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Full text of "Österreichisch-ungarische Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde 22.1906"

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•KM T AL U* 

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XXII. Jahrgang. 


1906. 


Heft I Ms IV. 


Oesterreichisch-ungarische 

Vierteljahrssclirift 

für 

Zahnheilkunde. 


Herausgegeben unter ständiger Mitwirkung der Herren: 

Prof. Dr. J. Ark6vy, Budapest — Dr. S. Bauer, Budapest — Prof. Dr. 
A. Bleichsteiner, Graz — Dr. W. Bruck, Breslau — Dr. R. Bum, 
Wien — Doz. Dr. L. Hattyasy, Budapest — Dr. A. Heller, Wien — Prof. 
Dr. C.Jnng, Berlin — Dr. T. Kaas, Krems — Dr. M. Karolyi, Wien — 
Dr. R. Kronfeld, Wien — Doz. Dr. R. Loos, Wien — Dr. J. Mädzsar, 
Budapest — Prof. Dr. B. Mayrhofer, Innsbruck — Prof. Dr. W. D. Miller, 
Berlin — Dr. G. Preis werk, Basel — Prof. Dr. G. Port. Heidelberg — 
Doz. Dr. C. Rose, Dresden — Doz. Dr. A. Rotbmann, Budapest — Prof. 
Dr. W. Sachs, Berlin — Prof. Dr. J. Scheff, Wien — Dr. F. Schenk, 
Wien — Dr. E. Smreker, Wien — Doz. Dr. J. Szabö, Budapest — Dr. F. 
Tänzer, Triest — Dr. F. Trauner, Wien — Doz. Dr. W. Vajna, Buda¬ 
pest — Prof. Dr. 0. Walkhoff, München — Dr. W. Wallisch, Wien — 
Doz. Dr. R. Weiser, Wien — Doz. Dr. G. v. Wunschheim, Wien 

YOU 


JULIUS WEISS 

Wien, I. Bez., Petersplatz Nr. 7. 

Abonnement per Jahr: 



Für Oesterreich-Ungarn K 6. — , für Deutschland Mk. 6.— 
inklusive portofreier Zusendung. 


Im Buchhandel zu beziehen durch die 
’W’a.lliaJa.a.'o.ssex’acla.® Is. vl. 1s KCofTsTa.ola.l».a,xid.l-a.a 9 

Adolph W. Künast 

Wien, I. Hoher Markt Nr, 1, 


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Oesterreichisch-ungarische 

Vferteljahrssehmft 

für 

Zahnheilkunde. 


XXII Jahrg. Jänner 1906. Heft I. 

Herausgeber: Julius Weiss, Wien, I. Singerstrasse i. 


; Inhalts-Verzeichnis: 

Original-Arbeiten: Seite 

Der Zahnarzt in der modernen Kunst.'Von Dr. A. Krön fei d in Wien. Mit 
( neun Tafeln und zwei Abbildungen im Texte.1 

• Die mechanische Befestigung durch Alveolarpyorrboe stark gelockeiter Zähne. 

Von Prof. Dr. W. Sachs in Berlin.14 

Ans der Praxis der Krouen- upd Briickeuarbeiteu. Von Prof. Dr. C. Jung 
£ in Berlin ^.22 

• PDie Kombination von Zinn und Gold als FnlluugsmaUrial. Von Dr. Ernst 

* Sifireker, Zahnarzt in Wien . ..33 

jgkW'irzelspitzenresektion au unteren Mahlzähueu. Von Dr. Franz Trauner, 

Zahnarzt in Wi^u..45 

I Dr-ei Fäll** von vollständiger Ausfüllung der Fulpahöhle durch Dentumeubildung 

bei jugendlichen Zähnen. Von Dr. Theodor Haas, Krems a. d. Donau 51 
Beiträge zur zahnärztlichenT’ rapie. Von Dr. Arpäd Ritter v. Dobrzyniecki, 

k. n. k. Regimentsarzt in Witn . 55 

Deter „Exteusion“.bei der Präparation approximaler Höhlen. Von Dr. Rudolf 

h Hum, Zabnajzt in Wien.75, 

Heber die Kautiiebtigkeit der Plattengebisse. Von Dr. He nrich Re.schofsky, 

Zahnarzt in Wien ..125 

Zur Elektrosterilisatiou putrider Zahnwurzeln. Von Fr. E. Zierler. Zalm- 

t arzt in Hamburg.137 

Zwei Fälle von Adamantinom. Von Dr. Julius Bock, Zahnarzt in Heidelberg. 

Mit zwei Tafeln. 150 

Berichte aus Instituten und Vereinen: 

Dritte Jahresversammlung des Zeutralverbandes der österreichischen Stoma- 
tolotren. Wien. 8. bis 10. Dezember 1005. Bericht, erstattet von Cand. 

lind. Josef Weinfeld . . . ... . • • 183 

Veiein Wiener Zahnärzte. Bericht über die General vei Sammlung vom 

3. JäDner 1006. 196 

Referate und Journalschau...203 

Varia. 206 



Patente und (jHbrauchsinuster-Einiragungen. 207 

Empfundene Bücher und Broschüren.209 

tmptmgene Zeitschriften.210 

mement fiir das Inland K 6.—, für Deutschland Mk 6 — pro Ja hr inkl. Porto. 

Im Buchhandel zu beziehen durch die 

Wallishausser’sche k. u. k. Hof-Buchhandlung Adolph W. Künast ^rfast U 

Wien. 1. Hoher Markt l. 


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Wichtige Mitteilung! 


K —75 per Zahn 
„ 69— „ 100 

„ 66.50 „ 100 bei Abnahme von 500 Stuck 


64.25 


Weiss & Schwarz 


WIEN, I. Singerstrasse Nr. 1. 




Beste gewachste 

Zahnseidp tÄS. 


Die im Handel befindliche gebräuchliche gewachste Seide 
besitzt den Uebelstand, dass sie nach längerem Gebrauch der 
Rolle schliesslich unansehnlich wird. 

Die neue Zahnseide kommt in einem kleinen 
Glasflakon in den Handel, welches mit Gips verschlossen 
ist und so bis aut den letzten Rest stets sauber bleibt. 

Der Faden geht durch eine kleine Oeffnung im Gips¬ 
verschluss und wird nach Bedarf herausgezogen # und ab¬ 
geschnitten. 

Preis 


per Glasflakon, enthaltend 12 Yards. IC — .40 

„ 10 Glasflakons ä 12 Yards.* 3.50 


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Infolge der andauernden Preissteigerung des Platins 
haben die Fabrikanten von S. S. Whites, Justis und Ashs l 
Flach- und Absatzzähnen die Preise seit 1. Jänner 1906 bis 
auf weiteres, wie folgt, erhöht: 














Inhalts - Verzeichnis, 


A. Original-Arbeiten. 

Adfojf P.j Dr., Zahnarzt in Königsberg i. P. Ueber die Ursachen 
der Rückbildung der seitlichen Schneidezähne und der 

Weisheitszähne beim Menschen. 

Bönnecken H, y Dr., Professor in Prag. Ueber die Hyperästhesie 
der Mundschleimhaut. 

Breuer Richard, Dr., Zahnarzt in Wien. Einige Bemerkungen zu 
Fr. E. Zierlers Aufsatz: Zur Elektrosterilisation putrider 
Zahnwurzeln .. 

Bwn Rudolf, Dr., Zahnarzt in Wien. Ueber „Extension“ bei der 

Präparation approximaler Höhlen. 

— Ueber Speichelsteine. 248, 

Bock Julius, Dr., Zahnarzt in Heidelberg. Zwei Fälle von 

Adamantinom. 

Ctaston Eugen, Dr., k.u.k. Marinestabsarzt in Pola. Unterkieferbruch 
mit Dislokation der Frakturenden, geheilt durch den Ver¬ 
band nach Sauer . 

Dobrzyniecki Arpdd Ritter t?., Dr., k. u. k. Regimentsarzt in Wien. 

Beiträge zur zahnärztlichen Therapie.55, 

Frey V., Dr., Zahnarzt in Wien. Ueber Kokain-Adrenalin. . . 
Jung Karl, Dr., Professor in Berlin. Aus der Praxis der Kronen- 

und Brückenarbeiten. 

Kdrötyi M., Dr., Zahnarzt in Wien. Zur Therapie der Erkrankungen 
der Mundschleimhaut. 


1 


Seite 

886 

219 

275 

75 

511 

150 

279 

892 

544 

22 

226 


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IV 


Seite 

Kling A., Dr., Zahnarzt in Olmütz. Ueber einen interessanten 
Fall von Speichelstein in einer Abzweigung des Ductus 

Stenonianus.552 

Kronfeld A., Dr. in Wien. Der Zahnarzt in der modernen Kunst 1 
Körbitz Alfred, Zahnarzt in Berlin. Die mechanische Formierung 

des Gebisses.857 

Kulka Max, Dr., Zahnarzt in Teschen. Aus der Praxis der 

Kautschuktechnik.280 

Kaas Th., Dr., Zahnarzt in Krems. Drei Fälle von vollständiger 
Ausfüllung der Pulpahöhle durch Dentinneubildung bei 

jugendlichen Zähnen.51 

Lartschneider Josef, Dr., Zahnarzt in Linz. Behandlung der Pulpa¬ 
gangrän mit Trikresol-Formalin.285 

— Die Behandlung von Fistelzähnen mit Trikresol-Formalin . 844 

— Die Behandlung von Fistelzähnen etc. (ftichtigstellung) . . 558 

Luniatschek Fr., Zahnarzt in Breslau. Antwort auf die Erwiderung 

des Herrn Prof. Dr. Adolf Witzei in Bonn ..556 

Mayrhofer Bernhard, Dr., Professor in Innsbruck. Wangenfistel; 
Heilung mit Erhaltung des schuldigen Zahnes durch Wurzel¬ 
resektion von aussen und Jodoform-Knochenplombe. . . 328 

— Ein Fall von partieller dentaler Oberkiefernekrose mit Durch¬ 

bruch nahe dem Augenlide und in die Nasenhöhle . . . 491 

Misch Julius , Dr., Zahnarzt in Berlin. Ueber lokale Anästhesie 

mit besonderer Berücksichtigung des Novocains .... 372 

Oppenheim Albert, Dr., Zahnarzt in Brünn. Miszellen.398 

Besclxofsky Heinrich, Dr., Zahnarzt in Wien. Ueber die Kau¬ 
tüchtigkeit der Plattengebisse.125 

Spitzer Bertold, Dr., Universitäts-Assistent in Wien. Zur Aetiologie 

und Pathologie der Kinnfistel.497 

Scheff Julius, Dr., Professor in Wien. Ueber die Herabholung 
retinierter Zähne aus ihren anomalen Lagen und ihre 

Einfügung in den Zahnbogen.455 

Smreker Ernst, Dr., Zahnarzt in Wien. Die Kombination von 

Zinn und Gold als Füllungsmaterial.83 

Sachs W.j Dr., Professor in Berlin. Die mechanische Befestigung 

durch Alveolarpyorrhoe stark gelockerter Zähne .... 14 

Trauner Franz, Dr., Zahnarzt in Wien. Wurzelspitzenresektion 

an unteren Mahlzähnen.45 

Tänzer Ferdinand, Zahnarzt in Triest. Zahnärztliche Kasuistik . 330 
Urbanjtschitsch Eduard,. Dr., Universitäts-Assistent in Graz. Ein 
Fall von Verschmelzung zweier Inc. inf. sinistr. des 
bleibenden Gebisses. 231 


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V 


Seite 

Witzei Adolf, Dr., Professor in Bonn. Erwiderung aut den Ar¬ 
tikel. des Herrn Fr. Luniatschek „Ueber Maxillotomie“ in 
der „Oesterr.-ungar. Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde“, 

Heft IV, 1905 . 245 

Zierler Er. E., Zahnarzt in Hamburg. Zur Elektrosterilisation 

putrider Zahnwurzeln.157 

B. Berichte aus Instituten und Vereinen. 

Zahnärztliches Institut der Universität in Innsbruck (Vorstand 
Prof. Mayrhofer). Bericht über das erste Studienjahr 
1905/06 (vom 19. Dezember 1905 bis 15. Juli 1906) von 

Prof. Dr. B. Mayrhofer .412 

Zahnärztliches Institut der Universität in Graz (Vorstand Prof. 

Dr. Anton Bleichsteiner). Bericht, erstattet von 
Dr. Eduard Urbantschitsch, Assistent daselbst . . . 559 

Verein Wiener Zahnärzte: 

Bericht über die Generalversammlung vom 3. Jänner 1906 196 

25jährige Jubiläumsfeier.570 

Zentralverband der österreichischen Stomatologen: 

Dritte Jahresversammlung, Wien, 8. bis 10. Dezember 1905. 
Bericht, erstattet von Cand. med. Josef Weinfeld . . . 183 

Konstituierung.292 

Vierte Jahresversammlung, Wien, 24. November 1906 (Ein¬ 
ladung) .569 

Pie zahnärztliche Ausstellung in der Rotunde. (Allgemeine hygie¬ 
nische Ausstellung, 12. Mai bis 15. Juli 1906.) .... 403 

Das 25jährige Jubiläum, des klinischen Unterrichtes der Stomato¬ 
logie an der Budapester Universität.285 

Zentralverein Deutscher Zahnärzte. 45. Jahresversammlung, 

Dresden, 4. bis 6. August 1906 (Programm).418 

Federation Dentaire Internationale. Vorläufiges Programm der 

Sitzung in Genf am 8. und 9. August 1906 . 421 

Schweizerische Odontologische Gesellschaft. XXI. Jahresver¬ 
sammlung, Genf, 10., 11. und 12. August 1906 .... 423 

Associazione Stomatologien Triestina. 293, 417 

Congresso Stomato-odönfojätrico. Mailand, 20. bis 22. Septemb. 1906 428 

Missouri State Dental Association in St. Louis.295 

III. Internätipnaler Kongress für medizinische Elektrologie und 

Radiologie in Mailand. 5. bis 9. September 1906 .... 294 


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VI 


C. Referate und Jeurnalschau. 

Seite 

Aethylchloridnarkose, Todesfall.434 

Anomalien der zweiten Dentition.578 

Antrumeiterung, erfolgreiche Behandlung derselben.205 

Brücken, fixe und abnehmbare. t . . . 304 

Chirurgie der Mundhöhle (Doz. Kaposi und Prof. Port) . . . 295 

Degenerationszeichen, Beitrag zur Lehre von denselben . . . 298 

Dentin unempfindlich zu machen, eine neue Methode .... 309 

Desaultsche Operation, Erfolge bei Kieferhöhlenempyem . . . 435 

Devitalisation bei Kronen- und Brückenarbeiten.311 

Druckanästhesie mit Adren&lin-Kokain-Formaldehyd.204 

Elektrolyse im Munde.204 

Füllen der Zähne und die verwandten Arbeiten (Prof. Jung) . 208 

Gipsmodelle, deren Verdopplung mittels Gelatine.437 

Highmorshöhle, über die Beziehungen der Grössenvariation zum 
individuellen Schädelbau und deren praktische Bedeutung 

für die Therapie der Kieferhöhleneiterungen.435 

Index der deutschen zahnärztlichen Literatur und zahnärztliche 

Bibliographie...298 

Kautschukgebisse, Vergiftung durch dieselben.433 

Menstruation und Zähne, Beziehungen zu einander.437 

Metallarbeit, zahnärztliche, Leitfaden (Dr. Wallisch).297 

Novocain, ein neues örtliches Anästhetikum.311 

Odontotecnica Primo Trattato italiano di (Platschick) .... 573 

Ohrerkrankung, von den Zähnen verursacht.577 

Orthodontie (Lehrbuch) für Studierende und Zahnärzte, mit 

Einschluss der Geschichte der Orthodontie (Pfaff) . . . 570 

— Berichtigung von Hofrat W. Pfaff.489 

Otologie und Rhinologie, deren Beziehungen zur Zahnheilkunde 300 

Perhydrol-Mundwasser.306 

Pulpabehandlung, Bemerkungen zur . . . ..431 

Pulpaexstirpation mittels Druckanästhesie.308 

Spirochaetae dentium, über deren scheinbar pathogene Wirkung 299 
Verlust, frühzeitiger, der Zähne, über dessen Ursachen . . . 428 

Zahn- und Kieferkorrektur, Leitfaden (Prof. Jung).296 

D. Varia. 

Berlin: Demission Prof. Millers.206 

Todesfall.. 

Auszeichnung.. 

Ernennung.. 

Bonn: Todesfall.. 

Breslau: Auszeichnung. 312 


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VII 


Seite 

Innsbruck: K.k. zahnärztl. Universitäts-Institut (Prof. Mayrhofer) 206 


Krakau: Universitätsnaehricht, Professur.206 

Marienbad: Auszeichnung. 440 

München: Ernennung. 812 

Leipzig: Todesfall.580 

Paris: Ehrenmitgliedschaft ..207 

Korrespondierende Mitglieder.442 

Prag: Kostenfreie Zahnpflege für Unbemittelte.440 

Strassburg: Professur. 312 

Wien: Zahnärztliche Abteilung der Allgemeinen Poliklinik 

(Doz. Dr. v. Wunschheim).206 

Todesfall , . . ..312 

Prämiierung.440 

Zahnärztliches Ambulatorium.579 

Uebersiedlung.580 

Auszeichnung.580 

Wiesbaden: Todesfall.441 

Zürich: Ernennungen.442 


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Mechitharisten-Buchdruckerei, Wien, VII. 




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Jänner 1906. 


Heft I. 


XXII. Jahrgang. 

. uX i* * = 

A Oesterreichisch-ungarische 


Vierteljahrsschrlft Dir ZabnheilMe. 


Herausgegeben von 

JULIUS WEISS, Wien, I. Singerstrasse i 

unter ständiger Mitwirkung der Herren: 

Prof. Dr. J. Arkövy, Budapest — Dr. S. Bauer, Budapest — Prof. Dr. A. Bleichsteiuer, Graz - 
Dr. W. Bruck, Br slau — Dr. R. Bum, Wien — Doz. Dr. L. Hattyasy, Budapest Dr. A. Heller, 
Wien — Prof. Dr. C. Jung, Berlin — Dr. T. Kaas, Krems — Dr. M. Karolyi, Wien - Dr. R. 
Kronfeld, Wien — Doz. Dr. R. Loos, Wien — Dr. J. Mädzsar, Budapest — Prof Dr. B. Mayr¬ 
hofer, Innsbruck — Prof. Dr. W. D. Miller, Berlin — Dr. G. Preiswerk, Basel — Prof. Dr. G. Port, 
Heidelberg — Doz. Dr. C. Röse, Dresden — Doz. Dr. A. Roth mann, Budapest — Prof. Dr. 
W. Sachs, Berlin — Prof. Dr. J. Scheff, Wien — Dr. F. Schenk, Wien — Dr. E. Smreker, Wien 
— Doz. Dr. J. szabö, Budapest — Dr. F. Tänzer, Triest — Dr. F. Trauner, Wien — Doz. Dr. 
W. Vajna, Budapest — Prof. Dr. 0. Walkhoff, München — Dr. W. Wallisch, Wien — 
Doz. Dr. R. Weiser, Wien — Doz. Dr. G. v. Wunscliheim, Wien. 


Nachdruck nicht gestattet. 

Der Zahnarzt io der modern tonst. 

Von Dr. A. Kronfeld in Wien. 

(Mit 9 Tafeln und 2 Abbildungen im Text.) 

Der Zahnarzt als Thema der bildenden Kunst hat zu 
Beginn des XVII. Jahrhunderts seine höchsten Triumphe ge¬ 
feiert. Das holländische Sittenbild, das sowohl vom rein 
künstlerischen als auch vom sittengeschichtlichen — für uns 
mediko-historischen — Standpunkte die Teilnahme jedes Ge¬ 
bildeten verdient, konnte so interessanten Erscheinungen, wie 
es die Vorfahren des heutigen Zahnarztes waren, nicht aus 
dem Wege gehen. Im Gegenteil. Die schmerzhafte Tätigkeit 
des einstigen Zahnbrechers, das seltsame Milieu seiner Buden 
und Ateliers, das mystische Dunkel seiner Provenienz, Aus¬ 
bildung und des Geschäftsbetriebes — das alles musste die 
Fein- und Kleinkünstler Hollands anziehen und zu bildnerischer 
Wiedergabe anregen. Der Hokuspokus, die Scharlatanerie jder 
alten Aerzte haben die Kunst mehr beschäftigt und intensiver 
befruchtet als der moderne, wissenschaftlich vorgebildete Arzt, 
welcher bei hellem Lichte klar und logisch nach den Vor¬ 
schriften der Antisepsis und Asepsis arbeitet. Das helle Licht, 





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2 


Dr. A. Kronfeld, Wieu. 


die Reinlichkeit, die Schlichtheit des ärztlichen Milieus scheinen 
der künstlerischen Behandlung zu widerstreben. Möglich, dass 
eine neue Kunst den modernen Heilkünstler in ihren Kreis 
ziehen wird; einige Erscheinungen unserer Tage, welche das 
mediko-künstlerische Gebiet streifen, scheinen dafür zu sprechen. 

Der holländische Klein- und Feinkünstler hat den Arzt 
besonders geschätzt, hauptsächlich aus zwei Gründen: Erstens 
weil dieser Schmerzen verursacht, also Schadenfreude sowohl 
bei den Betrachtern auf, als auch vor dem Bilde erweckt. Von 
Jan Steen bis auf Wilhelm Busch hat sich die Schaden¬ 
freude als eine der vornehmsten menschlichen Eigentümlich¬ 
keiten im Bilde bewährt. Zweitens weil der Arzt des XVII. Jahr¬ 
hunderts allerlei Hokuspokus in dunklen Kammern oder auch 
auf dem lauten Markte tiieb, bewusste und unbewusste Schar¬ 
latanerie; man weiss, wie mächtig und suggestiv Scharlatanerie 
wirkt. Mundus vult decipi. Leider dürfen wir an dieser Stelle 
auf die künstlerische Bedeutung des holländischen ärztlichen 
Sittenbildes, ein reiches, noch lange nicht erschöpftes Thema, 
nicht näher eingehen und müssen uns auf einige Andeutungen 
beschränken. Hollands Kunst war realistisch, individualistisch. 
Realistische Themen fanden eine realistische Behandlung. In 
den kleinen Wohnräumen des Bürgers und Bauers, unter dem 
trüben, wolkigen Himmel erscheinen alle dargestellten Personen 
„hell-dunkel“; die Linien werden undeutlich, unsicher, nur 
Licht und Schatten charakterisieren die Erscheinung. Und in 
diesem Helldunkel leben, arbeiten die Aerzte, betrügen die 
Scharlatane ihr grosses Publikum. 

