfere Gefellen und Schickſalsgenoſſen angefprodyen. Göthe,
Meiſters Wandegiehre 3, 9. Durch ein Schickſalsgeſetz des Wi-
deripruch® oder, Stillſtandes in menjchlihen Handlungen, Herder. Den
Schickſalsmächten hoffend übergeben. Schiller. Hüpfend den
Schidjalspfad an des Bräutigams Arm. Voß, Luiſe 3, b, 334.
D du Schidjalstag! Platen, die verhängnißvolle Gabel 2. Das
(Band) jeden Schickſalswechſel ausgehalten. Schiller, Jungfrau
von Orleans 3, 1.
Schicht *) (mhd. schicht) die Ordnung, Bertheilung, Abthei-
fung (beſonders im Bergbau), eine Reihe mehrerer an» oder über-
einander befindliher Dinge Davon ſchichten, aufſchichten (mhd.
schichten) theilen, ordnen, in Schichten legend hervorbringen, auf-
rihten. — Vnd folt fle (die Kuchen) legen, ja ſechs auff einen ſchicht.
Luther, Bibelüberſ. 3. Mof. 24, 6. Bid fie fasten fih, nah Schich⸗
ten, ja hundert vnd hundert, funffzig vnd funffzig. Dal. Mark. 6,
40. — Einen Scheiterhaufen ſchichte du. Göthe. An den meiften
Commerz- und Eroberungsreifen werden die Völker nach der Sanft-
muth, mit der fie ſich betrügen und fangen laffen, geſchichtet.
Herder. Am Hof als Brennbofz zierlich Aufgeſchichtet. Platen,
rom, Dedipus 4. | 32
—Schichter; Schichtung; Schichtel bei den Handſchuhmachern
1) Im Sinn von Ordnung, — muß das Wort, mit Rückficht auf das
alte. skicka um das mhb. schichen, wol hierher gerechnet werben.
508
-
die ſchmalen Theile eines Fingers am einem Handichuh ; davon Ihichteln,
einſchichteln. — Wer dat mich zum Richter oder Erbſchichter
vber euch geſetzt? Luther, Bibelüberſ. Luc. — 14. Des Heers ge-
ordnet kluge Schichtung. Göthe, Fauſt 2, 288
Schichtig mehr in der Zuſammenſetzung mit ein—, zwei—,
weit—, als einfach gebräuchlich. — Zwiſchen der Erd’ und dem
Meer’ und den himmliſchen Höhn in der Mitte Tieget ein Dirt, ab:
geengend der Welt Dreifchichtige Kugel. Voß. Mit dem, was da—
ei zu jagen wäre, fieht es ſchon etwas weit] hichtiger aus. Göthe,
.Briefm. mit Schiller 6, 283. Man fängt eine jolhe weitfchichtige
Arbeit nicht an. Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 4.
Ausführlih (f. fahren) mit allen zu dem Ganzen gehörigen Theilen
verfehen. Weitläufig (f. laufen) urfpränglich weit zu laufen; daher weit
von einander entfernt; endlidy von zu großem (zu weitem) Umfang. Weit;
fhweifig (von ſchweifen, goth. sveipan, ahb. swifan, mhd. swifen,
agi. svifan, altn. svipa, umhergetrieben werben, fich umbertreiben ; ‚abo.
sueifjan, sweifan, mh. sweifen, agf. sv&öpan, sväpan, altı. sveipa,
sveiũa — umbertreiben,, fywingend in Kreiswindung bewegen, engl. swcep,
ſchwed. swepa — fehren, peitfchen, ſchweifen) brüdt dies noch in einem
viel höheren Grade aus; in die Weite richtungslos fiy umherbewegend,
fich fo bei Nebenumftänden verweilend und mit ihnen befdriftigend, daß mun
von dem rechten Wege abkommt und das Ziel an) ans den Mugen
verliert. Gedehnt (von dehnen, ſ. ©. 4) über BI gehörigen Gräingen
hinausgezogen, d. i. in bie Länge und Breite — Habt ihr den Bericht
ausführlich, genug gemaht? Göthe, Egmont 1. Ihr denft, ohne daß
ich es weitläufig befchreibe, wie wunderlich mir zu Muthe war. Göthe,
Meiſters Wanderjahre 1, 2. Daß ich ihn dringend bat, ven Kern dieſes
weitfchweifigen Abenteuers geiftzeich zu befruchten, und einen Fleinen
Roman daraus zu bilden. Göthe, Leben 14. B. Deßwegen bat das Stück
: etwas von den Gedehnten bes Romans. Göthe, Meifters Lehrjahre 5,7.
Schichtbank (in den Zinnhütten), —glätte Cim Hüttenban),
—holz, —Eöppel, —fug (im Bergbau), — ling, —Iohn, —meifter,
—meifterei, —jemmel, —theilung, —trog, -—weife.
Anm. Schadt (mh. shaht) Grube im Bergbau, fiheint eher zu ſchich⸗
ten ale (nah Schwend) zu fhaben, oder (nad ————— zu einer
Wurzel scah = = orten, alfo der Gang, zu gehören.
/ Sehen.
(Wurzel sah, sih; sahv; Wadernagel vgl. Int. ecce, oculus,
gt. Ow0g.)
Sehe, fah, gefehen, feben AL sihu, sab, sähumes, söha-
ner, sehan; mhd. sihe, sach, sähen, gesöhen, sehen, sen; goth.
509 | \
saihvan, agſ. sẽan (ges&on, geseohan), altn. si& ftatt siha, altſ.
sewan; mid) ahd. gisewan, agf. gesäwen) bedeutet überhaupt ver-
mittelft des Augenlichtes wahrnehmen (auch fig. durch Das geiftige Auge
wahrnehmen), im Beſondern 1) eine gewiffe Geftalt haben, anzujehen
fein; 2) eine gewiſſe Richtung, Lage — (eine Art Berfoniftcation):
die Fenfter jehen nad) dem Garten. — Ber fid) mit Exrnft hier um-
fieht und Augen hat zu fehen, muß folid werden. - Götbe, ital.
Reife 10. Nov. 1786. hr ſeht blaß, gnädige Frau. Göthe, GöB
von Berlichingen 2. Es fieht in meinem Bufen nächtig. Göthe,
Fauſt I, 192. —— |
Lugen (uhr. luogen, lögen, mhb. luogen, agf. löcjan, engl. look, fanffr.
Ik, loc; nah Wadernagel zu luoc = Lugerhöhle, wie Int. specus zu
specio gehörig) aus dem Verſteck der Höhle fehen,. zum Vorſchein Tommen;
dann mit feiterem Berweilen bes Augenlichts wahrnehmen; fcharf fehen, ſpähend
fehen. Gaffen (ahd. kaphen ’), kapfen, kaphjan, mhd. kapfen, kaffen,
von ahd. k(ch)aph — hervorragende Höhenfpige, Warte zu fpähendem Aus⸗
fhauen) ſcharf nach etwas hinfehen; dann verweilend hinfehen nach etwas;
nhd. (durch Bermifchung in agf. geapan, mittelnieberl. gapen, mit altn. gapa,
mittelnteberb. gapen — gähnen, den Mund aufreißen) gewöhnlich mit offenem
Bunde und melten Anger anflarren; dann gerne mit dem Nebenhegriff unthä-
tig und rathloe hei etwas zuſehen. Gucken (fo ſchon bei Luther und Stie—
ler, auch fuden, nieterd. kicken, kicken, in fübrentfcher Volksſprache gutzen,
angten, gugfezen, gufßen; darf an ahd. scücar, guth. skuggva =
Spiegel gedacht werden ?*) mit Reiz des Wahrnehmens fehen; neugierig fihauen;
die Augen wahrnehnend auf einen Gegentand richten; vor Anderm hervor
ſichtbar fein. Glogem (aus altn. glagga; Stieler vgl. Ölanz, glitzern
und lat. glaucus- — grünlich) mit aufgefverrten Augen flieren, befonders ins
ſofern die Augen "babei-hervorzutreten feheinm. . Blinfen (f. S. 186) blid:
weiſe zuwinken; nieberfächflfch in dem Sinne von blinzen (m. blinzen,
aus abo. plintazan, bies von blind, goth. blinds, ahd. plint in Beziehung
bloͤder Augen ®) was zumädft foviel als Bald bas eine bald das andere Auge
ſchnell zudrücken, dann und vornehmlich mit beinahe gefchloffenen und dabei
») Bei diefem Zeitwort bat Graff folgende Bemerfung, die auf die Noth⸗
wendigfeit eines tüchtigen Sprachſtudiums für den Hiſtoriker hinweill: »zu caphe-
spilen, der man durch werltliche hochuart pfliget zcu des tüveles dinste,
sullin di brudere selden komen, d i. zu Schaufpielen, nicht zu Kaffees
fpielen, wie Henning in feiner Ausgabe der Statuten des dentfihen Ordens
aunimmt, und aus diefer Stelle die Folgerung zieht, daß ſchon zur Zeit des deut⸗
den Ordens in Preußen der Kaffee im Gebrauch gewefen fei.”
2) Dos car in ahd. sehcar, scüchar fünnte übrigens auch kar — das Ges
"föß-jein; dann paßt dns goth. skuggva aber nicht,
3) Die Grundbedeutung und ihre Entwiclung if noch nit flar. Grimm,
Diefenbach, Weigand Alellen blind ale Nblautsbilvung zu goth. blandan
{von einem verlornen Harfen blindan) — vermifchen (in böfem Sinne, f. Blend:
ling), trüben, aufrühren.
510
oft und ſchnell zuckend auf und niever bewegten Augenliedern fehen. Gebraͤuch⸗
licher it blinzeln. Scielen (eigentlih, wie noch landſchaftlich ſchil⸗
chen, ahd. scilehan, mh. schilchen, von ſcheel, ahd. scelah, mhb. schelch
— ſchräg, dann überhaupt ſchief fehend, altn, skiälgr) zunächſt feitwärts,
ſchräg fehrn; dann mit beiden Augen in ungleichlaufeuden Achſen der Aug⸗
apfel fehen, fo daß die Strahlen des einen bie des andern durchſchneiden uber
entgegengefept lichen. Schauen (goth. skäujan, ahd. scawöu, scauwön,
scowön, scouwön, mhbd. schouwen, agf. Scäävjan, soavian, altn. und ſchweb.
skoda, engl.shew undshow, baier. Bolfsfpr. fh augen; vgl. das angeführte ahd.
scücar, goth. skuggva — Spiegel) mit den Augen wahrnehmen, mit dem
Begriff eines innern Thätigſeins. — Lug’, Seppi, ob das Vieh ſich nidt
verlaufen. Stiller, Tel 1, 1. Gin Luginsland if bald errichtet, um in’s
Unenvlihe zu ſchau'n. Göthe, Fauſt 2, 310. Wie fie da gafft, und bie
Augen vor großer Verwunderung aufiperrt! Voß, Luife 3, a, 551. Ge if
als hätte niemand nichts zu treiben und nichts zu ſchaffen, als auf des Nach⸗
barn Schritt und Tritt zu gaffen. Göthe. Fauft 1, 167. Es iſt der Uebel
‚Rand der Bühnenwelt, wo Pomp und Gitelfeit und Flitter längft die Shauens
den und Gaffenden zerfireut. Blaten, Treue um Treue Prolog. Da ka⸗
men Pettern, gudten Tanten. Göthe, der Müllerin Berratf. So gud
einmal auf meinen Rod. Bürger, nothgedrungene Gpifte. Hübſche Derter,
die mit ihren dunfelbraunen hölzernen Häufern gar wunderlich unter dem Schnee:
hervor guden. Göthe, Briefe aus der Schweiz, Dort fleht müßiges Bolf
um ben hölzernen Pulcinel, der vom Marionettengebälfe poffterlih glost.
Platen, Bilder Neapels. Wie feine Augen glogen. Wieland, Oberon 5, 57.
Und mit taufend Flammenaugen flarrt die Nacht mid glogend an. Grills
parzer, Ahnfrau 2. Holde Augen fah id blinken. Goöͤthe, der Schaßgräber.
Wie dann ihr rafches Auge blinkt. Bürger, bie beiden Liebenden. Neugie⸗
rig erfreut wieder Hinzublinzen. Göthe, Wahlverwanbtfchaften 2,6. Der
Dichter blinzt von ferne zu. Göthe, älteftes Lieverbuh ©. 19. Berftopft
die Klingen, daß nur oben bleibt ein Spalt, wo der Mond hindurch darf
blinzen. Rüdert, gef. Ged. 6, 11. Mätel, [hau mir ins Geſicht! Schel⸗
menauge blinzle nicht! Bürger, Licheszauber. Und jebes blinzelte und
ſchielte. Sollau. Auf die Unfchuld ſchielt der Verrath mil verfchlingen-
den Bliden. Schiller, Spaziergang.
Anm. 1. Antere Synonymen find noch: (dichteriſch) Augeln — bie Augen
‚wohin richten; fhulen (vlatto. für ſchielen) böswillig feitwärts fehen, beſonders
verftohlen feitwärts hinblicken; alupen (plattv.) heimtüdifch, böswillig von unten
nach oben ſehen; Maulaffen feil Haben (gemeine Volksſprache, DManlaffe,
plattd. mulap, fchwäb. Maulauff — der mit aufgefperrtem Munde einfältiger
Weiſe vor fi Hinfehende, wobei Affe, plattv. ap als der Name des lächerlichen
und verfputtenden Thieres, aus auf verberkt fcheint) mit aufgefperrtem Munde auf
läppifche Weife gebanfenlos vor fich Hiniehen. — Sie äugelt nach dem Spiegel‘
hin. Bürger, die beiden Liebenden. Er hing ben Kopf und glupt' und arinzf‘.
Soltau. Mißgunſt glupt aus jedem Winkel, Yort, was maulafft
ihr? Werner. Wenn id ein Manlaffe fein will, (fo kann ich) vie zurädfchr
enden Triumphatoren in der heiligen Straße erwarten. Göthe, ital. Keiſe 29. Der.
511
Anm. 3. Die Imperativform ſieh wirb für den concreten Begeiff (vide)
wie für den abſtracten (ecce) gebraucht; allenfalls wird der lebtere durch ein ans
aehänates da (ſieh da) hervorgehoben. Die frühere deutfche Sprache bat für beide
Begriffe verſchiedene Formen: goth. saihv, ahd. sih (gesih), mhd. sich — lat.
vide; gotb. sai, ahd. mhb. se — lat. ecce.
Abſehen 1) von etwas wegfehen Ceigentl. u, fig.); 2) mit dem
Gefiht erreichen; 3) nach etwas ganz genau fehen, zielen (auch fig.);
4) von etwas, was ein Anderer weiß und thut, Kenntniß auffafien,
obne daß derſelbe e8 will. — Wenn fle (die Spanier), won der fran-
zöfiichen Kritit abfehend, Die Kunft als Kunft zu ſchätzen wüßten.
Platen, das Theater ald Nationalinftitut. Was nur dein Auge ab-
ſehen kann, bift Du eingeſchloſſen von unfern Reitern. Sciler, Räus
ber 2, 3 Es ift noch gar nicht abzuſehen, was Daraus werden
wil. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 210. Den Bogen ſpannen uud
fein Ziel jo abjehn, ald der ſchießen will. Opitz. Daß die Arglift
der Bezaubrung du ihr abſahſt. Voß, der Zauberanblid.
Abın ({f. merfen S. 483) allgemein (mittelbar und unmittelbar,
durch das Geſicht wie darch Zeichen) von etwas, was ein Anderer weiß und
tut, Kenntniß auffaflen, ohne daß berfelbe es will. Ablernen (von Ter:
aen, abd. lirnen, lernen, lernjan, agf. lößrnjan, mhb. lernen, engl. learn,
gehört wol mit goth. lüisinan, 256. leisinön — lernen, goth. laiseina —
Lehre zu ahd. leisa — Spur, goth. Uistja — ich folge) durch irgend einen
Sinn tie genannte Kenutniß ſich erwerben, mit dem Nebenbegrif, dag man
das Anfgefaßte auch ſelbſt anszmüben verſtehe. Abguden (.guden ©. 509)
buch ven Geſichtsſinn, gehört der niedern Sprache an. — Meise Schöne, die
mir bald abgemerft hatte. Göthe. Das hab ih Offcieren abgelernt.
Gothe, Meiſters Wanderjahre 1, 9. Wie er räufbert und wie er fpudt, das
babt ihr ihm glücklich abgeguckt! Schiller, Wallenſteins Lager 6.
. Anfeben !, 1) allgemein Die Augen auf einen Gegenftand zu
defien Wahrnehmung richten, bejonders fie darauf gerichtet halten (ei-
gentlich und figürlich); 2) (weraltet) das Anjeben haben, vorkommen;
3) (veraltet) mit einex Strafe belegen. — Seh’ er mal mid an!
Schiller, Wallenjtein Lager 7. Wir ſahen's nur mit Höflingdaugen
au Schiller, Biccolomini 1, 3. Dem andern fieht man gleich an
feinen Federn an, dag er- nichts Kluges fingen kann. Gellert, der
Zeifig. — Der wadern Männer kenn’ ich viele dort, und angefehne
große Herrenleute. Schiller, Tell 1, 2. — Schriftliher Abichied, der
uns in mehr Stüden beſchwerlich auſieht. Bayr. Landtagshandl. 11,
3. Will uns unfüglih anſehen, hinter ihnen on fürzuneh-
men. Daf. 11, 493 vom J. 1497. Die leichtfertige Weibsperjon
joll im Wiederholungsfall mit doppelter Geld- und Geigenftraff au⸗—
gefehen werden. Eruninal-God. v. 1751. 1. 4, 2.
— — — — —
J
Opitz gebraucht das Partic. angeſehen oft im Sinne von in Anfehung:
Kin Dornſtrauch, angefehben, daß er viel Tiebliche Roſen tregt. Er iſt pas Bild
des Waters, angefehen feine Gottheit.
512
. Die Synonymen anfchanen,. angaffen, anguden, anglogen ergeben
fi aus den einfachen S. 509. — Die Blumenbeete — uns mit ihren Kin⸗
deraugen freundlich an. Goöthe, Taſſo 1, 1. Wo das Angaffen ſich weniger
ziemet. Leſſing, Emilie Galotti 1, 4. Soll ich denn ein Vieh fein und es kalt
anglogen? I. Paul, Heiperus 8.
Anm. Im 16—17. Jahrh. wird anfehen unperfönlidy nach Art des Latein.
Me nat: Derohalben fiehet mid vor gut an (fcheint mir gut). Simplis
ci u —
| Anfehen, das, 1) die Handlung des. Anfehens, äußere Wahrnehmung
vermittelft des Gefichtes in Beziehung auf einen Gegenftand; 2) Die
mit der Meinung von Borzügen verbundene Aufmerkjamfeit, inſofern
Diejenigen, welche fie einer Perjon erzeigen, nach Diejer fich richten
oder ihr - folgen (indem fie an oder auf die Perſon deshalb fehen).
Davon anfehnlih S. 146. — Das Ausfehen ift Wahrnehmung
des bloßen Aeußerlichen von etwas vermittelft des Gefichtsfinnes ohne
Beziehung auf die (wahre) Beichaffenheit des Innern oder überhaupt
die innere Wirflichkeit. — Ein Mann von menfchenfreundlihem Anſehn.
Klopftock, Meſſias 4, 235. Die Pircolomini -ftehn bei dem Herr in
Anſehn; fie beherrſchen Die Meinung, und enticheidend ift ihr Vor⸗
gang. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 2. Eine anjehnlidhe Biblio-
thek. Göthe, Leben 2. B. Für den Herm ein wohlanſehnlicher
Lehnſtuhl. Voß, Luiſe 1, 8° Viel Nächte bereitd auf unanſehn—
lichem Lager hab’. id) durchwacht. Voß, Odyſſee 19, 341.
—Schein (f. S.185 und ſcheinen) hier überhaupt die-Art, wie ein Ding
in die Sinne fällt, wonach dasfelbe für etwas gehalten: werden kann, was es
wirklich iſt oder nicht, infofern die Uebereinſtimmung des in die Sinne fallen-
den Aeußern mit dem Innern für die Erkenntniß oder das Urtheil zweifelhaft
ift; auch ohne Beachtung ber Hebereinflimmnng mit dem Innern, nur auf das
Aeußerliche gehend. . Anſchein ift der auf (an) ven Wahrnehmenden wirkende,
nach dem Anßern Indiefinnefaflen: fein Urteil in Beziehung auf den Gegenſtand
gewiſſer beſtimmende Schein. — Achtung (von achten, ſ. S. 188) bezeichnet
die oben angegebene Bezeigung als Anerkennung des Innern over äußern Ber
thes der Berfon, der diefe Bezeigung ertheilt wird. — Es If mir nur um den
fhönen E Hein: Schiller, Wallenfteins Lager 3. Das if nur der Schein
(nit die Wahrheit). Daf. 2. Zu mancher defährlichen Verbindung Ind id
Der Anfchein voreilig ein, Gothe, Egmont 4.
Beſehen 1) etwas mit den Augen genau unterfuchen, um ee
feinen zu lernen, mit dem Rebenbegrift, daß es von mehreren Seiten -
gelbehe; 2) (wergltet, noch in der erften Hälfte des 18. Jahrh. ges
räuchlich) für nachjehen: beftehe davon meine Spradhfunft; 3) fid
befehen — fi) wo umfehen; 4) (veraltet) beforgen, pflegen. — Auch
meine Hand beſah er. Schiller, Piccolomini 3, 4. Unbefeben
des Werkes, würde id) ſchon Dagegen vatben. Schiller, Briefm. mit
Göthe 6, 63. Die niedlihe Geftalt, die fehlanfen zarten Glieder,
befah er auf und nieder. Bürger, Entführung der Europa. Gr jei
518
bier frei, könn' überall fich bier befehn. Leffing, Rathan d. W. 1,
5. Den nalaten fleiden, den franfen beſechen. Schmeller 3, 217.
Swen die frauwe die Dirme heizet ein ezzen machen vnd find befehen
oder vihe. Duf. aus Berthold. x
Befichtigen (f. unten S. 526) fchärfer und mit Sorgfalt befehen ; ſachver⸗
Rändig befehen. Betrachten]. S. 128. Beſchauen und die fellneren begafs
fen, beanuden, beglogen ergeben fih aus den einfachen S. 500 f. — Sie
mußte die Anlazen befichtigen, von denen fie vieles "gehört hatte. Böthe.
Wahloerwandtſchaften 2, 4. Sie follten nur mit des Hafles Mugen fie bes
traten? Sciller, Don Karlos 1, 1. Beichaut es recht! Göthe, Fauſt
1, 75. Thaͤten mit Augleins fid) begäffel® Goͤthe, Pater Brey. Er bes
glotzte mich noch einmahl. Seume (Sie) beglupt tes Dichters Werk
bidtöpfig wie ein Bär. Langbein.
Yum. Beſehamme, Befeherin hieß früher (und noch bier und da in
der Volksſprache) die Frau, welche einer Wöchnerin Beiſtand und die erfien 4 —6
Wochen hindurch die Warte des Kindes befurgte.
Einfehen 1) Ceigentl.) in einen Ort, Raum, eine Sade fehen;
2) (figürlid)) etwas geiftig erkennen dadurch, daß der Verſtand in das
Junere des Gegenftandes dringt. — Ich lege das Buch auf eine Seite
(beijeite) und verbiete mir felbit e8 einzufehen. Bodmer. Tragt's
den Kameraden vernünftig vor, daß fies begreifen und einſehen
lernen. Schiller, Wallenfteins Lager 11. |
Begreifen (f. greifen) iſt eigentlich an etwas prüfend umher greifen ;
dann feſtnehmen, einnehmen ; endlich, (figärlich) etwas geiſtig erfennen dadurch,
daß der Geiſt die einzelnen Theile oder Merkmale des Begenftandes nach eins
ander in ſich aufnimmt und ihrer und durch fie des Ganzen ſich bewußt wird.
Berfehen (f. S. 21) geiſtig erfennen dadurch, daß die Form zum Bewußt⸗
fein fommt und das Ganze im Zufammenhang und in feiner Ordnung. —
Dog ich den Menfchen bis auf einen gewiffen Grad habe Fennen lernen, ohne
die Menfchen im mindeen zu verftehen und zu begreifen. Göthe, Meis
ſters Lehrjahre 4, 16. Ich bin überzeugt, daß die Bibel immer fchöner wird,
je mehr man fie verſteht, d. h. je mehr man einſieht und anfchaut, daß
jedes Wort, das wir allgemein auffaffen und im Beſondern auf uns anwens
den, nach gewiſſen Umfländen, nad) BZeits und Ortsverhältniffen einen eigenen,
befontern, unmittelbar individuellen Bezug gehabt hat, Göthe, uus Mafariens
Archio.
Entſehen fich — von einer Handlung den Blick abwenden, daß
man fie nicht begeht, iſt jehr ſelten. — Ich aber entſehe mich den—
noch. Voß. Ich, wär ein Mädchen noch fo fchön, ich würde wahr-
ih mih entfehn, fie mit Gewalt und Ränken mir zu erhafchen,
3.24 Weppen.
Sich ſcheuen (mh. schiuwen und schiuhen, schiehen, ahb. sciuhan,
abd. ſche uchen; mhb. schiech, bayr. fhieh — fcheu) fi fern Halten, eine
Hantlung zu begehen, aus ber Borflellung eines möglicher Weiſe aus derſel⸗
33
514
ben hervorgehenden Rebels. Sich entblöben (vun blöde, ahb. plädi, nıke.
bloede, agf. bieädh, altn blaudhr, däu. biy, engl. blue, ſchwed. bloed, Hols
länd. blood, blvo, bleu, nah Wadernagel zu bliuwäan, blinwen = bläuen
ftatt bleuen —= fihlagen) fih fern Halten von einer Handlung, fie zu begehen,
aus Vorkellung, fih ungünflige Beurtheilnng oder Beſchämung zuguziehen. —
Drum ſchenue dich, mich zu erzürnen. Kofegarten. Die unfinnigen Vorſchläge,
die man dem Könige zu thun fi nicht. entblödet. Schiller, Abfall der Rie:
derlande 3. 2.
Erfehen 1) mit den Augen wahrnehmen (eigentl. u: figürl.); 2)
mit dem Geficht erreichen, erkennen; 3) fih, nad Prüfung und ver-
gleihendem Urtheil, frei ud zwanglos unter = für eins oder
mehr beftimmen und Diele dergeitult Den anderu vorziehen; 4) ſich um:
jeben, durch Sehen oder Dejehen vergnügen. Serfeben d. i.
erſehen aus vielen Dingen, unter einer Menge derielbei, weiit des-
halb auf die Vorzüglichfeit des- oder derjenigen bin, für das oder
die man fich beftimmt. — Alſo flammte die Liebe, . . . als fie den
Züngling erſah. Voß. Did bab id) Gerecht erfehen fur mir zu
diefer zeit. Luther, Bibelüberf. 1. Mei. 7, 1. Daher kommt es nit
anf das Feigen und Erſehen einer Wahrheit, d. h. eines Gegen:
ftandes an, fondern auf die Wirfungen, Die er durch dein ganzes Ju-
neres macht. J. Panl, Hefperus 14. Er wird ſich jeines Bertheils
über uns erjehen. Göthe, Götz von Berlichingen 2. (Da) erfiebt
er fih den Bortbeil. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 10. Der einit
den frommen Knaben Iſai's, den Hirten, fib zum Steeiter außer:
feben, Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 4.
Wählen (goth. valjan, ahd. weljan, oltm. velia, mbb. weln, wellen,
zn wollen, goth. viljan, ahd. wetlan, wollan, mhd. wöllen, alti. willian,
wellean, agf. villan, vilnian, altfrieſ. willa, wella, altn. ſchwed. vilje, vön.
ville, engl. wii gehörig; vgl. tat. velle, gr. H4sdar) unterfcheinet Mid
von erfehben durch den feiten Wilfensentfchluß fir eins uber mehr Dinge
vor den übrigen, um fie ans dieſen herauszunehmen. — Und wählt fie vich
bhienfevden auch nie aus Sterklichen. Bürger, an die Hoffnung. Gin guter
Mann wird ſtets das Beßre wählen. Schiller, Iphigenie in Aulis 2, 4.
Nachfehen 1) hinterher jehen; 2) mit Hilfe der Augen nachfor⸗
fhen, unterinchen; 3) Tadelhaftes, was man vermittelft des Gefichts-
finnes erkannt bat, mit Willen ohne feftes Aufmerfen laffen, dann
Tadelhaftes (Mängel oder Fehler), was man als jolches erfanut bat,
ohne firenges lirtheil oder Rüge vorkommen laffen; 4) |. ©. 487. —
Da er Jeſus, der eilt, in der Ferne noch nachſa h. Klopſtock, Mer
08 3, 715. Um nachzuſehn im Garten dort, wie die... . Hya⸗
einthe ftebt. Platen, vom. Dedipus 1. Iſt es ſchon von fange, dab
Ihre Majeſtät zum legten Mal in Ihrer Schatulle nachgeſehen?
Schiller, Don Karlos 4, 14: Ich joll —— thun, daß er nad:
febe, daß er dulde? Sötbe, Egment. 1
518
-
Nachſchauen, nachgucken ergeben ſich aus den einfachen ©. 509 f. Nach⸗
geben f. S. 486.
Veberfehen 1) etwas mit feinem Gefichtöfinne Ceigentl, u. fig.),
indem man gleichjam denjelben in Beziehung auf den Gegenftand oben
hinweg wirfen läßt, nicht auffaſſen, nicht achten, es mag Dies wiffent-
fih oder unmillentlih, mit oder ohne Willen gefchehen; 2) etwas im
Ganzen unter jeine Gefichtöfraft befaffen, mit feiner Sehekraft im
Ganzen bereihen; 3) ein Gejammtes flüchtig ſehen ohne Aufmerkjant-
feit für das Einzelne darin. — Wenn meine Freude über fein Meiſter—
ſtück mih ihn jelbit überſehen macht. Schiller, Kabule und Liebe
1, 3. Verkannt zu fein, verfaunt von einem Stolzen, der lüchelud
dih zu überjehen glaubt! Göthe, Taſſo 4, 2. Forſchend über-
ſieht dein Blid eine großgemeßne Welt. Göthe, an Zune.
Berfehen it in der früheren Sprache eigentlid von einem Ge—
genftande wegfehen, ihn verachten; aber auch vor fich auf etwas hin—
ieben, und vorherjeben, boffend oder fürchtend erwarten, davon Vor—
lehrung treffend vorheriehen; nhd. 1) falich jehen aus Mangel au Auf-
merkſamkeit; 2) ſich verjeben = aus Mangel an Aufmerkjamfeit
etwas thun, was man nicht thun follte oder wollte, alſo das Unrechte
für das Rechte thun (eig. u. fig); 3) ſich verjehen an etwad =
ih dur Sehen desjelben einen Nachtbeil zuziehen (von ſchwangern
Weibern gejagt); 4) mahen, daß ein Ding etwas bat, Damit Dies
nick entbehrt werde, namentlich heißt Einen verjehen, ihm die Sterb-
faeramente reihen; 5) (veraltet) erjehen oder auserjehen, beitimmen;
6, jih verjehen — gleihfam vorberfehen, aus wahrfcheinlichen
Gründen vermuthen, hoffen, erwarten. — Da verſahen Sie's in
etwas nur. Schiller, Don Karlos 3, 10. Die (Beitie) dir die Maͤ—
dels wie der Bliß am Rodzipfel hatte, wenn fie fih’8 verſahen und
zu nabe dran vorbei ftrihen. Schiller, Räuber 1, 2. Bielleicht, daß
einit der guten Lady Mutter fi an Herrn von X. verjehen bat,
und hinter drein ein Demagogenriechernasbornsungeficht zur Welt ge-
bracht. Platen, die verhängnißvolle Gabel 5. Soylei muß Der
Befehl zur Hinrichtung verfaßt und mit dem Siegel verjehen wer-
den. Schiller, Maria Stuart 3, 2. Unſre Wirthichaft ift nur klein,
und doch will fie verfehben fein. Göthe, Fauſt I, 162%, Die Par—
jen haben uns deu Untergang verjehen. Günther, Da warfen fie
ihm einen Buben nieder, da er. fich nichts weniger verlicht. Göthe,
Goͤß von Berlichingen 1. — Der unverfeh’ue Gruß. Shakſpeare,
Bintermährchen 5, 1. Ä j
Sich irren (goth. airzjan, ah. irran, mhb. irren — irre machen, ab
irrön, mhb. irren = ungewiß, irr fein, ir ©. 408) allgemein unverfäglich
etwas Unrechtes für das Mechte Galten. Berforgen (von forgen goth.
saargan, ah. sorak&n, sorgen, agf. sorgien, nlin. sorga, mhbb. sorgen,
ſchwed. sorge, mol, sorrow == aus JFurcht werd Ungewißbeit woräber ſchwe⸗
| ..
—
516
ren Muthes fein, mit Furt und Ungewißheit bedacht und thätig fein anf
etwas hin) Jemanden das geben, was er brauckt, daß er es für gewifle Ber:
bältniffe bequem hat. Unabfihtlih — ohne Abſicht (ſ. d.) — Sie irren
fig. Schiller, Don Karlos 2, 8. Anftatt daß fonft faum die Hauptſtadt
verjorgt war, verſieht fie nun fchön mit ihrem Meberfing mandye Handele⸗
flädte des haltifchen Meeres. H. PB. Sturz, Erinnerungen an Bernitorf.
Berfehen — das, bei Mangel an der dem Gegenftande zufom-
menden Aufmerkjamfeit, vorkommende Verwechſeln des einen Gegen-
ftandes mit dem andern, alſo des rechten mit einem unrechten; davon
auch) das, was auf dieſe Weile verwechſelt ift. — Kein tolleres VBer-
fehn kann fein, gibft einem ein Feft und lädſt ihn nicht ein. Göthe,
ſprichwoͤrtlich.
Irrung (mhd. irrunge) 1) tie Handlung bee Irrens; 2) Inbegriff der
Handlung; 3) Zerwürfnig zmifchen Nerfonen, infofern es ohne fonderlide Be:
deutung iſt. Irrthum (aht. irrituom, mhd. irretuom) Inftand bes Irre⸗
feins; bie unvorfägliche That, daß eine andere Vorſtellung an die Stelle wer:
jenigen gefegt wirb, welche es fein foll; das durch eine ſolche That Hervorge⸗
brachte. Das (felten der) IJr ſal (abd. das irrisal, mhd. irresal, irsal) das Irre⸗
fein in hohem Grade; Inbegriff von Irrungen und irren Zufländen. Miß⸗
atiff (f. greifen) eigentlich unrechter Griff; Handlung des Verſtandes, daß
unter mehreren Dingen der Wahl- das angenommen wird, wad, nad ter Gr:
wartung, daß es unfern Abfichten entfprechen foll, denſelben nicht entipricht. —
Entfaltet if die Blume deines LZeibes, duch ſtets vergebens hart' ich, daß bie
Blume der zarten Lieb’ auf ihrer Knoſpe breche, und frendig reife zu der gold⸗
nen Brut! O das gefällt mir nimmermehr, und deutet anf eine ſchwere Jr:
rung der Natur“ Schiller, Jungfrau v. DO. Brolog 2. Der Irrthum ff
recht gut fo lange wir jung find, man muß ihn mir nicht mit in’6 Alter ſchlep⸗
pen, Goͤthe, Marimen und Reflexionen 2. Kein Ausgang aus dem Irrfal
zeigt fich mir. Göthe, Vorfplel zu Eröffnung des weimarifchen Theaters. Vil⸗
tor gönnte ihm den Irrſal. 3. Baul, Hefperus 17. Daß andere fpäter und
fehwerer die Mipgriffe büßen, wozu ein jugendlicher Dünfel verleitet hat.
Goͤthe, Meiſters Lehrjahre 2, 2. i
Auf—, aus —, dureh —, empor —, entgegen — her —, berab—,
heran —, herauf —, heraus —, herein —, herüber —, herum —, berun-
ter —, hervor —, herzu —, hin —, binab—, hinan—, hinauf—, hin⸗
aus —, hindurch —, hinein —, binüber— , hinunter —, binweg—,
hinzu —, nieder —, um —, umber , vor—, bevor —, zuvor —, vor⸗
an —, voraus —, vorbei —, vorher — ‚weg —, wieder —, zu —, zurüd--,
in: bedürfen feiner weitern Erklärung. — Es jchneiete, daß man
aum aufſehen fonnte. Meißner. Uns bat, zum Himmel aufzufehn,
Gott felbft das Haupt erhoben! Voß, Eutſchloſſenheit. Laffet vns
auffſehen auff Jefum! Luther, Bibelüberi. Hebr. 12, 2. Wie fie
ohn’ Auffehn Dürftige fpeifet. Voß, Luiſe 3. b, 416. Sie ſah
nah ihrem Geliebten aus, Ungenannter bei Campe. Lange, nicht
517
— —
auszuſehende Weg’. Klopſtock, Meſſtas 1, 202. Die wahren
Thaten der Freimäurer find jo groß, jo weit ausſehend. Leſſing,
Ernſt und Falk 1. Wie ſieht's an. Eurer Tafel aus? Schiller,
Piccolomini 4, 3. Des Lords jcharfes Auge ſah die Heuchlerbande
durd. Benzel-Sternau, (Der) das Manufeript flüchtig durchſah.
Göthe, Leben 3. B. Außer daß von der weithin lebenden unterfteu
Stufe, fları vor Erwartung, der erfte der Zodesengel emporſah.
Kopitod, Meifiad. Der. nadte Spiegel ſah empor (war nad
oben gerichtet). Herder. Aus allen Bezirken ſieht euch die meite
Ratur mit erneuter Schönheit entgegen. Klopftod, Meilias 1,
353. Blandine ſah ber, Lenarde jah Hin. Bürger, Lenardo
ud Blandine. Aus diejen Zenftern haben fie berausgejehen
.. an dieſen Thüren haben fie geſcharrt und genicdt, wenn er
af die Menımen herabſah. Göthe, Egmont 5. Ih kam
nedanfenvoll gegangen und ſahe ſteif heran. Xeifing, Der
Irtthum. Wenn er heraufſah. Göthe, Egmont 1. Der Ar-
hiteft, der als langer jchlanfer Hirt von der Seite über die Knieen—
den bereinjab. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 6. Boll unſrer
göttlichen Kiebe, fahen wir auf die Menfchen, die noch nicht waren,
berunter. Klopftod, Meffias 1, 93. Der Mond von einem Wol—⸗
tenhügel jah Eläglic aus dem Duft hervor. Göthe, Willfonum nnd
Abſchied. Zärtlich ſeh' und mit irrendem Blick ich hinab zu der
Erde. Klopitod, Meſſias 2, 23. So fill an warmer Sonne liegend,
ſehn wir das bunte Feld hinan. Voß, der Herbitgang Mit Blis
den der innigften Freundichaft ſah fie zu ihm hinauf. Klopftod,
Meſſias 11, 360. Jetzo jah fie hinaus. Voß, der 70. Seburts-
tag 73. Durch den (Kreis von Bäumen) man nicht hindurchſehen
konnte. Göthe, Leben 2 B. Da that die Thür fih auf, ich fah
hinein. Schiller, Maria Stuart 5, 5. Das Auge mit Schaudern
binunterfah. Schiller, der Taucher. Ueber deren (Kirche) Thurm-
ige man faft hinwegſieht. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 1.
Alſo jieht ein gefürdhteter Zels aus der hohen Wolfe in Das wogende
Meer auf fchwimmende Leichname nieder. Klopſtock, Meſſias 3, 674.
Bie oft, mein Vater, ſah ich ſchamroth nieder! Schiller, Don
Katlos 2, 2. Um fid) in Künſten umzuſehn. Gellert, die Reife.
As ih mich umjah in des Biſchofs Wohnung Schiller, Maria
Stuart 1, 6. Einen Waflerkrug trägt dieſer Jüngling und ſieht fich
oft nah euch um. Klopſtock, Meſſias 4, 630. Wo er die Stadt
der Troer um ſah. Voß, Ilias 11, 8%. Sieh Dich umber in die-
fer ganzen Schar. Schiller, Braut von Meſſina. Wagſt du's um-
berzujehn? Göthe, Taſſo , 2. Vorſah ich's, dachte der Schatz⸗
Bann. Sonnenberg. (Ihr jeid) zärtlicher als vorfehend. Göthe,
Götz v. B. 3. Sie hatte fid) auf eine unendliche Abwechfelung in
Kleidem vorgejehen. Göthe, Wahlverwandtſchaften 2, 4. Sich
518
dich vor, Hauptmann! Schiller, Räuber 2, 3. Wovon ich viel Gu⸗
tes vorausſehe. Göthe, Wahlvermandtichaften 1, 1. Schäferlich
laufcht ihr unter dem haugenden Dach der Kaftanien, daß ih vor⸗
beifab. Voß, der Abendſchmaus 5. Was ich weder verhindern noch
vorherfehen können. Leffing, Emilie Galotti 2, 6. Ich muß weg-
ſehen und meinen. Klopftod, Meſſias 5, 521.. Wir werden uns
ja, dent’ ich, alle froh und glüdlich wiederfehn. Schiller, Wal
lenfteins Tod 2, 1. (Er) fah dem Spiel und fah dem Reihn der
Dörferinnen zu. Hölty, Adelftan und Röschen. Als und weit in Die
Fremd’ abziehenden lange fie nachſahn, und an der Ede nunmehr mir
rudfahe Voß, Luiſe 2, 65.- Da ‚Todesgraun er zuvorſah.
Voß, Alias 4, 12.
Anm. 1. Bufehens (ein genitiv. Adverbium) indem man aufleht. — Die
Gaſſe wird zuſehends immer länger. Wieland, Oberon 4, 16. j
Anm. 2. Das Partie. Präf. ſetzt fih mit all anfammen: Nur der alls
ſehende Aether über und war des verichwiegnen Glücks vertranter Zeuges Schiller.
Seher (ahd. seho, söhärl) 1) der fieht; im Beſondern der
durch übernatürkiche Eingebung Verborgenes Berfündigende. — Spbä-
ren rollt fie (die Freude) in den Näumen, die des Schers Robr
nicht kennt. Schiller, an die Freunde. Der fromme Johannes, er nur
folgt’ ihm dahin bis an die Gräber der Seher. Klopftod, Meffias
1, 48. Seherin Gottes. Daſ. 1 243. Sie nennt fih eine Se-
berim und gottgefendete Prophetin. Schiller, Jungfrau v. Orl.
1, 9. — (Ex) ſchimpfte weidlich [os auf alle Geiſterſeher. Wie—
Land, Oberon 2, 23. Unglücksſeher, der nie ein gedeihliches Wort
mir geredet! Voß, Ilias 1, 106. Zufeher find unnöthig. Collin.
Ale Blinzer, Dreifchrittjeher und Bewunderungsfteche. Klopftod.
- Meißager (Welsfager, ahd. wizak(g)ö, wizzak(go), agf. witegs,
witga, mhd. wizage, von ahb. wizao = weißagenbd, zu wiffen, goth. agf.
vitan, ahd. wizan, wizzan, mho. wizen, wizzen, altf. witan, altfrief, wita,
altn. vita, HoHänd. weten, fchweb. weta, engl. weet, wit; vol. lat. videre;
gr. der» — fehend wahrnehmen; auch ahd, wissago, mhr. gewöhnlidy wis
sage, wobei man allmälidy an eine Zufammenfegung aus weis und fagen
dachte) galt bei den Alten zumeift von der übernatürlichen Berfündigung des
verborgenen Zufünfligen, nhd. in dem allgemeineren Sinn auf die des Berbor:
genen bezogen. Wahrfager (ahd. wärsagäri, wärsecco, wärquäto, von
quödan ©. 76, mhb. wärsage) ift eigentlich wer fagt, was wahr ifl; bann
ber durch geheime Künfte in anfcheinend übernatürlicher Welfe Verkorgenes
Verkündigende. Prophet (aoth. praufetus, von gr. rpoprryE) Vorherſager,
Vorherverkündiger von Zufünftigem , vornehmlich Ausleger der Bötterfpridge
und, Drafel; dann der nach goͤttlicher Gingebung Verborgenes, beſonders in
Beziehung der Religion Verkändigende. — Habe ich gemeisfagt, fu habe
id Sieg geweilsfagt! Mein Leben ober Tob war feiner Welsfaguug
werih. Klopſtock, Hermannsfhlaht 1. Wahrfager, bie das tiefverborgene
518
Band des Dinge fennen, haben ſchon Krähen und Dohlen die geheimſte Mör
derthat au's Licht gebracht. Schiller, Macbeth 8, 9. Auch weisfagt' ihm
an finſtrer Brophet. Kloplod, Meſſias 2, 558.
Auffeber — der auf etwas. mit Kleid und anhaltend feine Achte
jamfeit zu richten heftellt it, die Aufſicht über etwas führt. — So
ing mm num an den Aufſeher der Beamten zu maden. Göthe,
Reben 12. B. Der Manlwurf war Oberaufeher über die Ber:
waltmg der Aemter. Schiltr, Fiesko 2, 8 Wenn id, Erzieherin
der Auffehberin jein könnte. Göthe, WBahlverwandtichaften 1, 2.
Aufpafler (von paffen ©. 46) der vie Zeit oder die Dinge mit Fleiß
voräbernehen (paſſieren) läßt in Bezug auf etwas, anf das er feine Aufmerfs
famfeit gerichtet bat, bis es gegenwärtig wird. Auflaurer (von luuern,
-.
ahd. hlur&n? ſchwed. lura, dän. lure, engl. lurch, lurk, listen, holländ. loe-
ren; vgl. Laut ©. 329) unterfcheivet fih von Aufpafjer dadurch, daß das
Mort immer ven Nebenbegriff einer böfen Abſicht in fi jchließt. — Wen ver
Zufall hier vorüberfährt, muß gern ober ungern an dem Gottestieufle Theil
nehmen, wozu befondere Aufpaffer heitellt find. Schiller, Abfall d. N. 3.2.
In Begenwart fo vieler Auflaurer und Henker. Schiller, Hinrichtung des
Grafen von Egmont.
Sehe (abd. söha, mh. sähe) 1) das Vermögen, die Kruft zu
ſehen; 2) das Werkzeug des Sehens, das Auge: die Augen des Hafen
in der Yägerjprache, der helle glänzende Fleden im Augapfel bei Ger
mälden. — Die kurze Sehe. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Die
Balle bar ſich jeiner Sche bemeijtert. Leſſing, Antigoeze 7.
Sehung, Seherei, ſehbar, ſehlich find fait nur in Zulanımen-
ſetzungen gebräuchlich. — Wenn Gottes Vorſehung sich dieſes
Mundes zu Ihrer Rettang wunderbar bediente! Schiller, Walleniteins
Tod 5, 5. Durd Gottea gnäd'ge Fürſehung. Sciller, Zell 4,
1. — Und auf der Stufenleiter der Täuſchung ging's allmäblig immer
weiter hinan zur Geiſterſeherei. Lingenannter bei Eampe. — Alfe
ſchwamm in dem Dunfelen Naß unſehbar und fichtlos zwiſchen dem
unteren Meer und den obem lange der Dreimait blindlings geiteuert
dahin. Baggeſen. Wird (die Donnerwolfe) nicht abjebbare Königs»
ſtädte taufendimal Donnernd entzünden. Klopftof, Meſſias 4, 282. Eine
feht angenehme Ausficht über eine beinahe unabjehbare Fläche von
Rachbarsgärten. Göthe, Leben 1. B. Die lange, aus unfern Senftern
überfebbure Straße. Göthe, Campagne in Franfreid 11. Oct.
De unüberjebbare Weite. Klopftock. Em rings durchſehba—
red Blachteld. Voß. — Zum wilden, eiſernen MWürfelfpiel ſtreckt fich
nnabjehlich das Gefilde. Schiller, die Schlacht. Zu faum noch
erſehlicher Höbe. Claudius. Der Steom führte ihn einem ans
überfehlihen Meere zu. Götbe, Meifterd Lehrjahre 3, 9.
Seh(e)achſe, —hügel, — künſtler, — linſe, —loch, —mittel,
—tohr, — werkzeng, —winfel, — ziel u. a.; ſehens werth, —wür⸗
520
dig; Seherblick, —kunſt u. a.; Aufſeheramt, —poſten, — ſtelle,
—würde. — Dieſe Zaſammenſetzung von Ideen und Sitten, von
Denk- und Seharten. Herder. Wer die ſonderbaren Seherfah—
rungen der Kinder und ſehend Werdenden erwogen. Herder. Laune
iſt niedliche Faſſung für unſer Seh- und Spähglas. Benzel-Ster⸗
nau. Ich ſtrengte die Sehkraft möglichſt an. Göthe, Meiſters
Wanderjahre 2, 12. So weit nur dem irdiſchen Aug erſcheinet der
Sehkreis. Sonnenberg. Wenn wir dieſe gelernte Sehkunſt nicht
gerade in dem Falle annehmen können. Herder. Sein Sehnerde
zerfaſerte fich. J. Paul, Heſperus 4. Weil ſie ihren Lehrſtuhl zum
Sehepunkt nahmen. Benuzel-Sternau. Ein aus zehutauſend Seh—
weiſen erwachſenes Gewimmel ängftlicher Uebereinſtimmung. Beyer.
Pernety ſchreibt ſehss Fuß Sehweite vor für ein Geſicht, Das ger
mahlet fein will. 3. Paul. — AS du zum Seheramt mich gnädig
weihteft. Collin. Ihr Seherauge joll uns leiten. Schiller, Jung⸗
frau von Orleans 1, 10. Zäufcht der Liebe Seherblid? Schiller.
Verflucht fei deine falſche Seherkunſt. Eollin. — Die Aufie-
berichaft des Küchengeräths. Falk. |
Sicht (ahd. mhd. siht), die Handlung du man fieht, ift uhd.
meist nur noch in Mechjelbriefen ae Duvon das veraltete
ſichtig -(mhd. sihtig, sihtee) wofür wir num ſichtbar, ſichtbar—
lich und fihtlich gebrauchen. — Das die bange Sicht der Lebens
kürzen wehret lange Hoffnungen zu ſchürzen. Rüdert, geſ. Ged. Der Frijör
präjentierte fich gleichlam als einen flummen Wechſel auf Sicht. 3.
Paul, Siebenfäs 6. — Ohne fihtigs Pfandt. Opig, von der Wahr-
heit der chriftlichen Religion. Nichts fihtiges Dal. In ſicht—
barer Schönheit. Klopſtock, Meifias 1, 211. Mir träumte immer,
daß ich mich ſichtlich bei dem befinde, den ich unjichtbar empfuns-
den hatte. Göthe, Benvenuto Eellini 2, 12. (Wenn) der gunze
ausgedehnte Glanz der Sichtbarkeit ihn daͤmmernd überfüllte J.
Paul, Zitan 22. Die Unſichtbarkeit des Ritters machte einen
Theil von deſſen Größe aus. Daf. 1. Es it des Himmels fidht-
barliche Fügung Schiller, Piccolonini 1, 3. Kurz Alles mißlang
und das Beſte mißrieth, duch fichtliche Rache der Borficht. Platen,
die verhängnißvolle Gabel 1. Freund Oberon ift jichtlich in der
Nähe. Wieland, Oberon 3, 54. — So it aus Obigem erjichtlid.
Göthe, Reife am Rhein und Main Frankfurt.
Sichtbarmachung, — brief, — korn, —kraut, —I08. — Napoleon
bat die von D. Chladin veranftaltete Sihtbarmadhung der Töne
bewundert. Wolfe. Alſo ſchwamm in dem dunkelen Naß, unſehbar
und jihtlos, zwifchen dem unteren Meer und dem obern lange der
Dreimaft blindlings gefteuert dahin. Baggefen.
Abficht ift die als ein zu Erſtrebendes geſetzte Vorſtellung; in
Abſicht durch etwas beftimmt in der Thätigfeit, infofern Das Stre-
521
ben oder die Richtung auf jene® Etwas als den Zweck hervorgehoben
wird. Davon abfihtlich, unabſichtlich. — In diefem Sinne
zu handeln, in gleicher Freiheit nach beftimmten Zweden zu wirken,
war meine Abſicht, und ich wüßte felbft nicht zu jagen, in wiefern
ich mid) meinem Ziele genähert habe. Göthe, 2. röm. Aufenthaft
Nov. — Da keine Rebenabfihten dabei im Spiele find. Goͤthe,
Meiſters Lehrjahre 4, 19. — Für manchen bald mit Ungeduld durch⸗
barıten, bald abſichtsvoll verlomen Tag. Göthe, Taflo 1, 4.
Mir, der ih mein Talent und meine Zage abſichtslos vergemdete,
mußte ſchnell auffallen. Göthe, Leben 14. B. So wurde das Ge-
richt durch “immer neue Zuſätze abfichtlic übertrieben. Schiller,
Abfall der Niederlande 3. B. Daß biebei eine Art Abſichtlichkeit
durchwalten mußte, lag in der Sache. Göthe, Eampagne in Frank⸗
reich Pempelfort Rov.
Ziel (ahd. mh. zil; vgl. gr. rd2os = Gnde und Ziel) it das feines
feßte Ende wofür, im Befondern Sahlungstermin; dann das, worin eine Thä⸗
tigfeit ihr Bude Hat. Zwe (ſ. S. 85) Zielpunet, warum man thätig il;
das, warum man eiwas thut; überhaupt, das, warum etwas fit oder gefchieht,
Juſofern diefer Zwed auch das fein Fann, wo die Thätigfeit ihr Ende findet.
fann der Dichter Zielzwed fagen, was wir nuhd. gewöhnlich Endzweck neu:
nen. Augenmerf (f. merfen ©. 488) if zunächſt der Punct, morauf die
Richtung der Augen haftet; dann ber vom Geiſt gefaßte Bunct, worauf er bei
tem, was er thut, haftet, es mag diefer Bunet nun Strebepunct fein oder
nicht. — In Hinficht — inſofern jenes Etwas ein Entfernteres if, worauf
geichen wird; in Rückſicht — Infofern es hinter ung liegt und daranf zurürf-
gefehen wird; in Anfehung — infofern die Sinnesthätigkeit durch die Au⸗
gen und hiermit das Borflellungsvermögen auf etwas gerichtet find; in Be⸗
trat — Infofern jenes zur näheren Kenntnignabme genauer angefehen und
bedacht wird; aus Achtung — infofern Anerkennung des innern oder äußern
Werthes Statt finde. — Unverfehens (genitiv. Atverbium vom Bartie.
unverfehen) ohne vorhergehendes Bewußtſein von etmas Gefchehendem; un:
abfichtlich ohne Abficht, ohne eine thätige, firebende Richtung des Geiſtes
woranf. — (Das Jahr) führt’ uns näher an das Ziel. Voß, Empf. d. n. Jahres.
Ich bin ein zielzwed tauſend fpötter, Hoffmannswaldau. Wer bei unfchultigen
Beitrebungen nur Zweck hat, if nie verächtlich, gefeßt, daß dieſe auch bei weitem
nicht Cudz weck wären. Denn was it Endzwed in der Welt? wo liegt
das Ende? Jedes gute Streben aber hat feinen Zweck in fidh. Herder, Hu⸗
manität 34. Br. Nicht fowohl das Beharren als ein fchnelles Anffuffen muß
‚ jept mein Augenmert fein. Goͤthe, ital. Reife Neapel 2%. März 1787. —
Bewunderungswürdig (iſt ber Kopf) in Betracht des edeln freien Geſchmacks
der Arbeit und noch mehr zu bewundern in Hinſicht auf bie herrlichen Ideal⸗
formen. ®öthe, Sampagne in Branfreih Münſter Nov. In Rückſicht auf
den jetzigen Zeitmoment. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 144. — Mie oft aus
522
Bräuden, welche laͤngſt verglühet, ein Flänmchen unvesfehens ſich geſchwun⸗
gen. Uhland, Schiußfonett. _
Heberficht allgemein das Befuffen eines Gegenftandes im Ganzen
nit Dem Geſichtsſinne (auch fig. auf dem Berftand, angewendet). —
Freie Ueberjicht über den Fluß bis gw’s jenfeitige Ufer, Söthe,
Lehen 17.9. Die Ueberjicht.jowohl des Ganzen als die Eins
ſicht, in's Einzelne. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 299
Ueberblick (von blicken f. bleichen) iſt die kurze ſchnelle Meberfict.
Das fle (die Blätter) meinen Freunden bald einen leichten Ueherbtick mei:
‚ner Fisgerigen Schidfale gewähren können. Göthe, ital. Reife &. Sept. auf
dem Brenner. |
Zuverfiht (mhd. zuoversiht) das Vorausfehen auf ein Künfti-
ges hin, mit dem MNebenbegriff der Gewißheit oder Feſtigkeit in der
Vorausſicht auf, das wirkliche Eintreten des fommenden Guten. Davon
zu verſichtlich. — Dieſe Dienerjchaft nahm fie einen der folgenden
Zage mit Zuverjict in Anfpruch. Götbe, Leben 11.B. Wie ih zu-
verfichtlic, hoffe. Rabener, Zueiguungsichrift an Sancho Panſa's Eſel.
Erwartung (I. bei pflegen) das Entgesenfehen auf etwas Rünf-
tiges hin, daß dieſes gegenwärtig werde, es mag etwas Gutes oder Uebles
fein. Hoffnung (mht. hoffenunge, vun hoffen, mhd. hoffen, agf. hopian,
ſchwed. happa, dän. haabe, helländ, hoopen, engl. hope; vgl. lat. cupere
— wünſchen) Boransficht im Gemüthe anf etwas als ein Ungenehmee, nicht
chne Wunſch und nicht ohne Gründe der Waherſcheinlichkeit feines Zukommens
für uns. Bertrauen (ſ. trauen &, 265) drückt mehr das flerfe Bewußt⸗
‚ fein der Gründe ans, das in der Seele feinen Zweifel läßt, daß das vorauss
fichtlihe Gute ober Beite eintreten werde. — Zu Grmartung und Goff:
nung vgl. die gleichnamigen Gedichte von Schiller. Das Bertranen wird
kommen, bat jeder nur erft feine Sicherheit. Schiller, Wuallenſteins Top 1, 5.
- Geficht (ahd. kisiht, mhd. gesiht) 1) das Gehevermögen; 2)
Theil des Kopfes, wo diefer Sinn ift, bei Menſchen ımd Thieren; 3)
Dasjenige, was man flieht Cin der Mehrzahl gewöhnlich Gejichte).
Davon (veraltet) gefichtig — ins Geficht —28 Angeſicht (mhd. an-
gesiht) bezeichnet nur das menſchliche Geficht und bedeutet eigentlich und
urſprünglich fo viel als Anblick, während Antlitz mebr auf die gegen-
gefehrte Geſichtsfläche fu deuten jeheint, daher auch gleich Oberfläche,
3. B. der Erde (bei. Klopftod und in den Bibelüberfegungen aus dem
15. und 16. Jahrhundert). — Du wendeft ſchaudernd dein Geficht,
o König: jo wendete die Som’ thr Antliß weg. Götbe, Iphigenie
1, 3. Wenn fle aus göttlihem Gejicht des Heilands Kunft beridy-
tet. Bürger, St. Stephan. (Er verzerrte) feine Gebärde und machte
die häßlichften Gefichter feines Geſichts. Göthe, Benvenuto Gel-
‚line 4, 5. So umwallten ung mande Geſichte der grauenden Vor-
zeit. gr. Stolberg. — Den Anbick felbft des Tieben Angefichts,
den heißerflehten, verfaqt’ ich mir. Schiller, Braut von Meffina.
58
Sie waren mein, im Angeſicht der Welt mir zugefyrochen von zwei
Thronen. Schiller, Don Karlos 1, 5. — Was da gefichtig, aber
wit men B. Abraham. — Alſo fieht ein wallender Seraph der
blühenden Erde halbunkenntliches Antlitz an Frühlingsabenden liegen,
Klopſtock, Meſſias 1, 541. — Herr Mond, von mir erwart’ er nicht, Pal
ih nach Dichterweiſe nun mich fein Alletagsgeſicht aus volle Balken
yreife. Blumauer, a.d. Mond. Kein junger Kammerpräfident macht fölch
ein Amtsgeſicht. Pfeffel, der Froſch. O wie lieblich lacht dies
Engelsgeſicht. Voß, Luiſe 3. a, 241. Als zögen uns die Wände ein
Fratzengeſicht. Göthe, Triumph der Empftudſamkeit 6. Als ſchnell,
wie eine Seifenblaſe im Sonnenſtrahl, das Glanzgeſicht ver—
ſchwand. Ungenianter bei Campe. Der Heuchler will das Halb⸗
geſicht, der Redliche das volle Licht. Ungenannter bei Campe. An
offnen Mäulern, die ſtets erſtaunen, erkenn' ih das Menſchenge—
ſicht. Gieſeke. Großmechtiger König ſag an uns deinen Knechten
dein Nachtgeſicht. H. Sachs. Schimmert ein Lächeln ihr hold
über das Roſengeſicht. Voß. Wer iſt denn das kleine Scel-
mengejicht? Schiller, Wallenfteins Lager 5. Die Liebe ift unfer
hiefiges See geſicht. 3. Paul. Hoch aus der Donnerwolfe herab
tat igo ein Eherub, ernfte Feier im Strahlengeſicht. Sonnen—
berg. Albano fuchte durch fcharfe, heftige, trodene Blicke das Tod-
tengeficht abzudrüden in fein Gehirn wie in Gips. J. Paul, Titan.
Geliebtes Traumgefiht! Salis, der Entfernten. Zwiſchen Diele
Truggejichter bannt mid, ach! die Liebe feſt. Göthe, Fauſt I, 38.
Inden er den Züchtlingen entfeßliche Zerrgeſichter vorfchnitt. J. Paul.
Es wir ein Wochentag» und Kurrentgefiht. 3. Baul, He-
ſperus 8. Vom nüchternen Traum, vol Wundergeſichte, getrie—
ben. Pyrker, Mofes I. — Ein Schleier wehrt dem Engelsan-
geficht den vollen Glanz allblendend zu enthällen. Wieland. Frau—
enangefichte. Rückert, geil. Ged. 2,337. Sah in dein Himmels«
angetichts ungfräulihes Erröthen fließen. Spridmann. Da ſah
mid tief unter dem Himmel das erloſchene Sonnenangeſicht recht
bedanend an. 3. Paul. Wenn es mit fenem Strahlenangefidt
auftritt. Herder.
Anm. 1. Die früheren Kormen für Antlig find: goth. das andavleizn,
abd. das antlatti, analutte, analiute, antluzzi, anluzzi, annuzzi (nad Grimm
für antbzzi): mb, das antlüt (für antlütte), antlüte, antlitze, antlütze ; mittels
aiederd. andlat, agſ. andvlite, alta. andlit. Die Formen find gebilvet aus ant =
gegen und gotb. Judja und vlits, agf. vlite — Gefiht, Farbe, Glanz, altn. litr
= Farbe. S. Grimm 3, 401 f. Diefenbad, goth. Wörterb. 1, 241 f.
Anm. %. Logau (Einnged. 176) gebraucht das genitivifche Adverbium
angefihts für augenblidlih: Wer Erbe liebt, Tiekt das, was entlih anges
ſſchts, wann Gott gebent, zerftäubt. "
Geſichtsachſe, — ausdruck, —betrug, — bild, — bildung, — deu⸗
tung, —falk, —fehler, —feld, — flaͤche, —forſcher, —knochen,
524
—freis, —funde, —lauge, —Iehre, — linie, must, — punkt,
— ſchwäche, —finn, —täufhung, —verdunfelung, —verzerrung,
—winfel u. a.; Geſichterſchneider, —trımfen. — So mußte ih
. .. aus Mangel an Gefichtsempfindung während dem Singen
denken. 3. Paul. Wir wären nad Haufe gelommen, ganz verftopft,
geiihtsfaltig J. Paul. Eine Gejihtsfarbe, die nicht veimer
und blühender gedacht werden konnte. Göthe, Leben 13. B. Nun
ſchien der heitere mergendlihe Gefichtsfreis umnebelt. Göthe,
Novelle: das Kind mit dem Löwen. Die Sache wurde ihm vorgehal-
ten und das mitgebrachte Gefichtsftüd. I. Paul. Er mußte etwas
Zutrauen zu meinem Gefihtswurf gewormen haben. Seume.
Eduards Geſichtszüge vermandelten ſich. Göthe, Wuhlvennandt-
ſchaften 1, 17. Ahndung- und geſichtertrunken. Koſegarten.
Mit Gefichtskreis (Kreis um uns, ſo weit wir ſehen fünnen) iſt Ho⸗
rizont (gr. opigor) finnverwandt, allgemeiner und unbeflimmter als Geſichts⸗
freis. — Sein trüber Sinn erzeugt nur Wolfen, die, ach! meinen Horizont
fo oft verfinftern. Göthe, Gugenie 1, 1. Denn diefe Miichung des Wahren
mit der ‘Dichtuug in der älteften Befchichte macht an unferm Geſichtokreiſe,
foweit wir in die Berne zurückblicken, gleichfam ven dämmernden Horizont
ans. K. PH. Morig, Goͤtterlehre ©. 5.
An— , Auf- , Aus— , Be— (veraltet), Durch , Ein—,
a, in— , Sinterdrein—, Kurz —, Nach — (©. 487), Rab—,
ie -, Scharf—, Um—, Borficht, wie die von mehreren derjelben
gebildeten Adj. auf —ig find aus Sicht und den entiprechenden Verben
klar. — Das (Bolt) in fittlicher und religiöfer Anjicht jeine Per-
fönlichkeit . . . nicht aufgeben fann. Göthe, Meifters Banderjahre 3,
3. Je nachdem ſich die Trocdhäen zu den Dactplen in Anſicht Ciel-
ten, fir in Anfehung) der Anzahl und Stellung verhalten. Wieland.
Doch ift eine weite Ausſicht, wo Erde und Himmel. jo vielerlei
Ansichten geben, mehr werth als man glaubt. Göthe, Brief. mit
Schiller 3, 125. Zu freieren eben fo wahren als dichteriichen Welt⸗
anfihten. Göthe, Leben 11.8. Ch’ ich die Freundin anjichtig
werden funnte. Göthe, Meifterd Wanderjahre 3, 13. So wird ei
einer Seidenſchnur anfihtig J. Paul, Hejperus 11. Ihre Ber
Ihüger, Engel der Erde, die unter der Aufficht Gabriels ftehn.
Klopftod, Meffias 3, 68. Sie eröffnen mir eine glänzende Ausjicht.
Schiller, Parafit 2, 5. Mit gueter, fleißiger Beficht. Lori, Berg-
recht 25, 208. Ein befihtiger Schüg. Ortolph, Arzueibud) vom
3. 1488. Mit Zäunen und mit anderer Bejichtigfait. Regens—
burger Urkunde v. 1366. Wie zwiichen hohen Bergen eine Durch—
ſicht in freie Fernen fich aufthut. Schiller, Briefw. mit Göthe 3,
317. (Ich finde) den Inhalt (des Briefe) nicht für Eure Durch⸗
ficht geeignet. Shalipeare, Lear 1, 2. (Das Käppchen) ift ganz
625
fein und durchſichtig. Goͤthe, ital. Reife 6. Det. Bon der durch⸗
fihtigeu und undurchſichtigen Wachs- und Honigfarbe. Daf.
Batania 3. Mai. Werthers durchſichtige (unbefangene, offene) Lotte.
% Paul. Daß der trübe Zuftand der Linfe «im Auge) ſich nach und
nah der Durchſichtigkeit nähere. Göthe, Farbenlehre 132. ch
erfläre mir dieſes Wohlfein von der durchgängig darin (in dem Roman)
berrihenden rubigen Klarheit, Glätte und Durchſichtigkeit. Scil-
fer, Briefm. mit Göthe 1, 98. Vertraulich Tieß man ihn in manches
Einſicht nehmen, was fi) befonders auf fein Fach bezog. Göthe,
Wahlverwandtſchaften 2, 7. Den Reiche bin id) mein gebeinftes
Biffen und meine Einficht ſchuldig. Schiller, Don Karlos 3, 3.
Was er ſich alles von ſolchen Kunfteinjichten und Zertigfeiten ver—
ſpreche. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 4 Meine erinjichtige
Theilnahme erfreute fie jeher. Daf. 3, 13. Berathen von einem ein—
jihtigen Arzte. Göthe, Leben 16. B. Nun wird e8 mir immrr
einfihbtlicher. Ungenannter bei Campe. Keine Kernficht, feine
Nachſicht. Rückert, gef. Ged. 5, 373. Star lebt ohne alle Hin—
fiht m feine noch fehr dunkele Zukunft unbefonnen tn den Tag hin—
en. Sonnenfeld. Die Vorſicht ift einfah, die Hinterdrein-
fiht vielfach. Goͤthe, Marimen und Reflexionen 2. Ewige Kurz:
itht ift das Loos des Menjchen. Platen, Abbafjiden 7. Kurz»
fihtige Tadler (trifft Du) gewißlih. Platen, die verhängnißvolle
Gabel 5. Wir haben auf höhere, zartere, feinere, befonders gejell-
ſchaftliche Berhältniffe Rüdficht zu nehmen. Göthe, Wahlverwundt-
haften 2, 7. Ueberall walte das böſe Geſchick grimmiger als der
Tod, und eben ſo rückſichtslos. Göthe, Meifters MWunderjahre
2, 12. Beil bei aller feiner Scarfjicht feine Reinheit eben jo groß
wor J. Paul, Zitan 37. Welch Unheil lefen eure bliiden Scharf-
lihtigfeiten aus diefem Charakter heraus. Shakſpeare, Coriolan
2 1. (Scharfjihtig f. S. 113.) So finden wir uns tauſend-
fältig aufgefordert die Augen vor weiterer AUus- und Umſicht kei—
neswegs zu verichließen. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 9. Ich
beitieg den hohen Hahn, auf welchem das fchönfte Wetter die weite
Umſicht begünftigte. Göthe, Tag- und Sahreshefte 1801. Weit-
umſichtiger zeigt fürwahr fid, oft Unmögliches noch als möglic).
Fauſt 2, 200. Doch ichöner iſt's, wenn uns die Seele ſagt, wo wir
der feinen Vorſicht nicht bedürfen. Göthe, Taſſo 2, 3. Vertraute
der Gottheit und ihrer verborgenen Vorſicht. Klopftod, Meſſias 1,
564. Wegen Prüfung folder Geiftesgaben find katholiſchen Beicht-
vitern bedeutende Vorſichtsmaßregeln aufs genaueite vorgeſchrie—
ben. Göthe, ital. Reife Neapel 26: Mai 1787. Es fo vorsichtig
einzurichten, daß feiner Würde nichts vergeben und feine Einwilligung
darein Niemand fund würde. Schiller, Abfall der Niederlande 4. B.
Wenn gleich jemand fie unbedachtjam und unvorſichtig nöthigte,
526
ihren Blick da oder dorthin auf eine uuerfreuliche Stelle zu richten.
BSöthe, Wahlverwandtichaften 2, 10.
Der Vorfihtige handelt mit folder Bebachtfankeit, daß er die Folgen
defien, was er that, vorficht, fe genau erwägt und ſich darnach richtet. Bes
dachtſam (von bedenken ©. 128). in ber Gigenthümlichfeit und gewohnt,
feine Gebanfen gehörig auf das zu wenden, was man fagt undthut. Behut⸗
fam (f. begüten bei aufheben) gewohnt, mit folcher Bebachtfamfeit zu hans
bein, daß man von fich oder Andern, oder überhaupt demjenigen, worauf unſere
Gedanken in Abfiht ders Handelns gerichtet find, alles Widrige abwende, was
Statt haben fünnte. — Ihr (ſeid) ſehr bedacht in folden Ball ver Ehre
Stiller, Marin Stuart 2, 8. Du bil noch immer zw fchnell und wenig bes
hutſam. Göthe, Egmont 4.
Bei—, über—,. blöd—, doppel—, falſch —, fein —, ſchwach —,
weitſichtig ſind klar. — Daß ſie immer vergeßlicher und von innerm
Feuer überſichtiger wurde. Klenke, Lebensgeſchichte der Dichterin
A. L. Karſch. Er war vberſichtig vnd augenſperrig. Fiſchart,
Gargantua S. 31. Blödſicht'ge Mutter! Schiller, Braut von
Meſſina. Bon dem Ruhme der berühmteſten Menſchen gehört immer
etwas der Blödſichtigkeit der Bewunderer zu. Lichtenberg, Beob—
achtungen über den Menſchen. Dieſe Krankheit ließ einen wunderba—
ven Eindruck auf meinen Sehnerven zurück, nämlich eine völlige
Doppeliicdhtinfeit. Ebeling Falſchſichtig gegen fih und alle,
Meyer. Der feinfichtige Geilt Ddiefes Mannes. Lavater. Der
Ihwacjichtige Alte fucht mit den Augen, wie der ungewiſſe Schiffer
mit dem Senkel. Benzel-Sternau. Muß ich jo weitjichtig fein!
Göthe, Zauft 2, 310.
Befichtigen (S. 513), beabfichtigen und beanffichtigen find
aus Ab- und Aufficht klar. — Daß ich bei näherer Befichtigung
des Stoffs mehr Schwierigfeiten fand, als id) anfangs erwartete. Schil-
ler, Briefw. mit Göthe 3, 214. Allein die Baroneife Beabjichtigte
nod) etwas anders. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 7. (Zudem er)
die Arbeiter beaufjichtigte. Göthe, Novelle: dus Kind mit dem Leben.
Ablauern (j. S. 219) bis zu Ende lauern, d. i. bis dasjenige, worauf
man lauert, gegenwärtig if. Auflanern wie aufpaffen laflen dieſes Ge⸗
genmwärtigwerden zweifelhuft, abpaffen Launch das feltuere erpaffen) wie
ablauern drücken es Leiliimmt aus. — Grad’ auf dem Weg nach Regens⸗
burg zum Schweben ergriffen ihn des Gallas Abgeſchickte, der ihm fchon lang
bie Faͤhrte abgelauert. Schiller, Wallenfleins Tod 4, 3. Weil doch Nie.
mand auflauert. Schiller, Fiesko 3, 8. Cr fprichts und fchweigt, und
fteht gelaflen, des Sultans Antwort abzupaffen. Wieland, Oberen 5, 37.
Baff ja wohl auf, Johann, dag wir dem Pater Quiroga recht viel zu
erzählen haben. Schiller, Piccolomini 4, 5. Wollte man’ erpafien, bie
fle zu Wien aus vierundzwanzig Ucbeln das Hrinfle ausgewählt, man paßte
lange! Duf. I, 2
527
Leſen.
(Wurzel las, lis; vgl. fanffr. las — arbeiten, eine Kunſt üben ;
Badernagel rechnet das Wort zu liegen, lat. legere = lefen,
jammeln, gr. A&yog = Xager, Aayıg — klein.)
Leſe, las, gelefen, leſen (ahd. lisu, las, läsumes, läsandr,
lesan; mhd. lise, las, läsen (zuweilen lären), gelösen, lösen;
goth. lisun, alti. ayf. lEsan, altır. lösa, engl. lease, ſchwed. läsa,
dan. löse) eigenttih fammeln !); dann, auf Das Lejen der Buchſtaben,
dad Summeln derjelben zu Sylbe und Wort angewandt, aud) figürlich
gebraucht: einem den Text, etwas im Geficht, in engerer Bedeutung:
Vorlefungen haltend, leſend lehren; eine Mefle lejen. — Sich ſchon
des Herbites erfreuend und Des feftlichen Tags, au dem die Gegend
im Jubel Trauben liefet. Göthe, Hermann und Dorothea 4, 34.
Tie auf dem grünen Rafen ſich Gänjeblümcdhen laſen. Bürger, Gnt-
führung der Europa. Wenn er nur lejen kann und fchreiben. '
Schiller, Wallenſteins Lager 7. Sie jagen, er leſ' auch in deu Ster-
nen die fünftigen Dinge Daſ. In deinen blafien Mienen will ich
das Urtheil meines Zodes lejen. Schiller, Don Kurlos 1, 2.
(Shen kommt, ich hör ihn kommen, euer ernfter, lauter Feldherr, mir
die Reetion zu leſen, Daß ich nicht zu Felde bin. Herder, Eid 20.
ben Ins die Seelenmefle zu der Ebriftenfünpfer Ehre Zurpin dort
im Ariegeöfelde. Zr. Schlegel, Karl u. Roland 11.
In gewiffer Hinſicht ſinnverwandt iſt ſammeln (aht. samandn, seminön,
mbb. samenen, agf. samı.jan, somajan, von ahd. sama, agf. same, mh}. same,
sam — eben fo; zu fanffr, sam, ar. «ua, lat. simul gehörig) allgemein Tinge
bei einander fommen Machen. — Was auf diefe dürren Auen von der Unſchalv
— faͤllt, wird geſammelt, zu bethauen die Gefilde jener Welt. Bürger, an
Auslefen 1) bis zu Ende lejen; 2) allgemein aus Dingen eins
oder mehrere nehmen, wuter Dingen fich zu einem oder mehreren be⸗
Rimmen. Erleſen?) und Das ſtärkere Auserlefen find nachdrück⸗
liher, haben aber nur die 2: Bedeutung. — (Er) hat alle Zejebibliv-
thefen ausgeleien. J. Paul, Zitan 16. Da thut es noth, Die
Caatzeit zu erfunden, die rechte Sternenſtunde quszuleſen. Scil-
ler, Piccolomini 2, 6, Konnte die Beherriherin von England mehr
tun, als aus Der ganzen Monarchie die Edeliten auslejen und zu
Richtern in dieſem Löniglihen Streite beftellen? Schiller, Maria Stuart
1) „Der Grundbegriff von Iefen (legerp,.colligere) fıheint im Durchgehen
Ingl. nengr. duaßageır = lefen) zu legen; wornach das agſ. lcornan — transire
Bndfiht verdient.” Schneller 2, 498.
2, „Ich ward aufmerffam auf Kinder, welche ſich forafältig und emſig befchäfs
tigten die Flocken der Baumwolle audeinander zu zupfen und die Sumenförner,
plitter von ven Schalen der Nüſſe, nebit ander a Ka wegzunehmen;
fe nennen es erlefen.“ Götye, Meiflers Wanderjahre 8, 5. In andern Gegen⸗
den, z. B. am Mlitelrhein, hat die Vollkoſprache dafür beleſen.
528
1, 7. Der muß es fein, den hab’ ich mir erlefen. ‚Schiller, Wal⸗
lenfteind Tod 2, 3. NAusgeleert des Weines Gläfer, den der Wirth
erlas! Voß, Rundgefang, Dieß Plüpchen hab’ ich mir längft zum-
Liebling auserlejen. Schiller, Don Karlos 1, 3.
Yusfuden (ſ. ſuchen ©. 74 u.228) ift auslefen mit Mühe und Sorgs
fült. Wählen (f. S. 514) aus MWohlgefallen an einem ober mehreren Din:
gen fich fir diefelben unter andern beflimmen. Grwählen if flärfer und zeigt
au, daß fich der Wählende für etwas entſchieden hat. Auserwählen benid
wie anserlejen auf ein Wählen (Erleſen) des vortrefflichiten aus mehreren
Dingen. Kiefen (f. dasfelbe) und küren — prüfend wählen, find nhb. nur
noch als alterthümliche Formen für wählen Im Gebrauch. Erfiefen um
erfüren, auserfiefen und auserküren unterfcheiven fi wie erwäß:
len und auserwählen. — Wenn wir zu dieſen Bällen die Raquetten erfl
ausgefucht. Shaffyeare, K. Heinrih V. 1, 2. Daß tein Herz nicht übel
wähle, was dein Auge wohl erfor. Bürger, Huldigungelied, Sein zittern:
des Geſchoͤpf wird er (Gott) erwählen. Schiller, Jugfrau von Orleans
Prolog 3, Hört von meiner Anserwählten, höret an mein ſchoͤnſtes Lieb,
Bürger, das hohe Lieb von der Ginzigen. Der Brinz, den ſich zum Tochter⸗
mann der Sultan auserwählt. Wieland, Oberon 4, 44. Prinz, fprad
der Paladin, was braucht's Hier erft zu Fiefen? Wieland, Oberon 3, 10.
Sy rennet nun Alles in vollem Galopp und kürt fi im Saale fein Pläp-
hen; zum Drehen und Walzen und luſtigen Hopp erfiefet ſich jeder ein
Schaätzchen. Gölhe, Hochzeitlied. Mich haben fle (die Götter) zum Schlächter
auserforen. Göthe, Iphigenie 2, 1.
Ab—, auf—, be— (bejonders im PBartic, gebräudlich), bei—,
durch —, ein —, ent—, entgegen—, fort—, ber—, berab —, berauf—,
heraus —, herein —, berüber—, hervor —, herzu —, hin —, hinab —,
binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinũüber —, hinweg—,
hinzu —, mit —, nach —, über —, ver —, vor —, voran —, voraus —,
voruber—, vorweg-, weg —, weiter —, wieder—, zer — zu—,
nrück —, zuſammenleſen bedürfen feiner weitern Erklärung. — Man
* nun an, die Oliven abzuleſen. Göthe, ital, Reife Terni 27. Oct,
Die beiden Urtheile wurden von dem Sekretär Pranz erbrochen und öffent-
lich abgelefen. Schiller, Abf. d. N. 4. B. Ich habe ihrer ( der Mufcheln)
genug aufgelefen. Göthe, ital. Reife 8. Det. Dom Staube hat
er Manchen aufgelejen, zu hoher Ehr' und Würden ihn erhöht.
Schiller, Wallenfteind Tod 4, 2. Mein’ Tochter die ift in Büchern
belefen. Göthe, Peter Brey. Trotz der unnügen Parade mit Ci⸗
taten und hiftorifher Belefenheit enthält er (der Aufiag) nicht das
eringfte Neue. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 365. Ich hatte diefe
—— Bände von Kindheit anf fleißig durchgeleſen. Göͤthe,
Reben 2. B. Ein ſehr durchleſener Lucian Fam nie von feiner
Seite. Daſ. 4 B. Mit wahrer Herzenstuf babe ich das erfte Buch
Wilhelm Meifters Durchlejen. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 8%
529
Hr koͤnnt fortlefen, wo der Vater blieb. Uhland, Scildeis. Ich
aber kann lateinische Briefe prächtig Herlefen. J. Paul, Zitan 48.
Lief’t Doch nur jeder aus dem Buch fihb heraus, und if ex
ewaltig, fo Liej’t er in das Buch fih hinein. Göthe, 1. Epiftel.
Bas ih mir aus dem Werke (der Ethil des Spinoza) mag heraus-
gelefen, was ich in dasſelbe mag hineingelefen haben, davon wüßte
ih feine Rechenichaft zu geben. Göthe, Leben 14. B. Keiner von
und hatte Das Buch hinausgeleſen (bi8 zu Ende). . Göthe, LXeben
11.8. So oft ſich die Schaufpieler bei ihm gejellig verfammelten, hatte
er die Gewohnheit leſen zu laflen, und manchmal jelbit mitzulejen.
Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 19. Ob wir, wir Neuern, vor den Alten -
den Borzug des Gefchmads erhalten, was left ihr darum vieles nach,
was der und jener Franzoſe fprah? Leſſing, der Gefchmad der Alten,
Die Achren nur dem Manne nachzulefen, dem volle Ernte wird.
Shakipeare, jo wie es euch gefällt 3, 5. Nur flüchtig habe id) das
Geichriebene wieder überlefen dürfen. Göthe, der Sammler und
die Seinen 6. Brief. Nach einem Eurzen ftillen Gebet ward ein Text
der hi. Schrift verlejen. Göthe, 2. Aufenthalt in Rom Bhilipp Neri.
Mit dem Kinde auf dem Schooße, oder neben fih, verlus fie die
Volle zum Tuch. Klenke, LZebensgefchichte der Dichterin A. L. Karſch.
Die fänmtlichen Documente follten vorgelejen werden. Göthe, ital.
Reife 3. Det. (Seine Augen fuchten ed aus feinem Gefichte) abzu—
fehlen und wegzulejen. I. Paul, Siebenfäs 5. Ein plöglich Un—
wohlfein fällt mir aufd Herz und trübt Die Augen mir zum Weiter-
lefen. Shafipeare, 8. Heinrich Vk 2. Thl. 1, 4. Ich hoffe, es
(das Stück) joll beim Wiederlefen nicht verlieren. Göthe, .2. Yuf-
enthalt in Rom 3. Nov. Wenn wir ein joldhes Heft zerlefen oder
tonft beihädigt hatten. Göthe, Leben 1. B. Ih will Sie in die
Buchten führen, wo fie fo gern die Steinchen zuſammenlas. Göthe,
Meifters Lehrjahre 8, 9. u SEN | |
Anm. linfere Revdensart: „Nicht viel Federleſene mit Jemanden madjen“
= furzweg mit Jemanden verfahren, it ‚gebildet aus dem mhd. vederlösen —-
ihmeicheln, eigentlich einem die Federn vom Kleide lefen und ihm fo fchön thun.
— Richt viel Federleſens, Heide! Man bat noch mehr zu thun. Schiller,
Fiesto 5, 10. Ich, einfältiger Tropf, ftehe bei ihm und leſe ihm ruhig die
Federn vom Kleide. Leffing, Antigöze 2.
Lefe (mhd. lese), Leſung, Leſer (ahd. löso, lEsAri, mhd. lẽ-
ser), Xeferei find einfady und in verjchiedenen Zuſammenſetzungen ge=
bräuchlich. — Dagegen nahm man die Weinberge in Schuß, von denen
fih die Beſitzer Doc feine große Leſe veriprechen durften. Göthe,
Kampagne im Franfreih 13. Sept. Das Wörterbuch fei ein Aushub,
wicht der Umgangsipradhe nur, auch eine möglich vollitändige Aus-
leſe aus den Werfen der Vor- und Neuzeit. Radlof. (Die Hirfche)
Eönnten die Zelder abweiden, und würden doch dem Landmunn die
Rachleſe, indem fie mit der Borlefe zufrieden wären, laſſen. 3.
4
530
Paul, Hefperus 18. — Wie fie fih zur Blumenleje büdt. Salis,
Phantaſie. Die TZraubenlefe, den Aerntekranz muß er wandernd
von ferne ſchauen. Schiller, MWallenfteins Lager 11. (Er ſprach) von
dem Yubel der Weinleſe. Göthe, MWahlverwandtichaften 1, 10. —
Was Sie von der Meinen Schrift Kants jchreiben, erimiere ich mich
bei Leſung .derfelben aud empfunden zu haben. Schiller, Briefw.
mit Göthe 1,110. Wenn ih mir, bei Durchleſung Ihrer Anzeige,
zugleich das Publicum vergegenwärtige. Göthe, Briefw. mit Schiller
4, 384. Ehe er jeine Borlefung anfangen wollte. Göthe, Meifters
Lehrjahre 3, 5. — Jetzt da jeglicher lieft und viele Leſer das Bud
nur ungeduldig durchblättern. Göthe, 1. Epiftel. Die Leferinnen
werden jeßo hören wollen. 3. Paul, Hefperus 3. Edleres Getraͤnks
Erleſer, fchafft er reines Glas. Voß, Rundgeſang. Ein folder
Nachlejer zu fein. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Sie zur Vorle⸗
ferin der Briefe ihrer Mutter zu machen. 3. Paul, Hefperus 12.
Bindeft Ioier deine Garben vor der Aehrenteferin. Salis, das
Mitleid. — Warum Horion jeine Leferei oft jo jämmerlid wähle.
% Baul, Heſperus 1. (Das iſt; Zeitungs» ımd Sournalen-
teferei. Lichtenberg, Afthetiiche Bemerkungen.
Mt Weinlefe finnvermandt iſt das in vielen Gegenten dafür gebrauchte
Wort Herbſt (ahb. herpist, mhd. herbest, agf. hearfest, haerfest, herfeste,
engl. harvest, altn. haust, ſchwed. dan. höst; vgl. lat. carpere — pflüden, gr.
xapros — Frucht, naprigev —= ernten), das tie Trauben mehr allgemein als
Frucht faßt, wie auch von andern Früchten mehrfach einherbſten aefagt wird.
Lesbar, leslich (körperlich und geiltig, in Anjehung der äußern,
wie innern Befchaffenheit), leſerlich (deffen Deutlichfeit ein leichtes
Lefen zuläßt). — Wie er eine fehr reine Hand fehrieb, fo konnte er
mir bald ein lesbares Manufeript heftweife mittheilen. Göthe, Le—
ben 10. 8. Der Eingang ſcheint mir weniger fesbar, obgleich gut
gedacht und zwedmäßig. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 117. Um
einen Leslihen Maurftzettel zu Stande bringen könnte. Wieland.
Des Menihen Wahn, fein Stolz umd feine Eitelkeit find nur halb
leſerlich verzerrte Schattenbifder des innigften Berufs der Lebend-
thätigfeit.. Ziedge, Urania 3. Das (Gedicht) in einigen fat unle-
ferlihen Abichriften fi in verjchiedenen Händen befand. Götbe,
Meifters Lehrjahre 3, 9.
Lefle)art, —brett (bei Leinwebern), —buh, — holz, —Tatte
(bei Zeugwebern), — luſt, —pult, — ruthe (bei Tuchmachern), — ſaal,
— ſchlacke (in Hüttenwerken), —ſchule, — ſchüler, —ſtein (im
bau), — ſtock (bei Siebmachern), —ftuhl (veraltet für Lehrſtuhl),
—ftunde, —übung, —wuth, —zeit, —zirkel u. a.; Leſerlohn,
—maſſe. — Daher find uns jene erſten Lesarten lange Zeir die
liebften geblieben. Göthe, Leben 12. B. Das Buch wird ſchon gut-
villige lefebegierige Menfchen finden. Ungenaunter bei Sampe. (Ex)
bat alle Xejebibliothefen ausgelefen. 3. Panl, Titan 16. Daß
F 2
531
ich den ganzen Zag auf einem feften Lejeefel ſaß. 3. Paul. Du,
den dies täglihe Entzücken der Leſefreunde oft genug vergnügt.
Thümmel. Kann ich doch indeß ... ein’ge Leſefruͤchte fammeln.
Paten, rom. Dedipus 3. Allgemeiner Lejegeift. Jeniſch. Man
will aber fammtlihe Leſegeſellſchaften biemit . . . einladen. J.
Baul, Heiperus 3. Ein Lehriaal voll Naturalien und ein LZejefas
binet. 3. Paul, Heiperus 22. Diefe Schrift ift für den en
lihen Leſekreis nicht geeignet. Jen. Lit.-Ztg. Die Schreibe- und
Lejefunft fommt von der Natur. Shafipeare, viel Lärmen um
nihts 3, 3. Da Sie in Ihrer jegigen Lage wahrfcheinlich Lejelu-
ftig find. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 305. (Er) wird zum
Leſem eiſter. Göthe, Reineke Fuchs 8, 238. Hat doch die Natur
die Lefemütter und Maulzeichen der Wolluft jehr Elein gefchrieben.
J.Paul, Hefperus 8. Ihren gebildeten und ungebildeten Leſepöbel.
Rhein» u. Mofelzeitung 1847 Nr. 274. Ueber die geftrige Lefe-
probe hoffe ich bald mit Ihnen zu fprechen. Göthe, Briefw. mit
Stiller 6, 180. (Er las) zu matt und leſeprobemäßig. Derf.
dal. 5, 9. Der Leſeſtoff ift für die Kinder nicht berechnet. Sen.
Lit.-Ztg. Die (Stube) feit geftern wieder zum Gaft- und Leſe—
tübchen Lianens geworden. J. Paul, Zitan. Die Leſeſucht un—
ferer Weiber. Campe. In unſern lejejücdtigen Zeiten. Thümmel.
Wenn fi die Leſewelt beichwert. 3. Paul, Hefperus 8. In wel-
hen (Romanen) die Tochter gewiß gelejeu, ja, fogar einige Zefe-
jeihen vergeffen haben wird, % Paul, Zitan 21. Steh’ auf und
tet’ ins Leſezimmer dich. Shakſpeare, Romeo und Julie 3, 8.
Anm. 1. Rab Grimm 11,26 gehört hierher auch Lift, goth. lists, abd., altn.,
agf., mh. list = Kunſt, wol eigentlich die Kunſt Buchſtaben zu leſen. Waders
nagel, Weigand n. U, flellen Lift zu lehren (auth. laisjan, ahd. Ieran, altf.
löri(ö)an, aaf. Iseran, alin. Isera, mh. Mren), das (lehren) aber nah Grimm
ei lefen nicht gemein hat, funvern zu goth. läists, agf. läst, ahd. leisa, uhd.
leise, leis = Spur, Beleife, gehört.
Yum. 2. Brimm, Wadernagel u. 9. rechnen, mit großer Wahrfcheins
lichkeit, zu lefen, das, im Altnord. ungebräuchliche, Adj. leer (ahd. lari, mär.
leere) wo fhon gelefen ifl. |
Genefen.
(Wurzel nas, nis.)
Geneſe, genas, genefen (ahd. kinisu, kinas, kinäsumeds, kinẽsa
ner (auch kineraner), kinesan, kanisan, ginesan, genesan; mhd.
genise, genas, genäsen (zuweilen genären), genäsen, genäsen;
ge. ganisan, agſ. genesan; ahd. and) einfach nisan) allgemein am
ben bleiben, heil und gefund davon kommen; tim Befondern 1) aus
einer Gefahr, Verlegenheit 2c., befonders aus einer Krankheit ervettet,
befreit werden; 2) (mit dem Genitiv) gejund und heil von etwas los⸗
24 *
532
fommen, befonders von einer Xeibesfrucht befreit werden, gebären (I.
©. 34); 3) (tranfitiv, veraltet, nur in Süddeutfchland noch gebräud-
lih) aus-einer Gefahr ꝛc. erretten. — Die Saracenen meinten, fie
fündten nicht geneſen vor dem Kaiſer Friderich Barbaroffa. Aventi⸗
nus Chronik. Weggeſchwunden ift die Lippe, die im Kuſſe fonft ge-
nas. Göthe, Dauer im Wechſel. Wie langfam wird der vermundete
Braun von feinen Schmerzen genefen! Göthe, Reineke Zuchs 4, 30.
Und der Kranfe geneſt. Klopſtock, Meifias 14, 1373. Genefen
würd’ ich einer Tochter. Schiller, Braut von Meifina.
Heilen (goth. häiljan, ahd. heilan, mbb. heilen, agf. haelan, altf. het
jan, engl. heal, ſchwed. hela, f. Heil ©. 343) allgemein machen, daß der
franfe Zuſtand aufhöre und der gefunde eintrete, ift als paſſtve Form (geheilt
werben) mit genefen finnverwandt. Das fremte furieren (lat. curare) wir
nur von dem Arzt, der Mittel zur Hebung des kranken Zuflandes und Herſtel⸗
lung der Geſundheit anwendet und von biefen Mitteln felbfi gefagt. @efun:
den (ahd. gasunden, mhd. gesunden, von gefund, ahd. kisunt, gife)sunt,
mhb. gesund, agf. sund; vgl. lat. sanas, gr. daos — gefund) eigentlich wieder
in den Zuſtand kommen, daß der Lebensorganismus feine Naturbeſtimmung ers
füllt. — In diefer Umarmung heilt mein franfes Herz. Schiller, Don Kar:
los 1, 2. Ein Mädchen und ein Bläschen Wein curiren alle Noth. Goͤthe,
Sery und Bätely. Du wirft gefunden, Göthe, Fauſt 2, 5.
Genifig, geniffig (mhd. genisec), heilbar und geneslich (mhd.
genislich — zum Geneſen geeignet) find veraltet; Genefung —
- Wunden geniffig und ungeniflig. Urkunde von 1487. Hier fol
ein Zempel aufftehn, der Genefung, der glüdlichiten, gewidmet.
Göthe, Eugenie 1, 6. - — u
Nähren (goth. nasjan, ahd. agf. nerjan, mhd. nern, die active
Form von ga-nisan) gefund-und am Leben erhalten; Dann einzuneh-
menden feißticpen Unterhalt geben (auch figürlich). Auf—, er—,
aufernäbren. — Du neerteft (näbrteft) dein Bold mit Engel-
fpeife. Luther, Bibelüberj. Weisheit 16, 20. Daß ich die Hoffnung
nährte. Schiller, Maria Stuart 1, 7. In der Grazie züchtigem
Schleier nähren fie wachſam das ewige Feuer. Schiller, Würde der
Frauen. — Und nährteſt den glänzenden Sohn auf. Voß. Die
kann ich nicht ernähren. Schiller, Wallenfteins Lager 11.
Speiſen (mhd. spisen, von Speife!), ahd. felten spisa, mhb. spise,
nennieberl. spis, ſchwed. spis, dän. spise, fehlt in allen übrigen bemtichen
Dialecten, aus mittellat. spensa für ex, dispensa, woher ital, apese = Auf⸗
1) Das Wort Speiſe iſt nicht deutſch. Ich denfe mit Schmeller, Ra:
dernagel und Weigant lieber an mittellat. spensa (auch mit wegen be# i, ei)
für ex, dispensa, als mit Shwend und Dilthey (Ardiv für das Studium der
neueren Sprachen 1847111. 1,38) an das lat. species, „alfo eine Specialität nach
römifchem Geſchmack unter den Nahrungsmitteln“ (Dilthey), „eine mit Gewürzen zu:
rechtgemachte, gemißchte Epeife" (Schwenck). Grimm (Sram. MIT, 461) fagt:
⸗
— ee
533
wand, Spefen — Berfendungskoften) mit Mitteln verfehen, welche durch bie
Mundöffnung verzehrt werben, gleichviel ob fie zureichend find zu leiblichem
Unterhalt oder Zunahme gereichen (anfchlagen) oder nicht. — So ſpeiſte fie
zu Steriyn ihren Gatten. Schiller, Raria Stuart 1, 1.
Aum. Die Barticipien geftatten noch andere Aufammenfeßungen, 5. B. In
ver lämmernährenden Bylos. Buß, Odyſſee 15, 225. Im Winfel der rojfe:
nährenden Argus. Daſ. 3, 263.
Nährer, Nahrung; nährlich (mhd. nerlich — ſich redt-
ih nährend ; zur Nahrung, Notbdurft binreihend, knapp);
Rahrung (ahd. nara, mhd. nar — Rettung, Speile); nabrhaft.
— Schnell den Ida erreicht’ er, den quelligen Nährer des Wildes.
Voß, Ilias 8, 47. Die Erde, ihre Mutter und Nährerin. Her-
der. Das Weib chrte und liebte in dem Marne den Vater und Er-
nährer ihrer Kinder. Schiller, über das erſte Menſchengeſchlecht. —
Die Aufernährung der Kinder. Ungenannter bei Campe. —
ward von feinem Amte entfernt, befam aber zuleßt Doch wieder eine
nährliche Stelle. Jen. Lit.-Ztg. Und hatt? e8 vernommen und hatt’
es gejehn, was nährlich (kaum) drei Schritte weit von ihm gefchehn.
Bürger, Lenardo und Blandine. — Eine weite nahrhafte Gegend.
Göthe, das Kind mit dem Löwen,
Rährling, — mittel, — mutter, — vater u. a.; Ernährungs-
geihäft, —kunde; Nahrkraft, —los, —faft, — ſam, —ſtoff;
nabrungfprofjend; nahrungslos, —fleiß, —geld, —fraft,
—mangel, —mittel, —jorge, —fleuer, —vorfchrift, —wanne u. a.
— Der Wehrſtand fol leben! Der Nährftand foll geben! Scil-
‚ler, Ballenfteins Lager 11. Da eine Erziehungslehre eine fittliche
Ernährungskunde if. 3 Paul. Ob nabılos auch erfterbe
die hartbefchanzte Stadt. Voß, Junker Kord 146. Auf nahrung-
Iproffender Erde. Voß, Odyſſee 3, 3. Wie dort Nahrungs- -
loſi N eit überhband nehm. Göthe, Meifters Wunderjahre 2,
7. Das Rennthier ift die reichfte Nahrungsquelle des Lapplän—
ders. Funke. Eine feine Moorerde, mit etwas Sand und Mufchel:
kalt vermifcht, gab den Bäumen die reichlichften und ——
NRahrungsſäfte. Forſter, der Brotbaum. Da er die Fähigkeit be-
ſaß aus der Atmofphäre ſich die beſten Nahrungsſtoffe zuzueignen.
Goͤthe, Tag- und Jahreshefte 1796.
Weſen.
(Wurzel was, wis; vgl. ſanſkr. vas = bewohnen, beharren, bedecken;
lat. vestis — leid.)
Bar, geweſen (ahd. wisu, was, wärumes, wöraner, wẽsan;
d. wise, was, wären, gewesen, wäsen; goth. visan, altf. agſ.
„Stammt es aus vem-ital, spezie, franz. espices, Epices, fo würde uhm er
Hi nur der Begriff von Würze, gewürzter Speiſe zugeſtanden haben, doch bezei
net es ſchon im Mittelalter die tölicge wie die fchlechte, vgl. Gudrun 4776."
534
vesan, altn. vẽsa), urſprünglich beharrend fein, tft uhd. gen
amd dient faft nur als Hilfszeitwort. — mein weg wirt defter frölidyer
wefen. A. v. Eyb, Eheſtandsbuch (1472) Bl. 34. Das Daun das
dritt und legte teyl dies puochleins wejen fol. Daf. 40. Wie
mächtig muß der Zauber wejen, der vom Arreft Euch kann erlöſen.
Soltau. Lernt nie der Schöpfung Herr, was wejet.und waß fcheint,
zu feinen Heil, aus eigner Kraft verftehen? Lngenannter bei Campe.
(Sie) find im Olymp zu erfragen, dort weſ't auch wohl der Achte.
Göthe, Fauft 2, 165. Dean machte ihnen begreiflih, fie wejeten
nicht in der uranfänglihen Natur. Göthe, Leben 19. B. Frag mei-
nen Vater, den Schäfer, ob er ein König was? Uhland, der junge
König und die Schäferin. Der noch vor Augen wefende und wer
vende offene Türfhen Krieg. Kandtagsacte vom 3. 1605.
Anm. Die Partieipialform geweſt (für gemefen) in der Volkeſprache, fin:
Ser ae im 15—16. Jahrh. Auch Haller (F 1777) fagt: Auch wir find
gut gemweßt.
Abwefend — nicht dabei feiend; anwefend — Dabei feiend;
Ab— Anweſenheit; fürweſend ift veraltet; wefentlich; Weſenheit
— Abwefend fchein’ ih nur. Göthe, Taffo 1, 3. Abwefenheit
des Vaters ehrt ein guter Sohn. Göthe, Pandora. Während der
Anwejenheit jener Gäfte. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 16.
Nah fürmwefender Gelegenheit. Harsdörffer, Frauenzimmerge-
fprächipiele 1, 49. Der dem Vater während des Bauens viele we⸗
ſentliche Dienfte getban. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 4. Kommt
auf das Wefentlihe. Shaffpeare, was ihr wollt 1, 5. 1Diefe
Farben) wurden bisher ald außerweſentlich, zufällig, als Zäu-
ſchung und Gebrechen betradytet. Göthe, Farbenlehre 1. Da ging
es wohl auch mythologiih an in zwei die Wefenheit der drei zu
faffen. Göthe, Zauft 2, 157.
Entfernt (von entfernen, abb. infirnen, von fern goth. fairra, ahd.
fer, ferro, ferrano, agf. feor, altn. firr, nıhd. verre, vörren, verne, engl.
far, dän. fjern, ſchwed. fjär, fjärre, fjärran; vgl. lat. porro, gr. zoepo)
deutet auf einen großen Zwiſchenraum hin zwifchen den Gegenſtänden, welde
man als von einander befindli bezeichnet. — Gegenwärtig f. ©. 443
Zugegen = In der Richtung zu uns, nicht abgemwendet von uns. — Ich
» bin bir ein Bote Kronions, der, obſchon entfernt, dein waltel. Bürger,
Ilias 2, 26.
Weſen, das, ſ. S. 403. — (3) ſehe dann vielleicht Das then-
traliihe Bauwefen. Schiller, Briefm. mit Göthe 4, 275. (m
welchen gemalten Blumenftrauß er) die lebendigen Kleinen Beiwejen
zierlih und erfreulich fowohl zu wählen als zu vertheifen wußte.
Goͤthe, Leben 4. B. Aeußerlich führte man das Bühnenweſen zu-
nächſt in feinem gewohnten Gange fort, Göthe, Tag- und Jahres⸗
hefte 1797. Die alten Fabelweſen find nicht mehr. Schiller, Pic
[d
535
colomini 3, 4. Des geiftverderblihen Fratzenwe ſens. Göthe, Le⸗
ben 13. B. Die das Hauswefen recht zufammenhalte. Göthe,
Meifters Lehrjahre 7, 6. Ein gefpunntes und aufgedunſenes Hel-
denwejen. Göthe, Leben 12. B. Die (Harzbütte) er nun mit
großem Leidweſen verfallen flieht. Göthe, Leben 10. B. Das
Raihinenwefen vermehrte fih. Göthe, Meifters Wunderjahre 3,
Seine Briefe über da8 Mönchsweſen machten großes Auffehen.
öthe, Leben 13. B. In diefes Nitterwefen verichlang ſich noch
ein feltiamer Orden. Göthe, Leben 12. B. (Die Narrheiten witr«
den) ihre üblen Wirkungen auf unjre Idee von dem jungen ſtürmiſchen
Scheinwefen nicht verlieren. Leifing, Humburger Dramaturgie
9, Welche (Dinge) das innere Stadtwejen betrafen. Göthe, Le:
ben 5. B. Keine äußere Einwirtung noch Bedingung können diejem
mern Ur weſen etwas auhaben. Daſ. 12. B. Daß er fih für ei-
wen großen Kenner des Waffenwejens hielt. Daf. 14 BD.
(Sie) werden e8 im Weltwefen weit bringen. Göthe, Betrachtun-
gen im Sinne der Wanderer. Ach babe dich auserleien vor vielen in
ven Weltwirrwefen. Gothe, Hans Sachs. Das ift ein Weib wie
— zum Kuppler- und Zigeunerweſen. Göthe, Fauſt
. 5
Defenäpnlichkeit, —gleichheit, —lehre, —leiter, —reidh,
—reihe, —verwandlung u. a. — Der hohe Menſch, der Dafteht und
den Lauf der Weſenflut umforicht, ift felbft nur eine Welle. Tiedge.
Er wurde unaufhaltfan durch das ſtumme Trauergefolge der Vergan-
genheit hindurch geführt, Durch die meorfche Weſenkette, durch das
Schlahtfeld der Geiſter. J. Paul. Die Wefenleiter der Thiere.
% Paul. Es ſchreckt mich jelbit das wefenloje Schweigen. Scil-
ler, Braut von Meifina.
Berwefen (goth. fravisan, ahd. ſirwẽsanôn, mhd. verwäsenen und
verwesen, agſ. forwẽsnjan, ſchwach) 1) abnehmen, daß es aufhört zu fein;
in den Beftmdtheilen durch Verderbniß zergehen; 2) (ahd. vif)irwäsan,
ubd. vewösen, ſtark = erwerben, gewinnen; für fih, an feine
Stelle gewinnen, um an diefer zu fein, dann überhaupt an der Stelle
emer Perſon oder Sache das fein, was Diejer zufommt; etwas, was
obliegt, im Geichäft, Amt, veriehen oder treiben, daraus die nhd.
übliche Bedeutung:) an eines Andern Stelle anordnend vorftehen 1);
dann auch überhaupt in edelem Sinne, doch feltener anordnend vor⸗
fiehen (ahd. forawesan, lat. praeesse). Berwefung (tranfitiv u. in-
trauſitiv), Berweſer; —8 — Er verweſ't eines langſamen,
elenden, unnatürlichen Todes. Herder, Ideen zur Philoſ. der Geſchichte
) Die ſtarke Form, im Sinn von verwalten, gebraucht noch ©. Franck
m ber 1. Hälfte des 16. Jahrh. Adrianus verwaß das keyſerthumb. Das fie
des gantz Keiferiiumb verwefen haben. Auch Aventinus fagt: Gr Hat alle
Gupter yerweien.
536
der Menſchheit 8, 5. Noch fein Todter verwefte daſelbſt. Klop⸗
ſtock, Meffins 4, 934. Meine Wünſche verweſen bier. Schiller,
Don Karlos 3, 10. König. von England, und ihr, Herzoge Bedfort
und Glofter, die das Reid) verwefen! Schiller, Sunafrau v. O.
1, 11. Vielleicht mögft du (Ritter) genejen, auch Sand und Guth
mit beßrer Huth, als du jetzt kannſt, verwefen. Bertuch, im teut-
hen Merkur v. 1774. — Dod) „wohnt ein Unfterlidher von hoher Ab⸗
funft in den Verweſungen. Klopfiod, dem Erlöſer. Mich fchuf
aus VBerwefungsftaube tief in zertrümmerten Paradiefe der Tod-
tenerweder. Klopſtock, Meſſias 15, 1311. Mit jeinen erbärmlichen
Berwejern will ich fein Wort mehr verlieren. Schiller, Räuber 2,
3. Herzog Karl, während der Abwejenheit des Königs Verweſer
des Reichs. Schiller, 30jähr. Krieg 2. B. Theuer faufte fie (die
Freundichaft) der Reihsverwefer Schiller, Jungfrau v. O. 2,1.
Schmüdt Tafel und Gemach, und jpült die großen Gläjer! Dem
heut ift Feiertag, und ich bin Feſtverweſer! Voß. Er wollte zum
Stadtvermwejer mih ernennen. Alxinger. — Das Berweslide
war ihn ſchvn zu Staube zufammengefunfen. SKlopitod, Meffias 11,
1444. Diejen unverweslichen Leib. Daf. 11, 305. Verwe—
lendliher Natur. Hoffmannswaldau, flerbender Socrates 683,
Verwerden (ahb. fv)ar-, f(v)ir-, fivJurwördan, mhd. verwerden, altf.
farwerthan, f. werden ©, 434) dahin fommen, daß es zunichte ift, iſt uhd.
fehr wenig im Gebrauch. — Berwalten (f. walten) etwas auf fich nehs
men, daß es angeorbnet und ausgeführt werde; gewöhnlich Dbliegendes ober
Zuftehendes felbfithätig und anordnend ausüben ; im Befondern über das, worüber
die Macht gegeben ift, dieſe felbitthätig und anvrbnend ausüben. Davon Mer:
walter — Wie fi die vorftellungen werben und kommen vielfach berühren,
fo fleht auch das werden und verwerdeun dem fommen und weggehn in uns
ferer beziehung gleih. Grimm, d. Grammatif 4, 163. Du, Dar, wirft dieß⸗
mal noch dein altes Amt verwalten, indeß wir bier des Herrn Gefchäfte
treiben. Schiller, Biecolomini 2, 4. Gott ift überall, wo man das Recht vers
waltet. Schiller, Tell 2, 2. Drum kann er Verwalter des Schladhtfels
bes fein. Arndt, Blücherlid.
Anm. 1. Grimm (Gram. II, 26) rechnet hierher au Wiefe, ahd. wiss,
mbd. wise — graßbefleidetes Kant? (vgl. fanffe. vas — beveden) und Wafen,
ahd. waso, mhd. wase, mittellatein. waso, an das goth. gavasjan — fl
lat. vestire, guth. vasti, lat. vestis, gr. 460g = Kleid anlehnend. In der Ge
fehichte der deutfchen Sprache ©. 314 fagt Grimm, ahd. waso, franz. gazon
feheine aus wraso entfbrungen, wie noch heute in einigen Gegenden Wrafe,
Fraſe vernommen werde, das nhd. Rafen gehe umgefebrt aus Aphaͤreſis des w,
wie fie in’ ber Regel Statt hat, hervor. Wadernagel ſtellt beide Wörter mit
lat. virere = grünen zufammen, Nah Graff, dem a folgt, bebentet
Waſen zunächſt Erdſcholle (vgl. agf. wase — Koth, Schlamm), dann Furche
oder Grube, ſpaͤter Grasgrund.
Anm. 2. Ahd. und mhd. iſt wist = Nahrung, heimwist (das heime we-
sen) = Wohnung, das Leben daheim. Man Fönnte verfucht fein, den Zubrmaunss
537
anserud (für lin ks, anf welcher Seite der Fuhrmann gewöhnlich geht) har und
wist, oder harwist und wisihar (har für hör — hierher , wie öfter) von dieſem
wist zu erflären In dem Sinne, daß das Vieh zu dem Fubrmann, als feinem Näh⸗
ter, fommen ſolle. Schmeller (bayr. Wörterb. IV, 119) hält das Wort für ver:
derbt aus winster, winistar (lat. sinister) = links, wie ſich ze der winstern
hant, winsterhalp findet. S&rimm (®ram. III, 810) läßt ſich auf die Dentung
„diefer dunfeln, wahrfcheinlicg. ſehr alten Wörter“ (har und hott) nit ein.
Eſſen)
(Wurzel at, it; az, iz; ad, id.) .
Eſſe, aß, gegeilen, eſſen (ahd. izu, az, Azumes, &zaner,
ezan; mhd. izze, az, Azen, gezzen (jlatt geezzen), ©zzen;
goth. itan, agſ altſ. Etan, altn. Eta, altfrieſ. ita, neufrief. ytten,
ſchwed. äta, dän. ede, neuniederl. eten, lat. edere, gr. ddew) fefte
oder wenigftens feftere Nahrungsmittel zu fih nehmen, im Gegenſatz
des Trinfens. Das Wort, früher von Menjchen und Thieren gefagt,
wird nhd. nur von Menichen gejagt. — Du mußt niemals did) ver-
meſſen, von dieſer Speife will id) nicht eſſen. Göthe, ſprichwörtlich.
Mit großen Herrn und Meifter Urian äß' ich wohl feine Kirfchen
gern. Bürger, der Raubgraf. (Bauer:) Gnädige Herren, ein Biffen
md Trunk! Haben heut noch nichts Warmes gegefjen. (Trompeter :)
das muß immer faufen und freffen. Schiller, Wallenfteins
Lager 2.
j Speiſen ſ. S. 532. Treffen ſ. S. 540. ehren (goth.tairan, ähd.
zeran flarf, agf. teran, altf. terjan, mho. zern (aus zarjan) ſchwachꝰ), engl. tear»
ſchwed. taera, urfprünglich auflöfend, felbft bis zum Nichtmehrbafein, mindern (vgl.
gr. deloerr — ſchinden, fanffr. dri = zerſchneiden), dann durch das Leben
anfwenden, prafien; fpäter wovon leben. — (Er) wünfchte nun auch von ber
Beute zn ſpeiſen. Goͤthe, Reineke Fuche 1, 116. Woran er noch vielleicht
als Züngling zehrt. Böthe, Fauſt 2, 93.
Anm. Unfer Bartic. gegeſſen fleht für das frühere gözzen, im 15. Jahrh.
oft geeffen neben geffen. Fiſchart hat am Ende des 16. Jahrh. gegeſſen
und aefjen. Letztere Korn, in nhd. Volfsfprache fehr gebräuchlich, findet ſich auch
bei Göthe: Mein Bater, der Schelm, ver mich geffen hat. Fauſt 1, 237.
Ab—, auf—, aus—, beraus—, mit—, nach —, über—, vor⸗
eſſen bedürfen feiner Erklärung — Nod wollte er feinen Zeller nicht
abeifen. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 1. Da wir abgegeiien
hatten. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 4. Was mit Bedacht und Ue—
eengung aufgefzngen und vorgelegt wird, foll auch aufgegeffen
werden. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 3. Ich Eonnte Die fchöne
Milch nit ausefien, die ich eingebrodt hatte. Göthe, Bürgerge-
neral 14, Nachdem ich das Ei Durchichnitten und das Inwendige
berausgegefien habe. Shakſpeare, K. Lear 1, 4 Mögen ſich
1) Unfer ff in eſſen, ; j ſteht
a meſſen ſteh für ß
338
die fein och aufladen, die mitejjen von feinen Gnaden. Schiller,
Wallenfteins Lager 11. Als du gerade unter dem Baum anbiffeft,
und ih aus Einfalt dir nachaß. J. Paul, Sicbenfäs 4. Hat ganze
Länder aufgefreffen, und doch noch nie fill übergejien. Göthe,
Kauft 1, 145. Und auf den Tiſch kommt vorgegeſſen Brod.
Göthe, FZauft 2, 14.
Eſſer (ahd ẽzo), Miteffer; Effung. — Augufti, ein feiner Ej-
fer, freuete ih. 3%. Paul, Titan 33. Er fchämte fich der Freude,
die nicht wenigftens in zwei Bifjen, in einen für einen Mitefier, zu
theilen war. 3. Paul, Heiperus 16,
Eſſig (ahd. azie, mhd. 1) was ſich leicht oder wovon
ſich viel eſſen läßt; 2) vieleſſend. Das Wort iſt veraltet; jo auch
eſſendig (gebildet wie lebendig). — Schabeneſſig. Fiſchart,
Gargantua S. 57. daz man nicht eſſendiges uand Hand). M.
Beheim (15. Jahrh.).
Eſſen, das, zubereitete Speife; dann auch allgemein der Spei-
jegenuß, beionders zu beſtimmten Zeiten. — Ich hatte juft mein ge-
wöhnlih Efjen. Göthe, Necenfent. Bis das Eſſen fertig wird,
wollen wir eins trinfen. Goͤthe, Götz von Berlichingen 1.— Um ein
befieres Mittagsefien zu beftellen. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 1.
Efwaare if das, was roh oder bereitet ale Speife dient, zu Kauf oder
Derfauf gebracht. Speife f. 6.532. — So fhleppten fie auch wieder Fleine
Körbehen mit Eß waa ren. Goͤthe, Meiſters Wanberjahre 1, 1. Wilde Mur:
zeln warn Ente Speife Schiller, Jungfrau v. D. 5, 2,
Eßluſt (ſ. Luft S.340) Begierde nad) Speiſe, befonders wenn
fie lebhaft und nicht unangenehm if. Davon eßluftig (fehlerhaft
efienluftig). — Was beraubt dich fo der Eßluſt? Shaffbeare, K.
Heiurich IV. 1. Thl. 2, 3. Was dem eſſenluſt'gen Magen zum
Göttertifh ihr madıt. Wieland, Oberon 3, 53.
Bunger (ſ. bangen) if der aus einer Leere bes Magens entſtehende
unangenehme Drang nad Speiſe felbit im höchſten Grade (fig. heitige Bes
glerde nach etwas). Davon hungerig. — Gr konnte vor Mübigfeit und
Hunger fanm etwas vorbringen. Weine Frau gibt ihm zu effen. Götke,
Goͤtz v. B. 1. (Die) nad allen Beneſizen hungrig ſchnappen. Gchiller,
Picevlomimi 1, 2.
Eßbar, —gier, —gierig, — korb, —laube, —Löffel, — ſtube,
—ſtunde, —tafel, — tiſch, —eit u. a. — Eine Prinzeß oder Baro⸗
neß oder ſonſt was Ehbares 1). Platen, der gläjerne Pantoffel 3.
Jedes fette Klofter bat auch einen eignen Küchenrath bei allen Eß—
"gelagen. Blumauer. An dem Eßſaal nebenbei verftedt ihr fie.
Schiller, Balleufteins Tod 5, 1. (Ich muß) die Tapeten in meinen
Eßzimmern verfeßen. Shakſpeare, K. Heinrich IV. 2. Thl. 8, 1.
Aas (eigentlih AB, abd. mhd. Az, agſ. aet, alt. Ata = Speije)
I) Bine beißende Zweideutigkeit,
urfpränglic) das Effen, damm der todte Thierlörper, weil er andern
Thieren zum Aße (Eſſen), zur Rahrung dient. — Und fo flog auch
ein Schwarm jmger Welpen aus dem bejchmeißten Aafe er.
Leifing, die Wespen. Wie haben die Adler ſich verfanmelt ums
Ans! Klopftod, Meiftas 12, 167. — Was wirds geben du Ra-
benaas? Schiller, Kabale und Liebe 2, 4.
Luder (f. S. 255) der todte Körper Helfchiger Säugethiere, infofern er
ſich auflöft, d. H. in Verweſung übergeht (auch Schimpfwort). — Und dennoch
tanzt man, wenn bie Luder pfeifen. Göthe, Kauft 2, 144.
As, Az (härtere Form mit ; ftat 8), früher Nahrung, Speife
für Menſchen und Zhiere, wird ndd., und da jelten, nur von Thie—
ren gebraucht, bejonders als Lockſpeiſe. Davon ätzen (goth. atjan,
ahd. azjan, ezan, mhd. etzen, atzen) — eſſen machen, zu eſſen
geben, nhd. faſt nur noch von Thieren gejagt, dann übertragen: durch
un Stoffe fefte Körper ganz oder zum Theil aufldjen. Aber,
etzer; Abung, Aetzung. — Der Az an der Angel, Soltau.
Die atzung vnd thurnlon (von einem Gefangenen). Hug, Rhetorica
Tübingen 1528. Bl. 56. hr, als Gäfte guter Art, kamt nicht her
um Atzung. Voß, der gute Wirth. Es hatt?’ ein Knab' eine Taube
art... geäßet aus feinem Munde Göthe, Dilettant und Kriti«
fer. Der Morgengefang ägender Schwalben am Sims. Voß, an
den Grafen Holmer 38. Die größern Brüder äben die einzigen Ge-
ſchwitzer! Chr. Stolberg. Die Heumfchreden ätzten ab dns Feld
vnd Wißmat. Aventinus, Chronik 1580 BL. 197. Er ätz te verfchier
dene Blätter und ſetzte dieſen Kunftzweig bis in feine fpäteften Jahre
fort. Göthe, Leben 4 B. Er hat fie mit Unrath (Urin) befubdelt,
mit abendem Unrath! Göthe, Reineke Fuchs 1, 28. Iſt die Tren-
nung ſchon ein ätzend Mittel. Shakſpeare, K. Heinrih IV. 2. Thl.
3, 2
Füttern (ahd. f(v)uotarjan, f{v)ötarjan, mhb. vüeteren, altn. födra,
von goth. fodjan, ahd. följan, agſ. foedan, altf. fuodjan, födjan, mhb. vüe-
den, vuoten; Butter, abb. f(v)uotar, f(v)ötar, agf. foddo{u)r, füdher,
födr, altn. födr, mhP. vuoter, älternhb, fuder, engl. food, fodder, dän. föde)
wird nur von dem Verabreichen der Nahrungsmittel an Thiere (jet in gemeis
net Sprache auch von Menfchen) geſagt. — Beizen (f. beißen) bebentet
aur ein theilweifes Auflöfen, mehr ein Durdbringen der Schärfe durch ben
ganzen Körper, um ihn zu einem Gebrauche geſchickt zu machen. — Führe den
Scheren zum Stall und fütter ihn. Voß, der Abendſchmaus. Sie füts
tert zwei, wenn fie nun ißt und trinft. Göthe, Fauſt 1, 186. Gibt er jm
ein andere. (Fran), fo fol er jr an jrem Futter, Dede und Cheſchuld nicht
abbrechen. Luther, Bibelüberf. 2. Mof. 21, 10. Fliegenfhwämm’, in Tofana
gebeizt. Voß, der bezauberte Teufel 98. j
Aetzbar, —bid, — brett, — grund, —kaſten, — kraft, —kunſt,
— mittel, —nadel, —pulver, —ftoff, —wiege u. a.; Apungsgeld,
540
—toften. — Die Aepdrüde zu der Hirt'ſchen Abhandlung. Göthe,
Briefw. mit Schiller 2, 190. Wie man mit Aetzſtein Wunden reibt.
Soltau. Er radirte fehr jauber, jo daß die Arbeit aus dem Aetz-
wafjer beinahe vollendet herausfam. Göthe, Leben 8. 8.
Anm. 1. Eſſe = Beuereffe, Schmiedewerkſtätte, Schornflein, abd. esse,
mhd. esse, lat. ustrina, ſtammt wol aus dem Lateiniihen. So auch Gffig für
Eſſich, oder eigentlich, mach der lat. und ältern dentjchen Form, für Edi oder
Eid (goth. akeit, agf. ekid, äced, eced, altn. edik, ahb. ezih, mhb. ezzich,
bän. edike, ſchwed. ättikja, leit. ettikis) vom lat. acetum, gr. 05oc.
Anm. 3. Der Eigenname Attila, Esel ſtammt nad Grimm ans altı.
atall, ötul, ahd. agal — fireng, aͤtzend.
Anm. 3. Das ores, ures, uräß, urez, vreffig der Volkeſprache ſpäter
(mb. uretzec) Ueberdruß, Ekel an Speifen empfindend, von denen man zuviel ge:
offen bat, feheint aus ur und dem Abj. effig (©. 588) nn. dann
aber auf Anderes übertragen, 3.2. feines Lebens uräß fein. Davon Uräß, Urez,
Urze = nichtewerthe Ueberbleibfel.
Freſſen.
(Wurzel fr-at, it; az, iz; ad, id.)
Freſſe, fraß, gefreſſen, freſſen (ahd fiv)rizu, f(v)raz, fi v)rä-
zumes, f(v)rözaner, f{v)rezan; mhd. vrizze, rag, vräzen, gevrez-
zen, vrezzen; goth. fraitan, agſ. fretan; älternhd. vereßen, and
d. verezzen, alſo aus fair—, ahd. far—, fir—, fer—, mhd.
ver—, nhd. ver— und eſſen zulammengejeßt) ift eigentlih durch
Eſſen aufzehren; wird nhd. nur von Thieren (ald niedriger Ausdrud
auch von Menſchen) gejagt; auch figürlidh von einem fcharfen zermal-
menden Verzehren und Zerftören durch etwas Scharfes, Zernichtendes.
— Hand, der Hund, den hängen man will, hat Leder gefreijen.
Voß, die Leibeigenen 47. Hat fich der Kerl plump ſatt gefreifen.
Göthe, Recenjent. Deine Brüder fraß das Schwert. Fr. Stolb
Lied eines alten fchwäbiichen Ritters an feinen Sohn. Tupfe nunm
mit freffendem Scheidewaffer. Voß, die Riejenhügel 155. Zu tief
ſchon hat der Haß gefrejfen. Schiller, Braut von Meſſina.
Ab—, an—, auf—, aus —, be—, durch —, ein—, fort,
herab —, heraus —, herunter, binein—, binnnter—, nad—,
über—, um —, unter —, ver —, vor —, voran —, voraus —, weg —
er—, zuſammenfreſſen find an ſich klar. — Es hätte mir das
erz abgefreffen. Göthe, Götz von ‚Berlichingen 2. Wie Schweine
den Kindern die zarten (Hände) abfreiien. 3. Paul, Heſperus 10,
Der Dampf freſſ' ihn an. Daſ. 1. Durh Zeit und Witterung
fehr angefreſſen. Göthe, Ph. Hadert Girgenti. Daß er fih an-
fraß und unmaälfig lebte. Simpliciffimus 1, 11. (Wenn) deine Rafs
jerfluthen den Gerechten mit dem Böfewicht auffrefien. Schiller,
Räuber 2, 3. Der (Wolf) ganze Heerden auf einmal auffräße.
Klopftod, Gelehrtenrepublil, Friß aus, was du einbrodteft. Schil⸗
ler, Kabale und Liebe 2, 4. Ein eleudes Fieber hat das Marf ans:
gefreffen. Göthe, Goͤtz v. Berlingen 5. Daher ftellt man der
541
Reihe nah Die ausgefreifenen Stufen wieder ber. Böthe, ital.
Reife Verona 16. Sept. Die (Bücher) feine Zeit befrifit. P. Fle—
ming. Indeſſen frißt die eingefchloßne Flamme ſich immer tiefer ein.
Wieland, Oberon 6, 42. (Daß e8) einer ur eingefreßnen
Schaden durd) viele heilet. Shakſpeare, K. Johann 5, 2. Das
(Butter) dieſer begierig hberausfraß. 3. Paul, Heiperus 17. Das
frißt mir ins Herz hinein. Göthe, Zauft 1, 183. Nachdem er
zum Bieruhrenbrod meine ſechs Kindlein binuntergefreffen hat.
Grimm, Hausmährhen: der Wolf und die fieben Geislein. Wenn
fich ein Hoffourier bei ihm betrank, und der Hofdentift überfraß.
3 Paul, Hefperus 18. Pfeiler... . glitfchen unterfreffen von
ihrem Geftel. Bodmer. Wo man fein Reben und feine Seele ver-
frißt und verfäuft.. 3. Paul, Heiperus 18. Das Ganze iſt aus
einem travertinähnlichen Kalkftein gebaut, jebt fehr verfreffen.
Göthe, ital. Reife Segeft 20. April. Fraß ed (das Feuer) fie weg.
Klopftod, Meſſias 4, 329, Die (Fledermaus) frißt mir Leber weg
und Milz. Platen, rom. Dedipus 3. Daß Kinder folche Gegenftände
. zerreißen und zerfreijen. Göthe, Leben 4 B. Der (Mätz-
ſchnee) die Keime zerfriſſet. I. Paul, Heſperus 17. Man fieht
fein ganzes au Br Zande und feinen unzerfreßnen Halm. Al—
ginger, Doolin 8
Anm. Sn — Zuſammenfetzung ſagt Fiſchart (Gargantua ©. 115)
Bi de — Mottenzerfreßne Tapeten. Shaffpeare, König Heinrich
Freſſe Cin der Volksſprache auch das Fräß) md Gefräß (in
der Volksſprache auch Gefriß) ohne näbere Unterfheidung im Ge⸗
brauch, find die unedelften und verächtlichften Ausdrücke für den menſch⸗
fihen Mund. — Werd’ i 2 mit der Fauſt gleih in die Freſſe
fahren. Göthe, Fauft 2,
Mund (goth. Dr 9— mund(t), mh. munt, agſ. müdh, altn.
mudhr munnr, altſ. altfrief. dan. mund, holländ. mond, ſchwed. mun, engl.
mouth) ift der edelſte Ausdruck für die breite Oeffnung tes Geſichtes, durch
welche die Nahrung eingenommen wird. Das Wort wird auch für Sprach⸗
organ (auch figürlih) und von der Deffnung, durch welche Dinge eingeben und
welche verfchlingt, gebrauht. Maul (ahd. diu müla, mhb. die-müle und |
daz mül, altn. müli, mauli, ſchwed. dan. mule, Holländ. muil, wahrfcheinlich
za mahlen gehörig, f. basf.) bezeichnet vornehmlich den genannten Körber:
theil an den Thleren, in gemeiner Rede auch an den Menfchen. — Mehr ver:
ächtliche Ausprüde find: Goſche und Guſche, fchon bei Fifchart Gargantua
©. 381 Goſch, in der Schweiz Gieſche (zumächft vom franz. gosier —
Burgel, Schlund, dies ans mittellat. gossum — Kropf, ital. gozzo = Kropf,
Schlund, und lat. guttur — Kehle) großes weites Maul, zunächft bei Thies
ren, in miedriger oder verächtlicher Sprache bei den Menſchen. Plaͤrre (von
plärren, auch plarren = in breiten Tönen widrig fchreien, engl. blear,
542
nah Schwend zufammengezogen aus pladdern, ſchwed. pladdra — plan:
dern) Benennung bed Mundes oder Maules, bejonders des großen, in Beziehung
der thierifchen lauten Neußerung ver Stimme. Rüffel (agf. vrot; vgl. agf.
vreötan — fnirren, ahd. riugan — laut weinen, altn. ryta = grunzen; nad
Schwenck kommt Rüffel von einem agf. vrötan, engl. root, ſchwed. rota =
wühlen) urfprünglidy das dröhnende Schreiglied des Thieres, dann das Bide
lang vorflehende Maul gewifier TIhiere, befunders des Schwein. Schnauze
(in der Bolksfprage Schnut, Schnuß, in Osnabruf Schnüſſel, niederd.
snute, gehört zu ſchreuzen, ahd. aniutan, snütön, suüzan, snuzon, bb.
Sniuzen, Snüzen, agf. snytan, altn, snüta, jchweb. snyta, engl. snite, hol⸗
länd. snuyten) if mehr das ſpitz zulaufende vorfichenne Maul. — Mein
Mund berührt den ihrigen. Schiller, Piccvlomini 8, 3. Nur ewigen und
ernften Dingen fei ihr (der Glocke) metallnee Mund geweiht. Schiller, Blade.
Mer wagt es, Ritteremann oder Knapp’, zu tauchen in biefen Schlund ? Einen
golonen Becher werf’ ich hinab, verfchlungen ſchon hat Ihn ver fchwarze
Mund. Schiller, Taucher. So leg’ ich einen Ring an die NRafe dir (Sans
herib), leg’ ich Gebiſſe, Tobender, Bir ind Maul. Klopflod, Meſſias 20, 301.
Man dehnt mir zum Maule ven Mund. Kloplod. Da war ein hochſtu⸗
dirter Froſch mit runzlichter Stirn’ und breiter Goſch. Schubart. (Ihr mals
fet) manchemahl über eueren Willen fo nüchtern feyn, daß euch das Maul
ſtaubet: doch aber trifft man euch felten an, wo die Goſchen nicht voll mit
Fluchen. P. Abraham, auf ihre hriftlihe Soldaten. Heulend plärrte ter
Bär. Göthe, Reineke Fuchs 2, 104. Gin Haupt mit langen Zähnen, Schlaus
genrüffel. Göthe, Zauf 2,33. Mit Schnauz’ und dickem Rüffel. Boß.
Nun feet eure Schnauze hinein. Goͤthe, Reineke Fuchs 2,94. (Du mußt)
dich nah Schnauz und Schnabel richten, Göthe, paraboliſch 8.
Freſſer (ahd. frAz, mhd. vrözze, vräz), Frefferei, (mhd. vrez-
erie) freffig, fre eiikh (frühen ud 52 Freßling. a
anz eigentlih fam die Speife von den Freſſern. Göthe, Novelle:
das Kind mit dem Löwen. Ueberhaupt hoßte er Freffer als Men-
ſchen von zu großem Eigennutz. 3. Paul, Hefperus9, Der Henter hole
diefe phantaſtiſchen, gezierten, liipelnden Eiſenfreſſer! Shaffpeare,
Romeo und Julie 2,4. Des Kyklopen Gewalt, des trogigen Men-
fhbenfrefiers. Voß, Odyſſee 10, 200. Bacchus hat den Wein und
teffereien lieb. Opig. Kuttelfrefferei. Fiſchart, Gargantua ©.
57. Spitalfreffig. Daf. 121. Knebelbartfreſſig. Daf. 209.
maden freffig. Daf. 57. als ein ellends fchäfflin von dem freſſa—
men reiffenden wolfe. Hug, Rhetorica Tübingen 13238 Bl. 160* Wie
vor Ilios gar mancher Held ſich menfhenfreifertich erwies. Göthe,
Fauft 2, 203. Freßling. Aventinus, Ehronif 1580 Bf. 21.
Freßbauch, —begierde, —begierig, —fleber, —gier, —gierig,
ode, —fober, —forb, —tranfheit, —lieb, — ſt, —luſtig,
—ſaß, — ſpitze, —ſtein, — ſucht, —fühtig, — trog, —wauſt, —wehe,
543 .
—minfel, —wurzel, —zange. — Den die ganze Dienerfchaft jo freß=,
lieb hatte. J. Paul, Zitan 14.
Fraß (ahd. fräz, mhd. vraz) 1) Die Handlung des Freffens;
2) die Neigung zum Steffen; 3) was gefrefien wird; 4) (veraltet) ge:
fräßiger Menſch, noch in Bielfraß (ahd. flv)ilifräz, flv)iluvrezo,
med, vilvräz) erhalten. Davon fräßig (mhd. vrazic), gefräßig
und (das wenig gebräuchliche niedere) fragen. — Boll raußes und
fraſſes fein. Luther, Bibelüberſ. Matth. 23, 25. Ein vnjetiger
grad. Daſ. Sir. 31, 19. Rohe Kajtanien ein herrlicher Fraß!
Goͤthe, Satyros 3. — Meint ihr, fagte der Bär, ich jei ein Viel-
fraß? Göthe, Meinele Fuchs 2, 9. Meine Haut, diefer Eiter-
fraß, wird eine amdere fein. Michaelis, Bibelüberi. Hiob 19, 26.
Nicht wahr, das ift ein Königsfrag? Pfeffel, die Schnepfe. Eine
Reihe ausgeitopfter Vögel zerfielen unmittelbar duch Mottenfraß.
Goͤthe, Tag= und Jahreshefte 1805. Im Wurmfraß längft ver:
ſchwundner Tage. Shaffpeare, K. Heinrid V. 2, 4. — Zräfsig
und ſaͤuffig. Aventinus, Chronik 1580 Bl. 387. fräf ig. Fiſchart,
Gargantua S. 37. Honigfräſig. Daſ. 447. Bir ſollen feine faul-
ftäßige Wänſte fein. Luther. Sei nicht ein J— Bauch.
Voß, der Abendgang 12. Fletſche deine gefr ßigen Zähne mir
nicht entgegen! Göthe, Fauft 1, 233. Philine war mit ihrer ge—
fräßigen Scheere in die Zimmer gerathen. Göthe, Meifters Wan—
derjahre 3, 14. ine ihrer größten Untugenden war eine unmäßige
Näfcherei, ja wenn man will, eine unleidlihe Gefräßigkeit. Göthe,
Meifers Lehrjahre 5, 16. — Ir jeit wol bejoffen vnd wol befraßt.
Fiſchart, Gargantua ©. 197.
Anm. 1. Wie von effen äpen, fo IR von freffen das nun veraltete
ftegen — freffen machen, weiden, gebildet. — Du haft Fein trübfal, als, daß dieſe,
bie dich fregt, ſich tote, wenn du ſpeiſt, mit dir zu tifche fegt. Benj. Reukirch,
Anden Afinus. Jeder Inochen hie von ſchlangen it zerfretzt. Hoffmannswaldau.
Gr. 2, 85. Das Gras mugent die von Beitigo wol fregen (durch ihr Birk.
abfreſſen Ichen). Die Erdwürm oder Engering durch Schwein auswülen und aus⸗
fregen. Hat mir ein Knecht über 5 Maß Haber verfregt. Schmeller, bayr,
Voͤrterb. 1,623 aus dem 17. Jahrh. Davon die und der Fretz — Graseplatz, zum
Anfrefien durch das Bich beflimmt, Weipevlag. .
Um. 3. Das Thier Vielfraß fol nah manchen Naturhiſtorikern den
Ramen vom ſchwed. fjäall, bän. Häld, altn. fiall = Berg, haben. Die fprachliche
Bildung des Wortes Ipricht nicht für dieſe Erklärung, ebenfowenig der lat. Name
und der franz. Boulu. Auf die Behauptung: „das Thier freffe nicht gerade
o viel, daß es daher den Namen haben könne”, kann man mit Grimm (Sram.
IN. 364) antworten: „Was die heutigen Naturforfcher in Amphibien, Iufecten nnd
Gewürm unterfcheiden, vermengte das Alterthum vielfach, auch in den Benennungen,
oder vielmehr diefe giengen von dem finnlihen Cindruck der Thiergeflalt aus, nicht
— gelehrten Syſtem. Die Fledermaus wurde daher zu den Bogein
gezahlt."
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64
Vergeſſen.
(Wurzel gat, git; gaz, giz.)
Bergefie, vergaß, vergefien (ahd. irkizu, irkaz, irkäzumee,
irközaner, irközan; mhd. vergizze, vergaz, vergäzen, vergez-
zen; von ahd. gezan, agſ. götan = gewinnen, erlangen, altn. geta
= hervorbringen, erlangen, goth. bigitan = finden, befommen, engl.
get — gewinnen; vgl. gr. zardareı (bxador) = in ſich begreifen,
enthalten, lat. prehendere — ergreifen) das Andenken, die Erinne-
rung an etwas verlieren. — Vergiß mein nit, das ift ein ſchlech⸗
tes Freſſen! Wer will denn leben, kann er nicht vergejfen? Ber-
efien! ja! ſich jelbft vergeffen das ift die Kunft, fo foll es fein!
öthe, zu Wallenfteind Lager. Ueber'm Herrſcher vergißt er nm
den Diener. Schiller, Piccolomini 1, 4.
— ra du, vergeffe mich nicht! Goͤthe, Cuphroſpne. Diefe Imperas
a . : ö
Bergeß (der) veraltet, ahd. äkez), Bergefier, Bergeflung,
vergefien, Bergeffeubeit, verneßbar, vergeßlich (mhd. vergezzen-
lich), Bergeßlichteit, Bergißmeinnicht. — In vergeß fommen
Aventinus, Chronik 1580. Bl. 300. Leydvergeß (Wein). Fiſchart,
Gargantua S. 111. Der Gottheit Vergeſſer. Klopftod, Meſ⸗
ſias 2, 590. Des Guten, das file empfingen, fihnelle Vergei-
fer. Daf. 15, 864. O du, deß Alles, was ich vordem litt, jüße
Bergeffung, fomm. Daf. 12, 704. — Was verdient der Offizier,
der eidvergefjen feine Ordre bright? Schiller, Piccolomini 2, 7.
Dem naturvergeßnen Sohn der Schweiz. Schiller, Tell 3, &
So ftünde jept auch ich ale pflichtvergefjen, mitſchuldig und be
Ihämt vor deinem Blid. Göthe, Tafo 2, 4 Ehrenvergeffen.
Fiſchart, Gargantua ©. 429. offenmaulvergeffene Aubörer
Daſ. 88. Haußvergeffen Mann ond weibsvollf. Daf. 26. — Denn,
ah, ich jah dich, trank die Bergeffenheit der jüßen Zänfchung wit
feurigem Durfte! Klopftod, Gegenwart der Abweienden. Das Meer
der Allvergejfenheit ift unfer letzte Ort. Herder. Jedermann
lebt in einer Art von trunfener Selbftvergeffenbeit. Götbe, ital.
Reife Eaferta 16. März. — Damit es ihr immer deutlich und nie ver-
De werde. Benzel-Sternau. Was ift vergeßliher als Dank⸗
arfeit? Schiller, Don Karlos 3, 5. Ein vergefliher Hörer des
Wortes. Luther, Bibelüberſ. Jac. 1, 25. Die felb guotter (Güter)
pnuergefjenlich jn aller gebürlichkeit. Hug, Rhetorica Tübingen
158 Bl. 37% — Gräber, von Zrauerchpreffen umhangen, mablet
bald fliller VBergißmeinniht Blau. Salis, Ermunterung. Mit
Zittern bricht er vom Strauße fie und bindet fie mit Bergigmein-
nie, ne m — ni
aſſe (goth. gatvö, ahd. k(g)aza, k(g)azze, mhd.
altm. gata, agſ. gate, lettiih gatwa a. site. a.
545
dän. gade, holländ. gat; agſ. geat = Durchgang, Thor; altn. gat
— Durchgang, Loch, von goth. gitan = fommen, erhalten in bigitan —
befommen) it _der Durchgangsweg zwifchen Erhöhungen ; befenders ber
freie Weg zwiſchen Gebäudereihen; in noch engerem Sinne der jchmälere
eg, ohne anf, die Länge zu jehen. — Durch Diefe hohle Gaſſe muß er
kommen; es führt fein anderer Weg nach Küßnacht hin, Schiller, Tell 4, 8.
Straße f. S. 141. I
Gaſſenlied ift wie Gaffenreim in Sübdeutfchland ein Liebes-,
Lob⸗ oder Spottlied, das vor den Kammerfenftern (auf der Gaffe)
eines Mädchens gejungen wird; nhd. Überhaupt ein Lied, welches in
dem gemeinen Gefange des niedern Volkes (auf der Gaſſe) gehört zu
werden pflegt. Niedriger ift Gafjenhauer (von hauen ſ. d.) eis
gentlich der Gaffenläufer, ein Lied, das auf den Gaffen fr dem Munde
des niedrigften Volkes umläuft, d. i. ganz dem Gejchmade des nied-
rigften Voikes zufagt und bei ihm gehört wird, — Die kraftigiten
Gaffenlieder folgten auf Ddiefe Bewegung. J. Möfer, yatriot.
Phantaften 1, 10. Mit einem Gaſſ an auf die franzoͤſiſche
Tapferkeit. Schiller, 3Ojahr. Krieg 4. B.
Volkslied if fowel ein Lied, welches einem Volke eigenthünilich if, die
charakteriſtiſche Tonmweife eines Bolfes, welche es im gemeinüblichen Gefange
hat, als auch ein der Gefammtheit, die man Bolf (ahd. fiv)Jolh(ch), ſ(v) ole(k),
mb. volc, agf. folc, engl. folk, altn. fölk, ſchwed. van. folk; flav. polk, pluk,
Lett. pulks, littfan. pulkas?) nennt, gerechtes und in Ihr lebenves Lied.
Gaſſenbettel, —bettler, —bube, — hauptmann, —junge, —keh⸗
rer, —kette, —tind, —fnabe, —koth, —kutſcher, —laterne, — lau—
fen, — mädchen, meiſter, —menſch, —pöbel, —rinne, —fänger,
och —jchleufe, — fingen, —fladt, —treter, — troß, —vogt, —wiß.
Aßeln (auf nächtlihen Befuch zum Liebchen gehen) gaſſieren,
gaffaten, gafjatim und gaffatum gehen Cauf den Saflen, fon=
derlich des Nachts, herumichwärmen) find in der Volksſprache weit
verbreitet. — (Daß fle) mit ihren Philanthropijten gaffatim gin-
gen. % Paul, Titan 6. . |
Ergegen ?) (ahd. ir—, ergezan (eig. irgazjan), mhd. ergetzen)
eigentlich eines Dinges vergeſſen machen; dann vergüten, erfeßen, wo⸗
I) Rah Wadernagel gehört das Wort mit lat. plebs und populns, griech.
zolloi, rAyKos zu viel und voll, Auch Weigand findet den Selm in griech,
zeiroi. Ei parffinnig fiellt Köne (Münfterer Oynmafialprogramm 1849) Bol
mit Gefolge von felgen (5. 34) aufammen: alſo Bolf ale den hefehligten,
folgenden Theil der Menfchheit im Begenfag zum Herrn, Gebieter, Füriten.
2) Gewöhnlicher, aber minder gut iſt ergögen, worin bas ö wie in Hölle,
fhwören, ſchöpfen, zwölf u. a. ſtatt des aus a umgelauteter e flieht. Göthe
fchreibt meilt ergepen, jo auh Adelang, Gampeu A. Fiſchart, Binds
gref m. A. im 16. Jahrh. fchreiben ergegen, Andere im 17. Jahrh. ergeben und
ergötzen, Lohenftein im 17. Sat etgegen und ergäßen (vgl. ägen
aus eſſen). 4 2 =
20
346 -
für: entihädigen; nhd. gewoͤhnlich den Genuß eines inuerdich —
Wohlgefallens gewähren. — Es will ſich ergetzen ſogleich.
Todtentanz. Das er euch seither belonung ergeben wöl. Hug,
Rhetorica Tübingen 1528 BL.,43. Der did) des leids ergeßen
will. Daf. Bl. M. fie ergetzten fich wieder von allem vngläd,
Fiſchart, Gargantua ©: 474. ‚Er wird did) afler Noth ‚wiederum er⸗
gögen. Simpliciffimus 5, 17. — Stets überwiegt in ihm ‚Die Schmer-
zen das Ergetzen. Uz, Kunſt ſtets. a zu fein 4.
Vergnügen (ſ. S. 344) machen, daß Jemand auf das, mas er emYfängt,
nichts mehr will und fi beruhigt fühlt: das Vergnügen — die Gemütbss
heiterfeit, in welcher man ſich angenehm fühlt, wie man es wünſcht. Das
Frohſein (von froh, ahd. f{vjrae, f(v)raw, fiv)rö, mbb. vrö, ſchwed.
van. fro, engl. fro, frow; vgl. gr. moaog, mpav; = lieblich, fanft) das An:
geregtfein im Innern von angenehmen Gefühlen. Freude (ahb. f(v)rawida,
f{v)rowida, f{v)rewida, mbb. vröude, hulländ, vreugd, ſchwed. frögd; von
freuen, ahd. fLv)rawjan, f({v)rowjan, f(v)rewjan, mhb. vröuwen, vröwen,
vreuwen, zu froh gehörig) tie von angenehmen Gefühlen lebhaft erregte und
beherrfchte Gemuͤthsheiterkeit. Wonne ſ. S. 229. Luſt ſ. ©. 310. Wols
luſt — Hochgenuß angenehmen Gefühle. Das Entzüden (ſ. zie hen) das
Hingeriſſenſein von angenehmen Gefühlen, daß man ihrer nicht mächtig und
in ihnen wie außer ſich iR. — (Der) vom ſtärkſten und beſten genießt, und
das Vergnügen hat, feine Wolluft verflohlner Weile zu fältigen. I. Mid
fer, patriot. Phantaflen 1, 10. Bon Frohfenn, bad bis zum Gntzüden
fteigen Fann, und, ob es gleich nicht eigentlih Luft ifl, von feinen Seelen
aller Luft doch weit vorgezogen wird. Schiffer, über das Erhabene. Hatte
ih das exrflemal die Freude ber Ueberraſchung und des Staunens, fo war
zum zweitenmale die Wolluſt des Aufmerfens' und Forſchens groß. Götke,
Meifters Lehrjahre 1, 4. Und fo flogen fie felig dahin. Doch felbft die Ent:
zückung, biefe noch nimmer empfundne, den Alpen nur eigene Wonne, war
nicht heftig, wie irbifche Luft, nicht trunfen, wie Frende, bie man iu Ebenen
fühlt. Bagaefen, Barthenais 8. |
Erges (veraltet), Erge(ö)ger; erge(ö)gbar, — lich, — lichkeit;
Ergelö)bung — Ver Nutz und wer Ergep recht fcheidet und recht
mengt, verdienet, daß man ihn mit Lob und Ruhm beſchenkt. —
Dichter waren der Mund der Vorwelt, Lehrer und Ergetzer
Volks. Herder, Der Paladin, mit deffen Abenteuern wir euch zu
ergeßen (jofern ihr .nody ergetzbar jeid), entichloffen find. Wie⸗
fand, Oberon 1, 9. Die Unterhaltungen waren daher fo belchrend
als ergetzhich. Goͤthe, Meiſters Wanderjahre 3, 2, So treibt im
zu Ergöglichfeiten an. Shakſpeare, Gamlet 2, 3. Bas er vor
ergetzung diejes feines ſchadens empfangen, Zindgref, Apoph. 1, 405.
Meflen.
| "(Wurzel mat, mit; maz, miz.)
Meile, maß, gemefien, meſſen (ahd. mizu, maz, mäzumeds,
547
mezaner, mözan; mhd. mizze, maz, mügen, gemözzen, möz-
= goth. tan — ——— denken, — agſ. 2
tan, altı. meta, engl. miete, ſchwed. mata, Dän. maade;: vgl. lat.
metiri, gr. nezosiv — meſſen, lat. meditari — ermeſſen, nachfinnen)
miprünglih groß fein, iſt nhd. 1) ein gewiſſes Maß enthalten; 27
diefes Maß (die aͤußere Größe oder den Grad der äußern wie inner
Stärke) aufiuchen, beftimmen. — Haft du dein Lebenlang umionft der
Steme Lauf gemeſſen? Schiller, Wallenſteins Tod 1, 7. Des
Eigentbums gem eßne Grenzen ehrend. Schiller, Piccolomini 1, 4.
Gewöhnlich kann man die Breite der Gaſſe mit ausgereckten Armen
ge oder beinahe meſſen. Göthe, ital, Reife Denedig 29. Sept:
ie werd’ ich mich, ein ungelehries Weib, mit jo Eunftfert’gem Red⸗
ner meifen können! Schiller, Maria Stunt 1, 7.
Beimeſſen — Yemanden eine gewiffe Beftimmung, Cigenfchaft
a und zwar nad) dem Maße, wie man von Semanden
‚ beſonders wenn diefe Beitimmung ꝛc. eine üble, eine Schuld ift.
— (Daß) der Papft ihnen Glauben beimaß. Göthe, Benvenuto
Cellini 2, 7. Der Alte mißt fih den Tod feines Sohnes bei.
Schiller, Räuber 2, 1.
Bellegen (f. liegen) allgemein Jemanden oder einer Sache eine gewiffe
Beſtimmung zuerfennen, dieſelbe mag eine gute, üble oder gleichgiltige fein.
Ab—, an—, auf—, aus —, be—, dar—, Buch —, ein—, er -,
hinweg — nach —, über—, um —, ver— (ſ. S. 129), vor —, voran—,
voraus — weg—, zu —, zurückmeſſen erklaͤren ſich aus nachfolgenden
Beiſpielen. — Deß Höhe mit ſtaunenden Blicken fie abmaß. Voß,
euiſe 2, 185. Mit langſam abgemeßnem Schritte. Schiller, Kra⸗
mie des Ibykus. So abgemeſſen ſeſtlich ſein Betragen! Schiller,
Don Karlos 1, 6. Wofern mir Kleiges mit Großem abzumeffen
gebührt, Voß. Meffe er ab ihm felber ab, wie ruhmredige Bezei-
n aufgenommen werden. Haller, Verſuch eines patriot. Bfättleind.
miß dem Junker Kleider, und miß ihm Hofen an! Göthe, Fauſt
1,111. Eine gottesdienftlihe Handlung fchien ganz jeder Natur ans
gemeffen. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 2. Es ſcheint mir
angemeffener, den befondern Charakter anzugeben, der jede Zone
ntericheidet. U. v. Humboldt, Teneriffa Es follen jm auch darbey
alle fünde, die er begangen hatt, nimmer anffgemeffen (zugetech—
net) werden. Dietenberger, Bibeläberf. (1571) Ez. 33, 16. Nach—
dem er ſowol die Breite als die Tiefe des Stroms hatt ausmeſſen
laffen. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Wenn nur ein Gott
ums gleich ausmäß’ des Kampf Enticheidungen. Voß, Alias 20,
100. Stolz auf die Kühne, ftolzer auf fih, bemaß die hohe Brittin,
aber mit edelm Blick, dich, Thuiskone. Klopſtock, die beiden Mufen.
Bemiß, ich bitte dich, nur nicht nach ihm des Volks Cultur. Pla⸗
ten, Schatz des Rhampfinit 1. Noch einmal durchgemeſſen, ob
z6 *
N
548
and alles, wie wir's zugelegt haben, auf die Stelle paßt. Goͤthe,
was wir bringen 3. (Er) durchmißt die Welt am Wanderitabe.
Schiller, Glode. Jedem Pflüger ein Tagesſtück einmeſſen. Werte.
Daß kaum der größte der Männer fie mit den Armen ermaß von
einer Spige zur andern. Pyrker, Rudolph 3. Wer weiß, was er
noch erreiht ımd ermißt. Schiller, Walleniteind Lager 7. Wie
"lange Frift, das kann ich nicht ermeſſen. Schiller, Braut von Mefs
fina. Indeß der Jünger des Pythagoras den wallenden Contour ge
wiſſer Sphüren maß, woran die Lambert jelbit fih übermefien
konnten. Bielmd. Da Klotilde traurig den größern Zwiſchenraum
‚der Schiherzen und Per Zage zwijchen fich und ıhrem Bruder über:
maß. 3. Baul, Heiperus 23. Inden er die Schritte feines Lebens
bedächtig vorausmißt. Göthe, Leben 10. B. Deſſen dicke Zeiger
ftange den Lebensfaden des Greifes .. . weggemeiien battle %.
Paul, Heſperus 11. Ich hätte ihm die Race mit dem Kohlenmaße
zugemefien. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 7. Richt lebendig mehr
zjurüdemejjen werdet ihr das heilige Meer. Schiller, Jungfrau
von Orleans 2, 7.
Anm. 1. Die Bartieipien geflatten noch andere Iufammenfegungen, 3. ®,
Gleichmeſſend gießt der Himmel feinen Thau auf alle duftende Gewächſe and.
Schiller, Jungfrau v. DO. 3, 4. Borfchend überficht dein Blick eine großge:
meffne Welt. Göthe, an Luna.
Anm. 3. Die frühere Sprache hatte vermeffen auch im Sinne von abge⸗
nr Einem ainen vermezzenen tag anf recht geben. Schmeller ans
m J.
Gemeſſen (Partic. Bräter. von meſſen) hat außer den allgemei⸗
nen Bedeutungen von mefjen noch die befondere von abgemeffen, ge
nau, beftimmt. Davon Gemeifenheit, gemeffentlih. — Auch
ift unfere gemel fene Order H in Die Enge zu treiben. Goͤthe, Göß
v. Berlih.8. Es waren die Geſtalten jener Welt, die ſich lebendig, raſt⸗
108, ungeheuer, um Einen großen, einzig Fugen Mann gemeſſen dreht
und ihren Lauf vollendet. Göthe, Talle 1, 1. Bon einem zwar ge-
meffenen aber doc höchſt gefälligen Betragen. Göthe, Kampagne
in Frankreich Pempelfort Nov. Welche fi dann eben jo gemeſſent—
Lich zurüczogen. Göthe, Leben 3. 2.
Gezahlt (von zählen, ahd. zeljan, zaldn, mäb. zellen und zein, alif.
tellian, agf. taljan, tellan, telan, altn. telja, von Zahl, ahd. der zal, die
zala, mhd. der die zal, altf. tal, agf altfrief. tale, altn. das tal, die tala, zu
Ziel, ahd. mhb. zil und wol auch zu goth. gatils, agf. til — paſſend, gut
gehörig; vgl. gr. -#2og.—= Gude, Biel) genan beftimmt durch Beilimmung (Huf
Rellung, Orbnung nach der Reihe) der einzelnen Dinge nach einander. — Meine
Tage find gezählt, befürcht' ich, und ich achte mich gleich einer Sterbenden.
Schiller, Maria Etuart 1, 2.
Bermeflen, vermefientlih, Bermeſſenheit mit ihren Synony«
men |. ©. 131. — Der (Krieg) eben fo unglüdlich für fie endigt,
549
ald vermeffen er unternommen ward. Schiller, Abfall der Nieder-
lande 1. B. Mit jeder (Berfammlung) wuchs die Bermefjenheit
der Seftirer. Dal. 3. 2.
Meſſer (ahd. mezäri, mezzäri), Meſſung (ahd. nözunga)
ſind einfah und in verſchiedenen Aufammenfeßungen gebräuchlich;
meßbar; meßlich, unermeßlich, Unermeßlichkeit. — Aud
die Erde... zeichnete jetzt vorſichtig mit langer Grenze der Meſſer.
Voß, Ovids Met. 1, 136. Ich zog einen kleinen Blitzfeuermeſ—
fer oder Electrometer aus der Taſche. Caupe. Gleichwol wären Die
Rezeuſenten noch toller und geſcheidter, und vielleicht die beſten jetzigen
Skotometer (Dunfelmeffer), zumal da fie jo elende Photometer
(Lihtmefjer) wären. % Paul, Hefperus 5. Ueber vier Fuß im
Durchmeſſer. Göthe, ital. Reife Trient 11. Sept. Wie der Feld—
mejfer mit einer Durchgezogenen Linie viele einzelnen Meſſungen
probirt. Daf. Neapel 17. März. Nacd meinem Nilmeffer fann die
Verwimmg nur um einige Grade höher fteigen. Göthe, Briefw. mit
Schiller 6, 212. — Ohue Meſſung gelaug ſelbſt Venus Gürtel den
Grazien nicht, Klopitod, die Mußbeitimmung Genaue Vermei-
jungen find geſchehen. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 12. —
Klar ift der Aether und doch von unermeßlicher Tiefe. Schiller,
Genialität: In der Zeiten Unermeßlichkeit kann ich hinabſehn mit
zufriednem Geiſt. Schiller, Braut von Meſſina.
Meßeifen, —kette, — kunde, — kunſt, —riemen, —ruthe,
—ſcheibe, — ſchnur, — ſtock, — tiſch u. a. — Nur der Meßkundige
trete ein. J. Paul. Ihre Beine geheime Meßſtangen. J. Paul,
Heſperus 21.
Maß (ahd. die mäza, altn. maͤti, mhd. maͤge — zugemeflene
Menge, Mäßigung, ahd. mhd. das mẽz, altu. net = Maß, maß⸗
gebende Beſtimmung der Art und Weiſe; doch werden mäze, mehr
paſſiviſch, und möz, mehr activifch, auch verwechielt), überhaupt das
Ziel einer Ausdehnung; nhd. gewöhnlich 1) die durch feine Grenzen
beitimmte Größe eines Dinges; 2) das Werkzeug, die beſtimmte Größe,
womit die andere unbekannte Größe der Ausdehnung und Menge nach
deitimmt wird; 3) die Art und Weile des körperlichen Maßes. — Die
Maße überhaupt foviel als Muß, im Bejonderr das richtige Ver-
haͤlmiß bei einer Handluug wit der Natur der Sache, dem Bedinfniß
x. in Anfehung der Größe ꝛc.; dann Art uud Weile. Das einfache
Zeitwort maßen (ahd. mäzön, mhd. mäzen, altn. mäta iſt num
außer Gebrauch); erhalten find an—, muthmaßen, f. unten. Mäß-
lich, unmäßlich find veraltet. — Damit der Weber das gehörige
Maß wieder bringe. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 5. Dreifach
if des Raumes Map. Schiller, Sprüche des Bonfucius, Kein Maß
noch Ziel! Schiller, Piccolomini 4, 5. Sein Map ift voll. Sdil-
ler, Jungfrau von Orleans Prolog 3. — Yu der Maße wie feine‘
550
Geſundheit wieder fanı und feine Kräfte ſich erneuerten, verſchwand
bei .ihr jede Art von Neigung und Zutrauen. Göthe, Unterhaltungen
deutjcher Ausgewanderten. In gleihem Sinn und gleiher Maße.
Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Auf unmäßlidher
güte. Ph. I. Spener, zwölff Keichpredigten 1686 ©. 23.
Anm. Das Adverbium maßen (mhd. mäzen) ift eigentlich der Dativ Blur.
Die Verbindungen ders, ſolcher maßen ıc. find unorganiich und haben ben Schein
von Genitlven angenommen. Siehe Grimm III, 138 und weine Brammatif I,
2, $. 872. — Maßen ih der Herr Pfarrer bin. Shaffpeare, was ihr wollt 4, 2.
Inmaßen König Heinrich drein aus bloßem Mitleid und aus Milde willig. Shak⸗
fpeare, 8. Heintih VI. 1. Thl. 5, 4. Und jubelnd übermaßen daurchziehet neue
Straßen! Göthe, zur Logenfeier. Es fann... nicht unvergefien fein, wagmaßen
wir... euch mit Gnadenbezeugungen überhäuft Haben. Lichtenberg, Senpfchreiben
der Erde an den Mond. Ich arkeftete mich dermaßen binein. Goͤthe, Tag: und
SJahresheite 1807. Daß ich auf Befranen über das Einzelne einigermaßen Re
chenſchaft zu geben im Stande wäre. Daſ. Ich will Getränf dir gleich erma⸗
Ben geben. Shakſpeare, 8. Heinrich V. 2, 1. Ich verfiche gewiffermaßen eure
Meinung. Daf. 3, 6. Gin fchwer beladener Binigrantenwagen war ebenermas
Gen an einer Anhöhe fleden geblieben. Göthe, Campagne in Frankteich 12. De.
Folgendermaßen lautete der Brief. Göthe, Meiſters Lehrjahre 1, 16.
Mäßig (ahd. mäzic, mezic, mhd. mazec) überhaupt nad)
dem gehörigen (richtigen) Größeiverhäftniß in etwas; dann in emem
nicht gar erheblichen Größenverhälniß. Davon Mäßigkeit, mäßi-
gen (1. S. 243), früher auch mäßen, Mäßigung (im 17. Jahth.
auch für Ermeſſen, Anſchlag). — Kurz und nal it fein Land,
mäßig nur, was er vermag. Göthe, Venediger Eptar. 34° Bon
einem gefälligen mäßigen Chore begleitet. Göthe, Meiſters WBan-
derjahre 3, 1. Ihre — mäßiger einzurichten. Schiller,
Abfall der Niederlande 4. B. — Verſprecht auch Ihr mir, euern Schmerz
zu mäßigen. Schiller, Maria Stnart 5, 1. Bill'ge Furcht erwecket
ſich ein Volk, das mit dem Schwerte in der Hand ſich mäßigt.
Schiller, Tel 2, 2 — Ih kam mich felbft nicht mäßen. Xobenftem,
Roſen ©. 36. Sid zu mäßen PB. Fleming — Gib mir Mäßi-
gang! Schiller, Maria Stuart 3, 4. Piel nübte Deutjchland meine
äßigung. Schiller, Piccolomini 2, 7. Ernſt und Heiligkeit mä⸗
Bigen die Luftund nur durch Mäpigung erhalten wir uns. Göthe,
Meifters Wanderjahre 1, 7. Soll den Schaden nad der Nachbawren
oder Obrigkeit Mäßigung (Ermefjen) widerkehren (erfeßen). Lori,
Urkunden zur Geſchichte des Lechrains von 1016.
Enthaltſam (f. Halten) fich Hinfichtlich eines Genuſſes alles verfagend;
fi) von einem Genuffe ab⸗ und fernzuhalten wiſſend. Frugal (ans lat.
frugalis, von frux — Frucht) genügfam mit Ginfahem, mit Geringem nad
Befchaffenheit und Menge. Sparfam (von dem ahd. Gubfl. spart, spara;
fparen") ahd. sperön, sparen, mhb. sparn, agl. sparjan, altn. spara) nad
ı) Graff VI, 352 und Grimm I, 37 Nr. 875 reinen fparen zu einem
verlornen ſtarken Berbum spairan = fuchen, auffpären; Grimm fügt Gaza: Wie⸗
551
Döglichkeit mit Beſchraänkung in Anſehung bee Aufwandes. Ganblic (f.
Hand ©. 170) fo wie man es zur Hand haben mag, paßlich genehm; ober»
deutfh auch mit Kraft und Anftrengung thätig. Mild (zoth. milds, ab».
miülti, mhb. milte, altf, mildi, agſ. milde, mild, altn. mildr, engl. wild, zu:
fammenhängend mit agf. miltan — weich oder flüffig fein, gr. ld =
erweichen, ſchmelzen, f. d.) früher reichlich, freigebig; angenehm weich, ins⸗
befondere infofern diefe angenehme Weile auf die Empfindung eines Sinnes
wirkt; dann überhaupt von angenehmen weichen Cindruck. Davon mildern
(von ahd. miltjan, wär. milten). Sanftmuth (aus fanft, ahd. sanfmjft#
mbo. senfte, agf. seft, soft und Muth &. 905) bezeichnet die Zurückhaltung
Rarter oder heftiger Aeußerung feines Unwillens gegen Andere ale eine freimd⸗
liche, angenehmen Ginrrud machende Gemaͤthoſtimmung oder Gemutheverfaf⸗
fang der Ruhe gegen Beleidigung und überhaupt ungugenehmes Begrbnig im
ſchonender Beurtheilung biefer, während Mäßigung mehr alfgemein il. —
Mit nicht geringer Selbfigefältigkeit war ih mir meines eutbaltfemen Be
tragens bewußt. Gothe, Lehen 11.B. Wir andern verzehrten mittlerweile
auf unfern Blägen eine frngale Mahlzeit, Daf. 8. B. (Daß rer) Rill nad
ſparſam lebt. Leifing, Minna von Barndelm 4, 3. Die Geldbeiträge fielen
Sehr fyarfam aus. Schiller, Abfall dv. N 4. DB Gin handlicher Steis.
Abelung. Schrie ih den Knechten, handlich zuzugehn. Shiller, Zell 4, 4.
Mit dir verglichen zeigt der Stein ſich milde. Gothe, 4. Sonett. Gine
milde ſanfte Luft füllte die Gegend. Göthe, ital. Reiſe Trient 11. Sept.
Die Jugend mildert enre Schule, Schiller, Maria Stuart 1, 4. Das
ernfie Gebot der Schonung und chriſtlichen Sanftmuth. Pyrker; Tuniſias 6.
Webermaß (mhd. übermäz); davon übermäßig == zuviel in
Beziehung des zugehörigen over gewöhnlichen Maßes ober Grades.
Das Zeitwort übermaßen (j.maßen ©. 549) ik veraltet. — Kaum
ließ das Uebermaß der Freude nad. Göthe, Meift. Lehrj. 1,9. (Wo
ift) Der Nebenbeiperjonen reiches Uebermaß? Platen, vom. Oedipus
1. Du gibt, wie Erd’ und Himmel und Geſchenke mit vollen Hän-
den übermäßig reichen. Goöͤthe, Taſſo 2, 2. — Mein übermaftes
Leid. P. Fleming.
" Unmäßig (ab. unmez, unmözic, mfd. uamseglich) zunaͤchſt groß ohm
Maß; dann zu viel, als dag es meßbar wäre; im Befondern von bem maß⸗
loſen Zwiel in Beziehung des Genuffes der Speiſe und bes Trankes. — Uebers
trieben (ſ. dreiben) zu weit getrieben, gu viel vergrößert, infofern bles
Aeußerung eines frei handelnden Weſens if. Ungeheuer (ahd. unk(g)ahiuri,
unbiuri, mbb.ungehiure, von ahd.hiuri = geheuer, lieblich, gefällig, mild; Wa»
dermagel vgl. hüs= Haus) voll furcht: und Raunenerregender Wirkung, voll
unbeimlichen Weſens im Hohen Grade; von überans auf die Sinne wirkender
Größe; überhaupt in überaus hohem, flarken Eindruck machendem Grade. —
fern uhb. sparön und sparo, altn. spörr (Sperling) aus biefer Wurzel folgen,
kann ich noch nicht genügend nachweiſen“ Waderna 44 vgl. gr. Srapvig =
felten, lat. parcere = konn, fparen und parvus = llein.
552
Es fcheint, der beiden Fremden Schidfal macht unmäßig dich beforgt. Goöͤthe,
Sphigenie 5, 5. Unmäßig, abaöttifch find die Zeichen ſeine Freude. Schil⸗
ler, Maria Stuart 3, 4. Barum wollen Sie aus übertriebener Beſchei⸗
denheit auch jept noch der Unfähigkeit und Intrigue das Feld überlafien? Schil⸗
ler, der Baraflt 1, 1. (Ste) bringt au Hier eine Mebertriebenheit het⸗
vor, die nichts Gutes Riften Tann. GBöthe, Leben 13. Bd. Mid faßt ein un»
gebeurer Schmerz um dich. Schiller, Jungfrau v. D. 3, 10.
Ebenmaß (ahd. diu Ebenmäze, mhd. öbenmäz, äbenmäze,
von eben, goth. ibns, ahd. Epan, mhd. Eben, altj. Ebhan, agı.
engl. även, altn. iafn, dän. jevn, ſchwed. iemn (Adv. äfven), hol.
effen) Uebereinſtimmung einzelner Dinge zu einander oder zum Gan-
zen, was Das Maß anbetrifft, und zwar in Bezug auf das Angenehme
und Schöne der Formen und Bewegung, wahrend Gleihmaß nur
auf die übereinftimmende Größe geht, auch von a ee gefagt
wird. Davon eben—, gleihmäßig; Eben—, Gleihmäßig-
feit. — Lehrt' ihn Bildung mit dem Stoff entfalten, bis fie fchon
zum Ebenmaß gedieh. 4. W. Schlegel, Pygmalion. Er hatte
ebenmäffig (d. ß wie Andere) das Viehe gehütet. Simpliciſſimus
1, 2. Die Säule muß, dem Gleihmaß unterthan, an ihre Schwe⸗
fter nachbarlich fich lehnen. Schiller, der Künftlerr. Etwas fürchten
und hoffen und jorgen muß der Menſch für den kommenden Morgen,
daß er die Schwere des Daſeins ertrage, und das ermüdende Gleich-
maß (Einerlei) der Tages Schiller, Braut von Meſſina. Es erfor-
dert ja doc ein geredhtes Geſetz gleihmäßige Gütervertheilung.
Platen, die verhängnißvolle Gabel 5.
Nichtmaß (f. rihten S. 296) ein die Richtung beftimnzenber
Stab der Bauhandwerker; ein Beitimmendes für ein Verhalten worin.
Mapftab = Stab zum Mefien cfelten fig.) Maßregel = be
flimmende Borfchrift oder Art und Weile deſſen, was man in etwas
füran gemeſſen erachtet, vornehmlich infofern dieſes Angemeflene auf einen
Zwed bingeht, wonach e8 dann als Mittel erfcheint. Davon das feltene
maßregeln = Jemanden ftreng nad) einer Maßregel behandeln. — Nach
dem Richtmaß ordentlid, gefügt. Schiller, Tell 1, 2 Auch will ich
fremden Maßſtab eudy nicht umterwerfen. Schiller, Don Karlos 8,
10. Ich empfand in mir einen Mapftab voriger Größe Göthe,
Meifters Wanderjahre 3, 6. Indeſſen habe ich auch ſchon meine
Maßregeln genommen. Göthe, Briefw. mit Schiller 5, 80.
Richtſchnur (von Schnur, ahd. snuor, sndr, alte. snura, mh. snuor)
eigentlich die ſtraff angefpannte Schnur zur Beſtimmung einer einzußaltenben
geteden Linie; dann (fig.) das, wodurch man fich in feinem Berhalten beftim-
men läßt, infofern bei demfelben an ein Borwärtss oder Kortbewegen in geras
“ der Linie gedacht wird. Richtſcheit wird oft ganz für Richtmaß (aber fels
sen im fig. Sinne) gebraucht. — Daß fie (die Sofratifhe Schule) Quelle
und Richtfchnur alles Lebens und Thuns vor Augen Rellt. Göthe, ans
553
Makariens Archiv. Der Lelvenfchaften wilden Drang, des Glückes regellofe
Spiele, ver Pflichten und Juſtinkte Zwang ſtellt ihr mit prüfendem Gefühle,
mit rengem Richtfcheit nach dem Ziele. Schiller, die Künftler.
Maßgabe ift üblicher als das mehr die Handlung des Gebens
bezeichnende Mapgebung, fonft aber nicht weiter unterjcheiden. —
Die (Armen) er nah Maßgabe der Umſtände und der Zeit in den
Niederlanden felbft leicht würde zufammenziehen können. Schiller, Ab⸗
fall der Niederlande 4 B. Nah Maßgebung des einmal anges
nommenen Charakters. Leifing, Hamburger Dramaturgie 2 — So
werde ich unmaßgeblich denken. Shakſpeare, K. Heinrih V. 3, 2.
Gemäß 1) Werkzeug zum Meflen; 2) das Maß, ift nicht fehr
im Gebraud. — In jeiner Rechten hielt er ein filbernes gehenfeltes
Gemäß. Göthe, Leben 5. 8.
Gemäß, Ajectiv (ahd. k)g)imäzi, mhd. gemaze) überhaupt,
wie es mit einem andern Dinge übereinftinmt; angemefjen (f. oben
©. 547) ift völlig gemäß; in der Volksſprache auch jo viel als mä-
Big. Davon Gemäßheit. — Gar reizend tft, was du mir jagfl,
jo ganz dem Wunfh gemäß, den ich im Stillen nähre. Göthe,
Zaflo 4, 2. Wende dein Gefpräh auf Gegenftäinde diefem Ort ge—
mäßer. Göthe, Eugenie 1, 1. Bis er (der Brief) der Aufichrift
emäß dießmal abgegeben werden konnte. Göthe, Meifters Wander-
jahre 3, 3. Daß fie fo gemäß (mäßig) in dem Eſſen geweſt. P.
Abraham. |
Nach (ahd. nah (nach und nahe), mhb. näch; gofh. nehva, agf. neah,
neöh, altu. na; mhd. nähe — nahe) das Vorwort der Nähe; dann des Fol»
gend; hieraus ſowol Gegenſatz von vor, al6 auch für den Begriff: „in Folge
der Beſtimmung durch ein Anderes und mit diefem übereinkimmend.* Zufolge
(aus zu Folge, f. folgen ©. 34) wie etwas auf das, d. h. nach dem, iſt
oder kommt, durch das bedingt If, was in dem regierten Worte bezeichnet
wird. Dem Sprachgebrauche nach heißt gemeiniglich das eine Handlung, was
einem gewifien Borfage zufolge unternommen wird. Leffing, über die Bas
bel 1.
Aegelmäßig — einer Regel (ſ. S. 315) gemäß. — Der Strom
iR aͤußerſt An TESEUD % G. Zimmermann, der Fall des Nia-
gara. So gehörte es freilich unter die Unregelmäßigfeiten mei-
nes Lebens. Göthe, Leben 11. 2.
Reit (ſ. S. 296) eine unabwelchende Ausdehnung habend, gerade; in
Angemefienheit, Paßlichkeit wozu ſeiend, wie es fein fol wozu; einer Ber
fon oder einem Dinge vermöge giltiger Zuſtändigkeit, d. i. eines Innem oder
äußern Geſetzes oder auch geltenver Sitte gebührend. Ordentlich (ahd. or-
denlih, mhb. ordenlich, aus lat. ordo — Reihenfolge, Ordnung) nach der
Reihenfolge; der Ordnung gemäß, infofern viefes Wort Uebereinkimmung mit
einer Betimmung, Borfihrift, einem Geſetz anzeigt. — Da nennt man doch
554
ein Verbrechen bei feinem rehten Namen. Weiße. Bon ihm ide doch and
niht recht. Weiße. Sie hat und ordentliche Grobheiten gejagt. Gellert.
Map, mäßig, gemäß werden nit vielen Wörtern zujammenge-
feßt, wie nachfolgende Beilpiele zeigen werden. — Bleimaße,. Mei:
Bel, Zeilen in ihrer harten Hand. Ramler. Ich hätte ibm die Rache
mit dem Kohlenmaße zugemefien. Göthe, Beuvenuto Bellini 2, 7.
Die Sugend ... ftrebt nah Dingen, Die über ihr Kraftmag
hinaus liegen. Koſegarten. (Wenn fie) feine (Gottes) Vollkommen⸗
beit theilten, mit Menſchenmaß fie bemaßen. Klopſtock, Meſſias
18, 648. (Sie jchneidet) das alles ohne Papiermaß. Göthe,
Meiftes Wanderjahree 3, 4 Waſſeruhren und” Stundenmaße.
Herder. Wegen der Bequemlichleit des Sylbenmaßes Göthe,
Leben 4. B. Mit frobem Ton maß herzerhebenden Geſangs. Göthe,
Pandora. (Er) bot ihm (dem Pferde) den Hafer im Bollmap.
yrker, Zunifias 6. (Er hatte) ein langes ſchwankes eiſernes Win-
elmaß. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 1. (Als er) wit dem
Fuße der fchnelleren Weiſen Zeitmaß ſchlug. Pyrker, Rudolph 3.
— Wer Glück machen wollte, mußte fo viel als möglich affen-
mäßig ausjehen. Benzel-Sternuu. Anziehn fol ex es heut’, um recht
amtsmäßig und ehrbar auszujehn. Voß Wir bewunderten die
feenmäßigen Flammengebäude. Göthe, Leben 5.8. (Wenn wir)
nicht bloß auf Auswendiglermen, Probiven und Spielen uns mechanisch
pfliht- und bandwerfsmäßig einfchräuften. Göthe, Meifters
Lehrjahre 4, 2. Das Elingt verwünſcht Haushaltungsmäßig.
Benzel-Sternau. (Du kannft) den ſchweren Schritt an der Hand der
Nothwendigfeit heldenmäßig geben. Göthe, Egmont 5. Mit fü-
beimäffigen Gfläfern. Simplicifimus 1, 30. Löblih und billich—
mäffig. Daf. 2, 30. Hier jchnörfelt. fein Gärtner kunſtmäßig
am Ham. Salis, Lied im Freien. (Er las) zu matt und leſe—
probemäßig. Göthe, Briefw. mit Schiller 5, 19. Daß man fi
meiftermäßig veripäten ließe. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 4.
Mittelmäß'gem klatſcht ihr Beifall. Platen, die verhängnißvolle Gabel
1. Ihre behartlihe Mittelmäpigkeit äugitigt die Beſten. Göthe,
M. Lehrj. 7, 9. (Wie fehr er) Urfache habe etwas Muftermäßiges
aufzuftellen. Göthe, Meifters Lehrjahre 6. Das quellenntäßige
Studium diefer Periode. Koch. Hurtig vertheilte diefen (Faſan) ein
bunter Lafai vangmäßig den Damen und Herren. Voß. Wo gibt
es nur noch einen rechtmäßigen Erwerb? Göthe, Meiſters Lehr⸗
jahre 1, 10. So gehörte e8 freilich ‚unter die Unregelmäßigfei-
ten meines Lebens. Göthe, Xeben 11. B. Was von feftlichen Klei-
dungsftüden, obgleich veifemäßig, vorhanden war. Göthe, Meiſt.
Wander. 1, 8. Ber nicht fo Shneidermäßig gejammert. Göthe,
Meift. Lehrj. 5, 12. (Man fand) an allen feinen Handlungen eine
ununterbrochene Schrittmäßigfeit. Göthe, Meifters Lehrjahre 8,
855
9. Mit des Anſtands ſchulmäßiger Berechnung unbekannt. Schil⸗
ler, Don Karlos 2, 15. (Er) faßt ein tüchtig Schinkenbein, hant da
gut taglöhnermäßgig drein. Göthe, Sendichreiben. Man ift ſel⸗
ten nach 60 Jahren noch ein triebmäßiger Vorgreifer. Lichtenberg,
Radıtrag zu d. Beobacht. über d. Menfchen. Unſere zur Ordnung ges
wöhnten Kräfte wirken triebwerfmäßig. Campe. (Der Ruf) hatte
euch fo zahnarztmäßig herausgeſtrichen. Göthe, Götz von Ber-
fihingen 2. So hatte er auch jeime Münzen. für Kunft und Gefchichte
weckmäßig gefammelt. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 17. — Ans
ohler Hand zu trinfen it naturgemäß, Paten, die verhängniß-
volle Gabel 1. (Deßwegen) ſogleich ein orisgemäßes Geipräd
entttand. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 10. Herr Hüon, ſtands⸗
gab ein Feind von Wörterſtreit. Wieland, Oberon 6, 48. Die
udrer auch fi) regen mit taktgemäßen Schlägen. Uhland, das
Schifflein.
Maßbarte, — glas, —hecht, — kanne, —krug, —kunde, —hunft,
—locke (Pilzenart), — ner (im Bergbau), —ofen (im Hüttenweien),
—rad (beim Wegbau), — ſtock, —topf u. a.; Mäßigkeitsapoſtel.
— Maßbeſtimmung! auch du lehrſt Felfen wallen und Haine den
Strom ſäumen. Klopſtock, Maßbeſtimmung. Zeit⸗- und Maß- und
Weltdenkmahle waren fie (die Pyramiden). Herder. Wenn die Maß—
lieben !) und die Ringelblume von meinem Grabe dir winken: Geß—⸗
ner. DBergleicht er ihn meiner maßloſen Sinnlichkeit. Shafeipeare,
Macheth 4, 3. Damit dieſe Maßnehmung ihre ganze Wirkung
tbun fönnte. Wieland.
Anmaßen fi) (mbd. mäzen, altı. mäta, |. ©. %0, 74). Da-
von Anmaßung, anmaßlid. — Sch will mich feines Ruhms an=
maßen, —— der mir nicht zukommt. Schiller, Turandot 5, 2.
Mit aller Muthigfeit und Anmaßung. Göthe, Leben 12. B. Diefe
Vorhervereinigung der Stimmen fei eine geießwidrige, flrafbare An=
maßung. Schiller, Abfall der Niederlande 2. B. — Es ift jo was.
Abgemeffenes und Anmaßliches im diefer Forderung. Göthe, Mei-
fiers Wanderjahre 1, 6. Er fügte mit feiner gewohnten, anmaß-
lichen Unwiſſenheit. Göthe, Bewenuto Eellini 1, 9.
Bemaͤchtigen fih (ſ. S. 20) fih etwas mit Macht zuelgnen, ohne zu
beflimmen,, ob man bazu befugt fei oder nicht. — Wo fie ſich einer Schanze
bemäcdhtigen wollten. Schiller, Abfall ver Niederlande 4. B.
Muthmaßen (von mhd. diu muotmäze — ungefähre Schäßung)
zunächft nach mahrfcheinlicher Prüfung ſchätzen; dann nhd. gewöhnlich
nach prüfender Vergleihung wahrfcheinlicher Gründe ſchließen. Davon
ı) Rah Schmitthenner zu Map RE hi Name macht fie zum Sinn»
v
biſd der Beſcheldenheit. Schwend möchte liche Maß eine Nebenfvrm von
Matte (Wieſe) ſchen.
556
Muthmaßung, muthmaßlich. — Wud han die doch mehr, die
auf jr gut fich laſen, und trogen auf jr Reichtum jehr, vnd ficher ſich
mutmajen? Fiihart, der 49. Pfalnı. Muthmaßte man die
Wahl, die ich getroffen? Schiller, Piccolomini 2, 2, — (Er) brachte
mancherlei Mutbmaßpungen vor. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 11.
Der (Ruf) denn doch am Ende meiſtentheils weniger Wirkliches ale
Muthmaßliches enthalte. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 5.
Meinen (ahd. meinön, meinjan, mbb. meinen, altf. menian, agf.
maenan, altn. meina, engl. mean, ſchwed. mêna, dän. mena, gehört mit dem
fanffr. man — denken, goth. man — idy denfe, gaman — ich gedenke, Saf.
munan, gamunan, in ber Bolfefprache es gemahnt mich, zu mahnen, ahd.
mandn, manen, mbd. manen, altf. manön, agf. manian, altfrief. monia,
neufrief. moänje, dan, mane, altn. ſchwed. mana; vgl. gr. uero; — Tühner
Muth, wunszev — fi) erinnern, lat. mens — Geil, meminisse — fid
erinnern, monere — ermahnen) allgemein dafür halten mit dem Bewußtſein
der Ungewißheit feines Urtheils, ob es wahr fei ober nidt. Bermutben
(aus ahd. muotön, mhod. muoten — Begehren wozu äufern, [. Muth ©.
69) zunächk wagen, fich im Begehren wozu unterfungen; dann uhd. ges
wöhnlich nach Wahrfcheinlichfeit und mehr in dem Gefühle ſchließen. —
Rathen (f. dasf.) allgemein ins Ungefähre urihellen, ind Ungefähre urthei:
lend recht finden. — Der Sturm, ich mein’, wird da fein, eh’ wir's denken.
Schiller, Tell 1, 1. Die wahre Freundſchaft fepet allezeit gegenfeitige Ber-
dienfle voraus, wenigftens die Meinung berfelben. Gellet. Was bu immer
mit zitternder Ahnung vermuthet, du DBerlaff'ner, das melden dir jegt bie
Seelen der Todten! Klopſtock, Mefflas 8, 659. Wer rathen fann, be
rathe, warum hat er gegen den Wig geredet? Leifewig, Rebe eines Gelehrten.
Mege (mhd. mätze). 1) Gefäß, Geſchirr; 2) Meineres Maß
für Getreide, Mehl, Sulz u. dgl., in der Volksſprache auch das Meß,
. Mept und Mäpchen genannt. In der Volksipradye ift die Meg
(auch Mitz) 1) derjenige Theil des zu mahlenden Getreides, den der
. Müller als Mahllohn (Molter, Multer) für fi) nimmt; 2) ein be
flimmtes Maß von Grund und Boden.
Anm. 1. Nicht zu der Wurzel von meffen gehören: Maßholder (abs.
mazaltera, maziltira, mazultra, mhd. maza(o)iter, von einem bie jegt nicht ars
Härten mazal und goth. triu, altf. tr&ow, agf. treov, altn. tre — Baum, celt.
dero, flav. drevo = Baum. Holz, gr. dopv); Gliedmaß (ahd. lidigiläz,
ſpätermhd. Hdimeze, frief. lithmäta, von Glied f. leiden und altn. möt (lidh-
amöt — Öliebzufammenfügung), ſchwed. einot, dän. imod — gegen, alt. möt,
agf. gemöt —= Zufammenfurft, goth. gamötjan, agf. gemötan — begegnen) und
effer — Schneivewerfjeug (ahd. mezzir und mezzisahs, vorn sahs — Edwert,
eigentlich Stein, Steinwaffe, dann Steinmefler, lat. saxum und goth. mäitan =
fchneiden, ahd. meizan — meißen, meißeln, nad Andern von goth. mass, ahd.
mhd. mag, altf. meti, agf. mete, engl. meat, altn. matr, fchweb. mat, daͤn.
mad Speiſe.)
—Aunm. 8. Wackern agel ſtellt zu meſſen auch das unregelmäßige mäf:
fen, goth. agſ. mötan, altſ. muottan, ahd. muogan, mhd. mäezen, mitteinle⸗
657
dert. mözen, engl. must, belländ. möten-, ſchwed. molta. Nach Shmeller if
dus gufh ich möt, ahd. mhb. muoz, eine urfprüngliche Bräteritalform, vie auf
einen Ablantflamm matan, mazan zurüdweifel, welcher feinerfeits als ein fecuns
Mrer_ mit ten guth. mitan, aht. mezan engen map.
Amn. 3. Nicht sn meifen gehört Metze irne). Diefes Wort Tommi
sch We mar) Nr. 998 her von einem verlornen ahb. die muzza (aus mutzen-
sun — Diegenjohn erfchloften). Der Ausdruck, ber auch das baierifche und weis
tranifhe Muſſche — Ausichweifende in Gejchlechteluf, hier nnd da auch Muffe,
Mupe (weibliches Schamglied) fein Fönnte, hat fich mit dem oberbeuifchen Mäp
= Hünkia vermiſcht.
Treten.
(Wurzel trat, trit; vgl. ſanſtr. tri — zerreiben, lat. trudere =
ftoßen.)
Trete, traf, getreten, treten (ahd. tritu, trat, trätumds,
tretandr, tretan; mhd. trite, trat, träten, geireten, tröten; goth.
irudan, alt. agi. irédan, altn. troda, fchwed. trada, engl. tread)
1) den Fuß niederfegen auf einen Gegenftand; 2) fich zu Fuße fort⸗
bewegen, beſonders zu etwas hin in der Abſicht, daſelbſt ſtehen zu
bleiben (auch fig.), dabei ſchließt das Wort einerſeits den Begriff we⸗
uiger Tritte, andererfeit8 den des Feierlihen, Würdevollen 2c. einz
3) durch Treten in einen gewiſſen Zuftand verjegen: den Tart, den
Fuß blutig; 4) (veraltet, noch hier und da in der Volksſprache erhal⸗
ten) tanzen; 5) (gemeine Volksſprache) von Hähnen 2c. befruchten. —
Als er den Boden trat, ließ er Violen und Hyacinthen im Zußtritt
jurüde. Ramler. Und wer die Gaſſen müßig tritt, läuft hinter
ihnen ber. Wieland. Es ift der Weg des Todes, den wir treten:
mit jedem Schritt wird meine Seele ftiller. Göthe, Iphigenie 2, 1.
Und wie er tritt an des Zellen Hang. Schiller, Zauder. Und in
dad Leben tritt der hohle Traum. Schiller, die Erwartung. Ich
trete die Kelter allein. Göthe, Leben 15. 3. Bis ihm der Zelter
Huf die Ferje blutig trat. Schiller. So feit alle des gebeten, daz
wir treten aber ein abenttengel nad) der gigen (Geige). Nithart.
Gehen (I. dv.) bezeichnet das Gichbewegen zu Fuße ganz allgemein. —
Ich ging im Walde fo für mich hin. Göthe, Gefuuden.
Abtreten 1) durch Treten oder im Treten abfondern: die Abſätze
au den Schuhen; 2) durdy vieles Darauftreten abnützen: die Sprofjen
der Leiter; 3) durch Treten fertig machen: ein Gartenbeet, einen Weg;
4) in die Gewalt oder den Befiß eines Andern kommen laffen, und
zwar mit Willen und mit. einer gewiſſen Zeierlichkeit; 5) fich entfernen
(eig. und fig.): von der Schanbähne; 6) einfehren; 7) (veraltet) einer
Handlung — fie aufgeben, unterlaften. — Wenn man die vielen vers
fnfenen, die durch die Kirchgänger abgetretenen Grabfleine er
blidt. Göthe, WBahlverwandtichaften 3, 2. Ob Sie ihr nicht eimen
Theil der fchönen Blumen abtreten wollen? Göthe, Meifters Lehr⸗
2 558
jahre 2, 4. Ihr fümrabtreten, Sir! Die Koönigin weiß genug!
Schiller, Maria Stuart 4, 6. Drum Hab’ id), euch zu Kiebe, mich
beftimmt, von dieſem Schauplatz ruhig abzutreten. Platen, der
glaͤſerne Pantoffel 1. Als er in einem Wirthshauſe auf Dem Markte
abdtrat. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 4. Des Bierfchenfens ab-
tretten. Lori, Urkunden zur Geſchichte des Lechraius vom 3. 1616.
Ablaſſen (f. Iaffen) unterfyeinet fih won abtreten darin, rag es,
auch auf den freien Willen hindeutend, von minder wichtigen Dingen gejagt
wird. Ueberlaffen bezeichnet den Begriff allgemein, das Ueberlaſſen mag
mit oder gegen Willen des Veſitzenden oder Beanfpruchenden geſchehen. —
(Das es) als verfäufliche. Waare an Schmied und Sclaffer, an Bäder und
Koch abgelaffen. Göthe, Meiſters Wanderfahre 1, 4. (Mußt) beſonders
feinen Menfchen Haflen, und bie Zufunft Gott überlaffen. Göthe, Lebens:
Tegel.
Antreten 1) eine Suche durch Treten mit der andern näher ver⸗
‚binden: Erde an einen Baum; 2) anfangen, wo ein Treten vorherrſcht,
und zugleich ein feierlicher und wichtiger Anfang bezeichnet werden fol;
3) bittend fordern (j. S: 74); 4) (mit fein) in verfäjledenen Re⸗
densarten: nahe an etwas, einen Freund im Vorbeigehen beſuchen,
fh zum Tanz in die Reihe flellen, anfangen” zu fechten, die Ausübu
eines Amtes unfangen. — Wit wollen zufammen eine Pil Iimihaft
nach diefem fremden gelobten Lande antreten. Göthe, Gög von
Berlichingen 3. Daß fie vergnügt antret’ im entlegnen Gute Die
Wirthſchaft. Voß, Luiſe 3 ®, 446. Da Schell Ab, und Zim⸗
mermann, Dels und Brandt antreten. Göthe, Briefw. mit Schif-
fer 6, 182. Tretet bier an's Haus an. Göthe, Egmont 4. Dort
ſeh' ich wieder eine Runde antreten. Daf. 4& Raſch tritt der
Tod den Menfhen an. Schiller, Zell 4, 3.
Anfangen (f. fangen und beginnen ©. 187) ift allgemein zn bem
- Geften von Etwas kommen, um zu bemfelben überzugehen. Die andern Sy⸗
nonymen f. ©. 74. .
Beitreten 1) Ceig.) bei oder neben etwas treten; 2)-(flg.) die
Meinung eines Andern annehmen, mit dem Nebenbegriif des Lang-
famen, Bedäcdhtigen, eierlihen. — Weignier, Herzog von Anjon,
fritt ihm bei, der Herzog von Alenson flieht zu ihm über. Shaf-
fpeare, K. Heineih VI. 1. Thl. 1, 1. Die Kotzebue'ſche Recenſion
Betreffend trete ich gern Ihrer Meinung bei. Göthe, Briefw. mit
Schiller 6, 279. = —
Beifall geben und beifallen (f. fallen) haben dem Mebenbegriff des
Schnellen uud daher auch nicht felten des Nachdrücklichen und Heftigen. Betz
ſtimmen (von Rimmen, ahd. stimmjan, mh. stimmen, f. Stimme S. 77)
. feine Stimme wozu geben, d. i. durch irgend ein Zeichen zu erfennen geben, daß
man derſelben Meinung fel, als ker Andere fie aufgeflellt bat. Beipflichten
(f. pflichten bei pflegen) aus Pflicht, aus Nebergengung bie Meinung bes
Andern anmelmen. — Dem. Werptmeifter muß ich Belfalt geben, dem
Kriegsſtand famen fie gem an's Lehen. Schiller, Wallenſteitns Lager tt,
Salin, ale Hofmann, war. dem Sultan in Allem beigefallen. Leſſing,
Sambinger Dramaturgie 84. Gouarb ftimmte gern bei; weil es mit feinen
Abſfichten übereintraf, Gothe, Wahlverwandtichaften 4, 13. :
Eintreten 1) in einen Ort, Raum, auch (fig) in ein Amt, in
dre Stelle eines Anden treten; 23) wirklich oder gegenwärtig werden,
befonders von dem Wechlel in der Natur; 8) in die Tiefe treten,
durch Treten eindringen niachen: die Wurzeln; 4) einwärts-, entzwei«
treten. — (Daß er) unterwegs Bei Oefem eintreten würde. Göthe,
Lehen 8. B. Was für Gründe mögen das jein? Treten ganz
ſchmuck und ftattlih ein. Schiller, Wallenfteind Lager 5. Da (im
Felde) tritt fein anderer für ein. Daf. 11. Du wirft die Uniform
ausziehen, und in das Minifterium eintreten. Schiller, Kabate und
Liebe 1, 7. Schönheit und Jugend traten in ihre vollen Rechte
wieder ein. Schiller, Marin Stuart 2, 8 Wenn nun erft dad.
Zrühfahr mit Gewalt eintritt! Göthe, ital. Reiſe Eaferta 16. März,
Einſallen (f. fallen) wird vorzüglich gefagt, wo ſich etwas ſchnell
und unvermuthet, oder auch mit Heftigfelt ereignet, Sich einftellen (von
hellen S.28) fagt man beſonders von dem, was in feiner Dauer anhätt. —
Ob num ſchon, wie ich fürchte, das abermals eingefatlene falte Wetter
Sie abhalten wird. Gölhe, Briefw. mit Schiller 1, 107. Denn eben wo
Begriffe fehlen, da flellt ein Wort zu rechter Zeit fih ein. Göthe, Kauft
1, 98. "
Nachtreten 1) im Niederfegen des Fußes nachthun; 2) mit
gleihjam abgemefjener oder fefter außbewegung nachgehen; 3) in etwas
gana thun wie ein Anderer, gleichſam in deſſen Fußftapfen ſich fiellen,
tonderd mit ale des jelbftitändigen Handelns. — Nur tritt
jegt, wie in Nürnberg dem. Juden eine alte Frau, unfern immer eine
junge nad. J. Paul, Titan 58. DE
Nachgehen Ai. gehen? fich ſelbſtthäätig fortbewegen in. Bezichung auf
etwas, das vor geht; ſich mit feinem Thun in Bezug auf elwas richten;
etwas zum Zweck feines ſelbſtihaͤtigen Fortbewegens machen; dann überhaupt
auf. etwas hin feine Thätigfelt wenden als auf den vollen Zweck berfelben.
Nachfolgen ıf. folgen ©. 34) zunächt in derfelben Richtung fi) bewegen,
als ein Anderes ſich bewegt, in Beziehung auf dieſes; dann überhaupt, ſowol
zeitlich als räumlich, auf ein Anderes, was eher (vor) if, In irgend einer
Beziehung ein Sein einnehmen. — Geh nah! Schiller, Wallenſteins Tod
3, 16. Weiß Amor feinem fchönen Spiele Yoch immer, zeitig nachzugehn.
Götge, der Müllerin Verrath. Du folgf mir doch bald nach? . Schiller,
Dallenfleins Tod 2, 7.
Uebertreten 17 über etwas treten: die Squhe; 2) über einen
Raum weggeben und auf die andere entgegengefeßte Seite. treten; 3)
660
über en gewifes Maß der Höhe treten: der Fluß ift übergetreten; 4)
über die Grenzen, weiter treten oder gehen als man ſollte; Davon 5)
(fig.) einem Gefeß, Gebot, einer Pflicht zuwider handeln, mit Richt-
achtung gegen die Schranke des Geſetzes ꝛc. — Der treulos über:
tritt zum Feind. Schiller, Tel 3, 2. Der (Fluß) eben von einem
flarfen Regen geichwollen und übergetreten war. Göthe, das .
Mährchen. Manches wird gehalten, manches übertreten; aber
jelbft bei der Lebertretung dient mir dieß Blatt... flatt eines
gebietenden Gewiſſens. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 1.
; Berlegen (mh. letzen, lezen und verletzen, aus dem lat. laedere)
bezeichnet ein Zuwiderhandeln, wodurch der Ganzheit oder Vollkommenheit
etwas benummen wird. — Und biefe Pflicht, mein Sohn, verfegt der Meitter,
halt du frech verlegt, Schiller, Kampf mit dem Drachen.
Auf—, aus—, be— (ſ. ©. 57), daher—, dazwiſchen —,
durch —, einher —, empor —, ent—, entgegen —, er —, fort —, her —,
berab-—, herau—, herauf —, heraus —, herbei —, herein —, her⸗
über —, herum —, herunter —, hervor—, herzu —, hin —, hinab —,
hinan —, hinauf, hinaus —, hindurch — hinein—, hinüber —, Bin
unter —, hinweg —, hinzu —, nieder —, um —, unter —, ver —, vor -,
voran —, voraus —, vorbei— ‚ vorüber—, weg—, zer —, zu — 3%
rück—, zuſammentreten find klar. — Jetzo der Freundin folgte fie, leiſ'
auftretend. : Voß, Luiſe 3*, 120. Da tret' ih auf mit be
berztem Schritt. Schiller, Wallenfteins Lager 6. Wer ohne hierauf
vorbereitet zu fein, öffentlich auftritt, der fann nichts als Verdruß
erwarten. Göthe, Leben 15. B. Es trat der letzte Römerfiun im
Brutus auf, fein Voll zu retten. Ziedge, Urania 5. Hier werden
die Weintrauben nicht gefeltert, fondern von Menfchen mit den Füßen
ausgetreten. Campe (Da er) bloß um Gutes zu thun, in dem
Thronfelſen fih Fußſtapfen austrat: 3. Baul, Hejperus 8. Schwört
bei ihrem Fuß, damit fle den Schwur austreten kann. Shakſpeare,
K. Heinrih V. 3, 7. Geftalt pflegt aus zutreten (auszufchweifen)
und ift ihr Kuppfer ſelbſt. Opitz. Die Wafler find von dem entjeß-
lichen Regen ausgetreten. Göthe, Göß von Berlichingen 5. Den
allgemeinen Fahrweg der Gedanken betrete deine Zeitung nicht.
Schiller, Don Karlos 2, 4 Gnade, Herr, du flehft mein Bethen,
Dich den ganzen Tag betreten (bittend zu dir treten). Opitz. Das
Leid einander Klagen, das uns betreten (befallen) hat. S. Dad.
Es halte ihn zwar nichts ab den Betretenen einzufteden. Göoͤthe,
ital. Reife Meffina 12. Mai. Dann treten wir mit hohem Schritt
auf Leichnamen daher! Klopſtock, Heinrich der Vogler. Die un-
mittelbare Nähe des blauen, der Dazwifchentretende ſchwarze
Schatten machen die Erfcheinung defto angenehmer. Göthe, Yarben-
lehre 76. Meine Durdhgetreteuen Scubfohlen! Wieland, Lucien
% 3230. Furchtbar wird die Himmeldfraft, wem. fie der Feſſel fig
561
entrafft, einbertritt auf der eignen Spur. Schiller, Glocke. Ot⸗
tifie freute fich der bekannten ihr als ein unbefanntes Ganze entge=
entretenden Theile. Göthe, Wahlverwandtichaften 2,-8. (Das
BRädchen) ertrat das arme Beilhen. Göthe, das Veildhen. So
lange nod) eine der Xegionen mit ausgebreiteten Armen bertritt.
Klopftod, Hermanngichaft 3. Er tritt. herab (vom Wagen). Göthe,
Fauſt 2, 49. So traten Diefe in ihrer fonderbaren Verkleidung aus
dem Buſch hervor. Man erkannte fie nicht eher, als bis fie ganz
berangetreten waren. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 10. &8
war Zeit, daß der Hauptmann hberauftrat. Daf. 1, 10. Wenn
wir beraustraten, um das alte Schloß zu befchauen. Göthe, Le⸗
ben 10. B. Als ich die Freiwilligen heraus ließ treten auf dem
Altenberg. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 15. Aber da trat her-
- bei der Apotheker. Göthe, Herman und Dorothea 6, 123. In des
Trankes Himmelsglanze trat er in den Kreiß herein. Göthe,
Schasgräbe. Daß ich wieder von der Frauzöfifchen Seite auf Die
Deutihe herübergetreten. Göthe, Leben 11. B. Trittft du
im Garten hervor, fo bift du die Rofe der Roſen. Göthe, Gegen
wart. Zritt vor ſein Auge hin. Schiller, Piccolomini 3, 8. Nah’
ist trat fie binan. Voß, Ilias 5, 13. Wie ih hbinauftrete,
hiller, Räuber 3, 2. Indem er vor die Mooshütte Hinaustrat.
Goͤthe, Wahlverwandtichaften 1, 3. So tritt er über fechzig (Jahre)
nie hinaus, Uhland, Scildeis. Der Dolmetjch hattte gewagt das
Sabinet zu eröffnen und Bineinzutreten. Göthe, Xeben 3. 8,
Eh’ fie hinübertritt vor Das Auge des Schauers. Klopftod, Frie⸗
densburg. Doch fie traten näher hinzu. Göthe, Hermann und
Dorothea 6, 226. Da trat. wie ein Heer er donnernden Gangs vom
hohen Olymp zum Dean nieder. Sonnenberg. (Cr war) mit
niedergetretenen Schuhen and Waſſer gegangen. 3. Paul, Titan
48. Wahrend feine Armeen ihre Saatfelder niedertraten, Sciler,
Abfall der Niederlande 1. B. (Da du) jede Landeshoheit nieder-
trat. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. Komm, tritt unter!
Shakſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 2, 2. Als ich vertreten Die
Kinderjchuh. Shakſpeare, was ihr wollt 5, 1. Ja jeinem Weibe ge⸗
beut er mich zu halten und mir den Weg zur Flucht zu vertreten.
Götbe, Reinefe Fuchs 4, 161. Daß er fie vertrete bei Ihro Gna—
den. Schiller, Räuber 1, 2. a, jagte meine rau, es ſoll mir recht
angenehm ſein, mich nod ein Bischen zu vertreten (mir Bewegung
zu machen), J. Möſer. Jetzt rat ich vor und warf mich yu den
Füßen des Königs. Schiller, Don Kalos 1, 2. Nur wenig Augen
biide pfleg’ ich bei Manto vorzutreten (einzufehren). Göthe, Fauft
2, 132. Tritt, Hermanns Weib, ZThusnelda, voran! Klopſtock,
Hermannoſchlacht 8. Und fo wird die heilige Fülle reingeborner ſafti⸗
ger Beeren frech zertreten. Göthe, Fauſt 2%, 240. Bis er zu-
562
tritt, ihm die Rechte fehüttelnd. Herder, Eid 4. So reich Fpringt
die Natur aus neuen. Quellen fort, wenn ihr auch eine oder hunderte
zugetreten werden. 3. Paul. Lieber tret’ ich zuräd zu meinem
Kaiſer. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 5. (Der) von dem Bräutigam
Fiesko zurücktrat. Schiller, Fiesto 1, 8. Bald werden fie fich als
Freunde und alte Bekannte begegnen, die jchnell zufammentreten,
fid) vereinigen. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 4
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Iufammenfeßungen, 3. B. Der
Gebräude tiefgetretne Spur. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 2.
Trete (ſchweizeriſch) der bewegliche Zritt unten am Spinnrad,
durchlöcherter Boden der Zrettbütte oder ein. Durchlöchertes Bretr in
derſelben; Treter (ahd. trutäri, mhd. trötsere — Tänzer) ift einfach
weniger gebräuchlich, als in verfchiedenen Zufammenjeßungen; jo auch
Tretung. — Die Summe der Strafgelder war beftimmt, die em
jeder Uebertreter in eine gemeine Büchſe entrichten follte. Göthe,
Meifters Lehrjahre 3, 4 Die neuern Staliener (im Fache der Zon-
funft) und ihre Nachtreter. Ungenannter bei Campe. Der alte
Balgtreter kommt auch mit. 3. Paul, Heſperus 3. Wir Hatten
dabei den Bälgentreter vergeffen. Klopftock, Gelehrtenrepublik.
Auffallend und uns Pflaftertretern täglich vor Augen war das
Project zu Berfchönerung der Stadt. Göthe, Leben 9. B. Der io
in allem mein Bertreter und Verweſer wäre. Uhland, Ludwig der
Baier 5. Die Stellvertreter des Volkes. Klopftod, die Er
ſcheinung. Nie fpricht ed, (das Wort) aus, ihr Volksvertreter,
wie wir fo Eines find mit euch. Uhland, am 18, Oct. 1815. —
Sie verzeiht euch eure Uebertretungen. Goöthe, Götz von Ber-
— 4. I
retbar; Tretbütte, —eiſen, — harke, — haspel, —kufe, — mühle,
—platz, —rad, —fhämel, — ſtock, —trog, — zuber. — Ob kin
en abtretbarem Zuſtande if. Schiller, Briefm. mit Göthe
1
Tritt (ahd. mhd. trit; agi. tred — Schritt, trode — Spur;
altn. tröd = Weide, mhd. trät — das Treiben auf die Weide, trat
— Spur; ahd. trata — das Niedertreten; altn. träda = angeban-
te8 Land) 1) die Handlung des Tretens, die Art des Auftretens; 2)
die Entfernung . der beiden Füße von einander; 3) das, womit
man auftritt, der Zuß; 4) das, worauf getreten wird; 5) die zurüd-
gelaffene Spur. Davon trittig; tritteln — frippeln, und Tritt-
ling = hinten abgetretener Schuh in der Bolksipradye. -- Zum Tem-
pel führt unfreiwillig ihn der jcheue Tritt. Schiller, das verfdhleierte
Bud zu Said, Die mit feftem Tritt auch auf der Grenze noch wan-
delt. Schiller, Abfall der Niederlande 1. B. Wo fie den Zritt
auffeßet, als wär e8 gediegenes Ufer. Voß. (Wir) ſehen neben uns
der Ahnherrn Tritte und ihres Erdenlebens Spuren kaum. Götbe,
563
Iphigenie 2, 1. — Zum Antritt fchenft er euch finfhundert Gold-
gülden. Göthe, Benvenuto Gellini 3, 4. Ein fo rafher Austritt
ans dem königlichen Dienſte. Schiller, Abfall der Niederlande 4. 2.
(Er) dankte Allen für ihren Beitritt zum Bunde. Dat. 3. 8.
Durch Drohung nur verfchafft ic mir den Eintrit, Schiller, Ma-
ria Stuart 5, 13. Der Fürſt bat den Bortritt. Schiller, Fiesko
5, 16. Ich öffnete eine andere Thür, die auf einen Bortritt oder
Alten führte. Campe. Gefandte Heinrichs, Königes von England,
begehren Zutritt zu Eu'r Majeftät. Shaffpeare, K. Heinrich V. 2,
4, Deren Berhältniß durch den zufälligen oder gewählten Hinzu—
tritt einer neuen Perfon ganz und gar verändert wurde, Göthe,
Bahlverwandtichaften 1, 1. Im Zufammentritt von mehreren
Perſonen. Göthe, 1. Aufenthalt in Rom Det. — Das Gewitter
rudte mit feinem Donnertrit über den Himmel. % Paul, Sene
Erhöhtritte wie an Pedalbarfen. J. Paul, Hefperus & (Win)
hüten unfere Schüler vor allen Miptritten. Göthe, Meifters Wan-
derjahre 2, 9. Beftändige Thätigkeit und tägliche Betrachtung deiner
felbft und der Wege der Gottheit feien dir Loſungsworte. Sie wer:
den jeden Kehltritt von dir abwenden. Platen, Lebensregeln 22,
Mit frühem Führertritt reißt er feine Bruderquellen mit fich fort.
Göthe, Mahomets Gefang. Sie vernimmt den Fußtritt der Kom-
menden. Klopſtock, die Königin Luife. Der ihm auf den Wagen-
fußtritt geholfen. J. Paul, Titan 3. Mber mit Geiftestritt
ſchreiteſt du mitten hindurch. Schiller, die Korfiher. (Das Pferd) -
hat einen incuxaben Hahnentritt. Shaffpeare, der Widerjpenjtigen
gähmung 3, 2. Indem ich mich. mit Kagentritten zur Stube hin-
auszog. Thümmel. O leite meinen Gang, Natur! des Fremdlings
BNeifetritt. Göthe. So möcht ich ihn behandeln, das fto u Haupt
in Schemeltritt verwandeln. Göthe, Fauft_2,.271. Seht- ihr -
nicht, daß uns von ferne dort die Spähertritte folgen? Schiller,
Maria Stumt 3, 1. Nah altem Brautgefangestritt. Slop-
tod, die Kunſt Tialfs. — Bei den Griechen foderte den Hegameter
die fingende Spradhe, das an den: Gefang gewöhnte Ohr und Die
vieltrittige Sprache. Herder. wa
Abtritt 1) die Handlung des Abtretend (eig. umd fig.); 2) ein
Ort, auf welden man hinabtritt; 3) anftändige Benennung für den
ur Verrichtung der natürlichen Bedürfniffe beitimmten Ort; 4) das⸗
Inge, was abgetreten worden ift, bei den Jaͤgern das Gras, welches
Hirſch mit den Schalen abtritt; 5) (ungewöhnlich) Unterſchied. —
Ihm beliebte einen Abtritt ‘zu nehmen (meggugehen). Simpliciffi=
mus 1, 30. Der Gäfte waren viel, die ihren Abtritt hier bey die⸗
. fen Rittern namen. P. — Was kömmt mir denn auch ein, fo
an! vor meinem Abtritt (Zod) auf einmal ganz ein Andrer fein zu
wollen? Leifing, Nathan der Weile 5, 1. (Ich handelte) mit hüb-
2. *
504
chen Supferftichen für den Abtritt, damit fie da fiatt des bloßen
edrudten Papiers etwas Gefchmadvolles hätten zum Verbrauche. J.
Baul, Titan 48. Wenn zwifchen Haß und Gunft bei ihm ein Ab—
tritt if. Haller.
Heimliches Gemach bezeichnet die Verborgenheit des Orts. — Peto
secessum, ich wil vffs heymlich gemach gehn. Alberus in feinem Woͤr⸗
terbuch von 1540.
» Auftritt 1) die Handlung des Auftretens (eig. nmd fig.); 2) ein
Theif "eines Aufzugs in einem Bühnenſtück, wenn Perſonen friſch auf⸗
‚ treten; 3) dasjenige, worauf man tritt, beſonders eine kleine Erhoͤ⸗
bung vor etwas, um zu demielben zu gelangen. — Was das em
Auftritt war! Schiller, Fiesfe 2, 4 Läßt ihn ein Weilchen, ei-
nen feinen Auftritt den Herrfcher ſpielen. Shakſpeare, K. Richard
N. 8, 3. Die Selbfigefpräde und jene Auftritte (in Shakſpeare's
Hamlet) zn memoriren. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 4.
Scene (gr. sarın, lat. scena), mit Auftritt finnverwandt und von
manchen Dichtern geradezu dafür gebraucht, bezeichnet mehr ben Ort im
Schaufpielhaus, wo bie eigentlichen Schaufpieler ſtehen, furechen und handeln;
dann auch was ſich in Zufammenftellungen unfern Augen darbietet, ohne Bes
fchränfung des Raumes 5 ed mögen babei Perſonen vorfommen ober
nicht, — Treppe (ahb. trappa, altn. trappa, mhd. treppe = Stufe, Stufen⸗
gang, von altn. trappa — feſt auftreten; vgl. mhd. traben, ahd. trapen ?,
mittellat. trepidare, tripedare — im Trott gehen und turnieren) Stufengang
mit breitern Stufen zu tieferer Raumfläche für den auftreten Fuß. Stiege
(ahd. stiega, mhd. Stiege, stöge) if die oberdeutfch übliche Benennung eines
+; GStufenganges, auch wenn die Stufen nur fproßenartig find. — Alter Berg
und feuchtes Thal, das iſt die ganze Scene. Göthe, Kauft 1, 223. Fiesko
ift ein Anbeter der Kunſt, erhigt fich gern an erhabenen Scenen. Ediller,
Fiesko 1, 13. Berändert wurde nur die Scene beines Lebens. Uz. Gleich
unten an der Treppe fand ich einen Mann. Göhhe, Leben 9, B. Warb
nun in dem Haus ein Gehn und Kommen aufund ab.die Stiegen. Göthe,
Morgenflagen.
Hintritt it fig. Ausdrud der edeln Sprache für den Tod des
Menſchen als ein Kommen von Ddiefer Welt in eine andere, und deu⸗
tet auf eine ſchnelle und kurze Dauer diefes Kommens, verbindet aber
zugleidh den Begriff des Feierlihen, Würdevollen. — Auf meinen
Hintritt wid gewartet. Schiller, Don Karlos 5, 9. Rach dem
feligen Hintritt unferer drei geliebten Nymphen. Göthe, Briefw.
mit Schiller 4, 72. | |
Hingang bezeichnet deu Begriff überhaupt, befonders aber inſofern viefeß
Kommen von längerer Dauer iR. Das Hinfcheiden und ver Hinfiyeld -
(1. ſcheiden) beuten mehr auf das Scheiden von diefer Well. — Bor tem
Hingang felig. Klopflod, der Sellge. In ihrem großen Schmerz ımb
565
—
Bitwenleidb, worein der blutige Hinſcheid ihres Herrn bie Königin verſeht.
Schiller, Tell 5, 1.
ZTrittbrett, — eiſen, —harfe, —hoß, —ling, —rad, —ihlüf-
jel, —vogel; Abtrittsgeld, —merkmahl (bei den Jägern), —pre—
digt; Antrittsgruß, —lehen, —mahl, — predigt, — rede, — ſchmaus;
Eintrittsgeld, —karte, —ichein, —zettel, zimmer; Bortritts-
diplom. — Dieß alles und mehr noch wurde von der jungen Frau
zum Antrittsgruße fröhlich erzählt. Göthe, Meifters Wanderjahre
1, 11. Die dem Menschen über andere Thiere verliehene ae
war eigentlich nichts, als ein VBortrittsdiplom H. P. Stur,
ein Raugſtreit. :
Trott, trotten, verkleinert trotteln, iſt Verftärfungswort von
treten (vgl. ahd. irota, wintrota, mhd. trotie = Weinkelter). —
Spude dich, Kronos! Fort den raffeluden Trott! Göthe, an Schwa-
ger Kronos. Vergebens ſieht man fie durch Berg’ und Wieſen trot-
u Wieland. Auf Silens forttrottelndem Thiere. Benzel—
ternau.
al
Nneten.
(Wurzel knat, knit; k-naw, k-nuw?)
Knete, Enetete, im 16. Jahrh. noch knat, geknetet und ge-
Ineten (Volksſpr. noch geknete, gefnere), kneten (ahd. chnitu, chnat,
chnàtumês, chnftaner, chnẽtan; mhd. knite, Knat, knäten, geknẽten,
knẽten; altn. hnoda, engl. knead, dän. Knede, ſchwed. knada, knoda,
böhm. hnety, hnisti; vgl. goth. hnäuen= zerreiben, altn. nda = zerreiben,
mhd. aüwen, nüen, niuwen — flampfen, ahd. ginuan = ftoßen) einen
weichen klebrigen Körper mit den Händen oder Füßen durcharbeiten,
um die Theile desjelben vecht unter einander zu bringen und mit ein-
ander zu verbinden: Thon, Zehn, befvuders Teig (auch fig.); in weis
terer Bedeutung zuiammendrüden, zwifchen den Gingern oder in den
Händen in häßliche Falten drücken. — Er Enidt in dem netten
ein pfenning darein tin den Kuchen), ©. Frand, Weltbud BI. 50,
Sie fnat und machet Küchlach. P. Aemil. Ingolft. in feinen Reimen
von 1562. Der den Matthäus fo uubeionnen zwei Begebenheiten in
Eine fneten läßt. Leſfing. Sie konnte nicht fein ohne einen Bind-
faden in den Händen zu drehen, em Zuch zu fneten, Papier oder
Hölshen zu kauen. Göthe. Das Püppchen gefnetet und ange“
tiht’t, wie's lehret manche weliche Geſchicht'. Göthe, Fauſt 1, 135.
Indem wir) unfre Anficht der Wahrheit lang und breit ausfneten.
Benzel-Sternau. (Sie) Ineten ihre Butter ein. Moſer.
Kneter; Knetgetriebe, — ſcheit, — trog.
Kuoden, gebraͤuchlicher Knoͤdel = Mehlkloß.
Knetſchen = zuſammendrücken, von weichen Maſſen, wobei ein
566
Laut gehört wird, welchen das Wort (wie auch Enitfhen) nachahmt;
auch Papier ꝛc. zufammendrüdeen, fo daß viele Häßliche Falten und
Brüche entftehen. Achnliche Bedeutung haben Endtfchen, Fuotjchen,
fnatihen, knautſchen, knutſchen, Enotfcheln, knauſchen;
doch — — fie if der niedern Sprache an,
ftern, knattern, Enittern ſtammen wol aus ”
felben. un Pr ahd. ch(k)nistjan — zerreiben, zerquetfchen, altn.
gnista = raufchend fnirren, mit der Nebenform gnesta = raufden;
die einfachen agf. cnisan, ad. ch(k)nisan = zerdrüden, wovon N
ahd. Nebenform ch(k)nusan, inhd. knüssen, knusten =
fhen, zermalmen. — Um eins bitte ih Sie: feinen Sand m auf
die Zetteldhen, die Sie mir fehreiben. Heute führte ich es ſchn ar
der Lippe, und die Zähne Enifterten mir. Göthe, Werther 1.
Dem Heerd entlodere Enatternd die Flamme! Matthiffen. Was
knittert plöglich, wie die Krufte des See's beim erften Schlittſchuh⸗
lauf. Matthiffon. Durch das Zerfnittern des Papiers. Göthe,
Wahlverwandtichaften 2, 6,
— Knoten (ahd. ch(k)nod(t)o, m&b. knode, agſ. cnotta, altn. hnutr,
knütr, engl. knot, ſchwed. knud, dän. knude) gehört zu agf. cnytan — fnüpfen;
doch darf lat. nodus = Knoten verglichen werden. Knüttel (minder gut Knits
tel, ahd. chnutil, kinuttil, knomtel; mb, kniutel, knuttel gehört mol E demfelben
Stamm: ; doch läßt ſich mittellat. Contulus, von contus = Spieß,
tange vers
gleichen. 2
Gaͤten, auch jaͤten flatt g(Heten.
(Wurzel gat, git; jat, jit.)
Gaͤte, gätete, gegätet und (in der Volksſprache gewoͤhnlich)
gegäten, gäten (mhd. gite, jat, jäten, Be jöten, jöten und geten;
d. g(j)etan, im Pompt. v. 1618 erjätten, bei Stieler jäten
und gäten, der es aus belg. 8. gat — Loch oder von gatten her
feitet“ weil durch das Neinigen das Feld zur Erzeugung guter Früchte
geh! werde) überhaupt un rn Pflanzen unter andern audtilgen;
Beſondern Unkraut ausziehen, beſonders zwifchen guten Pflanzen,
und fo diefe davon. reinigen; davon aus —, durch—, erjäten
Das Subflantiv Gät, Jät = Unkraut ift oderbeutfch. — Ein jedes
Wort von dir hat eine Wurzel des alten Neids aus meiner Bruft
Ole Shakſpeare, Eorivlan 4, 3. Den Hafer, den fie aus dem
eigen ausgäten. Göthe, ital. Reife Girgenti 26. April, Bir
wollen fie (die Vorurtheile) ausjäten, um nicht vielleicht edle er
en zugleih mit auszuraufen. Göthe, Meifterd Lehrjahre 4,
— und. durchreutert fein herze was (war) vor —
(d. h. es war rein). Suchenwirt 6.
Wieten (in ver Volksſprache auch weiden, altſ. wiodon, agſ. wöod-
jan, frieſ. wiöden, niederd. weeden oder weön, von altſ. wiod, agſ. weod,
567
engl. weed — Unfraut) iſt nur noch landſchaftlich im Nieberveutfchen in der
Bedeutung, bie gäten im Oberheutfchen bat.
Aum. Ginem andern Stamme gehört das feltene gätlich — vaſſend, ſchick⸗
— an (vgl. ahd. getilös, mhd. gõtelos — leichtſinnig, ahb. katalinc, mhd. gec-
teline ⸗ Geſell, ſaubrer auch ungeſchliffener Geſell; von dem veralteten Subſt.
göt, altn. ged = Geiſt). — Die Felſen waren fo prächtig, und an der Chauſſee die
Haufen fo gätlich zerfehlagen, daß man gleich Bolatifche Cabinetchen daraus hätte
bilden fünnen. Göthe, ital. Reife 14. Sept. (Die Sängerinnen) find zwei fchöne
Figuren, gute Stimmen, artige, muntere, gätliche Perſonchen. Daj. 3. Oct.
Ziegen für ligen.
(Wurzel lag, lig; vgl. gr. A&yos, lat. lectus — Bett.)
Ziege, lag, gelegen, liegen (ahd. liku, lac, läkumds, leka-
ner, lekan; mhd. lige, lac, lägen, gelögen, lögen; goth., altſ.,
agj. ligan, altn. liggia, engl. Iy, jchwed. ligga, dän. ligge) auf oder
in etwas anderem mehr oder weniger wagerecht ruhen, dam auch fig.
und in weiterem Sinne in verfchiedenen Redensarten gebraucht. Im—
perfonal (auch gelegen fein) wichtig fein, als wichtig betrachtet,
erlannt werden. — Hier lieg’ ich, göftlicher Vater. Klopſtock, Mei-
fas 1, 111. Aus Quaderſtein von unten auf lag eine Brüde
drüber her. Bürger, Lied vom braven Dann. Da wir denn alle die
berrlichen Mfichten links und rechts neben uns Liegen fahen. Göthe,
ital. Reife Neapel 11. Mär. Berge lagen mir im Wege. Schiller,
der Bilgrim. Die Weltkugel Liegt vor ihm offen. Schiller, Wallen-
ſteins Lager 7. Die Kirchen felber liegen voll Soldaten. Schiller,
eh 1, 1. (Sie) liegen fchon J in dieſem Quartieren.
iller, Wallenſteins Lager I. — Weil an Europa's großem Beſten
ihm mehr liegt. Schiller, Piccolomini 1, 4. Woraus Sie ſehen
— wie viel ihr daran gelegen iſt. Göthe, Meiſters Lehrjahre
Stecken (ſ. S. 80). — Wo das geſteckt hat, liegt noch mehr!
Schiller, Maria Stuart 1, 1.
Ab—, an—, auf—, aus—, bei—, da—, darnieder—,
—, er—, ge—, (veraltet), herum —, bin—, hinein —, hin⸗
ter—, in—, nieder —, ob —, über—, umber—, unter—, ver —,
vor— zer—, zu—, zurüd—, zuſammenliegen erklären ſich aus
nachfolgenden Beiſpielen. — Euer Kloſter liegt weit ab von der
Straße. Schiller, Don-Karlos 2, 14. Wohl wiffend, daß die alte
zwiſchen Zeljen verftedte Mühle nicht weit abliegen konnte. @öthe,
Bahlverwandtichaften 1, 7. Es liegt das ſchwarze Mieder ihr knapp
am. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 170. Das Berk) in allen
keinen Zheilen auszuführen war mir um fo angelegener. Göthe,
zeben 13, B. Mich fendet hin, wem läg’ es näher an. Schiller,
Ze 1, 4. Am Täge, als der Fürft beerdigt ward, Ing fie mir an
568
mit unabläß’'gem Flehn, ihr diefes Feſtes Anblid zu gewähren. Schil-
ler, Braut von Meffina. Ob er fein Anliegen bier öffentlich vor-
zutragen gedenke. Göthe, Meiſters Wanderjahre 3, 9. Er fchlief mit
aufliegendem Gefidte. Göthe, Leben 5. B. Er muß auf Glim-
merjchiefer aufliegen. Göthe, ital. Reife 14. Sept. Anftatt uns
nun hieran zu tröften und, als grünes Holz, dasjenige zu ertragen,
was dem dürren auflag (zur Laft gelegt ward und woran ihnen ges
legen fein follte). Goͤthe, Leben 11. 3. (Wenn fie nur nicht) wenn
man einmal freundlich mit ihnen ift, einem hernach den ganzen Zag
auflägen (mit Bitten). Göthe, Jery und Bätely. Aufliegen
hab’ ich than mein'n Rüden, Göthe, Satyros 2. Sollte man glau-
ben, daß Marin an a auflige (Mangel babe).
A. v. Buher (+ 1817), fämmtl. Werke 1, 113. Beiltegender
Brief von Maimon nebft dem Aufjage wird Sie intereffiren. Göthe,
Briefw. mit Schiller 1, 63. Gib mir nu mein Weib, denn die zeit
ift bin, das ich beylige. Luther, Bibelüberf. 1. Mof. 29, 21. Als
‚ auf Ida's Höhen die —* dem Sterblichen beilag. Bürger. Der
See liegt ruhig da als wie ein ebener Spiegel, Schiller, Tell 2
2. Der an einem flarfen Wundfieber recht frank Darnieder lag.
Göthe, Leben 6. B. Don Alvarez lag . . . jo lang vor Calpe, daß
er fih faft hinten Durdhgelegen. Xichtenberg, von der fchmimmen-
den Batterie 1. Meine ganze Kunft erliegt an de Starrkopf.
Schiller, Räuber 2, 2. aß der Leidende unter der Laſt des Kreu⸗
zes erliegt. Göthe, Leben 15. B. Anno 879 traf der Schlag
König Carlmann, daß jm Die Sprach erlag (gelähmt ward, abgieng,
mhd. erligen — Ddarntederliegen, mangeln, abgehen). Aventinus,
Ehronif 358. Pinehas weib war ſchwanger und folt fihier geliegen.
Luther, Bibelüberf. 1. Sam. 4, 19. Als ic nun meines Kinds ge-
lag. H. Sachs. Wo in den Gräben Unrath fich häufet, und Un—⸗
rat auf allen Gaſſen herumlie & Göthe, Hermann und Dorothea
3, 15. Wolken liegen in den Schluchten bin. Uhland, Scildeis,
Soll ich begraben fein, lieg’ ih im’ tiefe Gras hinein. Lhland,
Frühlingsruhe. Durch welche Vorfprünge die ungeſchickteſten Bertie-
fungen als Vorhöfe der hinterliegenden Häuſer zurückblieben.
‚ Göthe, Leben 9. B. Da im Briefe drei Himmel inliegend waren.
J. Baul, Siebenkäs 4. NRiedrliegt.er drin an ſeiner Wunde.
Göthe, Klaggefang von der Frau des Alan Aga. Gleich, o Kobold,
liegſt du nieder. Göthe, der Zauberlehrling. Nicht aus den Hän-
den leg’ ich Dieles Schwert, als bis das ſtolze England niederliegt.
Schiller, Yungfrau von Orleans 3, 9. Ein geichrey dere die ob-
ligen vnd onterligen. Luther, Bibelüberf. 2. Moj. 32, 18. Ich
weiß, Lord Burleigh, was mir obliegt. Schiller, Maria Stuart 4,
3. Daß vil mäfliggehend Knaben Tug und Naht ob dem Bettel
ligen. Lori, Urk. des Lechreins vom Jahr 1616. Das Glas liegt
869
um Heynatz. Was in Gent und der umliegenden Gegend vor«
gefallen. Göthe, Egmont 2. Wenn ihn die Seide, die ihn umlag,
efektrifieren bälfe. J. Paul. Gruppenweis liegt Alles ftarr umher.
Wieland, Oberon 6,.4. Sie hielt den Pendel... . über die unter-
liegenden Metalle. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 11. Ob er
wollende oder unterliege. Schiller, Don Karlos. 4, 31. Es ift
ein Bater (Laokoon) mit zwei Söhnen, in Gefahr zwei gefährlichen
Thieren unterzuliegen. Göthe, über Laokoon. Wir lagen uns
ter (gebräuchlicher unterlagen), nicht weil der Punier tapfrer,
jondern weil er kijtiger war. Meißner. Ob fle liegeu unter, fie
fiegen damit doch (mhd.si geligend under, und gesigent ‘doch
da mite). Nüdert, gej. Gedichte 4, 375. Wollt ihr aber bei einem
guten alten Köhler, an warmer Stätte.die Nacht verfigen oder ver-
fiegen, jo jeid ihr willfommen. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 4.
Das trieb er lang und mangen (manchen) tag, Das (daß) er fein
unfeld (Unheil) nie verlag (durch Liegen verſäumte). Boner, Fabel
69. Hier lag ihm ein einzelner Würfel vor. Göthe, Meifterd Lehr-
jahre 8, 1. So einfach es (das Geſchaͤft) auch vorlag. Goͤthe,
Meifterd Wanderjabre 2, 5. . Bei gerechter Erwägung vorliegender
Gründe. Daf. 3, 10. Hier famen wir über Gypsfelſen, dem Kalte
vorliegend, Göthe, ital. Reiſe Eaftel Vetrano 21. April, Die
vorliegenden Adern und die jchlappen Brüfte. Göthe, der Samm-
fer und die Seinen 5. Brief. Sit ein Fehler begangen worden, fo
liegt er viel weiter zur ück. Lichteuberg, Nachtrag zu den Nachrich⸗
ten über fich felbit.
Anm. Das Berbum beliegen fömmt fjept nur im Bartic.,belegen, vor. —
Die auf ver aflatijchen Seite des großen Weltmeers belegenen Infelaruppen. G.
Foriter, die Infeln bei Aſien. — 42 ſagt (Gargantua S. 30): die Kumpf⸗
gelegne Nas.
Gelegen (ſ. S. 39) hat, neben der Sinnverwandtſchaft von be=
quem, paſſend, auch noch Die Bedeutungen nah, kurz (als Adverb,),
enau zum Ziele, jedocd, mehr in der Volksſprache. Davon gelegent-
ih — was bei einem bequemen Zuſammentreffen der Umftände ger
ihiehbt; die Gelegene ( Bollsiprache) Die Kürze des Weges;
Gelegenheit (mhd. gelögenheit und gelögene) 1) die Lage eines
Ortes; 2) die. Lage der Theile eines Ortes, innere Einrichtung des⸗
jelben; 3) vn Beichaffenheit einer Sache; 4) Angemeflenheit nad)
der Lage (Verbindung der Umpflände), daß eine Handlung entfteht und
erleichtert wird, wenigſtens ohne Beichwerlichkeit wor ſich geht. — Ipt
pe gelegenen Zeit bin ich hier. Göthe, Götz v. B. 3. Ich bin
ne, fehr zur ungelegenen Zeit Daf. 2. Du bift der ſchrecklich
er, der du der Schlangen ziſchen thuft glegen den Kopf: zer-
iriben. Hinmelsglöcdlen von 1685. Wenn du gelegen jcdjießen
wilft, jo wit. vonnoͤthen fein, Daß du acht habeit auf Gelegenhait
570°
der püchfen. Feuerb. v. 1501. Ein Meines Gut beſitz' ich, wohlge⸗
legen. Göthe, Eugenie 5, 9. — (Der Verdacht wınde) im S
fortgenäbrt und gelegentlich wieder aufgeregt. Göthe, Meifters
er N 3, 10. Die gelegenbeit der böle. U. v. Eyb, Ehe-
zuchtb. 30. Die ne legenbeit der Statt. Fiſchart, Gargantua ©.
525. Sich aller Gelegenheit des Lands und Volcks erfundigen.
Aventinus, Chronik. Wie ein Weib, fo der Gelegenheit der Der-
ter nicht Kundichafft hat. Opitz, Zrojanerinnen 54. Ich hab’ des
Orts Gelegenheit erkundigt. Schiller, Wallenſteins Zod 5, 2%
(Die Landftrede bat) ſchon wieder günftigere Gelegenheit. Göthe,
Campagne in Frankreich zum 24. Sept. (Wie fie) die Naturgele-
nn eines Thale en zwei Hügeln zu nußen gewußt. Daf.
tier 29. Det. Nad Gelegenheit des Lons. Krenner, Landtagsh.
9, 249. Der Gott, der Bub’ und Mädchen fchuf, erkannte gleich
edelften Beruf, auch ſelbſt Gelegenheit zu machen. Göthe, Fauſt
1, 175, Die fi bei einer bedeutenden Kriegsgelegenbeit her
vorgetban hatten. Göthe, Wahlv 2,3 Gewiß mit nächſter Schiffe:
gelegenheit. Shakſpeare, Eymbeline 1, 4.
Anlaß (f. Laffen) der auf etwas aufmerffam machende Gegenſtand, unt
das flärfere Beranlaffung — ein gegebener Anlaß zu einer Handlung,
4 Haben ven Nebenbegriff des Erleichterns nicht. — Dann gibt’g einen Anlaß,
gibt's ein Feſt, wo man's fo nach und nach ben Leuten fehen läßt. Gätke,
Fauſt 1,149. Zu der allerlebhafteflen Bewegung aber gibt ein Hafe Berau⸗
laffung. Böthe, Philoſtrats Gemählde, Vorſpiele der Liebesgötter.
Abgelegen — außer der Richtung, die man betrachtet oder ver-
verfolgt, zur Seite gelegen, vom Verkehre und Befuche der Menſchen
entlegen. Entlegen = getremt durch einen weiten Raum, Beide
Ausdrüde werden nur von liegenden Gegenftänden geſagt. — Hiermit
‚zog er ihn duch viele entlegene Gaflen, ohne auf feine Fragen
weiter Antwort zu geben, zu einem abgelegenen Kirchhof Hin. Hou⸗
wald, Die Abgelegenheit... beflemmte mich, Göthe, der neue
Paris (Leben 2. B.) Keiner weiß die entlegene Wohnung. Göthe,
der neue Paufias.
Entfernt ſ. S. 584. — Mit entlegen find noch finnverwandt: fern
(S. 534) entlegen nach der Länge, nur anf die Endpuncte bes Zwiſchenraums
gehend; weit (ahd. mhb. wit, agf. altf. altn. wid, engl. wide, ſchweb. wid)
durch einen Swifchenraum getrennt, nach jeber Richtung, welche es auch fei,
zunähft auf ben Zwiſchenraum ſelbſt gehend. Darans erflären ſich and die
Sub. Ferne, Entfernung, Weite Abſtand und Entlegenfeit
unterfcheiven fich wie ſtehen und liegen. — Was inuen leuchtet, dünkt uns
ein entfernter Glanz. Tiebge, Urania 8. Bern find fie, fern und un
erreichbar weit, wie meiner Kindheit, meiner Unfchuld Glück! Schiller, Jung:
frau von Orleans 4, 9. Des freien Himmels Weite muß ich ſuchen. Daſ.
Und ich fah ein Licht von Weitem, und es kam glei einem Sterne hinten
571
aus der fernflen Ferne Gbothe, Schapgräder. Weit wie Sterne abs
ſtehn von der Erbe, wird er erhaben fiehen über mir. Schiller, Braut von
Meffina. Aber dennoch fühle ich nicht weniger lebhaft den unendlichen Abs
Rand zwifchen dem Leben und dem BMalfonnement. Schiller, Briefw. mit
Goͤthe 1, 9.
Angelegen; Angelegntlih |. S. 315; Angelegenheit
it was dem Menfhen am Herzen liegt und worauf er fomit
Sorge verwendet. — Die wichtigften Angelegenheiten verhandelnd.
Göthe, aus Makariens Archiv. Belenntniffe tiefer Herzensange-
legenheiten entfalteten fich hieraus bei fortgefegtem Gefpräch. Göthe,
Meifters Wanderj. 3, 10. Das (Gefhäft) ih auf Rechtsangeles
genheiten bezog. Göthe, Leben 17. B.
—2 — (ſ. ſchaffen) iR das, worauf der Meufh zu einem Zweck
Thätigfeit verwendet, und zwar in Hinfidyt dieſer Thätigfeit. — Sie Alle
ziehen ihres Weges fort an ihr Geſchäft. Schiller, Tell 4, 8.
Veberlegen (Bartic. Präter. von überliegen) — mehr Kruft,
Bermögen, Sähigeen befigend als ein Anderer. Davon Ueber-
legenbeit. — Wenn er fihon einfah, daß ihm diefer in der Fecht⸗
funft weit überlegen fei. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 14. So daß
der junge Ritter der überlegnen Macht fih nur nit Müh’ erwehrt.
Bieland, Oberon 1,58. Welch einen Schng beherzter Ueberlegen-
heit... . in meines Weſens Wejenheit Natur gelegt. Platen, vom.
Dedipus 5.
Berlegen 1) durch zu langes Liegen verdorben; 2) finnverwandt
mit ungewiß, betroffen ſ. ©. 57; davon Berlegenheit. — Was
ich von alten Sachen habe, hat feine rechte Geftalt und ift eigentlich
verlegene Waare. Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 236, Ich bin
verlegen (ungewiß), ob ih den Glückwunſch ſchon empfangen darf.
Schiller, Piccolomini 1, 1. Der andere war dußerfi verlegen und.
wußte fein Wort zu fagen. Göthe, Leben 3. B. — Die wir bald
m Berlegenbeit fein werden, wo wir eine Mahlzeit hernehmen.
Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 11. allen ließ ich den Hut vor Ber-
legenbeit. Göthe, Hermann und Dorothea 2, 231.
Ungewiß (eigentlich ungewis, ahd. un(k)gawis, unk(g)iwis, mh.
ungewis, altn. öviss, von gewiß, ahd. k(g)awis, k(g)awissi, mhb. ge-
wis, alte. vis, agf. gewis, altengl. ywis, von wiffen ©. 518) der Bes
ſtimmtheit dẽes Beionftfeins in Beziehung auf. etwas ermangelnd; unfeſt zu
einer Willensbeſtimmung aus Mangel an Beſtimmtheit des Bewußtſeins wor⸗
Aber. Zweifelhaft (mhd. zwivelhaft und zwivelhaftic, f. Zweifel ©.
480) mit Bweifel behaftel d. i. unfeft zu einer Gemüths- und Geiſtesbeſtim⸗
mung aus Unflarheit zwiſchen verſchieden Beſtimmendem; unfeſt zu einer Wil
Vensbefimmung aus Unflarheit zwifchen verfchiedenen beflimmenden Gründen.
Unentfchloffen (f. Ah entfchliegen &. 323) der Selbſtbeſtimmung zu
etwas ermangelab, d. i. ohne eine ans dem Innern heroorgegangene anf eiwas
572
bin gerichtete Willensbeſtimmung fich verhaltend ; gewahrt, zu feiner Selbſtbe⸗
Rimmung in etwas zu fommen. Unſchlüſſig ſ. S. 395. — Und jest
ſprach Haft doch fv ungewiß, fo Falt von ihm. Leifing, Nathan der Weiſe
2, 3. Malateſti, ein unzulänglicher Obers®eneral, erit zweifelhaft, zulept
von der heftigen Party, von Sforza und Fortebraccio hingeriſſen. Böthe,
neuefte ital, Literatur. Ach! und ſcheinet unentfchloffen, wohin? ob wei:
ter? ob hinab? vb rechts? ob links? Leffing, Nathan der Weite 2, 4. Mau
hatte alles weggeiragen, nur das Köfferchen, unfjchlüffig wo man es bie
ftellen follte, in der Mitte des Zimmers flehen gelaffen. Böthe, Wahlver
wanbtichaften 2, 17.
Lieger findet fi einfach und in einigen (mehr der früheren
Sprache angehörigen) Zufammenfeßungen, — Auch ſolche Anlieger...
verlangten ihren Theil, Göthe, Tag: und Jahreshefte 1795. Die
ehelihe Beiliegerin. Wieland. Oblieger im rechten. Hug, Rhe⸗
torica Tübingen 1538. Bl. 119.
Liegig und legig (vgl. niederj. lecg, hollind. laag, engl. low,
altn. ägr — niedrig) find einfach nicht gebräuchlich, auch in Zuſam⸗
menſetzungen felten. An—, Obliegend eit © 38. — Sanfft-
liegig, glattanliegig. Fiſchart, Gargantua S. 126. 310, Da⸗
hin ift ein pöfer Weg ftidel cfteil) und gar wenig anleg (fanft anf
wärts). Thewrdank. Durch Krankheit und Alter ablegig worden.
Diet. v. Blien. -- (Man müffe das Drafel) nur in wahren Anliegen-
heiten befragen. Göthe, Leben 9. B. |
Liegled)amboß, — haus, — ſtunde, —tag, —zeit.
Lage (ahd. diu läga, altn. läg, mhd. läge, heimliche Nachftel-
lung, Hinterhalt) 1) Art und Weile des Liegend eines Dinges; (fig.)
Beichaffenheit des Seins im Verhältniffe gegen Anderes; 2) eine Reihe
mehrerer neben oder auf einander liegender oder gelegter Dinge. —
Valenciennes . . . genießt einer eben jo feſten ald lieblichen Lage.
Schiller, Abfall der Niederlande 4 B. Was der Welt jo nüße und
in ihrer gegenwärtigen Lage fo unentbehrlich if. Göthe, Meiſters
Wanderjahre 3, 4. Der Thürmer der haut zu Mitten der Nacht
hinab auf die Gräber in Lage. Göthe, Zodtentanz. =
Stand (If. Reben) Hanklung, Ort des Stehens; darans feſter Pund
wie fich bie veränderlichen Beſtimmungen des Seins eines Dinges ‚geben oder
gegeben haben. Zuftand If überhaupt Inbegriff der veränderlichen Beſtim⸗
mungen des Seins eines Dinges. — Der hat in Rom gar einen ſchweren
Stand. Göthe, Taffo 1, 4 (Wie id) meine ganze Lage, Vermögen,
Stand, Grfchäft in's Auge faßte. Göthe, Bugenie 4, 2. Dabei. hatte ich
jedoch leider meinen vorigen Zuftand nicht vergeffen. Goͤthe, die me
Ab, An—, Auf (f. ©. 4%), Aus, Bei, n—,
Nieder—, Um—, Unter—, Wider —, Zulage u.a. wie das ver-
altete Oblag bedürfen feiner weitern Erklärung. — Do von der Mitte
573
des November an bis Ausgang des Mai keine Kalkſteine von der Rü-
dersdorfichen Ablage abgeholt werden können. Ungenannter bei Campe.
en Abend veranlaßte Charlotte einen Spagiergang anf die neuen
Anlagen. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 3. (Welche) lieber Zeit
auf Vorbereitungen und Anlagen verwenden, als daß fle ſich ernft-
ih an die Ausführung hielten. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 4.
Sie mit einer folhen Anlage zu allem, was edel und groß ift, Sie
entehren fich felbit! Leſſtng. - In. ihrem Gefichte ift Anlage zu einem
Knebeldart. Platen, Tree um Treue 95. Glauben Ste, daß der
Spaß die Auslage werth fei, fo will ich gleich Anftalt machen.
SGötbe, Briefw. mit Schiller 3, 94. Die Briefe jedoch und die viel-
fahen Beilagen enthielten verichiedbene Dinge. Göthe, Meifters
Banderjahre 3, 14. Die Scele nimmt von den Inlagen des Kör—
pers, wie der Wein vom Obſt den Geruh au. J. Banl, Hefperus
9, Geſchwind verftedte ich meine Körbe in eine benachbarte Höhle,
die mir jchon öfters als Niederla ge gedient hatte. Göthe, Meiſters
Banderj. 1, 2. Schredlicher als alles dieß war die Niederlage,
welche das. mörderifche Werkzeng unter den Menfchen anrichtete. Schil⸗
fer, Belagerung von Antwerpen. Michelftatt und die a. (Um⸗
gegend). Zincgref, Apoph. 1, 14. Je nachdem man die Unter-
lage wechtelte. Göthe, Wahlverwandtichaft 2, 11. (Dann jollen fie)
als Stübe und Widerlage dienen. Göthe, Leben 4 B. Lin Ea=-
pital von neun taujend Gulden, deſſen Zinfen dem jedesmaligen Arzt
al8 Zulage dienen. Göthe, Reife am Rhein, Main und Nedar,
Frankfurt. — Wo Fettlagen den. Geift einquetſchen. J. Paul,
Hefperus 9. Es find ‚große Grundlagen, welche unbeweglich feft
Reben. Göthe, Winkelmann 2, Da der Anfömmling die wahre Ge⸗
mäthslage des Mujors nich ahnen fonnte, Göthe, Meifters Wan⸗
derjahre 2, 3. Die golddurchfloßnen Wolkenlagen blaßten. Sa—
is, Monodie. - ni
Selag (mhd. gelac — Geſellſchaft) eigentlich ein Beiſammen⸗
liegen; davon ein mordentlihes Zuſammenſein von Berfönen bei Speife
und Trank, auch vornehmlich bloß bei dem Iehtern, mit dem Neben»
begriffe, Daß es Dabei nicht mit Anftand, vielmehr wifd hergehe. —
Der in Gelagen (Schwaden) liegende Roten ward bald troden.
Hagel. Umher auf Stühlen, dem Bett nah lagen der Mägdlein ſchöne
Gewande .. . Oben auf jedem Gelag die Strümpfe, umwunden
vom Knieband. Baggefen. Diefe Marime lag zum Grunde allen un-
jem gejelligen Gelagen. Göthe, Leben 1.8. — Mit zum draut-
gelage! Bürger, Lenore. Eliſtums Freudengelage Schiller,
iſimm. Ewig LZuftgelage. Schiller, Triumph der Liebe. Iſt's
jet Zeit u Saufgelagen? Gchiller, Wallenfteind Lager 8. Das
ganze romantifhe Schreibenelag. % Paul, Zitan 86. ‚Sein Haus
war jegt ein Sammelplag für vornehme Müffiggänger, für Spiel
1)
574
gelag’ und Pideniks. Meißner. Und als fie im Zaumel ihres Sün-
dDengelags fortichwelgte. Sonnenberg, Bildet dem frunfuen Ohr
das Rofenlager, halb entichleiert, oder Dad TZaumelgelag am Kelch⸗
las. Voß. Wo da ift Trinfgelag und allerlei Geſpaßes. Klop-
of, Gelehrtenrepublif.
Mahl (mhd. mal, wahrfcheinlich von guth. mel, ah. mal —= it,
alfo beſtimmte Effenszeit, wie altu. mal) ein Gfien über das Gewöhnliche, ein
vornehmeres, feierliches Eſſen; dann auch in höherer Sprache nnd voruchmer
überhaupt ein Eſſen, das üblicher Weile in behaglicher Ruhe abgehalten oder
eingenommen wird. Mahlzeit (älternbd. mälzyt) das regelmäßig nad bes
flimmten Tagesabtheilungen fi twieberholende Cſſen. Gaſtmahl (f. Gaſt⸗
baus ©. 445) ein bebeutenderes Mahl, woran Fremde Theil haben oder zus
gegen find, beſonders und vornehmlich viele. Baftgebot if ein größeres
Gaftmahl, wozu die Gäfte feierlich eingeladen werden. Shmaus von bis
jegt nicht ermittelter Herkunft, nah Sch wenks gewagter Aunahme mit vors
geſchobenem f von ahd. muos, muas, alt. mös, mhbb. muos, nbd. Mus,
woher Gemüfe) ein behagliches Eſſen mit einer Fülle wohlichmedenver Spel⸗
fen und Getränfe. — Da will nun ein jever am feſtlichen Mahl fich neben
dem Liebchen erfrifchen. Goͤthe, Hochzeitlied. Herr Bruder! Profit Mahls
zeit! Schiller, Piccolomini 4, 6. Welh ein Schmaus und Gewähl?
Was betreibt du? Etwa ein Baftmahl, oder. ein Hocyzeitfed? Denn kei⸗
nem Belag iſt es ähnlih! Voß, Odyſſee 1, 226.
Verlag 1) die Handlung des Verlegens; 2) die zu einer Unter
nehmung nöthigen Mittel; 3) dasjenige, was verlegt wird. — Ber:
lagsartifel, —buch, — handlung, —-Loften, —lager, —redit. —
Der Verlag oder vielmehr die Fabrik jener Bücher. Göthe, Leben
1. 8. Sie werden noch manches Unheil des Selbftverlag 8 dabei
erleben. - Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 202. Diefes nıin. im- Gro-
Ben und Ganzen zu thun, erbot fid) die Deſſauiſche Verlagshand—
fung. Göthe, Leben 12. B. Stehende Verlagsartifel. Göthe,
Leben 12. 2.
Legen (goth. lagjan, ahd. lek(g)jan, mhd. legen, alti, leggjas,
legjan, agf. lecgan, altn. leggja) liegen machen, d. i. einen Körper
in ein foldyes Verhalten bringen, daß er auf feiner größten Flädye oder
Seite ruht, oft mit dem Nebenbegriff einer dadura
tung; auch fig. in verfchiedenen Redensarten. — Eh wir zu Bett’
und legen. Bürger, Lenore. Was fteht ihr und legt die Hände in
Shop? Schiller, Wallenfteins Lager 8 — Bei der Grundftein-
legung. Göthe, Wahlverwandtfchaft 2, 12.
Setzen (f. unter fifen) und flellen (6. 283) gehen auf ein Ruben
auf einer kleinern Flaͤche oder einem Fleinern Theile des Körpers, welche vie
natürlich untern find und weniger Berübrungspuncte, ale andere, ut dem
Orte unter ihnen haben. — Sept euch. Göthe, Goͤtz von Berlichingen 4.
Erhebt euch denn und fRelit eudy neben mi. Goͤthe, Eugenie 1, 5.
575
Anlegen 1) eine Sache nahe an die andere legen oder bringen;
2) ausleihen; 3) etwas zu einem beftimmten Zwede thım; 4) etwas
entftehen machen, damit es ferner beftehe, und zwar in Hinficht auf
die merkliche Raumfläche (Lage), die es einnimmt; 5) fich befleiden
etwas, mit dem Nebenbegriff des Feierlihen; 6) (veraltet) mit einer
Abgabe, Geldlaft belegen; 7) (veraltet) erweifen. — Dort legt ein
Fiicher den Nahen an. Schiller, Maria Stuart 3, 1. (Schiffe, die)
bier anlegen und ausladen. Göthe, ital. Reife Venedig 29, Sept.
Legt ihr dreifache Feſſeln an! Schiller, Jungfrau v. Orl. 5, 10.
Bie er anlegt, immer rein jchmarz ge Be .
(Als fie) nach Farbe und Pinſel griff un!
faltenreiches Gewand mit foviel Neinlich
legte (mahlte). Göthe, Wahlvermandtic
gelegtes und reichlich wucherndes Cay
Schon legte man in Gedanken... e
Landfchaft zierende Brüde an. Götbe, U
legte in Wien ein hübſches Magazin
ul, Titan 48. Sie hatten auf dem 2 B ES
öthe, ital. Reife Rom 2. Febr. 1787. Indem war der Wandergang
auf den ganzen Tag angelegt. Göthe, Meifters Wanderjahre 3,
13. (3) rathe nun dir, kurz und gut, dergleichen (Stleider) gleich-
falls anzulegen. Göthe, Fauſt 1, 80. Em Dorf anlegen und
flenern. Kenner, bayer. Landtagsh. (von 1329—1513) 2, 153. Als
er den Göttern allerley Ehre anlegte. Opiß, Senecä Troj. 84.
Hm hatte Attalus eine groffe Ihmah angelegt Cangethan). Aven-
tinus, Ehronif 1580 DI. 85. " ' F
Ausgehen (ſ. gehen) und das flärfere aus fein auf etwas laſſen
die Thätigfelt auf den Zweck unbeflimmter, als es auf etwas anlegen. —
Errichten (f. richten S. 296) deutet mehr auf die Höhe und Fortführung
"Gtiften f. ©. 197. — Anziehen (f. ziehen) wird von ſolchen Kleidern
gefagt, die an den Rörper ober feine Theile gezugen werben. Anfleiden
(f. Kleid S. 2371) wird von allen Kleivungsftüden zufammengenommen ges
fagt, wenn fie an ben Körper gethan werden, während anziehen und ans
legen von ben gefammten, wie den einzelnen Kleidungsſtücken gefagt werben.
— Gr muß das Glück nur fuchen, Herr Blau, er muß darnach aus feyn.
Engel, Tobias Witt. Alle wußten, daß jept der ewige hohe Priefler in tem
Allerheiligen war, die Berföhnung zu fliften. Klopfiod, Mefflas-5, 456.
Ob ſie ſchon wenig Spitäller anffbauen, fo thuen fie doch viel arme Häu⸗
fer Rifften. P. Abraham, auff ihr hrifllide Soldaten. Der Schäfer putzte
fi zum Tanz mit bunter Jade, Band und Kranz, ſchmuck war er ange:
zogen. Göthe, Fauſt 1, 34. Eh' ih mich hätte ankleiden und ihnen zu⸗
voreilen fönnen. GBöthe, Meifters Wanderjahre 8, 5.
Auslegen 1) aus einem Orte: Waaren zur Schau, ein Schiff,
enien Soldaten (ausquartieren); 2) für Jemanden gegen Zurüdgabe
576
oder Vergütung gleichen Werthes verausgaben, gewöhnli num von
fleinen Summen (Geldes); 3) (nicht jehr gebräuchlich) für ausleihen,
anlegen; 4) in etwas Vertieftes legen und damit ausfüllen, und zwar
zum Schmuf; 5) (fig.) den in Zeichen (oder Dingen, injofern fie als
. Zeichen" fich darftellen oder Zeichen geben) enthaltenen Sinn angeben,
jo daß der Andere diejelben Vorftellungen damit verbindet, weldye der
Nedende Damit verbunden haben will; davon 6) von einer gewiſſen
Seite betrachten, aufnehmen. — (Wo) für die Nacht Zangzeug aus—
legte der Fiſche. Voß Luiſe 1, 174. Gejtern hat die aus zehn
Schiffen beftehende Evolutions-&scadre durch den Baum auf biefige
— — t. Hamburger Zeitung. Weil ich von dem meini⸗
sgelegt hatte. Göthe, Benvenuto Cellini 3, 9.
cken, mit Marmor ausgelegt. Wieland, Idris
. Wenn wir ein Geiſteswerk auslegen. Göthe,
rhiv. Dieſen Traum auszulegen. Shakſpeare,
m 4, 1. (Das) möchte mancher für einen unvers
zeihlichen Hochmuth auslegen. Göthe, Leben 10. B.
Reiben (f. d. und ©. 455) iſt der ullgemeinfte der bier ſinnverwandten
Ausdrüde. Vorſchießen (f. ſchießen) zunächſt Geld vor der fälligen Zeit
abfchläglich geben; dann ohne Verzug Geld genen Zurüdgabe oder Vergütung
darleihen in Beziehung der nahen Gebrauchszeit vesfelben, gewöhnlich von
größern Summen gefagt. Vorſtrecken (f. ſtrecken unter reichen) Gelb
(in Heinen wie größern Summen) in Beziehung auf deflen nabe Gebrauchs⸗
zeit oder eine Zahlung gegen Zurüdgabe ober Vergütung darleihen zur Anss
hilfe. S. noch verlegen und vorlegen. — Erklären (f. flar S. 174)
das, was dunfel ift, Flar machen; dann etwas (Zeichen, auch Dinge, inſofern
fie nicht ale Zeichen betradyet werben) durch Angabe der Gründe zur genanen
Kenntnis bringen. Deuten (f. ©. 208) von etwas machen, bag man
es erkennen kann, ober verfiehen, was es ift ober fein fol; Dann übers
Haupt zum gemeinen Verſtändniß bringen. Ausdeuten iſt Rärfer. Denteln
auf eine kindiſche Art, fpipfindig deuten. — Vielleicht bracht's jemand als ein
Pfand, und meine Mutter lich darauf, Böthe, Fauſt 1, 143. Das Gelb,
dns ihr dem Saladin vorfchießen follt. Leſſing, Nathan ver Meife 2, 9.
Daß Wilhelm einiges Geld zum Gtahliffement vorſtrecken follte. . Göthe,
Meifters Lehrjahre 2, 9. Pflicht und Ehre! das find vieldentig boppelfinu’ge
Namen, Ihr follt fie ibm auslegen; feine Kiebe foll feine Chre ihm ers
flären. Schiller, Wallenfeins Tod 3, 2. Was Eure Fürklichfeit bewegen
mag, alfo zu thun an Ihren Herrn und Kalfer, gebührt nicht ums zu richten
und zu deuten. Daf. 1, 5 Als uns der Mönch das Anathem' ausdens
tete. Schiller, Maria Stuart 3, 8. Gin Kaiferwort foll man wicht drehe
noch deuteln. Bürger, vie Weiber von Weinsberg.
Belegen 1) mit etwas daranf Gelegtem bededen, (fig.) eine
Straße belegen, fich gleichſam darauf legen, daB nichts drauf fort
aan; ein Collegium belegen (in der Studentenfprache) fich für einen,
577
von feinem andern einzunehmenden Platz einfchreiben ; 2) anflegen, be»
laften, zu tragen beftimmen: mit Strafen, Abgaben, (fig.) mit einem
Namen; 3) begatten, befruchten (von einigen größeren Thieren gefagt);
4) durdy Beilegen von etwas (Urkunden 2c.) beweifen; 5) mit Leuten
verſehen; 6) (jelten) ausleihen; 7) Cin der Schifffahrt) ein Tau bes
legen, es an feine Klampe oder fein Kreuzholz befeitigen; 8) (felten)
fo viel als belagern. — Bald entdedte er eine fchmale Treppe, Die -
hinab in einen großen Vorjaal führte, rings herum belegt mit Pol-
fern. Platen, die Abbaifiden 3. Wenn die Räuber die Straße be—
legt und alle beichädigt. Göthe, Reineke —
lichſte Vorurtheil ift, Daß irgend eine Art N
Bann belegt werden könne. Göthe, aus
einer ift zu finden, der ihn belegen kann :
Opiß. jolte die Hündin belegen lafſſe
Sei fiher, daß ſie's mit Brief und Siegel
Wallenfteins Tod 1, 7. Als Troja ward be
von allen Seiten. Opitz. Malepartus, die
gern) wir. Göthe, Reinefe Fuchs 7, 154.
Beweifen (ſ. weifen) überhaupt gewiß machen, es mag tie Gewißheit
durch die That oder durch Gründe erkannt werden, und dieſe mögen zur Er⸗
kenntniß jenerg Gewißheit zureichend feinzober nit. Erweiſen ift zureichend
beweifen. Darthun (f. thun ©. 492) urfprüngli etwas vor die Sinne
bringen; dann anſchaulich beweiſen. Erhärten (ahd. arharten — hart wer;
den, f. hart S. 253) gegen mögliche Ginwürfe und Zweifel ficher und uns
widerleglid machen. Beurfunden (altf. urkundean, mhb. urkunden =
Zeugniß geben, ahd. kiurchunddn — Zeugniß beibringen; ahd. urkundo, mhd.
urkunde — Zeuge; ah. urkundi, mhb. urkünde — Zengniß, f. Eund
©. 289) durch Urkunde d. 1. Zeugniß, beſonders förmlich ausgeftelltes
fchriftliches, (auch wie durch Urkunde) beweifen. — Hab’ ich nicht von jeher
durch alle Handlungen bewiefen, daß ich beffer als einer fühle, was Deutfchs
land feinen Regenten ſchuldig iſt? Böthe, Göt v. B. 4. Der Philoſoph der
tritt herein und beweift euch, es müßt’ fo fein. Göthe, Fauſt 1, 95. Der
zehnte Ludwig . . . konnt’ im. Gewiſſen keine Ruhe haben bei Frankreichs .
Krone, bis man ihm erwies, daß Ifabell’ die fchöne Königin, von der er
Enkel war in graber Reih, abllamme von Yrau Irmengard. Shaffpeare, K.
Heinrich V. 1, 2. (Ih bin bereit), darzuthun, er fei ein fchnöder und
gefährlicher Verräther. Shakſpeare, K. Richard IL. 1, 3. Eure Schreiber,
Kurl und Rau, erhärten mit einem Bid, daß es die Briefe feien, bie fie
aus Eurem Munde nieberfchrieben. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Johann
II... . trug feine jener Bigenfchaften an fi, die einen Herrfcherberuf bes
urkunden. Blaten, Geſchichte des Königreichs Neapel 1, 4. Weber bie
Bors no Nachwelt Hat ihn darüber beurfundet. Herder.
Beilegen 1) bei oder neben eine andere Sache legen (eig. und
fig.); 2) hinterlegen, fammeln und verwahren, 3) (veraltet) Recht
Au gr
we“ an 4 *
578
geben; 4) den Streit bei Seite legen, fo daB er aufhört, mit Be⸗
wilfigung der ftreitenden Parteien; 5) eine gewifle Beſtimmung zuer⸗
fennen (1. ©. 547); 6) (Schifferſprache) mit wenigen Segeln jo nabe
als möglidh bei dem Winde liegen und das Schiff dadurch in feinem
Laufe aufhalten; in anderm Sinne aud) fchnell führen. — Sie haben
uns eine Bittfchrift übergeben, die wir an Ew. Hoheit hier beilegen.
Säiller, Abfall der Niederlande 3. B. Was (an Geld) mangelt,
legen Sie noch bei. Stiller, Don Karlos 4, 21. Daß fie (die
Eltern) mic ehelih Ihm kiinfftig Tegen bey. In der Samml. Hoff-
mannswaldau. Ged. 1, 79. Ich habe nur den Namen der einen be=
balten und ihn der andern beigelegt. Göthe, Meifters Wander.
1, 11. Das er den Leuten das jre, fo fie an den Ort zu trewen
benden beygelegt hatten, wolt erhalten. Luther, Bibelüberf. 2.
Maccab. 3, 15. Der Schaß, den die guten Alten aus Einfult bei⸗
gelegt. Canitz. Daß die Gaͤhrung, die ein Bolf ergreift, der Sturm,
der mächtige Nebenbuhler gegen einander erregen, ſich durd Ein
freundlicy Wort beilegen ließe. Göthe, Egmont 2 Wir legten
bei, beftiegen wohlbewahrt die ausgefegten Boote, fließen ab, und
längs der Brandung rudernd ging die Fahrt! Chamiſſo, Sales y
Gomez. Iſt's der im Nachen, den ihr ſucht? Neit zu! wenn ihr
friſch —2 holt ihr ihn noch ein. Schiller, Tell 1, 1.
Abthun (f. thun S. 492) durch eine Thätigkeit endigen. Abmacden
(von machen ahb. mahhön, machön, mbb. machen, agf. macian, altfrief.
makia, engl. make, ſchwed. maka; f. Gemach S. 318) darch Kraftan:
ftrengung (fortgeſetzte Thätigkeit) endigen, mit dem Hinventen auf zn Hüberwirs
dende Schwierigkeiten. Ausmachen darch Kraftanftrengung, beſonders zw
Gewalt, völlig endigen. Entfcheiden Ci. fcheiden) feh nnd unnmiöglic,
durch einen Richterfpruch beentigen, fei verfelbe der eines felbiigewählten
Schiedsrichters oder eine® amtlichen Richters. Schlichten (ahd. sliktan,
mh. slichten, von goth. slaihts, ahd. sicht, mhb. slöht, slächt, alı.
slöttr, niederſ. sligt— ſchlicht, eben, glatt, nach Wackernagel zu fhlagen,
alſo breit, flach geſchlagen, nach Weigand zu ſchleichen gehörig) zwiſchen
ſtreitenden Parteien alle Anſtöße entfernen und ſte gegenſeitig zum Nachgeten
bewegen, fo daß die Anſprüche des Einen und der Widerſtand des Andern anf:
hören, nnd fomit der Streit beendigt (neehnet) if, e& mag dies in Güte ge
ſchehen uber durch höhern Ausfpruch. Vergleichen (ſ. gleichen) ergibt Rich
ans dem ©. 249 Befagten. Beimefien f. ©. 547. — Benn ihre zarte
Augend fi) verging, mag fie'd mit Gott abthun. Schiller, Maria Stuart
1, 1. Wir fönnen dann Allee nad) Bequemlichfelt abmachen. Schiller, ver
Baraflt 1, 11. Was ich mit ihm auszumachen hälfte, Hätte ich nur mit
ihm auſszumachen. Leffing, Emilie Galotti 4, 3. Um endlich Hier im Ans
geflchte Nürnberae das blutig große Rampffbiel zu entſcheiden. Ediller,
Miecolomini 8, 7. Wenn man das Genie zu Hülfe tiefe, dad darch ſelne mas
giſche Gabe den Etreit ſchlich ſen und die Forberung leiten würde. Eoche,
579
Leben 15. B. Der Herzug von Berrara hatte fo eben mit dem Papſt Paul
einige alte Streitigfeiten verglichen. Göthe, Benveyuto Eellini 3, 3,
Darleger 1) hin-, vorlegen: baares Geld; 2) aufchaulid mas
hen; die zur Deutlihmachung erforderliben Theile, Beweiſe, Gründe
2. ins Licht ftellen. — Ich aber wil faft gerne darlegen, vnd dar—
gelegt werden fur ewre Seele !). Sutder, Bibelüber]. 2. Kor. 12,
15. Auf fein eigen Koften und Darlegen den Krieg führen. Aven-
tinus, Chronik. Alles follte auf Mare Begriffe gebracht und in logi—
iher Zorn dargelegt werden. Göthe, Leben 15. 3.
Darthun f. S. 577. Darftellen (ſ. S. 23), ſo hinitellen, daß es an-
ſchaulich wird; duch etwas Vorftellendes (Gemälde, Schilderung) deutlich mas
chen. — Doch Bat er am Hofe fo manches Geheimniß dargethan, du ich
ihm glaube. Göfhe, Heinefe Fuchs 6, 11. Will’s ihr glauben! das ſtellt
fih dar! Schiller, Wallenſteins Lager 5.
Weberlegen 1) über etwas Anderes legen; 2) mit etwas Daraufs
gelegtem bededen; 3) etwas zu ſtark belegen, fo daß es nicht getragen
werden fann: ein Haus mit Soldaten; 4) betrachten |. S. 18. —
Allefammt mit reichen Deden überlegt. Herder, Eid 18. In Trier
angelangt, fanden wir die Stadt von Truppen überlegt. Goͤthe,
Campagne in Frankreich 23. Aug. Das überlegen Sie wol nicht,
wie viel für unfer Herz zu wagen if. Schiller, Don Karlos 4, 21.
Denten ſ. ©. 205. Bedenfen © 138. Nachdenken S. 7.
Betrachten und erwägen ©. 128.
Verlegen 1) an einen andern Ort, auf eine andere Zeit, oft
auch falih, an einen unrechten Ort legen; 2) (ziemlid) veraltet) einen
mit etwas (mit irgend einem Bedarf) verjehen; 3) die nöthigen Geld-
auslagen für eine Perſon oder Sache machen, die Koften für fie tra-
gen; dann für eine Perjon oder Sache die zu irgend einem Vorhaben
nöthigen Koften in der Borausfegung tragen, daB Diefe ung wieder
werden, gleichviel ob dieſe Koften verzinslich ausftehen oder nicht, und
ob fie Hein oder groß find; 4) ſich verlegen auf etwas, fih ihm ganz
widmen;'5) (veraltet) in Haft nehmen, anhalten (ihm den Weg ver-
legen, daß er nicht fort fann); 6) (veraltet) fih verlegen, eine Miß-
beirath thun. — (Ich) zeigte dem Vater die Möglichkeit, auch feine
Treppe zu verlegen. Göthe, Leben 9. B. (Der) jein Waarenla-
er nach Antwerpen verlegte Schiller, Abfall der Niederlande 1.
We Eu'r Hcchzeitfeft ward, hoff’ ih, mur verlegt: drum harrt in
Frieden. Shaffpeare, viel Lärmen um nichts 4, 1. (Indem fie) das
Buch fucht, das fie verlegt hat. Göthe, Rameau’s Neffe. Die
Pfarrer mit Wein verlegen. Kremer, Landtagshandlungen (1429
—1513) 13, 177, Einen Laden mit Waaren verlegen. Landrecht
2) In der 4. Bibelüberfegung (1470 — 1473) heißt die Steffe: „wann ih gib
mich vil gern. vnd ich ſelb werde vergeben vmb üwer felen.”
R 87 *
580
von 1616. &8 foll obgemeldte Begängnig und Jahrtag von gemeinem
Gut der Gefellihaft verlegt werden. Kremer, a. a. O. 10, 177.
Berleg’ fie fih auf Neuigkeiten! Göthe, Fauſt 1, 214. Wo einer
den andern zu fprechen hätte um Sprüche, fo verlegt (verhaftet) er
ihn, oder einen andern Mitbürger für ihn. Krenner, a. a. O. 1,216.
Damit ainem piderman fein find (dadurch daß e8 einen Handwerfer
beirathet, an dem es hinterdrein findet, daß er fein Gewerbe nicht
verftieht) nit verlegt werde. Urkunde von 1370.
Eiche das finnverwandie auslegen 2.
Borlegen 1) vor ein anderes Ding legen; 2) (in engerer Be-
deutung) etwas vor Jemanden legen, damit er etwas damit vornehmen
fol: Braten, eine Zrage; 3) Geld (in Feiner wie großer Summe)
gegen Zurüdgabe oder Vergütung einem Andern in Beziehung amf
defjen wirkliche Zahlung oder. die Gebrauchszeit vorauszahlen. — Borin
cift er) fauber und reinlih, al8 im Kapaunen vorlegen und efjen?
Shaffpeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 2, 4. Die aljo abgefaßte Schrift
wird ihnen vorgelegt. Schiller, Piccolomini 3, 1. Der uns die Frage
vorlegen wird, ob wir Hundsfötter jein wollen. Göthe, Götz von
—— 3.
iehe das Äinnverwandte auslegen 2.
Zerlegen — eine Sadye in Einzelheiten auseinander gefchieden
machen, bejonders wenn es durch mechanijches Thun geichieht. —— Und
wird von fehönen Händen dann das fihöne Fleiſch zerlegt. Uhland,
Mepelfuppenlied. Wenn wir das Ganze in gleichgültigen Staub z er⸗
legt fehen. Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 1.
Sergliedern (mhb. zerliden, f. Glied hei leiden) Zufammengefehtes aus⸗
einander machen, daß die wefentlichen Beltundtgeile einzeln zur Kenntniß kom:
men, alſo anatomifch, intellectuell zectheilen. Zerſetzen (f. fiben) zunächſt
auseinander gehen machen in Stüde, dann aber und zwar am üblixhiten, hard
Auflöfung in feine Grundtheile fcheiden, chemifch auflöfen. — Das verworrene
Bild des allgemeinen Blende zu zergliedern. Sciller, Räuber 4, & Die
Natur treibt alfo hier unaufhörlih ihr großes, dem Menſchen unerreichbares
Werk, das Wafler in Dünfle aufzulöfen, die Dünſte in Luft zu verwandeln,
die Luft wieder zu zerſetzen. G. Porfer, Feine Schriften 3, 60. Sein
Scharffinn zerſetzte mehr, als fein Tieffinn feſtſtellte. I. Paul,
b—-, auf—, aufer—, darein—, ein—, entgegen —, er—,
rt—, Grund—, her—, herab—, heran —, beranf—, heraus—,
erein—, hernieder—, herum — berunter-—, bervor—, beraa—,
bin, binab—, hinan — binauf—, hinaus — hinein —, binter—,
hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —, los — nad —,nieder—,
um —, unter —, voran —, vorans —, vorbei —, vorüber —, weg —, wi⸗
der — wieder — zu „zurück—, zuſammenlegen bedürfen keiner weitern
Erklärung. — Menfchheit legte fie ab, und Gottheit nahm fie an. Voß.
Ih babe noch ein wichtiges Belenntnig abzulegen. Schiller,
581
Don. Karls 4, 21. Sich genaue Rechenfchaft von jenen Ueber⸗
gäugen abzulegen. Göthe, Bampagne in Frankreich Iſt
es Dad erftemal in eurem Leben, daß ihr falſch Zeugniß abge-
legt? Göthe, Fauſt 1, 158. Ich hab mein Probftüd an euch jelbft
abgelegt. Göthe, Göß v. B. 3. (Daß fie) einen Befuch in der
Nachbarſchaft ablege. Göthe, Wahlverwandtfchaften 2, 13.
fomme, meinen Glückwunſch abzulegen. Schiller, Wallenfteins Tod
1, 7. Swas (Was) er verfaumt daz fol er im aud) ablegen (ver-
güten). Schmeller 2, 449. Nachdem er feine Karten drei Jahre vor
uns verborgen gehalten hat und noch verborgen hält, follen wir Die
unfrigen auflegen und ein offenes Spiel gegen ein verdedtes fpielen.
GSöthe, Meifters Wanderjahre 1, 6. Das (Xeiden) ein hohes Schick⸗
fal uns auflegt. Göthe, Hermann und Dorothea 9, 136. Nach
der Berbindlichleit, die mir der Fürſt noch kürzlich aufgelegt.
Schiller, BPiccolomini 1, 1. Wenn Jemand ein Weib nimmt, vnd
legt jr was ſchendlichs auf Cbeichuldigt fie). Luther, Bibelüberſ 5.
Moſ. 22, 13. Er fah vor feinem sanften Ende fait alle Werfe jeiner
Hände das fechftemal ſchon aufgelegt. Gellert, der unfterbliche
Autor. Bon dem Almanad) laffe ich nur fünf hundert Exemplare, aber
auf Jauter gutem Papier, auflegen. Schiller, Briefwechfel mit
G 2, . Wenn meines Standes Mildigkeit mir auch der Scho—
nung ſüße Pflicht nicht auferlegte. Schiller, Don Karlos 8, 4.
Wer Henker hat ſich darein zu legen? Schiller, Wallenſteins La⸗
ger 7. Und mit dem Worte rennt er gegen mich ... mit einge—
legter Lanze. Wieland, Oberon 1, 36. Ein Mefierftiel von Schild»
pat mit Silber eingelegt. Göthe, Leben 13. B. Wir wollen
Bögen anſprechen, für ung ein Gut Wort einzulegen. Göthe,
Götz v. B. 4. Ihr werdet Ehre. mit mir einlegen. Göthe, Mei-
ſters Wanderjahre 3, 8. Da wollt’ ih mir ein Eimer zwanzig Wein
einlegen. Schiller, Räuber 4, 4. Europa ftaunt, da ernft Die
Wage des Schidjals wägt, und Menfchenrecht und Völkerklage ent-
egeulegt. Voß, Chorgejang beim Rheinwein. Mit einem folchen
ente lieber als mit dem Schwerte meine Feinde zu erlegen. Göthe,
Benvenuto Eellini 2, 1. Ich mußt ihm zwanzig (Gulden) erlegen.
Böthe, Gig v. B. 3. Die Ehriften waren im Leiden nur frefftiger,
erlegten die Sterd der Hender, das (daß) fle vor Müde nicht mehr
mochten. Aventinus, Chronik. Das zweite Inftitut, worin der Herr
die Verwirklichung feines Reiches. auf Erden grundgelegt ?) bat,
iſt die Kirche, Hiricher, Moral 1, 436. Ihm zu dämpfen die Un-
ruh, will ih die Pfeil herlegen. Voß, Luife 3», 6234. Wenn
fe fih an den Straßen herumlegen, - Göthe, Wahlverwandtichaften
3, 9. Bir feine Treuen hatten ihn hingelegt. Goͤthe, Fauſt 1, 45.
1) Eine neue Form, die wol befiee gegtunpdlegt lautete.
»
582
Die Sachen gütlicher verrihten und hinlegen Cbeilegen). Kreuner,
Landtagshandlungen 1, 75. Das Fenfter aufzumadhen und den Kopf
binauszulegen. J. Paul, Siebenfäs 3, Die Frauenzimmer ſäum⸗
ten nicht von ihren Heinen Haarkämmen hineinzulegen. Göthe,
Wahlverwandtichaften 1, 9. Wüßt' ich doch nirgends viel von hin—
tergelegtem Gemeingut. Bürger, Jlias 1, 124. Nun gebt Ach⸗
tung, nun will id loslegen. hakſpeare, Kaufmann von Venedig
2, 2. (Was fie) für fohmugigen Torf zur Feuerung nadhtegen. J.
Paul, Titan 68. Die legen vor mir in den Staub fih nieder.
Klopftod, Meſſias 2, 846. Hier auf dieſes jungfräulid blühende
Haupt will ich den Kranz des Friegerifchen Lebens niederlegen!
Schiller, Piccolomini 2, 3. Bewahren fannft du nicht länger dein
Kommando, ohne Rettung bift du verloren, wenn du's niederlegft.
Schiller, Wallenfteins Tod 1, 3. Gott geb dir dazu Heil und Glud,
daß du den Trachen Legeft nieder Cerlegeft). H. Sachs. Es mag nie-
mant dem andern fein gelt niderlegen (unter Beichlag legen).
Schmeller 2, 451 (aus dem 15. Jahrh.). Er legte ihm die Binde
fefter um. J. Paul, Zitan 8 So wurden bei ſolcher Gelegenbeit
längft vernachläffigte Dadhreiben umgelegt. Göthe, Meifters Wan⸗
derjuhre 3, 1. Mit Gefchwiftern reich umgeben, mit des Herbſtes
Frucht umlegt. Daf. 2, 9. Born an dem Schafte blinkte Die eherne
Shärf, umlegt mit goldenen Ringe, Voß, Ilias 8, 494. So
nimb zu dir ein Heeresmacht, vmbleg (belagere) die Stadt. 9.
Sachs. Willſt du Weihrauchs Geruch erregen, feurige Kohlen mußt
unterlegen. Göthe, zahme Zenien IV. Sie figen im Unrecht, wir
wollen ihnen feine Kiffen unterlegen. Göthe, Gi v. B. 4. Er
habe noch felbigen Abend einer von Dttiliens Lieblingdmelodien ein
allerliebftes Gedicht untergelegt. Göthe, Wuhlverwandtichaften 2,
5. Ein einz’ger Neitfnecht nur war im Geheimniß, er unterlegt
ihr jedesmal das Pferd. Göthe, Eugenie 3, 2. Garnirungen, Die
nit einem bläulichen Loche unterlegt find. Shafipeare, viel Lärmen
um nichts 3, 4. Den Degen nicht zu frühe wegzulegen. Schiller,
— 8, 4. Ich will den Juͤngling, der ſich übereilte, als
reis und nicht als König widerlegen. Schiller, Don Karlos 8,
10. Nicht beſſer könnt ihr den Verdacht, der jetzt noch auf euch laftet,
widerlegen. Schiller, Maria Stuart 4, 6. Widerleg (gib) uns
allen mit deinem fronreih (Himmelreich), ewiger vater! Schlierſee,
Chronik von 1378. Wie ein man den andere frawen widerlegen
(Gegengeld zufichern) mag auf der vodern kind aigen. Muͤnchener
Stadtrecht v. 14893. Die Wohlthat und das Gute, das wir dem
Andern ſchenken, it wiederlegt (wiedererlegt, erftattet) genüglich, wenn
andere dran gedenken. Zogau, Sinnged. 1965. So fing au) ich an, mit ei⸗
nen Heinen Apparat zuzule g en (anzufhaffen). Göthe, Leben 8. B. Um in
einer Wiffenfchaft fo zu fehreiben, Daß man... . der Wiſſenſchaft jelbft etwas
583
zulegt, muß man ſich thr allein- widmen. Lichtenberg, liter. Bemerk.
Ez fol der wirt dem gaſt zulegen (Partei für ihn nehmen). Schmel-
ler 2, 453. Unredlich Gut Tegt nicht zu (male parta male dila
buntur). Prompt. v. 1618. Man fiehts, haft zugelegt (biſt dicker
en Uhland, Zudwig der Baier 3. Kaum Gatte ich mein fie=
entes Jahr zurüdgelegt, Göthe, Leben 2. B. Daß ich Diefe
Heine Reife nur mit Schwierigkeit zur ücklegte. Göthe, Benvenuto
Gelini 1, 8 Ein zufammengelegter GSpagierflor. 3. Paul,
Titan 34.
Anm. Die Parliciyien "geftatten noch andere Zufammenfegungen, 3. B. Die
befle der Euesle genden Hennen. Göthe, Reinefe Fuchs 1, 184. Des traum:
auslegenden Greiles. Voß, Ilias 5,149. Du löſeſt ihuen, Metter, bie rofige,
engangelegte Feſſel vom wunden Arm. Klopſtock, an den Kaifer.
Leger findet fich in verichiedenen Zufammenfegungen (theils mit
activer, theild mit palfiver Bedeutung); Legung in verichiedeuen Zu—
ſammenſetzungen; leglich, legbar, legfam nur in Zufamntenfegung
mit Bartileln. — Was du Liebe nennft, fei ein Propfreis, ein Ab⸗
leger. Shakſpeare, Othello 1, 3. Wir haben eigentlih nur Ab-
leger von Romanen und Komddien. Lichtenberg, äfthet. Bemerkungen.
Die Anleger oder Steurer (die die Steuer haben Krenner, Land—
tagshandl. 9, 494. Sept begreife ich erſt den fchlechten Zuftand, in
den er (Ariftoteles) die franzöflihen Ausleger und Poeten und Kri—
tifer verfegt hat. Schiller, Briefw, mit Göthe 3, 96. (Da) mußte
man nach Kunft ald der würdigften Auslegerin unbezwingliche Sehn-
fucht empfinden. Göthe, Meeifters MWanderjahre 2,7. (Wenn) fein
Bud dadurch niht um ein paar Octapfeiten gewönne, die ihm der
Berleger mit banrem Gelde bezahlt. Schiller, Räuber 1, 2. Er
war ehemals in Florenz ein Verleger beim Tuchmacherhandwerk ge-
weſen. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 8, Neben ihn wählte fie Flüg-
ih ihren Pla, wie des Mahls Borlegerin. Voß, Luife 3*, 641.
Die Widerleger jener Schrift. Ingenannter bei Campe. Hierauf
kam der. Zerleger. Boß, Odyſſee 1, 141. - (Wir) dünften uns
bei folchen Anslegnngen um defto ficherer zu gehen. Göthe, Leben
8. B. Diefe ruhige Beilegung. Schiller, Abfall d. R. 4. B. Daß
er mir durch die ausführlihe Darlegung der Eigenfchaften des er-
ftern das weite Feld deutlich gezeigt hat. Göthe, Briefw. mit Schiller
4, IR. Mit Niederlegung bier Würde. Schiller, Solon. Der
Graf ſah ihm mit gefätliger Aufmerkfimfeit und mit Ueberlegung
eine Zeit lang um. Göthe, Meifters Lehrjahre 3, 1. Bei VBerle-
ung des Gerichts von einem Dit an ben andern. Göthe, Leben 12.
5 Eine Grablegung des Sokrates durdy ſeine Freunde von Ca—
nova. Seume. — Die Gründe, die fie vorbrachte, fehienen ihr un-
widerleglidh. Göthe, Leben 6, B, Die leicht widerlegbaren
Bominfe Koch. Wolf hat eine neue, unwiderlegbare Demon-
ftration für's Dafsin Gottes erfunden. Herder. To
584
Anm. Der Leger, das Beleger heißt auf den Alpen ein Welideplatz, ges
wöhnlicy mit einem oder mehreren Ställen und Hütten verfehen. Davon Hoch⸗
und Niderleger. rüber hieß auch ein abgefturbener, von felbft umgefallener
Baum (der) Leger. Der Legerer heißt Hier und da ber Unterflein in der Rühle.
Das Leg (im Hüttenwefen) ein Gemifch von Kupfer, Eifen und
Arſenik, welches fich beim Machen des Schwarzfupferd zwiichen dieſes
und die Schlade legte; die Lege 1) die Handlung des Legens; 2)
dasjenige was man legt; 3) der Ort, wohin etwas gelegt wird. An—
leg und Widerleg find veraltet; der Beleg (f. belegen 4) und
das Belege (bei den Schneidern) gebräuchlich. — Auf jeden Unter-
than eine Anlege (Abgabe) thun. Krenner, Landtagshandl. 18, 433.
Stem hab ich ein Fuehr nach Lauffen abgeordnet, aldorten den wör-
muet (Wermuth) fambt einer anleg (größeres Mag) Wein abzuholen.
Abt von St. Zeno 1677. Zu allem bietet uns unfere Wiſſenſchaft
einen Beleg an. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 6. Ich jende Mitt-
woch die ganze Rechnung an Cotta, und wünfchte deßwegen jeden
Beleg bejonders zu haben. Schiller, Briefm. mit Göthe 2, 233. -
Legangel, —bett, —eifen, —feuer, —geld, —henne, —meifter,
—reufe, —ſtachel, —ftadt, —ſtuhl, —tifh, — zeit; Anlegeihloß,
—ſpan, —ſteg; Auslegeholz, —ſtübchen; Auslegungsart,
—kunde, —kunſt, — ſucht, — wiſſenſchaft; Belegſtelle; Einlege—
gabel, —geld, —holz, —kelle (in Glashütten), —löffel, meiter,
— rechnung, —ihaufel, —ſtuhl; Vorlegegabel, —kelle, —löffel,
—mefier, — ſchloß, — wert. — Sie werden mir meine eigene Aus-
legungsfucht zu Gute halten. Schiller, Briefm. mit Göthe 1, 71.
Daß es gern fih Einlegeftühle nachtragen ließ. 3. Paul. (Ex)
reißt das Borlegemeffer aus der Scheide. Platen, rom. Dedipus
4. Nicht Riegel noch Oeffnung noch Vorlegeſchloß fieht man.
Platen, die verhängnißvolle Gubel 2.
Lager (goth. ligrs, ahd. lök(g)ar, agſ. löger, altı. lög, bb.
leger, geliger, ältenhd. Liger, Xeger, Läger, Geliger, Ge—
leger, Geläger) 1) der Zuſtand des Liegens; 2) der Ort des
Liegend; 3) mehrere über oder neben einander liegende Dinge. Davon
lägerhaft, bettlägerig. — Behaufung und geliger. Hug, Rhe-
torica Zübingen 1528. Bl. 163. Das gliger er erfaulet ſach. H.
Sachs. Beladen mit ewiger frandhait oder leger. Schmeller 2, 454.
Leger der thier. Prompt. v. 1618. Aus Bier-Leger (Bodenfag,
Seen) Branntwein bremen. Lori, Lechrain v. 1616. Ein Wein
voller Gleger. P. Abraham. Er fchlug fen Geläger . . Sie
fhlugen jr Läger zunächſt an fein Läger. Aventinus, Chronik 1580.
Bl. 297. Liger, ligerflatt. Prompt. v. 1618. Als Cäſars Reuterey
beym Rennplag ward gefchlagen, und über Hals und Kopf ins Läger
mufte fliehn. Lohenſtein, Cleopatra 1, 32, Hier dieſen todten Jäger
trag du in dein Gelägern, Rüdert, gef. Ged. 5, 97. Denn femme
—
585
Tochter zu erloͤſen, traf im Schiffs gelager Chryſes ein. Bürger,
Ilias. — Soll id zu deinem unſterblichen Haupt ein Lager bereiten?
Klopftod, Meifins 1, 64. Da jprang er vom Lager. Bürger, Le⸗
nardo und Blandine. Sie fühle nicht bloß eine große Einwirkung der
unterirdiich fließenden Waſſer, metollifcher Lager und Gänge. Göthe,
Meifters Wanderjahre 3, 14. — In Schlöffern und Städten, da wir
Ablager (vorübergehenden Aufenthalt) halten und benadhten werden.
Bayreuth. J——— von 1518. — Bewußtlos fand die bang ſu—⸗
ende Mutter den VBermißten auf üppigem Blumenlager binge-
funfen. Benzel-Stemau. Mit der Einzigen könnt’ ich das —
beſteigen. Voß. (Ueberall) bettet ex ſich Erdlager von hingebreites
ten Sprofjen. Voß, Odyſſee 11, 194. Fern ſucht' ich fie im Fein—
deslager auf. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 4. (Daß ich)
die Schreibfiub’ umd ihre engen Wände in dem Feldlager wieder:
fände? Schiller, Wallenfteind Lager 6. Wo manche zarte Städterin
halb wah im Flaumenlager fäumt. Voß. Pojaunenrufen der
Heerlager ... umfhol ... der Palmftadt Thürme. Klopftod.
Worin Horion ein einftweiligeds Hoflager haben folltee J. Paul,
Heiperus 1. Der einem langjamen Tod auf einem fehr fehmerzhaften
Krankenlager entgegen ſchmachtet. Stiller, Briefw. mit Göthe 2,
188. Dort (zieht) ein Gewimmel nad dem Leichenlager. Scil-
fer, Leichenphantafiee Das Rofenlager halb entſchleiert. Voß.
Weiche Akaziendüfte jchwammen hinab um das Schlumnterlager.
Sonnenberg. Auf des Schmerzenlagers Streu. Salis, das Mit-
leid. Ums Sterbelager der Menfchheit. Sonnenberg. (Die Höfle)
warf die Müderfchütterfen tiefer hinab in der Lüfte Zaumellager.
Sonnenberg. Bon ihrem Zodtenlager flieht man Blanfa ſich erheben.
Uhland, Durand. Die Italiäner gingen vor Sebaſtians Waaren—
lager vorbei. 3. Paul, Hefperus 11. Die ihm der Dunftfreis der
Natur wie der eines Weinlagers mittheilte. Daf. 9. (Er) bezieht
fein Binterlager. Schiller, Piccolomini 2, 7. — Xeider war un⸗
fere Freundin von Klettenberg bettlägerig. Göthe, Leben 15. 2.
Da er lägerhafftig worden. Aventinus, Chronik 1580, BI. 290.
Beilager, die Vollziehung der Bermählung vornehmer PBerfonen,
wird eigentlih nur vom Manne geſagt. — Eleonore behauptete, auf
ein fo hohes Beilager müßte fich die ganze Gefellichaft angreifen. Goͤthe,
Briefe aus der Schweiz 1. Abthl.
Die Synonymen von Beilager halten |.
Lagern 1) liegen, gelegt fein, ein Lager haben; 2) im Xager
fein: das Heer lagert; 3) auf den Boden legen; ſich an einem Orte
ausbreiten, dafelbit ruhen; 4) ein Lager bereiten, anweiſen. — Weite
Gärten lagerten blühend um die Zauberburg. Seen Schön
ift der Friede! Ein Tlebliher Knabe Liegt er gelagert am ruhigen
Bad. Schiller, Braut v. M. Die Engelländer fteben nah’ gela-
384
ert. Schiller, Jungfrau v. O. 5, 2. Herum im Kreis, von Mord⸗
Dt heiß lagern fih Die gräulihen Katzen. Schiller, Handidub.
Wie auf hohen unwirthlichen Bergen drohende Wetter langſam und ver-
weilend fih lagern. Klopftod, Meſſias. (Der) die ganze Macht der
Bücften Griechenlands um Trojens Mauern lagerte. Göthe, Iphi—
enie 1, 3.
: Ab—, an—, be—, herum—, bin—, hinein —, nieder—,
um—, feld—, nachtlagern find Far. — Die Milz fondert beftändig
Fett ab, welches, jo wie die Galle bei der Leber, in das Netz abge-
lagert wird. Ungenannter bei Campe. Verſchiedene Krankheitsftoffe
lagern fich zuweilen in Die Augenhöhle ab. Beer. (Wenn) gar
Feinde die Stadt eingeſchloſſen und belagert hielten. Göthe, Leben
1.B Bill er uns dann belagern, er verfuh’s. Schiller, Wallen-
fteins_ Tod 5, 5. Das find nur Schauer, die fih um dus Wort
herum lagern! Schiller, Kabale und Liebe 5, 1. Borüberfliegend
befreundete man ſich mit der jchönen Neihe —— hingelager—
ter, bald reihenweis überſehbarer, bald ſich verſchiebender Anſichten.
Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 7. Unten bat ſich der unausweich-
liche Hund hingelagert. Göthe, Nachträgliches zu Philoſtrats Ge-
mählden 1. In die Seitengebäude wird hineingelagert, was bin- -
eingeht. 3. Paul, Heſperus 11. Unter dem regen Gewühl der nie—
der ſich lagernden Völker. Bürger, Ilias 2, 95. Ihr graufen-
hafter Schwager hatte Sie jo umlagert. Göthe, Meiſters Lehrjahre
7, 8. (Er) umlagert es (das Städtchen) mit Roß und Mann.
Bürger, Weiber von Weinsberg. Wetterwollen umlagerten Den
Vollmond. Matthiffon, milefliches Rrärden. Sn der Au feldlagerte
weithin Ungams Macht. Pyrker, Rudolph 7. Ottgar, wie, du willf,
nadtlagernd, des dämmernden Morgens harren dahier? Daf.
Belagerer, Belagerung, Wegelagerer. — Als fie unternahm,
den großen Thum der Belagerer anzuzünden. Göthe, Meifters
Lehrjahre 1, 7. Ich nahm fie mit zur Blocade von Mainz, der id)
bis zum Ende der Belagerung beimohnte, Göthe, Tag- und Jah⸗
teshefte 1793, (Da) wurden die auf Die Meflen zieheuden Hundels-
u. Wegelagerern „.. wilfürlich geplagt. Göthe, Leben
1.
Lagerbalken, — beſtand, —bier, —buch, —faß, — ſieber, — geld,
—haus, —holz, —hütte, — krankheit, —korn, —krone, — kunſt, — mei⸗
ſter, —motte, — muſchel, —platz, —punct, „rede, —ruhr, — ſcheit,
—ſeuche, —ſtelle, — ſtock, — wache, —walze, — wand, —wein, — wuchß
—zins u. a. — Wie die Sternenheer' erglüh'n am nächtlichen Himmel,
glaͤnzten die Lagerfeuer umher. Pyrker, Tuniſias 6. Dort konmt
mir Einer durch die Lagergaſſe. Uhland, Ludwig d. B. 3. Der
liche Lagergebieter. Pyrker, Tuuiſias 6. (Ibhr ſollt) den La=
gergenoſſen ſtehen zur Hut. Daſ. Weil er Leto entehrt, Zend
587
heilige Lagergenoffin. Voß, Odyſſee 11, 580. Ausruhn ... im
zierlichen Zagergeftelle. Voß, Odyſſee 3, 399. Und Odyſſeus Bette
vielleicht nun flatt der Lagergemand’ entftellt von Spinnengewed’ ift.
Bo, Od. Sich und lagerbaft. Opitz. Laßt euch Lagerkoft, ihr
Herin, genügen. Pyrker, Rudolph 10. Daß diejes herbe Lagerobſt
milde wird durch Liegen. 3. Paul, Hefperus 18, Draußen am La-
gerrand. Pyrker, Rudolph 8. (Er) trägt eilends Schilf zu Hauf
und altes Mos (der Noth muß alles taugen) zur Lagerftatt. Wie-
land, Oberon 8, 40. (Gr) warf fidh aber fogleich auf eine der Las
gerftätten. Göthe, Meiſters Wanderjahre 1, 4 Männer und
Maulthiere verließen die Lagerzelte.“ G. Schwab, Leichenfeier des
Patroklus.
Anm. 1. Làgel (abv. lagela, lagella, mbo. lagel, legel, legele, in ber
Volksſprache lEl) ein Heines Fäßchen, dann auch ein Weinmaß, ſtammt aus dem
lat. lagena = Flaſche. — Da nam Sfai einen Ejel mit Brot vnd —— weins.
Luther, Bibelüberſ. 1. Sam. 16, 20. Hinter euch liegt mein Lägel im Kraut.
Buß, ver Riefenhügel 59.
Yum. 3. Im 15. Jahrh. war noch Urleug = Fehde, Krieg, im Gebrauch,
ahd. urlac, mhd. urliuge, agi. orläg, altn. orlög. „Die mhb., agf. und altn.
Formen find nom. pl. neutr. Als die alte Bedeutung (Schidfal, Fatum) vers
dunfelte, verbarb allmälih bie Form und urliuge läßt fi nur begreifen, wenn
man Mittelglieber wie urleuge, urlöige, urlaug, urlaw, urlan, urlag voraus:
fest.” Grimm I, 353. Nach Schmeller (II, 455) hängt ade. urlac == Fatum,
Schickſal, alin. lag = Geſetz, laginn — geſetzt, beſtimmt, mit einer früherer. Ber
deutung von erlegen db. i. feſtſezen zufammen,
Bitten )).
(Wurzel bat, bitz vgl. fanffr. viin — ſuchen, verlangen.)
Bitte, bat, gebeten, bitten (ahd. pittu, pat, pätumds, pöta-
ner, pittan und pitjan; mhd. bite, bat, bäten, gebäten, biten;
oth. bidjan, agſ. biddan, altn. bidja, altf. biddian, altfrief. bidia,
Didda, engl. bid, ſchwed. bedja; |. ©. 74) eigentlich ſich niederwer-
fen, uiederliegen, nhd. gewöhnlich 1) die Erweifung einer MWohlthat,
einer Gefälligkeit von Jemanden verlangen; 2) (in engerer Bedeutung)
Sort um etwas bitten; 3) bitten, bei etwas gegenwärtig zu fein, an
etwas Theil zu nehmen einladen; 4) (veraltet) um etwas bitten, es
fordern. — Ich bitte euch, legt feine Offenheit . . . nicht zu ge=
fährlich) aus. Göthe, Egmont 1. Dreimal kam ich wieder als Bit-
tender, um Liebe dich zu flehn. Schiller, Don Karlos 1, 2.
1) Grimm fagt (Bram. II, 25): „Gilt vathen, fo hieß bidan früher lie:
ge», jacere, humi prosterni, als ein Flehender? Hernach warb daraus bidjan
recari, einem anliegen, mit dem Acc. der Perſon? So nur erklärt ſich goth.
di, ahd. petti, altn. bedr (eigentlich und bei Ulfilas lectulus »Asrödior, —
rog — WRuhebelt) analog dem goth. ligrs (lectus, »Adyy), mhd. löger, größeres
Belt) von ligan, fo wie dem stöls (thronus — Thron) von stalan, und wie
Bett, Sänfte, Ruhe ſcheint altſ. gibada oder gibala — levamen, Beruhigung.”
588
Bittet (Gott), fo werdet jr nemen. Luther, Bibelüberf. Joh. 16, 4.
Eingeladen wurden ſie ... junge Herrn berief ich auch . . . Diele
bat ich ſonderlich, haben's angenommen. Göthe, offene Zafel. Sie
follen fainerlay form pitten noch ſämmen (jammeln). Rechtsb. v.
1453.
Die Synonymen f. ©. 74.
Berbitten eigentlich von ſich fort bitten; dann mit Bitten vo
fi) entfernen, durch Bitten zu. verhindern juchen. — Wer aber reiht
bequem ift und faul, flög’ Dem eine gebratene Taube in’d Maul, et
würde höchlich ſich's verbitten, wär fie nicht auch geſchickt zerichnit-
ten. Göthe, Sprichwörtlih. Weihen Sie diefen edien Todten eine
fromme chriftlihe Thräne, die Condolenz abet wird verbeten. Schil⸗
ler, Briefw. mit Göthe 4, 51. i
Die Synonymen ablehnen (minder Höflih ald verbitten, uud basnod
weniger höflihe) ausſchlagen f. ©. 147.
Ab—, aus-, er—, für—, los —, mit—, über—, vor—,
und bei Stieler noh fehl—, wieder—, zerbitten find an
fid) far. — So hab’ ich diefem würdig braven Mann, dem Bnttler,
ftilles Unrecht abzubitten. Schiller, Wallenfteind Zod 3, 4. Er
habe fih die Erlaubniß ausgebeten, ihn als Vater anjehn zu Dür-
fen. Göthe, Leben 6. B. Freigebig ift der mit feinen Schritten, der
fommt von der Katze Sped zu erbitten. Göthe, Sprichwoörtlich.
Dagegen machte ſich die Regentin verbindlih, alles Vergangene zu
Bergen ‚ und für die Verbrecher jelbit bei dem Könige fürzubit:
ten. Schiller, Abfall d. N. 4 B. GSie lief und ſchrie und bat ihn
(08. Gellert, der beberzte Entſchluß. Flamin hatt’ er nicht mitge-
beten. % Baul, Hejperus 18. Es überbitten unſre Bitten feine.
Shakſpeare, K. Richard II. 5, 2. Sie will den Ulyſſes überbitten.
Opitz, Zrojanerinnen 81. (Der Himmel) ließ fi endlich dein Gebet
zur Erbarmung überbitten. (d. h. ſich erbitten zur Erbarmung über:
zugehen). Günther. Wie ein folher Mann, der zwar von frommen,
aber doch fündigen Eltern erzeugt worden, zur Gnade gelangt fei vor
Gottes Thron zu fteben, und für Diejenigen, die fih im Gebet gläu-
big an ihn wenden, vorbittend Befreiung von fchredlichen Webeln
erlegen könne? St. Rochusfeft.
Bitte (ahd. p(b)ita, p(h)ẽta, mhd. die böte, das bit, agi.
bidde, altf. beda, altfrief. bede — Bitte und Gebet) Forderung an
Semandes Güte Davon Ab—, Für—, Vorbitte u. a. —
jei, gewährt mir Die Bitte, in eurem Bunde der Dritte. Schiller,
Bürgfchaft. Auf deffen Bitte und Borbitte hören die Eltern.
Göthe, St. Rochusfeſt. Keine Fehlbitte gethan zu haben. Daſ.
Ob man ſich mit einer Abbitte begnügen koͤnne. Göthe, Leben 6.
B. Dem eine Doppelbitte will ich nod in feine mächt’gen Hände
legen. Eollin. Fürbit thun für alle Menjchen. Luther, Bibel-
589
überf, 1. Tim. 2, 1. Did) kann die heiße Liebesbitte rühren.
Schiller, Maria Stuart 3, 6,
Anliegen (ſ. S. 567) und Begehren (f. S. 340) find fnbflantivifch
gebrauchte Infinitive und fo aus den Verben deutlich. — So lange ihre vos
tigen Beherrfcher Fein höheres Anliegen hatten, als ihren Wohlftand abzus
warten. Schiller, Abfall der Niederlande 1: B.
Anm. Das uhd. Bet, auch Bed, mhd. böte, neunieberb., neunieberl. bede
= freie Abgabe, mittellat. buda, it nah Schmeller 1, 216 das ahd. pöta.
„Die landesfürftlichen urfprünglichen Beten, (fagt derfelbe), Haben fih in man⸗
chem Lande, trog des milden Namens In ſtrenge Forderungen, oder Zwangsabgaben
umgewanbelt.“
Bitter (mhd. biter) ift in verjchiedenen Zufammenfegungen ge-
bräuchlich; bittlich (mhd. bätelich, ahd. pittentlih), erbittlich,
unerbittlidy (ahd. unarpittentlih), a Al — für:
bitter und Freund und Bruder der fterblichen Menfchen. Klopſtock,
Meſſias 10, 987. Daß der Mond jeinen Gevatterbitter bei den
Erden-Gelehrten herumſchicke. J. Paul, Hefperus 1. Als Prologus
tritt der Hochzeitbitter auf. Göthe, Leben 18. B. Mit einer
wahren Keichenbittersmiene! Schiller, Fiesko 1,7. — Was lüchelft
du jo bittlich her, mein Theurer? Bürger, an den Mond. Diefen
Schag, den ich einmal befige, erhalte mir, du erbittlidhes oder
umerbittlihes Schickſal! Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 2. Dieß
Herz mit Unerbittlichfeit bewaffneft du. Schiller, Jungfrau v.
O. 2, 8. Laß mich bittjelig ſeyn. Weichmann, Poefle der Nieder-
ſachſen 1, 373.
Bittbrief, —dienft, — eſſen, — frohe, —geſang, —fchreiben,
—fteller, —tag, —weife u. a. — Die Bewohner Cataniens waren
erade zit einem Bittgange verjammelt. Campe. Mit einer Bitt-
hrift einzulommen. Schiller, Abfall d. N. 3. 3. Bitten an Große
werden leichter erfüllt, werm man fie thun läßt, als wenn man fle
thut; weil der Bittträger die Gelegenheit der Uebergabe fanfter und
feiler, als der Gegenftand herbeiführen kann. 3. Paul. |
Beten (ahd. petön, mhd. böten, alti. bedön, neuniederd. be-
den; altn. beidhja = erbitten, verlangen) |. S. 74. Davon: ab—,
an —, auf — aus — er - ‚fort—, her —, herab —, herunter — bin—;
hinan —, hinaus —, hinweg —, mit —, nach —, ver —, vor —, zurück⸗
beten. — (Ich werde) demnach brünſtig beten mitten unter meiner
Qual. Bürger, Huldigungslied. Dir beten ſterbliche Menſchen, die
du tödteft, im Staube gebückt; der weiſere Seraph betet dir, Gott.
Mopftvd, Meſſias. Er fleht’, er betete mit aufgehobner Hand, vom
Himmel Ruh für uns, und Sieg für feine Feinde. Weiße. — Zur
Zeit, wo ein beiliger Mann feinen Palm abzubeten pflegt. J.
Baul, Heiverus 8. Wer hätt! in ſüßer Geiftesverwirrung um ab-
jubeten jede Verwirrung wie vor einer Heiligen gefniet nicht hier?
FU... SIEHE
4 ©. Eberhard. Geift Schöpfer, vor dem ich bier fl anbete.
Klopſtock, Meſſias 1, 10. Diele hatten ihn. (den Prinzen von Ora-
nien) angebetet, Alle hatten ihn verehrt. Schiller, Abfall d. N. 4.
B. Einen Palm in der Kirche aufbeten. Beyer. Als fie nun
ausgebetet. Bürger, Ilias 1, 458 Bin fo frei grad’ herein zu
treten, muß bei den Frauen Verzeihn erbeten. Göthe, Fauft 1,
150. Die Alte drüdte dem Jünglinge ſtumm und erfreut die Hände
um Fortbeten zufammen. % Paul, Zitan 21. Als er kaum ſechs
Sabre alt war, konnte er ſchon das Vater Unfer rüdwärts berbeten.
Kichtenberg, pädag. Bemerkungen. Die Urſachen laſſen fih herun—
terbeten. Göthe, Götz v. B. % Wir find gewohnt, wo es auf)
thront, in Sonn und Mond binzubeten. Göthe, Zauft 2, 165.
Ich bet’ hinan, und Lobgeſang ift lauter mein Gebet. Göthe, Künft-
lers Morgenlied. Er wollte ein altes Menjchenpaar, für das die Glode
- die Orgel gewefen, gar hinausbeten laffeen. 3. Paul, Heſperus
10. Oft hat der heil’ge Mann für uns den Himmel gefragt und
manchen Fluch hin weggebetet. Sciller, Braut v. M. Diefe Lir
taney . . . follte ih bier mitbeten. Göthe, ital. Reife Rom 9.
Dec. Münner, denen e8 (das Volk) blindlings nachzubeten pflegt.
Schiller, Abfall d. N. 2. B. Das arıne Mädchen verjaummert und
verbetet ihr Leben. Göthe, Götz v. B. 3. Der faun Biefe Ber
leumdung in Ewigkeit nicht verbeten. Geller. (Sie) ſprachen von
Gott und beteten laut gen Himmel dem Boll vor. Sonnenberg.
Verehren (|. Ehre S. 2357) deutet einen minder hohen Grad der Ah:
tung an, als anbeten. A
Beter (ahd. pötäri, mhd. beter), Anbeter, Borbeter; An:
- betung; Gebet (ahd. klg)apcb)et, mhd. gebät, agf. gebäde, alt.
gibäd f. Bitte). — Der du des erften Buudes ‘Propheten, den fühns
ften der Beter, als er bat, von Antlih zu fehn zu Antlik Jehovah,
in der Höhle verbargft. Klopftod, Meſſias 5, 358. Jene Beter
fanfen in die Gruft. Matthiffon, das Kloſter. Fiesko ift ein Anbe-
ter der Kunft. Schiller, Fiesko 1, 13. Sie waren die Seelen jener
Meilen der Morgenlande, die famen und eins, von dem eilenden
Sterne geführt, Anbetungen bradten. Klopfiod, Meſſias 5, 77.
Er if der ſtets Anbetungswürdige. Daf. 14, 1049. — Mit
dieſem nachfolgenden (Ge⸗) Beht. Aventinus, Chronik 1580. BI. 204.
Wenn er einfame Nächte unter des Vaters Anſchaun ernft in Gebe:
ten durchwachte. Klopſtock, Meſſtas 1, 45. Sprid in Andacht ein
Gebet für mid. Schiller, Fridolin. Mit langen Feuergebeten
vor der feften Zodespfordte zu fnieen. 3. Paul. Dann ſeis mein
Frühgebet. Shakipenre, Maß fin Maß 2, & Du fprichft dein
Schlußgebet. Daf. 1,2 Sie flehten: endlich ihr Jammerge-
bet mit Zodesgebet zu vereinen. Sonnenberg. Und alle Umar⸗
mung war das dankende Jubelgebet der wereineten Erden. Sonnen
591
berg. Der Bootsmann läntet zum Nachtgebet. Sulis, Monodie. Jetzo
hörte der eroige Bater... dein Söhnungsgebet. Klopft., Meſſ. 1, 348.
Ahr Juden — ſonſt geheine Stoß- und Schußgebete. J. Paul,
Siebenfäs 4. Daß die andern ihr Tiſchgebet verrichteten. Goͤthe,
Reben 6. B. Das Todtengebet war jeßo vollbracht. Sonnenberg.
Rang erhub fein Wonnegebet ſich. Klopftod, Meſſias 11, 908,
Betbruder, —gemach, — halle, —haus, —fammer, —faal,
—ftätte, —ftube, —fuhl, —tag, —woche, —zeit, — zimmer u. a.
— Beide hatten fih in dieſen Abendfinnden zu einer Betefahrt
frenndnachbarlich verbunden. Wieland, Oberon 2, 3%. (Wo) Die
Abendbetgloden fich hören laſſen. Göthe, Meifters Wanderjuhre
- 3,13. Bei meinen Betlorallen. Shaffipeare, K. Heinrich IV. 2.
Thl. 1, 1. Do follen fie auch Bußprediger, ja Betſchweſtern
und Alles zugleidy fein. Platen, die verhängnigvolle Gabel 5. (Der)
ließ Betftunde halten. Schiller, Wallenfteins Lager 6.
Betteln (ahd. pẽtalon, mhd. betelen, altı. betla) f. ©. 74.
Davon: ab—, an—, durch —, er—, um—, zufammenbetteln. —
(Der) lieber hungert, lieber bettelt. -Güthe, Kauft 1, 152. (Sie)
bettelt dort um Gnade. Bürger, Weiber von Weinsberg. Wohl-
thätigkeit, Die bis jegt bei jeiner haushaͤlteriſchen Dürftigfeit betteln
ing. Schiller, Fiesko 5, 16.— Die jener‘ meiner Menjchenlicbe ab=
ettelte. Lichtenberg, über Phyſiognomik. Philine warf jedem
Armen, der fie anbettefte, etwas zum Schlage hinaus. Göthe,
Meiſters Lehrjahre 2, 4. (Wie er) fich durch die halbe Welt als
Pilger durchgebettelt. Wieland, Oberon 12, 30, Kommſt du als
Flüchtling, ihre Hülff erdettelnd? Schiller, Wallenſteins Tod 1,
6. Vielmehr umbettelnd im Volke, 'wird er fich Autter er-
fiehn für des Bauchs mmerfättlichen Abgrund. Voß, Odyſſee 17,
27. Man) bettelte ſich manches Stüdchen Taft zufammen.
Böthe, Meifters Lehrjahre 1, b.
Bettler (abd. plb)ötaläri, ınhd. bätelsere, altn. bätlari),
bettlerifch: Bettel, Bettelei, Bettelung. — "(Die Pfennige)
dem erften dem beften Bettler in den Hut warf, Schiller, Räuber
1,1. Ich bin eine Bettlerin! Schiller, Kabale und Liebe 3, 6.
Den Bettel. Fiſchart, Gargantua S. 86. Es ift wieder der alte
Bettel. Schiller, Wallenfteind Lager 11. Ch’ will ich mit meiner
Geig’ auf den Bettel en Schiller, Kabale und Liebe 1,
1. Alda mußten bettlen die edlen Mann und Frawen, die voran teich
und mechtig waren gewefen, die mußten jebt den Vettel freßen.
Apentinus, Chronik 275. Bettlerifch. Fiſchart, Gargantua ©. 42
Beratung and Bettelei würden fein gewifles Roos fein. Xeifing,
hamburg. Dramaturgie 18.
Bettelbrief, — brot, — bruder, —bube, —dirne, —frau, —geld,
—handwerk, — hochzeit, — Junge, —Inabe, —leben, — leute, — mad⸗
592
hen, —münze, —orden, —pad, — pracht, —pring, — ſchelle, —ichenfe,
—ſchmans, —ſchub, —ftaat, —tanz, — trotz, — vol, —wefen, —wirth
u. a.; Bettlerherberge, —bhütte, — krücke, — mantel, —kraut,
—fpradhe, — ſchub u. a. — Wie arm bift du, wie bettelarm ge
worden! Schiller, Don Karlos 2, 15. Sie find ungemein arm und
vermagert, gar zu bettelhaft. Shafipeare, 8. Heinrich IV. 1. Thl.
4, 2. Ic habe keineswegs lingeziefer und Bettelherbergen dert
getroffen. Göthe, Campagne in Franfreih zum 24. Sept. Das
Schickſal konnte dir fo gut die Betteljade anziehen, als dein Kollet.
Benzel-Sternau. So machte uns ein alter blinder Betteljude aus
dem Sienburgifchen zu lachen Göthe, Leben 16. B. Daß fich feiner
fürder trage mit fo loſem Bettelfram. A. Tiherning. (Der Ta
bafsbeutel) ift aus den Bettelmännern (dem Abfälligen Der Baum-
wolle) zufammengedreht. %. Paul, Hefperus 26. Pilger und Bet-
telmönde.. . die Betteltafhe. Schiller, Abfal d. N. 3.2.
(Eine) Schaar mit Bettelfäden. Göthe, Egmont 2. Bettel:
ſchamiſch. Fiſchart, Gargantua E. 376. (Mein Bormund) bringt
mih an den Bettelftab. Göthe, Rechenſchaft. Du trittft mir zwar
mit dem Bettelftolze eines guten Gewiflens unter die Augen.
Thümmel. Verſchnitt fie nicht einmal ihren einzigen Kirmeskuchen an
zwei Bettelftudenten. % Paul Bir kochen breite Bettelfup-
pen. Göthe, Fauſt 1, 12% Um im Dorfe fo zu Haufe zu ſein,
wie der Bettelvogt. 3. Paul, Hefperus 8. Fragt nur Euer altes
Bettelweib. Shakſpeare, Map für Maß 3, 2. — Der nur geb
ren fchien für Bettlerangft. Shalipeare, Eymbeline 5, 5. (Den)
feine Bettlerjade auf der Erde nachichleift. Göthe, Briefw. mit
Schiller 3, 197. Ehrfurcht beftehlt die Tugend aud im Bettler:
leid! Schiller, Kabale und Liebe 3, 6. Als König Kophetun das
Bettlermädchen liebte. Shakipeare, Romeo und Inlie 2, 1. Nicht
gern geb’ ich aus freier Neigung diefe Kunde von feinem Bettler:
tauſch. Shalipeare, Eymbeline 1, 7. Den ganzen Hausrath der
Bettlerzunft. Schiller, Abfall d. N. 3. 2.
Bett (goth. badi, ahd. petii, mhd. beite, altn. bedr, alti.
ag. engl. bed) eigentlid ein jeder Pla, der zum Lager, zur Ruhe
dient; auch eine fortlaufende Vertiefung für das Waſſer. Uneigentlid
werden die erhöheten Plaͤtze in Gärten ꝛc. Bette man wofur man
nun gewöhnlid Beet fagt (ahd und mhd. petti, bette für beide Be
Deutungen; dann für Beet ahd. pettili, mhd. hetele, in der geäifll.
Schaubühne von 1683 Bethling, bei Stieler Bett und Bebt,
mittellat. batum). Davon betten (ahd. petön, mhd. beiten) =
ein Lager bereiten (eig. u. fig.). — Daß er angefleidet fi aufs
Bette legt. Göthe, Braut von Gorinth. Und am Ufer des Buſento
reißten fie fich um die Wette, um die Stroömung abzuleiten, gruben
fie ein frifches Bette. PBlaten, das Grab in Buſento. Die Blumen
593 :
von den Beeten ſchauen uns mit ihren Kinderaugen freundlich an.
Göthe, Taſſo 1, 1. Und er, ſtets wolluſtathmend, fliegt den Blu⸗
menbeeten zu. Pfeffel, der verwandelte Amor. Gewächsbäuſer und
Treibebeete. Göthe, Wahl. 1,1. — Muß heut noch hundert Meilen weit
mit dir ins Brautbett eilen... Ich bringe Dich, zur Mette, noch heut
ms Hocdzeitbette. Bürger, Lenore. Die Ehe fol ehrlid) gehalten
werden vnd das Ehebette vubefledt. Luther, Bibelüberf. Hebr. 13,
4. Werd’ ich beruhigt je mich auf ein Faul bett legen. Göthe, Fauft
1,86... Ich will ins Kederbett, Das Feldbett iſt zum Schlufen
mit zu falt. Shakeſpeare, Romeo und Julie 2, 1. (Er lag) im
Gitterbette mit zugeichloßnen Augen ausgeftredt. 3. Paul, Siebenfüs
9. Der Thiere Großjultan lag auf dem Krankenbette. Pfeffel, der kranke
Köwe. Nuch Krüge voll Honiges ftellt’ er und Deles gegen dus Leichen⸗
bett. Bob. Hätte mich nicht Krankheit, mein erftes Mutterbett hin»
veißen fönnen? Herder. Dortim Rajenbette. Matthiffon, der Wald.
Du Schwärmer auf den Ruhebetten von Moos und Flaum. Bür⸗
er. Der. eiferjicchtige Pankraz Ing ächzend auf dem. Sterbebette.
feffel, die Treue. Die Königin liegt auf dem Zodesbett.
Shafjpeare, Eymbeline.4, 3. An dieſer glühenden Bruft joll mein
Herz wieder erwarmen, das am. Todtenbette des Buterlandes ein- -
friert. Schiller, Fiesko 1, 10. Sie ſetzten das Tragbett an der
Gruft nieder. BenzelsSternau. in Unterbett, das. ihnen beim
Aufitreich überboten wird. Schiller, Räuber 1; 2. Frau Löwin fam
im Gedernwald mit einem -Kuäblein wohlgeftaft ins erſte Wocden-
bette. Pfeffel, das Gingebinde. — Stehe auff vnd bette Dir
felber. Luther, Bibelüberjegung Apoftelgeidiihte 9, 34. Aber ſchwe⸗
ſterlich eng in dein einzigen Zimmer gebettet. Baggeſen. Und auch
der hat fih wohl gebattet,. der aus der: ſtürmiſchen Lebenswelle,
jet gewarnt fi) herausgerettet in des Kloſters friedliche Zelle. Schil⸗
er,. Braut v. M. Sanft au bettet (gibt ein Bett ab) das Gras.
Bo. - — | |
Bettbank, —barchent, —bebänge, —bezug, —boden, —brett, .
—dede, —flaſche, —frau, — geräth, —geſell, —geſtell, —gurt,
— himmel, —fammer, — kaſten, — knopf, —korb, — lade, —lägerig,
—laken, — meiſter, —pfanne, —pfoſte, — quaſt, — ſack, —fäule,
—ſchere, —ſchirm, —fpinne, —ſtange, —ſtelle, —flollen, —überzug,
—umhang, — wagen, —wanze, —wärmer, — waͤſche, —zeug, —zuͤge,
—3willich u. a — Die Frage Eiferjuht am Bettfuß angebannt.
Gothe, Künſtlers Morgenlied. Doch ſagen Sie, weswegen denn ihr
Bettgenoß den ſchlauen Dieb am Stehlen nicht verhinderte. Pla⸗
ten, die verhänguißvolle Gabel 1. Er (der Tod) möchte mich unter
Die Bettſtatt. Platen, verhängnißvolle Gabel: 5. Leute, welche
Bettſtroh verbrannten. Göthe, Unterhaltwigen deutſcher Ausgemwan-
derten. Ihr meint, nur Eure Betttücher wüßten um Eure Wünfche?
W —
594
— Nñ N —
Shakſpeare, Antonius und Cleopatran1, 2. Als wenn es mir zwiſchen
die Bettvorhänge hineinblieſe. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1801.
Sitzen.
(Wurzel sat, sit; janffr. sad.)
Eige, ſaß, geſeſſen, figen (ahd. sizu, saz, säzumes, söza-
ner, sizan; mhd. sitze, saz, sazzen, gesezzen, sitzen und
sizen; goth. agſ. sitan, altn. sitia; vgl. lat. ee sidere, gr.
Lew, Ksodu; Beouog dor. reduog, idnm) 1) allgemein auf den Hin
tern ich miedergelafien haben und auf folhe Art den Körper ruhen
laſſen; 2) (in weiterer und uneigentlicher Bedeutung) in verjchiedenen
- Fällen: zu einem beftimmten Zwede figen, einen dauernden Aufenthalt
an einem Orte haben, auch von leblojen Dingen gefagt; 3) (veraltet
und noch landſchaftlich) ſich jeßen. — Nach Mittage n aßen wir jun
ges Boll im Kühlen. Göthe, Stirbt der Zucht. Uud edle Frauen
zu Gerichte faßen. Schiller, Jungfrau v. O. 1,2 Der Schelm
figt überall im Vortheil. Götbe, Egmont 4. Und wie euch die
Hoſen figen! Schiller, MWullenfteind Lager 6. Im Ganzen da jipt
die Macht! Daſ. 11. Eine Braut läßt er jigen in Thränen umd
Schmerz. Dal. 7. Grete bleibt jigen (bekommt feinen Mann).
Leffing, hamburg. "Dramaturgie 28. Daß ih noh aufs Pflafer
ſitze. Uhland, die Nachtfchwärmer. Sie faßen in's Blumenland.
Uhland, der Traum.
Beſitzen (ahd. p(h)isiz(z22)un, mhd. besitzen, agſ. besittan)
1) (veraltet) oft und lange auf einem Orte ſitzen, auf demſelben fo
* fange figen, als erforderlich ift; 2) (umeig.) eine Sache unter fich haben,
etwas dergeftalt haben, daß man darüber verfügt und Andere. Davon
ausſchließen kann (von vernünftigen Weſen gejagt); 3) (in weiterer Bes
deutung) mit etwas verjehen, begabt fein; 4) genau fennen und ver
ftehen, gleichfam wie mit einem Beſitzthum damit fchalten fönnen; 5) (ver-
altet) unergiebig, unfruchtbar fein, figen bleiben, nicht treiben. — -
Wenn das Weibchen ausgeflogen it, jo beſitzt das Männchen die
Eier. Ungenannter bei Campe. Redlich will ich lieber ſchwitzen, als
die Heuchlerbanf bejigen. Logan, Sinnged. 7, 74. Wenn jbr fein
rob befigen bleibt. Ringwald, die lautere Wahrheit. Alles Das
b efaß ein Andrer ſchon, wird nach mir mancher Andre noch befigen.
Schiller, Don Karlos 1, 6. Beſäß' er Habſucht oder Ehrbegierde.
Daf. 3, 5. Unſere deutichen Gelehrten huben lieber in einer abge—
- florbenen Sprache, die fie mehrentheild noch fehr fhlecht befelfen,
fhreiben, als ihren meilten Landsleuten veritändlich werden wollen,
— Do beſaz diu erd. Schmeller 3, 300 aus dem 12 Jahr⸗
undert.
595
Saben f.S.231. Inne haben (ahd. inni haben, f. innen ©. 278)
ausfchlieglic in feiner Gewalt haben. — Zufrieden flellen will er alle Theile,
umd zum Grfag für feine Mühe Böhmen, dag er fchon inne bat, für Hd
behalten. Schiller, Piccolomini 5, 1. Der ehemalige reihe Inhaber dieſer
Wohnung. Göthe, Leben 14. B. 2
Ab—, an—, auf—, aus —, bei— daheim — durch —, ein—, ent⸗
egen —, er —, fort —, mit —, herum —, nach —, nieder— ‚um— ‚um=
er —, unter —, ver— , vor —, voran —, zurück —, zuſammenſitzen und
die veralteten entfigen, überſitzen (über einem |.) und widerſitzen bedür-
ten feiner weitern Erklärung. — Barum jollen denn auch auf der Erde, wie
im Himmel, gerade die größten Wundelfterne am weiteiten von ihrer Sonne
abfigen? 3. Paul, Zitan 40. Die. Bappenheimer find abgeſeſſen
md rücken an zu Fuß. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 19. Bei Ber:
ſetzung in höhere Klaffen richtet man fich bloß nad) den Fähigkeiten,
und gar nicht nach einer gewiſſen in den miedern Klaffen abgejefie-
nen Zeit. Albrecht. (Die Schwefelkiefe waren) durchaus aber darin
leih, Daß fie nirgends angefeifen hatten. Göthe, Campagne im
freich 26. Sept. Der einer jo frucdjttragenden Nachbarſchaft an=
jigen konnte, "ohne den geringften fchönften Gebrauch von derjelben.
% Paul. Auf den. Grasbänfen ſitzt man fih deu Schnupfen an.
% Paul. Ich bin in voriger Nacht bis gegen Morgen aufgefeifen,
um Die Sobelperiode bis zum lepten Worte zu entziffern. J. Paul,
tan 41. Kuraffiere, Jäger, reitende Schüßen, follen achttauſend
Mann auffigen Schiller, Wallenfteind Lager 11. Endlich ift der
Rind une (hat fich gelegt). Schmeller 3, 299. Der dro-
ben in der Luft die Eier jeiner Phantafle auf dem Rüden diefer Bö-
gel (der Paradiesvögel) auszufigen (anszubrüten) gedenkt. 3. Paul,
Siebenkäs 9, Wenn ich e8 wünfchen könnte, wär’ e8 etwa nur, um
beizufißen einem Kriminalprozeg. Platen, die verhängnißvolle Gabel
4. Wohl dem, der fein Feld beitellt in Ruh, und ungekränkt da=
beimjigt bei den Seinen. Schiller, Zell 4, 3. Er ſaß faft ganze
Rächte und Seſſel durch. J. Paul, Siebenfäs 9. Unz (bis) ſy
muß und gewer Des obgemellten kauffs durchſeßen haben (jo lange
in wirklichem unangefochtenem Beſitz geweſen ſind, daß das Gut ihnen
von Rechtswegen nicht mehr entzogen werden kann). Mon. boica 10,
573 vom J. 1490. Sitzet nur ein (in den Wagen), Göthe, Her-
"mann und Dorothea 6, 303. Es iſt ſchon recht jo, daß er bier ein-
ſitzt (gefangen fit). Benzel-Sternau. Daß ih nicht-einjig (ne
res mihi sit fraudi). Vocab. v. 1618. Selbit dann faß fie ent-
egen dem göttergleichen Odyſſeus. Voß, Odyſſee. Entjigen, wir
Ku weit von einander entfeßen (entfernt), weıt entſeßene Öerter.
Stieler 2096. Des ſich des Könige Freundt entjajfen (entſetzten).
9. Sachs. Bon dem (Blut) die ftarre Thrän” im eignen Kwell er=
figt (figen bleibt). Lohenftein, Cleopatra 5, 309. Laß deine Hälf,
38%
.. 596
—
o meine Kraft und Schloß, doch nicht erfigen. DOpitz. Die Schub
blieb auf dem Schwan’ erjigen. Wieland. Sid Schwäche erfigen,
erichreiben. 3. Paul. Weldye für fih ſo fortfigt in dem. Palafl.
Voß, Odyſſee 13, 336. Keinen der Andern ließen fle dort mit-
figen. Daf. 16, 361. Alle find herbeigerufen, von Dionens Anger
fiht, mitzufigen, um die Stufen ihred Thrones, zu Gericht. Bin-
er, Nachtfeier der Benns 2. Sitze (du) beim Claviere nieder.
Göthe, an Lina. Einft ſaß am murmelnden Strome die Sorge nie-
der und fann. Herder, das Kind der Sorge. Wo man eine ent«
fhieden bleibende Rangordnung für die Umfigenden gewahrte.
Göthe, Campagne in Franfreih 4. Oct. Dem fie betäuben wich
ganz, die ringsumher mid umfigen. Voß, Odyſſee 18, 230. Jene
Stadt umſaßen (belagerten) mit Krieg zwei Heere der Völker.
Voß. Wollt ihr aber bei einem guten alten Köhler, an warmer Stätte
die Nacht verfigen oder verliegen, jo feid ihr willfommen. Götbe,
Meifters Wanderjahre 1, 4. Was hast du da in Höhlen, Felfenrigen
dich) wie ein Schuhu zu verjißen (dir durch Sigen Unbehaglichkeit zu
bereiten)? Goͤthe, Fauſt 1, 172. Und denkt vielleicht, Daß ein ver⸗
- drieglih Weib’ in Monatsfrift viel Eigenfinn verſitze. Hagedom.
War alles jchon verjejjen (zum Sigen in Beichlag geriommen) beym
Wirth. Boreiunculabüchlein. O we, wie, fin wir verfezzen (mo mir
uicht figen follten) zwiichen froiden (Freuden) nider an die iamerlichen
ftatt. Walther v. d. Bogelweide. Und fein. Gelübde verjaß wer:
fäumte). Iwein 5, 86. daz ers verdulte und verjaß (ruhig ertrug).
Iwein 5, 2%. Sind die Stimmen gleich, fo enticheidet der Bor-
figende. Göthe, Meifterd Wanderjahre 3, 11. Ohnehin konnte er
‚den Maufbronner Schaufpielern als flügelmännifcher Vorſonfleur vor
figen. 3% Paul. - Bir vernehmen, wie du ‘und in unſerm M
widerſeſſen ſeyeſt (dich widerſetzt habeſt). Krenner, Landtagsh. 1,
142 zum 3. 1442. Wer weiß, ob wir bald wieder fo rubig und zu
frieden zuſammenſitzen. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 6.
Yum. Gtieler hat noch fortfigen (Pla machen) und zerfigen.-
Beſeſſen (Partic. Präter. von beiigen) 1) in Befiß oder Ge-
walt eined Audern, im Befondern in der Gewalt des Teufels; 2)
(veraltet) für anfällig, — Deine Seele ift bis in ihre innerften
Tiefen von ———— Mächten beſeſſen. Göthe, Götz v. B. 8.
(Er) klaget einen beſeſſenen Mann. Klopſtock, Meſſias 2, 87.
Ein Tagelöner, der nirgend beſeſſen (anſäßig) iſt. Luther, Bibel-
überf. Sir. 37, 14.
Verſeſſen und das minderftarfe erjeffen (von er— und ver-
figen) drüden ein feites Beharren (dauerndes Sigen) auf Dem Ger
genftande Des Verlangens aus, um ihn entweder zu behalten, oder zu
erfiteben. — Darauf waren die Leute fo verſeſſen. Göthe, zabıme
597
Kenien V. Iſt der Bater auf Geld erſeſſen. Göthe, der Geiz.
Bekanntlich find Ratten jo arg erfeiien auf Rojenhoßdl. 3. Paul, °
Heiperus 1. |
Erpicht (im gewöhnlichen Leben auch verpicht, abgeleitet von Pech,
ahd. p&h, agf. pic, mhbb. pöch, -altn. bic, lat. pix, gr. alssa) brüdt ein
leivenfpaftliches @efeffeltfein an einen begehrten Begenfland aus, um in feinen
Befig zu kommen. — Ich foll vielleicht nicht wahrgenommen haben, wie ers
picht und gierig ihre auf euern Raub euch. Härztet! Schiller, Don Karloe 3,
4. Ich war auf nichts fo fehr, ale auf die Jagt verpicht. Welchmann,
Poeſte der Niederſachſen 1, 239.
Anm. 1. Die Bolksſprache hat hier und da im Sinn von erfeflen == höchſt
beforgt für die Pflege und Wartung einer Sache das Wort verheit, wahrfchein«
ih von heien (mhd. heien, heigen) bewahren, forgfältig fchonend behandeln,
wol eine mit hegen. —
Anm 3%. Das alte Subſtantiv Beſeß (ahd. pisöz, mho. besez == Belas
g, auh Bells) hat fih im Sinn von Belagerung und von Mißwachs bie
17. Jahrh. erhalten. — In Beſeß haben. Hug, Rhetorica Tüb. 1528. BI.
122. 6; wär denne, daz ſchawer vnd pifes wär. Mon: boica 2, 223 vom 9.
138. Weder ſchawr noch pifet noch dhainerlang gewalt. Daf. 19, 108 vom
I. 1420. Wo durch Befäß oder in ander weg der Traid Schaden genommen.
Dig. v. 1543. Welches Jahrs ein Bawman gepreften leydt von Beyjäß oder
andern folchen Sachen und gepreften, Tyrol. 8. O. von 1603.
Sig (ahd. siz, mhd. sitz) 1) Zuftand des Sigens; 2) allge-
mein Ort oder Geftell des Sitzens, im weitern Sinne des Aufenthal-
tes, des Wohnens; 3) der. Theil des Körpers, auf oder mit welchem
man ſich ſetzt, doch fteht in dieſer Bedeutung lieber das Geſäß (ahd.
gasäzi, mhd. gesæze), bei Logau der Sitzer (mhd. daz sitzel, der
Hintere, ahd. sezzom, sezzun, Hinterbaden). — Der König hatte
fih zu Sitze begeben (hatte fich geſetzt). Michaeler. Hinter Wismar
iſt meiner Eltern Sig. Schiller, Wallenfteins Luger 11. Wo ift die
Himmelödede über ihrem Sie? Schiller, Maria Stuart 1,1. —
Und bat jeder ein funderbar Gefäß (einen bejondern Pix) vor der
Statt (die fie belagerten). Tihudi I, 143. Welcher (Pfeil) rechts
am Geſäß ihn verwundete. Voß, Ilias 13, 651. er war tredfeg-
matiih von Lederem geſäß. Fiſchart, Gargantua ©. 217. — Was ift
ein göldner Kopf ohn einen bleyern Sitzer? Logau, Sinnged. 1728.
Trotzt mancher noch jo hoch, jo trifft er endlich doch fuͤr ſeine Füße Schuch,
für feinen Siger Bruch (Holen |. S. 68). Daf. 1573. — Die
Schiürfseifen haben ihren Anſitz (Wohnfig) umb den Amperjee.
Hund, bayer. Staͤmmenbuch 1, 331. In der weltberühmten kayſerl.
Anjisftadt Wien. Neiner, Tandelmarft v. 1734. (DaB fie) durch
nich zum Aufjig ftehen gelernt. Klopſtock, Unterricht. In denen
(Rathsverſammlungen) Viglius und Berlaimont den Vorfig' führten.’
Schiller, Abfall-d. N. 2. B. Daß ich deinen Beftk . . . durch feis
nen Kehl nicht entweihte. Klopſtock, Meſſias 4, 833. Sei im Be-
fige imd du wohnft im Recht. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 5.
598
Verſchmähe nicht, o herrliche Frau, des höchften Gutes Ehrenbe:
ſitz! Göthe, Fauft 2, 180. Heut Abend wieg ih mih im Grund⸗
befig. Daf. 2, 70. Fluchend jedem Theilbefig. Daf. 2, 205. —
Zu Rheims, dem Biſchofs ſitz des Kardinals. Schiller, Maria Stuart
2, 3. (Ich ſehe) den Bretterjig. am Weiber. Matthiffon, die Kin-
derjahre. Rechts, in der Ede des Saals, dem Ehrenſitz für die
Moslems. Pyrker, Zunifias 5. Kräufelnd bläht fich das Moos, pol-
ftert den Felſenſitz. Salis, ländliches Glück. Auf dem wolfigen
Gutfig. Sonnenberg. Droben im Götterfig. Schiller, Semele 2.
Und auf feinem Königsſitze jchweift er (der Menich) elemd, hei:
mathlos? Schiller, das eleufliche Feſt. Bald verlaff? ich ſelbſt, den
‚rub’gen Landfig. Platen, Abbaſſiden 3. Auch jchreibt das Ganze
noch fich ber von unferm Dresdner Muſenſitz. Platen, rom. Dedi-
pus 3. Vom mahgelegnen Ritterfiße. Pfeffel, Die Zurteltaube.
Die Deputirten jagen vor ihnen in anftäudiger Verehrung auf dem
Rückſitz. Göthe, Leben 5. B. Unter den Bäumen (ſollte) ein ar-
chitektoniſcher Ruhefig aufgeführt werden. Göthe, Wuhlverwandt:
haften 1, 1% Den Schattenfig vor Sonnengluth zu deden.
Wieland, Oberon 7, 26. Schwingt eudy mit feſtem Angeficht zum
Strablenfig der höchſten Schöne! Schiller, die Künftler: Bis
aller Sorgfalt Lichtgezogne Spur aus diefer Wüſte Trauerfig ver
ſchwindet. Göthe, Eugenie 3, 4. (Sie fuhr) nah ihrem Witwen:
fig. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 4. Ein böſes Weſen hat feinen
Wohnjig unter dieſem Baum. Schiller, Jungfrau v. O. Prolog &
Stuhl (avth. stöls, ahd. mhd. stuol, altf., agf. stöl, altn. stöll) if
das erhabene Sitzgeſtell sur Eine Perſon; erhabenes Sitzgeſtell für einen re
gferenden Herrn, was fich beſonders für die geiftlichen Oberen (Biſchof, Pabt)
erhalten bat. Seſſel (guth. sitls, ahb. sezzal und södal, mh. söggel md
und sidel, agf. sötel, lat. sedile (urfprünglich Siggerülte, ſpaͤter gewöhnlich Stuhl
zur Bequemlichkeit, Rubeftuhl; im gemeinen Leben Stuhl mit Rücken⸗, auc wel
Handlehne, und and gevolitert ale vornehmeres Hausgeräth. Schämel (auch
Schemel, ahb. scamal, scamilo, mhb. echamel und schemele, agi. sea
(e)mol, scamefu)l, alti. scamel, entlehnt aus lat. scamillus(m) = Yu
bänfchen, von scamnym — Bank) if zunächit und gewöhnlich Fußſtühlchen;
dann prunflofes hölzernes Sipgeftell ohne Rücken⸗ oder Seitenlehne?). Bauf
(ahd. der pank, panch, mhb. der und diu banc, anf. benc, bänce, alia.
beckr) ein langes Geftell mit einem obenauf liegenden Bret, um etwas da
rauf zu legen; das lange Siggeftell; Inbegriff der Perſonen, denen der Siß
- auf einer beſtimmten Bank zufommt: Herrenbanf. — Der Steiß (Ratt Stenf,
ahd., mhd. stiug, Holländ. stuyte, stiete, nah Weigand vielleiht von
stuiten — aufhüpfen, alfo zunäcit die aufhüpfende, Schwanzbewegung man
cher There) ift der im Gemeinen fchriftühlichhe Ausdruck für den Theil des
1) Das landſchaftliche Schawell und Schawellchen ift aus dem lat. sca-
bellum.
599
tgierifhen und menſchlichen Körpers, wo fid der After befindet. Nufländiger
it der Hintere und Hinteren (fon ah. hintiri, von Hinter, goth. hin-
dar, abb. hintar, mh, hinder, agf. engl. hinder, dän. hindre, Gompara⸗
tivform von Hin). Niebriger und gemeinfter Musprud ift Wrfch (ahb., mh.
ars, agf. dars, altn. ars; verwandt mit gr. opoog — Eteißheinende, eupa ==
Schwanz der Thiere). Sterz (ahd. mhd. sterz, agſ. stẽort, altn. störtr,
holländ. staart, ſchwed. stiert) zunächſt Schwanz der Thiere; uhr. im Ges
meinen auch auf den Hintern des Menfchen- übertragen. Bürzel (f. ©. 48)
if eigentlich das flarrende Steißbeinenbe; dann der furze Schwung mancher
Thiere und ber Steig der Bönel ohne den Schwanz; in niedriger Sprache
auch auf den Hintern des Menfchen übertragen, duch mehr von der Obergegend
desſelben am Rüden. — Nun dappelt’s und rappelt's und Flappert’s im Saal
von Bänken und Stühlen und Tiſchen. Goöthe, Hochzeitlied. Auf ber
fteinernen Banf, wu fein gewöhnlicher Sig war. Böthe, Hermann und Dos
rothen 4, 3. Die Seffel find, die Stühle ſchon zur Hand. Göthbe, Fanſt
2, 82. Liane lehnte in einem Schloßfefiel. 3. Paul. Naxciß und Lan
drinette ließen fih in Tragfeflelm .. . tragen. Göthe, Meiſters Lehrjahre
2,5. Der Schemel wird gerüdt. Schiller, Maria Stuart 5, 10, Bis
wir ihnen die Streu unterm Steiß augezündet haben. Schiller, Räuber 2,8,
(Mo) mein blaner Hinterer den Konterpaß (wird) vorftellen. Schiller, Ka⸗
bale und Liebe 2, 4. Und wenn er feinen Hintern bat, wie mag ber Edle
fipen? @öthe, Zotalität. Hola, das Maul zum Arß Fifchart, Gargantua
181. Welſche Hähne, weldye alle eine rothe Fahne unter dem Bürzel fleden
haben. Göthe, ital. Reife Neapel 29. Mai,
Anm. Logan (Sinnged. 1135. 1581) braucht noch andere Syn.; Der Ofen
wärmt die Stube, thut ſolches unberent, ob gleich ein alte Mutter die Hinters
ſtirn ibm beut .. . Calvus fah zum Fenſter aus, Lippus Hielt die Nafe für,
denn er mepnte Calvus Kopf fen des Magens Hinterthür. .
Siger (eine Perſon welche fißt; ein Ding welches figt, im |
Schiffbau; für Gejäß) iſt einfach und in verjchiedenen Zuſammen⸗
jegungen gebräuchlich, fo auch Sitzung. Das Adjectiv figig findet
ih nur in Zujammenfeßungen mit Zahlwörtern. — Die Yuhre, da
des Gaſtmahls Länge den fleifen. Sitzern Luft gebar. Hagedorn.
Zum unbefümmerten Rubefiger zu werden. Benzel-Sternau, Die
beiten Köpfe- werden entfeplic) belefene, bleiche, fchrwindjüchtige Stuben -
figer. Lichtenberg, Alerhand. Die Präfidenten und: Beifiger,
Goͤthe, Leben 7. B. Herzog von Alba, Vorſitzer des Gerichts ber.
Zwölfe. Göthe, Egniout 5. Daß deine Vorfahren Beliger von
Geldern waren. Daſ. 1. Die ſchöne Befigerin des Kleides hatte
mächtig auf ihn gewirkt. Göthe, Meifters Lehrjahre 4, 7. Der Bar .
ter erhebe jeinen Sohn zum Mitbefiger. Göthe, Wahlverw. 2, 8,
Gewiß ift fie Die Gattin eines wohlhabenden Gutsbejigersd. Göthe,
Meifters Wanderjahre 1, 11. Endlich ſagte der Hausbeſ iger.
Daf. 8, 3. — Diekmal ward um Mitternacht eine außerordentliche
J
600
Sitzun auf den andern Morgen durch den Gerichtsboten angeſagt.
Göthe, Leben 1. B. Die Abendſitzungen waren meiſtens regel⸗
mäßig. Göthe, Wahlverw. 2,:17. Der. Herr dieſer Beſitzung.
— Meiſters Wanderjahre 1, 4. Eine zweiſitzige Reiſechaiſe.
aſ. 19.
Anm. Stieler Hat noch: Er—, Mit—, Nach —, Laden —, Kram —, Still —
Gemeitenſfitzer (träger Menſch).
Sitzanker (in der Schifffahrt), —arbeit, —bank, —bein, — bett,
—gebund, — geld, —faften, — kiſſen, —ort, —pfahl (im Bergbau),
—polfter, —ftätte, —ſtock (im Bergbau), —tag, —weile n. a.; Be-
fißergreifer, —lehen, —ranbung u. a., wie nachfolgende Beilpiele
zeigen. — Denn wahrlih Sitzfleiſch tt nicht immer das befte Ra—
gout für den Geiſt. Benzel-Sternau. Durch meine fehwer erworbene
Sitzgelehrſamkeit. Platen, die verhängnißgvolle Gabel 1. An den
Wänden bereitet die Sißlager umher. Meyer. Der körperliche
Nacıtheil des Sitzlebens mög’ erft nachher mehr vortreten. J
Paul. Diefe Seßſucht' oder Sitzſamkeit greift auch in Die klei—
nern Zweige der Kinder- und Haushaltungszudht. J. Paul Judem
das Kind mit der Sihftange vor ihm voruberfank. 3. Baul, Titan
. 14. Zwölf Sigftufen unter. den Säulen faßten das tiefe Rund
eines Plaßes. Meyer. — Durch bandgreiflihe und für uns befiß-
bare Gaben. Göthe, Leben 1. B. Ih (ſei) Befißergreifer.
Shafefpeare, Eymbeline 5, 5. Der junge Befiggenoffe trat fo
eben herein. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 12. Was überall be⸗
ſitzlos harrend Tiegt. Göthe, Fauſt 2, 20. Das bunte zierliche An⸗
ſehn dieſes herrenloſen aufgegebenen Gutes lockte die Beſitzluſt der
Vorbeiwandernden. Göthe, Campagne in Frankreich 12. Oct. Wegen
einer ſolchen Befignahme.' Göthe, Leben 1. B. Bon Dem: eriten
Tage der Befignehmung unferer Stadt. Daf. 3. B. Er Eonnte
alfo feinen Titel feines Beſitzſtan des aufweiien. 3. Baul, Hefpernd
21. Um fo viel Menſchen und Befisthümer zu fchonen? Göthe,
Götz v. 2.5. Wir wollen halten und dauern, fett uns halten und
—— ſchönen Güter Beſitzthum. Göthe, Hermann und Dorothea
—. Anm. Sipling (der gerne, beſonders im Wirthéhauſe ſttzen bleibt), Gips
haus (Abtritt), Sigmweil (Abendzeit, wo man fi von ben Arbeiten im Feld,
Stall ıc. zu Arbeiten oder Unterhaltungen beim St enlicht. zurüdzieht) find vers
“altet, und nur noch zum Theil der Volkeſprache angehörig: — Für das lat. sessilis
: hat Stieler: ſttzerlich, fipicht, ſitzhaft, figbar. - En re:
-; Anfafgh.—= einem Lande oder Orte dürch Befitz von Grund:
Vſeigenthum angehörig. In demfelben Sinne ftehen auch feßhaft Candy
‘in weiterer Bedeutung überhaupt figend), das feltnere angeſeſſen
und das mehr Iandichaftliche. erbgefefien. — Eingefejfen = m
einent Lande oder Drte das Necht des Wohnfiges habend; ſo auch
Inſaſſe. — Saffe, der, auch Saß (1. S.492) ift eigentlich der Be-
801
ibende in einem: Lande oder Orte als folder; im Befondern ber
ne eigentliches Bürgerrecht in einem Lande oder Orte rechtlichen
Bohnfig hat. — Die Saß (Jägerſprache) Lager. des Hafen; aud
überhaupt enger Raum. Davon fih ſaßen — ſich lagern, nieder-
thun; im Scherz aud) vom Menichen gejagt. — (Er) überläßt es (das
Garn) dann wieder mit einem Profit im Größern an die unterhalb
anfäfligen- Zubrifanten. Göthe, Meifters Wanderjahre 3, 5. Und
jo rüdten denn auch, infofern ih in Frankfurt angejejfen war; die
Deforglichkeiten immer näher. Göthe, Tag- und Sahreshefte 1794.
Der Hafen fieben find in meiner (Haut) allein, wie du fie da flebit,
ſeßhaft. J. Paul, Titan 54. Erbgefeßner Zunft- und Schnei—
dermeiiter. Prägel, Feldherruränfe 1. (Er fuchte) den Eingeſeſſe-
nen feines Sprengeld ‚neue Quellen des Erwerbs zu öffnen, J. Möfer,
osnabrüd. Geſch. 2, 34.— Es leben felbft in unſern Landesmarfen
der-Sajfen viel, die fremde Pflichten tragen, und ihre Knechtichaft
erbt auf ibre Kinder. Schiller, Tell 2, 2. Ich verlange durchaus
wohlhabende Saſſen des Erbhofs. Voß, die Erleichterten 116. So
figen fie, wie wahre Himmelsfaffen, der höchſten Seligfeit im
Schooß. Kl. Schmidt. Ein Throninfaß ... das Kinn dieſes
trägen Bockinſaſſen (Kutichers). 3. Paul, Hefperus 8. — Vor—
iaß der Commiſſion. Augsb. Allg. Zeit. 1847. Nr. 181. Wurden aljo die
Meerräuber gleichlam in einer jaß umgeben. Aventinus, Chronik
1580. BL. 127. Daz ſy (die rau) befonnder gejaßet (wohnhaft,
anfäßig) iſt. Mon. boic. 23, 263 vom %. 1387.
- Eingeberen (f. S. 45) dem Lande oder Orte feiner Geburt nach ans
. gehörig. Der Inländer (auh Einländer, von Inland ahd. inlenti
vies von Laud, goth. altı agf. altn. land, ahd., mhd. lant) der dem Lande
feines Aufenthaltes rechtlich Angehörige; im Befondern der dem Lande feines
feſten Aufenthaltes durch Geburt Angehörige. Cinheimiſch (von Heimifh
ahd. heimise, mhb. heimisch, dies von. goth. haims ahd., mhd. heim, agf.
ham, alti. hem, altn. heimr — das elterlihe Haus, die Wohnung, Wohn
flatte, dann überhaupt Ort oder Land, wo, man feine Wohnung hat) einem
Lande oder Orte als demjenigen feines Wohnflges angehörigd. Laudeskind
(feltner Landesgeborner) der Gingeborne, infofern er Rechte und Pflichten
eines Vingebörigen ober Unterthanen feines Beburislandes hat. — Bine ans
. fehnliche Neiterei, von Bingebornen errichtet, war zum Schutze des Landes
. hinreichend. Schiller, Abfall d. N. 1.B. Forner il dem Suländer die.
Sache um fo leichter. Goͤthe, ital, Reife Verona 17. Septbr. Das römiſche
Bolk, im ſtürmiſchen Auflauf, forderte einen einheimifchen Papſt. Platen,
Geſchichten des Rönigreihe Neapel 1,.1. eltern find fiebentaufend Lanz -
vesfinter nach Amerifa fort. Schiller, Kabale und Liebe 2, 2. (86) trat
in den Saale ver Iandesgebornen Numiden und Mauren Feldherr.
Pyrker, Tunifine 5.
602
Yum. Schottel ee ©. 489) und Gtieler haben noch: Land⸗,
— Ambt⸗, Stul:, Ritter⸗, Reichs-, Frey⸗, Koht⸗, Nach⸗, Höllen:, Rabt:,
an
Sinter—, Unterfaß (1. S. 492), Erbſaß, Elſaß (cabd. el-
saz, aus ali -, elisaz — Laud der fremden Saffen |. Elend ©.
315); Truchſeß = Yuffeher über die Diener eines Hofes, fpäter der
He Effen die Schüffeln Aufiegende ); Schriftſaſſe — ein ke
bensmann, dem gerichtliche Zufertigungen fchriftlich zugeben. — Herr
auf Bligen und Erbjaß auf Garthaunen-Knal. A. Gryhius, Horti-
bilicribrifag 2. Grüß euch Gott, du Schweizerbund, Elſaß, Lothrin⸗
gen, Burgund! Uhland, Vorwärts. Unterhaltender aber für die Zu—
tchauer war der Erbtruchſeß. Göthe, Leben 5. B. truchſeſſie—
. ren. Fiihart, Gargantua ©. 138. Die beften (Staaten) fchneiden
ihren Feſtungsſaſſen nur das Kaffeewafler ab. J. Paul. Ein
MWerf, zu deffen Leſung mein Lundesherr feine Qandesfinder und felber
die Schriftfaffen noch mehr nöthigen follte, als zum Bejuche der
Landesuniverſität. J. Paul, Heiperus 1.
Widerſeßig (widerſetzlich) iſt veraltet. Die Widerſ
pfänden. Krenner, Zandtagshandlungen 1, 105 vom J. 1488
Segen (f. S. 6) 1) überhaupt figen machen (eig. u. uneig.);
in weiterer Bedeutung auf feinen untern breiten Theil ftellen (eig. u.
uneig.), dann beſtimmen, verordnen; in noch weiterer Bedeutung AR
einen beftimmten Ort bringen ; in vielen einzelnen Fällen bezeichnet ſez⸗
zen die Bewirkung einer gewiflen Veränderung, Die Hervorbringung
eines gewiffen Zuſtandes; 2) (intranfitiv) mit Heftigfeit und Anftren-
gung fich. bewegen; 3) (im Bergbau) für fi) erfireden; 4) (unperf.)
entftehen, zu etwas fommen. — Und wenn ihr eudy auf den Kopf
fegtet, ſollt ihr fle nicht jehen. Weiße. Endlid feßte ihnen der
Deriog noch einen Zermin von neun Tagen. Schiller, Abfall d. R.
4. B. 1. Beilage. Den (Piccolomini) haben fle fi) aus eigner Macht
zum Oberſt gefegt in der Lützner Schlacht. Schiller, Wallenfteins
Lager 11. Gefegt, du hätteft befire Sitten, fo ift der Vorzug noch
nicht Dein. Gellert. Ich weiß nicht, wer ihr den wunderlichen Ge:
danken von der Freiheit im den Kopf geſetzt hat. Gellert. Wo
ich in meiner Jugend zu der Harfe manch englifch Kiedlein lieblich fein
geiegt. Shakeſpeare, K. Heinzih IV. 1. Thl. 3, 1. Damit es
nicht Verdruß fegen möchte, Göthe, Leben 9.B. Da ſetz t's Hiebe.
») Es herrfcht über die ſprachliche Erklaͤrung des Wortes noch Zweifel. Abt.
ei es (d)ra(o)heago, trnhtsäze, mh. trusseze: ahd. findet ſich truhtin, mär.
tröhttn == Herr, altn. mhd. truht —= Familie, goty. drauhts = Bolf, gadraukts
— Soldat, nad Schmeller — Hauemeier, alin. drötiseti = Drof. Unger
(Seh. ter deutichen Landflände, Hannover 1844. 1. Br. ©. 108) bringt die tru-
stis — ein fränfifchee Schuß - mb Trutzbündniß damit in Verbindung und meint,
defien Oberhaupt — vielleicht urſprünglich der Truch ſeß geweſen ſein.
— ——— — >
Schiller, Wallenſteins Lager 9. Weißt du nicht, wie viel es Todte
gefegt bat? Schiller, Räuber 2, 8. Ä
Die finnverwandte legen und RRellen f. ©. 574.
Anm. Die Volks⸗ und die frühere Schrififprache gebraudt fegen noch in
serfchiedenen andern Bebeutungen: der Schneider ſetzt (ſtellt an) fo und fo viel
Geſellen; die Wirthe fullen außer der erlaubten Zeit feine Zechleut, Trinfer oder
Spieler feßen noch behalten; Garben ahladen und (im Getreidſtock) fegen; die
Re, vie Küße ſetzen — mit erzmwungener Ziererei fprechen, gehen; Klage fegen
u Ginem — ihn gerichtlich belangen.
Abſetzen 1) eine Sache von der andern durch Seben entfernen,
in mehreren eig. und uneig. Bedeutungen: eine LZaft, im ZTrinfen, ei-
nen Reifenden an einem Orte, bei Wundärzten und Scharfrichterne für
abſchneiden, abbauen, im Bergbau für abichlagen, in den Schmelz-
hütten fire abziehen, bei den Tuchſcherern für adjtreichen, beim Schrei-
ben für in der Zeile abbrechen, bei den Tuchmachern für abnehmen;
2) des Amtes entiegen f. S. 234; 3) für Waare gegen Dafürgabe
einen Abnehmer haben; 4) (Bollsivrache) entwöhnen, vom Vieh ger
tagt; 5) machen (oder fo fein), daß etwas abfticht, in die Augen fällt;
6) (in der Buchdruderei) völlig zu Ende tehen; T) für feßen 4. —
Sie fangt mit Gier verrätherifches Getränfe, unabgefegt, vom
erften Zug verführt. Göthe, Parabolifh 6. Schon hatte man Das
lüdlihe Paar außen am Garten .. . abgefegt und fle in der
Stille bineingeführt. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 13. (Bulcanijcher
Ruß), abgefegt aus den heißen Schwaden. Göthe, ital. Reife Ne=
apel DO. März. Die vier Schneden ſetzen viel zu finmpf ab (am
Münſter zn Straßburg), es hätten darauf noch vier feichte Thurm-
ſpitzen geiollt. Göthe, Leben 11. B. Um das ganze fertig zu machen,
denn abjegen darf ich gar nicht. Göthe, Briefm. mit Schiller 5,
342. Aber in zwei befondern, von einander gänzlih abgeſetzten
Stüden, muß der Sprung 3. E. aus dem Ruhigen in das Stürmi-
fe... fehr merklih ſein. Leffing, hamburg. Dramaturgie 27.
Hier trägt nun ein jeder feine Waare zu.den Kaufleuten die im Großen
handen, und fucht fle jo gut als möglih abzufegen, nimmt auch
wohl den Bedarf an roher Baunmolle allenfalls an Zahlungstatt.
Goͤthe, Meiſters Wanderjahre 3, 13. Daß die Gegenftände, anch
wur einige Schritte hinter einander entfernt, fich entfchiedener heilblan
von einander abfegten. Göthe, ital. Reife Palermo 7. April. Du
ſpileſt als auf einer Orgel, es jeßt feinen falſchen Griff ab. Bor
genberg. Mirafel 115. ,
Berkaufen (von faufen goth. kanpon, ahd. ch(k)oufön, mhd. koufen,
agf. ceApan, altn. kaupa, holländ. koopen, engl. cheap, dän. kiobe, ſchweb.
köpa, poln. kupowac;' entweder von agf. ceäp = Vieh, wie Tot. pecunia,
== Geld non pecas = Bich, oder von lat. caupo = Schenkwirth; die Harfe
Form kief, die man zuweilen hört, if unorganiſch und zu verwerfen) if
überhaupt für eiuen gersiffen Preis veräußern. Berhaudeln (vum handeln
Pd
004.
abd. hantälon, handilön, mhb. handeln, agſ. handljan,von$andel S. 420, dies
von Hand f. S. 170) für einen durch Fordern und Bieten zu beftimmenben Preis,
oder uͤberhaupt dadurch veräußern, daß man fich gegenfeitig über die Preisbedingungen
benimmt. Bertreiben (f. treiben) Waare in Aufnahme und Abfag unter das
Publikum bringen. — Die Synonyme von abſe zen 2 ſ. S. 234. - Ih wil
dieſen Schmuck verkaufen. Schiller, Kabale und Liebe 4, 7. Auf eincu
. Pferdemarkt... bracht’ einft ein hungriger Poet der Mufen Roß, es zu ver
handeln, Schiller, Begafus im Joche. Jetzt hat ſich ter Kaufmanukanr,
der fonft nur fremde Produkte vertrieb, auch diefes Handelszweiges bemäd:
tigt. I. Paul, Titan 58.
- BAnfegen 1) an etwas Anderes ſetzen, feßend nähern: den Tiſch
an die Wand, einem Blutegel, das Weiler au den Hals; 2) fih an
legen, entitehen: die Rinde, der Weinftein ſetzt fih an; 3) anrechnen:
eine Waare hoch; 4) eine zufünftige Zeit beftimmen; 5)' zu einem ger
wiffen Gebrauche verjchiedene Stoffe zu einer Flüſſigkeit vereinigen:
Eifig; 6) fih zu etwas in den Staud fegen: er ſeßte Dreimal zum
Sprunge an; 7) fi mit Heftigfeit nähern und anfallen: die Reiter
feßte an den Feind an; 8) anfchwenmen: der Fluß ſetzt Land an;
9) gedeihen: die Kartoffeln feßen gut an; 10) empfangen, von ein
gen Thieren: die Stute hat angejeßt; 11) fortdauern (im Bergbau):
Das Erz jeßt an; 12) (veraltet) einen zu etwas verleiten und dann
im Schaden oder in der Verlegeuheit fien faffen. — Er fegt’ im
(den Becher) -an, ex trank ihn aus. Göthe, der Sänger. Ich lieh
mich verführen, durch den geichidteften ae unjerer ;eit die
„Arme anfegen zu laffen. Göthe, Meiſters Wunderjahre 1, 12
Nichts ift zu Hoch, wornach der Starke nicht Befugnig but die Leiter
anzufegen. Schiller, Piccolomini 4, 4 So entichließen Sie fid
vieleicht, Ihre Geſellſchaft acht Zage fpäter anzujegen. Schiller,
Briefw. mit Göthe 6, 180. Sie mußte ein paarmal anjegen, um
den König von jeinem Vorhaben abzubringen. Göthe, Benvenuts
Gellini 3, 10. Die Pferde jchnauben und fegen an. Schiller, Wal⸗
lenfteins Lager 11. Ich habe über den politiichen Jammer noch nie
eine Feder angejegt. Sihiller, Briefm. mit Göthe 1, 51. Dieſer
Strom hat in wenigen Jahren verjchiedene Morgen des fruchtburften
Landes angefegt. Ebeling. An den Zeigen waren alle Blätter her
aus und die Früchte hatten angejegt. Göthe, tal. Reiſe Girgenk
26. April. daz die lewt (Leute). von jm 'icht (irgend etwas) gelaickt
(übernommen, hiutergangen) und angefeczt werden. Münchner Po
‚ligetorönung v. 1450, Alexander ift gar fleiffig in feiner Sachen ge⸗
weien, hat ja niemand leichen vnd anjegen mögen. Aoentinn®,
Chronik 1580. Bl. 208. . |
ie Anftellen (j. Rellen ©.28) einem eine Stelle d. h. ein Amt oder eine
"Bedienung geben, während anſetzen beißt einen feiten Wohnftg,, Grandeigen⸗
thum geben. Benennen (f. nennen S. 26) eigentlich einen Namen beilrgen,
605
—— —
- bier allgemein einen gewiſſen Zeittheil mit Ramen angeben. Beflimmen
(erſt im 15. Jahrh., von Rimmen ahd. stimmjan, mh. stimmen, |. Stimme
E.. 77) entſchieden fehfepen. Anberanmen (mahrfcpeinlih von ahd. rAmen,
rämjan, mb. rämen, altn, ramma == zielen, als Ziel fegen, dies von ahd.
räma, mbb. ram = Gtüße, Ziel, Zielpunft; niederd. berämen, dän. beramme
== beftimmen) den -Zeittheil entweder ale Ziel oder Zeitgränge In irgend einer
Sache, oder ale Zeitraum über eine Sache angeben. — Daß er, wenn er
angeftellt werben will, mehr die Bandeften als bie Taktik und ſtatt bes
Rapier die Feder liebe. 3. Paul, Hefperus 2. Bielmehr muß ich dir dan-
fm, daß du Scharffinn 'nennft, was du ganz anders hättet benennen können.
Leſſing. Ernſt und Falk 3. Indem fie alles, was ber Zahl und dem Maß
tm hochſten Sinne unterworfen it, au regeln, zu befimmen, zn entfdeiden
wiſſen. Goͤthe, aus Mafariens Archiv, Der Wahlconvent war endlich anf
den 3ten März anberaumt. Göthe, Leben 5. B.
UAnsfegen 1) aus einem Drte, Raume jegen: Waare, Truppen,
ein Kind; 2) inwendig bejegen: einen Brunnen mit Steinen; 3) (un
eig.) ſo viel als beftimmen, ausbieten, gewähren: einen Zaq, eine
Belohnung, eine Rente; 4) der Einwirkung einer Sache bloß flellen:
fein Leben der Gefahr; 5) die Fortjegung einer Sache unterbrechen,
aufſchieben; 6) etwas für ungut an einem Dinge -erfennen; 7) (in der
Zonkunfty aus. einander feben, ſchreiben, was jede Stimme fpielen oder
‚fingen ſoll; dann allgemein vertheilen: die Blumen in einem Beet; 8)
(m den Buchdruckereien) bis zu Ende feßen, auch vollftändig unabge-
fürzt ſetzen; 9) aufhören zu eben, bejonders. von alten Schafen ge=
aucht, wenn fle aufhören Zähne zu feßen; 10) Lin bejontern Res
densarten der Volksſprache) ein Glied — es verrenfen, Geld — aus:
leihen, eine Tochter — ausftatten. — Unfer Sohn, Du büt es, den
wir; als er faum den Tag geſehn, ausgelegt als Fraß den Zbieren.
Platen, rom. Dedipus 4. Er jegelte wieder rückwaͤrts die Scheide
bis nach Dfterweele . . .;.wo er jein Voll ausſetzte. Schiller, Ab-
fe d. N. 4. B. : Alle Straßen find geplattet, jelbft die entfernteften
Quartiere mwenigftens mit Badfteinen auf der hoben Kante audge-
ſetzt. Göthe, ital. Reiſe 1. Detbr. (E83 fol) ein Tag ausgeſetzt
‚ werden, wo die Sache dann verglichen werden mag. Göthe, Goͤtz v.
B. 1. Iſt es eine Tochter, je’ ich vierzig Mark an gutem Silber,
vom Geburtstag an, ihr aus. Herder, Eid 20. (Wir wollten) un⸗
ſers theuern Kaiſers jehr ausgeſetzte Länder und Die Ruhe des
Reichs beſchützen. Göthe, Götz v. B. 3. (Ich) ſetztte mich dem Re⸗
gen und dem Winde aus. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 11. (Be
mm) das Arbeiten nicht auch ausgejeht werde. Göthe, Meifters
Wanderjahre 2, 9, Wir müſſen es noch ausfegen, uns umftändlich
uber eine anzunehmende Bolitif zu erflären. Klopſtock, Gelehrteurepu-
bit. Eine Schäferftunde in der Liebe ift ein ausjeßender (nicht
ganz regelinäßiger) Aderichlag in der Zreundfchaft. Schiller. Er hatte
606
— —
an dem Kinde nichts auszuſetzen (zu tadeln). Göthe, RMeiſters
Lehrjahre 8, 1. Man kann das Geld anf feinen beſſern Wucher aus:
jeßen, als wohlzuthun. Duſch.
Tadeln (mhd. tadelen, von tadel — Gebrechen, nah Weigant
vielleicht eine ruhe Nebenform von ahd. zadal, nıhb. zadel — Dürftigfeit,
Gebrechen) in feinem Urtheile für mangelhaft, fehlerhaft erklären, ſei es ten
Begenftand oder deſſen Vorhaben. Mäfeln (von Makel, aus lat. macula
== led) mit Auffuchen der kleinſten Fehler Fleintich tavdeln. Meiftern (ab.
meistarön, mbd. meistern — vorſtehen, von Meiiter, ahd. meistar, mh.
meister, agf. mzester, maegester, aus lat. magister) einen Gegenitund un
defien Urheber anmaßlich abfprechend ungut beurtheilen. Hofmeikern fd
über eine Perſon fegend diefelbe, aleichſam als eine untergeordnete, unwärbie:
zurechtweifend tadeln. Ausftellen (f. ſtellen S. 28.) eiwas an eium
Dinge als ungut offenbar machen, vor Augen ſtellen. — Laß dich heute loben,
morgen tadeln. Goͤthe, zahme Zemin IV. &; was ein michel (großer) ta:
del, daz fie litten zadel ar. trinchen und an ezzen. Horned. Nur muß der
eine nicht den andern mäkeln. Leſſing, Nathan d. W. 2, 5. Wer nicht
einficht,, wie das Wahre pruftifch erleichtert, mag gern daran mäleln am
häfeln. Böthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Sie werden fih doch
nicht meiſtern laffen! &öthe, die neue Melufine Ein würbiger Mann, ber,
ohne mich eben zu hufmeiftern, auf meine Jugend großen Einfluß gehabt
bat. Göthe, Meifters Wanderk 1, It. Was gibt's auf's Neu denn an ihm
anszuftellen? Schiller, Piccolomini 1, 4
Auseinander fegen —= Eins von dem Andern entfernt jeken,
dadurch, dag man die einzelnen Theile eines Gegenitandes ausjondert
und von einander jcyeidet, ſo Daß man fle einzeln und jo das Ganze
beffer erkennen kann. — Ich hab's ihnen fchon lang und breit aus⸗
einander gejeßt, fie brauchen feine weitere Anmweilung. Shafipeate,
die Iuftigen Weiber von Windjor 3, 3.
Erörtern (abr. ortön, mhd. orten — begränzen, in eine Spige an
laufen, von Ort, ahd. nıhb. ort, altu. oddr, agſ. ord = Spitze, Eude, daher
Uriprung; vgl. lat orire entitehen, gr. op05 = Gränze ſ. & 466) urfpring
lich begränzen machen, dann etwas bis in die legten Grunde unterfuden.
Beifegen 1) bei oder neben eine andere Suche ſetzen (eig. a.
fig.); 2) begraben, wird eigentlich nur dann gejagt, wenn Der Leid
nam des Derftorbenen an den Ort der Ruhe zu andern Leichen nie:
dergefeßt wird, was deun nur in Zodtengewölben für Familien ge:
ſchieht; 3) ausſpannen: alte Segel. — Und Sie jelbft hätten ſonf
nichts beizufegen? Schiller, Kabale und Xiebe 2, 3. In riner
Kloſterlirche bei Neuftadt it er beigeießt, bis man von jeinem Bar
ter Nachricht eingezugen. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 10.
Beifügen (ſ. fügen.S.503) etwas, gleihfam als begleltendes, einen
Andern beigeben. Hinzufügen wie bin;ufegen brüden mehr aus, daß
dat Hinzugefommene zu dem Andern gehört, in eine feſte Stelle, in eine genaue
807
Berbindung mit demfelben gebracht wire. Hinzuthun (fi. than ©. 492)
if allgemein eine Sache durch das Beithun einer andern um etwas vermehren.
Begraben (f. graben) durch Graben beithun, dann etwas burch Graben
einhüllen; davon allgemein gänilich und tief bebedden, von Menfchen, Thieren
und leblofen Dingen gefagt; im Beſondern einen Leichnam in ein ®rab legen
und bebeden. Beerdigen (von Erde, goth. nirtka, ahd. örda, örada,
mhd. altfrief. erde, altf. ertha, örda, agf. &ordhe, altn, iörd, ſchwed. dan.
yord; vgl. gr. dpa = Erde, Arbeit ©. 160, da der Aderbau als die erfle
eigentliche Arbeit gelten kann; gr. aoovv, lat. arare, mhd. eren — pflügen)
ben Leichnam mit Erde bedecken. Beſtatten (f. Statt), den Leichnam an
die gehörige Stätte bringen, wird, als edler Ausdruck, nur von feierlichen
Leiyenbegängniffen gefagt. — Sie würden zwar, fepte er verlranlih Hinzu,
fie würden dort wenig Trof finden. Göthe, ital. Reiſe Venedig 28. Sept.
Doch vergiß nicht beizufügen, wenn fie mir die Bitte weigert, daß ich
nehme, was ich bat. Herder, Cid 26, Das hat mir wohl ch’ Alhafi ſelbſt
gefagt, und voll Entzäden Hinzugefügt, wie gruß, wie ebel diefer fein
Fremd anwende. Leſſina, Nathan d. W. 2, 8. Ich werde fie (die Gedichte)
der nenen Ausgabe meiner Werke Hinzufügen. Göthe, Leben 12.8. Dieler
abſcheuliche mißgänftige Menfch eilte, was er konnte, alles dem Papfle wieder
3u fagen, wobei er gewiß von dem feinigen hinzuthat. Götbe, Benvenuto
Gelini 1, 12. Sept begräbt er feinen eänz'gen Sohn! Schiller, Wallens
feine Tod 4, 7. Heut fräh beſtatteten wir Ihn, Daf. 4, 10. Zu Wors
ceſter muß fein Leib beerdigt werden. Shafipeare, K. Johann 5, 7.
Anm. Für beifeben 2 fagte man früßer and beithun. Was uns von
bir verbleibet, mit tem da warft ümmleibet, ſey ehrlich beygethban. P. Fleming.
Erfegen —= einem für erlittenen Schaden Dinge gleicdyen Wer-
thes, aber anderer Art, als die des Verluftes find, geben und. jo den-'
ſelben vergüten; "dann allgemein für das Fehlende ein Anderes von
gleichem Werthe, aber anderer Art, haben und geben. — Mein Bru-
der ſtarb mir jung; dich wählt’ ich feine Stelle zu erfeßen. Göthe,
Egmont 5. Bin ich denn jo arm, daß id den Dieneru nicht erje-
gen fann? Schiller, Wullenitems Tod 5, 5. Einige Ländereien ...
md vorzüglich das uneingeichräntte Vertranen der Nation in feine
Gefinnungen, erfeßten an wirklichem Anipruche, was ihn an einem
zufälligen abging. Schiller, Abfall d. N. 1. 8.
Erftatten if zunächſt (aber nun veraltet) den Mangel, den Jemand’ an
etwas hat, ergänzen; dann (nhd. gewöhnlich) das, was tem Andern genoms
men Äft, und morin alio fein erlittener Schaden befteht, ihm unverfehrt wie⸗
dergeben, ober Ihm für den erlittenen Schaden Dinge gleichen Werthes, als
der. Berluft if, geben und fo benfelben vergüten. Genugthun (f. genügen
S. 344) eigentlich eine Forderung vollſtaͤndig erfüllen; davon für ein verleptes
Necht vollſtaäͤndig entſchaͤdigen, ſei dies nun durch wirkliche Dinge, oder durch
Ehrenerflärung,, Abbitte, Miderruf ce. Erſaz, Erſtattung, Genug⸗
thbuung unterfcheiden fich wie die Zeitwörter. — Meinen mangel eritats
608
ten bie Brüder, die aus Macebonia kamen. Luther, Bibelüberf. 2. Korinth.
11, 9. Was werben fie bieten, eine Seele zu erfatten, wie biefe war?
Schiller, Don Karlos 5, 4. (Da) erborgte ich eine Summe Geldes für ie,
die er anf einen beſtimmten Termin zu erſtatten verſprach. Goöthe, Leben
10. B. Wir Hoben der Sache fein Benügen gethan; Ein Umſtand if
noch nicht in’s Meine, Bürger. Dein Stolz empfand Genugiguung.
Schiller, Don Karlos , 5. $
Herabſetzen — die vortheilhafte Meinung von Jemandes
(oder einer Sache) Vorzügen vermindern. — Longin ſagt, es komme
ihm öfters vor, als habe Homer ſeine Menſchen zu Göttern erheben,
und feine Götter zu Menſchen herabſetzen wollen. Die Malerei
vollendet diefe Herabfegung. In ihr verfchwindet vollends Alles,
was bei dem Dichter die Götter noch über die göttlichen Menſchen
ſetzet. Leifing, Laofoon 12. u
Gerabwürdigen (f. würdigen &.435) bie gute Meinung von Jeman⸗
‚des Würde, fie fei nun äußere ober innere (fittliche) vermindern, fo daß fe
am ihm nicht mehr geachtet wird. Erniedrigen (ah. nidarjan, nidarta,
snhv. nideren, agf. nidherian, von niebrig, abb. nidari, nidar, mh. nidere,
nider, agf. nidher, altn. nidhr, nidr, von ahd. nida, fchweizer. mid) von
feiner Höhe abuchmen machen; tief oder gänzlich herabwärbigen oder herab
- jepen. . Entehren (von ehren, ahd. Er&n,.mib. &ren, ſ. &.483 und Ghre
6.257) der Ehre benehmen, if flärker ale bie genannten Ausdrücke. Bes
ſchimpfen (f. ſchimpfen S. 257) durch Behandlung oder Zeichen, Die Je⸗
mandes Ehre zuwider find, hinfichtlich der. Vorzüge desſelben bei Andern eine
"ungünftige oder vielmehr nachtbeilige Meinung erweden. — Alles Beſtreben,
dieſen Mann durch die Uebernamen Fantaſt, Schwärmer, Träumer 1x. ber:
: . abzumwürdigen. BWidand. Ich Habe müſſen zuhören, fie berabfegen,
erniebrigen, und Fonnte und durfte fie nur ‚halb veriheibigen. Gölfe,
Derther’s Leiden. -, | 2
Nachſetzen 1) nad dem Bag (Beilpiel) eined Andern ſetzen:
im Spiel; 2) nad einem andern Dinge folgend feßen (beſonders un⸗
eig.): ein Wort, einen in der Achtung; 3) jpäter fegen: den Zuſaß
(im Bergbau), einen Erben (in Ermangelung oder nad) Abgang der
Saupterben); 4) Das zu Sehen Berfäumte nachholen; 5). einem ſich
voraus Bewegenden in ſtarker Bewegung nacheilen, um es zu errei⸗
den (auch fig.). — In diefen legten Monaten habe ich freilich alles
Andere meinem Gefchäfte nachſetzen müſſen. Schiller, Briefw. mit
Göthe 4, 141. Sept dem Mörder nad! Schiller, Zell 4, 3. Ex
wollte nicht ablaffen, feinem herzlichen Begehren nahzufegen. Opig.
Verfolgen (ſ. folgen ©. 34) allgemein auf etwas, was zur- Berne
ſich fortbewegt oder doch fo fortbewegend gedacht wirb, mit feftem Streben
feine Richtung nehmen, um es zu erreichen. — Und biefee Tieres Schnellig⸗
. keit entriß mich Bannier's verfolgenden Dragonem. Schiller, Ballen
feine Tod 2, 3. —
*
Ueberſetzen 1) über etwas weg ſetzen, ſpringen; 2) über etwas
(ein Waſſer) fahren (activ u. paffiv); 3) Cfeltener) Aber oder auf et-
was feßen: einen Topf) 4) (umeig.) eine Rede oder Schrift den Wor-
ten oder dem Sinne nad) in einer andern Sprache wiedergeben, als
in der fie gegeben find; 5) übermäßig beſetzen: einen Garten mit
Bäumen; 6) über den Werth, einen zu hohen Preis anjegen. —
Und hui! zurück, die hohen Schranken überfegt. Bürger. Um an
ee Stelle (der Maas) zu gelangen, wo wir überfegen follten.
Göle, Eampagne in Frankreich 7. Octbr. Er hörte, daß Reiſende
überher egt (über den Flug) fein wollten. Göthe, das Maͤhrchen.
Mich drängt’3 den Grundtert aufzufchlagen, mit redlichem Gefühl ein-
mal das heilige Original in mein geliebte8 Deutſch zu übertragen,
Geſchrieben Aaht: „im Anfang war das Wort!" Hier ftod? ich ſchon!
Ber Hilft mir tesfter fort? Ich kann das Wort fo hoch unmöglich
jhägen, ich muß eo anders überfegen, wenn ich vom Geifte recht
erleuchtet bin. Geſchriehen fteht: im Anfang war der Sinn. Göthe,
Fauſt 1, 65. Kein Stand (der Menfchen) wird überfegt, ohne daß
ein andrer Mangel leidet. Novalis, Fragmente und Aphorismen. Si
fullen mich in dem benanten gemad) mit niemant tiberfegen, noch
darein laßen aun (ohne) mein gunſt und willen. Mon. boiea 18,
495. Sie wuchern vnd vberfegen einander, Xuther, Bibelüber].
Czechiel 22, 12,
Erklären f. ©. 576, Uebertragen wirb im gewählteren Styl für
.überſetz en gebraucht. Foinetſc en (altn. tulka, m&d. verdolchen, bei
©. Münfter im 16. Jahrhundert vertolmetfhen; Dolmetfc, altn. tulkr,
med. tolke, tulmach, jpäter tulmeisch, talmetsch, dolmetseh, tulmatsch,
wahrfcheinlich da6 polnifche tlamaczye von poln. tum — Mönge) aus einer
uns unbelannten Sprache in einer uns befannten, beſonders der Mutterſprache
wiedergeben, fo dag uns nichts dunkel iR, vornehmlich wenn man auf den
Clan fieht; allgemeiner die Geſinnung, die Gefühle eines. Andern, den Sinn,
Vie Bedeutung eines Kunftmerls uns in Worten fund thus. — Tolmetsch
vernims, wilt dü uns tintsch verdolchen. #rauenlob., Der Augenblid
fpeicht nicht für ſich ſelbſt, Andenken an das Vergangene, fpätere Betrachtuns
gen müflen ihn dolmeiſchen. Göthe, Campagne in Fraukreich Imwifchenrene, '
(88) fand fich glüdlicherweife ein behaglicher Dolmetfcher... Der Dol,
metfch hatte gewagt das Gabinet zu eröffnen. Böthe, Leben 3.8. |
Umfegen 1) anders, von einem Drte an den: andern seen; 2)
in ein. andered umkehren: der Wind bat fi) umgeſetzt; 3) einen Han⸗
delSartifel gegen einen andern oder gegen Geld im Großen vermittelft
Geſchaͤftsverlehrs veräußern, auch Geld gegen Geld in größeren Summen
aunswechſeln; 4) von allen Seiten befegen. — So mußten Sie nun
rückwaͤrts Begriffe wieder in Intuitionen umſetzen und Gedanken in
Gefühle verwandeln. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 16. Denn er
felber, ein Lamım im gemeinen Leben, ſetzte fih auf dem Rezenſier⸗
20
610
Papier zu einem Wehrwolf um. J. Paul, Siebenfäs 3. Um den
Mücdenthaler in kleineres Geld umzufegen. Daf. Wie der umge-
fepte Wind ein Segel, jo kehrt e8 der Gedanken Richtung um.
Shakjpeare, K. Johann 4, 2. Ich wills euch wechſeln, ich wills
euch Umſetzen in Scheibemüng, was wollt ihr mit den harten Tha⸗
lern? Grimm, Märchen: der gute Handel. ALS wäre er mit Sauter
Schröpfföpfen umjegt. 3. Baul, Siebenfäs 9.
Tauſchen (aus niederd. täschen) eigentlich Eins für ein Anderes g-M
oder nehmen; daun allgemein eine Sache gegen eine andere gegenfeitig, Oeräns
Bern. Wechſeln (ahd. wehsalon, wehscelan, mbd, wehseln, agf. wrixljan,
von Wechſel ahd. wehsal, mid. wöhsel, agf. wrixl, zu gotf- viko =
Wechſel, Ordnung, Reihe, lat. vices — Wechſel gehörig) eigertlich Eins für
das Andere werden; machen, daß das Eine um das Andere an deſſen Stelle
ſei; negenfellig verkehren; Gelbmünzen gegenfeitig umtauſchen. Wie die Zeit:
wörter fo unterfcheiden fi) auch die Hauptwörter. -— Wie fehr das Befinte
bald durch Reichtfinn und bald durch Untreue plasel die Hausfrau, immer fe
nöthigt zu wechfeln und Fehler um Fehler zu tauſchen. Göthe, Hermann
und Dorothea 7, 63. Ich kann einen guten Taufch Hoffen. Göthe, ital.
Reife 17. Mai. Der an der Stunden Wechfel denfen muß. Schiller, Pic
eol. 3, 3. Ihr Pachter hat mir während Ihrer Abwefenheit zweitaufend Tha⸗
ler in Wechfeln ausbezahlt. Schiller, der Neffe als Onfel 1, 10.
Berfegen 1) duch Setzen entfernen, in einigen mehr oder we-
niger uneigentlichen Bedeutungen: a) Jemanden etwas zur Sicherheit
dargeben, Daß er darauf eın Recht habe, wenn man Die gegen ibn
übernommene Verbindlichkeit nicht erfüllt; b) einem einen Schlag ze. bei⸗
bringen; ec) "einen Hieb, Stih (in der ältern Fechtkunſt), einem emen
abwehrenden entgegenfegen; d) finnvermandt mit antworten |. S. 439;
2) an einen andern Ort, auf eine andere Stelle fegen; 3) an einen
fatichen, ungehörigen Ort feßen; 4) durch Setzen verbraudien; 5) durch
an verbergen: eine Thüre mit Holz; 6) mit etwas, das man bin-
zuthut, verbinden, vermijchen, oder auch nur verzieren: das Gold mit
Silber. — Das war für das Mecklenburger Land, das ihm der Kai:
fer verfegt als Pfand. Schiller, Wallenſteins Lager 11. Haſtig zog
er fein Schwert, ihm eins zu verjeßen. Göthe, Reineke Indie 1,
109. Ber newer (nur) verjeget, mit alten füniten wirt er zur
Leicküchner. Die Seelen verfegen fib aus dem flaubigen Kerker und
treffen fih im Paradieſe der Liebe. Schiller, Räuber 4, 5. Es iſt
ein groß Ergetzen fih in den Geiſt der Zeiten zu verſetzen. Göthe,
Fauft 1, 38. Mir ift, ale ob die Orgel mir den Athen verjegte
Goͤthe, Fauſt 1, 200. Das Vergnügen verjegt mir die Stimme,
Göthe, Rameaus Neffe. Mit organiiher umd thieriicher {
— — zweckmaͤßig verſetzt. Lichtenberg, Anhaug zur Epiſtel
au rd.
611
4
⸗Verpfänden (mit. verpfenden, von ahd. phantôn, uihd. pfenden, altn
pantan, bies von Pfand, ahd. phant, pfant, mäb. pfant, altn. pantr, lite
than. pantas, mittellat. pannum, aoltfranz. pan) if ein eblerer Aus-
druck als verſetzen, wird auch von ſittlichen Gegenfländen, die als Pfand
dienen, gebraucht — Site, deine Kroneinkünfte, deine Zölle find auf brei
Sopre ſchon voraus verpfändet. Schiller, Jungfrau von Orleans 1, 2.
Die Ehre if verpfändet. Daf. 5, 8.
PWiderfegen fid, (ahd. widarsezan, mhd. widersitzen und wi-
dersetzen) 1) einer natürlichen (phyſiſchen) oder fittlihen Einwirkung
unnachgebend mit Feſtigkeit jelbftthärig entgegen fein; 2) (veraltet) ſinn⸗
verwandt mit antworten. — Die NRegimenter wollen nicht nach Flandern ;
ſie haben eine Schrift mir überjandt, und widerjegen laut fih dem
Befehle. Schiller, Walleufteins Zod 1, 3. Ha! widerfegten fie,
die Leute find betrogen. Benj. Neukirch, der advocierende Cupido.
Widerftchen (I. fiehen) einer Wirfung feft entgegen fein, ſo daß jene
aufgehalten wird. Widerfireben (mhd. widerströben, von ſtrebeu, ahd.
ströpan, mhd. ströben; vgl. gr. Srp&peır —= drehen, an einem Otte vers
weiten) feine Kraft oder Thätigfeit zu ver Richtung des Cutgegenſeins gegen
eine Ginwirfung beflimmen. Sid ſträuben (ahd. strüpen, strüpen —
frauben, mhd. sirüäben = erſtarren; fraube,iraubig, ahd. strübi, nıhp,
strübe, niebeif. strüf, daher der Gigenname Struve, wie Krauſe, Kraus)
ih einer Cinwirkung mit flarrend hindernden Gliedern entgegenfegen, auch
fg. Sich wehren (goth. varjan, altn. verja, agi. warjan, 'werjan, wa
ran, altſ. werean, altfrief. wera, ahd. warjan, werjan, mhd. weren, wern,
ban. värge, ſchwed. värja, ‚zu guih. vars — behutſam, varci, ahd. wara,
mbd. war — Acht, Aufmerffamfeit gehörig; vgl. lat. vereri = achten) mit
abhaltender Gewalt fich einer natürlichen Ginwirkfung enigegenfepen. — Und
wie einen Kreifel mit ſchwindelndem Dreben trieb mich's um, ich Fonnte nicht
widerſte hen. Schiller, Taucher. Es zieht mich fort mit göttlicher Gewalt,
bem Abgrund zu, Ich kaun nicht widerſtreben. Schiller, Piccolomini 3,9,
GE ſträubt fi, der Krieg hat Fein Erbarmen, das Mägplein in umfern
fennigten Armen, Schiller, Wallenfteins Lager 6. (Er) wehrte fih mit
dem Mutbe eines DVerzweifeluden. Schiller, Abfall d. N. 4. 2.
Auf—, be— daran— ‚darein — ‚darüber —, durch — ein —, ent —
(.S.100 u. 235), entgegen — feſt — fort — ‚ber —, heran —, herauf —,
heraus — ‚herbei— ‚herein — ‚berüber— herum — berunter—, berzu—,
hin— ‚hinab —, hinan —, binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —,
hintan —, hinüber —, hinunter —, binweg—, hinzu —, nieder —, um⸗
her — nuter —, vor— (ſ. ©. 22), Voran—, voraus —, vorbei —, vor⸗
über—, weg—, zer — (ſ. ©.580), zu—, zurück —, zuſammenſetzen
bedürfen keiner weitern Erklärung. — Soll ich dieſen Kerl das oberſt zu
unierft unters Firmament wie einen Kegel aufſetzen? Schiller,
Räuber 2, 3. An die, o Herr, nach deinem Wort, ich Leib und Le-
ben aufgefegt. Wieland. Wenn der Nachtiſch aufgefegt, dringt
+
,
’
612
Ihr herein. Schiller, Wallenſteins Tod 5, 1. Unſer Her iſt, wer
die heil’ge Delung empfängt und fich die Kron’ aufſetzt zu Rheims.
Schiller, Jungfrau v. DO. Prolog 3. Sind die Briefe an den König
aufgelegt? Göthe, Egmont 1. Ih nehme Ceres aus, weil fie
Dich jehr verlegt vor dieſem, wie man fagt, und beftig aufgelegt
(betrogen). Opitz. Kannft du ihm Hörner auffeßen, jo mac du
dir eine Luſt. Shakſpeare, Otbello-1, 3. Der Erſchrockene hatte nicht
das Herz fih im Bette aufzufegen. % Paul. Der fih bald anf:
fegen (reizen) laßt. Voc. v. 1618. Mit breitem Gold und Silbe
bejegt. Göthe, ital. Reiie Neapel 29. Mai. Die untern Gänge
find von Soldaten) bejegt. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 10. Der
Kaifer wird glüdlic fein die erften Stellen damit befepen zu fönnen.
Göthe, Götz v. B. 1. So — wir getroſt das Leben dran.
Schiller, Tell 5, 1. Daß ja kein Haſe darüberſetzt (über die
Heden)! Schiller, Räuber 1, 1. Der trog allen Hindernifien und
Deripätungen feine Plane durchſetzt. Göthe, Leben 12. B. An
diejer genialiſch-leidenſchaftlich durchgeſetzten Uebung beitätigte ſich
jene eigentlich poetiſche Denkweiſe. Daſ. 13. B. Ich werde gefangen
eingejegt. Schiller, Don Karlos 5, 2. Sie habe dem Bildermann
ihre großen filbernen Schnallen dafür eingejeßt, und wolle fie, weil
es heute Abend fo jpät geworden, morgen früb wieder einlöfen. Göthe,
Meijters Lehrjahre 4, 16. Alle Huuptleute ſetzt' er ein (ins Amt).
Schiller, Wullenftend Luger 2. Das Riejenfleinod fest’ er ein (m
- den Schild). Uhland, Rolaud Schildträger. Set alles Blut, feht
euer Leben ein! Schiller, Zungfran.v. DO. 5, 8. (Es) bat ſich mit
der Zeytt jo tieff eingeſetzt Cift fo tief eingemurzelt). Luther. (Er)
entiegte jeinen Neffen Richard. Shakſpeare, K. Heinrich VI. 1. Thl.
2, 8. Unſere tödtlidhe Seite zu entfeßen, die Doch zufegt allein von
enern Schwüren belagert wird. Schiller, Fiesko 4, 12. (Er) ift lange
Zeit feiner Sinne entfeßt (außer fich) geweſen. Imhenhof. Mirafel
1605. Die Wüfte fegt feinem Zug fein entichiedenes Hinderniß ent»
gegen. Göthe, Leben 4. B. Wovon das Herz nicht voll, davon
geht der Mund über, habe ich öfters wahr gefunden als den ent-
gegengefegten Satz. Lichtenberg, Nachtrag zu den pſychol. Be:
merfungen. Die Abreife Dttiliens, zu der fle ſchon alles im Stillen
vorbereitet hatte, auf die nächſten Tage feftzufeßen. Göthe, Wahl-
verwandtichaften 1, 16. Endet die Fehde, oder aefällt’s end, ſo
feßet fie fort. Schiller, Braut v. M. Ih will, um es nicht zu
vergejlen, nod) einige Erinnerungen herjegen. Schiller, Brief. mit
Goͤthe 2, 126. Anf den PBilnitererhöhungen zu beiden Seiten der
Straße werden Stühle herausgeſetzt. Göthe, röm. Barneval. ns
dem unjer Lehrer das Verdienſt derſelben genugſam herauszuſetzen
(zu Toben) wußte. Göthe, Leben 8. B. Wenn fie nicht gar Kummer
und Berdruß zu einer armfeligen 50 hberunterfeßte. Xichtenberg,
613
Bemerk. zur Epiftel an Goͤbhard. Daß es ihn ganz bei ihr herun«
terjegen muß. Shalipeare, was ihr wollt.2, 5. Ich muß mid‘
gleih hinjegen. Göthe, Wahlo. 1,1. Wo ich den Fuß binfegen
wwllte. Göthe, der neue Paris. Ich könnte mid) noch wohl über ge-
wife Dinge hinausſetzen. Schiller, Kabale und Liebe 3,6. Daß,
wenn die Epijoden uns aus der Zäufchung herausbringen, der Dialog
uns wieder hineinſetzt. Leifing, hamburg. Dramaturgie 85. (Er)
ießte, ichwimmend, Die Fluten der March mit dem jchnaubenden Roffe
hinüber. Pyrker, Rudolph 8. (Sie) fcheinen ihre Studien hints
anzufegen. Göthe, Ph. Neri. Reichsfürſtlich mich erweifend, will
ib würdig mich bei des Reiches Fürſten niederfegen. Schiller,
Viccolomini 2, 5. Bei dem bejonders niedergejegten Gerichte zu
offenbaren. Göthe, Egmont 4. Sie fegt den Gäften im Saule
nicht mehr die Becher umber. Göthe, Bergſchloß. (Da) trat ein
unterjegter.munterer Mann zu uns heran. Göthe, Meifters Wau—⸗
derjiahre 3, 5. Mit einem Wort, weil id) mir's einmal vorgefeßt,
zu heirathen, fo mag mir die ganze Welt jebt vorjeßen was fie an
Gegengründen weiß, mir ſoll's Eins jein. Shaffpeare, viel Lärmen
um nichts 5, 4. Zur Freude der oben Vorgeſetzten. Göthe,
Meifterd Wanderjahre 1. 8. Kinder find auch allen Schaͤtzen, allem
Golde vorzufeßen (vorzuziehen). A. Tſcherning. «In welcher Ge-
ſellſchaft ex), ohne ſich einen Zweck vorzufegen, ſeinen alten Traäu—⸗
men nachſchleichen konnte. Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 14. Was
dir ziemt zu thun, ziemt mir erſt zu vernehmen, nicht vorauszufez-
zen. Leſſing, Nathan der W. 4, 4. Nichts zeigt fo kräftig, wie ſehr
man fi) Durch Die Gewohnheit über Alles wegſetzen lemt, als die
Beruden. Lichtenberg, Nachtrag zu den Beobachtungen über den Men⸗
(hen. Wie eine einzige frohe Nachricht von dir meinem Leben zehn
Jahre zufegen würde. Schiller, Räuber 1,1. Er ftrih aus, fegte
zu. Göthe, Leben 3. B. Hab’ meine ganze Baarjchaft von Liebe an
der Tochter fchon zugefegt. Schiller, Kabale und Liebe 5, 8. Er
feßte mir heiß zu. Göthe, Götz v. B. Weil mir aber das Wetter
zuſetzt. Schiller, Briefm. mit Göthe 6, 48. Selbſt der Braune
(hweiger, der fih zurüdgefegt fand, fpielte Die Condottiere. Pla—
ten, Seichichten des Königreiche Neapel 1, 2. Als man fi zum
Abendefien zufammen gelegt hatte. Göthe, Wahlv. 1, 10. (Das
Beniter) war von furbigen Gfäfern anmuthig zufammengejegt.
.2, 3. |
Yum. Stieler hat noch neben—, oben—, querfegen.
Geſetzt (Partic. Präter. von fegen) wird in uneigentlicher Ber
deutung für ruhig, mit Erift und Faſſung verbunden und diefe Stint-
mung verrathend gebraucht. — Doch kenn’ ich ihre Schweiter, die
ältere, gefeßtere. Göthe, meine Göttin. Spricht jener mit ge-
fegtem Geil. Schiller, Kampf mit dem Draden. (Wenn man)
614
die bei gewiffen Spielen verfchufdeten Schlaͤge mit mehr oder weniger
ra aushält. Göthe, Leben 2. B.
: eßer (ahd. sezäri, mhd. setzeere), Seßerei, Setzung, ſetzbar
find einfach und in Zufammenfegung, — feplich nur in Zufanumenfegung,
bejouderd mit ent—, er—, ge—, wider— gebräudlih; ſetzig —
halsſtarrig, verftodt, hört der Volksſprache an. — Da unfre Rechnung
wegen des Manuferipts mit des Setzers Bedürfniffen nidyt zuſam⸗
mentrifft. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 277. Diefer Fortjeger
des Werkes. Archenholz. D halt ein! rief Klaus dem Nadieper
zu. Meißner. Den Sie ald Ueberfeßer des Horaz feunen. Schil⸗
ler, Briefw. mit Göthe 5, 305. Der in einer Ueberſetzerei in
Die Lehre gethan ift. Lichtenberg, Bemerkungen zur Epiftel an Göb-
hard. Das goldene Zeitalter unferer Literatur ift leider jeßt in ein
verfalftes umgejeßt, und das gibt mir Anlaß genug, mich jowol über
Das Zeitalter als über die Umfeber herauszulafien. 3. Paul. Der
lyriſche Dichter . . . bedarf des Zonfegers, um in den Mund .des
Bolfes zu kommen. Platen, das Theater als Nationalinftitut. — (Mau
ſpricht) von. einer zweiten fchimpflihern Abfeßung. Schiller, Pics
Iomini 2, 2 Dan fonnte fehr bald bei Befegung wichtiger Stüde
auf fie rechnen. Göthe, Tag⸗ und Jahreshefte 1801, Die Durd-
feßung meines Zwecks. Peſtalozzi. In der Entgegenjeßung des
Schönen. Schiller Briefw. mit Göthe 3, 159. Als Wilhelm nad
der Fortjegung (der Geſchichte) verlangte, Göthe, Meiftere Wan⸗
derjahre 3, 5. Eine einzige Zugend war es, die in Sparta mit
Hintanfesgung aller andern geübt wurde, Vaterlandsliebe. Schille,
Lykurg. Nun erſchien Wielandse Ueberſetzung (des Shakſpeare).
Goͤthe, Leben 11. B. Die Ueberſetzungskunſt macht bei und
Deutſchen täglich neue Fortſchritte. Böttiger. Daß dieſe Ueberſez—
zungsverſuche nicht gerade zum Druck beſtimmt ſein müßten.
Söthe, engl. Literatur. Durch Umſetzung der einheimiſchen Pro—⸗
ducte. Göthe, Clavigo 2. Um auf ihre (der Worte) ſchickliche Um⸗
ſetzung zu ſinnen. Wolfe Die Vollſtändigkeit der Verſetzung im
das Homeriſche Weſen. Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 200. Fa
der Vorausſetzung, Daß dieß Ihre Abſicht dabei ſei. Daſ. 5,2
So war die Widerſetzung der übrigen eine Kühnheit. Schiller,
Abfall d. N. 1. B. Was find jene Elemente, an denen ihre Zer⸗
feßungskunft endet, Meyer. Das gemeinfcaftliche Schickſal ihrer
Zurädfebung und der Haß gegen den Minifter hatte fie wieder
verbunden. Schiller, Granvella. — Weder Taſtatur nah Fing er⸗
jeßung fohien zu einigem Gleichniß Gelegenheit zu geben. Goͤthe,
Reben 4. B. — Daß er (der Hut) nur aufjesbar ſcheint. Benzel⸗
Sternau, Wenn wir früherhin eine Stelle aus dem vielleicht über-
fegbaren Graf Carmagnola einzurüden Bedenken trugen, und ge
gegenwärtig mit kühnem Berfuch den unüberfeplichen Don Juan
615
ergreifen. Göthe, engl. Literatur. Wenn das Entfegliche mich trifft.
Schiller, Wallenfteindg Zod 2, 7. D blutige, entſetzensvolle
That! Daſ. &, 10. Mit der entſetz lich ſten Schnelle. Göthe, ital.
Reiſe Zrint 11. Sept. Bir Hagen den unerfetzlichen Schaden.
Göthe, Reineke Fuchs 1, 196. Die (Auszeichnung) freilich weder ge
jeßlich noch herfönmlich war.. Göthe, Leben 2. B. Hier zeigt fi
Beiſtimmung und Widerjeplichkeit, nad DVerjchiedenheit der Cha⸗
raftere. Daf. 14 B. Die wilde Zwietracht fprengt der Hölle eifern
Thor unwiderjeplich auf. Uz, die Kunſt ſtets fröhlich zu fein 4.
Gnutfeglih und erſchrecklich erllaͤren ſich aus ſich entfegen und
erfäteden ©. 100. Graßlich (wei zu ab. arüisön, mbb, gräsen,
niederd. gräsen = grautfen, ahd. griesic—=graufig, af, grüslih, grisenlich,
agf. grisiic, mhb, gröüsenlich = grauslich, griffelich, mbb..der griuse
= Graus, ahd. grülth, mbb. griulieh, griuwelich — gräulich, grauens
erregend, abd. Erben, mäd. gräen, grüwen == grauen gehötig; vgl. gr.
zpaser = tigen, zoo —= Haut, lat. horrere = graufen, flarsen) be
zeichnet den heftigſten Grab biefer Gemüthsbewegung, indem ber Gegenſtand
des Uebels ein aͤngſtliches Gtanen in uns erweckt. — Dann foll die Welt das
Schauterhafte fehn, und von des Vaters Blute triefen foll bes Sohnes Stahl,
im gräßlichen Gefechte. Schiller, Wallenfleins Tod 2, 7.
Yum. Stieler bat vie Adj. fegich, ſetzicht, ſetzlich, geſetzlich, ge⸗
ſezbar, gefeshaft.
Geſetz (ahd. gazez — Beſatzung, Beflb; gasezida — Gefep
r weiter S. 6 u. 216) ift einfach und in verfchiedenen Zuſammen⸗
Ispungen gebräuchlih. — Deine Seel’ it Gefeg. Aber ihr Bid
wid des Falken, ihr Herz wird Feuerſtrom, ba, er funfelt und es
eüiht, wenn das Ungeſetz winkt. SKlopfiod, mein Irrthum. Der
rieche jang in Igrifhem Ton Bürgergejep. Klopſtock, Wink. So
wenig . . als fich mein Erdklos (Körper) ja aus Erdgeſetzen nicht
beliebte. Herder. Bei dem gänzlichen Mangel an objectiven Ge⸗
ſchmacksgeſetzen. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 36, Die Bläue
des Himmels bart und das Grundgefeg der Chromatik (Kunſt
der Farbenmiſchung). Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer.
Die reichwoberhauptliche Abficht für Aufrechthaltung des grundgeſetz⸗
lien Berhältniffes der verfchiedenen Religionsbekenntniſſe im Reiche.
Ungenannter bei Campe, . Töchterchen heißt fie ihm dann, ift alles,
wad Zöchterchen küftet, Hausgeſetz. Sonnenberg. Es jcheint ein
unserbriuchliches Naturgeieh zu fein, daß fich jeder Thätigkeit eine
Regation entgegenſetzt. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 239. Ihr
nennt Euch fremd in Englands Reichsgefehen Schiller, Maria
Smart 1, 7. Dardh ein Schidjalsgejeb des Widerjpruche oder
Stillſtandes in menſchlichen Handlungen. Herder. Das Anerlenttwiß
des Sittengeſetzes. Soden. Der neue Richter wet mir die laͤngſi
verjährten Strafgefege. Shalipeare, Maß fir Maß 1, 3... Ein
616
Staatsgefet machte den Spartanern die Unmenfchlichleit gegen ihre
Sclaven zur Pflicht. Schiller, Lykurg. Schredt dein Todesgefep
dich mehr! Sonnenberg. Dort fand er noch fterbenden Schunmer
ſchwachen Tugendgeſetzes verfiel. Sonnenberg. Bar fie num
Damit zu Stande, fo wurde ein Weltgeſetz daraus geftempelt. Ben-
zel-Sternau. F J
Für eine Kleinere Abtheilung eines Gedichtes Hört man im "gewöhnlichen
Leben Geſetz, Bere (ahb. mhd. vers, agf. fers, engl. verse, franz. vers,
aus lat. versus, eigentlich == die Kehr) und Strophe (gr. oreopy =
Wendung, Tanz bes Chors). Wigentlich iR Vers eine. (metrifche, auch pro⸗
faifche) Zeile; dann eine Berbindung von Berszellen zu einem metrifchen Gans
zen, ale Abtheilung eines Gedichts. Das Kunſtwort dafür iR Strophe,
tm gewöhnlichen Leben Geſetz, welches Iehlere Wort auch überhaupt für einen
kleinern Theil einer Rebe flieht. — Aber jept machte fich eine Erzählung Lafl,
bie in Geſetzen, Bfalmen gleich, ſeiuem Mund entfiel, und bei jevem Ge:
feße wird es ſtiller. Benzels Sternau. Willſt dan zu Strophen werben,
o Halngefang? Klopſtock, Wingolf 1.
Anm. Geſet Heißt (jedoch mehr in der Volksſprache) noch der Abſatz in
Gefchriebenem oder Gedrucktem; jede der Abtheilungen zu 10 Fleineren Ringe
im Rofenfran;.
Geſetzanfſeher, —ausleger, —entwurf, —fälfeher, —feind, —frei,
—freund, — kunde, —prediger, — rolle, — vollzieher u. a.; Geſetzes⸗
kraft, —widerfprud, —widerftreit. — Eine Sammlung ſolcher Fälle
von vielen Jahrhunderten ift unſer Geſetzbuch. Göthe, Gög v. B.
1. Es wurde an demfelben Tage der neue Geſetzentwurf in. Bor-
trag gebracht. Campe. Als Gefegerkflärer haben fie (Die Rechts⸗
gelehrten) noch große ‚Ernten von Entdeckungen vor fih. Klopftod,
Gelehrtenrepublik. Geſetzvollſtrecker des Abdul wirft du dereinſt,
Geſetzerſchaffer in. ſeiner Beherrſchung. Sonnenberg. Ihm gehört
daher die gefepgebende Gewalt. 3 Paul, Heiperus 11. Det
Bhilofoph muß in den wichtiaften Handlungen, den morafijchen, ſein
eigener lagen und Gefeghalter fein. Daf. 21. Diefem
neuen gejeßgeberifchen Acte gegenüber. Augsb. Allg. Zeit, 1850.
Nr. 57. Auf die (Uebel) er aljo bei feiner Gef ecung vorzůg⸗
lich Rüdfiht nahm, Schiller, Lykurg. Dich, die Geſetzherrſchaft
kennt die Unglückliche nur. Klopſtock, die Denkzeiten. Bor der Ge»
Me jion des Gewiflens. 3. Paul, Heſperus 8, Pflicht⸗
und geſetzlos fteht er gegenüber dem Staat gelagert, den er ſchützen
tel. Schiller, Piccolomini 5, 1: Wilft du zu Strophen werden, o
Haingefang? Willſt du gefeglos (ohne Regeln des Sylbenmaßes),
Oſſians Schwunge gleich . . . frei aus der Seele des Dichters ſchwe⸗
ben? SKlopftod, Wingolf 1. (Er wollte) den Anordnungen, die er
getroffen hatte, eine a Sanction und gefegmäßige Stärke
geben. Schiller, Abfall d. N. 1. B. Ihm verfiufterte dieſe ploͤßliche
⸗
617.
Ueberſtrahlung alle im feiner. Seele aufgehangenen Geſetztafeln. J.
Paul, Heſperus 8. Nachtwolke ſchwebt' hinten nad) dem Heer des
Geſetzvolks (der Juden). Klopſtock. Alle proteſtirten laut gegen
dieſes geſetzwidrige Verfahren. Schiller, Abfall d. N. 4. B. Bei:
e 1. Mit einiger Methode kommt man dem Geſetz dieſer Geſe tz⸗
widrigkeit ſchon um vieles näher. Göthe, Farbenlehre 109. Wil:
fig und ohne Geſetzzwang übten damahls die Menſchen Treue und
Redlichkeit. Gedike. |
Ausſfetze, der, und ber Fit (mbd. üzsetze, ügsetzel) der
Ausfägige und der Ausſatz; das Beſetz = das, womit etwas befeßt
it (Straßenpflafter, Einfofjung eines Kleides, namentlich des Hemdes
am Hald- und Haudtheil, angenähete- Unterlage befonders am Schuh,
mhd. der besez — Belagerung, auch Befiß), die Einſetz (Maß
von Feldern und Grundftüden, halbes Suchart), das Unterfeß
(Stüße), die Borfeg (Vorſpann), die Vorſetze (was man vorfeßt,
ein Pfahl» und Bohlenwerk am Waſſer) find veraltend oder der Volfd-
ſprache angehörig, ' '
Anm. Ginfesg if eigentlich. wol ſoviel als in Einem Bors oder Nachmittag
mit einem paar Ochſen gepflügt werden mag. ’
Segart, —bord (im Schiffbau), —brett (bei den Buchdruckern),
— bühne (im Bergbau), —eifen, —erde, —fehler, —faß, —fäuftel (im
Bergbau), — garten, —graupen (im Bergbau), —hafen, —hamen,
— hammer, —haje (bei den Jägern), —holz, —karpfen, —kaſten,
—kohle, — kolben, —fompaß (im Bergbau), —kunſt, —füpe, —Iatte,
—lauge, — linie, — meißel, —ort, —pfanne (in.den Salzſiedereien),
—platßz, —rebe, —reis, —falat, —ſchaͤfer, —ſchiffer, — ſchlich (im
Hüttenweſen), —fohle, —ſtange, —ſtatt, —ſtempel, — ſtück, —teich,
(im Hüttenweſen), —wage, —weger (im Schiffbau), —weide, -
— wolle, — werk, —zapfen, = —zweig, —zwiebel; Setzerlohn;
Abſetzferkel, —füllen, —kalb, —lamm, —tiſch; Anſetzblech,
—ſpiel; Aufſetzholz (bei den Bädern), —maß (bei den Winden⸗
machern), — nadel, —ring (beide bei Stieler), — röhre (in den Berg-
werfen), —ftein (bei den Tuchbereitern), —ſtunde (in den Bergwer-
fen); Ausſetzhammer (bei den Tuchfcherern), —ftoß (beim Billard-
fiel); Einfegeifen, —löffel; Verſetzgrube (bei den Lohgerbern),
verfegling (Fiſchart, Gargantua ©.1%4); Vorſetzblech (im Hüt-
tenbau), —dedel (in den Schwefelhütten), —fenfter, — papier, — ſylbe,
—topf fin den Schwefelhütten), —wand, —mwort; Zerfehmittel
Cem auflöfendes ers, der Freundſchaft. 3. Paul, Siebenfäs 1). |
Sag (mhd. satz) überhaupt Das, was gejegt wird (eig. und fig.);
das in Worten ausgedrüdte Urtheil, in engerer Bedeutung, was in
Form einer Wahrheit in Worten alsgedrädt ift; Handlung des Setzens.
— In Einem Sat laß: ms aus dem Gedräng’ entweichen. Göthe,
Fauſt 1, 210. Die Mutter kann im Lomberjpielen, wenn fie den
618
letzten Satz verfpielt, faum fo viel banges Schrecken fühlen. Gellert,
das Kurtenhaus. Der Sag, durch welchen alles Ding Beitand und
Form empfangen. Schiller, die Weltweilen. Er bewies den Sa,
daß eltern ihre Kinder haffen, wofern fle ihnen nichts, ale Reichthum
binterlaffen. Gellert, der baronifirte Bürger. Die da lechent auf ſaß
(Hypothek) als auf hewfer, agker. Schmeller 3, 295.
Urtheil (f. ©. 82) iR Hier das Bewußtfein der Beziehung mehrerer zu
Einem Gedanken zufanımengefaßter Vorſtellungen.
Aufſatz 1) die Handlung des Aufſetzens; 2) das was aufgeſetzt
wird, uneigentlich etvas Zuſammenhangendes und Ganzes, was man
über einen Gegenſtand ſchriftlich aufgeert hat, meiſt von geringerem
Umfang; 3) (veraltet) hinterliſtige Beredung, Betrug; Haß, Groll;
Empörung; davon auffätzig (minder gut aufſäſſig, bei Stieler
aufjfegig und aufgefeßen); 4) (veraltet, theilweife in der Volls⸗
fprache erhalten) Entfchluß, neue und ungewöhnliche Auflage, Erhoͤ—
bung des Preijes. — (Do prangte, geformt vom Konditor, ein an-
ſchauuungswürdiger Aufſatz. Buß, der Abendſchmaus 71, Euem
neuen Aufſatz finde ich allerliebſt, wenn das Haar nur um einen
Gedanken brauner wäre Shaffpeare, viel Lärmen um nichts’ 3, 4.
Daß du bei Eongrefien und Vorträgen des diplomatifchen Corps wes
nigitens als Ofenaufſatz den Stlhonettdr machen könnteſt. J. Paul,
Titan 3. Service und Tiſchanfſätze ſtimmten zu dem Ganzen.
Göthe, Meiſters Lehrjahre 6, 6. Leider iſt dieſer Aufſatz erſt lauge
Zeit, nachdem der mitgetheilt worden, aus dem Gedächtniß
eichrieben worden. Goͤthe, Meiſters Wunderjahre 8, 14. Welcher
Bliftiglich und mit aufſatz chinterlifter Beredung) zu einer Aufrhur
| ufrubr) Urſach gibt. Tyroler Landordnung v. 1603, Sie find mir
‚alle wegen des Mädchens auffäſſig. Göthe, Jery und Bätelh.
Abhandlung (ſ. Handeln S. 604) iſt ein schriftlicher wie münblider
Vertrag von groͤßerm Umfang und möglich volltändiger Musführung und Gr-
fhöpfung des Inhalts. — Aufſtößig (ſ. ſtoßen) geneigt, einem Anbern zu
widerſtreben und dies thätig zu beweifen, mit dem Mebenbegriff des Aufgereg⸗
ten und Heftigen Widerfepend, Anfflügig if nur eine andere Form von
aufftößig. Beide Ausdrücke find in der Schriftfprache wenig gebraäuchlich.
— Irland fängt an aufſtößig zu werden. Ungenannter bei Campe.
Ausjag 1) die Handlung des Ausſetzens, befonders beim Bilard-
ſpiel; 23) das was ausgefeßt wird; 3) eine befannte Krankheit (10
heißt aush der Krebs bei den Pferden, die Finnen den bei Schweinen, der
Grind an den Bäumen); 4) (Volksſprache) Zadel. — Ein Gift, wie
das, müßte die Geſundheit ſeibſt in eiternden Ausiak verwandelt
Schiller, Kabale und Liebe 3, 3. Ausſatz der Menfchheit. Schiller,
ns 2, 8. Der Ausiägige mag fich inden, Shakſpeave, Ham⸗
et 3,.1. Br ’
619
Ausſchlag (ſ. Fhlagen) in das auf die Dberäche der Haut eines
lebendigen Körpers herausgelummene Krankhafte Urſchlacht (ahd. urslaht,
mhd. urslaht und urslac) für Rinverblattern, iſt mar noch landſchaftlich, wo
es urſchlecht, Urſchlacht, Usſchlechte, Durchſchlecht laute. — Er
Hatte fo einen gewiffen trochnen Ansfchlag, und feine Hände waren immer
gewohnt zu kraben. Goͤthe, Benvenuto Cellini 2, 6. Se
Beiſatz ift das zu etwas als nicht weſentlich Hinzugefügte, inſo—
fern es zur näheren Erflärung oder auch zur Beſchränkung beigejeßt
iſt. —* heißt es in jedem Falle, es mag mit demjenigen, zu
welchem es hinzugefügt iſt, in Verbindung, im Zuſammenhang ſtehen
oder nicht. — Haben Sie die Güte den Brief unmittelbar nach Zürich,
mit dem bloßen Beiſatz „bei Herrn Rittmeiſter Ort zum Schwert“
zu adreſſtren. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 279. So wurde das
Gerücht Durch immer neue Zufä be abfichtlicd) übertrieben. Schiller,
Abfall d. N. 3. B. Daß das Metall nunmehr von allen fremden
Zuſätzen gereiniget ſei. Goͤthe, Meifters Lehrjahre 1, 15.
Anhang (I. Hangen) wird nur gefagt, wenn das Hinzugefügte in ber
oben genannten Verbindung, in diefem Iufammenhange fleht.
GSegenfag 1) ein Sag, welcher einem andern . entgegenge-
et ift, bei einer gewiſſen Aehnlichfeit geradezu. eine Verſchiedenheit
ausdrädt; 2) finnverwandt mit Gontraft |. S. 87; 3) überhaupt ein
jedes Ding, welches einem andern entgegengejeßt ift, oder das Ger
gentheil eines andern Dinges it. — Der merkwürdige Gegenjaß im
hohen Sommer, in fühlen Zimmern, bei ſchwüler Wärme draußen,
diejenigen Gegenflände vor mir zu ſehen, denen man im flrengiten
Binter fich faum zu nähern tiaut. Göthe, Meifters Wanderjahre 3,
3. Und fo entſtand gegen die bisherige Art zu leben ein ziemlich fühl—
barer Gegenſatz. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 7.
Gegentheil (f. Theil S.96) iR allgemein das, was bei einer gewiſſen
Achnlichkeit in directer Berfchievenheit wozu iſt. Widerfpiel (f. Spiel
» 6. 168) vrüdt das aus, was fih, trug einer gewifien Aehnlichkeit, aus di⸗
recter Berfchiedenheit von einem Andern mit diefem nicht verträgt. Abſtich,
Contraſt ſ. S. 87. — Wenn wir gegeffen und getrunfen haben, find wir
grad das Begentheil von dem, was wir fein follen. @öthe, Götz v. B. 1.
Einen entſchiedeneren Contraſt konnte man nicht fehen als dieſe beiben
Männer (Bafedow und Lavater). Schun der Anblid Baſedow's deutete auf
das Gegentheil. Göthe, Leben 14. B. Nun begreife ich fehr wohl, wie -
uns ber Dichter aus einer jeben Leidenſchaft zu ber ie entgegenſtehenden,
zu ihrem völligen Widerfpiele, ohne unangenehme Sewaltfamfeit, bringen
kann. Leſſing, hamburg, Dramaturgie 27.
Ab—, An—, Be—, Ein—, Ent—, Er—, Nach —, Ueber—,
Um—, Unter—, Ber—, Bor—, Border—, Boden—, Grund —
(. S. 216), Kaffee—, Kirchſatz werden, mit Beachtung der ent⸗
620
jprechenden Zeitwörter, aus nachfolgenden Beifpielen Har. — Damit
die königliche Fabrik einen fihern Abſatz hätte. Göthe, Leben 16.8.
Sie bemerkte etwas in feinem Gefichte, das mit jeiner gewöhnlichen
Heiterfeit einen Abſatz (Abitih) machte. Wieland. Eh man ganz
droben ift (auf der Treppe), ift ein Abfag. Göthe, Göp v. 2. 1.
Sogleidy zeigte ex mir den Brief, worin der König in einem Abſaß
ſchrieb: er jolle gefchwind wieder fommen uud Benvenuto mitbringen!
Göthe, Benvenuto Eellini 3, 2 Das Frauenzimmer fam ihnen auf
ein paar leichten Pantöffelhen mit hohen Abſätzen entgegengetreten.
Göthe, Meifters Lehrjahre 2, 4. Sie erzählte ihm die Folgen ihrer
Begebenheit in verfchiedenen Abſätzen fehr umſtändlich. Daf. 7, 6.
Daß er daher mehr Neigung zur Schwärmerei und zu Schwärmern
hatte, als Anſatz dazu. J. Paul, Heiperus 7. (Die Wagen wa-
ren) an der Seite mit wunderlihen Anſätzen geformt. . Göthe, Cam⸗
pagne in Franfreih 13. Det. Wie alle diefe mehr Stoff als nöthig
zu ihren Kleidern genommen, mehr Tuch und Leinwand, mehr Band
zum Befaß. Göthe, Novelle, Ich habe alfo zwar nichts in der Lot:
terie gewonnen, habe aber doch im Ganzen meinen Einſatz wieder.
Schiller, Briefm. mit Göthe 6, 33. Wie wär's, wenn fie uns freien
Abzug a da ihr doch von Sidingen feinen Entfaß er:
wurtet? Göthe, Göß v. B. 3. In welder (Schatulle) ich einen
ziemlichen Erjag (für Das ausgegangene Geld) fand. Göthe, Mei:
fters Wanderjahre 3, 6. Zum Erjah für feine Mühe (will er)
Böhmen, das er fchon inne bat, für fich behalten. Schiller, Picco—
- fomini 5, 1. (Daß) feine — Stimme aus dem Vorderfatze
anfam als die mildefte im Nachſatze. 3. Paul, Siebenläs 5. Durch
den Nachſatz meines Vortrags. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 11.
Doß er aus Luft’ fi) nicht des MWeidners. Graben zum Ueberjaß-
anfjuche. Klopftod, mehr Unterriht. Mein Tiſch, der darf mich nicht
um Weberfa (zu große. Menge aufgefeßter Speifen) verflagen. Lo⸗
au. Du folt nicht wucher von deinem Bruder nemen noch vberfah.
uther, Bibelüberf. 3. Mof. 25, 36. Die Eintracht, die mit des Le
bens Freuden fo reihen Umſatz hält. Duſch. Sie fimden auf einem
Unterfaße. Göthe, Benvenuto Bellini 1, 11. Jene prächt’gen Hya⸗
cinthen . . . legt anigt Donna Zimene in die Hände des Gemahles
gum Berjage, zum Verkauf. Herder, Eid 45. Und bat aud im
arzu gefaßt ze Urfage fein gut. Mon. boica %4, 364 v. %. 1324.
Nie hab’ ich durch Borfag oder That das Leben meiner Feindin an-
getaftet. Schiller, Maria Stuart 5, 7. Aufzuckt im Gemüth mir ein
Sraunvorfag. Platen, die verhängnißvolle Gabel 2. (Es brennt)
mir der Fluchtvorſatz in der Seele. Daf. 3. Zur vorfägliden?)
21) So ſchreibt Göthe meift, felten vorfeplich, 3. B. Iphigenie 1,2: Durd
ein vorfeglich Mißverfiehen. Stielee und Campe "haben vorſ Rn Und:
logie von erſetzlich — was erfeht, wofür Erfab geleiſtet werben , ſpricht
Bi
Feſtigkeit. Göthe, Wahlverw. 1, 10. — Nur der Bodenfab der
Stadt war zurüdgeblieden, die Häufer zu hüten. Schiller, Räuber 2,
3. Allen diefen entjeglichen .Bodenfat des am Rande jchmeichelnden
Kelches habe ich ausgetrunfen. Göthe, Meifters Lehrjahre 8, 9. Daß
ihr des Fingerſatzes Kunft begreift. Shafeipeare, der Widerſpen⸗
. figen Zähmung 3, 1. Nachdem fie zuvor in die Hand mir geſehn,
in die Karten und ihren Kaffeeſatz. Platen, die verhängnißvolle
Gabel 2. Wann ein Pfleger in einer hofmard) von alters - her
den Kirchſatz (die Kirchvogtei) hat. Landtagsord. von 1605. Sie
erfhrac® über den unvermutheten Schlußſatz. Wieland.
Aum. Stieler bat noch Gelt—, Kort—, Rahts—, Reimfaß. -
Satzung f. S. 6, früher auch Taxierung. Befaßung 1) die
Handlung des Beſetzens (früher auch des DBefigens); 2) dasjenige,
womit etwas befeßt wird, bejonders die Mannſchaft, mit welcher eine
Stadt befegt wird. — Bürdet ihr niht Satzungen auf dem ges‘
weihten Dichter? Klopftod, Aefthetifer. Sp auch duch euern Sapß-
meifter und auch Die gemeldte Sabung begriffen ift, ſchickt und deren
eine Gopie. Krenner, Landtagsh. 5, 78. Pfui! ſolch ein Dann
ſtirbt Hungers, weil er nur, was Gott gejagt, nicht Menſchenſa—
bung lehrt! Voß. Wie wir die Spaniihen Beſatzungen los wa-
ren. Göthe, Egmont 1. ;
Satzbrief (Pfandbrief), —fiſch, —haſe (Zägerfprache), —berr,
—farpfen, — loch (in der Baufunft), —maß, — mehl, — meifter, —meißel,
—möhre, —rübe, —ſtock, —ſtück, —teih, —weide, —weile, —zeit,
— jwiebel; Abfapdraht, - holz, —kuchen, —ort, —ſchneider, —weife,
—zwed; Anfagaröße, —rehnung; Aufſatzplatte; Beſatzteich;
Einſatzbecher, —eiien, —fom, —geld, —gewicht, — herr, —ſchach⸗
tel, — ſchüſſel, —fpiel, —teich; Erfagmann, -—mittel, — quelle;
Sapungslos, —recht; Befabungsmannfhaft, —redt.. —
Er miſcht abjakweife in Damons Geſang die Worte. Göthe, Idylle.
Wie aus der hohen Drüden, Berfammlungen ſatzungenlos fih der
Barden Lied ſtürzt. Klopftod, Wingolf 5.
Sattel (ahd. satal, satul, mhd. satel, agſ. sadul, altn. sa-
dull) früher von Ort und Ding, wo und auf welchem man fißen
fonnte, gebraucht, bezeichnet nhd. gewöhnlich nur den gepoffterten Sitz,
melden man einem Pferde oder andern Thieren auflegt, um bequem
daranf zu reiten; in uneigentlicher Bedeutung wird das Wort von ver-
ihiedenen Dingen gebraudt, welche Nehnlichkeit mit einem Sattel
haben. Davon fatteln (ahd. sataldn, mhd. satelen, agi. sadlian),
ab—, aufjatteln; Sattler (ahd. satilAri), Sattelung — Er
— — — — — — ı
—
für vorſetzlich; vie Analogie von abſichtlich — mas mit Abſicht geſchieht,
ar ——— es ſcheint, mit mehr Recht, für vorſätzlich — was mit Vor⸗
aß geſchicht.
622
ritt ohne Sattel und Gteigbügel. Göthe, Meifters Wanderjahre 3,
16. In eines Eſels Packſattel. Shakſpeare, Coriolan 2, 1.
Knapp, ſattle mir mein Dänenroß! Bürger, die Entführung. (Er)
fah unter fi vorübergeben die abgefattelten Trauerpferde. 93.
Paul, Titan 47. Gr gebot, in aller Frühe aufzufatreln. Müller.
Daß wir uns jo geduldig alle Modenarrheiten auffatteln laſſen.
Ungenannter bei Campe.
Sattelbaum, —bein, —bogen, —dadh, —fertig, —fliege,
—frei, —gurt, —gut, —hammer, —hof, —holz, — kammer, —kiſ⸗
fen, —knecht, —krähe, —lehen, — muſchel, —pferd, —raupe,
—riegel ‚ roß, —rücken, —iteg, —taſche, —wagen, —zeug,
—zwicken u. a.; Sattlerahle, —arbeit, —ei, —eiſen, —garn,
—zwecke. — Gold und Edelfteine und prächtige Stickerei war an der
purpurfarbnen Satteldede verſchwendet. —2* Chronika der
drei Schweſtern 3. Ha! Kind! ſei nur erſt ſattelfeſt, jo iſt mir
nicht mehr bange! Bürger, die Entführung. (Die Inſel) erhebt fid
_ fattelförmig. Chamiſſo. Wir haben niht Sattelhenkens Zeit.
Göthe, Götz v. B. 5. Er nahm die Haudfchuh vom Sattelknauf.
Uhland, Junker Nechberger. Haut durch bis auf den Sattelfuopf.
Ubland, ſchwäbiſche Kunde.
Sedel, der, (goth. sitls, ahd. sedal, mhd. södel, sidel, ſ.
Sefiel ©. 598) 1) (veraltet) überhaupt Sitz; 9) Sig auf dem
Lande, Landſitz, befonders einer ehemals |. g. gefreiten oder adelichen
erfon. Der Befiger eines in die Sandinfel eingetragenen gefteiten
dels hatte ehemals „jo weit der Dachtropfen gieng“ die Gerichts⸗
barkeit, war den gewöhnlichen Scurwerfen nicht unterworfen, und
zahlte keine andere, als die |. g. Nitterfteuer. — Das von alter Se—
del find, die follt ihr nicht fleuern. Inftrnetion an die Steuerfamm-
ler von 1455. Wie denfeldben Sedelhof jet Ulrih Sedlmayr zu
Affalterbach befißt. Mon. boica 10, 586 v. 3. 1526. — Naht:
fedel (Nachtherberge) nemen. H. Fr. I. 1. 129 v. 3. 1318. Daß
fie jedelhafft (anſäßig) werden in der Stadt, Wagenſeils Nürnberg
320. — Auf Jemands Urbar Cliegendem Eigenthbum) befedelt ſeyn.
Mon. boica 7, 304.
Siedel, die, das, Cahd. sidil, sidel) 1) Bank, Die zugleich
Sig und Behältnig für Wälche, Kleider ꝛc. (ſ. g. Bankkiſte) iſt; 2)
(veraltet) Betbank in der Kirche, auch Beichtſtuhl. — Ein ſidel ik
ein banc. Diut. 1, 315. Sideln und Laden, die nicht angenagelt
find. Rechtsbuch v. 1453. In der Sydl im Kor, da die brieiter
innfrend. Münchener Urfunde v. 1493. — Und ift ein Aufidel, do
der Vater aufſaß. Rechtsbuch v. 1453.
Siedel, der, gebräuchlicher Siedler (ahd. sidilo, mhd. sidele),
An—, Ein—, Zwetfiedler; einjiedleriih; Siedelei, Ein:
fiedelei; fiedeln (ahd. sidaljan, mhd. sidelen), an—, ein—,
623
überfiedeln drüden fümmtlich ein Wohnen auf einem Siedel, ein -
Anjäifiglein an einem Orte, den Ort felbt, den, der an demfelben au—
jälfg it, aus und bedürfen feiner weitern Erklärung. — Biel der
Släub’gen, viel der Armen kamen zu des Siedlers Klaufe GN.
Vogl, St. Benedeck mit dem Sädel. Der einjidel. A. v. Evb,
(15. Jahrh.). Und fo geziemt es dem Emjamen die Einfiedler
aufzuſuchen. Göthe, ital. Neife 35. Jamar. Was konnte überhaupt -
einem Menichen viel fehlen, der aus feiner ftillen Woche eines Ein-
ſiedlers auf einmal im die Flitterwochen eined Zweifiedlerg ge-
fahren war? J. Paul, Siebenfäs 3. Gleih dem Bergeinfiedler.
WVoß, der Abgefchiedene. (Zunge Eichen, die) wie die Seele des
| Be tedlers bimmelmärts ſtreben. Benzel-Sternau. Gleich dem
nfiedlerifchen Vogel. Schiller, Inngfrau v. D. Prolog 2, Der
Patriarch verſprach mir eine Siedelei auf Tabor. Leſſing, Nathan
d. W. 47. Kleine Einfiedelei. Bürger, das Dörfchen. -—- Bo
fiedelte das erſte Paar. Rüdert, gef. Ged. 6, 192. Schwalben
batten an meinem Sins geſiedelt. Daſ. 4, 25. Die (Stimme)
feitdem in Mitte ihres Lands fih angefiedelt. Schiller, Tell 2, 2.
Auf der Höhe über Biebrich erfchaute man das weite, prächtige Fluß-
thal mit allen Anfiedelungen innerhalb der fruchtbarften Ganen.
Goöthe, St. Rochusfeſt. Einfiedelnd auf des Aetna Höhen hauft
ein frommer Klausner. Schiller, Braut von Meſſina. Der wohl:
einfiedelnde Dichter. Boß, an den Grafen Holmer 13. Diele
Haushaltungen find Willens fih nad) Amerifa überzufiedeln.
Heyuap.
Sich niederlaffen (f. laſſen) und anfiedeln laſſen unbeſtimmt, ob
ber Sitz bleibend ſei oder nicht; ſich anbanen (von bauen, goth. hauan,
ahd. püwan, püan, mho. binwen, büwen, agſ. buan, altn. bua, niederd.
bien, büwen, büjen, neuniederl. bouwen, engl. big; vgl. gr. prev =
hervorbringen, pflanzen, lat. fuo, wovon fui, futurus) flieht nur von einem
feſten Wohnſitz. — Gin Sungling, welcher viel von einer Stadt gehört, in
der ber Segen wohnen follte, entfchloß fih, daß er da ſich niederlaffen
wollte. @ellert, der Jüngling. Kleinere Gutshefiger, die kuͤhn genug vor
. Zeiten ſich in gefährliche Nieverungen angebant. Göthe, Meiſters Wans
derjahre 2, 5. Anch uns fleht’s frei, und auswärts anzubauen. Schiller,
Aeneis 4, 64.
Anm. Zu biefer Wurzel gehören noch verfchiebene Orts: und Perfonennamen:
kaufig, Seffenbah, Seffenhaufen, Einſiedel, Cinſiedeln, Wuns
ſiedel. — Holflein (Holsatia) iſt nun entftellt; die Holzſaßen fommen ale
holsati, holzati, holtzati in alten Denfmalen (kei Helmold. chron. slav., Adam.
brem.) vor. Sachſen (mhd. Sahse und Sasse) gehört zu sahs ©.55@, fo ges
nannt, entweder weil fle das Steinfchwert führten oder den Gott Sahsnöt, Sax-
— — Echwertführer, des Schwerts theilhafiig) an ihres Namens Spitze
—
624
Pflegen ').
(Wurzel plag, phlag; plig, phlig.)
Pflege, pflag und pflog (pflegte), ‚gepflegen und gepflogen
(gepflegt), pflegen (ahd. phliku, phlac, phläkum&s, phlekaser,
phlekan, flökan, ph(f)legan; mhd. pflige, pflae, pflägen, gepfle-
en und gepflogen, pflögen; auch ſchwach pflögte, gepflögt; agi.
had) plegjan, pleggan, altj. plegan, mittelniederd. plöghen) be
deutet num (von der Grundbedeutung, wie Weigand fie. aufitellt,
ausgehend) 1) etwas als ein Untergebenes haben, regieren (jet ver-
altet, vgl. Zandpfleger); 2) (erſt mhd., durch natürlich hervorge⸗
gangenen umjchreibenden oder hilfözeitwörtlichen Gebrauch des pflägen,
2. 5, er pflac teilen — er theilte) thun wie es einem üblich ift (fo
auch altn. plaga), und fo durch Wiederholung in Weblichkeit haben,
fei es nun in hun, Xeiden, Gejchehen; 3) ſich augelegen fein laſſen,
Sorgfalt worauf verwenden, daß es damit wohl ftehe; davon 4 ſich
einer Annebmlichfeit oder dem, wie man es gerne hat, mit gamzer
Seele hingeben. - - Arioth vnd Eangar haben die Juden gepflegt
(fie regiert) achtzig Jar. Aveutinus, Chronik. Das Lund, des die
Ehriften pflagene (das die Chriſten in Beſitz Hatten). Seript.
brunsvic. Mit welchem ex fo foftfrei pflag zu fein. Opiß, deutſche
oem. Breslau 1625. ©. 106. Als unſern blinden Alten Die Sonne
ot, wie er aumeilen pflag, die Mittagsruhb im Myrthenrund zu
halten. Wieland, Oberon 7,.29. Wo um und Hellas goldner Tag
in dunklen Zraum zu fpielen pflag. Voß, Penjerofe 201. Der
fonft jo warm für mid zu fprechen pflegte. Sciller, Biccolomini
2, 2. Bir pflogen abgeriffened Geſpräch, wie e8 den Wanderer
freut. Göthe, Venedig. Epigr. 2. Durch den Maria Unterhandlung
mit mir pflog. Schiller, Maria Stuart 4, 6. Es wäre Denn, das
der Vater auch jolher Verrichtungen pepflegen hätte. Baier. Land:
recht von 1518. Nah gepflegnem rat. Hug, Rhetorica Tübingen
158 Bl. 109. Wenn Gi guter Ordnung geflogen hettind. Tſchudi,
Schweizerchronik 1,198. Mit ihnen beiden pfleg’ ich Raths. Scil-
ler, Tell 1, 2. Ich felbit war deine Wärterin, nicht fchämt’ ich
der Kleinen Dienfte mid, ich pflegte deiner mit weiblich jorgender
1) Das Wort ift frühe ſchwankend, flarf und ſchwach biegend, mit verſchiede⸗
nen Ablaut, wie — nhd. — Die Wurzel iſt nicht klar. Wackernagel fell,
in Bezug auf die Form etwas gewagt, das Wort zum gr. Array = ſeher,
Prtyapos —= Augenlied; Weigand ftellt ald Grundbedentung anf: „etwas üben,
ihm dauerud obliegen, es gleichſam ale Geſchäft treiben; etwas fich angelegen fen
laffen, wozu mun natürlidy oder durch Auftrag gehalten und geneigt if“; Die:
fenbach findet Verwandtſchaft mit goth. flekan — Hagen, lat. plectere =
ſtrafen; Grimm (ram. I, 397) fagt: „Merfwürbig, wenn pflegen undeutſch
wäre, da dies Wort ftarfe Conjugation Hat; im Both. fehlt das Wort, fo wie
Pfluͤcht, das vielleidyt mit pflegen gar nicht verwandt iſt.“
‘,
625
Geſchaͤftigkeit. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 18. Alſo pflag der
hohe Kaijer auf den Burgen nur der Ruh. Fr. Schlegel, Karl und
Moland. Welcher meines Leibes pflag. Rückert, gel. Gedichte 3,
23. Alfo ſchmauſeten wir und pflegeten unieres Leibes, wohlge-
muth, an der Fülle gefegneter Schalen und Schüſſeln. Voß, der
Abendſchmaus 196, —
Gewohnt fein (ahd. k(g)iwon, mhb. gewon, ſ. Gewohnheit S.
89) unter einerlei Umſtaͤnden fo gleichförmig wiederholen, daß das fo Hervor⸗
gebrachte wie ohne deutliches Bewußtſein der Beſtimmung dazu, gleihfam zur
. Natur geworben gefchieht. Warten (ahb. warten, mhd. warten, altf.
wardön, agf. weärdjan, mittelniederb. warden, von ahd. diu wara = finnliches
Aufnehmen in. das Bewußtfein, Wahrnehmen, agf. ware = Aufmerkſamkeit,
Vorficht ; vgl..goth.vards, ahd. warto, mhb. warte, nhd. Wart, Wäartel, Wär:
ter) beveutet zunächft fchauen; dann Acht haben, anfpaflen; weiter ordentlich be⸗
forgen, feine Ihätigfeit darauf, was ‚zum Bellen einer Berfon oder Sache ers
fordert wird, verwenden. Abwarten — auf einen Gegenfland die Zeit und
Thätigfeit verwenden, welche zu befien Beſtem durchweg (bis zu Ende) erfor⸗
dert wird. Hegen (ahd. hek(g)an, mh. hegen, altn, hegna ; ahd. mhd.
bac = Hag, Umfcliegung eines Raumes, Gebüfch, agf. häg = Zaun) zus
nächſt umzäunen; dann überhaupt etwas durch Bürforge davor fchügen, Daß
daran Fein Schaden gefchehe, im Beſondern wenn durch Warnungszeichen oder
bloße6 Verbot gefhügt wird; dann fchüßend aufnehmen und wohl halten;
davon haben und forgfanIınterhalten. — Wilhelm fand meiftens befanute Ges
genſtaͤnde, jedoch lebhafter und bedeutender vorgetragen, ale er fie ſonſt zu
fehen gewohnt. war. Göthe, Meifters Wanverjahre 2, 2, Nemfig warten
jeder Nebe, pflegen wollt’ ich jeden Baum. Bürger, Hulvigungsliev. Cie
fucht des Mannes, wie fle kann, zu pflegen und zu warten. Voß, Luife
8 b, 250. Ge if Wildbret, das ich eigentlich nicht hege, das nur von uns
gefähr in meine Gehege übertreten iſt. Leſſing. AU’ ihre Kintlein hegt
‚ und pflegt fie, an ihr liebend Herz gelegt. Bürger, die Elemente.
Er—, ver—, beranpflegen find an fih Mar. — Wo Lie)’ und
greundichaft unfers Herzens Segen mit Götterhand erfchaffen und er=
pflegen. Göthe, Fauft Vorfpiel. Wo des Landmannd Weib und
Zöchter freundlich ihrer fih annahmen und fie treu verptlegeten,
Herder, Eid 59. Daß man fie forgiam. hegt, dankbar bekleidet und
verpflegt. Bürger, nothgedrungene Epiftel. Verpflegt ein Sterb-
licher jein fchlechtes Theil allein, und feine Seele darbt, wie kann er
glücklich ſeyn? Uz, Knnſt .ftets fröhlich zu feyn 1. Hat Eine ſich
den Helden num beinah hHerangepflegt. Göthe, Kriegsglück.
Anm. In varticip. Zufammtenfegung fagt Bürger: Der verhaäßteſte von allen
gettgenflegten Königen. z | j
Pfleger (ahd. plögari, flögare, mhd. pflegzere), Pflegerin
(ahd. pf(f)legara) 1) eine, Perfon, welche über eine Sache Aufficht
führet, fie verwalter; 2) eine Perfon, die für eine andere Sorge trägt,
u
626
für ihr Beftes wachet. — Setze Richter und Pfleger, die alles vold
rihten. Luther, Bibelüberſ. Eſra 7, 25. Er fand der Fäafen erba-
bene Fürſten und Pfleger. Voß, Odyſſee 7, 136. Männer, des
Deptfordichiffs viellundige Steurer und Pfleger. Baggeſen. Bie
rũhmlich iſt's, von feinen Schägen ein Bfleger der Bedrängten jeyn!
Gellert, die Gutthat. Der Arzt des Ortes war nur ein gemeiner
Bartpfleger. Campe. Als ihn des Bezirks Landpfleger gefragt.
Platen, rom. Dedipus 1. Der Stadtpfleger Demetrius. Wieland.
Defien (ded Kindes) unmittelbare Pflegerin fie um fo mehr werden
fonnte. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 9. Du Liebespflegerin!
Shafipeare, Romeo und. Zulie 3, 2.
Pflege (mhd. pflöge, pflögnusse) 1) die Handlung des Pie
gend, als Aufficht über eine Sache, Sorge für deren Gedeihen; 9
(veraltet) eine der Auffiht und Verwaltung eines Andern anvertrante
Gegend, ein folcher Bezirk, ein ſolches Gut; 3) (veraftet) ein ſolches
Amt (eine folhe Pfründe), das in der (adeligen) Familie erblich war.
Pflegung die Handlung des Pflegens; pflegig ift felten. — Er
bedarf fo fehr der Pflege. Schiller, Zell 1, 4. So nimm. nm
auch von mir die Pflege als ein willlonımner ftiller Gaft. Goͤthe,
Fauft 1, 64. Kranke werden dafelbit mit einer fo wohl geleiteten
Sorgfalt verpflegt, daß Begüterte von allen Ständen die Bar:
tung dieſes Haufes der Pflege ihrer eigenen Familie vorziehen.
Sturz, Bernſtorf. Darumb wo die Pflegen on die Gericht erlangt
werden. Layſche Anzaigung von 1531. Zehen andere Tribunale be:
fhäftigten fih mit der Gerechtigkeitspflege. Schiller, Solon.
Nach Ignatz Freyherrn von Heidons Zode folgte ihm in der Pflege
feine Tochter Anna. Baumgartner, Neuftadt a, d. ©. 51. Preußen
verlangte Verpflegung für feine Truppen. Göthe, Tag- und Jade
— — Auff geſundheit pflegige manier. Fiſchart, Gargan⸗
tua S.
Pflegeeltern — Auferzieher von einem oder mehreren nicht leib⸗
lichen Kindern. Pflegevater, —mutter. — Der Pflegevater
hält mit der Arbeit inne. Goͤthe, Meiſters Wanderjahre 1, 2. Die
Pflegemutter ſagte ohne Bedenken Nein. J. Paul, Zitan 11.
Stiefeltern (GStiefvater, - mutter, ahd. stiuffater, stiufmuoter, von
ahd. stiufan — berauben) find vurch Anheirathung geworbene Gitern von Per
fonen, diefe mögen nun much der Auferziehung berürfen ober nicht; der Aus
drud mifcht in Stich-— gerne den Nebenbegrif des Mangels an elterlider
Liebe, des Lieberaubens, Liebefremben gegen die Rinder bei. — Go wars as
lich dem Stiefvater unmöglich, die Bitte für die fchönfte Stieftodter
abzuweifen. 3. Baul, Heſperus 18. Ich Hätte einige hübſche Partien thun
fönnen, wenn nicht meine Stiefmutter, aus Furdt vor rer Ausſtattang.
fie zu vereiteln gewußt hätte. Böthe, Meiſters Lehrjahre 1, 3. Stefmüt⸗
627
terlich gehnnt, ſah fie Dich faum, gleich übte fle verberblich ihre Macht,
Schiller, Bhäpra 1, 1.
Anm. Das Wort tief, ahd. stiuf, mhb. stief, agf. stööp, altn. stiup,
älternhd. Reuf kommt nur in Zufammenfegungen vor. Selten find darum Formen
wie folgende: Und die Gefahren, bie nun ber Geſchwiſter von einer ſtiefge⸗
wordnen Mutter warteten. Götbe, Iphigenie 8, ‘1. Ich achtete fie als Bes
ſchwiſter, aber nur ale ftiefe. Kückert, gef. Geb. 1, 169. Wie behandelſt du mich
Rief. Daf. 6, 244.
Pflegling und Pflegekind iſt ein Kind, welches nur infofern
Jemanden angehört, al8 er für deſſen leibliches und geiftiges Wohl
’ forgen bat. Pflegefohn, —tochter. — (Sie) legen ihren hol-
n PBflegling drein (in den Kahn) und ſchaukeln ihn am Ufer auf
und ab... Nimm fie bin, mein theures Pflegekind. Uhland,
normännifcher Brauch. (Daß fie) nichts als meine Pflegetochter
iſt. Leffing, Nathan der Weiſe 5, 5.
Ziehkind (ſ. ziehen) ift ein im Jemandes Sorge zur Grziehnng ſtehen⸗
des Rind (nicht deffen eigenes); Zögling (f. ziehen) ein in Jemandes Sorge
zur Erziehung fehender ober gewefener Menfch, weldyer nicht bes Grziehen⸗
den eigenes Kind if. Mündel (ahd. mundiling, älternhd. Mündling,
von ahd. mhd. dia mund = Schu, der munt = Schützer, foramundo =
Bormund; nah Grimm und Warernagel von lat. manus — Hund,
infofern diefes Wort (manus) auch für Gewalt (potestas) gebraucht wirb;
nad Weigand zu lat. munire — fchüben gehörig; Wadernagel vers
gleicht noch gr. uvı7 — Ausfluht, auvvey —= abwenden) If ber Unmündige
in Beziehung zu dem, der über ihn als einen Baterlofen, Berwaiken, väters
lichen Schug und Batergewalt ausübt (in lepterem Sinne fteht auch Pfleg⸗
ling). — Wehr laffen wir unfere Böglinge nicht fehen. Göthe, Meifters
Wanderjahre 2, 2. An dem fürfllihen Hofe wurde Brinzeffin Sophronie als
Mündel erzogen. Dof. 3, 10.
Acker —, Bienen—, Kompflege; pfleglich (mhd. pfliögelich),
pflegfam; Pflegeamt, —befohlen, —beftellung, — gericht, — ſchaft,
—fhreiber, —vogt, — wirth u. a. — Die pfleglih!) bey ©.
Gnaden geweſen. Krenner, bayr. Landtagsh. 14, 445. Er rauchte
vor dem Schlafengehen pfleglich jein Preifihen. Campe. So aller⸗
wege treu, fo weiblich pflegſam. Shakeſpeare, Cymbeline 5, 5.
Die ihn ernannten zum Pfleger eines pflegebedürftigen Bolks.
Waͤchter. Der Krankheit weih' ih Pflegebäufer ein. Uhland,
He Emft 3. Der pflegelofe Lazarus. Kofegarten. Seine
Bflenef hweiter bat ihn oft. 3. Paul, Titan 2, Denn Deine alte
BVärterinn, voll Mutterfinnes, aus welchem der Pflegefinn aufge
fproßt war. Benzel-Steman. |
2) Schmeller, der I, 329 dieſe Stelle anführt, bat: „pfleglich, gemöhntich 1*
Gtieler führt pfleglic als Adi. und Adv. — solitus, solito; moderatus, mo-
derate; mediocris, mediocriter; curatus, curate an.
Pr
. 628
Pfflicht Cabd. Aiht, phliht, mhd. pfliht, pflicht) jede ſittliche
Nothwendigkert; Vorforge; Umgang; Gewohnheit, einfach und in Zu-
fammenfegung gebräuchlih. Davon (das feltnere) pflichten, ver-
pflihten (f. ©. 35), beipflihten; pflihtbar, pflichtig,
pflihtlih; Berpflihtung. — Sie kommen dann und zollen dir
Huldigung und Pflicht. Bürger, an Zhemiren. Obgleich zu jeder
Dienstpflicht euch verbunden. Shafipeare, Othello 3, 3. Bir be:
fennen uns Dadurch ihm gleichfam dieuſtpflichtig. Göthe, Wahl:
verwandrichaften - 1, 6. So weit e8 möglih meiner Ehepflicht
Platen, verbängnißvolle Gabel 2, Der Eidespflichten unbeichadet.
Schiller, Piccolomini $, 1. Der Erbpflicht eifern- Joch. Hage⸗
dorn. Bon feiner Erzäblerpflicht wurde er bald abgelöft. Göthe,
Meifters Wanderjahre 1, 8. Frankreich erfüllt die Freundes-
pflicht. Schiller, Maria Stuart 2, 2. Seit mir find bei Mas-
feraden Heroldöpflichten aufgeladen. Göthe, Kauft 2, 41. Wenn
Menfchengefchlechte untergehn Dusch das Todesengels verfäumete Hod-
pflicht. Sonnenberg. Dod zog ich firenge Königspflichten vor.
Schiller, Maria Stuart 2, 9. Die Kriegespflicht an Attus Tul-
Ius bindet, Gollin. Er fprach jehr ernft von... Lebenspflichten.
J. Paul. Dienft, fo wie Lehnspflicht, lohnt füch ſelbſt im Thun.
Shafefpeare, Macbeth 1, 41. Ganz durchdrungen von ihrer Mut:
terpflicht. Ziedge, Urania 6. Er langt im Klofter an, beichwört
die Ordenspflicht. Bürde. (Er fing an) in einer muntern Rede
feine Batbenpflihten zu äußern. Göthe, Bahlverwandtichaften 2, 8.
Wenn ich bei meinem Amte nie auch einer Brivatpflicht entitehen
möchte. Herder, Antrittsrede in Büdeburg. Das ift unfre Reiter:
pflhicht. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 15. Das ift eure Ritter:
pflicht. Göthe, Götz von Berlichingen 1. Die fromme Sohns-
pflicht heiligt meine Waffen. Schiller, Jungfrau von Orleans 2, 2.
Dem Bater diefe Trauerpflicht zu-leiften. Shafefpeare, Hanlet 1,
2. — Pflichte mir deine Treue. Rüdert, gei. Ged. 3, 491 Nur
der Fahne bin ih verpflicht. Schiller, Wallenfteins Lager 5. Hent
haft du den Vater dir, den glüdlichen, verpflichtet. Schiller, Pic⸗
colomini 2, 4. Ste werden mir aber auch darin beipflidhten. Schil⸗
ler, Briefwechfel mit Göthe 3, 171. — Es preife fih, wer Keinem
mit jeinem Leibe pflichtig ift auf Erden. Schiller, Tel 2, 2 (Ge
Ichäfte, die er) in der Stadt und bei Hofe zu betreiben pflichtig if.
Göthe, ital. Reife Neapel 19. März 1787. Richt fo wurden wir
einft lehnpflichtig dem König. Pyrker, Rudolph 5. Der Begriff
der Pflichtigkfeit, Michaeler. Bor der Lieblichften Altan fteb’ ic
pflichtig jeden Abend, blicke traurig ftill hinan. Uhland, der Jäger.
Nah Eindliher Berpflichtung. Shafefpeare, Hamlet 1, 2.
Pflichtauker, —anfertau, — beitrag, — bruch, — ei, —erlaffung,
— erweifung, —frei, —-gebot, —gebühr, —geld, —gemäß, — genoß,
629 .
—form, —leiftung, — ſchein, —ſchuldig, —theil, —vergeffenheit u. a.;
Pflichtenlehre, —ftrei. — Des edein Pflihtgefühles Ue—
bung gibt, ach! unter linvergeßlichen den Tod. Göthe, Eugenie 3, 2.
Pflicht- und geſetzhos fteht er gegenüber dem Staat gelagert. Schil-
ler, Piceolomini 5, 1. Ein pflihtmäßiger Arzt wird aber immer
wünſchen. 3. Paul, Titan 33. Dem Gerechten (Könige) leiftet man
fie (die Dienfte) pflihtenmäßig, Herder. Der Freundfchaft Schrei
folgte ihm, aber Pflihtruf und Unmöglichkeit riffen die Sehnfucht
vom Derlufte. Benzel-Sternau Mancher bije Pflichtträger, der
ſich gleich jenem im &vangelium weder vor Gott noch Menfchen fürch-
tet, fcheuet fich wenigftens vor der Schande eines Journals. Herder.
Immer pflihttreu und gewiffenhaft. Wolfe. Mit fefter Pflicht-
treue. Wolle So ftünde jetzt auch ich als DILLOTSEEdel en:
mitichuldig und beſchaͤmt vor deinem Blick. Göthe, Taffo 2, 4. (Sie)
erfannen mancherlei Plane, wie jie ohne Pflichtverleßung in der
angenehmen Nähe zu verharren allenfalls möglich) machten. Göthe,
Meifters Wanderjahre 2, 7. 2
Aum. Pflug (abd. mho. pflauc,.langebard. plovus, altn. plögr, neu:
niederl. ploeg, ſchwed. plog, bän. ploush, altengl. plow, neuengl. plough, mit:
telchein. Bolfeipr. Plud, pl. Plih; goth. und. agf. fehlt das Wort) leitet
Schmitthenner als Inlantende Foͤrm von pflegen, urſprünglich — arbeiten.
Badernagel fagt: „pflaoc, phlusc = Pflug, zu pflegen?" Grimm (II,
414) hält das Wort für undeutſch und fagt In einer Anmerkung: „pflegen (solere)
- liege ſich anf den Begriff von üben (Land üben, bauen) erſtrecken, zeigt aber im
Ablaut fein 6, uo.” In der „Geſch. der deutſchen Sprache” ©. 55-f. hält Grivm
Pflug für entlehnt aus flav. ploug«, ruffijh plug«, böhm. pluh, poln. plug,
litthau. plugas. Das Wort Farlieft fi) dem fanffr. plava, gr. aAoroi, = def
an und muß, urfprüngli Schiff bedeutend, der Wurzel plu zufallen, die in unferer
.. Gprade A annimatt.
ee eben). — F
(Wurzel haf.)
Hebe, hob (hub), gehoben, heben (ahd. heffu, huop, huopu-
m&s, hapanér, heflan, hefjan, hevjan, hepfan; mhd. hehe, huop,
huoben, gehaben, heben; goth. hafjan, agſ. hebban, heafjan, altf.
hebbjan, altı. hefa, hefja, mittelniederl.- heffen; ift lat. capere zu
vgl.?) 1) in die Höhe bewegen; 2) (veraltet) in die Höhe haltend
2) Diefes Verbum gieng wie das nachfolgende ſchwören früher nad der fol:
genden Ablautsform a, u, o, In bie fie auch nhd. ſchwanken. Sie mögen fo hier
den Uebergang zu derfelben bilden. Gtieler bat hebe, hub, gehoben und ge»
haben. In der — des Sleidan von 1557 ſteht BI. 25: ſie haben jn
anfgehaben. Hug (Rhetorica Tübingen 1528): Mit aufgehebten Fingern
Bl. 96. b. überhaben fein Bl. 84. b. Opig fagt: du Haft erhaben. — Wenn
Nüdert (gef. Ged. 1; 162) fagt: Der färkite Pfeiler war’e, der ſich nn (ges
reimt auf Grube), fo ift dies eine nicht nachzuahmende Form. Sein Gonjunctiv
übderhübe (vaf. 2, 2383) Hat hiftorifchen Grund.
630
darbringen, beſonders Gott zum Opfer. bringen; 3) bebend in Empfa
nehmen: Geld; 4) gleichfam von der Stelle heben, wegichaffen, auf
bören machen: eine Krankheit; 5) gleichſam durch Bewegen in die Höhe
oder auf andere Art in die Augen fallen machen: Die Farben in einem
Gemälde; 6) durch Ertheilen von Ehre, Anfehen, Vermögen YJeman-
den gleichfam über Andere feßen; 7) (veraltet) entftehen machen, be-
ginnen. — Er, ohne Stod und Stein zu heben, noch fonft fich mit
hm abzugeben, hub ruhig weiter Fuß und Stab. Bürger, der Hund
ad. Pf. Wer hebt das Aug’ zu a Schiller, Fridolin.
Die hohe Flut iſt's, Die das ſchwere Schiff vom Strande hebt.
Schiller, Piccolomini 2, 6. Alles golds Hebe, das fie dem Herm
huben. Luther, Bibelüberf, 4. Mof. 31, 52. Keine Irrthümer find
fhwerer zu heben, als die ihren Schuß in dem natürlichen Charafter
unferd Geiftes finden. Gellert. Und Hub ſich ein gros ungemitter auff
dem Meer. Luther, Bibelüber). Jonas 1, 4 Doc die Achaier hu⸗
b s nn ganze Naht um Protroflos Klagen und Seufzer. Voß, Ilias
18, 314.
Aufheben 1) etwas (meift mit Kraftanftrengung) in die Höhe
bringen, etwas Liegendes in die Höhe heben; 2) machen, daß etwas
nicht abhanden komme oder Schaden nehme, ohne den Nebenbegriff,
Daß man fernerhin feine Aufmerkſamkeit auf dasſelbe richte, 3) ge-
fangen, in Verhaft, Gewahrfam nehmen; 4) beendigen, in feinem
Fortgang unterbrechen, unkräftig machen: die Tafel, ein Geſetz; 5)
vermindern, wenigftens dem Scheine nad: einen Stollen (wieder jäus
bern), einen Bruch; 6) ſich ausgleichen: die Zahlen heben ſich auf;
7) (nur als ſubſtantiv. Inf.) durch leeres erhebendes oder übertreiben:
des Gerede und Thum etwas als aufjehenerregend darftellen 1); 8)
(mehr landichaftlich) einnehmen. — Ich hebe gen Himmel mein Haupt
auf. Klopſtock, Meffias 1, 13%. Die (Hand) fi fo oftmals auf-
ehaben. Weichmann, Poeſte der Niederiachfen 5, 134. Er hub
* Kind vom Boden auf. Bürger, Die Entführung. Zu Vermei⸗
dung eines unbequemen Ummegs entihloß man fi das Pflafter auf-
zuheben. Göthe, Xeben 5. B. Wo felber Miftethaten unterm Sie:
el des Saframentes aufgehoben Liegen Schiller, Don Karlos 1,1.
er weiß, wo mir fonft ein Glüd aufgehoben ift. Leifing, Minna
von Barnhelm 5, 1. Des Geiftes befte Hälfte, Männerfraft, hab’
ich dem fünftigen Herrfcher aufgehoben. Schiller, Don Karlos 1,9.
(Wißt ihr) daß wir feinen Augenblick fiher find, aufgehoben zu
1) Leffing fagt im Wörterbuch zu Logaus Sinngepichten: „Das Aufgehebe;
ein Runftwort der Rlopfiechter, worunter de alle Geremonien und Kechterflreiche ver:
fiehen, mit welchen fie ihren Kampf beginnen, Eben daher fümmt auch der fprichs
wörtliche Ansdruck: viel Aufhebens machen; den man eigentlich nur von unnöfbigen
prablerhaften Borbereitungen brauchen follte. Hernach hat man den Begriff
eines übermäßigen Lobes, einer Prahlerei überhaupt damit verbunden.“
631
werden? Schiller, Räuber 1, 2. Am 7. März wurde eine Gefell-
haft in Wichftreet aufgehoben. Lichtenberg, Zagebuch von der Reife
nad England. Nah aufgehobner Tafel wurde fie zu einem Spa-
ziergang Durch das Dorf eingeladen. Göthe, Wahlverwandtichaften 1,
9. Damals, Sire, als ich auf immer mit der Krone aufgehoben,
glaubt’ ich mich auch der Nothwendigkeit entbunden, ihr von diejem
Schritte Gründen anzugeben. Schiller, Don Karlos 3, 10, Ber:
hoben ift nicht aufgehoben. Shaffpeare, wie es euch gefällt 8, 5.
Auh war nicht viel Aufhebens davon zu machen. Leifing, Cmilie
Galotti 1, 6. Was man au der Gicht immer Schuld gleich gebe,
it fle fechtriſch doch, macht manch Aufgehebe. Logau, Siunged. 2664.
Die Aerzte befümmern fich in Stalien mehr um die Praxis außerhalb
den Spitälern, indem fie von Diefen nur wenig aufzuheben haben.
en. Lit.» Zeit.
Aufnehmen |. S. 16. Aufrichten (ahd. üfrihten, mhd. Ufrichten,
f. weiter aufrecht S. 296) zu einer geraden, fenfrechten Stellung in bie
Höhe bringen. — Aufbehalten (f. Halten) maden, daß etwas nicht vers
Ioren gehe, infofern e8 nur vorhanden il. Bewahren (ahd. piwarön, pi-
waren !), mh. bewarn, zu ahd. wara, uhd. war = Adıt, Aufmerkfamkeit,
goth. vars, visan — behutfam fein, goth. varjan, ahd. warjan, werjen, mh».
wern — wehren und warnen, moraliſch wehren, ahd. warndn, mhd. war-
nen gehörfg; vgl. lat. vereri, f. warten &. 625) etwas ſchützen ober ab»
balten, daß es nicht Schaden nehme oder thue, ober wegfomme Aufbewah⸗
ren — Sorge anwenden, daß etwas. weder abhanden fomme, noch Schaben
nehme, Berwahren — gänzlih oder vollfommen bewahren Behü:
ten (abd. behuota(e)n vou hüten, huo(a)ten, mhb. häcten, agf. hedan,
von ahd. huota, mhd. huote = Hut, Schaden verhindernde Auffiht ?) vgl.
lat. cavere, cautus) auf etwas fehen, daß ihm nichts Uebles zufomme, ncdy
von ihm ausgehe. Bewachen (wach en, ahd. wachon, wachen ©. 111) auf etwas
unausgefeßt feine Sehfraft richten, es ſei in guter oder böfer Abficht. —
Rühmen (ahb. hruomjan, hrömjan, hruomen, mhb. rüemen, altf. hrömjan,
römon, ruomon, agf. hryman, hreeman ‚alta. röma, von ahd. hruom, hröm,
mhd. ruom, goth. hröms, altf. hröm, agf. hream, alte. rom = Ruhm)
Jemanden oder eiwas laut auszeichnen durch Erhebung beffelben in der Rebe
über Andere und Anderes, — Satan richtete ſich nach feiner Geſichte Boll:
endbung fiber ihm auf. Klopfiod, Meſſias 8, 652. Ich ſehe, du haſt dich
und deine Fühnen Sünglinge für die blutige Stunde der Entſcheidung aufbe>
halten. Klopfiod, Hermannsfhlaht 3, Zept if fie zur Bewahrung mir
vertraut. Und feid gewiß, ich werde fie bewahren, daß fie nichts Böſes
i) Weigand führt ahd. biwärön, biwären, Badernagel wol richtiger
pewarön an; Öraff I, 918 hat beuuaron, beuuaran.
2) Der Hut, ahd. huot, mhd. huot, hut, neuniederl, hoed, agf. höd, engl.
hood fegeimt damit wurzelverwandt. j
632 -
thun foll noch erfahren. SchHller, Marla Stuart 1, 8. Nein, laßt ihn (ben
Hut) aufbewahren! Schiller, Tell 5, 1. Wann wirb ber goldne Freu⸗
dentag erfcheinen, den das Gefhik mir aufbewahrt? Blaten, Matrofen
lid. Wenn GEmilia verwahrt werben muß, fo’ müßte’ fie in den tiefen
Kerker verwahrt werben. Leffing, Emilia Balotti 5, 5. Der Himmel bes
hät’ euh! Shaffpeare, wie es euch gefällt 3, 2. Ich weiß, dag Bunde
Augen gebungen find, mih zu bewachen. Schiller, Don Karlos 1, 2.
Dep rühme ber blut'ge Tyrann ſich nicht. Schiller, Bürgschaft.
Erheben 1) zur Höhe bewegen Ceig. u. uneig.): die Hände, Au-
gen gen Himmel; 2) fih an einen andern Drt begeben; 3) über an-
dere Dinge hervorragen; 4) ſich Vorzüge vor Andern erwerben, und
fie dadurch übertreffen, über fie hervorragen; 5) entſtehen; 6) feind-
lich gegen Jemanden handeln (f. S. 48); 7) in Empfang nehmen. —
Wie hoch hat doch der Himmel dich erhaben. Hoffmannswaldau, d.
Ueberf. S. 13, Daß meine Phantafle.. , . fih jenfen und erhe-
ben fann. Bürger, Danklied. Zum Himmel er —9— ich die Hände.
Schiller, Braut von Meſſina. Jeſus Chriſtus erhub die gebrochenen
Augen gen Himmel. Klopftod, Mefflas 10, 1041. Der Fröhner, der
fucht in der Erde Schoß, da meint er den Schap zu erheben.
Schiller, Wallenfteins Lager 11. Aus der böhmifchen. Erde erhub
fi) dein bewundert Meteor ... . und bier an Böhmens Gränze muß
es finfen! Schiller, Wallenſteins Tod 4, 1. Und der Mittler erhub
fi von dort zu dem Gipfel des Berges. Klopftod, Meſſias 1, 50.
Erheb dich nicht deiner Kleider. Luther, Bibelüberſ. Sir. 11,4. Wenn
fih Tumult im Königreih erhübe. Schiller, Maria Stuart 1, 7.
Dergebend erhub ſich Satan gegen den göttlihen Sohn; umſonſt
ftand Juda gegen ihn auf. Klopftod, Meſſias 1, 5. Auch follen
Bo Su auf den Namen der Königin bei Maurifchen Agenten
etrieben worden fein, in Brüffel zu erheben, Schiller, Don Karlos
5, 9. Daß man durch das VBorauserheben der Gelder die Caſſe
perftärkt hat. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 14.
Erhöhen (goth. ushäuhjan, ahd. irhöhan, mhd. erhoehen, erhöbern,
von hoch, goth. häuhs, ahd. höh, mhd. höch, agf. heah, hieh, altu. hä;
ift lat. cacumen — Gipfel zu vgl.?) allgemein Hoch und Höher machen. Die
Syn. fi empören, unffteben, ſich auflehnen f. ©. 48. — (&)
fieht das Kreuz ſchon erhöhet. Schiller, Bürgſchaft. Erhöht die Schwer
muth die Empfindung, fo hebt Ergebung meinen Geil. Salis, Urgebung.
Ueberheben 1) über etwas von einer Seite auf die andere heben;
2) über etwas weg heben (eig. u. uneig.); 3) über etwas, der Höhe
nach, heben; 4) ſich überheben, überhaupt eine zu hohe Meinung von
fi) haben; 5) zu ſchwer heben und fih dadurch Schaden thun. —
Herr Hüon, unverhofft des Umwege überhoben. Wieland, Oberon
3, 49. Des Forſchens Mühe überhoben. Schiller, Don Karlos
N
633
3, 3. . (Das Glück) wird, als hätt’ ich fein mich überhoben, mir
nur zu bald geraubt. Göthe, Taſſo 2, 4. Ihr werdet Euch ſo blu⸗
tig Eurer Macht nicht überheben. Schiller, Maria Stuart 3, 4.
Uebermüthig fein (ahd. uparmuoti, mb. übermücte; Muth ahd.
moat(d), muo(a)t, möd, muoth, muht, mhb. muot, goth. möths, es kommt
nur Sen. mödis und Dat. möda vor, altf.muod, agſ. möd altn. mödr; zu
ahd. muohan, mhd. müejen = mühen, da nah Grimm II, 233 die volle
Form muohad if; Wadernagel flellivas Wort mit müejen zu gr. uados
== Klugheit, ao — Id berühre, koͤrperlich und geiflig; Graff II, 600
vgl. zu Mühe gr. noyog= Arbeit; darnach M S. 205 zu beffern) eine ſich in
übermäßiger Selbfterhebung über Andre fühlende Seele und Seelenflimmung
haben und äußern. — Doch das eigne Herz zu fragen, wie's der übers
mäth’gen Bürde lediger und leichter würde, dieß nur kannſt du nicht verfas
gen. PBlaten, Gloſſe. Macht euch das bischen Briede fchon fo äbermäthig?
Leffing, Minna von Barnhelmi, 2. .
Ab—, an— (©. 62, 188), aus —, be —, bei—, dar—, durch —,
edn—, empor —, ent—, her—, herab—, heran —, herauf —, ber-
ans, berbei— herein — herüber — herum — herunter —, hervor —,
dl hin —, hinab —, hinan —, hinauf —, Binaus—, hindurch —,
inein — hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu — mit —, nach —,
nieder—, ver —, vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber —,
vorwärts — weg —, zu—, zurück —, zuſammenheben. — Die
Brücke iſt hinter mir abge hoben. Schiller, Fiesko 4, 14. Und wie
ih den Rahm abgehoben habe, find’ ich die Schlippermilch. Göthe,
Dürgergeneral 9. Da hub er an zu fingen. Bürger, Raub der Eu-
ropa. Wie man die Eier aushebt oder die Jungen. Göthe, Meis
ers Wanderj. 1, 1. (Ein Schreiben), aus welchem wir folgeide
Stelle ausheben. -Daf..1, 7. Wen er nah. Willkühr ſtraft, für den
Krieg aushebet nah Willkühr. Voß, die Erleichterten 58. Wenn
zuweilen Eellinis Geſchichte abgebrochen und ein ganz anderer Aufſatz
eingehoben wurde. 3. Paul, Titan 9. Der (Quaderftein) ein
und aus bequem fi heben läßt. Platen, Schag des Rhampfinit 1.
Durch die mächtige Harfe hub fih fein Geift entflammter empor.
Klopſtock, Meſfias 1, 343. Kein Sterblicher, ſagte jene Aufichrift,
enthbebt der Göttin zu Sais ihren vielgewebten Schleier. : Herder.
Drinnen enthüb' uns fröhlih Gepäck und Stäbe der Gaſtfreund.
Boß, der Abendgang 65. Da enthoben. die Krieger jenem vie
traurige Laſt. Pyrker, Rudolph 9. Ihre Flucht enthebt mich eines
großen Uebels. PBlaten, Zreue um Treue 3. Jener indeß bob jchwer
den geräucherten Rüden des Schweine mit zweizadiger Gaffel her=-
ab von der ruffigen Latte. Voß, Philemon und Baucis 58. Sehr
richtig hebeu Sie Ihre Lintergebenen nur zur nächften Brauchbarkeit
heran. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 7. Als fi der erfte Glanz
der neuen Sonne heranhob. Göthe, Hermann: und Dorothea 6, 7.
634
So hob ich mid vor Kurzem aus der Nacht des Todes cn des Tages
Licht herauf. Goͤthe, Eugenie 4, 2. Dem er um fo mehr geneigt
war, als er ihn von geringem Stande heraufgehoben und felbk
einen fo trefflihen Mann aus ihm gebildet hatte. Göthe, Benvenulo
Gellini 1, 1. Indem er deffen That hera us hob. Göthe, Wahlver⸗
wandtichaften 2, 16. Du lannft die Freude bald erleben, das Keſſel⸗
hen herauszubeben. Göthe, Zauft 1, 193. Das Eigenthännlice
müßte durch die Lebensart erft recht hervorgehoben werden. Göthe,
Bahlverwandichaften 2, 5 aus Dttiliend Tagebuch. Sie (die Flamme)
bob fih züngelnd die Wände hinan. Pyrker, Rudolph I. Das
Genie fann ſich durch Reflexion und That nach und nad dergeſtalt
binaufbeben, daß es endlich mufterhafte Werke hervorbringt. Göthe,
Briefw. mit Schiller 5, 358. Wenn fich die befreite Seele über die
irdiiche Landichaft Hinaushebt. E. Wagner. Denn fhon hob fid
ihr Sreudengefchrei die Reihen hinunter. Pyrker, Tunifias 3. Heb'
did, hinweg, du graufer Höllenbotel Shakſpeare, K. Richard II. 1,
2. (Die den Leidenskelch) trauend hält und langſam nachhebt. %
Baul, Hefperus 1. Dürfte mir auch Niemand es verheben 1), daB
ih Schaden thäte. Nüdert, gef. Ged. 6, 226. Dein Nächfter aber
iſt ſtets bereit dir anzuthun alles Herzeleid, und Niemand hats ihm
verhoben! Daf. 6, 350. Du wilft mir meine Graufamleit vers
heben. Hoffmannswaldan, der getreue Schäfer 78. Daß fich furt
bin fein baum am waffer feiner höhe verhebe (erhebe, überhebe).
Dietenberger, Bibelüberf. (1571). a 81, 14. So fuhr Zeſara
nach feiner Art auf einmal fopfidüttelnd, die Bruft vorbebend, mit
den Worten auf, 3. Paul, Titan 52. Hebe dich weg und made,
dag dun fortkömmſt! Göthe, Benvenuto Cellini 1, 3. Xeibgebers
Kraftbild hätt’ ihn ohnehin über die ſteinige ſpitze enwart der
fälligfeiten weggehoben. J. en ‚ Siebenfäs 4. Als fie mit
den Händen den Schleier von ihrem freundlichen Gefihte zurudbob.
J. Paul, Zitan 48,
Anm. 1. Die Partieipien geßatten nod andere Zufammenfepungen, ;. B.
Du hHimmelerhebende Hoffnung! Klopſtock, Meſſtas 15, 973. Sit frohen
Tonmaß herzerhebenden Geſangs. Göthe, Pandora.
Anm. 2. Früher waren noch andere Zuſammenſetzungen gebräuchlich, z. B.
Beheben — im Rechtsſtreit gewinnen, paſſend machen; nuterheben — mia
etwas heben; zerheben; zuheben = zuhalten, beiſtehen. — Alſo behuab AN
nirich die Burg. . Tfchudl I, 184.
Hebe, Sebnng; Heber, —förmig, —itange; Hebel, —
u. a. find an fi} Harz hebig (ahd. hevic, mhd. hebic, altn. höfugr,
gewichtig, gewaltig,. eigentlich Die andere Wagſchale erhebend) iſt ver⸗
1) Mbd. verheben = verhalten, verhindern. Stieler führt verheben in ber
Bedeutung von tadeln, mißbilligen, einem etwas „verhalten” an; fu wird es no
in der füpbentfchen Volkoſprache gebraucht.
635
alte. — Das Glück zollt dir Zins und Hebe. Günther. Alles golds
Hebe, -das fie dem Herm huben. Luther, Bibelüberi. 4 Mofes
31, 5% Dann mag ein Bol, Eohlichwarz von Haar, die Hebung
(des Schages) wohl beftehn. Bürger, der Raubgraf. Durch Erhe-
bung über gemeine Ratır. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 262.
(Der) ein Briefchen voller Lobeserhebungen an jenen zurüdichrieb.
Reifing, hamburg. Dramaturgie 36. (Wo ihr zünftiget) für Kan⸗
i und Hebungskammer. Voß, die Zünftler. Wie viel Baum-
eber der Zod unter meine Wurzel fegen wird. 3. Paul, Heſperus
1. (Er hatte) einen langen Stechheber. J. Paul, Siebentäs 6.
Mit Hebel und Walzen kann man ſchon ziemliche Laften fortbringen.
Göthe, ital. Reiſe Gaftel Gandolfo 8, Oct. Dielen Erz- und
Grundhebel des innen Menſchenreichs (der Selbftliebe) berühe ich
jetzt nicht. Benzel⸗Sternau. Schwungjeile, Zufthebel, Kegel und Zellen»
bahnen. Göthe, Meift. Wander. 1, 8. — (Er brachte fi mit feinen He⸗
belarmen feine Minute früher auf den Thurm. 3. Baul, Hefperus 3.
Rmeus ift gewaltig ſtark, gäbe Bauern großen Nu, könnten ihn zum
Hebelbaum.brauden für das größte Klug. Logau, Sinnged. 2795.
Als der Schwed 1632 gegen München rudte, bat die Mutter des
Ridler Nonnenklofters nit wöllen zufehen, daß ihre leuſche Tenblein
follen von Denen ſcharpfen einhebigen Klatten deren unfatholifchen
Raubvöglen en werden. Schmeller, bayr. Wörterbuh 2, 140.
— wird durch ein ſonderbares gehebiges Mittel reich. Daſ.
— Für feſt, haltend, paſſend hat die Volksſprache beheb, behebig,
ehebt.
Urheber (älternhd. urbap, was ahd. u. mhd. = Urſprung, An⸗
fang; mhd. orthabe und orthaber = Urheber, von ort = Anfang)
die zu einer That oder Feſtſetzung von etwas den erſten Grund ans
— oder herbeiführende Perſon. Davon das nun veraltete ur-
eblich (urfprünglich). — Und ift diß der erſte Urhab. Tſchudi I,
9. Die Urheber der Gaben fteigen wiederholt vor der Einbildungs-
kraft hervor. Göthe, Leben 10. B. Die Urheberin diefer Veraͤn—
derung. Goͤthe, Wahlverm. 2, 1. — Die Wolfart in Texa, welde
feinen urheblichen Uriprung genommen von einer Hennenay, PB.
am, R
Gtifter (von fitften, ©. 197) der durch Anordnung etwas zu feftem Bes
Rande und für die Dauer Gtündende; im weitern Sinne wer eine That mit Abficht
und Befligfeit bewirkt. Anflifter ift der angehende Bewirker von Hebelm, ber
böswillige Anrelzer zu Uebeln. Begründer(f. Brunn S. 246 u. begründen)
= ber feſten Brand zu etwas Legende. — Sie feh’n im Herzog einen Friedensfür⸗
fen, und einen Stifter nener goldner Zeit. Schiller, Ballenfleins Tod 5, 1,
Erheblich ſ. S. 57, 147. — Erhaben (das alte Participiun)
1) in die Höhe fich hebend, hervorragend: erhabene (bei @öthe meift
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erhobene) Arbeit; 2) über das Altägliche fi) erhebend, gewöhnliche
Dinge übertreffend, an Größe, Kraft, Macht, Würde für den Men-
ſchen unvergleihlih und unerreihbar. Davon Erhabenheit. —
Eilig ftieg fe herab die erhabenen Stufen der Wohnung. Voß.
Er machte einige Friedensbilder in halb erhobener Arbeit. Göthe,
Benvenuto Gellini 1, 5. Das ift eine Pracht von einem Becher! von
Golde fchwer, und in erhabner Arbeit. Schiller, Biccolomini 4, 5.
Ihr habt fein theures Augeficht geiehn, des vielgeliebten, des erhab-
nen Mannes. Schiller, Maria Stuart 1, 6. Der mit füßem Klang
mir bewege die Bruft und mit göttlich erhabenen Lehren. Schiller,
Graf von Habsburg. (Er fann) fo vieler Erhabenheit nit wider
ftebn! Schiller, Don Karlos 5, 3.
Sehr (ahd. mhd. her, f. herrlich ©. 56) verbindet (gewöhnlich) mit
ben Begriff des Hohen zugleich die Bebeutung, daß ber Gegenfland eine, wie
aus Heiligkeit hervorgehende Ehrfurcht erwede. Hoch und groß ſ. ©. 3.
— Fragt den Forſcher, wo bie Wahrheit wohut; aber fich! ber Himmel ik
verfchlofien, wo die hehre Göttin thront. Tiedge, Urania 1. An Bude
und Antlitz Hoc und hehr. Bürger, Lieb v. br. M. Das Niebre fehtailli,
das Hohe fenkt ſich nieder. Goͤthe, Cugenie 1, 5. Groß und abſcheulich!
Leſſing, Nathan d. W. 2, 5. |
Heb(e)amme, —arm, —arzt, —balken, daumen, —eifen, —gubel,
— gerüft, —kopf, —korb, —krahn, — kunſt, lade, —leiter, —nagel, — op⸗
fer, —punkt, —ſchiene, —ſchmaus, —Ihüffel, —Ipiegel, fange, — tuch,
—winde, —zange, —zapfen, —zeug u.a. — Durch Ungeſchicklichkeit der
Hebamme kam ich für todt auf die Welt. Göthel, Leben 1. B. Habt
ihr Hebebäume, mich wieder a wenn ich einmal liege?
Shakſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 2, 2. Diefer kirchliche Heb—
‚bedienter fette,alle Pfarrherren durch feinen Spaß in Erflanmm.
J. Baul, Heſperus 17. Daher filzte-er den Hebemadhiniften.
Daſ. 14 - Das Heberad, das’ Zifferblattrad. Daf. T. Solcher hal⸗
— —9 Fe Hebopffer des Heren fein. Luther, Bibelüber). 2.
of. 30, 13.
Anm. Für Hebamme flieht auh Wehmntter, in der Volksſprache noch
andere Ausdrüde. — (Die Verordnung) hat das Verfahren der Wehmütter der
Aufficht vernünftiger Aerzte unterworfen. Sturz, Bernſtorf.
Hub, Ab—, Auf—, Aushub d. i. was ab⸗, auf- und ausge⸗
hoben wird. — In der Zwifchenzeit war auch etwas von Effen und
Trinken angelangt, das ohne viele Kritik genofjen wurde, ob es gleich
einem: fehr unordentlihen Abhub ähnlich ſah. Göthe, Meifters Lehr⸗
jahre 3, 3. Weiter bewilligt hatte Mama großmüthig den Abhub,
welchen Sujanna trüge vom bräutlihen Tiſch. Voß, Luiſe Sb, 15.
Wie oft bedienteft du mich bei den Bechern, befamft den Aufbub,
fnieteft an der Tafel, wenn ich mit Königin. Margarathe fehmaufte ?
Shakſpeare, K. Heinrih IV. 2. Thl. 4, 1. Das Wörterbudy fei ein
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Aushub, nicht der Umgangsſprache nur, auch eine möglich vollftän-
dige Auslefe aus den Werken der Vor- und Neuzeit. Kadlof.
Sube °) imhd. huobe), feit dem 17. Jahrh daneben, fpäter
faft ausfchlieglih Hufe, Inbegriff von 15 — 30 Jucherten Feldes,
ohne Rüdficht uf Wohn- und Wirtbfchaftsgebäude. Davon die nun
auch veralteten, tbeilweife in der Volksiprache erhaltenen behüebt =
mit liegenden Gründen verfehen; Hueber, Hüchner, Huebmer
(mbd. huober ; hüebnare) = Beflter einer Hube. — Der auf jei-
ner Hufe ganz ruhig gefeffen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 16. —
Hüäüfener jammt dem Gefind’. Voß, die Erleicherten 49. Ä
Hufengeld, —geriht, —grofchen, —gut, —hafer, —meilter,
— Pfennig, — recht, —rihter, — ſchoß, —ſteuer, —zins.
Hübel (mhd. hüebel, ahd. huwil) Heine Erhöhung (lat, cumu-
lus) gehört mehr der Volksſprache an.
Haff ?) Caltn. ſchwed. haf, dän. hav, agj. höaf) bedeutet zu-
nacht. das Meer (mhd. hap und habe — Meer und Hafen) gegen-
wärtig gewöhnlich ein, einen Landſee ähnliches, Binnenwaffer in un—
nittelbarer Verbindung mit den Meer durch ſchmale Engen,
Wiek (altn. vie, agf. wic; vgl. altn. vikja, ayf. wican, mittelniederl.
wiken — weiden, lat. recessus — Meerbucdht, von recedere —zurũckwei⸗
chen) iſt eine itarfe, etwa halkmondfürmige Krümmung ver Küfte, frei und '
unbeengt gegen das Meer. Der Ausdrud iſt nur niederdeutſch und allein von
den Buchten ber Oſtſee im Gebrauch, 3. B. die Tromper—, Prorerwiek. Yür
eine tiefere, bufenartig in das Land eingehende Wiek gilt Inwief, wofür J.
G. Forſter Einbufen fagt.
Hafen °) (mbd. baven = Toyf, hap, habe — Hafen, Meer,
mittelniederl. havene = Hafen) ift 1) ein hohles Geſchirr, in enge-
tem Sinne ein Topf; 2) eine fleinere, entweder von der Natur ber>
vorgebrachte oder durch Kunſt nachgeahmte Bucht. Hafner der Ha-
fen oder Töpfe macht. — Mandy mächtiges Fahrzeug mag der geräu—
mige Hafen empfahn, der gegen Neapels lieblichen Golf hindeutet
und gegen Salerns Meerbujen. Platen, der Sicher auf Eapri.
Bucht (f. biegen) if eigentlich jede Cinbiegung an Dingen, gewöhnlich
ein Hleinerer ins Land gehenter Meerraum. Buſen (ahd. puosum, mhd. buo-
sem, buosen, agf. bösum, bösom, bösm, engl. bossom; zu Baſe, mhd.
base gehörig? Nach füchf. Recht bebeutet buoseme Berwanbtfchaft in grad⸗
.!) Nach Grimm II, 9 aehört Hude zu heben; nah Wackernagel zu haben.
2) Grimm II,9 erflärt altn. haf= elevatio und aequor, die fih bebende,
volle Flut; IM, 383 fcheint ihm vie Wurzel haben = tenere. Bär Zufammen,
bang mit heben it Schmitthenner, mit haben Weigand und Shwend: .
doch ges Lesterer das lat, altum — Meer, eigentlih das Hohe. |
8) Anch dieſes Wort führt Deige nd auf haben zurüd. Grimm fagt I,
9: WBielleicht gehört zu Heben ahd. havan — olla, vas cavum?« Hafen in
der 2. Bedentung fcheint Doch mit dem in der 1. Bereutung verwandt.
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abſteigender Linle) 1) der Borbertheil des menfchlichen Körpers vom Halfe bis
zum Magen; 2) da6 Gewäfler als ein inneres, das ſich ins Land eriredt,
Dom Meergewäfler fagt man Meerbufen. Bai (holl. baeye, franz. baye,
engl.bay, nah Schmitthenner altromanifch baja, nah Schwend celtiber.
baya) if eine weite Meeresbucht im ausgebehntefen Sinne biefes Wortes.
Golf (von gr. xoArog = Bufen, Schoß) urſprünglich Höblung, Schlanb,
gegenwärtig (ans ital. golfo, mittellat, gulfus, gulphus) Meerbufen. Bort
(lat. portus) iR nur in ver höheren, vdichterifchen Schreipart für Hafen ge:
Bräuchlih. — Alle flurmerprobten Schiffe bergen ſich in ihre Bucht...
(Ste) führt den Schiffer in den Port. Schiller, Hero und Leander. Da if
nah’ und fern fein Bufen, der ihm (dem Schiffe) freundlich Schup gewährt,
Schiller, Tell 4, 1.
Hafenanker, —aufieher, —bafe, —binder, —bütte, —danım,
—dedel, — paß, —geld, —kette, —knecht, — leuchte, — leuchte, —mei⸗
fter, —pflanze, —räumer, —ſchlupf, —fladt, —wädter u. a. — Drum
laßt uns fcheiden! Doch des Hafenbürgers Gebrauch und Prlict
" vorher an eud) erfüllen. Göthe, Eugenie 4, 3. Zu Ddiefes Reiches
lebten Hafenplag. Daf. 3, 1.
Suf (ahd. huof, agſ. höf, altn.höfr) urſprünglich wol das He
bende oder Gehobene, d. i. Borragende, dann gewöhnlich der unge
fpaltene mit einer Horndede umwachſene Fuß; davon hufig; hufen
— mit dem Hufe hinten ausichlagen, mit den Ferfen rückwärts geben.
— Des Pferdes Huf klappte freilich nicht. Göthe, Meifters Wan⸗
derjahre 3, 16. Als wie von Roffeshufen. Bürger, Lenore. (ES)
erfhofl ein Donnerton von Hochburgs Pferdehufen. Bürger, die
Entführung. Flügelte dann zum Zydeiden den Lauf ftarfhufiger
Roſſe. Voß, Ilias 5, 329. Da wird gehuft, gefchoben, gebo
aa einer huft, müflen alle hinter ihm auch zurückweichen.
the.
Maue (f. Flieben) zunächſt eine nicht der ganzen Länge nach durch⸗
gehende Spalte; gewöhnlich der gefpaltene hornige, oder mit hornartigen Frams
men Nägeln oder Spigen verjehene Buß mancher Thiere. Pfote (nieder.
pote, bolländ. poote, franz. patte, Nebenform von goth. fötus, altf. agf. ſot,
altn. fötr, engl. foot, ah®. mhb. vuog, gt. vous, wodos, lat. pes, pedis = Yuf)
überhaupt Fuß vierfüßiger Thiere, wenn er gefpalten, vornehmlich in Zehen geteilt
il. Tage (verwandt nit taften, franz. tater; mhb. und älternhd. ſagt man
tappe) iſt der breite weiche haarige Buß, befonders der Borberfuß ber Raub
thiere, im Befonbern der breite plumpe und baarige Fuß des Bären. Branfe
(Pranke, Brante, wahrfeinlih vun lat. brachium) und Lauf (f. lau⸗
fen) find Sägeraushrude. — Daß in mein Fleifcy dein Jagdhund, ungebläut
darf Klau' und Rachen hau'n. Bürger, ter Bauer. Bor euren Rlanen
und Gelerögriffen. Schiller, Wallenftrins Lager 8. Dichter gleichen Bären,
bie immer an eignen Pfoten zehren. Göthe, forichwörtiiih. Das (Tieger-
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tler) packt fe mit grimmigen Tagen. Schiller, Handſchuh. Und alles, was
anff tappen gehet, vuter den Thieren die auff vier Füſſen geben, fol eu
vnrein fein. Luther, Bibelüberſ. 8. Mof. 11, 27. Selbſt die ausgeflrafften
Branfen (des Löwen) fucht das Scheuſal (die Schlange) zu umranfen.
Kind, der Löwe Ginft fiel der Leu deu Tigern in die Branfen. Pfeffel,
GEtwaͤhl' ich mir ein Doggenpaar, gewaltig, fchnell, von flinfen Läufen.
Schiller, Kampf mit dem Drachen.
Hufbein, — beſchlag, —eijen, —eijendorn, —eifenfraut, —eir
fennaje, —eifenpult, — eiſenſack, eiſenſtab, —eijentiich, — erſchütte⸗
rung, —geichwär, hammer, —kraut, —lattig, —nagel, —nageleiſen,
--räumer, — ſchlag, — ſchmied, —flempel; Hufengeld, —gericht,
—groſchen, —gut, —bufer,. —meifter, —pfennig, —recht, —richter,
—ſchoß, —ſteuer, —zins. — (Er) fah etwas blinken auf der Straß,
das ein. zerbrochen Hufeifen was. Göthe, Legende Hufſchlag
und Roſſesſchnauben. Uhland, die drei Könige zu Heimen.
Hefe mit den Synonymen f. S. 105 und 256. — Hefig,
befiht; Hefenbrot, — kuchen, —ſtück, —teig,
Hüpfen (ahd. huphjan, hupfan, hupphen, agf. boppan, mhd.
buppen, hoppen, hüppen, Volkſprache, Hoppen, bippen, hup—
pen, boppeln) zu heben gehöch, ſ. mit den Synonymen S. 366.
— Hüpfer, Hüpfung, Hüpfling. —
Anm. 1. Nah Grimmll, Ogehoört zu heben vielleicht auch haben (goth.
haban, ahd. hapen, mhd. haben, bän, agſ. habban, hebben, altn. hafa) weil
was man hebt, man hält. Wadernagel ftellt Haben zu lat. habere, capere.
Beigand geht bei haben (Wurzel ha, mit den Mebenwurzeln hap, hav) von
dem Begriff des Umfaffens ans und vgl. lat, capere. Beide Wörter — und
beben, in Schriften wie in der Volksſprache mitunter verwechſelt, ſcheinen auf
den gemeinſchaftlichen Begriff des Haltens, Faſſens zurüdzugehen und fo zn einans
der zu gehören. Dann darf man wol auch Habicht (ahd. hapuh, mhd. habech,
lat. accipiter, von accipere ?) hierher rechnen.
Anm. 2. Haft (goth. hafts, ahd. mhb. haft, altu. haptr) gehört zunächft
ja haben und durch biefes zu heben.
Anm. 3. Haufe (ahd. häfo, haffo, mh. houfe, agf. hype, heape) und
Düfte (aus dem BI. gebileet, goth. hups, ahd. mhb. huf, agf. hyp, hype, engl.
ip; vgl. gr. wos die Höhlung vor der Hüfte beim Vieh) und Hof (ahd. mhd.
ch anf. hofe) jcheinen in rem gemeinſchaftlichen Begriff des Crhobenſeins fich zu
gegnen.
Schwoͤren H.
(Wurzel suor, suer; iſt lat. sarire — behacken das Feld zu vgl.?
Iſt die Grundbedeutung ſich reinigen?)
Schwoͤre, ſchwor (ſchwur), geſchworen, ſchwören (ahd. suerju,
suor (flatt suuor), suoruméês, suarandr, suarjan, suerjan, suerran;
1) Im 16— 17. Jahrh. findet man noch melſt die richtige Form ſchweren.
Stielerhat ſchweren, ihwur, gefchworen. ©. vie Note zu Heben ©. 629.
840
— — *-
mhd. swer, suor, suoren, geswarn (gewöhnlich gesworn), swern;
goth svaran, agſ. sverjan, altu. sverja, svara) 1) betheuern, ver-
fichern mit Anrufung einer Perjon oder Sache zum Zeugen- der Wahr⸗
beit und Beitrafen der Unwahrheit; 2) etwas fchwören — es mit
einen Schwur verfihern, übergeben, widmen. — Ich hebe gen Him—
mel mein Haupt auf, meine Hand in die Wolfen und fhwöre dir
bei mir felber, der ih Gott bin, wie du: Ych will die Menfchen er
(dien. Klopſtock, Meifias 1, 135. Faſt ſchwür' ih, daß ich hell
erwacht, jo hell erblict ich ihn. Bürger, Suschens Zraum. ide
Feiber fann fie fhwören, wie fie Treu und Wahrheit Ihwört.
Bürger, Huldigungslied.
Fluchen (af. fluochon, Aluachön, mhb. viuochen, altfrief. doka, mens
ftirf. flockjen, flocken; vgl. goth. flèêcan = Hagen, eigentlihd Schläge fe
fommen (zorressaı), lat. plangi, gr. 7A76sesYar) In hartem Ausprade
äußern, dag einen Gegenftunde Uebles (befunders großes Uebel) zukommes
möge. — Da hub er au, fi zu verfluchen und zu ſchweren, Ich kenne
des Menfchen nicht. Luther, Bibelüberf. Matth. 26, 74. Der Teufel! Seht,
dus war ein rechtes Rab! Zieng entli einer an zu fluchen. Geilert,
Cotill.
Verſchwören (ahd. firsueran, mhd. verswern = etwas ven
ſich weg, falſch ſchwören, abſchwoͤren, einem Gegenſtande mit hoher
feierlicher Verſicherung entſagen) 1) zunächſt ſchwören, etwas nicht zum
thun; 2) allgemeiner mit hoher feierlicher Verſicherung unter Anrufung
und Zeugennehmung eines dem Schwörenden heiligen Gegenſtandes
bekräftigen, wodurch ſich der Schwörende ganz der Verbindlichkeit zu
dem, was die Verſicherung betrifft, hingibt; 3) ſich durch einen ſol⸗
chen Eid mit einem (oder mehreren) Andern zu einer (meiſt böfen oder
für boͤſe gehaltenen) Suche verbinden. — Ih habe feine Geſellſchaft
Dieje zweiundzwanzig Jahre ber ftündlih verjchworen, und d
bin ich mit des Schuftes feiner Gefellichaft behert. Shalipeare, 8.
Heinrih VI. 1. Th. 2, & Er ſchwur mir Montag Abends etwas
u, das er ee Morgens wieder verfhwur Shakſpeare, vid
Armen um nichts 9,1. Welcher Fluch verfchwur ich dem ĩ
niß? Tiedge, Urania 6. Ich habe verſchworen, nicht mehr an
u denken. Göthe, Meiſters Lehrjahre 2, 7. Nein wahrhaftig! ver⸗
our ſich der Bär, es ift ernftlid geſprochen. Göthe, Reinele
uchs 2, 65. Dort halten fie Rath und verſchwören wider den
igen ſich. Klopſtock, Meſſias 7, 30.
Verreden (fi. reden S. 73) eigentlich etwas von ſich weg teben; daher
mil Worten verfihern, daß etwas nicht ſei oder gefchehen werde, befonderd es
feierlich verſichern. Sich vermeffen (f. meifen S. 129) über die Gehäße
feierlich verfichern, d. i. feierlich verfichern, indem man abſichtlich oder mab⸗
fühtli das Maß jeiner Kräfte, feines Willens zu Hoch anſchlägt zu dem,
wozu man fich verbindlich macht. — Das find die Binzigen, mit denen ich es
641
noch nicht verredet habe, zu fechten. C. F. Welpe, die Poeten nach ber
Mode 1, 2. Und als fie fih flräubte und ale er fie zug, vermaß er fih
theuer), vermaß er füch hoch: Lieb Mädel, es full dich nicht reuen! Bürger.
Ab—, auf—, aus —, be—, ent—, berab—, heraus os -,
über—, unter—, weg —, zuſchwören find klar, aber nicht gleich ge—
braͤuchlich. — (Ih) ſchwur meinen Irrthum ab in feine Hände,
Schiller, Maria Stuart 1, 6. Wollt ihr dem Kaiſer abjhwören?
Schiller, Wallenfteins Tod 2, 5. Ich hielt mich, wie du fiehlt, bloß
an den Godey der güldnen Bulle, die an diefer Zahl eben genug hatte,
um fie ale Erbfeinde der fieben Zodfünden aufſchwören zu laffen.
Thümmel. Indeſſen jchwört er doch den fürchterlichften Eid und nimmt,
ſobald er ausgefhworen, die Schlüffel Ehrenburgs. Alginger,
Doolin 9, 57. Ich beſchwor fie um Gottes willen, fie follte ſchwei—
gen. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 12. Als Herzog Friedland die
zerſtreuten Yeindesheere . . . herbei auf Einen Sammelplatz be—
ſchwor. Schiller, Piccolomini 2, 7. Urtheilen fie, daß du invita
Minerva jchreibft, fo entihwöre dich für immer den Mufen. Pla—
ten, Lebensregeln 50. Sie find nicht fähig, das auszuüben, was Sie
jo drobend auf mich herabſchwören! Schiller, Fiesfo 4,7. Schwört
Eud) heraus! Schiller, Marina Stuart 4, 4. Uns loszuſchwö—
ten von gefchworner Treu. Shafiyeare, K. Johann 3, 1. Dann
wird er jchwören gehn, daß fie die Ring’ an Männer weggegeben:
wir läugnen's fed und überſchwören fie. Shakſpeare, Kaufmann
von Venedig 4, 2%. Ihr jeid Obergefhworne, nidt wahr? Wir
wollen euch unterſchwören, meiner Treu! Shakſpeare, K. Hein-
uch IV. 1. Thl. 2, 2. Denn Schändliches begegnet nichts dem Herr⸗
iherheren, als treuer Diener heimlich unterfhworner Zywiſt.
Goͤthe, Zunft 2, 193, Eben fo wenig (ſchwur falſch) der Ritter, der
auf feine Ehre fchwur, denn er hatte niemals welche, oder wenu auch,
jo hatte er fie Längft weggefhworen. Shafjpeare, wie e8 euch ges _
fällt 1, 2, Auch mir hat die Natur an meiner Wiege Freude zuge—
ihworen. Schiller, Refignation. Der Ruf zur Prliht ift Ruf zum
Himmel, ift ein Schwur, womit die Ewigkeit uns Dauer zugeſchwo—
ren. Ziedge, Urania 9. Daß er fi zuſchwor „ſolche Scherze nir=
gends mehr vorzubringen. J. Paul, Siebenkäs 3.
Geſchworen, verſchworen — die geſchworen, fich verſchworen
haben; Schwörer (ahd. suero, sueräri, mhd. swerer), Schwö—
rung, Ab —, Be—, Verſchwörung. — Verordnet iſt im engli—
ſchen Geſetz, daß jeder Angeklagte durch Geſchworne von Geines-
gleichen ſoll gerichtet werden. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Daß fie
das Unterfangen der Verſchwornen auf eine nicht ſehr verſteckte
Weiſe in Schuß genommen hätten. Schiller, Abfall der Niederlande
2) Mbb. sich tinre vermözzen = heilig verfihern.
. al
642
3. 8. Und welder Lohn erhielt der Mitverſchworne? Göthe,
Iphigenie 2%, 2. Schwör' ich Einiges falſch, dann jenden mir Elend
die Götter ohne Maß, wie fie fenden dem frevelen Schwörer de
Meineids! Voß, Ilias 19, 264. Wie ein Beſchwörer riefſt du auf
in mir den abgeftorbnen Geiſt. Shafefpenre, 3. Cäſar 2, 1. ©
ein Teufelsbeijhwörer Schiller, Wallenfteing Lager 8. Durch
Abſchwörung eines eigenhändig ausgeftellten Wechſels. Nabener,
Zraum von den abgeichied. Seelen. Kommft, mit ängftliher Be-
ſchwörung, nicht zurüd an diefen Ort. Göthe, Schatzgräber. Er
ift gefährlicher als ein eutichiedened Haupt der Verſchwörung.
Göthe, Egmont 1.
Verſchwörung it Verbindung von Berfonen durch Schwur zu etwas
Uebelm oder was als übel angefehen wird, insbefundere gegen Andere, Mens
terei (dän. mytterie, ſchwed. myteri, aus franı. &mente, von franz. &meu-
voir = erregen / dieſes von lat, movere — bemegen) heimliche unerlaubte
Brregung oder Verbindung von Berfunen gegen eine Obergewalt, ſei es zu
Widerſtand oder Aufruhr, oder überhaupt zu Ungehorfam, Complott (eigent⸗
ih Complot, franz. complot, urſprünglich ein rund zufammengebafltes, amt
con, com und pelot) eine geheime Verbindung zn fehätlichem Zwecke, eine
geheime böswillige Verſchwoͤrung, forte die Geſammtheit der Perfonen berfels
ben, — ’S if eine Verſchwörung, ein Romplott! Schiller, Ballen
fteins Lager 11. Berrath und Meuterey! Schiller, Wallenftrins Tod 3, 8.
Schwörbrief, — haus, —herr, —tag.
Schwur (ahd. suar, suor, suart, suert, mhd. swart) iſt zu⸗
nächft die Handlung des Schwörens, dann die hierbei gebrauchte Zer-
‚mel. — Es lügt felbit auf der Lippe der Schwur. Schiller, Spa⸗
ziergang. Ach, würden falſche Schwüre durch Zeichen an dir kund!
Bürger, an Themiren. — Und fie hört die höchſten Liebesſchwüre.
Göthe, Braut von Eorintb. Als unten erjcholl der Berichwörung
donnernder Todſchwur. Baggeſen. Sept flofjen im Wechſelſchwur
ewiger Liebe, ewiger Treue, innig Die Herzen zufammen. Collin.
Eid (goth. Aiths, ahd. cid, mh. cit, agf. Adh, &dh, altf. &h, dän. ced:
nah Grinm fteht Aiths vielleicht für Aivaths, 4ivths, von Ava — @edep?
Diefenbac vol. aihtha — das Geſagte, lat. aio = ich fage und verwirft
Graffs und Weigands Hinwellung auf fanffe. ft = binden; Wadir:
nagel erflärt Cid eigentlich — Verwünſchnng zu göttlicher Strafe, und vgl.
gr. olros —= Geſchick, Unglück) ift (nah Grimm, d. Richtsalterth. 893) wie
feierliche Betheuerung der Mahrheit einer vergangenen, der Echtheit einer gegen:
wärtigen, der Sicherheit einer künftigen Handlung. Dae Zeierliche beruht aber
wefentlicy darin, daß ein dem Schwörenden heiliger Begenittand angerufen und
zum Zeugen genommen wird. Eidſchwur (ad. eidsuuart, mbd. eitswart)
ein recht Marker, recht feierliher Eid. Bethenerung (von bethenern,
biefes von theuer f. S. 436) Berflcherung bei etwas, was uns ihener, d. i.
von hoͤchſtem Wertbe ifl, — Daß mein Buter hier in Belin fel, umd meine
*
643
Mutter todt, Hat diefes Weib mit einem heil’gen Eide mir bekräftigt. Schill:
ler, Turambot 4, 8. Damals gelobt’ ich mir In meinen Innern mit furcht⸗
bar'm Cidſchwur. Schiller, Tell 4, 3. Dem flämifchen Botfchafter ſchmei⸗
chelte man in Madrid mit leeren Betheurungen Föntglicher Huld. Schil⸗
ler, Abfall der Nieverlande 2. B.
Schwurbruchig, — bühne, —finger, —vergeflen, — wort. —
Die Ritterichaft, die Geiftlichkeit und die Städte beftiegen die Shwur-
bühne. J. Paul, Zitan 49. Preſſe doch ihr ſchwurvergebnes
Herz. Göckingk. |
Yam. Die Revensart „Stein und Bein fchwören” heißt auf Altar und Hei⸗
Iigengebeine (Reliquien) fchwüren.
Graben ').
(Wurzel grah.)
Grabe, grub, gegraben, graben (ahd. krapu, kruop, kruopu-
mes, krapandr, krapan, graban ; mhd. grabe, gruop, gruoben, gegra-
ben, graben; goth. altj. graban, agf. grafan, altn. grafa, mittelniederd.
graven, neuniederl. dän. grave, ſchwed. graefve, engl. grave; vgl.
griech. yoayar — eingraben, jchreiben, yAagsr —= aushöhlen, Tat.
scrobis — Grube) 1) mit fpißigen Werkzeugen allerlei Zeichnungen
und Geftalten in einer Fläche vertieft hervorbringen (auch uneig.);
2) in engerer Bedeutung, mit einem jpigigen Werkzeuge Vertiefungen
in die Erde machen; 3) durch Graben hervorbringen (auch uneig.):
Einem eine Grube; 4) durdy Graben herausbringen: Torf, Kräuter,
Schätze; 5) die Erde umgraben; 6) fich graben d. h. eindringen, Ein-
druck machen. — Bnd folt zween Onicherſtein nemen, vnd darauff
graben die Namen der finder Iſrael. Luther, Bibelüberf. 2. Mof.
3, 9. Zluch der Hand, die diefe Wunde grub! Schiller, Braut
von Meſſina. Er gräbt und fchaufelt, fo Iang er lebt, und gräbt,.
bis ex endlich jein Grab fih gräbt. Schiller, Wallenfteins Lager 11.
Und, zu enden meine Schmerzen, ging ich einen — zu graben.
Goͤthe, der Schatzgraääͤber. Graben mag ih nicht. Luther, Bibel—
überf. Luc. 16, 3. Die Empfindungen der Männer dringen langſam
ein und graben fich tiefer. Gellert.
Ab—, an—, auf—, aus—, be (ſ. ©. 607), bei —, durch —,
ein—, entgegen—, er—, fort—, ber—, berab—, berauf—, her: -
aus — herbei—, herüber—, herum —, herunter—, bervor—, her:
u—, bin—, binab—, binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —,
inüber—, hinweg —, hinzu—, nach —, über—, um—,
unter —, ver —, vor —, voran—, voraus —, vorbei —, vorüber—,
weg—, zu—, zurüd—, zuſammengraben find Mar. — (Wie ich)
moraftige Felder abgrub. Voß, die LXeibeigenen 80. Die Nacht
grub einen Edenfluß um den andern ab. 3% Paul, Siebenfäs 1.
*) Dit diefem Berbum beginnt die uhd. Ablauteform a, u, a.
41*
‚644 x
Ihre ſtille Quelle im dunkeln Schutt des Irrthums aufzugraben.
Schiller, Don Karlos 3, 5. Ich grub's mit allen den Würzlein
aus. Göthe, Gefunden. JIn meiner treuen Bruft begraben bleibt
das rafchgeiprohen Wort. Schiller, Wallenſteins Tod 2, 6. Eh’ der
Raſen uns begräbt, bat uns ſchon die Zeit begraben. Tiedge,
Urania 1. Die flat zu Vilshofen bat fain begraben (geftochenes)
infigl. Scmeller 2, 98 aus d. 3. 1514. Die (Wand) hatte Reinefe
geftern Hug durchg raben. Göthe, Reineke Fuchs 3, 53. Ach, wie
baben fie dir, Du Wundenvoller, die Hände, wie die Füße durkb-
graben! Klopftod, Meſſias 10, 709. Ja, dieſes Wort, es gräbt
fi) wie ein Schluß des Schickſals noch zulegt am Rande der vollge
fchriebnen Qualentafel ein. Göthe, Zaflo 4, 5. (Daß Jahre, dub
Entfernung) fo tief eingegrabene Züge ausldichen. Göthe, Wahl:
verwandtichaften 2, 12. Die Franzofen hatten fich der einen ( Rhein-
infel) bemädhtigt und fit) dort eingegraben. Göthe, Belagerung
von Mainz. Er grub den ganzen or umfonft herum. Platen, die
verhängnißvolle Gabel 2, Unter den Trümmern der Turannenmadt
allein kaun fie bervorgegraben werden. Schiller, Tell 4 2.
Dann zertrümmert die Hütte des ewigen Geiftes binabgrab unter
Hügel. Klopftod, Meiftas 1, 573. Man würde bei einigen Rad:
raben vielleicht ein ergiebiges Zuger (won Steinfohlen) in der Ziefe
den Göthe, Wahlverwandticaften 2, 11. Und der DBeranute
räbet ihn nach und freut fi des Kundes. Göthe, Hermann und
D erotiien 6, 94. Fleißig Haben mir ſchon Die rüftigen Myrmidonen
rings umgraben den Raum. Göthe, Achilleis. Weil ic) in meinem
Stahl die Figuren tiefer nntergrub. Göthe, Benvenuto Gellini 1,
6. Sie (die Gewalt) untergräbt den feſten hohen Stamm. Göthe,
Egmont 5. In die Erde vergrüb’ er c8 gern. Göthe, röm. Ele
gien 20. Wo vom fühnften Wager die Bahn Dir nicht vorgegra—
ben du ſiehſt. Göthe, Muth.
Anm. Die Participien geftatten noch andere Zufammenfegungen, 3. B. das
Granen der erdebegrabenen Berwefung. Rlopflod, Meffias 8, 539.
Gräber (abd. grabäri), Grabung (mbd. grabunge) iu ver:
fchiedenen Zufammenjeßungen (Auf—, Aus—, Ein—, Um—, Ver—);
Begräbuiß (mhd. begrebede, älternhd. Begräbde, Grebde,
Begrebmeß, Gremeß). — Möchten fih nur viele ſolcher Berg:
leute und Schmelzer in Deutichland finden, die, wenn die deutice
Sprache eine Berg: und Weidſprache ift, auch als Gräber und N:
er fie durchjuchten. Herder. — Gewiß ein Scha Bord ber. Göthe,
SReifters Manderjahre 1, 4. Es gibt feine jo ulten Edelleute ale
Gärtner, Grabenmader und Todtengräber. Shakeſpeare, Hamlet
4, 1. Heere Ffleidete jept die Todtengräberin Zeit ſchon im ihr
Mooshend. Sonnenberg. Selbft die, fo ſich Beförderer der Zugend
nennen, find oft Untergraber derfelben. Meißner. — Vom erften
— 645
Bad bis zum Begräbniß. Göthe, Fauſt 2, 307. Daß ſie meinen
Staub in ein Erbbegräbniß ſperren. J. Paul, Heſperus 21.
Grab (ahd. k(g)rap(b), mhd. grap, agſ. græf, altn. altſ. graf,
dan. grav) iſt uhd. nur die in die Erde gegrabene Vertiefung zur Be—
erdigung eines Todten (auch fig. für Ende, Untergang, völlig abge-
ſchiedene Verborgenheit, größte Ruhe und Stille). — Graben (goth.
die graba, ahd. der k(g)rap(b)o, mhd. grabe) eine in die Erde
gegrabene Vertiefung von beträchtlicher Länge, meiſtens zur Leitung
des Waſſers. — Grube (yoth. gröba, ahd. k(g)ruop(h)a, k(g)rö-
p(b)a, mhd. gruobe, altn. gröf, gröf) überhaupt eine in die Erde
gegrabene Vertiefung, dann aud für Vertiefung überhaupt, auch in-
tefern dieſe natürlich iſt: Herzgrube, Grübdyen im Kinn 2c. Das
Grab ift tief und ftille. Salis, das Grab. Ein Grab der Freiheit
iſts! Schiller, Tell 1, 4. Sp war das Klofter eine Freiftatt nur Der
zarten Jugend, nicht des Lebens Grab? Schiller, Braut v. Meffinn.
— D die au im Erdgrab’ und Weltmeer verwept einfchloß Der
Gerichtsſpruch. Klopſtock. Und wie glorreih läßt er ihn... . aus
jenem Feljeugrab hervor triumpbiren. Kl. Schmidt. Kannft du
dir auch in Worten der Urkunde mehr finnliche Schilderung des großen
Rachtgrabes, des Mitternacdhtsichauers in unendlich ſchwarzer Wüfte
denfen? Herder. Sie glaubt, ein Haus des ftillen Friedens müſſe
nicht ausfeben wie ein Riefengrab. Benzel-Sternau. Sein Leib
wurde dem Seegrabe zu Theil. Benzel- Stermau. Wehe eud)
Schrifftgelerten vnd Phariſeer, das jr jeid wie verdedte Todten-
— Luther, Bibelüberſ. Luc. 11, 44. Dieſe heil'ge Glut erſtickt
ein Wellengrab. Wieland, Oberon 8, 27. — Kluger Herren
fühne Kuechte gruben Gräben. Göthe, Fauft 2%, 299. Ueber die
Graben zu fpringen. Voß, Luiſe 1,706. Daß ich auf den Berg=
graben fleine Rindenſchiffchen niederfahren ließ. Göthe, Meifters
Banderjahre 1, 4. Mückenſchwärm' erheben fih aus Binfengrä-
ben. Matthiffon, der Wald. Wozu die on Feſtungsgra—
ben die beſte Gelegenheit verſchafften. Goͤthe, Leben 15. B. An
dem Rand des Hegegrabens. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 2.
Hinüber leckt' es über den Kindergraben. Klopitod, Delphi.
Durch Laufgräben und Schanzenbau Goletta zu nahen. Pyrker,
Tunifias 8. — Was drängt zu der Grube dih hin? Göthe, der
Gott und die Bajadere. Auf feinem Zug nach Hof ihm eine Grube
zu graben. Wieland, Oberon 1, 31. Und man trägt Die finrren
Ölieder zu der Feuergrube hin. Göthe, der Gott und die Bajadere.
(Da er) die fertig gebrannte Kalkgrube feines Zorns mit Wein ab-
löfhte. 3. Paul, Titan 15. Das Reich ft, troß ein vierzig Land»
frieden, noch immer eine Mördergrube Göthe, Götz v. 2. 1.
Die (Stadt) ihnen zu allen Stunden eine reihe Schabgrube ift.
Goͤthe, ital. Reife‘ Neapel 8. Mai 1787. Fort in die Schinder-
646
tube, Gefelle, mit dem fchnöden Aas! Pfeffel, Pythagoras. (Ex)
and, ftatt einer Silbergrube, die Kiften und die Schränfe leer.
Pfeffel, der Luxus. Hervor aus der Todesgrube gezogen. Pyrker,
Moies 2. Wo man geböhlt Waſchgruben mit rinnender Flut.
Voß, Odyſſee 6, 86. Wie vor fehnellen Schiffen ein Hügel aus
Waſſer vorſchwimmt und eine nachgleitende Wellengrube hinter ihm
zufchlägt. 3. Paul, Zitan 34 Wolfgruben und Prellgame 3.
u Heiperus 1%. — Die jener Knabe, der den Dcean in das
rübchen zu fchöpfen unternahm. Göthe, Briefw. mit Schiller 1,
233. Daß mir die Sinne faft vergehn beim Lächeln ihrer Grübchen!
Voß, der Sänger.
Gruft (ahd. chruft, o(g)ruſt, mhb. grufi, agſ. cruft, ſchwed. grift; vielleicht
aus lat. crypta, gr.zpurrn = verbedte Höhlung) iſt zunächft Erdhöhle, dann
im Befondern und vorzugsweife das Todtengewölbe (auch fig.) — Rinnt der
Gebirge Gruft mit unterird’fchen Quellen. Haller, die Alpen 423. Auf
den Bergen iſt Freiheit! Der Hauch der Grüfte fleigt nicht hinauf im bie
‚reinen Lüfte. Schiller, Braut v. M. Bin ich dem finitern Sefängnig entſtle⸗
gen? Hält fie mich nicht mehr, die traurige Gruft? Schiller, Maria Stuart
3, 1. — Denn Jever hatt! ein treues Ghgemahl unlänge begleitet nach der
Ahnengruft. Uhland, norm. Brauch. Und aus ihren Felſengrüften
werben alle Stürme los. Schiller, Hero und Leander. Schwebte der Sarg...
langfam hinab in die Kürftengruft. Pyrker, Rudolph 6. Und plöplid
wird das folge Götterhaus zur übertünhten Menfchengruft. Benzel-
Sternau. Gleich unter dem Flügel des Swigen rubt der Rafengruft He:
gel. Salis, Fiſcherlied Wie der Glanz von dunklem Licht ſchwach ans
Todtengrüften bricht. Kleiſt. |
Srabeifen, —felle, —land, —legung, —mahl, —meißel, — ſchau⸗
fel, — ſchicht, —ftelle, —thier u. a.; Grabesluft u a; Gräber:
naht nu. a; Grabendamm, —leitung —mauer, — ſchere, —ftei-
ger, — übergang, —winfel, —zug u. a.; Grubenarbeit, —auf-
ftaud, —baum, —beil, —bericht, —-biber, —blende, —ende, —erz,
— gebäude, — gezäh, —bolz, —büter, — junge, —kittel, —Heid,
—fleine, —foble, —föhler, —kompaß, — ſchlacke, —taſche, —ticherper,
—waſſer, —zug u. a.; Begräbnißgeld, —koſten, —lied, —mahl,
—ſchmaus, — ſtunde, —tag, — zeit u. a. — Grabbildern glei
zu halten. Uhland, Mähren. Grabdumpf fchol fie (die Hymne)
die Urnacht durch, Sonnenberg. Und bier flatt der Vermählung ein
Grabfeft würde dein Vater fertigen. Voß, Odyſſee 20, 307. Floh
er ängftlih vor dem Grabgedanken. Schiller, Elegie. Grab-
gefährten, breit zum Nichtplag aufl Schiller, die Kindesmörderin.
Als die heiligen Seelen mehr fid) nabten, verließen die Grabge-
filde die Engel. Klopſtock, Meſſias 11, 15%. Das Spiel der Sai-
ten wird zum Grabgeläut. Shalfpeare, Romeo und Julie 4, 5.
Bon dem Dome, fehwer und bang, tönt die Glode Srabgefang.
647
Shiler, Glocke. Wo fein Auge mehr von einander vermochte die
Grabgeftalten zu fondern. Klopſtock, Meſſias. Dann wird ein
jeder Leichnam von treuen Dienerd Hand gewaſchen und gefleidet in
weißes Grabgewand. Uhland, Schlacht bei Reutlingen. Schwei-
gendes Grabgewölbe. Klopfiod, Rothſchilds Gräber. Und ift noch
irgend ein größerer, beißerer Fluch . . . dem die Mitternacht aufhorcht,
Grabheulen mit ausipridht. Klopftod, Meffias 6, 291. (ch habe)
Rumen gelefen auf Grabhöh'n ohne Gebeine. Voß. Ein geliebtes
Abgeſchiedenes umarme ich weit eher und inmiger im Grab bügel
als im Denkmal. Göthe, Wahlo. 2, 1. Zum Todesfeſte der Menfch-
beit, und wie zum Grabfleid, wallet Ehassdüftre herunter. Sons
nenberg. Eine Grablegung des Sokrates durch feine Freunde von
Gansva. Seume. Daß jo lang wie ein Grablied dein Gefang mir
durch die Dämmrung fich ergießt. Voß. Im Sande liege grablos
kin Gebein. Schiller. Das bekannte Grabmal der Mad. Longhans
in Hindeldanf bei Bern. Salis, in einer Anmerk. zu dem Gedicht:
bei dem Grabftein einer Wöchnerin. Entwürfe von alten Grab—
monnmenten. Göthe, Wahlv. 2, 2. Unterm Schuuerflor der
Grabnacht. Schiller, Leichenpbantafiee Ein Grabſcheit in der
Hand. Wieland, Oberon 12, 24. (Mit) einem Grabeicheit. Daf.
11, 3. Seine Grabſchrift jei der Drt, wo man ihn fludet.
Schiller, Jungfrau v. DO. 3, 7. Daß ed (das Bild) die eigentliche
Grabftätte bezeichne. Göthe, Wahlv. 2, 1. Die durch Kirchgän«
ger abgetretenen Grabfteine. Daſ. 2, 2 Leiſtet dieß ja fchon Zei-
henfeder, Pinfel und Grabſtichel. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 3.
Da ward ed grabitill. Kojegarten. Fürchterlich ſchwarz walten fie
grabftumm. Sonnenderg. O erhör du mein entzüdt Fleh'n von
dem Srabtbal ber. Klopftod. Bor dem (Altar) der Todtenfar
erhaben rubte, mit weißbekreuztem Srabestuch bededt. Und au
dem Grabtuch fahe man den Stab der Herrichaft Tiegen und die
Fürſtenkrone. Schiller, Braut vu. M. Um die Hand der grabver«
langenden Freundin. Klopſtock, Meſſtas 15, 354. rabzei«-
hen auffrichten. Luther, Bibelüberſ. Jerem. 31, 11. — Am bunten
Grabesgerüfte. % Paul. Durch die Grabesgewölbe heulte
Sturmwind. Benzel-Sternau. (ID mein Hauch nit Grabes⸗
bauch? Uhland, Ludwig der Baier 5. Durch das finftre Thor de
Grabeshöhle exblidft du fchon die feligen Gefilde. Uhland, a
8. 8. Gangloffs Tod 2. Und weld ein lumpiges knechtiſches Nache
leben diejes grabesluftige Zurückathmen aus lauer Vergangenheit
ſtatt eines friſchen Zuges aus frifcher Luft. 3. Paul. Wenn deinen
Sänger Grabesnacht umichleiert. Uhland, Vermächtniß. Uner⸗
ſchüttert land Fredal auf der bebenden Erde vor Blißglut und Don-
nerrollen, vor Grabesrachen und Geipenfterruf. Benzel- Sternau.
Dem alten Manne, den an Grabesrand fein irdiſch Hoffen mehr
648
verführen kann. Schiller, Maria Stuart 2, 3. Der Grabesrube
Troft ift dir verfagt. Schubart. Der Engel windet fih vom Gra—
besichleier los. Salis, bei dem Grabftein einer MWöchnerin. Dein
Anhauch werte mich aus dem eifernen Grabesihlummer. Kütt-
ner. Senfet mich hinab in eures tiefen Friedens Grabesſchooß.
Göthe, Eugenie 5, 6. Nicht einer Fliege Schwirren unterbrach die
Grabesftille. Benzel-Stemau. — Den Staubleib tragen, mit
feiner Todtenfarbe, und feinem Siechtbum, feinem Gräbergerud.
Schubart. Die Herrfher ruhn in Gräberhallen. Uhlaud, die drei
Schlöſſer. Wie Gräberheulfen umraufchen hohl ihn die Flügel.
Sonnenberg. Wie eines Engeld Lichterjcheinung fteige in ihres Ker-
fers Gräbernacht hinab. Schiller, Maria Stunt 2, 4. Es wehen
Gräberſchauer auf der erftorbuen Flur. Koſegarten. Gräber:
ftille fchlief umber vom Pole zum Pole. Sonnenberg. Wandelt im
Spätfchein dort auf den Kirchhof unter die Gräberweiden. Sons
nenberg, Würden in Gräberwüſten die Paradieſe des Himmels...
fid) wandeln. Sonnenberg, — Grabenmacher und Todtengräber.
Shakſpeare, Hamlet 4, 1. — Und kehrſt du wieder, jo gefchieht es
gewiß nicht bier im tiefen niedrigen Grubenbaue des Xebens, wo
unſere Morgenröthe. in den Goldflämmlein auf dem Goldfieje befteht
und unjere Sonne im Grubenlidt. 3. Paul, Titan 25. — So
ordnet denn ein feierlich Begräbnißfeſt. Schiller, Braut v. Mei.
Die gehörigen Begräbnißgebühren. 3. Paul, Heiperus 8. Be.
gab man fich des andern Tages nah dem Begräbnißplag. Goͤthe,
Wahl. 2, 2. Der Winter bat... in Wald und Feld ein weis
Begräbuißtud den Blumen vorgeftellt. Günther. -
Grab, die (ahd. graba) d. i. Grabfcheit, Schaufel, finder fi
nur noch in der Volksſprache. Ebenſo der Grebel (auch Grübel,
ahd. —— crebil, mhd. grebel) Werkzeug, Rüben auszugraben.
rübig, bei Campe grubig ift nicht gebräuchlich, wol aber: die
Braut war podengrübig. LXichtenberg, wigige und fatirifche Einfälk.
Grüben (mbd. gruoben — Grube graben), eingrüben (die
Senfer eingraben in Weinbergen), vergrüben (durch Gruben ab
gränzen), grübeln (Kinderfpiel, wobei Schuffer, Steinen x. in
Gruben geworfen werden) gehören der Volksſprache an.
Grübeln !) (ahd. krupilön, grubilön, mhd. grübelen =
Grube graben, einriken) wird fait nur abftract gebraucht: eindringlid
worauf denkend fpüren (nad) Graff IV, 308 fo fchon ahd.). Davon
aus—, durch —, ein—, er—, nah —, um —, vergräbeln;
Grübler, Grübelei, Grübelung, Gegrühel. — Doch &
1) Gin ahd. kruopilön, welches Grimm II,9 Hat, if bis jegt nicht nachge⸗
wiefen. Grimm (Sendfchreiben an Lachmann ©. 61 f.) leitet grübeln von
einem vermuthlichen ahd. grioban — brennen ab. Weigand denki, wahrſchein⸗
licher, an ein vermuthliches Urzeilwort griban, wozu unfer graben gehört.
649
en dem Menfchen, nicht mehr zu grübeln, wo er nicht mehr wir-
jol. Göthe, Egmont 5. Die Tugend leitet und, wo irre Träume
grübeln. Ziedge, Urania 2. Die (Feinheiten) er jelbft fchwerlich
dürfte 0... haben. Leifing, hamburg. Dramaturgie 75.
Durchgrüble niht das einzigfte Geichid. Göthe Fauſt 2, 202.
Mit einem Grüffel eingegrübelt. Zejen, Rofenmänd 39. Erſparen
Sie fi) die Mühe zu ergrübeln, weilen Beredfamfeit Sie dieſe
Bendung danken. Schiller, Don Karlos 2, 11. (Ich) grübelte fo
über die Sadhe nad. Göthe, Egmont 1. In jeim wort vmgrü—
bein. H. Sachs. Ich, Thor, vergrüble die Zeit bier müßig.
Pyrker, Tuniſias 6. ſtichelgrüblet und wannereutert euere Mollen-
köpf. Fiſchart, Gargantua S. 205. — Ad, beiler, als wären fie
Weiſe, die jo jelten fic) nicht verirren, und Grübler geweſen! Klop-
ſtock, Meifins 13, 324. Hier enticheidet ein Mufter durch fein Bei-
ipiel mehr, als zehn Wortgrübler. Herder. Wenn den Heiligen
(Gott) die Grübelei vermißt, dort findet ahnend ihu der Glaube.
Tiedge, Urania 2. ergribelung. Fiſchart, Gargantun ©. 57. Und der
edle hohe Tugendſinn, ift auch er ein Teeres Traumgegrübel? Tiedge.
Anm. 1. Griebe, fefteres TIhellchen, das beim Ausfchmelzen oder Ausbra⸗
ten von Bett, Talg ꝛc. übrig bleibt (ahd. griebo, criube, mhd. griebe, woher mhb.
grieben = ſchmelzen, vgl. ahb. kakroupta, kacraupit, kigroubit = das Geroͤſtete) iſt
wol von dem vermuthlichen ahd. grioban — breunen (röften?) gebildet, das zu ahd.
k(g)iroupjan, das wie das einfache roupjan röften heißt, gehört.
nm. 8. Griebe (au Kriebs, Gch)röbs, Gık)rübs) das Samen:
gehänfe des Kernobſtes, beſonders der Aepfel und Birnen, in der Volksſprache auch
der dide Theil der Kehle, ift bis jept in ji Abſtammung nicht erflärt.
Anm. 3. Gribesgrabes (fo bei Schmeller) fcherzhafter Ausdruck, um
3. B. verworrene Echriftzuge, Hocuspocusgeſticulationen 2c. zu bezeichnen, jchreibt
Böthe (Kauft 1,172): vom Kribskrabs der Imagination —* ch dich doch auf
Zeiten lang curirt. Das Wort ſcheint mit krabeln, Krebs (S. 806) zu einer
Wurzel zu gehören.
Schaben.
(Wurzel scab.)
Schabe, fehabte, geſchabt (Volksſprache zuweilen noch gefcha-
ben), fehaben (ahd. skapu, skuop, skuopume£s, skapandr, skapan;
mhd. schabe, schuop, schuoben, geschaben, schaben; goth. ska-
han, agf. scafan, altn. skafa, engl. shave, ſchwed. skafwa, überall
ftarf, doch hier und da fchon mit ſchw. Präteritum; vgl. lat. scabere,
gt. oxarnıeıv) iſt Scharf reibend woran abreiben. — An der (Haut) man
nicht jchinden und [haben kann. Göthe, Leben 10. B. Er foll mir
drauf los ſchaben und jcharren. Schiller, Räuber 1, 2. Mit neu-
geihabtem Barte. Voß, der Korb,
Auden (ahd. jukjan, jucchjan, jukalön, engl. yuck, bofläub. jeukcen)
auf der. Haut des Körpers reiben, um einen daſelbſt entſtandenen prickelnden
Rervenreiz wegzufchaffen. Krapen (ahd. chrazzön, mhd. kratzen, ſchwed.
kratta, engl. grate, bullänp. kratsen, ital. gratare, mitiellat. g(c)ratare,
650
Mebenform von kranen, ahd. chräwön, mıhd. kräwen; vgl. gr. ypae =
id) nage) mit Epigen eingreifend durchreißen; dann mit etwas Gpigem oder
Scharfem hart und laut über einen Körper hinftreichen, fo daß mit diefem
eine harte Reibung Statt hat. Scheuern flatt fhelern, f. ©. 118 um
5. Reiben (ſ. d.) etwas augebrüdt woran wieberholt darauf him und ber
bewegen. — Den (Beweis) meift, vom lebergang des Schmerzes zum Gal-
züden, aus gleicher Nothdurft fih zu jüden der weife Sofrates gefühtt.
Thümmel. Krapen würde ed (das Geſicht) nicht fchlimmer machen. CShal
fpeare, viel Lärmen um nichts 1, 1. Nach einigem Kehren ud Scheuern...
war das Haus völlig wieder bergeflellt. Göthe, Leben 14. B. (Eie) rieb
mir die Schläfe mit einem gewiflen Balſam. Gäthe, Meiſters Wanperi. 3, 6.
"Ab—, aus—, durch —, er—, ver—, zerfihaben find Har. —
Ein abgeſchaben tafel. Schmeller 3, 304. Sie follen den abge:
fhabenen leimen hin aus fur die Stud au einen vnreinen ort ſchüt⸗
ten. Luther, Bibelüberf. -3. Mof. 14, 41. Das er die Güter fräe
und fpat fo meifterlih erfhabet hat. Ringwald, die lautere Wahrheit.
Anm. Schab ab iſt zunächft wol der Ruf, die Mauerkellen abzufchaben
und bei Seite zu legen. Davon das Suhl. Schabab und das Aw. ſchabab
—= zu Ende, am Ende. Ein Tuch ius Grab, damit fhab ab. hr liegt im
Grab, und ſeyd ſchab ab. Münchener Kirchenlied v. 1660.
Schaber (Geizhals, Werkzeug zum Scaben, das Geſchabte),
das Schabet, das Schabfel; ſchäbig (ahd. schebedic, mhd.
schebec, in der Volksſprache schewig, schewetzig, von agf. scäh,
sceab — Schabe, Hautkrankheit) d. i. hautkrank au ausgefahrner
Hautfhärfe. — Gib im das Schabet (von Rüben) in den mund.
* Dr Minderer 16%. Reibe das Abſchabſel noch Harer auf Mar:
mor zufammen. J. Paul, Siebenfäs 2. Wenn ein Man oder Weib
auff dem heubt oder am bart [chebicht wird. Luther, Bibelüberſ. 3.
Moſ. 13, 29.
Schabebant, — baum, —biech, —blod, —bod, —brett, —degen,
—.eijen, —bobel, —kiſte, — klinge, — meſſer, — wolle.
Anm. Schuppe (ahd. scuopa,* scupa, mAb. schuope, holländ. schob, flav.
ssupina) ſcheint eher zu ſchaben ale zu Phieben zu gehören.
Backen.
(Wurzel pac, pah.)
Bade, badte (felten buck), gebaden, baden (ahd. pahhn,
puoh, puohumeäs, pahhandr, pahhan packan; mhd. bache, buoch,
buochen, gebachen, bachen; agj. hacan, altn. backa, engf. bake,
ſchwed. baka, dän. bage, polı. piece; vgl. fanffr. pao u. bhdj =
fochen) eigentlich wol durch Austeodnen hart machen; gewöhnlich durch
einen hohen Grad von Hitze der überflüfftgen wäflerigen Theile be
rauben und jo gar und zum Genuffe geſchickt machen. — Die Früchte
find es heil'ger Weilmachtszeiten, gebackne nur, den Kindern auszu⸗
“
651 :
ſpenden. Goͤthe, Ehriftgefchen. Wan bäckt im Lande das Brot mit
Butter und Eiern. Göthe, Neinefe Fuchs 6, 236. (Die Natur) hat
von allen Menſchenſorten das Scheußliche auf einen Haufen geworfen
und mich daraus gebacken. Schiller, Räuber 1, 1. Mein Rath
wäre, man badte den Zettel in eine Wildpretpaftete. Schiller, Ka
bale und Liebe 4, 9. Was unfere Lenette anlangt; jo bud fie von
jeher fo. 3. Paul, Siebenfäs 3. Ohne zweifel buden die Heiden
zu ihren gelagen und opfern nicht anders als die Chriſten. Grimm,
d. Mythologie 2. A. S. 1002 Note 1.
Kleben (fi. Fleiben) allgemein vermittelt einer haftenden Feuchtigkeit
an etwas feft fein und auch, fe machen. — (Als du) fein (Gollaths) unfürms
liches Haupt auf einer großen Stecknadel mit wächfernem Griff dem Heinen
David in die Hand Flebtefl. Böthe, Meiſters Lehrj. 1, 2.
An—, auf—, aus —, ein—, hinein—, nah —, ver—, zufam-
menbaden bedürfen feiner Erklärung. — Das Pflafter ift feit an die
Bunde angebaden. Campe. Der Teig . . . fchmedt wie das
(dwarze weftphälifhe Brod (Pumpernidel), wenn e8 nicht ganz aus⸗
gebaden if. ©. Forfter, der Brodbaum. Der vermuthlich dat das
Geld, Das aus dem lieben Brote fällt, hHineingebaden. Gleim,
der arme Mann und fein Kind. Der berühmte Architeft und Model-
lierer Ehigi, der ihm zubörte, hatt? e8 wirklih nachgebacken. J.
zu Titan 2, Einen Bettelmöndh hingegen bade ih in meinem
opfe in Kurzem zuſammen. J. Paul.
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfegungen: Sodann
war aber auch für Wecken, Semmeln, BPfeffernüffe und manderlei Butterges
badenes geforgt. Goͤthe, St. Rochusfeſt. Welch hausgebadnes Volk macht
bier fich breit? Shaffveare, Sommernachtstraum 3, 1. An trodengebadenen
Dorffsrondelen. Filchart, Bargantua ©. 76. \
Bäder (au. Beder, ahd. peccho, becko, mhd. becke, äl-
tembd. Bed), Bäderei, Gebäd, Zwiebad (d. i. zweimal Ge-
badnes) bedürfen feiner Erklärung. — daz nu fürbaz hie ze Münchn
in der ganzn flat kayn pec weder fawrped noch füzpedh vor
pfarrmetten nicht underfönte vnd fewr ze ofen mache fol. Münchener
Rathsverordnung v. 1427. Als uns der Bäder einiges Brot auf
die Reife verfagte. Göthe, Leben 10. B. Jene Kraft» und Macht:
worte in ein Gedicht an den Kuhenbäder Hendel zu verſammeln.
Daf. 7. B. As der Storch ihn jüngft beim Zuderbäcder.vorbei-
trug. Göthe, Hermann und Dorothea 7, 202. Auf den jehlimmiten
Wegen von Grandpree, wo die Bäderei lag. Göthe, Campagne
in —* 28. Sept. Aus dem Vorrath in der Grube nimmt man
jedesmal nur ſo viel, als zu einem Gebäcke hinreichend iſt. G.
Forſter, der Brodbaum. Als Felix erwachend ein gedecktes Tiſchchen,
N Wein, Zwieback ... bemerkte. Göthe, Meifters Wanderjahre
N ‘
652
Bade die, der Baden (ahd. der paccho, mhd. backe) if, nad
Weigand, urfprünglid das Feſte, dann ein befannter Theil des Ge-
fichted; ferner wird das Wort von verfchiedenen andern Dingen ge
braudt: an Zlintenfolben, bei den Glafern u. a. Handwerkern. —
Daß fie fih faſt die Baden aufrieb. Göthe, Meifters Lehrjahre 2,
9. Im Winkel feines Kinnbadens. Shakeſpeare, Hamlet 3, 4.
Wange (goth. vaggö? ahd. daz wanka? ſo Grimm; bei Bader:
nagel daz wangä, bei Graff wanga; mhb. daz wange, altn. vAngi, altſ.
wanga, agf. vang, väng, veng, ſchwed. wang, ital. guancia) bezeichnet den
genannten Körpertheil als äußere Fläche, und iſt edlerer Ausdruck. — Un be
Hoffnung jugendlihen Wangen blühte noch das erfte, zarte Roth. Tiedge,
Uranta 1.
Anm. Diefenbach dent bei Bade lieber an biegen. Wange hält
Meigand für gebildet von ahd. der wang == Gefilde, guth. vagg — Paradies,
altf. agf. wang, altn. vAngr —= Gefilde.
Badapfel, —birne, — bord (auf den Schiffen), —drett, — eijen,
—fleifh, —form, —gaft, —geld, —geräth, —gerechtigfeit, — haus,
—hecht, — hitze, —holz, tammer, — foch, —forb, —meifter, —mulde,
— napf, —obit, —ordnung, —pfanne, —probe, — jchaufel, — radchen,
. ſchüfſſel, —ſpeiſe, —itein, —ſtube, —tafel, —tag, — tuch, —zeit,
—zeug u. a; Backenausſchnitt, —bart —bein, — blaſe, —büchſe,
—drüje, —eifen, — geſchwulſt, —grube, — haken, — haube, — knochen,
—lehne, — muskel, —nerve, —neg, —riemen, —ſchmiege (bei deu
en —{chnede, —ftreif, —ſtück, — ſtuhl, —tajche, —tute,
gab na. a — Ich im Beſitz des ftrittigen Stüds, und drüber den
hübſchten Baffifch im ganzen Dorf, Göthe, Götz v. B. % Nah
Art magyarijcher Backkunſt. Pyrker, Rudolph 3. In der Ede wa
ren die Thüren zu den Backöfen. Göthe, Briefe aus der Schweiz
2. Abthl. In dem Badtrog (liegt) das Bett. Göthe, Hermann
und Dorothea 1, 1%0. Willlonımenes Backwerk. Göthe, Meifters
Wanderjahre 1, 6. — Sie geben mir fchimpflihde Badenichläge
Michaelis, Bibelüberf, Hiob 16, 10.
Badenftreih und die Synonymen f. ©. 471.
Unm. 1. timm fagt Il, 11: Erſt die verfchoffene lrhebeutung von ba
kan, bök würde lehren, wie damit bie Idee von puoh (Buch), von puchho (Bude),
vielleicht felbi von pah (Bach) zu verbinden ſei; daß puohha, agf. böc Ablauf
von pah, bac ifl, folgt aus (lat.) fagus (Buche) und daraus, daß die Roͤmer den
germaniſchen buochenwald silva bacenis nennen.
Anm. 2. Gliemann Hält (Archiv f. d. Stud. d. neueren Spracden u.
Literaturen 7, 266) baden für eine Intenfivform vom plattdeutfchen bäken. Bor
Erfindung der Mafchinen gefchah nach ihm das Brechen des Flachſes vermittelt
eines hölzernen, mit Furchen verfehenen Hammers, womit der Flachs auf einem
Blocke geſchlagen wurde. Diefes Schlagen des Flachfes hieß plattv. bäken, we
von das wiederholende bäkern fidy noch erhalten hat. Daruach bebeutete baden
urfprünglich nicht das Garmachen im Ofen, fondern dad voraugehende Formen des
Teiges mit ter flahen Hand. Man vgl, damit die Redensarten Käfe baden
(Handfäfe machen) und Kuchen baden (der Kinder, angefeuchtele Erde Fneten ıc.)
653
Anm. 3. Woher mag Backfiſch — ein junges noch nicht mannbares
Mönchen kommen? Campe ſagt bei Backfiſch — überhaupt ein Fifch, den man
lieber zu baden als zu kochen pflegt, ſo nenne man ſcherzweiſe in Norddeutſchland
ein ſolches Märchen. Die Heinen Fiſche werden allertinge lieber gebaden, die
großen lieber gekocht. Göthe hat Yanft 2, 68: Es nahen fich nengierige Nerei⸗
den ber prächtigen Wohnung in ter ewigen Friſche, die jüngiten fcheu und
lültern wie die Fiſche.
Laden.
(Wurzel hlad, lad.)
Lade, Ind, geladen, laden (ahd. hlatu, hiuot, hlnotumés,
hlatandr, hlatan; mhd. lade, Iuot, Iuoden, geladen, laden; goth.
hlathan, was aus afhlachan folgt, alti. agſ. hladan — belaften und
ihöpfen, altn. hlada — belaften und errichten, engl. loade, lade,
ihwed. lada, dän. lässe, holländ. laden, poln. laduje; vgl. lat.
clitella = Zragjattel) 1) überhaupt ſchwere Körper auf einen andern
beben, uneigentlich Bejchwerliches auflegen; 2) in ein Schießgewehr
das zum Schuß gehörige Pulver (die Ladung, Laſt) thun; 3) rufen,
berufen, vor Gericht rufen, höflich erjuchen in eine Gefellichaft zu
fommen '). — Ihn groß zu machen, hatteft du den Fluch der ganzen
Belt auf did geladen. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. (Ich)
Ind die ſchwere Schuld auf mein jo junges Leben. Schiller, Maria
Stuart 1, 4. Wenn er unterdeffen feine Büchje für niedrige Dinge
laden fann. J. Paul, Siebenfäs 7. Es lächelt der See, er ladet
zum Bade. Schiller, Zell 1, 1. Zwei Perſonen luden fich bei mir
zu Tafel. Göthe, Paraboliih 8. Da eine Gefellichaft Kinder gela-
den war. Göthe, Meifters Lehrjahre 1, 6. Heute werdet ihr nun
zum drittenmale (vor Gericht) geladen. Göthe, Reinefe Fuchs 3, 206.
Aufladen und das finnverwandte aufbürden erklären ſich aus
Laft und Bürde S. 50. — Wurum mußte fie mir diefe Bürde
von Häßlichkeit aufladen? Schiller, Räuber 1, 1. Mögen fidy die
fein Joch aufladen. Schiller, Wallenfteins Lager 11. — So daß
der reinen und geiunden Natur nichts dadurch anfgebürdet wird.
Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 80.
Yufpaden (f. Pad ©. 225) bezeichnet die Vielheit, die Größe deſſen,
was. alles zufammen aufgelegt wiıd. Anffaden (von- Sad, goth. sakkus,
ahd. mh. sak, sac, agf. sacc, altn. seckr, engl. sack, ſchwed. saeck, franz.
poln. sac, ungar. zsak, ital. ſpan. sacco, lat. saccus, gt. daxog, dunzog)
in Söcken auflegen, von Menſchen nur in verächtlicher Beziehung gefagt.
Aufhalfen (von Hals S. 211) auf den Hals legen, veutet auf die Mühe
bin, die das NAuferlegte dem Trageriden verurfucht. — Da fact man auf.
') In der 3. Bed. IR es eigentlich ein ganz anderes Wort und fullte nach
ſchwacher Conjugation geben, wie goth. Iathön, ah. ladon, laden, ladjan, mheo.
Iaden, altf. agf. ladhjan, altn. lada nach ſchw. Conj. gehen. Ahd. —* man
beide Formen, wie vie angeführten Beiſpiele zeigen; uber auch ſchon mhd. findet ſich
hier die ſtatke Form, 3. PN in der Chronik des Jacob von Königshofen: und denne
luodent sin die liute heim zuo imbisse, und eins Iuod zweinzig, eins zchen.
654
Und brennt das Haus, da packt man auf und rennt heraus. Goͤthe, Baus
dora. Am derentwillen er ich vielleicht den töhtlichen Haß aller Mollahs in
der Welt aufbalfet. Wieland.
Beladen allgemein Dinge worauf legen, während belaſten (i.
unten) auf Die Schwere der Dinge hinweiſt. — Der Säumer mit dem
ſchwer beladnen Roß. Schiller, Tell 4, 3. Mit fremden Schätzen
reich beladen kehrt zu den heimiſchen Geftaden der Schiffe maiten-
reiher Wald. Schiller, der Ring des Polykrates. — Kleine Kinder
“oder Genien, mit dem kaiſerlichen Ornat bekleidet, und belaftet mit
den Reichsinfignien. Göthe, Leben 1. 2.
Beraten (von Fracht, ahd. frehtt, mid. vraht — Lohn, Berbienfl,
engl. fraight, ſchwed. frakt, dän. fragt, holländ. vracht, franz. fret, portug.
frete; ahd. frehten, kifr&htön — verdienen; nah Wadernagel vielleicht
von freigan für fireigan, zu eigen ©. 211 gehörig; auch Graff II, 817
fagt: zu Eht, Wurzel ig? guth. findet ſich fairaihan — Theil haben) urfpräng-
lich wol mit Lohn ober Verbienft verfehen; dann mit ſolchem Gut beladen, für
defien Verführung ein Lohn (Tracht) gezahlt wird; dann mit Kaufmannsgut
beladen. Mit dem Partic. beladen it behaftet (f. S. 231) finnverwanbt,
das aber mehr von Unförperlidem gefagt wird, das uns innewohnt und be
fhwerlih it. — Lange Tag’ und Nächte ſtand mein Schiff befrachtet;
günfl’ger Winde harrend faß, mit treuen Yreunden mir Geduld und gufen
Muth erzeihend, id im Hafen. Göthe, Seefahrt. Gr fcheint mit dem täg-
iichen Liebesflieber behaftet. Shakſpeare, fo wie es euch gefällt 8, 2.
Ueberladen eine Durch ihr Zuviel befchwmerende Menge einem
Gegenftand auflegen. — Bis zum Sinfen überladen, entfernt fich
diefer legte Kahn. Göthe, Zauft 1, 53. Diefe Flaͤche, wie die Sonn’
auf Glas, wie üb erladne Bichfen, prallen. rückwärts. Shaffpeare,
H. Heinrich vi. 2. Thl. 3, 2.
Ueberhäufen (von häufen, ahd. hüfön, mhd. hüfen, agi. heäpian, f.
Haufe ©. 639) eine höher werdende, zu große Dienge neben und auf einander
befindlicher Dinge auf einen Gegenſtand fommen machen. Neberſchütten
(von ſchütten, nhd. sculjan, scuttan, mhd. schüten, schütten, altf. scudd-
jan, mittelnieverd. schudden, engl. shed, ſchwed. skudda — in gleihfam
ſtoßartig zifternde Bewegung von flärfern Schwingungen fegen, was uhd.
fhütteln, ahd. scutilön, mb schütelen) eigentlich in ihren Theilen br:
wegliche Mafien auf und über einen Gegenftand bewegen. — Bon allen Enten
zog er fie (tie Dichter) an feinen Hof und überhänfte fie mit Ehren. Ros
valis, Heinrich von Ofterbingen 1, 3, Du vberfhütten jun mit gutem
Segen. Luther, Bibelüberf. Pf. 21, 4. Sie Haben mein — mit waſſer
vberſchüttet. Daf. Klagel.
Ab—, verab —, aus — —, ent—, her—, herbei, her⸗
ein —, um, ver—, vor—, — zurück zuſammeniaden be⸗
— — — — — — — — —
) Ich finde das Wort ſonſt nicht.
655
dürfen Seiner weitern Erklärung. — Wie einer der foftbare Waaren
abgeladen bat. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, & Wenn fie (die
Zeeiihöpfen) einen Fürften ... zu verabladen !) butten. 3. Möſer,
die weftphäl. Freigerichte. (Die Schiffe) bier bauptiächlich anlegen
und ausladen. Göthe, ital. Reiſe 29. Sept. Bei nächtlich ſtiller
Beile gährt’8 in dem tück'ſchen Zeuerichlunde, ladet fih aus mit
tobender Gewalt. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 18. Kein tollereg
Deriehn kann fein, gibit einem ein Ze, und lädſt ihn nicht ein.
Goͤthe, Sprichwoͤrtlich Der Knabe lud Wilhelmen zum Frühſtück ein.
Goͤthe, Meifters Lehrjahre 7, 2. Die Gegenftände waren nicht fo
auffallend, nicht fo mannigfaftig; aber deito einladender den tiefen
killen Sinn derjelben zu erforihen. Göthe, Meilters Wanderjuhre 2,
% Ich fühle mic von aller Notb entladen. Göthe, Taſſo 5, 4.
Damit fie einer Schuld auf's leicht’fte fih entlade Daſ. Z3, 4. Die
Baͤume ſtehn der Frucht entladen. Voß, der Herbitgang. Ich hab’
es lang bedadıt, jo mag ſich's raſch und Stun denn entladen.
Schiller, Wallenfteing Tod 3, 20. Wenn der glimmende Funf’ auf:
Nammt am entladenden Kolben. Pyrker, Zunifias 4. Dichter lud
ih au) berbei, umjre Luft zu mehren. Göthe, Dffne Tafel. Der
Boftneht ladet an dieſem Meilorte oder auf dieſer Poſtruhe den
Bagen um. Wolfe. Und wie ihn Karl, jedoch zum Schein in allen
Gnaden, nad) Hofe, zum Empfang der Lehen, vorgeladen. Wie—
land, Oberon 1, 30. Ein vorgeladner Abt fragt einen klugen
Alten. Hagedom, Proceſſe. |
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfepungen, 3. B. Der
fanfteinladenbe Zurnd. Pyrker, Tunfflas 9. Mitten darauf dann fland ein
eherner Korb voll trunfeinladender Zwicheln. Boß, Ilias 11, 629. Ber:
gebens Hüllt die Nacht mit dunſtbeladuen Klügeln den Luftfreis ein. Wieland,
Dberon 6, 22. Da... über die Keffelbeladenen ihr Haupt die Herrfchfucht
aufhub. Klopſtock. Die fluch beladne Fackel diefes Kriegs. Schiller, Piccolo⸗
mini 2,7. Den jochbeladnen Landmann, Klopſtock, an ben Kaiſer. (Sie
pflücte) einen duftenden Strauß um den feld belatenen Etengel. Voß. Schwer
berein fchwmanft der Magen, fornbelaren. - Schiller, Glocke. Die koſtbelade⸗
nen Zifhe. Voß. Der mir auf einmal jede bange Sorge vom ſchwerbelade⸗
nen Buſen hebt. Schiller, Braut v. M. Mit fturmbeladnem Wlügel brauft
von ferne der feflellofen Winde rohe Schaar. Wieland, Oberun 8, 17. Linnenn=
bares Grauſen gleih aus wolfenbeladnem Gebirg herfchäumenden Waflern.
Klopftod, Meſfias. Die bligentladene Wolfe. Halem. Deine qualentlas
dene Seele. Ramler. — Etwas felten fagt Fifchart: jr miſtladet. Bargans
tua ©. 76. Das Heißt das Schiff gelapfandet. Daf. 194. Golbbeladen
bat derfelbe S. 361.
Lade (mhd. lade; vgl. ultn. hlada, fchwed. lada, dän. lade =
Scheuer; vgl. das Lad der oberpfälzer Volksſprache — die Bretter-
wand, wodurch Die Legſtätte in der Scheuer von der Drefchtenne ges
ihieden iſt; altn. hladi = Haufen, Gerüft, altu. hlad — Ball,
Erdhaufen, agj. bläd — Laſt) eigentlich Aufbewahrungsbehälter, der
wit Dingen befchwert wird oder tft; im Befondern ein ſtarker, großer
656
Kaften zum Aufbewahren von Dingen; in engiter Bedeutung eime
ftarfe, größere Kifte mit Verſchluß, worin Knechte, Mägde x ihre
Habjeligfeiten verwahren; ein Geftell oder Gerüft, andere Dinge da-
- rin aufzunehmen und zu befeftigen, 3. B. im Hüttenwejen, bei den
Webern ꝛc. — Und füllet mit Schäßen Die duftenden Laden. Scil-
ler, Glocke. Nur in verfchloßner Lade wird's (das Glück) bewahrt.
Schiller, Braut v. M: Die Schönheit des Gewebes hängt vom glei-
hen Auftreten des Webegeichirres ab, vom gleichen Schlag der Lade.
Goͤthe, Meifters MWanderjahre 3, 5. (Da fie) die Schubladen m
Stüden fanden. Göthe, Benvenuto Cellini 1, 10. -— Andere Zul.
find: Bett—, Bundes—, Kinn—, Todtenlade—, Kirchen —, Bid —,
Zahn—, Zunftlade u. a.
Kaften (ahd. chasto, agf. cest, mhb. kaste, chaste, mittellat. casio,
engl. chest) allgemein Behälter, um etwas barein zu thun. Kifte (ahd. ein
kista, mhb. kiste, engl. chest, ſchwed. kista, dän. kiste, lat. cista, gr. uisr;)
ein zum Anfbewahren dienender, tragbarer Kaflen, der oben verſchloſſen ober
doch wenigfiens feſt zugemacht werben kann. Koffer (zunächt das franz
coffre, ſchwed. dän. koffert, engl. coffer, mittellat. cofrus, coferum, cet.
coffr, von der Wurzel kophin, ahd. chöflv)ina, chophina — Tragforb, lat.
cophinus, gr. x0 ırog, agf. cepla) eine Art laͤnglicher, verfchließbarer, zu
leihtern, bequemern Bortidaffung von Habjeligfeiten eingerichteter Kafen.
Truhe (ahd. traha, mh. truhe, agf. dhruh, mittellat. truca, verwantt wit
Trog, abb. troc, trog, trouc, troh, troch, mhr. iroc, agi.(rog, troh, alte.
trog, mittellat. truca, ital, truoge). if der vberbeutfche Ausdruck für Lake.
— In der Ede der Gapelle vder des Saals fand ein Kaſten mit Steine.
Böthe, Meiſters Wanderj. 1, 3. 6 fehlte nicht ax einigen Truhhen um
Kiften. Daf. 1, 2. Noch lagen feine Schriften in Bündel gebunden anf dem
Boden des Koffers. Böthe, Meifters Lehrj. 2, 2.
Laden (Behältnig für MWaaren, dann Bude, Kaufladen) iſt Re
benform von Lade. — Und feilicht und wirbt mit hellem Hauf um’
Allerlei im Lädchen. Göthe, der. Goldſchmiedsgeſell. Und müßte er
nicht mit Erſtaunen in jeden Gewürzladen eintreten. Göthe, Mer
ſters Wanderj. 1, 4. Die drei Zimmer lagen mit ihren Flügelthüren
feinem Kaufladen entgegen. % Paul, Heiverus 11. Du magfl
das Bild in irgend einem elenden Kramladen aufgejchnappt haben.
Göthe, Meifters Lehrj. 1, 10.
Zader, Ladung einfah und in Zufammenjegungen mit Ab—,
Auf—, Aus—, Ein—, Ent—, Vor— u. a. gebräuchlich; Lad⸗
ſchafft ift veraltet. — (Da er) mit feiner groben Hand wie mit
einem elektriichen Auslader vorbeigegangen war. J. Baul, Heiperus
18. Ich fürchte, Feiner von allen ginge, dem tüdiihen Mann die
dritte Zadung (vor Gericht) zu bringen. Göthe, Reineke Fuchs 3,
183. Ich wünfchte doch, daß das erfte Stück (der Zeitjchrift) mit
voller Ladung erfchiene. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 77. Da
657
gab ihm. det Jaͤger die zweite sun Grimm, Hausm. der Wolf
und der Menſch. Wilhelm lehnte die Einladung ab. Göthe, Mei-
ſters Lehrjahre 7, 8, Es ift zwar mancherlei gefammelt worden, aber
e8 wartet noch auf eine glüdlihe Entladung. Schiller, Briefw.
mit Goͤthe 6, 140. Er hat gar felten Gaͤſt gehabt, ypandetiert vud
ladſchafft gehalten. Aventinus, Ehronit 1580. BL. 288.
Zabdebarte (in den Salzwerken), —brief, — gat (Schifferfprache,
Mündung der Kanone), —geld, — hammer, —löffel, — maß, -—pforte,
—pfriem, — ſchaufel, —ftopfer, —ftuhl, —talel, —tafche, — waſſer⸗
linie, —zange, - zeug u. a.— So tft ja alles falih, was man fonft
von Der elektriſchen Ladekette fagte. 3. Paul. Den Boden des
weitumfaffenden Ladichiffs. Voß, Odyſſee 5, 249. (Sie) ſchmetter⸗
ten Krot und Lot mit dem glänzenden Ladſtock feſt in das Rohr.
Porker, Tuniſias 4.
- Xaft ') (ahd. hlast, last, mhd. last, agſ. hläst, altfrieſ. hlest,
altn. hlass, engl. load,-jchwed. daͤn. last, franz. last, lest, poln. laszt)
allgemein Bejchwerung, die man trägt, fle mag nun übernommen oder
überfommen fein; zuſammengemachtes Gut zum Verbringen wohin;
ein Körper von einer beſtimmten Schwere, der zugleich als Maß zur
Beftimmung des Gewichtes und Maßes andrer Körper dient. —
Schweigend nahm fle darauf die beiden Krüge beim Henfel, Rieg die
Stufen hinan, und Hermann folgte der Lieben. Einen Krug verlangt
er von ihr, die Bürde zu theilen. Laß ihn, ſprach fle; es trägt ſich
beffer die leichtere Laft fo. Göthe, Hermann und Dorothea 7, 109.
Ih bin allein genug, der Göttin Bild auf wohlgeübten Schultern
wegzutragen; wie fehn ich — nach der erwuͤnſchten Laſt! Göthe,
Iphigenie 4, 2. — Thränen find dieſer ſtummen Verzweiflung ver—
ſagt, die wie ein mitternächtliches Geſpenſt auf deiner Bruſt mit
Dleilaft liegt. Benzel-Sternau. Doch iſt Elendlaſt in der Nacht
hier ſein Theil, ſo begnad' ihn mit Geduld. Klopſtock. Alle Plagen,
alle Erdenlaſten waͤlzt der unverſöhnten Göttin Liſt auf die will'gen
Schultern des Verhaßten. Schiller. Ich finke unter ſchwerer Liebes-
laft. Shafefpeare, Romeo und Julie 1, 4 Wenn Unerträgliches,
mit Zelfenlaft herbei fi mälzend. Göthe, Eugenie 3, 4. Nach
langem Zaudern ward es ihm Emft, die Güterlaſt abzuſchütteln.
Göthe, Meifters Wanderj. 2, 4. Wenn der Greis anftaunte das ftö-
bernde Flodengewimmel und des Gebirgs Schneelaft. Voß. Weil
mein Vater, der mich liebt, die aufgehäufte Sündenlaft in die tiefe
See verfenfet. Chr. Gryphius.
Laften f. &. 496. Bürde ſ. S. 50. Joch (goth. juk, ahd. juh,joh,
mhd. joch, agf. gEoc, joc, juc, altn. ſchwed. ok, engl. yoke, yoack, bän.
aag, lat. jugum, gr. Svyov, perf. jugh) if eigentlich das frumme, auf dem
2) Das f hat ſich ans d entwickelt. S. Brimm II, 108 f.
43
Naden des Iugochfen ober überhaupt Bugviches gelegte Querholz zur Befehl
gung des Thieres mit den Zugwerke durch die Zugriemen und Zugfeile; daus
eine (oft mit Zwang) anferlegie La, Beſchwerendes. Saum (aht. mb.
soum, agf. söäm, engl. seam, ſchwed. some, franz. somme, ital. soms,
ſpan. salma, provençal. sauma, mittellat. souma; vgl. lat. sagmn!), gr.
i Sayuu — Gaumfattel und Lafl) die mit befonderer Ginrichtung auf em
Hüden eines Thieres verführbare Laſt, ehedem auch in weiterem Giame fight:
li, ähnlich wie kLaſt gebraudt. — Eie follen kommen, uns ein Joch aufs
zteingen, das wir entſchloſſen find, nicht zu ertragen! Schiller, Tell 2, t.
Läſtig (f. ©. 122); laften, be—, entlaften; beläftigen
find aus higem Mar. — Was quält ihr euch und uns, auf jähem
Stege nur Schritt vor Schritt den Läft' — Stein zu wälzen, der
rüdwärts laftet, immer neu zu mühen? Götbe, nette 14. &
follte plump und überläftig heißen. Göthe, Kauft 2, 83. Wie
ihn Laften dein Zorn und unnennbare Qualen. Klopitod, Meſſias 5,
25. Der (Janmer) achtmal jchon auf Aegypten laftete. Porter,
Mofes 2. Wo ich meiner Thränen mich entlajten darf. Schillen
Don Karlos 1, 2. Von dem Leibe der Erd’ entlaftet, lernen die
Seligen jhnell. Klopitod, Meifias 11, 440, Dieſer Richter in dir,
der an: oft mit feiner ungeflümen Stünme beläftiget. Duſch.
Anm. Die Bartic. geitatten noch aubere Zufammenfegungen, z. B. So, wem
die Erde bebt und gerichtbelafteter Städte Bine, nur ine ber großen Ver⸗
brecherinnen, vernrtbel eilt mit den finfenten finfr. Klopfodt, Meffias. Den —
belafeten Freunden des Mittlere. Daſ. Kehrtet ihr nun wieder zurück
findhbelafteten Erde. Daf. 18, 161. * wehbelaſtet Vaterland.
ler, Semele 1. Mein weltbelaftet Haupt. Daf. 2.
Laftbalten, — holz, —Ios, end. — fand, —ftein, —thier,
—vieh, — wagen u. a. — Durch den Gebrauch des laftbaren Thie⸗
res. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 2. Schnell von der Laſtfuhr
Ipannten die Mäuler fie ab. Voß, Ddpflee 7, 5. Laͤſſeſt Du wicht
ein Laftgefchirr mir befpannen? Voß. Fühlen wir bei jedem
Schritte nicht unjre Stetten und ihr Laſtgewicht. Ungenannter bei
Campe. Noch ſelbſt der (Matroſe) im Laſtraum. Baggeſen. 4
bin das Laſtthier, muß für Euch mich plagen. Shakeſpeare, Romeo
und Julie 2, 5. Laſtthieriſche Geduld. Attiſch. Muſeum. Als
gleich zwei Laſtträger fich derjelben bemächtigten. Goͤthe, ital. Reile
14. Mai. Das wird mir jegt nad diefer laftvollen Woche ein
rechte u fein. Sciller, Briefm. mit Göthe 5, 32.
a im agf. hladan außer onerare Chelaften) auch haurire
——— bedeutet, fönnte das mihd. lẽdic (ledig, leer) durch exhaustus ————
erflärt werben.” Grimm I, 10. Beigand und Backernagel leiten das
Wort von ahd. lidan = ehen, denen auch Schmeller beiftinmt, wenn er ledig
= = ugtemn in der freien Bewegung erflärt. Wackernagel vgl. gr. —B
und levdo = ich gehe. ©. Anm, 2 zu leiden,
1) B al, zu zum nähern Berfänbnif ber Korm das Wort Baum, goth. bagms, abe.
poum, mh. boum, agf. bösm, altu. badme, ſchwed. bin. bem, bom, bill nt. boom.
Aum. 2. Laden (zur Berſchließung einer Fenfteroöffnung) ſcheint verwandt
mit mh, lade, laden = Bohle, oder Nebenform vom ahd. hlit = Deckel.
Waten (minder gut waden).
(Wurzel vat, vad.)
Bate, watele, gewatet (in der Volksſprache gewaten) waten
(ahd. watu, wuot, wuotum&s, wataner, watan; mhd. wate, wuot,
wuoten (georg 1176 wuoden), part. praet. zweifelhaft; agſ. wa-
dan, altn. vada, überhaupt — gehen, nicht bloß im Waſſer; engl.
wade, ſchwed. wada, ital, guadare; vgl. lat. vadere — geben,
vadari = im Waſſer gehen, vadum = Furt) urjpränglid über-
haupt geben, ichnell fich fortbemegen; dann im Wafler oder in
eeiner Zlüffigleit gehen. — Sieh, der Bock dort wadet in dem
Sumpf. Geßner. Wenn die Schafe und die Rinder um uns ber im
hohen Graje waden. Geßner. (Die erfahen im feichten Wafler) den
Kaften und wuten darnach. H. Sachs. Sie vber die Pegnig wuten.
Def.” Er wuth mit einem Baumen ber. Der. Er wärh in jeiner
——— daher. Derſ. Er wolt durch den Bach gewaten fin.
chudi.
Bat (Volksſprache auch Wät, Wett, Wette, Wiet, niederd.
Watt, Watte, ahd. wat, wetti, wettin, mhd. wat, wette, altn.
vad) Pferdeſchwemme, Lache, Furt. Davon wetten (mhd. wetten,
aus watjan) ein Pferd in die Schwemme reiten. — Ihn den ermor⸗
deten (Abiyrtus) nun entfchwungen fie vorn in die Watten des hin-
flürzenden Stroms. Voß, Orpheus 1031. Da wart man und ors
(Streitroß) gewett in dem wazzer Larkant. Wilhelm v. D. 624.
Watſcheln (die verſtaͤrkende Veröfterungsform von waten) ge-
ben, bejonders durch und im Waſſer, von dem Gange der Waſſervögel
bergenommen ; daher fo geben, daß der Körper bei dem wedhieljeitigen
Vorſetzen der Füße gleich wechjelsweife von der einen Seite auf Die
andere fi) bewegt. — Es watſchelt, es tappt. Watthiffon, die
Elementargeifter.
Wuth (goth. vöds, agi. wöd, ahd. wuot, wuoti, mhd. wuot,
alte, oedi, engl. wood) urſprünglich (ducchdringender) Sinn, See=
lenfraft; dann ungeftüime, wilde Seelenbewegung. Davon wüthen
(ahd. wuotan, agf. wödjan, altn. oeda, mhd. wüeten), bewuthen
(in Wuth verſetzen); üther, Wütherich (mhd. wüeterich),
Wütherei, wütheriſch, wüthig (ahd. wuotac, wuotie, mhd.
wũetie), Wüthling. — Was habt Ahr gethan! Sie geht in Wuth!
Schiller, Maria Stuart 3, 5. Als ſie mit Frevelwuth den unbe-
fehdeten Olympus trogig und kühn zu beftürmen drohten. Küttner,
Der (Lindwurm) Höllenwuth aus feinen Augen ſprühte. Pfeffel,
der Schatz. Daß noch entieplicher tobte die Kriegswuth. Schiller.
43°
660
Der tapfern Freunde, tapferer in ihrer Thränenwuth. Göthe —
So wüthete Berzmeifelung ihr in Gehirn und Adern. Bürger, Le:
nore. Da fie mit graufem Geſchrei anwütheten gegen einander.‘
Boß. Und fchmetterten frachend über das Haupt des Todesolymps
fturmmwütbend herunter. Sonnenberg. Da flutete wilder des Un—
termeltsdonnerers ſturmd urch wüthete blutende Brnſt. Sonnenberg.
Man bedenke nur die Menge Bier, um die ganze Rheinarmee damit
u bewuthen. Ungenannter bei Campe. — Kein Wüthling, welder
jeden ächtet, der nicht vor ihm die Knie beugt. Ungenannter bei Campe.
Mer bat yhe (je) gifftiger hellifcher wütrifcher vnſynniger wort ge
höret. Luther. Sie warf fid hin zur Erde mit wüthiger Geberte.
Aürger, Lenore. Wann ſich mit Gewalt Unverftand verfreyt, wird
boren draus, tolle Wütigkeit. Logau, Sinnged. 1093. Die,
üther, fie nahmen ihm das Todtengewand. Klopftod. Und trieb
ſehr große wüterey. H. Sachs. O Lied, verewige nicht die Grau:
famfeiten des Menjchen, wie er zum Wütherich der Schöpfung fid
würgt. Giejefe. |
| Toben (ahd. top(h)dn, top(b)ön, mhr. toben, engl. tave, wahrfcheie:
lich zu taub, goth. daub, ahd. mht. toup, altn. dauf, altf. döf, agf. deaf
gehörig) in ansgelaffener finnlofer Aufregung fein, in heftiger Aufregung
ſich bewegen oder laut fein. — Raſen (mhd. räsen; vgl. 'altn. räsa
— lanfen; find auch aht. rasjan, rasen? agſ. rasa, hrasa =
fehlen zu vgl.?) mit großen Ungefläm nnd gewaltfam fi auslaſſen. Zoll
(ahd. tol, mhP. ((d)ol, älternhb. doll — thöricht und unbefonnen ausgelafien,
dann leidenfchaftlich unfinnig, goth. dvals = dumm, altf. agf. dol — vers
ftandesberanbt; vgl. ahd. tuälan, agf. dveljan = finnesmatt, ſchläfrig fein)
zunächft verftandesbenommen leivenfchaftlich; - dann verftandesbenommen und
wiverfinnig fi auslafiend , beſonders nıit Heftigfeit. — Das war ein Toben,
war ein Wüthen. Göthe, der Müllerin Verrath. Gr Hat gefchoffen? Wie?
Der Rafende? Schiffer, Tell 3, 3. Es fei denn, daß ich ihn (den Krau⸗
fen) wirflich toll machen wollte. Herber. ne
BWuthbeere, —gift, — kraut, — menſch, —ſchaum, — ſchäumend,
- that, — voll u. a — Wuthausruf der Gerichteten. Klopſtock,
Meifias 12, 147. Und fie rannten mit Wuthausruf an einander.
Pop. Meine Hunde, wuthentbrannt Schiller, Kampf mit dem
Drachen. Wuthentglüht ſprüht er (der Drache) Zlammen. Unge⸗
nannter bei Campe. Da aber flieht, und dieſer, wuthentzändet,
verfolgt ihn raid. Gries. Der wutherfüllt auf jeined Waters
Bruft den Pfeil des Tods geworfen. Gollin. Mit wutbfunfelndem
Blick. Voß. Ueberall wüftes Gemeng und Wuthgebrüll. Sonnen
berg. Blindes Wuthgefecht. Kretichmar. Hinfturz, Verzweiflung,
Wuthgeheul. Geritenberg. Alfo erhub den Bermifchten ih Wuth⸗
eihrei und — Voß. Weiche, wuthloſe Seelen. Klop⸗
od, Die wuthſchnaubende Megäre Schiller. Dort war jeßt
661
ringsum Gewürg' und Gemetzel und Wüthſchrei. Pyrker, Tuniſtas
9. Und Wuthſchrei'n und Rachausrufen erſcholl dumpf auf.
Klopſtock.
Anm. Hierher gehört auch die ahd. Bottbeit Wuotan, Wodan, Odin:
ahd. Wuotan, langob. Wödan, Guddan, altf. Waodan, Wödan, weflfäl. Guädan,
Gudan, adf. Vöden, frief. Weda, altn. Odhinn, fläroifd Onvin. Er war das alfs
mächtige, alldurchdringende Wefen, die geiflige Gottheit.
Schaffen.
(Wurzel skap, scaf; skip.)
Schaffe, ſchuf, gefchaffen, ſchaffen; im Sinn von urbei-
ten, berbeibringen, ſchwach: Ichaffte, geichafft (ahd. skafu,
skuof, skuofumes, skafaner, skafan und skaffanz mhd. schaffe,
schuof, schuofen,, geschaffen, schaffen; goth;. altſ. skapan,
ag. scapan, scepan, altn. ſchwed. skapa; von einem ver-
Ionen Verbum skipan) überhaupt thätig fein, daß etwas zum Das
fein fommt; wirken, daß etwas wird (zunächſt vielleicht. durch Schneiden
u. dgl. herausarbeiten), dann im Befondern 1) aus nichts hervorbrin⸗
gen, machen, daß etwas aus nichtd wird; 2) wirkend zu Stande brin-
gen, bejorgen, ausrichten, jei es mit größerer oder geringerer Leb-
baftigfeit; 3) wirkend Geftaltung geben: aus wüſtem Boden einen
Garten; 4) arbeiten, fich mit etwas beichäftigen; 5) in etwas Be-
ſtinmungen treffen, anordnen, gebieten, befehlen; 6) vermittelft einer
Urkunde zufihern, im Teſtament vermachen. — Mich ſchuf aus grö-
berm Stoffe Die Natur. Schiller, Ballenfteins Tod 2, 2. (Wo das
Dichtergenie) fich feine eignen Verhältniffe ſelbſt jchüfe. Göthe, Leben
10. B. Ich hatte, was ihm Freiheit fchaffen konnte. Schiller,
Piccolomini 2, 7. Bas fchafflt du? redet der Graf ihn an. Scil-
ler, Graf von Habsburg. Und ſchafft die Sudellücherei wohl drei=
Big Jahre mir vom Leibe? Göthe, Zauft 1, 118. Mit eitler Rede
wird bier nichts geſchafft. Schiller, Tel 1, 1. Wie der Geßler
pet fo ſchafft es frech der Landenberger drüben überm See. Daf.
1,2% Dieſes Hmuptes Lorbeerblätter ſchaffen, das vor Blitz und
Better meine Palmen ficher ſtehn. Weichmann, Poeſie der Nieder-
fachien 1, 84. Jener (der Edelmann) fol thun und wirken, dieſer
(dev Bürger) foll feiften und ſchaffen. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 3.
(Er) wolle nichts mehr mit dir zu ſchaffen haben. Schiller, Picco-
lomini 2, 5 Wir haben angeborne und anerzogne Schwächen, und
es möchte noch die Frage fein, welche von beiden uns am meiften zu
Ihaffen geben. Göthe, Leben 8. B. Thut, was euch ift gefchafft
(befohlen). Hoffingnnswaldau, der getreue Schäfer S. 153. Den
Raftern ift gefchafft Chefohlen), zu halten Feyertag. Logau, Sinn-
ged. 959. Alſo ſchuff mein herr mit mir vnd gepot mir. Schneller
ı 329 9.1372, Drdnen, ſchaffen und machen wir denjelben unfrer
662
Tochter zu rechter Ehefteuer 33000 fl. rhein. Krenner, Landtagdh. 14,
69. Diefelbe Hofftat biet er an feinem Zotpet dem Gotzhaus ze Fur
fienvelt gejchaffet. Mon. boica 11, 197 vom %. 1363.
Anm. Gtarke und fchwache Formen haben fi mehrfach gemifcht: Der (Bott) -
efchafft fee, lufft vndt erde. Opitz, von ber Wahrheit der chriftl. Melisiem,
reslau 1631. ©. 41, Ahd. soaſon, scafldn — anordnen, kiscafdn — bewirken,
mbd. schaffen — anordnen, befehlen gehen ſchwach. Aventinus bat in tiefem
Sinne meiſt Harfe Form: Nach dem ſchuff (jagte) Bott den Menſchen auß tem
-Thiergarten (Paradies) 1580. Bl. 11. Er ſchuff Cichaffte) alles Kriegsvolck ab,
Bl. 199. Daß fle die Geichäfft von ihnen fihuben, andern dieſelben oberfchufs
fen. Bl. 357. Sie verfchuffen (überteugen) andern Leuten die Geſchäfft. BL.
244. Er fchuff alle feine Räht weg. Bl. 294.
Ab— (©. 28), an —, auf—, aus —, be—, bei —, durch-
ein —, empor —, entgegen—, er — auer —, nacher —, fort-,
beim—, her — herab — heran—, berauf—, heraus — herbei-,
herein —, herüber —, herum —, herunter — hervor —, herzu —,
hinab —, hinan —, hinauf —, hinans — hindurch —, hinein — hin
unter —, hinüber —, hinweg —, hinzu —, mit —, nad — nieder—
über—, um —, nuter — ver —, vor — voran —, voraus —, vorbei—,
vorũber —, weg —, zer —, zu —, zurück— zufammenfi find Mar,
aber nicht alle gleich gebräuchlich. — Der Katfer hat nichts Angelegners,
als die Fehden abzufhaffen. Göthe, Goötz von Berlichingen 1.
(Daß der Weltbau) in der Herrlichkeit firahle, die ihm der Donnerer
anſchuf. Klopſtock, Meffias 2, 342. Was du bedurfit ift alles an-
gefhafft. Göthe, Eugenie 1, 6. Und ich habe mich unterwunden,
mit Gott zu reden, Der ich eine Wolle nur bin, woraus du mid
aufihufft Klopftock, Meiftas 5, 46. Aber e8 war ein Leib un-
ausgefhaffen Dal. 7, 219. Daß er (det Schmiede) wohl aus⸗
ſchüfe das Gold. Voß, Odyſſee 3, 435. Wann die unartigen Woͤr⸗
ter widerum abgebracht und ausgeſchafft (abgeich.) werden fellen.
Harsdörffer, Jrauenzimmergeiprädipiele 1, 52. Thomas Nöhrers
Bamung, Lehr und Troſt an die ausgeſchafften und vertriebenen
Ehriften des Herzogtums Bayern. 1571. Um die nöthigen Geldwit⸗
tel zu beihaffen, von welchen vielleicht die Exiftenz des Baterland#
abhängt. Augsb. Allg. Zeit. 1847. Nr. 118. Wie Gott die Belt
bereriichaffen habe, Aventinus, Ehronit 1580. BL. 105. Iſt jme
das Biftumb von Gott beſchaffen (vorausbeftimmt). Schmeiler $,
333 vom J. 1597. Ein fürwitzigs Menſch, welche furzumb wiſſen
wollt, was ihr für ein Mam beihaffen ſey. P. Abraham. Sie
ſah ſich überall für ihre Bedürfniffe nach Surrogaten um, welche man
umfonft, durch Tauſch oder irgend eine Weiſe beifchaffen konnte.
Göthe, Meifters Wanderj. 2, 12. Alſo hab’ ich genug unrubige
Nächte verlebet, aud) der blutigen Tage Ya Andale: chafft m der _
Feldſchlacht. Voß, Ilias 9, 3235. Er (der Maßſtab der Schönheit)
it aber nicht, wie die Tugend, durch eine Offenbarung beftätigt, wicht
wenig prädeftinierten Kennern eingefchaffen. H. P. Sturz, Frag:
863
ment über die Schönheit. Die Obrigfeiten jollen, auf Erſuchen der
Tuchmacher, alle müßige und betteinde "Leute aufſuchen und zur Arbeit
einihaffen (einweiſen) Iaffen. Gen. Mandat v. 29. Aug. 1689.
Unjer Schöpfer, der uns aus Staube zu Menſcheu emporſchuf.
Klopfiod, Meifias 10, 836. Wenn Gott den Menfchen als Menjchen
erichaffen hatte, jo war ihm ja fo gut die Sprache als der aufs
rechte Gang anerfchaffen. Göthe, Leben 10. B. Daß Sie ihn
(den Menichen) der Natur gleihlam nadherichaffen Schiller,
Brief. mit Göthe 1, 14. Nah den fortgeichafften Bildern
zeigte ſich ein großer Friede im Hanfe. Göthe, Leben 3. B. Das
Licht des eriten Tages, die Himmel des zweiten, und die gewonnene
Erde des dritten Zagewerkes werden fortgefchaffen. Herder Nie
ſchaffte mein Eifen das Eigen Armer und Waijen mir heim. Pyrs
fer, Rudolph 3. Bis ich den beichlagenen Kalten heraufſchaffe.
Göthe, Novelle: das Kind mit dem Löwen. Ihre beiden er
mußten ihr Blumen in Menge herbeiſchaffen. Göthe, Meifters
Lehrj. 2, 4 Doch wollt ihr im Saale bleiben, ſchaff' ich eine Streu
berein. Platen, verhängnigvolle Gabel 5. Friſch Fährmann, ſchaff
den Biedermann hinüber! Schiller, Tel 1,1. Das Nachſchaf—
fen der neuen Bücher, fo wie das Einbinden und Einreihen derjelben
betrieb er mit großer Gelaffenheit und Ordnung. Göthe, Leben 1.8.
* edel ſchon, nicht müßig zu empfangen, ſchuft ihr im Sand, im
on den holden Schatten nach. Schiller, die Künſtler. (Wenn ſie)
nicht erſt die Ritter zu Hofſchranzen umzuſchaffen brauchten, um
mit ihnen zu leben. Göthe, Götz v. B. 3. Als durch Sünde der
Menſch zu Gottes Feinde ih umfhuf. Klopſtock, Meffias 1, 210.
Daß ſolches unterfchafft (verboten) werde. Krenner, Landtagsh.
2, 77. Die Affen find verſchaffene (verzauberte) Menjchen.
Schmeller 3, 333. Das fol durd die Obrigkeit ohn Verzug ver-
-Ichafft (angeordnet) werden. Lori, Lechrain v. 1616. Daß er die
drei Miryaden verfhuf (umjchuf) in gefittigte Vögel. Voß. Denn
zum Stein verichuf ihn der Sohn des verfchlagenen Kronos. Bür-
ger, Ylias 2, 319. Der felbigen Leichnam verjchaffte (veranftal-
tete) Tobias zubegraben.. Luther, Bibelüberf. Tob. 1, 231. Sch will
auf kürzerm Weg mir Richt verſchaffen. Schiller, Piccolomini 5, 8.
Mein Silbergeſchirr Das mag ich verfchaffen (wermachen, beftimmen)
nady meiner Seel heil wen mich verluft (mir beliebt). Mon. boica
2, 97 vom 3. 1475. Wie ſchaff' ih die Bormelt wieder zurüd
und die Nadywelt vor. Sonnenberg. Da man die Todten und Krat-
fen wegichaffen und von den Gefunden abjondern mußte. Göthe,
Leben 4. B. (Der) mit, mit einem Blick, der Unſterblichen Schimmer
zurückſchuf. Klopſtock, Meffins 6, 497. Wonach die griechiichen
Künftler ihre Göttinnen, oder die römiichen Mahler ihre Madonnen
zuſammeuſchaffen. 5. Paul.
664 .
Anm. Die Barticipien geflatten noch andere Sulammenfeguugen, z. B. (de
Thron) nun in ſchreckenerſchaffende Nächte gehüllt fand. Klopſtock, Meſſtas
10, 16. Folget ihr Blick mit Erwartung und Zweifel den Erſtgeſchaffuen.
Daſ. 10,772 Sie, welche gottgeſch affne Menfchen hielten für Bieh, beitimmt
zur Frohn. Schubert.
Geſchaffen (Part. Präter. engl. shapen) befchaffen, geftaftet;
Geſchaffenheit. — Die Sad ift geſchaffen wie ich angegeigt
babe. Aventinus, Chronik 43. Margareth Maultafh, darum ah
genannt, Daß fie alfo ein oe weib war. Chr. in Freib.
Samml. I, 113, Lea was alter, ungefchaffener, bett ein boͤe
Geſicht. Aventinus, Chronik 36. Ein fo jchöner und wolgeſchaf⸗
feuer Herr. P. Abraham.
Beſchaffen (1. S. 280), Beihaffenheit (mbd. beschaft), —
Er hatte die BVorftellung, daß es mit Gemählden völlig wie mit Rhein⸗
weinen befchaffen fei. Göthe, Leben 1.B Nah Beichaffen-
heit der Zeiten. Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. —
Eine folhe Geiftesbefharfenheit, wofür ich die meinige mer-
fennen mußte. Göthe, Meifters Lehrj. 6. Diefe. Gemüthsbeſchaf—
fenbeit biieb mir. Daſ. Für irgend einen mißbeſchaffenen
Staat. Shaffpeare, 3. Cäſar 1, 3. Warum alle diefe Dinge ihr
Geſetz, Natur und angefchaffen Gaben wandeln in Mißbeſchaffen—
beit: Daf. Margareth,. dy man von irer Unbeſchaffenheit
- (Häplichkeit) wegen beißt Manltaſch. Ehr. in Freib. Samml. 11, 437.
m
Eigenſchaft (ahd. eiginscaft, mhd. eigenschaft, f. eigen ©. 211) w
forünglid — Kigenthum, dann Eigenthümlichfeit eines Dinges, bezeichnet bie
beftimmte Art, die einem Dinge eigen iſt; dann auch das einzelne unters
fcheidende Merkmal, während Befchaffenheit die einem Dinge nothwendige
oder zufällige Art, dann auch den Inbegriff aller Merkmale bezeichnet, vie ein
Ding in ſich trägt, außer ber Größe, die durch Eigenfchaft ausgebrüdt
wird. — Eigenheiten, die werben ſchon haften; cultivire deine Cigenſchaf⸗
ten. Göthe, Spridwörtlih. (Ich bemühet:) mich, die Gigenfchaft des
Gebirgs kennen zu lernen. Böthe, Meiftere Wanderj. 2, 11:
ARechtichaffen (älternhd. vechtgefchaffen,gerehtgejchaffen,
erehtichaffen, aus recht S.296 und dem alten Partic, ſchaf⸗
i en) jo .beichaffen, wie man mit Recht fordert; im engern Sinne das
Rechte thuend um des Rechten willen und aus innerem Pflichtgefühl;
nn auch foviel als tüchtig. Davon Rechtſchaffenheit. —
eftreihs rechtſchaffener Feldhauptmann zu fein. Schiller, Wal⸗
lenfteind Zod 3, 15. (Elifabeth:) Hungrig werdet ihr doch alle jein.
(Reiter:) Rechtſchaffen. Göthe, Göß 0:81.
: Ehrlich (ahd. Eriih, mir. Erlich, altır. aorlegr, aus Ehre S. 257 un
lich ©. 47) ver Ehre gemäß, mit ver Chre übereinſtimmend, und fie daher
verdienend, beſonders in den Hanblungen; überhaupt fu wie es die Chre mit
fh bringt; was ſich im Aeußern vortheilhaft auszeichnet und darum Chre
verbieut; beſonders von treuer Beobachtung der Rechtspflichtigkeit gegen frem⸗
des Eigentum und der Gewiſſenhaftigkeit in biefer Hinſicht gebraucht. Red⸗
lich (ahd. redelih = verfäntig ?), mhb. redelich; vgl. reden ©. 73.
der natürlichen ober eingegangenen Verpflichtung getren, nach ger
bühzligem Wefen ebrenhafter Geflnnung. — Warum: war denn da jeder Of⸗
fizier ein würbiger Mann, und jeder Soldat ein ehrlicher, braver Kerl?
Leffing, Minna v. Barnhelm 1, 2, Alles was die Kunft aus den großen,
herourragenden, ſtieren, flarren Mebufenaugen der Gräfin Gutes machen kann,
das haben Sie, Conti, redlich (als Künftler) daraus gemacht. Redlich,
ſag' ich? Nicht fü redlich, wäre redlicher (als Menſch). Leſſing, Emilie
Galotii 1, 4.
Schaffer, 7 ng, — ſind faſt nur in Zuſammenſe⸗
tzungen & . mit Ab—, An—, Er— gebraͤuchlich. Schaffner
bed. haffer, ahd. skafäri, mhd. schafaere) eigentlich der An«
ordner. — Sp rief er Dank dem Erſchaffer aus Staube. Klopftod,
Meifins 11, 648. Eh fih noch auf des Welterfhaffers Werde
fein Bichtquell über did ergoß. % U. Cramer. In weldyen alle
man die Abſchaff es der asien bedauern möchte. Leifing, Ham⸗
burg. Dramaturgie Daß der wadere t mit Anſchaffung
des Holzes und fonftiger Baumaterialien beichäftigt fei. Göthe, Mei—
ſters Wanderjahre 3, 1. Daß wir feit Erf Haffung der Belt im⸗
mer abnehmen und Heiner werden. Daſ. 8, 6. Wie ich Gott in der
Blume ſeh', und ihn jeh’ in der Welterfchaffung. un
Es wohnt em Schaffner a der die Wirthichaft beforgt. Goͤthe,
Meiſters Wander. 1, 2 Denn ih bin der Schaffner, der über
die Baulichkeiten gefept it. Goͤthe, Leben 11. B. — Oder find fie
nicht umſchaffbar? Klopflod, mein Irrthum.
An uſchaff. die, das Angeſchaͤff (beide Anordnung, Befehl aus⸗
drückend) die Einſchaff und Das Adjectiv geichaffid (mhd. ge-
— geschepfic) find veraltet.
Schaffkraft; Schaffungstraftz Schaffersbote; Schaf-
fertang (auf Bauernhochzeiten); Schaffneramt. — Tauſend Engel
und flille wartende Schaffersboten zu ihren Dienften. Herder.
Welcher an das einträgliche ln etamt Anſpruch machen wollte.
Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1,
—ſchaft (ahd. — — das 10. Jahrh. —scaft, mhd.
—scafl, altſ. —scepi, > gl —scipe, altn. —skapr) uefprünglich
nach der Ratur Aufomin es, Naturbefchaffenbeit, dann zukommen⸗
des "Sein und abftract bloßer Zuſtand, dann Gejammtheit. Das
9) „Diefen Ausédruck (redlich) fär verfländig bat dentſcher Siun fhäter zur
Bezeichnung des NRechtfchaffenen, Ghrlihen verwandt. Wie der Sinn nnieres Bol-
les mit dem Worte, das Schande bebeutet (lastar), das Lafter bezeichnete, fu bes
mannte es Treue und Replichkeit mit demfelben Ausdrucke (Erlih),, mit dem es das
— Rühmliche, Schöne belegte." Graff.
Wort wird mit Subft. und Bartic. Bräter. (wohn auch eigen gehört) zu⸗
fammengefegt: Botſchaft, Eigenfchaft.. Zufammerjegung mit Adj. läug-
net Grimm Il, 544, Weigand Rr. 1879 führt Dagegen Lieb —,
Kundſchaft an. Rach Wackernagel iſt mhd. Kunt eine partici⸗
piale Bildung von kunnen. — 58 laͤßt ſich wol aus dem Subſt.
Liebe erklären.
—thum bezeichnet, an perſonliche masc. gefügt Stand, Würbe: Bisthum;
feltner an verfünl. fem.: Witwentfum; Sammelbezeihnung: Geidenthum.
Das Wort wird auch mit Adj. zuſammengeſetzt. „—thum bezeidynet mehr die
Würde, das But; — heit den bloßen Namen; —ſchaft ven bloßen Zuſtaud.
Es laßt fh Ehriftenheit und Chriſtenthum fagen, nit Chriſten⸗
Schaft, dagegen Heidenthum und Heidenſchaft, nit Heidenheit.
Mit allen dreien zufammenfegbar ft eigen: Bigenthum (dominium),
@igenheit (proprietas), Cigenſchaft (qualitas), beſtimmt gefonderke
Bedeutungen.“ Grimm Il, 544.
Anm. Schaft, Heit und Thum waren früher Subflantive. Schaft M
ahd. skaf = geieplige Ordnung, ſpaͤter Beichaffenheit, Geſtalt: übe(ob) iro dig
stände in skäffe älde (oder) Ane (vhne) skäf. Wadernagel, alt. Leſeb. 116,34.
David was (war) vile luzeler (feiner) scaft. Daf. 237, 19.— Thum ik gott.
döms, agf. d6m, altn. dömr, ahd. tuom — Urtheil, Seiep, Recht. 3. B. ah.
tuomestac — ber jüngfte Tag, — agſ. tham ilcan dome—= mit bes
felben Urtbeil. Matth. 7, d — t iſt ab. heit, heitt, nbd. heit, agf. had =
Berfon, Geſchlecht, Buftand: er ander heit "(Reefon) godes sölbo druhtia
- (Herr) Christ. Afbor 27, 6. Zi niheineru heiti = auf feine Weiſe. DOtf. 1,
22, 56. Mär. in al dör heit. Laßberg, Liederfaal 1, 623.
Erg (ahd. galü)sc(k)aft, mhd. geschaft = Geſchoͤpf,
— enſchaft, Geſtalt, Geihäft; hd, geschofede, geschefle
—= Geidhäft) es „571. Davon geihäftig (mhd. —
geschefhic) ſich ——— in- Beziehung eines.
machend und ihr hingeg eben; im Bejondern, wenn dies viel und _
geicieht, Beinäftigung und Beihäftigt (von befhäftigen)
ezeichnen ein — ** einen En von Maftanwen⸗
dung auf einen Gegenfland hin. — Dich ruft der Her - einem an:
deren Geſchäft! Schiller, Jungfrau v. ©. 1, 10. ——— tren⸗
lich ſeine ne häfte Göthe, Meifters Lehrjahre Ihre Ve⸗
ſchreibung des lebhaften Baugeſchäftes. Schiller, Briefw. mit Göthe
5, 149. Wie die Natur in ihrem Bildungs eihäft mit unbe
fangener Hand den größten Endzwed erreicht. Thümmel. Dit wie
wenig Worten ließe ſich das gan 7 rziehungsgeſchäft ausfprecen.
Goͤthe, Wahlverwandtichaften 2 Wir lernten nun aud) wit: den
Gartengefhäften umgehen. " Götbe Leben 4. B. In allen
Daus- und a er fle tüchtig ein. Goͤthe,
Meifters Wander}. 3, 13. Weil nun diejes nicht nn bei Han:
Del8= und Meßgeihäften ftattfand. Göthe, Leben 1. B. Wel⸗
chem des Aves Jammergeſchäft oblag. Voß. hatten zum
U
667
Jugendgeſchäft fi gewandt des glänzenden Ringens. Bob. Da
der Meiflas und Gott den neuen Domer empfanden, und in ihr
Rriegögeichäft vertieft euch zornig verfolgten. Klopſtock. Nicht
waren der Meergeichäfte fie kundig. Voß. Abthut er ein Pri«-
vatgefhäft. Platen, rom. Dedipus 1. Ich bin in Staatöge-
fhäften alt genug geworden. Göthe, Egmont 8 — Ein ftiller
Geiſt it Jahre lang geihäftig. Göthe, Fauſt 1, 121. Die Frei-
beit goß ein neues Leben in die Geſchäftigkeit der Koloniften. 9.
P. Sturz, Erinnerungen an Bernſtorf. Bis er gegen Abend wieder
Beihäftigung fand. Goͤthe, Meifters Lehrj. 3, 6. Daß auch das
Engliſche huͤbſch in der Reihe der übrigen Sprahbefhäftigungen
bliebe. Göthe, Leben 4 B. — Nur zu beſchäftigt find’ ich ihn, als
daß er Zeit und Muße Fönnte haben, an nnier Glück zu deufen.
Schiller, Piecolomini 3, 5. So oft ih unbeſchaͤftigt war. Göthe,
Meifters Wanderj. 1, 11. Es ift wohl angenehm, fih mit fid
jelbt beihäft’gen, wenn es nur fo nützlich wäre. Göthe, Taſſo
2,3. Die Bewohner des arbeitslujtigen Thales werden auf eine an⸗
dere lebhaftere Weile beſchäftigt. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 14.
Arbeit (guth. arbäiths, ahd. arapeit, mhb, arebeit, arbeit, altf. arbed,
alte. erfidhi, arvidhi, agf. earfodh; von ahb. aran, mhd. eren, lat. arare,
gt. apovdy — pflügen und ah. peitön !) mäb. beiten = warten; ahd. pei-
tan, mhd. beiten — führen, antreiben) Beſtellung des Aders, auf einen Zweck
(befonders Aderbau) mit Kraftanfirengung gerichtete Thätiglelt; danu allges
meiner Muͤheſeligkeit. Davın arbeitfam (ahd. arbeitsam, mhb. arebeit-
sam) zur Arbeit geneigt. Fleißig (ahd. fliste, mhd. viizec, mittelniederb.
ulitech f. befleißen) tätig mit eifrigem Beſtreben und Sorgfalt auf eine
Sache. Emfig(befier empig, ungut amſ ig, ahd. emali)gic, mid.emʒio; vgl.
alta. amr — Arbeit, ahd. ameiga, mhb. ameize, ag. ämete, ämette, engl. om-
met = Ameife ftatt Ameiße, agf. ämetig, ämettig — müßig, leer; engl,
empty leer; die Begriffe von Gefchäft und Muße begeguen fi, je nachdem
auf die Faffung, Erfüllung des Raumes oder anf bie Leere in ben Raume,
gefehen wird ?) thätig mit Beharrlichfeit und angelegentlicher Sorgfalt auf die
1) Man kann nicht mit Gaugengigl arb—Aiths auflöfen,; dann wäre das
Vort abgeleitet, nicht — wogegen ſchon der ahd. und mhb.. Compo⸗
Rtiontvocal a, e ſprichi. 2
2) So Grimm Bram. Il, 88. II, 231 fügt er: „ven alautenden Vocal von
ahd. ameiga babe ich S. 88 kurz angenommen, weil mir das altn. ami (mole-
stia), das agf. ämeta (olium), ämetan, ämtjan (vacare a lobore), ämettig
(otiosas, vacuus), engl. empty, das ahd. emazic, nhb. emfig für emßig dar
wit verwandt ſtheinen. Denn da ſich emizic findet, mag e' das umgelautete kurze
a fein. Der Ameife gebührt der Name des arbeitenden Thiers, das Sprichwort
geht von Bienenfleig wie von Ameiſenfleiß. Hat es ein verlorenes ahd. Subſt.
amazo, emizjo (otium, negotium), wie im agf. ämelta, gegeben, fo wurbe bie
Benennung des Thierleins durch den abweichenden Ableltungsnvcal ei (ameiga) das
yon —— Volkodialecte zeigen indeſſen Omeiß, weiches auf ämeiza mit
langem Vocal ſchließen laßt, und bis wir über den Ablaut der Wurzel am— nä⸗
668
Sache. Unverdroffen (f. verbrießen) gern thätig ohne Utmuth. Thäs
tig (von That, ahd. mihd. tät, altf. dad, ſ. thun ©. ) überhaupt Kraft
Außernd, dann gern und viel Kraft äußernd. Betriebfam Li. treiben)
fortftrebende ernſte Kraftanwendung in einer beſtimmten Richtung des Thune
gern äußernd, — Arbeit if des Bürgers Zierde, Segen iſt der Bühe Preis.
Schiller, Glocke. Er Heirathet die zweite Tochter jmer arbeitfamen Ya
milie. Gothe, Meiftere Wanderj. 8, 14. Und reget ohn' Ende die fleißi⸗
gen Hände. Schiller, Glode. Und es rudert mit Kraft und mit emfigem
Fleiß. Schiller, der Taucher. So üb’ ich's aus mit Emfigkfeit. Schiller,
Kampf mit dem Drachen. Auf, babe, Schüler, unverdroffen bie ird'ſche
Bruſt im Morgenroth. Böthe, Fauſt 1, 32. Nur der erfahrue Mann befigt
fein. Or, der thätige fein Zutrau’n, feine Guuſt. Göthe, Taflo 1, 4. Die
betriebfame Gegend gab einen beruhigenden Anblid. Göthe, Leben 14.2.
Anm. rüber hatte Geſchäft, mehr an fchaffen angelehnt, noch aubere
Bedeutungen, wie aus fulgenden Beifyielen erhellt: Das iſt gennzlich ir fürfllichen
ie Heizzen (Eeheiß) unnd gefchefft (Befehl). Weſtenrieder, Beiträge 6, 190.
uf geſchaͤfft (Befehl) unfer frawen. Urkunde v. 1456. IR der vater Au ges
ſchaft (ohne Teftament) tot, daz er nit gefcheft (vermacht) Hat vor dem
verenden gut. Weſtenrieder, Beiträge 7, 109 v. 1320. So dem manne daz ges
ſchäfft — sglied) we tu. Schmeller 3, 329. Und gefwilt ir daz ge⸗
ſchäft; gefwillet ir din gefihäft. Daf. ‚
Geihäftstreis — Umfang, innerhalb deffen ein frei handeindes
Weſen nah Zweck und Abſicht thätig it. — Das liegt außer meinem
Geſchäftskreiſe. Campe.
WBirkungskreis (ſ. wirken S. 828, Werk S. 170) Umfang, inner⸗
halb deſſen eine Kraft oder Thätigfeit ſich äußert, nach Naturgefetzen, wie
auch ale Kraft oder Thätigfeit des frei handelnden Weſens. Spielraum
(f.e Spiel.&. 168), ein: aus der Artilleriewiffenfchaft ayfgenommener Aus⸗
deu, wo er den Ram bezeichnet, um welche bie innere Höhlung einer Ras
none größer fein muß als bie Kugel, die daraus gefchoffen wird, damit dieſe
ſich ungehindert darin bewegen könne, if der Unfang, fo welt ſich eine Kraft
oder. Thätigfeit frei beivegen kann. — ber gar bald warb jener zunft⸗ unb
gildenmäßig fangfam bewegte Wirfungsfreis dem lebhaften Naturel zu
enge. Göthe, Leben 10. B. Unmittelbar nach mir wirb ein anbrer kommen,
der Ihnen nicht foviel Spielraum läßt. Daſ. 5.2,
Gefchäftöträger ift im Allgemeinen wer an eines Andern Stelle
Geſchäfte verrichtet, er mag Dazu ausdrücklich beauftragt fein oder nicht;
im Befondern (wie im Yranz. charge d’aflaires) eine Perjon, welche
bei einem fremden Staate oder Hofe die Geſchaͤfte des bejorgt,
zum Unterfhied von dem Geſandten (ſ. S. 223). — Wohin mid
her anfgeflärt find, hat iman, am, Amun, wonach kurzer ober langer Bocal im
unferm Wort beftehen kann, nichts Widerfprechenvdes. Oder wäre bier gar Fein
ableitendes —eige, fondern Ameiza anzunehmen, von meizan (secare)? entiveber
das gelenkige, eingefchnittene Thier (insectum, ärrouor) Df; Barc. 12131, oder
das einfreffiende? Dod warum ag ämetta, nicht. emata?" — In ber Volks⸗
ſprache lautet der Name des Thletes auch Ameß, Ametz, Ometz, Amatze,
.Aminß, Ominß, Onmetz, Anmetz, Embſe, Imſe (and in Goͤthes Fauſt).
8
669
⁊
Legationsrath — Geſchäftsträger der Grafen von Iſenburg,
mitnahm. Göthe, Leben 15. B. |
Wevolimächtigter if derjenige, der von Jemanden austrüdlich die Boll-
macht Bat, an defien Statt Befchäfte zu vollziehen. — Siehe dich ale einen
Bevollmächtigten an, vergiß dich felbft und thue was bu für andere zum
{han fchuldig wär. Goͤthe, Meiftere Wander]. 1, 8.
Gefchäftsaunftrag, —beiorger, —dienft, —fertig, —führer,
—genoß, — helfer, — —fundig, —leitung, — ſache, —ſtube,
—unterredung, —verhandlung, — verwalter, — verweſer u. u. —
Wir tragen alle Plagen der Erde, alle Laſten der rauhen Gejchäfts-
bahn prahlerifch geme, und ice uns arbeitend — —
Man wies ſie an den Polizeikommiſſair, in deſſen Geſchäftsbezirk
fo etwas gehörte. lingenannter bei Campe. In den verichiedenen
Aemtern, welchen er vorstand, konnte ihm allerdings große Geſchäfts—
erfahrung eigen werden. Campe. Daß fie nicht bloß gelehrte und
eigentlih geſchäftsfähige, fondern auch geiſtreiche und vielverfpre=
hende Männer in ihre Dienfte aufnahmen. Göthe, Leben 12. B.
Einer ſeinet Gejchäftsfreunde gab ihm dieſe Nachricht zeitig genug.
Campe. Daß zwilchen beiden eine gemeinichaftlihe Geſchäftsfüh—
rung Statt finden -follte. Ungenaunter bei Campe. Oefters bevieth
ich mich mit ihm Aber meinen einzuleitenden Lebens- und Gejchäfts-
gang. Göthe, Leben 12, B. Kann Weiblidjleit dem Gejchäfts-
geifte genügen? Benzel-Steman. Männer, die durch Alter, Ver—
dienſt und Geihäftsfunde. fih auszeichneten. Henke. Mädchen‘!
wo haft du alle die Geſchäftskunſt ber? Benzel-Stemau. Wenn
es ıda8 Beharren des- Charakters) fi dard das Welt- und Ge⸗—
ſchäftsleben durcherhält. Göthe, Leben 14. B. Daß er geſchäft—
108 ift, das tft eigentlich feine Qual. Göthe, Wahlvermandtfchaften
1, 1. Ben gefhäftslos fie (die Bettler), durch Nichrsthun fett,
Almojen erzwingen vom Mitleid. Platen, die verhängnißvolle Gabel
4. Moſer wollte als’ Staats- und Gefhäftsmann wirken. Götbe,
Leben 2. B. Der geihäftsmüde Mann. Henke. Es war heute
em Gefhäftstag. Kofegarten. Karl Friedrih von Mojer, der
feiner Geſchäftskhätigkeit wegen in unferer Gegend immer ge—
nannt wurde. Göthe, Leben 2. B. Sie zeigte einen Gefhäfts-
verftand, der das Allgemeine und Befondere zugleich befaß und ver- .
fnüpfte. J. Paul Se füßer ihnen diefe Erholung von dem Ge—
ſchäftszwange däucht. Benzel-Sternau.
Schöpfen (für fhepfen, abd. scefjan, sceffan, scephan,
scepphan, scephjan, mhd. scheffen, schepfen) 1) Waffer, uneig.
auch Athem, Luft 2c. Ichöpfen; 2) (veraltet) Nechtsurtheil finden;
3) (veraltet) fchaffen; 4) (Sägerfprache) tränfen, intranf. trinken. —
Und er [höpft’ in die ansgehreitete Allmachtshand nur Woge nad
Wog' und ſchuf aus jeder ein Weſen. Sonnenberg. Daß jept ein
670
Engel mir vom Himmel wiederftiege, das Rechte mir, Das Unverfaͤlſchte
ſchöpfte am reinen Lichtquell, mit der. reinen Hand! Schillers, Wal⸗
lenſteins Tod 3, 21. Im ihrer, nicht in fremder Bruſt muß fie Kraft
Ihöpfen. Daf. 4,9. Daß mir faum fo viel Kraft übrig blieb,
wenn ich ausgeathmet batfe, wieder Athem zu [höpfen. Göthe,
Denvenuto Gellini 2, 5. (Da) ihöpfte ich gleih wieder gute Hoff⸗
nung. Daſ. 2, 12. Peinliche Fälle an den Hofrath einberichten, und
alldort Die Straff ſchöpfen laſſen. Schmeller 3, 378. m licht,
das Got in der ſeele ſchöpft. Gailer v. Kaiferäberg.
Ab-, au—, auf, aus—, bei—, durch —, ein—, ent —,
er —, fort—, ber—, berab—, herauf, berand—, berbei—, Ser-
ein—, beräber - , herum —, berunter—, herzu —, hin —, hinab —,
hinauf binaus—, hindurch —, binein—, hinuüber —, hinunter —,
hinweg —, hinzu —, nach — — ver —, vor —, Yoran—, vor⸗
aus — vorbei ⸗, vorũüber —, weg —, ‚zu— zurück — zuſammen⸗
ſchoͤpfen find klar, aber nicht ale ih ge rc, — Lebe, wer’s
kann, ein Xeben der Zerlnirſchung mit ſtrengen Bußlafte igen all⸗
maͤhlig abſchöpfend eine ew'ge Schuld. Schiller, Braut v. Meſſ.
So wie der Rheinländer das truͤbe Sandwaſſer aufſchöpft, in wel⸗
chem er Goldgehalt vorausſetzt. Benzel⸗Sternau. Indem der Fahr⸗
mann von Zeit zu Zeit das Waſſer fleißig ansſchöpfte. Gsthe,
Campagne in Frankreich Octhr. Sie wußten das Interefle, das da⸗
tin (in der Idee) lag, bis auf den letzten Tropfen auszufhöpfen.
Schiller, Briefw. mit Goͤthe 1, 164. Der Direktor jchöpfte ohne⸗
bin allezeit beim Minifter Die ganze Gallenblaje voll bitterer Extrakte
ein. % Paul, Zitan 14 Er entſchöpfte Wafler zum Zrinfen
der Mündung des Quells. Klapſtock, Meiftas 14, 739. Nachdem
nun dieſe angenehmen Gegenstände Durch die feeundlichfte . Behandlung
erichöpft waren. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 10. Es ud Werfe,
an denen fih die Welt Jahrtauſende freuen und bilden — ohne
den Werth des Künſtlers zu erſchöpfen. Göthe, ital. Reiſe 8. Oet.
Sein ug Schlamm hinweggeſchöpft. Shafipenre, Mas für
Map 3, 1. Immer nur das Geiſtreiche und Bedeutende un ſeinem
Gegenftande nit leichter Hand oben wegzaihöpfen Schiller,
Sun mit Göthe 3, 270.
Ham. 1. Die Barticipien geſtatten noch andere Jufammenfegungen, ;. B.
Sept vor der Stadt begegnet’ ein waſſerſchöpfend'es Mägdlein. Bos, Diypffee
10, 105. In lebenerfhöpfender Arbeit. Pyrker, Mofes 1. Durch Krankheit
lebenerfdöpft. Pyrfer, Malfabäer 3
Anm. 2. Das Adnet ee digelchöpfte Bett ıc. iR veraltet, Ms oft bie
pawfraw fmalg auslaßt, gibt fy den diernen das erſt abgeſchöpff, daraus bie
in ain efien machen, genant armen man ober reßel. geiter Dienlarbaung
Wabpfe (Ort wo, Werkzeug womit aan air); Schoͤpfer
(ahd. scafäri, mhd. schepfære), Schö erin, ſchöpferiſch,
Schöpfung (mhd. schepfenunge), Geſhopf (goth. gaskafts, abd.
671
k(g)ascaft, mbd. geschepfe, geschepfede, agf. gesceaft) erihöpf-
lich, gebräudhliher unerſchöpflich erklären fih aus dem bei ſchoͤp⸗
fen und ſchaffen Geiagten und aus nadyfolgenden Beifpielen. —
Da die Schügen ſchrien zwifichen den Schepffern (denen die Waffer
ihöpfen). Luther, Bibelüberf. Richter 5, 12. Auch ich dank' es mei⸗
nem Schöpfer, daß er mir, euch de euch zu reinigen die
Seele, Kraft noch und Bermögen ſchenkt. Herder, Eid 22. Sonne!
fo fei du auch mir die Schöpferin herrlicher Tage. Göthe, Gegen
wart. Denn dir, o Zreudenfhöpferin, dir nur tönt der Erde
Jauchzen! Hahn. Die jchönfte (Welt), die ich in diefer Art fenne,
it die von der Bhantafle, diejer rechten Weltfchöpferin. 3. Paul.
Tief in uns liegt dieſe Ichöpferifche Kraft. Söthe, Meifters Lehrj.
6. Schon flieht man Schöpfungen aus Schöpfungen erfleh’n.
Shiller, die Künſtler. Die gan e Schöpfung fehläft. Klopftod.
Holde Flur, o Lieblingsſch Sans der Ratur. Kofegarten: Alſo
beihloffen wir unfer Gebeimnig, das Blut der Verſöhnung ımd die
Schöpfung des Menſchen. Klopſtock, Meſſias 1, 99. Ward er ges
jagt bis zur Erihöpfung. Shafjpeare, Antonius und Cleopatra 4,
1. In der Stille der Ewigkeit, einfam und ohne Geſchöpfe, waren
vir bei eimander. Klopfiod, Meffias 1, 92%. Fort mit dir, All-
tagsgeichöpfl -Pfeffel, der Aeronaute. Die Lehre von den Beräns
derungen der Grdgeftalt und der Erdgeſchöpfe. Kant. Damals,
ja damals erfchuf er euch Seraphime, Geiftergefchöpfe. Klopftod.
Ich wollte fogar behaupten, Daß man einem folchen unglädlichen Halb⸗
gef böpfe CHämmling) moraliſch durchaus feine Miffethat zurechnen
ome. Seume. Elemente ſonderten fich, es eniftanden Kunitge-
ſchoͤpfe. Herder. Da öffnete er ſeinem Lieblingsgeſchöpfe Blick
und Seele. Herder. Im zweiten (Tagewerk) war der Himmel aus
Waſſer mad Luft gebildet; im fünften alfo Wafjer- und Luftge—
ihöpfe. Herder. Der (Dichter) uns dergleihen Mißgeſchöpfe
für Menſchen verfanfen will. Leifing, Hamburger Dramaturgie .30.
Und, wie follten wir Diefem Staubgeichöpfe zummthen, fi den
Anfang der Welt zu denfen? Herder. Juletzt Bat, fie (die Sprache)
fi) alio His auf den kühnen Gipfel verftiegen, auf dem fie wie em
Wolkengefchöpf erfcheint. Herder. Wie der Reichthum der Natur
erfhöpflic ift, fo find auch ihre Bedürfniſſe. Schlofier. . Beionderd
war er unerſchöpflich, einzelne Menjchen komiſch dDarzuftellen. Göthe,
Leben 7. B. Die (Natur) bei ihrer Unerfhöpflichfeit keinen
Kraftverluft kennt. 3. Paul, Heiperus 23,
Aum. Geſchoͤpf hatte früher auch die Bedeutung Anordnung: Alfo verließ
Abraham ans Befehl und Geſchopf Gottes feine Heimat. Aventinnus, Chronik 26.
Schopfbar, —behälter, — borſte, — brunnen, —bubme (im Waſ⸗
ſerbau), —eifer, —galgen, —gebäu (im Bergbau), —gefäß, —gelte,
—geſchirr, — gezeug, — glas, — haken, —kanne, —telle, —fübel,
672
—löffel, —mühle, —probe, —quelle, —rad, —rüffel, — ſchaufel—
—topf, — werk, —zeug; -Schöpferftubl (bei den Papiermahem)
u. a.; Schöpfungsmorgen u. a. — Bei einem ſolchen Schöpf-
rade. J. Paul, Xitan 9. Zeus mit Schöpfersblide beftätigte
den Zaufchtractat. Pfeffel, der Fuchs, der Spürhund und der Luchs.
"Des RE Sonnenfraft. Ebert. Die einft mit flüchti-
em Gefteder voll Kraft aus euren Schöpferbänden füeg. Schil⸗
er, die Künfller. Deines lauen Odems Schöpferhaud. Ebert.
Komm’ in der ewigen Schdpferhuld. Sonnenberg. Ich ſehe, dab
du wenig weißt von Schmung und Schöpfe —— Uhland, Ge
ſpräch. Mit ewiger Schöpferlieb . .. blidt er hinunter. Son
nenberg. O daß ich fle (die Anficht) mit der Klarheit, Wärme und
Schöpfers macht (beſſer Schöpfermadht) gebe. Herder. Und zau⸗
berte in ſtiller Shöpferwonnue und — Zonfülle Das wort⸗
loſe Lied der innigen Seele. Benzel-Sternau. Aufgerufen vom Schöp⸗
ferwort deines lieblihen Rofenmunds. Gollin. — (Daß er) fie ja
bei dem Schöpfungsbaue nicht vergeffen. Herder. Mit ber
Schöpfungsfeier. Herder. (Jener) heilig deiungene Zug, den
ihr, nach Vollendung der Welten, einft an dem Schöpfungsfeie
begingt. Klopſtock, Meiflas 1, 458. Wie weit mag dieſe Schöp-
fungsfolter fie auch verſpanut und verfchraubt Haben! Herder.
Im zunehmenden Geräufhe und Schöpfungsfreude. Herder. Seit
man einmahl dies Stück aus unferer Welt, aus dem Horizont menſch⸗
licher Kenntniffe in Die Ewigkeit göttlicher Schöpfungsgedanfen
ſetzte Herder. Sold) ein Sauberbifd in ber Seele eined Morgen⸗
länders mußte unfer Schöpfungsgefang fein. Herder. Bild, Ge-
mählde der Mörgenröthe, und zuglih Schöpfungs geſchichte.
Herder. Ad, daß die inne Schöpfungsfraft durch meinen Scm
- erfhölle! Göthe, Künſtlers Abendlied. Als’ die Welt im tiefjien
Grunde lag an Gottes ew’ger Bruſt, ordnet’ er die erfte Stunde wat
erbabner Sch öpfungsluft. Göthe, Wiederfinden. Meine Liebe mu
Narciß war a Schöpfungsplane gemäß. Göthe, Meiſters
Zehrj. 6. Die Sabbatdämmerung feiner Schöpfungsſtunde we
ſchon feine jeligfte Lernftunde, vorm Munde und Antlig Gottes. Her
der. Aufgejagt vom Schöpfungsfturm. Schiller, Laura am @la:
vier. Das junge Voll, es bildet fih em, fein Zauftag follte der
Schöpfungstag fein. Göthe, Sprichwoͤrtlich. (Ihr habt) u
Schöpfungsträumen euren Geift gewiegt. Eollin. Damit. war
denn das an von dieſer Seite beichloflen. Göoͤthe,
Meifters Wanderj. 3, 6. Wenn fie in der Schöpfungs woche ge
lebt hätte. 3. Paul. Ich follte auffteh’n mit dem Schöpfungs-
wort, und im die hohlen Läger Menfchen ſammelu. Stiller, Bal-
lenſteins Zod 3, 18.
673
Schöffe, niederd. Schöppe (ahd. scafıno, scefino, mhd. schefle,
schepfe, tal. scabino, franz. echevin, engl, eschevin, echevin,
mittellat. scabinus) der beifigende Urtheilfprecher. — Bon der Thüre
inter Hand bis in die gegenüberftehende Ede, als auf der erften Bant,
faßen die Schöffen. Göthe, Leben 1. B. Bis er mehrere Frei—
(höpfen antraf, die ihm hülfreihe Hand leiſteten. 3. Möfer, die
weitphäl. Freigerichte. | i = |
- Schöfflpp)enbar, —brot, buch, —eid, gericht, —kammer,
—fifte, —meifter, — pferd, —recht, —Ichreiber, —flube u. a. —
Daß er bei der naͤchſten Bacanz auf der Schoͤffen bank zu der er-
ledigten Stelle gelangen würde. Göthe, Xeben 1. B. Deinen Groß-
vater in der Mitte des Schöffenrathe. Daf. 2. B. Der Schöp-
penftuhl ift mit lauter Leuten befeßt, Die der. römiichen Rechte un⸗
Audig find. Göthe, Göß v. B. 1. |
| Schaf, auch Schaff, Schäffer, Schapf Cahd. scaph, mhd.
schaf, altſ. scap) 1) Gefäß von Böttcherarbeit; 2) Getreidemaß; in
diejer Bedeutung an andern Orten lieber das davon abgeleitete Schef-
fel (auch Schäffel, Schaffel, ahd. scefil, mhd. scheffel, alti.
scepil, sreffil, mittelniederl. scepel)., — Ein ſchaff mit. wazzer. .
Schmeller 3, 336. Hat fih ein folher Platzreng erhebt als der mit
ſchapfen guß. Daſ. 3, 337. (Anderöwo jagt man: als wenn es
mit Kübeln fchüttete.) Nehmen fie uns das Unire in Scheffeln,
müſſen wir's wieder befommen in Löffeln. Schiller, Wallenft. Lager 1.
Aunm. Das nuhd. Wifvel foll, nah Friſch, zufammengezogen fein aus
wihscepel, nieverfädhf. wiheschebele, d. 1. Beihkhefel, welches ehemals ein ges
wife großes Maß bezeichnete.
Schiff ?) (goth. altſ. vr skip, ahd. scic&)f, mhd. schileyf, agſ.
scip,' engl. ship, ſchwed. Mepp- dän. skib, neuniederl. schip) ur⸗
fprünglid) etwas Gemachtes, Zeug, Fahrzeug, Gefach, Gefäß, wie auch
nhd. noch in verſchiedenem Sinne (f. Schaf und vol. franz. vaisseau,
engl. vessel-—=.Chiff, aus lat. vas — Gefäß). Davon fhiffen.
— (mbd. schiffen) einfah und in verfchiedenen Zuſammenſetzungen. —
Gewiß hat man ein Schiff in Noth geiehn. Schiller, Tell 4, 1,
Sieh, wie das Schifflein auf den Wellen ſchwankt! Daſ. 1,1.
. Dein Bater bat fie (die Stube) voll’ muſikaliſchen und..malerifhen
Schiff und Geſchirr geftellt. 3. Paul, Hefperus 17. Die Schiff
fein (der Weber) herüber hinüber fchießen. Göthe, Kauft 1, 95.
Das Schiff der Kirche ift ein offner Hof. Göthe, ital. Reiſe Pa⸗
lermo 6. April 1737. — An welchem (Gerüft) das Brandihiff .
fih angehängt hatte... Indeſſen vermehrten fich die Feuerfdiffe...
Daß er die zwei großen Minenfchiffe viel zu ſchnell folgen ließ...
| 1) Grimm (Gram. TI, 485) ſagt: »scip gehört zu einem verfornen Berbo
skipan, skap, aus bem hernach skapan, aköp erwuhe”
a a TI er ee 48
674
Die Bulverjchiffe, welche beſtimmt gewejen waren, Das ſchwim⸗
mende Merk zu entzinden. Schiller, Belagerung von Antverpen. So
wie in Donner und Bliß der wilde Sturm zwei Bruderichiffe
trennt. Wieland, Oberen 1, 6. Fracht- und Marktſchiffe
verweilten in ihrer Nähe Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 7.
8 it das Herrenfhiff von Uri. Schiller, Tell 4, 1. Zen Boden
des weitumfafienden Ladichiffe. Voß, Odyſſee 5,2349. Sicht ar
im Sturm das große Meerſchiff ftranden. Schiller, Walleniteins
Tod 5, 4. So jahen jie ein wohlverziertes Prachtſchiff beran-
gleiten. Goͤthe, Meiſters Wanderjahre 2, 7. Ein maniib Räu:
berichiff gewahrte man in einer Bucht. Schiller, Braut von
Meſſina. Daß ih auf dem en fleine Rindenidiif-
hen niederfahren ließ. Goͤthe, Meifters Wanderjahre 1, 4. Gm
Mann, der beftändig im Ruderſchiffe herumfährt. Voß, Odyſſee 8,
161. Und Schlachtſchiff ſtürzte nah Schlachtſchiff nieder zum
Abgrund. Sommenberg. — Wer mit euch wanderte, mit eudy jchiffte!
Schiller, Maria Stuart 3, 1. Er bat feine Freunde, noch diefen
Abend abzuichiffen. 3. Paul, Zitan 1. Damit fie jeinen Lebens:
ballaft ausihifften. 3. Paul, Hejperus 16. In der Ewigkeit nim-
mer ermeßnem, nimmer befchifftem Ozean treiben die Zeiten. Kos
jegarten, Hymne an die Zugend. ober durchſchifft ihr die
Woge? Voß, Odyſſee 3, 71. Philine trieb, die Gejellichaft zauderte
nicht, und war bald eingeſchifft. Göthe, Meifters Lehrjahre 2,9.
Wir nunmehr entjchifften zugleich dem Geſtade von Zroja. Voß,
Odyſſee 3, 276. Als nun doppelt jo weit fortjchiffend ins Peer
wir gekommen. Daſ. 9, 491. Im gleitenden Fahrzeng heimzuſchif—
fen. Pyrker, Zunifins 6. Da fameft du den Strom berabge-
ſchifft. Uhland, Herzog Ernſt2 Bon da jchifften wir über nad
Küßnacht, gingen auf Immiſee, ichifften auf Zug, wanderten auf
Horgen und fchifften dann wieder nach Stäfa ——— Goͤthe,
Briefw. mit Schiller 3, 304. Freudig ſchiffte des Kaiſers Macht
im ſauſenden Wind hin. Pyrker, Tuniſias 4. Daß ſie zum troiſchen
Land hinaufzuſchiffen beſchloſſen. Voß, Ilias 11, 2. Aber
nachſchiffen dürf' ich dem Briefträger nicht. J. Paul, Heſperus 1.
Wer hätte nicht zuweilen jenes Vorgebürg umſchifft? Platen, die
verhängnißvolle Gabel 2. Ihr Zeugniß, daß ich mit meinem flebenten
Buche wenigftens glüdlich vor der Klippe vorbeigeſchifft bin, iſt
mir von großem Werthe. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 197.
Anm. Die Participien —— noch andere Zuſammenſetzungen, z. B.
Raubſchiffend ruderte Menelas von Bucht zu Bucht. Göthe, Kant 2, Mi.
Schiffer, Schifferin, Scifferei, ſchiffbar, Schiffung.
— (88 jäufeln Die Winde, es regt fih der Schiffer. Göthe, glüd-
liche Fahrt. (Er) flürzte fi, die Fremde zu befreien, lebend in des
Todtenfhiffers Kahn. Schiller, das Ideal und dus Leben. Ich
675
jeßte mich mit ihr ein und hatte meine Freude an der Gewandtheit
der ſchoͤnen Schifferin. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 11. Da
der Po bis weit in das Land hinein ſchiffbar if. H. Leo. Und
waz wir a Schiffung (Schiffe) ze Wienne haufen. Ur⸗
finde v. 1351. Bürger, die dan alle Schifftung (Schiffe) varn
und daz waßer pawen. Regensb. Hausbuch v. 1425.
Schiffamt, — bank, —bauer, — bauholz, —baumeifter, —bein,
—befteurung, —biene, —bohrer, — boot, — brot, —fahne, —fracht,
—gefeht, —geld, —geräth, — geſchütz, —hafen, —halter, — handel,
—* —holz, — junge, —kampf, —kette, —kind, —knecht, —kopf,
-krieg, —kunde, —kunſt, —lände, —laſt, —leine, —leiter, — leuchte,
—leute, —mäfler, —mann, —maß, — mörſer, —mühle, —müller,
—mumme, — muſchel, — mütze, —nagel, —oberfi, —officier, —ord⸗
nung, —pech, —pferd, —pfund, —prediger, —recht, —reich, — roſe,
—ruͤſtung, — ruthe, —ſand, —fäule, —ſchnabel, — ſchuh, — ſeil,
- foldat, — ſpiel, — ſtange, —fteif, —fteller, —flopfer, — ſtück, —tau,
—theer, -- treppe, — uhr, — volk, —wagen, —werft, — wetter, —winde,
— wurm, — zahl, —zeug, —zier, —zimmermann, —zimmerplag, —zoll,
— zug, —zwieback u. a; Schiffsbalfen, —bau, — bauch, —bauer,
—baumeifter, —befehlöhaber, —befleidung, — bewegung, —boden,
boot, — bord, —fahne, —flagge, —fracht, freund, führer,
—gebäude, —geleite, —geräth, —gerivpe, — haken, — hauptmann,
* - bolm, —junge, —fammer, —kette, — find, -- knecht, — koch,
—frone, — küche, —ladung, —laft, —leiter, — leuchte, — mannſchaft,
—mörfer, — mühle, —obertheil, —offlcier, - part, —partener, —pre=
diger, — pumpe, —rath, —reeder, —rofe, —ichnabel, — ſchwenkung,
—foldat, —fpiegel, —tau, —treppe, —untertheil, — voll, —wappen,
—vwerft, —winde, — zeug, —zier, —zimmermann, — zunge u. a.;
Shifferbirne, —junge, —falender, —knecht, —noten, —müße,
—rod, — ſprache, —zirkel, —zunft u a. — Der Idiffaufftür-
mende LZuftball. Pyrker, Zunifiad 6, Auch find dort nicht Meifter
des Schiffbaus. Voß, Odyſſee 9, 126. Zu dem Raum des hoch⸗
gewölbeten Schiffbords. fer, Tunifias 3. Schiffbrechende
Stürme. Shafejpeare, Machetb 1, 2. Wie an einem Bulfen im
Schiffbrud. Göthe, Tag⸗ u. Zahreshefte 1793. Schiffbrüchig
faff’ ich noch die legte Planfe! Göthe, Eugenie 5,7. Noch glüdlic,
aus der Schiffbruhsnoth das Leben wenigftend auf einem Brett
zu retten. Wieland, Oberon 9, 55. Der die Schiffbrüde anzu—
zünden beſtimmt fei. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Das find
Abenteuer älterer, unfähiger Schifffahrer. Göthe, Briefw. mit
Schiller 6, 199. Aber wer weiß, ob er felber nicht auch mit dem
Reben die Schifffahrt fern von den Seinigen büßt? Voß, Odyſſee
2, . Bemimm dann, was in heiter Mondnacht jüngft ein
Shiffgenoß auf dem Verdeck erzählt! Uhland, normaͤnniſcher Brauch.
48 *
=
m
rar en —— — — —
Daß er. die vier Schiffhaufen allzu geſchwind hintereinander ablau⸗
fen ließ. Schiller, a von Antwerpen. Die teid’ an den
Enden ihr Schiffheer ar etellt. Voß, Ilias 11, 8 Schiff:
kundige Männer. Voß, Odyſſee 8, 91. Als Schtfflenter und
Läufer. Voß, Odyſſee 8, 253. Wie wenn ein Gott Schiffleuten
nach ſehnlichem Harren den Fahrwind ſendet. Voß, Ilias 7, 4. Der
Unterheubtman gleubet dem Schiffberrn vud den Sthiffman
Luther, Bibelüberſ. Apoftolg. 77, 11. In allen Gefprächuntiefen gibts
feine berrlihere Schiffpumpe, als eine Hifterie. F. Paul, Heipe
rus 16. Andere waren in den Schiff feilen bängen geblieben.
Schiller, Belagerung von Antwerpen. Erlag in einem Schiffftreit.
H. Sachs. Mit den oberften Schiffesgebietern. Pyrker, Tuni⸗
ſias 3. Gewiß mit der nächiten Shiffsgelegenhrit. Shakeſpeare,
Cymbeline 1, 4. Wenn die Winde günftig- find und Schiffsgeleit
ſich findet. Shafeipeare, Hamlet 1, 3. Mit dieſen? Worten ermannte
er fih und ließ fene Schiffsgel eit en rufen. Götbe; Unterhaltun⸗
gen deutjcher Ausgewanderten. Man laſſe fih von den Schiffsge⸗
wimmel nicht mit fortreißen. Göthe, Meiſters Wanderj. 3,.9. Hier
big der alte Schiffstaplan... fein Pfeifenrohr in Stüden. Pfeffel,
die Eregeten. Nur die Wellen rauichten am Schiffskiel. Pyrker,
Tuniſias 2. Nun ja, verfegt der Schiffspatren—Bieffel, der
Stockfiſch. (Ein Dad, das) ſechs Schuhe 04 über den Schiffs:
. rand emporragte. Schiller, Belagerung. von. Antwerpen. Im engen:
den Schiffsraum. Pyrker, Zunifias 2. Eur Schiffsvolt Gind)
Zandjoldaten . .. Der Schiffsmacht Ueberzahl verbrennen wir.
Shakſpeare, Antonius und — 3, 7. — Daß fie ein neues
Weſten und Schifferhoſen. haben wolle. Goͤthe, Meiſters
Lehrjahre 2,9. Wenn ihr uns nur ſo ferner labt, uns wackre Schif⸗
ferknaben. Goͤthe, Fauſt 2, 176. Mein Diener ging. mit ihm in
eine Schifferkneipe. Goͤthe; Campagne in Frankreich Detbr. Kar
Banlen hatt”. ein Schifferweib im Schoß: Shafefpeare, Mächeth1,3.
Anm. 1: Hierher gehört, nah Schmitthbeuner. u Shoppen =
Gefäß von einem — — : ShaflS. 673). Rah Schwend Föunte; da oberd.
Kopf, Köpf (ahb. choph, mbp. kopf, agſ. co 3. mittellat. coppa, Cuppa, franz.
coupe) Rh in ähnlicher ebeutung findet, da6 Wort (Schoppen) auch daher for
men en f, was ich nidht glaube. Stieler leitet das Wort gar non
ie
u Anm. 2. Das fchweizerifhe Schafreiti — Küchenſchrank (ahd. scaf
raid(t)a, scafareita, scafreiti, mhb. schafreite, niederb. scapreida) {fl gebildet
aus Schaf (tabulatum quoddam superponendis utensilibus aptatum ,
5— appellant scaph) und Reite (ahd. u. mhd. seite) = Raum
orfelte).
— Schlagen. .
Wurjei sah slag.)
Schlagr, fhlug, geſchlagen, ſchlagen (ahd. slahu, sluoh,
sun) slaganer, slahan; mbD. slabe, nee, slaogen, ge-
677
— —
slagen, slahen und slän; goth. slahan, agſ. slagan, slän, slöagan,
alin. slä, ſchwed. sla; Wadernagel vgl. gr. Aa& = mit der Ferſe,
mit dem Zuße hinten ausichlagend) jcheint die Grundbedentung wer-
den, gerathen, und zwar auf fihnelle Weile, zu haben, wird uhd.
in gar verichiedenem Sinne gebraucht. Folgende Bedeutungen find,
ald die gewöhnlicheren, bejonders zu beachten: 1) werden, eine Ver⸗
änderung annehmen: Wurzeln, aus der Art fchlagen; 2) den Ort,
oder die bisher befolgte Richtung des Weges verändern, eine Richtung
nehmen: ich ſchlage mich rechts, er ſchlug ſich zu den Feinden, fidy
ing Mittel; 3) eine mit Heftigfeit oder doch mit einer gewiffen, größern
oder geringen Geichwindigfeit die Luft durchichneidende Bewegung
machen, auch auf eine joldye Art bewirken, hervorbringen: die Flamme
Ihlägt in die Höhe, ein Rad, einen Verbrecher in Feſſeln, die Füße
übereinander jchlagen; 4) durch Die genannte Bewegung auf etwas
treffen, meift mit einem Scdall: mit dem Kopf an die Wand, einen
Pfahl in die Erde, einem hinter die Ohren, der Bliß fchlug in das
Haus; 5) fid bewegen wie mit Auftreffen: das Herz fchlägt; 6) einen
Schall von fich geben, hervorbringen, gerne mit" dem. Nebenbegriff
einer damit verbundenen ſchnellen oft auch regelmäßigen Bewegung:
die Nachtigall, die Glode jchlägt, die Zrommel, die Orgel fchlagen;
7) duch Schlagen bewirken, eine Beränderung hervorbringen, eine
gewiffe Zubereitung geben: Holz, Geld, die Wolle, eine Brüde, einen
zum Ritter, eine Ader, die Saiten, Eier in die Suppe; 8) mit Waf⸗
fen gegen einander fämpfen; 9) wie mit Waffen einen treffen: ein ge-
ihlagener Mann, mit Blindheit fchlagen ; 10) (Jägerfprache) fangen,
von den Raubvögel mit Bezug auf das Einfchlagen der Krallen ge⸗
jagt, andy hauen, verwunden mit deu Hauzähnen; 11) (Volksſprache)
für ſchlachten: ein Rind; 12) (veraltet) auf die Weide treiben; 18)
(Bolksiprache) eine gewilfe Summe Geldes über den Werth zum
Preiſe der Sache thun, alſo nach 1 eine Veränderung bewirken: Die
Unfoften auf die Waare, die Zinfen zum Capital; 14) (Volksſprache)
aufachten, aufmerfen. — Es jollen ſchöne Blume in den Beeten die
breiten Wurzeln jhlagen. Göthe, Taſſo 5, 4 Ich bin fo fehr
nicht -ans der Art geſchlagen. Schiller, Jungfrau v. O. 1, 2. Ehe
er in der glüdjeligen Injel zu Lande ſchlägt Canlandet), Bodmer.
Unterwegs ſchlug fih noch ein junger Menſch zu uns. Göthe, Ben⸗
venuto Gellini 1, 7. (Ev) fteht im Begriff, fih zu dem Feind zu
ihlagem- Schiller, Wallenſteins Tod 3, 2. Wer durdy’8 Leben fich
friſch will ichlagen, muß zu Schuß und a A fein. Schiller,
Ze 3,1. Der Himmel ſchlage durch ein Wunder fi ind Mittel.
Schiller, Jungfrau v. DO. 5, 7. Und über die ehernen Säulen ſchlug
ein jchweflichter Dampf mit blauen Flammen vermijchet. Zachariä.
Hohmüthig ſchlug ein Pfau fein Rad. Schlegel. Die Liebe [häpt
nur die Gemütber und jchlägt den Reichthuin in den Wind. Voß.
678
Ich will mir Sylvia aus den Gedanken fchlagen. Geller. Da
ſah ich, Daß ich mit der Hand in die Kohlen gefchlagen. Götke,
Götz v. B. 3. Der Schmerz flug meine Zähne Mnirichend an ein-
ander. Schiller, Don Karlos 1, 2. Und hier der Frevler, der dem
Reiche und dir die Wunde fchlu 8 Wieland. Wenn jein erhabnes
Herz. vergefien bat für Menfchlichleit zu ſchlagen. Schiller, Don
Karlos 1, 2. Liebe Nachtigallen, ſchlaget früh, o früh! vor mei-
nem Fenſter. Göthe, die Mufageten. Da rann fein Sand und feine
Glode ſchlug ... Die Uhr ſchlägt feinem Glüdlichen. Schiller,
Piccolomint 3, 3. Sie fingt den ganzen geihlagenen Tag. Mül-
‚ der. Wenn die Trommel wird geihlagen. Schiller, Piccolomini 2,
7. Und heimwärts Schlägt der fanfte Friedensmarſch. Schiller, Pic
colomini 1, 4. Da ſchlug der Greis die Saiten. Uhland, des Saͤn⸗
ers Fluch. Hier unter diejem Felſen laſſet uns Halt machen uud ein
—*— Lager ſchlagen. Schiller, Jungfrau v. ©. 2. 1. Schlägt
er nicht Geld wie der Ferdinand? Schiller, Wallenfteind Lager 11.
Du börteft, welche. Schlachten er gefchla 8% n. Schiller. Als wir ki
Deffau mit dem Mansfeld ſchlugen. Schiller, Piccolomini 1, 1.
Graf Tilly war am Led) aufs Haupt gefhlagen Dal. 1,2% &
Iihlägt uns einen Haufen nad) dem andern. Göthe, Götz v. 9. 3.
(Ich will, dein vold mit Peſtilentz ſchlahen. Luther, Bibelüberf. 2. Moſ.9,
15. Die Menner worden mit Blindheit geihlagen. Daf. 1. Moſ. 19, 11.
Wie vil Vichs Einer auff die gemain Waid ſchlagen mög? Lori, Lechrain v.
1616. O ihr zu geduldige Marktkörbe, dag ihr fo oft auf euch fchlageu
laßt 1). Zaftenerempel. Da er (David) den zipffel Saul hatte an
fchnitten, ſchlug er in ſich (achtete er auf feinen innern Zuftand).
Luther, Bibelüberj. 1. Sam. 24, 6
* Klopfen (ahd. ch(k)lophön, elofon, chloppön, mhb. klopfen, altn. klappa,
engl. clap, ſchwed. klappa, dän. klappe, wallach. clopatire) zunäcft wel ia
hohlem Tone mit einem Körper wider einen andern anftreffen, gewoͤbnlich wer
es gleich Hinter einander wiederholt gefchieht, dann überhaupt einen Körper
wider den andern bewegen, fo daß er in vollerem Tone auftrifft, es mug bies
nun ganz leife oder flarf fein. Boden (ahd. pohhan? mhb. pochen? Sie:
mann führt beide Formen an, Graff bat fie nicht; ſchwed. boka, holläm.
beuken, franz. buquer, ital. picchiare, poln. pukan) durch das harte, ſto⸗
Gende Auftreffen eines Körpers wider einen harten antern einen ſtarken dumpfer
Laut hören laffen, gewöhnlid mit Wiederholung glei hinter einander. —
Treffen f. S. 53. — Geht, geht, auf den Altan! Der Lord Mayor klopft.
Shaffpeare, K. Richard III, 3, 7. Wenn vie Hoffnung gefpannt in ber Yang:
linge Flopfenbem Herzen wühlt und pochende Angft. Voß. Bald nad
**
=
— — ⸗ un —
1) Auf den Marktkorb ſchlagen in München und wol auch an ande
Orten die Mägde, wenn fie für das Bingefaufte der Herrfcyaft mehr, als ber Wahr
heit gemäß ift, verrechnen.
679
dieſer Unterredung hörte man an ber fleinen Pforte pochen. Göthe, Meiſters
Wanderj. 2, 2.
Abſchlagen 1) durch Schlagen auf irgend eine Art abfondern,
trennen (eig. u. uneig.): einem den Kopf, den Hut, Nüffe vom Baum,
ein Schloß von der Thüre, eine Bude; 2) durch Schlagen oder fonft
wie eine andere Richtung geben: den Sturm, das Wafler, einen Hieb;
3) nicht gewähren |. S. 147; 4) durch Schlagen nachhilden: einen
Stempel in Blei; 5) gehörig, jehr Ichlagen; 6) ſchnell im Preife ge⸗
rn werden, auch vn an Stärke abnehmen: das Getreide, Die
Kälte ift abgeichlagen; 7) ausnehmen, nicht in Anfchlag bringen; 8)
von feiner Richtung ſchnell abweichen, ſich entfernen; 9) (veraltet) er-
Ratten, vergüten. — Sohn desjenigen Pulei, dem man den Kopf ab-
ſchlug. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 6. Bir fanden auf Mitte
Weges Wellen und Reiflg eines a Ihlagenen Birkenhölzchens.
Goͤthe, Kampagne in Hranfreih 12. Sept. Die Stürme wurden ab«
geihlagen. Schiller, Maria Stuart 3, 1. So wie Einer hier fein
Waſſer abſchlug. Lichtenberg, phyſ. Bemerkungen. Sie wollen uns
niemals einen Nachttopf geben, und da ſchlagen wir’s in den Ka—
min ab, Shakſpeare, K. Heinridy IV. 1. Thl. 2, 1. Wenn du mid -
liebt, fannft du mir wohl eine Bitte abfchlagen? Schiller, Räuber
1,3. Das Klofter ift jchön gelegen, wenn man den bier lange an⸗
haltenden Winter und feine nicht fehr fruchtbare Gegend davon ab-
Ihlägt (ausnimmt). Sulzer. Im Wald mid von der Straß ab-
ſchlug. H. Sachs. Bon der bildlihen Phantafle [chlägt der Weg
des bildlihen Wißes fi weit ab. J. Paul. Hat er jm am ichte
(etwas, geſchadt, daz jol er jm abjlahen zwilpilt (zweifach eriegen,
vergüten). Schmeller 3, 440.
Sallen (f. d.) minder fohnell im Preife geringer werben, wird bei jebem
veränderlichem Stande des Preifes der Waare ins Mindere gefagt, während
abſchlagen einen feſten Preis vorausfegt, mehr vom Kleinverfauf ſteht und
von der Waare und dem Käufer in Bezug auf diefelbe gefagt wird. Die ans
bern Sym. von abfchlagen f. ©. 147.
Anſchlagen 1) heftig an etwas jchlagen, daß ein Schall entſteht;
2) im Bejondern die Glocke erichallen machen, ohne daß fie bewegt
wird; 3) an etwas fchlagen und dadurch zeichnen: die Bäume, welde
gefällt werden jollen; 4) das Werkzeug zu einer Handlung bereit ma—
hen, in gewiſſen Medensarten: das Gewehr, die Sichel; 5) allge-
meiner eine Handlung beginnen, wobei (in verfchiedenem Siune) ge-
Ihlagen wird: Feuer, einen Accord, beim Drejchen den eriten Schlag
thun, anfangen zu bellen |. ©. 462; 6) durch Schlagen anbeften,
feſtmachen: em Schloß, eine Bekanntmachung; 7) von dem Ganzen
und in feinen Zheilen die Größe uach Der Zahl genau beftimmen; 8)
die gedeibliche Wirkung thun, welche beabfichtigt wird oder in dem,
was wirkt, ift; 9) durch Anjchlagen verdorben werden; 10) (veraltet)
680
hberlegen, einen Anfchlag machen; 11) (Volksſprache) das 'gemähte in
°- Schlägen liegende Gras auseinander fireuen; 12) (veraltet) anmeffen:
ein Kleid. — Schleunig hinweg mit dem Fuße ftieß er den Tiih an-
fhlagend. Voß, Odſſee 22, 19. Es brummt die Glode noch, die
elf fhon angefchlagen. Bürger, Zenore. Wenn fo einer ruft: „Halt!“
und anfchlägt mit dem Gewehr), meinft Du, man bielte? Göthe, Egmont
4. Schade, daß unfere Operndichter nicht in dem Zone fortgefahren find,
den Weiße angefchlagen hatte. Seume. Wenn ic Euch num fage,
daß ich felber diefe Sait’ ihm anzuſchlagen bereits verfucht. Leſ⸗
fing, Nathan d. W. 3, 10. Den Schenkeln ſchlug man Fefleln an.
Opitz. Ein Jeder gibt den Werth fich ſelbſt. Wie hoch idy mich an⸗
fhlagen will, das fteht bei mir. Schiller, Wallenfteind Tod 3, 8.
Die befte Begegnung ſchien nit anzufchlagen. Göthe, Wahlver⸗
wandtichaften 2, 18. Alle Euren haben au nicht anfchlagen wol:
len. Göthe, Lila 1. Darumb ſchlug (trat) er eine Heiß nad) Welſch⸗
land an. Aventinus, Chronit 1580. Bl. 369.
Anpochen und anklopfen erflären fih aus pochen und Flopfen ©.
678. — Läuten (f. lauten S. 325) eine Glocke erfchallen machen, fo daß
die Glocke dabei in vollen Schwung gefept wird. „Dan beiert, indem man
ven Rand ter rubenden Glocken mit den Klöpfeln durch befeftigte Geile tacs
mäßig anfchlägt. So werben auf dem Lande dir Felertage den Abend vorher
angekündigt”, fagt Voß in einer Anmerfung zu ber unten angeführten Stelle.
Das Wort ift nieberdeutfh. Bimmeln (hier und da auch bembeln, bim:
bein) if zunächſt das helle Schallen von Glocken, deren Ton bim! bim!
nachahmt; dann ſolche Gloͤckchen erfchallen machen, indem fie geläutet werben.
Stürmen (ahb. sturmjan, sturmen, agf. siyrmian, mhb. stürmen, von
Sturm ahb. mhb. sturm, agf. storm, stearm, alt. stormr) eigentlich
zum Gtarm läuten; dann bie Glocke tactlos, überhaupt unregelmäßig
und heftig anfchaflen machen. — Bellen und die Syn. ſ. S. 46. —
Schäpen (ahd. scazön, scazzön, mhd. schetzen, von Schatz ©. 497,
altf. scat, altfrief. skat, schat, ſchwed. skatt Geld, beſtimmtes Geldſtück;
dann anferlegte Geldabgabe; weiter Reichthum an werthvollem Beſttz; allmäs
lich aufbewahrter Borrath oder Reichthum an Geld und überhaupt vorzüglich
Werthvollem, eig. und fig.) eine ungefähre Brößenangabe, eine wahrfcheinlidye
Größenbeitimmung machen, wie fie nach der Aufchauung dünkt. Berechnen
(von rechnen goth. rahnjan, ahd. rahhnjan, von Grimm gefolgert ans
rechnunga, mhjd. rechnen, engl. reckon, ſchwed. raekna, bän. regna, hol⸗
länd, rekenen) die Größe durch Rechnen finten und beſtimmen. — Bers
fangen (f. fangen) einvringliche Wirkung haben, d. 5. machen: over fein,
daß das, was aufgenommen werden foll, mit Eindrud aufgenommen wirb und
förderlich if; dann überhaupt wohl zu Statten kommen. Berfchlagen 'f.
&.684.-- Gehe hin, mein Freund, nnd Elopfe mit dem Ringe nur an, du
wirft Wunder fehen, fagte meine Geliebte. Ich trat hinzu, unb Hate fanım
angepocht, fo erlebte ich wirklich das größte Wunder. Bötbe, bie neue
681
Relafine. — Gern wohl Hört’ ich vorbem, wenn zum morgenden Feſte der Küſter
beierte; doch nun ſchallts mir wie Todiengeläut von dem Kirchthurm!
Voß, die Leibeigenen 8. Raſtlos nun erklang das Getoͤn der ſtürmenden
Glocke. Goͤthe, Hermann und Dorothea 6, 70. Hört ihr's wimmern hoch
vom Thurm? das if Sturm! Schiller, Slode, Als die Sturmglode
gelänutet wurbe. Göthe, Leben 5. B. Um ihren Dienft hoch anzuſchla⸗
gen, ſchätz' ich fein Leben nicht genung. Alxinger, Doolin 4, 83. Berech⸗
net er alles. Goͤthe, Fauſt 2,.805. (Sie) ſtellte Berechnungen an.
Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1, 10. Schiden Sie zu mir, wenn bei der Frau
Liebften kein Troſt verfangen follte J. Paul, Siebenkäs 8,
Ausſchlagen 1) durch Schlagen herausbringen: die Zähne, ein
Ei, den Boden aus einem Falle; 2) auseinander ſchlagen, ausbreiten:
bei den Weißgerbern die Zelle, bei den Jägern die Leinen, in den
Münzen die Schrötlinge; 3) auswärts ſchlagen, umſchlagen, verbrü-
men: einen Rod mit rothem Zud); 4) inwendig beichlagen: ein Zim⸗
mer mit Zeppichen, einen Wagen mit Tuch; 5) vorwärts, ſeitwärts,
von fid) wegiclagen: den Ball, einen Stoß im Fechten, uneigentlid)
etwas Angebotenes von fih weilen (1. S. 588), ein Begehren kurz⸗
weg, oder mit Derbheit nicht gewähren (j. ©. 147); 6, den eriten
Schlag thun, anfangen zu jchlagen: im Sartenjpiel, er but auöges
ſchlagen; 7) mit-deu Füßen auswärts fdhlagen: das Pferd jchlägt geru
aus; 8) berausreden: ein Adler mit ausgeichlagener Zunge (in der
Wappenkunſt), der Hund jchlug vor Durst die Zunge weit aus; 9)
ſehr ſchlagen, bis zu Ende ſchlagen: die Uhr, die Nachtigall hat aus-
geichlagen; 10) ſich auswärts, aus der jenfrechten Stellung, auf die
Seite neigen: Die Wage ansichlagen laffen; 11) durch Berechnung be=
ftimmen, was Einer zu zahlen bat; 12) fi von innen enhvideln, an
und über die Oberfläche zum Vorſchein kommen: der Weinſtock, die
Kräge, die Kälte jchlägt aus; 13) mit Heftigkeit fichtbar werden, zum
Ausbruch kommen: die Krankheit, die lange im Körper gefledt, es
ihlägt in Zlammen ans; 14) endigen, einen Ausgang nehmen, be=
jonders in Hinficht auf die Art und Weile: die Sache iſt gut ausge-
ichlagen; 15) (Vollsſprache) das Efien ausichlagen, es anrichten; 16)
(veraltet, noch) in, der Volksſprache) austreiben, bejonders die Schweine
aus der Gichelmaft, wenn fie fett find oder die Maftzeit vorüber iſt. —
(Er) ſchlug ihm grimmig ein Aug’ aus. Göthe, Reineke Fuchs 3,
144. Diele zothen mit Hermelin ausgeihlagenen Yüritenmäntel.
Göthe, Leben 5. B. Mit fchwarzem Zude ward die Domlich’ qu s⸗
geidhlagen. Alzinger, Doolin 2, 13. Derjenige, ‘der den Ball
ausidhlägt, ſteht ... auf der oberiten Höhe. Göthe, ital Reiſe
Berona 16. Sept. Iſt es fchon lang, Daß Sie den Grafen aus-—
geſchlagen? Schiller, Don Karlos 1, 3. Den fchlug ih wader
aus dazumal, Goͤthe, Götz v. B. 1. Der runde Thurm auf dem
Schlachtfelde ſchlug die Stunde aus. J. Baul, Zitan 52. Bir
— un nr — AR —
fanden ausgeſchlagene Feigenbäume. Göthe, ital. Reiſe Caſtel
Vetrano 21. April 1787. Dort ſchlugen unfre Flammen, zuerſt, ge—
waltig aus. Göthe, die glüdlichen Gatten. Schon lange ſeh' ic
diefed Feuer glimmen, nun ſchlägt es bald in lichte Flammen aus.
Böthe, Eugenie 2, 2. (Die Geflnnungen) in fo ‚unerwartete Wir:
fungen ausgefhlagen find. Göthe, Leben 2. B. Welch ein mei-
-je8 Glück, dag eine folhe That zum Beſten eines ſolchen Mannes
ausfhlug! Leifing, Nathan d. & 4, 4.
Berſchmähen (i. S. 172) äußern, daß man etwas, das und angebolen
wird, nicht annehmen wolle, und zwar weil man es für zu gering ober zu
Elein ball. Sich bedanken (f. danken ©&. 166) fließt ein, daß man
zugleich vie Handlung des Anbletenden anerfenne und dies Ihm bezeige, dafür
danfe. Die andern Syn. f. ©. 147 u. 588. — Gben fo möchte ein foges
nannter Neapolitaniſcher Bettler die Stelle eines Bicefönige in Norwegen
leicht verfhmähen und die Ehre ausfchlagen, wenn ihm die Kaiferla
von Rupland das Bouvernement von Sibirien übertragen wollte. Göthe, ilal.
Neiſe Neapel 28. Mai 1787.
Erſchlagen 1) gewaltſam tödten; fehlagend, durch Schlag töd-
ten; gewaltfam tödten durch Schlagmwerfzenge, Waffe oder Handan:
fegung an den Körper mit änßerlicher Körperverlegung, bejondere
blutig; 2) (Bergmannsfpracdhe) Durch =, einfchlagen. — König David
erichlug den Goliath. Schiller, Wallenfteind Lager 8 O Fluch
der Hand, die dieje Wunde (einen Dolchſtich) grub! Fluch ihr, die
den Berderblichen geboren, der mir den Sohn erſchlug! Schiller,
Braut v. M. |
Zödten (goth. däuthjan , aht. t(d)ötjen, tölt)don, mb. toeten, toeden,
von todt, goth. däuths, ahd. mıhd. töt, agf. deädh, altn. daudhr, Bartic.
Bräter. v. goth. divan, abd, töwan, töwjan, mhb. töuwen und töun, miltel-
nieberd. douwen, alta. deya, ſchwed. dö, engl, dye = ableben, im Sterben
fein ; vgl. gr. Ivsıy == vpfern, ſchlachten, franz. tuer — tödten) aflgemein
des Lebens benehmen, auch fig. gebraudt. — Die nachfolgenden Auseräde
ſchließen alle den Begriff des Gewaltſamen in fig: umbringen ff. bringen
5.28) eig. in Kreisbewegung und fofort hierhin und dorthin kommen machen;
davon zunächft gewaltſam verthun; dann allgemein widerrechtlich gewaltjam
um das Leben bringen, das Leben benehmen. Morden (goth. maurthrias,
abb. murdrjan u murdjan, agſ. myrdhrjan, altı. myrda, mäd. morden,
von Mord goth. maurthr, ahd. mort(d), mhb. mort, altn. mord, agf.
mordhor, mordh, altf. morth, ſchwed. tän. mord, engl. murther, ftan,
meurtre; vgl. gr. uopog —= das den Menichen vom Schidfal zugetheilte
Log, Tod, lat. mori = flerben, mors = Tod, fanffr. mar, mri == flerben)
ehrlos gewaltfam töpten mit vorbevächtiger Abficht, auch fig. von abfratten
Begriffen gefagt; auch allgemeiner in Rark bezeichnendem Ausdruck „gemalt
fam toͤdten.“ Ermorden iſt eig. wie fig. widerrechtlich, ehrlos gewaltfam
töbten, mit vorbebäcdtiger Abſicht. Entleiben (f. bleiben) des leibliden
Li
683
Dafeins gewaltfam beuehmen, wur von Menſchen durch Menſchen geſagt.
Hinrihten (mur nhd., von richten ©. 296) einen Berurthellten gewaltfam
des Lebens benehmen, das Tobesurtheil an Jemanden vollziehen. — Bir mäß
fen ihn tödten. Schiller, Wallenfleins Top 5, 3, Mo keine Freiheit if,
wird jede Auf getöpdtet. Goͤthe. Ich möcht euch alle mit eiguer Hand .
umbringen! Böthe, Göt v. B. 8 Gie il ermordet auf der Eonbner
Straße! Schiller, Maria Stuart 4, 7. Den Schlaf ermordet Mache,
den unſchuld'gen, den arglos heil'gen Schlaf. Schiller, Macbeth 3, 4. Gie
entleibt Ach ſelbſt. Göthe, Iphigenie 1, 3. ine Fran, deren Mann er
bat Hinrichten laſſen, vergiftet ihn. Böthe, Leben 14. B.
Nachſchlagen 1) hinten nach fchlagen; 2) durch Schlagen nach⸗
biden, gleichjam wiederholen; 3) durch Schlagen, Graben (im Berg-
bau) aufjuchen; 4) aufichlagen und nachforichen in Büchern; 5) nad
eined Andern Art-fchlagen, Anderer Geſchlechts⸗ und Seeleneigenheiten
annehmen und an fich offenbaren (ichon älternhd. naco)chschlahen,
niederdeutfch nachschlachten, ven Schladht = Geflecht, |. unten).
— Der runde Thurm auf dem Sclachtfelde fchlug die Stunde aus
und die träumende Gegend ſchlug fie murmelnd nah. J. Paul,
Zitan 52. Viel alte Wappenbücher ſchlug ih nad. Schiller, Ma-
via Stuart 1, 6. Denn fie fhlagen mir nad und fpielen grim-
mige Spiele. Göthe, Reinefe Fuchs 7, 2383. Gebe nur Gott, daß
unfer Junge mit der Zeit braver wird und dem Weißlingen nicht
nachſchlägt. Göthe, Götz v. B. 1.
Naäacharten (von arten, dies von Art ©. 238) gehört, wie es fcheint,
mehr der höhern Schreibweife an. — Dein unb ber feden Mama naar:
tendes Zöchterchen hör’ ich gern mich vor manchem genannt, Voß, Luife
1, 733. Ihe artet mehr nad Eures Vaters Sei, ale nach ber Mutter
ihrem. Schiller, Wallenſteins Tod 8, 2.
Ueberſchlagen 1) mit dem obern Theile über etwas jchlagen,
d. h. plößlich und heftig fallen; 2) mit dem obem Theile ſich ſchnell
auf eine Seite neigen: die Wage jchlägt über; 3) über etwas ſchla⸗
gen, bedecken; 4) über einen Raum, aus einem Raum in den andern:
einen Ball, das Bier; 5) auf der ganzen Oberfläche bededit werden:
mit Schimmel; 6) falten Körpern, befonders Flüſſigkeiten, dadurch
daß man file an einen warmen Ort bringt, etwas von der Kälte neh⸗
men; 7) zu viel jchlagen: einen Hund (in der Yägerfpräce); 8) et-
was geichwind durchgehen, im Nachichlagen überſehen abſichtlich oder
tlih: eine Stelle im Buche; 9) im Allgemeinen geiftig durch-
‚geben, erwägen; 10) im Beiondern zur ungefähren Zahlenbeitinmung im
Allgemeinen zählend und Zahlen aus Zahlenverhälmifien findend flüch⸗
tig durchgehen. — Er jepte fih aufs Mäuerchen, blieb eine Zeitlang
ruhig, dann überfchlug er ſich rüdwärts in die Tiefe und wurd nur
todt aus dem Waſſer herausgebracht. Göthe, Eampagne in Franfreid)
3. Sept. Als nun das Pferd fiel und ſich überſchlug. Göthe,
\ 684 2
’
1
—— —
Benvenuto Cellini 2, 8. Da liegt die arme Seel in Pein und
überfhlägt ganz traurig, daß fie ſchon ihr Urtheil mit fich trägt.
Opitz. (ALS) ich meine Kaffe und Papiere überf au) Goͤthe, ital.
Reife Palerma 13—14. April 1787. Man haͤlt's ja bei jedem Ge:
ſchäfte des Lebens für Pflicht der Weisheit, mit fi oder andern das
Gebäude zuerft zu überjchlagen, ehe man’ übernimmt. Herder,
Antrittsrede in —
Ueberrechnen (ſ. Lechnen ©. 680) ein Größenganzes von Anfang bis
zu Ende, fo wie nach allen Theilen, zum Erkennen des Betrages zählenb und
Zahlen aus Zahlenverhältniffen findend durchgehen. — In die (Opern) ich mid
ſehr vertiefte und jedesmal nur er voran bie Perfonen überrechnete.
Goͤthe, Meifters Lehrj. 1, 6. j
Umfchlagen 1) plöglic und heftig umfallen, umfallen machen;
2) plöglicdy anders und gewöhnlich jchlinnmer werden: das Wetter, die
Krankheit, die Milh, das Glück fchlägt um; 3) um etwas jchlagen:
ein Tuch, einen Reif, Kräuter; 4) durch Schlagen, dann überhunpt
umbiegen, ummenden, umlegen: einen Nagel, eine Kante, den Kia
gen; 5) umprägen,. von neitem.jchlagen.; K) rundum, von allen Sei
ten beichlagen, anichlagen; 7) (veraltet, noch bier und da in der
Volksſprache) in allen Gaſſen die Trommel jchlagen und durch Trom-
melfchlag befannt machen (austrummeln); 8) (veraltet) Waaren ver-
taujchen, umſetzen. — Der Kahn ſchwankt, und wenn ihr jo unmbig
jeid, fan er umſchlagen. Göthe, Das Mährchen. Ihm (Bullen:
ftein) ſchlägt Das Kriegsglück nimmer um Schiller, Wallenitens
Lager 6. Er höre das Rufen Der Hirten, oder ein Lied der Senne:
rin, die, mit umjchlagender Stimme, freudig zum Wiederhall auf:
jauchzt Melodieen des. Alplands. Pyrker, Tuniſias 6. Sollte ih
wirfih umgejchlagen jein, jeitden ic) die nämliche Luft nicht mehr
mit ihm athme? Leſſing, Antigoege 7. Den Mintel her, und um
den Ritter umgeſchlagen! Göthe, Fauſt 2, 111.. So blieb auch
der umgeſchlagene Theil der Nägel ganz verborgen. Göthe, Ben:
venuto Gellmi 2, 11. Er ſchlägt umwillig das Buch um. Goͤthe,
Fauſt 1, 33. (Sie) zeigte mir, wie nun Das Ende des Fadens ein
paarmal umgeſchlagen und geknüpft werde. Göthe, Meiſters Wan⸗
derjahre 3, 5. Bielgefaltet und blan fängt unter dem Lage der Rod
an und umſchlägt ihr im Gehn die woblgebildeten Knoöchel. Goͤthe,
Hermann und Dorothea 5, 175. Gott ift unſer Kriegsoberfter, zur
Zeit der Krankheit rüret er. die Trummel, ſchlegt umb zur Muſte⸗
rung. Predigt, |
Sich ändern (S. 274) überhaupt anders werden, ohne nähe
Beflimmung, ob etwas fich verbefiere oder verſchlimmere. — Wenn fie nick
fähig wäre fich zu ändern. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 10.
Berfchlagen 1) durch heftige Bewegung, durch Schlagen anders⸗
wohin fommen machen, als die. Richtung war, den rechten Weg ver-
—
685
t
a a a ee
6
ichlagen, d. i: ihm verfehlen; 2) anders ſchlagen oder arten, einen
. Unterjchied machen, wodurch etwas, was ift oder geſchieht, nun an⸗
ders wird oder ſich darftellt; 3) feinen Zuftand verändern (vgl. über:
ihlagen 5), bejonders von Pferden gejagt, wenn fie wegen plößlich
unterdrüdter Ausdünftung frank werden, . welche- Krankheit ſich zuerſt
dadurch aͤußert, daß die Füße fleif werden; 4) zuträglich fein, Die bes
abfichtigte Wirkung hervorbringen. (gebräuchlicher auſchlagen): es
will fein Mittel mehr verichlagen; 5) aufhören zu fchlagen (in der
Jägerſprache): der Hirich hat verichlagen; 6) fich verfchlagen = an
einen unrechten, auch an einen unbekannten Ort gerathen, (tranfitiv)
gleichfam von ſich jchlagen, entfernen: das Wild hat fi, der Kauf:
mann bat fich- die Kunden verichlagen; 7) durch Schlagen von fi
entfernen (vgl. Nr. 1): er hat. deit Ball, der Jäger bat den’ Hund
verfchlagen ; 8) unrecht, fatfch fchlagen: ein Pferd; 9) durd Schlagen
‚verbrauchen: alle Nägel; 10) durch Schlagen verwahren, verjchließen:
ein Faß; 11) durch Schlagen abjondern: eine Kammer; 12) (veraltet)
iperren, verlagen: 13) (veraltet) verſtecken, verbergen; 14) (veraltet)
in Bann, d. i. von Andern auf eine bleibende Weile entfernen; 15)
eine Münze verfchlagen — ſie verrufen, abwürdigen, früher umprägen,
auch falſchmünzen; 16) der Zahl oder Größe nad) ungefähr beftimmen
‚ein den Salzwerken). — Einft verfchlug mid der Stwrm ans Ufer
der Inſel. Göthe, Epiſteln 1. " Wer einmal den rechten Weg ver-
ſchlägt, kömmt immer weiter vom Ziel. Hippel. Hör’, General, Dir
kann e8 nichts verſchlagen. Hör’, laß mich tanfchen mit dem Ge-
raldin. Schiller,. Wallenſteins Tod 5, 2. Daß fein Pferd von Laertes
geftern bei dem Hereinreiten dergeftalt angegriffen worden, Daß es
wahricheinlich,, wie man zu fagen pflegt, 5 habe, und daß
der. Schmied wenig Hoffnung zu ſeinem Aufkommen gebe. Goͤthe,
Meitters Lehrjahre 2, 11. Und ordinirt, wenn nichts verfehlägt,
ein Meines Gränchen Rattengift, - Platen, com. Oedipus 3. Wann.
das Singen gemainfiih verflagen iſt (zur Zeit eines kirchlichen Iris "
terdicts). Schmeller. 3, 442. Ehe daß ihr Thurn den Thürmen des
Himmels die Ausfiht verſchlage. Bodmer. Domitianus verfchlu
fich unter die Pfaffen dermaßen. daß ihn niemand ‚weder fpüren. 0
‚finden fundt, wo er binfommen war. Aventinus, Chronik 103. And
fan ich ftelen und gar wol verffan (falſchmünzen). Oſterſpiel ats
dem 15. Jahrh. j
Die Syn. erf&lagen und verfangen f. S. 889. 682.
Natbichlagen (von Rathſchlag abgeleitet, darum nad) ſchwa⸗
her Eonj.) hat den Begriff, daß das Ueberlegen, was zu thun ſei,
in Auffindung und Vorſtelligmachen von Mitteln zur Ausführung, einer
Sache geihehe. Berathſchlagen drüdt die Anwendung ded Be—
griffes von rathichlagen auf-den Gegenftand aus. — Sie ratſchla⸗—
gen. A⸗ v. Eyb, —8 Bl. 47. Ih rathſchlagte hierüber
—
——
mit den Führen. Göthe, ital. Reiſe Neapel 6. März 1787. Ber-
foren hätten wir fie, die lang beratbichlagte, e Schlacht.
Klopſtock, Hermannsſchlacht 8.
Math Halten (i. Rath) allgemein überlegen, was zu thun fel. Bes
rathen (mh. beräten) brüdt die Anwendung tes Begriffs von Rath halten
auf den Gegenſtand aus. — Auf öbden Pfaden können wir dahin bei Rıdi
zeit wandern und uns fl berathen. Schiller, Tell 1, 4.
Anm. Falſch iR co, wenn H. Sache fagt: Da ratfchlugen die fungen
vnd die alten.
Auf ; be—, bei —, drein—, durch —, ein — (ſ. S. 335), einder—,
empor—, ent—, entgegen—, entzwei—, febl—, ber—, herab—,
heran —, herauf —, Heraus — , Herein—, heruber— ‚herum —, herun-
ter—, herzu —, Jin—!), hinab—, binan—, binauf—, hinaus -,
hindurch —, hinein —, hinter —, hinüber —, hinunter —, hinweg —,
hinzu —, los —, nieder —, unter —, vor —, voran —, voraus —, vor⸗
bei —, weg —, wider —, wieder —, zer —, zu —, zurück — zufammen—,
veraltet hals —, wangſchlagen. — Die Morten find, die Breter auf:
geſchlagen. Göthe, Fauſt Vorfpiel. Laßt den Zimmerer mit At
und Säge kommen, das Gerüft aufſchlagen. Schiller, Maria
Stuart 1, 8 Schlag die Quartier ihm aufl Schiller, Piccolomini
4, 6. Sie Schlägt die Augen auf, fie lebt! Schiller, Jungftqu v.
O. 5, 14. As fie auf den Blick zum Himmel ſchlug. Tiedge,
Urania 1. Als er einen unreinlich bereiteten, jchnell Feuer fangenden,
aber haͤßlich dunſtenden Schwamm, nad) ausgerauchter Pfeife, ſogleich
wieder aufſchlug. Göthe, Leben 14. B. Worüber die Zuſchauer
ein herzliches Gelächter aufichlugen. Göthe, Meifters Lehrj. 4 4
Als die Wachtel hell aufichlug. Kofegarten. Ich hatte noch fug
vorher freilich wur Kupfer im Febroni gejehen, den ich fogleich herbei⸗
holte und aufſchlug. Göthe, der Sammler und die Seinigen 5.
Brief. Daß eine Bombe vor dem Plag aufihlagend an de
ſchwachen fteinernen Thürpfoften des Ladens gefahren. Göthe, Cam⸗
pagne in Frankreich 3. Sept. Alſo, da wildes Gewog aufſchlug
um die. Höhen des Bordes. Voß. Er kam nicht wieder zurecht, fat -
der Hafer aufſchlug. Shakſpeare, K. Heinih IV. 1. Thl. 2, 1.
Man ſoll kainen ungepleuten oder ungefchnürten (uncaftrierten) Stier
in die Albmen aufihlagen (treiben). Sadjranger Albenordnung v.
1558. Der Kayjer erwarb aufſchlahen (Verſchiebung) oder anitall
des gerichtS zeben tag. Schmeller 3, 44. Ein groß Gerüft, mit
ſchwarzem Tuch — Schiller, Maria Stuart 5, 5. Daß
er es (das Pferd) ſelbſt beſchlagen kann. Shakſpeare, der Kauf
mann von Venedige1, 2. Die Ammertrift wird gang von Ettaliſchen
1) Mit Hinfhlagen = mit Heftigfeit fallen if da6 fchwächere hinfallen
finnverwandt. (9:) Hier bin ich Hingefallen. (8:) Unbilih: hingeſchla⸗
gen? (Doppelfiiflig: gefallen, verwundet.) H. v. Kiel, der zerhrochene Kıny 1.
‚687
Holz beſchlagen (verſehen, beftritten). Hazzi, Stat. 3, 93. Ein
guter Paticher muß fi mit einem vom Kuchelmenfchen zufammenge-
judeltem Schmam bejchlagen (begnügen). Portiunculabüchlein 79.
Beil fich die Soldaten und deren Offtziers mit einem’ wenigen u
beihlagen noch begnügen lafien. Bayr. Alterthiimer S. 180
find ungezweifelt, Ew. ieh ſey gründlich ‚bericht der Widerwillen =
Handlung, darin wir gegen Euch beſchlagen und vertieft find.
Kenner, Landtagsh. 9, 49 v. J. 1490. Doch euer Meifter, das ift ein
Beihlagner. Goͤthe, Fauſt 2, 95. Als hätte der allmächtige Gott
das Chiragra, könnte nicht drein ſchlagen? Schiller, Wallenſteins
Lager 8. Es (das Elixir) Int gewaltig durch und läßt euch
uichts im Leibe. Göthe, Scherz, Lift und Rache 2 (Du) ſchlugſt
dih durch, mit hundertachtzig Mann durch ihrer Tauſend. Schiller,
Wallenſteins Tod 3, 15. Wenn ich einen Nagel einſchlage. Lich⸗
tenberg, Racrichten über fi) ſelbſt. (Da er) ſeine Klauen nirgends
einichlagen konnte. Göthe, Benvenuto Gellmi .4, 3. An Dreien
geldnen Lilien iſt's (das Schwert) zu fennen, die auf der Stlinge ein⸗
geſchlagen find. Schiller, Jungfrau v. > 1, 10. Wie oft hl ägt
man einen Weg ein und wird davon ab geleitet! Söthe, Wahlver⸗
wandtichaften 2, 10. Zu raſchen Entſchlüffen aufgelegt, ſchlug ich
ein und ſagte, fie möchte mit mir machen was fie wolle. Goͤthe, die
neue Melufine. (Er) der Bergmann) fing an, den Landmann zu bes
lehren, daß er Recht habe, bier einzuſchlagen. Goͤthe, Meiſters
Lehrjahre 2, 4. (Er) dachte an das Einichlagen (des Bliges) in
die Kirche. 3. Pau, Titan 22. ch wünſchte, er thäte es und
tammelte alle dahin einf Deere Züge von Nohheit und Leichte
finnigfeit. Schiller, Briefm. mit Goͤthe 4, 47. So geht e3 vom
Lehrer zum Schüter, der, wenn er gut einichlä t, höhfens wieder
Xehrer wird. Lichtenberg, Titer. Bemerkungen. Die Teei ber ſollen p
= Schiffen reiten und einſchlagen (einfpannen). Lori, Lechrain
Haft du die Welle gefeben, die über das Ufer einber ſchlug?
— Weisſagungen des Babis 19. Die Flamme ſchla age hoch
empor. Platen, rom. Dedipus 3. Am Himmel auch ſchwingen fle
(die Binde) Wolfen und in gewaltigem Stoß entfchlagen fie roöth⸗
En Fener. Voß. Entſchlage dich diefer Gedanken. Göthe, Göß
B. 5. Ber treulos fih des Dankes will entjchlagen, dem
8* des Lügners freche Stirne nicht. Schiller, Jungfran v. O. 2,2.
Die Belle nicht, die ihr entgegen ſchlug. Göthe, Fauſt 2, 115.
Die entgegenihlagende Nachtluft wehte alle feine Slammen an.
3. Baul, Hefperus 28. Mit feinem Snstenfteden ſchlug er auf
"einen Hieb ihm das Genid entzwei. Pfeffel, der tolle Hund, Ver⸗
druß über fehlgeichlagne Unternehmungen. Göthe, Egmont 2.
Nicht des Regens Guß, der draußen — herabſchlägt. Göthe,
Hermann und = 9, 176. Es ſchlägt ſonſt euren jungen
.688
— —
— —
Sohn, den Blüthenzweig, ihr Schwert herab. Klopſtock, Hermauns-
ſchlacht 7. Plöglih wurde im Dften die Nacht lichter, weil der zer⸗
flofiene Schimmer des Mondes an den Alpengebirgen, die ihn beded-
ten, hberaufichlug. J. Paul, Hefperus 13. Nun fladen wir, bis
fih Franz zu uns hereinfhlug Göthe, Götz v. B. 3. Mit
Stürmen mich herumzuſchlagen. Böthe, Fauft 1, 33. Deun bat
‚ihm nicht Hertha den Schild vom Arm beruntergeichlagen?
Klopftod, Hermannsſchlacht 8. Ohne je fein Auge nach der vätetfi-
hen Hand hinaufzufhlagen. Herder, Antrittspredigt in Bücke⸗
burg. Es war mir, als wenn mich der Donner in die Erd hinein⸗
ſchlüg. Göthe, Götz v.B. 3, Daß die eingeprebfe Flamme Tchlage
u dem. Schwalh hinein. Schiller, Glocke. Den Fleiſchaufſchlag
8 chlagen (unterſchlagen). Mandat v. 1760. Nicht niedriger
fürwahr gedenf ich fie als um ein Koͤnigsſeepter loszuſchlagen
Schiller, Wallenſteins Tod 3, 4. Die Kugeln ſchlugen dugendweile
vor der Eskadıon nieder. Göthe, Kampagne in Frankreich 19. Sept.