Richer 1 , Meige 2 und im Anschlüsse an diese Holländer 3 
haben den Zahnarzt in der klassischen Kunst geschildert. 
Populäre Darstellungen von Zahnbrechern oder Zahnreissern 
sind häufig genug. Richer geht auf einen Holzschnitt des 
Deutschen Hans Burgkmair aus der Mitte des XVI. Jahr¬ 
hunderts zurück; hier bearbeitet der wandernde Zahnbrecher 

1 Richer: L’art et la mödecine, Paris. 

2 Meige: Arrachenrs de dents. Nouvelle Iconographie de la 
Salpetrige, 1900. 

3 Holländer: Die Medizin in der klassischen Malerei. Stuttgart 1908. 


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Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 


3 


sein Opfer auf offenem Markte, an einem Bindfaden schwanken 
Backenzähne in der Luft. Die Louvre - Galerie besitzt einen 
„Zahnarzt“ von Gerard Dou, die Dresdener Galerie wohl 
das berühmteste Zahnarzt - Bild desselben Meisters. Die 
Handlung spielt, wie bei Dou so oft, am Fenster. Der 
Arzt zeigt uns mit einer gewissen Grandezza den Zahn, 
und der Bursch, dessen herausgequollene Augen in Tränen 
schwimmen, greift nach der Stelle des Schmerzes. Das Bild 
verdient nicht bloss vom künstlerischen, sondern auch vom 
mediko-historischen Standpunkte eine eingehende Würdigung. 
Wir geben diesem Kunstwerke, das unzählige Male reproduziert 
wurde, die erste Stelle und benülzen einen alten, besonders 
klaren Stahlstich. Der gezogene Zahn ist der leuchtende 
Mittelpunkt der Handlung; das Diplom der Leydener Hoch¬ 
schule (vom Jahre 1672) kennzeichnet den Operateur als 
Mann der Wissenschaft, der freilich, wie das Auslegen desselben 
Diploms, das greuliche Krokodil unter der Zimmerdecke und 
theatralische Details beweisen, der Reklame durchaus nicht 
abhold ist. Unser Blick bleibt an den Gegenständen der 
Fensterbrüstung hängen. Der Hut des Burschen, das Barbier¬ 
becken, das Diplom und die Flasche sind ja klar und deutlich; 
was soll aber der Gegenstand, der wie das kleine Modell 
einer gotischen Kanzel aussieht? Richer (1. c.) hat diesen 
wichtigen Gegenstand gar nicht gesehen. Er schreibt: „Sur 
le rebord de la fenetre une fiole, un plat ä barbe, un par- 
chemin muni d’un sceau.“ Holländer (1. c.) übersieht das 
merkwürdige Objekt ebenfalls, indem er schreibt: r Der übrige 
Beirat des Fensterbildes ist der typische.“ Auf der Fenster¬ 
brüstung liegt nämlich das Bindfutter oder Bindfutteral, das 
chirurgische Etui des Barbiers oder Arztes, v. Töply' hat 
dieses chirurgische Etui in einer ausgezeichneten Abhandlung 
gewürdigt, auf welche wir Freunde der älteren Medizin hie- 
mit aufmerksam machen. Das Bindfutter wurde vom Arzte 
ursprünglich getragen, wie etwa heute der Militärarzt seine 


i 

Nr. 24, 


v. Töply: Das Bindfutter. Wiener klinische Wochenschrift, 
1901. 

1 * 


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4 


Dr. A. Kronfeld, Wien. 


Tasche trägt. Dous Bindfutter besitzt keine Tragbänder 
mehr. Und später wurde das Bindfutter zu einem Stand¬ 
behältnis metamorphosiert. 

Bevor wir von dem reizvollen Thema des Zahnarztes in 
der klassischen Kunst Abschied nehmen, müssen wir noch des 
seltsamen Nachtstuckes „Der Zahnarzt“ von Gerard van Hont¬ 
hors t gedenken, von dem sich ein Exemplar ebenfalls in der 
Dresdener Galerie befindet. Wo 1tmann und Woermann*. 
welches das Bild reproduzieren, datieren es 1562, nennen es auf¬ 
dringlich, unschön, aber ungemein charakteristisch und heben 
hervor, dass die Galerie des Fürsten von und zu Liechten¬ 
stein in Wien eine Wiederholung des Bildes besitzt. Gerard 
van Honthorst nahm von Caravaggio die Manier der 
nächtlichen, grellen Lichteffekte an und malte alles, Heiliges 
und Profanes, bei Nacht und Kerzenbeleuchtung, einen „Heil. 
Hieronymus“, einen „Knaben mit einem Hunde“ (in der 
kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien) ebenso wie einen 
„Verlorenen Sohn“ oder einen „Zahnarzt“. Holländer 
begeht an diesem Manieristen eine Art Unrecht, wenn er 
schreibt: „In meisterhaft vollendeter Weise hat der Feuer¬ 
maler Gerard van Honthorst das verschieden nuancierte 
Interesse der Zuschauer zum Ausdruck gebracht“; noch in 
später Abendstunde komme ein Trupp von Leuten zum Zahn¬ 
arzte, damit er einem ihrer Freunde den schmerzhaften Backen¬ 
zahn entferne. Das Mienenspiel der Beteiligten, die Gruppierung, 
die Beleuchtungseffekte (wo hat Honthorst keine?) und die 
gute Erhaltung des Dresdener Exemplares sollen es zu einem 
„Hauptwerke“ des Malers erheben. Das ist wohl Geschmacks¬ 
sache, besonders wenn man bedenkt, dass Honthorst als 
unverbesserlicher Manierist alles bei Nacht und Kerze ge¬ 
malt hat. 

Man kennt eine alte Novelle, nach welcher der verliebte 
Hagestolz einer Dame allzu stürmisch den Hof macht und zur 
Strafe eines gesunden Zahnes beraubt wird. Als Illustration zu 


1 Weltmann - Woermann: Geschichte der Malerei. III, 2, 
Leipzig 1888. 


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Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 


5 


dieser Novelle wird das Bild von Honthorst gewaltsam heran¬ 
gezogen. 1 Adriaen Brouwer, Adriaen van Ost ade, David 
Teniers dem Jüngeren und Gerard Dou verdanken die Zahn¬ 
ärzte ihre kunstgeschichtlichen Triumphe. Das Thema wurde 
später wieder aufgenommen, freilich oft genug ohne künstleri¬ 
sche Würde und Gestaltung. Erst in neuerer Zeit, mit der 
Ausrottung des süsslichen und verlogenen Genrebildes scheint 
auch für den Arzt, sowohl für den Internisten als auch für 
den Chirurgen und Zahnarzt, ein neuer Kunstmorgen auf¬ 
zugehen. 

Die künstlerischen Darstellungen des Zahnarztes und 
der Zahnheilkunde im XIX. Jahrhundert sollen auf den fol¬ 
genden Blättern in einigen wichtigeren Beispielen vorgeführt 
werden. Vom ersten Zahn werden wir zur Darstellung des 
Zahnschmerzes, der geschwollenen Backe, des berühmten 
Tuches, dessen Zipfel in die Luft ragen, hinübergeleitet. Wie 
der erste, war auch der Weisheitszahn Thema der Genre¬ 
kunst, besonders der deutschen. Die Bauern mit verzerrten 
Gesichtern, mit der Hand, welche krampfhaft die Wange 
drückt, haben wenig künstlerisches Interesse. Leider müssen 
wir uns diesmal versagen, auf die humoristische Seite des 
Zahnschmerzes, ein Lieblingsthema moderner Zeichner, näher 
einzugehen. Dieses Kapitel erfordert eine selbständige Be¬ 
handlung. Charles Baugniet (geb. 1814 in Brüssel) nimmt 
das Thema vom ersten Zahn recht grossartig. Wir be¬ 
finden uns im Kinderzimmer der reichen, adeligen Französin. 
Die Damen, Grossmama und Mama, sind im Morgenkostüm, 
eine Besucherin, vielleicht die Femme sage, welche bereits 
in früher Morgenstunde stark dekolletiert erscheinen muss, 
beobachtet den ersten Sohn des Hauses, an welchem die 
dralle Nährmama die „Pillen“ demonslriert. Die ländliche, 
nicht ungraziöse Amme steht konventionell da, wie aus 
älteren französischen Genrebildern herausgeschnitten, ebenso 
verrät die sitzende Grossmama kein Eigenleben; dagegen 


i Deutschlands Kunstschätze. Reudnitz bei Leipzig. 1885. I, 
Seite 59—64. 


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Dr. A. Kroufeld, Wien. 


haben der halbbeschattete Kopf der fremden, dekolletierten 
Frau und das zierliche Köpfchen der jungen Mama starke 
malerische Wirkung; auch koloristisch müssen diese beiden 
Köpfe sehr wirksam sein. A. K eil er hat anfangs Gesellschafts¬ 
stücke und Genrebilder gemalt. Aus dieser Zeit stammt „Der 
erste Zahn“. Die Handlung spielt in der konventionellen 
deutschen Bauernstube. Die Grossmutter befühlt die „Pillen* 
des Kindes und die Mutter steht voll Freude und Rührung 
dabei. Das Bild kommt über eine allgemeine, gemütliche 
Wirkung nicht hinaus. Es fehlt dem Maler noch das selbst¬ 
ständige Sehen und Erfassen der Erscheinungen. Emile Auguste 
Pin c har d (geb. 1847 in Gambrai) hat ebenfalls ein zier¬ 
liches Bild: „Der erste Zahn“ (1878). Der bekannte ungarische 
Maler Jenö Gyärfäs (geb 1857 in Szepsi-Szent-György) ist 
auch mit einem „Ersten Zahn“ vertreten. 

„Ein römischer Zahnbrecher“ von Dietrich Wilhelm 
Lindau (geb. 1799 in Dresden, gest. 1862 in Rom) mag 
als Beispiel dafür genannt werden, wie unkünstlerisch der 
Scharlatan derDentistik — im Gegensätze zum XVII. Jahr¬ 
hundert und zu Holland — in deutschen Landen gemalt wurde. 
Dieses Bild erinnert an den merkwürdigen französischen Kupfer¬ 
stich „Le grand Thomas“ aus dem Jahre 1729. Es stellt einen 
berühmten Zahnbrecher dar, der auf dem Pont Neuf in Paris 
seine Academie d’operations aufgeschlagen hat. Von Zeit zu 
Zeit begab sich der Mann ins grosse Krankenhaus, um dort 
gratis zu arbeiten. Mehrere Bilder zeigen sein Porträt, darunter 
„Le grand Thomas“. Wir sehen eine riesige Puppe mit Doktors¬ 
hut thronend dasitzen, eine Puppe, wie sie in südländischen 
Karnevalszügen eine Rolle spielen. Zu Füssen dieser Puppe 
der Zahnarzt in Tätigkeit, Zahnkranke und Neugierige. Der 
interessante Stich wurde in der „Revue de Stomatologie“, 
Nummer 1, 1900, publiziert. Von Wilhelm Heinrich Schau- 
mann (geb. 1841 in Tübingen, gest. 1893 in Stuttgart) rührt 
das frische Bildchen „Die Dorfklinik“ her. Die Handlung spielt 
im Stalle beim Meister Schmied. Der Schmied behandelt, 
wie alle Kurpfuscher, „auch brieflich.“ Indessen heult der Bub 
vor Zahnweh. Das Bild enthält gute Tierstudien und hat in der 


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Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 


7 


Beleuchtung einige Wirkung. Der Schmied als Dentist hat eine 
grosse Rolle im Volksleben gespielt — spielt sie wohl auch heute 
noch. Gewöhnlich steht der Meister, mit der Beisszange be¬ 
wehrt, neben seinem Amboss und wartet seines Opfers, eines 
ungebärdigen Kindes, eines resigniert sich nähernden Mannes 
oder Weibes, ln der berühmten Sammlung des Sanitätsrates 
Dr. Brettauer, wohl des glücklichsten Sammlers auf 
mediko-künstlerischem Gebiete, befindet sich der Kupferstich 
nach dem Gemälde von John Wilson (geb. 1812, gest. 1875 
in Folkestone) „Der Schmied als Zahnarzt“. Unbarmherzig 
zerrt der Meister an dem oberen Schneidezahne des alten 
Weibes, deren Gatte — eine leibhaftige Hogarthsche Figur — 
zusieht. Schaumanns kurpfuschenden Schmied haben wir 
bereits genannt. Der Münchener Genremaler Anton Deibler 
hat ebenfalls einen „Alten Dorfschmied als Pfuscher“ ver¬ 
ewigt. 

Die englischen und schottischen Genremaler blieben 
ganz unbeeinflusst von der Süsslichkeit und Glätte der Düssel¬ 
dorfer und anderer kontinentaler Schulen. Enskine Nicol 
(geb. 1825 in Leith) hat im Jahre 1861 ein Oelgemälde „Zahn¬ 
schmerzen 1 " ausgestellt; vier Jahre später James Hayllar 
(geb. 1829 in Chichester) sein „Zahnweh der Königin Elisa¬ 
beth“ — ein Bild, das in den Kreisen empfindsamer Zeit¬ 
genossen viel besprochen wurde. 

In der neueren Kunst ist der Zahnarzt als Operateur, 
die Zahnoperatio'n selten geworden; häufiger wird das Warte¬ 
zimmer des Zahnarztes und oft genug werden Zahnkranke 
dargestellt. Regierungsrat Prof. Dr. Julius Sch eff hatte die 
Güte, uns auf einen Stich des Spaniers Manuel Salvador 
Garmona (geb. 1730, gest. 1807 in Madrid) aufmerksam zu 
machen, welcher sich im zahnärztlichen Universitäts-Institute 
in Wien befindet. Der Stich, nach einem Originale von Theodore 
Reclans Flame nee, zeigt uns das Innere eines schmucklosen 
Zimmers, im Vordergründe einen langen Tisch, auf welchem 
trepan- und zangenförmige Instrumente, Behälter, Tiegel und 
Fiaschen, ferner zwei Diplome liegen. Links neben dem Tische 
sitzt eine Frau, welcher der Arzt, ein stattlicher Herr, einen 


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8 


Dr. A. Kronfeld, Wieu. 


rechten unteren Backenzahn zieht. Weiter links ein Mann und 
eine Frau, rechts neben dem Arzte sein Assistent, etwas stutzer¬ 
haft gekleidet, neben diesem, also hinter dem Tische, Zahn¬ 
kranke und Publikum. Vor dem Tische rechts ein sitzender 
Mann, der aufmerksam zusieht. Der ausgezeichnete Stich ist 
nach einem massigen, akademisch „komponierten“ Original 
gearbeitet. Am besten ist dem Maler wohl der Kopf des Zahn¬ 
arztes gelungen; freilich ist dieser Kopf wie aus einem guten 
holländischen Bilde der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts 
herausgenommen. Einen ausserordentlich drastischen Zahn¬ 
arzt verdanken wir dem Franzosen Louis Leopold Boilly 
(geb. 1761 in La Bassäe, gest. 1845 in Paris). „Le bäume 
d’acier,“ „Der Stahl als Balsam,“ im übertragenen Sinne „Die 
Zahnzange,“ betitelt sich das kolorierte Blatt, welches „La 
Revue de Stomatologie“ in Nr. 8, 1900, publiziert hat. Diesmal 
ist Boilly nicht Humorist oder Satyriker, diesmal bewährt 
er sich als grosser Darsteller ärztlicher Kunst. Dieselbe Revue 
bringt in Nr. 9,1901, einen Zahnarzt nach Francesco Maggio t to, 
einem Venetianer des XVIII. Jahrhunderts. Noch sei des Oel- 
gemäldes „Eine Szene beim Zahnarzt“ gedacht, welches im 
Jahre 1839 gemalt wurde und sich in der National-Galerie 
in Berlin befindet. Der Maler Johann Gottlieb Hantzsch (geb. 
1794 in Neudorf bei Dresden, gest. 1848 in Dresden) schildert 
hier das Atelier des Zahnarztes, Baders und Barbiers mit 
Meisterschaft. Die Stube mit ihrer Ausstattung erinnert bis auf 
den schummerigen Alkoven sehr lebhaft an ähnliche Dar¬ 
stellungen in der holländischen Kunst. Nur hätte ein Teniers 
in diesem Raume zweifellos die Zahn Operation dargestellt. 
Die neueren Maler gehen dem grossen Moment der Ex¬ 
traktion aus dem Wege. Das Bild der National-Galerie, das 
hier zum erstenmale reproduziert wird, ist eines eingehenden 
Studiums wert. 

Reich ist das Gebiet „Beim Zahnarzte“, resp. „Im Warte¬ 
zimmer des Zahnarztes“. Hier sind natürlich dem Humor 
Tür und Tor geöffnet. Einige typische Beispiele müssen ge¬ 
nügen. Die Zeichnung Julius Kleinmichels (geb. 1846 in 
Rodzonne bei Graudenz, gest. 1900 in München) „Beim Zahn- 


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Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 


9 


arzt“, deren Reproduktion uns in liebenswürdiger Weise ge¬ 
stattet wurde, bedarf wohl keiner näheren Erklärung. Wir 



wählen dieses Blatt aus einer Reihe vieler ähnlicher, weil es 
besonders lebendig und charakteristisch ist. Aehnliches, wenn 
auch ohne Sturm und Drang, stellt Karl Koch (geb. 1856 


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Dr. A. Kronfeld, Wien. 


in Berlin) dar. Seine Zeichnung führt uns in das „Vorzimmer 
des Zahnarztes“. Der Knabe mit verbundenem Gesichte wehrt 
sich, einzutreten; der Doktor, ein würdiger alter Herr, blickt 
durch die Türspalte. Die schönste derartige Szene ver¬ 
danken wir Pietro Saltini (geb. 1839 in Florenz). Das viel 
gezeichnete und gemalte Thema ist hier ins Italienische über¬ 
setzt. „Im Wartezimmer des Arztes“ treffen wir eine gemischte 
Gesellschaft. 1 Rechts vorne der ländliche Lehrer mit Regen¬ 
schirm und Zeitung; neben ihm ein junges Mädchen in 
Stellung, ferner eine junge Mutter, die dem alten Pensionisten 
das Leiden des Sohnes demonstriert; eine junge, blasse Dame, 
ein Kavallerieoffizier und schliesslich eine Mutter mit dem 
Kinde, das nicht will. Der Zahnarzt hat etwas Mephistophe¬ 
lisches — und durch das Ganze zieht es wie leiser Zahn¬ 
schmerz, der in den Nerven des Betrachters nachklingt. Das 
Bild hat aber auch seine lustigen Seiten. Die Charaktere der 
Wartenden sind nicht ohne Ironie gezeichnet, und der junge 
Mann, der ungeduldig auf die Uhr blickt, für den Zeit Geld, 
viel Geld ist, ist ein Meisterstücklein. Endlich ein zahnärztliches 
Bild, das mit jenen des XVII. Jahrhunderts in Parallele gestellt 
werden darf! 

Das bekannte dentistische Bild von Franz Simm 
(geb. 1853 in Wien) ist viel ärmer, leerer, schwächer. Das 
Bild hat mehrere Namen: „Vor der Operation“ wird es in 
der „Kunst für Alle“, Band XI, genannt; die „Gartenlaube“, 
1895, Seite 20, 21 und 34, tituliert es: „Er muss heraus!“ 
und in der Ausstellung der Münchener Künstlergenossen¬ 
schaft ging es unter dem Titel: „Eine Zahnoperation“. Die 
Handlung spielt zur Empirezeit. Die junge Frau ist ausser 
sich geraten, der Gatte sucht besänftigend einzuwirken, Mama 
benimmt sich recht tapfer, eine Schwester (oder Freundin? 
Zofe?) hält sich die Ohren zu und lächelt dumm und falsch 
wie eine Puppe, der alte Medikus lauert auf den günstigen 
Moment, den Dolch im Gewände. Möbel und Service sind in 
Gefahr, der Hund der Herrin bellt den Medikus an — Getöse 


1 Photographieverlag der „Photographischen Union“ in München. 


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Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 


11 


und Aufregung pflanzen sich in andere Räume des fürstlichen 
Hauses fort. Ein Kritiker sagte noch vor zehn Jahren von 
diesem Werke, es sei ein ergötzliches Bild aus der empfindsamen 
Urgrossväterzeit und mit der vollkommenen Treue dargestellt, 
welche den Gemälden Simms einen so eigenartigen Reiz und 
ihren grossen künstlerischen Wert verleihe. (Ich kann das viel¬ 
genannte Bild weder ergötzlich, noch treu, noch eigenartig 
reizend finden.) Noch sei des Bildes „Der Zahnarzt“ von 
Peter Schwingen (geh. 1815 in Muffendorf bei Godesberg 
am Rhein) gedacht, eines Werkes aus dem Jahre 1849; 
ferner aus allerjüngster Zeit des Aquarells „Der Zahnarzt“ 
von Dewambez, das im Pariser Cercle Volney 1905 zu 
sehen war. 1 

In neuerer Zeit hat Schaafhausen 2 darauf hinge¬ 
wiesen, dass grosse mediane Schneidezähne des Ober¬ 
kiefers für das weibliche Geschlecht besonders charakteristisch 
seien. Nach Photographien hat Bartels (1. c.) eine junge 
Japanerin, eine junge Oesterreicherin, Maurin, Abyssinierin, 
Javanin abgebildet, bei welchen dieses Charakteristikon be¬ 
sonders kräftig hervortritt. Es wäre der näheren Untersuchung 
wert und muss einer anderen Gelegenheit Vorbehalten bleiben, 
diese weiblichen Schneidezähne in der bildenden Kunst, etwa 
bei lachenden Mädchen, zu verfolgen. Hier sei nur auf ein 
Beispiel aus der grossen Kunst hingewiesen. Die „Heil. Magda¬ 
lena“ von Pietro Conte del Rotari (geb. 1707 in Verona, 
gest. 1762 in St. Petersburg), ein Bild der Dresdener Galerie, 
zeigt uns, dass der Maler die Eigentümlichkeit des weiblichen 
Gebisses sehr genau gekannt hat. Ein besonders interessantes 
Exemplar eines Frauenkopfes mit sichtbaren oberen Schneide¬ 
zähnen hat der Münchener Maler Ludwig Kirschner (geb. 1872 
in Tettenweis, Landsmann und Mitarbeiter Franz Stucks) in 
die Frühjahrsausstellung der Münchener Sezession 1904 ge- 


* Im Pariser Salon war 1901 ein Bild von J. Geoffroy: „Au 
Dispensaire. Le jour du dentiste“ („L’Illustration“, Nr. 8036) ausgestellt. 

a Dr. H. Plo8S: Das Weib in der Natur- und Völkerkunde. Achte 
Auflage. Von Dr. M. Bartels, Leipzig 1905. I., pag. 16 u. f. 