Wen Gott niederfchlägt, der richtet fich ſelbſt nicht auf. Goͤthe,
Götz v. B. 5. Sie ſchlug die Augen liebid nieder. Göthe, Ret-
ung: . Der Gang, den. ih an Ihrer Seite jebt Durchs Lager that,
ihlägt meine Hoffnung nieder. Schiller, Piccolomini 1, 3. (Br
. zum) den alten Mann, den treu bewährten Diener, mit ſchwerem
Hohn zermalmend ntederfhlagen! Schiller, Wallenftens Tod 2
6. Daß der König Alles niedergejchlagen habe, was wider mid
(bei der Klage) urgiret werden Leſſing, Minna v. B. 4, 6. Ma.
minus fchlug fih vor der Statt nider, belägert fie. Aventinus,
Chronik 1580. Bl. 399. Sie fommen mir vor wie Leute, Die ben
Begriff haben, es fönme und müſſe ein Thurm gebaut werden, und die
doch an den Grund nicht mehr Steine und Arbeit verwenden, ald man
allenfalls einer "Hütte unterfhlüge Göthe, Meiſters Lehrj. 6
. (Rechts) feßte ſich Hatraddin nun,. mit unterthlagenen Beinen,
auf den ſchwellenden Pfühl. Pyrker, Tuniſias 5. (Sie. hätten) fein
"Bein nücht geſehen, daß er ihnen... .„ heimlich untergeſchlagen.
J. Baul, Heſperus 8. . (Ih) unterfchlage der Freundfchaft mein
gefährliches Geheimniß. Schiller, Don Karlos 5, 3. Wie viel mir
ungefähr der Pächter unterfchlug. Canitz. Denkt, welchen Weg
2. iht nehmen wollt, den erſten guten, den ich euch vorſchlug. Göͤthe,
Benvenuto Bellini: 3, 8. Die kühnen poetifchen Stellen, ‚die aus der
ftillen Fluth des Ganzen wie einzelne Blige. vorjchlagen, maden
eine treffliche — Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 84. . Cs ſoll
fainer hinten oder neben aus feiner berberg und hofraith fainen trüb
oder farth haben, jonder ain yeder fein vieh den hüetern auß feiner
innaw 1) vorn heraus auf freye ſtraſſen fürfchlagen. Schmeller 3, 440
. 2) Ahd. innouua = Wohnung. BE
R-;
689
aus dem 16. Jahrh. Der Eingang trug als Stirmblatt ein aftes
Zifferblatt, wovon einmal der Donner gerade die Stunde Eins weg-
geihlagen. 3. Paul, Titan 53. Daß eine Hellbarte mir nicht den
Hirnkaften zerichlägt. Shalipeare, K. Heinrich VI. 2. Thl. 4, 10,
(Er) zerſchlug mit grimm'gen Fäuften fih die Bruſt. Schiller,
Marin Stuart 5, 13. Wie bebend fich Die Menge durch die Gärten
md Felder zerſchlägt (zeritreut)! Göthe, Fauſt 1, 53. Da mag
Kühnheit ſich an — zerſchlagen. Schiller. Das zuſchlagende
Gitter faßte nur feinen weiten Ermel. Göthe Meiſters Wanderj. 1,4.
(Er) hätte gern mit Fäuften zugeſchlagen. Göthe, Leben 14. 2.
Mich verlangt fehr zu erfahren, wie Ihnen die Veränderung zu⸗
ſchlägt (bekommt). Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 8. Daß der
Schauſpieldichter jeder hiftoriichen Begebenheit, die er behandelt, alles
leihen müffe, was der poetiſchen Zaufhung zufhlägt. 3. Paul,
Titan 9. Die Kreaturen des Tyrannen (des Todes) ſchlagen tüdifch
der Verweſung zu. Schiller, Melandyolie an Laura. So wur jene
Verwünſchung, anftatt daß ich fie hätte los werden follen, von meinen
Lippen in mein eigned Herz zurüdgeichlaigen. Göthe, Lchen 11.
8. Cr rüttelt die Thurmthür, fie ſchlägt ihn zurüd. Göthe,
Zodtentanz. Ihr Gewand ſchlug fi) von der heftigen Bewegung zus
rüd. Meißner. Ueber meinem Haupte ſchlug fait Die Glut zu—
fammen. Göthe, ftirbt der Fuchs fo gilt der Balg. Hinter ihm
Ihlagen die Sträudhe zufammen. Göthe, Campagne in Frankreich
Duisburg. Indem fie den Brief zuſammenſchlägt. Leifing, Minna
v. B. 5, 9. Imdem er vor Freuden die Hände zufammenfchlug.
Göthe, Meifters Lehrjahre 7, 9. Die Herren LZutheraner haben vi
leicht läuten und jedoch nicht zufambichlagen gehört‘). Nachbarn
am Sierftiom 4, 17. — Sie balsflagten in an das Dr... Ber
fpeit und verhalsflaget bit... Wan du wanggeflaget wurde.
Schmeller 3, 442. .
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfegungen, 3. B. Gin
unfihtbarer Regen von Schlummerbüften ſtärkt der ſchönen Dulderin mattfchlas
gend Herz. Wieland, Oberon 12, 10. Mit handſchlagendem Lob. Voß,
ulfe 3, a, 617. SJanchzend ficht Europa feinen Zeind an felbfigefhlagnen
Bunden fi) verbluten. Schiller, Don Karlos 3, 10. In die erggefchlagenen
Wunden. Voß, Ilias 19, 25. Biel fhönprangende Waffen der fampferfhlas
genen Männer. Daf. 21, 301.
Riedergefchlagen (Partic. Präter. von niederfchlagen) eigent«
ih zu Boden gefchlagen; dann fig. der Kraft mıd Geltung benom-
men; Durch irgend eine nn in eine, des Selbftgefühls und Des
Selbftvertrauend wie der Ueberhebung benebmende traurige Gemüths-
ſtimmung verjegt. — Hierauf folgten vegelmäßigere Truppen, ernfl und
1) Das legte Zeichen mit mehreren Glocken zugleich geben, d. h. fle wiſſen wol
etwas, aber nicht Mfles oder nicht: das Rechte: An andern Drten fügt die Volkes
ſprache: „Er hat läuten hören, weiß aber nicht wo.”
i “4
0680
verdrießlich, nicht aber etwa niedergeſchlagen oder beichämt. &ötbe,
Campagne in Franfreidy.
: Kleinmüthig (von flein ahd. chik)leini, mhb. kleine, altu. kien, mit
telniederl. clèn, nennteberl. klein, ſchwed. klen?) und müthie ahd. muotic,
von Muth f. E. 305) an Eeltfigefühl ver Rraft ufd Selbfivertranen beuoms
men, mit dem Nebenbegriff einer ans dieſer Benommenheit hervorgegangenen
traurigen Stimmung. Kleinlant ff. Laut &.329) von ſchwacher genreß
tee Stinnme aus Benommenhelt des Seltitgefühls der Kraft ſowie tes Gelb:
vertrauens , vornehmlich in Folge der Heradſtimmung hochfahrenden Weſens
Furchtſam (mhd. vorhtsam f. Furcht bei Fahren) für Furcht empfäng⸗
lich. — Ehe ich etwa wieder Fleinmüutbin werde. Goöthe, Benvennto Gel
Uni 2,12. Ih feh’ ihn (den Hund) ungewiß und furdtfam uns nmfyrimam.
Goͤthe, Fauf 1, 68.
Berichlagen (Partic. Bräter. von verjchlagen in fig. Beden⸗
tung) 1) gewandt erfinderifch, im Befondern mit dem Nebenbegriff des
Verſteckten; dann auch, worin fi) das gewandt Erfiudertiche erkennen
läßt; 2) flnnverwandt mit warm ſ. ©. 468 davon Verſchlagen⸗
heit. — Aber Schade! der verichlagene Spieler hat's nur in einer
Karte verjehen. Schiller, Fiesto 5, 16. Wird doch, fagt’ ih zu mir
feibft, Lift und a im Kriege gerühmt! Göthe, Cam⸗
dagne in Frankreich zum 11. Octbr.
gif. S. 531. Davon liſtig goth. Nisteigs, ahd. listig, mhr. listig);
Hinterlift (ahb. hintarlist, zu fchließen aus hinterlistiger) abſichtlich heim⸗
liche Lift (hinter tes Andern Rüden), dem Anbern unvermerft, inebeſondere
auf deſſen Beeinträchtigung oder Echaden gerichtet; Arglift (abv. arc(g)>
list, von arg ahd. arac, arc(g), mh. arc, agf. Earg, altn. argr, urfpräug
lich — geizig) Liſt zu Kränkung und Schaden des Antern, recht Köfe ER,
Schlau (fehlt ahd. und mhd., wol von niederd. slou, sluw, engl. siy, aftı.
sleegr, sleegvitr) gefchickt erfinderifch in Anwentung unvermerfter Mittel; das
von Schlauheit. Verſchmitzt (von ſchmitzen f. ſchmeißen) fein ver⸗
ſteckt erfinderifch, davon Verſchmitztheit. Priffig (dan. ſiſſig, von Bfiff
f. pfeiffen) feinliftig zu fehneller, verſteckter Täufcbung; davon PBfiffig:
feit, — Die Schlange wur liftiger denn alle Thier auff dem Felde. Luther,
Bibelüberf. 1. Mof. 3, 1. Die liftigen Anlauf des Teufels. Daf. Gpbel.
6, 11. Und Omars Mannen flürzen fhon mit blanfem Schwert anf ihn
heran, zu firafen ob der Hinterlift den allzufhlauen Harmoſan. Blaten,
Sarmofan. Wie hinterliftig treulos erſcheint mein Rath. Schiller, Maria
Stuart 4, 4. Bol von Feinden iſt die Welt, Arglift Hat auf allen Pfaden,
fromme Unſchuld zu verrathen, ihr befrieglich Netz geſtellt. Schiller, Braut
v.M.. Dies iR vie gottlofefte Erfindung, bie jemahls tie arylifige Be
trügerei erfonnen hat. Duſch. Wär’ th damals fo verfhmigt gemein.
) Das entſprechende agf. chene, engl. clean bebentet nicht Elein, fordern
rein.
891
Gothe, Benvenuto Cellini 4, 3. Weiß er die Rirfihen, die verfgmigt er
vor den Manl mir wegfiipigt? Bürger, zum Spatz. Schlagen fie grob mit
dem Schwerte drein, fo find wir pfiffig und treiben’s fein. Schiller, Wal⸗
lenſteins Lager 1. So was will ausgeführt fein, wie's erfunden ift, mit aller
Bfiffigfeit, Gewandtheit. Leffing, Rathan d. M. 8, 4.
Schlag (goth. slahs, ahd. mhd. slac, altn. slag, mittelniederd.
siach\) 1) ein mit dem Schlagen verbundener, davon herrührender
Lant: Domerſchlag; 2) der Zuſtand, Umftand, da etwas fchlägt;
Schlag einer Uhr, des Puljes; 3) Gattung, Beichaffenheit eines Din-
: Menfchenfhlag; 4) Handlung, da man jchlägt, die ſchnelle und
Beftige Bewegung eines Körperd gegen den andern; 5) die Reihe, zu
ſchlachten; 6) |. v. a. Schlagfluß (apoplexie); 7) ein Ding, welches
ſchlägt oder womit geichlagen wird, auch der fperrende Schlagbaum, 8)
Behfttnif, mit einer Fallthüre: Zaubenjchlag; 9) was gefchlagen wird,
wie auch was durch Schlagen bewirkt, hervorgebracht wird: Geld von
demielben Schlag, einen Wald in Schläge eintheilen; 10) dasjenige,
der Ort, woran gefchlagen wird (beſonders in der Scifferfprache);
11) Tiefe des Berges, in welcher der Eifenwirker arbeitet, oder der
Ort in den Salzberggruben; 2) die Fährte, Spur; 13) Reihe, in
welche das Grad unter der Senfe binfällt (Schwade). — Die Uhr
thut in der Naht elf Schläge. Lichtwer. Es fanden ſich dort oft
Menſchen, wo nicht von rohften, doch vom plattſten Schlage ein.
Böthe, Meifters Lehrj. 6. Fried’, ihr Herm! Wollt ihr mit Schläs
gen enden? Schiller, Wallenfteins Lager 11. Zopp! Und Schlag
auf Schlag! Göthe, Fauſt 1, 806. Metzger, an welchen der Schlag
ft. Bayreuth. Verord. v. 1732. Daß mein Bater, vom Schlag
gerührt, zwar noth finnliche Kemtniß von der Welt, aber weder gei-
itige noch förperlihe Thätigkeit gegen. diejelbe behalten bat. Göthe, -
Meifters Banderj. 3, 13, Franz von Sickingen hält vor dem Schlag.
Goͤthe, Gib v. B. 4. Nachdem die junge Dane eine kurze Zeit am
Schlage, der einen Kutſche geitanden. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 6,
Ich bewunderte feinen (des Vogels) janften und melodiihen Schlag.
4. v. Humboldt, Teneriffa. Einen gleichen Wuchs hatten nur noch
die äfteften Schläge (der Waldımgen). Göthe, Meilters Lehrj.7, 6,
Aum. 1. Agſ. iR släge = Mord, slecge = Hammer; altn. sloegr =
Schmied, sloegja — abgemefjene Wieſe, Theil einer Wieſe. Mhd. slage iſt Spur,
insbejondere Spur des eintretenden Hufe, den ber Reiter hinter ſich läßt; auch Ham⸗
mer und Schwade. |
Anm. 2. Für Schläge hat die Volfsfprache verfchiebene Ausdrücke: Fänge,
Birgas (virgas — Ruthen), Bumpes. Auch im Simpliciifimus 1, 30 heißt
es: Da värffteit font greulich Pumpes kriegen. Das Wort fcheint eine bloße
Schallnachahmung zu fein.
Aufſchlag hat außer den aus aufjchlagen fich ergebenden Ber
Deutungen nod) folgende: 1) DVerfteigerung; 2) (im Forſtweſen) junges
Holz aus jchwerem (beim Fallen aufichlagendem) Samen; 3) Verſchie⸗
er
692
bung des Gerichts auf eine fpätere Zeit; 4) eine erhöhete Abgabe
von ein» und ausgehenden Waaren. — Die (Leute) er an ihren lan-
en Röden, großen Auffhlägen für ein Commando Landmiliz er⸗
annte. Göthe, Meifters Lehrj. 1, 13. Da beinahe eine Thräne oder
ein Seufzer ald Aufihlag, der entrichtet werden mußte, auf jeden
Leib Brod gelegt war. 3. Paul, Siebenkäs 5.
Anflug if. fliegen) if junges Holz, aus angeflogenem (Flug⸗) Samen
entftanden. — Draußen im Anfluge, im Hintergrunde des Wälbchene. 9.
Baul, Hefperus 9. Große Stredten, befonters gegen Terracina, find mit Bes
den und Bappeln angeflogen. Göthe, ital. Reife Jondi 25. Behr. 1787.
Beifchlag. 1) eine faliche nachgeſchlagene Münze; 2) uneheliches
Kind überhaupt; 3) (Volksſprache) eine Erhöhung von einigen Stufen
vor den Häufern, auf welche man in Diefelben eingehet. — Jugurta
diefer Beyſchlag. H. Sachs.
Uneheliches Kind (von Ehe, ahbd. Ewa, dwe, éa, &, mhd. &1) rin
anßer der Ehe erzengtes Kind. Unechtes Kind (v. echt, v. aht. mhp. At,
anf. seht — dae Gigennefen, Gigenthum, gehört zu goth. Kigan ©. 1)
ungelebmäßiges Kind, gränzt nahe an uneheliches Kind. Natürliches Kind
iR für eine Perfon höheren Standes von ungefegmäßiger Abſtammung üblich
(deutet auf fleifcpliche Verbindung nech Neigung), Kebskind (mhd. kebes-
kint, a. ahd. diu chöpisa, köbis, mhp. köbes, köhese, agf. cifese, ceafese
Kebeweib, Beiſchläferin, von unausgemachter Herleitung, wol mit abe.
chupisi = Hütte verwandt, da das Kebsweib, im Gegenfag zur ran, in
einer fchlechten Hütte gehalten wurde; f. Grimm, Geh. d. d. Spr. ©. 18;
Colin. iR kefsi, kepsi, kefsir — Knecht) iſt veraltet. Hart beſchimpfender
Ausdruck if Hurenkind (ſeltner Hurkind, älternhd. huronkind, ale.
huor—, huarch(k)int(d), von Hure, goth. hörjö, ans hörs = Hurer
geſchloſſen, fanffr. jara Hurer, ahd. huorâ, huorrä, huarrä, agſ. hure,
mbd. huore, engl, whor, van. hore, ſchwed. hors, ſlav. kurwa,
fpan. gorrona). Banfert (eig. Bankart) if niedere unehrliche Venen
nung eines unehelichen Kindes, gleichfam als eines auf der Bank, im Gegen
fag zum Ghebett, erzeugten. Früher fand in gleidyer Ableitung der Bänf-
ling, das Bänkelkind. Baſtard (mhd. und älternhd. basthart, entichet
aus dem ıtal, bastardo, franz. bätard, von ital. basso, frau bas = nie
rig) iſt der mit einer Niebrigen, einer Yrauensperfon geringern Standes, eine
Unebentürtigen unchelich Graeugte, bei den frühern Schrijtiiellern nicht immer
mit Rüdfiht auf nneheliche Geburt; aber dann das In jener Weile von einm
an Grburt Erhabenen außer dem Chebett gezeugte Rind; in letzterer Beziehung
felon Ghrenbenennung, mie der Graf Dunvis, Baſtard von Orleaue, in
Schillers Jungfrau v. DO. Blendling (von enal. blend, agf. blendan,
ahd. plantan, altn. blanda, goth. blandan = miſchen) ift der aus ber us
2) rüber Geſetz (daher die alt und nen, d. 4 Teftament, Bund) fpäter Ehe
„Der dentſche Sinn behielt, im Gefühl der Heiligkeit des Battenrerhältwifee, für
dieſes den Auedruck bei, womit er früher Befeg bezeichneter Graff.
693
ehelichen fleiſchlichen Bermifchung von Perſonen ungleichen Gtandes Erzeugie;
anch der Miſchling von verſchiedenen Hunderagen. Das Jungfernkind iſt
das vor der he geborne Rind. — Gin mohlbenanntes Bolf ſind gleichwohl
Hurenfinder! Bey Bauern beißt man fie nichts Deo minder; bey Bürgern
befier noch Bankart; und im Geſchlechte ver Cdeln, Baftarte; und Bey⸗
ſchlag, aud Unächte bei Fürſt und Königen. Logan, Sinnged. 975. Und
führt den Kebsfohn Ik dein Haus. Wieland. Su was von Baflart oder
Banfert. Leffing. IA das Kind unehelich geboren, oder wie man fpricht,
von der Bank gefallen, ſo Heißt ee Bänkling. Hanler.
Durchſchlag 1) die Handlung, da man durchſchlägt; 2) was
durchgeſchlagen wird oder worden iſt; 3) ein Werkzeug, womit ober
durch weldyes etwas eſhlagen wird.
Seihe (auch Seige, ahd. siha, mhd. sihe, f. ſeihen) iſt allgemein
Gefäß mit ſiebartig durchlöchertem Boden, um Flüſſiges von Feſtem und Fei⸗
neres von Gröberem abzuſondern, indem man das Flüſſige und Feinere durch⸗
. Iaufen läßt. — Wie der Moſt, im gröheren Siebe gepreſſet, zinnt, und ver
bit au der Seig' rinengenden Deffuungen abläuft. Voß.
Todſchlag (io Göthe, Grimm u. A., font auh Todtſchlag)
eig. Tödtung durch Schlagbewegung; dann als „itrafbare Schuld zu=
— Zödtung eines Menſchen“, insbeſondere nach gemeinem deut«
her Rechtsbegriffe „die in dem Affect des Zorus unüberlegt begangene
Toͤdtung“ (v. Feuerbach). — Im Ahd. unterfchied man offenen
und heimlichen Todichlag. Jener hieß slahta, manslahta, mhd.
manslaht (man = Menſch); diefer, bejonders von gewaltfamer Töd⸗
tung mit heimlichem Berbergen des Leichnams, Mord. S. Grimm,
d. Rechtsalterth. 2, 635. — Er jolle mich fahen und am Orte, da
der Todſchlag geichehen fei, fogleich aufhängen laſſen. Göthe, Ben—⸗
venuto Cellini 2, 1.— Jetzt ſtrecke Dich dar zu dem Todesſchlage.
Eonnenberg. — Der Mond bedeut der Perfier gie Mannſchlacht
vnd Blutwergießen. Aventinus, Chronik 1580, BL 89.
Mord (ſ. S. 682) war zimächſt Benennung des heimlichen Tod⸗
ſchlags; dann uberhaupt ehrloſer Todſchlag; nhd. vorbedächtig abfichtliche,
vorſätzliche Tödtung eines Menſchen. Meuchelmord (vun ahd. mühhan,
mhd. müchen = ranben, verſteckt und tückiſch etwas thun?), ahd. mühöo,
mühhäri, mhb. müchsore- = Räuber, ahd. muchilari = Meuchelmoͤrder) iſt
die anter abfichtlicher Taäuſchung des Getödteten vollbrachte vorſätzliche Täntung,
eines Menſchen durch änfere Verletzung. — (Bon euch) ſel meines Motrdes
Klag’ erhoben! Schiller, Kraniche des Ibykus. j
Ab n— (f. ©. 430), Ms— di. ©. 619, Be—,
Einfhlag u. a; Baum—, Fehl—, Flach —, Kreuz —, uer—,
Rod—, Wetter—, Wind—, Zauberfhlag u. a.; die wmeigentlich
zufanmengefegten Garten—, Rerven—, Ruthen—, Edjwerteriählag
1) Nah Grimm (Gram. II, 988) von einem verloren goth. ſtarken Berbum
miukan — beimlich tödten. Luther fagt noch: Maufen, meucdheln und machen
was fe wollen... Darumb teuffeln und meufeln fie, daher ihre loſen Griffe.
696
J
fallend erſchien. Göthe, Leben 14. B. Dagegen will ich keinen Hauch
und feinen Pulsſchlag läugnen. Göthe, Zaffo 2, 4. Er ſchien
mit den Rathſchlägen der wunderbaren Geftalt ſehr vertraut zu
fein. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 13. Der Ritterichlag felbit ge
ſchah mit hergebrachten... Symbolen. Göthe, Leben 12. B. Der
Zactichlag des Dreſchens. Göthe, Wahlo. 2, 4. Daß man nicht
gar einen Taubenf —— hätte bauen können. Göthe, Benve⸗
nuto Cellini 4, 2. Eruft begleiten ihre (der Glocke) TZrauerichläge
einen Bandrer auf dem legten Wege. Schiller, Glode. Des Rennes
fhmetternder Trommelſchlag. Klopftod, an J. H. Voß. Nur da
Kududsruf verfiehbend und den fchlihten Wachtelſchlag. Uhland,
der Jäger. Die Lerche fenkte fich tieffreifend auf ihr Net m WBai-
zenihlag. Kofegarten, Die Unſchuld. Miſcht Cuch mit unirer Trom⸗
mel Wirbelſchlag. Shafkeſpeare, Antonius und Eleopatra 4, 8.
Welche (Rundungen) nad. einerlei Zirfelihlag ausgefchnitten find.
Söthe, Farbenlehre 16. — Und ahnend fliegt’e, mit Bligesihlage
durch alle Herzen. Schiller, Kraniche des Ibykus. Ich, der mit je
dem Herzensichlag ihr angehört. Wieland, Oberon 8, 45. Rim-
mer mochten ihn bezwingen Schwerterfchläge, Lanzenſtöße. Uh—
land, der Faftilifhe Ritter 2 Ein Wellenſchlag erſchreckt ihr
unglüdahnend Ohr. Wieland, Oberon 8, 5t. Am Wogenſchlage
des Meeres. Voß, Ilias 1, 437,
Sälage die (mhd. slahe — Werkzeug zum Glatt» und Feftflo-
yfen), Schlagung, Schläger (ahd. slago, slaho, slagio, slecco,
Fer slahäri = Mörder, Hammerjchwinger, mhd. slaher — Woll⸗
Ihläger) —Ihlager; Schlägerei, fhlagerifch (veraltet), Schlä-
gel (auch Schlegel, ahd. slegil, :mhd. slegel = Hammer, Keule),
hiegler (Ritter mit filbernen Schlägeln) ſchlägeln (auch ſchle⸗
geln = mit einem Schlegel fchlagen). — Die Ausfhlagung des
: Anerbietend. Meißner, Selten gefchah es, daß man den übrigen Mil
——— eine Angelegenheit non Belang zur Berathſchlagung vor
egte. Schiller, Eardinal Granvella. Schmalz, defien Einer zu eigener
Hausnothdurft und Befhlagung (Beſtellung) feines Gewerbs be
nöthiget. Wagner, Eivil- und Cameralbeamt. 2, 30. Der Beſchla⸗
ger hadt und legt in die vollgeftoßenen Salzkufen den obern Boden
ein. Lori, Bergrecht. Bänkelfänger, Hackbretſchläger. Uhland,
Gloſſen 2. Metne Schwefter hatte eine Kartenſchlägerin bei fi.
Göthe, Leben 9. B. Wo jener fromme Lautenſchläger weile.
Mlaten, rom. Dedipus 4. eich eine: menfchenfreundliche Bege i
wird die Sündflut in fo offenbarem Aufſchluß ihres Rathſchlagers
und Geſchichtbeſchreibers. Herder. Man hört fle wohl Die freud’gen
Telynſchläger. Uhland, Gefang und. Srieg 2. Und. ein Zubtz
Ihläger? Schiller, Räuber 4, 3. (Du) verwidelft ihn in Schlä-
gereien, Daf. 2, 3, Pritſchen ſchlageriſch. Fiſchart, Gargantna
697
S. 109. — Trummel und Schlägel. Göthe, Jahrmarktsfeſt zu
Plundersweilern. ih und Eifen und einen tüchtigeh Hammer.
Göthe, Wanderj. 1, 3. Gibt die Kuh Lein Milch mehr, er verbauft
fie unter den Schlegel (Werkzeug. oder Ort zum Schlachten). Seb.
Franf. Eiſenmeiſter, Schlegel ( Gefangemmwärter) oder Scherg. Lori,
Lechrain v. 1616. Der. Auguftinermönh rüttelte ſeinen Schlegel
teine gewiffe Art Haube mit einem Umſchlag am Hintertgeil). Oeſterl.
Beiht ©. 231. Mein Sohn, das find die Schlegler, die ſchlagen
kräftig deein. Uhland, der Ueberfall im Wildbad. Holgihlegelet
(Ymperativ). Yıldart, Gargantna S. 151. Holzfihlegelige Bär
sentapen. Dat. ©. 135. *
Lende (ahd. lentt, miho. leude, aliſ. lendi, agfı lend, ſchwed. dän. länd,
engl. loyn, wol verwandt mit agf. lunda = Fett, Speck) die Nierengegend
des Letbes, d. i. Körperfläche über, umter und zunächſt hinter dem Haftfnochen.
Oickbein (angelehnt an. did, ſtatt Died, ahb: dag dich, mäb.
diech, agf. dhioh, dheo, engl. thigh) der obere dire Theil des Beines über
dem Knie aufwärts, Kenle (md. kiule) benennt dieſen Körpertheil nach ver
Korm did zulaufender Maffe und wird nur von Thieren gebraucht, wie aud)
Schlägel (von ver Aehnlichkeit des Schlagewerkzeuges Schlägel). Der ums
faſſendſe Name bei dem Menfchen wie bei’ dem Thiere für den amannten Kör⸗
vertheil it Schenkel (ahr, scincal, seinkel, md. schönkel, von ahd din
scinhA, scinca, där scinho, agf. scancah, mhd. schinke — Beinrühre, dann
Schiufen, von einem verloren Verbum skinkan, scinhan). — Meine
nadien Schultern, Bin und Senden. Wöthe, Satyros 3. In den FVleiſch⸗
banken hängen die Theile der Ochſen, Kälber, Schöpfe niemals Aus, ohne
daß neben dem Fett zugleich die Seite oder die Keule flark vergoldet. Böthe,
ital. Reife Neapel 29. Mai 1787. Run hebt fi der Schenkel, nun wadelt
das Bein. Göthe, Todtentanz.
Anm. Urſchlag, Urfhlehfe(S.619) Ausfchlag, Blattern in veraltet. —
Weil mid die Urſchlechte fo ververbt hätten. Simplicifimns 4, 10.
Schlagader, —artig, —balfen, —ball, —balſam, —band, —bar,
— bauer, —beere, —bett, — blau, —blod, —bogen, — bohret, —brüde,
—brunnen, —bug, —degen, —eifen, —falle, —faß, —feder, —gatter,
locke, — old, — bahn, — hammer, —heftel, —holz, —hüter, — korn,
| t, — iuh, — lien, —Ioth, — mitiel, —nagel,. — neß, — note,
—pfeahl, — pfoſte, —pulver, —pumpe, —pitze, —tegen, —ring,
—xdhre, — ruthe, —faat; —fame, — ſchatten, —ſchatz, — ſcheibe,
—ſchieber, — ſchluͤſſel, — ſchreiber, — ſchwelle, — ſeite, —fpindel,
er ‚, —fampfe, — ſtaͤnder, —tange, —ftein, — ſtuͤck, —taube,
—tudh, — verband, —wachtel, -— wand, — waſſer, — weite, —welle, -
— perl, -muden.a; Schlaͤ(e)geleiſen, —fiſch, —geiell, —grube,
—topf, —krieg, — lahm, — milch, —muß, —welle n. a; Schlä-
ermühle; Abſchlageiſen, —wiſch; Abſchlags anleihe, —zah—
g; Anſchlagfaden, —rad, —zettel; Aufſchlagholz, —ſchau⸗
688
fel, — waſſer; Ausſchlagfänſtel, —ſteiger; Ausſchlagsfieber,
—ſchuppe, —ihuppig; Beſchlagleine, —leger, —legung, —
— nehmer, —nehmung, —tafche, —zange, —zeug; Beſchlagsver⸗
walter, — verwaltung, —verweier; Durdidlagbier, —eiſen,
— hammer, —meißel, —ideere, —tuch; Einſchlagſchiene, —ſeide;
Nachſchlagebuch, — haken; Niederfhläglupfer, —mittd,
Umſchlagblei, —bahren, —eiſen, —tuch; Verſchlageſſen;
—hammer, —fohle; Vorſchlaghammer. — (Sie werden) -
Schlagbaum an unfre Brüden, nujte Thore feben. Schiller, Tel
2, 1. Wie Widder nad) den Auen ganz matt und hungrig ſehn mad
(hlägebäudig ziehn. Opitz. Ein Menſch, :der öfter wird mit
Prügeln. übergangen, wid endlih. jhlägefaul, Opitz. Der Arme
darf nicht liegen nach dem Schlagetodt der Liebe da. A. W. Schle⸗
gel, Schlagfertig und wachſam. Pyrker, Rudolph 7. Sie kriegen
noch einen Schlagfluß. Göthe, Götz v. B. 1. (Sie) Imäpfte die
Schnur des Schlaggewidhts an den Nagel. Bob, der 70. Ge
burtötag 71. Das find die Gletſcher, die des Nachts jo donnern und
uns die Schlaglawinen niederjenden. Schiller, Zel 3, 8. Worin
er dieſes Herderiche Probeftüd mit wunderlihen Schla glihtern be:
leuchtet. - Göthe, ‚Leben 12. B. Ein Weib, das emer deutichen
Schlaguhr gleicht. Shafeipeare, Liebes Leid und Luft 2, 2. Er
rief den Schlegwärter. H. v. Kleift, Kohlhaas. Es find die her
ben Häupter der Schlegelbrüderichaft. Uhland, die drei Könige
zu Heimen. Aus Anſchlagzetteln von Reifefünftlern. I
Heiperus 1. Der Strang des ne wird in
waffer getaudyt. Gothe, Meifters Wanderj. 3, 5.
Anm. Schlafitiich (niederd. slafittge, langer Schoß oder Zipfel von
- Kleidern) if verfürzt aus Shlanf itich. — ahd. slegifödera, mhb. slege-
veder = Schlagfeder. — Schlegmild chlegelmilch, Shlemild =
Da fonft — — uf der — Schlomilch — 6% ar
auchen, [hlebaudhen = bett athmen, ſo daß der Sand ſchlegen ja
Davon ae ah Schlibaud.'
Sehlacht 1) die Handhurg — man ſchlaͤgt, auch en 9
finnverwandt mit Treffen (ſ. S. 55); 3) Damm, Bollwerk an uw
in einem Wafler; 4) (veraltet) Bellen, Art (gotb. abd. ——
mhd. slahte, mittelniederl. schlachte). — Zu der andern und dritten
Shlädt. Die Sauſchlächt hat man nad) dem neuen jar.
Scmeller g, 497. Zu den Waſſerwerchen, Schladhten und Archen
ſoll fein geſchlachtes Holz verbraucht werden werden. Forſtordu. v.
1616. Bann ſchon ein gutes Pferd aus Barbarei nicht kommen,
— feine en. (Gefchlecht) ſchon nicht von Napels iſt genom⸗
men. Opiß. Schlachten war's, nicht eine Schlacht. Ehe
Jungfrau v. O — 8 — (Sie) ſchlagen Erobererſchlacht. Aop⸗
ſtock, der Ero strieg. Wie tief in der Feldſchlacht —
ein Gottesleugner fich wälzt. Klopftock, Meſſias 4, 4. Rollten
—O
Kriegeswagen daher durchs Wüſte der Grauenſchlacht. Sonnenberg.
Kam jet von der Luftfihlacht müde zuräd. Sonnenberg. (Darf
ein Weib) in die Männerſchlacht fih milden? Schiller, Jungfrau
v. O. 3, 4. Das haben wir für jene Mordſchlacht. Schiller,
Wallenſteius Tod 3, 15.. Ad! das feurige Roß, nicht in Olympus
Renubahn nicht ungelobt und in der Reiterſchlacht. Voß. Der
von Titanen fang und Rieſenſchlachten. Schiller Im Kichte der
brauſenden Seeſchlacht. Pyrker, Tuniflas 1. Sie zug Des BWelfen-
ſammlers Panzer an, bewehrte ſich zur Unglücksſchlacht. Bürger,
Ilias. Ins lange, tiefe Thal der Waldſchlacht. Klopftock, Wingolf
5. Haft du fie nicht von Millionen Bürgern erſtritten in der Waſ⸗
ſerſchlacht? Schiller, die uniberwinderliche Flotte.
Anm. Die latein. pronominate Revensart ejus modi, ejus generis (dieſer
Art) wird mhr. durch slahte and hande ausgedrückt, was nhd. noch fortbeſteht in
allerhand. Got hät drier siahte kind, daz kristen, juden, heiden sint.
Die hänt ouch drier hante lebn. Vridankes bescheidenheit. Ja aud in
dem Wagenrade fiehſt du dreierhande Stud: Gtabe, Belge, Speiche Br.
Schlegel, Karl und. Roland, :
Schlachten (ahd. slahtön, mhd. slahten) 1) (veraltet) arte;
2) mit einem fhneidenden ‚Werkzeug umbringen, und zwar gewöhnlich
nur vom Zödten des Viehes, um es als Nahrungsmittel zu gebrau—
chen, oder zu opfern geſagt; davon uneigentlich und felten aufopfent;
3) (ſelten) kämpfen im Kriege. — Das von ſchlachten in Bed. .2.
ildete jchlaläschteln gehört mehr der Volksſprache an. — Die
inder ſchlachten ofjt nach den vätern. Agricola, Sprichw. 646.
Bei einen Bauer am Nagel hing ein gemäftetes Schwein, erſt heute
geſchlachtet. Göthe, Reineke Fuchs 1, 121. Gott ift die Xiebe,
waun ummachtet auch Krieg und Peſt die Völker ſchlachtet. Voß,
Gott die Liebe. Auch bier wird Schlaht geſchlachtet. Klopftad.
AU meine Freuden hab’ ich dir geſchlachtet. Schiller, Refignation.
— ir haben heut nach. altem u! ein Schweinden abgeihladr-
tet. Uhland, Mepelfuppenlied, — Der Kirchenpropſt ift aber da ger
legen aufm Rüffel, wie en Or, den man auf Die Kirhweih Tchlach-
telt. PBortiuneulabüchlein 77. |
Schlächter (ahd. stahtäri) iſt zunaͤchſt überhaupt der biutig
ZTödtende; dann und vornehmlich mer aus blutigem Tödten gleichfam
ein Geſchaͤft macht; im engern Sinne wer das Schlachten des Viehes
als ein Geſchaͤft betreibt; im engften Sinne wer das Schlachten des
Schlachwiehes zum: Fleiſchverkauf gewerbemäßig betreibt, Schlad-
- tung d. is Handlung des Schlachtens. — Mich (ſpricht Oreſt) Haben
Re um Schlächter ausirkoren, zum Mörder . meiner doch verehrten
Mutter. Goͤthe, Iphigenie 2, 1. Der biuf’ge Diener dieſes todten
Schlädters (Macbeth). Schiller, Machet 5, 14. Das Krumm⸗
holz war es, der. Schlächter hatte Daran das Schwein gehängt.
700.
@öthe, Reineke Fuchs 1, 138. Mehr zur aan in —
als er Meſſer hatte. Shafefpeare, Eymbeline 5, 3
Megger (bei Geller v. K. metziger), — * Metzler (abe.
möziläri, mho. mötzelere — Schlachtviehverkaͤufer, Inhaber und Betreiber
‘einer Feilbank, befonders einer Fleiſchbank, Iat. macellarius, von lat. ma-
cellım — Speifemarkt, f. goth. mats, ahd. maz — Speiſe &. 656, verwankt
mit Meffer, goth. mäitan = fchneiben, ahd. maigan meißen, meis
ßeln ſ. ©. 556) iſt der oberbeutiche Ausdruck für Schlädter im emgien
Siune, und zeigt befonders den an, ber eine Fleiſchbank bat. Fleiſcher
(von Fleiſch ahd. fleisc, mhP. vleisch, agf. floest, engl. flesh, ſchwed. dan.
flesk) ih eigentlich der das Gewerbe der Fleiſchbank Betreibende. — Die
Metz ger glaubten das größte Recht an einen Ochſen zu haben, den fie un
zerflüct in die Küche geliefert. Böthe, Leben 5. B. Das if ber res
mit hauendem Beil. &. Schwab, der- Fleifcher von Gonflanz.
Schlachtfeld und Kampfplatz unterſcheiden ſich im erften Barte
wie Schlacht und Kampf (f. ©. 55), im zweiten wie Held (meite
Fläche) und Platz (beſchränkterer Raum). — Daß man anf dem
| —* zwiſchen den Reihen der Getödteten einen Frieden
ſchloß, läßt ſich wohl denken. Göthe, Leben.4. B. Soll dieſe Stadt
zum Schladtgefilde werden? Schiller, Wallenfteind Tod 3, 0.
Eben trat Garzia fingend auf den Kampfplatz. Herder, Eid 2.
Wahlplatz (von Wahl ahd. mhr. wal, agf. wäl, altn. valr — Nie
berlage der Leichen auf dem Schlachtfelde, Inbegriff der Erſchlagenen) um
das umfafiendere Wahlſt att (mhd. walstat, agſ. wälstow) bezeichnen bie
Stätte des blutigen Kampfes auf Leben und Tod, ſet es in ber Schlacht oder
im Bweifampfe. — Daß abermals eine Geſellſchaft ungebetener Gaſte Diefen
Wahlplatz befuchen möchte Böthe, Meifters Lehrj. 4, 6. Nein! wir haben
um Judas Lohn, um klingend Gold und Silber, den König auf der Wahl;
hatt nicht gelaffen. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 5.
Schlachtbar, —bär, —beil, — eſſen, — geld, —geſaug, — hau⸗
fen; — haus, —berr, —laterne, —meifter, — monat, —ochs, — ord⸗
‚nung, —pferd, —pofe, — ſchreiber, —Ichlüfiel, —fteuer, —fuppe,
—tag, — verband, —vogt, — wagen, —wurm, —zettel, gua;
Schlabtenmahler, —ſturm u. a; Schlüdterbau ‚hä,
— Sohn. — Da er geführet ward, gleich einem Lamme, zur Schlacht⸗
banf. Klopſtock, Meffias_ 13, 234 Bon Schlachtbegier gan
heiß und feurig. Collin. Mit jeinen ſchlachtberühmten Schymern
Bürger, Bor dem Aug des ſchlachtbezwungnen Olympheers.
- Sonnenberg. Wie Epaminondgs auf dem Schlahtblode ein Gef:
fremd iſt. J. Paul. Und überall wieder it Schlachtbrand.
Sonnenberg. Ob jedes dem mähtign Schlachtdrang haltbar fich
wie. > er, Rudolph 11. Der Ka tapfere Feſd⸗
herr. Dal. 3. Daß nicht die Welt in der Schlachterſchütt'rung
01
vergeh”. Sonnenberg. Du friegerzeugte, ſchlachterzogne, junge
But! Göthe, Fauſt %, 190. Hebend das Schlachter. Voß:
Und lagern fi vor den Altar, und überall wie Friedrich I. fü
ſchlachtfertig. % Paul. (Er) glaubt feinen erften Herrn im
Shlahtgedräng. zu fehn. Wieland, Oberon 6, 3. Das findet
fh fonft im Schladtgemenge leicht. Benzel-Sternau. So ſprach
er, Stolz und Feuer im Blick, zum ſchlachtgerüſteten Drfus,
Someuberg. Ha! ſchon ſtrahlt er dort in vollem Schlachtgeſchmeide!
Kretſchmann. Den Wiederhall der Eppichklüfte ſchreckt kein Schlacht⸗
geſchoß. Salis, an ein Thal; Ihr Zammer zog unkenntlich als ein
em Schlachtgeſchrei um ihn. 3 Paul. Sol mir au
Shlahtgetäf’ und Weheruf ertönen neuerdings? Collin. Sieg-
trımten biet' ich nun im Schlachtgetümmel dem Tode Troß. Haug.
HM er ja des Tydeus Ihlahtgeübter Sohn. Bürger. Heraus,
zu Streit in friicher Luft mit Muth und Schlachtgewehr. Gleim.
(Sie) jah hinab in's Schlahtgewühl, Uhland, Maillage. Leli
Alphorod fand zu dem Steit ... als der Schlachtgott. Son-
nenberg. Dein Siegesblid uns beuchtet im furchtbaren Schlacht⸗
tau’n! Pyrker, Rudolph 8. Hauchete Ungewitter herab von den
ippen ind Schlachtgraus. Sonnenberg. Den Streich nach feinem
geſchloſſenen Schlachthelm führend. Pyrker, Rudolph 9. Ihr ferns
binhallendes Schlachtlied. Byrker, Tuniſias 4, In der Erwartung
des Robespierrifhen Schlachtmeifers. 3. Baul. Taufend Schlacht⸗
opfer. Sciller,. Marta Stuart 2, 2. :Sein blut'ges Schlacht⸗
panier ift ausgehängt. Shafipeare, 3. Eifar 5, 1. Du vereitelft
im Schwindel der Wuth ja den. Schlachtplan. Sonnenberg. Ein- -
zugehn in Der Troer und Danger furchtbare Schlachtreihn. Voß,
Yins 4, 65, Ihn den trauteften Freund nach dem Schlachtreihn—
brecher Adhilleus. "Daj. 16, 147. Das Schlahtroß fleigt und
die Trompeten fingen. Schiller, Jungfrau v. DO. Prolog 4. Und
graunvoll brüllet der Schlachtruf. Voß. Und Schlachtſchiff
ſtürzte nach Schlachtſchiff nieder zum Abgrund. Sonnenberg. Und
des Planes Labyrinth voll, ließ er den Schlachtſchild ſinken.
Sonnenberg. Das Schlachtſchwert leuchtet heil. Uhland, Ludwig
d. B. 3. Den bintigen Schlachtftaub von den. Gliedern zu was
ſchen. G. Schwab, Leichenfeier des Patroflus. Nur der Entwurf
anes ſolchen Schlachtitüds kitzelte ſeine Laune. J. Paul, Heſperus
%. Und dreimahl den Schlachtſturm bier abdrangend. Somenr
berg. Ins Schlachtthal zu gießen Friedrih Wodans Blut. Schu⸗
bart. Hörft du hente nicht mein Rufen, nicht der Schlachttrom—
meten Klang? Uhland, Gt. — Ritter. (Als nun) gekommen
dad Schlachtvieh. Voß, Odyffee 17, 169. — Schlachtenbereit,
wird jeder ein Weltzerſtoͤrer. Sonnenberg. Stets erſpaͤhend dem
Schlachtengang der Heere von Abdus. Sonnenberg. Und es
702
ritten die Führer zum Schlachte ugebieter und ſprachen. Sonnen
Br (Sie) erretten oft ihn im Schlahtengemeng. Purer,
Audolph 3. Und die Schild' umd die ehernen Panzer der Tauſende
zaufhten Schlabtengeräufd. Sonnenberg. Die Wage des
Schlahtengeihides ſchwaukte. Pyrker, Tuniflas 6. il ich
den theueren Sohn aus dem nn ee
Boß, Ilias 5,377. Aber nicht jeder Eroberer, nicht je ach⸗
tengewinner und Stadiverwüfter iſt ein Held. ne Stets
warit du im Schlachtengewitter, leuchtend, ein Stern. Pyrlker,
Rudolph 8. Ein ſchlachtengewohntes, Welten zerivetendes Heer.
Sonnenberg. Dem ihlachtenkühnen Polypöt erlag Aetgalus.
Dürger, 3 verfommen wäre der immer ſchlachtenſatte Gott
allhier. Bürger. Caͤſar, ſchlachtenſtolz. Shakſpeare, Autonins
und Cleopatraͤ 3, 11. Das ſchlachtenvolle Jahr 1794. J. Banl.
Geſchlecht (ahd. gaslahti, geslahte, mhd. geslehte, von slahte
S. 699) 1) überhaupt Inbegriff ähnlicher Gattungen, im Bejondern
Unterfcheidung zwiſchen den natürlichen Geſchlechtsverhältniſſen lebender
Weſen; 2) Gleichheit des Herkommens, bejonders die von einem ges
meinfchaftlihen Stammwater abftammenden Perſonen zufammengenom-
men, Zamilienftamm; 3) alle in einem Zeitraum lebenden Menſchen
un — Wenn wir mit Heren Euviar die Ordnung
er Spechte eingeben laffen, fo muß diejer außerordentliche Vogel ins
Geſchlecht der Sperlinge gebracht werden, deren Gattungen durh
beinahe unmerfliche Webergänge mit einander verbunden find. 9. v.
Humboldt, die Felshoͤhle von Guachara. Die -deutihe Sprache zeigt,
gleich der indiſchen, griechifchen, lateiniſchen und ſlaviſchen, für alle
und jede Nomina ein dreifaches Geſchlecht. Grimm, Grammatik IN,
311. ir aigen lüt an mannen und an frowen, mit namen ain Ge-
ihlacht, genant Dr — Lorenz Zürn, Anna Zürnin. Mon.
boica 22, 503 v. J.1 Sie (Gefege.und Rechte) —— von
Geſchlecht fih zum ———— Goͤthe, Fauſt 1, 97. Aus
allen Geſchlechten. Klopftod, Meifias 15, 19. (Es) werden ihn
ganze Geſchlechte zur neuen Schöpfung erwadhen. Daſ. 4, 1188
(Sonft hat der Blur. gewöhnlih Geſchlechter) — Das Bergge-
fhledt der ger Boß. Unſer Brudergeſchlecht. Klopfied,
Meifias 5, 256. Im el der fommenden Enkelgeſchlechter.
Voß, Alias 6, 358. Wenn der (Felsbewohner) won dieſen Luftſtrei⸗
chern (Vögeln) — die ganzen Erdgeſchlechter ſchließen wollte?
Herder. Doch die Gerechtigkeit it des Zeus jungfräuliche Tochter,
beifig und hehr nu dem Göttergeſchlecht er Dem boben Olym⸗
pos. Voß. Welcher zwiihen mid und das WMenſchengeſchlecht
fich geſtellt hat. Klopſtock, ie 5, 54. Doc nicht weil mein
Muttergeichlecht preiswürdi u anbub. Voß, Ovids Metam. 18,
147. Zum mühſeligen Staubgeſchlecht ſenl' jebt frenndlich dem
703
Fug. Doß. Ueber der Leihe des Stäublingsgeſchlechts.
Sonnenberg. Daß mein Schwert ein Sündergeihlecht in den
Tartarus ſtürzte. Sonnenberg. Und liegts vor ihm da, dad Traum⸗
geſchlecht. Sonnenberg. Und ein Vogelgeſchlecht den Waldun—
zuwaͤchſt. Voß. Dem liederreichen Waldgeſchlecht. Voß. Vom
eibe mir ekles Weibsgeſchlecht! Göthe, Fauſt 2, 48.
Art (ſ. S. 288) if derjenige Grad der Cintheilung, wu die Merkmale
als naͤchſter ausfaießender Begriff zuſammentreten; bei Perfonen von über-
eindinnmender Befchaffenkeit. Gattung (von Batte f. bei begeben) eine
Geſammtheit von Arten. Orbnyug (f. ordnen ©. 5) eine Geſammtheit
von Geſchlechtern. Claſſe (lat. classis) eine Geſammtheit von Ordnungen.
Reith (ſ. ©. 839) eine Geſammtheit von Claſſen. — Haus (in allen beuts
fen Wundarten häs) wird nhd. nur vun hoben, angefehenen Geſchlechtern
oder Ihren Zweigen geſagt. Familie (lat. familie) if die blutéeverwandte
Hansgenoflenfchaft. — Aber das wollten Sie ja eben wiſſen, ob Hermann
"(das Gedicht: Hermann und Dorothea) nur eine epifche Art oder bie ganze
Gattung darſtelle. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 81.— Bud es war ein
langer fireit zwifichen dem Haufe Saul und dem Haufe Dauid. Luther, Bir
beläßerf. 2. Cam. 8, 1. Noch einer bedeutenden Familie muß ich gebenfen,
Goͤthe, Leben 2.2.
Geſchlechtlich, — los; Geſchlechtsalter, art, —baum, — en⸗
dung, —fall, — folge, —gut, —kunde, —lehre, — leiter, — luſt,
—name, — regiſter, — ſaͤule, — ſtamm, — tafel, —tag, -—trieb, — un⸗
terſchied, — rkunde, —wappen, — wort, —zeihen u. a. — Es iſt
gleichſam das Anfangsbild, der glaͤnzende ausgemahlte, erſte Buchſtabe
des ganzen Geſchlechtsbriefes. Herder. Daran liegt wenig, ob
die Gef chlechtsforſcher das Haus Brandenburg von den Colonna's
ableiten. Brandenb. Denkwuͤrdigkeiten. Daß auf der durch dich (Adam)
verluchten Erde Mühe und Arbeit mit jedem sa
(mit jedem Gliede eines Geſchlechts) wuchs. Herder. Unſer älteres
und fpätere Geſchlechtsreife wirkendes Klima. Zimmermann.
Guſtav, zwifchen und der Zon der Geſchlechtsſchmeichelei?
Benzel-Sternau. Worin die verpuppten Seelen ihrer meiften Ge-
ſchlechtsſchweſtern ihr Dajein verträumen. Wieland.
Geſchlacht (ahd. gislaht, mhd. geslaht) von demielben Ge:
ſchlecht, von derjelben (namentlich guten) Art, iſt nhd. außer Gebrauch;
erhalten bat fi Dagegen das verneinende, ungeſchlacht, unge—
jchbachtig (ahd. ungislaht, mhd. ungeslacht) von ſchlimmem wi-
derwärtigem Weſen; davon in Rauh- und Rohheit dem zuwider ge-
bend oder jeiend, was nur irgend den Anforderimgen an gutes, ge-
ſchicktes aͤußeres Verhalten gemäß if. — Der chunig (König) von
Engeland. tft der allerreicheſt, wann die woll zu allem geſchlachten
ud chompt (kommt) aus jeinem land, Schmeller 3, 438. Was
in der Jugend Wildes und Ungeſchlachtes lebt. Goͤthe, Leben 13.
j 704
3. Zur Burg des ungefhladhten Rieſen. Wieland, Oberon 8,
14. Abwehrend Luft und Ungefſchlachtheit. Voß, der Rebenſproß.
Auff das jr ſeid unftrefflich mitten unter dem unfchlad tigen vnd verlern⸗
tem Gefchlecht. Luther, Bibelüberf. Phil. 2, 15. Die vnartigen vnd vn⸗
ſchlachtigen finder % Agricola, Sprihw. 94. Cr bat große
Freudigfeit unter diefem unſchlachtigen DVolfe von Namen feines
Herrn zu zeugen. 3. W. ſtrummacher, Elias (1847) 7. Predigt.
Unarfig (f..artig ©. 238) zumächft in wiberwärtige Naturbefegeffenheit
ansgewichen; dann der dem entfprechenden äußern Berhalten gegen ben Autern
eigner Naturhefchaffenheit zuwider gehend. Ungefittet (f. Sitte ©. 3)
der guten Form zu handeln und zu leben, aus dem Geſichtspuncte und nad
den Gefühle der Schicklichkelt und Anſtändigkeit in Beziehung zu dem Junern
eines freien Weſens beurtfieilt, zumidergehend uber hantelnd. Ungezogen
(ahd. unkizogan, mh. ungezogen, f. ziehen) dem zuwider gehen» ober
haudelnd, was eine auch nur etwas gute Erziehung gibt. Unhöflich (mbr.
unhövelich, f. Hof S. 639) eigentlich dem Hofton der feinern Eitte ın:
wider gehend; ohne das, fo twie bem zuwidergehend oder handelud, was man
im Aeußern an Achlungsbezeigung und Mufmerffamfeit gegen ven Andern fer:
dert. Bäuerifch (von Bauer mhd. büre, bür, für gebüre, gebür, Rit
wohner, Bebauer von Beldgut, von ahd. pür, mhr. bür, Wohmmg, von
bauen ©. 623) eigentlich niedrig ländlich; dann in niedrig ländlicher Weiſe
ungebilnet, Tölpiſch (älterahb. dölpisch, engl. dolpisch, von älternfk.
dölp = Tölpel, 1597 ſchon dölppel, aus mhb. dörper, dürpel, törpel =
Dörfer, von Dorf goth.thaurp, ahd. ditb)orf, thorfiph), thorp, altf. tkorp;
vgl. lat. turbo) ungebildet mit unbeholfenem, ungeſchickten Wein. Erst
(ad. gerob, grob, mhb. grop, altı. gröfr, flaw. grub; vgl. engl. gruff =
fiiteurauß, ruff —= rauf, agſ. reofan, altu. ridfa — drechen) rauh, maſſen⸗
haft rauh; durch Maſſenhaftigkeit, Rarke Unfeinheit, Rauhigkeit in Weußerung
gegen den Andern das Zarigefühl und feine Sitte beleidigenbd. Plamp f S
163. Täppifch (von Tappe ©. 638) ungeſchickt fchwerfällig in feinem
Thun; ungeſchickt blindlings in etwas verfahrnd. — Gin unartiger Com
mer. Logan, Sinngeb. 244. Gegen Humboldt iR der Ausfall uuartie
Schiller, Briefw. mit Goͤthe 5, 155. Sie konnen eiuen nngefitteten Ge
ner viellcicht an mir finden, aber ficherlih keinen namoralifchen. Leſſteg
Anti⸗Goͤge 2. Bin Kind iR ungezogen, wenn es aus Degierbe, Seichtiimz,
Ungeſtüm den Borfchriften einer guten Erziehung entgegenhandelt. Geiler.
Sein vüfteres Weſen erfchien nit unhöflich, er konnte vielmehr für einem
wohlerzogenen jungen Mann gelin. Gothe, Campagne in Fraukreich Dust
burg Novbr. Beim rauhen Klang der bäuriſchen Schalmeyen. Geonegf.
Ich Hätte aber doch fo ein Tölpel wicht fein follen. Leſſing, Minwe =. .
5, 14. Wo er größer und tölpifcher geworken war. Gothe, Leben 13,8.
Gr kann die allzu höfichen Damen eben fo wenig leiden, als bie allın gre-
ben Wirte. Leffing, Minna v. DB. 2, 6. Der Grobiau! Plate, wer
hängnisvolle Babel 2, Eutmütbig, aber täyppifch, GBölhe, Leben 4. 8.
705
Schlaächtig ift nur in einigen Zufammenfegungen gebräuchlich:
Einen Hirſch taufhläctig haben (von Tauſchlag = Spur im
hau) = defien Fährte, Getfecht, Alter im Thau erkennen. Schmel⸗
ler 3, 444. Die (Rinne) das nöthige Waſſer einer jenfeits ftehenden
oberihlächtigen Mühle — Söthe, Campagne in Frank⸗
reich 23. Aug. 1792. Zweiſchlächtig in feiner innerſten Anlage
(d. h. nad) dem Himmel und nach der Erde hinneigend). J. v. Görres,
chriſtl. Myſtik 1, 51.
Aum. 1. Schmeller (8, 429) führt noch an: dunnerfhlädtig —
vom Blitz getroffen ober zu kreffen; faulſchlächtig Hol; — von Yäulniß anges
ce ; erzfhlähtig — an einer mit Herzfchlägen verbundenen Krankheit
eidend, was bei Pferden auh bauchſchlächtig heißt; mannſchlächtig = *
mannsfüchtig; ſcha urſchlächtig = vom Hagel getroffen oder ihm ausgeſetzt;
ſchelmenſchläaͤchtig = ſchelmiſch; wafferfhlädhtig — nad Wafler riechenb
oder ſchmeckend; wetterfhlädhtig — vom Wetter verborhen.
Anm. 2. Schlecht (gotb. slaiths, ahd. mhd. släht, altn. slättr, agf. slith,
engl. slight, holländ. siegt, nieberf. sligt, ſchwed. slät, dan. slägt, ital. schietto,
provengal. esclet) wird von Weigand zu altu. slikja, ahd. sithhan (ſchleichen)
geedntt, mit ber en „fh anfchmiegend, fanft“, von Schwenck und
adernagel mit größerer Wahrfcheinlichkeit ig en, im Sinne von
„breit, Huch gefchlagen“. Ans diefer Bedeutung entwidelten ſich: in gerader Fläche
ober Sinie, eben, gerad, glatt: (fig.) gerade vor ſich gehend, fih nicht erhebend,
einfach, un efünftelt (fol 41); — niedrig; an Werth von niedrigem
Grad mit Mangel nöthiger und guter Bigenfchaften,
Tragen.
Wurzel trag; vgl. fanffe. dhri = halten, lat. trahere — ziehen;
gr. rosyar, dor. zgaygew, Zut. Hosboum — laufen. Wadernagel
vgl gr. sogar —= fell machen, dann füttern, ernaͤhren.
©. pflegen S. 624.)
Trage, trug, getragen, tragen (ahd. traku, truoc, truoku-
mes, trakandr, trakan, tragan; mhd. trage, truoc, truogen, ge
tragen, tragen; agſ. altj. dragan, altn. draga == tragen, gehen,
führen, fchwed. draga, engl. drag, draw = ziehen) heißt 1) ur⸗
ferimglich wol ziehen; dann 2) gewöhnlich fowol einen unterftügend
oder überhaupt durch eine Kraft gehaltenen Gegenftand fortbewegen,
a8 auch allgemein unterftügend oder überhaupt vermittelft einer Kraft
halten; davon 3) weiter etwas übel Empfindbares auf fich wirfen
baben, ohne es gerade abwenden zu können oder zu wollen; 4) (von
manchen Thieren) mit einer Leibesfrucht fchwanger gehen, dann auch
von unbelebten Dingen gefagt: der Baum trägt; 5) (von Kleidungs⸗
ſtücken, Puß 2c.) an fich haben, bekleidet fein, auch auf die Körper:
baltung angewendet; 6) für haben in verfchiedenen Bedeutungen und
mit verſchiedenen Nebenbegriffen, immer aber mit Hindeutung auf eine
gewiffe (angenehme oder unangenehme, leichte oder jchwere, wirkliche
oder in übertragenem Sinne geuommene) Luft: fih mit einem Gedan-
0)
706
ken, Ehre von etwas, ein Amt, Sorge für etwas, Leid um etwas,
Geduld '); 7) Cin der Tonkunft) die Stimme fanft von einem Ton
zum andern übergehen laften; &) (vom Geficht, von Schießgewehren)
reichen; 9) etwas in ein Buch einfchreiben, den Gedanken gleichſam
wahrnehmbar in dasſelbe tragen; 10) (veraltet) angeben, anzeigen. —
Was man ſchwarz auf weiß befigt, kann man getroſt nach Hauſe
tragen. Göthe, Fauſt 1, 97. Du trägft dein gutes Herz in den
Augen und auf der Zunge, ohne daß du daran denkſt. Gellert. So
trägt Bauholz von abgefchälten Bäumen weit mehr al8 von berin-
deten. J. Raul. Zu deiner Ehre will ich alle Plagen, Schmach und
. Berfolgung ohne Murten tragen. Ramler. Böſe Früchte trägt
die boͤſe Sant. Schiller. Eben die Zeit, die einen Virgil umd Dora
trug, hatte auch einen Bapius und Mävius. Gottſched. Luftige
gel, Die gerne ſchwatzen, — fich ſauber und führen >
Schiller Wallenſteins Lager 1. Er trägt ein Koller von Elends-
haut. Daſ. 6. Der (Vater) an meinem Zragen mid Behaben noch
mand)es ausbefierte. Göthe, Leben 9. B. Ich fühle Muth mich in
die Welt zu wagen, der Erde Web, der Erde Glück zu tragen.
BSöthe, Fauſt 1, 33. Ich fage Ihnen, daß ich eben den Gehorfam
gegen Sie trage, den id) meinem Bater ſchuldig bin. Gellert. Der
Buͤſche traurig Grün fheint Leid um mich zu tragen. Gronegf.
Dieweil wir vom Rath als die Regenten der Stadt Regensburg in
die Kön. Miftt. getragen find, al folten wir durch unfre Regiment
Schaden und Berderben bringen, Gemeiner, Reg. Chron. 4, 21.
Leiden (f. d.) unangenehme, traurig flimmende Impfindung haben: Daun
allgemein Einwirkung auf ſich zulaffen, vun Lebendigem wie Lebloſem, in Bes
ziehung auf Unangenehmes wie auch auf Angenehmes; überhaupt unthätig
gefchehen laffen, unthätig zulafien, e& mag Unangenehmes oder auch Ange
nehmes fein. Dulden (f. © 491) Unangenehmes, im Befondern aubauern-
des, willig und ergeben auf ich haben. und auf fish laſſen, doch if das Eu—⸗
pfindliche des Unangenehmen für die Perfon nicht nothiwenbig damit verbunden,
wie mit leiden. Ausftehen (f. ſtehen) betroffenes Unangeuehme, is
berwärtige, oder was body dafür angefehen wird, überflehen, ohne zu erliegen.
Grdulden, erleiden, ertragen erklären fich aus ben einfachen Verben.
— Nur wer die Sehnfucht Eennt, weiß, was ich leide. Goͤthe, Meiſters
Lehrj. 4, 11: Was hab’ ich nicht getragen und gelitten in tiefer Che
unglüidsvullen Bund. Schiller, Wallentteins Tod 3, 8. Sag’ es nur, ich
will es dulden, flille leiden weine Schulden. Göthe, Jery und Bätely,
Ste (die Frau von Laroche) ſchien an allem Theil zu nehmen, aber im
Grunde wirfte nichts auf fie. Sie war mild gegen alles und konnte alles
dulden ohne zu leiden. &öthe, Leben 3 B. Sullen wir des neuen Joches
5 Schaͤndlichkeit ei erdulden, erleiden von dem fremden Knecht, was uns im
1) Dahin läßt fi wol auch die in neuefter Zeit fehr oft gebranchte, aber
nicht zu empfehleude Redeneart: „einer Sadıe Rechnung tragen“ ziehen.
707
feiner Macht fein Kaiſer durfte bieten? Schiller, Tel 3, & Nun follte aber
unfere Liebe noch eine ſonderbare Prüfung ausſt ehn. Göthe, Leben 11. 2.
Bald mochte ich ihn leiden, bald konnte th ihn nicht auſtehn. Shak⸗
ipeare, So wie es euch gefällt 3, 3
Abfragen 1) durch Tragen abfondern, niederreißen, entfernen
befonders allerlei fleine Eßmwaaren und andere Bedürfniffe heimlich weg:
tragen: ein Dach, die Speifen; 2) eine Schuld (übernommene Laſt)
bezahlen; 3) cin der Meß- und Zeichenkunft) fo viel al8 übertragen:
einen Riß, gewiffe Maße; 4) durch Tragen abnügen: ein Seid; 5)
(befonders von Fruchtbäumen, Aeckern ꝛc. gefagt) fih müde tragen;
6) 4Jagerſprache) einen Leithund abtragen, d. i. ihn von der Fährte
tragen, damit er fie wieder finden lerne; (früher) einen Falken ab»
tragen, d. i. ihn jo lange tragen, bis er zahm und abgerichtet iſt. —
Sogar größere Städte tragen jebt ihre Wälle ab. Göthe, Wahl:
verwandtichafter 2, 8. Sag’ mir das nicht, du haſt's in alten Tagen
fängt an den Sohlen abgetragen. Göthe, Fauſt 2, 71. Sie ab-
tragen, fielen ond lauffen hinweck. A. v. Eyb. Ungerecht Gut foll
denen, jo e8 abtragen werden, wieder zugeftellt werden. - Selhamer.
Die ganze umliegende Gegend ift in Bewegung, alte und neue Ge—
Abde dankbar abzutragen. Göthe, St. Rochusfeſt. Eurer Hoheit
unterthän’gen Dank für das Bewußte abzutragen. Schiller, Don
Karlos 2, 5. Eine hagere Figur nahte ſich in einem —
es Ellbogen mit Fleckchen befeßten Rode. Göthe, Meifters
ehrj. 3, 1.
Bezahlen (von Zahl S. 548) das fchulbige Geld entrichten —
(Wollenfein:) Heut haft du den Bater dir, den glüdlichen, verpflichtet, und
diefe Schuld muß Friedland felbfi bezahlen. (Mar:) Mein Fürſt! Du eil⸗
tet ſehr, fie abzutragen. Schiller, Biccolomini 2, 4 Indeß ihr bloß
eine ſchwere geerbte Schuld, vie Ihr nun an eure Eltern nicht mehr bezah⸗
len könnt, an eure Kinder abtragt. I. Paul, Titan 58.
Antrogen 1) an einen Drt tragen: Holz, Wafler, Kalk; 2) fo
viel als anbieten, aber nur von wichtigen Dingen gejagt, infofern dieſe
mit einer Hamdlung verfnüpft find; 3) etwas in Borichlag bringen:
auf ein Geſetz; 4) (veraltet, noch hier und da in der Volksſprache)
ar fih tragen, ein Kleid; 5) (wie 4) anklagen; 6) (wie 4) zu Rathe
halten, fparfam gebrauchen. — Er ſchlug die angetragene Ehre
mit der größten DBerachtung aus. Leſſing, Emilie Galotti 3, 1. Ich
allein kann's nicht über das Herz bringen, jo hübſche Mädchen man
mir aud) ſchon angetragen hat. Göthe, Zery und Bitely, (Er)
war unermüdet, fi) zum Zröften anzutragen. Wieland, Oberon
7, 3. (Weßhalb er) auf einen Spaziergang antrug. Göthe, Leben
10. B. Drum trag’ ih darauf an, daß der Befehl gr Hinrichtung
glei) ausgefertigt werdel Schiller, Maria Stuart 4, 6.
45%
708 j
Darbieten (ſ. bieten) überhaupt Jemanden etwas vorbringen ober hin⸗
flellen, aber nicht gerabe zur Annahme Anbieten und anerbieten Ser
manden etwas zur Annahme bringen, er mag es nun annehmen oder nicht.
Erbieten (nur von Perfonen) deutet darauf hin, daß das Bieten von ber
Perfon aus, entbieten (von Handlungen und Sachen), daß es zu der an-
bern bingehe ober gefchehe (drückt Befehl, ein felerliches Vermelden ans).
Anerbieten geht auf Perfonen wie auf Handlungen und Sachen. — Jetzt
ift der Augenblid gekommen, wo auch ich der firengen Jungfrau fehwefterlich
mich nahen, ihr den treu verfchwiegnen Bufen darbieten darf. Schiller,
Zungfrau v. O. 3, 4. Die treue Neigung eines reblichen Gemüthe genügt
ihr, und das flille Loos, das ich mit diefer Hand ihr anerbiete. Daf.
Aus freiem Trieb, unaufgefordert Fam er, ſich felbft, fein Regiment bir en:
zubieten. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 4. Was meine Hütte, was mein
Feines Paradies zu eurer Nothdurft bat, iſt Herzlich euch erboten. Wielamb,
Dberon 8, 10. Wozu ich jebt freiwillig mich erbiete. Schiller, Piccolo⸗
mini 4, 4. Sie entbieten mir einen Bertrag. Böthe, Götz v. B. 3. (Er
lieg) alle Staatsräthe und Ritter zu fih entbieten. Schiller, Abfall d. N.
4 B. Der Graf entbietet dir, er hab’ den ſchwed'ſchen Kanzler aufgefucht
zu Halberftabt. Schiller, Piccolomini 2, 5.
Auftragen 1) auf eine andere Sache tragen: Kohlen (in den
Schmelzhütten) einen Schadyt Lin Bergwerfen), Speife; 2) (in weiterer
Bedeutung) auf oder an eine andere Sache legen und dadurch mit
derfelben verbinden, überziehen: Gold (beim Vergolden) auf Marmor,
Kalt auf die Wand, einen Riß auf Papier; 3) ge Beforgung, Ver⸗
waltung übergeben (in Bezug auf den, der Die Berechtigung, für den
Uebertragenden zu handeln, empfängt); 4) ganz abtragen: Kleidungs⸗
ftüde; 5) zu did fein, jo daß etwas Anderes nicht darauf paßt; 6)
ehemaliger Zurnierausdrud. — Hieß fie den Tiſch deden, das Effen
auftragen. Shakſpeare, der Kaufmann von Venedig 3, 5. Bird
Grüße hat er uns an jeden aufgetragen. Göthe, Zauft 1, 109.
Auftrug man die Helm allzumal am Montag in ein weiten Saal.
H. Sachs. Daß wenn alte Stleider aufgetragen wurden, dieſe dazu
gefeßt find neue zu machen. Shakſpeare, Antonius und Eleopatra 1, 2,
Bevollmaͤchtigen (ſ. Bevollmächtigter &. 669) Iemanden wie
ganze (volle), uneingefchränfte Macht (Vollmacht) geben, an feiner Statt zu
handeln, und zwar bei einer wichtigen Sade. &. no übertragen ©.
709. — (Wir haben) einen bevollmädtigten Envoye an einem befannten
anfehnlichen Hofe. I. Panl, Titan 9.
Betragen 1) auf eine Sadye fo viel tragen, als nöthig ift, oder
als fle faſſen kann; 2) eine gewiffe Zahlengröße ausmachen; 3) ſich
betragen, auf eine gewiffe Art handeln; ſich beföftigen, ſich begnügen.
— Kurz, e8 beträgt wohl mehr, als hundert Thaler, die Rechnung.
Voß, die Leibeigenen 52. Man ſchalt gewiß mein neneftes Betragen
Schiller, Piccolomini 2, 2. Dan litte feine Hurerey nicht, mußt füch
709
jeder eines Weibs betragen. Aventinus, Ehronit 1580, BL. 17.
Man trägt in folder Menge auf, Daß auch der Türke Scanderbeg,
welcher alle Tag einen ganzen gebrattenen Hammel verzehrt, mit einer
Schuͤßl fi konnt betragen (begnügen). P. Abraham. Der Geld-
anlage für die Nachtfelde (Nachtherberge) follten fi) unſere gnädige
Herren betragen, und ihre Jäger und Hunde felbft ausrichten. Derf.
Belaufen fich (ſ. laufen) anwachſen, zu der durch die Zahlengröße
benannten Höhe emporfleigen, nur von einer nicht unbedeutenden Zablengröße
gefagt, die ans einzelnen Zahlen nach einander entflanden, — Ich bädhte, ich
follte am beiten wiſſen, wie hoch fi ihr Vermögen beläuft. Gellert.
Rachtragen 1) hinter Hertragen, tragend nachbringen; 2) hinten
nach, nach) oder außer dem, zu dem, was jchon getragen ift, fragen:
Holz, etwas in eine Rechnung; 3) eine gefchehene Sache nicht ver- .
geffen, um den, der fle getban, gelegentlicd empfinden zu laffen, nur
von Böfen gejagt, mit dem Nebenbegriff des Heimtüdijchen. — Könnt
ihm die Fahne nachtragen in der Schlacht! Göthe, Egmont 1. &8
verdroß mich, ohne daß ich's ihm nachgetragen hätte. Göthe,
Leben 14. B.
Gedenken (f. denken ©. 205) wird meiſt von Böfen, uber auch zu⸗
- wellen von Gutem gefagt. — Du ſchmähſt mich hinterrude? Das full mid
wenig kränken. Du lobſt mich in's Gefiht? Das will ich dir gedenfen.
Leſſing, Sinnged. 51. . j
berfragen 1) von einem Drt zum andern, aus einem Raum
in den andern tragen; 2) (uneigentlih) eine Stelle, eine Rechnung
aus einem Buch in ein anderes, aus einer Sprache in eine andere ſ.
S. 609; 3) (veraltet) hochmüthig fein; 4) über eine Fläche tragen,
auftragen: eine Wand mit Kalt; 5) ſich übertragen, d. i. durch zu
vieles Tragen fehwerer Dinge entkräften; 6) Jemanden die Beredhti-
ung zur Ausführung gewiffer Handlungen flatt feiner geben; 7) (felten)
Kir Andere über fich nehmend, tragen: der Reiche muß bei der Striegs-
fteuer den Armen übertragen; 8) ertragen, erdulden überhaupt; 9)
(veraltet) übereinfommen, einen Streit beilegen; 10) (veraltet) an⸗
jegen. — Meine frühere Neigung zu Gretchen hatte ich num auf ein
ennchen übergetragen. Göthe, Leben 7. B. Wer von hochfart
übertreit, wird der zu fpot, wem ift das leit? Boner, Fab. 69,
Diefe Bibliothek übertrug Xerges in Perfien. Denis. Daß die
Vollſtreckung des Richterfpruchs ihm übertragen werde. Schiller,
Maria Stuart 4, 7. Und überträgt des Nächften jeine Schuld.
Opitz. Die jeltiame Begebenheit ließ uns das Unbequeme über-
tragen. Göthe, ital. Reife 9. Mai 1787. Jeder batte feine eigene
Roth zu übertragen Göthe, Eampagne in Frankreich, Duisburg
Rovbr. Es ift übertragen (ausgemacht) mit dem Hender. H. Sachs.
Zu Unwarheit übertragen (angezeigt) werden. Gemeiner, Regensb,
Chronik 4, 230. ö
710
Auftragen und Bevollmögtigen f. S. 708.
Bertragen 1) in die ferne, wohin, auseinander tragen, in engerer
Bedeutung an einen ungebörigen, unbekannten Drt tragen; 2) durch
Zragen verbrauchen: Kleidungsſtücke; 3) Cmpfindbares, insbeſondere
unangenehm Empfindbares ohne Widerftand Dagegen oder ohne Der-
derbniß auf fi wirken laſſen; 4) (veraltet) Jemanden etwas nad:
feben, es nicht ahnden; 5) Jemanden leiden fönnen; 6) das mas
Einer gegen den Andern bat, aufheben, daß es diejer hingehen laͤßt
und als ausgemacht annimmt; 7) (veraltet) überheben. — Vertragene
Zumpen. Luther, Bibelüberf. Jer. 38, 11. Welches er mit Gedult
vertrug. Hoffmannswaldau, Heldenbriefe 152. Daß du Pein und
Leid vertragen kanſt. Opiß, deutiche poem. Breslau 1625 ©. 45.
Wie man den argen ir mifjethat jol vertragen. Bei Oberlin. Bad
fid verträgt mit meiner Pflicht, mag ich ihr gern erweifen. Schiller,
Marta Stunt 2, 4 Sein Herr und er vertragen fih wie Kapen
und Hunde. Shafipeare, der Kaufmann von Venedig 2, 2. Es bie
ja alles wäre vertragen und geſchlichtet. Göthe, Götz v. B. &
Drum bat der edle Graf von Rochepierre, der drinn befieblt, in Diejer
hoͤchſten Noth vertragen mit dem Feind. Schiller, Sungfran v. O.
1, 3. Uf daß er der unendlichen pein der höllen oder aber der un⸗
gemeſſenen ſtraff des fegfeuers mög vertragen ſein. Geiler von
Keiſersberg.
Ausſöhnen (von goth. sa4unjan, ahd. Suonan, suauan, sönjan, mb.
suonen, sũenen, altſ. sönjan, ah. fühnen, zuwellen dichteriſch jühmen,
von goth. saun — Löfegeld, ahd. suona, suana, mb. bie suone, Sücnt,
der suon, mittelniederd. süme) eigentlich dem, was Uebles von Jemanden ger
ſchehen ift, gänzlich genagthun, daß Alles vergeben if; daun machen, dei
Alles, woburch fi) Jemand beleivigt fühlt, gänzlich vergeben und vergefien id,
mit Wiederherſtellung des fried= und freundlichen Berbältnifies. Berföhnen
weniger als ausföhnen, die Beleivigung nicht weiter beachten, verzeihen und
das fried» und freundliche Verhältniß wieder herſtellen. — Er wünfcht ben
Herzog Blofter mit euern Brüdern wieder auszufühnen. Sbakſpeate, 8.
Richard III, 1, 3. Wir find verföhnt, feit heute find wir nicht Brüder von
Geburt nur, nein von Herzen. Schiller, Braut v. M.
Aus—, be— (ſ. S. 18), bean—, beauf—, bei— (I. S. 156),
dar —, daher —, dahin —, davon —, durch —, ein— (|. S. 42),
empor—, eut —, entgegen —, er —, fort —, heim —, her —, herab—
se berauf— , heraus —, berein— , herüber—, Berum-,
erunter—, hervor — , herzu —, bin —, hinab —, hinan —, Binauf-—,
hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter—, hin⸗
weg — binzu— mit — nieder — um — umher —, vor —, voran —, vor
aus —, vorbei—, vorüber —, weg —, zer—, zu— (ſ. S. 486), I
rück — zufammen— und das neue fehanfragen find an fich klar
und erläutern fich weiter aus nachfolgenden Beijpielen. — Die Sade
7111
mit Waffen austragen (entſcheiden). Dulher, ſalzb. Chronik 99,
Mit Bergunft, Herr, wir wiffen jchon, wie viel 8 ansträgt (macht).
Shafefpeare, Liebes Luft und Leid 5, 1. ES fand fi nicht einmal
irgend Jemand, der fid) berufen gefühlt hätte, ihre (der Gapitulation)
Ausführung zu beantragen. Rhein- u. Mofelzeitung 1847. Rro.
274. In dieſem bedeutenden Moment fühlte fid) Lucidor abermals
als Beauftragter. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9. Ein teutfcher
Magen koͤnne fich wel mit ſolcher temticher Würk (Gewürz) betrageu
(begnügen). Finegref, Apoph. 1, 182. Wer tft Dir gut dafür, Daß
wicht anch die Liebe zu Diefer Neigung das Ihre beigetragen hat?
Gellert. Zum reinften Dank der überreichen Spende Ka telbit erwie⸗
dernd nn darzutragen. Göthe, Ausjöhnung. Die gütige Mutter,
welche die Dampfende Kanne dahertrug. Voß, Luife 1, 350, Das
Lamm) er (der Wolf) iin blut'gen Rachen jhon Davontrug. Schiller,
Jungfrau v. DO. Prolog 3. ährend die Magd des Mahles Geräth
und Die feftlihen Gläſer eintrug. Voß, Luife 1, 100. Im Geſumf'
eintragender Bienen. Dat, 152%. Der von der zeiten Gunft
emporgetragen der Ehre höchſte Staffel raſch eritieg. Schiller.
Fluges mit Gewalt fortraffend, enttru N in dus Meer der Orkan fie
ferne vom Baterlande. Voß, Odyſſee 10, 48. Kaum trägt er feine
Liebe der Huld entgegen, die von ferm ihm winkt. Tiedge, Urania 8.
Du ſiehſt, Daß fie die Wahrheit nicht ertrüge. Schiller, Wallen-
eins Tod 3, 4. Ihr tragt Alles offen fort. Schiller, Wallen-
fteins Lager 8. Er flel blutend darnieder und wurde hineingetragen.
% Baul, Titan 16. Ihr ließ't das Pr Schwert von Schott⸗
land... vor Euh hertragen. Schiller, Maria Stuart 1, 4.
Kommt, o Freunde, die Koft uns herzutragen. Voß, Odyſſee 2,
411. Die Kifte haben fie vom Wagen mit Gold und Geiz heran-
getragen. Göthe, Kauf 2, 49. Um ihr etwas heraustragen
zu beifen. Göthe, Meifters Lehrj. 1, 5. Trag' ih auf diefen Armen _
fie herüber, zur Luft des Heers, in das britann’fche Lager. Schiller,
Jungfrau v. O. 2, 3. Was ich über ihn ſeit fo viel Sabre im Geift
und Gemüth herumgetragen. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1805.
Andere trugen die Flut des köſtlichen Weins in den Krügen freund—
fih herum. Pyrker, Rudosph 10. Site wichen, aber der junge Bo—
jorich ließ ſich ſchnell Hervortragen. Klopftod, Hermannſchlacht 6,
Mich aus der Kindheit fabelhaften Tagen ſchnell auf des Lebens Gipfel
—— Schiller, Wallenſteins Tod 4, 12. Die böſe Worte
in und wieder trugen. Schiller, Braut v. M. Di aljo unge—
trenlih gut hintragent (entwenden). Schmeller 1, 484. Xiebliche
Binde zerfloffen vor ihm und trugen die Stimme, die fonft feine
Geſchöpfe nicht hörten, 'hbinab zu dem Mittler. Klopſtock, Meifias
2, 71. (Die Dinge) fonnten ja hinabgetragen werden. 3. Paul,
Siebenfäs 6. Daß id) meine Arbeit binauftragen folle. Göthe,
712
Benvennto Gellini 1, 11. Ob er den en zugleih, wo die glän⸗
zenden Rüftungen lagen, u an der Deichfel Kine ‚ob binaus-
trüg', hoch ihn erhebend. Voß, Ilias 10, 504. ib ber, ich will
das hbinübertragen. Göthe, die Fiicherin. Weil ich den theuren
Sohn aus dem Schlachtengetümmel hinwegtrug Voß, Zins 5,
377. Engel! den zum Seelenkranken fanftes Mitleid niederträgt.
Salis, Geſang an die Harmonie. (Die Afche foll) bei hohen Zeiten
umgetragen werden. Shakſpeare, K. Heinrich VI. 1. Thl. 1, 6.
Wer ift der neue, geborne Jehovah, der die Gottheit, fogar im flerb-
fichen Leib, umberträgt? Klopftod, Meifins 2, 42% Haft wie
den Zäufling die ſchmucke Gevatterin vorträgt! Voß, Luife 2, 435.
- Und man trug ihnen Efien vor von feinem Tiſche. Luther, Bibel-
überſ. 1. Mof. 483, 54. Es trägt Verſtand und rechter Sinn mit
wenig Kunſt fi felber vor. Göthe, Fauft 1, 37. Wann fie dem
Grundherm einen Anfall oder andere Verehrung gegeben hätten, wel-
ches fie zur Behauptung einer Gerechtigleit nichts fürtragen Chelfen,
nüßen) kann. Schmeller 1, 484 v. J. 1616. Als der Storch ihn
jüngft beim Zuderbäder vorbeitrug. Göthe, Hermann udd Dore-
thea 7, . AS man vor ihnen eine Sänfte vorübertrug. 3.
Paul, Titan 37. Ich bin allein genug dev Göttin Bild auf wohl
aa Schultern wegzutragen. öthe Iphigenie 4, & Die
ch iger ee Ka miteinander (geriethen in Zwift). Aventinus,
Ehroni . Mit ungewohnten Arm vom Ufer ganze Lager von
Meergras, Schilf und Moos der Höhle zuzut ragen. Wieland, Oberon
8, 49. Die rollenden Bogen trugen den fterbenden Ahab zu rück.
Klopftod, Meifias 4, 15. Wir trugen nah und nach alles hinter⸗
laffene Zeltſtroh in der Umgegenb zufammen. Göthe, Campagne
in Frankreich 29 ©. 1. (Sie) hätte den Götterfchein der Tugend
fhaugetragen? Schiller, Don Kalos 2, 9, Bem im
ein Zilz Aufopferung [hautrug! Voß, die Erleichterten 119.
Anm, 1. Die Barticipien geftatten noch andere Iufammenfeßungen, z. B. Durch
allmadhttragenbe Donner. Klopſtock, Meifias 1, 834. Bougentragende
Amazune. Gerife. Neben ihm (fland) fein brodtragendes Hünblein. Goͤthe,
St. Rochusfel. Die füähnleintragenden Lanzen. * Rudolph 9, Wenn
ihm fern auch reicht dae Gebiet fruchttragender Aecker. Voß, Ilias 23, 832,
An des Atlas Himmeltragenden Säulen. Schiller. Wir kranztragendes
Baar. Voß, die Freigelafienen 140. Die Reihn bes lanzgentragenden Zus
volks. Pyrker, Rudolph 7. Er wandt' auf Einmal fein (hredrntragendes
Auge gegen einen der Todesengel. Klopftud, Meſſtas 18, 187. Gebratenes Fleiſch
vließtragender Lämmer, Pyrfer, Rud. 3. Sein (Jupiters ſtabtragender Sohn.
Merkurius, Voß. Nicht waffentragend durften fie ih nahe. Schiller, Braut
v.M. Während er dem nachlief durch weizentragendes Blachfeld. Bes,
Ilias 21, 600, N Monarchen. Schiller, Jungfrau v. D.3, 4
— Säulengetragenes herrliches Dach! Schiller, Brautv.M. (Wer) fchwanft
dem fummgetrag'nen Sarge nah? Sciller, Leichenphantafle.
Anm. 8. Schautragen follte wie beantragen, beauftragen nad
ſchwacher Conjugation gehen.
713
Trage (ahd. diu traga — Kindeswärterin, mhd. dör trage =
Träger, (j. weiter ©. 48), Träger (ahd. tragäri, mhd, tragzere),
Zragung an fi Klar, find einfach und in verfchiedenen Zuſammien⸗
feßungen; trägeriſch und Trägerei nur in Sufammenfehungen, Traget
und Zregel veraltet und nur in der Volksſprache gebränuchlich — So
haben ſich feit manchen Jahren Träger und Trägerinnen gebildet.
Göthe, Weiters Wanderj. 1,6. Haben fl aus dem Elofter ze Trager
(Eurator, Vertreter, Bormund) deffelben Hofes, des wir auch Trager
fein ımd wejen wellen in aller Weis als Tragers Hecht if. Mon.
boica 9, 154 v. 3. 1325: Vormunder, Gerhaber und ——
(finnverw. Ausdr.) Lori, Lechrain v. J. 1616. — Schleichende Spaͤher
und Austräger. Muſäus. Jeder vernünftige Deutſche kann Bei—
träger der Erfüllung meines wohlmeinenden Wunſches werden. Seifert.
Wenn's Händel ſetzt wegen des Vertrages, ſchlagen wir den Ver—
trägern zuſammen die Köpf' ab. Göthe, u; v. B. 5. Eine Art
von Iufligem Hin- und Wiederträger. öthe, Leben 17. 8.
Wenn ich zugleich Brieffteller und Briefträger würde. J. Baul,
Hefperns 18. Schnell wird ihn der beruhigende Gedanke... . von
den im Grund friedlihen Geftnnungen des Degenträgers über-
zeugen. Benzel-Sternau. Dein Sadelträger diefe Nacht zu fein.
Shakeſpeare, Romeo und Julie 3, 5. Und fchnell dem Fahnen⸗
trä ger aus der Hand riß fie die Fahne. Schiller, Jungfrau v. O.
1, 9. Weldher- (Sammler) Garnträger genannt wird. Göthe,
Meifters Wanderj. 3, 5. Geberdenfpäher und Gefchichtenträgen.
Schiller, Don Karlos 1, 1. Als gleich zwei Laftträger fih der
telben (Koffer) bemächtigten. Göthe, ital, Reife 14. Mat 1787. Unjere
Sabina hatte fih acht... Kappadocier p ihren Leibträgern angeſchafft.
Boͤttiger. Wer bildet denn Die Neuigkeitstraͤger? Goͤthe, Unterh.
deutſcher Ausgew. Auf der Landſtraße ſprangen zwei Sänftenträger
... dahin. J. Paul, Heſperus 10. Werde wohlgemaͤſteter Sei⸗
denträger. Benzel-Sternau. Der Kinder Vormund und Treuw⸗
trager. Aventinus, Chronik 1580 Bl. 304. Vom Sultan am bis
zu den Waſſerträgern. Wieland, Oberon 14, 6% — Die Traget
(jo viel auf einmal getragen werden kann). Anſpach. Verordnung v.
1697, 1764. O wehe dir, du achſelträgeriſches Geſchlecht. F.
W. Krummacher, Elias 7. Pred. (1847). Die Achſelträgerei
der Gelehrten. 3. Paul. Die bekannte Idee, der gleichſam ſymbo⸗
liihen Uebertragung der vollendeten Holzbauconftruftion auf den Ban
mit Steinen weiß er jehr gut durchzuführen. Goͤthe, Briefw.m. Sch.3, 149.
Aum. Beraltet find: die Trag, die Tragney — Bormundfchaft, Bes
tragnuß — Berköfligung: hochtragen — hochmüthig: Dielen hochtragnen
und kdheſartigen Spaniol. Selhamer. Logau (Sinnged. 117) ſagt: Wer will
Bertunda Holz, Hochträctig auch wohl nennen? — Tregel (mhbd. tregel =
Träger) hieß fange eine Collecte, zu welcher die Schullehrer (und Geiſtlichen) zu
gewiſſen durch ein altes Herkommen berechtigt waren. Ahd. beißt dieſelbe
714
samentrogel, sametregil, samtrigel, sämentrugile, mhb. saurentragel, sam-
trügel, samtregele.
—trag und —träglich ſind nur in Zuſammenſetzungen gebräuch-
lich. — Nehmen Sie mit dem Abtrag von anderer Leute Gajtung
vorlieb! Schiller, Fiesko 1, 12. Vielleicht empfung’ ich einen Theil
der Schuld, erwart ich bier den Abtrag in Geduld. Shafipeare,
Sommernadtstraum 3, 2. Auf der Mühl joll aller Abtrag (Ent—⸗
wendung) vernieden werden. Schmeller 1, 482. Oft wich ich jeinem
Antrag mühſam aus Göthe, Iphigenie 1, 2 (Daß) auſehnliche
Heirathbsanträge an mic gethan wurden. Göthe, Meiſters Lehrj.
6. So weit ging weder men Auftrag, Daß ich wüßte, noch mein
Eifer. Schiller, PBiccolomini 1, 2. Nur Bettler willen ihres Guts
Betrag. Shakeſpeare, Romeo und Julie 2, 6. Micky dauert nur
der Geldbetrag. Platen, rom. Dedipus 2. Die ihr feinen Ein-
trag thut. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 4. Die abgeriffenen Faͤden
werden angefnüpft, der Eintrag auf Kleine Spuhlen gewunden. Dat.
3, 5. Welcher an das einträglihe Scaffueramt Anfpruch machen
wollte. Daſ. 1, 2. Bon des geerbten Grundes Ertrag. Voß, Bbi-
lemon und Baucis 66. Zweitaufend Kronen Landertrag im Jahr.
Shafeipeare, der Wideripenftigen Zähmung 2, 1. Zugleich erhalten
Sie einen Nachtrag von Freund Hirt über jeinen Laokoon. Goöͤthe,
Briefw. nut Schiller 4, 31. (Er) zitterte nachträglich. Chamiſo,
der rechte Barbier. Wenn's Händel ſetzt wegen des Vertrags.
Göthe, Götz v. B. 5. Und wenn fie ja zu freien wagt, eh’ fie den
Eh’vertrag gemadt, fo wägt fie ihre Gans erft nad. Soltau.
Daß man jüngit dem Erbvertrag einhellig -beigeftunmt. Uhland, 9.
Eruft 2. Nah dem Gränz- und Zaujhvertrag der Liebe J.
Paul, Hefperus 1. Daß ich mit dem Lejer folgenden Gränz- umd
Hausvertrag fchließe. Daf. 6. Lentulus hatte zu gewähren, was
jener wünfchte, ftiljhweigenden Wecjelvertrag. Benzel- Sterman.
Sie haben lange genug den Vortrag gehabt. Göthe, Götz v. B. 4.
Alein der Vortrag macht des Redners Glück. Göthe, Kauft 1, 37.
So vermag fie bei einem bejchleunigten Lehrvortrage gar nichts.
Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 3. Liebhaber, die es für vorträg—
licher (nützlicher) halten, fich durd) bürgerliches Geld vor dem Hun-
ger zu ſchützen. Rabener. — Dem Lande der Sodomer wird es treg-
icher ergehen am jüngſten Gericht. Luther, Bibelüberſ. Matth. 10,
15. Laß fie (die Strafe) träglich ſeyn. Unträglich ift dein Jom.
Fleming, Lübeder Ausg. ©. 38, 29.
Austrag 1) Enticheidung; 2) Cbejonders im Plur. gebräuchlich)
gewählte Schiedsrichter, 3) (Bolksiprache) Verhandlung, durch welche
fi; betagte Zandleute, wenn fie ihre Wirthſchaft einem Kinde oder
einem Fremden übergeben, für den Reit ihres Lebens gewiſſe Rug-
nießungen, als Wohnung, Koft, Kleidung u. dgl. ausbedingen; 4) die
715
jo amsbedungenen Nepirteßungen, auch der Zuſtand felcher Leute,
denen fie zukommen. Davon Ansträgler, Austräglerin =
Leute, die auf ſolche Weile ihre Wirtbichaft an Andre übergeben haben;
austräglih, austragentlihd — entiheidend, Austrägalge-
richt, Austrägalinſtanz. — Nah Austrag der Sachen. Schmel-
ler 1, 483. Mir wär’ es lieb, ihr wählte mich zum Austrag.
Göthe, Taſſo 2, 4. Weder diefe Sorgfalt noch das Schwabenredit,
weiches im ſüdlichen Deutichlaud, noch das Sachſenrecht, welches im
nördlichen galt, weder die zu Aufrechthaltung derſelben beftellten Rich⸗
ter, noch die Austräge der Ebeubürtigen, weder die Schieds—
richter, durch Vertrag anerkannt, noch gütliche Vergleiche, Durch die
Geiſtlichen geitiftet, nichts fonnte Den aufgereizten ritterlichen Fehde⸗
geijt jtillen. Göthe, Leben 12. B. Alsdann möchte austräglider
von Hinlegung der Sachen gehandelt werden. Krenner, Landtagsh. 14,
516. Aber uns ift auf diegmal fein endlich noch austragentliche
Autwort darum von ihnen geworden. Daſ. 1, 153. Zu außträg-
lien (auch außtreglidhen) rechten. Hug, Rhetorica Tübingen
1528 Bl. 59, 60. Diefe Verachtungsakte kann und muß in zufünf-
tigen Mißhelligfeiten beider Mächte von einem DBermittler oder einem
Anträgalgericht einzig zum Grunde gelegt werden. J. Paul,
Heſperus 7.
Schiedsrichter (I. fcheiden) drückt die entſcheidende Perfon ehrend aus,
indem ihr das Wort richterliches Anfehen beilegt. Schiedsmänner (früher
Scheidemänner, Schievmänner, ſchidmänner) if edler und anfläns
diger ale Schiedsleute (früher Scheidensleute, ſchidlewt). Ob:
mann, eigentlich der über etwas gefepte Mann, Borfteher einer Gemeinde
oder Zunft, Rand früher und gilt heute noch in aller Sprache für Schieds⸗
tichter. — Sie follen Schiedsrichter zwifchen uns beiden fein. Göthe,
Meifters Lehrj. 4, 16. Es gibt Thaten, die fich feinem Menfchenurtheil me
unterwerfen, nur den Himmel zum Schiedsmann erfennen. Schiller, Fiesko
3,1. Wäre ein Obmann zwifchen und und Oeſtreich, fo möchte Recht
entfcheiven und Beleg. Schiller, Tell 1, 4.
Amm. Fiſchart ——— S. 181) hat: „geſchwetzig, außträgig,” was
fh noch Hier und da in der Borfsfprache erhalten bat.
Beitrag überhaupt was man zu etwas hinzuthut, Damit es bei
demjelben fei zum Zwecke des Ganzen, es mag num diefes Hinzugethane
nöthig oder nicht nöthig, freiwillig oder unfreiwillig fen. — Weßhalb
ex die Bornehmen und Begüterten zu anfehnlihen Beiträgen auffor⸗
derte. Goͤthe, Leben 14. 3. Ohne Zweifel wird es (das Stüd der
Horen) durch Ihre und meine Beiträge bis auf wenige Blätter voll
werden. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 50.
Beifteuer (1. Ausſteuer S. 497) und Beihilfe (f. &. 161) werben
nur dans gefagt, wenn ber Umpfänger das Hinzugebrachte nöthig hat. Bei:
teuer — eine Gabe an Jemanden, damit er befichen (fi aufrecht erhalten)
_716.
kann, eine mitunterflüägende Babe. — Denen er eine Beiſt en er abgemizsen
wollte. @öthe, Leben 14. 2.
Zragbar (mhd. tragebzere) 1) was ſich tragen läßt, veraltet
träglich; 2) ertragsfähig, wirklichen Ertrag gebend; 3) (von Thie
ren) fo viel als trädhtig. — Als wir mit der tragbaren Ddunfen
- Kammer durch den Park zogen. Göthe, Wahlverw. 2, 11. Bor die
fen ber lag die Ebene, von tragbaren Brodfruhtbäumen beichattet.
©. Forfter, DO» Tahiti. — Die unabtragbar ungeheure Schuld.
Schiller, Braut v. M. |
Urbar (von ahd. urbur, mhb. urbar, urbor, älternhd. urber — Grirag,
Aubung, aus ur = er und bar, ahd. päri f. ©. 47) früher zinsgeben,
Lehensabgaben entrichtend; nhhd. aus rohem Zuſtande zu Rupung und Grireg
an Bodenerzeugniffen angebaut. Frucht bar f. ©. 49. Frachttragend
= was Früchte trägt, mag es fie hervorbringen, wie der Baum, Acker, oder
fie bloß tragen, wie der Chriſtbaum, während fruchtbar den Nebenbegrif
des Hervorbringens bat, -— Abende gingen wir in die Gärten auf dem Be
latin, woburc die Räume zwiſchen den Ruinen der Kaiferpaläfle urbar und
anmuthig gemacht worden. Goͤthe, 2. Aufenthalt in Rom Sept. Er wırrk
von ihren Iehten Worten an ihr fruchttragendes Leben erinnert. 3. Paul
Erträglih (mhd. tragebaere) was ertragen werden kann; mas
fo hinzunehmen ift, ohne daß es Beſchwerde mache und läftig wäre
und fo Unluft errege. — (Sie) machte die Unterhaltung bei Tijce
erträglich. Göthe, Werthers Leiden 2. Unerträglich fährt es
mir durch alle Glieder, Göthe, deutſcher Parnaß.
Reidlih If. leiden) ohne Unluf zuläßlich. — (Auf) die Fürſpteche
Höpfners, der verficherte, daß ich ein Leidlicher Menfch ſei, wurbe ih eins
gelaffen. Göthe, Leben 12. B. Wenn man’s fo hört, moͤcht's leidlich
ſcheinen, ſteht aber doch immer fchief darum. Göthe, Faufſt 1, 181. Balb
firitten fie mit dem Wirthe, bald unter fi ſelbſt; und wenn ihr Zank an
leiplid war, fo waren bie Aeußerungen ihres Bergnügene ganz umb gar
unerträglich. Goͤthe, Meiflers Lehrj. 2, 4.
Berträglich (mhd. vertregelich — erträglich) bereit und genei
das, was Einer gegen den Anden bat, iuubeben, daß es di
hingehen läßt und als ausgemacht annimmt; dann bereit und gemeigt,
ſowol feine üble Stimmung des Anden gegen ſich zu erregen, als am
demjelben etwas Unangenehmes gegen uns nicht leicht empfindlich auf
peu — Lebensthätigkeit und Züchtigkeit ift mit auslangendem
terricht weit verträglicher ald man denkt. Göthe, Meiſters Wan⸗
deri. 2, 9. (Ich) ließ übrigens mit fliller Verträglichkeit einen
jeden nad) feiner Art gewähren. Goͤthe, Meifters ..6,
Friedlich Lahr. fridelih, mäb. vridelich, f. Friede S. 249) beit
‚und geneigt, ein uuverleutes, ungeflörtes Sein zu haben unb zu fehen, von
welchen alles unangenchme Gnigegenwirken fern if. — Bon Menſchen ſud
—
717
die Waͤlle rings erfüllt, von friedlichen, bie in bie Lüfte grüßen. Schiller,
Biccolomint 1, 5.
gatraus als Mittel auf Mehrung in Hinſicht einer Vollkom⸗
menheit wirkend, früher und noch baieriſch in dieſem Sinne für—
träglih. und vorträ ua landſchaftlich durch Wachsthum ergiebig:
eine zutraͤgliche Sorte Bohnen. — Eine fette Moorerde, mit etwas
Sand und Muſchelkalk vermiſcht, gab den Bäumen die reichlichſten
md zuträglichſten Nahrungsſäfte. ©. Forſter, der Brodbaum.
Aupbar (ſ. Nutzen S. 227) Nutzen bringend, ober bringen könnend.
Nützl lich (ahß. nuziih) fördernd gut wozu, insbeſondere gut wozu in För⸗
derung einer Vollkommenheit. Erſprießlich (ſ. ſprießen) fördernd Fräftig.
Heilſam (ahd. hailisam, hailsam, heilsam, ſ. Heil S. 343) eigentlich
zur Geſundheit dienlich; in weitern Sinne zum Woblſein, zur Wohlfahrt
dienlich, zu einem In Unverletztheit angenehmen Zuſtande gereichend. — Mit
den nothwendigen und nutzbaren Hausthieren habe er ſich beſchäftigt. Goͤthe,
Neiſters Wanderf. 8, 9. Wenn es der Himmel für noͤthig nnd nuͤtz lich fin⸗
den follte. Lichtenberg, Rachrichten über ſich fell. Wo getäufcht zu werben
uns beilfamer war? Leifing, Nathan dv. W. 8, 7. Für die gelbe Haut if.
ber Karmin er ſprieß lich. Kotzebue, Cleopatra 3. Daß fih von dem Gins
Äuß der dortigen Societät eben nicht viel Brfprießliches erwarten läßt.
Schiller, Briefw. mit Bäthe 5, 108.
Tragauge, —bahre, —balfen, —baum, —bod, - bohrer, — buche,
—eiin, — eſel, — haus, —hebel, —himmel, —knospe, — franz,
—fringel, —leine, —lohn, —pfeiler, —teff, —riegel, — ring, —fad,
- ſattel, —fäule, —ſchaf, — ſeil, —Iprige, —flein, —ftempel, —ftuhl,
—füge, —wulſt u. a; Trägerlohbn, —muskel; Abtragbrettichen
(bei Ziegelbrennem); Auftragbrettchen (hei Vergoldern), — joch
(m den Bergwerken), —trog; Auftragsbeforger, —brief, —han⸗
del, — ſchreiben; Austrageloh, —ftempel (beide in den Hütten-
werten); Austragsgericht; Eintragegabel (inden Glashütten),
—tolben, —Löffel (beide bei .den Silberarbeitern); Uebertrags-
brief, — mann; Bertragbud, —mäßig, —ſam, — ſamkeit,
—wirig; Bertragspunft. — Dem Tragaltar, dem goldgehörn-
ten, gebet Platz. Göthe, Zauft 2, 199. Daran ein geflochtenes
Tragband. Voß, Odyſſee 17, 198. Wem die erwachenden Völker
ihre Paar Millionen Rachtragbände gar dazu gebunden haben
werden. J. Paul, Hefperus 23. Sie ſetzten das Tragbett an der
Gruft nieder. Benzel-Sternau. Körbe knarren, Eimer klappern,
Zragebutten — bin. Göthe, Fauſt 2, 249. (Er ſah ihn) be⸗
vaͤftigt um einen Tragkorb. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 2. Rar⸗
a und Landrinette ließen ſich in Tragſeſſeln auf den Schultern
übrigen . . . tragen. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 5: Auf der
Landſtraße fprangen zwei — in kurzem Gallop zwiſchen
den Trageſtangen ihres ledernen Würfels dahin. J. Paul, He⸗
718
iperus 10. ntlafiend meiner Wolfe Tragwerk. Göthe, Fauſt
2, 261.
Tracht (zunächft an Traget S. 713 augereiht, mhd. trakte, tracht
— Tradt, Speije, Gericht, äußere Durftellung, Ueberlegung ; agi. droht,
altn. dräht = Zug) 1) ein Ding welches trägt, oder werau man trägt;
2) was getragen wird, befonders jo viel als auf einmal getragen wird;
3) die Art und Weiſe, wie man fich in Kleidern (nah Form, Stoff
und Bildung) trägt; 4) (abſtract) Zuftand, in Ein—, Zwietradt.
Davon trädtig 1. ©. 397. — Nimm du die Brawie, Sophie;
nimm, Elſe, die Tracht (Tragjoch) mit den Eimer Bob. Als ic
kam, war der König eben mı der zweiten Tracht (des Eſſens).
Göoöthe, Benvenuto Eellini 3, 5. Und feh’ ich au dem Aermſten eure
Tracht (Kleidung). Göthe, Iphigenie 5, 6. — Yu feiner burgemei-
fterlihen Feſt tracht. Göthe, Leben 4 B. Die Völkerſchaften find
an Kleidertracht nicht auffallend verichteden. Göthe, St. Rochus:
feſt. Gäb' es nicht Scheite und Kohlentrachten. Goͤthe, Fauſt 2,
31. Sie fieht hierauf die Landestracht am. Göthe, Meifters Wan—⸗
derj. 3, 15. In ihrer Officierstradht. Göthe, Meifters Lehrj.
7, 8 — Jede Stunde war unglüdsträkhtig, Göthe, Belagerung
von Mainz.
Anzug |. Gewand ©. 369.
Niedertvacht veraltet, fo viel als Niederträctigfeit. Das
Adj. niederträchtig (mhd. nidertrehtie — niedergeichlagen,, ge=
preßten Gemüthes) bedeutend 1) herablaſſend (veraltet, noch bier umd
da in der Volksſprache); 2) demüthig, im Gegening zu hochträch⸗
tig oben ©. 713; 3) Hein, unanfehnlich, unerhaben; 4) (gemöhn-
ih) in hohem Grade niedrig gefinnt. — Verachtung lömmt aus Feig⸗
heit, Niedertradyt oder Dummheit. ©. Wagner. Ich fühle mich
zu einiger Beſchaͤmung vornehmer als in der je viele Jahre nun ges
duldeten Niedertracht nowiiher Umgebung, Göthe, Briefw. wit
Schiller 6, 2%. Der junge Graf und nachherige heilige Biſchof
Benny bietete feinem kranken Lehrer in aller Demuth und Nider-
trächtigkeit die Speiten an. Wilft du chriſtliche Seel zu groffer
Vollkommenheit fehreiten, fo bewerbe dich um hurtige Füß, welche der
demütigen Niderträhtigfeit und niderträdtigen Demut nadı«
eilen. 3. Benno» Yubelpredigt v. 1723. Man kann feinen geringen
Werth fühlen, weil man zu träge ift, fi) Verdienſte zu erwerben,
dieſes iſ Niederträchtigfeit und nicht Demuth. Gellert. Es if
ein Meines Werklein, haltet aber viel in fih. Es ift niderträchtig
(populär) geichrieben, aber wohl gegründet. Meichelbeck, Dedicatiom
jeiner Heinen Freyfinger Chronik. Ein niederträdtiger (kleiner)
Felſen. Bluntſchli. Niederträchtige (kurzbeinige) Schafe, fagt
man in Meißen. — Einen jo niederträhtigen Begriff hat wur
noch nichts von dem deutichen Publicum gegeben. : Schiller, Briefe.
719 & :
mit Göthe 5, 97. Nichtswürd'ger Herold! Niederträht’ger
Bube! Schiler, Jungfrau v. O. 1, 11.
Niedrig (f. S. 603) allgemein ohne fitiliche Würde. — Ich bin bloß
deßwegen betreten, weil Sie mich für fo nieprig halten, daß ich meiner
Schweſter ihr Glack nicht gönnen follte. Gellert.
Eintracht (mid. eintraht) 1) Uebereinſtimmung in der Gefin-
nung, in der Thätigfeit auf einen Zweck; 2) fo viel ald Eintrag
bei den Webern; 3) (Volksſprache) Zufluß eined kleinern Buches in
einen größern. Davon einträdhlig (mhd. eintrehtie fpäter ein-
trähtik ); Einträchtigfeit (mhd. eintrehtikeit). — Das Werk ift
angefangen, nicht vollendet, jeßt ift uns Muth und feite Eintracht
noth. Schiller, Zell 5, 1. enn an einem Kleid eines Auſſatzs
mal jein wird am werfft oder am eintracht. Luther, Bibelüberf.
3. Mof. 13, 47. Sihe, wie fein vnd Tieblichy ifts, Das Brüder ein-
trechtig bev einander wonen. Daf. Pf. 133, 1. Aber die Nym⸗
phen erfannten den SHelifonifchen Jungfrauen mit einträchtigem
Spruche den Sieg. Voß.
Einig (guth. Ainaha, ahd. einac, agf. Auega — einzig, ahd. einfe,
mb. enic — irgend einer) iſt allgemein nicht abweichend unter einander.
G@inhellig (mhd. einhell, einhellic, ahd. gahelli, einhälli, von Hallen f.
S. 473) fi) ganz gleidy laut äußernd, in einerlet Laut Außernd; dann übers
haupt eines und vasfelfe äußern. Binftimmig (abd. einstimmi, f.
Etimme ©. 77) eines und basfelbe mit einander denfend, fühlend und be⸗
gehrend, man mag dies anefprechen oder nicht. Einmüthig (ahd. einmöti,
mhd. cinmüctec, 1. Muth ©. 633) von einer und derfelben Gemüthsbes
ſchaffenheit. — Herr Reding, wir find Feinde vor Gericht; hier find wir einig.
Schiller, Tell 2, 2. Wuhre Muflf, einhällig an Wohlflang ſtets und
Bewegung. Buß, Luife 3b, 545. Da fie nu ſolchs einhellig mit einander
theten. Luther, Bibelüberf. 2. Maff. 13, 1%. Schon die große Binhellig-
feit der Srammatifer für den fchreitenden Gang der Götter iſt ein großer
Beweis. Voß. Eie fehen, daß ich mit Ihrer Bemerkung völlig einſtimmig
bin. Göthe, Briefw. mit Schiller 2, 123. Mit was für GBinmuth wir
damals, du, mein Bater, und ich und der Geiſt die Erlöfung beſchloſſen.
Klopſtock, Meffias 1, 90. Stets einmüthigen Sinne. Voß, ver 70. Ges
burtstag 205.
Beeinträchtigen (von Eintracht = ‚Eintrag beim Weber) ur-
Iprünglich in die Quere fommen; dann Jemanden in ſeinen Rechten
binderlich, überhaupt zuwider ſein. —
Beleidigen (ſ. leiden) und das weit ſtaͤrkere er (adt, chrenhan
— fchwächen, mhd. krenken, von krank ahd. altn. krank, mh. kranc =
ſchwach, gering, Flein, krank; agſ. crang — geſtorben, cringan == fterben !)
1) Sliemann (Archiv f. d. Stud. d. neueren Sprachen u. Lit. VII, 269)
möchte krank zufammenftellen mit plattdeutſch krunksen (vor einem Menſchen ge⸗
720
zeigen an, daß durch die That im dem Wubern, den fie betrifft, umangenchee,
ſchmerzliche Empfindungen erzeugt werden. Kränfen wirb wur von empls
denden vernänftigen Weſen, beleidigew auch von umvernünftigen, ja von Ich
ofen Dingen gefagt. Berlepen (f. ©. 560) drückt ans, daß ber Anden
durch die That Schaden hut, indem dadurch eine Banzbeit oder Bollkonmes
beit vermindert wird. — Ich bin zu fchwer verlegt, fie Bat zu ſchwer bes
leidigt. Schiller, Maria Stuart 8, 8. Hier feht Ihr lauter frohe New
ſchen, und Euer Bram beleidigt dieſes Zei. Schiller, Jungfrau v.D. 4
4. Gin ſolcher Vorwurf läßt mid ungefränft. Göthe, Fanſt Vorſpiel.
Zwietracht (aͤlternhd. Zweitracht, in der Ueberfegung dei
Sleidun vom 3. 1557. der zwitracht), feindliches Wideritreben der
Geflnnungen unter einander, ift der Gegenſatz von Eintracht. De
von zwieträchtig. — Und denkt Ahr, Daß der koönigliche Name
zum Sreibrief dienen könne, blut’ge Zwietracht in fremden Lande
ftraflos St Schiller, Maria Stuart 1, 7.
Uneinig, Uneinigfeit erflären fih aus einig S.719. Mighellig
Mißhelligkeit —= umübereinftimmend, übel und unrichtig zu einander law
tend, erklären fi) aus einhellig S. 710. Zwiefpalt (auch Zweifpalt),
zwiefpaltig (f. fpalten) eigentlich in zwei Theile gefpalten, klaffend and
einander getrennt; dann durch gegenfeltiges Widerſtreben auseinander getrenut;
nhd. gewöhnlich abſtract auseinander Fetreunt durch ein gegenfeitiges @
berfireben. Zwif (aus ahd. zui, mhd. zwi-, zwei, zwie) iſt gelinder ald
Zwietracht und Zwieſpalt. Zwiſtigkeit = Zwiſt kundgebender Zuſtaud. —
Dieſe Ueberlabung mit Blumen und Feierernſt kann nur einen uneinigen
Genug gewähren, 3. Paul, Diefe Uneinigkeit fei ihr fo ſchmerzlich. 3
Titan 88. Da fle aber vunternander mishellig waren. Luther, Bild
hberf. Apoftelg. 28, 25. In den Sturm mißhnelliger Winde Be. &
gab manche Mißhelligkeit, vie aber bald beigelegt war. Goͤthe, Welke
Lehrj. 1, 7. Aber ohne daß zwiſchen Kiburg und Bern offenbarer Zweifpalt
vorfiel, entfernten fi die Gemüther. 3. v. Müller, Schweizergeſch. 23, 1.
Daß ſelbſt der Tod nicht eure Zwietracht heile, die Flamme felbk, ib
Fenuers rothe Eänle, vie fich von emerm Scheiterhaufen hebt, ſich zweige
fpalten von einander thelle. Schiller, Braut v. M. Die des Menſchen Sim
zwiefpaltig mit fich felber macht. Gothe. Der Major empfand Hd zwie
fpältig. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 5. (Wenn nicht) durch wenig Brit
auf immer dieſer Zwiſt gehoben wäre. Göthe, Taffo 1, 4. (Bon if)
fommt der Neid, Mißtrann, Berdruß nnd Zwiftigfett. Böthe, Pater dry.
Anm. 1. Geht entftellt it Das zu tragen gehörende Getreide, ab. Be
tragide, mhd. getregede, tregede, getreide, treide.
Aum.2. Tro i) (8.656) von bunfler Abſtammung, mit Truhe ©. 656 nahe mt
wandt, gehört vielleicht zu tragen. Bliemaun (Acchio f. d. Stab, d. wen
fagt, der ſich unwohl und unbehaglich fühlt, und in diefem Zuftaube bald va beh
dort in gefrümmter Haltung ſich Gebt), krünkli ae krünkel (fehlerhafte
alte im Kleid, Kuif im Buche), fo daß Frank eigentlich gefrämmte und ſchlehe
altung des Körpers ausbrüde,
721
Sprachen u. Lit. VII, 200) führt ale mutmaßliche Wurzel plattveutfch trekken
S ziehen: die laug geflredite Form habe dem Dinge den Namen gegeben.
um. 8. Trachten und betrachten S. 128 find zunächſt vom lat. trac-
tare gebilpet, aber gewiß fchen früher mit tragen vermifcht, vgl. mbb. trahte
bei Tracht. ©. 718. Das lat. tractare iſt gebildet von trahere, legteres flimmt
zum deutfchen tragen. |
Ragen. ')
(Wurzel nag; vgl. gr. vöccen = ftoßen.)
Page, nagte, genagt (genagen), nagen (ahd. naku, nuoc,
nuokumes, nakaner, nakan; mhd. nage, nuoc, nuogen, gena-
gen, nagen; altn. naga) eigentlich wol. ftoßen, ſtechen; gewöhnlich
anhaltend nad) und nad mit den Zähnen abbrödeln; uneigentlich: eine
anhaltende, nach und nad immer mehr zunehmende, gleichfam ver-
zehrende, fchmerzhafte oder unangenehme Empfindung verurjachen.
Davon ab—, an—, auf—, aus—, durch —, zernagen. — Daß
wir für Hunger und Elend ſchier nagen müſſen die eigenen Knochen,
Schiller, Wallenfteins Lager 1. Es quälte fle nagender Hunger.
Voß. Ihr Mann, den die Eiferfudht nagte. Hagedom. Stäts
nagt ein fcharfer Neid fein biutend Herz. Hagedorm. — Vom Hun⸗
ger angenagt, von heißem Durft gequält. Wieland. Zerſtoͤrte
hlöffer dDurdhnagt vom Zahn der Fäulnig. Kleiſt.
Nager, Nagung; Nagemaul, —thier, —wurm. — Der farge
Fl und Nageriranfft (Nage den Ranft). Simpliciffimus 2, 29,
Hagel (ahd. nak(g)al, mhd. nagel, altn. nagli, nagla, nögl,
agſ. nägel, engl. nail, Volksſprache Nal, vgl. lat. ungula,
unguis, gr. Orv&, fanftr. nakha = Nagel, Klaue, Huf) eigentlich
das womit genagt wird, Dann im Belondern 1) die mehr oder wenis
ger breite, m e oder fpiße bornartige Bededung der Außerften Enden
der Singer und Zehen an -dem menkhlichen und thieriichen Körper;
3) ein im DVerhältniß feiner Die langer und zugeipikter Körper, zwei
Dinge damit zu verbinden und zufammenzuhalten; 3) (Nägeldhen,
Näglein) eine Art Gewürz, welches die Geftult kleiner Nägel hat;
4) eine Benennung fchöner wohlriehender Blumen, weldye unter dem
Namen Nelken bekannter find; 5) (fig) hohe unbegründete Ein-
bildung, bejonders wenn fie fich Durch fteifes hochtrabendes Wefen zeigt.
— Band—, Bret—, Huf—, Latten— , Rad—, Schindel—, Schloß-
nagel u. a. — (Sein Stil) ift höchſt wohlklingend und bis auf den
1) Die Marken Formen biefes Berbums find nun weraltet; hoch hört man noch
in der Volfsſprache mitunter das Partic. Präter. genagen, wozu Ortolphs er
negt und GH. Sahfens Präfens nägt ſtimmt. H. Sachs hat auch noch das
Rarle Bartie.: Das wirbt genagen vnd gebifien; und das flarfe Prät. nug:
Dann fein gewifen in Bart nug (gereimt Belrug). Der Hunger jn vmb den
Dagen nug.
48
722
Nagel abgeglättet. IUngenannter bei Lampe Mein Karolus, von
Liebchens Seil geführt, hängt Krow und Zepter an den Nagel. R.
Schmidt.
Einbildung (von bilden, ahd ptb)iladon, mhd. bilden; Bild, ahd.
+ pilali)di, iihd. bilde, agſ. bilidh, biledhe, altn. bilzti, nah Wacker⸗
nagel von bi und ladön, nah Weigand eher zu ahd. p(b)illön, ubd.
billen = glätten, ebenen ©. 463 gehörig) bezeichnet eine hohe Meinung von
fih in irriger Welfe ale Vorſtellung, ale Schöyfung der Einbildungskraft, es
mag nun tiefe Borftellung vorzügliche Gigenfchaflen übertreiben, Pie der Menſch
in niedberem Grade befigt, ober fulche betreffen, die er wirklich nicht Bat,
Dünkel (mhd. das dunkelin, von der dunc = das Dafürhalten, vie Re:
nung, bünfen goth. thugkjan, ahd. dunhan, mhd. dunken, aaf. thyncan.
dies von denfen ©. 205) die Meinung, daß vie eigenen Vollkommenhciten
die Anderer_übertreffen, zuglelch mit dem Inbegriff einer Thätigfeit des Ber:
ftandes, die die eingebildeten Vorzüge für wahr hält und fo eine Schwäde
des Beritandes fund gibt. Noch: Härfer it Sigendünfel, ein Dünkel, m
den hohen Brad von Borjügen fi) allein beilegt und alle Andre davon aut:
ſchließt, ſich ausſchließlich als in feinem Beflg anflegt und fo die eigne Per:
fon beitändig überfchägt. Sporn (ahb.sporo, mhd. spor, ayf.spora, spurs,
. spur, altu, spori, wahrfcheinlih zu Spur gehörig) weift auf das Läaͤcher⸗
liche, nicht allein weil der Menſch, dem man den Sporn beileat, benfelben im
Kopfe anftutt am Buße trägt, fondern auch der Sporn nicht Immer ta
Reiter anzeigt, alfo hierdurch nnr ein eingebildetes lächerlides Köherfein
angedeutet wird. — Wie er gegen feine Schüler verfährt, die ihn von feligen
Grfcheinungen, womit fie von der Mutter Gottes und andern Heiligen beylüdt
werden, mit Gutzüden benachrichtigen. Er, wohl wiffend, daß aus bergleiden
Einbildungen ein geillliger Dünkel, ver ſchlimmſte und harinädigfe von
allen, gewöhnlich enfpringe, verfichert fe rc. Böthe, Philipp Neri.
Nageln (ftatt nägeln, ahd. nak(g)aljan, mhd. negeln) mit
Nägeln befeftigen. An—, auf—, be—, bei—, durd—, ein,
ver—, vor—, 3u—, zujammennageln. — Zwölf dickbaͤnchige
Herrn und zwölf breithülftige Damen faßen wie angenagelt mi
gierigen Augen am Spieltiſch. Voß. Balken, die mit Brettern be-
nagelt find. Ungenannter bei Campe.
Nagelbant, — bein, —blüte, —bohrer, —braun, —dode,
—cifen, —farbe, —fell, —fels, —feſt, —fleden, —flube (Mengitein
in der Schweiz), — fügung, —geldwür, —glied, —-hagel, —hanımer,
— handel, —harz, — holz, — kopf, - ford, —fram, —fraut, —kuppe,
— loch, —mahl, — muſchel, —neu, — platte, —probe, — roche, — ſarder,
(Edelſtein), — ſchmied, —ſchnecke, —ichneider, — ſchnitz, —fchrote,
—ſchwamm, —ſtein, —werk, — wurzel, ienge, — — zum.
— Das ich lege meinen Finger in die Negelmal. Luther, Dr
belüberi. Joh. 20, 25. |
123
— -
| Fragen '),
(Wurzel frag, frah; vgl. fanjfr. prach — fragen, lat. preces =
itte, precari, procari, procare — fordern.)
Frage, fragte (frug), gefragt, fragen (goth. fraihnan, agſ.
fregnan, altn. fregna, fra, altj. fragen, ahd. fräsch)en, mhd.
n, vregen, nah ſchw. Gonj.) 1) eine nähere Beſtimmung,
eine Belehrung über eine unbefannte und unbeflimmte Sache ver=
langen; 2) (uneig.) fih um etwas befümmern; 3) (beim SKurten-
fpiel) fragen, ob man ein einfaches Spiel Ipielen könne, wenn einer
der Mitjpieler nicht ein höheres Spiel in Händen bat und jpie=
len will. — Rechberger ritt heran und frug: Sag an! wer find die
Herren vom Zug? Uhland, Junker Rechberger. Sie frug den Zug
wol auf und ab, und frug nad) allen Namen. Bürger, Lenore. Nie—
mas frug ein Kaifer nadı mir, es hat ſich fein König um mich bes
tümmert. Göthe, Vened. Epigr, 34 b. Der Schwed frug nad) der
Jahrszeit nichts. Schiller, Piccolomini 4, 6. | |
—, anu—, aus—, be—, er—, nach —, rath —, unter—,
zarückfragen bedürfen feiner weitern Erklärung. — Nicht erkühnt' ich
wid, was du vor mir in tiefes Dunkel hüllſt, Dir abzufragen.
Schiller, Braut v. M. Willſt du genau erfahren was ſich ziemt; fo
frage nur bei edlen Frauen an. Göthe, Taſſo 2, 1. Sobald der
Abendwind erwacht, Fragt Hüon, den die Liebe munter macht, fchon
alle Schatten an, wo feine Holde jäumer. Wieland, Oberon 13, 8.
So hub’ ich doch noch Mauches auszufragen. Göthe, Taſſo 1, 4.
gragen Sie mich aus. Schiller, Don Kurlos 2, 8 Daß ich ihn
alein vernehme und befrage. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 9. Er⸗
Ihredt von diefem feltfamen Gefichte befrug der Vater einen DVogel-
ſchauer. Schiller, Braut v. M. Den Herrn erfragend. Göthe,
Fauſt 2, 09. Und dem fei, wer’s nicht fingt und fagt, im Leben
und Zod nicht nachgefragt! Göthe, Joh. Sebus. Hier wird fein
Beltmann rathgefragt. Voß, Zeldchor. Die Weilen unterfrar
gen, woher dig Schweigen fümpt. Opik, von der Wahrheit der
chriſtl. Religion Breslau 1631. ©. 105. Ich „würde einen folchen.
Brager zurüdfragen: was foll denn diefe Frage bedeuten? Fichte.
Frage (ahd. fräga, fräha, mhd. vräge) Frager find einfach
und in verjchiedenen Zufammenfeßungen gebräuchlich; fraglich. — Vom
Rechte, das mit und geboren ift, von dem ift leider! mie die Frage. Göthe,
Bauft I, 98. Meine Anfrage hat ihn einigemal verfehlt. Göthe,
i) Das goth. fraihnan If von dem Stamm fraihan (nach ſtarker Conj.) ges
et. Das agf. frägn geht gleihfalls nach ſtatk. Conj. Das goth. fraihnan
wie das agf. freesnan erforberten ein nhd. fr äpne n. Daher erflärt ſich das nhd.
Mark, Bräter. frug. Much im Neunieverb, u, Reuniederl. haben vragen, fragen
gemischte Formen. |
468
724
Briefm. mit Schiller 3, 223. Ih muß auf Ihre Hauptfrage ein
Befenntnig thun. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 13. Kühne Jüng—
lingsfrage gefragt. Klopſtock, die Genefung Es iſt nur zur
Nachfrage, wenn mir einmal der Einfall käme, daß ich gleich vor
die rechte Schmiede ging. Göthe, Götz v. B. 1. (Würd' ich) auf-
ftellen als Preisfrage dieſen kurzen Satz. Platen, die verhänguiß-
volle Gabel 4. Löſt eine Ilias des Schickſals Räthſelfragen der
jugendlichen Vorwelt auf. Schiller, die Künſtler. Meine Werte ſoll⸗
ten feine Zweifel über die Streitfrage auflöſen. Göthe, Benvennto
Eellini 4, 2.— Das Gefrage darnad) ift ſehr ſtark. Göthe, Briefw.
mit Schiller 2, 224. — Mein erit Geſetz ift in der Welt die Fra:
ger zu vermeiden. Göthe, die Weifen und die Leute. Antwort er
Iholl dem Befrager Klopftod, Delphi. Das Volk hat eimen
Ruthfrager. Klopftod, Gelehrtenrepublif. — Der bei jenen frag:
lidyen Arbeiten verwundernd verweilte, Göthe, Meifters Wander]. 3 5.
Brag(e)amt, — buch, —lehre, —Iehrer, —punct, —jaß, —ſchü⸗
ler, — fpiel, —unterricht, —weije, — wort, —zeiben u. a. — Doch
nicht Zeit noch Drt paßt für fo lange Fragartikel. Shakeſpeare,
- Eymbeline 5, 5. Wir fennen ähnliche Beijpiele von vorichneller Frag⸗
jeligfeit. ©. Forfter. Viktor fellte an den Fürften die gewöhnlichen
mediziniihen Sragftüde 3 Paul, Hefverus 8 Du kommft in ie
fragwürdiger Geftalt. Shafefpeare Hamlet 1, 4.
Anm. Gragner, Bfragner in Städten und Märkten: Ginwohnuer, ber
mit Salz, Lichtern, Mehl, Gemüfe ꝛc. Handel zu treiben berechtigt if, gehört
nach Schmeller wahrfcheinlih zu fragen. Bol. Fragenſtatt, Fragenambt,
Bragenwerdh (Drt, Amt, Gewerbe des Fragnere), däniſch vrage — mäfeln,
Höfer erinnert an den Krämeransdrud: Alle Fragen haben d. b. alle Artikel.
am bie man bei ihrem Gewerbe zu fragen pflegt.
Mahlen.
(Wurzel mal, mil; vgl. fanjfr. mri, fat. molere.)
Mahle, mahlte, gemahlen, mahlen (ahd. malu, muol, muo-
lum&s, malaner, malan; mhd. mal, muol, muolen, gemaln, mals;
goth. malan, altn. ſchwed. mala, dan. male, engl. meal, böbm.
miyti, von einem verloren Verbum milan) urſprünglich Trocknes in
kleinſte Theilchen zerreiben, nhd. gewöhnlich Trockenes durch Hin- umd
Herbewegen zwifchen harten fcharfen Körpern, bejonderd zwiſchen zwei
geichärften Steinen zerreißen. — er zermuol yn zu puluer. 4. Bibe-
überf. (1470-73) 4. Kön. 33, 15. Bon der Quelle bis ans Meer
mahlet mandie Mühle. Göthe, Tifchlied. Jenes (Korn), das fe
and) gelbe Blende neunen, und Diefes, fchwarze Blende genannt,‘ wer:
den gemahlen, das Mehl in Wafler zu einem dien Brei gekocht
und jo gegefien. Götbe, ital. Reife 14. Sept. Wenn ih mahlte
Kaffee, gleich jprangen fofort zur Mühle heraus mir die Bohnen.
Platen, die verhängnißvolle Gabel 1.— Aber Mehl kann man niht
725
füen, und die Saatfrüchte follen nicht vermahblen werden. Göthe,
Meifters Lebrj. 7,9. (Er wollte) unbeildare Narren zu Mehlſtaub
jermahlen. Langbein, die Narrenmüble,
Anm. Schmeller 2, 568 bat noch einige ältere Beifpiele der flarfen Form:
Der vor kumbt, milt ehe. Voc. v. 1618. Swelch man tin einer mul melt,
Augeb. Stadtbuch. Stieler in feinem Wörterbuch (1691) führt an: ich mahle, du
müleſt, er mület; ich mul, ich müle, gemahlen. |
Mehl (abd. mölo, agf. mälu, altın miöl, mhd. mel), meh-
fig, Müble Lahd. muli, agf. miln, altn. myIna, mhd. mül, engl. mill,
ihwed. mölla, däu. molle, böhm. mleyn, poln: miyn, ruſſ. melne, franz.
meule, moulin, lat. mola, gt. uvAn), Müller (ahd. mulinäri,
mulaäri, altn. mylnari, mhd. mülnsere) erflären fich leicht aus mah—
fen. — Leimwaſſer, welches aus Stärfenehl und etwas Tifchlerleim
befteht. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 5. Die (Krume des Weizenbrodg)
mit gefochten mehligen Kartoffeln verinifcht geweſen wäre. ©. Forfter,
der Brodbaum. Das unterjochte Thier zu lenken, oder es in der Kreis-
müble blind und nüglich umberzufagen. Herder. Der (Regenbogen) von
des Berges Windmühle zum jpiegelnden Sce ſich herumbeugt. Voß,
die Kirſchenpflückerin 5. (Als) die freundliche Müllerin nad) Mildy, der
bewillfommnende Müller Charlotten und dem Hauptmann entgegen-
gejandt war. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 7. |
Staub (f. ſtieben) bezeichnet urfprünglich die kleinſten, leicht von ber
Luft auffachrenden Erdtheilchen; dann die Fleinften Theilchen eines Körpers,
welche Ihrer Leichtigfeit wegen leicht von wehenber Luft aufgenommen werben
fönnen, von Trocknen, wie von bem in kleinſten Tröpfchen ftiebenden Waſſer
gefagt. — Staub jull er freffen, und mit Luft, wie meine Muhme, bie bes
- rühmte Schlange. Göthe, Fauſt Prolvg.
Mahlgang, —gaft, —geld, —gerinne, —gerüfte, —grofchen,
—mann, —meße, —mühle, —müller, —jand, —zahn, —zettel;
Reblapfel, —bahn, —balfen, — bank, —baben (im Bergbau),
— baum, —beere, — beerftaude, —beutel, —birne, — blume, — bobrer
(im Bergbau), — brei, —dorn, —droffel, —füß, — fäßchendorn, —fäu=
fel, - -flechte, —fledt, — gips, — händler, —handlung, —hofe, —fäfer,
—kalk, — kaſten, —Heifter, —kloß, — kraͤmer, —kraut, —freide, —leim,
-loch, —meije, —milbe, — müde, —mühle, —mutter, —nuß, —pappe,
—pilz, — pulver, — ſack, — ſand, —ſchabe, — ſchwalbe, —fieb,
—ſpeiſe, —ſtaub, —ſteuer, — ſtraube, — ſtrauch, —ſtrom, —fuppe,
—teig, — weiß, — winde, — wurm, — wurzel, —zucker; Mühlarzt,
—berg, — bottich, — burſche, eifen, —gaſt, —gebiet, —gerechtigkeit,
—gerinne, — heimchen, — käfer, —knappe, —krapp, —kunſt, —lauf,
—meifter, — metze, —pfahl, — pfanne, —pferd, —rechen, — recht,
—roß, — ſpiel, — ſtaͤnder, — ſtange, — ſtaub, —fteiger, —ſteinfiſch,
— wagen, — waſſer, — wehr, — welle u. a; Mühlenamtmann,
—anlker, — arbeiter, — bau, — baukunſt, — fachbaum, — frohne, — ge⸗
-
726
—
rũſt, — haus, ordnung, —pacht, — pferd, —ıoß, —ſchau, ſchlenſe,
—ſchreiber, — ſpiel, — ſtuhl, — teich, —wage, —zwang; Mällerart,
— blau, —burſch, — eſel, —farbe, —fäfer, —karren, — lohn, — rebe,
— ſack, — ſchabe, — ſchraube, — wage, —ırein u. a. — In den ſtür⸗
miſchen Mühlgängen täglicher Aſſembleen. 3. Paul, Titan 58.
Das (Aepfelpaar) freilich ſchön im Mühlgehege, fo wie im Para—
dieſe, war. Göthe, der Müllerin Verrath. Da hörte das Mühlge—
töſe ein paar Stunden hindurch auf. Benzel-Sternau. Der Mühl:
herr begab fich mit flolzen Vertrauen bereit an den Trog, um dus
Mehl zu befchauen. Langbein, die Narrenmühle Sid) einen braven
Mühlknappen auszufuchen. Göthe, Meifters Wander. 1, 8. Und
der Mühlknecht ftürzt in den Zrichter hinab. Platen, die verbäng-
nißvolle Gabel 3. Das Mühlrad, von der Flut gerafft, ummälzt
fid) für und für. Schiller, Fridolin. Die Mühlfteine wollen ge
fättiget fein. Langbein, Die Narrenmühle Einwärts brach er den
Schild mit dem mühlſteinähnlichen Felsblock. Voß, Ilias 7,
270, Greifen wir nicht wie ein Mühlwerk flinf in einander auf
Wort und Winf? Schiller, Wallenfteins Lager 11. Ich liebe mir den
Müllerknecht. Göthe, der Edelknabe und die Müllerin.
Mill, Mull oder Müll (hochdeutſch ungewöhnlid — Staub);
Gemüll (ahd. gamulli, mhd. gemülle — das durch Zerreiben Ent:
ftandene), müllen (ahd. mulian, zimulian, mullan, mhd. müllen =
zerreiben); Melm (ahd. mölmo, mbd. mölm, mulm, altj. melm),
woher zermalmen (|. ©. 470); Molde, woher Maulwurf (ſ.
S. 432); Mulde (mhd. mulde = Mehltrog); Molter (aud Mül-
ter, mbd, multer — was der Müller vom gemahfnen Getreide als
Lohn für fich behält), woher moltern und mültern; mulfern und
mülfern = zermulmen, zerreiben; Malter (mbd. malt(d)er =
Getreide das zum Mahlen gegeben oder auf einmal gemahlen wird,
Getreidemaß verfchiedenen Gehaltes), woher maltern (ins Walter
geben) gehören jet meift der Volksſprache an.
Anm... Mehlthbau (eig. Milthau, in der Volksſprache Milthan und
Miltba, 'ahd. militou, agf. mildeiw, mh. miltou, älternhy. miltaw) hängt
wol mit goth. milith — Honig yufammen, alfo eig. Honigthau. Dagegen gehört
Milde (ahd. miliwa, mhd. milwe) wie das mhb. milwen — zu In oder
Staub machen, zu Mehl, mahlen.
Fahren.
(Wurzel far, var; vgl. fanffe. car — gehen; gr. relgar durch-
dringen, zeoav» — verfuchen, vopog —= Durchgang, ronsvar =
— in Bewegung bringen, reifen; lat. per = durch,
porta = *hüre, peritus — erfahren.)
Sabre, fuhr, gefahren, fahren (ahd. flv)aru, fCw)uor, Avjue-
rum&s, f(v)arandr, f(v)Jaran; mhd. var, vuor, vuoren, gevar,
727
varn, farn; goth. faran — geben, wandern, farjan == fahren, ſchif⸗
fen, altj. agf. faran, neuniederl. varen, nenniederd. fären, fören
aifrief. alta. jwed. fara, engl. dän. fare) uripräuglic, allgemein fid
von einem Orte zum andern ——— nbd. 1) überhaupt bewegen
und bewegt werden, befonders geſchwind, oft mit Dem Nebenbegriff
eines Wirkung (eig. und nueig. von Raum wie von der Zeit gejagt): mit
der Hand in bie Taſche, es iſt ein böfer Geiſt in ihn gefahren, es
fahre ihm durch den Sinn; 2) fi) wohin begeben, mit dem Nebenbe-
‚gift der Gefchwindigfeit, früher ohne Rückſicht auf Art und Weiſe,
. gegenwärtig gewöhnlich mit Bezug auf ein Fahrzeug; 3) in dieſem
Sinne wohin bringen; 4) iu Verbindung mit laſſen, dem Befiß, dem
Genuß einer Sache entfagen; 5) wohl oder übel mit etwas anfommen ;
6) leben (eig. und uneig.). — So joltn die Bewwme nicht verderben,
das du mit den Exten dran fareft. Luther, Bibelüberf. 5. Mof. 20, 19.
Das der Kafte auff dem Gewefler fur. Daſ. 1. Moſ. 7, 18. Die
ganze Gefellichaft fuhr nad den Gläjern. Rabener. Muß ein für«
nehmer Geiſt jeßt im ihn fahren Schiller, Wallenfteind Lager 7.
Bie die Keuerflamme bei dunkler Nacht in die Hänfer fähret. Daſ.
6, Gottes Gebot leret klüglich faren (thun) in allen Handel.
Kuther, Bibelüberf. Sir. 19, 18. Zaret Cverfahret) mir feuberlich mit
den knaben. Daſ. 2. Sam. 18, 5. Den Augenbli konnte ich kaum
erwarten, wo id) (als Bergmann) in die Grabe fahren würde. No-
valis, Heinrich von Ofterdingen 1,5. ort ift er! Mit allem davon ge-
fahren, was ich mir tbät am Leib erfparen. Schiller, Wallenfteins
Roger 5. Zeuch bin auff und fahr glüdjelig. Luther, Bibelüberf. 1.
Kön. 32, 12. As wir zum heiligen Grab zu fahren uns verbun-
den. Wieland, Wenn Sie Julchen wollen fahren lafien. Gellert.
Rede ihre doch zu, Daß fie ihren Eigenſiun fahren läßt. Gellert.
Bleibe bei dem Gedaufen, du wirft wohl dabei fahren. Gellert.
Fahre wohl, du Mofenzeit der Wonne! Schiller.
Beben (i. d.) iR alfgemein fich fortbeivegen, im Beſondern, wenn es zu
Tape geſchieht. Reiten (ſ. d.) bezeichnet das Bewegen von einem Orte zu
einem andem. auf Thieren. Reifen (af. reison, mhb. reison, altn. reisa,
ſihwed. resa, gehhrt zu ahd. risan, mäb. risen — eine Bewegung zur Höhe
oder Tiefe viachen, ©. 188) bezeichnet zunächſt das Aufbrechen, um fich auf
ven Weg zu machen; Daher rüften, ordren; dann fi nach einem weit ents
fernten Orte hinbegeben, man mag nun gehen, fahren ober reiten. — Gile
nun und gehe mit dem Waflertopf! Goͤthe, des Zauberlehrling. Wer reitet
fo ſpuͤt durch Racht und Wind? Gölhe, Erlkönig, Der Kammerdiener? Den
laͤßt der Major reifen. Leſſiag, Minna v. B. 3, 2.
Aufahren 1) fahrend anfommen, unterwegs bei einem Freunde
anfahren; 2) mittels eines Fuhrwerks herbeikdafren; 3) im Fahren an
etwas flogen, auch umeigentlich; 4) anfangen zu fahren, befonders bei
den Berglenten an bie Axbeit: gehen; 5) (vom Winde) ſich erheben;
728
6) mit Heftigkeit harte und rvauhe Worte an Jemanden richten. —
Im Augenblid, daß derielbe (Kutiher am Wirthshaus) aufahren
wollte. Goͤthe, Xeben 14, 6. Bielleiht fahren Sie diejen Abend
bei mir an. Schiller, Briefe mit Goͤthe 5, 302. Als die exfte Gon-
del an das Schiff anfuhr. Götbe, ital. Reife Venedig. Die Steine,
die da Draußen angefahren find und zugehauen werden. Götbe,
was wir bringen 3. Auf Atymnios raſch mit der fpißigen Lanze fuhr
Antilohos an. Voß, Ilias 16, 318. Da fuhr id) garflig an. Campe.
Als ſie (die Bergleute) anfuhren. Grimm, der Bergmönch im
Harz. Als jählings ein Nordwind anfuhr. Baggeſen. Da fuhr
der fernhin treffende Apoll mit lauter fürchterlicher Stimme ihn an:
Halt, a Sohn! Zurück! Bürger.
nlaffen (f. laffen) überhaupt harte nid rauhe Worte an Jemanden
richten. Anfchnauben (f. ſchnauben) mit größter Heftigfeit und größter
Leidenfchaft, im höchſten Zorne. Anſchnanzen (von Schnauze ©. 542)
grob und gemein, zugleich mit Heftigkeit. Im gemeinen Leben find noch ges
braäͤuchlich: Anfaden (von ſacken, got. sakan, gasakan, ahd. sahhan,
mhd. sachen, urfpr. folgen, verfolgen, dann fchelten, verweilen; vgl. lat.
sequi) mit dem Mebenbegriff des Scheltens, Verweiſens, Strafens, Zankens.
Anfchnarren (von fhnarren, S.395 mhd. snarren — einen ſchnarrenden
Ton von fich geben, der Ton felbft Heißt mhd. snar; vgl. engl. snarl = fuurıen
wie ein Hund, bän. snere ad en == einen hart anfahren; niederd. snarren
== murten, ſchmaählen) in einem groben unb wiberlih lautenden Ton anfahren.
Anfhnurren (von nieder. Schnuurre — Naſe, Schnauge, woher
Schnurrbart; mhb. snurren = einen zitternden Ton von fi geben wie
die Bogenfehne) it = anfchnanzen. — Auch finpten die Ofſiziere nicht wenig,
als fie im Hauptquartier übel angelaffen wurben, weil fle nicht fo reinlid,
fo zierlig wie auf ber Parade zu Berlin over Potsdam erfchienen. Goͤthe,
- Kampagne in Franfreih 26. Sept. Hinweg du Hund, ſchnaubt fürchterlich
der Graf ben armen Pflüger an. Bürger, der wilde Jäger. Gie reden alle
burch die Nafen, haben Wänfte fehr aufgeblafen, und fchnauzen jeden Chri⸗
ſten an. Goͤthe, Pater Dry. Was darffft du uns fo anfhnarren? 6.
Sachs. Alfo fie mih anfhnurrt vnd ſchnaufet. H. Sache.
Auffabren 1) in einem Fuhrwerk fi) in die Höhe begeben;
2) (feierlih) vor⸗, hinfahren, des Befnches wegen; 3) überhaupt fid
mit Schnelligkeit in die Höhe bewegen, oder bewegt werden, uneigent-
ih von Leidenfchaften erregt und bingeriffen werden (befonders im
Partie. auffabrend); 4) unvermuthet, plößlich zum Vorſchein kom⸗
men, bejonders von Blattern, Ausfchlägen; 5) im Fahren auf etwas
ftoßen; 6) plößlich und mit Heftigkeit geöffnet werden; durch Fahren
Öffnen; 8) Durch Herbeifahren erhöhen, ausfüllen. — (Als id) Pads
wagen und Chaiſen aufgefahren ſah. Göthe, Campagne in Frank⸗
reich 6. Sptbr. Der Vorhang Lim Theater) fuhr auf. Lichtenberg,
Driefe aus England 3. Der Alte fuhr auf aus dem Schlafe. Zacharla.
729
Geduld muß felbft bei diefem Brief auffahren. Shakſpeare, So
wie e3 euch gefäft 4, 3. Wenn ich gewußt hätte, daß Sie fo anf-
fahren würden, fo hätte ic; fein Wort jagen wollen. Gellert. Wohl,
es jei! entgegnete etwas auffahrend der Burgherr. U. Mednyanßky,
die gefährliche Wette. Kein Blätterhen fuhr auf. Zachariaͤ. Die
große Flügeltbür fuhr auf. Wieland. |
Mit aufſahrend find Kunverwandt: auffahrifch (etwas uneel); hef⸗
tig (ahd. heftt, heiftic, in ber ſüdd. Volksſprache haift — fchnell, heftig,
von geih. haifsts — Streit, alin. heipt = flarfer Haß, ahd. heifte =
Sturm), das bloß auf die Leivenfchaft weift, aber dabei den Begriff bed Stars
Een, Gewaltigen hervorhebt, während bie mehr auf: die Schnelligkeit hinden⸗
ienden auffahrend und auffahrifch zugleich vie die Leidenſchaft begleis
kende Geberde dusdrücken; jähzornig (auch jahzurntg, gähzoruig, von
Sorn ©. 20 und jüh, jach, eigentlich gäh, gach, ahd. k(g)Ahi, mhb.
gäch, gähe,.geehe, wahrſcheinlich zu gehen gehörig) zeigt eine Geneigtheit
zum Sorne. — Ich halte einen Bruder, ber zwei: Jahre jünger war ale ich
und fehr kühn und heftig. Gdthe, Benvenuto Cellini 1,2. Sickingen drohte
mit Gemer uud Schwert, der hochmüthige jähzornige Mann! Godthe, Götz
v. B. 4.
Berfahren 1) (veraltet) vergehen, verloren gehen, ſterben; 2)
(im Bergbau) das Feld oder einen Gang mit Schächten oder Strecken
öffnen; 8) fort«, von einem Drte nach verfchiedenen Richtangen hin-
fahren, oder auf einem Fuhrwerke wegichaffen; 4) (uneig.) mit einer
Sache auf eine gerifle Art fahren, d. h. fie auf eine gewiſſe Art be=
handeln, früher nberhaupt für handeln; 5) im Fahren vermeiden, vor⸗
beifahren: den Zoll, fih verfahren — den rechten Weg verlieren; 6)
fahrend verbringen; 71 (Jäger und Schifferfprache) auseinander fahren
oder treiben; 8) ausfahren, durch vieles Fahren verderben. — Neiß
mich ja nicht fo von binnen, ſtarker Gott, in meinen Jahren, weil fte
faum find halb verfahren. Opitz. Gelebt als ein Tyrann und alt
doch beim Verfahren (Sterben). Opig. Es foll ein Scholiaft, vor
Verdruß über. die Einführung desfelben (Gefehes), Todes verführen
fein. SKlopftod, Gelehrtenrepublik. Gott rottet aus, zerftveuet und
verfehrt, wer gottlos iſt und wider ihn verfährt. Opitz. Wir werden
in der Ordnung verfahren. Göthe, Goͤtz v. B.4. Weld ein ſchaͤnd⸗
liches Berfahren! Paten, die verhängnißvolle Gabel 5. Ohne uns
im den Gräben unwiederbringlic, zu verfahren. Göthe, Kampagne
im Frankreich 6. Sptbr. ege, die verfahren, fol man Höhen.
Jůülich. Polizeiordnung. | |
Behandeln (f. Handel ©. 420) eine Handlung mit oder gegen etwas
vornehmen, ohne Unterſchled, ob basfelbe fich dabei thätig ober leidend vers
halte. — (Wallenftein:) Hab ih als freie Männer euch behandelt. (Ges
freiter:) Ja, würbig haft du fletd mit uns verfahren. Schiller, Wallens
Belus Tod 8, 15. en
730
Widerfabren 1) wider etwas fahren; 2) fo zufommen, es ſei
Gutes oder Uebles, Daß es dem Gegenftande geſchehe, gleichtam über
ihn komme. — Widerfahre denn auch um Freunde Billigfeit
und Recht. aten, die verhängnißvolle Gabel 4. Daß nicht Der
Welt ſolch Leiden widerfahre: Göäthe, Warnung. Wenn ibn Un-
glimpf widerführe. Schiller, Wallenſteinss Tod 3, 2;
Begegnen (1. ©. 38, 55) fo zukommen, daß man damit in nahe Be
ziehung oder Bericchrung Eommi. Iuftoßen (f. flogen) von Uebelem umver:
fehens betroffen werben. — Es muß ihnen etwas Großes begegnet fein.
Bellert. Katharina war eine Mutter ihres Volkes, was dem ärmflen ihrer
Untertanen wibderfuhr (es if hier Uebles gemeint), war ihr ſelbſt zu ge⸗
ſtoßen. Schiller.
Willfahren = nad) dem Willen des Andern den ſeinigen be⸗
ftimmen, daß man das, was Dieter Andere will, gejchehen läßt, gleich⸗
fam nah des Anden Willen fahren. — Dem großen Trieb, dem
prächtig ſchaffenden, kanu er dann ungebuuden frei willfabren.
Schiller, Piscolomini 8, 4 _ |
Sulaflen Ci. Iaffen) etwas gefchehen laſſen, wobei man fi entweder
unthätig ober gar leidend verhält, Geftatten (abv. k(g)a(i)statön, mhr.
gestaten, f. Statt bei Rehen) von etwas gefchehen Taffen, daß es Statt
(Raum) habe. Berfatten, ſtärker als geflatten, ohne Ginfchränfung ges
flatten. Bergdnnen (f. gönnen, Bunft ©. 130) aus Zaueigung für den
Arndern geſchehen laffen. Grlauben f. ©. 414. — Bei beirn Majeſtäten
find wir zum Handkuß zugelaffen worden, Schiller, Piecolomini 2, 2,
Graeute Hulvigungen gefiatte mir. Goͤthe, Cugenie 1,5. Rım lit es mög-
Hd, dag gewiffe Dinge In den Baue bes’ Körpers viele Merkmale gar nicht
verflatten. Leffing, Hamburger Dramaturgie 3. SM es einem kehrer
vergönnt, den freien Bingang foldyen Lehren zu geflatten, bie zur Bass
beit umd durch die Wege der Bosheit zur Bervamnmig führen? Mosheim.
Der Prinz vergdnne nur, bag ih mid fo lange mit meiner Tochter Yier
verweile. Leſſing, Emille Galotti 5, 3, Die Welt wird nie das Ghkf ers
lauben, ale Beute wird es nur gehafcht. Schiller, das Geheimnis.
Führen (abd. fuoran, förjan, mhd. vüeren, altf. förjar, ag.
feran, altn. foera, newmiederl, voeren, ſchwed. foera, dän. före)
1) fahren machen, unmittelbar und begleitend (durdy Dabeiſein) Fort⸗
bewegumg geben und deren Richtung beftinmen; 2) ;vermittelfi eines
Fuhrwerkes von einem Drt zum andern fchaffen; 3) an und Dei fi
haben, gewiffermaßen mit fidy fortbewegen, (von Kaufleuten) mit etwas
handeln; 4) einer.beftimmten Richtung folgend verfertigen: zum Graben;
5) anorduen und verwalten: Haushaltung, Hertichaft, Leben; 6) (ver⸗
altet) eine Perfon fpielen. — Stell’ uns die Jungfrau an des Heeres
Spitze! Wir folgen blind, wohin die Böttlihe uns führt! Ihr
Seherauge fol uns leiten. Schiller, Jungfrau v. O. 1, 10. Ueber:
morgen follte ih meine Amalie vor den Altar führen. Schiller,
. 731
Näuber 3,7. Das ich Wolken ober die Erden füre. 2uther, Bibelüberf.
1. Mof. 9, 14. Ein Verſtand, der der Tngend des Herzens nicht aufbilft,
fährt zum Unglauben. Gellert. Aljo nam Moſe fein Weib, und feine
Sime, vnd füret fie auffeinem Ejel. Luther, Bibelüberſ. 2. Moſ. 4, 2.
Gewehne deinen Mund nicht zum fehweren vnd Gottes Namen zu füren.
Derſ. Sir. 3,9. Er führte ein fehr gutes Rappier. Göthe, Leben 9.2.
Bermengen Sie mich nicht mit der Närrin, deren Wort ih führe,
Leſſing. Drum führen wir much das Inftige Leben. Schiller, Bal-
lenfteing Lager 6. Die Perſon, die ich jept führe auf dem Schau-
plab diefer Welt. Logau, Sinnged, 9, 75.
Leiten (f. leiden) die Bewegung eines Dinges befimmen; durch mittels
bare ober unmittelbare Wirkung die Richtung für die Bewegung beſtimmen.
Lenken f. ©. 372. — (Bir Haben) Aber den Abgrund dem Wanderemann
den fihern Steg geleitet. Stiller, Tell 2, 2. Lenk’ ich nicht glücklich, wie
du leitet? Böthe, Fauſt 2, 46. Denn geſchickt iſt bie Hau ſchon lange,
den Zügel zu führen, und das Muge geübt, die künſtliche Wendung gu trefs
fen. Denn wir waren in Straßburg gewohnt den Wagen zu lenfen, ale
ich den jangen Baron dahinbegleitete; täglich rollte ver Wagen, geleietet von
mir, das hallende Thor burg. Goͤthe, Hermanz und Dorothea 6, 804.
Anfühbren 1) überhaupt an etmas führen, beionders mit der
Hand faſſen und einer Sache nähern; 2) auf einem Fuhrwerk herbei-
haften; 3) durch Leitung zu etwas führen: ein Heer; 4) durch Vor»
thun, durch ——— der Art und Weiſe, der Thaͤtigkeit eines An⸗
deren die Richtung beſtimmen; 5) machen, daß etwas (beſonders
Fremdes) an Andere zur Kenntniß kommt (ſ. S. 484); 6) die (ge⸗
druckten, geſchriebenen oder geſprochenen) Worte eines Andern vor die
Sinne bringen, gegenwärtig machen; 7) Jemanden dadurch eine irrige
Vorſtellung von etwas beibringen, daß man ihm davon vormacht oder
ihm vorgemadht wird, mas nicht Das Wirklihe ift, gleichviel ob es
zum Bergnügen oder im Ernfte geſchieht. — Denn freilich diefe wüßt'
ih eh'r als Mufen anzuführen. Göthe, FZuuft 2, 227. Es madıt
den Deutjchen nicht viel Ehre, dag einen anführen, was fonft mit
anleiten ſynonym ift, fo viel heißt, al einen betrügen. Lichten-
berg wigige und fat. Einfälle. Di führte ja dein Vater zu großen
Thaten am. Weiße. Sie hat mid angeführt, dir wird ſie's auch
jo machen. Göthe, Fauſt 1, 105. Wir hatten uns in unſern Knaben»
jahren einauder oft angeführt. Göthe, Leben 5, 6.
An— und verleiten erklären fih aus leiten. Anweifen (f. weifen)
ber Thaͤtigkeit des Anderen die Richtung durch Erkenntniß geben. — Ans
bringen und angeben f. S. 484. — Anziehen (f. ziehen) tft wie
anführen ein beutfcher Ausdruck für citieren (lat. citare = antreiben,
vorladen) zur. Beflätigung nennen, anführen, wird aber befonders dann ges
braucht, wenn ich bloß mit Anführung ihrer Benennung auf eine Stelle hie
weife, — Berloden (ahd. ferlucchön, ferloschte, |. loden ©, 843)
132
durch etwas, was angenehmen ſinnlichen Cindruck macht, cin lehendes Weſen
bewegen, daß es herbei und anderswohin kommt; im Beſondern dadurch Ie
manden zu einem Thun bewegen, welches nicht ſein ſollte und nicht in dejſen
Abficht lag. Betrügen (f. d.) zu Jemandes Nachtheil oder Schaden lass
fhen. Verführen ſ. unten. — Daß ſie von Eltern und Lehrern angemahei
und angeleitet werben, ſich mäßig, verſtändig, ja vernünftig zw betragen
Göthe, Leben 2. B. Auch ich habe zum Tode die Kinder Adams verleitet,
Klovfiod, Meſſias 5, 447. Rommen Sie mir und verleiten Sie mid ao
einmal zu fo einen Frevel! Leffing, Emilie Satotfi 4, 3. Im vierten Theile
des angezogeuen Werks. Leſſtng. Aumuthig follten fie jedoch much foldgen
: Liebedwegen immer meiter uud weiter verlockt werben. Göthe, Meikers
Wanderj. 8, 5. Buhr hin, Berfucher! mi verlockſt du nicht. Uhtland.
Ludwig d. B. 4. Damit ih nur alle unter einander recht beiriegen and
belägen Fönnen. Goͤthe, Meiſters Lehrj. 4, 16.
Ausführen 1) aus einem Orte, Lande führen, ſchaffen, beſonders
zu Wagen oder zu Waſſer; 2) mittelft eines Fuhrwerks ausleeren, tei-
nigen: einen Graben, Teich; 3) ein. Angefangenes bie zu feinem Ende
führen, etwas jo zu Ende führen, daß nichts fehlt, was Dazu gehört.
— Der Story führt feine Jungen aus und lehret fle fliegen. Funke.
Zruthähne führen ihre Zungen nach Nahrung aus. Funke. Der
befte, drolligfte und ausgef ihrtehe Gharatter in dieſem Stücke.
Leſſing. Der Vorſchlag — dem Ritter wohl erſonnen, und wird
nun ungeſaͤumt und klüglich ausgeführt. Wieland, Oberon 10, 54.
Haͤtt' er mit Weisheit und Cifer die That erſt ausgefuͤhrt. Klop-
ſtock, Meifias -4, 600,
Ausrichten (f. richten ©. 197) in bie rechte Richtung bringen, wie
es fein fol. Vollbringen (f. bringen .S. 28) gänzlich zu Eude bringen,
mit dem Nebenbegriff, daß das zu Bollbringenve ſchwer, wichtig if. Bell
führen = gänzlich zu Ende führen. Bollenden (mbb. volenden, von
enden ahb. entön, endjön, entäön, mhd. enden, von Ende goth. andeis,
ahd. anti, enti, agf. mhd. dän. holläud. ende, altf. endi, altn. endir, engl.
,„ end, ſchwed. ände, fanffe. anta; vgl. gr. aryvam, avurav von ae =
vollenden) voll und gänzlich zu Ende bringen, mit dem Nebenbegriff des hoöͤch⸗
Ren Grades der Bollfommenheit durch die legte Arbeit. Bollziehen (ſ
ziehen) einer Willenserklärung zufolge etwas wirflidh machen, es mag mil
telbar oder unmittelbar gefihehen. Vollſtrecken (von reden f. Rreis
hen) unmittelbar vollziehen. — Deine Befehle richtet" ich alle mit eilender
Sorg' and. Klopſtock, Meſſtas 1, 548. Ging’, unſterbliche Seete, der
fündigen Menſchen Erldſung, die der Meſſias auf Erden in feiner Merſchheit
vollendet... Grtbat’s und vollbrachte die große Berföhnung. Dei.
1, 1.7. Mit dem er unnachahmbare Thaten vollführte Daf. 1, 318
Er vollziehe nur den eignen Ginfall des verftorbenen Könige. Schiller,
Wallenſteins Tod 1, 5. Daß er einen andern ſchicke, das Urtheil au Bew
venuto zu vollfireden. Goihe, Benvenuto Gellini 2, 12.
| ol
733
Ueberführen 1) Aber einen Raum, über ein Ding führen; 2)
Yemanden über etwas zu Er⸗ oder Bekenntniß der Gewißheit ver-
mögen. — (Der Strom) überführt mit Steinen und Kies Felder,
Wieſen und Gärten. Göthe, Briefe aus der Schweiz 2. Abthl. Es
führt’ ein Schiff den Leichnam ber zum Land der Väter über. 8.
3. ©. Wepel, der Spielmam. Wenn Sie ihn alfo von der Unhalt⸗
barkeit der Newtonifchen Lehre durch den Augenfchein überführen.
Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 320.
Ueberwetfen (f. weifen) Semanden über etwas vie Gewißheit zu Er⸗
oder Bekenntniß darthun. Ueberreden (f. reden ©. 78) durch Gewandi⸗
heit und gefchichten Gebrauch der Worte mit einnehmenden Borfellungen auf
die Berfon fo wirfen, daß biefe etwas für wahr und gewiß Halte. Ueber⸗
zeugen (mhd. überziugen — durch Zeugen jeder GBinreve benehmen, f. zies
ben) durch Zeugniß Anderer zur Anerkennung der Bewißheit von etwas be⸗
wegen; durch Borflellungen, Gründe Jemanden zu innerlich zweifellofer Aus
nahme und Anerfennung ber Gewißheit von etwas bewegen. — Daun werben
Sie die Bhantafle der Marftichreierei überwiefen haben. Schiller, Fiesko
2, 6. Gr fängt an, und wird uns noch manches vorergählen unb viel übers
reden. Wilhelm ſchwur hoch und theuer, daß er nicht überreden, ſondern
überzeugen wolle. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 18.
- Berführen 1) in die Ferne von einem Orte weg führen, ſchaf⸗
fen; 2) Berftirfungswort des einfachen führen: großen Lärm; 3) un⸗
mittelbar anf Jemanden wirfend ihn zu einem Thun bewegen, das
etwas Uebles ift oder er als etwas Uebles anfieht oder überhaupt als
etwas, was er nicht hätte thun follen. — Wenn gleich dag rohe Ma
terinl nicht in ſolchen Quantitäten als jebt verführt werden konnte.
Heeren, Ideen über die Politik 2; B. a8 verführt du für ein
Geſchrei? Shakſpeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 2, 2. Er verführ
tet (ſetzt fort) den Krieg. alfo lang biß Keyier Ziberius abfordert
alles Bold. Aventinus, Chronit 1580. Bl. 171. Wenn Jemand
verführt oder angeführt wurde. Lichtenberg, Nachtrag zu dem
liter. Bemerfungen. Die (Menfchen), Satan, du verführet haftl
Klopſtock, Meifias 2, 674. .
Die Synonymen f. bei anführen.
Ab —, an—, anf—, aus—, dahin—, daher—, durch —,
empor —, ent—, entgegen—, er—, fort—, ber—, berab—, ber-
an—, berauf—, heraus —, herein—, herüber —, berum—, ber-
nuter— , bervor— , herzu —, bin—, binab—, binan—, hin-
auf—, hinaus — hindurch — hinein —, hinüber —, binnnter—,
binweg —, binzu—, mit—, nach —, nieder—, über—, umber—,
ver —, vor—, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber—,
weg —, zu —, zurüd—, zuſammenfahren/und — führen bedürfen feiner
weiten Erklääͤrung. — Ich hätte Luft um abzufahren. Göthe, Fauſt
1, 115. Als ich von Fluͤelen abfuhr Schiller, Zell 4, 1. Sie
7134
ließ Karin, der fie zum Spaziergange einlud, auf eine fehr ſchnipoiſche
Weile abfahren? Göthe, Uinterhaltungen deutfcher Ausgewanderten.
Der ausgefahrne Hohlweg aufwärts am Berge her nöthigte ums
anszufteigen. Göthe, Campagne in Frankreich 23. Aug. Sie wil
ausfahren und die Stadt bejehen. Leſſing, Minna v. B. 3, 10.
Wie nach einem weggeihmolzenen Nachwinter auf einmal die grüm
Erdendere in Blumen und Blüten hoch aufflattert, fo fuhr m der
warmen Luft der Kreundichaft und PBhantafle auf einmal Albanse
Weſen üppig blühend und grünend aus. 3. Baul, Titan 53. Zub:
ren wir aber jeßt gleich aus (ans der Grube). Grimm, der Berg:
mönc im Harz. Mit einem Munde, bei deffen Schlikung der Natur
das Meffer ausgefahren zu fein fhien. Lichtenberg, Briefe and
England 3. Wir haben des fchönen Lebens öde Küfte nur wie ein
umirrend Räubervolk befahren. Schiller, Biccolemint 1, 4. So
konnte die ganze Ebene bis faſt unter die Mauern von Antwerpen be:
fahren werden. Schiller, Belagerung v. Antw. So fuhren wir
dahin. Schiller, Zell 4, 4. Einem am Weberſtuhl fißenden wohl⸗
gebildeten Mädchen ſtockte das Schiffchen in der Hand, das juft durd
den Zettel durchfahren follte. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 5.
So wie gewöhnlich Männer umher zu einander im Schiff durd-
fahren die Meerflut. Voß, Odyſſee 9, 138, Dem jegt Die ſeind⸗
liche Kugel ftürmend Die Rechte durchfuhr. Pyrker, Tumiſias 9.
Und Schauer durchfuhr ihm die Glieder, Voß. Daß er die Pferde
morgen früh gun Einfabren des Grummets brauche. -- Götbe, ital.
Reife Trient 11. Sept. Als wir nun in die Lagunen einfuhren
Daf. Venedig 38. Sept. Wie einft der Gott. . . mit tonreich hal⸗
lendem Schwanengefpann einherfuhr. Voß, die Deutjchheit. Lenere
fuhr um's Morgenroth empor aus ihren Träumen Bürger, Lenore.
Die Wafler fuhren fihäumend empor. Klopſtock, Meſſias. Der
eheimnißvollen Bruft entfuhr, finnvoll und teuchtend, ein Gedanfen⸗
ahl. Schiller, Wallenfteing Tod 4, 2. Mir entfuhr. in der Hip
die Unbill. Voß, Luiſe 3 a, 500. Er fuhr... . der Stadt, dem
Aufenthalte feines Sohnes, entgegen. Göthe, Meifters Banden].
2, 3. Erforfche mid) Gott, vnd rare (prüfe) mein Hertz. Luther,
Bibelübert. Pi. 139, 23. So muß id um Vergebung bitten, Daß ih
mehr erfuhr, als ih erfahren durfte, Schiller, Don Karlos 4,4
Die feine Großmuth und jeiner Sitten Freimdlichfeit erfahren.
Schiller, Wallenfteind Tod 4, 10. Sie würden democh erfahren,
Daß gefchieht was geſchehen fell! erfahren, dag über den Gräben
Leben wohnt; wie flaunend fie auch die Erfahrung erführen
Klopſtock, Meſſias. Kung und leber it jhm erfaren (difluxerunt).
Prompt. v. 1618. Wenn er dark himmliſche Wunder die Erde zu
fegnen fortfährt. Klopſtock, Meſſias 4, 22. Nur weiter (im Reben)
fortgefabren! Schiller, Piccolomini 2, 7. Daß mit fie deu Pfnw
re
438
den gefahren (verfihren), wie. Recht umd Landabrauch iſt. Lori,
Lechrain v. 1616. Die hauptiächliche Abficht, warum der Hof um
ſechs Uhr Abende vorgefahren kam, war die, um zebn- Uhr recht
ärgerlich wieder heim zufahren. 3 Pant; Heſperus 21. Der
Bageı meiner Schwefter, in weldyem meine Leute bergefahren
find, ift noch hier. Göthe, Meifters Lehrj 8, 2. Gott lies Jacob
hoch herfahren (ſich betragen) auff Erden. Luther, Bibelüberf. &
Mof. 32, 13. Laßt berfahren chefannt werden) den Anichlag bes
Heiligen in Iſrael. Daf. Eſ. 5, 19. , Em Weihaltar war fein er⸗
nes Leben, auf den.berab die Flamme Gettes fuhr Ziedge,
sania 5. Wie ein Fall, der ſchnell ans den Lüften herabfährt.
fer, Tunifias 2. Houwald Hingegen fam berangefahren
aten, rom. Dedipus 4. Als wir and Kondi berausfuhren.
Göthe, ital. Reife St. Agata 24. Febr. 1787. Sobald ich zu ihm
fam, fuhr er gleich mit wilden Worten heraus. Göthe, Benvenute
Kellimi 1, 11, Wie ein unfterblicher auf ri Wolfen bernieder-
fährt. Schiller, Maria Stuart 5, 7. Welche (Fuhrwerkle) vom Ber
netianifchen Palaft au der linken Seite herumfahren. Göthe, röm.
Carneval. Ein Mann, der beftändig im Ruderſchiffe herumfährt.
Voß, Odyſſee 8, 161. Da man ihn nicht abgehalten hatte, in der
Belt hberumzufahren. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 3. (Er) fubr
ir den Raum des Heltes herunter Pyrker, Rudolph 8. Seine
Abficht war, hervorzufahren. J. Paul, Hefperusi. Fahr bin,
shnmächt'ger Stolz ber edeln Seele! Schiller, Maria Stuart 3, 4.
(Sch) fand am Steuerrnder und fuhr redlih hin. Schiller, Tell 4,
1. Wo auch die andre Heldenſchaar der Achaier in räumigen Schif⸗
fen hinauffuhr. Voß, Odyffee 1, 211. So wir fuhren heut
binaus, fchren vergmügt und reich nach Hand. Göthe, die Fiſcherin.
Hinansfuhr frachend die Angel. Pyrker, Tuniſias 8. Indeſſen die
Masten fi) vermehren, - fahren die Kutichen nach umd nach in ben
Corſo hinein. Göthe, roͤm Karneval. Hier muß er grimmig anf
einen Mohren losfahren. Goöthe, Novelle. Ach wollte fie hätten
euch alle zum Zenfel gejagt, und wenn ich bätte mitfahren follen.
Göthe, Leben 3, B. Fahren Sie mir nicht fo übel mit. Gellert. .
Bei dr Jungs nachfahrender Meberlegung mußte ich fühlen, daß
jedes rt die De nur vermehren würde. Göthe, Meilters
Wanderj. 3, 13. Wan entichloß ſich nachzufahren. Göthe, Mei-
ſters Lehrj. 7, 5. Dem (in- die Unterwelt Riederfahrenden nicht
folgend. Schiller, Braut v. M. Ich fahe einen Engel niderfuren
vom Himel. "Luther, Bibeläiberf. Offenb. 18, 1. Wo einer Kähne
angebunden war, mit denen man überzufahren pflegte. Göthe,
Wahlverwandtichaften 2, 10. In Trier angelangt, fanden wir die
Stadt vorn Truppen — von allerlei zJuhrwerk überfahren.
Bötbe, Eampagne in Franfreih 23. Aug. Daß er den Bund bes
736
Herrn vberfaren Tübertreten) bat. Luther, ibeläherf Sof. 7, 15.
it einer überbinfahrenden Schweſter. Göthe, Meiſters an
derj. 1, 9. (Er) ergögte fih wahrhaft an dem ruhigen Anfcyauen
der femen umberfahrenden Betriebfamteit. 3. Paul, Siebentäs
8 Raſtlos fuhren die Boot’ umber. Pyrker, Zunifiag 3. Be
die anfommenden Kiften und — eh untergefahren werden.
Goͤthe, Meifterd Wanderj. 3, 3. Er wollte nody etwas fagen, aber
fein Bruder unterfuhr ibn, J. P Baul Mein — ſoll vor⸗
fahren. Schiller, Fiesko 1, 4. Zwiſchen die Räder des voraus⸗
fahrenden und die Deichfel und Pferde des nachfahbrenden Wa—
gend. Göthe, röm. Carneval. Manche Klippe Fährt dein Liebſter
noch vorbei. Göthe, an die Erwählte, Auf a ( an Bers
wundete bei uns vorbeigefahren wurden. Göthe,
Indem er die übrigen (Sterne) nur al$ vorüberfahrende —
pen behandelte. Goͤthe, Leben 11. B. Ein Nachen fährt fo eben
drunter (unter dem Regenbogen) weg. Schiller, Tell 2, 2. Seitdem
mir. Odyſſeus wegfuhr fammt den (teiden gen Ilios. Voß, Ylias
17, 108, Dede, wüſt und zerfahbren lagen die Anger. Göthe,
Eampagne in Frankreich 22. Det. Springgläfer, die den Hammer
vertragen und nicht eher in taufend Splitter zerfahren, als bi
man die Kleine Spike abbricht. 3. Baul, Titan 33. Als. en Schuß
fiel, worauf die Hufaren fogleih zufuhren, die nächte Umgebung
in "unterfuchen, Göthe, Kampagne in Frankreich 30. Aug. Deu
Örtel zugefahren! Schiller, Tel 1, 3. (Sch) fahre ——
vor mir felbſt zurüd. Schiller, 9, 2% Ich fuhr über den
Glanz zujammen. J. Paul, Titan 43. — Es würde und hier zu
fehr von unferm Zwecke abführen. Göthe, röm. — Der
Tell gefangen abgeführt nach Küßnacht. Schiller, Tell 4, Um
feine Schmefter von den Blumen abzuführen 3. Paul, — 50.
Und iſt Melampo (ein Hund) ſo — abgeführt (abgerichtet)?
Hoffmannswaldau, getreuer S chaͤfer 50. ı Er) packt feinen Kram vom
Perlen und Rubinen hübſch wieder ein und führt fich ab (entfemt
fih). Wieland. (Es) wurden Eoncerte und Oratorien bei ihm anf»
geführt. Göthe, Leben 2. S Die darin (im Staatsrechte) aufs
a Perſonen. Daf. 7. B. Sie (die Freude) führt dem
anz des jungen Lebens auf. Ziedge, Urania 4. Ih hoͤrte,
hättet euch vor meiner Thür unartig aufgeführt. Shakſpeare, was
ihr wollt 1, 5. Bei der Hand im Zriumphbe daher zum Meſſias
geführet. Klopftod, Meiftas 4, 1025. Peine Gedanken durch⸗
uführen. Göthe, Meiſters Wanderj. 3,3. Indem er mich in ver⸗
— Ortſchaften und Familien t eils perſoͤnlich, theils durch Em⸗
pfehlungen einführte. Goͤthe, Leben 10. B. Eine neue Ordaumng
der Dinge führt fih ein. Schiller. Daß meine Hand aus des Cua⸗
poͤrers ——— Dienft zu lohnesreichem dich emporgeführt.
737
Uhland, Herzog Ernſt 1, 2. Daß der einnehmende Lothario fie (Lu-
cia) ihm entführt. Göthe, Meifters Wander. 3, 14. Es wurde
viel Holz von dem Wafler entführt. Bluntſchli. So wird aud
feine Zeit dir diefen Ruhm entführen Hofmannswaldau Er
wird dich) deinem Meſſias entgegen zu feinen Umarmungen füb:
ten. Klopftod, Meſſias 3, 515. Ertragen wir’s, daß man ihn
fortführt, frech, vor unſern Augen? Schiller, Zell 3, 3. Wie
famt ihr durch das Waſſer, da doch der Strom die Brüden fortge-
führt? Daf. 4, 3. Da im beiteren Glanze der Somne fie von dein
Achrenfeld beimführen den Segen des Sommers, Pyrfer, Tunſias
5. Der führt fie heim cheiratbet fie). Shakſpeare, die lujtigen
Weiber von Windfor 3, 2. Das war es, was mich bergeführt..
Schiller, Don Karlos 2, 12. Ans granenvollen Winkeln führe nicht
mir der Geipenfter dichte Schaar heran. Göthe, gene 3, 4. Halt
du ihr einen Heroen berauf zu führen geboten? Göthe, röm.
Elegien 7. Der Landvogt führt ihn felbft den See hera uf. Scile
fer, Tell 4, 1. ine beffere Zeit herbeizuführen. Göthe, Leben
7. B. Auch mir führt, unter Tauſenden, Das reihe Schiff aus Ins
dien Gewürz und Spezerei und Sabas Bohnen mit herbei. Bürger,
Danklied. Führ’ ihn (den Fremden) herein. Schiller, Tell 5, 2.
Ich führe mit mir beut Abend berüber den Schultbeiß. Platen,
die verhängnißvolle Gabel 3. Das (Kältchen) er ohnehin nicht gern
auf der Reiſe mit fi herumführen wollte, Göthe, Meifters Wan⸗
der. 3, 12. Aber wie ihn das Fräulein in der Gallerie herum—
führte. Schiller, Räuber 4, 3. Er führe mid nicht in das Ges
riht Hin. Klopſtock, Meſſias 5, 123. Hat der Sturmwind fie hin—
abgeführt? Schiller, Jungfrau v. D. 5, 12. Oder ih führ es
hinaus, was meine Weisheir mir eingab. Klopftod, Meſſias 2, 611.
(Der Wind) führte die Schiffe auf die unendliche Fläche hinaus.
Byrker, Zunifias 3. Ich führe auf platten Marmorboden dich hin-
ein. Göthe, Eugenie 1, 5. Den einfältigen 2ejer binterführen
(bintergehen). Ungenannter bei Campe. Bleich, wie die jammervollſte
der Mütter, führte den Sobn an dem Todeshügel fie langſam hin—
unter. Klopſtock, Meſſias 12, 234. Führe deine Heere hinweg
von meines Baterlandes Boden. Schiller, Jungfrau v. ©. 5, 9.
Dort ſchifft er bin und führt im Schiffe fein Berbrechen mit.-
Schiller, Tell 4, 1. Aud die Spor'n, die wir mitführeten. Bor-
fer, Rudolph 2. Ich ließ mir von meinem Knechte das Pferd nad=
führen. Göthe, Benvenuto Gellini 3, 8 NRüdgeführt in den
Saal! Göthe, Götz v. B. 1. Laßt fie vorführen. Shakſpeare,
viel Lärmen um nidts 4, 2. Als der Goldfiſch mit dem rechten Arme
Babetten. und mit dem’ linken Albano, zum Effen vorausführte.
5% Paul, Titan.16. Dies- it Das Lenkſeil jet, das meinen Pracht⸗
minen mit Uebermuth vorbei die Neuverlobten Führt... Thümmel.
738
Genug, daß ih. fie cdie Wetterwolke) fHll an dir vorüberführe.
Schiller, Don Karlos 4, 6. Wag's, ihn aus unfrer Mitte wegzu-
führen! Stiller, Zell 3, 3. Iſt daz daz haus zefurt (zeritört)
wirt. Mon. boica 18, 58. Ich will deinem Willen folgen, vielleicht
führft du mid, ödern Gegenden zu. Geßner, Führe deinem Herrn
dein Weib und deine Tochter zu. Voß, ZTrinklied für Freie. Des
Weges, den du verwüſtet batteft, zurüd dih führte Klopftod,
Meſſias. Was iſt's, Das die drei Völker des Gebirge hier an des
See's unwirthlichem Geftade zufammenfübhrte in der Geifterftunde?
Schiller, Tell 2, 2.
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Iufammenfeßungen, 3. B. Ein
Herz hochfahrendes Geifles. Voß, Ilias 9, 629. Wenn die Luftfahrenden
ufammen ſprechen. Goͤthhe, Farbenlehre 129. So zeug man jagend unb reitemb,
! hlittenfahrend und lärmend von einem Gute zum andern. Göthe, Wahlvers
wandtfchaften 2, 5. Der bogenführende Schußgott. Gedike. Den Troß ver
fährſchiffführenden Wägen. Byrfer, Tunifias 8. Die ſtimmführen den
gelehrten Forſcher. Göthe, Windelmann 2. Der wortführende Aldermaum
une, Gelehrtenrepublif. Die zepterführenden Fürſten. Bürger, Ilias
Erfahren (i. S. 389%, Erfabrenbeit find einfah und im
Zuſammenſetzungen gebräuchlich — Der allerfabrne Hephäſtos.
Doß. A deſſen alterfahrnen, vielen Siun verfuüpfenden Ge-
fprächen Götter jelbit, wie an Orakelſprüchen, ſich ergepten? Göthe,
Aphigenie 1, 3. Der Kampferfahrne gedachte jebo der Liſt.
Pyrker, Zunifias 10. Ein ruhmgekröntes friegserfahrnes Haupt.
- Schiller. Welchen (Palaft) er felbit fi erbaut mit den kunſter⸗
fahrenften Mämtern. Voß, Ilias 6, 314. Dem leidenerfah-
renen Süngling. Pyrker, Zunifius 8 Der ſchlachterfahrne,
tapfre Feldherr. Pyrker, Rudolph 3. Auch die Troer find ftreit-
erfahrene Männer. Voß, Odyſſee 18, 261. Eurydamas, ein
traumerfabrner Greis. Bürger, Ilias 5, 149. Begleiten ſoll
uns der Aerzte vielerfahrenfter. Göthe, Eugenie 3,4. Jung feid
ihr, und brav und tapfer; aber noch nicht welterfahren. Herder,
Eid. — An Grimm und Stärfe war und an Erfahrenheit mem
Gegner offenbar mir überlegen. Wieland, Oberon 1, 57. Viktor er-
ftaunte über ihre dem Geſchlecht und der Welterfabrenbeit gleich
fehr eigne Kunft. 3. Paul, Hejperus 4. Ich ſchaͤme mid der Un—
erfabrenheit und meiner Jugend nicht. Göthe, Taſſo 2, 3.
Fahre, die, (ahd. diu vara, mhd. var — Fahrt, Reife) Furche,
Fahrt, Fuhre, auch Fähre, gehört befonders der Volksſprache am.
Das Fahr (ahd. mhd. daz var) Anfahrt, Landungsitele. Die
Fähre 1) ein großes, flaches Fahrzeug; 2) derjenige Ort an einem
luffe, wo man überzufahren pflegt. Fahrnuß = das bewegliche
igenthum ift veraltet; fahrig (ſelten); fahbrbar; Fahrung um
m .einigen Zuſammenſetzungen gebräuchlich. Fahrer (früher aud
739
Faͤhrer, abd. feräri = Nuderer) einer der da fährt, befonders in
Anfammenjeßungen gebräuchlih. Berge (ſchweizer. fergen = fort»
ſchaffen, abd. ferjan — führen, ſchiffen, ferjo — Fährmann, mhd.
vern aus farjan — überſetzen) Fährmann, Schiffer; gewöhnlich ſteht
dafür in hochd. Schriftſprache Fährmann. — Die Fähre, die uns
über den Rhein brachte. Göthe, Leben 13. B. Kein Schiffer len—
fet die Faͤhre. Schiller, Bürgſchaft. Unter Hausfahrnuß follen
nit alle bewegliche Sachen, jondern allein der Hausrath als Leinwand,
Bettgemand ꝛc. verjtanden werden. Schmeller 1, 548. Einer bei
und, der Kahrige genannt. Göthe, Meifters Wanderj. 8, 8. Hef-
tig wogete der See und war nicht fahrbar. Schiller, Tell 2%, 2.
Den Hafen für große Schiffe anfahrbar machen. Seume. — Ich ge-
langte au Erfahrungen, die mir ganz neu waren. Göthe, Meifters
Kehrj. 6. Mangelnde Kriegeserfahrung Voß, Ilias 2, 368.
En Mann, der mit Gefühl, Verftand, mit Kunfterfahrung Men-
ſchenkenntniß paart. Bürde. Weil ich lieber die Güte, als eine ſtrenge
Berfabrung brauche. Eimplicifimus 3, 3. — (Wir hatten und ent⸗—
ſchloſſen) mit dem franzöfiihen Kauffahrer die Rüdfahrt abzufchlie-
Ben. Göthe, ital. Reiſe Meſſina 13. Mai 1787. Küſtenfahrer
von zwanzig Tonnen, und drüber. Ebeling. Das find Abenteuer äl-
terer, unfähiger Schifffahrer. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 199.
Er gewinnt Anfeben und Namen unter den Seefahrern. Göthe,
Meifters Wanderj. 2, 12. Eine Anzahl von Wallfabrern..
batten ung eingeholt. Göthe, St. Rochusfeft. Deine Fergen werden
vrıbfomen. Luther, Bibelüberi. Sec, 37, 27. Um Gottes willen,
Faͤhrmann, euern Kahn! Schiller, Tell 1, 1.
Mit Erfahrung (Gewißheit der erlangten” Kenntniß von Thatfachen,
um aus benfelben allgemeine Wahrheiten abzuleiten) IR Beobadtung (f.
beobachten S. 488) finnverwandt: ein verharrendes und forgfältiges Rich⸗
ten der Sinne oder des Geiſtes auf etwas, fo wol um zu näherer Kenntniß
diefes Gegenſtandes mit Benauigfeit zu gelangen, als au, bei erlangter
Keuntnig, um zu daraus abgeleiteten Wahrheiten zu gelangen.
Borfabe (auch Borfahrer) 1) eine Berfon, welche vor uns
— bat (gewöhnlich im Plur.) im Gegenſatz von Nachfahr, Nach—
ommen; 2) eine Perſon, welche vor uns in unſern äͤußern gegenwar—⸗
tigen Verhaͤltniſſen, — in unſerm Amte war, fie mag nun geftorben
fein oder nicht. — Damit und die große und riefenmäßige Gefinnung
mierer Vorfahren zur Anfchauung gelange. Göthe, Leben 9. B.
Da doch nach einer allgemeinen Annahme ein König nicht fticht, und
mithin Vor⸗ und Rahfahrer zu Einem Manne in einander ver-
wachſen. 3. Paul, Heiperus 8. So tritt der Priefter in Der Reihe
feiner Borfahren und Nachfolger ... um fo herrlicher auf. Göthe,
Leben 7. B. Dein Vorfahr (im Amt), fprach er, war nur viel
47%
740
zu kalt. Leifing, Nathan d. W. 1, 3. Wie ein dankbarer Nach⸗
fabr jeine Verdienſte feiert. Göthe, ital. Meile Girgenti 36. April.
Daß fam denn freilich ihren Nachfahrern zu: gute. Götbe, Cam
pagne in Frankreich Münfter Nobr. 1792.
Voreltern (von Eltern, bei S. Brant im 15. Jahrh. elttern, Kom
parativ von alt, goth. alds, ahd. mhd. alt, altf. altfrief. ald, mittelwieterl,
neunieberl. oud, meunieber). old, öl, Al, agf. eald, engl. old, eigeailid
Bartic. Bräter. von altn. ala — nähren, goth. aljan — fett made;
vgl. lat. alere = nähren) infofern wir von ihnen abſtammen. Ahnen (don Ahr
und Ahne ahd. Ano, weibl. Ana, mhd. ane, ene, an) bezeichnen gemöhnlid abe
lige Boreltern, Borfahren können ſchon mit den Eltern, Boreltern ud
Ahnen aber erſt mit ven Großeltern beginnen. — Seltener unb- alterihiw
liyer find die Altvordern «ahd. alte fordoron, mhd. altverdern) za
Vorvordern. — Dergleihen unzerftörliche hoͤchſt adytungswerihe Crinne
rungen an die Boreltern find es, um derentwillen wir die Fehler ber Rad
kömmlinge verzeihen. GBöthe, nachgel. Werke 9, 192. Der deines gtohen
Ahens gedenken wird. Schiller, dem Erbprinzen von Weimar. Daf ka
Bruder, Don Garzia, aus dem Kerfer in das Grabmal feiner Ahnen wer
derte. Herder, Eid 37. Unfere ehrlichen Altvordern. Wieland. Wie ma
nicht allein das von unfern Borvordern Geleiſtete zu ſchaͤgen weiß. Bike
Leben 9. 2.
Fahrläſſig (wol von mhd. varn lagen = fahren laſſen, auf
geben, vergeſſen) nicht Die gehörige Thätigleit anwendend, weil man
nicht die Aufmerkſamkeit auf den Gegenftand der Zhätigfeit vereinigt
und feithält, ſondern fle von einem Gegenflande auf den andern ur
bedachtſam übergehen kißt. — Wenn wir nicht fabrläffig. geringeren
Preis nur gewinnen. Voß, Ilias 23, 413. Nun aber efelten ſich
die ſtrengſten ſittlichen Forderungen an ſich und andere zu der größten
Fahrläſſigkeit im Thun. Göthe, Leben 14. 2.
Saul (goth. füls, ahd. Nvyul, mhb. vol, agf. fül, altu. füll, nensie
derd. ſchwed. dan. fül, engl. foul, nach Gaugengigl mit voll verwankt,
faul, flinfend, als Folge der Fülle; Wackernagel möchte das Wort mit gr
vor = E@iter, averv —= verfaulen machen, lat. pus — Giter, puterd =
fanl fein, pudere = ſich fchämen zufammenftellen) urſprünglich verborhen,
ekelhaft, fpäter Häßlich, fchmupig, bösartig, flinfend, träge und zwar trägt
im höchften Grad als innere Verderbtheit, innere Schlechtigkeit, die ſich I
zur gänzlihen Nichtanwendung der Kräfte fleigern kann. Träge (ab.
träki, mhd. treege, altu. tregr, ſchwed. trög, bolläud. traag; vgl. et.
rgayvg = taub, heftig, zornig; altf. tregan = unwillig fein, agf. tregiaa
— plagen) urfpränglich unmwillig, beſonders gegen die Arbeit, dann langiem
Dazu, weil das Gubjeet fich nicht zur Thätigkeit beſtimmen will, oder es zidl
vermag. Laß (f. Taffen) zurückſeiend, zurückbleibend aus Unthätigkeit.
. Davon läffig, dem’ das Laßſein eigen iR. Nachläffig unthätig oder ofet
Aunſftrengung bei der Thätigkeit and Mangel an Wufmerkfamfeit und GSorgfell
ws 741
° auf ben Gegenſtand der Ehatleit Berdroffen (. verdrießen) anthätig
oder der Thaͤtigkeit abgeneigt ans Mißſtimmung an dem, was man thun ſoll,
eſonders · wenn dies auhaltende Thaͤtigkeit erfordeit, ſich Yang hinzieht und
dadurch beſchwerlich wird. Phlegmatiſch (gr. plsyuarıxög, von pAdyıa)
eigentlich an zähem Schleim leidend, dann unthätig ober der Anflrengung ab⸗
geneigt aus Unempfindlichkeit gegen alle. Bindräde, gegen allen Reiz zur This
tigfeit. — Wer aber recht bequem iR und faul, flög’ dem eine .gebrat'ne-
Taube in’ Maul, er würde höchlich ſich's verbitten, wär fie nicht auch ges
ſchickt zerfchnitten. Bäthe, Sprichwörtlih, Was fchlummerft bu? die träge
Kat ſchickt ich für Helden nicht. Gleim. Keiner, von Trägheit laß, ent«
- zieht den Gefahren der Schlacht fi. Voß, Ilias 18, 225. (Er war) uns
läſſig zu ſtreiten im Jeld und zu fämpfen. Daf. 11, 12. Nun entfinft ans
läffiger Hand dem Künſtlet der Hammer. Zacharia. Daß die Stimme, bie
" geringfügigere Perioden fchnell herausftößt, flüchtig und nachlaſſig darüber
hinſchlüpft. Leſſing, Hamburg. Dramaturgie 8. Werdet nicht verdroffen
guts zu. thun.. Luther,” Bibelüberf. 2. The. 3, 14. Go drohet auch bei
‚ vhlegmatif 4 en Kinbern große Munterkeit Ausbruch der Boden. J. Paul.
Titan 58
Binfährig ‘(von willfahre n) nad) dem Willen des Andern
gern den feinigen.beftimmend, indem man Das, ‘was eben der, Andere
will, wirklich ausz A beginnt." — Ich weiß, was Dir die Königin
angefonnen: fie hofft, daß deine ruhmbegier'ge Jugend willfähr’ger
fein wird, als mein flarred Alter. Schiller, Maria Stuart 2,7. Kei⸗
ner fei unwillfährig bei abgejchiedenen Zodten. Voß, Ilias 7, 409.
Gefaͤllig (ahd. k(g)eftv)ellic, mhb. gevallic, gevellic, ſ. &. 233, 487)
früher angemefien, paßlich; dann was Gefallen bat, wer Anbern gern Ge⸗
fallen erzeigt. Billig (f. ©. 24) in feinem Willen duch den Willen bes
Andern leicht geneigt, zu deſſen Beilem etwas zu thün ober zu laflen. Ber
reitwillig (ſ. bereit ©. 750) fogleih bereit, dieſes Williafein auszu-
füheen. Erbdtig (f. bieten) diefe Neigung durch Erklärung fund gebenv.
Die genannten Syn, laffen unbeſtimmt, ob das Thun oder Laſſen wirklich ges
ſchehe oder nicht. Daß daeſelbe wirklich gefchehe prüden, außer willfährtig,
ans: Dienftwillig (f. dienen ©. 273) = Willen zum Dienft habend ;
dienffertig = ſogleich fertig, thätig zum Dienfle; dien ſteifrig (f. Eifer
&. 753 Anm. 3) = Eifer dabei vffenbarend. — Du zu Wort und That ge:
fällig. Voß, Begräbnißlied. Und bil du nit willig, fo braud’ id
Gewalt. Goͤthe, Erifönig. Die Leute fehienen bereitwillig, ihn für den
verheißenen Lohn mac) der verlangten Gegend zu fahren. Novalis, Heinrich
von Dfterbingen 1, 2. Ich zeigte fogleih bie größte Bereitwilligkeit
ihnen aufjuwarten. Böthe, Leben 15. B. Dir zu jedem Dienſt erbötig.
Böthe, Fauſt 2, 158. Eine Matrage, welche der dienſtfertige Vetturin
dem Wirthe weggeſchwatzt hatte. Böthe, ital. Reife Meſſtna 10. Mal. (Br
praft) die Dienftfertigkleit der Mädchen am Brunnen. Gäthe, Leben 4.2.
Fahrbahn, — bogen, — buch (beide im Bergwejen), —damm,
J
742
— gebühr, —geleife, —genoſſe, —gut, —Tappe (im Bergbau), —kar⸗
pfen, —kummet, — küttel, —leder (bei. den Bergleuten), —lehen,
—maus, —nagel, —recht, —riemen, — ſchacht, — ſeſſel, —ſteiger,
—ſtoß (beide im Bergweſen), — ſtuhl, — trenſe, —zins u. a.; Faäͤ(ca)hr⸗
beſtänder, —geld, —gerechtigkeit, —herr, —knecht, — leute, —meiiter,
—ordnung, —pacht, — paͤchter, —ſchiff, —tafel, —zoll n. a; An—
fahrgeld, —ſchacht; Ueberfahrgeld, —lohn, —nachen, — ſchiff,
—ſchiffer; Erfahrungsarzt, —beweis, —kunde, —mäaͤßig, — ſatz,
—ſeelenkunde, —feelenlehre u. a; Verfahrungsart, —lehre,
—weiſe. — Das Fahrgeld für die erſte Station nach Somailles.
Thümmel. Ich ließ um fo eher aus der ſchrecklichen Fahrleiſe hin—
abwärts ausbiegen. Goͤthe, Campagne in Frankreich 6. Sept. Es
bat ihnen beliebt, mich und meine ehrlichen Bemühnngen häufig zum
Fahrmittel ihres Witzes umd Unwitzes zu machen. Campe Als
fie fi) nunmehr der Fahrſtraße näherten. Göthe, Meiſters Wan⸗
derj. 3, 11. Wo zwei Infeln dus Flußwaſſer verengten ... und ein
gefährliches Fahrwaſſer zubereiteten. Göthe, Wahlvermandichaften
2, 10. Den allgemeinen Fahrweg der Gedanken betrete Deine 3ei-
tung nicht. Schiller, Don Karlos 2, 4 Es fandten mir Fahrwind
Himmliihe. Voß, Odyſſee 4, 585. Da unfer Schiff ein türkiſch
Fahrzeug fing. Göthe, Fauſt 1, 154. — Auch noch Anderes möcht
ih euch gern mitbringen zum Fährlohn. Voß, Odyſſee 15, 448.
Erfahbrungsbegriffe haben ihren Boden in der Natur, als dem
Inbegriff aller Gegenflände der Sinne Kant. Erfahrungsfülle
habt ihr wohl gewonnen. Erfabhrungswefen! Schaum und Duft.
Göthe, Fauſt 2, 100. Das Innere der Dinge liegt außer unjerm
Erfahrungsfreife. Ungenannter bei Campe. Nicht ja erfab-
rungslos weißag’ ich es, nein wohlfundig! Voß, Odyſſe 2, 171.
Aus dem Reiche des Denkens in das Erfahrungsreich. Goͤthe,
Briefwechjel mit Schiller 4, 1%: Ein erfahrungsreihes Leben,
Ungenannter bei Campe. — Daß fie fih in diefe Berfahrunge:
art zu ſchicken wiſſen. Göthe, Meifters Wander. 3, 3.
Fahrt (ahd. fart, mhd. vart, altf. farth, altn. feerd), 1) der
Zuftand und die Handlung, da man den Ort verändert, Gang, Reiſe;
2) dasjenige, worauf man fährt, gebet oder reitet: über einen Ader,
Leiter im Bergbau, Gang oder Höhle eines Thieres unter der Erde;
8) dasjenige, woran man den genommenen Weg erlennt, Spur, be-
ſonders in der Iägerfprache, fonft auch und zwar gewöhnlicher Fährte
(mbd. verte), auch uneigentlih; 4) fo viel ald man auf einmal auf
einem Fahrzeuge oder Fuhrwerke fortbringen fann; 5) Die Zeit, da
man fährt; 6) (veraltet) an, auf der Fahrt — im Begriff, auf dem
Wege fein; 7) (veraltet) in Verbindung mit Zahlwörtern das Mal. —
Sie haben eine leihte Fahrt. Schiller, Zell 2, 2. Bon eurer
Fahrt ehrt fich’s nicht immer wieder, Daf, 1, 1. Es bracht’ ihn
743
frühe zur traurigen Fahrt (zum Tod). Goͤthe, Reineke Fuchs 4, 26.
Was ich unter der Hand wieder auf der Fahrt (Spur) habe, iſt feſ⸗
felnder. Ungenannter bei Campe. Darauf antwort im Neydelhart
mit Eugen worten an der fahrt. Theuerdank. Die jungen Kriegs⸗
leut haben fich allweg zwier (zweimal) ein Tag vben (üben) müſſen,
die Alten ein fart (einmal). Aventinus, Chronik 1580. BI. 108.
Wie der König iſt geart, fo balten fich auch jder fart (jedesmal) fein Diener.
Ringwald, die lautere Wahrheit. — Wie er (der Hirſch) mit Schweiß
die Fährte färbt. Voß, Junker Kord 56. Grad’ auf dem Weg
nad) Regensburg zum Schweden ergriffen ihn (den Sefin) des Gallas
Abgeſchickte, der ihm ſchon lang’ die Fährte abgelauert. Schiller;
Ballenfteind Tod 1, 2. — Sie batend dringt der Abfahrt Stunde
u ‚befchleunigen. Göthe, Ipbigenie 4, 4 Man entihloß fih, das
—* aufzuheben, und eine ſaufte Ad» und Auffahrt zu veran⸗
Kalten. Göthe, Leben 5. B. (Nachdem der Gefandten) jolenne Ge-
fammtauffahrt den 6. Febmar ftattgefunden. Göthe, Leben 5. 2.
(Daß nicht) fruchtlos ende die Ausfahrt Voß, Odyſſee 3, 316,
Hemmeten nicht Hobliveg’ ‚und verfchneiete Gründe die Durchfahrt.
Voß, 70, Geburtstag 26. Die Einfahrt in den Canal Grande.
Göthe, ital. Reife 29. Sept. Oben an der Einfahrt des Schadh-
te. %. Paul, Zitan 55: Was auf unferer Hereinfahrt vom
Balle geicheben ift. Goͤthe, Werthers Leiden 1, 19. Juni. Die Hin-
fart (der Tod) der Gerechten. Luther, Bibelüberſ. Weisheit 3, 3.
Kuriere unfere Niederfahrt melden. Schiller, Räuber 1, % (Wir
hatten uns entichloffen) mit dem franzöftfchen Kauffahrer die Rück⸗
fahrt abzuſchließen. Göthe, ital. Reife Meffina 13. Mai 1787.
Ueberfahrten und Buchten. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 7. Die
Ueberfahrt wird für einen Kreuzer gar behaglich genoffen. Göthe,
Leben 1.3. Da nun die Umfahrt im Earneval in Derfeiben Straße
und nach ähnlichen Geſetzen geſchieht. Göthe, röm. Earneval. — Und
beide hatten ſich in dieſen Abenditunden zu einer Betefahrt freud-
nadhbarlich verbunden. Wieland, Dberon 2, 32. Die erfchlaffte die
dauernde Heersfahrt'). Porker, Rudolph 3. Die lange Heim-
fahrt (der Tod) fteht euch bevor. Göthe, Reineke Fuchs 4, 260.
Er fang die traurige Heimfahrt, die den Achaiern von Troja ver-
bängete Pallas Athene. Voß, Odyſſee 1, 327. (Er) entbot Europas
Völfer zur Heldenfahrt. Pyrker, Tuniſias 2. Iſt der Erdfall
eines fortiinfenden Bdjewichts denn nichts, als eine verborgene Him-
melfahrt deſſelben? J. Paul, Hefperus 23. (Marcions) Sekte
ließ durch Ebrifti Höllenfahrt alle Böſe aus der Hölle kommen.
3 Paul, Titan 46. An diefem Herzen endet meme Irrfahrt.
1) Früher war von Heerfahrt auch ein Berbum im Gebrauch: Si wöllent
herverten ze Wormz an dön Rin. Nib. 148, 8.
.»
Ä 144. '
—— — — ———————————
Schiller, Jungfrau v. D. 8,.3. Die herkoͤmmliche Kreisfahrt
duch das gefittete Europa. Göthe, Meſſias Wanderj. 1, 11. Rum
flellten Kreuz- und Qüerfahrten. an. Dal, 2, 8. (Seit) der
aͤngſtlichlabyrinthiſchen Kummerfahrt. Göthe, Fauft 2, 219. (Was
mir an) Spaziergängen und Landfahrten zu Theil ward, Göthe,
Tag- und Suhreöhefte 1801. Da er doch für Albanos frohe Le⸗
bensfahrt ein günftiger Seitenwind war. 3. Paul. (Der Kahn)
auslief, felbft wann es wallte, zur Lujtfahrt oder zum Angeln
Boß, Luiſe 1, 105. Und jauchzt ihm ... die Wünfche. der günfigen
Meerfahrt nah. Pyrker, Zuniflas 3. Zu dem (Gnadenbild) der
frommen Pilgerfahrten viel geſchahe. - Schiller, Jungfrau v. O.
1, 10. Den ic) auf diefe Probefahrt mitzunehmen gedenke. Göthe,
Meifters Wanderj. 1, 9. Aber wer weiß, ob er felber nicht .auch mit
dem. Leben ‚die Schifffahrt fern von den Seinigen büßt. Voß,
Odyſſee 2, 333. Vorige Woche gab es bei der Schlittenfabrt
Händel. Göthe, Wertbers Leiden 1, 8. Jan. Der Seefahrt tm
dige Männer. Voß, Odyſſee 15; 414. Die Böller barrten der
Siegesfahrt. Pyrker, Tuniſias 3. Sie hatfe fih abermals eine
Spazierfahrt ausgedacht. Göthe, Meiſters Lehrj. 2, 9. (Die)
bei Uferfabrten das mannigfaltigfte Vergnügen gewähren. Görke,
Meifters Wanderj. 2, 7. Bei wunderhaftet Wagefahrt nach einem
foftbaren Zalismann. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1803. Im Spies
el ftiller Ahndung ſchaut mein Geift der Wallfahrt 1) Ziel. Sa
i8, das Abendroth. Da fehlte e8 niht an Land- und Wafier-
fahrten. Göthe, Meiſters Wanderj. 3,6, Auf weit= und breiter
Wellenfahrt. Göthe, Meilters Wanderj. 2, 7. Wenn fi bie
Völker felbft befrei’'n, da kann die Wohlfahrt nicht gedeih’n. Scil-
ler, Glocke.
Mit Fahrt 3 und Fährte find finnvermandt: Spur (ahd. mb. agl.
altn. das spor, mhd. auch bie spor; vgl. gr. oyrpor — Rudel am
Fuß, Fuß eines Berges) das‘ binterlaffene eingebrüdte Zeichen auf em
Boden von etwas Darüberhinbewegtem; Fußſtapfe (mhd. vuozstapfe, älter
nhd. fueßftanff, ſtußſtapff, fußſtapf, uus Buß f. ©. 638 und alt.
der stapho,- staph, mhb. stapfe, stapf, agf. stapa — Tritt, von alli.
stapan, ahd. stephan, mhp. stapfen = flarf auftreten, Hapfen) das Zeichen des
Fußtritts im Boden. — Grröthend folgt er ihren Spuren. Schiller, Blede.
Mir jehen neben uns der Ahnherrn Tritte und ihres Erdelebens Spuren
faum, Göthe, Iphigenie 2, 1. Wir fehen ihm in den Himmel nach au
rn u —
2) Davon wallfahrten, niht wallfahren. — Und ich muß zu Ihrem Bee
wallfahrten? Göthe, Meifters Lehrj. 2, 3. Die nad Loretto wallfahrten
chen. Schiller, Fiesko 2, 15. Wallfahrend (flatt wallfahrtend) nach dem
Kimmelreich, Schiller, Braut v. M. Bon Kich zu Kirche wallfährt (Reit
wallfahrtet) der hange Menfchenfirom, Grün, Martinswand,
745
. folgen auf ver Bahn, anf welche er fo sähmlihe Kußfapfen eingedrückt
hat. „Bellert, an ven Grafen v. Brühl. = 2, AU
Fahrtgriff, — halfen, —haspe, — Hammer, — maß, — ſchenkel,
—fproffe, —ſtange; Fährtenader, —gerecht, —laut; Abfahrts-
Ntangeı —geld,. — recht, —Ihuß.
efährfe,- der, (ahd. kali)faria, giferto für gifartjo, agſ. ge-
fera für geferja, mhd. geverte) ift eigentlich der Mitfahrende, Mit-
reiſende, Begleiter; dann allgemeiner Mitſeiender ‚bei einer Unterneh
mung, Begleiter bei derfelben. — Das Gefährt (mhd. daz gevert)
1) ein Fuhrwerk, Wagen; 2) GVolksſprache) das Geſpann (Ochien,
Pferde, Kühe) vor einem Wagen, Karten, Pflug; 3). (Jaͤgerſprache)
Spur, für Fährte; 4) im Bergbau die Spur eines Ganges oder einer
ader. — Und Keiner unferd Chors, die wir Dich fonft in *
Kriegs» und Jagdgefahr begleiten, mag deines ſtillen Pfads Gefährte
fein. Schiller, Braut-v. M. — Und entließ beide Angſtgefährten
. mit einem derben Verweiſe. Benzel-Sternau. Biſt du, Lefer, mein
ſo treuer Erdengefährte. Herder. Grabgefährten, brecht zum
Richtplatz auf! Schiller, Kindesmörderin. Konım an mein Herz, du
alter. Kriegsgefährtel Schiller, Wallenfteind Zod 3, 10, Ein-
ſamkeit, die erfte Erzieherin und Lebensgefährtin eines Mönche.
Zimmermann. Da ertönten die Chöre feiner himmliſchen Keihen-
gefährten. Klopftod, Meſſias 12,198. Mein Reifegefährte,
Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 51. So hieß fein Reitgefährte.
Alxinger. Ihr zogt ihn auf ald einen Spielgefährten. Shake—
ipeare, Cymbeline 1, 2, Wer ‚wie Cervantes den echten Ritterfinn
durch alles Hingeben für Unglüdsgefährten feuerbewährte, Ben-
⸗Sternau. enn ihr auf meine Wachtgefährten ſtoßt. Shake⸗
peare, Hamlet 1, 1. Auch iſt Schwach dein Wagengefährte. Voß,
Ilias 8, 104. — Man kann diefe Gefährtichaft (Gefellichaft) der
Herzoge eine Schule für den jungen Adel nennen, Erneſti. Wie uns
gleihe Gefährt (Fuhrwerke) einander weichen follen. Lori, Lechrain
v. 1916. Dan kann die Bewegung eines Gefährtes, auf welchen
man mitfährt, eigentlich nie an dem Gefährte jelbft erkennen. He⸗
bel, die Erde und die Sonne. —
Geſell (ahd. klg)ali)satjo, —selljo, —sello, mhb. geselle, von Saal,
ahd. mhb. sal, altf. seli, agf. sele, altn. salr = das im Gebäude ſelbſt,
ebener Erde, angebrachte oder daran ſtoßende, rings verfchlofiene große Ges
mad , worin gefpeift und gefchlafen wurde; Wackernagel vgl. lat. solium
— Thron, hoher Eis, consilium — Rath, Rathefigung) eigentlich der mit
dem Andern in berfelben Wohnung, demfelben Gemache fi) aufhält; davon
der zu bem Andern in näherer Beziehung, in irgend einer Gemeinſchaft
Stehende. Benoffe (f. genießen) eigentlich der mit dem Andern in Ge⸗
meinfchaft des Genuſſes If, der Mitgenießende. Befpiele (add. kaspilo?
ageſchloſſen ans mhb. gespil, von Spiel ©. 168) eigentlich der Mitſpielende,
746
— — — ———
in allen Sprachen von Perſonen in Kindess und Iugenbalter geſagt, imfofern
fie Umgang mit einander haben. — Was redſt du mir Befell? Gchiller,
Fridolin. Unebel war er (Tantalus) nicht und fein Berräther; allein zum
Knecht zu groß, und zum Befellen des großen Donn'rers juur ein Meufd,
Goͤthe Ivhigenie 1, 3. Nehmet auch mid zum Genoſſen an. Ich fei, ge
währt mir die Bitte, in eurem Bunde ber Dritte. Schiller, Bürgſchaft. Je
Befpielen, die Jungfrawen, die je nachgehen. Luther, Bibelüberf. Bi. 45, 18.
Fuhr (ahd. fuora, föra, mhd. vuore in verſchiedenen Beden-
tungen) 1) die Handlung da man fährt; 23) ein beipanntes Fuhrwerk;
3) fo viel als auf einmal weggefahren werden kann; 4) (veraltet)
Nahrung, befonders für das Vieh (davon füerig — nahrhaft, fät-
igend, füeren = füttern, durch Futter ernähren, im Gegenfag der
ide); 5) (veraltet) Lebensart, Aufführung, Anzug. Ab—, An-—,
Aus—, Durch—, Ein—, Zufuhr ua. — Die Fuhren that
das Boll. Goͤthe, Fauft 2, 296. Wann wir Kaufleute fangen um
Fuhren wegnehmen. Göthe, Götz v. B. 1.: Es ſoll niemand ment
Bieh auf die gemain Waid fchlagen, dan er über Winter, Doch das
er die Fuer von Andern nit fauffe, von feinem Guet fueren mög.
Lori, Lechrain v. ‚1616. — Der Anbau und die Ausfuhr nahmen
verbältnigmäßig zu. H. # Sturz, Erinnerungen an Bernftorf. Ein
mufchelshauß zur überfuhr beftimmt. Hoffmannswaldauiiche Ged. 4, 13.
(Da) die Holzfuhren ſtark gehen. Göthe, die Aufgeregten 2, 2%
Schnell von der Laſtfuhr fpannten die Mäuler fie ab. Bo, Odyſſee
7, 9 Wie man von dort an den belebenden Meßfuhren ſich ar
gößen wollte. Göthe, Tag⸗ und Yahreöhefte 1801. .
nm. Zu 4 vgl. ahd. fuora, mh. vuere — Nahrung, abt. fuorsal =
Nahrung, ram. fourrage, ahd. kifuori = Bortheil Rugen. Auch Getreide
von tragen zeigt den Uebergang der Bedeutung.
Fuhrfrohne, —geräth, —knecht, —Iohn, —mannstittel, —maund-
pferd, — mannsſprache, —mannswagen, —mannswinde, — ſattel,
—ſchliſſen, — wagen, — weg, — u. a. — Die Fuhrleute,
Anſpanner aus dem Dorfe. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 3. Dorther
brachten vom Land Fuhrmänner ſie. Voß, Odyſſee 20, 187. Alle
Städte der Erde lagen mit offnen Thoren und mit breiten Fuhr⸗
ſtraßen um ihn herum. J. Paul, Titan 19. Ich bin neugierig,
ob (er) mit Ihrem Fuhrwerk (angelangt ift). Schiller, Briefw. mit
Göthe 5, 233. Dft auf gewohnten Bahnen den Lauf zu ihr Jan
berfubrwerf nimmt. Wieland, Oberon 6, 19,
: Führung, führbar (ausführlich |. S. 508), —führiſch,
—führerifh, —führig «bei den Yägern). — Neune die Füh—
rung Gottes nicht Nacht! Klopſtock, Meſſias 12, 424. Die Füh—
tung des Rapiers. Shalefpenre, Hamlet 4, 4. (Ich) vertraut ihm
meiner Schaaren Führung au. Uhland, H. Ernſt 1, 1. — Hälfte
er die Anführungen genauer erwogen, fo würde er 2c. Eſchenburg.
147
— er —
Man hätte denken ſollen, es würde nun erſt recht eine c(theatraliſche)
Aufführung der andern folgen. Göthe, Meiſters Lehrj. 1, 6.
Ihre Aufführung. (Betragen) ft zu tadeln. Daſ. 5, 10. Wenn
mich gar oft das Perfonal an Ausführung großer Sachen hinderte.
Dai. 1, 6. Einigen (Figuren), die ſchon da find, etwas mehr Auß-
führung zu‘ geben. Schiller, Briefm. mit Göthe 4, 304. Ehe von
deinem Gefchrei ich — und deiner Entführung. Voß, Ilias 6,
465. Ich glaube aber noch einen andern Grund davon in der thea—
trafifhen und romantifchen Herbeiführung und Stellung der Be-
gebenheiten zu entdeden. Schiller, Briefm. mit Göthe 2, 70. Die
Hinterführung der Chriftenheit. Ungenannter bei Campe. Du
(Mitleid) warnft vor lockender Verführung blüthenüberftreutem
Gleis. Salis, das Mitleid. Siebe, die Logik der Selbftverfüh-
rung. Herder. Zur großen Bollführung Eures furchtbaren Ges
bots. - Shafefpeare, Humlet 3, -3. — Ich hätte mein und meines
Nachbars Vermögen auf die Bemeisführung deſſen gefebt, was ich
‚behauptete. Shafipeare, Cymbeline 1, 5. Daß zwifchen beiden eine
gemeinjchaftlihe Geſchaääftsführung Statt finden follte Unge—
nannter bei Campe. Die ſchon entjchiedene Straßenführung nad
Edurdöberge. Göthe, Tag- und Sahreshefte 1801. — Wan bat
wirklich einige gute Gedanken gehabt, die vielleicht ausführbar find.
Goͤthe, Briefw. mit Schiller 5, 337. Daß die leicht Berführba-
ren traulic zu die kommen. Göthe, Kauft 2, 340. Standhafter und
unverfährbarer, ald irgend eine unfrer anserlejenften Daumen in
Frankreich. Shafefpeare, Eymbeline 1, 35. Verführiſche Gedanden.
Weichmann, Poefle der Riederfachten 2, 207. Die Art diefer jimgen
verführerifhen Wittwe ift mir nicht unbekannt. Göthe, Meifters
Wanderj. 2, 4. j
Führer (mhd. vüerzere), der da’ führt. — Führer der Engel.
Ktopftod, Meſſitas 5, 138. Salome, dann die zu zärtliche Mutter
der Zebedäiden waren die Führerinnen. Daf. 14, 16. — Miß-
vergnügte Bauern, die von ihren Herrfchaften gedrüdt werden und Die
leiht Anführer find. Göthe, Die Aufgeregten 2, 5. Als ihr (der
latein. Buchftaben) erfter Einführer wird gemeiniglih Enander ge—
nannt. Efhendburg. Dem Manne folgt’ ih, dem fühnen Entfüh-
rer in firäfliher Zucht. Schiller, Braut v. M. Der Charakter des
Heerführers tft e8, Durch den der gemeine Mann Vertrauen zu
dem Offizier, der fein Anführer ift, befommt, wenn er- ihn mit
allen den Eigenfchaften ausgerüftet glaubt, die ihm eine Weberlegenheit
über den Feind geben und den Sieg zufihern. Garve. Die Ober—
führer der Heere kamen. Sonnenberg. Schlaner Berführer! Voß,
Ilias 13, 767. — Daß ich oft Diejenigen Lehrer und Menſchen—
führer bewundere. Göthe, Meifters Wanderf. 1, 1. In der Mitte
des Saals ſtand ein Tiich für den Brotocollführer. Göthe, Leben
748
1.8. Reigenführer des Heers. Chr. Stofbeig. Der bi. Geor⸗
gius mag billig unter den Markirern ein Reifenführer, ein Rädi-
? übrer, martyram coryphaeus 'gennmt werden. Selhamer, Pre
digten v. 1694. Der belsführer jener Vagabunden. Göthe,
Elaudine von Billa Bella 2. Hier müfen wir nun den Reifefüh-
rer befonders rühmen. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 7. Jedwede
Stundenführerin ſoll. Wohlſein, Freude, — und Freude m
dein Dafein weben. Campe.’ Der Böllerführer Polites. Voß,
Odyffee 10, 224. Und wußte laͤngſt, "dag man oft ſehr uneigenttich
Bagenführer fage, wo man Wagenzieher meine. . Benzel-Sternau
Unterdeß find Doch einige unter ihnen d ter erfuhren als andere.
Klopſtock, Gelehrtenrepublik.
Anführer iſt jeder, dem Andere folgen, es mögen —— viele oder we⸗
nige fein, in friedlicher oder feindlicher Abſicht, feinem Befehle untergeben oder
nit. .Heerführer (f. Heer ©. 111) if Anführer einer großen Benge
im Befondern eines Kriegeqheeres. Alterthümlich ſteht dafür au Heerfürkt
Der Feldherr (aus Feld, ahd. felit, fölt, feld, abe. völt, ſchwed. din
felt, engl. field, bolländ, veld, eftön. pöld, ungar. fold; vgl. gr. wAarrs,
lat. planus = breit, eben, gr. aaldun, lat. palma — flache Hand, ahd.
folma, agſ. altf.. folm, und Herr ©. 56) ih Anführer eines Kriegsheeres in
Felde, und muß Kenntniß der Kriegskunſt befigen. Herzog (ahd. herizcho,
herizogo, mhbb. herzoge, f. stehen) der vor dem Heere Herzichende, Führe
des Heeres, mit dem Nebenbegriff der Ueberlegenheit, Anszeihnung wub Würde.
- Mach und nach bildete ſich, feit den Zeiten Karls d. Gr. in Herzog der Be
I griff eines höheren Füärften- aus, der zunachſt über dem eigentlichen Fürſten im
engern Sinne flieht. — Rädelsführer (bei Stieler Näpleinsfürer, and
abb. ridan, agf. wridban, mhb, riden, reiden — wenden, drehen; älternhd.
rädel = Ktreistang, Reihen, Tanzlied, woher radfüerer, rädleinfüerer, rädet
führer, rädelmeister = Keihen —, Kreis — Chorführer) uhd. Anführer von
Perſonen zu ſchlimmen Zwecken; im Beſondern Anführen ju aufrühreriſchen
Thun, gerne mit dem Nebenbegriffe, daß er zugleich Urheber fi. — Und a
flehete ven zwei Heerfürften der Völker. Voß. Um einen großen Feld:
herrn zu bilven ift es nicht immer mothmwenbig, dag er in die Wiſſenfchefi
der Kriegskunſt tief eingeweiht ſei. So viele Prinzen find große. Heerführer
geworden, ohne vorher langjädrige militärdfche Studien getrieben zu haben.
Garve. Aus dir fol mir Fomen der Hergog, der vber mein vold Iſtael ia
Herr fey. Luther, Bibelüberſ. Matth. 2, 6. War ih Herzog jemer Geile,
firablend in dem Glanz von Licht, den die Hand der Fama Nicht? ‚Bürger.
- Bührband, —tanz; Anführegeld, —gefell, —geipan (alle 8
bei Buchdruckern); Führerlos, Nab; Anführerſtelle; Ab—
führungsmittel, —tiſch, —weg; Anführungszeicen; Aus:
führungsgang, —weile, —wertb; Entführungswerl; Ber-
führungs Ent — Nicht zur Menuet, jondern zum Kührertanz.
% Paul. Die f übrerlof en Schiffe Schiller, Belagerung von
749
-
Antwerpen. Den Zührerfiab übernehmen. Heß. Mit frühen '
gührertritt veißt er jeine Bruderquellen mit fi fort. Göthe,
Mahomets Geſang. — Sie hatten beide verjchiedene Mahl um die An-
führerftelle im Kriege gewetteifert. Meißner. Es war feine ver-
unglädte Heerführerichaft, an die er ohne. Verdruß nicht denken
konnte. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 12. Bei aller Ueberzeugung von
Ihrer rafhen Ausführungsweile Schiller, Briefm. mit Göthe
5, 37. Zum Entführungswerf das Nöth’ge vorzufehn. Wieland.
Nein, fie Lönnen fich nicht mit der Verführungskunſt der Mün-
ner entihuldigen. Benzel- Sternan.
Zurt (Zubrt) die, zuweilen der (ahd. das fiv)urt, mhd. der
vort, älternhd. der furth, agf. der fyrd, ford, engl. ford, holländ.
voord) früher Flußbett, Zängenraum der Fortbewegung, Weg; nhd.
eine ſeichte Gegend im einem Waſſer, wo man durch dasſelbe gehen,
reiten oder führen kann. — Die Menmer jagten jnen nach bis an die
Furt. Luther, Bibelüberf. Joſ. 2,7. Vnd zog an den Zurt Zabor.
Daf. 1. Moj. 323, 22. Ich kannte alle Pfade, Weg’ und Zurten.
Goͤthe, Götz v. B.1. Die Reiterei (zog) durch einen Fuhrt. Göthe,
Campagne in Frankreich 2. Det. Heimwaͤrts über die Fuhrten der
ſchon anfchwellenden Bergflut kehrten wir. Voß, der zen 77.
Keine Anfahrt zur Lamdung. 3. Paul, Zitan 20. Küften, Buch—
tn und Einf — Ungenannter bei Campe. Sie namen den
Fuhrt vnd Bberfuhrt an den Waſſern ein. Aventinus, Chronik
1580. BL. 37. | =
Untiefe (abe. untiufl, untinphi f. tief &. 2392) Stelle im offenen Ges
wäfler, wo das Wafler nur ſchwach über der Bobenfläche ill. Die Wat f.
©. 659, — Es befänden fi dort einige Untiefen, an denen wir fogleich
ſcheitern und alle erſaufen würden. Goͤthe, Benvenuto Gellini 2, 8.
Anm. Mit Furt find viele Ortsnamen gebildet: Arfurt, Erfurt, Frankfurt,
Schweinfurt, Steinfurt, Oxford (agſ. Oxenaford) u. a,
Fertig (ahd. flv)artic, f(v)ertic, mhd. vertec, von f(v)art)
eigentlich fo wie e8 zum Zortbewegen gehörig it; dann in leichtem
Gange oder vielmehr leihem Zortbewegen befiudlich; davon geendigt;
im Stande etwas mit Leichtigleit und Geſchwindigkeit zu verrichtet.
a delt I. ©. 505. — Schnell fertig ijt die Jugend mit dem
dort. Schiller, Wallenfleind Tod 2, 2. Mer fertig ift, dem ift
nichts recht zu machen; ein Werdender wird immer dankbar jein.
Söthe, Fauſt Vorſpiel. Man fchäßte ihn als einen wadern entichloj-
fenen Beichäftsmann und fertigen Rechner. Göthe, Xeben 12. 2.
(Das) hat mir eine unglaubliche Fertigkeit verfchafft. Göthe, ital.
Reiſe Neapel 17. Mai 1717. — Lord Burleigh leiht dienftfertig
dem Gerichte, dem. er: den Geift verliehn, nun auch. den Mund.
Schiller, Maria Stuart 1, 7. . Sieben von "meinen Leuten, fpringen
mit unterthätiger Eilfertigfeit nach ihm hinaus.. Shafejpeare, was
7350
— —
ihr wollt 3, 5. Das (Kind) den halben Schwanz eines papiernen
Drachen flu ee mahte J. Paul. Wie werd’ ih mich, ein
ungelehrtes Weib, mit jo kunſtfert'gem Redner meſſen können!
Schiller, Marta Stuart 1, 7. Wie oft habe ich fie ſchon reijefertig
efehen! Götbe, Egmont 2. Sclagfertig und wacjam. Pyrker,
—*2*— 7. Ohne durch den ſprungfertigen Rothrock etwas zu
fodern. 3. Paul. Ten ftreitfertigen Sobn des Onetor. Voß, Ilias
16, 605. Der Schalk erweilt ſich übelfertig. Göthe, Fauſt 2, 53.
Bereit (ahd. gereiti, mh. bereite, von geth. raids, garaids, abt. reili,
mh. reile, niederd. r&d, reed, Ablautsbildung von reiten) eigentlih zu
Reife; hieraus angeordnet; dann im gerigneten Zuſtande befindlich, eine Thäs
tigfeit verrichten zu wollen (fertig e6 zu fünnen). — Ich bin, fpricht jener,
zu fterben bereit. Schiller, Bürgfchaft. j
Eilfertig bedeutet fertig zum -Eilen und wird nur von wirflicen
Handeln gefagt. — Er ſagte mit einer überrajchten. Zerftreuung und
eilfertigen Gutmüthigkeit. Göthe, Meilters Lehrj. 2, 12.
Eilig (adv. tlic, mh. Uec, von Gile ahd. Ya, mir. ile,; val.er. dl
zufammendrängen) wird eigentlih nur von. dem Streben uub- ber Gereigtheit
zur Geſchwindigkeit geſagt. Haftig (mhd. hasten — geſchwind fein, franz.
bäter, altfranz. haster, bretagniſch hasta) deutet darauf Hin, daß die Ge
ſchwindigkeit aus innerer Aufregung erficht und von ihr begleitet wird. — Gin
junger Menfch mit einem Bündel auf dem Rüden Fam eilig die Straße ber.
Goͤthe, Meiſters Lehrjahte 2, 1%. Gr fragt haſtig. Daf. 7, 6. Ich bin
eimas haſtig, aber ich bin auch gleich wieder gut. Gellert.
Leichtfertig cälternbd. auch Teichtferig, miederd. hiehtvarig)
urfpränglid,) mühelos und unbejchwert zur Bewegung, zur Thätigfeit;
Davon überhin in feinem Thun; im Bejondern fo unbefämmert gegen fitt-
lihe Ordnung anftoßend; rückfichtslos und ohne weiteres Bedenken jeine
Luft im Kleinen gegen den Andern auslaffend und unbefümmert, ob
diefer fich verlegt fühle oder nicht; ohne Ernſt und Strenge fin Scham
und Sittlichkeit hinfichtlich der Gefchlechtsliebe und Geſchlechtsluſt. —
Wer bald gleubet, der ift Leichtfertig. Luther, Bibelüberſ. Sir. 19,
4. Sonft, da ih ohne: Zwei und Plan leicht, ja leihtfertig
lebte. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 4 Sie haben noch einen Bruder!
rief Wilhelm. Ja! verjegte Natalie, und zwar eine ſehr luſtige,
leichtfertige Natur, und da man ihn nicht abgehalten hatte, in der
Welt herumzufabren, jo weiß ich nicht, was aus diefem loſen, lodern
Weſen werden fol. Dal. 8, 3. Durd die Unart und den Nebermutb
einiger leichtfertigen Gefellen vermehrte fich die Unrnhe und das
Uebel der Nacht, indem fie ſich einander nedten, aufweeten und ſich
wechſelsweiſe allerlei Streiche fpielten. Dai. 3, 4.
Los (f. verlieren) im Kleinen ausgelaffen in Luft und Laune geyen
den Andern mit Gchlauheit verbunden, munter und ſchlan in Fleinen laſtiger
oder empfindlichen Scherzen und Späßen; in hartem Sinne ungebunden gegen
751
Attlihe Orduung, ſchuldige Achtung. Muthwillig (uhd. muotwillec, f.
Muth S. 633 und willig ©. 24) früher aus eignem und unbefchränftem
Billen; nbd. aufgelegt und thätig zu Scherzen oder Späßen und Streichen
and Luft daran, fie mögen nan empfindlich fein oder nicht; im Beſondern auf:
gelegt und thätig zu böfen Streichen aus Luſt daran. Buhleriſch (von
Buhle, mbb. buol, ſchwed. bola, dan. hole, hulländ. boel, geliehter Gegen⸗
Rand, geliebte Perſon; dann geliebte Perſon, ver gefchlechtliche Liebesneigung
zugemwenbet ift, in gutem Sinne, fpäter in üblem Sinne) zu verliebtem Um:
gange hingenelgt; dann nnzädhtig mit dem Rebenbegriffe wer Luf daran und
bes Sefaltfüchtigen. Berbublt = durch Gewohnheit in unerlaubter Bes
fhlechtsliebe uud Geſchlechtoluſt unzüchtig, gewöhnlich mit dem Nebenbegriffe,
in Andern biefelben für fi zu erregen. — Sich! da fnüpfen jene Loſen,
ohne Streit, geheim gefchäftig andere Nebe, fein und feiner... Ch wir num
das Neg bemerken, ift ein Glüdlicher gefangen. Böthe. Alles da Iufliger,
Lofer ging, Soff und Epiel und Mädels die Menge! Wahrhaftig, dee Spaß
war nicht geringe. Schiller, Wallenſteins Lager 6. Und unfer Pärchen? IR
den Sang dort aufgeflogen. Muthwill’ge Sommervögel! Goͤthe, Fauft 1,
167. — (Kanneby:) Selbſt ihre Laute warb ihre weggenommen. (Paulet:)
Weil he verbuhte Lieber drauf gefpielt. Schiller, Maria Stuart 1, 1.
- Hoffärtig für hochfärtig (ahd. höhfartic, höhfertie, mhd.
höchvert, höchvertic, von Hoffart, ahd. höhfart, mhd. höhvart,
höchvart, hövart) hoc) über Andere Hinaus wollend, und dies Außer:
lich kund gebend. — Ich wil die hoffart der Gewaltigen den -
tigen. Luther, Bibelüberj. Zei. 13, 11. Hoffärt’ger, haft du
nicht an Diefem Sieg genug? Wieland, Oberon 7, 40.
Stolz (ahd. mhb. stolz, altn. stoltr, niederd, stolt, engl. bolländ. stout;
aus lat. stolidus, stultus — thoͤricht?) zunachſt ſtattlich, anfehnlich, prächtig ;
dann voll Selbfigefühl, d. i. voll Gefühl eignen Werthes, in edlem wie in
unedlem Sinne. Aufgeblafen (f. blaſen) übertriebene hohe Meinung von
ih over in Beziehung auf das, was man hat, im Aeußeren zur Schau tragenb.
Gingebildet, auch einbildiſch (von einbilden S. 722) gehaltlofe Hohe
Meinung von fich oder in Beziehung auf das, was man hat, Außernd, es moͤ⸗
gen nım fene Borftellungen vorzügliche Eigenfchaften übertreiben ober ohne alle
zu Grunde liegende Wirklichkeit fein. Hochmüthig (ahd. höhmuoti, höh’
muottc) das eigne Selbit mit Geringfchägung Anderer übertrieben überhebend.
@itel (ahd. ktal, mhd. Mel, agf. nennieberl, idel; nah Wadernagel mit
gr. Idapog — rein, leicht, fchneft, rein zu mhd. eiten, gr. aid = brennen,
wie lat. purus — tein zu gr. zuo — Bener) leer, ungegründet, ohne wirk⸗
lichen Gehalt; dann gehaltlufe hohe Meinung von ſich oder in Beziehung auf
das, was man hat, aus Ghrbrgierde Außernd und dieſer Meinung gemäße Ans
ſprüche machend. — Biel Selbſtgefühl und fühner Muth, bei Bott! Doch das
war zu erwarten. Stolz will ich den Spanier. Schiller, Don Karlos 8,
10. Er felber HM dahin, doch lebt fein Geiſt in einem tapfern Helbenpaare
fort glorreicher Eähne, dieſes Landes Stolz Schiller, Braut v. M. Gr
752
— nn — en in ——
war von Natur fehr ſtolz. Die Dienfte, vie er England geleiflet hakke,
bliefen ihn noch mehr auf. Leſſing, Hamburger Dramaturgie 22. Daher
ihn (den Berg) nur fulche, die leere Köpfe haben, Aufgeblaſenheit des
Herzens iſt ihnen dabei gar nicht nachtheilig, erfteigen fünnen. Klopftock, Ge⸗
lehrtenrepublik. Der eingebilpete Schuft! Shakſpeare, was ihr wolli 2, 5.
Die Binbitdifchen waren aewiß, ihn durch Argumente, in denen fie üb
ſelbſt beftärkt Hutten, zu verwirten. Göthe, Leben 14. B. So hatte ich von
Glück zu fagen, daß, durch eine unerwartete Bekanntſchaft, alles was in mit
ven Selbftgefälligfeit, Beipiegelungslufn, GBitelkeit, Stolz und Hech⸗
muth ruhen ober wirken mochte, einer fehr barten Prüfung ausgefept ward.
Daf. 10. B. Da ich mir auch wieder eitel zu fein erlaubte. Daf. 15. 8.
Ferfigen (mhd. vertegen) eigentlih auf die Fahrt bringen;
dann fertig mahen. Davon ab—, an—, aus—, ver—, zuferti-
gen. — Berklofe Hummeln hört’ die Bien’ im Vorbeifliehn, ferti—
get Honig und fingt. Voß. Dies dann werd’ ich fo fertigen, mie
du verlangeit. Voß. Sie fertigeten fih durch den Jordan fur dem
Könige her. Kuther, Bibelüberl. 2, Sam. 19, 17. Drum bab’ ib
den Ra Hire mit Botihaft an den Herzog abgefertigt. Schiller,
Jungfrau v. ©. 1, 4. Eine allzu reichlige Gabe lockt Bettler herbei,
anftatt fie abzufertigen. Göthe, Wahlv. 1, 6. Er fertigt ihn
kahl ab. Opitz. Eine Arbeit, die Auguft Tängft hätte abfertigen
follen. Huber. Sie (die Briefe) follten gleih ausgefertigt fe
Göthe, Wahlv. 2, 8. Verfertigt iſt's (das Bert) vor langer Zeit,
Doch mehrentheild gemacht erft heut. Bürger.
Machen (f. S.578) überhaupt durch Thätigfeit zur Wirklichkeit bringen;
dann Thätigkeit auf etwas verwenden; im Beſondern Thätigfelt in der Ges
ftaltung von etwas verwenden, es mag dies nun neu gefchaffen oder nur au#
gebeflert werden. — Der Strang if mir entzwei. Mach’ mir ihn, Bate.
Stiller, Tell 8, 1. |
Nechtfertigen, —ung |. ©. 404.
Fertiger, — ung; Fertigmacher; Zertigungsbrief,. —ge
bühr; Ausfertigungsſtube, —tag, —zeit. — Vor einigen Tagen
empfängt unſer Gerichtshalter eine Ausfertigung von fremder Be
hörde. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 2.
Anm. 1. Weigand (Nro. 600, 601, 706) rechnet zu der Wurzel Hvar
in ſ(v)jaran, auch ver⸗(goth. fair—, ahd. far—, fir—, fer—, mbb. ver—, alt.
far— , fi, agf. altn.: van. engl. for—, ſchwed. för—, neuniederd. neunicerl
ver—), vor und für (goth. ſaur —, lahra—, aht. fore-, fora—, furi—, agl.
“engl. dän. for—, alti. furi—, fur—, altn. for—, fyri—, fyrir—, mhd, vor,
vür—) firn (goth. fairni, ahd. firni, mhd. virne, altf. fern, agf. firme, alte.
iyrm; ſchwed. ſorn), fern (ſ. S. 534) und Ferſe (goth. fairzna, ahd. f(v}ersanı,
(v)örsena, f{v)örsina, f(v)örsna, mbb. vörsen, agf. fiersna, fyrsn, neunieberl.
verssen; fanfft. parsni, gr. rapva, lat. perna = Schinfen, gr. zrepra = Fait
Vergleicht man bie gr. Partikeln zeaf, zapı, .rpo, roas; open, lat.. per, pfh
præe, pro, porro, fanffr: pr, par, [lav. pro; pri, prẽd, liith. pra, pri, pfo, bie
7153
2
alle ven Grundbegriff eher, vor enthalten; fo wird man an einer Urverwandt⸗
ſchaft derfelten nicht zweifeln, wenn man fie auch nur entfernt mit fahren zu:
jammenftellen mag.
Anm?. Weigand (Nro. 745) rechnet mit Adelung, Campe, Schmitt:
benner uw. 9. zu Fahren aub Furcht (goth. faurthei, agf. ferht, fyrhte,
abd. f{v)orahta, f(v)orhta, mhb. vorhte altj. fohrta, mittelnieverd Früchte, nen»
niederd. frucht, mittelniederl. vorte, vrucht, altfrief. fruchta, engl. fright, ſchwed.
frakta, dan. frygt, nad) Pott vor-ahta, nach Grimm vorah-ta, nah Graff
vor-a-h-ta oder vor-a-hta, nah Wackernagel vielleiht zu griedh. aruger =
ſcheu machen, lat. parcere — fchunen, pavere = ſich fürchten) und Furche (ah.
f{vJurah, f(v)urih, mhd. vurch, nach Wadernagel lat. porca), Wenn nun
Beigand a.a. O. weiter Furcht, Zurche, fahren und Fahr, (Gefahr)
zu einer Wurzel rechnet, fo verbeſſert er dies felbit in Nro. 2339. Repteres Wort
(ahb.) f{v)ära, mhd. väre, gehört wol zu goth. ferja — Laurer, ohd. flv)Aren,
mhd. vären, veeren = worauf aus fein, nachftillen.
Anm. 3. Giier wird von Graff |, 100 zu ahd. eifar, eıver, altn. apur
— ſcharf, bitter gerechnet, von Weigaud Nro. 634, wie es fcheint, mit mehr
Recht zu ahd. ainferi — einfahrig, losfahrend und fo zu fahren. /
R Ar /
Wafchen. HH |
(Wurzel vahs, vah-s; ſanſktr. vah — wachſen.) ‘
Wachſe, wuchs, gewachſen, wachſen (ahd. wahsu, wuohs,
wuohsume&s, wahsaner, wahsan; mhd. wahse, wuohs, wuoh-
sen, gewahsen, wahsen; goth. vahsjan, altſ. wahsan, agf. vea-
xan, altn. vexa, altfrieſ. waxa, neuftief. waegsjen, mittel-, neu⸗
niederl. neuniederd, wassen, engl. wax, ſchwed. vexa, dän. voxe!)
1) allgemein zunehmen, bejonderd nach Länge und Höhe, in einem
fätigen Werden, das fid) gleichſam von Junen fortjegt, im Bejondern
als Keim und aus dem Keime fi) fortentwicelt, 2) (uneig.) in Um—
fange, an Menge der Theile zunehmen, größer ‘werden: das Waſſer,
der Mond, jein Vermögen iſt gewachien; 3) (umeig.) an innerer Stärke -
zunehmen: der Muth, feine Unzufriedenheit iſt gewachien, den Ton
wachjen laffen; 4) (umeig.) in einer Sache zunehmen, in einem immer
höheren Grade der Stärke fi zu eigen machen: au Einficht, Tugend,
Geiſt wachſen; 5) (veraltet, noch in der Bolksipr.) gerathen, kommen,
gelangen: laß die Laſt herwachſen. — Es grünt uns fein Halm, es
wächft feine Saat. Schiller, Wullenjteins Lager 11. Die fih vom
Raube der vertriebenen Bürger mäiten, die von der allgemeinen Fäul-
niß wachjen. Schiller, Pıecolomini 1, 2. Wenn der Landvogt kommt,
daß er das Werl gewachſen ſieht. Schiller, Tell 1,3. Des Landes:
Heerſtrom wuchs und jchwoll. Bürger, Lied v. br. M. Wehe, wenn
fie (die Slamme) losgelaſſen, wahfend ohne Widerftand durch die
vollbelebten Gaſſen wälzt den ungeheuern Brand. Schiller, Glode:
7) Nah Orimm-I, 71 gehört wachſen vielleicht zu goth. väihan —
weihen. Wackernagel vgl. lat. vigere ſ. S. 22; 9. Schweizer lat. vehere, -
f. &.:126 und, wol richtiger, fat. augere — vermehren, was zu gr. avlavıy =
vermehren, im Balffo ang. wachen gehört. — —— |
ne ’ 48
U
754
Je mehr wir die Unzulänglichfeit oder das Nichts unſerer Kräfte ein-
fehen, deſto mehr wird unfere Demuth wachen. Geller. Ich that
es mit immer wachlender Leichtigfeit. Göthe, Leben 6. B. Wenn
man dem Gerichtshandel nicht ganz gewachſen zu fein glaubt. Göthe,
Meiſters Wanderj. 1, 14. Beede aber, Pfleger und Salzmaier, find
hart aneinander gewachſen (geratben). Lori, Bergreht ©. 347.
In Schulden wachſen (fommen). Krenner, Landtagsh..16, 351 v.
J. 1605. Da dumm der Handel in einen Verzug gewachſen. Dai.
11, 56. —
Die Eyn. zunehmen und gedeihen ſ. ©. 22.
Ab—, an—, auf—, aus—, be—, bei—, durch —, ein-—,
empor-—, ent—, entgegen—, er—, fort—, ber—, berab—, ber:
an—, herauf —, heraus—, berein—, berüber—, herum —, ber
unter—, hervor —, herzu —, bin—, hiuab —, hinau —, Binauf—,
hinans —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, binweg—,
hinzu —, nach —, nieder—, über—, um —, unter—, ver —, vor-,
‚voran —, vorbei—, vorüber —, weg — zu—, zurück—, zufammen:
wachſen ſind klar, nur nicht alle gleich gebräuchlich. — Die Linſe (im Auge)
ſei nicht herausgeſprungen, er habe fie holen und zwar, weil fie ang ewach⸗
fen, ablöfen müfjen. Göthe, Leben 16. B. Der Aufruhr in Brabant
wächſt dDrobend an. Schiller, Don Kurlos 2, 2. Die Geldbupe jol
der hochfürftlichen Kammer anwachſen. Wirzb. Verordnung v. 1658.
Zu einem ſolchen Anblick bin ih aufgewadfen! Göthe, Egmont
5. Daß ein tiefer früher Schade nicht wieder auswachſen, fi
nicht wieder herftellen fann. Göthe, Meifters Lehr. 2,2. Die Frauen,
fie möchten dich ganz ausgewachjen ſchauen. Göthe, Fauſt 2, 43.
Mit Schon auswachſenden cin die Baumrinde eingejchnittenen)
Namen. Voß, Luife 1,303. Einen hinten und vornen ausgewach—
fenen Kerl. 3. Paul, Titan 50. Ihr Edlen, ah es bewaächſt
enre Mühle jchon ernfles Moos. Klopſtock. Bon höbern und niedem
Pflanzen durchwachſen. Göthe, ital. Reife Girgenti 25. April.
Eines Lindenbaums, der e8 (das Beine Haus) durchwuchs. J
Paul, Hefperus 13. Der alten Ehrfurcht eingewahsnen Trieb
und des Gehorſams heilige Gewohnheit ſoll ich verjagen lernen deinen
Namen? Schiller, Wallenfteins Tod 2, 2: Es wollte nicht mehr auf
dem alten Stamme eınwachfen. Xichtenberg, Nachtrag zu den pi
dag. Bemerkungen. Ihr habt fie (die Brüder) unter euch in freud⸗
ger Kraft aufwachfen fehen, doch mit ihnen wuchs aus unbekannt
verhängnißvollem Samen auch ein unfel’ger Bruderhaß empor.
Schiller, Braut v. M. Dur jchnelles Ergreifen, Verarbeiten und
Tefthalten entwuchs ich ſehr bald dem Unterriht. Göthe, Leben 1.
B. Soll doch nicht als ein Pilz der Menih dem Boden entwad:
fen. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 9, (Da die Kirche) an
Farbe und ſonſtiger Auszierung gleichjam der Bergangenbeit entge⸗
755
enwuchs. Göthe, Wahlverwandtfchaften 2, . Wenn es (das
enflorn) erwechft, jo ift es das gröffeft unter dem Kohl. Luther,
Bibelüberſ. Matth. 13, 32. Und wenn exit dieje prächtigen Keime
zur vollen Reife erwachſen. Ediller, Räuber 1, 1. Daß ich er—
wachjen bin, das fühl’ ich nun. Göthe, Taffo 2, 3. Aber von
Tros erwuchſen (flammten ab) die drei untadligen Söhne. Voß,
Ilias 20, 231. Und weldy Verderben gräßlicy mir Daraus erwuchs!
Göthe, FZauft 2, 194. Die Purteyen find in langmwirige Rechtfertis
ung und Unkoſten gegen einander erwachſen. Landrecht v. 1558,
üchfen die Kinder in der Art fort. Göthe, Leben 2. B. Der
(Haarpelz) nad) dem Zode fortgewachſen war. 3. Paul, Hefperus
17. Das Mädchen währt zur Zreude der Welt, mir zum Gnt-
zücken heran. Göthe, Euphrofyne. Sie haben alles, was in meinem
Kreiſe heranwächſt, fo ziemlih geprüft. Göthe, MWahlverwandt-
[haften 2, 7. So wuchs ih herauf. Göthe, Iphigenie 2, 1.
Junge Männer, die von Kindheit auf, feit beinahe zwanzig Jahren
an meiner Seite heraufgewachſen waren. Göthe, Tag- und Jahr
reshefte 1795. Die Bäume feien gebannt, jagt er, und wer fie
fhädige, dem wachfe feine Hand heraus zum Grabe. Schiller, Tell
3, 3. Eingeboren auf dem Grunde feines (des Dichters) Herzens
wächſt die ſchöne Blume der Weisheit: hervor. Göthe, Meifters
Lehr. 2, 2. An der ein Zreppengeländer von Buſchwerk hinauf⸗
wuchs. % Paul, Heiperus 13. Ich kann es nicht dulden, daß
dieſes Haus Doria über unfre Ahnen hinauswachſen will. Schiller,
Fiesko 1, 1. Wieder neue Händel, Sie wachſen nach wie die
Köpfe der Hydra. Göthe, Götz v. B. 3. Das Vaterherz wuchs
über (ichwoll über). Bürger, die Entführung. Die verdunfelte Seele
fühlte fich wie eine Hamadryade von der biegjamen Zleifchrinde über»
wachfen % Paul, Heiperus 16. Das weiße Fett, das die Nieren
umwucds Voß, Slias 21, 204. Und die verwandelte Nymf ums
wuchs ein laftendes Eiland. Voß. Der Arm des Stroms verfandet
und verwächt. Adelung. Alle Weg’ und Stege find verwachſen.
Uhland, Schildeis. Getrennter (iſt das Blatt) in Spigen und Theile,
die verwacfen vorher ruhten im untern Organ. Göthe, Metamor-
phofe der Pflanzen. Schaut an jenem Baum die Namen, meift ver-
wachſen ſchon! Voß, das Nachleben. Mit vorwachſendem Haupt.
Voß. Dieje Werke waren jümnitlid dem Eude nah und immer wud-
fen mir neue zu. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 9. Als wären wir
zuſammengewachſen. Göthe, Göß v. B. 1. Wo dieje Höhlen
zujammenmwucdfen. Novalis, Heinrid v. Ofterdingen 1, 5.
Anm. Die Burticipien geilatten noch andere Zufammenfegungen, z. B. Mi
doch zu orientiren forfcht’ ich nach der langen und hochaufgewaächſenen Pap⸗
pelallee. Göthe, Campagne in Branfreih 22. Sept. In dbihtbewanf'ner
Hügel Dunfelheit. Göthe, Sugenie 1, 1. Um die grasbemacdfenen Steine
des Edelgefallenen. Goͤthe, Werthers Leiden 1, 12 Oct. Zwiſchen moosbe⸗
as⸗
’
256
wachſ'nen Mauern. Pr. Stolberg. Auf jener Klippe walbbewadi'ner
Höhe. Göthe, Cugenie 1,2. Den baarummacfenen Bufen. Boß, lies
18, 415. Bähnummwacf'ne Kornelle. Daſ. 16, 766. Die walpummwad'fae
Bucht. Göthe, Rinaldv. Dem pichtverwahsnen Wal. Kiepitod, Delphi.
Ins Dunkel grünverwadhsner Zören. Salis, Monodie. Auf raubvers
wadhsne Bahn. Us, Kunſt ſtets fröhlid zu fein 3. Im tiefverwadfenen
Waldthal. Voß, Odyſſee 17, 316. Sn wildverwadhsnen Gründen. Bat
thiffon, Beruhigung.
Wachs (ahd. wahsamo, wahsmo, wasmo, altj. wahsmo, was-
mo, agſ. västm, altn. vöxtr = fructus, incrementum) ift nbd. nur
in einigen Zujammenjegungen gebräuchlih; wächſig ift ſelten. —
Den noch unmündigen Anwachs. Voß, Luiſe 1, 4%. Das giedt
qutartigen Anwachs. Daf. 3a, 573. Zuwadhs an Kenntniß iſ
3uwadbs au Unruhe. Göthe, Leben 8 B. Vor Mißwachs,
Froſt und Hagelwolke behüt uns aller Engel Schnar! Uhlaud, Neu
jahrswunſch. Wir famen an Umzäunungen vorbei, die zwar auf feine
(Härten, aber doch auf fpärlichen, forgfältig gehüteten Wieswadhs
bindeuteten. Göthe, Meifters Wander. 3, 3. — Nun und zu aller
Zeit ſey wächſig diefer Stamm. Logau, Sinnged. 79.
Anm. Ahr. beißt wahso auch Merve, davon ahd. waltowahso, mhb. wat
tewahse, waldenwahs = Waldwachs, Haarwachs, Fleiſchader, Merve, altfrief,
waldewaxe = Halsnerve, in der nhd. Volfaſprache Wildwachs, Waldiwade,
Wildwaß, Altewadhs, Eltewachs.
Gewächs (ahd. giwahst, giwahsti, mhd. gewahst — Bud,
Fruchtbarkeit) iſt zunächſt fo viel als Wachsthum, überhaupt alles mas
wächt oder gewachſen iſt; dann Art des Wachsthums, Geſtalt des
Wachſens; Auswuchs an Thier- und Pflanzenförpern; dann allgemeine
Benennung aler Pflanzen, bejonders aber der niedrigen Arten mit
Ausſchluß der Bäume Davon das veraltete gewächſig. — Damit
das Holz zu dem Gewechs feinen Raum und Zuft haben mög. en,
Lechrain v. 1616. Und nun find die Gewächſe fait a uns üben
Kopf. Göthe, die glücklichen Gatten. Ich werde mit den Geliebten
nun nicht mehr das Gewächs der frohen Rebe genießen. Klopfted,
Meiftas 4, 1117. Sie hat en Gewächs (Wuchs) wie ein Rohr
Leſſing. Du ſchenkſt den Furchen ein, Damit die Neder, wie fie iol-
len, durchaus gewächſig fein. Opitz. Reißholz it an ihnen fell
gewechſiger dann das Nadelholz. Neuburger Korftordnung v. 16%.
— Nagten fie dort ein Giftgewächs. Pyrker, Rudolph 5. Die
Haidegewähs. Platen, rom. Oedipus 9. Wenn aljo jede nr:
iprüngliche Sprache, die ein Landesgewächs ift, fi nad ihrem
Himmels- und Erdftriche richtete. Herder. Zwar es entfalten früher
die Schattengemwäcdfe der Halte ihre zärteren Blumen. 2. d.
Lähr. Die Sommergewächfe aller Art zu ſchonen. Goͤthe, Wahl⸗
- verwandtichaften 2%, 17. —
Pflanze (ahd. ph(ſ)lanza, planza, mhb. pflanze, agf. plant, aus lat.
plania) iſt im engern Sinne jedes Erdgewoͤch— wit faftigem Stengel m
7157
Blättern oder Kraut; in noch engerem Sinne die junge entfproffene Pflanze
überhaupt, hefonbers bie junge Weißkohlpflanze vor dem Verſetzen. 2
Wachsthum (der und das) der Zuftand da etwas wächlt oder.
gewachfen: ift (eig. und uneig.). Davon das feltne wachsthümlich.
— Run-kann den fhönen Wachsthum nichts befchränfen. Göthe,
Bahsthum. Um einen reichlichen und bequemen Wachsthum der
Früchte zu befördern. Göthe, Leben 1.B. Bis der natürlihe Wahs-
thum (der Haare) fich wieder nach) den Erfordernifien der Zeit her-
geitellt habe. Daf. 9. B. Diejer kleine Raum follte den Urfprung
und Das Wachsthum des Menichengefchlechts” ſehen. Daj. 4. 2.
Die (Bäche) überall ein ſchnelles Wachsthum begünftigen. Daſ. 9.
. Was verſtunden die Alten durch Die animam vegetativam ?
Die nährende oder wachsthümliche Seele. Hoffmann.
Wachsbeule, —druſe, —fuollen, —monat, —plaß (bei den
Branern), —ftein (im an trog (in Pitriolfiedereien); Ge-
wäahserde, —haus, —kunde, —fundig, — laugenſalz, — lehre,
—reih, —ſammler, —ſammlung. — (Er) muſterte im Vorbeigehen
Gewähshäufer und Treibebeete. Göthe, Wahlverwandtſchaften 1,1.
uchs (goth. vahstus, altſ. wastm, ahd. wahst, kiwahst,
engl. waist; 1) der Zuſtand, da etwas waͤchſt; 2) die Art und Weiſe,
wie etwas wächſt oder — iſt; 3) dasjenige, was gewachſen iſt.
Davon wüchſig = Wuchs habend, beſonders in Anſehung der Art
und Weiſe (ahd. wahsmig, wahsmuntlig, feßteres noch in der Schweiz).
-— Sieh, wie Alles mit gefunden Wuchſe anfblübet. Geßner. Im
volleften Wuchſe fanden die Bäume da. — Schneller Anwuchs der
Bevölkerung. Nicolai. Die Ausjcweifungen und Auswüchſe des
Shaffpeare’ihen Genies. Göthe, Leben 11. B. Nun erfchien erft
Herrlichkeit des Baumwuchſes. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 14.
Der Raum, wo fünftig, vom Graswuchs umbebt, mein Hügel fid
hebt. Salis, Sehnjuht nah Mitgefühl. Doch fei der Kinden-
wuchs vernichtet. Göthe, Fauſt 2, 310. Traub’ auf Traube gelangt,
und Zeig’ auf Feige zum Vollwuchs. Voß, Odyſſee 7, 124. Nie-
derungen, die einen eben fo reizenden Anblid von Wald und Wie-
ſenwuchs gewähren. Göthe, Leben 9. B, In Flechten glänzend
ichmiegte fid der Wunderwuchs (das Haar). Göthe, Pandora. —
Die wüchſigſten Pflanzen. Reichsanzeiger. Wichjiger, unwid-
jiger Grund und Boden. Wirzb. Forſtordnung v. 1668. Halb-
wüchjiger Knabe bift du. Göthe, Fauſt 2, 43. Vollwüchſig
ſtreben drei Cypreſſen himmelwärts. Göthe, Pandora.
Anm. 1. Das Wade, guth. vahs, ahd. mhd. wahs, flav. vosk, litth.
wäszkas, ayf. väax, engl. ſchwed. wax, däãn. woks gehört wahrfcheinlich zu
wa en.
an 28. Einige Gelehrte rechnen zu wachjen auch wachen (goth. vakan;
agf. väcan — entilehen, aufgewertt werben, vacjan —= wachen; ahd. wahhen,
mhd. wachen, altf. wacön, altfrief. altn. vaka, neunieberd, neuniederl. waken,
————
engl. watch, wake, dän. vaage, ſchwed. vaka) uud Wucher (goth. vöhrs, agi'
vöcor, ahd. wuohhar, mhd. wuocher, altfrieſ. voker, altn. okr, ſchwed. ocker
bön. aager, neuniederd. woker, neuniederl. veker). Grimm (Gram. II, 11
Rro. 93) ſtellt wachen und Wucher zuſammen, ohne ſie zu wachfen zum rechnes.
Zufammenhang zwiſchen dieſen drei Formen fcheint in der Wurzel zu liegen, ver
bei wachfen und Bucher am vdeutlichfien hervortritt. Den Zufammenham
zwifchen wachen und wachfen fcheint das agſ. väcan zu vermitteln.
Waſchen. u
(Wurzel wasc; vgl. ſanſtr. majj, masj — untertauchen, reinigen.)
Wache, wuſch, gewalchen, walchen (abd. wasku, wuose,
wuoskume&s, waskan&r, waskan; mhd. wasche, wuosch, wuo-
schen, gewaschen, waschen; agſ. väscan, altj. waskan, engl.
wash, ſchwed. vaska, dün. vaske neben vaase) 1) vermittelft des
Waſſers oder einer andern Flüffigfeit reinigen, indem man es in die
fer -Flüffigfeit gegen einander reibt; 2) das Reine und Gute von dem
. Unreinen und Schlechten duch Waſſer trennen, indem eines von bei-
den in demfelben zu Boden fällt: den Weizen, die Erze; 3) eine auf
getragene Farbe mit Waſſer vertreiben, vom Dunfeln ins Helle al-
maͤlich übergehen laſſen; 4) breites geift: und gehaltlojes Gerede. füh-
en, gerne mit dem Nebenbegriffe, daß es ein in Kleinigkeiten ur
theilendes Gerede fei ). — Ich meine wenn der Mann fchufe, wo die
Frau nicht wüſche. 3. Paul, Siebenfäs 5. Mit Weinen von Dur:
gund, Die mir der Arzt verbot, muß ich die Kehlen waſchen (vid
zu trinken geben). Schiller. Ungewafchen Maul! Göthe, Egmont
4. Die im Thor figen, waffchen von mir. Luther, Bibelüber. Bi.
69, 13. Wil einer wol reden lernen, fo lerne er zuuor jchweigen,
denn viel wafchen beiflet nicht wol reden. 3. Arndt, vier Bücher
vom wahren Chriſtenthumb. Magdeburg 1610. 1. ©. 237. Wer m-
mer wafchen (fchwagen) will. Opig. — Sie waſcheten den Wein
in eynem Beden. Fiſchart, Gargantua ©. 383.
Spülen (ahd. spuolen, spuoljan, iihb. spüelen, Holläud. spoelen,
böhm. spilati, wallach. spelu) in Wellenbewegung anfchlagen; durch Hins und
Herſchwenken einer Bläffigkelt oder Bine und Herfchwenfen in derfelben rd:
nigen. Schwatzen (bei Goͤthe [hwäpen, mhd. swazen, schwätzen,
bolländ. zwetsen,Tengl. twali)ttle, tattle; vgl. lat. suadere) zunaͤchſt in
leichter Weiſe traulich gefprächig worüber Unterrebung halten; dann ans
Sprechluſt in gefprächiger Wortfülle reden; in weiterm Sinne gefpräcig weile
verbreiten. Plaudern (bei B. Abraham blodern, von mbb. plödera =
2) Diefe Bebeutung ift eine übertragene, mag man nun bildlich an das Durch⸗
reiben, Reinigen ober, beffer, an das Gerede der Wafchweiber venfen. Schon ia
einem Dfterfpiel aus dem 15. Jahre. (Wadernagel Lefeb. 1014, 37) heilt et:
ir kunnet vil smetzen (ſchwatzen) unde waschen. Dän. vaase heißt and
waſchen und. ſchwatzen, fo auch neunieberd. waschen,
759
platfchen, lat. 'plaudere == plaßend auffchlagen) zunächſt geräufchvoll ges
forächig fich vernehmen laffen; dann leicht gefvwächig zu unerheblichem Gerede
-fih gehen laffen; in weiterem Sinne traulich gefprächig ſich gehen laffen;
Helmliches gefprächig au Andere auskommen laſſen. Plappern (nieder.
blabbern, engl. blab, wol aus lat. blaterare — gebanfenlos ſchnell ſchwatzen)
mit vielen Worten fchneller Mundbewegung gehalt: und gevanfenlos reden.
Klappern (von klappen altn. klappa, einer härteren Nebenform von
Flaffen ahb. ch(k)laffon, ch(k)laphön, mhd. klaffen — das Maul aufs
eigen, viel und heftig reden) viel und unnüg gehaltlos ſchwatzen. Schnaden
ſ. S. 395. Klatſchen (übertragen von dem Schallwort Flatfchen) nach⸗
theilig über fremde Handlungen reden. Trätfchen f. ©. 58. Saalbabern!)
= gehaltlos langweilig fchwagen, vornehmlich über Erhebliches. Babbeln,
au pappeln und papeln (aus franz. babiller, gr. Baßagsır, engl.
.babble) Ijunähfi vom Kinde gebraucht, wenn es zu fprechen anfängt;
Davon aus Sprechluſt Findifches gehaltloſes Gerede führen, ohne fchiweigen
zu können; auch unerhebliches trauliches Gerede mit vielen Worten fuh⸗
ren; dann ausplaudern aus Mangel an Schweigfamfet. Ouadlen ifl
eigentlih tändeln, leichthin thun ohne Gruft; dann kindiſch, tänbelnd ges
haltlos ſchwatzen. — Rein mit laulichem Waſſer fpüle das fchwärzliche Blut.
Vaß, Ilias 11, 828. Mylord! Ihr pflegt zu ſchwatzen, eh’ Ihr handelt,
und fei die Glocke Eurer Thaten. Schiller, Maria Stuart 4,6, Ber:
plaudern in ſchädlich. Göthe, ber getreue Eckart. Sie plärren und
plappern immer zum Scheine fo fort. Böthe, Reinefe Buche 8, 220. Man-
ches PlaudersWäfhlein, wann fie nur ihre KlappersBüchfe Öffnet,
und zwey Wort redet. Simplichfiimus I. 4, 17. Wir wollten ein für alles
mal den Klatfch des Tages auf unferer Bühne nicht dulden. Goöthe, Tags
und Jahreshefte 1802. Wenn eine eben fo dumme als hoshafle Klatfche
(Klätfcher märe hier viel zu gut) die Unverſchaͤmtheit hat. Leffing, Ans
tigoeze 10. Wie eine Mutter, die ihr Kindlein flillet, pappelt und fpielt
mit ihm. Luther, Poflille Cine altweritändige babbelnde Bafe Kl. Schmidt,
Ab—, an—, auf —, aus —, durch —, ein—, ent—, fort—, hin-
weg —, nach —, über—, um —, unter—, ver—, vor —, wegwaſchen
find aus waſchen far. — Da mon fein Blut von meinem Körper ab⸗
wuſch. Göthe, Meifters Lehrj. 6. Diefer fängt nun forgfältig an
uerft das Bild mit dem feuchten Schwamm abzuwaſchen. Goͤthe,
Karbenfehre 171. (Sie) war befchäftigt das Küchengefchirr aufzu-
1) Der Ansedruck ſtammt von der Hochichule Jena. N. Beyer, der 1618
diefe Hochſchule als Student bezug, berichtet in f. 1681 zu Jena erfchienenen
Architectus Jenensis ©. 127 f.: „Zu meiner Zeit war darinnen (in der Bade
ſtube) ein Bader, Hans Kranich, wenn er einem fchröpffete oder Aderfchlug, fahe er
das Blut an, lobete oder tadelte bafjelbe, und ſagte zugleich: Ich nehme eine Kanne
Wein oder Bier, und trinde es aus. Meinete aber nicht das Blut im Beden,
fondern ven Wein oder Bier in der Rannen. Bon ihm fümmel das Sprichwort:
Er if ein Salbader. Das if: Er bringet albere Poſſen auf die Bahn.“
760 -
waſchen. Göthe, ital. Relje Palermo 13. April. Sie wuſch fi
heftig die Augen aus. Goͤthe, der Müllerin Rewe. Man glaubt zu-
erft einen aufgeichwennmten Lehimhügel zu jehen, der vom Regen au$-
hen wäre -Göthe, ital. Reiſe Bologne 20. Det. Die den
tandfleden ihrer Ehre "in meiner Schande ausmachen würde.
Schiller, Kabale und Liebe 1,.-7. Nun flieg ich in den Schluchten
des brödlich aufgelöften Gebirge hinauf, wie fie von den legten Re-
gengüffen durchwaſchen waren. Göthe, ital. Reife Bologna 0.
Det. Drauf entwufchen fie beide den vielen Schweiß . ... vor den
Beinen. Voß, Ilias 10, 572, Und das Kind doch immer eifriger-
fortwuſch. Göthe, Werthers Leiden 1, 6. Juli. Den Roſt der
Welt, der Leidenfchaften Spur hat Längft der Fluß der Zeit von ihr
hbinweggewafhen. Wieland, Oberon 9, 53. Hinweggejpült
war jeder Schmuß, hinweggewaſchen jedes Fleckens Spur. Ko
fegarten, die Unfhuld. Bormittags nach dem Rafieren fprang, ohne
fid) noch einmal zu überwachen, Viktor auf. 3. Paul, Hefperus
16. Hier ſehen wir fchäumende Meereswogen den unterwafchenen
Felſen umgäfchen. Göthe, Philoftrats ‚Gemählde. Ajar. Der einmal
im größten Waffermangel und Durft das Wafler lieber verwuſch
als vertrank. 3. Paul, Siebenläs 9. Freundfchaft bleibt, was das
Geichlängel dieſes Zeitftroms auch verwäfcht. Tiedge. Dergleich er
auh verwaſchen (dur Geichwäß verleumdet) hat den Süngling.
H. Sachs. Wäre nur alles Kleinliche jo rein Daraus weggewaſchen.
Söthe, ital. Reife Palermo 3. April. Wie Menfchen, die auf emer
Sandbank gefcheitert find, und erwarten von der nädjften Flut weg:
gewafchen zu werden. Shaffpeare, K. Heintih V. 4, 1.
- Wäfche und Waſche (ahd. wasca, mhd. wasche — Pfütze,
Schwenme), Wäſcher (ahd. wascari und wesco, mhd. wesche, abd.
wesca — Wäfcherin, älternhd. noch weschin), Gew äfch. — Bündelchen
Wänſche find das, wie man zum Brummen fie trägt. Göthe, Benet. Epigt.
43. Mus dem ein WeffherlSchwäger) jmer recht haben? Luther,
Bibelüberf. Job 10, 7. Der Froſch, der wäſcher (Schwägßer), rief.
Seming, Lübecker Ausg. ©. 52. Unter mir wohnte eine Wäſche—
rin. Göthe, Benvenuto Cellini %, 5. Ey das dir des Henkers
Badwaſchl den Kopf zwag! P. Abraham. An dent Bad) fo war
hen heut der weichin vil. H. Sachs. Kuttelweſcherei. Fiſchart,
Gargantua ©. 157. Pleuwäſchige fupplerin. Daf. 87. Sobald
als die Beftie ihr ungefälliges Gewäſch geendigt hatte. Göthe, Ben-
venuto Gellini 2, 5. «Das Luftfpiel) enthält das Fältefte, langwei⸗
ligfte Alltagsgewäfche. Leſſing, Hamb. Dramaturgie 52.
Anm. Die Wafchen verädhtlih — Mund, Ohrfeige. Schweig Alte, halt
dein Mafchen zu. H. Sachs. Iſt vmb ein Ohrwaſchen zu thon. H. Sache.
a er — ſteht ſonſt Wat ſch, mho. Orewetzelin = Ohrlaͤppchen, fanfter
"761
De
Waſchbaunk, —bär, —beden, —befen, —binfe, - bläuel, — bühne,
—bütte, —eifen, —erde, — erz, —faß, —fell, — frau, —geld, —gelte,
— geräth, —geihworner, —gold, — handſchuh, —haus, Zu — holz,
— junge, —feflel, —korb, —kraut, —kübel, —kufe, —kupfer, —küſte,
—lappen, —lauge, —ledet, —lohn, —magd, — markt, —mühle,
— mulde, ae — plan, —ſcheidebank, —fchragen, —ſchuͤrze,
—ſchwamm, —feife, — ſteiger, —ftein, —thun, —wanne, —weib,
— wert, -— wolle, — zeug, —zinn; Wäſchbuch, —koſten, —korb,
— leine, —mangel, —rolle, — ſtange, — verzeichniß u. a.; Abwafdh-
faß, —waſſer; Aufwaſchfaß, —kübel, — waſſer; Waͤſcherfrau,
— lohn. — Haltend das Waſchgefäß und die Kanne zugleich in
den Händen. Voß. Wo man gehoͤhlt Waſchgruben mit rinnender
Flut. Voß, Odyſſee 6, 86. (Er verfertigt) Waſchkloöpfel und
hölzerne Schuhe. Voß. Um fo mehr als ih Waſchküche und Holz-
ftall wegbrechen laſſe. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 22. Still doc,
altes Waſchmaul! Shafefpeare, Romeo und Julie 3, 5. Es macht
mih ſchon das Wafhihwammgeficht halb wüthig. % Paul.
(Sie) ftanden fhon am. Waſchtiſche. 3. Paul, Titan 49, (Ich
muß) früh am Tage ſchon am Waſchtrog fiehn. Göthe, Fauſt 1,
163. Wie die Wärterinnen- das Waſchwäſſer der Kinder im Munde
lau maden. 3. Paul, Titan 15, — Als wenn fie meine Kleider—
und Wäihichränfe plünderte, Göthe, Meiſters Lehrjahre 6. —
Was wär’d mit unjern Wäſcherfrau'n? Paten, die verhängniß-
volle Gabel 2.
Wild (ahd. wisc, wisg, altn. visk, mhd. wisch, engl. whisk,
dän. wisk, ſchwed. viska) 1) das Weiche womit man etwas abjtreicht;
2) in engerer Bedeutung ein Strohwiih, wenn er aud) nicht zum
Wiſchen dienet; 3) ein beichriebenes Papier, in verächtlichem Sinne.
— Bid die auf dem Markte aufgeftellte Fahne hinweg gethan, oder,
wie man jagt, der Wiſch geworfen ift, follen gemeine Stadt den erften
Kauf haben. Culmbacher Stadtreht. Ih ſchulde Ihnen noch acht
oder mehr Zeilen Honorar für den legten Wiſch, dem Sie ein paar
ute Wiſcher gegeben. 3. Paul, Siebenkös 3. — Heraus mit eurem
lederwiich! Göthe, Fauſt 1, 195. Apollonia fegte ihre Blutver-
wandtichaft und ihren Gaft mit Kehrwiſchen noch früher hinaus,
als Spinnen und Staub. J. Paul, Hefperus 8.
Anm. Grimm (Bram. Il, 889) fagt:! Sept waſchen ein wifchen voraus?
Weigand (Nro. 2281) nimmt audy ein altes ſtarkbiegendes Verbum (wol wiskan)
an und rechnet dazu wafchen und wifchen (ahd. wiskjan, wisk&n, mhd. wisken,
egl. whisk, in der Volksſprache auh wäfchen, witfchen, wutſchen) ur:
ſprünglich wol reiben; dann worüber ftreichen, um ed wegzumachen; leicht, hurtig
vorübereilen; mit leichter Schnelligkeit unvermerft wohin — ** — Aus wiſchen
ftammt auch das Empfindungswort witſch, wits für wiſch. Entwiſchen iſt
ahd. intwisken, antwiskjan. Darnach iſt das ©. 32 Geſagte zu verbeſſern.
Wiſchen, ab—-, auf—, auns—, durch —, ent —, er—, fort—,
762
nach —, ver —, wegzuwiſchen. — Die (Eidechfe) durch das Gras
wiſcht. Geßner, der Wunſch. Wenn Ihr das thut, dann mag ſich
das Geſetz nur das Maul wiſchen. Shakſpeare, Wintermährchen 4,
3 Wiſche fie (die Hand) ab! Göthe, Fauſt 1, 242. So mußten
die benegten Blätter forgfältig abgewiicht und getrocknet werden.
Göthe, Leben 4, 6. Die Eule, welche eine Maus bemerkt, und als:
dann plöglih aufwiſcht chafchtı. Moſer. Wan er dir mit von
ftund an aufwifcht (fchnell zu Dienft if). Doc. v. 1618. Das
(Häuschen) ihm wie eine heil bemalte Ume längft ausgewiſchter
Zage nachglänzte. 3. Paul, Titan 10. Im Fall der Noth einmal
mit beiler Haut durchzuwiſchen. Lichtenberg, Epiftel an Göbhard.
Ich hatt? Euch oft in meiner Macht und ließ durch eine Hinterthir
Euch ſtets entwifchen. Schiller, Wallenſteins Tod 1, 5. Beid’ ent:
wifchten den Staub. Voß, Ilias 23, 739, (Ms ich) Ludwig bei
der Jade erwiichte. Göthe, Bevenuto Eellini 1, 6. Der, ich weiß
nicht wie den Namen: Meifter erwifcht hat. Göthe, Briefw. mit
Schiller 1, 81. Die Zerftrenung verwiichte jenes Bild der dringen
den Bittenden. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 11. (Ich) war aber
in Begriff das Gefchriebene wegzumwifchen. Daſ. 23, 11.
Suſchen (mit ahd. horsc(k)o = ſchnell, eilig, hurscan, hursgen, mh».
hürschen = raſch aufjagen, zur Gilfertigfeit antreiben, im Saddeutſchland
huſchen — hetzen, zu lat. curreie = laufen) ſcheint den Gedanken an uch
leichtere, größere Schnelligfeit zu verbindeu, ale wiſchen. — Hufen Sie
über das weg, was Sie zu lange aufhalten wird. Leffing.
Bilhfang (bei den Jägern), — gold, —kätzchen, — kolben,
—lappen, — papier, —tuch. Wifcher 1) eine Perfon, welche wilcet;
2) ein Werkzeug, etwas damit zu wilhen; 3) unzarten Verweis für
etwas, was fich nicht gebührt. — Ich Ichulde Ihnen noch acht oder
mehr Zeilen Honorar für den legten Wiſch, dem Sie ein paar gute
Wiſcher gegeben. J. Paul, Siebentäs 3.
Ausputzen (v. putzen, älternhb. bugen, dies nah Schwend vo
batten — fchlagen, franz. battre; nah Wackernagel von mh. buze =
geipenftige Schredgeflalt, Larves nah Weigand von Buze — Klümpchen
verbichleter Maffe, alfo bußen — abbrechen, rein und ſchoͤn machen; vielleicht
ift and) lat putus — rein, putare — reinigen zu vgl., wo dann freilid das
anlautende p dem Geſet ver Lautverfchiebung nicht gefolgt wäre) ift ein derber
Verweis für etwas, was fid) nicht gebührt, zur Borforge, daß der Thäter fh
diefes nicht mehr beigehen läßt. Filz (niederd. filzer, wol vom Filz ver
Hutmacher, ah. fiv)ilz, mh. vilz, agf. felt, wie man auch fagt Ginen fm:
men) Verweis in harten, ſelbſt ehrenrührigen Worten. — Die gnäbigfien
Auspußer fummten ihm fchon um den Kopf. Böthe, Meiflers Lehr. 1, 13.
Auf welchem (Zettel) fie mich ausfilzen und es vor allen Schwaben ge
xadezu fagen, ich fei ein Cſel. 3. Baul, Giebenläs 5.
763
Fe Steben ')
(Wurzel stat, verftärft stand, stantz vgl. fanffr. stabatu, stidaha,
lat. stare — flehen, gr. lorarcıı — ftellen.)
Stehe, fand, (ftund) geftanden, ſtehen (goth. standa, stölh,
stôthum, stanılans und stöthans, standan für stathan; ahd. stantu,
stuont, stuontume&s, . [zuweilen noch stuat, stuatum&s, stuot, stuo-
tum&s] stantaner, stantan und stän; mhd. stän und sten ſſelken
stande], stuont, stuonden, gestanden, stän und sıen; im 15.
Jahrh. bei A. v. Eyb stan,- steen und stien; agf. standan, engl.
stand, stay, ultn. standa, stä, holl. staen, böhm. stati, poln. stoie)
1) auf feiner fleinften Seite oder Fläche ruhen und aufgerichtet fein
(eig. und uneig), in verjchiedenem Sinne, aud ohne bejondere Her—⸗
vorhebung der Fläche, oft auch dem Gehen, überhaupt der Bewegung
entgegengefeßt; 2) in weiterem Sinne überhaupt dafein, bleiben,
dauern, ſich (wo und wie) befinden, einfach und mit verfchiedenen Prä-
pofitionen: bei einem hoch am Brett, auf dem Sprunge, es fteht bei
Gott für einen gut (1. S. 454), in Gnaden, einem nach dem Leben,
unter Jemanden, zu Gebote; 3) ftehend etwas thun, ftehend oder auch
durch Stehen bewirken: Scildwache, Gevatter, ſich müde, feinen Mann,
ein Wild; 4) (veraltet) hintreten und fi binftellen. — Iſt ftand
dabei? Schiller, Wallenfteind Lager 6. Der allen feinen Abfichten
im Wege geftanden hatte. Sulzer. Nach Fotheringhayſchloß ſich
ſteh'n den Außes zur Königin von Schottland zu verfügen. Schiller,
Maria Stuart 4, 11. Still in ihrem Lauf find alle Sterne geſtan—
den. Klopftod, Meſſias. Wir blieben bei den drei Morgenfegen
ftehen. Gellert. Und die Träger ftunden. Luther, Bibelüberjegung
Lukas 7, 14. Auch die anderen Seelen der abgejchiedenen Todten
fanden mir. Voß. Dein Leben fteht! Herder. So ftehet im
Berg Gottes, der. Fuß in Ungewittern, das Haupt in Sonneftrahlen,
Ramler. Wie ſteht's um meine gute Stadt? Schiller, Jungfrau
0.0.1, 3. Als 0b es noch wie geftern mit Euch ſtünde! Schiller,
Maria Stuart, 3. 6. Die Ohrgehenke ſtehen Ihnen ganz vortreff-
ih. Gellert. Die zal feiner monden ſtehet bey Gott. Luther, Bi⸗
bifüberf. Hiob 14, & Er fteht ziemlich jchlecht bei ihr. Leſſing.
Ber ſtünde mir denn für mein Lebeu? Gellert. Unſer Schidfal
ſtehet in den Händen der Vorſicht. Geller. Nach dieſer Stuart
Reht ihr Herz. Schiller, Maria Stuart 2, 3. Um ein Geringes
flieht er (der Helm) Euch zu Kauf. Schiller, Jungfrau v. O. Pro-
log 3. Steh nit zur Wehr! A. M. Schlegel. Der wahre Adel
‚ſteht nicht im Erfparen, doch auch im Vergeuden nicht. Herder. Der
Spaß könnte mich fonft theuer zu ftehen kommen. Weiße. O denket,
3) Die mhd. sten, stöst, stet haben ein falfches Praͤſ. Rebe, ſtehen ꝛe.
heroorgernfen. Das Bräter. Hand bat ſich allmälich für Rund gelten gemacht.
764
daß ein Gott im Himmel ift, dem Ihr müßt Rede ſtehn für Eure
. Thaten. Schiller, Zell 3, 3. Er bat mich ſogar, bei ihm Gevatter
zu ftehn. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 3. Steh deinen Mann und
wag dein Aeußerftes daran. Kl. Schmidt. Auf Bollziehung des Ge-
fübdes ftehen wir. Herder. Simei ftand den David mit Fleiß an -
den Weg, wo er vorbeigeben mußte. . Bibl. Erzählungen.
a bitehen 1) von etwas entfernt fteben; 2) verderben, von Flüj-
figfeiten, Pflanzen und Thieren (befonders Fiſchen) gelagt; 3) (Bieh-
zucht). die. Freßluft verlieren, "gegen Futter befondere Abneigung haben;
4) nicht weiter zu einem gewiflen Zwecke jtehen, freiwillig von einer
Thätigfeit ablaffen; 5) Jemanden abftehen, feine Partei verlaſſen, auch
ihm Unrecht geben; 6) überlaffen; 7) ein Amt niederlegen; 8) fi
ab= d. 5. fih müde ftehen. — Wir ftehn zu weit noch von einander
ab. Göthe, Taffo 2, 3. Padt euch, ihr abgeftandener Scuft!
Shafejpeare, K. Heinrih IV. 2. Thl. 2, 4. Steh ab von deiner
Bitte. Schiller, Don Karlos 2%, %. (Er) heißt euch, beim Erbarmen
- Gott des Herrn, die Krone abftehn. Shakeſpeare, K. Heinrid V.
2, 4 — Er mußt deß Lands und anderer Stätte abftehben. Aven—
tinus, Chronif 1580 BI. 116. 7 |
Abfallen (If. f allen) rafch verderben, von Hhiffigfeiten gefagt, die ihre .
eigenthuͤmliche Kraft verlieren. — Aufhören f. S. 6r Winhalten (j-
halten) eine Thätigkeit nicht fortfegen, mit dem Nebenbegriff einer fpätern
Bortfegung ber unterbrochenen Thätigkeit. Ablaffen (f. lafien) von ber
Tpätigfeit laſſen, ſodaß man davon entfernt if. — Sie floh, ich rief ihr nad,
uny fie hielt ein. Meißner. Nie werd ich fürwahr altflug ablaffen von
Thorheit. Voß, Luife 3 a, 178.
Ausſtehen 1) auswärts ftehen, öffentlich wo ſtehen (eig. und
uneig.); 2) bis zu Ende einer gewiſſen Zeit ftchen, daher in etwas,
das uns widerfährt, aufrecht bleiben, bis dasſelbe zu Ende it, auch
in einer gewiffen Stellung in Bezug auf ein Anderes feft bleiben,
bis dieſes vorüber ift: die Lehrjahre, die Predigt; 3) ſinnverwandt
mit leiden f. S. 706; 4) aus dem Dienft treten. — Der vordem in
fremden Landen al8 ein Doctor ausgeftanden. Gellert, Phylax.
Keinem Arzt, Deuliften, Bruchſchneider, Waldınann wird außer den
Zahrmärkten mit oder ohne Gaukeley auszuftchen gejtattet. WBirz-
burg, Berordn. v. 1745. Das Größte ſteht nody aus (ſoll erft ned
geichehen). Schiller. Doria’d (Stimme) und die feinige ftanden
noh aus (waren noch nicht abgegeben). Schiller, Fiesko 2,5. Aus-
ftebende Schulden einzucaifiren. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 11.
Wärft du fo Elug, die Eleinen lagen des Lebens willig auszuitebn.
Geller. (Er hatte) eine unruhige Naht ausgeftanden Göthe,
-Meifters Lehrjabre 1, 13. Er ftand drei Jahre als Schneidergeielle
aus. Lichtenberg, Lawrenze Earnshaw. Ich fann die müßigen
Leute nicht ausfteben. Göthe, Götz v. B. 1.
765
Ausbalten (ſ. halten) bleiben, bis etwas, bus auf uns unmittelbar
rinwirkt, zu Ende iſt, mit dem Nebenbegriff ver Kraftanwendung. Ausbanern
(von dauern mbt. düren, franz. durer, enyl. dure, aus lat, durare =
bart machen zum Beſtandhaben, dann Beſtand haben) geht anf die Zeit und
die innere Kraft, Stärfe, wodurch ein Ding eine gewiſſe Zeit überſteht. Die
anderen Syn. |. 5. 706. — Der das Gericht mit dieler Böttlichfeit au 6:
hielt. Klopftod, Meffias. Ich zweifle, daß feine (des Luſtſpiels) Boritellung
bürfte auszuhalten fein. Leſſing, Hımburg. Dramaturgie 52. Daß tie
biegfame animalifche Schöpfung ausdanert, wo die vegetabilifche längit ihre
Graͤuze erreicht bat. A. v. Humboldt, Ideen zu einer Phyſtognomik der Ge:
wähfe. (Da ich) mich ſchon öfters im Ausdpauern geübt hatte. Göthe,
Leben 1. B. |
Erftehen 1) fih auf die Füße aufrichten; 2), aus dem Grabe
auffteben; 3) entfteben; 4) durch Stehen erlangen, eig. bis zu Ende
ftehen, fo lange ftehen, bis der Zweck erreicht it, im Beſondern bei
Derfteigerungen durch Meiftgebot an fich bringen; 5) für eine gewiſſe
Summe übernehmen: einen Bau; 6) den Prozeß durch des Gegners -.
Ungehorfam gewinnen. — Alſo redete jew’, und erftand vom jchwels
- Inden Sofa. Boß, Luije 3. a, 630. Der Mefle Hochamt rief mich
zum Gebet, und da ich von den Knien jet eritanden. Schiller,
Draut v. M Wo fie feinen Vodten begruben, und feiner eritehn
wird, Klopſtock, Mefftas 1, 596. Davon der zehen färig Krieg er-
fanden ift. Aventinus, Chronif 1580 BL. 33. Schon flieht: man
Schöpfungen aus Schöpfingen erftehn. Schiller, die Künftler. (Bei
welcher Auction ich) manches erftand, was fih noch unter meinen
Sammlungen befindet. Göthe, Xeben 2. 2.
Kaufen (f. S. 663) allgemein für Geld zum Bigentgum erwerben. Er⸗
bandeln (f. Handel ©. 420) durch gegenfeitiges Fordern und Bieten an
fi bringen, durch Handel gewinnen. Steigern (f. Heigen) bei öffentlichem
Ausgebot zum Berfauf durch Mehrbicten (in einzelnen Bällen, 4, B. bei Ar:
beiten durch Wenigerbieten erhalten. — Kann's der Soldat wo beffer faufen?
Schiller, Wallenfteins Lager 6. (Wo das Heu) um Viehbeſitzer verfauft
wird, die es der vorzüglichen Befihaffenheit wegen gern erhandeln. Göthe,
Meiſters Wander].
Geſtehen 1) aus einem flüffigen Körper gleichſam zu einem fte-
beuden werden (ſ. S. 190); 2) (veraltet) zu jtehn kommen, foften ;
3) ein Belenntniß ablegen, dem man gem auögewichen wäre, in dieſer
Bedeutung auch eingeftehen; 4) GBolksſprache) geftatten, erlauben.
— Es geftebet mich einen ſchilling. Aventinus Chronik 356. Ge—
ſtehn Sie, Freund! Schiller, Piecolomini 1, 2. Der Unglüdjelige,
ich darf ihm nicht geftehben, was mir Böfes Ichwant. Schiller, Tell
1,4. — Bei faltem. Dlute waren, als er mir dieß eingeftand.
Schiller, Piceolomini 5, 1. Be er
7
Bekennen (von kennen S. 82) allgemein an einen Anbern eiwas von
fih ans zur Renniniß bringen. Beichten (ahd. pijöhan pigöhan, mr. be-
jöben, älternhr. bejichten, von ahd. jehan, mhd. jöhen; Beicht ahd. pigj)iht,
mhr. begiht, biht, bihte, davon bihten) uhd. nur im firchlichen Sinne dem Serls
forger feine Sünden befennen. — Es war, ih muß befenunen, wenig Schonnng
von meiner Seite. ‚Schiller, Don Karlos 2, 5. Cu will ich meine lehte
Beichte thun. Schiller, Maria Stuart 5, 7. Haft du bein Herz erforſchet,
ſchwoͤrſt du und gelobeſt du Wahrheit zn beichten vor dem Gott der Wahr⸗
heit? Daf.
An— (5.206), auf — (5.48), aufer—, be—, bei — (©. 156),
da—, dabei —, durch —, ein—, empor—, ent — (5. 62. 64), entge⸗
en —, ber—, herab —, herau —, herauf —, heraus —, herein —, her⸗
aber—, herum —, herunter —, hervor —, hin —, hinab —, hinauf—,
binaus—, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg-,
nach —, nieder —, ob—, ſtill —, über—, gegenüber, um—,
unter— (S. 20. 266), ver — (S. 21), vor—, bevor—, voran—,
weg —, wider— (©. 611), zu — (S. 36), zurück —, zuſammen⸗
ſtehen find an fi klar, aber nicht alle gleich gebräuchlich. — Mit
Macht andrängend die feſt anftehenden Ruder. Voß. Ihnen ſteht
es an, fo zart zu denken. Schiller, Piccolomini 2, 4. So kann es
nody einige Wochen damit anftehen. Schiller, Briefw. mit Göthe 5,
2%. Gr hätte doch einen Augenblid anftehen dürfen, ſich zu er⸗
geben. Leifing. Dichter Kulkitein, der an der Ablöjung glimmerig
war, und in — obgleich unendlich zerklüfteten Maſſen anſtand.
Göthe, ital. Reife auf dem Brenner 8. Septbr. Wenn ein Fürſt ab⸗
gieng und ein neuer auſtuend. Aventinus, Chronik 356. Nachdem
ein guter Wind aufſtund. H. Sachs. Ich ſollte aufſtehn mit
dem Schöpfungswort und in die hohlen Läger Menſchen ſammeln.
Schiller, Wallenſteins Tod 3, 13. Es ſolle auch fain Handwerde-
fuecht feinem Maifter on gegründt urjachen vnd wider handwerchsge⸗
wohnhait aufiteen (Schwierigkeiten machen). Baier. Landesordn. v.
1553. Auferftebn, ja auferitehn wirt du, mein Staub, nad
furzer Ruh. Klopitod. Die lebten Schatten fchwinden, aus denen
heitres Leben anferitand. Ziedge, Urmia 4. Der Flüffe Sand
beitebt, der Schiffer fleuht die See Opitz. Die Glieder finfen
bin, das Blut beftehet mir. Opitz. Im Rüden beftand (blieb
fteden) der heiße Pfeil. Lopan, Sinuged. 946. Einnahmen und and
gaben gegen einander aufgehebt, jo befteht bleibt Reſt) meinem
Herrn noch übriges 4081 Gulden Krenner, Landtagsh. 7, 468. Bie
die Nürnberger Mark zu Augſpurg beftat (gilt). Schmeer 3, 59.
Ohne jeine Rrobe joll man dem Erbrechter weder Erbrecht noch taxirte
Anleith, fondern allein Freyſtift auf feinem Gut beftehen (zugeftehen).
Daſ. Der Hunger beituond (befiel) in. Daf. Kein Beamter ſoll
einen Zehenden beitehen (als Pächter übernehmen). Berordnung v.
7167
/
1618. Keiner auch wagte gegen den Feind zu beſtehn. Voß. Sie
liebte mid, weil ich Gefahr beftand. Shakeſpeare, Othello 1, 3.
Wobei ich gut beftand. Göthe, Leben 1. B. Jeder von uns hat
oft genug dieſe Fahrt mitbeftanden. Göthe, Meifters Wunderjahre
3, 13. Der Staat beiteht nicht anders, als duch das Bündniß
der Glieder. Duſch. Zu meiner Zeit beftand noch Recht und Billig-
feit. Hagedorn. Das Unglück befteht nicht jo fehr in der Empfin-
dung des Uebeld, als in dem Mißbrauche der Freuden. Duſch. Da
der Frühling berbeifam, und man ohne Feuer beftehen fonnte. Göthe.
Auf Ddiefer Probe Ihrer Folgſamkeit muß ich durchaus beftehn.
Schiller, BPiccolomini 3, 3. Er folle mir beifen und beiftehen.
Goͤthe, Benvenuto Gellini 2, 9. Wenn Seraphim daftehn und fie
bewundern. Klopftod, Meſſias 4, 483. Staudft du nicht, Philo,
dabei? Daſ. 4, 440. Auf des Glüdes großer Wage ſteht die
Zunge felten ein. Göthe, Kophtiſches Lied. Kür den Werth jo vieler
Menihen und Güter jeien fie nicht geeignet einzuftehen. Göthe,
ital. Reife 13. Mai 1787. Endlih fand Menelaos empor und
redete aljo. Voß, Ilios 7, 94. Und in dem eignen Willen feiner
Zochter follt’ ihm der neue Streit entſtehn? Schiller, Piccolomini
3, 8 Doch ihre Hülfe wird uns nicht entitehn (fehlen), wenn fie
das Land in Waffen erft erbliden. Schiller, Tel 1, 4. (Da) warf
ihn der Vater an einen entgegenftehenden Felſen. Klopftod,
Meifias 2, 121. Wenn er nicht mit feinen Löffeln und LXäufen zu
weit herausſtände. % Paul, Heiperus 11. Der. bier ſtets ob⸗
fand, fiegend fämpfete? Klopftod, die Denkzeiten. Denn die Don-
ner würden nicht obftehn. Voß, Ilias 12, 125. Es ſchien die Zeit
dem Ueberfeligen in ihrem ew’gen Laufe ftillzuftehbn Schiller,
Piccolomini 3, 3. Daß mein Land dem euren wohl nicht fteht an
Schätzen nad. J. Kerner, der reichfte Zürft. Er überftand die
Probe. Schiller, Don Karlos 2, 10. Werd’ ich den Jammer über-
teben? Göthe, Fauſt 1, 339. Wir ftehn einander felbit num
gegenüber. Schiller, Maria Stuart 3, 4. (Sie) umftanden ges
ıhaftig den Herricher der Welt. Schiller, Graf von Habsburg. Die
ihres Zuſagens umbſtehend (ihre Zufage nicht halten), haben fein
Glück. Hund, baler. Stammenbuch 1, 49. Es ift noch lange nicht
verhauit, wenn Einem ein Bier umſtehen (abſtehen) will. Porti⸗
unculabüchlein 106. Wenn ein Stück Vieh umſteht (ſtirbt). Anſp.
Verordnung v. 1746. Darf id mid unterſtehen, dieß zu erklären,
wie ih will? Schiller, Don Karlos 1, 4. Er vnteritunde fi
des Reichs. Aventinus, Ehronit 1580 Bl. 186. Ob fi ein maiiter
ainer arbait oder gepews underfteet vnd annimbt. Lori, buier. Lan⸗
desordnung 1553. So die Oftern kommen, jo unteriteben fid)
die Schergen der Gemein (nehmen die Gemeinwaide für fi in An-
ipruch), und verbieten alsdann den armen Leuten, daß fie auf dieſelb
768
Gemein nicht treiben. Kreuner, Landtagsh. 7, 441 v. 3. 1474. Da
Dardurch vil übls an frawen und umgebfrawen underjtanden (ver
hindert) werde. Weitenrieder, Beiträge 6, 185. Wie gut verſtund's
die kluge Schreiberin, der Liebe einen Boten auszuleien! Schiller,
Don · Karlos 2, 4. Wer ih auf Schlöffer gut verjtünde! Dar. 2,
12: Wem die fpradh verftet (ſtockt) und nit gereden mag. Schmeller
3, 600. Die Verkäufer verjprachen dem Käufer den Hof zu ver:
ften (vor Gericht zu vertreten) und zu verantworten. Daj. Wer dem
richter die -pfant frevenlihen verftet Chindert ein Pfand zu nehmen).
Daſ. Könnt ihr mih mißverftehben? Göthe, Egmont 5. An-
Liebe und Achtung gegen feine beften Schriftfteller ſteht Deutichland
andern cultivirten Bölfern nicht vor, fjondern nach. Herder. Dieler
Menge durch Wirken, Bilden, Herrihen vorzuſtehn. Göthe, Euge⸗
nie 1, 5. Daß fie fühlen die Noih, die dem armen Bruder bevor=
ftebt. Goͤthe, Hermann und Dorothea 2, 45. Sein Haar holte
er in ein wegſtehendes Zöpfchen zujammen gedreht. Lichtenberg,
über Phyſiognomik. Wenn ich ihm widerftand. Göthe, Taſſo 5,4.
Mir widerfteht das tolle Zauberweien. Göthe, Fauſt 1, 119. Ich
ſteh es gerne zu (gebe e8 zu). Opitz. Es fund den Römern em
Unglüf über das andere zu (widerfuhr). Aventinus, Chronik 80.
Wegen zungeftandtner Unpäßlichkeit. Landtag von 1669. Aud
ftuenden im all Fürften zu (traten auf feine Seite), und ftuenden
ab dem Kaifer zu Conftantinopel. Schmeller 3, 609. Die gate
Wirkung, die ich beine Vorlefen erreichte, wird man mir leicht zu ge⸗
fteben. Göthe, Leben 15. B. (Ich habe) der eignen Stimme Redt
euh zugeftanden. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 15. Wir Unter-
waldner ſtehen frei zurüd. Schiller, Tel 2, 2. Nicht länger toll
die Zahrt dir zurüdftehn, die du verlangeit. Voß, Odyſſee 2, 286.
Wir könnten viel, wenn wir zufammen flünden. Schiller, Tel 1,3.
Steher, Stehung, ſtehlich, ſtehbar find mur in einigen Zu⸗
jammenfeßungen gebräuchlich. — Flieher, Anieer, Steher. Rüden,
ef. Ged. 2, 16. Richter, Borfteher, Propheten. Göthe, Meiſters
auderj. 2, 1. Nur an einem Drte wollte man den austheilenden
Gemeindevorftehern nicht trauen. Daſ. 2, 5 - Die Borite-
herin Ddiefer Anftalt: Göthe, Wuhlverwandichaften 1, 2 Um uns
nad dem Tkürfteher zu erfundigen. Leffing, Hamburg. Dramaturgie
36. Sie feiern die Auferftehung des Herrn. Göthe, Fauft 1, 58.
Die durch ihre Anfprüche ganz unausftehlich wird. Schiller, Briefm.
mit Göthe 6, 121. Eine unwiderftehliche Neigung. Göthe, Mei-
ſters Lehrj. 5, 3. Unwiderftehbar an Kraft. Göthe, Zuuft 2, 164.
Etebhhans, — fragen, — männchen (auch Stehauf, ein unten
mit Blei verſehenes Stüdchen Holundermart), —pült, —wurzel;
Vorſteheramt, =drüfe, —ſchaft; Auferfichungstag u. a. —
Der ſtehens ſatte Gewiſſensrath. J. Paul, Heſperus 5. — Mit
7698
dem Auferftehungsfelde in Uebereinftimmung zu bringen. Göthe,
Bahlverw. 2, 2. Die dich entichlafen glaubten, jahen dich als Gärt-
ner ftehu im Auferftehbungsgarten. Ungenannter bei Campe,
Wenn er von Auferftehbungsmännern erzählen hörte. Göthe,
Meifters Wanderj. 3, 3. Die fiel dem Donner des Todes, uud auf:
ftehn wird dem lauteren Hall der Auferftehungspofaune. Klop-
ſtock. Es (das Licht) wand aus fernen, düftern Räumen fich, wie ein
Auferſtehnngstag, hervor. Tiedge, Urania 2. Und doch haben
wir gemeſſene Ordre, euch in der Güte zu überreden, oder im Eut—
ſtehungsfall euch in den Thum zu werfen. Göthe, Götz von
Berlichingen 4. '
Stand, (ahd. stand, mhd. stant,) 1) Handlung des Stehens;
2) Art und Weife, wie man (oder etwas) fteht, in der bürgerlichen
Geiellihaft in welchen VBerhältniffen man gegen einander fteht, auch)
Inbegriff aller in einem Stande lebenden Perfonen wie die Perjon,
welche in gewiffen Verſammlungen den ganzen Stand vertritt: Land»
fand: 3) etwas das fteht, in verfchiedenen a, Rück⸗,
Viehſtand; 4) etwas worauf, Ort wo man (etwas) ſteht, Stehepunct
eines Körpers; 5) Ständchen, Spiel auch wol Geſang, einer Per—
ſon zu Ehren vor der Thüre oder dem Fenſter ihrer Wohnung ange—
ſtimmt, fofern man dabei ſteht. Ständig (ahd. staodic) einen Stand
babend; (Volksſprache) geftändig, it wie ftändlich (ahd. stantlih)
bejonders in Zufammenjeßungen gebräuchlich. Davon Ständigfeit,
Ständlichfeit in Zufammenjegungen. — Aus Scham mußte ic
Stand halten, Leffing. „Daß auch die Kraft in uns wohne, ınit dem,
was wir unternehmen, zu Stande zulommen. Göthe, Meijters Lehrj.
2,2. Wer feines Herren Vortheil rein bedeuft, der hat in Rom gar
einen fchweren Stand. Göthe, Tafjo 1, 4 Kinder aus den gefit-
teten Ständen. Göthe, Leben 2,6. Alle Stände ſchwierig. Scil-
ler, Biccolomini 1, 3. Da wir ihm ein Fackelſtändchen brachten.
Göthe, Leben 11. B. Ständige Prinzivien. Lavater. Hier eine
Eiche, marfig, ſtändig. Kinkel, Dito der Schüß 2. Ihre (der Welt) _
innere Kraft und Ständigfeit. Göthe, H. Sachs. — Einem bey-
geftändig und räthlich jeyn. Krenner, Landtagshandl. 3, 136. Er
war deſſen nicht geftändig. Simpliciſſimus %, 22. Eines Dinges
ſäumig und hinterftändig ſeyn. Wirzburg. 2. ©. Ordn. von 1618,
Urftändiges (Abgeftandenes) Hiebholz und alte abgeftandene Quare.
Birzburg. Verordnung von 1730, Die Früchte fallen von fich jelbft,
die überftändig (überreif) ieyn. Logau, Siunged. 2278. So ftand -
Lenettens Liebe als eine ausgebreitete überftändige Noje da. 9.
aul, Siebenfäs 9. Will er gerecht und jelbititändig urtheilen.
öthe, Leben 14. B. . Indem ich mich alſo nad Beftätigung der
Selbſtſtän digkeit umſah. Dai. 15. 2. |
49
770
Stellung (von ſtellen S. 28) eigentlich Handlung des Stellens; dam
die Art und Weife, wie ein Körper fi ſtehend gibt, d. b. äͤußeres aufrechies
Nuheverbältnig eines Körpers zu Grundfläche und Geitenringn. Attitüde
(franz. attitade v. lat. aptitudo = Raßlichkeit) ift die Stellung eines Men:
fdyen nach einem gewiffen Gemüthszuſtande. Lage f. S.572, Zu ſtand ſ. 85721.
unten S. 774. Zuwege, eigentlich auf den (rechten, ſichern) Weg (abd. zi wöge,
mbr. ze wege, älternhd. andy zumegen) uhd. fo viel als dazu, bag etwas
_ wird. — Ueberhanpt beveutet Attitüde in der frauzöfifchen acabemiiden
Runfifpradge eıne Stellung, die eine Handlung oder Geſinnung austrüdt,
und inſofern fle bedeutend iſt. GEoͤthe.
Anſtand 1) (Jägerſprache) Zuſtand des Anſtehens, und Plah
wo man ſteht; 2) Stillſtand, Aufſchub, Om 3) dasjenige,
“was den Aufichub verurfacht, Zweifel, Bedenken; 4) die Art, wie der
Menſch in Sebärden, Stellung und Bewegung des Körpers, injofem
diefelben den Menfchen anftehen (an ihm wohlgefallen), dann wohl:
efällige oder fittlih fchöne körperliche Aeußerung; 5) Antritt emes
Öntes oder eines Dienftes, Amtes. ANnftändig, Anftändigkeit
von Anitand 4. — Keinen Frieden, Anftand, Suspenfion der Waf-
fen eingehen. Receß von 1647. Anftand fann zwar manchmal auf
mit der Krankheit jeyn, aber Friede will fie nie mit ihm gehen ein. Logau
X111,4. Die ganze geforderte Summe ohne Anftand zu bezahlen. Göthe,
Meifters Lehrj. 1, 17. Nicht Anftand nahm er, Anderer Ehr’ umd
Würde und guten Ruf zu würfeln und zu fielen. Schiller, Ballen
fteins Tod 4, 8 Mach Anftand (Stillftand) mit den Würden. Opiß.
MWürdig und voll Anftand war das Benehmen Schiller, Picco⸗
lomini 2, 2. Er bat einen Anftand (Anftellung) übertummen. Voc.
v. 1618. — Die Deputirten fügen vor ihnen in anftändiger Bereb-
rung auf dem Rückſitz. Göthe, Leben 5. B. Unſere hbergebrachten
Anftändigfeiten. Göthe, Rameau's Neffe. Laß uns jet anftär-
dig bieiben, d. 5. anftehen. H. Sachs.
Benehmen (S. 18) und Betragen (S. 18.708) find fubflantivifdy ges
brauchte Infinitiv. Befcheiden (f. fheiden) mäßig in Anſprüchen, Ye
die Perſon ihrer Würde gemäß machen fann. Davın Beſcheidenheit.
Ehrbar Emhd. Erbzere, von Ehre &.257) infofern die genannte Mäfigfat
Ehre, Änßerlihe Adytung bringt. Davon Ehrbarfeit. Sittfam (a.
situsam, von Sitte S. 39) infofern fie den guten Sitten gemäß if. De
von Sittlichfeit. — Und find Ste fo befcheiden? Schiller, Biccolondki
3, 3. Rofalie ſprach diefe Worte mit Befcheidenbeit, ja mit Drasfh
aus. Br. Jacobs. Und wenn ihr halbweg ehrbar thut, dann haft ihr fr
al’ unter'm Hut. Goͤthe, Fauſt 1, 100. Man nennt fie tätig Ehrbarfeit.
Böthe, H. Sachs. Still und fittfam will ich ftehn. Goͤthe, Meiſters Lehr:
jahre 5, 14.
Aufſtand 1) allgemein die Handlung des Aufitehens; 2) ein be
ſonders gemaltfames Erheben vieler zu diefem Zwecke vereinigten Men⸗
771 ;
ſchen aus ihrer Ruhe, um feindlich zu handeln, ſei e8 mit gegründe-
tem Rechte oder ohne daffelbe, mit oder ohne Drdnung, und gegen
wenes wolle; 3) (Bolksiprache ) übrig und jo ftehen gebliebene Speife,
die dam häufig den Armen gegeben wird — Daß hieraus nothwen-
dig Unruhen und Aufftände erfolgen. Göthe, Xeben 15. B. Bei
emem furchtbaren Aufſtand der Befugung. Schiller, Piccolomini 1, 2.
Auflauf (ſ. laufen) im Allgemeinen das Zuſanmenſtroͤmen Bieler,
gleichwiel aus welchem Grunde Aufrahr (von rühren, ahb. hruoran,
brörjan, agf. hreran, hroeran, mh. rüeren, alt. hrorian, altn. hrærs,
ſchwed. röra, engl. rear) der mit Lärmen und Unordnung verbundene Auflauf
gegen die Obrigkeit oder Dberherrfchaft. Empörung f. ©. 48. — Hört
ihre den Auflauf? Schiller, Jungfrou v. ©. 1,9. Der Aufruhr, der
den ganzen Saal empöret, fchredt Rezien aus ihrer Träumere. Wieland,
Dberon 5, 39. Da zerset an der Blode Eträngen der Aufruhr, daß fie
beutend fchallt und, nur geweiht zu Wrievensflängen, die Loſung anitimmt zur
Gewalt. Schiller, Glocke.
Berſtand (ſ. S. 36. 208); verftändig (mhd. vorstandie, lie-
ber verstanden, fo aud noch Alternb.) Verftand habend; verftändi-
gen = verftändig machen, Deutliche Sl von etwas beibrin-
gen; VBerftändigung Handlung des Verſtändigens; verſtändlich
(mbd. verstandeclich; verstentlich): verftehend von einer Sache
fo, daß es geiftig frei worftellig wird; unverftändlicd —= ungeeig-
net, geiftig erkannt zu werden, Daß Korm oder Inhalt zum Bewußtſein
fommt, oder aud das Ganze im Zufammenhang und in feiner Ord-
nung. — Und was fein Verſtand der Berftändigen flieht, das
abet in Einfalt ein kiudlich Gemüth. Schiller, die Worte des Glau-
bene. Mit Berftand und Geift geboren, Göthe, Leben 12. 2.
Es fönnen fih nur Wenige regieren, den Berftand verftändig
Brauchen. Schiller, PBiccolomini, 1, 4. Sie zeigte einen Geſchäfts—
verftand, der das Allgemeine und Bejondere zugleich bejaß und ver-
Mnüpfte. J. Paul. Langweilige Erklärungen, Die dem Leſer feinen
guten gefunden Haus verſtand zutrauen. Herder. Auf einiges Er-
wiedern des Kunftverfländigen verfegte Wilhelm. Göthe, Mei-
fters Wanderj. 1, 10. Der Genius des Menfchenveritandes. Göthe,
Meifters derj. 2, 10. Es ift mir eigentlich nur um den Wort
verftand zu thun, Göthe, Wahlo. 1, 4. Welches mit der Wahr:
beit nicht im Einverftand ift. Ungenannter bei Campe. — Wenn
wir den Menjihen unvernünftig gegen allgemein anerkannte fittliche
Geiege, unverftändig gegen feinen eigenen und fremden Vortheil
handeln ſehen. Göthe, Leben 16. B. Der alte fromme Herr rief
mid) Dagegen ernftlich zur Ordnung und verftändigte mic) 2c. Göthe,
Leben 11. B. Wenn man fih verftändigt Göthe, Briefe mit -
Schiller 4, 183. Zweier Augenblide nur bedarf's, mich mit dir zu
verftändigen. Schiller, Darin Stuart 4, 6. Zur Verftändi-
49*
7172
gung der Skaldengefänge wird eine Einleitung beigefügt. Lingenamn-
ter bei Gampe. So ift Natur ein Bud) lebendig, unverftanden,
doch nicht unverftändlid. Götbe, Sendichreiben.
Geiſt (fi. ©. 106) hier die durch Gewandtheit, höhere Regſamfeit, Leb⸗
baftigfeit, Zreiheit fi auszeichnende fchöpieriiche Wirffamfeit des Deuforrmi
gend. Wis (ahd. dia wizzi, daz wizzi, mhd. wize, witze, ſ. wigig
©. 209) das Bermögen, geiftesfharf zu finden; vornehmlich geſchwinde,
in unerwarteten Aehnlichkeiten erfinderifhe Geiftestgätigfeit. Urt heils⸗
traft (f. ©. 82) das, was in dem Geifle wirkt, daß er beflinnmenb ges
. banfenthätig ik. Bernünftig f. ©. 38. Geſcheid (fehlerhaft ge:
ſcheidt, gefcheit, geſcheut, ahd. geschide, fpäter gescheide von ſqei⸗
den wie gelenf von lenken) fcharf, mit geiftiger Gewandtheit, im Geile
erfennend, verbindend und findend, im Gegenfag zu dumm; bavon Ges
fheidigfeit. Klug (mbb. kluoc, altu. klökr, ſchwed. klok, dan. klog)
eig. genau, knapp; dann fein, Eunftreich, nett; einfichto⸗ und umfichtevoll
Davon Klugheit. Weife (goth. weis in anweis, ahb. wis, wisi, alt.
agf. wis, mhb. wise, wis) wiflend, kundig, fachfundig; dann in hohem Grade
und aller Beziehung klug, zugleih auch als aus Kenntnigreichthum oder Gr
fahrungsfülle hervorgehend. Davon Weisheit. — Begreiflid (f. grei:
fen) dem Geiſte aufnehmbar, dadurch daß das, was ihm vorflellig wird, nad
einander und fo ald Ganzes zum Bemwußtfein fommt. Deutlich f. ©. 406
Klarf.S.406.474. Faßlich (von faſſen S. 15) den Geiſte eingehend, dub
es ihm zu eigen wird. — Kauderwelſch!) (fo Grimm, Schmelier,
MWeigand u. A., Tauderwälfh Adelung, Campe, Schmitttes
ner u, 9.) unverfländli, frembartig, vermorren, durcheinander fprechend ode
geſprochen. Rotwelſch wie Zigeuner, Spigbuben, Gauner und landſtre⸗
chende Betiler unter einander in halb bebräifcher verberbter, Andern anfe
ihnen unverflänblichern eigenthümlicher Sprache fprechen. — Der höchſte She
rafter orientalifcher Dichtkunft if, was wir Deutfche Geiſt nennen, das Ber
waltende des obern Leitenden, Göthe, Noten zum wetöhl. Divan. Au
(Dichter) haben alle Begenflände gegenwärtig umd beziehen bie emtferniehm
Dinge leicht auf einander, daher mähern fie fi) auch dem, was wir Bis
1) Wälſch (ahd. walahisch, walhisc, walesc, mh. welhisch, wellisc,
welsch, wälsch) hieß dem Deutfchen jede Sprache, die ihm eine ausländifche
fremde war, vornehmlich die hateinifche, dann Überhaupt eine romgmifche, zunädk
die franz., dann meift die ital. Das Stammwort ift ahd. walah, m. walh, wich,
fpäter wal, wall, zunächſt — Gallus (Galler). andern if Zwifchenbankl
treiben, mäfeln, auch verbotene Handelſchaft treiben. Kaudermwelfch fcheint je
naht —= främermwelfcy, da ſich mancher welche, d. i. ital. Krämer in Städten wi
Märkten anflevelte und eine verborbene Sprache ſprach. Niederv. (bei Made)
fagt man kriemerwelſch, nieberl, Fraamerslatijn. Weniger fcheint bie Ei
leitung von oberd. kauder, küder — Berg (fchweiz. Fuderwelfch) ober ab.
uödan, nieverb. köddern, in der Volkeſprache Todern &, 76 für fi Ei hauben. —
34 Adelung ſoll rot in rotwelfch, ans gaunerifch rottboB — Diebsherbergt
erſchloſſen, ſo viel ale Gauner (mittellat. rutarius — Räuber) fein. Ru
Weigand if es das Wort. Notte, (mhd. rote, rotte, aus mittellat. rupti,
„ruta, rotta) im Sinn einer landſtreichenden Schar. u
773
nennen; doch ſteht der Wi nicht fo hoch, denn dieſer iſt ſelbſtſüchtig, ſelbſt⸗
gefällig, wovon der Geiſt ganz frei bleibt, deßhalb er auch überall genialifch
genannt werden Tann und muß. Daſ. Gs gibt hundert Witzige gegen
Ginen, ver Verſtand hat. Lichtenberg, piychol. Bemerkungen. Du bift nicht
geſcheid. Gothe, Götz v. B. 1. Das ift doch nur der alte Dred, werdet
boch gefcheiter. Böthe, zahme Xenien V. Alles Geſcheidte ift ſchon ges
dacht worden, man muß nur verfuchen, es noch einmal zu denken. Goͤthe,
Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Nur klugthaͤtige Menfchen, die ihre
Kräfte Eennen, und fie mit Maß und Geſcheidigkeit benugen, werben es
im Weltwefen weit bringen. Daj. Daß ihr doch immer fu gut ale Flug,
fo klug als weife fein! Geduld! Was Ihr am Hafl unterfcheidet, fol ale
geſchieden wieder fein! Wenn dem Volke weife nichts weiter wär’ als Flug?
und. flug nur ber, ber fi auf feinen Bortheil gut verſteht? dann frellich
wär’ der Gigennügigfte ber Klügſte. Dann wär freilih Flug und weife
nur eins. Leifing, Nathan d. W. 1, 3. Des Menfchen wahre Borthelle, vie
das Volk nicht Fennt, kennſt du; haft du zu Fennen wenigitens gefucht, hafl
drüber nachgedacht. Das auch allein macht fchon den Weifen. Daf. 8, 5.
Der Gottlofen tüde find Feine Flugheit. Luther, Bibelüberf, Sir. 19, 19.
Die Weisheit. fchränft fih nicht auf Faltes Willen ein. Duſch. Macht
mir dies Glück begreiflich, daß ich's glaube. Schiller, Maria Stuart 1,
6. Aus Furcht, mein Unglüd recht deutlich zu erfahren. Göthe, Leben
5.8. Gine leitende, fagliche Bedeutung. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 1.
Als viefes Alles fo weit im Rlaren wur. Daf. 1, 4. Wenn fie nach Würde
und Schwung tradhten, ohne geregelte Sprachkunde zu unförmlichen Worten
und Wendungen, wo nicht gar zu dem Kauderwelſch ber wanbelburen
Schulfliofofle, abirren. Voß, krit. Blätter 1, 369. Und noch ift vieles mir
rothwälſch. Voß.
Ab-(S. 570), Aus —, Be—, Unbe— , Bei-(S. 160),
Ein—, Gegen—(S. 431), Rach —, Db—, Rüd—, Ueber—,
Um—, Unter—, Ur—, Bor—, Wider — Zu— (5.572), Roth —
Nitterfiond u. a. — Siehe deinen Abftand von mir an, du bift
reich, ich habe nichts. Weiße. Daß es mit der Öffentlichen Markt
ihreierei, dem Ausftande. in einer Bude nicht gehen würde. Klop—
Rod, Gelehrtenrepublil. Der Sag, durch welchen alles Ding Be-
Kand und Form empfangen. Schiller,- die Weltweifen. Nach dem
Beſtand der Auflage müßten etwa noch hundert und adıtzig (Exem-
plare) in Weimar fein. Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 200. Die
duch Beſtand (Beftändigkeit) nicht Gegentreue hält. Hagedorn. Ei-
nen Beftand thun Sicherftellung leiſten). Krenner, Landtagsh. 3,
143. Bollbeftand erwünfcter Bebenögifer find wir ihm. Göthe,
Eugenie 4, 2. Ach, daß der Unbeftand immer das Lieblichfte bleibt!
Böthe, Weisfagungen des Balis 20. Eine gewiffe ausdauernde Be-
Randtheit unferes Charakters. Herder, Antrittsrede in Bückeburg.
Kehrte ſich der Graff zu den Beiftandt (zu dem dabei Stehenden)
774
vmb. Zindgref, Apoph. 2, 62. (Den man im Gericht) erft pries als
Beiftand, nun als Richter prüft. Göthe, Eugenie 4, 1. Wie man
denn, wenn man den Drt verändert und in neue Verhälmiſſe tritt,
immer Einftand geben muß. Göthe, Leben 6. B. Geiftlihe Ge—
genftände mußten gemacht werden. Göthe, Leben 10.38. In frucht⸗
lofer Darlegung gegenftändlicher und perfönlicher Wahrheit. Cramer.
Du hälſt ihr niht Obftand. Klopftod, Meifias 2, 681. (Daß fie)
allen übrigen Arten Obftand halten werde. Leffing, Hamb. Drama
turgie 20. Die fchottfhen Bölfer empören ſich und drohen abausie-
ben, wenn fie nicht heut den Rüdftand noch erhalten. Schiler,
Jungfrau v. O. 1, 3. Der das Lehngeld noch fchuldig war, und es
nun mit jchweren rüdftändigen Zinjen abzahlte. Göthe, Meiſters
Lehrjahre 6. Die Akademie halt ihre Verſammlung unter einem fo
vornehmen al8 zahlreihen Borftand. (Menge von Umftebenden).
Nachricht aus kurpfälz. Akademie. Als der Vmbſtand kurz vor jei-
nem Zode ſehr weinete, jagte er. Zinegref. Apoph. 1, 88. Da wir
einmal in folben Umftänden und in folder Lage find. Goͤthe,
Benvenuto Eellini 2, 8. Zeige mir den keinften Umstand an. Goͤthe,
Eugenie 3, 2. Nur ohne Umftände Göthe, Jery und Bätely.
. Shre Slüdsumftände berechtigten fi. Göthe, Wahlverwandicaf:
ten 1, 14. Der Brief follte wegen verfchiedener Nebenumjftände
noch geheim gehalten werden. Daf. 1, 13. Bei dem umftändli-
heren Bekenntniß diefer Begebenheiten. Göthe, Meifters Lehrj. 5,
16. Die Geifter bedürfen folher Berftändlichfeiten nicht. Muſäus.
Der alte Urftand der Natur kehrt wieder. Schiller, Tell 2, 2. Auf
dem bi. Ofterabend bey der Urftandt (Auferitebung) Chriſti. Man-
dat v. 1749. Zeige dich Vorſtand des Feſtes, wie du biſt. Shaf-
fpeare, Wintermährchen 4, 3. Die Güte felbit erregt oft Wider
ftand. Göthe, Eugenie 1, 6. Wie er den ueinden (Feinden) wi-
dDerftentig war. M. Beheim (15. Jahrh.) Den Zuftand der
Gebirgsbewohner zu unterjuchen. Göthe, Meifters Wunder. 3, 4.
Wenn wir indie Gemütbszuftände eindringen. Daf. 23, 5. Aines
Richters Zueſtand (Gebühr). Welſch, Reichartshofen 180 f. Damit
fie den Zuftand (Abgabe) ab den armen Leuten jchägen. Krenner,
Zandtagsh. 13, 14 v. 3, 1499. Anno 1696 ward ©. Durchl. Ye
jeph ,. . wit einem ganz unveriehbenen Zuftand (Uebel) an dem rech⸗
ten Fuß behaftet. Benno -Mirakel v. 1697. Ich konnte Sie nidt
befannt machen mit meinen früheren Jugendzuſtänden. Goͤthe,
Meiters Wanderj. 3, 4. Nur in diefem Mittelzuftand verdient
er den Namen des Weijen. Daf. 2. 1. Bücher, worin man je
den Grundriß der Gegend und ihre Iandfchaftlihe Anficht in ihrem
erften toben Raturzuftande gezeichnet jah. Göthe, Wahlo. 1, 6.
— Der Bauern- nnd Bürgerftand find die Grundpfeifer dei
Staates, der Adelftand ift uur Nebenwerl. Ungenannter bei Campe
775
Er konnte alſo feinen Titel feines Beſitzſtandes aufweiſen. J. Paul,
Heſperus 21. In den ſtädtiſchen gläſernen Bienenſtand. J. Paul,
Titan 27. Wir verlebten noch eine Weile in dem frömmſten und
lücklichſten Brautſtand. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 2. Der
Ehfta nd ift es. Göthe, Eugenie 4, 2. Kehrt die Natur fo in den
Engelftand der erften Welt zurück? Engelichall. Bedenk, wie fi
dein Glücksſtand ändert. Scufipeare, Eymbeline 1, 6. O Jane
merftand! Der. Hamlet 3, 2. Jede Provinz hat ihre Landftände,
Goͤthe, Egmont 2, Der Menfhenftand, den Doctor Mandevil...
bei und verkleinem will. Wieland. In einem ſehr unbehaglichen
Mittelftande. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 23. Der umer-
änderlihe Naturftand. Daf. 6, 8 Daß mid dein Nothftand
ämte. Wieland, Oberon 7, 58. Zwilden Pferdeftänden %.
‚ Zitan 6. Komm, lies es jelbit in dem Planetenfitande,
daß Unglüd dir von. falfchen Freunden droht. Schiller, Wallenfteins
Tod 5, 5. Freudig empfangen wir diefenim Puppenftand. Göthe,
Fauſt 2, 338. Auf einmal vüttelt fi) der ganze Ritterftand. Wie—
land, Oberon 1, 43, Im Schüpengebäude führte er fie in den S hie ß-
‚Rand. J. Paul, Siebenkäs 9. (Ich biete Dir) des Bürgers hohen
Siherftand. Göthe, Eugenie 4, 2. Gönner und eigene Neigung
beftimmten ihn zum Soldatenftande. Göthe, Wahl. 2, 10, Ge-
bietet euerem Volke Stillftand. Göthe, Iphigenie 5, 4. (ES)
hätt’ ohne Uebelftand noch immer warten mögen, Wieland, Oberon
85. Ich hoffte den Einfluß meiner Neutralität, wo nicht zu einem
Frieden, Doch zu einem Waffenftillftande. zu nugen. Göthe, eis
ſters Lehrj. 6. Ihm reifte zum Segen Wohlſtand unter dem VoIP
in des Landes erfreuender Schönbeit. Pyrker, Rudolf 1. Sie glaubte,
daß Charlotte durch dieſe Worte den früheren Wittwenftand be-
zeichnen wolle. Goͤthe, Wahlv. 1, 16.
. Staudhaft eig. von fetten unwandelbar fortdauerndem Sein;
von unveränderlicher Gemüthöfeitigleit in etwas gegen ftarfe Reizung
oder große Einwirklung vom Uebel zum Dane jo wie jene. Fe⸗
fligfeit zeigend. Beftändig allg. feftitehend, unveränderlic in der
Andauer; von feftftehender, in der Zeit unveränderlih andauernder
aft inehvas, fo wie diefelbe zeigend. Unbeftändig |. S. 309.
Ständifch einem Stande eigen; den Ständen gehörig, zulommend,
fie betreffend. — Im Glüd verläßt fie mid), die angeborne Kraft, die
Randhaft mid dem Unglück, ftolz dem Unrecht begegnen lehrte.
Böthe, Taſſo 1, 3. Wenn man nun bei der Operation Herders
Standhaftigkeit bewundern mußte. Göthe, Leben 10. B. Daß es
(dag Gut) uns beftändig bleibe. Göthe, Taſſo 2, 1. Ich hoffe,
dag ein beftändigeres Wetter auch meinen Bemühungen förderlich
word. Schiller, Brief mit Göthe 5, 49. Wer bürgt Ihnen für die
Beftändigfeit Ihrer Kräfte? Gellert. Grweiterung der ftändi-
716 -
ſchen Befugniffe. Goͤthe, Leben 12.35. Bon einfeitiger ftändifcher
Kultur. J. Baul, Titan 24.
Beharrlich (vun harren mhd. harren — fi wo aufhalten, daß man
nicht weiter kommt; feſt bleiben wobel ober worauf, ohne davon abzugeben,
nah Weigand wahrfcheinlih aus einer Wurzel mit hart ©. 253) mit ber
einmal gefaßten Gemüthofeſtigkeit in lang fich hinziehender Fortdaner bei et-
was bleibend, ſelbſt gegen Widerſtrebendes, Gegenwirfendes, und darin ſich
zeigend. Einnv, mit beftändig find: ewig (ahd. Ewie, mhd. &wic, von goth.
aivs, ahd. dwa, mh. &we, €, altn. sei, lat. aevum, gr. alov — enblide
wie endlofe Zeit) gewöhnlich in der Bedeutung ohne Zeitgränge, ohne Anfang
‚und Ende Immerwährend (aus Immer ahd. iomer, iomer, iamer,
iemer, mhb. imer, iemmer, aus goth. aiv, ahd. &o, io und mer, und wäh:
ren ©. 338) ununterbrochen bis zu einer gewiflen Zeitgränze, aber nur von
Peränderungen und Zufänden. Dauerhaft (von dauern S. 765) burd
innere Stärke in feinem Dafein bleibend, ohne Aufhoͤren durch die Kraft feines
Daſeins. — ©. noch veränderlich und wanfelmüthig ©. 300. — &
it das beharrlichſte Volk ver Erbe. Bäthe, Meiſters Wanderj. 2, 1. IS
bin ewig! Klopftod, Meſſias 1, 148. Die immerwährende Neigung
feiner Nachkommenſchaft, fih hier zu verfammeln. Böthe, Leben & B. Gr
fprach von einer dauerhaften Berbindung. Göthe, Meiſters Wanterj. 1,5.
Ständer, (ahd. stanter, mhd. stendenzere) überhaupt Theil ei-
ned Bauwerks zur Stüße, dicker ftehender Pflod, dann Stellfaß; Ab-
ftänder (im Forſtweſen) ein abgeftandener Baum; Ausftänder
(Bienenftod); Beftänder (Pächter); Beiftänder (Beiftand);
Einftänder (wer für einen andern in SKriegsdienfte eintritt); Um:
ftänder (umftebende Perfon); Borftänder (vorftehende Perſon,
junge Bäume Laubholz) gehören der Volksſprache an, oder find ver
altet. — Der Standen (ubd. diu standa, stande) was Ständer.
Ständel (mbd. stendel) eine Pflanze. Ständerling 1) Gefäß
zum Hnterftellen; 2) Getränf, das fich beim Abzapfen in ſolchem Un⸗
terfaß gejammelt; 3) jedes durch längeres Stehen in offenem Geſchirt
verdorbene Getränt; 4) Perſon, die allenthalben gerne fteben bleibt;
5) das Stehenbleiben auf der Gaffe, um zu plaudern Ständling
== miles statarius; a und ftändlings = fichend, m
Steben. — Ständer, gefenlt in die Erd’; und fugende Ballen
darüber. Voß, Luiſe 2, 358. In welche (Rufen) der Doppeladler
auf dem Ständer weißen Wein hüben und rothen Wem drüben aus
feinen zwei Schnäbeln ausgießen follte. Göthe, Leben 5. B. Wem
die Fäulniß tief in den Hauptfländern figt. H. P. Sturz, Frag:
ment aus den Papieren eines verftorbenen Hypochondriften. Es pfieg!
diefer Keyfer einem vunter den Vmbſtändern feine Zingerring zubals
3) lieber diefe Adverbialbildung ſ. Grimm III, 288 f. und meine Grammas
tif I. 2, $. 885.
771
ten zugeben. Zinegref, Apoph. 1, 77. — Ein Ständerling oder
Schwägmarkt aufrichten. Predigt von 1678. Und den violigen Sten-
bel mir brachſt. Voß, der Heumond 63. Ständel- oder Frafchler-
weiber. 3. Baul, Titan 58. Da Rom fiel ein, möcht du der ſeyn,
der ftändling wollt verharren. Balde de vanitate mundi.
@änle Coberd. au Saul, ahd. mhd. sül, agf. syl, altn, süla, von
goth. suljan — gründen, was auf goth, suha oder suljö, ah. sola, mhb
sol = Fußſohle zurüdgeht) zunächſt flammartig ragend aufgerichteter (ges
wöhnlicd runder) Stüpkörper eines Bauwerks; dann überhaupt ein folcher
Körper auch frei ſtehend und ohne darauf ruhende Laſt. Pfeiler (ahd. pf-
lari, pfilari, mh. pfilsere, altf. pilre, aitn. pl. pilärar, aus mittellat. pila-
rium, von lat. pila — ragender Balken zur Brechung der Wellen vor einem
Waſſerbauwerk, auch Stüpfänle) ift die aus Stein gehauene oder gemauerte
Stüge eines Bauwerks, fie mag frei oder zum Theil in der Wand ſtehen. —
Die Zermalmung des Schuttes war fo beträchtlih, daß von den Pfeilern
und Säulen aud feine Spur mehr feuntlich geblieben it. A. v. Humboldt,
das Erdbeben zu Caracas.
Ständnif (die und das stantnissi, mhd. diu stantnissede) tft
nhd. veraltet; Dagegen gibt es einige Ableitungen auf niß. ) — Als
er ihr Geftändniß hörte. Göthe, Meiſters Lehrj. 1, 13. Mylord,
das war ftets unfer Eingeftändniß. Shaffpeare, Timon 1,2. O
hätteft du Verſtändniß. Göthe, finmifches Lied. Daß zmwifchen mir
und der Marin VBerftändnifje gemeien. Schiller, Maria Stuart
4,4. Hier ift fein gemöhnlih Mißverſtändniß. Schiller, Picco-
lomini 2, 2. Nun wirkten die beiden Freunde, obſchon ohne ausdrück⸗
lihes Einverftändniß, gem zufammen. Göthe, Wahlo. 1, 14.
Tas mußte geheimer als ein verbotenes Kiebesverftändniß gehal-
ten werden. Göthe, Meifters Lehrj. 6. — Sie find mit Geiftern, mit
Dämonen einverftanden Schiller, Don Kurlos 2, 8. |
Staudbaum, —blod, —diele, —feft, — fiſch, —gebühr, —geld,
—inie, —ort, — pferd, —plaß, —recht, —rede, —redner, —riß,
—rohr, —ftern, —ſtuhl, —thier, —vogel, — wind, —würdig, —zeid)«
nung u. a.; Standesdadel, —erhöhung, —frau, —gleichheit, — herr,
- mäßig, —tracht, —mwappen, —zeihen u. a.; Gtändefammer,
— mitglied, —verfaumlung ; Abftandsgeld, — winkel; Anftandsbezug,
—brief, —geld, —lehre, —rolle, —ihirm; Beftandbuch, —gärtner,
—geld, —gut, —herr, —jagd, —inhaber, — mann, —müller, — rolle,
? Diefes—nig fleht eigentlich für—iß, wie goth. fil-ussiMtenge beweifet. Ahd.
tritt ſchon neben rAtussa, ratissa Räthfel fol-nissa Anfüllung, stil-nissi Stille
en. Die Ableitung aus Adjectiven mit auslautendem n und "arten Participien
Präter. haben dazu verführt, niss ſtatt iss zu nehmen: unhreinissa (Unreinigfeit),
vuntanissa (Bindung). NHd, gilt nur ni, in der Volksſprache (auch in Schrifs
ten des 16— 17 Jahrh.) Hier und da nu, nüß. S. Grimm II, 821 f. und
meine Srammatif I, 2, $. 130. |
«
778
— vertrag, — zeit u.a.; Einftandögeld, —gereihtigkeit, — recht; Ver⸗
Kandkrant, —reih; Berflandesbegriff, — ſchwach, — ſchwäche, — we-
fen u. a. — Wo fromme Berehrer en Standbild weihten dem
Sanct Florian. Pyrker, Rudolph 3. „Sein Roß an dem Stand-
pfabl. Daſ.4. Auf meinem jegigen Standpunct. Göthe, Briefw.
mit Schiller 6, 189. Standuhren und Bo tzellanpuppen. Göthe,
Leben 11. B. Dem die heiligften Empfindungen für Standesehen
jo brauchbar fchienen. 3. Paul. Nach Sau udesgebühr, Göthe,
Meifters Lehr. 4, 4. Herr Hüon, flandsgemäß ein Zeind von
Mörterftreit. Wieland, Oberon 6, 48. Das zwiſchen mehreren —
desherrſchaften uegende Schloß. Göthe, Speifers Manderj. 3
Um mit einer einzigen Tochter ale Bortheile einer ftand —
Erziehung zu genießen. Goͤthe, Wahlv. 1, 16. Auch er beſorgte die
Angelegenheiten verſchiedener Standesp erfonen. Göthe, Leben 4.
B. Nun war an diefen Gefellichafts- und ie —
mehr zu ſchonen. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 9. Indem der Ur⸗
theilende den Sinn des Werkes fefthält, und deffen An
oder Unbeftandbeit, wie in einem Kunftwerfe, zeigen Herder. Es
beſteht aus einem beſtandloſen Weſen. Campe. zweites Be⸗
ſtandſtück des Chriſtenthums. Mellin. Die heterogenen Beſtand⸗
theile meines Publicums. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 175. Ich
ſchaffte es verſtandlos hierher. J. Paul. So mit flugem Bedacht
und verſtandvoll redeſt du alles. Voß. Erleuchtende Verſtau⸗
desblitze. Göthe, Leben 11. B. Sehen Sie doch die größten Ver⸗
ſtandeshelden an, was ſind ſie für arme Tröpfe? Herder. Drum
braucht des Menſchen Verſtandeskaſten von außen nur der Galliſt
I u betaften, fo weiß er, was in dem Kaſten ftedet. U. ©. nn
er Berfafler fcheint mir zu den Verſtandes menſchen zu gehö
Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 37. Die entgegengefebte
verfennt den efjentiellen Unterhhie, Pe der Naturwelt —
Verſtandeswelt ganz. Daf. 4
Stunde (abd. stunta, mhd. stunt, stunde, altn. agf. stund)
der einftehende Zeittheil; dann Zeittheil von 60 Minuten; mptholo-
giſche Göttinnen der Tages- und Jahreszeiten. Davon fündig (ahd.
stuntic, mhd. stundec = deffen rechte Zeit und Stunde da ift, reif)
eine Stunde dauernd; fündlich (ahd. stuntalih, stuntlih); unden
in Stunden theilen; die Stunde oder Zeit beftinmen ; Zeit und Fri
geben. — Allein von Hüon = zur Stunde fihtbarlich jein guter
Geift. Wieland, Oberon. In allen 5* Stunden, erhoͤht von
Lieb' und Wein, joll diefes Lied verbunden von uns gefimgen fein!
Göthe, Bundeslied. Von ſelber ſprang das —* —— von
Stunden, auf. Bürger. Ihr mühſam finſterſtündig Sterbenden.
Göthe, Pandora. So wenig als ihm (dem Pachter von ſeinem Ge-
779
richtsheren mit dem Pachtgelde) geftundet wird, wird er (der Päc-
ter) dem Bauer ftunden. Sintens.
Stundenbericht, — blume, —brett (in der Schtfffahrt), —geber,
—gebet, — geld, —göttin, —halter, — kraut, — reis, — kreuz (Son⸗
nenuhr in Geftalt eines Krenzes), —lang, —lauf, —Iehrer, —linie,
—marfe, —meflung, —plan, —rad (bei Uhrmachern), —ring (an
Uhren), —fang, —fäule, —fcheibe (bei den Markſcheidern), —Ichlag,
—fhub (in der Aftronomie), —feiger, —ftab (Sonnenuhr in Geftalt
eined Stabes), —flaffel (an Schlaguhren), —tafel, —überträger (bei
den Markicheidern), —uhr, —vertheilung, —verzeihniß, —weife,
—winfel (in der Aftronomie), —zeihen, —zeiger, —zettel (im Poft-
wein), — zirkel u. a. — Wohl eingelernte Stundenbothen fonn-
ten ſogar an der Länge ihres eigenen Schattens ohnfehlbar die rechte
Morgen- oder Abendftunde angeben. Böttiger. Jedwede Stun-
denführerinn fol Wohlfein, Freude, Heiterfinn und Freude in dein
Dafein weben. Campe, Mein Slüd wird fein, gleich wie des Baches
Fließen, gleichwie der Sand des Stundenglafes rinnt. Schiller.
Waflerupren nnd Stundenmaße. Herder. Er fekte ſich ans In⸗
firument und domnerte mit einem aufgeichlngenen Preſtiſſtmo von Haydn,
diefem rechten Stundenrufer jauchzender Stunden. 3. Paul. Schnell
verläuft der Stundenfand. S. Dad. Darum finden wir nament-
lich und ausdrücklich die Stun denſcha uer (horoscopen) und Stun-
denverfündiger (horologen) erwähnt. Böttiger. (Geld) zu praͤch⸗
tigen Spiegeln md Stundenweifern K. ©. Eberhard.
Anm. Standarte iſt fremd, mhb. stanthart vom estandard, franz. dtendard,
mittellat. standarda von extendere, franz. dtendre == ausbreiten.
Stadel!) (ahd. stadal, mhd. stadel, agf. stadhel, stadhol,
stadhul) 1) Scheune; 23) fcheunenähnliches Gebäude zur Niederlage
von Borräthen; 3) Ort, wo etwas geftanden hat; 4) Herberge. —
Das Schloß mit allem gebüm, mauren, heufern, fchewren, ftällen,
fadeln. A. Hng, Rhetorica Tübingen 15238 BI. 171. Geſchütz zu
Landshut in einen Stadel geführt. Krenner, Landtagsh. 16, 227
v. %. 1507. Sie mahten anh Erdftädel, darinn fie das Getreid
möchten behalten. Anentinus, Ehronif 1580 BE. 17. Der Samariter
fürt in in fin ftadel und gab die zwen pfenning dem ftadelmeifter.
Schmeller 3, 615. — Daſelbſt auh: Bau—, Bor—, &rd—, Figu-
ren —, Salz--, Ziegel—, Comödianten —, Meifterfingerftadel; Sta-
deihof, —britiher, —thorz; Stadler — Knecht, der den Heuboden
in Ordnung hält. :
1) Brimm, behandelt goth. standan In No. 72, goth. studan in No. 545,
beide mit der Bedeutung ſtehen und bemerkt bei studan: „Ob (hierzu) and goth.
staths (Geſtade), vom Stehen bes Flußes? Die Confonanzftufen diefer Wurzel
feinen feit Tange ſchwankend und verwirrt.” — Ich reihe darum die zunächſt zu
stadan gehörigen Formen hier an.
780
Scheuer (ahd. sciura, scära, mb. schiure, älterab, schawer, schower,
zu fpäternhd. schüren — ſchützen gehörig) fcheint mehr hochd, dagegen Scheune
(mbb. sciune, schiuhe, aus ahd. scugin ober scaginna — Hütte) mehr nie
derd., uhd. beftehen beide Formen gleichbedeutend neben einander. — Beſondere
mußte ich einige verfallene Scheueru und Remifen für den hänslidhen Ge
brauch wieder nugbar machen. Goͤthe, Weitere Wander. 1, 2. Wo man
Dörfer und Scheunen vifitirte. Böthe, Sampagne in Frankreich 13 — 17. Sy.
Stad, der und das (goth. staths, ahd. der und das stad, mhd.
der und das stat, agſ. steadh, städh), der Staden (ahd. stado,
mhd. stade) urfprünglich wol Standort der Schiffe, dann Ufer (oder
von Stehen des Fluffes®); davon das nhd. Geſtade (oberd. Geftad,
älternhd. 2 Geftetten) früher überhaupt Ufer, nun vorzüglich für
den Landrand an einem größeren Gewäfler. — Stille waſſer frefin
das ſtad. Scmeller 3, 615. Nun büpft — am Staden des
Irrwiſch täuſchend Licht. Koſegarten. Es lächelt der See, er ladet
zum Bade, der Knabe ſchlief ein am grünen Geſtade. Schiller, Tell
1, 1. Trau feiner undergrabnen Gftetten. PB. Abraham.
Ufer, (agſ. öfer, altfriei. dvira, Övere, mh. uover mit der gleichbeden⸗
tenden Nebenform uobe) überhaupt Erbrand eines Bewäflere. Strand (mb.
strant, agf. engl. ſchwed. dän. strand, altn. strönd, franz. dtrain, fpan.
estrange) ift der an großem Wafler, befonders an Meer und Ger, fih hie
ziehende Sandftreifen des Landes, befonders das flache Meer- und Geeufer,
wie auch die dort befindlidhen Sands oder Felfenitreifen des fladyen Meeres⸗
grundes. Küfte (egl. coast, ital. und mittellat. costa; altfranz. coste, fran.
cöte; lat. costa — Rippe, fpäter Seite) Meeruferland. Rhede, (beſſer
Reede, nieterd. heil. reede, von goth. garäids, ahd. reiti, mh». reite, f. ©,
- 750) befkimmter Uferort, wo die Schiffe fiher anlegen können. — Na dam
Ufer ſteh' ich lange Tage. Goͤthe, Ipbigenie 1, 1. Bon Thefens Statt,
von Aulis Strand, von Aflens entleguer Küfte, von allen Inſeln kommen
fie. Schiller, Kraniche des Ibykus. Bern auf der Rhede ruht der Pilot.
Schiller, der Spaziergang. Denn nicht Buchten empfingen die Schiff un
bergenve Reeden. Voß, Odyſſee 5, 404
Stud, die (mhd. stude, agf. studu = Pfoften, altn. stod =
Pfoften, Säule, älternhd. stud — Säule) Pfoften, Pfeiler, Stüge
(mhd. stuz) und die Studel (ahd. stuodal, mhd. studel, älternbd.
stodel, türstodel) Unterlage, Pfoften, Säule find nun veraltet. Da
von, mit falfcher Afpiration, fügen (ahd. stuzzan, stuzzen, aus si
ergtuzzet, unterstuzeter gejchlofien, mhd. stützen, altn. stoda =
helfen, stydja = ftügen) zum Ruhe- oder Haltpunct eines andem
Körpers dienen, um diejen vor dem allen zu fihern; einem Gegen-
ftand einen Ruhe⸗ oder Haltpunct geben. Davon Stug (mhd. stuz),
Stüge, Stüger, —ung; Unterflüger, — ung. — Dann foll man die
Bäng (im Bergwerk) ftudeln mit acht Studeln. Man foll unter
jede Studel ein Geſperr jeßen; es jollen aud die Studeln ob der
- 781
Erde 6 Schuh lang ſeyn ımd unter der Erden 6. Lori, Bergv. 352.
— Es drehen faft der Bühne Stüpen. Schiller, Kraniche des Iby⸗
tus. Ein flarder underftug. Dietenberger, Bibelüberi, (1571) Sir.
34, 19. Gegen die Tiefe der Mauer, mit der man den Hügel und
jeine Gebäude aufgeftügt Hatte, brachen ſich leuchtende Wellen.
Meyer. Ein milder Unterftüger der Studirenden. Popowitſch.
Lehnen, (ſ. ©. 147) von der fenfrechten Richtung auf etwas einen Halts
punct Bebendes abweichen und abweichen machen. — Ad iſt denn fein Bufen,
an welchem ver meinige Sehne? Kofegarten. Liane Ichnte in einem Schlaf:
ſeſſel. J. Baul.
Statt (goth. stads, ahd. mhd. stat, agſ. stede, altn. stadr = Statt;
ahd. stata = Gelegenheit; altn. stada — Standort) und das ges
bräuchlichere Stätte (mhd. state) Standpunct, Standort, gerne mit
mit dem nahe liegenden Gedanken eines feiten Seins an dem Orte.
Stadt (jo erft in der neuem Schreibweile, früher allgemeiner Statt)
it nım für eine ganz vereinzelte Anwendung üblich geworden. — Die
Demuth kann nicht ohne Gefühl der Kiebe des Schöpfers Statt fit-
den. Gellert. Der Bildungsfähigfert eines Menſchen fommt das Licht
der Natur, welches immer thätig ift, ihn über feine Zuftände aufzu⸗
Nären, auch bier gar freundfich zu ftatten. Göthe, Leben 10. ©.
Ale Menfchen, wo fie Urſach und Statt (Gelegenheit) haben, fo füns
digen fie. Aventinus, Chronik 185. Der Billichkait ftatt thun. Lori,
Landesord. v. 1616... Mit großen Unkoſten und Unftatten. Wirzb.
Landgerichtsord. v. 1618. Mit einiger Gefahr und mit Unftatten.
Göthe, Leben 6. B. Leergebrannt it die Stätte. Schiller, Glode.
Aus dem felfigen Kern hebt fih die thürmende Stadt._ Schiller, Spa—
ziergang. Tempelftadt und Wagenthron. Göthe, Fauſt 2, 163.
die Thürme der Hauptftadt wollte einer gewahr werden.
Goͤthe, Wahl. 1, 9. i
. Dirt, (f. &. 606) eig. Spitze, äußerfier Bunct, Rand, fpäter Raumpunct in
ausgebehntem Sinne, fei er nun kleiner oder größer; davon im Befondern (lands
ſchaftlich das) Raumpunc ver Wohnung, vornehmlich ein Durch hönsliches
An: und Zufammenwohnen ver Menfchen zu einer Wohnungsgefammihelt abs
gefchloffener Raum des Erdbodens. Wied (ahd. flöc, mir. viöc—= Abs
ſchnittsſtück von Zeug oder Leder; ahd. fleccho, altn. flöckr, mhd. vlecke,
viöcken, vlẽc = andersfarbiger Raumpunct; vgl. lat. plaga. gr. Anyn =
Schlag, Wunde, zurüdbleibendes Mal des Schluges) Fleiner Raumabſchnitt,
ein Raumabfchnitt ale Raumpunct; der Flecken — großes Dorf, Dorf mit
fläbtifchen Anfehen und Gerechtſamen. Pla (alta. plats, mhb. p(b)laz, äls
ternhd. placz, ital. piazza, fvan. plaza, franz. place, von gr. srAarela, lat.
platea = Gtraße, breiter Hausraum) weite Raumfläche für körperliche Uebung,
Zanzplag im Freien, offene ebene Raumfläche wozu; Räumlichfeit wofür, fie
fei num eine größere oder kleinere; Ort der Nieberlaffung uber des Sitzens.
Stelle (S. 437, zu: Rellen ©. 28) Standfläͤche, Standort, Rangort. — Immer
—78
war mir das Feld und der Mald und ber Fels und bie Gärten nur dia
Raum, und du machſt fie, Geliebte, zum Ort. Göthe, Jahrs;. 22. Wohin?
Es if nur Ein Ort in der Welt! Wo er beflattet liegt, zu feinem Sage!
Der einz'ge Fleck if mir die ganze Erde. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 11.
Einem beffern ven Plap zu räumen, zog ich mich zurüd. Schiffer, Don
Karlos 3, 10. Die geſchickte Cinrichtang macht Alles möglich, und Du gleuff
nicht, wieviel Platz man findet, wenn man wenig Raum braudt. Goͤthe,
Meifters Lehrjahre 5, . Wenn man mit einem Male das Diecex ablaffen
fönnte, würde ed auf feinem Grunde nicht viel andere ausfehen, als auf viden
Stellen auf unferer Ervoberflähe. ©. H. v. Schubert, Bildung der Art
oberfläche.
Anm. In dem Maße, als fih der alte Begriff Burg AN S. 450) in ben yon
Jeſte (f. S 451) — rückte, urſprünglich mol mit großer Rückſicht auf bürgerkche
Gewerbe, Handel und Wandel, der Auedruck Stadt in deſſen Stelle ein. Das Bet
tommt in verfchiedenen Ortenamen, theils in ver alten, theils in veränderier Ge
flalt vor: Raſtatt, Neuftatt, Aichſteit. Höhft (am Main) iR enthellt ans Her
flevi (ahd. höstato) was aus Höchftett ſich ergibt.
Statt, anſtatt find uneigentliche Präpofitionen mit der Beden⸗
tung da, wo ein Anderes fein jollte (Stellvertretung), ohue Neben
begriff; beide dienen auch zur Verbindung von Sägen. — Eine Ge
ſchichte ſtatt vieler möge bier Plag nehmen. Göthe, Auch er beftieg
ein ſchönes Roß, dem zu beiden Seiten des Sattels anftatt der
Piſtolenhalftern ein paar prächtige Beutel befeftigt hingen. Göthe Le
Ben 5. B. Ab, id muß euern Sammer noch verarößern, ſtatt ihm
zu heilen. Schiller, Tell 1, 4. &8 it ein febr bedeutender Mertkei,
von dem Reinen mit Bewußtfein ins Unreine zu geben, anftatt einen
Aufihwung von dem Unreinen zum Reinen zu ſuchen. Schiller, Briefw.
mit Göthe 5, 308. F
Für (6.752), fräher (auch nihd. mitunter noch) geradezu in Den Siane son
Ratt, anftatt, Kat uhd. oft den Mebenbegriff „zum Bellen“; kam yur
Berbinpung von Sägen nicht gebraucht werben. Da triit fein anderer für
ihn ein, anf ſich felber Recht ev da ganz allein. Schiller, Wallenſteins Eger. I1.
Yum. Die Ptapoſttion Rats erfordert den Genitiv; Gothe gebracht zus
weilen ven Dativ: Milo Gelächter Aatt ver Riebe ſüßem Wahn! det
naß. Statt feierlichiten Grußes, mie fi ziemte, Rutt ehrfurdtsvollem Willfenen
bring’ ich dir in Ketten hartgeſchloſſen ſoichen Knecht. Fauſt 2, 211.
Statt und Stätte finden ſich in mancherlei Zuſammenſetzungen,
von denen nun manche veraltet find. — Aderftatt, Bad- da
Beckenſtatt (zur Bäderei beftimmte Baulichkeit), Bann—, Bleib—,
Brand—, Breu—, Dorf— (mo ein Dorf fteht oder geftanden hat),
Zrag— (Zorturfammer), Hall— !) (wo Salz gejotten wird), Ham:
mer— (Eifenhanmer), Haupt— (wo Berurtbeilte entbauptet wer-
1) Mhd. heißt Salzwerk hal, vom gr. «As; bavon halhüs — Galzwet,
nbd. noch in verfchiedenen Bigennamen: Halle, Reichenhall. Das nhe. Sal, Rimmt
sum lat. sal; vgl, übrigens lat. halec, alec = Galzlafe.
783
den), Herd— (Wohnung mit Herd und Kühe), Hoch —, Hof—,
Keget— oder Kugel— (Kegelbahn), Köpf— (Hochgericht), Land—
(Landıngsplag), Liger—, Mahl— (Ort zu einer Zufammenfunft),
Markt—, Meß —, Mepg— (Ort zum Schlachten), Miethb— (Platz,
wo fih Taglöhner zu miethen fanden), Mift—, Mübl—, Rad—
(Hmdlungsplag, wehin die Waaren bloß zu Wagen gehen können),
Reufen— (zum Legen von Fiſchreuſen), Richt — (Hinrichtungsftätte,
ausgehauener Bang im Forft), Schein— (Ort und Stelle, die zu be=
augenicheinigen if), Schent— (mo Bier ze. ausgefchenft wird),
Shmied—, Schufter—, Sig—, Stoß— (in Salinen), ra Fr
Baien— (Abdederei), Weiher—, Wein—, Zaunftatt führt
Schmeller 3, 666 f. an. — Er (der Tod) mähte mich unter die
Bettftatt. Platen, die verh. Gabel 5. Klöfter haben wir nicht, in
denen fonft eine Zreiftatt für folhe Gefühle zu finden war. Göthe,
Wahlv. 2, 15. (Ex) wird fid eine Hofftatt grüuden. Schiller,
Ballenfteins Tod 1, 7. Die an Die zweite Kindesftatt eintreten
follte. Göthe, Wahlv. 1, 10. Noch yionen dunkle Male ringsum die
Rächerſtatt. Redwig, Amaranth. Und führt fie ungeläumt nad) feiner
Nuheftatt. Wieland, Oberon 9, 69. Wie früh ich in der Werf-
ftatt bin. Göthe, Goldichmiedsgefelle. ine Höhle, die man als Na-
turwerfitatt mächtiger Kryſtalle anfprechen konnte, Göthe, Meifters
Banderi. 2, 8 Mühlen und Schmiedewerfftatt. Daſ. 3, 13.
Er hat mir eins (Pferd) an Zahlungsftatt angeboten. Göthe,
Meifters .1, 11. — (E09 ſchaut auf die fohredlihe Brand-
Hätte. Borker, Rudolph 8. Daß es die eigentliche Orabitätte
bezeichne, Göoͤthe, Wahlv. 2, 1. Er warf fidh fogleich auf eine der
Lagerſtätten. Göthe, Meilters Wanderj. 1, 4. Indem man den
Schutt in die zerfallenen Mauerftätten felbft geworfen. Göthe, ital.
Reiſe Meffina 13. Mai 1787. Sie waren von ihrer Nachtſtätte
gelommen. GBöthe, Meifters Wanderf. 1, 4 Die fih einen Raum
auf diefer allgemeinen Rubeftätte ausbedungen. Göthe, Wahlv. 2, 1.
(Er) fei das Opfer der Schädelftätte, Klopfiod, Meffias 18, 132.
Auch feine Schlafftätte. theilte. er mit ihnen. Benzel-Sternau. Der
Hügel bier ſei meine Schlummerftätte. Shafejpenre, Sommer-
nachtstraum 2, 2,
Städter, ſtädtiſch; Stadtabgabe, — acht, —adel, —amt, — ante
mann, —anwalt, —arbeit, —arzt, —bann, — bauherr, —baumeifter,
—beamte, —befehlshaber, —befaßung, —beutel; —bevollmächtigte,
—bewohner, —bote, —braud), au: —bürger, —Ddiener, —fefte,
—flur, — frau, —freiheit, — fremd, —gänfefuß, — gaſſe, —gebäude,
—gebiet, —gefängniß, —geiftlihe, —geiftlichkeit, —geld, —gemeine,
—genoß, —gerechtigkeit, —gerechtiame, — gericht, — geſchichte, —ge⸗
ſetz, —geſpräch, —graben, —gut, —baft, — hauptmann, —haus,
—herr, —herrſchaft, —birte, —hoheit, —holz, — jugend, —junge,
784
—jungfer, —junter, — kaͤmmerei, —fämmerer, —teller, — ind, — kirche,
—knecht, —kuh, —kundig, —fküfter, —leben, —leute, — mädchen,
—magd, —märden, —mannichaft, —markt, —mäßig, —mauer,
—meilter, —mift, —münze, — muſikus, —neuigfeit, —oberfte, — obrig-
feit, —offlcier, —pfarre, —pfarrer, —pfeifer, —pflege, —pflick,
—pflihtig, —prediger, —priefter, —rath, —recht, —richter, — röth⸗
— —ſache, —ſchatz, —ſchloß, —ſchlüſſel, —ſchreiber, — ſchuld,
—ſchule, —ſchüler, —ſchullehrer, —ſchultheiß, — ſchwalbe, —fiegel,
—fitte, — ſoldat, —theil, —thurm, — uhr, —vieh, — viertel, — vogt,
—vogtei, — volk, —wache, — wachtmeiſter, —wage, — wagen, — wah⸗
rung, —wald, —wall, —wappen, —weide, — weſen, — wieſe, — mirth,
—mwohner, —wolmung, —wundarzt, —zeichen u. a.; Städteaus⸗
ſchuß, —bant, —bund, —weien u. a. — Uraltes Landvolk, em
Hütten verjchont der Städter Stolz und Neid. Hagedom. Die
Städterin droht euch Dirnen den Krieg. Göthe, Kriegserflärumg.
Mid hut von ftädtiihem Gedränge mein günftig Gluͤck zu euch
gebracht. Uz. Der ftadtdurdreifende Herold. Voß. Der Stadt⸗
einwohner Berfammlung. Sonnenberg. Kain machte aljo die erſte
Stadteinrihtung. Herder, Er erzählte luſtige Stadtgeihid-
ten. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 17. Künftler und Stadtmenicden.
Herder. Der Stadtpfleger Demetrius. Wieland. Pallas Athene,
vol Macht, Stadtihirmerin Voß. Das Stadttbor fchließt
fih. Schiller, Glode. Die ftadtumfränzeten Jemen. Sonne
berg. (Er) wollte zum Stadtverwefer mid ermennen. Alzinger.
Stadtwärts nun flohen fi. Voß. Die Stuadtwelt. Herder.
Welche (Dinge) das innere Stadtwefen betrafen. Göthe, Leben
14. B. Eine mächtige Städtebefhügerin war fie. Herder. Er
fah feine Schwiegertochter mit Charten, Blauen und Städtebildern
beichäftigt. Göthe, Meilters Wanderj. 1, & Die Städteſchleife⸗
rin Bellona. Voß. Der Städteverwüjter Odyſſeus. Bob. Dus
Schreckbild jener Städteverwüftenden. Göthe, Fauſt 2, 198.
Statthaft (ahd. statahaft, mhd. statehaft) Statt haben koͤnnend,
ur oder auch zeitliches Sein in etwas haben oder finden
nnend. —
Zuläffig (ſ. laſſen) umverweigert felend ober gefchehen fünnent. — Ob
fle (die Beſchäftigungen) zuläffig und nüglich wären. Böthe, Leben 4 2.
Statthalter, —halterei, —halterlih, —halterſchaft, —bhalter-
würde; Stättegeld, —los. — Tr lies binder jm den Fürften Anz
dronicum zum Stadhalter. Luther, Bibelüberj. 2. Makk. 4, 31.
Noch werden alle Statthalterjchaften mit Niederländern beiegt.
Göthe, Egmont 1.
Statten u ), ab—, aus— (©. 497), be—
(S. 607), er— (S. 607), zurüder—, ge— und verfatten
785
(S. 730) bedürfen feiner weiten Erflärung — Auch dem Ddeutfchen
Schriftfteller würde e8 bei einigem Fleiße (ehr leicht gelingen, die Are
muth feiner Sprache, wenn fie ftattete (Statt fände), zu verkleiden,
aber fie Hat nicht Statt. Kolbe. Si jtattet (verurfacht) mir gros
ungemach. Boner, Zab. 48. Wegen der Bifiten und Gegenviftten,
weiße nunmehr mit dem größten @eremoniel abgeftattet wurden.
Göthe, Leben 5. B. Doc hoff ich denen Dank einft abzuftatten.
Shakeſpeare, Richard IN. 1, 1. (Die Natur hat) ihn mit fo viel
Tugend ausgeftattet. Göthe, Eugenie 1, 6. Ein Garten... mit
Obftbäumen reichlich ausgeftattet. Göthe, Meifters Wanderj. 1,4.
Nur wohl ausgeftattet möcht’ .ich im Haufe die Braut jehn. Göthe,
Hermann und Dorothea 2, 183. Sie follen bloß mit Schlafen, mit
Zangen und imit Luft beftatten (verwenden) ihre Zeit. Opitz. Der
Zufall werd’ ihr ihm (den Ring) gewiß zurüderftatten Platen,
die verhängnißvolle Gabel 3. | u
Ab— , Aus—, Be—, Erfattung; Beſtattungskoſten. —
Bezahlt von Audftattung, Die ihr ihm schenkt. Shakſpeare, Eym-
beine 1, 7. Jene lebte Religion geben wir einem jeden nur aus⸗
flattungsweife in Die Welt mit. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 2,
Am Tage feiner Beſtattung. Geßner. Ä
Stät (ahd. stäti; mhd. steste) bleibend, unbeweglich, vom feften
Drte des Seins (eig. und uneig.). Dadon die Stäte und das ver-
altete Häten, beftäten — fhüt, feſt, gewiß machen; ftätig (minder
gut ftetig, ahd. stätie, mhd. staetec) feſt, dauernd es und. uneig.);
Stätigfeit, ſtätigen (veraltet), beftätigen (falſch beftättigen);
Hätifch (felmer ftätig, ahd. stetio, mhd. stetec) gern ftehen bfei-
bend, befonders von Pferden gefagt. — Ich bitte gar fehr es (das
Käfthen) recht ſtaͤt zu.tragen und. im mindeften nicht zu bewe-
en oder aufzurütteln. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 6. Allein ein
ib bleibt flät auf Einem Sinn, den fie gefaßt. Göthe, Iphigenie
2, 1. Flüchtig und unftät ſollt' ich fein. Göthe, Meifters Lehr}.
4, 1. Eine Bildung in fhöner. flätiger Reihe. Göthe, Einleitung
in Die Propyläien. Deren früheſte Bi nd: fretig zufammenhängend
mit der |pätern, ihre Fähigkeiten naturgemäß entwidelt. Göthe, Leben
14. B. Meine Schöpfung fei aus und leer die Stäte des Bäng-
fien und des DVerlafenften aller Erſchaffenen. Klopſtock, Meffias. Der
großen Zugend Ruhm, der Römer firenge Thaten, was war es, als
dr Thun durch Menfchenblut beftäten? Opitz. Ich geftebe, daß ich
bis jegt zwar die Stätigfeit, aber noch nicht: die Einheit recht ge-
faßt habe. Schiller, Briefm. mit Göthe 2, 77. Hat’8 mit dem Siege
fi} beftätigt? Schiller, Wallenfteins Tod 4, 5. Bei dem ſchönen
Wetter, Das fih zu befitätigen ſcheint. Göthe, Briefw. mit Schiller
5, 311. — Nur hat die Beftätigung jedem gefehl, die habt ihr
nun Löftlich in Händen. Göthe, der getteue Eckart.
380
786
Ununterbrodgen ſ. unterbrechen S. 66. — Bejahen, eig. zu et⸗
was ja fagen (ahd. gajazon, mihd. bejsszen, Bolfefpracdge bBejöffen, f. ja
&.408) allgemein von etwas ausfagen, daß es fu if, wie bereits angegeben. B ers
ficgern (mhd. versichern, f. ficher ©. 444) Jemanden über etwas fo überzen⸗
nen, daß er nicht beforgt, daſſelbe werbe anders fein, als er fich vorſtellt. Bes
thbeuern (f. theuer &.436 und Bethenerung ©. 642) ai etwas verfichern,
was uns thener il. DBelräftigen (von Fräftig ahd. ch(k)reftik, mb.
kreftec, von Kraft, abb. ch(k)raft, mhb. kraft, agſ. craft, altu. kraptr)
dem, was man auffagt, Meberzeugungsfraft geben. — An allen feinen Hant-
lungen (fand man) eine ununterbrochene Schrittmäßigkeit. Göthe, Meifters
Lehrj. 8, 9. Lebt Herr Stauf noch? rief mein Begleiter verwundert aus.
Man bejahete es und verfiderte, daß wir, nad unferm Reifeplan, nicht
weit von feiner einfamen Wohnung vorbeifummen wärben. Göthe, Lehen 10.3.
GEs follte ein alter Herr fein, meinten fie haſtig; der Kellner verfierte da-
gegen, er fei jung. Nun zweifelten fie wieber, er beiheuerte die Wahrheit
feiner Ausſage. Goͤthe, Meiſters Wanderj. 8, 10. So haben fie die Art,
eben daſſelbe wa® man gefagt bat, mit einer andern Wendung zu wieberholen
und gleichfam höflich zu befräftigen. Göthe, Leben HM. B.
Stäts (minder gut ftetö, genitiv. Adverbium, mhd. steetis) von
ununterbrocdhener Dauer in der Zeit. — Wer alfo redet, aljo lebt, umd
einzig nach dem Guten ftrebt, der bleibt auch flets und unbemwegt.
Opiß. Ste (die Geftalt) empfiehlt ihn ftets. Göthe, Hermann und
Dorothea 6, 152. —
Allemal (vun Mal, Mahl, goth. mel, ahd. mihd. altn. mäl, agf. mel =
Punet, Sefchriebenes, Zeitpunck) und jedesmal gehen auf die Zeit wie auf das
in der Zeit Geſchehende. Allezeit (f. Schlußanm. zu zeiben), jederzeit
und immer (&.278) gehen nur auf bie Zeit. — Unter dem Liebe, das nach dem
preimalhbeilig der Himmel allgeit fingt. Klopitod, Meſſias 1, 280.
Anm. 1. Das zu ſtehen gehöriae Staude ſ. S. 94. — Stute iR mib.
stuot, ſchwed. sto für stod. Abb. stuot, mhd. stuote, auf, altu. stöd iR Geſt üte
ro2ria), Zufammenfl and von Pferren im Stall, Umzäunung ober aufder Weibe.
gl. agf. stöodmyre = Stutmähre, ayf. stödsald — Geftüte, Gtutgehege, abb.
stuotgart — Geltäte, woher ber Stadtname. Man fepte wahrfcheinlich ahd. stuot-
merihhä (Gtutmäßre) zufammen und wandte Stut allmälidy, ungefähr wie Grauens
— gynacceum), auf bie in dem Gemach, in ber Cinzaͤunung befindlichen
rauen und weiblichen Pferde an, -
Anm, 2. Unfer Ani. (und Subſt) ungefäm (ahd. unkistuomi, mbb, wn-
gestüeme) flarf bewegt (von stuom, gestüeme — flehend, ſtill ruhig) ſcheint zur
Wurzel ſtehen zu gehören.
nm. 8. Staat if entiehnt aus ital stato, altfranz. estat, franz. état,
von lat. status, urfprünglich Stand, im fpätern Mhd. der stat — Stand, —8*
Ehre und Anſehen. Davon das dem Stande, der Würde gemäße Gepränge. Davon
ſt attlich (ans dem oberd. Statt für Staat), nieberb. staatsk, franzöflert
staziös = prädtig, herrlich, hochauſehnlich.
Anm. 4. Da nah Grimm Hl, 1 f. nur in Partikeln, Pronominals und
Zahlwortsfornen ein Bocal die Wurzel fchliegen darf, ſonſt nicht; fo fünnen vie
von Andern zur Wurzel von Rehen gerechneten Jormen: Stube, Etein,
Stahl, Stuhl, Stiel, Stall, Etelle, Kill, Stollen, Rolz, Rauen,
787
Reuchen, Raunen ſchon darum, abgefehen von andern bei diefem und jenem
Wort noch befonders ſich erhebenden Bedenken, nicht hierher gezählt werben.
: Greifen).
(Wurzel grif; vgl. fanffr. hri, gribh; Wadernagel vgl. noch
gr. HAlBew, yAlßes = drüden).
Greife, griff, gegriffen, greifen, (ahd. krifu, kreif, krifumes,
krifandr, krifan, grifan; auch ſchwach grifjan, greifön; mhd. grife,
greif, griffen, gegriffen, grifen; goth. greipan, agj. gripan, altn.
eripa, ſchwed. gripa, dän. gribe, engl. gripe) eigentlich wol fühlend
rühren; dann im Befondem 1) finnverwandf mit nehmen, faflen eig.
nnd uneig. (S. 15); 2) fo viel als eindringen, eingreifen; 3) fo viel als
ergreifen, eig. und uneig. — Greiff nicht nach allem, was du fiheft.
Luther, Bibelüberf. Sir. 31, 16. Sie tratten zu jm, vnd griffen
an feine FZüfle, vnd fielen fur jm nider. Daj. Matth. 38, 9. Grei-
fen wir nicht wie ein Mühlwerk flinf in einander auf Wort und Wink?
Schiller, Ballenfteins Lager 11. Darauff griff Er in Zügen bald
(fiel in die legten Züge), ſtund auß ein Streit mit großem Gwalt
big jhm das Herb gebrochen. Auf Mar Emanueld Tod. Die Ständ
follen fich dergleihen Sr. Ehurf. Drtl. hochen Refpect und landes⸗
fürftl.- Reputation zu nahe greiffender (anzüglicher) meifterlofen
Reden enthalten. Landtg. v. 1669. Ich weiß nur die Wahrheit zu
fagen, und das greift nicht immer. Göthe. Bud das Thier ward
gegriffen. Luther, Bibelüberf. Offenb. 19, 20.
Faflen und nehmen f. S. 15. — Fangen und fahen (ſ. d.) eig. mit
einem Dinge, womit man zufammenfaßt, etwas feſtnehmen; bann allgemein
in feine Gewalt befummen und zugleich behalten, was abfichtlich und unabfichts
lich geſchehen kann. Außer greifen heben noch folgende Verba die Abſicht
hervor: haſchen (S. 109) mit Geſchwindigkeit; erhafchen mit geſchwindem
Haſchen ergreifen; ertappen (f. Tappe S. 638) durch ungefchicktes Bufahren
oder blinblinge. d. i. wie von ungefähr, ven Gegenfland in feine Gewalt bes
fommen. Trwiſchen (f. 6.761). — Daß mich der Landvogt fahen ließ und
binden. Schiller, Tell 4, 1. Er ſprang in den Garten und haſchte uns
terwegs nur etwas von ber Vorkoſt, die der Diener für die Bälle brachte.
Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 6. (Br trachtete) einen Verweis von Herfllien
zu erhaſchen. Daf. Beliebt's euch überall zu nafchen, Im Fliehen etwas zu
erhbafchen, bekomm' euch wohl was euch ergetzt. Göthe, Fauſt, 1, 88.
Ertappt man mich an viefem Drt. Shaffpeare, was. ihr wollt 8, 8. a,
Ungreifen 1) an etwas greifen, mit der Hand anfaflen; 2) Hand:
an Jemanden legen in feindlicher Abficht, an eine Perſon oder Sache
fommen, um an ihr Gewalt auszuüben; 8) beftreiten, nicht gelten laf-
fen und zu widerlegen fuchen (f. S. 149); 4) Hand an etwas legen,
2) Mis diefem Berbam begiunt der nhd. Ablant ei, i die) i (ie).
‚os
788
beginnen; 5) angreifen, um zu gebrauchen; 6) entträften, ſchwächen;
7) ſich angreifen, feine Kräfte anftrengen, fein Möglichftes thun. —
Daß ihm zwei Stnöchelhen am Meinen Finger und eines am naͤchſten
angegriffen waren. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 10. Greifan
mit Gott! dem Nächften muß man belfen. Schiller, Tell 1, 1. (Sie)
wollten ſich fehen laffen, thäten fih angreifen über Vermögen. Scil-
ler, WBallenfteins Lager 11.
Aunfallen (ſ. fallen) fchnell und mit Heftigfeit an eine Perſon er
Sache kommen, um an ihr Gewalt auszuüben — Anfaffen und anpaden
erklären fih aus faffen ©.15 und Pad ©. 225. Antafen (von taften,
von tom. tastare, d. i. taxitare, alifranz. taster, neuframz. täter, ſchwed.
tnsta aus lat. taxare anrühren; dann tadeln, ſticheln auf etwas] fühlen» der
rühren, oft mit dem Nebenbegriff der Oberflächlicpkeit, auch daß etwas heim
lich und verſteckt angefochten werde. — Anfechten, auzapfen f. ©. 3.
[Da] fprang er wüthend auf, fle: feinen Mitgefangnen an, riß ihn zu Be
den, mit des Wahnfinns Rieſenkraft, ihn zu würgen firebend. Schiller, Maris
Stuart 5, 13. Du fol Wodans Altar nit anfaffen. Klopflod, Her
mannoſchlacht 8. Nicht offenbar noch heimlich ſoll's dem Mord gelingen,
@uer Leben anzutaften. Schiller, Maria Stuart 1, 6.
Begreifen 1) oft an etwas, daran bin und ber greifen; 23) duch
zu vieles Angreifen abnützen; 3) fi mit einer Sache befchäftigen (mm
im Partic.); 4) umfpannen, umfaffen (eig. und uneig. |. ©. 513);
. 5) ergreifen, ertappen; 6) in fich faſſen; 7) abfaffen, verfaflen, auf
ſetzen; 8) fich begreifen d. i. fih im Straucheln an etwas halten,
(uneig.) fich feiner bewußt werden, zu fi kommen. — Zrit- era,
mein Son, das ich dich begreiffe, ob du jeieft mein fon Gi
oder nicht. Luther, Bibelüberf. 1.Mof. 27,21. Sage du begriffne
Leyer, wen ic Dich vermachen Darf? Günther. Wir find begriffen
auf dem Weg. nad Rheims. Schiller, Jungfrau v. O. 3,4 &
begreifft die Erden mit einem Dreiling. Luther, Bibelüberf. If. 11,
12. Daß fies begreifen und einjeh’n lernen. Schiller, Wallenſteins
Lager 11. Einen auf beller That begreiffen. Voc.v. 1618, Wo mid
die Nacht begriff Cüberfiel). Simpliciffimus 1, 18. Eine Geſchichte
mit Worten begreiffen; Beſchwerden in Gefchrifft begreiffen; ein
Buch begreiffen. Krenner, Landtagsh. 7, 371. 13, 244, 14, 114
: Faflen 1. S.15 Erforſchen (v. forfchen ahd. I(v)orschn, mhb. vor
schen, ſchwed. forska, dan. forske, von ahd. forsoa — Unterfuchung, kennt⸗
nißnehmende Strebfamkeit, wahrfcheinlich mit vor S.752 zufammenbängen»] mit
forgfältiger und angeftrengter, aufmerffamer Unterfuhung etwas Unbefannuie
und Berburgenes erfennen und barüber zur Klarheit kommen. Grgrümden
lahd. argrundjan, nhb. ergründen, von gründen ahd. grundjan, aß.
gründen, von Grund ©. 248] einem Gegeuftande auf den Grund fommra; eis
nen Gegenſtand felbft bis in feinen legten Grund und im Iufammenhang mit
diefem erfennen. Lernen ſ. S. 511. — Daß es ein Mittel iR, die Gemüther ver
789
NRuaben eigene zu erforſchen. Göthe, Meiftere Wanderjahre 2, 2. Ich full
den Herin nur erh ergründen, ob er fo der Mann wohl if. Leſſing, Nathan
d. W. 1, 5. [Ih] möchte gern was rechts bieraußen Ternen. Göthe)
Fauf 1, 98. —
Abd —, auf —, aus —, durch —, ein —, empor—, er—, ber—,
berab— , heran —, berauf— , heraus —, herein —, hernieder —,
herüber — herum —, herunter —, hervor —, herzu —, hin —, hinab —,
hinan — binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, Binüber—,
hinunter —, hinweg —, hinzu —, nach —, nieder —, über —, um—,
amber—, unter — ver—, VOr--, voran —, voraus —, vorbei—,
voruber—, zer —, 3u—, zurück— zuſammen —, zuvorgreifen find
Har. — (Er fand) die deutſchen Paradelarven fo abgegriffen. J. Paul,
Heiperus 11. Ich habe da ein altes abgegriffenes Hütlein. Grimm,
Märcyen 5.9. 1.,330. Den griffen die Kronten mir noch auf. Schil-
ler, Piccvlomini 1,1. Stoff, den man nur hätte aufgreifen dürfen.
Göthe, Kampagne in Frankreich Münfter November. Als ich mit meinem
eig aufgegriffenen Begleiter... vorüber ging. Göthe, ital. Reife
erona 16. Sept. Wen ic mir zum Fürfprecher ausgriffe. Goͤthe,
Meiſters Wanderj. 1, 8 Beil fie (die Schwämme) in den niedern
und breitern (Ständen) zn fehr ausgegriffen und ausgefogen wä-
ven. 3. Baul, Zitan 9, Halloh! als jag’ er zur Belt hinaus, greif
aus, greif aus! Bürger. Denen e8 an durchgreifender Bil-
dung fehlt. Göthe, Leben 11. B. Friſch mitten durchgegriffen,
das ift beffer! Schiller, Piccolomint 1, 2. Doc in’s befannte Sai=-
tenfpiel mit Muth und Anmuth einzugreifen. Göthe, Vorſpiel zu
Fauſt. Wie dus Kind nach dem farbigen Bogen emporgriff. Voß,
Zuife 1, 394. Grad’ auf dem nach Regensburg zum Schweden
ergriffen ihn des Gallas Abgeſchickte. Schiller, Wallenfteind Tod 1,
3. Mich ergreift, ich weiß nicht wie, himmlifches Behagen. Göthe,
Ziichlied. Ans dem Himmel griff ein Arm herab, aus der Hölle
griff ein Arm herauf, um ihn aus einander zu reißen. 3. Paul.
Kein Sturm faun hereingreifen in dies fünfte Land, J. Paul.
Ich greif' in die Schöpfung. nach dir herum, wie ein Sterbender
greift. Sonnenberg. Wenn unerträglich wird die Laft, greift er
hinauf getroften Muthes in den Himmel. Schiller, Tell 2, 2. Daß
er dad Glücksrad halte und hineingreife. 3. Paul, Siebenfäs 7.
Greif nur hinein in's volle Menjchenleben! Göthe, Fauft Vorſpiel.
Der auch dasjenige, was allenfalls Bl was zu Händeln
und Zwiſt Anlaß geben konnte, gleich zu ichlichten und abzuthun ver-
fand. Göthe, Leben 12. B. Denn nie hielt ich's der Mühe werth,
die fühn umgreifende Gemüthsart zu verbergen. Schiller, Wallen-
ſteins Zod 1, 7. Die Hoffnung Täßt ſich nicht umgreifen Scdil-
ler, Räuber 2, 1. Als fie mit dem Harten etwas Weiches umgriff.
% Baul, Heiperus 8. (Da du) aus dem vergriffnen Büchelchen
\
790
Gebete lallteft. Goͤthe, Zauft 1, 199. Die Kühnheit diejes würdigen
„Dffiziers, die gest in ihrem Ziel fi nur vergriff. Schiller, Picco-
fomini 1,2. Der übrige Borrath hat fi bereits vergriffen. Schil—
ler, Briefw. mit Göthe 3, 372. Der fih am König vergriffen
hat. Luther, Bibelüberſ. Bar. 6, 17. Wenn fih eime Seele ver⸗
veifft, Das fie e8 verfihet, vnd fich verfündigt. Daf. 3. Mof. 5,
5. Inmaſſen im ftebenden Gefag vergriffen (enthalten) ift. Schmel-
ler, 2, 106. Ich möchte euch nicht vorgreifen. Göthe, Egmont 8.
D! daß mih immerhin vorgreifen deinem zögernden Vertrauen.
Schiller, Piccolomini 5,1. Beorgreifende md zurüdgreifende
Motive. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 376. Inzwiſchen will id)
bier Angreifer are Goͤtz. v. B. 3.
nm. Die Participien geflatten noch andere Iufammenfehungen, 3.B. Die
(Melodie) fo Herzergreifend war. Göthe, das Kind mit dem Lönen. Bon
bem angftergrif ? enen Mann. Pyrker, Rudolph 6. Bor ihren itarren, Furdyt,s
ergriff’nen ar Shatefpeare, Hamlet 1, 2. Dem fohmerzergriffuen
Körper. Götde, Cugenie 3, 4.
Greifer (ahd. greifäri) einfach veraltet; Greifung, greifig
(ahd. grific, mhd. grifec = greifend, räuberifh) greifbar, greif-
Lich (ahd. greiflik) in verſchiedenen Zufammenfeßungen. — An dem
Angreifer und dem Bertheidiger. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Der
Empfinder, Ergreifer Homers. Göthe, ‚Leben 19. B. Ich (ſei)
Befigergreifer. Shakeſpeare, Cymbeline 5, 5. Advocat, D. i.
Ratgeb und Bergreiffer der Sad. Lori, Urk. v. 1553. Man iſt
jelten nach 60 Jahren noch ein triehmäßiger a er. Lichten-
berg, Nachtrag zu den Beobachtungen über den Menſchen. Es ver-
fammelten fih zu mir alle vmb der groffen vergreiffung willen.
Luther, Bibelüberſ. Esra 9, 4. Ste haben Scharfe Zähne und grei—
fige Klauen. Benzel- Sternau. Zugreiffig. Fiſchart, Gargantua
©. %. Die vorgangne vnferem hochen Reſpect gar zu nachgriffige
(anzügliche) Reden. Landtag von 1669. Ich feh’ di nöd, jo greif-
bar von Geftalt. Shakeſpeare, Macbeth 2, 1. Das Nächfte ſteht oft
unergreifbar fern. Göthe, Eugenie 4, 3. Wenn wird ein greif-
Lich Gefpenft von fchönen Händen entgeiftert. Göthe, Triumph der Em⸗
pfindſamkeit 1. Irrthümer, Die noch fo grob und greiflid find. H. Sachs
Nach jeines alters ergreiflichkeit. Fiſchart, Gargantua SG. 276,
Macht mir dieß Glück begreiflich, daß ich's glaube. Schiller, Maria
Stuart 1, 6. Ganz unbegreiflih iſt's, daß er den Feind nicht
metft an feiner Seite. Schiller, Piccolomini 1, 3. Iſt deun wohl
unfer Begriff von Gott etwas Anderes als perjonificirte Unbegreif-
Lichkeit? Lichtenberg, philoj. Bemerkungen. (Die Richtigkeit) da nd-
greiflich zu erweijen. Wieland, Oberon 6, 48,
Erklärli ergibt fih aus erklären S, 576. 600. Begreiflih ſ. S
772. — So zeigte fich diefe junge nnerflärliche Perfon. Göthe, Meiſtere
Manderi, 1, 5.
791
Greifholz, — klaue, — muſchel, — ſchnabel, —ſtein, — zirkel.
Griff (ahd. uhd. grif) 1) die Haudlung, da und die Art und
und Weiſe wie man greift veig. und uneig.); 2) fo viel ald man auf
eimmal greift; 3) dasjenige, womit man greift; 4) derjenige Theil
eines Werkzeuge, an welchem. man es greift und bandhaht, Davon
An—, Begriff ua. Griffig if felten. — Da fürdert nur ein
tafher Griff. Göthe, Fauſt 2,203. Bald ift ja ein Eleines Körbchen
gemacht, wenn einer den Griff nur tüchtig gelernt hat! Voß, Zuije 1,
Wi. Sie that einen Griff in die Saiten. Göthe, Meilters Wan-
deri. 1, 6. Ein Weifer Iebt, obgleich nicht krumme Griffe ihm
Geld und Zroft in Schränf und Kalten ziehn. Hagedorn. Hinter den
Mähern jummelten Knaben die Griffe. Voß, Ilias 18, 554. Bor
euern Klauen und Geierögriffen. Schiller, Wallenfteins Lager 8.
Des Schwertes Griff. Schiller, Piccolomini 2, 7. — Da wurd ein
Angriff und ein Widerftand, wie ihn fein glücklich Auge noch ge-
fehn. Schiller, Biccolomini 2, 7. Der Einfall in Franken war ein
bloger Ablenfungsangriff. Campe. Doc ein Begriff muß bei
dem Worte fein. Göthe, Fauſt 1, 98. Auf der Fortuna ihrem Schiff
it er zu ſegeln im Begriff! Schiller, Wallenfteins Lager 7. Diefe
Künftter büßen offenbar den Fehler und den Unbegriff der Zeit am
ihweriten. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 240. Die Grundbe—
griffe der Phyſik. Göthe, Wuhlverwandtfchaften 1, 4 Wenn ich
den Inbegriff von meinen Körper dir auch eröffne. Göthe, Eugenie
1, 6. Sn der vollen Begleitung aller der düftern, geheimnißvollen
‚Nebenbegriffe. Leifig, Hamburg. Dramaturgie 11. Bei verän-
derten A A Göthe, Meifters Wanderj. 1,9. Lehr⸗
jahre find ein Berbältnißbegriff. Schiller, Briefm. mit Göthe 2,
111. Die Wahnbegriffe meiner kind'ſchen Seele. Schiller, Maria
Stuart 1, 6. Wenu ich den Subegriff von meinen Sorgen Dir
aud) eröffne. Göthe, Eugenie 1,6. Dieje unbeichränkten Eingriffe
der höchften Gewalt. Göthe, Egmout 4. Um fich weitern Umgrif-
fen zu widerſetzen. Ruſſiſche Note bei Campe. -Dieweil jedwedes
Amt feinen Gezirf und Vergriff (Umfang) hat. Krenner, Landtagsh.
16, 36. Etwas fürgriffs, vergriffs Taufen (nach bloßer allge
meiner Schaͤtzung). Stalder. Der (Hand) im Gedränge darnad) Die
Kunft des Bor ß riffs gelang, Thümmel. Diejes ift ein inflinctmäs
Biger Vorgriff vor allen Raifonnement. Lichtenberg, philoſ. Bemer-
tungen. — (Daß) die entnervte Hand den Degengriff verliert,
Wieland, Oberon 1, 59, Wäre fie nicht durch einen derben Kauft:
griff Des Waͤrtels erinnert worden. Göthe, das Kind mit dem Löwen.
Ich kann mir feine Fehl griffe in der Kunfl... erfläsen. Schiller,
Driefm. mit @öthe 3, 261. Ueber die Handgriffe nudzudsken.
Göthe, Leben 14. B. Den Kunftgriff eines Schmeichlers jeben,
Schiller, Don Karlos 3, 10. Traun ein finger Bejchauer, und Kunft-
—
792
— ———
griffmacher, des Bogens! Voß, Odyſſee 21, 397. (Woraus er)
einen Thürgriff arbeitete. 3. Paul, Titan 32. Eine Hauptfrtaun,
anftellig und angriffig. Lavater. Bedeutlihe eingriffige um
Sinnfaffende Wörter. Harsdörffer, Yrauenzimmergeiprächipiele, 1, 24.
Borſtellung — das, was ſich die Seele in ſich vergegenwärtigt, daß es
von ihr angefhyaut wird, während das allgemeinere Begriff eine folge
Borftellung if, unter welcher wieder Borfiellungen des Ginzelnen enthalien
find. Idee (gr. idsa, lat. idea, von’ gr. Iöstv — feben) iR nah Kant der
Begriff, auf welchen bloß die Vernunft durch Schläffe kommt, deſſen Gegen
fand fich alfo nicht ſinnlich anfchauen noch erfahren läßt. — Mit Jabe⸗
griff (Iufammennahme von Dingen ober Theilen, vie in etwas begriffen
find oder werben, fei es auch nur, daß fie in Bedanfen in Eins zuſaumen⸗
gefaßt werben) if Geſammtheit finnvermandt, allgemein Dinge oder end
Theile von Dingen zufammengenommen. — Diefer (der nad der Ratur malt)
macht aus lebhaften finnlihen Bindräden etwas Schönes, jener (der nach ver
Beichreibung Thomfons malt) aus ſchwanlen und ſchwachen Borkellungen
wilifürlicher Zeichen. Leffing, Laofoon 14. Jegt ſitzt fröhlich zu Tiſch wehl⸗
lebend des Haufes Geſammtheit. Cludins.
Griffblatt, — breit, —loch, —triebel, —winde; Angriffsbünd
niß, — krieg, — punkt, — ſchritt, — waffe, — weile; egriffsan-
gabe, —beitimmung, —fach, —fachung, — forſchen, — forſchung, —ge
ſellung, —grund, —verwechlelung. — weifer fie find, deſto mehr
tritt die Griffſpitze defielben (des Hutes) über die Naje. Xichten
berg, orbis pictus, nz
Anm. 1. Griffel (ahd. g(k)riphil, mhd. griffel) gehört wahrſcheinlich
zu greifen, alfo das, was man geaft-
Anm. 2%. Greif (ahd. grifo, md. grife, ſchwed. grifr, daͤn. grif, engl.
grifin, griffen, franz. griffen, ar. yov», lat. gryphus) wird von @inigen ja
greifen gerechnet, von Andern mit großer Wahrfcheinlichfeit aus dem Griechiſchen
ns da die fabelhaften Erzählungen davon nicht dentſchen (germaniſchen) Un
runge find. .
Reifen.
(Wurzel kif.)
Keife, keifte, gekeift, (kiff, gekiffen veraltet), keifen, (nieder.
Nebenform von mhd. ſchw. al — heftig werden, grollen, ſchmollen)
f.S.172. Andere Formen find feifeln, kiefen, kiefeln, kippeln
— Was follen wir feifen? Göthe, Reinefe Fuchs 11, 320. So ſehr fe
klagt und keift. Uz, an H. Secretär G. Auch keifte der Pfatrer
jetzt weniger. J. Paul, Heſperus 3. Cheyffeln = cavillari. Voc.
von 1445. Sie kieffet Tag und Nacht. Opig. Mit der ih Schaͤß⸗
hen ımd Herzchen mich heiße; fiefel und beiße. Logam, Siunged.
1534. Sie fippeln und keifen. A. v. Eyb. Derſelbe hat auch
kypplerin. —
Die Synonymen |. ©. 172.
793
if, der (ahd. kip) Zank, Streit; Keifer — Zänfer; keiff
(Brompt v. 1618) heftig, ftark, dicht; kifig, keifiſch;z Gekeife. —
Mich jammert Zeus, daß ihn die Keiferin mit ihrer efelhaften Liebe.
feine Nacht verſchont. Schiller, Semele. Kifig hat Fiſchart, Gar⸗
antun S. 131. Ein Mufter von einem alten, häßlichen keifiſchen
ibe. Seume. Und mit Vergnügen fpür’ ich mich nad) fo langem
Gekeife etwas betänbt. 3. Paul, Siebenkäs 2.
Anm. Stieler bot Feifen, Fiefen, feiben; ab—, aus—, fort—,
mit—, neben—, über—, mitunter—, wiederfeifen; fh durch —, zers
feifen; der Keif, Kief, Kib.
Kueifen, ‚Nebenform kneipen.
(Wurzel knif, kneip.)
Kueife, kniff, gekniffen, kneifen (et nbhd., altn. knefa, hnefa
— ergreifen, altn. hneppa — kneipen, wahrſcheinlich verwandt mit
gotb. hniupan — zerreißen, agf. hnipan — fchneiden, brechen) T) all»
gemein dräden; 2) im Beföndern mit den Spigen zweier Finger, oder
mit einer Zange fallen und drücken; 3) (uneig.) fehneidenden Schmerz
empfinden oder verurfachen (fneipen). — Diefen Bolingbrofe recht
wund zu kneifen. Shufefpeare, K. Heinrich IV. 1. hl. 1, 3. Das
Inſtrument wird mit den Fingern gekniffen. Niebuhr. Aber ſchon
zu viel eine Saite gefniffen, die Ah gar nicht berühren wollte. Leſ⸗
fing. Der Fiſchr —* anthate, als jhn der Krebs geknippen
hatte. Rollenhagen, Froſchmeuſeler. — Er kneipt mir die Wangen.
Göthe, Kriegserflärung. Was fneipt dich denn jo fehr? Göthe,
Fauſt 1, 144. Manche Wunde fneipten fie ihm. Göthe, Reineke
Zuhs 11, 299. Unken und Krebie, die fneipenden. Voß, die bü-
Benden Jungfrauen 48. Wahrſcheinlich hatte es (das Kind) die an«
geblihe Mutter unter der Zhüre gekneipt. Göthe, ital. Neife Ca⸗
tonia 2 Mai. Friſch iſt ſchon Frühlälte, den Unvorfichtigen fneipt
fie. Voß, Horaz Sat. H. 6, 45. Der Prieſter foll jm (dem Opfer
von Tuuben) den Kopff abkneipen. "Luther, Bibelüberf. 3 Mof.
1, 15. Da ein abgefneiptes Licht jo Dunkel brennt. J. Paul,
Siebenfäs 5. '
Zwacken (ahd. zwehön = pflüden, tabeln, mäb. zwacken, engl. twack)
und zwicken (ahd. zwichjan, agf. twicrjan; engl. tweak, beide zu Zwed
S.85 gehörig) fcheinen mehr auf das feinere, fehnellere und ſtechende Klemmen
der genannten Art zu gehen; zwacken wird dabei mehr Yon dem flärkern,
- zwiden mehr von dem bünnern, ‚fpigern Klemmen gefagt. Pfetzen, in der
Bolksſprache petzen (mhd. pfetzen, aus ital. pizzicare) wird wie kneipen
und zwicken gebrancht, gehört aber mehr der gewöhnlichen (beſonders ſüd⸗
beutfch.) Umgangsfiprache an. — Oft tofeten fie (die Beifter) im Befinbeföller
ober in den Ställe, zwidten und zwadten die Mägde Bald dort, bald ba.
Aufüäns, Wir wollen ihn ram und blau zwiden. Shakeſpeare, was
ige wollt 3, 5. -
794
Kneif auch Kneip, agi. enif, altn. kaifr, hnifr, mitteiniederl
knive, engl. knife, ſchwed. knif, dän. kniv, languedoc. cannive, franz.
eanif, mittellat. canivus, canipulus) Mefler, befonderd Schuflermeiter;
Kneifbindfel (in der Schiffahrt); Kneiphahn, — halen, — käfer, —
ſchnecke, — Schröter, — wurm, — zange. — Wenn euer kneif nicht ſcharf
den fäje glatt zu ſchneiden. Hoffmannswaldauiiche Ged. 3, 119. (Er)
läßt Pechdraht, Hammer und Kneipe raſten. Göthe. H. Sachs. Ich
warf fröhlich meinen Schufterfneif weg. Wieland, Ueberj. Lucians
2, 316. Der Sportelbote ließ fih in einer Kneipſchenke gelbe
Dinte und jchwarzes Bapier hingeben, % Paul, Hefperus 17.
Kniff (nieder. kneep) 17 die Handlung des Kneifens; 2) der Davon
verbliebene Fleck; 3) unerlaubter bevortheilender liſtiger Kunftgriff zur
Erreichung eines Zweckes. — Bor eueren Praktiken und böfen Kunif-
fen ift das Geld nicht geborgen in der Truh. Schiller, Wallenfteins
Lager 8. Welchen Kniff, welchen Vorwand, weldhen Schlupfwinfel
fannft Du nur ausfinnen, um Dich vor Ddiefer offenbaren Schande zu
verbergen? Shaffpeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 2, 4.
Finte ſ. S. 254, Pfiff, ſ. beim folgenden Berbum. — Bein and be
wundernswerth, ich geſteh's, war bie Binte, den Bund unferer Herzen zu
zerreißen durch Wiferfuht, Schiller, Rabale und Mebe 5, 8.
Anm. 1. Kneipe = enge Schenke, dann (Studenten) Wohnung Font
von fneipen = klemmen, alfo gleichfam eine Klemme.
Anm. 2. Vielleicht gehört Hierher au Knipps, Knirve — ein feine
(gleichſam abgefchnittner?), unanfehnlicher Menſch. Schmidt (weſterw. Idiotikon)
rechnet das Wort zu Knabe, Knappe.
Pfeifen.
(Wurzel pip.)
Pfeife, pfiff, gepfiffen, pfeifen (mb. pfife, pfeif, pfiffen, ge-
pfiffen, pfifen; mittelniederd. 'pifen, engl. pipe, entlehnt aus gr.
manler, nina pipen wie junge Bögel, lat. pipire, pipare);
1) denjenigen Zon von fi hören laſſen, weldyen Died Wort nahahmt
und ausdrückt; 2) mit pfeifendem Laute fingen, fprechen; 3) (veraltet)
auf einem Blajeinftrument, befonders auf der Klarinette ſpielen; 4) in
engerer Bedeutung, auf einer Pfeife pfeifen; 5) bei den Gärtnern ver-
mittelft einer Pfeife propfen ; 6) (verhüllend) cacare. — Der Kugeln Saat
pfeift, da die Flamme beult. Kleiſt. Wir haben euch gepfiffen,
Vnd jr woltet nicht tangen. Luther, Bibelüber), Matth. 11, 17. Ein
jeder pfiff, wie ihm der Schnabel geipalten. Kl. Schmidt.
Pipen, 1)den Laut der jungen Bögel nachahmen; 2) (in Rord-
deutichland) pfeifen; 3) in feinen Zönen weinen, ſtoͤhnen. — Mit
einmabl pip' ich ihr. Overbeck, Pip eines, Hedewig! Voß.
b—, an —, aus — nach —, um —, vor —, weg —, zupfeifen.
— Alle deine Feinde ſperren jr maul auff wider dich, pfeiffen dich
795
an. Luther, Bibelüberſ. Klagel. 2, 16. Auch geftel ed (das Stück)
uns nicht und war aufdem Puncte ausgepfiffen zu werden. Göthe,
ital. Reife 12 Det. Kaum bat er Zeit, von hundert Degenichärfen
umpftffen, nur den Helm aufs bloße Haupt zu werfen. Alginger,
Doolin 4, 78. Da figt der junge Herr nun im Käfig des hi. Ehe⸗
ſtandes und muß fih vorpfeiien laffen. Lichtenberg, Brief v. 16.
Auguk 1784. Durch Fed und Wald zu fhweifen, mein Liedchen
wegzupfeifen, fo gehts von Drt zu Ort! Göthe, Mufenjohn.
Pfeife denn mir zu. Shalefpeare, Romeo und Julie 5. 3.
Yfeife (ahd phifa, pfifa, fifa, mhd. pfife, pfifl, pfeifle, altf.
pifa, agj. pip, pipe, altn. pipa, mittellat. pipa, ital. piva, franz.
ipe, engl. fife) 1) eigentlich Möhre, daher auch Kleines Getränfemaß
Mine ‚ ipan. pipa, ital. pippa, engl. pipe), bei den Gärtnern ein
Propfreis; 2) Blafetonwerkzeng, bejonders kleineres, bloß aus einer
Nöhre befiehend, mit Deffnwigen auf derjelben; 3) Werkzeug zum
Zabafrauchen, deſſen Hauptiheil eine Röhre it; 4) Tabak, ſoviel auf
einmal in eine Pfeife geht. — Pfeifer (ahd pfifäri,. mhd. pffsere,
pfeiffer, agj. — alt. pipari,) Pfeiferei, Gepfeife. — Der
Bein macht die Pfeiff de reich. Fiſchart, Gargantua S. 39.
Eine Pfeife gab das Signal, Göthe, Meilters Lehrj. 1, 1. Sie
Ingerten bequem auf den Rafen, um eine Pfeife zu rauchen. Daf.
1,13. Da (im Zabadsbeutel) fanden ſich einige Pfeifen. Göthe,
Herrmann und Dorothea. 6, 2318. — Während der Vater verguägt fein
ruhiges Abendpfeifchen raucht. Voß. Stiebenäpfeiten nicht
mehr beut der Huron. Voß. Was wählt ihr an ihren heiligen Ge⸗
beinen! macht aus ihnen Kinderpfeifhen. Herder Er verglich
eö dem Schuarren einer großen Orgelpfeife. Göthe, Meifters Wanr
deri. 3, 1. mer Dank fol, weun ich fterbe, die Türkenpfeife
jein. Pfeffel, die TZabadspfeife. Im Zon einer Wachtelpfeife.
Göthe, Götz v. B. 2. — Die Pfeifer bliefen. Göthe, Leben 1. B.
Still doch und hört, Kunftpfeifer, ihr Fiedeler und ihr Trompeter.
Voß, Luife 3b» 86, Von diefer Pfeiferei. Göthe, Benvenuto
Gelini 1, % Was al ihr an Schnurrpfeifereien mir zeigen
Eönnt. Fouqué, der Reichsfürſt und das Kaiſerſchwert. Flöte wird
en für die andern Pan's Gepfeife. Göthe, Tiſchbeins
ns
; Flöte (mhd. vloite, von franz. fläte, fleute, altfranz. flaste, fleuste,
ital. Aauto, mittellat. flauta, engl. Aute, dan. föite; von lat. flare, flavi,
flatuam = blafen) die kunſtlichere größere, angenehm und tiefer tönende ed⸗
lere Pfeife mit Löchern und Klappen an der Ränge der Röhre.
Pfeifammer, — birn, —droffel, —ente, — lerche; Pfeifenbaum,
—beihlag, —bohrer, — brenner, —brett, —dedel, —erde, —firniß,
fh, —flechte, — form, —former, —futter, — glaſer, — holz, —kno⸗
den, —kopf, — koralle, —loch, — macher, —mergel, — mundftüd,
796
—quafte, —räumer, —fpige, —jieb, —ftod, —ftopfer, — Rand,
—ſtück, —thon, — thonriß, — werk, —zünder u. a.; Pfeiferbade,
—fiſch, —meifter, — [haft u. a. — (Als) fein Bfeifengebund aus
hundert Röhren gefaßt war. -Boß. (Er big) jein frummes Pfeifen
rohr entzwei. Pfeffel, Die Exegeten. Yc füge jept im Rohre und
kann vor Pfeifenſchneiden nicht zum Pfeifen kommen. Göthe,
2. Aufenthalt in Rom 12. Oct. 1787. Handſchuhe, die ihm beim
Bfeif en jährlich in Triplo überreicht wurden. Goͤthe,
Leben 1. BD. -
1) die Handlung da man pfeift; 2) der fein und liſtig an⸗
gelegte, für finnreih und verfchlagen geachtete Plan oder Handlung
“ zur Zäufhung des Anderen, aud wenn diefer Blan nur für finnreih
\
und verichlagen gelten fol. Pfiffig (S. 690), Pfiffigkeit. —
Hoch, der verſteht's. Der bat Pfiffe. Göthe, Egmont 2. Dear
Liebetraut ift ein pfiffiger Kerl. Göthe, Gib v. B. 2. So mas
will ausgeführt fein, wie's erfunden ift, mit aller Bfiffigleit. Leſſing,
Nathan d. W. 3, 4.
Die Synonyme Kniff und Finte f. S. 794; verfhlagen ©. 6.
Schleifen.
A (Wurzel slif; s-lif?)
Schleife, ſchliff, geichliffen, ſchleifen (ahd. slifu, sleif, si-
fum&s, elifaner, slifan; mhd. slife, sleif, sliffen, gesliffen, slifen;
agi. slipan, altıı. slipa, holländ. sluipen, ſchwed. -släpa, slipa, engl.
ehpp; vgl. gr. Aslßew, Tat. libare — fließen laffen, vergießen; lat
labricus — ſchlüpferig) 1) allgemein (fich oder etwas Anderes) glei⸗
tend fortbewegen (eig. und uneig.); 2) glätten, die Reibung auf der
Oberfläche benehmen (eig. und uneig.); 3) im Bejondern auseinander:
geben, das Hervorragende niederreißen, gleichſam eben machen: einen
ft, die Zeitung; 4) mit einer Schleife verfehen. — Man ſchleife
mid nad) Tyburn. Schiller, Maria Stuart 3, 6. Da ringelt’s ımd
f&hleift es und rauſchet und wirt. Göthe, Hodhzeitlied. (Daß das
Iuftige Mädchen) doch wenigftens feine gute anderthalb Etimden ges
walzt und gefhliffen hätte. J. Paul. (Er) fchleift ihn (den
Schwanz) im Staube. Göthe, Neinefe Fuchs 12, 42. Auch füllte
fie einen Pokal von gefhliffenem Kriftall mit ſchäumendem Wei.
Böthe, Leben 2. B. Daß der Rache Stahl auch ſchon für meine
Bruft geichliffen it. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. Der wir
derwärtige, ungefchliffene Kerl! Leſſtng, Minna v. Barnhelm 2, 4.
Sein Hlım zu jchleifen. Schiller, Aenais 4, 79.
Die Synonymen wegen und fihärfen f. ©. 115.
Anm. Im den Bereutungen 1 (activifch), 3, 4 geht das Wort nah ſchwacher
Gonjugation, ahd. sleifan, mhb. sleifen.
797
Ab —, an —, anf—, aus—, bi—, daher — durch —, ein
fost—, her — herab —, heran —, herauf —, heraus —, herein—,
hernieder — herüber —, herum —, herunter —, hervor —, herzu —,
Kin, Binab—, binan—, hinanf — hinans hinburch — Bineln—
hinüber —, binunter—, binweg—, hinzu — nach —, nieder—,
über—, um — , umher — unter — ver —, vor — voran —, voraus —
vorbei⸗, vorüber—, weg—, zer —, zurück—, zuſammen —,
zuſchleifen find Mar. — Sie (die Beſen) ſchleifen ſich leicht
ab. Göthe, ital. Reife Palermo 5. April 1787. Ein Mani, fo
abgeihliffen wie ein Bid, woran der Nagel ſelbſt nichts
mehr zu glätten findet. Wieland. War inzwilchen Abiturient fchon
als Foͤtus eingejeflen, fo wurde er leider gar zum punctum saliens
ausgefhliffen zurhagefabren. J. a. Zitan 37. Heltor
(wird) Dahergefchleift. Voß, Ilias 23, 21. Zrinkgläfer mit ein-
geihliffenen Bildern. Boß 70. Geburtstag 66. Durch Zelien
bergefchleift. Göthe, Eugenie 3, 4. (Er) anete jenen hinge—
geihleift vor den Thoren den Stadt. Voß, Ilias 22, 464, Der
nachſchleifende Saum ihres Manteld. 3. Paul Hart peinigt’ ihn
der nahgeichleifte Speer. Bürger Und doch, und fo traurig,
verfchleifft du vergebens die Löftlihen Stunden Des eilenden Lebens.
Goͤthe, Wechfel. Gemüth muß verfhleifen, Höflichkeit laßt ſich
mit Händen greifen. Göthe, ſprichwörtlich. So hatten die Herrn die
Spige (an dem Juwel) verfhleifen laffen. Göthe, Benvenuto
Celmi 4, 3. Daß das Weltleben alles Große am Menſchen weg-
fhleife. 3. Paul, Hefperus 23. Wenn der erzürnte Nord den nor⸗
diſchen Kahn zerichleift: Lohenftein, Cleopatra 1, 3. Das Profil
eines Unbekannten ift vermuthlicy über den Augenbraumen abgebrochen
gefunden, und in neuerer Yeit wieder zum Ringftein zugeichliffen
worden. Götbe, Kampagne in Frankreich Rünfer Nobr.
Anm. Die Participien geſtatten noch andere Zufammenfegungen, z. B. Gin
blankgeſchliffenes Bel. Schiller, Maria ‚Stuart 5, 5. (Ein) neuges
jatiffenes Beil. Goͤthe, Bauft 2, 220. Gr wollte von ben hohen hohlge⸗
hliffenen Schrittfchuhen nichte wiſſen, fondern empfahl die niedrigen breiten
flabgefchliffenen frieslänvifchen Stühle. Göthe, Leben 15. B.
Schleifung, Schleife ') (ahd. sleifa, mhd. sleife). 1) ein Ding
welches gefchleift wird; 2) ein auf befondere Art gefnüpftes und ange-
ftedtes Band; 3) eine Fläche, worauf man fchleift (Eisbahn). —
Schleifer; fhleifig; Schliff Cahd. stiph, mhd. slif) 1) ein ein-
zelner Anſatz beim Schleifen; 2) der Zuftand eines Dinges, da es ge-
ihliffen wird; 3) dasjenige, was von einem Körper beim Schleifen
abgeht. — Daß auch feine Spur von der Schleifung übrig blieb.
G. Schwab, KXeichenfeter des Patroffus. Der Liebſten Band und
1) Mho. if sleife eine Vorrichtung zum Schleifen, die Spur dee Schleifene,
An ansgehaueuer Wald = oder Schleifweg, fo noch vielfach in der Volkeſprache.
798
Schleife rauben. Goͤthe, lebendiges Andenlen. Indem fie die Schleife
des umfchlingenden Bandes wieder aufzog. Göthe, Meifterd Wanderj.
2, 4 Sonſt fchlepp’ ich Dich auf einer Schleife Hin. —
Romeo und Julie 3, & Die Stüdteihleiferin Bellom.
Er blieb mit der Spige feines a an der Bandichleife —
Bügels bangen. Göthe, Leben8 Roch ſchwebt vor mir die Sei⸗
denſchleife, die dort ſie trug. Salis, die Kinderzeit. Er entknüpt
des Gürtels Silberſchleife. Redwitz, Amaranth. Und wird and)
kein Schleifer, kein Walzer getobt. Göthe, gewohnt gethan. Ich
konnte dadurch vorbereitet die Steinſchleifer mit Rutzen beſuchen.
Goͤthe, ital. Reife Palermo, 13. April. Füßſchleiffig. Fiſchart,
Gargantua ©. 87.
Schleifbant, — baum, —bafen, —hamen, — anne, —keil, -- lade,
—mühle, —nadel, —pathe, —rad, —rebe, —reis, — fund, —fchabe,
—ſcheibe, — fchüffel, —fpäne, — fein, —thüre, —treppe, — trog,
—meg, —zehente, —zügel; Scleifenblume, —kufe, — pferd;
an
Anm. In einzelnen a find mit der Zelt Bermifchungen zwifden
f&hleifen, fohliefen und ſchleichen eingetreten. Man vgl. darum dieſe Worte.
Gleiten.
(Wurzel glitt.)
Gleite, gfitt, geglitten (bei Göthe und Schiller ſchwach glei
tete, gegleitet), gleiten, (mhd. glite, gleit, gliten, gegliten, gh-
ten; agſ. altj. glidan, neuniederl. gliden, engl. glide) mit den Füben
ausrutichen, was gem auf plattem oder Ihläpferigen Boden geſchieht;
2) fich an oder auf einer glatten oder über eine glatte Fläche hube⸗
bewegen; 3) fich leife und glatt, fanft und leicht, über etwas hinbe-
wegen. — Denn ſelbſt der befte Wille gleitete auf dem durchweich⸗
ten Boden und verfanf, eh er fich's verſah. Göthe, Campagne in
Frankreich 29. Septbr. Wir (Locken) gleiteten zur vollem Bruf.
Göthe, lebendiges Andenken. Geßler tft vom Pferde herab dem Ru⸗
dolph Harras in den Arm gegleitet. Schiller, Tell 4, 3. Aber
bin ich gleih geg glitten, dennoch fieh’ ich wieder auf. Gryphirs.
Endlich litt fie in Das Thal. 3. Paul. Oder auch gleiten zu
gehn mit Amalia, welche Dir gleich ift, auf dem gefrorenen Bach der
leitbahn, vecht wie die Kinder! Voß, Luiſe 1, 707.
Glitſchen, (ſchon bei Stieler) Berfärfungsform * gleiten, mit bem
Nebenbegriff des fchnellen Gleitens. Strauch eln (mittelnieverb. strükelen,
engl. struggle, bolländ. stıuikelen, stronkelen, ital. sdrucciolare; ab.
strüchal, strüchalin — flraudelnd, von ſtrauchen, ahd. strüähhön, mb
strüchen, altn. strucka; vgl. Straud S. 95) durch ein Hinderniß des Bo
dene brim Tritte das Gleichgewicht verlieren; dann allgemein durch fehlerhafte
7199
-
FJußbewegung im Auftreten auf den Boden aus bem Gleichgewicht kommen.
Etolpern (ſchon bei Stieler, aus ahd. stullan, mäb. stüllen — flchen .
bleiben, ſtecken bleiben) durch Anſtoßen gehemmt ſich fchwerfällig fortbewegen;
ans Unvorſichtigkeit an hervorragende Gegenflände ſtoßen. — Mit welher
Beute ich meinen Weg wieder füdwärts glitfchen wollte. Goͤthe, Meiſters
Lehrj. 1, 5. Das Rind war bang und ſrauchelte, da es die hohen Stufen
an ven Thron hinan Rieg. Schiller, Jungfrau v. O. 1, 5. Da ſtolpr' ic.
Hr. v. Kleifl, der zerbrochene Krug 1. Wenn feine Feder fo ſtolpert, was
‚ mag feine Zunge thun! Leffing.
Aum. Hoffmannswalrau fagt (Heldenbriefe 90. 157): Mancher junger Fuß
vor mir geglitten bat. Ich bin durch deine Hand geglitien,
Ab —, an—, auf—, aus —, bei—, daher —, dahin —, durch
ein— ent—, her— herab —, heran —, herauf⸗, heraus —, her⸗
din — hernieber ‚ herüber — herunter — herzu — hin — hinab—,
jinanf, hinaus—, hindurch —, hinein—, hinunter—, hinweg —.,
hinzu — nad —, nieder — , über—, umber—, vor —, voran —, vor⸗
vorbei voruber ⸗ zurüdgleiten u. glitfchen find flar. — So
weit durch's Meer zu reiten! Und doch nicht abzugleiten? Bürger,
Entführung der Europa. Sobald er (der Nebel) wie ein Schleier
vom —* — eines ſchönen Tages abgleitet. J. Paul, Hefperus 1.
An des Berg abgleitendem Rand. Pyrker Rudolph 9. Das
aufgleitende flache und in mäßigen Hügeln abwechſelnde fruchtbare
Rand. Böthe, Das Kind mit dem Löwen. Sonft gleitet fein Fuß
auf jchlüpfrigem Pfad’ aus. Pyrker, Rudolph 9. Eingedenk der
Heimat, gleitet er im Wogenſturz daher. Voß, Rundgefang. Auf
dem oberen Strom gleiten Die Flöße dahin. Schiller, Spazier-
gang. Was fehen wir von Weitem das Weltenreih Durchgleiten?,
Gothe, Fauſt 2, 168. Das (Fiſchlein) aus Mooſen hervor fonnige
Faͤche durchglitt. Voß, an Agnes 18. Wenn euer fliehender Fuß
feinen ‘geizigen Armen entgleitet. Schiller, Räuber 2, 1. Bei
entglittener Brille. Voß, der 70. Geburtstag 13. Aber gewiegt
von der fanft um den Kahn hbergleitenden Wällung. Voß, Luiſe
1, 75. Was gleiten euch weibiiche ZThränen über die blühenden
Bangn herab? ‚Salis, Ermunterung. Albano's Hmd war herab-
geglitten. J. Paul, Zitan 5. So fahen fie ein wohlverziertes
Brahtihiff Herangleiten. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 7. Für
die Hand, auf zarten Seiten nur gewöhnet hinzugleiten. Göthe,
deutiher Parnaß. Den Kirhhofbügel glitten, gelenkt vom Eifen-
ftab, in zepbyrleichten Schlitten wir pfeilgeichwind hinab. Matthiſſon,
die Kinderjahre. So gleiteten fie faht an meinem Zinger hinauf.
Göthe, der neme Paris. (Der Fluß) gleitete fo fanft und lieblich
hinunter. Göthe, Campagne in Frankreich Dftbr. (ALS) die grüne
Schlange in ihrer eigenthimlichen Geftalt dem Wanderer auf dem
Rande nachgleitete. Göthe, Das Mähren. Lind als mein Aug’
800
dies Alles überglitt. Platen, Schap des Rampfinit 3. Gin Ding,
das auf den wiſſenſchaftlichen Feldern wie unter feligen Inſeln um:
berglitt. J. Paul, Helperus 8. Da flieht der freie Blick den
Strom vorübergleiten. Tiedge, Urania 3. (Das) nun zu ſchnell
auf ein älteres Modejournal zurüdglitt. 3. Paul, Siebenfäs 3. —
Doch glitfchen ihre Augen gleich von den Gruppen ab. Wieland.
Jedem fein Pferd auf dem glatten Pflaſter Ausglitſchte. Göthe,
ital, Reife 8. Dee. Doch Hüons Süd entglitfcht dem fürdhter
lichen Streih. Wieland, Oberon 1, 59. So kannſt du von meinen
Schultern zu meinen Füßen —— herunterglitſchen, aß
wie — zum Genick. hakeſpeare, der widerſpenſtigen Zaͤh⸗
mung 4,1. |
: . Di ticivi tten d 3 8:
Bom —* der f' hfi : ax et h ae n — en * wir
traten in meerdurchgleitende Schiffe. Voß, Ilias 2, 351. Weit ſüßer zuer
dann fanfteingleitender Honig. Daf. 18, 109. —
Gleite (mhd. der glit das Ausgleiten) und Gletſe (Gleitbahn)
hat Stieler noch, ſind nun veraltet.
Anm. Nach Weigand ſollen mit gleiten wurzelverwandt fein: glatt
(ahd. k(g)lat, mibd. glat, altn. glad, agf. elad, gleed, na Bott mit fanflr. bisd
== fi) freuen zufammenhängend, was Graff IV. 287 mit Recht beiweifelt),
Glanz (f. ©. 185), Blas (abd. klas, altn. mhd. glas, agf. glees), Blage
(mäb. glaz, glatze und glitze;s Graff IV, 295 vgl. altn. glata — verlieren),
leißen (f. d.), gligen (f.S.185), Gletſcher (f. d) und glüben (6. 188)
e Form ſpricht nicht kei allen dafür, die Bedeutung hätte ich im Laufe ber Zeit
mehrfach verändert. |
Neiten.
(Wurzel rit.)
Neite, vitt, geritten, reiten (ahd. ritu, reit, ritumes, ritauér, ritan,
mhd. rite, reit, riten, geriten, riten; agj. ridan, altı. rida) 1)
lich allgemein fih — (reiten, gehen, fahren ſchiffen); 2) ſich
auf Thieren fortbewegen; 8) in — a Sa etwas ge
fien; 4) (von — Thieren) begatten. — reitet fo fi
duch Nacht und Wind? Göthe, Erlkönig. Ritt er auch unter des
Feuers Bliken auf: und nieder mit fühlem Blut. Schiller, Wallen⸗
fteind. Lager 6. Als ob zehntaufend Teufel ihn ritten. KM. Schwit.
Daß ich euer Pferd nicht zu Schanden geritten habe. Göthe, Ber
venuto Bellini 8, 2.
Die Eynonymen f. ©. 727.
du, an—, auf —, aus —, be—, beii—, daber—, dabin—,
Barein—, darüber —, durch —, ein—, einher —, ent—, entgegen—,
er —, fort — her —, herad —, heran —, herauf —, herans — berein—,
eruͤber — herum — herunter — bervor —, herzu —, hin — hinab -,
Heer Binauf—, binaus—, hindurch —, hinein —, Binüber—,
nunter—, hinweg —, hinzu —, mit —, nach —, nieder —, über—
801
um — umher —, unter — ver —, vor ‚voran —, vorans —, vorbei —,
vorüber—, weg —, zu —, zurück—, zuſammen — ſteckenreiten find
an ſich klar. — Das Regiment des Herzogs war ſchon vorwärts und
der Kronprinz abgeritten. Göthe, Campagne in Frankreich 6. Dftbr.
(Da fam) der Nachtrab angeritten. Bürger, die Entführung. Als
das Kleeblatt anritt. 3. Paul, Zitan 28. Und vor uns ritten Die
Dragoner auf. Schiller, Piccolomini 3, 3. Aber muß denn der
Bater ausreiten, wenn’s fo gefährlih it? Göthe, Götz v. B. 1.
Auch vom Kunftreiten und fogar vom Bereiten der Pferde wußte
er Rechenichaft zu geben. Göthe, Leben 15. B. (Um) die Gegend
umber zu bereiten. Göthe, Campagne in Frankreich 30. Auguft.
Das berittene Freudenroß. J. Paul, Titan 47. Bon vier gleic)-
falls berittenen Zrompetern begleitet. Göthe, Leben 5. B. Im
Dahinreiten fih auf dieſe Weiſe unterhaltend, Göthe, Meifters
Wanderj. 1, 11. Wo fie durchritten ftellten ſich die Kinder wie
geitern. Daf. 4 2%. Und raſch einber auf dem geftreiften Steden
Das Feld durchritt. Salis, die Kinderzeit. In das friedfiche Thal
einreitend. Göthe, das Kind mit dem Löwen. Grad einreiten
in Zomorn will der Eid. Herder, Ed 8. Wenn er auf feinem
zahmen Schimmel einhergeritten fam. Göthe, Leben 7. B. Dz
(daß) er ihm nit zuentreuten vermöchte. Zincgref, Apoph. 1, 48,
Wilhelm ritt ihm entgegen. Göthe, Meifterd Lehrj. 7, 1. Er
ritt anf alle Seiten, berüber, hinüber, ber und bin, fann feine
Ruh erreiten. Göthe, der untreue Knabe. Ich reite gleich niit
Shuen hinein, fo können Sie die nöthigen Drdres erhalten, und Sie
zeiten noch vor Nacht wieder fort. Göthe, Meifters Lehrj. 3, 11.
Indem ſo kommt der Weisligen hbergeritten mit vier Knechten.
Göthe, Götz v. B. 1. Dortvermaß ich mid herabzureiten. Göthe,
Eugenie_ 1, 4 Da reitet ein fürftliher Ritter heran. Göthe,
Ballade. (Daß er) neben ihm gemäßigt heraufritt. Göthe, das
Kind mit dem Löwen. Ich ſah ihn, wie er zum Schloß hereinrei-
ten wollte. Göthe, Götz v. B. 2. Reit herum. Göthe, Götz
v. B. 3. Da kommen drei Reiter, fie reiten hervor. Göthe, Hoch—
eitlied. Er ritt langſam und nachdenkend die Straße hin. Göthe,
eiſters Lehrj. 1, 13. Sie ritten eine ſteinige breite Fläche hinan..
Er rittt den wüſten ſteinigen Hang hinunter. Göthe, das Kind mit
dem Löwen. Dann reitet ihr zu euerm Schloß hinauf. Göthe,
Götz v. B. 1. Der Graf ſchlug vor, ind Abendroth hinauszu—
reiten. J. Paul, Titan 54. So ritt ich hinüber zu den Ligui—
ſten. Schiller, Wallenſteins Lager 6. Ihr Buttleriſchen ſollt auch mit—
reiten. Daſ. 11. Er ritt dem zweideutigen Paare nach. Göthe,
Meiſters Lehrj. 5, 15. Er hört, wie von allen Seiten ihn feindliche
Scyaaren umreiten. Körner, Harras. Ich ritt weiter vor, Göthe,
Campagne in Frankreih, Belagerung von Mainz. Ein unfdrmlicer
si
802
Stadtichreiber ritt voraus, Göthe, Meiſters Lehr. 1, 13. Wem
Egmont vorbeiritt. Göthe, Egmont 1. Da Walther grad’ vor
überreitet. Redwitz, Amaranth. Der Kutfher? Der it wegge-
titten. Leſſing, Minna v. B. 3, 2. Daß Frauen von wohl zuge
rittenen Pferden fich tragen laffen. Göthe, Egmont 8. So ritt er in den
Schranken auf den großen Haferhaufen zu. Göthe, Leben 5 B. Als
ih zurüdgeritten und völlig in Sicherheit war. Göthe, Kampagne
in Frankreich 19. Septbr. Der auf dem Kredit feines Onfels ſteck en⸗
reitet, Schiller, Fiesko 3, 8.
Reiter, fälfchlih Reuter, ahd. ritäri, ritar, riter, mhd. ritaere,
riter, ritter, agf. ridere, altn. riddari), und Ritter if urfprünglich
und fo noch jet im Allgemeinen wer ſich in Pferde fortbewegt (reitet);
im Befondern ift Reiter der zu Pferde dienende Soldat, gewöhnlich
der — Ritter iſt adeliger Streiter zu Pferde, vermittelft des
feierlichen Ritterichlages zur Würde erhoben. Reiterei; reiterlidh,
ritterlid; Ritt die Sandfung des Reitend. — Der Reiter und
und fein gefchwindes Roß, fie find gefürchtete Säfte. Schiller, Wallen-
fteind Lager 11. Bon der bedrängten Reiterei angeregt, Goͤthe,
das Kind mit dem Löwen. Bon der Wuth tollkühner Reiterei, um
unfres Glückes willen, abzuftehen. Göthe, Eugenie 3. 2 Laß kom⸗
men Pharaon mit feinen Rettereien. Opiß. Die Bereiter...
zogen aller Augen auf fih. Göthe, Leben 5. B. Befonderd fielen
uns... die Vorreiter auf. Daf. Je nun, als Mufterreiter,
wenn dir Das gefällt. Platen, die verhängnißvolle Gabel 4. Und der
Ritter fnieet betend vor dem heiligen Altar. Uhland, St. George
Ritter. Eine Nitterin von trauriger Geftalt. 3. Paul. Vielleicht
war es ein Glüdsritter, Sturz, Aneldote von Montesquien. Schif-
fer, Pilger, Kreugesritter brachten dazumal_die Mähre. Ubland,
Mudello. Auf, ins Gewehr, flreitbare KLiebesritter! Shakeſpeare,
Liebes Luft und Leid 4, 1. Zehn getreue Mohrenritter
ihm gewappnet nach. Uhland, St. George Ritter 2. Mir dam rit-
terlich Gefängniß zufagen, und Die Zufage wieder brechen. _Göthe,
Götz v. B. 4 (Der) fo. unritterlich handelt. Pyrfer, Rudolph 4.
Er hat jo recht ein ritterlich Geſtell. Uhland, Ludwig d. B. 2%.
Der Ritt durch den Staubweg machte mic hungrig. Voß, der
Adendichmaus 231. Kurz nach feinem Abritt. Ungenannter bei Campe.
Verfpätete ich mich bei einem Ausritt. Göthe, Wahlverwandſchaften
1, 2. Im Tauterbraufenden Heimritt. Pyrker, Rudolph 9. Das
heiß’ ich friihen Heyenritt. Göthe, Fauſt 2, 148. Sie nupte fühn
des Morgenrittes abgemefi'ne Stunden. Göthe, Eugenie 3, 2.
Wie er den Raubritt ieh, Pyrker, Rudolph 10. Scheidend ver-
fäumte der Gemahl nicht einen Spazierritt vorzufchlagen. Göthe,
das Kind mit dem Löwen.
803
Neiſtger (von mihd. reisio = zum’ Kriegszug gerüſtet ober gehörig, f.
reifen ©. 727) ift der zu Bferbe dienende gemeine Soldat, in neuerem Hoch⸗
dentſch nur noch alterthämlich und dichteriſch. — Ruft eure Meifigen und
ſtoßt mich nieder! Schiller, Tell 8, 8.
Yum. In der ältern Sprache bis ins 16. 3. fommt reiten und Reiter
noch in vielen jept ungebräuchlichen Redensarten vor, 3. B. Kirchfarten reiten; auf
die Gpäe reiten (freitige Graͤnzen beflchtigen); die Rentmeiſter hatten jährlich in
Ihrem Rentamt umzureiten, den rentmeiſteriſchen Umritt zu halten (d.h. die Aemter
zu viſttieren); Strichreiter u. a. ;
Reitbar, —dede, —gabel, —gefellihaft, —gurt, —halen, —halde,
— hans, —hengft, — herr, — hoſe, —jade, —junge, —fiffen, - nie,
— toller, —kunſt, — lehre, — lings, —mafche, (bei den Jaͤgern) — maus,
— milbe, — ochs, — peitſche, — pferd, — platz, tod, —roß, — Sattel, — ſchaͤ⸗
mel, — ſcheide, —fchmied, — ſchule, — ſtall, — fange, — ftiefel, — ſtock, — ta⸗
ſche, zeug, — zug u. a.; — Reiteraufzug, —büchſe, —degen, —fahne,
-faͤhnrich, — flinte, — gar, (halbgar) — geld, — handſchuh, - haufen, —jade,
—koller, — lied, — marſch, — recht, — regiment, — ro, — ſchaft, —ftier
fl, tanz, — wamms, — wechſel u. a.; — Reitersfran, —braut
u.05 — Ritteralter, —amt,— bant, — birne, —blume, —braud),
burg, —bärtig, —dienft, —dorf, —eid; — feld, —feft, —freibeit,
na — gerechtfame, Bi —geſchichte, —geichleht, —hof,
ufe, — käfer, —kaſten, —kreis, — lehen, — pferd, — pflicht, —rath,
—zotte, — roß, — ſchild, — ſchlag, —ſchloß, —Ihule, —ſchwamm,
-ſold, — ſporn, —ſtern, —fteuer, — ſtutz, — tafel, —taube, — tracht,
—zehrung, — zug u. a; — Rittersmann u. a; — Rittfertig,
—lings, — meiſter. — Eben fo traf in der Reitbahn feine Kugel.
Göthe, das Kind mit dem Löwen. Es will verlauten, daß es (diejes
Wort) bei einigen Dichtern ſchon jetzt die Ehrenftaffel eines Reit-
bürſchleins erftiegen habe. Campe. So hieß fein Neitgefährte.
Alyinger. Indem er ſogleich nach Hut und Reitgerte fuchte. Göthe,
Bahlv. 1, 9. Nun noch zur Abweihllung eine einzige Reitges
ſchichte. C. Wagner. Reithandfhuh am Sattel bangen. Uhr
land, Junker Rechberger. Du ſchaff mir ein Reitkleid. Shalefpeare
Cymbeline 3, 2. Ein einz’ger Neitfneht nur war im Geheimniß
Göthe, Eugenie 3, 2. Nicht diene dieß Reitpferd... Das ges
hattelte Reitroß. Pyrker, Rudolph 10. Die Reitzeuge.., zogen
Alter Augen auf fih. Göthe, Leben 5. B. — Fußvolk nd Reiters
fähnlein zogen flündlich ind Lager ein. Uhland, Ludwig d. B. 8.
Und bebend im Reiterarm drehn fle fih. Redwitz, Amaranth. So -
Reitersmann wie Neiterbube. Daf. Im Kreif erlefenen Reis
tergefolges. Pyrker, Rudolph 1. Mit Kunrings Reiterfchwa«
dron. Dal. Das nenn’ ich deutſches Reiterglüd. Redwig, Ama⸗
ranth. Heifa, du luſtig Reiterleben! Daf. Denn das ift unfre
Reiterpflicht. Schitter, Wallenſteins Tod 3, 15. Aber die Reis
terſchar, gleich Flügeln, umgebend das Fußvolk, hob den blinkenden
51®
804
Stahl. Pyrker, Zunifias 3. Ach! das feurige Roß, einft tu Olym⸗
pins Rennbahn nicht ungelobt und in der Reiterſchlacht. Voß.
Doch in des Heeres Rüden rubte das Neitervolf der cdelen Un-
garn. Porker, Rudolph 3. Hinunter jet fleigt Amaranth zum Reis
terfhwarm. Redwig, Amaranth. Darum rath’ ich, daß Reiter:
wache vor jeglihem Stadtthor fteh. Sonnenberg. Und. mitten in
manchem derben Reiterwiß wird ihre Zunge plöglich lahm. Red⸗
wis, Amaranth. Ich kam, ein fchledhter Reitersburſch. Schitter,
Piccolomini 4, 4. Haben wir Reitersdienft genommen. Schiller,
MWarienfteind Lager 11. Mid, einen fchlehten Reitersjungen.
Göthe, Götz v. B. 2. Der als tapferer Reitersmann doc nicht
lange diente. Daf. 1. — Außer den Ritterausdrüden. Göthe,
Leben 12. B. Der Platz, auf welchem. das Nitterbild Ludwig
XIV. bervorragte. Thümmel. Heut will der Städter baden im hei:
gen Ritterblut. Uhland, die Schlaht bei Reutlingen. ‘Meine
Raphaele fand ih in Ritterbuch. Mathiffon, die Kinderjahr! (Ex
war) die eigentliche Seele des wunderlihen Ritterbundes. Göthe,
Leben 12. B. Zum Ritterdank ift dir ein fchönes Weib beidie
den. Wieland, Oberon 6, 7. Wie e8 die Ritterehre gebot. Pyr=
fer, Rudolph 3. Die alte Ritterfefte hebt kühn im goldnen Glanz
des Thurms bemooste Reſte aus finftrer Ulmen Kranz. Matthiffen,
Abendgemälde. Im Kreife holder Ritferfrauen. Redwitz, Ama-
ranth. Das Ritterfräulein willſt du dir erwerben. Schiiter, Te
2, 1. (Erweckt) den zeitgemäßen Rittergeift. Benzel-Sternm. In
beiden vermifchte er fi) mit dem gothiihen Ritter- und Riefenge-
fhmad. Herder. Das Bad auf feinem Rittergut. J. Paul,
Heſperus 2. Sein ritterhafter Anſtand. Ungenannter bei Campe.
Hier werf ich meinen Ritterhandſchuh bin. Schiffer, Jungfrau
v. O. 4, 11. Wo einft fo heil vom Staufen die Ritterharfe Fang.
Uhland, Graf Eberhard. Drum fah man die Ritterhbaufen fi
tummeln mit Lanz und Schild. Uhland, der junge König 2. So liefen
and) mandyerlei Gerüchte über Herfommen des Ritterhbaufes. Be
el-Sternau, Drei Ritterhelme hab ich dir (ind Wappen) geil
land, Ludwig d. B. 1. in alter Hahn, der Schmud vom Rit⸗
terbof. feel, der Hahn und der Kapaun. Dies mußte in mir
nothwendig die Ritterideen aufreizen. Göthe. Und länger wider-
fteht die Ritterjungfrau nicht. Hauswald. Zelte wurden ange-
ordnet, Ritterfämpfe. Herder. Es liebt fich jeßt ein jedes Kind
den Harnifch und den Ritterfragen. Göthe, Fauſt 2, 264. In⸗
ftimmte, tief betroffen, der ganze Ritterfreis. Kopiich, die Noth-
glode. Hier folgt fein Ritterfreuz zurüd. Schiller, Don Carlos
5, 7. Nichts nennt er fein als feinen Rittermantel. Schiller,
Zeit 1, 2.. Dem Zode rittermäßig entgegen gehn. Opitz. @inem
jeden war ein Rittername zugelegt. Göthe, LXeben 1.8. Jüngſt
805
rin
watt ein deutſches Ritterpaar zu Sempachs ernſtem Beinerhaufe.
Pfeffel, die Kapelle bei Sempad. Das ift eure Ritterpflidt.
Böthe, Götz v. B. 1 Das Ritterrecht, das Karl in mir verlegt,
zu fhügen. Wieland, Oberon 1, 51. Mein Ritterrubm und Adel,
ottlob! troßt jedem Tadel, Bürger, die Entführung. Im weiten
Raum des alten Ritterfaals. Göthe, Fauſt 2, 81. Preis Eaftil’-
fher Ritterſchaft! Uhland, St. Georgs Ritter. In der Nachbar⸗
ihaft, im Ritterſchaftlichen, 2 e8 leicht und heimlich an.
Göthe, Meifters Lehrj. 1, 16. Die Ritterfchar entbranute. Ben—
zel- Sternau. Der Ritterſchlag felbft geichab mit hergebrachten,
von mehreren Ritterorden entlebuten Symbolen. Göthe, Leben
12. 3. Geilterfhar und Ritterihwarm. Benzel-Sternau. Mit
dem Ritterfchwert Landeigenthum fich tapfer zu erfechten. Schiller,
Piccotomini 4, 4. Um nicht durch DBaterthränen den Ritterjinu
zu böhnen. Bürger, die Entiührung. Vom nahgelegnen Ritterſitze.
Pfeffel, die Zurteitaube. Um dort die Ritterfitte zu lernen. Her—⸗
der. Was dem bedrängten Reiche. fehlt, iſt nicht ein Ritterfpiegel
und ein Königsherd. Uhland, Ludwig d. B. 1. Wobei man Rit—
terfpiele hät. Göthe, Meilters Lehr. 5, 4 Floß Omars
junges $Heldenblut durch Gusmanns Ritterfpieß Pffeffel,
Ibrahim. Auf einmal rüttert fid) der ganze Ritterfiand Wie—
land, Oberon 1, 43. Die ufligen Riterftreiche in Don Quixote.
Reichardt. Ich habe in dieſen Tagen ein altes deutfches Ritterſtück
durdhgelefen. Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 147. Sie ftellten mit
Geift und Munterkeit eine Rittertafel vor. Göthe, Leben 12. 8.
Ein Sänger in den frommen Rittertagen. Uhland, Vermächtniß.
Ber mur von Rittertbhaten träumt. Schiller, Don Karlos 2, 8.
Dies waren die Pflichten des Ritterthums. Herder. Auf den
echten Rittertod waren fie nicht minder gefaßt. Benzel- Sternau.
Mähr- und Ritterton. ihrer heroiſchen Thaten. Herder. Auf meine
NRittertreu kannſt du Die Erde bauen. Bürger, die Entführung, -
Dem mein Boll-Ritterwaffen reichte. Herder. Der echten Rit-
terweih’ ergeben. Benzel-Sternau. In dieſes Ritterwefen ver-
ſchlang fich noch ein feltfamer Drden. Göthe, Leben 12.8. Ich gab
mein Ritterwort. Schitter, Ten 3, 3. Aus den Händen der Ara
ber hatten die Europder Andacht, Liebe und Tapferkeit al8 einen Kranz
der Ritterwürde empfangen. Herder. Nach dei gebeiligten Rechten
altehrwürdiger NRitterzeit. Pyrker, Rudolph 5. Man fagte ung
viel von deinem Ritterzug.. Pfeffel, der Neronaute. — Des Weges
fam ein ſchwarzer Zug vermunnnter Rittersteute,. Uhland, Junker Rech⸗
berger. Ber wagt cd, Rittersmann oder Knapp, zu tauchen in
dieſen Schtund ? Schiller, Taucher. Daß er ihn lehrte mit Ritters
muth nad rühmtichen Thaten flreben. Pyrker, Rudolph 3. — Die, _
rittfertig, und fletd an der Seit’ ihm harıten des Winks. Pyrker,
806
Zuniflas 6. Wer bat je gehört, daß fich einer rittlinge auf eines
Adlers Rüden geſetzt hätte. Gebrüder Grimm, Dan. D’Rourfe.
Yum. Rüdert (gef. Geb. 3, 504) fagt auch: I babe meine Ritten
heit durch Ritterthat erprobt. Gr Bat noch andere neue Bildungen auf —Beit,
3. B. Knechtheit, Wäüſtheit, Süßheit, Meinheit (daf. 2, 10. 4, 308.
4, 435. 4, 84)
Schreiten.
(Wurzel scrit).
Schreite, ſchritt, geſchritten, fehreiten (ahd. scritu, screit,
.scritum&s, scritaner, scritan; mhd. schrite, schreit, schriten, ge-
schriten, schriten; niederd. schriden, agf. scridhan, altn. skrida,
altj. scridan, ſchwed. skrida) überhaupt ſich in gewiſſen Abfägen fort
bewegen (altüi. skrida, hochd. noch im 15. Jahrh. vom Gleiten der
Schlange gejagt); im Befondern Durch Schritte fid) fortbewegen, info
fern man einen Fuß vor den andern feßt, mit dem Nebenbegrijf des
Heften, Abgemeflenen, einer gewiffen Feierlichkeit. Das Uuglüd
fhreitet ſchnell. Schiller, Glocke. Laſſen Sie und nun zu den Heir
rathspuncten ſchreiten. Gellert.
Gehen (ſ. S. 727) iſt allgemein ſich zu Fuße fortbewegen.
Ab—, au —, auf-, auf und ab —, auf und nieder—, aus -,
be—, bei—, daher —, dahin —, darüber —, durch —, ein—, ei
cher —, ent —, entgegen —, er —, fort—, her —, herab —, heran —
herauf —, heraus —, herein —, herüber —, herum —, berunter—,
hervor —, herzu —, hin — hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus -,
hindurch —, binein—, hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —,
nach —, nieder —, rück —, über —, um —, umher —, vor —, voraun —,
voraus —, vorbei—, vorüber —, weg —, zu —, zutück —, zuſammen⸗
ſchreiten. — Man zog ihr wackres Thier, worauf ſie hergeritten, nachdem fle
abgeſchritten, gleich in den Stall von hier. Bürger, Europa. Der
Alte kommt indeß, mit ungewiflen Schritten, an feines Röschene Arm all»
mälih angefchritten. Wieland, Oberon 7, 30. Als es auf ein-
mal, als wir auffchritten, wieder über unfern Häuptern helle zu
werden anfing. Göthe, Briefe aus der Same 3. Abthl. Auf denen
(Galerien) der Ritter fonft auf und abſchritt. Göthe, das Kind
mit dem Löwen, Der (Apollo) im lichten Himmel auf und nieder
Ihritt. PBlaten, vom. Dedipus 4 So fhreitet in dem engen
Breterhaus den ganzen Kreis der Schöpfung aus. Göthe, Fauſt Bor-
jpiel. Die reine glatte Fläche (des Eijes) als der Erſte zu beſchrei⸗
ten. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 5. Sieh, fehledht und recht, em
Bauersmann am Wanderftabe |chritt daher. Bürger, Lied v. kr.
M. Hadrian, welcher zu Fuß den bewohnten, ihm unterworfenen Erd»
kreis durchſchritt. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 9. (AS fi) m
ein mit Nebeldampf verfchüttetes Thal einfhritten. I. Baul, He⸗
807
fperus 1. Welche über die bunte Brücde ganz fachte einherfchrit-
ten. Göthe, Leben 5. B. Dich ſähe fle dem Glück entgegenſchrei—
ten. Schiller, Maria Stuart 2, 9. (Gie) erſchritten die Mitte
der Troer und der Achaier. Bürger, Ilias 3, 266. Auf dem einges
ſchlagenen Wege fortzufhreiten. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 12.
Bor dem Zuge her mit kühnem Anftand fchritt die Mächtige. Schil⸗
ler, Zungfrau v. ©. 1, 9. Die feiften und keck herſchreitenden
Böcke trieben wir. Voß, Odyſſee 9, 464. Und den Thyrfus.in den
Händen ſchreitet er heran ein Gott. Göthe, Pandora. (Wenn er)
mit Der Tochter des Kalifen an der Seite hereingeſchrit ten wär. Wieland,
Oberon 11,9. Phöbus [chreitet hervor. Göthe, röm. Elegien 11.
(Indem man) über das zum Boden gewordene Meer hinſchreite.
Göthe, Leben 15.3. Langſam Schritt fie hinab. Göthe, Hermann
"und Dorothea 8, 85. Auch den (Pfad) Ichritt fie hinauf. Dat.
4, 235. Nicht darfs ich wagen... ind Thor der Stadt... hinein⸗
zuſchreiten. Uhland, H. Emft 2 Wenn fle in das Feld eigener
Thätigkeit und Selbftftändigfeit hHinüberfehreiten. Göthe, Wahl-
verwandtfihaften 2, 7. Er ſchritt mir nad). Göthe, Meifters Lehr].
7,8. Ausden vor⸗ und rückſchreitenden Eigenjchaften des menjd)
lichen Geiftes. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 48, Gem überfchreit
ich die Gränze. Göthe, Epigr. 42. Wenn man dabei nicht das Maß
überſchritte. Göthe, Wahlverwandtichaften 3, 7. (Laß uns) des
Walles erhabenen Rüden umſchreiten. Göthe, Achilleis. Die Tage
fhreiten vor. Göthe, Eugente 2, 4. Junge Mädchen dünfen fi
geaer jüngere Knaben fehr weit vorgeichritten. Göthe, Xeben
. B. Boran fam der Meßner geichritten. Schillet, Graf von
Habsburg. An Alter mir nur wenig vorausgeichritten. Göthe,
Leben 4. B. So ſchritt er grad um Ddiefe dumpfe Stunde ſchon
zweimal friegeriich unfre Wacht vorbei. Shakeſpeare, Hamlet 1, 1.
Dann vorüberfhritt ein Schatten wie ein rg Shafelyeare,
Nichard IV. 1, 4 Weg über meinen Naden fohreitet er. Schiller,
Maria Stuart 4, 4. So eilte fie an uns-vorbei, ſtark zufchreis«
tend, ohne fich umzufehn. Göthe, Leben 9. B. So [dritt er...
langſam der Brüde zu. Daf. 16. B. Was nicht vorwärts gehen
fann, fhreitet zurüd. Göthe, Menge,
Schreiter, Schreitung, fchreitbar find wenig im Gebrauch. —
Bir baden geſehen, daB Fortſchreitung des Geifles das Ziel des
Staates fein ſoll. Schiller, Lykurg. Mm zeihe Sie verwegener ULeber-
fhreitung der anvertrauten Vollmacht. Schiller, Piccolomini 2, 2.
Schritt (abd. scrit, mhd. schrit, altn. skrid) 1) die Entfer-
nung und Vorſetzung des einen Fußes von dem (vor den) andern;
2) die Weite, die Entferning: beider Füße von einander im Schreiten;
3) diejenige Art des Gehens oder Ganges, da man einen Fuß lang-
jam und gleichmäßig vor den andern fegt, — Dom fleinften Schritt
808
erhalt? ich Wiſſenſchaft. Schiller, Piccolomini 1, 3. Da tret’ ih auf
mit beherztem Schritt. Schiller, Wallenfteins Lager 6. Weil du
den Apfel trifft vom Baume auf hundert Schritte. Schiller, Tell
3, 3. — Sein Aufſchritt wurde langfamer. 3. Paul, Titan W.
Es find wenige Biographien, welche einen reinen, ruhigen, ftäten Fort-
Ihritt des Individuums Darftellen fönnen. Göthe, Leben 11. 8,
Doch geichieht fein Rückſchrit. Schiller, Briefm. mit Göthe 5, 309.
Doch glaubte fie einen großen Vorſchritt zu thun. Göthe, Leben
11. B. Wo jeder Tag, behend, im Doppelfchritt, ein Marmer-
blod als Held in's Leben tritt. Göthe, Kauft, 2, 156. Drauf m
Eilfchritt ritt er hinaus. Pyrker, Rudolph 3. Sie fchwebt dahin
mit leifem Feenſchritt. Salis, Berenice.e Sie fommt inmitten
im Feierſchritt einhergeritten. Redwitz, Amaranth. In des
Sieges Feſtſchritt. Platen, rom Oedipus 5. O laß mit Flügel—
ſchritten uns eilen! Wieland. Mit des Krieges Gewaltſchritt.
Sonnenberg. Mit feſtem Heldenſchritt wandelt ſie. Schiller, Don
Carlos 2, 15. Und fie lenkt die Herrſcherſchritte durch des Fel⸗
des weiten Blan. Schiller, das eleuftiche Felt. (Wenn die Kunft) im
einem erfreulihen Zebensfchritte vorwärts gehen folle. Göthe, Be-
trachtungen im Sinne der Wanderer. Wie gehft du einher fo ſicheren
Mannsſchritt? Kofegarten, Hymne an die Tugend. Er hörte nähere
Menſchentritte. 3. Paul, Titan 23. Mit einem fühnen Mo
narhenfchritt trat er den Fünftlichen Bau einer Würmerwelt nieder.
Schiller, Abfall 9.N. 1.B. Bon allen dieſen Reuſchritten machte
er feinen Freunden fein Geheimniß. Göthe, Winckelmann 1. (Die
fi an der Bildung Riejenfchritten freut. Göthe, Eugenie 3, 2. Scheuer
Sflavenfhritt. Uhland, Sängers Fluch. Kein Stelzenfdritt
(gefällt). Platen, vom. Dedipus 4. Manches Mißverhältniß Löft, un«
bemerkt, indem die Zage rollen, duch Stufenfhritte fih in Har-
monie. Göthe, Eugenie 4, 2. (Sie) eilte im Sturmſchritt vor.
Pyrker, Zuniflas 6. Nadte Armuth ... z0g bier goldbelaftete Schiff,
arbeitend voll Fleißes mühjam her und mit Taumelſchritt an dem
Ufern. Sonnenberg. Nach kurzem Bedenken ertönte fogleich ein freu-
diger dem Wanderfchritt angemefjener Zweigeſang. Göthe, Meifters
Wanderj. 3, 1. Wir Elfen fliehen mit Zenb yrſchritt. Matthiſſon,
die Elfenkoönigin.
Schrittmaß, meſſer, —weile, —zähler u. a. — Biegſame Soh⸗
len, goldene, ſchrittbefördernde. Göthe, Pandora. Stelle dich
ſchrittlings über mich. Shakeſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 5, 1.
An allen feinen Handlungen (fand man) eine ununterbrochene Schritt⸗
mäßigfeit. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 9. Er wollte von den hohen
hohlgeſchliffenen Schrittfchuhen 1] nichts willen. Göthe, Leben 15.2.
2) Im Oberbeutfchen fagt man lieber Schlittſchuhe. Bekannt iſt Klopkods
Kampf für die Form Schrittfhuhe, die durch ahd. scritescuoh- (wahrſchein⸗
809
Ich fand in der großen Maffe auf den Schrittfleinen. Göthe,
ital. Reife Palermo 12. April. [Er beifchte] jchnelleren Gang, mit
erhobener, oft jchrittweifender Rechten. Pyrker, Rudolph 5.
Anm. Schwend ftellt ſchreiten zufammen mit lat. gradi und dem deut⸗
fhen gräten, arätfchen (mhb. gröten, grötschen), die Beine auseinander ſper⸗
ren. Wol richtiger finden Grimm und Weigand Murzelverwandtfchaft mit goth.
skreitan = zerreißen, ahb. sceritan (scrizan), oberd. noch ſchreißen. — Du
ie mit deinen Beinen gegen allen, fo fur vber giengen. Luther, Bibelüberſ.
zechiel 16, 35. (Sie) Handen mit ausgegrätfchten Beinen ba. Göthe,
Egmont 4.
Streiten.
(Wurzel stritz; Wadernagel vgl. lat. lis, altlat. stlis — Streit.)
Streite, ſtritt, geftritten, fireiten (ahd. stritu, streit, stritu-
mes, stritaner, siritan; mhd. strite, streit, striten, gestriten, stri-
ten; altn strida, ſchwed. strida) allgemein die Kräfte für oder gegen
(nach) etwas anftrengen; dann thätlich entgegen fein, fei es mit gei—
fligen oder förperlihen Waffen. — Nun hatte ſich jener im heiligen
Krieg zu Ehren geftritten durch mannigen Sieg. - Göthe, Hoch—
i = i it Pflichten reiten Pflichten. Schiller, Wallenfteind
2, 2.
Die Synonyme fehten, Fämpfen, ringen f, ©. 148.
Ab—, an—, aus —, be—, er—, fort—, mit—, wett—, wi-
der— , zerftreiten find ar. — Wer will der Thor fein, ihm Das
Erbe feiner Macht abzuftreiten? Schiller, Fiesto 4, 7. Sie ver-
binden fih, das Heimfallsrecht weder anzuftreiten, noch anderer
Reklamationen gegen daſſelbe beizupflichten. Allg. Zeitung. Ich Din
weit entfernt, meine Ueberzeugung Andern anftreiten oder aufdtin-
en zu wollen. Krug. Ausgejtritten, auögerungen ift der lange
chwere Streit. Schiller, das Siegesfefl. (Der) den Aufwand des
Geſprächs recht gut zu beftreiten wußte. Göthe, Xeben 7. B. Ei-
ee des Verftorbenen, deflen Erben nicht beftritten werden.
öthe, Tag- und Jahreshefte 1802. Oft will ich dann mit gemwal-
tigem Arın den Summer beftreiten. Klopftod, Meſſias 4, 804, Doch
als er fern ſich Kreta's Erbe kühn erftritt. Göthe, Fauſt 2, 194.
Daß umjonft ein folches, jo großes Volk der Achaier niemals from-
menden Streit raftlos fortftreitet und fämpfet. Voß, Slias 2,
120. In Mitte meines treuen Baiervolfes will ih mitftreiten wie
ein andrer Mann. Uhland, Ludwig d. B. 3. Wettftreitet, wer
am lautften ftaunt! Klopftod, Ueberſchätzung der Ausländer. (Da ich)
dem Böfen, wie dem Uebel, widerftritt. Göthe, Eugenie 3, 1.
— seritiscuoh,) mbt. scriteschwech, im Voc. v. 1429 schrittelschuch beflä«
gt wird.
810
Das widerftreitet unfern Freiheitsbriefen. Schiller, Tel 3, 3.
Man zerftreitet fih fo fehr, ob ein Syuamd zu viel Fener haben
m — Hamburg. Dramaturgie 5
eit ſahd. nıhd. strit, ag ei strid] zunächt Wetteifer ge-
gen — dann Anwendung der Kraͤfte in IiDerftrebender und =
a Gegenwirkung. — Meſſina theilte fih, die Bruderfehde
alle heil'ge Bande der Natur, dem allgemeinen Streit die Lo—
hung gebend, Schwert traf auf Schwert, ‚zum Schlachtfeld ward Die
Stadt Schiller, Braut v. M. — Beil ihn jelbft der Bermefi'ne zum
Bogenftreite aufgefordert. Voß, Odyſſee 8, 28. Der Euch alle
Gründe eines Ehrenftreites an den Fingern berzuzäblen weiß.
Shafefpeare, Romeo und Julie 2, 4. Aud wie er [Baus] einſt
im Götterftreite mit wahrer Löwentapferfeit den flürfften Rieſen
jelbft erfchlagen. Hagedorn. (Wir) jehen der Zimmer Fröhlichleit und
junger Rinder Hörnerftreit, Dürger, Liebeswerbung. Und den-
noch iſtss der erſte Kinderſtreit. Schiller, Braut v. M. Weßbhalb
ſich nie ein Rangftreit hervorthat. Goͤthe, Meiſters Wanderj. 3.
10. Es find Unziemlichkeiten vorgegangen in dieſem Rechtsſt reit.
Schiller, Maria Stuart 1, 8. Da liegſt du ſtill im Todesſtreit.
Redwitz, Amaranth. Der Bettfreit‘ war heftig. Göthe, Meifters
Banderj. 3, 9. Herr Hüon, ſtandsgemäß ein Feind von Wörter:
ftreit. Wieland, Dberon 6, 48
Fehde (langobarbifch faida, ahd. gefehida, mhd. vehede, gevehede, vehe,
altf. feheta, agf. faedh, mittelnieberl. vete, dän. feide, mittellat. faida, altfran;.
faide, von ahd. f(v)ehjan, mid. vehen — higig, feindfelig fein; vgl. goth. faĩan
ſchelten, fijan = haffen, woher Feind, Participialbildung, goth. hand, (frjand),
ab. flant, agf. fiend, fiond, feond, altn. flandi, mhb. vient; gr. mızpos =
fharf auf die Sinne einwirfend) eig. Feindſchaft; gewöhnlich öffentlich erklärte,
nad einer Genugthunng trachtende Feindſchaft. Hader (wahrſcheinlich ans
altn. had, hAdh, = Schmach, dän. haading) eig. in Karten Worten ausge:
dradte Mipbilligung gegen den Anden; dann ein durch thätliche (in Hundlung
oder Wort beftehende) Reibung und wiederholte Iufügmg von Aergerniß ſich
kundgebendes Entgegenfein, befonders über etwas Geringes. Zanf (vom jan
fen, wol von goth. tahjan, mhd. zanken, zaniken — zerren, rein; vgl.
ahd. gizango, gizengi — ſchwer, eindringend, auch lat. tangere — berüßten ?)
mit Anwentung harter unwilliger Worte ausgedrücktes feindliches Entgegenfein.
Span (im ı5. N. spAn) ſ. ©.204. Zwiſt (6.720) Begeneinanterfein ans feind⸗
feliger Befinnung der Bntzweiung. Wortwechſel (ſ. Wech ſel 6.610), Wort⸗
ſtreit, Wortkampf, Wortgefecht find an fih flar (f. Wort ©. 438,
Kampf und Gefecht S. 55). — Was will hier entflammter Triebe Ha ber in der
gottgeweihten Jungfrau Bruf? Bürger. Die Bürften find verföhnt, das if
die Wahrheit, und in der hohen Häupter Syan und Streit fi unberufen,
vielgefgäftig drängen, bringt wenig Dauk und öfter noch Gefahr. Schiller
Braut v. M. Ihr wart noch zarte Anaben, aber ſchon entzweite euch der
811
jammeroolie ZwiR. Daf. Gin unbedentender Wortwechfel In herrſchaft⸗
lichen Angelegenheiten. Leſſing, Emilie Galotti 8, 8. Die Sache iſt feinem
MWortgefecht mehr unterworfen. Schiller, Maria Stuart 1,7.
Streiter, ſtreitig, ſtrittig ahd. etritie; mhd. striteo; Streitig«
keit, ſtreitbar (mhd. stritbære), ſtreitlich (ahd. stritlih). — Müde
ſchon find die Streiter, und alles deutet auf Frieden. Göthe, Her⸗
mann und Dorothea 1, 198. Sie ſah die junge bebende Strei⸗
terin. Klopftod, die beiden Mufen Wir find die Gottesftreiter.
Uhland, König Karls Meerfahrt Der mir diefen Platz fireitig
machte. Göthe, Götz v. B. 4. Unftreitig thut ihr jegt mir mehr
zu nah. Shafejpeare, Kaufmann von. Benedig 1, 1. en Ramen
verbotener Gerichte führten die Freigerichte Y: nftreitig daher. J.
Möjer, die weſtphäl. Freigerihte Schon zum voraus fielen große
Streitigkeiten vor. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 3. Und ih im
Befipg des ftrittigen Stücks. Göthe. Göß v. B. %. Herr Voß,
der fireitbare Mann. Lichtenberg, über die Pronunciation der
Br So ftreitlich will ich werben. Ruckert, geſ. Gedichte
4 35
Streitbeil, — feuer, —grund, —hahn, — hammer, —handel,
—bengft, —huhn, —kolben, — kunſt, — lehre, —lehrer, —luſtig,
— müde, — muth, —muthig, —pferd, —platz, — predigt, —punct,
— rede, —richter, —Ichlichter, —Ichnepfe, — ſucht, —füchtig, — waffen
u. a. — (Ald er) aufs Eis die gleitende Streitart gejchleudert.
Shafjpeare, Hamlet 1, 1. Do am dem Herzen nagten mir der Uns
muth und die Streitbegier. Schiller, Kampf mit dem Drachen.
Auch die Troer find ſtreiterfahrene Männer. Voß, Odyſſee 18,
261. Den freitfertigen Sohn des Dnetor. Voß, Ilias 16, 605.
Meine Werke fodten feine Zweifel über die Streitfrage aufldien.
Goͤthe, Benvenuto Eellini 2, 4 Laß die flogen Streitgenoſſen.
Ziedge. So rief er, warf im Hui den Speer und traf Aeneend Streit-
eſpann Deikoon. Bürger. Die Leute, welche fih auf Streitge«
— legen. Opitz. Mit ſtreitgeübter Hand. J. G. Jacobi.
Säet Verderben und Streitgier umher. Herder. Und in der Streit-
band ganze. Gewitter, Sonnenberg. Da jchollen die Sreithelme.
Sonnenberg. (Dort bat) der Unken Streitfraft ihren Plan er⸗
ichüttert. Göthe, Fauft 2, 272. Ihre Streitlohorten fprengten
der Unmoͤglichkeit diamantne Pforten. Matthiffon, die neuen Argonau⸗
ten. Die ſtreitkühnen Sachſen thaten Schadens auch genug. Sim⸗
ro, Nibelungenlied 201, 4. Athens ftreitlundige Fürſten. Voß,
Ilias 13, 195. Gewohnt des Streitlaufs. Klopftod, die beiden
Muſen. Wohlauf, und gedenfet der Streitluft! Voß, Odyſſee 22,
73. Daß alle fterben mußten, die Helden auserfehn, vor den Streit-
müden. Simrock, Nibelungenlied 2257, 3. Er ſchwang fih... auf
fein Streitroß. Leffing, Hamburg. Dramaturgie 23. Bei diefer
812
gelehrten Streitfahe. Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 4. Auch
onfer vol auf den ſtreitſchiffen. H. Sachs. Daß ich meiner Bar-
tei eine mit vieler Energie zu ihren Gunften abgefaßte Streitfchrift
vorgelefen. Göthe, Leben 13. B. Ros werden zum ftreittage
bereitet, Aber der Sieg kompt vom Herrn. Luther, Bibelüber. Sprichw.
21, 23. Derderbend hielt fid) Die Burg ſechs Monden- fchon mit er=
fefenem Streitvolf. Pyrker, Rudolph 10. Mitten in dieſem Ge:
taffel von Streit- und Siegegwagen. 3. Paul. (Sie) bewarben
fi) wenig anders als ftreitweife um fie. Herder. Weil fie mur-
reten und Streitwörtelten. Simplicifimus 3, 3. — Am Ror-
gen Streiterluft und Lieben. Redwig, Amaranth.
Leiden,
(Wurzel lid, Iith).
Zeide, litt, gelitten, leiden (ahd. lidu, leit, Htumes, litaner,
lidan; mhd. lide, leit, liten, geliten, liden; ſchwed. lida, dän. hide;
aus goth. ga-leithan, ahd. ki-lidan — durch —, fort— , übergehen,
agf. lidhan = ſchiffen, altj. lithan — fi) fortbewegen, altn. Hda =
vorübergehen) urſprünglich fi von einem Orte an den andern beger
ben 5; jeit dem 9. Jahrh. unangenehme, traurig fiimmende Empfin⸗
dung haben, Uebeles durchmachen (duch das Durchgehen er-
fahren); nhd. 1) zum Leid werden, unangenehm jein; 2) unange⸗
nehme Empfindung haben (auch uneig. auf Suchen übertragen); 3)
allgemein Einwirkung auf ſich zulaffen, von Xebendigem wie Leb⸗
loſem, und in Beziehung auf Unangenehmes wie auch auf Auge
uehmes; 4) überhaupt unthätig gefchehen laſſen, unthätig zulaffen,
es mag Unangenehmes oder aud) Angenehmes fein; 5) (felten) Leid
ufügen, Leid machen, verleiden (ahd. leidön, mhd. leiden). — Ich
He fie (die Mutter) leiden. Schiller, Piccolomini 3, 4. Ach, gem
will ich e8 leiden, will Alies, Alles erdulden, denn du haft viel mehr
gelitten, viel mehr, wie ich Leide. Klopſtock, Mefftas 11, 736.
Ich ſag's noch einmal, das leid’ ich nicht. Schiller, Wallenfteins La-
ger 7. Mein Jupiter. befhügt mir jedes Haar, was kann mir Juno
leiden? Sdiller, Semele 1. — Was ift es anders als Menſchen⸗
ſchickſal, ſen Maß auszuleiden, feinen Becher auszutrinfen. Goͤthe.
Habt Ihr doch Boͤſes genug erlitten von wüſten Beginnen! Göthe,
Hermann und Dorothea 6, 88. Schau wie fi) Das Papier fo elend
muß zerleiden. Simpliciſſimus 6, 12.
Die Synonymen und mehrere Beifpiele zu leiden f. S. 706.
1) Brimm vergleicht mit goth. galeithan, Leid das lat, passus = Schritt,
pati = leiden, passio = des Leiden. — Das ab. Iidan, defien Borfommen Bei:
gand Mo. 1197 bezweifelt, ſteht in Ludwigslied: Hetz her heidine man obar
seo lidan = Er ließ heidniſche Männer über See fonımen.
813
Leid (ahd. leid, mhd. leit, agſ. ladh, altſ. l&th, led, aftn. leidi;
agj. ade — Reiſe, altn. leid — Reife, Zufammenfunft) Mühfelig-
feit, dann überhaupt traurig flimmende Empfindung worüber, leid
(ahd. leid, mhd. leit, agſ. lädlı, alt. leidhr) eigentlih dem Gemüthe
zuwider; dann gewöhnlid jo, daß man von trauriger Stimmung worüber
ergriffen ift, oder daß Einem worüber angreifender traurig zu Muthe
it; leider (ahd. lcidör, mhd. leider) jeßt nur Interjection; leidig
(ahd. leidac, mbd. leidec, altj. l&thig) betrübnißgvoll, auch verdrieß-
fih wogegen; nhd. allgemein von unangenehmer, unluftiger, trauri
Empfindung; leidlich (ahd, leit(d)lih, altf. Ietcd)lie, agſ.
‚lädhlie beſchwerlich, haͤßlich, mhd. leitlich —= abſcheulich, ſchmerzlich,
etwas vertragend) | S. 716; leidfam (mhd. leitsam) iſt veraltet. — Der
Herr des Himels gebe dir freude, fur das Leid, fo du erlidden haft.
Luther, Bibelüberf. Tob. 7, 20. Doch da fie jenes gefehn, obgleich
noch gedenkend des Zornes, fühlte fle Leid. Voß. Der Büſche trau
rig Grün ſcheint Leid um end zu tragen. Cronegk. Zur lindern unjer
Erdenleid. Herder. Das inne GSeelenleid. Shafefpeare, 3.
Caͤſar 2, 1. Im ihrem großen Schmerz und Wittwenleid. Schil-
ler, Zell 5, 1. Zu emeun Die leide Luſt. Nüdert, ge. Ged. 6,
181. So werd’ ich wieder jung in leiden Jahren. Daf. 4, 350.
63 thun mir viele Sachen weh, die Andern nur leid thun. Lichten⸗
fein, Nachrichten über fich ſelbſt. Und Braun verfeßte: Leider er-
baͤrmlich ift das Ungemach, das ihr erblickt. Göthe, Neinefe Fuchs 2,
23. Der laidig man (der um feine Frau trauernde). H. Sachs.
.D du loſes leidigliebes Mädchen, fag mir an, womit hab’ ich ver⸗
ihuldet, daß du nich auf diefe Falter —— daß du dein gegeben
Wort gebrochen? Göthe, Morgenklagen. Der leidige Krieg und
die Noth und Plag in die —— Jahr' ſchon währen mag. Scil-
ler, Ballenfteins Lager 11. t beife der leidige Satan. ‘Blaten,
die verhängnißvolle Gabel 1. So werden wir ganz Leidlich leben
können. Göthe, Taſſo 3, 4. Ich flehte zu Gott um a einer
leidlichen Gefundheit. Göthe, Meifterd Lehrj. 6. Beides konnten
wir für eine fehr Leidliche Summe haben. Daf. 2, 11. Unleid-
liher Schmerz ergriff mich. Göthe, Zag- und Sahreshefte 1808.
(9. v. Eyb am Ende des 15. Jahrh. fagt unleidelih und unlei-
denlidh). Gift, Mord und Schwerd find uns erleidlicher, als
Ketten. Lohenftein, Cleopatra 5, 375. Die benamnten leidjamen
vnd befchwerten eelewte. Hug, Nhetorica Tübingen 1538 DI. 40.
(Das) machte midy unempfänglih, ja unleidfam gegen jene Denf-
weile. Göthe, Campagne in Frankreich Pempelfort Nobr.
Menue (goth. idreiga, ahd. hriwa. hriuwa, hriuwi, riuwa, möb. riuwe,
agi. hrööwe, vor reuen goth. idreigen, ahb. hriwan, hriuwan, riawan,
mbb. riuwen, altſ. hrewan, agf. hrödwan; Wadernagel vgl. gr. xovog
= Froſt, Kühe; Geronnenes? lat. cruor — geronnmes Blut) unangenehme
‚814
Empfindung; nbd. traurig flimmende Empfindung über ſelbſt Gethanes, mit
dem Wunfche, daß das Beihane ungefchehen fein möge. — Ehmerz (ab
die smörza, mhd. der smerz, agf. smöort; vgl. flav. smrt — Teb, gr.
wöpder, 'antpdev =rauben, Jemanden feines Antheils beranben, auepdalses
= fdredlich, lat. mordere — heißen; nadı Bopp von fanffr. smar — fd
erinnern) überhaupt unangenehme Gmpfindeng, die von einem Uebel berrkkt,
fie mag groß oder gering fein. Betrübniß (ahb. gitruobnessi, mh. be
trüebede, f. Zrudfal ©. 319) das Bewegtfrin, Gingenommenfein von uns
angenehmer Empfindung. Traurigfeit (von traurig, ahd. trärec, mbh.
trürec; agf. dröörig, engl. drear, vgl. fanffr. drü = Flagen von umange
nehmer Empfindung beberrfchte und gebrüdte Gemüthsſtimmung. — Weh (u.
mbd. we) fo wie es Ginem in der Empfindung eines Uchels una
genchm if. — Böfef. © 66. Erträglich f. ©. 714, — Der Bape ii
furz, die Ren’ if lang. Schiller, Glode. Ihr Habt die That mit jahreien
ger Ren’, mit fchweren Leidensproben abgebüßt. Ediller, Maria Stuart 1,4.
Warum ein unerklärter Schmerz bir alle Lebensregung hemmt? Böthe, Kan
1, 31. (Er) wußte mich, zu meiner Betrübniß, vollfommen zu überzen⸗
gen. Böthe, Leben 4. B. Der König fiel in tiefe Traurigkeit. Nevalis,
Henri von Dfterdingen 1, 3. |
Beileid die Aeußerung gegen den Andern, daß man das Unan⸗
genehme mit empfinde, ohne Rüdficht, ob dies aus Höflichkeit oder
wirklichem Gefirhi geſchehe. Mitleid ift das fchmerzhafte Gefühl ſelbſt,
weldyes man über fremdes Leid empfindet. Mitleiden im Allgemei-
meinen was Mitleid, dann auch im abftracteren Sinne gebraucht.
Mitleidenbeit ift in ärztlicher Sprache der Zuflaud, wenn ein Koͤr⸗
pertheil durch einen leidenden andern Körpertheil zugleich angegriffen
iR; in der Rechtöiprache der Zuftand, wenn die Mitglieder einer Ge
fellichaft die einer andern aufliegenden öffentlichen Laften mit diefer
ugleich tragen müflen. Davon mitleidig, bemitleiden — Da
dankteſt du dich bei den Herren für das herzliche Beileid. Schil⸗
fer, Räuber 1, 2. (Die zarte Schonung) hatte mehr vom Mitleid
als der Gunſt. Schiller, Piccolomini 2, 2. . Drum weg mit diefem
weichliden Mitleiden. Schiller, Jungfrau v.D2. 1,5 Wie, wam
ih das geduldige, leſende und nengierige Publikum zur Mitleiden-
beit zöge? Thümmel. Es find ie N Köhler. Schiller; Jung:
frau v. 8.5, 2. Die unmitleidigen Geftime. Wieland, Dberon
13, 32. Du bemitleideft den Vogel. Wieland.
- Barmberzig (goth. armahairts, ahd. armhörz, barmhörz, mb. barm-
hörzic f. &. 333) und Barmherzigkeit bezeichnen bie theilnehnente Ems
pfiudung oder das thellnehmente Gefühl bei Leid oder Leiden ober kebaurınd
wertgem Zußande des Andern ober Enderer als innig (im Herzen) uud dadurch
zugleich ſich Außernd in Geneigtheit oder DBereitwilligkeit, Bedürftigen wehlzes
thun, alfo gleihfarı tHätiger Aenperung des Mitleidens. — Bedauern f.E.
883. — Barmperziger Himmel! erbarme bi, Bürger, Lied v. be. M-
815
—3
Sogleich regte ſich die Barmherzigkeit der Bürger. Böthe, Leben 3. B.
Eie werben ihn bedauern. Göthe, Leben 8, 2.
Ent—, verleiden (ahd. leidön, mhd. leiden) leid oder zumider
werden, ind von Leid (leid) gebildet; ebenjo leidigen (ahd. lei-
mhd. leidegen zunächſt von leidig), wohn uhd. beleidi«-
gen [j. ©. 719] früher auch beleiden = in unangenehme, traurig
Rimmende Empfindung verſetzen. Davon Beleidiger, Beleidi-
gung. — Den Bund dir zu entleiden. Schiller, Semele1. Wenn
fie mir auch nicht zum bezahlen hilft, foll fie doch meinen Gläubigern
das Fordern entleiden., Schiller, Fiesko 1, 3. Doch es ift
barmberzigkeit, dir deinen — 53 taud zu verleiden. Göthe,
Goötz v. B. 2. Das end leidigen (leid fein) fol. Hug, Rhe—
torica Tübigen 1528. bi. 55. Nicht leidigen noch beſchweren. Lori,
Lechrain 34. Daß ja nimmermehr deine klare Bach was Trübes thu
beleiden. Opitz. Schwer hab’ ih dich beleidigt, Mädchen, babe
dein fanftes Herz zerrifien. Schiller, Don Karlos 4, 15. Ein Eo-
loniſches Geſetz verordnet, daß jeder Bürger die Beleidigung, die
einem andern widerführe, als ihm felbft angethan betrachten, und
nn jolte, bis fie an dem Beleidiger gerochen ſei. Schiller,
Anzäglih (ſ. ziehen) unangenehme Empfindung verurfachend burch
Beziehung auf die andere Perfon; bei Böthe auch im Sinne von anzie
hend. ©. 146.— Unrecht (f. Recht &.83) Ungemäßheit zu dem, wie und was
etwas fein fol; was dem nad) innerm und Außerm Geſetze oder auch nach
geltender Gitte Bebührenden entgegen iR. — Miphandeln (mhd. sich
missehandelen — ſich vergehen, |, Handeln ©. 603) mit Unrecht und
gegen Angemeſſenheit in hohem Grade Widriges nnd Schmerzen zufügen,
übermäßig hart und beſchwerend verfahren gegen Jemanden ober etwas.
— Wir erinnern uns einer einzigen an züglichen Maske. Wätbe, röm.
Garneval. Das hat alles fo was anzüglider, mas ſchauerliches. Goͤthe,
Beriher 13. Mai. Man hielt mehr, ale man verfprochen hatte, in Hoffnung,
die Blumen würden fich nicht geduldig genug mißhandeln lafien, um feine
Gelegenheit zu größern Mißhaundlungen zu geben Wielant.
Leiden (ſ. S. 319), Leidenſchaft (j. S. 140), Hungerleider;
leidbar, — bitter, — brief, —effen, —flor, — frau, — haus, —kleid,
—ſchleier, —weien w a.; leidenlos, —voll u. a.; Leidensbe⸗
her, —bruder, —gefährte, —geigichte, — jahr, — ſtunde, —tag,
—vwache u. a. — Er träget in Freuden fein Leiden. Göthe, Ballade.
Seelenleiden in die wir durch Unglück oder eigue Fehler gerathen,
fie zu heilen vermag der Berftand nicht, die Vernunft wenig, die Zeit
viel, entfchloffene Thätigkeit hingegen alles. Göthe, Meifters Wander].
2 12. Diefe Hungerleider, die nad) dem Segen unjers deutſchen
Landes mit Neideöbliden vaubbegierig ſchauen. Schiller, Piccolomini
35. Er muß leidenfhaftlich folgen. Göthe, Briefw. mit Schiller
816
3, 379. Stunden, die ich nur durch baldige Endigung leidbar fand.
Meyer. Du verjagft Die Leidgedanken. Shaffpeare, Antonius und
Eleopatra 3,7. Sänger fangen den Leidgefang. Meyer. Da nu die
Reidetage auswaren. Luther, Bibelübert. 1. Mof. 50, 4 Epbar
als Leibmedicus freuete fich auf feinen Antheil am Leidtragen ımd
Mitzieben. 3. Baul. Freudvoll und LeidvoLl, gedanfenvoll ſein
Gött:, Egmont 4. Die [Hütte] er nun mit großem Leidwefen
verfallen flieht. Göthe, Leben 10. B. Dem leidenerfabrenen
Pyrker, Tuniſtas 8. Mägde des feidengeübten Ddpi-
eus. Voß, Odyſſee 18, 311. Leidenloſe Erdentochter. Goͤthe.
Meiner leidenvollen Zeit. Meyer. Die Stationen des Lei dene—
anges unfers Herm. Göthe, St. Rochusfeft. Soll der Arme den
— bis auf die Hefen leeren. Collin. Ihr habt die That
mit jahrelanger Reu, mit ſchweren Leidensproben abgebüßt. Schiller,
Maria Stuart 1, 4. Da ich jedoch von einem ſolchen Leidens trotz
gleihlam Profeifton machte. Göthe, Leben 1. B. Leidensvolle
Auftritte feines Lebens. Henke. — Die Mitleidswerthen. Voß,
Ilias 5, 574. Ich bin mitleidswürdiger als er. Schiller. Mit-
leidenswärdig felber dem Neidenden. Voß. So ſpracht ihr rau⸗
ben Männer mitleidlos. Schiller. Selbft die Serapbin flanden um
fie in in trüberem Glanz mitleidsvoll. Klopftod, Meſſias.
Glied 1) (gotb. lithus, agf. lidh, altn. lidhr, ahd. Hid, gilith,
mhd. Hit, gelit) ift eig. das Helfende, Begleitende, Mitgehende (Daher
Mitglied, altn. lidhar — Gefährte, Begleiter); dann Das Gelent,
der vermittelft des Gelenkes verbundene äußere Körpertheil; (fig.) eine
einzelne Perſon als Theil einer Verbindung. Mitglied ift die ein⸗
eine Perfon eines Inbegriffs zu meinen Zwede vwerbunbener
rfonen in Bezug auf die übrigen iBerfonen diefer Berbindung. Bor
fied kommt gliedern und zergliedern (S. 580); Zerglie
derer, Gliederung, Zergliederung — Die Zunge ift ein klein
Glied. Luther, Bibelüberf. Jak. 3, 5. Der Menfchenfreund fichet
die Menfchen insgefammt als Glieder der großen Familie Gottes
an. Gellert. Das gegliederte Gebilde. Göthe. So geht es dir,
AR Lage erer deiner Freuden. Goͤthe. Für welche die wirtlidhe Zer⸗
gliederung immer etwas Kannibaliiches hat. Geben Sie zu, daB
der größte Theil von Aerzten und WBundärzten nur einen allgemeinen
Eindruf des zergliederten menjchlichen Körpers in Gedanken be
bält. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 3.
Bliedbad, —kraut, —lang, — lich, —los, — maß (6. 536),
—falbe, —ſchwamm, —ftein, —wafler, —wafferfucht, —weih: Glie⸗
1) Grimm II, 15 vgl. lat. membrum (für me-brum, —brum Ableitung
wie in cerebrum, terebrum, candelabrum etc.) ®lieb und meare — gehen:
Diversa membra meantis. Lac. pbare. 8, 640.
817
derband, —bau, —binfe, — brand, —dode, — haken, —hülje, —ig,
—tfette, —koralle, —krank, — kraukheit, —lahın, —lähmung, —mann,
—puppe, —reißen, —ſchmerz, —jchwinden, —ſpannen, —ftärfend,
— weh, — wein, —weife, —zuden; —zudung u. a.; Zergliede—
rungsbühne, —haus, —kunſt, —meffer, —tafel, —tijh, —ver-
fuh, — wiſſenſchaft. — Dein ganzes Gliederbild. Herder. Und
billigt nichts an ihre, als nur den Gliederkitzel. Alxinger. Ein
feines," fchönes Gliedermaß ift ihr geringfter Vorzug. Campe. Wel-
cher gelenkige, geränderte Gliedermenſch, aufs Rad des Glücks
geflochten, wäre das Kind. 3. Paul. — So werden fidh Die zarteften
NRefultate der Zergliederungsfunft nadbilden laſſen. Göthe,
Meifters Wander. 3,3. Der kalte Philofoph, fein Zergliederungs-
mejjer-inder Hand. Herder. Gehenkte auf dem Zergliederungs-
‚tifhe. J. Paul. |
Leiten (ahd. leitan, mhd. leiten, alt. ledjan, agſ. lædan, altır.
leida, factitive Form von lidan), das eig. und uneig. gebraucht wird,
. ©. 731. Davon ab—, an—, fort—, aus—, durch —,
ein—, ber—, geleiten, begleiten (veraltet beleiten); Ge-
leit (ahd. geleiti, mhd. geleite), oft mit dem Nebenbegriffe des
Schußes und des dafür zu bezahlenden Geldes; Leiter, Zeitung,
Begleiter; Geleiter; Begleitung (zuweilen Begleit) ift all-
emeiner und drückt bloß ein Sein bei dem Andern aus, mit dem mun
ch (eig. oder uneig.) fortbewegt. Die Leite (mhd. leite) ift ver-
altet. — Ihn hat, dacht’ ich, vielleicht mit ftiller Sorge fein Schöpfer
unter fchattende Deden der Abendwolfe geleitet. Klopitod, Meſſias
5, 499. Wie: oft fchlägt man einen Weg ein und wird davon abge-
leitet. Göthe, Wahlv. 2, 10. Herrlih empfangen vnd eingelei-
tet- mit FZadeln vnd groffem Triumph. Luther, Bibelüberſ. 2. Makk.
4, 12. So dadıte FB vorher die jehon eingeleitete Verbindung
zu befeſtigen. Göthe, Leben 15. B. Ich werde vielmehr noch jpäter
manchen Faden aufnehmen und fortleiten, der ſich unbemerkt durch
die erftien Jahre ſchon hindurchzog. Dai-2.3. Der Grundjag des großen
Newton von der allgemeinen Schwerfraft ift zum —— ſchön; weil
man das ganze Planeten-Syſtem daraus herleiten kann. Sulzer. —
Burgermaiſter, welchen ſolche trabanten belaiten. Weſtenrieder, Bei-
träge 5, 109. So fol jn der herre belaitten und beichirmen. Recht—
buch von 133%. Zwar lagen bier Palmen vom begleitenden
Doll. Klopftod, Meiftas 1,32. Kann eine größere Armuth gedacht werden
als die, welche den lleberfluß begleitet? Duſch. Deinen Gejang würde
feime Flöte begleiten, al8 meine. Geßner. — Als ich Apollon bat,
das gräßlihe Geleit der Nachegeifter von der Seite mir abzuneh-
men. Göthe, Iphigenie 2, 1. Und vor uns ritten die Dragoner auf,
die und der Herzog zum Geleit gejendet. Schiller, Piccolomini 3, 8.
Meine Abgaben, Zölle und Geleite habe ich bezahlt. Göthe, Mei-
: ” 52
*
818
ſters Lehrj. 8, 2. Eine Reiſe zu machen, zu deren (der) ich mich
zum Begleit anbot. Hirzel. Der König hat kein ſtärkeres Begleit.
Waſer. — Sich weiter und weiter in's Labyrinth zu verlieren, aus dem
fein Leiter ihn führte. Klopſtock, Meſſias 13, 276. Wie en Ge—
witterableiter. Göthe, Triumpb der Empfindjamleit 3. Und an-
betend rufte der freudenbelle Geleiter. Klopſtock, Meifias 5, 1086.
Smmerfort die heiterfte Kebensbegleiterin. Göthe, Meiſt. Wan⸗
derj. 1,10. Ein Stern, der Sonnenbegleiter einer. Klopitod. —
Die kluge Leitung des raſchen Krieges. Göthe, Zaffe 1, 3. Hie-
durch ward den größten Gebreden die Einleitung gegeben. Göthe,
Leben 12.B. Wilhelm, der beichränfte Kebensleitung zu bemerken
glaubt. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 9. (Wir fehen) eine Waſſer-
leitung gar Fünftlich eingehauen. Göthe, Briefe aus der Schweiz
2. Abth. Furcht, Die fchredlihe Benleitung der Tyrannei, wird
Ihaudernd vor dir herziehn. Schiller, Maria Stuart 4, 9. Sie
fliegen zufammen die ganz tröden liegenden hoben Stufen diefer Zu=
leitungsgewölbe hinunter. Göthe, Meifterd Wanderj. 1, 4. Als
verr ſy die Laytte der Aerzt (der Erzgang) weilet. Lori, Bergreht 32
Das die Salzmair und andere Amtleut fein Laitt (Zubrwerf) mer haben,
jondern es jollen die Laitt den Burgern ze Reichenhall verlaflen wer⸗
den, auch derjelben ainer nit mer dann ain Laitt haben. Dar. 141.
Leitarm, —bleihe, —feuer, —fiih, —graben, — holz, —bund,
—faften, —mittel, —nagel, —riemen, —töhre, —ſeil, — ſeite,
—ftenpel, —ftrang, —tan, —wagen, —zeihen u. a.; Leitungs—
räbigfeit, —regel, —röhre, —itüd, — vermögen; Ableitungs-
kunſt, —ſchirm, —ſylbe; Anleitshrief, —fucher, —zettel; Ein-
leitungspunft, —ſpiel; Begleitſchaft, —ſtimme; geleitlid,
—ſchaft, —ſchiff; Geleitsamt, —bediente, —bereiter, —brief,
— einnahme, —einnehmer, —folge, —frei, —gebiet, —geld, —gerech⸗
tigfeit, —grenze, —haus, — herr, —berrlichfeit, — herrſchaft, —kam⸗
mer, —leute, —mann, —obrigkeit, —ordnung, —recht, —reiter,
—ſäule, —ſchein, — ſtätte, —ſtein, —ftelle, —ſtern, —ftraße, —tafel,
— tag, —weg, —zeichen, —zettel. — Schoöne Leitbahn, ihn vorm
Böſen, vorm Niedrigen jeder Thierart zu bewahren. Herder. Umd
diefe Mäßigung bat fie ala Leitbau vor dem Sinken bewahret.
Herder. So hat man ded) indefjen einen Leitfaden, an dem man
fihb binichlingen kann. Göthe, ital Neife 10 Januar. Da if das
Beilpiel, dieſer moralifche Leithammel. Benzel- Steınau. Aber
mein Zeitftern durch's Leben war fie (Die Liebe) bisher nicht. Beu⸗
zel- Sternau. Wie müſſen Rath und Antbeil einede Manns ... mir
als ein Leitſtern wonniglich ericheinen. Göthe, Eugenie 4, 1. Die
Stimme des Volkes ift oft eine Leitſtimme für den Forſcher. Abbt.
Seufzer find Leittöne Fonvergierender Herzen. J. Pal. Nun
wird der Kehrer den Leitza um wegwerfen. Ungenannter bei Campe.
x
819
Das Waſſer ift das allgemeine Leitzeug der zur Nahrung und zum _
Wachsthum nöthigen Beitandtheile. u Mir wollen ihm das
Geleitzeihen geben. Göthe, Götz v. B. 2
Anm. ar — und bes hierzu gehörige Leiter (ahd. diu hleitare, mhd.
leiter) n ©.
m. a Ledis (mhd. lẽdec, lidic, altn. lidugr) = leicht, behend, leer
ehoͤrt —— zu Udan, wie gr. Ele deoo; frei zum Stamm la do =
Pe ch gehe. Dafür Ani audy ahd. ledigön, mhd.ledegen — ledigen, unbefchwert
machen,
Anm. 3. Biesiehn, auch Lidlohn, im Nürnberaifchen Slidlohn wird
von Binigen vun mittellat. litis, leudis, litus geleitet. Echmeller denkt lieber,
und mit größerem Recht, an das zu leiden gehörige altn. lid, lidh, Hilfe, und bels
fende Berfonen.
Anm. 4. Das Lied in Angenlied (aaf. hlid = Thüre, altn. hlid, ſchwed.
dan. led, ahd. hlit, lit, mhd. lit — das Verſchließende, Bedeckende) ift mıt Leiden
wegen des amlautenden h nicht verwandt, '
Schneiden.
(Wurzel snid.)
Saqueide, ſchnitt, geſchnitten, ſchneiden (ahd. snidu, sneit,
snitum&s, snitaner, snidan, mhd. snile, sneit, sniten, gesniten,
sniden; holh. sneithan, agſ. snidan, snidhan; altı. snidha, snida,
engl. snithe, ſchwed. snida) 1) andere Dinge mit einer Scyärfe (mit
allerlei Werkzeugen) durchdringen, verlegen, trennen, auch bloß etwas
an der Seite berühren, einen Kegel, einen Ball;
empfindlichen Schmerz verurſachen; 3) (uneig.) einen
oft mir dem Nebenbegriff des Unrechtmäßigen; 4) (
ſchneiden, ungewoͤhnlich verzogene Mienen machen. —
wir an zu ſchneiden die reichliche Ernte. Göthe, H
rothea 1, 50. Kein Vorwurf ſoll dich kränken, feine a
Klage in Das Herz dir ſchneiden. Schiller, Bro
Ihnitt dein Freund für ein Gefiht? Göthe, fprichwörtlih. Der:
hinter uns allerlei Faxen ſchnitt. Göthe, ital. Reife Meſſina 12. Mai.
—, an—, auf— (1. 6.232), aus —, be—, bei—, durch —,
ein—, ent—, ber—, herab —, berauf—, heraus —, herein —, ber-
über—, herum —, herunter —, bin — , binab— , hindurch —, hinein —,
hinweg — nach— ver —, vor —, voran —, voraus —, vorbei— ‚weg—,
er —, zu — zurück — zufammenfcpneiden. — Ihn (den Adler) traf des
—* Pfeil und ſchmitt der rechten Schwinge Sennkraft ab. Göthe, Ad-
ter und Taube. (Bis wir) alle Hoffnung, jemals wieder emporzufommen, völlig
-.abgejichnitten haben. Göthe, Götz v. B.3. Ganz alone:
von aller Welt, hab’ ich eine Zeit fang allem gejtunden. Göthe, 2
Aufenthalt in Rom 25. Dee. Dieje ... ſchnitten «ftachen) fcharf
Dagegen ab. Bürde. Kleid anihneiden (anmefien). Voc. v. 1618.
Einen Discours anſchneiden. Koſegarten. Ein Ferkel aufzu—
ſchneiden war für mic ein Feſt. Göthe, Meiſters Lehrj. 6. (Die
924
4
820
Nifchen) prangen mit flahen, ausgefchnittenen, gemahlten Bret-
figuren. Göthe, italieniihe Reife 3. Det. Und ſchneidet mir von
meinem Land ein Stüd aus. Shakeſpeare, K. Heinrih IV. 1. Th.
3, 1. Der Ndel muß auch bei Zeiten ſuchen ihr die Flügel zu be—
Ihneiden. Göthe, Egmonti. Befchneide du deinen Buchsbaum.
Lichtenberg, tiber Phyſiognomik. Knaben, die all in brawn Damaſthgch
befchnitten (gefleidet) warn. Weftenrieder, Beitr. 2, 143 v. J.
1475. Sie wollen dich enthaupten, diefen Hals, den blendend weißen,
mit dem Beil durchſchneiden. Schiller, Maria Stuart 3, 6. Das
Labyrinth der Sonnen und Planeten durchſchneidet eure Bahn.
Göthe, Weltjeele. Wohl wird mancher daher die blaue Woge Durd-
ſchneiden. Göthe, Achilleis. O fchnitten wir mit gleihem Fluge
die Lüfte Durch zur Ewigkeit! Leſſing. Durchſchneident Wind
mit kaltem Froſt. H. Sachs. Rohr einzuſchneiden gebt mir die
feinſten gleich! Göthe, Pandora. Das Korn einſchneiden (ein—
ſammeln). H. Sachs. Auch die Zung' an der Wurzel entſchnitt
das gewaltige Erz ihm. Voß, Ilios 5, 292. Ob er gleich durch die
herabgeſchnittenen Quotienten ſchon leichter war. J. Paul, He—
ſperus 26. Wahrlich du ſähſt, ob die Furch' in Einem Zug’ ich hin—
abfhnitt! Voß, Odyſſee 18, 375. Und Jedem iſt's, als wird’
ihm mitten durch Kopf und Leib hind urchgeſchnitten. Uhland,
ſchwaͤbiſche Kunde. Unter dieſer Diſputazion hatte der edle Mag die
anze Gruppe umvermerft in ſchwarzem Papier nahgefchnitten.
. Paul, Helperus 22. Verſchnitt fie nicht einmal ihren einzigen
Kirmeßkuchen an zwei Bettelftudenten. 3. Paul. Es find etlihe Ber-
Ichnitten, die von Menichen verfchnitten find. Luther, Bibel:
überf. Matth. 19, 12. Mit allem Laſter verfchnitten (a. &. er⸗
geben) H. Sachs. Der Kaiſer hat Execution ‚gegen mid) verordnet,
die mein Fleifh den Vögeln unter dem Himmel und den Thieren auf
dem Felde zu frefien vorghneiden fol. Göthe, Göß v. B. 3. Die
wollen dem Soldaten, der vor'm Zeind liegt, das Brot verſchnei—
den. Schiller, Piccolomini 1, 2. Indem er dem Züchtlinge entieß-
liche Zerrgefihter vorjhnitt. J. Paul. Ach! die Schwingfraft
weggeihnitten. Göthe, Adler und Taube. Wär’ fie (die gebra-
tee Zaube) nicht auch geſchickt zerfchnitten. Göthe, Iprichwörtlich.
Ruthen, die fie ſich aus einem gefchwind zerichnittenen Beſen ver-
Ichafft hatte. Göthe, Leben 2. B. Unten entwallte der Bach, uud
zerichnitt das grafige Santhal. Voß, der Abendihmaus 98. Die
Erbel (Aermel) weit feind ausgebreit, zerfchnitten (modiſch geichligt)
unten und oben. Lied v. 1637. Um einen meifterhaft zugeichnit-=
tenen Rod wohl zu nähen. Göthe, Leben 6. B. Die Hoflente,
die fonft ihr Ich A dem fremden zufchneiden. 3. Paul, Zitan 3.
Welches (Kabinet) aus zufammengeichnittenen Rahmen anein-
ander getäfelt ift. Goͤthe, ital. Reije Palermo 9. April.
— — — [m — u.
Anm. Die Barticivien geſtatten noch andere Zufummenfegungen, 3.8. Herz
fhneidende Worte, Voß, Ilias 20, 202... Bund dann die ne zurüd N
wohlgefchnittenen Riemen. Daf. 21, 30. Müngbefchnitten. Sifhurt,
Bargantua ©. 115.
Schneide (ahd. snida, mhd. enide) 1)_der jchneidende Theil
von Werkzeugen; 2) die ſchneidende Schärfe von Werkzeugen; 3) aus⸗
gehauener Durchgang durch einen Wald, ſonſt Schneiſe ſ. ©. 141;
4) (uneig.) Kraftgefühl, Muth; Thneidig (ahd. snidie, mhd. snidec)
und Schneider (eig. wer jchneidet, gewöhnlich Kleidermacher, mhd.
snider) einfach und in Zuſammenſetzung mit Ab —, An—, Auf,
Aus —, Be—, Ein—, Bor— u; Schneiderei, ſchnei—
deriſch fhneidern (Schneiderei treibenı; ſchneideln (vielleicht
richtiger ſchneiteln, abd. sneit&n, mhd. sneiten) beſchneiden: Bäume,
Neben. — Scmell fertig it die Jugend mit dem Wort, das jchnell
fi) handhabt, wie des Meſſers Schneide. Schiller, Wallenſtein's
Tod 2, 2. Mein langſchneidiges Schwert. Voß. Welch zwei—
ſchneidiges Schwert auf meinen Scheitel duherblinkt. Klopſtock,
Meſſias 4, 502. Seckelſchneidig. Fiſchart, Gargantua ©. 87.
Bergept nur nicht dem Schneider einzujchärfen, daß er mir aufs
genaueſte mißt. Göthe, Zauft 1, 111. Matthieu, der den Vor—
fchneider lichte. J. Baul, Heiperus 16. Ein Gottesläfterer und
Ehrabfchneider H. Sads. Sie läffet fi für ihren Mann wol
den Kopf abjchneiden vom parifiihen Kopfabichneider J. Baul,
Siebenfäs 5. Weil fie fih vor einer ſolchen Zuſchneiderin fürd-
tete. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 14. Sie halten den Juriſten für
arg, als einen Beutelfchneider. Göthe, Gig v. B.1. (Ahr babt
fie) noch nicht geitüupt ale a ir Platen, rom. -
Dedipus 4. Bühnenfchneider.... Theaterſchneider. Dal. 5.
- Das Kiffen eines Fuͤckſchneiders zu ſtopfen. Shakſpeare, Coriolan
2, 1. Wenn ein folder Hausſchneider allenfalls. ein guter Gefelle
gewejen wäre. Gölhe, Leben 6 B. «Die Baronefje) ſchob gefchwinde
den Leibſchneider der Gräfin dazwilchen. ‚Söthe, Meifters. Lehrj.
3, 7. Und ohne Kunſt und Schneiderei wär die Welt eine Wü—
ftenei. Soltau. Unfere riejenhaften wohlgekleideten Küraſſiere machten
einen wunderlichen Gontraft mit den zwergbaften, jchneideriichen,
zeriumpten Ohnehoſen. Göthe, Belagerung von Mainz. Hiernach
formt’. ic den Taft und | hneiderte. Voß, Luiſe 2,446. Es liegt
im Menſchen ein Princip, das dieſen Anzug-[hneidert, den man -
jetzt geradeweg der Schneiderigtide überläßt. -Lichtenberg, politiihe-
Bemerkungen, Sein u der Erfreuer n Herzen, ne uns
geichneitelt. Shafeipenre, K. Heinrich V. 5,
Schueidebank, — bock, —bohrer, nn _büchje, = ien,
—geld, —gezen — holz, —Huppe, —lade, —[eder, — loch, — le
— mefler, — mühle, — müller, muöfel, —fäule, —ſſcheibe, — ſohle
822
- —ftein, —flihel, —tritt, —zeiger, — zeug, —zirkel u. a.; Abfchneide-
linie, —ſchere; Befchneidebret, —eifen, —hobel, --mefler,
— preffe; Einfhneidejäge; Zuſchneidebret, —leiſte; Schnei-
dDerarbeit, —braten, —burihe, —fiſch, —farpfen, — frankbeit,
—freide, —lohn, —musfel, —nadel, —redinung, —fhere, —iede,
—vogel, —werfftatt u. a. — Darauf bediente man fih zu Schnei—
dDewerfzeugen des Kupfers. Ungenannter bei Campe. Legte er
die fünf Schneidezähne der Finger wie ein Roftral in die Sopf-
baut. 3. Paul, Titan 14. — Ich weiß ‘andere, denen e8 beffer wäre,
fie hätten ftatt ihres Heldenmuthes eine Schneiderader im Lei.
Göthe, Egmont 4. Sie nehmen die Brille nah Schneiderart ver
die Augenbraunen ...“ Ghrbare Meifter vom Schneidergemert.
A. W. v. Schlegel, Parabel vom Eulenipiegel. Was gäb’ eine Schnei—
dersfrau drum. Göthe, Götz v. B. 2. Gr ftand Drei Sahre als
Schneidergefelle aus. Lichtenberg, Lawrence Earnshaw. (&)
ergriff Das Schneiderhandwerf. Göthe, Leben 9. B. Daß er
nicht do ſchneidermäßig gejammert. Göthe, Meifters Lehrj. 5. 12.
(Er) nennt e8 puren Schneiderjcherz. Göthe, Hausparf.
Geſchnittenheit ift nur in Zufammenfegungen gebräuchlich. Schnitt
(ahd. mhd. snit) 1) die Handlung da man ſchneidet (dı den verſchie⸗
denen Bedentungen); 2) die durch das Schneiden hervorgebrachte Oeff⸗
nung, Vertiefung, Wunde, Geftalt; 3) etwas, das gefchnitten, abaes
fchnitten iſt; 4) der Ort, wo etwas abgejchnitten oder bejchnitten if;
5) dasjenige, womit man fehneidet. — Die Schnitte (ahd. snita,
mhd. snite, agſ. sned) Stückchen, Schnitthen; fohnitteln = in
dünne Schnittchen fchneiden. — (Hilfsmittel), Die in ihrer Abge-
ſchnittenheit verfagt find. Göthe, Wahlvermandtichaften 2, 13,
Die große Mannigfaltigkeit in Schnitt und Farbe der Kleider fällt
mir auf. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 1. Nur hatte SKanier die
- Arien ausführlich nah altem Schnitt behandelt. Göthe, 2. Aufent:
halt zu Rom Nobr. So wie ein Gaufler fucht, indem er hier ſchielt
und Dort Iugt bei Pinjeln feinen Schnitt (Gewinn) zu maden.
Soltau. Wie fie nur einen Schnitt Echinfen... gebrauchen Lönnen.
J. Paul, Titan 21. (Wenn du) dieſen pfündigen ZTölpel nicht in
lauter Schnittchen Fleiſch zerhackſt. Shakſpeare, K. Heinrih VI.
2. Thl. 4, 10. — Unter dem Abſchnitt des Halſes. Göthe, Kam:
pagne in Tranfreih Münfter Nvbr. Ich boffe noch einen Abſchnitt
(des Buches) zu erreihen. Schiller, Briefw. mit Göthe, 5, 3.
Zeitabfchnitte, auf die niemand achtet. J. Baul, Heiperus 17.
Die Aufichnitte (des Kleides) mit Silber gamirt. Shafipeare,
viel Lärmen um nichts 3, 4. Ich habe im Leben überhaupt und im
Durchſchnitt gefunden, daß 20. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 10.
Bon einer drittel Elle im Durchſchnitt. Göthe, Benvenuto Eellini
1, 9. Große Herren, wenn fie blind, daß fie Maler gerne zahlen,
823 °
pflegen nad) dem Durchſchnitt (Profil) he, oder Ichlafend fie zu
malen. Logan. Welches ( Stäbchen) durch Das Ende des Zettels
durchgeſteckt und in dem Einſchnitt befeftigt wird. Göthe, Meifters
Wander. 3, 5. Der Wegſchnitt des Kopfes. J. Paul, Titan 16.
Ich machte meinen Zuſchnitt (Plan zur Reife) ein wenig zu groß.
Söthe, die neue Melufine. Die neueften Formen und Zuſchnitte
von Frühkleidern. Göthe, Wahlverwandtichaften 1, 10. — (Er) langte
ihr ihren Schattemriß oder Schattenfchnitt hinaus, %. Vaul, Hei:
perus 4. Den Wellenichnitt, den Kleen=- den Haupt- den
Zahn- den Stufen= und den Querjchnitt. 3. Paul, Siebenfäs 3.
Mit Einfchnitt (überhaupt eine vermittelt eines Schneivewerfzeuges bes
wirfte Trennung der Theile eines Körpers) I Kerbe (von agf. cöorfan —
ſchneiden, engl. carve, ſchwed. karwa, dän.karve) finnverwandt, ein wundens
artiger, biebartiger Ginfchnitt, eine eingefchnittene Heine Flaffende Vertiefung
- in einem harten Körper, — Diefes legte Binkerben der Balken, diefes Bin:
ſchneiden von gewiflen einfachen Kormen. Göthe, Meifters Wanperj. 1, 2.
u 30g er die Kerbe. Voß, Ilias 4, 122.
chnitter (ahd. snitäri, mhd. snitzere), Schnitterin, \ eine
er in der Ernte Das Getreide ſchneidet. — Wie der
Schnitter im Kranz und die Binderin ſchmauſen zu Mittag. Voß,
Luiſe 1, 581. Heimwärts fehrt der Zug der Heuer und der Schnit-
terinnen Schwarm. Salis, Abendbilder.
Schnittbanf, —bahre, —fleiih, —geld, —grus, — handlung,
— hanf, —bebel, —hoß, —fobl, — lauch, — meſſer, — ſalat, —tudı,
—vergoldung, — waare, —zwiebel u. a: Abſchnittlinie; Ab-
ihnittswinfel; Anſchnitibuch, —ſchere; Ausihnitthandel,
line. — laden, —ling; Durchſchnittsanſicht, --Iehre,
—punkt, —riß, — ſumme, —zubl; Einſchnittholz, —thier;
Schnitterbhume, —lohn, — mahl, —pfennig, —ſchmaus u. a. —
Die Ablegers und Schnittlings. J. Paul, Titan 26. Narben
und Schnittwunden. J. Paul, Heſperus 9. Rövschen gab ihm
Bänder mancher Farbe, kam die Ernt' an feinen ——— t
Hölty, Elegie a. e. Landm.
Schnat und u 1) cin Schleflen) Zweig, Reis; 2) Grenze
1. Schneije S.141); Schuatte (Schnitt, Wunde, mhd. snatte), find
veraltet, oder. gehören der Volksſprache an. — Dein Stammbaum ſchlage
täglih aus, bis einft die Nachwelt Schnuten kricht, und un den
Cifel Kronen flicht. Günther. Wer dergleichen jchnaten zur Wurzel kom⸗
men läßt. Hoffnannswaldaniiche Ged. 5, 292. Durch welches ſchnatten
jr find (ſeid) gejund worden. Schweizer Bibel 1. Petr. 2, 24. Als
ein Knecht der offt geichlagen wirdt, nit on ſchnatten vder ftreumen
jeyn mag. Dietenberger, Bibelüberi, (1571) Sirach 33, 11.
Schnitz 1) ein Hleines, dünnes, abgejchnittenes Stud; 2) drol⸗
liger Einfall, ſchlaue Lüge Cjonjt auch ——— Gef chnitz,
824
Schnitzel, Schnigling; Ichnigen (ahd. snitzan, mhd. snitzen),
fhnigeln, Schniger (mhd. snitzaere) find einfah und in ver-
ſchiedenen Zufammenfeßungen gebräuchlich. — Alsdann wird der längere
und feinere Theil derfelben (der gekämmten Baumwolle) mit einem
ftumpfen Meſſer bänderweife (das Kunftwort heißt em Schnik) ab-
enommen. Göthe, Meifterd Wanderj. 3, 9. Daß an Latten und
apyen, Geſchnitz und bunter Vergoldung fi des gebildeten Auge
feinerer Sinn nur erfreut. Göthe, der Chineſe in Rom. Eure Reden,
die jo biinfend find, in denen ihr der Menjchheit Schnitzel Fräuielt.
Göthe, Fauft 1, 37. Er ging verjäeten ſchwarzen Bapierichnigeln
als Wegweilen nah. 3. Paul, Heſperus 4 Abſchnützling von
Papier. Simplicifimus 3, 21. Ein Eingefchneizel. % Paul,
.Stebenfäs 1. — Willſt du beifre befigen, jo laß dir fie ſchnitzen.
Göthe, Liebhaber in allen Geftalten. So ſchnitzt der Fleine Gott die
fchlauen Pfeile. Shakſpeare, viel Lärmen um nichts 3, 1. Schrift
züge in eine Tafel einſchnitzen laffen. Gedife. Ein wohl zugeichnigtes
Stüd Kreide. Göthe, Wahlv. 2, 4. Schnigen und ſchnetzelen.
Fifchart, Gargantua ©. 133, Er [hnigelt jm ein Pferd. Daf. 360.
Der Garten enthält nichts als fteife Gruppen und ausgeſchnitzelte
Bäume. Ungenannter bei Campe. — Ein Schnitzer, genannt Meifter
Abm von Münden. Chronik bei Freib. 1, 189 v. %. 1493. De
die erbärmlichften Schnitzer in der Ausſprache eines Volfes begeht.
Lichtenberg, über die Pronunciation der Schöpje. Den geſchickteſten
Bildſchnitzer unferer Zeit. Göthe, Meifters Wanderf. 1, 12.
Schnitzer bezeichnet auch einen ſchlechten, fehlerhaften Schnitt, dann einen
unangenehmen, übeln Berftoß in oder gegen etwas. Bock (ahb. p(b)och,
mb. bock, agf. bucca, engl. buck, altn. buck, bokki; f. Schlußanmerfung
2 zu biegen) ein gröberer Verſtoß (entweder von der weidmänniſchen Reveuss
art: „einen Bock ſchießen,“ oder von dem „Burzelbod”, wie man in Schleſien
für Burzelbaum ſagt). Pudel iſt urfprünglich ein Fehler beim Kegelfpiel (die
Pudel langes Bret in der Kegelbahn, auf! welchem die Kugel fortrollen maß,
bis fie die Kegel erreicht; Kegelbahn ‚mit einem ſolchen Bret); dann überhaunt
ein Verſtoß aus Unaufmerkſamkeit oder Nucläffigfeit. — Biele Herren und
Damen ſchoſſen Böde I. Paul, Siebenkäs 2, Sein Verhängniß war, der
Pudel viel zu machen. Brüdner, die Selbfibeherrfchung. — Ich habe Die
drei Stüde gefchoflen, der Better hat immer gepudelt. Böthe, vie Aufge
regten 2, 5. j
| Am. Die Etymologie des Wortes Pudel if nicht klar. Schmeller,
dem auch Weigand beifimmt, fagt (bayr. Wörterbuch I, 258): „Vielleicht iR
diefer Budel nichts, anders ale — d. h. der Bügel oder eiſerne Ring, durch
welchen man etwa ehemals die Kugel zu ſchieben hatte, und welcher in der Folge
vom Brette a fein mag. Wirklich pflegte noch vor 30, 40 Jahren das
Brett erft in ein ger Entfernung vom Stande des Spieles anzufangen und nur hie
vhngefähr über die Hälfte der Bahn zu reichen.” - Schwend fagt, auffallend ges
nug: „Vielleicht ift aufzulöfen pu-del, puh-del, buh-del von buhen blafen, ſtoßen,
baufchen, fo daß Pudel, Brhler f. v. a. Verſtoß bedeutet -
825
Schnitzarbeit, — bank, —bret, —fleiſch, —geld, —lappen,
—ling, —meſſer, —ſchere, — tiſch, —werf, —zeug. — Als die
Schnitzerkünſte ganz nahe liegen. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 2.
Beißen.
(Wurzel bit, biz, biz; vgl. ſanſtr. bhid, lat. fiin)dere — ſpalten,
zertheilen.)
Beiße, biß, gebiffen, beißen (ahd. pizu, peiz, pizum&s, pi-
aner, pizan; mhd. bize, beiz, bizzen, gebizzen, bizen; goth.
Besten, altj. agi. bitan, altfrief. altn. bita, engl. bite, ſchwed. bita,
dän. bide, neuniederd. biten, neuniederf. bijten) 1) zwilchen die Zähne
foffen und durch Zufammendrüden derjelben verlegen; 2) einigen,
plagen; 3) eine jcharf zufammenziehende oder auch ftechende, judende,
brennende Emprindung am Körper verurjachen; 4). einen empfindlichen
Eindrud auf das Gemüth machen; 5) (Volfsfprache) heftig zanfen. —
(Der) in ein robes Salathaupt beißt. Göthe, Leben 3. B. Geiner
Geldbegierde wegen haben fie ind Gras gebiſſen.) Platen, Die
verhängnißvolle Gabel 4 Du iprichft doch nicht von Leuten, die ſich
vom Rauch gern beißen laffen? Leſſing, Emft und Fall 4 Ein
Argwohn, der ihn beißt. Wieland. Rüden Sie doch näher, ich
beiße ?) Sie ja nicht. Leipziger Aventurier 175 B. 1, 123.
Ab—, an—, (goth.andbeitan— jhelten, mhd.enbizen=anbeıßen,
verjuchen) auf —, aus —, be—, durch —, ein —, er—, fort—, berab--,
herum —, hinaus —, nach —, nieder —, über —, ver—, (S. 90) vor —,
weg —, zer—, zu—, zurüd—, zuſammenbeißen find klar. — Der
im ſelbes abpeis (abbiß) die zungen. A. v. Eyb im 15. J. An—
gebiſſen den Arm von wüthendem Hunger. Schiller, Räuber 5, 1.
Auch der Marſchall hat angebiſſen! Schiller, Fiesko 3, 8. Daß
wir manchmal eine harte Nuß aufzubeißen haben. J. Paul, Sie—
benfäs 2. Deine ausgebißnen Zähne verrathen dich. Leifing. Ich
muß ihn auszubeigen fuchen, denn er ift mir zu klug. Weiße.
(Das Noß) hut vor Schmerz die Stange durchgebiſſen. Wieland,
Oberon 4, A. Die fih wie Blutigel einbeißen. Schiller, Fiesfo
1, 9. Daß Siebenfäs haftig in Zitronen einbiß. 3. Paul, Sieben
1) Bon beißen gibt es ein früheres Factitiv ahd. arbeizen, mhd. erbeizen,
— feißen laffen, weiten, altn. beita; mit Nuslaffung des Objects: vom Pferd abs
Reigen, fpäter niederfinfen zur Erde, ohne Gebanfen an ein Pferd, z. B. dv ers
beift er zu ber Grden, Herr Saul, der Weigandt. Imgolft. Reim vun 1562.
Diefer Sinn fünnte in ter Rebensart: ins. Öras beißen, liegen. Da aber dat
Verbum bier nach ſtarker Conjug. gebraucht wird, fo ift der Sinn bloß —
iterhen, zur grasbedeckten Erde finken; gleichſam in das Gras beißen. — In beißen,
befleißgen etc. wechſelt ß mit ff gegen den frühern Sprachgebrauch.
2) Diefe Srmahnung Bloͤder zum Naͤherrücken findet fich ſchon mhb. ir möh
tent sitzen näher baz, min vrouwe: bizet iuwer niht! Iw. 2269.
826
kaͤs 2. Hat dich ein Thier erbifien? Opitz. Der Direktor bi
fih mit Schoppe herum. % Paul, Zitan 49. Wofür ein Zend
von Aergerniflen fle aus der Welt hinausgebiſſen. Voß, de
Dorfpfaffe. Ich war mit Ifegrim glücklich, er ein Schwein zu er-
jagen, es fchrie, wir biifen e8 nieder. Göthe, NReinefe Zuche 10,
352. Da er ſich aus Zorn die Nägel fchon verbijien. Günther.
Der fürftlihe Stolze verbeißet die grimmige Wuth. Göthe, Bal-
lade. Daß der fcharffinnige Prinz fi) in den myſtiſchen Sinn des
Mährchens fo recht verbifjen hat. Schiller, Briefm. mit Götbe 1,
274. Der unbefonnene Spieler zerbeißt und zerftampft die Karten.
Göthe, Goͤtz v. B. 2. (Sie) zerbiß und zerkratzt' ihm mit den Nägeln
Das Fell. Göthe, Reinefe Fuchs 11, 292. Der Dampf zerbeiße
Schlund und Magen. 3. Paul, Hefperus 1. Ich wollte die Zähne zn:
fammenbeißen. Göthe, Göß v. B. 4.
Anm. Luther (Bibelüherf. Apſtig. 10, 10) braudt anbeigen für Anbif,
Inbiß Holten: Als er bungerig ward, wollte er anbeiffen.
Beißkobl, —korb, —rübe, —zahn, —zange.
Beiß (mbd. biz), Hautausichlag von fleinen Bläschen, die ein
empfindliches Juden und Beißen verurfachen. Beißer«mbd. beizare =
beizender Jäger, Waidmann, |. beizen S. 827), einer der beißt; beißig
und biffig (nhd. bizie, mhd. bizec) gerne beißend; Gebeiß. — Vor
dem Beis weder Tag noch Nacht Ruhe haben. Belchreib. des Heilbr.
SHeilbrunnens 90. Bor Plutos jchwarzer Pforte bellt der größte
Bullenbeißer. Bürger, Menagerie der Götter, Zt jo beißig der
Hund? Voß, der'Riefenhügel 16. Flöhbeiſſig, Fiſchart, Gurgautua,
S. 87. Großbiſſig. Daſ. 89. Neidbifjig. Daſ. 337. Gebeißig
Thier. Lohenſtein. Cleopatra 3, 372. Als der bär beißige Schwager
in's Haus trat. Göthe Campagne in Frankreich, 6. Oct. Seiues
widerſprechenden, bittern, biſſigen Humors. Göthe, Leben 10. B.
Neben meinem Haus lag eines Jägers Hand an der Kette, eine ſo
biſſige Beſtie. Schiller, Räuber 1, 2. Mit Murren und Gebeiſſe.
Simpliciffinns 3, 24.
Biß (mhd. biz, altn. bit), 1) die Handlung des Beißens; 2) die
Spur, welde ein Bi zurückläßt; 3) (Jägerſprache) das Maul eimes
Fuchſes, Wolfes cc. — Davon der Ab-, An=, Imbiß (Volksſprache
Imbs, Ims, Immes, abd. impiz, mhd. imbiz). Das Gebiß
(früher auch bloß Biß) 1) Werkzeng zum Beißen; 2) das eiſerne Mund—
ſtück am Pferdezaum, auf welches die Pferde beißen (altr. hitill-Zaum).
Der Biſfen (ahd. pizzo, mhd. bizze), jo viel man auf einmal ab-
beißen und in den Mund nehmen fanıı ; ein wenig von eßbaren Dingen.
Bißchen (ungut Bischen, oberd. Bißlein), fehr wenig, ein Mein
wenig. — Reichte die fchädlihe Frucht einft Mutter Eva dem Gatten,
ah! vom thörichten Biß kränkelt Das gunze Geſchlecht. Göthe, Ver:
ſuchung. Mit dem vergiftenden Biß tödtet des Läſterers Zahn.
827
Schiller, Spaziergang. Der (Haje) faum jedem ein Stüd auf der
Gabel zum Anbiß zollete. Voß, der Abendichmaus 186. Ob ein
Saft fein Mahl ist, fondern eine Richt oder zwo als zu einem Anbiß
(Frühftüd). Krenner, Landtagsh. 16, 411. Iht wollt nicht zum
Nachtims bleiben? Göthe, Gög v. B. 2. Der bei dem nächtlichen
Im biß faß. Porker, Rudolph 3. Daß vor des Vaters Waidmanns-
gange den Morgenimbiß fie bereite. Redwitz, Amaranth. Ihr (der
Schlange) Geiferbiß. Klopftod, die Jacobiner. Ich ftellte ihm ihre
Gewiſſensbiſſe vor. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 8. Schon feh’ ich
deine Seele vom giftgen Schlangenbiß des Argwohns bluten. Schiller,
Don Karlos 1, 1. (Ein Tieger), der fein wüthendes Gebiß in Menſchen⸗
fleiich Haut. Schiller, Räuber 1, 2. Er entblöfte jebt das Ober-
gebiß durch ein eigenes Grinfen. 3. Paul. Daß er feinem mutwillen
ein Biſſz folt anlegen. Aventinus, Chronik 1580. Bl. 267. Eilig
legt’ er ihnen (den Pferden) darauf das blanke Gebiß an. Göthe,
Hermann und Dorothea 5, 135. Sonft haben wir manchen Biſſen
erichrangt. Göthe, Fauſt 1, 230, Noch hat er feinen Biſſen Brod
aus meiner Hand befommen. Leffing, Minna v. B. 1, 8. Kuchen,
friiche Milch und fonft mancher ländliche Leferbijien ward von uns.
begierig in Betracht gezogen. Göthe, Meiſters MWanderjahre 2, 12,
ur daß wir ein Bißchen flärer find, wie er. Göthe, Briefw. mit
Schiller 6, 4. ei
"Wenig (ahd. wenac, nah Grimm II, 290 aus weinac von ah.
weindn — weinen S. 386), urfpr. Drangfal erduldend, unglüdlich, beweinenss
werth; dann ärmlich, flein; fpäter nicht viel, gering an Maſſe oder Werth,
Begenfag zu viel. — Broden f. &. 71.
Beizen, auch baizen (früher beißen, ahd. beizjan, mhd.
beizen), 1) beißen maden, etwas Durch eine fcharfe Flüſſigkeit zer⸗
beißen, mürbe machen lafjen; 2) einen Hund, Falken ein Wild beißen
machen, auf das Wild heben; 3) (metonymiſch) ein Thier hetzen,
jagen; 4) (uneig.) erbittern, ergümen. Ab—, an—, auf—, aus —,
durch —, ein—, nah —, über—, ver—, zer—, zufammen-
beißen find klar, abernicht alle gleich im Gebraudye. Die Beize (ahd. beiza,
mhd. beize, altn. beita, engl. bait), 1) die Handlung des Beizens ; 2) das⸗
jenige, womit gebaizt wird, ein fcharfer Körper (auch Lockſpeiſe); 3) ber
jonderes Salz in den Salzwerken. — Bei Mäddhen, die durch Kiebes-
unglüd gebeizt find, wird ein Heirathsvorſchlag bald gar. Göthe,
Götz v. B. 3. Mit dem beizenden Sturm trägft du ihn hoch empor.
Göthe, Harzreiie im Winter. Mit beizendem Koth bejudelt. Göthe,
ital. Reife 9. Det. Einen ſchwarzgebeizten Gimpel. J. Paul,
Heiperus 3. Honiggebeigt, Weingebeigt. Fiſchart, Gargantua
©. %. 574. Ihr Herz hat eine Wunde, die ausgebeizt werden
muß. Adelung. Das Alles hilft igt nur dem Argwohn, der ihn beißt,
fi in fein wundes Herz noch tiefer einzubeizen. Wieland, Oberon
828
7, 17. Der Lew war gar erbaiffet, und fprang auff den künen
Mann. Scmeller v. 3. 1562. Dein Ich ift in der beißen ZThräne
des Lebens endlich zerbeißt. 3. Paul. — Euch jhügt vor Beiz
und Schuß fein Schlupf des Moors und Waldes. Voß, Junker Kor
19. Komm zur Zalkenbeize! Nedwig, Amaranth. Ihr Mann if
diefen Morgen auf die une gegangen. Shaklſpeare, 2
uitigen Weiber von Windjor 4,
Das finnverwandte ätzen f. ©. — —
Anm. In der früheren Sprache wird baißen, Birken; batzen geſchrieben.
Daher überbaißen (verbeißen), bei Aventinne überbößen. — Die Widerwär:
tigfeiten dieſes Lebens glüclicher überbaißen (verbeißen, ertragen) zu Eönnen.
Porziunfulatüchlein. In jhrem groffen Unfall haben fie (tie Römer) or Unglüd
mit harter Gewalt vberbößgt. Aventinus, Chronik 1580 Bi. 119.
Beizbrühe, —eifen, hund, —kraft, — kufe, — mittel, — ſtube,
—topf, —vogel, —wafler, —wolle, — wurz.
Bigeln, (wiederholt beißen, beſonders vom Wein, der auf der
Zunge fcharf ift, Dann von der Kälte und von Ruthenichlägen geſagt),
a mehr der Volksſprache an. — Die jcharff-beiffende und bitz⸗
ende Ruthe. Simpliciffimus 1, 4.
Bitter (goth. baitrs, ahd. piltar, mhd., engl., ſchwed., din.
bitter, altſ. bitiar, agſ. biter, altn. bitr — von bethenden Geſchmech
altn. beitr = fharf fchneidend) ftechend beißend jcharfen Gejchmades;
durchdringend ftechend beißend jchmerzlih oder empfindlidy; überhaupt
beißend fchmerzlich oder empfindlich; beißend empfindlich widerwürtig.
Bitterlih, Bitterfeit ahd. pittari, mhd. bitterkeit), bittern
(mhd. bittern) in Zufammenjegung mit an—, durch —, ein-,
er--, nah —, ver—. oß jo bittern Spott auf mid,
Leffing, Nathan d. W. 1, 1. er) mit faljcher Dienftbegier den
bittern “Pfeil Des tajchen te geihäftig weiter fendet. chiller,
Braut v. M. Bitterlich feufzen. Opig. In den füßeften Tran
miſchet das Schidjal feine Bitterkeit. Weiße Es bittert um
den ſchönſten Bilfen in der Schüflel. Kl. Schmidt. Es bittert
meine Schmerzen. Heydeiireih. Der Keld, durchbittert mit Wer⸗
muth. Schubert. Willft du dich in deinen Grimm wider einen Wurn
erbittern? Gryphius. Zeuch hinauff wider das Land, das alles
verbittert bat. Luther, Bibelüberſ. Jerem. 50, 21. Und iſt fein
Frewd uff Erden frey, Die nit mit leyd veibittert iv. ©. Sud.
Herb (ahd. erſt im 12, Jahrh. harw, mhd. herwe, älternhd. herwe,
herb; vgl. guth. hafrus, alff. heru, agf. höoru, altn. hiörr = Schwert,
nieberf. haren’— die Senfe fhärfen) ungugenehm empfindlich (gleichfam fcharf)
zufammenziehenv; tanhfharf empfindlich, mit. der Faͤrbung unangenehm
zufammenziehenden Weſens oder Cindruckes. Sauer (ahb. mbd. agf. sür,
altn. sürr, engl. sowr, sour, nieberf. suur; vgl. mhd. sjure, — Krägmilke,
am Körper bläschenartig ausfahrende Schärfe; auch gr. svoer = fort
ſchleppen, mißhandeln?) urſprünglich wol durchdringend ſcharf; dann von
829
fharfen, mehr oder minder zufammenziehendem Gefchmad; von Bährungs-
fchärfe durchdrungen; von fcharfer unfreundlich widriger Stimmung; empfind⸗
lich unangenehm befchwerlich. — Verſalzen (f. falzen) eigentlich zu viel
falzenz denn etwas, was Genuß geben fann und follte, widrig unangenehm
machen, beſonders wo Annehmlichkeit erwartet wurde. DBergällen (mhd.
vergellen, von ®alle ahd. k(g)alla, mbr, galle, altf. galla, agſ. göalla,
altn. gall, gr. zoAn, nad Pott aus fanffr. hari= grün, grüngelb) auf das
ſtaͤrkſte verbittern. — Der Name Mutter ift füß; aber Krau Mutter it wahrer
Honig mit Gitronenfaft! der herbe Titel zieht das ganze, der Empfindung
ſich Öffnende Herz wieder zufammen. Leffing, Hamburg. Dramaturgie 20.
Kein fv Herb Geſicht zu folcher Freudenbotfchaft. Schiller, Wallenfteins Tod
4,7. Dem Bürften macht ihr's Leben fauer, madt ihm alle Schritte ſchwer.
Schiller, Picevlomint 1, 4. Weun nur bem Hofflaate nichts Herbes bie
Trauer verfalzt! I. Paul, Titan 46. Wenn nun bald ihn Sättigung und
Gel von Lüſten zu Lüften treiben, fo vergälle vie Erinnerung, diefe Luft
wicht gehüßt zu haben, ihm den Genuß aller! Leifing, Emilie Galotti 5, 2.
Bitterbier, —böfe, —diftel, —erde, —feind, —holz, —kalk,
—flee, —kraut, —kreſſe, —ling, — ſalz, —falzerde, —johle, —ftein,
—wafler, —weide, — wein, —wurz u. a. — 68 war ein Winter:
abend, und wehte bitterfalt. Werthes. Bitterfüßes Wieder-
fehen! Bürde, Nur das thut mir fo bitterweh. Redwitz, Amaranth.
Befleißen.
(Wurzel fit, fliz, fliz.)
Befleiße, vefliß, befliffen, befleißen (ahd. f(v)iizu, f(v)Jleiz,
f(v)lizumes, f(v)lizaner, f(v)lizan; mhd. vlize, vleiz, vli zen,
gevlizzen, vlizen: agſ. flitan, mit antreibendem Beftreben & eiß)
und Sorgfalt thätig fein auf etwas hin. Minder edel ericheint das
abgeleitete befleißigen, fonft aber ganz im Sinne von befleißen. —
Doch euch des Schreibens ja befleißt! Göthe, Fauſt, 1, 97. Mit
Eifer hab’ ich mich der Studien befliſſen. Daf. 1,-39. Weit fie
fih nur beflig, ein Weib zu fein. Schiller, Maria Stuart 2, 9. —
Run fliß fich wieder Horand, daß er nie vorher jo wunderfam ge=
jungen. 8. Simrod, Gudrun 388, 2. Du fleißt allmal dep Haders
dich. H Sachs, die Kinder Eva 2. Act. Darauf dein Volk ſich
fleißt. Opitz, Viel Gut. Breslau 1629. ©. 9. Während fie mein
ift, fol fie meiner Gejchäfte fih fleißigen. Voß, Luile 2, 307.
Er habe ſich aber einer jehr jchönen Handfchrift, Des Rechnens und
der neuem Spraden befleißigt. Göthe, Leben 5. B. — Eine feiner
Forschungen und Befleißigungen war die Sceidefunft. Campe.
Streben (S. 611) ſich zerarbeiten; ringen une dringen nad etwas
bin. Trachten f. © 721. Sich bemühen (f. mühen ©. 633) mit
befchwerender (und abfpannenter) Kraftanfirengung " thätig fein. Sih bes
eifern (von Eifer | &, 758) mit Hige des Gemüthes thätig fein, mit
830
leidenfchafllicher Kraftanwendung thätig fein auf etwas bin. — Der Raid
foll immer freben zum Beflern. Goͤthe, Hermann und Dorothea 5, 6.
(Er) trachtete in allerlei Thorheiten und Berwegenheiten ſich bervorzufben,
Böthe, Meiſters Wanderj. 1, 6. Er bemühte ih aufridtig-um ein liebent⸗
würdiges Weib. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 5. Niemand wird ſich beei’
fern, ihre Zufriedenheit zu vermehren... Knigge.
Fleiß (ahd. fliz, mhd. vliz, holländ. viyt, ſchwed. flit, Dän. flid,
agf. flit, engl. flit) große Thätigleit mit eifrigem Beſtreben und Sorg-
falt auf die Sache; fleißig (ahd. flizie, mhd. vlizec j. ©. 667) Flak
befigend; befliſſen (won befleißen), Zleiß auf etwas wendend;
Befliſſenheit; gefliifen (vom veralteten gefleißen), Fleiß wirklich
ausübend in der Richtung auf etwas hin; gefliijentiid — ine
Art, daß Fleiß auf etwas ausgeübt wird, abfihtlih; Gefliſſenheit. —
Im Fleiß kann did) die Biene meiftern. Schiller, Die Künftler. Aller
Kunftfleiß war aus Sparta verbannt. Schiller, Lykurg. Sie rımdete
die Hand der Xiebe mit Meifterfleiß. Kl. Schmidt. (Er hatte)
fleißigen und forgfältigen Anbauern die jungen Stämme wmjeuf..
überlaflen. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 4 Wann werden wir je
fleißig wieder ipielen? Leifing, Nathan d. W. 2, 1. Deffen tren-
fleißiger Arbeit... ganz unerwartet eine liebenswürdige Aufmerfjamfett
zu Theil ward. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 4. Wie abgemeflen
mir auszubeugen Ihr befliijen ware. Daſ. 5, 5. Mar Jakobi
war in meiner Nähe als der Medicin Befliijener in Jena. Görke,
Zag- und Jahreshefte 1794. Wenn fi) bald dieſe oder jene Kunf-
und Wiſſenſchaftsbefliſſenen befchweren. Göthe, Windelmann 1,7.
Endlih riefen fie einen gan jungen Krititbefliffenen zu Hülke.
Klopftod, Gelehrtenrepubli. Aus feiner heutigen Befliſſenheit.
3. Paul, Heſperus 0. In Erwiederung dagegen wuchs die Dienfs
beflijfenheit Dttiliend mit jedem Tage. Göthe, Wahlverwandt:
fchaften 1, 6. Denn auf dein. Recht und feinen guten Grund vera
ih mich und bin darnach geflijien. Opitz. Denn fie werben Geld
und find geuliſſen drauff. Luther, Bibelüberf. Bar. 3, 18. Wenns
nicht geflißne Schelmenftreiche find. Shafjpeare, Sommernadtötraum
3, 2. Ich zielte nicht geflifien. Rüdert, gel. Gedichte 4, 3%.
Daß ich ein früher unfcheinbares und überſehenes vaterländiiches Ele
ment le und zu feftigen gefliſſen gewefen bin. 3. Grimm,
Grammatit 3. A. Borrede XIV. Dein Dank-gefliſſen Herz. Weib
mann, Poefle der Niederjachien 1, 213. Das iſt's, was ich mit ge:
fliffentlicher Vermeidung aller theologiſchen Syſtemſprache mit größter
Wahrheit fagen kann. Göthe, Meilters Lehrj. 6. Zum Beweis, daß
id von feinem Undanf weiß, will ich für die Geflifienheit end aus
Gefahr und Dunkelheit binführen. Soltau.
Genau (mhd. genouwe, eines Stammes mit Roth ©. 378) allen au
zelnen Theilen oder Uufländen nach völlig übereinftimmend und ſongch rictig-
831
Gorrect (lat. correctus, v. oorrigere — verbeflern) bis in das Kleinfte
fehlerfrei.” Die andern Eynonymen f. ©. 667. — Und alles Hilv ich "nach
genau Schiller, Glocke.
Seifen.
(Wurzel vrit, rit; vol. lat. ir-rit-are = anreizen.)
Heiße, a gerifien, reißen (ahd. rizu, reiz, rigumés, riza-
ner, rizan; mhd. rize, reiz, rizzen, gerizzen, rizen) 1) zunadhft
. eingrabend oder eintigend jchreiben, wie es die Alten mit dem Griffel
auf ihren Wachstafeln thaten; 2) überhaupt fchreiben (altſ. writan,
agſ. vritan, altn. rita, engl. write, altfrief. writa; goth. vrits —
Punct, Strich, Buchſtab); 3) auf einer Fläche etwas nur in feinen
Zügen entwerfen, bejonders in bloßen Umfangslinien; 4) auf einmal,
unvermuthet vorbringen, nur in befondern Redensarten: Reime, Poſſen,
Zoten; 5) aus feitem Zuſammenhang von einander fi) geben; 6) mit
ihneller Gewalt aus feitem Zufammenhang trennen (ahd. in allen Bed.
rizan, mhd. rizen, altj. writan; altn. reita — abreißen); 7) mit
ſchneller Gewalt von feinem Ort bewegen; 8) ſich um etwas reißen,
fi jehr um etwas bemühen. — Ir folt fein Mal an eurem Leibe
reiſſen. Luther, Bibelüberſ. 3. Mol. 19, 8. Daß man, wegen der
nahen Verwandtichaft, eben fo gut Suiten reißen fagt, als Poſſen
reißen. Göthe, Leben 7.B. Was haben die Herren vom Regiment
fi) um das niedlihe Lärohen geriffen! Schiller, Wallenſteins Lager
5. Damalen galt es, Böhmen aus des Feinde Hand zu reißen.
Schiller, Piccolomini 1, 2. Der viele Geichäfte jeßo macht und
teißende. Platen, die verhängnißvolle Gabel 1. Durch das Ge-
rauch reißt fih das Roß mit ſtarkem Ungeſtüm. Weiße,
Zeichnen (ſ. zeihen) etwas wodurch fenubar machen, etwas auf einer
Flaͤche in Linien darftellen, und zwar in ausgeführterer Daritellung. Malen
(mahblen ah. mälen, mälön, mhb-mälen, goth. gameljan, von Mal S. 736)
zunächſt etwas auf einer Bläche umftändlich, ausbildend darftellen; dann durch ober
in Barbengebung (auch In Rede und Schrift) darſtellen. Schildern (von Schild
goth. skildus,? ahd. scild(t), mhr. schilt, altf. seild, agf. scild, so&old, altn.
skiöldr überall maännlich; vgl. gr. oxvlov = Bell, ausgezugene Waffenrüſt⸗
ung) von Barbenbezeichnung auf dem Schild hergenommen, if bier übers
haupt Fignren durch Auftragung von Farben varftellen; ſonſt in Gigenthüm⸗
lichkeit ausgeführt nach Farbe, Licht und Schatten (in Rebe und Schrift)
darftellen. — Ih wußte, daß der Heil’ge, teilen Leben oben gezeichnet
war, mein Pathe fei. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 2. Sieh, Ich will bir
gleich ein Bildchen mahlen. Göthe, Amor als Landſchaftsmahler. In Frans
fem Berfall des Körpers, in blühender Geſundheit des Geiſtes, war fle ges
ſchilvert. Böthe, Meifterse Wander. 1, 6. Gr will damit die Glüdfeligfeit
des gefegneten Bauern-Standes vorſchil den und abbilven. Simpliciſſimus 1,2-
832
Ad —, an—, anf—, aus —, daher —, dahin —, durch —, ein—,
ent —, entzwei—, fort —, her—, herab —, heran—, berauf-,
en, herein —, berüber—, herum —, hernuter —, berver-,
erzu —, hin —, binab—, hinan —, hinauf —, hinaus — hindurch-,
hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —, los —, mit—,
nach —, nieder—, über —, um —, umher —, ver —, vor--, voran-,
voraus —, vorbei—, vorüber —, zer —, zu —, zurüd—, zuſammen
reißen find Mar. — (Daß ih ihm) die Ohren abreißen würde.
Göthe, Leben 2. B. Ich riß ihr armes Häuschen ab. Weiße. (Bus
du) an Briefen oder abgerijjenen Koncepten bei dir führft. Scil⸗
‚Ier, Don Karlos 4, 5. Meine Freunde, bei denen ich jonft nur ab-
erifiene Beſuche machen konnte. Göthe, Meifters we 6. Große
ichter würd’ ich auf Brautfüchen abreißen in eingelegtem. Bild-
werk. J. Paul, Heiperus 17. Soviel bedurfte e8 faum, um einen
jungen Ritter anzureißen (Drudfehler für anteizen?). Göthe, Leben
10.8. Alle feine alten Wunden waren wieder aufgeriſſen. Göthe,
Meifters Lehrj. 2, 8. Er faßte abermals ein Paar Hefte au, riß fe
auf und warf fie in's Feuer. Daf. 2, 2, Ach folle ihm einen Her
fules machen, der dem Löwen den Rachen aufreißt. Göthe, Be
venuto Gellini 1, 8 So reißt ein ſchwarzes Zeljentbor fih auf,
Schiller, Tel 5, 2. Und ftemmte dann auf feine Bruft den Fuß umd
riß die Eichenlanze wieder aus. Bürger, Ilias. Die Einbildung
fpornt jeine Triebe, wie Roffe reißen fie nus. Kleiſt. Wenn dab
Holz im Spalten ausreißen will, jo willen es die Böttcher jo zu
ſchlagen, daß der Riß wieder hineingehet. Adelung. Bon einem Strom
Dahingeriifen. Göthe, Eugenie 1, 5. Deuft ihr wohl gar wit
den Waffen noch dDurchzureigen? Sciller, Räuber 2, 3. Der
fühne Riefengeift wird unſrer Staatöfunft Linien durchreißen. Sc:
ler, Don Karlos 2, 10. Wer am meiften über die einreißende
Peſt der Polizeiverbeflerungen fehreit. Schiller, Räuber 1, 3. Reit
die Mauern ein! Schiller, Tell 5, 1. Des großen Karlens Knecht
ift die Geduld entriffen. Hoffmannswaldan. Das Geheimniß, daß
du vor mir verbirgft, entreißt mir meines. Schiller, Piccolomini 3, 1.
Hurtiger fönnen, gemöhnt des Lenkenden, jen’ (die Pferde) uns eut-
“ reißen auf dem gebognen Geſchirr. Voß. Sie entriß fic) jegt dem
Gedränge. Klopftod. Und der Faden riß entzwei. Göthe, die Spo⸗
nerin. Beide wurden vom Strom gewaltſam fortgerifien. Ge
Wahlv. 2, 10. Sid) von der Gewalt der Beilpiele zu fatfchen Ab
fprächen fortreißen laffen. Gellert. (Ich) riß Ranke nad Rauken
herab. Göthe, Amyntas. Er (Ehriftus) riß aus Trug und Wahe
und aus der Erde Lirten das bingetäufchte Boll herauf. Tedp.
Urania 9. Ans was für ar er Lehrvorträgen fie dumasd
berausgeriffen worden. Göthe, Wahlv. 2, 7. Daß im Bi
der‘ Fluß fi herumriß. Voß, Ddvflee 5, 314. An’s Licht auf
—
— — — * Goͤthe, Eugene 1, 5. Gewaltſam {onen
reißt Zerſtoͤrung ‚oft durch Höllenqualen .in. die Ruhe hin, D
Ötefe 'geheinmißvotle :Tuigend hatte mich dergeſtalt zur Besundering.
bingexiifen. Göthe, .2eben.4. B. Nifr- da Mofes, dic) bat, in
ihre Tiefen die Erde Korah Iebend und Dathau hinab, Klopſtock,
Meifins 4,330. ‚Hinweggeriifen hatte fie der. Strom des Volks.
Schiller, Jungfrau” v. DO. Prolog 3. .Bon ihre‘ Kaifer Eoßgerifien.. -
Stiller, Biccolomini 1,.3. (Der Geift) reißet gewaltig, wie Winz .
beswehen, auch den unterften Reiter. mit. Schiller, Wallenſteins Lager
6. Wenn wir verderben, reißen wir ſie nach. Schiller, Maria Stuart
2,8 Reißt es (das Haus) nieder!. Schiller, . Zell 5,1. : Die
I Fiuten reißen über. — der untreue Knabe. -Du haft ein Ge=
bäude umgeriffen. Schiller, Fiesfo 2, 13. Der den Ader mit
Ocien umreißt. Göthe, Meijters Wander. 1,2. &8-enthielt zwar
meiſt hur umtiſſ ſene Figuren. Goͤthe, Wahlv. 2, 2. In Calais
ſtahlen ſie ein Stück verrifſenes Leunenzeug. Shafefpeare, K. Hein⸗
ih V. 3, 2. Bis dieſer · die Vorhänge vorriß. J. Paul, Titan 37.
Zertifp mir die Seele ‚ein Jammerton. Schiller, Wallenfteins Lager
11. Sieh, es zerriß:. „der nebgrangpen Blende Vorhang. Klop-
fol, -Meifios-11, 49.
Anm. Die Participien — noch andere — —— —— B. Jot⸗
tenreiffend. Fiſchart, Gargantua ©. 89. Gin. ———— Gebrüulle.
Goͤthe, das Kind mit dem Löwen.
Heißer, Reißung, reißlich; Ab— *
J —— is atom mbD. r! ‚altn.
rit = Schrift), Ab —, Auf—, Durch —, Einriß u. a; ri 0. —
Waren fie — Lebensfadenreißerinnen. Logau, Sinn-
ged. 448." Die toben Späße und en Wige der Poifen-
teißer bringen. alfe zu heftigem Lachen. .Hailbronner , "Kaito.
Eine“ gemeinſhaftlich genoffene Jugend⸗ er umereelänges Band. -
Rovalts, Heinrich von Ofterdingen 1, 9. — Zerreißen ſoll das. Band
der alten Liebe, wicht fanft fi Be und.du wilft-den Riß, den
ſchmerzlichen mjr fchmierzlicher noch machen! Schiller, Wallenfteins Tod
3, 3. Durch den Riß nur der Wolken erblidt er die Welt. Schil⸗
| ler, Zell 1,-1. Da rewet es das vol vber Benjamin, das der Herr‘
em Riſs gemacht hatte in den Stemmen Sfraef: Luther, Bibelüberf.
Hichter 21, 15. Der Riß zum 'neuen. Theater ift. nun Beftimmt.
Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 235. Einige fhöne Gypsabrijfe
antiker Köpfe. Göthe, Leben 13:8. Dein Geficht enthält den Ab—
riß aller Ehr’ und Biederfeit. Shakeſpeare, K. Heinrich VI. 2. Thl.
3, 1. Er verfertigte Grundriß, Auftiß. md Durchſchuitt des
Haufes, Göthe, Leben 11. 3. Ein tiefer Einriß flürmender Wuld-
waſſer trennte den — Meyer: Er (der Architect) hielt ſich an ſeine
Umriſſe. Göthe, Wahlv. 2, 3. Gewiß, wer uns us Bild dieſes
834
Mannes, nicht nur einen Shsiteninin an der Wand, ——
im lebenden. Bilde zeigen will. Herder. Zwanzigmal entwarf fie den
‚Karton und den Borrif der Haube 9: Beil, Siebenkäs 6: Durch
wilden Bergesriß. Göthe, zu meinen Handzeihnungen V, Ein
Regenftrom aus Zelfenrijfen, er fommt.mit Donners Ungeftüm.
Schiller, Macht des Geſangs. Ein Schattenriß, mit Perlen eingefaßt
Schiller, Din Karlos 4,13. Bei einer Ziegelhütte geht ein Waſſerriß
hinunter. Göthe, ital. Reife Bologua 20. Det. Bas arme Vich hat
fih am Widerriß!) gedrudt. Shafefpeare, K. Heihrih IV. Thl. 2, 1.
Poſſenmacher (ſ. Boffe ©. 385) beläftigt durch närrifches, laͤcherliches
Bebärdenfpiel und aud durch Wipe, die an das Miebrigkomifche Areifen. —
‚Boffenreiger.ift nur ein ſtärkerer Ansdruck. Spaßvogel.auch Spaß⸗
macher (von Spaß, aus ital. spasso — Luſt, Zeitvertreib) ein in laͤcher⸗
liche Scherze ſich auslaſſender, munterer, beweglicher Menſch, oft mit dem Ne⸗
benbegriffe des Neckiſchen. Luſtigmacher (ſ. Luft ©. 340) überhaupt, wer
Fertigkeit Hat, Andere abſichtlich durch fein Thun lachen zu machen. Hans:
wur (von Wurf (ahd. mhdo. wurst, vielleicht eine mit goth. vaurstvr =
Gewirktes, Gewordenes) Lieblingsſpeiſe tes Bolfes, wie engl. Jack Puddingunt
Pickiherring, ſchwed. Pickelhering, fran;.. Jean Patage) ift eigentlich ber
niebrigfomifche Luftigmacher des deutſchen Luſtſpiels; dann überhaupt ber nie:
drige Spaßmacher. Harlefin (franz. harlequin, arlequin, aus ital. arle-
chino) iR eigentlich die volfsthümliche Charaktermaske des einfältigen toölpiſchen
bänerifhen Spaßmachers im ital. Euftfpiel; dann überhaupt die einfältig uaiv
witzige Berfon in demſelben; bei ung gewoͤhnlich überhaupt der naartiſche a:
ſtigmacher. — Wenn er der. unerfchöpflichfte Spaßvogel unter der Genre
wäre. Leſſing, Antigoeze 2. Der Spaß verliert Alles, wenn ber Spa ßma⸗
her ſelber lacht. Schiller, Flescko 1, 7. Er hätte von Zeit zu Zeit einen
armen Teufel von Lufigmader ein Goldſtäck gegeben. Goͤthe, Namens
Reffe. Da fie (die luſtige Perſon) ſich bereits von der Derbheit des heitichen
— Gauswurſts .gegen bie Wieblichfeit; und - Zierlichfeit ber italieniſchen und
| rauen Sarlefine gewendet hatte. Göthe, Keben 13. 2.
„ —blei,. —eiten, —bafen, —famm, —fer Milch⸗
ſchwamm), able —fatte, —lod), — maß, —meffer, — nagel, — ſchiene,
—ſtift, — zeug, —zirfel u.a. — Ste nahmen Reiß aus. Göthe, Keben
1.8. Der nimmt ja gewaltigen Reißaus. Platen, die verhängnißvolle
Gabel 4. Der Zeichner am Reißbret. Göthe, Meifters Wanderj. 2,9.
Hinter ihr brachte man, eine große jchwarze Tafel und in einer goldenen
a ein wohl 3 ee Stud Kreide. Goöthe, Wahlv. 2,4.
Ritz, der, und di e (eine ſchwaͤchere Form neben Riß, wmbD.
ritze) die jchmale Trennung zwiſchen Theilen eines Körpers; ber. Rip
ift aud) ein leicht eingehender Streifen auf etwas hin von einem ſpitzen
Werkzeuge. NRigen (ahd. rizzan, rizzon. mhd. ritzen) Ritze machen.
2) Das erhofene Theil am Halfe der Pferde, zwiſchen der Mähne und Schal⸗
ter, fonft Rift, Widerriſt, res ——
J
— — —
1. AN AUF 1. QU8—, Burd—..ein—., hinab —,
nach —, vor —, zerrigen. — Daß ein: leichter Rib- den Prinz
von Wales vertrieb’ aus einem Feld. Shakeſpeare, K. Heinrid IV.
1. Thl. 5, 4. Doch wußte fie auch fröhlich die Nofe, zu pflücken,
welhe ihr am Wege und in Felsritzen blühte. Benzel- Sternan.
Durchkriechen alle. Zelfenrigen. Wieland. Auch gelangte ich glüd-
lid) zu einer Steinrige. Göthe, Meiſters Wuiderj. 3,5. — Des
faliheh Kraͤnzes verborgene “Dorner tigen deine -Hand. : Söthe, Eu—
enie 1, 6. Oft Hat ein Götterjohn den feuerichwangern Bauch der
lien aufgerigt. Schiller, Semele 2. Ein ausgerigter Guß—
ein. Lhigenannter. bei Campe. Der Scheibe rigeit du Lug nur
ein. J. Minding, Ueberf. v. Tegnera Zrithiofiage. . Ein Grübchen
ward hinabgerigt. Göthe," Kauft 2, 305. Die Dornenfrone von
‚einer zerrigten Stimme J Paul, Heipetus' 9. u,
Die Spalte und der Spalt if. fpalten) gewaltfam auseinander. ge⸗
hende Rängentrennung zwifgen Konpertheilen. Kluft ſ. S. 10. Schramme
(alta. skräma) Ritz auf der Oberfläche eines Dinges; dann die lange Streif⸗
wunde, welche durch Aufritzen mit einem ſpitzen Werkzeuge entſtanden iſt, auch
das hiervon zurückbleibende Wundenmal. Klinſe (auch Klünſe, Klunſe
Klinze, mhd. klunse, klinse, klimse) wird in manchen Gegenden für Ritz
gebraucht. — Plöglich aus der Felſen ſpalte tritt der Geiſt. Schiller, Alpen⸗
jäger. Berflopft die Klingen, daß nur oben Bleibt ein Spalt, wo der Mond
hindurch darf-blinzen. Rüdert, gef. Ged. 6, 11. Davon überzeugt mid) doppelt
biefe Schramme, die.ihm Bier die Augenbraune fpaltet. Göthe, Iphigenie 5,6, °
Nigeifen, —feder, —meffer, — werk, —wunde, —mulz.
Reiz (I. & 24), Liebreiz; reizen (ah. reizjan, mhd. reizen)
einen ſinnlichen Eindruck hervorbringen; einen jolden nach etwas er—
regen; an —, auf —, er —, Überreizen; Reizung ıft innere wie
äußere Ihrregung zu. einem Streben. nacı. etwas: — Gießt aus dem’
heiligen Salbhörn Liebreiz herrlich umher. Göthe, Adyilleis. Noch.
bläyit du im Sugendreiz: Benzel-Sternan. Das gute Mädchen
arm an Gold und Sinnenreiz. Bürde. — Vieles reizt mich bier,
ich will's nicht Teugnen, mich veizt Die bunte, friegeriiche Bühne, bie
vielfah mir ein liebes Bild erneuert. Schiller, Piccolomini 3, 4
Sie haben alle einen- eigenen und dabei durchaus fo hübſch häuslichen
Charakter, Daß fie dadurch reizen und anziehen. Schiller, Briefw,
mit Göthe 5, 267. Für alle Seelen reizender Gewinn! Göthe,
Eugenie 1, 6. Da fi) der Gejang wie ein Genius gen Himmel hebt
und das beſſere Ich in uns ihn zu begleiten anreizt. Götbe, Meifters
Lehrjabre 2, 11. Daß Uebermaß von Wein ihn angereizt. Shafe-
ipeare, 8. Heinrich V. 2, 2. Ach fie reizen Dich zu jenem Ziel un—
widerfiehlih auf, Göthe, Eugenie 2, 5. Vmb alle die reigunge
willen, damit jn Manaffe erreiget hatte. Luther, Bibelüberf. 2.
Kön. 23, 26. Ueberreizt man die Kräfte der Kindheit und Ju—
55%
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gend, was: ift ſpaͤter die Folge? BenzeleSternau. ¶Es fann). tägfih.
Sehn an ihr nicht ſtumpfen die immer neue Reizumg.- —2
Antonius .und Cleopatra ,%. - - - : FT
Die Eyn. von Reiz und reizend ſ. S. 18 (wo reigend vergefien iR) u
4; loden S. 342. — Antrieb (i. treiben) und Triepfeder find mimr
ſtark als Reizung. - — a © Zu
Neizbar, .— fähig, —ſucht u. a. — Gebrechliches und reizba-
res Alter. Shakſpéare, K. Kear”t, "1: Denn audı. die Werke der
Muſen waren. ohne ſie (die Grazien) ungefatig und reizlos. Herder.
Dort' erſcheinen ſie als wahre Zierden ded Ganzen ünd ale Reiz:
mittel in jedem Augenblick einer Stodnng:: Göthe, Meiſt. Wander.
3; 10. Reizvoll Elinget des Ruhnis lockender Silberton in das
fhlagende Herz. Klopſtock, der Zürcherſe.
— Scheiften: .·
| | 0.0. Wurzel skit, sciz.) , . ..
.. Scheiße; ſchiß, geſchiſſen, ſcheißen -Cahd. sclzu, sceiz, sh
zum&s, scizaner,. scizan; mhd: schize, scheiz, schizzen, ge
schizzen, . schizen; agj. scitan, engl. shite, altıı. skita, fchwed,
skita,, altfranz. eschiter, neufranz. chier; vgl; gr. X&eır) ‚den Koth
aus den Gedärmen von ſich geben, ein nur der niedern Volklsſprache
angehöriger Ausdrud. Ab —, an—, anf, aus—, be—, vericeißen.
Scheißig; Dachfcheißerl heißt in der füddeutfchen. Volksſprache Die
Taube; die Scheiß, Scheißen (ahd. scizzata; agſ. skitta) Durchfall;
Sheißel auch Schiſſer (unanjehnlidyer, fraftlofer Menfdı;-Shis;
Beſchiß (Betrug); Verſchiß (Verruf, Studentenausdrud). — Die rd
miſchen Hauptleut beſchiſſen jre Knecht hübichlich mit Finanzen.- Aven-
tinus, Chronit 272. Aljo hette ich Deu guten Handel, den geineinem Sprid-
wort nad, auff einmal verderbt und verſchiſſen. Simplieiffünus 1, 27.
Scheiſſer. Simpliciſſinus 1;8. Plackſcheiſſer. Daf. 1,16. De
Plackſcheißerei abzuwarten. Daſ. 1, 1. Wie er bat lang ber von
viel jaren groſſe befcheifjereny getrieben. H. Sache. Beſchiß tregt
‚nicht für.. Seb. Zrauf. Ergvilfraßlappfcheifig. Fiſchart, Gargan-
tun ©. 3. Da mander die Scheiß und Ruhr an den Half ges
freſſen. Phil. von Sittewald 6. Geſicht.
Scheißfalke, — haus, — kraut, —Iorbeer, —melde, —rübe, — wur,
BGleißen. i)
J (Wurzel g(X)lit, glig.)
Gleiße, gliß, gegliſſen, aleißen (ahd. kligu, kleiz, klizumes,
kliganér, klizan; mhd. glize, gleiz, glizzen, geglizzer, glizen;
1) Meigaud N. 2148 Anm. zeigt,. daß ih im nhd. gleißen zwei Baba
vermilcht Haben: das ahd. kligan S gleißen, glänzen, woher gligern (ſ. S. 185)
837
altn. glita, altf. glitan, ſcwed. glitira, engl. glitter, glister; goth.
| litmunjan == blendendes Licht von fi) werfen) 1) augenbiendenden
in von ſich werfen (j. S. 185); 2) augenblendenden Schein ha-
ben, der leer ift: und über das Wirfliche täuſcht; 3) (veraltet) fich
verſtellen, als thue man etwas, was doch nicht iſt; 4) einen guten
Schein annehmen, um zu täufchen, beſonders in übler Abſicht. — Wie
doch der Schelm fo viel verheißt, und mur verleiht, was gofden gleißt!
Göthe, Fauſt 2, 46. Laßt ihr nur darum ew’ge Baue gleißen,
um fehnefl diejelben. wieder einzureißen? Kleiſt. Es hafte hicht des
Menſchen Geift an eitlem Gute, das nur gleißt! ‚Voß. Neujahrs⸗
lied. Vnd wenn du dich gleich mit Laugen wuͤhſcheſt, ſo gleifſet
doch deine Vntugent deſte Mich für mir. Luther, Bibelüberſ. Jer. 2,
22. Das von füber,. ‚god und ftahl gließ. ‚Hoffmannswaldauifche Ged.
4, 174. Und. zeige dann in jedem Falle fi (dein Geift) gleich dem
edeliten Metalle, das glänzt-und niemals gleißt. Blumauer. Schön-
heit, die fein gleißender Lug befledt. Lo; der deutiche Geſang. —
Die Volksſprache Iagt: Außen begliſſen, innen befchiflen.
Derftellen fih (f. ſtellen ©. 28) ſich anders. geben, als die Wirklichkeit
it, um dieſe dahinter in gewiſſer (übler oder guter) Abficht zu verbergen.
Heudeln (nieberb, hücheln, ſchwed. hyckla, Yän. hykle, fehlt ahd. unb
mhd., ſtammt vermuthli von hauchen, mh. hüchen, einer Nebenform von
goth. kükjan, ahd. küchen — küſſen) allgemein einen Scyein äußerlich ans
nehmen, um fih angenehm, gefällig zu machen und ben Andern für fich zu
gewinnen; dann als angenommenen Schein äußerlich zur Wahrnehmung geben,
mas dem Wahrnehmenden wohltäut, angenehm, gefällig ift, ihn einnimmt.
Schmeidyeln (ſpäter mhd. smayheln, smeichlen, von dem gebräuchlichen mhd.
- smeichen) durch Glattthun und gefälliges Bezeigen, Zuthunlichfeit angenehm
auf ein Weſen wirken; im Befondern (im guten, öfter im übeln Sinne) auf
dieſe Weife Iemanden für ſich einzunehmen ‚ vber feine Gunſt zu gewinnen ſu⸗
hen. — Müffen fid; auch noch Teufel in’ ihren Freund verftellen? Leffing,
Emilie Balotti 5, 8. Befiehlt mir gleidy die Klugheit und bie Pflicht, die ich
dem Reich, dem Kaifer ſchuldig bin, daß fd) mein wahres Herz ‚vor. ihm (Bal:
leuſtein) verberge, ein falſches hab! ich niemals ihm geheuchelt! Schiller,
Piccolomini 1, 3 Hierbei Fonnte ich dem —— mit der Wahrheit
fhmeicheln. Bötbe, itgl. Reife Meffiua .13.
Gleiße, auch Gleiß (mhd. gliz), —ã (abo, kilthhisäre, mhd.
gelichessere, glicheszere, glichser, gelichsenære, glichsensere, älter-
ud. Gleychßner, Glychner, Gleichßner), Gleißnerei,.gleiß-
neriſch. — Mag er die That. durch Gleiße beſchönigen. Voß Auf⸗
beiterung. Armſel'ge Gleißner,; wie veracht' ich euch, die an euch :
ſelbſt fo wie die Belt befügt! Schiller, Jungfrau v. O. 2, 2. Ma ag
und das voliere kalmhison inhd gelichsen ; glſehsen, alternhd. ke
- Seichsnen,.. en, gleißen, gleyBnen -— ‚glei u u er au
u se. an 3 Anderer wäre ne simiulare), : res
-
I}
888
Hof * Stadt ganz Lüge fein nnd Gleißnerei. Shakſpeare, Corio⸗
Im 1, 9
‚9.
Glitzen, Glitzern ſ. S.185; Glitz (ahd. kliz, mhd. gliz, altu
letta). — Roßnaßgligend, ſchmutzglitzend. Fiſchatt, Gargantua
. 115. 221. Da leuchtet jr gefchmeide gleich als der fonnen glitz.
Reime v. 1562. — Und welch ein zierliches Gewand fließt dir von
Schultern zu den Soden, mit Purpurſaum und Gligertand! Göthe,
Zunft 2, 43.
(Wurzel slit, sliz.)
Schleiße, ſchliß, geſchliſſen, ſchleißen (ahd. slizu, sleiz,
elizumes, sliganér, sligan; mhd. siize, sleiz,.slizzen, geslizzen,
slizen; agj. slitan, altn. slita, engl. slit, ſchwed. slıta) 1) fpalten,
ven, abgenügt werden; 2) fyalten, reißen machen (ahd. sleizan,
mhd. sleizen ſchwach); 3) (veraltet) zubringen.eine Zeit, zu Ende bringen,
andy zu Ende geben; 4) (veraltet) verlaffen, fly entfernen; 5) ab«
ftreifen, abrupfen: Federn. — Berfchleißen 1) durch den Gebrauch ab-
genügt werden; 2) durdy den Gebrauch abnützen; 3) zubrimgen; 4)
ablaffen an Kaufende, anbringen. Ab —, auf —, zerſchleißen. — Sem
Leben verzeren und ſchleißen. Schneller 3, 458. Ja ift mein not ned)
nicht geflizzen. Daſ. Nun war auch dieſe Frift dahin geſchkiſſen. Mir
chaeler. Wir mußten Haus und Hof ſchleißen. Scheuchzer. Drev Pfund
Gansfedern follen geſchliſſener ein Pfund ausmachen. Schmeller 3,
459. — Wen weg (welchen Weg) er Ichleiffen (geben) mag. Fr. v. Spee.
Offt habens (die Bienen) abgeſchliſſen wol halbe flügel zart. At.
v. Spee. Das Thürmlein auf dem Gfofter ward abgeſchliſſen.
Bluntſchli. Die breiten Ohren tief zerriffen, vom Wolfszahn grimmig
aufgeichliffen. Kinfel, Otto d. Sch. 2. Alles Fleiß verſchleißt
wie ein Kleid. Xuther, Bibelüberf.. Sir. 14, 18. Sobald der (Man:
tel) ganz und gar verſchliſſen, weder Stih noch Fetzen länger
halten will. Leſſing, Nathan d. WB. 2, 5. Die beide Ir Läben in
Künfchheit (Keuſchheit) und Reinigkeit verfchliffen habend. Tſchnudi
Il, 16. Ein zerſchliſſenes Kleid. Simpliciſſimus 5, 22. Er but
feine = im Lernen verjchliffen. Voc. v. 1618. ,
chleiße (mhd. slize) 1) geipaltener dünner Holzfpan, Der in
manchen Gegenden jtatt des Lichtes dient; 2) abgetragenes Kleidungs-
ſtück (auch Charpie); ſchleiß, ſchleißig — abgenugt, Schleißen-
baum, —kiefer, —ftamnı, —ſtock; Schleißfeder, — fohre, ar,
‚—ftein, —zwiebel. — Nimmft ein Leinwand, oft weiß, oft fchlei
*
Bucher, Kinderlehre 1781 S. 15.
Schlitz der, auch die Schlitze (ahd. mhd. sliz, altn, slit) über-
— eine. lange ſchmale Deffuung; ſchlitzen, ſchlitzig. — Sie (ie
Band) ſei durch einen SchLig vecht Durch und durch gefpalten. Shale⸗
839
fpeare, Sommernachtstraum 5, 1. I will ihnen mit -meinen Zan-
em den Bauch ſchlitzen. Schiller, Raͤuber 2, 3. Ein Paar Hand-
chuhe, wunderfam geſchlitzt. Göthe, Leben 1. B. Ein kurzes ſei—
denes Weſtchen mit geſchlitzten ſpaniſchen Ermeln. Goͤthe, Meiſters
Lehrjahre 2, 4. Reich' uns ein ehern Rohr, zierlich zum Mund ge—
ſpitzt, blätterzart angeſchlitzt. Göthe, Ka Zerichligt war
e8 (das Kleid) ſchon. Göthe, Leben 3.8. — Mit grauen Aeuglein,
enggefdhligt Redwitz, Amaranth, . Obrenfhligig. Fiſchart, Gur-
gantna ©. 87. u |
Schlitzauge, —Augig, —eifen, —fenfter, —graben, — meſſer.
Spleißen.
(Wurzel split, spliz.) |
Spieiße, ſpliß, geſpliſſen, fpleißen (ahd. splizu, spleiz, spli-
zumes, ——— splizan; mhd. splige, spleiz, splizzen, ge-
splizzen, splizen; holland. splitien, er) splita, engl. split) aus
einander fafern, oder gleichwie faferig aus einander reißen oder beriten,
im Befondern in Eleine Stüde. — Daß durd) ftolzen Wahn im Willen
das arme Chriftentfum in Stüde ift geſpliſſen. Opitz. Schaw,
nun eben mir zerjpleijfen meine pfeifflein. Sr. Spee. Die kläw—
fein, gar fittlih auffgefplifien. Der. Das Pfüfflein zerriß und
zerſpliß fih mit Sinnen. Bürger, der Abt v. St. Gallen.
Spalten (f. d.) von einander reißen, fi gewaltfam trennend von eins
anber gehen; ſo von einander geben machen. Klieben (f. d.) fih gewaltfam
von einander geben, ſo daß eine in bie Ränge geheude Oeffnung zwifchen ben
Theilen ves fehlen Körpers entſteht; gewaltfam in folder Deffnung ſich von
einanber geben machen. — Es wälzen fih nuh bei der Pforte die Felſen un-
abfehlih hinab, durch träufelndes Feuer gefpalten. Klopfod, Meſſias 9,
755. Doch Din ſchützt' ihn nicht, nun Roboaſters Schwert entzwei ihn
fliebt, bis an den Nabel. Alzinger, Dooliu 8, 51.
Spleiße (mbd. splize), ipleißig; Spleißherd, —hütte,
—knecht, —fupfer, — meiſter, — meſſer, —ofen, — tiegel. |
Spliten, auch jplitten und fpleten== ſpalten; der Spiett,
de Spilete, Splette = Spalt; Splitter (ahd. splitar, mhd.
splitter); fplittern. — Was ſiheſtu aber den Splitter in deines
Bruders auge, vnd wirt nicht gewar des Balken in deinem auge?
Luther, DBibelüperj. Matth. 7, 5. Daß ihre heil'gen Worte jplit-
term. TH. Körner, wein Baterland, Schaffe Linderung dieſem zer-
fplitterten Herzen! Thümmel Wie ſich hohe Waſſerfaͤlle zer-
fplittern und, ſchon weit über die Erde verflatten. I. Paul“ -
Splitternackt (niederſächſ. splintergackend) nadt bis auf den
legten Splitter. — So zog fie bis auf's Fell ihn aus, und ſchickt ihn
fplitternadt nad Haus. N. Froſchmäusler. DE
80
Fadennackt (von Baden, ahd. fadum, mhd. vadem, agf. fädhm, engl,
fathom, ſchwed. famn, hollänt. vadem) und fafennadt, auch fafernadt
(von Faſe, ahd. fasa, mihd. vase, agſ. fas, vers) nadt Eis auf ben legten
Faden oder Faſen vom Gewand. Nachdrücklicher And fplitterfabennadt,
fplitterfafennadt. — Alfo vorwärts oder zieht gleich fafernadt von
Leder. Shafefpeare, was ihr. wollt 3, 4. —
Eplitterrichter — kleinlicher liebloſer Beurtheiler, vornehmlich
‚ein ſolcher Tadler; ſplitterrichten = kleinlich lieblos urtheilen. —
Flieh auf ewig: die. Geſichter aller finſtern Splitterrichter. Gün-
tber. Dü fſchmähleſt, ſchimpfſt und wirft ein Splitterrichter. Uz,
Brief an Gleim. Die größten- Fleden ſucht durch freches Splitter-
richten der fhönften Poeſie der Tadler anzudichten. Nabener, die
Unentbehrlichkeit. der Reime. Die Redlichkeit, die fih daran nicht
fehrt, daß man fie jplitterrihte. Günther,
"Keittler!) (nad Schmitihenner und Weigand aus einer Mifchung
bes goth. greitan — weinen nıld bes griech. xeızınog, lat. criticus = Be
urtheiler entftanden) ver Eeinliche Taler oder vielmehr Tadelfuͤchtige — Ber:
unglimpfen (nieberd. vorüngelimpen, aus ahd. ungalimph(fJi, mbb. der
ungelimpf = Unglimpf, ahd. das galimfi, mhb. der gelimpf, von br
ahd. ſtarken limph(f)an, mhb, limpfen — zufländig, angemeſſen fein) zumäck -
Jemanden fo barftellen, als ftände ihm etwas Gewiſſes nicht zu; dann ge
wöhnlich zu unnadpfichtig und gehäffig von einem Gegenftande reden zum befien
Unehre. Verleumden (minder gut verläumden, zufammengezogen ans
verleumunden, ahd. kaunhliumuntöön, mhd. verliumen, oder gebildet
von Leumund; auch Leumde, ahd. hliumunt, mhd. liumet, liumde, äl⸗
ternhb. leumet, leumat, leumut, leumd; altn. hlisma — flingen, goth. hliuma =
Ohr) Jenianden dadurch, daß man von ihm ohne (früher ohne und mit)
Grund, oder ohne es erweiſen zu koͤnnen, Boͤſes ſagt, in üble Meinung bringen
Stärker tft Tätern (ahd. lastardn, mht. lastern, altf. lastrean, agſ. leah-
trjan, altn. lasta, ſ. Lafler ©, 686) abſichtlich von Jemanden Schaͤndliches
fagen, damit die öffentliche Meinung wider ihn ſei. Berläfern — ihs
durch böfes Neben von ihm abfichtlih zu Schanden machen oder In ver Me’
nung des Andern zu Grunde richten. Gelinder als verleumben if ans.
fhwärzen (von ſchwarz goth. svarts, ahd. mhb. swarz, altf. svöart,
altn. svartr, engl. swart) Semanden in der Meinung eines Sindern verdäd
tigen, daß er in biefer übel (in übelm, nicht hellem Lichte) daſteht. — Mit
welcher Liberalität er (Mriftoteles) die Dichter gegen Grübler und Krittler
. mSchug nimmt. Göthe,. Briefw. mit Schiller 3, 90. Hör Pfaff! uns Soldaten
mag er: ſchimpfen, den Feldherrn foll er uns nicht verunglimpfen. Schiller, -
Ballenfteine Lager 8. Ich mußte meinen Helden auf's gränlichfte verleums
— ee F * Br ar . . R Se RE ae
es 1) Man vgl. ferner, "was Mopftort über -diefes Wort in feiner Selehrtentepn:
blik Kr Abſchnitt „Wortflaubgrei“ (hat, und bad parabolifche Gedicht „Krititer"
a un
!
‘
841
den hören. Göthe, Lehen 1. B. Was willit da mir bei Schweſtern, die
veigem Stolze Läftern? Rüdert, gef. Gedichte 3, 46. (Wenn ihr) Niemand
verläftert, auf Riemand lüpt. Schiller, Wallenfleins Lager 8. Dem Fürflen
macht ihr’& Leben fauer, macht ihm alle Echritte ſchwer, ihr ſchwärzt ihn
un Schiller, Piccolomini 1, 4.
Splitterbaum, — bruch, — holz, —ſchere, —toll, —wurm. —
Dei Proviſor ſchnellte eine der feinen chirurgiſchen Splitterfcheren
ab. 3. Paul. De Brudnacht malt fe jplitterdul, Bob,
Anm. Splint, Splinter rengl.. splinter) ſcheint durch eingefchobenee n
ven Splitter gebildet.
| Schmeißen. -
. (Wurjel smit, smiz.)
Schmeiße, ſchmiß, geſchmiſſen, ſchmeißen (ahd. smizu, smeiz,
smigumés, smiganèêr, smizan; mhd. smize, smeiz, smizzen, ge-
smizzen, sınlzen) 1) -befchmeißen, bejubeln (jo im früheſter Zeit:
- got). smeitan, ahd. smizan, .pisınizan, mittelniederl. smiten); 2)
worauf auffahren machen, wohin fahren (agſ. smitan, engl. smite;
altfrief. smita —= werfen); 3) werfen, ſchlagen (aus mittelniederd.
smyten); 4) die Erkremente auswerfen; 5) (Volksſprache) Tabakrau⸗
hen. (gleichjam den Dampf in die Luft werfen?); 6) (Volksſprache) ſpa⸗
zieren gehen, gemächlich gehen, ee wol mit dem Begriff des
Schnellen (vgl. iagilih sär ügsmoig — Jeglicher machte fich jchnell
(aus dem Tempel) davon. Otfried 111, 17:80. Joh. 8, 9). — Du
wurdeft mit Schneeballen geſchmiſſen. Schiller, Räuber 1, 2. Du
biſt mir der rechte Held, Fröſche mit Steinen breit zu [hmeißen.
Dal. 3, 5. Das riß mis wie die Windshraut fort, und ſchmiß uns
tief in Blut und Mord. Schiller, Eberhard d. Gr. Warum ſchmei—
Ben fie uns nicht aus dem Land? Schiller, Wallenfteins Lager 11.
Der Fuhrmann ſchmeißt mit der Geifel, und gibt ein Schmitzen.
Erhard 1588. 62. Eine Schwalbe ſchmeiſte aus jhrem Neſt. Lu—
ther, Bibelüberfegung Tob. 2, 11. Sie find übers Feld hinaus ge:
ſchmiſſen (gewandelt). Schmeller 3,477.
Das finnverwandte werfen |. ©. 424. ._ “ —
Ab—, an—, auf—, aus —, be—, bei—, drein—, durch —
ein —, entgegen —, er —, fort —, her —, herab —, heran —, herauf —
herans — herein —, herüber —, herum — , herunter —, herzu — hin —
hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch — hinein—,
hinüber — hinnuter —, hinweg —, binzu— ‚nach —, niedet —, über —
um—, umher—, ver—, vor—, voran -, voraus —, vorbei —, vor⸗
über—, weg —, zer , zu —, zurück —, zuſammenſchmeißen be⸗
8*2
„dürfen, feiner weitern Ertlärung. — Der Kopf iſt abgeſchmiſſen!
Gtyph. Einem eine ‚Klette (Schandfled) anfdhmeißen. : Stieler.
Die Bäum und Hage find, mit: Raupennefern häufig-angefigmeißet...
842
m — — — —
Wirzb. Verordn. v. 170%. Darmit nit die Wheeren von meiß und
Rhatzen beſchmaiſſet werden. Feuerb v. 1891. Und follten fie
ihr Werk und offenbare Schriften mit Zügen felber noch beichmeißen
und vergiften. Opitz. Ich will von feinem Gruße wiffen, als ihr
die Fenfter eingefhmijien. Göthe, Fauſt 1, 105. Ex fand zu
feinen Züßen eine erihmijfene Maus J. Paul, Hefperus 6. Der
Menſch erſchmeiß' ihn von hinten. Daſ. 8. So ſchmiſſen fie
das Pulver fort. Lichtenberg, von der ſchwimmenden Batterie. Weil
er nicht weggehen wollte, fo babe ih ihn heruntergeſchmiſſen.
Gebrüder Grimm, Märchen von einem, der auszog, Das Fürchten zu
lernen. Unſere Friedensrichter die Treppe hinabzuſchmeißen!
Schiller, Fiesfe 2, 8. Worauf ihm der. Stallmeifter ein paar tüch—
tige Ohrfeigen gegeben und ihn zur Thüre hinausgeſchmiſſen.
Göthe, Meifters Lehrj. 2, 14. (Bis daß ich) Das Herz ibm ausge:
riſſen, und das dir nachgeſchmiſſen. Bürger, Entführung. Der
jo die Zapfern niederſchmeißt. Alginger, Doolin 8, 27. Dumit
nicht die Structur, deren ganze Schönheit im richtigen Gleichgewicht
beſteht, nad) einer Seite umgeſchmiſſen wird. Lichtenberg, Briefe
aus England 3. Waſſer reißt wol Eichen um, und hat Käufer um-
geihmijfen.. Leſſtng. Ohne dieſes Tiefe ich Gefahr, aller Sorgfalt
ungeachtet, umauichmeißen. Lichtenberg, Anhang zur Pbhofiogno-
mie. (Bis daß er) das Herz Dir ausgerifien, und das Dir vorge⸗
ſchmiſſen. Bürger, Gutführung, Ich babe) den Außerfk, platten
Dialog ganz weggeſchmiſſen? Göthe, 2. Aufenthalt in Rom 12
Sepbhr. Den Schädel müßt ihr ihm zerichmeißen. Pfeffel, der
tolle Hund. (Er) fhmeißt das Fenfter zu. Göthe, Götz v. B. 3.
Da ſchmeiß' ich gemiß zu. Göthe, Die Fiicherin. (Die) rothe Heller
mit einer Majeftät zur ückſchmeißen, daß, wer bloß die Miene
fieht, denken jollte, e8 wären Goldftüde. Lichtenberg, Orbis pictus.
Wir wollen fie zufammenjchmeißen. Göthe, Gib v. B. 3.
Geſchmeiß (älternhd. ſchmeiß, geimaiß) 1) eig. Kothauswurf
durdy den natürliben Gang; 2) Gier and Brut geflägelter Jmielten,
weil gemeinhin gleichjam als beiudelnder Auswurf derfelben angeichen;
3) bejudelnde kleine Inſekten; 4) überhaupt beiudelndes, efelbuftes
feines Gethier; 5) (figürlich) ſchlechte, werachtete Leute, die gleichſam
unreiner Auswurf der menſchlichen Geſellſchaft find. — Da fiel jm
auß der ſchwalben neft der warm ſchmeiß auff feine augen. Dieten⸗
berger, Bibelüberſ. (1571.) Tobias: 2, 11. Daz fi zen .die toten
tier und daz Gefmaiß von den Vögeln. Schmeller 8, 476. Dem
Vortrefflicleit hat Zalfennuge und Adlerfing, und ift mit nichten ein
Schmetterling, der nur fo eben ein wenig übern Geſchmeiß um-
herflattert. Stlopftod, Gelehrtenrepublik. Sthon Ipndte das Geſchmeiß
bin und wieder. Göthe, Campagne in Frankreich 6. Oct. Zugleich
Soldat und Diedsgefdhimeiß. Göthe, Kauft 2, 286. |
843
‚Ungegbefer!) unangenehme beſchwerliche Heine Sufelten; dann überhaupt
usangenehmes, beſchwerliches Tleines und MBeineres Getbier. Geziefer in
bemfelben Sinne, aber feltener. — D, wenn je ein Mittel gegen die Mücken
und Spinnen erfunden werden follte, machen Sie es doch ja gemeinnüpig!
Denn wenn man oft in himmliſchen Entzückungen aufgefahren if, erinnert einen
das leidige Geziefer, mit feinen Stacheln und Frabligen Füßen, gleich wieder
an die Sterblichkeit, Böthe, Triumph der Empfindſamkeit 2. Ich habe keines⸗
wegs Ungegiefer und Bettelherbergen dort getroffen. Goͤthe, Kampaane fu
Fraukreich zum 24. Sept. Da er Buzifer unter fie ſchickt. Luther, Bibel
überf. Bf, 78, WB.
Schmiß (mittelniederl. sraet) Wurf; heftiger Schlag; das Ger
ſchmiſſene, Auswurf, Unflat. — Schmitte = Schmutz und jhmit-
ten — beftreichen tichlichten bet Webern), beſchmitzen, gehören der
Bolfsipradhe an und find aus miederd. und niederl. smitten, smetten
eingedrungen.
Schmitz der (ahd. smiz, mhd. smitz) 1) Schlag F2) Schmußfleden ;
3) (bei den Webern) jeder Umgang des Kettenganges um den Scher-
rahmen. Die Schmike 1) Werkzeug zum Schmigen; 2) ſchmutzen⸗
der abfärbender Körper; 3) Schmußfleden. Schmitzzen (ahd. smiz-
zan, mhd. smitzen) 1) werfen; 2) mit einem dünnen, biegfamen
Körper ſchlagen; 3) beſchmutzen; £) überhaupt mit Farben beftreichen.
— Shmuß (mhd. smuz, engl. smut) anbaftende, ſich anhängende,
anfegende Unreinigkeit; fg. unflttticher, Zucht und Ehrbarkeit verleßen-
der Ausdiud. Schmutzen, ſchmutzig. — Die Schmiße einer
Veitihe, wenn der Fuhrmann einen Zug thnt. Göthe, ital. Reife 11.
Mai 1787. Kein Land, fein Stand, wo’ man nicht der Wahrheit
en Schmitzen gibt. P. Abraham. — Wenn ichs Trand in die Erden
ſchmitz. H. Sachs. Verberatus, der gefhmigt ift worden. Aven⸗
tms, Grammatik. Im allen Stüden thut und die Welt mit Hön-
wordt ſchmitzen. H. Sachs. Das wäre meines Bedlinfend wenig-
ſtens Eine Art, den Tadel abzulehnen, womit man und Deutſche
anſchmitzt. J. Paul, Titan 6. Das Ungereimte, womit man ihn
’) Aelternhd. le ungeaiber Unzifer, J— Unzibel, Uns
geſeufer. Grimm (R. Fuchs LIV. u. d, Myth. 2. A. S. 36) erklaͤrt Unge⸗
ziefer S unvopferbares Thier. Er bildet es von ahd. zepar = Opferthier, vielleicht
an alles Dpfermäßige von Thieren, Pflanzen und Bäumen? agſ. tiber, tifer,
tifr, alte. tafn-— Opferthier, auch Getreideopfer; daher altfranz. atoivre und
die vermutheten althd. unzepar, agſ. unüiber. Ziefer, Geziefer begreift auch
nweilen Ziegen und Schweine Schmeller (bayr. Wörterb, IV, 228) findet
rimms Gedanke an das verfchöllene zepar, „zu nobel und antik“, und denkt lieber
an das ahd. arzibdn = im Wachéthum zurückbleiben. Weigand (Syn. No,
1997. Anm.) pflichtet Schmellern bei, und betrachtet ale Stammwort das ah.
ꝛipo —=.träge, was zurüdhleibt,. ahd. arzibön,- fränf. zifen. Er Hält die Ablei⸗
fung von nlederd. zefer, zever — Käfer, woraus nah Schwend Geziefer ent:
Randen fein mag, mit Recht für durchaus widerſtrebend und numöglih.
844
jo gern beſchmitzte. Daſ. 50. Bejchmiget zwar mit ſeines Rei
des: Geifer. Bürger, Epiltel des J. Schere. och ift Das Aeußere
nur befhmigt. Rückert, geſ. Gedihte 6, 94. Koth und Schmuß
befprigte Mann und Roß. Göthe, Kampagne in Frankreih 19. Sept.
Woraus denn ein ſchmutziger Spectafel hervorgeht. Göthe, Leben
13. B. Sie ſchlug das eine Ende der "Schürze hinauf, um vor und
die ſchmutzige Seite zur verſtecken. Göthe, ital. Reife Palermo 13.
April. Maulſchmutzig. Fiſchart, Gargantna 89, 154. — So haben
fie auch mit .Wafchen-und Reinigen alle Zröge. des Dorfes beſchmutzt
und alle Brunnen befüdelt. Göthe, Hermann und Dorothea 7, 3.
Unrath (ahd. mho. unrät) nhd. gewöhnlic) Unnühes zum WBegwerfen.
""Unflat (inhd. unvlät, von goth. fleths?, agf. fled, ahd. fät — Reinlich⸗
“Leit, ierlichfeitz vgl. altn. AA, mittelnieverl; vlaen = bie Haut abziehen;
- mb. vlein, vloun, vieuwen, vlöuwen = im Waſſer hin und ber bewegen,
.. . „wafchen) efelhafte Unreinigkelt. Davon un flätig (mhd. unvietec) — Bote
(wol aus ahd. zaturra — Feilweib) unanfländiger, unzüchtiger, die Keuſch⸗
heit verlegender Ausorud, — Befleden (j. Flecken ©. 781) einzelne
Stellen ver Oberfläche unrein machen. Beſudeln (von fudeln, nieder
euddeln, wol von fieden f. d.; verfchieden von goth. sänljan, ahd. solöe,
suljan — befudeln, in einer Koihladye wälzen, franz. soniller) etwas be
ſchmieren. Berunreinigen (abgeleitet von rein, goth. hrainis, abe.
hreini, mhe. reine, altf. hreni, altn. hreinn, fdpweb. ren, holländ. reyz,
nah Grimm aus dem flarfen Berbum agf. hriaan, altu. hrina, — ſchreien
laut tönen; auch tönen machen, berühren; Wadernagel, Schmittbeuner
u. 9. vgl. gt. zpivem fondern, fihten) ganz unrein machen. — Da der Uns
flat die Schnauze darüber gehabt hat. Goͤthe, Bürgergeneral 13. (Bis e)
an den Schuhfohlen feines Urenkels unflätig anklebt. Schiller, Räuber
4,3. (Sie) leiven feinen neben fidy, der feine Ehre nur im minbeiten befledt-
Herder, Eid 51. Binige Teiche "waren ſchon durch eingefunfene Pferde ver:
unreinigt. Göthe, Gampagne in Frankreich 21. Sept.
Berfhmigt, Verfhmigtheit mit ihren Syn. |. S. 690.
Schymitzwort; Schmugärmel, —hube, — buch, — farbe, —fleck,
—igel, —tfittel, —koch, —lappen, —papier, —rede, —riß, —titel,
—mort, —zeihnung. 5
Schmettern (ſ. S. 471) 1) einen.beftigen, zitfernden. und. er
ihütternden Schall von fich geben,*bervorbringen; 2) ſchmetternd ertönen;
3) fchmetternd an ehren andern Körper bewegen, ftoßen, werfen md
. bewegt, geftoßen und geworfen werden. — Mit Urkraft fh metterten
*- Sturmdrommeten darein. Sonnenberg. Wenn aus hallendem Er
der Kriegeruf jhmetterte . Voß. - Wen durch ihr ſchmetternd
Lied die Lerche minder Kunſt verrieth. Gellert. Und der geſchmetterte
Bald dampft! Klopſtock, Frühlingsfeier. — Wild ſchmettert auf
iht Klagernf, Collin. Und es erſchütterte ganz vor Zeus durch⸗
. fepmetterndem Blipftrapl, Voß.‘ Det. Kriegöpofaune Donnerftimme
Be 71,50
durchſchmetterte die Luft os nicht, Cronegl. Da Big! und
"Trompet- und Horn und der ꝓolternde Brummbaß wild mit betäubendem
Hall. einfchmetterten, Voß, Luiſe (in der früheren Ausgäbe).
Schinettert jein Schwert durch den Felsſchild Mildanielis herab
auf die Zefte der Bruſt. Sonnenberg... Jener gereijten Gettheit, die
mid niederjchmettert, will ich getroft in's Auge jchauend ftehn.
Söthe, Cugenie 5, 5. Hektors Ruf, des Ermürgers... umfhmettert
mid. Voß. Zerichmetter die Feinde.durch. deine. Macht. Luther,
* Bibelüberf. Juͤdith 9,9, Daß das Getös der zufammenichmetternden-
Panzer und Schilde weit nachhallte. Sonnenberg.
Geſchmetter. — Bie Lerheng lometter in ‚fonnigen —
Redwiß, Amaranth.
Anm. Schmetterling wird von Weigand No. 1658 mit ‚großer Wahr-
Tchetnlichfeit auf fchmettern, nieberd. smitien, nieberl. smetten = befleden .'
zuwrüdgeführk Dieſes Thier. if. allerdings dasjenige, — dor. andern .mit abs _
wiſchbaren — bedeckt iſt.
Bleichen. .
— mik; vgl: ſanſke. bhräg — glänzen; gr. gityan = — —
glänzen, lat. flagrare = bremen, fulgere = glänzen.)
Bleichen, blich, neblichen, bleichen (ahd. plihhn, pleib, plih-
huines, plihhaner, plihhan, plichan; mhd. bliche, bleich, blichen,
"geblichen, blichen;, agf. altı, blican, altn.. blika). urfprünglich ſchim⸗
mern; matt ſchimmern; fatt der‘ natürlichen a dem farblojen Weiß
nahe Tommen (in dieſen Bedeutungen ahd. mhd. und nhd. auch ſchwach);
ein ſolches farbloſes Weiß geben (activ, nad) ſchw. Form, ahd. pleichen,
.. bb. bleichen, altn. .bleikjä), — Wie die Alpenroſe bleiht und
verfümmert in der Sumpfeslufl. Schiller, Tell 4, 2 Und.wär es
auch ver befte Wein, der an der: Mofel bleidyet! Hagedorn. - Ihm
glänzte die Locke filberweiß, gebleicht von der Fülle der Jahre. -
Schiller, Graf von Habsburg. Daß Furcht des‘ Zodes ihre Wangen,
bleichte. Schiller, Maria Stuart 5, 3. Vergebens bleicht man
einen Mohren. Gieſeke.
Ab—, aus—, er —, nach —, nieder-—, über, "verbleihen—,
erflären . fi ans nachfolgenden a — Bir ſehn den Alder⸗
mann mit abgebleichten Haaren. Voß, am Geburtstag. Abge⸗
bleithte Roſenblaäͤtter. J. Paul, Heſperns 22. Abgeblichen ſtehn
die Hügel, ſchmucklos trauern Hain und Flur. Juͤſti. Es iſt zwar
ein Aleden, aber doch ein Flecken, den die Zeit ausbleicht. Leifing.
Der Thürmer erblöichet, der Thürmer erbebt. Göthe, Zodtentanz.
Des Haufes Lamcafter erblichene Aſche! Shakſpeare, Richard IN.
1,2. Sie faß erblidhen und. elend.: H. Sachs. Der Sonuen-
(bein erblich zu Mondenſchein. 3. Paul. nd fann ich die Stdt
nicht erreichen, jo muß der Zreund mir erbleichen (fterben). Schiller,
Bürgihaft. - „Rubinen ‚werden gar verfcheuht, Das Wanygentoth fie
niedeibleicht. Göthe, Zauft 2, 215. Ueberbleicht ericheint mir
ihon von grauen Zelten. Wöge weit das Thal: Dat. 2, 113. &
beobachtete genau die Umftände, in denen man den Berblidenen
(Seftorbenen) angetroffen hatte. Goͤthe, Wahr. 2, 18. Wo er eines
zweideutigen Todes verblichen. Göthe, Leben 9. B. Zu’ gleiber
‚Zeit lich man die armen verbleidhten Waiſenkinder ans ibıen
Mauern in's Freie: Daf. 1. B. Dort färbt Karmin die längft ver-
blichne Wange der gnäd'gen Fran. Meattbiffon, die Befreiung.
Bleich (ahd. pleih, mhd. bleich, agf: bläc, blec, bleac, .ultn.
bleikr, blackr, engl. black, fchwed. black, blek) mattſchimmerud;
farblos, anftatt der natürlichen Farbe dem farbloſen Weiß nahe. Bleich⸗
- beit; Bleicher; Bleichung; bleichbar; Bleiche (ahd. pleihi, mb.
“ bleiche, altn.’ blakki, blik = Glanz) 1) dic.bleihe Farbe; 2) Kun,
gewiſſe Körper zu bleichen, nebft den ‚dazu gehörigen Vorrichtungen;
3) der Plaß, wo man gewille Körper bleicht; 4) ſo viel Leinwand,
als man in Einem Stücke (im weitern Sinne: auf einmal) bleicht. —
Kein Merkmal bleicher FZurdt. Schiller, Maria Stunt 5, 1. 3
ſeht fie bleich und zitternd fichn. Schiller, Tel 3, 3. Stern der
Liebe (Mond) bleich und trübe ift dein Sifberlicht. Mattbiffon. Ihre
vorige Bleichheit komme gar von ihrer vorgeblihen Sehnſnucht ua
ibm. J. Paul, Hefperus. 22, - Nun, beim heißen Sonnenſtich, bring’
ich's (das Tuch) anf die Bleiche. Göthe, die Spinnerin. In Ober
fachten muß eine Magd von Martinstag bis zum Palmſonntag vier
Bleihen, die Bleiche zu 12 Ellen, ſpinnen. Adelung. Milb-
Dleidher Lump! Shafipeare, Macheth -5, 3. Seh’ ich nicht, daß
alles Lebensblut ans euren geiiterbleiden Wangen wih? Scöiller.
Mit jammerbleihem Angejficht. Schnbart. Der Mönche jünder
bleibe Zunft. Schiller Sein Antlitz, kurz zuvor fo welt, fo todten-
bleich, wird feuerroth. Wieland, Oberon 8, 18. — Eins der lie
lichſten und finnvollften Bemmenbilder malte fi mit unverbleich—
baren Farben in meine Seele. Matthiſſon, der große Bernhardsberg.
Blaß (nah Weigand eigentlih bias, von ahd. blas, mhb. lasse =
weißgefleckte Stirne, Bläffe; nad Diefenbach zufammenhängenp wit raf,
bijednjety = erblaßen, von altflav. bljed, illyr. blid, bled, pola. blady,
böhm. bledy = blaß) von fchwächerer Farbe als die natürlie, fo daß fh
noch die Grundfarbe erkennen läßt. Fahl und falb (urſprünglich nur due
Form, ahd. falo' und falw, mhd. val, gen. valwes; gr. welıos — fmwärzlid,
roAıog = grau, weislich, lat. pallidus — bleich, blaß) unterfcheinen ſich ni.
fo, daß im Allgemeinen falb = if in das Gelbe, fahl — in das Orree
fallend. — Mephiſto, fiehſt du dort ein bl-affes, ſchönes Kind allein amd
ferne ſtehen? Göthe, Fauſt. 1, 218. (Wie) eine frifche Roͤthe Die bIägli:
Heu Wangen anf einmal wieber zierend färpte. Böthe, Weil. Wauderj. 8, 10.
847 .
—
Er if nicht allein bleich, wer nicht ſatt iR und. nicht reich, großes Ent und
ſtetes Prafien, macht, vielmehr die Lente blaffen. Logan, Siumed. 9, 76.
Indianiſche veigen trieben’ ihre großen, fetten Blätterförpet zwiſchen niedrigen
graͤulich grünen Myrthen, unter gelbgrünmn Oranathäumen und fahlgrünen '
Diivenzweigen. Böthe,. ital. Reife Fondi 23, Febr. Gin fahler Glanz, ber
fi) vom Abgrund hebet. Alxinger. Wenn es (das Grüne) falb im Herbſt
geſchwankt. Goͤthe, Dauer im.Werhfel. So weit wir (im der Nat) bei
falbem Lit umberfahen. Goͤthe, Gampagae in Frankreich '29. Sept.
Bleichblan, — farbig, —gelb, — grün, —haat, — plan, —platz,
—rafen, —roth, —jalz, — ſchwarz, —flätte, — wand, —waflerfucht,
- wert, :—wiefe u. a. — Lehnſt du deine bleihgebärmte Wange
ummer noch an dieſen Aſchenkrug? Matthifſon, Troſt an Eliſa. Le⸗
pidus) hat die Bleichſucht. Shakeſpeare, Antonins und Cleopatra
2. — du bleichſücht'ges Ding! Shateſpeare, Romeo und
ulie
Biecken (abd. plöchen, uhd. hlöken, blöcken) and Licht treten,
besorlehchten , hervorſchimmerni, aud- beroorichimmern machen, ent⸗
blöhen. — Die. Zind (Zaͤhne), die Schenkel blecken. H. Sad.
Gr empledht das haubt überal. Horned, Chronik 760. Mit bleden-
dem Hals und bloßen Armen. Matthefius. Alle deine Feinde pfeiffen
dich an, bleden die : Zeene vd jprechen. Luther," Bibelüber!. Klagel.
2, 16. Wen (den Berg Ida), der nun ganz faft blediet, weil wir
ihn mit uns verbrannt, bat Der. Schnee zehnmal bededet. Opitz,
Trojaneriunen 1625 ©. 5. Es fam ein Panterthier, das gafft und
biedet ihn an. Hagedorn. Der Wafler Kluft und Gang ward auf-
— der. tiefe Grund der Erden ganz entblecket. Dpip
Bleckarſch (in der Volksſprache der Name der Dekligwalbe
hirando, urbica 8), —Dede (bei den Binzern), —zahu.
Bü ahd. plich, blic, ptb)hg, mhd. blic, Blick)" it 1) eig.
Das: 2) ſchnell wohin fallender Schimnier des Auges, der Soime. zc.
3) ein Körper, der einen foldyen Blick von ſich gibt; 4) das ſchnell
vorübergehende Aue einer Sache; 5) ein jehr kurger Feittheil.
An—, Auf—, Aus—, Durh—;, Ein—, Empor—, Her—
unter —, Ueber—, Um - Vorblick; blicklich (augenblidlid,
md. biiclich — leuchtend). — deine Pfeile fuhren mit glentzen dahin
vnd deine Sphere mit blicken des blitzes. Luther, Bibelüberſ. Gal.
4, 11. Sie warf mir von der Seite einen veraͤchtlichen Blick zu.
Duſch Ihr ſtrenger Blick ſchießt mächtige Strahlen umher. Zachariä.
Du achteſt Gott ſo klein, und kannſt doch ohne Gott nicht einen Blick
(Augenblick) nur fein. Koganı . Singed. 365. — Bor Allen aber bes
hauptete der Anblid über die Eis- und Schneeberge feine Rechte.
Göthe, Briefe aus der Schweiz 2. Abthl. Aljo hatte der Lichtanblid
der Emwigerlösten ihm das Innere bewegt. Klopftod, Meſſias 11, 136.
Bo er fo lang unifonft auf Menſchenanblick harrt. Wieland.
888.
D du der Natur. Wonneanbl te, Bleib ewig mir. K. F. Cramer.
Der Dichter heht ſeinen Geſang mit einem frommen Aufblick zum
| poll. an. Hngertannter bei Campe. Das’ 'gegoffene Rohr (die Kanone),
“vor deffen furchtdaren Aufblick (Feuerſchein), deflen Donner der Wilden.
Könige von’ihren Thronen aufzittern. - Kofegarten. „Einen freundiichen--
obgleich ſchmalen Ausblick ins Nedarthal. Göthe, Briefw. mit
Schiller 3, 246: Froher Ausblid im die Zufimft. Ungenannter bei
Campe. Selten findet man'.(in London) ein enges Gaͤßchen, weldes
- einen ſchmalen Durch blie auf die Themfe vergönnt: Campe," Defien
Emporblid der Chariten Miene belaufchte. Baggefen. Rief's im
ei Sonnenberg. -Bon Neuen begannft Du, Eynthia,
fragenden Umblicks. Baggefen. Die Borblide. guter heller Men—
ichen hinüber in die Gefilde der Zukunft. Benzel-Sternau. — Nest
erträgt fein Adleublick nur den Wiederfchein vom Licht, deſſen Klar-
- beit dich umgiebt. Günther. Sein Adlersblick entdedte nichts.
Pieffel, der Fund. Damit fie nicht eilend wede den himmliſchen Zorn
und mit Allmachtsblick euch vertilge. Klopftod, Meſſias. Damit
ihr (Eltern) ſelbſt einft, wenn eure Augen alt find und die Blicke 'er-
lofchen, um euren Krankenſtuhl und euer Sterbebette jtatt des gierigen
Eis- und Erbblickes ängſtliche verweinte Augen. antreffet. 3. Paul.
Du fährt ſo fort, mit froß’gen Eiſesblicken ihn’ wegzuſtoßen.
Schiller, Seinele 1. Deine Woune fendet fie mit dem Engelsblide
ſchweſterlicher Sympathie wuchernd dir zuruͤcke. Schiller. Auf's neue
wird der ganze Felſenrücken ... durchſucht mit Falkenblicken. Bier
land. Mit dem tiefen Feuerblick. Göthe, Egmont 3. Er wandte
den Flaminenblid. Porter, Eleazar. (Diefe Augen- kehrten) zu
dem Forſcherblick ihres Gatten zurück. Benzel- Sternan. Das
bange Stiunen in Freudeblick und lauten Dank verwandelt,
| Sphigenie 3, 3. Ich Clender „genieße noch einen Freudenblick.
. Herdei. (Er kehrt zurück) zu des Vaters Ftendenthränenbtit.
Matthiffon, Elegie. Funkenblicke ſeh' ich ſprühen. Göthe, Fauft
2,309. Zrrfunfenblid an len: Enden. Dei. 2, 283.. So armft
das andre mir mit Höllenblid. Göthe, Eugenie 5, 6. ZJüng-
lingsblicke taumelten voll freude nath dem Heiz des lieben Mädchens
bin.“ Hölfy, Elegie a. e. Landmädchen. Wagſt dar, Scheuial, dich vor
dem Kennerblid Phöbus zu zeigen? Göthe, Zauft 2, 189. Um
des Todes bittre Pfeile dringen aus dem Lächeln deines Kinderblide.
— Schiller, die Kindesmörderin. Der. Linder -und der Könige: Geſchick
liegt fonnenflar vor meinem Kindesblid. Schiller, Jungfrau v. D.
2; 10. Der leßte lichte Lebensblick. Göthe, Iphigenie 3, 1. Mit
zärtlihem Liebesblid ... empfängt ihn Fräulein Kunigunde. Schiiler,.
der Handſchuh. Die Mondesblicke den Sterblichen fcheinen. Goͤthe.
Dämmerungsfäden, Mondenblide, Nachtviolenduft verwebend. Goͤthe.
Ta lohnt der Mutterblick ſie reicher. Redwitz, Amaranth. Wuth
%
848
entfunkelt dDrob des Unholdes Nachtblick. Mattkiffen, mileſ. Märchen.
Die nad) dem Segen unierd deutichen Landes mit Neideshliden
raubbegierig Schauen. Schiller, Biecolomini 2, 5. DBlidet auf zum
Retterblick. Göthe, Fauſt 2, 343. Denn. ih fürchte die Göttin
mit dem forfchenden Nichterblide. Gollin. Die Sohlen fremder
Männer gewahrete bald fein jpähender Scharfblid. Pyrker, Rudolph 2.
Eudy brütet der Mutter Sonne Scheideblid. Götbe, Herbitgefühl.
Zeus mit Schöpfersblide beftätigte den Taufchtractat. Pferfel, der
Fuchs, der Spürhund und der Luchs. O dieſes Lächeln feh’ ich jchen,
auch dieſen Serlenblid. Gollin. Er begleitete dieſe Worte. mit einem
tückiſchen Seitenblide. Göthe, Meiſters Lehrjähre 2, 11. Dein
Siegesblick und leuchtet im furchtbaren Schlachtgrau'n! : Pyrker,
Nudolpb 8. Die Unſchuld hat eine Sprache, einen Siegerblic, der
die Verläumdung mächtig niederbligt! Schiller, Jungfrau v. O. 4, 11.
Der Silberblid der Sugend. J. Paul. Wenn ein einziger Son⸗
nenblick uns den aufmunternden Glanz einer heitern Stunde darſtellt.
Goͤthe, Meiſters Lehrjahre 2, 2. Im Geflinmier fanfter Sterne zucke
dir des Kindes graſſer Sterbeblick! Schiller, die Kindesmörderin.
Seht den Zelienquell freudehell, wie ein Sternenblid. Göthe Er
blidt und mit feurigem Strablenblid an. Göthe, Fauſt 2, 170.
Helle deinen Thränenblid. Hoͤlty. Dergeblich forfchte Pyrrha nach
dem Baterblide des Epimetheus umher. Benzel-Sternau. Und bald
erliicht ein ee Streben: im jel’gen Wechfelblid. Göthe,
Welch ein Ichmelzendes Entzüden gleitet, unter Wonneblicken, dir
von le Hand. Engelſchall. Es. brauchte nicht mehr als den
eitblid einer Mitte. Muſäus. — Blicklich Calle Augenblide)
eider wandelt. Logan, Anh. zu den Sinnged. 138. Wer bezahlt
euch Leib und Leben, die ihr blicklich hin müßt geben? Flemming.
Angenbli, eig. ein Bli mit den Augen; gewoͤhnlich überhaupt
die am fürzeften gedachte Zeit ald ein Untheilbares. Augenblicklich —
einem Angenblide gleich. — Ihr lieber Augenblid ward durch die
Thränen dunkel. Jeſen. Erlanben Sie, daß ich Sie nur auf einige
Augenblide allein unterhalten darf, Weiße. Zuletzt benutzte ich
einige Augenblicke (Blicke der Augen), die fie anf mich warf, fie zu
fragen. Goͤthe, Meiftere Wanderjahre 1, 5. ber, zufrieden mit
Rllerem Ruhme, brechen Die Zrauen des Augenblicks (der Gegen
wart) Blume. Schiller, Würde der Frauen. Sie ſollen ſich zurüd-
ziehen augenblids. Schiller, Wallenfleind Tod 3, 19. Be er⸗
.. augenblicklich töfcht es jede wilde Glut! A. W. Schlegel.
18 fie ein augenblidlihes Stillhalten und Rückblicken mehr ver-
muthete als gewahr ward. Göthe, das Kind. mit dem Löwen. — Er
ſahe Tih angenbiictid, (jeden Augenblick) um. ©. v. Birken.
z Na (abgekürzt aus nun, gotb. nu, ahd. nd, mhd. nd, nu, nuo, nuon,
nuwc, engl. now, gt. sin, Tat, name) bezeichnet eig. den Augenblid ver Ges
54
850
genwart; wird dan von jeher kaum beufhnren Zeitgefchwinbigfeit geſagt. Hui
(Interjectton der Schnelligkeit) in der niebern Schreibart von der Echnellig⸗
feit gebraucht, die feine Berechnung geflattet. — Bald (chv. palde, mi.
balde, von gotb. balths, af, pak, agf. hald, altı. balld, ball — falm) in
kurzer Zeit; es fehlt nicht viel, daß. Geſchwind (von goth. svinthe, air.
suind, mfb. awinde = fterf f. ©. 265) wirb von jeber ſtarken Fortbewegung
gefagt; dann vons jeder Mewegung, die in fürzerer Zeit vor ſich geht, als vie
gewößnlihe. Schnell (ahd. mäb. saöl, agf. snell, altn. sniallr, altfraa;.
isnel = farf, Fräftig) in hohem Grade geſchwind. Hurtig (mb. kurioe,
von ber hurt — heftiger Stoß, hurten = ftofen, rennen, franz. keurter,
engl. hurry, holländ. horten, wol ans mitiellat. hortare, ortare, zujammes-
geftellt mit arietare — mit dem Wibder Roßen, um die Mauern zu zerbrechen)
wie in ſtarkem Antrieb thätig, eine ſarke Jorthewegung in der Tätigkeit bar
bend; eine mehr als gemöhnliche Geſchwindigkeit in der Thatigkelt zu eigen
Gabenb, darum wur von lebenpen Weſen gefagt. Rafch, mit. ter abwerbiaien
Mebenform rifch, (ahd. rase, mäb. rasch), altn. röskr, engl. rash, fdymer.
rask, rysk) bez. eine größere Geſchwindigkeit als Hurtig, und wird auch von
leblofen Dingen geſagt. Behende (mhd. behende, ans ahd. pihamdi) eig.
bei der Hand, gefchwind mit Leicptigfeit unn Gewandtheit. Alugs (mb.
Auges, Genitiv von. Flug, aber mit Furzem u) im Bing. Stracks (nr
strackes, Genitiv von Arad ©. 296) in kürzeſter Richinng nach einem Bund;
in fürzefter Zeit. Unverzäglid, früger and unverzögertff.zichen) obm
Berzug, bezeichnet einen gehen Grad von Geſchwindigkeit, indem es verneint,
was berfelben entgegenſteht. Schlennig (ahd. slianic, siünie, mb». eliunee;
sliunen = fehr ellen) in größter Gile, und daher in Ffürzefer Zeit. Zaͤh⸗
. lings (von jähe ©. 729) in hohem Grabe gefgwind mit dem Rebenbegrifk
der Befchwindigkeit. Blöglich (von Plog — der harte Fall) angenblitlig,
mit den Mebenbegriff des Heftigen, Unvermuibeten. — In einem g
Nu. Wadernagels Leſeb. 889, 5 ans bem 14.5. Doc in einem Nu fehnapp
ten vie Waſſer ab. Göthe, Leben 2. B, In einem Hai wird bir das Glich
ganı geneigt. Opig. Und trieb im Hull fein ehernhufiges Seipann Tyalkın
nad. Bürger, Ilias. Deines Hauptes ein allmächliger Wink führt ui im
einem Huy dahin, zurüd in einem Huy. Schiller, Semele %. Sie machen
mich fchamroth ; bald dürfte ich mich dafür rächen, Leſſing. Ich ergriff dieſe
&infall. mit der lebhafteſten Ungeduld, ihn je bälder, je Tieter in's Werl za
fegen. Wieland. 66 fhlug mein Herz; geſchwind zu Biere! Ge war ge
than faft eh’ gedacht. Gothe, Willlommen und Abfchied, Der Reiter und fein
geſchwindes Roß. Schiller, Wallenfteins Lager 11. In einem Augeablid
fern und nah, ſchnell wir die Sündfluth And wir da, Daſ. 6. Mach har⸗
tig, Semi! Zieh die Maue ein! Der Sturm, ih mein’, wirb da fein, ch
wir'e denfen, Schiller, Zell 1, 1. Rafcy. auf ein eiſern Gitterthor gieng's
mit verhängtem Zügel. Bürger, Lenore. Riſch geht's nach meiner Miukter
fort. Bürger, die Entführung. Der Ruabe, ber eilt fo behenbe, war bald
an Schloſſes Ente. Goͤthe, Wirkang in ber Ferne. Kaum feh' ich mich im
851
ebnen Blan, flugs fchlagen meine Doggen an. Schiller, Kampf mit dem
Drachen. As ich hinzukam, kaunt' ich Reineken ſtracke. Göthe, BMeineke
Fuchs 1, 74 Ih fühle, daß es ſchleunig mit mir envet, Schiller, Tel
4,2. Der Jungfrau Begehren will ih unverzögert Benüge leiften. Hars⸗
börffer, Brauenzimmergefvrächfpiele 1, 39. Als jählings ein Norbwind aufs
fahr. -Baggefen. Bm vnd vm wird ja ſchrecken plöglicye furcht. Luther,
Bihelüberf. Hiob 18, 11. |
Blickfener, —gold, — ling (Weißfiſch), —ſilber u. a. — Blick—
ſchnelles Fallen allerhöchſter Sterne. Göthe, Fauſt 2, 282. So
ſah er die Blonde, die ihm zum Glück blickſchußrecht ſaß, in einem
fort mit unbeſchreiblicher Liebe. an. J. Paul. Dieſes Eigenheitszeichen
des Auges und des Mundes können nur blickweiſe, nicht fortdauernd
fügen. Campe. Wenn man aber dem Leſer das Blidztel über den
Charakter Diefer Perfon begreiflich macht. Ungenannter bei Campe.
Bliden (ahd plichan, nıhd. blicken, agſ, blican, altn. blika —
blicken und blißen) 1) eig. fchimmern, einen kurzen, ſchnell vorüber-
benden Schein, Glanz von fi) werfen; 2) (veraltet) bliken; 3) a
ein kommen, fichtbar werden; 4) ſchnell, mit einer leichten Be—
wegung der Augen auf etwas jehen; 4) durch Blide äußern, von ſich
geben; 6) (bei Zeichnerh«und Malern) das Licht auf den erleuchteten
Stellen des Gemaͤldes heller machen. — Die Wagen bliden wie
Fackeln. Luther, Bibelüber. Nahum 2, 4 Nicht kehre mir den
Rüden, laß ja dein Antlig bliden als meiner Seelen Licht. Opi
Der Donner, den der Hofehimmel ſchickt, trifft, ehe man es merkt,
daß er geblidt (geblitzt). Opig. Der fröhliche Gehorſam, den ic)
fonſt aus eimem jeden Ange blicken ſah. Göthe, Iphigenie 1, 3.
Ras fr eine Verachtung aller Anden blickt ibm nicht aus jeder
Miene. Leifing. Bir dürfen nur vecht zärtlidy auf ſie blicken. Gellert.
Grimmige, onbefante Zhier, oder die Fewr jpeieten, oder mit grimmi⸗
gem Rauch ſchnaubeten, oder graniame funden aus den Augen blicke⸗
ten. Rutber,. Bibelüberſ. ish. 11, 1% Sie rollt die Augen
voller Wuth, die eine Hölle blicken. Hölty.
RI— an —, auf — aus— durch —, ein — empor —, enfgegen—,
—, her⸗, herab —, heran —, herauf —, heraus — herein — her⸗
ie— hernieder —, herüber —, herum— herunter —, hervor —,
en, hin—, Hinab—, binen— üinauf — inank hinein hin⸗
Ber—, binunter--, hinweg —, hinzu —, nach — nieder—, rück—,
Aber — um — ‚umfer——, ver — vor —, vorun —, voraus —, vorbei —,
vorüber —, weg —, zu — zurüd—, zuſammenblicken find Hat, aber nicht
alle gleich gebraͤuchlich — Den Landmann blickſt du mit Verachtung an,
Sarlker, Te123,2. Db ich gleich ſie nicht fcharf auſah, fondern vlg Zeit
u Zeit wie zufällig aufblidte. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 13.
ri weckte fie erſt der aufblidende Morgen. Lafontaine Dort
blikt man durch. Uhland, Herzog Ernſt 5. Ich fehe, dad Manche
%
54
852
nur aus bloßer Neugier dieſe Borlefungen durchblicken werden.
Ewald. Das Einbliden. in dieje heiligen Gegenden. Schubart.
Da blickt ihr aus des Fenfters Schimmer gedankenſchwer fein Hanpt
entgegen. Hedwig, Amaranth. : Was mußt’ ih erblicken! Schiller,
Marin Stuart 5, 5. Saturnia und Pallas blidten ber. Bürger.
Wie man herab auf den Zodfeind blidt. Klopftod, Meifias 4, 8
Es blickt lachend das Blaue herein. Schiller, Spaziergang. Da
blickt aus halbverſchloßner Thür ein Lockenkoͤpfchen hell herfür.
Redwitz, Amaranth. Wir ſahen von weitem die Dent de Raulion über
einen Nebel, der auf dem See ſtand, hervorblicken. Göthe, Briefe
a. d. Schweiz 2. Abth. "Daß ich ſchadenfroh auf dich hinblicke.
Uhland, Herzog Emft 2... Zum Boden blickt fie trüb’ hinab. Red⸗
wis, Amaranth. (Er) blidt in den Tumult hinaus. Bürger, ic
v. br. M. Wofern dein Geift jet niederblidt auf uns. Shake⸗
fpeare, 3. Cäſar 3, 1. (As flo) ein Rückblicken mehr vermutbete
als gewahr ward, Göthe, das Kind mit dem Löwen. Und mit fdywen-
- enden Lichtern durch's Laub überblidte der Mond fie. Göthe,
Hermann und Dorothea 8, 86. Sie fonate fi aber nicht enthalten,
nad) dem Zurücbleibenden nochmals umzubliden. Göthe, das Kind
mit dem Löwen. (Die) vom hohen Sonnenſtern der Pflicht wicht
wegblicken. 3 Paul. Und fehmachteft du des Lebens müde, und
winfet wir die lange Ruh, fo fipt zu deines Lagers Häupten dei
Freund und blickt die Tröftung zu. Koſegatten. Jetzo blidt er
zur Inſel —— Sonnenberg.
Mit erblicken find ſtunverwandt gewahren (mbb. gawara) und ge:
wahr werden (ahb. gewar werdan; alti. giwar, mittelnteberl. gowar; ey
altf. wara, mhd. war = Ucht, Aufmerffamldt f. ©. 625) allgemein venmit
tell des Geſichtes zum Bewußtſein von einem Dinge kommen; zum VBewerptfein
von einem Gegenflande kommen vermittelt des Innern Geſichtes, d. i. bunt
Urtheil aus den Wirkungen des Gegenflandes ober durch Schluß, mälcmb
erbliden nur in Hinfiht auf das gefagt wird, was unmilielber im vie
Augen fällt, — Und einen Ritter hoch zu Roß, gewahr’ ich in den Wim
ſchentroß. Schiller, Kampf m. d. Dr. Uls Re ein augenblidiiies Seilfhaihmn
und Rückblicken mehr vermuthete ale gewagr wurd, Gothe, das Aus ai
dem Löwen. |
Blider, Blidung (mhd. blickumnge), blicklich (md, blioklich
— leuchtend) find mur in Zufanimenjeßung nit andern Wörtern ge
bräuchlich — Bei Erblidung einer zinnernen Schäffel. Göthe, inl.
Reiſe 8. Det. Ä
Blig (ahd. u. mhd. mit Blick in den Formen zufansmenfallend,
niederd. blix, mittelniederl, blixeme, ſchwed. blixt ?]) em -Ichue wen
1) J. Agricola Hat in feinen Eprich woͤrtern öfters Blitz, Blitzen; alle
710 fagt er: Diſer tag (des Berichtes) wird einher fallen, wie en bilde uud
wie ein bieb des nachtes. A *
: 853
uͤbergehender heller Schein; im engern Sinne Blitzſtrahl; ſchuell wie
der Blitz, im gemeinen Leben andy Interjection; blitzigz blitzlich
(geſchwind wie der Blitz,· — Bnd das ſchwerts blitz wird mit ſchre⸗
den vher jn faren. Luther, Bibelüberſ. Hiob 20, 3. Die Blitze
iblängeln ſich nicht mehr durch's ſchwangere Gewoͤlk. Geßner. Wenn
man für jeden Donner und Blitz, den ihr losbrennt mit eurer Zun—
enſpitz', die Glocken müßt läuten. Schiller, Wallenfteins Luger 8.
Bi, wie die wackern Dimen fchreiten! Göthe, Zauft 1, 49. —
Mit ſelnem Augenblitz vom hoben Thurm umberzujchauen. Göthe,
Fauſt 2, 211. Worin (im Geſchmeide) der feurig gluͤhende Rubin mit
dem Smaragd die Farbenblitze kreuze. Schiller, Braut v. M. Schießend
auf jeglichen deu Freudenblitz. Shakeſpeare, Cymbeline 5, 5. Ihre
Bärter nennen's den legten Lebenshlig. Shakeſpeate, Romeo und
er 3 Ein Sounenblig ſchlug empor. J. Paul. Kein
trabtblig ſpaltet, was halte. Göthe, Fauſt 2, 273. Auf ihr
(der Erde) ſprang wol der Todesblitz regellos unter den forglofen
Voöllern umher. J. Paul. Und (ich) flog wieder herab’ in’s blühende
Schiff, und es floß tief in Wellenblitzen über Edelfteine weiter. .
% Paul. — Menſch, vertraue feinen Stimden, weil ſie nimmer ſtille
Runden; du läufft mit, und haft Dich bliglich deinem End entgegeu
fanden. a 1131. © 0 52.000
Bligableiter, — blau, — feuer, — feuerung (Electriflerung), — feuer:
flaſche, —feuergeräth, —feuerhaltig, — feuerleer, —fenexleiter, — feuern,
—— — — gi Fa
— feuerzeug, —funken, — ſchlag, —ftoffhalter, — ſtoffig, —itoffleer,
ſoffmeſſer, — ſtoffſammler, — ſtoffſauger, —ſtoffzeiger, —ſtrahl u. a.;
Blißes eile, —helle u. a5: blitzewerfend. — ee Ih |
artig.. Göthe, Fauſt 2, 147. Der bligbefpeerte Zeus. Gedlke.
Zlitzeit' hätte der ne Schwung Eloas. Klopftod, Meſſias. Die
bligentladene Wolle. Hulem. "Wir fanden, Daß dieſer Beinftein -
m höherem Grade blipfeuertg war. Campe. Ich z0g einen Fleinen
Dligfenermefjer oder Electrometer aus. der Taſche. Campe. Mich
traf das Wort wie fchnelles vtipge ſchmetter. Tiedge. Tanzt hin
und wieder blitzgeſchwind, Bürger. Der von der unverſehnen
kecken Beichuldigung wie blißgetroffen fland. Wieland, Oberon
14, 33. Unerſchuͤttert ftand Fredal auf der bebenden Erde von Blik-
glut und Donuerwolfen. Benzel-Sternau. Die bligleitende Ei—
getihaft mancher Körper. Campe. Hoc ehrft du Zeus die Wogen-
berricherin bligfchleudernd. Collin. Ein geheites Berhältuiß ...
offenbarte fi blitzſchnehl. Goͤthe, Meiſters Wanderf. 3; 10. (Ev)
verärtte die.blip ichwangre Gabe feines Vulvers. Benzel⸗Sternau.
Schwefel, wodurch der Blitz ſtoff angezogen wird. Campe. Der
ie bligverfengtes Haar. Halem. Blipzerihmetterten
Bipfeln enkfanjet Feffiches Rauſchen. Fr. Stolberg. — Mit Blibes-
854
fingen
ſchnelle ift er hier. Göthe, ZJanberlehrling. Die — wit
einem Mal des alten Hafles Blitzes ſtrahl den Aar. Redwitz, Ama
vanth. Mit Blitzes wink zerſtreute ſich's im Lauf. Goͤthe, Yauft 2,
66. — Vernichte mit dem entflammten blitzewerfenden Schwert
euch. Klopfiod, Meiftas 9, 691.
Bligen (ſehr entitellt aus ahd. plöcchazan, pleccazan, ple-
chazan, agj. bliecettan, blycitan, mhd. blecchezen, bleczen, blic-
zen, älternhd, blixen, blitzjen |. bliden S. 851 ſchimmern, glänzen ; heil
und ſchnell glänzen; im Bejonderu von dem jchnellen ſtarken Glanze
oder Scheine, welden bei einem Gewitter Die Blitze verurjadhen. —
Ab—, an—, auf—, aus—, durch —, ent—, er—, her—,
berab—, beran—, berauf—, herein —, berüber—., her—
unter—, hbervor—, nah —, nieder—, über—, um —, ver—,
vor —, zer, zurüdbligen find Mar, aber nicht alle gleich im
Gebrauch. — Wie die Morgeufpnne bligt der Herrliche in jeimer
oldnen Rüſtung. Sciler. —* ob) ein neuer Lebensgeiſt durch alle
dern blige. Wieland. .Hier bat Demofthened gedonnert und ge—
blitzt. Opitz. Und ſtürmt auf Hüon ein, glei einem Ungewitter,
Bin t Schlag auf Schlag. Wieland, Oberon. Verklärung bligt dem
Augenpaar.. Kofegarfen. — Hat ihn das Aug’ der gräßlichen Meduje
angebligt? Wieland. Bis Pas Licht der Gegenwart wieder in
meiner Seele auf — ar Senem durchblitzet die hei⸗
lige Nacht der Kriftalle Gefunfel Baggefen. Eine hobe Begeifterung
durchblitzt Die verborgenen Winkel der Seele. Abbe, Deinem
Aug’ entbligt mehr denn fterbliyer Glanz. Koſegarten. Die Sonn’
iſt aufaegangen, in Diautantenem Gefchmeid erbligt die Flur. Klop-
ſtock. O welch ſtrahlender Götterblick, wie blitzt er auf mi ber.
Sonnenberg. Donner blitzten herab. Sonnenberg. Der Edle bört
* Urtheil ſchweigend, blitzt auf das verhaßte Weib noch einen Blid
erab. Wieland. Zunge Seraphim ſchienen herauzublitzen. Son—
nenberg. Die Unſchuld hat eine Sprache, einen Siegerblick, der die
ee mächtig niederbligt! Schiller, Jungfrau v. D. 4, 10.
ine ſchwere Gewitterwolke Aberbligte unaufhörlich das Dunkle Meer.
Campe. O Tugend, fie Gedanfen umbli pen: Zweifel umdounern
dich. Kretſchmar. (Gott) der unfrer Feinde Trotz zerblißet. Arndt,
Rundgeſang. Deren Funkeln fehr romantifh aus den Tiefen Ddieler
Blätternafe zurüdbligte © Wagner
Wetterleuchten (Nat wetterleiigen, bei Agricola Sprichn. 588
wetterleuden,.bei Fiemming ©. 884 der Lübeder Ausgabe wetterlea&
ten, mb. wöterleichen, von Better ©. 288 war goth. laiks ©. 48)
deutet bloß auf ven Schein, nicht auf ben Strahl. — Die Blipe, vie wie
fhon lauge am Horizonte Leuchten gejehen, und die ich Immer für wetsers
kühlen ausgegeben habe. Gälbe. (Ws). ſtrahle Der benbflern - uub Bis
u... 8385
weiterleugtunne Wolle Bob. Dort die Güter um Zeus, den Wet⸗
terleudtenden, fipend. Bof. j
Gleichen.
(Wurzel ga-Nih, lik.)
Gleiche, glich, geglichen, gleichen (goth. galeikan, ahd. ka-
Khan, mhd gelichen,. glicehen gehen nadı ſchw. Form, daher das
uhd. Schwenfen) mit verbunfelter Urbedeutung (nah Grimm bedeu-
tete.goth. ſtark. keikan vielleicht verbinden) nhd. T gleich ſein; 2) gerade,
eben, glatt machen; 3) vergleichen, gisich ſtellen. — Ab —, An—,
aus—, vergleichen 1.8.2349). — Ich liebe einen Weg, der meir
wen gleicht Schiller, Picclomi 4, 4. Ein Blotte, die Schiffen
‚ wor fowol, ale Städt und Thürmen gleichte (glich). Lohenſteiu,
Cleopatra 1, 9. - Wird deine Treu fih deiner Schönheit gleihen
tangemefien fein)? Opitz. Und es gleiche ſchon Die. Wage an dem
Hummel Nat und. Tage. Schiller, Her und Leander. huft dm,
guter Mops, nicht meiner Stirne Kalten, ſah ich dem Wrillenipiel der
deinen zu, gegleicht (glatt gemacht). Thümmel. Daß ich den klaren |
Schein alsbald nicht follte gleichen (vergleichen) ınit ihres Haares
Zieht. Opitz. Daß wir nit za gleich en find den Alten. Dpitz wer»
fh vermag dir ingend ein Mann ſich zu gleichen dev flerblichen Er-
debewohner. Bob, Odyſſee 23, 125. — Kinder... die des Vaters
tıpfen Sinn. und der Mutter ſchönes Kinn lieblich weiden abeglei-
Gen Adarftellen). Logan, Siunged, 13. Diefe erſte Grundfaſer hat
ſih alles übrige arigeglichen. Göthe, Ramenu’s. Neffe. Ungleih
exrſcheint im Leben viel, doch bald und unerwartet ift ed ausgegli-
gen. Göthe, Eugenie A, 2. Wenn zwilchen ihnen einiges Mißver⸗
haͤltniß des Standes. war, fo glich ſich dieſes gar Leicht durch die
Denfart der Zeit aus. Göche, Wahlverw. 2, 7. Der Plaß jollte
wieder verglihen ( et) und ebenfalls befät werden. Göthe,
Bahlverw, 2, 1. hat- Den Plab- un denfelben (den Tempel)
We verglidgen, man ebnete nur dem Umkreis, worauf die Säulen
egrüuder werden jollten. Goͤthe, ital. Reife Segeft 20. April. Wahr⸗
-unfere Zeit vergleicht fich den felteften Zeiten. Göthe, Her-
wu and Dorothea 5, 220. Ewer Gedechtnis wird vergleicht
werden der afichen. Luther, Bibelüberi. Hiob 13, 1%
‚ Bleib !) (goth. galeiks, ahd. kace)lih, kilih, mbDd. gelich,
altı. likr, altf. gilic, agſ. lic, gelic, engl. like, ſchiwed. lik, holl. lijk, dan,
‚39 Schweiger fagt (in Mages pädag. Revue 1847 Juni): „lih und
leiks waren feine — ns leiks iR elgentlich — ſehend, alſo galeiks gleich
drein ſehend, d. i. mit einem Andern.“ Im Goth., Ahd. und Mhd. kommt aller⸗
⸗
856 “
lige) 1) (Adj.) im jenen Merkmalen sölligmit einem Andern äbereinftiimmend;
2) angemeflen, geziemend, pafjend; 3) mäßig, billig, gewöhnlich; 4) nach
einem mäßigen, mittlern Anfchlag, ungefähr; 5) gerade, eben, glatt;
6) (Adv.) ebenfo, wenn mehrere Dinge in ihren Umftänden völlig oder
doch großen Theiles übereinftimmen; 7) gerade, genau; 8) (Adv. der
Zeit) zu einer, beflimmten Zeit; 9) zu einer nicht genau beſtimmten
Zeit. — Weil er gleiche Reigungen und Abſichten mit wir hat.
Geller. Wolfen, die Gebirgen. gleich am Saume des Meeres auf-
fleigen. Geßner. So ſetzt fich alles wieder in's Gleiche. Göthe,
Meiſters Wanderj. 7, 6. Dazu, was fi der- Welt gelich (zur Welt
paflend). Boner, Edelſtein. Die Rauberey möcht nirgends baß noch
—— (paſſender) als dem Diebſtahl zugeſtellt werden. Landtag v.
516 ©. 368. Gleiche (angemeſſene) und freundliche Rech
Krenner, Landtagsh. 1, 59. Darinn wollten Wir uns unſers Theils
gleichlich und ehrbarlich finden laſſen. Daſ 8, 284. Einen glei-
ch en (maͤßigen) Lon nemen. Daſ. 1, 166. Daß die Zehrung geringer
und gleicher würde. Daſ. 7, 105. Damit das Getraid beſſer in
gleichem Kauf blibe. Daſ. 1, 159. Wodurch ſich das Gewebe
| — (ebner, glatter) ſchlagen läͤßt und klarer erſcheint. Goͤthe,
eiſters Wanderj. 3, 5. «(Drei Söhne) die alle drei ihm gleich
gehorfam waren. Leifing, Nathan,» W. 3, 7. Kam gleich. (gerade:
am Ende des Brachmonals gen Augſpurg. Aventinus, Ch Es
langt gleich. (gerade). noch zu einem Kleide. Gellert. Geht denn
das —— mit der Liebe. au? Gelert. Das gnäbige Grin
lein hat gle d Mer wird
‘den Augenblid gleich voller Argwohn fein. :Gellert. — Aalgieich zu
ch (ſo eben) nach Ihnen gefrägt. Crone
ſchlüpfen. Goͤthe, Fauſt 2, 30. Ob ich die übrigen Schaaren glei⸗
cherweiſe heranzuführen wünſchen ſollte. Göthe, Meiſters Wanderj.
1, 10. Da ſah ih in den engelgleichen en Schiller. Die
felfengleich gethlrmten Maſſen. Göthe, ‚Eugenie 5, 7. Die
(Strahlen der Sonne) ihre. glatte Haut mit flammengleidem
Roth bemahlen. Wieland. Da taudt.. geiftergleidh. zum Söller
Amaranth heraus. Redwitz, Amaranth. Nicht alfo, wie tapfer du ſeiſt,
gottgleicher Achilleus. Voß, Ilias 1, 431. Nur Poſeidon zürnte
dem göttergleihen Odyſſeus. Voß, Odyſſee 1, & m
acht
das Leben böllegleih. Redwitz, Amaranth. Iſt jedes nicht ein
inbaltgleihes Ding? Daſ. Wie rühmt die Sage meines Vaters
Kraft des fühnen löwengleichen Herkules nicht. Bürger. Aber
ein Schwarm, abhold der Vernunft... ſchwärmte daher, nachtgleich.
Voß. (Daß fle das Leben) für em hummervolles und ftaubgleiches
Dinge das einfache Al. nicht mehr vor, wol aber im YAaf., Alte. ıc., woraus folgt,
Da nn Goth., Ahd. und Mhd. wenigftens in ber Wurzel voransgefept wers
en muß. ’
—
Dafein erflärt haben. Goͤthe. Bremd und ſchattengleich ericheint
mir die Umgebung. Goͤthe, Eugenie 1, 2. ‚Ihre Kleider .... trugen
fie firenengleid ein Weilchen noch empor. - Shafefpeare, Hamlet
4, 4 Sturmgleich wäthet im Vaterlande Hetoais jein- Heer ipt.
Somenberg.
Aehnlich (aoth. analeiks, uhr. anakalih, makilib, agf. anlio, mhd.
anelich, aus goth. ahd. ana, alt. &, agſ an, mhr. anc, an, fanskr. anu,
or. ara, an und lei, li ©. 47, glei S. regen
annähernd. — Weil er feiner Brüder. einem, dem er deſonders lich gehabt, ſo
ähnlich fehe. Leffing, Ratkan d. W 1, 2. a
Gelichter (von gleich) Dinge gleiches Weſens, Bun aber nur
von. Berfonen gefagt, meiſt mit einem verächtlichen Rebenbegriff. —
Und ich kannte das Gelichter. Goͤthe, Rechenſchaft. Und belebt
als wahrer Dichter, ſchaf⸗ und fäuiiches Gelichter mit Geflunung
wie mit Sinn. "Auch der Eſel kommt zu - Ehren und — uns weit
Lehren. Böthe. Welder ich nachfagen muß, daß fe für die beſchei⸗
denfte und fittigfte ihres Gelichters befamnt if. Wieland.
Art. & 238..&pießgejelle (von Spieß, ahd. spioz, mhb. apiez,
. alin. spiet®) und Befelle S. 745.) bezeichnet nur den einzelnen Waffen
oder Rampfgenoflen; gewößnlich Genoſſe oder Theilb ader einer ſchlechten Hand⸗
lung. — Der Helb, ſobald fein’ neuer Spießgeſelle das beſte Roß, das ſeinen
Gerrn :verloren, nebR. einem guten Schwert ſich aus der Beut' erkoren, ſpotut
ſeinen ſchnaubenden Hengſi. Wieland, Oberon 2, 6. Wer mir widerſpricht,
J der war nes Moͤrders Spiehgefetle. Leffing,. Emitie Snlotti, 4,5. --
— Gleicher, Gleichung, Gleichheit, gleichig; dar,
‚ desfefbigen— 3)). tn gleichen; f ogleich; — Was — der
— Gottes fur eine gieihe N * mit den’ Goͤtzen. Lu⸗
ther, Bibelüberf- 2. Kor. 6, 16. Tüchti nn yaie
giebesnahtundiagesgleiden, Rüdert, gef. Ged. 2, 329. Gleich
nach der Frühling⸗, Zag- und- Nadtgleihe J. Baul, Dep .
Man fagt, die englifche Rationalſchuld Fönne, wenn man fie in T
lern ausjable, einen ordentlichen Ring um die Erde nie‘ ein zweiter
Gleicher geben. 3. Paul, Siebenkaͤß 5. (Sie) wollten ihre alge-
braifhe Gleichung noch weiter fortjegen. Daf. 1. Sie find durch
Gleichung der Laften, bie einzige wahre Freiheit und Gerechtigfeit,
*, Nah Schirliz (die dentſchen Waffennamen, Gpmmaflakyrogr. Stargard
ſoll no Wort 5 einem, freilich nur vermuteten, ahd. Berbum spiutan =
en
— — Wieſe Phraſen, in denen etwas Incorrectes ſteckt, wie man ſie nehmen
vgl. Grimm HI, 81 und meine Grammatik I. 2, 8. 360. Ginige ältere
Beifdiele find: desglich die vesten von Switze,. (14. Jahrh.) Wadernagel,
altd. Leſeb 927, 1. Desglichen die von, Costenz. Daf. 930, 29. Die lan-
gen spieß desglichen (15. Jahrh.) Daſ. ‘1058, 1. Bndt vindt man im lande
nit vins glihen. Bet. Btterlin, Ghronif.(v. I. 1507). a fin glid nit fy
aber allem: volck. 4. Bibelüberf. (1470-78) 1 Kön. 10, 24
efänoben © 4 meine Ä
838
größten Nationaltuuft geſtiegen. Seume. Dielen anglei-
En: hoher Leut. Fiſchart, —— S. 300. Bo von Sum:
men und Ausgleihungen die Rede if. Göthe, Reiſters Wandeij
‚14 Wo eine Aasgleichung (dev Gtreitigkeit) vor ſich geben
sollte, Göthe, Leben 9. B. Das Zranenzimmer, die ed mitbeniit,
iſt nicht ungeneigt, eine Art vom Bergleichung einzugehen. Leite,
Miß Sara Gumpion 1, 7. — Feiheit ud Öleihheit hört mau
fallen. Schiller, Glocke. Gleichheit MR ümmer das feitete Band
der Liebe. Leffing, Miuna v..B 55. (Dahh) eine Meine Umgleid-
heit fichtbar fein möchte. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 84. Ehe,
Redlichleit, feites Molen, Wahrhaftigleit, Angehen wider Drohende
Wunden, Grtragem. ber ‚geishlugemen , Selbitachtung , esse:
heit ,.. Alles Das nud älmliche Wörter bezeichnen ‚doch nur
Hälfte der Ritlihen Natur, Die ſilliche Shirfe und Erhabenheit. s
Paul. Wuchtelgleichig, Fiſchurt, Gargantua S. 478. — Oftmehi
wünſcht fie den Tod, um nicht dergleichen gu ſehen. Voß. Sat
muth, deren gleichen mir in der Geſchichte nicht befanmt if. Her⸗
der. re Prieſter aber bringen das vmb, das jnen gegeben wid,
Desgleihen auch jre Weiber beafien dauon. Luther, Bibelüberi.
Bar. 6, 77. Desfelbigen gleichen auch der Kelch, Da. Lıl
22, 2. Dei denen auch, die für mich kriegen, Befiudet er inglei-
Gen & DOpig.
Gleichhebeusend (©. 217), — breit, —deutig, — dick, —ent⸗
Br — ewig, .— farbig, — fließend, —geltend (©. 169), — gef,
—geſtaltet, —giltig (©. 169), —gmdig, —groß, —haltung — bo,
—klang, —lang, —luf, — —5 —autig, — liegend,
— llinie, — macher, — maͤchtig, — machung, — wish (S. 352), — meß⸗
bar, — ſcheukelig, — ſchritt, u en —finnig, — ſtimmig,
—ſtimmuug, —jtrid, — theilend, — heiler, —theifig, —viel, — dit,
— winfelig, —zeitigkeit, En gleihernmaßen, —weiſe;
Abgleibftauge; Abgleichuugswage; Bergleid, —bar, —lich
— mäßig; Bergleihungsgtad, — grand, —punft, —ſtaffel. — Rd,
—ſtufe, —weil, — Schreden wie Burien jagen herum gleich au
mit dem Chaos. Sonnenberg. Ihm war gleihalterig Phar
ton. Voß. So gleichartig auch die Sinne des Gefühles, des Ge:
ruches und des Geſchmackes mit den Sinnen des Gefichtes und Ge
böres find. Sulzer. Das einzige Mittel Dagegen fei aus eigene
Bruft fittlih gleichgeltende, — —
a Gefinnungen hervorzurufen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 13.
ie gleihempfindende Seele Bragur. Denn in der Mitteruadt
faltem Hauch begegnen ale planbene Seufzer ich. Voß. De
follte man mäßig und gleihförmig in allem fein. Göthe, Wahte.
1, 6. Bon ihr laufen a Wege nah allen Seiten
Göthe , Meifters Wan 1. Sie fprachen und handelten aus
550
Gleichgefühl anf emerlei ⸗Weife. Campe. So Iange die Quelle
qnifit und rimt, to lange bleiben wir gleichgefinnt. @öthe, der
Müllerin Reue. Oft verficherte fie, daß eine laͤndliche Ruhe gleich“
efimmter für ihre Sede fe: Meißner. Gib ihrem Bar das
—*— Gleichgewicht. Wieland. Und fie umarmten einander die
zwo gleichherzigen Jungfrau'n. Voß. Mädchen mit gleihjäh-
zigen Mädchen verbunden J. Paul. Mit dem Gleichlaut einer
harmonischen Suite. Herder. Die Säule nnß.dem Gleich maß un⸗
tertban an ihre Schweiter nachbarlich ſich lehnen. Schiller, die Künſt⸗
ler: Es erfordert ja Doc ein gerechtes Gefeb gleichmäßige Güter-
vertheilung. Platen, die verbängnißpolle Babel 5. Gleichmeſſend
gießt der Himmel feinen Thau auf alle durſtende Gewächſe aus. Schiller.
Spiel der ehe des Ghucks und Unglücks, feines won beiben wißt ihr
je zu beſtehn mit Gleichmuth. Göthe, Fnuſt 2, 208. Diefem un⸗
eſtinmen Treiben begegnete Ottilie mit gleichmüthiger Thätigleit.
Wahlv. 2, 4. (Es zeugt) von ſeiner Heiterkeit und Gleich⸗
mäthigfeit, Göthe, Leben 7. B. Was als Ader erſchien, Das
bleibt gleichnamige Mer. Voß. So daß Niemand wußte, wie ich
anf eimnal, gleichfam!) Dusch Inſpiration, zu der. freuden Sprache
gelangt, war. Goͤthe, Leben 3. B. (Bie ſehr Yet: man ſich über das
unwürdige, unmetaphufiihe Zettmaß mit metaphyſiſcher Stuenge ge =
g leichſamt Iſich in Vergleichen des Wortes gieichſam bedientL - Her:
der.) (Sie famen) vom gleich ſchwebenden Schiffe. Voß. Juſp-
fern die Frerndſchaft eine gleichfeitige Uebereiuſtimmuug des Cha—
rakters voraudieht. Geller. Tropt der. Friſt eines freudeloſen Daſeins
‚amt dem. Gleichſinne eines Herzens, das Dem Gelispel weichlicher
Empfindungen fich verſchließt. Meyer: Herablaſſung und Gleich⸗
Rellung. Knigge Auch Hier ſchien Hilarie gleſich ſti mmig zu
deuken. Görhe, Meiſters Wanderj.2, >. Suchen uud aͤchten, rächen,
find ihnen auch. Gleichwörter. Herder. Ob ich die Übrigen Schaa—
ren —— heranzuführen wünſchen ſollte. Goͤthe, Meiſters
Wanderj. 1, 10. Dieſes und jenes beſteht ‚neben einander gleich⸗
zeitig. Benzel⸗Sternau. — Daß der Vergleich zu Stand käme.
Goͤthe, Götz v. B. 1. Der Königin non Saba vergleichbax. Goͤthe,
Wirkung iu die gerne. Es geſchieht nach Deiner großen, unver⸗
gleichbaren Gerechtigleit. Goöthe, Benvenuto Cellini 1, 12. Man
fand den Ort unvergleichlich. Göthe, Wahlp. 1, 15.
Gleichförmig — ſo, daß die Formen in manchen Stücken nicht
verſchieden find. — Doch waren fie (die Zeichnungen) durchaus zart
und gleihförmig. Göthe, Leben 4. B.
— ——— — —
2) Gleich ſam ſtand früher als Adv., mit dem Dativ und auch als Con⸗
junction für gleich als ob. — Gleichfam denen von Bern begaben ſich auch
die von ZArich zu Feld. Stumpf. 6 leben je dermaſſen alle Menſchen, gleich
Sam kein Mott wer. Myeutiund, Chrouif 1580. Bl. 109. |
IN
ſchreiben. Schiller, Abfall d.
860
. Etnformig = Hd in der Form von audern Dingen gar nicht under
ſcheidend. — Nichts als Ten Kuhreih'n und der. Heerbegluden einförmiges
Gelkut' vernehm' ich bier, Schiller, Tel 2, * -
Gleichfalls (für gleiches Falles) von derſelben Beſchaffenheit
nnd Größe. — Der Bildner gleihesfalls vergleicht ſich eben dem
Reiter. Göthe, den Drillingsfteunden von Coin (Ich bin) Sohn des
vorigen Schaffners , der gleihfalls jeinem Vater in dieſer Stelle
nachfolgte. Goͤthe, Meiſters Wander. 1, 2
Ebenfalls (f. eben ©. 5? ı bezeichnet nur Uebereinkimmung nad
ver Beſchaffenheit. — Daß dir Nupränme etwas zufammenräden, wur daß
Tafel und Brunnen fi ebeufalle zu nähern fcheinen. GBöthe, Leben 2, ®-
Gleichniß (ahd. die kali)iihnissa, —nissi, das kali)iihniesi,
mhd. die gelichnusse, glichnisse) allg. dad, was eine Aehnlichkeil
womit darftellt; im Bejondern eine unter dem Bilde eines äbmlichen
Gegenftandes verfinnlichende Grdichtung, vornehmlich wenn fie erzäblend
if. Vergleichung iſt überhanpt Vorſtellung, welche fid) mit der Aehn⸗
lichkeit zwiichen Gegenftänden beichäftigt. — Ihr ſeht bier weber
Thaten noch Begebenheiten, fondern Wunder und Gleichniſſe. Göthe,
Meiſters Wanderi. 2, 2. Es ift eine Gleichnißrede. Göthe, Wahle.
41, 4 Wenn du dich in ELTERN erſchoͤpft haſt.
4. u i
Shaffpenre, K. Heinrich IV. 1. Tb |
Glieichwol ifk eime adverfative Conjunction, welche die gleichgeoße
Möglichkeit, das gleihgroße Statthaben einer Einrämmung -gegenlber .
ausdrückt. — Ihr Verdienſt legte fle als etwas Entfchledenes zu deu
ſißen der Königin wieder; Die unbefangene Rachwelt bürfte gleichwol
denfen tragen, dieſes geritige Urtheil ohne Einſchraͤnkung zu unter:
Doch (gotb.thamh, ahb. dob, dhoh; thoh, mh. doch, alta. tha, thöst,
agf. theäh, dhedh, engl. though, nah Brimm HI, 176 f. aus dem geth
Demonftrativ thata entfproffen) deutet zumädit auf tie Wirflichkeit im Degen
fag zu der logiſchen Richtwirklichkeit; bezeichnet als abverfative Gonfiaction
die Aufhehung einer aus dem Conceſſtoſatze gezugenen Kolgernug nnd hebt ven
logifchen Werth des Adverſativſatzes im Gegenſatze gegen bie Folgerung herver;
witd daher im Belondern dann gebraucht, wenn der Sprechende feinen eignen
Gedanken verbeflert, ober die Anstehnung, die man ihm geben fünnte, befäpräuft;
in jevem Falle hebt doch den Gegenſatz beftimmt nnd fiharf hervor. Dennod
(aus dann noch, ahd. (hannanoh, mhP. dannoch für danne noch) eig. zu
ber Zeit noch: dann fogar va no; deffenungeachtet (minder gut dem:
ungeachtet) und nichtodeſtoweniger bezeichnen eine ausbrüdliche Her
vorhehung bes Aoverfativfages im Gegenſatze gegen einen in dem Gonceſſtofatze
ausgebrückten realen oder moralifchen Grund: Dennoch bezeichnet nur eine
unmittelbare Nachfolge der Einräumung mit tiefer im Gegenfage, nie aber
Berneinung des Grundes, oter fu heitimmt ben Begenfag hervorhebend wie
doch; deſſenungeachtet bebdentet ohne Berückfichtigung des im Borand:
85
Y
gehenden Ausgerrädten. Soll bei den genannte Gonjeaurtionen neben dem
logifchen Werthe des Mbverfativfapes zugleich das lagiſche Werhältwif des
‚Gegenfages hervorgehoben werben; fo gebraudt man zugleich die Genjunction
— (goth. afat, ahd. avar, avur, mbhd. aver, aber, verfürzt ava, av, ave,
‚ f Srimm H, 708 f., Il, 378 f. und meine Gramm. I. 3, $. 208),
— muß vor jedoch — aber boch wegbleiben. Jedeunoch = aber
vennoch. Indeſſen med in deß bezeichnen vie Zeitbeiunmug als einen Zeit⸗
raum, und drücken als adverſative Conſunctisnen eine Beſchränkung, Milderung
des Vorhergehenden aus. — Das iſt doch hart, daß wir die Steine ſelbſt zu
unferm Twing und Kerker ſollen fahren. Schiller, Tel 1, 3. Der Hulbigung
des Groͤßten iR fie werib, doch nie wird fie den Wunſch fo hoch erheben!
Schiller, Iungfeau v. O. 8, 4. Leicht bei einander wohnen bie Gedanken;
do Hart im Raume Roßen ſich die Sachen. Schiller, Wallenfrins Tob .2, 2.
Die ſteht's um Divier, meinen alten Kämm’rer? Doch der Getrene fihläßt
wohl lange fchon ben ew!gen Schlaf, denn er war ho an Jahren, Schiller,
Maria Gtuart 5, 6. Ich wollte geru den Biedermann erretten; doch es IR
tein unmöglich. Schiller, Zell, 1, 1. Die Böpte wollen wir mit ihren Rurds
ten verjagen und die fehlen Schlöffer brechen: doch, wenn es fein mag, vhne
Blut: Daf.2, 2. (Schrewsbury:) Sie if die Mädtige . . . demüthiget Buch,
Maria:) Bor ihr! ich kann es nimmermehr! (Schrewebary:) That's Deus
noch! Eprecht ehrerbietig, mit Gelaſſenheit! Schiller, Raria Stuart 8, 3,
Sraget zurüd was end zuerſt entzweite, ihr wißt es nicht, fa fünbet ihr’
auch aus, ihre würdet euch des kind'ſchen Haders ſchämen. Und denmoch iſt's
der erſte Kinderſtreit, der, forigezengt in unglückſel'ger Kette, die geu'ſte Unbill
dieſes Tage geboren. Schiller, Braut v. M. Die Druckerkunſt war ſchon
über hundert Jahre erfunden; deſſen ungeachtet erſchien ein Buch noch als
ein Heilige. Goͤthe. Alle ‚hörten den Knall, alte fahen das Feuer, aber bei
nõherer Unterfuchung fand man die Scheibe ohne die mindefte Verletzung.
Defungsahtet nahm bie Geſellſchaft den Borfall ſehr ernſthaft. Goͤthe,
Unterhaltungen veuifcher Ansgeivanderten. Ich weiß, vu bift nicht für biefe
Helrath; demungeachtet, wenn du etwas bagegen zu fagen haft, fager will,
fo ſag's geradezu. Göthe, GClavigo 4. Sein guter Genius flörte feine Reiſe
nor durch ein unvermuthetes Hinverniß, Indem der Marquis von Bergen durch
eine Wunde außer Stand gefept wurde, fie fogleih mit ihm anzutırien;
nichtodeſtoweniger machte er fich allein auf den Weg. Schiller, Abfall
d. R. Den Deutichen. IR nichts daran gelegen, zufammen zu bleiben, aber
doch für fih zu bleiben. Göthe, Gr bezeichnete feinen Abichied mit Gnade,
denn ‘er wußte, in welchen Händen er fie Heß; den noch aber wurde durch
die Biurichtung des Staatsrathes dem nieberländifchen Adel mehr geſchmeichelt,
als wirklicher Einfluß gegeben. Schiller, Abfall v. N. Es iſt wahr, ein
’
Menſch, der fo lebt, wie Hippias, muß fo denfen; und wer fo denkt, wie Hip⸗ |
pias, würde unglüdlidy fein, wenn er nicht fo leben fönnte; aber ich mn$
gleich wol lachen, wenn ich an den Ton der Unfehlbarkeit denke, mit vem er
ſprach. Wieland. Ich lernte wol auch Etwas in biefem Gollegium; jedoch
Aber das, woran mir eigenttich gelegen war, wurde ich nit aufgefiärt. Göthe,
Beben. (Wrangel:) Roc mit Griiuumen redet man davon, wir fle vor Jahren
"gegen Menſchendenken, ein Heer wie aus dem Nie hervorgerufen. Je⸗
vennoh — (Gallenſtein:.; Deunoch? (Bringel:) Gene Wärden meint,
eig leichter Ding docn moͤcht es fein, mit Nichts in's Feld zu Rellen ſechzig
ı tanfend Krieger, als nur ein Sochzigttheil davon num Treubruch zu verleiten.
Schiller, Wallcaſteins Tod 1, 5, Anbere (meiner. Ücheiten) bedurften, wm
anerfamet zu werden, mehrerer Jahres indeffen singen andy dieſe worüber,
umd ein zweites, drittes nachwachſendes Geſchlecht entſchaäͤrigt mich boppelt nad
dreifach für bie Umbülden, die ich von meinen früheren Beitgenoffen zu erduldes
hatte. Gethe, Leben. ne
Dbpleih und wenngleich, erft jpäter aufgelontmene GConjunt⸗
tionen dur Einleitung concerfiver Säge, deren Unterſchied, zwar nicht
immer beobachtet, aus der Berichiedenheit von ob und wenn!) fid
ergibt. — Obgleich man dem Feinde. nur. eine geringe Macht ent-
gegenzufegen hatte; fo formte man Doch hoffen, ſich zu behaupten.
Schiller. Wenn es gleich diefen Truppen an Tapferkeit —
fo reigten fie doch —X einen glaͤnzenden Aufputz die Augen. iller.
Obſchon, wenuſchon, ungeachtet (auch unerachtet), wie ob:
gleich uns wennagleich, etſt fpäter aufgefomme, ſind in ihren Um
terſchieden aus den einfachen Wortern klar; dasſelbe gilt von obwol, obzwar
: (veraltet), ob-aunch, wenn auf, wie auch, wiewol.) — Die Gärten
li⸗ferten die Fchönften Muſter, und obſchon tie Rränze fehr reich amsgelattet
iwurben, Tb kam man doch fraher, ale man gedacht hatte, damit zu Stande
Gothe, Wahlverwandeiſchaften 2, 3. Wenn jr ſchon ewer Hende auabreite,
. Ob, aot&. iba, ibäi, ahd. ipu, ibu, upi, ubi, ube, obe, oba, m&b. ube,
obe, ob, gl. if, altf., altn. &6, mittelniederl,, neuniederl. of, engl. if, iN eig. der
Dativ des bh. goth. iba, ahh. iba — Zweifel, Bedingung, dann zunäcdhtt Genj.
des Zweifeihaften und ſteht dann bedingend ———— einer angenommene:
Wirklichkeit, oder in dem Verhaältniß einer bebingenden Moͤglichkeit. — Wenn ans
waun, ahd. huanne und huenne, mhd. wenne, altſ. huan, agſ. hwonne, engl.
when — zu welcher Zeit, hat hier den Begriff der Bedingung des angenommenen
Falles, der angenommenen Wirklichkeit mit der Cinräumung.
2) Auch (goth. 4uk, agf. ec, altn. auk, ok, og, altf. ök, ahd. auh, ont,
mW. ouch, engl. oke, ſchwed. ock, och, hän.. og, unter fly mit einzelnen Bew
heiten) bebeutet zugelegt ald Vermehrung, flellt die Cinraͤum ale ſich an
ein Anderes oder Vorhergehendes wie ein Mehr anfchließenn oder ernd bat.
Das Wort kommt von gofh. Aukan, ahd. auhön, agf. eäcan, altf. d alte.
auka, lat. nugere = vermehren. — Wie (ans abd. so hwio, so wide =
—— zuſannmengezogen auie, mihd. swie) wird vorzüglich gebraucht, wenn der
nſaß auf nachdruckliche Weile hervorgehoben werden ſoll. — Wol und wohl
(gutb. vaila, ahd. wela, wola, wala, oh mhv. wol, wal, altf. wel, agf. wiola,
wiola, altn. vel, engl. wel, gehört zu wollen) deutet auf eine Möglichkeit des.
Cingeräumten bin und läßt den Vorbehalt eines Zweifels zu. — Zwar (ab.
si. wäre, zi wäre, mhb. zewäre,-zwär == zum MWabren) hat den Begriff der
Bewigheit unb Binräumung. — Schon (ahd..scöne, mht. schöne) früher mit
fh ön finnlidy einerlei, dann abflract mit der egeicnung einer in Anfehung ber Zeit
unverzögerten ober vielmebr eln unerwartetes Chetſein in ſich aufnehmenden Eirräumung.
.
verberge ich doch. meine Unger von end, Mab ob jr ſchon viel betet, höre-ich
euch doch nicht. Luther, Bibelüberf. Jeſ. 1, 15. Auch id begrüße dich,
wenn ih ſchon zürne. Böthe, Taffo 1, 4. Die Fremden hatten ſich
entjesst, ungeachtet man ven ihnen muf' eine ſonderbare Weiſe bedilhrt wor⸗
den war, dech den Weutſch zurückgelaſſen, daß man fie irgendwo wieber aus
treffen mächte. Göthe, Wahlnerwankifiheßten 2, 11. Di folt dich nid
furchten, Db fie wol ein ungehoxfam Gans An. Luther, Aibeluberſ. Chech.
2,6. Dbzwar fie elle bie Yuffeung bmitar, fo hieß es voch ı. Gimpli⸗
eifimus2, 20, Aber denmech, wenn ich duldend trage, Hetnife, ſende mir hin⸗
fort, ob auch weinender die Seele zagd, ende mir dein fanftes Liebeswort.
Tiedge. Laſſen Sie in diefer Ungewißgeit des Lebens, zwifchen viefem Hoffen
mad Bangen, dem bebürftigen Herzen doch nur eine Art van Leiten, nach
vwelchem es biablidle, wann «8 and nicht durnach ſteuern kaus. Goöthe, Wahl
verwanbtfihaften 1, 18. Wie. firafbar auch des Fürften Zwede waren, vie
Schritte, die er öffentlich gethan, verfiatteten noch eine milde Drutung. Schiller,
Biceolomini 5, 1. Die (Geſchichte), wie wohl fie mir ſchon vor einigen
- Jahren begagmet If, wich noch immer in ber Grinnerung umwabig, wacht. Böthe,
Meiſters Wanderjahre 3, 6;
Zugleich (abd. ze liche) zu einer und derſelben Jeit; zu An⸗
derm noch hinzu und mit dieſem. — Wie reizend wird nicht die
ee wenn’ fie ſich zugle ich auf Natur nnd Tugend gtundet.
Semeinſchafttich (ahd. kimeinlth, mho. gcmeinfich) in Beziehung
eines und besjelben vereinigt. Gemeinſam (ahd. kamelnsum, mhd. ge-
meimsam) zumäch dem Giren wie dem’ Andern zukommend; dann basfelbe,
was gemeiufchafflip, jedoch ebler und mehr Sinn und Charakter des Bere:
wigtfeins andtruenn. — Mt mangel’ ihr Herz des gemeinfamen Mahles.
Beh, Flbae 2,4181. Auch die Erde, zuvor wie Luft und an gemeinfam.
VDoß. Ovide Metamowph. 1, 190
Um. 1. Leiche iſt goth. teik — lebender und tobter Koͤrver, altn. lik,
dp. üb, auf. aliſ. Mo — Fleifch, lebenvet und tobter Körperr ahd. ſteht für Icbens
ber nnd Lodter Körper — Uhamo (dig. Decke des Kerpers), alt. Hhamo,
og. Hchoma, mhb, licham, lichnäme, weher nhd. Leihnam. — Nimmt man
®rimm als Urbebeatung das guth. leikan verbinden an, uben ©. 855,
t zufammenftellen.
um. %. Weigand flellt das S. 47 erwähnte — lich (vgl. gleich) mit
Leich e im frühern. Stune — und glaubt, daß —— —2 aͤußere
— das Ausfchen deute.
3. deis (qiſchlaich) iſt mit allmalich etwas peranderter Bedeutuug
—* aus dem nal gehörigen goth. läiks, alfn. leikr (Spiel, Spruug) |. ©. 408.
Aum Fuͤrwoͤrter —* und welch, zu dieſem — lich gebürend,
ind * ellt: — svaleiks, ahd. =ölfh, solih, sulfh, altſ. Bulle, ae svile,
mi». selich, soloh. seih, 261h, engl. such, mitselniterl, "sulk, — . zuik,
Mr slik; ——— hvtleike, ehr. hwöllb, hwiollh, weh
ul, agf. edle, ilo, altn. hvillkr, mhb. welh, wälch, neunieberl. welk, e ee
—— laser Goth. sva (naht. fo) R— fo, auf —— el, sv = wie;
vie, beide ind urſpruͤnglich Caſus ven Furws
8864
Schleichen.
(Wurzel slih, alik)
umsghice, (al, sefälkhen, Klein cm, si, ci
u slihbandr, an; s sli
slichen) 1) fi) leife langſam binfchiebend fortbewegen; 2) fich heimlich
und kaum vernehmbar leife und laugſam fortbewegen (eig. und uneig.);
3) (veraltet) etwas auf eine leife und langfame Art — — 4) (vers
altet) leiſe über etwas hinfahrend ftreicheln, ſchmeicheln ſchwed. s lô ka). —
Bas auff on ſchleicht, das fol euch eme Schew jein. Luther,
Bibelüberj. 3. Mof. 11, 41. Mit leifem Tritt um dieſes Haus zu
ſchleichen. Schiler, Malenfeind Tod 3, 18. Er war der ſchlei⸗
chendſte Berräther. Shafefpeare, Ricyard IN. 8, 5. Ju's zweite
Jahr ſchon ſchleicht die Unterhandlung. Schiller, ——— — — — Tod
1,5. Er gebt in Waͤldern, mo an Schilf und Straͤuchen in kam
men lifern Silberbaͤche fhleiden. Kleiſt. Ha, wennn ein folcher
Wunſch in meine Seele ſchlich. Weiße. Diele Thräne, die ſich aus
ihrem Auge. fhleicht. Leſſing. Knecht ſchaw, ſobald ich Dir tim
en oe im »’ Handzwel umb den Hals.
f. d.) und das davon gebildete, nbb. gebräuchlidgerr flä:
pfen be. gr 9 gleitend durch oder in einen Raum oder ans ve
felben bewegen, mit dem (bei ſchlüpfen hervortretenden) Nebenbegriff ber
Schnelligkeit, gewandter Geſchwindigkeit, meift auch zugleich des Unwermerlien
— Er fhLlüpfte durch die offene Thür. Engelſchall.
Ab —, an —, auf —, aus — be—, bei —, durch —, ein — einhet—
ent—, er—, fort —, heim > ber—, herab—, heran-—, herauf—, er
aus—, herbei—, erein—berüber—, herum — ‚herunter — hervor—
herzu —, bin—, Binab—, hinan —, hinanf—, binaus up
hinein —, binter— hinüber — ‚hinunter — ‚hinweg Hinzu—
nieder —, über—, um —, umber— ‚anier—, nike yor—., —
voraus—, vorbei, vorüber—, weg —, zu — 55*
ſchleichen find klar. — Er ihlide mit — ges achte wieder
ab. Wieland Oberon 11, 11.. Denn ift der Adler England erk anf
Raub, fo fommt das Wieſei Schottland augeſchlichen zu jenem
unbewachten Neſt. Shakeſpeare, — V. 1, 2. Meine Bebke
wollt' ich heut beſchleichen. Goöͤthe der Beſuch. Wie er (de
Schlunmer) in ſchwüler Stunde den Wanderer unter des
duftender Erle beſchle icht. Voß, Philemon und Baucis 187. Di
durchſchleicht uns innen inanche Hoffnung. Goͤthe, an Lotlcchen.
Schlupfwinkel, in welchen der Kluge ... ſich verbergen oder dur ch⸗
ſchleichen kann. Goͤthe, Egmout & hatte ſich in einigen Hlar
fern eingeſchlichen. Göthe, Rameau's Neffe. Schleicht eins nad
dem andern gekleidet einher. Göthe, Todtentanz. Und ber futcht⸗
fame Mömer entjchlich zu feinem Palaſte. Kiopfiod, Meiſias 7, 861.
865
Die Thräne, die dem abgewandten Aug’ entfhlich.. Wieland. Die
mögen ftnnen und ausfinnen, wandeln und fchleichen, gefangen, wohin
fie können, erfchleichen, was fle fönnen. Göthe, Egmont 2. Er—
ſchlichen ift der Brief. Schiller, Zell 2, 2. Mir war jedoch durd)
dieje hämiſchen Worte eine Art von fittlicher Krankheit eingeimpft, die
im ftillen fortfchlich. Göthe, Leben 2. B. Wo im Sande der Weg
verzogen fortſcheicht. Klopftod, Zurcht der Geliebten. Ein unbe-
merft heimſchleichen der Verbannter. Shafeipeare, K. Heinrich IV.
1. hl. 4, 3. Sie ſchleicht heran. Göthe, Taffo 4, 3. In wel:
chem (Thal) die Nahe ungefehen heranſchleicht. Göthe, St. Ro-
chusfeſt. Schon ſchlich ..: der ſtille Mond herauf am Horizonte.
Wieland, Oberon 3, 52. Sollten die Franzoſen fi) herausgeſchli—
hen haben? Göthe, Campagne in Frankreich 16. Juni. Dienstag
ſchleicht dann auch herbei. Goͤthe, die Luftigen von Weimar. Mor—⸗
. gen früh werden WOOO Mann verkappt zur Stadt bineinjchleichen.
Schiller, Fiesfo 2, 15. Weil die früher erlaubte Gewalt über das
nicht = moraliihe Weſen fi} hinter der Allmälichkeit feiner Entwicklung
unbemerft als eine über das moralifhe herüberſchleicht. 3. Paul,
Titan 58. Er ſchleicht mit feiner Büchſe herum. Göthe, Göß v.
B. 3. Er fchleicht aus dem Gebüſch hervor. Göthe, Adler und
Taube. Im Labyrinth der Thaͤler hinzuſchleichen. Göthe, Kauft
1, 202. Wenn der Weltmenſch in einer abzehrenden Melancholie über
großen Verluſt feine Tage hinichleicht. !ı Göthe, Meifters Lehrj.
2, 2. Die fie die dazwifchen liegenden. Stufen hinabſchlichen.
Göthe, ital. Reife 9. Oktbr. Sachte ſchlich fie hinan. Göthe, Herz
mann und Dorothea 4, 63. Ich ſchleiche mich hinein. Schiller,
Räuber 2, 3. Ih hinterſchlich fie unverſehens. Simpliciſſimus
5, 17. Daß fih von dem vorhergehenden etwas in’s nachfolgende
binüberfhleicht. Göthe, FZarbenlehre 19. (Da) erhafchte mich ein
anderes Geipenft, Das mir jchon Dieje Tage nachgeſchlichen. Göthe,
ital. Reife 17. April 1787. So leif und ichlau ift ihm die Rache
nachgeſchlichen. Schiller, Piccolomint 5, 1. Der in der Nacht
allein das Heer des Feindes überjchleicht. Göthe, Iphigenie 5, 3,
Bo und die Neigung ... unverfebend Üüberjchleichen kann. Göthe,
Leben 12.8. Daß ich auf den Einfall gefommen bin, Sie am Sonn-
abende mit meinem ungehofften Beſuche in Leipzig zu überſchlei—
hen.” Rabener, Brief an Gijefe (28. April 1748). Lauernd um—
ſchleicht es (das Unglück) die Häufer der Menichen. Schiller, Braut
v. Meifina. (Er) umſchlich das Zodtengerüft mit heftigen Seuf-
zen. Voß, Ilias 23, 225. Unfichtdbar jhlihen mir dur den Pa—
laft umber. Göthe, der Zauberflöte 2. Theil. Ein fremdes Kind
underfchlaichen (unterſchieben). Lori, R.v. 1616, f.801. Er mußte
ı) Seltner Gebrauch des Mortes In activem Sinn.
55
866
fi) im Wald verfriecdhen vnd verfchleidhen. Aventinus, Ghreuif
1580 BL. 300. Wo ift die Schlange? Sie ift verſchlichen. Her
der. Eilet ihr Tage, die ihr der traurigen Aleone jo langſam ver-
ſchleicht. Duſch. Walter fchleiht voran. Wieland, Oberen 7,
30. Ich ſchlich mich hart am Stuhl vorbei. Göthe, FZauft 1, 1%.
Unterdeffen [chleihet auf dem Gange bäuslich ſpät Die Mutter neh
vorbei. Göthe, die Braut v. Korinth, Schleiche dich ſachte weg.
Söthe, Egmont 5. So könntet ihr wegſchleichen. Shakeſpeare,
die Iuftigen Weiber von Windjor 4, 2. Jeder Dolch und nadte Te
gen ſchleicht in die Scheide ftil zurüd. Wieland, Oberon 1, 45
Sie ſchleicht zurüd. Daf. 4. 57, So müffen wir... uns veritohlen
zuſammen ſchleichen. Schiller, Tell 2, 2.
Schleich (zarter Teichſchlamm, ahd. slic, mbd. slich, holländ.
slijck), Blindſchleiche (ahd. plintslicho), Schleier (mi.
slichsere), Schleiherei, Schlich (abd..slih, mhd. slich). — Da
diefe Fülle der Gefichte der trodne Schleicher ftören muß! Göthe,
Fauft 1, 36. Wie oft Habe ich deinen Vater gewarnt, ſich vor dieſen
Schleihereien in feine Büherlammer in Acht zu nehmen. Wieland.
Gewiß war Niemand gefchieter und gewandter, Erbſchleiche rei zu
erzeugen, ald er. Göthe, Zag und Jahreshefte 1805. Aus dem
Shlih wird ein Sprung J. Baul. Er weiß alle Gänge und
Schliche im Gebirg. Göthe, Göp v. B. 3. Daß ich hinter ihre
Schliche fommen follte. Gellert. Der giftigen Suchten (Kraufpeiten)
heimlichen Einfchlich verwehren. Minderer 16%0. ©. 76. — Bear
mit Schneckenſchliche die Vollendungspfade wandelt. Heydenreich
Schleihbrief, —druder, —fieber, —gang, —gift,
—treppe, —weg wa; Schlichfaß, — kofer, — kübel. —
Die mit kleinen leicht zu verbergenden Abbildungen der Mittelmäßigkeit
Schleihhandel trieben. Klopftod, Gelehrtenrepublif. Seine waderen
Wilddiebe und Schleihhändler entzüdten uns. Göthe, Leben
11. B. Der Yüngling legte fih auf Geberdenfpiel und Schleich⸗
mienen. Benzel-Sternau. Und (fie) bat fie noch einmal um weib⸗
lihde Schleichtritte. 3 Paul.
Anm. Das von Weigand. hierher gerechnete ſchlecht f. S. 708.
Streichen.
(Wurzel stril'.)
Streiche, rich, geſtrichen, ſtreichen (ahd. strihhu, streih,
striches,
strihhum£s, strihhaner, strihhan; mhd. striche, Streich,
(richen, strichen; engl. strike, stroke, ſchwed. sıryka), in eimer
ängendehnung über oder auf etwas hinbewegen; 2) ſchnell und ftill Rd
fortbewegen; (mbd. ſchwach); 3) (von manchen Ehieren) fid) nach der Begat⸗
tung fehnen und fich wirklich begatten; 4) (Schifferipradye) niederfahren
867
machen: die Segel; 5). Weiches oder Flüſſiges durch Druck und Fort⸗
bewegung mit einem andern Körper auf etwas haftend ausbreiten, einen
Strich machen; 6) (mhd. streichen, ſchwach) Schläge geben; 7) (Volks⸗
De auf etwas bieten, ſchlagen. — Der, zum MWeben zu ſchwach,
i Kirhenwufit und Gelagen fräftig den Brummbaß ſtrich. Voß,
Luiſe 1, 224. Dann aus geftrihenem Maß einjchüttet den färg-
lichen Vorſchuß. Voß, die Leibeigenen 62. Ich ſtrich mich ſachte
aus der vornehmen Geſellſchäft. Göthe, Werther. Die Lüfte, fo bier
reihen, find immer ungejund. Opitz. Tief um das Scilfgras
reicht die Erdſchwab' und der Spaß. Hagedorn. Die wollen...
die Rechnung jtreichen. Schiller, Biccolomini 1, 2. So euch jemand
in das angefichte reicht ( ſchlägt). Zutber, Bibelüberf. 2. Kor. 11, %.
3 fechte aljo, wicht als der in die Zuft ſtreichet. Daſ. 1. Kor.
9, W.
Schmieren (goth. — ahd. pismerön, smi(é)rwan, smi(ö)ran,
mhd. smirwen, smiren, smirn, smörn, agſ. smerwan, smerjan, smirjan.
altn. smyrja, engl. smear, ſchwed. smörja; vgl. gr. uroigew = fulben, f.
Schmer ©. 478) Elebrige Fettigkeit, dann überhaupt Haftendes Klüfüge auf
etwas Feſtem mit einem fellen Körper ausvehnen, daß es darauf hängen bleibt,
— Läaßt fih die Krankheit nicht Euriren, muß man fie eben mit Hoffnung,
fhmieren. Göthe, Jahrmarktéfeſt zu Plundersweilern.
Herausſtreichen — durch tie Rede mit gefaͤlliger Wichtigkeit
vor Anderen auszeichnen, befonders beifällig. — Da nun ein Schrift
fteller die Seinigen, denen er ergeben ift, Die Sache, der er auhängt,
nicht Loben und herausijtreichen darf: Göthe, Leben 13. 8.
Loben (ahd. lopon, lopen, altf. lobhön, lobön, loudn, agſ. lofjan,
altn. lofa, leyfa, nıhd. loben, zu lieben gehörig) Beifall geren; vornehmlich
lant auszeichnend fi äußern über Jemanden oder etwad, GStärfer it rüh⸗
men (&. 631), noch ſtärker yreifen (©. 5). ;
Neberftreichen bezeichnet Bloß die Handlung des Ueberhinbewe-
ge eng auf Feſtem, fie mag nun mit einem Pinjel.oder pinjelartigen
erfzenge, oder mit jedem andern Körper gejchehen. — Cie ijt keins
von den winddürren, mit Zleifchfarbe überitrihenen Gerippen. Lich⸗
tenberg, Briefe aus England.
Tünchen (ahd. tunihhön, tunichön, mhd. jänchen: vom lat. tunica =
überberfendes längeres Unterkleid, ahd. tunihha, tunicha, mbr. tünche =
Unterkleid u. fig. die aus Kultflüffigfeit aufgetragene Wandbekleidung) vers
mittelft eines in Kalfflüfflgkeit getauchten und auf einer Flaͤche bin und her
bewegten Binfel® oder pinfelartigen Werfzeuges derſelben einen Farbüberzug
geben. — Alſo fügt’ er und feurte fih an zu wähnen, die Gottheit decke ge⸗
tünchte Gräber nicht auf. Klopſtock, Meſſias 4, 172.
Ab—, an—, auf —, aus —, be—, bei—, durch —, ein—, ent—,
ber—, herab — ‚heran, berauf—, herans — _,berein— , berüber—.,
55 *
868
herum —, Berunter —, hervor —, herzu —, Bin— , hinab —, binan—,
binauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, binnuter—,
hinweg —, hinzn —, nach —, nieder —, um—, umher —, ver—,
vor —, voran —, voraus —, vorbei—, vorüber—, weg —, zer—,
u—, zurück —, zuſammenſtreichen find an ſich klar. — An dem
rauerſpiele, was eben nicht gehen wolle oder könne, abzuſtrei—
hen. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 4. Auch ftreicht er nicht, wie
mehrere thun, ſein Scheernieffer in der flahen Haud ab. Götbe,
Meifters Wanderj. 3, 8. Weil die Häufer alle grauweiß ange—
ftriden find. Göthe, Leben 10. B. Ich fuhr während des Ber:
bandes fort, ihn mit Wein anzuftreichen. Götbe, Meifters Lehrj. 6.
Darf ich bitten, anzuftreicen, was ihnen bedenklich vorfonmt?
Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 107. Bhiline Hatte ibn mit dem
Ellenbogen angeftriden. Göthe, Meijters Lehrj. 5, 14. Der fid
bei mir anzuftreichen «in Gunft zu feßen? gewußt hatte. Göthe,
Lila 1. (Die Salbe) reinlih aufgeitrihen. Göthe, Kauft 2, 79.
Der Unterichied der aufgeitrihenen Metalle. Göthe, Leben 19. 8.
Die mit Kalt weiß ausgeftrichenen Fugen bezeichnen genau die
Größe der Quadern. Göthe, Leben 10. B. Er jtrih aus ım dem
Gedichte). Daf. 3. B. Der ein’ ift wie ein Löw’ erhigt, der auf den
Raub pflegt ausyguftreichen. a Einen ſtrichen ſie mit Gerten
auf. Aventinus, Ehronif 1580. BI. 180. Ein ausgeſtrichener
(ausgepeitichter) Dieb. Weiße. Streicht löbli aus (preij’t) dem
Herren feine Werke. Opig.. Haft du aud) den Jüngling von Athen,
wie ich dir aufteug, mit-dem Saft beftrichen? Shakſpeare, Sommer-
nachtstraum 3, 2. Wenn fie ein fleiner Wind beſtreicht. Opi
Und wurden roth, jobald fein Auge fie beftridh. Wieland. (Als
die Franzojen) eine Batterie errichtet hutten und damit das Feld und
die Chauffee beftrichen. Göthe, Belagerung von Mainz. «Indem
er) manchmal allein die Gegend durchſtrich. Göthe, Wahlv. 2, 10,
Zwiſchen beiden Wällen ftreicht eine Erhebung durch. Ungenanuter
bei Campe. Strich drauf ein Spange, Kett' und Ring‘. Göthe,
Fanſt 1, 146. Der Wind blieb ungünftig, den unſer Schiff in ver-
fchiedenen Richtungen fortftreichend nur überliften fonnte. Göthe,
ital. Reife 13, Mai 1787. Ale Man, da fie böreten, Das die Phir -
fifter flohen, ftrihen hinder jnen her im ftreit. Luther, Bibelüberſ.
1. Sam. 14, 22. (Ein Wind), der durd den Sattel, der zwei
Gipfel verbindet, hereinſtrich. Göthe, Briefe aus der Schweiz
2. Abthl. An hinabftreihenden Wielen. Göthe, Weilters Wander.
1, 8. Iſt er nachgeftrihen. Michaeler. Haben fie doch die Güte,
darin gerade anszuftreiihen, was Sie heraus wünſchen, und zu
unterfireihen, was fid geändert wünſchen. Schiller, Briefm. mit
Göthe, 2, 120. So verftric ein Monat geſchwind. Goͤthe, erfte
Epiftel. Altes Rauhe mit Gyps und Kalk verftreihen. Göthe,
869
Pater Brey. Zur Bequemlichkeit des Setzers habe id) die Berje voth
vor geſtrichen. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 338. Der fonft die
Sache hätte vor fih vorbeiftreichen laffen. Daf. 2, 10. Euer
ruhiges Wandeln, Gelige, ftreiht nur vor mir vorüber. Göthe,
Triumph der Empfindfamfeit 4. Eben fo behend und leicht ftrich ich
das Stoppelfeld (den Bart) vom Boden weg. Göthe, Meifters Wan-
derj. 3, 8. Unfer fchönes Karten- und Luftgebäaude .*. fo zerftärt, zer-
riffen, zerftrihen umd zerftrent zu fehen. Göthe, Briefw. mit Schiller
2, 158. Die Loden reiht zurüd die Hand. Voß, die frühe Melkerin,
Anm. Die Barticivien geftatten noch andere Zufammenfeßungen 3. B. Nicht
bloß gänges Kleingeld und landftreichende, von den Händen bes Trofjes abges
griffene und befubelte Scheidemuͤnze. Voß. Das Kühnhingeſtrichene reiste
mich. Göthe, der Sammler und die Seinigen 3. Brief.
Streichein (von ftreihen), fanft mit der Hand ftreichen, wird
mit mehreren Prüpofitionen zuſammengeſetzt. — Seine Kindlein frei:
chelnd. Voß, Baurenglüd.
Streich 1) eine mit einem Zuge geſchehende Bewegung; 2) eine
ſchnelle oder unvermuthete nachtheilige, oder auch liſtige Handlung;
3) (gemeine Sprechart) überhaupt. Begebenheit. Die Streiche (Schif⸗
ferſprache) eine Art Ruder (Steuerruder) auf kleinern Fahrzeugen.
Streicher 1) eine Perſon, welche ſtreicht; 2) ein Werkzeug, zum Strei⸗
hen; ſtreichig (veraltet). — Der Gegner fiel vor jedem Streich.
BSöthe, Fauſt 2, 287. Wenn man einen Streich drauf führte mit
der Art. Schiller, Tell 3, 3. Der in Ränfen.und Schwänfen und
allen Streichen gewandt war. Göthe, Reineke Fuchs 5, 90. Als
mir der unangenehme Streid) paſſirte. Göthe, Meilters Wander].
3, 6. — Ein Unterbett, das ihnen beim Aufftreich überboten wird,
Schiller, Räuber 1, 2. — Es traf fie alle wie ein Dounerftreid.
Schiller, Marin Stuart 2, 4. So ftürzten fie, die Doppelftreiche
doppelnd, auf den Feind. Shafefpeare, Macbeth 1, 2. Bon ihrer
Stärfe ſchwach beſchirmt erliegen unter Klanımenftreichen bejahrte
fturmgewohnte Eichen. 3. 2. Huber. Keinen neuen Gewaltftreid,
Bruder! Der. (Daer fih) über diefen Jugendſtreich fehr liebe-
voll erklärte. Göthe, Leben 15. B. Den Mordftreich wirklich zu
vollführen. Schiller, Maria Stunt 4, 9. Die Iuftigen Ritter-
reiche in Don Quixote. Reichardt. Solche gutmüthige Schalfs-
und Halbihelmen-Streihe. Göthe, Leben 7. B. Män nennt
fie bult nur Schwabenftreiche. -Uhland, ſchwäbiſche Kunde. Ch’
noeh ein Schwertftreih um die Stadt gefhehn? Schiller, Jung—⸗
frau von Orleans 1, 5. Ein fcharfes Lied, wie Schwertesitreid.
Uhland, am 18. October 1816. Ein Theaterftreich über den andern.
Leffing, Hamburger Dramaturgie 19. Was zauderft du und hemmt
den Zodesftreih? Schiller, Jungfrau v. O. 3, 10. Die fih auf den
Ruf ihres Landes Wunderftreiche einbildet. Göthe, Werthers Leis
870
den I. 24. Dec. Bei der Reveille und beim JZapfenftreich . Schil-
ler, Wallenſteins Lager 6. — Den kühnen Seedurdftreicer.
Göthe, Fauſt 2, 194. Laß mich von einem Anftreicher abmalen.
Shafeipeare, viel Lirmen um nichts 1, 1. Die fih fogar Spighuben
und Landftreiher wählen. Xichtenberg, Lawrence Earnshaw.
Auf eine Landftreicherin deutete nichts an ihr. Göthe, Meiiters
Wander. 1,5. Wenn der (Felsbewohner) von diefen Luftſtreichern
(Bögen) auf die ganzen Erdgejchledhter ſchließen wollte? Herder.
Blindftreihiger Zujedenfechter. Fifchart, Gargantua S. 230.
Mit Landſtreicher (der ohne feſten Wohnort das Land durchfireicht, wit
der verbächtigen Abficht des Stehlens) find Äinnverwandt: Herumſtreicher,
der mit dem unfläten fchnellen Bewegen eine verdächtige Abficht verbindet;
Herumftteifer, der fih unſtät da- und dorthin begibt, aber ohne auszu⸗
ſchließen, daß dabei Beichäftigung mit vorkommenden Gegenfländen Etatt
finden könne; Herumfhwärmer (von f[hwärmen, Shwarm ©. 122),
der fich regellos bald das bald dorthin treibt, befonders von feinen Sintiltungen
und Gefühlen fortgeriffien; Lanpdläufer, ber fich, ohne fehlen Wohnort, aus Mu:
Biggang im Lande umher treibt und auf Koften Anderer erhält; BDagabuny
(das lat. vagabundas, franz. vagabond) bezeichnet den Landlänfer, vor
nehmlich aber den Landftreicher, ohme gerabe immer die Härte dieſes Aus:
drucks zu verbinden. — (Man) wolle ihm aber ale einem Bagabunvden einen
Dentzettel geben und ihn weiter fchiden, weil er einige Tage in der Gegend
hberumgefhmärmt fei... Gr fei nur um das Schloß herumgeſtreift
und des Nachts herein gefchlichen, um Philinen aufzuſuchen. Göthe, Meilters
Lehrj. 3, 10. Geſtern machte ich Sie mit einer thärichten Landlänferin
befannt. Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1, 6.