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12 


Dr. A. Kronfeld, Wien. 


sendet. Wir reproduzieren die Zeichnung mit Erlaubnis des 
Künstlers. 

Schlechte Gebisse gehören zum Typus, wenn es 
sich um die Darstellung von geizigen Menschen, Bösewichten, 
Faunen oder Fratzen handelt. Arnold Böcklin (geh. 1827 
in Basel, gest. 1902 in Fiesoie) hat drei Masken für die Kunst¬ 
halle in Basel modelliert, die als Werke derselben Hand, welche 
Gemälde von fast antikem Schönheitssinn und elementarem 
Naturempfinden vollendet hat, bemerkenswert sind. E«ne Maske 
zeigt ein Schiefmaul, die zweite eine Pfundnase, die dritte, 
hier abgebildete, ein elendes Gebiss. 

Neben geschwollenen Backen und schlechten Gebissen 
interessiert uns die Kieferatrophie der Greise, welche in 
der bildenden Kunst von jeher eine Rolle gespielt hat. Wir 
reproduzieren das Werk eines hochberühmten Meisters des 
XIX. Jahrhunderts, um eine Darstellung des senilen Kiefer¬ 
schwundes in der bildenden Kunst zu geben. Gustave C o u r b e t 
(geb. 1819 in Omans, gest. 1877 in La Tour de Peilz am 
Genfer See) schildert diesen pathologisch-anatomischen Befund 
in seinem „Ein guter Tropfen“ („Le bon vin“) mit erschüttern¬ 
der Realistik. Cour bet war einer der grössten Roformatoren 
der Kunstgeschichte. Er hat sowohl die Künstler als auch das 
Publikum gezwungen, natürlich, ehrlich, einfach zu sehen. Der 
Puppenmalerei hat er den Todesstoss versetzt; seine „gewöhn¬ 
lichen“ Menschen aus bäuerlichen oder kleinbürgerlichen Kreisen 
in der Hässlichkeit, aber auch in der erschütternden Wahrheit 
des Kampfes um das tägliche Brot eroberten die Kunst¬ 
ausstellungen und Galerien; seine „Steinklopfer“ zieren heute 
die Dresdener Galerie. Sehr charakteristisch ist auch Willy 
Walters „Dachauer“, ein Bild, das in der Frühjahrsausstellung 
der Münchener Sezession 1904 zu sehen war und in der „Kunst“, 
IX. Band, Seite 357, abgebildet ist; ferner sei an des Bildhauers 
Stefano Sin ding (geb. 1840 inTrondhjem) gewaltige Skulptur 
einer Matrone: „Die Aelteste ihres Geschlechtes“ erinnert. 

B. J. Cigrand hat in dem Vortrage: „Dental Deformities 
in Fine Art and Sculpture“, den er im Jahre 1901 in der 
„Odontographic Society of Chicago“ hielt, über die Zahn- 


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Dr. A. Kronfeld: Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 


Dou: Zahnarzt. 


Oesterr.-nngar. Vierteljahrsachrift für Zahnheilknnde, Wien, XXII, 1 


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Dr. A. Kronfeld: Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 


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Honthorst: Zahnarzt. 


Oesterr.-ungar. Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde, Wien, XXII, 1. 


Wilson: Der Sehmied als Zahnarzt. 










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Dr. A. Kronfeld: Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 





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Dr. A. Kronfeld: Der Zahnarzt in der modernen l£unst. 



Hantzsch: Beim Zahnarzt. 


Oesterr.-ungar. Vierteljahrssohrift für Zahnheilkunde, Wien, XXII, 1. 


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Dr. A. Kronfeld: Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 



Simm: Vor der Operation. 


Oesterr.-nngar. Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde, Wien, XXII, 1. 


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Dr. A. Kronfeld: Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 



Oesterr.-Ungar. Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde, Wien, XXII, 1. 


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Dr. A. Kronfeld: Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 



Oesterr.-Ungar. Vierteljahrssohrift für Zahnheilkunde, Wien, XXII, 1. 


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1 


Dr. A. Krön: 

1 






t für Zahnheilkunde, Wien, XXII, !• 


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Der Zahnarzt in der modernen Kunst. 


13 


darstellungen in der modernen Kunst gesprochen. Ein ähn¬ 
liches Thema behandelte er vor der „SouthWestern Michigan 
Dental Society“ im September 1902: „What Art has done 
for Dentistry — and what Dentistry has done for Art“. Er 
bringt die Bilder von Dou und Honthorst und würdigt 
die amerikanischen Kollegen Kingsley, Hitchcock u. a., 
welche in ihren Mussestunden als bildende Künstler tätig sind. 
Dr. Norman W. Kingsley ist vorzüglich Bildhauer. Seine 
Marmorbüste des Heilands vom Jahre 1868 zeigt Grösse und 
Weihe, welche gleich weit entfernt sind vom derben Naturalis¬ 
mus, wie von der akademischen Konvention; er ist auch 
Porträtmaler. Dr. T. S. Hitchock scheint ein Mitglied der 
bekannten amerikanischen Künstlerfamilie zu sein; seine 
Gruppen „Urteil des Paris“, „Der Letzte der DakotahV, seine 
Bisons und Elefanten sind reizvolle Skulpturen von durch¬ 
aus origineller Auffassung und lebendiger Wirkung. 

Von den reichen Beziehungen der Zahnheilkunde zur 
humoristischen Illustration und zur Karikatur, der ja alle 
ärztliche Kunst leicht verfällt, konnten wir in dieser Arbeit 
nicht sprechen. Wir schliessen mit der Mitteilung der Zeichnung 
„Zahnweh“ von Prof. Rudolf Bacher (geb. 1862 in Wien), 
welche sich in den Sammlungen der „Albertina“ befindet und 
mit gütiger Erlaubnis des Künstlers hier zum erstenmal ver¬ 
öffentlicht wird. Das Bild bedarf keiner Worte. 



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Prof. Dr. W. Sachs. Berlin. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Die mechanische Befestipj durch Ataiarpyorrhoe stark 
placierter Zähle. 

Von Prof. Dr. W. Sachs in Berlin. 

Aus den bisher mitgeteilten Erfahrungen über Behand¬ 
lung und Heilung der Alveolarpyorrhoe hat sich ergeben, dass 
die chirurgische und medikamentöse Behandlung allein den 
gewünschten Erfolg erzielt. Peinlichste mechanische Entfernung 
des Zahnsteines, soweit er sich an den Zahnwurzeln angesetzt 
hat, Abtragung der nekrotischen Alveolarränder, Inzisionen 
in das Zahnfleisch, um dessen straffe Vernarbung herbeizu¬ 
führen, welche das zerstörte Ligamentum ersetzen soll und 
Einführung von antiseptischen Mitteln in die Zahnfleischtaschen, 
haben günstige Resultate ergeben. Zur Unterstützung der 
Ausheilung dieser so weit verbreiteten Zahn- und Kiefer¬ 
erkrankung, besonders wenn es sich um stark gelockerte 
Zähne handelt, ist jedoch deren mechanische Befestigung 
durchaus erforderlich. 

Nach meinen Beobachtungen wird auf diese so sehr 
notwendige Befestigung nicht genügendes Gewicht gelegt. Die 
gelockerten Zähne können nur dann durch Bildung neuer 
gesunder Granulationen wieder festen Halt in der Alveole 
gewinnen, wenn ihre Beweglichkeit im Kiefer aufgehoben 
wird, damit sie durch die Kautätigkeit nicht hin- und her¬ 
bewegt werden, wodurch Granulationsbildung wesentlich, wenn 
nicht völlig gehemmt wird. 

Die Ursache, weshalb die mechanischen Befestigungen 
nicht in dem notwendigen Umfange zur Anwendung gelangen, 
dürfte wohl in der unzweckmässigen, ja zum Teil nachteiligen 
Beschaffenheit der meisten bekannten Methoden zu suchen sein. 

Die von Glogauer, Bryan, Herbst, Schmidt, 
Wetzel u. a. angewandten Befestigungsapparate haben den 
grossen Fehler, dass sie am Zahnhalse, dicht am Zahnfleisch- 


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Die mechanische Befestigung durch Alveolarpyorrhoe etc. 15 

rande, angebracht werden, den Speiseresten hier einen will¬ 
kommenen Schlupfwinkel bietend. In kurzer Zeit entwickelt 
sich ein Gärungsprozess dieser organischen Substanzen, 
fauliger Geschmack und Geruch im Munde, die Zahnfleisch¬ 
ränder werden— trotz Bürste, Zahnstocher und antiseptischer 
Mundwässer — ständig in einem Reizzustande gehalten, der 
Zugang zu den Zahnfleischtaschen zwecks häufigerer zahn¬ 
ärztlicher Reinigung und Behandlung der Wurzeln wird ver¬ 
legt, so dass die Zähne wohl längere Zeit hindurch mechanisch 
festgehalten werden, doch Ausheilung der Erkrankung kann 
nicht zustande kommen. 

Weiser 1 beschreibt die von M. L. Rhein angegebene 
Methode, zugleich eigene Modifikationen und Verbesserungen 
hinzufügend. Diese Befestigungsart hat den oben erwähnten 
gegenüber deshalb bedeutende Vorteile, weil sie sich nur an 
der lingualen Seite der Zähne und etwa in der halben 
Kronenhöhe befindet, in der Tat ein grosser Vorzug, sie lässt 
den Zahnfleischrand und den Zugang zu den Zahnfleisch¬ 
taschen frei, hindert mithin nicht die leichte Reinhaltung und 
häufiger notwendig werdende zahnärztliche Behandlung, auch 
das von vielen Patienten beanstandete sichtbare, mehr oder 
weniger breite Goldband an der labialen Zahnfläche, wie es 
die oben erwähnten Methoden erfordern, ist nicht vor¬ 
handen. 

Doch auch diese sonst so gute Zahnbefestigungsart ist 
nicht frei von Uebelständen. Abgesehen von der technischen 
Schwierigkeit ihrer Herstellung beansprucht sie die Abtötung 
der Pulpen, nicht nur der gelockerten Zähne, sojidern auch 
zweier feststehender Nachbarzähne, um dem Apparat stabile 
Stützpunkte zu gewähren. 

Ich verwende seit längerer Zeit einen Apparat, der sich 
in allen Fällen so vorzüglich bewährt hat, dass ich ihn 
durchaus für das Festhalten durch Alveolarpyorrhoe gelockerter 
Zähne warm empfehlen kann. 

1 Oesterreichisch-ungarische Vierteljahrsschrift fiir Zahnheilkunde. 
Jänner 1904. 


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16 


Prof Dr. W. Sachs, Berlin. 


Folgende Vorzüge zeichnen ihn vor allen anderen mir 
bekannten Apparaten dieser Art aus: 

1. seine Anfertigung erfordert keine aussergewöhnlich 
grosse technische Fertigkeit; 

2. er lässt den Zahnfleischrand und die Zahnfleischtasche 
vollkommen frei, so dass das Festklemmen von Speiseresten 
nicht begünstigt und die häufigere Reinigung der Zahn¬ 
wurzeln und des Zahnfaches durch den Zahnarzt nicht be¬ 
hindert wird; 

3. die verwendete Goldschiene ist nur sehr wenig 
sichtbar. 

Ja, ich kann wohl behaupten, dass mir kein einziger 
Nachteil dieses Stützapparates bekannt ist. 

Ich bemerke vorweg, dass diese nachstehend beschriebene 
Konstruktion nicht von mir stammt, sondern von Chase als 
Retentionsapparat für regulierte Zähne angegeben ist, doch 
auch als Stützapparat für lockere Zähne ausgezeichnete Dienste 
leistet. 

Nehmen wir als Beispiel an, die vier unteren Schneide¬ 
zähne seien stark gelockert, während die Eckzähne fest im 
Kiefer stehen, ein Fall, der wohl am häufigsten vorkommt. 
Zunächst schleift man mit einer sehr dünnen Karborund- oder 
Diamantscheibe die Seitenflächen der Zähne etwas ab, so dass 
sie mindestens im oberen Drittel — von der Schneidefläche ab 
— parallele Seitenwände bilden, wodurch auch zugleich ein 
freier Raum zwischen den einzelnen Zähnen geschaffen wird. 

Nach einem Abdruck wird das Modell angefertigt. Gips 
ist das einzig zuverlässige Material zur Erlangung eines guten 
Abdruckes, auch wenn die Zähne noch so locker sind. Stents 
oder ähnliche Abdruckmassen erfordern einen mehr oder 
weniger starken Druck auf die losen Zähne, diese werden 
dadurch leicht aus ihrer natürlichen Lage gedrängt und er¬ 
geben im Modell dann ein falsches Bild der Zahnstellung. 
Auch kann beim Herausnehmen des Abdruckes aus plastischem 
Material ein besonders loser Zahn leicht mit entfernt werden, 
ein Missgeschick, das beim Gebrauch von Gips völlig aus- 


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Die mechanische Befestigung durch Alveolarpyorrhoe etc. 


17 


geschlossen ist. Man muss dazu dünn angerührten Gips ver¬ 
wenden, so dass nicht der geringste Druck erforderlich ist. 
Man lässt den Gips völlig erhärten, entfernt dann den Mund¬ 
löffel vom Abdruck, reisst mit einem Exkavator in der Gegend 
der mittleren Schneidezähne, an der labialen Fläche, dann 
etwas hinter den Eckzähnen eine ziemlich tiefe senkrechte 
Rinne in den Gips, ausserdem noch an der oberen Fläche 
des Abdruckes, der Schneidefläche der Zähne folgend, in 
gleicher Weise eine Rinne ein, dann fügt man bei Abdrücken 
des Unterkiefers das meisseiförmige Ende des von mir ange¬ 
gebenen Gipsmessers, bei Abdrücken des Oberkiefers den 
messerförmigen Teil in eine der senkrechten Rinnen im Gips 
ein und sprengt mit sanftem seitlichen Druck den Gips aus¬ 
einander. Bei einiger Uebung wird der Gips genau an den 
eingeschnittenen Rinnen abspringen. Nachdem die labiale 
Partie entfernt ist, lässt sich der linguale Abdruckteil leicht 
von den Zähnen abheben. 

Die einzelnen Gipsstücke werden im Mundlöffel genau 
an ihre Stellen reponiert und das Modell gegossen. Sind auf 
dem Modell die Zähne nicht freistehend, sondern ihre Zwischen¬ 
räume mit einer Gipsschicht ausgefüllt, so trennt man die 
Zähne mit der Laubsäge von einander, um im Modell die 
genaue Wiedergabe der natürlichen Zähne zu haben. 

Aus 22karätigem, 0*3 Mm. starkem Goldblech fertigt man 
gut passende, an der labialen Fläche gelötete, 2 bis 2-5 Mm. 
breite Ringe für jeden Zahn, etwa in der Höhe zwischen dem 
ersten und zweiten Drittel der Krone, von der Schneidefläche 
an gerechnet, einzeln an. 

Die überstehenden Enden der verwendeten Goldstreifen 
schneidet man an der Lötstelle vorläufig nicht ab. 

Die Ringe schiebt man auf die natürlichen Zähne, sie 
vorsichtig nach der Wurzel zu drückend. Sind die Zähne sehr 
stark gelockert, so empfiehlt es sich, ein Stückchen Stents 
Abdruckmasse von der Stärke eines dicken Bleistiftes zu 
erweichen und an die Lippen- und Zungenfläche der Kronen 
anzudrücken, jedoch die halbe Krone von der Schneidefläche 
ab freilassend. Man fasst mit Zeigefinger und Daumen der 

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Prof. Dr. W. Sachs, Berlin. 


linken Hand die erhärteten Stentsstücke, während man die 
Ringe anpasst, damit die Wurzeln in ihren Alveolen nicht 
bewegt werden. 

Um ein recht genaues Anliegen des Goldbandes an die 
Zungen- und Seitenflächen zu gewinnen, presst man einen 
Polierstahl oder ein ähnliches Instrument zwischen Goldring 
und Lippenfläche des Zahnes, dadurch wird das Gold nach 
aussen gezogen und legt sich fest gegen Zungen- und Seiten¬ 
flächen des Zahnes an, zum Schluss noch ein kleines Holz- 
keilchen in den durch den Polierstahl geschaffenen freien 
Raum schiebend, damit das Goldband unverändert an der 
gewünschten Stelle verbleibt. 

Nachdem alle Ringe auf solche Weise sicher an den 
Zahnkronen befestigt sind, nimmt man Gipsabdruck der Zähne 



Fig. 1. Lippenseite. Fig. 1 a. Znngenseite. 


mit den Ringen. Sind einzelne Zähne so locker, dass sie sich 
trotz des dünn gemischten Gipses aus ihrer natürlichen Stellung 
verschieben könnten, so befestigt man die Zähne durch An¬ 
legen von Seidenfäden in Achtertouren aneinander, ein ein¬ 
faches aber wirksames Hilfsmittel, um die Zähne während des 
Abdrucknehmens in ihrer natürlichen Stellung zu fixieren. 

Beim Herausnehmen des Gipsabdruckes verfährt man wie 
zuvor beschrieben. 

Die Goldringe verbleiben meistens auf den Zähnen, man 
nimmt sie von diesen ab und replaciert sie ohne die Holz¬ 
keile in ihre Stellung im Abdruck; auf dem Modell befinden 
sich nun die Goldringe an den Zähnen, genau wie vorher im 
Munde. 

Ein etwa 0-5 Mm. starker schmaler Streifen 18karätigen 
Goldes wird gegen die Zungenfläche der Ringe, diese der Länge 


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Die mechanische Befestigung durch Alveolarpyorrhoe etc. 19 

nach bedeckend, direkt auf dem Modell gelötet (Fig. 1 und la). 
Wenn wir auf das oben angenommene Beispiel zurückgreifen, 
muss der aufzulötende Goldstreifen nicht nur die Ringe an der 
Zungenfläche bedecken, sondern noch auf die Ringe der Eck¬ 
zähne seitlich und labial übergreifen. Mit dem Auflöten des 
Goldstreifens muss man die Ringe zwischen den Zähnen gut 
verlöten, so dass das Lot reichlich an den labialen Zwischen¬ 
räumen der Goldringe vorhanden ist. Das Modell wird zer¬ 
schnitten, der Stützapparat abgenommen und glatt gefeilt. 
Alsdann schneidet man von der labialen Fläche der Ringe 
so viel heraus, dass nur ein kleiner Teil des Goldes die Zähne 
nach vorne zu umklammert, ausreichend, um die lockeren 
Zähne, nachdem die Spange im Munde befestigt ist, ganz fest 
in ihren natürlichen Stellungen zu halten (Fig. 2). 



Fig. 2. 


Die Endpunkte der Spange, also die an den Eckzähnen 
befindlichen Ringe, verkürze man weniger, damit die Befesti¬ 
gung eine stärkere wird. 

Die Zähne werden gut getrocknet, die Innenflächen der 
zusammengelöteten Ringe belegt man mit weich gemischtem 
Zement und bringt den Stützapparat an seine Stelle. Die 
lockeren, leicht beweglichen Zähne fügen sich, wenn nötig mit 
kleiner Nachhilfe, in die für sie bestimmten Halbringe ohne 
besondere Schwierigkeit ein. Die stumpfe Schneide eines 
geraden Schmelzmessers wird auf die Lötstelle zwischen den 
Ringen aufgesetzt, mit leichten Hammerschlägen — von einem 
zum andern Zwischenraum gehend — treibt man den Stütz¬ 
apparat an seinen Platz. 

Um eine besonders starke Befestigung der Schiene zu er¬ 
zielen, kann man durch die als halbe Klammer um die Eckzähne 

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Prof. Dr. W. Sachs, Berlin. 


greifenden Goldenden ein feines Loch bohren, das sich etwa 
1 Mm. tief in die Zahnkrone fortsetzt. Mit den zu den 
H o w sehen Ankerschrauben gehörenden Vorrichtungen schneidet 
man in das Bohrloch ein Gewinde, in das eine Howsche 
Ankerschraube eingefügt wird; auf solche Weise erhält man 
ausserordentlich starke Befestigung, ohne befürchten zu müssen, 
die Zähne durch das Bohrloch zu schädigen. Oft kann man 
auf den ersten schadhaften Bicuspis an einer oder beiden 
Seiten eine Goldkrone setzen (Fig. 3), die dann mit dem Stütz¬ 
apparat verlötet wird, wodurch die Befestigung vermittels 
Schraube fortfällt. 

Wiederholt habe ich in solche Schienen einen bereits 
verloren gegangenen Zahn eingefügt. Ist der herausgefallene 
natürliche Zahn noch vorhanden, so wird die Wurzelspitze 



Fig. 3. 


abgeschnitten, der Lücke angepasst und mit Schräubchen an 
dem Stützapparat befestigt. Künstliche Zähne werden angelötet. 

Derartige Schienen eignen sich auch in vielen Fällen als 
Träger für einzelne oder auch mehrere künstliche Zähne. 

Es ist selbstverständlich, dass die mechanische Befestigung 
allein nicht ausreicht, die erkrankten Alveolen auszuheilen und 
den gelockerten Zähnen wieder zu ihrer natürlichen Befestigung 
im Kiefer zu verhelfen. Der Apparat dient ja nur zur Unter¬ 
stützung des Heilverfahrens. 

Häufigere mechanische Entfernung des sich meistens 
reichlich bildenden Zahnsteines von den Zahnwurzeln ist durch¬ 
aus erforderlich. 

Wiederholt habe ich die Beobachtung gemacht, die wohl 
zugunsten des Stützapparates gedeutet werden könnte, dass 
die Patienten ihre Sorge um die gelockerten, durch die Schiene 


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Die mechanische Befestigung durch Alveolarpyorrhoe etc. 21 

ganz festgehaltenen Zähne vergassen und sich in dem Wahne 
befanden, die Erkrankung sei durch die Befestigung behoben. 
Das ist natürlich nicht der Fall. Bleibt der Patient nicht unter 
ständiger Aufsicht und Behandlung des Zahnarztes, so werden 
sicher im Laufe der Jahre die Zähne mit der Schiene heraus¬ 
fallen. 

Das Bestreben der Zahnärzte ist seit langem darauf 
gerichtet, ein Medikament zu finden, das das Festsetzen des 
Zahnsteines einschränkt oder ganz verhindert. Die mechanische 
Reinigung der Zähne allein reicht nicht dazu aus. 

Dr. Herrmann (Karlsbad) hat eine seit zirka 2 Jahren von 
ihm erprobte Zahnpasta zusammengesetzt, von der er berichtet, 
dass sie bei vorgeschriebener Anwendung nicht nur die Bildung 
des Zahnsteines verhütet, sondern sogar vorhandene starke Zahn¬ 
steinablagerungen innerhalb einiger Wochen oder Monate je 
nach der Beschaffenheit des Niederschlages, vollständig auflöst. 

Herrmann stellte mir einige seiner Patienten vor, die 
ich allerdings nicht vor dem Gebrauch seiner Pasta gesehen 
hatte, deren Mundverhältnisse jedoch deutlich die Spuren 
früherer grosser Ablagerungen von Zahnstein und leicht er¬ 
kennbare Heilung von Alveolarpyorrhoe aufwiesen. 

Dadurch angeregt, habe ich meinen Patienten mit reicher 
Kalkablagerung an den Zähnen empfohlen, die Pasta — von 
Herrmann „Solvolith“ genannt — zu benutzen. Und in 
der Tat habe ich recht befriedigende Resultate zu berichten. 
Während ich mehreren dieser Patienten früher etwa alle 
2 bis 3 Monate den Zahnstein zu entfernen hatte, habe ich 
nach dem regelmässigen Gebrauch der Pasta so geringen 
Ansatz konstatiert, dass eine Reinigung der Zähne bei einigen 
Patienten meinerseits viel seltener erforderlich ist. 

Darüber, ob das „Solvolith“ reichliche Zahnstein¬ 
ablagerungen aufzulösen imstande ist, habe ich keine Er¬ 
fahrung, da ich es noch nicht über mich gewinnen konnte, 
starke Ablagerungen mechanisch unbeseitigt zu lassen, selbst 
experimenti causa nicht. 

Es erscheint mir wertvoll und für die Behandlung der 
Pyorrhoe sehr wichtig, weitere Kreise der Kollegen anzuregen, 


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Prof. Dr. C. Jung, Berlin. 


gegebenen Falles ihre Patienten das „Solvolith“ gebrauchen 
zu lassen, damit unser Wissen über die Wirkung dieses 
neuen Mittels, das auch von Bleichsteiner, Römer, 
Senn, Metnitz, Paschkis, Weiser u. a. günstig beurteilt 
wird geklärt werde. 

Es wäre ein grosser Gewinn für die Therapie dieser mit 
Recht so sehr gefürchteten Erkrankung, deren Prognose noch 
immer ungünstig ist, hätten wir ein Mittel, um den Erreger, 
bzw. Unterhalter und Förderer der Alveolarpyorrhoe fern zu 
halten. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Ans der Praiis 9er tan- ind Brictaarkiten. 

Von Prof. Dr. C. Jung in Berlin. 

Form des Wurzelstiftes bei Stiftzähnen. Im 
Prinzip verdient die zylindrische Form des Stiftes auch bei 
nicht abnehmbaren Stiftzähnen den Vorzug vor der konischen, 
weil bei ihr nicht so leicht ein Heraushebeln aus dem Kanal 
stattfindet. Trifft der Kaudruck in der Richtung des Pfeiles 



Fig. 1. Form des Wurzelstiftes. 

(Fig. 1) auf die Krone, so kann er durch fortgesetztes Ein¬ 
wirken den künstlichen Zahn sehr wohl heraushebeln, wenn 
nicht sehr tiefe Einkerbungen im Stift dem entgegenwirken. 
Wir begegnen aus diesem Grunde relativ häufig einem Locker¬ 
werden der Logankronen. 


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Aus der Praxis der Kronen- und Brückenarbeiten. 


23 


Bei zierlichen Wurzeln tun wir oft gut, den Kanal etwas 
nach der lingualen Seite hin zu erweitern, um den Stift be¬ 
quemer bis hinter die Schutzplatte führen zu können (Fig. 2). 
Das letztere sollte immer angestrebt werden, da es andernfalls, 
wenn also der Stift nur in der Wurzelplatte seinen Halt hat, 



Fig. 2. Anordnung des Stiftes bei beschränktem Raum. 

leicht zum Abbrechen der Krone kommt. Ragt der Stift als 
solcher eine Strecke weit in den Lotkörper hinein, so ist natur- 
gemäss der Halt ein sehr viel grösserer. Dieses Vorgehen empfiehlt 
sich mehr, als bei beschränktem Raum den künstlichen Zahn 
in der bekannten Weise zwischen den Crampons rinnenförmig 
auszuschleifen, so dass der Stift hier Platz findet. Ausser wenn 



Fig. 3. Parriskrone. 


der Körper des Stiftzahnes aus Porzellan aufgebaut wird, 
wird der Zahn so ja sehr geschwächt. 

Porzellankronen. Besondere Beachtung verdient 
wohl die jüngst von der Dental Mfg. Co. auf den Markt ge¬ 
brachte Parriskrone (Fig. 3), welche speziell für unsere Molaren 
bestimmt ist. Hier ist es ja oft schwierig, in den engen Kanälen 
einen einigermassen starken Stift in die Wurzel einzubringen 


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Prof. Dr. C. Jung, Berlin. 


und soll die Krone deshalb in der Pulpakammer verankert 
werden, was mit Hilfe der abgebildeten Blättchen erfolgen kann. 

Das genaue Aufpassen der Krone erfolgt hier am besten 
ausserhalb des Mundes auf einem Zementmodell (siehe Jung, 
Lehrbuch der zahnärztlichen Technik, Seite 275) unter Be¬ 
nützung von Artikulationspapier oder etwas Zinnober in der 
bekannten Weise. — Eine geschulte Hand vermag überhaupt 
den weitaus grössten Teil der für gewöhnlich im Munde des 





Fig. 4. Condyloid-Artikulator. 


Patienten ausgeführten Arbeiten (Anpassen der Bänder und 
Ringe etc.) auf dem Modell auszuführen und ersterem dadurch 
viel Unbequemlichkeiten zu ersparen. Natürlich darf dabei nicht 
das Modell an die Krone angepasst werden, wie es seitens 
unserer Gehilfen so gerne geschieht. 

Artikulation. Viel zu wenig wird bei Herstellung der 
Kronen- und Brückenarbeiten durchschnittlich noch den seit¬ 
lichen Bissverschiebungen Rechnung getragen. Um nicht die 
kleinen Modelle in den grossen Bonwill-Artikulator setzen zu 
müssen, hat man in jüngster Zeit kleine Artikulatoren mit 


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Aus der Praxis der Kronen- und Brückenarbeiten. 


25 


Gelenkflächen (Fig. 4) auf den Markt gebracht. Es können auch 
hier die seitlichen Verschiebungen der Zahnreihen nachgeahmt 
werden. Ist ein Artikulator einmal gerade nicht zur Hand, so 



kann er für einfache Arbeiten durch eine kleine Zange im¬ 
provisiert werden (Fig. 5). 

Massive Kau flächen. Viel zuwenig ist anscheinend 
auch bekannt, wie man zur Konstruktion solider Arbeiten die 
Kaufläche einer Krone ganz aus gegossenem Gold herstellen 



Fig. 6. Herstellung einer massiven Kaufläche. 


kann. Zu diesem Behufe wird eine passende Metall-Kaufläche, 
wie sie in Sätzen in den Depots vorrätig gehalten werden, so 
in eine dicke Asbestpappe eingeklopft, dass ein genauer Abdruck 
entsteht. In ihm kann ein Quantum Gold direkt mit der Löt¬ 
flamme zum Schmelzen gebracht und dann durch ein Stück 
Kohle oder Eisen plattgedrückt werden (Fig. 6). Das Auflöten 


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Prof. Dr. C. Jung, Berlin. 


auf den Ring erfolgt dann in gewohnter Weise. Das Anschaffen 
der Metallformen macht sich bald bezahlt durch die Ersparnis 
an teurem Lot; zweckmässig können auf die genannte Weise 
gerade die Goldabfälle gute Verwertung finden. — Ein beliebter 
Satz ist der nach Hollingworth; zu hohe Höcker lassen 
sich bequem herunterfeilen. 

Galvanoplastische Kronen. Sehr schön und be¬ 
quem lassen sich saumlose Kronen in jeder beliebigen Kon¬ 
turierung auf galvanoplastischem Wege hersteilen, wenn man 
die Krone nach der Yautschen Methode (siehe Jung, 
Technik, Seite 251) in Stents modelliert, diesen mit Gips um¬ 
giesst, den Stents dann ausbrüht und dafür leichtflüssiges 
Metall in die Gipsform eingiesst. Man erhält so ein Kronen- 
modell aus leichtflüssigem Metall, welches sorgfältig finiert, 
auf Hochglanz poliert und dann direkt in ein galvanoplastisches 
Goldbad eingehängt werden kann. Hat der Niederschlag die 
erforderliche Dicke erreicht, so entfernt man das leichtflüssige 
Metall durch Ausschmelzen. 

Zur leichteren Hantierung kann ein Aufhängedraht aus 
Kupfer gleich mit eingeschmolzen werden. 

Eine Verstärkung so hergestellter Kronen durch Ein¬ 
schmelzen von Lot, wie überhaupt jede Lötarbeit an solchen, 
ist jedoch untunlich, da galvanische Niederschläge im Feuer 
mürbe werden. 

Halbkappen mit Grampons; facettierte Kronen. 
Auf Eckzähnen und eventuell auf Bicuspidaten bedienen wir 
uns bekanntlich oft der gefensterten Krone als Stützpfeiler für 
Brückenarbeiten. Sie wird für erstere in der Weise hergestellt, 
dass man nach Zurechtschleifen des Zahnes einen Ring an¬ 
fertigt, welcher bis zur Höhe der Spitze reicht, die faciale Seite 
ausschneidet und die Rückwand nach Vornahme zweier seit¬ 
licher Einschnitte übereinanderpresst und verlötet. Will man 
genauer arbeiten, so macht man einen Wurzelring, stanzt die 
Lingualfläche auf einem genommenen kleinen Modell zurecht 
und lötet sie auf. Halbkronen für Bicuspidaten werden her¬ 
gestellt, indem man ein Band wie für eine Vollkrone macht, 


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Aus der Praxis der Kronen- und Brtickenarbeiten. 


27 


dieses labial ausschneidet und eine im Stanzeisen ausgeschlagene 
halbe Kaufläche aufsetzt (Fig. 7). 

Sollen gefensterte Kronen in dieser Ausführung einer 
Brücke aber einen wirklich zuverlässigen Halt geben, so muss 
weiterhin noch ein Cramponknopf eingelötet werden, welcher 
seinerseits in einer bis in das Dentin ragenden Kavität fest¬ 
zementiert werden kann. Bei Eckzähnen lässt sich eine solche 



Fig. 7. Herstellung der Halbkrone fttr Bicuspidaten. 

im dicken Cingulum, bei Bicuspen in der Kauflächenfissur 
(Fig. 8) einbohren. Die fertige Kappe wird dann einfach an 
der korrespondierenden Stelle so durchlocht, dass ein Grampon 
stramm hineinpasst und dann mit einer Spur Lot in freier 
Flamme festgelötet werden kann. Verwendet werden dabei 
nicht die eigentlichen geknöpften Grampons der sogenannten 
Kautschukzähne, sondern die gewöhnlichen Stiftcrampons, 



Fig. 8. Halbkronen mit Crampon für Eckzähne und Bicuspen. 


welche an dem Ende, mit welchem sie im Porzellan sitzen, 
ja auch verbreitert sind. 

In bekannter Weise kann eine fertige und aufgesetzte 
Vollgoldkrone zur Aufnahme einer Porzellanfüllung versehen 
und so auf einfache Weise mit einer Porzellanfront aus¬ 
gestattet werden. 

Soll schon beim Anfertigen der Krone eine Fassung 
zur Aufnahme des Porzellans vorgesehen werden, so kann 
das auch geschehen (Bruhn); man schneidet dann ein ent- 


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Prüf. Dr. C. Jung, Berlin. 


sprechendes Fenster aus der Vollkrone aus, drückt Platin- 
folie bis zur gewünschten Tiefe ein und verlötet diese leicht 
von innen her (Fig 9). Unter provisorischem Ausfüllen mit 
Abdruckmasse etc. kann die Krone dann bequem aufzementiert 
und später die fertiggestellte Porzellanfüllung eingefügt werden. 

Versucht man ohne Platinauskleidung die Krone auf¬ 
zuzementieren, so gelingt dies nur sehr unvollkommen, da 



Fig. 9. Gefensterte Krone mit Platinanekleidnng. 

das Zement auch beim Zuhalten des Fensters mit dem 
Finger etc. allzuleicht hier herausquillt und dann anderwärts 
nicht ordentlich hinkommt. — Statt eine Porzellanfüllung ein¬ 
zusetzen, kann man in geeigneten Fällen auch einfach mit 
Silikatzement füllen. 

Halbe Stiftzähne empfehlen sich oft, wenn die 
Pulpa tot ist und der Patient einem totalen Abtragen des 



Fig. 10. Drahtbogen als Aufhalter. Fig. 11. Plättchen-Aufhalter. 

Kronenstumpfes nicht zustimmt. (Betreffs der Anfertigung 
cf. Jung, Füllen der Zähne, Seite 259.) 

Aufhalter; Drahtbogenbrücken. Ein seitlicher 
„Aufhalter“ wird unter Umständen bei kleinen Brücken am 
Platze sein, um einer Drehung der Arbeit durch Einwirkung 
des Kaudruckes vorzubeugen. So wird in Fig. 10 bei starkem 
Aufbiss leicht ein „Herausbeissen“ des seitlichen Schneide¬ 
zahnes (Rotation der Wurzel des mittleren 1) ein treten können. 


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Aus der Praxis der Kronen- und Brückenarbeiten. 


29 


wenn man nicht einen stabilen Draht gegen die Cervical- 
partie des Eckzahnes anordnet. 

Zuweilen gibt man dem Aufhalter hier auch die Form 
einer kleinen, lingual aufliegenden Platte (Fig. 11). Aufhalter 
wie in Fig. 12 sind wohl allgemeiner in Gebrauch. 

Bei Drahtpiecen ist die Konstruktion möglichst so zu 
halten wie in Fig. 13, also der Drahtbogen in einiger Ent- 


a 



Fig. 12. Kauflächen-Aufhalter. 


femung, um den vor dem Brückenpfeiler stehenden isolierten 
Zahn herum in eine Zahnlücke zu führen und dort mit einem 
Ansatzzahn zu vereinigen. Anderseits werden sich leicht 
Speisereste einsetzen. Konstruktion wie bei also das Herum¬ 
fuhren einer halben Blechklammer um den Zwischenzahn 
empfiehlt sich noch weniger. 



Fig. 13. Anordnung des Drahtbügels. 

Isolierte Wurzeln. Recht häufig sind Fälle wie in 
Fig. 14 a, wo also mehrere gute Wurzeln nebeneinander im 
Kiefer stehen (bei Molaren eventuell isoliert). Hier kann man 
einzelne Bänder anfertigen, sie seitlich zusammenlöten, indem 
man sie nach Autbringen von etwas Lot einfach mit der 
Pinzette fasst und in freier Flamme erhitzt (Fig. 14 ft), 
dann eine gemeinsame Kaufläche anfertigt und auch diese so 
auflötet, wie bei einer Einzelkrone. Die ganze Arbeit lässt 
sich so ohne jedes Einbetten etc. in sehr kurzer Zeit ausführen. 


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30 


Prof. Dr. C. Jong, Berlin. 


Röhren Zahnbrücken. Soll recht wenig Gold bei 
einem Brückenersatz sichtbar werden, so mag u. a. die 
ausgiebigere Verwendung von Röhrenzähnen Platz greifen. 
Hierfür wird eine Platte zwischen die Stützpfeiler gelötet, 
welche die zur Aufnahme der Röhrenzähne erforderlichen 



Stifte trägt (Fig. 15). Um die Arbeit sehr sauber und stabil 
zu machen, sei um jeden Zahn ein Band gelegt und die 
Aussenseite der Bänder durch Lot verstärkt, wodurch zugleich 
der Rand des Ersatzstückes gut verstärkt wird, scharfe Kanten 
also vermieden bleiben. 

Der Arbeitsgang ist hier der, dass zunächst die Platte 
zwischengelötet und die Zähne in Wachs arrangiert werden. 



Fig. 15. Brttckenarbeit mit Röhrenzähnen. 


wobei sie vorerst nur im Rohen zugeschliffen zu sein brauchen. 
Dann wird durch die Röhren hindurch markiert, wo Löcher 
zur Aufnahme der Stifte einzubohren sind und zum Einlöten 
der Stifte in bekannter Weise geschritten. Jetzt können die 
Zähne unter häufigerem Aufschieben auf die Stifte genauer 


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Aus der Praxis der Kronen- und Brückenarbeiten. 


31 


zugeschliffen werden; dann misst man sie am Halsteil mit 
einer Drahtschlinge und fertigt ein schmales Goldband, wie 
für eine Bandkrone. Zahn und Band auf die Platte gebracht, 
erlauben ein Festwachsen der Bänder von aussen her, so dass 
nach Abnahme der Zähne an ihrer Stelle etwas Gips ein- 



Fig. 16. Auf löten der Abschlussbftnder. 

gebracht werden kann, der um den Stift herum Halt findet 
und das Band in situ hält, so dass es jetzt bequem von 
aussen her verlötet werden kann (cf. Fig. 16). Das Auf¬ 
setzen der Röhrenzähne erfolgt dann unter Benützung von 
Schwefel. 

Schiefstehende Brückenpfeiler. Geradezu typisch 
sind ja jene Fälle mit schief zueinanderstehenden Stützzähnen, 



Fig. 17. Brückenarbeit bei schiefstehenden Pfeilern. 


wie sie Fig. 17 wiedergibt. Hier kann man sich auch in der 
Weise helfen, dass man den Molaren durch eine Kappe mit 
planer Kaufläche schützt (a) und eine zweite Kappe von der 
Form, wie skizziert, darüber fertigt (fc). Die Brücke lässt sich 
dann bequem aufsetzen und bekommt doch einen festen 
Halt. — Oft ist es schwer, in solchen Fällen einen korrekten 
Abdruck zu erhalten und mag dann die Benützung kleiner 


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32 Prof. Dr. C. Jung. — Aus der Praxis der Kronen- u. Brückenarbeiten. 


Kappen (Fig. 18) am Platze scheinen, welche separat mit 
Abdruckmasse auf den schiefen Zahn gesetzt werden. Schiebt 
man eine zweite Kappe (ß) darüber und nimmt dann Abdruck 



Fig. 18. Abdruckkappen nach Lennox. 


wie gewöhnlich, so bleibt sie im Gips sitzen und kann die 
separat entfernte Kappe A nachher in sich aufnehmen. 

Reparaturen der durchgebissenen Kappe. 
Eine durchgebissene Kaufläche einer Goldkappe repariert man 


# 5 



Fig. 19. Reparatur einer durchgebissenen Kappe im Munde. 

im Munde am besten in der Weise, dass man eine Kavität 
ausbohrt (Fig. 19), die Blechränder einpoliert und nun den 
Defekt mit Plombiergold ausfüllt. 


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Dr. Ernst Smreker, Wien. — Die Kombination von Zinn und Gold etc. 83 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Die InliuSii w Zinn ui Gold als Fnllaiipiateriar 

Von Dr. Ernst Smreker , Zahnarzt in Wien. 

Wedelstädt 8 hat im Laufe dieses Jahres seine Er¬ 
fahrungen über die Verwendung von Zinn und Gold als cervicale 
Unterlage bei approximalen Goldfüllungen im „Dental Cosmos“ 
mitgeteilt. Während eine stattliche Reihe angesehener Zahn¬ 
ärzte, welche von diesem nun schon lange bekannten Füllungs¬ 
material Gebrauch machen, dem Zinngold die beste Meinung 
bewahren, tritt Wedelstädt als ein entschiedener Gegner 
desselben auf, weil dessen über einige Jahre ausgedehnten Ver¬ 
suche, wie er angibt, stets mit dem Resultate endeten, dass 
am Zahnhalse Karies wieder auftrat. „Es gibt kein Füllungs¬ 
material, welches im Verhältnis zu seiner Verwendung so viel 
Schaden angerichtet hat und so oft die direkte Ursache für die 
Zerstörung der lebenden Pulpa war, als Zinn oder Zinn in Ver¬ 
bindung mit Gold.“ Dies Wedelstädts eigene Worte. — 
Aber schon in der seinem Vortrage folgenden Diskussion er¬ 
hoben sich gewichtige Stimmen gegen diese Anschauung des 
Vortragenden und es wurden Vermutungen laut, dass an 
solchen Erfahrungen entweder die von Wedelstädt ange¬ 
wendete Methode, über welche sich derselbe allerdings nicht 
näher ausspricht, oder das Material, hier die Qualität des 
Zinns, die Schuld tragen müsse, nicht aber, wie Wedelstädt 
meinte, die Wirkung der aus dem Zinn durch Oxydation sich 
bildenden Zinnsäure. In der Tat, meine Herren, sind die Unter¬ 
schiede von Zinnfolien verschiedener Provenienz recht be¬ 
deutende. Dieselben lassen sich wohl nicht leicht mit dem 
Auge sehen, geben sich aber sofort beim Arbeiten zu erkennen, 
und so kann es wohl ganz gut möglich sein, dass die Zähigkeit der 


1 Vortrag, gehalten auf der dritten Jahresversammlung des Zentral¬ 
verbandes der österreichischen Stomatologen. 

2 Wedelstädt E. K.: Gold and Tin. Dental Cosmos, 1905. 

3 


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34 


Dr. Erust Smreker, Wien. 


einen den Erfolg, die Brüchigkeit der anderen den Misserfolg 
bedingen kann. Ich benütze stets das Zinn Nr. 4 oder 5 der 
Globe Tin Foil von White und muss gestehen, niemals Miss¬ 
erfolge durch wiederkehrende Karies gesehen zu haben, für 
welche ich das Zinngold verantwortlich hätte machen können. 
Wiewohl ich nicht immer die Regeln der Extension for pre- 
vention befolge, sondern mich in vielen Fällen, namentlich an 
älteren Patienten bei der Präparation davon leiten lasse, ob 
ich eine ganz gesunde Umgebung der Kavität habe und das 
Hauptgewicht auf einen exakten, möglichst nahe der Kaufläche 
gelegenen Schluss der Füllung mit dem Nachbarzahn lege. 
Die Warnung Wedelstädts kann mich nicht bestimmen, 
den Gebrauch des Zinngolds als teilweise freibleibende Unter¬ 
lage bei Goldfüllungen in approximalen Kavitäten aufzugeben, 
da ich nach meinen Versuchen glaube, dass gerade mit diesem 
Material leichter als mit irgend einem anderen ein wasser¬ 
dichter Abschluss der Kavität erzielt werden kann. 