Anm. Im Simpliciffimus (4, 8 u. o.) heißen diefe Leute Lanpfahrer und
Storger, Storcher. Nah Schmeller (bayr. Woörterb. 3, 655) gehört dieſes
vielleicht zu Stör = Strauß, Mühefeligfeit, wobei mhbd. storie, von altframy,
estor, provencal, estorn — vom deutſchen Sturm zu vgl.
Spornftreich6, ein genitiviiches Adverbium, im fchnelliten Laufe,
leih einem durch Sporen angetriebenen Pferde. — Ich fehrete Sporn-
reis wieder umb. Simpliciſſimus 1, 5.
Streihbant, — baum, —blume, —bod, —bret, —bürjte, — decke,
—eifen, —feuer, —feuerzeug, — fiſch, —form, —garn, --bader,
Be — holz, — hummel, —kalk, —farpfen, —käſe, —fraut,
—fübel, —lehm, —linie, —maß, — meißel, —mefjer, — model, — mon,
—nadel, —neg, —ofen, —palme, —pfeımig, —ſcheffel, — Ichindel,
—ſpan, —Ipatel, —ftange, —itein, — ſtiel, —flod, —teih, —thuns
fiſch, — tiſch, —wate, —weger, —wehre, — winkel, — wiſch, — wolle,
—wunde, — würdig, —zeit u. a.; Abſtreichbaum, — eiſen, — meißel;
1) Zapfenſtreich (niederd. — — militärifche® Lagerzeichen zum
0,
Schlag auf den Zapfen (ahb. zapfo, mhb. zapfe, agſ. täppe, altn. tappi, engl.
“ap, niederb. tappe) als Verſchluß des Faſſes am Mbent.
871
Aufſtreicheiſen; AUusftreicheifen. — Em Streichbled in der Linken.
Sötbe, Leben 5.8, Die Innung der Streihmader ift nicht min—
der zahlreich. Benzel- Stemau. (Mit) einem gewaltigen Streidh-
riemen am Zalar. Seume. Man betrachtet fie nur als Gäfte, als.
Streihvögel. Göthe, Briefe aus der Schweiz 2. Abthl.
Strich (gotb. striks, ahd. strih, mhd. strich, altn. strik, agſ.
strice, engl. strike, streke, streak, ſchwed. strek) 1) Handlung des
Streihend; 2) die Art und Weife, auch die Richtung des Streichens;
3) Das durch Streichen Hervorgebrachte, beionderd das in die Länge.
gehende fichtbare Zeihen mit mehr. oder weniger Breite, und ohne
gerade den Begriff von Regelmäßigkeit verbinden zu müflen; 4) das⸗
jenige, was geftrichen wird, 3. B. Zitzen der Kuh; 5) dasjenige, was
geftrichen worden ift: eim Strich Ziegel. Ab —, Au—, Auf—, Aus—,
Bei—, Durchſtrich mn a.; firideln. = mit feinen Strichen ver-
ſehen. — Das Kriegäheer nahm feinen Strich dahin. Stettlan.
Hier. macht er einen Strid mit Bier. Günther. Wodurd es zwar
einen gefühlvollen Anftrich des heiter Durchlebten gewann. Göthe,
Meifters Wanderf. 2, 4. Außendinge find nur der Anftrich des
Mannes. Schiller, Räuber 4, 6. (dr war auf der Baßgeige) taktfeſt
und von fräftigem Anftric. Voß, Xuife 3. b, 83. Auch iſt aufm
ganzen Erdenftric, fein Menſch jo weil’ und Hug als ich. Göthe,
Satyıos 3. Die Länge der Nächte... gewährt dieſem Erdftrich
einen neuen Bortheil. ©. Forfter, die Inſeln bei Aflen. (Du follteft)
deinem Eid mit einem einz’gen Zederftrich entiagen. Schiller, Bicco-
lomini 5, 1. Ich made nicht gem Gedankenſtriche. Goͤthe, Wer-
ther I. 10. Oct. Wäre fie nicht alſo nadr ihren Grundftrihen
für uns anders überfegbar als fle ift? Herder. Wie die Herzen mei-
ner Bölfer in meinen fernften Himmelsftrichen ſchlagen. Schiller,
Don Karlos 1, 6. Ebenſo enthält die Form jedes Landſtriches
mit natürlicher Schrift die Gejchichte der Erde. Lichtenberg, über Phys
fiognomif. In allen verjchiedenen Dunfträumen und Luftſtrichen.
Satffert. Daß ich Ahnen aus. allen "Ständen genug Figuren und
Handlungen zu Ihren harten Pinfelitrihen finden wollte. Göthe,
Meifters Lehrj 7, 3. Bon Regenftrichen gepeiticht. Göthe, ital.
Reife 8. Sept. Bon der Auerhahnbalz bis zum zweiten Schnepfen-
ſtrich ... war nichts verfäaumt. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 4. Wo
ih dann der Weizenftriche genug antreffen würde, Göthe, ital.
Reiſe Girgenti 27. April.
- Rinte (ahd. linna, altn. Hoa, nicht ohne Anklang an ahd. Mina, mhp,
line = Leine, Zugfeil, von dem aus fat. linum — ein gleicherweife ents
flammenden lat. linea urfprüngli = Faden, Schnur, franz. ligne, engl. line)
urfprünglich fortgehende Berlängerung eines Punktes in Einer Richtung ohne
Apweichunq von ihr; dann überhaupt fortgehende Berlängerung eines Punktes
mit einer gewiffen Regelmäßigfeit, nach mathemätifcher Beitimmung ohne
872
Breite und Die. — Sinnverwandt mit Landſt rich (unbelimmt ausgerchnter
Theil der Ervoberfläche, der bei geringer Breite nach einer Richtung fortläuft)
ift Gegend (ahb. gegene, gegende, mhd. gegene, gegen, gegent, gegenöte,
von gegen) ein hinſichtlich der &ränzen unbeflimmter Theil einer Fläche nach
Lage, Richtung, Beziehung zu etwas. — Bine fruchtbare Gegend ſchien ſich
wie ein Meer auszubreiten. Goͤthe, Meiftere Wanderj. 1, 8.
Strihbörs, —bret, —fiih, —förmig, —heufchrede, —Larpfen,
—kompaß, — haut, —ling, —naht, —punct, —raupe, —ſchindel,
—ſarſche, —ftein, —tafel, —-taube, —vogel, — voll, —weife, —zaun,
— zeit u. a.; Abflrichblei, — holz, —zinn. — (Die) der armen Zhie-
nette einen Kleinen Regenfchirm gegen die Strichgewitter.... reichen
wollte, 3. Paul. Lieber ein Land⸗, als Strihregen. J. Paul, Titan 58.
Strack (ahd. strah, mhd. strac, agſ. sträc |. S. 296); ftrads
(S. 850); fireden?) (ahd. strecchan aus strachjan, mhd. strecken,
agſ. str&can, strican, engl. stretch, ſchwed. straecka) ſtrack machen:
an—, auf, aus—, durd—, er—, heraus—, hervor—,
nach —, ver—, voll— (©. 32), vorftreden ua GStrede,
Streder, Streckung. — Kantart der Hahn) ein firader kühner
Gefelle. Göthe, Reinefe Fuchs 1, 191. Daß fie einige Hauptmaximen ernft
und fträdlich befolgen müffe. Göthe, Meifters Wanderjahre 2, 8.
Zwiſchen Lilo und Stabroek ſtreckt fi) eine große etwas abhängige
Ebene bis nad Antwerpen. Schiller, Belagerung von Antwerpen.
Nicht Tann Arme. nunmehr der Elende ftreden zur Mutter. Voß.
Indem er einfam ins Gras geſtreckt mit irrenden Bliden den Him—
mel durchlief. Geßner. Welche Schatten von Hügeln und einlamen
Bäumen ſtreckten fi über die grüne Ebene aus. Duſch. (Die) fich
bis Saaralbe und weiter hin unüberfehlich erftredte. Göthe, Leben
10. B. Ihre Nahahmung erftredt fid) auf die ganze fichtbare Na—
fur. Leſſing, Laokoon 3. Sie blickte ängftlid nad ihm zurück, und
ſah, wie er ihr. die Arme nachſtreckte. Lafontaine. Letzterem bat
jogar mein Vater ein vollftändiges Silberfervice vorgeftredt. J
Paul, Titan 9. Um das Urtheil vollftreden zu jehn. Göthe, Rei-
nefe Fuchs 4, 140. — Ueber der Erde weitefte Streden. Göthe,
Sphigenie 1, 4 Wir wollten lieber zu Zuße gehen, als uns der Ge-
fahr und Bejchwerlichkeit dieſer Wegftrecde ausfegen. Göthe, Xeben 6.2.
Dehnen (f. S. 4) allgemein etwas auselnander treiben, nady jeter
Richtung, ohne daß feine Theile fi von einander trennen. Ziehen (f. d.)
überhaupt furtbewegen, befondere nach fich furtbewegen, e8 mag nun aus eber
in einander gehen, abet immer durch eine von außen auf ben Körper wirkende
- Kraft. Reden (goth. rakjan, ahd. rachjan, rechan, agf. ræcean, altn.
3) Wadernagel ſtellt ſtrecken mit lat. strages, struere zufar:men; Grimm
(N, 53) führt es auf ein verlornes ftarfes goth. Verbum strikan mit der Beden⸗
tung henken, barreichen (dirigere, porrigere) zurüd, und fragt, ob nicht dazu auch
goth. striks, ahd. strih (Strich) gehöre.
—
rakna, mht. reken, rechen, nah Wackernagel zu recht ©. 88 und lat.
rogere gehörig, nah Maßmann von goth. rikan — aufhäufen, vergrößern,
nah Weigand von ragen, ahd. rakön, mhb. ragen) in einer oder mehs
reren Richtungen rudweife erweitern. — Die Syn. von vorfreden ſ. ©. 576,
— Könnte man das Leben ftreden, wie man fann das Leber dehnen.
Logau, Anhang zu d. Sgd. 117. Die Räume wachſen, ed dehnt fih das
Hans. Schiller, Glode. Der Graben... der fih um das Lager zog. Schiller.
Dnd Mofe redet feine hand zum Himel. Luther, Bibelüberf, 2. Mof. 10, 22.
©Stradgang, — heit. |
Streckbar, —bein, — bett, — block, —bug, —eiſen, —fiſch,
—fuge, —fuß, —hammer, —herd, — holz, —lage, —ling, —muskel,
—ofen, — rahmen, —raupe, —faal, —ſchicht, —teich, —walz, —werk.
— As das Gedicht ſtreckenweiſe ... auf dem Papier ſtand.
Göthe, Leben 4. B.
Anm. Tas von Schwenck zu ſtreden gerechnete Strick ſ. S- 380,
Weichen.
— (Wurzel wih, wik).
Weiche, wich, gewichen, weichen (ahd. wihhu, weih, wihhu-
mes, wihhaner, wihhan, wichan; mhd. wiche, weich, wichen,
gewichen, wichen; altn, vikja, agſ. vican. mittelniederl. neuniederd:
wiken, neuniederl. wijken, fchwed. vika; vgl. lat. vincere — befie-
gen) einem Drude nachgeben, fih von demjelben aus feiner Stellung_
ringen laſſen. — Die Bruft mit Flor bededt, der jedem Lüftchen
wid. Leſſing. Nun jo it die Welt aus ihrer Bahn gewicdhen.
Schiller, Don Karlos 4, 3. Der Herzog wird in feinem-Stüde wei-
hen, Sciller, Biccolomini 1, 1. |
Ab—, aus —, ent— (ji. S. 32), ber—, berab— , beran—, J
herauf —, heraus —, herein —, herüber —, herunter —, hervor—,
herzu —, hin —, hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch —,
binein—, hinüber—, binunter—, hinweg—, hinzu—, nach —,
nieder —, ver — (beſonders im Partic.), weg —, zurückweichen. — Er
ſuche durch dieſen abweichenden Schritt den abgeſchiedenen Seelen
aus dem Wege zu gehen. Göthe, Leben 2. B. Sie weichen hinter ihm
ab. Schiller, Fiesko 5,5. Sie weichen von einander ab. Shakeſpeare,
Othello 1, 3. Aber den Gegengeſchmack weichet die Dienerin aus.
Göthe, der neue Pauſias. Hier (im Weg) weicht er mir nicht aus.
Schiller, Tell 4, 3. Fern entwich der Brofane. Göthe, röm. Ele-
gien 12. Auf jeinen Antrieb find geſtern aud die Oberften ent-
wichen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 8 Wenn von der hinab--
gewichenen Somne ein zitternder Schein am Horizont heraufdämmerte.
Göthe, Meifters Lehrj. 1, 7. Im jüngit verwichner Nacht. Schils
ler, Jungfr. v. O. 1, 10. Belieb’ es euch zur Seite wegzuwei-
hen. Er weicht vor ihnen zurüd. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 19.
f
874
Eiunverwandt mit ausweichen iR auslenken (j. Imfen ©. 373),
nur von felbfithätigen, frei handelnden Weſen gefagt, deutet bloß auf eine
Beränberung ber Richtung, während ausweichen auf Ort und Tichtung
geht. — Sich! er lenket unfern Ghrenbogen aus, und unfern. gelte
bängten Hoffen. Ramler.
Weiher, Weichung; Abweichungsfinder, —farte, — kompaß,
—freis, — linie, — winkel, — zeichen, —zeiger. Unab—, unausweid-
lich find doppelt zufammengejegt. — Das Jtaliänifhe, Das mir als
eine luſtige Abweichung des Lateinifchen aufftel. Goͤthe, Leben 1.
3. Schubart fpielte auf dem Klavier mit vieler Fertigkeit, obgleich
etwas wild und unzufammenhängend und in jehr frenıden Auswei-
Hungen. Nicolai. Wir "haben das unabweidhlidhe Streben.
Söthe, aus Makariens Archiv. Da er ein unausweihlid Bedärf-
uiß fühlte. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9.
Weich (ahd. weih, mbd. weich, agſ. väc, veac, engl. weak,
altn. veikr, ſchwed. vek, dän. veeg) einem Drude leicht nachgebend ;
leicht Eindrüde auf- und annehmend,' empfänglich, nachgebend; Weich⸗
beit; weihlih, Weichlichkeit; verweihlihen; Weichling;
die Weiche 1) die Eigenfchaft, der Zuſtand eines‘ Dinges, da es
weich ift; 2) der weiche Theil am Leibe ver Menichen und Xbiere
den Rippen und Hüften. — Weicheres rang mit Hartem.
oß, Ovids Metam. 1, 25. Rinne lächelte weich fort, aber wie em
Engel im Gebet. 3. Paul, Titan. Er lat in den weichen Gefang
ein. Voß. O weiche Männer tapfrer Franken, fprecht Helvetien um
Männer an! Ramler. Seine fonnigen Strahlen erlojchen im weid-
fen (matteften) Sternglanz. Sonnenberg. Von diefem allzuwei-
hen Lebewohl fol ein erfrenlich Wiederiehn uns beiten! Göthe,
‚Eugenie 1, 6. Auf grünen Moospfühl ſammetweich. Redwiß,
Amaranth. Wohin fi fo geme die orientaliihe Weichheit jenfte.
Herder, Anftatt fih der Weichlichleit hinzugeben. Goͤthe, Leben
2. B. Welche fid in jedem Augenblid der Ruhe zu verweiclichen
fürchteten. Daf, 15. B. Indem nun das deutiche Theater fih völlig
zur Verweichlichung bimneigte. Daf. 13. B. Nod die Weich⸗
lingen.... werden das Reid) Gottes ererben. Luther, Bibelüber]. 1.
Kor. 6, 10. (Er) durchſtieß ihm die Weiche des Bauches. Voß,
Ilias 16, 319.
Weichen (abd. weichön, weichen, agf. väcan, altn. veikja =
weich werden; ahd. weichjan, altj. w&cön, agi. vaeecan — weid
machen) 1) weich werden; 23) weich machen (aud) fig). Ab—, an—,
auf—, aus—, durch—, ein—, erweidhen. — Es ift der Staub-
regen, der das .Herz für Die großen Tropfen der einfachern Töne auf-
weiht J. Paul, Hefperus 18. Wo der Gefang der Dichter umd
der Nachtigallen tiefer m die A ra Seele quillt. 3. Paul,
Zitan WO. Das meifte war, wie die Perfonen felbft, tüchtig Durd-
875
weicht. Göthe, Meifters Lehrj. 3, 3. Mit Spinnenfaft mußt du
den Faden einweichen. Novalis, Heinrih von Dfterdingen 1, 9.
Endlich erweicht ſchloß man auf. Göthe, Kampagne in Frankreich
4. Octbr. Daß das verfeftete Produet anfängt ſich unter Ihren Hän-
den wieder zu erweidhen. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 84.
Beich auch, —beule, —bottig, — faß, —fiſch, — floſſe, —haarig,
—herzig, — herzigkeit, —hufig, —kuͤbel, —kufe, —pflafter, —ſchwamm,
— ſchwanz, — ſtachelig, — ſtock, —zellenhammer u, a; Weichenband,
—bruch, —drüfe. — Statt der ſanften, weiharmigen-Braut. Schil⸗
ler, Semele 1. Voll weichbuſiger Mohrinnen. Sonnenberg. Dem
Kanarienvogel gleih, der... jo weichfederig. J. Paul, Mein
weichflüjfiges Hey. % Paul. Ein weidhgelodter Knabe.
Dverbed. Ein Hügel: ... weihgrafig. Baggeien. Weichherzige
Duldung erniedrigt uns. Ratſchky. Sie legte janft die rechte Hand
auf fein weihlodfiges Haupt. 3%. Paul. Jeder einſame Athentenjer
war lenkſam und weihmäüthig. Schiller, Solon. Die Eier der
Amphibien find weich] nn Funk. Mein Wechfel zwiihen Weich⸗
und Hartfein. 3. Baul. Der Zalfitein beißt auch Weichftein,
weil er ſehr weich ift. Hoffmann.
Anm. Weidhbild (mhd. wichbilde, aitſ. wikbiletho, altnieverd. weckbeld,
wibbelde, neunieberd. wikbelde, wikbild, neunieberl. wijkbeeld, eine Stadt mit
einem Gebiet) gehört nicht zu weich, fondern .ift gebildet cus goth. veihs, ahd.
wih, wich, mhb. wich, agſ. altn. vik, altfrief. wik, altſächſ. wik, neuniederd.
wike, wik, nenniedal. wijk = Ort, Stadt und Bil» S, 72%. Ruh Grimm
IN, 418 fammt Weich vom goth, veihs — Heilig; fpäter habe man, dem lat.
vicas (gr. olxos) zu gefallen das organifche s aufgegeben, das in. ahd. Ortsnamen
wihsa, wihse, wechsa fih nod) finde. Andere leiten das Mort geradezu von
lat. vicus ab.
2 Kreiſchen !).
Kreifche, Ereifchte, gefreifcht (in der Volksſprache kriſch, ge-
frifchen), kreiſchen (mhd. creiieren, krigieren, kriieren, kroijieren
— beim Kampfe jchreien, mittelniederl. erischen, aus franz. crier,
proveneal. eridar, fpan. gritar, ital. gridare, ift das urbane römifche
quiritare = das römische Volk, die QAuiriten, um Hilfe anſchreien,
dann jammernd fchreien) zunächft laut aufichreien; dann vornehmlid)
in grellen, jchneidenden Lauten jchreien: ab—, an—, auf—, aus—,
durd—, bervor—, zuſammenkreiſchen. — Bor dem Frofch, der.
emporfprang, jüngferlich kreiſchend. Voß, Luife 1, 134. Friert der
- 41) Dies Berbam gehört, nach dem Gebrauch der nhd. Schriftfleller, nicht zur
ftarfen bare ch babe es hier darum angeführt, weil ee in der Volks⸗
fprache, hefondere am Mittelrhein, fa nur in flarfer Form gehört wird. Tas
wmittelniederl. crischen geht nach ftarfer —— von da ſcheint das Wort
ins Hochdeutſche eingedrungen zu fein. Grimm (Bram. I, 1025 Nro. 176) weiſt
ertschen und kreiſchen der flarfen Gonjugation zu.
876
Bot mit kaltem Schimmer, oder kreiſcht der Wetterhahn. Voß. Da
freifchten die Mißtöne heftiger. 3. Paul, Siebenkäs 8. Dann kreiſcht
ih auf. Shafefpeare, Wintermährchen 4, 1. Laut nun kreiſchten
fie auf. Voß, Odyſſee 6, 117.. (Sie) freiihen ümmerfort da=
zwifchen fchadenfroh ein hartes Nein. Göthe, Bandora. Es kreiſcht
aus dem Schiff hervor. N. Grün, der lebte Ritter.
Schreien (I. d.) überhaupt bie Stimme- ſtark angefirengt Hören lafien,
VBrällen (Holänd. brullen, engl. brawl, bän. bröle, ſchwed. wrala, fdpweiz.
bräulen, ſchwàb. brellen, bröllen, nah Shwend aus brühlen, brüdlen
von breihen?) in tiefem ſtarkem Schalle anf gewaltige Weiſe laut werben. —
Laß fie denn über Argliſt ſchrein. Schiller, Piccolomini 3, 1. Das wear
mein Bater! brüllte Ahasveros. Schubart. Er läuft und brüllet =
einem fort, wie ich je ein Bullenfalb babe brüllen hören. Ghafefpeare, R.
Heinrich IV, 1. Thl. 2, 4.
Anm. Sleming gebraucht (Lübeder Ausg. S. 12. 16. 17) kreiſchen ia
eigenthümlicher Korm und Bereutung: Das reifen (Reigen) macht mir bange, das
meine Beine kreiſcht (gleihfam kreiſchen mad.) Die Hipe, die dich kreiſcht
(freifyen macht), die treibet mir den Schwaß. Hier hängft du (Heiland) Strie
menvoll, entleibet, außgefretfcht (wol der ausgeſchrien, ausgelitten hat).
Kreifcher (in der Volksſprache Krifcher); Gekreiſch (in der
Volksſprache Gekriſch) anhaltendes Kreifhen. — Heb' dich weg, Du
alter Kreiſcher! Uhland, der Romantiker. und der Recenfent. Nichts
nu ih, als ein mürriiches Gekreiſch. Uhland, das Ständchen.
ben wie Maͤdchenſtimm' umſcholl ein helles Gekreiſch mid. Boß,
Odyſſee 6, 122.
Schreien ').
(Wurzel scriw, scrig).
Schreie, fchrie, gefchrien und gefchrieen (früher auch ſchrei,
fhreite, gefchreit), fehreien (ahd. scriu, screi, scirumd&s, scira-
ner, scrian; mbd. schrie, schrei und schre, schrirn und schriuwen,
geschrirn. aud) geschriuwen, geschriwen, geschrigen, geschrihen,
schrien, auch schriwen nid schrigen, niederd. im Inf. nody jchranen
und fhrijen, holländ. schreeuwen, jchwed. skriken, skrien, dan.
skrigen; vgl. lat. screare — ſich räujpern) 1) überhaupt die Stimme
ſtark angeftrengt hören laffen; 2) laut weinen (ahd. screiön, mbD.
schreien audy = freien machen); 3) (uneig ) vor Anderm ſehr merf-
fi) jein, auf eine auffallende Art bervorftechen. — Wie der Hirſch
Ihreiet nah friſchem Wafler. Luther, Bibelüber. Pi. 42, 2. Cs
it nicht Dichtung, daß Bruderblut fchreiet Herder. Ihr Vater
bat den fhreienden Berrath an uns begangen. Schiller, WBallen-
1) Mit dieſem Berbum beginnt die zweite Claſſe tiefer Ablanteform (et, ie, ie).
877
fteins Tod 3,21. — Er ſchrey. ns Er ſchri, ſchrei, fohrey,
fie jchreieten. Fifchart, Gargantua ©. 158. 203. 217.
Duarren (von dem ftarfen ahd. queran, ch(k)erran = firren, fnirren,
lat. garrire, queri) ſchnarrend fchreien, in der Wetterau noch derren =
laut weinen ©. 387); dann nıurrend oder unfreuntlich fich widerlich lant äußern;
ſich weinerlich laut äußern. Rufen (ſ. d.) ſtark austönende Stimmäußerung
“Hören laffen. Kreiſchen und brüllen |. 6.875.878. — Bernher quarret
der Laubfroſch dumpf. Voß, die Reife, Der Feuerwächter vom Salisberg hat
eben Zwei gerufen. Schiller, Tell 2, 2. J
Anm. Im: 15.— 16. J. findet man auch das Partic. geſchrauen, ge:
fhrumen, gefhraumwen, 3. B. da wardf geſtürmbt und freudt geſchrauwen,
in einem die Eroberung der Etadt Mainz im J. 1462 befingenden Gericht. Im
Fräter. jagt H. Sachs ih ſchrir, ſchrier; doch nicht durchgängig.
Ab—, an—, auf—, aus — bei—, daher —, durch —, empor—., -
entgegen —, fort —, ber—, herab —, herauf —, heraus —, herein —,
herüber —, herunter —, bervor—, berzu—, bin—, hinab —, hin⸗
auf —, hinaus—, hindurch —, hinein —, hinüber—, hinunter —,—
hinweg —, nach —, nieder—, über—, um—, umher—, ver—,
Bor—-, voraus —, zer—, 3u— , zurück—, zuſammenſchreien find
klar. — Viel ſtolze Kluge ſchreien dem armen Sterblichen des
Willens Freiheit ab. Hagedorn. Und erſt die Mutter anzuſchreien.
Göthe, der Müllerin Verrath. Die Schildwachen haben's (das Männ-
fein) oft angefhrien. Schiller, Wullenfteins Lager 6. Wenn fie
ein Dürftiger um Huf und Zroft anfchreit. Gryphius. Ich wollte
auffahren, auffehreien. Göthe, Wahlverwandtichaften 2, 14. Ich ſelbſt
an jeder Ede als Metze Ausgeſchrien. Shakeſpeare, Wintermähr-
hen 3, 2. Häufig und viel ausfchreiend. Voß, Ilias 17, 66.
Wie, den lebten Zroft ihm nehmen, auszufchreien feinen Schmerz?
Scyreien, aus muß ich ihn fchreien. Bürger.“ So fuhr fie fort den
Bater auf Unkoften des Sohnes zu beſchreien (tadeln) und zu loben.
Göthe, Meifters Wander. 2, 3. Er beſchrie die Graufamteit.
Böthe, Kampagne in Franfreih 11. Sept. Da befchriig jhn Her-
zog Ludwig vor dem König und andern Fürften für einen Räuber.
Chronik bei Freyb. I, 133. Das Würfeln, fo dich befhrait macht
cin übeln Ruf bringt), wo nicht gar infamiert. Minderer 1620, ©.
‚36. Sein übelbejchreit Herfommen... . anders ift er der verdamme
ten Sect um der Gemeinfchaft halber, darin er mit dem Türcken lang-
ber geftanden ift, nicht befdyreit. Herzog Albrecht von Baiern an
K Mar 1. im Zahr- 1570. Dieweil fo. viele daherſchrien rings
m dem Saale. Voß, Odyſſee 21, 367. Kin dumpfes, verwünſchen⸗
des Gehenl durchſchreit, empört, die rafende Bergöttrung des
Triumph. Tiedge, Urania 6. Dreimal fchrie er empor. Voß,
Ilias 11, 462. Hab’ ich dir nicht entgegengejchrien? Kofegars
ten, Hymne an die Tugend. Schreiet fort, Mißtöne, zerfchreit
878
—— — — — — —
die Schatten. J. Paul, Siebenkäs 8. (Er) ſchrie in die Gaſſes
hinab. Schiller, Maria Stuart 5, 13. Die ſollte ihren Mann finden,
der auch wieder aus dem Walde riefe, wie fie hinein ſchreit! Götbe,
Jery und Bätely. Aus jedem Zenfter jhrien ihm Kinder mad.
J. Paul, Hejperus 8. Viktor juchte jein uneiniges unglüdlicdyes Her
zu überjchreien. Daf. 22. Ueberſchreien fönnen Sie mid.
Leifing, Antigöze-1. Sollen dich die Dohlen nibt umſchrein, mußt
nicht Knopf auf dem Kirchthurm fein. Göthe, zahme Fenien V. Daß
der Mann von Genie, der einen allgemeinen Irrthum verichreit,
oder einer großen Wahrheit Eingang verjchafft, immer ein Weſen iſt,
das unjere DBerehrung verdient. Goͤthe, Rameau’s Neffe. Hub’ ich
reimend mid) verjchrieen. Voß, Bußlied eines Romantifers. Daß
England ward verfhrien um Zyrannei. Shafefpeare, K. Heirrich
v1. 2. Thl. 3, 1. Sie ſchreit ihm zu. Ziedge, Urania 6.
Sinnverwandt mit verichrien (in böfes Geſchrei gebracht) ſind: bes
rufen (f. rufen) allg. viel und laht befprocdhen, vorzugeweiſe in gutem
Sinne; berüchtigt (von berüchtigen, von Rucht, Gerücht, ältershd
geruech , mittelnieverd. geruchte, von ahd. rahhön — fagen, erzählen, |.
Anm. 1 zu riedyen) ins Gerücht gebracht; in einem übeln Gerüchte ſtehend,
mit dem Mebenbegriffe, daß es gegründet fei. — Er ſchien fa glüdticher m
preifn, als die berufnen fieben Weifen. Hagedorn. Sch Hätte ven bes
rüchtigten Spiegelberg gefchen. Schiller, Räuber 2, 3.
Schrei (ahd. screi, mhd. schrei, schre), Geſchrei, Schreier,
Schreierei, fchreierifch, fchreiig, Echreiling. — That fie einen
Schrei. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 2 — Plöplich bört er mehr⸗
mals einen fait erbitterten Klageichrei. % Paul Dear Noth—
ſchrei jammert. Klopitod, der rechte Entſchluß. Der lebte Sterbe-
Ihrei einiger Banfnotenverfälicher war aus Tibures Trauerfeld zu
ihr gedrungen. Benzel- Stenau. Dort war jekt. ringsum Gewing
und Gemepel und Wuthſchret. Pyrker, Zunifiag 9. — Sie forder-
ten des Mädchens Blüthen mit ſchrecklichem Geſchrei von mir. Göthe,
der Müllerin Verrath. — Doch bald zerftreut den angenehmen Wabe
des Fräuleind Angftgeichrei. Wieland, Oberon 6, 3. Deinetbalb
it Feldgeſchrei und Getümmel rings entbrannt. Voß, Ilias 6, 338
Deun jchon bob fih ihr Freudengeſchrei die Reihen hinunter.
Pyrker, Zunifias 3. Selbft ihr letztes Jammergefchrei vermochte
die zarte zitternde Nerve bei euch nicht zu rühren. Klopitod, Meſſias
18, 171. Wenn ihm der kleine Schwan beim Hereintreten ins Hans
mit Zubelgefchrei entgegeniprang. Engel. Kampfgeichrei mw
Toben. Uhland, der blinde König. Laute Klagegeichrei itieg zu
der Hohen auf: Benzel- Sternau. Das Kriegsgeichrei erichalle.
Ruther, Bibelüberf. Jerem. 42, 2. Des Markts heiſeres Srämer-
geihrei. Salis, Elegie. Am Fe ließ er die Schmerzen durch
einander reden und lag ftill vor ihrem Leichengeſchrei ale die Leiche.
879
— — — — — — — —
J. Paul. Jugendliches Freuden- und Luſtgeſchrei. Herder. Daß
man mich jo umdräugt mit Mahngeſchrei und Schuld. Shakeſpeare,
Timon 2, 2. Scherzgeſchrei und Luſtgejauchze wechſelnd übers
täuben mid). Göthe, Fauſt 2, 229. Ihr Jammer zog unkenntlich als
ein femes Schlachtgeſchrei um ihn. % Paul. Dann jauchzen
wir im Siegogeſchrei. Klopftod, Heinrich der Vogler. Und fchleudre
wit Triumphgeſchrei mein Haupt in eine Schindergrube. Pfeffel,
Cato. Was will dies Waldgeſchrei? Neufird. Alſo erhub der
Permilchten ſich Wuthgeſchrei und Verzweiflung. Voß. Laut jcholl
durch die Säle das Zetergeichrei. Bürger, Lenardo und Blandine.
— Ihm wird ein Schreier zugelaflen. Klopftod, Gelehrtenrepubiik.
Tem.Hahn und feinen Schreiern allen zum Bändiger. Voß, der
Kauz und der Adler. Daß wir wie Seiltänzer und Marftichreier
reiſen. Göthe, Meifters Lehrj. 4,1. Daß es mit der öffentlichen
Marktfchreierei nicht gehn würde. Klopſtock, Gelehrtenrepublit 6.
Morgen. Ich will ſchreiichter fein, ald ein Papagei, wenn es reg-
nen will. Shakſpeare, jo wie es ‘euch gefällt 4, 1. Taubſchreiig.
— Gargantua S. 144. Schreiling, Milchſchreiling. Daſ.
49, 95. |
Mit Markftfcireier (der feine Kunſt oder Gefchidlichfeit, auch eigene
Heilmittel öffentlich oder laut anprelfende Arzt, vornehmlich, wenn er babei
ein Stümper if; überhaupt wer fein oder Anberer Thun und Kenntniß in ir
gend einer Kunft .orer Wiffenfhaft grundlos oder üBertrieben anpreif) find
finnverwandt: Duadfalber (engl. quacksalver, von quaden, quafen,
enal. quack, lat. coaxare un? Salber, ah. salpäri, von Sulbe, ahd. das
salb, die salba, mh. salbe, agſ. sealf, nad Bott aus fanffr. ip = bes
ftreihen, mit sa zufammengefegt; vgl. gr. aAsipsw falben) der prablenve
Stümper in der Heilfunde, im Beſondern der ungelehrte Arzt; überhaupt der
unwiſſende ſchlechte Arzt; Charlatan (franz.. charlatan, . aus ital. ciarla-
täno, von ciarläre — ſchwatzen) der redſelig vrahlerifche Afterarzt; gemei:
niglich der gauflerifche Afterarzt; überhaupt ber gauflerifche Selbftprahler nach
Arbeit, Kunſt, Berdienft etc. — Gs iſt hier nicht von Euren noch von Quads
falbereien die Rede. Göthe, Lila 1. |
Speien.
(Wurzel spiw).
Speie, fpie, gefpien und geſpieen (auch ſchwach fpeiete, ger
jpeiet) fpeien (ahd. spiwu, spei und spe, spiwumes, aud) spiu,
spei, Spirumes, spiwaner, epiwan, aud) spiuwan, spiwan, spu-
wen, spian, spiben; mhd. spie, spei und spe, spiuwen, gespiu-
wen, spien auch spiwen und spiuwen, bei Rebhun und Geiler
spiiwen; goth. speivan, agj. spivan, speovian, alti. spiwan, altn.
spya, engl. spew, ſchwed. spy, niederj. spijen; lat. spuere, gr.
arvew, worzar) 1) allgemein aus und mit dem Munde auswerfen
— — —
oder von ſtch geben, auch erbrechen; 2) (ſtg.) zornig fauchen, blaſen: die
Katze ſpeit; 3) überhaupt auswerfen durch eine mit einer Mundoͤffnung
vergleichbare Deffnung. — Er wird Dir in's Angefiht ſpeien. Schil⸗
ler, Räuber 2, 1. Bir ſpei'ten Flamm' und Tod. Gleim. Sie
baben vnter yhre antlig gefpeyet. J. Agricola, Spridw. 95. Cie
bat geſpeyt. Fleming ©. 118 der Lübeder Ausgabe. Sie fpeyten.
Dpig. (Derjelbe hat auh ausgeſpeyt, veripeyt) Er fpei.
Fiſchart, Gargantua S. 217.
Spucken (im Voc. v. 1482 spuchen, von ahd. spuwen, mhb. spiuwen)
wirb nur von dem gewöhnlichen Auswerfen aus’ und mit dem Munde gefagt.
Spüpen (bei Aventinus und noch landfchaftlich speuzen, ſpauzen Neben
forın von ſpeien, wie lat. spulare von spuere) gilt im jüngeren- Sprachges
brauch nur im gemeinen Leben und mehr ale landſchaftlicher Ausdruck für
ſpucken. — Wie er rüuspert und wie er fpudt, das habt ihr ihm glädlid
abgegudt. Schiller, Wallenſteins Lager 6, Gr ſpuützet in feine angen.
Luther, Bibelüberf. Mark. 8, 23. Er bie jhm felbe die Zung ab, und {peu
Bet fie der Mugen in das Maul. Wventinus, Chronik 1580 BI. 213.
An—, aus—, be—, durch —, ein—, ber—, hin —, binaus—,
nach —, verjpeien. — Sie jpeit mid nit an. Schiller, Ränber
5, 2. Mitten in ihrem Tempel fpieeft du die majeltätijche Gered-
tigkeit an. Schiller, Fiesfo 2, 13. Pfui! fpeit ihr aus. Göthe,
vor Gericht. Da fpeit das Doppelt geöffnete Haus zwei Leoparden
auf einmal aus. Schiller, der Handſchuh. Geiſter, ausgeſpien
aus Gräbern. Schiller, Räuber 5, 1. Daß fie deftomehrer einge-
fpiehen und angetriefelt haben. Simplicifimus 6, 2. Sie fpıen
aus flammenden Schtünden ... die Saat des Verderbens, brüllend,
inaus. Pyrker, Zunifias 6. Sie werden ihm verfpotten und ver-
Ipeien. Luther, Bibelüberf. Mark. 10, 34. Er wird verjpeiet
. werden. Daf. Luf. 18, 32.
Anm, Zufammienfegungen mit dem Barticipium.Präf. find: $euerfpeiende
Rachen. Goͤthe, Fauſt 2, 49. Feuerſpeiend ... Weinfeuerfpeilend. Fi
fhart, Gargantua E. 30, 205. .
Speiung, Speier, Speierei, fpeierlichz Geſpei; Speiet (ver⸗
altet); Speiekel, —fieber, — fliege, —gat, — kaſten, —fraut, —fübel,
— loch, —napf, —röhre, —faft, —Ichlange, —teufel, —topf, — trank,
— vogel, — wort, —wurm, —wäürzel. — Die haben mit jrem vnnüßen
gei pey (Gefpötte, Geichwäß) diefe edle Kunft unverftendig gemacht.
ventinus, Chronik 1580 BL. 106. Si tribend Speywort. Tſchudi,
Ehronif I, 76. Alfo tatend Iro vil wie die Hund, fo je ſpyeten
widerumb freffend. Daf. I, 41.
Speichel (goth. spaiskuldr, ahd. spichilla, spehhala, speichel-
tra, speichaltra, mhd. speichel, speicholter, speichlöte; Speifchelte,
Beleidigung mit Anſpeien? niederd. spedel, spei, spije) Fluͤſſigkeit
im Munde; davon ſpeicheln. — (Der Hund) let den Speichel
881
auf. Pfeffel, Thraſtmund und fein Pudel. Die Kranken ſpaichelnt
viel. Schmeller 3, 554 |
Speicheldrüfe, — fluß, —gang, —-fraut, —kur, — leder, —teiz,
—thierhen, —wurz, — wurzel.
| Freien. |
(Wurzel frij; vgl. fanffr. pri = erfreuen umd lieben)
Freie, freiete, gefreiet (in der Volksſprache frie, gefrien),
eien (mhd. vrien ſchwach, neuniederl., neuniederd. vrijen, ſchwed.
ija, fria, dän. frie, altn, freia; von goth. frijön — lieben, woher
auch Freund, goth. frijönds, ahd. friunt, agſ. fr&ond, friend, mhd.
vriunt S. 282) um die Liebeövereinigung mit einer Perfon weiblichen
(felten männlichen) Geſchlechts werben. — Nach reichen Weibern frei'n und
Scäpegraben jegnet nie. Bürger. (Daß du) es wagteft zu frein
im Krieg und über den Trümmern. Göthe, Hermann und Dorothea
2, 157. Hier wird gefreit umd anderswo begraben. Schiller, Tell
4, 3. Ich weiß, wie Philipp lieben fann und wie er freite. Scil-
ler, Don Karlos 1, 5. Bis ich die Schwefter dem Gatten gefreit.
Schiller, Bürgfchaft. — (Sie wird) im Alter noch umfreit. Göthe,
Fauſt 2, 132. Wann fi) mit Gewalt Umverftand verfrept, wird
geboren. draus tolle Wütigfeit. Logau, Sinnged. 1093.
Freier (der fih um eine weibliche Perfon zur Ehe bewirbt, es
mag aus Liebe geihehen oder nicht); die Frei aud die Freit, Freiet,
Freite, Freierei (mhd. vrie, neuniederd. frije), freierifh. — Du
bift ein miferabler Freier. Göthe, Zauft 2, 146. Da trachtet Er
allein zu thun fol’ eine Frey. — 3. Rift. Der Entſchluß ward gefaßt,
mich auf die Freite zu ſchicken. Göthe, Meifters Wander. 3, 6.
Kun reift er anf Freierei. Pfeffel, Minos und der Schatten. Wo
de freverifhen Waſſer buhlen mit den fchwanden Aften. Fleming,
©. 443 der Lübecker Ausgabe. J
Liebhaber (von liebhaben = einige Zuneigung zn einander haben)
überhaupt Perfon, welcher einige Zuneigung (Liebe) wozu eigen iſt; im enges
ren inne der in Gefchlehtöneigung zu einem Frauenzimmer um dasſelbe fich
Bemühende und Gefchäftige, er mag nun Abſicht zu chelicher Verbindung mit
ihm haben oder nit. Bräutigam (ahd. p(b)rätik(g)omo, agſ. brydgumo,
mhbd. briutegom, von Braut ©.419, und goth. agf. guma, ahd. k(g)omo,
altn. gumi, lat. homo — Mann) Hut die Einwilligung zur ehelicgen Vers
Bindung von Seiten der Braut, ihrer Eltern oder Bormünder erhalten und
fi mit ir verlobt. — Für Liebhaber findet fidh zuweilen das fremde Wort
Balan (franz. galant). — Könnte jemand die Liebhaber aller wohlden⸗
Tenden Mäaädchen in Bräutigame verwandeln; fo wäre es eine gruße Wohls
Kat für unfer Geſchlecht, ſelbſt wenn auf dieſes Berhältniß Feine Ehe fulgen
x 56
882
folite. Goͤthe, Meiſters Lehri. 6. Iſt's nicht ein Mann, fei's derweil ein &e-
lan. Göthe, Fauſt 1, 152.
— Freiwerber (S. 419), — werberei, werbung; Freierſsmann,
. 419. |
Anm. Zu einer Wurzel mit goth. frijön gehört wol auch frei, geth.
freis, ahd. fri. mbd. vri, agf. frio, freo, frig, ultn. fri. belländ. wry. engl Tree.
ſchwed. dän. fri und Friede ©. 240
Schneien.
(Wurzel aniw.)
Schneiet, ſchueiete, gefchneiet (m der Volksſprache ſchuie, ge-
ſchnien = geſchnauen), ſchneien (ahd. sniwet, snei, sniwande,
sniwan ; mhd. sniet, snei, gesniwon, sniwen, aud) smien, znigen
fchw., in Voc. v. 1445 sneyben, in der öfterreichiichen Boltofprace
schneiben, schneiwen, agf. snivan, altn. sniva, niederdentikh saien,
suiegen; vgl. griech. vigeır, lat.ningere), unperjönfich: es fällt Schuee. —
Doß wir and Süden und aus Norden zufammen geſchneit md ge
blajen worden. Schiller, Wallenſteins Lager 11. Daß ich wie aus
einer fremden Welt herein gefchneit ausfehe. Göäthe, Leben 6. A.
Man faget ans Vexation ungefär im Merz: heur wird es nach dem
May noch ſchneyben. Bodmann, NRotata v. 1700. Es hat nun auß-
geihneyt.. . Dein Grab das müſſe Mühen mit Ligen ganz ver
Ichnien, Fleming, ©. 332. 477 der. Lübeder Ausgabe. Durch die
beſchneiten wilden Höhn. Göthe, der Müllerin Verrat. lieber
beichneiten Gebirgen. Klopitod, Meſſtas I, 604. Sie denken weil
mit ſolchen Blümeleien die beißen Teufel einzuſchneien. Göthe, Fauf
2, 327. Thal und Feld und Haide find um und um mit Leichen über-
ſchneit. Kleift. Hemmten nicht Hohlweg’ und verichneiete Gründe die
Durchfahrt. Voß, der 70. Geburtstag 26. Mir folgete eine werde
Fahne, weldyer von allen Orten und Windeln gleihlam Bold zu⸗
ſchnie. Simpliciſſimus 5, 21.
Schnee (goth. sväivs, ahd. snew, snéo, sne, mhd. ane, agl.
snäv, snaw, altıl. snior, snoer, engl. snow, ſchwed. snö, hollaͤnd.
sneeuw, böhm. snih, poln. snjeg, lat. nix, gen, nivis, gr. vie,
sıyas), fehneeig (ahd. su&wag, mihd. an&wec). — Es find dieſen
Winter 78 Schnee gefallen. Bluntfhli. Der Hände Schnee
Gryphius. Mit ihres Buſens Schnee die Lilien beihämt Wieland.
Mur unfrer Hänpter Eis und Schnee will nicht zerrinnen. A. Ticher⸗
nig. — Der Jungfrau (des Gletihers) ſchneeige Schulter. Baggeſen.
Ein ſchneeiges Band. Voß. Die fhimmernde Wolle, den ſchnee⸗
ihten Lein. Schiller, Glode.
Schneeammer, —apfel, — bahn, — baum, —beere, — berg,
— binſe, — birn, — blind, — blume, — dohle, — drofiel, — enzian,
883
— eule, —finf, — fledte, — gans, — garn, — gebirge, — gerolle,
— geftürze, —gewälze, — glöckchen, — gränze, —grube, — haar,
— hahnenfuß, — haſe, — haube, — hauſe, — Haut, — huhn, —jahr,
— fönig, — lawine, — lerche, —Iinie, — luſt, — meiſe, — mild,
— ort, — netz, — pappel, — pflug, — pilz, — regen, — ſchlange,
— ſchuh — ſperling, — ſteinbrech, — ſturz, — tropfen, — veilchen,
— vogel, — waſſer, — weiß, — wetter, — wieſel, — wind, — wolke,
— wurm, — wurz, —zeit u. a. — So wälzte ſich auch der Schnee-
ball des Beifalls zu einer ungeheuern Größe. Göthe, Meiſters
Lehrj. 2, 4. Vom ſchnee bedeckten Dlymyos. Voß, Ilias 18, 616.
Des gefürchteten Gipfels ſchneebehangener Scheitel. Gsthe, Harz⸗
reife im Winter. Lieber den Windbruch der Frühlingeitärme, als den
Schneebruch des Alters. 3. Panl. Wenn auf jenem Schnee⸗
gefifde eine Seele die andere umfaßte. J. Paul. Oder ein Schnee-
geftöber, das weiß die Gefilde bededet. Voß. Hell durch Raub-
ewimmel bleibt der Frühlingshimmel, und der Berge Schneegewand.
attbiffon, der Wald. - Zwei Schneegewölbe. Thünmel, Im
Schneegemölfe Wieland. Wo zwiſchen Felszacken und Schnee
gipfeln fonnige Flächen mit zarten Roſen ſich bebeden. Göthe,
Meifters Wunder. 2, 8. Wenn der Greis erflaunte über das ftöbernde
Flockengewimmel' und des Gebirgg Schneelaft. Voß. Da wurde ...
dr Schneemann aufgethürmt. Matthiffon, die Kinderjahre. Die
Schneemaſſen der Algen ſchmolzen. Benzeh-Sternau. Ein Meer,
weih wie Schneenebel, 3% Paul. Schneerofen und Erdbeern.
Boß. Flimmernder Schneeftaub flattert umber. Geßner. Mit einer
thronenden Schneeftien unter dem braunen Lockenüberhang. J. Paul.
Bis zur Schneeftufe der fernften Gipfel, Meyer. |
Scheinen.
(Wurzel sein.)
Scheine, ſchien, geſchienen, fcheinen (ahd. scinu, scein, sci-
numes, seinandr, scinan; mhd. schine, schein, schinen, gesehinen,
schinen; agſ. scinan, altn. skina, engl. schine, fchwed. skina)
1) allgemein Licht von fih geben, im Beſondern volleres, ftehendes
Licht (S. 185); 2) durch glänzendes, fchönes Aeußere von weiten
fihtbar fein, ſich auszeichnen, bemerkbar machen; 3: auf eine gewiffe
Art empfunden werden, äußerlich in die Sinne fallen, ohne daß die
Sache gerade: fo ift, wie fie empfunden wird, und oft, daß die Sache
gamz anders iſt, als fie empfunden wird, als fle uns vorkommt (S. 36);
4) dem geiftligen Auge klar werden; 5) fo in die Sinne fallen, daß
man dafür geſtimmt wird. — Die. Sonnen alſo ſcheinen uns nicht
mehr. Schiller, Piccolomini 2, 2. Der Blig ſcheinet vom Auffgang
bis zum Niddergang. Luther, Bibelüberſ. Matth, 24, 27. Nicht be-
568
>
884
ft Du zu Scheinen (glänzen) in der Montur vor dem Mäpchen.
öthe. Wie aus den Büchern ſcheint (erhellt). Opig. Jede Stumde
Ideint ihm eine traurige Winternadht. Geßner.-
Die Synonymen f. ©. 36 und 185.
Ab —, an—, anf, aus—, be—, bei—, daher —, darein—,
durch —, entgegen—, er—, .ber—, berab—, heran —, herauf —
ne berein— , herüber— , herunter— , hervor —, herzu —
in-, hinab -, binauf—, hinaus —, hindurch —, binein—, Bin»
über—, berunter—, binzu—, nach —, über—, um—, umber—,
unter—, ver—, vor —, voran —, voraus—, vorbei—, vorüber—,
wider — zurück — ‚zufammenfcheinen bedürfen feiner weitern Erflärumg.
Da der Krieg jo ſehr wüthet, und feine Hoffnung befferer Zeiten an-
iheinet. Hermes. Aber noch größern Schmerz foll der Altvater bei
dem anfcheinenden DBerluft feines Sohnes Joſeph empfinden. Göthe,
Leben 4 B. Bis daß die fonn aufihin fo Far. Euring. Weil die
Sonne auf die eingefunfene Erde tiefer aufjcheine. Kichtenberg,
über die Weiffagungen des H. Ziehen. Gemacht, den lächerlichen Bliß
der Exrdengötter auszufheinen. Wieland. Bon der aufgeheude
Sonne beſchienen. Göthe, Leben 10. B. Wenn boͤſe Weiber ihre
Tücke woll'n befcheinen !) (ihr einen Schein, Anſtrich geben), je
wiffen fie fein befleres Mittel, als das Weinen. Logau, Sinnged.
2. Zugabe 72, Wie roth und gelb e8 (dad Obſt) daherſche int über
die Mauer. Boß, die Crleichterten 34. Zwilchen deu Bäumen fanden
Lihtpyramiden und Kugeln auf durchſcheinenden “Piedeftalen.
Göthe, Leben 5. B. Die Balcone find mit Durhicheinenden
Puapierlaternen verziert, Göthe, röm. Carneval. Sein Blig durch⸗
ſcheint das Feld. Opitz. So flieht man bie und da Lichter erſchei⸗
nen. Göthe, röm. Barneval. Wo wir erſchienen und pochten am,
ward nicht gegrüßt noch aufgethan. Schiller, Wallenfteind Lager 6.
Da mir der Ordnung hoher Geiſt erihienen. Sciller, Piccolomint
1, 2. Aus dunkler Bucht zu ihr herauf des Kloiterd weiße Maner
ſcheint. Redwitz, Amaranth. Daß enthüllet die Zwidelbinme hervot⸗
ſchien. Voß, Luiſe 1, 136. Ich bin vom Glanz des Tages über-
ſchienen. Götbe, Zaflo 4 2. Das Licht des Tages Tonnute das
Licht der Liebe nicht. überfheinen. Göthe, Leben 16, B. Wir
war Geftait, Farbe, Haltung jener vom günftigen Himmel überjcdier
nenen Landſchaft noch unmittelbar gegenwärtig. Göthe, Campagne in
Frankreich Bempelfort Nov. Die Sonne mag verfbeinen, bie
Flamme mag verfprühn. Rüdert, gef. Ged. 1, 234. Run war ver⸗
ſchienen zehen Jahr. H. Sachs. Da fcheint uns ein Bildchen, ein
öttlidhes, vor. Göthe, ergo bibamus. Der wie der feſte Stern des
—* mir als die Lebensregel vorgeſchienen. Schiller, Ballenfteins
1) Die meh. Sprache hat ein actives scheinen — ſcheinen machen.
885
od 2%, 2. Die halb vorfheinende Adel. Voß. Daß er ragt’
ams vielen, und vorfhien unter den Helden. Voß, Ilias 2, 483.
Er trat hinan und an defien widerfheinende Feniter. J. Paul,
Sefperus 10, (Da mir das) Betragen der See⸗ und Huafenleute noch
im Aug’ und Ohr widerſchien und widerfiung. Göthe, ital. Reife
10. Det. Die untergehende Sonne, and den Spiegel zurüdichei-
nenDd, blendete ihn. Böthe, Meifters MWanderj. 1, 8. Da nod Mond
und Morgen in den thauenden Luͤſtwäldern zufammenichienen.
J. Paul, Titan 67. a TE
Anm. Die Rortieivien geftatten noch andere Zufammenfegungen, 3. B. bie
fonnebefhienene Gegend. Benzels Sternau, j
Schein (ahd. scin, mhd. schin; altn. skin — Schein und
Mond; wie noch in Franken), 1) der Zuftand des Scheinens, der Zu-
and, da ein leuchtender Körper ſichtbar ift, die Art, wie ein Ding in
die Sinne fällt; 23) das Kicht, welches ein Körper von ſich gibt;
3) mas in die Sinne fällt, ohne daß der Wahrnehmende Ueberzengung
von deffen Wirklichkeit hätte; 4) ſchriftlich Ausgeftelltes zur Bemuahr-
heitung einer Thatfache. — Früh von des Tages erftem Schein. Schiller,
olin. Bon oben durch der Kuppel Deffnung ‚wirft der Mond den
leihen filberblauen Schein. Schiller, das verichleierte Bild zu Sais,
Der Mond behielt immer einen Schein um fich. Goͤthe, ital. Reife
14. Sept. 1786. (Die) nicht etwa malerische oder dichterifche Schatten
und Scheine find. Daf. Neapel 17. Mai 1787. — Nody war fein
Anſchein zu ihrer Entfernung. Schiller, Abfall’ d. N. 2. B. Der
rothe Nacfchetn der untergegangenen Sonne. Bürde. Der erften
Herrlichkeit Nach ſche in. Sonnenberg. Wie des duftenden Räps gelb-
bluhende Felder noch ein rötbender Nachſchein färbt. Sulis, Abend-
ſehnſfucht. Gegen Ende des Carnevals kommen mehr offene Wagen
um Borfchein. Göthe, röm. Barneval. Ein Gleiches gilt von dent
iederfheinen des meergränen Wuflers. Göthe, ital. Reife 8. Oft.
1786. Den Blick nach dir, geträbt von fpätrer Trauer; heilt Abend-
fein. Salis, die Kinderzeit. (Sie) ſchmücken die Opfer, die fie
ihm würgen, mit dem Afterfcheine deines unfterblichen Kranzes.
immel. Im Ampelſchein. Redwitz, Amaranth. Ein plößliches Ge—
wittergrauen düftert oft der Freundfchaft Aetherſchein. Matthiffon,
Elegie. Ein Jeder wollte die Gefellichaft in Augenichein nehmen.
Göthe, Meifters Lehrj. 3, 4 Willlommen füßer Dämmerfchein!
Göthe, FZanft 1, 139. Ein Johanniswürmchen faß feines Demant-
ſcheins unbewußt im weichen Gras. Pfeffel, das Johanniswürmchen.
Bald im Gevierten, Bald im Doppelſchein. Schiller, MWallenfteins
Zod 1, 1. Und jener mißt am Dritt- nud Biertfehein, wer
furdhtbar oder erblos wird fein. Soltau. Ein Empfangidein
(ward) ausgeftellt." Goͤthe, Meifters Wanderj. 1, 12%. Licht und
Fackelſchein im Hofe. Daf.-% 5. Bemerken Sie die Nichtigkeit des
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Mit augenfcheinlich ſind finwerwandt: Gewiß (8.571), allgemein
in Wahrheit nicht anders, als man fi vorſtellt. Ansgemacht (v. and
machen ©. 578) vermittelt völliger Durchführung der Unterfuchung ober
Erledigung des Streites über eine Sache gewiß. Entſchieden (v. ents
fheiden ©. 578) völlig gewiß, unumflöglih. Unläugbar (f. lügen)
fo, daß es ſich wider befferes Wiffen (vernünftiger Weife) nicht verneinen läßt.
Unzweifelhaft (f. Zweifel S. 430), woran fein Zweifel haftet, worein
fein Zweifel zu feßen if. — Offenbar (ahd. offanpar, mäb, offenbär umb
offenbeere, aus offen und har S. 47) unbebedt, bloß, völlig uuverdedi
wahrnehmbar. — Er nimmt fie gewiß zu feiner Fran. Goͤthe, Fauf 1, 187.
Iſt es denn ſchon völlig ausgemacht erwielen? -Leffing, Nathan d. W. 5 7.
Cin Mann von entſchiedener Urkraft. Lavater. "(Er Hatte) eine uns
leugbare Beratung gegen, das Geld. I. Paul, Eiebenfäs. Gr wußte
wohl, das Geld erfauft den Sieg, unzweifelhaft, ſowohl in Lieb als
Krieg. Hagedorn. Bel den Menfchen waltet offenbar ein anderes Natur⸗
geieß. Herder. a N
Scheinadel, —art, — begriff, —begründung, — behelf, — blind,
—buße, —chriſt, —darftellung, — ding, —Ddornraupe, — edelſtein,
— ehe, —ehre, —eulenraupe, —feder, —feind, —feindichaft, — fiſch,
—fromm, —gelebrt, — glaube, —gliederig, —glüd, — geld, grund,
— handel, —beiligkeit, —bilfe, —käfer, —kampf, —lage, —Eing,
—förper, — lehre, —liebe, — lob, — luſt, —macht, —mangel, — mit-
tel, —ruhe, — ſchwaͤrmerraupe, —fleg, —fülber, — ſittſamkeit, — ſparm-
raupe, —fpinnerraupe, —fpinnerichabe, — ſprödigkeit, —ſtolz, —ſttafe,
—ftreit, — ſucht, —thräne, —treu, —treue, — tugend, —übel, — us
ſache, —verdienft, — vergnügen, — vertrag, —wahr, — werk, — wider⸗
ſpruch, —wohl, —wunder, —wurzel, —zahlung, —zorn u. a. —
Daß ich fehrte mit Scheinbew eijen.. © eare, Cymbeline & 5.
Wie fi der Sonne Scheinbild in dem Dunftfreis mahlt, ch’ fie
fommt. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 3. Der große Scheinbund
Deutichlands. Ungenanuter bei Campe. (Er) fol zum Xeufel gehn
mit feiner Scheindienftfertigfeit. Platen, rom. Dedipud 5. Uns
fpriht der. Scheinfreund, fo wie du, allein bei guten Zagen zu.
Hagedorn. Der Scheinfriede dauerte ſechs Monate. Ungenannter
bei Gampe. Ach! und es herbt in dem imnerften Keim das Gute durch
Scheinfurcht. Baggefen. Scheingedilde und Morgentramm. Her⸗
der. Unter den Scheingeftakten ſurchtſamer oder wagender Bas-
heit. Meyer. In jene fheingroße Welt. I. Paul. Das führt
zu der Scheingröße, vor der man junge Kauflente nicht genug war⸗
nen kann. Ewald. Ein flüchtig Scheingut. Günther. Die fortfuhr
ſich mit einer ſcheinheiligen, unfchuldigen Miene gar artig zu ges
bärden. Göthe, Meifters ehr. 3,1.. Dem bisherigen Scheinberr=
ſcher der Welt. Br ee Da er fie (die Waaren) Doch wur
duch einen Scheinfauf von einem Franzoſen übernommen hatte.
“
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Ewald. Mitten im rauhen Gebirg glänzt der anmnthige Schein-
'nabe. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 8. Ohne fih andere Schein-
nechte erbetteln gu Eöumen. Benzel-Stemau. Die täufchende Kam⸗
nerfrau der Scheinkunſt. Deri. Ein langes ſchlummerndes Schein⸗
eben. Der. Des finftern Mters, defien Schattenreih und Schein»
eiche durch die Wunderfvaft der Griechen und Römer auflebte. 3.
Erdmamı gab fi alle Scheinmühe. Benzel-Sternau. Hits
jegen ifts mhmwürdiger, den Scheinnußen eined Staates der Bil-
igfeit hintauzuſetzen. Hofmann. Berzeiht’s dem Morgenländer, daß
rt von dieſer ſtolzdürftigen Scheinpradt nichts wußte. Herder.
Hus des Scheintods tiefem Schlummer ift fle blahend auferftanden.
Uhland, Durand. Auch ohne uns werden die Scheintodten erwacen.
Söthe, Wahlo. 1, 15. Geliehene Scheinvollfommenpeiten.
Angenannter bei Bampe. (Die Narrbeiten würden) ihre üblen Wir⸗
ungen mıf unjere Idee von dem jungen ſtürmiſchen Scheinwefen
acht verlieren. Xeifing, Hamb. Dramaturgie 9. Alles hing von...
auter Scheinworten ab. Herder. Wie manche bargen fi... vor
bin jcheinzornig hinter Stühle. Alginger.
Schön (goth. skäunis, ahd. scöni, mhd. schoene, altf, scöni,
19f. scene, sceöne ftatt scääne, ſchwed. skön, dän. skjön, von
einem vermuthlichen Zeitwort skiunan, einer Nebenform von ſcheinen)
urſprünglich wol „icheinend” (mie mittelntederd. schoon = rtin);
dann auffallend und einnehmend im Aeußern auf das Geſicht, die An—
hauang wirkend. Davm die Schöne (goth. skäunei, ahd. Keöni,
nbd. schoene) und die Schönheit (mhd. schönheit), Schon (ahd.
ıhd. scöno, mhd. schöne) |. S, 862). — Dieß, bemußt, Daß um
chön, wenigftens erträglih hübſch, zu heißen, man fein Urtheil wicht
chlechthin, jondern immer. nur relativ fällen muß. Kant. Die eine
agte weinend: ich habe mi für hübſch gehalten, man hat mid felbft
ſchön genamt. 2. Ziel, B. Accorombona 5, 4 Das Urbild jeder
Zugend, jeder Schöne Gothe. Schönheit fommt von Schein,
ie if ein Schein und kann als höchſtes Ziel der Kunft nicht gelten.
Böthe, der Sammler und die Seinen 5. Brief, Wie Seelenihön-
yeit fleigert fich die holde Form. Göthe, Fauſt, 2, 252. 2
Sübſch (aus ahd. hovisc, mhb. 'bövisc, nieberb. kovisch) dg. zum
Hofe gehörig, hofmäßig, uhd. gewöhnlih angenehm in ber Form. — Er hätte
einige hübfche Partien tun können. Goͤthe, Meiſters Lehrj. 1, 18. Und
ven hübſchten Badfifch Im ganzen Dorf. Goͤthe, Böh v. B. 2.
Schönen (ahd. scönjan, mhd. schoenen) — ſchoͤn machen, ift
ninder gebräuchlich, ald verfhönen und verfchönern. Bon (künſt⸗
ihem) Hellmachen des Weines fagt man noch fchönen. Aus be—
chönen (mhd. beschoenen = ſchmücken) entwidelte fih beſchöni—
jen = etwas liebeles mit einem angenehmen Scheine zu verbeden
uhen. Davon Beſchönigung. — Fürflin, euer reines Schön hat
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ein Sieber igt verhöhnet; uber Schönes ruhet mır, Daß «ed nuchmals
ihöner fhönet Cichöner it). Logau, Sinnged. 1508. Ein Maler if er
auch, der alle Lafter jchönet (ſchͤn macht) zu einer Helena. Bogen,
Simuged. 2. Zugabe 218. Diefer geihönte Lamdwein. J. Paul
Leben follten fie nicht mehr verichönen. Göthe, Sonette 6. Er koumte
feine Augen nicht von dem jchönen Geſichte wegwenden, Das von einem
ie Halblihte verſchoͤnert war. Göthe, Meiſters Wander}
Ja, finnreich genug, fie (die Zehler) zu beſchönen. Gtart
Bad Laſter ift, das fich nicht ſelbſt befhönet? Werlhof. Rur das
Halbvermögen wünſchte germ feine beſchraͤnkte — —
des unbedingten Ganzen zu — und — —
Borwand einer unbeywinglüipen "a era —**
beihönigen. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, — — ab! z
nige nicht die Gewalt. Göthe, Iphigenie 5, 3. — Zaub UNO.
licher Beſchönigung. Shafeipeare, Romeo und Julie 3, 1
Bemanteln (ven Mantel, ahd. mandali)l, mantel, mip. mantel,
agf. a alta. möttul, aus wittellat. mantellum) allgemein etwas Ychelen
zu verbeden fuhren. — Dedmittel allgemein dasjenige, mas man gebrand,
eine üble Handlung. auders darzuſtellen, als fie id. Dedmantel if der
gewöhnliche Ausdruck für den genannten Begriff, — Bas ſelbſt Bauizi gera
bemänteln wollte. Alringre, Daolin 8, 31. Wr macht bie Sparfumfrit nm
Deckmittel feines Geizes. Game,
Schönadel, —äugig, — banm, —blatt, — blind (von Pferden),
— brot, —brüftig, — buſig, —drud, —fürber, —fürberei, —$eiler,
fieachen, —geiſterei, —gelehrte, a — baden, — eu, —beiz,
—kopf, —kraut, —künftig, —tiebihen, —Ung, —mabler, — maß,
—meht, —pflafter, —toggen, —-fäulig, —Ichresbefunft, —jdpreibenei,
—ſchreibung, —feite, — ſichtshaus, —finnig, —fpreder, —thuer,
—thuerei, — wiſſenſchaftlich u. a. ; Schönbeitsapfel, — gefühl, — mit-
tel, —feife u. — Schöuarmiges Kind. Gedike. Schöubräun->
hen überwand emdlich alle Bedenflichleit. Kid. O wer wird Vielen
Schöndanf der ungtzogenen Menfchenfinder in Anniahnung bringen.
Benzel-Stemm. Schöugehördete Schiffe. Voß. Otte er mehr
Schöngefühl, mehr Sinn für Bohlffang ‚gehabt. Wolfe Schön⸗
gegliederte Menſchen. 3. Paul. Afterkbümlich in jeglichem 30%
ergeht ed (das Märchen) den Schöngeift. Sonnenberg. In den
allermeiften geichichtlihen und | Bbnneiniaen Schriften. Campe.
Wo die Nymphe wohnte, die Ihöngelodte Voß. Schönge:
nn Nofie. Bob. Schöngeräderte Wagen. Voß. Der Schön:
Halt Begleiter. Göthe, Fauft 2, 181. Schöulaubige Strimce.
—— In dem Kreiſ' ſchönlockiger Inugfrau'n. Voß. Die
Schönmahlerei der Mittel. Benzel-Sternau. Ich babe Dich nur
erft neulich mit einem ibönmähnichten Zelter beſchenkt. Bodmer.
Philoſophiſche Schhönredner einer untauglichen Idealmenſchheit. Her⸗
891
der Barum Safe. unfere Schönfchreiber: nad) der Mode eben
dies aurum volubile fallen? Der. Aber Karl! and du nun em
Schönſchwätzer? Kogebue. Schönfinn nannt ich den geiftigen
Sinn. Baggejen. Ob das, mas er ‚ans. der Innigkeit feiner heiligſten
Gefühle mittheilt, ihrem verichlofienen Gemüthe niht Schönfprade
des Empfindlers dünfe. Meyer. Schönnliegige Heerden. Voß.
Die Ihönmwangige Chryfeis. Bürger. — Sie fehen heute den Zank⸗
md Scönheitsapfek der Ehe nur im der Sonnenſeite der Liebe
bangen. 3. Paul. Bis zum Tegten, hoͤchſten blethenden Schönheits-
bilde. Herder. Worauf dann dieſer Schönheitserhaltungs-
lehrer fich jeinen Abſchied erbat. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 4.
Der Glanz der Edelfräulein, die im Zu ab arten der Katha-
rina blühn. Schiller. Schmerz, ‚den Das eriper fie Schoͤnheit⸗
liebenden rege macht. Goͤthe, Fauſt 2, 189. Die grauſen Nacht⸗
eburten drängt. der Schönheitsfreund Phoͤbus hinweg in Höhlen.
Da. 2, 187. Jugendfülle, Schönheitsmeer! Matthilfon, Natur-
—— Der kraft- und ſchönheitsreiche Gliederbau der Menſchen.⸗
jerder. Ausbildung des Schönheitsſinnes. PB. Paul. Der grie—
iſche Geſchmack war die ſchöne Nationalblume ihrer freiern —**
keit, ihres fchönheitstrunkenen Genies. Herder. Das Seewaſſer
feines Lebens jüßet er ſich durch das Schönheitswaſſer ab, worin
- er ſich ſtündlich badet 3. Paul. — Ihr Garten iſt noch in manchen
Stücken verſchönlich. Wolfe. Verjüngungs- und Verſchönerungs—
mittel. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 8.
Schonen (ahd. scöndn, mhd. ne von fihön) eig. ſchoͤn
thun, ſchmeicheln, nachgeben; feit dem 15. J. machen, dab is
was ehem Dinge zufommen könnte, von demielben abgehalten werde.
Das erit im älternNHd. fi vorfindende verſchonen bedeutet gänz-
lid) fchonen vor dem in eigner Gewält Tiegenden Zugedaten Uebeln.
— Schont ſeines Sämerzes. Schiller, Tell 1, So verſchont
der Rinder. Voß.
Hüten (mhb. — huotjan, mhbd. — agf. hedan, zu lat, ca
vere, caulus S.631) ein wahrſcheinliches Uebel abzuhalten ſuchen. In Acht nebs
men (f. Abt ©. 488) vor Verfchlimmerung zu bewahren fuchen, infofern
wir mit Fleiß und forgfältig unfern Einn auf den Begenfland der Bewahrung
richten. — Willſt du nicht das Lämmleln hüten. Schiller, Wpenjäger. Ara
bat fi wohl mit im in Act zuimehmen. Leſſtng.
Schonbar, Ochondarkeit; ſchonenswerth, — würdig; Schonungs-
briſfe, —I08, +-reich; Schomzeit, — Gin fhonenswärdiger,
unantaflbaver Greis. So ſchonunglos ward du dahingegeben.
Schiller. NRim flieh gen Himmel, ſchönungsreiche Milde. A. W.
v. Schlegel.
Anm. Sſchiem wahrſcheinlich von einem mit ſcheinen —— aber
verlotuen gulh. skeiman — ein wenig fcheinen, ſ. S. 185. — Shönbart, ent:
892
Rellt aus Schembart und an ſchönm augelchnt, im .Nomenclater v. 1987 neh
schömpart = Larve wider die Sonne, if das nachgemachte falſche Angefickt, Die
Larve. Das Wort iR außer Gebrauch. :
Bleiben.
(Wurzel 1ib).
Bleibe, blieb, geblieben, bleiben (ahd. pilipu, pileip, pilipe-
mes, pilipaner, piltpan; mhd. blibe, hleip, bliben, gebliben, blibes;
gen. leiban, agſ. lifan, altf. biliban, bilibhan, holläud. blyben, ſchwed.
lifwa, dän. blive; vgl. gr. Reina, lat. linguere — luffen, zurüd:
lafien; ahd. activ leipen, mhd. leiben, niederj. leven) eig. unterlafen
werden, übrig fein; davon nhd. 1) fortfahren zu jein, fortdauern; 2)
fortfahren in einem gewiffen Zuftand zu fein, gewiffe Eigenjchaften zu
haben; 3) fortfahren an einem Geiifien Orte zu jein, den Ort, we
man iſt, nicht verändern; 4) umfommen, fterben (f. S. 291). — Sim
wir num zufammen blieben, bleibt dann auch das treue Lieben?
‚Göthe, Frühlingsorafel. Bleibende Eindrüde. Herder. Bleiben
wir von den Soldatenhaufen. Schiller, Wallenfteins Lager 1. Ted
meine Berdienfte, die blieben im Stillen. Daſ. 7. — zertrit ip
alle, ich Leib ir einen nieht. Rojengarten 1638.
Beharren (von harren ©. 776) feſt auf etwas bleiben. — Eid
aufhalten (f. halten) allg. länger an einem Orte fein, ale erft bie Abücht
war. Verziehen (f. zgieben), infofern man das Weitergeben hindert, a
die Länge zieht, fo daß es nicht oder nur langfam vor fi gebt. Berwei:
len (von weilen goth. hveilan, ahd, hwilan, wilan, mht. wilen, diet ven
Weile, autb. hveila, ahd. hwila, wila, mh. wile, ulif. hwila, agf, bwile,
engl, while, ſchwed. while, ppln. chwila) geht hloß auf die Zeit, wäheab
welcher ein Ding fih aufhält. — Die andern Eyn. |. S. 291. — Ginen hop
pelt und dreifach größern Raum, auf dem er vielleidht auch nicht zu behar⸗
ren gedenkt. Böthe, Meiſters Wanderf. 8, 9. (Tempelherr:) Ihr habt fehr
lang Euch bei dem Sultan aufgehalten. (Nathan:) So lange nun wol
nicht. Ich ward im Hingehn zn viel verweilt. Leffing, Nathan d. W. 3,9,
Der Prinz vergönne mir, daß ich mich fo lange mit meiner Tochter noch hier
verweitle. Leffing, Emilie Balotti 5, 3. Sobald (reitet er hinaus), daß er
dich Hier trifft, wo du noch lange verzieheſt. Daf. 2, 3.
Anm. Die Form obne be, b haf ſich, befonders In Urkunden ver Rheinge
— lange erhalten, z. B. verliben = verbleiben in einer Urf. vom Jahr 1488,
Rothe Urkunden der Stadt Obermoſchel. Münden 1848,
Ab —, an—, auf —, and—, da—, dabinter—, hinter — nach—
üer —, übrig —, unter —, ver—, vor —, weg—, zurück—
menbleiben erklaͤren aus nachfolgenden Beiſpielen. — Spüt auf⸗
bleiben iſt fpät aufbleiben. Shakſpeare, was ihr wollt 28
Wie ging's zu, daß ihr ſo lang ausbleibt? Göthe, v. B. J1.
Wie wißt ihr, daß Graf Gallas außenbleibt? Schiller, Piccolomini
1, 1. Bleib da. Schiller, Walleuſteins Lager 8. Da will der Graf,
mein gnäd’ger Herr, nicht dahinten bleiben. Schiller, Piccolommi
4,5. Sie ift das Cinzige was von mir nachbleibt auf Erden.
Schiller, Wallenſteins Tod 3, 4. Sie ift fort; und was mir nadı=
bleibt vom verbaßten Leben, ift nichts als Bitterkeit. Shakefpenre,
Othello 1, 1. Wer von uns nadhbleibt, wünſcht dem Freund im
flilen Grabe Ruh. Voß, Empfang des Neujahrs. Denen (Worten)
das Werk ſelbſt nachher entweder wideripricht, oder Doch ſehr nach⸗
bleibt. Herder, Antrittsrede in Bückeburg. Daß er nicht länger als
einen Monat nachbleibe. J. Paul. Daß Niemand überbleibe,
der den Raub verratben könne Schiller, Marid Stuart 3, 6. Es
ſei dieſes Geſtein überblieben von einer großen Mafle. Göthe,
Meifters Wanderj. 1, 3. Zudem er die übergebliebenen Papiere
benetzte. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 2. Indem fie dem Kinde etwas
übriggebliebenes Zuckerwerk reichte. Daf. 2, 4. Das hätte nım
freiliid unterbleiben follen. Göthe, Reineke Fuchs 3, 385. Sie
fönnen nicht lange an foldhen Orten verbleiben. Göthe, Leben 4.
B. Das verbleibt (unterbleibt) nun vor der Hand. Rückert, gef.
Ged. 2, 30. Es ift alles fomen vnd feins verblieben (ausgebl.).
Luther, Bibelüberf. Yo. 33, 21. O warım blieb eucd nicht der
Vorhang der ewigen Nacht vor? Herder. Deßwegen ift Graf Gallas
weggeblieben. Schiller, Riccolomini 5, 1. - Der Kammerdiener des
Herm ift fhon zwei Tage zuridgeblieben. Göthe, Meifters Wan⸗
derj. 3, 8. Daß Mann und Pferd nach ihren Abtheilungen immer regel⸗
mäßig zufammenblieben. Göthe, Campagne in Frankreich 1. Oct.
BSleiber, Bleibung, bleiblich find einfach wenig gebräuchlich;
BHeberbleibfel (goth. läibes, leiba, altn. leifar, altſ. lehha, agf. If,
abd. leipa und Aleipa, mhd. Aleipe — das Webriggebliebene) was
von einem Ganzen noch vorhanden ift, gerne mit dem Gedanken m
Geringeres, — Daß mich Zuhauſebleiber die
Pracht verdroß. Ruͤckert, geſ. Ged. 5, 349. Daß ſie fich bey den
ſelben bleiblich niedergelaſſen haben. S. Münſter, Cosmographia
1544 S. 400 Unausbleiblich kommt der Tag der Wahrheit.
Schiller, Jungfrau v. O. 5, 4. Do er nun vor Inen geſſen bat, do
nam er die Oleibeten und gab ſy den jüngeren. Geiler von Keiſers⸗
berg. Bei den Ueberbleibſeln der geftrigen Zudergeichente. Göthe,
Leben 3.B. Ueberbleibfel von —38 J. Paul, Heſperus 11.
u (von Reſt, engl. rest, franz. reste, au6 lat. restare = übrig
fein) iR im Wilgemeinen ebler als Ueberbleibſel. — Indem nun aber die Kugeln
der Karlsſchanze in vie Ueberrefte der Dacher und Bemäuer fehlngen. Böthe,
‚Belagerung von Mainz.
Yum. 1. Für Heberkleibfel fagt H. Sache Ueberbleibling: Wer
mil dein vberbleibling efien.
Anm. 2. Der Verbleib iſt veraltet, kommt jedoch hier und da wieder vor.
— Bei einem Transport von Rekruten in der vergangenen Woche haben fich fünf
Mann auf ven Sifenbahnhofe heimlich zu entfernen getvußt, von deren Verbleib
894
ber Militärbehörte noch nichts bekannt geworden ifl. Berliner Genflit. Zeitung
38. Dezbr. 1850. -
Leib (ahd. lip = Leben, altıı. if = Leben und Unterleib, mb».
lip = da8 Leben und der Leib) die Stoffmafle, das Materielle des Meu-
ſchen und Thiered. Davon leibig in verjdiedenen Zujammenjegungen:
hart —, düan— ꝛc.; leiben (in Berbindung mit leben) leiblich da fein;
beleiben mit einem Leib verjehen; entleiben (ſ. ©. 682) verlei-
ben, einverleiben. — hr. macht verlieren euren Leib. Theuerdanl.
Bei Leibe iprich fein Wort. Gellert. Selig find die Leibe, die
nicht geborn haben. Luther, Bibelüberf. Luk. 33, 29. Rur der Er-
denleib wird Erde; jein Bewohner bleibt. Voß. Den Felſenleib,
durchbrauft von Meeren, erſchuf vol Keim’ uns deine Hand. Voß
Den Staubleib mit jeiner Zodtenfarbe. Schubart. — Der dä
leibige Pitt. Ungenannter bei Campe. So einer [hmalleibigen
Kreuzipinne. Göthe, Egmont 4. In diefem einzigen Zuge ftehen fie
da, wie fie leiden und leben. Leſſing. Der balt bier offen Hof,
ißt, trinfet, febt und leibet. Mieland, Oberon 3, 23. Nach meines
Einftdets Ableiben (Tod). Simpliciffünus 1, 1% Die Namen dere
in Gott abgeleibten Brüder und Schweitern werden öffentlich ver-
leſen. Nikolai. Jairus Tochter fehnäubet, und Lazarus, jein Freund,
wird wieder neu beleibet, Fleming, ©. 5 der Lübecker Ausgabe.
(Div) ergiebt die Mufe ſich auf ihrem Eulenflug, um ein beleibtres
Bild in ihre Form zu drücken. Thümmel. Das Befeelen und Bes
leiben find noch in Eins zufammen. %. Paul. Der träge Schwanz
von [chwerbeleibten Küben. Haller. (Ex) liegt hier todt, ent-
leibt vor Romeo. Shafeipeare, Romeo und Julie 3, 4. Ich leide
nicht, daß ihr allein nur bleibt, bis Euch die Kirch' einander einver-
leibt. Daf. 2, 6. Wiewohl ih Mann uud Frau in Einem Leib
verleiben. Logan, Sinnged. WEI. Was uns von Dir verbleibel,
mit dem du wart ümmleibet (dein Leib), jey ehrlich beygethan
(begraben). Fleming ©. 332 der Lũbecker Ausgabe.
Körper (mhd. eorper, lat. oorpus, gen. corporis) Leib im Gegenfap
des Geiſtes; dann allgemein Raum GBinnehmendes, Materielles, im Beyeufeg
des Geifigen. Rumpf (nah Brimm von mhb. rimpfen, agf. rimpen
— zufammenziehen, runzeln; Rebenform von Ranft, ahd. rampft, mid. rampfl,
sampf = Kante, Gefäß aus Baumrinde, gleichfam aus gerungelter äuperer
Baumbaut, auch Baumabſchultt; vgl. gr. npdudos = eingefikeumpft) über:
haupt Menfchens over Thierförwer im Gegenſatz des Kopfes. — Rein Körper,
durch Arbeit ausgebildet, war im Stande alles zu übernegmen, was dabei ges
fordert wurde. Göthe, Veiſters Wanderj. 8,2, Jetzt ein gigant’fcher Rumpf,
am Meeresfirand entdeckt; es fehlt: das Haupt. Schiller, Aeneis 2, W.
Leibchen (Begrifföfigur von Leib) die ärmellofe fteif anfchließende
Bruftbefleidung ded weiblichen Geſchlechts, an manchen Orten and für
die Wefte des männlichen Geſchlechts gebraucht.
808
Das (auch der) Wamme (mhd. wambeis, wambas, wahrſcheiulich von
Bamme, Wampe, goih. vamba, ahd. wampa, agſ. vafnb, altn, vömpr,
altf. wamba, mhr. wambe, wamme, engl. womb, bän. vom, ſchwed. vamb
== Unterleib, befunders der hängente Bauch, Schmeerbauch) iſt das anſchlie⸗
Bende, den Unterleib bis anf die. Hüften, zuweilen and) darunter, und ben Rumpf
bedeckende Kleidungsauck, es mag unter oder über andern Kleidern getragen
werben, mi oder ohne Aermel und von Stoff fein, von welchem es wolle. Für
Wamms haben wir im gemeinen Leben bas fremde. Kamijol (franz. cami-
sole, ital. oamiciusla, mittellet.- camisiole) eig. das zunaͤchſt auf dem
Hemd aufchließende Aerınelfleidungsflüd des Oberfürpers (von dem, dem ahb.
hemide, mbb. hemede, Hemd nachgebildeten mittellat. camisia, fyan. ca-
misa, ital. camicia, franz. chemise). Jacke (mhd. und älternhb. schegge,
schecke, schacke, gegen 1500 jegke, jecke, von altfranz. jaoque, jaque,
ital, giäco, fpanifchszigennerifch jaco = Soldatenüberrock eigner Art, vielleicht
aus lat. sagum = grobdtuchener Soldatenühermantel ; val. fanffr. aadschdsch&
= Banzer, Waffenkleid) zunachſt ein- flarkgefültertes, durchſtepptes, anfchlies
ßendes Leibfleid über den Audern Anzug, mit Aermeln, befondere ale Schutz⸗
wand für den Kampf; ſpäter anliegendes Aermelfleid bis auf ober Aber die
Hüften ; im Befondern ein furzes, fuappes Kleidungeſtück mit Aermeln umb ohne
Schöge. Die Juppe (auh Joppe, Iupe, Jope, Juppel, Ioppet,
mhP. jope, jopp, juppe, juppel, joppel, aus mittellat. japa, idel. giubba,
fren;. jupon, jape, von fpan, aljuba aus arab. aldschubbah — baumwol⸗
lener Unterfittel) ift ein ten Rumpf bedeckendes anfcließendes Mebers aber Un⸗
terfleid, wit Aermeln und ohne Echöße, ehedem bei männlidyer wie weiblicher
Tracht, jegt nur noch bei legterer. Das (auch der) Koller oder eig. Gol⸗
ler, früher üblicher Goller, auch Golter (mr. gollier, goller, gollir,
aus franz. collier = Halaband, von dem gleichbed. wittellat. collerium, col-
larium, lat. collare, von eolum = Hals) das ſchützende Halsſtück der Rü⸗
fung; dann ein den Hals und auch wol den Obertheil des Rumpfes ſchützen⸗
des Stüd ber ehemaligen Waffenfleidung; dann die enge leverne Reitkleidung;
jegt das anſchließende Keitkleidungsſtück des Oberfötpere. GHeickbedentend iR
das fremde Gollet, Collett (ital, colletta, franz. collat, von lat. colum =
Hals). Das Mieder (anftatt Mäder, wie noch oberbeutfch, mhd. muoder,
altnieverd, müder) das für ſich abgefonberte fleife Bruchſtück des weiblichen
Anzugs, dem Oberkörper fchöne, fchlaaf gehaltene Form zu geben, hänfia zum
Staate. Das Gorjett (engl. und franz. corset; mhd, oursit = Waffen
so) der ſteife franz. Schnürleib, — Und- fein Rod bat mir von allen, wie
mein eifernes Wamms gefallen. Schiller, Wallenfleins Lager ti. Er
fuopfle feinen Wammes auf. Brentano. Rothbebackt wie ein gefochter
Krebs, grüßt Die Mufe mich in fchmug’ger Suppe, A. DB. Schlegel, Wettge⸗
- fang. Gr trägt ein Roller von Elendehaut. Schiller, Wallenſteins Lager 6. Und
fähen des Teufels Angeficht weit lieber al6 unferegelben Rolletter. Dal. 11. Allen
umbüllte die Bruf ber todtabmwehrende Roller, Pyrker, Tunillas 8, 165,
Wie ſchalkhaft verrät das knappe Corſet, das fchliegende Meder bie
ſchlankeſten ®liever! Weiße.
806
Leiblich (ahd. Hblih — Tebendig, mhd. Hplich —= körperlich,
perſönlich) zunächſt den Leib angehend; Gegenfag von geiftig; dann
in engfter Blutverwandtichaft ſtehend durch nächftes Angehören der
eugung nad), ohne Rüdfiht auf Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßig-
eit, binfichtiih der Geburt. Eheleiblih — geſetzmäßig geboren.
Reibhaft, ll np liphaft — lebendig, mhd. liphaft =
Leib habeud) dem Leibe nad; davon, und faft gewöhnlicher Leib-
baftig — dem wirklichen völligen Leibe nach; fig. in Wirklichkeit, im
Gegentag des leeren Scheind. Leibeigen — mit feinem Leibe einem
en 2 Eigenthum. pflichtig. — So ſprich von Scylla, Teiblich Bir
ſchwiſterlind. Göthe, Fauſt 2, 19%. Ein Sohn war glfdfich zur
Welt gefommen, und die Frauen verficherten fämmtlich, es fei der
ganze leibhafte Vater. Göthe, Wahlv. 2, 8. Laß mich nur jchnell
noch im den Spiegel ſchauen! Das Krauenbild war gar zu ſchoͤn!
(Mephiftopheles:) Rein! Rein! Du folft das Mufter aller Frauen
nun bald leibhaftig vor dir fehn. Gothe, Zauft 1, 132%. Sie
that e8, und von dem Augenblide an war ich ihr ganz leibeigen ge
worden. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 6, Hören wir nicht fchon hier
und da die bitterftien Klagen der Edlen, daß ihre Unterthanen, ihre
Leibeigenen fi gegen fie auflehnen? Göthe, Götz v. 2. 3.
Natürlich und Kebs = f. E. 69%. — Knecht (ahd. chnäht, agf.
cniht, chneoht, mbb. knöht, wol von chnahan, chnähan = erzeugen, eu
erkennen) urſprünglich der Knabe; dann der umverheirathete junge Mann; fe
fort der Kriegemann; Diener einer Herrſchaft, eines Gebietenden; uhd. ge
gewöhnlich der durch Befindevertrag zu niederen Dienjten Berpflichtete. Der
Selave (franz. esclave, engl. slave, aus lat. sclavus, gr. 6xAaßos) iR
ber Leibeigene in Härterem Sinne — Ihr feld die Herrfcher und ich Ein wer
Knecht. Schiller, Braut v. M. Wer fh Knall und Kal, ihm felbkt zu
leben, nicht entichließen kann, der Iebet Andrer Sclav auf immer. Leffiug,
Nathan d. W. 2,9. Re: j
Reibbäder, —binde, —dienft, —eflen, —frohne, —gedinge,
— geld, —geleit, gewicht, —getränt, —gewim, —gurt, —gut,
—hetze, — holz, —bumd, —jäger, —neiht, — noten, — och, — kuchen,
—fürfchner, —kutfcher, — lakei, —laus, —näherin, —pacht, — pferd,
—recht, —reigen, — ſchirm, —jhmerz, —Ihnitt, — ſchuſter, — ſchü
ud, —füd, —ſtuhl, —tuch, —wagen, — waͤſche, — waſſer,
—waſſerſucht, —weh, —wundatzt, — zinſen, —zucht, —züchter, —zwang,
u. a.; Leibesbeſchaffenheit, — bewegung, —bürde, —dicke, — fehler,
abe, —gebrechen, —gefahr, —geftalt, —groͤße, — laͤnge, —krank,
—franfheit, —nahrung, —pflege, — ſorge, —ſtrafe u. a. — Die
Feuchtigkeit des Morgen⸗ und Abendthaues halten die Leibärzte für
höchſt ſchaädlich. Göthe, Triumph der Empfindſamkeit 2. Lieſeſt du
erſt ein wenig im Bett? ein Kapitel der Bibel oder ein Leibbuch?
Voß. Der rf des leibdurchbohrenden Erzes. Voß, Ilias
897
4, 511. DBläffe der Armut und fflavifche Furcht find meine Leib-
farbe. Schiller, Räuber 2, 2 Ich kann in Ihrem Xeibgefange
weder ein dichteriiches noch fittliches Verdienft finden. Göthe, Meifters
Zehrjahre 2, 11. Rüftig im Leibgurt. Voß, Ilias 5, 707. Wo
ein Ehegenos fein Gemahel macet leyblos (des Lebens beraubt).
H. Sachs. o würde niemand eine Leibrente kaufen wollen.
Shakeſpeare, Romeo und Julie 8, 1. Tauſende von Leibrentnern
verloren ihren Unterhalt. Campe. Eilend hüllt' er den Leib in den
wunderföftlihen Leibrock. Voß, Odyſſee 15, 60. Dort mein Xeib-
roß. Ubland, Ludwig d. B, 3, 3. Ihr Leibſchneiden, wovon
id) fie fo gern befreit fähe. Thümmel. Die Buroneffe ſchob geſchwinde
den Leibichneider der Gräfin dazwiſchen. Göthe, Meilters Lehrj.
3, 7. Es ift ein Soldatenliedchen, mein Leibſtück. Götbe, Egmont 1.
Unjere Sabina hatte ſich acht trefflich genährte echt riefennäßige Eap-
padocier zu ihren Leibträgern angejchufft. Böttiger, Sabina. Es ift die
Leibwache der Negentin. Göthe, Egmont 1. — Dann hatten
Leibes- und Seelenärzte ein fehr ſchlimmes Spiel. Benzel-
Sternau. Sie möchte fterben ohne Zeibeserben. ‚Schiller, Stuart
3, 1. Uebungen der Leibesgefhidlichfeiten. Meudelsfohn. Daß
alle Leibesglieder, dem Bauch rebellifch, aljo ihn verflagten. Shafe-
fpeare, Eoriolan 1, 1. Um ihre Leibeshöhe zu vergrößern, trugen
fie einen aus hohen Federn zufammengeießten Kopfputz. Campe. Nicht
mächtiger ald ich und du an Leibeskraft. Shafefpeare, 3. Cäſar
1, 3.. Natalien fann man bei Leibesleben jelig preiſen. Goͤthe,
Meifters Lehrj. 8, 5. - Leibesſtärke und Muth... Die Körper.
der Jungfrauen wurden duch Leibesübungen gehärtet. Schiller,
2pfurg. er — |
| Reben (got. liban, altn. lifa, ahd. löpen, mhd. löben, altf,
tibbj(l&)an, libhön, agſ. lifjan, ‚l&ofjan, engl. live,. ſchwed. lefwa,
dän. leve) überhaupt Daſein als befeeltes Wefen haben; dann auch
figürl. Ab—, auf—, aus—, durch —, ein—, ent—, er—, ge—,
bin—, nah —, über—, ver—, zujammenleben. — Lebe,
wie du, wenn Du ftirbit, wünſchen ‚wirft, gelebt zu haben. Gellert.
Und ein Gott, ein heiliger Wille lebt. Schiller, Worte des Glaubens,
-Sie bat dic früh zum äbgelebten Manne gemacht! Schiller, Wal⸗
lenfteind Tod 5, 4. Die Welt hat abgelebt in Frieden. Morhof.
Da lebte jede Hoffmung auf. Uhland, H. Ernft 2. Dreißig Jahre
haben wir zujammen ausgelebt und ausgehalten. Schiller. Jene
entlebten Gefchöpfe zu beleben. Göthe, Leben 14. B. Biel
Zeiten baft du ſchon durchgelebt. Klopſtock. Jetzt trugt ihr Steine
zu und wolltet ihn entleben. Fleming. Was werd’ ich noch Alles _
erleben müflen. Schiller, Wallenfteins Lager 5. Menſchen, Die des
almufens: (von. Almojen) geleben. Lande. Ordn. v. 1553. Darımb
Sermanioms gelebt deß befelchs feines Vatters. Aventinus, Chronik
57
898
1580 Bl. 171. Wenn man in Mühe und Arbeit vor fih hinlebt.
Göthe, Egmont 3. Und ihm finkt in Dunfel der Namen nadle-
bender Kinder. Bob. Du haft dich ſelbſt überlebt, die Edeln
überlebt. Göthe, Götz v. B. 5. Die verlebte Welt wird jünger.
Fleming. Als wir in der Penfion zufammenlebten. Göthe, Wahl⸗
verwandſchaften 1, 3.
Dafein (f. fein S. 219) bezeichnet ale Subſtantiv allgemein ti
Mirflichfeit eines Dinges in ihrer Fortbdauer. — Mit abgelebt (mas We
Lebensfraft verloren bar, ohne Bezug auf ein beflimmtes Alter) find fin
verwöndt: alt goth. alths und alds, f. weiter Seite 740) lange Ze
befanden, in tiefer Eigenſchaft von Allem ohne Unterfchled gefagt; be:
jahrt (von Jahr, goth. jer, ahd. mhd. altf. jar, agſ. gear, engl. year,
altn. Ar, ſchwed. ar, dAn. aar; Wadernagel vgl. gr. das — Wrühliug,
apa — Zeit, Zeitabfchnitt, lat. ver — Frühling) nur von Menfchen, im gre
meinen Leben auch von Thieren, felten von Pflanzen, und zwar von höherem
Alter gebraucht; bekagt (von dem veralteten betagen, dies von Tag, geth.
dags, ahd. mhb. tac, agf. ſchwed. bän. dag, engl. day; Wackernagel vgl.
gr. rayıs—=fhnell, Schwend lat. sub dio, divo — unter freiem Himmel)
it auf Menſchen befchränft. — So virl gewährt ein Freund, daß auch bad
Leben nicht mehr’ als ein Daſein if, wenn uns ein Freund gebricht. Hager
dorn. Blinder, alter Bater. Schiller, Tel 1, 4. Bejahrte Eichen. 3a:
charia. So müflen wir dies Kleid je länger wir betagen, mit Roth am
Muühſal tragen. A. Tſcherning.
Leben, das, kommt einfach und in Zujammenfegungen vor. —
Alfo erwacht zu dem Leben der Leben, nicht wieder wegzwmelfen,
die Tochter Jephtha's. Klopitod, Meſſtas. Sieh, wie fen Leben
jebt aus Diefer Wunde quillt. Weiße. Alles Leben ſank auf's Antlik.
Sonnenberg. Und da im Stmub -vorwärts die anderen Leben hinab-
ſchau'n, gab er dem Menſchen erhabenen Blick. Voß. Ginen Blid,
neliebtes Leben, und ich bin beloßnt genug.. Göthe. Es wallt im
Rojeniheine der Blumenleben hin. Mathiffon, Kinderjahre. In⸗
deffen war dad Freudenleben einmal im Gange. Göthe, eikers
Wanderj. 3, 6. Sie fühlet der Waldeswildniß Frühlingsleben im
ihr Geheimniß fid) verweben. Redwitz, Amaranth. . Da bielt Dich dus
unglüdlihe Hofleben. Göthe, Götz v. B. 1. In der Langweile
des Hüterlebens. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 9. Im Bor
tod feh’ ich, matt und hingebleiht, von Tag zu Tag ein Kırmmer-
leben jchwanfen. Göthe, -Eugenie 4, 2. Natalien kann man be
Leibesleben jelig, priefen. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 5. In ſolchen
Wut und Moderleben muß es für ewig Grillen geben. Göthe,
Fauſt 2, 94. Heiſa du. luſtig Reiterleben! Redwitz, Amaranib.
Zu dieſer Wildniß frehes Städtelebens. Göthe, Eugenie 5, 7.
Er an fih des Zufammenlebens. Göthe, Wahlverwandt-
aft 2, 10. ==
⸗
899
Lebend allg. Dafein als befeeltes Weſen habend. Lebendig
(ſtatt lebendig, ahd. löpentic, mhd. lebendec, fpäter mhd. auch lẽbetig,
lömptig, lömtig, lömpig, lendig, in der Volksſprache noch Tebig)
emein was lebend; dann auch viel Leben (geweckte Empfindung,
raſchere Wirkſamkeit oder Thätigkeit, erhöhetes munteres Weſen) habend
und zeigend. Davon das nun veraltete lebendigen. Lebhaft
(uhd. löbehaft, lebhaft) urfprünglih Leben habend; dann in hohem
Grade Kraftthätigleit habend und äußernd. — Leblos (ahd. libelös,
mhd. lẽbelôs) überh. fein Leben habend, dasjelbe mag nun völlig
mangeln, oder auch unterdrüdt fein. — Daß fle aus Tebendem Born
ihm Flut zur Sprenge beforgen. Voß. Du bift todt lebendig, id
bin lebendig todt. Opitz. Statt zu ferben ward der Zucht recht
bei mir lebendig. Göthe, flirbt der Fuchs. Den neuen Bau le—
bendig zu beginnen. Schiller, Braut v. M. In beiden Zällen
fagnirt die Betrachtung, einmal als überlebendig, das andere Maul
als getödtet. Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Was
dort Lebendigkeit athmet. Klopftod. Sonft kann fein Menſch des
anderen Seelen lebendigen‘ oder tödten. Wicel. — Eine beids
lebige Exiſtenz führen Gm Anfichten folgen, an zwei Tiſchen ſpeiſen).
ei polit. Blätter Bd. 24, 608. Und, die wir beidlebig find,
öthe. Ein Doppellebiges Thier (Amphibie). Wagener. Hatten
jene Bilder und die Gedanten an das Leben der Heiligen meine Ein—
bildungstraft beichäftigt, fo drüdte fih das Alles nur lebhafter bei
mir ein. Göthe, Meifterd Wanderj. 1, 2. Erwärmt eudy, ihr Händel
Hebe di, Teblofer Bufen, und fchlage der Luft! Schiller, Braut
von Meifina. ° . | J
Luſtig (mhd. Iustec, ſ. Luft ©. 340) zur Froͤhlichkeit geſtimmt, auch
dazu erweckend. Munter (ahd. muntar, mhb. mund(t)er, litthau. mudrus,
nah Schwend zu mahnen gehörig, nah Weigand wahrfcheinlicher zu
ahd. mandjun, altj. mendjan = fid freuen) urfpr. aufregend angenehm ger
ſtimmter oder flimmender Entpfindung; dann von reger Lebensfraft und foldhe
jeigend; überhaupt in vegem Kruftgefühl oder reger Thätigfeit der Kräfte ſich
äußernd. Aufgeweckt (von aufmeden, dies von wecken goth. vakjan,
ahd. wecchan, wechan, mho. wecken, weken, agf.-weccöan, enal. wakc,
fuetitive Form von wachen S. 757) in höherem Grade munter; in einem
beſondern Brave für Thätigkeit geeignet. — Todt (f. &. 682) des Lebens
ermangelnd. — Bnd das Weib ſchawet an, das von dem Bawm gut zu efien:
were, vnd Heblig unzufehen, das ein lüfliger Bawm were, weil er Hug
machte. Luther, Bisilüberf. 1. Mofes 3,6. Und die hüpfenden Lämmer grafen
Inftig um ihn auf dem fonnigen Rafen. Schiller, Braut v. M. Iſt der
König munter? Gr trug mir auf, ihn früh zu weden. Schiller, Macbeth
2,6. DRuntes fördert feine Schritte in dem wilden Forft der Wanderer.
Schiller, Blade Du, ein immer munterer Geſelle. Gothe, Iphigenie 2,1.
Und was die Unterhaltung betraf, ſo drehte fie ſich faſt ganzliy um die Vers
570
0
böhnung des gegenwärtigen, freilich nicht ſehr aufg ewedten Menſchen
Bötbe, Leben 5. B. — Er liegt nicht wie ein Todter, feht, die Feder auf
feinen Lippen regt fi! Schiller, Tell 4, 2.
Lebensart. (ſ. Art S. 2338) aͤußeres gefälliges Betragen in Un-
ezwungenheit und angenehm mächender Augemefienheit in den geiell-
aftlichen Berhältniffen zu einander. — Der ich zwar gefittet war,
aber duch eigentlih was man Lebensart nennt, nicht befaß. Böthe,
Leben 6. B. (Er) begab fi bei den Franzoſen in die Schule, um
lebensartig zu werden. Daf. | |
Söflihteit (von Höflich, ahd. hovelih, mhd. hovelich, eines Stammes
mit hübſch ©. 889) if dies Betragen in Achtungebezeigung und Aufmerk
famkeit gegen Andere. Sittenammuth (f. Sitte ©. 389, Anmuth ©.
13) iR das genannte Äußere Betragen, wenn es in feiner Wohlgefälligkeit
ſolche Annehmlichkeit zeigt, daß das Herz eines Seven, der Geſchmack und
Bildung hat, dadurch gewonnen wird, Bei Welt (ahp. wöralt, werali,
mhb. wörlt, agf. vörold, altf. werold, altfrief. warld, wrald, altn. verald,
veröld, neuniederd. weld, neunieberl, wereld, engl. world, fchweb. werld,
dän. verd von wer S. 408 und alt, alfo Menfchenalter) wird jenes Be
tragen in Kenntniß und Ausübung der feinen Sitten gefept, wie fie zur Zeit
unter den Gebildeten, überhaupt in der feinern Geſellſchaft herrſchend ſtud. —
Fräuleins alle Höflichkeit erweiſ't. Wöthe, Kauft 1, 156.
Lebehoch, — wohl u. a.; lebhaft, —honig, —kuhen, — tags⸗
recht u. a.; lebenvoll, —wedend u. g.; Lebensanſchanung, —anfict,
— bedingung, — buch, — dauer, —eiche, —efel, —ende, — fähigkeit,
— feuer, —flamme, —freude, — freudig, —freudigfeit; freund, —ger
fahr, —gefährlih, —geſchichte, —haß, —bolz, —jahr, — klugheit,
—kunſt, —fürze, —länglih, —Iehre, —mühe, — nachricht, —quell,
—reiz, — ruhe, —faft, —ſchiff, —ſtoff, — flrafe, —trauım, — überdruß,
—umjtand, —unterhalt, —verlängerungslunft, — vermögen, — ver⸗
fiherung, —verficherungsanftalt, —wandel, — waſſer, —zeihen, —ziel
u.“ — Bir wurden früh entfernt von Lebechören. Göthe, Fauf
2, 342. Der Sonne heiligen Lebeftrahlen find todte .Werfe nur
ein Spaß. Daf. 2, 171., Ihre Geberden drüden den Umſtehenden
die zartefte Anhänglichfeit aus, Liebe, Dankbarkeit, Abbitte und das
berzlichfte Lebewobl. Göthe, Wahlv. 7, 18. — Der (Herr) von
einem lebhaften, Geifte war. Goͤthe, Unterhaltungen deutſcher Aus⸗
gew. Lebloſe Göpen. Luther, Bibelüberf. Weish. 14, 29. Deu
(Schloßflügel) er vielleicht fein Lebtage nicht bewohnt. Göthe, die
Aufgeregten 1, 7. Bir find unfere Lebzeit über einander wechſel⸗
feitig uns fo viel fihuldig geworden. Goͤthe, Wahl. 1, 1. — Im
gefegneten Schooß des lebenduftenden Edens. Klopſtock, Meifias
1,489. Lebenerfhöpfende Arbeit. Pyrker, Moies 1. Dur
Krankheit lebenerſchöpft. Pyrker, Mallabäer 3.. Lebenerweder,
901
fomm! Knebel. (Adam) ward Pater und oe derer, die
fein Bild trugen. Herder. (Haft Du) dein Zebenlang umfonft der
Sterne Lauf gemeſſen? Schiller, Wallenſteins Zod 1, 7.. Xeben-
leere Wildniß. Koſegarten. Grauenvoll umfängt den Einfanen die
lebenlofe Stille Schiller, Das Meſſer zudte ſchon den leben-
vollen Bufen zu durchbohren. Göthe, Iphigenie 5, 3. Bon jenem
lebenwarmen Bilde blieb- der Schatten nur zurüd. . Schiller, Götter
Griechenlands. Wärme des, Frühlings. athmet fie (die Menfchenliebe )
fanft und Tebenmwedend die Herjen der Welt an. Sonnenberg. —
Jede Entwidelung der menichlihen Lebensalter zeugt alfo von tie-
fer Wahrheit in diejer Gefchichte. Herder. Aus dem Sumpfe jener
lebensarmen Dünflinge. Meyer. Mit jedem Schritt wird weiter
die raihe Lebensbahn. Göthe, Bundeslied. Damit fie jeinen
Lebensballaft ausichifften. 3. Paul, Hefperus 16. Kein Lebens⸗
balfam hilft” Bürde. Kühlung, wie von Lebensbäumen träuft.
Hölty,- Elegie b. d. Gr. m. V. Im Lebensbecher mifchen fich die
Seelen. Herder. Hier wo das Brennholz zu den erſten Lebens—
bedürfniffen gehört. Matthiffon, der große Bernhard. Immer⸗
fort die heiterfte Lebensbegleiterin. Böthe, Meiſters Wanderf.
1, 10. Lieber Xejer, ift dir jeßo nicht wie dem Lebensbeſchrei—
ber, der nun den Eintritt dieſes jungen Viktors in die Kaplanei und
Lebensbefhreibung faum erwarten fann? 3. Paul, Hefperus 1.
(Er hatte) eine verdiente Stufe feiner Lebensbeftimmung erftiegen.
Göthe, Wahlv. 2, 10. Doc bleibt mir nicht, mein Freund, dies
Lebensbild. Shakefpeare, Antonius und ‚Eleopatra 4, 12. Zur
legten Sylb' auf unfern Lebensblatt. Shufefpeare, Macheth 5, 5.
Der lebte lichte Lebensblick des ſchwer Erkrankten Göthe, Iphi⸗
enie 3, 1. Ihre Wärter nennen’8 den lebten Xebenblig! Shafe-
— Romeo und Julie 5, 3. Seh’ ih nicht, daß alles Lebens⸗
blut aus euern geifterbleichen Wangen blih? Schiller. (Du) ſchmückeſt
neu die Deiner mit frifhen Lebensblüthen berrlih aus? Göthe,
Sphigenie 4, 3. Unfer Lebensbuch wird immer mehr ag.
J. Baul. Daß er fowohl auf dem Theater als auf der Lebens—
bühne eine öig vorftellte, der man nach Belieben mitfpielen konnte.
Göthe, Leben TO. B. Für die Lebensdauer iſt kein Gefeg. Göthe,
Meifters Lehrj. 8, 8. Ehre, Geiz, Leid, Wein und Liebe find des
Menfhen Lebensdiebe.. Logau, Sinnged. 680. Du (Liebe) jollteft
e8 (das Herz) ja unter den Lebensdornen mit fanfter Hand pfles
gen. Benzel- Sternau. Boll Lebensdrang. Thümmel. So ‚matt
und doch lebensdurftig. 3. Paul. Vol praktifher Lebensein-
wirkung ift fle (die Siryftallographie) nicht. Göthe, aus Makariens
Archiv. Da fteht der holde Lebensengel mächtig vor mir. Schiller.
Wie er war aufgegangen, jo ging Ignatius unter, leuchtend, mit
Lebensergufie. Klopftod, Meffias 10, 360. Berfuch einer Lebens-
902
erhbaltungsfunde von Bertele. Ihre (der Welten) beiderfeitigen
Eigenfchaften in der vorübergehenden Lebenserſcheinung zu mui-
feſtiren. Göthe, Meifters Wanderf. 3, 14. Biel zu finnen gibt's bem
zarten Lebensfaden. Göthe, Fauſt 2, 34. Da er doch für Alba
nos frobe LZebensfahrt ein günftiger Seitenwind war. J. Paul.
Unjer Munn wurde dazwiſchen wegen manches Lebensfalles wm
Rath gefragt. Göthe, Meifters Wander 3, 5. In diefer Rebens-
feuchte erglänzt eıft deine Leuchte. Göthe, Zauft 2, 177. De
edeln Körperd hulde Lebensflamme fühlt fi im ſchmiegſamer
Kryftal der Welle. Göthe, Zauft 2, 108. Dem das „Haar jhen
graut und Erinnerer der Lebeusfludht wird. Klopſtock. In 2er
bensfluthen wall’ ih auf_und ab. Göthe, Fauſt 1, 35. Auer⸗
fennung einer wunderbaren Lebensfolge. Göthe, Meifters Wander,
3, 13. (Der) die Schöpfung meiner an Bruft mit taufend fe
bensfragen hindert. Göthe, Kauft 1, 80. Als wollte fie fragen,
ob feine Kreunde nicht auch Antheil an der Lebensfreude form
fönnten. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 3. Und der füße Lebensfriede
wandelt fi) in wilden Schmerz. Tiedge. Griechiſche Lebensfriſche
und indifhe Lebensmüde. % Paul, Durch ihren Haß zu ſterben
wär’ mir beiler, als ohne deine Liebe Lebensfriſt. Shalſpeare,
Romeo und Julie 2, 2. Aus denen eben folhe Lebensfrücte fd
hervorwänden. -Ungenannter bei Campe. An vielen Plüben an de
See ſchimmerten ihm Sterne aus .einer nachmitternächtlichen Lebens⸗
frühe herauf. 3. Paul. Die Hand, der Fuß zerftreut aus Lebens
fugen. Göthe, Schlußgedidht zu W. Meiſter. Durd die Schöpfung
floß die Lebensfülle, Schiller, Götter Griechenlands. Der fer
bensfunfe fehlt aud. Shakeſpeare, 3. Caͤſar 1,3. Ich will fehen, deh
ich ihn zu einem raſchen Lebensgalop anrege. Göthe, Meiſters
Wanderj. 1, 9. Wo er, vor Beginn eines neuen Lebensgangeh
fo manches abzuſchließen gedachte. Daf. 2, 7. Der zugleid) als vol-
kommen gattliher Lebensgefährte gewählt die völlige. Verwirklichung
des väterlichen Dafeins von der Zeit wie billig verfpräcde. Daſ. % 8
Einfamfeit, die erfte Erzieherin und Lebensgefährtin eines Möndt,
wirft doc) wohl. Zimmermann. Die von allem Lebensgefühl I
anz verlaffen waren. Göthe, Meifters Lehrj. 1, 14. Mit der friden
ebensgegenwart ded Sohnes. Göthe, Meiſters Wanderj. & 9
Dann bemmte der heftige Krampf einer-gemaltfamen Giferjuht af
einmal den Lauf feiner Lebensgeiſter. Böthe, Meiſters Lehri. &
12, Wilhelm trug den Zuftand feines neuen Lebensgenofien da
Verbündeten vor, Goͤthe, Meifters Wanderj. 1, 11. An die Etck
eines frohen Lebensgenuffes Die Hoffnung fremder Glückſeligleit zu
fegen. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 6. Sich dem großen Lebens⸗
geihäfte auf die lebhaftefte Weile midmen. Göthe, Meifters Bar
derjahre 2, 6, Salamis heget das Bild noch ganz in Lebensgekall
903
Boß. Damit er wie eine Ente auf dem Teiche, fo auf den Brettern
einem fünftigen Lebensgewadel und Gejchnatter eingt entgegen
geleitet werde, Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Mit welchen kühnen
abenteuerlichen Formen ſteigt unſer Lebensgewölbe den Himmel
hinan, ehe es verſchwindet! J. Paul. Das Lebensgewühl aller
Schöpfung zu empfinden. Herder. Uns hat ein Gott geſegnet mit
freiem Lebensglüd. Göthe, Bundeslied. Er trank lepte Lebens⸗
Iut. Göthe, König in Thule. Auch am euböiihen Strande das Le—
Denen ras bei Anthedon rupfte fie. Voß. Der mir eine Danne in
Lebensgröße zeigte. Göthe, Briefe aus der Schweiz 1. Abthl. Auf
ernftem Lebensgrunde zeigt fi) das Heilige fo fchön. Göthe, Mei:
fierd Wanderj. 1, 7. Vollbeſtand erwünfchter Lebensgüter. Göthe,
Eugenie 4, & Der Bater Aller ließ zur Gabe dir volles Maß zur
Lebeushabe, um PVielen wohlzuthun. Voß. So verjchwindet der
ichönjte unmittelbarfte Lebenshauch unwiederbringlid. Göthe, Wahl:
verwandtichaften 2, 9. (DaB) fein Geilt Hoffnung, Xebenshoff-
nung in den Zod hinüberbringe. Göthe, Goͤtz v. B. 5. Die Zahl
feiner Lebensjahre vernuthen wir nur. Göthe, Meilters Lehr. 8,.8.
Sie hätte dem erichöpften Pilgersmann noch einſt den froben Zebens-
kelch gereicht. Ubland, H. Ernſt 2. Deines Glaubens Lebensfern.
Redwiß, Amaranth. Der an Tapferkeit. und Lebensflugheit. allen
andern vorgelaufen if. Göthe, Meiſters Lehrj. 5,4. Es follte mich
wundern, wenn er nicht auch aus dieſen Trümmern noch feine Lebens»
fraft auf ein lebendige Wefen ausübte Göthe, Meiſters Wander].
1, 2. Nur Sinn für die Sache giebt ihr lebenskräftige Abkömm—
linge. Benzel-Sternau,. Da denn die Nachrichten . . . Lucianen unauf«
baltiam in einen andern Lebenskreis hineinzogen. Göthe, Wahl-
vermandtichaften 2, 5. Und wie konnt’ er diefe lebenslange jchwei-
ende Kälte gegen mich. behaupten? 3. Paul. Weil, fonft bei der
loßen Zebenslänge die Jahre der Patriarchen in einander flelen,
Herder. Der tüchtige Mann war feiner Stelle lebenslän zuig gewiß.
Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1, 8. Seine gewöhnlichen Lebensläufe.
Goͤthe, Meiſters Wanderj. 2, 12. Einem Lebensläufer ſchlägt er's
ab. Hippel. Wilhelm, der beſchränkte Lebensleitung zu bemerken
glaubt. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Wer dieſen Ring beſitzt ...
dem löſcht Fein Element das Lebenslicht. Wieland. Lebenslied,
beißt ein Gedicht Matthiffons. Der Schnitt ging durch den Ballen,
gerade unter dem Daumen, theilte die Lebenslinie, Göthe, Meifters
Ei 4, 20. Daß er nur da (in der Religion) Odem und Lebens-
Lurt ichöpfen könne. Liebermann. Und nun erwacht in der erftorbenen
Bruft die Hoffnung wieder und die Lebensluft. Schiller. Haben
doch Lebensmüde, bejahrte Männer den Shrigen zugerufen: gedenfe
zu fterben! jo dürfen wir Lebensluftige jüngere wohl und immerfort
ermuntern und ermahnen mit den heiten Worten: gedenfe zu wandern!
904
Söthe, Meifters Wanderj. 3, 1. Ach, des Lebens fchönfte Feier endigt
auch den Kebeusmai. Schiller, Glocke. Gift, das unfer Lebens⸗
mark verzehrt. Wieland. Jeder mußte monatlich eine gewifle Summe
an Lebensmitteln geben. Schiller, Lykurg. Von deinem Lebens:
morgen bis zum Abend bütet dich ihr Blick. Mündhaufen. Wer
ſtöhnt' und jchwigte unter Lebens müh? Shafeipeare, Hamlet 2, 3.
So dulden fie auch meinen. Lebensmuth. Sffland. Henarez war der
ſchoͤnſte lebensmuthigfte, feurigfte Jüngling. Kind. Der Jüngling
muß die Religion als feine Lebensmutter umfaflen. Liebermam.
Lebensnymphen wohnen in bufdriger Klirfte feucht erfriichtem Raum.
Goͤthe, Fauſt 2, 225. Zieht Lebensöl aus Gift. Lohenftein. (Ich
will) wie der Lebensopfer Pelifan mit meinen Blut fie tränfen.
Shaffpeare, Hamlet 4, 2. Daß es mithin mehr auf gute Lebens:
ordnung, ald auf funftgerechte Arzneien anfommt. Benzel- Sternau.
Die Religion darf m feiner Lebensperiode vernachlälftgt werden.
Schneider. Die Geheimniffe der Lebenspfade darf und kann man
nicht offenbaren. Göthe, aus Makariens Archiv. Er fprach jept ſehr
ernjt von felbfimörderiichen Phantaflen . . . von Lebenspflidten.
%. Paul. Indem ich mir einen ganz andern Xebensplan, als den
mir vorgefchriebenen, zu erfinnen trachtete. Göthe, Leben 6. B. Gele⸗
enheiten, die nur in Einen Lebenspunft zufammengedrängt, Dem
— Ftüchteknoten bilden. Schiller. Trinkeſt durſtig aus den Le⸗
bensquell. Hölty, Elegie b. d. Gr. m. V. Die Menſchen ſcherzen
und bangen fih an den Kebensräthfeln herum. Göthe, Briefm.
mit Schiller 6, 59. Um den Lebensranm audzufüllen. Göthe, Wahl⸗
verwandtichaften 1, 18. So peitjchte Luciane der Lebens rauſch um
gefelligen Strudel immer vor ſich ber. Daf. 2, 5. Wo du die Summe
der großen Lebensrechnung ziehen folit. Schiller, Wallenfteing Tod
1, 7. Wenn ich fie zur XKebensregel mache. Göthe, Meifters Lehrj.
7, 6. Burum ein unerflärter. Schmerz dir alle Lebensregung
hemmt? Göthe, Kauft 1, 31. Ihm, deinem Bilde, wurde Leben aus
aus deinem lebensreihen Mund. Ur. In Lebensreihe fahft mar -
Liebesbrünftige. Göthe, Kauft 2, 188. Und bin nunmehr tief in der
Lebensreife als Mann -ein Thor. Seume. Sa es (das Kind) fchien
jelbft noch mit dem legten Lebensreſt feine geliebte Herrin erreichen
zu wollen. Göthe, WBuhlverwandtichaften 2, 18. Unſere Memmen ...
wurden nun Lebensrettung in der Noth. Shafeipeare, Cymbeline
.5, 3. Um zuletzt die große Lebensrolfe mit gemeiner Berwandtichaft
zu beihliegen. Schiller, Wallenfteine Tod 3,4. So mehrt es ihren
Lebensſaft. Pfeffel, das Elexir. Der. Ejel Bileams ftarb alt und
lebensfatt. Pfeffel, die Unfterblichkeit. Da ſank froh beladen jeine
Lebensfchale Herder. Wirklich hatte die Wiederhohung feiner
Lebensihidfale fein Iebhaftes Gemüth, angenehm aufgeregt. Goͤthe,
Wahlverwandtichaften 1,2. Was find Die dichteften Lebensfchreden
905
anders als 2c. 3. Paul. (Wenn die Kunft) in einem erfrenlichen Le-
bensſchritte vorwärts gehen folle. Göthe, Betrachtungen im Sinne
der Wanderer. Und wie das glüdlichite Geftirm des Morgens führft
du die Febensfonne mir herauf. Schiller. Bei marteroollen Le-
bensftrafen. Pferfel, Abdul. Die auf der. einfchneidenden Lebens-
firaße dennoch -vom hoben Sonienftern der Pflicht nicht wegbliden.
J. Paul. Es (das Gut) rauſcht im Lebensftrom hinab, Göthe,
Fauſt 2, 264. Auf einer höheren Lebensitufe. Göthe, Wahlverwandt-
ſchaften 2, 10. Ein neuer Kampf und neue Lebensſtürme. Gollin.
Dem wird es wohlgehn lange Febenstage duch. Göthe, Fauſt
2, 210. (So wollen wir) dir, Herrliche, den Tebensteppich weben.
Schiller, Huldigung der Künfte, Der (Zroft) Leite wie ein Stern mit
freundlich milden Strahl mich durch das dunkle Lebensthal. Bürde.
Ihr ließ der Gaft feine Verwunderung über eine fo hübfche lebens-
thätige Eolonie vermerken. Göthe, Meifterd Wanderj. 1, 10. Le
bensthätigkeit und Züchtigkeit ift mit auslangendem Unterricht
weit verträglicher ald man denkt. Daſ. 2, 9. Die (Leiden) wir im
Lebenstaumel der Woche vielleicht gering achteten. Daſ. 1, 7.
Der in allen Lebenstiefen zittert. Göthe, Zauft 1, 34. Die Eleinfte
(Bunde) ift ein Rebenstod. Shakefpeare, Macbeth 3, 4. Alles
Hohe nahmen fie mit fort, alle Karben, alle Lebenstöne. Schiller,
Götter Griechenlands, Mit Lebensunterhalt beladen. Platen
Abaffiden 1. Nachftehender, von Unmuth und Lebensverdruß über>
Iadene Monolog. Göthe, über Byrons Manfred. Da man an feinen
Lebensverhälftniffen nicht fo viel zupfen und zerren foll. Göthe,
. Bahlverwandtichaften 1, 2. roh lebt mir Muth im lebensvollen
Buſen. Collin. Wenn durh Kebensporfülle die Gemüther munter
und luſtig aufgeregt wurden. Göthe, Leben 14. B. Er wurde zu le-
benswährendem Feſtungsbaue verurtheilt. Ungenannter bei Campe.
Der Lebenswandrung Zag ift ſchwül. Matthiifon. Dies lebens—
warnte, fühlende Bewegen. Shakeſpeate, Maß für Maß 3, 1. Dean
bringt ihn- auf fein Bett und ſpür't noch Puls und Lebenswärme.
Bürde. In ſtarken Menfchen werden große Schmerzen und Freuden zu
überjchauenden Anhöhen ded ganzen Lebensweges. J. Paul, Zitan
34. Der Lebenswein ift- ausgeichenkt. Shafefpenre, Macbeth 2, 2.
Unfer Hinmel, unfere Einrichtungen, unfere Lebensweiſe legen und
andere Bedürfniffe auf. Herder. (Die Dichtkunft) lehrte die Menfchen
Lebensweisheit. Herder. Der aus der ftürmifchenlebenswelle zeitig
ewarnt fich berausgerettet in des Klofters friedliche Zelle. Schiller,
zaut von Meſſina. Zu lebenswieriger Feitungsarbeit verdammt.
Ungenannter bei Campe. Es treibt der ungefhwächte Muth noch friich)
und herrlih auf drLebenswoge. Schiller, Wallenfteind Tod 5, 4.
(Gott) beftimmte meine Tebenszeit. Gellert. Doc, ſchien ibn Die
gegenwärtige Gefellihaft viel ernfter, nicht zum Scherz auf Schein,
908
jondern auf bedeutende Lebenszwecke gerichtet. Göthe, Meiſters
Wanderj. 3, 1. |
Anm. 1. Sehr entflellt find vie Zahlwörter elf (eilf) und zwölf, gotk
ainlif, tvalif; ahd. cinlif, zuelif; uhr. einlef, einlif, zweief, zweif; agf. end-
leofan, tvelf; alin. ellifu, tölf; engl. eleven, twelve, ſchwed. ellofva un» elfva,
tolf ; dän. elleve, tolv. Der Einn iſt: zehn und eins darüber, zwei darüber. So
erklärte Grimm früher. Nun gibt er (Geh. der deutfchen Sprache S. 246) mit
Acht Boppé Annahme den Vorzug, daß in dem lif von ainlif, tvalif Forma
einer uralten Zehnzahl erhalten find, auf welche die Schickſale des gewöhnlichen
Worte Feinen Einfluß übten.
Unm. 8. Laib (Brot) gehört nicht zu bleiben. Das Wort lautet gotk.
hläibs, ahd. hleip, leip, mhd. leip, agf. hlaf, altn. hleifr, leifr, engl. loaf, (diva
lef, flav. chljep, chlep.
Stleiben.
CWurzel klib.)
Kleibe, klieb, geklieben, Bleiben (ahd. chlipu, chleip, chlipu-
m£s, chlipaner, chlipan; mhd. klibe, kleip, kliben, gekliben,
klifen; agi. clifan, engl. cleave, ſchwed. klibbe, daͤn. kläve) bangen,
feft fein, feft wachlen, haften, feſt fihen, auch fig. befteben, dauern,
ift nhd. nicht fehr im Gebrauch, doch Laffen fich Beiſpiele aus verſchie⸗
denen Zeiten nachweifen, befonders von befleiben im fig. Sinne —
Se wird mein Glück befleiben und grünen für und für. Opiß,
poemata 1635 S. 197. Biel ſuchen groffen Rubm, und meynen
zu befleiben durch Lob, das ninmmer flirbt, mit Leben und mit
Schreiben. Opig, Viel Gut 1629. S. 7. Wo dir dein Glüde mehr
wird ald am Nil befleiben. Lohenftein, Bleopatra 1, 633. Ben
der ae Er ige recht an der Bruft befleibet. Hoffmanuswaldan,
Heldenbriefe 64. Wie foll ein fchwaches Kraut in frembder Lufft be⸗
fleiben? Daſ. 88. Die jchlecht ift ımferen Lieben der, Abſchieds⸗
Wunſch beflieben? Günther, weltl. Dden 36. Was -unfer
Wolf geichrieben, das ift in dir fo wohl beflieben. Gottiched, 12
Dde auf Cramers Bermäblung. Bei feit befleibter Sat. Weich⸗
mann, Poeſie der Niederfahien 1, 62. So lang ein Reft von Bram-
ſchweigs Bold befleibt. . Daf. 4, 55. Der lafle dann an dir bes
fleiben, was jet mein Mund von Herken ſpricht. Daf. 4, M.
Wo Difteln kaum befleiben. Wieland, Oberon 9, & Wenn die
Lehre Der Vernunft in uns bekleiben foll,. Leifing, Hamburg. Dra-
maturgie 79. So mögt ihr denn in Dre befleiben. Göthe,
Satyros 5. Bin ich feft beklieben. Nüdert, gel. Ged. 2, 429.
Weil man fonft nicht recht befleibt. Daf. 4, 74 Wenn bier ein
Gedänkchen bekliebe der Liebe. Daſ. 4,167. Daß die Pflanze der
Liebe nicht nach Wäflrung befliebe. Daſ. 4.189. Was du be-
flieb. Daj. 4, 200.
007
— · —
Aleben (zuweilen kleiben) ahd. ohlöpéên, kleipjan, mhd. klö-
ben, kleiben) vermittelft einer haftenden Feuchtigkeit an der Ober⸗
fläche eines Körpers feft fein und feft machen (|. ©. 651). — An—,
auf —, aus —, be—, ein—, nah —, über—, um —, ver—,
wider —, zu —, zuſammenkleben. Denn die Flügel kleiben
an den Leimruthſtangen. Rückert, geſ. Ged. 6, 319. Weil des Grafen
von Helfenſtein Blut an ſeinen Kleidern klebt. Göthe, Götz v. B. 5.
Daraus ſah ich, daß er fromm iſt und nicht bloß am Zeitlichen klebet.
Gellert. (Wie du Goliaths) unförmliches Haupt auf einer großen
Stecknadel mit wächſernem Griff dem kleinen Dawid in die Hand
flebteft. - Söthe, Meilters Lehrj. 1, 2. Laffet uns ablegen’ die
Sünde, fo vns jmer anflebt. Luther, Bibeluberf. Hebr. 12, 1.
Bilduiffe... auf die Wand neben einander in gewifler Ordnung aufs
eflebt. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9. Alte Damen und alte
pfeifen aber befleben leicht an männlichen Lippen. 3. Paul,
Hefperus 3. Die Bedienten befleben den Rand des Kutichendedels
mit Kerzchen. Göthe, röm. Barneval. Er zieht vom Stuhl fein
Schwert empor, vom Buhlenbiut umklebt. Redwitz, Amaranth.
Kleber 1) eine Perfon die; 2) ein Ding das lebt; Eleberig
(früher und bier und da in der Volksſprache noch kleber, ahd.
klöpar, mhd. kleber). — Ein weißer Elebriger Saft. ©. Forſter,
der Brodbaum.
Alebauſter, —feuer, —garn, —gras, —kraut, —kugel, —laus,
—nelfe, —neß, —pflafter, —pfoft, —tanft, —ſchmiege, —Ihrift,
—ſchwamm, —fpindel, —werf —wurz, —zettel.
Klippe (ahd. chlipa, agſ. elöofu, altj. klipa, nah Grimm
von ahd. chlipan) ift ein berverragender, und m eine oder mehr
Spitzen —— ſchroffer Fels, er mag nun auf dem Lande oder
im Meere fein. — Manche Klippe fährt dein Liebſter noch vorbei,
Goͤthe, an die Erwählte. ,
Fels (minder gut Felſen, ahd. ver flv)elis und die flv)ölisa, mhd.
der völs, altf. ſölis. ſchwed. fjäll, dan. fjeld, franz. falise, falaise, gr.
rrälla) jede Steinmafle, fie mag nun hervorragend fein oder nicht. Gine
Steinmaffe von beträchtlicher Breite, dann auch von beträchtlicher Höhe wire
oberd. eine Fluh oder Fluhe (Bhühe) genannt (ahd. fluah, Auch, ſchweiz.
fluech, agf. floh); auch Belswand, ſelbſt Felsabſturz. Alpe (ahd. alpun,
mb. albe, mittelniederd. alve1]) eine ſehr hohe Bergſpitze. — Riff (altn.
rif, vielleicht niederd. Nebenform von Rippe) ſchmale Sand⸗ und Felſenbank
1) Gallorum alti montes ip vocantur fagt Servius. Nah Dies
fenbad und Weigand ſcheint Name keltiſch Wadernagel vgl. die
Elfen (gefvenftine zwergenhafte, in Flüſſen und Bergen hauſende Weſen) und
gr. aApos, lat. albus = weiß. Graff I, 242 jagt von al ala Weiveplag, over
der Höhe wegen; auch galifch alp = hoher Dt. rimm (b. Mythologie 2.9.
908
Im Geegewäffer. — Wie die Flut mit fchuellen Strömen wachſend die Beljen
überfpült, die In dem Sand am Ufer liegen. Gothe, Sphigenie 4, 3. Dart
IR das Hadmefler, wo ſchon der Schiffe mehrere gebrochen. Benz fe nik
weislich dort vorüberlenfen, jo wird base Schiff zerſchmettert an ver Flak,
die ſich jähftopig abfenkt in die Tiefe. Schiller, Zell 4, 1. Die Aly ik ck
geweidet. Daf. 1, 1. Aus ber Tiefe ragend ein Belfenriff. Geiler, da
- Xauder. _ j -
Klippfifch, — horn, —Eleber, — mans; Klippenbod, —dadl,
—fiſch, — bahn, —hafe, —fpringer, —vogel, —weg u. a. — Di
ftachlichte Roche, der Klippenfite, Schiller, Taucher. Klippen
rauhes Weſen. Benzel-Sternau. Die ernfle, klippenweiche
Bahn. Pfeffel. Zum Profeten wurde er besufen, ſprach der Klip:
penfteiger. Benzel-Stemau. : Wer konnte wol den Menſchen lehren
der Elippenvollen See zn trau'n. ©. N. Schlegel.
Anm. Abb. cliba, agf. elib(fe), uhd. klibe — Klette (ahd. auch chletta)
iſt außer Gebrauch; ebenfo mho. klöp und klöbe —, Vogelleim. Stieler (181)
hat noch der Kleb.
- Reiben.
| | (Wurzel rib.)
Heide, rieb, gerieben, reiben (ahd. ripu, reip, ripumts,
ripaner, ripan; mhbd. ribe, reip, riben, geriben, riben, altn. rifa,
mittelniederl. wriven, neuniederl, wrifen, ſchwed. rifwa, dän. riva,
engl. rive) 1) etwas angedrüdt woran wiederholt darauf hin und he
bewegen, aud in ineig. "Sinne; 2) durch Reiben zubereiten, je
richten, Hein machen; 3) ſich reiben, an nnd gegen einander bemegt
werden, fo daß der eine Körper dem andern in feiner Bewegung Br
derftand Teifte. — Wenn ich mich ruhig verhalten. und das Uebel
nicht durch Reiben und Kraßen — wollte. Goͤthe Leben
1.38. Er will fih an Scribenten reiben, nur. weil ex ſelbſt fen
Lob gewinnt. Hagedorn.
Die Synonimen |. ©. 650,
Ab—, an—, anf, aus—, be—, bei—, durd—, en—
ent —, binweg—, nach —, über—, unter —, ver —, weg—, zer—
zuſammenreiben find. klar. — Die Verzierung mit mehr Mühe wiedtt
abzureiben, als wir fie aufgemahlt hatten. Göthe, Leben 11. 2.
Daß fie fich faft die Baden aufrieb. Göthe, Meijters Lehr. 4 &
Daß Krankheit fie. im Kerker aufgerieben! Schiller, Maria Stuart
1, 8. Die beiden reiben, mit feindlicher Kraft, einer den anden
fih auf. Göthe, Weißagungen des Balis 5. Er wollt’ ihm de
©. 413) ſtimut mit Wadernagel überein: er meint alp (Mif, Elfe) möge ur
ſprünglich einen lichten, weißen, guten Geiſt bezeichnen; daun ſchließe 4 de
— des ſchneebedeckten Hochgebirgs (Alpen) und bes Haren Stromes (At
is, eo) an,
909
= —
J
Bad geſegent und ihn ausgerieben haben. Göthe, Goͤtz v. B. 1.
Kaum die Augen ausgerieben, Kinder, langeweilt ihr ſchon? Göthe,
Fauſt 2, 227. Sie hatte in einen Napf mit Waffer Kreide einge-
rieben. Göthe, Meifters Lehr. 3, 11. Ich rieb meine Thränen
ein. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 1%: Auch Alkmen entreibt mit
dem Daum vordringende Thränen ihrem Ang. Voß. Den Kuß, den
nach jungfräuliher Abwehr man hinwegreibt mit der Hand. Voß,
Inunende Liebe. Ich will ihn zu Staub zerreiben. Schiller, Räus
ber 2, 1. Mir laß die Wolluft, ihn zu Brei zufammenzureiben!
Dat. 2, 38. Reibe das Abfchabfel noch klarer auf Marmor zujam-
men. % Paul, Siebenläs 2. |
Einnverwandt mit aufreiben (efwas reiben es offen, auch fo lange,
bis es nicht mehr da ff) If vertilgen (von tilgen, ahd. Hligön, tiligon,
mbd. tilegen, agf. dilyjan, eine erweiterte Form yon dem dasfelbe ausprücfenden
ahd. tilön, tilen, fo bei Graff V,.398 nach Otftid, währene Grimm tilön,
. Glen anniinmt, wahrfcheinlih zu Theil S. 96 gehörig) allg. machen, daß
etwas aufhört, fein Dafein zu haben, infofern ein völliges, gänzliches Aufhoͤ⸗
ren ausgedruckt wird. — Der Zweifel meiner fürftlichen Geburt, er ift getilgt,
fobald ih dich vertilge. Schiller, Maria Stuart 4, 10.
Heide, Reibel, (abd. ribil, mhd. ribel), Reiber (mbd. ribzere),
Heibung; Reibahle, — aſch, —ballen, —bledh, —bret, — faß, —feuer,
— hammer, — holz, —keſſel, —keule, —lappen, —nagel, —pfanne,
— platte, — preſſe, —ſand, — ſchale, —Icheit, —ſtein, —ſtock, —tabak,
—tuch, — wiſch, —wohl (Bohrer bei Schloffer) u.a. — Aus Farben⸗
reibern find trefflihe Maler hervorgegangen. Göthe, Betrachtungen
im Siune der Wanderer. Soll ich bier dafür erfaufen Geräth, Brei-
napf, Reibeifen? Platen, verhängnißd. Gabel 2, (Indem es) an Del
zum Reibezeug mangelt. ©. P. Sturz, Fragment aus den Papie-
ven eines Hypochondriſten.
- Nibeln, rippeln, rippen — wiederholt reiben; fi rippeln —
ſich auftehnen gegen einen Stärferen; rebben — durch Reiben auf-
reiben: jeine nicht feft fchließenden Schuhe haben ihm die Ferſen ge—
rebbt, aufgerebbt gehören der Volksſprache an. — Daß fle (die
Zlöhe) die verrieblen und vertriebelen mögen. Simplichfimus 3,6.
Schreiben !).
(Wurzel scrib). —
—Schreibe, ſchrieb, geſchrieben, ſchreiben (ahd. seripu, screip,
scripum&s, scripaner, scripan; mhd. schribe, schreip, schriben,
1) Das Wort follte, als fremdes, nach ter ſchwachen Konjugation gehen; es
ift aber fhon fehr frühe. in die deutſche Sprache — Nach Schwenck
ſoll das Wort, mit vorgetretenem ſ, mit graben von gleicher Abkunft ſein, wo⸗
für nichts ſpricht.
910
. .r
geschriben, schriben; ſchwed skrifwa, hollaͤnd. schryven, aus fat.
scribere) 1) überhaupt Schriftzüge machen, Wörter Durch beftimmmte
Zeichen dem Auge fihtbar machen; 2) fehreibend hervorbringen , ver-
fertigen; 3) zumeilen für abſchreiben. — Wenn er nur lefen fann und
ſchreiben. Schiller, Wallenfteins Lager 7. Sie waren’, Die Die
Thörichte verführt, fich Englands Königin zu ſchrei ben. Schiller,
Maria Stuart 2, 3. Schreibend ſchreibt er in Schreiben ge
fhriebene Shriften, Der Schreiber. Voß, der wortreiche Nach⸗
ſchreiber.
Anm. Bine Urkunde vom Jahr 1188 In Roths Urkunden der Stadt Ober
mofchel, München 1848, S. 8 hat das Partic. verschruben, ähnlich den Form
verluwen und verluhen (fi leihen) bejonders in mittelcheinifchen Deufwälere.
Beſchreiben 1) mit Schriftzügen verfehen, voll ſchreiben, an etwas
ſchreiben; 2) durch ‚ausgeführtere Darftellung in (zunächft fchriftlichen,
im weiteren Sinne auch mündlichen) Worten eine dentlisbe bildartige
Borftellung von etwas machen; 3) (veraltet) ausfchreiben,. um etwas
jchreiben. — Wenn ich nun gleich das weiße Blatt dir site, amfatt
daß ich's mit Lettern erſt befchreibe. Göthe, Sonette 10. Brief
ſchaften, von denen er die unbefhriebenen Blätter mit größter
Gelaffenheit abſchnitt. Göthe, ital. Reife Meifina 12. Mai 17.
Du ſchil derſt deines Vaters He. Wie du's beihreibtt, io fs
in feinem Eingeweide, in Diefer ſchwarzen Heuchler&- Bruft geftultet,
Schiller, Wallenſteins Tod 3, 18. Er beſchrieb einen Reichstag
gen Ingelheym. Aventinus, Chronit 1580. Bl. 80.
Schildern (f. S. 831) if Hier auf NRede und Schrift angewandt: im
Gigenthümlichkelt ausgeführt nach Farbe, Licht und Schatten darſtellen. Abs
fhildern = nah einem Urbild und biefem im Gingelnen wie im Ganges
ähnlich ſchildern. — Mit ihrer Feuerzunge ſchil derte fie jeden Umſtand der
verruchten That. Göthe, Iphigenie 3, 1. Daß ich ihre &eräthichaften zu)
einfaches Maſchinenwerk zeichnete und hübſche lieber mit Zierlichkeit a b⸗
f&hilderte. Göthe, Meiftere Wanderj. 3, 5. Briefe, worin er ſich nad be
Barbe feines Bartes, dem Schnitte friner Waben, ver Welfe feines Ganges,
nach Augen, Stirn und @efichtefarke ne auaelalinen Kabra
fol. Shakeſpeare, was ihr wollt 2, 8.
Ab—, an—, anf—, aus —, bei—, ein — — fort — bt—,
heraus —, berein- —, herunter —, hin⸗ binans—, binein— ‚nad—,
nieder—, über— , um— , unter —, ver— , vor— (©. 5), 3a,
——— zufammenfchreiben ergeben fih aus nachfolgenden Beiſpie⸗
en. — In kurzer Zeit erhält du abgefchrieben dem Gedicht.
Goͤthe, Taſſo 5, 2. So ſchob . ihr nl abgeichriebene
Federn unter, Göthe, Wahlo. 1, 6. Arſenik fteht auch außen (anf
der Büchſe) angefchrieben. Göthe, Scherz, Lift und Rache 1.
Seine Freunde find übel beiipr angeſchrieben. Göthe, Meifters Lehrj.
7,6. Id trug ein Mährchen vor, das idy hernady unter dem Zitel
911-
“ °
„die neue Melufine” aufgeſchrieben habe Göthe, Leben 10. B.
Nach dem ſchrieb (kündigte) der Keyſer Nero dem Felix Die Haupt»
mannfhafft auff. Aventinus, Ehronif 1580. Bl. 180. Laß mir die
Etele aus Camper u hreiben. Göthe, 3. Aufenthalt in
Rom 12. Det. 1787. er anfänglich auf Augsburg im Detöber 1763
ausgejchriebene churfürftliche Eollegialtag ward nun nach Frauk⸗
furt verlegt. Göthe, Leben 5. B. Doch bier auf diefer andern Tafel
ler ich jede Vergehung pünftlih beigefchrieben. Schiller, Don
Karlos 3, 5. Ihr wart in's Waſſer eingejhrieben. Göfhe, am
Fluſſe Ich will dich in unfere Zahl einfhreiben laſſen. Göthe,
Denvenuto Gellini 1, 4 Wo ein Elauren fogar Reichthum fih er⸗
Ihreibt. Pfaten, rom. Dedipus 1. Und fogleicy bereit war fort-
zuſchreiben. Göthe, Leben 14. B. Eine aus pedantiihen Zeiten
ich herfchreibende Gewohnheit. Dal. 7. B. Daß ih das Ge-
didt... in der Diagonale (des quer liegenden Bogens) herunter-
Ihrieb. Daf.16.B Weiher fih herunterſchreibt. Lichten⸗
berg, Nachtrag zu den liter. Bemerkungen. Diefes Hin- und Wir-
derſchreiben, fo Yan auch war, ftörte das gute Verhältniß
nit. Göthe, Leben 14. Meine Seele follft du haben! ſchrieb
id hin mit eignem Blut. Göthe, der Echapgräber. Die nicht wes
nigftens einen Perioden ... techt gut hinauszuſchreiben (fertig
zu. .ichr.) wüßte. I. Paul, Siebenfäs 3. Der Aktuarlus hatte indefe
jen immer die Worte nachgeſchrieben. Göthe, Meifters Lehrj.
1, 13. Unſere Bemerfungen niederzufhreiben. Göthe, 2%
Aufenthalt in Rom Dec. Die verflegelten und überfhriebenen
Neujahrsgeichenfe wurden von den Kindern . . . ausgetheilt: Göthe,
Leben 3. B. Ueberfchreien können Sie mi, überfhreiben follen
Eie mich gewiß nicht. Xeffing, Antigdze 1. (Da) nur wenige Blaͤtter
umgefchrieben zu werden brauchten. Götpe, Leben 4. B. Klein
ift Das Feld, das ich umjchreibe. Schiller, Näthfel. Umſchrei—
bew Sie die wenigen Worte, fo wird der Stun alfobald hervorleuch⸗
ten. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 6. Ich müßte ein Schurke fein,
wenn ich mich könnte bereden laffen das zu unterſchreiben. Göthe,
Götz v. B. 4. Weil id mid, im langen Buche nicht ewig verſchrei—
ben fann. % Paul, Titan 3: Bir jeßen- eine Formel auf, worin‘
wir und dem Herzog insgeſammt verſchreiben. Schiller, Piccolo⸗
mini 8, 1. Was die Bersfihaft voriges Jahr zu verfhreiben
(kommen zu laflen) angefangen. Göthe, Wahlv. 2, 9. Ich gebe Ihnen
diefe Nachricht fo, wie fie mit aus Berlin zugeſchrieben if. Sul-
zer. Dem Herzog ſchreibt allein die Kränfung zu. Schiller, Wal⸗
lenfteins Tod 1, 6. (Der) ein Briefchen voller Xabeserhebungen an-
jenen zu rückſchrieb. Keffing, Hamburg. Dramaturgie 36. Er hatte
viele auf der Reife geſehen und hoffte daraus ein feidliches Heft zu=
Iammenfcdreiben zu können. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 17.
912
Yum. Ju partic. Iufammenfegung fagt Kedwitz in vd. Amarantb: Go blückt
gedankenſchwer und finfter fein grambeſchriebenes Angeficht.
Schreiber (ahd. scribo, scribAri, mhd. schribsere, schriber);
Schreiberei; Schreibung; Gefchreibe; das Schreiben (Kundmachung
in fchriftlicher Anrede); Nbreibbar, fchreiblih (nur in Zuſammen⸗
ſetzmigen) — (Er gab das Blatt) dem Schreiber. Sonuenberg.
Mein Abſchriber ift ausgebfieben. Schiller, Briefw. mit Göthe 2,
56. Ausſchreiber, Abeonterfeier ꝛc. Klopftod, Gelehrtenrepublif.
Lieber Leſer, ift Dir iego nicht wie dem Lebensbefhreiber?
J. Paul, Hefperus 1. Das Weib ift bier aus der Nahbarfchaft eines
Amtihreibers Tochter. Göthe, Werther 2. B. 4 De. Bie
ein Chronikenſchreiber das aufzeichnen würde. Daf. 15. März
Gelahrte Herrn Fragmentenfhreiber. Pferfel, das Goldſtück.
Dann eile gleih Egmonts Geheimſchreiber gefangen zu nehmen.
Göthe, Egmont 4. Der dramatifche Dichter ift fein Geſchicht⸗
ſchreiber. Leifing, Hamburg. Dramaturgie 11. Sein Abichiedswort
thut euch duch mich der Komdödienfchreiber zu wiſſen. Platen,
die verh. Gabel 5. Da die Schönfhreiber immer mit dem Mo
raliichen ihrer Schriften, das nüßt, etwas Unmoralifches, das vergiftet,
aber reizt, A verbinden wiffen. 3. Baul, Hefperus 1. Ein unförms
liher Stadtfchreiber ritt voraus. Göthe, Meifters Lehr. 1, 1%.
Ob ich bei einem feftlidien Mahle neben einem Vater der Stadt, oder
einem Zollſchreiber ſitze. Sturz, ein .Rangftreit. — Ich dächte,
Sie ließen die ganze Schreiberei bis auf die Ankunft meines
Oheims. Leifing, Minna v. B. 2, 2. VBielfhreiberei in meh
reren Sprachen. Göthe, Zag- und Yahreshefte 1749— 64. — Be—
ſchreibungen von gegenwärtigen Zuftänden einzelner Menfchen. Göthe,
Meiſters Wanderj. I, 7. Die Kebensbeihhreibung des Erſtern
batte mich im Innerſten ergriffen. Göthe, Leben 10. B. Lab uns
nun au die Gutsbejchreibung gehen. Göthe, Wahlv. 1, 4. Laß
uns die engliihden Parkbeſchreibungen mit Kupfern zur Abend-
unterhaltung vornehmen. Daf. 1, 6. Dann zog fle eine Reije-
beihreibung hervor. Daf. 1,.17. Schaff mir die Verſchrei—
bung! Schiller, Biccolomini 2, 6. Die Schuldverſchreibung
‚lautet an die Todten. Schiller, Reſignation. — Wie fo ein Sefchreibe
- am Ort felbft zufümmenfchrumpft. Göthe, ital. Reiſe 2. Dec. 1786.
— Ich bediente mich derjelben (Terminologie) in einem Briefe, den
ich unter der Maske eines Landgeiftlichen an einen neuen Amtöbruder
zu erlafien beliebte. Das Hauptthema desfelbigen Schreibens war
jedod die Looſung der damaligen Zeit, fie hieß Toleranz. Götbe,
Leben 12.3. Ich erhielt von Baufe Darüber ein Schönes Belobungs-
Ihreiben. Daf. 7.B As ih nun mein Bittfchreiben einge
reicht. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 2. Geben Sie mir eine Pitt
hrift, ein Empfehlungsfhreiben an meinen Bater! Schiller,
— — —
Don Karlos 2, 8. Der Hoffaplan Eymann ſandte ein langes Glück⸗
wunfidicdhreiben an Viktor. 3. Paul, Heiperus 7. Es müſſe ein
föniglides Handfchreiben an Sie unterwegs fein. Leifing, Minna
v. B. 4, 6. Ale Meldungsfhreiben übernahm. Mittler. Göthe,
Wahlv. 2, 8. — Auch find unſchreibbare Dinge darnnter. Göthe,
Briefw. mit Schiller 5, 75. — Nach wie vor übten fie eine unber
jchreibliche Anziehungskraft gegen einander aus. Göthe, Wahlv. 2, 17.
Die Synonymen von Schreiben, Sendſchreiben |. ©. 224.
Schreibart 1) Art und Weile die Schriftzüge zu machen; 2)
Art und Weiſe feine Gedanken fchriftlih auszudruͤcken, fubjeckv und
objectiv. — CEine gefällige Schreibart fing an durchaus nöthig zu
werden. Göthe, Xeben 7. B. Bus
Stul (franz. stile, engl. style, von lat. stylus, gr. drvlog), objectiv,
die Gigenthümligfeit einer Darflellung durch Sprache; bann auch anf alle
ſchönen Künſte angewandt. Diction (lat. diotio v. dicere — fagen) if
was Sthreibart. Ton tlat.tonus S. 829) iſt die Ausdrucksweiſe eines Kunſtwerkes
mach der herrfchenden Empfindung, die durch jene erregt wird. — Männer,
die ... in Predigten und Abhandlungen durch einen guten und reinen Styl
der Religion ... Beifall und Anhänglichkeit zu erwerben fuchten. Göthe,
Leben 7.2. |
Schreibbedarf, —behör, —blei, —bret, —flechte, —gebühr,
— ehilſe, —geiſt, —geld, —geſetz, —griffel, — groſchen, —helfer,
—faften, —kitzel, — koͤcher, —kunſt, —künftler, — lade, — leder, — lohn,
—luſt, — meifter, —papier, —regel, —richtig, — ſchilling, —ſchrank,
— ſchule, —ſtein, —ſtift, —ſucht, —tafel, —tag, —übung, —wuth,
— zeug, —zimmer, —zug u. a.; Schreiberamt, — fiſch, —holz, — lohn,
—poſten, —roje, — ſtelle u. a. — Der Buchbinder mit bunten
Schreibbüchern (war) erſt heute (da). J. Paul, Heſperus 1. Der
duchhlauchtige Schreibdaumen. Daſ.7. Eine tragbare Schreib—
feder mit Dinte. J. Paul, Titan 36. Verzeihen Sie die Schreib—
fehler. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 158. Dazu aber fehlt mir
die Neigung und meiner alten fhweren Hand die Schreibfertig-
feit. Spalding. Bei mir (ift e8) der Schreibfinger 3. Baul,
Zitan 33. Das ganze tomantiihe Schreibgelage. Daf.36. (Wie
fie) eine gewiffe Schreibgeſchicklichkeit ſich zu verfchaffen wiflen.
Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 146. . Daß ich als Knabe unter fei-
nen Büchern und Schreibfalendern geſtört. Göthe, Leben 1. 2.
Die ſchreibluſtige Hand des Nutors. 3. Paul. "Weil ich durch
diefe Privatübung von den VBorfchriften des Schreibemeifters ent-
bunden wurde. Göthe, Leben 4. B. Und ich wär’ bald vor Unge—
duld wieder —— zum Schreibepult. Schiller, Wallenſteins
Lager 6. Die Schreibſeligkeit meiner neuen Freunde. Göthe,
Meifterds Wanderj. 1, 6. Hatte er feine Geichäfte in der engen
Schreibſtube am uralten Pulte vollendet. Göthe, Meifters Lehrj.
58
914 . :
1,11. Als ich mit feinem Sohne Schreibftunde hatte. Göthe, Leben
4.8 Schreibtafel ber! Shafefpeare, Hamlet 1, 5. Rur werde
er (der Knabe) von Schullehbrem mit Schreibterten verſchont, wie
fie ſie zu pflegen. J. Paul. Führte ihn der Graf an einen großen
Schreibtiſch. Göthe, Leben 13. B. Er packte fein Reiſeſchreib
zeug wieder ganz gemächlich in die Wagentaſche. Benzel⸗Sternan.
Man gebe mir einen kleinen Schreiber- oder Cimehmer⸗Dienſ.
Göthe, Meifters Lehrj. 1, 14.
Schrift (ahd. serib, giserib, scrift, mhd. schrifet, schrift,
schrift, altn. skräf) überhaupt Geſchriebenes; dann allg. Art uw
eife, wie Jemand fchreibt; Niedergefchriebened oder Gedrudtes, it
fofern ed einigen und nur feinen großen Umfang hat, in Bezi
auf den Inhalt wie auf den Verfaſſer. Davon ſchriftlich. Hand-
ſchrift = Form der Schriftzüge; eigenhändige Namensunterkhrift;
das zum Drude Gejchriebene; eine der Altern Zeit amgehörige Ur⸗
oder Abjchrift eines Werkes; fchriftliche Verfiherung, vornehmlich inje
fern fle aus freier Hand ausgeftellt iſt ohne gerichtliche Beglaubigung.
— Ganz vergebens ftrebft du daher durch Schriften des Menſchen
ſchon entichiedenen Hang und feine Neigung zu wenden. Göthe, 1.
Epiftel. Ich geb’ nichts Schriftlihes von mir. Schiller, Piccolo⸗
mini 2, 5. (Er) ließ ihn Handjchriften fehen won machen Per⸗
fonen. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 7. Schaff mir ihre Hand-
ſchrift! Schiller, Piccolomini 2, 6. That ex jm dasſelbige Gelt,
vnd nam eine Handjchrifft von jm. Xuther, Bibelüberf. Tob. 1, 17.
— Laß mich die Abſchrift eilig baben.. Göthe, Taſſo 5, De
fie unfere Gedichte abjchriftlich verbreiten. Goͤthe, Briefw. mit Stils
ler 2, 209. Bis der Brief, der Aufichrift gemäß, dießmal abge
geben werden konnte. Göthe, Meiſters Wanderi. 3, 3. Eine Ju⸗
ſchrift, über die. ich trete! Göthe, der Wandrer. Dieie zufällige
Arbeit widmete ich infchriftlich dem Freunde Göthe, Tag- und
Jahreshefte 1807. Sagen Sie mir, was will der Better im ſeiner
Nachſchrift mit Valerinen? Göthe, Meifters Wander. 1, 6. Bir
find nur Ueberſchriften; Die Welt hat Die Kapitel des Bucht.
“ Göthe, Vened. Epigr. 59. Er beitellte fi) Die Geſchichte Mofls, der
Waſſer aus dem Felſen jchlägt, mit der Umjchrift: ut bibat pope-
us. Göthe,. Benvenuto Cellini 3, 2. Zuletzt legte er Wilhelmen em
weißes Blatt vor mit Erfuchen um einige Zeilen, doch ohne Unter:
ſchrift. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 7. Weil id durch Diefe Pri⸗
vatübung von den Vorſchriften des Schreibemeiltersd entbunden
wurde. Göthe, Leben 4. B. Wie nach Bafo ein Hofmann jeine Bitt⸗
ihriften in die Nachſchrift verihob. J. Paul, Hefperus 11. So
ftelle dort... Denkzeiben, Denkſchriften auf. Göthe, Wahlv. 2,1.
Bei dem zwedmäßigen und zwedlojen Anhäufen der Drudichriften
Söthe, Windelmann 1. Sie ſuchten unter den Bächern, und fun
915
den einige fogenannte Erbauungsfchriften. Göthe, Meifters Lehrj.
1, 6. Erziehungsidriften, boff ih, bat man reichlich ange-
ihafft? Platen, vom. Dedipus 2. Mit untilgbarer Feuerſchrift in
dieſen Kopf, in dieſes Herz gegraben. Alxinger. Du weißt das Berg⸗
volk denkt und fimulirt, it in Natur- und Feljenfchrift jtudirt.
Göthe, Fauſt 2, 268. So Far beweglich bleibt das Bild der Lieben,
mit Flammenſchrift in's treue Herz gefchrieben. Göthe, Elegie.
Bei den kleinen Flugſchriften, die ich ungenannt herausgab. Göthe,
Leben 13. B. Und die Glanzſchrift erſchreckt fernher. Voß. Bläu—
lich ſchimmert'... am Gewölbe des Heiligthums die Gluthſchrift.
Matthiſſon, mileſ. Märchen. Mit Goldſchrift ſchreib' ic ans Mal
der Erhabnen. Klopſtock, Delphi. Seine Grabſchrift ſei der Ort,
wo man ihn findet. Schiller, Jungfrau v. O. 3, 7. In gemeldeter
Epoche jedoch lernen wir fie gewiſſermaßen nur aus ihren Irrſchrif—
ten fennen. Göthe, Leben 19. B, (Sie) leſen die Zeitungen und
Monatsſchriften. Göthe, die Aufgeregten 1,2. Allerhand Geiſter⸗
chen aus Zeitungen oder Monatichriften, in welchen die Buch
ſehr ift gelobpriefen worden. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Cr lehnte
die Mittheitung diefer Preisſchrift humoriftiich ab, Göthe, Leben
10. 3. Eine Münze, deren Raudſchrift heißt. J. Paul, Sieben-
käs 8 Reinſchrift ud Gieglung foll die Canzeley beſchäft'gen.
GSöthe, Fauft 2, 293. Ew'ge Schmachſchrift deiner Mutterfande.
Schiller, Rouffeau. . Daß ich eine Schutzſchrift ausarbeite für Ema—⸗
nuel. 3. Paul, Hefperus 8. XThaten, welche flammen mit Sternen=
Fchrift in den Sälen des Himmels. Kofegarten, Hymne an die Tugend.
Daß ich meiner Partey eine mit vieler Energie zu ihren Gunften ab»
gefaßte Streitfchrift vorgeleien. Göthe, Leben 13. B. Mein gan-
zes Bündnig will ich Dir. enthüllen, und meiner finftern Stine
Zeichenſchrift. Shafefpeare, 3. Cäfar 2, 1. Cinwürfe, welde
mir wider meme Zueignungsfchrift gemacht werden fönnen,
Rabener, an Sancho Panſas Kiel. |
Sinnverwandt mit Schrift find: Hand (goth. handus, ahd. mhd. hant,
altf. hand, agf. hond, altır. hönd, ſchwed. dän. engl. haand, vielleicht von
goth. hinthan = greifen) geht mehr auf. vie. Bine, auf bie Gandbewegung
in Beziehung auf die Schriftform. — Wert (f. ©. 470) If jedes Niederge⸗
fchriebene oder Gedruckte von größerm Umfang als Schrift, in Bezishung auf
den Inhalt wie auf den Verfaſſer. Buch (guth. die höka, ahd. das puoh,
mb. huoch, alte. bök, agf. böc, engl. hook, fchweb, bok, neuniederl. boek,
dan. bog; altflav. bukür — Buchflabe, ruff. bukvaz nad Grimm u. 9.
vieleicht mit Buche zum goth. hakan, gehörig, beffen Urhereutung aber vers
ſchollen iſt S. 6523 vgL au Diefenbach: goth. Wörterbuch 1,339) ein Ganzes
anfammengeheftefer Blätter in under zu Schrift oder Drud, ohne Bezug auf
Inhalt und Berfaffer. — Wie er eine ſehr reinliche Hand ſchrieb. Goͤthe
Leben 10.3,
—
916
-
Schriftabſatz, —anzeige, —ausleger, — auslegung, —behäftui,
—beurtheiler, —beurtbeilung, — beweis, —börs, —erflärer, —erflä-
rung, —flechte, —forfher, —Forihung, —gebräuclih, — gelehrte,
—gemwölbe, —gießer, —gießerei, —gießererz, — gießermetall, —gießer-
zettel, —guß, —bhalter, —jaspiß, — kammer, —kunft, — mäßig, — nut»
ter, —richter, — Säule, —ſchatz, — ſchaͤtzer, — ſchrank, —feite, — feßer,
— fchneider, —ichneiderei, — ſpindel, —ipötter, — ſprache, —fteim,
—ftellerihaft, — ſtellerwelt, — ftempel, —taihe, —tert, —verüdhter,
—verfälicher, — verfaſſer, — verftändig, —wecjel, —wort, — zeichen
u.a. — Schrifterfinder. Herder. Die ganze Brut der Schrift-
gelehrten. Pfeffel, der Wundermantel. Im innem Schriftluften.
J. Paul, Hefperus 7. Al Schriftlehrer und Schriftfteller red
licher... . fohreiben und Ichren zu können. Lavater. Hier fende ich
Ihnen einige Schriftproben für den Drud des Almanachs. Schil-
ler, Briefw. mit Göthe 2, 89. Zu einer fo buchftaben- und fehrift-
reihen Zeit. Herder. Ein Berk, zu defien Lefung mein Landeshert
feine Landeskinder und felber die Schriftfajfen noch mehr nöthigen
follte. 3. Paul, Heſperns 1. Er citirte... bei jedem Vorfalle ſechs
paffende Schriftftellen. Meißner. Dieſes ift für den Scrift-
fteller ein unerichöpflicher Quell von Wahrheiten. Lichtenberg, Beobad-
tungen über den Menfchen. Daß man ganz die Stimmung der Schrift:
tellerin annimmt. Schilder, Brief. mit Göthe 4, 243. Eben ie
wenig fhriftftellerifche Methode oder Künftlerfinn berrichte in
feinen (Lavaters) übrigen Schriften. Göthe, Leben 19.B. (Daß fie)
bie und da fhriftftellerten. ‘Blaten, die verhängnißvolle Gabel
5. Siebe da, der erite Schriftverfuch. Herder. Inden fchrift-
vollen Zeiten. Herde. Schriftzeichen find’s. Chamifio, Sa
Ins y Gomez. Den Schild des Helden zeichnet faum cin Schrift:
zug. Uhland, Romanze vom Recenfenten.
Treiben.
(Wurzel drib.)
Treibe, trieb, getrieben, treiben (ahd. tripu, treip, tripumes,
tripaner, tripan; mhPd. tribe, treip, triben, —— triben ; goth.
dreivan, altn. drifa, altj. dribhan, altfrief. driva, agf. drifan, mittel:
niederl. driven, neuniederl. drifen, engl. drive, ſchwed. drifwa, vän.
driva; Wadernagel vgl. gr. zosnen — wenden, Schwend gt.
Dopvßelr — verwirren, flören, beide dem Gefeß der Lautverfchiebung
nicht gemäß) nah Weigand zunäcft fordem, dann drohen umd
nöthigen; Davon nhd. 1) zum Bewegen, Fortbewegen nötbigen (goth.
dreiban und dräibjan); 2) durch innern oder äußern Beftimmungsgrund
im Bewegung , Fortbewegung gejeßt werden oder fein; 3) (fig.) durch
innern Trieb wachſen, beionders merklich ftark, auch gähren, ſchäumen,
917
ſich blähen; 4) fortfegen, nachfolgen; 5) durch Schlagen, Gtoßen,
. Drüden ausdehnen; 6) oft und viel thun, ausüben. — So lang ein
Hirte tried auf dieſen Bergen. Schüler, Zel 1, 4 Die Welt
kann bundertmal, kann taujendmal um ihre Pole treiben. Schiller,
Don Karlos 1, 5. Es treibt der ungefchwächte Muth noch frifch und
herrlich auf der Lebenswoge. Schiller, Wallenfteind Tod 5, 4. Die
Bäume treiben Knospen. Göthe, Götz v. B. 5. Die Gelehrjamleit
kann auch ins Laub treiben, ohne Früchte zu fragen. Lichtenberg,
philoj. Bemerkungen. So weit fann er’8 auch noch treiben. Schiller,
Wallenfteins Lager 7. So find wir pfiffig und treiben’s fein. Dai. 1.
Ein Meßgewand, das von Stiderei, ja von getriebenen Gold-
figuren ftarrt. Göthe, ital. Reife Rom 3. Nov, Rüdgeführt, Adelbert,
in den Saal, wo wir al8 Buben unfere Jagd trieben. Göthe, GOdtz
v. B. 1. Solchen Spott mit mir zu treiben! Schiller, Maria
Stuart 4, 5. Treib’ er ein ehrlich Gewerb in Ruh. ‚Schiller, .
Wallenſteins Lager 11.
Jagen (ahb. jagön, jagen, mhb. jagen, ſchwed. jaga, dän. jage1]) eig.
in heftig ſchnelle Fortbewegung fegen; ſich in heftiger Cile fortbewegen. —
Und diefe Wolfen, die nah Mittag jagen, fie fuchen Fraukreichs fernen
Deean, Schiller, Maria Stuart 3, 1. " &
Untreiben 1) anfangen zu treiben; 2) Semanden Durch ſtarke,
ja gewaltfame Mittel dazu zu, bringen fuchen, daß er thäfiger werde ;
3) daran treiben: einen Reif; 4) herangetrieben werden. — Er trieb
mich dazu an. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 6. So wie untenntliche
Leichname aus Amerifa an die Küften der alten Welt antreiben.
3. Paui | |
Ermunteen (ahd. armuntardn, irmuntren, armuntarjan, mhb. ermän-
tern, f. munter ©. 899) machen, daß man munter wird; machen, baß man
im eine lebendige Stimmung zur Thätigkeit verfegt wird. Aufmuntern in
eine recht lebendige Stimmung zur Thätigfelt verfegen. — Ih ermunterte
ihn, Hand nnd Auge zum letztenmal anzuftrengen. Göthe, ital. Reife 14.
Mai 1787. Er fchien die Marime meines Baterd angenommen zu haben,
daß junge Leute nichts mehr aufmuntern und anregen könne. Wöthe,
Lehen 4. B. | |
Sintertreiben (oberd. auch untertreiben.) es darauf anlegen,
daß etwas, was geſchehen joll, nicht zur Ausführung fommt, — (Konnt’
ich) nicht die Reife hintertreiben? Schiller, PBiccolomini 1, 5.
Bereiteln (von eitel ©. 751) machen, daß etwas, was geſchehen full
oder worauf der Sinn fleht, zunichte wird. — Daß würde von eurer Seite
erwartet, und dieß wurde vereitelt. Shakeſpeare, was ihr wollt 8, 2,
») Die Wurzel des Wortes ift nicht Mar. Wacker nagel fragt, ob es mit
geehe (gäbe) zu sehte (Acht) wie gr. aus (fchnell) zu Sewneıv (verfolgen), äyYdes
Cfeind) gehöre; Graff A, 579 Rellt eine ganze Reihe Vermuthungen auf,
918
" Bertreiben 1) etwas von fi in die Kerne treiben, mit Gewalt
von dem Orte, wo es ift, ans dem Kreife feiner Empfindung treiben;
2) die Karben auseinander treiben, verdünnen und fo mehr verbreiten;
3) Waare in Aufnahme und Abfag bringen (f. S. 604); 4) falſch
treiben, befonders von dem vechten Wege abtreiben. — Die fih vom
Raube der vertriebenen Bürger mälten. Schiller, Piccolomini 1, 2.
Wer nit vertrieben fein will, muß vertreiben. Schiller,
Wallenſteins Tod 2, 2. So mus man des tods bitterfeit vertrei-
ben. Luther, Bibeläberf. 1. Sam. 13, 323. Einige allzukühn croqufrte
Pinfelftriche zu lindern und mit den übrigen in eine fanftere Haltung zu
vertreiben. Leffing, Hamburg Dramaturgie W. Was er aus feinem
a Weins vertreibet und ausfchenfet. Mon. boica 2, 148 v. J.
1392. i |
Verjagen (f. jagen ©. 917) einen Gegenkand ſich heftig fchnell von
da, wo er if, hinwegbegeben machen, insbeſondere gewaltfam, Berbanner
(ahb. farpannan, mhb. verbannen, f, Bann S. 247) burch firafenbrohenbes
Gebot abfondern und ansfloßen. Berweifen (f. a. weifen) durch Befehl
beftimmen, daß Jemand von einem Orte ſich binwegbegeben und wegbleiben
fol. — Denn bir die Griffen zu verjagen bin id, als edler Junker, bier.
Goͤthe, Fauſt 1, 78. Verjage mich von diefer Stelle nicht! Schiller, Dos
Karlos 1,2. Den verbanne nicht aus beines Heinrichs Geſellſchaft. Shake⸗
fpeare, K. Helurih IV. 1. Thl. 2, 4 Nach geendetem Landtage wird er
allezeit Landes verwiefen. Klopflud, Gelehrtenrepublif. j
Ab—, an—, auf— (ſ. S. 248), aus —, be—, bei—, durd—.,
- ein—, empor—, ent—, entgegen—, fort—, heim —, ber—, herab —,
beran—, berauf—, beraus—, berbei—, berein—, berüber—,
berum— , berunter— , bervor— , herzu—, hin —, binab—,
hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, binüber—,
hinunter —, hinweg —, hinzu —, mit —, nah —, nieder —, über—,
um —, umber—, unter —, vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vor⸗
über —, weg —, wider —, zer—, 3u—, zurück—, zuſammentreiben
find klar. — O ſaͤheſt du, wie meine Seele kaͤmpft, ein boös Geſchick, das fie
ergreifen will, im erften Anfall muthig abzutreiben! Göthe, Iphigenie
5, 3. Iſt Geduld ſchon eine abgetriebene Mäbhre, jo ichleppt fie
fih Doc fort. Shafipeare, König Heinrich V. 2, 1. Da in einem guten
Staate das männlihe Stammholz zu Ladſtöcken abgetrieben win.
3. Paul, Hefperus 1. Ih kann Niemand auftreiben (finden).
Göthe, Gh v. B. 3. Warum vermagft du nicht die Ahnung zu vers
ſcheuchen, die tauſendfach in Dir fih auf- und niedertreibt? Göthe,
Egmont 5. Da nun die Gefäße übermäßig aufgetrieben waren.
Göthe, Benvenuto Gellini 2, 12. Dort wo dem Hirten ruft eintreis
bend der Hirt, und der austreibend ihn höret. Voß, Ddpflee
10, 82. Aus dem Grabe werd’ ih ausgetrieben. Göthe, die Braut
von Corinth. Eudlich trieb die Noth nad) dem Gewerbe mid aus,
919
&öthe, der neue fias. Er betrieb das Elapierfpielen mit ſolchem
Eifer. Göthe, u 4.8. Er gab ihm den Auftrag, die Arbeit bei
mir zu betreiben. Göthe, Beuvenuto Gellini 1, 11. Auch follen große
Summen auf den Namen der Königin bei Maurifchen Agenten be=
trieben worden jein. Schiller, Don Karlos 5, 9. Sie unterjuchten
die Kaſſen, erforfchten die Refte und übernahmen das Gefchäft, fie
beizutreiben. Göthe,. Leben 12. B. Was er vorfchlug und durch⸗
trieb. 3. Paul. Haben ein berg dDurchtrieben mit geiß. Luther,
Bibelüber|. 2. Betr. 2, 14. Ganz durchtrieb ich (auf dem Meere)
die Racht. Voß. Der nicht minder in der Gelehrſamkrit als Regie-
ruugsſachen Durchtriebene Herr von Zulichen. Gryphius. Deifen
m allem, was Wiflenfchaft beißt, durchtriebene Gefchidlichkeit.
Opitz. Ein feder Burſch! Geh, du bift zu Durchtrieben. Shaffpeare,
K. Richard I. 2, 4. Es ift noch uicht zeit, Das Vieh einzutreiben.
Luther, Bibelüberſ. 1. Moſ. 29, 7. Du kaunſt, wenn er verfäumt
(zu zahlen), mit befi’rer Stim eintreiben, was Dir verfallen iſt.
Shakſpeare, Kaufmann von Venedig 1, 3. Als er endlich kommt, wird
Demea zwar eingetrieben (in die Enge getrieben), aber im gering
ten nicht überzengt, Leſfiug, Hamburg. Dramaturgie 82. Daß Ban
igfeit nic) Dir entgegentreibe. Göthe, Eugente 3, 9. Das rafche
chickſal, es treibt uns fort. Schiller, Wallenfteins Lager 11.
Zreibt ihr jetzt beim? - Schiller, Tel 1, 1. Den Gottes Gericht
hertreibt. Schiller, Jungfrau v O. 4, 11. Und treibt gerade
hieher ihre Heerde. Daf. Prol. 2. (Er) fucht erft den Geiſt her-
auszutreiben. Göthe, Zauft 1, 96, (Als) das Verlangen, diefe
Bilder zu jehen, das ganze Haus herbeitrieb. Göthe, Xeben 3. 2.
Hat er fi doch geftern in der Gegend herumgetrieben. Göthe,
Meifters Wanderj. 1, 9. Den jetzt Sutan in grimmiger Wuth bei
den Todten hHerumtrieb. Klopftod, Meſſtas 2, 114. Weil die un-
terften Zweige aus der Erde hervorzutreiben jchienen. Göthe,
Leben 2.3. Allgemaltig treibt des Augenblicks Gebieterftimme mid) an
das entwöhnte Licht der Welt hervor. Schiller, Braut v. M. Der
freche Ruf, der bin und her des Beifalld Woge treibt. Göthe,
Taſſo 3, 3. Der mit verborgen ahnungsvollem Zug die Tochter hin-
trieb zu des Vaters Grab! Schiller, Braut v. M. Einen Eleinen
Ejel mit Körben zu verfehen und vor mir ber die fteilen Zußpfade
binanf- und binabzutreiben. Göthe, Meilters Wander. 1, 2.
Sonft hätten wir und ohne Roth und Vernunft hinaufgetrieben.
Goͤthe, Meifters Lehrj. 7, 9. Er hatte, diefen (den Stamm) zu tren-
nen, fchon zwei tüchtige Keile hineingetrieben. Göthe, R. Fuchs
2, 90. So mußte fie mid) dody ans meiner Gränze hinauszutrei-
ben. Göthe, Leben 2. B. Hinweggetrieben wurde mit Gewalt die
Rinderheerde. Schiäler, Braut v. M. Der's nur fo beiher mittrieb.
J Paul, Mtan 36. Und trieb im Hui fein ehernhufiges Geipann
920
Tydiden nach. Bürger, Jlins. Wie magft du deine Rednerei mır gleich
jo bigig übertreiben? Göthe, Fauft 1, 87. Aber der Schreckliche
trieb noch fern auf den Flut des Meer um. Pyrker, Tuniſias 8
Warum feh’ ich fie von Angft umbergetrieben? Schiller, Wallen⸗
fteind Zod 3, 13. Weil ich dem Lefer im jedem Kapitel immer jo viel
Ideen vortreiben werde. %. Baul, Titan 9. Jeder treibt fih am
dem Andern raſch und fremd vorüber. Sciller, Tel 4, 3. Daß u
feine Gewalt noch Lift von dem Friedländer weg fol treiben
Schiller, Wallenfteind Lager 11. Ein Zeftament anfechten und wider
treiben. Würzburg, Lgr. Ordn. von 1618. Man läflet erft feinen
beiten Geift verrauchen, weil er fonft die Zlafchen zertreibt. 3. Baul,
Siebenkäs 9. Hat dem Schelten ihn dem Tode zugetrieben. Götk,
Pandora. Spott, der auf der Schwelle beinah mich ſchon aus dem
Haufe zurüdtreibt. Göthe, Hermann und Dorothea 9, 105. Ich
will gleich fort und Dir fchiden, was ich in der Eilezufammentrei-
ben kann. Göthe, Götz v.B3. .
Mit durchtrieben (der feine ſchlau und liſtig erfundenen Gutwärk
oder Binfälle eben fo ausführt) ift finnverwandt abgefeimt (ſ. Feim ©. 105) aller
ſchlimmen Schreige voll. — D fie ik eine abgefeimte Bübin. EShile,
Maria Stuart 4, 5.
Anm. Die PBartteipien geftatten noch andere Zuſammenſetzungen, 3. 9. Wir
ind ein Handeltceibend Boll. Schiller, Jungfrau v. O. 3, 3. Auch was der
Dichter fang, fehnfuhtgetrieben. Uhland, Vorſchlag.
Treiber (ahd. tribäri): Ab —, An—, Ein— , Bertreiber;
Zreiberei; Treibung: Ab—, An—, Aus—, Bertreibung; treid-
ih. — Ich ftand bei meinem Ejel vor der Thür, wie einer, der koſt⸗
bare Waaren abgeladen hat und wieder ein eben fo armer Treiber
ift al8 vorher. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 2. Die edle Trei-
berin, Tröfterin, Hoffnung! Göthe Ein flolger Menſchentrei—
ber. Voß, Zunfer Kord 138. Lux fchrieb ein * a he Blatt
für Cordav, ein zweites gegen die Bertreiber der Republikaner. J
Paul. Die Rollen werden (in fleinen Städten) zwar jchlechter ger
fpielt, und Klaticherei und Treiberei find dann freilich die Spring⸗
federn der größten Begebenheiten. Zimmermann. Seit Zarquins Ver⸗
treibung. Shaffpeare, Coriolan 5, 4. Durch unwidertreibliche
Argumente. Simpliciſſimus 3, 5.
Treibader, —aft, —blatt, —bogen, —bolzen, — brief, —bunzen,
—eifen, —erz, —farbe, —faß, —fäuftel, — gar, —hammer, — hans⸗
gewaͤchs, El — hauswärme, —herd, —hert, —holz, —hut,
—hütte, —jagd, —feil, —fitt, —fom, —fraut, —kuuſt, —lauge,
—leute, —ling, —lohn, —mittel, — muskel, —ofen, — pech, —pferd,
—pulver, —rad, —ſand, —ſchacht, —ſcheibe, —ſchwefel, —iegel,
—ſtange, —ſtock, —ſtoß, —weg, — werk, —zeug u. a.; bear-
beit, —bier, —herd, — holz, —mittel, —torf; eiberlobn, Ab⸗
' 921
treibungsmitel, — Gewächshänjer ımd Zreibebeete. Göthe,
Wahlv. 1, 1. : Dur ſchwimmendes Treibeis. Göthe, Meifters
Wanderj. 2, 10. Die bloße Erziehung iſt das Treibhaus und der
Treibſcherben. % Paul. Dann it e8 doch mur Treibhbaug-
frudt. Ewald. So Ihwäht man die Ratur durch Treibhaus-
fünfte. Benzel-Sternau. Zreibjagen im tiefften Schnee... wurde
veranftaltet. Göthe, Wahlv. 2, 5. - So hänge ich über den Loh⸗ und
Zreiblaften meine Blüten. 3. Paul, Hefperus 1. Aus den Feld⸗
beet - Landes in den Loh- und Treibfübel der Stadt. 3. Baul,
Titan 1. ;
Zeitvertreib (nhd. Bildung, ähnlich dem mhd. leitvertrip, teit-
vertreip) das, was gethan wird oder dazu dient, damit nur vie Zeit
eben vorübergehe. — Doch du warft mir Zeitvertreib, goldne
Phantaſie. Göthe, der neue Amadis. Eine Gefellichaft, die zu den
allgemeinften und fchalften Zeitvertreiben greifen muß. Göthe,
Meifters Lehrj. 6. Spielt ein Geift mit meinen Jugendzeitver—
treiben? Herder. Ihr Lieblingszeitvertreib erregt ihr lange
Weile. Bieland.
Kurzweil (die, minder gut oberd. das, f. Langweile S. 837) das,
was oder womit man bie Zeit vergängli und unmerklich dahingehen macht.
Unterhaltung (f. Halten) das gefellfchaftliche Hins und Herteden zwifchen
Berfonen; die Handlung, fo zu befchäftigen, wie e6 der Andre gerne Hat, da=
wit ihm die Zeit ohne Beſchwerde verſtreicht; das, was fo befchäftigt, damit
die Zeit, ohne zu befchiweren, verſtreicht. — Scherzt nicht, o Herr! mit biefen
armen Leuten! Ihr feht fle bleich und zitternd flehn, fo wenig find fie Kurze
weils gewohnt aus Curem Munde. Schiller, Tell 3, 3. Tanfend ſchöne
Sachen, die Kindern, wie fie war, bei Tage Kurzweil machen. Wieland,
(58 gibt) eine fehr angenehme Unterhaftung, Goͤthe, Briefwechſel mit
Schiller 3, 299. |
Treiben (das) das einer feften Beftimmung gemäße —
werden oder Fertbewegtſein zu oder in etwas; das beſtimmende
wegen. Das Getreibe bed. das Treiben als Handlung oder Thaͤtig⸗
keit collectiv gedacht, d. h. in einem Sammelbegriff. 3 Getriebe
— ein Ding, weldes vermittelft Vorrichtung in einander greifend um⸗
getrieben wird; das einer feften Beftimmung gemäße Foribewegtwerden
oder Yortbewegtfein zu oder in etwas als Sammelbegriff eines zufam-
menbängenden, in einander greifenden Wirkens, gleichfam eines Zrieb-
werfed. — Das Treiben und Buhlen nach Beifall. Koſegarten.
Das Erdetreiben, wies auch ſei, ift immer doch nur Pladerei.
Göthe, Fauft 2, 171. Wer lange auf einer Univerfität lebte, und
Das Getreibe der Wiflenfchaften mit anſah. Göthe, Windelmann 3.
Drüdt er den Ring des Mittelfingers, fo richtet fih die Geftalt unter
Dem Rollen des innen Getriebes auf, 3. Paul, Zitan d.
922
Trieb (mhd. trip ſ. ©. 318) 1) der Zuſtand, da man treibet,
d. h. getrieben wird; 2) die Handlung, da mm treibet, die auf eme
Fortbewegung bin beftimmend wirkende Kraft; 3) die wirkende Urſache
in der Seele, wodurd ſie zu einer gewiffen Richtung nad einem Ge:
aenftande bin beſtimmt, und zwar eine uwwillkürliche, auf etwas hin
bewegende Aeußerung der in einem lebenden Körper liegenden Kraft;
4) (mehr in der Vollsſprache) Ort, wohin bas Vieh getrieben wird,
(Trift) und Gefammtheit des Viehes. — Maͤchtig ift der Trieb des
Daterlandes! Schiller, Tell 5, 1. Da des Mutbes freier Trieb m
fühnen That mid zog. Schiller, MWallenfteins Tod 1, 4. Entöede
Sylvien die Neigung deiner Triebe, Gellert. Nächt it in umſem
Trieb der gleißend Wolf gefallen. Uhland, Schlacht bei Döffingen.
Inſtinkt (lat. instinctus v. instinguere — anteizen) der zit vem
eigentgämlichen Dafein eines thieriſchen Weſens gedachte, bewußtlos geänfert
Trieb, der Naturtrieb. Neigung ff. veigen ©. 180) die einer Perfea
zur Bewohnheit gewordene und als Regel dienende Serlenbeflimmung auf cine
(im Guten oder im Böfen angenehm vorgeflellten) Gegenſtand hin. Haus
(f. bangen) die der Borftellung des Gegenftandes hingegebene Neigung. —
Es geht den angenommenen Gewohnheiten, Znftincten und Begirden nad.
Gerber, von den Schulen als Werkſtaͤtten des Geiñes Gottes.
Ab—, An—, Be—, Um— , Vertrieb u. a., wie aus nachfol⸗
enden Beifpielen erhellt. — Aus eigenem Antrieb. Göthe, Leben
.B. Der früher eingeleitete, aber unterbrochene Betrieb. Daſ. 3.8.
Auch in unfer Haus brachte die Lebendigkeit dieſes Mannes einen
größern Muſikbetrieb. Daf. 4 B. Seine dringenden Anregungen
rachten mein ruhiges fünftleriich beſchauliches Weſen in Umtrieh.
Dai. 14. B. Wo Spinner und Weber ... einen u VBertrich
gelucter Waaren ins Ausland vorbereitete. Göthe, Meiters Wander].
‚5. Die Bogner Meſſe bewirkte einen jtarfen Seidenvertrieh.
Göthe, ital. Reife Trient 11. Sept. 1786. Iſt Beßrungstrich
uns zugefelt? @öthe, die Wellen und die Leute. Ein allgemem ver
ändernder EN Geift d. Jonrnale. Ein Blatt fchrei-
ben regt den Bildungstrieb Tebemdiger auf, als ein Buch leſen.
3. Paul. Gleich allmächtig wie dort in der todten Schöpfung ew’gem
Federtrieb. Schiller. Kannft du des Herzens FZlammentrieb nit
dämpfen. Schiller, der Kampf. Sie waren beide jung, und bei dem
Freundſchaftstriebe empfanden fle zugleich Die Stärke gleicher Liebe,
Gellert. Fühlt ihr feine Zrühlingstriebe? Uz. Deßwegen ich der
Abendafche heil’gen Schag entblößend früh zu neuem Gluthtrie b aufge
facht. Goͤthe, Pandora. ies ift em Grundtrieb in der Seele. Gedicke
Bor dem geringften thieriihen Handwerkstrieb bis zur
Ausübung der geiftigen Kunft. Göthe, Meifters Lehrj. 8 5. Seime
harten Holztriebe. J. Paul, Hefperns 17. So war der fromme
Greis, vor dem mit Kiudestrieben Amanda niederfiel. Wieland,
923
.. — em Re — —— —
Oberon. Dort glauben wir mehr Naturtrieb ... zu erblicken.
Göthe, Leben 12. B. Ein ſchwerer Schlaftrieb liegt wie Blei auf
mir. Shafefpeare, Macbeth 1,2. Wo ein holder Wonnetaumel fpielt
in alle Seelentriebe. Platen, verhängnißvolle Gabel 5, Der Tod
vernichtet nur die Sinnentriebe. Cotllin. Die ſchlimmſten Zufaͤlle
bat der Zahntrieb gemacht. Schiller, Briefwechſel mit Göthe 3, 63.
Anwandelt mih Muth und Zerfiörungstrieb. Maten, die ver-
hängnißvolle Gabel 2. J
Triebartig, —hammer, —koͤrner, —fraft, —los, — maß, — ſand,
— ſtahl u. A. Abtriebsrecht, — ſchlag. — Die eigentlichen Zrieb-
federn. des irdiſchen Lebens. Göthe, Leben 13. 3 Man tft felten
nah 60 Jahren noch ein tried mäßiger Vorgreifer. Lidhtenberg,
Nachtrag zu den Beobacht. über den Penfchen. Daß ich thn nicht
als Triebrad in den Mechanismus irgend einer Novelle mit einge-
fügt habe. &öthe, Leben 16. B. Wenn dieje triebvolle mit Blut
und Frucht prangende Urfprache (die deutſche). Boß. Daß der Mond
um ordentlichen Triedmerfe der Flut nnd Ebbe zu rechnen fei.
opomitie). Unfere” zur Ordnung gewöhnten Kräfte wirken trieb=
werftmäßig. Campe. |
Zriebfam, betriebfam, mit feinen Synonymen |. S. 068. —
Die der Mann im triebfamen Gmten gejammelt. Voß, Dvids
Metam. 8, 644. Die. betriebjame Gegend gab einen berupigenden
Anblick. Goͤthe, Leben 14. B. So ließ ih es an einer heimlichen
Betriebſamkeit nicht fehlen. Dal. 2. B.
Triebel (mbd. tribel) ein Werkzeug zum Zreiben; ein kurzer Ste-
den, auf deſſen Ende in einem Knabenſpiel ein Steden oder Prügel
eichlagen wird, um ihn in die Luft zu prellen; in der Schweiz aud)
engjel von Kraut und Nüben als Futter für die Schweine, und
von Kleie und Waffer als Zutter für die Hühner. Zriebeln das
genannte Spiel. jpielen. — Daß fie (die Flöhe) die Weiber verrieblen
umd vertriebelen mögen. Simpficijfimns 3, 6
Trift (mho. trift) 1) der Zuſtand, da ein Körper getrieben wird;
2) dasfenige, was treibt (in beiden Bed., befonders im Niederb. ge-
bräuchlich); 3) dasjenige; was getrieben wird, Herde; 4) Land, wor«
auf Das Vieh, befonders als Herde, getrieben wird, um fih da Futter
zu fuchen oder Weide zu haben; im Befondern das zur Weide die-
nende Brachfeld; 5) das Recht, jein Vieh über des Andern Grund
und Boden auf die Weide, wie auch, es auf des Andern Brachfelder
zur Weide zu treiben. Davon triftig — treibend, umterichieden von
triftig = treffend S. 57. — Die Trift fchönvkießiger Böcke hur⸗
tig ins Schiff einwerfend. Voß, Odyſſee 9, 469. Kebt wohl ihr
Berge, ihr geliebten Triften! Schiller, Jungfran v. D. Prol. 4. —
Gelangt' ich zu der. Alpentrift. Schiller, Tell 2,2. Wer hätte fi
auf meiner Schäfertrift zu mir geiellt? Schiller, Jungfrau v. O. 2, 10,
924
Wieſe (f. ©. 536) Grasland, befunders gehegles, zur Bennkung. —
Anger (ahb. angar, mihd. anger, agſ. iuge, altn. engi, engl. ing, bin.
eng) früher gepflügtes wie ungepflügtes Bauland; dann Grundſtück, das vom
Beſttzer nach Belieben zu Brasland oder ale Ader, zu Gehölz etc. benupt
wird; vornehmlich wildgrünes Grasland meilt geringeren Umfangs, fei e6 zum
Mähen oder Abweiden. Weide (ahd. weida, mhb. weide, altn. veidi, veidr,
f. Weidmann S. 37) futtertragendes Land zum Abfreffen für vie Thiere
im Freien, fei es nun grass ober überhaupt Fräuterbewachfenes Land, Aze
(ah. awa, owa, ouwa, iihd. ouwe; agf. ewe?, verwandt mit goth. ahva,
ahd. aha, lat. aqua — Waſſer) Flußinſel; wäfleriger Grund, niedriger Grau
an und mit Flüſſen; guter‘ weibereicher Wiefeugrund; fruchtbare, getwächsreide
Lanbesflähe. Matte (ahd. der mato, mihd. der mate, älternhd. die matte,
vielleicht mit ahd. mahan, mhb. maejen = mähen, lat. meters — mia
verwandt) Grasland von reichem erfreulidem Aufwuchſe. Alpe (6. 7)
iſt ſowol der hohe Berg, als auch die Bergwaide. — Wenn-nicht an ihrem
(der Berge) Fuß eine unenbliche Folge von Wiefen und Matten... ſich
erſtreckte. Goͤthe, Leben 10. B. War mit ‚Hafen bedeckt ein weiter .grünender
Anger vor dem Dorfe. Goͤthe, Hermann und Dorothea &, 153. Auf te
Bergen gibt es einige Weide, auch auf den Aeckern, da ein Drittel als Brade
liegen bleibt. Böthe, Sicilien. Und abs er auf feinem ſtattlichen Roß im eine
Au kommt geritten. Schiller, Graf von Habeburg.
Triftfrei, — geld, —gerechtigkeit, — recht, —ſchäfer, — ſtein;
Abtrift. — Um auf einem großen Triftraum eine Menge Rex
Shen verſchiedentlichſt und zwedimäßig zu beichäftigen und zu erkuftigen
Göthe, Meifters Wanderj. 1, 8, Ä |
Meiden.
(Wurzel mid.)
Meide, mied, gemieden, meiden (ahd. midu, meit, mite-
mes, mitandr, midan; mhd. mide, meit, miten, gemiten, miden;
agf. midhan — verborgen jein; altn. mida = bemegen, meida =
verlegen) nah Schwend mit dem Grundbegriff „Bewegung“, wa.
Weigand (nad dem ahd. midan) wol richtiger verbergen, verborgen
halten; nbd. fi entfernt von etwas halten, entfernt von etwas biel-
ben, um nicht in feine Gegenwart zu kommen Bermeiden ift nade
drüdlicher. — Wer miede nicht, wenn er's umgeben fann, dus
Yeußerfte! Schiller, Wallenfteins Tod 2, Der Ruhe Glück md
ihre reinen Freuden find mir entflobn, auf immer mich zu meiden
Ungenamiter in Schillers Muſenalmanach v. 1789. Waren fie faſt
einſtimmig der Meinung, daß man das. Uebel vermeiden und am
Orte bleiben, oder ihm ausweichen und einen andern Weg ermählen
müſſe. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 4.
925
Fliehen If. d.) ſich beftreben, bei etwas nicht gegenwärtig zu fein, Indem "
man fi eig hinwegbegibt, befonders aus Furcht etc. vor einem Uebel;
fi überhaupt hinwegbegeben, um nicht in der Gegenwart von etwas zu fein.
Umgeben (f. geben) ih in- Beziehung anf etwas ausbiegend vorüberhin
bewegen, um es nicht zu berühren, ober andy nur fill zur Gelte vorüber zu
fommen. — Da faßt ein namenlofes Sehnen des Jänglinge Herz, er irrt
alfetn, aus feinem Augen brechen Thränen, er flieht der Brüder wilden Reih'n.
Schiller, Glocke.
Bermeidung (ahd. midunga); ver—, unvermeidbar; ver—,
unvermeidlich. — Durch weilere Meidung. Klopftod, der jegige
Krieg. So ift Berwirrung und Ungerechtigkeit unvermeidlich.
Goͤthe, Goͤtz v. B. 1. |
Anm. Mehrere zu meiden gehörige Bildungen find im Laufe der Seit außer
Gebrauch gefommen, z. B. goth. gamäids — mangelhaft, ſchwach, ahd. kimeit
— ler, thoͤricht, mhd. gemeit — heiter, indem der Begriff von eitel, leer in den
von heiter, lebensfroh übergieng.
Scheiden. !)
(Wurzel skeid, skid.)
Scheide, ſchied, geſchieden, ſcheiden (ahd. skeidn, skiad,
skſaduméês, skeidanêr, skeidan; mhd. scheide, schiet, schieden,
gescheiden, scheiden; goth. skaidan, agſ. scäAdan, altſ. ek&dan,
altfxief. sk&tha, engl. sched; vgl. lat. scindo, scidi, gr. eK —
fpalten, rennen, 1) außer Verbindung mit einander fein, außer Ver⸗
bindung mit Andern treten oder kommen; 2) außer inniger Verbiu⸗
dung mit Andern kommen machen, in Beziehung einer innigen Ber-
bindung von einander kommen machen (abd. ſchwach skeidön); 3)
fidy fcheiden, ſowohl von neben einander befindlichen, als aud) von
unter einander gemiſchten Dingen, da Die gteicharfigen Theile ſich ver-
einigen und vereinigt ſich von den ungleichartigen abfondern. — Daß
ih heute von meinem Glüde fheiden muß. Schiller, Piecolomint
3, 3. Das Alte, das Würd’ge feheidet, andre. Zeiten kommen.
Schiller, Tell 2, 1. Wenn du geſchie den (geftorben) bift, wirft du
begraben. U. Ticherning. Das Los Icheidet zwifchen den Mechtigen.
Luther, Bibelüberf. Sprichw. 18, 18. Ermordet liegt mir der geliebte
Sohn, und von dem Lebenden ſcheid' ich mich ſelbſt. Stiller, 2.
v. M. Feindlich ſcheiden die Wege fih. Schiller, Wallenfteins
Tod 2, 2. Da fcheidet Jacob die lemmer. Luther, Bibelüberf.
1. Moſ. 30, 4 Da fheidet Gott das Liecht vom Finfternis.
Daj. 1. Moi. 1, 4.
2) Dieſes Berbum. hatte abh. und mhb. eine andere Ablautsform, die von
beißen, woraus ſich der Wechfel vom — ſcheid und — ſchied erklürt. Das
abt. scitön, mbb. schiten = trennen, fcheiden weifen auf ein rein ablautenbes goth.
skeidan hin, worans das reduplicierende skAidan ſich gebildet
926
Trennen (ahd. trennjan, mh. trennen) allg. ein‘ Weis uber Suca:
anberfein aufhören oder unflatibaft machen. Abtrennen = von dmi
trennen mit dem Gebanfen, daß das Getrennte von den Gegenſtande ſeiner
Verbindung entfernt fi. Sondern (ahd. suntarön, mhd. sundern, af
sundrian, altn. sundra, von goth. sumdrö, ahd. suntar, mhd. sunder, agſ.
sunder, altn. sundr — getrennt, für ſich abgefchloffen von Andern; nad
Weigand vielleicht zufammenhängend mit geth. sunja = Wahrheit, n.4
Wackernagel eine Gomparativkildung zu lat. sine — ohne) für fi allen,
völlig abgeſchloſſen fein machen vun Anderm, zuntal wenn im Gegenfas ı
Zufammenfein oder Ineinsnehmen mit dieſem Andern Statt haben Löuuk.
Abfondern — machen, daß etwas aus dem Zufanmenfein mit Andern 2
dieſem für fi allein, für fich ‘abgefchluffen fommt und entfernt ik. — Os
freundlich Gaſtrecht walte van dir zu uns: fo find wir nicht auf ewig ger
trennt und abgeſchieden. Göthe, Iphigenie 5, 6. Nur wer die Ehe
facht kennt, weiß, was ich leide! Allein und abgetrennt von aller Fredde,
feh’ ich an's Jirmament nach jeber Seite. Böthe, Mignon. Bildaifle... auf
die Wand neben einander in gewiffer Drbnung aufgeflebt, durch farbige Sänme
und Zwifchenräume gefondert. the, Meiſters Wanderj. 1, 9. Der be
deutende Menfch, den man fich ohne Umgebung nicht denfen Fann, tritt einzea
abgefondert heraus, und flellt fh vor uns wir vor einem Epirgd
Daſß. 1, 7.
Anm. Die frühere Ablautsform hat ſich auge erhalten, wie nachfolgende
Beifpiele darthun: Sie muogen nit gefchetden werten. U. v. Eyb (15. Zabch.
ch hab vernommen, ewere gemahel von diſer welt gefcheivden fein. Hugo, Re
torica Tübingen 1528 Bl. 45b. Bnfer verfhetdener (geflorkener) abt. F⸗
fhart, Gargantua -&. 483. Als Meyſter Gobelin abgeſchiden. Daf:- WM
Sie fheideten von dem Wein das Waſſer. Daf. 388. Opih (} 1639) *
ſcheiden —— öfter) geſchieden. Ob fie geſcheiden ſei'n von
und Ländern. ickert, gef. Geb. 1, 215. _
Ab—, ans, be—, berbe—, vorbe—. dahin —, ent — (S.
578), bin—, hinweg —, unter —, ver —, wegicheiden bedürfen
feiner weitern Erklärung. — Auch ſchied fie aus dem Land der Hof
nung ab. Göthe, Sphigenie 3, 1. Wie den Schatten des abge:
Ibiednen Freundes, Dal. Se hofft! ich denn vergebens, bier ver
wabrt, von meines Haujes Schickſal abgeſchieden, dereinft mit reiner
Hand und reinem Herzen die jchwer befledte Wohnung zu entſühnen.
Dal. 4, 5. Ich wünide, daß der Juli unſere Wünjche und Zwece
beffer befriedigen möge als der abiheidende Monat. Göthe, Brief
wechſel mit Schiller 5, 96. In eines Gartens abgeichiedener
Stille. Schiller, B. v. M. Es (das Ealz) ſchied ſich Leicht wieder
aus. Göthe, Leben 8. B. Wer einmal (in die Gefellichaft) enge
treten war, ſchied nicht leicht wieder aus. Heufe. Dich anzuloden,
eigt man dir die Braut, doch deiner Umfchnid iſt fie nicht beſchie⸗
en. Säiller, Tell 2, 1. Manches beichied jeitdem der Allmächtige.
Voß, Luiſe 1, 389. Beſcheid cerfläre) und das Wortipiel Fiſch.
927
— — —
— —
Keiner-beſcheidet ſich gern mit dem. Theile, der ihm gebühret.
Göthe, vier Jahreszeiten 76. Zu dem Congreß „.. war auch Leuch⸗
jenring beſchieden. Göthe, Leben 13. B. Weiber, die reich find,
verschwenden an: Bus und Spiel und beſcheiden belehren) den
Mann, daß es ihm nichts koſtet. Billaume Allein, wer bejcheidet
fid) nicht gern, daß reine Bemerkungen jeltner find, ald man. glaubt?
Göthe, Einleitung zu den Propylaͤen. Wer weiß ſich zu beiheiden
(erinnern) nur emer grimmen That. Opitz. Komm du Richter aller
Heyden, auf deſſen Macht wir uns befcheiden (verlaſſen). Opig,
Die Töchter Hab’ ich alle herbeſchieden. Göthe, Fauſt 2, 162.
Er ſoll wiften, warum er ibn erſt bärtig vorbejchieden % Paul,
Zitan 1. Schied er dahin in Unmuth gegen mih? Schiller, Tell
4, 2. Es ift vieles wahr, was ſich nicht berechnen läßt, jo wie fehr
vieles, was ſich nicht bis zum entfchiedenen Experiment bringen
laßt. Göthe, aus Mafariens Archiv. Der vom Züngling bier den
Greis eutjcheiden (untericheiden) kann? Weichmann, Poeſie der
Niederſachſen 2, 191. Gluck vud vngluck fol jre freundjchafft nicht
entichenden (ſcheiden). % Agricola, Sprichw. 77. Auch .ift es
löblich, daß an die edien Hingeſchiedenen von Zeit zn Zeit erin-
nert werde, Tiedge. Er ſchied rein hinweg. Schiller, Braut v. M.
Der Mann, der Männer unterſcheidet, fennt und rühmt dich hoch!
@örhe, Zaffo 1, 4. Die Weisheit des Herrn hat fie (die Tage) jo
onteriheiden. Luther, Bibelüberf. Sirach 43, 8 Drum hab’ id)
euch, ihr wißt’s, auch ehrenvoll ſtets unterfchieden in der Heeres-
woge. Schiller, Walleniteins Tod 3, 15. Sehn. wir nicht aus wie
aus einem Spahn?... Wer hat und jo zufanmmengefchmiedet, daß ihr
uns nimmer unterichiedet? Schiller, Wallenfteins Lager 11. Seht,
Kinder, wie ein Wütherich verſcheidet! Schiller, Zell 4, 3. - Ain
ſach, Die verriht vnd verſchaiden (enstichieden) iſt. Schmeller 3,
323. Sad, die verricht vnd verjchiden ift. Daf. 3, 324. Dann
in der Dammerung fiheidet er weg. Voß, Zlias 17, 664.
Aum. Aventinus (Ehronif 1880 BI. 720) fagt auch: Holland vmbſcheidt
rer Rhein, wie ein Infel. — In vertigipialer Zuſammenſetzung ſagt Klopſtock:
Nachdem fie aufſtieg! oder ſank die ſchickſalentſcheidende Wagſchal!
Scheide (ahd. sceida, mhd. scheife, agf. seedhe, szaedh,
seadh, altf, skedia, skeidir, engl. shenth, ſchwed. seida) eig. Hand⸗
(ung des Sceidens; Dann 1) der Ort, wo fich Dinge von einander
icheiden; 2) eim Ding, wodurch eine Sache vom den übrigen geſchieden
wird, Dadurch, daß es Die Sache in feinen hohlen Raum nuknimmt.*)
Scheidig (ahd. sceitic) ift veraltet. — Sondern wie zween Land⸗
männer die Gränz' einander bejtreiten, jeder ein Maß in der Hand,
auf gemeinfamer Scheide des Feldes. Voß, Ilias 12, 421. Auf
1) Weigand Ne 952% leitet Scheid.e in ber 9. Bed. von einer Wurzel, die
mit funffr. tschhid ==: bedecken übereinſtimmt, ich zweifle, ok mit Recht...
928
der Scheide von Holland und England wohnend. Gſthe, Campagne
in Franfreih. Münfter Nobr. Scheide des Zages und der Rad,
ein dDämmerndes Zwielicht. Voß. Da fle uff die wegicheid kam.
H. Sachs, St. Peter mit der Geiß. — Eine ſchmal vorgerklk
Bergicheide nahm uns auf in ihre Felfenfchatten. Meyer. ie ſtaud
an der Grenzfcheide ihrer Beionnenheit. Benzel - Sternau. Des
(Meer) Gott zur Länderfcheide zwiſchen euh und ums geiegt.
Schiller, Jungfrau v. D. 2, 7. Wenn es diesmal die Eigenſchaften
einer Wettericheide bat. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 160. —
Hält feiner Krieger Schwert noch in der Scheide. Schiller, Junafım
v. ©. 1, 1. Zangiheidig. Fiſchart, Gargantua S. 303.
Grenze (Bränze, Im 16. Jahrh. häufig Bränige, mihd. noch me
hört, vielleicht ans-bem flav. krajina, graniza) bez. allg. das, wo bie Oreje
eines Dinges aufhört, auch von Unräumlichem. Der alte deutiche Anedrick
für Grenze it die Marl (goth.marka, ahd. marahha, maracha, marha, marche,
marca, marka, mb. marke, agſ. mẽare, altn.mark, engl.mark, ſchwed. märke,
ital. marca, franz. marche; vgl. lat. margo = Rund |. S. 488) zunächk Zeigen)
dann bie feſte, räumlich bezeichnete Grenze; feile Bekimmung der Aufßerien
Punkte eines Dinges, wie weit es reiche; bildlich auch vom Zritlichen getraut.
Schranke (mh. der, die schranke, Fechterausdruck, Gchranfe, als Hindernij
gelegtes Querholz; ahd. scranc, mhb. schranc, altn. skrök — Betrug, &
dichtung; von agſ. serincan — fih zufammenziehen, tranfitio screncas,
ahd. screncjan, mäb. schrenken = (be)ſchränken, verfhränfen) bie
jenige Grenze, durch welche die weitere Ausdehnung eines Dinges, fein Bed
erwerben gehluvert wird; allg. nicht zu überfchreitende Grenze. — Futteral
(von mittellat. foderellus, dies von fodrus —= Futter) die hohle Außenbellä⸗
dung eines Dinges, fie mag eine Form haben, welche fe will. — So ſche I
weiß, wie leicht dein rafcher Geiſt von einer Grenze zu der audern fchwenfl.
Goͤthe. (Er) ſteht an den Marken des langverheißenen Landes. Fake,
Mofes 3. Hier ſteh' ich an den Marken meiner Tage. Tb. Körner. da
uns in unfern Schranken bleiben, Lords! Schiller, Marta Stuart 2, A
Ja wohl (kam vie Welt fol Kleinod Laufen), und ein Futteral az.
Shafefpeare, viel Laärmen um nidhte 1, 1.
Scheid (mhd. der scheit = Entiheidung) ift nur noch im einigen
= en, jedoch mit verfchiedenem Geſchlecht (der, die), ger
räͤuchlich: ** (S. 43. 82), Sutſcheid (gebräuchlicher Ent-
ſcheidung), GSeſcheid (Eingeweide des Wildes, Ende am Hicſch⸗
geweih, Maß), Halbſcheid, Hinfcheid; in andern iſt allmälich ſchied
eingetreten: Abſchied (S. 82) davon verabſchieden; Unterſchied. —
—
1) Damit läßt fich vereinigen, was Grimm (db. Myth. 2 U. S. 60) feat:
„Welchen tiefen einfluß das waldleben von jeher anf alle verhältniffe uufers volles
hatte, bewähren die marfgenofienfchaften, und marka, das wort, nad) dem fie tes
namen führen, bezeichnete erfl mal» und dann auch grenze.“
929
Da können auch die Befcheide der Kammer auf Gnaden und Holz-
fahen zur Sprache fonimen. J. Paul, Heſperus 12. Ihr Dauk für
jenen Konjiftorialbeiheid. 3. Paul, Siebenfäs 4. Erfläre den
Götterbeſcheid. Voß, Ilias 1, 85. Sekt wahret, Männer, eure
Würde, ſteht auf zu männlihem Enticheid. Uhland, den Landftän-
den zum Chriſtophstag. Es hatte dieſer muntere Mann eine fleine
Sammlung ‚folder Salomonifhen Entiheidungen gemadıt. Göthe,
Leben 3: B. An dem Zag der großen Entfheidung. Klopſtock,
Meſſias 10, 872. Es fol für einen jugbaren Hirſch gehalten werden,
der an dem Gewicht acht Geſcheiden bat. Gejaidsordn. v. 1616.
In ihrem großen Schmerz und Wittwenleid, worein der blutige Hin⸗
ſcheid ihres Herrn die Königin verfeßt. Schiller, Tell 5,1. (Indem
ih nun aber Winckelmanns Abſcheiden gränzenlos beklagte. Göthe,
Leben 8. B.) Laß mein Aug’ den Abſchied fagen, den mein Mund
nicht nehmen kann. Göthe, der Abichied. Papſt Glemens hatte in-
deſſen ... die fünf Compagnien ... wieder verabſchiedet. Göthe,
Benvenuto Eellini 2, 7. Gewöhnlich wehrt fi) der Menſch, fo lange
als er kann, den Thoren, den er im Bufen hegt, zu verabſchieden.
Göthe, Meifters Lehrj. 2, 2 Daß du uns underfhaid (Rechen-
ſchaft) gebeft, warum du die (grobe) red gethan. habeft. Ehr. in Freib.
Sammi. 1, 91.. Der ganze Unterſchied ift in den Röcken. Schiller,
Ballenfteins Lager 6.
- Scheider (mhd. scheidzre): Ab-, Be-, Entfcheider; Schei-
dung (ahd. scidunga, mhd. schidange, scheidunge): Ab», Ans-,
Be, Ent-, Unterfcheidungs; .gefcheld (ſ. ©. 772), Gefcheidigkeit;
beigeiden (S. 770), Befcheidenbeit, befcheidentlich; Abgefchieden-
heit; entfchieden (S. 888), Entſchiedenheit; verfchieden, verfchie-
deutlich, Verſchiedenheit; ſchiedlich (mhd. scheidenliche = getrennt);
nuter⸗ verfchiedlich. — Lind we bleibt iht (der Sonne und des Mondes)
Kauf, ihre große Bewegung oben in den Wüften der Himmelsräume, da=
durch fie Scheiden des Tages und der Nacht werden? Herder. Lieg’ und
mb’, jo dachte bei feinem Leichnam Johannes, bis an jenen gefürchteten
Zag, den großen Entſcheider. Kiopftod, Meffias 11, 1517. —
Die Scheidung jchmerzte Wilhelmen tief. Göthe, Meifters Lehrj.
5, 15. Aus der ſchidung gen (ſtch dem richterlichen Ausſpruch nicht
mierwerfen). Mon. boica 9, 213. Am mittwochen nach unfer lieben
Frauentag wer Schidung (Mariä Himmelfahrt). Krenner, Landtagsh.
% 86. Ob das Selgeröt auf den Tach unfer Schidunge (auf
unſern Sterbetag) begangen nicht mochte werden. Mon. boica 7, 169
v. 3. 1334. Die alte koͤnigin brunhild ein liſtig befcheiden (ver-
nimftig) weib. Aventmus, Chronit 1580. BI. 271. Zu jeinen be—
Iheidenen Jaten kommen (mündig werden). SKrenner, Landtagsh.
1, 118. Ih trat. zu ihm befheidentlich und ſprach. Schiller,
Tell 3, 1. Darf-mam, ohne Unbeicheidenheit, fragen, was der
5
930
Streit war? Shafefpeare, Cymbeline 1, 3. — Was auch ſollte ſenſ
der Treffliche vornehmen hier in dieſer Abgeſ chiedenheit? Paten,
tom. Oedipus 1. Unter allen Fächern der antiquariichen Literatur
ift für keins jo wenig geichehen, als für das gothiſche, wiewol vielleicht,
der hiſtoriſchen Entichiedenbeit feines Alterthums nab, das merk-
würdigfte unter allen. Gräter. Sie drücken etwas Anderes aus, aber
nicht etwas Verſchiedenes. KLeifiug, Hamburg. Dramaturgie N.
(Natban:) Ih weiß... ., DaB alle Länder gute Menſchen tragen
(Tempelherr:) Mit Unterſchied doch hoffentlich? (Rathan:) Ya
wohl; an Farb’, an Kleidung, an Geſtalt verſchieden. (Tewpel⸗
herr:) Auch bier bald mehr, bald weniger, als dert. (Nathan:) Mit
diefem Unterſchied iſt's nicht weit ber. Leſſing, Nathan d. W. 2 8
Um auf einem großem Triftraum eine Menge Menſchen verſchie—⸗
dentlichſt und gleichmäßig zu befhäftigen und zu erlufligen. Goͤthe,
Meiſters Wanderj. 1, 8. Welch eine ungeheure Menge von Ber-
fhiedenheiten faflet das Wort Nation. Herder. Ein Genie, weldes
fi) einen fo verihiedenartigen Stoff jo ganz aneignen founk.
Ebeling. Durch Zuſammenſetzung — —— Federn.
J. Paul. Berfhiedenformige Wörter. Molfe Mit der Ge
ſellſchaft fridlich und ſchidlich (verträglich) leben. Wagenſeil, =
Norimb. 547. Schidliche Räthe beordert zur Ausihedung und
Bertheilung einer Verlaffenihaft. Kremer, Laudtgeh. 17, 226. So
hätten wir denn ganz friedlich und ſchiedlich durch die Belt fchleichen
fönnen. Thümmel. Wenn fie . unterſchiedliche ſtimme von
fich geben. Luther, Bibelüberſ. 1. Kor. 14, 5.
Das mit Beſcheidenheit unverwondte Demuth (©. 1235) bag mw
vörderft das Gefühl der Mäßigleit im Urtheil über den eigenen Werth, vie
Genäthsverfaffung, woraus dieſe Mößigfeit hervorgeht, Tann die Aruperung
derſelben. — Mit verfchieden (ſo, dag das Eine wicht basjelbe Kat ste
nicht fo ift, wie das Andere) iſt finnverwandt manigfalt, manigfeltig
(auch mannigf. gefchrieben, got. managfalths, ahd. manacıg)falt, mir.
manecvalt, agf. mänigföald, altn. margfaldr, aus goth. manags, abo. mr
nac, manic, mbhd. manec, menic, agf. manig, menig, alta. margr = wi,
woher unfer manig, mannig, mand und — falt, —fältig f. falten)
ein folches Berhältnig des Ginen zum Andern und zu einem Dritten x, bar
bend, daß dem Sinne bald dieſes, bald jenes gegenwärtig wird — Das Ge
mälde der Natur fürs Auge if fo maunnig falt ahwechſelnd wmd gref,
Herder. Auf taufendfach verfchlungenen Wegen der reihen Mannigfaltig
feit. Schiller, die Künftler.
Scheidebant, — baum, —beiher, — bein, —bod, —eifen, —erʒ
—fäuſtel, —gaden, —gerüft, —geftell, —glab, —haten, — junge,
—famm, —tfolben, —latte, — linie, — mauer, —mehl, — meiſter,
—meſſer, — muſchel, —ofen, —pfahl, —preſſe, —richter, —fafl,
—ſchacht, —fig, — ſpruch, — ſtein, — ſtube, —ſtuhl, —trichter, wei,
931
—wert, —zeihen u. a.; Scheidenband, — ſtaͤche, — foͤrmig, — fort⸗
54 — grad, — haut, —fäfer, —mündung, Pe —vorhof;
tfcheideflimme, — wort; Entfcheidungsaugenblid, — grund,
—ſtimme, —tag, —zeihen, — zufall, —zuſtand u. a.; nuterſcheidbar,
—lih; Unterfcheidungsjahr, —fraft, — lehre, — zeichen u. A. —
(Werde) wie ein junger Hirſs auff den Scheidebergen. Luther,
Bihelüberf. Hobel. 2, 17. Euch brütet der Mutter Sonne Schei—
deblick. Göthe, Herbitgefühl. Als die Frau den Trauer-Scheid—
brief fahe. Göthe, Klaggefang. Uns begleitet nicht ein Scheide—
gruß. Göthe, Eugenie 4,3. Laboratorium, das weniger der Schei=-
bekunſt als der VBereinkunft diente. 3. Raul, Heiperus 8. Es war
foger ein bezeichnender Ehrentitel der Chemiker, daß man fie Schei—
defünftler nannte. Göthe, Wahlv. 1, 4. Wo fein mütterlich Ach,
bang bei dem Scheidefuß und aus biutender Bruft gejeufzt. Klop⸗
Rod, der Lehrling der Griechen. Die meiften großen Gewerfherren
in England find Freunde und Kenner der Witjenichaften, befonders
der Bewegungslehre oder Mechanik, der Naturlehre, der Scheide-
lehre oder Chemie. Campe. Wo der Schetdmann (Richter) durch
die Finger ſah. H. Ringwald. Wie die Scheidemünze gebt von
Hand zu Hand. Schiller, Piceolomint 4, 4. Hier oben auf dem
Scheidepunkt (zwifchen Italien und Deutfchland). Göthe, Leben
19. B. (Wo uns) der Scheidefonne letzter Strahl eıttzädt. Göthe,
oa Werther. Bo, ald der Scheideftrom, die Eider ſich ergießt.
Axinger. Und raſtlos wälzt die Zeit ein Heer von Scheideftunden
buch die Unendlichkeit. Tiedde. Der Scheideton war bier die
Stärle der männlichen Zonart neben der Stärke der weiblichen. 3.
Baul. Wenn von der Wahrheit nur dieſe dünne: Scheidewand
vi treunt. Schiller, das nerichleierte Bild zu Sais. Tupfe nun⸗
mehr mit freffendem Scheidewaſſer. Voß, der Niejenhügel 158.
Oben auf der weiten Höhe, der Herfules-S heidemwege. J. Paul.
Die Gejundheit des Leibes ift das Gleichgewicht jeiner Ab⸗ und
Ausiheidungsthätigkeit. Abicht. Wenn die Entſcheidungs—
punfte der Krankheit Derannsken Ebeling. Zeigt das verfälichte
Blatt, Die iveggelaßne, fo ganz entfheidungsvolle Klaufel nicht,
man wollte zu nichts Gutem uns verbinden? Schiller, Piccolomini 5, 1.
Zange kounte ich. jedoch den eigentlihen Unterfheidungsgrund
richt auffinden. Göthe, Leben 15. B. Es kann diefer Name Spott-
name, sder Unterfheidungs- und Ehrenname gewefen fein.
ie ae großer, ruhmwürdiger, gottähnlicher Unter heidungs-
„ng. Eanıpe, Ä
Schiedniß ift jehr felten. — Die Linie der Schiedniß ift jetzt
in eine der Einigung umgefchlagen. Görres, Myſtik 1, 32. (Görres
hat dns Wort öfters)
Schiedbuch, —beere, —mahl, —marle, —mauer, —rain,
398
er 932
—ſchacht; Schiedsfreund, —mam (&. 715), — probe, — richter
(8. 715), —ſpruch u. a; Abſchiednehmen, — nehmend; Abfchieds-
auftritt, —bitte, —brief, —feier, —feft, —gedicht, —gehör, —ges
ichent, —geſuch, — gruß, — predigt, —rede, —ſchmaus, — ſtündchen,
—ftunde, —thräne, —trauer, —trunf, —weh,. —wunfch, —zeit u.' a,
— Welchem doch Dlympier Schiedsrichteramt verliehen. Platen,
tom. Oedipus 1. Für ſo'n Schiedsurtheil geb’ ich noch die ge
ſchiedene Scherben nit. H. v. Kleift, der zerbrodyene Krug 6. Dort
werdet ihr ... neue Feſte begeh’n, die Abſchiednehmen nicht tren-
net. Klopftod, Meſſias 4, 1122. Des abſchiednehmenden Lä—
chelns der frommen Geliebten. Daf, 5, 335. Der Major wollte nur
nod) der Form wegen einen Abfchiedsbefuch machen. Göthe, Mei-
ſters Wanderj. 2, 4. Deßhalb fie auch jederzeit einen großen Bor-
rath von Abſchiedscharten mit fih Führen. Daſ. 3, 9. Diefe
Abihiedsformel wohldenkender freundlicher Katholifen war mir
nicht fremd. Göthe, Campagne in Frankreich Münfter Novbr. Ein-
gefeguet vom Sohne Cytherens ftieg nun ihr Glück mit unferm
Abſchiedsgeſang. Thümmel. (Sie) fang mit heiter Seele ihr Ab⸗
ſchiedslied. Pfeffel, die Nachtigall und der Staar. Ein Abfchieds-
mahl, welches um eben diefe Zeit gegeben wurde. Schiller, Abfall
d. N 3.8 Nimm, Göttlihe, den Abſchiedsſegen. Klopſtock,
der Abichied. Seid ftark, der Abſchiedstag it da! Schubart. Mit
dem Abſchiedsweine nur fliehet, der da innen mir.brennet und
glübet! Uhland, Abſchied. Sein Abſchiedswort thut euch durch
nich der Komödienſchreiber zu wiſſen. Platen, die verhängnißvolle Ga⸗
bel 5. — Er eilt, der heißen Abſchiedszähren des Fräuleins ein⸗
gedenk, um bald zurückzukehren. Bürde.
Scheit, im Pl. Scheite und Scheiter (ahd. sceit, uhd.
scheite, .scheitel = Holzſpan, mhd. schit, altn. skid — Scheit,
agſ. scide, engl. shid — Schindel) getrenntes Stück Holz, es fe
groß oder klein, und durch Hauen, Schneiden oder auf andere Weiſe
des Trennens entſtanden. Davon ſcheitern, Scheiterhaufen. —
Dann flammen Reiſig und Scheite. Göthe, röm. Elegie 9. Alſo
irret ein Sohn bei Gerippund Scheiter am Meere. Klopfſtock,
Meſſias 9, 36. Ein Grabſcheit in der Hand. Wieland, Oberon
12, 24. Ohn' Richtſcheit und ohn' Hammerlaut. Redwitz, Ama
ranth. Daß wir, bei fo ſchönen Hoffnungen, ganz nahe vor
fen jheitern. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 11. Und, wie fie ſeibſt,
anı End’ auch ich zericheitern. Göthe, Kauft 1,89. — Des Feuers
rothe Säule, die fih von eurem Scheiterhaufen hebt. Sciller,
Braut v. M. Jetzo gebeut, daß vom Scheitergerüft die dort fi
zerftreuend rüften ihr Mahl, Voß, Ilias 23, 158.
loben (fi. flieben), ein größeres abgefvaltenes Holzſtück, iA uhr.
nicht üblich. ine gebranchtere Nebenform if Kluft eig. gefpaltenes Ding
933
zum Zufammenfchlagen ver getrennten Theile; dann abgefpaltenes Holzſtück, hefon-
ders vor Brenuholz (f. S. 10.885). — Trümmer (Blur, von Trumm; ahd.mhr.
das drum — Ende; bei Gailer der trom, Pl. die troeme, in der 4. (1470— 78) u-
Augsb. Bibelüberf. von 1507 der trom = Ballen; nhr. die, audy der Trünm-
mer als Sing., im Bl. auh Trümmer) allg. Stüde eines zerbrochenen
oder überhaupt eines Banzen (gr. Spvumna — das Abgeriebene, Bruchſtück),
Neberrefte von Zerflörtem. Ruinen (aus lat. ruina — Berfall) ſtehen ge:
bliebeue Ueberreſte eines zerflörten und verfallenen großartig aufgeführten Wer⸗
fes, vornehmlich eines Bauwerkes. Das (ver) Wrad (aus niederb. wrack,
ans altfrief. wrak — beſchädigt, holland. wrak — mangelhaft, fchlecht, von
agf. wröcan = zertrümmert werben, altfrief. wröka, altn. röka — flogen)
das übrig gebliebene Körperganze eines durch gewaltfame Beſchädigung ober
Alter trümmerhaften und fo unbraudhbar gewordenen Schiffer; dann auch auf
andere Fahrzeuge übertragen. — Holiſt oß viele auf und neben einander ges
legte Stüde Holz zufammengenommen, die Stüde Holz; mögen ganz oder ge⸗
fpalten fein. — Ob der Herr gleih Steine und Klüfte vom Himmel regnet,
fo werben fie uns nicht ſchaden. Opitz. MWachholdergehölz und trockene Klüfte
der Zeder. Buß, Orpheus 952. Was fichfiu den agen in dem auge dines
bruoders vnd fihf nit den trom in dim auge? 4. Bibelüberſ. (147073)
Matth. 7, 3. GE flürzt” in die Fluten der Felstrumm. Buß. Kann ich
fie nicht auf diefem Trümmer vetten, fo ſterb' ich wenigſtens mit ihr. Zacha-
riä. Bern nicht lag von dem Grabe... eine große Trümmer. Klovtud,
Meſſias. Sah fie (die Stadt) endlih, wie Trümmern... ferne liegen.
Dat. Die Wühfeligfeit in ben unfcheinbaren Trümmern eines Theaters
herunnzufteigen, benahm uns die Luft, die Trümmer der Stadt zu befichen.
Böihe, ital. Reife Segaft 20. April 1787. Es find die Ruinen eines deutſchen,
auf römiſche Neite gebanten Schloſſes. Goͤthe, Leben 10. B. Ich aber, den
im Wrad der Sand umfleußt, muß fehn, wie ich ans Lund in einer Trüm—
mer fahre. Goecking. Dort, von der Deichfel geriffen, lieget die Art, und
dort die Speichen zerbrochener Räder, weit aus fchnellt in die Munde ber
Brad des getrümmerten Wagens. Voß. Schon, ruft fie, fteht der Hol z⸗
ſto aufgeffürmt. Wieland, Dberon 12, 45.
Sceitflöße, —hauer, —holz, —maß, —meiler.
Scheitel (ſ. S. 421), [heitelig; ſcheiteln Cahd. zisceitilön, -
mhd. scheiteln). — Welch zweijchneidiges Schwert auf meinen Schei—
tel daherblinft. - Klopftef, Meifins 4, 502. Blühender Hügel nur
froh, hochſcheitlige Berge vermeidend.: Baggeien. Danı füßte fie
ihr Haupt zwiiden den gejcheitelten Haaren. Göthe, Meiſters
Wander. 8, 14. — Wie der Schnee hinſchmilzt auf bochgefcei-
telten Bergen. Voß, Ddnffee 19, 204.
Sceitelbein, — fläche, —kappe, — kreis, — linie, — loch, — winkel
u. a. — Daß über meinen braunen Sceitelhaar die fchnellen
Sahre machtlos hingegangen. Schiller, Wallenſteins Tod 5, 4 Wie
fi die Sonne von unferm Sceitelpunft entfernt. Hebel, die
934
Sonne und die Erde. Hier ... flehft du zwei feindliche Geſtirne, die
im ganzen Lauf der Zeiten ein einzig Mahl in feheitelrehter Bahn
zerichmetternd fich berühren. Schiller, W. Tod.
Breifen (oft preißen). ')
(Wurzel pris, prit, pret.)
Preife, pries, gepriefen, preifen (abd. prisön, mhd. prisen,
nad) ſchwacher Form) allg. das Genehmfein wovon vorftellig machen
(©. 5); Jemanden oder etwas ald von hohem Werthe laut auszeidh-
nen und Dadurd im Urtheile Anderer erhöhen. — Sa, ja, im Gaal-
freiß und auch in Meißen hört man euch Herm nicht befonders prei-
fen. Schiller, Wallenfteins Lager 6. (Du) priefeft mir den gold»
nen Mittelweg. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 4 Welchen Oreftes
erfchlug, der gepriefene Sohn Agamemnons. Voß.
Die Synonymen f. ©. 5. i
Anm.’ Beifpiele der ſchw. Fotm: Sie warb gepreyfet. A. v. Eyb. Ge⸗
preifet. Fiſchart, Gargantua S. 122. Gepriſen. Daf. 125. Gepreifet...
gevriefen. Opitz. Hat gepreift. Lohenſtein, Gleopatra 1, 174. Hat geprie
fen. Daſ. 2, 318. Gepreiſet. Hoffmannsmwaldau, der netrene Schäfer ©. 136.
Hat gepriefen. Derf. Heldenbriefe S. 83. Der Noel liebte dich, und preifite
deine Gaben. Weichmann, Poefie der Nieverfachfen 1, 196. Gepreiſ't. Daf.
1, 208. Gepriefen. Daf. 1, 214. Gott Jehovah, fei hoch gepreift! Boß,
Hymnus. Sie preiften Bott. Nüdert, gef. Ged. 1, 46.
An— (5. 5), aus —, fort—, heraus —, hoch —, lobpreifen.
— Die Kinder werden auch nicht ruhn, und werden doch o Gott,
dein Thun und Werk nicht ganz auspreiſen. P. Gerhard. So
jeher man auch die Weisheit unſers Jahrhunderts herauspreiſet.
Ungenannter bei Campe. Freund, dem man neidlos und liebevoll
nacheifert, feine Verdienſte anerlennt, fie hochpreiſ't. Göthe, LXeben
14. B. Allerhand Geifterhen aus Zeitungen oder Monatſchriften, in
welchen dieß Buch jehr ift gelobpriefen worden. Klopftod, Gelehr⸗
tenrepublif, Mit dem von ihnen Tobgepriejenen Syfteme. Augsb.
Alg. Zeit. 1850 Nr. 83. Möndye von Eifterz rief er dabin, daB
dief? in Saatengefilden die Wildniß wandelten, und im Geſange des
Ehors lobprieſen?) den Schöpfer. Pyrker, Rudolph 2.
Breifer, Preiſung; Preis (S. 437), preislih. — Zritt dann
ein gleicher Anpreifer eben diefes Buches auf. Klopftod, Gelehrten⸗
republik. Bielwiffer, Zautpreifer fchöner Handlungen und jelbft
Mitthäter. Herder, 2. Homilie von den Schranken und Mißbräuchen 2c.
1) Diefes dur das franzöflihe pris, priser, vom lat. pretium — Preis,
Werth flanımende fremde Verbum follte eigentlich nach der ſchwachen Conj. gehen,
wie vies ahd. und mhd. der Fall war. Ginzelne ſchwache Formen laffen fi bis
in die neuefte Zeit nachweifen
2) Es follte lobpreiße, gelubpretft Heißen,
935
m
— Wegen einer joldhen Anpreifung eines jolchen Buches. Klop⸗
ſtock, Gelehrtenrepublif. Die ‚Brieftafche ward unter großen Lob—
preifungen der Reihe nach herumgegeben. Göthe, Meiftere Wun-
derj. 2, 3 So vereiniget jchweben Töne vor dem, der das Ohr
un bat, und Preiſe vorüber. Klopftod, Meſſias 1, 238. Hier
ommt aud das Rütli zurüd, alles Lobes und Preijes werth. Göthe,
Briefm. mit Schiller 6, 253. — An wen ich den Zettel wegen der
Büherpreife für die Auction zu fenden.babe. Schiller, Briefw.
nit Göthe 5, 98. Don PBrimeln und von Ehrenpreis. Nedwig,
Amaranth. Ein Stolz, an dem Erlöjuungspreife ... mir zu
verdienen meinen Theil, Daf. Und aller Zreibeit böchfte Freiheit wird
fie zum Himmelspreis dir geben. Daſelbſt. Mein it der
Sängerpreie. Daſelbſt. Ein nie zu erringeuder. Kanıpfpreie.
Herder. @uriofitäten, die Durch den hoben Kaufpreis Aufnerkjauts
keit und Bewunderung erregen jollten. Göthe, Tag- und Juhreshefte
1805. Ceuta, das man als Löſepreis für ihn fordert. Göthe,
Briefw. mit Schiller 6, 259. Auch du fannjt Gurgeleien den Vor—
zugspreis vor meinen Tönen weihen? Ungenannter bei Campe.
Dein preislicdes Verdienft macht unfern Mund zu enge. Günther
Da die Belanntfchaft ſchon recht preislid angegangen. Hagedorn
Lohn (guih.das läuns, ahd. altſ. mhd. das derlön, agſ. leän, altn.laun, vielleicht
zu los ©. 281.750 gehörig; vol. gr. Avesv, Fat. luere = löſen; ſ. belohnen
©. 166) Wiedervergeltung oder Entgelt nach Bervienft. Belohnung, das
empfangene Gute ale ein freiwillig zuertheiltes Vergeltende in Anerfennung
des Berbienfles worin. — Der Wutherih! der hat nun feinen Lohn! Hat’s
lang verdient um's Volk von Unterwalden. Schiller, Tell 1, 1. Sie mußte
ihren Zweck durh Belohnungen zu erreichen. Göthe, Leben 1. B.
Preisausſetzer, —ausfteller, —austheilung, —bewerber, —be=
werbung, —ertheiler, —ertheilung, — ſatz, — ſetzer, —verzeichniß,
—ziegel u. a. — Ihr habt, jo ſprach er, feine Ausftellung, aljo auch
wohl feine Breisausgabe? Göthe, Meilters Wanderj. 2, 9.
Eine Preisausf epung der £. pr. Akademie der Wiſſenſchaften in
Berlin. Bragur. Glänzende Ritteripiele waren im Gebrauch, an de—
nen als Preisaustheilerinnen die Damen theilnahmen. Herder.
Würd’ ich) aufftellen als Preisfrage diefen kurzen Zap. Platen,
die verhängnißvolle Babel 4. Ueberall fchweigen die Seraphim jeßt
und feiern den Anblid, welcher, des Preisgefangs Belohner, von
Gott auf fie ſtrahlte. Klopfiod, Meſſias. Verſteht alle Breisnamen,
der J— gegeben. Herder. Er lehnte die Mittheilung dieſer Preis—
ſchrift humoriſtiſch ab. Göthe, Leben 10. 3. Auch ftellt man Da
die Pre is ſt ücke der Mahlerei auf. Ungenannter bei Campe. Sprich,
preisvoller Odyſſeus. Voß, Ilias 9, 673. Sohn des ritterlichen
fiommen preiswertben Herrn. Wieland, Oberon 1, W. Welch
preiswürdig Loos faällt dir! Göthe, Egmont 5. Unfere Preis-
936 S
zeihnungen find nun -ausgeftellt. Goͤthe, Briefw. mit Schiller
5, 184.
a. Weifen.!)
(Wurzel wis.)
Beife, wies, newiefen, weijen (goth. veisön, ahd. wison,
mhd. wisen — jehen, befuchen, lat. visere, visitare; goth. veisan,
ahd. wisan, wissan, wizjan, mhd. wisen, altn. altfriej. ſchwed.
wisa, Dän. vise, agſ. visjan, altj. wisean, neuniederd. wisen —
zeigen, alle nach fchwacher Form) 1) beftimmte Richtung wohin geben,
führen; wiſſend, kundig machen, unterrichten, belehren; 3) (ſelten)
beweiſen. — Du hätteſt ihm nothwendig deinen Abſcheu ja gezeigt,
er hätt? ſich weiſeenn laſſen. Schiller, Piccolomini 5, 1. enn ein
Irrlicht euch die Wege weiſen ſoll, ſo müßt ihr's ſo genau nicht
nehmen. Göthe, Fauft 1, 203. Ich muß euch weiſen ver die Lands⸗
gemeinde. Schiller, Tell 2, 2. Dreimal wieſeſt du den Fürſten von
dir. Schiller, Don Karlos 1, 2. Sein Geiſt ſich nur auf der Baht:
parade weift. Schiller, Walleniteins Lager 6. Wenn ihr Umſtände
machen wollt, fo wird man euch weijen, wie man feine.macht. Göthe,
Götz v. B. 5. Auguſt war nicht gewohnt, in Anfehung des Wiges
die allzugroben Ausfchweifungen zu vergeben; wenigftens hat ex ed an
einer ähnlichen Perfon, an Ovid, nicht gewieſeun. Leſſing.
Zeigen (f. zeiben) 1) ein Wohin oder Wo angeben, um tarauf bin
ben Gefichtsſinn zu beflimmen; 2) dem Förperlichen oder gelftigen Auge vor
ftellig machen. — Die Gegenden, die ich ihr zeigte. Göthe, Meiftere Wan-
derj. 1, 2. Zeiget Euh zum Abfchied dem Infanten. Schiller, Don Karlos
2, 3. In welchem (Gefyräch) jener fih als ein fchaffenver Idealiſt, biefer
als ein völliger Reinholdinaner zeigt. Göthe, Briefw. mit Schiller 4, 5.
Erweijen 1) augenſcheinlich beweijen, die an Jemanden gerichtete
Handlung erfennen oder fehen laffen; 2) zureichend beweifen (ſ. ©.
577). — Daß Sie im Lager uus die Ehr' erweifen. Schiller,
Piccolomini 1, 2. Mid ſoll das Reich als feinen Schirmer ehren,
reihsfürftlih mich erweiiend, will ih würdig mid bei des Reiches
Fürften niederfegen. Daf. 2, 5. Indem er den Tempel bewegt, fo
erweijet er fich einen Hobenpriefter. Opitz. Vielleich daß morgen
Schon der Ausgang fih erwiefen. Ediller, Don Karlos 2, 15.
1) Diefes Berbum gieng bis ins 16. Jahrh. meiſt nach ſchwacher Form, miſchte
fi) dann aber immer mehr mit dem unter b angeführten flarfen wei ſen. Ginige
Beiſpiele der ſchw. Form aus früherer Zeit find: Ste werden vnterweiſt. U».
Eyb. Der Kunig bat die Eunigin bey der Hand in je berberg geweiht. Weiten
rieder, Beiträge 3, 123, Du beweifeteft jnen feine barmhergigfeit. Luther, Bis
belüberf. Pf. 47, 6. Er bemweifte Lohenftein,. Lobr. auf — —
Volk, dem Lieb und Treu den Weg au dir geweift, Weichmaun, Roche der
Mieberfachfen 2, 35, Dpig hat geweifi und gewiefen.
937
— ee — — — —
*
Erzeigen ergibt ſich aus zeigen 2. Zufügen (f. fügen ©. 508)
eine angeordnete Handlung an jemanden in böfer Abficht ausüben. Anthun
(if. thun S. 492) überhaupt eine Handlung an Jemanden richten. — Die
andern Eyn. f. S. 577.— a, würtig haft du ſtete mit uns verfahren, mein
Feldherr, uns geehrt durch dein Bertraun, und Gunſt erzeigt vor allen Res
gimentern, Schiller, Ballenfleins Top 3, 15. Gin Wrangel war's, der vor
Stralfund viel Böfes mir zugefügt. Daf. 1, 5. Gebiete Schweigen jenen
rohen Etimmen, die fich erbreitten, deinem KRönigswillen Bwang anzuthun.
Stiller, Marie Stuart 4, 9.
Unterweifen zunaͤchſt nähere Anleitung geben zu geiftiger Auf-
aſſung und Kenntniß worin; dann, als wenn es edferer Ausdruck
päre, fir unterrichten. — Und wenn Natur Dih unterweift, dann
ſeht Die Seelenkraft dir auf, Göthe, Fauſt 1,31. (Er) will meine Unjchuld
m Eidbrechen unterweijen. Schiller, Fiesko 2, 3.
Lehren (f, ©. 531) auf vie Spur, auf das Beleife bringen; wiſſen mar
chen oder ausüben machen; im Befondern durch Bortrag wifien machen in
Deziehung auf Kenntniffee Unterrichten (f. richten ©. 197) Kenntniß
worüber mitthrilen; im Befondern in forigefepter Thätigfeit Kenntniß mitthei⸗
len, infofern der Lernende binfichtlich der Crwerbung der Kenntniffe gleichjam
mehr behandelt (geifig hrarbeitet) wird. — Da die jüngera (Profefioren)
eigentlich nur lehren, um zu lernen, und noch dazu, wenn fie gute Köpfe
find, dem Zeitalter voreilen; fo erwerben fie ihre Bildung durchans auf Uns
toften der Zuhörer, weil diefe nicht in dem unterrichtet werden, was fie
eigentlich brauchen, fendern in dem, was der Lehrer für ſich zu bearkeiten nör
ſfhig findet. Goͤthe, Keben 6. 2,
Ab—, an— (S, 731), auf—, aus —, be— (5.577), bei—,
dar —, durch —, ein —, fort—, her —, herab —, herauf —, beraus—,
herein —, herüber —, herum — herunter —, hervor — ‚berzu— ‚bin —.
hinab —, hinan —, hinauf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, bin-
über — herunter —, hinweg — hinzu — nach — ‚über — (S.733), ver —
(S. 918), vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber —, weg —,
zu—, zurecht —, zurückweiſen find klar, aber nicht alle gleich im
Gebrauch. — Margarethe, wenn er kommt, weij’ ihn ab. Göthe,
Götz v. B. 2. Iſt fie duch Heinrich’ legten Willen nicht ſtillſchwei—
gend abgewiejen? Schiller, Maria Stunt 2, 3. Dieweil fie mir
all Stih abweifen (abwenden). H. Sads. Alle find angewie-
jen Dich zu ſchützen. Göthe, Zaffo 4, 1. (Der eudy) Heilbronn,
eine feiner geliebten Städte, zum Aufenthalt anwies. Göthe, Götz
v. B. 4. Niemand tritt in unfern Kreis, als wer gewifle Tatente
aufzumweifen hat. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 6. Wie das Wör⸗
terbuch ausmweij’t. Göthe, Leben 11. B. Wie fih’8 nun vor eini⸗
gen Jahren auswies. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1802. Hub’,
ih nicht von jeher durch alle Handlungen bewiefen, daß ic) befler
als einer fühle, was Deutichland feinen Regenten jchuldig it? Göthe,
.
938
Goͤtz v. 3. 4. Meinem Schwager ziemt’s, fich immer groß und fürft-
ih zu beweifen. Schiller, Piccolomini 2, 4. Ihr habt dem Hut
nicht Reverenz bewiejen. Schiller, Tell 3, 3. Ein Brief, der ſehr
fehöne Ausftchten in die Ferne dDarwies. Göthe, Wahlverw. 1, 14.
(Sie möchten) mid in die Zimmer auf der Münze einweifen laflen.
Göthe, Benvenuto Bellini 2, 4. Weiſ't her! Schiller, Wallenſteins
Lager 11. Als er eines Abends ein Bündel Hervorwies. Göthe,
Meifters Lehrj 1, 3. Auch ich Hatte mich in allem Wiſſen umber-
etrieben und war früh genug auf die Eitelkeit deöfelben hing ewie—
Pen worden. Göthe, Leben 10. B. In's hohe Meer werd’ ich hin—
ausgemwiefen. Göthe, Fauft 1, 43. Ein Geipenft, Das auf die
Spuren, wo die Berheerung zog, mit Graun binunterweift. Ziedge,
Urania 6. (Welcher) mir einige Sprachfehler nachwies. Göthe, Le—
ben 3. B. Als uns der Bäder einiges Brot auf die Reife veriugte
und uns in den Gafthof verwies, wo wir es allenfallg an Ort und
Stelle verzehren dürften. Goͤthe, Leben 10.8. Als Wilhelm das Blaͤttchen
vorwied Göthe, Meilters Wanderj. 2. 7. O hätte damals em
wohlthätiger Geift vor meiner Thüre did vorbeigewiefen. Göthe,
Eugenie 3,1. Emilie trat zu ihr, ward aber ſogleich weggewieſen.
Söthe, Leben 9. B. (Welche) euch mit jedem Windshauch den Un-
rath zurüdiendet, den ihr der Haupfftraße zugemwiefen habt. Göthe,
ital. Reife Palermo 5. April 1787. Daß ein gebildeter Franzoſe mid
nicht mehr höflich zur echtweiſen . . mußte. Göthe, Leben 11. 3.
Sie kamen auf den Gedanken einen hohen Thurm zu bauen, der ihnen
aus weiter Ferne den Weg wieder zurückweiſen ſollte. Daſ. 4. B.
Wenn der Menſch ganz auf fl ſelbſt zurüdgewiefen iſt. Goͤtbe,
ital. Reife 14. Mai 1787. Habt Ihr Befehl gegeben, daß man ihn
zurüdweij’t, wenn er fommt? Schiller, Maria Stuart 4, 5.
Anm. Die Particirien geftatten noch andere Zufunmenfegungen, 3. B..(Gt
beifchte) fchnelleren Bang, mit erhobener, oft ſchrittweiſender Rechten. Pyrker,
Rudolph 5.- & -
Weiſer (abd. wiso, mhd. wise, wissere — Führer; altn. visir
— König), der (das) da weiſet; Weifel (ahd. wisal, mbd. wisel)
eig. Führer, König, im Befondern Bienenkönig; Weiſung (obhd.
wisunga, mhd. wisunge); Weis (mhd. wis) und weislich nur
in Zuſammenſetzungen: Aus—, Be— etc. — Der Marſchalk um
die Weifen (im Kriegsvolk). Suchenwirt. Sing Leben auch am
Weiſer einer Uhr. Shakeſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 5, %
(Geld) zu prächtigen Spiegeln und Stundenweiſern. K. G. Eber:
hard. enn der Sefundenmweifer dir kein Wegweifer m cm
Eden deiner Seele wird, fo wird's der Monatweifer noch minder,
dem du lebſt nicht von Monat zu Monat, jondern von Sekunde zu
Eefunde. 3. Paul. Aber Niemand wollte, den Weifel dieſes Ber:
ſchwarms ausgenoummen, wieder zurüd. 3. Paul, Hefperus 16. Ich
939
ſahm die Weifung auf das andere Leben. Schiller, Reflgnation.
Reine Beifung (Befehl) war, Euch jeglihe Bequemlichkeit zu
baffen. Uhland, Ludwig d. B. 4. Die Weiſung (Beweifung) dem
ufzulegen, wider den ein Verdenken oder VBerwähnen. Krenner, Lands
agsh. 11, 412. Wo er fie entweder ſaͤmmtlich —— oder eine
seitere Anweifung zu finden hoffen dürfte. Göthe, Meiſters Wan⸗
ei. 3, 16. Die an ihn geichidte Geldanweiſung. Schiller,
Iriefm, mit Göthe 2, 268. an pflegt wohl den Schreier von der
!tandesverweifung loszuſprechen. Klopſtock, Gelehrtenrepublik,
Kielleicht find folgende die reiten Wegmweiiungen. Daſ. Doc
tinmere ich mich nicht, daß mir irgend eine Zurechtweifung ober
fufmunterung von feiner Seite hierüber zu Xheil geworden wäre.
Böthe, Leben 10. B. — Mit unabweislich feiter Hand. Shafes
peare, Mach. 1,7. In Ettersberg nämlich bei Weimar jolle, nah Aus-
eis eines beliebten Journals, eine Buche gefunden werden. Göthe,
ing und Jahreshefte 1805. Um nur nicht von dem lebten unand-
veislihen Termin entichieden gezwungen zu werden. Göthe, Wahlv.
1, 17. Die Sache ipricht, die Elareiten Beweiſe. Schiller, Bicco-
omini 5, 1. Der aus der Natım geichöpfte Aehnlichkeitsbe—
‚eis, wodurd die Mehrheit nnmittelbarer Dffenbarungen erwiejen
verden joll. Campe. Daß ich kehrte mit Scheinbemweiien. Shafe-
peare, Eymbeline 5, 5. (Wenn nur) nicht fo viel Zuverfiht auf
einen Erweis ... zum Grunde läge! Leſſing, Antigege 7. Der
echte Ring war nit erweislich; ran fo unerweislidh, als uns
est der rechte Glaube. Leifing, Nathan d. W. 3, 7. Da ift ein
leberweis und Bild der Göttlichkeit. Opitz. Dieweil ihr Unter -
veiß gleicht der Schrift. Opig, von der Wahrheit der chriftl. Reli-
ion 1631 ©. 70. Ohne einen von der Turf. Landesdirektion von
dayern anögefertigten Vorweis (Erlaubnißſchein). Hamb, Zeitung.
Beife (ij. S. 772); naſeweis (mhd. nasewise, naswis —
fahren im Riechen oder Spüren) vorweg mit eingebildeter Eiuficht
der überklug ſich benehmend; weislich (ahd. wislih, mhd. wislich)
uf eine weiſe Art; Weisheit (ahd. wist, wisheitt, wisheit, mhd.
visheit). — Sie ſpuren auch zu flund ls die nasweifen Hund.
echmellee 6, 177. Eine Art von naſeweiſem Neftquädelcen.
Böthe, Leben 4 B. Die Weisheit läßt von einer goldnen Wolfe
on Zeit zu Zeit erhaben Sprüche tönen. Göthe, Taſſo 1, 4. (Die
Dihtfunft) lehrte die Menſchen Lebensweisheit. Herder. Zür
eine Luft mich zu unterrichten waren es neue, und für Najeweid-
eit und jugendlichen Dünfel ſehr willkommene Gegenftände. Göthe,
eben 9. B. Wie von Schattenweisheit umnadtet. Klopftod,
Reiflas 18, 391.
Neugierig (mbr. niugerne, holländ. nienwsgierig, in der Volkeſprache
nenfchierig, neudſchierig, neudſcherig, f. S. 106 Anm, 2) begierig
940
auf etwas Neues, dann befonders auf Reuigkeiten. Borwigpig(fürwigig?)
ahd. firwizte, mhb. virwitzic, ſ. wißig S. 209) zunähR verwuubert; dam
vorſchnell in Berborgenes uber Geheimes einzubringen aus Luſt es zu willen;
geneigt, ſich in Borfchnelligkeit unbefugt oder verwogen mil etwas zu be
faſſen und fo zu erthellen, überhaupt fi mit Borfchnelligfeit unbefugt za
äußern. Schnippiſch (uieberb.-snippsch, weſtfäl. snippek und snappsk,
wahrfcheinlih von fhnippen = ein Schnippchen ſchlagen) vorweg ſpigig
furz gegen Jemanden, vornehmlich in Worten. — Da gibts nur Ein Vergche
und Verbrechen: ber Orbre fürwigig wiberfprechen. Schiller, Wallenfeins
Lager 6. Sie iR fo fitt- und tugendreich, und etwae ſchnippiſch doch =
glei ... Wie fie furz angebunden war, bas ıfl nun zum Gntzüden ger!
Goͤthe, Fauſt 1, 183. — Schweinhafftig und auffſchnüpffiſch im Reber
Simpliciſſimus 8, 23.
Beife (S. 40) eig.. das Wie der Bewegung; dann Das Bi
des Thuns oder Seins, die Beichaffenheit des Handelns oder Der Tbe-
tigkeit, während Art (S. 238) aud das Räumliche, Stoffliche, Die
Beionderheit, alfo mehr eintheilend anzeigt. Mit Weile (Weis) wer
den viele genitiviihe Adverbia gebildet. — Ja ir abweis (Ua)
verfteh ih wol. H. Sache. Das jedermamı dein vollweis mu
innen werden, die du treibft bei tag und naht. H. Sachs. — Bei aller
Ueberzeugung von Ihrer raſchen Ausführungsweife Schiller.
Briefm. mit Göthe 5, 37. Aber audy in Bezug auf die neuefte um
uns ber bewegte Weltgefchichte ift Diefe Betrachtungsweiſe fındt
bar. Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Deren veridier
dene Denkweiſe und Abficht Yorik uns gar zierlih auseinander
fest. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 9. DVöllige Uebereinftimmung mit
meiner Denkensweiſe. Göthe, Briefm. mit Schiller I, 22. Di
fih nundieHandelsweifeHamletö gar gutwerdeerklären laſſen. Götke,
M. Lehrj. 4,3. Und aus der ew’gen Erdenharfe, gewährt vom Hauch der
Himmelsweijen, zugleich die beften Saiten reißen. Redwitz, Amarantt.
Was zürnſt du unjerer froben JZugendweije? Schiller, an einen Mora:
ften. Zwar hüllt fid) Levana in den Regenbogenfchleier von ihres Schöpfers
Kunftweife. Benzel- Sternau. Wer möchte mein Leben mir nad
Menſchenweiſe deuten? Schiller, WBallenftens Tod 5, 4. Da
echten Ritterweif’ ergeben. Benzel-Sternau. Seine mathematiſche
Methode war das Widerfpiel meiner poetifchen Sinnesd- und Dar-
ftellungsweife. Göthe, Xeben 14. B. So geht e8 mir mit der
Sonettenweife Uhland, Sciußfonett. (Sie nahte) in. Trau—
mesweife. Uhland, Rudello. Deine Stärke oder Gemüthbsweiie
alles Große ruhig aufzunehmen. J. Paul. — Als würe er and:
2) Vollmer erflärt finnreih das ahd. firiwizzi = mundi spectacuem
von firi, firn, goth. fairhvus — Welt und wizzi, altf. uuiti, unit d. i. opane-
a aaeintgel, wenn er fagt: firiwizzi Weisheit der —8
941
chließlicherweiſe der; Form gewogen. Göthe, Winckelmann 2.
jene Sekte Religion geben wir einem jeden nur ausftattungsweije
n die Welt mit. Göthe, Meiſters Wanderj. 2,2. Der (Springquell)
ſogenweiſ' in des Bedens Spiegel fi goß. Voß. So wirkte in
injerer Straßburger Societät Shafeipeare, ftüdweife und im Guns
en, ftellen- und auszugsweife. Göthe, Leben 11. B. Daß
t bürftigerweife bloß die Länge und nicht auch die Breite der
Ratur in Anfchlag bringt. Schiller, Briefw. mit. Göthe 4, 37. (ES)
vord epochenweiſe durchgedacht. Göthe, Tag- und Jahxeshefte
1798. Das Neue ſchob fich flötzweiſe Aber das Alte hin. Daſ.
180%. Wenn wir das fritiihe Gejchäft geſprächsweiſe unter uns
ibthun. Schiller, Briefm. mit Göthe 5, 93. Ich babe es endlich
lüflihermeife arrangiven können. Dal 5, 25. Uuglüdli-
bermeife war niemand da. Göthe, Wahlv. 2, 6. Ob ich die übri-
en Schaaren gleicherweije heranzuführen wünfchen follte. Goͤthe,
Reiters Wanderj. 1, 10. Gruppenmeife lagexte ſich die Geſell⸗
haft unter den Bäumen. Göthe, Meiflers Lehrj. 4, 5. Die freuz-
veis übereinander geworfenen Bäume verjperren diefen Weg. Goͤthe,
Reifters Wanderj. 1, 4 Daß die Meinungen mafjenweis. fi
erbreiten. Göthe, aus Makariens Archiv. (Sie zogen) paarweis
um Saale hinaus. Göthe, Meiſters Wanderj. 3,1. Partienweis
vie ſie angekommen. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1802. Wie ich
——— geglaubt hatte. Göthe, Leben 8. B. Wie
4 punktweiſe alle dieje Beichuldigungen wieder in der- Anklage
and. Göthe, Egmont 5. (Ich) meinte quellmweif’...Göthe, Pan⸗
oa. Zeil an Zeile fehlangenartig reihenweis. Göthe, Fauſt 2,
74. Bas Augen bat läuft ſcharenweiſ' herbei, den präct'gen
tirhgang amzuflaunen. Wieland. Bis zulegt die jchwäbilchen Gebirge
hattenweis in den Horizont verfließen. Göthe, Leben 10. B.
Die haſpl' ich ſchnellerweis. Uhland, Mährchen. Was ich gegen-
sArtig ſt ück- und: ſprungweiſe davon zu fagen gedenfe. Göthe,
chen 7. B. Er machte ſich manchmal fprung- und ftoßweile
uft. Daſ. 11 B. (Sie) bewarben jidy wenig anders als flreitweife
m fie. Herder, Wenn unfere Thränen ſtromweis rollten. Schiller,
Hegie. Zwar wird aud er fLufenweife zu Werke gehen. Göthe,
Iriefw. mit Schiller 3, 379. Dir auch nur das Allernothdürftigfte,
:undenweis und flundenhaft möchte man fagen, arbeiten. Daſ. 6,
16. Diejen (Abhang) hat man nicht allen teraſſenweis abgear-
eitet. Göthe, Leben 10. B. Hier ik überall ein theilweiſer Be—
tz ſchon ergriffen. Göthe, Meifterd Wanderj. 3, 12. Berfprigen will
h... mein Blut... tropfenweis. Schiller, Piccolomint 1, 4.
Bas ih umgefehrterweife dem Moumer zur Abfertigung fagen
ürde. Schiller, Briefm. mit Göthe 4, 151. Ach. leiſt' euch jede
sicherheit, die ihr vernünft’gerweife von mir fordern möget.
942
Schiller, Wallenfteins Tod 1, 5. Uns der rohen Ratur wenigſtens
verfuhöweife hinzugeben. Göthe, Leben 11. B. Es gehört vor-
ugsweije zur Würdigung diefes Gedidyts das, was man Genrüth
beiht Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 373. Seine Methode erinnert
an den wechſelsweiſen Unterriht. Göthe, Meiſters Wanderj. $,
11. Charlotten zufälligerweife etwas angenehm geſagt zu haben.
Goͤthe, Bahlv. 2, 8. Fiſche, die fih bald einzeln, bald zugweife
bin und her bewegten. Göthe, Leben 1. B.
Weiskänfer (auch Freikäufer) find Waarendiebe, die durd
Lift, allerhand Kunftgriffe und Ränke aus Buden, Häufern und auf
‚Straßen zu entwenden fuchen, um fo gleichjam weile oder frei
zu laufen.
Dieb (goth. thiubs, ahd. diup, diop, mbb. diep, agf. theef, theaf,
‚thyf, ſchwed. tjuf, dän. tyv, engl.’ theef, thief) allg. heimlicher Entweder
fremden Eigenthums. Gaudieb1) umſtreichender und handfertiger, verſchla⸗
gener, ausgelernter Did. Gaunner und Spitzbube ſ. S. 362. Stro⸗
mer iſt ein Dieb, der das Gedränge von Menſchen (den Menfchenfirom ©,
188), das folde Diebe manchmal auf eine pfiffige Welfe zu erregen fuden,
benutzt, um in demfelben ſicher zu fehlen, was er habhaft werben faun. Die
genannten Ausbrüde beziehen ſich alle auf ein Heimlidyes Entwenden; auf
ein öffentliches, mit Gewalt verbundenes bentet Räuber (ab. raubari,
agf. rösfere, altn, raufari, m$b. roubsere, f. rauben ©. 14). — Wär va
ein Dieb, wollt’ ich gleich dich erkennen. Böthe, Jauſt 1, 133. Gott arckf
dig, Gaudieb! Schiller, der Neffe ale Ontel 8, 3. Sind's Räuber, vi
ihn feig erfhlagen? Schiller, Kraniche des Ibykus.
Weismahen (S. 232), weisſagen (flatt weißagen S. 518),
Weisthum (ahd. mhd. wietuom); Weisheitsdunkel, —feind, —or⸗
fcher, —forſchung, — freund, —gürtel, — lehre, — lehrer, —tebrig,
—zahn u. a.; Abweiſeblech, — ſtock; Anweiſelank, geld, —tag;
Beweisartikel, — bar, —friſt, — führer, — führung, — kraft, — lich
— mittel, —punkt, —ſchrift, —ſtelle, — zeuge u. a. — An den fe
als ihren Weisheitskram aufädelten. Herder. Dieſer lächerliche
Weisheits- und Zugendlrämer Herder. Bon ihren Weis:
beitsliedern und Klagegefängen. Herder. Lnerträglihe Weis:
heitsnarren Herder. Ihre Gnofld war Weisheitsquell. Herder.
(Wo man) Weisheitsipräcde aus ihrem (der Tbiere) Munde und
Betragen dichtete. Herder. Freudig und weisheitsſspoll fang Ebert
Klopftod. Künftiger Sünder weisheitverlaffene Hoffnung!
Klopftock, Meſſias 11, 864. Ich hätte mein und meines Hachbers
2) Ge ift in dem Wort eine Bermifchung des nieverb. Ari. gau == behende,
geſchwind, holländ. gaauw — ſchnell, geſchwind, fertig, gefickt und des Erbi.
Ban (f. ©. an alfo ein das ganze Rand beſtehlender Dieb, nicht zu verfennen,
bie eigentliche Bildung aber fchwerlich andzumitieln, da man bie ahd. und mir.
Torm des Wortes nicht kauhuht.
943
Bermögen auf die Beweisfübrung deſſen geſetzt, was ich behaup-
tete. Shafefpeare, Eymbeline 1, 5. Wenn fle nichts ald Beweis⸗
gründe achtet. Schiller, Briefw. mit Göthe 1,58. in gerichtlicher
Beweisfhein. Geift der Journale. Diefer Menich i in ihrer
Gewalt mit allen Beweisftüden dieſer Wiedervereinigung. linge-
nannter bei Campe. Er will der Welt Beweisthum geben. Weich—
mann, Poeſie der Niederfachien.
Anm. 1. Waiſe (ahd. weiso, mhe. weise, nennieherl. wes) erſcheint nach
Grimm H, 47 als die durchs Präteritum ausgedrückte Regation, das unmändige,
fhirms und vaterlofe (wisellös, wie altn. födrlaus, Kind. Das Wort if abb.
männlih, nhd. gewoͤhnlich weiblih, ſelbſt von Rnaben. Du bift eine Waife,
Morig, jagt Engel, Edelknabe 7. Luiher, Bibelüberf. Hivb 6, 27 fügt: Ir follet
über einen armen Walfen.
Aum. 8. Das Thier Wifent (eine Art Budelochfe mit mähnenartigem
Halskaar und flarken Hörnern, ahd. wisant, wisunt, mihd. wisent) findet fi in
unfern Gegenden nicht mehr; ver Name hat ſich übrigens in Cigennamen von Bers
fonen und Orten erhalten: Wieſenſteig, Wieſendangen.
b. Ber: weifen (für verweigen). ?)
Berweife, verwies, verwiefen, verweilen (ahd. wizu, weiz,
wizum6s, wizaner, wizan; aud flv)airwizan; mhd. wize,
weiz, wizzen, gewizzen, wizen; auch verwizen; goth. veitan,
fraveitan; altf, agf. witan; nittelniederd. verwiten, ſchon 1429
verwisen ſtatt verweizen) Jemanden etwas Geſchehenes mit Wor-
ten ftrafend bemerklich machen. — Ych habe es ihm verwiejen.
Shafefpeare, K. Heinrich IV. 3. Th. 1, & Wollt ihr mit Spott
ee = fo ſcharf verweifen? Shalefpeare, viel Lärmen um
8 5
Die Eynonymm f. S.4. Ä
Weis, Weile (ſtatt Weiß; älternbd. auch Witze, Wiz, It—
wiß, Stwiz; ahd. wizi, mhd. wize, altj. witi, altn. viti, agf. wite
— Gtrafe) 1). Strafe, befonders Strafe der abgefchiedenen Seelen;
2) Höllenfput, Geifterfput find für die Schriftiprache veraltet; eben
fo weizen — ald arme Seelen umgehen, überhaupt als Geiſt, als
Geſpenſt erfcheinen, fpufen und weigigen (ahd. wizandn, mhd.
wizen, wizegen) yeinigen, fitafen. — Daz fein fele werd ertöft auz
baizzer wige fewre. Suchenwirt. Got hat die weiczen darumb bes
ſchaffen, das die fel gereinigt werden. Bruder Berthold. Da ift ein
weit (Gefpenft) in dem perg. Schmeller 4, 205. Z’nachft hats in
1) Die Srundbebeutung ift wol Ab geifig werauf richten, beachten, wifien 5
denn Jemanden etwas wiflen; hieraus Iemianden etwas zurechnen, Schuld geben-
Manche frühere Formen find nun veraltet, zum Theil, mehr ober minder entitellt,
in der Volkeſprache erhalten. Vgl. altn. veita — ſchenken, ahd. weizan und das
in Saiern fid) noch endende weiſen == bei gewiffen Antäffen, beſonders Hochzeiten,
Kindtaufen, fh mit einem Geſchenk einkellen. & h
944
de Kuchl gweigt (geſpult). Voltsſted daf. 4, 206. in tewfel der
waicziget di felen. Daf.
Berweis, Verweiſer, Bermeifung, verweißlich ergeben ich aus
verweiſen. — Ein jchweigender Verweis war mir deinAnblid. Görbe,
Sphigenie 4, 4.
Anm. 1. Hierher gehört auch das der Volkoſprache angehörige wigel =
bang: &6 wird mir wigel.
Unm. 2. Srimm II, 14 rechnet hierher au wiffen ©. 518. Darım
entwidelte ih Witz (S. 882); aus dem Bräter. wissa erflärt ih vas verbeie
Apjectiv gewiß ©. 571.
Anm. 3. Weiß (goth. hveits, ahd. hwiz, mbd. wiz, og hvit, altſ. gie
An white, ſchwed. hwit) gehört, wie aus dem anlautenten h fi ergibt, zidk
erher, —
Schweigen.
(Wurzel swig.)
Schweige, ſchwieg, geſchwiegen, ſchweigen (mhd.
sweic, swigen, geswigen, swigen; ahd. suik(g)eu, Pl: ag.
| . svigjan oder svigjan; nach Badernagel mitt ahd. suifton, mb.
swiften = beſchwichtigen zu gt. opios —=.gebrehlid, lahm; nad
Schwend zu gr. oyar ſchweigen, lat. silere, wahrſcheinlich für
siclere) bat nah Grimm 11, 17 die Urbedeutung drüden, iegen');
davon abgeleitet die Stimme unterdrüden, oder flille werden,
Berung unterlaffen. Davon das abgeleitete ſchwache ſchweigen (ab.
sueigan, mhd. sweigen) — chweigen machen. — Halbpart, Schie,
fo will ih ſchweigen. Schiller, Wallenfteins Lager 3. Sein firenges
Auge hieß die heftig wallende Empfindung [hweigen. Schiller, Pic⸗
colomini 3, 4. Schweig' eine Weile, o Wind. Göthe, Wertber.
Des Krieges Stürme ſchweigen. Schiller, Jungfrau v. DO, 4 1.—
Ih will and’re Gaben ſchweigen. Weichmann, Poeſie der Rieder⸗
ſachſen 2, 205. Sonſt hätten wir längſt ihn bier geſchweigt in
Palaſte, den hell ertönenden Redner. Voß, Ilias M0, 273. Bü
woll'n den Wahn verliebter Thoren ſchweigen. Lohenſtein, Roſen 8
Berſtummen (mbd. verstammen ſ. ſtumm ©. 81) eig. Ausım made;
dann Lautäußeruug unterlaffen, weil fe aus natürligem oder fittlicgem Ran
gel au ihr nicht geſchehen kann. — Sie faßt' ins Auge wich, fürwahr ſo ſche,
als wenn ihre Aug’ die Zunge gang verſtummte. Shalrfpeare, was UR
wollt 2, 2. Berkummen müſſen faljhe Meuler. Luther, Bitelüberfegung
Bf. 81, 19.
: &e—, ver— (5.7), ſtillſchweigen. — Geſwaig dein zungen
zu aller frift, wann fweigen die allerft tugend ft. Schmeller 3, 583.
2) Den nerdifhen Mundarten mangelt dieſe atoaelen Bedentung: alte.
sveigja = biegen, svig — Rieberbrüdung.
945
Cerlo hatte fie nicht einmal zu Gaſtrollen gelafien, geihweige?)
daß er ihnen Hoffnung zum Engagement gemadyt hätte. Göthe, Mei—
ſters Lehrjahre 4, 19. Berplaudern ift jhädlih, verfhweigen ift
gut. .Göthe, der getreue Edart. Aber Heimlichkeiten find Dinge, die
fih wohl jagen laffen, und Die man nur zu gewiſſer Zeit, in gewiffen
Ländern, theils ans Neid verhehlte, theils aus Furcht verbiß, theils
aus Klugheit verſchwieg. Leſſing, Ernft und Fall 4. Schweige
file! Schiller, Wallenfteind Lager 8. Ich verfprah Stillfhwei-
gen dem Thäter. Voß, Luife 3, 377.
Anm. In partieivialer Zufammenfegung ſagt Goͤthe, Meiſters Wanderjahre
Das iſt eben ihre zarte, ſchweigende, halbſchweigende, halbandeutende
anter.
Verſchwiegen (Partic. Bräter. von verſchweigem) überhaupt, aber
in verftürlendem Sinne, Lautäußerung unterlaſſend, beſonders Gehei—
mes unverlautbarend; ſchweigſam — ſchweigend nah Sinn und Eha-
rakter, d. i. gewohnt und geneigt, Zautäußerung zu unterlaffen; Davon
Berihwiegenheit, Schweigiamteit. — & war der treuefte,
weifefte, redlichite, werfchwiegenfte, liebevollſte Freund. Göthe,
Benvenuto- Bellini 1, 9. Sieht verfhwiegener Tänze geheimniß-
volle Bewegung. Göthe, geweihter Platz. Bis dahin verlang’ ich von
euch beiden Berichwiegenbeit. Göthe, Eugenie 1, 5. Nun fuch-
ten die Schweftern durch Aufrichtigkeit und Mittheilung das Vertrauen
des ſchweigſamen Gaftes, der ihnen gefiel, zu gewinnen. Göthe,
Meifters Wanderj. 1, 6. Dazu darf ih nit ſchweigſam bleiben.
Söthe Fauft ?, 54. Erſtaunt' ich ob der öden Gänge Schweig-
ſamkeit. Daj. 2, 186. |
Schweiger, Schweigniß, Schweigung (mhd. swigunge) find
nicht fehr gebräuchlich. — Endlich, liebe Kinder, ein Brief von dem
dreijährigen Schweiger. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 6. Dann
im. Kıyflall und feiner ewigen Schweigniß erbliden fie der Ober-
weit Ereigniß. Göthe, Fauſt 2, 269.
Schwichtigen, gebräuchlicher beſchwichtigen (niederd. abge-
leitete Form von ahd. suifiön, mhd. swiften lautlo8 machen, fehwei-
gen machen ?]) machen, daß etwas nicht laut wird, ſich nicht offenbart.
— Ad), wie ſchwichtigeſt du des Lebens ſchluchzende Wehen! Ko—
fegarten, Hymne an die Tugend. Umfaſſ' ich fie, die Schmerzen zu
befhmwidt’gen? Göthe, Wahsthum. Die Wucherflauen find be⸗
ſchwichtigt. Göthe, Fauſt 2, 64. — Schwichtiger meiner Leiden.
) Diefes partifelhafte gefchweige entivringt aus der 1. Verſon tes Ber:
bums. Ahr. ih wile des sulgen, mho. ich gceswige danne, S. Grimm ll,
242 und meine Srammatif I. 2, $. 387.
2) Aehnlichen Uebergang des | in ch jeigt Nichte, ahd. agſ. eltn. nift, ahd.
niftilä, mhr. niftel, neben Neffe, ahd. nelo, mhd. neve, agſ. nöfa, vgl. lat.
aepos, fanjffr. napfr.
oo
946
ri zn trau’ ich der Beſchwichtigung. Uhland, Her⸗
En (von ruhig, mbb. ruowec, ruowig, diee von Ruhe, ab.
räwa, ruowa, ra, mh. räwe, ruowe, alin. rö) ruhig machen, d. i. machen,
daß etwas in feiner Bewegung und Rraftäußerung nachläzßt Befänftigen
(von fanft, ahd. sanfti, samfti, semfti, mhb. senfte, semfte, agf. saft, sel,
engf. soft) machen, vaß etwas weniger unangenehm empfunden wird, indem
das Rauhe und Heftige desfelben ſich minder äußert. — Diefee zufammen be
trachtet möchte wohl hinreichend fein, einen jeden Theilnehmenden zu berußi:
gen. Goͤthe, Meiftere Wanderj. 2, 6. Ban habe ihm zur Aber gelaffen m
fonft alles Beſänfrigende möglich angewendet. Daſ. 2, 6.
Steigen.
(Wurzel stig.) _
Steige, ſtieg, geftiegen, fleigen (stiku, steic, stikumds und
stikamös, stikaner, stikan; mhd. stige, steic, stigen,
stigen; goth.steigan, agj. stigan, alt. stiga, engl. stigh, stie, stey,
ſchwed. stiga, gr. orelgar) 1) geben, fih zu Zug fortbewegen, befor-
derö gegen die Höhe; 2) fidy in Die Höhe bewegen, oder bewegt wer⸗
den, es fei in fenfrechter oder in fchräger Richtung; 3) fi m de
Höhe erftreden; 4) zunehmen, jowol an Zahl und Menge, al auch
an innerer Stärke. — Stürzt er, dann fteig’ ich zu Thron. Sonne
berg. Denn, der fie brachte, flieg recht in der Hiße und höchſten
Kraft des Handgemengs zu Pferd. — Heinrich IV. 1. Thl. 1,1.
Die Lerche ſteigt und ſchwirrt von Luſt erregt. Hagedorn. Das
Schlachtroß ſteigt und die Trompeten klingen. Schiller, Jungfran v. O.
Prolog 4. Er iſt ihnen zu hoch geſtiegen, möchten ihn gern herunter
kriegen. Schiller, Wallenftens Luger 2, Immer fteigender hebſt dm,
Woge, did. Klopſtock. Ha, welch ein lauter Paͤan fleigt von feinen
Siegen in mein entzücktes Ohr! Ramler. Palläfte von Marmor ſtei⸗
gen dort hoch an die Wolfen Geßner. Jedermann zaudert bei’u
ſteigenden Preiſe, während der De immer fteigt. Göthe, Briefm.
mit Schiller 4, 144.
Ab—, an—, auf— , aus —, be—, bei—, durch —, ein,
empor—, ent—, entgegen—, er —, fort—, ber—, herab —., Beran—,
berauf—, heraus —, berein—, hernieder , berüber—, berum-,
herunter— , bervor— , herzu —, hin —, binab— , bins,
binauf—, hinaus —, hindurch, hinein —, hinuͤber⸗ Sinunter—
hinweg —, binzu—, nah —, nieder—, über— (f. S. 54), um,
umher —, unter—, ver —, vor—-, voran —, voraus -, vorbei —
vorüber —, zu -, zurüd—, zufammenfteigen find an fich — —
39 war .im Wiripepaus zum Geift abgefliegen. Göthe, Leben
9. 3. Sir Walter Blunt, vom Pferd erfi abgeftiegen. Shalipeare,
947
nn 2
8. Heinrich IV. 1. 25. 1, 1. Wähnt man doch, daß ganz im das
Meer abfteige der Himmel. Voß. Bis in entfchiedenem Gang ab-
feigt von Kronion ein Fahrwind. Voß, Slias 14, 19. Doc, ſchon
kömmt er angeitiegen. Weiße. Eine fanft anfteigende Fläche.
Goͤthe, ital. Reife 9. Det. Wenn die Mutter fchon ins Obergemach
aufftieg. Voß. Wer vermag wohl einen Berg ohne Schwachheit
anfzufteigen? Günther. Ihr jpürt von dem Gewitter, Das auf-
ſteigt, eine erbärmliche Mattigkeit in dem Gliedern. Göthe, Egmont
4. Eine Bombe, die in einer janften, glänzenden Linie aufſteigt.
Göthe, Leben 11.2. Am Fuße eines auffteigenden Hügels. Göthe,
Campagne in Frankreich 23. Aug. Umher fiieg buntes Getöf’ auf.
Ro. Goldlockig, ſchön und rojenathmend flieg er (der Morgen) wie
der Herold auf. Wieland. Ohne des Pflanzers Sorg’ und der Aderer
Heigt das Gewaäͤchs auf. Voß. Da ift mir eine Grille aufgeftie-
gen. Göthe, itul. Reife 8, Sept. 1786. Nah auffteigender Ord—
nung. Göthe, Leben 5. B. Die auffteigende Reihe der Bernunft-
ihlüffe. Kant. Ih fuhr nun ftrads vor mid hin, flieg mehrere
Stationen nit aus. Göthe, die neue Melufine Befteige lieber
das fichere Thier, das ich dir ausgeſucht. Schiller, Wallenſteins Tod
2, 3. Manchen Wald habe ich durchwandelt, mund Gebirg durch⸗
fiegen. Göthe, wad wir bringen 10. Ich war zueift eingeftie=
gen. Göthe, ital. Reife Catania 4. Mai 1787. (Als fie) nun wieder
die Stufen emporitieg. Voß, Luiſe 3. a., 107. Heiliger Rauch
ſteigt mit dem Gebete ftillbegleitend, empor. Klopſtock, Meijias 1,
349. Frifchblutend fteigt die längftvergebue Schuld aus ihrem leicht
bededten Grab empor. Schiller, Maria Stunt 1, 4. Jetzo wie
laut Das Getös holzbanender Männer emporfteigt. Voß, Ilias 16,
632. Der jdyredlihe Gedanfe: wie, wenn fie dich verriethe? ftieg
in ihm empor. Meißner. Bin id) dem fiuftern Gefängniß entitie-
gen? Scdiller, Maria Stuart 3, I. Nur was der Erd’ entfteigt,
wird auch der Erde Raub. Ziedge, Urania 4. Als mir der Säulen
Pracht und Siegesbogen entgegenftieg. Schiller, Maria Stuart
1,6. Er erfteigt aus der Gruft einft. Herder. Dieß ſchloß er⸗
eigen wir in dieſer Naht. Schiller, Marin Stunt 3, 6. Strah⸗
lengeftalt flieg ber vom Olymp. Sonnenberg. Herabgeftiegen
von Der Höhe verweilte ich noch eine Zeit lang vor dem Angeficht
des’ ehrwürdigen Gebäudes. Göthe, Leben 9. B. Der Sonne Licht
ift unter, herab fteigt ein verhäugnißvoller Abend. Schiller, Wallen-
keins Tod 4,8. Zu neuen Freuden flieg mein Geift heran. Göthe,
Zueignung. (Er) fteiget froh den Berg heran. Göthe, deutlicher
Barnaß. Ein widerfpenft’ger Geift, heraufgeftiegen aus dem Feuer—
Fuhl. Schiller, Jungfrau v. DO. 3, 9. Er) öffnete den Schlag,
ıber niemand flieg heraus. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9. IK
tieg mit der doppelten Beute wieder herein. Göthe, Götz v. 2.
60 *
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$. Die. Mühſeligkeit in den unſcheiubaren Trümmern eines Theaters
berumzufteigen. Göthe, ital. Reife Segeit 20. April 1787. Der
Vater war indeffen gelafien beruntergeftiegen, Göthe, Leben 3.
B. est flieg über den Gedernwald der Morgen herunter. Key
tod, Meſſias 2, 1. Wenn der traurige Zag an des flammenden
Dceand Ufern dampfend hervorſteigt. Klopftod, Meſſias 2, 356.
Nun fahen wir in einem öden baumlojen Thale die prächtige Kirde
bervorfteigen. Göthe, Leben 18. B. (Als wir) in die Regie
der Saar und Moſel hinabftiegen. Göthe, Leben 10. B. Dieſes
Lichtweg fteiget hinab! Klopftod, Meiflas 1, 451. Den Felle
flieg ih jegt hinan. Sciller, Kampf mit dem Draden. Welche
(Flut) Sogar über die höcyften Berge hinaufzufteigen drohte. Göthe,
Leben 6. B. Gleich unten an der Treppe faud ich einen Mann, der
eben auch hinanfzufteigen im Begriff war. Dafelbfi 9. B. Bi
ih zum Dachfenfter hina usſtieg. Göthe, Götz v. B. 3. Nm
fteiget nicht mehr mit den Krügen die Kellnerin heiter hinein
Söthe. Bergſchloß. Daß ih hinunterfteige und den Fluch ver
föhne. Schiller, Braut v. M. Freier Blick der Hinterlaff’nen ftieg
dem neuen Gott in des Olymps verflärte Räume nach. Göthe, En—
genie 3, 4. (Sie) ftieg ihm wankend in das Männerjimuıer nad.
% Paul, Siebenkäs 1. So fteigit du denn, Erfüllung, ſchönſte
Tochter des größten Vaters, endlich zu mir nieder. Göthe, Iphigenie
3, 1. Wie vom geſchmolznen Schnee ein Bächlein überiteigt.
Göthe, Fauſt 1, 173. Er wollte an den Spalieren überfteigen.
Göthe, Meifters Lehrjahre 5, 14. Nur durch Menjchen befiegt mad
überfteigt man Menichen. 3. Paul, Titan 5. Daß eure Kusfl
viel Künfte überfteigt Göthe, Kauft 1, 100. Dichter! wohin ver
fteigeft du dich? Göthe, röm. Elegien 7. Die Schöne, ohne ſich
in Fragen zu verfteigen, glaubt ihrem Hüon nad. Wieland, Obe
ton 6, 49. Er ftieg langjam und ftolz wie ein Heyameter voran,
und feine Frau trippelte wie ein PBentameterchen hinter drein. Lichten⸗
berg, Nachtrag zu den wißigen und fomifchen Ausdrücken. Mit ibm
(dem Adler) die Höhe zurüdzufteigen. 3. Paul, Siebenkäs 7.
Aum. Die Barticipien geftatten noch andere Infammenfepungen, 3- B. Atf⸗
ſcholl es herauf in den himmelſteigenden Tempe. Klopftock.
Steig (goth. stäiga, altn. stigr), Steige, Stieg, Stiege, Steg mit
ihren Synonymenf.S.141; Steiger; Steigung; fleigbar und ſteiglich
in Zufammenfegungen. — Bon der aufgehenden Sonne beſchienen erheb ſich
por uns die berühmte Zabemer Steige. Göthe, Leben 10. B. Bon
Gaftor Giovanni herab führt ein rauber, unbequemer Stieg. Goͤthe,
ital, Reife 30. April 1787. — Verehre fchroffe Felfenfteige. Göthe,
Fauſt 2, 148. Er aber bewegte fih nicht aus dem Fußſteig. Voß,
Odyſſee 17, 234. Wo von Wachholderſträuchen den Kiejelkeig
binan verworrne Ranken fchleichen. Salis, die Eiufiedelei. — Der Ab⸗
919
fieg war zu jähe. Goͤthe, Meifters Wander. 1, 1. So erlangte
fie eine fchön gefchwungene Wendung zum Aufftieg. Göthe, Wahlv.
1,3. Man jah ſich von einem fchroffen Niederftieg bedroht. Göthe,
Meiſters Wanderj. 3, 5. (Ich erflomm) die legte von den Schie-
ferftiegen. Chamiffo, Salas y Gomez 1. Schon trampelt’8 laut die
langen Wendelftiegen herauf. Wieland, Oberon 3, 46. Froh
walle auf dem Felfenfteg der Pilger zu dem Gnadenbilde. Schiller,
Kampf mit dem Drachen. An jedem Abend geh’ ich aus, hinauf den
Wieſenſteg. Uhland, Lauf der Welt. — Da er nun jeine eltern- und
geldloſe Braut auf einmal als Steigerin in ein ausgezimmertes
Silberbergwer? fahren laffen wollte J. Paul, Siebenkäs 1. Der
Mittelmann glaubt, die Obermänner ftehen darum auf den Höheren
Sproffen der Stuatsfeiter, um beffer die Nachſteiger zu überjchauen,
indeß er ſelber das Auge weniger auf den Kopf feines Nachfteigers
ald auf den Hintern feines Vorſteigers heftet. 3. Paul. — Indem
er bei feiner Thronbefteigung wenigftens einen Schuldner losge—
laffen. J. Paul, Siebenfäs 9. — Die leiht erfteigbare Mauer.
Pyrker, Rudolph 8. Berzäunt mit unerfteigbarn Zellen. Shake—
ipeare, Eymbeline 3, 1. Die teilen Wäude find durch nen angelegte
Treppen erfteiglih. Göthe, St. Rochusfeſt. (Die) auf uner-
teiglichen Gebürgen thronen. PBlaten, rom. Dedipus 2,
Steigbaum, —bohne, —bügelmustel, —kehrer, —leiter, —litz,
—rad, —radfloben, —riemen, —rohr, —röhre, —Ichaufler, — zeug
u. a.; Stegekehrer, —reifdihter, —ring, —Ichaufler, —Iehne u. a.
— Man fuhr ohne Steigbügel auf dem Pferde bin und her. Göthe,
Reben 4. B. Aus feinen (Anors) Pfeilen Sporen und Steigeifen
zu machen. J. Paul, Hejperus 27. Er habe fih aus den Steg-
reife jogleich fterbfich verliebt. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 4.
- Steigen (ahd. steigön, mhd. steigen — fleigen machen, erhoͤ—
ben in Zahl, Werth, Preis) ift nhd. minder gebräuchlich als ftei-
gern (S. 765) in demielben Sinne. Berfteigern in öffentlichem
Ausrufe zu Mehrgebot ausjegen. — Ein gut an den zinjen ftaigen
und höhern. Mon. boica 22, 595. Durd) Sparfamleit ein fichres
Gluͤck zu fteigern. Göthe, Eugenie 2, 1. Ihn bei der Erneuerung
des Contractes zu feigern. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 9. Indem
ſich Würde und Pracht fteigerten. Göthe, Leben 5. B. Im Doll
verffeigern fönnte man Die pädagog’ihen Schriften hier. Platen,
tom. Dedipus 2, |
Die mit ſteigern finnverwandten Auspräde erhöhen, fanfen etc.
£ ©. 732. 665. — Mitverfieigern find finnverwandt: verauctionieren (aus
lat, auctio = Bermehrung, Berfteigerung) öffentlich ausſetzen durch Aufruf
- zum Beifauf. nad Mehrgebut. Berganten (zunächſt aus franz. encanter,
ital. incantare; zu Grunde liegt Sant, franz. le gant, eig. lencan, alt
franz. in quant, ital. il incanto, miltellat. imcantum , aus lat. in quantum
950
— um Wie viel, wie theuer) zu offenem gerichtlichen Verkauf an den Mein⸗
bietenden ausfenen. — Pokal und Kette wird veranctionirt. Göthe
Fauſt 2, 87.
Anm. Götbe gebraucht auch fleigern in intranfitivem Siune: Wir Gaben
in diefem zweiten Buche die Berhältniffe unferer alten Freunde bedeutend Reis
gern fehen. Meiftere Wanderj. 2, 8.
Steigerer; Steigeruug, — grad, —Sftufe; Verſteigerer, Ber-
fleigerung, — buch, —sſache, — Stube. — Daß die allgemeine An-
erfennung des Dichterifchen Berdienftes mit Vermehrung und Stei—
gerung raſch auf einander folgender Productionen in gleihem Maße
fortwuchs. Göthe, Lebensverhaͤltniß zu Byron.
Anm. 1. Das zu ſteigen gehörige Keil lautet ah. steigal, steikal, stei
kel, stöchal, mhb. steigel, stigel, stichel, stickel, stöchel, steiger.
Anm. 2. Stieglig leitet Adelung von fleigen, weil der Stieglig mit
Leichtigkeit Flettere; Andere leiten das Wort von Heben; Campe von bem Led⸗
ton, weldyen diefer Vogel hören läßt, der wie Stiegliet Flingen fell; Shwerd
glaubt mit mehr Grund, der Name ſtamme aus dem Slaviſchen (boͤhm. stehlik,
poln. szezygiel).
Kriegen (flatt Breigen).
(Wurzel krig.) |
Kriege, Eriegte, gefriegt (Bollsiprahe frag, (ge)kriegen,
(ge)£reit), Friegen (mhd. krige, kreic, krigen, gekrigen, kri
bolländ. ik’ kreeg, ik heb gekreegen, niederſächſ. ich £ —
gekricht, weſterw. ih krag, hab gelreit) iſt eigentlich mit der
‚Hand ergreifen und hat alſo den Nebenbegriff des Strebens nad) et⸗
was; dann allgemein befommen, erhalten (eig, md fig.) — Ru
warte, ich will dich ſchon wieder Triegen. Weiße. Vnd mar alle
ein Weinftod, der Neben kreig vnd Zweige. Luther, Bibelüberjchung
Ez. 17, 6. Er friegte viel Eſte. Daſ. 31, 5. Ih friege ned
den Tod über euch. Geller. Mehr Speck und Butter und Gier
friegft du in den Torniſter geſchenkt. Götz. Zu zeigen, daß dem
Bolt von dir die Wahrheit a Se — Für die Eleine Bo%
beit mußt du eins abfriegen eiße. Er ift ihnen zu hoch geſtie⸗
gen, möchten ihn gern herunterfriegen. Schiller, Wallenſt. Lug.
Die Synonymen ſ. S. 80.
Ge : Deiben.
(Wurzel dih, dig; vgl. ſanſtt. drik = wachſen.)
Gedeihe, gedieh, gediehen, gedeihen (in der Bellsipradhe auch
einfach deihen, ahd. dihu, d&h, digumes, diganer, dihan uud g
dihan; mhd. .gedihe, gedäch, ge we; gedigen, gedihen; goth.
theihan, agf. thean, thesn, altf. thihan, (hian, jchwed. tya, tags,
dän. tee, niederj. digen, diggen; gr. rixran — zur Welt bringen)
gutes Dafein und jofort Geftalt und Körperlichleit genommen, an aͤn⸗
951
ßerm Umfange zunehmen; davon fig. 1) ie Fortgang in feinen
Sein haben, an Zahl und an äußerm Wohlftend zunehmen; 2) er⸗
wünfchtes Wachsthum, erwünfcten Fortgang haben; 3) Cfeltner) ent-
fiehen, geveichen, ausfchlagen; 49) (veraltet) kommen, gerathen. An⸗
gedeihen j. S.482. — Sie ıdie Linden) waren vortrefflih gediehen.
Söthe, Wahlv. 2, 8. Ire Gemeine foll fur mir gedeien. Luther,
Bibelüberf. Fer. 30, 0. Gott hat das deien gegeben ... Gott der
das gedeien gibt. Daf. 1, Kor. 3, 6. 7. ir müflen das Werf
in dieſen nächften Tagen weiter fördern, als es in Jahren nicht ge—
dieh. Schiller, Biccolomini 3,1. Was kann aus blut’ger That Euch)
Gluͤckliches gedeihen? Schiller, Wallenfteing Tod 4, 8. Endlich
wurde ein Menſch geboren, welcher fo einfach war, daß feine bobe
Einfachheit zum Sprihworte gedieh. Benzel» Sternau. Dadurch
nemend an narung ab, gedeyen an den Bettelftiab. H. Sachs. Laß
mich nicht unter die gedeyen, wo ſtolzer Frevel fi) befindt. Opitz.
Und nun wäre den Griechen die Rückkehr angediehen. Bürger,
Ilias 2, 1595. | j
Die Synonymen f. S. 22.
Gediegen (das alte Partic. Präter. von gedeihen) an Weſen
md Geftalt flärker geworden; echt gedrungen gehaltvoll; in gedrun-
gener Feftigkeit durch und durch unvermifcht mit Anderm. Gedieg
(veraltet), Gediegenbeit. — Zeit mit gediegenem Horne der
Hof. Voß. Im See heulet gediegener Froſt. Voß. Ich keune
Eures Eifers reinen Trieb, weiß, daß gediegne Weisheit aus ir
redet. Schiller, Maria Stuart 2, 3. Auf feftgediegner Bahn
Nimm ich den Hügel fchnell hinan. Salis, Winterlied. Zweimal färbt
fih Das Haar; zuerft aus dem Blonden ins Braune, bis das Braune
ſodann filbergediegen fich zeigt. Göthe, Weilfagungen des Bakis
22. Beld-, Luft- und Ehrengeiz macht, daß die ganze Welt fo arm
Rt am Gedieg, und nichts von Heil behält. Logau, Sinnged. 1678,
Das Äinnverwandte rein f. ©. 844.
Gedeihen (der Infinitiv), gedeiblih; deihſam Cin der Volks⸗
ſprache). — Die Rechtsgelehrſamkeit hat bei uns u Gedeihen.
Duſch. Denn nicht iſt jener (Rath) gedeihlich. Voß, Ilias 9, 425.
Dick (ahd. dicchi, agf. dhic, dhicca, altſ. thicci, altn. thykr,
mhd. dicke) von vieler ſtarker Maſſe im Aeußern und Innern, in
Menge. Dicht (altn. theter, mhd. dihte ſ. S. 411) wird nur ge-
braucht von dem durch die ftarfe Maſſe herbeigeführten fehr nahen
(engen) Beifammenjein ihrer Theile. Davon verdicken (landfchaftlich
ah verdidern ahd. diken, mhd. dicken) und verdichten —
Die Herrn Generäle und Kommandanten, die ſich fo dick hier zufam-
menfanden. Schiller, Wallenfteins Lager 2, Gr kehret es DIE’) um.
1) Diefes dick, auch ded == oft (ahd. diccho, mhb. dicke) Kat in ber
Bolksfpeache erhalten: did, bed, bedmols, ! ——
952
Geiler, von Kaiſersberg. Im dick beichilften Bad. Eronegl Ru
geht’8 aufs Neue los durch Did und Dünn. Wieland, Oberon 2, 31.
Sn der athemlofen Bruft geichwellt, begann das dicke Blut zu ſtocken.
Daf. 5, 5%. Die dichte rabenichwuarze Hülle, die um den Himmel
liegt. Dat. 1,15. Eilt, eilt, fie find mir Dicht fchon an den Ferlen
: Schiller, Tel 1, 1. — Verdickt mein Blut. Shafefpeare, Macbeth
1, 5. Die Luft in der Röhre verdiderte fih. Hirzel. Der Regen
verdichtete fich immer mehr und mehr. Beder.
Diech (das, f. S. 697) Dickbein, Hüfte ift nun veraltet, um
noch hier und da in der Volksſprache gebraͤuchlich — Er ward duch
ein Diech geftochen. Aventinus Chronit 1580 BL. 84.
Anm. 1. Das ah. dihsmo, d&hsmo, mhb. deiseme, desme — Ganeiry
jr in dem Dafem der Bolfsfprache erhalten. -
Anm. 8. Dehel,. Deckel (mhd. döheme, dehtem, döchel) Rot che
Fütterung, namentlich der Schweine ˖ durch die Früchte der Eiche und Bude; ham
au —— das Recht, fie durch oder für die Schweine zu fammeln, gehan
vıeue erher.
Anm. 3. Mit großer Wahrfcheinlichfeit wird von mehreren Gelehrten (Griuz,
MWeigand, Schweizer u N.) zu gedeihen auch ahd. dekan, mbr. de
miltelnieberl. deghen — Degen, Kriegsheld gerechnet. Schirlig (Hama
progr. Stargard 1844) leitet Degen (Waffe, f. S. 151) unmittelbar aus tem
ital. dago, franz. dague = Dolch, und findet die Wurzel von Degen mt
Deich fel im engl. dig — bohren, graben und im gr. Irrasv fchärfen.
Anm. 4. Dem goth. theihs = Zelt, die fortfchreitende Zeit, von theihan
liegt nhd, Deichfel, ahd. dihsila, mhd. dihsel nahe; das Geräth fcheint hama
geheißen, daß an ihm der Wagen vorfchreitet und fortgezogen wird. Bgl. let
tempus — Zeit und temo — Deichſel, auch die Deichfel im Sternbild des Bas
gens, die fhon vor Fahrtaufenden wie heute als Stunvenzeiger am naͤchtlichen
Himmel galt, ü BI ;
Leihen. "
(Wurzel lih, lic; vol. Tat. linquere, liqui, lic- tum.)
Leibe, lieh, geliehen, leihen (ahd. lihu, I&h, liwumes, liwa-
ner, lihan; mhd. lihe, l&ch, lihen, gelihen, lihen; goth. leihvan,
agſ. lihan, Isenan, altn. leigia, lia) und das aus dem Subftantt
Leben (ahd. l&han, agf. lean, læn, altn. len, län, mhd. l&hen,
len) gebildete Tehnen (ahd. lehanôn, agf. lsenan, alt. lena, md.
löhnen, l&hen) find ihrem Begriffe. nach mit ihren Synonymen ©.
455. 576 erllärt. — Vielleicht bracht's Jemand als ein Pfand, und meint
Mutter lieh darauf. Göthe, Zauft 1, 143. Sie wollen und in die
Niederland’ leihen. Schiller, Wallenfteins Lager 11. Er leiht den
Feind fein Ohr. Schiller, Biccolomini 3, 1. Lord Burleigh leiht
dienftfertig dem Gerichte, dem er den Geift verlichn, nun auch den
Mund, Schiller, Maria Stuart 1, 7,
: 953
Anm. .Die älternhd, Yormen verliuwen, verluwen, verluhen find nach
®rimm I, 146 aus dem alten Bartic. verliwan entforungen. uch hat gut gar
aroz ern verluben. Berthold v. Reg. Die Formen finden Hi oft in mittelrbeis
nifchen Urkunden.
Ab— , au—, aus— (S. 455), be—, dBar—, ent-- ©. 455),
fort—, nach —, ver— (©. 455), zufammenleihen und (meift auch
— lehnen. — Einem einen Gedanken ableihen. Attifches Mufeum.
Einem zinslos liegende Gelder anleihen. Berlepſch. Ich achte
des ftattlichften Ritters dich werth, belichen mit Leuten und Landen.
Bürger. Ein Blick aus Shrer obern Gartenftube, mit der Sie, wie
ich höre, einen Philoſophen belieben haben, würde jept fehr erquid-
lich ſein. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 117. Berpfände meine fö-
niglihen Zölle und laß Dir Geld darleihn von den Lombarden.
Schiller, Jungfrau v. ©. 1, 2. Die Blumen aus der Geifterwelt
entlieben. Salis, Andenken an die Abwejenden. Ich fühle die Kraft
mit meinem Glück verliehn. Schiller, BPiccolomini 3, 8. — Die
Hauptzüge der Fabel find aus der neuen Heloije des Ruſſeau ent—
lehnt. Leffing, Hamb. Dramaturgie 8,
Anm. In Barticipalzufammenfegung fagt Voß: Nur die guttverlichne
(Habe) gedeiht wohl. . , j
Leider: An—, Aus —, Verleiher; Anleihe; Lehen, be-
lehnen. — Dem Leiher geht es wie dem Borger. Luther, Bibel-
überſ. Pf. 4. 2. Die Verleiher der Stühle und Gerüſte. Göthe,
röm. Carneval. Es follte fein Buch im Laufe des Jahres über die
Schwelle mir fommen, vom Bücherverleiher gefeudei. Götbe,
Eyifteln 2. Er folle das Geld als eine Anleihe behalten. G. 9.
v. Schubert, des Vaters Segen baut den Kinder Häuſer. Vom
Kaifer felbft und Reich trägft du dies Haus zu Lehn. Schiller, Tel’
2, 2. — Ich habe nody die Lehn zu empfangen und was dergleichen
Dinge mehr find. Göthe, Briefw. mit Schiller 5, 113. — Dieter fieß
ihn dann, nachdem er ernannt war, von der Kaiferin mit dem Königs.
bann belehnen. 3. Möſer, die weitph. Freigerichte.
Leibbank, — buch, —groichen, — haus, — kauf, — ſchein, —tag u. a.;
Serleihbuch, — recht, —tag; lehenbar, —bauer, —brief, — bürger,
—dienft, —erbe, —feld, — fiſcher, —frau, —geld, — gericht, —gro⸗
ſchen, —gut, — haft, — haͤuer, —herr, — herrſchaft, —hof, —knecht,
—mann, —pferd, —probft, — recht, —richter, —rührig, — ſchaft,
—ſchatz, —ſchein, — ſchulze, —ſtuͤck, — ſuchung, —tafel, —trägen
—waare, —weife, — zins; Lehensband, — bekenntniß, — buch, —ent-
ſetzung, — erbe, —eröffnung, —fähig, — fall, —fehler, —folge, —fol⸗
ger, —frevel, — gebrauch, —gebühr, — gefaͤlle, —gericht, —hand,
— herr, — hof, —pflicht, —richter, — ſache, — ſchein, —ſchuld, —treue,
—verbindung, —vererbung, — verfaſſung, — vertrag, —verwirfung,
—weſen u. a — Da er eine große Leihbibliothek fand. Goͤthe,
N
954
Meifters Lehrj. 4, 17. Zu fertigen den nemen Lehenobrief. Us
land, Herzog Ernft 1, 2. Ich bin Dir zugethan darch Lehenseid.
Daſ. 2. Wie nun ich dein einz’ger Rehensmann. Dal.
Aum. Lohn (5. 166 und 985) Laßt ſich nicht zu leihen rechmen.
Seihen (au feigen).
(Wurzel sih, sig.)
Seihe, fieh, gefiehen, feihen, auch nad) fchw. Ferm (ahd. sthu,
seh, sigum&s, siganer, sihan; mhd. sige, seic, sigen, gesigen,
sigen; altn. sia, agj. seon, engl. sew, holländ. ziggen, ſchweiz. sie-
nen, ſchwed. siga) 1) fallen, niederfallen: gewöhnlid 2), Zluifiges
durch Kleine Deffuungen durchgehen machen. Ab—, aus —, durch—
ſeihen. — Er ſeie (fieh) die Waſſer von den Wolfen. Dieten⸗
berger, Bibelüberf. (1571) 2. Könige 22, 12. Gleichwol müſſen von
diefem Waſſerkügelchen ... fih in 24 Stunden wicht mehr als 4 Ur
zen abſeihen. J. Baul, Hefperus 16.
Sichten (älternhd. au fechten, aus feihen) vermittell des Ei:bri
oder einer Wurffchaufel Täutern, fondernd läutern. Sieben (ven Sieb
abd. mhd. sip, agf. sife, nieberf. sef, seve, engl. sive) durch dae Sie
durchrütteln, wird wie fihten nur von Trodenem gefagt. — Da regte vie
Phantafle mir manches Bild, die Schäge der Erinnerung fichten», anf.
Goͤthe, Eugenie 4, 2. Daß er auch gelenkt und weich fe, wußt' ich feinen
Flache zu Fichten. Böthe, Fauſt 2, 34.
©eihe (ahd. siha, mhd. sihe f. S. 693). Seihblech, —braße,
—-faß, ford, —tuch. i
Seigen (ahd. sik(g)an, mhd. eigen, altf. agf. sigan, altı. sisa
— finfen, ſich niederwärts bewegen) und fiegen find veraltet. Der
pon verfiegen?’), ‚bei Zuther und Opib noch verfeigen = ul
Feuchtigkeit in die Tiefe vergehen; an Feuchtigkeit abnehmen, welde
ganz in die Ziefe vergeht, insbejondere nad) und nad); aus
an Feuchtigkeit aufhören, folche von fih zu geben, zu fließen, insbe⸗
fondere, wenn es nad und nad) gefchieht: Aus dem mbd. zeigers,
ahd. irseigren entwidelte fi) das nhd. feigern, fidern = in
faum merklich fleinen Zröpfchen duch eine feine Deffnung durch⸗
dringen und durchdringen laſſen. An —, durch —, ein —, der
ſickern. — Der Ströme Flut hat müſſen dir verſeigen. Opiß
Es wird ein Oſtwind kommen, der wird jre Quelle verſiegen
Luther, Bibelüberf. Hof. 18, 15. Gib jnen vnfruchtbare Leibe vnd
1) Diefes Berbum gieng früher nach Narfer Form. Bol. no: Welchen vie
Waſſerquelle verfiegen waren. Luther, Bibelüberf. Bf. 107, 33. Das haljem:
frant der Hold ift mehr ale Halb verftiegen. Lohenſteln. Diefer Brunnen nam
ab, bis auff den Mittag, da verfige er gar, Aventinus, Ghronif 1580 B. @6.
Nachdem das Reich gang erfiegen, kein Geld vorkauben wer. Daf. BI. 270
955
verfiegene Brüfte Daſ. 9, 14. Wie ein Strom verfieget vnd
vertrognet. Daſ. Hiob 14, 11. Da wolte mir für Angft der
Beine Mark verjeigen... das Blut iſt außgedorrt: das heiße Mard
verfiegen ... Hippofrene iſt verfogen (ausgetrodnet). Zleming,
©. 17. 441. 634 der Lübeder Ausgabe. Der Schnee, der nach und
sach zerjchmilzt, läßt die Quellen im Sommer nie verfiegen. Gellert.
Nun bog fih Der Regenbogen eines hellem Lebens über die ein-
ſickernde Sündflut berüber J. Paul, Siebenkäs 4
Bertrodnen (ahd. ar—, irtruch(k)anan, von troden, ahd. trucchan.
truchan, mh. trucken, agf. drig, dryg) durch Verbunften oder überhaupt
Bergehen fo abnehmen, daß (von der Feuchtigkeit) nichts mehr da if. Ver⸗
dorren (f. dürr und dorren ©. 414) aus Mangel au Nahrungsfeuchtig⸗
keit, Rabrungsfaft verberben. — Es war da ein Menfch, der hatte eine ver⸗
dorrete Hand. Luther, Bibeluberf. Marf. 3, 1.
Anm. 1. Rah Grimm gehört hierher auch feicht (uhd. sthie, allen:
seicht, seig) wo das Wafler einfidert und fchwindet und untief nur wenig über
dem Boden Reht, oder auch biefer fich zeigt.
Unm. 2%. Geiger (mhb. seigsere) gehört auch hierher, Das Wort bezeich-
nete früher die Bleimage der Maurer etc., fpäter den Stab, der mit dem Hammer
anf die Uhrglocke feylägt, um die Stunden anzuzeigen, |
Aum. 83. Siegen f. S. 2%, |
Aum. 4. Zu fiegen gehört auch ſogen, foden — niehertropfen, in Salz⸗
flevereien gebraudit. — 108 Ten, ;
Zeihen.
Wurzel zih, zig, tih, tik.)
Zeihe, zieh, gezichen, zeihen (ahd. zihu, zeh, zigumés, zi-
ganer, zihan; mhd. zihe, zech, zigen, gezigen, zihen ; got teihan
— fagen, verfündigen; vgl. gr. dalwwum — ich zeige, lat. dico — ich
fage) mit der Grundbedeutung fagen, verfündigen; dann etwas wor⸗
auf ausfagen, meift Uebles worauf, meift auf Jemanden ausfagen;
nhd. gewöhnlich Jemanden eine Beziehung zu Webelem beilegen, daß
ed von ihm herrühre, er ed begangen, daran Theil habe ꝛc. — Daß
jeder ihm ftaunend das Wunder zeih’ (erkläre). Eollin, K. Max
auf der Martinswand. Man zeihe fie verwegner Weberfchreitung der
amvertrauten Vollmacht, freventlicher Verhoͤhnung höchfter, Taiferlicher
Befehle. Schiller, Piccolomint 2, 2. Welcher Sünde zeiht did
dein Gewifien? Schiller, Maria Stuart 5, 7. (3) jeibe dich als
einen Beltverführer, einen Zaubrer. Shafefpeare, Othello 1, 3. Sagt,
was wollen die fih zeihnm!), wenn fie eigennügig jeyn? Logau 8,
2) Nach Leffings Bemerkung zu Logau foll ſich zeichen das Gegentheil
fein von fich verzeihen (Verzicht than) und alfo begehren, etwas haben
wollen ausvräden. Die Grunbbebeutung fagen (fich zufagen, für fi in Aus
ſpruch nehmen) dringt noch deutlich durch.
-
956
30. Was zeiht Achilles ſich, fih Neftor, feinen Hals zu jegen iu
den Stih? Opitz, Lob des Kriegsgottes 575.
Scärfer als zeiben ift bezichtigen (ſeltner bezichten, fälichlich,
aber gewöhnlich bezüchten, bezudtigen, (von ahd. piziht, mhb. beziht).
Befchuldigen f. S. 332. — Will nun folder verbotnen Thaten mid Ye
mand bezüchten, thu’ er’s mit reblichen, gültigen Zcugen. Göthe, Reiner
Fuchs 9, 112. Damit nicht ein Antrer etwa dieſes und jenes, von mir im
Stillen begangnen, unbekannten Berbrechens dereinſt bezüchtiget merk.
Daf. 4. 18. So tief, ald man bie Königin bezüchtigt, herab zu finfen,
toftet viel. Schiller, Don Karlus 3, 10.
Anm. Fehlerhaft fagt Stiller (Don Karlos): Ein Verbrechen, deſſen ih
Eie zeihte. .
Be—, ent—, verzeihen (S. 485. 487); Berzeiher, Verzeihung.
verzeihbar, verzeiblih; Zicht, Zichter find veraltet; die Imzicht
(ahd. mbd. die inziht — Anſchuldigung), der (richtiger, aber unge:
bräuchlicher die) Verzicht ımbd. die verziht — einhüßende Entja=
hung), verzichten (S. 4185). — Ch’ müf er feine Brüder des
falſchen Spield bezeihen. Leifing, Nathan d. W. 3, 7. Dem
niemand ift, der dieſen Balboa auch nur des ſchwächern Fehls noch
je bezeihte. Eollin. Sch entzeih auch (ſage lo8) mich genglich aller
rechten vnd artikel der rechten. Hug, Nhetorica Tübingen 1528 BL
83. Dije obgefchribuen entzeihung vnd aufgebung. Daj. 81. Se
lid) re vnd auffgab feiner vogtey. Dat 82. Und haben
darauff beid gebrüdern verzigen aller freyheiten. Daf. 82. Bea
viel Geld bat auszuleihen, muß der Freundichaft fi verzeiben;
denn der Zag zum Wiedergeben pflegt die Freundichaft aufzuheben.
Logau, Sinnged. 734. Verzeiht, euch wird verziehen. Götbe,
zahme Zenien IV. — Gott, Verzeiher der Sünde! SKlopftod, Mei-
fins 11, 830. Während diejes Fortleſens Verzeihung angedeihlu
laſſen. Klopſtock, Gelehrtenrepublik. — In diefer Zeit vielleicht ver—
eihbbar. Göthe, Campagne in Franfreih 30. Auguſt. Wie jelten
ab’ ich einen Schaufpieler verzeihliche und unverzeihliche Miß—
griffe, Durch die das innere Ohr fo fihnöde beleidigt wird, anerfennen
und ſich ihrer fchämen fehen! Göthe, Meifters Lehrj. 4, a — So I
er bei diefer Verzicht beharret. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Bir
thun gleich Verzicht auf das, was wir weggeben. Göthe, Meifters
Lehrj. 7, 3.
Die Synonymen von verzeihen und verzichten |. ©. 485. 487.
. gehe (ahd. die zeha, mhd. zehe, agf. tä, engl. toe, altn. 14,
überall weiblih, in der Volks-, zuweilen auch in der Schriftiprade
mäunlih, Tat. digitus Be) ift eigentlich Zeigeglied, Zeigefinger des
Fußes. — Und willſt Du deinen Zeh’, du Tropf, zum Herzen mas
hen. Shafefpeare König Lear 3, 3. Einſtens war des Zwergeföuigs
%
987
Majeftät hinaufgekommen, hatte auf des Rieſenkdnigs großem Zehe
Platz genommen. H. Neumann, die Rieſen und die Zwerge.
Inzichtgericht; Verzichtbrief, — eid, —leiſtung.
Zehn (Zahlwort, not taihun, ahd. zöhan, mhd. zehen, zen,
altſ. tein, agf. tyn, altfriej. tian, altn. tin, fchwed. tio, dän. ti, gr.
dtxe, lat. decem) als zeigende Zahl. Die Zehn als Subfl. lautet
goth. tigus, ahd. zie, unorgan. zuc, altn. tugr, mbd. zie, nhd. zig
(Big): zwanzig, Dreißig etc., gr. dexus (Gen. dexados), lat. decas
(Gen. decadis), Decade.
Zeigen (ahd. zeigjan, zeigön, zeigan, mhd. zeigen, agſ. tae-
con, niederf. tögen) ift mit feinen Synonymen S. 936 erklärt. —
Anf—, be—, durd—, er— (S. 937), ber—, berab-—,
heran —, berauf— , heraus —, berein—, herüber—, her—
unter —, hervor —, herzu- -„hin—, hinab —, hinan —, hin—
auf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hinun—
ter — hinweg —, hinzu —, nach —, vor—, voran —, vorbei—,
vorüber—, zurück gegen find klar, aber nicht alle gleich gebräuchlich. —
Als jener einen großen Krebs zwiichen Wurzeln hervorhofend ihn luftig auf =
zeigte. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 1%. Die Dankbarkeit, die fie
ihm bezeigte. Daf. 1, 5. So wolle er ſich gewiß erfenntlidh be—
zeigen. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 6. Er möchte nur die Wohl»
that, Die ich ihm erzeigt, auch wieder einem andern erweifen, ber
feiner gleihfals bedürfen könne. Daf. Sie erkletterte den Maft und
erzeigte-fih als ein kühner Matrofe ... (beſſer; einen fühnen Ma—
trofen). Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 7. Er zeigt nad, Daß ze.
Ungenannter bei Campe. Der Diener war gewohnt, die Fremden zu
unterhalten und manches im Haufe vorzuzeigen. Göthe, Meifters
BWanderj. 1, 6. ; Ä
Anzeigen 1) Jemanden etwas zu wiſſen thun, infofern ihm dies
zu Gejicht gebracht wird (f. S. 322); 2) Jemanden etwas zur Kennt-
niß bringen, mit dem Nebenbegriff, daß es mit Abficht geichehe; 3)
Merkmal von etwas fein. |
Anfagen (i. fogen ©. 73) Jemanden etwas mündlich zu wiffen thun.
Andeuten f. S, 322. Benachrichtigen (f. richten S. 197) wenn es
ale Nachricht zu wiffen gethan oder gegeben wird. Melden (ahb. mölden,
möldön, möldan,, mht. mölden, agf. meldian, dän. melde, moelde) allg.
zur Keuntniß übergeben, ohne eine beflimmte Berfon zu bezeichnen, der etwas
zur Kenntniß übergeben wird. Anmelden — infofern dies an Jemanden
gefchieht. Bekannt machen = allg. etwas zur Kenntniß bringen. Er⸗
öffnen (ahb. aroffandn, von öffnen, ahd. offanjan, offanön, ofindn,
mb. offen, von offen, ahd. ofan, offan, mhÄb. offen, altn. opiun, das ge
‚ bliebene ftarfe Partic. Präter. von dem verlornen Verbum iupan; dazu auf,
goth. iup, Adv. in die Höhe, uf Präpof., abe. uf, mhd. üf, ouf, altſ. agf.
engl. up, dän. op) dasjenige, was verfchloffen, verborgen, nicht gejagt war,
958
zur Kenntnlß bringen, und zwar geradezu, ohne Umflände zu machen, mit dem Reben
begriff des Vertrauens, der Tranligfeit. Dffenbaren (f. offenbar ©. 838)
hebt hervor, das dasjenige, was man zur Kenntniß bringt, in feinem ganzen Umfunge
volls Händig zur Kenntnig gebracht werde, namentlich wenn man durchaus nicht zu
diefer Kenntniß gelangen konnte, die Berborgenheit des Gegenſtandes ſchwer
zu durchdringen war. Entveden f. © 11. Berrathen (f. rathen)
infofern das Entveden einer Sache, die geheim bleiben follte, in böfer Abit
gefchieht oder in flrafbarer Weiſe, nur von denen gebraucht, Die des Geheim
niffes theilhaftig find. Die andern Syn. f. ©. 322. — Sagt as, mein
Ritter werth! Wer bat Buch ſolche Streich’ gelehrt? Uhland, ſchwäbiſche
Kunde. Bald nachher wurde Lucindens Morgenandacht von Sulien halb
nedif$ angedeutet. Gothe, Meiſters Wanterj. 1, 8. in weitläufige
Gdiet, das uns von dem Bevorſtehenden benach richtigte. Göthe, Leber 5
DB. Würden die jungen Leute, wie zu boffen, bald einig, fo ſollte man's
melden. Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1, 8. Als der Wirth hereintrat und
einen Sarfenfpielee anmeldete. Göthe, Meiſtees Lehrj. 3, 11. Ih ach
ſogleich, ihm folches anzumelden. Shakſpeare, 8. Richard II. 3, 7. Um
wie fol ich vor ihn treten, es ihm eröffnen, dem gut, lieben Bat?
Böthe, Meiſters Wanderj. 1, 8. Daß ein Gott da Proben fei, der ſich in
Eltern, Lehrern, Borgefepten abbilde und offenbart. Daf. 31. Mir ents
deckt's fein eigner Mund. Schiller, Piccolomini 1, 3. Das Illo tranfem
Muth hat dir’! verrathen. Dal. 5, 1.
Zeiger (ahd. zeigäri, mhd. zeiger — Anzeiger, Zeigefinger),
Sn, Borzeigerz Anzeige, Anzeigung, Pingerzeig; gzeigder,
iglid. — Der Zeiger bat vollbracht den Lauf. Schiller, Die Kin⸗
esmörderin. Welch ein glüdliches National = Apercü wur nicht der
Reichsanzeiger! Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 326. Wan wollte
ihn zu feiner Anzeige eines andern Stüdes laſſen. Göthe, Meiſters
Lehr. 5, 1% Der weißbefläubte Stod follte eme Hauptanzeige
eben. Daf. 3, 9, Auf ihren Fingerzeig kommt Alles an. Gäthe,
higenie 4, 2,
Geiger (f. ©. 955) bebeutet das flabartige Werkzeug an ber Uhr, pa
Angabe der Zahl der Zeittheilchen als Hammerflab an der Schlaguhr und fickt
dann für die Schlagubr ſelbſt. — Bis der Seiger zwölfe fchlägt.
Zeigebant, — ſtein —tafel, —tiſch, u. a; Zeigermnstel,
—flange, — uhr, wert; Anzeigeamt, —beweis, —blatt, — weile. —
er richtete den Zeigefinger. Göthe, Amor als Landſchafts⸗
maler.
Anm. 1. Ob Zeich en, zeichnen (ſ. S. 200 rt, iſt zwei
chen iſt goth. taikns, in. velhhan, ——— ee —
tacn, altn. takn, teikn, lat. signum. Pott loſt signum auf in si-gnum zu
fanffr. jna = gnoscere — erkennen. Seihnen, aus zeihenen geth.
täiknjan, ahd. zeihhanjan, zeichanjan, zeihhandp, agf. tzeknjan, altn, teikns,
mbd. zeichen. Daher Zeichenlehrer, Zeihenfhule, falſch Zeichnen:
lehrer, Zeihnenfhule, wie Schreiblehrer, nicht Schreibenlehrer.
959
- nm. 9. Bu zeiben gehört nah Grimm IE, 336 vielleicht auch Zeit, z
(die Anfıgung, indictio), ahd. zit für zid aus zthad, ubb. zit, alt. agf. altn. id.
Sieden. !)
(Wurzel sud; vgl. ſanſtr. sadh — reinigen.)
Siede, fott, gefotten, fieden (ahd. siudu, söt, sutum&s, sota-
ner, siudan, siodan; wmhd. siude, söt, suten, gesoten, sieden;
agi. seädhan, altn. sioda, engl. seeth, ſchwed. sjuda, holländ. zieden)
1) allgemein fprudelnd aufwallen (vgl, agſ. seadh, mhd. söt.—
Brunnen); 2) im Bejondern durch Hige in wallender a fein,
auch fig. auf innerlich wallende, leidenfchaftliche Bewegung des Men-
hen angewandt; 3) in einer durch Hige aufwallenden Alüffigfeit erwei⸗
chen und zubereiten, und zwar durch einfaches Entziehen des rohen
Zuſtandes in einer erhitzten Flüſſigkeit. — Und es wallet und ſiedet
und brauſet und ziſcht. Schiller, der Taucher. Er macht, das das
tiefffe Meer ſeudet wie ein töffen (Topf). Luther, Bibelüberſ. Hiob
41, 21. Noch ſiedet das Blut mir im Leibe. Goͤthe, der Müllerin
Neue. Es kocht das inn’re Mark, die nr Begier der Rache
ſiedet jchäumend in der Bruſt. Göthe, Taſſo 2 3. Gefotten oder
gebraten! Er iſt aus Feuer gerathben. Göthe, fprichwörtlid. Bier
auß Gerften fieden. Aventinus, Ehronit 1580. BL 26,
Kochen |. &. 104. |
Ab— , an—, auf —, aus—, durch —, ein —, nt—, nach —
über—, um—, verfieden find klar, aber nicht alle gleich gebräuchlich.
— Außerdem efjen fie auch noch Früchte und grüne Bohnen, die fie
im Waſſer abfieden und mit Knoblauch und Del anmachen. Göthe,
ital. Reife 14. Sept. 1786. Sie (die Zeuerquelle) fiedet auf vom
tiefften Schlund. Göthe, Fauſt 2, 59. Der entfeßfihe Fraß ift blu-
tiges Menfchenfleifh, Das Getränf auffiedende Thränen. Voß, Die
Reibeignen 156. Es brauft’ ausfiedend der Kefiel. Voß, Luife 1,
332. Lebt werd Libya erft nah ausgefottener Näffe trockener
Sand. Voß. Suppe kocht und fiedet ein. Göthe, offene Tafel.
Dunſtendes Ba eig das geborftenem Boden entfiedet.
Voß. Wie ein heis Waſſer vom befftigen Fewr verjeudet. Luther,
Bibelüberf. Zel. 64, &
Anm. Die Barticipien gefatten noch andere Zufammenfepungen, 3. B.
Hierauf reichte uns diefer die weingefottnen Forellen, Boß, der Abendſchmaus 126.
Sieder, Siede, Siedung, fiedig, fiedenig — fehr, heiß find ver
altet; Sod und Sud (ahd. kisod, mhd. söt) 1) der Zuftand, da
3) Mit dieſem Verbum begiunt die Ablautsform ie (ü, au), o und 6, o und
d. — Früher konnten viele Verba diefer Ablautsform das te in der Flexion tn
eu verwandelt, Heute iſt der Gebrauch befchränfter, wie aus ben bei den einzelnen
dormen angeführten Beifpielen erhelli. '
900
ein Körper fiedet; 23) fo viel als auf einmal gefotten wird; 3) Brühe,
welche man hat fleden laffen; Daher Suder, Sudder — Zahl:
brübe; 4) für Sodbrennen Ab—, Borfud. — Johann, de
muntre Seifenfieder Hagedorn. Geußt Söder auf und Gar
daran. Logau 2, 84. Es heißt, ich lag’ im Sode und wäre widt
gewandt. Günther. ES brennt mi der Sat. Voc. v. 1618. Se
viel es deſſen ſich entlud, fteht es noch immerfort im Sud. To
mel. Wallt wieder auf in Gluth und Sud. Göthe, Fauſt 2, 9.
Siedebank, —bottih, —faß, — grad, —hitze, —hütte, —kaſten,
—feffel, —korb, —funft, — lade, —ofen, —pfanne, — punkt, —ſchale,
— fchneide, — woheu.a.; Anfiedefcherbe, —tiegel; Sodbord, — brennen,
—bret, --brunnen, —dede, —diftel, —eimer, — graben, — bir,
—fraut, —ruthe, — ſchling, — ſchote, — ſchwengel, —ftuhl, — waſſer;
Sodendeich, — führer, — gruft, —Ipittung, —ftecher. — Als ob mu
mid mit ſiedheißem Wafler begofjen hätte. Göthe, Meiſters Lebij
. Sn dem Siedequalm des Hintergrundes ſeh' ich die Flammen⸗
fladt in ewiger Gluth. Göthe, Fauſt 2, 334. Noch mehr Sob-
brennen und Säure fammelte fih in Viktors Herzen. 3. Paul,
Heſperus 5. Er flieht auf großen Anfiedfherben Rubu ww
Amethuft. Alzinger, Doolin 6, 50.
Sudeln (f. S. 844); ab —, be, verfudeln; Sudler, Sue
Iung. Sudelei, fudelig, fudelhaft. — Wer ift der Thor, der zugiedt,
daß man, um Theile herauszufchmüden, ihm ein Ganzes verjudle?
Kolbe. Mit bIutbefudelter Rüſtung. Voß. — Ein Ber, ds
ftatt feiner Kupferftihe Sudelei liefert. Ungenannter bei Game.
Sudelkoch, —magd, —mahler, —papier, —wälche, —wer. —
Und ſchafft die Sudellöhherei wol dreißig Jahre mir vom Lei?
Göthe, Fauft 1, 119.
Schliefen.
(Wurzel slup, sluf.)
Schliefe, ſchloff, gefchloffen, fchliefen (ahd. sliufu, slacf,
slufum&s, slofaner, sliufan und sliofan; mhd. sliufe, slouf, sluffen,
gesloffen, sliefen) ſich gleichfam gleitend Durch oder in einem Ranmt
oder aus demfelben — iſt allmälig immer mehr außer Gebrauch
gefommen und dem verftärkten fchlüpfen (ahd. sluphan, sinpfas,
sluphen, mhd. slupfen, slipfen, alt. sloppen, slupjan) gewichen
Schlaufen (ahd. slouphen, slaufan, mhd. sloufen, agf. slepano,
slefan — anziehen, fchleifen machen) ganz felten. aB_. auf-ı
aus—, durch —, ein—, ent—, ber—, herab —, heran,
berauf—, heraus—, herein —, herüber —, herum —, her:
unter—, berzu—, bin—, binab—, binan—, hinauf-
binaus—, bindurh—, hinein—, hinüber—, hinunter— hir
|
961
veg—, binzu—, nah —, nieder—, unter—, ver—,
)or—, vorbei--, borüber—, weg—, zurüdidhlüpfen —
Ir ſchlieffen auß der jchalen. Bi Gargantua S. 79. Auf
vn Ep gefhloffen. Daf. 390. elche im Frühjahr ausſchlie—
en und ſich im Mai verpuppen. Oken, Beſchreib. der Ameiſen. (So
jenaunt) nach dem im Neſt ausgeſchlofnen jungen Vogel. Grimm,
Beichichte der deutſchen Sprache ©. 24. Der alle Häufer aus—
ch loff (durchſuchte). Aventinus, Chronik 1580 Bl. 182%. — Ihr
nüßt unten durchſchliefen ... Nun ſchloffen fie dem Thore
‚inein. Grimm, Karls Heimkehr aus Ungerland. Ich will mich in
ie Heck verſchlieffen. H. Sachs. Es it daſſelbe Hoſenbein, das
ener abgeſtraufet am Abend hat, in das hinein am Morgen dieſer
hlaufet (ſchliefet). Rückert, geſammelte Gedichte 5, 417. —
Man erblickt keinen Vogel, kein Thier, als das eilend nach
inem Schutzorte ſchlüpft. Göthe, Egmont 4. Sobald die Mauls
veerbänme genngſames Laub zeigten, ließ man fle (die Seiden⸗
virmer) ausjchlüpfen Göthe, Xeben 4 B. Zwiſchen der Ges
ahr und dem, der fid) Davor fürchtet, durchzuſchlüpfen. Göthe,
om. Carneval. Es entfliegt die Auſoner Cornele (Wurfjpieß) rafch
yurcy die wehende Luft, und dem Schlund' einfchlüpfend, durch
übrt fie tief ihm die Bruſt. Voß, Aeneis 8, 698. Laß Egmont mit
sen feinigen, mit jo welen entjchlüpfen. Göthe, Egmont 4. Und
ie entichlüpfte dem Arm. Voß, Luiſe 1, 373. Willſt du eines
iberhupfen, wird das andre dir entichlupfen!). Nüdert, gel. Ger
Yichte 6, 276. Sie ſchlüpfen her nud bunte Zephyrs ſchlüpfen
rad. K. A. Schmidt. Daß die Stimme &. darüber hinſchlüpft.
teifing, Hamburg. Dramaturgie 8. Denn ſieh nur Beatrice, wie ein
Riebig, ſchlüpft Dicht am Boden bin, uns zu belaufchen. Shake—
peare, viel Lärmen um nichts 3, 1. Wenn c8 nım einmal geglüdt
var (in den Kaiſerſaal) hineinzufhlüpfen. Göthe, Leben 1. B.
Den Kolibri fümmern alle Quftballen und Wolkenwogen wenig, fo lange
t jo leicht unterſchlüpfen fann als jegt. Benzel-Sternau. Un⸗
nerklich ſchlüpfte jo die Winterzeit vorbei. Wieland. Daß in
er Enge des Weges id vorbeiſchlüpf'. Voß, Ilias 23, 416,
Sben wollt' ih ihm vorüberſchlüpfen, als er erwachte. Koſegar⸗
en. Indem fie (die Zeit) unbemerkt vorüberſchlüpft. Benzel⸗
Sternau. «Vielleicht kann ich) dabei mit einem kleinen Eingang über
ie Auslegung des erften (Maͤhrchens) wegſchlüpfen. Goͤthe, Brief
vechjel mit Schiller 1, 2772.. Die Schlange fohlüpft in dus Ges
weige ſcheu zurüd. Uhland, H. Ernſt 1, 3.
Die Syn. ſchleichen, entkommen 1. |. S. 32. 864.
8) Auch 1, 293 reimt Rüdert entfchlupfen auf zupfen.
. &
r
902
Schlüpfer, (ahd. sliufäri, slophäri, mhd. slupfer) ; der SchIupf
(ahd. sluph, mhd. slupf) au Schluff; Schlaufe f. S. 12; die
Schluft (mhd. sluft) und die wol daraus durch niederdeutichen Eins
fluß gebildete Zorım Schlucht — ſchmale, zwiſchen Erdhöhen durch⸗
gehende Tiefe; ſchlüpferig (ahd. slefur, slöffer, mbd. sleffer, sle-
pfer, alt. sleipr) = wo man leicht fchliefen, jeblüpfen, gleiten kam.
— Ale Schlüpff erjuchen. Voc. v. 1618. ud ſchützt vor Bey
und Schuß feir Schluf des Moors und Waldes. Voß, Junker Koıd
19. Daß wir unjerm alten Bürgermeiiter endlich wieder einen Uns
terichluf und einen warnen Bilfen gönnen. Nagel, Bürgeranfruße
zu Landshut 27. Den armen vertriebenen Piemontejern Unterichlauf
und Herberg zu ſuchen. Bluntjchli. Die Burger jugten jm hilff, bey⸗
ftand und vnderjchlauff zu S. Miünfter, Cosmographia 154.
©. 405. Dahero fie denn diefen Unterſchlief (Schlupfwinkel) uns
terfucht. Lohenſtein, Anmerf. zu Sophonisbe V. 323. — Nur die
„Schluft, die auch das Raubthier birgt, war und Herberge. Uhland,
Herzog Emit +, 1. In Abgrundsjhlüften, wo fie fchliefen,
(wurden) Die Seegethiere aufgeregt. Tieck. Es zeigte ſich durch
Schluchten und Bergrücken eine ſchöne Anoſicht. Göthe. In gebüſch⸗
umhüllender Bergſchlucht. Pyrker, Rudolph6. Das Auge voll ron
jenen abſchießenden graulichen Gebirgsſchluchten. Göthe, St. Ro—
chusfeſt. — Sp ſchmal (iſt der Grund) nicht, aber ſchlüpferig.
—— Egmont 2. Das Glück iſt gar ſchlüpfferig. Aventinus
ronik. |
Schlupffliege, —hafen, —käfer, — könig, —loch, —pforte, —thor
u. a. — Ich habe es ingeffen auch bei andern Schmetterlingen und
auch bei Schlupfweipen bemerkt. Göthe, Briefw. mit Scyifler 2,
179. Weil fie Schiupfwinfel bilden. Göthe, Egmont 4.
Unterfcbleif !) = heimlich bösliche Bevortbeilung des Audern au
nt; (veraltet) Ort des Unterfchliefend. — Jeder Unterſchleif iſ
uns imerräglih. Göthe, Meiſters Lehrj. 7,6. Ohn vnderſchleiff
vnd zelt. Fr. v. Spee. —
Betrug (ahd. getröog, kitrok, mhd. getroc ſ. trügen) abergrup
Täuſchung zu Iemandes oder eignem Nuchtheil oder Schaden. — Bir Hütten
den Betrug uns fünnen fvaren. Schiller, Ricenlomini 4, 8.
‚Anm. 3u fchliefen gehören noch: Schlippe — enger Naum zwiſchen
zwei Häuſern; (fchweiz.) Schlufi = Oberkleid, Kittel; Sclieffer = Nuf.
3) Unterfchleif fcheint nah Weigand einerfeits verderbt ans unter:
fhleichen = heimlid weg und wohin bringen; andererfeit6 gehört es offenbar
mehr pi dem aus ſchliefen gebildeten fchläufen — ſchliefen machen, un» id
nur mit ſchleichen vermiſcht. Joſua Mauler fagt noch: Sich auf einem Handel
Schlön ffen vud ab jm ſüchtten = ſich von irgend einem Thun losmachen. Wr
ternbd. if voderschleuffen = heimlich unterfchriehen, Aus Unterſchlaf, Uns:
terfhlauf, Unterfhlief — geheimer und fiherer Aufenthalt bat ſtch dat
| ah. Unterfcpleif hervorgebildit..
-
DR
%
Schliffel (Schlüffel) fol nach Campe von ſchleifen fonmen. Schmeller
3, 438 if ungewiß, ob das erſt im 17. Jahrh. nachweiebare Wort zu ſchleifen
oder ſchliefen gehört, möchle es jedoch wegen der niederrheiniſchen Form Schlüfs
fel und der ſchweizeriſchen Schluffi lieber zu ſchliefen ziehen. Ihm ſtimmt
Weigand Nr. 2020 Ann. bei.
Triefen.
(Wurzel truf.)
Triefe, troff, getroffen, triefen (ahd. triufu, trouf, trufumds,
trofaner, triuſau und trioſan; mhd. triufe, trouf, truffen, getroffen,
triefen; altj. agj. driopan, altn. driupa, engl. drip, drop) allgem.
flüſſig niederfallen; Flüſſigkeit niederfallen laſſen oder auch niederfällen
machen. Bon triefen iſt das feltene triefelu gebildet: Im Sinne
von triefen fteht das ſchwachbiegende, zunächſt von Traufe gebil-
dete träufen, -landichaftlih auch traufen, trauffen, träupfen
(ahd. troufan, mhd. froufen). Davon fommt träufeln, ein veröfe
terndes PVerkleinerungswort, um die Menge niederfallender Heiner
Flüſſigkeitskügelchen zu bezeichnen. Tropfen (ahd. trophön, mhD.
tropfen, agf. dropjan, von der Tropfen ahd. trofo, tropho, tropfo,
mhd. tropfe, altj. dropo, agſ. dropa), landſchaftlich auch tropfen,
tropezen (ahd. trofkph)azjan, troffiph)azön, mhd. tropfezen,
agſ. droppetan) und tröpfeln (von mhd. Das tröpfel = Tröpfe
hen) bezeichnen nur ein Niederfallen nnd Niederfallenlaffen oder auch
Niederfallenmachen von Zlüjfigkeitsfügelchen, und find unterfchieden wie
träufen-und träufeln. — Der Negen troff nicht mehr auff Er⸗
deu. Luther, Bibelüberf. 2. Mof. 9, 33. Noch war, was ihn um—⸗
gab, naß und triefend. Göthe, Wahlv. 2, 10. Wo Blum’ und
Blatt von Zitterperle triefen. Göthe, Fauſt 2, 6. Honig trieft
bom ausgehöhlten Stamm: Dal. 2, 225. Weſſen Wunden troffen
auf dieſem Hügel des Todes? Klopſtock, Meifins 13, 253. Die
Berge triefen mit füßen Wein. Luther, Bibelüberſ. Joel 3, 18,
Hier trieft das Thal... vom Ueberfluffe des Segens. Klopſtock,
Meifins 3, 600, Der Erweis, der von Folgen"triefet. Klopftod,
der Rheinwein. — Daß fie defto mehrer eingejpiehen und angetries
felt haben. Simpliciſſimus 6,2. — Daß Blnt auf Golgatha fräufte.
Klopſtock, Meſſias. Am Fuß der himmliſchen Eeder, die hoch und er⸗
haben jtand und mit leiſem Geräuſch von dem ftillen waldigen Wipfel
Schlummer und Thau auf die Ruhenden träufte. Daſ. 3, 529.
Ales.träunfte von. Güte und Segen, Herder. — Thun die Himmel
fid) auf und reguen, jo träufelt das Waſſer über Felſen und Gras.
Söthe, Weiſſagungen des Balis 17. Ihr Wolken ſenkt euch aus der
Höh und traufelt Balſam anf Die Wälder. Gryphius. Es wälzen
fid nah bei der Pforte die Felſen unabſehlich hinab, durch tzAur
felndes Feuer geſpaltet. Klopfiod, Meſſias 9, 759. — Selbſt am
61°
964
ärtlichften Reh tropft noch die blutende Wunde. Jachariä. Hör
iöteänmend der Winde Geriuih und des tropfenden Wegen.
"Voß, Luife 1, 496. — So auch dir, Patroflos, entrinnt das trö-
pfelnde Thränlein. Voß, Ilias 16, 11.
Anm. Brüber ſteht Tropfen auch im Einne von Schlag, z. B. Sram
gefchluaen von dem tropfen oder flag. 4. Bibelüberf. (1470-73) 1 Da. 9,
55. Tietenberger (1571) daſelbſt: Do flug der Tropf.
Ab—, an—, anf—, aus —, be—, dur —, ein—, ent —, ber—,
berab—, heraus —, herein —, bernieder—, berüber —, herunter —,
hin —, hinab —, hinein —, binüber—, hinunter —, nah —, nieder —,
über—, um—, ver—, 3u—, zurück—, zuſammentriefen, — tränfen,
—träufeln, —tropfen, —tröpfeln find klar, aber nicht alle gleich
ebräuchlih. — Daß ihr das Bier die platte Bruft betriefet. Shake⸗
peare, Sommernadtstraum 2, 1. Hier enttroff das glänzende Naß
dem Vließe der Laͤmmer. Pyrker, Mojes 1. Wie alsbald an der
Lanze dein ſchwarzes Blut mir berabtrieft. Voß, Ilias 1, 38
Schnell wird dunkeles Blut an unſerem Speer ibm herunter trie:
fen. Boß, Odyſſee 16, 441. Blut, das niedertroff aus der
Wunde Voß, Ilias 5, 870. Laß die (von Schnee und Regen na
gewordenen) jporen vertrieffen, das ift, verzeuch ein weyl. Agtis
cola, Sprihw. 440. — Wie auf die Rojen hell aus des Mergens
Hund der Thau ‚herabtränft. Klopitod, Wingelf 3. Und zitternd
träuft vom Knauf bis zum Portale der Silberſtrom berwieder.
Redwitz, Amaranth. Mein Unglück träuft auf ſie herunter. Görke,
Meiſters Wanderj. 2, 5. Uud fteigt nicht mit jedem Tropfen der Jeit
mehr, der in das Meer binträuft der Beraangenbeit, eines Gebemen
Weinen gen Himntel empor. Klopftod, Meſſias 13, 678. Allein ihe
Del verträuft wie Waller aus dem Siebe. Kohenftein. — Tu
nennft du unnütz, wenn von deinem Weſen auf Taujende herab ein
Balſam träufelt? Göthe, Iphigenie 1, 2. Blutige Tropfen herab
und träufelt’ er auf das Gefilde. Voß, Ilias 16, 160. Das
(Blut) von meinen Zritten herniedertranfelnd meinen Pfad ke:
zeichnet. Göthe, Iphigenie 2, 1. — Daß du heute deine Tinktur fir
nediegenes Geld austropfef. ©. PB. Sturz, über ein Paar alte
Münzen. (Der Eimer) war immer in zwei Tagen wieder andgt:
tropft. 3. Paul, Siebenfüis 6. Damit er die Atlasweite nicht be⸗
tropft. 3% Raul, Titan 6. Nicht fern davon enttropft der Matter
Auge ein werdender Smaragd. Alxinger, Doolin 6, Fl. Oder es
tropften in's Gras blänlihe Pflaumen herab. Sulis, Elegie u
die Ruhe. In eine fchwarze Hölle voll hinuntertropfenden
Giftes. 3. Paul, Neujahrsnacht eines verdorbenen Zünglings. Te
Rachen, der mit Zähnen voll geitopft, grüngelben Geifer nieder-
tropft. Aging, Doolin 3, 10. O jeßt möchte ich, fagte Theodor,
mein Blut in diefes Morgenroth vertropfen laſſen für did. J
965
.
Paul. Lehnten ihn (den ins Waſſer Gefullenen) an die Sonne hin,
ließen wieder vertropfen thn. Hand Sachs. — Man foll dem Krams
fen von dieſem Tränukchen ftündlih zwanzig Tropfen abtröpfeln.
Campe. Ich tröpfelte mein Blut für Drachmen aus. Shake—
ipeare, J. Cäſar 4, 3. Mancher bat jchon alle Kraft feines Geiftes
n feinen Schriften ansgetröpfelt. Zimmermann Die Flügel,
die vom Thau befeuchtet und fo betröpfelt waren. Hagedorn. Und’
der Wandernden Stim euttröpfelten Perlen der Mattheit. Bag-
zeien. Kurz vor dem Eſſen ... ſchlang er einem halben Strom Kuft
n die Brut und jagte, ihn langſam herauströpfelnd. J Paul,
Siebeufis 5. Dieſer mußte ihm alſo im Gehen feinen Rednerflug
zutröpfelu. % Paul, Hejperns 2. ne
Anm. Die Barticivien geftatten noch andere Zufammenfekungen, 4. B. Daß:
ser erhobenen Bauft Kluttriefend der Degen entſchlupfte. Pyrker, Tunifias 9.
Inter des Beuertriefenden Armen. Ediller, Semele 1. Daß wir dein Fer
und unfer Feſt unter des fegentriefenden Friedens befchattenrem Fittige feiern !
Klepftock, das neue Jahrhundert. Und bept das Reh durch blutbetriefte Mege
Dugerorn. Tiefe ſchweißbetriefte Cile. Shuafefreare, Hamlet 1, 1. Nuf
ihweißbetränften Rofien. Uhland, H. Ernit 8, Dur das thaubeträufte
Feld. Sulis, legter Wunſch. er
Trief ift veraltet; gebräuchlich ift das gfeichbedeutende Tranfe
‘abd. das trouf, die trouphi, mhd. ‚das trouf, die troufe) das von
einer Höhe berabtränfelnde Wafler; der Ort anf der Erde, auf
relchen dus vom Dache tropfende Waffer füllt; die Dachrinne, welde .
338 von dem Dache rinnende Waſſer auffängt und ausgießet. Zrie-
ig; Tropfen (1. ©. 963); Tropf (S. 385); Geträufel, Ge-
:röpfel. — Nicht einmal die Sperlinge dürfen an feiner Dach—
traufe bauen. Shakeſpeare, Maß für Maß 3, 2. Naßtrieffig.
Fiſchärt, Gargantua S. 87. Ich habe: feinen Blutstropfen in mir,
‘er nicht euer wäre. Göthe, Götz von Berlihingen 4. Die Honige
tropfen der Freude J. Panl. Daß doch Die Wetterwolfe nur
Blagtropfen, und feine Schlogen auf fie warf. 3. Puul, Titan
13. Regentropfen vereinigen fih gerne zu Strömen. Göthe,
Wahlv. 1, 4. Meine Wonne ... will ji verbernen n Schmer—
‚enstropfen. Shakeſpeare, Macbeth 1, 4. Wo dieſe Segentro—
Ifen fließen, muß alles wachen und eriprießen. Drollinger. Wie
riejge Thanestropfen im Morgenjonnenftrabl. Redwig, Amaranth.
Ind heiße, ſchwere Thränentropfen hingen in meinen Aug. Sciler,
Don Karlos 1, 2. Sie theilt mit mir den Todestropfen. Göthe,
Egmont 5. Der fallende Waijertropfen it rund. Göthe, Wahlv.
1, 4 Bundertropfen führie er jederzeit bei ſich. Göthe, Meiſt.
Banderj. 3, 5. — Durch faltes Geträufel. Matthiſſon, Alpenreife.
Daß mir Getröpfel fhon um Gehörn und Ohren und ringe
ın den Zotten herabtrieft. - Voß, der bezauberte Teufel,
Zriefauge, — naſe, — naſig u. a.; Trauffaß, —recht, —rinne,
968
—röhre, —fohle, —waffer, — wein u. a.; Träufelbütte; Trtopf⸗
bat, — bar, —durflüifig, —bernftein, —faß, —glas, — hab,
—harz, —kaſten, —kraut, —fübel, — kufe, —narzifienlilie, — naſe,
— naſig, — pfanne, —regen, —rinne, — ſchwefel, — ſtein, — tro—
—pitriol, —wein, —wurz, —zapfen, —zinn u. a.; Abtropfbaunk,
—pfanne, —trog; Tropfenfall u. a. — Wer weiß, wen der trief⸗
äugige Schuft geichn. H v. Kleilt, der zerbrochene Krug 1. Trief⸗
nät ig. Fiſchart, Gargantua ©. 155. Trieffnaß ald die getaufften
Meuß. H. Sachs. Sie kamen im ftärfiten Plaßregen und waren
traufnaß. Kofegarten. — Im Tropfbad des Zhaues. 3. Baul,
Heſperus 9. Erquidender Ihau beleuchtete im Tropffeuer die
Blätter» und Blütenwelt. Benzel-Sternau. Wie tropfit du und bi
fogar tropfnaß. H. Sachs. Das Zropfenei aus Mecresgrund.
Göthe, Fauft 2, 215. Wie den flarren Reif der heiße Südwind leicht
bewältigt und in Tropfenform ihn ftrdömen läßt von überfromen
Dächern. Platen, Abbaifiden 6. Wer nicht vor der Revolution ein
Revolutionäre war ... der fpreizte ſich mit feiner Tropfenbaftig-
feit nicht breit unter feiner Hausthüre aus. J. Paul. Berfprigen
will ich für ihn, für diefen Wallenftein, mein Blut, das lebte meines
Herzens, tropfenweife. Schiller, Piccolomini 1, 4.
Saufen.
(Wurzel suf.)
Eaufe, foff, gefoffen, faufen (ahd. shfu, souf, sufumda, ao-
faner, süfan; mbd. süfe, souf, suffen, gesoffen, süfen; agſ. supan,
altn. sypa, ichwed. supa, holländ. soepen, suypen) früher in $läi-
figleit zum Verderben untergehen, ſchlürfen; dann in niedriger Weiſe
Flufftgfeit vermittelft der Mundöffnung in ſich ziehen (von den Thieren);
von den Menſchen: im niedriger, thierifcher Weile, unmaͤßig Fluſſigkeü
vermittelft der Mundöffnung zu fid nehmen; (veraltet) auch vom Ta-
bafrauchen gebraucht, wie trinken. — Bis der Lewe das blut der
Erſchlagenen fauffe. Luther, Bibelüberf. 4 Moſes 3, 24. Cm
Menſch, der vnrecht feufft wie wafler. Dal. Hiob 16, 16. Ey,
das muß immer faufen und frefien.. Schiller, Walleniteins Lager 2,
Mit offener Bruft fingt Runde, ſauft und ſchreit. Göthe, Kauft 1,
— etliche noch Tubac ſauffen. Phil. von Sittewald 6.
eſicht. | |
Trinken |. S. 299- Zechen (mhd. zöchen = zufammenfügen, orbuen,
Geld zufammenlegen, um Wein zu kaufen; ahd. zehda — zufanmenfügen
orbnen; mhd. zöche = Einrichtung, Ankalt; Reihe, iu welcher etwas bes
Einzelnen trifft 2); zufammengelegtes Geld zum gemeinfhaftlihden Weintrinken;
1) Daher älternhd. umb die zeche — ber Reihe nad, unfer um ig:
Cie DD———
987
Sie allo vereinten Berfonen, ihr Zuſammenſein in dieſer Weiſe) auf gemein⸗
ſame Koſten ſich mit einander in Eſſen und Trinken gütlich thun; ſich bei Eſſen
und Triuken, welche der Wirth berechnet, gütlich thun; bei dem Oenuſſe gets
ſftiger Getruͤnke veritehend fich gütlich thun. — Da zechten an dem nächſten
Tiſch zwei wilde rohe Buben. A. W. v. Schlegel, Warnung.
Ab—, an—, auf—, aus —, be—, durd— , ein—, ent —,
er—, fort —, nach —, nieder—, über —, ver— , vor—, zuſaufen
find klar. — Leipzigs Krone ward den Feigen abgeſoffen. Zacha—
ri, Renommift 1. Du wolleft dir dafür die Gurgel abfaufen.
Schiller, Räuber 1, 2. Soll ich's gleih ausjaufen? J. Baul,
Zitan 42. So findet ihr die Wachen befoffen. Echiller, Fiesko 3,
4. Gott weiß, was ich in meiner Krankheit habe einjaufen müffen.
Zahn bei Campe. Soll das ganze Haus erfanfen? Götbe, der
Zanberlehrling. Die Kerle erfoffen, wie fie das Waſſer jchmedten,
Böthe, Egmont 1. Wo man fein Leben und feine Seele verfrißt und
verfäuft. 3 Paul, Hefperus 18. Ich Habs dir oft mit Hohnla-
hen bei Burgunder zugefoffen. Schiller, Räuber 5, 1. Sauf
zu, Hauptmann! Dal. 3, 2%. Su
Säufen (ahd. saufjan, soufjan, mhd. soufen) faufen maden,
it einfach wicht mehr gebräuchlih: be—, erfänfen (dafür in der
Volfsiprahe gewöhnlich verjänfen, ahd, farsaufjan). — Um did
nnd Feld und Nue zu erſäufen. Göthe, Fauſt 1, 61. Daß bie
deutihen Waffer nicht erſäuften. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 8,
Erjäuft fei aller Groll in dieſem Bundestrunf! Schiller, Piccolo⸗
mini 4, 7. .
Säufer, Söffer (ſ. S. 30H; Sauferei; Sof, Suff (mh.
sonf, shf); Geföf, Gefänfte; fäufig, föffig — Ih wir ein
Säufer. Bürger, Epiftel des 3%. Schere. In jeufferey wandeln.
Luther, Bibelüberf. 1. Betr. 4, 3. Soff und Spiel und Müdels
die Menge! Schiller, Wallenſteins Luger 6. (Ihm wird) feines ge⸗
wöhnlihen Geſöffs ... fo viel er will, gelaffen. Klopſtock, —*
tenrepublik. So ſchlürft unendliches Gefäufte der edlen Herrn dei
legten Tropfen aus. Göthe, Kauft 2, 14. Fräſsig und fäuffig. Aven—
tms, Chronik 1580 Bl. 287.
Saufgelag, —genoß, —geſelle, —gefellichaft,. —gier, —gurgel,
nn — hans, Be, —franf, ne Be Ba ; un
—udt, —tag. — Iſt's jebt Zeit zu Saufgelagen? chiller,
Balleniteins Lager 8. — —
Fließen.
(Wurzel flut, f(v)lug).
Fließe, floß, nefloffen, fließen, (ahd. Kv)liuzu, f(v)löz, fCv)lu-
sumes, f(v)lozaner, f(v)liuzan und fiv)liozan; mhd. vliuze, vloz,
968
vinzzen, gevlozzen, vliezen; agſ flädtan, altn. fliota, ſchwed. Ayta,
holläind. vlieten? 1), von einem höhern Orte nach einem niedrigern ſich
bewegen, von flüjfigen und flüfflg gemachten Körpern; 2) im Junern
enthaltene Keuchtigfeit von fich fallen; 3) ſchmelzen und abwärts laufen;
4) das Papier fließt, wenn es durdjchlägt, oder wegen Mangels des
Keimes die Dinte einſaugt umd verbreiten läßt; 5) aus etwas jeinen
Uriprung nehmen, als Folge aus etwas berfommen; 6) (uneig.) von
Gewändern, Haaren, Tönen, Worten, Zeit und Ericheinungen in der
Zeit ze. gebraucht. — Mein königliches Blut floß ſchändlich unser
unbarmberz’gen Streichen. Schiller, Don Karlos 1, 2. Daß die Bol:
Ken fliejfen vnd trieffen fecr auff Die Menichen. Luther, Bibelüberſ.
Hiob 36, 28. Du, deffen Augen floffen, febald fie Zion ſahn. Rum
ler. Was für fanftes Entzüiden fließt aus dir, hberbitlihe Gegend! _
Geßner. Wahrheit, die in tauſendfachem Strahle von des großen Bar
ters Kelche fleußt. Schiller, Elegie auf den Tod eines Jünglingt
Wie wollt’ ich der grauen Haare fpotten? Werden wohl die meinen
ewig blond vom Naden flichen? Schiller, Semele 1. Und wahr
haft fließt das Wort aus Herz und Munde. Göthe, ſprichwörtlich.
Di ſah ih, und die milde Freude floß von dem fügen Blid auf
mid. Göthe, Willfommen und Abſchied. Ob fie gleich mit dem flie-
Benden Schleier ihr Auge bedeckte. Klopitod, Meſſias 4, 771.
Die Eynonynen, f. ©. 138,
Ab —, an—, auf —, aus —, be—, bei—, dahin —, darnicder —,
davon —, durch —, ein—, einher —, empor—, ent —, entgegen —,
fort —, her—, herab —, heran —, herauf—, heraus —, herein—,
hernieder —, herüber —, herum —, herunter —, hervor —, u—,
bin — , hinab —, hinan —, binauf —, hinaus — hindurch —, hinein —,
hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —, nach —, nieder —, über —,
um—, umber—, unter —, ver —, vor—, voran —, voraus —, vor⸗
bei—, vorüber —, weg — zer —, zu —, zurück —, zuſammenfließen find
klar. — Wie fleußt der Thränen Bach die bleichen Wangen ab. Do
Zräufelnd von abfliegender Feuchtigkeit. Göthe, Campagne in Zranl-
reich 11. Sept. Das der Bauch weiter aufflofs (aufſchwoll). Rel⸗
lenhagen Froſchmenſeler. Der Quell des Seh'ns iſt ausgeflojien
Schiller, Tell 1, 4. Das Zeld, von Römerbfut beflojien. Kretid-
mann, Rhingulphs Klage 1. Die (Stimme), wit filbernem Laute,
wie in Gelängen, dahinfloß. Klopſtock, Meifias 5, 109. Da flop
in betäubenden Schlummer ſanft mein Leben dahin. Voß, die Weihe
80. Schäumend fehrt die Welle wieder, fließt nicht mehr im Bett
dDarnieder. Göthe, Fauſt 2, 135. So fließt denn auch mit ihm
(dem Wafler) davon. Göthe, am Kluffe Die Ebnen und Hügel,
welche fid) vor den Hochgebirgen Tirols und Deiterreihs im Norden
ausbreiten, durchfließt und begränzt die Donau. G. P. Mendeld-
fohn, der Rhein uünd die Donau, Dem Amor tft der Wein auch ziem-
969
ch eingefloffen Opitz. Jener Vorfag, meine innere Natur nad
ren Eigenheiten gewähren, und die äußere nach ihren inenichaften
uf mich einfließen zu laffen. Göthe, Leben 12. B. Wie er (der
Strom) in jeinen Geftaden einherfloß. Kloyftod, Meſſias 13,.167.
Zon ihr fließt Leben und Wärme in die Adern der Erd’ empor.‘
Daſ. 1, 625. Ihr Blut entfließt. Schiller, Jungfrau v. O. 3, 11.
Bie wohlriehende Düfte den Delbaum entfließen. Slopitod, Mei-
iad. Dem fein wallendes Herz recht Tiebend entgegenfloß. %
Bauf, Xitan 30. Dann fließt die Arbeit munter fort. Schiller,
Hlocke. Erſt mit dem legten Strahle der Some floß das letzte Blut
n dem Bade fort. Klopftod, Hermannsihlaht 7. Schmachtender
ann im Xispel der Zärtlichkeit floß Melodie der. Voß, Luiſe 3. b,
315. Da floß häufig die Thräne vom Aug’ mir herab. Göthe,
Alexis und Dora. Und ibm von der Kippe der Hauch janfttönend
»erabfloß. Klopftod, Meſſias 3, 478. Lange Echatteufteppen lies
en zurüd von hberanfließendem Schattenlidt. 3. Paul, Heiperus
13. Zwar floß alänzendes Haar auf feine Schultern hernieder.
ſtlopſtock, Meſſias 9, 489. Wolken fließen von ihr, wie ein ſinken—
des Meer, unaufhörlich herunter. Daf. 1, 589. Cein Blut floß
Jin in das Feld. Daf. 4, 125. Die wir das erweidhte Metall in
der Rinne hinfließen fehen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 13. (Wie
Die Lava) eine janfte, ziemlich ebene Fläche hinabfloß. Göthe, ital.
Meile Neapel 20. März 1787. Ließ nicht Prometheus jelbit die reine
Hinmelsglut auf friihen Thon vergötternd niederfließen? Göthe,
Ilmenau. Der Feier feftliher Glanz floß über den Fuß des Uns
fterbliben nieder. Klopſtock, Meſſias 1,-705. Tas Bädylein, fo
vom nadten SKlippenabbang niederfleußt Matthiffen, die Weihe.
Ah es (das Herz) möchte gern gekanut fein, überfließen im Das
Mitempfinden einer Creatur. Göthe, an Lottchen. Der du der Freie
den viele jchaffit, jedem ein überfließend Maß. Göthe, Hurzreije
im Winter. Dein Herz voll Innigkeit fließet.über von jüßem Ge-
fühl. Klopftod, Meſſias 3, 500. Das ganze nadte Geſchöpf über-
floß Blut. Herder. Und ein jugendfih Lächeln umfloß des Uns
fterblichen Stirne. Klopftod, Meſſias 3, 475. Ganz von jeinem (des
Mondes) Schauerliht umfloſſen. Göthe, an Belinden. Und doch
umfließt euch ewig Licht und Leben. Schiller, Marin Stuart 1, 6,
Verfließet, vielgeliebte Lieder, zum Meere der Vergefienheit! Göthe,
am Zluffe. Bis zuletzt die ſchwaͤbiſchen Gebirge fehattenmweis in den
Horizeut verfließen. Göthe, Leben 10. B. Still in Unſchuld wa⸗
ven ihm faum zwölf Zahre verflofien. Klopſtock, Meſſias 4, 675.
Ald wenn nad) alle dem, was jebt entwidelt ift, ein Tropfen ans einen
Dean, der uns vorfließt, ein Fund wäre. Herder. Die Mojel
fließt unmittelbar vorbei. Göthe, Campagne in Zranfreih -23. Aug.
Jede Stunde, die fonft in deiner Umarmung vorbeifloß. Klopftod,
8
970
Selmar und Selma. Der (Mat) mir, weil ich allen war, SP’ mub
traurig vorüberfloß. Klopſtock, Bardale. Ich möchte von der Feuch⸗
tigfeit des Dintenfliches, die hier fo häufig wegfließt, etwas ein
trocknen. Göthe, ital. Reife 8. Dct. 1786. Dann floß von des Eri⸗
gen Throne die Nacht a Klopftod, Meifias 11, 31. Ich füble
mih in Liebestraum zerfließen. Göthe, Kauft 1, 140. Du der
füße Wahn zulegt vor ihm zerfließet. Wieland, Oberen 3, 9.
Die Nebel find zerfloſſen vor Dieiem Sonnenftrabl. Tiedge, Urania
2. Da manches Gute theild in der Familie ſelbſt entiprang, theil
ihr von anßen zufloß. Göthe, Leben 1. B. Kluge Berwalterin
ftetd der geheim zufließenden Wohlthat. Voß, Luiſe 3. b, 419.
Eh’ fieheit du Die Loire zurüde fließen. Schiller, Zungfrau v. D.
1,10. Das zuiammengeflojjene Negenwafler. Göthe, Campagnt
in Franfreih 21. Sept. Damit aber das Metall ſchneller erhigt winde
und zujammenflöjje. Göthe, Benvenuto Cellini 4, 6.
Anm. Die Burticipien geitatten noch andere Zufammenfesungen, 3. B. Ya
nah, durch das blutfliepende Thal. Kretſchmat. Die goldpurcfloßnee
Wollenlagen blaßten. Salis, Monodie. Bon lichtumfloſſenen Hügeln. G. 3.cc,
Die rofenumfloffene Stine, Pyrker, Tunifias 4. Eile füßte die tAränens
umfloffenen Augen. Daſ. 9. Un den fhauerumfloffenen Gidbure.
Pyrker, Rudolph.
ließ (ahd. pifleoz, mhd. vliez); Fließung; Wließblattern,
— gar, —gold, —harz, —loch, — papier, —poden, — waſſer, —ınafr
fergang. — Gewäfler... die zuweilen aus ließen fich entipinnen
B. Hoffmann. Auß fonderer Infliſſung des Himmels. Fiſchart,
Gargantua ©. 52.
Fluß (ahd. ſCy)luz, mhd. vluz, agſ. flöot, altn. fliöt, engl.
flood, flow, ſchwed. dän. flod, holländ. vliet) urſprünglich das Flie⸗
Bende, Lauf der Flüſſigkeit; im Beſondern das aus den Zuſammen⸗
fluß von Bächen entitandene fließende Gewäſſer. Ab —, Aus,
Durh—, Ein—, Ueber— (©. 393), Zufluß wa. Flüſſig,
überflüſſig (S. 393). — Wie der Fluß, in die Breit’ und Länge,
jo manden Inftigen Nahen bewegt. Göthe, Fauſt 1, 53. Die Map
fen find im Flug. Schiller, Glode. — Dort ſchwebt, leiſe bewegt
und befrönt mit flüjjigem Schimmer, eine junftere Sonne. Klep⸗
ftod, Meſſias 1, 624. Wie fehr ich längft, o ſchöne Freundin, bier
jhon überflüfjig bin, das weiß ich wohl. Göthe, Taſſo 4,2 —
Abzüge, die nur zum Abfluß des Waſſers beitimmt find. Göthe,
ital. Reile 9. Det. 1786, Wir trabten nah Abflug der Pfartge⸗
meine alle Emporen hinauf. 3. Paul. Dem Jordan einen unter
irdifhen Ausflug zu geben. Göthe, Leben 4. B. Der Leichname
Ausfluß. Klopftod, Meifins 2, 514. Ale Lihtausfläjie um
uten Mächte ftanımen von ihm. Herder. Diejer wohnt am Ein-
uß. er aber am Ausfluß des Buches. Göthe, Briefw. mit Schil⸗
ler 6, 227. Lem’ ihren Einfluß kennen. Göthe, Taffo 44 Bus
971
Idemstne— nm
ſchafft ihre (der Eeele) jenen ewigen Umfluß von Ruhe bei alfen
bereinbrechenden Stürmen des Lebens. E. Wagner. Nach deſſen (eines
Jahres) Verfluß cine neue Wahl vorgenommen wurde. Schiller,
Colon. Durd einen fonderbaren Zufammenftuß von Umitinden,
Söthe, Briefw. mit Schiller 3, 117. — Die Naht grub einen Edens
fin um den andern ab. J. Paul, Siebenfäs 1. Alle die Eiter-
fläſſe haben. Luther, Bibelüberſ. 4. Mof. 5, 2. Mein Ohr ums
tönt ein Harmonienfluß Schiller, die Erwartung. Der die Frucht
Des Himmels nicht raubend an des Höllenfluſſes ſchanervollem
Rande bricht. Schiller, Hero und Leander. Gleich dem Mäander-
fluſſe. Pfeffel, der Hut. Diefer mußte ihm aljo unter dem Gehen
feinen Rednerfluß zutröpfeln. J. Paul, Heiperus 2. Eie friegen
noch einen Schlagfluß. Göthe, Götz v. B. 1. Der umfangende
Zodesfluß raufchte mit Einen Arme um fi. % Paul. Durch
Rauch und Qualm ſeh' ich den matten Schein ded Todtenflujjee
mir zur Hölle leuchten. .Göthe, Iphigenie 3, 1. |
Mit Fluß find finnverwandt: Bach (abd. der nnd tie pah, mhd. der
und die bach, agf. becc? altf. bak, altn. beckr, neuniederl. beek, engl.
beck, ſchwed. bäck, dan. bäk f. S. 652) das Heine fließende Mafler, Strom
(f. S. 138) ſtarker, Heftiger Lauf der Klüfftgfeit; großer, ftarfer Klug. Die großen
Slüffe nennt man and Lands oter Heerftröme — Mit Ausflug Ort
des Ausfliegens) find finnverwandt: Mündung (f. Rund. 541) Auss oder
Gingangsöffnnng einer in Förperlicher Umfchließung Gefangenen Räumlichfeit; vie
Münde (altfrief. mutha, altn. munni) und das Gemünd (ahd. gimundi)
bed. Mündung eines fliegenten Eewäſſers, find aber nhd. faſt nur roch in
Gigennamen von Flußmündungen ober vielmehr Drten von folchen gebräuchlich:
Drlamünde, Sminemünde, Schwäbiſch-Bemünd. — Einfluß, Ginwirfung
und Cindruck ſ. S. 323. — Wie durch hohler Felfen Becken weint ein Bach.
Schiller. Was für Berge, für Wüften, was für Ströme trennen und denn
noch. Leffing, Nathan d. W. 1, 2. Des Zander Heerſtrom wuchs und
ſchwoll. Bürger, Lieb v. br. M. — Aus der rauchenden Mündung ihrer
Schwefellamine. Schiller, Räuber 1, 2. Eng (if) vie Mündung bes Ganges.
Boß, Odyſſee 22, 137. An der Münde'des Stroms. Voß, Horaz Sat. I.
2, 3. |
Alußadler, —artin, —bad, —bartfiſch, —blume, —börs,
—braffer, —brüde, —büdjfe, —dorn, —eijen, —erde, — fahrzeug,
—falk, fall, fh, —galle, — geſtirn, —geld, —gott, —granste,
—kahn, —fannenfraut, — —kieſel, — krebs, — meſſer, — mit⸗
tef, — moos, — muſchel, —nadel, —nire, —nymphe, — ochs, —ofen,
—otter, — pferd, —pflafter, —pulver, —rauch, — recht, —ſand,
— ſchiff, — ſchifffahrt, — ſchildkroͤte — ſchnecke, — ſchwamm, — ſchwimm⸗
ſchnecke, — ſeite, — ſpath, —ſpathdunſt, — ſpatherde, — ſpathgeiſt,
— ſpathſauer, — ſpathſäure, — ſpindel, —ftein, —ftoff, —tabak, — teu⸗
!
972
REES
wohnende Weiden. Voß. Als die Gefühl in ihrem Flußbette
ein wenig ruhiger wieder dahinliefen. Kl. Schmidt. Cinige Stunden,
in denen ich Dem Zuge ausgeſetzt war, bradyten mir ein Flußfieber
zu Wege. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 141. Da wir und ah
in das mäandriſche Zlußgemwinde ... verichlungen ſahen. Götke
Eumpagne in Franfreih 31. Oft. Man erlangt dadurch eine Uchr
Hö
mit allen Anfiedelungen innerhalb der fruchtbarften Gauen. Göthe,
St. Rochusfeſt. Negupten, ein fo fpätes, zum Theil neu erichaffenes
Land, ein fettes Slußufer, Das aus der Höbe beſetzt wurde, Herder.
Floß (der, das, in der Volfsiprache die Floz, ahd. der Ndz,
zeugung von jeder Slußregion. Göthe, Leben 10. B. Auf da
be. über Biebrich erſchaute man das weite, prächtige Flußtbal
mhd. vlöz) was Flöße; Flößer; Floſſe (ahd. flöza, mhd. vlöze)
ber Fiſche, floſſig; das Floß (ahd. der floͤz, mbd. vloz) time
Bolksipradye ein fließendes Waſſer, auch die Rinne für dasfelbe; flößen
(ahd. Nulozjan, mhd. vloezen, altn. Nöta) machen, daß etwas won
fließenden Waſſer fortgetragen wird; almälich und fanft wohin fliehen
machen (auch fig.): ab—, an—, auf—, ein—, her —, berub-,
hin —, binab—, nah —, nieder—, unter —, der—, Dis
bei—, vorüber—, zurüd—, zufammenflößen — Bit
den ſchweren Floß zur Stelle. Schiller, das eleufifche Zeit. Hefte
dann mit Nägeln den Floß und bindenden Klammern. Voß, Odyfte
5, 248. Der du jchönes Kraut trägft um die reinen Flößer (fie
ßeuden Wafler). Opig. Auf dem ebenen Strom aleiten die Zlöße
dahin. Schiller, Spaziergang. So zuppeln wir noch immer wie fl»
liegende Karpfen mit den poetiichen Floſſen ımd Flügeln. %. Yenl,
Titan 55. Und die Schenkel gefrümmt zum foſſigen Schweife des
Fiſches. Voß. Berück' ich den goldbefloßten Fiſch. Chafeipeut,
Antonius und leopatra 2, 5. — Athem und Leben aetroft ſaugen ımd
flößen wir ein. Göthe, röm. Elegien 18. Der Regen bat (an der
Säule) die Buchftaben gar hingeflößt. Aoentinus, Chronik. Ta
nach Unfterblichfeit dürftende Menih muß fuchen den Himmel ihen
anf Erden zu finden und Ewigdauerndes zu verflößen im jein iM
ſches Tagewerk. Fichte, Reden a. d. d. N. Was mit feiner Ra
fi) verflößet in Gleichlant, nennt er ‘das Gute. Sonnenberg.
Das mit flößen finnverwanrte gießen f. ©. 973.
. Floßanweifer, — band, —beamte, — bediente, —hett, —brüft,
—bdienft, —feder, — führer, —garn, —gehau, —gerechtigfeit, —ber
del, —herr, —hieb, —hüter, — junge, —klafter, —knecht, —log
— mann, —ofen, —ordnung, —platz, —rechen, — rechnung, — lecht
—rücken, — ſchaden, — ſcheit, — ſchreiber, —teih, —verwalter, —wand,
—waſſer, —wehr, — weſen, —winden.a.; Flöß art, —anftall, —
— bauhoiz, —baum, —graben, — haken, —bolz, —meiſter, HB;
Floſſengarbe, —reif. — Floßfüßige Robben. Voß, Odyſſee 4,4%
973)
Anm. 1. Klotte (alin. floti, agſ flota, ſchwed. flotta, din. ftaade, engl.
Rect, holländ. vlote, franz. flotte, ital, Nlotta) gehört wol zu fließen; uuch Pas
Arjectiv flott, franz. flot, engl. »float, nicht aber Flut (goth. flöthus, ahd.
flohat, Nuohat, fluot. ſlot, mhd. vluot, agi. altn. Nöd, alıf. Huod, Nod, engl.
found, dan. Add, ſoowed. Nöd); menigftens ſprechen ter lange Bocal, der auslaus
tente Sonfonant und die ahd. Formen flohat, flunhat, dagegen. Orimm II, 236
Betrachtet Auot für fluod, aus fuohad, von einem verlurnen Berbum fluohan — flies
Sen, wozu abd. flawjan, alın. ſlöoa, agſ. fleövan, engl. flow, dan. flijve, lat,
Aluere zu ſtimmen ſcheinen.
Anm. 2. Blöze (and Flöpe, Flötz, Fletz), 1) Boden, Grund; 2) ehene,
wagrechte Klühe: 3) Sturenboten; 4) der gepflatterte oder aus feſtgeſtampftem
Lehm beftebente Boden der Gänge im Haufe, der Hausflur; 5) dieſe Gänge oder
Pie Hausflur ſelbſt; 6) eine ganz oder beinahe wagrechte Lage der Ert: und Eteins
meffen von beträchklicher Breite im Bergbau, gehört z dem ahd. Adj. flaz = flach,
altu. fat; vgl. gr. zAarvg, lat. planus = flach, eben.
Giefßen.
| (Wurzel gut, guz.)
Siege, goß, nenofien, gießen (ahd. kiuzu, köz, kuzumes,
kozaner, kiuzan u. kiozan; mhd. giuze, 863. gUZZen, gẽgoggen, gie-
zen; goth. giutan, agſ. geötan, dän.gyde, ſchwed. gjuta, holländ. gieten;
dl. lat. gutta = Tropfen, gr. gie — gießen) 1) allg. fließen mas _
hen; 2) im Befondern far und viel fließen machen; 3) einen flüjftg
emachten Körper in eine Form gießen; 4) durch Gießen in eine Form
Berosibringen;, 5) reichlid) mittheilen, verbreiten, in Menge fallen laffen;
6) für be—, ver—, ergießen; 7) es gießt — e8 regnet jehr ſtark.
— Und was ilt’3, das, wenn mich Lanra küſſet, Burpurflamnen auf
die Burgen geußt? Schiller, Phantaſie an Laura. Leute, die grie—
chiſche Münzen einfehmelzen, um moderned Zeng daraus zu gießen.
Lichtenberg, liter. Bemerkungen. Sch mil meinen Geiſt auff deinen Samen
geiſſen, vnd meinen Leyen auff deine Nachfomen. Luther, Bibel⸗
überj. Jeſ. 4, 3. Gieß ih ihm Schlummer um den rubigen Blid,
Herder. In den Klauen hielt’ er und rupfte die Taub' und goß ihr
Gefieder zur Erde. Voß. Warme Lüfte voll Tuft und Bir in Füll'
auf den Schwingen, hauchten umber und goſſen die Blüt' auf die
bräntliche Liebe. Sonnenberg. Zu gießen Menicenblut. Opiß..
Raſtlos fort ohn' Unterlaß ftrebt die Länge fort in's Weite, endlich
gießet fid) Die Breite, grundlos jenft die Tiefe fih. Schiller, Sprüche
des Eonfacius. Es ftürmt, ed gießt, es dröhnt und kracht. Campe,
Das finnverwandte flößen, f. S. 972.
Eingießen 1) allg. eine Flüffigkeit durch Erbebung eines Be-
hälters aus dieſem in einen andern fließen machen (auch fin.); 2) mit
fluifigem Metall in einem Körper befeitigen. — Die Zeit iſt unendlich
lang und ein jeder Zag ein Gefäß, in das fich jehr viel eingießen
läßt. Böthe, Xeben 8 B. Der jm die Seele eingegojjen hat.
Luther, Bibelüberj. Weisheit 15, 11.
-
.
974
Einſchenken (f. ſchenken ©. 483) in ekı Triufgefchirt, zum Srinfen
eingiegen, und zwar, um ten Durfi zu flillen ober um fi zu vergnügen. —
Gr fchenfte beiden ein, fie an und ſchluckte das Glas ſehr lebhaft hia⸗
unter. Göthe, Campagne in Frankreich, Duisburg Nov.
Ab—, an—, auf—, aus —, be—, bei—, durh—, empor—,
ent—, entgegen—, er—, fort —, her —, herab —, heran —, herauf —,
heraus —, herein —, herüber —, herum —, herunter — ‚herzu— ‚bin—,
hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hin:
über—, hinunter—, hinweg —, hinzu —, nach —, nieder —, über—,
nm— , nmber—, unter, ver —, vor —, voran —, voraus —, vor⸗
bei— , vorüuber—, weg —, zu—, zurück—, zufammengießen
bedürfen keiner weitern Erklärung. — Der Meiſter hatte einen ſchöuen
Sturz eines antiken Jünglings in eine bildſame Maſſe abgegoſſen.
Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 3. Sie ſchafft ihm einen Rock auf den
Leib wie angegoſſen. Daſ. 3, 4. Weil Wein genug aufgegei-
ſen war. J. Paul, Titan 54. Und der Mühlknecht ſtürzt in den
Trichter hinab, wenn' er juſt aufgießet das Korn jetzt. Platen, die
verhängnißvolle Gabel 3Z. Auszugießen auf dein einzig Haupt die
ganze Schale feines Zorns. Chhiller, Jungfrau v. O. 1, 10. Gleich⸗
meſſend gießt der Himmel feinen Thau auf alle durftende Gemädie
and Dal. 3, 4 Geuß deiner Ruhe Gefühle, deine Celigfeit über
mid aus! SKlopftod, Meſſias 12, 705. Warum dachteſt du nicht
daran, ed fo einzurichten, daß er (der Fuß) ebenjo gut als der Kopf
fi) ausgießen möge. Göthe, Benvenuto Eellint 4, 6. Ein Aufer-
jtehungstag ift ausgegoijen, wo dumpfe Mitternadyt, voll’ Todes⸗
geijter, lag. Tiedge, Urania 2. Glles Gut fih von Gott ausgeußt.
H. Sachs. So goß fi eine Kriegeswolfe aus von Völkern über
Orleans Gefilde. Schiller, Jungfrau v. DO. Prolog 3. Ruhige Biäus,
did auch, Die unermeplih ſich ausgiegt um Das braune Gebirg
Schiller, Spaziergang. Wenn ein brüderlich Volk, durch das Blut dei
Bundes geheiligt, vor dem Berjühner der Menjchen in Subellicder Ad
ausgießt. Klopſtock, Meſſias 1, 658. Wenn Jemand Schläge krie⸗
en oder begoſſen werden ſollte. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 1. Dies
Auge (hat) ſein frühes Grab mit treuen Thränen begoſſen. Wie—
land, Oberon 1, 24. Dem Amor iſt der Wein auch ziemlich einge⸗
floſſen, ſo daß er ganz und gar Gemüth und Sim begoſſen. Opitz
Thäler, die gegenwärtig ihre Waſſer dorthin ergießen. Göthe, ital
Reife 3. Sept. 1786. Wo hinter dem Albis die Sihl ftrömend ber-
abicbießt, um fih unterhalb Zürich in die Limmat zu ergießen
Göthe, Leben 19. B. Schon fank tiefer die Sonn’ und ergoß viel⸗
farbige Schimmer durch abhangendes Laub. Voß, Luije 1, 613. Sie
lagen zu den Füßen der heil’gen Jungfrau in Gebet ergoſſen. Schiller,
Don Karlos 2, 8. Zus Baierland, wie ein geichwollner Strom, er⸗
goß ſich dieſer Guſtav. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 13, Zeige
975
dich dem Volle, das ſonſt ſich jubelnd um dich ber ergog. Schiller,
Maria Stuart 4, 9. Daß, zum Zwede, Waffer fließe, und mit rei—
chem vollem Schwalle zu dem Bade fih ergieße. Göthe, der Zau—
berfehrling! Der Himmel droht in Feuerbächen fih berabzugießen.
Schiller, Jungfrau v. O. 5, 1. Weil dein Ddienftbares Auge wider
den Ewigen ftritt und unbeilige Thränen herabgoß! Klopitod,
Meifins 4, 340. Da gießt unendliher Regen herab. Schil⸗
ler, Bürgihäft. Gießt herunter, Ströme des Himmels, und ers
füuft das Land! Schiller, Tel 4, 1. Wie fie niet, in Andacht bins
gegoſſen, ſchön, wie Raphael die Unſchuld malt! Matthiffon, die
Betende. Gießet des Zopfes fiedendes Waſſer hinein. Voß, Phi—
femon und Baucis 77. Biegen wir etwas Warmes binzu? Voß,
Zuije 1, 521. Wer nieder vom ſchönen Baum die Eichel geußt?
Voß, Weihe der Schönheit. (Als wenn) fie Wein und Kusfaden
niedergöſſen? % Paul, Zitan 2%, .Mit fliegender Röthe die Wange
bis gegen den Nacken übergojjen. Göthe, Hermann und Dorothea
9, 90. Dennoch übergießt mid ein Grauen. Schiller, Braut von
Meſſina. (Er) legte fid mitten hinein (in das Lager) und über»
goß fih mit Blättern. Voß, Ddvffee 5, 487. Bald fah ich mich
von Wolfen wie umgojjen. Göthe, Zueignung Wie wenn mit
aoldenem Rand ein Mann das Eilber umgießet. Voß, Odyſſee 6,
232. Der luft und aud die wolfen mit trüb und gra (grau) Do
wurden undergoſſen. Titurel. Saht ihr fie eine Thräne nur
vergießen? Schiller, Maria Stuart 1, 8. . Ein Altar des Bluts,
vergofjen von Mördern. Klopitod, Meſſias 1, 27. Der finjtern
Quelle vergleichbar, die aus jähem Geflipp vergeußt ihr dunkles
Gewäſſer. Voß, Ilias 9, 14. Indem fie das Gefrome, das man
uns von der Zufel ſendete, weggoß. Göthe, Leben 3.3. Gießt
Das Fehlende zu. Göthe, 2. Epütel. (Sie) gießen den Mäyden
das. Waſſer in die Scheffel zu. 3. Baul, Zitan 6. (Der) das Wi-
drige zufammengoß. Göthe, Fauſt 1, 58. Gleichwohl müflen alle
Bölfer der Erde einmal zufammengegdfjfen werden J. Paul,
Heſperus 19.
Anm. Die Participien geftatten noch andere Iufammenfeßungen, 1. B. Die
Thränenvergießende fhauend. Voß, Ilias 6, 459. Und in dunfele Welten fich
re und wolfenumgoffen famen in flürmenden Flug fie ihm nad. Sons
nenberg.
Sieh (Volksiprache Gefäß zum Gießen, mhd. die gieze = Rinne),
Gießung, Gießer, Gießerei; gießbar, gieplih, gießig,
Gießling (die 3 lebten bei Stieler) find wenig im Gebraud. —
(Er) verfimdet mit poetijcher Ergießung die hohen innern Schön—
heiten.. Göthe, Windelmann 2. (Die) wieder Aufgießer... werden.
J. Paul, Hefperus 10, Bor des Begichers Verdienft. Klopftod,
die Rache, Sene, die Blutvergießer belohnten. Klopftod, Meifias
976
15, 781. Ich bemerke hier, DaB zu Meffina no zwei Glocken⸗
en dieſes Namens leben. Göthe, ital. Reiſe Palermo 13. April
787. Deßmegen bin ich jegt au mein Glodengießerlied gegm
en. Schiller, Briefw. niit Göthe 3, 161. Ju einem Gypsgießer
— Göthe, ital. Reiſe 25. Dechr. 1786. Selbſt dat
Kannengießern!) macht die Leute weiſer. Lichtenberz, Allerhand.
Wenn er zu den fruchtbaren Kupfergießereien tritt. K. v. Hal
bronner. das Arfenal won Portsmouth. !
Gießbad, — bank, —beden, —bedenfnorpel, —bedenmusfel,
—blech, — bogen, —budel, —erz, fleber, —flaihe, —form, — hans,
— hütte, —kaſten, —felle, — keſſel, —fopf, —brüde, — kunt, —lade,
—loch, —Löffel, — meiſter, —mergel, — modell, —mutter, — ofen,
—pfanne, —preffe, —rahmen, —rinne, —töhre, — ſand, — ſchaufel,
—itein, —tafel, —tiegel, —tifh, —vogel, —waare, — werk, —zauge,
—zapfen u. a, — Ein Büchlein aber rauſchte durch's Feld, von dei
Gießbachs reißenden Fluten geichwellt. Schiller, Graf von Habe
burg. (Er) brachte ein Handbecken nebit Gießfaß und Handaude
zurüd. Göthe, Leben 5. B. Er lich hier die pädagogiichen Kunſt⸗
gärtner fo lange mit Gteßfannen... um ihn laufen. 3. Paul,
Titan 1. Daß die Milchtöpfchen in Franken ihren Gießſchnabel
dem Henfel gegenüber haben. 3. Baul. ”
Goſſe (j. S. 192, vol. ahd. Bioas — Bächlein); Guß (ab.
klein, mbd. guz) 1) Handlung des Gießens; 2) das was gegoſſen
wird; 3) Ort, Durch welchen gegoffen wird: Ab —, Auf —, Aus,
Er —, Um—, Verguß u. a. — Mih in die Gojfe werfen?
Shafeipeare, König Heinvih IV. 2. Thl. 2, 1. Wenu’s regnet, er-
innere ich mich des Rauſchens der Leutra und ihrer Goſſen. Göthe,
Briefw. mit Schiller 3, WR. Und mit Blißesjchnelle wieder if er
bier mit raſchem Guſſe. Göthe, Zauberlehrling. Nicht Des Regent
Guß, der draußen gewaltium berabichligt. Göthe, Hermann und
Dorothea 9, 176. Laßt's mit Aſchenſalz durchdringen, das befördert
hl den Guß. Schiller, Glodfe. Che ich den Guß meines Per
fens unternahm. Göthe, Benvenuto Cellini 4, 4. — Verſammelt am
Theetijch jchlürften wir den dampfenden Abg uß. G. Jacobi. Außer
Laakoon ... befanden fich feine Abgüſſe auf der Akademie. Götbe,
Zebeun 11. B. Hier fanden Gypsabgüſſe von Statuen. Görke,
Meiſters Wanderj. 3, 3. Ein wenig labender vierter Aufguß af
die Trebern des alten Mofts. J. Grimm, Borrede zum R. Fuchs.
Das Menſchengeſchlecht ift frei und nimmt wie das Aufgußthier,
die vielgeitaltete Vorticelle, in jedem Augenblid bald regelmäßig, bald
1) Etieler hat Kanngießer im Sinn von Zinngießer, nicht, wie jeßt,
um damit einen Menichen zu bezeichnen, welcher gerne über öffentliche und Gtaxtee
angelegen"eiten und Vorfälle fo gut als er es verjtcht fpricht, feine Bermutgungen .
und Meinungen datei und darüber äußert.
”
977
regellofe Figuren an. J. Paul, Heſperus 23. Zu meiner Erquickung
habe ich ‚geitern einen Ausguß des folofjalen Junokopfes ... in den
Saal geſtellt. Göthe, ital. Reife 6. Jan. 1787. Wir gingen das
Thal hinauf, den Ausguß- des Eisthals vorbei. Göthe, Briefe aus
der Schweiz 2. Abthl. Einem fchriftlihen Erguß, er fei fröhlich oder
verdrieglich, feßt fi) Doch niemand unmittelbar entgegen. Göthe, Le⸗
ben 13. B. Eingehemmt in des Stromes Erguß. Voß, Ilias 21,
232. Purpurdunkle Glutergüſſe und Ströme von Bliken. Sons
nenberg. (Daß er) fih an Freunden betrogen und feinen Herzens-
erguß unglücklich vergeudet hatte. Göthe, Meifters Wander. 1, 8.
Wie er war aufgegimgen, fo ging Ignatius unter, leuchtend mit Le—
benserguffe Klopftod, Meſſias 10, 360. Sein Schlachtihwert,
roth von olympifcher Vorzeit Thun, in dem Strablenergufie
Sonnenberg. Als feine Gefühle fih im beruhigenden Thränener-
guß Luft machten. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 8 Donnre mit
dem Fluch des Blutverguffes den Fürften an, der falt ein Frie-
denswort verwarf. Ziedge, Urania 6. Der braufende Gewitter:
guß. 3. Paul. Ein krummer Elephantenzahn ward nad) einem gro=
gen Regenguß in der Gelmeröder Schlucht entdedt. Göthe, Tag⸗
und Sahreshefte 1801. Durch die metallenen Mündungen ſtrömt mit
dreifahen Strahlguß. Baggeſen. Dein Strahlenguß regnet
erwärmend heinieder auf Anger‘ und Au Schiller, der Flüchtling.
(Ich habe) mit heißen Thränengüffen vor das Bild der Hochge—
benedeiten mich geworfen. Schiller, Don Karlos 1, 2, Das war ein
Wetterguß! der Fund. Und ſchluchzend unter Zähren-
güffen erwache fie! Bürger, an der Traumgott.
Sußeifen, — form, —manı, — mündung, —mutter, —regen,
—tröhre, —ſtahl, —ſtein, —wuare, —wachs, —werf u. a. Aus⸗
ußbleh, —kelle, —pfännden, —röhre. — Um altes Eifen zu
hmelzen und eine Gußanftalt in's Werk zu ſetzen. Göthe, Tag.
und Ssahreshefte 1795. (Ach ließ) die beiden Gußlöcher aufſtoßen.
Göthe, Benv. Gellini 4, 3.
» Ge:niefien
(Wurzel nut, nuz.)
Genieße, genoß, genofien, genießen Cahd. niuzu, nöz, nu-
€s, nozaner, niu(0)Zan und ganiu(o)zan; mhd. niuze, nöz, nuz-
zen,,genozzen, niezen und geniezen; goth. niutan, agj. m&dtan,
niötan, altũ. niôta, dün. nejde, ſchwed. njuta) mit dem Grundbegriff
nehmen (jo goth.) bedeutet nhd. 1) überhaupt mit Luſt empfinden;
2) Nußen von etwas haben, an dem Guten einer Sudye Theil neh
men; 3) ald Speije und Trank zu fih nehmen, dann auch fig, auf
den Geift angewendet, Aus—, durch —, mit—, vor —, weg-
63
078
enießen. — Ein Guet nußen und nießen. Mon. boica 3%, 34%.
Ein Weib Teiblih nießen. Ehron. v. 1486, Das Pfarrgotteshans
nießt jährlich an Gülten 74 fl. Baumgartner, Neuft. 75. Daß ich
der lieben Sonne gendffe. Göthe, Göß v: 8.5. Will er genie-
Ben den DBaterfegen. Schiller, Wallen eins Zager 11. Genießen
Sie Ihr Glück. Schiller, Piceolomini 3,3. Eile, geneuß die Dein,
die feierlichfte der Stunden. Voß, das Brautfeſt 41. Selig iſt, die
da vnſchüldig iſt, dieſſelbige wirds “genteffen zur zeit, wenn man
die Seelen richten wird. Xuther, Bibelüberf. Weisheit 8, 13. per
felig find wir, die wir einer guten Erziehung genoffen haben. Ge
lert. Ich kann e8 nicht zufrieden fein, daß man ihm auch jenes nicht
für genoffen ausgehen laͤßt. Leſſing. — Wollen Sie das Glück des
‚Lebens nun nicht ausgenießen, weil ein düftrer Zwifchenraum ſich
unjern Hoffnungen eingefchoben a Ungenannter bei Campe,
durchſtürmter durchgenoſſ'ner Tagesiuft. Göthe, Pandora. Col
du als Vicekönig unter u — ine Würde fortgenießen.
‚Shafefpeare, K. Heinrih V Thl. 5, 4. Sage, willit du a
genießen, haft du deine il gethan? Göthe, Rechenſchaft. Un
eine Liu und befebte Eisbahn il genießen. Göthe, Leben 12.
B. Mit der Miene vorgenießender Freude über der Lieben Ge-
nuß. Benzel- Stemau. So gibt e8 dagegen andere Dinge, die ia
der Yugend, ie wie reife Früchte weggenoffen werden müffen.
u Reben ns dere 8 2.
.1. e Ba en geftatten noch andere Zufammenfehungen,
Wie nes lebt und Kae —— Ei n es Es)
war der Lot reingenoff’nes Friedens. Böthe, Eugene
Unm. 8. Weberutener (übernehmen, Aberlaben) iſt veraliet, chubdi
nif I. 88. 64) u: Si beforgt, Br wurd es (das Klofler) Abernteffen.
Si habend das Gottzhuß übern off en.
Nieß, Nießer (altn. niötr), Nießling, Nießung, nießbar, alte.
nießlich find veraltet, hier und da noch in der Vollksſprache erhalten.
Niepbrauh — das — Nutzungsrecht, eig an Erinag
einer Sade, mit Ausfchließung Des Eigenthums derfelben und unbe
ſchadet ihrer Subftanz; auch das Recht zu Diefem Bezug. — Die Geiſt⸗
Alichen hätten ihr meiſtes Gut und Rieß am Weinwachs. Gmeiner,
Reg. Ehronit 3, 514. Aigenthumblich oder nießlich. Lori, mie
zur Geſch. des Lechtans v. 1553. Wer, welche Wiſſenſchaft er baut,
nur auf Genieß des Leibes fchaut, den nennt fihon Luther: Nieß⸗
ling. Voß, die beiden Abmege.
Nutzung = Bezug an Ertrag wovon; dam allg. Bezug an Ertrag eiaz
Sache mit Ausihliegung des Bigenthame derfelben und unbeſchadet Ihrer Gab
flanz; and das Mecht zu diefem Bezuge. Beſtimmter drückt den Begriff des
genannten Bezugs an Ertrag und dann auch das Recht dazu bie May mies
ßung aus. Abnupen (Alternhv. der abnutze, die abnutzung und abniessung)
iſt noch Hier und da in der Volkoſprache gebräunhlicg mn Mupuchme mouse. —
—
079
Be näherer Unierſuchung findet ſich, daß ich noch einen ganz leiblichen Kauf
gethan habe, ob er gleich der bisherigen Rutzung nach zu hoch ſchien. Goͤthe,
Briefw. mit Schiller 4, 149. Da ihm die Nutznießung biefer Verträge
... gebührt. 3. Paul, Heſperus 8,
Genie (mhd. geniez) Genießer, Genießung, genießbar,
genießlih; Genuß. — Nimmer, nimmermehr bienteden faͤnd' ih
füßeren Genieß. Bürger, Minnefold. Der Menſch, der den Ge-
nieß von dieſen Liechtern nimpt, Opitz, von der Wahrheit der chrift-
lichen Religion. Breslau 1631. S. 97. Was hat die Gerechtigkeit fur
.. mit der DBugerechtigkeit? Luther, Bibelüberf. 2. Kor. 6, 14.
Die trug jren Herrn viel Genies zu mit warfagen. Daf. Apoftelg.
16, 16. Auf daß der mädtige Genießer nicht =. ausſtrecke feine
Hand und fofte vom Baum des Lebens. Herder Genießbar in
Der Ferne, Göthe, Chriſtgeſchenk. Der Blick ward ger bald auf ein
Genießbares geheftet. Göthe, Meiſters Wanderj. 2,12%. Wodurch
er zuletzt unverſtaͤndlich und ungenießbar wird. Göthe, Leben 7.
3. Jenes Lied... dankt mir dann genießlich. Voß, mein Sor⸗
genfrei. Der Krämer nüger Schwur und ihr genießlich Ceigen-
nügig) Lügen... Wer im Geringen bübelt, wo man nicht viel ger
wirnt, wird mehr in Sachen vortheln, die mehr genießlich (vor-
theilhaft) find. Logau. Allda man ein genießlichen (Nutzen bringen-
den) Marckt möcht uffrichten. Tihudi I, 40. — Hier in ih den
Rath, durchblaͤttre die Werke der Alten mit gejchäftiger Hand, täglich
mit neuem Genuß. Göthe, römifche Elegien 5. ai neuen Lebens
freunden und? Genüffen vielfältig aufgeregt. Göthe, Leben 12. B.
— Hier kam die Berderbniß der Zeit, durch Derweichlihung und
Mebergenuß, jeden Augenblick zur Sprache, Göthe, Xeben 15. 2.
Und du fonnteft die Flügel hängen laſſen und anderm Gewürme ruhig
den Borgenuß einräumen. Thümmel. Fehlt zum Allgenuß des
Schönen, Herrliche, dein Kuß mir nur. Blumauer. (Die) dem All—
tagsgenuß eine höhere Würze geben. Ewald. Juſtin hält den
Ehegenuß für unrein. Henke, Zu Dichterifchen MWeltanfihten und
Geiſtes gen! fen vorbereitet. Göthe, Leben 11. B. Der voll«
kommner Daterfreude Hohgenuß mit feinem Knechte herzlich theilen
wird. Göthe, Eugenie 1,1. Mit dir, Lebensgenuß, will id auch
alle Lebensgenüffe brüderlich theilen. Ungenannter bei Campe.
So if hier der Naturgenuß reiner, von aller Bedürftigkeit ent⸗
fernter Kunſtgenuß. Göthe, Windelmann 1. (Die) mid ver-
fchwendrifh mit Prachtgenüſſen zu erdrücken ſchien. Göthe, Gu-
enie 4,2, Dann atbmen fie als Thier’ ohne Seelengenuß. Klop-
Be der Freiheit. Sie fühlen fich im Teifeften Selbtgenuf fe zu⸗
ieden. Herder. Den Bielgenuß der Speifen. Göthe, Reifezehrung.
Müder Stunden Bollgenuß. Goͤthe, Pandora. (Der) feine Fr
tigkeit durch einen gelegentlichen Weingenuß zu ſteigern pflegte,
R \ ‘ : a j
Goͤthe, Wahlv. 1, 17. Zried’ und Wonnegenuß des gereimigten
"Dafeins. Baggeſen.
Genießluft, — luſtig, —waare; Genußdurſt, —fuht, — ſüchtig
u. a. — Wenn ich die Genießluſt der kleinen Menſchen reizen
wollte. Campe. Unſere genußdurſtigen finnlichen Zeiten. Ewald.
Sie ſchmachtet ihre grünendſten Jahre hin, einſam, genußlos md
ungenoffen. SKojegarten. Ein Werk, welches eine genußreiche Le—
fung gewährt. Ungenannter bei Campe. - Der Menſch, Das genuß:
feltgite Thier. Kofegarten.
Genoſſe (ahd. keg)aliAndz, —nözi, —ndzo; mhd. gend
enöze, agſ. geneät, altn. nautr, mittelniederl. ghenot), mit f. Syn. |.
745; Seno n; Genoffame (ahd. gandzsami, nıhd. genözsame), Ge⸗
noffameeit, beide veraltet; Genofjenfchaft Cahd. gandzscaf, gandzscaft,
mbd. genözschaft), — Du bift jene Genoffin. Platen, die verhäng-
nißoole Gäbel 2. Im Borbeigehn merfen wir an, daB das Wort
Genofjam noch jegt in der Schweiz und zwar, fo viel wir und
erinnern, in Uri üblich ift, und einen Theil des Kantons anzeigt. Klop⸗
ſtock, Gelehrtenrepublik. Inngehabter befigung genoffamkeit (Rie
Bung). Hug, Rhetorica Tübingen 15%. Bl. 173. — Laßt uns wür-
dige Adendmahlsgenoffen fein. K. T. Heinze. Worauf fich dam
der Berggenoß gleichfalls eingerichtet hatte, Göthe, Meiſters Ban
derj. 3, 13. Der junge Befiggenoffe trat foeben herein. Daſ.1,
12. Doc fagen Sie, weswegen denn ihr Bettgenoß den jchlaum
Dieb am Stehlen nicht verhinderte, Platen, die verhängnißvolle Gabel
1. Laßt die Bundsgenofjen und verjammeln. Chafefpeare, J.
Caͤſar 4, 1. Bin ich nicht eure freue Bundsgenofjin? Schiller,
Sungfrau v. O. 2, 2. Mber ein Dienftgenoß, dem das Imge
Haar zu befchneiden oblag. Voß. Die beiden Ehegenoffen von
Friedenseiland. KL. Schmidt. Entflammt von Ixions Eh er
noffin Voß. Doch er war unfer Eidgenoß. Schiller, Ted 5,
1. Sie gefellte fih zu den Garten- und Feldgenoffen. Götk,
Meifters Wander. 3, 15. Innige Verbindung der Flur- und Stadt:
genoffen Daf. 3, 9. (Wenn er) Freudegenoffen fich wählt.
Klopftot, an Ebert. Den Hausgenoffen drohen. Götbe, Furk
2, 191. (Ih freute) meiner Jugendgenoffin und Habe mid.
Voß. Jaſons Kampfgenofjen. Matthiffen, die neuen Argonanten.
Sämmtlihe Kantsgenoffen... zu fchlachten. Göthe, Briefw. mit
Schiller 5, 65. Sie ſah vorwandelnd der Kriegsgenoß Eteonens.
Boß, Odyſſee 4, 2%. Den Lagergenoffen. Pyrker, Tuniflas 6.
Selbſt ihre Kunftgenoffen geftanden. Bürde, Ich fteb’ auf umd
ermahne die zitternden Leidensgenoſſen. Voß. Nicht über Zeit-
noch 2andgenoffen mußt du dich beffagen. Göthe, ſprichwoͤrtlich.
Ich kenne) dich, guter ehrlicher Lebens- und Freudengenoffe
DBenzel» Sternau, Durch anhaltenden Fleiß, Thätigkeit und Trene
981
machte er ſich bafd zum Mitgenoffen des Gewerbes. Goͤthe, Mei-
ſters Wanderj. 3, 13. Wir fennen und ja als fünftige Reifege-
nofjen. Platen, die verh. Gabel 3. Indem wir die vorgüglichite
Mafie tbätiger Menfchen als unfere Gefellen und Schidfalsgenof-
fen angeſprochen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 9. Vernimm denn,
was in beitrer Mondnacht jüngft ein Schiffsgenoß auf dem Ver—
deck erzählt! Uhland, normänniicher Brauch. Ariſtophanes wurde ſo—
gar Krifoftoms Schlafgenoffe. Benzel-Sternau. Bis ich dem Ba-
terlande gedient al8 Schwertgenoß. Uhland, Lied eines deutichen
Sängers. Zu Luft und Zreude ihrer Sprachgenoſſen. Göthe,
engl. Literatur. Dir will ih auf immer Thatengenoffin fein,
T tfer, Rudolph 3, Unter-Oppofition meiner Tiſchgenoſſen. Göthe,
eben 11. B. Aber Odyſſeus traf den edeln Molion, des Königes
Wagengenoſſen. Boß, Ilias 11, 321. Verlaßt mich hier, ge-
treue Weggenoffen! Göthe, Elegie. Ein zweites, drittes nach⸗
wachlendes Gefchlecht entjchädigte mich doppelt für die Unbilden, die
ich von meinen früheren Zeitgenoſſen zu erdulden hatte, - Götbe,
Leben. — Die Genoffenfhaften der Chriften. Henke. Dieſe
- Eingenoffenfhaft (innige Aneignung) der-Sage ift folglich. ge-
rade ihr vechtes Zeichen. Brüder Grimm, Vorrede zu den deutſchen
Sagen. Eine Jungfernſchaar aus ihrer Haus- uud Dienſtgenoſſen—
ſchaft. Michaeler, |
Rügen (ahd. nuzjan, mod. nützen, agſ. notjan, nyljan, altn.
nytja) und nugen (ahd. nuzön, nüzzön, mbd. nutzen) werden nhd.
ht immer, auch in Ober» und Niederdeutichland nicht auf eine und
Diejelbe Weife gefchieden. Nach der Spradhähnlichkeit von trinken,
tränfen u.a. folltenugen = Nugen bringen, nüglidy fein (neutrum),
nügen — gebrauchen, anwenden (activum) fein. — Bedenfe wag
du thuſt, und was dir nüttzt. Göthe, Iphigenie 1,2. Sei fläts der
Wahrheit hold, fie nutzt vor taufend Dingen. Hagedorn, Theuer
ift mir der Freund, Doch auch den Feind fann ih nüßen; zeigt mir
der Freund, was ich kann, Iehrt mid) der Feind, was ich fol, Scil-
fer, Zreund und Feind, Dürft Ihr denn darum nicht nüßen, was.
dem ungeachtet ex Beßres hat? nicht feinen Reichtbum nügen. Leſ⸗
fing, Nathan d. W. 2, 5. — Eine Gliederpuppe von Stahl fünute
man abnugen, wenn man von Morgen bis in die Nacht am Faden
zöge. Göthe, Rameau's Neffe. Ein Trinkgeſchirr, das nod nit ab⸗
—J Hagedorn. Die Abgenutztheit des Heldenlobes. Gedike.
in Mantel, fo entfaſert, abgefärbt und ausgenützt. Wieland,
Der. (Garten) von eivem einzigen Herrn beberrfcht und benußt ward.
Göthe, Meifters Wanderj. 1, 4 Zuletzt benutzte ich einen Augenz
blick, fle zu fragen, ob fle allein reife. Daf. 1, 5. Und, mit nichts
Gutes thun die güldne Zeit vernügt. Opitz. Ward nicht, bei rg
vernützten Kräften, ber müde Rabner abgeruft? 3. A, Schlege
- und mug
982
Penn bie bloße Soßle vernupt iſt. Shakeſpeare, Romeo und Yale
Das mit nupen finnverwandie dienen f. ©. 273. — Srt feis
CſJ. ©, 454) allg. die nöthige Bollkommenheit wozu haben. Frommen (ai.
frumjan, mho. vrümen, vrumen, von fromm, ahd. frum, mbb. vrum, agf.
from, freom, altn. from = förbernd, paſſend zum Vorwärtöbringen, dan
Tugenden ansübend ans Berehrung gegen Bott; gemeinſchaftlichen Gtanmes
mit goth. frums = Anfang, fruma = Erfter, agſ. frum = Anfang, frama =
Urheber, ahd. fram = vorwärts, lat. primus — Erſter) mit der eigeutgüm-
lichen Bedeutung des Vorwärtsbringens. Tangen (f. S. 504) die Bigenfgaft
haben, daß man dasjenige bamit zu wirken im Stande if, was man bunt
wirken wild. — Mit abnutzen (durch Gebrauchen einer Sache die Braudghar-
feit berfelben vermindern oder ſelbſt fle der Brauchbarkeit Benehmen) if finnv. vers
brauchen (f. brauchen 6.273) mit einer Sache über das Gebührende az;
mit einer Sache fo viel thun, daß fie aufhört zu fein, ober daß ber Beſther aufs
bört, fie zu haben. — So Giner iſt der Wallenften, mb taugte vem Haf
ein Andrer beffer, der Armee frommt nur ein Solcher. Echiller, Piccolsmizi
1, 4. Da id, dem Kaiſer dienend, Euch zugleig und Eurem Sobue froms
men barf. Uhland, Herzog Ernſt 8.
Nug, Nugen (ahd. nuz, mhd. nutz ſtark, nutze ſchwach, agſ.
nyt, note, altn. nyt); —— (S. 22); Rutzung,
nub, nütze (S. 436); nützig (mhd. nützec) und nutzig in
— nichtsnuig, unnützlich, nuglos (S. 437); mutlich
ar (S. 717); nutzhaft. — Zu gemeinem Nuz. Rückert,
gef. Ged. 4, 278. Anlagen, welche ſaͤnmtlich auf Nutzen und Ge⸗
nuß bindeuteten. — Meiſters Wanderj. 1, 6, (Er hatte) ihrem
Eigennutze gefchmeichelt. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 16. Weil a
von ihnen Uneigennug, Theilnahme an feinem Schickſal hoffen
kann. Göthe, Egmont 4. Daun reißt ex feine Güter eigennägigen
Pächtern aus den Himden. Göthe, Goͤß v. 3. 1. Auch die Lieb’ iR
eigennutzig (gereimt auf trugig). Rüdert, gef. Ged. 6, 104. BWiter-
fpricht nicht etwa feine Erwartung einer belohnenden Glüdfeligkeit nad
Diefem Leben der Uneigennützigkeit. Leffing, hamburg. Drama-
turgie 2. Elorinde nimmt fi mit der uneigennügigften Groß
muth ihrer an. Daf. In Abfiht auf Wahl genteinnägiger Gegen⸗
-ftände. Göthe, Leben 13.3. Keinipige Soldaten. lteiffimnd
1,3. Es wäre ein recht nichtsnußiger Handel, Shakeſpeare,
Romeo und Julie 2, 4. — Indem Charlotte die Nutzung Diefes Flecket
Der mes zufihern faffen. Göthe, Wahlv. 2, 1. Auch eilte man fe
fhnell als möglih die Beute zu benußen und zur Benußung zu
vertheilen. Göthe, Meifters Wanderf. 3, 8. Mehrere in den ſpaͤtern
gelten zu Wohnungen und Gewerbsbenutzungen eingerichtete
eften. Göthe, Leben 1. B. Und jede Bornügung der Zeit in
den Kinderfahren iſt wirklicher Gewinn fürs Jünglingsalter. Gedike. —
088
EEE EEE
erkennen was ihm nung iſt. Böthe, Meiſters Wanderj. 2,9. Die
8 doch nichts nüg. Schiller, Wallenfteins Lager 3. Der Krämer
nützer Schwur und ihr genteglich Lügen. Logau. Doch will er
fih ein Bißchen unnütz machen, hält fie ihn furz als wie
Göthe, Lilis Park. Iſt dies der Lohn für meine Nüplichleit?
Dfeffel, der Scorpion. Er betrübte fih über feine Unnützlichkeit.
J. Paul, Hefperus 21. Beſonders wußte ich einige verfallene Scheuern
und Remifen für den häuslichen Gebrauch wieder nugbar zu machen,
Göthe, Meifters Wander. 1, 2. Weltnupßbare Pflanzenarten.
Rüdert, gef. Gedichte 5, 269. Hier tritt ſchon das Amt eines Leh⸗
rers der u. in das Licht der Nutzbarkeit. Herder, Antritts⸗
rede in Bückeburg. Es griff durch Ort und Stellung gar bequem
und nutzhaft in einander Göthe, Tag⸗ und Jahreshefte 1794.
Mit Nupen find finnverwandt: Bortheil, Gewinn, Gewinnft
f. S. 227; ferner Gebrauch (f. ©. 89) in Hinficht der wiederholten An⸗
wendung, des wieberhulten Thätigfeins zum Zwecke; Behnf (niederd. behöf—
Bebärfulg, Helländ. behoef, dän. behov, von agf. behofjan, engl. behove —
paflend, auch nothwendig fein) ale Bebürfnig ober gehörig und nothwenbig
zum Zwecke. — Das Geld Tönnen Sie zu Ihrem Bebraucde anwenden,
Gellert. Im Kriege dienten fie (dieſe Klöfer) zu’ verſchiedenen Behufenz
bald zu Magazinen, bald zum Aufenthaltsorte für Gefangene, Seume.
Anm. tlebernug == Wucher iſt veraltetz Der kein vbernug ober gewin
nimpt. Dietenberger, Bibelüberf. (1571) &;. 18, 8.
Nutzanwendung, —eiche, —eigenthum, —garten, —gefälle, —ge=
waͤchs, —holz, —nießer, —nießung (S. 978) u. a. — Sie machen ihn
(den 5. Det.) zu einer Art von — ng. Leſſing, Hamburg.
ne 7. Der ganze Bang der Vernunft, der Kultur, ja felb
ber Rutzberechnung geht dahin. Herder. Die binlänglichen Sto
zu nußreichen Bemerkimgen geben, J. Loöwe.
Schießen.
(Wurzel ekut, scuz), -
Schieße, ſchoß, geſchoſſen, Schießen (ahd. sciu u, seoz, scu-
mös, scozaner, sciuzan uud sciozan; mhd. schiuze, schöz,
schuzzen, geschozzen, schiezen; goth. skiutan, ag|. scäötan,
altn. skiota, holländ. schieten,, engl. shoot) 1) fich fchnell von einem
Drte bewegen, fig. fchnell wachjen; 2) ſchießen machen, einem Dinge
eine ſchießende, d. h. ſehr ſchnelle Bewegung mittbeilen; 3) (in engerer
Bedeutung) vermittelft eines Geſchoſſes, befonders eines Feuergeweh⸗
res ſchießen machen oder mit größter Gewalt und Schnelligkeit forts
ſchnellen; 4) (in weiterer und uneig. Bedeutung) foviel als fchieben,
werfen = Brot in den Ofen, Geld; 5) (im Seeweſen) die Sonne
fchiegen = die Höhe der Some mit einem Werkzeuge beobachten;
j 084 s
(Studentenſprache) Kleinigkeiten entwenden. — Die Shlauuge ſchos
2. dem Weibe aus jrem Munde ein Waſſer. Luther, Bibelüberf.
Offenb. 12, 15. Jene gewaltigen Wetterbäche ... fommen finfter ge-
raufcht und geſchoſſen. Schiller, Brautv. M. Weil Unkraut ſchießt.
Shafefpeare, K. Richard II. 2, 4. Seitwärts ſchoß er den Bild.
Sonnenberg. Saul ſchoß den Spieß nad dem David. Luther, Bir
belüberf. 1. Sam. 20, 33. Sie haben ohne Hahn ſchon mandyen
Bock gefhoifen. Hagedorn, der Jäger.
Anm. Das Particip gefchoffen kommt auh im Sim von Schaß 1
vor: Die tumme (Dumme) bleibt gefh offen, und macht mit ihren yoffen Das
gange zimmer voll. Ben. Nenkirch, Schertz⸗Lied.
Abfchießen 1) ein Geſchoß mit großer Gewalt und Schnelligkeit
forttreiben; 2) duch einen Schuß abfondern; 3) einen abichießen =
näher ans Ziel treffen al& er; 4) gleichſam als einen Schoß hervor⸗
treiben, hervorbringen; 5) zum legten Male ſchießen, das Schießen
beendigen; 6) ſchnell hinabftürzen; 7) (von den Karben) ihr frifches
Anſehen verlieren, gewoͤhnlich verſchießen. — Wie fie aud ihre
Büchſen abſchießen ... folten. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 7.
Es lenken, gleih nah abgeſchoſſenen a ag einige Wagen in
die Mitte hinein. Göthe, röm. Carneval. ie fie (die Hand) end
abgefhoffen ward vor Landshut. Göthe, Goͤtz v. B. 1. Das
Auge voll von jenen abſchießenden graulichen Gebirgsichludten.
Böthe, St. Rochusfeſt. |
Losſchießen wird wie abſchießen von allen Schießwerkzengen ohre
Unterſchied geſagt. Löfen und (das ſeltnere) ablöfen (von los, ſ. vers
lieren) fliehen nur von grobem Befchüpr, das von feiner Ladung befreit wirb.
Abfeuern und Iosfeneru' (von Feuer, abb. fur, mhbb. viur, agſ. ale.
fyr, engl. fire, holländ. vuur, gr. zup) mit dem Orundbegriff des einiges;
vgl. lat. purus = rein, ahd. furban, ayf. feorman — reinigen) werben am
- von folgen Schießwerkzeugen gefagt, welche durch Feuer (Schießpalver) ab
neichoffen werden: abfhiegen und abfeuern deuten auf ein Schiefen in
die Ferne, und fofort nach einem Ziele. — Weßhalb der Anführer... eine Bitele
losfh of. Böthe, Leben 15. 8. Sobald fie oben bei dem Venetiauiſches
Palaſt angelangt find, werben Heine Mörfer gelöf’t. Gothe, röm. Garamıl.
Der fürchterlich drößnende Klang abgefeuerter Haubipen fiel. meinem frieb⸗
lichen Ihr unerträglich. Goͤthe, Campagne in Branfrei 30, Aug. (Gr Ef)
die auf einen engen Fleck gerichteten Kanonen alle Iosfeuern, U. ves
Mebnyänpfy, Szolnoks Vertheidiger.
An—, auf—, aus —, be—, bei—, durch —, ein—, empor—
ent —, entgegen —, er —, fort —, her —, herab —, herau —, herauf —,
heraus — herbei — herein —, herüber —, herum — berunter—,
erzu —, bin— , hinab —, hinan —, hinauf—, hinaus — pin
urch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu,
nn — N 1
= [u
wor-- (f. © 576), voran—, vorand— , vorbei—, vöräber—;
weg—, zu—, zurück—, zufammenfchteßen find keiner weiten Er—
Flärung bedürftig. — Was vermag nicht em angeſchoſſener Eber?
Schiller, Fiesto 2, 5. Neun Geſchlechter follen aus. der großen Auf-
Löjung anſchießen. Novalis, Heinrich von DOfterdingen 1, 8. So
wie verfchiedene Salze in verfhiedenen Formen anfchießen. Xichten-
berg, über Phyfiognomil. Sie [hießen an, und feines darf herein.
Söthe, Fauſt 2, 63. Die Saat ift aufgefhoffen Hagedorn.
Durch aufichießende Waſſerſtrahlen. J. Paul, Zitan 34, Lange
aufgefhoffene Don Quixote. Lichtenberg, orbis pietus. Indem
vor mir aufihuß im See ein Weibshild rauhe. H. Sachs. Er ift
zwar am Leben geblieben, hat ſich aber die Augen ausgefhoffen.
Böthe, Leben 13.B. Zu publiciren fie außfhuffen die alteft Göt-
tin. 9. Sachs. Einen u der Woche zum Feyertag ausſchießen.
Luther. Den zwanzigſten Mann (zum Kriegsdienſt) auszuſchießen
und zu ermählen. Inſtruktion von 1512. Sie machen Anſtalt uns
zu beſchießen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 19. Da war ich ge-
ſchwindt mit einer andern Zugen befhoffen (fertig, gefaßt). Alb.
Gusman ©. 152. Zwei Stunden waren faft verfloflen, daß Veit fein
fihönes Geld nicht einmahl durchgeſchoſſen (durchaezählt). Bern⸗
hard, Baris durchſchoß rüdwärts dem Deiochos oben die Schul»
ter. Voß, Ilias 15, 341. Auf Regenbogen durchſchoß (durdeilte)
ich fehneller als du die Nacht. Voß. Den Katechismus,. brav durch⸗
fhofien, mit Sprüden und felbfteignen Gloſſen. Voß, der Dorf»
pfaffe. Ein Theil der nach Mainz gewendeten Mauer war einge»
hoffen. Göthe, Belagerung von Mainz. Doch beim Rütteln ſchoß
der Giebel unverfebend ein. Voß, Aufmunterung. Leferinnen, die
fich in alle Bücher und Männer einzuſchießen wiflen. J. Paul,
Hefperus 36. Zwei harte Thränen entfchofien ihr. 3. Baul, Sie-
bentäs 6. Daß einer der unfrigen, der fih zu kühn zwiichen die
Heden gewagt hatte, umzingelt und, da er fich Feineswegs ergeben
wollte, erfhoffen wurde. Göthe, Kampagne in Frankreich 21. Sept.
Daß e8 dir zum argen erfchieffen wirdt. -Dietenberger, Bibelüberf.
(1571) Ser. 2, 21. So hat doch folches DVerbieten nit erfchießen
(zureihen) wöllen. Land, Ord. v. 1553. Mit bittlicher Anrufung,
ihm deshalben zu erfchießen (behilflich zu fein). Kremer, Landtags-
handl. 9, 313. Zerborften und zertrümmert ſchoß eim ‘Pfeiler nad)
dem andern fort. Bürger, Lied v. br. M. Wo hinter dem Albis
die Sihl frömend herabſchießt. Göthe, Leben 19.3. Es ſchießt
der Blitz herab aus heitern Höh'n. Schiller, Piccolomini 3, 9.
Um fih mit einem Widerfacher herumzuſchießen. 3. Paul, Hef-
perus 12, In ziemlicher Höhe ſchießt aus einer Felskluft ein ſtar⸗
ter Bach flammend herunter in ein Becken. Göthe, Briefe aus der
Schweiz 2, Abthl. Wohl manches Fahrzeug, vom Strudel gefaßt,
Brenn
ſchoß gah in die Tiefe hinab. Schiller, Taucher. Ihr fiber
das Ziel hinausgeſchoſſen. Shakeſpeare, K. Heinrich T.
Wenn auf dem langen Strom das Menjchengefhleht in taufend Wie⸗
n und Särgen hinunterſchießet. J. Paul, Titan ———
Gens fonnt’ er doch zu Andreas mitfhießen. %. Paul, Si
6. Es ift der Fall von dem verlomen Pfeil, dem man einen ander
nachſchießt. Göthe, Briefw. mit Schiller 5, 105. Wie bald ein
Lichtmeer ihr nachſchoß. 3. Paul, Hefperus 7. Die noch immer
nahfchießenden Trümmer -Kofegarten. Da ward Egmont Das
Pferd unter dem Leibe niedergefchuffen. Göthe, Egmonti. Auf
feine Tauben ... [hießen die Sabichte öfter.nieder, als auf die
länzendweißen. 3. Paul, Titan 40. vberſchießen wie ein wafler,
ß gefteurt. Voc. v. 1618. Die Reime find in den erſten an
Berfen dreyzehen, in den andern zweyen, und fo umbfhießend (ab-
wechfelnd) zwoͤlffſylbig. Opitz. In ein fahles Aſchgrau „waren alle
feine — verſchoſſen, Rovalis, Heinrich von Ofterdingen 2
Das enwaſſer verſcheuſſt. Luther, Bibelüberſ. Jer. 18, 14.
Nachdem das Fewerwerck verſchoß, zuünd man an das gemachte Schloß.
H. Sachs. Cr hoffe, daß noch wenige Prinzeffinnen getraut worden,
im die er fih nicht verfchoffen hätte. 3. Paul, Hefperns 3 | Eines
Narren Bolzen find bald verſchoſſen. Shakefpeare, ſ. Heinrich V.
8,7. Ich will euch die verfhoffenen Bolzen wieder holen. Goͤthe,
Goͤtz v. B. 1. Sie denken, wir haben uns verſchoſſen Call unfer
Puiver und Blei verfch.). Daf. 3. Han aufgeben mein gütlein u=d
verfcheuße mic) des (verzichte darauf) mit hant und halm. Mon.
hoica 24, 588 v. J. 1411. Es firömte das Abendopfer erdwärts
mit vorfhießender Glut. Klopſtock, Meſſtas 10, 1030, Das
vorgefchoffene Gezweig. J. Paul, Hefperus 4. Noch ſeh' ich
nicht, wie fle p ihren vorgefhoffnen Geldern... kommen werden.
Schiller, Biecolomini2,7. So ſchoß er auch bei einer ganzen
wohlgefleideter Srauenzimmer vorbei. Meißner. Richt Bitgen gleich,
die ſchnell vorüberfhießen. Schiller, Brautv. M. Ein vorüber:
fhießender Nahtvogel. 3. Paul, Titan 52. Wie mir Diefe Haxd
weggeihoffen wurd. Gothe, Goötz v. B. 1. Der Ort ift ſehr
zerihoffen. Göthe, Belagerung von Mainz. Hier praugte vor
geiten ein luſtiges Schloß, das längft in Schutt und in Trümmer
jerfhoß. Bürger, Lenardo und Blandine. (Mars) ſchoß ... de
rothen Blitze meinen Sternen zu. Schiller, Wallenfteins Zod 1, 1.
Er riefs, umd fchneller, als ein Bolz, ſchießt Ceilt) er dem There
zu. Altinger, Doolin 3, 9. (Sie) ſchoſſen defto frifiher zu auf
ihres Ludwigs Bruder. Xichtenberg, von der ſchwimmenden Batterie.
Das Ganze ſchoß von allen Seiten zufammen und ward eine fes
lide Maſſe. Göthe, Leben 18. B. Zu deren cder Kuh) Kaufſchilling
bie vier Saushaltungen zufammenfchoffen 3. Paul, Siebenfäß
—
3 * Bin ich nicht zuſammengeſchofſen wie dieſer Krüpe
Daſ.
pel ?
Schieß (ahd. scioz, mhd. schiez), ) Schießen, Geſchieß,
Schießer — Seite — Gebaͤudes, die vom Grunde bis zur Firſte
eine flätige fenkrechte, ein Viereck mit darauf geſetztem Dieied vor⸗
ſtellende Flaͤche bildet, Giebelſeite als ne nfaß der — um⸗
ſchießig, erſchießlich find veraltet. — Schieße und =
ein flaches Brei an einer Stange, um das Brot damit in * Ofen zu
ſchießen; Schießer = Einer der ſchießt; Schießung = Handlung
bes Schießens find zwar nicht veraltet, aber doch wen gm im Gebrauch.
— Da fiel der ſchieß darnider und erfiug wol XXI . Bis
ſchof Heinrich zu Augsburg vernümet Er lieben frawen eirdden vaſt,
vmd machet die ſchoͤnen porten oder ge (hieß ob der firden eingang,
Augab. Ehromil, Der Kirchthurm zu Sandau fey im Grund gefundhen,
und derfelb von oben herabgefalen; der border hier fen zumal da
mit eingangen .... müefle man einen neuen Schieffen aufmauren,
und ob im Gipffel des Schieffens am khlain Thürnlein auffüren.
Meichelb. ra Ben. 2, ee gr Bilder am Schießer der
Domliche zu Salzbur N Chron. 276. Die Reime find
trochaiſch, —— n umbſchieſſend) von ſteben und
acht Syllaben tapfere und erſchießliche Landftener.
Krenuer, — Pi 25, Wie am fiherften und —
ſten (wirkſamſten) dagegen fürzunehmen ſey. Daſ. 10, Eu
und eurerm Land au‘ im und Troſt erſchießlich. — 5 40.
— bedarf, —beere, — blech, — bolzen, —eifen, fjiſch,
—geld, a ae: — graben, —haus, —herd, —holz
—E echſe)y, —hund, —hütte, —karren, —klinge,
—fugel, — lein, — — mahl, —nagel, —— —pflock, —pları,
—platz, —prügel, —recht, —ring, —ſcheibe, —ſcheit, —ſchlange,
— ſchute, — ſpreize, — ſpule, — ſtatt, —fleiger, — ud, —tafel, —tafche,
— wagen, — wand, —wehr, —wieſe, —zwecke u. a.; Beſchießhütte,
—meilter, — ordnung, —zeihen. — Das hoͤchſt mechaniſche Mittel
eines Schießgewe x "rhert eine fhnelle That mit der geringften
Auftrengung. Goͤthe, Leben 18. B. An jeder Vorderfeite gähnt ein
Schießloch an dem andern. Lichtenberg. Das von Wilden Ya
Schießpulver 3 Baul, Hefperus 1. Da entriß er das mächtige
Schießrohr. Pyrker, Tunifias 10. Daß er ein Fenſter einftieß und
ans des Schießſcharte nod einige der nöthigften nachbrennende
Schüſſe zum Unglückvogel auf der Stange binauftbat. J. Paul, Ti-
Km 15, Aber wenn die Alten Fechterſpiele hatten, fo waren wir zu
2 Die Besrife Begriffe „wiegen und Sch * erläutert eiwa unſer nihd. werfen
und Wurf (Jalte im Kleidv). Die alten Rockſchöße waren gefaltet und gefranzt.
Diefe Worte Grimms (IE, 21) — dieſes eu (gleihfam Schoß)
einigermaßen erflären.
988:
Schießfpielen herabgefunfen. Benzel- Sternau Im Sch ⸗
bäude führte er fie in den Schießſtand. J. Paul, Siebenkäs 9,
Jetzt fehnell mein Schießzeug faflend. Schiller, Zell 4, 1.
Schuß (ahd. scnz, mhd. schuz, altn. skot) 1) der Zuftand
da ein Ding fich fchnell fortbewegt; 2) lebhaftes übereiltes (einem
Fortſchießen gleiches) Verfahren, das und ungereimt vorlommt, Dann
die Gemüthseigenthümlichkeit, ſo zu handeln, auch ein fo bandelmder
Menfh; 3) etwas das in die Göde ſchießt, anfchießt; 4) die Hand:
lung da man ſchießt, fowie auch der Knall und die Sirkung, welche
dadurch hervorgebracht werden; 5) der Zuſtand, da man von einen
Geſchoſſe Be wird oder ift; 6) die Ladung, Die aus einem Ge-
wehr gefchoffen wird; 7) die Stelle, wo ein Thier durch ein Geſchoß
verwundet ift; 8) fo viel als auf einmal geſchoſſen wird; 9) (veraltet)
Augenkrankheit der Kapen, in welcher fie toll werden und zum Kopf:
einrennen bin und her fchießen; auch auf Menſchen übertragen. —
Die SC chollen rolten, Schuß auf Schuß, von beiden Ufern. Bür-
‚ger, Lied v. br. M. Gleich) dem Papa dort kommt r in Schuß.
oß, Luife 1, 519. Don jeder Seite wurden an diefem Tage zcha-
taufend Schüſſe verfchwendet. Göthe, Campagne in Zranfreich 19,
Sept. Mir tödtete ein Schuß das Pferd. Schiller, Walleniteins
Tod 2, 3. (Daß fle) euch in den Schuß rennen. Scyiller, Räuber
2, 3. Wem die Augen roth ſeynd, und ihm die Schüſſ im bie
Augen geend (gehen), der hab die Augen in kaltes Wafler, fo gelis
gent jm die Schuff. Ortolph.
Wurm (f. ©. 4) fig. Gedanke, der im Geiſte peinigenb umgeht und am
Herzen nagt; dann eigenthümliche Brille, die Semand bat; überhaupt «in als
Gemüths⸗ und Geiſteseigenheit auffälliger und der gewöhnlichen Anficht wider
ſtrebender Gedanke. Nagel (5. 721) fig. Hohe unbegründete Ginbildung, ber
funders wenn fie ſich durch ſteifes hochtrabendes Weſen zeigt. Sparren (ak.
sparro, mhb. sparre, vun einem verlornen spairran — offen fliehen, daher
ahd. sparjan, sperran, mhd. sperren — ſperren) eig. ſchraͤgſtehender Dach⸗
balken; danun Hochmuthögrille; Brille, daß man vor Andern etwas vorans-
habe.!) — Gin jeder Denfch Hat feinen Wurm, Goperilus ten feinen,
Böthe, fprichwörtli, Der kritiſche Idealiſt Hat, wie ihr noch vielleicht nicht
wißt, auch oft wohl mas von mehr als Cinem Sparren, Klopflod, Gelehrien⸗
republif.
Abſchuß (abſchüſſig), Au — Anf—, Aus—, Nach —, Ueber—,
Vor—, Zufchuß u. a — In der Höhe iſt ein ſteiler Abſchuß,
1) „GOöthe:“ Sonſt war ich Freund von Narren, ich rief fie ins Hans
a brachte jeder feinen Sparren, wollte Zimmermeifter fein.” — Das ik
olfeh, mißlungener Scherz. Bei der Prüfung der Nittermäßigkeit und Turnier⸗
fähigkeit wurden Schilde und Wappen unterfucht, wobei birfelben etwa wegen eine
perſchrantten Balkens oder Sparrens zu viel oder zu wenig mitunter einer Anfech⸗
tung unterlagen.” S. G. Wurm, Hofer Programm von 184%.
089
wei Kafter tief. Ungenannter bei Campe. Abfchliffige Gründe
emmen mit gähnender Kluft hinter mir, vor mir den Schritt. Schil⸗
er, Spaziergang. Die meiften Krankheiten, welchen man bier unter-
porfen tft, find Anſchüſſe und Gicht. Campe. Ein ftoßender Auf-
ch uß des Blutes in das Gehirn. 3. Paul, Siebenkäs 9. Diefer
Husfhuß der wilden Phantafte Kl. Schmidt. (Daß wir ihm) in
ınferm Ausfhuß eine -confultative Stimme geben mödten. Schiller,
Briefm. mit Göthe 1, 41. Ich komme mit dem Bürgerausfhuß,.
Göthe, Bürgergeneral 9. (Ich habe) mir den Ueberſchuß wöchent-
(ih aus der LZofung geholt. Göthe, Werther I, 11. Juli. Welch ein
Tauſch wäre dies geweien, auch ohne Ueberſchuß? Shakeſpeare,
Wintermährchen. 4, 3. Ihm kam der Vorſchuß (im Zweilampf) zu.
Ungenannter bei Campe. Ein Buchhändler hatte ihm Vorſchuß ge—
leiftet. Göthe, 2. Aufenthalt in Rom Augufl. Der, wenn darbend
ein Mann für Weib und Kinderchen Brotkorn beijcht vom belafteten
Speicher, ihn erft mit dem Prügel bewillkommt, dann aus geftrichenent
Map einjchüttet den kärglihen Vorſchuß. Voß, die Keibeigenen 60.
Wollten die Leute mit Hand anlegen, jo würde fein großer Zuſchuß
A fein, um bier eine Mauer im Halbkreis aufzuführen. Göthe,
Wahlv. 1,6. — Welcher auf Bogenjhuß fern harrete. Voß, Ilias
15, 709. Nun lag kaum einen Büchfenfhuß davon ein Stift.
Wieland, Oberon 2,3%. Da gönnt ich ihm den Hauptfhuß nicht.
Uhland, H. Ernſt 3. Hochſchüſſe waren jehr ungewiß. Göthe, Be-
fagerung von Mainz. So fchnell muß fein Karthaunenſchuß des
Zeus die fchwarze Luft durchfahren. Pfeffel, Minos und der Schatten.
Es ift leicht zu zeigen, daß diefer Kernſchuß aus einer Doppelbüchie
dem Magifter durd) Mark und Bein durchfuhr. 3. Paul, Titan 16,
(Sie) wedten im Lärmſchuß eilig, den Wall entlang, die kühnen
Genofien zum Kampf auf. Pyrker, Tunifing 6. Es war ein Meifter-
ſchuß. Schiller, Tel 3, 5. Als man ihnen lakoniſch mit ein paar
Musketenſchüſſen antwortete. Göthe, Meifters Lehrj. 4,5, (Sie)
that feinetwegen die Nothſchüſſe unten am Berge. J Paul, Titan
12. Aber wenn jenen ein Speer wo verwundete, oder ein Pfeil:
ſchuß. Voß, Ilias 11, 191. Da kriegt’ ich zum Abfchied noch einen
Streifihuß ans Bein. Göthe, Egmont 1. 4
Mit abfchäffig (ſtark abwärts geneigt) IR abhängig (f. Abhang
G. 29%) finnverwandt, das aber bloß die Neigung zur Fläche bezeichnet. —
Der Raum, anf welchem die zahlreiche Gemeinde fleht, iſt eine große, uns
vollendete Terraffe, ungleich und Hinterwärls abhängig. Bäthe, St. Rochue⸗
fell. Die abhängige Geite wird gehöfcht. Böthe, Belagerung von Main;.
Schuſſig, ſchuſſelich — voreilig; Schuſſel und Schoffel was
Schoß 2, davon — ſchoſſeln; Schuſſer = Schnelllügelchen,
davon ſchuſſern; Schoſſer — Knecht, welcher auf der Alpe den
Dünger beſorgt; Schöſſel und Schößlein = Hänfling (von ſeiner
*
9
—
Art ſchußweiſe zu Degen ?) find theils veraltet, theils der Bollsſprache
angehörend. — Die Heinen Jungens in den Pfügen laßt fie mit ihren
Schuſſern — Goͤthe, das Neueſte von Plundersweiler.
Für Schuſſer Hört man in andern Gegenden Glicker, Klicker,
Blüder, Klüder (bolländ. klikker),. Im Voc. von 1429 ſteht klucker =
- globus, gluckern — glohisare, Das Wort gehört wol zu ahd. klekjan,
mh. klecken — fpringen machen, ſchallen; ahd. ch(k)lohh(ch)ön, m.
klocken = flopfen, anfhlagm, woher Glocke ©. 334, — Die Grauit
waden auf den Darmfädter Feldern find Slider, mit weldhen bie Riefes-
finder fpielten. Lichtenberg, Liter. Bemerkungen.
Schußbartel (was Schuß 2) —baum, —bolgen, —brüde,
— bühne, —fertig, —feſt, —gatter, —geld, —geredit, —gerimme,
—feil, —laden, — mäßig, — reiht, — rolle, — ſchlange, —ftein, —tritt,
—weide, — weite, —wunde u. a.; Abſchußlage (im Wafferbau);
Ausſchußbogen, —tag, —tagsabichied. — Ihr Juden thatet fonft
geheime Stoßs und Schußgebete, wenn euch eim Weiler aufikieß.
% Baul, Siebentäs 4. " Torweit zerflennend ſchußlöcher. Fitcdatt,
Gargantua ©. 38. Du, Got, bift nu mein ſtarker jchilt, darunter
recht ſchußfrey verborgen ich fihher vor Gefahr und forgen fan ftebts
etroft und ruhwig fein. Weckherlin. Adelbeid, die Schußwaſſer
m Verſchluß hatte. Huber. — So fah er die Blonde, die ihm zum
— a faß, in einem fort mit unbefchreiblicher Liebe
an. J. Paul.
Schoß (ahd. das acoz, mhd. schoz, altn. skeyti, akot) iſt
nun ganz verdrängt Durch Geſchoß S. 94, bei Stieler das und der (ahd.
das gascdz, 5* mhd. geschöz, agſ. gescẽot). — Ein Plid-
ſchos (Biigihoß) Im ze jungft flug. Schmeller 3, 410. Ein Ge-
ſchoß, der bald verpufft. Fleming, S. 665 der Kübeder Ausgabe.
Trotz' ih Jupiter Donnergefhoß. Knebel. Das richt gemelter
Künftler (Archimedes) groß in die Römer ein Hagelgeihoß. $.
Sachs. Und mit der Rechten entzog fie die Jagdgeſchoſſe den
Schultern. Voß, Ilias 21, 489. Ihm folgte der Knapp’ mit dem
Zägergefhoß. Schiller, Graf von Habsburg. Vom dunfelen Blute
u jäubern außer dem Kriegsgeichoß des Sarpedon. Bob. Den
* den Mordgeſchoſſen entreißend. Voß, Ilias 18, 2.
en Wiederhall der Eppichllüfte ſchreckt kein Schlachtgeſchoß
Salis, an ein Thal, Er (der Köder) enthielt viel Todesgefchoſſe.
Voß, Odyffee 21, 12.
affe (goth. vepn, ahd. wäfan, mh. wäfen, wäpen, alt. wäpas,
agf. wsepen, altn. wäpn, wopn, ſchwed. vapen, bän. vaaben, engl. weapen.
pr. omAo» überall neutr. ) unorganiich wit abgeworfenem n aus Dem pker.
1) W. G. Schirli dent & anıen, . tunen
1004) —— Band a we ea — 16 ERGEN
emnwen
'991
gebildei, alterigämlich und richtiger das Waffen, if der allgemeinfte Aushrud
für Kriegswerkzeng. Räftung (ahb. rustt, rustunga, mhd. rüstunge, von
rüften, ahd. hrustan, hrustn, rustjan, mhb. rüsten) das angelegte Werl:
zeug, um etwas leichter auszurichten; alles zum Kampfe oben Kriege nöthige
Geräth, vorzuͤglich das, was angelegt wird. und zu Händen fein muß, um zu
Vertheidigung und Angriff geichickt zu fein. Wehre (ahd. wart, wert, mbb.
were, wer, altn. veria, |. wahren ©. 631), n5b, gebränchlicher die Wehr,
das, womit man wehrt, befonderd Schupwaffe, Gewehr (ahd. kiwer, mhd.
gewer) Angriffswaffe zum Handgebrauch; im Befondern Schießwerkzeug, das
— mit der Hand gebraucht wird. Geſchütz (mh. geschuzze, geschütze) früs
ber jedes Schleßzeug; nun bie Geſammtheit der größern Schießwerlzenge, auch
das einzelne diefer Schießwerkzeuge. Stück (f. ©. 96) das einzelne grobe
Geſchũtßz, im Befondern die Kanone, — Roland das Schwert zur Selte band,
Heren Milons ſtarkes Waffen. Uhland, Roland Schildträger. Das mag
eine ganz gute Waffe zum Angriffe fein. Wieland, Wagen, Roſſe, feſte
Städte und Rüftnng. Luther, Bibelüberf. 2. Kön. 10, 2. Das (Pferd)
trug des Riefen fchwere Wehr,. den Harnifch fammt dem Schwerte. Uhland,
Roland Schildträgerr., Werfen von fich die blutige Wehre. Schiller. So
lang fie noch befist, Tann fie noch fhaden, denn Alles wird Gewehr in ihrer
Band. Schiller, Marla Stuart 1, 1: Wenn endlich die Kanone brummt und
knattert's Hein Gewehr. Göihe, Kriegsglüd. Daß die Franzoſen das hieher
gerichtete Sefchüg abfeuerten. Gothe, Belagerung von Mainz. Hier fland
viel Belugerungsgefhüg. Daſ. Im Stum des Donnerz
geſchützes. Pyrker, Tunifias 1,
Schoß auch Schuß, gebräuhliher Schößling (ahd. scuzzelinc,
mhd. schuzlinc, schüzzelinc) ein in die Höhe gefchoffenes, ſchnell
in die Höhe gewachfened Ding: Gewächs, junger Menſch; ſchoſſen
— fchnell in die Höhe wahlen. Davon Geſchoß (fig.) Inbegriff
aller in einer Höhe oder auf einem Boden eines Gebäudes befind-
lichen Zimmer, gleichfam das Emporgefchofiene ſ. S. 94. — Wie fo lang
und grade der Schoß des Nofengebüfches. Voß, Luife 2, 285. Hier an
rothen Lindenſchoſſen Knofpen berften. Salis, Märzlied. Scham:
haft erglübend, nahm ich den heiligen Rebſchoß. Voß, der Reben⸗
fproß. — Die neuen Schößlinge. Göthe, Spbigenie 1, 2. Wie
heiter werde ich Die Derlegenheiten der jungen Aufſchößlinge be-
trachten. Göthe, Wahlv. 2, 15. Mit allen ihren heraldiſchen Blät-
tern, Wafferihößlingen und Slechtmoofen. J. Paul, Zitan 10.
Er war fo gefällig wie ein Weidenfhößling. Göthe, Götz v. B. 2.
— In Aehren gefhoßte noch grüne Gerſte. Göthe, ital. Reife Cal⸗
tanifetta 38. April 1787. Unter allen Gefämen ift der Same. des
Aufruhrs derjenige, Der am fehnellften auffchoßt. Meißner. —
dickſchoſſende Spargel meine Mama, Voß, Luiſe 3.b, 116. Wie
Die dide Saat halb ſchon gleich verfchoffer hat. Bring, S. 4%.
— Und kann's vom hoben Thurmgeſchoß mit Blicken nicht ergrei⸗
208
fen. Göthe, das Blümlein Wunderſchoͤn. Ein meift in Kramläden
verwandeltes Untergefhoß. Göthe, Leben 5. B. Don bier aber
war fein Weg in das Halbgeſchoß, wo fie wohnte. Göthe, Wahl⸗
verwandtichuften 1, 11.
Schoßbalk, —beere, —faß, —gerinne, —gras, —kelle, —Eiel,
—kraut, —raupe, —rebe, —reis, —rinne, —itein, —wurz.
Schoß, Schooß (früher die, mın der 1) goth. der und das skänts,
ahd. der scöz, die scöza, agj. scöät, altn. skaut, skeyti, nıbd. der
und die schöz, die schöze, mittelniederl. scöt) 1) der Bug am
Unterfeibe des Menſchen, ori wenn er fißt; 2) gemöhnlih
ee zwifchen den Echenfeln einer fihenden Perſon, beſonders
einer weiblichen und wenn fie die Schenfel ein wenig aus einander
thut, fo daß der Rod eine Vertiefung befommt; 3) oft nur ven
den zufamneengehaltenen Schenkeln eines Eipenden; 4) derjenige Theil
an Mannsfleidern, welcher von den Seiten des Schoßes nad) hiz-
ten binabhängt und an und in welchem fi die Taſche befindet
Davon fhoßen und fhößeln. — Es wand ihr ein Knäbdyen ſich
weinend vom Schooß. Bürger. Das Scheflin ſchlieff in feinen
Schoß. Luther, Bibelüberj. 2. Sum. 12, 3. Erde ‚mein mütterlich
Land, die du mich im kühlenden Schooße einft zu den Schlafenden
Gottes begräbſt. Klopftod. Aus den Schößen fterblicher Mütter.
Klopſtock, Meſſtas 2, 448. Die Erde nimmt uns fünft auf ihren
Blumenſchoß. Xiedge, Urania 4 Saturnus Reich ift aus, Der
die geheime Geburt der Dinge in dem Erdenſchooß und in den
Tiefen beherrſcht. Schiller. Fhetig burg im Gewandſchoß ihe.
Voß, Ilias 6, 136. Daß er im Zriumphe... flürz’ in den Glut⸗
ſchooß. Sonnenberg. Senfet mid hinab in eures tiefen Friedens
Grabesfhoog. Göthe, Eugenie 5, 6. Umfaͤngt mich nicht der
weite Himmelsfhog? Schiller, Maria Stuart 3, 1. Ein Kind
im Mutterfhoß ruht. Salis, die Herbſtnacht. Warum dünkeſt du
dih zu Erden, riejenrauhe Stimmen aus dem Wolkenſchoeße.
Benzel- Sternau, Ihm ruhen noch im Zeitenſchoße die fchmarzen
und die heiteru Looſe. Schiller, Glode. — Dein Bufen foll mich
umſchooßen. Rückert, geſ. Ged. 4, 2367.
Schoßkind — der durch Uebermaß von Zuneigung und zärtlice
Pilege Ausgezeichnete. — Blindlings folgte id dem Gluck, vdeffen
Schlachtopfer und Schooßkind ich wechſelsweiſe gewejen war. Meiker.
Liebling (ſ. lieblich S. 24) allg. der dur hefonderes Wohlmwolen
eines Weſens Ausgezeichnete, inſofern dieſes Wohlwollen Buneigung, befouders
innige, fl. Guüͤnſtling (f. Gunſt, günflig E_120) ter durch Förberung
1) Opip ( J 1639) fagt mei die, ſelten der Shy; Lohengein
(t 1683) mei vie; Günther (41723) der und bie; 9. v. Haller ($ 1777)
der und die. Den PL Schooße hat Bimmermanı, Münch. 8, 873. -
993
feines äußern Wohles vor Andern Ausgezeichnete, — Mit wahrer Leipenfchaft
verfchwenbete fie den ganzen Reichthum ihrer Lieblofungen ... an ihren
Liebling. Goöthe, Meiftere Lehrj. 1, 11. Der unglüdlide Sänfling
mußte das Vergnügen, frembe Bebern eine kurze Zeit getragen zu haben,
theuer bezahlen. Daf. 3, 9. -
Schoßbein, — fall, — fell, —hund, ‚—jünger, —rippe, —ſchlange,
— finde, — tuch u.a. — Indem man einen gewiffen Schoßnarren
nicht verläugnete, fo tractirte man ihn auch nur für das, was er war,
Göthe. Es ift ihnen nicht genug, die Schooßneigungen ihrer
Zuhörer zu bekämpfen; fie wollen fie auch befiegen. Klinger.
Schoß (der und das, mhd. der schoz, das geschoz, nieder.
schot, agſ. gescäöt), von ſchießen im Sinne „Geld zufchießen“, über-
haupt herrſchaftliche, obrigkeitliche Abgaben, die entrichtet werden müf-
fen von Seiten des Zuſammenſchießens der zur Zahlung Verbundenen,
während Steuer (ahd. stiura, st&ora, mhb. stiure, stiuwer), gegen⸗
wöärtig der üblichfte Ausdrud, zunächſt auf den Zwee der ——
des öffentlichen Weſens fleht; davon Abſchoß. — Er ſchützt in aller
Kraft Freiheit von Zoll und Schoß, ald Recht der Ritterfchaft. Voß,
Zunfer Kord 147. (Sie) ſchrieben Schoß und Stenern aus. P.
Gerhard, der Acker der Edeln.
Schoßbar, — buch, —eid, —frei, —herr, — leute, —mann,
BB rg —pflichtig, —_regifter, —zeit, —zins; abfehoßpflichtig,
—re
Schügen (mhd. schützen — fchirmen, agf. scotjan = mit Pfei-
len jchießen) von dem veralteten, baieriſch noch lebenden ſchutzen
(ahd. scuzzan, scozzön, mhd. schutzen — durd Schwung oder
Stoß in fehneller, kurzer Bewegung forttreiben, woher agf. scyttan,
engl. shut — ftauen, hemmen, verfchliegen. Schügen wäre zunächft
ſchnell etwas vorftoßen, dann dadurch die Annäherung eined Uebels
abhalten. Davon be— (©. 404), vorfhüsgen (S. 274). — Gott,
Deine Hülffe [hü . mich. Luther, Bibelüberf. Pi 69, 30. Der
Menſch hat nur allzu fehr Urſache, fich vor dem Menfchen zu ſchützen.
Söthe, Meifters Wanderj. 1, 4 Man ift vor Wind und Sonne
geſchützt. Daf. 1,5. Diefer fupferne Kaminſchirm ſchützt mich
noch immer vor dem Feuer: Daf. 1, 12. Was ſchützt dann der
gnädige Herr vor? Voß, die Zeibeigenen 46.
Schirmen und verthridigen f. S. 404. — Bel Treu und Blauben,
und in vollem Gruft, und fo mich der Himmel f ch irme. Shalfpeare, fo wie
ed euch gefällt 4, 1.
Schutz; Schäger, Schügung, fhügig, Schügling, Schügel,
Schütze (ahd. scuzzo, mhd. schütze, altn. skyti), — Wer iſt's,
in deſſen Schirm, als unter'm breiten Schuß der göttlichen Negide,
Demarat jept fiht, jest flegt? Leſſing, Kleonnis 1, — Herr Huͤon
-
994°
.
nimmt mit Danf die wundervollen Pfänder von feines neuen Schügers
Huld. Wieland, Oberon 2, 52. Eine mähtige Städtebeihügerin
war fie. Herder. Drauf (auf der Aegis) war Streit, drauf Schützung,
und drauf die ſtarre Verfolgung. Voß, Ilias 3, 740. Das ſchiffbrot
das ift zweimal gebachen, bert und ſchützig. Geiler v K. Schügpend
gs Empanda um das ruhige Dorf und hütete den Schlummer ihrer
——— Benzel⸗Sternau. — Aber dort ſeh' ich Drei ſcharfe
Schüßen linfer Hand um ein Feuer a Schiller, Wallenfteins
Lager 1. Ein Abeſchütz von gereiften Jahren. Platen, rem. Dedi-
pus 4, Er it ein beßrer Wildſchütz als du denkſt. Shakeſpeare,
Maß für Maß 4, 3. So bleibt mein Ruhm als Schützin umer
lehrt. Shafefpeare, Liebes-Luſt und Leid 3, 1.
Gqhirm (ahd. scirm, soörm, md. schirm) und Bertpeidigung fat
aus fchirmen und vertheidigeu ©. 404 Flar.
Schuganwalt, —bild, —blattern, —brett, —brief, —buhne,
—bund, —empfohlen, —flügel, —frau, —gatter, —gehänge, —geld,
— geld, —geleit, —genoffe, —genoffenihaft, —gerechtigfeit, — geſuch,
—hhter, — haltung, —heilige, —heiligthum, —herr, — herrlich, — herr-
(haft, — jude, —kampf, —Taften, —kolben, —krieg, —Teiftung, — mann,
— mantel, —mauer, —mittel, —poden, —recht, —rede (S. 404),
—redner, —feil, —flel, —ſucher, —teih, — verwandte, — vorrede,
—wache, —waffe, —zettel, —zeug u. a.; Schügenbruder, — brüder-
ſchaft, —einung, — eſſen, —gelag, —gefellfhaft, — graben, — hans,
—hof, — jagen, —kaſſe, —koͤnig, —krug, —meifter, — plan, —plaß,
-—-raupe, —Ihmaus, —Abung, —wiele u. a. — Gleich, wer den Schu:
anfleher, gleich, wer den Fremdling beleidigt. Voß. Es freut mich,
Daß Sie meinem Freunde und Schugbefohlenen nit ganz m
ünftig find. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 144. Die Klinge des
Schwertes bat ein ausgeblumted Schugeifen. Bragur. Sein gukr
Schutzengel erwadte nun mit neuer Kraft. Meißner. Daß fie in
Kurzem wie ein freundlider Schupgeift ihm unentbehrlich war.
Goͤthe, Wahlv. 1, 7. Erbe, mein Shugfind! Sonnenberg Die
Schutzkraft der Kuhpocken. Jen. Lit.» Zeitung. Der Ichuglefe
Zuftand des Kindes. Morit. Man erblicdt keinen Vogel, fein Thier,
As das eilend nah einem Schugort ſchlüpft. Göthe, Egmont 4
Daß ich eine Schugfchrift ausarbeite für Emanuel. 3. Baul, Heſ⸗
perus 8. Die dyaribdifch umfprudelten Zelfen, des Abgruuds —
‚thbürme. Sonnenberg. Keine Schutzwehr. Shakeſpeare, Cym
line 3, 4. Schutzwort zu Gunſten eines Verbannten. Campe. —
I" Schüßengebäude führte er fie in den Schießſtand. 3. Raul,
iebenfä8 9. Endlich widelte der zufammengeringelte Schüßen-
knäul fih in langen Fäden ab. Dali. 7. Ich darf ja nur wein
Schützenloos und meine Bücher verlaufen. 3. Baul.
"7
995
Aum. Schüſſel (ahd. scuzila, scuzzila, scagula, mb. schüggel, alta
3kutull, agf. scutel, franz. escaelle, fpan. escudilla, ital. scodella) flammt hoͤchſt
vahrſchei fi vom lat. scatula, scutilla, einer Verkleinerungsform von scutum
Schild.
Schliefien.
(Wurzel slut, sluz).
Schließe, ſchloß, geſchloſſen, ſchließen (abd. sliuzu, sldz, sluzu-
mes, slozaner, sliuzan, sliozan; mh. sliuze, 8löz, sluzzen, ge-
jlozzen, sliezen; ſchwed. sluta, niederf. sliten, sluten; Wader-
ragel vgl. lat. cludere — fließen, clavis, gr. Ant; = Schlüffel)
I) eine Deffnung genau ausfüllen, etwas genau decken, umgeben, fv
yaß feine Deffnung bleibt, das Offene zumachen, 2) in das Schloß
yaffen und dasfelbe öffnen; 3) in fich fohließen, faffen, enthalten; 4)
ein Ende (den Schluß) erreihen, zu Ende kommen, tranfitiv zu Ende
ringen; 5) zu Stande gebracht werden, tranſitiv zu Stande bringen;
3) von allen Seiten umgeben und dadurch gleichſam zumachen, von
dem Uebrigen abfondern; 7) in Anfehung der Zeit, der Zahl oder
ınderer Umftände einfchränfen; 8) durch Gedanfenverbindung oder
Rachdenken findend aus etwas Gegebenem, fei es Thatſache oder Ur⸗
heil herleiten. — Ich ſchloß doch ganz gewiß den Schrein. @öthe,
Tauft 1, 143. Und wir fle (die Stadt) mit Ketten an den Himmel
jefchloffen. Schiller, Wallenfteins a 8 Die Kreundfchaft ift
ft ein Werk der Natur, das gegenfeitige Neigungen und Dienftleiftun-
en in ſich ſchließt. Adelung. Mit dem Helm und dem Wehrge-
äng ſchließt er fih an eine würdige Meng’. Schiller, Wallenfteing
'ager 7. Und fchnell, als wär e8 ewig fo geweien, fchloß ſich der
zund, den feine Menfchen Löfen. Schiller, Braut v. M. Abſolute Gewalt
at er, müßt ihr wiffen, Krieg zu führen und Frieden zu fchließen.
Schiller, Wallenfteind Lager 11. Stehn wir nicht gegen den Feind ge—
hloffen, recht wie zufammengeleimt und gegoflen ? Daf. 11. Und
ehe da, ein tapfres Baar, das würdig den Heldenreihen ſchließt.
Schiller, Piceolomini 1, 2. Bald fhloffen alle Hand in Hand, ein
teihentanz ward angefüngen. Uz. Wenn ed Jemand fähe, fo würde
gewiß auf eine ftarfe Bertraufichkeit ſchließen. Gellert.
Bolgern (f. folgen ©. 84) aus etwas Gegebenem, ſei es Thatfache
oder Urtheil, denkend herleiten, und zwar als eine Zolge, vd. h. als in der
Thatſache ober dem Urtheile feinen Grund habend und daraus hervorgehend.
— Alle Kinder, fie mochten befchäftigt fein, wie fie wollten, liegen ihre Arbeit
liegen und weudeten fich mit befondern, aber verſchiedenen Gebärden gegen die
Borbeireitenden, und es war leicht zu folgern, baß es dem Vorgefepten galt,
Goͤthe, Meiſters Wanterj. 2, 1.
Aufſchließen — aus dem Verſchluſſe öffnen; auch unverfchloffen
geben. Entſchließen — des Verſchluſſes benehmen; durch Auf:
63 *
996
hören oder Nachlaffen eines Verſchluſſes hervorfommen ; des Verſchluſ⸗
ichluffes benehmend öffnen; aus dem Innern hervor durch fortgeiepte
Gedanfenverbindung finden, Durch Schlüffe herausbringen I). Sich
entfchließen |. ©. 22. Erfchließen — aus dem ZJuftande des Ge
ſchloſſenſeins herauskommen machen und fo öffnen; aus einem Ge
ichlofjenfein heraustretend Dargeben. — Verbotne Echäge wagt’ ih
aufzufchließen. Göthe, Eugenie 4, 2. Ein Heiner alter Mann...
ſchloß mir die Pforten auf. Schiller, Piccofomini 8, 4. u die
fremde Schar, wenn eine Mutter Das Herz aufjchließen will ver
ihren Kindern? Schiller, Braut v. M. Die Vergangenheit ſchließt
und die Zukunft auf. Ziedge, Urania 3. Da er die Offenbarım
uns aufſchloß. Klopftod. Leif entfhloß fie die Thür. Dep,
Luife 2, 458. Bls ſich der Thaten Frucht entjchleußt. Voß, Neu
jahrslied. Entſchließt fi die Blüte nicht heute, jo wird fie mer-
gen fi) zeigen. Herder. (Wenn) die Gefühle fih erjchliegen
öthe, Idylle. Ya, Anna, ohne Rüdhalt fol vor dir Das Herz der
Schwefter ſich erſchließen! Schiller, Neneis 4, 4.
Deffnen (f. 6.957) im weiteften Sinne Kraft änfern, daß etwas cf
wird; in unverbeciter Seele dargeben. Aufthun (von thun ©. 492) Krafl
äufßerung anwenden auf etwas, daß ed aus einem feſten, gleidhfam eine Be
wegung burchhin benehmenden Uneinanverfein unter fi oder mit Andern
fomme, alfo offen werbe; Eund ihun. Aufmaden (ſ. mach en ©.587) dx
Boneinanderfein aus einer feſten Berbindung unter fid ober nıit Anberm darch
Berwendung von Thätigfeit verwirklichen, alfo mit Thätigkeit ein Dffenfein
verwirklichen. — Wie hat fi) dies Heiligthum, das font fo ſtreng verwahrt
wird, gleih in den erfien Stunden Buch geöffnet? Sciller, Ficcolomizi
83, 4, D Öffnet euch, ihr lieben Augenlichter! Schiller, Braut von Reina.
Deffnet die Safe! Plap! Schiller, Tell 3, 3. Dann Bücher des Lchens,
welche dem Hauche mächtiger Winde fih Iffnen, und Namen fünflige
Ghriften, neue belohnende Namen, des Himmels Unfterblichkeit aufibun
Klopſtock, Meſſias. Ganz England Hütet meines Kerfers Thore; ver. freie
Wille der Eliſabeth allein kann fie mir aufihun Sciller, Maria Stnart 1,6.
Ab—, an—, aus—, be—, bi—, ein—, los —, nah —, um—.,
ver—, vor—, zu —, zurüd—, zufammenfchließen find Mar. —
Größere und kleinere Accorde abzufhließen. Göthe, Meiſters
Wanderj. 3, 12. Wodurh das Gedicht zwar geendigt, aber nicht
abgeſchloſſen wird. Göthe, Leben 15.8. Schließt Eure Rechnung
mit dem Himmel ab. Schiller, Maria Stuart 1, 2. Der Streit fl
abgeſchloſſen zwilhen mir und dem geliebten Bruder! Schiller,
Braut v. M. Ich Schloß es (das Haus) ab und liefre hier de
Schlüffel aus. Schiller, Wallenfteins Zod 5, 1% Um ſich von der
2) Logau fügt in feltnen Sinne: Wer vom Herzen Gott entfhlenft
(auefchliegt). Sinuged. 610.
997
irklichen Welt abzuſchließen. Schiller. Nichts ift für einen Philo-
pben beleidigender, als dieſe Anzahl von Pächtern (in wiſſenſchaft⸗
hen Gegenftänden), welche um jo mächtiger abichließen (abipre-
ven’, als fie unwiffend find. Hirzel. Die Haube ſchließt nicht. an.
‚acharid, And Vaterland, ans theure, ſchließ dich an, das halte feft mit
einem ganzen Herzen! Schiller, Tell2, 1. Sein Haus ift nicht mehr
as meine, wenn er dad Mädchen.ausfchließt, das ich allein nach
yaus zu führen begehre. Göthe, Hermann und Dorothea 4, 226.
5ie Schloffen mich, wie aus dem Baterherzen, von Ihres Zepters
Intheil aus. Schiller, Don Karlos %, 2. Die über Männerwerth
nd Männerruhm ausſchließend ohme Widerfpruch enticheiden ? Daf.
,8 Was wollt ihr euh beſchließen, verriegeln um und um?
Spig. Sie beihloffen (umſchl.) eine groffe menge Fiſche. Luther,
Zzibelüberſ. Luk. 5, 6. Gott der Höchfte, der Deine Feinde in deine
zand beſchloſſen Cübergeben) hat. Daſ. Mof. 14, 20. Um zulegt
ie große Lebensrolle mit gemeiner Verwandtſchaft zu beſchließen
endigen)? Schiller, Wallenfteins Zod.3, 4. So hat er denn be=
hloffen, was fein Fürſt beſchließen ſollte. Göthe, Egmont 4.
Sr ließ mir beigefhloffenen Aufiag von dem Architekt Weinbrenner
m Sie zurück. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 132. Der Zweck
iefer Verbindung, welcher ſich nicht bloß auf Handelsfreiheit ein⸗
chloß. Meiſter. Der Mann ift nur ein koſtbares Gefäß, das wicht’ge
Dinge einſchließt. Schiller, Piccolomini 5, 2. Eine Perle, die ver-
orgen in flillen Schalen eingeſchloſſen ruht. Göthe, Taſſo 2, 1.
he feht nur nicht die Mauer, die uns einſchließt. Schiller Maria
Stuart 3, 1. Der keuche ewig am Ruder, bis ihn die Pofaune des
Weltgerichts losſchließt. Schiller, Fiesko 4, 6. Die mein Arm fo
ehr zu umfhließen begehret. Göthe, Hermann und Dorothea
), 34. Mein Herz, nur einem GEinzigen geweiht, uUmſchloß die
janze Welt. Schiller, Don Karlos 4, 21. Frei, wie das Firmament
ie Welt umfpinnt, fo muß die Gnade Freund und Zend umfchlie-
zen. Schiller, Jungfrau v.. O. 3, 4. Aber Odyffeus uUmſchloß ihm
ven Mund mit den Händen Voß. Der Bad, den Eis verfhloß,
md Sonn’ und Weft entflegeln. Hagedorn. Als hieltſt du einen grün
ichen Gedanken verfchlojjen im Öebim. Shaffpeare, Othello 3, 3.
Sin graues Männlein pflegt bei nächtliher Friſt duch verſchloſſene
Thüren zu ihm einzugehen. Schiller, Wallenfteins Lager 6. Nicht der
Süngere |ch ließ t dem Yelteren immer das Auge, Das ſich willig ge
enkt, Fräftig dem Schwächeren zu. Göthe, Euphrofnne. Wenn dies
nein blankes Eiſen Bertha's Gefängniß niht aufſchließt, fo
Hließe ſich das Ohr des Erhörers meinem lebten Gebet 5
Schiller, Fiesko 1, 12. Wenn Ihr mich anfchaut mit dem Eifesblid,
‚Hließt fih das Herz mir ſchauderad zu. Schiller, Maria Stuart
3, 4. Liebe [hließet feier fie zufammen. Göthe, Braut von
—
998
Corinth. Nur durch die Gunft der Mufen ſchließ en fi jo vide
Reime fett in Eins zufammen. Göthe, Taflo 1, 2.
Anm. Die Barticipien geflatten nach andern Bufammenfepungen, z. B. Eis
ferngefhloffen Halte die Reih'n. Pyrker, Tunifias 8. (Ich bringe dir) m
Ketten Hartgefchloffen foldhen Knecht. Göthe, Fauf 2,211. Der ale frumm
efchloffener pflägender Frohner an dem Schreibtifche ſteht. J. Pant, Titan 9
o fich der Geiſt verworren, Falt, verquält in ſtumpfer Sinne Schranken, [darf
angefhloff'nem Kettenfchmerz. Böthe, Fauſt 2, 334. Der allumſchlie⸗
ßende Himmel. Boß. Durch Taänz' und Spiele der bergumfdloffenen He
math. Pyrker, Tuniflas 8. Herrn Walther rinnt ein Schauer durch die erzum:
— Glieder. Redwitz, Amaranth. Aus tagverſchloßnen Hölen. Gthe
an na. -
Entfchloffen, Entſchloſſenheit; verfchloffen, Berfchlofjenpeit
Abge —, Eingeſchloſſenheit erflären fi aus den entiprechenden Zeit-
wörtern. — Der in blindem Eifer jeßt zu jedem Aeußerften ent-
ſchloſſen ſcheint. Schiller, Piccolomint 1, 3. Bertrauen zn dir
felbft, Entfchloffenheit ift deine Venus! Daf. 1, 6. In meiner
jepigen Ein- und Abgeſchloſſenheit erfahre id nur an dem
immer fürzern Tagesbogen, daß fich Die Zeit bewegt. Schiller, Briefe.
mit Goͤthe 6, 222.
Schließe, Schließer, Schließung (ahd. eliuzunga , mp.
sliezunge), fehließbar, ſchließlich, leuße (oft auch, aber umid-
tig, Schleuſe, mhd. sliuge). — Wir mußten uns die Gunft der
Schließer zu verfchaffen. Göthe, Leben 1. B. Zanten und Schließe⸗
rinnen. Göthe, Tag- und Zahreshefte 1794. Meine bisherige trene
Beſchließerin und Haushälterin wird abziehen, weil fie beirathet.
Söthe, Wahlverw. 1, 4. Eine geihwinde Entſchließunng mähle
nöthig fein. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 7. Der Zwed ... lendıtet un-
widerfprechlich aus dieſe Rathſchließun q beroor. Herder. Und
trieb uns ſchließlich, unſre Sicherheit in diefem Bund zu ſuchen.
Shakſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 4, 3. — Bei abſchließlichet
Durchficht des mit ihm vieljährig gepflogenen Briefwechiels. Goͤthe.
Briefw. mit Schiller, Zuneigung an ©. MR. den König von Bayen.
Womit man fih die Zeit über ausſchließlich beichäftigt hate.
Söthe, Wahl. 3,7. Ausfhließlich aller vorübergehenden Zeichen
der Gemüthsbewegungen. Lichtenberg, über Phyflognomil. Als wäre
er ausfhließliherweife der Form gewogen. Göthe, Windd-
mann 2. — Wie ein Strom entftürzet der Schleußen weiteröffneten
Thor. Pyrker, Tuniſias 6. ALS der erfte Sprutz ſich ergoß aus der
Wolkenſchleuſe. Rüdert, gei. Ged. 5, 250.
Mit ſchließlich (wodurch 1) das bisher Genannte als ein gefchloffenes
"Ganze bezeichnet, 2) die Bolgerung als Schlußfolge, als ein aus dem ummib
telbar vorhergehenden Urteile erſchloſſenes Urtheil bezeichnet) Kind fianverwazkt:
Endlich (ahd. entlih, mhr. endelich), am Ende (f. Ende S. 732) we
zulegt (von legt, f. laffen) bezeichnen überhaupt, Daß nichts macht folgt.
Al ſo (mio. also) ganz fo, ganz in dem Grabe und der Beſchaffenheit; af
999
feit den letzten Jahrhunderten bat dieſe Bartikel die Bezeichnung des Berhält,
siffes zwiſchen Grand und Folge angenommen. Folglich (f. folgen ©.
34) bezeichnet bekimmt bie Folgerung und verbindet biefe inımer unmittelbar
mit dem den Grund anshrädenden Gag oder verlangt den logtſchen Grund
(Brund des Urtheils) ausprädli vor fih. Demnach und ſon ach (f. nad
©. 553) eig. dem Borhergehenden nachfolgend, bezeichnen hier fowel eine auf
die im vorhergehenden Satze ausgedrückte Thatfache ſich ſtühende Erkenntniß,
als auch die der Angemeſſenheit des Einen zu einem Andern; fie deuten das
Berbältniß der Folgernng weniger beſtimmt an, als alfo und folglid.
Sorac hebt den Begriff der Angemeflenheit fchärfer hervor und bezeichnet.
vorzugsweife die Große und Befchaffenheit des Grundes. Ohne den Begriff
der Angemefienheit zu enthalten, bezeichnen fomit und mithin das Verhälts
miß der Folgernng befimmter, indem fie die Jolgerung als etwas mit dem
Grunde Begebenes darſtellen, alſo daß zugleich mit dem einen Sap auch ber
andere gegeben ſei. Das flärfere fomit (das vorzugsweije die Stärke und
Beichaffengeit des rundes andeutet) und fonach gehen mehr auf das Prä-
Dicat, demnach und mithin mehr anf pas Ganze bes vorhergehenden Satzes.
Bur Bezeichnung einer natürliyen Wirfung, die aus dem. in ben unmiltelbar
vorhergehenden Sage Ausgebrädten hervorgeht, wirb beſonders daher geſetzt.
Darum, deswegen und deshalb, nm des willen (au deshalb, deß⸗
wegen, um def willen, |. ©. 144) werben zur Bezeichnung des Verhältniſſes
zur wirkenden Urfache gebraudt. Run (f. Ru ©. 849) wird gebraucht, den
Faden der Rede fortzuführen, mit dem Nebenbegriffe ver Urfächlichfeit, welche
in den genannten ober voramdgefehten Umfländen enthalten oder durch fle vers
anlaft if, wobel aber immer, wenn auch nur leife, die Zeitbebeutung ter Ges °
geuwart bleibt, und die genannten Umfände nie ſelbſt ale Urfache dargeftellt
werden. — Die bat fh endlich auch bethört. Böthe, Fauf 1, 186. Da
Sommen drei Reiter, fle weiten hervor, bie unter dem Bette gehalten; dann
folgt ein fingendes Elingendes Chor pofiterlich Feiner Befalten ... Zuletzt
anf vergaßbetem Wagen die Braut und die Gaͤſte getragen. Goͤthe, Hochzeit
lied, Aber es hielt fchwer, folche (Fahrzeuge zur Schiffbrüde) ohne großen
Beriuft an Autwerpen vorbeizubringen; er mußte fih alſo einſtweilen bamit
begnügen, den Fluß um vie Hälfte verengt zu haben. Schiller, Belagerung
von Antwerpen. Da macht Ihr einen Streih, zu bem man, wein man ihn
als ein Subſtantivum betrachtet, nerfchiedene Arjektive, und folglich, wenn
man ihn als Subjekt betrachtet, verfchievene Präpicate finden fünnte. Göthe,
Zwölf Regimenter gilt es, ſchwediſch Volk. Mein Kopf muß dafür haften.
Alles könnte zulegt nur falfches Syiel ... (Ich) muß demnach darauf bes
ſtehn, daß Herzog Friedlaud förmlich, unwiderruflich breche mit dem Kaiſer
ſonſt ihm kein ſchwediſch Volk vertrauet wird. Schiller, Wallenſteins Tod 1,5.
Und fonad) meine ritterliche Abſage nur kurz. Leſſing. Cogito, ergo sum.
Ich denke, und mithin fo bin ih! Iſt das Eine nur wahr, iſt #8 das Andre
gewiß. Schiller, vie Philofophen. Inzwiſchen hat dee Prinz ven Gutſchluß
gefaßt, durch tüchtige Künſtler ch eine Welt in der Stube zu verfchaffen;
4000
fein Schloß iR daher anf vie angenehwmfte Weiſe ausgeziert, feine Zimmer
gleihen Lauben, feine Säle Waͤldern, feine Kabinette Grotten. Goͤthe. Diefer
Krieg verfchlingt uns Alle, Oeſtreich will feinem Frieden; daram eben, weil
ich den Frieden fuche, muß ich fallen. Schiller, Wallenfieins Tod 8, 15. Als
les, was entſteht, ſucht Ah Raum uns will Dauer; Deswegen verbrängt
es ein Anderes vom Platz und verkürzt feine Dauer. Göthe. Der Geh iR em
aktives Mißverguügen, der Neid ein paſſives; deshalb darf man ſich nit
wundern, wenu ber Neid fo fchnell in Haß übergeht. Goͤthe. Dies Manifel
erflärt ihm in die Acht. Nun wählt, ob Ihr mit uns die gute Sache, mü
ihm der Böfen böfes Loos wollt theilen? Schiller, WBallenfleins Tod 2, 6.
Schließanker, — baum, —bolzen, —feder, — geld, —gevierte,
—hahn, — haken, — holz, —kappe, —kette, —knie, kohl, — lorb,
—kraut, — lattig, — muskel, —nagel, —paß, —riegel, —fäge, — ſalat;
Schließeramt; Schleußenbau, —blatt, —boden, — drempel,
— geld, — grundboden, — kammer, — mauer, — meiſter, — nagel,
—räumer, — ſchũtze, —thor, —thüre, —vorboden, —wand, —zoll u. a —
Schlag zehn bringt Ihr dem Herzog ſelbſt die Schlüſſel, dann ſeid
ihr Eures Schließeramtes quitt. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 7.
Da man ſchleuſenweis das Fluß hinabſteigt. Göthe, ital. Reiſe
Venedig 28. Sept. 1786.
Schloß (ahd. mhd. e10g2 altn. slot), 1) ein Ding, weldes
fhließet; 2) der Ort, wo ein Ding geichloffen iſt; 3) ein eingefchloffe-
ner Ort (ſ. ©. 451). Schloffer Bei Goͤthe Schlöffer- Verfertiger
von Schlöffern 1. — (Sie) fügt der Riegel und der Schlöſſer
feftes Band. Schiller, das eleuſiſche Zeit. Wir fingen und fagen vom
Grafen fo gern, der bier in dem Schloffe gehaufet ... Da fand er
feine Schlöffelein oben. Göthe, Hochzeitlied. Ich ſetzte nach dem
Schloͤßchen Wörth hinüber. Göthe, Briefw. mit Schiller 3, 382. —
Die häusliche Biene verachtet ihr dumpfes Verſchloß. Voß, der kom⸗
mende Frühling. Drinnen im Speerverfhloß. Voß, Ddyffee 4, 138.
Wölbe zur Laub’, o DBoie, der bläulichen Sterngranadilla zähes Ge⸗
ranf, aus der Kunft bäbendem Winterverfchloß. Voß, die Pafflons⸗
blume. Er fah unverwandt auf das Armſchloß. Göthe, Meiſters
Lehrj. 3, 12. Nicht Riegel, noch Deffuung, noch Borlegfhlog fießt
man. Platen, die verhängnißvolle Gabel 2. (Man follte uns) auf ein
Bergichlog fperren. Göthe, Briefm. mit Schiller 4, 245. Kehrt er
zu des Felfenfchloffes Hallen. Matthiffon, Elegie. Das Grenz-
Ihloß Eger. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 5. Ich reit’ auf luft'gen
Geifterroß zu deiner Seit’ zum Hochzeitſchloß. Redwißz, Amaranth.
Der fhöne Schäfer zog fo nah vorüber an dem Königsſchloß
Uhland, der Schäfer: Es flimmert die Lampe m Hochzeitſchloß.
Schiller, Wallenfteind Lager 11. Der Schleßvogt au einem
Zandfchlöffer. 3. Paul. Wogegen er den Gang nad) dem Rieſen⸗
ſchloß abrieth. Goͤthe, Meifters Wander}. 1, 4 (Er) ließ ihn im
EIN...
finftere Trauerſchloß hinaufgehen. 3. Paul, e&r) kömmt am Abend
vor Frohnfaften zum Zauberihloß Pfeffel, Pipin. — Ya, ich darf
mich rühmen, ſchon als Knabe einen geſchickten Schmied durd, meine
Anforderungen zum Schlöſſer, Feilenhauer uud Uhrmacher gefteigert
u baben. Göthe, Meifters Wanderj. 3. 4. Er votirte auf das Her-
olen des Schloſſers. J. Baul, Zitan 14.
Wohnung (ahd. wonunga, mhd. wonunge, mittelniederd. wanunge)
von wohnen (ah. wonen, mhd. wonen, altf, wondn, wunödn, agſ. vunian,
neunieberb, wanen, engl. won, nah Badernagel eines Stammes mit
Wonne ©. 229) allg. das was gemacht if, um ein feſtes Sein darin zu
haben. Haus (f. S. 708) Gebäude für den Menſchen. Palaſt (ungut
Vallaſt, mhb. palas, palast, franz. palais, aus lat. palatium) ein weit⸗
läufiges, großes, vornehmes Wohngebäude, beſonders wenn es fürfilich (im
weiten Sinne) oder wie fürftlich, hohem Stande gemäß iſt. Siehe noch Jeſte,
Feſtung, Burg S. 451.782. — Bin ih, rief fie uns, fo fremd im Haufe,
daß ich von dem Gaſte nichts vernahm? Göthe, Braut von Gorluth, Ein
koͤſtliche Balaft nach dem Mufter des liebſten Sommeraufenthaltes meiner
Meltern. Göthe, die neue Melufine.
Schloßarm, —aufiehber, — balken, —band, — beamte, —bein,
— berg, —beutel, —bewohner, —bier, — blech, —blecheifen, — brun⸗
nen, — Dame, —fedet, —fenfter, —flügel, — frau, — gat, —gefinde,
zen“ — hauptmann, — her, —herrſchaft, —holz, — kapelle,
—tfiel, —kirche, — kirchner, — knochen, —fraut, —küſter, —kutſche,
— macher, — markt, —mauer, —nagel, —pferd, —platz, —prediger,
—jaal, —fänger, —faffe, — ſoldat, —ſtein, —thüre, —thürmer,
— tritt, — uhr, —vermalter, —vieh, —wadhe, —wächter, — wagen,
— wall, —weg, . — u. a.; Schlofferarbeit, —bled, — geſell u. a.
— Der Schloßberg verläuft fih in einen vorfpringenden Winkel
herunter. Göthe, Wahlverw. 1, 6. (Er bielt fih) einen Schloß⸗
caplan. Bieffel, die Wahl. Bei der Anlage zu. einem neuen Theil
des großen Schloßgartens. Göthe, Wahlverw. 1, 3. In diefem
Augenblid flug die Schloßglode. Das. 1, 11. Die Fürſtin, die
ihrem Gemahl noch in den Schloßhof hinab mit dem Schnupftuch
nachgewinft hatte. Göthe, das Kind mit dem Löwen. (Ich ſah) einen
bübichen Ort mit bedeutenden Schloßgebäuden. Göthe, Eampagne
in Frankreich 6. Sept. Eines Zuges leitete fie ihr Spaziergang durch
die Schloßpforte des rechten Flügels. Göthe, Wahlverw. 1, 7.
Sie harıen vor dem Schloßthor. Shaffpeare, Macheth 3, 1. Ward
der edele Herr und Ritter von Meißau nidjt in unwürdiger Haft von
dir verbannet in dem Schloßthurm? Pyrker, Rudolph 5. (Da) fie
mehr als einmal den Tritt des erwünſchten Schloßvoigts zu hören
glaubten. Böthe, Meifterd Lehrj. 3, 3. Daß Burgen auf den
Schloßmwart niederpraffeln. Shafeipeare, Macheth 4, 1. — (Ev)
. +»
1002
en den Klausner in die Koften des Schlofferlohne. 3. Bau,
iebenfäs 7
Schläfiel (ahd. sluzil, sluzzil, mhd. slüzzel); Schlüffelaber,
—bein, — fiel (ah —be ut büchfe, Hi - dom, —ge,
—hafen, — fette, — kluppe, — aut, —ring, —rohr, — —
— zehnte u. a — Schlag zehn bringt Ahr dem Herz
Schlüſſel. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 7. Zu alten
it das Schlüffelden gefunden. Göthe, Meiflers Wanderj. 3, 2%
Er bringt die Feſtungsſchlüſſel. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 8.
Hätte er den Hauptſchlüſſel bei fih gehabt. Göthe, Meifters ge
1, 17. Die ar die den Löjefhlüffel bat für jede Schufd, der
Himmel hat vergeben. Schiller, Maria Stuart 1, 4. Zwölf Kanonen
gingen Draußen los aus eben fo vielen Stubenfhlüffeln. J. Baıl,
Heſperus 1. Gottlieb trieb mit aller Mühe den Wagenſchlüſſel
nicht auf. J. Paul, Zitan 14. Mitten am Schlüſſelbein
er ihn. Voß, Ilias 17, 309. Sie ſollten nämlich fo viel Schläſſel⸗
blumen als möglih jammeln. Göthe, Meiſters nd 2, 12
Kein Schlüffelloh war zu fehen. Göthe, Leben 1
Schluß (mhd. sluz): Ab—, An—, Auf— (©. 2 Aut—
2. 0. (hläffig; eblBBLid (et —
u. a. 93 (ſelten). — 's Negimenter zu
Roß und Fuß ftimmen alle in Diefen Schluß. Schiller, Wallenfteie
Lager 11. Sie haben ihren . nt gefaßt. Schiller, Pics
lomini 2, 5. Laß mih ... am Schluß der Laufbahn nicht allen!
% A. Schlegel (Er) iſt über diefen Dienft des Zufall fehr erfrent,
und ungejäumt ihn zu benugen [hlüffig. Wieland, Oberon 8, 2%
Nun war ich wieder meines Raths unſchlüſſig. Rüdert, gei. Be.
1, 160. Daß ich des Pflückens unentfelüffig ftand. Dat. 1, 1%.
Die Unentſchlüſſigkeit der Herzogin von Parma theilte ſich dem
Kabinette zu Madrid mit. Schiller, Abfall d. N. Einleitung. Er be
reitet den völligen Abſchluß vor. Göthe, — Wanderj. 3, 7.
Der Reim zeigte den Abſchluß des poetiſchen Sapes. Göthe, Leben
18. B. Ich bildete mir. ein, über den Charakter Moſis ganz nem
Aufſchlüſſe geben zu können. Daf. 12. B. Grüßen Gie Estia
fchönftene nnd Sören fonft feine Entihlüffe und Befcläfie
Söthe, Briefw. mit Schiller 6, 18. So bitte ih Sie, mir =
bewußten Brief an ihn (Tatobi) Vi ı chluß zu fenden.
1, 102. Den Heldenentihluß. Pyrker, — — (Daß
mich mit dem Berfhluß (Berichließen) der Th
Goͤthe, die neue Melufine. (Daß ihr. den Löwen) rein in
nen Verſchluß wieder zurückbringen könntet? Göthe, Das Kind mil
dem Löwen. Wie leicht begeht man alsdann den Fehlſchluß. Göthe,
Meifters Lehrj. 3, 12. Den Brautring zog nah Himmelsfhluß
geſalbte Viſhofeband mir ab. Redwitz, Amaranth. Daß Gottes Kath⸗
i 1003
fchlüffe merforſchlich ſeien. Göthe, Leben 16. B. Wem er den
Rechnungsſchluß beenden fönnte mit einem bloßen Dolch. Shake⸗
jpeare, Hamlet 2, 3. Daß unter Ddiefer nämlichen Regierung ein
Reichsſchluß durchgegangen. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Der
Thorſchluß feines heutigen Edens. J. Paul, Titan 57. Der Trug-
ſchluß, den die Leidenfchaft fo bequem findet, trat nun in feiner völli-
gen Ineongruenz nad und nach hervor. Göthe, Xeben 17. B. Beim
Himmel, daß du fhön, ift untrugſchlüßlich. Shafefpeare, Liebes
Luſt und Leid 3, 1. Nicht jeder Wohenfhluß macht Gott Die
Zeche. Göthe, ſprichwoͤrtlich. |
Schlußarm, —art, — balken, —bein, —bemerfung, —bier,
— fall, — folge, — form, —gedanfe, —gerecht, —gefang, —gewebe,
— jahr, —keil, — lauf, — leiſte, — mäßig, —name, — punkt, — rech⸗
nung, —redt, —reif, —reim, —ridtig, — läge, —füd, — tritt,
— überfiht, —urtheil, — vergleich, — vertrag, — wort, — zeichen,
— ziegel, —zierat u. a. — Du fpridift dein Schlußgebet. Shafe-
fpeare, Maß für Maß 1, 2. Abends machte er jene Schlußfetten.
% Paul, Hefperus 16. Eine warme Empfindung in eine froftige
Schlußrede zu verwandeln. Leifing, Hamb. Dramat. 20. Sie erihrad
über den unvermutheten Schlußſatz. Wieland. Als wenn der Schluß-
fein feines organifchen Weſens entfremdet wäre. Göthe, Meifters
Wanderj. 2. 5. Den Schlußtag ihres Wittwenjahres brachte ich faſt
ganz bei ihr zu. Ungenannter bei Campe.
Anm. Schloße —= Hagel, von bis jet unbefannter Abkunft, ſoll nad
Schwenck vielleiht für Schlohfe (don fchlagen, slahan) ftehen. Dagegen ftimmt
die von3iemann ans Müllers Sammlung 8. angeführte mhd. Stelle: Ir bein wären
wizer, dann ein slöz, was an das ſchloßweiß der Bolksfprache erinnert.
Spriefen.
(Wurzel sprut, spruz.) u
Sprieße, fproß, geſproſſen, fprießen (ahd. spriuzu, spröz,
spruzumes, sprozaner, spriuzgan und spriozan; mhd. spriuze,
spröz, Spruzzen, gesprozzen, spriezen; agſ. spr&ötan, engl. sprout,
sprit, nieder}. sprotten, spruten, holländ. spruyten), eigentlid, her⸗
vorbrehend (aus einander fahrend), emporwachſen; dann allmaͤlich in
die Höhe wachlen, auch fig. auf Anderes übertragen; (felten) fprießen
maden. — Blumen fehet ruhig ſprießen. Göthe, Fauft 2, 27. Auf
ihren Pfaden foll die Freude |prießen. Schiller, Braut v. M. Der
Fruchtbaum und der Ader ſprießt. Voß, die Laube. Wie am nadten
Zweige des Feigenbaumes fcheinbare Früchte fprießen. % Paul,
Zitan 16. Die Blume, die ſchon fprißt die Bletter weit vonfanmen,
Eohenftein, Rofen 74. Unten fproß die heilige Erd’ aufgrünende
Kräuter. Voß.
—
1004
Gproflen (von Sproß), Sproſſen treiben, in Sproſſen enswadten,
auch fig. auf Anderes übertragen. Keimen (abv. chiman und chinan, mb.
kimen nu» kinen, goth. keinan, agf. cinan = ſich dffuen, gähnen, verwaudt
mit ahd. beginnen und gähnen ©. i88) geht auf den Anfang bes Hervor⸗
kommens aus Same oder Pflanze, das Hervorbrechen daraus. — Da ſproſ⸗
fen hundert bräunlich rothe Flecken, die zum Berbruß bie weiße Haut bes
decken. Bölhe, Fauſt 2, 78. Da fteh’ ich, ein eutlanbter Stamm! Doch immer
im Marle lebt vie fchaffende Gewalt, die fproffend eine Welt aus ich ges
boren. Schiller, Ballenfteins Tod 3, 13. Welcher der ſiebente {profßte vom
Stamm des altenden Belus. Voß. In dem neuen Birkenhaine Fnofpen. neu-
belebte Aeſte, nub es führen junge Weſte koſend uns den Lenz. herbei. Hoff:
nungen keimen nnd fproffen! Herder.
Ab—, auf—, aus —, durch —, empor —, ent— (ſ. ©. 366),
er—, her—, hervot —, nah —, um—, vorſprießen und — ſproſſen
bedürfen keiner weitern Erklärung — Wie aus dem Keim der
Nkanntſchaft nad) und nad in uns holde Gewohnheit entiproß. Göthe,
Meramorphofe der Pflanze. Allein wie herrlich diefem Sturm erſprie—
Bend, wölbt fid) des bunten Bogens Wechfeldauer. Göthe, Fauſt 2, 7.
Bill aber fonften ja fein Rath und Weg erfprießen. Dpie Seine
lernung bat erſproßen. A. v. Evb. Daß Alles außer Gott von
Bott ſey hergeiproßen. Opitz. Rohre jprießen hervor. Göthe,
röm. Elegien 20. Züngling . . . dem der Jugend frühſtes Milchhaat
kaum das Kinn umfproß. Kofegarten. — Diefe mit geiltiger Schön
aufiproffende Blüte des ‚Guten gab ih. Voß, die Weihe 40. Er
und der..Söhn’ Urjöhne, die je aufiprojjen in Zukunft. Voß, Alias
20, 308. Sie (die fanfteren Ahnungen) fprechen uns mit leifer Sym-
pathie im Blid der Unfhuld an, die, gleih dem reinen Thaue der
neu befproßten Morgenaue, noch unbefledt am jungen Leben hängt.
Ziedge, Urmia 5. Eine traubenreihe Wein- und Epheulaube fproßt
auf ihm (dem Felfen) empor. Herder. Es entfproßten auf einmal
dem Strange Palmen. Klopitod. Erſt entfproßte das goldne Geſchlecht.
Beh, Dvids Metam. 1, 88. Ein Blumenglödchen vom Boden bervor
war früh gejprofiet im lieblichen Flor. Göthe, gleich und gleid.
Welche (Kräuter) die fchönen Gewäfler des Stroms weitwu
umfproßten. Boß, Ilias 21, 352. Und fein Kinn umfproßte der
finfteren Locken Gefräufel. Voß, Odyſſee 16, 176.
Anm. Die Barticipien geflatten noch andere Zufammenfeßungen, 4 B. de
Blut der bergentfproffenen Duelle. Pyrker, Tuniflas 9. Die edelents
fproffene Tyra, Voß. Welches erhabene Sitze bereitet ven Göttern und edles
@ötterentfproffenen. Einvius, Aus herzentfproff’nerBerehrang für das
gehalligte Kreuz. Pyrker, Rudolph 9. Des hbimmelentfproffenen Stromes.
Boß, Odyſſee 4, 477. Sumpfentſproſſenen Eppich. Boß, Ilias 2, 776,
Sündentfproßne Werke. Shafefpeare, Macbeth 3, 2. Auf nabrungipreis
fender Erde. Voß, Odyſſee 3, 3. Wolle keinen Dank, Feine felbfifproffenpe
Ernte. Herder. Um das langauffproffende Möhricht. Bo, Jlias 18, 576,
Derkünveft du den Gegen ber zartbefproßteu da. Bürger, an bie Hoffnung.
1005
Erfprieß; erſprießlich, Erſprießlichkeit; der Sproß, der zu-
weilen die Sproſſe (ahd. sprozzo, mhd. sprozze, agf. sprauta,
sprote, sprota, altu. sproti), Sprößling ; Geſproß; die Sproffe,
auch Sprofjel einer Leiter (mhd. sprüzzel). — Was war der Er-
ſprieß? Rückert, geſ. Ged. 3; 406. Der (Rath) ſtets voll Einficht
und erfprießlich war. Shafefpeare. Macbeth 3, 1. Richt mehr dieß
unerfprießlihe Geihwäß! Shakeſpeare, K. Heinrich IV. 1. Thl.
3, 1. Das (Ziel) mit heiligen Sproß Barden umfchattete. Klopftod,
an Gleim. Aber Amalia brad von der Sinarofe des Fenfters einen
belaubetn Sproß. Voß, Luiſe 3. a., 235. So hatte er freilich keinen
Begriff davon, wie ein armer Söldling der Hygiäa ſich vermeſſen
fönne auf den echten Abfproß des langen Syivefter nur den ent-
femteften Anfprud; zu machen. Kl. Schmidt. Niederſchwankend am
Zrüblingsiproß. Klopftod, Bardale. Schauet einer Männin Sohn!
die reine Sproffe ſtrebet ... empor. Herder, Hoffnungen eines
Sohnes. Umwölbt von Lerhbaumfproffen Salis, Monodie.
Siehe, ſchon flredt der Sprößling der Geder den grünenden Arm
ans. Klopſtock, Meifias 1, 65. Umhaucht vom Duft junger BTüthen-
ſproſſen. Matthiffon, die neuen Argonauten. Es welfet dir dein
Lorbeerfprößling. Klopftod, ihr Schlummer. Jetzo brach fie Ge-
ſproß von der Myrtenftaud’ an dem Fenfter. Voß, Kuife 3. a., 197.
Auf dem Laubgeſproß der Myrthe. Overbed. Rings im jungen
Maigefproß. Matthiffon, der Wald. Zünde dir Sebergefproß an.
Doß, der Niefenhügel 132. Die Geifterleiter, die aus dieſer Welt des
Staubes bis in die Sternenwelt, mit taufend Sproffen, hinauf ſich
baut. Schiller, Piccolomini 2, 6.
Sprige und Sprüße (ahd. sprizza, spruzza, mbd. spritze,
spruize), fprigen (auch fprüßen ©. 368, mhd. sprutzen =
fproffen) wenden den Begriff auf das Flüffige an. — Hoch im Dogen
fprıgen Quellen Waſſerwogen. Schiller, Glode. Welchen jet von der
Hufe Geftampf aniprigten die Tropfen. Voß. Bon angejprüßten
Flecken. Leibnig, über Berbefferung der teutſchen Sprache 29. Hab’
er beträchtlihe Ströme ausgefprigt. 3. Paul, Zitan 36. Ja Ddiefe
Hallen ſelbſt beiprige Blut. Schiller, Braut v. M. Anders nicht,
ald wenn mit beichädigtem Bleie die Röhre plagt und gewaltig em=
por aus ziichender Deffnung das Waſſer fprigt. Voß. Purpum
Blut entfpribt ihm. Kofegarten. Ueberiprigt mit Blut. Kretſchmar.
Auf jeden Ruf fein Blut für jede zu verfprigen. Wieland.
Sprutz (fo viel als auf einen geiprigt wird) ift felten. — Als der erſte
Sprugz ſich ergoß aus der Wolkenſchleuſe. Rückert, geſ. Geb. 5, 250.
Spritzbad, — büchſe, —fiſch, —glas, — gurke, —kanne, —krug,
—tuchen, — leder, —ling, — mittel, —nudel, —regen, —töhre,
—ſchlange, — wall, —wedel, — wurm; Spritzen bohrer, —haus,
—macher, —meifter, —rohr.
1086
Uum. Zu einer Wurzel mit fprießen .gehören wahrfcheinlih auch bie
J—— I wenn gr ia tm fp . 9 n er sprizen),
ne orfahrn (1. ©. un reißeln (abr. alön, mbb. sprizeln
ſpalten, fplittern (beide in Franken — in geftredten Balcpp reiten). e .
Verdrießen.
(Wurzel drut, druz.)
Berdrieße, verdroß, verdroſſen, verdrießen (ahd. ar-driuzu,
ardröz, ardruzumös, ardrozaner, ardriuzan, ardriozan aud) far-
driozan, pidriozan, aud) einfad) driozan; mhd. verdriuze, verdröz,
verdruzzen, verdrozzen, verdriezen und bedriegen; goth. Ihriutan
— Schmerzen empfinden, usthriutjan — beidwerlidy fein, agi.
dhreadjan, dhrietjan — drängen, altn. thriota = mangeln; vgl.
Int, trudere — forttreiben) gewoͤhnlich unperjönlich gebraucht, Kat den
Grundbegriff lang binziehen (ahd. drözan, gidrözan) und Daher befchwer-
lich fein; dann überhaupt über etwas Unluſt (Unmuth) haben, die (der)
uuns jehr empfindlich ift. — Hätt’ was dich verdroſſen. Göthe, Liebhaber
in allen Geftalten. Beleidigen kann e8 Sie nicht, auch nicht einmal
verdrießen. Göthe, der Sammler und die Seinigen 4. Brief. Dei-
wegen bleib’ ih, weil es did verdrießt. Schiller, Braut v. M.
Mich verdreufft die hoffart Jacob. Luther, Bibelüberf. Amos 6, 8.
Es verdreufft mich auff fle, das fle ſich wider dich feßen. Dal.
ſ. 139, 21. Meine Seele verdreufft mein leben. Daf. Hiob 10, 1.
ttlob, daß ich mich feine Mühe dauern, und aud um einen Pfernig
feinen Weg verdriegen lafle. Gellert. Sollt’ aber jemand fich ver⸗
dDrießen ob unſrer Tiebesblide Fahrt. G. R. Wedherlin.
Dauern (f. bedauern ©. 832), eig. Eoflbar fein; denn Berlaf über
etwas empfinden, mit dem Nebenbegriff einer weichmüthigen, mitleidigen Stimm
mung, Reuen, gereuen (f. Reue ©. 813), unangenehme, ſchmerzliche
Empfindung über etwas Gethanes haben, mit dem Wunfche, es nicht gethan
zu haben. — Verſchnupfen (f. ſchnupfen bei ſchnieben, ſchnauben)
ich worüber betroffen, die Stimmung verfegt (beſchwerend gehemmt) fühlen,
fo daß dieſe zu einer empfindlich wibrigen wird. — Veglüct, wer Treue vein
im Bufen trägt, kein Opfer wird ihn je gerenen! Göthe, Fauf 1, 87. Ihe
Frohthun Habe ihn als einen ausgeſchloſſenen Erben ja verſchnupfen
müflen,. I. Baul, Flegeljahre 11. Sie fcheinen fogar mich vermeiden zu
wollen, gehen vor das Haus und flüflern zufanmen, das ich ger michi am
ihnen gewohnt bin. Was mich aber am meiften verfhuupft, iſt — and die
fleine Margot bat Herzklopfen, ohne mir Rechenſchaft davon zu geben. Thüm⸗
mel, Reife ıc. 1. 20.
Berdrießung ; verdroffen (1. S.741), Berdroſſenbeit; uuyer-
drofien (ſ. S. 668), Unverdroſſenheit erklären fihh aus verdrießen. —
IH ſuchte mein Verlorenes gar verdroffen. Göthe, Abfchied. Gebt
nur unverdroffen voran und tretet behutſam. Göthe.
Ss
1007
Berdrieß (ahd. urdriez, mhd. verdriez, mittelniederd. verdre£t,
niederf. verdriet) zunaͤchſt das Beichwerlichwerden -oder Müdewerden
duch ein Zuviel oder Zulange in Beziehung eines Gegeuflandes; dann
Gefühl der Unbehaglichfeit und der empfindlich beſchwerlichen widrigen
Stimmung worüber. Statt Diefer alterthümlichen Form ſteht nun
Berdruß (ahd. urdruz, urdruzi, urdruzeda, urdrioz, mbd. urdriez,
urdruz), davon das feltene verdrüßig. Urdruß (ahd. urdruzze,
mhd. urdrütze) und urdrüßig (ahd. urdruzic, mhd. urdrüzzic)
find felten; ebenjo Widerdrieß (mhd. wieerdriez) und Widerdruß.
— Das fie mir verdries thun. Luther, Bibelüberſ. Jer. 7, 18, Zu
Verdrieß des Hausherren. Daſ. Ezech. 8, 3. Wie viel Verdrieß
dem alten Herrn auch täglich fein böjer Sohn gebracht, fo blieb er
doch fein Sohn. Wieland, Oberon 1, 41. Amo 1341 ift eine ſolche
Menge Karpfen die Donau heraufgeftiegen, Daß man im Kauffen und
Efien ein Derdruß darob gehabt. Dudher, ſalzburg. Chronik 191.
Hievon wollte ich ausgehen, und auch mit Berdruß und Zorn mich
bören laflen. 8. H. Jacobi. Er würde nur Berdruß vom Edelmanne
haben, Gellert. Daß ein Hauptverdruß das Leben dir vergällen
muß. Göthe, Fauſt 2, 307. Nachitehender, von Unmuth und Lebens⸗
verdruß überladene Monolog. Göthe, über Byrons Manfred. Lebens-
verdräffig hat Fifchart, Gargantua, S. 541. Do würdend Si ver-
drüßig. udel., 45. — Wie fie des Treibens hier urdrüß wer-
den. Rudert, gel. Ged. 3, 204. Bekümernuſſe, widerdrieß oder
Ihaden thaten. Hug, Rhetorica Tübingen 1538. BL 136b. In zum
Biderdruß. Aventinus Chrouik 1580. BL. 298.
Unmuth (ahd. uamuot, unmuoti, mhd, unmuot, f. Muth &. 205)
unbeftiedigte und über Jemanden oder etwas ungeneigte, lebhaft unangenehme,
nufreundlich bewegte Seelenſtimmung, als Gegentheil befriedigter heiterer
vertrauensvoſſer Stimmung. Aerger (von ärgern, ahd. argerön, mhd.
ergern — ärger, ſchlechter machen, von arg, S. 600, aufgeregt fein zu einer
widrig empfindlih ergreifenden Gegenſtimmung. Aergerniß (älternbr.
ergerniß, ergernuß), Alter ale das dem 18. Jahrh. angehörige Wort Aerger,
urſprünglich Aufregung des fittlichen ober religiöfen Gefühle durch Ungebühr⸗
lies , was bie Sittlichleit oder Religiöfität zu Schanden macht ober ihr
ſchadet; dann das, was als ungebührlich das ſittliche ober religisfe Gefuͤhl
aufregt, ſei es nun, daß ber Andere dadurch zum Böfen verführt und vet«
dorben (feine Sittlichfeit oder Meligiöfität zu Schanben gemacht) wird, ober
daß er das ingebührliche widrig empfindet. — Mißfallen (f. fallen) übers
baupt unangenehme, widtige Stimmung worüber. Mifvergnügen (Gegen⸗
fa von Bergnügen ©. 540) unangenehme, widrige Stimmung aus Nicht⸗
verwirklichung von irgend etwas, was man verwirklichen möchte, ober darüber,
wie man es verwirklicht haben möchte, Unluf (f. Luſt ©. 546) if das
Mißvergnügen in feiner finnlichen Stärke, und kann auch ohne Beziehung
auf einen Gegenſtand, worüber es ſich erregt hat, als unangenehmer Zuſtand
1008
einer Seelenſtimmung, aber mehr einer erhöheten da fen. — Die. . . wirkte
ale Unmutb, wo nicht Verdruß weisfagte. Ethe, Leben 13. B. Ge
ſchlich ich mit verbiffenen Merger in mein Zimmer zuräd. Thümmel. Jazer
lich verzehrte ihn die Hergerniß, mehr über mein Glück als über feinen
Verluſt. Gdthe, Egmont 5. Es mus ja ergernis fomen, Doch weh dem
Menfchen, durch welchen ergernis kompt. Luther, Bibelüberf. Matth. 18, 7.
Cinerſeits Hatte ich an dieſen Dingen mande Luſt . . . anbererfelts abe
konute ich mir ein geheimes Mißfallen nicht verbergen. Böthe, Leben 5. ®.
Ohne daß es meine Abfiht war, bir Mißvergnügen zu machen. Göthe,
Benvenuto Gellini 2, 8. Auch am eurer Geite hört’ er mil Unluf die Kriege
‚ feyalmel. Herder, Gib 70,
Berdrießlih (minder gut verdrüßlich,“) niederl, verdrietelijk)
fih worüber unbehaglid) füblend und mit Empfindlichkeit widrig ge-
fiimmt. Davon Berdrießlichkeit. — Aber der Vater ftand mit Biber
willen dagegen, auf die Weinende fchauend, und fprach die verdrieß-
then Worte. Göthe, Hermann und Dorothea 9, 188. Indem er
hierüber verdrießlich war, ward er es über manche Andere. Götke,
Wahlv. 1, 13. Zhr hättet wegen eurer Güter Berdrießlichkeiten.
Goͤthe, Goͤtz v. B. 1. Wenn du verdrüßlich bift, fo frage dich
felbft: Was ift die Urfache deiner Verdrüßlichkeit? Platen, Kebens-
regeln 40. |
Unmuthig (ahd. unmuoti, m&b. unmuotec) und ärgerlidy erkläre
Ah aus Unmnth und Aerger ©. 1007. Märriſch and grämlid
-f ©. 107, Launiſch (von Laune, vielleicht von dem aus aus dem kat.
luna genommenen ahd. Iüna, Iüno, mhb. lane = Mond, Mondphafe, d. i.
Wechſel der Mondgeflalt; dann überhaupt Wechfel, Beräuberung) vor
veränberlicher wunberlicher Gemütheflimmung. — Mein eigenes Ungläd ſchlag
mich nieder, machte mih ärgerlich, Furzfichtig, fchächtern, Läffig. Leffiug,
Minna v. 2. 5,2. Warum fo märrifch, Herr Tomm. Gngel, Tob. Vin
Denn das Meer iR der Raum ber Hoffnung, und der Infälle launifd Reid.
Schiller. Wie wenn buftiges Schimmergewölf an ver Blaͤne des GHfummels
immer veränberlich folgt der Zefyre launiſchem Anhauch. Voß, Luife 1, 364
Weberdruß (S. 338) unangenehmes, unbehagliches und zum Wider
willen neigendes Gefühl genen etwas auf dem Grunde eines in Be
ziehung des Gegenftandes für die Perfon gewordenen Zuviel oder eı-
müdenden inerleies. Davon überdräßig (überdräfiig) Ja
demfelben Sinne findet ſich auch in der frühern Sprache Berdruß,
verdrüßig. — Der Tag ift mir zum Ueberdruß. Göthe, Aeols⸗
Bun ALS daher jener Ueberdruß zu fchildern war. Göthe, Leben
3.3. Wie die königlichen Heere des Schlagens überdrüßig mur-
den. Schiller, Abfall d. N. Einleitung. Ich ward überdrüjfig der
Zuhbaufebleibung. Rüdert, gef. Ged. 1, 147.
1) So bei Leffing, Blaten, 3. Baul.
1
1009
Langeweile ſ. S. 837. Gkel (mhd. und älternhd. erkel, von ercken,
erken — widrige, unwillige Empfindung über etwas mit Reiz zum Erbre⸗
chen haben; engl. irk — kränken, verdrießen) widrige, zum Erbrechen anre⸗
gende Empfindung vor etwas. — Satt (goth. saths, ahd. mhd. sat, altn.
sadr, aus lat. sat, salis = genug, satus — ſatt) geſtillt in dem Maße feiner
Genugluft woran; dann überhaupt gefillten Verlangens woran. Maßleis
dig (mun veraltet, von dem oberbeutfhen Maßleid, ahd. mazleide, altn.
matleidi, ans goth. mats ©, 556 und Leid ©. 813) Eſſens überbrüffig;
dann unluflig gegen etwas als dem Gefühle zuwider, — Ich glaube, du fpielft
den Fteigeiſt? Gin ehrliher Mann möchte einen Efel davor befommen, wenn
er ficht, daß ein jeder Lumpenhund es fein will. Leffing, Freigeift 1, 5. Ich.
bin des trocknen Tons nun fatt. Göthe, Fauſt 1, 99. So lebet, fo ſtirbt
der Wilde, fatt aber nicht überbrüffig der einfachen Vergnügen, die ihm
feine Sinne geben. Herber, Ideen 9, 1. Was geröftet ſchon maßleidige
Gaͤſt' auf ſtützende Arme zurüdruft. Voß, Horazens Sat, II. 4, 38,
Anm. Nach dem Grundbegriff Iang. hinziehen gehören hierher vielleicht
auch der Droß (ahd. drozza, mhb. droz, drozze, agf. thröte, engl. throat, ital.
strozza), die Droßel, die Drügel (mhd. drüzzel) = Schlund, Kehle, Burgel,
wovon droßeln, erbroßeln (droſſeln, erdroffeln) = erwürgen.
Diefßfen.
(Wurzel duz; vgl. Tat. tu(n)dere.)
° Dieße, doß, gedofjen, dießen (ahd. diuzu, döz, duzumes, do-
zaner, diuzan, diozan; mhd. diuze, döz, duggen, gedozzen, diezen;
agf. thestan, altn. thista, ſchwed. tiuta) iſt nhd. erlojchen, findet ſich
noch im 16. Jahrh. Die Grundbedeutung ift mol heftig anftogen, daß
etwas tönt; dann -gewöhnlich laut tönen, von fihmetternden Blafein-
firumenten, befonderd aber von raujchendem Wafler gefagt. Dazu gehört das
Subft. Doß (ahd. mhd. döz, agf. ıhesıa Waflerfall). — Das es
gar laut erdoß. Heldenbuh von 1560 Bf. 26. Mit lautem Knall
und Doß. H. Sadıe.
Riechen.
(Wurzel ruch.)
Nieche, roch, gerochen, riechen (ahd. riuhhu, rouh, ruhhume&s,
rohhaner, riuhhan, riohhan; mhd. riuche, rouch, ruchen, ge-
rochen, riechen; agf. recan, reocan, alt. riüka, litthau. rukti,
ſchwed. röka, holländ. rooken, engl. reek; Wackernagel vgl. Tat.
rogus — Scheiterhaufen, um die Zodten Darauf zn verbrennen)
vielleiht mit dem Grundbegriff auffteigen (vgl. fanffr. ruh = wach⸗
fen), ift nhd. 1) überhaupt feine Ausdünftungen von ſich geben, welche
durch. gewifle in der Nafe befindliche Nerven empfunden wird (1. ©. 297);
2) feine Ausdänftungen durch Wirkung auf gewifle in der Naie beflnd«
64
1010
liche Nerven empfinden; 3) (uneig.) ſich einer Sache nähern (Daß mar
fie gleihjam riehen kann?). — Gefpenfter, die Schwefel aus der
Nafe riehen. P. Abraham. Das Stühlen riecht je nach armen
Sünden. Göthe, Götz v. B. 4. Ih mag nit riehen in em
Verſamlung. Luther, Bibelüberſ. Amos 5, 21. Wie eine flechſen
Schnur zureiſt, wenn ſie ans fewr reucht. Daſ. Richt. 16, 9.
Duften, ſtinken |. S. 297. Bittern (mhd. witeren, gu Better
©. 282) von etwas vermittelt deſſen Ausdünftung forttragenden Luftzuges
durch die Geruchswerfjeuge Bewußtfein empfangen oder «6 fo ausfinten. —
Er wittert das Tuch in den Lüften. Göthe, Todtentanz. Und daß er oben:
drein aus den Allegorien der Srammatifer fo viel heraus witferte, als ihm
nah Schimmel des Alterthams roh. Voß. — Daßs gott nitt wittert
(Wetter macht) noch irem willen. Geiler von Kuifersberg.
Anm. Die baierifche;Bolfsiprache fagt für riechen allgemein ſchmecken
. ©. 472). — Die Rofe ſchmeckt angenehm. So Heft es auch im der 4
ihelüberf. (1470—73) Joh. 11,39 von dem todten Lazarus: Er ſchem eckt vezund
— — viertägig. Daſ. 12, 3 heißt es: das huſz erfullt mit vem-geichmad
> Ab—, an—, auf —, aus —, be—, durch —, her —, beraus—,
hin —, nach —, über —, ver—, vorriechen find klar, aber nicht alle
gleich gebräuchlich. — Mit ihrem taſtenden Geſicht hat fie «Die Schnecke)
mir [hen was abgerochen. Göthe, Zauft 1, 31%. Sie richte
einem jeden Möbel an, ob das Ding heilig ift oder profan. Dar. 1,
145. (Er) dolmetſcht und deutelt Silber allein, und beriecht den
Moder. Voß, die Ziinftler. (Die Naſe fteht mitten im Geficht), um
die beiden Augen nad) beiden Seiten der Nafe hin ji gebrauchen, das
mit man in Das, was man nicht herausriechen kann, ein Einjeben
habe. Shafeipeare, K. Rear 1, 5.
Riechel (Blumenftrauß); Niecher, Niecherei ; Niechbar, — bein,
—beinfchlagader, —beinzelle, —büchſe, —dorn, —jalz, —itoff, —waſ⸗
fer. — Ein Demagogenriecdhernashornsangefiht. Platen, die ver
hängnißvolle Gabel 5. Der Fürft trug mid) überall wie ein Riehfläid-
chen bei fih. 3. Paul, Heiperus 17. Weihrauch zu ziehn in meiner
Naſe Riechorgan. Platen, rom. Dedipus 1.
Ruch (mhd. ruch), gebräudlicder Geruch (f. S. 298). — Meine
Narde gab feinen Ruch. Luther, Bibelüberf. Hobel. 1, 12. Er gibt
einen Ruch von fih, Fleming ©. 135 der Lübecker Ausgabe.
Bär zu Wandsbeck rod den Ruch. Claudius. Herlihde Düfte, ger
waltig, ftrömen füßen Geruch, Alles befebend, umher. Göthe, Me
tamorphoje der Pflanzen. Wo vormald die Opfer, Gott ein fiker
Geruch, fid) unentheiligt erhuben. Klopſtock, Meifind 4, 303. —
Trug dich dein Pferd fo leicht herum und fcheute vor dem Blutge-
ruhe niht? Göthe, Egmont 4. Wie ermattete Schiffer, die fich auf
Die Erde, ihre Mutter, längelang binwerfen und den flärfenden Grd-
!
Bau
eruch mit vollen Zügen athmen. Herder. Den Staubleib tragen, .
it feiner Zodtenfarbe, und jeinem Siechthum, feinem Gräberge-
ud. Schubart. Der garftige... Raum, die Kälte, der Moderge-
uch, alles Sn war mir im höchſten Grade zuwider, Göthe,
eben 4. B. Das (Zimmer) der Delgeruc noch unangenehm madıt.
Höthe, Meifters Lehrj.7,5. Gleih Opfergerüchen. Göthe, Iphi—
enie 4,5. Ein ſtarker Schwefelgeruch umzog und. Göthe, Leben
0.8. Alle Wohlgerüche Arabiens würden dieſe Heine Hand nicht
vohlriechend machen. Shakeſpeare, Macbeth 5, 1.
Die Synonymen f. S. 298.
Aucdgras, — [08 (ohne R.), —ſaat (Klebkraut); geruchlos,
—mangel, —voll; Geruchsempfindung, —nerve, —finn. — Geruch—
ofe Blumen. Geßner. Du, der in feinem Erbreich allen Mufen
ſeruch volle Tempel weihte! Küttner.
Hauch (ahd. rouh, mhd. rouch, altn. raukr, reykr, agſ. re
oec, altſ. roc, litthau. rukis, engl. reek, ſchwed. rök, dän. el
5. 460); rauchig (ahd. rouhic, rochic, ruchic, mhd. ruchec);
:auchen (ahd. rouhan, rouchan, rouhjan, rouhen, mhd. rouchen),
äuchen, gebräuchlicher räuchern: ab—, an—, auf-, auß—, be—,
urch —, ein, nach —, um—, verrauchen und —räuchern. Rancher,
Räucherer, Räucherung. — Beim Heerraud (ſ. S. 10). Göthe,
Zarbenlehre 154. Eine Art Höherguch. Göthe, ital. Reife 14. Sept.
1786, Hügeraud. Lohenſtein, Suphonisbe 2, 369. Umflort vom
euchten Nebelrauch. Salis, die Herbftnadht. Ein reines Herz und
Beihraucd und Gebet bringt fie den Göttern dar. Göthe, Iphigenie
, 1. — AS er rauchen fieht den Schlot. Schiller, Gang nach dem
Siienhammer. Schon daß er unterwegs ſchlechten Tabak rauchte.
Höthe, Leben 14. B. Du fah er vor fih, in rauchendem Blute,
inen Mörder, der fo erwürgte. Klopftod, Meſſias 5, 430. Es
ernte Joſt ohn' Unterlaß, daß ihm der Kopf fat rauchte. Hagedorn.
zhm zu dämpfen die Unruh, will ich die Pfeif? berlegen, und was
onft wünfchet ein Raucher Voß, Luiſe 3. b, 623, — In welchen
Schalen) die verjchiedenen Mifchungen abgeraucht werden jollten.
Höthe, Leben 8. B. Den Büherhaufen). bis an’s hohe Gewölb'
inauf, ein angeraucht Papier umitedt. Göthe, Fauſt 1, 31. Sie
die Locken) rauchten dampfend auf, gequetfcht vom heißen Stahl.
zachariä. Auf dem Plage dampften verichiedene Deffnungen, andere
atten ſchon ausgeraudt. Göthe, Leben 10. B. Nah ausge-
auchter Pfeife. Daf. 14. B. Nur daß die Luft nicht verraucht.
pig. — Mit edlem reuchwerk wol durchreucht (durchräucht). H.
Sache. — Daß die Hausfrau einfalzen und räuchern muß. Göthe,
tal, Reife Neapel 28. Mai 1787. Dieje perennierende Baljamftaude,
te den innen Menfchen immerwährend anräuchert. 3. Paul, Titan
3. Hundert Lumpenhunde kämen täglih mich zu beräuchern.
| ur
1012
Böthe, Ramenu’s Neffe. Daß ih durchräuchre den Saal. Boß,
Odyſſee 22, 482. Vom Höfling rings umräudert. Klopfiod, Kai-
fer „Heinrich.
Weihrauchbaum, — büchſe, —faß, —fihte, —holder, — käſtchen,
—fiefer, —kraut, —rinde, —ftunde, —ſtrauch, —vogel, —wurz n. a;
Weihrauchsdampf, —nebel. — Schon ahn' ich aus der Schafe Weib:
rauch duft. Göthe, Fauſt 2,84 Ein weihraudleer Altar. Lohen⸗
ftein. Wenn er durch Weihrauchwolken zeucht. Ramler. Zıma
Weihbrauhsdampf was duftet fo gemiiht? Göthe, Fauſt 2, 86.
Dann muß fortan, nach magifchem Behandeln, der Weihrauchs—
nebel fih in Götter wandeln. Daſ. 2, 77.
Rauchfang (im 15. Jahrh. rauchfankch) aufgebauter Kanal
zum Auffangen und Wegführen des Rauches. — Ein Rauchfang if
dir auch gewiß. Göthe, Fauſt 1, 72.
Schornſtein (mh. scorstein, älternhv. schorstain, schornstein, «lt
niederd scorenstein, mittelnieberd. schorsten, dän. skorsteen , Bolfsiprade
Schornſte, Schürnfte, von altſchwed. skarsten — Herbplatte, dies ven
altn. skara = ſchüren, Feuer anwehen ſ. S. 117) zunaͤchſt die ſichere Unterlage tes
Feners im Haufe, um es erhaben zu befferem Brennen der Luft mehr ansja-
fepen; uhd. die aufgebaute Höhlung zur Abführung des Rauches. Schlot
(ahd. mhd. slät, niederd. slöt) ift zunächft etwas Hohles, bezeichnet dann den
Rauchfang als röhrenartigen Abzugskanal oder Höhlung des Rauches. Ka:
min (älternhd. kamin, kemit, kemmet, chümich, kömich, aus lat, cami
nus, gt. xauvog) bezeichnet zunädhft die offene Beuerflelle des Zimmers, melde
bei und gemauert ift, dann die Beuermauer zum Auffangen und Kortfähren
des Rauches, im Befunderen die Fleinere Feuermauer, welche von bem Ofen
eines Zimmers ausgeht. — Aus dem Haus zum Schornftein hinaus. Gätke,
Fauſt 4, 121. Und als er rauchen fieht den Schlot. Schiller, Gang nad
dem Gijenhammer, Es (das Stühchen) hat einen Kamin, ber zwar im
Winter ein wenig raucht. Leffing, Minna v. B 1,3.
Nauchdicht, — fanggeld, —fangfehrer, —fangfteuer, —farbe,
—farbig, —feuer, —gans, —gelb, —gewölbe, —grau, —holz, —kam⸗
mer, —Enecht, —kohle, —Eugel, —loch, — meiſter, —opfer, —pfanne,
—pfennig, —poftl, —pulver, — ſchutz, —ſchlich, nr — jpinne,
—ftein, —fteuer, —ftube, — tabak, —topf u. a.; Abrauſchale;
Räucherfleiſch, —holz, —kammer, —fammer, —lampe, —pfanne,
—wurſt u. a — Dann rauft man aus der Stirn ihm (dem Bode)
Huar und wirft ed auf den Rauchaltar. Hagedom. Rauchdampf
fehn wir allein von der Erd’ aufiteigen am Himmel. Voß, Odyſſee
10, 99. Der ihm das Rauchfaß fnieend bei der Meſſe jchwingt.
Platen, rom. Dedipus 2, Durch die Raudgluth ſiedet Baljam
. aus dem Harzbauım. Göthe, Pandora. Worin man für fie eine Rau
pfanne mehr voll Kohleudanıpf als Wohlgeruch herumtrug. 3. Paul,
zitan 36. Veſuvs Raüchſäule wurde abgeweht. 3. Paul. Jetzt
1013
zuckten gabelfchwänzige Rauchſchwalben mit der PBurpurbruft 3.
Ban, Titan 43. Wie ich felbft aus den fich mehrenden weißen Raud-
treifen febe.. © Wagner. Purpurflanımen und vollmondröthliche
Rauchſtroͤme. Sonnenberg. Sch bringe ſüßes Rauchwerk in Die
Zlamme. Göthe, Iphigenie 3, 1. Den wohlgebauten höhern Theil
der Stadt von leihten Rauchwolken gedämpft. Göthe, Das Kind
mit dem Löwen. — Bis auf das leichtefte Wölkchen des Räucer-
altars, die Schmeichelei. ‚Klopftod, ihr Tod., Indem er Räuder:
kerzchen befaß. Göthe, Leben 1.8. (Wenn) einer feinem Gaſte
jeßt gutes Räucerpulver und dann Geftanf aufitreute. Klopſtock,
Gelehrtenrepublik. J
Anm. 1. Grimm rechnet hierher noch Gerücht (146.149), Nah Weis
— ſich in dieſen Worte zwei Verba gemiſcht, ahd. rahhön — erzählen
und rie .
Anm. 2%. Nah Schwend iſt der röchelnde Tun des Athems Grund⸗
beventung von riedyen. Darnady gehörte auch röcheln, lat. erugere, eructare =
rülpfen, gr. dpavyasv zu derſelben Wurzel.
.Kriechen.
(Wurzel kruch.)
Krieche, kroch, gekrochen, Eriechen (kriuhhu, krouh, kruh-
hum@s, krohhandr, kriuhban, kriohban; mbd. kriuche, krouch,
krüchen, gekrochen, kriechen) 1) vermittelft der Füße fid) von
einer Stelle zur andern bewegen, mit dem Nebenbegriffe, Daß dieſes
auf eine langſame Art geſchehe; 2) (in engerer Bedeutung) fid) mit
geſenktem Leibe und gefrümmten Beinen von der Stelle bewegen, von
ſolchen Thieren, von welchen man jonit friechen nicht gebraucht; 3)
(uneigentlih) von Gewächſen, die fi) nicht in die Höhe erheben, fon-
dern nahe an der Erde ausbreiten. — Der in ein Bockshorn kruch.
Lohenſtein, Cleopatra 1, 234. Ich kroch durch alle Krümmen des
Gebirge. Schiller, Tel 2, 2 Das ift feine Beute, die da kreucht
und fleugt. Daf. 3, 1. .
Ab—, an—, auf—, aus—, be—, bei— , durh— , ein—,
mpor— , ent— , entgegn— , er—, her—, herab —, beran—,
herauf , heraus —, herein —, herüber—, herum - , herunter —
hervor —, herzu —, bin— , hinab —, hinan—, binauf—, hin⸗
aus — hindurch —, hinein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —,
hinzu —, nah —, nieder— , über—, um—, umher—, unter —,
ber — vor—, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber—, zu—,
zurück—, zuſammenkriechen. — Als dort nur ſo eben ankriechen
zu dürfen... Klopſtock, Gelehrtenrepublik. Bon Mopſen wird er (der
Hand) faum erkannt, jo dürftig kommt er angekrochen. Hagedorn.
Ber konnte es dir an der Nafe anjeben, DaB du mit deiner roman
haften Liebe würdeft angefrochen kommen? Weiße. Der Zölpel ver:
1014
ſchwindet —— fo wie der Cavalier auskriecht. Lichtenberg,
orbis pictus. Sie werden dich befriechen, die Ameifen. Leifing,
Ernft und Fall 2. Ich durchkroch fie (die Höhle). Göthe, Eam-
pagne in Frankreich Duisburg Rvbr. Sie (die Ehrfucht) bricht deu
Abgrund auf, durchkreucht der Grüfte Nacht. Günther. Wie wir
alle leider mit dunkeln Sinnen in die fchöne Natur einkriechen
J. Paul, Titan 11. Wo Velten elinkriechen zu lichten Pünktchen.
Raul. Dem bäßlichiten Gefpenft, das dem Kozyt entkroch. Seume
ol ich dem nur immer die Höhe erfriehen? Göthe, Briefe ans
der Schweiz 1. Abtheilung. Man hält ihn des Glücks für unwürdig,
weil er e8 erfriehen will. Gellert. Da er denn, unter Gottes
GSeleit, durch Hülfe feines Stabes allgemah in den nächſten Ban
fortfrod. Göthe, -St, Rochusfeſt. Doch von dem Ohr des Arg-
wohns aufgefangen, kriecht es (das Wort) wie Schlingfraut endlos
treibend fort. Schiller, Braut v. M. Sie (die Schnede) kommt
herangefrodhen. Göthe, Fauft 1, 212. Selbſt die ungeftalte
Epinne roch herbei und fog gewaltig. Göthe, die Nektartropfen
D, immer noch befier, Vater, als ich Eröch’ um den Thron herum.
Schiler, Kabale und Liebe 1, 7. Daß er hinabkriecht und den
Kinbläjer feines Xobredners macht. J. Paul, Hefperus 1. Die mie
Spinnen an den glänzenden Wänden hinaufkriechen. J. Paul,
Heiperus 13. Ehe wir zu dem Zaun wieder hinauskrochen Göthe,
Canıpagne in Franfreih 4. Det. Gar bedächtig kroch er hinein
Göthe, Reineke Fuchs 3, 368. Wo er auch unter den Meufchen
hbinunterfriedht. Schiller, Kabale und Liebe 1, 7. Diefe Scha⸗
Ienthiere des moralischen Daſeins mögen ihren Fühlhoͤrnern nach⸗
kriechen. Benzel- Sternau Da überkroch die Holde plöglich ein
Schlummerhügel. 3. Paul, Hejperus 18. Ad) wer mag doch
funft das Unglüd, fo ftets vberfreudht den Menfchen und in Ar
muth zeucht. H. Sachs. Welche das Rennthiermoos umkreucht
und die Alpenbirfe. V. d. Lühe. Der-Epbeu frod an der Mauer
umber. Pyrfer, Rudolph 7. Es kommt eine Zeit, wo man Geit
dankt, wenn man irgendwo unterfriecden fann. Göthe, Egmont 3.
Wie nur fo viel verflucht Geftndel im engen Haufe fih verfred!
Göthe, der Müllerin Verrat, Daß taufendmal fi) das entfepfice
Geſtändniß ſchon auf meinen Lippen meldet, doch fcheu und feig zu⸗
rück zum Herzen frieht. Schiller, Don Karlos 1, 2 Warum fell
denn der Geilt fo zufammenfriedhen? % Paul, Titan 57.
Anm. In partieivialer Zufammenfeßung fagt Klopſtock, Meſſ. 6,385: Ber
Allen hatte mit Schmähfucht Bhilo und erdekriechender Bosheit ihre ſcher
Fleinen beweglichen Herzen erfüllt.
Krieche, Eriechig ; Kriechung, Kriecher Kriecherei, Kriechbohne,
—ente, —erbje, —ling, müde, —röhre, —tofe u.a. — Säned-
friechige fupplerin. Fifchart, Gargantua S. 87. Folgerungen, die
1015
in argliftiger Kriecher daraus zieht. Lichtenberg, Epiftel an Göb-
rd. Kuechtlichfeiten und Kriechereien. Klopftod, Gelehrtenrepu-
if. Mebertriebene Kriecherei gegen Hofleute. 3. Paul, Hefperus
16. Hätte der Winkelkriecher zu Haufe geſehen. Shafefpeare,
Rab für Maß 4, 3. Doc) werde zuvor bei den Schädeln am Opfer
reiner Kriehfucht! Klopſtock, Meſſias 13, 527.
Bieten.
(Wurzel bud, but.)
Biete, bot, neboten, bieten (ahd. piuta, pöt, putumes, po-
anôr, piutan und piotan; mhd., hiute, böt, buten, geboten, bie-
en; goth. biuden, altj. biodan, altfrief. biada, neufrief. neuniederl.
jieden, neuniederd. beden, agſ. beödan, altengl. bede, engl. bid,
ıltn. biodha, bioda, ſchwed. bjuda, dän. byde) 1) eig. wol darge—
sen, darreichen 1); 2) (veraltet) befehlen, (gebieten); 3) zu leiden zu—
nuthen; 4) im Haudel anbieten, gewifferniaßen eine Summe Geldes
Yarreihen; 5) fagen, wünfchen: einer guten Morgen. — Welcher ift
„unter euch Menichen, jo jn fein Son bittet vmbs FEN Der jm einen
Stein biete? Luther, Bibelüberf. Matt, 7,9. In Scywaben bie-
ten ſechs (Regimenter), in Bayern zwölf deu Schwediſchen die Spitze.
Sciler, Piccolomini 1, 2. Ich biete meine Treu’ nicht feil. Daf.
4, 4& Beut der ftrengen zeit, Daß fie nicht gierig fey, durch falfche
ud und lift dem Bande weh zu thun. Sofmannswaldauifhe Ged.
2, 32. Der Liebe Glück der Waare gleich zu achten, worauf gebo—
:en werden kann! Schiller, Don Karlos 2, 8. Der König ſendet
nich bieher und beut der Priefterin Dianend Gruß und Heil. Göthe,
Iphigenie 1, 2. Glüdlidh, wenn ein deutiher Mann feinem Freunde
Better Micheln gun Abend bieten kann. Göthe, Muſen und Gru-
ien in der Marl. :
Berbieten 1) als unzuläfig beitimmen mit Straffälligfeit gegen
Zuwiderbandfung, oft auch bloß verwehren; 2) (veraltet) vorladen,
vefannt machen; 3) (veraltet) in Befchlag nehmen. — Geh’, ich reiße
nich 108, obgleich die männliche Tugend nicht die Thräne verbeut.
tlopftod, an Giſeke. O fo vergönne mir nur das zu feheinen, was
as Geſchick zu werden mir verbeut. Ramler. Weißt du, daß Dich
te Acht verfolgt, daß du dem Freund verboten?) und dem Feind
rlaubt? Schiller, Tel 5, & Einen neuen Bau verbieten (be-
1) Die Orundbebeurung if wol finulih fireden. Vgl. Parzival swar ern
den arm) böt oder swanc = wenn er ten Arm ftredite oder ſchwang.
1) Verbieten und erlauben find hier Ausdrücke bei der Acht gebräuchlich.
der Leib des Beächteten war jevermänniglich erlaubt d. i. freigegeben, auch den
zoͤgeln, rn vogelfrei d. i. den Bögeln freigegeben.” Wurm, Hufer, Pros
ramm 9. . - N
+
1016
kannt machen). Jülicher Polizeiordnung. Ein igleich (jeglicher) man
oder fraw, Di purpur ſint, Die verpietent (belegen mit Beichlag)
einen igleichen man oder ein frawen vn ir gelt wol in der flat, wen
fie herin homment. Ruprecht v. Freiſ. Rechtb. Weitenrieders Beitr. 7, 104.
Unterfagen (1. fagen ©. 73) durch wörtliche Willenserflärung befims
men, daß etwas bisher Zugelaffenes oder als zuläffig Angefehenes unterlaffen
werde. — Oft hab’ ich's ihm unterfagt. Herder, Eid 7.
Ab—, an— (©. 708), aner—, auf—, aufge —, aus —, dar —
(©. 708), ent— (©. 708), entgegen—, er — (5.708), ge— (8.5),
herum —, nah —, über , um —, vor —, zu —, zurücdbieten. — Ueber:
legen fie das Glück, das ſich ihnen heute auf ihr ganzes Leben an-
bietet. Gellert. Ich kann mit ihm nicht rechten, fann ihn weder
verklagen, nod) mich jelbft vertheidigen, nod ihm jegt genug zu thun
mih anerbieten. Göthe, Taſſo 2, 4 Das ftile Loos, Pas ich
mit diefer Hand ihr anerbiete Schiller, Jungfrau v. O. 3, +
Sa, ich verſuch' es, Alles biet' ih auf. Schiller, Maria Stuart 2, 8.
Ja babe alle Fürſten aufgeboten. Dal. 5, 7. Ich erfrage mir
verfprochene AJunggefellen, Die ſchon zweinml aufgeboten cin der
Kirche aufgerufen) find. Shakeſpeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 4, 2.
Er lies den Jüden auffgebieten. Luther, Bibelüberf. 1. Mach. 9,
63. Kleine Krämer, welde ... ihren Kram ausbieten: Göthe,
ital. Reife Neapel 38. Mai 1787. Des Sternberg’s Güter merden
ausgeboten. Sciller, Piccolomini 4, 1. Ich biete dem Junker
aus. Schiller, Kabale und Liebe 1, 1. Stund’ um Stunde wird
uns das Leben freundlih Dargeboten. Göthe, Elegie. Ludwig IL,
Sohn des in Apulien verftorbenen Valois, wurde ins Land entbo-
ten. Platen, Geſch. d. K. Platen 1, 2. Laß er den Bifchoif zu-
entbieten. Zinfgref, Apoph. 1, 43. Der Füngling ihr entgegen:
bot: O kämeſt du herab zu mir! Uhland, der Schäfer. Der König
gebent, daß ich am Kreuz mit dem Leben bezahle das frevelnde
Streben. Schiller, Bürgfehaft. Und weil hier die Scham nun nicht
weiter gebeut. Göthe, Todtentanz. Sieben geboten (ftanden von
der Hut. Voß. Die Zeit hat hierüber mit einer gebietenden Stimme
bereit8 entichieden. Herder, Seine Worte bot er mit der Kreigebig-
feit eines Weltinannes ... wie Schnupftabak herum. 3. Paul. Wir
bewunderten die verfchiedenen glänzenden Darftellungen und feenmäßis
en Alammengebäude, womit immer ein Gejandter den andern zu
berbieten gedacht hatte. Göthe, Xeben 5. B. Ein linterbett, das
ihnen beim Aufitreih überboten wird. Schiller, Räuber 1,2 Wen
er Waar’ umbietet im Land. Voß, Luiſe 2, 281.
Die Synonymen von an—, aner—, dar—, ent—, erbieten i.
©. 708, von gebieten ©. 5.
Anm. Die Participien gehalten noch andere Zufammenfegungen, z. B. die
friedenbietenden Herzen. Pyrker, Rudolph 8. An der ſiegsruhmbieten⸗
1017
den Laufbahn. Daf. 9.. Mit fampfanbietender Stirn. Pyrker, Tuniſtas 9.
Unfer Hauptmann und hochgebietender Herr. Schiller, Wallenfteing Lager 7.
Die thatengebletende Sturmfahn? Pyrker, Rudolph 9, Dem Schreiben des
gottgebotnen Geſetzes. Klopſtock, Meſſias 9, 209. ö
Bietung (ahd. bietunga, mhd. bietunge); Bieter (mhd. bie-
tere); Anbieter, Gebieter (mhd. gebietzere, gebieter), Öebie-
tiger (felten); gebieterifch; bietig; erbietig, gebräuchlicher
erbötig (©. 741); Gebiet (mbd, gebiete) das Recht zu gebieten ;
Bezirk in welchem Jemand zu gebieten hat. — Die Handbietung
diefer beiden Entwürfe war ein Hauptgrund ihrer Ausführung. Campe.
(Wir find) gegen fo holde Anerbietungen unempfänglih Göthe,
Zeben 13. B. Mein Gemüth war von Natur zur Ehrerbietung
eneigt. Göthe, Leben 1. B. Sprecht ehrerbietig, mit Gelaflen-
beit: Schiller, Maria Stuart 3, 3. Was ihr befchließet, werdet ihr.
dennoch zufeßt als Herr und Gebieter volljiehen. Göthe, Reineke
Fuchs 7, 124. Ich Halle die hochmüthigen Aftergebieter der
Schöpfung. Benzel-Sternau. Dem tapferen Heldengebieter. Pyr—
fer, Tuniſias 1. Der trefflihe Zagergebieter. Dal. 6. Du bift
Obergebieter. Voß, Zlias 9, 69. Mit den oberften Schiffes-
gebietern. Pyrker, Tuniſias 3. Und es ritten die Führer zum
Schlahtengebieter. Sonnenberg. Den gewaltigen Schreden-
gebieter. Boß, Ilias 6, 97. Bölfergebieter. Voß, Odyſſee
4, 156. Ein hoher Weltgebieter. Tiedge, Urania 3. Englands
Handelsgebieter. Beder, Weltgefhichte 7. A. 14, 148. — Was!
tief Zuciane gebieterifch. Göthe, Wahlv. 2, 4. Don Pedanterie
und gebieterijhem Weſen merfte man wenig. Göthe, Meifters
Lehrj. 3, 12%. — Den. (Vertrag) bin ich, meinethalben (meinerjeits)
zu geleben auch bietig. Krenner, Landtagsh. I1, 39. Wann jedes
mich eines beffern zu berichten erbietig it. Harsdörffer, Zrauenzim-
mergefprächfpiele 1, 20. Auf welches Nnfprechen die Frauen allemal
gar willig und urpietig gewejen. Weftenrieder, Beitr. 5, 106 v.
3. 1580. Sep er willig und dero begehrten zu be—
fürdern. PB. Abraham. — Zu des Himmels Zuftgebieten., Unge
nunnter bei Campe. Schnell von Geſtirn zu Geftim durch tiefere
Sonnengebiete ſchwebt' er dahin. Sonnenberg. Der Heerzug
freifte um Mitternaht durch Sonnen- und Sternengebiete.
Sonnenberg. Ein Leben, das jo weit, weil über Staubgebiete
hinaus die Wurzel ſchlug. Tiedge.
Herr (f. ©. 56); herriſch (mhd. herisch, hbersch) ſich beſtrebend
and überhebend, Andere nud feiner Willeneäußerung zu beflimmen, und zivar
immer mit der übelen Nebenbetentung beleidigender Anwendung oder Uebertrei-
bung wie der Ueberhebung gegen Untergebene oder überhaupt Andere, gleich
als wenn man fie ald Untergebene anfähe. — Bon biefen tropig herriſchen
Gemüthern fich meiſtern laſſen. Ehiller, Jungfrau v. ©. 1, 6,
3
1018
Gebieterſchaft, — ftimme. — Auch zeichnet fich feine Gebieter-
{haft im äußern Betragen durch Gang und Miene aus. Grellmann.
Allgewaltig treibt des Augenblides Gebieterfiimme mid au dus
entwohnte Licht der Welt hervor. Schiller, Braut v. M.
Bot (das, mhd. bot) — Befehl, Anbieten eines Preifes für
eine Sache, ift veraltet, und nur in Zufummenfegungen noch gebräud-
lich: Gebot (ahd. kipot, mhd. gebob ogf altn. bod f. S.6), Auf⸗
gebot, Berbot (mhd. verbot). — Wieder ein Gebot ift: du fol
nicht fehlen. Schiller, Wallenſteins en 8 68 erihien ein Auf:
. gebot, niemand aber wollte geben. Göthe, Tag- und Jahreshefte
1794. Die Dam’ ift insgeheim dem Lord verlobt, und ich, ihr Mann,
verniht” Eu’ Aufgebot. Shalefpeare, K. Lear 5, 3. Das muß
der Aufbot (Aufruf) feon zu ihrer Buhlerey. Hoffmannswalden.
Es fen der Aufbot da zur langen Ewigkeit. Weichmann, Poeſie der
Niederſachſen 2, 226. — Daß id ein Eilgebot des Könige tren
erfülle. Göthe, Zauft 2, 180. So fehr mißtrauen fie beide noch
dem Göttergebot. Voß. Trautes Niden, grüß eudy Gott! war
des Mädchens Grußgebot. Blumauer. So mit Herridyergebet
umwandelt’ er Schaaren der Männer. Voß, Ilias 4, 250. Auf der
Göttin —— Schiller, das eleuſiſche Feſt. Ihrer Bruft ge⸗
waltige Luͤſte zaͤhmet das Naturgebot. Daf.
- Mit Aufgebot (allg. Bewaffnung und Verſammlung von wehrhafter
Mannfchaft eines Volkes) find finnverwandt: Heerbann (ahd. heribse,
mbb. herban f. ©. 111 und 247) das_rechtmäßige Aufgebot der Wehrpflichtigen zum
Kriege. Landſt urm (f. S. 291. 601.680) das Aufgebot der ganzen Mafe
des Volkes, vornehmlich aller wehrhaften Männer des Landes, zur Bewaffnung
und Abwehr gegen den Außern Feind. — Schon kommt er angezogen mit
flarfem Aufgebot. Uhland, die Döffinger Schlacht. Much der mädtige
Burgund, der Länders@ewaltige, hat feine Mannen alle herbeigeführt... Eie
folgen alle dem Heerbann des gewaltig herrfchenden Burgund und wollen
Orleans bezwingen. Schiller, Jungfrau v. O. Prolog B.
Bote (ahd. poto, mhd. bote, altn. bodi, agf. boda) eig Dar-
bringer; dann allg. wer zum Verſchicken in Ausrichtung von Aufträgen
gebraudyt wird, mährend die Verkleinerungsfform Büttel (ahd. putil,
‚mbd. bütel, agf. bydel, engl. beadle, dän. böddel, ſchwed. bödel,
ital. bedello, ſpan. bedel, franz. bedeau) nhd. nur in der Bedeutung
eines niederen Gerichtödienerd gebrauht wird. Bon Bote fonmt
Botſchaft (mhd. boteschaft, botschaft), Botfhafter (S. 229
und das jeltene Verbum verboten = durch Bote oder Botſchaft
melden. — Stehn wir nicht in tiefem Frieden mit dem Ezaar zu Moskau?
Ich ſelbſt als euer Lönigliher Bote errichtete den zwanzigjäbrigen
Bund. Schiller, Demetrius. Du ew'ge Sonne, die der Erdball um-
kreiſt, fei du die Botin meiner Wünfhe! Daf. Unfere Wänſche
find Borgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen, Borboten des⸗
1018
jenigen, was wir zu feiften im Stade fein werden. Göthe, Leben
9 3. — Bie ein Zlügelbote des Himmels. Shafeipeare, Romeo
und Julie 2, 2. Sei mir gegrüßt, begnadigter Seraph, du Frie=
densbote! Klopſtock, Meffias 1, 493. Als zum obern Schloßther
ein Fußbote bereingeiprungen kam. Göthe, Meifters Wanderj. 3,
16. Der Sarnbote beftieg den Heuboden. Daj. 8, 5. Der Ge-
richtsbote. Göthe, Götz v. B. 4. So überrafht mich hier der
Himmelsbote Schiller. Lihtboten find nicht rein vor ihm.
Herder. Zu Liebeshoten taugen nur Gedanken. Shakefpeare, Mac-
beth 2, 5. Um mich als einen Mahnboten zu zerftreuen. Göthe, -
Zeben 4. B. — Benn mich der Poſtbote nicht drängte. Göthe,
Wahlv. 1, 1. Wohl eingelemte Stundenboten konnten fogar von
Der Länge ihres eigenen Schattens ohnfehlbar die rechte Morgens und
Abendftunde angeben. Böttiger. Die grauen Streifen, die das Ge-
wölk durchziehn, find Tagesboten. Shafefpenre, 3. Cäfar 2, 1.
Jedes Rauſchen fündigt mir den Fußtritt eines Unglücksboten an.
Schiller, Wallenfteins Tod 8, 3. — Gabriel aber erhub fich zur neuen
Botſchaft. Klopſtock, Meſſtas 1, 705. Kein fo herb Geficht zu
einer folhen Kreudenbotihaft. Schiller, Wallenſteins Tod 4, 7.
Wer aber bringt der Mutter Helabe die Trauerbotfhaft von
Achillens Rufe? Collin. Den Ichönften Boten Unglüdsbotfchaft
häßficht ihn. Göthe, Fauſt 2, 221. — Der Fiscal, der ein befcheide-
nerer Büttel als der Gouverneur war, wendete fich zu ihm und fagte.
Göthe, Benvenuto Eellini 1, 12. — Den Namen verbotener Ge—
richte führten die Freigerichte ohnftreitig daher, weil das Gericht der
missorum unter dem blauen Himmel em ungeboten, das Stillgericht
aber ein geboten Ding war, wovor feiner, ald wer Dazu werbotet
geladen) war, erihien. 3. Möoſer, die weit. Freigerichte,
Die Synonymen von Dienftbote f. ©. 2235. — Mit Borbote (bee -
einen andern anfünkigt. der nach ihm kommt) finnverwandt if Vorläufer
(. Taufen) fowol wer über den Anbern binansläuft, daß diefer nachbleibt
als auch wer in Beziehung anf einen Andern fo ſich hinbewegt, daß biefer
nach ihm iſt ober fommt. — Er lebt nur mit Erzvätern, Propheten und
Borläufern. Göthe, Leben 10. 2.
Anm. Unfer Pedell it bloß eine Eniftellung aus Büttel.
Botenamt, — brot, — büchſe, — lauf, —läufer, —lohn, —meis
fter, — ſchild, —ſpieß; botmäßig, —mäßigfeit. — Dem guten Bo⸗
ten fein Botenbrot? Leſſing, Nathan d. W. 5, 1. Die Boten-
frau fiebt vor der Thüre. Göthe, Briefm. mit Schiller 4, 29. Der
fhwerfälige Botengang unfſerer Sprade. Thümmel. Bleicher
Botenlänfer. Shafefpeare, Kaufmann von Benedig 8, 2. Zum
Vorſchmack eures Botenlohns nehmt diefe Kleinigkeit. Göthe, Eus
genie 2, 5. Mein Botenſtab ergrünt von frifhen Zweigen! Schil-
ler, Braut v. M. Die Botenftunde jchlägt. Göthe, Briefe. mit
1020
Schiller 5, W. Bielleiht bat ihn (Th. Earver) Voigt, der mit Reife:
befchreibungen reichlich verfehen ift, und mir ihn wohl auf emen Bo-
tentag leibt. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 147. Daß Sie der
Aufſa Bogen mit den Botenweibern erhalten. Dai. 1, 19.
nm. Dus zu bieten gehörige nbd. Biet — Gerüſt hatte früher (as
biuds, ahd. piot, mh. biet, altn. biodr, agf. bööd) die Bedeutung Opfertiſch.
Klieben.
(Wurzel klib, klub).
Kliebe, klob, gekloben Elieben (ahd. chliupu, chloup, chlu-
pum&s, chlopaner, chiopan und chliupan; mhd. kliube, kloup,
kluben, gekloben, klieben; agj. cleäfon, clẽofan, altn. kliufa,
altf. cliobhan, mittelniederl. clieven und cloven, .niederd. klöven,
engl. cleave, franz. cliver, jdhwed. klyfwa) nhd. jehr felten, iſt eig
ſich gewaltſam von einander geben, fo daß eine in die Länge gehende
Deffnung zwiichen den Theilen des feiten Körpers entſteht; (actiw) ge
waltjum in ſolcher Deffnung ſich von einander geben machen. Die
Bolfsiprache fagt Eleuben, Elöven, kliwwern. — Des Tempels
Vorhang zerreiß, und manch Fels zerflöbet. M. Weiß. Das ce
(das Schiff) halb von annder klob.“ Theuerdank 65, 32. Ausg. 1517.
Der Hausfnecht, der juft.Scheite klob, lief her mit jeinem Schlägel.
Blumauer, Aeneis 8 Doch Odin ſchützt' ihn nit, num Noboafters
Schwert entzwey ihn Eliebt, bis an den Nabel. Alxinger, Dooli
8, 51. Das jhn (ihnen) die Beuch wolten aufflieben. H. Sachs
Die Synonymen Spalten und fpleißen f. S. 839.
Klanben (ahd. chlüban, mhd. klüben), Nebenform von lichen,
bedeutet nhd. mit den Fingern, oder auch mit Hilfe von etwas, was
man in den Fingern hält (audy mit den Zähnen) durch Scharren oder
Schaben in kleinen Theilden von einem Körper nach und nad le
oder abmachen; (fig.) das Schlechte, Untaugliche von etwas mit den
Fingern im Kleinlichen aus- und abjondern ; fpipfindig bis ins Klein
fihe unterjuchen, prüfen und ausjcheiden, beſonders wenn- es auf
unnütze Weiſe geichieht. Davon Klauber, —erig; Klaubebühre,
—junge (alle im Bergmweien). — Imſen auf! es (das Gold) and-
uflauben. Göthe, Fauft 2, 138. Das alte Rom aus dem neuen
Berandsutlauhen. Göthe, ital. Reife Rom 7. Nov. 1786. Die
ſes erbärmliche Hervorklauben der frühern und abgelebten Litere-
tur. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 6. Des öden Formelflan:
-bens. Boß, der Bund. — Die eigentlihen Geſchichtklanber.
Kichtenberg, liter. Bemerkungen Die Wortklauber haſchten jeden
Laut aus ihrem Munde auf. Mujäus.
Kueupeln (wol eine Fortbiſdung des nieberb. gnauen — beißen, gusu
ein = nagen, oder von knauen, holland. knaauwen — beißen, ef:
1021
rn
ober verwandt mit. bolländ. knabbeln ?) iR ein mühfames Ragen. Nagen
(f. S. 721) anhaltend nach und nach mit den Zähnen abbröckeln. — Daß
wir für Hunger nnd Elend fchier nagen müflen die eigenen Kuchen. Schiller,
Wallenſteins Lager 1.
Klaue (ahd. chläwa, chlöa, mhd. klä, agſ. clawu, altn.klA, klauf,
engl. claw, dän. kloe, klov, ſchwed. klo, klöf, Volksſpr. K'6) mit den Sy-
nonymen f. ©. 638). Davon Bauig; Elauen = mit den Stlauen
packen; Klauer; Elauern Cim Holfteiniihen) — klettern. — Unjer
Vieh foll mit uns gehen, und nicht .eine Klaue dahinten bleiben.
Luther, Bibelüberf. 2. Mof. 10, 26. — Die Afterkflauen fehlen
dein Smergeeh. Zunfe. Die Buherflanen find befchwichtigt. Göthe,
Fauſt 2, 64. Dreimahl den klauigen Krebs... ſah er. Voß. Denn
ſie warf fih über ihn her, zerbiß und zerkfragt ihm mit den Nägeln
das Fell und klaut' und zerrt’ ihn gewaltig. Göthe, Reineke Fuchs
11, 292,
Andere Synonymen von Klaue' find noch Kralle = der vurfichende,
frumme fcharfe Nagel an der Zehe des Thieres, Fänge (f. fangen) =
womit man fängt, bed. bei den Raubthieren das Gebiß, bei den Raubvögeln
die Klauen, — Um Mitternacht. flieht er Gefpenfter und den Teufel, zählt
unter der Bettdecke die Krallen an feinen Klauen. Leiſewitz, Rebe eines
Gelehrten an eine Gefellichaft Gelehrter. Und ans den Lüften ſchwang ein
Adler fih herab, ein zitternd Reh in feinen Fängen. Schiller, Brant v. M.
Klauhammer; Klauenfett, —geld, —horn, — muſchel, —fteuer,
—thaler, —winde, —wurm, — zehnte.
Kloben (ahd. chlopo, mhd. klobe); Klaft (ahd. chluft, mhd.
kluft) Einftig; Geklüſt mit ihren Synonymen |. S. 10 und 932.
— Den Biederhall der Eppichklüfte fehredt Fein Schlachtgeſchoß.
Salis, an ein Thal. . Unendliches Wehe jchrei’ in der Abgrunds—
Huft... Satan! Klopftod, Meiflas. Zieht fie in die Bergfluft.
Voß. Avernus, eigentlich jede Durftende Lache oder Erdfluft, worüber
fein Bogel fliegt. Voß. In ziemliher Höhe fchießt aus einer Fels—
kluft ein Acker Bach herunter. Göthe, Briefe aus der Schweiz 2.
Abthl. Frau Berta ſaß in der Felfenfluft. Uhland, Klein Roland.
Dann graufen Gelärmes jchmettert’ er's niederdonnernd hinein in den
Rachen der Graunkluft. Sonnenberg. Dem Scooß der. Stein-
luft. Matthiffon, die Gnomen. Daß Geninsberuf Sprünge über
Rieſenklüfte mächt. Benzel-Sternau. — In des Gefängniffes "ties
fem Geklüft. Klopftod. Noch lagern fie in Wald und Felsge—
klüft. Uhland, H. Emft 3. Hangendes Feliengeftüft. Voß.
Ro fein lebender Bach nieder am Moosgeklüft rollt durthfichtige
Flut. Voß. — Am Kreidefels der kluftigen Leufade. Salis, Monodie.
Der Kalkſtein ift fehr klüftig. Göthe, Schweijerreife 18. Sept. 1797.
Wo dieſes Geftein, ninder zerflüftet, die Wafler auf der Ober⸗
1022
fläche zufammenhält. 4. v. Humboldt, Ideen zu einer Phyfiognemie
der Gewaͤchſe.
Anm. Klufter = Gtammende eines Baumes gehört ver Volkeſprache an.
Klobenarbeit, — deichſel, —glied, —holz, — hütte, —ring, —fäge,
—feil; Kluftdamm, — wert.
Anm. Rnobland fleht für Kloblauch, wie noch Tſchudi I, 8% Ro 2
chlounlouch, klobelouch, mhd, klobelouch d. i. geflobener (gefpaltener)
Schieben.
(Burzel scup, skuf.)
Schiebe, ſchob, -gefchoben, fehieben (ahd. sciupu, scoup, seu-
pum&s, scopaner, sciopan und seiupan; mhd. schiube, schoup,
schuben, geschoben, schieben; goth. skiuban, agj. sc&öfan, engl
shove, ſchwed. skufwa, skuffa), wol mit der umfuffenden Grundbes
deutung floßen, voranbringen, zufammenhäufen, nhd. 1) mit anhalten
dem Drude an oder auf der (befonder8 wagerechten oder doch beinahe
wagerechten) Flaͤche eines andern Körpers hin nad und nach bewegen;
2) allmälid) feine Lage, feinen Zuftand verändern: ein Thier, das Ge
treide, die Pflanzen fchieben; 3) fich ſchieben aus feiner geraden oder
rechten Lage kommen; 4) (veraltet) heimlich begünftigen, Vorſchub
leiften; 5) (veraltet) gerichtlich überweifen, indem man einen augen-
ſcheinlichen Unftand, ein förperliches Anzeichen eines Fehlers auf einen
ſchiebt; 6) (veraltet) einen Verbrecher oder eine Gerichtsfache von einer
incompetenten oder untern obrigkeitlihen Stelle vor eine andere com-
petente oder höhere bringen. — Das müßt’ ein Kerl fein, der das
Weinfaß von Fuhd in den Sad ſchieben wollte. Göthe, Goͤtz v.2.
1. Du glaubft zu ſchieben und du.wirft geſchoben. Göthe, Fanft
1, 214. Keim fremder Mund ſoll zwischen uns fih ſchie ben. Schl⸗
ler, Wallenfteing Tod 3, 15. Der Scharwerch halben werden wir
auch berichtet, daß die gar ungleich angelegt, und einer für Den andern
darin gefchont und ae ... daß die Amtleute und Dblente
einem ſchüben und dem andern Scharwerd) bieten. Krenner, Land
tagsh. 7, 407. 490. Wer jmp (Bienen) ftilt, werdent Die nicht im
feiner gewalt begriffen ung daz (bis Daß) er fie auspricht, man mag
die peyfar (Bienenlörbe) wol auf in fhieben cihn damit gerictli
Aberweifen), da die jmp inn geweſen fint. WVeftenrieder, Beiträge 7,
61. Was man in der Stifft in der Wildſchonawe nicht geridyten und
zu End pringen mag, das foll man ſchieben gen Natfelden. Mos.
hoica 2, 164.
Aufſchieben 1) eine Sache auf die audere fchieben; 2) Durd
Schieben öffnen; 3) (uneig.) etwas, was in der Gegenwart gethan
‚ werden follte, in der Zukunft thun wollen, es mag bereits angefangen
fein oder nicht, wobei auf das Bollbringen in der Zukunft einiger
1023
Nachdruck gelegt wird, während verſchie ben das Vollbringeu in der
Zufunft zweifelhaft {äßt. Verſchieben bedeutet noch 1) aus feiner
Stelle, aus der biherigen Lage ſchieben; 2) aus dex gehörigen oder
Doch gewöhnlichen Lage, wie auch an den unrechten, ungehörigen Ort
ſchieben; 3) (uneig.) ln fehlerhaft wachſen; 4) durch Schie⸗
ben verbrauchen ‚ durchbringen. — Da ſtand ich in meinem Winkel,
ſchob das Fenfter halb auf. Göthe, Egmont 5. Sciebt man es
auf, fo wird der Twing vollendet. Schiller, Tel 2, 2. Daß das
Unbegeeiflihe nur verfhoben, aber nicht aufgehoben ift. Lichten⸗
berg, philoſ. Bemerfungen. Bis auf den > Augenblid verſchiebt
zu erklären. Göthe, 4. So der gemüthlide Greis
= verfhob das fammtene Käppchen. Voß, Zuife 3. a, 76. Hat
fih dir was im Kopf verfhoben? Göthe, Fauſt 1, 144. Jener
Heine verfchoben.e Kerl von Buchbinder. Thümmel.
Verziehen (ſ. ziehen) das, was noch nicht angefangen IR, wicht In der
Gegenwart, oder nicht in der beflimmten oder gehörigen Zeit wirklich machen;
das, was angefangen ift, in die Länge ziehen, über die beflimmte over gehörige
Zeit hinaus, wobel das Bollbringen zweifelhaft bleibt. DBerzögern (f. zö⸗
gern bei ziehen) recht in die Länge ziehen, ober machen, daß ſich etwas
über die Gebühr Binzieht, fo daß es nur fehr langſam einen Anfang oder
Bortgang hat. Bertagen (von Tag, altf. altn, dag, agſ. deg, mittel⸗
niederl. dach, daghe, neunieberl. däg, engl. day f. ©. 898) auf einen
andern Tag hinausfegen. — Einft verzog er mehrere Tage, ich war ıin Bers
zweiflung. Goͤthe, Meifters Lehrj.7,4. Als der Mond noch Hinter den Alpen
verzog. 3. Paul, -Hefverus 138. Das Thier verzögerte feinen Schritt.
Goͤthe, Meiftere Wanderj. 1, 1. Da kommen Juden mit dem Schein vertags
ter Schnuld. Goͤthe, Miiter Eurts Brautfahrt, Wir geſtehen, daß uns das
Ießtere der Fall fcheint, und dag wir nicht zweifeln, daß dieſe Bartel ihre -
Plane keineswegs modiflcirt, fondern nur bis auf den Zeitpunft vertagt hat.
Augsburg. Allg. Zeitung 1847 Ro. 12,
Einſchieben 1) in einen Ort, Raum 20; 2) zwiſchen andere
Dinge, mit in die Reihe bringen, beſonders heimlich) und biermit auch
Pi bh — te, unrechtmaͤßige Weile; 3) entzwei fchieben: auf der
mmer aber konnten Die gefchnittenen Steine als ein
—— "Mittelglied eingefhoben werden, wenn die Unterhal⸗
tung irgend lüdenhaft zu werden drohte. Göthe, Kampagne in Zranf-
reich Münſter Nobr. —* aͤrgerſt du dich über fälſchlich Erhobene?
Wo gäb' es denn nicht Eingeſchobene? Göthe, ſprichwoͤrtlich.
Einſchalten (von ſchalten ahd. scaltan, mhb. schalten, altſ. scaldan
= ſtoßen; nach Grimm II. 986 verwandt mit ſchelten ©. 171, fo daß
fgelten — Makel zufügen, ein abgezogener Begriff if) in ein anderes Ding
bringen, fo daß es zwifchen den Theilen deſſelben ſich befindet, wenn man Recht
oder Gewalt dazu bat, — Unter ven Papieren, die une zur Redaction vors
1024
liegen, Anden wir einen Schwanf, den wir ohne weitere Borbereitung bier
einſchalten, weil unfere Angelegenheiten inmer ernfthafter werben, unb für
dergleichen Unregelmäßigkelten fernerhin feine Stelle finden möchten. Giüibe,
Meiſters Wanderj. 8, 8.
Ab—, an—, aus—, dazwiſchen —, durch —, ent—, entgegen —,
fort—, her —, herab— , heran —, herauf—, heraus—, Herbei—,
herein —, herüber —, herum —, herunter —, berau— , bin —, hinab —,
hinan —, hinauf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, hin⸗
unter — hinweg —, binzu— ‚nad — ‚nieder — ‚über — um — ‚umber—,
unter —, vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber —, weg —,
er —, zu —, zurück —, zuſammenſchieben find feiner weitern Grflärung
edürftig. — Hans, nachdem er gelöſet das Hemmſeil, ſchob von der Aus
fuhrt ab. Voß, Luiſe 1,685. (Die Baroneſſe) ſchob geſchwinde den Leib⸗
Schneider der Gräfin dazwiſchen. Götbe, Meifters Lehrj. 3,7. Um
mehrere Eolonnen neben einander fortzufhieben. Göthe, Kampagne
in Frankreich 19. Sept. Wenn man die Gefteinarten unterfucht, die
in den Bächen herabgeſchoben werden. Göthe, ital, Reife Palermo
4. April 1787. Man jchiebt eine nach der andern heraus umd
wieder hinein. Göthe, Wahlv. 2, 9. Den Architekten aufzufordem,
F nöthigen und gewiſſermaßen herbeizuſchieben. Daſ. 2, 4
ne dltlihe wiunderwürdige Dame ward auf einem Lehnſeſſel von zwei
jungen hübſchen Mädchen hereingefchoben. Göthe, Meiiters Wan⸗
derj. 1, 10. Schiebt meine Bernunft nicht im Kurzweil herum.
Schiller, Fiesko 1,12. Hätt’ ih fie nicht hervorgefhoben. Götke,
Fauſt 2, 137. Da ſchob der Luftige Junker einen Knaben vor ſich
hin. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 8 Ich ſchob ihr das Blatt
näher bin, das fie fchon wieder mir zugeſchoben hatte. Göthe,
Leben 5. B. Die Beflerung jcheint wieder weit hinausgeſchoben.
Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 214. Sie Ihob die Epheuranfen
mit leichter Hand hinweg. Wieland, Oberon 10,39. Dann ſchiebe
den fnorrigen Klo nad. Voß, der 70. Geburtstag 113. Daß fie
und darin getreuli nachſchie ben (uns begünftigen) und bebolfen
jein follen. Lori, Lechrain 92. Meiner Sehnſucht ſchiebt ein böfer
Geift ftatt Freud’ und Glüf verwandte Schmerzen unter. Götke,
Zaffo 3; 2. Nach Tafel... läßt man ein ee Blatt...
ur Unterfchrift herumgehn. Schiller, Piccolomini 3,1. Führte die
ferde hinaus in den Hof, wo der willige Knecht ſchon vorgeſcho—
ben die Kutſche. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 138 Ich ſchob
den Riegel vor. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 8 Schoppe fam
zurüd und wollte ihn vor das Loch feines Guckkaftens haben, worin
er die Bifariat-Huldigung in Klofterdorf vorbeifchob. 3. Paul, Ti
tan 49. Nicht Schlöffer find, nicht Riegel wegzufcdieben. Göthe,
Fauſt 2, 73. Schnell die gefellige Menge (der Ameifen), zu taufend
Schaaren zerfhoben, wimmelt fie hin und her. Götbe, Achilleis.
1025
Wie mandyes Zuckerbrot ich euch hab’ zugefhoben. Schiller, Raͤu⸗
ber 4,4. (Daß ich) den Kaften zuſchob. Göthe, Meifters Lehrj.
1, 5. Ich bob noch einen Koffer auf die Kifte, um Die ſchon herein—
brechenden Füllungen der belagerten Thüre zurückzuſchie ben und
feftzuhalten. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 8. Haſtig ſchob fie den
Riegel zurüd. Voß, Luije 3a, 255. Die Vergangenheit beiteht aus
der Geichichte, die wieder eine zufammengejchobene von Ermor—
deten bewohnte Gegenwart it. J. Paul, Hejperus 1.
Schiebe, Schiebling, Schieber: An—., Aus—, Nach —, Bor-
ſchieber; Schiebung, ſchiebig; Geſchiebe; Anfchiebjel, Einfchieb-
fel; ſchiebbar, fehieblih: auf , verfchiebbar, —lich. — Ohne
mich lang zu befinnen, z0g ich den Schieber (von dem Käftchen)
weg. Göthe, Leben 3. B. Brachte nun der gejchäftige Beſitzer aus
einem nebenftehenden Schrank neue Schieber zum Borfchein. Göthe,
Tag- und Zahreshefte 1805. Daß ihn fein Karrenfchieber anders
verfteht. Leifing, Antigöze 7. Ein fo wadrer Kegelſchieber. Shafe-
fpeare, Liebes Luft und Leid 5, 1. Aber der Aderamann ift Doc) ſtets
auf Neue von den immer wieder hervordringeuden Gefchieben ge-
plagt. Göthe, ital. Reife 14. Sept. 1786. In mandhem Granit-
ejchiebe fand ich Geichwilter und Verwandte meiner Kabinetsitüde.
af. 7. Sept. 1786. Nachſchübig ſeyn Einem (ihm Hilfe leiſten).“
Urfunde von 1449. So fted’ ich doch voll Narrheiten nicht ſowol
als voll Narren, die mancher Weile als Einſchiebſel durchſchießt.
% Paul, Siebenfäs 4.
Schieb(e)bant, —barte, — bock, —dedel, —eilen, —färrner,
—floben, —lade, muß, —ochs, — plug, — rad, — ſack, —ſtange,
—thüre, —werf, —zange, —zeng u. a.; Schieberling, — muth;
Anſchiebeſtück, — tiſch — Auch hatte man ibm aus dem kleinen
Schiebefenſter entgegen geſehen. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 5.
Endlich keuchten zwei Kinder daher, davon eines als Zugvieh an einem
Schiebekarren angeitridt war. J. Paul, Heſperus 9. Daß man
Freunde und Feinde (im Puppenſpiel) in Einen Schiebkaſten packte.
Göthe, Meiſters Lehrj. 1,5. Da ih fein Berufskarrenſchieber
bin, eine ziemlich zahlreiche Raſſe (Race, Art), die nach und nach ihre
Schiebriemen jogar zu Ordensbändern erhoben hat. Benzel⸗Ster—
rau. Und harret, bis die Schiebewände in Ordnung find Der
neue Froſchmeusler.
Schub (ahd. scub, mhd. schub) 1) Handlung des Schiebens;
2) Zuftand, da etwas: ſchiebt; 3) dasjenige, was gejchoben wird; 4)
fo viel als auf einmal gefhoben wird; 5) Ort, wo Kegel gefchoben
werden; 6) (veraltet) heimliche Beginftigung, Liſt; 7) (veraltet) Be—
weis durch den Augenschein; 8) Lieferung der Delinquenten von einer
Gerichtsftelle zur andern. Davon An—, Auf, Bei—, Nab—,
Unter—, Vorſchub. Der Volksſprache gehören an: Schübling (eine
65 ı
1026
Art Wurf); Schübet (das Angebadene von Speifen, dad man afd
bejonders ſchmackhaft vom Ziegel ſchabt); Schübel (ahd. scubil,
Büſchel, fig. Menge); ſchübeln (am Haar ziehen), fortwälzen (mbp.
schübelen). — Und zwang im Schub (Schublade) zu wohnen.
Rüdert, gei. Ged. 4, 300. Kann feinen heißen Schub Suppen lei⸗
den. Dr. Minderer 5.111. Nach dem jhm diefer Schub (Anſchlag)
nicht gerahten wolt, erdacht er einen andern lift. Aventinus, Chrom
1580. Bl. 85. Hat man des Schubs (augenſcheinlichen Beweiſes)
nicht, man fol jn vberzeugen mit fiben mannen. Weftenrieder, Beitr.
7, 61. Da hab dag Recht zwüchen N. und N. einen Schub (Auf
(hub) gewonnen... Mon. hoica. 9, 287. — Aud der Aufſchub bat
feine Freunden. Göthe, Götz v. B. 1. Ptochus rufet feinen Freund
in der Not um Beiſchub an. Logan, Sinnged. 11, 112. Dieter
Unterfhub der Kritik, Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Daß fie den
Mördern immer Vorſchub thun. Schiller, Tell 5, 1. — Abers
Kraut iſts raͤreſt Sreaffe, wenns a reachte Schüepet hot. Weizmann,
3, 150.
Schubblech — fach, —fenfter, —farren, — loch, —riegel, — ſack,
—tifch, —walze, —wand, —weile, —zeit u. a. — Aus diefen Schub⸗
fasten lacht uns ein unendlicher Frühling von Blüten und Früchten
der Kunſt. Göthe, ital. Reife’ Palermo 12. April 1787. Da fie die
Thür erbroden und offen und die Schubladen in Stauden fand.
Göthe, Benvenuto Eellint 1, 10. Ein ſchlechtes Schubladenſtück
Göthe, Wahlv. 2, 9.
Schubjude (nah Adelung u. A. von ſchubben, einem Ber-
ftärkingewort von ſchieben) eig. gleichjan der durch Schubben mit
der Jade zeigt, daß er Ungeziefer an fih hat, it Schimpfbeneunung
für den verachteten, unreinlichen, ſchmutzigen Elenden, Der jein Aeuße⸗
es im hoͤchſten Grade vernachläſſigt. — So bält fon Schubjad
ihn für wen Ihr wollt. H. v. Kleift, der zerbrochene Krug 1.
Schuft (fehlt ahd. u mhd, von unficherer Abfunft, nad) Cinigen von ſchaben,
nach) Antern von dem unten folgenden ſchuppen?)) iR zunächſt der armfelig bettel⸗
bafte, im äußern Anzuge ſchäbige Menſch; dann überhaupt der niederträchtige, cho⸗
rafterlofe Clende. Lump (eine Figur von Lumpen, bei Stieler Lumpe,
wol von dem früheren lampen — fchlapp nieverhangen) zunäcft befpimpfenbe
Benennung des ſchmutzigen Zerlumpten, und dann überhaupt des wieberträuäb
gen, armfeligen, vermögenlofen Menſchen. Noch weil flärfer id Lumpens
hund, Lotterbube (aus abo. lotar — filtlich Schlechtes; mihd. loter,
altn. loddari = Menſch, der fi dem lüderlichen Leben, hefouders dem Epie-
len und Boffenteißen ergeben) zunächſt lüberlicher, betrügerifcher Kandlänfer:
1) Stieler bat Schuft und fügt, das Wort, das Ginige von dem Hebräis
fchen scophet = urteilen, richterlich entſcheiden, ableiten wollten, ſtehe für E haft
= el, d. i. ein Menſch, der nicht mehr werth fei, als ein alter Stie⸗
felichaft.
1027
dann gewöhnlich der ſchlimme gefährliche Tangenichts. Halnunf (wahrſchein⸗
li$ das aus hallr — gebeugt und ok — Joch zufammengefegte altn. hal-
loka = der Unterjochte) der nichtewürbige fchlechtvenfende Menich, häufig mit
dem Nebenbegriffe des Echleichenden, Heimtückiſchen, Betrügerifhen. Das bie
höchfte Verachtung ausdrückende Wort it Hundsfott (bei Fiſchart im 16,
J. Hundefutt, ſchwed. hunsfott, dän. hundsfot, altfranz. chien-foutre,
eig. = Hundsſcham, von ahd. f{v)ot, mhd. vot, vut, voz, Fotz, gr. Aurrog;
vgl. lat. futuere — ehelich beifchlafen). — Unmöglih! Der Schuft? Goöthe,
‚ Bürgergeneral 11. Darauf antwortete Benedetto: Felix und ic) feien zwei
große Lumpe. Göthe, Benvenutv Gellini 2, 1. Ihn auf- jeder Seite noch
Schurken, Lotterbuben, 'ehrenrührigen Kerl und fchlechten Burſchen nennen
zu hören. Lichtenberg, Spittel von Göbhard. Was will der Bauer da? Fort,
Halunk! Schiller, Wallenfleind Lager 2. Ich wollte lieber mein ander
Bein dazu verlieren, als fo ein Hundsfott fein. Göthe, Göp von Bers
lichingen 2. .
Schober (ahd. schoup und scopar, agj. sceaf, ımbd. schober)
— Haufen; fehobern (nıhd. schoberen) = aufhäufen, auf einander
ſchieben. — Daum ruhen fie und wir in füßen Duft am Schober.
Voß, die Heumad 108. Um Schwad’ und geihobertes Grummet.
Voß, der Abendſchmaus 101.
Schupven (fchubben) und fehupfen (mhd. schuffen, schupfen)
— ſtoßen; ſchüppeln ſchüppelig; Schüppe was Schaufel (ahd.
scüvila, mhd. schüvel); fehaufelicht ſchaufelig; fchaufeln. — Auch
flachen die Zliegen fo Ichlimm und das büpfende Thierlein. Selbit
mein Alart lag winfelnd und ſchuppte ſich. Voß. Das glänzende
Kleid eines abgeſchuppten Ziiches. Göthe, Meiſters Lehrj. 1, 15.
Jetzt werden fie beſſer jhüppeln Grimm, Märchen von einem der
auszog das Fürchten zu lernen. Kaum daß von Zeit zu Zeit der
Klang aneinander Ichlagender Schaufeln und Haden eine nahe Be—
wegung andeutete. Göthe, Belagerung von Mainz. Er gräbt und
ſchaufelt jo lang erlebt. Schiller. Ei, hört doch, Gevatter Schauf-
ler. Shafejpeare, König Hamlet 5, 1.
Schunfelband, —bein, —blatt, —bohrer, —bürger, —ente,
—ſtſch, —förmig, —gehöm, —geweih, — hirſch, —hofe, —kunſt,
—ohr, —rad, — recht, —ſchlag, — ſtiel, —werk, —wurf, —zahn.
Anm. 1. Schüvpeln und ſchüppelig könnten vielleicht auch hergeleitet
werden von Scheibe — runde Flädhe, nur macht das ü Berenfen. Ahd. findet
ſich —— „mhd. schhbelöht, älternhd. scheublöcht, schäwblot, scheubelt
= rund.
Anm. 2. Schopf (goth. skufts, mhd. schopf) gehört nay Grimm viel:
leicht zu fchieben, von dem Bufammenflußen des Haares.
nm. 8. Schopf, Fürſchopf, Schopven, Shuppen, Schupfen
(mb, schopf, schopfe, schupfe, franz. 6chopp — Wetterdach, bedeckter Gang,
geringes Gebäude) gehört wahrſcheinlich zu fhieben. Aventinus, Chronik 1580
Ar fagt : Wo ’e6 regnet, hielt man ſolche Schulen in Sülen und vnter⸗
pffen.
65%
1028
Stieben.
(Wurzel sub.)
Stiebe, ſtob, geftoben, flieben (ahd. stiupu, stoup, stupumes,
stopaner, stiupan und stiopan; mhd. stiube, stoup, stuben, ge-
stoben, stieben; ntittelniederl. stüven, neuniederl. stuifen) 1) ſich in
Geſtalt eines Staubes erheben und niederlaffen, 2) (uneig.) auf Re
entropfeit, Feuerfünken übertragen; 3) fi) ſchnell in die Höhe, über:
— ſchnell fortbewegen und fortbewegen machen; 4) (Jaͤgerſprache
von den Feldhühnern) den Koth fallen laſſen. — Daß Roß und Reis
ter jchnoben und Kies und Funken ftoben. Bürger, Lenore. Breit
flockiger Schnee jtiebt in der Tiefe. Göthe, Briefe aus der Schweiz
2. Abthl. — Tas aufftiebende Wafler des Waflerfalls. Bürde
Eine Windsbrant mid; empor auffhub, darmit ich in die Lufft auff-
ſtub. H. Sachs. Ein müller, der mit mel iit beftoben. Scmelk,
3, 603. Der wetterträchtigen Wolfe entftieben einzelne plagende
Tropfen, bevor der Regen ſich ſegnend ergießt. Koſegarten. Tas
Originalblatt dieſes Scherzes iſt niemals abgeſchrieben worden und jeit
vielen Jahren verftoben. Götbe, Leben 13. B. Schrecklich werden
fie verftieben, leichter als ein Traum vergehn. Canitz. Ich wil
das Gras an den Waffern verſtieben. Luther, Bibelüber]. ei. 19,
7. Smd mir fo viele verftäubt und verjtiebt. Nüdert, gei. Ge.
4, 92. Wie Nebel zerftiebte trübfinniger Wahn. Göthe, Pandora.
Diener und Habe zerftoben. Göthe, Hodzeitlied. Die zerftie-
benden Reize eines fremden Gefichts. 3. Paul, Heiperus 4. Zu—
rüd dort jtoben die Troer. Voß, Ilias 4, 497. Aus üllem Früh—⸗
(ingeduft zufammgejtoben. Rückert, geſ. Ged. 2, 103.
Stieber, fliebern (Nafenftieber geben); Geftiche. — Bietet ihn
einen Naſenſtüber an. Göthe, Rameau's Neffe. Man Ddedt eilig
mit Raſen und Erde, mit Koblengeitiebe und was man zur Hund
hat, die... Flamme zu. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 4.
Stuub ‘goth. stubjus, ahd. stoup, stuppi, stubbi, md. stoup,
stüppe, stüppede, altihwed. stoft, mittellat. estopa, ſ. ©. 73);
ſtaubig; ſtauben — ſich als Staub erbeben (was itieben 1); ſtänben
(abd. stoupan, stoupjan, stoubjan, mhd. stoupen) 1: Staub erre
gen; 2) ald Staub ftreuen, einen in Staub verwandelten Körper
ftrenen; 3) von Staub reinigen. Stänbern, ein wiederhoftes Ztäu-
ben. — Stanb von den Füßen fich ſchüttelnd. Göthe, Hermann und
Dorothea 1, 67. Gebt, wie allen die Schuhe fo ftaubig find! Dai
1, 40. — Der das Scheimnig der Natur entdedt bat, geringe Arten
von Blumen durch den Abftaub einer edeln zu verbeffern. Thümmel.
Vielleicht führt Eie der Büherftaub... zurüd, Sciller, Briefw.
mit Göthe 6, 96. Mit Blut und Kriegesftaube bejudelt. Bob,
1029
Ilias 6, 268 Aufflog der flimmernde Sandftaub. Pyrker, Zus
uiflas 5. Wie Sonnenftaub fein Lieb zerrinnt. Redwitz, Ama—
vanth. Mich ſchuf aus Vermejungsftaube tief im zertrümmerten
Paradiefe der Todtenerwecker. Klopftod, Meffiad 15, 1309. Unten
im Waſſerſtaube hat man einen Regenbogen hin und wieder, wie
man geht, ganz nahe vor fih. Göthe, Briefe aus der Schweiz 2.
Abthl. — Daß der Staub nicht vor ihm in das Unermeßliche ftäube,
Kiopftod, Meſſias 5, 3235. Noch ftäuben die Wege. Göthe, Venet.
Epigranme 4. So fommt Ihr auf die Brüde, welche ftäubet. Scil-
ler, Zel 5, 2. In der ftäubenden Dürre des Sommers. Voß,
der bezauberte Teufel 83. Sie flogen in ftänbendem Lauf durch'
die Kelder. Voß, Ilias 23, 37%. — Auch den eichenen Schrank...
hatte fie adgeftäubt. Voß, der 70. Geburtstag 63. Die weite
Laufbahn ſtäubte, wie Wolfen, auf. Klopftod, die beiden Muſen.
Nachdem er fie (die Haare) zu. meinem Entjeßen gewaltig ausge-
ſtäubt Hatte. Göthe, Leben 1.B. Unſerm Freunde... fiel der weiß
beftäubte und befledte Rock des Pedanten ein. Göthe, Meiſters
Lehrj. 3, 11. Der ich geftern Abend mit beftaubten Gamaſchen
bier angefommen war, Göthe, Meifters Wanderj. 3, 6. Richtelnde
tönnen’s (das Werk) mit Tadel beftäuben und Lobe. Klopſtock, der
Nachruhm. Zlogen fie hurtig, dürchſtäubend den Raum ded Ger
flldes. Voß. Auf dem Kirchhof ftäubt die Gebeine herum laut-
jaufend ein wüthender Windftoß. Blaten, die verhängnißvolle Gabel 3.
Bald liegt. dem Städter die Werfftatt überftäubt. Full. Wenn ich
den Kaffee gar in dem herrlichen Grottenwerf reichte, Das nun freilich
verftaubt und bald verfallen mir daſteht. Göthe, Hermamı und Do—
rothea 3, 90. Gleich des Feldes Blumen werde alles Fleiſch ver-
ſtäubt. Voß, Troſt am Grabe. Das Gewitter verftänbte %.
Paul, Titan 8. Ausgelät zerſtäuben ift auch unfer Loos. Salis,
Pflügerlied. Der (Waſſerſtrahl) in unzählige Funken zerftäubte,
Novalis, Heinrich von Ofterdingen 1, 1.
Außer Mehl (S. 725) find mit Staub noch finnverwantt: Mill
and Müll (8. 7286); Schutt (f. fhütten S. 654) zufammengefchüttetes
Getruͤmmer, befenders von erbigen Körpern, es man, nun von felbft eder durch
Menihenhände zufammengefchüttet fein; Kehricht (mhd. kerach, lands
ſchaftlich Kehrſel, von Fehren ©. 272) ver vom Boden turd Kehren ent
fernter Abgang, Unrath oder Schmutz; Unrath f. S. 842. — Ob fie (bie
Kirche) gleich fchon viele hundert Jahre In Schutt liegt. Böthe, Meifters
Wanderj. 1,2. Indem man den Schutt in die zerfallenen Mauerſtätten felbft
neworfen. Göthe, ital. Reife Meffina 13. Mui 1787. An beiden Seiten
Scärittteine, die jeder Laden» und MWerfftaftbefiger mit unabläffigem Kehren
reinlich hält, indem er Alles in die Mitte hinunterfchiebt, welche dadurch nur
immer unreinlicher wird, und auch mit jedem Windshaudy den Unrath zus
rüdfendet, den ihr der Hanptfirage zugemiefen habt. In Neapel tragen ge.
- 109
=
fchäfttge Kiel jeden Tag das Kehricht nach Gärten uud Feldern. Daf. Bas
leemo 5. April 1787. “
Anm. Die Barticipien gefkatten noch andere Iufammenfegungen: Dein fnz
fenftäubendes Ange. SKofegarten. Der weißbeſtäubte Rod follte eine Haupt
anzeige geben. Goͤthe, Meifters Lehrj. 3, 9.
Stauber, Stäuber; Staubartig, —balg, — bedeckt, —bebäl-
ter, —bejen, —beutel, — boden, —blüte, —bofift, — brand, — bürfte,
— erde, —fach, —faden, —feder, —fege, —flechte, —flügel, —gefäh,
—gewächs, —gewebe, —haar, —hanf, —haut, —hülle, —hülſe,
—fäfer, — kalb, —amm, —kloß, —folbe, — korn, —friecher, — lans,
—lawine, —leder, —mehl, —moos, —perle, =-pflanzge, — pinſel,
—töthe, —fäge, —ſame, —jand, —ſchwamm, —fieb, —fohn, — ſpinne,
—tabak, —träger, —vogel, —weg, —wirbel, — zeug u. a. — De
Zul des himmelentflürzenden Staubbachs. Baggeſen. (Sie find)
auf immer dem Schmerze der Staubbewohner entriffen. Klopitod.
Dann fteigen fie, die Schlangenhäupter fchüttelnd, von allen Seiten
ftauberregend auf. Schiller. Bon Inſekten fahen Cook und TRearcs
außer verfchiedenen Käfern und Fliegen mehrere Arten Staubflüg-
ler. E. A. W. Zimmermann. Ein Leben, das jo weit, weit übe
-Staubgebiete hinaus die Wurzel fchlug. Tiedge: Das Staub-
gebilde war nod nicht Menſch. Herder, Nur Liebe war die Schöpfer
rin der Weſen und ward der Staubgebornen Lehrerin. Herde.
Und was ift der Wohner der Hütte von Leim (Lehm) ftaubgegrün-
Det und jchnell von Motten zernagt. Herder. Zum mühfeligen Staub-
geſchlecht ſenk' jegt freundlih den Flug. Voß. Und wie jollten
wir dieſem Staubgeihöpfe zumuthen, fih den Anfang der Welt
zu denfen? Herder. Mit den Staubgewimmel fleugft, o Erde,
du dahin! Matthiffon, die Sterbende. Staubgewölf ummallte den
ScyHeppenden. Voß. O Allmacht! rief fie, die um dieſes grauſe
u weht, o höre mich! Benzel-Sternau. Daß fie dus
ganze Leben und Wefen der Sterbliden für ein Nichts, für ein kum⸗
mervolles und ftaubgleihes Dufein erklärt haben. Göthe. Ein
zufammengetviebener Staubhügel. Herder. Und ihr fönntet verlie-
ven das Antlig Gottes, und ein zerbrochener, mürber, geſtaltloſer,
Ihlammiger Staubfloß werden. Herder. Diefe Pflanze, dieß Staubs-
forn. Herder. Ihr müßt doch eine Entſchädigung für euer Stanb-
trieben haben. Benzel-Sternau. Feind dem Stüubling zu wer
den wird’ id) erröthen. Sonnenberg. Ueber der Leiche des Stäub-
lingsgefhlehts. Sonnenberg. Kaum hatte id) meinen Staub-
mantel abgeworfen. Benzel-Sternau. Die oben angeführte Stelle
Hiobs, da der Staubmenſch dem flammenden reinen Lichtengel ent-
gegengejeßt wird. Herder. Es it der Staubregen, der das Hey
für die großen Tropfen der einfachern Töne aufweicht. 3. Baul, Hei-
yerus 18. Die Staubrinde von vierzehn Meilen auf den Kleidern.
1081
—
al. Schmidt. Du ziehſt fle herunter zu Den Erdenſöhnen und Staub-
töchtern. Beuzel⸗Sternau. In itaubummölften Sommertagen.
A 2. Karſch. Sah aus dem Schoße des Süds her feurig gebarniich-
tes Höllenheer ſtaubwirbelnd heraufziehn. Sonnenberg. Auf ein⸗
mal bedeckte fi der Horizont mit einer furctbaren Staubwolke.
Gothe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Hiuwirbelt umber aus den Städten
Staub, ftaubwölfend. . Sonnenberg.
Stöbern (mhd. stöberen) 1) ftauben, in Geftalt eines Stanbes
herumfliegen, bejonder8 von Schnee gejagt; 2) begierig fuchen, beſon⸗
ders von Jagdhunden gefagt; 3) fo viel als ftänbern; dann aufjagen,
aufſchrecken; (uneig.) auf ähnliche Art herausbringen. Ab—, auf—,
aus —, durch —, ent—, berum— , nah —, um —, unter —,
ver—, zerftößbern — Wenn's nun regnet, ftöbert und fröftelt.
Goͤthe, Werther I. 8. Febr. Er ftöbert die Perfier auß Syrien.
Anentinus, Chronif 1580. BI. 134. Kalt fprühn um Wangen und
Locken mir ftöbernde Flocken. Mattbiffon, Alpenreife. Dder dem
duckenden Hafen in Buſch, der die feindlihen Mäuler Höbernder
Hd’ anſchaut. Voß. — Nach einer Stunde ftöberte Leibgever ein
mit dem zerbrödelten Siegel des Bormunds überpichtes Schreiben
aus. J. Baul, Siebenfis 2. Solch ein Schwall von Gefchoflen
entftöberte dort der Achaier Händen. Voß, Ilias 12, 159. (Da)
mußte ich in allen parifer Dachſtuben berumftöbern. Göthe, Ras
meau's Neffe. Den (Sik der Götter) fein Sturm noch erfchütterte,
nie auch der Regen fenchtete, oder der Schnee umftöberte. Voß,
Odyſſee 6, 43. Als Cromwell dieſelbe Kriegsmacht zeritöberte
(zerſtreute). Simplieiifimus 6, 8.
Stöber (Voc. von 1419 stöhrer — Yagdhund), flöberigz
Geftöber (ahd. kistupari?). — Der Laienbruder, deß fi der Paz
keiacch fo gern zum Stöber bedient. Leifing, Nathan d. W. 5, 5.
Nun ritt ih an dem Nordofthange des Harzes im grinmigen, mid)
zur Seite beftürmenden Stöberwetter. Göthe, Campagne in Frank:
reich Duisburg Nvbr. Da rannte fie durd das Geftöber Voß,
der 70. Geburtstag 163. Ddemberaubender Schwefelqualm und Afchen-
— dichtes Gewölk. Pyrker, Tuniſias 4. Wen du nicht ver⸗
aͤſſſt, Genius, wirft im Schneegeſtöber warmumhüllen. Göthe,
Wanderers Sturulied.
Schnieben.
(Wurzel snub.) P
Schniebe, ſchnob, gefchnoben, fehnieben (mhd. sniube, snoup,
snuben, gesnoben, snieben, neuniederl. snuifen) und das gebräud-
1032
lihere fchnauben!) (ſpätermhd. snüben) bezeichnen allg. den Athem
hörbar durch die Nafe einziehen und ausftoßen; werden auch angewen-
det auf beftige, ſich durch ſtark hörbares Einziehen und Ausftoßen des
Athens Außernde Gemüthsbewegung. — Daß Roß und Reiter fıhno-
ben. Bürger, Lenort. Wie vom Anger die wiederfäuende Kuh ihn
anſchnob. Voß, Philemon und Baucis 88. Daß es (das Roß) ge
bäumt aufihnob und ächzte, von Schmerzen gefoltert. Porker, Tu-
niſias 12. (ES) ſchnob das Entiegen vor den Scharen einher.
Pyrker, Maffabier 1. Der König wies ihn fchnöde von fib ab, und .
ſchnob Dies dDonnernde Gebot ihm nah. Bürger. Nachdem fie ein
wenig verichnoben hatten. Muſäus. Der Wind hat das Gewölbe
zurüdgefhnoben. NRüdert, gel. Gedichte 4, 176. — Lamentone
ihnaubte und blies, daß man einen Wind zu hören glaubte. Göthe,
Berwenuto Eellini 2, 4 Ein mächtiger Geift ſchnaubt aus der
Rufen. Göthe, Lill’s Park. Der Herbft hat geſchnaubt. Nüdert,
gef. Gedichte A, 176. Und den Dger hörteft nahen, der nad) deinem
Fleiſch geſchnaubet. Uhland, vom feinen Däumling. Gebt him,
die ihr nah Golde ſchnaubet. U. Er ſchnaubt ihn wild an.
Schiller, Fiesko 2, 14. Ihr habt matt mir gemacht die Gluth au-
(hnaubender Stier. Bo. Der Dampf beſchnaubt fie. Klop⸗
tod, mehr Unterricht, Welchen (ber) vor allen großer Zorn im
Buſen mit drohender Stärfe daherſchnaubt. Voß, Slias 17, 21.
Die Thiere, die ihr jeht, die aus Erbarmen ung jo ſtark entgegen-
ſchnauben. Wieland, Oberon 2, 1. Schnaubt's heran mit
Sturmgewalt. Göthe, Fauſt 2, 42. 2
Anm. 1. Das Partic. Präf. geitattet noch andere Zufammenjegungen, ;- 8.
Slammenfhnaubenden Muthes. Pyrker, Rudolph 5. Glutſchnaubende
Roſſe. Pyrker, Tunifias 9, Racheſchnaubenden Grimme. Daf. 10. Die
wathfhnaubende Megäre! Schiller, Jungfrau v. D. 1, 5.
Anm. 2. In allgemeinerem Sinn athmen fagt Flemming S. 5 ber Lü⸗
befer Ausgabe von der vom Tor erwedten Tochter des Jairus: Jairus Tochter
fhnäubet, und Lazarus, fein Freund, wird wieder neu beleibet.
Schnieber; ſchnaubig it veraltet. — Seine Luft, die er begehrt,
find die ſchnaubig wilden Hunde. Opiß.
Schnaufen (mbd. snouwen, niederd. snuven, holländ. snuyven,
engl. snufl, sniff, snub, ſchwed. snufwa, in der öfterreich. Volksſprache
ſchnupfazen) wird nur von dem ftarf börbaren Einziehen und Aus
ftoßen des Athens durch die Nafe gebraucht. — (Die vergiftete Ratte)
fiel an den Herd und zuckt' und lag und thät erbärmlih ſchnaufen.
Göthe, Zauft 1, 106. Die Pferde... fhnauften und toften.
Göthe, Kampagne in Zranfreih 19. Sept. Mit Ruh erſchnauffen
mag. Opig. Leg’ ich mid) hin, ein wenig zu verihnaufen. Chafe-
1) Schnauben follte nach ſchwacher Form gehen wie mhd. snüben. Schen
Etieler hat im Präteritum ſchnaubete und ſchnob, im Partieiplum gefhnaus
bei und gefhuoben, und ſo dauert das Schwanken bis heute.
. 1083
ſpeare, Heinrich VI. 3 Thl. 2, 3. Dom ſtarken Laufen * ich mich
nicht ſobald verſchnaufen. Weichmann, Poeſie der Niederſachſen
1, 78. Satt das Feuer ſeiner Liebe zu verſchnaufen. Thümmel.
Anm. Das mhd. snawen = ſtark anhauchen bat fich im baieriſchen ſchna uen
— heftig, ſchwer athmen, fehmweizer. ſchnauen = anſchnauzen erhalten.
Schnoben — mit ſchniebendem Laute beriechen; ſchnobern (auch
ſchnopern, ſchnoppern, ſchuuppern) — oft und viel ſchnoben.
— Sein Bogen abgeſpannt, ſeine Hunde ſchnobend um ihn. Göthe.
Sei ruhig Pudel! renne nicht hin und wieder! An der Schwelle was
ſchnoberſt du hier? Göthe, Fauſt 1, 64. Er ſchnopert, was er
ſchnopern kann. Daf. 1, 227. — Unglüdlicherweile waren die Futter⸗
ſäcke gefault, und fo mußte der Hafer von der Erde aufgeſchnopert
werden. Göthe, Campagne in Frankreich Trier 29. Det, Die Kerls
find vom Zeufel befeffen, ihnoppern herum an allen Eſſen. Böthe,
Pater Brey. Die alten Gefährten (Hunde) von treuerem Sinn um-
Ichnoberten traulich ihm Lippen und Kinn. Bürger. Dann ſchnup⸗
per du- Voß, der bezauberte Zeufel 5.
Schnüffeln (auch Ihnuffeln, zuweilen ſchniffeln) fchnaufend
riechen, vehen; fpürend fuhen, davon Schnüffler, Schnüffe-
a ie. Frau Hat gar einen feinen Geruch, ſchnuffelt immer
ee Göthe, Fauſt 1, 145. Dennoch ſollen und müſſen
—— des Herrn Hauptpaſtors liebe Kinder in Chriſto dieſen beſchnuf—⸗
felten, beleckten Brei wieder in den Mund ſchmieren laſſen. Leſſing,
Antigöze 2. Lüften umfchnüffelten oft die Matrojen des Schiffes
Kajũte. Voß. — Was Lermes, was Geſchwirres auf Aufruhrſchnif—⸗
filei? Was willſt du Sqchniffler wirres und heiſeres Geſchrei?
Voß, die Anſchwaͤrzer.
Schnupfen Ai verfiärftes ſchnauben; ; 2) fchnaubend riechen, mit
der Luft in der Nafe in die Höhe ziehen; 3) (veraltet) fo viel als
ſchluchzen. — ‚Ein tragifher Schaufpieler, der in der Probe au
ſchnupft, made fie immer bange. Göthe, Meifterd Lehrjahre 5, 8
Das Schmußwetter ift meinem Fleiße nicht fehr günftig, da es die
alten Uebel Katarrh und Schnupfen wieder zurüdgebracht hat.
Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 90. Man hat Beilpiele, wo Diefer
fettige Dunft, in der Nähe ein ngeihnupft, t, den plöglichen Tod nady
fi gezogen hat. Lichtenberg, Geſchichte der ——
Verſchnupfen mit feinen Synonymen ſ. S
Schnupfer, ſchnupficht, ſchnupfig; ———— —taback,
—tub; fhnupfenartin, —fieber, — mittel. — Hätteft mein Reben
um’n Briefe Schnupftabaf haben fünnen. Schiller, Räuber 2, 3,
— an ihm mein Schnupftud um die Haud. Göthe, Meifters
ehrjahre 6
Schnipfzen (und ſchnüpfzen, ahd. snöphizan , snöphezan,
snophizan, nihd. snipfezen, snüpfezen, snupfezen, älternhd. snupfl-
—
m
1034
*
tzen, snypfitzen, bei Alberus schniptzen, sehnipssen, schnipsen,
in der Volksſprache fhnopfezen, ſchnepfezen, [hnippien) =
ichluchzen, gt der gewöhnlichen Sprache an.
Anm. Schnauze und fhneuzen (©. 542) werden von Weigant mi
fhnieben zu einem Stamme gerechnet. Tie agf. und altn. Gormen fprahe
nicht dafür, man müßte denn den Ausfall eins w (b) annehmen.
Schrauben.
(Wurzel serub.)
Schranbe, ſchrod, gefchroben (öfters ſchraubte, gefchraubt),
ſchranben (erft nhd., altn. seryfa, niederjächt. schrüven, bater. schrae-
fen, engl. screw, franz. €crouer) 1) in einer Schneckenlinie drehen;
2) Zemanden durch nedifchen Spott hart zuſetzen (S. 88, wahrfheis
lich von dem Daumenfchrauben der ehemaligen Folter abftract genen⸗
men): ab—, an—, auf—, aus—, ein—, her—, hin—, nab-,ı
über—, um—, unter—, ver—, vor—, zu—, zu rück—, zu—
ſammenſchrauben. — Bon einem franzöoͤſtſchen Tragödienſchreiber
auf Stelzen geſchraubt. Schiller, Räuber 1,2. Agathe ſchraubte
jetzt ihr Nähkliſſen an feinen Schreibtiſch. J. Paul, Heſperus 16
Feierlich hob der Papa mit geſchrobenem Zuge den Stöpfel eier
Flaſche. Voß, Luiſe 1, 622. Wozu noch ſchreiben, was geſchmwiedet
mir, geſchroben ind Gedaͤchmiß? Shakeſpeare, Cymbeline 2, 2
— Wie mit angeſchraubten 2300 Fuß langen Feuerſpritzenſclaͤn⸗
hen. J. Paul, Siebenkäs 4. Um meine Neugier aufzufchrauben
haſt du dein Beſtes gethan. Wieland, Oberon 2, 23. Was für ir
Mundſtück anf ein fo närriſch gewundenes Inſtrument qu fz uſchrau
ben ſei. J. Paul, Heſperus 8. In eine Quetſchform eingeſchraubt.
J. Paul. Er wußte in das geheimſte Vertrauen ſich ein zuſchrau—
ben. Waſer. Der empor ſich ſchraubenden Ohnmacht. Platen,
die verhaͤngnißvolle Gabel 5. Das Ih oder Du..., das alsdım
ſo hergeſchraubt wird. Herder. Glüdlicherweife für Diejenigen,
mit welchen er unzufrieden war, aing er niemals direct zu IBerfe, im
dern ſchraubte nur mit Bezügen, Anſpielungen, clafſtſchen Etelen
und bibliihen Sprüchen auf die Mängel Hin, die er zu rügen ger
Dachte. Göthe, Leben 4. B. Sie (die Hand) überfhranbt, fe
erichlafft Saiten. 3. Paul. In wie weit mag dieſe Schöpfungsfelter
fie auch verfpannt und verfhraubt haben. Herder. Die noch nidt
des Sceinens Wuth verichrob. Kojegarten. Wenn id auf men
Lager gekrochen, unter meiner Dede kümmerlich zufammengefchro:
ben bin. Göthe, Rameau’s Neffe.
Die Syn. won ſchrauben 2. f. ©. 88,
Verſchroben — durch unrichtiges Schrauben verdorben, beion
ders wenn dabei die Schraube fich feſt gefangen hat; (fig.) widernatir⸗
lich geiſtig verlehrt, jo daß dadurch dem Geifle Gewalt angethan ff
_
|
41035
and dieſer in der Verkehrtheit feſtfitzt. — Freunde ſlieht die dunkle
Kummer, wo man eud) das Licht verzwidt, und mit kümmerlichitem
Sammer fi verihroben Bilden büdt. Göthe, zabme Kenien VL
Es gehört durduns eine gewiffe Berihrobenheit dazu, um fid
gern mit Karrifaturen und Zerrbildern abzugeben. Göthe, Wahlv. 2,7.
Verdreht (f. drehen S. 272) in andere geiftige Richtung gebracht, als
die rechte oder die nakurgemaͤße -M. — Wenn nicht ſchlimme Gebanfen gute
Reben verdrehen, fo werbe ich Niemanden Aergerniß geben. Shafefpeare,
viel Lärmen um nichts 3, 4 |
Schraube (niederf. schruve, fihwed. skruf, engl. screw, holländ.
schroef, ital. scrofola, franz. &croue, poln. szrula, finniſch scruuwi)
eine mit Gewinden verfehene Walze von Metall oder Holz. — Was
fie (die Natur) deinem Geift nicht offenbaren mag, das zwngR du
ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben. Göthe, Fauft 1, 42
Zeg’ immer feinem Buſen Nachtſchrauben und Nadıtriegel an. J.
Paul, Hefperus 14. Ä |
Schraubhorn, —mühle, — ſtock, — ſtockzange, —werf; Schrau⸗
benbaum, —blech, —bohrer, —brett, — docke, — dreher, —eijen,
— futter, —gerinne, — gewinde, —horn, — hornſchaf, — kloben, — knecht,
—kunſt, —mutter, — regiſter, —reif, —ringel, —falat, — ſatz, — ihlüf-
ſel, — ſchnecke, —ſchnur, —ſtahl, — ſtein, — ſtock, —winde, —zange,
—zeng, —zieher, —zug, —zwinge, —zwinger u. a. — Die Zähne
des Narwals haben das Anſehen, als wären fie ſchraubenförmig
gewunden. Funke.“ Die Lauben drehten ihn in Schraubengängen
in eine immer tiefere Nacht hinein. 3. Paul, Titan 23. Er windet
fh m einer Schraubenkfinie fort. Hebel, die Sonne und die Erde.
Kiefen.
(Wurzel kus; vgl. fanjfr. jush = lieben, lat. gustare, gried). yavar
— foften, verfuchen.) ' |
Kiefe, For, geforen, Tiefen, älternhd. auch kieren (ahd. chiusu,
chös, churume@s, choraner, chiusan und chiosan; mhd. kiuse, kös,
kurn, gekorn, kiesen; goth. kiusan, agſ. cöösan, altn. kiosa,
ſchwed. kesa, engl. choose, franz. choisir) und küren (fören, ahd.
chorön, koren, mhd. korn, kürn, agſ. curon) !) vermittelft der
Sinne überhanpt empfinden; dann prüfen, unterfuchen, um das Befte
zu wählen. — (Da Gott) zu der Stätte did der Herrlichkeit for
und des Anſchau'ns. Klopftod, Meſſias 1, 266. In jener Geftalt der
Erbarmung, die du koreſt, in ihr mein gefallnes Gefchlecht zu ver⸗
7) Kor und geforen fann von kieſen und von (dem eig. ſchwach biegenden)
küren kommen. Der Uebergang des ſ iu r iſt wie bei frieren und Froſi,—
verlieren und Verluſt. Die Schreihweiſe Ehurfürft iſt dem Nhd. nicht gemäß.
1086
föhnen. Daf. 1, 498. Wollten wir insgeſammt die Bürger Ylioms
fiefen. Bürger, as 2, 125. — Bie die Moren Beiber ertie-
ren. Rollenhagen, Froſchmeuſeler 1. 4,1. Warumb wollen wir jhn
verlieren (verwarfen)? Daſ. II. 4, 4. Das find die heiligen
Zwölfe, Selia, die zu Bertrauten der Mittler Gottes fih auskor
Klopftod, Meſſias 3, 111. Du erförft doch Blindheit. Klopited,
das Gehör. Köre fein ander Lund. Klopftod, der Denkſtein. Doch
heißt fie uns bierzu meift ſolche Mittel füren. Alxinger, Doelin 6,
67. So weit Erinnerung zurüd mich führet, hatt’ ich im Spiel fr
rt Braut erfüret. %. Minding, Ueberj. v. Tegners Frithiofſage
r bat fih die güldene Kron’, ich den Blumenfranz mir erkoſen
Uhland, der Rojengarten.
Die Syuorymen f. S. 528.
nm. 1. Hier und da findet man das ſchwache Partic, erkieſt, z. 8. der
Mörder wird erfieft bei Flemming ©. 9 der Lübeder Ausgabe. — Das
- erfofen (gereimt auf Rofen) bei Uhland miderfpricyt den Sprachgefepen, Here
fh aber fon bei Ph. I. Spener (zwölf chriſt. Kreichpredigten etc. Frauffe
1886 ©. 3): der von ihr erfofener und beliebter tert.
Anm. 3. Die Barticipien geftatten noch andere Zuſammenſetzungen, ı 2.
Guabde, vie gab der Berföhner den Erflerfornen. Klopkod, Meſſtas td, 13%
Bom Beind in die Falle gelodi Harb Sarno den felbflerforenen Tea... a
dem Leperforenen. Pyrker, Tunifias 8.
Kiefung (ahd. kiusunga), Kiefer (mhd. kieser); Kür (uf.
kuri, mhd. kür, kure, kur, kust, kusti, agſ. cyre, cyst, altn. kostr,
mittelniederd. köre) 1) überhaupt Wahl; 2) im Beſondern die Ball
eined NeichBoberhauptes. — So wird ihm die Kür vorgelegt zweier
Dinge. ‚Klopftod, Gelehrtenrepublil. — Des Allgewaltigen Willens⸗
für. Göthe, Fauſt 2, 306. Ein jgliher nah feinem wilkör
Luther, Bibelüberf. 2. Kor. 9, 7. Nach eignem Willkühr. Ein
pliciffimus 1, 13.
Kurerbe, —erzlanzler, — für, —fürftenbanf, —fürftenrath,
—fürftentag, — fürftenthum, —färftenverem, —füritenwärde, — fürſ⸗
lich, —geld, —gericht, — herr, — hof, —hut, —freis, — land, —mante,
— mare, —nacht, —prinz, —recht, —ſachfen, —idhmwert, — ſtaat,
— würde. — Der Ehurfürft von der Pfalz mochte fommen, um den
beiden Majeftüten aufzuwarten, dieje mochten die Churfürſten bejaden,
man mochte zur legten hurfürftlicden Sißung anfammenfahren, um
die rüdjtändigen Puncte zu erledigen und den Churverein zu er
neuern. Göthe, Leben 5.3. Im Auswärtigen beharrt Churfadien
auf feiner Anhänglichkeit an Kaijer und Reid. Göthe, Tag- u. Jah⸗
resbefte 1796.
Anm. 1. Roten = fchmeden (goth. käusjan, ahd, kostön, kostjan,
costjan, mhb. kosten) ift eines Stammes mit Fiefen; in koſten — yelten
164) if Vermiſchung mit dem lat. constare eingetreten.
Aum. 2. Reufch (ahd. chäse, chiusc, agſ. cäsc, mhb. kiusche) gehoͤn
nah Brimm zur Wurzel von kieſen. — Wie iſt das älternhd. künsch zn es
Hören? Ziemann denft an künne — Geſchlecht.
1037
Anm. 3. Xn5 (ahd. cuss, ahuss, agſ. coss, alta. koss,, mehd. kus) mb
füifen (abd. chussan, kussan, ag. cyssan, altn. kyssa, mhb. küssen) find .
nah Weiganpd audeinerlei Wurzel mit goth. kükjan == füſſen. Wackerna⸗
gel val. Int. osculare = füffen; vgl. noch ar. vurerr, uver — füffen.
Anm. 1. Koſen (ahd. chösön, mhb. cdsen) ſtammt wol von lat. causari.
. Frieren.
(Wurzel frus.)
Frieren, fror, gefroren, frieren (ahd. fv)riusu, f(v)rös,
f{v)rurum&s, flv)roraner, f(v)riusan und f(v)riosan; mhd. vriuse,
vrös, vrurn, gevrorn, vriesen; agi. fr&ösan, frysan, altn. friösa,
engl. freeze, wetterau. bair. freufen, froifen, niederd. vresen,
vreren, mittelniederl. vriesen, neuniederl. vrrezen !]) 1) Kälte em-
pfinden; 2) durch Kälte in einen feften Körper verwandelt werden. —
Er iſt nicht zu verwunden, er ift feft gegen Schuß und Hieb! Er iſt
REIT EEeN, mit der Zeufelsfunft behaftet. Schiller, Wallenfteins Tod
5. 2. :
Ab—, an—, auf—, aus—, be—, durch —, ein—, er —, ge—
nach —, über —, um—, ver—, zu—, zuſammenfrieren. — Siehe,
bier klebt mein und dein Geiſt angefroren an die Eisicholle. J.
Paul, Hefperus 15. Dem Fenfter angefrorne Blumen. %. Paul.
"Der Ritter bleibt wie unaefroren ftehen Wieland. Da fie im
Eife befror. Göthe, Reineke Fuchs 11, 70. (Ich war) als leicht-
gekleidet wirflih DArhgefroren. Göthe, Leben 16.8. Einge-
froren jahen wir fo Zahrhunderte ſtarren. Göthe, Jahreszeiten 87.
Wozu die eingefrorenen Yeftungsgraben Gelegenheit verjchafften.
Göthe, Leben 15. B. An Diefer glühbenden Bruft foll mein Herz
wieder erwarmen, das am Zodtenbett des Baterlandes einfriert.
Schiller, Fiesfo 1, 10, Ein erfrorner Fuß verhindert mid am
Mandeln wie am Tanzen. Göthe, Fauſt 2, 79. Indem fie das Ge-
frorne, dad man uns von, der Tafel jendete, weggoß. Göthe, Leben
3. B. NAußerordentlihe Frevel machen es (das Blut) vor Schreden
gefrieren. Schiller, Fiesto 3, 9. Der über den nächtlichen, weiten,
zu Eisfeldern überfrorenen Wieſen aus den Wolfen bervortretende
Vollmond. Göthe, Leben 12. B, Wie den flarren Reif der heiße
Südwind feicht bewältigt und in Zropfenforn ihn fkrömen laßt von
überfrornen Dächern. PBlaten, die Abbaffiden 6. Armes Thierchen!
jagt’ ich, du verfrieft ja hier. Schiller, Räuber 2, 3.
Gefrier die (Avent. Bram.) 1) das Gefrorenfein; 2) das Felt:
fein gegen Schuß und Hieb, Gefrör und Gefröret — der erfrorne
1) Schwenk ſtellt mit frieren lat. frigere — frieren, frigere — roſten,
gr. ppidceıv — fräuſeln zuſammen, wogegen jedoch ber Anlaut ſpricht; eher kann
man mit Welgand, Diefenbach, Döderlein anlat. prurire = jucken denken.
1038
Theil am Leibe. Der Froͤrer, Gefrörer, auch das Frieren — das
falte Fieber. — Alsbald die Gefrier aufgeht. Lori, Urk. v. 1616.
Sch wollte lieber noch einmal das Frier en haben. Göthe.
Brierpunct, Gefrierpunct.
Friefel,, (das, der) eine mit Frieren verbundene Krmfbeit. —
Der Frieſel ift heraus. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 206. So—
viel man vernimmt, bat fi) der Frieſel eingeftell. Augsb. Allg
Zeit. 1847 No. 348. i
Froſt (goth. frius, abd. agf. altf. altı. engl. neuniederd. ſchwed
frost, mhd. vrost, agſ. altfrief. forst, mittelniederl. vorst, wetterem
froast) größere Kälte, welche das Waſſer geitehen macht. Darm
froſtig (ahd. frostag, mhd. vrostec), fröfteln. — Sidy vor dem
Froſte zu ſichern. Göthe, Meilters Lehrj. 2, 2. Leicht ja vertilgt
mid) reifender Morgenfroft. Voß, Odyffee 17, 4. Indeß fie m
dDiefem Nachtfroft der Seele daftehen. J. Paul, Hefperus 13. Au
die mütterliche Bruft will ich Die prefien, bis von Todesfroft ge
föft die warmen Adern wieder fchlagen. Schiller. Plöglic fiel cin
Winterfroft. Pfeffel, der Goldfaſan. Ob fie den froftigen Lieb⸗
haber ihrer‘ Romanze nicht fenne. Göthe, Meifterd Wanderj. 1,»
Bald wird es dir froftiger gegen den Abend. Boß, Odyſſee 17, 191.
Wenn's nun regnet und ftöbert und fröftelt und thaut. Göthe,
Werther I. 8. Februar.
Kalt (gutb. kalds, ahd. chalt, agf. cald, cõald, altn, kaldr, mi.
kalt, ſchwed. kalt, -dän. kold, Holländ. koudt, engl. cold, chill, eines Gtam
mes nılt lat, gelu = Kälte, gelidus — falt) überhaupt von ſolchen merfit
hen Mangel an Wärme, daß man ein Nichtvafein berfelben zu empimta
glaubt. Davon Kälte (ah. chaltt, mhd. kelte). — Wie dag bet Itndasit
Froſt die Falten Lippen bindet. Leſſing.
Froͤſtler, Froͤſtling; Froſtbeule, —bohrer, —geichwufft, — it:
tel, — monat, — pflafter, —punct, —rauch, —falbe, — ſchauer, — ſchmet⸗
terling, — wetter. — Ein $rödftling tft fein weifer Mann. Dverkeil.
Anm. Froſch (ahd. frosc, agf. frox, frocca, froga, altn. froska, frmwe.
frö, norweg. fröer, dän. froe, frook, holländ. vorsch, engl. frog, fresk, wald.
broasce, mittelat, bruscus) leitet Ihre von ſchwed. frö — Samen ab, alfo Laik-
thier, Adelung von frieren, alfo Ealtes Thier, Grimm von rinem vermatheten
oth. friskan, (woher wol frifch ahb. frisc, mhb. vrisch, agf. fersc, alte. fersk,
risk, ital. fresco, franz. fraiche, frais) hüpfen und grün fein, alfo das fräde
gräne Thier.
Der : lieren.
(Wurzel las.)
Derlieren, verlor, verloren, verlieren (ahd. liusu, lös, laru-
mes, loraner, liusan und liosan, gewöhnlich farliu(o)san; nıhd. ver-
liase (zuweilen auch verliure), verlös, verlurn, verlorn, verliesen
-
1039
und verlieren; goth. liusan, fraliusan, alti. farlöosan, farliosan,
agi. lẽéésan und forl&dsan, niederl. verliezen, engl, lose), mit dem
Srundbegriff des Trennens, nhd. 1) was man gehabt hat, nicht mehr
haben, daß es dahin ift; 2) machen, Daß etwas in feinem Beftehen
aufhört und nicht mehr ift; 3) (in engerer Bedeutung) die Spur, den
Weg verlieren, davon ablommen; 4) ohne den gehofften Nußen, ohne
Die beabfichtigte Wirkung hervorzubringen, anwenden; 5) verloren gehen,
fein, ganz und ohne Rettung unglücklich fein; 6) (in einiger Redens⸗
art) nicht vollftändig ſein: eine verlerne Lippe (im Schiffbau), eine
verlorne Verzimmerung (im Bergbau); 7) fi verlieren — nad) und
nach aus der Gegenwart fi entfernen (eig. und uneig.). — Damit
er nicht zugleich einen zanıan und eine gute Suppe verlöre,
@Böthe, Leben 2. B. Der dritte Mann foll verloren fein! Scil-
ler, Wallenſteins Lager 6. Was glänzt ift für den Augenblid gebo⸗
ven; Das Nechte bleibt der Nachwelt unverloren. Göthe, Kauft Bor-
tpiel. Garacalla verlor gegen die Parther (im Kriege). Senler.
Doch fchnell war ihre Spur verloren, fobald das Mädchen Abichied
nahm. Schiller, das Mädchen aus der Fremde. Und ging ein Lamm
mir in .den wüften Bergen verloren, immer zeigte mir's ein Traum.
Schiller, Zımafrau v. DO. 1, 10. Fehlſt du in (den Schuß), fo iſt
Dein Kopf verloren. Schiller, Tell 3, 3. Die übrige Gejellichaft
hatte ſich file verloren. Göthe, ital. Reife Meſſina 13, Mai 1787.
Ihr ganzes Glück auf ewig zu zerſtören, braucht's einen Augenblid,
worin fie fih verlören. Wieland, Oberon. Ä
Die Eynonymen |. S 27 und 35.
Aum. 1. Logau (Siunged. 1589) Hat im Vartic. verlaf: da fie nun
Deutiland, was der Krieg verberbt hat und verlaf, daß Friede dieſes wieder
bringt, verbefiert und verfalt. Graff (2, 266) bat: farlorta dea manslagun =
richtete tie Mörter zu Grunde. Dies farlorta verlangt ein ſchw. farlorjan, wie
— ein tranſitives verlieren da iR; varans ließe ſich wol ein uhd. verlafen
aren.
Anm. 2. Die Participien geſtatten verſchiedene Zufammenfegungen, 3. B.
der pfadoerlierende Wanderer. Klopſtock, die Roßlrappe. Um Sicherheit des
Daſeins ruft zuerſt aus tiefer Noth ein Halbverlorner noch. Göthe, Cugenie
4, 2. Sparrenverloren. Fiſchart, Gargantua ©. 41. :
Berlierer, Berlierung (mbd. verliesunge), verlierbar, unver-
lierbar; Verlies (mittelniederl. verlies) 1) Verluſt; 2) Gefängniß;
verlorner Boften u. Art.) — So ftimm’ er dann in der Ber-
fieter Sim. Shafeipeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 5, 1. Ich be=
forgte die VBerlierung meines Kopffs. Simpliciffimus 3, 10. Der
unverlierbare Schag. Wieland, Oberon 10, 48.
Berinft (bei füdd. Schriftftellern oft Berlurft, get. fralusts,
ahd. farlor, forlust, altf. farlust, mhd. verlius, verlust, agf. ein-
3) In dieſem Sinne meiſt Verließ gefchrieben, als fäme das Wort von vers
laffen. Campe und Schmeller fin für Berlies von verlieren,
1040
———————— ——— (ie
⸗
fach lor, Iyre), verlaſtig, verluſtigen. — Von der groffen verluit
wegen. Aventinus, Chronik 1580. BI. 142. Auf einen ſtarken Blut⸗
verluft war eine Ohnmacht gefolgt. Göthe, Meiſters Lehrj. 8, 10
Blos die ns Weile nenn’ ih Zeitverluft. Platen, die verhäng-
nißvolle Gabel 3. Ein Schluß ded Parlaments erffärt dich des Throns
verluftig. Schiller,” Jungfrau v. O. 1, 5. Wollet ihr des Brm-
nens und des Landes nicht unftreitig verluftiget werden. Michaeler
- gr = jeeligkeit zu verluftigen. Spener, zwölf Leichpredigten
1 8.
Die Synonywen von Verluſt f. S. 70,
208 (goth. läus, altu. laus, ahd. altſ. mhd. los, ſchwed. löse,
agſ. leäs, bolländ. loos, engl. less) nicht habend; frei von gebunde⸗
nem Zuftande ; löfen (goth. lausjan, ahd. losjan, Iösan, altj. loscan,
agi. losjan, Iysan, altn. losa, leysa, mhd. loesen) die Verbindung
von Dingen unter eininder aufhören machen; Geld für etwas einneh-
men, indem man das Berkaufte frei macht, dem Käufer überläßt. —
Ab— (5. 984), auf— (©. 42), aus—, ein—, erlöfen; ge-
lojen = loswerden iſt veraltet. — So find wir eined mürt'ſchen
Mannes 108. Schiller, Jungfrau v. D. 1, % Und Frau Ermelya
ſprach: ich möchte fragen, wie feid ihr [08 und ledig geworden?
Göthe, Reineke Fuchs 6, 210. Wie ifl, o Sohn, dir die Junge ge⸗
löſ't, die ſchon dir im Munde fange Jahre geſtockt, und nur ſich durj⸗
tig bewegte? Göthe, Hermann und Dorothea 5, 109. Bas ich darans
(aus der Frucht) Löfe (dafür einnehme), kann er gleihfalls haben.
Leffing, Minna v. B. 1, 12%. — Als ihn der Schlummer empfing,
der die Sorgen zerftreut und die Glieder ſanft auflöft. Voß. So
aufgeldfet in Xiebe jchwindet er. Voß. Alles Gute löſet ſich in
Vergnügen auf, alles Boͤſe in Schmerz. Wieland. Ich will die Men⸗
Shen erlöſen. Klopftod, Meifias 1, 137. — Wo ich meiner See
len Qual in dem herben Thränenthal anders fol gelojen. Grypbins.
Ab f. S. 145. Frei (S. 882) durch nichts Anderes befchränft ober
‚gehindert, Ledig f.S.819. Quitt (mhd. quit und quit, frälermäb. queik,
franz. quitte, aus mittellat. quitus, quittus flatt quietus — ruhig, nit rem
quẽdau S. 886, wie Schmitthenner meint). losgeſprochen, frei, vernefmiich
in Hinficht auf eine Verbindlichkeit. — Die Eynonymen von Io 6 == ansgeigfen
ſ. ©. 750; von löfen f. ©. 984. — Ale wär! er des Königs eigener
Sohn und frei und ledig von allen Verbrechen. Göthe, Reineke Fuchs 4,
7. Schlag zehn bringt Ihr dem Herzog felbit die Schlüffel, tanı feis Ir
Eures Schließeramtes quitt. Schiller, Walleufteins Tod 4, 7.
Köfer (ahd. losäri, mhd. loesære, loeser), Erlöfer; Löſung
(ahd. lösunga, mhd. loesunge), Ab—, Auf—, Aus—, Ein—, Erle
fung; Loſung; löslich (ahd. löslih), ab —, auflöslich ; lösbar, ab—,
auflösber. — Wenn Jemand feinen Löſer hat. Xuther, Bibelüberi.
3. Mof. 35, 36. Sie, die Löjerin der Schmerzen. Herder. Ad,
1041
wie bift du, Erlöfer, ermüdet! Klopſtock, Meifias 1, 69. Wir
nehmen Alceftis für Admetus Seele zur Löſung an. Herder. Täg—
lich arbeitet die Natnr an unferer Auflöjung Duſch. Sing’, un«
fterblihe Seele, der jündigen Menfchen Erlöfun g. Klopftod, Meſ⸗
ſias 1, 1. Ich habe das Geld ans der Loſung genommen. Göthe.
Und er jchwigte vor Angſt und häufige Loſung (Ausleerung) ent-
fiel ihm. Göthe, Reineke Fuchs 10, 208. Jene ſeichten und lös—
lihen Einwürfe. Bragur. Die abtrenulihen und ablöslidhen
Redetheilhen. Campe. Die Anflöslichkeit der Ehe. Heufe.
Loͤſegeld, —geſchenk, —keil, — mittel, — jchlüffel, — ſtunde u. a.;
Erloͤſungsſtunde, — werk, —zeit. — (Sie trugen) Hektors Löſege—
ſchenk. Voß, Ilias. Die Kirche, die die Löſeſchlüſſel hat für
jede Schuld, der Himmel hat vergeben. Schiller, Maria Stuart 1,4.
Endfih hat fie ausgerungen, die Erlöfungsftunde naht. Tiedge,
Urania 3. oo
Anm. Hierher gehört wahrfcheinlih auh Luft f. ©. 310. '
Biegen. ‚
(Wurzel bug; vgl. fanifr. bhug = gebogen fein.)
Biege, bog, gebogen, biegen (ahd. piuku, pouc, pukume&s,
pokan?r, piukan und piokan; nıhd. biuge, bouc, hugen, gebogen,
biegen; goth. biugan, agſ. heogan, bügan, altn. beygja, neuniederd.
bögen, holländ. buigen, ſchwed. huya, böja, dän. böje, engl. how,
in der Sprache der Schneider buden, umbuden — den Rand
eines Kleiderftoffes zu einem Saume umbiegen) 1) allgemein aus der
graden Richtung in eine andere bringen, intranfitiv fommen; 2) in
einer gebogenen Linie um etwas gehen; 3) eine gebogene Richtung,
Geftalt haben. — Beugen (ahd. baugjan) ift nur niedermärts biegen,
in diefem Sinne auch figürlich. Zuweilen findet fib beugen für
biegen, aud biegen für beugen. — Man foll ihn mit gebog-
nem Knie und mit entblößten Haupt verehren. Schiller, Tell ft, 3.
Bieg einen alten Stamm, verſuch's, und er wird brechen. Weiße.
Wie er um eine Ede biegt. Benzel-Sternau. Tadler und Verläum—
dungsmeffer biegen wie geichliffnes Blei. Günther. Man biegt
ich mit Bedacht in ihr Joch. Leſſing. — Daß fie den Naden mir
lernen beugen, den fie aufrecht tragen. Schiller, Tell 4, 3. Den
teden Geift der Freiheit will ih beugen. Daj. Die ihr Knie vor
dem Götzen nicht beugen. Klopſtock, Meifias 4, 594. Krachend
beugen die alt verjährten Eichen ihre Krone. Schiller, Jungfrau v.
D. 5, 1. So wie die Rojen vom Nordwind gebeugt. Zadarid.
Beuge ungefcheut das Necht. Hagedorn. (Die Berba) werden von
.. deutfchen Grammatikern durchaus regelmäßig gebengt. 3. Paul,
iebenfäd 4. — Daß durch eignes Verdienft der muſikaliſche Lorbeer
66
1042
um die Schläfe ih beugt. Zachariäa. Die Gegend, wo der Pfad
um einen Hügel beuge. Engelihal. Wenn Jahre erdemmärts der
Mutter Stirn gebogen. Duſch. Daß ich nicht gleich den Hut ge
zogen und mich nicht tief vor dir gebogen. Ungenannter bei Campe.
Sid bürfen (ahd. pucchan, mh. bücken, altn. bukka, eine Berfärs
fungsform von biegen) den eigenen Körper in feiner obern Hälfte nieder⸗
und zugleich vorwärts biegen. Eid, weigen (zulh. haeivan, ah. hnik(g)as,
agf. hnivan, hnigan, altf. hnigan, altn. hniga, mhb. nigen, ſchwed. miga,
dan. neye; Schwend vgl. lat. nuere, niccre = winfen, gr. vevas) ı=
fprünglidy nieverwärts bewegen; davon durch Biegung nieberwärts bewegen. —
Mit gebogen find finnverwandt: Frumm (ahd. ch(k)rump(b), mb». krumg,
agf. crumb(p), engl. cramp, ſchwed. krum, flar. hrom, eine Rebenform von
ahd. ch(k)rimman, mhd. krimmen = mit Krallen oder Zähnen einhacken
überhaupt von der graden Richtung abweichend ohne Icharfen Abipruug, m
gekrümmt (von frümmen, ahd. kich(k)rump(b)jan, m&d. krämbes)
frumm gemacht, zum Ktummfein geneigt. — IR er (ber Ring) der Züihe
werth, ſich darnach zu büden, fo liegt er hier vor euren Wugen. Ehate
fpeare, was ihr wollt 2, 2. D mid ſoll's nicht wundern, wenn fh die
Felfen büden in den Eee. Schiller, Tell 4, 1. Und der Graf zur Eike
fih neiget bin, das Haupt mit Demuth entblößet. Schiller, Graf von Gabe:
burg. Wozu die Erummen Wege, Herr Minifter? Gerad beraus, Schiler
Piccolomini 2, 7. Gr hatte ſich Stäbe gefchnitten zu einem Zaun, und Img
ihre Laft gefrümmt auf der Schulter. Geßner.
Ab —, an—, auf—, aus —, bei—, ein —, her —, herab — her:
au —, herauf —, heraus —, herbei—, herein —, herüber —, Berum-,
herunter —, hervor —, herzu —, hin —, hinab —, hinaus —, hinein —
hinüber —, hinunter —, hiuweg —, hiuzu —, nach —, unieder —, aber—,
um— , unter —, ver —, vor—, voran —, voraus —, vordii—,
vorüber—, wea—, zu —, zurück—, zuſammenbiegen und —beu
gen. — Bir haben die Söhne auf Tugend und Gottesfurcht zogen,
von allen Laften (Laſtern) fie abgebogen. H. Sachs. Das bebende
Mädchen, das jeitwärts abgebogen jtammelte. 3. Paul, Titan 13.
(Daß wir) nie die Schönheit ifoliert ohne angebognen Vortheil
ſuchen. Daj. 6. (Er ſah) der Fürſtin auf Das von der Zeit anfge-
bogene Kinn. Daſ. 74. Ih lieg aus der fchredlihen Fahrleiſe
binabwärts ausbiegen. Göthe, Campagne in Frankreich 6. Sept.
Da fie fletsS dem Anlaß ausgebogen Wieland. (Die Mauern)
find oben ausgebogen. Göthe, ital. Reife Palermo 9. April 1787.
Sollte eine eingebogene Straßenfeite grade werden. Göthe, Leben
9. B. Zwei Stellen (des Manujeriptes) nur habe ih eiuge bogen
Göthe, Briefw. mıt Schiller 6, 249. So ſchmeidigt ihn mein Wun⸗
derhold und biegt dein Haupt herab, . Bürger, das Blümchen Wun⸗
derhod. Nun bog fih der Regenbogen eines bellern Lebens über
die einfidernde Sündflut hberüber. % Paul, Siebenfäs 4. Welcher
1043
(Pad) ſich ſchraͤg — den altenden Ahorn. Voß, Luiſe 1,
139. Die Myrthe bog, blühend, ſich über uns hin. Göthe, Alexis
und Dora. Und wie den Leib hinaus fie biegt. Redwitz, Ama—
ranth. Er hörte, hHinübergebogen, ihres Odems melodifches Weh’n.
Pyrker, Tuniſtas 8 Bog'ſt den Flehenden du Ipröde den Mund
hinweg. Voß, Ausſöhnung. Das (Schiff) fih der fchleudernden
Donnergewalt nachbog. Pyrker, Zunifias 10. Ein Knie nieder-
gebogen. Göthe, Rameau's Neffe. Knaben faßten das Knie fi
niederbiegender Väter. Klopitod, Meifins 5, 244 Mit Hilfe
übergebogener Nußbaumäſte. Göthe, Briefe aus der Schweiz 2.
Abthl. Wie hohe Thürme eben darum übergebogen ſcheinen. J.
Paul, Zitan 26. Sch möchte vor Wuth umbiegen die Pole des
Himmels. Platen, die verhängnißvolle Gabel 2, (Es) verbog wie
Blei fid) die Spike. Voß, Ilias 11, 337. Hätte nicht behend fi
Arhimbald verbogen (auf die Seite gebeugt). Alxinger, Doolin 5,
55. Indem fie ih vorbog. Göthe, Leben 10. B. Er hat feine
line Hand um ihren Hals gelegt und biegt fih, um fie bequemer
anzujehen, ein wenig mit dem Körper zurüd. Göthe, ital. Reije
Gento 17. Det. 1786. Wegend den weißen Zahn im zurüdge-
bogenen Rüffel. Voß, Zlias 11, 416. Drei und zwanzig Trauer⸗
birfen waren zu einem niedrigen Gebüfh zufammengebogen. J.
Paul, Helperus 12. — Anderswohin abbeugend. Voß, Ddpffee 19,
556. Aber fie beugt ab von Gelehrſamkeit. 3. Baul, Siebenkäs 9.
Bleibt bei der Cache, beugt nidt aus. Sciller, Maria Stuart 1,
7. Ihm auszubeugen war der Streich zu jchnell gefallen. Leifing,
Nathan d. W. 3, 8. Da er dem Trotz ausbeugt der übermüthigen
Männer. Voß, Odyſſee 17, 581. Lei ausbeugend das Haupt.
Daf: 30, 301. Sanft hergebeugt fiehft du auf mich. Collin. Der -
Ritter beugte fih herab. Göthe, das Kind mit dem Löwen. Ach,
unfer beugt tief der Schmerz, beugt tief der Andacht Ernſt
herab. Voß, das Begräbniß. Um auf den Zehen fehwebend, ohne
Beftreifen fih aus dieſem Zauberhimmel herauszubeugen %.
Baul, Heiperus 27. Der (Regenbogen) von des Berge Windmühle
zum -[piegelnden See ſich herumbeugt. Voß, die Kirichenpflüderin
5. Schmeichelnd zum geringen Mann pflegt gefallner Stolz her un⸗
ter fih zu beugen. Schiller, Wallenfteins Zod 4, 2. Der ganze
Himmel beugt mit Scharen froher Engel fih herunter. Schiller,
Don Karlos 2, 2. Ein Mädchen, das ſich aus der Ede hervor»
beugte. Göthe, Kampagne in Franfreih 30, Aug. Wie wenn der
kommende Weſt unermeßliche Saaten erreget, zudend mit Ungeflüm,
und binabbeugt wallende Nehren. Voß, Ilias 2, 147. Er ſaß in
Trauer verfunfen dort auf dem Zelfenriff, das fih auf die Fluten
inüber beugt. Pyrker, Rudolph 10. Jetzo beugte ſie fich zu
Kuaben hinunter, Pyrler, Maklabäer 3, Niedergebeugt
@*
1044
wie wir find. Voß, Ilias 6,85. Eie beugte fih über zu fhöpfen.
Böthe, Hermann und Dorothea 7, 40. Der Ritter ſich tief verbeu-
end ſpricht. Schiller, Handſchuh (nach der früheren Lesart). Das
ericht diente mehr zum Vorwande, die Unrubftifter zu beftrafen, als
daß es grüydlich dem Unrecht vorgebeugt hätte. Göthe; Leben 12.
B. Spornend das feurige Roß, und vorgebeugt aus dem Sattel
bis zu den Mähnen. Pyrker, Tuniſias 9. Ich babe dir den größten
Gedanken des Menichen, der feine Seele zufammenbeugt und doch
wieder aufrichtet auf ewig, noch nicht gegeben. J. Paul, Heiperus 2.
Kür vorbeugen in fig. Sinne dafür thun, daß etmas nicht geſchehe,
» fagte man früer und noch oberbeutfih vorbiegen. Borbauen (i.bancı
S. 623) dahin arbeiten, daß efwas gethan fei, wodurch das, deſſen Geidehr
man vorausfteht, gehindert oder ubgewendet werte. — Ich denck jhm (tm
Hirih) noch wol fürzubeugen im Full ich eile. Dpig. Damit tem äbel
möchte vorgebieget werden. Philander von Sittewald 7. Geficht. Mr
werde doch alien giftigen Excepzionen, bie der Vormund aus tem Umtanige
des Namens gegen die Auszahlung feiner Gelder fangen fönnte, jurifif vor
gebogen haben. I. Paul, Siebenfäs 2. Willſt du erwarten, bis er bie
böfe Luft an dir gebüßt? der Fuge Dann baut vor. Schiller, Tell 1, 2.
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfeßungen, z. B. Usb
ich faßte das Meſſer, das fFrummgebognene. Göthe, Amyntad. Sie regien He
leichtgebogenen Schenkel. Voß, Odyſſee 6, 318. An einer blentend weht
Stirne zeigten fi zarte dunkle fanftgebogene Augenbraunen. Goöthe, Meißlers
Lehrj. 4, 15. Schon mandhmal hob das ſchwere Beil der Opfernde zu des erds
gebeugten Thieres Nacken weihend anf. Göthe, Fauſt 2, 183. Durch midi:
ges Wort, burch Fräfl’ge That errege ber tiefgebeugten Herzen eigne Kraft.
Goͤthe, Eugenie 5, 7. Zeit mit den Schweif umfchlingend die weitnachber⸗
gende Ceder. Pyrker, Tuniſias 7. Er zieht... Eniedengend fi aurüd, Wieland.
Biegfam und beugfam f. S. 380; Biege und Benge (mi.
biuge) — Krümme, gebogene frumme Fläche; Bieger und Benger;
Biegung und Beugung (ahd. kapiugunga); Beugniß (jelten) —
Ad, warum, o Natur, warum, nugärtliche Mutter, gabeft du zum Ee⸗
. fühl mir ein zu biegfames Herz? Klopſtock, die künftige Geliehtr.
(Sch) brach mir ſchwankes Gefproß vom biegfamen Weidig. Bob,
Odyſſee 10, 166. (Er zeigte) eine große Biegſamkeit ſowohl ia
feiner Vorſtellungsart, als in Handlungen und Gebärden. Götke,
Meifters Lehrj. 4, 18. Noch unbiegjamer war mein Oheim durd
hänsliches Unglück geworden. Daf. 6. Wie unbeugfames at.
Pyrker, Rudolph 6. Wo im Gelenk ſich bewegt die fehnige Benge
des’ Kniees. Voß. Du nennft dich einen Ehebieger. Simplicik-
mus- 1, 24. — Sie entfernte fih mit anftändiger Beugung. Götke,
Meifters Wanderj. 3, 14. Sie fuchte durch gewaltfame Abbeugung
ihres Gefichtes von ... ihre Thränen zu verbergen, 3. Paul. Ohne
Ausbeugung die Bahn fortgehen. Schubert. Sie machte eine
leihte Verbeugung. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 10. Im eine
!
1045
Kniebeugung verräthit du Freundfchaft und Liebe? Schiller, Fiesko
2, 3. Ergebung ohne Beugniß. Rückert, geſ. Ged. 1, 49%.
Biegeifen, — ſcheibe, —zange; Beugſchiene.
Bogen (ahd. poko, agſ. boga, altn. hogi, mhd. boge, altfrieſ.
boga, neufrieſ. boage, neuniederl. boog, ſchwed. bage, dän. hue,
engl. bow) 1) jeder Theil einer Erummen Linie; 2) etwas, das nad)
einer folchen frummen Linie verfertigt wird und die Geitalt derjelben
bat; 3) ein gewiſſes Stüd Papier; 4) (in der Anatomie) ein Theil
des Gehirns. Davon Bogener, bogig, auch bögig und bogen.
— Mit dem Pfeil, dem Bogen, durch Gebirg und Thal fommt der
Schuß gezogen... Schiller, Tel 3, 1. Auf PBfeilern und auf Bogen
ſchwer, aus Quaderftein von unten auf, lag eine Brüfe drüber her.
Bürger, Lied v.br.M. — Noch habe ich die Aushängebogen des
erften (Buches) nicht. Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 55. Den wal-
desſchwarzen Bergesbogen. Redwitz, Amaranth. Und mitten in
dem Blätterbogen kömmt mit dem Monde feierlih der Hof im
Wald herangezogen. Daf. Der (Strom) fid) nun wieder Durch einige
Brüdenbogen durckhdrängen ſoll. Göthe, Campagne in’ Frankreich
11. Oct. Im jeder Gaſſe ftiegen Ehrenbogen. Schiller, Jungfrau
v. O. 1, 5. Da ſtieß er an ein Mädchen an mit jeinem Ellen-
bogen. Göthe, Zauft 1, 54. Der nun den lichten Farbenbogen
von Pol zu Pol fo herrlih fpannt. Kub. Der (Waſſerfall) mit be-
täubendem Getöfe von einem hohen Felſenbogen herunterftürzt.
Wieland. Als er im Fenfterbogen eingejchlummert. Schiller, Wal-
lenfteins Tod 4, 2. So ging der Fiedelbogen. Göthe, Fauſt 1,
54. Da hingegen Lavaterd Stirnknochen von den fanfteiten braunen
Haarbogen eingefaßt erjchien. Göthe, Leben 14. B. Denn ftets
in Bandlung it der Himmelsbogen Schiller, Wallenfteing Tod
1, 1. Ein Regenbogen mitten in der Nacht. Schiller, Tell 2, 2.
Zu des Schloßthors Säulenbogen. Redwig, Amaranth. Als mir
der Säulen Praht und Siegesbogen entgegenftieg. Schiller, Ma-
ria Stuart 1, 6. Dann fol der Mond gleich einem Silberbogen
am Himmel neugefpannt die Nacht befhaun. A. W. von Schlegel.
Ich erinnere nur an die... bis in's Unendliche an ihren Pfeilern und
Spigbogen verzierten Thüren. Göthe, Leben 9. B, Traurig juch’
ih an dem Sternenbogen, dich, Selene, find’ ich dort nicht mehr.
Schiller, Götter Griechenlands. Wie flammende Monde bligten die
graunvollen Strahlenbogen des Schwunges. Sonnenberg. In mei—
ner jegigen Ein- und Abgeichloffenheit erfahre ich nur an dem immer
fürzeren en daß ſich die Zeit bewegt, Schiller, Briefw.
mit Göthe 6, 222. Zriumphbögen und Süulen. Göthe, itaf.
Reife Rom 7. Nov. — Bei Bicenz ift feine merkwürdige einbogige
Brücke. Die zwei dafelbft, von Halludio erbaut, find dreibogig.
Goͤthe, Briefw. mit Schiller 1,218. Großbogige Schlangenlinien,
, 1046
Bürde. Spigbögiger Zenith erhebt den Geiſt. Göthe, Fauft 2,
83. — Die Stimme bogt fih. Kofegurten. Wir finden das herföunz-
liche, mit ‚Heinen Gebäuden umgebene Rund in Heineren Halbcirkeln
ausgebogt. Göthe, ital. Reife Palermo 9. April 1787.
Sdchwibbogen (bei Campe Schwiebbogen, ahd. suip(b)oge,
mhd. swiboge, älternhd. swigboge, im Doc. v. 1445 swiebogen,
jpäter swibpogen, nad) Eampe von [hweben; nah Weigand
wol neue vom svig = a, rien = frümmen)
ewölbter Durchgangsbogen; gemauerte Ueberwölbung in engeftelt.
5 en —* — ahd. giwölbi, ——— Fer agl-
hwöalfa, altn. hvolf; agf. bwealfjan, altn. hvelfa, mb». welben = wölben,
zu mhd, wöl = rund, lat. volvere, gr. eilvarr — wälzen gehörig) bobiramb
gemauerte Dede; der durch dieſe Decke beichloffene Raum. — Als bätte ich
durch die Deffnung einen Gewölbes in einen königlichen Saal hinabgeſchen.
Goͤthe, die neue Melufine,
Bogenbegeichnung, —bohrer, —dede, — drille, — fahrt, —feile,
— fiſch, —fläde, —flügel, — form, —gerüft, —gewölbe, —groß,
— größe, —kampf, —fümpfer, —laube, — leder, — lehre, —leifte,
. — linie, — macher, — muſterung, — rolle, —rund, —rüftung, — ſaͤge,
— hau, —ſchauer, — ſchlagen, —ſchluß, —Ichnitt, —ſchũtze, — ſprung,
—ſtrich, — ſtück, —thüre, — weg, — winde, — zahl, — zeichen, —ür
kel u. a. — Apollon, dem bogenberühmten. Voß, Ilias 4, 101.
Sieh jetzt . .. der Bogenfenſter runde Scheiben! Redwitz, Am⸗
ranth. Das Schwein hat einen bogenförmigen Leib. Funke. Die
trefflihe Bogenfreundin. Voß. Der bogenführende Schuß
gott. Gedike. Durch enge ſich oft durchkreuzende lichtloſe Bogen:
gänge. Wieland, Oberon 13, 45. Unter dem Bogengeſtel mil
purpurjeidenem Umhang. Voß, Luife 3. b, 609. Die herrliche Bo-
genhalle, weldhe auf der innern Seite des Palaftes rings berum-
läuft. Campe. Ale der Bogenfund' erfahrene, tapfere Männer.
Voß. Bogenlange Erklärungen. Reihhardt. Aus feiner (des Tha⸗
les) Ziefe ftiegen drei ungeheure Bogenmauern indie Höhe. Thüme-
mel. Vertraute Bogenfehne ... verlag mich nicht im fürchterlichen
Ernſt! Schiller, Tell 4, 3. Welcher auf Bogenihuß fern barreke.
Voß, Ilias 15, 709. Ein aus 4 Theilen in 60 Bogenjeiten be
ftehendes Werk. Geift der Journale. Zum Preis dem ftärkiten Bo-
genipanner. Kinfel, Dtto d. Sch. 3. Dod heim erichoß die Bo⸗
enjpannerin Diana fie. Bürger. AL ich in der Ferne eine m
Ellene en bemerkte. Lichtenberg, Nachtrag zu den
merfungen über fib ſelbſt. Ein Strom nun wirft den Bogenftrabl
Göthe, Fauſt 2, 282, Als id den. Bogenftrang anzog. Schiller,
Tell 4, 3. Weil ihn felbft der Vermeſſnne zum Bogenftreite ge
fordert. Voß, Odyſſee 8, 238. Bogentragende Amazonen. Ge
dife. Der Kreter Bogenvolf. Derf. Welches (Gemälde) unter dem
1047
zrückenthurm an einer Bogenwand zu fehen war. WBöthe, Leben
. B. Ein porzellanener Wallfiſch ſchnob den Eruftallenen Spring, der
ogenmweif in des Beckens Spiegel fi goß. Voß. Und warf durch
jener und Flammen, donnernd, im Bogenwurf, die Kugel zur
geſte hinüber. Pyrker, Tunifias 10.
Bug (ahd. puoc, mhd. buoc, ag. altn. bög) jede gebogene Fläche
md der Ort, wo fi ein Körper biegt oder wo er gebogen wird;
m wmenjchlihen und thierifchen Körper bejoudere Theile. Die alte
form Baug (ahd. pouc, mhd. bouc, altn. baugr, agſ. beah; val.
at. boja = Band, Seffel) — Ning, Spange, Kette ift nicht mehr
m Gebrauch. — Aber den Knien erftarret der Bug. Voß. Eine
Zinie, ein Bug, ein Winkel, eine Falt', ein Mahl, ein Nichts auf
:ined wilden Europäerd Geficht. Leffing, Nathan d. W. 1,2. Da
ın dem Najenbug. Göthe, Künftlers Erdenwallen 2. Friß Brocken
nit halb Zentner Gewicht, verzehr gang fülberne Büegl. P. Abraham.
Bugader, —anker, —band, —holz, —ſchwinden) — ſpriet,
— fange, — id. — (Das Pferd if) ſtark buglahm. Shakeſpeare,
der Widerſpenſtigen Zähmung 3, 2.
Bügeln (minder gut biegeln, ſchweiz. boͤgeln) Büge in Die Wäſche
nachen, fie fälteln, kraus machen; auch die Büge herausmachen, glät⸗
ten: Ab --, auf—, aus—, nad—, nieder—, über—, um—,
verbügeln. — Wie fih das Nähen und Flicken vermehrt, das Waſchen
und Biegeln. Götbe, 2. Epiltel. Die mit Waſchen und Bügeln
nicht fertig werden fonnten. Göthe, Wahlvpv. 2, 4.
Bügel jedes nad) einem Bogen gefrümmte Holz oder Metall, —
Da zog er den Bügel des Hornes (Bogens), ſchnellt' und traf. Voß.
Ihr Inſtrumente freilich fpottet mein, mit Rad und Kämmen, Walz’
und Bügel. Göthe, Zauft 1, 41. Gabft du nicht Kußhand, hielteſt
meinen Bügel? Shakeſpeare, König Heinrich VI. 2. Thl. 4,1. Die
Knnechte ehrerbietig den Silberbügeln nahn. Redwig, Amaranth.
Man fuhr ohne Steigbügel auf dem Pferde hin und her. Göthe,
Reben 4. B.
Bügeldohne, —eilen, —feft, —garn, —Ios, —mefler, — netz,
—riemen, —ting, —rod, —ſtahl, —taiche, —träger, — tuch. — Hier
'annft du deine Bügelgans braten. Shakeſpeate, Macbeth 2, 2.
Bucht (ahd. piuko, mhd. biuc, altn. bugr — Biegung und
Budt, dän. bugt) mit jeinen Synonymen f. ©. 637. — Des weit-
yerühmten Tempeld prächtige Trümmer und die Waldbucht. Mat-
bien, milef. Märchen. Des Eurates tiefem Buchtgeftad. Göthe, Fauft
2, 1
1.
Bühel (älternhd. Büchel, ahd. puhil, mhd. bühel) eig. eine
Srdanfchwellung, Haufen; dann ein etwas länglicher und fait horizon«
al fortlaufender Hügel. — Zum Bühle da rettet euch! Göthe,
30h. Sebus.
*
1048
Dägel (ahd. hukil? von mhb. houc —= Anhöhe, ſ. Hoch ©. 25) Aber
haupt eine fehr merkliche Bodenerhöhung über der Erdoberfläche, Im Beſondern
eine beträchtliche Erhöhung der Erdoberfläche unter der Bergeshöhe. — Düne
(agf. dun, engl. down, hollänv. duin; vgl. altgallifh, agf. dün — Höhe,
Hervorragung des Erdbodens, und den Taunus) ein Sandhügel an ver
Meeresküſte. — Sie (die Blumen) deden die ganze Summerfeite des Hüs
gele. @öthe, Meiſters Manderj. 1, 6. Vom lepten fernen Poſten, ver an
die Dünen branden hört den Belt, Schiller, Piccolomini 1, 2. _
Budel (erſt uhd., aus abd. puchelön = ſich ftarf auswärts
biegen erklärlich) ift zunächft der erhabene Rückenauswuchs; dann Bes
1ennung des Rückens von Menfchen und Thieren, zwar landſchaftlich
gemeinüblicher, aber für dad Hochdeutſche immer niedriger Ausdruck.
Davon budelig (älternbd. budelt, puclatj, budeln. Bückling
(von fih büden). — Ein Paar meiner guten Freunde... bat er mit
einem Budel vol Schläge verabichiedet. Göthe, Egmont 4. Wem
ih ihm doch eins auf den Katzenbuckel geben dürfte! Leifing, Minna
v8 1,3 Mit nen Rumpfe ſich budelnd jpriugt er
hinab in die Woge. Voß. — Lahm und budlet. Simpliciifimus 6, 5.
Er machte feinen Bückling. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 4
Höcker (mhd. hocker, von hoch S 25) if nur Rückenaußwuchs, und
zwar als Erhabenheit, Höhe. — Rücken (ahd. hrucki, mho. rucke, all,
bruggi, ayf. hrycg, altn. hryggr, engl. rig, ridge) 1) der durch axeinauder
gereihte Wirbelbeine gehaltene Längentheil bes Rumpfes, bei den Thieren ber
Dber: und bei den Menfchen der Hintertheil des Rumpfes vom Nacken bie zum
Kreuze; 2) der genannte Rörpertheil zum Tagen, aud) figürlich ; 3) die abgewandte
Seite im Begenfag der Befichtefeite, 4) die höchſte Längenfläcdhe des Berges.
Hode oder Hude (Nebenform von Höder, ahb. mhd. houc) Rüden, mehr
in Beziehung des Rückenaufnehmens vder Rüdentragene. — Gin Gleiches zu
thun rathen wir auch den nicht hiſtoriſchen Seribenten, deren Werfe vid
Auswudhes, Köder und Budel, vder fürzer, viel Ueberflüffiges Haben,
wohlmeinend an. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Die Finder Ifrael müflen jren
Beinvden den rücken keren. Luther, Bibelüberf. Joſ. 7, 12. Endlos liegt Pie
Welt vor deinen Bliden, und die Schifffahrt felbit ermißt fie kaum; doch auf
ihrem unermeßnen Rüden, if für zehen Glückliche niht Raum. Schüler.
Schon winkt auf hohem Bergesrüden Afroforinth des Wandrers Bliden,
Schiller, Kraniche des Ibykus.
Budeleifen, — fifer, —meilel, — ochs, —pinne, —thier.
Anm. 1. Die Budel (runderbotene metalliiche Berziernng) feheint aus
En Plural von der Buckel fi gebildet und in den Singular eingedrängt zu
aben. —
Anm. %. Gliemann (Archiv f. d. Stud. d. new. Eprachen und Literatar
VII 270) rechnet zu biegen auch Bock, wobei zu beachten it, daß der floßende
Bock fih in die Höhe richtet und dann die Stirne ſenkt, wodurch ber Hals gebogen
wird, Much von einem Pferd, das fih baͤumt, um den Reiter abzuwerfen, fagt
man, &6 bode.
1049
Fliegen.
(Wurzel flug.)
Fliege, flog. geflogen, fliegen (ahd. fiv)liuku, flv)louc,
f(v)lukumes, f(v)lokaner, fiv)liulo)kan; mhd. vliuge, vlouc,
viugen, gevlogen, vliegen; agſ. fliogan, altn. fliuga, dän. fleyen,
ſchwed. fluga, engl. fly, bolländ. vliegen, mittelrhein. Volksſprache
flieje; Wackernagel ftellt e8 zu lat. pluma — Feder) 1) mit
Hilfe der Flügel ſich durch die Luft bewegen; 2) (uneig.) jchnell den
Drt verändern, ſehr eilen; 3) durch fremde Kraft ſich durch die Luft
bewegen, in der Luft jchweben; 4) ſchnell vorübergehen; 5) fchnell
etwas thun. — Das ift feine (des Jägers) Beute, was da freucht
und fleugt. Schiller, Tell 3, 1. Voll jüßen Schwindel flieg’ ic)
nach dem Plage. Schiller, Don Karlos 2, 15. Daß der Königin von
Böhmen, meiner Tante, dein Federball in's Auge flog. Dai. 1, 2.
Sprach mit fliegenden Worten. Chr. Stolberg. Unterm Grün,
durchſtrahlt von Himmelshläue, flogen fie den deutjchen Ringelreihn.
Hölty. Don der Linken zur Rechten flog fein Schwert einen flam-
menden Kreis. Kretſchmar.
Anm. Opit ſagt in alter Prateritalform: die“ Turteltaube flug ben Ul⸗
menbäumen zu. - '
Ab—, au—, auf—, aus —, be—, bei, daber—, dahin —,
davon— , durch —, ein—, empor—, ent—, entgegen —, et—,
fort—, her —, herab—, beran -, berauf—, heraus —, herbei—,
berein—, hernieder ‚. herüber—, herum —, berunter— , hervor —,
herzu —, Bin - , binab—, hinau —, Hinauf—, hinaus —., hindurch —,
hinein —, binüber—, hinunter —, hinweg —, hinzu —, mit —, nad —,
mieder —, über—, um—, umber—, unter—, ver —, vor—, vor⸗
au—, voraus —, vorbei —, vorüber—, weg—, zer —, zu —, zu⸗
rũck —, zuſammen —, zuvorfliegen bedürfen feiner weitern Erklärung.
— Mein Pfeil flog ab. Göthe, ſprichwoörtlich. Gegen die verzeh⸗
rende Sonne der Majeſtät anzufliegen. Schiller, Fiesko 1,4. Ein
Dünner angeflogener Goldſchaum. Schiller, Kabale und Liebe 4,7.
Es machte mir nichts Vergnügen, dals was mid anflog. Göthe, Le-
ben 8. B. Flog euch nicht ein füßer Schauer der Entzüdung an?
Novalis, Heinrich von Dfterdingen 2. Schmefelfies hab’ ich in dem
Seftein aud öfter angeflogen gefunden. Göthe, ital. Reife Bo-
logna 20. Det. 1786. . Zurmolin fammelte jorgfältig die aufflie-
gende Aſche. Novalis, Heinrich von Ofterdingen 1, 9. Leicht, wie
der Vogel von dem wirthbar'n Zweige, wo ‘er 'geniftet, fliegt ex von
mir auf. Sciller, Wallenfteind Zod 3, 8. ie ein Schiff, das mit⸗
ten auf dem Weltmeer in Brand geräth, mit einem Mal und berftend
a. Schiller, Piccolomini 5, 3. Wilde, aufffiegende
Haare. Leifing In dieſem Augenblide flog die Seitenthür auf.
1050
—
N
Göthe, Leben 9. B. Schoͤne Rıfter von ausgeflogenen Wahrhei⸗
ten. Lichtenberg, Parakletor. Was leichte Beine hatte war ausge
flogen. Schiller, Räuber 2, 3. Voll neun Zage beflogen das
Heer die Pfeile des Gottes. Bürger, Ilias 1, 53. Der nie be-
flogne Gipfel. Haller. Schon waren eilenden Flugs zwo fliehende
Stunden über ded Seraphs Haupte dahin mit der Stille geflo-
gen. Klopſtock, Meiftas 3, 97. Mit deinem Staubgewimmel fleugf,
o Erde, du dahin! Matthiffon, die Sterbende. Denn er und ned
ein Zheil des Helmes flog davon. Alxinger, Doolin 5, 55. Schnell
den Kamin durchflog wie ein Vogel fle. Bob, Odyſſee 1, 321.
Schnell mit dem Segel wogendes Meer zu durdhfliegen Dal. 7,
34. Ewig ohne Ah, als ob er ewig ſchiede, durchfliegt er jeden
Kreis der Lebensthätigfeit, und Üüberflöge gern den raſchen Flug der
Zeit. Ziedge, Urania,3. Ganz den Tag durchflog ih. Voß, Yias
1, 592. Er fliegt die Schrift durch. Schiller. Kanonenkugeln
flogen wild auf uns ein. Göthe, Campagne in Zranfreich 19. Sept.
Den lichten Bing zu wagen, und Niemand unterthan einberzuflie-
gen! Redwig, Amaranth. So fliegt ein großer Gedanke feurig gen
Himmel a empor, von dem er gedacht ward. Klopſtock, Me
fias 4, . Da horch! ein jüßer Liebeston kam lei’ emporge—
flogen. Bürger. Wenn fie (die Seele) dent Leib in Gedanken ſchnel⸗
len Fluges entfleugt. Klopftod, Meifias 1, 166. Ihr A
int haſtigen Lauf der PBantoffel. Voß, der 70. Geburtstag 17
Stürmendes Schwungs entflog fie den Felſenhoh'n des Olpympos.
Voß, Ilias 7, 19. Und das Leben entflog ihm. Voß. Und nidt
entflog ihr die Rede. Derf. Sie eilt und fliegt jo bebende ent-
gegen des Edjloffes Ende, Göthe, Wirkung in die Ferne. Daan
erblidet von der Schönheit Hügel freudig das erflogne Ziel. Schil⸗
ler, das Ideal und das Leben. Welche (Felien) kein Adler erflog-
Salis, Elegie. Erfleug das Ziel der Ehre. Matthiffen, die Kin
derjahre. Des Edeln Geift, er erfleucht (erflengt) den Oſymp.
Herder. Weil fle nicht wie die andern fortflog. Göthe, Leben 2
B. So von des Meeres Höh’n hberflog... der Dumpfuntmurrende
Nachhall. Pyrker, Tuniflas 3. Sie fommmen... m Sturm her⸗
angeflogen. Wieland, Oberon 2, 3. Daß die Infecten zwar hin⸗
einwärts, aber felbft die privilegirten Welpen nicht ungerupft beraus-
fliegen könnten. Göthe, LXeben 8. B. Aber mit-dem Zephyr kam
ein Eliterhen hHerbeigeflogen. Blaten, die verhängnißvolle Gabel
3. Der (Engel) je aus einem unbekannten Paradies in diefe Erde
hineingeflogen. J. Baul, Hefperus 4. Der Geifler aufjauchzen
des Heer flog braufend hernieder. Pyrker, Zunifias 9. Gleich
dem braujenden Sturm flog jetzt der Römerbefleger Hermann, mit
feinem Gefolg’, aus Amerila’8 Fluren herüber. Pyrker, Tuniſias 6.
Er ſah den Block mit Kortunens Rad ſich oben dreimal herumfreifen
-
1051
nd endlich loöfpringen und herunterfliegen. 3. Baul, Sieben-
i8 7. Die (Bögel) möchten hervorfliegen. Göthe, Leben 10.8.
der Gaftellan war in feine größten Zollbeiten verfallen... er wollte
m Thurme hberunterfliegen. Göthe, Benvenuto Cellini 3, 12.
3om hinfliegenden blonden Haar. Klopftod, die Braut. Mit
3hädon flog am Arm des Gtüdes das heitre Xeben hin. Ziedge,
Irania 4. (Ex) floa in den Lüften jchnell gen Süden hinab. Pyr⸗
er, Tuniſias 4. Wie wir Hinaufgeflogen find, flürzt das Haus
ufammen. Göthe, was wir bringen 10. Schnell entblößt? er den
linfenden Stahl und flog auf das Blachfeld muthig hinaus. Pyr⸗
er, Tunifias 8, Wie ein Menfch, der ftirbt, den Augenblid erwar⸗
end, mo er entweder vernichtet hinabraucht, oder neu belebt in goͤtt⸗
ihe Welten hineinfliegt. 3. Paul. Er ſchwang fich Draußen auf's
eurige Roß und flog nach der Schanze hinüber. Pyrker, Zuniflas
. So wär ein Theil des Kopfes mitgeflogen. Alriuger, Doos
in 5, 55. Er behauptete, es könne mic niemand erreichen als er,
venn er mir nachflöge. Göthe, Beuvenuto Eellini 2, 12. Der
Schleier) niederfliegt zum Silberſchuh. Redwig, Amaranth. Kos
ide wurde zum erfteumale von einer zürmenden Röthe überflogen.
3. Paul, Heſperus 4. Schnell war der Graben... von diefen ftürm’-
hen Scharen überflogen. Schiller, MWallenfteins Tod 4, 10. Wenn-
Raspinette nicht die Blitze Jupiters im Nothfall überflöne Wie—
and. Schwer (iſt e8) wie Dädalus die Wolfe überflienen fonder
Braun. %. Rift. Weit die Vernunft des Greijes überfliegend.
Schlegel. Lange nah Erd’ umfliegend, wo auszuruhen vergönnt
ei. Voß. Seht in Zrauben gedränat umflieaen fie ı die Bienen)
Binmen des Lenzes. Voß. Die Schmwalben fliegen nädtig (bei
Nacht) das Dorf noch einmal um (falſch für: fie umfliegen). Rüdert,
wei. Ged. 5, 429, Wenn nach Speife die Mutter umberflog.
Boß, das Brautfeft 31. Schon war der größte Theil der Gäfte nad)
md nah verflogen Göthe, Meifters Lehrj. 6. Nichts als die
üße früh verfliegende Träumerei. Schiller, Kabale und Liebe 4,7.
Zaften Sie ihren Zum bier verfliegen. Geller. Aber die Stunde
yerflient. Voß, der Riejenhügel 153. Wahr ift es,. diefer Schwan
lieat wenia, doch er verflient fi nicht. Hagedorn. Dem Flint
Hiamozzo jo nern an der Spige vor. J. Paul. Wo der Alpaar
nd voranfliegt. Baggeſen. Schon der Name des Töniglichen
Sohnes, der voraus vor meinen Fahnen fliegen wird. Schiller,
Don Karlos 2, 2. Schlummernde nedet fie ftets, Wacende fliegt
ie vorbei. Göthe, röm. Elegien 4 Fliegen die Tauben der Saat
n aleihem Momente vorüber. Göthe, Weisitnoungen des Bafis 9.
Wie ſchnell der Kindheit liebliher Traum vorübergeflouen. Wie-
and, Oberon 1,29. Wären’s Schwäne, wären weggeflognen. Göthe,
Rlaggelang von der edeln Frauen des Afan Aga. So wie das Reh
ganz feine Beftimmung zu erfällen jcheint, wenn es leicht über die fei-
menden Saaten wegfliegt. Göthe, Leben 11. B. Ich floh mb
-fam mit zerfliegenden Haaren... unter dad Boll. Klopſtock, Mei
fins 4, 87. Rauch, der eh zerfleucht, als kömmt. Fleming S. 2
der Lübecker Ausgabe. Ih flog firädlingg dem Orte zu. Göthe,
Leben 12. 3. Da flog ihm das Haupthaar und das Gewand we
Wollen zu rück. Klopftod, Meſſias 5, 142. Doch der unglückliche
Bater flog auf dem jchnaubenden Hoffe nah dem Lager ınräd
Pyrker, Rudolph 9. Eben fo oft flog jener zuvor. , Yias
22, 197.
Anm. Die Barticipien getatten noch andere Iufammenfegungen, 5.8. Hi:
melfliegendes Gräaunen. Rlopfod, der Erbarmer. Gr redet mit ſchaell⸗
fliegenden Morten. Klopiſtock, Meiflas 15, 156. Gin fonnenfliegeuder
— Voßs. Die ſonnanffliegenden Adler. Koſegarten, Hymne an te
ugend.
Flieger; Fliegung; Fliege (ahd. fliuga, agſ. fleoga, flega,
altn. fluga, engl. fly, dän. flue) ein bekanntes Ungeziefer; ein leidt⸗
finniger, (tederlicher Menſch. — Wenn. alle Flieger (Vögel) bed
flug, wie der Rabe, wären! Gleim, der Adler und der Rabe. Zau-
jend Fliegen hatt’ ich am Abend erfchlagen; doc wedte mid Em
beim früheften Zugen. Göthe, ſprichwörtlich. So, lebt die Zliege
(der. Menſch) noch? fiel der Wirth ein. 3. Paul.
Fliegeubaum, — blume, —ente, —falle, —fänger, —fittig, — Türk,
—gam, —gift, — glas, —täfer, — Mappe, —Hatiche, — kopf, —krart,
—netz, — papier, —pflafter, —pilz, —pulver, — ſchimmel, dei
per, — ſchrank, —ſchwamm, —ipießer, —itecher, —flein. — vogel, — many,
—wafler u. a. — Wenn man euch Fliegengott ), Derderbe,
Lügner heißt. Göthe, Zauft 1,70. Fliegenſchnauz' und Mäda
naf mit ihren Anverwandten, Froſch im Laub’ und Grill im Bf
das find die Mufllanten! Göthe, Fauft 1, 224. Wie Fliegen
ſchwärme drängt fih das Heer der Thoren auf. Pfeifel, der Pu
und fein Hofmeilter. (Er) macht Blitze fih aus Fliegenmwedeln
Dfeffel, der Rauſch.
Flug (ahd. altn. flug, mhd. viuc, ſchwed. flygt, dan. Augt) 1)
Handlung, Zuitand, da ein Thier oder Körper fliegt, in weiterer de
deutung ſich jchnell fortbewegt; 2) mas zufammenfliegt: ein Flug Ri
bühner; 3) in der Wappenfunft ein Flügelpaarz; 4) der Ort, and
welchem etwas fliegt; 5). Ort und Zeit des Fliegens gewiſſer Voͤgel
Ab—, An— (©. 69%),.Auf—, Aus—, Durd—, Ein
Ueberflug u. a. — Der Flug des Pfeiles. Luther, Bibelüber.
Weisheit 5, 12. Da wir diefen Winter nun vollends einige größere
1) Der Name Beel zebubs, den man in Aegypten als Gott verehrte, darit
er die läfige Blage der Fliegen abwenden follte,
Flüge machen wollen. Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 196.. Wie
raſch durchläuft in lieblichem Gewühl der NRofenfinger Flug.die ſee⸗
lenvollen Saiten. Bürde. Wenn Phantafle fi ſonſt mit fühnem
Flug und hoffnungsvoll zum Ewigen erweitert. Göthe, Zauft 1, 40.
Noch fein junger Flug hat fid, zu weit von meinen Augen entfernt.
Geßner. —. Freilich wirft du, gutes Kind, deinen Abflug aus dem
ländlichen Honigbaum in den ftädtiichen gläjernen Bienenſtand mit
tiefern Schmerzen halten, als du vorausgefeßt. 3. -Paul, Zitan 27.
Unſelige Gefchäftigfeit verzehrt den himmliſchen Anflug der Nadıt.
Novalis, 2..Hymne an die Nacht. Den rotbfammigen Urhahn in dem
Aufflug mit dem Glutſtrahl aus Gewöl tief. Voß. Ach! das.
Vorgefühl in Finfterniffen, das zum Aufflug ihre (der Seele) Schwin⸗
gen fträubt, ift nur Ahndung. Salis, Piyche’s Trauer. Raſtloſer
Aufflug zum Ziele Schubart. Obgleich) Werner mit diefem neuen
Ausflug micht zufrieden zu jein fchien. Göthe, Meifters Lehrj. 8, 7.
Der Durchflug eines Gedanfend. 2. Meifter. Als hätt’ er Jahr⸗
hunderte ſchon im des fchnellen Herabflu $ Augenbliden durchlebt.
Pyrker, Zunifias 1. Seinen kleinen Rüdlügen ... ſchenket eure
Aufmerkfamkeit. E. Wagner. Müde des Umflugs. Baggejen. Et⸗
was im Borbeifluge erwähnen. Bragur. Der eilende Vorüber—
flug der Zeit. Ziedge. Sie hatte folhe weder dem Borüberflug
ihrer funtelnden Augen noch den gleich vergänglichen Tönen ihres
Mundes zu verdanken. Thümmel. Denn Bortrefflichleit hat Ns -
auge und Adlerflug.. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Des Cherubs
Denn un Schubart. Im freudigen Eilflug zahllos Ichreiten
einher die Heldenjöhne der Vorwelt. Pyrker, Zunifias 1. Nur dir
. . ergibt Die Mufe fih auf ihrem Eulenflug Zhümmel Welche
nur mein Geiftesflug erreiht Salis, Monodie am Meere. Noch
rauſcheſt du ſtets mit Geniusfluge die Saiten herab. Klopftod,
der Hügel und der Hain. O bull’ ihr die Schulter, 0.0.
Baggeſen. Edler Xöwe, verfegte der Adler, auf meinen Himmel-
flügen lernte ih. Benzel-Sternan. Den Hochflug und das Hod-
gewilde bannen in unſern freien Waldern. Schiller, Zell 2, 1. Den
Bug, den die Trompete blält, den lauten ſchönen Kriegesflug.
Klopſtock, Schlachtlied. D dann, ihr Brüder, ſchwur ich mit eud),
im Gramm der ftillen Mondnacht, edleren Liedesflug Voß. Des
mwechfelnden, des fühneren, deuticheren ODdenflugs. Klopitod, Thuis⸗
fon. Unermüdlich und eben jo fruchtlos ftrebt unſere Bhantafle ...
fih ihrem Sinnenfluge frei zu überlaffen. Ungenanntet bei Campe.
Iſt's flolzer Adler Sonnenflug? Uhland, die Siegesbotſchaft.
Salek kam, wie ein Hagelgewölk im brauſenden Sturmflug. Pyr⸗
ker, Tuniſias 7. Ihn (den Mann) reißt die Zeit im Thatenfluge
fort. Collin. Zwar fein kundiger Seher, noch Vogelflüge verfte-
hend. Voß, Odyſſee 1,208. Phöbus Lieder ſchweben kühn und freier,
a 4054
— —— —— —
-faft, wie Bragas hoher Wolkenflug. Münchhauſen. Bunderfings
\
bejonderer Art. Göthe, Fauft 2, 173.
Flugs mit feinen Synonymen f. ©. 850,
Flugbett, —biene, —blatt, —brand, —feuer, —geld, —haber,
—heer, —lager, —loch, —mehl, —iwiene, — ſchiff, — ſchreder,
—ſchũtze, —tbaler, — urtheil, --wildbret, —wiſch, —zettel u. a. —
Sp rennt es (das Pferd) fort mit wilder Flugbenterde. Schifer,
Pegaſus im Joche. Auf dem Rüdwege ftieß mir mein Pathchen am,
das den halben Schwanz eines papiernen Dracyen flnafertig mache.
J. Paul. Die Flughaut eines Schmetterling J. Paul. Bälte
jie fort auf dem Flugſand. Pyrker, Tuniſias 10. Bei den heim
Flugſchriften, die ih unnenannt herausgab. Göthe, Leben 13. 8
Er lockte in Blumenbühl Flugtauben täglich Durch Zutter näher.
J. Paul, Titan 1. Eine Biene, deren Flugwerk ihr Honig ver-
pichte. J. Baul, Hejperus 14. _
Flügel 1) etwas das flieget, fih in der Luft beweget; 2) ein
Werkzeug zum Fliegen bei deu Voͤgeln ete., auch bildlich in verfekte-
denem Simte; 3) ein befanntes Zonwerkgeng, nach der Geſtalt bes
Flügels eines Vogels nenannt. Davon flägelig, flügeln, Belag
ler, Berlügelung, Flügler. — Ein mürriſch ungeduldig Dieb
aibt der erſchrocknen Zofe Flügel. Schiller. Und wenn die Areibeit
dann von Banden los ders goldnen Flügel fchläat. Weihe Di
Barke vogeljchnell dircdyidmeidet Schon mit ausgelpaunten Zlüugnelr
die blaue Flut. Wieland. Die Fäden (laufen) durh das Blar m
der Lade ſowohl als durch die Flügel des Geſchirts... Alles (min)
mit einem, an einen Stab aebundenen Gänſeflügel gerädelt
Goͤthe, Meifters Wanderj. 3, 5. Zeit dem Gemad zu verjchliehen
die wohl einfugenden Flügel. Voß, Odyſſee 21, 236. So bat
mich Gottes Leitung getragen auf Adlersflüneln Klopited, Re
fias 11, 3. Es erblaßten die Doppelflügel von Ahorn. Beh.
(Daß) die frohe Seele fib auf Engelsflügeln ſchwingt zur em
aen Freiheit. Schiller, Maria Stuart 5, 6. Der (Zrabfim) im
Schneegewoͤlk mit Eulenflügelu lauert. „Wieland. Indeſſen der
Vater die Fenſterflügel auftiß. Göthe, Xeben 1. B. In derer
Windftille unjerer Lungenflünel ſpricht man nur janfte, leiſe Werte
3. Baul, Heiperus 8. Und eilend tönten ſie (die Engel) oft mit vem
Purpurflünel, Klopſtock, Meſſias. Doch tiefer büllt im ie
Skhattenflügel,... die Dunfelheit fein öded Leben ein. Tiedae.
Ein Hauptgebäude, Seitenflünel und wad man nur wünſchen fan.
Goͤthe, Meifters Wanderj. 3, 6. Auf den Seraphsflügein De
Geſangs ſchwang die befreite Seele fi nach voben. Schiller, Brau
v. M. So ſchwang ein junger Schmetterling die blaugezadten Sil⸗
berfiügel. Pfeifel, der Schmetterling und der Rabe. Den Straf:
lenflügeln, mit leichterem Purpur umgoflen. Sonnenberg. Dei
1055
satte. Zaubenflünel fein erlahmen. Redwitz, Amaranth. — Die
u fonft in leichten Tänzen feine Füße flügelteft. Meißner. Zlügle
aicher den- Kahn, nervichter Jünglingsarm! Matthiffon, die Wafler-
ahrt. Flügelte dann zum Tydeiden den Lauf ftarfhufiger Roffe,
308, Ilias 5, 39. Deu neflügelten Gott (Amor) folgt der
‚eflügelte Sieg Schiller, die Geichlechter. Aber jobald ihn der
—— des geflügelten Pfeiles gebändigt. Voß. Sprach die ge—
lügelten Worte. Voß. Jetzo ſprach er mit zorniggeflügelter
Stimme. Klopſtock, Meſſias 4, 111. — Soll ich dem Herrn mit dem
slegel die Beine beflüneln? Platen, die verhängnißvolle Gabel 2.
hr Stunden, o! beflügelt euch! Cronegk. Ei, o eile mid
mporzuflügelu, wo fid unter mir die Welten drehn. Maithifion,
ie Bollendung. Er glich einem entflügelten, entwaffneten Amor.
Jenzel-Sternau. Indeſſen jchien die Gelellichaft in einen förmlichen
zalbeirkel gebildet, ihn zu überflügeln. Göthe, Meifters Wander⸗
ahre 1, 9. Morgenwind umflügelt die beichattete Bucht, Göthe,
teben 18. B. — Schnellfüßiger Roſſe Beflügeler. Voß, Odyſſee
8, 263. Jet um die theuerften Glieder gefchwingt mit junger Be—
lüglung gab fie umſonſt, ad) kalt! mit hartem Schnabel ihm Küffe.
Bo. Seht legt auch die Beflüglung des Stahls der Städter fich
m. Klopftod, der Kamin. In erhabener Odenbeflügelung. Pla—
en, rom. Dedipus 5. Bon Inſekten ſahen Cook und Mearcs außer
erfchiedenen Käfern und Zliegen mehrere Arten Staubflügler.
5ẽ. A. W. Zimmermann.
Anm. Die Participien geſtatten noch andere Zuſammenſetzungen 1.2. Fuß⸗
‚eflügelte Roſſe. Voß. Leichtgeflügelt und keck. Herder. Gin leicht⸗
eflügelter Scherz. Kl. Samivt, DO ſturmbeflügelter Lauf, K
. 5.
tramer, Alſo nn wonncheflügelt bahin. Buygefen. Die wagenbeflüs
‚einden Roffe. Voß, Ilias 15, 354.
Blügelband, — bauer, —deich, — farn, —feder, —förmig, — fort⸗
ag, —frucht, —fruchtbaum, — futter, —gott, — herd, —horn, —ko⸗
ten, —find, —Mnabe, —kölbchen, — mächer, - mantel, —meiiter,
—musfel, —müße, —nadel, —nerve, —ort, — pferd, — inne, —fas
nen, —Ichlagader, — ſchnecke, —ichraube, —thier, —thor, —thüre,
-tuh, —welle, —werf, —wurm, —zwedeijen u. a. — Steigend
oben fie (die Wolfen) flünelartig die * Geſtalt empor. Göthe,
Reiſters Wanderjahre 1, 10. Wie ein Flügelbote des Himmels.
Shuafeipeare, Romeo und Julie 2, 2. Eines aufgeflogenen Engels -»
vegaelegte Flügeldede. 3 Paul, Hefperus 4. Aengſtlich Zlü-
elflatterfhlagen! Göthe, Fauſt 2, 141. Kaum weilt ſein
flügelfuß in Tyrus nächften Gauen. Schiller, Neneis 4,49. Der
Schwan) vom zerfnidten Flügelgelenk ans Leben befeitigt, ſehnend
u andern Schwänen aufſah. 3. Paul, Hefperus 7. Darum vers
velfte fein Flügelglanz. Krummacher, der Schneetterling, Sieh!
er Bübchen Flatterſchaar, das bewegt und regt fo ſchnelle, wie der
nn
Morgen ⸗fie gebar, flüͤgelhaft ſich Paar und Paar. Göthe, Mai.
Bon elaftiich feiner Leinwand puffte ihre Fl J elhaube. Herder, Eid 13.
Ein nettes Flügelhäubchen ftand dem kleinen Kopfe und dem feinen
Sefichte gar wohl. Göthe, Leben 13,3. Perſeus mit dem Flügelhute.
Rode. Der ſchwere Panzer wird zum Fluͤgelkleide. Schiller, Jung.
v. O. 5, — Bor ihrem wilden Fluge erſchreck' ich und werde flü⸗
gellahm. © Wagner. Der FZlügellauf des Roſſes. Bragur.
aber die Aurora mit geflügelten Roffen fährt und der Tagsgott mit
flügellofen. 3. Paul. Wäre noch, wie fonft, ein Freigeiſt Zlä-
elmann. Platen, rom. Dedipus 4 Wenn ein fehnend Hoffen ..
Erfüllungspforten findet f lügeloffen. Söthe, Zauft 2, 7- it
ihrem weißen Slügelpaar, fie (die Victoria) dünkt fich wohl fie ki
ein Aar. Göthe, Fauſt 2, 40. Genialiſche Thätigkeit iſt der Apolli-
nariihe Zlügelpfeil des Scithifchen Abaris. Ben — N
ihwarzfammtnen Flügelröcken. Götbe, Leben 5. So wird em
Slügelroß es dort ereilen. ee Die Schwäne heben fich ver
ibm mit fchnellerem Flügelſchlag. Klopitod, der Hügel und der
Hain. Auf Flügeifhnellen offen. Schiller. Hinaus! mit Flu⸗
gelſchnelle durch das Land. Göthe, Eugenie 3, 4. Das Jamert...
mit Flügelſchnelligkeit zu m trunfnen Ohre binzutragen.
Schiller, Maria Stuart 2, 2. O laß. mit Jlügelichritten um
eilen! Wieland. Erſt nüpft er an den Fuß die goldnen Flügel»
fohlen. Schiller, Aeneis 4,45. Getragen auf dem Flügelſchwunge
des Stahls. Klopſtock, die Kunft Tialfs. Des Saales Zlügeltbor
wird aufgethan. Redwitz, Amaranth. Was anders, wenn das Flü⸗
gelvieh ein'n großen Poeten auf ſich ſpürt. Kl. Schmidt.
Geflügel bezeichnet überhaupt die Vögel, zahme wie wilde, eßbare
wie nicht eßbare, dann die zahmen und wilden eßbaren in der Küche
und zubereitet. — Daß des Geflünels Heer fih alſo frölig ftellt,
daß durch fein Singen Saat und Heiden beimlid werden. Opitz. Alles
war, befonders was auf das Geflügel Bezug hatte, mit der beiten
Laune dargeftellt. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 4. — Wenu auch
längſt die alte Barbarei von neuen wie Nactgeffügel über dir
- baujet. ©. Waguer. Rauſchend kränzt goldbeglänzt wanfend Ried des
Vorlands Hügel, wild umſchwaͤrmt vom Sceegeflügel. Matthiffen,
Abendlandichaft.
Federvieh (aus Feder, ahd. födars, mp, vẽder, agſ. feiher, fidher,
altn fiödur, fidr, altniederd. vedere, ſchwed. ‚fjäder, dän fjaeder, 1jaer, engl
feather, holländ. veder, veer, und Vieh, goth. faihu, ahb, fihu, mh. vibe,
agf. föoh, altn, fe, engl. fer, ſchwed. fae, fanffr. pagu, gr. zör, lat. pecus)
bezeichnet die zahmen Bögel, dann vie zahmen efbaren Bögel, fo lange fe
nicht in der Küche zur Zubereitung find. — Seine Raunende Seele jeß mi
aber neben dem Federvieh. I. Paul, Giebenfäs 7.