Die gewöhnlichste Art der Verarbeitung des Zinngoldes, 
z. B. bei zentralen Kavitäten auf der Kaufläche von Mahl¬ 
zähnen, ist genügend bekannt, so dass ich dieselbe nur 
flüchtig erwähne. Von dem Tau, welches aus der Zinn- und 
Goldfolie gewunden wird, werden Stücke geschnitten, die 
etwa 2 Mm. länger sind, als die Tiefe der Kavität beträgt, und 
stellt diese mit ihrer Schnittfläche auf den Boden der Kavität, 
so dass die Längsrichtung der Zinngoldzylinder mit der Längs¬ 
achse des Zahnes zusammenfällt. 

Während diese Anordnung der Zinngoldzylinder sich bei 
frei zugänglichen Zentralkavitäten sehr leicht durchführen lässt, 
finde ich dieselbe bei approximalen Kavitäten von Backen- und 
Mahlzähnen mit lebender Pulpa, die aus Schonung für die 
letztere nicht sehr tief präpariert werden können, weniger 
praktisch und ziehe die Methode vor, die Zinngoldstücke 
parallel zur cervicalen Wand und zum Boden der Kavität 
zu legen. Man schneidet sich die Zinngoldzylinder etwas länger 
als der Abstand zwischen der lingualen und buccalen Wand 
misst und verkeilt die Enden der Zylinder in beiden etwas 
unterschnittenen Winkeln am Zahnhalse. Die Dicke der Zylinder 


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Die Kombination von Zinn und Gold als Füllungsmaterial. 35 

ist so zu wählen, dass sie nach der Kompression den cervi- 
calen Rand etwas überragen. Von grösster Wichtigkeit ist 
natürlich eine genügende Kompression des Zinngoldes, 
die ich durch folgende Handgriffe erziele: Nachdem die Zylinder 
in die richtige Lage gebracht wurden, zeigen dieselben unter 
der Bearbeitung der Stopfer gerne die Tendenz, sich auf der 
einen Seite loszulösen, wenn sie auf der anderen gedichtet 
werden. Dabei sind die Kavitäten nicht immer so bequem zu¬ 
gänglich, dass man mit zwei Stopfern gleichzeitig arbeiten 
könnte, von denen der eine dichtet und der andere das Zinn¬ 
gold festhält. Dieser Uebelstand des Rollens und Krümmens 
der Zinngoldstücke tritt namentlich dann auf, wenn die cervi- 
cale Wand kreisbogenförmig verläuft, weshalb ich rate, 
dieselbe lieber flach zu präparieren. Ueber diese Schwierigkeit 
hilft dann leicht ein kleines Feuerschwammstückchen hinweg, 
welches über die ganze Stopffläche des Zinngoldes gebreitet 
wird und durch welches hindurch man mit stumpfen Instru¬ 
menten dichtet. Die Gefahr, dabei mit dem Stopfer auszugleiten 
und so die Arbeit zu verderben, verhindert man leicht durch 
einen kleinen, schwachen Spatel, den man an der Oberfläche 
der Kavität gegen das Zinngold drückt. So liegt das Zinngold 
förmlich in einer zentralen Kavität und muss sich, ohne aus- 
weichen zu können, an alle Wände schmiegen. Ich arbeite 
also mit einer Handmatrize, auf deren Vorteile seinerzeit 
Pap sch aus Innsbruck aufmerksam gemacht hat und 
welche, wie ich glaube, zuerst Stafford G. Perry 1894 an¬ 
gegeben und in der New -York Odontical Society demon¬ 
striert hat. 

Das Zinngold wird hiebei allerdings so fest gedichtet, 
dass das folgende kohäsive Gold an demselben selbst bei 
Verwendung scharf gezähnter Stopfer schlecht haftet und da 
ich auf die Hypothese, dass sich im Laufe der Zeit das Gold 
untrennbar mit dem Zinngolde verbindet, meine Füllungen 
nicht aufbaue, so muss ich für das Festhalten des Goldes in 
anderer Weise Vorsorge treffen, um so mehr als ich auch 
dem Rat nicht ganz vertraue, die oberste Lage Zinngold 
wenig zu dichten, damit das folgende ungeglühte oder ge- 

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Dr. Ernst Smreker, Wien. 


glühte kohäsive Gold durch scharfe Stopfer zum Halten ge¬ 
bracht werde. 

Es gelingt dies in zweifacher Weise: Ich verwende bei 
kleineren Kavitäten entweder wenig Zinngold und bemühe 
mich, dies in der genügend mit Unterschnitten versehenen 
Kavität so anzubringen, dass der Rest der Kavität für 
sich betrachtet das Gold selbst retiniert, oder ich fülle bei 
grösseren Kavitäten zwei Dritteile der Kavität mit dem Zinn¬ 
gold und bringe in dem gedichteten Zinngold ein oder zwei 
tiefere Unterschnitte mit einem breiten Exkavator an und fülle 
diese mit kohäsivem Gold aus. Diese mit Gold ausgefüllten 
Vertiefungen bilden das Bindeglied für das schliessende Gold 
und halten dasselbe fest, wenn auch sonst für das Gold allein 
keine Unterschnitte vorhanden sind. Können aber solche wenig¬ 
stens in geringem Masse angelegt werden, dann ist es um 
so besser. Zum Herstellen der Haftrinnen in der Stopffläche 
des Zinngoldes verwende ich einen grossen, beilförmigen, stumpf¬ 
winkeligen Exkavator, zum Ausfüllen der Rinne Williams 
Zylindergold Nr. '/ 8 oder 8 / 4 , das ich mit einem gleichen Exkavator 
verarbeite, dessen Schneide mit einer Zange abgekniflfen wurde, 
so dass an Stelle derselben eine rauhe etwa Va Mm. breite 
Fläche tritt. Haftet einmal eine grössere Goldfläche an dem 
Zinngold, so kann man allenfalls sichtbare Flächen des letzteren 
ganz mit dem Gold verkleiden. 

Nach dem Beenden der Goldfüllung wird der approximale 
Teil der Füllung noch mit flachen Instrumenten kondensiert. 

Es bleibt aber, wenn ich unter Kontrolle des Spatels 
arbeite, nur wenig Arbeit zum Finieren. 

Ueber eine andere Methode der Verwendung von Zinn 
und Gold in Verbindung mit Zement habe ich vor Jahren in 
der „Oesterr.-ungar. Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde“ be¬ 
richtet, 1 nämlich über die Herstellung von Zementfüllungen mit 
cervicalem Zinngoldrande. Wir alle kennen die Nachteile, die 
grössere Zementfüllungen an approximalen Flächen der Backen- 

1 Smreker E.: Zementfüllung mit Zinngoldrand. Oesterr.-ungar. 
Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde, 1897. 


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Die Kombination von Zinn und Gold als Füllungsmaterial. 


37 


und Mahlzähne besitzen, und wissen, dass dieselben dort kontra¬ 
indiziert sind und dennoch gibt es manchmal Kavitäten, die 
so geformt sind, dass man wegen mangelnder Unterschnitte 
kaum irgend ein anderes Füllungsmaterial als Zement ver¬ 
wenden kann, welcher an den Wänden infolge seiner Adhäsion 
haftet. Um aber dem Verhängnis zu entgehen, welches die 
rasche Auflösung des Zementes am Zahnhalse ins Rollen bringt, 
hat man geraten, das Zement mit Guttapercha oder Amalgam 
zu kombinieren, um die Funktionsdauer dieser Füllungen zu 
erhöhen. Den gleichen Zweck verfolgte meine oben erwähnte 
Methode, mit welcher ich ausserordentlich günstige Resultate 
erziele. 

Die Anordnung der Zinngoldzylinder ist die gleiche wie 
bei Goldfüllungen mit Zinngoldunterlage, nur wird bei den 
kombinierten Zementfüllungen jeder Zylinder vor dem Ein¬ 
bringen in die Kavität in dünn angerührtes Zement getaucht 
und allseitig damit benetzt. Die Zylinder werden mit einem 
oder zwei grobgezahnten Instrumenten in der Kavität richtig 
orientiert und mit denselben schon etwas gedichtet. Dann legt 
man eine gestielte Matrize, bei distalen Kavitäten die Ivory- 
Matrize an, bedeckt die zu dichtende Fläche des Zinngoldes 
mit einer Schwammlage und dichtet dann diese mit stumpfen 
Instrumenten unter verhältnismässig grosser Gewalt. 

Um dabei nicht auszugleiten, wobei das Zahnfleisch leicht 
verletzt oder der angefangene Teil der Füllung wieder zerstört 
werden könnte, muss die gestielte Matrize eventuell durch teil¬ 
weises Anlehnen an den Nachbarzahn gut festgehalten und 
die Kraftrichtung der dichtenden Instrumente wohl berücksichtigt 
werden. Die gestielte Matrize dient mir oft gleichzeitig zum 
Hochhinaufschieben und Festhalten der Gummiplatte, wenn 
dieselbe bei tief unter das Zahnfleisch reichenden Kavitäten 
durch den Faden allein nicht liegen bleibt. 

Mit dem Einbringen der Zinngoldstücke, deren jedes 
einzelne gedichtet wird, fährt man solange fort, bis etwa das 
erste Drittel oder zwei Fünftel der Kavität damit gefüllt sind, 
aber auch nur dieses. Der Rest der Kavität muss davon frei 
bleiben; denn das Zement würde schlecht adhärieren, wenn 


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Dr. Ernst Smreker, Wien. 


das Zinngold hier zum grössten Teile die Wände auskleiden 
würde. Zum Einbringen des schliesslichen Zementes bedient 
man sich vorteilhaft der Ivory - Matrize, welche man einige 
Minuten bis zum Erstarren des Zements liegen lässt. Das Band 
der Matrize lässt sich hierauf leicht entfernen. 

Nun liegt das Zinngold vom Zement gedeckt, wie in einer 
Zentralkavität eingeschlossen und ist noch so weit plastisch, 
dass es mit flachen Polierern auch oberflächlich etwas zusammen¬ 
gedrückt werden kann. Die Gummiplatte wird erst nach 
15 bis 25 Minuten abgenommen. Ein weiteres Finieren wird, 
wenn notwendig, erst am nächsten Tage vorgenommen. 

Die Resultate hinsichtlich des Schutzes des cervicalen 
Teiles der Kavität gegen Karies sind, wie mich eine 12jährige 
Erfahrung lehrt, so treffliche, dass dieselben von keinem anderen 
Füllungsmaterial, in meiner Praxis wenigstens, übertroffen werden. 

Fragen wir nach der Ursache dieser so günstigen Erfolge, 
so müssen wir der Anwendung der Extension for prevention 
gewiss einen bedeutenden Anteil zusprechen, denn es handelt 
sich bei der Anwendung dieser Methode gewöhnlich um recht 
grosse, tief unter das Zahnfleisch reichende Kavitäten. Den 
grössten Anteil aber am Erfolge muss ich jedoch der Leichtig¬ 
keit zuschreiben, womit ein wasserdichter Anschluss bei dieser 
Füllung erhalten wird. 

Diese hat der Zinng old-Zementrand vor den 
Amalgamfüllungen voraus, mögen dieselben nun mit Zement 
doubliert sein oder nicht. Davon kann man sich durch die 
Farbenprobe experimentell leicht überzeugen, wenn man mit 
Amalgam gefüllte Zähne auf einige Tage in eine Farblösung, 
zum Beispiel wässerige Methylviolettlösung, bringt und nach 
dem Auseinandersägen des Zahnes und Entfernung des Füllungs¬ 
materiales die Kavitätenwände betrachtet. Reine Amalgam¬ 
füllungen lassen die Farblösung fast regelmässig ein- 
dringen. Auch die doublierten Füllungen, welche man von 
vornherein für wasserdicht halten würde, lassen die Farb- 
flüssigkeit oft genug eindringen und darin liegt vermutlich die 
Ursache, warum ich unter gleichen Verhältnissen bei Amalgam¬ 
füllungen des öfteren Korrekturen am cervicalen Rande vor- 


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Die Kombination von Zinn und Gold als Füllungsmaterial. 39 

zunehmen habe, während sie bei Zinngoldrand-Zementfüllungen 
fehlen. 

Die hiebei noch in Frage kommende Guttapercha ver¬ 
hindert in der ersten Zeit das Eindringen von Flüssigkeiten 
in die Kavität durchaus nicht. Später aber quillt dieselbe 
etwas auf und erzeugt wirklich einen wasserdichten Abschluss. 
Trotzdem verwende ich dieselbe am cervicalen Rande in 
Verbindung mit Zement nicht mehr, da es Mundhöhlen gibt, in 
welchen sich die Guttapercha durch ihr Quellen schlecht hält, 
einen Reiz auf das Zahnfleisch ausüben kann und wegen des 
möglichen Ablösens einzelner Stücke nicht so verlässlich ist, 
wie die Zinngoldzement-Kombination. Die letztere verfärbt sich 
wohl etwas dunkler grau, bedingt aber keine Verfärbung der 
Zahnsubstanzen, es kann die dunkle Farbe höchstens etwas 
durchsehen, was jedoch bei Verwendung von reinem Zinngold 
ohne Zement mehr der Fall ist als bei der Mischung mit 
Zement. 

Ein weiterer Vorteil der Zinngoldzement-Kombination 
ist der, dass wir nur senkrecht zum Boden stehende Wände 
brauchen und eigentliche Unterschnitte, welche am Zahnhalse 
oft recht schwer anzulegen sind, nicht nötig sind. Die Zinn¬ 
goldzylinder werden mit Zement genügend an die Wände 
fixiert, um die Fortsetzung der Füllung anstandslos zu ge¬ 
statten. Nach dem Erstarren des Zementes ist die Adhäsion 
so gross, dass das Zinngold im cervicalen Abschnitte der 
Kavität noch sitzen bleibt, wenn selbst das ganze Zement sich 
aufgelöst hat, was man bei säumigen Patienten, die oft jahre¬ 
lang sich keiner Revision unterziehen, hin und wieder zu sehen 
Gelegenheit hat. Die Füllung hat eine gewisse Härte ange¬ 
nommen, lässt sich mit dem Exkavator etwa wie Hillstopping 
schneiden. Ein Zerfall in einzelne Blätter findet ebensowenig 
statt wie beim reinen Zinngold, mit welchem ähnliche Vor¬ 
gänge auch bei der Zementkombination stattzufinden scheinen. 

Ich habe diese Methode, deren Domäne hauptsächlich 
die grössten approximalen Kavitäten der Backen- und Mahl¬ 
zähne sind, oft mit gleich gutem Erfolge bei den oberen 
Schneidezähnen verwendet. Hier wurde das Zinngold, in 


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Dr. Ernst Smreker, Wien. 


manchen Fällen nonkohäsives Gold in gleicher Kombination 
mit Zement nur in einem schmalen 1 bis 1* /, Mm. messenden 
Bande angewendet, welches, unter dem Zahnfleisch gelegen, 
sich dem Blicke nicht aussetzte. Durch die Porzellanfüllungen 
und Silikatzemente jedoch wird hier das Feld immer mehr 
eingeengt, nur hie und da stellt sich noch ein Fall ein, der 
zu dieser Behandlung einladet. Nicht allzu selten verwende 
ich die angegebene Kombination bei buccalen, weit unter das 
Zahnfleisch reichenden Kavitäten solcher Mahlzähne, die wegen 
ausgedehnter Karies für eine Goldkrone bestimmt sind. Die 
Goldkrone braucht an solchen Stellen nicht über den ursprüng¬ 
lichen Rand der Höhle zu greifen, was eine bedeutende Er¬ 
leichterung ihrer Anfertigung bedingt. 

Nachdem ich Ihnen, meine Herren, mit einem gewissen 
Enthusiasmus die Lichtseiten dieser Kombination des Zinn¬ 
goldes mit Zement hervorgehoben habe, darf ich Ihnen als 
unparteiischer gewissenhafter Beobachter auch ihre Schatten¬ 
seiten nicht verhehlen. Diese betreffen freilich nur den Zement 
allein, welcher, wie ja vorauszusetzen, zunächst sich an der 
Grenze beider Teile auflöst, allmählich einer kleinen Mulde 
Platz macht, die sich innerhalb 2 bis 3 Jahren soweit 
vergrössert, dass eine Nachfüllung notwendig erscheint. 
Dieselbe ist in der Regel sehr einfach, weil der cervicale Teil 
der Füllung unverändert geblieben ist. Oft ist nichts weiter 
erforderlich, als nach oberflächlicher Reinigung und Trocknung 
des Zementes ohne jeden Unterschnitt die Mulde mit neuem 
Zement zu füllen, welcher sich mit dem alten ausserordentlich 
gut verbindet. In anderen Fällen muss man aber den ganzen 
Zementanteil wegbohren und denselben erneuern, was aber, 
wie schon erwähnt, im Verhältnis zur ersthergesteilten Füllung 
eine leichte Operation ist, da wir auch hier mit dem cervicalen 
Teil derselben nichts zu tun haben. Meine Herren! Die Zahn¬ 
heilkunde ist anspruchsvoll geworden. Das, was uns vor Jahren 
noch befriedigte, weil wir den Zahn wenigstens ohne Wieder¬ 
auftreten von Karies konservieren konnten, was bei den ge¬ 
wöhnlichen Zementfüllungen nicht der Fall war, befriedigt uns 
heute nicht mehr. Wir wollen mit einer Kavität, die wir ein- 


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Die Kombiuation von Zinn und Gold als Füllungsmaterial. 41 

mal gefüllt haben, nichts mehr zu tun haben und scheuen 
mit Recht die periodisch wiederkehrenden Arbeiten. In der 
Erkennung dieses Uebelstandes lag für mich der Grund, einen 
Schritt weiter zu gehen. Ich wollte die Vorteile, die dieses vorzugs¬ 
weise cervicale Füllungsmaterial mir bot, nicht aus der Hand 
geben, die Nachteile jedoch, welche das Zement mit sich bringt, ver¬ 
meiden. Ich habe, statt Zement als Schluss der Füllung zu be¬ 
nützen, an dessen Stelle das Amalgam in Anwendung gebracht. 
Zu diesem Schritte habe ich recht lange Zeit gebraucht, wahr¬ 
scheinlich weil es unlogisch ist, in Blattform verwendetes Zinn 
und Gold, welches in Quecksilber so leicht sich löst, mit Amalgam 
zu einer Füllung zu verbinden. Der Unmut aber, der sich ein¬ 
stellt, wenn man eine grosse, unter Schwierigkeiten hergestellte 
Amalgamfüllung wegen eines kleinen Defektes am cervicalen 
Rande herausbohren und zerstören muss, was man vor wenigen 
Jahren mühevoll aufgebaut hat, die guten Erfolge mit dem 
Zinngoldrand anderseits spornten mich zu dem Versuche an, 
unter Vorsichtsmassregeln allerdings, auf den Zinngoldrand 
das Amalgam zu bauen. Diese Vorsichtsmassregeln sind folgende: 
Das Zinngold wird mit einer dünnen Schichte Zement bedeckt, 
die bis knapp an den freien Rand der Stopffläche reicht; die 
freie Oberfläche des Zinngoldes liegt gewöhnlich ohnedies von 
einer Matrize bedeckt, so dass das ausgedrückte Quecksilber 
dort keinen Schaden stiften kann, um so mehr, als diese 
Matrize durch das dünne Zement förmlich an das Zinngold 
geklebt ist. Arbeitet man hingegen ohne Matrize, so ist diese 
Fläche durch eine Schichte Vaselin oder dergleichen vor der 
Amalgamierung zu schützen. Es ist ratsam, in diesem Falle 
recht gut ausgedrücktes Amalgam zu verwenden, wenigstens 
für den Anfang, und es dürfte sich hiebei schnellhärtendes 
Amalgam ganz besonders eignen. Eine solche Füllung herzu¬ 
stellen, ist gewiss zeitraubend und nicht immer leicht, schon 
aus dem Grunde, weil ich sie gewöhnlich bei solchen Kavitäten 
verwende, die weit unter das Zahnfleisch reichen. Es lohnt 
sich aber diese Mühe, wenn, so wie ich hoffe, diese Kombination 
hinsichtlich der Konservierung des cervicalen Randes das Gleiche 
leistet, wie bei den früher besprochenen Zementfüllungen. Ich 


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Dr. Ernst Smreker, Wien. 


gestehe zu, dass die Beobachtungszeit eines Jahres für diese 
Abänderung meiner Methode etwas kurz ist, ich kann aber 
hiebei meine langjährige Erfahrung bei den Zinngoldrand- 
Zementfüllungen in die Wagschale werfen und Sie zu einem 
diesbezüglichen Versuch getrost ermuntern. Die Vorteile, welche 
sie bietet und die Sie im Auge behalten mögen, ist der wasser¬ 
dichte Abschluss am cervicalen Rande, wo die Gefahr einer 
rezidivierenden Karies am grössten ist, welcher wasserdichte 
Abschluss bei Amalgamfüllungen um so schwieriger zu erzielen 
ist, je grösser dieselben sind. Denn die Form Veränderungen 
des Amalgams nehmen zu im Verhältnisse zur Masse desselben. 
Wenn wir also die Masse des Amalgams um ein Drittel, in 
manchen Fällen um die Hälfte bei einer Füllung verringern 
können, indem wir diesen Teil aus Zinngold aufbauen, so 
gewinnen wir neben dem ersterwähnten Vorteil noch einen 
zweiten, die geringere Formveränderung des Amalgams selbst 
für den Rest der Kavität. Sie werden mich fragen, meine 
Herren, ob ich nun alle Füllungen, die ich früher mit Zinngold¬ 
randzement herstellte, jetzt mit Zinngoldrandamalgam fülle? 
Diese Frage muss ich mit rNein“ beantworten. Ich kann das 
Amalgam nur dort verwenden, wo der Rest der Kavität so 
geformt ist oder geformt werden kann, dass das Amalgam in 
derselben festgehalten wird. Wenn anders, oder wenn die 
Farbe des Amalgams ein Hindernis ist, wie an mesialen Flächen 
oberer Backenzähne bei fehlendem Nachbar und ohne Prothese, 
kehre ich wieder zum Zement zurück. 

Einzelne dieser Fälle lassen sich aber auch noch mit 
Amalgam beenden, wenn der Rest der Kavität so geformt ist, 
dass ein kleiner Füllungsanker aus Platin, der mit Zement 
in die Kavität eingesetzt, das Festhalten des Amalgams 
besorgt. 

Ich benütze als Füllungsanker ein Platinplättchen, welches 
etwas kleiner als der Boden der Kavität ist und versehe beide 
Seiten desselben mit niedrigen Schräubchen. Die Befestigung des 
Ankers in der Kavität erfolgt mit Zement, in welchem sich die 
Schräubchen der einen Seite einbetten, während die anderen 
zur Verankerung des Amalgams dienen (siehe Abbildung). Die 


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Die Kombination von Zinn und Gold als Fftllungsmaterial. 


43 


Zwischenplatte bezweckt die für das Festhalten des Amalgams 
bestimmten Schräubchen von Zement freizuhalten. Während es 
bei der Benützung der bekannten manschettenknopfähnlichen 
Anker oft schwer ist, den Fuss des Ankers gut im Zement zu 
befestigen, den Kopf aber davon frei zu halten, oder nötigenfalls 
von Zement rein zu machen, ist die Verwendung des nun 
demonstrierten Ankers eine sehr leichte und wenig zeitraubende 
Operation. Die Zwischenplatte dichtet zugleich das Zement gut 
um die Schräubchen, so dass mit einem einzigen Druck beim 
Einsetzen eine verlässliche Befestigung des Ankers statthat. 
Beim Durchsehen der Literatur ersehe ich aus einem Referate 
in der „Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“, 1903, 
S. 282, dass Hei decke einen ähnlichen Füllungsanker an¬ 
gegeben hat. Dieses Referat lautet: „Dann zeigle Herr Sachse 



die Füllungsanker nach H ei decke. Es sind das kleine Metall¬ 
plättchen, an die kleine Drahthaken oder Oesen gelötet sind. 
Nach Amputation der Kronenpulpa befestigt man mit Zement 
ein solches Plättchen in der Pulpahöhle in solchen Fällen, wo 
man für die Kronenfüllung einen erhöhten Halt schaffen will. 
Die Heid eck eschen Füllungsanker ersetzen also einen in die 
Wurzel zu plombierenden Stift und eignen sich besonders 
dazu, die Pulpa-Amputation auch bei den Zähnen zu ermög¬ 
lichen, in welchen man früher, um einen Stift befestigen zu 
können, die Exstirpation der Wurzelpulpa vornehmen musste. 
(Kuppelfüllungen!) Herr Sachse empfiehlt bei Gebrauch der 
Füllungsanker, die Pulpahöhle am Boden tief zu unterschneiden 
und dann das Plättchen des Ankers etwas grösser zu schneiden 
als der Eingang am Kavum ist. Schiebt man dann erst das 
eine Ende schräg in die Pulpahöhle in den Unterschnitt und 


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44 Dr. Ernst Smreker, Wien. — Die Kombination von Zinn und Gold etc. 

drückt dann das andere Ende hinein, so erhält man schon 
eine gewisse mechanische Befestigung.“ 

Aus diesem Berichte lässt sich nicht entnehmen, ob beide 
Anker identisch sind. Jedenfalls aber kann ich dieselben sehr 
empfehlen, da sie so klein hergestellt werden können, dass 
sie bei grösseren approximalen Kavitäten von Backen- und 
Mahlzähnen mit lebender Pulpa Amalgamfüllungen ermöglichen, 
wenn genügende Unterschnitte nicht oder nur mit Gefährdung 
der notwendigen Wandstärke anzubringen sind. 

Noch in zwei Fällen leistet mir das Zinngold gute Dienste. 
Ich verwende dasselbe als Zwischenlage bei bandlosen Kronen. 
Man legt in diesem Falle ein Blatt Gold und Zinn 5 bis 6 mal 
zusammen, so dass 32 bis 64 Gold- und Zinnblätter über¬ 
einander liegen und schneidet mit der Kofferdamlochzange ein 
Loch für den Stift des Stiftzahnes hinein. Das Zinngold wird 
an die Wurzelfläche der Krone angepasst und angedrückt, so 
dass sich die Konturen der letzteren am Zinngold markieren. 
Dieser Linie entsprechend wird die Zwischenlage ausgeschnitten, 
wobei man einige Vorsicht darauf verwendet, dass die Blätter 
nicht auseinanderfallen, wenn man sie wieder in die richtige 
Lage auf die Krone bringt, wo sie unmittelbar vor dem Ein¬ 
setzen mit etwas noch eben flüssigem Zement fixiert werden 
können. 

Diese Zwischenlage aus Zinngold zwischen Wurzel und 
Krone leistet verlässlichere Dienste als eine solche aus 
Guttapercha, selbst wenn diese durch Auswalzen aus der zähen 
White sehen Rosa-Guttapercha hergestellt wird, wie ich die¬ 
selbe früher oft verwendete. Während nämlich diese letztere 
in manchen Fällen an den Rändern hervorquillt und sich zer¬ 
setzt, wobei nicht selten das Zahnfleisch gereizt wird, bleibt 
die Einlage aus Zinngold völlig unverändert und bildet mit 
Zement vermengt einen hermetischen Abschluss. 

Nach gleichem Grundsätze verfahre ich bei Facetten¬ 
reparaturen an Porzellankronen und Brücken. Es kommt in 
solchen Fällen zwischen den neuen Flachzahn und der stehen¬ 
gebliebenen Goldwand eine Zwischenlage von Zinn und Gold, 


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Dr. Franz Trauner, Wien. — Wurzelspitzenresektion etc. 


45 


um ein Eindringen von Flüssigkeit und Speiseresten u. dgl. und 
ihre folgende Zersetzung zu verhindern. 

Sie ersehen, meine Herren, welch ein vorzügliches Füllungs¬ 
material wir in dem Zinn und Gold besitzen und welch aus¬ 
gedehnten Gebrauch ich von demselben in meiner Praxis 
mache. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 


Von Dr. Franz Trauner , Zahnarzt in Wien. 

Ein jüngst von mir mit günstigem Erfolge gemachter Er- 
haltungsversuch eines an chronischer abszedierender Periostitis 
mit Fistelbildung erkrankten unteren ersten Molaren legt uns 
die Lösbarkeit des Problems nahe. 

Die Krankengeschichte des Falles ist folgende: 30jähriger 
Kollege, der durch irrationelle und nachlässige Behandlung 
eine Anzahl Zähne bereits verloren hat, leidet in den noch 
vorhandenen oberen und unteren Bicuspidaten und Molaren 
an häufig rezidivierenden Periostitiden. Durch sorgfältige Ent¬ 
fernung des Pulpadetritus aus denselben gelang es mir, Ruhe 
zu schaffen, bis auf den ersten und zweiten Molaren rechts 
unten. T\ wurde von mir wegen buccaler und lingualer Fistel¬ 
bildung extrahiert, da ich nicht hoffen konnte, zweier neben¬ 
einander stehender, schwer kranker Zähne Herr zu werden, 
und ferner §[ und 6j Zahnkronen so ausgedehnt zerstört waren, 
dass in nächster Zeit ihre Kaufähigkeit ohne Ueberkappung 
gefährdet und dadurch die Möglichkeit des Ersatzes für 7 } durch 
eine kleine Brücke eo ipso gegeben war. Die buccale und linguale 
Kieferfläche war in eine von mehreren Fisteln durchsetzte, 
speckig verdickte Schwarte verwandelt und bot so ebenfalls 
einen desperaten Anblick. Nach der Extraktion 7 } besserten 
sich die Beschwerden, um im weiteren Verlaufe sich zwar 


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46 


Dr. Franz Trauner, Wien. 


auf 6| zu beschränken, doch in solcher Intensität wieder¬ 
zukehren, dass die Kaufähigkeit des Mundes wiederum auf¬ 
gehoben war. 6| selbst hätte ich nur ungern geopfert, weil ich 
dann eine längere Brücke, noch dazu auf einen Bicuspis als 
Stützpfeiler hätte herstellen müssen; beides ungünstige Faktoren 
gegenüber dem Ideal, eventuell einen wieder gesundeten 
Molaren zur Verfügung zu haben. 6| ist krank seit sich Patient 
überhaupt erinnern kann, so dass er sich eine typische Greif¬ 
bewegung nach der erkrankten Kieferseite angewöhnt hat, als 
Ausfluss des äusserst lästigen Organgefühles. Sehr häufig auf¬ 
tretende Schwellungen mit Druck-, Spontan- und Beissschmerz- 
haftigkeit des Zahnes behebt der Kranke selbst durch Eröffnung der 
Abszesse mit Nadeln oder Messer, wodurch meist vorübergehende 
Erleichterung eintritt. In letzter Zeit versagte natürlich endlich 
auch diese Therapie. Objektiv war der Befund wie folgt: Ueber 
der Wurzelgegend 6| buccal speckig verdickte, druckschmerzhafte 
Auftreibung der Weichteile. In der Gegend der hinteren Wurzel¬ 
spitze, woselbst der Pol der Geschwulst gelegen ist, befindet 
sich eine Fistel, welche spärlich Eiter austreten lässt. Mir er¬ 
schien daher a priori die hintere Wurzel die schuldtragende 
zu sein. Deren Kanal sowohl als die beiden vorderen Kanäle 
(ob es sich um getrennte Wurzeln handelt, lässt sich ante 
operationem nicht entscheiden) waren gut sondierbar und von 
mir schon oft und zur Genüge gereinigt worden. Mit meinen 
Instrumenten verliess ich das Zahninnere scheinbar nie; das¬ 
selbe war geruchlos und machte es schliesslich für die Er¬ 
krankung keinen Unterschied, ob der Zahn offen oder ge¬ 
schlossen gehalten wurde. Trotz meiner therapeutischen Mass¬ 
nahmen musste ich leider eine kontinuierliche Zunahme der 
subjektiven und objektiven Krankheitssymptome konstatieren, 
so dass ich mich entschliessen musste, den Krankheitsherd 
aufzusuchen und operativ der Heilung zuzuführen. 

Die Operation verlief sehr einfach: horizontaler gerader 
Weichteilschnitt nach hinten etwas über den Zahn hinaus, um 
Platz zu gewinnen, nach vorne mit der mutmasslichen Wurzel¬ 
grenze endigend, um dem Foramen mentale nicht zu nahe zu 
kommen Präparation in der Gegend der Fistel führt zum 


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Wurzelspitzeliresektion an unteren Mahlzähnen. 


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oberen Drittel der hinteren Wurzel, welche von dünner Knochen¬ 
lamelle bedeckt, grünlich verfärbt durchschimmert. In der 
Längsrichtung derselben zeigt sich eine zarteste Fissur der 
vorderen Alveolarwand, die, sofort mit dem Meissei erweitert, 
einen genauen Ueberblick erlaubt. Das Alveolarfach liegt jedoch 
der Wurzel bis an die Spitze eng an, Periodont zart, kein 
Eiter, so dass offenbar hier nicht die Ursache zu suchen ist. 
Nun gingen wir an die Präparation der vorderen Wurzel, zu 
welcher der Fistelgang in horizontaler Richtung weiter führte 
und in einem haselnussgrossen, mit Granulationen ausgefüllten 
Hohlraum endete; in denselben ragte die mesial- buccale, 
graugelb verfärbte Wurzel frei hinein. Nach vorsichtiger Ab¬ 
tragung derselben mit einem feinen Fissurenbohrer (am Dache 
der Höhle und immer im Zahn bleibend, von aussen nach 
innen in die Tiefe vordringend) überblickten wir den ganzen 
Abszess aufs klarste. Die hintere und seitlichen Wände waren 
von gesundem Septum interradiculare gebildet und somit nach 
Excochleation und Tamponade der Höhle die Operation voll¬ 
endet. Darüber Naht der Weichteil wunde. 

Die Heilung war durch mehrere üble, aber nur ak¬ 
zidentelle Vorkommnisse gestört. Durch eine stärkere Nach¬ 
blutung am ersten Tage stellte sich eine Blutextravasat ein^ 
das, sich hauptsächlich nach hinten senkend, die nachträgliche 
Eröffnung der Naht notwendig machte. Noch dazu war ich 
leider mit dem Schnitt etwas nach hinten gefallen, so dass 
auch dadurch der hintere Wundwinkel zur Sekretretention neigte. 
Ich würde daher in einem nächsten Falle den Schnitt nach 
hinten ansteigen lassen und womöglich keine Naht anlegen. 

Ausserdem war eine komplette Hemianästhesie der Unter¬ 
lippe bis zum Kinn aufgetreten. Nach 3 Wochen war dieselbe 
spontan zurückgegangen, ein Beweis, dass sie ein durch das 
um das Foramen mentale gelagerte Blutextravasat hervor¬ 
gerufenes Kompressionssymptom war. Nach Durchtrennung hätte 
die Heilung des Nerves im günstigsten Falle vom dritten Monate 
ab erfolgen können. 

Die vollständige solide Vernarbung ist in S Wochen ohne 
weitere Erschwerungen erfolgt, der Zahn ist seit der Operation 


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Dr. Franz Trauner, Wien. 


tadellos funktionsfähig. Durch den kleinen Brückenersatz 8 7 6| 
ist die Zahnreihe komplettiert und hiemit das angestrebte 
Resultat erreicht, ohne je ein Rezidiv fürchten zu müssen. 

Dieser Erfolg ermuntert zu weiterem Ausbau der Operations¬ 
technik an dieser Zahngattung. 

An oberen Molaren begegnet die Operation keinen 
Schwierigkeiten und beinahe jeder von uns, die wir diese 
Methode pflegen, weiss den oder jenen Fall von breiter Er¬ 
öffnung eines chronischen Abszesses oder vereiterter Zyste mit 
oder ohne Entfernung der respektiven Wurzelspitze oder von 
totalem Odontoschisma zu erzählen. Der Zugang durch die 
dünne buccale Alveolarwand ist meist leicht, besonders bei 
bestehender Fistel, und ausserdem schreckt uns kein im Wege 
liegender Nerv- oder Oefässstrang. 

Anders liegen die Verhältnisse im Unterkiefer. Die be¬ 
deutend stärkere buccale Knochenwand, Nervus und Arteria 
mentalis, resp. dieselben Gebilde weiterhin im Unterkieferkanal 
scheinen als schwer zu umgehende Gefahren das ungehinderte 
Vordringen in die Tiefe zu erschweren. 

Die buccale Alveolarwand verliert bei breiter Ablösung 
der Weichteile entschieden als Hindernis an Bedeutung, da 
dieselbe über dem erkrankten Knochenherd nur in den seltensten 
Fällen keine Veränderung aufweist. An Skeletten lässt sich 
diese Tatsache gut beobachten. Da und dort eine dünnere 
Stelle, wenn nicht sogar ein Loch im Knochen weisen uns den 
Weg. Nur müssen wir genau sehen können, wohin wir mit 
den Instrumenten dringen und uns nicht zu einer beiläufigen 
Lokaldiagnose des mutmasslichen Abszesses verleiten lassen. 
In meinem operierten Falle wäre Unklarheit des Gesichtsfeldes 
von einem totalen Misserfolg begleitet gewesen. 

Topographisch betrachtet, stelle ich mir die Verhältnisse so 
vor: In den Weichteilen begegnen uns Aeste der Arier, maxill. 
extern., und zwar die mehr oder minder gut entwickelten Ana- 
stomosen zwischen Arter. maxill. extern, (hinten), Arter. sub- 
mentalis (unten), Arter. mental, (vorne, dieselben bilden ein Drei¬ 
eck). Die Blutung aus denselben steht nach durch mehrere Minuten 
durchgeführter Kompression eventuell Ligatur. Zu berücksichtigen 


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Wurzel8pitzenresektion au unteren Mahlzähnen. 


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wäre, dass es sich bei durch Kompression schwer stillbarer 
Blutung auch um eine wandständige Gefässverletzung handeln 
könnte- Totale Durchtrennung derselben bringt sofortigen Still¬ 
stand der Blutung durch die nun ermöglichte Retraktion der 
Gefässwand. Muskelverletzungen sind unwahrscheinlich, da die 
Molarengegend von Muskulatur frei ist: vor dem Foramen zieht 
vom Kieferrand der Muscul. depressor anguli oris nach oben 
und erst hinten beim Angulus maxillae entspringt der Masseter. 

Unser Sorgenkind ist das Foramen mentale, aus welchem 
Arterie, Vene und Nerv austreten. Zur Orientierung über die 
Lage des Foramen dient uns folgendes: Das Corpus mandi- 
bulae trägt unter und hinter dem Foramen entspringend und 
nach hinten und oben zum aufsteigenden Kieferast ziehend 
eine wechselnd deutlich ausgesprochene leistenförmige Erhebung, 
genannt Linea obliqua externa. Also vor und oberhalb der 
Linea obliqua externa ist das Foramen zu vermuten. Bei Auf¬ 
treibungen des Kiefers, welche die Konturen verwischen, muss 
uns die gesunde Kieferseite vergleichsweise aushelfen. 

Das Foramen liegt in der Gegend der Backenzähne und 
zwar, wie mir nach Studium einer grossen Zahl von Kiefern 
erscheint, häufiger zwischen zweitem Bicuspis und erstem Molar, 
als weiter vorne. 

Der Canalis mandibulae geht nicht horizontal und gerade 
in das Foramen mentale über, sondern macht einen scharfen 
Winkel nach aussen vorne oben. Somit liegt der Unterkiefer¬ 
kanal tiefer als das Foramen und die Spitzen der Zahnwurzeln. 

Deshalb empfiehlt es sich auch bei Opera¬ 
tionen der unteren Molaren nicht auf die Spitze 
der Wurzeln, sondern mehr auf ihr mittleres 
Drittel loszugehen und sich erst von dort vor¬ 
sichtig hinunter zu tasten. 

Die Wand des Canalis mandibulae im Innern des Kiefers 
ist in sehr verschieden ausgebildeter Stärke vorhanden, so 
zwar, dass einmal die Weichgebilde in einer dicken Röhre 
liegen, im anderen Extreme von einem Kanäle nur eine An¬ 
deutung vorhanden ist. 

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50 


Dr. Franz Trauner, Wien. — Wurzelspitzenresektion etc. 


Verletzung der Arteria alveol. infer. im Kieferkanal dürfte 
wahrscheinlich zur Einstellung der Operation und mehrtägiger 
Tamponade zwingen, ein durchtrennter Nerv wird bei der 
starken Tendenz des Nervus V zur Heilung, wahrscheinlich 
nach Monaten spontan zusammenwachsen. Ob ein solches 
übles Vorkommnis den Zähnen sehr schadet, getraue ich mir 
nicht zu entscheiden, glaube es aber nicht. Die Oberflächen¬ 
anästhesie an Kiefer, Kinn und Lippe stelle ich mir aber den¬ 
noch sehr störend vor. Die Befürchtung eventueller Abnormi¬ 
täten, z. B. im Verlaufe des Nerven im Unterkieferkanal zwischen 
den Wurzeln eines Zahnes und ähnliches können uns von 
einer geplanten Operation gerechtfertigterweise nicht abhalten 
Die Verletzung, welche wir durch die Extraktion eines der¬ 
artigen Zahnes setzen, ist mindestens ebenso schwer, als wie 
wir sie bei vorsichtig durchgeführter Operation riskieren. 

Allerdings sind die Verhältnisse doch so feine, dass ich 
für derartige Eingriffe als conditio sine qua non verlange: Das 
Operieren im klaren Gesichtsfelde. Ein wie immer geartetes 
bohrendes Instrument ist bei den eröffnenden Manipulationen 
strengstens verpönt und zur Abtragung der Wurzelspitze nur 
bei tadelloser Uebersicht über das ganze zulässig. Daraus er¬ 
gibt sich auch die Notwendigkeit geschulter Assistenz. 

Die operative Freilegung eines Krankheits¬ 
herdes um einen Zahn herum ist eine subtile 
chirurgische Prozedur, welche nicht in die all¬ 
tägliche Ordinationsstunde gehört und für welche 
der Zahnarzt, der sie in vollem Verantwortlich¬ 
keitsgefühl unternimmt — ich möchte sagen — 
einen neuen Menschen anziehen muss. 


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Dr. Th. Kaas. — Drei Fällevon vollständiger Ausfüllung der Pulpahöhle etc. 51 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

DM fälle tod Tollstäoäipr Aufillni Der Pnlpahihle dnrcb 
DenOunlMnit Del jopicteo Zähnen. 

Von Dr. Theodor Kaas , Krems a. d. Donau. 

Die drei im folgenden berichteten Fälle sind sowohl in ihren 
Ursachen, soweit sie sich feststellen Hessen, als auch in ihren 
Folgeerscheinungen so beachtenswert, dass ich deren Mitteilung 
für gerechtfertigt halte. 

1. Der rechte, mittlere,. obere Scheidezahn einer etwa 
25jährigen Dame war schon längere Zeit etwas bräunlich, 
wurde 1903 mit Zement von einem Wiener Zahnarzt mesial 
gefüllt, seither ist er viel dunkler geworden; dabei war er nie 
schmerzhaft und ist gar nicht klopfempfindlich. Im Februar 1904 
bohrte ich die Füllung heraus, in der Vermutung, dass eine 
tote, nicht behandelte Pulpa vorliege, doch war erstens die 
Füllung sehr seicht und zweitens konnte ich in dem sehr 
harten und ganz unempfindlichen gelbbraunen Zahnbein noch 
so tief Vordringen, ohne eine Spur einer Pulpahöhle zu finden. 
Ich musste schliesslich den Versuch, sie zu erreichen, auch 
aus dem Grunde aufgeben, weil die Gefahr, einen falschen 
Weg zu bohren, vorlag. Ich versuchte wohl den Zahn mittels 
Natriumsuperoxyd zu bleichen, doch war es schon nach dem 
bisherigen Befunde sehr unwahrscheinlich, etwas zu erreichen; 
so war denn auch der Erfolg mehr als fraglich. 

Ob die Pulpa in dem Zahne lebt oder nicht, konnte 
ich nicht ermitteln; das vollständige Fehlen einer auch noch 
so geringen Klopfempfindlichkeit und die ausgesprochen gelb¬ 
braune Färbung des Zahnes, der jeglicher Stich ins Graue 
fehlt, wie er bei toten Zähnen meinen auf das hin gerichteten 
Beobachtungen zufolge stets vorhanden ist, sprechen für 
ersteres. Die Unempfindlichkeit des Zahnbeines ist kein so 
bestimmt ausschlaggebender Umstand bei Beurteilung des 
Lebenszustandes der Pulpa und wäre infolge der jedenfalls 
weitgehenden Zurückziehung der Pulpa begreiflich. 

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52 


Dr. Theodor Kaas, Krems a. d. Donau. 


Mir macht der ganze Befund den Eindruck, dass neben 
der jedenfalls die ganze Kronenpulpahöhle ausfüllenden Bildung 
von sekundärem Dentin oder Bildung eines schliesslich die 
ganze Pulpahöhle ausfüllenden Dentikels, auch eine Verdich¬ 
tung des Zahnbeins überhaupt vor sich gegangen ist, wie sie 
auch im höheren Alter gewöhnlich und hier auch von 
einer stärkeren Gelb- oder Braunfärbung begleitet ist; man 
könnte sogar von einem vorzeitigen Altern des Zahnes sprechen. 