1057
nn —
Unm. 1. Flücke, Flügge (abd. Aucchi, Aukki. mhd. vlücke, bei Fle⸗
ming flicke) fcheint eine Berflärfungeform von fliegen zu fein,
Anm. 2. Flackern (aht. flagarön, flogarön, altn. flögra, ſchwed. flacka,
agſ. fliccerjan, engl. flack) ſcheint ebenfalls mit Fliegen verwandt. Das einfache
fladen (holland, vlacken) ift veraltet: Flackende und brenn nde Liebe. Weiler v,
Kaiirrsberg. Eine Scheune, weſche voll Stroh gelegen, verfladet gar. Wurſtiſen,
Bafler Chronik. — Zu fludern=fid ſchnell hin und her bewegen gehört wahrs
ſcheinlich Flagge, ſchwed. flagga, engl. dän. flag, hullänt. vlaggh.
Anm. 3. FgFiocke (abd. flocho, agf. flacea (pl.), mhb. vlocke, engl. lock)
IR wahrſcheinlich aus dem lat. floccus entlehnt. : he
Lügen. !)
(Wurzel lug.)
Züge, log, gelogen, lügen (ahd. liuku, louc, lukumäs, lo-
kaner, liu(o)kan; mhd. liuge, louc, lugen, gelogen, liegen; goth.
liugan, altf. liogan, agſ. leögan, altıriel. liaga, altn. liüga, engl.
Iye, dan. — ſſlav. lugati, legati) 1) eine Unwahrheit fagen, vor⸗
züglich wiſſentlich und abſichtlich; 2) auf eine lügenhafte heuchleriſche
Art, um zu täuſchen, an den Tag legen oder äußern. — (Entweder
Du leugft ung, oder du ſahſt dad Geſicht. Klopftod, Meſſias 4, 115.
(Wein ihr) Niemand verläftert, auf Niemand lügt. Schiller, Wal⸗
feniteins Lager 8. Deßwegen logft du tückiſch mir Verſöhnung.
Schiller. Fern erblid’ ih den Mohn, erglüht. Doch kymm' ich dir
näher, adı! jo ſeh' ich zu bald, Daß du die Roje nur lügft. Göthe.
Ab—, au—, auf—, aus—, be—, durh— ein--, er—, her⸗
aus—, hinaus —, hinein —, nah—, ver—, vor—, zufammenlü-
gen. — Die ihm fein Chr’ und Gut hat abgelogen. H. Sade.
Die Krümmungen, die unjerm kleinen Leben eina optiiche Länge ans
Lügen. %. Paul. Dem es feine Mühe macht, das Eigene von dem
Angelogenen zu untericheiden. Leffing, Antigöze 10. Wollen Sie
mir Dinge auflügen, Die der Augenfchein widerlegt? Schmettau.
Daß mein Mund ihn nicht belogen. Schiller, Piccolomini 5, 3.
Mir bat fein Quäckerſchwarm das Pulver eingelogen, das den
ebundnen Sinn zur Offenbarung zwingt. Gintber. Die fonderbars
Ben, erlogenen Begebenheiten haben eine Natürlichkeit, die ich nie
fo gefühlt habe. Göthe, ital. Reife Neapel 17. Mai 1787. Mit er-
fogener Heiterkeit. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Ihr könnet
1) Sollte vigentlih liegen geichrieben werden, wie noch in ber 2. Hälfte
des 17. I. geſchah. ine falfhe Ruckſicht auf das Eubllantio Küne und die uns
richtige Unterfcheidung von liegen fur ligen S. 567 haben tie Schreibweiſe
Lügen beivorgebracht. — Nach dem goth. Beimort läugns — heimlich icheint der
Urbegriff irgend eine finnlihe Verhullung gewefen au sein. Im But. f! nubere =
verhüllen und heirathen, weil vie Braut bei der Hochzeit mit einem Sılrier vers
Hält wurde. Aehnliche Berwandtfchaft ſcheint ſich zwifchen dem, flarfen goth. liugan,
— lügen und dem ſchwachen liugan — heirathen zu finden. Bal. Grimm II,
88. IV, 601. Betgand Ro. 2083,
67
1068
WED ——— — Tr rue —
-
den Schöpfer aus feiner Welt hinauslügen. Schiller, Fiesko 2, 3.
Daß ſich fein Teufel noch in das Himmelreih hineinlog. Schiller,
Kabale und Liebe 4, 2. Einer wird hinder rüd verlogen. H. Sachs
Der verlogenjte Schelm der Chriftenheit. Shakſpeare, 8. Heinrich
VI. 2. Thl. 2, 1. Welcher Schreckenstraum fommt ihr der halber-
wachten Seele vorzulügen? Göthe, Egmont 5.
Zug (ahd. lug) alterthũmlich; Züge (goth. liugus, ahd. luk(git,
luk(g)in, mhd. lüge, lugen, lugin, Jügene, alti. Iugina, ayt. ſig,
lige, altn. Iyga, Iygd, engl. Iye) die wiſſentliche und abfichtliche Uns
wahrheit, eine für Wahrheit ausgegebene Erdichtung, vornehmlich mit
dem Nebenbegriff des Unfittlihen; Lügner (abd. altn. Iiugäri, agi.
leogere, mhd. lügenzere), lügnerifch. — An lauterer Schönheit,
bie fein gleißender Zug befledt. Voß. Dieß falfche Herz bringt Lug
und Trug in den wahrbaft’gen Himmel. Schiller, Wallenjteins Tod
3, 9. Richt zu vermailigen durch Kläfferlug. Koſegarten, die Un-
ſchuld. Verſtrickend it der Lüge trüglich Mark. Schiller, Jungfrau
v. O. 2, 10. Ich fehe nichts von diefen Waſſerlügen (gelogenen
Dingen, die im Wafler fein follen). Göthe, Fauſt 2. 283. Ir
beit ift Lugbeit. Fiſchart, Gargantua S. 283. — Der Bauer braudt
zu emerAblüge nichts als die Heimfte Gefahr, nur Borlüge nummt
er für nicht ehrlich genug und will Wort halten. %. Paul Du Ki
und bleibit gin Lügner. Göthe, Fauſt 1, 158. Sie eine Lügner
rin? Schiller, Jungfrau v. DO. 5, 7. — Mein Auge wird fid) wohl
an den Delügern legen. Opiß.
Lügenfeind, — freund, —fürft, —ged, —maul, —predi
—redner, —ſack, --zeihuung ı. a. — Bom Thron Gottes bis
Gewürm der Erde fan alles Lügenbeweis, Pfeil und Hülle des
Aüberrügers werden. Herder. Ein Lügenbild lebendiger Geftalten.
Schiller, Refignation. Dem Berdienite jeine Krone, Untergang der
Lügenbrut! Schiller, an die. Freude. Den entrollten Lügenfah-
nen folgen alle. Göthe, Fauſt 2, 267. Sole grelle Zügenfar-
ben verdienen fcharfe Lauge. Benzel-Sternau. Es find Lügengeifter,
die dich berüdend in den Abgrund ziehn. Schiller, Wallenfteind Ted
2,2. Die böſe lügenhafte Zunge meines größten Feindes. Götbe,
Benvenuto Gellini 2, 2. Eu'r Lügenföder fünat den Wauhrheits-
karpfen. Shafefpeare, Hamlet 2, 1. Mir fandte der Abgrund den
verſteckteſten der Geifter, den Tügefundigften, berauf. Schiller,
Wallenſteins Tod 3, 18. (Bon) den Lügenkünften baft du feine
Ahnung. Schiller, Piccolomini 5, 1. Deiner Lügenlehre bieget
fi) willig die Eiche. Wächter. Agamemnon bieß ibn einen Wahrjager
des Unglüds; aber Lügenprophet getraute ſich jeldjt Agamemnon
nicht zu fagen. Herder. Bis du ihn 5—5 in dein falſches
Lügenreich. Schiller, Hero und Leander. Erprobe deine Lügen⸗
ihaume. Göthe, Fauft 2, 19. Sollten wir trauern, weil uns die
—
Lügenzunge der Fama Bothſchaft des Kummers zuflüſterte? Ge—
dike. Dem Herrn entrollt vom Lügenſchwarm. Redwitz, Ama—
ranth. Auf deiner Lügnerzunge. Shuteipenre, Goriolan 3, 3.
Läugnen, auch leugnen !) zu erkennen geben, daß etwas nicht
wahr jei; der Wahrheit zuwider, gegen fein befleres Wiſſen verneinen;
ab—, verläugnen; Läugner, Läugnung, unleugbar. — Er
zeigt, Daß ich das nicht geradezu leugnen will, woran ich zweifle,
Zeijing, über den Tod. (Arkebuſier:) Wer uns bezahlt, Das ijt der
Kaifer. (Zronipeter:) Das läugn' ih ihm, fieht er, in's Angeficht.
Wer und nicht zahlt, Das ift der Kaifer! Schiller, Wallenfteind Lager
11. — Ich bin nicht der Menjch, der irgend etwas abzuleugnen
im. Stande wäre, Leſſing, Nathan d. W. 5, 5. Du wirft mich Dreis
mal verleugnen! Klopfiod, Meifias 3, 169, — Wie tief in der
Feldichlacht fterbend ein Gotteäleugner fih wälzt. Klopftod, Mej-
find 4, 4. — Sie ergriffen Die Gelegenheit über manche unleug-
bare Sympathieen zu jprechen. Göthe, Unterhaltungen deuticher Aus—
gewanderten. Welch eine Selbftverleugnung! Pfeffel, der Fakir.
Verneinen (ahd. intneinan, aus nein ahd. mhd. nein, dies aus der
BVerneinung qui. ni, ahd. ni, mhd. ne, altj, ni, ne, agf. né, altfrief. ne,
ni und ein) allgemein zu erkennen geben, daß etwas nicht fei. — Die Gadi⸗
taner wären unter allen Völfern die einzigen gewefen, welche den Tod verchs
ret. Berehret fügt von den Gaditanern zu wenig, und verneinet von den
übrigen Bölfern zu viel, Leffing, über den Tod.
Triegen und trügen. 2)
(Wurzel trug)
Triege (früge), trog, getrogen, triegen und trügen (ahd.
triuku, trouc, trukumds, trokandr, triu(o)kan; mhd. triuge, trouc,
trugen, getrogen, triegen; agſ. dräögan, altn. drygja = thun
und ertragen) vielleicht mit dem Örundbegriff tragen, ziehen (vgl. Ge—
fpenft und spanan ©. 204) und das gebräudlicyere betriegen
’) Grimm, Graff, Klopfod, Voß, Leſſing u. A. ſchreiben leug⸗
nen; Adelung, Campe, Schmeller, Wackernagel, Wieland, Göthe,
Schiller u. A. läugnen. Das Wort lantet goth längnjan, ahd. lofayuk(gıinan,
lofa)uk(g)anjan, lo.aJuk(g)anen, lo(a)Juk(g)unön, altf. lognean, agi. lygnjan,
mbp. lougenen, loug(k)en, älternhv. leückenen, laugen, laugenen, löugnen. Nach
Grimm ſoll Hier eu für mhd. ou, nicht für Su wie tonft, ſtehen, weil ung da der Auflauf
versteckt frei. Vergleihet man laufen mbr. loufen und nimmt man an, daß im
mhd. lougen das ou bleibt und regelrecht in älternhd. und oberd. laugen und
laugnen übergeht; fo fchrint e8 richtiger, läugnen zu fehreifen.
2) ©. die Note zu lügen ©. 1057. 68 ift wol noch nicht zu fpät, das richtige
triegen wieder einzuführen, da bier eine Unterfchridung wie bei lügen und
liegen gar nicht vorliegt. Auch baben, wie aus den angeführten Beifpielen zu
eriehen, mehrere unferer beſſern Schrififteller bis heute die richtige Form gewahrt.
— Bel diefem Worte fühlt man recht den Mangel kritiſcher Ansgaben von Böthe,
Schiller u. A., da in den vorliegenden die Rechtſchreibung höchſt fchwanfend if,
6*
1060
und betrügen S. 732 (ahd. pitriuk(g)an, mhd. betriegen, altf. bedrio-
gan, bidröogan) bedeuten zu Jemandes Nachtheil oder Schaden täu-
hen. — Kannft Du zu der Welt nur Neigung tragen, die fo oft Di
trog? Göthe, an Lottchen. Wer befre Güter Pennt, als die das
Gluͤck und zeigt, um die der Ehrgeiz buhlt, um die es ihn betrengt.
Uz, Kunft jtet3 fröhlidh zu fein 3. So geh’ es jedem, der am Tage
fein edles Liebhen freib betriegt. Göthe, der Müllerin Berratb.
Sch habe nid) ſelbſt Hintergangen, mid) felbit wider Wiſſen be-
trogen. Göthe, Meiſters Lehrjahre 4, 15. Damit fie fi) alle unter
einander recht betriegen und belügen fönnen. Daf. 5, 16. Ginen
Betrieger betriegt man nicht, fondern den hintergebt man
nur. Leſſing. Aber wenn das Geficht mich nun täufchte? der Tram
mid betröge? SKlopftod, Meſſtas 3, 720. — Bis du ibn ber-
ausbetrogen in dein faljches Lügeureich. Schiller, Hero und Leander.
Das Glück meines Lebens bübiſch hinwegbetrogen! Schilke,
Räuber 4, 4. Der unter Gottes Larve Dir Ehre, Scham und Un-
schuld wegbetrog! Schiller, Semele 1.
Zäufchen (mhr. tüschen = Schelmerei treiben, taschen — verbergen
S. 7) etwas nad Schein für Anderen, was man wahrzunehmen glaubt, uehs
. men laffen ober geben. Beliſten (von LiR S. 531) fünfllich angelegt zu
verborgener Erreichung eined Zweckes ein lebendes Weſen täufhen. Ueber⸗—
liſten durch fünſtlich angelegte Täuſchung zur verborgenen Erreichung eines
Zweckes ein lebendes Weſen übermögen. Hintergehen (ſ. geben) darch
heimliche, verſteckte, verſtellte Handlung täuſchen. Berücken (von rüden
ahd. ruch(k)jan, rucchen, mhd. rücken) unvermuthet überfallen; durch fein
angelegte Lockung oder anziehenden Schein töufchend fangen oder für ſich ober
feine Abſicht gewinnen, gleichfam wie wenn e8 durch unvermutheten Ueberfafl
geſchieht. — Durch falfhen Schein getäufcht eil’ ih ihm nadhzuwankeln,
Gellert, Diefer Zunge Gewalt, die mich beliſtete. Voß. Wie fonnten Ele
mich, den Tag über, ohne Beſchämung anfehen, den fie bes Nachts ſchmählich
unerlanht wherlifteten? Göthe, Meiſters Watiderj. 1,9. Es find Lügengeißier,
die dich berückend in den Abgrund ziehen. Schiller, Wallenfteine Top 2, 2,
Trieger und Trüger (ahd. triugäri, altſ. driogeri, ub?.
triegere; ahd. truk(g)inäri, mhd. trügensere find gebildet von
dem von Trug abgeleiteten ſchwachen ahd. truk!g)anön, truk(g)i-
nön, mhd. trügen für trügenen), Betrie(ü)ger; Trie(ü)gerei,
triecü)gerifch; Betrielä)gerei, betrie(ü)gerifch; trielu)alih, be⸗
frie(ü)glich (von triegen, betriegen; abd. trugilih, trügelich
und trügenlich, nhd. trüglich, betrüglich von Zrug oder tru—
ginön und trügen); Trug (ahd. trugi, truk/g)ida, trugiheit, troch-
Russi, gitrocnissa, getr&og, gatrog, kitroc, altf. gidrog, mh.
trüge, trügene, trügeheit, trügenisse, getroch; Betrug (I. ©.
962). — Trügerin, von Anfang und nie beſtanden in der Wahı-
heit. Herder. Def fie Betrüger find, kann ich nicht zeigen. Göthe,
4064
Taſſo 4, 3. Betrieger, Schelme find fie. Voß, Die Xeibeige-
nen 26. Vom Thron Gottes bis zum Gewürm der Erde kann alles
Lügenbeweis, Pfeil und Hülle des Allbetrügers werden. Herder.
Dod den Bethörten jchmeichelt die Eitelkeit, die Selbftbetrüge-
rin Wieland. Die Anjchläge der Gottlojen find Trügerei. Luther,
Bibelüberj. Spridyw. 13,5. Die Betrügereien ränfevoller Knechte.
Söthe, Leben 3. B. — So führten mic dieſe Kennzeichen trüglich
genua hin und wieder. Göthe, Leben 2, B. Ich mag au mit Dir,
weil ich dich liebe, -das fchledhte Zeug won dden Worten nicht weiter
wechſeln und betrieglich anstanſchen. Göthe, Meiftere Wanderj.
1, 3. (Er) fann nicht wohl anders, als ihm die Betrieglidhfeit
unferer Hoffnungen zu Gemüthe führen. Leſſing, Hamburger Dranınz
turgie 4. Ein unbetrüglihes Gefühl fügt mir. Wieland, Obe—
xon 4, 8. — Dies falſche Herz bringt Lug und Trug in den wahr-
haft'gen Himmel. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 9. Mitten im Dot-
nengefild des finnejchmeichelnden Irrthums. und unendlichen Trugß.
Pyrfer, Moſes 1. — Herrſcht Zufall bloß und Augentrug? Göthe,
die Weifen und die Leute. Der Menjch ringt nach der Befriedigung
feines innigften Weſens; doppelt der von heiligen Gefühlen, von
Brudertrug, von verwundeten Vertrauen grauſam gequälte Menfch.
Benzel-Sternau. Indeß Armida fo von jeder Seite der Ritter Schnar
und Liebestrug unmeht. Gries, Taſſo. Das ift doch mehr als
Sinnentrug. Benzel-Sternau — Wir hätten den Betrug uns
fönnen ſparen. Schiller, Piccolomini 4, 3. (Ich) gönn’ euch ſolchen
Selbſtbetrug. Göthe, Tebendiges Andenken.
Truggrund, — liſt, — ſatz, —ipiel, —werk u. a. — Trugbild,
ſchweige! Herder. Siegend dir den Stahl ins ſchwarze trugerfüllte
Herz zu ſenken. Collin. Und bildete ſchnell ein Truggebilde des
Ebers. Voß. Aber er ſelbſt wiſchte das freundliche Truggemählde
aus. Benzel-Sternau. Zwiſchen dieſe Truggeſichter bannt mich,
ach! die Kette feſt. Göthe, Fauſt 2, 38. Ploͤtzlich ſah er im Geiſt
der wahnſinniggenährten Hoffnung Truggeſtalt in der Wirklichkeit.
Pyrker, Rudolph 5. Das Truggeweb' fleht man jept ſchrecklich ſich
entfalten. Schiller. Weg trugbafte Schwärme der eiteln Thorheit
vaterlos Gezücht! Voß. Der trugloſe Gefell, beiheuerte höchlich.
Muſäus. Dieſer Trugſache Schranken ſetzen. Ungenannter bei Campe.
Der Trugſchluß, den die Leidenſchaft ſo bequem findet, trat nun
in feiner völligen Incongrnenz nach und nach hervor. Göthe, Leben
16. B. Des Menihen Trugfinn findet der Wege viel. Herder,
Doch ſchon hatte zuvor dem trugperblendeten Waldftein fih Da-
homira gewendet. Pyrfer, Rudolph 4. Die verlodt auf trugver-
hülleten Binden fih zu den Feinden gefelt. Daſ. Trugpoller -.
wie Glatteis. Voß. Der finnliche Begriff davon ift eine Trugvor—
ftellung. Herder. au
’
1062
Sangen.
(Wurzel sug.)
Sauge, fog, gefonen (zuweilen ſchwach faugte, geſaugt), fangen
(ahd. siuku oder süku, souc, sukumes, sokanéêr, siu(o)kan; mh?.
süge, souc, sugen, gesogen, sügen; agl, sugan, altı. siuga, engl
suck, ſchwed. suga, holländ. zuigen, lat. sugere, franz. sucer)
1) den Saft, die Ztüfjigkeit aus einem Körper langſam und nach um
nah in ſich ziehen; 2) in engerer Bedeutung von kleinen Kindern und
den Jungen der Thiere, die Muttermilh aus der Mutter Bruft, aus
dem Euter in ſich ziehen; 3) in weiterer Bedeutung (auch fig.) langſan
in fih aufnehmen. — Der die Galle ſchon gejaugt an ihrer Mutter
Brüften. Xobenftein, Sophonisbe 5, 265. Emfig waren drauf die
Dienen hinterher, und jaugten fleißig. Göthe, die Neftartropfen.
Du haft mid mächtig angezogen, an meiner Sphäre lang geſogen.
Göthe, Fauſt 1, 34. Und friihe Nahrung, neues Blut jang’ ih ans
freier Welt. Göthe, auf dem See. Er fog fi jchwelgend voll az
meiner Liebe Brüiten. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 18. Glühend
Rachgefühl hab’ ich gefogen aus der erlofchnen Sonne feines Blicks
Schiller, Tell 2, 2.
Ab—, an—, auf—, aus—, be—, ein—, ent—, heraus —,
nach —, wegſaugen. — Wie die Inſecten fein rothes Blut bei ſich
führen, als das den andern Thieren abgeſogne. J. Paul, Heſperns
16. Apollosgeſtalten, denen ſich ein Auge anſaugt. 3. Paul. Richt
zu liebeln leis mit Augen, ſondern feſt ſich anzuſaugen an geliebte
Lippen. Göthe, Generalbeichte. Die Winde der Nacht ſaugten be—
gierig den Hauch auf. Göthe, Meiſters Lehrj. 1, 17. Das (Hen)
gern die eilenden Töne ohne Störung aufſog. J. Paul, Hefperas
18. Und fo faugt fie das Mark, jauget die Secle mir aus. Göthe,
Ampntas. Aber die Fürſten, lieber Herr, find fie aut, fie werden fel-
ber ausgeſogen, und dan fcheinen fie auszujaugen J. Panl,
Titan 49. Sie wünſchte nur an ihm die Rojen zu befaugen. Xohen-
fein, Benus. Ich erwarte Sie und Ihre Arbeit mit großem Ber:
‚fangen, und wünſche Ihnen Glück, daß Sie dieſe befogne noch m
alten Jahrhundert abthun können. Schiller, Briefw. mit Göthe 5, 348.
Athem und Leben getroft faugen und flößen wir ein. Göthe, röm.
Eiegien 18. (Ich) fog beberzt der fügen Hoffnung reiniten Baljam
ein. Göthe, Taffo 3, 2. Scheint nicht jeden Kuß fein kleiner Mund
dem ihren zu entjaugen? Wieland, Oberon 10, 45. Das Blut
gu entfaugen der Aber. Pyrker, Tuniſias 11. Ehe die Sonn’ ans
er Erde den geftrigen Regen berausjaugt. Voß, die Bleicherin
54. Seht nur die hungrige ımd arme Schaar, eu’r fchöner Schein
faugt ihre Seelen weg. Shakeſpeare, K. Heinih V. 4, 2,
1063
Sog (veraftet) 1) das Saugen; .2) ein Ding, welches in fich ſaugt
(mhd. der soge — Zeit des Saugens, diesuge == Mutterfchwein).
Säugen (ahd. sougjan, sougan, mhd. sougen) jaugen lajlen,
zu faugen neben; in weiterer Bedeutung Nahrung reichen, Pflege an«
gedeihen Infien. — Ach, jie wollen ihn tödten, den meine Hünde ge—
tragen haben, meine Brüfte gefäugt. Klopftod, Meſſtas 4, 732.
Wie fommt es, daß fie ſäugen follen, daß Obrigfeiten faugen wol«
len? Logan. Sie feuget die ab «entwöhnt die). 4. Bibelüberf.
(1370-73). Oſ. 1, 8. Ich habe Kinder aufgefängt und weiß,
wie allgewaltig Mutterliebe zwingt. Schifler. j
Anm. Die vornehmere Sprace der Neuzeit fagt fürfängen lieber ſchen⸗
ten, ſ ©. 483.
Saugern und ſuckeln (jchweiz. suggen, suggelen, süggelen)
gehören mehr der gemeinen Sprache an. — Dir wäflerts manl, mit
faugerts. Fiſchart, Gargantua S. 19.
Sanger, Säugling, — Ihr werdet wiſſen, daß viele auch von
den reichen Großen, und unter den Wucherern, bie gierigften Sauger
der linjern find. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Verdammter Hauf’ ihr
alle von Blutjfaugern! Shakeſpeare, K. Richard 11.3, 3. — Wenn
der Säugling die Kranfende wet und Nahrung begehret. Göthe,
Hermann und Dorothen 7, 126. Es fei eine ——— an die
Ammen- und Säuglingszärthichkeit. Göthe, Meiſters Wander⸗
jahre 2, 11.
Saugader, — aderdrüſe, —blume, —borſte, —egel, —ferkel,
—fiſch, — glas, — horn, —kalb, —kännchen, —lamm, —loch, —mahl,
— mutter, —pflanze, —pumpe, —rohr, — roͤhre, —rüſſel, —ſand,
— ſchale, — ſcwamm, —warze, — werd, —zahn; Säugamme, — milch,
—thier. — Die Ammen der Nltenp die gewöoͤhnlich ihrer Sauge-
töchter Freundinnen bis zur Mannbarfeit blieben. Meißner. Gleich»
ſam wie ein Wallfiſch uoch unter die Saͤugethiere gehörig. 3. Paul,
Hefperus 4.
Flichen.
| (Wurzel Muh.)
liebe, floh, gefloben, fliehen (ahd. flv)liuhu, fiv)löh, fCv)lu-
humés, f(v)lohaner, f(v)liu(o)han; mhd. vliuhe, vlöh, vluhen,
geyiohen, vliehen; goth. thliuhan, agf. fläsgan, flean, Höon, fly-
can, altn. flya, engl. flee, fly, dän. flye, holland. vlieden) überbaupt
ih eiligit von etwas hinwegbegeben; fich beitreben, bei etwas nicht
gegenwärtig zu fein. — Fleuch nun, Xäfterer! fleuch, Hohnſprecher
des Zodtenerwerers! Klopitod, Meffias 11, 1017. Als Herzog Friede
land nad) dieſem großen Tag, wie ein Befiegter, nach Böheim floh.
1064
Schiller, Piccolomini 1, 7. Er bittet mit den treuften Zähren, die
ſchamhaft von den Wangen fliebn. Gellert.
Das finnverwandte meiden ſ. ©. 924.
Ab—, an—, auf—, aus —, bei—, dahin —, davon— ‚durd-,
ent —, (6.32), entgegen —, er—, heim —, her —, herab —, heran -,
berauf—, heraus —, herein —, bernieder— , herüber —, herunter —
hervor—, herzu —, hin-, hinab — hinan —, binauf—, hinans—,
hindurch —, hinein —, binäber—, hinunter —, hinweg —, binzu—,
nach —, über —, um—, unber—, unter—, vor—, voran—,
voraus —, vorbei —, vorüber —, weg —, zu—, zurüd—, zufen-
menfliehen ſind klar. — Den Herren, der mir helfen kann, floh
ih mit meinem Rufen an. H. Sachs. Lunge ſchon floh fie auf
zu der reineren Schar hoher Olympier, fle, die Göttin Gerechtigfeit.
8. 3. Cramer Da das Morgenrotb auffloh. 3. Paul. Wenn
Sahrhunderte Dabingefloben. Schiller, Don Karlos 4, 21. Als
flöh’ ihnen die Beute Davon. Göthe, Alexis und. Dora. Bif du,
o Schöne, mir entflobn? Göthe, an die Euntfernte. Du wirt auf
die Sternenjtunde warten, bis Dir die irdiiche entfliebt! Schiller,
Piccolomini 2, 6. Die Egypter flohen jm (dem Strom) eut-
egen. Luther, Bibelüberi. 2. Moj. 14, 27. Alſo gedenfit du -im
—*— von der weitdurchwanderten Troja heimzufliehn? Voß, Ilias
14, 88. Flieht hin, und Gott geleite Cure Flut! Schiller,
Marin Stunt 3, 8. Bepurpurt fliehn die Wellen hinab zum
Gartenteih. Matehiffon, Abendgemälde. Das (Wild) quer hinüber
nad) dem Walde flieht. Uhland, H. Ernſt 2. Um nur in Eile hin-
weuazufliehn vor dem Unglüd. Voß, Odyſſee 3, 175. Vergebens
lockte fie mit liebevoller Stimme nahfliebend ihn in ihren Ar
au: Wieland. Der Kinderflught nachflohen die Bäter. Sonnen
erg. Der Herzog Alencon flieht zu ihm über. Shakeſpeare, 8.
Heinrich VI. 1. Thl. 1, 1. Wie wenn ein berbftlicher Nord bintreibt
die verdorreten Diſteln Durch das Gefild’, und dicht in einander ges
wirrt fie umberfliehn. Voß, Odyſſee 5, 3%. Lieblicher, als Die
Geſtirne, da fie vor dem Antlig des Schöpfer jugendlich jchön und
voll Licht, mit ihren Tagen, vorbeiflohn. Klopftod, Meiftas 1, 297.
Schneller als die Gegenſtände felber dich vorüberfliehn. Göthe,
Dauer im Wedel. Daß die geſchlagene Partei erit über ihn weg-
fliehen müßte. Göthe, Leben 3, B. Dreimal fliehn fie zurüd.
Klopſtock, Meifias 5, 61. 3
licher, Fliehung, fliehbar find einfach ſelten. — Flieher,
Knieer, Steher. Rüdert, ae. Ged. 2, 16. In Verfolgungen und
in Entfliehbung. Voß, Ilias 5, 2233. Warım fo zaghaft zittern
vor dem Tod, dem unentfliebbaren Geſchick? Schiller, Jungfrau
v. O. 2, 7.— Verehrung des Fliehenswerthen. Göthe, Meiſters
Wanderj. 2, 2.
1065
Flucht (ahd. fluht, agf. flyht, altn. flöter, mhd. vluht) 1) die -
Handlung da man flieht; 2) der Ort wohin man flieht; 3) der Raum
und die Bejchaffenbeit, welche ein Ding haben muß, wenn es fich ger
börig und leicht bewegen foll; 4) Reihe. Davon flüchten (ahd.
flahtjan) 1) fich eiligit aus Furcht vor einem Uebel oder etwas Uebelm,
es mag dies ein wirkliches oder aud) mur ein ſcheinbares fein, hinweg⸗
begeben; 2) Sachen aus Furcht vor etwas Uebelm in möglichiter Eile
binwegbringen. Flüchtig (ahd. Auhtic, mhd. vlühtec); verflüchtigen;
Flüchtling. — Zreibt die Zöchter in die Flüchte (DL). Logau,
Sinnged. 2162. Da hilft feine Gegenwehr, hilft feine Flucht. Schil⸗
ler, Wallenſteins Lager 6. Er bewohnte eine gar heitre Zimmer—
flucht auf gleicher Erde. Göthe, Leben 4. B. Daher glaubte id)
mir die Ausflucht erlauben zu können. Göthe, Leben 5. B. (Der
Griechen Heer) wies der Schlacht in Rückflucht nah den Schiffen
dennoh nicht den Naden. Bürger, line. Der mir bei fid gern eine
Zuflucht erlaubte. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 6. Und Strafe,
wo nicht er fle fände, binzufügt Landesfluht Bob. Dem das -
Haar ſchon graut und Erinnerer der Lebensflucht wird. Klopftod.
(Schon) müthet der Zod mit Schwert und mit Bliß, mit jedem Ber-
derben binter die Völkerflucht einher. Sonnenberg. — Alles rennet,
xettet, flüchtet. Schiller, Glocke. Sie flüchtete in den Wald.
Böthe, Lila 1. Du warf es, treue Seele, der ihn (den Schatz) mir
deithin geflüchtet hat auf beff're Zage. Schiller, Braut v. M.
Kamen indeß einflüchtend die anderen Troer. Voß, Slias 21, 604.
Und wir, bebend vor Angft, entflüchteten. Voß, Odyſſee 9, 386.
Wähnte verwirrted Geſchrei heimflüchtender Krieger zu bören.
Pyrker, Zunifias 11. Bor den eignen Truppen wegzuflüdten.
Schiller, Biccolonini 5, 1. — Der Flüchtige feunt fein. Geſetz. Göthe,
Hermanın und Dorothea 6, 58. Bundesflüdhtiger Berräther.
Schiller. Wohl die Hälfte fam aus fremdem Dienft feldflüchtig
uns herüber. Schiller, Piceolomini 1, 2 Was that er denn, land= .
sun! zu werden? Shakeſpeare, Macbeth 4, 2. Ausflüch—
tige Reden. Campe. — Wo find die Stunden, überjchnell verflüd-
tigt? Göthe, Ausſöhnung. Die darin enthalteren verflücdhtigten
mineralifchen Theile. Göthe, ital. Reife Neapel 20. März 1787.
Du ran, was er, der arme Flüchtling, leidet! Göthe, Iphi—
enie ’
ü it Ausflucht (S. 163) find finnverwandt Vorwand, Behelf (ſ. S.
162), Ausrede f.S. 80) = Ablehnung eines Bormwurfes durch Gründe, die wahr
oder falſch fein Fünnen, und Entfhuldigung (f. ©. 404) = Anerfennung
der Richtigkeit des Vorwurfes unter Borbringung mildernder Gründe. — Du
fuchit eine Ausrede Göthe, Meiftere Wanderj. 1, 3. 3
Fluchtbau, —frei, —röhre; Ausfluchtsgrund; Zufluchtshütt⸗
chen, —ort, —ſtätte. — (Es brennt) mir der Fluchtvorſatz in
-
1066
der Seele, Platen, tie verhaͤngnißvolle Gabel 3. Daß ein Flucht⸗
weg offen ſtand. Langbein, der Wirth von Oggersheim. — Wie das
freundlich überfonnte Zufluchtseiland müden Sciffern glänzt!
Matthiffen, an den Zod. Hier dürften wir ein Zufluhtshüuttcden
bauen. Salis, an ein Thal. Wo find’ id) Aermfte einen Zufludts
ort? Schiller, Maria. Stunt 3, 6. Hulda batte ihre Inſel zu
Zufluchtsſtätte des verfolgten Unglücks, zum Freihafen des jchuld-
Iojen Elends gemacht. Benzel-Sternau.
Anm. Das mbp. viloehen für vloehenen (and Möhanjan) fliehen wadhe,
flüchten Hat fih bie ins 17. Jahrh. erhalten. Das Wort fommt fchr oft im
Eimplichfimus vor, 3. B. Ich babe euch hieher in Sicherheit geflehnet...
Den geflehnten Leuten. 1, 22. 23,
Ziehen.
(Wurzel zuh, zug.)
Ziehe, zog, gezogen, ziehen (ahd. ziuhu, zöh, zugumeäs, 20-
ganer, ziulo)han; mhd. ziuhe, zöch, zugen, gezogen, ziehen;
goth. tiuhan, altj. tiohan, agj. t&ogan, altı.toga, engl. tow, ſchwed.
toga, lat. ducere, gr. doxeiv) 1) einen Körper, welcher Widerſtand
leiftet, wenn auch nur durch feine Schwere, langſam durch einen Raum
nad) einer gewiſſen Richtung bewegen, befonders nad). oder zu fid) bin;
2) durch Ziehen hervorbringen, bembeiten, verändern; 3) auf irgemd
eine Art in Bewegung feßen, bewirfen, 4) über einen größern Raum
bewegen, eine größere Ausdehnung beionders in die Länge geben; 5)
durch Reichnug dev Nabrung and durch Pflege Überhaupt groß ziehen,
gleichſam in die Höhe ziehen; 6) Zöne länger aushalten als andere,
oder als gewöhnlich; 7) Cintranfitiv und neutr.) fich langjam von
einem Orte nach einem andern bewegen; 8) den Ort jeines Aufent-
haltes, feiner Wohnung verändern; 9) (neutr.) in einer laugfamen
Bewegung gezogen feine Kraft äußern; 10) (recipr.) ſich nad einer
ag bin ununterbrodhen erſtrecken; 11) feine Richtung, Lage im
feinen Theilen verändern; 12) nah und nad in etwas eindringen,
wie Davon angezogen; 13) eine langjanıe Veränderung an ſich bemir-
fen; 14) ſich in die Länge eritreden. — Ich zog (den Degen), um
fie zu trennen. A. W. Schlegel. Wir zogen vom Xeder. Göthe,
Meiſters Wanderj. 3, 6. Uns Alle — das Herz zum Vaterländ.
Schiller, Don Karlos 1, 3. Wenn heut auch graͤmlich der pfälziſche
Herr das Gefiht 309. Voß, Luiſe 3. a, 51. Lind zu deinen ew'gen
Unbehagen ftößt dich heute, was dich geſtern zog. Göthe Als er
den letzten Odem zog. Bürger. Nehmt euern Sohn zurüd, ich ziebe
nichts aus ihm. Gellert. (Ich) zog mit dem Succurs vor Mantua
Schiller, Wallenfteins Lager 5. Als du vor acht Jahren wit Feuer
und Schwert durch Deutichlands Kreije zogſt. Schiller, Wallenfteins
— nn — — — —
Tod 1, 7. Der Eichwald brauſet, die Wolfen ziehn. Schiller, des
Mädchens Klage. Bald foll er felbft in feinen Eingeweiden die beßre
Probe fehn, wie gut e8 (das Schwert) zieht. Gries. ‘ Ein röthliches
Gemiſch zieht von dem Berge fid ins Thal. Gegner. Schnell war
Der Graben auch, der fi um's Lager 309g, von diefen ſtürm'ſchen
Scharen überflogen. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 10.
Die Synonymen reden, Rreden, dehnen ji. ©. 872.
Abzieben 1) durch Ziehen abfondern; 2) (im gemeinen Leben
und bei verjchiedenen Handwerkern) durch Abjondern, Wegichaffen- eine
Bollendinig bewirfen, 3) dem Gemüthe nad) von etwas entfernen;
4) nicht alles das geben was gefordert wird, der Zahl, dem Maße,
dem Gewichte nach vermindern; 5) bei Bergleichung verjchiedener Dinge
Die allgemeinen Merfmale und Beftimmungen derjelben für fich betrach⸗
ten und fo einen allgemeinen Cabitraften) Begriff bilden, der alle diefe
verglichenen Dinge unter ſich begreift; 6) fi abziehen — ſich durch
vieles Ziehen entkräften; 7) ſich mit feinem Gepäck 2c. von einem Drt
entfernen. — Die Efje, die den Rauch abzog, ſchwebte darüber.
Göthe, Campagne in Franfreih 4. Det. So will ich gern felbft die
Müpe abziehen. Göthe, Benvenuto Celini 2, 7. Dem er einige
abgezogene Wafler überreichte. Daſ. 3, 9. - Sein Herz von etwas
abziehen. Campe. Gott jegne euch, geb’ euch glüdliche Tage, und
behalte die, die er euch abzieht, für eure Kinder! Göthe, Götz v.
B. 3. Er folle-fih drei Scudi monatlid, abziehen laſſen. Göthe,
Benvenuto Gellini 2, 9. Wahrlich der Unflun fpielt Verſteckens leid)-
fer in den geräumigen abgezugenen Kunftwörtern der Philojophen.
J. Paul, Hefperus 8 Nun waren die Stellen der Abziehenden
defto Leichter zu erjegen. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1791. Ich
mußt auch abziehn unverrichteter Dinge. Schiller, Piccolomini 1, 2.
Stimmentöne ziehn um unfre Rauben, feufzend hier, dort jauchzend,
ab und auf. Tiedge, Urania 1;
Abzwaden (ſ. zwacken ©. 85) nicht alles daejenige geben, was ges
forbert wird, beſonders von Heinern Abzügen gefaat, mit dem Nebenbegriffe,
- dab ber Abzug am ter Forderung dem Fordernden empfindlich if. Abſon—
dern (ſ. S. 926) bezeichnet hier dieſelde Thätigfeit, wie abziehen, aber von ber
Seite des Fürſichdenfene derjenigen Merkmale, vie allen verglichenen Tingen
gemein find, um dieſe unter einen gemeinfchaftligen Begriff zu bringen, und
dann dem entgegen der „übrigen nicht gemeinfchaftlichen Dierfmale allein. —
Wächſt nach und nah der Beſitz der Staatsbürger, jo zwackt man ihnen
auch bavon ab, weniger voder mehr, wie fie verdienen, daß man ihnen von
diefer Seite weke thue. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 11.
Ausziehen 1) durch Ziehen herausbringen; 2) Kleider und an—
dere Gegenftände, die man anzieht, vom Leibe nehmen; 3) nuseinan-
der ziehen, ausdehnen; 4) mit einem Zuge aushöhlen (bei Böttichern) ;
5) Fine bisherige Wohnung verlaffen; 6) mit einer gewifien Feier—
%
[4
1068
lichkeit oder Zörmlichfeit aus einem Orte ziehen; 7) in der größten
Geiywindigfeit davon laufen; 8) den erſten Zug thun im Bretipie;
9) (Volksſprache) ausdampfen; 10) (veraltet) erzeugen. — Zend
dies jchmerzliche Geichoß der Schulter aus. Bürger, Ilias. So nie
Haute, ald zu einem Andenken nöthig find, mit den Wurzeln wie Me
natrettihe anszuzichen. J. Paul, Siebenfis 4. Ich habe die
neugefundenen Briefe König Rudolph von Habsburg gelejen um
ausgezogen. J. v. Müller, Brief Genf 25. März 1774. Darf
du den Nod nur ausziehn Schiller, Walleniteins Tod 5, & 5
it ein- Schelm, bat im Spiel betrogen .... und hat mich rein and-
gezogen. Scdiller, Wallenfteins Lager 11. Eine davon, auszie—
heud mit hurtigem Finger den Faden. Voß. Als ich deilen Woh—
nung für einige meiner deutſchen Arbeiter verlangte, wollte er nicht
ausziehen. Göthe, Benvenuto Cellini 3, 6. Sonft wenn der. Be
ter auszog, liebe Kinder, da war ein Freuen, wenn er wiederlam
Schiller, Tell 4, 3. Willſt Du das, o Richter, fo waffne mid, laj
mih mit ausziehn gegen des Schredlichen Angefiht! Kionited,
Meſſias 5, 30. Die gläubige Menge zog mit Prieitern und Heili-
genbildern aus. Ungenannter bei Campe. Cie hätten ihn ſollen
ausziehen (davon laufen) fehen. Weiße. Chriſtoph von Fraunberg
hat bey feiner Hausfrawen vil Kiuder außzogen. Hund, bayriſches
Stammenbuch 2, 84.
Aus: und entfleiden (f. anfleiden ©. 575) wepden nur von Paie
nen in Bezug auf Kleivungsflüde gefagt. @ntfleiden: wirt von tem Ak
legen alles deſſen gefagt, was man an feinem Leibe trägt, ohne Untericieh,
auch bildlich nackt und bloß werden von etwas. Auskleiden geht nur auf
eine umſchließende leitung. Ausziehen gehört ter gewöhnlichen Sprecart,
auefleiden der feirern Umgangefpracke, entfleiden dem höhern Ein
an. — Wo vie Schaufpicler in der Zwiſchenzeit fih aufhielten, und ſich au
und auskleideten. Göthe, Leben 3. B. Entfleivde mid, ih will mid
fchlafen legen. Schiller, Wallenfleins Tod 5, 4,
Durchzieben 1) Durch eine Oeffnung, emen Raum ziehen; 2)
Jemanden auf unedle Weile ſcharf, überhaupt ſehr empfindlich tadeln;
3) von einem Ende bis zum andern ziehen, oder in einem Zuge, ix
Gejellichaft mit Andern reifen; 4) durch eine Gegend, einen Ort ua
allen Theilen ziehen, uneig. durchdringen. — Gegen Norden liegt eine
fruchtbare, mit kleinen HB Fldehen durchzogene Fläche. Göthe, Leben
10. B. (Ih) durchzog die Welt. Göthe, der neue Amadis. Eine
vorzügliche Unterhaftung beftaud in einem ertemporirten Spiel, in wel
chem fie ihre bisherigen Gönner und Wohlthäter nayahmten und durch⸗
zogen. Göthe, Meiſters Lehr. 4, 2. Diefe find, Die der Herr aus⸗
gefand hat, das Land durch zu ziehen. Luther, Bibelüberj. Ja
har. 1, 10. Vnd als fie fomen waren im des felbige Land, zog
Abram durch. Daſ. 1. Moſ. 12, 6 Alſo giengen die Männer him,
1069
vnd Durchzogen das Land. Daf. Joſ. 18,6. Wenn die Seele alle
- Gebiete der Natur durchzogen hat. Duſch.
Hecheln (ab. hachaldn ? gefrhloffen aus hachele, mhb.: hachel =
Hechel, mid. hacheln) und das flärfere durchhecheln gehören mehr ver
Sprache des’ gemeinen Xebens an.
Au— (5. 146. 575. 751), aner—, auf— (©. 88), aufer—,
be—, bei—, daber—, dahin —, ein—, einher—, empor—, ent—,
entgegen--, er—, fort —, beim—, ber—, berab—, heran —, ber-
auf—, heraus —, berbei—, herein— , hernieder—, berüber—, ber-
um - ‚ herunter —, hervor —, herzu —, hin —, hinab —, hinan —, hin⸗
auf—, hinaus —, hindurch —, hinein —, hiuter —, hinüber —, hinun-
ter —, hinweg —, hinzu —, los —, mit—, nach —, nieder —, über—,
am—, umber—, unter— (S. 425), ver— (S. 892. 1023), voll — (S.
732), vor —, voran — voraus —, vorbei—, vorüber —, weg —, zu —,
urück —, zuſammenziehen erklaͤren ſich meiſt aus nachfolgenden Beis
im inen neuen Menjchen hat er angezogen. Schiller, Wal⸗
lenſteins Lager 7. Als ich den Bogenftrang anzog. Ediller, Tell
4,3. Du ziehft mich an, bartherziger Magnet. Shafefpeare, Som:
mernachtstraum 2, 1. Hier ziehen die Spigen der Berge die ſchwe—
benden Dünfte an. Kofegarten. Im vierten Theil. des angezoge-
nen Werks. Leffing. Indeſſen kommen aud) gleich lauten Meeres⸗
wogen ... die Schaaren angezogen. Zachariä. Mein gnädiger Herr
hat fi des armen maunes darauf angezogen (angenommen). Krens
ner, Landtagshandl. 1, 221. Wir haben -angeborne und anerzogene
Schwächen. Göthe, Leben 8 B. (Sie) verjeßte, daB es ihr ſehr feid
thue, feinen aufgezogenen Grund (auf ihrem Stüdrahmen) zu
haben. Göthe, Meifters Wander}. 1, 5 Der Buchbinder, der jedes
Blatt auf ſtarkes Papier anfzog. Göthe, Leben 4. B. In dem
Augenblick jei man bemüht geweien, die Segel Aufzuziehen. Göthe,
ital. Reiſe 14. Mai 1787. Wenn die Ewigkeit vor uns ihren Vor⸗—
hang aufziehet. Duſch. Ich zog den Baftlisfen auf an meinem
Buſen. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 18. Laß Tiefenbach ablöſen
unverzüglich, und Terzky's Grenadiere anfziehn Dal. 3, 6. Ein
Sturm ziebt auf. Schlegel. Wenn die Stimme aufzieht oder
finft. Hiller. Still und eng und ruhig auferzogen warf man uns
anf Einmal in die Welt. Göthe, an Xottchen. Das die jchaffende
Natur ... unferer Seelen zartes Saitenjpiel am Morgen unferes Le=
bens gleich bezog. Schiller, Don Karlos 1, 2. Ein jchrediih Bla
beziehet ihr firgendlich Gefiht. Weiße. Mit Krieg hab’ ich bezo—
gen die ganze ſchöne Welt. Gleim. Wenn du das Schloß am Meer
beziehen wilft. Schiller, Braut v. Meſſina. Eine Kirmeß ift übers
haupt die Meſſe, die Bettler jedes Standes jährli beziehen. %.
Paul, Siebenkaͤs 3. Die Wachen beziehen nur mit Schauer diefen
Poſten. Schiller, Don Karlos 5, 6. Mit einigen Scherzreden, die
1070
— — — —
ſich auf Hänslichkeit bezogen. Göthe, Meiſters Wanderj. 1,8. Des
(Bolf) wie ein Gewitter daherzieht. Göthr, Hermann und Dort
then 4, 83. Der (Wind) lei im Gefolg balſamiſcher Düfte Daber-
zie ht. Paten, die verhängnißoolle Gabel 2. Bild, Du Cimsige,
wirft du auf jenem Wege Dahinziehn, welden ich kam. Voß, Luiſe
3. a, 316. Bis man von feinem Bater Nachriht eingezogen
Sihiller, Wallenfteind Tod 4, 10. Stundenlang konnte er am ſchmußi⸗
gen Lichtwagen fteben, den Qualm der Unichlittlampen einziehen
öthe, Meiſters Wanderjahre 1, 15. Gerichtlid zieht er bald des
Weibes Ehmann ein. Geller. Solltet ihr, o Krieger, für unier
bebuuptete Freiheit in die neue Wohnung der Pracht und Unſterblich⸗
feit einziehn! Klopſtock, Meſſias 2, 315. Glaubt ihr, wenn wi
kommeun, jo werde dad Mädchen uns folgen, weil wir reich find, aber
fie arm und vertrieben einherzieht? Göthe, Hermann und Der
thea 6, 239. Geftört it der Todten heiliged Reich, Die Gebundenen,
die Gefangenen, ziehn empor! Herder. Dort wo Ajas die Schiff
an den Strand und Proteftlaos längs dem grauen Gemäfler empor—⸗
09." Voß, Ilias 13, 681. Er naht der Zafel fih, und alle Augen
rauen ziehn fi erftaunt empor, den Fremden anzujchauen. Bir
land, Oberon 5, 35. Entzench deinen fus (Fuß) vom hauſe deines
Neheften. Luther, Bibelüberf. Sprihw. 5, 17. Er lich eine Then
rung in das Land kommen und entzog allen Borrath. Dat. Pi. 10,
16. Meine Näcften haben -fih entzogen (mir ihre Hilfe), umd
meine Freunde haben mein vergeſſen. Daſ. Hiob 19, 14. Bill id
raſch mich ihr entziehen. Göthe, neue Xiebe, neues Leben. Ze—
gen ihnen Drei Garnifonregimenter in Doppelichtitt entgegen J
Paul, Heiperus 1. Die vier Fleinen Pferde fonuten meine Halbchaiſe
faum erziehen. Göthe, Campagne in Franfreih 4. Det. Die Erde
nimmt uns fanft auf ihren Blumenſchoß und zeigt von fern uns neue
Erden, für die fie und erzieht. Ziedge, Urania 4. Schon ziehn
die Schiffe nach einander fort. Göthe, Eugenie 5,9. ES zieht mid
fort. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 11. Heimzuziehn mit ihren
Bräuten. Herder, Eid 57. Furcht, die ichrediiche Begleitung der Th—
rannei, wird fchaudernd vor dir herziehn. Schiller, Maria Stuat
4, 9. Zögernd kommt die Zukunft hergezogen. Schiller, Sprüche
des Confuzius. Zieh Ddiefen Geift von feinem Lirquell ab. Goͤthe,
Fauſt Prolog, Es faßte Hebe den Wandrer und 309g mich in die
Hallen heran. Göthe, röm. Elegien 7. (Wir) find ihm ergeben und
gewogen, hat er. ung felbft doch herangezogen (gebildet). Schiller,
Wallenfteins Lager 2. Daß Mark Anton mit ihm Octavius beran-
iehn gegen uns mit flarfer Macht. Shaleipeare, 3. Cäſar 4, %
Zheilet Die Wolfen fogleih, Die über ihr Glück ſich hHeraufzichn!
Göthe, Hermann und Dorothea 9, 5. Wenn am donnernden Himmel
das hohe Gewitter herauf zieht. Klopftod, Meffins 2, 135. Wie
1071
jeder doch die Beine lupft, fich wie er faın herauszieht! Göthe, Fauft
1,228. Ein Wetter zieht herbei. Göthe, Scherz, Lift und Rache 4.
Ald Herzog Friedland die zerftreuten Feindesheere herbei von allen
Seiten Deutſchlands zog. Schiller, Piccolomini 1, 7. Der Architekt
fonnte nicht unterlaffen, die Kapelle jogleich in feinen Plan mit her—
einzuziehen. Göthe, Wahlv. 2, & Die Augenlieder waren. von
harten Jahren tief uud kränklich über die milden Blide hereinge—
zogen. J. Paul, Titan 34. Ich will dich rettend herüberziehn
auf unfre reine Seite! Schiller, Jungfrau u. D. 2%, 10. Das Stud
hatten fie von einer herumziehenden (Scauipieler-) Zruppe ge⸗
borgt. Goͤthe, Meifters Vehrj. 2, 3. Er zog nich einige Monate
(mit der Arbeit) herum. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 5. Im röthe
fihen Wege, der durch das Rauſchen des Kidrond von Jeruſalem ſich
an des Delbergs Fuße berumzog. Klopflod, Meifins 11, 1450.
(Sie) ſteckten's (das Fleiſch) an Spieße, brieten ſodann ‚vorfichtig und
sogeu es alles herunter. Voß, Ilias 1, 465. Ablehnend ward
auch die franzöfiiche Kritik, verneinend, hberunterziehbend Göthe,
Leben 11. B. Und wie ich flieg, zog von dem Fluß der Wiejen ein
Nebel ſich in Streifen faht hervor. Göthe, Zueignung. Alſo ſprach
er und zog den geftidten ledernen Beutel an den Riemen hervor.
Goͤthe, Hermamı und Dorothen 6, 311. (ALS) der Abt herfürzog
einen alten Brief. Schiller, Tell 2, 2. Es zieht.mich graufend hin
und zieht mich ichaudernd mit dunkler falter Schredeushand zurüd.
Stiller, Br. v. M. In diefem Raume (ſehen wir) einen Munn mit
Heerden und Gütern hin und wiederziehn. Göthe, Xeben 4. 2.
Auch mich wird meines Vaters Schuld mit ins Berderben hbinab-
ziehn. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 21. Aſchfarb von Anfehn,
mager, bleich und blutlos, weil alles fi ums Herz binabgezogen.
Shakeſpeare, 8. Heinrich Vi. 2. Thl. 3, 2. Irrthum verläßt uns
nie; doc ziehet ein höher Bedürfniß immer den ftrebenden Geiſt
leife zur Wahrheit Hinan. Göthe, Jahreszeiten 53. In der Nähe
eines Wäfſerchens zwiſchen Bappeln und Erlen, an hinaufziehen—
den Aeckern. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 8 Ten Nebel, ‚welcher
binauf fih 309. Klopſtock, Meſſias 2, 278. Zum Feniler da ziehen
die Winde hinaus Göthe, Hochzeitlied. Da zieht es dich mit
trauter Macht zur Welt des Weibes... hinein. Redwig, Amarauth.
Alſo kan ein verwirrtes Gemüte fid weder hinterziehen (zurüdz.),
noch an dem Orte, wo es wil, verbleiben. Opik, Schäferei, Bred«
fan 16%. ©. 19. Gr binterzeucht (unterſchläͤgt) der falfchen
Götter Chr. Opitz, von der Wahrbeit der chrijtl. Religion. 1681.
©. 103. Und 309 in grünlihen Goldes Gefunfel quer auf dem
dunkelen Strom die flimmernde Straße hinunter. Pyrker, Rudolph
10. Wenn Jemand auf die Aerzte, auf Advokaten, oder die elenden
Philoſophen Loszieht, fo lachen die Vernünftigen unter denfelben
1072
mit. Lichtenberg, Nachtrag zu den Beobachtungen über den Menichen.
Fragt einer, ob ich ich mitziehn will. Voß, die Vierzehnjährige.
(Daß) der feinfte engliſche Bleiftift die geübtefte Hand nicht in den
Stand jege, dieſe Linien nachzuziehen. Göthe, ital Reife 14. Mai
1787. Es braucht ein großes Beijpiel, die Armee ihm nachzuzieche.
Schiller, Wulleniteins Tod 3, 2. Vnd es zoch jm viel Volcks nad.
Luther, Bibelüberj. Job. 6, 3. Wenn er (der Zuftand) uns aud
niederzuziehen und zu drüden fcheint. Göthe, Leben 8. B. Be
reits it niedergezogen (in das Wafler) das Schiff. Voß, Ddnflee
8, 151. Die Töchter Moab werden vor Arnon überziehen. Luther,
Bibelüberſ. Eſ. 16, 2. (Es jollte), eine feine‘ lederne Mühe über-
gezogen werden. Göthe, Meifters Wander. 2, 3. Dann jolltet
Du, gung wie Du da bit, mit Gold überzogen werden. Schiller,
Räuber 2, 4. Dunkel überzog fein Augefiht. Bürger. Man fagt,
bei Spröden überzieh' die Liebe doc die Vorfiht nie. Wieland.
Niemand thurfte (wagte) Ifrael vberziehen (mit Krieg). Luther,
Bibelüberſ. Judith 16, 30. Sie ziehen vmb in der Wüften. Da
ei. 16, 8. (Weislinger:) Führt uns nun den nächſten und befien
Weg. (Bote) Wir müffen umziehen. Die Wafler find von dez
entjeglihen Regen alle ausgetreten. Göthe, Göß v. B. 5. Nun ber
jchloß ich, fchnell in die Stadt zu reiten, mih umzuziehen (umu-
Heiden). Göthe, Leben 10. B. Der ftolz die fiegenden Hügel um-
309. Klopfiod. Wie dem Ungewitter ftehn, das drofend uns um-
zieht von allen Enden? Schiller, Piccolomini 1, 3. Daß er dem
Rinde mit Gold umziehedie Hörner. Voß, Odyſſee 3, 426. Drax-
gen umzogen fle dann mit tiefen Graben die Mauer. Voß, Ylias
7, 440. Wie lang’ er noch in fremden Yanden umherzieht. Götbe,
Hermann md Dorothea 6, 204. GStüßen eines Gebäudes, Die man
nicht wegnehmen Darf, ohne vorher eine feite Mauer unterzuziechen.
Göthe, Meifters Lehrj. 5, 4 Wenn wir nun das nit tuen, fo un-
derziehen (entziehen) wir Gott das fein ift. Geiler v. Keiſersberg.
Sid feines Erbed unterziehen (daflelbe in Befig nehmen). Kren-
ner, Landtagdh. Verzeuch nicht deinen zorn. Luther, Bibelüberk
Ser. 15, 15. Wem ih nad verzognen Strafen jene Lungmuth
frech‘ verwerfe. Michaelis. Nur verzeucd nicht lünger die Wohltbat
Würdigen. Voß, die Erleichterten 91. Ein fchöner Mund, der fi
ein wenig ſpöttiſch verzieht. Leifing, Emilie Galotti 1, 4. Gin
Außerft verzogenes Näthiel. Herder. Sein verzogener Name.
Goͤthe, Meifters Lehri. 3, 6. Drei Monde, davon fi) zwei im biufge
Dolchgeftalt verzogen und verwandelten. Schiller, Wallenſteins Tod
4,3. Wo im Sande der Weg verzogen fortſchleicht Klopftoch
Furcht der Geliebten. Aeltere Perjonen, mit denen idy bisher umge
gangen, hatten mich mit Schonung zu bilden geſucht, a: t auch
Durch Nachgiebigkeit verzogen. Göthe, Leben 10. 8.
>
1073
verzogfi. du zu kommen? Rothe. Daß, .dich zu. fehn, der flare
Quell —— J. N. Götz. Vollziehet euer Amt. Göthe,
Benvenuto Cellini 2, 12. Mord und Tod zog ihnen vor. Herder.
Man fol die Ketten vorziehn. Schiller, Wahenſteins Tod 3, 19.
Das hat der Fürſt davon, daß er die Welſchen immer vorgezogen!
Schiller, Piccolomini 4,7, Er laſſe früh voraufziehn feine Macht.
Shakeſpeare, J. Eälar 4, 3. Er ließ den Vorbeiziehenden
manche Spende reihen. Göthe, Leben 3. B. Man zog mit Schen
vorüber Göthe, Campagne in Sranfreih 3. Oct. Laß noch ein—
mal.den Tag vorüberziehen. Tiedge, Urania 4 Weggezogen
it das Wolkenheer. Baggeſen. Unter dem Fuße des Eilenden 208
fih flüchtige Tämmerung wallend weg. Klopſtock, Meſſias 1, 618.
Sie ſehen von den Geheimniffen der Majeftit durch meine Hand den
Schleier weangezogen Schiller, Ton Karlos 3, 10. Ziehen
Sie die Hand nidt weg. Schiller, Piccolomini 1, 4. Alle dieje
herrlichen Gebilde fonnten duch Auf- und Zuziehen der Vorhänge
in Das vortheilhaftefte Licht geftellt werden. Göthe, Leben 11. ®.
Der Krieg. in Pommer hat mir's zugezogen. Schiller, Piccolo
mini 4, 6. Und zieh’ dem König zu mit jechszehn Fahney. Schil⸗
ler, Jungfrau v. D. Prolog 3. 68 ziehet mid dem Abgrand zu.
Schiller. Die ihn zurüd vom Abgrund ziehn. Schiller, Biccolvs
mini 5, 3. Unſere Leute 309 man aus dem Feuer zurüd. Göthe,
Kampagne in Fraukreich 19. Sept. So zog er fih in ſolthen Stun—
den in fein Zimmer zurüd. Göthe, Leben 3. B. Obſchon ihr Bild
nach dem: allerfleinften Maßftabe zufammengezogen war. Göthe,
Meiſters Wanderj. 3, 6. Wem aber Unglück das Herz zufammene
og. Göthe, Harzreiſe. Ein Ungemwitter zieht ſich über ihnen zu—
jammen. Schiller, Piccolomini 2,
Anm. Die Bartieipien geftatten noch andere Sufammenfegungen, z. B.
Schleunig fchofft er aus Erz fi dünngezogene Kettlein. Bob. Da faßte ber
Feldherr felber ren kunſtgezogenen Lauf (der Flinte). Pyrker, Tunifins 12,
Dis alter Sorgfalt lihtgezugne Evur aus diefer Muüfte Trauerfig verſchwindet.
Böthe, Sugenie 3, 4. Gutferne dich aus meiner Enge reingezognem Kreis,
Böthe, Eugente 4,1. Du kriegerz ugte, [hlacdterzogene, junge Brut! Göthe,
Kauft 2, 190. It das ein Schickſal für die Weicherzogene? Schiller,
Maria Stuart-1, 1. Diejes (Rind) opfer' ich dir mit goldumzogenen Höts
ıern. Voß, Odyſſee 3, 334.
Abgezogenbeit; eingezogen, Eingezogenbeit; Entzogenbeit;
zurückgezogen, Zurudgezogenheit; ungezonen (©. 704), Unge-
jogenbeit; nnverzogenlich (veraltet), wir ſagen Dafür unverziige
id. — Der Begriff einer Abgezogenheit. Abiht. Man mag
roch fo eingezogen fein. Göthe, Wahlv. 2, 4 ans DOttiliend Tages
»uch. Im trauten Schatten fliler Entzogenheit. Salis, Eutzos
zenheit. Ein Geift, der bier in Ruhe und Zurüdgezogenheit
ebt. Lingenannter bei Campe. Seid nit fo ungezogen! Göthe,
' 68
1074
guuf 1, 55. Er fchreibt wohl noch von einzelnen Ungezogenhei—
ten und Toflfühnheiten? Göthe, Egmont 2. — (Daß es) under
zogenlich (ſogleich) gehalten joll werben. Hug, Rhetorica Tabingen
1528. BI. 15%. "
Hänuslich (ſ. Haus S. 703) was das Hans angeht; Ach anf das Kan
befchräntend ; davon wenig Umgang mit Andern habend. — Die züchtige Hank
fran, die Mutter der Kinder ... herrfchet weife im baäusligen Æreiſe
Schiller, GOlocke. Und all ihr häusliches Beginnen umfangen in ver Heck
nen Welt. Göthe, Fauſt.
Zieher: Ab—, An—, Auf—, Aus—, Be—, Er—,
Vollzieher u. a, Ziehung: Ab —, An--, Aufziehbungna
— Am dritten (Tiſche fäßen) die min 3. Paul, Heipenus
19. Durch Sorgfalt der Eitern und Erzieher. Göthe, Bettach
tungen im Sinne der Wanderer. Indem Sie bei jeder Unterhaltung
Ihrer fürtrefflihen Erzieherin Ehre machen. Göthe, Unterhaltungen
deuticher Ausgewanderten, Richt vor Irrthümern zu bemahren ift di
au des Menſchenerziehers, sondern den Irrenden zu leiten
öthe. Da ohnehin jeder Selbfizögling und jeder Selbfterzieher
behauptet. 3. Paul. Das Herz in uns iſt fein (des Schickſals)
bietrifcher a Schiller, Wallenſteins Tod 1,7. Wem
Wolfe der Zunlenzieher der andern würde. J. Baul, Hefperns 8
Gorfziehern gleich. Alxinger, Doolin 3, 40. Hätte ih bei dem
tbeuerften Lichtzieher in Europa eben fo wohlfeil Lichter haben
Können. Shafeipeare, König Heinrih IV. 1. Zhl. 3, 3. Und wußr
längit, daß man oft ſehr uneigentlich Wagenführer tage wo man Wa⸗
genzieher meine. Benzel-Sternau. — Jede Anziehung ift wer
felfeitin. Göthe, Wahlen, 2, 7. In Gedanken mochte ich mich arm
mit folchen Späßen, ohue weitere Beziehung, befchäftigen. Goche,
Leben 11. B. Weber diefer Umkleidung werden nunmehr fünf Scid-
ten Steine zum Brennen mit ſechs Zoll Einziehung (abnehmender
Breite), bienächft wieder fünf Schichten mit eben einer ſolchen Ein:
iehung aufneftellt. Gilly. Es ward fo viel von Erziehung ge
prochen. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 9. Hier (das Paradies) if die
eilige Stätte der Menfhenerziehung. Herder. Die Verzie—
una (des Gefichtes) muß nicht bis zur Grimafle gehen. Leifine,
Emilie Galotti 1, 4 Wir wollen mit Zuziebung des Volkes die
Abgeordneten wählen. Klopftod, Gelehrtenrepubiit.
Mit Beziehung (Handlung des Bezichens; Belimmung eines Dinge
ale eine ſolche gedacht, welche demfelben zu einem andern binzufommi) Rab
finnverwandt: das Verhalten (f. Halten) die Art und elle, welche «iz
Gegenftand auf den andern bin bat oder annimmt: vie Act und Weife, wie
der Begenftand vor unfere Anfhauung tritt; das Berbältnig die Art uud
Weiſe, wie ein Begenftand auf ben andern hin if, als einzelne Bekimmung,
die ihm auf diefen Hin zufommt; Bezug(ſ. Bug S. 1075) ſteht eigentliy und
41075
vornehmlich in dem Iepten Begriffe von Beziehung, aber auch in dem
erften, doch in dieſen abſtrakten Begriffen ohne Mehrzahl, alfo mehr allgemein,
ohne auf die einzelne Sanvlung zu fehen. — Kann man überall Meisheit
und Ordnung in der Natur bemerken, und fein Verlangen fühlen, in feinem
eigenen Verhalten audh Weisheit und Ordnung zu beobadheen? Gellert.
Aber ich kenne mich wohl und fühle das ganze Verhältuiß. Göthe, Hera -
mann und Dorothea 9, 103. Vielleicht können Sie in einem andern Bezug
meine Neugierde befriedigen. Böthe, Meiſtere Manderj. 2, 1. Welche vie
fämmtlichen Bezüge der Perſonen und Zuſtäude fehr wohl durchſah. Cöthe,
Leben 17. B.
Ziebader, — band, —bank, —bar, —bengel, —brüde, — brun⸗
en, —eijen, —farbe, —garn, —natter, — haken, —bechel, — junge, :
-find (©. 6237), —Elinge, —Eloben, — kopf, —Eraft, —leine, —leis
x, —loch, —lüfter, —od8, —paufter, — pferd, —pflafter, — rad,
-ring, —füae, —ihaft, — ſcheibe, — ſchiff, — Khlade, — ſchnur,
-jchraube, —jeil, —ſtange, —ſtock, — ſtrick, —flrang, — weg, —welle,
-werk, —zange, —zeug; Abziehblaſe, —bürfte, —eifen, — feile,
-klinge, —klötzchen, — muskel, — pflug, —riemen, — ſtein, —walze,
·zahl, —zeug; Anzieheiſen, —ſchlüſſel; Aufziehbrücke, — hammer,
-Enopf, —loch; Ausziehkifte, — ſcheibe, —ſtirnrad, — ſtube, —zime
ier; Unterziehhuſen, —fleiß; Ziehungsliſte, —taa; Anziehungs⸗
raft, — kreis; Beziehungsbegriff, —fall,. wort; Erziehungsge⸗
haft, — ſchrift, — ſchule. — Zum Vortheil feiner mit Unterzieh—
uſen und Unterziehſteiß bewaffneten Herzens-Zaarin. J. Paul,
jejperus 4. So ſehe ich dieſen Ziehungstag meines Looſes nicht
hne Spannung entgegen, Schiller, Briefw. mit Göthe 6, 159. Der
rang ... ähnliche gleichgeitimmte Weſen in feinen Anziehungs—
reis zu reißen. Kofegarten. Nach wie nor übten fie eine unbe⸗
hreiblihe, faſt magiihe Anziehungsfraft gegen einander aus,
zöthe, Wahlp. 2, 13. Mit wie wenig Worten ließe fid, das ganze
drziehungsgeſchäft ausſprechen. Göthe, Wahl. 2, 7. Erzien
ungsidhriften, hoff ih, hat man reichlich angeihafft? Platen,
om. Dedipus 5. Jene alten Schulen waren Erziehungsſchulen
ir Zöglinge. Schiller, Briefw. mit Göthe 4, 251.
Zug (ahd. mhd. zuc, goth. tauhs? vgl. ustauhs —= Vollendung,
ig. Auszug) 1) die Handlung des Ziebens in verichiedene Bedeutun«
en; 2) dasjenige, was ziehetz 3) dasjenige, was gezogen wird, was
uch einen Zug, Durch ein Ziehen entiteht; 4) der Ort, wo etwas
ezogen wird. — Gintemalen R. Zug (Vorzug) und Tag beaehrt
at. Krenner, Landtagsh. 3, 39. Dean hatte den Zug einen weiten
Immeg geführt. Göthe, Leben 8. B. Der nad der Alten Brauch
tt feinen eignen Zügen das väterliche Feld bemüht ift zu bepflügen.
Sanig. Ein herrliher Zug Pferde! Göthe, ital. Reile 8, Oct, 1786.
Tuhig ift fein Schlaf und friedlich lächeln feine Züge. Schiller, Tell 4, 2.
6. ;
1076
Ab—, Aun— (©. 771), Auf—, Auszug u. a. erflären ſih
aus nachfolgenden Beifpielen. — Eine ſolche neue Einrichtung ward
veranlagt durch den Abzug der Gefellfchaft Bellomo’s. Göthe, Tag
und ZJahreshefte 1791. Der Garnifon wurde ein ehrenvoller Abzıg
bewilligt. Schiller, Belagerung von Antwerpen. Es find, nad Ih:
jug der weggebliebenen noch 630 (Epigramme). Schiller, Briefe.
mit Göthe 2, 63. Wie viel irgend ein Camerad Schulden babe um
Abzug leiden müſſe. Göthe, Meifters Lehrj. 1, 15. Allen den u
die Eden geichobenen Kehrig ... in die Abzüge zu führen. Götk,
ital. Reife 9. Det. 1786, Ein Gewitter iſt im Anzug, Edile,
Tel 1, 1. Daß man lieber eine mächtige, dem Anzuge gemadiene
Geftalt, um der günftigeren Wirkung wegen, damit beflcidet und am⸗
ſchmuͤckt geſehen hätte. @öthe. Leben 5.8. Um feinen Beinanzag
fteht es fchlecht. Ungenannter bei Campe. Ich will gleich den Brant
anzug bei ihr beitellen. Schiller, der Neffe als Onkel 1, 10. Du
Amtmannd Tochter Julchen trat in einem leichten Morgenanzuge
rafh in das Zimmer. Lafontaine. Die Landichaft foll bei ihren
Schrift-Verfaſſer dergleihen harte und unbejcheidene Anzüge (beide
richt vorgebradyte Angaben) abitellen. Landtag von 1669 ©. 116.
Wir hatten in einem Haufe Pla genommen, wo der Aufzug, mau
er aus dem Dom zurüdfam, ebenfalld wieder an und vorbei mußt.
Goͤthe, Leben 5. B. Niemanden fiel ein über mid) zu fpotten, wem
ih in diefem Aufzuge durch's Gebirge fam. Göthe, Meifters Bar
derj. 1, 2.: Die fofort nah dem Aufzuge des Vorhangs erihieen
J. Paul, Titan 67. Während ihr Schiffchen durchflog das Gefpink
des ftebenden Aufzugs. Voß. An (ohne) alle ferrere (fernere) wer
gerunge und aufzüg (Verzug). Mon. boica 9, 283. (Als fie) fr
nen (des Richters) Auszug erzählte. Göthe, Meiſters HBanderjahre
1, 11. Auf dem Ehauffeehanfe beichäftigte und nun der fermen tr
elmäßige Auszug der Franzofen. Göthe, Belagerung von Main
—* ‚und Erinnerungsbücher, Auszüge beim Leſen alter m
neuer Schriftiteller enthaltend. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 4. Tu
Auszug aller tödlich feinen Kräfte. GBöthe, Fauſt 1,42. Du Ark
zug aller Zier. Fleming S. 275 der Kübeder Ausgabe. Sie ſei de
Auszug jeltner Damen. Kl. Schmidt. Vnd ſollen die Jüden felde
ſtück tremlich halten, on allen betrug vnd auszug. !) Luther, Bi
überf. 1. Matt. 8, 26. Was du gewiß verheift, daffelb on alle aus
ig (Einrede) Teift, wilt anders jein ein biderman. H. Sachs. Obe
Beigerung und Auszug. Aventinus, Chronif 184. Dom Auszug
(Austrag, Nupniegung) Lebende find regulariter Wittiber oder and
fonft alt erlebte Ehepaare, welche ihre Kinder nicht mehr in Rahm
2) Gamve faßt bier Auszug im Sinne von Ausnahme. Ge ik aber Bub
wendung, Borentbaltung zu verftehen.
1077
aben. Wirzburger Berordn. v. 177. Run mar an dieien Geſell—
chafts- und Anſtandsbezügen nichts mehr zu jchonen. Göthe,
Reiters Wander. 1,9. Er ſchien das Modell wirklich in gewiſſen
Bewegungen und Sliederbezug übertroffen zu haben, Daſ. 2, 9.
Sin. inonlides Klavier, Deffen Sanaboden nicht jo oft als jen Sai—
'enbezug geiprungen war. 3. Paul, Heſperus 4 Durch einen
Bechielbezug. Götbe, Farbenlehre 175. Fremde, die auf ihren
Durchzügen bald vernünftig, bald zweckmäßig jene Länder zu ber
reifen Änſtalt machen. Göthe, röm. Carneval. Wie der gemächliche
Troß auf ..gebefferten Wegen hinter des Zürften Einzug. Götbe,
Harzreiſe. Siegreich dann... halt’ ih den-Feiteinzug. Voß. Mit
liebend emſiger Zudringlichleit des Heeres Fortzug bindend. Schil⸗
ler, Biccolomini 1, 4. Vom Sturm de8 Heranzugs. Sonnenberg.
Ich führe den Nachzug. Porker, Tuniſias 5. Weder er noch Far
milie wollten von &äften weiter wiffen, am wenigften dießmal von
Preußen auf dem Rückzuge. Göthe, Kampagne in Frankreich 9.
Det Der Ueberzug war eine, Kruſte von Gyps. Göthe, Benne-
nuto Gellini 3, 9. Heute gab ich jo gerne manches befiere Stüd an
Ueberzügen und Hemden. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 25.
Wie ichnell ift die Rinde weggeichmolzen, die mein Herz unigab! Eine
Schichte nad), der andern des verhärteten Umzuges löfete fi ab,
Thümmel. Ohne Unterzug (Unterbredyung). Geiler von Keifers-
berg. Bei dergleichen Scheunen, wo eine große Laſt von rohen Steis
nen auf den Boden zu ftehen fümmt, muß man ja die Unterzüge
ſehr wohl unterftäßen. Gilly. Das ich nicht Weigern noch Verzug
ertrage. Shakeſpeare, was ihr wollt 2, 4 Der Herr verzeuhet
nicht die Verheiſſung, wie es etliche für einen verzog achten. Luther,
Bibelüberj. 2. Petr. 3, 9. Seder Verzug war mißlich. Göthe, Le-
ben 3. B. Sie wollen meine Zlammen zu peinlihem Berzug, wie
ein Roman, verdammen? Us, der Sieg des LKiebesgotted. Im vor:
zug waren die Schüßen. Luther, Bibelüberf, 1. Mafl. 9, 4. Der
Scythe ſetzt in's Neden feinen Borzug. Göthe, Yphigenie 1, 2,
Dir gehorche des Heeres Vorderzug. Pyrker, Zunifias 5. — Ganz
war mein Herz an deiner Seite, und jeder Athemzug für did.
Söthe, Willlommen und Abſchied. Wilhelm erkannte fogleih an Dies
fen flüchtigen Bleiftiftzügen. die Hand der Gräfin. Göthe, Weir
ſters Lehrj. 8, 2 Dieſe Tiefe bei einer ruhigen Fläche ... ift ein
vorzägliber Eharafterzug des gegenwärtigen Romans. Schiller,
Briefwechſel mit Göthe 2, 71. Mit einer Senfenjchmiede und einem
Drathzug. Göthe, Leben 10. B. Der Anblid eures Kleinen Za-
milienzuges erregt Bertrauen. Göthe, Meifters Wanderjahre 1, 1.
Diefer Federzug enticheidet deines Lebens Glück und Frieden, Schil-
ler, Maria Stuart 4, 9. (Sie) möchten gern dem fünftigen Gemahl
noch vor den Feldzug. die Geliebte zeigen. Schiller, Piccolomini
1078
2, 2. (Ich) grabe dem Sinne bes entfegten Hörenden mit Fener-
zügen dieſes Unglüd ein. Göthe, Eugenie 3, 1. In Flammen:
zügen ftrahlten die Worte, Benzel- Sternau. indem ex fich dark
den Flaſchenzug des Zügels wirktid hinaufwand. 3. Paul (as)
hielt einen finnigen Zlurzua um und duch Das Ganze. Göthe
Meifters Wanderjahre 1, 8. Wer fah in manchen Vorſtellungen wid
jene Sreudenzüge und Tänze vor dem Wagen des Bachus m
der Ariadne? Herder. Durch manchen benachbarten Gebirg s8zug fer:
wandernd. Göthe, Meilt. Wanderj. 2,7. Man erzählte hundert große Er.)
Heine Geſchichtszüge von Pölenburgs Kinderliebe. Kl. Schmidt. Ede
ards Gejichtszüge verwandelten ſich. Göthe, Wahlv. 1, 13. Ta
General follte durch einen Gewaltzug mitten durch des Feindes
Land das fpanliche Heer umgeben. Doffett Das Fleine Schema
einer Geſchichte der Optif enthält viele bedeutende Grundzüge em
allgemeinen Geſchichte der Wiffenfchaft. Schiller, Briefw. wit Göͤche
4,45. Doc, war fie (die Erzählung der Begebenheit) in den Haupt
gügen nicht entftellt. Göthe, Wahlo. 2, 11. Den ftrablenden Herr
zug. Klopftod. So blieb er bald em gutes Stück hinter dem Hee
reszug zurüd. Uhland, ſchwäbiſche Kunde. Dann febten wir feld
den Heimzug fort. Uhland, H. Emft 4, 1. Als jept in des Ra⸗
gend Stunden ſich eint’, im Port, zu dem Heldenzuge die freies
maht. Pyrker, Zunifiad 3. Reichgeihmüdte Hügelzüge.»-
Uferzug md WBellenfpiegel. Göthe, Fauft 2, 248. Ueber weile
(Flaͤche) der Zagdzug weggehen mußte. Göthe, das Kind mit dem
Löwen. So wird aus deinem Marftall, reich geſchirrt, ein prähten
Jagdzug mir von dir gebracht. Stiller, Piccolomini 2, 4. En
Kaufz u hat er vernommen, witd frühe vorubergekommen. Ublas,
Junker Rechberger. Was iſt's mit dieſem Kranich zug. Scla,
Kraniche des Ibykus. Um die friedlichen Bewohner der dortigen Bil
der durch einen unerwarteten Kriegszug zu benunrnhigen. Gölbe,
das Kind mit dem Löwen. Der Krönnngszug bereitet ſich. Sb
fer, Jungfrau v. O. 4, 2. Götz Weilfenhein eröffnet den fang
Leichenzug. Uhland, die Schlacht bei Reutlingen. Jeder giebt Dub,
was er nad feinem Lieblingszuge des Genie(s) geben mag. Hr
der. La uns zufammengefchmiegt im behaglichen Kaͤmmerlein al
thau'n, wenn kalter Luftzug engt Das Herz. Voß. Nur mit mans
Meifterzügen if ihr Charakter vollendet. Göthe, Meiften LA
4, 14. Unfere Namenszüge find darein gejchnitten. Göthe, Baht.
1,18. Um einige Bilder, deren Maße etwas zu Bein genommen wii:
den, Mit wenigen Pinfelzligen zu erweitern. Böthe, Leben 3.3
Auf meinen Pilgerzügen. Pfeffel, Ber Fuchs und das Eihhen
Sieg, errungen im Raubzug. fer, Tuniſias 4. Man un |
wiel von deinem Ritterzug. Bfeffel, der Aeronaute. Sein
Keht bei den Nömerzägen uns vorn. Schiller, Tell 2, 3 WM
⸗
1078
Wort, das er und die Weiber ſprachen, war en Schachzug. 3. Baul,
Heiperus 16, Ein leiter verjchönernder Schattenzug von Trotz
lagert fi über den Liebreiz. Benzel-Sternau. (Daß) gar bald um
nich die blühenden Gelichter den Schmerzenszug langiamen Tode
verratben. Goͤthe, Iphigenie 2, 1. Nach Sachſen ging der Schnecken—
zug. Löwen. Und den Schild des Helden zeichnet. faum ein Schrift-
zug. Uhland, Romanze vom Recenfenten. Wegen des Schlegeliſchen
Streifzugs bin ich ganz Ihrer Meinung. Göthe, Briefwechiel mit
Schiller 5, 160. Komm in den Götterſaal, ich will den Kranz all
deiner Thatenzüge dir erflehn. Herder. Graunvoll war fie, Die
Pracht Des düſtern Todtenzuges. Sonnenberg. Was fpricht man
som Zürlenzug? Göthe, Götz v. 3. 1. Bon der einen Seite
ber um das Eckhaus fahen wir einen Zrauerzug berumziehen. Göthe,
Meiſters Wanderj. 2, 12. Ein großer, ruhmwürdiger, gottäbnlicyer
Unterſcheidungszug. Campe Mein Auftxag heiſcht fo fchleuni-
gen Vollzug. Ubland, H. Ernſt 4, 2. (Da) der Wellenzug -
nach dem Felſengeſtade fich wälzte, Pyrler, Tuniſias 5. So aufge⸗
fordert folgte ich den verſchiedenen Winkelzügen. Göthe, ital. Reife
Neapel 12. März 1787. Ja, ich fehe fchon von weiten Wolken⸗
zug und Dun und Raub, Göthe, deuticher Parnaß.
Mit Ueberzug (Beug, welches zum Ueberziehen eines Dinges dient) iſt
finnverwandt: Zieche (ahd. ziecha, mhb. zieche, «ngl. tick, vielleicht
von ziehen, uber doch, wenn fremd her, daran angelehnt, Adelung
denft an wendiſch zycha — Dede, Bezelt) fadartiger äußerer Ueberzug.
Bleichbedeutend if der niederſächſiſche Ausdruck die Büre (Bühre, veis
muthlich zufammenhängend wit franz. la bure, le bureau, ital. burätto). —
Feinere Laken und Bühren. Voß, Luife 3. b. 588,
Zugameife, —angel, —anfer, —arbeit, — arm, —band, —baum,
— biene, —bohrer, —eijen, — erz, — fiſch, —genögel, —graben, —heu-
fchredde, — haspel, — leder, —leine, —loch, — maus, —mefler, — mit⸗
tel, —magel, — netz, — ochs, — ordnung, — papier, —pferd, —pflaſter,
— rad, —ramme, —raupe, —rebe, — recht, —rind, —ring, —ichaft,
— ſchiff, — ſchraube, —ſeil, — ſtab, --fange, —Riefel, — ſtuhl, —tau,
—thier, —thor, —thüre, —vieh, — volkl, — winde, — wolle, —zehent
u. a.; Abzugsbitten, — blech, — bogen, —brief, —bügel, —faß,
—flagge, —freiheit, —geld, — graben, — kupfer, —predigt, — rech⸗
sung, — recht, — rinne, — röhre, — roͤſche, — ſchlacke, — ſchlackenblei,
— ſchlag, — ſchnalle, — zahl, —zeit; Anzugmiltel, Anzugsgeld, —ge-
tchent, — mahl, —rede, — ſchmaus, —tag, — zeit u. a.; Aufzugſtrippe,
ugösrüde, —geld; Auszugmacher, Auszugsfeier — feſt,
— mäßig u. a; Bezugnahme, ae: Untergug er;
Serzugſaal, — zimmer; Vorzugspreis, — reiht, weile. — Da) die
geringen Schäfer nur durch wine Zugbrüde zugänglich waren.
Bürhe, Bahlv. 2,8 Wie gefangen im weiteinichließenden Inge
1080
garn. Voß, Ilias 5, 487. Das Rep der Zuggemwölfe ſchwilt
Salis, die Herbſtnacht. Beſonders war fie forgfältig, alle Zugluft
abzuwehren. Göthe, Wahlv. 1,7. Um das Map diefer Unannehm-
lichkeiten voll zu machen, wurde unfere Wohnung zugleich fendht wand
zugluftig befinden. Campe. It c8 ein Zugitüd? Göthe, Mei⸗
fters Lehr. 1, 15. Er jah die Welt nicht mehr wie ein Zugvogel
an. Dal. 8, 1. Fiſche, Die fich bald ‚einzeln bald zugweije binzad
her bewegteh. Göthe, Leben 2. B. Weil ich mandıes Lächeln...
für das Zugwerk uud die Zrerbuchitaben des Haffes anjehe. J. Paul.
Das Streifchen Papier lag anf dem Schreibtiih und ward vom Zug⸗
wind heruntergeführt. Göthe, Wahlv. 1, 13. Daß er feine Aus
zugspredigt obne den Eingang anfing. % Paul, Heiperus 4
Wenn er jeine Auszugsjammlungen zur Hand bat. Campe
(Er wirkte) ftellen- und aAuszugsweiſe. Götbe, Leben 11.3. (Mar
muß) die Unterzugftänder nicht zu weit auseinander jeßen. Gillp.
Auch du kannſt Gurgeleien den Vorzugspreis vor meinen Tönen
weihen? Ungenannter bei Campe. Es gehört vorzugsweije zu
Würdignung dieſes Gedichted Dad was man Gemüth nenut.
Briefw. mit Göthe 3, 373:
Nachzügler; ab—, an— (S. 146.815), be—, ver—, unver —
(S. 850), vorzüglich (S. 25.565). — Wo er aber bald verjchiedene
Alan Nachzügler und Troßknechte anfichtig ward. Göthe, Leben
.B. Das hat alles jo was anzügliches, was Ichauerliches. Göthe,
Werther 1. 12. Mai. Aus allerlei Anzüglidfeiten und Stidel-
reden bätte man fchließen follen. Göthe, Meiiters Lehrj. 4, 7. Bü
beipradyen noch einigemal dieje Gegenitände, und er ließ uns ein hier-
auf bezüglihes Blatt zurück. Göthe, Meiſters Wander. 3, 18.
Es gab mir viel zu denken, bezüglich auf das Abgehandelte. Göthe,
Briefw. mit Schiller 6, 145.
- Mit Nachzügler (zunächſt tabelnde Benennang eines abſichtlich hizter
einem Zuge in einiger Sutfernung Zurüdkleibenden, befondere dann eines in
Abücht der Ausübung von allerlei Unvrdnung, Ausfhweifung nnb Gewalt:
tbätigfeit hinter dem Heerzuge in einiger Entfernung zurückbleibenden Eelte
ten) iſt das der frongöfiichdentfchen Soldatenſprache angehörige Mar o dent
(franz. maraudeur, engl. marauder, ſpan. merodoador, von franz. marande
— ahgemattet, franz. marauder, ſpan. merodear = im Nachzuge nurrlanh
. plünvern, wahrſcheinlich von arab. maridha = krank fein, zweifelbaft von
Einigen auf den gene plündernten Grafen von Merode im Heere Könls
Ferdinands III. zurückgeführt) ſowol der aus Wegemüdigkeit, Mattigfeit oder
Krankheit hinter den andern Soldaten zurückbleibende Soldat, als auch de
Nachzügler im ſchlimmen Sinne,
Zonen (ahd. zogön, mhd. zogen) 1) heftig ziehen, zerren; 2)
in einem Zuge gehen, ziehen, ift veraltet (pinzgaueriſch zogeln, ja-
geln — gehen). Davon Das auch veraltete notzogen (ad. notat
1081
ön, nötzogjan, mbd. nötzogen) unjer nothzüchtigen; feelzogen
— in den legten Zügen liegen. Herzog (ſ. ©. 748); berzoglich,
Derzogtbum. — Er zogete mic vil unpillih. Diut. 3, 95. Doc
oil ich und frauw politan wider hain zu hawſe zogen. Salomon und
Morolf. Wer frawen oder jundfrawen notzogt. LZandesfreiheit von
514 Das der jchaldhafftig N. in meinem abweien mein gemabel
jewaltiglfih zu bensttzogen vnderftanden. Hug, Rhetorica Zubingen
52 Bl. 42 h. Das jhm der Atbem gar entging, und er zu Seel⸗
‚gen anna Rollenhagen, Froſchmeuſeler 1. 2, 23. Lord Angelo
yerzogt(gebietet als Herzog) recht tapfer in feiner Abweſenheit.
Sphaleipeare, Maß für Mab 8, 2. „Mein Wappenfchild und hier mein
Derzogthbum... die Herzogsfahne vor das Herzogszelt.
.. H. Ernſt 5. Daß es in Schwaben Herzogswärde trug.
af. 4, 2. i
Zögling (i. ©. 627) — wer gezogen, d. 1. nicht allein unter-
ichtet, fondern auch in jeinen Sitten gebildet wird. — Sehr felten,
aß ein Zögling auf etwas fällt, was noch nicht da geweſen ...
Drannigfaltigfeit an Farbe und Schnitt der Zöglingsfleidung..
Höthe, Meilters — 2, 2. Auf dann, wenn euch das Herz die
erachtete Zöglingin rühret. Voß. Da ohnehin jeder Selbftzög-
ing und jeder Selbſterzieher behauptet, 3. Paul.
Anfänger (f. fangen) eine Berfon für fih ale ſolche, wide irgend
etwas zu lernen den Anfang macht oder gemacht hat, e6 mag dies nun unter
der Leitung eines Unterrichtenden gefchehen oder nicht. Cinen Unterrichtenren
fegen voraus; Lehrling (f. lehren ©. 531.937) überhaupt wer gelehrt wird;
Schüler (ahd. scuoläri, agf. scolere, mhd. schulsere) wer in einer Schule
(ahd. scua(o)la, mho. schuole, agf. sceol, scal, scole, engl. shool, ſchwed.
»kola, höhm. ssola, mittellat. escula, franz. Ecole, von lat. schola, gr.
yon) Unterricht empfängt; Jünger (add. junk(g)iro, junk(g)ero, nıhb.
Jüngere, Gomparativ von jung, engl. young, ſchwed. dän. ung, hollaͤnd.
Jong, f. weiter ©. 424) Anhänger einer neuen Lehre. — Die andern Sys
nonymen f. S. 627. — Unferm Wanderer firl der Ernft anf, die wunderbare
Strenge, mit welter ſowohl Anfänger als Kortfchreitende bihandelt wurten ..
Die Schüler lernen eine (Kunft) wie vie andere in Ihrer Bebingiheit keunen.
Goͤthe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Er (ter Hund) der Etudenten trefflicher
Ecolar, Goöͤthe, Fauf 1, 63. Glaub ih, ſprichſt dn, dem Wort, das der
Weisheit Dieifter wich Ichren, das ter Lehrlinge Schar ſicher und fertig
beſchwoͤrt? Echiller, der Genius. Bis zum Scheiden des Meifters von feinen
Jüngern. Böthe, Meiflere Wanderj. 2, 2.
Anm. Fur Auswanderer fagt Grimm (Befchichte der deutlichen Sprache,
Vorrede IX) Auszögling.
Zögern, älternhd. zogern (von dem veralteten zogen ©. 1080)
durch Langſamthun bingieben in der Zeit, durch Langſamthun tadelhaft ver-
1082
ziehen: auf—, verzögern (1. 5.1023); Zögerer, Berzögerer; Z—
gerung, Berzögerungs verzögerlich, — keit. — Der Pfarrer j0-
gerte Chielt) mid auff biß 10 Uhr. Simpficiffimus 1, 28. Ghies
Schwindeln zögert mir vor die Stime den Jaudern. Göthe, am
Schwager Kronos. Min zögerte bis gegen Abend. Göthe, Leben
1.8. Jemandes Bildung aufzögern. Bieland. Die Inizianden
(Einzumeihenden) theils abzuichreden, theil® anfzuzögern fuden.
Der. Deffen (des Borjuges) Ausführung ic) von Zeit zu Zeit, wie
ed zu gehen pflegt, verzögerte. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 11.
Der Zumult war ohnehin jo groß, daß eine Zögerung fid von jelbk
verſteckte und entſchuldigte. Göthe, Leben 8. Nah den laugſam
verzögerlihen Einveden. 3. Paul EB wi auf die Berzöger-
lichkeit der Steuercontribuenten bei Bezahlung der Steuern binge-
wiejen. Augsb. Allg. Zeit. 1850. No. 76,
i Siemen (abe. süman, sümjan, mbd. sämen, wol verwandt mit altn
semsa — verhindern, aufhalten, sems — Langfamfeit; Graff VI, 221 wel
noch fanjfr. sam — ruhen) zunädit ſorglos unterlaffen zu thun, vernachläſſi⸗
gen; eine Bewegung unterlaffend oder in ihr nachlaffend verziehen; in einem
verziehenden Bleiben fein. Zaubern (wie Freude von freuen ©. 548,
fd zaudern vom einfachen ahd. zuön, zh&ön — langfam thun, ne. zuem,
altn, toſ = Berzug, tefia = hindern, verziehen, mittelnieberb. töven — lichen
bleiben) durch Langjamthun feine Bewegung aufhalten oder haften muden,
daß fie feinen oder doch nur gehemmten Bortgang hat, gerne mit dem Rebrn
begriffe, daB es aus Unentichloffenheit geſchehe. —Trödeln (niebert. trödeln,
trudeln, bei Stielee trödelen, treubelen, treideln, bei Schottel tröt-
‘ Ten) durch unndthiges, unerhebliches Thun die Zeit zu dem, mas geſchehes
ſollte, In die Länge ziehen. Trändeln (auch trenveln und frentela:
ülteruieberb, trendtelen = mit Kügelchen fyielen, von agf. trendel — Kreis,
-engl. trendel, trendie = Walze; niederl. trantelen = hin und wieder achen,
fchweiz. träntelen — langfam fein in Gehen und Thun) fih mit unnöthigen
Kleinigkeiten abgeben ımb dadurch nicht vorwärts finmen. Weite Berka gr:
hören faft nur der Bolksfprache an. Aufhalten (f. S. 892) eine Bewe⸗
gnng ganz aufhören machen. Verweilen (f. S. 892) ficht zunäd auf
die Zeitlänge, die dem Fortgang eines Dinges entzogen wird, dadurch daß
daſſelbe an jenem gehindert in. — Aufenthalt I) die Hinderung von eimas
in feinem. Fortgang, infofern desſelbe fo gehindert I, daß es in feinem Worte
gange Hille ſteht; 2) das hindernde Ding ſelbſt; 3) der Ort, wo man ſich auf
längere oder Eürzere Zeit aufhält. — Wie lange will du fänmen? Bürger,
Lenore. (Se) zauderte und hätte noch lange gezögert, wenn nicht x.
Böthe, Werther. Wie fie zaubern und trentlen. Göthe, Gig v. 2. 5.
— Das, fpricht er, if Tea Aufenthalt. Schiller, Bang nach em Wiiens
hammer.
Zügel (ahd. zugil, zuhil, hd. zügel, mittelniederd. tugele,
mittelniederl. togkel) find Die Leufriemen des Baumes, gleichſam der
»
1088
Griff des Zaumes, woran das Pferd gezogen wird; fig. tn Beziehung
zwingender‘ Einſchränkung. Davon zugelles (der höchſte Brad von
ansſchweifend); zügelu (mbd. zügelen ©. 248). — Da feht ihn der
Graf auf fein rirterlich Pferd und reicht ihm die prächtigen Zdume...
Da bringt er dem Grafen fem Roß zurüd, beicheiden am Zügel ge-
führer. Schiller, Graf von Habsburg. Kurz, alle Element’ tm Streit
ertämpfen fid mit zügellojem Grimme Wieland, Oberon 2, 30.
ie zugelloſen Zriebe Ur. Die Zügelloſigkeit diejer Spa
wier brachte den gemeinen Mann zur Berzweiflung. - Schiller. Und
ſpornt die — elten Stroͤme. Voß. — Anſchirrend die gold—
gezügelten of Voß, Hias 5, 7%.
Trenſe (niederd. trense, nieberl. trens?]) ift das leichte, aus zwei Ries
men mit eimfrchen flangenlufen Gebiß und Kopfriemenwerf beftehende Lenk⸗
werkzeug am Kopfe des Reitthieres. Za um (ah. mhb. zoum, agf. teum, hofländ.
toom, altn. taumr, ſchwebd. töm, vielleicht von ziehen, fo daß ah. zoum
aus zöham gebildet wäre) ein. Haftſchnur; gewöhnlich das vollfändige, aus
Lenfriemen, Gebiß und Kopfriemen mit Kinnkette beftehende Lenkwerkzeug am
Kopfe des Reitthieres. — Brei |. S. 882. 1040. Ungebunden = durch nichts
gebunden, nicht durch aͤn here Berhöttnifle gehalten oder gehemmt (f. binden S.230).
Ausfhmweifend (von ſchweifen S.508) In Handlungen das Maß überſchrei⸗
tend, Liederlig (fo Grimm, tm 15.53. liederlich — leicht, gering, denn
auch nachlaͤfſig, leichthin, bei Andern laͤderlich von Luder ©. 255, wo
„ah. luodir“ zu ſtreichen und „mhd.“ vor lunder zu fegen If) zunächit ohne
Gehalt, ohne Feſtigkeit mit dem Nebenbegriff des Untauglichen, in hohem
Grade leichtfertig; im Befondern von geilligen Wein ohne Widerſtand gegen
feine finulichen Läfte und Begierden; vorzüglich allen verberhlichen Benidfen
fi leicht hingebend. — Much bändigte er das Bferb mur durch eine Trenfe.
Goͤthe, Meiſters Wanderf. 8, 16. Dem großen Trieb, dem prächtig fchaffens
den, fann er dann ungebunden frei willfahren. Schiller, Piccolomini 8,
4. Bofite der Diann ausfhweifend fein, fo Hintergebt ex mich. Shalke⸗
fveare, K. Heinr. IV. 1. Thl. 2, 4 Du lebteſt mit einem liederlichen jun:
gen Edelmann. Goöͤthe, Weifters Lehrj. 8, 1.
Bügelbrafien, — Hand, — ring. — ber Antilochos warf den
zAgellentenden Diener. Beh; Ilias 5, 580,
Zucht (ahd. mhd. zuht) 1) (veraltet) ein Werkzeug zum ziehen;
2) die Fortpflanzung eines Thieres oder einer Art Thiere, wie aud)
die Beranftaltung dieſer Fortpflanzung mit Inbegriff des Aufziehens
durch Nährung und Wartung; 3) Erziehung, Sorgfamfeit in Hand-
habung defien, was fich gebührt; 4) höhere feine Bildung fowol im
Innern des Gemüthes felbft, als in den äußern Formen des Umgangs.
1) Schmittbenner kitet das Wort von trennen, Schwend, von der
Srundbeventung: „runde Schnur“ auegehend, leitet es von trendeln: beide Ans
nahmen haben viel gegen ſich.
———
Davon züchtig (ahd. zuhtic, mhd. zühtec) — leiblich und geiſtig
von guter Zucht, Wohlgezogenheit; von feinem zartem Gefühle der
Woblanſtaͤndigkeit, was das ſinnlich Geſchlechtliche angeht. Zuchten
— ſich fortpflanzen, als Zucht ſich an einem Orte befinden; züchten
. *(abd. zuhtjan, mhd. zühten) — in Zucht nehmen, erziehen; züchtig
jein. Züchter (ahd. zubiäri = Erzieher) ubd. nur in Bichzuchter.
— Du bit nod) jung genug, daß gute Zucht dich eines beſſern Wegs
befehren kann. Göthe, Taſſo 2, 3. Aber wer bei den Soldaten fucht
die Furcht Gottes und die gute Zucht und die Scham, der wird we⸗
nig finden. Schiller, Wallenfteins Lager 8. Jugend dient zur Zucht
(Erzielung von Kindern). Logan, Sinnged. 412, — Die Auzudt
der Obitbäume. Ungenannter bei Campe. Der neue Pachter war em
- deidenfchaftlicher Freund von Baumzudt. Göthe, Tag- und Jahres⸗
befte 1801. Die feinere Obft- und Blumenzucht bejorgend.
Göthe, Leben 1. B. Daß es erwachſ' in firenger Klofterzudt.
Uhland, Herzog Ernſt 3. (Der) die ſtrengſte Mannszucdt hielt
Göthe, Egmont 4. Daß kein Geichöpf bülflofer auf die Welt kömmt,
länger Vater- und Mutterzucdt nöthig bat (als der Menſch.
Herder, Sie gewahrten der fruchtbarften Gegend, weldhe an fenften
Hügeln den Feldbau, auf höheren Bergen die Schafzudht, im wei
ten Thalflächen die Viehzucht begünftigte. Göthe, Meifterd Wanderj.
23,1. — Und in der Grazie züchtigem Schleier nähren fie (die
Frauen) wachſam das ewige Feuer jchöner Gefühle mit heiliger Hand.
Schiller, Würde der Frauen. Mit züchtigen, verihämten Wangen
fieht er die Jungfrau vor ſich ftehn. Schiller, Glode. Und winft gar
zudhtiglich ihn mit der Hand herbei. Wieland. — Hie iſt Gras
und Moos, dich drin lagern, ja, und drunten.zuchtet Natterbrur.
Kofegarten. Vernunft und Liebe heilt und züchtet uns Kinder, groß
und kein. Voß. Ein Stüd ſchwarz Brodt, und Zwiebeln Dazu, Ichmedet
mir in meinem Winkel, wo ich fir mich bin, und nicht fo züchten
(Ehre, Beicheidenheit beobachten) darf, eben fo gut. Ueberſetzung des
Don Quigote 2%, 11. |
Enthaltſam (f ©. 550) fo, daß man fih ven einem Genuſſe abs
und fernzuhalten weiß; fitttlih mäßig in Anſehung ber Gefchlechtsinf;
ſich alle gefchlechtlihe Berührung verſagend. Keufh If. S. 1036) un
fprünglich wol prüfenden: Sinne; dann nüchtern, fih nicht von einer Leiden
ſchaft bewältigen laffend, im Befoudern rein im der Geſchlechtsliebe, rein
von Herifchaft der Geſchlechteluft und fomit unbeflectt von irgend einer Ge—
ſchlechtsſünde; alle fleifchlie Berührung meiden. Ehrbar (ſ. €. 770)
im Innern wie im Aeußern Achtung an fi) habend; im Beſondern darch
Reinheit des Wandels dem Außer Wohlſtand gemäß. Schampaft (akt.
scamahaft, von Scham ©. 2:6) ein tiefes und leiſes Gefühl ter Stım
habend. — Wie die Beiwoͤrter fo unterfcheiden ſich auch die Hauptwörter Ent:
baltfamkeit, Keuſchheit, Eprbarfeit, Schamhaftigkeit. — 34
1085
war mir meines entbaltfamen Betragens bewußt. @ölhe, Beben 11. B.
Ich nenne mi zwar Penfch und rein und rein von böfen Fehlen. Göthe.
Und wenn Ihe halbweg ehr bar thut, dann habt ihr Fe (die Frauen) all uns
term Hut. Goͤthe, Fauſt I, 100. Und ſcham haft tritt als Jungfrau ihm
entgegen, die er einit an der Amnme Brut verließ. Schiller, Piccolomini 1, 4.
Unzucht (abd. mhd. unzuht) der Zuftand, wo nicht mit Strenge
gehandhabt wird, was fich gebührt; alles was der fein gebildeten Sitte
zuwider ift, ungebührliches wildes Betragen; nhd. bejonders ungebührliche
Befriedigung des Geſchlechtstriebes, dieſe mag außerehelich oder jelbft ehe⸗
lich geicheben. — Bey Hochzeiten joll Unzucht (mit fchambaren Re-
den, Gefchrei, Singen, Raufen) vermieden werden. Lori, Lechrain v.
1616. Diejenigen, weldye Gott verachten, vnd allein vmb vnzucht
in Weiber nemen, wie dad tumme Vieh. Luther, Bibelüberf. Tob.
‚18.
Hurerei (f. Hure ©. 692) ift ungebührliche außereheliche Befriedigung
des Geſchlechtstriebes, vornehmlih mit Perſonen, die ſich feil zu derſelben
hingeben. |
- Zudtente, —entwohnt, —fähig, —gans, —geriht, —gefeß,
— gewohnt, —halter, —haus, — haͤusler, —henaft, — huhn, —kalb,
—tfehre, —los, —meifter, — mittel, —ochs, —peitihe, — pferd, —rich⸗
ter, — rind, —ſau, —ſchaf, —ſchule, —ihwein, —fähr, —ftier,
—ſtute, —vieh, —widder, —willig u. a. — Daß. nicht Die edlern -
Sprößlinge Glut und Froft ausfaug’ und Sturmwind, ftehn fie in
beil’ger Zuchfgärten Dämmrung eingefriedigt. Voß. Was foll das
todte Woͤrterbuch, das elende Gedaͤchtnißwerk, der hölzerne Zucht⸗
kerker? Herder.
Züchtling eine Perfon, welche der Zucht einer andern anvertraut
iſt; gewöhnlich eine Perfon, welche in einem Zuchthaus zur Strafe und
Beflerung gerangen gehalten wird. — Jene alten Schulen waren Ere
ziehungsichulen für Zöglinge, die neuern müßten Eorrectionshäufer für
Züchtlinge ſein. Schiller, Briefw. mit Goͤthe 4, 251. Und da der
Herr fie mit Fleiß in Züchtlingsſchulen verwahrloft. Voß.
Gezücht etwas Aufgezogenes, ofme ſich auf die Thiere zu bes
fchränfen. — Sein Bündniß iſt mit dem Gezücht der Schlange
Schiller, Marla Stuart 3, 4. Ter eiteln Thorheit vaterlos Gezücht.
Bo8, Penferoſo 2. Um mir einmal von dem Gezücht (den poetifchen
Dilettanten) einen recht anfchaulichen Begriff zu machen. Göthe, Briefw.
mit Schiller 5, 88. Nachſager, Angaffer.... und wer fonft noch die=
ſes Gelichterd, Gejchmeißes und Gezüchts fein mag. Klopftod, Ge⸗
lehrtenrepublik. — Berrätherin, Sirene, Höllegezüdht. Wieland,
Dberon 6, 91. Xuft, Erde und Meer wider das Hyänengezüdt
ins Treffen zu fahren. Schiller, Räuber 1,2. Kommt, ihr Nattern-
gezücht? Pyrker, Makkabäer 3. Du erftachft herzhaft bein Schlan-
gengezücht. Platen die verhängnißuolle Gabel 2. Erdfloh, Welpe,
L
1086
die Würmer, das Tenfelsgezücte Göthe, Weisſagungen des
Bakis W.
Brut (abd. pruot, mhb. braot, won brüten ahd. pruotan, mbb. brũe
ten, agf, br&dan, mittelrkein, briyem, niederd. bröden, brõen, nieterl. broe
den, broejen, zu brühen mbb, brücjen und braten gehörig) die Hans
lung des Brütensz die jungen aus den Giern gefommenen Bögel; van and
unf junge Thiere überhaupt (aufler den Shugethteren), auf fchlechte Meufchen
ꝛc. übertragen. — Die Raup’ umfpiant den goldnen Iweig zum Winterbawe
‚» für ihre Brut. Gothe, der Wanderer. Wie Ah vom Schwefelvfubl erzeugte
Drachen befämpfen, die verwandte Brut verfehktagen. Göthe, Iphigenie 3, 1.
Bei euch, vergnügtes Dolf, Hat nie in den Gemüthern der. Lafter fihwarg
Brut den erfien Sitz gefaßt. Galler, die Alpen 471.
Züchtigen (mhd. zühtegen) eig. zu Zucht and Ordnung gewöh—
nen; gewöhnlich wegen einer Handlung Lebles Teiden machen als Bei
ferungsmittel. Davon nhd. nothzüchtigen (ſ. oben S. 1081); Zud-
tiger, Züchtigung. — In dieſem Briefe fpricht er mit Verachtung
von euch, räth dem Minifter, euern Dinkel, wie er ihn nennt, zu
zuchtigen. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 6. Genotzüchtigt
Fiſchart, Gargantua S. 46. So mögen fle... eure Weiber und Toͤch⸗
ter vor enern Augen notbzüchtigen. Shafeipeare, Heinrih VI. %
Thl. 4, 8. — Mögen fle alddanı die Züchtigung empfinden. Götke,
“ Unterhaltungen deutfcher, Ausgewanderten.
Strafen f. ©. 98. Büßen ſ. S. 1658. Kaflelen (verderbt aus mr. als
ternhd. kastigen, castigen, fefligen, ahd. c(ch)astigdn, c(ch)estigön, aus
lat. castigare — wofür Uebels anthun, um zum Guten hinzuleiten) weni
veinlich befchweren, ober zur Plage auferlegen, was hart empfunden wird, be
ſonders und vorzüglich, daß ber Leidente dadurch religiöfes Verdienſt habe,
in welcher Bedeutung denn der Ausédruck ein firdhlicher if. — Jene Fran, We
ſich fafteit. Göthe, Rameau's Neffe.
Zuck (mbhd. zuc, gen. zuckes) eine ſchnelle und ſogleich vor
übergehende Bewegung, welche in einem Ziehen beitebt; auch eim Ad⸗
verbium in demſelben Sinne. Davon zuden und (tranfitio) zuden
(ahd. zuhjan, zuchjan, zucchön, zochön, mbd. zucken, zücken,
zochen): auf—, aus —, daber—, durch —, eut—, ber—, mit —
nach —, nieder—, über—, um —, unter —, ver —, zuſammenzucken
und zuweilen —zücken; zuckeln = langſam, mit kleinen gleichſan
zuckenden Schritten gehen gehört mehr der Volksſprache an. — Ber
vermag das menſchliche Herz ſo genau zu entfalten, daß es von jeden
Ruck und Zuck dieſer reizbaren Muskel Grund und Urſache ſollte au
zugeben wiſſen? Muſäus. Ic bin zu nahe ihrer Atmoſphäre; zuck!
jo bin ih da! Göthe. — Durch die Nacht zudt ungemiffe Hellt
Schüler, Wallenſteins Tod 5, 3. Ich will nicht zuden mit den
Wimpern. Schiller, Tell 8, 3. Der zudende Sturmwind. Beh
1087
Ste fannen beide, indem ihr Ange völlte, und die Fibern Siegesge⸗
ühle zuckten. Benzel- Stern. Daß er den Dolch nad) ihr ge⸗
ückt? Schiller, Don Karlos 4, 18. — Aufzudende Eingeweide
ounte man zählen fogar. Voß. Aufzuckt m Gemüth mix ein Graun«
orſatze Platen, die verhängnißnolle Gabel 2. Er zudte den ehernen
Schaft ihm Daher. Voß, Ilias 4, 469. Ein Glanz der ftillen Nacht
»urchzuckt den Fruchtbaumwald. Ziedge, Urania 5. Und mit Bliden,
ie mich fchredten, mir dad Innerſte durchzuckten, in das tiefite
derz mir ſchaute. Schiller. Was du geichrieben haft, ob du es gleid)-
vol in der Hand Hältft, mag ed Dir amer entzuden. Beichtbud)
1579. Barum entzüdft Du mich nicht ganz und gar zu dir? Gry⸗
bins. Wenn fih ein Herz, entzüdend und —*88 dem Her⸗
en ſchenkt in ſüßen Selbtveraeflen. Schiller, Maria Stuart 2, 6.
Abweſend ſchein' ich nur, ich bin entzüdt. Göthe, Taffs 1,4. Eine
tlofterhenn, welche unlängft von dem Fuchs nach feiner Diebsart mit-
‚udt, doch wieder abgejagt worden. Beichtbud 1579. Aber jo wie
r das Schwert niederzüdt. Bragur. Bolfauffen und trunfen ſeyn
yeifit bey den huestteriichen Brüdern überzuden. Ey von Herzen,
r bat fih überzuſckt. Erhard 17. Hüpanien und Frankreich haben
r eigene angeborne Sprach verloren, und reden nun Die rämifche Sprach,
oh verzuckt nnd. zerbrechen. Aventinus, Chronik 141. Vergebt,
venn ich mic) felbft begeiftert fühle, wie ein Verzückter weder Zeit
ioch Ort, noch was ich jage wohl bedenfen kann; denn alle dieſe Dich-
er, dieſe Kränze, das ſeltne feitliche Gewand der Schönen verjeßt mich,
ms mir felbft in fremdes Land. Göthe, Taſſo 1,4. — Adhfel-
zuckend ſteh' ich ängſtlich. Göthe, Kauft 2, 229. R
Das Gutzücken wit feinen Synonymen f. ©. 546. — Ents und das
förfere yerzüäden drüden einen fo hoben Grad angenehmer Empfindungen
aus, daß der Menfch ihrer nicht mächtig und weit feinem Geiſte abweſend zu
fein fcheint. Bezaubern (von zaubern ahd. zouparön, mhb, zoubern,
altn. töfra, von Zauber ahd. zoupar, mh. zouber, altu. töffr, ſchwed. tof-
wer, wahrfcheinlicy verwandt mit zauen goth. täujan, agſ tawian, mhd,
zouwan = thun, bereiten) und verzaubern welien darauf hin, baß ber
genannte Gemüthsſtand wie von überirhifchen, übernatürliden Mächten komme,
und daß man in demfelben, wie durch übernatürliche Wirkung, gehalten werde.
— Wie wir im Hochentzüden uns mit goldenen Ketten ſchmücken. Böthe,
Fauſt 2, 159. Die Phantafle verfegt dich auf einmal in ihre begauberten
Gegenden. Dufh. Weil die Bezauberung ber Schönheit aller Männer
Zunge bindet, fo ſei's gewagt, ich rede, Schillers, Don Karlos 8, 8. Ich
Reh’ nicht auf, Hier will ich ewig knieen. Auf diefem Platz will ich vers
zaubert liegen. Daf. 1, 5. ‚
Zucker, Zudung, Eut—, Een; Verzücktheit; ent-
zückbar. — Kein franzöfliher Achfelzuder. Geift der Journale.
Sie fällt fat in Zudungen, als mau die Tafle dem Mund nähert.
-
1088
Göthe, Wahlv. 2, 18. (Er) jah wit getröfteten Auge, voll Ent⸗
zückung nad ihm von jenem Zellen herunter. Klopftod, Meffias 2,
157. Entzückungsvoll beichleihet er die dunkeln Heden. Pfeffel,
der Bring und fein Hofmeifter. Der Liebe Götterentzüdung, jet
kenn' ich fie! Gollin. (Bann) Bonneentzüdung lauten Danf an-
ftimmt in hellem Saitenllang. Voß. Die Verzüdung in Die idea⸗
fifchen Welten. Wieland. Die Augeſichter in einer ſolchen Berzädt-
heit. Shafefpeare, Wintermächen 5, 2.
Zeugen (abd. ziugen, agl. teögan, mhd. ziugen, nah Wei⸗
gand aus Einer Wurzel mit ziehen) 1) überhaupt hervorbringen;
2) im Beſondern in Berbindung mit einem gleichen Weſen amdern
Geſchlechts ein Weſen feiner Art aus fich felbit hervorbringen, wo es
gewöhnlich nur von Menjchen und vorzugsweile vom Vater gebraucht
wird (5.1089); 3) Zeuge (S.424) jein, die Wahrheit einer Sade
durch fein Zeugniß betätigen (ahd. gaziugön, mhd. ziugen); 4) (Schif⸗
ferfprache) mit dem nöthigen Zeuge verfehen. — Weinwachs zeugen.
Aventinus, Chronit 34. Geraifige Knecht wol erzeugt (gerüftet) mit
Pierden, Haruaſch und Wer. Krenner, Landtagsh. 5, 384. Den Zrid
beſtäten und erzeugen mit zweyen, die den Frid gemacht haben.
Daſ. 12, 104. Daß vor Gericht fein Britte gegen den Schotten,
fein Schotte gegen jenen zeugen darf. Schiller, Maria Stuart 1,7.
Bor ihm (Gott) zeugt jeder Gedanke unferer Seele. Gellert.
Anm. In vartieivialee Zufammenfegung ſagt Göthe (Fauſt 2, 1907: Da
friegergengte Brut!
Ueberzengen mit feinen Synonymen |. S. 733.
Zeuger, Zeugung, einfach und zufammengefeßt; Erzeugniß. —
Zellns, die Zengerin. Voß. Und er rühmte fih meinen Erzen-
ger. Der. Längit entwichene Zeugungen fammelten die Schäge
der Weisheit. Herder. Entfagt’ ich der Erzeugung echten Stamms
vom Kleinod aller Frauen. Shafeipeare, Antonius und Cleopatra 3,
11. He! Sunftbezeugung? Daf. Mit Höflichkeit und Ehrbe-
zenaung. Shafeipeare, 3. Cäfar 4, 2 Ich jehe Diele würd'gen
Peers mit ſchnell vertauſchter Ueberzeugung unter vier Regiernn.en
den Glauben viermal ändern. Schiller, Maria Stuart 1, 7. — De
Widerwille diejes herrlibe Naturerzeugniß noch weiter zum ent
ftellen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 3.
Zeng (ahd. das, auch der? ziuh, ziug, ziuc von zeugen) und
Gezeug (ahd. der, das k(g)aziuc, k(g)iziue, mhd. geziuc) 1) Maſſe
der Zubereitung wozu; 2) Gemirf als Ge- und Verbrauchsſtoff; 3)
Mittel der Berrichtunga in etwas, auch Das Zeugungsglied; 4) Zuge:
rüftetes zum Siege, felbft die Kriensleute; 5) fig.) auf Dinge umd
Menſchen in verächtlihdem Sinne angewandt. Arbeits—, Belt,
Diebs , Bahr— , Hebe—, Kopf— , Leinen—, Nacht —, Pferde—
Reiß —, Ruͤſt —, Schreib —, Seiden—, Silber—, Sommer—, Spiel—,
'
1089
Tiſch —, Töpfer, Weiß —, Winter—, Wollenzeug u. a. — Denn
ex fennt wol den Zeug, der an uns allen zu finden ift. Opitz. Ein
wohlgetüfteter Zeug zu Roß und Fuß. MWeberjegung des Livius von
1514. Ein Maden oder Kapaun, ein Mann der ſeines Gezengs
nit hat. Voc. v. 1482. (Sie faßt ibn) by dem Hals und by finem
Züg. Zalhoffer, Fechtbuch. Wir wiffen, daß in Frankreich jegt wun—
derlihes Zeug geſchieht. Göthe. (Wo) fir die Nacht Fangzeug
auslegte der Fiſcher. Voß, Luiſe 1, 754 Er padte fein Reiſe⸗
ſchreibzeug wieder ganz gemäclich in die Wagentaſche. Benzel⸗
Sternan. Die Reitzeuge zogen aller Augen auf fi. Göthe, Leben
5.8 Wie es bligt im erznen Schrein von Roſſeszeng! Redwiß,
Amaranth. Um's Sattelzeng gemach die Spinne webt. dal. Tas
Spielzeug eines grillenhaften Glücks. Schiller, Piccolomini 4, 4.
Die erſte junge Liebe bat feine Sprachwerkzeuge. J. Paul, Tit.
36. Ich ſchaffte Tiſchlerwerkzeug an. Goͤthe, Meiſters Wans
derj. 3, 4.
Stoff (engl. stuff, von franz. etoffe, altfranz. estoffe, ſpan. estofa)
das woraus etwas gemacht iſt oder wird; das was daraus gemacht iſt, infvs
fern das Bemachte ein feines Gewirk it. — Mo finden Eie uud nidt Stoff
ſich zu quälen. Göthe. - Be
Zeugamt, —art, —baum, —bütte, —feiler, —glied, —han-
del, —haus, —hofe, — jünger, —kammer, —foffer, —fleid, — knecht,
— often, —fraft, — kram, — macher, — mantel, — meijter, — mutter,
—peitihe, rad, — raſch, —ſchacht, —Ichaft, — ſchmied, —ſchmiede,
— ſchneider, —ſchnur, — ſchreiber, —ftadel. — ſteuer, — ſtrecke, —teich,
— wagen, wart, —weber, — wirker; Zeugungsalied, —kraft, —ort,
—theile. — Er iſt eine Marionette ohne Zeugungskraft. Shake—
ſpeare, Maß für Maß 3, 2. |
Zeuge (mhd. ziuhe, ziuge, geziuge, von zieben in Beziehn
des Beiziehens zu gerichtlich bewahrheitender Ausiage, fei es —**
Beiziehen, oder nach altem ſymboliſchem Gerichtsgebrauch Beiziehen am
Ohre) der Ausſage über eine wirkliche Thatſache leiſtet oder leiſten
kann; wer eine Thatſache als dabei geweſen wahrnimmt; was als bei
der Thatſache Über deren Wirklichkeit beweiſt. Davon Zeugniß (mhd.
2iuc, geziuc). — Das find zwei Zeugen, die noch leben. Schiller,
Maria Stuart 1,7. Waret ihr Zenginnen jchon des Geridyts ge—
weien? Klopſtock, Meifiad 18, 158. Auf das Zeugniß meiner
Hansbedienten verdammt man mih? Cdiller, Maria Stuart 1, 7.
Gewährſsmann (von Gewähr mhd. diu gewöre von währen ©.
838) der für die Wahrheit oder Gewißheit wovon einftcht. .
‚Zengenabhörung, —ausfage, —eid, —fällig, —frei, —füh—⸗
rer, —[08, —verhör u.a, — Zeugenfreie Minuten. 3. Paul. Um:
* einen zeugenloſen fremden Augenblick zuzuwenden. J.
1090 _
Anm. 1. Das volfsthümliche Lebſucht if eigentlich Sebe, Leibzucht, die
keibesnahrung, mhd. Mpzuht, In der Bibelüberfegung von Dietenberger (1571)
Tobias 2, 19 heißt es: die leibzucht fie mit jren henden gewan. Sn Lutters
Bibeluberſ. 1. Mach. 10, 54: Ich wil jr ein füniglide Leibzuct verosbuen.
Anm. 8. 3ühe (ahb. zahi, mhd. zeehe) gehört vielleiht zu zie hen. —
Zu zäbe fchrint das veraltete Zahen, Zachen (mhd. zAch, zähe) — Laune,
Docht zu gehören. BZulegt nahmen die Ungern Zachen, wurffen ein gemwaltiz
Kewerwerd von Bäch vnd Schweiel In die Statt. Aventinus, Chronik 1580. AL
: 833. Keyſer Theodofius hab ein leuchter, der jhm felbs Del zum zoch en gegoffen
Babe. Daf. BI. 250.
Anm. 3. Dem äußern Scheine nach gehört auch Ziege hierher, im ber
Wirklichkeit muß das Wort zu einer andern, bis jetzt freilich nicht befannten Wurzel
gerechnet werden. @&8 lautet ahd. ziga, ziega, mh. zige.
Fallen .
(Wurzel fal.)
Falle, fiel, gefallen, fallen (ahd. fCv)allu, fFiv)ial, flvw)iale-
mes, fiv)allaner, f(v)allan; mhd. valle, viel, vielen gevallen,
vallen; agſ. feallan, feollan, altn. falla, jchwed. falla, ban. falde,
engl. fall, holländ. vallen; vgl. gr. oyaddır — fällen, zu Boden
werfen, zallar — ſchwingen, werfen, lat. pellere 1.) allgemein fi
nach unten bewegen aus Mangel eines Haltungs- oder gehörigen Un—
terftügungspunctes, auch uneigentli in verjchiedenen Bedeutungen: am
Höhe, Stärfe des Tones, am Preiſe abuchmen, aus einem volllom-
menen Zuftand in. einen unvollfommenen gerathen, verloren geben; 2)
durch widerftreitende Handlungen gegen religiöjes und Gittengejeg der
religiöjen und fittlihen Höhe und Würde verluftig werden; 3) unver:
muthet und fehnell fallen (S. 679); 4) im Kampfe getödtet werden
(f. S. 291); 5) and einer höhern Gegend zur Erde herabfommen
(befonders vom Schnee); 6) kommen (von den Kichtitrahlen); 7) jeim,
vorkommen, durch die Sinne empfunden werden; 8) geboren, erzeugt
werden; 9) etwas zufällig jagen; 10) ein Geiprädh, eine Sade nicht
weiter fortjeßen; 11) Aehnlicfeit haben oder befommen (beionders von
Farben); etwas ſchnell, unvermuthet thun: dem ‘Pferd in den Zügel,
dem Feind in den Nüden. — Hier läßt fie fih in einer troftlojen
Lage auf den Sofa fallen. Wieland. Ob, Jammer, die fallende
Sucht did) ereilet! Voß, der Riefenhünel 97. Heil dir! Vollendet !
Majeſtätiſcher Sünder! Deine furdtbare Rolle vollbracht. Hoher
Gefallener! Schiller, Monument Moors. Ein Geredhter fellt fieben
mal. Luther, Bibelüberf. Sprihw. 24, 16. Das Bollwerk des Baper-
lands ift gefallen. Schiller, Wallenſteins Lager 8. Ich bitte Sk
1) Mit dieſem Verbum beginnt die erſte Glaffe der redurlicierenten
Derbi. Da die Reduplication nur noch im Gothiſchen zu erfennen if, fo gebe
ich bei den nachfolgenden Verben aud die gothifhen Formen an, foweit diefeihre
befannt find. Die erfte Claſſe bat nhd. die Ablaute a, ie, a.
⸗
. 1091
— — — — — —
recht ſehr, laſſen Sie deswegen nichts von Ihrer Hochachtung gegen
mich fallen. Gellert. In ihm fiel unſere Hoffnung. Duſch. Wenn
ſchrägere Strahlen der Sonne auf dieſe Ebene fallen. Duſch. Als
ih mich) umſah in des Biſchofs Wohnung, fiel mir ein weiblih Bild-
nig in die Augen. Schiller, Marin Stuart I, 6. Wenn mir nur
das Neden nicht fo beichwerlih fiele. Gellert. Es it ein Schuß
gefallen! Göthe, Schneider-Fourage. Es Fällt vielleicht ein Wort, dag
mir auf Euch zu kommen Anlaß gibt. Lelfing, Nathan d. W. 2, 7.
Da nun der Kunftrath ſchon an mebrern Orten deutliche Winfe fal—
len laffen. 3. Paul. So oft fie davon zu reden aufing, ließ er das
Geſpräch fallen. Göthe. Bor David fiel Jedermann. Luther, Bis
belüberi. 2. Sam. %, 2.
Sündigen (ahd. suntön, mhd. sünden, altf. sundöön, sundiön, f.
Sünder ©. 66) allgemein dem religidfen und Sittengejeg Wivderſtreitendes
tun. Behlen (f. S. 64) vergegenwärtigt lebendig, daß das Unrechte für
das Rechte gethan werde, es gefchehe dies nun wiflentlich oder unwiffentlich.
— Die andern Synonymen |. S. 291. 679.— (Dem Himmel ift) fündigen
wollen auch fündigen. Leffing, Emilie Balotti 2, 6. Fehlen it das
Loos der Sterblihen. Mofes Mendelsfohn.
Anm. Fiſchart (Gargantua S. 235, 283) hat die abweichenden Prätes _
ritalformen: er ful, ed geful jm.
Gefallen 1) (veraltet) zufallen, begegnen, ſich fügen; daraus
2) angenehme Empfindung von etwas Haben. — König Pipino ge-
fiel (fiel bei der Theilung zu) Gafeonien. Aventinus, Ehronif 1580.
31. 297. Ihre Gelübde gefallen den guten Herren fo wenig, als
fie dem jündigen Freunde der weltlihen Werte behagen. Götbe,
Reinefe Fuchs 8, 176.
Behagen (ahr. pihagön? mhd. behagen und gehagen, nah Waders
nagel-eig. anitacheln von ahd. hagan, mhd. hagen — Dornbuſch, nad
Friſch und Schmitthenner aus der urfpriinglichen Bedeutung eines Um:
ſchließens mit einem Bag, ahd. mhd. hac, agf. hæg, hege, altn. haga,
hagi, mittellat. haga, haiu, haio zu deuten); dann recht innerlich wohlthuende
Empfindungen von etwas haben, mit wohlthuenden Empfintungen erfüllen.
Belieben (f.Tieblih S.24) für gut finden, wobei der Begriff der Neigung,
des Begehrens hervorgehoben wird. — (Silit) dich nicht beim Tanze wohls
behagen! Göthe, Kauf. Beliebet nur, das Plaudern rinzuftellen, fo
werb’ ich tun, was meines Amtes iſt. Schiller, Turandut 8, 4.
Veberfallen 1) über ein Ding hbinwegfallen; 2) unvermuthet,
und zwar heftig gewaltfam, beſchwerlich Jemanden gegenwärtig fein,
über Jemanden berfallen. — Nun überfällt mich bier die Scham.
Göthe, Braut von Korinth. Da überfiel den Hof ein Trupp vete
laufnen Gefindels. Göthe, Hermann und Dorothea 6, 108.
Ueberraſchen (f. raſch S. 850) bat den Begriff, daß es durch flarke,
eroße Geſchwindigkeit gefchehe. Ueberrumpeln (von rumpeln, mhd.
: oo
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——6 —— —— — —
rumpeln = fi ungeflüm und mit Geränfch bewegen, nhr. dumpfes Geränſch
machen) bezeichnet, daß jenes unvermuthete Gegenwärkigiein Getöfe nud Us
ordnung errege. — Mich däudıt, ich fühle dieirs Jünglings Baben mit um
fichtbarer leiſer neberraſchung ſich in mein Auge ſchleichen. Shakſpeare,
was ihr wollt 1,5. Die Emigrirten ſollten ihn einen Augenblick überrumpelt
haben, ohne ihn halten zu fünnen. Böthe, Campagne in Frankreich 4. Ent.
Ab— (©. 16), an— (S. 788), anheim—, auf—, aus —,
de—, bei (S. 558), darnieder —, durch —, ein— (©. 16.559), ent—,
entgegen—, er—, beim—, ber—, berab—, heran — herauf—, her⸗
aus—, berein—, bernieder—, herüber—, berum—, herunter—,
hervor —, herzu —, hin —, binab —, binarf—, hinans —, Hindurd—,
binein—, binuber—, hinunter—, hinweg — hinzu—, miß— (6.
1007), mit—, nach —, nieder—, rüd—, um— , umber—, ver—
(©. 16), vor— (©. 486), voran —, voraus —, vorbei—, vor:
über—, meg—, zer—, zu—, zurüd—, zufammenfallen. — Se
fiel jein Bruder den Halß von einem Pferdt ab. Aventinus, Ebie⸗
nit 1580 Bl. 104. Dem Wurm, der Menjch heißt, jühriget, blübet,
verblüht und abfällt. Klopftod, an Gott. Daß der Kadaver tüg-
(ih abfällt und eindort. J. Paul, Titan 29, Wenn er hurtig
macht, Fällt Cbei der Theilung). auch für ihn was ab Schiller, Pic
eofonrini 4, 1. Da der Boden gegen die Berge zu abfällt. Götke,
ital. Reife 22. Febr. 1787. (Trübe Abnungen) fallen mein banges
Herz in düftern Träumen an. Schiller, Wallenfteins Zod 5, 3. Ale)
falien dem Henker anheim. Shaferpeare, Wintermährchen 4, 3.
Die große Manigfaltigkeit in Schnitt und Farbe der Kleider fallt mir
auf. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 1. Wie man feine Anlagen dem
Fremden gerne vorzeigt, damit er das, was und gewöhnkich geworden,
auffallend erblide und den aünftigen Eindrund davon für immer fe
halte. Daf. 1, 8. Die Zähne find mir in eurem Dienfte ausgefal-
fen. Shafeipeare, fo wie es euch gefällt 1, 1. Und immer it noch
etwas nachzuhofen, dad in der Eil’ ihr ausnefallen war. Wieland,
Oberon 5, 15. Ruftlos fechtend Fällt die Mannſchaft aus. Schiller,
Jungfrauv. ©. 1, 3. Ich fuhr fort mehrer: dergleichen Gewehre zu
machen, welche fhöner und dauerhafter als Die Türfiichen felbft aus
fielen. Götbe, Benvenuto Cellini 1, 6. Wenn den Nächiten ein
Unglück befället. Göthe, Hermann und Dorothea 1, 71. In der
Lebhuftinkeit der Ausführung war es den übrigen auch nicht beige fallen.
Göthe, Meifters Lehrj. 1, 8. Nun fiel die ganze Verſammlung Eu
tan auf Einmal mit Ungeftüm bei. Klopſtock, Meiftas 2, 731. Tr
durch die Raufen der vier Fakultäten dur fallen. 3 Paul, Heipernt
22. Friedrich der Zweite war mit 60,000 Mann in Sachſen einge
fallen. Göthe, Leben 2. B. Als erzu reden anfing, fielen fie mi
friegeriichem Spiel betäubend ein. Schiller, Wallenfteins Tod 3, 22
Db nun ſchon, wie ich fürchte, edas abermals eingefallene falte
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Better Sie abhalten wird. Göthe, Briefm. mit Schiller 1, 107.
zällt einft ein Mißjahr ein. Voß, Junker Kord 143. Ob ihm nicht
ud) mandımal ein Leid bei feinen Fußwanderungen einfalle. Götbe,
Neifters Wanderj. 3, 1. Gr war mager und eingefallen. Göthe,
Benvenuto Gellini 2, 8 Auf einmal entfiel mir fchwindelnd mein
Joheöprieftergewand. Klopſtock, Meſſias 4, 74. Das jm Das Schwert
us jeiner hand entfallen mus. Luther, Bibelüber). Ezech. 30, 22.
nn: feinem der Muth um degwillen. Göthe, Meiftere Lehrj.
Am jüngften Tag... find wir verpflichtet Rechenichaft zu geben
ya — Wort das imnduͤtz uns entfallen. Göthe, Warnung. Nie
ntfalle Die (entſchwinde deinem Gedächtniß) Die Zuſage, die du
ben thateft! und nie entfall’ (feble) aud) deinem Mutbe der Beiſtand
ver Götter! Meißner. Meine Güter jeien dem Kaijer heimgefal—
en. Göthe, Götz v. B. 4. Sonnen fallt auf mid her! Klöp-
iod, Meſſias 2, 808. Wie der Falk darüber herfällt! Shafefpeare,
vas ihr wollt, 2, 5. Die Haare fielen ihr dunkel und reich über
Jie Stirne herab. Göthe, röm. Elegien 4 (Wollen Sie) den Brief
rgendwo berausfallen lafien? Schiller, Kabale und Liebe 3, 2.
Wenn du dein glübendes vor Liede zudendes Geficht unter dem her
ibergefallenen Haaren gegen ihn aufhebft. 3. Paul, Titan 15.
Hottes Schreckniß fällt noch auf mich, wie tödtend, herunter.
tiopftod, Meifins 4, 69. Da fällt eben Alles hin! Schiller, Wal⸗
enſteins Lager 11. Spät mit der ſinkenden Sonne fiel ih in Lem⸗
108 hinab. Voß, Ilias 1, 592. Da ich den Becher Dir frängte, Die
Roſenknoſpe hineinfiel. Göthe, der neue Pauſias. So würde auch
Aue Sonntag Ihnen nicht mißfallen. Göthe, Meifters Wanderj.
, 7. Weil du mir in Suchen mißgefallen. Opig. Daß mir an-
indich bald an dir was mißgefiel. Lohenſtein, Roſen 28. Die
einander in Gräber nachfallen. J. Paul, Heſperus 3. Falle
rieder, Knabe! Schiller, Tell 3, 3. Bis dieſes Zweifels felſenfeſte
Rinde von dieſem Herzen niederfaitt. Schiller, Don Karlos 2, 2.
Aus ihrem offnen weiten rüdfallendeu Gewand. ER Oberon
13, 61. Bis man an Doppeljeitigen Lähmungen umfällt. 3. Baul,
Titan 10. Das alte verfallne Gemäuer. Göthe, Bergſchlop. Daß
euch die Angeſichte verfallen und der Leib verſchmachte. Luther,
Bibelüberſ. 3. Moſ. 26, 16. Wenn mit tiefem verfallneren Auge
die Todtengräber Durch die Leichname wandeln. Klopſtock, Meſſias 3,
551. Eure Leiber ſollen in der Wüſte verfallen (ſterben). Luther,
Bibelüberſ. 4. Moſ. 14. 29. Er iſt noch nicht verfallen, und ich
möchte ihn nicht gern vor ſeinem Termin bezahlen. Shakeſpeare, K.
Heinrich IV. 1. Thl. 5, 1. Daß ihr Die Akte vom vergangenen Jahr
jebrocdyen, dem Gejeß verfallen jeid. Schiller, Maria Stuart 1,7.
Da er durch eure gen mung in die Strafe der Acht verfällt.
Göthe, Oöh v. B. 2. Es iſt nicht eins verfallen (verloren, un
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wirkſam) aus allen jeinen guten Worten. Luther, Bibelüberf. 1. Kön
8, 56. Sind duch den Dampf erftidt, verfallen (verfchüttet) Durch
die Winde. Opig. Da foll der Wirth den Wein oder den
dafür feiner Obrigkeit verfallen haben. Lori, Lechtain v. 1616. Der
wigige Kopf und mittelmäßige Denfer wird bei gewiſſen Bege-
benbeiten immer auf aefünitelte Erklärungen verfallen. Lichtenberg,
pſych. Bemerfungen. Seine eingedrüdte Brust, feine vorfallenden
"Schultern. Göthe, Meifters Lebrj. 8, 1. Werde mid, wenn Etwas
vorfällt Platen, Schaß des Rhampſinit 4. Schwierigfeiten, die im
den Bergen von Storcia wegfielen. Göthe, Benvenuto Cellini 2,1.
Soll zu Aſche mir zerfallen dieſer Glieder Götterpradht ?_ Göthe,
der Gott und die Bajadere. Und folft auch du und du und du wicht
gleih mit mir zerfallen. Göthe, zahme XKenien I. Wo die Ge-
waͤſſer fich fcheiden, und ein Theil in die Saar, ein Theil dem Rheine
zufählt. Göthe, Leben 10. B. Der Sippfchaft aber fiel ihr Erbe
zu. Bürger. Wie wenig ihnen dafür Belohnung zufalle. % Paul
Das Dajein fiel und zu, die Freiheit wird errungen. Ziedge, Ura-
nia 6. Es iſt wol war (wahr), ih fall dir zu (bed. H. Sachs.
Bielleicht zur alten Krone falten wir zurüd, wenn einft Burgund
und Frankreich ſich verſöhnen. Schiller, Jungfrau v. D. Prolog 3.
Er flieg den Berg binan, und fiel den Augenblid beladen in das
Thal zurüd. Gellert. Eh diefe Worte noch verhallen, sehn ihre
Frauen fie, durchrannt vom ſpitz'gen Stahl, zufammenfallen
Schiller, Aeneis 4, 121. Manchmal ift er mager und zufammen-
gefallen. Göthe, Rameau's Neffe. (Heil und Heiligkeit) Faklen
dort in. Einem Geift zujammen. Ziedge, Urania.
Mit auffallend (unfere Aufmerffamfeit plöplich und unerwartet m
hohem Grave erregend und auf fid gehend) find finnverwandt: feltfam
(abd. seltsäni, mhd. söltssene, söltseine, altn. sialdsenn, älternhd. seltsen,
sellzsam, aus ſelt⸗, felten, goth. sildana? ahd. seltana, mhd. selten,
anf. söldan, engl. seldom, altn. sinldan, und aus ſam, vielleicht Particiy
von fehen, ©. 508, wo dann ahd. sani für sahani flände) wenig und
in Abweihung von dem Gewöhnlichen vorfommend und dadurch fremd um
die Aufmerffamfeit befondere auf ſich ziehend; fonderbar (mh. sonderbsre
1. jondern S. 926) was befonders hervorzubeben iſt, ausgezeichnet; von
dem Gewöhnlichen abgefondert, gefchieben und darum bie Aufmerffamfeit auf
ſich ziehend; abenteuerlich (f. Abenteuer S. 492) vft bis zum ungereim:
ten feltfam; wunderbar (mhd. wunderbsere, von Wunder S. 290) ein
Wunder an fich tragend oder darſtellend; wunderlich (ahd. wuntarlih,
mh. wunderlich) fv daß man fid darüber wundert oder verwundert, alio
nur auf die Thätigfeiten lebender Weſen eingefchränft, was bei wunderbar
nicht der Fall if, auch nicht bei wunderfam —= einem Wunder gemäß, ähn⸗
ih. — Seltfam, bei Bott! höhft wunderbar und feltfam! Schiller,
Jungfrau v. ©. 1, 9. Seltfamgr Stimmen wurderfamen Klang ver
IR...
nimmt man oft. Daf. Prolog 2. Du aber ſtammſt aus HeldensZweigen, die
taufenb ſchone Brüchte zeigen, du biſt ein fonderbares Kind. Chr. Gry⸗
phina. Kaum war diefes gefprochen, fu zeigte ſich den ſchroffen Weg herab
eine jonderbare Grfcheinung. Oöthe, Meiftere Wanderj. 1,1. Alles übrige
it auch abenteuerlich zwar, aber fein Abenteuer... die ganze Welt
- wirft mir feit langen Jahren vor, ich fei ein launig wunderliches Mädchen,
Daf. 2, 11.
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Bufammenfegungen z.B. Him,
mıeliallende Blitze. Klopflod, Meillae 11, 963. Gin fohimmerntes Gewand,
Das alle Farben ſtrablt, die friſchgefallner Schnee auf bunte Miefen mahlt.
U}, der Sieg des Liebesgottes?. In das altverfallne (Haus) laß mich ziehn.
&öthe, Gugenie 5, 9.
Fallen (ahd. faljan, mhd. vellen, agf. faellan, altn. fella) 1)
fallen machen; 2) in weiterer Bedeutung durch ein Geſchoß fallen ma—
chen, erlegen, tödten; 3) (uneig.) zu Grunde richten; 4) (veraltet)
aufhören mahen; 5) ein Urtheil fallen Inffen, ausfprechen; 6) (veral-
tet) vererben; 7, WVolksſprache) eine Weiböperfon zu Falle bringen,
Ab—, um—, ver—, zerfällen. Sie haben die Thüren zu Boden
gefället. Bluntſchli. Ich bin der Baum, der fernere Schatten
fällt als Aften. Lohenftein, Sophonisbe 5, 637. Es fam mit zadi«
ner Babel haſtig ter ‘Pater herbei und glaubte den Räuber zu fällen.
Göthe, Reinefe Fuchs 3, 145. Mein Diener liegt ſchon durch glei«
hen Schuß gefällt. Geller. Sein Anfchlag wird gi fellen.
Luther, Bibelüberſ. Hiob 18, 7. Du fannft der Völker Toben fällen,
wie ſtürmig fie auch find. Opitz. — Sobald der alte Saturn (die Zeit)
diefe (die Weiber) mit feinem Sichelwagen und mit dem Eleinen Ge—
Ihüg und feiner Sanduhr abfällt. 3. Paul, Hejverus 8. Der in
ein rawes Feldt und. Steine ließ verfellen die Stadt Jerufalem.
DOpig, von der Wahrheit der chriftlichen Religion 1631. ©. 82. Ich
bin jme verfellt. Hug, Rhetorica Tübingen 1528 Bl. 78a. (Er) .
verfällete ten Klausner in die Koften des Schlofferlohnes. 3. Paul,
Siebenfäs 7. Bis er einen aroßen Truthahn an der Gabel- hatte,
um ihn in der Luft mie der Reiher die Fiſche, und noch ai italiaͤniſch
zu zerfällen. J. Paul, Heſperus 26. Die Aufgabe ſelbſt (iſt) we—
der genau genug beſtimmt, noch natürlich genug zerfället, noch voll—
ftändig und aus voller Bruft beantwortet. Herder.
Gefallen (infinitiviſches Subitantiv von gefallen 1. Nad
Gefallen = wie ed uns gefällt, angenehm ift; nach Belieben =
wie es unferer Neigung, unferem Begehren genügt; nad Willkür
(1. füren S. 9) = wie e8 der freie Bill prüfend wählt, nad) freiem
Entſchluß. — Gefalljuht (von Campe gebildet für das franz.
coquetterie) leidenjchaftliche Begierde zu gefallen, beſonders durch för=
1) So muß, troß dem abweichenden (männlichen und fachlichen) Geſchlechte
das Wort gefaßt werden. Das ahd. der gifal iſt = slahta, Nieberlage.
1096
. perliche oder geiftige Vorzüge, fei es nun durch wirkliche Vorzüge oder
Dadurch, daß Ddiejelben in dem Grade vorhanden find, als dieſer der
Befiger ihnen beilegt, oder nicht. — Thut mir den Gefallen. Goethe,
Camont 1. An denen ich ſelbſt einiges Gefallen babe. Goethe,
Briefe mit Schiller 5, 310. Sie müflen uns einen Gefallen
thun. Goetbe, Meifters Lehrjahre 7, 4. In allen Anftalten zu Feier
lichkeiten und Zeiten erregten Pracht und Würde ein ftilles Gefal
len. Daſ. 6. Nach nichts ringt Die weltiihe Gefallſucht fo ſehr,
al8 nach dem Scheine des Naiven. Schiller.
@itelkeit (f. S. 751. 752) eigentlih Leerheit, Nichtigkeit; daun ges
baltlofe oder ungegründete hohe Meinung von Vorzügen, Die entweber gar
nicht da fint, oder doch nicht in dem beigelegten Grave; Begierde zu gefalien,
in hohem Grade oder nieverem Grade. — Habe ih gewandelt in eitelkeit?
Luther, Bibelüberſ. Hiob 31, 5. _
Tall (ahd. fal, mhd. yal, alte. fall) 1) der Zuſtand, da eim
Perſon oder Suche füllt, eigentlich und uneigentlih: das Sinken von
einer Höbe, die Abnahme an Würde und Macht, Schwängerung, Ab⸗
ſterben; 2) Dasjenine, was füllt, was geichieht oder geicheben fanz:
im Bergbau eine Art von Klüften, bei den Jägern an Krankheit orer
“vor Hunger gejtorbenes Wild; 3) die Höhe, um welche ein Körper fällt;
4) der Ort, wo das Waſſer von einer größern oder geringern Höbe
herabfaͤllt; 5) Cin der Schifftahrt) ein laufendes Tau, wemit ein Segel
aufgehißt wird; 6) (veraltet) Veränderung, die fich bei einem Lebugut
zuträgt, indem ed an einen andern Lehnträger übergeht; Die bei joldyen
Fällen dem Lehneherr gebührende Abgabe; das Recht einen Theil vom
beweglichen Nachlaß eines Leibeigenen oder Lehenträgerd zu fordern, jo
wie Diejer Theil ſelbſt. — Die Nachricht, daß Mathilde all ihr Gut
durch eines Handelohauſes Fall verloren. Bürde. Wie es Den taäan—⸗
jendinaltanfend Zodten Gottes einjt fein wird, hat das große Weh von
dem Falle (Adams) bis an den Gerichtstag ausgeflagt. Klopited,
Meſſias. Anftatt Dich von dem Verderben zu.retten, flürzt er Lich tie-
fer hinein, indem er fi zu deinem Falle geſellt. Goethe, Göß r.
4, Der innere gleihe Sinn, den Fälle nicht zerrütten Hager
— Nahe Bäche rauſchten in kleinen Fällen ſanft in das Getöſe.
eßner. |
Ab—, An—, Aus— (©.227), Bei—, Durch —, Ein-,
Heim—, Nieder—, Rück—, Über—, Un—, Ber— (S. 716),
Bor— (©. 492), Zer—, Zu— (5.492), Zwifchenfal u. a. —
Wo der At’ ein umnendlicber Abfall lag in Lanb und Geiträud.
Voß, Zuife, 1, 322. Das Nitterfräulein willit Du dir erwerben mit dei-
nem Abfall von dem Land: Schiller, Tell 2, 1. Es gibt fo vice
Schattirungen der Empfindungen, als Abfälle (Abweichungen, Verſchie⸗
denheiten) zwiſchen einer Habichts- und Stumpfnaſe. Goethe. Diele
Regel leidet große Abfälle (Ausnahmen). Gottihed. Unbefümmert
4107
um den Ab» oder Beifall meiner versfünitelnden Zeitgenoffen. Bür«
ger. Das allerliebfte Geſchlecht hat doch immer jeine eigenfinnige Anr
fälle. Weile. Es ift verglichen worden, daß die fünftigen Anfälle
(anfallenden Güter) als gemeinfchaftlie Güter angefehen werden jollen.
Ungenannter bei Campe. Du wirft weder teil nod) anfal haben an
dieſem wort. Luther, Bibelüberi. Apſtl. 8, 21. Ich danfe recht fehr,
daß Sie mir die Sorge über Ihren Fieberanfall fo bald benum-
men haben Göthe, Briefw. mit Schiller 1, 157. Bon dem Ay se.
fall der Franzoſen in der Nacht anf Marienborn vermelde ich Folgen-
des. Goethe, Belagerung von Mainz. (Daß er) feine Caution zu
färglichem Erſatz des Ausfalls inne behalten und das Gut ander.
weit verpachtet ‚werden ſollte. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 11.
Wilbelmen verdroß dieſer Ausfall (ſcharfer Tadel) ein wenig.
Goethe, Meifters Lehrj. 1, 10. Mit Beifall und Verehrung hör’
ich Dich. Goethe, Zaffo 2, 3. Die ah! Menihenbeifall... fi
zu ihrer Thaten Belohner wählten. Klopitod. Eudlid ward der Alte
an einem Durchfall fo heftig krank, daß er fait geftorben wäre. -
Goethe, Benvenuto Cellini 3, 3.. Trier und Pfalz vermuthen eher des
Himmels Einfall. Goethe, Göß v. B. 4. hr werdet mir verge-
den und wenn ed euch wohl geht, noch gar meinen Einfalt-Ioben.
Göthe, Zery und Bättely. Der Verkäufer fteht dem Käufer gut für
al rechtlich Einfall (Eingriffe), frieg, aniprach und irrung, die die⸗
ſem am Erkauften beichehen möchten. Mon. boica 19, 393. Als
Fürſten ſich zu feinem. Karls) Handfuß drängten, und jegt in Einem,
Einem Niederfall jehs SKönigreihe ihm zu Zügen lügen. Schiller,
Ton Karlos 1, 1. Unerträglic muß dem Kröblichen ein jäher Rüd-
fall in die Schmerzen jein. Goetbe, Iphigenie 3, 1. Wir ftanden,
feines Ueberfalls gewärtig, bei Neuftadt ichwach verſchanzt in uns
jerem Lager. Schiller, Wallenfteins: Tod 4, 10. Id) weiß, das ganze
Rand nimmt Theil an meinem Unfall. Goethe, Göß v. B. 1. Iſt
der Unfall (die Seuche) under ‚der Schäfferey geweſt. R. Leouhards
Mirafel vor 1605. In kranken Verfall des Körpers. Goethe,
Meifters Wunderj. 1, 6. Der Zeit Verfall. Shafeipeare, 3. Cäjar
2, 1. Der die Civilvorfälle... zu ſchlichten hatte, Goethe, Leben
3,6. Wenn duch Lebensvorfälle die Gemüther munter und
aufgerent wurden. Dal. 14. B. Er nahm die fümmtliden Vorfal—⸗
lenheiten unierer Nachmittagswanderung wieder auf. Daj. 9, 8.
Es gibt feinen Zufall; und was uns blindes Obugefähr nur
dünft, gerade das fteigt aus den tiefften Quellen. Schiller, Wallenft.
Tod 3, 3, Die Richter jollen fein jonderpartey in gericht oder anhang
oder Zu efall (Beiftimmung) fuechen oder machen. Gerichtsord. v. 1588.
Es hat ſchwer gefallen nach fo langen Paufen und unglücklichen Zwi-
ſchenfällen wieder Pofto zu faffen. Schiller, Briefw. mit Göthe 6,
370, — Güter, die in Bawfell (Bauſchaden) fommen. Mon. boica
1098
7, 314 v. 3. 1503. Ueberhaupt folte man in manchen fittliden
Bildungsfällen die Mängel nicht zu ſchwer nehmen. Goethe, Leben
10. B. Ihm Thränen opfern werd’ ich beim Blätterfall. Matthi-
fon, Zodtenopfer. Und docdy haben wir gemeflene Ordre, end m de
Güte zum überreden, oder im Entſtehungsfall euch in den Thum
zu werfen. Goethe, Göß v. B. 4. Würde diefe (die Rechtswiſſen⸗
haft) fo viel Erbichaften theilen, wenn jene (die Arzneiwiflenicaft)
nicht für Erbfälle forgte? Sturz, Rangſtreit. Bei näherer Unter
ſuchung fand ich .fle (die Soldaten) um einen trichterförmigen Erd
fall gelagert. Goethe, Kampagne in Zranfreich 30. Aug. Wir gir-
gen in die Höhle hinein, ungefähr eine Viertelftunde über verſchieden
Selienfälle, jehr abichüffig immer bergab. Seume. Wir wol
einen Fußfall thun. Goethe, Götz v. B. 4. Das ift ein Glüdsfall
Shafeipeare, Muß für Maß 4, 3. Dem Billard gab man das Stel:
lenneg, den Kugelfall dem Ohr des Zählers anzudeuten. Ungenam⸗
ter bei Campe. Bloß Lunens Lichtfall überfprengte noch die Gegend.
J. Baul, Helperns 7. (Sie) könnten uns, im Notbfall, wichtige
Dienfte leiten. Goethe, Benvenuto Bellini 2, 1. Weint, Newton,
ihren (der Welten) Riefenfall. Schiller, Phantafie an Laura. (Da
‘entbehrft) niht Stromfall, noch den Schlag der geflüchteten Walk.
Klopftod, das Gehör. Alles ift jegt ſchon auf Reim und Silben
fall eingerichtet. Gothe, Briefw. mit Schiller 4, 323. Dem a die
Harfe auf den Todesfall geichenkt hat. Goethe, Meiſters Lebrj. 9
16. Nah der Trommel dumpfem Tonfall. Voß, Dithyrambu.
Sie unterhielten fich von ihren Unglüdsfällen. Bfeffel, der Pem
mer und der Kater. Welch ein Schall überbrauft den Wafferfallt
Goethe, Deuticher Parnaß. Sanfter Melodien Schall im gemehrel
Wechſelfall. Voß. Weil die Gegenwart des Gegenſtandes da
Wechſelfall zwifhen Ja und Nein aufdringt, die Großen und Be
bei in diefem Zwingfall lieber verneinen, da diefer Zwang das Ber
dienft verringert. 3. Paul. Hinterm Krug beim Würfelfalle
Redwig, Amaranth.
Das mit Abfall (gänzliches Lostrennen von einer Gemeinſchäft, Mi
einer rechtmäßigen Oberherrſchaft) finnvermandte Empörung f. S. #8. -
Mit Zufall find außer den S. 499 angeführten noch finnverwantt: Leß
(ſ. E. 5060); Ungefähr (auch ohngefähr, älternhd. ongefer, ohngefeht,
eig. än gevser, äne gevaere eg. — ohne Nachſtellung, Hinterliſt; Mass
außer der Abſicht zufommend; der rechten Wahrheit und genauerer Befimmusg
unvorgreiflih, nur fohin ohne genaue Beflimmung, von äne = ohne wo)
gevsere, gevaerde, f. Gefahr S. 753) das Geſchehen ohne Abſicht un de⸗
rechnung; Schanze (mhd. schanze, franz. chance = Glückswurf des Enke)
nur in hefondern Redensarten gebraͤuchlich — Sie dürfen um den Red de
Schanze fhlagen (Das Loß werfen). Opip. Daß er gezwungen wart, uf
diefe neue Schanz fein Glück und feinen Ruhm’zu ſehen. Wieland.
1090
Ball (der zuerft als Adverbium, dann als Gonjunction verwen-
dete Genitiv von Fall) vereinzelt dad Ungewiſſe, und- bezeichnet, daß
Das einzelne Statthaben von etwas auf das Ungewiſſe vorausgejegt
werde, wodurch ein Anderes bedingt wird. — Allenfalls, eben-
falls, gleihfalls |. S.860. — Da meine Frau auch eines böfen
Huſtens wegen nicht ausgeht, jo haben Sie wohl die Güte, falls es
nöthig, und bei Serenissimo des Concerts wegen zu entfchuldigen.
Stiller, Briefw. mit Göthe 6, 242. Das wenige, was ich zu thun
babe, kann noh allenfalls unterbleiben. Daf. 6, 255. — Id bat
ihn bei allenfalfiger Rückkehr mich wieder zu beebren. Goethe,
Meifters Wanderj. 3, 8. &
Wenn (f. S. 832) dient, einen Sag einzuleiten, welcher einfache, reine
Bedingung des durch ihn beilimmien Sapes il. Das kezügliche wo (guth.
hvar, war, ahd. huuär, wär, mbr, wä) und das hindeutend Fezügliche aber
feliener fo (goth. sve&, abd. mhb. sö) heben vie Bedingung ſcharf hervor, nur
iſt fo feltener und ſieht alterthümlih aus. Wofern, wofür aud, wiewol
felten und mehr hervortretend fofern (ahd. 50 förro daz) und dafern ſtehen,
hebt die Bedingung ale eine Cinſchräukung auf ewas noch Ungewiſſes ſcharf
hervor, welche einichränfeade Beziehung aus der Bezeichnung der Abmeſſung
in fern (f. S. 514) hervorgeht. — Wohlthätig if des Feuers Wacht, wenn
fie der Menſch bezäbmt, bewacht. Schiller, Glocke. Sie werden mich retten und,
wo ih ohne Rettung verloren bin, theilnehmend um mich weinen, Schiller,
Sp du fämpfſt ritterlih, freut dein alter Vater fih. F. L. Stolberg, Lied.
Gib mir, wofern es dir nefälkt, des Lebens Ruh und Freuden. Gellert. Bers
nunft und Wahrheit fein gebelen, (baferr man ja an euch gebenft) den
folgen Reimen nachzutreten. Hagedorn. Ich halte mih an die Branzofen
f offen fie heiter und zierlich find. Göthe, Meiffers Wanderj, 1, 5.
Faällig (ahd. fellie, mhd. vellec) was im Begriff ift zu fallen,
in verjchiedenen Bedeutungen, beionders bei Jufummenfegungen. Da—
von Fälligkeit; ab— (©. 277), an—, auf, bei—, ein—, ge—
(S. 741), heim—, hin—, niß—, um—, 3u—, zwifchenfällig
u. a. — Schon in zwei Monden, einen Monat früher, ald die Ver—
fchreibung fällia, fommt gewiß zebnfältig der Betrag mir ein. Shak⸗
jpeare, Kaufmann von Benedig 1, 3. Einen in die Unkoften fällig
erkennen. Lori, LZedyrain v. 1616. — Das Laub blieb an den Bäumen,
ſo Daß weder Reif nod) Schnee felbiges möge abfällig machen.
Bluntihli. Sie wöllen euch von mir abfellig maden. Luther, Bis
belüberf. Sal. 4, 17. Das Abfällige der Baumwolle. 3. Bau.
Die abfällige Seite eines platten Daches. Reichsanzeiger. (Wenn
er nicht) beifällige Aufmunterung gegönnt hätte. Goethe, Campagne
in Franfreih 30. Aug. Falls alsdann ein Sonn= oder Feſttag ein-
fällig fein jollte, Ulrike. Da der Georgentag an einem Sonntag
gefällig (fallend) wäre. Bayreuth. Verordnung. Kaum batte diejer
Zwiegefang, von einem gefälligen mäßigen Chor begleitet, ſich zum
x.41100
Ende geneigt. Goethe, Meifters Wanderj. 3, 1. Weder ihre Strenge,
wodurd fie unſre Neigung meiftern wollte, noch ihre Gefälligkeit,
mit der fie unfre Neigungen zu Zugenten machen möchte, fonnte un
genügen. Goethe, Meifters Lehrj. 6. Die Hand (if) dem Munde
dienſtgefäll'ger nicht. Shafeipeare, Hamlet 1, 2. Wir beguägter
und an der gottgefälligen Zhat felbft. Goethe, St. Rochusiek.
Der ehrwürdige Gottesgerechte -finft zum menfchengerälligen
Schwäger herab. Sturz, Rungftreit. Stolz und felbfitgefällig.
Goethe, Fauſt 2, 126. Zu einer glüdlihen Selbftgefälligke
empor zu fteigen. Goethe, Meifters Lehrj. 8, 2. Daß man mit Rık
burn und Nachbarinnen im beften VBernehmen und immer in einen
engern Gefälligkeitswechſel ſtehen müſſe. Daſ. 8, 10. Wie es
ſo leicht nicht ſei, daß herrliche Gaben der Götter durch hinfällige
Männer bewältiget werden. Voß, Ilias 230, 365. Vielleicht jo
man denfen, ein ſolches Betragen ‚wäre dem Bräutigam migfällig
geweſen. Goethe, Wahlvy. 2, 5. Er halte gnädiges Geſchenk fin
Lohn, zufälti & n Buß für wohlverdienten Schmud. Goethe, Tuflo 3
Es freute den Gehülfen.... Ehurlotten zufälligerweite etwas In
genehmes gejagt zu haben. Göthe, Wahlv. 2, 8. Die Dabei vorfew-
menden Zufälligfeiten ſtutzten wir poetifch auf. Göthe, Xeben 6.
B. Durch ſolche unangenehme Fleine Zwiſchenfälligkeiten. Ta,
11. B. — Denn e8 ſei augenfällig, daß nur noch Pla für dus
Bild eined Kaiſers übrig bleibe. Dat 1. 3. Dort halt man nd
auf alles Augenfällige. Platen, vom, Dedipus 1. Die Bar:
fälliafeit der Dorflirhe. 3. Paul, Zitan 22. Fußfällig e—
‚ gefleht von Fatme. Wieland, Oberon 13, 6. Glüdfellig me
ſtuück. Fiſchart, Gargantua S. 460. Jetzo werde der Held vor Klstie
hinfallen und Fnieefällig fleben. 3. Paul, Heiperus 4. So cha
geht der Hiltorifer eben io umftändfih und ſchwerfällig feinen Bam.
Schiller, Briefm. m. ©. 5, 315. (Wenn man) die Straffältigeudum
eine rechtmaͤßige Verbindung noch gar belohnen wolle. Göthe, Meike
Lehrj. 8,9. Eine ftufenfällige Abnahme. Götbe, Windelmann 1.
Die Synonymen von ab⸗, ges, fhwerfällig f. S. 163. 377. 7411.—
Mit Befältigfeit ind noch finnverwandt: Dienft(f. S. 437) jene Handling
bes Dienens, fie mag nun zu Iemandes Beilem gereichen, und Liebeedieni
.—= Dienft aus Liebe, d. i. aus herzlicher Zuneigung zu Jemanden. — ME
hinfällig (leicht Hinfallend; ohne innere Kraft zn fortdanerndem fehm fie:
verlidem Daſein oder Beitehen) ift finnverwandt ſchwach (5. 257) wanz
. Rraftwirtung habend. — Dep Rößlein war fo franf und ſchwach. Ublal,
“ fchwähifhe Runde. . —
Gefaͤll 1) die Höhe, um wie viel ein flüſſiger Körper bei jenen
Abfluffe fällt; 2) dasjenine was fällt, aewöhnlich uneigentlid und Im
Plural dasjenige, was von einem Grundftüde fällt, mas dasjelbe ct
trägt. — Zehnten, Zins und Gaben und Gefälle. Göthe, Fark?
1101
m en nn — — —
296. -Wende du dieß Ungefäll (Unglück). Fleming S. 291 der
Lübecker Ausgabe. |
Holle (ahd. falla, mhd. valle, alti. valla, agf. feall) f. S. 380.
— Man hatte eine folhe Gitterfalle eingerichtet. Göthe, Mei⸗
ſters Wanderj. 1, 4. Wie nennt ihr das Stüf? Die Mauiefalle.
Shakeſpeare, Hamlet 3, 1.
Fallbahre, — baum, —beil, — bie, —blod, — breit, —brüde,
—eifen, —endung, — fertig, —fled, —gang, —aatter, —geld, — gra⸗
nate, —grube, —gut, —haus, — holz, —hut, —käfer, —feflel, — klappe,
- klinke, — Mob, —kraut, —laden, — lehen, — muͤtze, —pfahl, — reif,
—riegel, —fad, — ſchirm, — ſchloß, —Ihnalle, —filber, —ſtrick (S.
380), — ſucht, —tau, — tiſch, —trank, —tuch, — wildbret, — wind, ,
—wunde u. a.; fällbar, —wafler ; Abfallsröhre; Anfallsgeld, —punkt,
—recht, —tag; Beifallbegierig, —klatſchen u. a.; Beifallsbezci⸗
gung, Sr — würdig; Einfalldaten, —ichnalle, — pipe; Ein-
fallsloth, — punkt, —ftüge, — winkel; Verfallbuch, —gut, —ſache,
—tag, —zeit; Zufallswort. — Nah dem Fallknecht ſchickte Jener.
Platen, die verhängnißvelle Gabel 3. Und als er wieder fam, ftellt
ihm der Zürft ein neues fein gewebtes Fallnetz auf. Bürger. Ad!
wir werden hienieden liegend in die Höhe geworfen gleih Fallſüſch⸗—
tigen. J. Paul, Heiperus 18. Und fo feße ich's denn, diefen zum
Zall-, jenen zum Prüf» ımd Edfteine hin. Herder Wir ſenken
das Fallthor. Pyrfer, Rudolph 6. Jene ſchließen mit Geräufch
die Fallthür. Platen, Abaffiden 1. Die FZalltöne der alten Kits
henlieder find furz, und ihr Rhythmus ift einförmig. Bürger. (Er)
fab ihm beifalllähelnd in's Aug. Pyrker, Rudolph 7. Ihr Lä-
cheln, ihr Beifallwinken it wie der Senen der Gottheit zu großen
Zhaten. Lafontaine. Gemwähre mir ein Zeichen der Huld und der
beifallwinfenden Allmacht! Pyrker, Tuniſias 1. Donnergleich
ericholl des Volfes Beifallsruf. Uhland, H. Ernſt & Nicht eben
ans der fpäten Berfallszeit, da Religion und urfprängliche An—
lage, auf Religion gebauet, wie tief gefunfen war? Herder. Nimm
die Verichreibung mit, und merfe die VBerfallzeit. Shakeſpeare,
Zimon 2, 1. Bei jedem Zufallswörtden. Göthe, Fauſt 1,19%.
Anm. Ballieren (ital. fallire, engl. fail, mittellat. falliare) iſt durch das
fremde — ieren von fallen abgeleitet.
Falten.
(Wurzel falt.)
Falte, faltete, gefalten (und nefaltet), falten (goth. faltha,
fAifalth, fäifalıhum, falthans, falthan ; ahd. f( v)Jaldu, f( v)ialt, f(vjialdu-
mes, fiv)aldandr, f(v)aldan; mhd. valte, vielt, vielten, gevalten, val-
ten; altn. falda, agf. fealdan, engl. fold, holländ. vouden, baier.
—
1102
falehen, ital, infaldare, provencal. faoda, faudaz vgl. qr. wait
— geichwungen, dtzioos, lat. duplus — zweifach) uriprünglid) wm
geben, einhüllen; daraus zufammentegen, in Zaltenleaen: auf—, aus—,
durch — ein—, ent—, nach —, um—, 3u—, zufammenfalten;
fälteln. — Das Geftridte mit den Nadeln ruhte zwijchen den ge-
faltnen zarten Händen. Göthe, der Beſuch. Sauber bat fie der
Saum des Hemdes zur Krauje gefaltet. Göthe, Hermann und De
rothea 3, 171. — Die Knoipe fpaltet die volle Bruft, die Blume
faltet fih auf zur Luft. Bürger. Die Breite der ausgefaltenen
Flügel des Goldadlers von einer Spige zur andern beträgt acht bis
zehn Fuß. Funke. Star, mit glühender Stirn, die der Grimm
durchfaltete. Klopſtock. Doch eingefalter figt die Unbeweg⸗
liche. Göthe, Fauſt 2, 186. Und wird das Waſſer ſich entfalten,
jogleich wird ſich's lebendig geftalten. Göthe, Gott, Gemüth und Belt.
Wenn ich, fie liebe mid) nicht, den trüben Gedanken entfalte. Klep⸗
ftod, Meiftas 4, 801. Sept entfaltet das Nachtinjelt die mehligen
Flügel. Zacharid. Sie goß die weißen Schultern um den Sohn, um
faltet’ ihm den Silberjchleier um. Bürger. Wie mande Flügel,
nur wenn fie zügefaltet find, Pfauenipiegel gießen. 3. Paul. Nu
falten vor der umnachteten Stim die Hände fi bang zu. Klop⸗
fiod. Er (der Sänger) breitet es Tuftig und glänzend aus Das zu⸗
jammengefaltete Leben. Schiller, die vier Weltalter. Wenn vie
berührte Mimofa ihre geftederten Blätter paarweife zufiammenfal
tet. Göthe, Leben 16. B.
Falte (ahd. der falt, mhd. der valt, die valte, agi. fiald, alta
faldr); =falt, —faltig nd — fältig (ab. fall, mıbd. valt,
goth. falth, agi. feald, Tat. —plex) eig. Zulten hebend, auch im Falten
gelegt, f. einfältig ©. 210; vervielfältigen. — Daß, jo lieb
jein Kopf ihm ift, die Hoſen feine Kalten werfen. Goͤthe, FZauft 1,
111. Haft du die vordere Wadelfalte des verfürzten Rocks geie-
ben? Göthe, Meifters Lehrj. 4, 1. Hat fie in Kindeseinfalt
teile zum Erker ſich hinausgebogen. Redwitz, Amaranth. Apollo gab
jhm ein zweyfeltige antwort. Aventinus, Chronik 1580 BL 101.
Ein dreifeltige Schnur reiffet nicht leicht entzwey Luther, Bibel:
überf. Bred. Sat. 4, 12%. Schon in zwei Monden, einen Monat frä-
ber, als die Verjchreibung füllig, kommt gewiß zehnfältig der Be
trag davon mir ein. Shafefpeare, Kaufmann von Venedig 1,3. Mit
zitternder Sorgfalt folgte mein Herz dent gebietenden Wink. Klop⸗
tod, Meifins 4, 827. So zeigt e8 Liebe, Mutterjorafalt an
Göthe, Eugenie 5, 2. Ich betrachtete fie forgfältig. Göthe, Mei-
fters Lehrj. 1, 6. Das (daß) er fein Reid) weitert und mannig-
faltigt. 9. Sachs. Er bat um DBermannigfaltigung de
Verſuche. Göthe, Wahlv. 2, 11. Wer die Natur aufmerkſam anfiehet,
vervielfältigt für fih ihre Reizuchen. Gellert. Inden er die
1103
Vervielfältigung durch Abformung fehen ließ. Göthe, Meifters
Wanderj. 3, 3. :
Der Salz (mhd. ber valz, von falzen f. unten) wird nur gefagt von
ver regelmäßig gemachten Balte im Papier. Die Nunzel (ahd. runza,
runzila, mhb. runze, runzel, agf. wrincl, ſchwed. rynka, skrynka, engl.
wrinkle, lat. ruga) bebeutet die natürlihe Falte einer nicht angelpannten
Zläche, befonder® der Haut. —fach =in Fächer (ahd. fah, mhd. fach, agſ.
feec) abgetheilt, wird befondere vom Zufammenfegen. gleichartiger Dinge zu
einem Ganzen gefagt. — Sie haben jept gar viel Runzeln mehr. Bäthe,
Künfllers Erdewallen 2. — Dreifah if der Schritt der Zelt. Schiller,
Sprüche des Confucius 1.
YAum. Logau (Sinnged. 618. 1108) fagt vielen und vervielen: daß
er mit gevielten Zweigen möge bis zun Sternen fleigen. Dazu macht Leifing
folgende Bemerkung: „Wir follten das Wort vervielen nicht untergehen laffen,
Bermehren, vervielen, vervielfältigen find drey Wörter, melde dienen,
Das verfchiedene Zunehmen der Dinge an Größe, Anzahl und Bigenfchaften ges
nau zu beitlimmen. 3. B. Das Waſſer vermehrt fih; alle Blumen vervies
len nich; einige Blumen vervielfältigen fid.“ ’
Faltkammer, — tod, —ftuhl, —tafel; Faltenblume, —klappe,
—kniff, —magen, —rand, —red, —ſaum, —ſchwamm, —tud,
—weiſe, —wurf u. a — Das lange Faltenhemd. Göthe, Fauſt
2, 330. Im Zaltenkleid ein reich Behagen. Daf. 1, 44. Gein
Leben liegt faltenlos und leuchtend ausgebreitet. Schiller. (Da)
warf die VBerderbliche ein faltenreich und fünftlich fi) verwirrendes
Gewebe ihm auf die Schultern. Göthe, Iphigenie 2,.2. Jeder
Faltenſchlag ihres Florkleides. Thümmel. Ein faltenvolles
Oberkleid. Attiſches Muſeum.
Falzen (ahd. falzjan, mhd. valzen, mhd. zuweilen ſtark, jo auch
in füddeutſcher Volksſprache fielz, gefalzen) in Falten oder Falze
legen, iſt wahrſcheinlich Nebenform von falten: ab —, an —, aus--,
be —, ein—, um—, zuſammenfalzen. — Falzer, Falzung.
(mbd. valzunge).
Falzamboß, —banf, —bein, — blume, — bock, — brett, —eiſen,
—haken, — hammer, —hobel, —meffer, —zange, —ziegel.
Anm. Pfeifholter, im oberdeutſcher Volksſprache Fifalter, Feifalter,
Beifalter, Zwiefalter männlich, ahd vivaltra, fivaltra, ſtvalter, uhd vr
valter, vivelter, agſ. filfalde, altniederd. pifoldre weiblich, kann nah Graff IT,
515 ans lat papilio entſtanden und dem beutfchen falten (Zufammenfalten der
Flügel) nur angepaßt fein; nah Grimm Gram. III, 368 kommt das Wört von
falten.
Halten.
(Wurzel halt).
Halte, hielt, gehalten, halten (goth. halda, häihald, häihal-
dum, haldans, haldan; ahd. haltu, hialt, hialtum£s, haltaner,
1104
haltan; mhd. halte, hielt, hielten, gehalten, halten; agi. healdas,
altn. hallda, engl. hold, fchwed. halla, dän. holde, bolländ: houden)
mit dem Grundbegriff des Umfaffens, bedeutet nhd. 1) Ctranj.) wit
- der Hand ımmittelbar oder vermittelit eines Werfzeuges fahlen umd bie
Lage, den Zuitand, worin es fich dabei befindet, fortdauern laſſen; 2)
(uneig.) die Bewegung den Ausbruch eines Dinges balten; 3) den
Zuftand eines Dinged und Die Veränderungen desſelben beitimmen;
4) eine Sache veranftalten, fie zur Wirklichkeit bringen, fte vor ſich
gehen laflen; 5) etwas beobachten, fich einer Sadıe gemäß Betragen;
6) zu irgend einem Zweck anjchaffen, entftehen machen, fortdanern und
beitehen laffen, das äußere Berhältnig einer Sache beſtimmen und fort-
Duuern laffen; 7) ein Urtheil über den Werth und die Güte eine
Sache füllen, fle ſchätzen; 8) (intranf.) eine Bewegung aufhören machen,
aufhören fih zu bewegen (eig. und uneig.); 9) auf oder über etmad
bulten, Sorge tragen, daß etwas beobachtet werde; 10) an fich bartem,
fich nicht verrathen, feine wahren Geſinnungen und Empfindungen nicht
Außern, nicht ausbrechen laffen; 11) (in der Schifffahrt) feuern, ſegckn;
12) (zurückbezũglich) fih an etwas halten, etwas Feites angreifen und
dadurch verhindern, daß man nicht fallt (eig. und uneig.); 13) ſich
fortdauernd auf gewiffe Art betragen; 14) in gutem und braudbarem
Zuſtande verharren; 15) auf einer Seite bleiben, fortgeben; 16)
(neutral) in jeinen Theilen oder mit etwas Anderem feſt verbuuden
fein, dauerhaft fein; 17) enthalten, in feinem Junern fallen fönnen;
18) das Gleichgewicht halten, gleiche Schwere mit etwas er
und uneig.); 19) ftille fliehen; 20) (Volksſprache) fein, zu ⸗
ſtelligen oder durchzuſetzen ſein. — Gott pfleget über den Die freue
Hand zu halten, dem Ueberlaft und Unrecht wird gethan. Op:
Den Zeufel halte, wer ihn hält! Götbe, Fauſt 1. 74. Ich wei
daß dich Geichälte halten. Geller. Wer an ein gebaltenes
Kunſtwerk gewöhnt ift, ficht ſich zulegt ungern ins Gräuzenloje getrie⸗
ben. Göthe, Leben 13. B. (Die) das Kajtel Sauct Elmo in drei
wiederholten Stürmen am hoben Mittag hielten. Schiller, Den
Karlos 3, 7. Es fehlt an Voll, er kann das Feld nicht halten
Schiller, Jungfrau v. DO. Prolog 3. Stiemand bielt Stand. Daj.
23, 1. (Ev) ließ Betitunde halten. Sciller, Walleuſteins Lager 6
(Bir; follten da ſtrenge Mannszucht halten. Du. 6 Drum md
er Soldaten halten können. Daf. 11. Daß der Friedländer einen
Zeufel aus der Hölle im Solde hält. Dal. 6. Die Freundfafl,
fo vortrefflih fie ift, Halt uns Doc nie wegen der Liebe fchadled.
Gellert. Ich muß bitten, den arellen Ton ein wenig janfter zu bal⸗
ten.‘ Leſſing. Mich hat herzlich verlangt, mit euch dieß Mahl uod zu
balten. Klopſtock, Meſſias 4, 1074. Man verſprach uns Diente,
hielt ſie Wenigen. Meißner. Die rechte Bahn halten. Opik
Können Sie alauben, daß ich Ihre Partei gegen meine Schwefter habe
⸗
1105
halten müſſen? Leſſing. Zu Chinon hält der König feinen Hof.
Schiller, Jungfrau v. D. Prolog 3. Ich halte viel auf ein billiges
Lob. Gellert. Wer Gott ahnet ift hoch zu halten. Göthe, ſprich—
woͤrtlich. Wie die würdigen Altvordern e8 gehalten und gethan.
Schiller, Tell 1,2. Gottes lebender Wind. hielt zwiſchen den ehernen
Bogen unbeweglich. Klopftod, Meſſias. Der Sag, bei weldyem wir
halten. Leffing. Sie hält mit großer Demuth an den Sitten ihrer Vors
fahren. Gellert, Wir müfjen den Verftand gewöhnen mit feinen Urthei⸗
fen an fi zu halten. Sonnenfels. (Er) fchaute des Mädchens ftil-
len Berdruß und gehaltenen Schmerz und Thränen in Auge. Göthe,
Hermann und Dorothea 9, 108. Aber ich hielt auf Pylos den Lauf
(des Schiffes). Voß. Ih halte mich zu denen, die dich fürchten.
Luther, Bibelüberf. Pf. 119, 63. Hier Halt fid) (wird gehalten) das
Gericht. Colin. Buttlern traf ih. Gleich it er jelber bier. Der
hält dir feſt. Schiller, Wallenfteing Tod 3, 6. DaB wenigitens bis
Nom des Ritters Weisheit halte. Wieland, Oberon. Wie hält’s,
haben fie ausgeichlafen? Weiße.
Haben (If. S. 639) in der Gewalt eines Dinges fein; (landfchuftlich) in einem
Dinge feit fein. Haften (f. heften S.231) feſt an oder auf etwas fein ober
bleiben. — Ich lief; kaum naht” ich mich dem Ton, fo Hatte mich das Neg auch
fchon. Gellert. Seh’ ih an andern große Bigenfchaften, und wollen die an mir
auch nicht haften, fo werd’ ich fie in Liebe pflegen. Böthe, ſprichwoͤrtlich.
Abhalten 1) in einiger Entfernung von ſich oder einer Sache
halten (eig. u. uneig.); 2) Jemanden von der Vollbringung einer Sache
zurüdhalten, hindern; 3) gehörig und bis zu Ende halten, aushalten,
ausftehen; 4) (im Seeweien) auf eine gewiffe Art feuern; 5) (bei
Mägden) das Kind bei Seite halten, daß es feine Nothdurft verrichte. —
D daß der fteife Befuh abhält auf dem Scloffe die Herrſchaft!
Voß, Luiſe 1, 35. Dom Fall faum abgehalten ward er in einem
Seffel gebracht. Göthe, Wahl. 2, 8.
Hindern (abd. hintarjan, mhb. hindern, agf. hindrian, altn. hindra
von binder, nun hinter S. 599), Verhindern iſt flärfer. Wehren
(f. S. 611.631) machen, daß ein Beſtehen nicht gefährdet wird; Gewalt gebraus
chen, um Jemandes Thätigfelt zu verhindern. Bermehren ift flärfer, Stö—
ren (S. 291) heftig, thätig einwirken, um etwas aus feiner Orbnung zu
bringen und zu unterbrechen, hier, um etwas, das gefchieht, durch erregte Uns
ordnung aufzuhalten oder aufhören zu machen. — Ahnen iſt nicht zu helfen,
und fie hindern uns, daß man fich feltfi hilft. Böthe, Meiſters Wanderj.
1, 8. Diefe (Züge) vergrößerten ſich nach und nach, ohne daß ınan e6 ver-
hindern fonnte over wollte. Böthe, Leben 2. B. Was will die Nadel nad
Norven gekehrt? Sich ſelbſt zu finden, es iſt ihr verwehrt. Böthe, Bott, Ges
müth und Welt, Ic fann dem Zweifel nach, der meine Ruhe ftört. Gellert.
Anfhalten 1) in feinem Laufe unterbrechen, eine Bewegung oder
Thätigkeit gänzlich) aufhören ntachen, fle mag nun darnach wieder fort«
76
UN.
—
1}
geiept werden oder nicht; 2) (veraltet) Aufenthalt geben, beherbergen,
erhalten, ernähren; 3) fich aufhalten, an einem Orte verweilen, bei
einer Sache verweilen, fich lange Zeit mit ihr beichäftigen; 4) tadeln
— (Lucinde:) Er geht, Claudine, gebt; du haͤlhtſt ihn nicht? (Elan
dine:) Wer gäbe mir das Recht ihn aufzuhalten? Göthe, Elaudime
von Billa Bella. (Sie hoffen) den allgemeinen Frühling anfzubal-
ten, der die Geftalt der Welt verjüngt? Schiller, Don Karlos 3, 10.
Im Klofter Ehtbal jollten 14 Münch und 13 Ritter mit jren Hank
frauen aufgehalten werden. Aventinus, Chronit 501. Man laſſe
mich hier noch einiger Männer gedeufen, weldye fi in Leipzig auf-
A oder dajelbfi auf kurze Zeit verweilten. Göthe, Leben
88.
Hemmen (ahd. hemmau, wäb. hemmen, ſchwed. hacmma, hamma,
dän. hemme, enıl, hem, nah Weigant von der Wurzel ham — halten,
binden, fangen, woher alta. hamla — Rette, gr. rauılog — Aufertau, abe.
hamo = Hamen, Bungneg) ſagt man auch, wenn nur eine bedeutende Ber:
minderung der Bewegung oder Thätigfeit dur Abhalten bewirkt wird. Die
anderen Synonymen |. S. 88. 892. — Was bültit du meinen aufgebohnen Arm
und hemmſt des Schwertes blutige Entſcheidung? Schiller, Jungfrau ven
Drleans 2, 10.
An—, anbe—, aufbe— (©. 631), aus— (©. 765), be—,
bi—, beibe—, durch , ein— (©. 764), empor —, ent— (©.
63), entgegen —, er— (©. 30), feſt —, fort —, gegen—, baus—,
her —, herab —, heran —, herauf —, heraus —, berein-—, herüber —
herunter —, hervor —, herzu —, hin —, binab— , hinan —, hinauf—,
hinaus —, hinein —, binter— (S. 7), hinüber—, binunter—,
hinweg —, hinzu—, inne —, mit—, nach —, nieder—, über—,
am—, unter —, ver— (S. 7. 18), vor — (S. 426), voran —, vor
aus —, vorbe —, vorbei—, vorent —, vorüber —, weg —, wider—,
u—, zurück—, zurüdbe- , zurüder—, zuſammenhalten. —
aß man die Kinder in Uniform zu geben anhalte. Görhe, Wahlvo.
2,7. Nun anzuhalten (zum Steben zu bringen) die Pferde. Goͤthe,
Hermann und Dorothea 5, 150. Die juugen Leute wirklich in Em-
pfang zu nehmen, Die in dem benachbarten Städtchen eingehelt mund
angehalten worden waren. Göthe, Meiſters Lehrj. 1,13. Haltet
an und ftehbt! Schiller, Tel 3, 3. Auch war fein Umgang mit
Wilhelminen ein anhaltender Zwiſt. Göthe, Meiſters Lehrj. 1, 15.
Mit welchen Thränen ich für den Knaben, der fortfränlelte, zu beten
anhielt. Daj. 6. Zwei Stunden hab’ das Schießen Bu scbalıen
Schiller, Wallenfteins Zod 4, 4. Weislingen hat während feiner Ge-
fangenfchaft ihre Xiebe gewonnen, um fie angebalten, und ich jugte
fie ihm zu. Göthe, Göß v. B. 3. Er behielt feinen lieberzug aus
Slatteis an. 3. Paul, Zitau 33. Du mußt ihm aber erlauben, daß
er feinen Hut aufbehalt. Göthe, Leben 10, B. Ginen Zen zit
1107
unehmender Stärke aushalten. Hiller. Laßt Weiberliebe nicht das
Band zertrennen, das jeden Schickſalswechſel ausgehalten. Schiller,
Jungfrau v. ©. 3, 1. Bift du gekommen, deine verjprochene Zeit bei
mir auszuhalten? Göthe, Benvenuto Gellini 2, 8 Wer nicht
arbeiten föndte, hielt man vom Zehenden und den Kichengütern au 8
Chetöftigte, ernährte man). Aventinus, Chronik. Ihr möchtet ibn wohl
fieber ganz behalten? Schiller, Piccolomini 3, 6. Recht ftetö be—
hält das Schickſal. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. Wem ihr die
Sünden erlaffet, find fie erlaflen; wem ihr fie behaltet, find fie be—
balten! Klopſtock, Meſſias 14, 1387. Ich will mir fie auf Erden
zum Samen behalten (aufbewahren). Luther, Bibelüberf. Hol. 2,
33. Einige Arbeiter, die noch am Hausban beichäftigt waren, wollte
man gern fo lange beibehalten, bis auch diefed fromme Werf voll»
endet wäre. Göthe, Wahlv. 2, 2. In ihren fteifen Stiefeln, die zu—
legt nicht mehr durchhalten wollten, litten diefe braven Menſchen
bei dem fchredlichen = unendlih. Göthe, Kampagne in Frankreich
30. Oct. Halt ein, du tapferer Rede. N. Vogl, Huniad. (Daß
er) die Arme gen Himmel emporbielt. Klopftod, Meſſias 4, 1134.
Nebenft andern Bedienten enthielt Chielt auf) fih an feinem Hofe ꝛc.
Hoffmannswaldau, Heldenbdriefe 1. Da zog Abram hinab in Egypten,
das er fich dafelbs als ein Frembdling enthielte (aufhielte). Luther,
Bibelüberf. 1. Mol. 12, 10. Der ganze Leib enthält fi anein-
ander durch Gelenfe und Fugen. Daf. Eol. 2, 19. Daß fie ſich des
Drted enthalten follten. Daf. 3. Eir. 6, 27. Wer kann dabei der
Thränen fihb enthalten? Wieland, Oberen 6, 72. Entbalte
(erhalte) du mich, Herr, fo bin enthalten ih. Fleming, S. 21 der
gübeder Ausgabe. Andeß enthalte (bewahre) uns vein Wort. Lu—
ther, Bibelüberf. Ier. 15, 16. Der Herr enthält ıunterftüßt) die
Gerechten. Daf. Bf. 37, 17. Enthalte die Zungen für (vor) dem
Fluchen. Daf. Weisheit 1, 11. Der Abt... hält endlih unfern
Degen mit aufgehobnem Arm fein Scapulier entgegen. Wieland,
Dberon 1, 4. Man will ihn beim Kommando bloß erhalten.
Schiller, Piccolomini 3, 1. An ihr bloß bielteft du bei jenem
Sturme dih feſt. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7. Der nicht das
Glück feſthält in unauflösliher Umarmung. Schiller, Maria Stuart
3,6. Dod jetzo hält er (der Flaußrock) fchwerlid gegen. Voß,
der Flaußrod. Baumgarten’s Weib, der baushält zu Alzellen, wollt’
er zu frecher Ungebühr mißbrauchen. Schiller, Tell 1, 4. .Wo man
mit Dank in einem Reijewagen haushielte und darin fchriebe und
fehliefe. 3. Paul, Titan 53. Seme Figur, fein Gang, feine Bewegung
und Declamation mußten herhalten. Göthe, Meilters Lehrj. 2, 2.
Der Alte, dem er das Kind hinhielt. Göthe, Wahlv. 2, 8 Da
ich die mijerable Jahrözeit und Witterung in allen Nerven jpüre und
mich mun fo eben hinhalte Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 270.
70%
1108
Er war unvermögend, ihn länger zu belügen und hinzuhalten. %
Paul, Titan 20. Mit der eigenen Hand bielit das Gewand da
binauf. Göthe, der neue Paufias. Und hinterhält ihm fen ge
rechtes Erbe. Schiller, Tel 2,2. Weil er fie Durch Zaum und Ketten
binterhielt. Opig, von der Wahrheit der chriſtl. Religion 1631.
S. 3. Haltet nun ein Wenig inne, Barden! SKlopftod, Her:
mannsichlaht 6. Ja, wenn man’s haben fann, ih halt’ es mit.
Schiller, Piccolomini 4, 6. Allein er (der Eindrud) bielt nicht
lange nach. Göthe, Leben 7. B. Den Soldaten wollen fie nieder-
balten. Schiller, Wallenfteins Lager 11. Die Sonne fteht hoch,
Daher ihm ein Knabe den Schirm überbält. Göthe, St. Rochusfel.
Ze mehr die Welt und ging zu nichte, laß fefter uns die Lieb um-
halten! Redwitz, Amaranth. Aron aber vnd Hur onterhielten
(hielten unterftügend) jm (Mojes) feine hende. Luther, Bibelüber]. 2
Mof. 17, 12. Uns überließ er die Sorge, das Feuer zu unterhal-
ten. Göthe, Benvenuto Cellini 2, 1. Ich weiß zu gut, daß feld
erfahrnen Dann mein arm Gefpräh nicht unterhalten fann. Götbe,
Fauſt 1, 160. Sie wild zum Letztenmal allein mit Gott fih unter-
balten. Schiller, Maria Stunt 5, 4. Ich weiß, Du ftrafit wid
nicht, wenn der verhalten Strom aus meinen Augen bricht. Weiße.
Die Sterne verhalten Chalten zurück) jren ſchein. Luther, Bibel-
überſ. Joel 2, 10. Bor einiger Zeit verhielt er nicht, daß er fih
um meine Hand bewerbe. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 13. Sollſt
Alles wiffen, Freund! ich will dir nichts verhalten. Wieland, Obes
von 12, 32. Dem Schreien einer Frau, der man den Mund ver-
‚bält (zuhält), Ichien der Ton zu gleichen. Wieland. Der Menſch der
alten Zeit verhält fi zur neuen, wie ein Bratenwender zu einer
Repetiruhr. LXichtenberg, Nachtrag zu den wißigen und fomifchen Aus—
drüden. Ob ein veriprungener Funke davon in Lenettens Herzen fi
verbalte und nachglimme. J. Paul, Siebenkäs 3. Halt niemand
feinen verdienten Lohn für. Luther, Bibelüberf. Tob. 4, 15. Leiter
ift e8 (das Schwert) vorzubalten, als hineinzurennen ift. Platen,
vom. Oedipus 2, So lange das (Geld) vorhielt (ausreichte,, bes
diente ich mich Des Wagens. Göthe, Meiſters Wander. 3, 6. (Da
er) die Zweige mit vorausgebaltenen Händen fanft auseinander
bog. 3. Paul, Zitan 3. Du ſolt dem Dürfftigen vnd Armen jeinen
Lohn nicht vorhalten (vorbehalten). Luther, Bibelüber. 5. Mei.
24,14. Haftu mir denn feinen Segen vorbehalten (aufbebalten)?
Daf. 1. Mof. 27,36. (Du) wilit mir deine Gunft großmüthig vor-
behalten (bewahren). Göthe, Tafſo 5, 2. Die Pflichten gegen
Deitreich werden fle fi) immer vorbehalten (ausbedingen). Schiller,
Piccolomini 2, 6. Im Grabe wohnt Einer, der mir Achtung vor=
enthalten. Schiller, Don Karlos 5,9. Ihre alten handfeften Kerle
hielten lange wider. Göthe, Egmont 1. Ich halte mir die Obren
1109
zu. Platen, die verhängnißvolle Gabel 2. Tiefe halten zurüd.
Voß. Merktet ihr nicht, daß fie zurüdbaltender war? Göthe,
Egmont 2. Er wolle den alten Soldaten... Die Gebühren einen
Halben Monat zurüdbhalten Dal. 2. Ich leſ' in euern Augen,
eurer Stimme gebrochnen Tönen etwas Unglüdjel’ges, das mir zur
rückgehalten wird. Schiller, Braut v. M. Wenn er noch Sinn
und Witz genug zurückbehalten hat. Shakeſpeare, viel Laͤrmen um
nichts 1, 1. Es (das Luſtſpiel) ſoll in der Thalia abgedruckt werden,
mit welcher fie es alsdann zurüderhalten. Schiller, Briefm. mit
Göthe 1, 65. Durch ihn (Gott) und in ihm hält der Weltenbund
zufammen. Ziedge, Urania Wir. hielten immer redlid zus
ſammen als gute brave Jungen. Göthe, Göß v. B. 1. Daß ic
erkenne, was die Welt im AInnerften zufammenbält. Göthe, Fauft
1, 9. Das von Zeitgenofien richtig oder falſch Geurtheilte mit den
Ueberzeugungen der Nachwelt zufammenzuhalten und zu segtet:
chen. Göthe, Leben 9. 2.
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere u .B. Der, dıs
Kaiſers Vaſall, ſtatthaltend herrfchtin dem Land bort. Pyrfer, Tuniflas 3, (Sie
werden) nur wohlbebalten unter Dach zu fommen fuchen. Schiller, Ficcolos
mini 2, 6. freundliche Schrift des Geſetzes, des menfchenerhaltenden its
tes. Schiller Spaziergang. Wahrhaftigkeit, die reine, hätt’ ung alle, die welt:
erbaltende, nereitet! Schiller. Und mit halbverbaltwem Lachen fte ihm
ſchõne Knixe machen. Redwitz, Amaranth, Der Ritter, nem der langverhaltne
Drang zur Marter wird. Wieland, Oberon 8, 12.
Ungehalten — bewegte Gegenftimmung gegen Iemanden oder
etwas änßernd. — Schleael erzählt, Daß der Herzog von Gotha über
die Kenien fehr ungehalten fei. Schiller, "Briefw. mit Göthe 2, 235.
Unwillig (mhd. unwillec, f. willig S. 24. 741) aufgeregt abgeneigte, uns .
angenehme Empfindung über widrig Mißſtimmendes äußernd. Böfe, (f. S. 66.814)
feindlich mißgelimmt über Semanden oder eiwas. Zornig (ahd. zornac,
mhr. zornec, von Zorn S. 260) leidenfchaftlich bewegt in widriger Gegen⸗
Rimmung gegen Iemanden oder etwas. — Un willig fteigt der Greif, Schil⸗
ler, Pegafus im Joche. Du bit mir böe, Octavio? Mei Gott, ich kin
niht Schuld an dem verhaßten Streit. Schiller, Piccolomini 5, 1, Ich erins
nere mich nicht ihn zornig gefehen zu haben. Güthe, Leben 1. Bd.
Halter (abd. halto, haltäri, mhd. halter) 1) eine Berjon, welche
etwas hält; 2) Werkzeug zum Halten; 3) — Ort, wo man
etwas hält, aufbewahrt, auh Gehalter An—, Auf— , Aus—,
&r—, Unterhalter u. a. Hälter, ein Ort, ein Raum, wo man
etwas aufbewahrt. — Die Halterinnen deines Daſeins. „Herder,
2. Homilie von den Schranfen und Mißbräuchen ꝛc. In der Frawen
Gewandkalter (Gewandgehalter). H. Sachs. Jenes Flehen, mit
den fie zu feiner Schöpfung Erhalter rufen. Kolpſtock, Meſſias
11, 35. Jeſus Ehriftus, der Miterhalter der Schöpfungen. Daf.
1110
11, 40. Berkünde gnädig uns der Welterhalter das Opfer. Pla⸗
“ten, rom. Dedipus 4. Inhelder (Inhaber) did Briefd. Mon.
boica 35, 241. Es jollen fih viele Mithalter des Götterbotens
deutjcher Programme über Die fpäte Anzeige dieſer Ueberſetzung anfe
gehalten haben. %. Paul, Siebenkäs 5. Ein gefhäftiger Unter-
halter unnüger Regungen. Herder, Autrittsrede in Büdeburg. Er
bereicherte fih ald Banfhalter in den Bädern. Campe. ittern
Angrimm gegen Profeſſionbankhalter. J. Paul, Titan 37. Dem
iſt nur der Handel geſchloſſen und vom Buchhalter in's Hauptbuch
eingetragen. J. Paul, Titan 58. Sie zur Buchhalterin und Per
leſerin der Briefe ihrer Mutter zu machen. J. Paul, Heiperus 12
Er ließ durch ſeinen Gerichtshalter die ſtrengſte Inquifition vor⸗
nehmen. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 9. Ein jeder guter Haushal⸗
ter jollte fie in ſeiner Wirthſchaft einführen. Daſ. 1, 10. Meine
bisherige treue Beichließerin und Haushälterin wird abziehen. Göthe,
Wahlv. 1, 4. Die Geitult, unter der alle feine Schönheitideale nur
als Schildhalter und Karyatiden ftanden. 3. Baul, Heiperus 16.
Da eben der Stammbhalter Luigi gleich in den eriten Jahren feim
Held von nerpdjer Bedeutung war. J. Paul, Titan 37. Das mad,
daß Graf Egmont unſer Statthalter ift. Göthe, Egmont 1. Roh
werden alle Statthalterſchaften mit Niederländern befegt. Dar.
Nebſt dem, der ihr Worthalter war. Gleim. Sonft geht ihm der
figlihe Fiſcher Schwerlih zum Hälter hinab. Voß, 70. Geburtstag
142. Ich will immer gehen und die Korellen aus dem Fiichhälter
langen. Gellert. Hier in dieſem Bujen fpringt eine Quelle, friiher,
feuriger, als in den trüben fumpfigen Behältern. Sciller, Dou Kar-
08 2, 2. Da fteht der verwinichte Schagbehälter noch. Platen,
die verhängnißvolle Gabel 5.
Haltung eimhd. haltunge) 1) die Handlung des Haltens; 2)
Art und Weile fich zu halten, feinen Körper zu tragen; 3) (Bells
ſprache) Feitigfeit eines Dinges; 4) (Volksſprache) dasjenige, woran
fih etwas hält. Ab—, An—, Auf—, Aus —, Er—, Unter
(S. 921), Ber—, Bor—, Zu—, Zurück—, Zufammen-
haltung u. a. — Auch da ließ er e8 an Ausführung und Hal:
tung nicht fehlen. Göthe, Leben 2. B. Die gebeugte Haltung
des Geſichts. Shafefpeare, Hamlet 1, 2. Aufrehthalgung de
weiblichen Zucht. Ratſchky. So bürdet Tyrannenreht dem linter
drüdten Zandeserhaltung auf. Klopftod, an den Kaifer. Worauf
denn dieſer Shönheitserhaltungslehrer fich feinen Abfchied et⸗
bat. Goͤthe, Meifters Wanderj. 2, 4. Die Selbfterhbaltung u
einem jo ungeheuern Drange kannte ſchon fein Mitleiden mehr. Göthe,
Campagne in Frankreich 11. Det. In ſolchen Fällen fehlte e8 nie an
Unterhaltung. Göthe, Meifters Lebrj. 1, 3. Im ward ſteis ſein
vnterhaltung (fein Unterhalt) gegeben. Luther, Bibelüberf. Jer
1111
52, 34. Laß und die englifhen Parkbefchreibungen mit Kupfer zur
Abendunterhaltung vornehmen. Göthe, Wahlv. 1, 6. Die ge-
wöhnliben Beſuchsunterhaltungen dünkten ihr bald ganz uns
ſchmackhaft. Dai. 2,4 Wir könnten ihm bei uns feine Lieblings:
unterhaltung verichaffen. Göthe, Meiſters Lehrj. 3, 1. Selbit bei
Borbejcheiden in Dresden ihm (dem Prediger) gemachte nadydrüdliche
Borbaltungen fruchteten nichts. Ed. Da jene Zurüdbaltung
und Blödigkeit nicht zu überwinden geweſen. Göthe, Meifters Lehrj.
1, 15. — Welche Bortheile gewährt die Doppelte Buchhaltung dem
Kaufmanne!. Daſ. 1, 10. Seine, bei flacher Bruft, etwas vorgebo-
gene Körperhaltung. Göthe, Xeben 14. B. ‘
Halt (ahd. die halta, mbd. halte — Weideplatz, mhd. der halt
— Hinterhalt) 1) Handlung, da man etwas hält, uneig. Einhalt, Zu⸗
rücdhaltung; 2) dasjenige, woran man fi halt oder halten fann; 3)
dasjenige, was ein andered Ding enthält, befler Gehalt, 4) die Eigen-
fchuft einer Sache, da fie hält, feft, dauerhaft ift; 5) (veraltet) Hin⸗
terhalt; 6) (Volksſprache) Bezirk, in welchem Jemand für die öffent-
liche Sicherheit zu forgen bat. Ab—, An—, Auf—, Aufent—
Rück—, Rücken —, Ber—, Bor—, Borbe—, Bider —,
Zufammenhalt u. a. Das Adjectiv haltig ift nur in Zufammen-
fegungen gebräuchlich. — Die Zeit, wo wir verichließen, pflegt als
ein Strom zu fließen, der feinen Halt nicht weiß. Opitz. Doc eine
Hand von Oben wird feinem MWachsthum ſchleunig Halt gebieten.
Shiller, Jungfrau v. O. 3, 4 Wohl dem Herzen findet ſich einmal
Einer, der ein Mittelpunkt für viele Tauſend wird, ein Halt. Schiller,
Piccolomini 1,4. Der untere Theil des Körpers ift des obern Halt.
Platen, die verhaͤngnißvolle Gabel 2. Der alte Halt des Reiche:
thalers. Lori, Münzrecht 3, 29. Hier lag er oft im Halt, mit
Nofen wohl verhängt, wenn er die Jagd beftullt. Logau, Siunged.
1257. Da fam id in der Räuber handt, hielten oft tag vnd nacht
im Halt. H. Sachs. Der Halt (die im Hinterhalt Tiegende Mann⸗
schaft) brach auf. Aventinus Ehronif 355. — Kein Abhalt joll mich
hindern. Campe. Auch die tragiſchen PBerfonen jelbft bedürfen Diejes
Anhalts, diefer Ruhe, um fih zu ſammeln. Schiller. Die arme
Verwaiſete fand nirgends einen ftüßenden Anhalt. Ungenannter bei
@ampe. Zerbrochene Räder an Wagen und Kanonen machten gar
manchen Aufbalt. Göthe, Campagne in Frankreich 28. Aug. Nach
überftandener Gewalt verföhnt ein fchöner Aufenthalt. Göthe, Fauſt
2, 308. Jetzt muß ich eilen, den Eleinen Reſt der guten Jahrszeit
und meines Gartenaufenthalts für den Wallenſtein zu benußen.
Schiller, Briefm. mit Göthe 4, 160. Endlich hatten die getroffenen
Anftalten dem Feuer Einhalt gethan. Göthe, Meifterd Lehrjahre 5,
13. Die Welt it dein Enthalt (Nufenthalt), das Klofter ift vor
1112
(für) mich. Hoffmannswaldau, Heldenbriefe 35. Die Seele. ichien
aus ihrem geheimen Enthalt in’s Aune getreten. Bodmer, Noachide
1. Geſ. (Er) ruft Amandens Bild zum mäcdht’gen Gegenbalt
Wieland, Oberon 13, 58. Jene brechen aus dem Hinterhalt
Schiller, Zell 2, 2. Ich kann und darf nidt binterbaltig fein.
Göthe, Wahlv. 2, 12. Aber im Nachhalt (Hintertreifen) fand
Aurel mit den Zapfern von Malta. Pyrker, Zunifias 12. Wie leicht
geht Barichaft ohne Nahhalt zu Grunde Benzel-Sternau. Ihr
andern aber habt Urjadhe auf andere Dinge zu jeben, die bedeutender
und nachhaltiger find. Göthe, Meiiters Wanderj. 2, 3. Ich darf
nicht gleich ihr unfre Namen nennen, unſer Schiejal nit obne Rüde
halt ihr vertrau'n. Göthe, Iphigenie 3, 1. Doc jener den fom-
menden Scharen fühn entgeaen zu fümpfen bereit, fab forichend zum
Rückhalt. Pyrker, Zunifias 6. Nennt ibr das einen Rückenhalt
jeiner Freunde fen? Hol die Bet ſolches Rückenhalten! Shafe
„ſpeare, 8. Heinrich IV. 1. Thl. 2, 4. Ihr könntet Sinnrückhalte
von ihm gelernt haben. Wächter. Urkraft, Verhalt und Zwed, tief
ansgegründet, umſchlingt der Anmuth leichtgefnüpfte Schnur. Voß,
der Geift Gottes, Man ſprach von einem miniftertelen Borbalt
(Zadel), von nichts Geringerem als einer Art Verweis. Göthe, Tag-
und Jahreshefte 1803. Sie that deshalb einen wohlmeinenden Vor—
halt (Vorſtellung). Mufäus. Hierin geb’ es feinen andern Verlaß
und Vorhalt (Stüge). J. Panl. Bor Tiſch war ein gewilfer Bor-
behalt und eine Klauſel drin von Kaiſers Dienft. Schiller, Piccoles
mini 4, 7. Ihr Herz hatte feinen Widerhalt. Göthe, Meiſters
Lehrj. 1, 9. Alles befonmt Weſen, Zuſammenhalt, Möglicfeit,
Exiſtenz. Herder, — Seine Iuftigen Stüde find am wahren Komiſchen
fo geringhaltig noch nicht. Leſſing, Hamburg. Dramaturgie 10.
Zum erftenmal kam mir der eigeufte Sinn meiner Worte aus dem
Munde eined andern reihhaltiger, voller und in einem größer
Umfang wieder entgeaen. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 5. Der Ton-
halt bildet die an ſich jelbit fchon langen Wörter oder Sylben auf
zweierlei Weiſe. Klopſtock, Gelehrtenrepublif,
Gehalt (der) 1) der körperliche Inhalt, die Beichaffenheit eimer
Sache, nach welcher fie etwas in ihrem Innern enthalten, in fih
faffen kann; 2) dasjenige, was ein Körper von gewiffen andern Theis
len in ji enthält, das, was Gutes an einem Gegenftande it, umd
wodurch er im Urtheil hoch ſteht ci. ©. 437); 3) (oft auch das)
der Unterhalt, gewöhnlich und bejonders dasjenige Geld, weldyes der
Beamte ald Bedienfteter im Amte zu beziehen bat, ſowol in Beziehung
auf Öffentliches Amt, als auf Brivatdienft. — Gebaltig — Gebalt
babend. — Denfe, daß die Gunjt der Mufen Uinvergängliches verheißt,
den Gehalt in deinem Buſen und die Korm in deinem Geift. Götbe,
Dauer im Wechſel. Wenn man ja feiner Schweſter ein jäbrliches
1113
Sehult ausjegen will. Göthe, Clavigo 4. Der befundene Fein—
gehalt des Silbers. Ungenannter bei Campe. Ohne Noth und
Eharaktergehalt. Platen, vom. Dedipus 1. Er wolle den alten
Soldaten, den Wittwen und einigen andern, denen ihr Gnadenge-
balte gebt, die Gebühren einen Monat zurückhalten. Göthe, Eg—⸗
mont 2. Dad Jahrgehalt, das er fi) ausbedingt, it freilich ſtark.
Söthe, Meifters Wander. 2,3. Ich wollte meinen Antheil an dieſem
Spaß nicht für den reihiten Jahrg ehalt vom großen Mogul hins
geben. Shafeipeare, was ihr wollt 2, 5. Bei dem Glauben an einen
taujend Mal höheren Tugendgehalt Lianens. 3. Paul, Zitan 21.
— Daß eine werthloje Münze neben einer gehaltigen auch inımer
eine gewiffe Art von Curs behält. Göthe, 2. Aufenthalt in Rom Dec.
Kohn (der, das ſ. S. 166.935) ührrhaupt was Jemand für Dienitleitung
empfängt; im Beſondern verpflittungemäßige Babe, vornehmlich Beltgabe für
niebere Tienfte. Löhnung, das einzele Dienfltaggeld des gemeinen Solda—
ten und der niedern milltärifchen Dienitbeamten. Sold (mh. solt, ital.
soldo, ſpan. sucldo, franz. solde, von lat. solidus — eine gewiffe Mürze,
fpäter angelehnt an follen, f. S. 238) die im Dienft empfangene Bezah⸗
lung: im Beſondern Tienſtgeld des gemeinen Soldaten und der nierern mil’-
törifchen Dienftbeantten. Beſoldung fit das, was der Beamte als Bedien⸗
fteter In einem öffentlichen Ante zu beziehen hat. Das Fremdwort tie Gage
(franz gage, aus mittellut. gagiam, gadinm, guadium, vadium, von goth.
vadi = Verpflihtungegeld, Draufgelv) it der Gehalt des Oifficiens und des
Schauſpielers. — Der Wütherih! ter hut nun feinen Lohn! Hat's lang
verdient um's Bolf von Unterwalden. Sciller, Tell 1, 1. Wenn ich fic, ebe
tas Jahr um in, fortjage, fo muß ich ihr das ganze Lohn braahlen. Gellert;
Hat man uns nit feit vierzia Wochen die Löhmmng immer umfonft vers
ſprochen? Schiller, Walleniteins La .er 11. Und fein Sold muß dem Sol⸗
daten werden, darnach heißt er! Echiller, Piccolomint 2, 7.
Inhalt 1) dasjenige, was in einem andern Dinge enthalten, oder
Dem Raume nach darin befindlicdy it, eia. und uneigentlich; 2) dasje-
nige, was ein Raum enthalten kann, feine Größe. — Ich hab’ den
Inhalt Ihrer Sendung zwar vernommen. Schiller, Piccolomini 2,
7. Was joll der Inhalt fein des neuen Bunds, den wir hier un
ter'm Sternenhimmel ftiften? Schiller, Tel 2, 2. Einhalt deines
Fürtrages. Hoffmannswalduu, der fterbende Socrates 87. — Iſt jedes
nicht ein inhaltgleihes Ding? Nedwig, Amaranth.
Das finnverwandtr Stoff f. &. 1089.
Unterhalt 1) die Handlung, da man unterhälf, alle Xebensbe-
Dürfniffe reiht; 2) Bedarf zu einem Beftehen überhaupt, im-Befondern
zum Beftehen des förperlichen Lebens. — Und ift die Forderung übers
haupt fo unbillig, daß eine Frau fo viel mitbringen fol, als fie zum
Unterhalt ihres Putzes gebrauht? J. Möfer, patrivt. Phantaſien
2, 16. Daß ihm der Herzog feinen Unterhalt aud im der Ferne
1114
willig reichen laſſe. Göthe, Taſſo 2. Der Unterhalt des befagten
Rindes beftreiten. 3. Baul, Siebenläs 3. Mit Kebensunterhalt
beladen. Platen, Abaffiden 1.
Das Ausfommen (f. auslommen 4. S. 39) Bedarf, um als e:
werbendes Wefen leben zu können. Brot (fo Adelung, Caupe, Grimm ı
A, bei Andern weniger gut Brod, ahd. pröt, mihd. brot, altf. bröd, «gi.
breäd, engl. hread, altfrief. brAd, altn. brauth. ſchwed. dan. brod, wahr
ſcheinlich von ahb. priuwan, mhb. briuwen, agf. bradwan, altfrief. briewa
= branen, duch Dampflocdyen bereiten, nicht von gr. Bporoc — ehe,
was nad der Lautverfchiebung ahd. phröd, mhb. pfröl, uhd. Frod beißen
müßte) zumäcdhft ver ans Getreidemehl bereitete und gebadene Teig als tägl:
eo Rährmittel des Neuſchen; dann Nabrungepflege; überhaupt Nahrungs:
bedarf, um leben zu Ffünnen. — Wiewohl ex auf ein ſicheres Ausfommer
von einem Bierteljahr zum andern rechnen konnte. Göthe, Leben 9. B. 34
batte nicyt zum Zeitvertreib zu gaffen, erft Kinder und dann Brot zu ſchaffen,
und Brot im allerweit’ien Sinn! Göthe, Fauſt 1. Gib zur des Reibes
Noht, vie Kleidung und das Brot 93. Riſt.
Haushalt und das minder dichteriihe Hausbaltung begreift
alt die Geichäfte der Beforgung des Hausweſens. — Dem er, del
dend in Schiffen, vertraut den fämmtlihen Haushalt. Voß, Odyſſee
2, 227. Die mit tüchtigem Menfhen den Haushalt zu führen be
dacht find. Göthe, Hermann und Dorothea 7, 176. Sie batte die
Bejorgung der Haushaltung über fi genommen. Göthe, Meiſters
Lehrj. 6. Zu deren (der Kuh) Kaufſchilling die vier Haushaltun
en zufanmengefchoffen. 3. Paul, Siebentäs 3. Es war ihr Haus
—— Göthe, Meiſters Lehrj. 8, 10. Sie liefert dem
Bater pünftlih ihre Haushaltungsrehnung. Da. Wanderj. 1,8
Wirthſchaft (ahd. wirtscaft, mhd. wirtschaft, altf. wirdscepi f. ®irtb
©. 445) begreift nur einen Theil der Haushaltung, nämlid den Betrieb alles
defien, was den Erwerb und Verbrauch zu Unterhalt und Bequemlichkeit des
Lebens angeht. — Machen Sie einige Schritte mit mir anf'6 Feld und feher
fib um, wie ich meine Wirthfchaft betreibe. Gothe, Meiſtere Wanderj. 1, 11.
Hanshälteriſch (von Haushälter, bei Göthe auh haushäl⸗
tifh und haus hältig von Haushalt) ſchonend und wenig gebrau⸗
hend in Anfehung des Haushaltes, alfo zum Nugen des Hauswejen. — Dit
aud) hüpfende Bohnen vom Schoß banshälterifch fammelnd. Voß, der
70. Geburtstag 134. Die fanften Abhänge waren haus hälteriſch
benugt. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 1. Er wolle ihm eine reiche
Frau geben, Da einem wohlvenfenden Manne dody nur mit einer bau
hältiſchen gedient fei. Goͤthe, Meifters Lehrj. 7, 6. Hier gilt es
nun haushältig zu jein. Göthe, ital. Reife Neapel 26. Febr.
Sparſam ſ. S. 550. Nathſam f. bei rathen. Wirtbſchaft⸗
Lich erflärt ſich aus Wirthſchaft. — (Daß er) von dem Reſt, fo weit a
reicht, ſtill und ſparſam lebt. Leſſing, Minna v. B. 4, 3. Gr übernahe
— —
1115
die Zamiliengüter, wußte fie freifinnig zu behandeln, fie wirthſchaftlich
einzurichten. Böthe, Meiſters Wander]. I, 7.
Haltbar, haltſam, Haltlich meilt in Zufammenfegungenz' Balt-
band, —kette, Tamm, —nagel, —ritt, — ſchaf, —Ihöps, —vieh
u. a.; Hälterkahn, — ſchiff; Anhaltſeil, —pfahl; Anhaltspunkt;
Aufhaltring; Aufenthaltsort, —zeit; gehaltleer, — los, —reich,
—meſſer, —meffung, —voll; Gehaltsmangel, —zulage; Unterhalt⸗
ſchale; Unterhaltékoſten, —mangel, — mittel; Erhaltungsbrille,
—werth, —würdig (auch erhaltenswerth, —würdig); Unterhaltungs-
gabe, — koſten, —kunſt, —ton; Verhaͤltungsart, —befehl, —lehre,
— regel; Haushaltungsbuch, — geſchäft, —kunſt, —regel, — ſorge
u. a. — Und wenn du mir alsdann nur Einen haltbaren Grund
eben kannſt. Wieland. Wenn Sie ihn alſo von der Unhaltbars
eit der Newtoniichen Lehre durch den Augenfchein überführen. Schiller,
Briefw. mit Göthe 5, 3%. Er finft im Drang der unaufhalts
barı Zriebe in ihren Arm. Wieland, Oberon 3, 61. Da denn die
Nachrichten... Zucimen unaufbaltjam in einen audern Lebenskreis
bineingezogen. Göthe, Wahlv. 2, 5. Trodne die unaufhaltbaren
Thränen. Klopftod, Meſſias 11, 1381. Alles zu wagen für einen
Staat, der noh erhaltbar iſt. Meißner. Deren zärtlichftes Aben-
theuer die Lejer unterhalten ſoll, in fo fern fie namlich unterhalt-
bar find. Ungenaunter bei Campe. Weil dergleichen Wörter be—
hältlhicher find. Fiſcher. Ein leicht unterhaltlider Gaſt. Campe.
Durch Eifer und Anhaltſamkeit. Göthe, Leben 4. B. Raſ't nicht
unaufbaltiam der Sturm? Göthe, Amyntas. Diefer junge Menſch
it fehr behaltſam. Heynatz. Darum badete er Sommer und Winter
eisfalt, jo wie er eben darum in allem enthaltſam blieb. J. Paul,
Zitan 48. Als du der Unenthaltfamfeit ihn zeihteit. Shafe-
ſpeare, Cymbeline 3, 4. Eine der ichöniten und gehaltſamſten
Stellen. Bragur. — Die haltloje Erde rollte in Nidyts! Benzel-
Sternau. Weder um Arfer zu werfen, noch anzufnüpfen ein Halt
jeil. Voß, Odyſſee 9, 137. Banden ihn feft mit den Halttaun.
Daſ. 2, 486. Zu ihr, für die mein Leben nody allein erhalten
würdig war. Wieland, Oberon 8, 45. Daher muß ihm jein Leben,
tobald er einem andern davon Rechenfchaft geben will, 10 gehaltleer
vorfommen. Schilter, Briefw. mit Göthe 2, 101. Gehaltloſe
Iräumereien. Koſegarten. Wo von dem Schacht, gehaltreich, ſchil—
leındes Eiſen der Bergmann fördert zu Tag. Pyrker, Zunifins 3.
Beil fie durch fein gehaltvolles Geſpräch dasjenige zu ſehen und
zu kennen alaubte,» was ihr bisher ganz unbefannt geblieben war.
Göthe, Wahl. 2, 7. So entftanden jene Briefwechſel, über deren
Gehaltsmangel die neuere Welt fich verwundert. Göthe, Leben
10. B. Was Sie an Sachen und an Ideen mitgebracht, verſpricht
mir einen unterhaltungsreichen unterrichtenden Winter, Schiller,
1116
— — — —— — — —
Briefw. mit Göthe 3, 322. Ihr ſollt ihnen Verhaltungsbefehle
geben. Klopſtock, Gelehrtenrepublik. Das klingt verwünſcht haus⸗
haltungsmäßig. Benzel-Sternau. Er fragte mich um meine Mei—
nung, und ichien beſonders n Haushaltungsſachen das Zutrauen
zu mir zu haben, als wenn ich alles wiſſe. Goͤthe.
Haltniß (ahd. halınissa, haltnissi) ift faft nur in Zuſammen⸗
jegungen mit Be— und Ber— gebräuchlich. — Wie faum der Zus
konnt' ohne Hältniß gehen. Weichmann, Poeſie der Niederfuchten
4, 297. 6(Er) faßt das falte Behältniß feiner Gebeine. Klopſtoch
Meſſias 2, 124. Nachdem er Das Berhältniß eines jeden Anme
jenden zum Kinde mit Nachdruck geſchildert. Göthe, Wahlv. 2, 8
Wenn zwiichen ihnen einiges Mißverhältniß des Standes mar.
Dal. 2, 7. Man bireb jedody in einem freundlichen Briefverhält-
nid. Göthe, Leben 12. B. Bei feinen vielfahen Gefhäfts- un
Weltverhältniſſen an dergleichen gewöhnt. Göthe, Meiſters Wan⸗
deri. 2, 5. Da man an Lebensverhältnijfen nicht jo vie
zupfen und zerren joll. Göthe, Wahlv. 1, 2. Deſſen wahrbaftet
Neigungsverbältuiß nur darin zu beftehen ſchien. Göthe, Mei—⸗
iters Wanderj. 3, 13. Diejes und jenes befteht neben einander gleidh-
—— aus dem Wechſelverhältniß, ale Urſache und Wirkung.
enzel = Sternan.
Verhältnißantheil, —anzeiger, —begriff, —los, — mäßig,
— regel, —theil, —wort, —zahl. — Lehrjahre find ein Verhält—
nißbegriff. Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 111.
Anm Das in tie Rede eingeſchobene, zugebende, erflärende und bekräftigende
Ze ſ. S. 13. Im Simplicifimus 1, 8 —*9 es: Ich gedenke baltig Han,
a...
Spalten.
(Wurzel spalt; spal—ı? '])
Spalte, fpaltete, gefpalten (auch geipaltet), fpalten (ab.
spaltu, spialt, spialtum&s, spaltanes, spaltan; mbd. spalte, spiel,
spielten, gespalten, spalten; ſchwed. spjäla, eugl. spelt; nad Wei⸗
gand wahrfceinlih Nebenform -von ahd. spildan, mhd. spilden =
ausgeben, altu. spilda, ultj. spildian = verderben, agſ. spillan = ver-
fieren, was wol in Eoftfpielin, für Loftfpildig erhalten it; Ba
ckernagel val. gr. aonzAyyk = Höhle, oxadlsır ſcharren, graben, lat.
scalpere) 1) gleichſam öffnend auseinander fein machen, d. i. etwa dadurch
auseinander jein machen, daß die Berbindung der Theile desſelben ver:
1) Wihd. findet fiy spellen, (aus spalian) — ſpalten. was vffenbar mil
jvalten zufammenhängt, auch nhr, fich noch findet: Wenn das Wetter die fleiners,
Giche ſpällt. Aleming ©. 197 ver Lübecker Ausgaben. Flugs mit ſcharfem Inge
fpellt er den Bauch. Er. Kind, der Xöwe,
41117
—. —
mittelft gemaltfamen Durchreißens oder Durchbrechens aufgehoben wird;
2) ſich felbit jo feinen, in beiden Beziehungen eigentlich und uneigent-
ih. Ab—, an—, auf—, aus—, durch—, entzwei—, er—,
nach —, ver—, vor—, zeripalten. —- Darnach tom ein pligen,
vnd jpielt den ein turn von einander. Ofele, script. I, 585. Der
zeripielt dem fünig feinen kopf. S Münſter, Cosmographia 1544.
©. 523. Er zerhieb gar viel der jchilte vnd manchen Helm aud
jpielt. Heldenbuch von 3. 1560. BL. 93. Den ftarfen jchild von
borne er jm da gar erfpielt. Daf. BL. 98. — Bedenft, ihr habt
weiches Holz zu ſpalten. Göthe, Fauft Vorfpiel. Die Lippe... ift
geipalten und fie jchmerzt erbärmlich. Göthe, Liebebedürfniß. Die
Welt... fpaltete ſich fogleich in zwei Parteien. Göthe, Leben 2.2.
Geſpaltne Klauen treten alle Sitte nieder. Göthe, Fauſt 2, 249.
Es wälzen fich nah bei der Pforte die Felfen unabjeblich hinab, durch
träufelndes Zeuer geipalten 1). Klopftod, Meifias 9, 755. — Die
Wunden feiner Bruft nod weiter aufzufpalten. Bürde Cie
mäßige Rige durchſpaltete feit der Erbauung ſchon die gemeinjame
Wand der beiden verbundenen Häujer. Voß. Hätt' Angulaffers Ring
nicht über ihm gewaltet, ihn hätt’ auf Einen Zug der Löw’ entzwei—
gejpaltet. Wieland, Oberon 4, 25. Doch diefer Schwelle Zauber
zu zerfpalten bedarf ich eines Rattenzahns. Göthe, Fauſt 1, 77.
Ihr habt ihm mit der Art den Kopf zerſpalten? Schiller, Zell 1, 1.
Die innvermandten Flieben und fpleißen f. S.839. 10230, trennen ©. 926.
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfegungen,, 3. B. das
marmorfpultende Schlachtihwert. Sonnenberg, Bon fettem Kien und klein⸗
efpaltnen Fichten. Wieland, Oberon 10, 9. Daß die Flamme ſelbſt, ves
Feuers tothe Säule, die fi von euerm Scheiterhaufen hebt, ſich zweigeſpalten
von einander theile Schiller, Braut. v. M.
Spalter, Spaltung; Spalt und Spalte (ahd. mhd. epalt)
ſ. ©. 835; fpaltig (ahd. spaltic); Zwielpalt, zwieſpältig ſ. ©.
720. — Die Syaltung des Reich in zwei -Religionsparteien.
Göthe, Leben 12. b. Die Finger und Zehen find Abfpaltungen
der Hände und Füße. Popowitih. Und fchwarz aus dem weißen
Schlund klafft hinunter ein gähnender Spalt. Schiller, der Taucher.
Aus fnorrigem Spalt der Eichen erichallt Das Sumſen der Bienen.
Voß, im Grünen Wo aus dem Felfenipalt am beißeften und
vollften der edle Spruüdel wallt. Uhland, der Ueberfall im Wildbad.
Strahlt die Sonne vielleiht durch heimliche Spalten und Klüfte?
Göthe, Euphroſyne. Wer ruft da aus der Felſenſpalte? Göthe,
Fauſt 1, 09. Man windet fi ftufenweife durch finftre Mauer:
Ipalten hindurch. Göthe, St. Rochusfeft. Sie erregt nur immer
Zwieſpalt. Göthe, Eugenie 4, 3. Klappt nicht immer jein Glas,
‚ ” So hat die Quartusgabe von 1755. In ven fpätern Ausgaben ſteht ges
paltet.
1118
wie ein jpaltiger Zopf! Voß, Luiſe 1,638. Zwyfpältige (amwei-
deutige) Antwort. Avertinus Shronit 1580. BL. 101. Der Majer
fand fid) — Göthe, Meiſtero Wanderj. 2, 5. Da ich
ſonſt . .. une zwieſpältig mit mir ſelbſt geweſen wäre. Göthe,
Briefw. mit Schiller 3,-349. Zwiefpältig (zweifadhı iſt die Aut
der Quelle. Küdert, gei. Ged. 3, 81. Ein Draden mit Dreifpal-
tiger Zunge. Voß. ö
Spaltader, —upfel, — art, —bart, —blume, — bruch, —fuj,
—feil, —klinge, — lauch, — meſſer, —fäge, —ſchnitt, — ſtrahl, — ſtüc.
—topf, —wurz, — zahn, —zwiebel. — Und iſt denn das Leben etwa
anders, als der Kampf der Nüanzen mit dem Spaltſtrahl des
Prisma? Benzel-Sternan.
Anm. Stieler hat au ein Berbum fpiltern im Sinne von fpalten
Walten.
(Wurzel valt.)
Walte, waltete, gewaltet (früher wielt, geiwalten), walten
(goth. valda, väivald, väivaldum, valdans, valdan; ahd. walte,
- wialt, wialtumes, waltaner, waltan; mhd. walte, wielt, gewalten,
walten; alt. waldan, agi. vealdan, lithau. waldyti, lat. valere.
1) Gewalt über etwas haben, herrichen; 2) freie jorgende Anordnung,
beliebiges \orgendes Beſtimmen ausgedehnt ausüben; 3) allgemeiner
ein übermögendes Dafein haben. (Das VBerbum ift nun gauz in de
ſchwache Form übergegangen.) — Wie er die fachen wielte. Helden
bud, vom J. 1560 Bl. 34. Aller furzweil er wielt. H. Sad.
. Große treu und Freundichaft fie wielten. H. Sachs. Da but Stei⸗
nen geichalten und gewalten. Zichudi, Ehrouif 1, 172. Sie haben
den Gotteödienft verwalten. S. Frand, Germania Bi. 42%. —
Weil er des Reiches waltete. Voß. Und drinnen waltet die züch⸗
tige Hausfrau. Schiller, Glode. Laß föniali des Gaftredyts Fülle
walten. Schiller, Neneis 2, 10, Daß biebei eine Art Abyichtlichkeit
durchwalten mußte, lag in der Sade. Göthe, Campague in
Frankreich. Pempelfort Nov. Die Ordnungen rings zu Durchwalten.
Voß, Ilias 4, 230. Die bier obwalten jo herrii.h. Voß. Du du
nunmehr ein anderes feiges Kriegsvolf führteft, nur nicht uns o bwal⸗
teteft. Bob. Wie an der nordiſchen Elb' obwalt’ unbändiger
Winter. Voß. Berwalten |. S. 536.
Anm. Ju varticipieler Zufammenfegung fagt Ramler: Sei veines dich lier
benden Baterlandes allwaltender Schutzgeiſt.
Walter (ahd. walto, altj. waldo; Verwalter, Sachwalter;
Anwalt (abd. anawalto); Verwaltung; Gewalt (abd. der und die
k(g)a—, k(g)iwalt, mhd. der gewalt, altj. giwald, agf. gewald),
gewaltig (ahd. k(g)e(i)waltic, mhd. gewaltec); gewaltfam; ge
1119
wältigen, vergewalten, vergewaltigen,. überwältigen
(5. 229.) erklären fi) ans walten. — Heil dem großen guten Wal⸗
ter. Gampe. Daß andenfendes Boll Obwalter mid nennt und
Erzenger. Doß. Kluge Berwalterin ftets der geheim zufließenden
Wohlthat. Voß, Luife 3. bh. 419. Ein warmer Anwalt ift Graf
Schrewshury. Schiller, Marin Stuart 2, 3. Wenn er fogar an der
Staatsverwaltung Antheil nimmt. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 6.
Bir und abtrogen laffen durch Gewalt, was wir der Güte weiger-
ten? Schiller, Tell 2, 2. So wahr ift es, daß Zugend, Beritand
und andere Gaben des Geiftes und des Herzens, im einer ſchönen
Geſtalt mehr Reiz und rafchere Aligewalt auf alle Herzen, fogar der
tobeften Wilden haben. Wieland. Doch unnatürfich war und neuer
Art die Kriegsgemwalt in dieſes Mannes Händen. Schiller, Wal-
-fenftein. Der fodann aus feiner Machtgewalt die Nitter ichuf.
Göthe, Meifterd Wanderj. 3, 6. Um Rettung aus des Todes Nacht⸗
gewalt. Göthe, Eugenie 4, & Dem der Sohn des verborgenen
Kronos Zepter gab und Gelee, dag ihm die Obergewalt jei.
Voß. Wie verborgen ihr zu mächtiger Parteigemwalt euch bebt.
Göthe, Eugenie 3, 1. Schnaubt's heran mit Sturmgemwalt. Göthe,
Fauſt 2, 42. — Sie rollten gewaltige Felſen Eis. Bürger, Lied v.
br. M. Es zwinget mid, des Hungers allgewaltige Noth. Göthe.
Ihr habt euh gewaltfam zugeeignet, was ich euch noch heut zu
übergeben Willens war. Schiller, Marin Stuart 1, & — Daß der
hund mocht den hajen vergwalten. H. Sachs. Einen verunrechten
und vergewältigen. Kramer, Landtagsh. 10, 181. Die Feinde
ſollen jn nicht beweldigen. Luther, Bibelüberſ. Pf. 89. 20. Wenn
ihn die eurige (Hand) überwältigte. Göthe, Goͤtz v. B. 1.
Gewaltamt, —anmaßung, —brief, — durſt, —führen, —geber,
—gericht, —haber, — handlung, —herr, —herriſch, — herrſchaft,
—herrſchen, —raub, — richter, —thäter, — thätig, —thätigkeit,
—träger u. a; Anwaltſchaft, Anwaltsgebühr. — Seines
mordenden Stahls Blutbegier und der Rechte Gewalthieb. Pyrker,
Tuniſias 9. Gewaltlüſterner Empörer! Benzel-⸗Sternau. Mit
des Krieges Gewaltſchritt. Sonnenberg. Allen drohen fie in dreifter
Gewaltſprache. Meyer. Keinen neuen Gewaltfireich, Bruder!
Huber. Wie gierig die Hab- und Gewaltſucht ... greift. Benzel-
Stemau. So hab’ ich mit eignem Neß verderblich mich verftrict, und nur
Gewaltthat kann es reißend löfen. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 4.
Der General follte duch einen Gewaltzug mitten durch des Fein-
des Land das fpaniiche Heer umgehen. Poſſelt.
Anm. Walpode, eigentlich Waltbote (ahd. waltpoto, kiwaltpoto, mhb.
waltbote) Geſandter ves Herrfchers, if entſtellt.
1120
Salzen.
(Wurzel sal—t.)
Salz, falzte, gefalzen (zuweilen gefalzet), falzen (gotb. salta,
säisalt, säisaltum, saltads, saltan; ahd. salzu, sialz, stalzum&s,
salzaner, salzan; mhd. salze, sielz, sielzen, gesalzen, salzen;
altn. salta, lat. salire) mit Salz beftreuen, würzen. Ab—, an,
be—, durd—, ein—, verjalzen (ſ. ©. 829). — Da priet Te
bias ein ſtucke des viiches, das ander tail das jielzen jv. Schmeller
3, 340. Und wenn ſie dann Maden gewannen, ſielz er fie em. H.
Sachs. Und ein friih geſalzenes Fleiſch befand fi im Zroge.
(Söthe, Reineke Fuchs. 3, 310, Bayern bat früher gunz Schwaben
und die Schweiz befalzen (mit Salz verfehen.. Schmeller 3, 41.
Daß die Hausfrau einfalzen und räuchern muß, um vie Küche des
ganze Jahr zu verforgen. Göthe, ital. Reiſe Neapel 28. Mai 1787.
Biele Köche verjalzen den Brei. Göthe, ſprichwörtlich. Ich habe
zweien die Freude verjalzen. Shaffpeare, K. Heinrich IV. 1. ZbL 2,4.
Salz (goth. salt, ahd. mhd. salz, agſ. sealt, altn. salt, ſchwed.
engl. salt, Holläud. sout, franz sel, ital. sale, poln. sol, böhm. sel.
lat. sal, gr. &s, funffr. sara); falzig, dafür auch zuweilen falz,
falzen. Die Sulze und Sülze (ahd. sulza, mhd. sulze, ital. soleio)
— Salzbrühe; fulzen (in Sulze einlenen), Sülzer. Mehr der Bolls-
ſprache angehörig find: ſulchen, ſulhen, ſulen (in Salzwaſſer
beizen oder gebeizt werden); die Sulch, Sulb, Sul (Waſſer, das
von eingefalzenem Fleiſch 2c. zufammenfipt, Salzbrühe). — Die Ge
birge, welche feine Muicheln, feine Steinfohlen und feine Salze ent-
halten... nennt man Urgebirge. ©. H. v. Schubert, Bildung der
Erdoderfläche. Schifft' er durch die ſal zige Fluth des breiten Helles
pontos. Goͤthe, Achilleis. Auf ſalzem Feld (Meer). Fr. Spee (17.
label) Die jalze Meereswoge. Kojegurten. Der (Kahn) Pier
alze Flut beführt. Shufeipeure, Romeo und Julie 3, 5. Ihr Geil:
Iichen feyd ein Salz der Erden, jpricht der Herr, em Salz, lem
Sulz, fein ſchweinene gar nit. PB. Abraham. — Laßt's mit Aſchen⸗
ſal durchdringen. Schiller, Glocke. Hajeln... müſſen verbrannt zu
Stoff des Todes mit beißendem Erdjalz bier fih vermählen. Clau⸗
dius. So verbinden wir das Del durh Laugenſalz mit dem Waſſet.
Göthe, Wahlv. 4, 4.
Salzabgabe, —ader, —amt, —beere, —bereiter, —berg, —
werk, —binfe, —blumen, —blüte, —bohne, —brodem, — brühe,
— brunnen, — büchſe, —bund, —butter, —erde, —faß, —fluß, —fuhre,
— führer, —fütterung, —gaft, —geift, —genuß, —geſchmack, —ges
werk, —graf, — grad, — grube, —gurfe, —handel, —händler, —bis
Find, —haus, --heiht, — herr, — junker, —faper, —fürner, —kaſten,
—floß, —Elumpen, —fnappe, — koralle, —korb, —torn, — kothe,
1121
—kram, —kraͤmer, — kraut, —frebs, —hiftell, — krücke, — kuchen,
— lake, — lecke, —mann, — markt, — maß, —mefler, — meſte, — mo⸗
raſt, —mühle, — mutter, — natter, — niederlage, — ordnung, —pacht,
—pähter, —paß, —pfanne, —pfäuner, —pfennig, —pflanze, — preis,
— probe, — quelle, —rinde, —rinne, —jamenkraut, —fäule, —füure,
—haufel, —ſcheibe, — ſchiff, — ſchlange, — ſchmant, —ſchöpp, --Ichrape,
— ſchreiber, —ſchwaden, —ſchweiß, —ſee, —fieder, —ſiederei, — ſode,
— ſohle, — ſpindel, — ſtaͤtte, — ſtein, —fteuer, —ſtock, —ſtrauch, —ftube,
— ſtück, — ſumpf, —theil, —tonne, —topf, —trodenofen, — trog,
— verſilberer, —verwalter, — verwaltung, —wage, — wagen, —waſſer,
— werk, —weien, — wirker, —zins, —zoll u. a.; Sülzfleiſch, —milch,
—ſtube. — Es haben auch die ſalzbuben oder arbeiter alle wochen
einen ruhetag. Merian. Als Eur Taucher den Salzfiſch hängt' an
ſeine Schnur. Shakeſpeare, Antonius und Cleopatra 2, 5. Dort er⸗
ſtreckt ſich ein ſpitziger Fels in die Salzflut. Voß. Gleichwie ein
Raubgeſchwader im Salzmeer. Voß. (Die Woge) ſpeit von ferne
den Salzſchaum. Voß.
Anm. 1. Mit Salz und Sulz find verſchiedene Eigennamen gebilbdet:
Salzach, Salzburg, Sulz, Sulzbach, Sulzgau.
Anm. 2. Salzwedel (in ven älteſten Urkunden Soltwideln, Soli⸗
wedeln geſchrieben) iR nah W. Gliemann (Archiv für das Studium ber
neueren Sprachen IV, 1, 202 f.) zuſammengeſetzt aus Sol (unfruchtbare, feuchte
Niederung) und tmedel (von eo — verweilen) im Sinne von Wohnſitz, Ort,
wo man fich angefiedelt bat. Der plattveutfche Dialekt fpriht Soltwel,
Fangen (othteriih faben).
(Wurzel fah. 1].)
Bange, fieng, *) gefäugen, fangen und fahen (goth. faha,
fAifah, faifahum, fahans, fahan; ahd. fanku, fiank, fiankumes,
fankantr, fankan und fähan; mhd. vähe (für vange), vie und
vienc, viengen, gevangen, vähen; alti. fahan, faan, agſ. foan,
fon, altn. ſa, fänga, engl. fang, ſchwed. fa, fanga, dän. faae, ſchweiz.
fohen, foihen, fähen, baier. fahhen, fäuhhen, mittelniederl, vangben,
neuniederl. vangen) mit der Grundbedeutung der Freude über den
Beſitz einer Sache, bezeichnet nhd. 1) mit einem Dinge, womit man
zufammenfaßt, etwas fejtnehmen; 2) (in weiterer und uneig. Bed.)
einen Fliehenden erhafchen und feftnehmen; 3) befeftigen, einjchließen;
4) vom Feuer, von Leidenfchaften ſchnell entzündet, leicht ergriffen
12) Grimm nimmt als Wurzelverbum ein goth. faihan an, was fi im ahb.
kiföhan — fich freuen erhalten hat. Davon das gutb. fagindn, altn. fagna —
fi freuen, goth. faheds — Freude. Mit fahan verflocht ſich allmälich das aus
einem verlornen goth. fingan gebildete fank(g)an,
2) Faͤlſchlich fing (hing, ging) gefchrieben, indem man ie ale Dehnung
betrachtet, was es nicht if.
71
1122
werden; 5) (zurückbezüglich) un feine Freiheit fonımen, Durch Gera
then in eine Schlinge ꝛc.; 6) aufgefaßt, eingeichlofien werden. —
Gefangen haben wir fie immer. Schiller, Piccolomini 2, 1. Zeit
lebens foll ich ein Gefangner jein von dieſem Kamen. Daſ. 1, +
Ir Schoͤnheit fieng fein hertz. Luther, Bibelüberf. Judith 16, 11.
Seitdem fing mancher Schäfer aus Ehloris Augen Feuer. Hagedorn.
Und das Mädchen ftehbt gefangen, und fie weint zum eritenmal.
Goͤthe, der Gott und die Bajadere. — Er folle mid fahen. Götke,
Benvenuto Cellini 2, 1. |
Berhaften Ci. baften S. 333. 1105) der Freiheit beraubend feſtnehuren zur
Unterfuhung und Sicherheit. Die andern Synonymen |. &, 787. — Wie
ſchmaͤhlich der berühmte Voltaire in Zoanffurt fei verhaftet worden. Gälke,
Leben 3. 2.
Anm. Fiſchart fügt (Gargantua S. 470): man fieng an ... wann Nr
Fiſch augler z0g zu feuh, fo fung er nie
Ab, an — (S. 62.187.558), auf —, aus — be— (S.484), ein—,
emp — (©. 17 30), nach —, über—, um — (S. 378), unter — (5.3.
266), ver— (5.680), vor—, wen —, zu ‚zufammenfaugen. — Und
dabei, gleichwie ein ernſtes Gerhäft abfangen den hüpfenden Floh
fh. Platen, die verhängnißvolle Gabel 4. Und fo geitelt ihn ab-
zufangen hart er de8 Gegners ohne Bangen. Kinkel, Otto d. Sc.
2. Einige Bauten, die er unternommen, ja fogar angefangen batte,
wurden eingeftellt. Goͤthe, Meiſters Wanderj. 1, 11. Er fing’
klein an. Schiller, Wallenfteins Lager 7. Beſtürmt von Lieb’ und
Zärtlichkeit, wollt’ ich ſchon an zu reden fangen. Gellrt. So fell
die Fram von newen anvengen (d. i. die beim Antritt eines Lehen⸗
gutes fchuldige Gebühr an den Grundherrn entrichten). Mon. boiea
2%, 513. Kein Schild fing deinen Mordftreih auf. Schiller, Wal⸗
lenſteins Zod 3,9, Briefe freilich, von dem Infanten aufgefangen,
müßten bier Wirkung thun. Schiller, Don Karlos 2, 12. Einen
auffangen (einfriedigen). Mon. hoica 8, 278. Bon einem Ta
zu adern, ſammt abrainen und ausfangen.!) Wiltmeifter v. %. 1747.
Ungerechtes Gut befängt die Seele. Göthe, Fauſt 1, 145. Dem
mit den Todten hab’ ich mich niemals gem befangen. Daſ. Prolog.
Indem fah umfer wandernd Baar ſich unvermerft in einem Park be-
fangen. Bieland. Liebfter, komm’, ihn (den Schmetterling) eins
zufangen. @öthe, Schadenfreude. So ainer agfher oder ännger
will einfenngen (mit einem Graben umgeben), der fol gegen jeinem
1) Hierzu bemerft Schmeller: Beym Umpflügen eines Feltes werden (in ber
Oberpfalz) die beyden Abhänge von jedem ſchmaalen Ackerbeet (Bifang) fo weg:
sgeſchnitten, daß nur die Mitte deffelben ale ein Rain übrig bleibt. Diefrn Ruin
nun durch den mitten durchgehenden Pflug rechte und links werfen, fo daß zu
beyden Selten neue Bifänge entſtehen, ker da, wo vorher ein Bifang wer,
eine Bürche wird, heißt ausfangen.
1123
Nachpern anderthalb werchſchuch ligen laßen. Münchner Magift. Ordn.
v.1489. Barum kommt er nicht, um feinen legten Segen zu empfan-
gen? Schiller, Tel 4, 2 Empfangt ihn (den Degen) neu zu—
rück aus meiner Hand, Schiller, Wallenfteins Tod 2,6. Mein Danf
noh zu empfabn. Göthe, Fauſt 2, 298. Da mid ein graulicher
Tag hinten im Norden umfing. Göthe, röm. Elegien 7. Umfängt
mic nicht der weite Himmelsſchoß? Schiller, Maria Stuart 3, 1.
Pfänderfpiel und dritter Mann wollten nit verfangen Göthe,
Fauft 2, 8. Wenn der Sturm in diefer Waſſerkluft ſich erft ver-
fangen. Schiller, Zell 4, 1. Wie fie einem Herrn gram wurden,
fingen fie ihm etwa einen Sohn weg. Göthe, Egmont 2.
Anm. Die Particiyien geſtatten noch andere Zufammenfrgungen z. B. Daß
er kriegsgefangen ſich ſah Ryrker, Rudolph 9. Nicht möglich iſt's, mit fo ges
ringer Mannſchaft ſolch einen Staatsgefangenen zu bewahren. Schiller, Wals
ĩenſteins Tod 4, 6.
Befangen (Partic. von befangen) eingenommen von, parteiiſch
für etwas; verlegen, verwirrt. Davon Befangenheit. — Umfan-
genheit it neu gebildet. — Dort trug ich die fchwierigfte Sache
vor einem befangenen Richter. Voß. Gib mir den feltuen Mann
mit reinem, offnem Herzen, mit hellem Geift und unbefananen
Augen. Schiller, Don Karlos 3, 5. Ein Gemijch von jungfräulicher
Befungenheit und innigem Selbftbewußtjein. Wieland. Zu jchnell
verrauichte Sabre der Unbefangenheit. Matthiſſon, die Kinder-
jahre. Da drüngt es (das geiltige Leben) ringend fi hervor aus
der Umfangenheit von irdiihen Gemwalten. Ziedge, Urania 5.
Mit unbefangen (unbeſchroͤnkt durch foldyes, was der Seele, wie dem
Geiſte, vie offene Aeußerung benimmt, es mag dies Benehmende nun Gerlens
Riınmung, Leidenſchaft 2c. oder Meinung, zurüdhaltende Rüdficht ze. fein) it dreiſt
(1. S. 181 u. erdreiften 8.205) finnverwandt, das fih nur auf Unbefchränfts
heit durch Furcht bezieht und nicht bloß ein Ausichließen von Befchränfendem,
fondern ein zuverfichtliches Vorgehen, gleihfam ein Borwagen im Handeln _
ausbrädt. — Darüber fpottete fie und fagte dreiſt, fie hätten Unrecht. Gellert.
Fänger (ahd.fangäri) eine Berfon, zuweilen Sache, die fängt, auch bloß
an fi lodt: An— (©.1081), Empfänger u. a.; Fängerei, fängerifch.
— Ich will ihnen mit meinen Fängern (Fangzaͤhnen) Den Bauch fchligen.
Schiller, Räuber 2,3. Im Gürtel Dolh und Fänger blinft. Red—
wig, Amaranth. Die Mißtöne der Anfänger find in gewiffe Ein—
fiedeleien verwielen. Göthe, Meiſters Wanderjahre 2, 1. Welch ein
Gläd für den Geber und Empfänger! Göthe, Meilters Lehr. 4,
2. Ein Empfänger babe fid fo gut zu febämen wie eine Empfän-
gerin. J. Paul, Titan 58. Den Diebfänger zu nennen. Daſ.
37. Du bit der ewige Grillenfänger Schiller, Fiesko 1,7.
Seine Grillenfängereien baben alsdann eine wahre Unterlage.
Goͤthe, Morig als Etymolog. Um dic) einem mißgeichaffenen, gril«
Te
1124
lenfängerifhen Bdotier an den Hals zu merfen. Wieland. Stelz
auf den Hirſchfänger. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 4. Ich bin...
der vielgereifte Rattenfänger... Mitunter au ein Kinderfär-
ger... Gelegentlih ein Mädchenfänger. Göthe, der Rattenfänger.
Mit Srillenfänger (der in trüben, ſeltſamen, wunderlicyen Ginfäilen
mit eigenfinniger Stimmung, Grillen, befangen if und ihnen nadhängt) fin
> Annverwandt: Phantaſt (griech. yarrasırz — ber fidh brüflend oder prah-
lend zur Schau Stellende) der in ungezügelter, regellofer Bhantafle Befungene
und hierin Ausfchweifende, woraus fonderbare Ginfälle hervorgehen, vie ihem
einen närrifchen Yuftrih geben, und Schwärmer (f. Sgwärmerei ©,
221 und Herumfhmwärmer S. 870) der in dunkelen Gebilden feine Bors
flellungsfeaft und in dunfeln Gefühlen, weiche der Menſch mit feiner Bernunft
nicht beherrſchen kann, und von denen er fortgerifien wird, orbnungselos ums
ſchweift, fo daß er nicht zur klaren Anſchauung zur Beſinnung fommt, vie
Gebilde für Wirtlichfeit nimmt und demgemäß redet oder überhaupt that.
Die Binfälle können angenehm wie unangenehm fein.
Fang (ahd. agſ. altır. fang, mhd. vane) 1) die Handlung des
Fangens; 2) das, was man fängt; 3) der Ort, wo man fängt; 4)
das Werkzeug, womit man etwas fänat; 5) Gebiß und Klauen der
Raubthiere (ſ. S.1021); 6) (Jaͤgerſprache) Biß eines Hundes, Stich
mit dem Hirichfänger 2c.; 7) (im Bergbau) Grube, die ein Gewerbe
empfangen hat; 8) (veraltet) Feldfrüchte (davon fängen, fengen
- — Naturalerträgniffe beziehen, einbringen). An—, Auf--, Aus-,
Bi—, ) Ein—, Emp—, Jür—, Nach —, Ueber —, Um-—,
Ber—, Vorfang u. a. — Wir werden einen guten Fang
thun. Göthe, Goͤtz v. B. 2. Feng (Gruben) jahen. Lori, Berg-
recht 350. Alle fenng und Frücht, Die auf den Gründen wachſen.
Amberger, Rechtbuch. Frücht, Zing, Gült oder Nugungen zu gebür⸗
licher Zeit fengen oder einbringen. Lehnordn. v. 1553. WBaun der
Bauersmann nit fo vil Früchten, als er ausfäet, wieder einfänget,
fo hält mans vor ain unfrudhtbars Jahr. Urbarsgebrauh S. 104.
— Auch war der Anfang ihren Wünichen hold. Schiller, Piccolo⸗
mini 1, 7. Totväl oder Anveng (j. oben anvengen). Mon. boica
2, 489. Die Zorftmeifter follen feinen Auffang (Einfriedigung durch
einen Graben) erlauben an den Enden, da Holz wachſen möchte. Kren-
ner, Landtagsh. 18, 334. In dem erften (Feld) ligen fiben By
fanng, in dem andern veld dreyzehen Pyfang. Mon. boica 5, 81
v. 3.1438. Wird jemand beklagt, er bab von der Gemein was ein-
gefangen, und beftehet ed, der foll den Einfang wiederum hin⸗
—
1) Bifang (ahd. p(b)iſang, nıbd. bivanc) der Ackerbalken, die beim wieder⸗
holten Hins und NHerfahren mit dem ’fluge, mittelt des Pflugmeflerd und der
Pflugſchar losgefchnittenen Streifen Erde, melde, durch das Streichbrett gegen und
über einander geworfen, eine Grhabenheit (mehr vder weniger fchmales, durch Fut⸗
den eing-fangenes, befangenes Beet) zwifchen zwei Vertiefungen (Furchen) bilden.
1125
— — — — —
wegräumen. Lori, Lechrain 25. Tit. 5. Art. Dreifach würdig ſei
geſegnet ein ſolcher Empfang! Göthe, Fauſt 2,210. Vornehm⸗will⸗
kommnen Gaſtempfang verkündet es. Daſ. 2, 209. Wohlem—
pfang bereitend mir. Daſ. 2, 208. Dem Richter ſeinen Fürfang
(Voreinnahme) geben. Kreiner, Landtagsh. 16, 23. Auf dem hohen,
uralten Burgraume liegt das neue Girgenti, in einem Umfung, groß
enug um Einwohner zu faffen. Göthe, ital. Reije 24. April 1787.
ic wollen den ganzen verborgenen Umfang eurer Erlöjung durch»
ſchaun. Klopftod, Meifias 1, 424. — Gebt den Ham und Gril-
lenfang, gebet ihn den Minden. Hölty. Eilend zum Wallfiſch—
fang’ in fchanfelnden Booten. Byrker, Rudolph 3. Wil Vogelfang
dir nicht gerathen. Goͤthe, fprihmwörtlid. Ein Rauchfang ift dir
auch gewiß. Göthe, Kauft 1, 72. Ihn verdroß, das gute verftändige
Geihöpf in den Händen eines Wildfangs zu wiflen. Göthe, Mei-
fterd Wander. 1, 9. _
Fängig und fängli find nur in Zuſammenſetzungen gebräudy“ .
lih. — Der Kaifer felber haltete gar ein einfängig und einzogne
Hofhaltung. Bopn. Mirakel. Daß ich unmwiderftehlih nah uran—
fänglichen Zuſtänden hingezogen werde. Göthe, Meilters Wanderj.
2, 11. Bier Sprachen verfteht er umfanglid. Wolfe Welcher
Behörde durfte man zumuthen, die eingehenden Schriften, welche nicht
anders als umfänglich fein konnten, felbft von dem beften Stopfe
ausgearbeitet, durchzuprüfen? Göthe, Tag- und Jahreshefte 1804.
Wodurch fie alles, was im mindeften verfänglic fchien, von fi
abzulehnen wußte. Göthe, Wahlv. 2, 5. Allein auch mit dem beften
Dorfage gelang es den Fremden nicht die Freunde dießmal mit einer
unverfänglichen Unterhaltung zu erfreuen. Daf. 2, 10. Daß
haben wir ein aleichniß in der natur, Das nit in allen krankheiten ein
arzney verfänuflich (die beabfichtigte Wirfung hervorbringend) ift.
Geiler von Keifersberg. J
Empfänglich = in dem Zuſtand, Einwirkungen in ſich aufzu«
nehmen. Davon Empfänglidfeit. — Zu einer andern Zeit hätte
ich e8 vielleicyt nicht jo reigend gefunden, als diegmal, da es mid) fo
empfänglicd antraf. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 7. (Wir find) ge-
gen jo holde Anerbietungen unempfänglid. Göthe, Leben 13. B.
Die Zufchauer... batten mehr Empfünglichkeit für das Außeror-
dentliche. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 13.
Das finnverwandte fähig f. €. 1127. |
Fängniß (ahd. fangnissa, mhd. vancnusse, agſ. fangennesse)
ift veraltet und faſt nur noch in Zufammenfegungen gebräuchlich. Fäng⸗
nufjen, Befängnnfien — Jemanden gefangen jeßen finden fid) noch
im 17. Jahrh. — (Daß) Ihr Euch bis auf die nächte Sonnenmwende
unfeblbar in die Fängniß wieder ftellt. Uhland, Ludwig d. B. 4,
Die Oper ſtimmt durch die Madıt der Muflf und durch eine freiere
1126
—— — — — — —
harmoniſche Reizung der Sinnlichkeit das Gemüth zu einer ſchönen
Empfängniß. Schiller, Briefw. mit Göthe 3, 397. Daß es ihnen
auch nicht die Freude der Selbftempfängniß gab. Herder. Er
(der Bogel) fchleppt des Gefängniſſes Schmach noch ein Stüdchen
des Fadens nad). Göthe, an ein goldnes Herz. In der Gefängmiß
Luſtgemache. Rüdert, gel. Ged. 2, 124.
Mit Befängniß (mhd. bie gevancnusse, Zuſtand des Gefaugeufeins;
jeder Ort, we fi Jemand in eimem ſolchen Zußande befindet) iR finnsrrmantz
ber Kerker (goth. karkara, abd. kich)ark(ch)äri un: carceri, mb» ker-
keere und kerker, von lat. carcer, gr. uugxapor) ıin enges, ſchlimmes Ges
fängnig mit zwangvoller, harter Behandlung. — Bu ihm’ hinab in’6 öde Burg
verließ bringt Feines Freundes Trof ... Wenn er erfranfte! A, in des
Kerkers feuchter Finſterniß muß »r erfranfen.... Gr kann nicht leben in
dem Hauch der Brüfte. Schiller, Tell 4, 2. Wollten ibn drauf tie Nürnberger
Herren mir nichte, dir nichts in’ Garcer fperren. Schiller, Ballent. Laa. 7.
Fangball, — brief, —buhne, —damm, —geld, —beufchrede
—leine, —lufl, — meſſer, —reufe, — ſchürze, —ftod, —ſtrick, — tag,
—vogel u. a.; Anfangsbohrer, — buch, — grund, — lehre, —Iinie,
—ſchule u. a; Empfangnehmung u. a.; Verfangkraut, —redit;
Gefangenaufſeher, —hüter, —nehmung, —ſchaft, — wärter; Ge
fängnißſtrafe. — Die wenigen Kammerjäger, die mich leſen, müfſſen
dieſe Fangart häufig gebraucht haben. J. Paul, Heſperus 1. Sie
freuete ſich, daß Viktor feinen alten Zreund von den Fangeiſen und
Fanazähnen diefes Wüftlings wegführen würde. Dal. 3. Zog m
Grauen der Nacht das weitumjchwimmende Fanagnetz nad) dem glei»
tenden Kahn. Pyrker, Zunifias 8 Mich beraufcht fie, die mit Jagd⸗
rohr und mit Fangſtahl an dem Leibgurt auf der Wildbahn fi
einberihwang. Voß. (Wo) für die Naht Fangzeug auslegte ber
Fiſcher. Voß, Luiſe 1, 754. Ein anfangloies Urweſen. Bragır.
Er ſah unverwandt auf das Armſchloß, Das, zu feiner größten Ber-
wunderung, die Anfangsbudftaben jeiner Namen in brillantenen
Zügen jehen ließ. Göthe, Meifters Lehrj. 3, 12. Die Anfang
eindrüce der wejentlichen Gegenſtände unferer Erkenutniß. De
Die Unfangspunte des Unterrichts. Peſtalozzi. (Ich muB) bes
ginnen mit den Anfangsregeln. Shafeipenre, der Widerfpenftigen
Zähmung 3, 1. Da fing nun einer die erfte Anfangsiyibe auf.
Herder. Diefe Vorausiegung verträgt fih nicht mit den Anfang
verfen. Eihenburg Er nahm mit der heitern Ruhe des Alters Das
Anfangswort auf, welches id im Sturm und Drang des jugends
lichen Feuers verlaffen hatte. Benzel-Sternau. Die Anfan gszeilen
eines Gedichts. Eſchenburg. (Sie) laſſen einen Empfangſchein für
mich geben. Schiller, Briefw. mik Göthe 2, 204. Nach den gemöhn-
lichen Empfangsbegrüßungen. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 4
In ew'gem Kerker will man mich bewahren, und meine Rache, meinen
1127
Mechtsanſpruch mir mir vericharren in Gefängnißnacht. Schiller,
Maria Stuurt 1, 6.
Fähig (von fahen) eig. wem eine gewiffe Einwirkung aufzu⸗
nehmen eigen it, daher überhaupt wem die Kraft und die Thätigkeit
eigen ift, eine gewiſſe Beſtimmung wirklich zu machen. Davon Fä—
higkeit (©. 505), befähigen. — Des Schönen find die Menfchen
felten fähig, öfter des Guten. Göthe, Meilters Wander. 1, &
Daß fie nicht bloß gelehrte und eigentlid gefhäftsfähige, fondern
auch geitreiche und vielveriprechende Männer in ihre Dienſte aufnah⸗
men. Göthe, Leben 12. B. Wo der Maun erft liebfähig wird,
Söäthe, Wahlv. 1, 2. Selbft diejenigen Handwerker waren raths—
fähig. Göthe, Xeben 17. B. Beil e8 an Bahlfähigen fehlte
Klopfod, Gelehrtenrepublik. Jeder rvechtichaffene Menſch wird aller-
Dings befliffen jein, seine Fähigkeiten immer weiter auszubilden.
5. Schleiermacher,, daß die Vorzüge des Geiftes ohne fittliche Ge⸗
finnungen feinen Werth haben. Der Bildungsfähigkeit eines
Menſchen fommt das Licht der Natur, welches immer thätig ift, ihn
über jeine Zuſtände aufzuklären, auch bier gar freundlich zu flatten.
Göthe, Leben 10.8. Jarno, der von bergmänniichen Unternehmungen
und den dazu erforderlichen Keuntniffen und Thatfähigleiten den
Sinn voll hatte. Göthe, Meifters Wanderj. 1,4. Sein äußerer Sinn
wird dadurch mit feiner innen Urtheilsfähigkeit außer Gleich-
gewicht geſetzt. Daſ. 1,10. Sein Alter und feine Erfahrungen, meint
er, befähbigten ihn dazu. Campe.
Das Vermögen (mhd. mugent, mugenheit, mugentheit, älternhd. ver
mugen) allgemein das Geeignetſein, das ein Ding hat, etwas zu wirken, Die
andern Synonymen f. ©. 505. — Und ich dank' es meinem Edyöpfer, daß
er mir, enih zuzureden, euch zu reinigen die Seele, Kraft no und Ber⸗
mögen fchenft. Herder, Eid 22.
Finger (goth. figgrs, ahd. f(v)ink(g)ar, mhd. vinger, altn,
fingr, agj. finger, engl. dän. jchwed. finger) von fingan (j. oben ©.
1121), davon Fingern. — So gleiteten fie fanft an meinen Fingern
hinauf. Göthe, Leben 2. B. Das ift Gottes Finger. Luther, Bi⸗
belüberf. 2, Mof. 8, 19. PBurpurblumen, die frehe Schäfer gröblicher
benennen, doch zücht'ge Jungfraun todte Mannesfinger. Shake—
ſpeare, Hamlet 4, 4. Drückt er den Ring des Mittelfingers.
3% Paul, Titan 5 Als die dämmernde Eo8 mit Rofjenfingern
emporftieg. Voß, Odyſſee 9, 560. Bei mir (iſt e8) der Schreib-
finger. J. Paul, Titan 33. Und er richtete den Zeigefinger
nad) dem weiten aussejpannten Teppich. Göthe, Amor als Lands
Ihaftsmahler. — Er fingert um den Puls. Hagedorn. Friſch nimm
die Flöte her, du mußt mir etwas fingern. Rot. Saftige, kraut⸗
artige Stengel mit großen, bald pfeilförmigen, bald gefingerten,
bald länglichen Blättern. A. v. Humboldt, Ideen zu einer Phyfion-
1128
nomif der Gewaͤchſe. So glaubte nun jeder, der nur ſechs zählen
fonnte, einen Hexameter abfingern zu können. Voß. Es ging wid
Zeit verloren, fie (die Lichtſchere) aufzufingern (vom Tiſch anfze-
heben). Lichtenberg, Geſch. d.Lichtpuge. — Wenn Ihr mit Eurer Fingerei
(Muſik) bei ihr durchdringen fünnt, gut. Shafeipeare, Cymbeline 2, 3.
Fingerbein, —beuger, —blutader, —fiih, —flähe, —gamg
— gelent, — geſchwür, —glied, — gras, —handſchuh, — hut, — Hüter,
—ig, — fort, — kraut, —kuppel, —ling, —muſchel, —muskel, —us
nel, — nagelneu, —rechnen, —reif, —rüden, —rüdennerve, — ſchlag⸗
ader, —Ichnede, — ſtein, —flod, —ftreder, —ftüd, —tud, — wm,
— zahl u. a; fingersbreit, — did, —hoch, —lang. — Aber die mer-
fien Fingerarbeiten, womit man das weiblide Quedfülber firzt.
J. Paul. Mißtrauiſch aufgefchredt von jedem leifen Wort trägt a
die Augen num an feinen Fingerenden. Wieland, Dberon 7, 18
In dem löniglihen Schatz lag ein ungeheurer goldner Fingerring.
Göthe, Die neue Melufine. Daß ihre des Fingerſatzes Aunft be
greift. Shafeipeare, der Widerfpenftigen Zähmung 3, 1. Andere be
jtimmen das Sapphiiche Versmaß aus einem Trochäus oder Wälge,
einen Spondäus oder Tritt, einem Dactylus oder Fingerſchlag
Stenzel. Weder Taſtatur noh Fingerſetzung ſchien zu einigem
Gleichniß Gelegenheit zu geben. Göthe, Xeben 4. B. Alle Bernänf-
telei ift nur aus Gefühl entflanden, und wird daraus nur Durch ein
feineres Fingerfpiel entwidelt. Herder. Mit einmal erblidte ich
auf weinen Fingerſpitzen ein allerliebites Mädchen herumtanzen.
Göthe, Leben 2. B. (Da fie) das Hündefalten für die maureride
Fingerfpracde anfah. 3. Paul, Hefperus 10. Ich meine den Fir
gerwechſel (bei Mufifern). Göthe, Meifters Wanderj. 2, 9. Auf
ihren Zingerzeig kommt alles an. Göthe, Iphigenie 4,2. Ir (bee)
Nachbaurn merktens fern vnd nahen vnd fingerzeigend auff mid
ahen. H. Sachs.
b F 1. an (1. ©.4u.1056) wird, als den Begriff der erfrenenpe Gabe
in fi fließend, von Grimm hierher (goth. faihan f. oben ©. 1121) geredgat.
nm. 3. Die oberbeutfhen Zormen fechfen (auch fächſen), fechienen,
einiechfen, einfehfenen— in die Scheuer bringen (die Feldfrüchte ıc.), mh
anbauen, fönnen nach den oben (©. 1124) angeführten Fang 8 und fängen,
fangen vielleicht bierher gerechnet werden, Fechſer (und Fädfer) ein in dw
Erde gevflanzter Zweig eines Gewächſes, um dieſes fortzupflanzen. — Der legte
hohlröhrige Schuß und Fech ſer des hohenfließer Manneſtammes. J. Baul, Titan 10.
Hangen. !)
(Wurzel hah.)
—Dange, hieng, gebangen, bangen (goth. haha, häihah, hai-
hahum, hahans, hahan; ahd. hahu, hianc. hiankumes, hankanfr,
1) Wie bei faben und fangen, fo haben ‚fi auch bier zwei Berba ge
miſcht: Haben und das aus einem verlornen hingan gebildete hangen. — Dem
1129
iahan; mhd hähe (für hange), hie u. hienc, hiengen, gehangen,
‚ähen u. hangen, tranfitiv und intranfitiv, agſ. hangan, altn. hanga,
ngl. hang, ſchwed. haenga, dän. haenge) 1) ſchwebend gehalten
erden, von einem Körper geſagt, der an einem feiner Theile, ge-
»öhnlich dem oberen Theile, von einem feititehenden oder befeftigten
törper fo gehalten wird, daß er daran nod beweglich ift und die
Eheile desfelben vermöge des Geſetzes der Schwere nad) dem Boden
treben, auf den er füllen würde, menn jener Korper ihn nicht mehr
ielte; 2) (uneig.) voll von hangenden Dingen fein: der Baum hängt
oller Früchte, der Himmel voller Geigen; 3) fih an etwas jo feit
alten, daß man Daran hängt oder zu bangen ſcheint; 4) ununter«
rohen, feit auf etwas gerichtet, gleichiam angeheftet jein; 5) fi) etwas
eigen: der Tiſch hängt; 6) im weitern Sinne fchweben. — In einer
Stunde feh’ ich ihn bangen. Schiller, Wallenfteins Lager 10. Ob.
em Altar hing eine Mutter Gottes. Schiller, Piccolomini 3, 3.
18 Bid zu hbangen.. wird dein Bildniß hängen (fo nah Erfor⸗
ernıß des Reimes). Rüdert, gef. Ged. 1, 411. Und heiße, fchwere -
‚hränentropfen hingen in meinem Ange. Schiller, Don Karlos 1,- 2.
In dem falfichten Fels hängt von dem Morgen zum Abend euer
Binzer mit emfiger Hade. Zachariä. Am Gipfel eines Waflerberges
ieng pft mein Kahn hoch in der Luft. E. v. Kleiſt, Jrin. ie
ft hieng unverwendet mein Auge an dem Hügel. Klopftod. Jener
Fage denk' ich träumend, als ich, Engel, an dir hieng. Göthe.
Hängen (in der Bolköfprache denken, ſchon ahd. bei Notker
ıenchen, jonft ahd. hangjan, hengjan, aufhängen, nachgeben, bangen
affen, mhd. hangen, hengen, aufhängen, nachgeben, zulaflen, agſ.
angjan, altı. hengja) 1) bangen laffen; 2) bangen machen (eig. u.
meigentlih). — Wie bangen für hängen, fo findet fi) auch hän—
‚en für bangen, — Derſelbe Schalck fan den Kopf hengen.. und
nft jehen. Luther, Bibelüberf. Sir. 19, 22. Laflen wir. und aus
inanderfprengen, werden fie und noch den Brodforb höher hängen. -
Schiller, Wallenfteins Lager 11. Und hängte das Schwert um die
Schulter. Voß. Niht an die Güter hänge dein Herz. Schiller.
Bas hängt ihr euch glei einem böfen Geift an meine Ferien!
Schiller. Geld und Gut kann er confldciren, kann henken laffen
md pardenniren. Schiller, Wallenfteins Lager 11. Wir haben nidyt
Sattelhentens ‚Zeit. Göthe, Götz v. B. 5.
Berhängen 1) durch etwas, was man vor= oder überhängt, ver=
'ergen, verichließen; 2) unrecht, falfch hängen; 3) weit, vorwärts -
angen laffen; 4) einem gejchehen, einem Thun nad)geben, nicht dDuges
br. Spracigebrauche nach follte das neutrale Berbum heißen: bangen, bange,
ängft, hängt, bieng, gehangen; das tranfilive: hängen, bänge,'hänaft,
ängt, bängte, gehängt, Vermiſchungen beider Formen zeigen fi ſchon mhd.
1130
—
gen, jondern viemehr dafür fein. — Aber fih auch jo zu verbängen
und zu verwideln. Lichtenberg, erite Beilage zur Epiſtel an Göbhard.
Die Unfichtbarfeit des Rittes machte einen Theil von deſſen Größe ans
und die Moſisdecke verroppelte den Glanz, indem fie ihu verbieng.
%. Paul, Titan 1. Schell gab ex feinem Pferd die Sporen und
floh mit verhbängtem Zügel davon. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 4.
Daß ich, vorgreifend den verhängten Stunden, mir eigenmädhtig
mein Geſchick erforen. Schiller, Braut v. M. Ach unterwurf mich
ſchweigend den Geihid, das Gott, mein Meifter, über mid ver:
Dante Schiller, Jungfrau v. O. 5, 4 Weldyer Gott verbing
der Erde dieſe Strafen? Tiedge, Urania 6.
Zulaſſen |. ©. 780. s
Ab— (S. 28), an—, aus—, be—, bei—, darnieder—, ein —
empor—, eut—, ber— , herab— , herauf—, heraus , Herein—,
bernieder—, berüber—, herum —, bherunter—, bervor—, bin—,
hinab —, hinauf —, hinaus —, hinein —, hinüber —, binuuter—,
hinweg —, mit—, nach —, nieder—, über—, am—, umber—,
vr ,vor—, voran—, weg—, zu—, zurück—, zuſammenhanges
und — hängen, dazu noch auf-, er—, unterhängen. — Ein Bein
ſtock raukend in üppigem Wuchs und voll Hangender Zrauben. Voß,
Odyſſee 5, 68. Unterhalb derfelben erblidte dus’ Auge Reiben vom
niedrigen, janft abhängenden Hügeln. ©. Forſter, Otaheiti. Ber
fennft du den Werth eines freien Rittersmannes, der nur abhängt
von Gott, feinem Kaifer und ſich ſelbſt! Göthe, Götz v. B. 1- Klam⸗
mernd feſt fi) anzuhangen. Göthe, Beherzigung. So wird geſeg—
net, wer Gott anhänget in Ehrfurcht! Voß, Luiſe 3.a, 365 &
war eine auhangende (dauernde) PBeitilenz. Gem. Reg. Ehreuil
4, 404 v. J. 1520. Herr meine Seele bleibt behangen an Dir.
Opitz. Vnd da das Maul (Maulthier) vuter eine groffe dicke Eiche
tom, bebieng fein Heubt an der Eichen. Lutber, Bibelüber. 2
Samml. 18, 19. Maxentius bebing alſo todt an der Brüden.
Aventinus, Chronik 1580. Bl. 226. Daß leider feine veredelte Sede
in einem zerknickten Körper lebe, der ſchon tief ins Grub einhänge
3 Paul, Hefperus 4. Und dem Bug enthbangen die Wumpen.
Voß. Seinen Schultern enthing ein Pardelvließ. Bürger, Ilias
3, 17. Denn über mir hing jchroff die Kelswand ber. Schiller,
Zell 3, 1. Zerrißne Wolfen hingen vom Nbendhimmel tief herab.
Tiedge, Urania 4 Und fchlaff an dem Mafte das Segel berab-
bing.. Pyrker, Zuniflas 3. Dennoch müſſen Bänder heraushän-
gen. 3. Paul, Heiperus 4. Als mir ein paar nebeneinanderjtehende
Kaften in die Augen fielen, aus deren einem Drähte durch den übel
verichloffenen Schieber heraushingen. Göthe, Meifters Lehrj. 1, &
Gefaltst hängt die Hand hernieder. NRedwig, Amaranth. Und fie
waren durch eines Herüberhängenden Hügeld Schatten gegangen.
1131
dlopſtock, Meifias 14, 602. Um die /Handelsbübchen), hafbfeiden, im
Sommer das Läppchen herumhäugt. Göthe, Hermann und Doro-
bea 2, 212. Ueber ihn hing, da er litt, Die Nacht von dem Him-
nelherunter. Klopitod, Meſſias 5, 711. Mithinhbängender Hand,
Voß, Ilias 13,597. Wie der Leichnam blutig und bleidy und ſtumm
u der Erd’ binabhing. Klopftod, Meifias 11, 42. Die (Klippe)
chroff und fteil hinaushängt in die unendlihe See. Schiller, der
Faucher. Wenn ih hänge, jo made ich ein paar Galgen fett, denn
enu ich Hänge, jo muß der alte Sir John mithängen Shak—
peare, K. Heinrich IV. 1. Thl. 2, 1. Sm die verfchiedenen Häufer
intyetend, fand ich Bo meiner alten Liebhaberei nahzubän-
‚en. Göthe, Meifters Wander, 3, 5 Nachzuhangen dem Gram.
308, Ddyifee 4, 19%. Der Batter hat mit jeim Nachbengen
Nahfiht) den Sohn verderbt. Prompt. v. 1618. Die Trauben find
eitig und bejchweren die Ranfen, die fang und ſchwankend nieder-
‚ängen. Göthe, ital. Reife Vicenza 19. Sept. 1786. Mit ſchwar⸗
en Haaren, die ihr den Rüden niederbangen. Wieland, Dberon
, 18. ine fteile Mauer mit einem oben überhbängenden Kopie.
Böthe, ital. Reife 9. Okt. 1786. Der Fels hing über. Göthe, Ben⸗
enuto Gellini 2,3. Alle diefe Guirlanden überhingen das Peſtizer
Jauptther. 3. Paul, Zitan 36. Es entflieht die umhangende
Zaumfrndt. Voß. Mit vorhbangendem Haupt. Voß, Odyflee 18,
54. (Da du, Traube) noch ungekeltert, aber jchon feuriger dem
theine zubingft. Slopftod, der Rheinwein. So daß es ihr dünkte,
ur durch Die edlere Clafie der Dichter mit dem übrigen Menfchenge=
hlechte zufammenzubängen Novalis, Heinrich v. Ofterdingen
, 3 — Ben fie nicht hängen fönnen, um ihn zu quälen, den hän-—
en fie ab, weil er ihnen entging. Benzel-Sternan. Der auf die
sehler feiner Mitbürger überall ein wachſames Auge hat und froh zu
ein fcheint, wenn er ihnen eind anhängen kann. Göthe, Meifters
ehrj. 2, 4 So hängt fich freilich Alles beffer an. Leifing, Nathan
. ®. 5, 6. Was mit und an dir fiebte, litt, bat fih wo anders
ngebangen. Göthe, zahme Zenien I. Henckt mir die Thüre an.
iifchart, Gargantua S. 266. Mich felbft nufhängen, das ift wahr,
as hätte ich thum follen. Göthe, Leben 9.B. Bon einem Englän-
er wird erzählt, er habe fi aufgehangen, um nicht mehr täglich
ch unse und anzuziehen. Daf. 13. B. (Wenn) fie euch in tiefem
‚burn an Ketten anfhingen. Göthe, Götz v. B. 1. Che ih mir
ine gelehrte Frau aufhängen ließe. Leſſing. Bergaß man die Kinn-
tte ein oder auszuhängen. Göthe, Leben 4 B. Wenn Das
Int’ge Zeichen des Bürgerkrieged ausgehaugen ift. Schiller, Jung-
au». D 1,5 Sch hing die Leiter aus, er martet in dem Hofe.
ginger. Die Wände (waren) aalericartig mit aneinanderftoßenden Ge-
lählden behangen. Göthe Leben 13. B. Mit allerlei geiſtreich ge—
1132
dachten Figuren behängt. Göthe, ital. Reiſe Neapel 18.
1787. Wieviel hat Lepidus ihm nicht mit Glimpf entbangen?
Zehenftein, Gleopatra 1, 671. Judas erhang fih. Luther, Bibel-
überf. Matth. 27, 5. Des Erhängens erwähnt man nicht gem,
weil es ein unedler Tod ift. Göthe, Leben 13. B. Den Buich, der
die Zweige herabhängt. Voß, Luiſe 1, 199. Und aus den Bal-
fen, blutiaroth, hängt der Herrgott den Kriegemantel runter. Schil⸗
ler, Wallenfteins Lager 8. Die ftattlihen Roſſe wuren mit reich ge-
ftidten Waldrappen überhangen. Göthe, Leben 5.3. Man mil
den Betteliad zuweilen aus Spaß überbängen, um den Rüden
für ernfthafte Zeiten daran zu gewöhnen. J. Paul, Siebenfäs 1.
Der Alte hatte die fchwere Harfe ee Söthe, Meikerd
Lehrj. 5, 12. Unſer Reitfnecht hatte ein kleines Weinfäßchen am
Riemen umgehängt. Göthe, ital. Reife Alcamo 18. April 1787.
Düfter mit Gewölk umbing ſich der ganze Himmel. Platen, om.
Dedipus 4. Einen Rod, der noch viel wärmer hält, hing ihm ber
Kailer um. Schiller, Wallenfteins Tod 5, 2. Selbſt dann nabte der
König und hängete jedem ein Schwert um. Voß, der Abendgang 45.
(Ih) hinge ftets den Schleier vor. Paten, die verhängnißvolle Gabel 4.
Anm. Die Particivien geftatten noch andere — — z. B. Helme,
fo dicht und fo hoch, mit ſchwerabhangenden Aehren. Voß, Enije 3. a, 577.
Im gemäldebehangenen Eäulenfaal, Klopftod, die Roßtrappe. Des gefü
teten Bipfele f[chneebehangner Scheitel. Göthe, Harzreife. Traübenbehendt,
rauchgehenckt. Fiſchart, Gargantua S. 224. 155.
Hänger ift nur in Zuſammenſetzungen gebräuchlich: An—, Kopf:
hänger; davon kopfhängeriſch. Denker (ſ. S. 109), Henterei,
verhenkert; Häugel (mbd. hengel = Baft und Bandweide), derjenige
Theil eines Körpers, der den einen Theil mit dem andern verbindet,
das Gelenk; Henkel, in der Volksſprache Henk, der gebogene Kalt:
ariff an einen Gefäß, woran dasjelbe gehängt, überhaupt bequem ge⸗
faßt werden fann, davon henfeln — mit Henfeln verjeben. — Se
machte die Offenheit eines frifhen jugendlihen Muthes mir ſehr viele
Freunde und Anhänger. Göthe, Leben 9. B. Er machte aus Ma-
Dame Gertrude eine Anhängerin der LXehre des Gabalis. Xeifing,
Hamburger Dramaturgie 10. Wenn der Borübergehende nichts als
den melandoliihen Kopfhänger fleht. Xichtenberg, Bemerfuugen
über fich ſelbſt. Er war dabei ein verftändiger Mann und feineswegs
fopfbängerifch in feinem Thun und Laſſen. Göthe, Xeben 9. 2.
Ein Man aber jpannet den Bogen on gefehr, vnd ſchos den König
Sirael zwiffhen dem Pantzer vud Hengel . Luther, Bibelüberj. 1.
Kön. 22, 34. Scinderei, Henkerei. Fiſchart, Gargantua S. 49.
So ärgerte fie mich noch den legten Tag mit dem verhenferten
1) „Da das Schwert anhengt, von den Achſeln vbenher bis auff die Hüfie.“
Luther, in einer Randbemerfung zu obiger Stelle.
1133
Seplauder. J. Paul, Siebenfäs 9. Es (das Gefäß) war mit zwei
hönen Henkeln geziert. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 4. In jei-
ver Rechten hielt er ein ſilbernes gehenkeltes Gemäß. Göthe,
chen 9. B
Henkerfriſt, —ged, —iſch, —mahl, mäßig, —Ihwert u. a.
Henkelblume, —dufaten, —flajche, — form, —gefäß, —korb, —ſchlüſſel,
—ſtück, —tafie, —thaler. — Für fie geopfert fiel das beſte
Haupt auf dieſer Infel unterm Henferbeil. Schiller. Sie könnt' es
vagen, mein gefröntes Haupt ſchmachvoll auf einen Henkerblock zu
egen? Schiller, Maria Stuart 1, 6. Der Hunger, der mit Hen-
erluft die hohlen Eingeweid’ euch jchmerzlicdy dehnt. Deuticher Mer-
ur. Mein Hierfein tft Athembolen unter Henfershand. Schiller,
=. a 2, 2. Alba, des Fanatismus rauher Henkersknecht.
Daf. 1, 2.
Hang (S. 92%); Abhang (S. 294), abhängig (S. 989),
Abhängigkeit, Abhängling; Anhang (S. 619), anhängig, anhäng-
ich, Anhängfel; Be—, Ueber — Um —, Bor— , Zufammenbang. —
ir den Hang. und Gang dieſes außerordentlichen Geiftes begreiflich zu
nachen. Goͤthe, Leben 10.3. Und wie er trittin des Zelfen Hang. Schiller,
ver Taucher. Die Vorderfeite des Schloffes Tiegt mit der Stadt auf
benem Boden, die Hinterfeite Dagegen am Abbange eines fteilen
Felſens. Göthe, Leben 10. B. Dies gab dem Strome feiner Bered-
amfeit einen jchnellen Abhbang. 5 Paul. Es liegt am Felsab-
yang. Göthe, ital. Reife Kaftro Giovanni 29, April 1787. Das
Bächlein, fo vom nadten Klippenabhang niederfleußt. Matthiffon,
jie Weihe. Auf einem Raſenabhang ließ er fi) nieder. Göthe,
Wahlv. 1, 10. (Indem der Garten) einen, zwar im Gunzen ab-
yängigen, dod aber mannigfaltig bald erhöhten, bald vertieften Boden
vededte. Göthe, Meifters Wander. 1, 4. Vom Augenblid abhän-
ig. Göthe, Fauft 2, 208. Unabhängig von dem na.hfolgenden
hredlichen Ereigniffe. Göthe, Meiiters Lehrj. 4, 3. Er behauptete
roß allen jeinen Abhängigkeiten vor, ich weiß nicht wie vielen
Borgefegten einen gewiſſen Grad von Selbftftändigfeit. Campe. Wenn
hre Natur fih zur Freiheit und Unabhängigkeit einigermaßen
vieder heritellte. Göthe, Meifters Wanderj. 2, 1. Die hohen Staats⸗
seamten fammt dem Heere ihrer Abhänglinge. Campe. Wenn uns
ein Anhang in der Empörungen But ‚vor feinen Augen erwürgt
yat. Klopftod, Meſſias 4, 43. Unſer unvermerkter Anhang an die
Mode. Lichtenberg, liter. Bemerkungen. König Karl nahm Richild,
einen Anhang (Perfon, mit welcher er, ohne Verebelichung, bisher
telebt) zu der Ehe. Aventinus, Chronif 354. Die Suche ift ſchon
unhänaig (bei Gericht). Göthe, Leben 5. B. Florine war ein muns
eres nediihes Weien, wie e8 jchien nirgends anhänglich, aud
eine Anhänglichfeit fordernd noch verlangend. Göthe, Meifters
1134
Banderj. 3, 10. Das Würzburgiihe Anhängſel. 3. Paul, U
tan 15, Berjdnvenderiihe Spipenbehänge. Ungenannter bei Gampe.
Voͤllig wie ein Meiner Phöbus, tritt er wohlgemuth zur Kante, zu dem
Ueberhang. Göthe, Zauft 2, 230. Es rast da ein Ueberbang
hervor, von dem du weiter an dem Walde hinunterfeben faunft. Klop⸗
tod, Hermannsſchlacht 2. In den ungehennten Bächen, die in den
fünftigen Blumenüberhang bineinfloffen. 3. Paut, Siebenkäs 3.
Die Vberhangſamkeit der Sloden. Fiſchart, Gargantua S. 3. |
Umhang und zeltartigen Schmuck. Goͤthe, Fauſt 2, 209. Une
dem Boaengeftell mit purpurieidenem Umhang. Voß, LZuife 3.b,
609. Ich hatte den Vorhang jchon eröffnet. Kloptod, Meat
4, 67. Der Zwiſchenvorhang ging in die Höhe. Göthe, Weiter
Lebrj.5, 11. Als wenn ed mir zwiichen die Bettvorgänge bin
bliefe. Göthe, Tag- und Jahreshefte 1801. Neben der Platte der
Fenftervorhänge 9%. Paul, Heiperus 1. Die Möglichkeit, an
die Dinge auch auffer ihrem Zufammenhbange lebendig zu machen
Söthe, Leben 12. B. Bon jühem Felshang im der Entſcheidinz
That ihr Leid hinabſcholl. Voß, die Bundeseihe. Bon Bald me
Felſenhang noch halb umichloffen. Uhland, auf K. Gangloffs Tod 3.
Berjunfen dort am Waldeshang. Uhland, die drei Schiöffer. Sie
ebt vorbei am Epheuhang. Nedwig, Amarauth. Sie geber..
inunter den Kaftanienhbang. Daſ. Da wird aus Doru und Lau—
beshang ein taufendfältig ſüßes Loden! Daf. Als ſchwebt es jegt
hervor aus dem geborfinen Mauerbang. Daj. So find fie unterm
Nadelhang gewandelt ftill den trauten Gang. Daf. Bald grüßt
ihn duft’ger Rebenbang. Daf. Drunten tief im TZannenhang..
in Meiner Bucht das Waſſer ſteht. Daſ.
Die Synonymen von Huang f. S. 922; von Abhang ©. 294; vn
abBängig ©. 989; von unabhängig (frei) ©. 882; von Anhanz
©. 619. — Das mit Ums und Vorhang finnverwandte Garbime (ver
nieberb, gardine, gordine, niederl. gordijn, aus mittellat. fpan. ital. cortiaa)
iR der Bett: und der Wenftervorhang. — (Er) zog zufammen die Bartrise
Redwitz, Märchen. ?
Gehange. auch Gehen (mhd. gehenge, gehengende, ahd. kig)e-
hank(g)ida = Nachſicht, Zuftimmung) 1) dasjenige was hängt; 9)
dasjenige, woran etwas hängt; 2) (veraltet) Nachgiebigteit, Nachfickt,
in dieſer Bedeutung auch der Gehengen. — An dem Gebänge ie
Anhöhe. Fr. Schulz. Das Wintergrün über dem Eingange war in
zierlihe Gehänge verflodhten. Ungenannter bei Campe. Jetzo fügte
fie audy die fhönen Gehäng' in die Ohren. Voß, Ilias 14, 18%
Rimm das Gehenk, noch warn vom Buſen der Freundin, zum Au:
denfen von mir. Voß, Luife 3. a, 244. Das Schwert mit dDiamante
nem Gehäng. Schiller, Brautv.M. Das Gehäng (des Degen)
ft noch geflochten wie ich e8 zu Haufe zurecht machte. Göthe, Bene
1135
to Gellmi 2, 4. Er hut das Geheng von der Muetter... Es
rat den Gehengen vom Vater. Scheller 2, 213. Die Zabel ift
neiſtentheits nur Angehänge der leichten Dichtungsurten. Jeniſch.
— Am fteilen Berggehänge. Götbe, Tiichbeins Idyllen 2. Durch
Bintradht, wie Blumengehänge verknüpft und in Reihen gefügt.
Salis, Lied bei einer Waflerfahrt. Die Blütengebänge des Früh.
inge. % Paul. Sprach's, und Band um den Naden das Löftliche
Bufengebenf ihr. Voß, Luile 3. a, 248. Dort lehnen fie tief in
Damaftgehängen. Redwig, Amarantb. So wurden noch Blumene
md Fruchtgehänge beſchloſſen. Göthe, Wahlv. 2, 3. Ihr Ge-
»ächtniß verlangt nur Namen, um in ihrer Wiederholung Halsge⸗
yänge von Schaupfennigen zum äußern Schmud zu finden. Meyer.
Der Wald ift frei von Eis und Reifgehänge. Göthe, die erſte
Balpurgisnaht. Triefen von Schweiß wird Manchem das Riemen
jehenk. Boß, Ilias 2, 388. Mit dem Helm und dem Wehrge-
ang’ fließt er fih an eine würbige Meng’. Schiller, Wallenfteins
Hängniß (mhd. henenusse) iſt veraltet, an feine Gtelle ifl
Berbangniß (f. S. 506) getreten. — Gottes Straf mit Hengnus
drieg und anderer Unfüll. Landtag v. 1605. Ihn führte fein Ber-
ängniß. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 1. Entflohn dem Todes⸗
erhängniß. Voß. Sih dem Rade des Weltverhbängnitfes,
as unaufhaltiam in vollem Laufe rollt, entgegen werfen. Schiller,
Don Karlos 3, 10. Mit ibnen wuchs aus unbefannt verhängniße
‚ollen Samen auch ein unfel’ger Bruderhaßempor. Schiller, Brautv. M.
Halä)ngebauf, — bauch, —bett, —blatt, —bolzen, —hrüde,
—bügel, —dohne, — eiſen, —flih, —garı, —haut, —kappe, — fette,
—fiuft, —kompaß, — ampe, — mörſer, —nagel, —pfahl, —fäule,
—fchaufel, — ſchloß, —ſeil, — ſtab, — ſtück, —ſtuhl, —wage, —wand,
—warze, —weide, u.a.; Aufhängeband, —freuz; Ausbaͤngebogen,
-fchild; Behangzeit; Cinhängezirkel; Vorhängeblech, —ſchloß;
zorhangring, —ſtab, —ſtange. — Flattert drüber, Hängebirken!
Salis, der Gottesacker. Lauter hagere, ſchmalleibige, hänghäutige
Rädchenfiguren. J. Paul. Guirlanden, in welchen Hängeleuchter
hwebten. Göthe, Leben 5. B. Leiſe geweckt entfuhr der Hänge—
satte der Kaiſer, Pyrker, Tuniſias 5. Er riß die Haugriemen
ex Kleider entzwei. 3 Paul, Heſperus 16. Bogen von Hänge-
serfe, Göthe, Triumph der Empfindſamkeit 4. Noch habe ich die
Lusbängebogen des erften (Buches) nicht. Göthe, Briefw. mit
Schiller 1, 58.
Hunger (goth. huhrus, ahd. hunkar, nıhd. hunger, altn. hün-
ur, agf. hungor, ſchwed. dän. engl. hunger) die Begierde zu eſſen,
as heftige Verlangen nach etwas (ſ. S. 538), leitet Grimm von
inem verlornen flarfen Verbum hingan = gefeflelt werden von etwas,
: 1136
darnach fehr verlangen, das in fofern mit bangen wol verwandt if}.
Davon hungerig (ahd. hungarac, mhd. hungerc), hungern (gofh.
huggrjan. ahd. hungarjan, hungarön, agj. hungrjan); ab—, ans—,
verhungern. Das tranfitive Hüngern. ıft nicht jehr gebräuchlich. —
Die Kapen guter Art maujen beffer wenn fie fett, ald wenn fie Hung
tig find. Göthe, Benvenuto Gellini 1, 11. Wenn mir etwas fehle,
fo bungere ich. Gellert. Sobald mid hungert oder durſtet,
werde ich bei Ihnen fein. Leifing, Juden 16. Nun kam der Heiligen
Regiment, wonacd fie fi) lange vergebens geſehnt und fich halb ab-
—— hatten. Soltau. Ein verhungert Hähnchen fand einen
feinen Diamant. Hagedorn, Das Hähnchen und der Diamant. Di
Aerzte zu Spaa... hüngern ihn einige Wochen. Wekherlin.
Durft (goth. thatırstei, ahd. mhd. durst, von dürr ©. 414) Begierde
zu trinken, davon durſtig. Siche noh Eßluſt S. 538. — Daß ar (ar
Trunk) nicht nur den Durft euch ſtillt. Göthe, Bau 2, 56. Ihr jeb
müde, Bruder Martin, und ohne Zweifel durſtig! Goͤthe, Gotz v. B. 1.
Hungerblümchen, — blume, —brunnem —geftalt, —hadle,
— bode, —korn, — kraut, — kur, —rechen, —itelle, — ſtrafe, — tuch
u. a.; Hungersnoth. — Die Hungerharken, die das Joch der
Frohne drüdt. Voß. Diefe Hungerleider, die nah dem Segen
unſers deutfchen Landes mit Neideshliden raubbegierig ſchauen, Schil⸗
ler, Piccolomini 2, 5. Hat fo en Hungermann Humor? Götke,
Fauſt 2, 53. Aber bei ihr waren Geſchäfte Pauſen und Die Thränen-
drüfen fanımt dem Herzen Hungerquellen. J. Paul. Die ım
den Glanz weniger Stunden den Zod im Hungerthburme vergeffen.
Benzel-Sternau. Geiftvoller Marmontel, welchen die Herftellung der
Menfchenrechte zum Hungertode brachte. Benzel-Sternau. (in
bungerwilder Tiger. NRedwig, Amaranth. Es war einft eime
Hungersnoth im Thierreich. Pfeffel, der Goldfaſan.
Geben. !)
(Wurzel ging; vgl. janffr. ga — gehen.)
(Sehe, nieng, nenangen, gehen (goth. gagga, gäigagg [fe
müßte das Präter heißen, dafür ſteht einmal die ſchwache Form gag-
gida, faft gemöhnlic) von einem andern Stamm iddja, iddjedum],
gasgans, BaSBan; ahd. kig)än, (klg)ank(g)u, kig)iankigh,
(g)iank(g)umes, k(g)ank(g)aner, k(g)ank(g)an, auch krg)dn
und k(g)en; mhd. gän und gen (flutt gange, praes. con).
gange, imperat. ganc), giene und gie, giengen, gegangen, neben
jeltnerem gegän und gegen, gän und gen, davon das muorgan. uhd.
1) Grimm leitet goth. gaggan von einem verlornen gingen — freben na
eiwas, wovon ahd. gingo, mhr ginge — Verlangen, Sinnen und Tradıten.
1137 :
gehen, gehe; agf. gangan und gän, altn. ganga, ſchwed. ga, dän.
saae, engl. go, hollind. gaen) mit der Grundbedeutung eines Stre⸗
end nad) Etwas bedeutet nhd. 1) allgemein fich fort (an einen andern
Ort) bewegen, im Befondern zu Fuße; 2) machen, verfahren, handeln;
3) in einem gewiſſen Zuftand fein, etwas thun, darein gerathen; 4)
uch gehen bewirfen, heroorbringen: fi müde, Blafen geben; 5)
‚uneig.) in verichiedenen Bedeutungen einen Zuftand, eine Richtung,
einen Zweck 2c. anzeigen. — Der Bater im Hain iſt gangen die
Wölfe zu fihießen. Göthe, Ballade Dann geht's durch Zannen-
wälber Ins grüne Thal gefprengt. Uhland, der Ueberfall im Wild-
bad. Ich finge nicht für Eleine Knaben, die voller Stolz zur Schule
zehn. Leifing. Laßt jeden feines Pfades gehen. Göthe, Egmont
1. Geh deinen Weg. Leifing. Hab’ mich immer nur fo geben
laſſen. Schiller, Wallenfteins. Lager 11. Da lag mid) dir die Stellen
jeigen, mo meine fihönfte Stunde ging. or Laſſen ſie mich nur
gehen, ich will meine Sache ſchon machen. Weiße. Wußt ich nicht,
daß ich mit einem Weibe handeln ging? Göthe, Iphigenie 1, 3.
Seh’ lieber jagen. Schiller, Tell 3, 1. Und der Knabe ging zu
fagen. Schiller, Alpenjäger. Wer ſich trägt, wie die Alten gingen,
der ift ehrbar und fittiam. Gellert. Alles das geht von des Bauern
Felle. Schiller, Wallenfteins Lager 1. Alles da Luftiger, loſer ging.
Da. 6. Ging mir dorten die Wirthſchaft zu Grund. Dal. 9.
Dann geht es an ein Fliegen dem Brunnen zu. Wieland.
Schlendern (niederd. Holländ. slendern, oberd. schlenzen, vielleicht zu⸗
fammenhängend mit altn. slindrulegr = ſchlottrig, slen — Kraftlofigfeit)
langfam, gemächlich und anftrengungslos gehen, gewöhnlich mit dem Neben-
begriff der Gedankenlofigfeit.. Stapfen (ahd. stephan, stephen, agf. staep-
pan, steppan, altf. stapan, Imhd. stapfen, stepfen, staffen, f. Fußſtapfe
©. 744) mit flarfen, feiten Tritten geben; fo ſchwer gehen, daß der Buß in
den Boden einbringt (vgl. plattd. stippen — eintunfen), Stapeln (von
stapan, Mebenform von Staffel, ahd. der stafal, staphol, die staphala,
mbb. der stafel, staffel, bie stafele, agf. stapel, stapol, stapul, stapela)
mit hoch aufgehobenen Beinen daherfchreiten, vornehmlich in furzen Schritten
und mit einem Anſtriche des Komifchen. Matfcheln f. S. 659; reifen ©.
727; wallen, wandeln, wandern ©2335; fahren, reiten, laufen,
fhreiten, treten am gehörigen Orte — Daß man ihn (den Weg) ges
fellig, fehlenternd und mit Behaglichkeit zurücklegen könnte. Göthe, Wahlv.
1,7. Der edle Bräutigam, zwar ein wenig fleif und ſchwer, ſtapft an Ro⸗
fetten Hand gar ehrenfelt daher. Wieland, Oberon 6, 42.
Anm. Fiſchart hat noch die alten Conjunctiv⸗ und. Imperativformen: daß
darzu gang; daß bir feyn Lufft nicht gang entgegen; gung (gehe) ins Bat.
Bargantua ©. 137. 80. 90. In der Volksſprache am anlitelrhein hört man aud
oft die Imperativform gang.
Aufgehen, 1) in bie Höhe, auf einen Ort gehen, auch vermite
a 2
F
1138
telſt künftlicher Mittel fi in’ die Höhe erheben; 2) wund geben; 3)
fi) aufwärts bewegen, (von den Himmelskörpern) ſichtbar werden, zum
Vorſchein kommen, (von Samen) in die Höhe geben, über der re
fichtbar werden; 4) geöffnet werden, fowol duch innere Kraft, «di
auch Durch äußere Gewalt nachlaſſen; 5) verbraucht, vernichtet, auf
eboben werden; 6) (Volksſprache) auf einen Körper paflen. — Hm
RR. der verjchiedentlih in 8. aufgegangen, hat bier legten Som
lag eine Luftfahrt gehalten. Hamburg. Zeitung. Da bin ih auf
angen (zormig geworden). Portiunfulabüchlein. In ihren Bezirken
it fle (die Sonne) niemals au fe und niemald untergangen. Klopiiel,
Meiftas 1, 629. Die Zeit wird es nun lehren, ob diefe Ausjaat kei
mir aufgehn wird. Schiller, Briefm. mit Göthe 1, 40. Jeßt
gehen mir die Augen auf. Sciler, Don Carlos 2, 9. Wo mi
einem Mal fein Herz mir aufging. Schiller, Piccolommi 1, &
Der Städte Thore gehen auf, Daf; 1,4. Laß aufgeben, was de
haft! die beften Weine! Daf. 4, 4. Nicht ohne Bewegung ſab a
daher diefe jo fange bewahrten Heiligtbümer nad) einander in Rank
und Flamme vorjihd aufgehen. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 2. Dei
die Summe unſrer Eriftenz, Durch Vernunft dividirt, niemals rem
aufgehe, jondern daß immer ein wunderlihder Bruch übrig bleibe.
Das. 4, 17.
Aufkeimen (f. keimen ©. 1004) bezeichnet zunächt das erſte Herrotge
ben ans dem Samenkorn; dann auch figürlich. — Welche Belohnung für Kr
Mühe, Tugend in das junge auffelmende Gemüth zu pflanzen. Geha.
Begehen, 1) bin und her an einem Drt gehen, bejonders ihm za
befichtigen; 2) eine Handlung ausüben, grwöhnlid eine fehlerhafte,
nachtheilige, böje, aber in einem gelindern Sinne, felten eine gute;
3) fich zur Fortpflanzung des Gefchlechtsvereinigen, von Menſchen (veraltet)
und Ehieren gebraucht; 4) (alterthümlich) auf irgend eine Weite fert-
geſetzt fittlih handeln in Beziehung auf Andre. — Ich beging alle
ſelbſt mit einem geſchickten Forſtmann. Göthe, Meiſters Lehrj. 7, 6.
Schalfhaft, munter und emit begehen wir heimliche Feſte. Götke,
Nöm. Elegien 4. Voͤgel und Froͤſch' und Thier und Mücken begeda
fih zu allen Augenbliden. Göthe, Satyros 1. Die, ohne zu pflanen,
zu adern, zu füen, mit Müßiggang fih, auf Koiten der Götter be
gehen. Wieland. Wenn Brüder eind find, vnd Die Nachbar fid
lieb haben, vnd Man vnd Weib fi) miteinander wol begeben La⸗
ther, Bibelüberf. Sir. 25, 2. Ich wußte mich mit allen zu begebn.
Wieland.
Ausüben (von üben, ahd. uopjan, uoban, mhd. uoben, ücben, mi:
telniederd. üben, altf. öbjan, altu. oefa, ſchwed. öfwa, dan. öbwe, bolläm.
oefenen, nah ®rimm von einem verlomen aban — verniögen, woher gel.
aba — Mann, goth. abrs — flarf, ahd. afaldn = hereiten, altu. afls =
bereiter, können, erzeugen, agf. abal = Kraft, ahr. aop — Gifer, auch Banıkze)
1139
- böfe wie gute Handlungen vollbringen; verüben wirb nur von wirklich Boöͤſen
geſagt. — Sich begatren (von gatten, mhd. gaten — verwandtſchaftlich
vereinigen; ahd. pikatön = berühren, begegnen; von Gatte, ahd. k(g)ik(g)ato,
altf, gigado, agſ. gegada — der Verbundene, Genoſſe, mhb. gatc, altfrief,
gade = Gatte, von einem verlornn Stammwort gidan — verbinden) ges
fchlechtlich vereinigen, von Thieren gefagt. Beſchlafen (früher beifdplas
fen; f. Ihlafen) wird als verhüllender Ausbrud nur von Menfchen gejagt;
beiwohnen (f. wohnen ©. 1001) der anitändigfte Ausbrud, wird nur von
ehelicher Bereinigung gefagt. — So übt er nun gar lang ‚und oft viel Buz
benftüde aus. Bürger. Doc flets umfchlang fle mir flehend die Kniee, jene
zuvor au befchlafen. Voß, Ilias 9, 452. Gin jugendlich Weib, ihr beis
zumwohbnen in Wolluſt. Daf. 2, 232,
Ergeben 1) bis zu Ende gehen; 2) durch Gehen erhalten, fih
richaffen; 3) den innern Trieb zugehen auslaffen und ihn dadurch
‚friedigen, fei ed nun, um einem Bedürfniffe zu genügen, oder des
ergnügens halber, auch figürlich; 4) gleichſam aus einem Orte
ben, gewöhnlich uneigentlid) befannt gemacht werden, von Befehlen
.3 5) gefchehen, erfolgen; 6) geichehen laſſen, geduldig ertragen.
- Sie durfte frei im Freien fih ergehen. Schiler, Braut v. M.
lie Blicke, frei und feflellos, ergehen fih in ungemeſſ'nen Räumen,
‚Hiller, Maria Stuart 3, 1. Schloffer und Merk thaten fich feinen
wang an, und ergingen (befpracdyen) fich über manches fo offen,
8 wenn fein Fremder dabei wäre. Göthe, Leben 12. B. Sie folg- -
n, wenn der Heribamn erging. Schiller, Tel 2, 2. So ift des
eiftes Ruf an mid ergangen. Schiller, Sungfrau v. O. Prolog
Wie er und deutet (die Träume) fo iſt's ergangen. Luther,
ibelüberj. 1 Mof. 41, 13. Ih will nicht fragen, wie e8 Euch er-
ing. Schiller, Maria Stuart 5, 1 |
Suftwandeln (f. Luft ©. 340 und wandeln ©. 283) gehen zum
Derguügen, ein Auédruck der höbern und gewähltern Schreibart. Der übliche
Ausédruck in gewöhnlicher Rede ift [pazieren (vom lat. spatiari). — Wie
in einer Sommernacht ich dort in dem nahen Walde mih Iufwandelnd
einſt ergien g. Grillvarzer, Ahnfrau 1. Das war ein Spazieren, auf
Dorf und Tanzplap Rühren. Göthe, Fauſt 1, 187.
Umgehen (umgehen) a. neutr. 1) um feine Achſe gehen; 2)
ig.) zu Ende gehen: das Jahr ift umgegangen, 3) im Kreiſe, nach
r Reihe herumgehen; b. intrans. 1) um etwas, feiner Außerften
zenze nad, chen, dann auch nur in einem Bezirk hernmgehen; 2)
ınperjönlich) ein Geipenft geht um, läßt fich fehen oder hören; 3)
ı Gehen einen Umweg nehmen; 4) mit Jemanden umgehen, mit ihm
t zufaummenfommen oder häufig bei und mit ihm fein, auch von der
xt und Weiſe gejagt, wie die mit einander umgebenden PBerjonen
nander behandeln; 5) (fig.) fich mit etwas befchäftigen, auch in Ge-
ınfen auf etwas ausſein; c. trans. im Gehen: etwas umfloßen. —
43°
1140
Umgehen 1) rundum um etwas gehen; 2) fih in Beziehung auf
etwas ausbiegend vorüberhin bewegen, um es nicht zu berühren, oder
auch nur Still zur Seite vorüber zu fommen (©. 925); 3) (fig.)
bintergehen, täufchen, weil ‚jenes Umgehen, wenn es Statt finden foll,
auf eine heimliche und unmerkliche Weile gefchehben muß. — Und laßt
bie Bewirthbungen umgehn. Do. Ih will in der Stab vmbge—
ben auff den Gaflen. Luther, Bibelüberf. Hobel. 3, 2 Daß um
abermals eine ſolche Weiffagung oder vielmehr Vorbedeutung umgehe.
@öthe, Leben 1. B. Ich gebe Nachts um, wie ein gequälter Geiſt.
Schiller, Maria Stuart 1, 1. In meinem Keller ſelbſt gebt’ um.
Leſſing. Daß es in dem Zimmer zur. Mitternadhrsftimde umgebe...
daß es in dem Zimmer fpufe. H. v. Kleift, das Bettelweib von 2
carno. Sie müflen weit umgehen durch's Gebirg. Schiller, Tell
3, 2. Undriftlich- feit ihr mit mir umgegangen. Shakeſpeare,
K. Richard IN. 1, 2. Wir lernten nun auch mit den Gartengefchäften .
umgeben. Göthe, Leben 4. B. Ic weiß, worauf der Junker um-
geht (mas er vorhat). Weiße. Alſo umging den Patraklos der
bräunliche Held Menalaos. Voß, Ilias 17.2. Er fommt über Auen
und Wiefen, umgeht auf trodnem Anger mandyen leinen See.
Söthe, Meiſters Wanderj. 2, 9. Das alles umgebende Meer.
Göthe, ital. Reife Neapel, 17. Mai 1787. Sie umging feine Frage.
3 Paul. Nie wirft du mich fchlau umgehen, noch bereden. Voß.
Spuken (von Spuk, mh. spuc, niederb.iispök, neunieberl. spock,
ſchwed. spok, von unbefannter Ableitung) iſt mit umgehen b. 3 fiunverwankt
und hebt nur das hei ſolchem Umgehen von Geiſtern der Verſtorbenen gehäck
Beräufch mehr hervor.
Ab— (S. 64), an— (©. 54. 74), aus— (S. 575), bei,
daher —, dahin —, darein— , davon —, drein—, durch —, ein—,
einher —, empor—, ent— (S. 32), entgegen—, entzwei—, fort—,
beim—, her —, berab—, herau — — herans —, herbei—
herein —, hernieder—, herüber —, herum—, hernnter — hervor—
herzu —, bin —, hinab — hinan —, binauf—, hinaus —, hindurch—,
binein—, hinter — (S. 1060), hinüber —, binunter —, hinweg —
hinzu —, los —, mit —, nah — (©. 559), nieder—, über — (S. 367),
umber—, unter —, ver— (S. 167), vor— (S. 486), voran-,
vorauf —, voraus—, vorbei—, vorher —, vorüber—, weg—,
er—, zu—, zurück—, zuſammengehen. — Kennſt du die wit.
urg, wo der Weg abgehet nach Güſtrow rechts auf den Berg?
Voß, die Leibeigenen 123. Seid jede Stunde des Befehls gemärtig,
nach Brüffel abzugehn. Schiller, Don Karlos 2, 3. Die Mutter
gieg ab und zu. Göthe, Xeben 5. B. Daß man ganz von Eur
abgehen, oder an ſehr behutfam damit fein müfje. Goͤthe,
Lila 1. So gings (das Buch) reißend ab. Schiller, Räuber 1, 8
Allein es muß fein, ‚wenn der König abgeht (ſtirbt). Shalefpear,
1141
k. Richard III. 1, 3. Ueber dieiem abgegangenen Rod trug ich
as härin Hembd. Simpliciffimus 1, 19. Wenn id) ſie berumziehen
he mit lofem Haar, im Mondichein einen Kreis abgehen. Göthe,
jla 1. Ihn bat Achilleus felbft in der münnerehrenden Feldſchlacht
nzugehen geftugt. Voß, Ilias 7, 113. Er fteht viel feiter noch
18 fefte Zedern ftehn, die Regen, Thau, Reif, Schnee, Froſt, Hibe
id angehn. Logau, Sinnaed. 725. Geſchähs aber, daß dus Land
me Not angienge. Gem. Reg. Chronik v. 3. 1296. Sic mögen
8 angehen, wie fie wollen, „fie müſſen betrogen werden. Wieland.
Der angehende Künftler. Göthe, der Sammler und die Seinen 8.
rief. Jetzt wird der Flor erft angehu. Schiller, Piccolomini 4, 5.
58 geht an, die Liebe nicht zu empfinden... Geller. So gar fteil
jehts an (das Felfenriff). Schiller, Zell 4, 1. Gehet inde von
ins aus, ihr hohen Engel der Throne. Klopftod, Meifias 1, 441.
ticht und biendendes Glänzen ging von ihm aus. Daf. 1, 174.
Das Mandat ift noch fürzlih ausgegangen. Schiller, Wallenſteins
!ager 10. Alles Weltregiment, muß er willen, von dem Stod hat
ıusgehen müflen Daf. 7. Wenn end)... ein Härlein ausging’
ms eurem Scopf. Dal. 8 Ich kann es zufrieden fein, daß man
hm auch jenes nicht für genoffen ausgehen läfſet. Leſſing. Wie
as ausgehen wird! , Göthe, Egmont I. Welches (Wämschen)
n einen furzen Reiftof ausgehend, bis über die Kniee fihwebte.
Höthe, Leben 3. B. Man freut fid) ja drauf das ausgehende
Sahr. Volkslied. Wer weiß, geht dein Traum nicht heute aus (in.
Srfüllung). Weiße. Auch war ihm indeſſen ein Gedicht eingefallen,
eſſen rhythmiſche Ausführung ung nicht gleih beigeht. Göthe,
Meifterd Wanderj. 2, 5. Schon, o Richter der Welt, frhon hör’ ich
ern dich und einſam kommen und unerbittlich in deinen Himmeln da-
yergehn. Klopſtock, Mefflas 1, 115. Mit euch geht unſer letzter
Troſt dahin! Schiller, Tell 3, 3,: Wenn ich) davongehe. Shake—
peare, viel Lärmen um nichts 2, 1. Eins geht ind Andre dreim.
Schiller, Piccolomini 1, 3. Durch alle durchzugehn. Götbe, der
Müllerin Verrath. Daß unter diefer nämlichen Regierung ein Reichs⸗
chluß dDurhgegangen. Schiller, Maria Stuart 1, 7. Wie von
inſichtbaren Geiſtern gepeitiht, gehen die Sonnenpferde der Zeit
nit unſers Schickſals leichtem Wagen durch. Göthe, Egmont 2.
Hehe ich in Gedauken die zahllofen Gefchlechter der Gejchichte Durch.
Duſch. AS ich Das Vorgemach durchgehe. Schiller, Don Karlos
k, 12. Biſt kommen ohne Kleid m dieſen firengen Tagen, durch⸗
jangen von dem Wind. Opitz. Ein graues Männlein pflegt bei
iächtlicher Friſt durch verfchloffene Thüren bei ihm einzugehen.
Schiller, Wallenſteins Lager 6. Dieß ging man ein. Göthe, Leben
11.8. Je minder geht ihm ein, daß Oberon auf ewig fie verlaflen.
Wieland, Oberon. Und: da überdieg bald diefe, bald jene Zunft auf
- a
1142
einige Zeit einzugehn pflegte, weil es an Wahlfähigen fehlte. Klop-
ſtock, Gelehrtenrepublif. Daß man die neue Gattung hat eingeben
laffen. Leffing. Hamburg. Dramaturgie 53. (Der SJüngling, der)
froh in beicheidener Wird’ einherging. Voß, Klopſtock. Mein Her
gehet empor, wie Meereswogen im Sturm. Weiße. Und wie ovſ
entging er nicht fchon der Berfolgenden Unfinn. Klopſtock, Mefſſiat
4, 881. Es follten bald die Füße mir durch falfchen Tritt entgam
gen (ausgeglitten) fein. Opitz. Sp gingen fie beide, berrlidyer durch
die. Sreundfchaft, dem Zhrone des Himmels entgegen. Klopfted,
Meiftas 1, 327. Unter ihren Züßen gebt der morihe Kahn ent-
wei. Platen, die verhänanißvolle Gabel 2. Ber Bater verficherte,
he nicht gejchen zu haben, ſeitdem alle drei fortgegangen. Göthe,
Leben 10. B. Unſere Anfchläge anf ihn und feine Gejellen mären
fortgegangen. Göthe, Götz v. B. 2. Als Ahitophel ſahe, das
fein Rat richt fortgenangen war’ Fortgang gehabt hatte). Xutber,
Bibelüberf, 2. Sum. 17, 23. Als er dieß gefagt, fanf er zurüd um
himmliſchem Läden und war heimgegangen (geftorben). Göthe,
Meifters Wanderj. 3, 1%. Dem ein Gut auf der Sant haimgan
gen (zugefallen). Lori, Zandtagsordn. v. 1616. Einer auch beige zu
und den GoMdarbeiter Laerkes hergehn. Voß, Odyſſee 3, 4.
Auf der andern Seite war Eduard nıit der Baroneffe an den Teichen
bernegangen. Göthe, Wahlo. 1,10. Wenn es auch draußen nk
fo wild und wunderlid herging. Göthe, Leben 4. B. (Er) jſah
den Meffias die Gräber herabgehn. Klopftod, Meffias 2, 130.
Wenn der Abendftern am einfamen Himmel hberaufgebt. Dal. 1,
543. Und nun gina ih heraus. Götbe, Hermann und Dorothea
4, 77. Genen den Sefina gebt er mit fühnen Werten frei heraus.
Schiller, Piccolomini 3, 1. Es ging die Welt mit mir herum.
Götbe, Rettung. (Dann) läßt man ein unterfchobenes Blatt, weorm
die Klaufel fehlt, zur Unterfchrift berumgehn. Schiller, Piccolomma
3, 1. Betrus war in den Saal hberuntergegangen. Klopfted,
"Meifins 4, 70%. Wenn er neue, nicht ſterbliche LXeiber den ewigen
Seelen aus dem Staube der Auferftehung wird beißen bervorgehn!
Dal. 4, 707. So will ich denn hingehn, Alles vollenden, was
mein Gefiht mir gebot. Daf. 3, 661. Laß mid nicht trauernd zu
meinen Genoffen, zu den Seelen der Todten mit Herzeleid nicht bie
abgehn! Daſ. 2, 650. In dem alten Schloſſe Pleipenburg ging ’
man rechts in der Ede eine erneute, heitere Wendeltreppe binauf.
Göthe, Leben 8 B. Als er nun binausgegangen. Göthe, der
Gott und die Bajadere. Im Lande Uri, wo man hineingebt m
das Schächenthal. Schiller, Tel 5, 2. Ich ging aud zu Seiten
nob ays alter Belanntjchaft, fo wie Ihr es wünihtet, hinüber.
Göthe, Hermann und Dorothea 2, 204. Mein Roß gebt über Die
hinweg. Schiller, Zeil 4, 3. Als das Gewehr von felbit losging
1143
zöthe, Bew. Gellini 3, 2. Wechfeljeitig ging nun die Kanonade
08. Göthe, Leben, 2. B. Ich fing jogleich an, auf den Sinn der
5Sadhe Loszugeben. Dal. 4 B. Du folft aub mitgeben.
zöthe, Meifterd Wanderj. 1, 1. Er war faum von dir weg, als ih
ym nachging. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 3. Friedlich ftrahlend
ebt die Somne nieder. Schiller, Jungfrau v. O. 5, 2. Drauf
ing... Gabriel nieder den Berg zu der Siraelitinnen Einer. Klop-
tod, Meifias, 2, 471. Wie das Waſſer Zigris, wenn es übergehet
m Lenzen. Luther, Bibelüberf. Sir. 24, 35. Seine Augen werden
on warmen Thränen übergehn. Schiller, Don Carlos 5, 3.
Daß) aus einem vollen Herzen der Mund zu Zeiten überging.
Höthe, Campaane in Franfreih Octbr. Bon dem Entichlufle, zu den
Römeru überzugeben. Klopftod, Hermannsichlacht 4. Die Aether-
tille ging in Harmonie über. Tiedge, Urania 2. Das, wenn id)
a8 Blut fehe, ich für euch vbergehe (vorüberaehe). Luther, Bibel«
ıberi. 2. Mof. 12, 13. Wie die ftolgen Hanen die Hüner über-
sehen (befruchten). Opitz. Ein Menſch, der öfter wird mit Prüs
ven übergannen (geichlagen), wird endlich fchlänefaul. Opitz. Die
3 no übergeben (übertreffen). Weichmann, Poeſie der Nieder-
achſen 2, 313. Der vierte Theil ſoll von Aeſthetik, Geichichte und
Meltweisheit veden, wenn Ddieje weite Materie nicht das Maß eines
Theiles übergehet. Herder. Warum übergehet ihr alfo das
Wort des Herrn? Luther, Bibelüberf. 4. Mof. 14, 41. Wie fönnen
Sie es ibm verdenfen, daß er diefe übergangen ift Chat)? Leſſing.
Was meinft Du, was mich hier für Unmuth überaangen? Günther.
Sid mit Trinden übergehen. Prompt. von 1618. Wenn du von
Dorf zu Dorf nit Gefang und Cyther umbergingft. Doß, die
Heumad 111. Ch’ der Tag, der eben jebt am. Himmel verhängniß-
vol heranbricht, unteraeht. Schiller, Piccolomini 9, 2, Die Tu—
gend kann nicht untergehn. Tiedge, Urania 6. D Meer der Wonne,
ich ſinke, ach’ in dich unter! Sonnenberg. Wenn die Sonne meer-
unteraing. Matbiffon, milel. Märchen. Daß manch Menſch ſich
Darin verging (irre gieng). H. Sachs. Ich habe vor deinem Weae
mih vergangen. Gryphius. Sollt' ich fürchten, Daß der König
Menelas jo nraufam fi) verginge mich zu fhädgen? Göthe, Fauſt
2, 2304. Auf jene linfe Seite (des Rheines), wo deutihe Treu’ ver-
geht. Schiller, dem Erbprinzen von Weimar. Du fprichft von Zei-
ten, die vergangen find. Schiller, Don Karlos 1, 2. Als ſich die
Brüder under jhnen jelbs, nochmals mit jren Nachpauren nit möchten
vergehen (vertranen). Hund, baier. Stammenbuh 1, 119. Auch
drüben unterm Wald geht Schweres vor. Schiller, Tell, 4. Das
Bolt, dad vorgina. Luther, Bibelüberf. Pred. 4, 16. Laß Gnade
vorgehen deiner Gerechtiafeit, Du Gott der Langmuth! Höfty. Ich
war in allen Dingen frölich, Das macht, die Weisheit gieng mir in
1144
denfelbigen für. Luther, Bibelüberf. Weish. 7, 12. Du gehſt mir
weyt mit Künften vor (übertrifft mich weit). 9. Sachs. Geht mr
voran im Zutraun, ich will folgen. Schiller, Maria Stuart 2, 8
Die nad) dir fommen, werden heller. leuchten, als die Dir auf Dem
Thron vorangenangen find. Ediler, Jungfrau v. O. 3, &
Schon fah idy vor mir verfammelt die Gräber unfrer Borangegar-
genen. Sonnenberg. Gefällts Euer Gnaden, vorauszugehn?
Shaffpeare, viel Lärmen um nichts 1, 1. . Bon der würdigften Tra⸗
une bis zum leichtfertigften Nachipiel war mir Alles vor Augen und
eift vorbeigegangen. Göthe, Leben 3. B_ So war der Rad»
mittag 0... Götbe, ital. Reife 14. Mai 1787. Das
Unbequeme hab’ ich hingepflanzt auf ihren Weg, wo fie vorbei
gehn müſſen. Schiller, Tell 4, 3. (Der) nicht jein ganzes vorher
gebendes Leben wegzuwerfen braucht. Göthe, Meifters Lehrj. 7, 6
So fehen wir... fehr bequem die Generalität bei und vorüber
gehn. Göthe, Leben 3. B. Doch waren fie ſchon alle vorüber
gegangen (geſtorben). Tai. 14. B. Hoch auf dem alten
ſteht des Helden edler Geift, der wie das Schiff vorübergeht, &
woblzufahren beißt. Göthe, Geiftesaruß. Keine vorübergehende
Empfindlichkeit. Schiller, Piccolomini 2, 2. Mein ganzes Leben ging
vergangenes und fünftiges, in dieſem Uugenbli an meinem inneren
Geſicht vorüber. Schiller, Wallenft. Tod, 2, 3. Wo er weggeht,
verwünjcht man ihn. Schiller, Piccelomini 2, 7. Wenn ihn die Ten-
kunſt und der Mond und der Frühling und die Freudenthränen fanft
bewegen, fo zergeht jein Herz und er will Die Liebe. %. Paul, Ti
tan 22. Mild zergeht jein ftrenger Sinn. Novalis, Heinrich vor
Dfterdingen 3. Was ihm abgeht, geht dem .Andern zu. Lichtenberg,
philof. Bemerkungen. - Es gieng ihr (überfiel fie) eine Ohnmacht
über die andere zu. Selhammer. Als fie, herabgelommen, den Bi
den wieder zugingen. Göthe, Novelle. Es geht nicht zu mit
rechten Dingen! Schiller, Wallenfteind Lager, 6. Schrie ich da
Knechten, handlich zuzugehn Schiller, Tell 4, 1. Er hielt es dej⸗
halb doch für geratbeuer zurüdzugehen. Göthe, Leben 3. B. &
eht zurück mit Ddiejem edlen - Haus. Schiller, Piccolommi 4 5.
(8 fönne wohl zujammengehn, und fei recht wünjdhensmwerth und
jchön, regieren und zugleich genießen. Göthe, Fauſt 2, 260. Umd
weil nun unjer Bortheil fo zufammengebt, ſo laßt nnd zu einander
auch ein recht Vertrauen falten. Schiller, Wallenfteins Zod 1, 5.
Vergangenheit 1) der Zuftand, da etwas vergangen iſt; 23) ein
vergangener Zufland, ein vergangenes Ding. — Begangenfchaft
(Vergehen) ift ſelten. — Dann lächelt die Vergangenheit Durch der
Erinnerung Flor. Salis, das Abendroth. Lie armen Menfchen erinmerz
fi) nur jeliger Träume, nicht feliger Bergannenheiten. 3. Baul. &
erzählte ihnen die begangenfhafft. Zinegref, Apoph. 1, 13.
1145
Geher ift einfach nicht gebräuchlich; auch Gaͤnger (ahd. gango,
gengio, kenkeo, agſ. genga, gengea, mhd. genge) findet ſich ein⸗
fach felten; ebenjo Gehnug. — Der-falfche Grundjag, der Begeher
eines Fehlers jei auch aller übrigen fähig, Meißner. Daß die Bes
geherinnen heiliger Vorabende auch fchon bei ihm (dem Dichter
Merander) eine bedeutende Rolle fpielten. Fall. Der Umgeber
(Auffeher) au Lauffen soll alle Schiffungen mit Fleis befichtigen und
abmefien. Lori, Bergrecht. Die Superiores oder Vorgehere einer
Profeſſion. PBarifius, S. 115. R. Marz, der Hohenichul zu Alexan⸗
dria Vorgeber?!) und Rector. Aventinus, Chronik. andel⸗
geher. Rückert, geſ. Ged. 5, 140. — Stumm nimmt er feine vier
zig Gaͤn get (Kameele). Rückert, geſ. Ged. 3, 78. Gänger oder
Reuter. Daſ, 4, 322. Von den vndergengern des felds, wie vnd
wo man vndergeen follz Hug, Rethorica Tübingen 1538. Bl. 176.
Um ja feinem Vorgänger recht Ähnlich zu werden. Göthe, Meifters
Lehrj. 8, 3. — Reinmetz, der ſich jelbft für einen Doppelgänger
hielt. Helmuth. Man erkannte an ihren Stimmen jene Fußgänger,
die auf Dem Wege hinter den Fahrenden zurückgeblieben waren. Göthe,
Meiſters Lehrj. 3, 3. Die durh die Kirchgänger abgetretenen
Grabfteine. Göthe, Wahlv. 2, 2. Wie viele und wie fleißige Kit-
hengänger unjre Kathedrale, bejonders wen Biſchöfe darin predi⸗
gen, haben werde. Klopftod, Gelehrtenrepublid. Der Ziih ſammt
Gartenftube, wovon jener die Koft, dieje die Koftgänger nicht faßte.
3. Paul, Hefperus 7. Und findet dann von einem Müßiggänger
den Schatten breit beſeſſen. Götbe, Taſſo 3, 4 Die Spaziergän—
ger finden fih ein. Göthe, roͤm Carneval. Daß ihn Spazier-
gängerinnen auf der höher liegenden Kunftftraße fehen fonnten.
J. Baul, Siebenfäs 9. Spazierengänger Nüdert, gef. Ged.
5, 140. — Barım er die kleinen Bergehungen ebenjo flreng bes
ftrafte, als die jchwerften Verbrechen. Schiller, Solon.
Gehbar, —meifter, — wert. — Unter mir joll mein allmächtiger
Fuß das Meer und die Erde, mir zu bahnen gehbaren Weg, ge-
waltfam verwüften. Klopſtock, Meifins 2, 186. Es fehlt nichts, als
daß wir noch unfern Lehr, Geh⸗ und Zanzmeifter kennen lernten.
Herder. Ohne welchen (Zahn) das Gehwerk floden würde, 3. Paul,
Heſperus, 21.
Gang (goth. gaggs, mıhd. ganc, altn. gängr) 1) die Handlung,
da man geht; 2) foviel ald man auf einmal, in einem fort, bis zu
einem Ruhepunkt oder bis zur Erreichung eines Ziele gehet; 3) (un⸗
eig.) in verjchiedenem Sinne: ein Gang von Speifen, im echten und
Streiten jeder Art, ein Theil einer Ritterfchaft, ein furzer, Durch auf:
und ablaufende Töne ausgedrüdte Gedanken, die Handlung des Auf-
1 Schon Ulſilas hat für praefectus (Borgefehter) ein fahragageja.
1146
fchüttens in einer Mühle; 4) was da geht, was zufammen in Be-
wegung geſetzt wird; 5) Das Ziel des Sehens, der Ort, wohin men
gebt; 6) der Ort, wo, auf weldhem man geht, oder gehen fann, der
zum Gehen geeignete oder gemachte Längenraum; 7) (umeig.) die
Gewinde einer Schraube; 8) (uneig.) die Röhren und Leiter, in wei
hen ſich eine Zlüffigfeit beweat, beionders in den thierifchen und Pflas-
zenförperu; 9) (uneig.) gewifle Räume im Gebirge, Die in Der Künge
und Tiefe fortdauern und an Minen oder Erzen reich find; 10) (Ja⸗
gerſprache) eine Reihe aufgeftellter Klebgarnen. — Wann mein Gang
zu der Kirch' am blumigen Grabe vorbeigeht. Voß, Luiſe 3. a, 345
Den eijernen Gang des wandelnden Richters. Klopſtock, Mejfias 4,
542. Ihr, rief ex, hinkt, ich aber nicht; den Gang müßt ihr eub
abgewöhnen. Gellert. Denn du haft ſchon meine Genge geek.
Luther, Bibelüberf. Hiob 14, 6. Melodien, Gänge und Läufe obme
Wort und Sinn. Göthe, Meifters Lehrj. 2, 11.
Die Synonymen f. S. 141.
Ab—, An—, Bei—, Durd—, Ein—, Fort — Heim-.,
Her—, Hin —, Nach—, Rüd—, Veber—, Ber— , Bor— (6.
492), Borüber— , Weg —, Zu—, Zurüdgang u.a. — Rad deu
Abaang (Xod) der beiden alten Leute. Göthe, Meifters
1, 8 So gewann dieje Teihte Waare Beifall und Abgang. Götk,
Bampagne in Franfreih Münfter Novbr. 1782. Einige Gold- und
Silberabgänge zu faufen. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 2. Gen
Kühenabgängen und allerlei Unrath. Göthe, ital. Reife Palerme
5. April 1787. Mit Sonnenaufgang wandelten wir nun bimmater.
Göthe, ital. Reife Girgenti 25. April 1787. Die Katbarinenpfertt,
ein ehemaliges Thor, und feit Erweiterung der Stadt ein coffee
Durchgang. Göthe, Leben 5. B. O was hat meine Seele wicht
noch in dieſem Durchgange durch das Leben zu dulden! Duſd
Die der Durchgang der Venus am Nordcap objerviren mer
len. , Lichtenberg, Tagebuch von der Reife nad England. Daß mein
Ausgang und Eingang gebenedeit jei. Göthe, Reineke Fuchs 6, 9%.
Es fann mich mehr nicht Ängftigen, als dieſer Eingang (der Rebe).
Schiller, Walleniteins Tod 3, 2. Am Eingang zweier umdafteler
Cedern. Klopſtock, Meifias 1, 56. Nahe dem Felseingang. Bw
fer, Tuniſias 9. Wir folgten, im Fortgange der Höhle, den Ufern des
Heinen Fluſſes. A. v. Humboldt, die Felshöhle in Guacharo. Je
früher wir dieſe Arbeit anfangen, defto mehr Fortgang gewinnt fie.
Gellert. Diejer ungewöhnlihe Hergang der Sat. Klopftock, Ge
lehrtenrepublik. Tritt bin zur feierlich geheimnißvollen Pforte, von
Hehva's Hingang (Tod) leuchtend noch erhellt. Tiedge Urania 6.
Da iſt fein Rückgang mehr. Porker, Rudolph 1. (Das Wörtcen)
ſollte nur zu einem Uebergang dienen. Söthe, Meifters Wander.
2, 3. Bei ihm ift alles nur ein Uebergang. Lelfing. GSteeitig
1147
eiten wegen Feldmarken koͤnnen gefchlichtet werden durch einen or⸗
entlihen Undergang Gefſichtigung durch beeidigte Perſonen) oder
ndergänglichen Spruch. Meixer, dissert. IV. p. Il. Gerettet
aben wir vom Untergang das Reich. Schiller, Wallenſt. Tod 1,
. So könnten fie ja früher kommen und vor Sonnenunter-
‚ang wieder zu Haufe fein. Göthe, Briefw. mit Schiller 6, 115.
Beltuntergang in ihrer Mitte. Schiller, die unüberwindliche Flotte,
Siehe da die Fabel jener beiden Säulen Seths für den Waſſer—
nd Feuerunteraang der Erde. Herder. Er dachte die Zukunft
nd den Bergang voll Seelenangft. Klopftod, Meſſias 2, 628.
Rod) ift immer fein Bergang (Mangel), Voß, die Kartoffelernte,
Lhriſtus bat in allen Dingen den Vorgang (Vorzug). Xuther, Bir
relüberf. Col. 1, 18. Dies mag die Urſache fein, warım ich mid)
ver einzelnen Borgänge wenig erinnere. Göthe, Leben 14. B. Sie
seherrfchen die Meinung, und entfcheidend ift ihr Borgang. Schiller,
Wallenſt. Tod 3, 2. Verſah Gott fein Volk mit einem geichidten
Borgang und Seelſoraer, der hieß Samuel. Nventinus, Chronik,
Daß) ein Geſtirne Dem andern ruf im Borübergange. Klopftod,
Deeifias 5, 27. Alle Zugänge... waren zu beiden Geiten durch
Schranfen nnd Wachen gefichert. Göthe, Leben 5. B. Das find
yerrlihe Zugänge (Zufluß) der Wirthichaft. Thümmel. — Die des
Tünglings Adlergang geſehn. Schiller, Melandyolie an Laura. Em
hattiger Baumgang war der Zufammenkunftsort. Bampe. Den
Blumengang des Glückes fchlendern. Thümmel. Durch enge fi
ft durchkreuzende lichtlofe Bogengänge. Wieland, Oberon 13, 45.
Wie könnte der ſchwerfällige Bothbengang unferer Sprache jene
ranzöfiihen Einheiten erreichen, die gleid, den Echwalben vorbeiſchie⸗
Ben. himmel. Wo durdy Dunkle Buchengänge blaffer Vollmonds⸗
ichimmer blickt. Mathifjon, Bernhigung. Ihre vorgefchriebne Reife
zollender fie (die Eonne) mit Dounnergang. Göthe, Fauſt Prolog.
Bir fingen der Eisgangslieder noch viel. Klopſtock, die Kunft
Tialfs. Auch wird ihr Erdengang niemals zur Nachfolge reizen,
und ſoll e8 nicht. Ewald. Ein dunkler Felsgang endete von bier
ım Lichte erweiterten Hallen. Meyer. Unten im Feljengang. Por.
er, Rudolph 6. Im Fihtengange tief fie ſteht. Redwitz, Ama⸗
antb. Tas übrige’ dem Kolgegang ımd Scidjal zu überlafien.
Boͤthe, Meifters ander). 3, 14. Durch alle Gartengäng’ und
zelder. Wieland, Oberen 13, 21. Wer jchwebte bin im Geifter-
Jana? Redwitz, Amarantb. (Die Mathematif muß) ihren eigenen
jroßen Geiitesgang gehen. Göthe, Betrachtungen im Sinne der
Wanderer. Ueberdieß hinderte fo mancher Mißbraub den Gerichts:
yang. Göthe, Leben 12. B. Durch die Gipfelgänge jagt er
unten Kieſeln nach. Göthe, Mahomets Belang. Nicht ziemet mir
das Uriheil über deinen Herrihergang. Ubland, H. Ernſt 1, 1.
1148
Und wenn du weh um Hochzeitgang den Gürtel um die Laube
winden. Redwitz, Amarantd. Den wir gegenwärtig auf feinen Jar
gi ngen begleiten. Goͤthe, Leben 12. B. Durh den hohlen Kel-
ergang erihallt ihr voller Kraftgeſang. Redwitz, Amarantl. 4
hab’ des Kirchgangs Seligkeit. Daf. Was Augen bat läuft ſcha⸗
renweil herbei, Den praächt'gen Kirhengang anzuflaunen. Wielaund
(Wenn) ih nun den langen düſtern Kloftergaug durchzuwandels
Hatte. Göthe, Leben 4. B. Der jchleihende Kranfengang. J
Paul Doch fo oft es igt ſtrauchelt, jebo den Krebsgang kiiecht,
geh’ du den eigenen Weg. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Wie es kei
einem folchen autodidaftiichen Kreisgange zu erfolgen pflegt. Göthe,
Xeben 8. B. In dem Kreuzgang wandelnd. Pyrker, Rudolph 2
Rauſcht nichts den Raubgang daher? Schiller, die Erwartung. Dead
(Rilar) ein fonderbarer under Wald aus Laubengän gen noch verftedie,
% Paul, Titan 23. Defters berieth ich mich mit ihm über meinen
einzuleitenden Lebens⸗ und Geſchäftsgang. Göthe, Leben 12.
B. Die Stationen des Leidensganges unfered Herru. Göte,
St. Rochusfeſt. Und nun bift du weder in der Laube nach im heben
Lindengang zu finden. Göthe In dem Luftgang meben dem
wallenden Strom. Baggeien. So daß e8 (dad Wafler) nur im mei
läufigen Schlangeugange fortwandeln fann. Göthe, Eampagne in
in Frankreich, October. In den ſtürmiſchen Mühl gängen täglicher
Aſſembleen. J. Paul, Titan 58. Sollte man denn aber einem ſolchen
Naturgang nichts entgegenſetze? Goͤthe, Wahlv. 2, 8. Auch Pul⸗
vergänge Da fle gegraben. Schiller, Jungfrau v. DO. Prolog 3
Mit den Förmlichkeiten eines Rechtsganges genau befannt. Göthe,
Leben 17. B. - Sieh! er lehrt die fchmebenden Planeten ew’gen
Ringgangs um die Sonne fliehn. Schiller, Phantafie an Lana
Unter dem Rundgang um die Inſel. 3. Paul, Heiperus 12. Be
bin ih trüg’ den Sängergang. Redwig, Amaranth. Daß es (dab
Zimmer) Halb einem Garten, halb einem Säulengange ähnlich ſah
Söthe, Meifters Lehrj. 5, 12. Nimm, Schattengang, mich auf!