2. Der erste Backenzahn des linken Unterkiefers bei 
einem etwa 17 jährigen Fräulein wurde vor etwa l 1 /« Jahren 
in Deutschland distal mit Zement gefüllt und hat nie ge¬ 
schmerzt. Erst seit einigen Tagen ist er zunächst wenig, dann 
beim Beissen immer mehr empfindlich, schliesslich auch von 
selbst schmerzhaft. Am 30. Oktober 1905 bohrte ich das 
Zement heraus und fand es bis an den wangenseitigen offenen 
Pulpazipfel, scheinbar ohne jegliche Zwischenlage, heranreichend. 
Beim weiteren Aufbohren der Pulpahöhle verliert sich deren 
Spur zeitweise ganz, erst in der Gegend, wo der Beginn der 
Wurzelpulpa liegt, ist ein kleines, dunkles Grübchen zu sehen; 
es ist jedoch auch mit ganz feinen Nadeln unmöglich, ein¬ 
zudringen ebensowenig ändert der Versuch, mit Schwefelsäure 
zu erweitern, irgend etwas an dieser Tatsache. Der Zahn bleibt 
zunächst einen Tag offen und beruhigt sich sofort, schmerzt 
auch nicht mehr, als er zunächst provisorisch und schliesslich end- 
giltig gefüllt wird, wobei die Gegend des erwähnten Grübchens 
mit Chlorphenoljodoformpaste bedeckt wird. 

Der zu dem beschriebenen Zustand führende Vorgang in 
dem betreffenden Zahne dürfte der gewesen sein, dass bei der 
seinerzeitigen Vorbereitung der Kavität, die Pulpa an einer 
kleinen Stelle freigelegt wurde, und der Zahn nun, sei es mit, 
sei es ohne Anwendung eines Ueberkappungsmittels mit Zement 
gefüllt wurde. In letzterem Falle treten gewöhnlich sehr bald 
pulpitische Erscheinungen auf, u. zw. zuerst meist in Form 
der Pulpitis acuta septica superficialis. Hin und wieder ver¬ 
trägt die Pulpa auch eine solche Misshandlung, wie ich selbst 
schon mehrmals an Zähnen beobachten konnte, aus denen ich 
eine alte Füllung aus irgend einem Grunde entfernen musste. 


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Drei Fälle von vollständiger Ausfüllung der Pulpahöhle dtc. 53 

wobei es sich zeigte, dass der Pulpazipfel in Form eines Spaltes 
eröffnet war; ja in einem solchen Falle war in den Spalt etwas 
Amalgam eingedrungen, ohne dass der Zahn je geschmerzt hätte 
oder die Pulpa abgestorben wäre. 

In unserem Falle reagierte die Pulpa zunächst auf den 
Reiz durch Anlagerung von soviel neuem Zahnbein, dass die 
Höhle bis auf einen allerfeinsten Spalt verschwand, bis schliess¬ 
lich die ihn noch ausfüllende Pulpa unter der Einwirkung des 
Ueberkappungsmittels, bzw. Zementes zugrunde ging und in 
diesem Zustande zur Periodontitis führte. Das Merkwürdige an 
dem Falle liegt nicht in diesem Endausgange, wie er ja bei 
so behandelten Zähnen gewöhnlich ist, sondern in der ihm 
vorangehenden Reaktion auf den Reiz. 

3. Der dritte Fall betrifft ebenfalls eine etwa 25jährige 
Dame, die wegen eines schmerzenden f] meine Hilfe auf¬ 
suchte, nachdem sie erst wenige Wochen vorher, nach 
Füllung aller schadhaften Zähne aus meiner Behandlung ent¬ 
lassen worden war. 

Der Zahn hatte ganz unvermittelt gleich ziemlich heftig 
zu schmerzen angefangen und tobte fast ununterbrochen mit 
geringen Schwankungen in der Stärke des Schmerzes, nur 
beim Essen nahm dieser zu. 

Der Zahn stand etwas gegen die Lücke des'fehlenden 6] 
geneigt und war ziemlich stark aus der Alveole herausgetreten. 

Der in den Kauflächenfurchen mit Gold gefüllte Zahn 
ist auf Beklopfen deutlich schmerzhaft, sonstige Reize, wie 
kalt und warm, lösen keine Schmerzen aus. Jch entfernte die 
nur seichte Goldfüllung und fand das darunterliegende Zahn¬ 
bein zwar nicht kariös, aber nicht sehr hart, und bohrte nun, 
bis ich in der Gegend der Pulpahöhle war. Doch fand ich eine 
solche nicht; wohl aber war hier das Zahnbein sehr hart und 
ich wagte es nicht, noch tiefer zu bohren. 

In diesem Falle nützte aber das einfache Offenlassen des 
Zahnes gar nichts, die Schmerzen steigerten sich, und jeglicher 
Versuch, auch nur eine Andeutung einer Wurzelkanalöffnung 
zu finden, schlug fehl. Nach viertägiger Beobachtung verfiel 


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54 Dr.Th.Kaas. —Drei Fälle von vollständiger Ausfüllung der Pulpahöhle etc. 

der Zahn der Zange. Beide Wurzelspitzen waren in einer Aus¬ 
dehnung von 2 Mm. weiss und von der Wurzelhaut entblösst; 
in der Nachbarschaft dieser nekrotischen Anteile war dagegen 
die Wurzelhaut gerötet und geschwellt. 

Distal bestand eine ganz seichte Karies im Bereiche des 
Z ah n hals es, die aber, vom letzten Mahlzahn verdeckt, der Unter¬ 
suchung entgehen musste. Die Sektion zeigte, dass die Kronen¬ 
pulpahöhle, soweit ich sie nicht schon ausgebohrt hatte, voll¬ 
ständig von neugebildetem, sehr hartem Gewebe ausgefüllt war, 
welches sich scharf vom übrigen Zahnbein abhob und bis in die 
Wurzelkanalöffnungen weit hineinragte, diese zudeckend. Die 
Wurzelkanäle selbst sind nur gegen die Spitze zu durchgängig 
und hier von trüber, weisslicher, nicht riechender Flüssigkeit 
erfüllt. 

Auch hier kann ich mich bezüglich der Ursachen nur 
in Vermutungen bewegen; die sehr seichte Goldfüllung kann 
eine Reizung der Pulpa nicht herbeigeführt haben, ebensowenig 
die ganz seichte Karies, die jedenfalls erst seit kurzem bestehend 
und noch weit von der Pulpahöhle entfernt war. Hingegen war 
der Zahn seit dem Fehlen des ersten Mahlzahnes — und das 
ist schon lange her — eine Hauptstütze des Gebisses und 
stets sehr stark in Anspruch genommen; dies wäre die ein¬ 
zige auffindhare, aber auch nicht mit Sicherheit festzustellende 
Ursache für einen Prozess, dem der Zahn zum Opfer fiel. Jeden¬ 
falls führte der Reiz, sei er nun welcher Art immer gewesen, 
zunächst zu einer lebhaften Bildung von neuem Zahnbein in 
der Pulpahöhle, bis schliesslich die Pulpareste in den Wurzel¬ 
kanälen ihre Lebensfähigkeit einbüssten und von irgend einer 
Seite infiziert wurden; möglich ist es ja, dass das bereits 
tote Zahnbein zwischen der erwähnten Karies und den Wurzel¬ 
kanälen von Bakterien durchwandert wurde. 


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Dr. Arpäd R. v. Dobrzyniecki, Wien. — Beiträge zur zahnärztl. Therapie. 55 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Beilräp zur zamarzllicta Therapie. 

Von Dr. Arpdd Bitter v. Dobrzyniecki, k. u. k. Regimentsarzt 

in Wien. 

I. Subgingivale Operation bei Alveolarerkrankungen; Jodoform¬ 
injektion bei diesen und bei Antrumerkrankungen als Ersatz 
für Jodoformknochenplombe. 

II. Strömender Dampf gegen Trismus. 

III. Tiefstand der Uebergangsfalte. 

IV. Abscessus alveolaris chronicus cum fistula sine gangraena pulpae. 

V. Ueber Nervocidin Dr. Dalma. 

VI. Sonnenlicht bei Alveolarpyorrhoe. 

VII. Replantatio post luxationem artefactam. 

VIII. Extractio prolongata. 

IX. Gasbildung bei Gangrän. 

X. Infektion durch Gangrän bei einer Zahnoperation. 

Die Zahnheilkunde bietet in allen ihren Kapiteln eine 
solche Fülle von Details, dass man trotz der heutigen er¬ 
schöpfenden, alles umfassenden Literatur, dennoch wiederholt in 
die Gelegenheit kommt Umstände zu notieren, die noch nicht 
beachtet worden sind oder denen man zu wenig Aufmerksam¬ 
keit geschenkt hat, weil sie eben seltener Vorkommen. Die 
Notiz solcher zahnärztlicher Beobachtungen dürfte jedoch 
für die Therapie von einigem Werte sein und es folgen nach¬ 
stehend einige derartige Beobachtungen in der im Titel an¬ 
gegebenen Reihenfolge. 


I. 

Die Behandlungsmethoden der chronischen Alveolar¬ 
abszesse lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen, und zwar 
ist die eine Methode die antiseptische, respektive medikamentöse, 
die zweite Methode die chirurgische. In einem gegebenen 
Falle wird es mitunter nicht möglich sein, sofort die Indikation 
der einen oder der anderen Behandlungsart aufzustellen und 
es wird stets Sache wiederholter Erwägungen sein, ob ein¬ 
greifendere chirurgische Operationen vorzunehmen sind, ins- 


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56 


Dr. Arp&d Ritter v. Dobrzyniecki, Wien. 


besondere da ja der grösste Teil der Patienten vor dem 
Messer zurückschreckt. Selbstredend ist die subjektive An¬ 
schauung des Patienten für die Behandlung nicht massgebend, 
da ja für einen Erfolg nur dann Chancen vorhanden sind, 
wenn alle Massnahmen lege artis ausgeführt werden können. 

Betrachten wir die erwähnten zwei Behandlungsmethoden 
näher, so kommen wir bald zu nachfolgenden Resultaten. 

Es ist fast die Regel, dass man bei Abscessus alveolaris 
chronicus vor allem durch antiseptische Behandlung den 
Prozess zur Heilung zu bringen versucht und vielleicht in der 
Hälfte der Fälle erreicht man auch das gewünschte Resultat; 
in der anderen Hälfte jedoch versagt diese Therapie, und zwar 
in Fällen, wo durch den langen Bestand ein Teil der Gewebe, 
namentlich der Alveole oder der Wurzelspitze nekrotisch ge¬ 
worden ist. 

Die genaue Untersuchung solcher Fälle zeigt uns dreierlei 
Krankheitsbilder: Erstens ist es ein Partikelchen der Alveole, 
welches nekrotisiert, zweitens ist es die Wurzelspitze, welche 
von einer einfachen Erweichung des Zements angefangen bis 
zur ausgesprochenen Nekrose des Dentins erkrankt ist, drittens 
beide Zustände vereinigt, das heisst, es ist Alveolarnekrose und 
gleichzeitig Wurzelkaries vorhanden. 

Derlei pathologische Gewebsveränderungen fordern ent¬ 
sprechende therapeutische Eingriffe. Nekrotische kleinere 
Alveolarteile resorbieren sich bei geeigneter antiseptischer 
Behandlung sehr gut. Grössere Lamellen und nekrotische 
Wurzelspitzen dagegen können nur durch instrumenteilen 
Eingriff entfernt werden. 

Was die antiseptische Behandlung betrifft, wird der 
Operateur gar oft seitens furchtsamer Patienten bemüssigt 
sein, sie dort zu versuchen, wo vielleicht eine chirurgische, 
wenn auch kleinere Operation vorteilhafter wäre. Da wird in 
den Zahn und in die Alveole ein Antiseptikum wiederholt 
eingeführt und dabei ganz ausser acht gelassen, dass dem 
erkrankten Zahn die notwendige Zeit vergönnt werden muss, 
sich des Ueberflusses an Medikamenten entledigen zu können. 


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Beiträge zur zahnärztlichen Therapie 


57 


Die Beinhaut ist ununterbrochen gezwungen, sich von den das 
Dentin durchdringenden Medikamenten zu befreien, anderseits 
ergiesst sich eine beträchtliche Menge der in den Wurzel¬ 
kanal eingeführten Medikamente in die Alveole. Es entsteht 
natürlich eine Zirkulationsstörung in den den Zahn um¬ 
gebenden Weichteilen und ausserdem wird der Zahn selbst 
in ein künstlich hervorgerufenes mumifiziertes Knochenstück 
umwandelt, welches nicht mehr lebensfähig ist und in der 
Alveole als ein Fremdkörper fungiert, von dessen unangenehmer 
Mitbewohnerschaft sich dieselbe zu entledigen bestrebt ist. 

Es dürfte die Mutmassung nicht unberechtigt erscheinen, 
so manchen Fall von chronischem Alveolarabszess mit end¬ 
losem Bestand von Fistel darauf zurückführen zu können, dass 
die Grundursache der Heilungsverzögerung in der forcierten 
antiseptischen Behandlungsmethode zu suchen sei, in deren 
Folge die konstante Eiterung als ein fortwährender Prozess 
zur Eliminierung der Antiseptika zu erklären wäre. 

Die richtige Wahl des Antiseptikums und 
die entsprechende Anwendungsdauer werden 
solchen Misserfolgen Vorbeugen. 

Die tägliche Erfahrung zeigt uns, dass es Fälle von 
chronischen Alveolarabszessen gibt, bei denen eine antisep¬ 
tische Behandlung a priori als „zu wenig“ erscheint, eine radi¬ 
kale Operation, die Resektion, hingegen wieder „zu viel“ sein 
dürfte. In diese Gruppe gehören diejenigen Fälle, bei denen 
es noch zu keiner ausgesprochenen Necrosis apicalis gekommen 
ist, sondern nur eine oberflächliche Erweichung des Zements, 
granulierende Beinhautverdickung bei Vorhandensein einer 
Fistel besteht. Derartige Fälle bilden eine grosse Zahl der 
Alveolarabszesse, und deren Behandlung erfordert ein aus den 
beiden obenerwähnten therapeutischen Massnahmen kom¬ 
biniertes Heilverfahren, indem es sich als ein eingeschobenes 
Mittelglied zwischen rein antiseptischer und chirurgischer Be¬ 
handlung darstellt, und als ein gelinderes Verfahren, wie es 
nachstehend folgt, für manchen furchtsamen Patienten erwünscht 
sein wird. 


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Dr. Arp&d Ritter v. Dobrzyniecki, Wien. 


Therapie: 1. Lokalanästhesie. 

2. Durch die Fistel hindurch, genau in der Richtung 
gegen die Wurzelspitze, wird ein entsprechender Bohrer stets 
unter der Gingiva bei langsamer Rotation eingeführt und 
alles erweichte Knochen ge webe von der Zahnwurzel entfernt. 

3. Der entstandene Detritus wird mittels einer schwachen 
antiseptischen Lösung ausgespült. Hierauf wird abermals durch 
die Fistel eine Emulsio Jodoformii et Glycerini aa 
partes bei sehr starkem, langsamen Druck in die Alveole ein¬ 
gepresst. 



Nach langsamem Herausziehen der Spitzenkanüle lässt 
man sodann den herausquellenden Ueberschuss der Emulsion 
mit Wasser ausspülen (Fig. 1). 

Das Kriterium der Notwendigkeit zur Wiederholung einer 
Jodoforminjektion ergeben folgende Erscheinungen: 

Nach einer Jodoforminjektion entsteht eine sehr starke 
Resorption in den Alveolen, wobei eitriges Sekret sehr schnell 
verschwindet oder mindestens eine grosse Abnahme aufweist. 
Untersucht man daher an dem der Injektion folgenden Tage 
die Operationsstelle, so wird bei Druck auf die Alveole die 
Jodoformemulsion entweder rein zum Vorschein kommen oder 
aber sie wird mit Sekret verunreinigt sein. Man wird daher 
die Jodoforminjektion so oft wiederholen, bis sich kein Sekret 


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Beiträge zur zahnärztlichen Therapie. 


59 


mehr zeigt; es muss aber gleich betont werden, dass zwischen 
den einzelnen Sitzungen 2 bis 3 Tage einzuschalten sind. 
Derartig behandelte Fälle zeigen eine ausserordentliche Tendenz 
zur Heilung, und man kommt gewöhnlich mit zwei- bis vier¬ 
maliger Jodoforminjektion zum Ziele. 

Bei ausgeheilten Fällen sieht man eine ausgesprochene 
kleine Narbenvertiefung an der Fistelstelle. 

Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass die Wurzel bei 
Beginn dieser Behandlungsmethode bereits gefüllt sein muss. 

Den Heilerfolg der Jodoforminjektion zeigen folgende 
schwere Formen von Alveolarerkrankungen, resp. einer kom¬ 
plizierten Antrumerkrankung: 

Herr Rittmeister v. H., 35 Jahre alt, gibt an, es sei ihm 
der ]_2 wegen Nerventzündung behandelt worden; es dürfte 
sich um Pulpagangraen gehandelt haben und wurde Patient von 
unberufener Hand durch eine ziemlich geraume Zeit, bei¬ 
läufig 4 bis 5 Wochen, behandelt, indem in den Wurzelkanal 
Jodtinktur eingespritzt wurde. Es bestand über der Zahn¬ 
wurzelspitze am Zahnfleisch eine Geschwulst; bei Druck auf 
dieselbe kam durch den Zahn Eiter zum Vorschein. In der 
letzten Zeit jedoch blieb der Eiterabfluss aus und es entstand 
am harten Gaumen eine hellergrosse Geschwulst. Patient 
wünschte eine rasche Behandlung, da er abreisen musste. 

Status praesens: Gangraena pulpae totalis, abscessus 
alveolaris chronicus (palatinalis), incisivi lateralis. Die Ge¬ 
schwulst am harten Gaumen, dem Zahne entsprechend, 
ist fluktuierend, deutlich gewölbt. Der Zahn ist leicht be¬ 
weglich. Bei Eröffnung der Geschwulst entleert sich aus 
derselben eine beträchtliche Menge von ichorösem Sekret, 
die Geschwulst verschwindet, man fühlt am Knochen einen 
scharf begrenzten, kreisförmigen, hellergrossen Defekt. Mittels 
eingeführter Sonde kann man erkennen, dass die Wurzel¬ 
spitzen der [ 12 3 frei in die Antrumhöhle hineinragen. 

Der ganze Krankheitszustand hatte dem Patienten bisher 
gar keine Beschwerden verursacht. Es waren beträchtliche 
Teile der Septa interalveolaria, ebenso der Fundus zerstört, 
dabei eine Antrumeiterung vorhanden. 


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60 


Dr. Arpäd Ritter v. Dobrzyniecki, Wien. 


Therapie: Nach der erwähnten Inzision Ausspülung 
mit Sublimat, dann trug ich die erweichten Teile der Wurzelspitze 
wie oben geschildert ab. Die Wurzel des |2 wird gleich ge¬ 
füllt. An den drei nächstfolgenden Tagen wurde Jodoform¬ 
glyzerin injiziert. Keine Drainage. 

Zwei Wochen später schreibt Patient, dass es ihm ganz 
gut gehe und dass die Operationsstelle vernarbt sei. Ende 
Oktober sah ich ihn wieder und die Untersuchung ergab, dass 
der Zahn vollkommen festgeworden ist; am harten Gaumen 
konnte keine Spur des bestandenen Defektes nachgewiesen 
werden. 

Es ist sehr bemerkenswert, dass bei der grossen Quantität 
von Jodoforminjektion, zirka 4 Gr. auf einmal, trotz der Nähe 
des Gehirnes, keine Intoxikations-Erscheinungen auftraten; erst 
auf direkte Anfrage erinnerte sich Patient, nach der ersten 
Injektion einen sozusagen momentanen Schwindelanfall gehabt 
zu haben. 

Es wurden ferner folgende Fälle beobachtet: 

Herr Regimentsarzt Dr. B., Praemolaris I. s. s. Die Fistel 
verschwand nach der angegebenenBehandlungsweisein2Wochen. 

Herr Oberleutnant K., Caninus s. d. Heilung nach zirka 
20 Tagen. 

Frau M., Caninus s. s. In diesem Falle wurde die sub¬ 
gingivale Operation zweimal durchgeführt. Heilung in 6 Wochen. 

Einen typischen Fall für die von mir angewendete 
Operationsmethode zeigt folgende Krankheitsgeschichte: 

Infanterist L. hat nach eigener Angabe seit 2 Jahren, 
der Wurzelspitze des Incisivus c. i. d. entsprechend, eine fast 
linsengrosse Zahnfistel. Nach seiner Angabe fiel er bei einem 
Sturze auf die unteren Zähne. Durch die Fistel sondiert man 
die sich sehr rauh anfühlende Wurzelspitze, welche gegen 
den Nachbarzahn (Incisivus lateralis) fast um V« Cm. kürzer 
erscheint. Auf Druck entweicht wässeriges, speichelartiges Sekret. 
Der Zahn selbst ist äusserlich intakt, aber dunkler verfärbt. 
Nach der Trepanation desselben zeigt sich die Pulpa in einen 
geruchlosen, schwarzbraunen Deiritus zerfallen. Antiseptische 


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Beiträge zur zahnärztlichen Therapie 


61 


Füllung wird in derselben Sitzung gemacht und die oben an¬ 
geführte subgingivale Operation durchgeführt. 

Die Jodoform-Injektionen wurden anfangs täglich, dann 
immer spärlicher durchgeführt. 

Das nach der zweiten Behandlungswoche aufgenommene 
Röntgenbild (Fig. 2) zeigte folgende Verhältnisse: 

Man sieht eine die ganze Wurzelspitze des Incisivus 
c. i. d. umfassende Höhle; die Nekrose trifft beiderseits 
die Alveolarwände der Spitzen der Nachbarzähne, welche 
dem bezeichneten Zahne zugewendet sind. Der dunkle Fleck 
am Boden der Höhle ist Jodoformmasse. Gegen den Alveolar- 



Fig. 2 . 


rand zu ist das Septum interalveolare deutlich zu sehen, sowie 
an beiden Seiten eines jeden Zahnes das Periodontium in 
Form eines lichten Streifens. Die nekrotisierten Knochenteile 
repräsentieren sich als ein heller Fleck — die nekrotische 
Höhle. Im Laufe der siebenten Woche war die Höhle soweit 
mit Granulationen erfüllt, v dass man durch die Fistel auf kaum 
einige Millimeter Tiefe mehr eindringen konnte. 

Die Behandlung musste wegen Abtransferierung des Mannes 
unterbrochen werden. 

Für die Aufnahme des Röntgenbildes erlaube ich mir, 
Herrn Oberarzt Dr. Settmacher und Herrn Oberarzt 


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62 Dr. Arpäd Ritter v. Dobrzyniecki, Wien. 