Salis, an ein Thal. Siehe, doch fchweigend, meinen Schickſal⸗—
gang mit der Welt. Sonnenberg. Stets erichöpfend den Schlad
tengang der Heere von Abdul. Sonnenberg... Wohl ausgehanen lei⸗
tete ein Schnedengang zur Höh’ hinauf. Herder. Die Lauben
drehten ihn in Schraubengängen in eine immer tiefere Nacht bie
ein. % Paul, Titan 28. Sobald dir vom Seegang nicht mer
wadelt der Fuß. Baggeſen. Bon den Ehren Walhalls raujcht es m
freudigerem Strophengang. Klopfiod, Braga. Dürfen Sie ut
die Bedeutung des Stufenganges wohl erflären? Göthe, Meiftens
Wanderj. 3, 1. (Er) rief die Fühnen Gefährten jauchzend zum
Sturmgang auf. Porfer, Tuniſias 10. Eilt duch den Hof zum
Thoresgang. Redwitz, Amaranth. Bellommen folgt er vom He
1149 .
um Treppengang Daf. Doc fo Iange du fo den Todedgan
sit der Menſchheit wandeln nich fiehft. Sonnenberg. Wag' auch ih
ur Geifterfonne freudigmuthig den Bollendungsgang. Schiller,
ie Freundſchaft. Daß vor des Vaters Waidmannsgange den
Rorgenimbiß fie bereite. Redwig, Amaranth. Es treibt ein felt-
ım füßer Schred fie fort zum hohlen Waldesgange. Dal. In⸗
em war der Sl den ganzen Zag angelegt. Göthe,
Reiters Wanderj. 8, 13. avon mag der gewöhnliche Weltgang
ie Schuld tragen. Göthe, Tag und Jahreshefte 1801. Hinge⸗
Hmiedet zum Gefang ftehn, im ew’nen Wirbelgand, einzuziehn die
Bonnefülle, lauſchende Naturen ftille. Schiller, Laura am Elavier.
Anfgang 1) die Handlung des Aufgehens, auch uneig. von den
yimmelsförpern gefagt; 2) der Zuftand des Aufgehens; 3) die Him-
telögegend, wo die. Sonne, wie man ſich ausdrüdt, aufgeht; andy die
egen Nufgang oder Morgen liegenden Länder. — Wenn das Geſchick
n Aufgang deines NRuhms dich fallen täßt. Weiße. Auf alles
tolk vom Niedergang bis fern zum Aufgang. Doß, Deutichland.
Zen Auf- und Niedergang und aller Weltkreis ehret. Opiß. Wie
ft eilte das gute Mädchen mit Sonnenaufgang aus dem Haufe,
söthe, Wahlverw. 1, 17. :
Dt!) (fatt Oft, ahd. mihb. Ost, agf. eäst, engl. east, franz. Est, ger
wöhnlich in declinirter Yorm als Adv. ahd. östana, mh. östen = von Oſten,
ahd. östar, mhb. dster = nach Dflen; vgl. gr. alpog = Oſtwind, avpıog
— morgendli, lat. aurork — Morgenröthe, Oſten, auster = Südwind)
Himmelsgegend, wo die Sonne über unfern Geſichtskreis kommt. Orient ift
das lat. oriens — aufgehen. Der Morgen (6. 496) Tugesanfang, Zeit
des Sonnenaufgangs; dann auch Gegend des Sunnenunfgangs.
Ausgang 1) die Handlung, da man ausgeht; 2) das Ende einer
3egebenheit, einer Zeit; 3) der Ort, durch welchen man ausgeht. —
Jaß mein Ausgang und Eingang gebenedeit fei. Göthe, Reinele
uchs 6, 92. Da bald der Ausgang beweiſ't, daß er nicht befohlen
at. Göthe, Egmont 4. ——
Erfolg (f. folgen S. 34) drückt das Ende einer Begebenbeit als aus
der Begebenhelt hervorgegangen, daraus folgend, ale Wirkung aus dem Vor⸗
bergeheuden, aus. — Bin paar alte Jungfrauen hatten diefe Penflon ſchon
lange mit Orbnung und gutem Erfolg geführt. Göthe, Leben 9. 2.
Niedergang 1) die Handlung, da man niedergehet; 2) (uneig.)
er Sonnenuntergang, auch die Himnmelsgegend des Sonnenuntergangs
. oben Aufgang). — Don auffgang der Sonnen bi8 zu Ni
ergang. Luther, Bibelüberſ. Pf. 50, 1.
*) Dabdurch, daß die Bezeichnungen der Weltgegenden mit denen der Winde
rmengt wurden und werden, fin
gt 3. B. (gef. Geb. 2, 19. 3, 832. 5, 401): Aus dem Welt und Ofle, nad
‚üben, Wer und Norden; gegen Rord und Of.
hen wir jene ganz nach Willkür decliniert, Nüdert -
1150
Weſt (ahd. mijd. agf. wöst, gewößnlich in beclinierter Forn als Ihe,
ahd. wöstana, mhd. wösten — von Weiten; ahd. wöstar,; mhb. western
westert = nah Weiten, zu gr. dszepa, lat, vespera — Abend, faufk,
wasati — Nacht) bezeichnet als geographiſcher Kunſtansdruck die Himmels
gegend, wo uns die Sonne unter den Befichisfreis tritt, Der Abend (f. 6
26) die nächſte Zeit nach Sunnenuntergang; dann die Himmılögegenr de
Sonnenuntergange. |
Umgang 1) der Zuftand und die Handlung des Umgehens im
verfchiedenem Sinne, der Zuſtand da fich etwas umdrehet, die Hands
lung da man um etwas gehet, ein Gang auf einem Umwege, dad
wiederholte Zufammenktommen und Zujammenfein mit Andern; 2) ein
Ding, weldyes um ein anderes gehet. — ine Feder, welche nieder:
ihlägt, fo oft hundet Umgänge auf den Hafpel gekommen find.
Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 5. Hoch hatte die PBroceifion den Um
gang nicht eröffnet. A. v. Humboldt, das Erdbeben von Carackk
Wie mehret fih im Umgang das Berlangen, ſich mehr zu femme,
mehr fich zu verftehn! Goͤthe, Taffo 3, 2 Was fol er überall kei
der Gejellihaft? Es ift jein Umgang nicht, ed mögen würd'ge, wr
diente Winner fein; er aber ift für fie zu jung, taugt nicht in de
Geſellſchaft. Schiller, Wallenſt. Tod 3, 6. Daß er unſrer Herogi
Amalie und fie ihm zum Lebensumaang völlig unentbehrlich ge⸗
worden. Göthe, Tag und Yahreshefte 1798, *
Bekanntſchaft (ſ. kennen S 82) überhaupt eine Verbindung jwijche
Perſonen, die dadurch entſteht, daß ſie einander befannt find, — Auf der ⸗
andern Seite war ihr Werther fo theuer geworben, gleich von dem erſten Ang
bli® ihrer Bekanntſchaft an Hatte fich eine Uebereinftimmung ihrer Ge
müther fo fchön gezeigt, der lange dauernde Umgang mit ihm fo make
durchlebte Situation Hatte einen unauslöfhlichen Eindrud auf ihr Hz ge
macht, Göthe, Werther II.
Gangbar, —bau, —bord, —erz, —fiſch, —fuß, —gebirat,
— gewicht, —aräber, —grad, — haft, —häuer, — luft, — kreuz, —pfoſte,
— um, —fäule, —ihlüffel, —ipille, —ſtein, — ftreit, —weije, —woche
u. a.; Abgangsbemerkung, —eijen, —loch, — rechnung, —ihmand,
—zeugniß; Ausgangsfefl, —Iehre, —pforte, —ftüd, —zoll; Duck
gangsfernrohr, —gut, —handel, —waare u. a.; Eingaugsfährte,
—geld, —pforte, —preis, —thor, — zoll; Untergangsfeier, —lag
Vorgangsrecht. — Es war von Gebirgen, Gängen und Lagern, vor
Gangarten und Metallen der Gegend die Rede. Göthe, Meier
Wanderj. 2, 10. Durch Wiederholung damald gangbarer mei
bedeutender Stüde. Göthe, Campagne in Frankreich, Münſter Roobr
Der Feld wird gangbar. GBöthe, Eugenie 1, 6. Die duntle Hoͤhle
ft Durhgangbar. Heß. Den Rathichluß zu bewahren im unze⸗
gangbar feſt verſchloſſenem Gemüth. Schiller, Braut v. M. &
151
m mühvollegangfam. Hüdert, gei. Ged. 4 33. Durdgang-
eredhtigfeit... vor diefem Durchgangzoll. 3. Paul, Heiperus 9.
Borin fih ein Uebergangsgebirg bemerken läßt. Göthe, Werke
1, 123. Und hohe Wechfelgefpräche über die Untergangsfeier
er Belt. Sonnenberg. Der in die Flamme von Sodoma fam und
nfter zum großen Untergangstag der veralteten Sion vor
Ritternadyt auszog. Sonnenberg.
Gäng (ahd. k(g)engi, mhd. genge) gehend, im Gange feiend;
ebräuchlich, gend j. S. 49. — Gängig (ahd. k(g)engie)
ebend, was Gänge hat, auch was gebräuchlich iſt; Gänglich (ahd.
angalih, gang(e)lih) wo man gehen kann, find einfach und (jedoch)
ıehr) in verfchtedenen Zuſammenſetzungen gebräuchlich. Abgängling;
Zegängniß, das feierliche Begehen einer Suche, nur noch von der
ꝛierlichen Beerdigung eines Todten gebräuchlich. — Junges Maut ift
me Mühle, die gar gäng in ihrem Lauf. Logau. Ich kam auff
ne gänge Landſtraſſe. Simpliciffimus 1, 19. Ob auch bei ihnen
ergleihen gäng und gäbe wäre. Göthe, St. Rochusfeſt. Dann
ürde doch wenigftend die Toleranz gängiger werden. Geift der
ſournale. Sitten und fragen, jo bey den Juͤden gengig feynd.
Yietenberger Bibelüberf. (1571). Ayftl. 26, 3. Und was ja noch
baängig oder dunkel wäre, erfegen die Gloſſen. Göthe, Götz v. 2.1.
Schleunig wird ein bejahrter und ſchon abgängiger Widder her-
eichleppt. Voß. In diefem Sinne find’ ich das Stud durchgängig
earbeitet. Göthe, Meijters Lehrj. 4, 13. Daß diefe zu einer höheren
‚ultur fo nöthigen Studien niemals rudgängig werden. Göthe,
us Makariens Archiv. Nah vorgängiger genauer Unterſuchung.
zöthe, Egmont 5. Die in ihrem Alter wie die Menfchenfeele eine
rebsgängige Beförderung erdulden. % Paul, Hefperus 10.
Stulgengig ... jelbsgengig Pratſpießmül. Fiſchart, Gargantua
5. 101.154. — Nicht fteil die Hügel, doch nicht allzu gänglich.
zöthe, Zunft 2, 365. Wie er da Einzelne an die Jugend methodiſch
nd eingänglich überliefere. Göthe, Tage und Sahreshefte 1805.
rrgänalidheflug minirt er (der Feuerwerler) feine Grüfte. Göthe,
Sonette 15. Doch ihm ertheilen luftige Welten das Uebergäng—
iche, Dad Milde Göthe, wohl zu merken. Gie ward wieder
mgänglich und antwortete dem freundlichen Frager gern. No—
alis, die Natur. Daß er ihn ja in die unumgänglide
tothwendigkeit ſetze. Leſſing, Hamburger Dramaturgie 1. Dur
ndergänglihen Spruch (ſ. oben S. 1147 Untergang).
8 war die unvergängliche Freundſchaft in den vergänglidhen
züllen. 3. Paul, Heiperus 3. (Die Krankheit hatte) ihm einen
zlick auf die Vergänglichkeit, auf das Zerſtückelte unjers Daſeins
röffnet. Göthe, Meiſters Lehrj. 4, 17. Im Gefühl der Unver-
änglichfeit. Matthiffon, Himmeldglaube. Wenn diefem nicht die
1152
@ätter... liebenswerthe Gegenwart vorübergänglich lichen. Gölhe,
Fauſt 2, 210. Ein abgefondertes verfchloffenes Zach in den zugäng
lien Schränfen. Göthe, Meifters Wander. 1, 10. Bas die
Königin dabei in tiefem Buien geheimnißvoll verbergen mag, fei jedem
unzugänglic. Göthe, Fauſt 2, 206. Durd rohen Dorngeflechtes
Unzugänglichkeit kann er die leichten Tänze nicht gefällig ziehn.
Goͤthe, was wir bringen 17. — Diele Unglüdlihen waren
Stilung des Hungers mit nichts als verfchimmelten Brotfruften, Ab-
gänglingen und fihlechter Waichitärfe verjehen. lingenannter bei
Gampe. Wie man pfleget in den Zodten Begengniffen. Luther,
Bibelüberj. Bar. 6, 31. Ihren gefterbenen Sänger ehret die Herr
durch ein präctiges Begängniß. Uhland, Rudello. Wo man
an prunkhafte Leichenbegängniſſe gewöhnt war. Söthe, Leben
2.8. Die Brunfdegängniffe verloren fih immer mehr. Dal.
Anm. Tſchudill, 121 bat noh Hintergangnuß = Hintergehung, Berry.
Das mit vergänglich (defien Dafein aufhören kann, das endliches Grin
hat) finnverwandte zeitlich (ahd. zilih, ſ. Zeit S. 959) bed. endliches
Sein habend, oder der Aufeinanderfolge des, Seins angehörend. — Den zeit
lichen Tod ſtirbſt Du für diefe That, willt Du auch noch den ew’gen dafür
erben... Ih habe alles Zeitliche berichtet, und hoffe feines Menſches
Schuldnerin aus diefer Welt zu fcheiden. Schiller, Maria Stuart 5, 7.
Bängeln (ſchon im 15. Jahrh.) — den Gang leiten, gehen
lehren: ab—, be—, fort—, ber—, berum—, nach—, Ver-,
vor—, weg —, zu—, zurüdgängeln find wenig im Gebrauch. —
Mit dem man ganggelt. Liederbuch der Clara Häßlerin aus der
2. Hälfte des 15. Jahrh. Sol auch ih mih dadurh gängeln
laflen, wie einen Knaben? Schiller, Räuber 1, 1. Längit ſchon
pflegten wir dein, unknndiger, wartend und gängelnd. Bob, die
büßenden Jungfrauen 59.
Gegängel; Gängelei; Gängelbaud, — wagen. — Das mar
freontiihe Gegängel ließ gleichfalls unzählige mittelmäßige Köpfe
im breiten, Herumfchwanfen. Göthe, Xeben 7. B. Den gebarniichten
Rieſen Geſetz am Gängelbande zu Ienfen. Schiller. Fiesfo 3, 2.
Anm. Mit Bang werben verfchievene Gigennımen gebildet: Gangolf,
Wolfgang.
Schlafen. !)
| (Wurzel slaf.)
Schlafe, ſchlief, gefchlafen, ſchlafen (goth. sl&pa, säizlep,
säizl&pum, sl&pans, sl&pan; ahd. släfu, sliaf, sliafumes, släfaner,
släfan; mhd. släfe, slief, gesläfen, släfen; agſ. slaepan, alti. si
1) Mit diefem Verbum beginnt die zweite rebuplicierende C tion, wit we
nbb. Ablautsform A, ie, ie A. 8 8 p onjugatiom,
1153
— —
——
pan, altfriej. sl&pa) in natürlicher -Nuhe der willkürlichen Lebens-
thätigfeit ohne Unterdrüdung des Seelenvermögens fein, im Zuftande
des Schlafes fein, als Gegenſatz des Wachens; dann auch fig. —
Zn. einem Feldbett haben wir gefhlafen. Schiller, Wallenfteins
Zod 3, 10. Der (Graf) Ichläft er nicht, möcht’ er doch fchlafen.
Göthe, Hochzeitlid. Einfach ſchlief in dem. Sumen die Kraft.
Göothe, Metamorphofe der Pflanzen.
Schlummern (mid. slumen und slummern, engl. slumber, fchweb.
8slumra, holland, sluymeren, verwandt mit altu. slum = Schweigen, Nieder
geichlagenheit, sluma = ſchweigen, ven Muth finken lafjen) bezeidynet das .
Ruhen in einem Mittelzunand zwiſchen Schlaf und Wachen, Ähnlich der
Dämmerung (ahd. demenunga,, vielleicht Schreibfehler ſtatt dämerunga,
von abd. demar = Dämmerung; vgl. agf. dim, altf. thim — dunfel, altn,
dimma, fanffr, tamas, lit. tamsa, lat. tenebrae — Finſterniß; daher au
büfter aus niederd. dimiter). Daher fagt Eoöthe au einbägmern =
‚ einfchlummern. Die Volkoſprache Hat noch andere Ausprüde: duſeln,
— lunzen, lunzeln (mh. lunzen, lunczen = ſchläfrig fein, bei Stieler
—lunſen, lunſchen) vom Morgenfcplaf, tefonders ber Kinder, gefagt, wo fle
nicht eigentlich ſchlafen, aber auch nicht auffichen wollen. — Geſchlafen
hab’ ich nicht, gefhlummert nur. Göthe, Elyenor 1, 2. Der Hüter Iſrael,
Schlefft noch ſchlumet nicht. Luther, Bibelüberf, Pf. 121, 4 Ich wil
meine Augen nicht jchlaffen lafien, Noch meine Augenliede ſchlummen. Daf.
132, 4. Las deine augen nicht fchlaffen, noch deine augenlied fhlummern.
Daſ. Spr. 6, 10, Heimlich in mein. Zimmerchen verſchloſſen lag im Mondens
fein gang von feinem, Schauerlicht umfloffen, und ih bämmert’ ein.
Goͤthe, an Belinden, | m.
Aus—, be, (5.1139), bei —, durch —, ein—, ent —, entgegen —,
er—, berbei—, nach —, über—, verſchlafen. — Die einen lagen
und ſchliefen ihren Rauſch aus. Göthe, Meiſters Wanderj. 3,8. Es
giebt Leute, die zu keinen Entſchluß kommen können, ſie müſſen ſich denn erſt
ber die Sache beſchlafen haben. Lichtenberg, Betrachtungen über den
Menſchen. Er bejchlief jeinen befjern Vorſatz. Meißner. Der hat eim
Mitter fein Tochter bichlaffen. H. Sachs. Ich wündjche, Daß mein Feind
erwehle beyzuſchlaffen ein jolch verworfnes Thier. Rachel, 1. Satire.
Nah einer ruhig durchſchlafenen Nacht. Göthe, Leben 3. B.
Unter einem Banm fand ich ihn eingeſchlafen. Schiller, Piccolomini
1, 3. Ich war eutſchlafen unterm Zauberbaum, und bin erwacht.
Schiller, Jungfrau v. O. 4, 9. Dauid entſchlieff (ſtarb) mit ſei—
nen Vetern. Luther, Bibelüberſ. 1. Röm. 2, 10.. Als eind zuckende
pe neben ihm noch in der halben eingerunzelten Raupenhülſe
ing und ihren Blütenkelchen entgegenſchlief. Paul, Siebenkäs 3.
Sn einem ſchlechten Wirthöhaus... erſchlafen wir nun den morgen—
den Tag. Göthe, Briefe aus der. Schweiz 2. Abthl. Es ſoll nicht
gefagt fein, daß ein Mann in unferm Schloffe ungeftraft die Morgen-
78
1154
— — —
rsothe herbeigeſchlafen habe! Göthe, Trinmph der Empfindiamfeit
3 Wann noch mein Mütterhen nachſchläft. Voß, Luiſe 2, 159.
Der diefe Nacht des Jammers überſchlief. Göthe, des Epimenides
Erwachen .2, 9. Das Vorübergehen eines Uebels, deſſen Androben
wir alüdlih verfchlafen hatten. Göthe, Leben 3. B.
Schlaf (goth. sleps, ahd. mhd. släf, altj. släp, altftiej. sl&p,
engl. sleep) 1, Zuftand des Schlafens; 2, (auch im Plur. die
Schläfe) ein Theil des Kopfes hinter den Augen, wo man den Schlag
der Pulsader gewahr wird, und wo ein Schlag tödtlih it. — Ih
fhlug ihn mit der Fauſt fo tüchtig auf den Schlaf, daß er für todt
zur Ede fiel. Göthe, Benvenuto Cellini 1, 3. Daß eure Schläfe
ſchon grau find. Göthe, Meifterd Wanderj. 2, 3. — Kinder, jo and
vnehlihen Beifchlaff geborn werden. Luther, Bibelüberſ. Weish.
4, 6. Der meinen Morgenſchlaf fo tolfühn unterbriht. Wieland,
Dberon 3, 32. Jetzt wand fih von dem Sinnenfhlafe die freie
ſchöne Seele los. Schiller, die Künftler. Ich gebe durch den Todesijchlaf
zu Gott ein ald Soldat und brav. Göthe, Fauſt 1, 198. Wenn fie aus
ihrem halben Todtenfchlafe zum Bewußtfein erwacht. Goͤthe,
Wahlv. 2 Es war fon im März, wo die höheren Stände
wegen ihres fihenden Winterichlafes mehr vollblütig als faltblütig
find. 3. Paul, Hefperus 24. Sie fchlief den Zauberſchlaf.
Uhland, Mährchen. Rofig glüht ihm ein Kranz von Morgenrötben
des Jenſeits hoch um die Liltenfchläfe. Sonnenberg.
Die ſchlafen und ſchlummern, fo unterfcheinen fh au Schlaf um
Schlummer. — Hat ud die Geſchichte nigt aus dem Schlummer
gerüttelt? Der ewige Schlaf würde wach geworben fein! Schiller, Mänbe
4, 6.
Schlafader, —apfel, — arzenei, — balſam, — bank, — beere,
—bett, — boden, — deich, —fieber, —fiſch, — gäͤnger, —gaft, — gegend,
—geld, —geſellſchaft, —gewand, —grube, —haube, —haus, — hoſe,
—faften, — kirſche, — kopf, —krankheit, — kraut, — krebs, — kutſche,
- latwerge, —laus, —lilie, — luſt, — machend, —mittel, — muslel,
—müßig, —pelz, —pille, — ratz, — roſe, —falbe, —ſtube, — ſtuhl,
—ſtunde, —tiſch, —trank, — wagen, — wahrſager, — weisen,
—wirkend, —zeit u. a.; Schläfenbein, —blutader, —ede, — fläche,
—fortſatz, —grube, — muskel, — muskelnerve, — vand, —ſchlagader,
—zweig. — Der fortdauernd ſchöne, mehr ſchlaf⸗ als todtenähn-
liche Zuſtand Ottiliens zog mehrere Menſchen herbei. Götbe,
Wahlv. 2, 18. Und in der Rechten fein ſchlafbringender Stab
Voß. Schlafdurftige alio ſchlaftrunkene 3. B. Soldaten,
Poſtillons fchlummern im Reiten und Marichieren halb ein. J. Paul
Im Schlafgemach, entfernt vom Feſte. Göthe, Brautnacht.
Ariftophaned wurde ſogar Krifoftome Schlafgenojie Bene:
Sternau Nah ihrem Sohn, der noh ihre Schlafgefelle &
u
Wieland, Oberon 11, 36. Kucius, mein Schlafgewand! Shafe-
peare, 3. Cäſar 4, 3. Weswegen eine Sturmglode länger ſummt,
ils eine Schlafglode. J. Paul, Titan. 2. o hauſet der unbe
riebiame Schlafgott. Voß. Die (Studierfiube) noch die einzige
Schlaffammer unferer Leidenfchaften ift. 3. Paul, Heſperus 8.
Daß er den Mops in jeinem Wohn- und Schlaflorb wieder unter
ven Dfen ſchob. Daf. 3. Den legten Schlaffuß giebft du mir,
jeliebte Aderna. Benzel-Sternau. Wann wirft du (Bach) mir mein
anftes Schlaflied rauhen? Kleift. Woraus fie in Ichlaflofen
Nächten manchmal ein Blatt Mafarien vorlefe. Göthe, Meiſters
Banderj. 1, 10. Höre Er, Brenie, man fagt, daB er an der
Schlaflojigfeit frank liege. Göthe, die Aufgeregten 1, 6. Ein
yierter Schlafluftiner fepf irgend einen Genius bis an den halben
2eib in eine Fichte Wolfe, 3. Paul. Hier winfte er dem Pfarrer,
eine Schlafmütze binzuwerfen. 3. Heſperus 8. Der fchlafnadı-
ıhmende Blinzer Baggejen. Er ftridte den Schlafrod knapperan. 3.
Baul, Hefperus 8. In den Dunkeln weiten Schlaffaal der Natur. 3,
Paul. Liane lehnt in einem Schlafſeſſel. 3. Paul. Auch feine
Schlafftätte theilte er mit ihnen. Benzel- Sternau Für Sitze,
Schlafftellen und was man allenfalls fonft in einer mäßigen
Herberge verlangen könnte, war geforgt. Göthe, Meifters Wanderf,
, 4 Eine fo unüberwindlide Schlafſucht. Göthe, Leben 6. B.
Sin jhwerer Schlaftrieb liegt wie Blei. auf mir. Shafefpeare,
Deachetb 2%, 1. Noch einen Schlaftrunf! Schiller, Piccolomini
1, 6. Und jchlaftrunten, vom Weine betäubt, hinfinken die Zeigen.
Byrfer, Zunifias 6. Blick auf fie, wenn fie in den Armen der
Schlaftrunfenheit liegen. Herder. Die weinbetäubt und fchlaf-
‚erfunfen waren. Shafeipeare, Macbeth 3, 6, Als ich mehrere
Rüchte in einem Schlafmagen zubradhte. Göthe, Zarbenlehre 91.
Sharlotte fuchte bald in ihr Schlafzimmer zu kommen. Göthe,
Bahlv. 1, 12.
Mit fchlaflos (res Echlafes benommen, des Schlafes entbehrend) iſt
finnverwandt wach (ahd.wacvonwaden ©. 757,f.noh Bade ©. 113) im
Zuftande regfamer Lebenskraft; Im Befondern ohne Scläfrigfelt. — Sieh
mich die Mitternadt bei meinem Sehrohr wach. Hagedorn,
Schläfer; fchläferig (ahd. släfac, släfarac, mhd. släfec,
läfric) Luft zum Schlafen empfindend; für einen Schläfer einge-
ichtet; Schläferigfeit (ahd. släfarigi, mhd. eläfekeit); fchläfern
ahd. släfön, släfarön, mhd. släfern ) Luft zum Schlafen empfinden;
gemanden fchlafen machen: einſchläfern (auch einichläfen),
ntfhläfen; Einſchläferung. — Wie mid, den Schläfer, friſch
in Geift durchglühte. Göthe, Kauft 2, 115. Mit dem erften
Sonnenftrahl beleuchte die Schläferinnen. Göthe, das Märchen.
Inartiges Kind, Langfhläferin! Voß, Luiſe 2, 560. Die ihre
73%
1156
Beyfhläffer holen. lafien. Simpliciſſimus 2, 18. Er wir fid
deine Beifchläferinnen, deine prächtigen Kleider und alle deine
Reichthümer zueignen. Wieland, Lucians Werfe: UWeberfahrt 6. 8
Alle gingen, vom Reifen jchläfrig, der Ruhe zu. 3. Pant, Titan
7. Nabe an einem großen ziweifchläfrigen Ehebett. Götke,
Campagne in Frankreich 4. Detbr. Während Diefer Erzählung hatte
Marianne alle ihre‘ Freundlichkeit gegen Wilhelm aufgeboten, um ihre
Schiäfrigfeit zu verbergen. Göthe, Meiſters Lehrj. 1,6. —
Denn ſchläfert jenes (Haupt), alle (Glieder) ſtnken nieder. Göthe,
Fauft 2, 270. Deich ſchläfert ſonſt bei feinen Sachen. Weichmann,
Poeſie der Niederfahfen 4, 395. Schläfernder Duft. Götbe,
feübzeitiger grübling Ein Arzt ſchläfft den Kranfen ein. Opik
Er ſchläft den Außen Sinn unmerflih ein. Wieland, Oberen
10, 10. Das ſchläfert nun... meine Sinnen ein. Göthe, Eammt
5. Du wilft mid einſchläfern. Schiller, Kabale und Liche 1, 4
Mit dem weheinfhläfernden Balfam. Porfer, Zunifins 6. Daß
man jm (dem Gänschen) den Kopf zwilchen die Beyn fted, es drei⸗
mal vmbtreb (umdrehe) und entfchleff. Ziichart, Gargantua © 273,
Oder umfonft Einfhläfrungen ihm und Geligfeit zufingt. Klop⸗
ftod, Meiftas 12, 32. Ein Recht über die Selbfteinichläferungs-
funft nad. eigenen Diktaten zu leſen. 3. Paul.
Mit Beiſchlaͤſerin (eine Perfon” weiblichen Geſchlechts, die zu außen
ebelicher Befchlechtövereinigung bei einem Manne fchläft) find fiunvermankt:
Kebsweib (ahd. kebeswib, f. Kebsfin® ©. 692)-eine Perſon weiblichen
Geſchlechts, welche ſich Cinem Manne in außerehelicher Verbindung hinze⸗
"geben pflegt, wie ein Cheweib, und das fremde Concubine (von lat, cor
cubare — zufammenliegen), das die neuere vornehme Sprache ſtatt Rebewrit
gebraucht. — Salomo hatte fiebenhunvert Weiber zu Frauen und breibazieri
Kebsweiber, Kuther, Bibelüberf. 1. Kön. 11, 3.
Anm. Wahrfcheinlih iſt Fchlafen murzelverwandt mit ſchlaff (ap.
slaf, slaph, mho. slaf; ahd. slaf(ph)en, mhd. slafen, altn. slapa — ſchlaff tem.
Braten.
(Wurzel brat.)
Brate, briet, gebraten, braten, (ahd. prätu, priat, pria-
tum&s, prätandr, prätan; mhd. bräte, briet, brieten, gebrätes,
bräten; agſ. braedan, broeden, altn. bräda, broeda, neuniederl.
bräden, neuntederd. bräen) zunächſt erwärmen; dann mürbe werden
in faftigem Zuftande durch Anfang der Verlohlung au der Oberfläche
vermittelft Feuerhitze ohne gänzliche Verbrennung; bierven (tranfitie)
jo mürbe machen: Ab—, an—, auf—, aus—, durd—, ein-—,
—nach—, über—, ver—, ger—, zufammenbraten.
bräteln= ein wenig braten. — Haft. deine Eaftanten zu lange ge
1157
taten; fie ſind dir alle zu Kohlen gerathen. Göthe, ſprichwoͤrtlich. Fuͤr mic)
um Nachtifch hat die Tante einen Apfelgebraten. Göthe, Götz v. B. 1.
Dort kocht's und brä fs und klappert's mit den Tellern. Göthe, Fauſt 2, 66.
Sie brieten mit VBorficht ed (das Fleiſch) gar. Bürger, Ilias 1, 466. —
eg den Braten morgen bald zu, und joltin (ihn) fül und langſamabbraten,
as er nicht verbrin. Eulentpiegel Erfurt 1538. Cap. 64. Diegenfeitigen
Rentſchen rupfen den Zeig wieder auseinander und braten ihn in Butter
uf. Göthe, ital. Reife 14. Sept. 1786. Sie hatte furz vorher einen warmen
3erband aus zerbratnen Aepfeln von den Augen abgenommen,
z. Panl, Heiperus 37. Cinige (Speifen) falt nad) der Regel, und
inige brätelnd auf Marmor. Voß, der Abendichmaus 112.
Möften (ahd. agf. röstan, mhb. roesten, altfranz. rostir, neufranz.
rötir, engl. rost, roast, ſchwed. rösta, ital. rostire, von Rofl, ah. röst,
rösta, mh. röst, altn. rist, eig. = Scheiterhaufen zum Brand) auf dem
Roſte braten; Trockneres der Feuerhitze ansgefeht ohne Berbrennung durch
Umrühren fchnell ausbörren. — Daß die Schiefer vollfommen geröftet da»
liegen. Göthe, Lehen 10.8. Die gerdftete Brobfrucht hatte für mich völlig
den Geſchmack der Krume des Weizenbrods, die mit gefochten mehligen Kar⸗
toffeln vermifcht gemwefen wäre. &. Börfter, der Brobbamm.
Bräter = Bratihüffel; Braten; Bratapfel, —bim, —bod,
fi, —koch, —ofen, —pfanne, —röhre, —roſt, —fau, —ſchirm,
-feite, —ipile u. a.; Bratenbrübe, —fett, — feuer, —meifter,
-ichäffel u.a. — So allzeit volle Bräter bein Feuer hatten flehn.
ig. Ich dankte ihm für den Braten Göthe, Götz v. B. 3.
50 lang’ ich einen Bengel hab’, fürcht' ich ihre Bratfpieße nicht.
af. 1. Wir haben auch wirklich den Morgenitem mit Brat-
süurften in der Hand und einem vortrefflichen Glas Cyperwein
ewilllommt. Göthe, Triumph der Empfindfamfeit 3. Leiſe ſchlich
ie näjchige Kae beran, jehnupperte nach Bratenluft. Benzel-
Sternau. Deren Sphärenmufif der Bratenwender if. % Baul,
yejperus 7. | |
Fin 1. Hierher gehört auch das brogeln und brutzeln ber Bolfe:
rache. ©
Anm. 2. Wurzelverwandtfchaft mit braten iſt au in brüten (S. 1086)
id wol auch in brühen (mhd. bruejen) nicht zu verfennen.
NHatben.
(Wurzel rat.)
Rathe, rieth, gerathen, rathen (ahd. rätu, riat, riatumds,
ıtaner, rätan, mhd. räte, riet, rieten, geräten, räten; altj. rädan,
tm. räda; vgl. lat. veor, ratussglauben, meinen) 1, allgemein ind
ngefähre urtheilen; 2, Jemanden einen Rath, ein Urtheil in einer
1198
Sache zur Erreiheng feiner Abfichten in ihr mittheilen. ) —
du auch wohl bedacht, was du mir räthſt? Schiffer, Tel 1, %
Ich will denn doch gerathen haben Better, den Degen nit a
frühe wegzulegen. Schiller, Piccolomini 3, 4. So gehorch' ich ibm,
welcher den beften Rath zu rathen vermag. Voß. Geihehee
Dingen il nicht zu rathen. Leffing.
Die Synonymen |. ©. 556..
Abratben 1, Worte anwenden, um jemanden zu befiktme,
Daß er etwas nicht thun möge, Dies mag nun in Beziehung anf Uebies
fein oder nicht; 2, durch guten oder falichen Rath von einem Anden
zu erfahren, auch zu erhalten fuchen; 3, fi Durch Rathen erniden
— Ich babe meinen Affen nicht mitgenommen; man hat es mit ak
eratben. Göthe, Wahlv. 2, 4. Heute kommt etwas, das mir die
Breite anräth, morgen ein Umfland, Der fie abräth. Goͤthe, iul
Reife Eaferta 16. März 1787. Bis er (Xorenz Janſen) endlich dırd
der Hochteutichen Offenherzigkeit, weil fie ein Ding nicht lange bein
lich halten können und ihnen die Käfe gar leicht abzuratber w,
weile geworden. Philander 2, 809. Der Schematismus uniers Ber
ſtandes ift eine verborgene Kunft in den Tiefen der menſchlichen
Seele, deren wahre Handgriffe wir der Natur fchwerlich jemals ab-
rathen und fie unverdedt vor Augen legen werden. Kant 2, 1.
Abmahnen (von mahnen, ahd. mandn, manen, mbb. manen, «ii
manjan, monjan, alln. mana, eig. — gedenkend machend; vgl. gr. nive;i =
Gemuth, lat. mens = Sinn, gr. uummnonscha: lat. meminisse = ſuh ®
innern, lat. monere — etmahnen, goth. munan == meinen, gammmı =
ſich erinnern f. S. 229) wiederholt und dringend gegen Jemanden äufen,
daß cr ein Borhaben ‚nicht verwirflicden möge. Warnen (ahd. warn
wmbd. warnen, agf. altf. warnjan, engl. warn, ſchwed. warna; nad ®e
dernagel zu ahd. wara, mhd. war == Acht, Aufmerffamfeit, lat. veren =
ſcheuen, ornare == fchnrüden gehörig ©. 631) eig. Iemanden im Bet
woranf aufmerffam machen; dann Jemanden im Boraus (durch Zeichen Me
Worte) auf etwas, das wir als ein Uebel anfehen, aufmerffam machen, dej
er fih davor in Acht nehme, Das flärfere verwarnen iR Immer k
warnen, daß man ihn nicht mehr warnen kann. — Ich fichte zu wein
Gott, auch bier mich zu warnen, zu hindern,“ zu leiten, nad da wi
mein Herz nicht abmahnte, fo ging ich meinen Pfad getroft fort. Giche,
Meifters Lehrj. 6, (Die Gemfen) ftellen fing, wo fie zur Weide gehe, d
Vorhut aus, die fpigt das Ohr und warnet mit heller Pfeife, nenn It
1) Statt eines geifigen Rathes kann die Hilfe zur Erreichung em
Abſicht auch ein Lörperliches Mittel fein, was In der frühern, überhaupt mer
dem Sinnlichen zugewenbeten Sprache vorwiegend geweien fein maß. Dehe
Miſchungen und Berührungen —— dem nun mehr geiſtigen rathen und Im
mehr fürperlichen gerathen, beratben (ausftatten, begaben) u.a. Berührnege
mit bereit find unverkennbar.
1139
Jäger nabt. Schiller, Tell 1, 1. Und wenn Hinze der Kater, den ich wir
Ehren empfangen, nach Bermögen bewirthet, in die Wohnung des Pfaffen,
fo fehr ih ihn treulih verwarnte, ſich bei Nacht gefchlichen und dort was
Uebles erfahren. Goͤthe, Reineke Fuchs 4, 41.
An—, auf—, be— (5. .686) bei—, ein—., ent— (©. 46)
r—, fort—, ge— (5. 335), herum —, miß— (©. 335), mit --,
jach — ver— (©. 958), wider—, zurathen. — Und der e8 euch
nräth und der es befichlt. Göthe, Der getrene Eckart. Ich rieth
ir an, das Urtheil unvollſtreckt zu laſſen. Schiller, Maria Stuart
1,6. Seit zehn Jahren habeich ihnen [chon anders aufzurathen aegeben.
Höthe, Rameau's Neffe. Auf öden Pfaden können wir dahin bei Nachtzeit
andern unduns fill bera then. Schiller, Zeil 1,4. Es wär landtrecht, Daß
inen unberathen (nicht ausgeftattetem) Kind jo vilerbs und quetsfoll
verden, als amen berathen Kind. Mon, boica 6, 299 v. 3. 1440.
Jerate ‘deine tochter Centlaffe fie mit der nöthigen Berjorgung ).
tuther, Bibelüberſ. Sprich. 7, 2. Ob ich nun zu folchen Poſſen ſehr
em beirieth. Göthe, Leben 12. B. Iſt's nicht ein guter Geiſt,
er ihnen einräth auf Mittel denken Deutſchland zu beruhigen.
höthe, Götz v. B. 1. Lieb' und ein wollt’ ich entjagen, deren doch ein
ober Mann nicht gar leicht entrathben fanı. Bürger, an Ariſt.
srrath’ ich etwa nicht, warum die Tochter hergefordert worden?
Schiller, Piccolomini 3, 2. Alles bei und gerieth ins Stocken.
Schiller, Wallenſteins Lager 6. Und wirklich gerieth man nahe
ung bier an einander. Schiller, PBiecolomini 2, 7. Daß der Mari
hr bald auf diefe Erfindung gerat hen müſſen. Leifing, Ernſt und Falk2.
Bo du jren Göttern dieneft, wird dirs zum ergernis geraten. Luther, Bi-
eläberf. 2. of. 23, 33. Das hätte dir übelgerathen können. Göthe,
zöͤtzv. B.2. Dofle geriet hungern. Ulmer Buch der Weiten v. 1485. Duß
defjien) man alles wol gerahten (entbehren) £undte. Nventinus, Ehronif
580. Bl. 109. So geräth man faft in Die alte Noth zu rück. 3. Baul,
Sibenfäs 5. Altes mißlang und das Befte mißrieth. Blaten, die ver-
aͤngnißvolle Gabel 1. Der Brand, in den wir fehn den Weitzen miß-
erathen. Xohenftein, Roſen 73. Mißrat' ich etwa dir Die hödıfte
efugten Thränen? Weichmann, Poeſie der Niederfachfen 1, 198.
Benn do... fo mitrathende Zehn mir wären im Volk der
Ideier! Boß, Ilias 2, 372. Des Illo trunfner Muth hat dir's
errathen. Schiller, PBiccolomini 5, 1. Daß idy ihr auf alle mög:
he Weile die Verbindung mit einem Maune, der ihr nicht hätte
efallen follen, widerrathben würde. Göthe, Meifters Lehrj. 6.
aß fie dem Fürſten nur wenigftens nicht widerrathen, wenn fie
m nicht zurathen. Ungenannter bei Campe.
Gerathewohl — unbeſtimmte Wahrjcheinlichkeit des Ausgangs
der Erfolges in Anſehung von etwas, von man thut, beſonders
iſofern der gute Ausgang oder Erfolg als aus der innern Beſchaffen⸗
41100
beit des Gethanen hervorgehend bezeichnet werden foll, während
Glück mehr gebraucht wird, injofern der gute Ausgang oder
des Gethanen von dem Zufanmentreffen unvorhergeieheuer aünfliger
Umftäinde und Einwirkungen anßer und abhängt. — Zwei volllommen
ähnliche Dinge... davon Gott eines. aufs Gerathewohl gewählt
haben müßte. M. Mendelsiohn. _ |
Rather (ahd. rätärı): Ab —, An—, Auf—, Be—, Etrather; Ber-
rather, — ei, —iſch; an —, verräthlich; Nathung: Ab—, An—, Auf—,
Be--, Ver—, Verheirathung; rathbar: auf—, er—, verratbbar;
rathſam (ahd.rätsam); räthlich (ahd. rätlih); räthig ift veraltet, nur
nod) in Zuſammeuſetzungen gebräudlich, j. bi Rath S. 1161. — Gett,
der Berather, gewaͤhr' euch, was euch frommt. Boß, Luiſe 3. a, 430
Graf Piceolomint it ein Verräther. Schiller, Walleuſteins Tod $,
9. a, die VBerrätherin iſt's. Göthe, Amyntad. ch werde ein
Landsoerräther ihnen ſein. Schiller, Walenfteins Tod 1,3. Das
Recht der Abgejandten ſchützt Reichsverräther nicht. Schiller,
Maria Stuart 4, 3. Da ſprach Joram zu Ahasja, Esittverrcheteren.
Luther, Bibelüberf. 2. Kön. 9, 23. . Es theilt vielleiht das Herz mit
dir den Kummer, der dein verräthrijch Rath mir ind geheim gejagt.
Weiße. Einverräthlicdh Spiel: Richey. — Und als erden Berräther
brief erjchauet. Bürger: .Durh Berräthergabe. Shakeſpeare,
Hamlet 1, 5. Drauf al8 man ein Verrätherheer geworben. A.
W. v. Schlegel. Undant, ſtärker als Verrätherwaffen. Shake—
ſpeare, J. Cäſar 3,2. Behaupten, daß es gar feine praktiſchen Geſeße
gebe, ſondern nur Anrathungen zum Behufe unſerer Begierden.
Kant 4,125. Anrathungsgründe. Hippel 11,153. Denn nach
langer Berathung ift doch ein jeder Entichluß nur Werk des Momenis.
Göthe, Hermann und Dorothea 5, 59. So hatte er meine Mutter
in den erften Jahren ihrer Verheirathung zum fleißigen Schreiben
angehalten. Göthe, Leben 1. B. Daß alle Diebe, die. fih ... ver
rathbar fühlten A. G. Eberhard. Letzteres jedoch jei weder be
fouderd thunlich noch rathſam. Göthe, Leben 4. B. Auch den
Anderen möcht ih ein rathbfames Wort. zureden. Voß, Ilias 9,
417. (So ehr) es wohl rätblicher gewejen wäre, gerade nad
Haufe zu fehren, Göthe, Meiſters Lehrj. 7,7. Aber gerade in dieſet
Zeit. war unräthlich zu. fhun, was man für nothwendig bidt.
Söthe, Tag- und Jahreshefte 1794. — Sie wurden rhätig vberein,
fie wollten bawen ein Rathhaus. H. Sachs. Do fie redlich, thetig,
auffrichtig, ſtandhafft find und chetig. H. Sachs. Ein flugsrätbiger
Freund. Simpliciffimus 2, 21. Haußräthig und fparfam. Daf. 3,24
Rath (ahd. mhd. rät, altf. alt. räd, agf. raed) 1, Das Be
ſprechen and Ueberlegen einer Sache, wie ſie einzurichten und zu
machen fei, um feine Abficht zu erreichen; 2, das Ve en eire
Sache zu überlegen und die Mittel zur Erreichung einer Abſicht, zu
1161
3ewerftelligung aufzufinden und anzugeben; 3, die Folge der
leberlegung, der Entſchlüſſe; 4, die Dur Die Ueberlegung an
ie Hand gegebene Art und Weife zu bewerfftelligen, eine, Abficht
u erreihen; 5, ein felbft gefundenes oder yon Andern und vorge-
Hlanenes Mittel zur MWenfchaffung eines Uebels; 6, eine Ber-
unmlung mehrerer Perfonen, um eine Sache zu überlegen; 7, eine
3erjon, welche Andern guten Rath ertheilt, bejonders eine Perſon,
eldhe dazu. angeftellt ift und befoldet wird, guten Rath in öffent⸗
ichen Angelegenheiten zu ertheilen; 8, (veraltet) Geräthe, Geräth-
haft; 9, (veraltet) das Angeordnete, befonders die Ausflattung und
er Akt darüber in Heirath; Gabe an eine Kirche, oder milde Stif⸗
ung in Gottberatb, Seelgeräth. — Es wird weder Geſetz bey den
3rieftern, nody Ra t bey den Alten mehr fein. Luther, Bibelüber). Ezech. 7,
8. An Rath den Unfterblichen ähnlich. Voß. (Damit du nicht) zu ſpät
n meinen freuen Rath mit Reue denfeft. Göthe, Sphigenie 1,.2. Schaffe
iejem Uebel Rath. A. Tſcherning. Der quögelaßne Sohn ward aljo ein
Soldat, und dies war andy der befte Rath. Gellert. Wer ihr vorwirft, daß
e das Ihrige nicht zu Rathe hält, der kann diefe Berläumdung in Ewig⸗
eit nicht verbeten. Gellert. Ich dancke dem Herrn von gantzem bergen, jm
Tat der Fromen. Luther, Bibelüberf. Pſ. 111, 1. Der Fürſt nicht ſowohl
18 Fuge Räthe bielten es durdaus für nützlich. Göthe, Meiſters
Banderj. 3, 10. Keſſel, Durchſchlag, Löffel und allen Rat in der
tuchen. Der Gewantmaifter joll der Säfte Häß und Rat ufbeben.
Scheirer Dienflordnung v. 1500. — Segnen werdet ihr felbft den Cuts
hluß, mir danfend den Anratb. Baggefen. Es ift ein großer
Interfchied zwifchen dem, wozu man uns anräthig ift und dem, .
»ozu wir verbindlich find. Kaut 4, 138. Daß gewifle Vorzeichen
ie Nothwendigfeit einer Reform anräthig machen mußten. Kat 1,
03. wunderlich, aufrat (Räthiel) gab (Simſon) damad. H: Sachs.
Sich über eine Sache einen Berat zu Einem nehmen. Lori, Lechrain
26. Einen falfhen Berat (Anſchlag) hintertreiben. Landtag v. 1514.
laudine und Erwin (wird) in feiner Gegenwart, mit feinem Beirath ver-
eſſert. Göthe, ital. Reife Rom 237. Det. 1787. Freunde zeigen fih bei»
äthig, Dich zu fpormen zur That. Nüdert, geſ. Ged. 6, 69. Der
Rißrat oder Mungel. Lori, Bergredt. Damit man in misrä-
igen Jaren deito mehr Traidt im Land hab. Lori, Ur. zur Geſch.
ed Lechrains v. J. 1616. Mißrätigkeit. Mandat v. 1713. Es
edt ein VBerrath dahinter! Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9. Du
it des Hochverraths verklagt. Schiller, Wallenfteins Tod 1, 7.
> Mordverrath! Herder. Mit wolbedadhtem Mute, guter Ges
sigen umd zeitigem Vorrate (vorläufiger Berathung) unfer Bormünde.
Ion. boica 25, 272. Sid) vorfihtig in Vorrath zu ſetzen. Göthe,
Meifters Lehrj. 1, 10. (Laßt uns euch) Erguidungsvporrath
»idmen. Göthe, Bugenie 4, 3. Man fcherzte einmal, dab Charlottens
J
1162
Wintervorräthe nam bald anfgezehrt fein. Göthe, Wahlv. 2,
(Der) Mundvorrath wurde ausgepadt. Göthe, Meifters Banden,
1, 4 (Damit diefer) febiefliche Melodien aus dem Muſikvorrathe
dazu ausfuchen follte. Göthe, Meifters Lehrj. 3, 7. babe aber auf der
Alpe nachgefehen, wie viel Kife —— find. Goͤthe, Jery und Baͤtely.
— Der Bergrath Scherer, der fich zu verheirathen gedenkt, macht
Speculation — Göthe, Briefw. ri Schiller 5, 165. Im
Blutrathe der Bartholomäusnacht. Lafontaine. Frauenrath be
folget zu haben. Göthe, Reinele Zus 7, 102. Geheimrath vom
He... Die Seheimräthin v. Heß. Göthe, Leben 12. B. Gleich⸗
wol mugr er einmal einen Abbaten und Gewiſſenſsrath m em
Gabinet derfelben beftellen. 3. Baul, Hefperus 5. Der Juno finger
Dogel Bat den — im Goͤtterrath, ihn zum Monarchen Es
heben. Pfeffel, der Pfau. Der Hoͤllenrath lechzte nach Race.
Benzel« Sternau. Der Kirhenrath verfammelt fi). Pfeffel, der
Bundermantel. Zum wichtigen Kriegsrath viefft du bie Yeldberm.
Pyrket, Rudolph 1. Drum fie Riebesrath gepflogen. Hedwig,
Amarantd Ein allerhöchſtes Hamdbillet, worin der Fürſt den prafti-
zierenden Adoolaten Flamm zum he ngsrath beruft.
Heiperus 7. Der ältefte war der nachher fo rühmlich befamnte
Neihshofrath von Senfenberg. Bähe, Keben 2. B. Meinen
Großvater in der Mitte-des Schöffenratd6... geieben zu haben.
Heil dem König, dem frei du gehordhft, und dem
Seerath. — Nah Anordnung des Staatsratbs win
der Brauchbare von einem Dit zum andern verſetzt. Göthe, Meiſters
Wanderj. 3, 9. Daß ein Direftor jeden Stadtratb zu Füßer
5; .. Meifters Lehrj. 1, 14. Einen Winkelrath halten
Unrath (abd. mhd. unrät) 1, Mangel des Nothwendigen; 2, böfer
Rath; 3, Nuchtheil, Schaden, Unbeit, verſchwenderiſches Derderben;
4, Unnüßes zum Wegwerfen. — Der Herr wird wuter Dich fenden
vafau vn Ar und —** m allem, was du vor die hand nimmſt.
Luther, Bibelüberf. 5. Moſ. 8, 20. Mehrern Unrath uns md
unfern land umd leuten zu fürfommen. Krenner, Landtag. 5, 119.
= u Dienet diefer St (verfchwenderifhes Verderben des Rarden⸗
8). Luther Bibelüberſ. Matth. 26, 8. Dieſes Ganze wieder zu
erzähten, würde Unrath fein. Meißner. Tr mag fich am Lenen
rächen — denn er glaubet Unrath MM mm Weiße.
Die Synomymen von Unrath f, S. 843
Hausrath (mhd. hüsrät) — die beweglihen Sachen,
welche zur Innern Einrichtung einer Wohnung dienen, während
— (mhd. hüsgerzte) im Gewöhnlihen mehr von der
erlzeugen umd a en Behältern des Hausgebraudes üblich iR.
— Dere ein ſchlechtes Bett, den einzigen Hausrath dieſer armfeligen
1163
Bohnung, er Sige zu nehmen gendthigt geweſen. Göthe,
Reifters Behr. 9,
Die Möbeln z beutfchgefurmte franz. Mehrzahl les meubles, von Lat,
mobilia = bewegliche Güter) bedeutet nur dasjenige Hausgeräthe, welches
zur größern Bequemlichkeit, zum Bergnügen, zur Berfhwörung ze, dient.
— Die Frau bat gar einen feinen Geruch, fehnuffelt immer im Gebetbuch,
und riechts einen jeden Möbel an, od das Ding heilig iſt ober profan;
und an dem Schmuck da fpürt ſie's klar, daß dabei nicht viel Gegen war.
Goͤthe, Bauft 1, 145.
Heirath (minder gut Heurath, abd. mbd, der, die hirät, aus ahd.
wi == Eheftand, agf. hiwe, altn, hion == $amilie; ahd.htwo, mhd. hiwe
= Gemahl; ahd. hiwan, hiwjan f. ©. 497) eig. Handlung der Verehe⸗
ihung; davon beirathen, fid, verheirathen — fid, mit einer Berfon
mdern Geſchlechts ebelich verbinden. — Heirather, Heirathen.
— Daß ſich unſerer Töchter feine würde zu dieſem Heirat bewegen
affen. Herzog Albrecht von Baiern an 8. May IL im J. 1570.
Daß ein Roman mit drei Heirathen endigt, Die alle drei Miß—⸗
yeirathen find. Schiller, Briefw. mit Göthe 2, 104. Ale Ver⸗
vondte ftrömten bei der Nachricht von der Doppelheirath —
Benzel⸗Sternau. Sucht eure Heirather anderswo. Wieland.
var alſo bald ausgemacht, daß Herr Melina die Tochter heirathen
ollte; dagegen ſollte fie wegen ihrer Unart fein Heirathsgut mit—
ıehmen. Göthe, Meiſters Lehrij. 1, 14. Daß man ſie vielleicht
zegen ihre Neigung habe verbeiratben wollen. Bähe, Meiſtero
VWanderj. 1, 5.
Ehelichen (ſ. Che S. 6982), ſich verehelichen, fich vermählen
(ahd. mahaljan, gimahaljan, altſ. mahlian, mfb. gemehelen, ſ. Mah l⸗
ſchatz S. 497) nnd Hochzeit machen, halten (von hoch ©. 2W. 63%,
36) werben ſowol von dem maͤnnkichen, als auch dem weiblichen Theile ges
ſagt Ehelichen bezeichnet ven Begriff am Allgemeinften, und drückt na⸗
mentlih die Schließung des verbindenden Bertrags ans. Sich vermählen
wird nat von vornehmen orer doch wenigfiens angeſehenen Perfonen gefagt;
In edler dichteriſcher Schreibart auch von geringem und fig. überhaupt von
Inniger Verbindung. Hochzeit madhen, halten wir mur von ber
Scholießung der ehelichen Berbindung gefagt, eig. Infofern fle feſtlich (hoc)
begangen wird. — Sich beweiben (von Weib, uhd. mhd. wip, agſ. altn,
vif, mittelniedd. wif Gegenfag zu Mann) fich mit einen Weide verfehen, im niedri⸗
gen Ausdrud gebraucht. Beilager halten |. ©. 585. Freier ©. 881.
— Denn Sie anders noch Willens find, meine Tochter zu ehelithen,
Gellert. Bom Bater feiner Brant erhtelt Philet das Glück, mit Sylvien fi
endlich zu vermäblen. Gellert. Doc ſcheint das ſchnarrende Holz von Otfeus
Geiſt befeelet, fobald fich Rezias Geſang mit ihm vermählet. Wieland,
Oberon 8, 49.
1164
Wathferfihen, —frager, — kammer, — ſchlagen (S. 685), hin -
(S. 1002) u. a.; rath&bedürftig, —befehl, —bote, — buch, — diener,
— dorf, —flagge, —freund, —gefchledht, —glied, —gut, —handel,
— haupt, —herr, — herrlich, —keller, — kiſſen, —marftall, — meiſter,
— perjon, —faal, —ſchluß, —ſchreiber, — ſitzung, —ſpruch, —ſtand, — ſtelle
—ſtube, —ſtuhl, —tag, —verlaß, —verwandte, —wage, — wahl,
—wechſel, —zimmer u. a.; Vorrathsgewoͤlbe, — haus, — kammer,
—faften, —meifter, —ſchrank, —ſtube, — verwalter; Heirathsbrief,
—erlaubniß, —fähig, — gedanke, — luſt, —ſchein, —ſpiel, — ſtifter,
—ſtiftung, — vertrag, — verwandt, —venwandtichaft, —wappen u. a.
— Wo felbft Odin ratbforfhte. Voß. Als fie den Gott rath⸗
fragt’ um den Fünftigen Gatten. Voß. Das Bolf hut emen Rath-
frager. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Die Römer vertriebent do die
fünig und erwelten ratgeben und Gejeßmader. Chronik v. 1488.
(Daß man) ihm alfo wohl eine vathgebende Stimme in unferm Ausichuß
zugeftehen kann. Schiller, Briefw. mit Göthe 1, 4% Die Notb-
wendigfeit ift der beite Rathgeber. Göthe, Tag- und Fahresheft
1794. Barbara war als alte Dienerin, Bertraute, Rathbgeberin
im Beil des Rechtes, die Siegel zu eröffnen. Göthe, Meiſters
Lehrj. 1, 3. Was hat man nicht hierüber fir unvorgreifliche Muth⸗
maßungen, Ratbgebungen, - Mährchen, Träume? Herder. Die
Herren Commiſſarii find auf dem Rathhauſe verfammelt. Göthe,
Götz v. B. 4. Als er foldyes geredet, da fchied er zuerft aus dem
„Rathkreis. Voß, Zlins 2, 84. In fo rathloier Zeit. Shafe-
Bodmer. Selb
fpeare, Eoriolan 5, 1. So höret nun den Ratſchlag des Herm,
den er über Edom Hat. Luther, Bibelüberſ. Ser. 49, 20. Weich
eing menjhhenfreundlicye Benebenheit wird die Sündflut in jo offen-
barem Aufihluß ihres Rathſchlagers und Gejchichtbeichreibers.
Herder. Selten geſchah es, dag man den übrigen Mitgliedern eine
Augelegenheit von Belang zur Berathſchlagung vorlegte. Schiller,
Kardinal Granvella. Der Zwed, der adelnde Vorzug Des zu
ſchaffenden Geſchoͤpfs, Tautet unwiderfprechlih aus dieſer Rath
ſchließung hervor. Herder. Daß Gottes Rathſchlüſſe uner-
forihlich feien. Göthe, Leben 16. B. Auf feiner Stim ſaße die
Rathſchlüſſigkeit und die Sorge für das Weſen eingegraben.
N diejenigen Handwerker, welche zu bedenklicher Zeit,
an der Ordnung gehalten, waren rathsfähig. Göthe, Leben
17.3 Wo wir einen jogenannten Rathshaſen, der ihm als
Deoputat jeiner Stelle in die Küche gelaufen war, verzehrten. Dat.
8. DB. Deine Zeugniffe find meine Ratsleute. Luther, Bibelüberi.
Pf. 119, 24. Mit Bewunderung der Geruld und Ausdauer jener
puten Rathsmänner. Göthe, Leben 5. B. Morgen laßt zu dem
der Rathsverfammlung uns wandeln. Voß, Ddpflee 1,
— °2
- — (DaB) anfehulihe Heiratbsanträge an mich getfun
1165
urden. Göthe, Meifters Lehrj. 6. Es war alfo bald ausgemacht,
ag Herr Melina die Tochter heirathen follte; dagegen follte fie wegen
rer linart fein Heirathsgut mitnehmen. Da. 1, 14. Meinend, aus
:glichem Fenſter grüß’ ihn, beirathslufliges Blides, ein gudendes
Rüdchen. Baggefen. Bon Kupplern und Heirathsmachern. Soltau.
zei Mädchen, die durch Liebesunglüde gebeizt find, it ein Heiraths—
orfhlag bald gar. Göthe, Götz v. B. |
Die Synonymen von Heiratbegut ©. 497.
Geraͤth (ahd. giräti, mbd. geræte) urſprünglich foviel als Rath,
ann fo viel als Vorrath, nbd. allgemein bewegliches Befitzthum in
Ferkzengen zum äußern Gebrauch im menſchlichen Leben; Geräth-
haft. — Aus dem Garten erwuchs manch ſaubres Geräth in die
Lirthſchaft. Voß, Luiſe 2, 216. Des Mannes Gerät (Kleidung)
ein Weib nicht tragen. Luther, Bibelüberf. 5. Moſ. 22, 5. —
us grobem Baugeräthe ift deine denfende Natur niht
szimmert. Herder. Ein ungeheures Kamin und dem a
euergeräthe. Göthe, Leben 14. B. Geh und laß m
eräth einfhiffen. Schiller, Jungfrau v. ©. 1, 6. Ber
erft bluttriefendes Heldengeräth fih ranbte. Voß,
09. Die Kampfageräthe des Königs. Voß, Ddyfie
3i8 ic) jego in Kriegesgeräth mich gehülle. Voß, J
Bas fol das Prachtgeräth in diefem Ort des Todes
Raria Stuart 5, 3. Und Leute, die ich ausgejendet,
biednes Reif’geräthe, an dem Wappen der Krone fer
em Klofter tragen. Schiller, Don Carlos 5, 9. Deu... ... .-
richt's an Schiffen mit Rudergeräth. Voß, Odyifee 4, 559. —
zieh- und Adergerätbihaft. Voß, Luiſe 2, 203. Schwinget
en, Hut in Muſik und raufcht mit der Erntegeräthbihaft. Voß.
ernet des Gottes Dienft und Gebrauch, und empfaht die geweihete
‚aumelgerätbichaft. Voß.
Geſchirr (ahd. k(g)iscirri, mhd. geschirre und einfach ahd. scirri, mhd.
schirre; Wadernagel fragt, ob von ahd. scira — Geſchaͤft) ein Gefäß
zum Gebrauch im täglichen Leben, Im Befondern ein fleines und wenig tiefes;
im weitern Sinne jedes Geräthe, das etwas zu enthalten dienen kann; im
weitelten jedes Geräthe, vornehmlih von Fuhrwerken. — (Da) warf ih ein
Geſchirr auf die Straße und freute mich, dag es fo Iuflig zerbrach. Goͤthe,
Lehen 1. DB.
Geräthholz, — kammer, —faften; Gerätbfchaftsgut, —jamm-
ing. — Die Geräthſchaftsſammlung des Scheidefünftlers,
ampe.
Näthſel (ahd. rati(u)ssa, rätisca; mhd. rætsal, rætisch,
petsche, ræters, rætelnisse, Voc. v. 1445 ratsal, bei Fiſchart
n 16. Jahrh. Rätzel, Rhätzal, agſ. raedels, rædelse, engl. reddle,
1166
neuniederl. rAdsel) eine Aufgabe Cein Wort, ein Begriff), auf eine
Dunkle und bildlihe Art eingefleidet und umfchrieben, welche duch
Erwägung des darin liegenden Sinnes gelöft werden ſoll. Näthſelei,
zäthfelbaft, räthfeln (ahd. rätilu)ssön, rätischn) ent—, verräth⸗
feln. — So legt der Dichter ein Räthſel, finftlih wit Worten
verfchränkt, oft der Verfammlung ins Ohr. Sieden freuet Die jeltwe,
der zierlichen Bilder Verknüpfung, aber noch fehlet Das Wert, das
die Bedeutung verwahrt. Göthe, Alerid und Dora. Die Menfchen
[herzen und bangen fih an den Lebensräthfeln herum, wenige
fümmern ſich um die auflöjenden Worte. Göthe, Briefw. mit Schiller
6, 59. So erläutert fid) Alles durch die Stelle und eine Bibliothel
nelehrter Ausleaungen und Lügen und Räthfeleien fleucht. Gerber
. Und warf mir ein Geheimniß an den Kopf, das mir den Auffchlus
Eures räthſelhaften Betragens zu enthalten fchien. Leffing,
Nathan d. W. 5, 5. — Sie räthfeln alle über jedes Wort einzeln
und bringen fchredliches Zeug hervor. Herder. Wer räthfelt num,
warum Das Morgenlicht fo lange vor der. Morgenfonne geſchaffen
worden? Herder. O jept enträthſelt fi mir Alles. Schiller,
Don Earlos 4, 19. Keine Silbe verrüdt, verrätbfelt oder ger
ändert.. Herder,
Räthfelbild, —deuter, — dichter, —reim u. a. — Lang’ eh’
die Weijen ihren Ausfpruch wagen, löſt eine Ilias des Schickſals
Räthfelfragen der jugendlichen Vorwelt auf. Schiller, die Künftler
Mit folhem Räthſelkram verichone mid! Göthe, Zauft 2, 200.
Wie fol ich nım des wunderbarens Knotens Räthfelfchlinge, die
euch umſtrickt, zu Löfen Übernehmen? Göthe, Eugenie 5, 2. So
lautet der Räthfelfprud aus alten Griechen. Herder. Doch wer
entziffert je das rätbfelvolle Buch der Schickung? Bürde. Bas
ift mit diefem Räthſelwort gemeint? Göthe.
Anm. Mit dem alten rat werben verſchiedene — gebildet, die uhd.
auf rad ausgehen, 3. B. Konrad (ah. Chuonrat), Betrada,
Blafen.
(Wurzel blas.)
Blafe, blies, geblafen, blafen (goth. bldsa, bäibles, baible-
sum, bl&sans, bl&san; ahd. pläsu, plias, pliasum&s, pläsaner,
pläsan; mhd. bläse, blies, bliesen, gebläsen, bläsen; agi. bloesan,
altn. bläsa, mittelniederl, bläsen, neuniederl. blazen, ſchwed. blasa,
dän. bloese, engl. blow !) 1, (von der Luft) in Bewegung fem,
1) Das engl. blow flammt zunächſt non dem mit blafen wurzelverwandten
ahd. blAjan, blähan, mÄb. bisejen, blesn, biawen, agf. blävan, nd. blähßen;
vgl. las. flare — wehen, blafen, gr. plasır.
1167
wehen; 2, in einer mit zufammengedrüdten Lippen gebildeten engen
Munditellung die Luft ſchwach und ſtark oder gar heftig ausſtoßen,
auch anf Blasbälge übertragen; 3, die eingeogene Zuft oder einen
andern Körper durch die genannte Mundfiellung an oder in einen
Körper tieiben, um dadurch allerlei zu bewirfen. — Der Wind
blefet wo er wil. Luther, Bibelüber). Joh. 3, 8. Laflet Wind und
Wetter blafen. Zr. v. Spee. Der Funke ſprüht, die Bälge blaſen,
als galt’ es Felfen zu verglafen. Schiller, Gang nad dem. Eijen-
hammer. Blafj’t in Euer Hom, daß es weitichmettternd in die
Berge halle. Schiller, Zell 5, 1. Blafen ift nicht fldten, ihr
müßt die Finger bewegen. Göthe, Betrachtungen im Sinne der
Wanderer. Dem Fiſch, der Ströme bIäf’t und mit dem Schwangze
flürmet, haft du die Adern ausgehöhlt. Haller.
Athmen (abd. ätomön, atamon, Alemön, adhmön, mhÄb. Atemen, sotemen,
von Athem, Odem, anf. aedhm, fanffr. Atman, abd. Atam, Atum, wahrfcheinlich
aus ahatum, von goth. aha, ahma — Geil, das Wehend; vgl. gr. ayıas
— wehen, anua = das Wehen, aruos —= Dampf, Dunſt, Raub, unp =
Luft) Luft durch vie unge einziehen und ausſtoßen. Keichen und gebräuds
licher. feuchen (mhd. kicheu; vgl. kiche = Engbrüſtigkett und küchen,
älternhd. kauchen) fchnell und” furz einathmen mit fehnellem und kurzem
Ansatbmen. Hauch en (mhb. hächen, gehört au mhd küchen; vgl. goth.
kükjan = füflen, |. S. 887) fanft athmen. — Ihr Bufen athmet ſchwer
vor prefiendem Berlangen. Wieland. Wo bin ich, o Himmel ich athıne noch Leben?
Ramler. Und bang beginnt das Roß zu keuchen. Schiller, Kampf mit dem
Drachen. Alles, was Leben haucht und ſich reget. Voß.
Anblaſen (ahd. anapläsan) 1, an etwas blaſen; 2, durch Blaſen an
einemandern Körper haften, oder auch nur an denfelben anliegen machen; 8,
durch ftarfe Bewegung der Zuft-zum Brennen erregen (eig. und uneig.);
4, durch Blafen fällen; 5, durch Blafen auf einem Tonwerkzeuge an-
zeigen. — Und da er das fügte, blies er fie an. Luther, Bibel»
uberf. Joh. 20, 22. Jubilieren und blafen, damit mau das nr
anblies. Matheſtus. Sie bliefen mit Krummhörner die annaben-
den Sieger freudig an. Lohenſtein, Arminius 1, 65. Das Weib
leicht einer Flöte, die Jedem Zöne gibt, der fle anzublaſen weiß.
inger 1, 433. ort, laßt anblafen! (zum Kampf) Fr. Müller
3, 268. Hier felbft, im Friedensfitze meines Reiche, blies er mir
der Empörung Flammen an. Schiller, Maria Stuart 3, 4
Anwehen (aht. anwähan, von wehen ©. 290) durch jebe Beweguug
der Luft zum Brennen erregen. Anfachen (von fachen, erſt fpätmhb. vachen
— aufregen) bezeichnet ein flarkes Bewegen der Luft und daher ein flarkes
Grregen, ift jedoch ſchwächer als anblafen. — Weht Anftedung fo gar
gefhwind uns an? Shafejpeare, was ihr wollt 1, 5. So wieidas Schmelz⸗
feuer die widerſtrebenden Erze als läflig und feindſelig anfachen muß.
1168
Goͤthe, Leben 14. 3. Mächtig das Hol; anfahend zum Brand. Boß.
Ilias 23, 198.
Aufblafen 1, durch Blafen oder Zulaffung der Luft ausdehnen, uneig.
“mit Stolz fo erfüllen, daß diefer auch im Aeußern durch Geberden, Mienen
und Rede fehr in die Augen fällt; 2, durch Blaſen öffnen; 3, in die Höhe
blafen, audy vom Feuer gebraucht; 4, auf einen Tonwerfzeuge zu irgend
einem Zwede blajen; 5, durch Blaſen auf Zonmwerfzeugen aufweden, zu
etwas aufforderitoder auch nur Dazu blafen. — Holdie Peſt, Kummer und
Seufzen! Es bläf’t einen Menſchen auf, wie einen Schlauch. Shakeſpeare,
K. Heinrich IV, 1. Thl. 2, 4. Er( Graf von Efieg) war von Natur fehr fol.
Die Dienfte, die er England geleiftet hatte, bliejen ihn nody mehr auf.
Leſſing, Hamburger Dramaturgie 22. Ich fragte muthig nad) dem Richter,
der, aufgeblajen, did und fett, höher al8 die andern, auf einem
Tribunal fand. Göthe, Benvenuto Gellini 3, 7. Hoch aufblafend
das Meer aus offenen Nültern. Voß. Sie bläſ't der Rache Feuer
in ibm auf. Göthe, Sphigenie 3, 1. Sept flugs das Hifthorn am
und bläj’t, als läg’ ihm ob, die Zodten aufzublujen. Wieland,
Oberon 6, 3. Geb, heiß aufblajen dem Hofgeſind. H. Sucht.
Sch weiß, daß ihr es verftehbt Stürme aufzublafen. Klinger.
Die Synonymen von aufgeblafen f. S. 751.
Ab—, aus —, be—, beii—, dutch—, ein—, empor—, ent—,
entgegen—, er—, fort—, ber—, berab—, beran—. berauf—,
heraus —, herbei —, herein —, bernieder—, berüber—, berum—,
herunter —, hervor —, herzu—, bin—, hinab —, hinan —, him
auf —, hinaus —, hindurch —, hinein —, hinüber —, binunter—,
hinweg —, binzu—, mit —, nach —, nieder—, über—, um-,
umber—, ver —, vor —, voran —, voraus —, vorbei—, vorüber—,
weg —, zer —, zu—, zurück—, zufammenblafen find klar, aber
nicht alle gleich im Gebrauch. — Ließ vom Sturm abblaſen
Lohenſtein, Anm. 1, 1132. Daß. ich meine Stirn dazu hergebe, die
Jagd darauf abzublafen.... das können wir die Frauen nicht zu⸗
mutbhen. Shaleipeare, viel Lärmen um nichts 1, 1. Amor blies
die Fackel aus. Göthe, firbt der Fuchs, To gilt der Balg. Hier
jpridht der fremde Mann, ih blaſe nicht. gern mich jelber aus.
(rühme). Wieland. Wenn man Tapferkeit fo geihwind einblaien
Fönnte, als man einen Haufen zufammenblafen kann. Göthe,
Götz v. B. 3. Die Stürme de3 widrigen Schickſals jollen meine
Empfindung emporblajen. Schiller, Kabule und Liebe 1, 4 Es
weht” ein frifcher Wet und blies auf allen Wegen der Blumen
Ambraduft mit ſüßem Hauch entgegen. Uz, Sieg des Liebesgottes
‚3 B. Iſt eine Feder wohl fo leicht hin- und hergeblajen als
diefer Haufe? Shafefpeare, K. Heinih VI. 2. Thl. 4 8 A
wenn e8 mir zwifchen die Bettvorhänge hineinblieje. Goͤthe, Tag⸗
und Sahreshefte 1801. Und ihr Anſchlag if, die Ritter Eids voran
binwegzublaien, ehe noch der Kampf beginnt. Herder, Eid 61.
Sch lege alfo ein Ffleineres Fundament für ein leineres Gebäude,
für Sie zum umblafen. Lichtenberg, über die Macht der LXiebe.
Der Athem des Weltgerihts... hat jetzt die Schminke verblafen.
Schiller, Kabale und Liebe 5, 2. Anftatt dag Alles itzt in ver-
blafenen Umriſſen ſchwankt. Sturz, Fraament über die Schönheit.
Ein kritiſches Trompeterftüchhen auf Fama's Trompete vorblaſen.
3. Paul, Titan 16. Im einem Wink war Alles weggeblafen.
Wieland, Oberon 4, 18. Ein Gebilde, Das die Windftöße des
Schickſals und die Paffatwinde des Klimas faſt zerblafen können.
J. Paul, Titan 20. Seht, wie ich dieje Feder von mir blafe, und
on Luft zu mir zurüd fie bläſ't. Shakeſpeare, K. Heinrich VI.
3. Thl. 3, 1
Bläfer (mhd. bläszere), Bläferei; Blaſuug (mhd. bläsunge);
Blaſe (ahd. p(b)läsa, mhd. bläse), blafig; Gebläfe; Blaſt (ahd. pläst,
mhd. bläst) iſt veraltet, ebenſo Anblas (ahd. anaplast). Daß er den Ein-
blaͤſer feines Lobredners macht. J. Paul, Heſperus. Einbläſereien
find des Teufels Redekunſt. Göthe, Fauſt 2, 83. Sey nicht ein Ohren⸗
bleſer. Luther, Bibelüberſ. Sir. 5, 16. (Er) ermangelt nicht der Ohren—
bläſer. Shakeſpeare, Hamlet 4, 2. Düſtre Ohrenbläſerei ſtreute
nicht mehr ihr Gift in Freude und Friede. Benzel-Sternau. Weiße
Blaſen ſeh' ich ſpringen. Schiller, Glocke. Der Direktor ſchöpfte ohnehin
allezeit beim Miniſter die ganze Gallenblaſe voll bitterer Extrakte
ein. J. Paul, Titan 14. Wie Katzen, die mit angeſchnallten Schwein—
blaſen fliegen. J. Paul, Titan 61. Für eine Fiſchſchwimmblaſe
meines Helden. J. Paul, Heſperus 17. Die auf dem unſichtbaren
Elemente luſtig tanzenden Seifenblaſen. Göthe, Tag⸗ und Jah—
reshefte 1801. Auf Alban wirkte das teſtamentariſche Getriebe und
Gebläje wider meine Erwartung faft nichts. J. Paul, Titan 3.
— Alles Freuden-Gelah verlummerte wie ein Sadpfeiffen-Zipffel,
dem der Blaft entgangen. Simpliciifimus 2, 4. Die drei Gift,
Damit Rom Teutfchland als mit einem peftilenzifchen Anblas vnarz>
neilich verlibt hat. Hutten 5, 318.
Blasdrudwert, —erde, —geräthe, — horn, —laut, — loc,
— rohr, — werk u. a.; Blaſenball, —bandwurm, — baum, —brud),
—entzündung, —erbje, —erdraud, — fieber, —fuß, — gang, — gras⸗
leder, — grün, — grund, — hals, —hut, — käfer, —firfhe, — klee,
— kohl, —kopf, —krampft, —kraut, —moos, —mujdel, —nuf,
—öffnung, —pflaſter, —räumer, — ſchlagender, — ſchnitt, — ſchnur,
—ſemm, —fein, — ſtich, —ſtrauch, — vorfall, —wurm, — ziehend,
—zins. — Und er lehrt die Kunſt der Zange und der Blaſebälge
Zug. Schiller, das eleufiihe Feſt. (Sie) wedte die Glut mit dem
Blasbalg. Voß, der 70. Geburtstag 125. Es war ihm möglich)
geweſen wohltönende Blasinſtrumente zu verfammeln. Göthe,
14
1170
Wuhlv. 2, 6. Aus den beiden Blafelöchern... babe er beträcht⸗
liche Ströme ausgeſpritzt. 3. Paul, Titan 36. |
Anm. Wurzelverwandtfhaft mit blafen und blähen Bat an Blatter
(ahd. p(bjlätara, iuhd. blätere, agf. bisedr, altn. bladra, engl. bladder, blister,
ſchwed. bladdra, bleeddra).
Zaflen. ')
(Wurzel lat, az.)
Zaffe, ließ, gelaſſen, lafjen (goth. I&ta, lailot, Isilotum, 1&
tans, letan; ahd. läzu, liaz, liazuınes, lözan; mhd. läze, liez u.
lie, liezen, geläzen, läzen u. län; altf. lätan, altn. läta, agi. læian,
engl. let, ichwed. tata, bolländ. laaten, dän. lade) 1, überhaupt
nicht hindern, nicht halten, mehr leidentlich als thätlich ſich verhalten;
2, erlauben, gejtatten; 3, in uneig. Bedeutung für überlaffen, unter:
laffen, von etwas ablaffen, nach- oder hinterlaffen, loslaſſen, tem
Leben für Jemanden aufopfern, unterbringen, aud beherbergen, auf
munternder Aufruf; 4, die Urfache einer Veränderung, einer Wirkung
fein, machen, Daß etwas geſchieht; 5, den Grund der Möulichleit oder
Tbunfichkeit einer Suche enthüllen, möglid jein; 6, ein gewiſſes Au-
jeben haben, auf gemiffe Art in die Augen fallen. — Laſſen Sie &
fein; daß er nicht mit Aumuth zu pfeifen und zu frallen weiß.
Weiße. (Sie) laſſen fih gern ſchön thun und loben. Schiller,
MWallenfteins Lager 1. Das ließ fih unter dem Wams da finden
Dar. 6. Als der junge Mann verlangte, daß ihr ihm Blut Tajien
jolltet. Göthe, Benvenuto Gellini 2, 5. Idäus floh, ließ binter ſich
das prächtine Geichtir und den erfchlagenen Bruder. Bürger, Ilias
5, 20. Laß mih! Was es auch ſei, ich will’s enthüllen. Scyider,
Ich Gab’ es oft verfucht und kann es doch nicht lafjen. Gellert.
Willſt du den Schöpfer laſſen. Geller. Fort it er! Mit Allem
davon gefahren... ließ mir nichts, als den Cchlingel da. Schiller,
Wallenſteins Lager 5 Der auf uns deu Löwen ließ. Herder.
Laßt uns fiher geben, Freunde juhen! Der Schwede jagt ms
Hülfe zu; laßt und zum Schein fie nutzen. Schiller, Walleuſteins
Tod 3, 15. (Der Cardinal) ließ mid in eine jeiner Wohnungen
bringen. Göthe, Benvenuto Gellini e,.5. Bis man Die Kinder hat
das Häßliche des Fehlers fühlen laffen. Geller. Doch läſſet fih
die Taube girrend hören. Hagedorn. Meine Frau darf ich's nicht
werfen laſſen. Gellert. Arer für mich läßt es ganz wirtbicaftlid.
Gellert.
2) Mit kurzem (geſchärftem) a ſtatt des früheren langen, bewirkt vie Ehre
bung laſſen für laßen.
1171
Erlafien 1, von fi laſſen, von fi) geben; 2, Jemanden von
einer Berbindlichfeit, die ihm etwas Unangenehmes tft, befreien; 3,
vergeben, verzeihen. — Ich fahr’ ihnen alle Tage durch den Sinn,
faq’ ihnen die bitterften Wahrheiten, daß fie mein müde werden und
mich erlafien. Göthe, Götz v. B. 5. Erlafien Sie mir eine
Rolle, die ich darchzuführen fo ganz und gar verdorben bin. Schiller,
Don Karlos 2, 8 Dir ift die Strafe erlaffen. Schiller, Bürg-
ſchaft. Wenn ihr die Sünden erlaffet, find fie erlaifen. Klop—
tod, Meſſias 14, 1387.
Das finnverwandte ſchenken f. S. 483. 487.
Unterlafjen 1, unter etwas gelangen, fommen laſſen; 2, etwas
nicht thun, welches zu thun man Beitimmung in fich fühlte, das
Nichtthun mag nun vorfäglic geichehen oder nicht. — Sept unters
Lieb fie's? Schiller, Piccolomini 2, 2.
Ermangeln (f. mangeln ©. 64. 410) fi ein Nichtthun zufommen laffen,
welches als eine Unvullfummenheit, al& etwas außer der Gewohnheit Liegendes
angefehen wird, ober anftatt befien Gründe zum Thun vorhanden find. —
Er verdient die Früchte feiner Leidenſchaft zu entbehren und der Achtung feiner
Bamilie zu ermangeln. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 5. Die Natur ers
mangelt nie, fi für die Beleidigungen, die man ihr zufügt, zu rächen.
Wieland.
Berlaffen 1, von fih, von dem Orte wo man ift, laſſen, von
fich entfernen oder weiter geben laſſen; 2, an Andere übergehen laffen;
3, binterlaffen, den Auftrag geben etwas zu thun; 4, da laffen, wo
es ift, indem man ſich davon entfemt; 5, durch jeine Entfernung die
Gemeinſchaft, die Verbindung 2c. mit etwas aufgeben; ein bisher be—
feffenes Ding in Anderer Gewalt laffen; fich jeiner Wirkiamfeit, dem
Beiftande nad entfernen, ohne Beiltand, ohne Hilfe laffen; 6, fi
verlafien, ſich einem, ſtarkes zweifelloies Berficherthalten eines Gegen
Randes ausdrüdenden Verhalten gegen Diejen in Beziehung eines vor»
ausfichtlichen Seins oder Zufommens hingeben. — Karl ver Fünfte
verließ seinem Nadyfolger eine Gewalt in Ddiefen Ländern, die von
einer gemäßiaten Monarchie wenig verfchieden war. Schiller, Abfall d,
N. 1. B. Das achte Eremplar für Meyer babe ich an Fräulein von
Imhof abgegeben, wie unſer Freund verlaſſen bat. Schiller, Briefw.
mit Göthe 1, 248. Wie verliert ihr die Königin? Schiller, Don
Karlos 4, 12. Weil mich der Muth verlieh. Daf. 1, 2. Darum
wird ein Mann feinen Vater und feine Mutter verlaffen und an
feinem Weibe bangen. Luther, Bibelüberf. 1. Mof. 3, 24. Sfegrim
Kat vier tüchtige Schuhe, da wär' es wohl billig, daß er ein Paar
mir davon zu meinem Wege verließe. Göthe, Neinefe Fuchs 6, 49.
Er verließ das Recht der eriten Geburt feinen Brüdern. Hoffmanns-
waldau, SHeldenbriefe 144. Der Herr verlefft feine Heiligen nicht.
Luther, Bibelüberſ. Pi. 37, 28. Wir wollen diefen Terzky's dankbar
74 *
1172
fein für jede Gunft, doch ihnen auch nicht mehr vertrauen, als fie
würdig find, und und im Uebrigen auf unjer Herz verlaſſen.
Schiller, Piccolomini 3, 5.
Zrauen (f. S. 265) allg. fich eines Gegenſtandes in Beziehung eines
in ihm beruhenden Seins oder vorausfichtliden Zukommens verfichert Galten,
tnsbefondere wenn das Sein oder Zufommen als etwas Gutes angefehen wirt.
Vertrauen d. i. trauen, die volle Stärfe des Bewußtſeins auf den Degen
fand geheftet. — Traum’ ihnen nicht. Sie meinen’s falſch. Schiller, Ricco⸗
lomini 3, 5.
Ab— (©. 558), au — (©.7238.) auf—, aus —, be—, bi—,
durch —, ein—, ent—, (©. 234), fort—, frei—, her —, berab—,
heran —, berauf—, heraus —, berbei—, herein —, hernieder—,
herüber—, herum—, herunter—, hervor—, herzu —, bin -,
hinab —, hinau —, hinauf—, binaus—, hindurch —, hinein —,
inter —, hinüber —, hinunter—, binweg—, hinzu—, ledig—,
os —, mit —, nach —, nieder— — (S. 623), über —, um —, veran —,
vor—, voran —, voraus —, vorbei—, vorüber—, weg—, zer—,
zu— (S. 730. 1130), zurück —, zuſammenlaſſen. — Wenn man mit
einem Male das Meer ablaſſen könnte. G. H. v. Schubert, Biſdung
der Erdoberfläche. Der dir Blut abließ. Shakeſpeare, K. Heinrich VI. 1.
Thl. 4,6. Es ließen der Wolf und die Wölfin ihre Schuhe mir ab.
Göthe, Reineke Fuchs 8, 9. An Humboldt habe ich einen langen Brief ab-
gelaſſen. Göthe, Briefw. mit Schiller 9, 165. Bohlen, laß ab vom
Streit! Bürger. Iſt nicht unablaſſender Gram des fünftigen Bote?
Klopftod, Meiftas 15, 922. Bald laffet ihr euch ab (hinab) in die ver⸗
borgenen Schlünde. Fleming. Mit Sonnenaufgang wandelten wir wm
hinunter, wo ſich bei jedem Schritt. die Umgebung malerifcher anließ
Göthe, ital. Reife Girgenti 25. April 1787. Hat offictalis im die band
aufgelajfen (aufgelöfet). Luther. le Ur an, ihn (feinen üben
Humor) über Kleinigkeiten auszulaffen. Göthe, Meifters Lehrj. 3, 11.
Doch darüber darf ich mich nicht weiter auslaffen. Göthe, Meiſters
Wanderj. 3, 11. Wie dieſes Gaben der Natur find, aljo Hat menſch⸗
liche Kunft und Arbeit ſich hiebei nicht weniger ausgelaſſen (gezeigt).
Opitz. Der Freund möge es bei diefer allgemeinen Schilderun bes
lafien. Göthe, Meilters Wanderj. 2, 6. O Gott! Und dann Die
vielen Feindespoften! Man wird uns nicht durchlaſſen. Schiller,
Wallenfteins Tod 5, 11. Es 'ſchien die Thüre zu Hein, Die hoben
Geftalten einzulaffen. Göthe, Hermann und Dorothea 9, 58.
(Daß) wir die PBaflagiere beobachteten und uns bald mit dieſem bald
mit jenem, wie und Luft oder Muthwille trieb, jcherzhaft und nedend
einließen.. Göthe, Leben 5. B. Ich fage dir, er wird Dich nicht
(nah Rom) entlaffen. Götbe, Taſſo 4, 4. Daß das Herzogthum
Anjou und die Grafihaft Maine freigelafien und dem Köni
ihrem Bater, übergeben werden fol. Shafefpeare, 8. Heinrih VI. 2.
1173
51.1,1. Da, nad) undenfbarer Ewigkeit, Gott zu Dir fih herabließ.
lopſtock, 2. Maſſias 1,265. Der Treffliche ließ felber fid herab, die
oben Blaubenslebren mir zu deuten. Schiller, Maria Stuart 1, 6.
Beil der obere Bierhahn fauers Gejöff herausließ. 3. Paul,
5iebenfä8 2. Zwar ließ er fi) gegen niemand ald gegen die Groß⸗
ttter entichieden umd umftändlich heraus. Göthe, Leben 1. B.
aßt mir herein den Alten! Göthe, der Sänger. Die ftille Bes
:achtung, auf erfchaffene Dinge von dir berniedergelaifen.
Iopftod, Meſſias 1, 257. Wo der Borhang nad Belieben herun-
ergelajjen würde. Göthe, Leben 5. B. Wenn fi) der allver-
lögende Lord Leiter fo tief zu mir herunterläßt, ein fol Be—
enntniß mir zu thun. Schiller, Marin Stuart 2, 8. Als in des
Ifaffen Behaufung er fih nah Mäufen hinabließ. Göthe, Reinefe
zuchs 4, 135. Einer wird’ hineingelajfen. Ubland, die Nadıt-
hwärmer. (Wenn) und Nachts die Mutter nicht hinunterließ.
döthe, Zauft 1, 187. Iſt dir aber unmöglich derjenigen Liebe zu
interlaßen (dic) ihr zu entziehen). Opitz, Scüfferey von der
timfen Hercinie 1630. &. 18. Wenn der Gute, wie man jagt,
eftorben, wollen wir das Hinterlaßene faufen. Göthe, Wandrer
nd Pächterin. Er will doch wiederkommen? Hinterließ er's nicht?
Schiller, Don Karlos 2%, 14. Freund, nimm meine Bürgichaft an und
aß ihn ledig. Schiller, Tel 3, 3. Dean durfte fle nur undiscipli-
irt Loslajfen, jo madıten fie uns den Garaus. Göthe, Kampagne
ı Franfreih 27. Sept. Keine Spur nachlaffend von feiner leben⸗
igen Wirkung. Göthe, Hermann und Dorothea 3, 11. Ein Haupt-
ann, den ein anderer erſtach, ließ mir ein Paar glüdlihe Würfel
ad. Schiller, Wallenfteins Lager 1. Den Wucher haben wir nach—
elaffen (unterlaffen). Luther, Bibefüberf. Nehem. 5, 10. Nach einen
eigen Sommer find nachlaſſende gallichte Fieber bier ſehr gewöhnlich.
rbeling. Ich will von 50 Thlr. bis auf 30 nachlaſſen. Gellert.
tachlajfen (nachgeben) ftillet groß Unglüd. Luther, Bibelüber!.
3red. 10, 4. Wie die Brüde, die ihn trug, beweglich fi) nieder.
ieß. Schiller, Wallenfteins Zod 4, 1. Gott, Jehovah, läßt zu
ud ſich väterlih nieder. Klopftod, Meifias 1, 417. «Du mußt)
ie Zukunft Gott überlafien. Göthe, Lebensregel. Sie läßt mid)
ehn, mir felber überlaffen. Göthe, Egmont 5. Vnd folt nichts
auon vberlaffen Cübriglaffen). Luther, Bibelüber. 2. Mof. 12,
0. Der die Ausjchweifungen der Bilderflürmer, wenn auch nidt
bfihtiih angeftifter und befördert, doch unſtreitig von ferne ver-
nlaßt hatte. Schiller, Abfall d. N. 4 B. Heute foll idy jcheiden
nd von der trefitihen Frau, bei der ich geftern den ganzen Zag
eider nicht vorgelajfen worden, meine lebten Aufträge erhalten.
Hoͤthe, Meifters Wanderj. 1, 10. Allein um jo weniger fonnt’ ex
en Direktor vorauslaffen. % Paul, Zitan 20.- (Der dein Aufz
1174
feher) unbemerkt vorüberließ. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 2.
Bir trennten und ungern von ihr, und fie ſchien uns ungern weg-
zulaifen. Göthe, ital. Reife Catamire 3. Mai 1787. Der weg
gelaßne, fo ganz enticheidungspolle Klaufel. Schiller, Piccolomini
5, 1. Seine Lavagüffe bewegen zerlaiiene Welten. 3. Baul,
Heſperus 8. Bon jenem Gebein der Gterblichfeit, das ihr im
Staube reifend zur Auferftehung zurückließt. Klopſtock, Meſſias
1, 485.
Mit ſich berablaffen (fig. überhaupt in feinen Handlungen fit den
Stande des Geringern angeneigt madyen) find finnverwandt: ſich ernietrt
gen (von niedrig S. 608. 719) eig. vun feiner Höhe abnehmen, es mag nun
wenig oder viel fein; gewöhnlich fich geringer machen durch eigene Berlegung
feiner fittlichen Würbe, und ſich gemeim machen (goth. gamains, akt.
ka(i)meini, mhb. gemeine, agf. gemaene, aus dem alten gam-, fpütern Ba,
ges und ein; vgl. lat. communis für com-unis, gr. x-oro5;) R&
mit einem oder mehreren Andern, welche nach ihrer Stellung oder fittlich ge
ringer find, gleichftellen; fich der Menge gleichitellen. — Wer ſich felbs erhö
het, der wird ernidriget werden. Luther, Bibelüberf. Matth. 23, 12. Schon
bört’ ich fo manchen fi) wundern, daß Immer nur Götter und faſt nie Gits
tinnen ſich herab zur Erb’ erniedrigten. Meißner.
Anm. Die Barticipien geflatten noch andere Zufummenfegungen, 3.3. &egra
die Gewohnheit dee hausentlaffenen Söhne Benzel: Eternau. Gin ei
verlaßener, förperlider Traum! Oöthe, Bugente 3, 2. (Er) bat brorbetin
geiprouchen den Gottverlaßnen ihr Urtheil. Klopftod, Meſſtas 9, 233, Kin
“tiger Sunder weishettverlaffene Hoffnung. Daſ. 11, 864.
Gelaffen, Gelaffenbeit (ſ. S. 491); ansgelaffen, Ausgelafien-
beit; Verlaſſenheit; Hinterlaffenihaft; Berlaffenfhaft; Ueber —,
Unter—, Ber—, Exblaffer; Aus—, Unterr—, Beran—,
ablafjung erklären fih aus den entiprechenden Zeitwörtern und aus
nachfolgenden Beifpielen. — Du eileft mit gelaji’'nem Muth zu
Mühle. Göthe, der Junggeſell und der Mühlbach. Sch wundere
mid) ‚über die Gelafjenheit der Gräfin. Göthe, die Aufgeregten
2, 1. Die Gottgelafienfhaft in langem Schmerz. Overbeck.
Wann die ausgelaßne Jugend allzu wild fih freut. Voß, das
Nachleben. Warum fol id denn auf eine ausgelaffene At
fuftig fein? Geller, Der erfte Grad des Gedränged, Des Ges
tümmels, des Lärmens und der Ausgelafjenheit. Göthe, rom.
Earneval. Einft, als ihm die Verlaſſeuheit tief in die Seele ging.
Blumauer. Die Schiffer hatten, nad) des Sängers Sprunge, ſich
fogleih in feine Hinterlaffenfhaft zu theilen angefangen. Ne—
valid, Heinrich von Ofterdingen 1,2. (Indem ich) die Nachbiſdungen
der bedeutendften Werke des Altertbums im Kleinen aus der Ber-
laſſenſchaft eines Kunftfreundes anfaufte. Göthe, Leben 13. B
Sie, die Berlafferin, fle wird. verlaffen werden. Herder. Unjere
1175
Edken haben felbft Berdienfte, und größere, als gewöhnlich ſelbſt die
Erbiaffer hatten. Klopſtock, Gelehrtenrepublif. Dieſe Auslaſſung
jchien mir nöthig zu fein. Anton. Durch Unterlafjung der ganzen
Aufſätze würden mir vielleiht mancher Unannehmlichkeit enthoben.
Ungenannter bei Campe. Die Veranlaſſung meiner plößlichen
und wunderbaren Rückkehr. Shakeſpeare, Hamlet 4 4 An die
Stelle huldreich vertrauliher Herablaſſung war feierlihe Förm—
lichkeit getreten. Schiller, Piccolemini 1, 2.
Mit ausgelaffen (feinen in hohem Brave lebhaften Empfindungen
nneingeichräntt hingegeben) find finnverwandt Luftig (f. S.899 ) und muths
willig (f. ©. 751).
Ab—,!) Ader—, An— (©. 570) Ant—,2) Durh—,
Ein—, Er—, Ge—, Rab—, Unter—, Ber—, Bor—, Zulaf
erfiären fi) aus nachfolgenden Beifpielen. — Was muß e3 für ein
Mein jepn, ein firner oder ein Ablaß? Ayrer. Unten müffen diefe
Grander oder Gejchirr glei) neben dem Boden einen Ablaß haben,
Dadurch man das alte, verftandene Wafler täglich ablaffen könne.
Hohberg. Mehr denn vierzig Jahr her ohne Ablaß. Herder. Bis
er volllommen Ablaß der fündigen Thaten erlangt hat. Göthe,
Reineke Fuchs 6, 25. Ich freue mich ſeht, daß die Aderläſſe gut befom-
men ift. Göthe, Briefm. mit Schiller 5, 56. Bon einem Aderlaife,
das ich heute vorgenommen, tit mir der Kopf eingenommen. Humboldt,
Briefw. mit Schiller 392. (Gallifte) ließ, weil der Doctor ihr den
Aderlaß befahl, des Königs erften Wundarzt holen. Gellert. In—
dem wir die Kinder üben, Töne, welche fie hervorbringen, mit Zeichen
anf die Tafel fchreiben zu lernen und nah Anlaß dieſer Zeichen
fodann in ihrer Kehle‘ wieder zu finden. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 1.
Da ich zu feiner meitern Zerftreuung Anlaß fand. Daf. 3, 5.
Wo der Anlaß (Compromiß) oder Hindergang verpönt war.
Sich verfchreiben md veranlaßen. Krenner, Landtagsh. 5, 171.
1) Das Wort (goth. afldts, ahd. mhd. abläz, nn! aflaat), in kirchlicher Hin:
fibt von Vielen falſch verftanden, erit jüngft noch von Grimm ganz unfatholifch,
von der Seite des Mißbrauchs gefaßt „Für den Firchlichen Grlaß der Sünde ums
Geld (vie Inpulgenz), wider welchen die Reformation fiegreich eiferte”, bezeichnet
bier nach dem Fatholiichen Lehrbegriff: „ganze oder theilweife Erlafjung derjenigen
Klare Strafen, welgye nach Bergebung der Sünden nod) erleiden find,” =
anche Zufammenfeßungen mit Ablaß gehören der frühern Zeit (16. Jahrh.) an
und finden darin ihre Erklärnng
2) Antlaß tft in ver älteren Sprache jeve Befreiung, ntlafjung von irgend
einer Berbinvlichfeit, Schuld; dann fo viel ale Ablaß. Weil ehemals die Lose
neun oder Entlaffung öffentlicher Büßer von ihren Vergehungen’ und Kirchens
afen und die Wiederaufnahme berfelben in die Semeinichaft der Chriſten gewöhn⸗
lich am Gründonnerstag geſchah, fo wurde berjelbe mie dieſe Losſprechung und
Mieveranfnahme auch Antlaß und Antlaßtag genannt, Bel. Schmeller,
bayer. Wörterbuch 2, 494 f.
J 1176
Mir gibt mem Rang und Amt zu jeder Stunde Einlaß bein
Herzog. Schiller, Wallenfteind Tod 5, 2. Als er mir den zweilen
noch beftigern, mir gleichfalls nicht unbekannten brieflichen Grlaf Ä
dorlejen wollte. Göthe, Campagne in Frankreich Duisburg Role.
So unangenehm ihm auch die fänmtlihen Mädchen erichienen, de
fogleih in den jüngften Jahren den Alterserlaß auf dem Geht
als Brautihag mitbrachten. J. Paul. Daß er nicht ohne Od
fih einen Zaftenerlaß ertheile. J. Paul, Siebenfäs 3. Und m
machte fich ftatt ihrer (der abgebrochenen Gebäude) ein neuer Belaf |
Raum) nöthig. Göthe, Tag: und Jahreshefte 1803. Im Kopf hit
der Geiſt überhaupt mehr Gelaß als im Herzen. 3. Paul, Titan
57. Und innen großer Höfe Raumgelaffe. Göthe, Fauſt 2,
Tiejer Theil des Nachlaffes, von dem feiner Erben gejonder,
Görhe, Tag- und Sahreshefte 1802. Aber der mindefte Argwoba
egen die Unfehlbarkeit ihres Geiftes ift ein Nerbrechen ohne Ra
aß. Meyer. Hier, wo Anix eine Wohnung befaß, um einjam ua
unabhängig fi) verbergen zu fönnen, wenn feine Seele Nadlaf
(Erholung) brauchte vom widrig Alltäglihen. Meyer. Weil leich
und wie gewehet, ohn' Unterlaß, dein ſchlanker Wuchs ſich dreke.
Voß, der Kuß. Auf Parteien, wie fie heißen, ift heut zu Tage km
Berlaß. Göthe, Fauſt 2, 13. Der Ritter verweilte länger, «ls
fein Berlaß fein binterlaffene Abrede) war. Mufäus. Da
Pferdeſchwanz, der Vorlaß (Büjher Federn, um den Zulfen zurid-
zulofen), das Fuchseiſen. J. Paul, Giebenfäs 6. Ohne jene
Zulaß Simpliciſſimus 1, 1.
Laßbank, — been, —binde, —brief, —dünkel, —eijen, aM,
—hain, —herr, —fopf, —männden, —raum, —reis, —rihter
—[höppe, —funde, —tag, —wiele, —zapfen, —zeichen, — je;
Ablaßbohrer, —brief, — gebet, — geld, —gerinne, —gemwinnung, — ge
wölbe, — graben, —handel, — horn, — jahr, — kirche, —kram, —früne,
—lehre, — markt, —ort, —pfennig, —prediger, — predigt, — ſchreiben,
—feite, —ftreitigkeit, —tag, — woche, — zeit, —zettel; Mderlafben,
—bäujchhen, —beden, —binde, —eifen, —geräth, —kreuz, — fu,
—nännden, —ihnäpper, —tafel, —zeichen, — zeit, —zeug u. a.; Auflef
brief, — geld; Einlaßgeld, —karte, — klappe, —ofen, — pre
—zettel u.a.; Erlaßbrief, geld, —jahr, —recht, — ſchein, —fünde;
Erlaffungsfchein, —jünde; Unterlafiungsfehler, —fünde —
Ich muß diefen Ausdrud berichtigen, daß die Sünde durch Ablab
gebet und Kirchenbejuch gebüßt werde; dies gefchieht einzin dur
den würdigen Empfang des Sacramentd der Buße. Rippel. Ad, eu
herrliches rothes Haubenband hätte Lea's blinden Augen jo gut we
eine rothe Aderlagbinde der Wunde getban! 3. Paul, Titan 18.
Das Einlaßpförtlein in des Thores Bohle am lockern Band m
erznem Schnörfel hängt. Rediwig, Amaranth.
1177
Laß (goth.lats, ahd. hd. laz, alti. lat, agſ. læet, altn. latr, engl.lazy,
oath, lat. lassus |. S.740) eig. zurüdjeiend, zurüdbleibend aus Unthätig-
eitz dann ablaffend an Kraft und Regfamkeit zur That. Läſſig = Laßheit
mpfindend, zur Laßheit geneigt: ab—, au—, auf-—, fahr—,
ach —, ver —, zuverläffig; verläffigen, vernachläffigen. Läßlich
= was erlaffen werden kann: ab—, unab—, er—, unerläßlid. —
Bon Arbeit laß und Betrübniß. Voß. Nun du mir läſſiger
»ienſt. Göthe, röm. Elegien 13. Freilich haben fie nur im Stillen
er Kinjeitigfeit, der Unordnung, der Läjfigkeit, der Ungejchidtlich- .
eit zufehen fönnen. Göthe, Unterhaltungen deutfcher Ausgewanderten.
Durch des Gebieterd Bergehn und Läſſigkeiten der Völker, Voß,
Slias 13, 108. Unläffig zu flreiten im Feld' und zu fämpfen.
Daf. 11, 12. Es wär gefchehen umb Rom, folt in folhem Unglüd
in wilder oder ableffiger Keiler feyn gewefen. Aventinus, Chronik
95. Wo rein und unabläffig der Quell fließt. Göthe, Hermann
md Dorothea 7, 30. Anläfiige (Streit veranlaffende) Worte.
Srifh. Meine übrigen Liebhabereien erhalte ich immer durch ein oder
ie andere Zubuße, wie man gangbare Gruben nicht nerne aufläffig
verden läffet, fo lange als noch einige Hoffnung von künftigen Vortheilen
cheinen will. Goͤthe. Daß ich Diele Uebungen unterbrochner und
ahrläjfiger anftellte. Göthe, Leben 13, B. Die bier und da
urh unſre Fahrläſſigkeit zerriflenen Ränder auszugleichen und
erzuftellen. Daſ. 3. B. Wenn der Manu fein Heußeres, in folhem
zall, vergißt, nachläſſig oft fih vor die Menge ſtellt. Göthe,
Sugenie 1, 6. Ihr Erftauen gehe bloß ihre eigne Nachläſſigkeit
m. % Paul, Hefperus 7. Mit den treuverläffigen Dentichen.
Pyrfer, Zunifias 8 Wer fich fein ganzes Leben als einen zu ver⸗
äffigen Mann bewiefen, der macht eine Handlung zuverläifig,
te bei andern zmweideutig ericheinen würde. Göthe, Wahlv. 2, 12.
Benn auch die menfchlichen Anlagen im Ganzen nur entfchiedene
richtung haben, fo wird es doch dem größten und erfahrenften Kenner
chwer fein, fie mit Zuverläffigkeit vorans zu verkünden. et
eben 2. B. Iſt dieß die Welt, von deren Unzuverläffigfeit ich
tel gehört Habe? Göthe, Egmont 5. Während der Zweigbewohner
ang’ die Höh’ ermaß und fih, fo gut es die fchwindenden Augen
tlaubten, zu verläßigen fuchte, ob der gräßliche Feind auch mit
zlügeln ausgeftattet fei. Benzel-Sternau. Es ift möglich, daß Ihr
Sohn die fänmtlihen Parkanlagen vernahläffigt. Göthe,
Bahlv. 2, 8 — Ein läßlich fcheinendes, faherzbafter Probe glei-
bendes Verbot. Göthe, Eugenie 4 % Warum will man nicht eine
feugerung laͤßlich und erträglich finden? Göthe, Meiftere Wander].
,3. Wollen wir nad) deinem Wink unabläßlich ftreben uns vom
yalben zu entwöhnen. Göthe, Generalbeichte. Wie ich mich ſelbſt
1178
und das, was mir ein unerläßliches Bedürfniß iſt, retie ud er⸗
reihe. Göthe, Meifters Lehrj. 5, 3.
Mit Laß find finnverwandt: matt (mhb. mat, vom franz. mat, dies som
fpan. und altportugief. mate, vollfländig xaque mate = fHadhmatt, von
arab. mäta — tödten, flerben, mat shah — es fterbe der König, Kunfineıt
des Schachſpiels) in merklichem Grade Mangel an Kraft habend, beſerders
in Bezug anf Harfe Abfvannung der Lebensthätigkeit, e8 mag nun fener Mes
gel oder jene Abſpannung in Innern ober änßern Gründen liegen. Mir
(abd. muodi, mhr. müede, altn. mödr, von mühen ©. 633) durch I
irengung over zu rege Thätigfeit an Kraft mehr oder minder wicbergedrüdt.
— Die andern Synonymen von laß ſ. S. 740. — Mit vernadhläffigen (ih
fo anf einen Gegenſtaud Hin verhalten, daß demfelben weder bie gehörige Auf
merkſamkeit und Sorgfalt, noch "überhaupt die gehörige Thätigkeit zmgewenbet
und bezeigt wird) Ift verwahrlofen (aus mhd. warlös, f. War ©. 6)
finnverwandt: einen Gegenftand ohne alle Aufficht und unbeachtet laffen, Rs
ganz unthätig in Beziehung des felben verhalten, daß er dadurch übel wit
— Matt mit dir von fchweren Kummern will mit bir ih müde fchlummem
Schiller, Geſ. ver Heloiſe an Abalarde Grab. Weil er für alles Hanbebierm
verwahrloft ik. Shakeſpeare, was ihr wollt 1, 8,
— Bee Das hierher oder zu verlieren gehörende Verließ (Berlien) £
Seißen. ')
(Wurzel hait, haiz; hat, haz.)
Heiße, hieß, geheißen, beißen geh. haita, häihäit, haihaitum,
häitans, häitan; ahd. heizu, hiaz, hiazumes, heizaner, heizan;
mhd. heize, hiez, hiezen, geheizen, heizen; agj. hætan, hatan,
altj. heitan, altı. heita, dan. hedde, ſchwed. heta, holländ. heeten;
vgl. lat. ciere — erregen, citare — anregen) 1, mit einem Namen
belegen, dabei rufen und damit anreden; 2%, mündlich anreden, Je
manden mündlich jagen, was er thun ſoll; 3, (neuır.) genannt
werden, zum Namen haben, auch fein; 4, (unperf.) gejagt werden. —
Dep Namen follt du Jeſus heißen. Luther, Bibelüberi. Mattb. 1,
21. Und der Unausiprechlihe wird Jehovah geheißen! Klopitel,
Meifias 1, 251. Made, daß ich dich bald Braut beißen fauı
Gellert. Heiß mid nicht reden, beiß mid jchweigen. Goͤtbe,
Mignon. Wir heißen des Friebländers wilde Jagd. Schiller,
MWuallenfteins Lager 6. Was fol das heißen?! Daj. Seine
Berftand nicht zum eignen Nachfinnen gewohnen, heißt, ſein Eigen-
thum verlaffen, um betteln zu köunen. Gellert. Es ſoll nicht von
1) Da ſcheiden in cine andere Conjugation übergegangen iſt, ſo ſind hei⸗
Ben und das wenig gebränchliche heiſchen die einzigen nhd. Verba der 3. reis
plicierenden Konjugation mit der Ablautsform ei, ie, ei.
1479
ix ve en, Daß ich Deutſchland zerſtücket habe, Schiller, Piceolo«
ini 2, 9.
j Die Synenymean ſ. S. 5. 238.
Berbeißen |. S. 78; Berbeißer (ahd. furheizo), Berheiß,
zerheißung; Antheiß (mhd. anıheize, antheizec, von antheiz =
jeriprechen, Gelübde) ift veraltet, und anbeifchia an jeine Stelle ge⸗
eten. Schultheiß (bei Campe Schuldheiß, was nah dem
eutigen Schuld richtiger, aber nicht mehr gebräuchlich ift, verkürzt
Schulz, in der Vollsiprahe auch Schultes und Scholles, abd.
caldheizo, mhd. schultheize, mittellat. scultetus) eig. eine obrig⸗
eitliche ſon, die zur icht anhält, die Schuldigkeit zu leiſten
eißt. Davon Schultheißerei. — Freiheit war uns verheißen.
Schiller, Maria Stuart 5, 1. Sch wollt' mich verheißen, wollt'
mmer verreiſen. Gothe, Liebhaber in allen Geſtalten. Wäre der
roße Verheißer nicht der Ewige. Klopftod, das Anſchaun Gottes.
Zie hatten geoflen verhaiß von Maximino. Aventinus, Chronik
580... Bl. 206. Erd’ und Himmel vergehen; deine Verhei—⸗
jungen, Göttlier, nicht! Klopftock, dem NAllgegenwärtigen. Die
Bort nur bält dem Ohr mit Glückverheißung. Shakeſpeare,
Macbeth 5, 7. (Nicht erwägend) die Worte voll Muths und alän-
ender Sienesverheißung. Pyrker, Zunifias 6. Das himmliſche
Berbeißuugsland der Frommen. Ubland, auf K. Gangloffs Tod,
z. 's it des Kaiſers Wil’ und Geheiß. Schiller, Walleuſteins
rager 11. Einem eines Dinges anthaißig werden. Mon. boica
25, 464 0.3.1487. — Die Söhne des verftorbenen Schultheißen.
Söthe, Leben 1. B. Welches (Verhältniß) aus dem Schulthei—
zenamt meined Großvaters für die Familie entfprang. Dal. % B.
Aum. 1. Berbeißen fegt ſich in feinen Partietvien noch mit andern Wörs
ern aufammen, 3. B. (Er) rief ihm mit troftverheißendem Lächeln. Pyrker,
Tuniſias 10. Am mwetterverheißenden Morgen, Daf, 9. Der Gottver⸗
yeigne. Klopflud, Meſſias 11, 93.
Anm. 2. Ob heiß, heizen (mhd. heizen) und Hitze (f. ©. 468) zu
yeißen gehören, darüber läßt fich fireiten. Weigand und Schwend find das
nt, Graff, Wadernagel und Schmeller, wie es fcheint, mit mehr Recht
dagegen.
Seifchen.
(Wurzel eisc, isc.)
. Heiſche, beifchte, geheiſcht (hieſch, geheiſchen), heiſchen (mhd.
eisohe, iesch, ieschen, geeischen, eischen, zuweilen heische,
hiesceh, hieschen, geheischen, heischen, auch ſchwach; ahd. eischn,
escon ſchwach, mittelniederl. neuniederd. eischen und heischen,
altſ. scön, altfrieſ. askia, aschia, mittelniederd. eisken, eischen,
eissen, agſ. escjan, ascian, engl. ask, ax, altn. æskja, ſchwed.
1180
äska, daͤu. eske; vgl. fanffr. icch == verlangen, litthau. jeszkoti,
ruffiſch iskäty = ſuchen, illyriſch iskatti = forſchen, poln. iskac =
Ungeziefer fuchen, naliih aisc —= Tadel, hierzu goth. ehren =
Tadel, Schande) mit den Grundbegriff fengen, un begehren, Bitten,
verlangen, ift wenig im Gebrauch. — Ich wills geben, wie je
J Suther. Bibelüberf. 1. Moſ. 34, 12. Sie beifchen,
d. b. was fie ermeijen nicht löunen oder nicht wollen, wird testig
erbettelt und eben fo trogig aufgedrungen, als ob es feines Beweises
bedürfe. Herder. Ach heifche deinen Unterricht in ganz was anderem.
Leffing, Nathan der Weile 3, 5. — Er iefch von Dir daz leben,
4. Bibelüberf. (1470—73) Pi. 21,5. Darnach hieſch jm Der fürfpred
die vier gulden. G. Wickram, Rollwagenbüchfein. Auff den abend hieid
der meifter feinen Ion. J. Agricola, Sprichw. 338, die vbrigen fchemen
fih nicht, mir das Brot vorm Maul abaubeithen Inden,
Apoph. 2, 62. Der Knecht verhieſch ohn all bedenden, Das ge®
vnd Peltz willig zu ſchenken. Rollenhagen, Froſchmeuſeler 1. 3, 22
Haft du brav gebeifgen? Göthe, Goͤtz v. B. 5. — Mein Berta
a. t8, daß alle Kaiferheere mir gehordyen. Schiller, Piccolo⸗
mint 2, 7.
Die Synonymen f. bei verlangen ©. 206. 889.
Ang Ar ung (ahd. eisca, eiscunga), heiſchig; au
Heiſcheſatz. — Und damit fteht und fait mein
> —— J. Paul.
Hanuen. !)
(Wurzel haw.)
Haue, hieb, (hauete), gebanen, banen (ahd. houwu, bio u
htu, hiowumes, houwaner, houwan; mhd. houwe, hiu, hiuwen,
ehouwen, houwen; agſ. heäwan, in der Bolfsiprache haen,
Bagen) urſprünglich wahrfcheinlih fo viel als ichneiden, zertheilen,
bezeichnet nhd. 1, fchlagen, A mit einem Werkzeuge, Das ver
legen kann, daher auch ab» und durchhauen; 2, hauend bearbeiten,
gewinnen; 3, (Volksſprache von den Schweinen) den Begattungetrieb
empfinden ; 4, (veraltet, noch bie und da in der Bollsfpradhe wel
vom Einhauen der Hufe des. Pferdes) fich ſchnell bewegen, laufen.
— Etlihe hiewe man zu Stüden. .. Ehronif 1580. DB
226. Sie hiewen die Bäume ab. Daf. BI. 248. Wir drängten
und fchofien und bieben. Göthe, Egmont 1. Wenn er über dr
Schnur bauen wollte. Daf. 2. Das trodene Heu, auf der beften
Wieſe gehauen. Göthe, Hermann und Dorothea 5, 134. Ccedern
— — — — ——
1) it dieſem Verbum begiunt die 4. reduplicierende Gonjugotion mit ver Ab⸗
lautsform au (u, 0), ie, au (u, o).
1181
ebauen auf dem Libanon. Schiller, Ränder 1, 2. Sie haueten
)olg. Fiſchart, Gargantua S. 357. Davon (von der Keule) haut’
h genaht, jo viel die Klafter umfpannet. Voß, Odyſſee 9, 325. (Er)
lt zu dem ftillen, einfamen elfen, der vor Kurzem zum Grab ihm
ehaun ward. Klopftod, Meſſtas, 4, 890. Steine aus den Bergen
auen. ‚Luther, Bibelüberf, Cor. 6, 38. Du Heink Flegel hbaw
eile) auch mit. H. Sachs. Unverſehens fellt er (der, Seeräuber)
aber, alsbald man fein Kae wirt, fo hauet er wieder Davon. Aven⸗
nus, Ehrmif 1580. Bl. 254.
Hacken (wahrfcheintih von Hade, ahd. hakko, mäb. hacke, zn Hafen
ab. hacho, haccho gehörig) mit einem ſchneidenden Werkzeuge ohne ſtark
ansgeholten Schwung in einen Gegenſtand einfchlagen. — Wir haun, ale,
badten wir Zleifh zur Bank, und Eeinen Dank bat doch wohl der blutige
Sieger. Bürger, Lieb von der Treue, j
Ab—, au—, auf—, aus —, be—, bei—, drein—, durch —,
m—, ent—, entzwei—, er—, fort—, ber—, herab—, beran—.,
eranf—, heraus —, berein—, bernieder—, herüber —, herum—,
erunter—, berzu—, bin—, binab—, hinan—, binauf—, hin-
us — hindurch —, binein—, hinüber —, hinunter—, binweg—,
inzu —, los —, nach —, nieder —, über —, um —, umher —, unter —,
er —, vor —, voran —, voraus —, vorbei—, vorüber—, weg —,
er —, zu—, zurück—, zuſammenhauen find far. — Meine
Burzeln find abgehauen. Göthe, Götz v. B. 5. (Er) hieb dem
ervichten Arm ab. Voß, Ilias 5, 81. Haut ich die Haltfeil? ab
es fchwarzgefchnäbelten Meerichiffs. Voß, Odhſſee 10, 1237. Ge⸗
orchend hieb Saturnia die Roffe an (trieb fie durch Hauen an
'aufen an). Bürger. Denielben Zag hieb ich in der Frühſchicht,
och als Lehrhäuer, eben wie die Sonne aufging, (im Bergwerk)
ine reiche Ader an. Novalis, Heinrih von Ofterdingen 1, 5. Der
5oldat durfte nur ein Kochloch aufbauen, fo traf er auf die Klarfte
veiße Kreide. Göthe, Eampagne in Frankreich 26. Sept. Wo
We: (aetanzt) wird, bin J allemal dabei. Bänerle, Finker als
Rarfis. Es wurden mehrere Gräber ausgehauen. Göthe, Cam⸗
agne in Frankreih 19. Sept. Rings herum die Eichen ausge
auen. Alxinger, Doolin 3, 5. Luther und wenige, die nach ihm,
sie er, aushbauten und Ren haben den Wald zum Haine ge»
wacht. Klopitod, Gelehrtenrepublil. Wann er (der Zimmerer) zum
Schiffbau Lünftlih die Ballen bebaut. Voß, Ilias 3, 61. Den
Laubgang) man auf Stufen erftieg von unbehauenen Platten.
Höthe, Hermann und Dorothea 4, 28. Er behieb die äft. Filchart,
Bargantua ©. 462. (Er) faßt ein tüchtig Schinfenbein, haut da
ut taglöhnermäßig drein. Göthe, Sendfchreiben. (Er) haut durch
is auf den Sattelfüopf. Uhland, fchwäbifche Kunde. Ich baue deine
sinten durch. Shakeſpeare, viel Lärmen um nichts 5, 1. 's ift hier
1182
juft, wies beim Einhau'n geht. Schiller, Wallenſteins Lager 11.
Dem (Leibnizens Denkmal), für die Nachwelt, Kunft des Griechen
oder Tuskers den Dank der Miwelt eingehauen. Voß, Leibuims
Grab. Du (Zahn) dienteft mir wie Krieger ihrem Fürſten, wm
bauteft wader ein, galt’s Schinken oder Würften. Campe. Als va
ſechs Jahren der Dichter vorführte den Chor, auf welchen ſaleich
einhieb die beleidigte Sippſchaft. Platen, Barabafe. Dann entbieb
er das Haupt ihm. Voß, Slias 14, 261. Emmen Baui erbauen
Moetevin. Ich muß fie beraushauen. Tichtenberg, Nachrichten über
fich ſelbſt. Ans Mailands Aufruhr hieb ih ihn heraus. Ubland,
Ludwig v.B.2. Und hiebſt um dich herum? Göthe, Göß v. B.
1. Das hab’ id mir lange gewünicht, mid mit jo Kommis-Brodriten
berumzubauen. Edjiller, Räuber 2,3. Schafft ibn in den Thum,
und haut herunter den rebell’ichen Kopf. Shakeſpeare, K. Heinrid
vi. 2 Thl. 5, 1. Wenn der Weg noch am ichroffften Felſen bir
gebt, ja in ihn bineingebauen if. Göthe ital. Reife auf dem
Brenner 8. Sept. 1786. Nachdem ich anfänglich bei Der Ausiärde
rung der losgehauenen Stufen in Körben angeftellt geweien war.
Novalis, Heinrich v. Dfterdingen 1, 5. Aber fie rii dem em
ſogleich von der Seite den Säbel, bieb ihn nieder gewaltia
Goͤthe, Hermann und Dorothea 6, 114. Du magit Niemand mm
Reden überhau'n. Shakeſpeare, der Wideripenfligen Zähmung 2
1. Da haueten Männer mit alühender Wuth in dem Blicke rise
der Sedem um. Klopfiod, Meſſias 12, 867. Zwanzig (Stämme)
ſtürzt' er in allem, um hieb mit eherner Art fie, ichlichtete dann zwi
dem Beil und ordnete fcharf nach der Richtichnur. Voß, Odyſſee 5,
244 Bild nun haut' er umber. Voß, Ilias 10, 483. Wiıcwohl
man bier Kernholz verhaut. Bo, an Göthe. Er wollte ala großer
Merfmeifter gelten, weil er fih unter behauenen, auch nicht jelten
verhauenen Quadern eingeſchanzt. Benzel-Sternau. Bon
Schild (it) die Hälfte weggehauen. Shafeipeare, 8. Heinrich VL
1. Thl. 1, 1. Die geopferten Thiere jeder Art... mußten in zwei
Hälften zerhauen werden Göthe, Leben 4.8. Gin ichöner Grund⸗
fein (war) mit Fächern und Dredplatten zugebauen. Göthe,
Wahlv. 1, 8. (Wie das Kind) wacker auf die Freibeuter zuge
bauen. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 10. Er bieb ein wie du
andere Mal zu. Göthe, Leben 15. B. Und immer die Feinde m
Fluß zufammengehauen. Göthe, Egmont 1,
Anm. Die Barticipien geftatten noch andere Zufammenfehungen, 3. B. Sehe
wie laut das Getoͤs holzhauender Männer emporſteigt. Voß, Ilias 16,
Hauen 1, einer der hauet «bei Bergleuten Häuer — der mit
Gifen und Fäuftel das Erz in der Grube hauet); 2, ein Werfzeng
zum Hauen, bejonders die hervorftehenden gekrümmten Zaͤhne der
Schweine: Anf—, Aus—, Bor—, Bild—, Zeilen—, Hleiid-,
1183
© olz—, Steinerhaner; ein—, überhauig. — Ich flieg all-
mählig bis zum Häuer, welches der eigentlihe Bergmann ift.
Novalis, Heinrich von Dfterdingen 1, 5. Wie die unbarmberz’ge
Soneril in jein gefalbtes Zleifh die Hauer ſchlage. Shakeſpeare,
K. Lear. 3, 7. -- Nun werde ich euch auch für einen folchen Bild-
bauer halten müſſen. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 7. Die zarten
Säulen und fünftlihen bildbauerifhen Zierrathen follten ſich
Durch eine dunklere (Farbe) auszeichnen. Götbe, Wahlv. 2, 3. Die
Bildhbauerfunfk muß ſich daher noch ein floffartiges Jutereſſe
Juden. Göthe, Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Feilen
bauer und Uhrmacher Göthe, Meiſters Wander. 3, 4. Köhler
und Holzhauer. Göthe, Meifters Lehrj. 4 3. Das Biden der
Steinhauer. Göthe, Meiſters Wanderj. 2, 9.
Hau (ahd. hou) 1, Handlung des Hauens; 2, Schlag mit
einem jchneidenden Werkzeug; 3, im Korftweien ein beftinmter Wald-
bezirk, wo das Holz gefällt werden foll oder auch ſchon gefällt worden
iſt: Ans—, Ge—, Ueber—, Verhau. Haue (ahd. houwa,
howa, mhd. houwe) eig. ein jedes Werkzeug zum Hauen; in engerer
und gewöhnlicher Bedeutung ein (ein — oder auch zweigezahntes)
Werkzeug, um die Erde damit aufzubauen. — Und friid im Thau
tehn fie unter ſich wechſeln den Hau. Rückert, gel. Ged. 6, 279.
Ohne diefen Ausbau des allzu mwollültigen Wuchſes. Leſſing,
Hamburger Dramaturgie 12. Durd) des Gehaues Stumpen, wo
wilde Erdbeein ftehn. Salis, die Einfiedelei. So merfwindig aber
als traurig anzufehen war der Verhau rings um die Caſſeler
Schanzen. Göthe, Belagerung von Mainz Der eckhau, blind«-
bau, onterhau, flügelhbau, Zoruhau, frumbhau, fchiller-
bau, ſcheitelerhau. Fiſchart, Gargantua S. 373. — Wollt ihr
euch mit Schaufel und Haue um einen biffen trocknen Brod abquälen?
Schiller, Räuber 1, 2.
Hacke (ſ. oben S. 1181) wird gemöhnlih nur dann gefagt, wenn ſich
die Haue nicht in Zähne theilt. Karſt (ahd. mhd. karst, in der 4. Bibel;
überf. von 1470-73 karſch) if die zweigezahnte Haue. — Der vierte mit
Spieß und Hade bewaffnet. Göthe, Reinele Fuchs 2, 123. Mit Spieß und
Karft und Senfe treibt er den Angriff ab. Uhland, die Döffinger Schlacht.
Hauamboß, —banf, — bar, —block, —degen, —eijen, —geld,
—hanımer, — hechel, — holz, —Elog, —Iand, —länder, —meißel,
— mefler, —ftod, —zahn, —zim; Hauergeld, —glode, —lohn,
— dicht, —fieg. ;
Hieb (eine nbd. Biduna vom Präteritum bieb) 1, die Hand-
fung des Hauens; 2, ein mit jedem Werkzeug verſetzter Schlan, fig.
auch ein Meiner Rauſch; 3, die durch einen joldhen Schlag veriegte
Wunde; 4, was Hau in 3. Bedeutung; 4, die Berechtigung in einem
Walde Holz hauen zu dinfen; An-, Aus—, Durch—, Rieder
4184
hieb u. a.; biebig (im Forſtweſen) was oder wo gehamen werd
fann; Sieber (eine leichte Hiebwaffe mit grader odec krummet Künste)
(Er) entließ den Gefangenen mit einigen Hieben. Göthe, Ga
pagne in Zranfreih 30. Aug. Ya er konnte die Streitugt einbaltı
mitten im Niederbieb. J. Paul, Siebenfis 5. — Aus der Be
fammlung geftäupt mit fchmählihen Geißelhieben.. Bob, Ws
264. Seines mordenden Stable Blutgier und der Rechte Ge
walthieb. Pyrfer, Tuniſias 9. Herbei vor meinen Klingenhieb!
Bürger, die Entführung. Ein Säbelhieb ſank fehwer auf ka
Genick. Schiller, Graf Eberhard der Greiner. Daß nicht eim
fein Speer dich bändige oder fein Schwerthieb. Bob, Yind A
377. Man darf den Komiker wicht verargen, wenn er im
gehen fih einen feinen Seiteuhieb erlaubt. Göthe, Tag- m
Sahreshefte 1803.
Hiebwunde; Aushiebmeißel.
Die Synonymen von Hieber f. ©. 151.
Heu (goth. havi, ahd. houwi, hewi, mhd. höuwe, höu, #
heg, hæg, hieg, altn. hey, engl. hay, holländ. hoy, ſchwed. di
hö) das abgehuuene (und getrodnete) Grad. Davon heuer =
Heu mahen; Heuer — Maͤher; Hauet, Henet — Heu und Bir
— Und wir bringen die Frucht berein, wie dad Hen ſchon herein iſ
Böthe, Hermann und Dorothea 1, 46. Ich ſah nach der Roͤthe dei
Abends, die und morgen zum Heuen anmuthiges Wetter verfünil
Voß. Man bezeichnet mit dem Wort Wildheuer ärmere Bench
der Hochgebirge, welche ſich unterfangen auf Grasplätzen, die für des
Vieh ſchlechterdings unzugänglich find, Heu zu machen. Göthe,
Meifters Wanderi. 2, 7. Einführung des Traidts und Hamelk
Lori, Urk. v. 1616. Es hätt denn ain Gut mit aigen Hauet M
Wismad. Bayer. Landtagsordn. v. 15583.
Henbaum, —birne, —blume, —boden, —bucht, a,
—ernte, — futter, —gabel, —gewinn, — hechel, — haufen, mM,
— land, —leine, —mader, —mad, — mäher, — markt, — mei
— monat, —ochs, — pferd, —raufe, —rechen, —recht, —NEt
—ſchein, —ſcheuer, — ſchlag, — ſchober, — ſchoppen, ſuen.
—ſeil, —ſenſe, —ſtock, —vogel, —wage, —wagen, —wick.
—ehnte, —zeit.
Laufen.
(Wurzel hlaup, hlap.)
Laufe, lief, gelauffen (geloffen), laufen Caotb. hans
hläihläup, hlainläaupum, hläupans, hläupan; ahd. hloufu, hliaf, haft
mes, hloufaner, hloufan, auch ſchon one h; mihd. loufe, lief, Ieie®
geloufen, loufen; agſ. hleäpan, alj. hlopan, altn. hlaupa, engl. If
1185 °
—
ſchwed. löpa, dän. lobe, holſlaͤnd. looper, niederſächſ. lopen) 1, über-
haupt fi auf feinen Füßen ſchnell fortbewegen; 2, oft und viel gehen,
einen Zwed zu erreihen; 3, feinen Aufenthaltsort oder Zuftand
fehnell verändern; 4A, (von einem Thiere) ſich begatten; 5, (von leb-
(ofen Körpern) fih von der Stelle bewegen, womit aber der Begriff
der Schnelligfeit nicht notbwendig verbunden if. — So rennt und
läuft nun ein Jeder, um den traurigen Zug der armen Vertriebnen
zu ſehen. Göthe, Hermann und Dorothea -1, 4 Lief ich darum
aus der Schul uud der Lehre? Schiller, Wallenfteins Lager 6.
Sie fegen Leitern an, fie laufen Sturm. Schiller, Jungfrau v. O.
5, 9. Und was ih auf für Wege neloffen, aufn Neidpiaf habt
ihr mid) nie betroffen. Göthe, fprichwörtlid,.
Die Synonymen f. ©. 189. 192. 1184,
Anm. Fiſchart (Bargantua S. 462.870) fagt: alles das Wafler Luff...
entloffen.
Ab—, au— (S. 38), auf—, ans—, be— (S. 709), bei—,
daber —, dahin —, davon —, durch —, ein—, empor —, ent— (5.32),
entgegen —, er—, fort—, heim —, her—, berab—, herau —, her⸗
auf—, beraus—, berbei—, herein —, hernieder—, berüber—,
herum —, herunter —, hervor —, herzu —, hin —, hinab - , hinan —,
hinauf—, hinaus —, hindurch —, Hinein—, hinüber—, bin-
unter, hinweg —, binzu—, mit—, nach—, nieder —, über—,
um—, umber—, unter—, ver—, vor—, voran —, voraus —
vorbei —, vorüber—, weg —, wider —, zer—, zu—, zurüd—,
— zuvor—, zuwiderlaufen find au fi klar. —
ewöhnlih laufen die Pferde mit einbrechender Nacht erft ab.
Goͤthe, röm. Sameval. Bald läuft das Fädchen vom vollen Roden
ab. Voß, die Spinnerin. Deine Uhr ift abgelaufen Schiller,
Zell 4, 3. Alles womit man ehedem die Cinwürfe der Ungläubigen
und Abgötter ablanfen laflen (abwies). Leſſing. Um zu ſehen wie
die Sachen abliefen. Göthe, Benvenuto &ellini 1, 8 (Wenn
man) jüngern von der Natur mehr begünftigten den Rang abzu—⸗
laufen ſuche. Göthe, Leben 4 B. Der Jahrgang dieſer Zeitfchrift
läuft (fängt) erit vom elften Jänner an. Ungenannter bei Campe,
Balduin mit vielem Volf kommt feuchend angelanfen. Alginger,
Doolin 5, 60. Und einmal doch in diefem fcheuen Haufen auf einen
Löwen anzulaufen. Schiller, Aneis 4, W. Im Abwiſchen der
Zenfteriheiben, die von ihrem warmen Atbem angelaufen waren.
J. Paul, Siebenfäs 9. Damit Schlägereien und mit den Schmerzen
auch die Schmerzengelder anliefen (größer würden). Daſ. 3.
wildes grimmes Thier läuft alle Menſchen an. Opitz. Was... fich
Bullins an Hörnern endlih abgelaufen, das läuft fein Weib ihm
wieder au. Bürger. Es mögen immer einige hundert Pulcinelle und
gegen bundert Quacqueri im Corſo anfs und niederlaufen.
175 -
1186
Böthe, röm. Carneval. Hochroth im aufgelaufenen Geſicht. Tieck
wuchs und lief auf wie ein teig in der multer. Fiſchart, Garganma
2347 b. Die auflaufende Saat im Herbſt Brockes 7, 465.
Haare nicht aufgelaufen (in die Höhe gewachſen), fondern abge
ſchnitten. Nachricht von einer Hildburgh. Diebsbande 1755 ©. 9.
So Läuft der Lottofhlagihng meiner ungedrudten Manufcrüpte täglich
höher auf. 3. Paul, Zitan?, 1. Spintifiret, wie die mud die wand
auflauf. Fiſchart, Gargantua 211b. Denn das Glockenſpiel tönte,
wenn die Thür nuflief. 3 Paul, Hefperus 1, 244. mit dem ars
ein thor auflaufen (öffnen). Fiſchart, Gargantua 177 b. DE
eine Flotte Solimans bereit von Rhodus ausgelaufen. Schiller,
- Don Karlos 5, 8. Die Ehre ift am Ziele, und vor dem Jiele
läuft man nit aus. Leſſing. Das auslaufende Gehwerk finde
J. Paul, Titan 5. Und es läuft zur Sichel der Schwan aus,
Voß. Die Höhle öffnet ſich in ein Seitenthal, das nach der Sierra
del Guacharo ausläuft: A. v. Humboldt, die Felshöhle von
Guacharo. Die (Borftellungen) dann freilich immer auf Betrug md
Beihämung eines alten verliebten Geden auslaufen mochten.
Böäthe, 2. Aufenthalt in Rom Nobr. Er dreht fid) in einem gewiſſen
Kreiſe herum, bis er ihn ausgelaufen habe. Göthe, Briefw. mit
Schiller 4 43. Eh nod ein Streich gefihah, lief er davon
Shafeipeare, K. Heinrich VI. 1. Thl. 4, 1. So das Meer durde
laufen wir. Göthe, Rinaldo. (So darf ich) die furdtbare Baba,
mit verziehnem Straucheln durchlaufen. Klopfiod, Meffias 1, 17.
Erftaunt durchlief der Blid die edle Meuge. Göthe, Taſſo 2, 1.
Ohne das ſchwarze Regifter meiner Beleidigungen zu durchlaufen.
Duſch. Die Sohlen find noch neu, fie werden bald Durdhgelaufen
fein. Göthe, Belagerung von Mainz. Drei eurer Galeonen jmd
reich beladen plöglih eingelunfen Shaleipenre, Kaufmann von
Benedig 5, 1. (Als er) den Propf (des Weinfäßchen) öffnete und
Wafler einlaufen ließ. Göthe, ital. Reife Alcamo 18. April 1787.
Im Brennofen der Welt laufen beide jchon a ie. J. Paul.
Titan 25. Iſt er doch in alle Welt entläufen! Göthe, Wanderer
und, Pächterin. Ic war fchon einmal meinem Vater entlaufen
Goͤthe, Benvenuto Gellini 1, 2. Indem ich ibr entgegenlief.
Göthe, Leben 10. B. Um den vorausießenden Seelenhirten zu er-
laufen. 3. Paul. Fortlaufen von Einem Manu! Göthe, Gög v.
B. 3. Wäre ihm Juliette nicht durch einen fortlaufenden Gem-
nientar zur Hülfe gefommen. Göthe, Meiſters Wanderj. 1, 6. Und
ich wär bald vor Ungeduld wieder heimgelaufen zum Scyreibepalt.
Stiller, Wullenfteins Lager 6. Wo ich mit den Zimmerleuten um
die Wette über die freiliegenden Balfen und über die Geſimſe des
Gebäudes berlief. Göthe, Leben 9. B. Run bieß er und der
Steuermann hergelaufene Krämer. Göthe, ital. Reife 14. Rai
4187
787. Bor dem herablaufenden Borhang 3. Paul, Titan 47.
daß fie in vollem Selächter berauslaufen mußte. Leifing, Hamb.
Dramaturgie 21. Was für ein artiges Ding ein Mann iſt, wenn ex
ı Bammd und Hofjen berumläuft und feinen Verſtand zu Haufe
ißt! Shafejpenre, viel Lärmen um nichts 5, 1. Indem iym noch
nmer die Thränen an den Baden herunterliefen. Göthe,
Reifters Lehrj. 2, 14. So daß in kurzer Zeit. Diejes Gefchrille den
anzen Corſo hin⸗ und wiederläuft. Göthe, rom, Carneaal. Und
a läuft man hinab im heißen Staube des Mittags. Göthe,
yerrmann und Dorothea 1, 7. As du in der Nacht Gadöchill
inaufliefeft. Shafeipeare, K. Heinrih IV. 1. Thl. 3, 8. Weil
ber gewöhnlich dergleichen geiellige Scherze auf Beripottungen bins
usliefen. Göthe, Leben 6. B. Er konnte nicht hHinauslaufen
nd auf einen Berg eigen. 3. Paul, Siebenfäs 6. Als an der
iarmornen Wand eine Ader, die dunkelfarbig hHindurchlief, auf
nmal hell ward. Göthe, das Mährchen. Dann werd’ id vom
zoden aufftehen und unter den Enkelfhwarm binetnlaufen %
zanl, Siebenfäs4. Da Tief ih friih Hinzu Schiller, Tell 1, 1.
)er oft aus dem Haufe io mitläuft. Voß, Odyffee 15, 450. (Ev)
ıtflohe der Mutter Arm, die ängftlich ihm nachlief. Klopſtock, Meſſtas
‚116. Sebt, er läuft zum Ufer nieder. Göthe, der Zauberlehrling.
Jap mir die Augen überlaufen. Gellert. Ueberſchwemme ihre
jehirne mit Wein, bis ihre Herzensmeinungen überlaufen.
schiller, Fieslo 1, 9. Da kam die Laus und überlief die Lung'
nd Leber ihm. Claudius. Das Land fol gantz, wie mit einem
Zaſſer yberlauffen werden. Luther, Bibelüberf. Amos 8, 8,
s überläuft ihn kalt. Schiller, Gang nad dem Eifenhammer.
nzählig ift der Schmeichler Haufen, die jeden Großen überlaufen.
‚agedorn. Vnd die Weiber legten Sede au, lieffen in den gaffen.
mb. Luther, Bibelüberi. 2. Mad. 3, 19. Ein vmlaufendes
ad. Dai. 1% 6. Der Narren Gedanken laufen vmb, wie die
abe am Wagen. Daſ. Sir. 33, 6. Worin drei Reihen der Zähne
iufig und dicht uml aufen. Voß. Irrend Tief ih umher. Göthe,
ꝛx neue Panſias. Dei deren Schätzung ſehr viel Vorurtheil mit
nterlaufe. Göthe, Leben 1. B. Er unterlief des Zaubers Stoß.
oltau. Und ſchwarzgelb unterlief die ſchöne Hant. Bürger.
nd er (Gott) ſchalt das tiefe Schilfmeer, Da wart es truden vnd
erlief. H. Sachs. Da überfiel den Hof ein Trupp verlaufnen
jefindels. Göthe, Hermann und Dorother 6, 108. Nad) Verlauf
er fechften Stunde, vier. find ſchon davon verloffen. Wieland,
‚heron 3, 26. Zum Glück war die Wunde des Baums noch heil-
ar, umd die Narbe verlief in wenigen Sommern. Mufäns Er
:rlief den ganzen Zag. 3. Baul, Heſperus 22. Nach einigen
agen verlief fid das Waſſer. Göthe, Benvenuto Eellini 1, 11.
Ta *
1188
Er ruderte nach Vermoͤgen einer flachen buſchigen Stelle zu, Die ſich
angenebin und gelegen in den Fluß verlief. Göthe, Wahlv. 2, 10.
Daß er fi immer in allgemeine und weltbürgerliche Betrachtungen
verlief. 3. Paul, Zitan 40. Lug’, Seppi, ob das Vieh ſich nick
verlaufen. Schiller, Tel 1, 1. Es bat die Sache fidy nicht atie
längft verloffen (zugetragen). Opitz. Der an Zapferfeit um
Lebensflugheit allen andern vorgelaufen if. Goͤthe, Weiters
Lehrj. 5, 4 Ich möchte willen, was im Parlamente voraelaufen
Cvorgefommen) if. Weile. Er läßt weislih den :Budel voran erk
ante n. Schiller, WBallenfteins Lager 7. Ich fürdhte, Sie werden
mir jo vorauslaufen, daß ih Sie nicht einbolen Fan. Göthe,
Briefw. mit Schiller 2, 3. Da lief ih an ein fließend Waſſer. das
Wafler lief an mie vorbei. Göthe, Rettung Wenn vor mir die
Yahrzeiten des Lebens am Ufer vorüberlaufen % Baul, Tier
47. Raſch dann lief ih vorüber dem fertigen Läufer YRllse.
Voß, Ilias 23, 636. Sicherlich, mein Gewiſſen läßt mir’s zu, vom
diefem Yuden, meinem Herrn wernzulaufen. Shaleſpeare, Kaufmamı
von Venedig 2, 2. Daß man weglauffet Fiſchatt, Gargazims
S. 391. Bor weldhen das Leben noch nicht in einem Brei der Ber
weſung zerlief. 3%. Paul, Zitan 53. Sie kam vor Angft am heilen
Tag der Kühe zugelaufen. Göthe, Fauſt 1, 106. Da eilte a
weg und Lief auf jenes entfernte Paar zu. Göthe, Meifters Lehrj.
7, 1. Lange Schattenfteppen Tiefen zurüd vor heranfliehendem
gelben Sonnenlicht. 3. Paul, Heiverns 13 Mäuſe laufen ı
jammen auf ofinem Markte. Göthe, Beiffagungen des Bafıs 9
Auch ein Kriegsheer läuft noch wohl dem Kaiſer zufammen, wet
die Trommel wird geichlagen. Schiller, Piccolomini2, 7. Ihm find beide
zwei zufammenlaufende Rennbahnen J. Paul, Heipenus 18
Daß fie auch im Railonnement uns mandmal zuvorläuft. Götke,
der Sammler und die Seinigen 7. Br. Ingleich die Sequeflratien
dem... mit Dazwifchenfunft des Reichs zu Augsburg errichteten
Bergleih zuwiderläuft. Schiller, 305. Krieg fortgei. v. WBoltmanz,
münfter. Friedensichluß Art. 5, 8.
Die Barticipien geilatten noch andere Zuſamm⸗nſetzungen, z. ®. 3m
fhrägablaufende Balken. Pyiter, Rudolph 4. Stets folgeten wir hard
weitauslaufendes Blachfeld. Voß, Ilias 11, 753. Silbern glänzen We
Naben in fhönumlaufender Ründung. Daj. 5, 726.
Läufeln und läufern — laufen oder auslaufen machen; an-
länfern — die Lodvögel auf den Bogelherden an kleine Riemen
legen, damit fie berumlaufen können. — Laufel 1, eine Laufdebze,
und in weiterer Bedeutung überhaupt eine Schlinge, Vögel darin zu
fangen; 2, (Jägerſprache) die Spur der Hühner im Grufe und des
Viehes um die Wälder.
Läufer (abd. hlaufäri, hloufo, mhd. loufsre, loufe) etmat
1189
sine Perſon, in vielen Fällen and) eine Sache) dus läuft: Ab—,
uf, Aus—, Bei—, Mit—, Nach—, Ueber—, Um-—,
‚nter—, Ber -, Bor— (8. 1019), Zwiihenläufer u.a. —
8 von Läufern, Springern und andern Beftien das ewige:
Schach dem König! zu hören. Göthe, Götz v. B. 2. Raſch dann
ef ich vorüber dem fertigen Läufer Ifiklos. Voß, Ilias 23, 636.
toch find viele Menfchen der niedern Claſſe bei Handelsleuten und
>andwerfern als Beiläufer und Handlanger beichäftigt. Göthe,
tal. Reife Neapel 38. Mui 1787. Der das zeriplitterte Kugelge-
änje... duch die Mitläufer ug. J Baul, Siebenläs 7.
Ber Das heil’ge Band der Ehe flieht, o König, der verläugnet Teint
vie ein Meberläufer, Väter und Religion. Herder, Eid 13. D'
Sandianger und d' Unterläuffel (uUnterhändler) verzeihen nicht fo
eicht, . wie die höhere Vorgeſetzten. Eipeldauer Briefe. (Es) er-
chienen doch ſchon diefen Winter flüchtige Vorläufer unferer audge-
riebenen weftlihen Nachbarn. Göthe, Campagne in Frankreich
Münster Robr. AS Zwiihenläufer zwiichen dem Schriftfteller und
»em Bublicum muß man fie wirklich fehr in Ehren halten. Schiller,
Briefw. mit Göthe 4, 109. — (AIch will nicht) dich, gemeiner,
zleiche Botenläufer von Mann zu Mann. Shafefpeare, Kauf—
nann von Venedig 3, 2. Weil fie (die Holländer) die beften Eis—
aufer fd. 3.9. Sturz, Klopftod. Geftern machte ich Sie mit
siner thörihten Kandläuferin befannt. Göthe, Meifters Wander].
1,6. Einem Lebensläufer fchläat er’ ab. Hippel. Ein muflfa-
iſcher Mepläufer Göthe, Leben 12.8. Der Straßenläufer!
Schiller, Wallenſteins Lager 9. Aus den Augen! fagte der funfelnde
Sturmlänfer J. Baul, Titan 15.
LZauf (ahd. hlouf, hlouft, mhd. louf, louft, altj. hlop, altn.
hlaup) 1, die Handlung, da ein Menfch oder Thier, auch ein leb-
loſes Ding läuft; 2, (uneig.) das Kortrüden der Zelt Gier das
altertgümliche plurale Läufte); 3, Begattung und Zeit det Begat-
tung mancher Thiere; 4, die Gliedmaßen, welche einem Thiere zum
Raufen dienen, oder auch ein Theil derfelben (S. 638); 5, dasjenige,
worauf oder worin ein Ding läuft: Ab—, An—, Auf— (6. 771),
Aud—, Be—, Durd—, Ein—, Fort—, Gegen—, Nach—,
Ueber—, Um—, Unter—, Ber—, Bor—, Zu—, Zurück—,
Zufammenlauf u.a. — Melodien, Gänge und Läufe ohne Worte
und Sinn. Göthe, Meifterd Lehrj. 2, 11. Nur Pan ift fo ſtark im
Zrillern und Läufen. Matthiffon, Faunenlied, Und der Ritter im
ichnellen Lauf fteigt hinab im den furchtbarn Zwinger. Schiller, der
Handſchuh. Wegen damaliger trübjeliger Läufte. Gryphius. Wenn
der Laufft (Begattung) der fritelinge Herde war. Luther, Bibelüberf,
1. Mof. 30, 41. Wenn die Zeit des Laufs fam. Daf. 31, 20.
(Sie haben) des Waffenftileftandes Ablauf faum erwarten fönnen.
1190
Leifing, Nathan d. W. 2, 1. Stellt’ er fie (die Milch) ein gedrängt in gefloch⸗
tene Körbe zum Ablauf. Voß, Odyſſee 9, 247. Wegen der Plakregen
müſſen Gräben und Abläufte gemacht werden. Hohberg. Den verichiei:
fenen Brief hab ich darumb fo abläuftig aeftellt, obs €. ©. gefiel
denfelbigen laſſen lejen oder auch wegichiden, daß die drei Fürften meine
Meinung merken follten. Luther. Nur mit Ihnen mollt’ ich leben,
meine Jugend nugen, genießen, und io das Alter im treuen vedlichen
Anlauf. Göthe, Meifters Wanderj. 1, 9. Einem erften Aulanf
und einer Streiferei wird man allenfalls widerftehen können. Goͤthe,
Briefw. Schiller 2, 147. Die Geiftlihen und Studiofi ſollen fi
bey ereignenden Vacantzen des Anlaufs (des Suppficierene is
Berfon) enthalten. Bayreuth. Verordn. v. 1738. Jetzo gebiet’ im
Sturmanlauf des Kampfes Entiheidung! Pyrker, Zuniflas 12%.
Was für.ein Auflauf im Palafte? Schiller, Don Karlos 4, 18
Sintemalen er der Speis nur genoß, den widerfpennigen Auflauf
des Magens zu ftillen. Fiſchart, Gargantua 184 a. in fewerdudten
. oder andern aufläuften. Kichhof. Bereits ift niedergezogen Das Schifl,
und Ruderer fertig zum Auslauf. Voß, Odvffee 8, 151. Mir ürmten
die Roſſe vorbei im geflügelten Fortlauf. Voß, Ilias 11, 615. So vie
im Segenlauf.... er (der Wind Die Regengewölfe verſcheuchet. Byrfer,
Zunifias 10. Der Neujabrstag ward zu jener Zeit durch den allgemeinen
Umlauf von perfönlihen Glückwünſchungen für die Stadt jehr belebend.
Götbe, Leben 3. B. So habe man nun auch dieſe falſchen (Aſſig⸗
nate) in Umlauf gezwungen. Göthe, Campagne in Franfreih 13.
Octbr. Web euch, ſeh ih mit Mondsumlauf nicht Die game
Berfammlung. Sonnenberg. Wir begleiten mit dem Wohlflang der
Gefänge Fröhlich in Berlauf der Zeiten diefen einzig ſchönen Tag
Göthe, Idylle. An eine folhe Flut, nach deren Berlauf die Ei
oberflähe ihre jeßige Geftalt erhielt. ©. H. v. Schubert, Aildanz
der Erdoberflähe. Du pflegeft zu durchfehen der großen Welt Ber
lauf. Opig. So fei von dem ganzen Reifeverlauf nur da
Allgemeinfte bier angedeutet. Göthe, Tags und Jahreshefte 1797.
Was nah dem Borlauf ausanefeltert wurde. J. Baul, SHeiperns
18. Ich hatte noch eben Zeit, den berrlihen Vorlauf (vorläufige
Antwort) zu foften... Gott gebe, daß mir der Nachlauf zu feine
Zeit auch fo ſchmecken mag. Leffing, Antigöze 2. Der Zulauf wm
Das Gedränge war außerordentlih. Göthe, Leben 5. B. Weil in
eine kleine Weltkugel bei der Zentripedalkraft anfaßte und ihn aus
feinem Zu rücklaufe brachte. 3 Paul, Hefperus 77. — Des R
der Kloſtermey'r von Mörliſchachen, der hier den Brautlauf!
1) D. 1. Vermählungsfet, ahd. p(b)räthlouft, mb. brütlouf, altu. brütsep
a —— ae fchnellen Davonlaufen mit der Braut wie einer Gutführte.
adernagel.
19
‚alt. Schiller, Tel4,3. Da in meinem vorhergeheuden zebujährigen
Thriſtenlauf diefe nothwendige Kraft in meiner Seele war. Göthe,
Meifters Lehrj. 6. Sein (des Winters) Eislauf ergögt uns nur.
Angenannter bei Campe. Bejchränft, wie du (Hain), iſt auch mein
Srdenlauf! Satis, an ein Thal. Der Flügellauf des Roſſes.
Bragur. Nach diejer Jahrhunderte Kreislauf. Klopſtock, Meſſias
I, 454 Seine gewöhnlide Lebensläufe Göthe, Meifters
Banderj. 2, 12. Ihr himmliſcher Gefang begrüßet der Sohn nad)
apftem Pilgerlauf. Uyland, der Pilger. Die verborgnen Gefab-
en des Querlanfs. Sonnenberg. Ihren ganzen vorigen Re—
jentenlauf zu läftern! Schiller, Don Karlos 5, 10. Da durchbrachen
Kon im vollen Roſſeslauf daher geiprengt, die Pappenheimer den
Gerhack. Schiller, Wullenfteins Tod 4, 10. Der Schweden Sie-
zeslauf (war) gehemmt. Schiller, Piccolomini 2, 7. Das aber ift
zeicheben wider Sternenlauf und Schidfal. Schiller, Wallenfteins
Tod 3, 9. Und Fels nnd Meer wird fortgerifien in ewig ichnellem
Sphärenlauf. Göthe, Yauft Prolog, Mit der britannijchen ſah
ch im Streitlauf Deutſchlauds Muſe. Klopftod, die beiden Mujen.
3m Sturmlauf ging’s an den Wall. Pyrker, Tuniſias 9. Eh’ die
Sonne zweimal in ihrem Tageslauf begrüßt die untern Erdbewohner.
Shafejpeare, Maß für Maß 4,3. (Sie) folgen thranend feinem (des
Cozytus) Trauerlauf. Schiller, Gruppe aus. dem Tartarus. Im
Wechſellauf der Zeit. Shafeipeare, 3. Eälar 3, 1. O du des
Meltlaufs ſüße Vergeſſenheit. Salis, die Entzogenheit. Still
mwundelte von Thefpis Wagen die Borfihk in den Weltenlanf.
Schiller, die Künftler. Der Roſſe Wettlauf. Schiller, Braut v.
M. Durd) nie zu berechnenden Zeitlanf. Platen, die verhängniß-
oolle Gabel 3. Ihn ſchenkte der Nothdurft dieſes Zeitenlaufes
Gott, Schiller, Don Karlos 5, 10. — Wenn jonft im Keller Faß
an Faß fi häufte, der beften Berg’. und Jahresläufte. Göthe,
Fauſt 2, 14. Die gegenwärtigen Kriegsläufte. Göthe, Kampagne
in Frankreich 233. Aug. In jenen Schredensläuften Göthe,
Fauſt 2, 16.
Die Epnonymen von Lauf 4 f. ©. 638.
Länfig 1, laufend; 2, geläufig; 3, den Zrieb der Begattung
empfindend und äußernd: bei—, ge—, vor—, mweitläufig
(S. 508); läuftig; lauflich ift veraltet. — Unter den Prieſtern
alfo war die Buchflabenichrift eine läufige und lange vor-
erfundene Sache. Herder. Eine dDoppelläufig Zlintee Müller.
Beiläufig! iſt's denn nöthig, daß ich eine Schupfchrift ausarbeite
für Emanuel? 3. Baul, Hefperus 8. Es ift dem Menfchen leichter
und geläufiger, zu fchmeichelu als p loben. J. Paul, Titan 84.
Der mit der gewöhnlichen Geläufigkeit ſeiner Zunge alles, was
da war, und mehr als da war, hererzaͤhlte. Göthe, Meiſters Lehrj.
119%
2, 4. Ich wortfpiele mit t vorläufig und Borlauf. Leffing, Anti
göge 2. Die (Menfhwerdung ) da weitleufftig eıfläret wi.
Dpitz. Eines neuen Stalles WBeitläufigfeit, Größe uud Pracht
zeugten von dem übrigen Wohlbehagen des Befigers. Göthe, Leben
10. B. Bergläuftiger Weile. Lori, Berger. Gartleuffig
Fiſchart, Gargantua ©. 118. Als in der Stadt lauflich amd ge
bränchlich ift. Lori, Drünzrecht 1, 34.
Mit beiläufig (annähernd zu dem, was man meint, aber dody gleich⸗
fam im Neußern deeſelben ſich bewegend; gelegentli) find Kunverwartt: ne
benbei (mhd. nöben bi, nöbent bi) zunächſt in unmittelbarer Seitennähr
wovon; dann allgemein außer und za bem, was als Hauptſache ungefchen
wird; um (f. ©. 851). bezeichnet eine Nähe an einem beitinmten Zeityunt,
aud deu genauen Zeitvunkt in der Angabe; ungefähr (f. ©. 1096) zur fe
hin ohne genane Beſtimmung. — An dem Eßſaal nebenbei verſteckt Ir Me.
Schiller, Wallenſteins Tod 5, 1. Oft hab' ih um Mitternacht mich vor das
Bild der Gochgebenebeiten geworfen. Schiller, Don Rarlos 1, . Ge ei
als ungefähr mein Daum. Weiße
Zaufbanf, —bohne, —brett, —brif, —brüde, — bube,
—burſche, — diſtel, — dohne, —efpe, —faden, — feuer, —fuß, —aeß,
—geräft, —graben, —hund, —jugen, — junge, — kaͤfer, — kameel,
—farren, —klaue, —kraut, —kugel, —latte, —leiter, —magd,
—mahl, — maſche, — paß, —pfanne, —planfe, platz, —quede,
—rad, —füge, —ſänger, —ſchicht, —Ichießen, — ſchwied,
ſchneider —jehreiber, —ihub, — ſchuhe, —iviel, —Rag, Neg
— tanz, —tuch, —wagen, —werk, —zaum, — Azeit,
—ziel, —zirkel u. a.; Ablaufbank —rinne, —röhre; Anlauftolben,
—rad, —ſtab; Umlaufſchreiben, —zeit; ——5 — fall,
—fuß, —plaß, —vogel, —zeug, —zug. — Seit Jahren ermägt fein
Geiſt die gefährlihe Lauf bahn. Platen, com. Dedipus 1. Se
entdeckte einen Schieferdeder im Laufbande feines Luftbänthens
J. Baul. Diefer im Himmel und an fo wenig Hanffafern hangende
Laufftubl (des Schieferdederd) machte ihr bange. J. Baul. Ar
beitäfinger, Läuferfüße, Schweißtropfen. J. Paul.
Yum. Das franz. galop, galoper (Galopp, galoppieren) ſtammt von kauf
fen laufen. Ahd. Fommt vor 8(k)a(e)hioufan, mb. walap, walopieren m)»
galopieren,
NHufen.
(Burzel hruf.)
Aufe, vief (rufte, befonders bei Klopitod), gerufen, F
(ahd. hruofu, hriaf, hriafumèês, hruofaner, hruofan, auch ſchon
ohne h; mhd. ruofe, rief, riefen, geruofen, ruofen: goth. hröpjas,
altj. hröpan, agl. hrepan, hreöpan, alt. hröpa, ſchwed. ropa, ſin
1193
raawan; vgl. lat. crepare — fnarren) 1, flarf austönende Stimm-
äußerung hören laflen; 2, rufend fagen; 3, rufend, mit lauter Stimme
anzeigen, befaunt machen; 4, mit lauter Stimme einem Andern ein
Zeichen geben, daß er ſich nähere, auch uneigentlih: die Glode, die
Pflicht, Die Ehre ruft. — Da rief der Bayern wohlverdienter Fürft
um jchnelle Hülf’ in jeiner höchften Roth. Schiller, Piccolomini 2, 7.
Er rufte mit lecdhzender Zunge: Mich dürftet! Klopftod, Meſſias
10, 1048. Es ift die Glode, die dih gen Himmel oder zur Höfle
ruft. Herder. (Er) rief aus feiner Harfe göttliche Töne. Klopitod.
Das finnverwandte freien f. ©. 876.
Anm. Schon mhy. findet fi ein ſchwaches Bräter. ruofte von rüefen, was
oth. ſchwach hröpjan ift. Fiſchart (Gargantua S. 161) fagt im 16. Jahrh:
Die andern rufften. Opitz (im 17. Jahrh.) gebraucht faſt durchgängig die ſchwache
Form: nerufft, zugerufft, bernfften. Der fpätere Hoffmannsweldan fagı:
er vuffte, du wirft gerufft.
Ab—, abbe—, an—, auf—, aud—, be— (©. 878), bei—,
durch —, ein —, einbe—, empor— ent—, entgegen—, er—,
fort — ber—, herab —, heran —, berauf—, heraus —, berbei—,
herbeibe —, herein —, herüber —, herunter —, hervor —, herzu—,
bin—, hinab —, hinan —, hinauf —, hinaus — hindurch—, hiu⸗
ein —, hinüber —, hinunter —, hinweg —, hinzu —, mit—, nach —,
über— , ver— , vor—, voran —, voraus— , vorbeii— , vor-
über—, weg—, wider—, zu—, zurüd—, zurüdbe—, zu-
fammen -, zufammenberufen bedürfen feiner weiteren Erklärung. —
Weil jeßt eben im Dorf mit dem Horne der Wächter zwölf abruft.
Voß, Luije 3. b. 665. Die Dame flieg aus und vernahm, ihr Ge-
mahl ſei vor einigen Stunden abgerufen worden. Göthe, Meifters
Wanderj. 8, 10. Rieft ihr mich ab, wenn ich hinter den Scheiben
fand nud ion erwartete? Götbe, Egmont 1. Doch es geflel der
Borfehung, mid) vor der Zeit von meiner jchönen Pflanzung abzu-
ruten. Schiller, Don Karlos 4, 21. Deu (Nachtwandler) man
nicht anrufen darf. Göthe, Leben 9. B. Das aöttlihe Oberhaupt...
ward auch zu Lenkung weltlicyer Angelegenheiten angerufen. Dai.
14.8. Ein Winzer, der am Zode lag, rief feine Kinder an (herbei)
und fprad. Bürger Eben jet ruft der Nachtwächter zwei an.
Schiller. Der Ritter ruft zu Slandrinen auf. Alginger, Doolin 3,
9. Ihr schweigt, bis man Euh aufruft Schiller, Tel 3, 3.
Mit Eutzüdung fteht fie nen Himmel und Ddanfet Dem, der vom
Zode fie aufrief. Klopftod, Meiftas 11, 391. Eo wur denn feine
Hülfe, feine Kunft vermögend fie ins Leben aufzurufeu? Göthe,
Eugenie 3, 4. Ale Gutgefinnten ruft es auf, fid) unter meiner
Führung zu verfammeln. Schiller, Wallenfteins Tod 2, 6. Tönend
ruften jie (die Herolde) aus, und flugs war die Menge verjammelt.
Voß, Odyſſee 2, 8 Warum nım dieſe? rief ich trauemd aus,
Stiller, Don Karles 1, 2. Der Herold ruft eine allgemeine Stille
1194
ans Wieland. Die Stuart aus dem Kerfer mit Gewalt zu reifen
und zur Königin auszurufen. Schiller, Maria Stuart 4, 7. WM
er zu den Frauen in's Verſammlungszimmer kam, beriefen (tadeiten)
fie ihn einſtimmig, daß nichts (von jeiner Kleidung) recht fibe. Görhe,
Meijters Lehrj. 5, 11. Daß er nicht unterlaffen konnte, jeine Freunde
deßhalb zu berufen. Göthe, Meifters Wanderj. 3, 3. Ich beruft
mid auf meine Eliſabeth. Schiller, Maris Stuart 4, 6. Sie liebars
Land, find fonft auch wohl berufen Schiller, Zell 2, 2 Deb
lernte ich vieles und ganz andre Sachen, als meine unberufener
Zehrmeifter glaubten, in Ddiefen großen Stunden. Göthe, Meiſter
Lebrj. 6. Er durchrief das ganze Hand, es erfolgte weder Stimm
noch Antwort. Meißner. Kaum in's Leben eingerufen. Göͤthe,
auf, 2, 241. Ruft die beiten unter euch empor. Platen, rom
Dedipus 3. Plöglih entrief ihn fern zur Stadt em Geihäft
Voß, Luife 3. a, 277. Wozu entrief dem öden Nichts ums Get
zum Lebenshauch des Lichts? Voß, Freude vor Gott. Bergeben Si!
rief fie ibm entgegen. Göthe, Meifters Lehrj. 4, 15. Sole
nicht möglich fein, den Alten wieder zu errufen? Göthe, das
Mähren. Jetzt aber ruft das Gefhid mich fort, Das auf em
Schlachtfeld noch richtend fißt und jeine Looſe ichättelt. Sehäller,
Sungfrau v. ©. 3, 6. Man hat uns über's Oſtmeer bergerufen
Schiller, Wulleniteind Tod 1, 5. Was aud der Obermacht gemalt:
gen Schluß auf dich herabgerufen. Göthe, Eugenie 4, 2. Di
Hoffnung einer glüdlicheren Zukunft hberanzurufen. Göthe, Leben
10. B. Warum rufen Sie den Scatten Samuel beruuft
Schiller, Don Karlos 5, 10. Kurz darauf wurde die Mutter ber
ausgerufen. Göthe, Leben 3. B. (Wir) dringen in die Kutter,
ihn (den Buter) Herbeizurufen. Dal. Wen darfit Du nicht her-
beiberujen? Götbe, Fauſt 2, 9. Wenn Blutihuld kam, fo vier
man ihn (den Richter) herein. Schiller, Tel 2, 2.
ward der Strom herübergerufen. Klopftod, Meſſias 1, 2309.
Ich rufe die Verwünſchungen zurüd, die ich im blinden WBahafıım
der Verzweiflung auf dein geliebte8 Haupt herunterrief. Schiler,
Braut v. M. Eines Abende, als ich mir eben mancherlei Bilder
wieder hervorgerufen. Göthe, Leben 15.8. Da kam ein Knabe ger
laufen an mein väterlich Haus, rief mich zum Strande hinab.
Göthe, Alexis und Dora. Er rief nod, fterbend, hinauf zu dem
König. Pyrker, Machabäer 3. So rief mic, ritterlicher Trieb binans.
Söthe, Eugenie 4, 2. Aber der Kaifer rief nah Doria felber bir
über. Pyrker, Zunifias 5. (Der Seele) ruf ih nah in furdt-
barem Sturm, mit donnernder Stimme. Klopftod, Meſſias 2, 554.
Ohne den Fürften neidenden überrufenden Rathſchluß wurd Bars
Geipiele Caͤcina. Klopftod, Herrmann. Strenge verruft fie du
Haus. Göthe, röm. Elegien 19. Jene berufene und verrufent
1195
Literaturepoche. Göthe, Leben 12. B. - Bis mid, zuleht dein Sohn
Telemadyos aus dem Gemache vorrief. Voß, Odyſſee 23, 43
Widerrufen kann der König nie. Schiller, Don Karlos 4, 3.
Indem fie ihm glei ein munteres Wort zurief, Göthe, Meifters
Lehrj. 2, 4: ir laffen ihn in dieſem Wahn dahingehn, rufen ihn
nicht gleih zurüd? Schiller, Piccolomini 1, 5. Ich kann mir Die
bebänderten Buben und Mädchen und ihre Bewegungen noch jept
zurüdrufen Göthe, Leben 3. B.+ Acht höllenlange Monde find:
es jchon, daß von der hohen Schule mid, der König zurüdberief.
Schiller, Don Karlos 1, 2. Die Hirten will ih zuſammenrufen
im Gebirg. Schiller, Zell 1,4. Der die Gäfte zufammenberuft.
Göthe, Meiſters Lehrj. 6. |
Anm. In Parricipialgufammenfegun, fagt Meißner: Palmirens weltbes
enfene Ruinen.
Aufer: Ab—, An— , Aus—, Berufer; Rufung (abd. ar Eau),
An—, Aus—, Berufung; Gerufe; wider—, unwiderrnflih; Auf
(goth. hröpi, hröpei, ahd. hröft, hröf, mhd. ruoft, ruof, altſ. hrof,
rof): Ab—, An—, Auf, Aus —, Be—, Bider—, Zuruf u. a.
— Ich Rufer rufe die Klage gegen den Miffethäter. Göthe, Götz
v. B. 5. Der Rufer im Streit Menelaos. Voß, Odyſſee 3, 311.
Bis dereinfteng zu dem Alles enträthielnden Tag die Ruferin herſchallt.
Sonnenberg. Darumb heißt er noch heutes tags des anrüfers brun,
der im Kinbaden ward. Luther, Bibelüber. Richt. 15, 9. Gericht,
vor defien Ausfpruche feine Anrufung ftattfindet. Gotter. Thut ein
A usrufer einen fohiefen Ausruf. Klopitod, Gelehrtenrepublif. Umarm'
ich ihn den Freiheitsrufer? Boß. Der Himmelrtufer... des Un
fterblichen Harfe, die Himmelsruferin Klopftod, Meſſias 12, 207.
650. Er ſetzte fi) ans Inſtrument und donnerte mit einem Preftiffimo von
Haydn, diefem rechten Stundenrufer jauchzender Stunden. J. Paul.
Dumpf und feierlich ſcholl's, wie der Todtenruferin Hall. Sonnenberg.
— Die Abrufung der Seele von aller Sinnlichkeit. Zimmermann.
Meine Anrufung if gut und ehrlich. Shafeipeare, Romeo und
Julie 2, 1. Kaum war er .allein, fo mußte er fich in folgenden
Ausrufungen Luft machen. Göthe, Meifters Lehrj. 1, 44. Bon
Eurer Herberufung. Shakeſpeare, Hamlet 1, 2, NRüdbern-
funa der verbannten Freunde. Shafefpeare, Macheth 5, 7. Die
wahre Abfiht der Zufammenberufung. Klopſfſtock, Gelehrtenre-
publif. Dieb Gerufe und Sefchelte. Dal. — Unwiderruflid,
Zreundin, bleibt mein Glück. Göthe, Eugenie 2, 5. — Magdale
unterbrach den Gefang duch Rufe der Freude. Klopſtock, DReifas,
Beruf zu fchwerem Kampf iſt Ruf zu größerm Sieg. Tiedge,
Urania 6. Der Geſandte ſoll ſeinen Abruf ſchon erhalten haben.
Campe. Was des Todes furchtbarn Abruf ihm in Himmelsgeſang...
wird wandeln. Klopftod, Meifias 17, 442. Wo deiner Xieb’ An-
1196
——
ruf Petrarka janft der empfindenden Laura vorfang. Bob, Klopfted.
Dod) nun in dem Anruf inniger Rührung feid mir gegrüßt. Voß, OD. 13,
355. Seinen Anruf (Appellation) einreichen. Campe. Deinem Aufruf
wegen Forſters will ich gerne gehorcdhen. Göthe, ital. Reife Gandalfe
12. Det. 1787. (Sie) erwarten voll Kriegesluft den Aufruf zum
Gefechte. Schiller, Wallenſteins Tod 3, 7. Seht mit fürchterfichem
Aufruf griff der Eid an feinen Bart. Herder, Eid 57. Rab
ſolchen und äbnlihen Ausrufen fam es endlich unter beiden zur
Aufklärung. Göthe, Meiſters Wander. 2, 3.. (Jetzt) nahm ber
Bater fein Glas und gebot in fräftigem Ausruf: Angellingt! Beh,
Luiſe 1,631. 1. Ihr, der Latona Sohn, preifet mein Angftausruf.
Colin. Wie wenn hell auftönet der Kriegsaufrnf der Dronmei.
Doß. Bald aber erhub ſich Wonnaus ruf voll froben Erſchreckens.
Klopſtock, Meſſtas. Wuthaus ruf der Gerichteten. Klopftod, Meſfias
12, 147. Lodernden Flammen gleich ergriff die Herzen des Kaiſers
Zornausruf. Pyrker, Tuniſitas 8 Kommt unden zu dem
edelften Beruf, Göthe, Rinaldo. Sie kamen in ein grofien Beruff
(Ruf) bey jedermann. Aventinus, Chronif 1580. Bl. 341. Daß
Geniusberuf Sprünge über Riefenklüfte macht. Benzel- Sternam.
Sohann II.... trug feine jener Eigenfchaften an fih, Die eimen
Herriherberuf beurkunden. Platen, Geſchichten des Königreichs
Neapel 1, 4. Unter dem Nachruf jauchzender Engel und Seelen
betrat er den freieren Luftfreis. Klopftod, Meſſias 1, 710. Lieb
Hohenblatt ein Wort von Wiederruf entfallen? Wieland, Oberon
1, 63. Sie haben den Zuruf am Schluſſe meines vorigen Briefed
recht ſchön und freundlich erwidert. Göthe, der Sammler und Die
Seinen 4. Br. Der Drommetenden Kriegszuruf. Klopftod, Meſ⸗
fias 2, 640. — Mit Eläglidem Angſtruf. Pyrker, Zunifias 10.
Des Klofterd Averuf verhallt von fern. Redwitz, Amaranth. Don-
nergleich ericholl des Volles Beifallsruf. Uhland, H. Emft 2
Sie ſchrie Fa Jehova den Dankruf jaucdzend empor. Pyrler,
Machabäer 3. Neunmal umfreifte der Donnerruf den unendlichen
Raum dort. Pyrfer, Zunifias 2. Und. näher fchmettert ein
Sanfarenruf. Redwitz, Amaranth. Wohlkundig des Feldrufs.
Voß, Ilias 4, 328. Der Freudenruf entzückter Wanderer grußt
dich. Salis, an ein Thal. Ein Freud- und Segensruf erſchel
die ganze Tafel her. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 1. Wie ein
läffiger Diener, der lieber fühllos fchnacchen, als feinem Hem
auf den Krühruf zur weiter Reife ins paradiefiiche Gefilde folgen
möchte. Wenzel» Stemau. Und Frühlingsruf ertönte durch die
Wipfel. Uhland, an Kerner. Als er des Geiſterrufs eryegende Laute
vernommen. Pyrker, Zunifins 6. Lnerfchüttert Rand Fredal... ver
Grabesrachen und Geipenfterruf. Benzel⸗Sternau. Sie) ver
Läffet ihr nächtlich Lager vor dem Hahnenruf. Schiller, YJungfras
1197
— —
v. O. Prolog 2. (Es) ertönte der mächtige Heerruf. Pyrker,
Tuniſtas 3. Laut heiſchten fie denn mit Heroldsruf. Platen, die
verhaͤngnißvolle Gabel 5. Und unſer Ohr dem Höllenrufe ſchließen.
@ollin. Hell jchmettert durch den Morgen der Hörnerruf zum
Reiten. Redewig, Amnrantb. Und immer lauter erhob fi der
Jagdruf. Benzel-Sternau. Im Hades, noch wird mich der- Mutter
Fammerruf verfolgen. Collin. Glodenklang und Jubelruf erhallet
weit. Uhland, Ludwig d.B.2. Die Jagdlodung wurde zum Kampfruf.
Benzel - Sternau. Mit des zerriffenen Herzens Klageruf wollt
ihr den Himmel flerbend noch bearüßen? Collin. Nur den Kuckucks⸗
ruf veritepend. Uhland, der Jäͤger. (ES) flieg Leberuf in die
Zufr auf. Sonnenberg. (AS) Brüder mit Liebesruf an und die
Armen loden. Eollin. Die (Schlacht) jogleich gehorchte den Macht—
ruf. Baggeſen. Nicht ertöne des Kriegs entfegliher Mordruf.
Pyrker, Tuniſias 7. Bid der Bofaunenruf end dann zu Dauern-
der Wonne wiedererweckt. Daf. 1%. Wie von Orpheus Saitenruf
belebt. Schiller, Entzückung an Laura. Und graunvoll brüllet der
Schlachtruf. Voß. Schwinge dich aus zerriffener Bruft los lindern⸗
der Schmerzensruf. Collin. Auf einen Schredensruf. Shake—
jpeare, Hamlet 1, 1. Bald erichallt Siegsruf. Pyrker, Tunifias
5. Der Gloden Sturmruf fchalle Pyrker, Rudolph 6. Im
Glorie geftellt durch einen unbefledten TZugendruf. Schiller. Das
Lied war zu vergleihen dem Unkenruf in Teichen. Bürger, Lenore.
(Sie) begrüßt mit Bivatruf und Hiündeklatfchen ihren Gemahl.
Göthe, Leben 5. B. (Er) verjalzte ihm den Wachtelruf. J. Paul,
Heſperus 5. Soll mir auch Schlachtgetöſ' und Wehrruf ertönen
neuerdings? Collin. Der feingefinneten Schmeichler Zauberruf.
Pyrker, Rudolph 10.
Mit Beruf (thätiger Lebenszufland, deſſen Uebernahme denfhar, von dem
freien Willen des Menfchen abhängt) it Beflimmung (1. beitimmen ©.
605) finnverwandt, ein dem Menfchen zugetheilter Lebenayuitaund, er mag nun
ein thätiger oder leidentlicher fein. — Eine ſolche Beſtimmung allein ſchien
mir allzu leer und unzulänglich. Göthe, Leben 6.2.
Abrufichreiben, — ſchuß; Abberufungsfchreiben ; Anrufsbrief;
Berufkraut; Berufsarbeit, —gefährte, — geſchäft, — pflicht, —recht,
— fand, —thätig, —treue, —verrichtung, — wand, u.a.; Anrufungs⸗
tarh; Ausrufungsgebühr, wort, — zeichen, Ausruferamt, —ger
bühr. — Der Hof erließ ein Abrufichreiben an feinen Gefandten.
Campe. Die Stände, die Berufsbeftimmungen. Göthe, Wahlv.
1, 4. Der (See) ja ohnehin ihres berufsmäßigen Elements
Stiefbruder ift. Benzel-Sternau. Das Anrufungsaeridht (Ap-
pellationsg. , beftätigte den Ausſpruch des Untergerichtes als gerecht
und verwies den Aurufer zur Ruhe. Campe. Wenn e8 auch nur
ein Ausrufungszeicden geweſen wäre. Göthe, Xeben 12. 2.
18
— — — —
Schroten.
(Wurzel scrat, scrot.)
Schrote, ſchriet, gefchreten, ſchroten (ahd. Beröta, sertat,
scriatum&s, scrötaner, serötan; mhbt. schröte, schriet,
geschröten, schröten; agi. ser&adan, engl. shread, shred, shroud,
ſchwed. skrada, holläud. schrooden, schroyen; nach Wadernagel
zu jheren ©. 106 gehörig), wit dem Grundbegriff der
und eines damit verbundenen Geräufches, bezeichnet nbd. 1, freien
und nagen, von newiffen Tbieren, wodurd von einem Körper kleine
Theile mit einem gewiſſen Geräniche abgebiffen werden; 2, zermalmen
das Getreide iu groͤbliche Theile, welche man nicht durch das Bentel-
tud) geben läßt; 3, mit einem gewiſſen ug ausböhlen; 3, (m
Bergban) durch Ede ud Geſtein arbeiten; 5, der Quere nach zer
theilen; 6, mit einem gewiſſen Geräuich einen ſchweren Körper ſchiebe⸗
und wälzen, auch ne Hervorhebung dieſes Geräufhes. Ab—,
an—, aus—, dDurd—, ein—, er—, heraus—, berein—,
hbervor—, über— , vorſchroten find an fich Har. — Bıa
ſchroten, große Stüde Brod jchneiden. Wackius. Bis die Juden
das loch in den feld geichrieten, darein fi daz cremr ftadten
Schmeller, Bayr. Wörterb. 3, 520. Ich ließ mid mit meinem
Tornifter auf dem Maulefel ihroten. Seume. Du das Ab
jchroten des Feliens an der andern Seite. Götbe, Le 10. 3.
Wenn die Jungen find in die Drden geftoßen, hat man inen die
Kutten angeichroten (angeleßt). Zwingli 2, 246. Ich wil Schröter
fchiden, die fie ausfchroten jollen vnd jre Falle ausleren. Luther,
Bibelüberf. Jerem. 48, 12. Mit einem ftreih die flang er jm eı-
ſchriet. Heldenbuh vom J. 1560. Bl. 67. Do verſchriet a
im n ringe (am Panzer), das fie dahin ſtoben. Ingolſt. Reime
v. 1562. i
Schroter und Schröter. (mhd. schrötsere, schroeter =
Schneider,; Schrot (seröt, mhd. schröt) 1, ein quer durchaeſchnittenes
Stud; 2, überhaupt ein abgeicpnittenes 2. Stück von einer Sache,
bejondere Blei oder: Eifen zum Schießen, und grob gemablencs Ge-
treide; 3, ein and Schroten verfertigtes Ding. Davon fderötig,
vierfcprötig. —- Der braune Schröter fliegt. Matthiſſon, der
Wald. Schmiede, Weinſchröter, Zimmerlente. Göthe, Götz v
B. 4. Die Zaͤhn, dieſe helfenden Zuſchrotter. P. Abraham
Beil er ihn mit uns von gleihem Schrot und Kom ſchildert.
Leifing, Hamb. Dramaturgie 75. Ein Sch. Heller für den Abſchrot
und Abguß. Meuſel. Jener aber rüſtete aus dem Abſchrötleir
wieder ein Frühſtück. Süunpficiffimus I, 115. Anſchrot und Bei
were des Bortheils. J. Paul, Zitan 6. Die Natur leider felbk
nicht, daß ein Schifer oder Bainfhrot (Stud von einem verlegten
—
— — — —
Knochen) in der Wunde bleibt. Minderer v. J. 1620. Vom alten
Teufelſchrot und Korne. Göthe, Fauſt 2, 324. Es ſoll auch hin⸗
füro zu feinem Blankenzaum noch Umſchrott einigs Holz aus un⸗
fern Bäldern nicht gegeben werden. D. Pfalz, Kohlordnung. So
Die Hirnſchal (vom Hiebe) brühig oder bainſ A, iſt. Bayreuth,
Bußord. v. 1586. Einen vierfhrötigen Trunk trinfen. Altd.
Frälder 3, 233. Weil unfer vierjhrötiger Wagenmeifter ungefähr
ein ſolches Geficht hatte. Lichtenberg, Nachtrag zu den phyflognonn.
Bemerkungen. Ä Ä
Schrotbaum, —beil, —beutel, —bock, —bohrer, —büchfe,
—bunzen, —eifen, —faß, — form, —glode, —hammer, —bobel,
—flein, bla, —korn, —leiter, —mans, —mebl, —meilter,
—meißel, —meifing, — model, —mühle, — ſack, — füge, —TIhere,
—fchwein, —feil, —ſieb, — ſpeck, Rod, — ſtrick, — ſtück, — tau,
—thurm, — wage, — werk, —wurm, — zahn, —zeug.
Anm. Veraltet oder der Volksſprache angehörig find: ſchrotten, ſchrö⸗—
ten, ſchrätten — eine Art, Fiſche zu Due: ſchröten (Baffau) = beim Tanz
mit den Füßen flampfen, ten fogenannten Drifchlag maden; ſchröoten (ſchwach)
— Wände etc. von Holztämmen (roh oder gezimmert) bauen; der Schrot,
en Schroter = Schneider; ver Schröt, ver Schröter = Hirſch⸗
fäfer; Zneſchröter (öflerreih.) — Fleifhhader.
Stofen.
(Wurzel stot, stat, s-tot )
Stoße, ſtieß, geſtoßen, ſtoßen (goth. stäuta, stäistäut, stäi-
stäutum, stäutans,. stäutan; ahd. stözu, stiaz, stiazumds,
stözaner, stözan: mhd stöze, #tiez, stiezen, gestözen, stözen;
altn. steyta, jchwed. stöta, engl. toss; vgl. ital. stuzzicare = an-
treiben, lat. tundere, perf. tutudi, sup. tusum) 1, einen Stoß bei-
bringen, schnell und heftig gegen einen Körper bewegen, befonders
um Ddiejen aus jeiner Stelle zu bringen, oder fonft etwas dadurch zu
bewirfen, auch uneigentlih, wo dann der Begriff der Heftigfeit ſich
mehr oder weniger verliert; 2, mit Jemanden etwas fammenoaien;
3, (neutr.) an oder auf einen Körper gneftoßen, getrieben werden;
4, etwas mit einem Stoße berühren, mit feinem Ende ſich an etwas
Anderes erftreden; 5, (veraltet) jo viel als thun, legen, niederlegen,
unterbringen; 6, fi ftoßen an etwas, Aerger oder Abſcheu empfinden;
7, (veraltet vom Wafler) gefrieren, zu Eis werden. — Drum ftößt-
er ung zum Raubthier in die Wüſte. Schiller, Biecolomini 1, 2.
Sie ftogen alle Bhilofophie über den Hunfen. Geller. (Es) wird
in ein Hom geftoßen. Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 13. Da
ftieß ich auf verbrannte menjchliche Gebeine. Schiller, Don Karlos
8, 10. Stoz dein hant in mein ſeiten. Schmeller, Bayer. Wörterb.
3, 662. Daß binfüran die Schwaben allhie feil haben, und ihren
1200
Wein in den Stadel ftoßen können. Gen. Regensb. Chronik 4, 129
v. 3. 1507. Woran ftößt fih denn dein Herz noh? Geller. Ss
wird er fein ein Stein des anftojiens, vnd ein Feld der ärger,
das jr viel ſich dran ſtoſſen. Luther, Bibelüberi. Jef. 8, 15. Usb
zu deinem ew’gen Unbehagen ftößt dich heute, was dich gefterm zog
Goͤthe. Wo die Wafferflüffe in Winter ftieifen, vberfroren. Aven-
tinus, Chronik 1580. Bl. 148. Alsbald es geftor, vnd der Donas
geftieß. Daf. BI, 140.
Die Synonymen ſ. S. 248.
Ab—, an— (© 3) auf— (©. 55), aus—, be—, bei—,
dur —, ein —, empor —, eut—, entgegen— , er—, fert—,
ber—, herab -, beran—, beranf—, heraus —, berbei—, ber-
ein , bernicder—, berüber --, berum—, berunter—, hervor—
berzu—, hin —, binab—, binan— , binauf—, hinaus —, Dim
durch —, hinein —, hinüber —, hinunter—, hinweg —, binza—,
nach —, nieder— , über—, um—, umber—, unter—, ver—,
vor —, voran —, voraus —, vorbei —, vorüber —, weg —, Wider—,
zer—, zu— (S. 730), zurück—, zuſammenſtoßen bedürfen feiner
weitern Erklärung. — Sämmtliche Schulden ſeines Weibes abſt oß en (be
zahlen). 3. Baul, Paling. 2, 128. Sie ſpringt in den Kabn, ergreift das
Ruder und ſtößt ab. Göthe, Wahlv. 2, 13. Meine Mutter war grauſan
genug, das arme Mädchen abzuftoßen. Göthe, Meifterd Lehrj. 7,
6. Daß der Eber ihm den Helmbuſch abftieß. Shakeſpeare, K.
Richard II. 8, 4 Es fol fein Wagemann feinen Wein m fer
Wirthshaus oder andrer Enden nicht abftoßen, dan in Die Grede
und Keller. Kreuner, Landtagsh 13, 342. Da man das Dorf ar
ftieß (anzündete). D. Schilling, Burgund. Krieg ©. 142%. Die
weil fie Fried angeftoffen (gemacht) hatten. Aventinus, Chrouil
1590. Bl. 81. Er babe uns in dad anftoßende Zimmer ge
wiejen. Göthe, Leben .B Mich hat angeflogen ein Krankheit. H
Sachs. Oft ſtößt fogar der Geiſt die Kindbeit wieder an. Duid.
So wurd auf fein Wohl und feiner Anaehörigen nad) guter Deuticer
Weile angeitoßen und getrunken. Göthe, Campagne in Frankreich
8. Aug. (Er fuhr ab) und ſtieß bald am jenfeitigen Ufer an
Göthe, das Mährchen. Ich wollte noch eine Geichichte aus den Fürſtenpot⸗
träts anftoßen. 3. Baul, Heiperus. Ich erwartete nicht, daß fie den
Staub, den fie mit den Füßen aufitoßen, für Wolfen ausgeben würden.
Weiße. (Ich lieh) Die beiden Gußlöcher aufitoßgen. Göthe, Benve-
nuto Bellini 4, 3. Maulwürfe werden auch von Kaben uud Hunden
beiauert, wenn fie aufftoßen. Funke. Wenn eud ein Weiter auf
ftieß. 3. Baul, Siebenkäs 4. Schimpfreden wurden ausgeſtoßen.
&ötbe, Belagerung von Mainz. Dort flehn die Unſern, Die Gud
ausgeftoßen, verbannt. Schiller, Jungfsan v. O. 5. 4 Das
wirklich an den Himmel, zu ſtoßen glaubte und auf alle Fälle dw
1201
Kuppel uniered Sommerpalaftes durchgeſtoßen haben würde.
Göthe, Meiſters Wanderj. 3, 6. Sein Pferd. von einer Partiſan
durchſtoßen, bäumt fid) wüthend. Schiller, Wallenfteins Tod 4, 10.
Daß er ein-Zeufter einftieß. % Paul. Zitan 14: Weil feinen
Freund er diefem Thron entftieß. Herder. In Baiern ftößt einem
jogleich das Stift Waldjaffen entgegen. Göthe. ital. Reiſe 3. Spt.
1786, Fortſtoßend treibt mid eine dunkle Macht von dannen.
Schiller, Wallenfteins Tod 4, 11. Des Bruders Tüde bat mich
bergeftoßen. Göthe, Eugenie 4, 4. Daß dir Stimme die gering-
fügigern (Berioden) jchnell herausftößt. Keffing, Hamburg. Dra-
maturgie 8 (Er ward) auf jeinen feindjeligen Lieblingsgedanfen
bingeftoßen. Göthe, Leben 9. B. Mich ftoßt ihr mit hinab.
Söthe, Eugenie 2, 1. Wir wurden uljo wieder in das jchredlichite
Wetter binausgeitoßen. Göthe, Kampagne in Frankreih 11. Spt.
Sie ftoßen gewaltjam, wider meinen Willen, mich hinein. Schiller,
Piccofomint 2, 2 Die mih in dieſe Schmah binunterftieß.
Schiller, Maria Stuart 3, 4 (Sie) flieg ihn endlich ungeduldig
hinweg. Göthe, Meifterd Lehrj. 2,.4. Werden nicht deßwegen vom
Buchbinder noch immer zwei leere Blätter, eind an die Vorrede, eins
an den Beichluß vor- und nachgeſtoßen? J. Baul. Daum werft
Ihr Euch auf beide, ſtoßt fie nieder. Schiller, Wallenſteins Tod
5, 1. Daß dein bäßlicher Schnabel auf jenlichen, wer nur vorbei=
geht, niederfößt, mie ein Habicht auf jorglos irrende Küchlein.
oß, die Kirichenpflücderin 17. Mich heftiger gebärdend, wodurd) ic)
den Becher umitieß. Göthe, die neue Melufine. Ob der da er—
zeugen fol aigen leut hat, die im helfen wellent, die fol er unter-
ftoßen -ainen an den andern. Heumann opusc. p. 102. Dein
berg ftehet, zu freueln vnd vnterzuſtoſſen. Luther, Bibelüber!.
3er. 22, 17. Damit man nicht gegen dus Coftüme veritößt.
Goͤthe, Meifters Lehrj. 3, 7. Darin ich felbft verftoßen (gefehlt)
hatte. Gottihed. O dann verftoße den Gaftfreund nicht von deinem
Olymp wieder zur Erde hinab! Göthe, röm. Elegien?. Ein Liebhaber, den
du veritießeft. Duſch. Auch fand er ganz Krüa mit Wein, jo die
Hausmegd verftoßen (verbergen) thaten. H. Sachs. Nun hatte
das Kinn Diejes trägen Bockinſaſſen (Kutfcyers) mehr Maul wurfhügel,
jo nenn’ ich zierlih die Warzen, vorgeftoßen, ald nöthig ſind zum
Rofieren und Mähen. I. Paul, Hejperus 8. Der den Zeigefluger
voraud- mid zurückſtößt. Daf, 7. AS er einen Schritt vors
wärts gehen wollte, ftieß er jchon wider. Göthe, Meifters Lehrj.
7, 9. Als das Wetter eine Zeit fang gedauert hatte, hörte es auf
und wir, Die wir alle zerftoßen waren, jegten uns, jo qut es geben
wollte, zu Pferde. Göthe, Benvenuto Gellini 4, 2. Daß ich meinen
Degen an einen Stein zerftieß. Shafefpeare, jo wie es auch) ge-
fällt 2, 4. Das ſchiff zerftieh fich an einen Fels, das es alles zu
1
1202
Drammern ging. H. Sachs. Du ſtießeſt mich vielleicht... dem
Elend zu. Goͤthe, Iphigenie 1, 4. Ich wollte um alles nicht, dah
ihm eim Unglück zuftieße. Shafeipeare, was ihr mollt 3, 4. Des
(Saum eured Kleides) eure Abſätze verächtlich zurückſtoßen
Goͤthe, Götz v. B. . Stoßen Sie mit dem Heuchler wicht den
Freund zurüd. Schiller, Dorn Karlos 1, 1. Die Gipfel beider
erfcbienen num getrennt, wie noch ihre Bafen auh zujammenitogen
mochten. Göthe, Leben 8. B. Alſo fließen auch bier die feindliche
Heere zufammen. Porler, Tunifias 9.
Stößer (ahd. stözäre, mhd. stözer) eine Perfon, welche flößt; ein
Werkzeug, damit zu ſtoßen; Stöfel (abd. stözil, mhd. stoezel) Zderfjeng,
damit zu ftoßen; bei den Töpfern ein Haufen völlig zugerichteten Thones:
Stofung (abd. stözunga); ſtößig (mhd. stoezec): an—, aufitößig
(5.409. 618); ſtößlich: unnmitößtich; auftoßlich ift veraltet, Etef
. cahd. mhd. stöz) 1, Handlung des Stoßens; 2, dasjenige woran man flat,
fig. Streit, Zwiſt; 3, ein hervorragendes Ding; 4, eine Menae von
gleichartigen Dingen, welche über einander gelegt find, auch Giömaite,
Gisdede über einen Fluß; 5, das Eude eines Diuges: Ab—, Mm,
Yuf—, Aus—, Bei, Nad—, Ver—, Vor—, Wider —, a,
Zuſammenſtoß u. a. — Doc die verfolgenden Stößer (Stoßvoögel)
ermorden fie. Voß, Odvflee 22, 305. Unſerer Nachbaurn und Ar
ftößer, der Böhem, Unaam. S. Zrand. Die Defterreiher usd
ihre Anftößer. Simplice 2, 724. (Dadurch) fonnte er den Stößel
oder Klöppel vet aut ohne Sang und Klang aus der KHöhlum
ziehen. 3. Paul, Siebenfäs 6. Woran des Weibes Haupt, der
Mann, den ftößigen Kopf des Böſen vorftell. Dat. 1. De
ſtoͤßige Ochs erfaßte den webrlojen Jüngling mit den Hömem.
Mujäns, Ehronifa 3. B. Daß gerade das Bortrefflihe daran jtmdirt
werden muß, und das Anſtößige gleih auffällt. Schiller, Briefe.
mit Sötbe 3, 105. Die drey wurden aufſtößig und uneins dind—
einander. Aventinus, Chronik 114. Würde es männialichen fehr ur
ſtoßlich vorfommen fein. Xeibnig 2, 370. Gewiſſe unumſtößlide
Wahrheiten... find jo allgemein befaunt geworden. Leifing, Hamb. Dix
maturgie 11. — Ib fürdte feinem Herzen diejen legten Ste# zu
geben. Götbe, Götz v. B. 5. Smaben und Etſchen beiten ſtoz, des
was umb Das vorredhten. Sudemirt ©. 68. Go werde woͤchentlich
ein Stoß Tragddien öffentlich verbrannt. Platen, tom. Dedipus I
Ein Alp kann oft 800 Stöße Bieb ſommern. Cir Phobns batr
in Thetis Schooß jept ausgeichlafen jeinen Stoß. Solmu. Gleich
indem flel ein ein an, giena der Stoß (die Erödede). Aoentinus,
Chronik 38. — (Der) nicht zu treten jcheint in den Abſtoß der
Natur und den Abfcheu aller Zeiten und Bölfer. Lichtenberg, Frag⸗
ment von Schwänzen. Auch mangelte der Auſtoß von außen. Götbe
Leben 1. B. Er ift uns Alen ein Stein des Auſtoßes mw
4203
Hergerniffes. Schiller, Wallenſteins Lager 8 Ward ein anſtoß deß
Kriegß (Waffenſtillftand) gemacht. Aventinus, Chronik 1580. Bl. 285.
Iſt doch nir das recht Ethiopia, under ein Anſtoß (angrenzendes Land).
©. Zrand, Weltb. Sb. Als unfer gi. H. Herzog Ludwig in vergatigener
Faſtnacht einen Aufftoß (Streit) mit dem von Stauff im Schloß zu
Rünchen auf dem Tanzhaus gehabt. Landtag v. 1516 S. 335. Der Ans-
ſtoß oder Umtaufch einzelner Worte, Henke. Werner erinnert mich ar
einen wichtigen chronologiihen Verſtoß. Schiller, Briefw. mit
Göthe 2,96. Einer jener Charaktere, die bei jedem Zu ſtoß empfind-
fih find, und doch nie deifen Quelle nachforſchen. Meißner. In
allen Fächern, wo ihre Leidenſchaften in Zufammenjtoß geriethen.
Wieland. — Kannſt du von ihm verlangen, er folle durch einen
Dolchſtoß der Qual auf einmal ein Ende machen? Göthe, Werther
1. 8. Aug. Sie ift von einem jchwimmenden Stud Eis auf den
feften Eisftoß und dann and Land kommen, worauff der ganze Eis—
ftoß zugleich auffgangen und mit großem Krachen gebrochen. Alt—
Detting. Hiütor. v. 1698. Wenn der große Erdftoß nun geicieht.
Schiller, Wullenfteind Tod 1, 3. Die Götterbilder ftanden groß,
zeritörte fic ein Erdenftoß. Götbe, Fauſt 2, 171. Wenn ich ver-
handeln könnte Diefen Arkadiern die Ercerptenftöße. Platen, die
verhängnißvolle Gabel 1. Und mit gewalt’gem Fußſtoß binter mich
fchleudr’ ih das Schifflein in den Schlund der Wafler. Schiller, Tell
4,1. Jetzt auffangend den Hieb und jeßo vereitelnd den Herzitoß.
Pyrker, Zunifind 10. Der lange zufawmengetragene und geitellte
Holzftoß fängt endlich an zu brennen. Göthe, Briefw. mit Schiller
1, 271 Diejem den Tod aufwedenden Kraftitoß. Sonnenberg.
Nimmer mochten ihn bezwingen Schwerterihläge, Lanzenitöße.
Uhland, der faftilifche Ritter 3. Bald wechielten abprallende Wind»
ftöße niederftürzend mit wüthendem Saujen. Göthe, Campagne in
Frankreich 30. Det. Eine Vierthelftunde vom Strand ergreift den
Kahn ein neuer Wirbelftoß. Wieland, Oberon 12, 46.
Mit anftögig (dem guten Sitten zuwider und dadurch Andern empfind⸗
lich) if ärgerlich (ſ. S. 1008) finnverwanvdt, das gefagt wird, infofern eine
foldye Handlung auf die Eittlicyfeit Anderer übel, ververblich wirkt.
Stoßaar, —axt, — bahn, —balfen, — bank, —blod, —bod,
— bolzen, —brett, —bühne, —degen, —eijen, —erde, —falk,
—feile, —fuge, —garn, —gebet, BE —gewehr, —herd,
— holz, —kante, —kegelbahn, —kegelſpiel, —feil, —klampe, —klinge,
—kolben, —kräuel, —lade, —lappen, —matte, —maus, —meve,
—mörjer, — naht, — ochs, —perle, —riegel, —riemen, —ting,
—rinne, —fäge, — ſchale, — ſchaufel, —ſcheibe, ſchwelle, —ſeufzer,
—fprige, —ſtange, —ſtock—, —talje, — treil, —trog, —vogel,
—wehr, — werk, —winfel, —zeug u. a.; Abſtoßbaum, m
76%
1204
—meſſer; Abſtoßungszeichen; Anſtoßkolben, — naht, —Ichiene;
Ausſtoßeiſen, — hobel; Beſtoßfeile, — hobel, —ergel, —zeug. —
Den gewaltſamen Ausbrüchen der Leidenſchaft dieſes unglücklichen
Weibes folgte, zwar unterbrochen ſtoßweiſe, ein Strom von Worten,
wie ein Bach fid) in Abſätzen von Felſen zu Felſen ſtürzt. Göthe,
Novelle. (Er) zeigte ihm den Stoßwind des väterlichen Zornes.
J. Baul, Titan 15.
Anm. 1. Stug — plögliher Halt, Augen — vor etwas zurückfahren
abflugen, fürzer machen, find höchſt wahrfcheinlih Rebenformen von ſtoßen.
Anm. 2. 3u derjelben Wurzel mit Htoßen gehört auch Hottern (ältere.
statzen, statzeln, statzgen, niederd. stoettern, engl, stutter).
Nadhwort.
Auf dem Umſchlag der früheren Hefte babe ich Nach-
träge und VBerbefferungen verfprohen. Das Wert,
urfpränglich auf 45—50 berechnet, ift aber (ohne Regiiter)
auf 76 Bogen angewachfen. Ich muß mich darum auf die
nothwendigften Berbefferungen in den minder genauen 6
erften Bogen befchränfen, was um fo leichter gefchehen kann,
ald in fpäteren Artifeln oft frühere verbeffert und ergänzt
werden. Ich bitte deshalb die im Negifter angeführten
Stellen über ein Wort alle nachzufehen.
S. 2 in der unteriten Zelle der Bocalreihe I. o ftatt a.
„n3 3 v. u. l.
„ 2 oo „ Herde
Ve KOIVOg
10 „un „ Svait?
7 nn „ altn. eyra
5 „ „ lat. linum vaßt nicht ganz zu gr. Advov; auch nhd. haben wir
Leinen und Linnen.
„&3 5v o. l. feoh
Pe © Be ahd. denan
” [4 [42 12 ” ” [7] rvu
16 vn „ l6ogan
„unWBE nn m Syllew
„ ” 21 nn u eloo, Feioo
r 5 Die Grundbedeuting von befehlen id nah Schweizer „bergen, ver:
bergen”, dann „unter Schug und Schirm bringen”, daraus „übergeben“.
3 3 3 3%
1206
S. 8 3. 20 v. o. l. hilms?
„un 6. u. Schweizer behauptet mit Wackernagel gegen Grimm,
Held bedeute den Hehlenden, Bergenden, Schügenden.
„293. 5 v. v. 1. halja
„ 10
„ 12
nn —
„ 1» „ holi, hol, agf. hole u. hol
„ .T„n. „ heien
„4,0. „ dachjan
v„ 3Iun „Schelfe
„15.0 „ ag. halm, healm. — „Halm“ it nah Schweizer ang.
das „Umfdrließenden, oder das „zur Hülle Umgeworfene*.
„153. 1v. u l. Händen
u 25 [ 13 ve» u er
„8 Anm. Abventinus (Ehronif 1580 BI. 240 b) fagt auch: Er bat ben vberiuß
37
zT
in Kleydern abgetham. Derfelbe gebraucht abihaffen in diefem Elm
flarf (198 b): Daß er den — wider die Teutſchen angehoben, vnad ſchier
an ein end bracht, abfhuff... er ſchuff alles Kriegéevolck, Harriſch
vnd Mehr ab.
3. 1 v. v. ſtreiche seminön.
„39 »situ heißt ficher urfur. „die Art und Weife, die man fih zu eigen madt:
& 8 55
es fchließt fich un or. 4M06 für oF&ilos vom Stamm Fi’, der wieber zus
fammengejegt und zufanmengezogen iſt uns Fe und Ho, welches legten =
ridmm iR. Daran ſchließt ſich leicht und natürlich suesco, soleo x. am,
affe eig. „zum Gigen machen, zum Seinen machen“, Alſo wäre nun prüh
— ber’öftere Genuß (prühhan = frai, fanffr. bhug); gewonheit = bus
Liebgewonnenhaben; situ da6 Bigne und Gigenthümlicye; in wisa liegt wel
die ratio«. Schweizer,
3. 20 v. v. I. das ehen
„20 „ u. „ drasch — die Wurzel von drefhen it nad Grimm %,
278 goth. thris.
bös kommt vielleicht vom flav. bjes, altfrief. base. Kein auderer Dialect
hat das Npjectiv,
3. 10 „Brade, Brachfeld iR das in Ruhe liegende Ackerfeld, ber
ungebaute Ader; brach liegen heißt ungepflügt liegen. Ahd. aber be
deutete prächa, aratio, prächön, proscindere terram; prächa war wid
volle Pflügung, bloß aratio prima, wobei der Ader in Schollen gebrocden
ward, ohne dag man ihn ausſtellte; nachdem er zwei Jahre getragen hatte,
blieb er in foldyer Ruhe das dritte liegen.” Grimm, Geld. d. d. Spr. 61.
3. 21 v. o. svöma
„ 22» „ Svunsl .
„ 19 „ u. suochjan, agf. soecan, altn, soekia
„5 un bloß das beflimmende
„5. „ Alternbr.
Regiſter.
(Bon den abgeleiteten und zuſammengeſetzten Wörtern
find bier nur Diejenigen angeführt, welche in etymologifcher oder ſyno—
nymiſcher Hinficht beionders erflärt find; die übrigen find unter den
betreffenden einfachen Zeit, Haupt- und Beiwörtern 2c. zu ſuchen.)
A.
Aas 538
ab 145. 1040
abberen 47
abbören 47
abbreſten 51
abbringen 28
Abdachung 294
abdanken 234
abdecken 255
Abend 260. 1150
Abenteuer 492
abenteuerlich 1004
aber 861
abfallen 16. 764
abfällig 277
abfeuern 984
abfinden 248
abgefeimt 920
abgehen 64
Abgeordneter 224
Abgeſandter 223
abgefchmadt 472
Abgrund 388
abguden 511
Abgunft 130
Abbandlung 618
Abhang 294
abbangen 28
abhängig 989
abfragen 118
Ablap 1175
ablaffen 558. 764
ablauern 526
abledern 255
abiebnen 147. 088
ablernen 511
abliefern 434
ablöſen 984
abludern 255
abınachen 578
abmahnen 1158
abmerfen 511
abnupen 982
Abnugen 978
abpaſſen 526
abpuffen 255
Abrede 80
abreden 76
abreißen 61
abfchaffen 28
Abfchaum 105. 256
Abſchied 82. 928
Abichied geben 234
Abfchied ertbeilen 234
abfchildern 910
abichlanen 147. 255
abſchüſſig 989
abſetzen 234
abfondern 926. 1067
abfpäle)uftig 204. 277
abitammen 33
Abſtammung 50
Abſtand 570
abitellen 28
Abſtich 619
abtbun 578
abtrennen 926
abtrünnig 277
Abwand 279
abmwarteı 625
abzwacken 1067
Acciſe 167
Acht 488
Acht (in A. nehmen) 891
achten 488
Achtung 312 |
Acker 376
Nderich 376
Affe 510
Affect 1410
Afterweli 40
Ahn 740
abnden 98
ähnlich 857
ähnlichbedeutend 217
bre 12
albern 210
allemal 786
allerdings 408
allerhbaud 699
allezeit 786
Alpe 907
alfo 998
alt 740. 898
Altvordern 740
Amboß 59
Ameife 667
ämfig 667
Amt 437
an 857
andauen 623
Anbeginn 62. 188
anberaunen 605
anbieten 708
anboßen 59
anbrechen 188
anbringen 484. 731
anbrüchig 70, 409
ander 274
ändern 684
andeutien 822. 957
anerbieten 708
anfachen 1167
anfallen 788
anfangen 62. 188 358
Anfänger 1081
anfaflen 788
anfechten 788
Anflug 692
anführen 484
angaffen 512
angeben 832. 731
Angebinde 237
angedeihben 482. 951
angeben 54. 74
angelegentlich 315
angenehm 24
Anger 924
Angefiht 522
— Angefiht 523
anglogen 512
angreifen 149
anguden 512
Anbang 619
anheben 62. 188
anbeifchig 238. 1180
anhellig 474
anflagen 332, 484
ankleiden 575
anklopfen 680
anmutben 205
annebmlich 24
anyaden 788
anpengen 90
anpochen 680
anpreifen 5
anrichten 197
anfaden 728
anfagen 957
ap 612
anſchaulich 219
Anſchein 512
Anfchlag 430
anfchlagen 462
anfchnarren 728
anichnauben 728
anfıhnaugen 728
anfchnurren 728
anichwärzen 840
anfehulih 146
anfiedeln 623
Anſpruch 83
anftändig 505. 770
anftatt 782
anfteben 206
anftellen 604
anitiften 197
Anftifter 635
anitoßen 28
anfuchen 74
antaften 788
Antbeil 96
Antheiß 1179
anthun 937
Antlaß 1175
Antlib 523
antreffen 248
antreten 74. 558
Antrieb 836
Antwerk 432
Antwort 42. 438
antworten 438
Anwalt 1118
—
anzwacken 85
Arbeit 160. 667
arbeitfam 667
arg 690
Arger 1007
ärgerlich 1008. 2003.
ärgern 1007
Argernig 1007
Arglift 690
Arm 378
arm 378, 418
Armee 111
armfelig 413
Ari 599
Arfchgebeller 463
Art 238. 703, 857. 9
artig 238
Atbem 1167
atbmen 1167
Attila 540
Artitüäde 770
Ab 539
Ap— 539
äßen 530. 828
Atzungs — 539
auch 862
Aue 924
auf 957
aufbehalten 631
aufbewabren 631
Aufbinder 282
aufbringen 389
aufbürden 653
Aufenthalt 1082
— — 729
auffahriſch 729
auffallend 1094
aufführen 18
aufgeblafen 751
Aufgebot 1018
aufgelegt 504
aufgeräumt 504
aufgewedt 899
ankommen 54 Anwand 279 aufbalfen 658
anlangen 28. 54 anwandeln 29 aufhalten 88. 892
Anlaß 570 anweben 1167 aufbeben 630
- anlaffen 728 nn 731 aufbeften 232
anlaufen 28 anzapfen 85. 788 aufbören 61. 764
Anleg 584 anzeigen 322. 957 auffeimen 1138
Anleihe 958 anzettefn 197 Aufflärung 42
anleiten 731 anziehen 575. 731 Auflage 496
anliegen 589 anziehend 146 auflauern 526
anmapen 74. 555 Anzug 271 Auflauf 771
anmelden 957
anzüglich 146. 81
Anmuth 13 a *
anzüuden 90
Auflaurer 519
auflehuen 48. 632
Auflöfung 43
aufmachen 996
aufmerlten 488
aufmuntern 917
aufmugen 426
aufnehmen 681
aufpaden 653
anfpaflen 526
Aufpaſſer 519
aufrecht 296
aufrichten 631
aufrüden 436
Aufruhr 771
aufladen 653
Aufſchluß 4
anfichneiden 2823
Anfichneider 2323
antiteben 48. 682
aufitogen 55 -
aufitößig 409. 618
aufitügig 618
aufıhun 996
auftreiben 248
Aufwand 264
aufwiegeln 148
aufziehen 88
äugeln 510
Augenblid 849
Augenbrauen 290
Augenlied 819
Augenmerf 521
augenjcheinlich 887
Ausbeute 227
Ansbund 56
ansbündig 56
ausdauern 765
ausdeuten 576
Ausdünſtung 459
anserfielen 528
außderfüren 528
auserwählen 528
Ausfall 227
ausfindig 248
Ausflucht 168. 1065
ausführlich 508
ausgeben 575
andgelafien 1175
ausgemacht 888
ausgezeichnet 56
andhalten 765
ausfleiden 1068
Auskommen 1114
auslangen 80
auslaflen 62
ausleihen 455
1209
ausienten 874
ausliefern 440
ausmachen 578
ansnehmend 56.
Ausputzer 762
Ausrede 80. 1085
ausreden 76
ausreichen 30
ausrichten 732
Ausichlag 619
ausichlagen 147. 588
ansjchweifend 1088
ans fein auf etwas 575
außen 277
außer 277
außerhalb 277
äußerlich 277
ausjöhnen 710
Ausiprache 80
Ausitafflerung 497
Ausftattung 497
ausfteben 706
ausſtellen 606
Ausftener 497
ausfuchen 528
austhun 455
ansüben 1188
auswendig 2377
Auswurf 256
Auszehrung 260
Axiom 216
B.
babbeln 759
Bach 682. 971
Back — 652
r Bade 651
£ aden 650
acken — 652
Backenſtreich 471
Bäcker 651
Backpfeife 471
Bagage 225
Bahn 141
Babre 47
Bai 638
bald 850
Ball 463
Band 239
— Band 241
Band— 242
Bandage 247
Bande 340
Bändel 289
Banden— 342
Bänder— 249
bändigen 248
Bändiger 248
Bandit 247
Bant 598
Baufart 692
Bänkelfänger 360
Banterott 69
Bänfling 692
Bann 247
Bänne 230
bannen 247
Banner 247
bar 47
bärbaft 45
Bärme 106
barmberzig 814
Barmherzigkeit 814
Barfchaft 47
Baſe 637
Baſtard 692
bauen 623
Bauer 704
bäueriih 704
Bang 1047
Baum 658
beabfichtigen 526
beantprugen 83
beaugenjcheinigen 887
Becher 299
bechern 298
Bed 589
bedachtſam 526
bedanfen 682
Bedarf 412
bedauern 332. 814
Bedeckung 10
bedenfen 128, 206. 579
bedeuten 322
bedeutend 146
bedeutfam 146
Bedeutung 208
bedienen 278
Bedienung 487
Beding 402
bedingen 401
bedinglich 402
Bedingniß 402
bedingt 402
Bedingung 402
— Bedingung 402
Bedrängnip 318
beprängt 315
bedürfen 412
Bedürfniß 412
bevürftig 412
bedußt 58
beeifern 839
beeinträchtigen 719
beerdigen 607
Beere 50
Beet 592
— Beet 593
befangen 484
Befangenheit 1123
befajien 484
Befehl 6
— Befehl 6
Befehl — 6
befehlen 8
befehligen 6
Befiudniß 251
beflecken 844
befleißen 829
vefliſſen 830
—heflifien 830
befolgen 34
ne 156
befrachten 654
befriedigen 249
befriedigt 344
Befund 254
begaben 498
begaffen 513
begatten 1139
Begebenbeit 491
Begebniß 491
begegnen 33. 55. 730
begehrten 310. 589
begierig 106
Beginn 188
beginnen 62. 187
Beginner 188
Begleit— 818
begleiten 817
Begleiter 818
beglopen 518
begnadigen 487
begraben 607
Begrabniß 644
begreifen 513. 788
begreiflich 772
Begriff 792
begründen 635
Begründer 635
beauden 513
bebaftet 654
bebagen 1091
behandeln 729
1210
beharren 892
beharrlich 776
Behelf 162. 1065
bebelligen 474
bebende 850
beherzigen 128
bebitflih 158. 162
Behner 230
Behnerich 230
Behnert 330
Behuf 983
behüten 631
behutfam 526
Beicht 766
beichten 766
beiern 680
beifallen 558
beifügen 606
Beihilfe 715
Beilage 498
Beilager 585
beilegen 547
Beileid 814
beimefien 547. 578
Dein 247
beiflichten 558
Reifchläferin 1156
Beiſpiel 168
Beiß 826
beißen 825
Beißer 826
beißig 826
Beiſtand 160
beiiteben 156
Beifteuer 715
beiftimmen 558
beithbun 607
beitragen 156
— 1139
Beiz — 828
Beize 827
beizen 539. 827
bejahen 786
bejahrt 898
bejammern 332
befannt machen 957
befannt werden 30
Belanntfchaft 1150
befenuen 766
beffommen 181
befräftigen 786
Belang 339
belangen 332
belaufen 709
Beleg(e) 584
belehnen 958
beleidigen 719. 815
belfen 463
belfen 463
Blb)elieben 1091. 10%
beliitten 1060
Belle 163
bellen 162. 60
Bellerhen 463
befleriich 463
belohnen 168
Belobnung 9835
bemädtigen 555
“ bemänteln 390
bembein 680
bemühen 829
benachrichtigen 957
Bendel 239
benebelt 303
Benehmen 7790
benennen 604
Bennen 20
beobachten 488
Beobahtung 739
beguem 38
bequemlih 38
beratben 686
berauicht 308
berechnen 680
bereden 76
bereit 750. 780. 1138
bereitwillig 741
beren 47
Berg 445
— Berg 445
Bera— 447
bergen 7. 444
beralih 444
Beren 51
berüchtigt 873
berüden 1060
Beruf 1197
berufen 878
beruhigen 916
befänftigen 946
beichaffen 20
beichauen 513
beicheben 502
Beicheid 43. 82. 928
befcheiden 770. 929
Beſcheidenheit 929
befcheinigen 887
beichenten 199
befcheren 107. 4833
beſchimpfen 608
fchirmen 404
eſchiß 836
efchlag 698
ichlafen 1130
{hönigen 889 —
fhuldigen 832. 956
ſchũtzen 404
eichwer 121
eihwerde 121
ichweren 121
jchwertich 121
eihwernig 121
fchwichtigen 945
eiebamme 518
eſeß 597
fihtigen 513. 326
fingen 229
finnfih 215
eig 600
efißer 590
:joffen 303
efoldung 1118
{ounen 2320
fer 165
etand 777
tändig 775
tätigen 785
ttatten 607
jeite 92
stellt 280
stimmen 605
eſtimmung 1197
ſtürzt 57
fupt 58
{udeln 844
et 580
et— 591
tagt 898
ten 47. 580
eter 590
:thbeuern 642. 786
etheuerung 642
jetracht 521
an 128. 518. 579.
1721
eträchtlich 146
tragen 18
treten 57
striebfam 668
etriegen 732
setrieger 262
etroffen 57
etrübnig 814
ketrug 962
rügen 783
2211
Betrüger 262
Bett 592
— Bett 593
Bett — 598
Bettel 591
Bettel — 591
bettelarm 413
betteln 74. 591
Bettler 591
Bettler— 592
Beuge 1044
beugen 1041
Beugnig 1044
beugiam 280. 1044
Beute 19
beurfunden 577
bevollmächtigen 708
Bevollmächtigter 660
bewachen 631
bewahren 631
bewandert 288
* bewandt 280
bewegen 138
Beweger 139
beweglich 189
Bewegniß 139
a 139
beweiben 1168
beweifen 577. 987
bewilligen 24
bewillfommen 41
bezahlen 707
bezaubern 1087
bezeichnen 322
Bezeichnung 308
bezeiben 956
bezichten 956
bezichtigen 956
Beziehung 1074
bezüchten 950
bezüchtigen 951
Bezug 1074
biderb 411
bieder 411
Bieder— 412
bieg — 1045
Biege 1044
biegeln 1047
biegen 1041
biegſam 280. 1044
Biet 1020
bieten 1015
Bieter 1017
bietig 1017
Bifang 1124
Bild 722
bilden 722
bilern 463
Bill 463
billen 463
Billet 224
bimmeln 680
Bind— 237
Binde 237
— Binde 237 _
binden 230
Binder 236
— Binder 237
bindlich 287
Bindfel 239
Binfe 2347
Birg 455
Birke 50
Birkhuhn 455
Birne 50
birſchen 134
bischen 826
Bit 826
.—Biß 827
bißchen 826
ee 826
biffig 826
Bitt— 589
Bitte 588
— Bitte 588
bitten 74. 387
Bitter 589
— Bitter 589
Bitter— 829
bitter 828
Bitterfeit 828
bittern 828
bittlich 589
bigeln 828
bläben 1166
blant 186
Blas— 1169
Blaſe 1169
blafen 1166
Blafen— 1169
Bläler 1169
bla 846
Blatter 1170
bläuen 514
Bied— 847 .
bleden 847
bleffeu 57
bleiben 291. 892
Bleiber 893
bleiblich 898
bleich 846
—bleih 846
Bleich — 847
Bleiche 846
bleichen 845
Blendling 692
bleuen 514
Blick 847
—Blid 847
Blid— 851
bliden 851
Blicker 852
blidlih 852
Blidung 852
blind 509
blinken 186. 800 -
blinzeln 510
blinzen 509
Bliß 852
litz 858
Blitz — 853
blitzen 854
Blitzes — 853
aui 853
bliglih 858
blöde 210. 514
Biöpfinn 210
biott 418
biutarm 413
biuträuftig 192
Bold 824. 1048
bögeln 1047
Bogen 1045
ogen 1045
Bogen— 1046
bogen 1045
Bogener 1045
bo(ö)gig 1045
Bolle 483
Böller 463
boflern 468
Bolled 463
Bombafl 467
Bor— 48
Bord 50
borgen 454
Börle 50
Bort 50
Borte 50
borzlang 48
b98 66. 814. 1109
Bölhung 294
Böſewicht 66
boshaft 66
Bot 1018
1212
Bote 1018
— Bote 1019
Boten— 1019
Botfchaft 1018
—Botſchaft 1019
Botichafter 224. 1018
Brach — 68
Brache 68
brachen 68
Bracher 68
Branke 638
Brante 638
Braß 52
Braſt 31. 52
braſteln 52
Brat— 1157
braten 1156
Braten— 1157
Bräter 1157
Brauch 39
brauchen 278. 412
Braue 290
brauen 1114
Braut 419
Drautgabe 4986
Bräutigam 881
Brautichab 497
Brautwerber 419
brav 411
Breh— 68
brechbar 68
Breche 66
—Bredhe 66
brechen 59
Brecher 66
Breme 471
brennen 183
Breiche 66
breiten 51
Bretzel 3523
Brief 224
bringen 28. 482
Brorat 71
B(byrockeln 71
Blb)roden 71. 827
Brod 1114
Brofam 71
Brot 1114
brogeln 1157
Bruch 68
— Bruch 69
Bruh— 70
Brühe 71
—brüdig 70
Brüchte 71
brüben 1088. 1137
brüflen 876
— 1088. 1157
bru 1157
Bubenftäd 67
Buch 652. 915
Buche 652
Buchel 1047
Bucht 637. 1047
Budel 1048
Budel— 1048
buckelig 1048
budeln 1048
bucken 1041
düden 1042
Bückling 1048
Bug 1047
Bug 1047
Bug— 1047
Bügel 1047
— Bügel 197
Bügel— 147
bügeln 1047
Bühel 1047
Buble 751
buhleriſch 751
Bühne 141
Bühre 1079
Bulle 463
bullern 463
Bund 243
— Bund 244
Bund— 245
Bündel 246
— Bündel 346
bündeln 246
Bundes— 35
büudig 246
—R 246
Bündner 246
Bündniß 24
Bundſchuh 245
Bürde 50. 667
bürden 50
Büre 1079
Burg 450. 782
— Burg 450
Burg— 451
Bürge 453
bürgen 459
Bürger 451
— Bürger 451
Bürger— 453
ırgern 452
‚ürgere— 452
ürzel 48. 599
uſch 95
uſen 294. 637
uße 27
ßen 165. 1086
üttel 1018
ußen 762
©.
‚eCä)remonie 89
‚barafter 215
‚harfreitag 3323
‚barlatau 878
hurfürſt 1035
tieren 731
‚lafle 703
‚ollege 203
ollett 895
‚ompagnie 208
‚ompagnon 203
‚omplott 642
oncubine 1156
‚ontraft 87. 619
‚ontreband 247
rrect 831
‚orjett 885
ırieren 532
D.
Sach 294
Sachtel 471
afern 1099
aber 999
Yämmerung 1153
Dampf 459
Dan 166
anfen 166
arben 410
‚arbieten 708
Darm 414
‚arflellen 579
arthun 577. 579
yarım 999
Dafein 898
Daſem 952
yauerhaft 776
‚auern 765. 1006
Dedel 952
deck (oft) 951
Dede 10
veden 10.
1213
Dedmantel 890
Deckmittel 880
Degen 151. 952
Degen (Held) 952
Debel 952
dehnen 4. 872
Deichfel 952
deihen 950
deibiam 951
demnach 999
demungeachtet 860
Demuth 225. 930
dengeln 471
Deufart 216
denfen 205. 579.
Denkſpruch 80
Denkungsart 216
dennoch 860
derb 410
dergleichen 857
deringeln 311
deögleichen 857
deſſenungeachtet 860
des(ß)halb 999
destB)wegen 999
deuteln 576
deuten 208. 576
deutlich 406. 772
deutfch 406
Devije 80
Dialvg 81
dicht 411, 951
dichten 207
did 697. 9851
Didbein 697
Dickmacher 233
Diction 913
. Dieb 942
Diebitahl 15
Dieh 952
dienen 225. 273
Dienerfchaft 225
Dienft 437
Dienitbote 235, 1019
dienfteifrig 741
dienitfertig 741
dienſtwillig 741
dießen 1009
Dietfirhen 208
Dietrich 208
dimpfen 459
Ding 402
— Ding 402
Ding— 408
dingen 400
-
Dinger 402
Dings 403
dinfen 290
Dithyrambe 362
doch 60 -
dolmetichen 609
Dolmetſcher 609
doppel 211
Doppelfinn 211
Dorf-704
dorkeln 178
dorren 414
Drang 317
— Drang 317
Drang— 8320
drängeln 311
drängen 310
Dränger 316
Drangial 318
dräufhen 58
drehen 272
dreift 131. 1123
Drefh— 59
dreichen 58
Dreier 59
Drefher— 59
drillen 107
dringen 310
dringend 315
Dringer 316
dringlich 317
drifcheln 59
Droß 1009
Droßel 1009
droßeln 1008
Druf 323
—Drud 324
Druck— 324
druden 321
drüden 321
Druder 323
Druder— 324
Drüder 323
Drüdniß 323
drudfen 321
Druſch 59
Drüßel 1009
duden (fih) 321
Duft 297. 459
duften 297. 1010
dulden 491
dumm 210
Düne 1047
dunfel 406
Dünfel 722
—R
dünfen 772
Duniel 291
Düniel 291
Zunft 290. 49
dürängeln 311
durdhbringen 263
durdhdringend 113, 315
dürfen 412
Durft 412
därftig 412
düringeln 311
dürr 414
Durt 1136
dürften 414
durſtig 1136
Duſel 471
duiein 1153
durter 1153
dupen 58
E.
eben 552
eben falls 860
Ebenmaß 552
Ebenteuer 402
echt 692
Ede 208
«der 376
edel 25
Ehe 692
ebelichen 1163
ebrbar 770, 1084
Ghre 257
ehren 608
ebriih 664
Kid 612
Eidſchwur 642
Eifer 753
eigen 211
Gıgendünfel 722
Eigennup 228. 989
Eigenſchaft 664
@igeufinn 211
eigentlich 373
eigenwillig 211
Eile 750
eilt 906
eitfertig 750
eilig 750
einbildiih 751
Einbildung 722
einbinden 113
einbringen 435
Einbund 245
einbüßen 37
eindämmern 1159
Eindrud 828
einfallen 16. 559
einfältig 210
Einflup 328
einförmig 860
eingebildet 751
eingeboren 45. 601
eingedent 206
einheimiſch 601
einhalten 764
einhellig 474. 719
einig 719
einkehren 76
einfnüpfen 115
Einkünfte 43
(Einländer 601
einmütbig 719
Einnabme 48
einprägen 115
einräumen 24
Einrede 83
eiureißen 68
einichalten 1098
einichenten 974
—R8 335
Ginipruhb 83
einitellen fi 559
einftimmig 719
Eintracht 719
eintragen 425
einwerten 273
einwiligen 24
Einwirkung 828
eitel 751
@itelfeit 752. 1006
Efel 1009
Elegie 362
Elend 319
eif 9086
Elſaß 602
Eltern 740
Emblem 216
empfangen 17. 30
empfänglich 1425
Empfehl 6
empfeblen 5
enpfindbar 252
(&mpfindelei 252
enıpfinden 249
Empfinder 252
Empfindler 2332
empfindlich 119
Empfindniß 252.
empor 48
empören 48
Empörung 48. 771. 108
emilB)ig 007
Ende 732
enden 732
endlich HER
Eudzweck 521
ent— 145
eutbehren 45
entbebrlih 45
entbieten 708
entbinden 34
entblöden 514
entdeden 11. 348.
entehbren 257. 618
entfernen 534
eutfernt 534. 570
entfliehen 32
entgegnen 439
entgebeu 32
Enigelt 109
eutbalten 63
enthaltſam 350. 1084
entfleiden 1068
entlang 336
entlaſſen 234
eutlaufen 32
entieiben 682. 891
entratben 46
enträtbfeln 1166
entrinnen 32
entiagen 485
enticheiden 578
entichieden ER. 929
entfchließen 22
entichlüpfen 32
Entfibuidigung 404. 106
entjegen 100. 334
entieplic 615
entiprießen 366
entipringen 32. 366
entiteben 62. 64. 36
entwegen 140
entweichen 323
entwenden 14
entwideln 11
entwiichen 32
Entzüden 546. 1087
entzuden 1087
entzünden 90
Epigramm 216
eramen 418
Ele)rbarmen 333
erbärmlich 333
erbenten 19
rbieten 708. 1016
erbietig 1017
erbötig 741. 1017
Erde 807
erdenten 207. 2348
erdichten 207. 248
erdreiften 265
Erdſpitze 446
Erdzunge 446
ereignen 485
Ereigniß 491
erfahren 289
Erfahrung 739
erfehten 149
erfinden 207. 248
erfindfam 251
Erfolg 1149
erfordern 340
erforichen 788
erge(ö)gen 545
ergrübeln 207. 248
ergründen 7883
erbalten 30
erbandeln 765
erhärten 577
erhaſchen 787
erheben 48
erheblich 57. 147
erheiſchen 340
erhöhen 632
erinnern 206
erfämpfen 149
Erkenntniß 82
erkiefen 528
ertlären 576. 600
erfiärlich 790
erfühnen 265
erfüren 528
erlauben 414. 730
erleien 527
ermächtigen 20
ermangeln 1178.
ermorden 682
ermuntern 917
erniedrigen 608. 1174
Ernte 418
erobern 19
eröffnen 957
erörtern 606
erpaſſen 526
erpicht 597
errichten 575
erringen 149
Errungenichaft 350
1215
erſchrecklich 615
Erfchrodenheit 101
erfchwingen 389
erſetzen 234
erfinnen 207. 248
eriprießlich 1005
erftatten 607
eritreiten 149
erfuhen 74
ertappen 787
ertheilen 482
erträglich 814
erwügen 579
erwäblen 528
Erwartung 522
erweifen 577. 936
Erwerb 419
Erwerbnig 419
erwiedern 439
erwinden 265
erwifchen 787
erzeigen 937. 957
legen 424. 1088
Eihwinge 392
B— 538
€
Eſſe 540
een 537
Efien 538
Eſſer 538
Kifig 540
Ebluft 538
Eiiwaare 588
Eule 386
wert 304
ewig 776
"7
Fach 1108
—fah 11083
fachen 1167
fächien 1128
ana 840
adennadt 840
faben 787. 1121
fähig 1127
Fähigkeit 505. 1127
fahl 846
fabnden 254
Fahr 788
Kahr— 742
Fähr — 742
Fahre 788
Fähre 738
fahren 726
———
—— 739
abrläffig 740
Fahrt 742
— Kahrt 743
Fahrt — 745
ae 742
alb 846
Fall 1086
all 1096
Fal— 1101
Kalle 380. 1101
Falle 1101
fallen 291. 679. 1090
fällen 1095
fallieren 1101
fällig 1099
falle 1099
afitrid 380
alt— 1103
alte 1102
älteln 1102
falten 1101
Falten— 1103
—falä)itig 1102.
ala 1103
Ba 1108
alzen 1103
nn 703
ang 1021. 1124
—Fang 1124
Fang — 11286
fangen 787. 1121
Sänger 1123
— Fänger 11283
. fängerijch 1123
— fängig 1125
—fänglih 1125
ängnig 1125
ant 254
Tale 840
fajennadt 840
fafernadt 840
faffen 15. 787
faglich 772
faul 740
Kauft 151
fechjen 1128
Fechſer 1128
echt — 150
echten 148. 800
Fechter 150
Feder 392. 1056
— 520
edervieh 1056
Fehde 810
feblen 64. 1091
ehler 614
eifalter 1103
im 105
eldicherer 109
els(en) 907
Kerge 739
en 204
e
5— 748
rn 534. 570. 752
Kerle 752
fertig 749
—fertig 749
fertigen 752
Fertigkeit 505. 740
Fertigungs — 752
Feſſel 7141
feſt 411
Feſte 451. 782
eſtung 451
(fJett 478
Feuer 934
Fifalter 1108
Filz 762
ud— 253
dbar 251
hose 253
nden 58, 347
Finder 251
inder— 253
deriih 251
dig WBi
findlich 251
indling 253
inger 1127
— Finger 1127
an, 1128
ngern 1127
Fingers— 1128
inte 254. 794
m 752
Hirtih(g) 392
figen 98
Flachs 154
—Flachs 154
Flachs — 154
den 1057
fladern 1057
Alagge 1057
Zlähme 455
Klammberg 455
flammen 185
1216
flammern 186
flatterbaft 212
flattern 186
Klatterfinn 212
lechſe 154
lechſen — 154
Flecht — 153
Flechte 153
giechte 154
flechten 152
Fleck 781
Flecken 781
flehen 74
flehnen 1066
leiſch 700
leiſcher 700
Fleiß 830
— Fleiß 830
fleigen 829
fleißig 667. 880
ennen 387
liege 1052
fliegen 1049
Fliegen — 1052
lieger 1052
iehben 925. 1063
Klieber 1064
Xlimmer 185
flimmern 185
flinfen 186
flinfern 186
flirren 186
flittern 186
Iode 1057
loß 972
loß — 972
löß — 972
loſſe 972
löße 972
loſſen — 972
flößen 972
Flucht 1065
—Flucht 1065
Kludt— 1065
ten 1065
chtig 1065
flüde 1057
Inder 139
lug 1052
— Flug 1052
Flug — 1054
Flügel 391. 1054
— Flügel 1054
fügel— 1055
ügelu 1054
flüge 1057
lügler 1054
ugs 850. 1054
Zluble) 907
Flume 455
flunfen 186
en 34
olgern 995
folglich 999
461
oltern 461
fordern 340
forfchen 788
fort 145
* 1027
racht 654
vage 723
—Krage 723
—— 724
ragen 723
Frager 723
Fragner 724
Fraß 543
—Fraß 543
SB 541
ei 882. 1040
freien 281
— 881
eierdings 403
Freierei 881
Freiersmann 419
freigebig 494
Freifänfer 942
freilich 403
Freite 881
reiwerber 419
reß — 542
a 541
reſſen 537. 540
effer 542
repen 543
Freude 546
freuen 546
Kreund 282. 881
Freundfchaft 282
Frevel 67
Frevler 66
Be 249. 882
riedlih 716
frieren 1037
riefel 1038
ifh 1038
frifchmelt 479
froh 546
al 546
romm 982
frommen 982
Froſch 1038
Kroft 1038
— Froft 1038
en 1038
röfteln 1038
froftig 1038
fruchtbar 494. 716
fruchttragend 716
frugal 550
But 151
uchteln 151
fügen 503
ügung 506
ühlen 250
Kubr 746
— 746
r— 746
ühren 730
Führer 747
— Kührer 747
Kührer— 748
— Führung 746
Kund 254
Kund-— 254
ündling 253
unteln 185
unten 90. 185
ür 752. 782
Kurche 753
—— 753
urchtſam 690
fürder 340
Fürſprach 79
1217
Furt 749
— Furt 749
fürwitzig 940
Fuß 638
Fußftapfe 744
utter 539
Auer 928
üttern 539
Gabe 495
— Gabe 498
gäbe 493
Gabel 501
Gabelle 501
gaben 499
Gaben — 499
gäbig 494
gaffen 509
Gage 1113
gäh 729
gähnen 188
Gähr— 106
&ähre 108
gähren 104
Galan 881
Galle 829
allen 325
alopp 1192
Gang 141. 1145
— Gang 1146
Gang— 1150
ana 494. 1151
ängel— 1152
aängeln 1152
Bänger 1145
— Gänger 1145
gängig 1151
änglich 1251
ant 949
ganz 41
r 106
arde 113
Gardine 1184
gäihen 104
geflatin 545
alle 192, 544
Gaſſen — 545
Sa enhauer 545
Gaſſenlied 545
Gaſt 445
Gaitgebot 574
Gaſthaus 445
— Geburt 49
Gaſthof 445
Gaſtmahl 574
gäten 566
ätlih 567
atte 1139
atten 1159
attung 703
Sau 2862
Gaudieb 942
Bauner 262. 942
anzen 462
awer 105
Beäder 376
Geäckerich(g) 376
Gebärde 48
gebaren 46
ebären 45
ebeiß 826
Gebelfer 463
Gevell 463
eben 481
eher 493
— Geber 4983
Geberde 48
Gebet 590
— Gebet 590
Gebiet 1017
— Gebiet 1017
gebieten 5. 1016
Gebieter 1017
—Bebieter 1017
Gebieter— 1018
— 1017
ebirg 445
—BGebirg 446
Gebirg — 450
Gebirgs — 450
Gebiß 826
geblich 495
—geboren 45
Gebot 6. 1018
— Gebot 1018
Gebrauch 39. 983
gebrauchen 273
un 29
ebrechen
@ebreiten 51
ge lomibig 495
ebühr 46
gebühren 46
we 46
ebung 493
@ebürg 445
Geburt 49
Geburts — 49
7
gedehnt 508
gedeihen 22. 950
gedeiblih 951
gedenken 709
gediegen 951
edieben 951
eding 402
— Being 402
gedrang 320
Gedränge 3%
—Bedränge 320
edrängt 315
Gevräth 59
nedrungen 815
Geduld 491
ed biß 491
efahr 753
Gefährt 745
Geführte 745
— Gefäbrte 745
Gefallen 1095
gefällig 238. 487. 741
Gefängniß 1126
Gefecht 55. 150
— Gefecht 151
Gefecht 151
Geflecht 153
— Gefleht 151
Geflimmer 186
efliſſen 830
— 328 — 139
Geflügel 1056
Gefräß 541
Gefrier 1037
Gerrör 1037
— 253
egend 872
Gegenſatz 87
Gegenſtaud 431
Gegentheil 619
Gegenwart 443
gegenwärtig 534
gebaben 18
Ge— 1145
Gebalt 437. 11172
— Schalt 1176
Gebänge 1134
— Bebänge 1135
Gebeiß 6
gebellen 474
gehen 283. 557. 727. 806.
1136
Gebent 1134
Geber 1145
gebeuer 581
1218
Gebilb 10
Gehilfe 160
gehorchen 34
gebören 36
Gehr 106
Geifer 105
Geiilh)el 453
Geiſt 106. 772
Geiſtesgegenwart 221
Geklänge 328
Geklimper 328
Geklinge 328
Gellingel 328
Geklüft 1021
— Getlüft 1021
Gekreiſch 876
Gekriſch 876
gekrümmt 1042
Gelag 578
— Gelaq 573
. —Belager 585
gelafien 491
geläufig 1191
gelb 171
Geld: 166
—Geld 168
Geld— 168
gelegen 39
Gelegeubeit 570
Geleger 584
Geleiſe 531
Geleit 817
Geleit — 818
geleiten 817
Geleits — 818
Gelichter 857
geliefern 190
gelingen 384
gellen 325
geloben 77
geloſen 1040
gelt 171
Gelte 167
gelten 164
Geltsgott 165
genen 310
emach 318. 564
gemach 336
gemaͤchlich 29°
emabnen 5656
mäß 553
gemäß 553
—gemäß 554
gemein 1174
gemeinfan 863
gemeinſchaftlich 33
Gemünd 971
Gemüie 574
Gemütböbewegung 1%
genau 830
genehm 23
genebmigen 23
geneigt 130
geneſen 34. 531
a 475
nieß 979
Genieß — 0
genießbar 979
enießen 977
ießer 979
genießlich 979
genifig 532
a 745. 80
MOenoſſe v00
Genoſſenſchaft MO
genug 337. 344
genügen 344
genugiam 337
enugthun 607
enuß 979
— Genuß 979
Genug — 980
Gegnäle 460
crade 296
erank 356
@eräth 1165
eratben 335
eratbewebl 1159
erben 108
erenne 56. 19
gereuen 1006
ering 357
rinne 191
geru 340
gerren 387
Gerud 298. 1010
—BSerud 1010
Geruch— 1011
Geruchs- 1011
Gerücht 1013
nn 66. 149
efammtheit 792
Selandter 223. 668
Gelang Wi
— Gejang 362
Sefänite 967
zeſchäft 571. 666
-Gefchäft 666
eſchäfts — 669
eſchãftsträger 668
eſchehen 486. 501
eſcheid 772. 929
Jeicheid 928
efcheidt 772
5eichein 887
efcheit 772
Beichen? 495
eiheut 772
Beihicht— 508
Beichichte 491. 502%
-Gelhichte 502
zeſchichten 503
eſchichtlich 508
Beihichts— 508
Beichi 506
-Geſchick 506
Zeſchicklichkeit 505
eſchickt 504
Beichiebe 1025
Befhirr 1165
eihlaht 703
veichlanf 383
Zeſchlecht 702
— Geihledht 702
Beſchlechts 702
Beihmad 472
zeſchmacklos 472
zeichmeidig 2890
Beſchmeiß 842
—Geſchmeiß 842
Beihöpf 671
—Geihöpf 671
Geſchoß 94. 990. 991
—Geihoß 990. 991
Beidhrei 878
— Geihrei 878
Beihüg 991
eichweige 945
Beicmil 466
geihwind 265. 850
(e8) gefchwindet 261
Gelhwing 392
Geihwulit 467
Geſchwür 119
Geſell 745
Geſenke 294
Geſetz 6. 216. 615
— 615
eieg— 616
Be 5232
— Gefiht 5383
gertig 522
efihtö— 528
Geſichtskreis 5234
Gefinte 224
— Befinde 224
Gefindel 225
— Befindel 225
Gefinge 361
aefinnt 219
— gefinnt 220
Gefinnung 215
nefinnungstücdtig 215
Geſöff 967 >
—5 — 219
eſpann 208
—Geſpann 203
Geſpannſchaft 208
Geſpei 880
Geſpenſt 204
Geſpiele 745
Geſpinnſt 200
— Geſpinnſt 200
Geſprach 81
re 81
geſprächig 31
geſprächlich 81
geſprächſam 81
Gefprenge 376
geiprenkelt 376
nefprideltig 376
Geftade 780
Geſtank 298
re 730
eitände 94
gefteben 190
@eitöber 1031
Geftüte 786 -
gelund 532
Aelunden 532
Betränt 302
getrauen 265
Geträufel 965
@etreibe 921
Getreide 720
Getriebe 921
Getröpfel 965
Gewächs 756
— Gewädes 756
Gewaͤchs — 757
Gewähr 1080
gewahren 852
währen 454
ewähramann 1089
ewahr werden 852
ewalt 1118
1219
— Gewalt 1119
Bewalt— 1119
gewaltig 1118
——— 1118
ewand 269
— Gewand 270
Gewand— 2771
gewandt 280
— gewandt 280
Gewann 279
Gewäſch 760
Gewebe 124
— Gewebe 124
Gewehr 991
Bewerb— 4%
Gewerbe 420
— Gewerbe 420
Gewerber 419
Gewerbs — 4230
Gewerf 429
Gewerk 470
Gewicht 119. 146
—Gewicht 146
Gewicht — 146
— 146
ewinde 268
—Gewinde 268
gewindig 268
Gewinn 227. 988
— Gewinn 227
Sewinn— 228
ewinnen 2326
ewinner 227
Gewinnſt 227. 983
Sewinnfucht 228
Gewirbel 421
gewirbig 419
Gewirr 407
—Gewirr 407
gewiß 571. 888. 944
ewog 136
un 130
ewohnheit 39
ewohnt 625
ewölbe 1046
gezählt 548
—BGezeug 1088
a 843
esiemen 46
ezücht 1085
gibt, es 483
giebie 494
ier 106
ieren 340
iefche 541
77%
Gie
gießbar 975
gießen 973
Gießer 975
—Gießer 975
Gießerei 975
gießig 975
gest 975
ift 480
— Gift 500
Gift — 500
Gilde 170
aut 169
impel 385
a 272. 387
ifcht 105
Glanz 185. 800
ae 185
lad 800
fatt 800
lage 00
glauben 77
gleich 855
glei 856
Gleich — 858
DEN 217
leiche 857
gleichen 855
Gleicher 857
Gleicher — 858
gleichfalls 860
gleichförmig 859
feihgi(ä)itig 169
—*68 857
ging 857
leichmaß 552
Gleichniß 860
a en
leichun
feihwo a 860
bieip 82 837
leißen 185. 836
Öfeißner 837
Bleite 800
leer 798
(eticher 800
Gletſe 800
Glicker 990
Glidlohn 819
lied 816
Glied— 816
Glieder — 817
gliedern 816
Gliedmaß 556
1220
glimm 184
— 183
—* —
mer
I 810
fter 187
glinftern 187
glinzen 187
glitfchen 798
figen 185. 800. 838
litzer — 838
9 185. 836. 838
locke 334
gi en 509
luͤck 342
—Glüf 343
Gluͤck — 345
glüden 347
Glücker 990
ga 342
lũcks — 345
Glückſeligkeit 345
glühen 183. 800
lupen 510 —
nade 130
nädig 130
old 171
Golf 638
Goller 895
Golter 895
önnen 130
oſch 541
Goſſe 192. 976
Gotthelf 157
ottlos 66
ottſprich 883
Gottwillkommen 41
Grab 645
— Grab 645
Grab— 645
graben 643
Graben 645
— Graben 645
Graben — 646
Gräber 644
— Gräber 644
Gräber— 646
Grabes — 646
Gram 52
a 1008
ränze 928
gräßlich 615
gräten 809
grätichen 80,
grauen 615
un 615
raus 615
grauſen 615
Brazie 13
Grebel 648
Greif 792
je reifen 15. 787
veifer Eh
greifig 790
areiflich 790
reinen 387
renze 928
Gribesgrabes 649
Griebe 649
Griebs 649
Griff 791
— Griff 791
Griff — 792
Griffel 792
Grillenfänger 1124
Grimaſſe 49
Grimm 52
grijjelich 615
arob 704
Grobzeug 2%
Hi: 25. 232. 636
großfprechen 232
großthun 232
Grotte 10
Grube 645
— Brnbe 685
Grübel 648
rübeln 205. 648
ruben— 6146
grüben 648
N rübig 648
ruft 646
Grund 246
aründen 788.
al 246
rundfaß 216
rünen 282
ruß 41
grüßen 41
uden 509
ulden 171
Gült — 170
Guͤlte 170
—Bülte 170
aültig 169
Gümpel 385
Gunſt 180
Kanne 130
ünftling 902
zurgel 388
ſuſch 541
Juß 976
-&uß 976
3Suß— 977
utfagen 454
utfein 454. 982
utthätig 494
wann 279
H.
aben 231. 595. 639. 1105
Jabicht 639
dabſucht 228
dacke 1181
yaden 1181
dader 810
dafen 637
Dafen— 638
Daff 637
Daft 231. 639
—haft 231
yaften 231. 454. 1105
Dag 625. 1091
yager 384
Daten 1181
yalb 144
yalben 144
yalber 144
Halde 12. 294
Hall 329. 472, 473
Dalle 475 n
ballen 325. 473
Saller 475
Halm 12
Hals 211
bafeftarıig 211
Halt 1111
— Halt 1111
Halt — 1115
halt 13, 1116
halten 1103
Galä)iter 1109
Hältnig 1116
Haltung 1110
Halunk 1027
Hand 170. 915
Handel 420
bandeln 603
handlich 551
Handwerk 170
Hang 922. 1133
— Hang 1133
Hala)ng— 1185
1221
Sängel 1132
bangen 1128
hängen 1128
Sänger 1132
— Hänger 1133
Hängnig 1135
Hanswurſt 834
Harlelin 834
Harm 52
barren 776
bart 253
bartnädig 211
barwift 537
haſchen 109. 787
Hälcher 108
baftig 750
Hau 1183
Sau— 1183
Haube 8
hauchen 837, 1167
Haue 1183
bauen 1180
Hauer 1182
Häner 1182
Sauer— 1183
Hauet 1184
Haufe 639
häufen 654
Haupt 8
Haus 703. 1001
Haushalt 1114
banshälteriich 1114
häuslich 1074
Hausrath 1182
Heb — 636
Hebe 634
Hebel 634
— Hebel 635
Hebel— 635
beben 629
Heber 635
Hechel 1069
becheln 1069
Heer 111
Heerbann 1018
Heerführer 748
SHeerfürft 748
Heerſchar 111
Hefe 105. 256. 639
Hefen— 639
ar 231
heftig 729
hegen 625
Hehl 8
hehlen 6
*
Hehler 8
heilen 582
beilfam 717 .
heimifch 601
Heirath 1161. 1168
heirathen 1163
Heirathsgut 497
heiß 468. 1179
heißen 5. 238. 1178
— heit 666. 806
heiter 474
heizen 1179
Helbe 11
Held 8
— Held 9
Helden— 8
Helf — 159
helfen 156
Helfer 159
— Helfer 159
Helfersbelfer 159
Helferifh 161
Helf Bott 157
beiflih 161
beil 474
Hel— 474
Hellebarte 8
hellen 474
Heller 475
bellig 474
Helm 8
— Helm 8
Selm— 8
hemmen 1106
Henkel 1132
Henkel — 1133
Henker 109. 1132
Henfer— 1133
berabwürdigen 608
Herauch 10
herausgeben 440
herb 828
Herberge 444
berbergen 445
Herbft 530
Herr 56. 1017
Herrauch 10
berrifh 1017
ber:tih 56
berum 351
Herumfchwärmer 870
Herumftseicher 870
Herz 128. 215
Herzeleid 52
Herzog 748. 1081
Heu 1184
Heu— 1184
heucheln 837
Heuer 1184
Heuet 1184
beulen 386
Heurath 1163
Heuichrede 100
hickeln 306
Hieb 1183
Hieber 1184
biebig 1184
bilfbar 161
Hilfe 160
-— Hilfe 161
Hilfe— 161
hilflich 161
Hilfs — 161
Hilich 497
hin 145
hindern 1105
Hingang 564
hinten 305
Hinter 306
Hinferei 306
binfig 305
hinreichend 337
hinrichten 683
Hinicheid 564
hinter 599. 1108
Hintere 599
hintergeben 1060
binterbalten 7
Hinterlift 690
Hinterfaß 193
hinzufügen 606
binzutbun 607
Hitze 468
hoch 25. 632. 686
bohmätbig 751
Hoͤchſt 783
bochtrabend 467
Sochzeit 1163
Hode 1048
Höder 1048
Hof 639 \
Hoffart 751
boffärtig 751
hoffen 522
Hoffnung 897. 522
—X
1222
— —
Höflichkeit 900
bofmeiitern 606
Hofſchranz 259
hohl 9
Hohl — 9
Hoͤhle 10
—Hoͤhle 10
höhlen 10
hold 12
holen 339
Hölle 9
Höllen— 9
hölliſch 9
Holitein 623
Holunder 9
Holzſtoß 933
Horbel 471
Horde 471
hören 21
Horizont 324
Horn 447
Hufen 69
Hub 636
Hub 636
Hube 637
Hüdsel 637
hübſch 889
Hude 1048
budeln 107
Huf 638
bumpeln 305
Hundsfott 1027
Hunger 538. 1198
Dunger— 1136
bungerig 1186
Hulü)ngern 1136
Hungers— 113
büpfen 366. 639
Hure 692
Hurenfind 692
Hurerei 1085
Burtig 850
bufchen 762
Sut 831
büten 631. 801
Hymne 362
J.
Idee 792
Imbiß 826
immer 776
immerwäbrend 776
Ims
Inbegriff 702
indeßien) 361
Sugefinde 225
ingleichen 857
Snländer 601
inne haben 598
innen 278
inner 278. 786
innerhalb 278
innerlih 278
Snnung 170
Inſaſſe 601
inftändig 815
Snitinet 922
intereflaut 146
inwendig 278
Inwiek 637
Juzicht 9586
irre 210
irren 515
Sırfal 516
Irrthum 516
Irruug 516
Itwiß(z) 943
Jod.
ja 403
ach 729
Bade 895
jagen 917
jäbe 729
äblings 850
Naht 898
jäbzomig 7239
Nana 319
jämmerlich 338
janımern 332
janfen 387
jäten 560
jaueln 387
jedennoch 861
:Derzeit 786
:Desmal 786
edoch 861
oh 657
zoppe 885
hoppel 895
ubeln 268
ucken 649
zucks 264
ung 424. 1081
ungen 424
Xünger 1081
Sungfernfind 693
Zuppe 895
Suppel 895
8.
'alt 1038
Kälte 1088
Ramerad 208
Kamin 1012
Kamiſol 895
Kammer 203
Kampf 55
Fampien 148, 809
Kampfplag 700
Kannengießer 976
Karfreitag 8832
farmen 332
farmien 332
Karit 1183
fafteien 1086
Kaften 656
faudern 772
kauderwelſch 772
kaufen 603. 765
Kebstind 692 _
Kebsweib 692, 1156
Kehle 388
kehren 76. 272
Kehricht 1029
Kehrſel 1029
keichen 1167
feifeln 172. 792
teifen 172. 792
Keifer 793
feimen 1004
feineöwegs 144
Kerbe 828
Kerker 11%
Kern Mi
kernhaft 411
Kette 340
feuchen 1167
1223
Keule 697
keuſch 1036. 1084
fiefen 792
tieren 1035
fiefen 528. 1035
Kiefer 1036
Kiff 793
fippeln 792
kirren 272
Kilte 656
Klad 324
Klaff 462
klaffen 462. 759
kläffen 462‘
Klage 331
— Klage 331
Klage— 333
flagen 331
Kläger 333
fläglich 333
flamm 181
Klanıme 182
Klammer 182
klammern 182
Klang 329
— Klang 229
Klang — 330
Klank 334
klanken 334
klappen 759
klappern 759
klar 400. 474. 772
klatſchen 750
Klau— 1021
Klaube— 1020
flauben 1020
Klauber 1020
Klaue 638. 1021
klauen 1021
Klauen— 1021
flauern 1021
Kleb 908
Kieb— 907
fleben 651. 907
Kleber 907
kleberig 907
fiebig 907
fleiben 906
Kleid 271
Kleidung 271
flein 690
fleinlaut 680
fleinmüthig 690
flemm 181
Klemme 181
tlemmen 180
Klemmer 181
Klengel 334
Flengien 326
Klenkel 334
klenken 334
Klepper 195
Kette 179
flettern 179
fleuben 1020
Klider 990
lieben 839. 1020. 1117
Klimm— 180
flimmen 179
Klimmer 180
flimpern 182
Kling— 328
Klinge 328
Klingel 328
Klingel— 328
flingeln 326
flingen 324
Klingen— 328
Klinger 327
flingern 326
Kliugklang 328
flingien 326
Klinke 334
Klinfer 328
Klinſ(z)e 835
Klipp— 908
Klippe 907
Klippen— WS
flimwern 10230
Kloben 932. 1021
Kloben— 1022
floden 334
floyfen 678
flöven 1020
Klüder 990
Kluft 10. 835. 932. 1021 '
— Kluft 1021
Kluft— 1022
Klufter 1022
fluftig 1021
Hug 772
Klüngel 334
Klunfer 334
Klunfe 835
fnadeu 475
Knall 472
Knall — 475
knallen 476
fnapp 181
fnattern 566
tnatichen 566
tnattern 566 -
fnaupeln 1020
fnautfchen 566
Knecht 896
Kneif 794
kneifen 793
Kneip 794
Kneip— 79
Kneipe 794
tneipen 793
Snet— 565
fueten 565
fnetihen 565
fniden 475
Kniff 794
Knipps 794
Knirps 794
fnirren 471
knirſchen 474
Knittel 566
kniſtern 566
Pnitfchen 471
fnittern 566
Knoblauch 1022
Kuödel 565
Knopf 231
Knoten 566
fnotfcheln 566
knötſchen 566
knüpfen 231
fuutfchen 566
Knüttel 566
kochen 104. 959
todern 76
Koffer 656
Kolben 12
Koller 895
fommen 27
kommlich 30
tünnen 289
Kopf 676
Kopfnuß 471
türen 1035
Korn 4
Körper 894
er 1037
koiten 164. 1036
Strabbe 306
krachen 475
Kraft 786 ⸗
fräftig 786
Kralle 1021
Krammetsvogel 182
Krampf 182
1224 BR
franf 719 -
fränfen 719
fragen 649
frauen 649
Krebs 306
freiichen 875
Kreilcher 876
Kreuz 319
Kribskrabs 649
Kriebs 649
Kriech — 1014
Krieche 1014
kriechen 1013
Kriecher 1014
friegen 30. 950
Kringel 352 -
Sringen 352
Krifcher 875
Krittler 840
Krolle 353
Krume 71
krumm 10493
frümmen 1042
Krüppel 306
früppelig 306
fuden 509
Kummer 52
fümmerlih 413
Kumpan 203
fund 289
fündig 289
Kunft 42
— Rınft 44
fünftig 42
fünfh 1036
Kuppler 419
Kur 1036
Kur— 1036
füren 528. 1035
furieren 532
Kurzweil 921
Kuß 1037
füllen 1037
Küite 750
2.
Lad 655
Lad— 657
Lade 655
— Lade 656
faden 653
Laden 656. 658
— Laden 656
Lader 656
— Luder 656
Lage 572. 770
— Lage 5723
Lägel 587
Lager 584
— Lager 585
Rager— 586
lagern 585
lahm 305
Laib 203. 906
Laich 498. 863
faichen 498
Land 601
Landesfind 601
Landfahrer 870
Zandlänfer 870
Landſpitze 446
Landſtreicher 870
Zanditrih 871
Landiturm 1018
Landzunge 446
fang 335
Lang— 337
langen 338
Langeweile 337. 1008
laͤnglich 336
Langmuth 338
längs 336
fangfam 336
langweilig 336
fanywierig 338
laß 740. 1177
—Laß 1175
Laß— 1176 i
faffen 1170
fällig 740. 1177
täplih 1177
Laſt 657
Kalter 66
lafterbaft 66
läftern 840
läftig 658
lau 468
fauern 519
Rauf 633. 11898
— Lauf 1189
Rauf— 1192
Zaufel 1188
fäufeln 1188
laufen 189. 192. 1184
Lönfer 1188
— Läufer 1189
?äufer— 1192
äufern 1188
Aufig 1191
?äufte 1189
augnen 1059
?auigfeit 468
aulich 468
taune 1008
aunifch 1008
daut 329
auten 325
äuten 680
deb — 900
rebe — 900
eben 897
hen 898
Reben 898
chen— 900
ebend 899
ebendig 899
tebens— 900
rdebensart 900
ebhaft 899,
cbig 899
eblos 899
rebſucht 1090
ed 189
eden 180. 386
Leder 255
edig 658. 819, 1040
eer 9. 531
Leg — 584
rdeg(e) 584
egbar 583
legen 574. 608
deger 583. 584
—Leger 583
eglih 583
eafam 583
tchen 953
dehen — 953
tehend— 953
2chne 294
ehnen 147. 455. 781
ehren 531. 937
tehrling 1081
Leib 894
teibchen 894
eibeigen 896
eiben 894
eibhaft 896
eiblih 896
zeibzucht 1090
1225
Leiche 868
Leichnam 863
feichtfertig 750
Leihtfinn 212
Reid 813
Leid— 815
leid 813
leiden 708. 813
Zeiden 319
Leiden— 815
Leidens — 815
Leidenſchaft 140
leider 813
leidlich 716. 813
leidſam 813
Leih — 953
leihen 455. 576. 952
Leiher 953
Rein 2
Leinwand 271
Leit— 818
Leite 294. 817. 819
leiten 731. 817
Leiter 817. 819
Leitungs — 818
Lende 697
lenken 272. 731
Lenz 342
fernen 511
lesbar 530
Leſe 529
— Leſe 529
Lefe— 530
lefen 77. 527
Refer 529
—Lefer 530
Refer— 530
Leſerei 529
feuchten 185
leugnen 1059
Leumund 840
—lih 47. 863
licht 474
Lidlohn 819
Liebesdienft 1100
Liebhaber 881
Lieblich 24
Liebling 992
Liebftödel 95
Lied 361
fiederlih 1083
Liedlohn 819
liefern 190. 440
Liege— 572
liegen 567
Zieger 572
Linie 871
Lift 856. 581. 600
liftig 690
foben 867
lobpreifen 934
Rode 353
loden 342. 836
Lode 183
Iodern 183
Lohn 166. 935. 954, 1113
fohnen 166
Löhnung 11183
2008 506
los 231. 750. 1040
Loͤſch — 155
loſchbar 155
löſchen 154
Löſcher 155
löſchlich 155
Löfe— 1041
löfen 980. 1040
Löſer 1040
losfeuern 984
(öslih 1040
losfagen 485
Loß 506
Lölo)fung 1040 _
Loth 194
Rotterbube 1024
Luder 255. 539
füderlich 1083
Lug 1058
Lüge 1058
Iugen 509
lügen 1057
Lligen— 1058
Kügner 1058
Lump 1026
Zumpen 1026
Zumpenbund 1026
Zunge 342
lunf(sJein 1153
lunſ(z)en 1153
Luft 340. 546. 1041
füften 340
füftern 340
Iuftig 899. 1175
Zuftigmacher 834
fuftwandeln 1139
M.
machen 222. 578. 752
Macht 20
mäben 924
Mahl 574
Mahl — 725
mahlen 724
Wahlſchat 497
Mahlzeit 574
mahnen 229. 5356. 1158
Makel 606
mäfeln 006
Mal 786
malen 831
Malter 7236
mandı 8%
Rang ei 67
mangeln 6 64. 410
manigfalt, —ig 990
229
Marktichreier 878
Marodeur 1080
Mari 68
Marter 461
martern 461
Map 549
—Maß 554
Maͤßchen 556
maßen 549. 550
Maßgabe 558
Map 2 556
mäßig
we 381
mäßigen 243. 550
Mapleid 1009
maßleidig 1009
mäßlich 519
Mapregel 552
matt 1078
Matte 914
Maul 541
Maulaffe 510
Manlichelle 471
Maulwurf 432
Mauraff 433
maujen 14
maupen 426
Mautih) 167
Maxime 216
Meerbuien 638
Mehl 725. 109
Mehl — 725
Mehlthau 7236
meiden 924
1226
nteinen 556
Meifter 606
meiſtern 608
meipe(l)n 556
Melchthal 481
melden 957
mei 479
Melk — 479
melken 478
melkern 481
Melm 726
meſſen 74. 540
Meſſer 556
— Mefler 549
Meßt 556
Metze 556. 557
Debger 700
Mepgler 700
Meuchelmord 693
meucdeln 698
Menterei 642
Miever 895
Miene 49
Miethe 401
miethen 401
Milbe 726
Milch 479
—Milch 479
Milch — 480
milchen 479
Milcher 479
mild 551
mildern 551
mildthätig 494
Mill 726. 1020
Miltha 726
Milthan 726
Minne 229
miſſen 46
Miſſethat 67
Mipiallen 1007
mipglüden 347
Mipgriff 516
mißhandeln 815
mißhellig 720
Mißhelligkeit 720
miplingen 335
mißnehmen 23
mißrathen 385
Mißvergnügen 1007
Mitarbeiter 160
Mitgift 496
mitbin 999
Mitleid 814
mitnichten 144
mittheilen 482
Mig 556
Möbel 1162
Mode 9. 39
Moder 69
Molde 432
Molderoff 432
Molke(n) 479
Molken — 479
Molpert 432
Molter 7236
Molterhaufe 432
moltern 7236
mondſüchtig 288
Moor 69
Moraft 69
Mord 682. 983
nıcrden 682
Morgen 496. 1149
Morgengche 496
müde 1178
Müder 895
mũhen 633
Mübl— 7235
Mühle 735
Mühlen — 735
Mulde 736
mülfern 726
Muüll 726. 1039
müllen 726
Müller 725
Müller— 736
Mund 540
Miünde 971
Mündel 627
Mündling 627
Mündung 971
munter 399
Münze 167
mürriſch 1008
Mus 574
müjlen 556
Muth 69
Muth 205. 633
muthmaßen 555
mutbwillig 751. 1175
N.
nach 553
naharten 683
nachdenfen 307. 579
Radfahrer 739
tachfolgen 559
tachgehen 559
tachgiebig 487
tachgrübelu 207
tachguden 515
uahläffig 740
ıachichauen 519
ıachiehen 487. 514
Radhficht 487
ıachfichtig 487
achſuchen 74
Rachtbeil 70
ſtachtwandler 288
Rachwelt 40
Rachzügler 1080
Naden 211
Ragel 721
Ragel- 722
tageln 722
tagen 721. 1021
ıabe 344. 558
Rabme 35
—Nahme 25
Rabhr-— 583
Räbr— 533
ıäbren 532
lährlich 538
Rabhrung 538
NRahrung— 588
Rahrunge— 588
Rame 26
Rarrentheidung 405
tajeweis 939
atürlich 602
Rebel 460
ıebenbei 1193
Reffe 946
iehmen 15. 787
Rehmer 23
—Nehmer 28
eigen 306. 1042
Reigung 922
ıein 1059
iennen 26
ıeuerdings 408
ıeugierig 939
Reurode 70
nicht 144
Ridhte 945
richtsdefloweniger 860
nichtsnutzig 437
iden 306 -
viederlaflen 633
viederfchluden 91
1227
niederträdhtig 718
ae 278
niedrig 608. 719
Nieß 978
niegbar 978
Nießbrau 978
Nießer 978
nießlih 978
Nießling 978
Nießung 978
Niete 56
nieten 278
—uiß 777
North 278. 319
Nothdurft 412
nöthig 278
nöthig haben 412
nötbigen 897
nothwendig 278
nothzogen 1080
nothzüchtigen 1081. 1086
Nu 849
nun 849. 989
nuflen 471
Nup 982
Nup— 983
nußbar 717
nüge 436. 982
Nupen 227. 982
nußen 273. 981
nügen 981
—nutzig 982
—nüpig 982
nüglih 717
nußlos 437
Nupnießung 978
Nutzung 978
D.
ob 145. 862
ob aud 862
obgleich 862
Dbliegenheit 288
obligieren 235
Obmann 715
obihon 862
obwendig 278
obwolh)l 862
obzwar 862
Dde 362
Ddem 1167
Odin 661
offen 957
offenbar 888
öffnen 957. 9096
obne 1098
obngefähr 1088
Ohr 21
Ohrfeige 471
Ohrſauſel 471
Drdalien 82
ordentlich 558
ordnen 5
Ordnung 703
ores 540
oreflig 540
Drient 1149
Ort 446. 606. 781
Oſt 1149
ofen 85 958
P.
Mad 225. 246
Pallaſch 151
Pallaſt 1001
Panier 247
pappeln 759
pafien 46
Deh 597
Pedell 1019
El, 1103
ein 461
peinigen 461
Bin 793
Pfad 141
Dfand 611
eg
eife
—Bleife 795
pfeifen 794
Pfeifer 795
Pfeifer — 796
Pfeifholter 1108
Pfeiler 777
pfetzen 793
Pfr 796
pfiffig 680. 796
Dilanze 756
Ben 626
— Pflege 637
Pflege— 627
pflegen 624
Pfleger 625
— Pfleger 626
pfleglich 627
pflegfam 627
Pflicht 238. 628
— Pfliht 6%8
Pflicht — 628
Pflichten — 620
pflichten 628
pflüden 61
Pflug 629
Brote 638
Phantaft 1124
phlegmatiſch 741
Pfragner 724
Pilger 287
Pilz 177
Pinſel 385
pinfeln 887 M
pinfen 887
pipen 794
Plack 461
Miaderei 461
pladderu 542
Plage 461
plagen 461
Plakes 462
Plan 430
plappern 759
Plaͤrre 541
plärren 541
platterdings 403
Platz 781
plagen 51
plauderg 758
plöglich 850
plunp 163. 411. 704
plündern 14
pochen 678
Port 638
Portion 96
ik 395
Poſſenmacher 834
Poſſenreißer 834
prahlen 232
Brabler 232
Prahlhans 232
Praufe 538
praß 52
prafleln 52
Preis 437. 934
— Preis 935
Preis— 935
preifen 5. 934
Preiſer 934
preislich 984.
prefien 821
Prophet 518:
Pſalm 362
Pudel 824
1228
Bumpes 691
pußen 762
D.
quabbeln 126
quadeln 759
quaden 878
Quackſalber 878
Dual 160
— Qual 460
Dual— 461
Duäl— 460
Dualen— 460
quälen 480
Duäler 460
Quaãlerei 460
quälerifch 460
Qualm 159
qnalmen 459
quarren 387. 877
Quell — 458
Quell(e) 875. 457
—Duell(e) 457
Duellen— 458
quellen 456
Queller 458
quellig 458
quirren 387
quitt 886. 1040
Dutttung 886
Rache 98
Rache — 98
Rachen 888
raͤchen 97
Näcer 98
— Räder 98
Nädelsführer 748
ragen 872
Rain 196
Rand 195
Tangeln 355
sangen 355
rangieren 354
Nanf 355
Ranke 356
—Ranke 356
Nänfe— 356
ranfeln 356
ranfen 356
Raufen— 857;
raſch 850
trafen 660
Rafen 536
Kath 1160
— Rath 1161
Ratb— 1164
rathen 556. 1157
Rather 1160
Kath halten 636
rätblich 1114
Ratbe— 1164
ratbfam 1114
Rath fchlagen 685
Rätbfel 1165
Rätbiel— 1106
tanben 14. 943
Räuber 942
Randy 460. 1011
—Mauch 1011
Randh— 1012
rauchen 1011
räucdhen 1011
Raucher 1011
Räucher — 1012
raäͤuchern 1011
Rauchfang 1012
rauchig 1011
räumen 24
rauſchen 303
rebben 309
Rebe 356
rechnen 680
recht 296. 588
Recht 83
rechtfertigen 404
Rechtfertigung 404
Rede 99
reden 872
reden 73. 77
tedlich 665
Reede 780
Regel 215
regelmäßig 553
Reib — 909
Reibe 909
Reibel 909
reiben 650. 908
Reiber 909
Reiberei 2398
reich 339
Reich 339. 703
reihen 339
reichhaltig 494
eif 851
in 844
ifen 727
eifiger 808
eiß — 834
ißen 831
eißer 833
Reißer 838
eit — 803
eite 676
iten 727. 800
eiter 802
Reiter 802
eiter— 808
eiterei 802
itern 196
eiters — 803
24. 835
eis 835
eiz — 836
izbar 836
izen 835
flen 196
:mmeln 196
nen 355
‚enn 195
'enn— 195
enne 191
nnein 196
nnen 192
tenner 194
tennfal 192
let 393
teue 8183
suen 813, 1006
Ihede 780
ibeln 909
ichten 197. 296
tichtmag 552
tichticheit 552
tichtichnur 552
tieh— 1010
tiechel 1010
iechen 297. 1009
tiecher 1010
iejeln 138
tif 907
tinde 165
ting 348. 850
-NRing 350
ding — 352
ing 357
tingel 352%.
Ringel 353
ingeln 311. 353
1229
ringen 148. 847. 800
Ninger 350
ringern 357
rings 351
Rinne 19
— Rinne 192
Ninne— 192
rinnen 138. 180
Rinnſal 192
Ninnfel 191
rippeln 909
tippen 909
riſch 850
Riß 833
— Rip 833
Rift 834
Ritt 802
Ritt — 803
Ritter 802
— Ritter 802
Ritterheit 806
Ritters — 803
Ritz(e) 834
ritzen 834
röcheln 1018
rödeln 196
tollen 196
Rone 196
Nonne 192
Roß 125
Roͤſt 1157
röften 1157
Motte 772
rotwelih 772 -
Ruch 1010
Ruch — 1011
Rücken 1048
rüden 1060
Ruf 1195
— Ruf 1195
rufen 877. 1192
Rufer 1195
—Rufer 1195
Ruhe 947
ruhig 936
Ruhm 631
rühmen 631
rühren 771
Ruine 933
ruinieren 409
rumpeln 1091
Rumpf 894
rungenieren 409
Nungenfchaft 350
Runke 356
Runne 192
Rund 192
Runſe 192
Nunſel 191
Runzel 1108
Rüſſel 542 '
rüften 901
Rüftung 99
ruunßen 303
S.
Saal 745
Saalbader 759
ſaalbadern 759
Säbel 151
Sache 149. 228. 403
Sachſen 623
Sachwalter 228
Sack 653
ſacken 728
ſagen 73
Salbe 878
Salber 878
Salz 782. 1120
Salz — 1120
ſalzen 1120
Salzwedel 1121
—ſam 1094
ſammeln 527
ſanft 551. 946
Sanfimuth 551
Sang 361
—ESang 362
Sang— 364
Sange 362
fängeln 862 \
ein er 351
Enger 360
Säng er— 361
Sarıaf 151
Saflfi)e 492. 000
— Sajle 601. 602
fatt 1009
Sattel 621
— Sattel 622
Sattel— 622
' fatteln 621
Sattler — 622
Satz 617
—Sap 619
Sap— 621
Sabung 6. 621
Sau 264
jauer 828
Sauf— 967
_ 299. 966
äufen 967
Säufer 304. 967
Eauferei 967
fäufig 697
Salä)ug— 1063
faugen 1062
fäugen 1068
Eäuger 1063
fäugern 1063
Eäule 777
Saum 658
fäumen 1082
Scene 564
Echabab 850
Schabe — 650
ſchaben 649
Schaber 650
Schabet 650
Schabſel 650
Ihäbig 650
ſchachmatt 1178
Schacht 508
Schaf, Schaff 673 .
Schäffel 673
ſchaffen 661
Schaffer 666
Shärfer 673
Schafmer 665
Schafreit 676
—ſchaft 665
fhal 472
Schale 1. 262
fchälen 473
Schalt 262
Schall 329. 472
— Schall 472
Schall— 472
an 325. 468
halten 1023
Scham 256
Echämel 598
ſchaͤmen 256
ſchamhaft 1084
Ehand— 258
fhandbar 257
Schande 256
fhänden 257
Echänder 257
ſchaͤndlich 257
Schanze 1098
Schal 673
Schar 110
1230
—Scdar 111
Schar— 111
Scharbe — 110
ſcharben 110
ſcharen 112
Scharenheer 111
ſcharf 113
Scharf— 114
Schärfe 115
fhärfen 115.796
Edärflein 110
ſcharfſichtig 118
Iharffinnig 113. 212
Scharlah 112
Scharn 259
charren 118
Scharte 116
— Scharte 116
Scarten— 116
ſchartig 116
Scharwache 112
Schap 497. 680
fhäpen 680
fhauen 510
Schauer 117
Scanfel 1027
Schaufel— 1027
fhaufeln 1027
fhaulich 219
Schaum 105
Schawell 598
fcheei 510
Scheffel 673
Scheibe 1027
Scheid 928
Scheide 927
— Scheide 928
Scheide— 930
Scheiden — 931
ſcheiden 925
Scheider 929
ſcheidig 927
Scheidung 929
Schein 185. 512. 886
—Gchein 885
Schein— 888
fheinbar 887
cheinen 36. 186. 883
ganı 8*6
cheinlich 88T
Scheinung 887
Scheiß — 886
ſcheißen 886
Scheit 932
— Sheit 932
Sceit— 983
Scheitel 431. 933
Eheitel— 933
fheitelig 933
fheiteln 933
Scheiter— 932
fcheitern 933
Schelfe 12
Schell — 472
Schelle 471
—Schelle 471
Schellen — 472
ſchellen 468
Schellhengſt 473
ſchellig 473
Schelm 262
Schelt— 173
Schelte 173
ſchelten 171. 1023
Schelter 173
Echemel 598
Schemen 185
Scentel 697
fchenten 483. 487. 1171
Scher— 108
Scherbe 109. 110
icherben 110
Scherben— 110
Schere 108
— Schere 108
Icheren 106
Scherer 108
Schererei 108
Sherflein 110 -
Scherge 109
ihergen 117
Schergen— 109
fcheuern 118. 660
Scheune 780
Schicht 507
Schicht — 508
Schichtel 507
(ans 507
chichtig 508
—ſchichtig 308
Schick 505
(hidden 46. 32323. 503
ſchicklich 505
u. 506
hidfal 508
Schidfal— 507
chickſals — 507
chieb— 1025
yieben 1022
Schieber 1025
chieber — 1035
chieber 1025
— 1025
hdieblich 1025
chied — 931
hiedlich 929
chiedniß 931
chieds — 932
chiedsmann 715
chiedsrichter 715
hielen 510
:chiem 185. 891
bier 118
hierling 117
:chieß 987
chieß — 987
:hieße 987
bießen 983
:chiegen 987
chieper 987
schiff 678
-Schiff 673
:hiff— 675
hiffen 678
Schiffer 674
chiffer— 675
schiffs— 675
Schilde 473
hilchen 510
ehild 831
bildern 831. 910
Shifling 473
dhimmer 185
himmern 185
zhimpf 257
himvfen 257
ehind— 255
echindel 256
Schindel— 256
binden 254
Schinder 254
Schinder— 255
Zchinderei 255
Schindfeſſel 256
Schinvig 258
Schinken 697
Schirm 404. 994
chirmen 404. 993
din 836
hladht 55. 698
-Ehladht 699
1231
Schlacht — 700
ſchlachten 699
Schlachten — 700
Schlaͤchter 690
Schlächter — 700
ſchlächtig 700
Schlaf 1154
—Echlaf 1154
Edlaf— 1154
fchlafen 1152
Edläfen— 1154
Schläfer 1155
ſchläfern 1155
Ichläferig 1155
ſchlaff 1156
Schlafittich 698
Schlag 691
—Schlag 693
Echlag— 697
Schlage 696
Schlägel 696
Schlagel — 897
ſchlagen 53. 676
Schläger 696
--Schläger 696
Schläger— 697
Schlange 380
— Ehlange 381
Ihlängeln 383
Schlangen— 381
Schlängler 388
ſchlank 383
CS chläntel 384
ſchlanken 384
ſchlau 690
Edlaube 12
Schlauch 386
Echlalä)uder 284
Schlaue 12
Schlaufe 12. 962
ichlaufen 960
ihleht 705
fchlechterdings 403
ſchlecken 386
Schlecker 386
Schlegel 696
Echlegel— 697
Schleich 866
Schleich — 866
ſchleichen 864
Schleicher 866
Ecdhleicherei 866
Echleif— 798
Schleife 797
— Schleife 798
fchleifen 115. 796
Ehleifen— 798
Schleifer 797
Schleiß — 838
Schleiße 838
ſchleißen 838
Schleißen — 888
ſchlendern 1137
ſchlengen 384
ſchlenkeln 384
ſchlenkern 384
Schleuder 264
ſchleunig 850
Schleuße 998
Schleußen — 1000
Schlich 866
Schlich — 866
ſchlicht 578. 708
ſchlichten 578
ſchliefen 864. 900
Schlieffer 902
Schließ — 1000
Schließe 998
ſchließen 996
a 998
Schlieger— 1000
ſchließlich 998
Sdliff 797
Schling— 380
Schlinge 380
— Schlinge 380
Schlingel 384
Ihlingen 877
Schlinger 379
— Schlinger 379
fhlingig 879
Schlinke 380
ſchlinkenſchlanken 384
Schlippe 962
Schlippermilch 192
Schlittſchnh 808
Schlitz 8838
ſchlitzen 838
ſchlockern 8388
ſchlockſen 386
Schlonk 377
Schloß 451. 1080
— Schloß 1000
Schlo 1001
Schloße 1008
Schloſſer 1000
Schloſſer — 1001
Schlot 1012
Schlucht 962
—Edhludt 962
ſchluchzen 386:
Schluck 385
ſchlucken 384
Schiuder 385
fchlucfern 386
ſchlückſen 386
Shluff 962
Schlüffel 963
Schlufi 962
Schluft 962
fhlummern 1153
Edlund 387
— Schlund 387
8
7
ſchmeden 460. 472. 1010
Schmeer 478
fehmeicheln 837
ſchmeißen 424. 841
Schmelz 477
Schmelz — 477
Schmelze 477
ſchmelzen 475
Schmelzer 477
Schmelzet 478
Schmer 478
1232
Schmetterling 845
ſchmettern 471
Schmerz 814
ſchmerzen 229
ſchmieden 280
ſchmieren 867
Schmiß 843
Schmitz — 844
Schmitz(e) 843
ſchmitzen 843
ſchmodig 468
ſchmodrig 468
ſchmudig 468
ſchmutchig 468
ſchmuterich 468
Schmutz 843
Schmutzz — 744
ſchmutzen 843
Schnack 395
ſchnacken 395. 759
Schuait 141
Schnak(e) 394
ſchnarren 395. 728
Schnat 823
Echnatte 8%
fhnauben 1032 -
ſchnaubig 1032
ſchnauen 1033
fihnaufen 1032
fhnaufen 14
Schnauze 542. 1034
Schnede 395
Schnee 882
Echnee— 882
Schneid — 821
Schneide 821
ſchneideln 821
ſchneiden 819
Schneider 821
Schneider — 822
ſchneidern 821
ſchneidig 821
ſchneien 882
Schneiſe 141
chneiteln 821
chnell 850
ſchnepfezen 1034
Be 395
chnenzen 542
fhnieben 1031
Schnieber 1032
fchniffeln 1033
ſchnipfzen 1033
| nippifch 940
chnippſen 1034
Schnitt 8%
Echnitt 8%
Schnitt — 83
Schnitte 822
ſchnitteln 822
Schnitter 823
Schnitter — 83
Edhnig 823
Schnig— 83
Schnitzel 824
Ihnigeln 824
fihnigen 824
Schniger 824
Schniger— 825
fchnoben 1033
ſchnobern 1033
— p)ern 1033
chnopfezen 1034
Ihnüln)feln 1083
fchnupfazen 1032
Schnupf— 1033
Schuupfen— 103
fchnupfen 1033
Schnupfer 1033
en 103
dhnuppern 1033
Schuur 552
Schnurrbart 728
Schnurre 395
fchnurren 728
Edunß 42
Echnüflel 542
Schnute 542
Schober 1027
fchobern 1027
ef 673
Schöften— 673
Scholle 473
fon 862. 889
fhön 862. 889
Schön — 890
ſchonbar 391
Schönbert 891
ſchouen 891
fhönen 889
ſchonens — 891
Schoͤnheit 89
Schoͤnheits — 8%
Schonungs — 601
Schooß 992
Schopf 1027
Schopf— 671
ante 670
ſchoͤpfen 669
Schopfer 670
shöpfer— 672
chöpfungs — 672
schöppe 673
:choppen 676. 1027
shöppen— 673
borgeln 117
:chornftein 1012
:höß 992. 993
5hoß 990. 991
schäfjel 989
hößeln 992
hojjen 991
Schramme 835
Schranfe 928
chrankeln 308
dhränfen 928
Echranne 2359
Schranz 259
Schraubd— 10835
Schraube 1035
- Schraube 1035
Schrauben— 1035
drauben 88. 1034
Schred 101
Schred— 102
ve 101
hreden 99
Schreden 101 °
Schrecken 109
Schredend— 102
chredhaft 101
ihrediih 101
Schreckniß 101
Schrei 878
— Schrei 878
Schreib — 913
Schreibart 913
ſchreiben 5. 909
Schreiben 2234, 912
— Schreiben 912
Schreiber 912
— Shreiber 912
Schreiber — 913
Schreiberei 912
ſchreiblich 912
Schreibung 913
ſchreien 876
Schreier 878
ſchreieriſch 878
ſchreiig 878
ſchreiten 806
Schreiter 807
Schrick 108
Schrift 914
—Schrift 914
Schrift — 916
ſchriftlich 914
ſchrinden 258
ſchrinen 259
Schritt 807
— Schritt 808
Scritt— 808
Schrittſchuh 808
Schronne 258
Schrot 1198
— Schrott 1198
Schrot — 1199
ſchtoten 1198
Schro(oͤ)jter 1198
ſchrötig 1198
ſchrotten 1190
Schrund(e) 208
ſchrundig 258
Schrunne 258
Schub 1025
— Schub 1025
Schub — 1028
ſchubben 1027
Schuͤbel 1026
ſchübeln 1026
ſchuben 1025
Schübet 1026
Schubjacke 1026
Schübling 1025
Schuft 1026
Schulbe 478
Schuld 109. 238
fhuldig 238
Schuldigkeit 238
Schule 1081
fchulen 510
Schüler 1081
Schuitheiß 1079
Schulz 1079
Schund 256
ſchupfen 1027
Scupfen 1027
Schuppe 650
Ecdüppe 14037
fhüppeln 1027
ſchuppen 1027
Suppen 1087
1233
Schur 116
—Schur 116
Schur— 117
fhüren 117
Scdürer 117
Schurf 116
Schürf— 117
fhürfen 116
—— 117
chũrig 116
ſchurigeln 147
Schurke. 118. 262
fhurren 118
Schuß 988. 991
— Schuß 988
Schuß — 9%
Schuſſel 989
c340 995
fchuflelich 989
ſchuſſeln 980
Schuſſer 98B
— ern 889
ſchu
— 1028
fhütteln 654
ſchütten 654
Schutz 404. 093
Schuß — 994
Schüpe 993
€ hügen— 994
fügen 404. 993
Schuͤtzer 998
ſchutzig 988
Schügling 993
ſchwach 257. 1100
ſchwaͤchen 257
Schwalbad 468
Schwall 406
—Schwall 466
ſchwallen 466
Schwalm 468
Schwamm 177
—Schwamm 173
Schwamm— 178
Schwand 261
Schwang 892
fhwanger 396
—ſchwanget 397
ee 396
Schwank 8
— Schwanf 894
Schwank — 396
ſchwank 394
ſchwankel 394
ſchwauken 178. 985
78
Schwanker 396
fhwären 118
Schwären 119
Schwarm 122
Schwärmer 1124
Schwärmerei 221
ſchwarz 840
ſchwatzen 758
fchweifen 508
fhweigen 944
Schweiger 945
Schweigniß 945
ſchweigſam 945
fhweimen 178
Schwein 364
fhwelen 466
Schwell — 466
Schwelle 465
ſchwellen 464
Schweller 465
Schweller — 466
Schwellkopf 466
Schwemme 176
ſchwemmen 174
Schweng— 394
Schwengel 394
— Schwengel 394
Ssumne 894
Schwent— 396
Schwenke 396
ſchwenken 885
Schwenfer 396
Schwenkung 396
fhwer 119
—fhwer 119
ſchwer— 119
fchweren 121
fhwerfällig 168
Schwermuth 52
Schwert 151
Schwibbogen 1046
mie 945
Schwidtiger 945
Schwiele 466
fhwierig 121
Schwimm — 177
ſchwimmen 60. 173
Schwimmer 177
Schwind 260
Schwind — 260
Schwindel 261
— Schwindel 261
Schwindel— 2361
Schwindelei 221, 261
ſchwindeln 281
1234
fhwinden 259
Schwinderling 471
Schwindler 261
Ehwindfuht 380
Schwing — 392
Schwinge 391
— Schwinge 391
Ihwingen 888
Schwinger 391
— Schwinger 381
fhwören 639
Sdwörer 641
ſchwul 467
fhwül 166. 467
Scmwulität 467
Schwulſt 466
Schwulſt — 467
Schwuͤlſtling 467
Schwund 261
Schwung 308
—Schwung 893
Schwung — 893
Schwur 642
—Schwur 642
Schwur— 643
Sclave 89
Scrupel 430
ſechten 954
Sedel 622
See 344
Seele 348
ſehbar 519
Sehe 519
ſehen 808
Sehens — 519
Seher 518
—ESeher 518
ſehlich 519
Sehne 221. 340
fehnen 340
Sehre 122
feisht 955
Seifer 105
feigen 954
Seiger 955. 958
feigern 954
Scih— 954
Seihe 693, 954
eiben 954
ein 249
eit 221
Seitengewehr 151
felig 343
felten 1094
feltfam 1094
femperftei 2236
fenden 221
Eender 224
— Gender 2%
Sendichreiben 724
Sendung 224
Seneſchall 221
fengen 365
Sent— 396
Senke 294. 296
Sentel 296
fenfen 294
Senfer 294. 296
ſenkrecht 296
Senne 21
Sentenz 80
Errgeant 109
Seffel 598. 672
Eep— 617
ſetzen 6. 574. 003
Erper 614
Seßtzer — 614
Sicht — 521
fichtbar 520
fichten 954
—fihtig 5368
fihtlih 520
fidern 954
Sieb 954
In 56
n mw) 81
fie 260
Eiedel 6272
Eiede— 900
fiedeln 622
fieden 959
Eieder 959
fiedig 959
Siedler 623
— Siedler 633
Sieg 229
fiegen 229
fied 511
Simmel 247
Simſe 247
Sing — 300
fingeln 359
fingen 357
Singer 359
Einger— 361
Singhofen 363
Singſang 361
Sinfe 294
finfen 291
Einter 291
Sinn 308
—Einn 212
Sinn— 217
Sinnbild 216
finnbifdern 216
finnen 204
Sinnen— 217
Sinnee— 217
Einnetart 215
Einngediht 216
Sinngrün 212
finnig 209
finnlih 219
finnlo8 209
Sinnpflanze 221
finnreich 209
Sinufpruh 80. 217
—Sinnung 219
finnverwandt 217
finnvofl 209
fintemal 221
Eippfchaft 281
Sitte 39
Sittenanmutb 900
Sittengepräge 215
fittfam 770
Siß 597
Er 597
Sik— 600
fipen 594
Sitzer 597. 599
f
fogleih 857
Soble 777
fühnen 710
ſolch 863
Sold 1113
it 109. 238
omit 999
ſonach 909
1235
fonderbar 1094
fondern 926
forgen 515
Spache 204
Spalt 835. 1117
— Spalt 1117
Spalt— 1118
Spalte 835. 1117
—— 1117
palten 839. 1116,
Span DI —
fpänen 204
Spanferfel 204
Spann 201
Spann— 202
ſpaunen 200. 204
Spanner 201
— Spanner 201
—fpännig 201
fparen 550
parren 988
fyarfam 550. 1114
Spaß 884
Spapmader 834
Epaßvogel 834
Spat 120
— 880
pazieren 1139
Spei — 880
Speichel 880
Speichel — 881
ſpeicheln 880
ſpeien 879
Speier 880
Speiſe 532. 538
ſpeiſen 532. 337
Spende 485.
Spenel 199
Sperling 551
fperren 988
Speſen 533
Epiel 163
Spielraum 668
Epieh 252. 857
Spießbock 252
Spießgeſelle 857
Spillmagen 199
(piltern 1118
Spindel 199
Spindel— 199
Eyinne 198
Epinne— 199
Spinnen— 199
ivinnen 196
Epinner 198
Spinnerei 198
—pinnig 198
ſpiß 252. 262
Spitz 304
Spitzbube 262. 943
fpisfindig 251
Epleiße 839. 1117
fpleißen 839
fpleten 839
Spiett 839
Splint 841
Splinter 841
fpliten 879
fplitten 830
Splitter 839
Spilitter— 841
fplittern 839
fplitternadt 889
Splitterrichter 840
Sporn 722
De 870
potten 88
Sprad— 81 ‚
Sprache 80
—Sprade 80, 81
ſprachlos 81
Sprang 373
fpranzen 877
Sprech — 79
ſprechen 72
Sprecher 79
— Spreder 79
Spredher— 79
ſprechlich 79
1006
it en 877. 1008
preisen 377
Spreng— 876
Sprenge 876
Epreugel 376
fprengen 376
Epreuger 376
Sprentel 376
ſprenkeln 376
fprenzen 377
Sprichwort 80
Lasten 876
prießen 1003
Spring 372
Spring— 873
Ipringen 51. 365
Springer 872
Sprintel 376
Sprig— 1005
Eprige 1005
78 +
forigen 368. 1005
Spriken— 1005
fprod 51. 375
Sproß 1005
— 1005
Eproflel 1005
fprofien 1004
Sprud 82
—Epruch 83
Spruh— 83
Sprühwort 80
Sprung 373
— Sprung 374
Eprung— 375
Sprug 1005
Sprüße 1005
fprügen 368. 1005
fpuden 8830
Spuf 1140
fpufen 1140
jpülen 758
Spur 744
fpüpeu 880
Staar 417
Staat 786
Stab 77. 93
Stachel 88
— Stuhel 88
Stahel— 883
ftachelig 88
ftacheln 88
Stad 780
Stadel 779
— Stadel 779
Staden 780
Stadt 781
Stadt— 783
Städte— 784
Etüdter 783
— 1137
Stall 28
Stamm 49
ſtammeln 81
Stand 572. 769
— Stand 773
Stand— 777
Standarte 779
Stände— 777
Ständel 776
Ständen 776
Ständer 776
— Ständer 776
Ständerling 776
Standes— 777
ftandhaft 775
1236
fländig 769
—ftändig 769
Händifh 775
ſtändlich 769
Ständling 776
Ständuik 777
Stank 298
ftänfen 298
Stänter 298
ftänfern 298
ftapelu 1137
Stapfe 714
ftapfen 744. 1187
ftarf 417
ftarr 211. 417
Starr— 417
Stärre 417
itarren 417
ftarrföpfig 211
Starrfinn 211
flärzen 417
Stärzer 417
ät 785
ätig 785
ätiih 785
ats 786
Statt 781
— Statt 782
Statt— 784
ftatt 782
Stätte 781
— Stätte 782
Stätte— 784
ftatten 784
ftatthaft 784
ftattlich 786
Staub 725. 10238
— Staub 1028
Staub— 1080
auben 10238
äuben 1028
Stauber 1030
Stäuber 1030
ftäuberu 1028
ftaubig 1028
Staude 94. 786
ſtech 37
Stech — 86
ſtechen 83
Stecher 80
—Stecher 86
Sted— 92
Reden 89. 867
Steden 93
Steden— 93
Stedling 92
Steg 141. 948
Stege — 919
SEteh — 768
ſtehen 454. 768
Steher 768
ſtehlen 13
Stehler 18
ſteif 417
Steig 141. 948
—Eteig 948
Steia— 949
Steige 141. 8
fleigen 946. 949
Steiger 918
Steigerer 950
fteigern 765. 949
Steigerungs— 950
fteil 950
Steiß 598
Stelle 437. 781
ftellen 28. 574. 008
Stellung 770
Sterbte) 415_
Sterbe— 416
fterben 414
Sterbens — 416
Sterbet 415
ſterblich 415
Sterbling 417
Stern 318
Sterz 599
ſtets 82
Steuer 908
ſteuern 291. 297
Stich 87
—Stih 87
Etih— 87
Stichel 88
—Stihel 88
Stichel — 88
ſticheln 88
ſtichig 87
Stid— 93
Stidel 93
ftiden 93
ſtickßen 93
ftieben 1028
Stieber 1028
ftiebern 1028
ſtief — 6236
Stieg 141. 948
—Stieg 919
Stiege 564. 948
— Stiege 919
Stieglitz 950
fier 417
ſtieren 417
fiften 197. 875
Stifter 685
Stimme 77
flimmen 558. @05
Stint— 298
flinten 297. 1010
Stinfer 298
finfig 298
ſtipitzen 14
Stöber 1031
flöbern 1031
Stoder 89
Stocherer 89
ftohern 89
Stock 94
—Stof 95
Stod— 95
Stödel 95
fioden 95
nodie 95
dia 94
Rei 85
Stoff 1089. 1113
Stolle 28
ftofpern 798
ſtolz 751
Stör 870
Storcher 870
flören 291. 1106
Störenfried 298
GStorger 870 -
Storre 211. 417
ftörrig 211
8 211
Stoß 2002
Stößel 2002
in 33. 248. 1199
tößer 2002
ftößig 2002
flottern 2004
rad 296. 872
racks 850. 872
afen 98. 1086
Strabl 186
ftrablen 188
ftrählen 186
Strand 780
Strang 114
Straße 141. 545
ftrauben 611
1237
tränben 611
ftraubig 611
Strauch 95
ftraudeln 798
ſtrauchen 798
fireben 611. 829
Stred— 873
Strede 872
fireden 872
Streder 872
Streich 869
—Streih 869
Streid— 870
Streihe 869
ftreicheln 869
ftreihen 866
Etreiher 869
—GStreiher 870
ftreihig 869
Streit 810
— Streit 810
Streit— 811
a 811
eiten 148. 800
Streiter 811
a 811
reng 114
Strenz 233
ſtrenzen 238
— 368
reunen 233
Strih 871
—6trih 871
Strid— 8723
ſtricheln 871
Strid 380
ftrittig 811
Stroh 368
Strom 138. 971
ftrömen 139
Stromer 943
Stronz 233
Ernie 616
Strudel 421
firunzen 283
Strunzer 233
Struve 611
Stuf 96
Stück 96. 1
—6Stüd 96
Stid— 9%
ftüdeln 97
ftüden 97
Stud 780
Studel 780
Stuhl 28, 598
ftumm 81
Stunde 778
ftunden 778
Stunden— 779
Sturm 291. 680
- ftürmen 680
flürzen 57. 291
Stute 786
Stug 780. 2004
Stüße 780
ußen 2004
ügen 780
Styl 913
5*— 74. 328
uckeln 1068
Sud 959
Sudder 960
Sudel— 960
Sudelei 960
fubeln 844. 960
Suff 967
fühnen 716
Sulch 11%0
Sul; 1121
Sucü)lze 1120
fulzen 1120
Sumpf 69
Sumje 247
Sund 69. 179
Sünde 67
Eünder 66
Sündflut 321
fündigen 1001
Sunk 294
x
tadeln 606
Tag 898. 1038
Zanz 291
tanzen 291
Tappe 688
taͤppiſch 704
taften 7883
Tatze 638
taud 860
tauchen 7
taufen 292
taugen 504. 982
tauglich 504
taumeln 178
Taunus 1048
Tauſch 610
taufhen 610
tänfchen 1060
That 668
thäti
Theil 96
theilen 482
theuer 436
—tbum 666
tbnn 492
—— 311
tief 292
Tieffinn 212
tilgen 909
toben 680
Todſchlag 693
todt 682. 899
tödten 682
toll 660
tofldreift 131
toffühn 131
Tölpel 704
tölpifh 704
Ton 3%. 913
tönen 325
torfeln 178
traben 467
Tracht 718
—Tradt 718
trachten 721. 8239
trädhtig 397
— Trag 714
Trag — 714
tragbar 716
Trage 48. 718
träge 740
tragen 705
Träger 718
— Träger 713
Träger— 717
—* 718
ich 714
trändeln 1082
Tranf 301
—Tranf 301
Trant— 301
Traänke 304
tränten 804
Iränfer 304
trätfhen 58. 759
trauen 365. 1172
Trauf — 965
Traufe 965
Itäufel— 966
träufeln 963
traufen 968
träufen 9683
1238
Baus 814
. ua 814
:. — *
treffen 52
Treffen 55. 678
— Treffen 55
Treffer 55
trefflih 56
Tregel 713
Ireid— 920
treiben 916
Treiben 921
Treiber 920
treideln 1082
trendeln 196
treneln 196
trennen 926. 1117
Irenfe 1083
trenteln 1082
Treppe 564
Tret— 562
Irete 562
treten 557
Ireter 562
—Treter 562
treu 265
treudeln 1082
Trieb 318. 922
— Trieb 922
Trieb — 923
Triebel 923
Triebfeder 836
triebfam 923
Trief —
Trief — 965
triefeln 963
triefen 963
triefig 965
triegen 1059
Trieger 1060
Triefenet 880
triftig 57. 147. 923
trillen 107
Trint— 300
trinfen 209. 966
Trinfer 300
Trinkerei 300
Trifet 380
Tritt 562
— Tritt 5683
Tritt — 565
tritteln 562
trocken 955
trocknen 955
trödeln 1082
Trog 656, 730
Iropf 885. 965
Tropf — 966
tröpfeln 963
tropfen 083
Tropfen 963
Tropfen— 966
Irott 565
trotten 565
trüb 319
Irübfal 319
Truchſeß 602
Trug 1060
Trug— 1061
trügen 1059
Trüger 1060
Truhe 656
Trumm 933
Trümmer 933
Trunk 301
—Trunf 801
trunfen 302
Trunkenbold 804
trünfig 301
Tübingen 400
tüchtig 504
tückiſch 66
tündhen 867
Iwing 398
u.
Übeltbat 67
üben 1138
über 145
Uberbleibfel 893
Überblid 522
Aberdruß 338, 1008
ñbereinkommen 77
hbereinftimmen 77
Ülberfluß 893. 970
hherflüffig 398. 970
übergeben 367
überbäufen 634
überholen 36
überbüpfen 367
überlaffen 558
überlegen 128
überlitten 1060
ubermachen 222
übermannen 2329
übermüthig 688
überrafchen 1091
übderrechnen 684
überreden 733
Üiberreft 893
iiberrumpeln 1091
cher 222
überichlagen 468
überichütiten 654
überihwäle)nglih 392
überipringen 367
überfteigen 54
übertragen 609
übertrieben 551
überwältigen 229
überweifen 733. 987
überwinden 228
überwindlings 269
überzengen 733. 1088
Überzug 1079
Uſter 780
Uhn 386
um 351. 1192
umarmen 878
umbringen 682
um — des willen 999
umfangen 878
umfaflen 878
umgeben 348
umgeben 925. 1139
umher 351
umringen 348
umfchlingen 378
umfonft 169. 495
um — willen 144
umzechig 966
umzingeln 348
umzirten 348
unartig 704
unbefangen 1128
unbebilflih 163
unbeholfen 163
unbefonuen 221
unbeftändig 309. 775
undentlich 406
unedht 692
a Li 692
uneinig 720
unempfindlich 258
nnentgeltlich 160
nnentfäloffen 571
uneradhtet 862
Unflat 186, 844
unflätig 844
ungeachtet 862
1239
ungebunden 1088
Ungebürde 46;
Ulu)ngefähr 1098. 1192
—— 1109
ungeheuer 551
Ungeld 167
Ungemach 8318
ungefittet 704
ungeftäm 786
ungewiß 571
Ungeziefer 843
ungezogen 704
Unglimpf 840
Unglüd 318. 344
Unglüd— 8346
Unglüds— 346
Uubeil 344
unhöflich 704
unflar 406
unläugbar 888
Uninft 1007
unmäßig 551
Unmuth 1007
unmuthig 1008
unnüß 436
unnügli 437
Unpfliht 167
Unrath 8423. 1029. 1162
Unrecht 815
unfhläffig 395, 572
unfinnig 209
Unfpunnen 204
Unftern 345 -
unterfangen 20. 286
Untergebener 492
Unterhaltung 921
Unterredung 83
unterrichten 937
unterfagen 1016
Unterfaß 492
unterfchlagen 20
Unterſchleif 982
unterftehen 20. 266
Untertban 492
untertbun 492
unterweifen 937
unterwinden 21. 265
unterziehen 4235
Unthat 67
Untiefe 749
ununterbrochen 786
unverbrühlih 71
unverdroffen 668
unverfebens 521
unverzögert 850
unverzüglich 850
ah 147
unwillig 1109
Unzifer 843
Unzudt 1085
Na 888
uraͤß 540
urbar 716
urdrüß 1007
ures 540
Urheber 635
Urkunde 577
Urleug 587
Urfchlacht 619. 697
Urſchwinge 392
Urfprung 875
er 82. 618
Urtheilsfraft 772
V.
Vagabund 870
Vandale 290
ver— 752
verabreden 76
Verabredung 80
verabſchieden 234
veränderlich 282. 800
verändern 274
Beranlafiung 570
Berantwortung 404
verauctionieren 949
verbannen 918
verbeißen 90
verbellen 468
verbergen 7. 444)
verbieten 1018
verbindlich 287
verbleiben 273
verblüfft 57
Verbot 1018
verboten 1018
verbrancdhen 982
Derbrechen 67
Derbrecher 66
verbrecherifch 68
verbringen 263
verbuhlt 751
Derbund 244
verbinden 246
verdedt 92
Verderb 409
verderben 408
Derderben 409
Derderben— 410
9
Derderber 409
verderberifch 410
verderblich 409
Verderbniß 409
verderbt 409
verdichten 951
verdiden 951
verdienen 436
verdorben 409
verdorren 955
verdreht 1035
Verdrieß 1007
verdrießen 1006 .
verdrießtich 1008
verdrojjen 741. 1008
Berdruß 1097
verdunfeln 7
verdupt 58
verebelichen 1163
verehren 483. 590
Bereinigung 44
vereiteln 917
verfallen 16
verfangen 680
verfolgen 608
vergällen 829
Vergangenheit 1144
verganten 949
vergeben 487
vergebend 495
vergebli 495
vergegenwärtigen 443
Vergehen 67
Dergelt 169
vergelten 168
Dergelter 166
Vergeß 544
vergefien 344
—vergefien 544
Bergelfer 544
vergeuden 268
vergiften 500
Vergleich 858
Dergleih— 858
vergleichen 249. 378
Vergleichnngs — 858
Vergnügen 546
vergnügt 344
vergönuen 730
verbaften 1422
verhalten 7. 18
Verhalten 1074
Berhältniß 1074
verhandeln 608
Verhingui 506
1240
verbeblen 6
verbeimlichen 6
Derbeiß 1179
verbeißen 78. 1179
verheit 597 j
verhindern 1105
verjagen 918
verjubeln 263
verjudern 2394
verfamen 35
verfaufen 808
Verkehr 4230
verknüpfen 237
Berfnüpfung 237
Berlag 574
Verlags — 574
verlangen 206. 339
verläftern 840
verläumden 840
57
verleihen 482
verleiten 731
verlegen 560
verleumden 8340
verlieren 27. 1038
Verlies(ß) 1039
verioden 731
verloren neben 85
Derluft 1039
verinftig 1040
vermäblen 1168
vermefien fich 1239. 640
vermeſſen 131. 848
vermeifentiih 134
permiffen 46
Bernögen 1127
vermutben 558 .
verneinen 105%
Vernunft 23
Beruunft— 38
vernünftig 20. 772
verordnen 5
Verordnung 6
verpfänden 611
verpflichten 335. 398
derpicht 597
verrathen 958
Berrätber 1460
verreden 78. 640.
verringern 357
verrucht 66.
verrüdt 210
verrungenieren 408
Ders 616
verfagen 147
— 820
verjammeln 87
verichieden 929
verfchlagen 468. 630. 680.
7
verfchle(ä)udern 263
verſchlingen 378
verichloflen 93
verichinden 91
verfhmäben 689%
verihmerzen 239
verihmipt 600. 844
verſchnappen 78
verſchnupfen 1008. 1063
verichroben 1034
verihweigen 7. 944
verichwenden 263
verfhwiegen 95
Derfhwörung 643
verfehren 1223
verjeigen 954
verjeflen 596
verfeßen 439 .
verfihern 786
verfiegen 954
verſinnlichen 249
verfoffen 304
verföhnen 710
verforgen 515
Verftand 26. 308. 771
Beritand— 778
Verſtands — 778
verſtatten 730
Verſteck 92
verſteckt 92
verſtehen 21. 513
veriteigern 949
verftellen 837
veritopen 426
versiummen 944
verſtuͤrzt 58
verſuchen 149
vertagen 1023
vertbeidigen 44. IE
nn 204 Mi
Vertheidigungs — 406
vertbun 263. 453
vertiefen 2392
vertilgen 908
Vertrag 44
— Bertrag 747
Vertrags — 7147
vertrauen 1172
Vertrauen 522
vertreiben 604. 918
—Bertreter 502
vertrodnen 955
vertudeln 7
vertufchen 7
verhiben 1139
verungelden 167
verunglimpfen 840
verunreinigen 844
vervielen 1103
vervielfältigen 1192
verwänen 128
verwahren 881
verwahriofen 1178
verwalten 536
verwandeln 274. 333
verwandt 23830
— verwandt 281
verwarnen 1158
le 128. 131
verwebren 1108
verweigern 147
verweilen 892
Verweis 431. 944
verweifen 426. 918. 937.
943
verwerden 5836
verwerthen 485
verweien 535
Verweſer 536
verwinden 229
verwirren 408
verwirrt 406
Berwirrung 407
verwogen 128
verworren 406
verzaubern 1087
verzehren 378
verzeihen 485. 487. 956
verzetteln 264
Derzicht 485. 996
Verzicht —¶ 87
verzichten 485
verziehen 892. 1028
verzögern 10238
verzüden 1087
Veſte 451
Dieh 4. 1056. 1128
vielen 1103
Vielfraß 543
Doll 545
Volkslied 545
vollbringen 732
vollenden 732
volführen 783
vollftändig 41
1241
vollitreden 732
vollziehen 732
vor 752
vorbanen 1044
vorbeugen 1044
Vorbote 1019
Boreltern 740
Borfahr 739
Vorfall 492
vorfallen 486
Vorgang 492
vorgeben 274
vorgeben 486
vorbalten 4236
Vorläufer 1049
Dormund 627
vornehm 25
vornehmlich 25
vorrüden 426
vorjchießen 574
vorfchreiben 5
Borfchrift 6
Vorſchub 160
vorfhügen 274
Vorſehung 519
vorjegen 22
Borftellung 792
vorftreden 576
Bortheil 227. 983
vortrefilich 56
Vorvordern 740
Vorwand 162
vorwitzig 940
vorzüglich 25. 50
IB.
Mabe 1%
wabeln 126
wabern 128
wach 1155
Wache 113
wachen 411. 681. 757
Macs 756. 757
—MWachs 756
Mahs— 757
wachen 32. 758
Wachsthum 757
Wacht 113
wadeln 178
wader 411
EN 990
Waffel 125
Wage 131
—Wage 182
Wage— 132
Wagen 133
— Wagen 134
Wagen — 134
wagen 132
wägen 127
Wager 139
waglih 132
Wagner 133
Wagniß 132
Wahl 700
wählen 514
Wahlplatz 700
Wahlſpruch 80
Wahlſtatt 700
wahnfinnig 209
wahnwitzig 210
wahr 862
währen 338
Wahrfager 518
Mährwolf 408
Waidmaunn 37
Waiſe 943
wallen 283
Waller 287
Mallfahrer 287
Wallfahrt 287
walfahrten 744
PWalpode 1119
wälfh 772
Waltbote 1119
walten 1118
Palter 1118
Wamme 895
Wamms 895
Wampe 895
Wand 279
— Hand 279
Mand— 279
Mandel 282
—Wandel 282
Mandel— 288
wandelhar 282
Wandeler 286
wandeln 283
Wander— 288
Wanderer 230
wandern 284
Wanders — 288
Wange 682
Wank 309
wankel 300
Wankel — 310
wankelbar 809
wankelhaft 300
wanfelig 309
wanfelmäthig 309
wanfeln 300
wanfen 178. 309
waın 862
Warf 129
Warfel 428. 429
warm 468
Wärme 468
warnen 631. 1158
Wart 6235
Warte 113
Wärtel 625
Wärter 6%5
warten 625
wärts 4483
Waſch— 761
He 761
Waͤſche 760
wafchen 758
Waſchen 760
Wäfcher 760
er 761
Walen 536
Wat 659
waten 659
Watfch 471
watſcheln 659. 1137
wawrichen 126
Webe 124
Mebel 125
—Bebel 125
weben 122
Weber 124
— Beber 125
Weber — 125
Weberei 125
webern 126
Wechſel 610
wechſeln 610
wecken 899
Weg 141
— Weg 142
Weg — 142
weg 145
wegen 139
wegen (Präp.) 144
wegern 147
Weh 814
weh 814
wehen 290
Wehmutter 636
Wehr 991
Wehre 901
wehren 611. 631. 1105
1242
Weib 1163
Weibel 125
weich 874
Weich — 875
Weichbild 875
Weiche 874
Weichen — 875
weichen 637. 878
Weiher 874
weichlich 874
Weide 924
weiden 566
Beidmannn 87
weifen 126
weigeln 148
weigern 147
MWeibrauh— 1012
Meile 802
weilen 892
weinen 886
Weinleſe 530
Weis 933. 9483
weife 772. 939
—peife 940
Weife 40. 940. 943
— Reife 940
Weiſel 938
weifen 986
Weiler 938
—Weiſer 938
Weisheit 930
— Reisheit 939
Weisheits — 942
Weiskäufer 942
weislich 938
weismachen 282. 942
weiß 944
weisſagen 518, 942
weißagen 518. 942
Weißager 518
Weisthum 942
Weiſung 938
— Reifung 930
weit 570
weitfänfig 508
weitfchichtig 508
weitfchweifig 508
weiz(g)en 943
weisth)igen 948
welch 863
Welle 135
Welt 900 |
Wende 276. 290
Mende— 276
Wendehals 276
Wendel 276
Wendel — 276
wenden 13. 271
Bender 375
wendig 276
wenig 827
wenkeln 810
wenfen 310
wenn 862. 1099
wenn auch 8623
wennglei 862
I 863
Berbe— 40
werben 418
Werber 418
— Berber 418
Merberei 419
werbiam 420
Werch 204
werden 434
Beri— 429
Werfel 423
werfen 424
Werft 428
Werg 08
Berl 170. 204. 915
Werr 4107
Werra 408
Wertel 423
wertb 435
Wertb— 438
Werwolf 408
weſen 533
Weſen 103, 584
—Weſen 534
Weſen — 535
Weſpe 128
Weſpen — 1235
Veit 1150
Wetter 2823
wetterleuchten 858
wetterwendifch 282 »
wegen 115. 796
Bibel 125
wibeln 125
Wicht 385
widt 146
wichtig 146
Ride 111
wider 470
Biderleg 584
Widerrede 83
widerfinnig 79
widerfpäle)nitig 204. 211
Widerſpiel 619
widerfprechend 79
Miderjpruch 883
widerfteben 611
wiberftreben 611
widerwärtig 319
wie 862
wie auch 262
Wieche 11
wieder 470
Wiege 131
— Biege 131
wiegeln 148
wiegen 126
MWiegen— 131
Miet 637
Wieſe 536. 924
Miet 659
wieten 566
wiewol 862
Wildſchur 116
Wildwachs 756
willfährig 741
willin 24. 741
Willkur 1095
wimmern 386
Wimper 290
Kind 290
Wind — 269
Windbentel 282
Winde 268
Winde — 289
Windel 269
Windel — 269
windelweich 269
winden 13. 268
Winden — 269
Winder 268
Windhals 276
windig 268
Windlipps 232
Windmachen 232
Windmacher 232
Windmonat 200
Windsbraut 422
windſch 269
Windwirbel 422
Wink 307
—Wink 308
Winke 307
Winkel 308
Winkel — 308
winken 806
— —
winnelweich 260
winſeln 386
wippen 126
Wirbel 421
—Wirbel 421
Wirbel — 423
wirbelicht 423
wirbelig 423
wirbeln 422
Wirbelwind 422
wirken 323
Wirkungskreis 608
wirr 407
Wirr — 407
Wirre 407
wirren 405
Wirrwarr 407
wirſch 408
Wirfing 408
Wirtel 423
Wirth 445
Wirthſchaft 1114
wirthſchaftlich 1114
Wirthshaus 445
Wiſch 761
— Wiſch 761
Wiſch — 762
wiſchen 761
Ft 762
Wiſent 943
Wiſpel 673
wifien 518. 944
wiſthar 537
witich 761
wittern 1010
Witz 772. 944
wigel 944
wißig 209
wo 1099
Wodan 661
wofern 1099
Wog 136
Woge 135
—Boge 136
wogen 187
MWogen— 136
wogig 136
wobl 862
wohlthätig 494
wohnen 1001
Wohnung 1001
wol 862
wölben 1046
wollen 514
Wolluft 546
1243
Wonne 229. 546
worben 423
worfeln 433
worfen 433
Wort 323. 438
— Bort 440
Bort— 44
Worter — 441
Wrack 033
Macher 758
Wuchs 757
— Wuchs 757
wüchfig 757
—wüuͤchfig 757
Wucht 119. 147
Bunde 290
Runder 290
wunderbar 1094
wunderlich 1094
wunderfam 1094
Wunſch 230
wünfchen 340
Wuotan 661
Wuͤrde 437
— Würde 437
würdig 435
— würdig 435
würdigen 435
Wurf 423. 430
— Wurf 431
ar 432
Würfel 433
Würfel— 433
werfeln 433
Wurm 4. 988
Wurſt 834
Würtel 423
Muth 659
— Ruth 659
Wuth — 660
wüthen 659
3.
Zachen 1090
zackern 68
zähe 1090
Ba 1090
ahl 548
zählen 548
zahm 243
zähmen 243
Zank 810
zanken 810
japfen 870
es 870
auber 1087
zaubern 1087
zaudern 1084
* 1083
ehe 966
jechen 966
Sehe 956
zehn 957
zehren 260. 537
Zeichen 208. 958
zeichnen 2308. 831
Zeige— 958
zeigen 936. 937
Zeiger 958
Zeiger — 958
zeihen 955
Zeit 959
zeitlich 1152
Bee 921
elter 196
zjergliedern &80
Zergliederungs — 817
zerknirſchen 471
zermalmen 470
zerren 260
zerſchellen 470
zerſchmettern 471
zerſeten 580
Zettel 197
zetteln 197
Zeug 1088
— Zeug 1088
eng— 1088
Br 1089
Beugen— 1088
zeugen 424. 1088
Zeugniß 1089
Zeugungs — 1088
uge 1079
Ziege 1090
Bich— 1075
ziehen 4. 872. 1066
Bieher 1074
Ziehkind 627
Biel 521. 548
Zielzweck 521
1244
ziemen 46
— sig 957
ins 43
irfel 351
zogeln 1080
zogen 1080
zogern 1081
zögern 1081
—W 627. 1081
Zoll 167
Zorn 260
zornig 1109
Bote 844
zubringen 288
Zucht 1083
—AZuht 1084,
Zuht— 1085
zuchten 1084
Züchter 1084
züchtig 1084
süchtigen 1086
zugt ing 1085
ud 1086
‚zudeln 1086
äuden 1086
zücken 1086
Zufall 4923
zufolge 558
zufrieden 344
zufügen 937
Zug 1075
aus 1076
Zug — 1079
zugeben 24
zugegen 534
Iiee 1082
ügel— 1083
zugeln 1080
zügeln 243
zugeſtehen 24
zugetban 130
zugleich 868
zulaugen 30
zulaflen 780. 1130
zulälfig 784
zuletzt 998
zumntben 206
— B— —
zuünden 90
an 178
unft 25. 171
zufagen 78
zuſammenbringen 380
Zufamnıenhaug 237
Zufchrift 224
zufebend 518
Zuſtand 572
zuſtehen 36
zuftoßen 730
Zuthat 498
zutragen 486
Zuwage 132. 408
suwege 770
zwaden 85. 794
Zwang 398
—Zwang 399
Zwang— 309
zwängen 400
Banker 400
angfal 399
zwar 862
Zweck 85. 521
zweidentig 218
Zweifel 430
zweifelgaft 371
weigeipräcdh 81
waliraße 81
jwiden 793
wiefalter 1208
wiegefpräh 81
wielpalt 720. 1117
zwieipältig 1117
wielprade 81
wietracht 730
wing— 399
winge 398
zwingen IF
Zwinger 398
zwinzern 188
zwirbeln 4232
wirbelwind 472
wit 720. 810
wiftigkeit 729
zwölf 986
Ueber deu onomatifchen Unterricht in
Elementarſchulen.
„Allge Schulbltatt“ 1851 Pr. 20 von dem leider e
un — — — ——— r.) —
Die Sprache iſt der treue Ab⸗ und Ausdruck unſeres Geiſtes, das Wort der
eib des Gedankens. Denken und Sprechen find auf das Innigſte verbunden, ohne
Yenfen feine Sprache und umgekehrt ohne Sprache Fein Denken. Ge befchräntter
er Gedanfenfreis des Menfchen, deſto ärmer und mangelhafter feine Sprache; mit
et Vermehrung feiner Borftellungen, Begriffe und Gedanken wär feine Sprache,
nd zwar in gleichem Grabe,
Wollen wie daher den Schülern Sprache geben, d. 5. fie befähigen, daß fie
Inerfeits Das, was fie hören und lefen, richtig verfiehen und andererfeits fich über
as, was im Bereiche ihrer Lebens: und Sculerfahrung liegt, Elar und mit einis
er Sicherheit und Zertigfeit mündlich und ſchriftlich ausdrücken; fo darf fich unſer
Sprachunterricht nicht bloß mit dem Meußern, mit Formen und Regeln, mit dem’
Sprachleibe befaflen, fondern muß fich vor allen Dingen die Anfgabe ftellen, ihren
debanfenfreis zu orbnen, zu berichtigen, zu erweitern. Dies Legtere möchte ſich
ber durch feinen Zweig des fprachlichen Unterrichts beffer erreichen lafien, als ges
ade durch die Bildung von Wortfamtlien und die Erklärung der einzelnen Worts
ebilde derfelben, fowie der einfchlägigen finnverwandten Wörter (Synonymen), mit
ndern Worten, als durch die Onomatik. Schon ein flüchtiger Blick auf das unten
ıitgetheilte Material zu einer derartigen Hebung wird überzeugen, daß dem Schü-
rt auf ſolchem Wege eine Menge von Begriffen und Gedanken zugeführt und ſo
ine Sprache bereichert werde, während man dagegen durch einen: rein grammatis
hen Unterricht im günftigften Falle nur fein Sprachbewußtfein aufhellt, ihm aber
inesiwegs zum Beſitze der Sprache, wenigſtens nicht in demfelben Maße, verhilft.
Das Lehrverfahren bei dem onumatifchen Unterrichte Tann begreiflicher Weife
erfchieden fein. Denken wir uns bie obern Klafien einer Glementarfchule, fo will
nd folgendes um ſo mehr als zweckmäßig erfcheinen, als es ven bereits feftitehen-
en Anfichten huldigt: a) Beifpiele zur Anſchauung und Entwidelung: b) Ergeb⸗
iffe aus der Betrachtung, und c) Einübung derfelben durch pafjende Aufgaben.
1) Der Lehrer ftellt, von dem gewählten Wurzelwort audges
end, eine Unterredung mit feinen Schülern in der Art an, daß
ah und nach alle diejenigen Blieder der Wortfamilie, mit deren
Jedentung er näher defannt maden will, in geeigneten Süßen
Wortverbindungen, Redensarten) auftreten; oder er fordert die Schüler
uf, aus einem gegebenen Wurzelworte möglichfi viele abgeleitete
ud zufammengefepte Wörter zu bilden und dieſe in Sägen ıc. zu
ebrauchen. @r fihreitet fomit auf erfterm Wege von der Sache zum Worte,
agegen auf legterm von dem Worte zur Sache; jener iſt für den Schüler der
:ichtere, Aber für den Lehrer der ſchwerere, derſelbe eignet ſich mehr für ungeübte
Schäfer, — biefer ift weniger bildend und möchte nur bei geübtern, insbefondere
um Behufe der flillen und häuslichen Beichäftigungen einzufchlagen fein. Kommen
ierbei Wörter und Redensarten vor, die dem Schüler gamz unbekannt find, fo wers
en diefe, ohne ihn lange durch Fragen bins und hHerzuzerren, in Verbindung mit
nrern Wörtern oder in Säßen mitgetheilt.
2) Er fucht fi Hierauf zu überzeugen, ob die Schüler mit der
Jedeutung der in den einzelnen le vorfommenden Wörter
er Wortfamilie gehörig vertraut find — und ermittelt im entges
‚engefegten Falle das fehlende Verſtändniß auf eine ihrer Fafs
ungsfraft angemeffene Weife. Das Berfichen der Wörter hat feine
HYrade; es ift z. B. bei dem Manne viel tiefer und lebentiger, als bei dem Knaben,
on dem man, um und furz auszubrüden, nur eine knabenhafte Auffafjung erwar:
en fann. Bei den meilten Wörtern, welche nicht ſchon ihre Erklärung in ben
‚ebildeten Beifpielen gefunden haben, wird e8 ausreichen, wenn fie der Schüler mit
mbern Wörtern zu verbinden, in zu veranlaffenden Urtheilen richtig anzuwenden
nd mit finnverwandten Wörtern zu vertaufchen weiß, indem ber Zwede bes onoma⸗
chen Unterrichts in Wlementarfchulen nicht darin beftehen darf, in dem Kopfe bes
Schülers einen Schag von regelrechten Definitionen aufzuſpelchern. Man muf
überhaupt, wie Curtmann in feinem nenen Werke „bie orm ber Bollstchule”
bemerft, „Davon abkommen, Deftnitionen zu geben ober zu verlangen; bem bie
Definition if die allerungenießbarſte Abſtraktion für die Sugend, und vaßt ciwe
nur für mathematifche Lehrbücher. Sonft if jeve andere Art. von Erklärung vor
zuzieben, beſtehe fie in Paraphrafe, Befchreibung, fpynonymen Begriffen, Ubleitun
gen, oder was dem kindlichen Berflande am mellen zufagt, in Beifpielen Die
Herbeifchaffung und angemeffene Mittheilung von Beifpielen if ſchon jet eine ver
Hauptaufgaben für jeden Lehrer und wird es hei der Verlaſſung des abſtrakten
Meges noch mehr werben”. — Der Lehrer täufche fich indefien hei tem omemalis
ſchen Unterrichte nit in der Annahme, daß der Schüler von all den Wörtern, ber
ren Gebrauch ihm geläufig if, auch immer ein Flares und tolles Verſtändniß beige;
bei genauer Nachforfchung wird ſich im Gegentheil oft zeigen, daß er ſich garmass
her derfelben ohne genügende Belannifchaft mit ihrem Inhalte bedient.
Da das Berfländnig der abgeleiteten und zufammengefehten Wörter mehr oder
weniger von dem des Wurzelwortes abhängig iſt; fo bürfte vorzugsweiſe deſſen ver
fhiedene Bereutung in's Auge zu fuflen Hein. Die Betrachtung der rigentlide
Bedeutung eined Wortes gehe jedesmal der Betrachtung ber uneigentlidyen voraus;
fodann werde bei den Ableitungen und Zufammenjegungen, falld es niht ale zu
ſchwierig erfcheint, nachgewiefen, wie die Bereutung des Wurzelwortes gleichjem
ber rothe Baden ift, der fich durch die ganze Wortfamilie hinzieht.
3) Er laßt nit nur die bereits betrachteten Wörter zur gr
Bern Befefligung in neuen Sätzen (Wortverbindungen) anwenden
und tritt hierbei, um das Bilden inhaltsleerer Beifviele zu ver
hüten, — helfend ein, ſondern ſtellt endli auch zum
Zwecke der ſtillen und häuslichen Beſhaftigung Aufgaben, die dea
Schüler einestheils zur Wiederholung des mündlich Entmwidelten,
und anderntheils zur weitern Ergänzung der betreffenden Bort
familie oder zur Silbun von neuen Wortfamilien veranlafien
Aufgaben der Art find —* und nothwendig; ſie zu bilden, wird dem Lehret
nicht ſchwer fallen. Wir werden deßhalb an einem Beiſpiel in ber Kürze zeigen,
wie er etwa durch Aufgaben und Fragen feine Schüler bei der Bildung der Bert
familien unterftügen, oder ihnen biefelbe erleichtern Fünne.
Der vnomatifche Unterricht ſchließt ſich am beiten an die Sarg ve
— der Leſeſtücke an; indeſſen wird das Leſebuch hierbei weniger ale bei ven
übrigen Zweigen des Sprachunterrichts Grundlage und Mittelpunkt fein könuen,
indem es dazu einer befondern Einrichtung bebürfte.
Um nun dem angehenden Lehrer zu zeigen, wie er einesfheils ſich anf den
onomatifchen Unterricht vorzubereiten, und worauf er anderntheils bei bemfelben
befonders fein Augenmerf zu richten Habe, erlauben wir uns, das Material zur Be
handlung der Wortfamilie mit dem Wurzelmurte „geben“ Hier mitzutheilen, und
zwar mit dem Bemerfen, daß wir die fatechetifche Unterredung darüber, felbit wenn
wir fle für nothwendig hielten, was jedoch ‚nicht der Fall if, in Ermangelung De)
nöthigen Raumes ihm überlaffen müflen. Wer im VBeflge des Stoffes ift, wir wel
auch darüber zu Fatechificen, überhaupt zu reden wiffen,
Geben.
Was kann ich Binem geben? Der Wohlthätige gibt (reicht) dem Armen ein
Almofen (dar). Der Freund gibt dem Yreunde bie Sand. — micht alle reiche
Leute find fo edel gefinnt, daß fie einen Theil ihres Dermögens an die Arme ger
ben (ihnen fchenfen). Wer ung ein Amt gibt (zur Berwaltung überträgt), eriwar:
tet, daß wir demfelben gewiffenhaft vorſtehen. Gott muß zu Allen feinen Segen
geben (ertheilen), font fann ung Nichts gelingen. Ginem Etwas an die Han,
unter den Buß geben lihm (heimlich) Rath ertheilen]. Bott gebe (bewirke). Yaf
dein Herz immer für Religton emyfänglich fei! Was bebeutet das Mörtchen „geben’
in folgenden Wortverbindungen: Geſetze (Regeln, Vorſchriften) geben «feftieden):
Einem Zeit zur Arbeit geben (verflatten); Einen Gehör geben (ihn anhoͤren)? -
Iſt dein Gewiſſen rein, fo kannſt du dich über die Schmähungen deiner Feinde zu
frieden geben (beruhigen). — Friſches Getreide gibt (enthält in ſich) wer
x
Mehl, als altes. — Schon ber Augenfchein gibt es (läßt es einfehen), daß der
finmpfe Winkel größer ift, als der rechte. '
Gehen — Bang, ſtehen — Stand, denken — Gedanke, ſprechen
— Sprache, geben — Gabe. Die Kinder find eine Gabe (ein Geſchenk) Got⸗
tee. Manche senfchen befigen die Gabe (Faͤhigkeit), fich bei Andern beliebt F
machen. Man macht feinen Freunden (auch Höhern und Neichern als man felbft
iR) Geſchenke; einem Bettler aber reicht man eine Babe. Welcher Unterfchieb
iſt zwifchen Geſchenk und Babe? Gikläre die Zuſammenſetzungen: Wunders,
Nedner⸗, Nature, Bevbachtungss, Geiſtes⸗, Feldherrn⸗ Himmels:, Er re —
Gaäng und gäbe, Die preußifchen Münzſorten find in Deutſchland überall gäng
und gäbe ce find im Handel und Wandel überall gültig). Wer kannn mehrere
Sprichwörter nennen, welche bei uns gang und gäbe find (Häufig vorfommen und
für wahr gelten)? — Schreiben — Schrift, treiben — Trift, In
Bift; giftig, vergiften, Bergiftung. Aus Knpfer fann man Gift (einen
Gtoff, welcher in bem al und menſchliſchen Rörper —— Zerſtoͤrungen
anrichtet und öfters den Tod bewirkt) bereiten. Brauntwein und Rauchtabak find
Gift (ſehr ſchaͤdlich) für junge Leute. Gib den Sinn nachflehender zufammenges
fester Wörter und Mortverbindungen an: Gchlangens, Ratten-, Nattergift, —
Mitgift (Heirathegut); Giftbecher, Biftblaie, Giftpflanze, Giftſchwamm, Giftmi⸗
ſcher 20.5 — giftiges Kraut, giftige Worte, vergiftete Speiſen, die Unſchuld vergif⸗
ten, die Vergiftung der Brunnen ꝛc.!
Beben — Beber. Der Anblid des Gebers (der männlichen Perfon,
welche gibt) ift, wie die Gaben, erfreulih. Ginen fröhlichen Geber hat Gott lieb,
Wer ift ein Geſetz⸗ Gaſt⸗, Rathgeber?
Abgeben, Abgabe. Gin Offizier, welcher dem Feinde feinen Degen abgibt,
erklärt ſich dadurch für deflen Gefangenen. Nicht jeder Jüngling gibt einen guten
Solvaten ab (if dazu brauchbar oder tauglih). Wovon entrichtet man an ben
Staat Abgaben? — Angeben, Angabe, Angeber, Angeberei, angebs
Lig, angeberiſch. Gin Angeflagter gibt (führt) Beweiſe —* Unfchuld an.
Gibſt (zeigſt) du Jemand bei der Obrigkeit in keiner andern Abfiht an, als nur
am ihm zu ſchaden, fo mußt du dich einer folden Angeberei ſchaͤnen. Wer
Ginen bloß angibt, der übernimmt nicht, den Beweis von der Schuld bes Ange
aebenen zu führen; wer aber Ginen — der will den Beweis der Schu
führen und verlangt die Beftrafung des Angellagten. Man kann einen Dieb ans
neben, ohne ihn anzuflagen. Der Koloß von Rhodus, eine metallene Bilpfäufe,
war angeblich (wie angegeben wird) 70 Ellen hoch. Hüte dich vor angeberis
ſchen Menfihen (vor Menfchen, die gewohnt find, Andere anzugeben, zu verrathen) !
— Aufgeben, Aufgabe Wehe, wer im Unglüd die Hoffnung aufgibt
ſ(ſchwinden läßt)! Der verfländige Schüler betradytet Das, was ihm der Lehrer
aufgibt (zu lernen oder thun aufträgt), ale eine danfenswerthe Anleitung zu hö⸗
berer Bervollfommnung. — Nachgeben, nachgiebig, Nachgiebigkeit. Das
Erdreich Hatte nachgegeben unter dem Drängen und Treten der immer zunehmens
den Menge (war durch den Drud zur Seite ansgewichen), Der Berfländige gibt
nad (läßt das, was Anbere wollen und thun gefchehen). Wer nachgiebig if,
wo er es nicht follte, handelt unrecht. Der Nachgiebige vermeidet durch feine
Nachgiebigkeit vielen Zwiſt, befördert die Gintracht und macht fid) dadurch bei
Andern beliebt. — Begeben, Begebenbeit. a) euch zu Bas
ter und Mutter zurüd! Nicht in allen Dingen darf man ſich feines Rechts beges
ben (davon abſtehen). 88 begeben (ereignen) fih vor unfern Augen oft Dinge,
die an's Unglaubliche grenzen. Man entfagt der Furcht und der Hoffnung, aber
man begibt fi unr der Hoffnung und nicht der Furdt, Warum? Das laufende
Jahrhundert -ift reich an merkwürdigen Begebenheiten. — Ergeben, Erge⸗
benheit, Ergebung, Ergebniß. Die Stadt ergab fi dem Feinde (unters
warf fi) der Gewalt vefielten). Der Geizige ift dem Geize, ver Träge der Trägs
heit ergeben (erſterer läßt fich vom Geize und legterer von der Trägheit behert⸗
ſchen). Wer geneigt if, fich einem Andern zu ergeben, der beweif't Grgebenheit.
Mas unabänderlich if, ertragemit Ergebung. Das Ergebniß der Unterfuchung.
— Bergeben, Bergebung, vergeblich, vergebens. Grfläre: ein Amt an
Jemanden vergeben, Ratten und Diäufen vergeben, feinem Range und feiner
/
Würde Nihts vergeben! Bergeben (verzeihen) und vergeffen {ft die Rache des
braven Mannes, Die Bergebung der Sünden. Wer einen Mohren weiß wa-
chen will, unternimmt eine vergebliche Arbeit (erreicht feinen Zwetk wicht.
Bergebens (umfonft) lächelt dem Böfewicht der Heblidye Garten der Frühlinge:
natur Zufriedenheit und Ruhe zu. — Die Zufammenfegungen mit: aus, bei,
daher, dahin, daran, ein, fort, frei, anheim, ber, berab, beram,.
herauf, heraug, herbei, herein, herüber, herum, herantre, berzm,
bin, hinab, hinan, hinauf, hinaus, biuein, hinüber, binnnter,
binweg, hinzu, los mit, preis, über, um, unter, vor, weg, wieder,
zu — werden, wenn es ber Lehrer fir nöthig Halten follte, in ähnlicher Weile behandelt.
Aufgaben und Kragen (au dem bereite angegebenen Zweckeh.
1) Leite von dem Wurzelworte „binden“ Stämme ab, a) ohne und b) mit
Ablaut! — Beiſp.: Binde, Band, Bund,
3) Bilde mit den angeführten Stämmen Jufammeniegungen, in welden fe
a) Grund⸗ und b) Beſtimmungswort ſiad! — Beifp: Halss, Kopf:, Rofenband ;
Bundladen, Bandfabrif,
3) Welche Sproßformen laffen ch von dem Wurzelworte und den gebilbeien
Stämmen ableiten? — Beifp.: Binder (iſt einfah wenig im Gebrund), --
Bändchen, Buͤndniß. bündig (Bünvigfeit), bändigen (Bändiger).
4) Bilde mit mehreren der dageweſenen Sproßformen Zufammenjeguuga! —
Beifp.: Buchs, Beſen⸗, Faßbinder.
5) Gib die Zufammenfegungen am, welche mit dem Wurzelworte durch Um:
; ſtaudswoͤrtchen und Vorſylben gebildet ind !— Beifp.: Ab⸗ nach, um-, emts, verbinden.
6) Suche von einigen dieſer Infammenfegungen neue Wörter abzuleiten! —
Beiſp.: Entbindung, Verbindung, verbindlich (Berbindlichkeit).
7) Mit welchen der fu eben angeführten abgeleiteten Wörter fönnen neue Zu⸗
fammenjegungen gebildet werben, und welche? — Beiſp.: Zahlenverbindung, Ber:
bindungslinie.
Nach dem Bora angenen haben wir wol faum nöthig zu bemerken, daß
das Gelingen des onomattfchen Unterrichts die forgfältigfte ‚Vorbereitung von Sei:
ten des Lehrers erheifcht, Wenn bei irgend einem Begenftande, jo iR es bei dieiem
vor allen Dingen erforderlich, daß er fidy vorerit ſelbſt deſſelben vollkommen bemädhz
tige, d. 5. gründlich wertraut made mit ben Wurzeln, Stämmen, Sproßiormen und
Zufammenfeßungen — nah Inhalt und Form, damit er fo aus der gewonnenen
Fülle feines Wilfens das Rechte für jeine Schüler auszuwählen und jedem zu geben
wife, was ihm müßt und frommt, diefem leichte, jenem derbe Koſt. Au einem
brauchbaren Hülfamittel hierzu fehlt es zur Zeit nicht mehr; wir befigen ein ſolches
in dem in mehreren Heften erfcheinenden — 8 haben bereits vie Preffe verlafien —
onomaliſchen Wörterbuche von Brofeflor Kehrein — einem Werke, das von Nenem
den ſprechendſten Beweis von den gediegenen ſprachlichen Kenntniffen des Berlaflere,
fowir von deſſen unermüdlichen Streben, den Unterricht in der dentfchen Sprache
möglich fruchtbar zu machen, in der erfreulichſten Weile liefert. In Mager's
Sprachbuche wird uns nur ein Umriß der Onomatik, ohne Erflärang der mitge⸗
theilten Wörter, ohne Synonymen, geboten; in Kehrein's vunomatlichem Wörter
buche finden wir bugegen dies Alles, verfehen mit zahlreichen Beiſpielen aus uniern
klaſſiſchen Schriftſtellern, volltändig und wohlgeorunet vor, Wer vor dem Grfchers
nen diefer Hefte Onomatik in feiner Schule betrieben, wird geſtehen müflen, daß
iym biefelben bei feiner veßfallfigen Borbereitung eine ungemeine Erleichterung ges
währen — und deßhalb erfenntlich genug fein, dem Berfaffer für feine höcht müh⸗
fame Arbeit den gebührenden Dank zu zollen. Leider ſcheint aber gar Mander
nicht zu wiffen, welchen reichen Schag dirfelben in flch bergen, wozn fie eigentlich
beitimmt und wie fie zu gebrauchen find, — insbeſondere nicht zu willen, daß haupt⸗
fühlich durch das Studium eines ſolchen Werkes „das Berftärdniß unferer Mutters
ſprache gefördert, das Hineinblicken in die Werfilätte des deutſchen Sprachgeiſtes
erleishtert und fomit die Liebe zu Thuiskon's Sprache, der es ein Spiel ", den
Gedanken, die Empfindung treffend und mit Kraft, mit Wendungen der Kühnheit
zu jagen” in uns gemedt und genährt werde.
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