Dr. Ottokar Horäk meinen verbindlichsten Dank auszu- 
sprechen. 

Wie aus den geschilderten Fällen ersichtlich ist, wird bei 
diesem Operationsverfahren das Hauptgewicht 
auf die weitest geh ende Erhaltung des Zahnfleisches 
resp. der Beinhaut gelegt, indem das Instrument durch 
die Fistel hindurch eingeführt wird. Bei der normalen Wurzel¬ 
resektion müssen die Weichteile stets weggedrängt werden, 
um die Operation durchführen zu können; das Zahnfleisch 
pflegt nachher wie allbekannt sehr stark zu schrumpfen, die 
Nähte gehen auseinander und der Substanzverlust muss durch 
Granulationen von der Tiefe aus ersetzt werden. Dies fordert 
wochenlange Nachbehandlung und ist für den Patienten sehr 
ermüdend. 

Bei der von mir geschilderten subgingivalen Opera¬ 
tion entfallen diese Uebelstände. Die injizierte Jodoform¬ 
glyzerin-Emulsion zeigt folgendes Verhalten: Das Glyzerin ent¬ 
weicht durch die Einführungsöffnung, das Jodoform selbst 
sammelt sich in grösseren Partien und haftet in der Kavität. 
Ein Nachteil der Emulsion gegen die normale Knochen¬ 
plombe ist der, dass man bei ersterer die Injektion öfters 
wiederholen muss, um eine genügende Quantität Jodoform 
aufzustapeln, während man mit Knochenplombe die Höhle mit 
einer einmaligen Injektion ausfüllen kann. Der Vorteil der Emulsion 
der Knochenplombe gegenüber ist jedoch die höchst einfache, 
handliche Herstellung und Anwendung derselben. 

Bei dieser Operationsmethode wird das ganze 
Weichteilgebiet geschont; es ist eben der Zweck, speziell 
die Beinhaut in der ausgiebigsten Weise zu erhalten, wodurch 
schon eine raschere Heilbedingung geschaffen ist. Das Verfahren 
ist ein gelindes, fast schmerzloses, sicher wirkendes. 

Anmerkung. Die frappante Heilwirkung des Jodoforms 
bei chronischen Alveolarabszessen habe ich bereits in der 
„Wiener Medizinischen Wochenschrift“ (Nummer 18, 1902) 
unter „Beiträge zur Behandlung der chronischen Alveolar¬ 
abszesse“ erwähnt. 


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Beiträge zur zahnärztlichen Therapie. 


63 


II. 

Dr. D., Mitte der Vierziger-Jahre, kachektisches Exterieur. 
Dem Molaris II i. d. gegenüber ist an der Wangenschleim¬ 
haut ein kronenstückgrosser, scharf begrenzter, kraterförmig 
eingezogener Substanzverlust mit spärlichem Sekret belegt. 
Der bezeichnete Zahn ist an der Krone durch Karies soweit 
zerstört, dass von derselben nur eine spitzige Wand mesio- 
labial besteht; diese Spitze kommt mit dem beschriebenen 
Substanzverlust der Wangenschleimhaut in permanente Be¬ 
rührung und verursacht dem Patienten Schmerzen. Diagnose: 
Carcinoma epitheliale. Patient hatte bereits viele Operateure 
konsultiert, kann sich jedoch zu keinem chirurgischen Eingriff 
entschliessen, wünscht aber den Zahn entfernt, zu haben. 

Das Periost des Molaren ist massig geschwollen, Drüsen 
sind nicht nachweisbar, es besteht jedoch eine diffuse ödematöse 
Infiltration der rechten Wangenmuskulatur, der zufolge Trismus 
vorhanden ist und das Oefifnen des Mundes bedeutend be¬ 
schränkt. Anwendung eines Instrumentes ist daher ausgeschlossen. 
Der Patient wünscht die Extraktion, um sich von dem Zahn 
zu befreien, da er die Wange usuriert. 

Therapie: Um die Muskelspannung zu beseitigen, wird 
mittels Trichters durch drei Sitzungen auf die Gelenksgegend 
des Unterkiefers durch die Mundöffnung strömender 
Dampf durch je 5 Minuten eingeführt. 

In der dritten Sitzung ist der Trismus gänzlich behoben 
und die Extraktion des Zahnes geschieht mit der normalen Zange. 

III. 

Der Uebergang der Schleimhaut des Oberkiefers in die 
Wangenschleimhaut erfolgt in der Regel in der Höhe der 
Wurzelspitzen. Dieses topographische Verhältnis spielt eine 
wichtige Rolle bei allen Behandlungen, die sich von hier aus 
gegen die Wurzelspitze richten. 

Man kann jedoch sehr oft beobachten, dass der Ueber¬ 
gang der Falte zwischen Oberkiefer und Wange schon auf 
eine kurze Distanz oberhalb des Zahnfleischrandes beginnt, 


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64 


Dr. Arpäd Ritter v. Dobrzyuiecki, Wien. 


also viel tiefer als die Wurzelspitze ist. Diese Differenz ist 
der normalen Form gegenüber mitunter eine auffallend grosse; 
bei einem gut ausgeprägten Oberkiefer ist vom Zahnfleisch¬ 
rand bis zur Uebergangsfalte eine Distanz von 2 1 /* bis 4 Cm. 
vorhanden, hingegen ist bei den erwähnten Fällen oft kaum 
eine Distanz von 1 bis 1 */* Cm. zu beobachten. 

Da es bei den Alveolarabszessen fast immer zu chirur¬ 
gischen Eingriffen kommt, ist der Tiefstand der Ueber¬ 
gangsfalte besonders zu berücksichtigen; hauptsächlich 
gilt dies bei Eröffnung der subperiostalen Eiterherde. In 



a Uebergangsfalte in der Höbe der Wurzelspitze; b Zahnfleischrand. 

diesem Falle wird die Schnittführung eine doppelte sein 
müssen: zuerst wird die Lanzette parallel mit der vorderen 
Alveolarwand flach durch die Uebergangsfalte bis zur Höhe 
der Wurzelspitze vorgeschoben, dann mit der Schneide gegen 
diese gewendet und der zweite Schnitt ausgeführt. 

Die Ausserachtlassung dieser Umstände hat zur Folge, 
dass im Falle einer tiefstehenden Falte, bei einer nur in der 
Höhe derselben ausgeführten Inzision wohl eine Blutung ent¬ 
steht, da jedoch der sich höher befindende Abszess nicht 
getroffen wird, die ganze Operation erfolglos bleibt. 

Beigegebene schematischen Zeichnungen dürften eine 
Uebersicht des Geschilderten geben (Fig. 3 und 4). 


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Beiträge zur zahnärztlichen Therapie. 


65 


Würde bei einer solchen Bildung die Notwendigkeit einer 
Wurzelspitzenresektion entstehen, so wäre dies von der Mund¬ 
höhle labialseits unmöglich, es mülste dann eventuell lingual- 
wärts ein Zugang geschaffen werden. 

IV. 

Herr Hauptmann N. gibt an, über dem Incisivus 1. s. s. 
seit zirka 6 Wochen eine Fistel zu haben, welche wieder¬ 
holt inzidiert wurde, wobei sich Sekret entleerte, Heilung 
jedoch nicht eintrat. 



a Uebergangsfalte tiefer stehend als die Wurzelspitze; b Zahnfleischrand, 

Status praesens: Incisivus 1. s. s. ziemlich beweglich; 
derselbe hat am Zahnhalse eine kleine Goldfüllung, deren 
Rand zeigt Caries recidiva; der Wurzelspitze dieses Zahnes 
entsprechend ist eine Fistel vorhanden, aus welcher Sekret 
herausgedrückt wird. Der Nachbarzahn, der zentrale Schneide¬ 
zahn, ist um 1 bis 2 Mm. aus der Alveole herausstehend. 
Patient kann keinerlei Entstehungsursache seines Leidens an¬ 
geben, hat keine Kontusion erlitten, ebenso während des Ver¬ 
laufes des Prozesses keinerlei Schmerzen gehabt. Trepanation 
des lateralen Schneidezahnes in derselben Sitzung, lingual- 
wärts fast ohne Schmerzen. Die Pulpa lässt sich in toto ent¬ 
fernen und es zeigt sich dabei folgender eigentümliche Zu¬ 
stand: Die Pulpa bildet einen sehr schönen dicken Strang, 

6 


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66 


Dr. Arpäd Ritter v. Dobrzyniecki, Wien. 


an welchem drei gleich geteilte Partien zu erkennen sind. 
Das obere, sowie untere Drittel ist tiefrot verfärbt, das mittlere 
Drittel ganz blass, gelblich. 

Es ist in diesem Falle eine deutliche Entzündung der 
zwei Enden sichtbar gewesen, wobei in unerklärlicher Weise 
die Mitte nicht mitaffiziert war. Es gehört wohl zu den Selten¬ 
heiten, dass, wie diesmal, eine Fistel ohne Gangrän ent¬ 
standen ist. Diese Art von Pulpitis lässt sich in keine der be¬ 
stehenden Gruppen einteilen. 

Therapie: Nach Entfernung der Zahnpulpa wurde in 
den Nervkanal einigemal Eukalyptusfaden eingelegt, ohne irgend¬ 
welche Anwendung eines anderen Heilverfahrens. 

Die Fistel verschwand in 10 Tagen, worauf der Zahn 
definitiv gefüllt wurde. 


V. 

Ueber Nervocidin, dieses vortreffliche Anästhetikum, zu 
berichten, dürfte vielleicht überflüssig erscheinen; da es 
gegen entzündliche Pulpaerkrankungen angewendet, so 
vielerlei vorteilhafte Wirkungen entfaltet, mögen einige Er¬ 
fahrungen mit demselben hier mitgeteilt werden, aus denen 
sich die Konklusionen von selbst ergeben werden. 

Frau F. kommt vormittags, 11 Uhr, in die Ordination 
mit der Bitte, die Krone des Incisivus 1. s. d., welche ihr 
beim Essen abgebrochen ist, durch eine künstliche Krone zu 
ersetzen. 

Therapie: In die Höhle der fast ganz abgebrochenen 
Zahnkrone wird Nervocidin eingelegt und mit Fletcher ge¬ 
schlossen. Am selben Tage, nachmittags 3 Uhr, wird der 
Nervkanal geöffnet, die Pulpa schmerzlos entfernt und eine 
Logankrone eingesetzt. Zu bemerken ist, dass die Patientin 
eine äusserst nervöse Dame ist und diese Operation infolge 
der rapiden Wirkung des Nervocidins nach Ablauf von 4 Stunden 
ausgeführt werden konnte. 

Nach Ablauf von 5 Jahren hatte ich Gelegenheit, bei 
einigen von mir behandelten Fällen folgende Wahrnehmungen 


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Beiträge zur zahnärztlichen Therapie. 


67 


zu machen: Wenn das Nervocidin unter einem nicht absolut 
wasserdichten Verschluss hervorsickert und in die Mundhöhle 
gelangt, kommt es zu Intoxikationserscheinungen; es verliert 
sich gewöhnlich die Geschmacksempfindung, mässiges Brennen 
der Zunge tritt ein, subjektiv wird Steifsein der Zunge an¬ 
gegeben, was objektiv jedoch nicht nachzuweisen ist; bei 
höherem Grade der Erscheinungen erfolgt massige Schwellung 
der Halsdrüsen. Diese Erscheinungen verschwinden in der 
Regel nach einigen Stunden. Es empfiehlt sich also, den 
Patienten strenge zu verhalten, den Mund innerhalb der ersten 
Stunden nach Einlage des Nervocidins sehr fleissig mit Wasser 
auszuspülen. 

In einem Falle, wo der Patient die Einlage verschluckte, 
entstand Ueblichkeitsgefühl, Schwindel, ohne irgendwelche 
Schmerzen. Die Symptome verschwanden spurlos nach bei¬ 
läufig 18 Stunden. 

Nervocidin wirkt durch eine dünne, harte Dentinschichte 
oder durch eine dickere, erweichte Schichte im allgemeinen 
innerhalb zweier Stunden, so dass nach dieser Zeit die 
Schmerzen nach einer entzündlichen Pulpitis (nicht gangrä¬ 
nösen !) in der Regel aufhören. Es wird selten Vorkommen, 
dass nach Eröffnung der Pulpa eine zweite Nervocidineinlage 
gemacht werden muss, und zwar nur bei sehr hartem Dentin, 
und selbst da zeigt sich die eminente Wirkung des Mittels 
darin, dass man das Dentin bis zur unmittelbaren Nähe der 
Pulpa schmerzlos entfernen kann. 

Wenn Patienten, welche Nervocidineinlagen erhielten, 
aus irgendeiner Ursache erst nach einigen Tagen zur Ordi¬ 
nation erscheinen, kann man konstatieren, dass die Wirkung 
des Mittels wieder in Abnahme begriffen ist, da die Zähne 


wieder eine grössere Empfindlichkeit zeigen. Wird eine mit 
Nervocidin behandelte Pulpa eröffnet, so zeigt sich stets eine 
profuse, dunkelrote, durch venöse Stauung hervorgerufene 
Blutung. An der Pulpa selbst ist makroskopisch keine Ver¬ 
änderung zu sehen; dieser Umstand beweist, dass Nervocidin 
ein Nervan&sthetikum ersten Ranges ist, im Gegensatz zu den 
-nervtötenden Mitteln“, wie z. B. Arsen, welches die Gewebs-i 


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Dr. Arpäd Ritter v. Dobrzyniecki, Wien. 


\ konstruktion verändert; Nervocidin „tötet“ nicht das Ge- 
t webe, es macht es nur auf eine gewisse Zeitdauer un- 
t empfindlich - 

Zu dieser brillanten anästhetischen Wirkung kommt noch 
folgender wertvolle Effekt hinzu. Bei mehrwurzeligen Zähnen, 
wo infolge Verkrümmung der Wurzeln die Extraktion des 
Nervs zur Gänze undurchführbar ist, sieht man trotz der 
zurückbleibenden Pulpateile, welche man auch mit keinem 
Antiseptikum erreichen kann, keine Erscheinungen irgend einer 
Entzündung auftreten. Es sei nochmals betont, dass von gan- . 
gränöser Pulpitis hier nicht die Rede ist. 

Wie lässt sich diese Erscheinung erklären? 

Man dürfte die richtige Beantwortung der Frage geben, 
wenn man die durch die Wirkung des Nervocidins entstandene 
grosse Hyperämie mit der im Sinne der modernen Chirurgie 
künstlich erzeugten „Stauungshyperämie“ identifiziert 
und ihr den Heilerfolg im selben Sinne zuerkennt. Wiederholt 
hatte ich speziell obere Molaren mit Nervocidin behandelt, 
dabei die Pulpakammer eröffnet, die Pulpa jedoch absichtlich 
nicht exstirpiert, sondern die Eingangsöffnung mit etwas Jodo¬ 
form ausgefüllt und darüber die Füllung gemacht. Derartige 
Zähne zeigten gar keine weitere Reaktion. 

VI. 

Frau Th., etwa 36 Jahre alt, kam anfangs Juli 1904 zur 
Behandlung ihrer an Alveolarpyorrhoe erkrankten unteren 
Schneidezähne. Die Dame stand vor ihrer Abreise in eine 
Sommerfrische, somit konnte keine Behandlung vorgenommen 
werden. Ich empfahl der Patientin, sie möge sich während 
des Sommers die unteren erkrankten Schneidezähne durch 
direktes Sonnenlicht bestrahlen lassen, indem sie die Unter¬ 
lippe nach abwärts zieht und das Gesicht mittels Maske gegen 
die Sonnenstrahlen beschützt. Als die Dame im September 1904 
erschien, zeigten die Zähne nicht die geringste Spur einer 
Eiterung. Seither sah ich Patientin wiederholt, zuletzt im Ok¬ 
tober 1905 und fand die Zähne gänzlich intakt; auffallend ist 


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Beiträge zur zahnärztlichen Therapie. 


69 


das höckerig aussehende Zahnfleisch von sehr derber Kon¬ 
sistenz; der Zustand entspricht einem nach Entzündung sehr 
rasch vernarbten Gewebe. 

Bei einem mit künstlichem Licht, so wie ich es bereits 
angab, mittels Telschow-Reflektor behandelten Falle habe ich 
folgende Notizen machen können: 

Frau L., 48 Jahre, leidet an Alveolarpyorrhoe der 2 | 2 3 
und wurde wiederholt behandelt; Artikulationsstörung 
ist nichtnachweisbar. Behandelt werden die bezeichneten 
Zähne seit November 1904. 2 ] heilte zirka drei Monate nach 
der Belichtung, 1 2 3 blieben in Behandlung bis gegen April 1905, 
dazumal konnte nur bei [3 seröses Sekret aus dem Alveolar¬ 
rande ausgepresst werden. Während des Sommers hatte Pa¬ 
tientin wie in dem früheren Falle sich mit Sonnenlicht be¬ 
strahlen lassen. Im Oktober zeigt | 2 3 minimale Rezidive, nach 
weiterer künstlicher Belichtung zeigt [3 im November gar kein 
Sekret, [2 hat im Dezember zu eitern aufgehört. 

In diesem Falle konnten die von mir bereits in früheren 
Publikationen über Lichttherapie beschriebenen Reaktionen 
ebenfalls präzise verfolgt werden. 

Es zeigte sich nämlich im Anfangsstadium der Behandlung 
schon bei Druck auf die Alveole Eiter am Zahnhalse. Dies 
ist die „grosse Reaktion“. Im Laufe der Heilung schwand 
dieses Symptom, man konnte mittels Druck auf die Alveole 
kein Sekret mehr herauspressen, drückte man hingegen wieder¬ 
holt leicht mittels eines Tampons auf den Zahnfleischsaum, so 
kam noch immer, wenn auch wenig Sekret hervor. Dies ist 
die „kleine Reaktion“, und sind diese beiden Reaktionen 
konstante, nachweisbare Erscheinungen einer in Heilung ver¬ 
laufenden Alveolarpyorrhoe. 


VII. 

Herr Leutnant E. erscheint am 24. November 1904 mit 
folgendem Status praesens: Das ganze Zahnfleisch des 
Oberkiefers ist mit breiten, ineinander greifenden Geschwüren 
bedeckt, es besteht ziemlicher Trismus, Infiltration der Hals- 


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70 Dr. Arp&d Bitter v. Dobrzyniecki, Wien. 

drüsen, Temperatur 38° G. Die Wurzel des Prämolaris I. s. s. 
tief kariös, gangränös. Phlegmone acutum septicum. 

Fig. 5 zeigt die Zahnverhältnisse. 

Infolge der nach vorne gerichteten Achsenrichtung des 
zweiten Prämolaris besteht eine Raumverengerung vom Zahn* 
halse des ersten Prämolaris gegen die Zahnreihe zu. Dieses 
Missverhältnis hat nachfolgende Operation notwendig gemacht. 

Mit Rücksicht auf den schweren Infektions¬ 
zustand des Patienten entschloss ich mich, die 
Wurzel des ersten Prämolaris unter allen Um¬ 
ständen zu entfernen. 

Die Bajonettzange liess sich nicht anwenden, es musste 
der Elevator eingreifen. Es war beabsichtigt, um den isoliert 
stehenden zweiten Prämolaris zu erhalten, den Elevator zwischen 



Caninus und ersten Prämolaris einzukeilen; bei diesem Versuch 
liess die grosse Resistenz erkennen, dass in diesem Falle der 
Caninus lädiert werden wür le. Somit entschloss ich mich, die 
Luxation von Seite des zweiten Prämolaris vorzunehmen, 
auf die Gefahr hin, diesen selbst zu opfern, um die Operation 
durchführen zu können. Bei Anwendung des Elevators wurde 
der zweite Prämolaris mit vollster Kraft mit der zweiten 
Hand fixiert, aber trotzdem aus der Alveole herausgedrückt. 
Ich legte diesen Zahn auf eine Glasplatte und führte die Ex¬ 
traktion der vorstehenden Wurzel nunmehr infolge Raum¬ 
gewinnung mittels Zange aus. Es entleerte sich hierauf eine 
bedeutende Menge putrider Eitermassen. 

Nach der erfolgten Blutstillung versuchte ich den zweiten 
Prämolaris in seine Alveole zu reponieren, wo er aber keinen 
Halt fand. Ich drehte nunmehr den Zahn um seine Achse 
und keilte ihn mit ausgiebigem Druck in der Alveole fest. Der 


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Beiträge zur zahnärztlichen Therapie. 


71 


Zahn blieb in dieser Stellung fixiert. Patient wird zu sorg¬ 
fältiger Mundpflege verhalten, der Zahn ist ohne Ligatur oder 
sonstige Nachhilfe nach zirka 14 Tagen so fest eingewachsen, 
dass der äussere nunmehr nach innen stehende Höcker, der 
die Artikulation störte, abgeschliffen werden konnte. Der ganze 
Prozess verlief schmerzlos und Patient besitzt den tadellos 
funktionierenden Zahn noch heute. 

Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass bei der Replantation 
weder die Alveole, noch der Zahn mit irgend einem Anti¬ 
septikum behandelt wurden (Fig. 6). 

VIII. 

Die Extraktion wird heutzutage nach den von den Meistern 
der Zahnheilkunde angegebenen Regeln in vollendeter Weise 



b 


Fig. 6. 

a vor der Luxation; b nach der Replantation. 

ausgeführt. Jeder Zahn hat die für ihn bestimmte Zange und 
Extraktionsmethode. Die in neuerer Zeit auf den Markt ge¬ 
brachten vielen veränderten Zahnextraktions-Instrumente re¬ 
präsentieren bei objektiver Betrachtung meistenteils ein un¬ 
begründetes, eigenmächtiges Verderben der klassischen Formen 
der Instrumente, wie sie Tom es konstruierte und uns über¬ 
liefert hat. Gegenstand der nachfolgend mitgeteilten Erfahrungen, 
die bei einer grossen Zahl von Extraktionen gemacht worden 
sind, ist die Angabe einer Methode, mit den normalen In¬ 
strumenten das Auslangen zu finden. 

Wenn es sich um schwierige Extraktionen handelt, können 
entweder zu rigide Alveolarwände oder zu lange oder stark 
verbogene Wurzeln die Ursache sein. In einem solchen Falle 


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72 


Dr. Arp&d Ritter v. Dobrzynieeki, Wien. 


wird jeder erfahrene Extrakteur fühlen, dass beim Forcieren 
der Kraft eine Fraktur verursacht werden muss. Es sei zum 
Beispiel ein unterer Molar zu extrahieren. Kommt es auf das 
normale Luxieren labial- und lingualwärts, wie es bei dem be¬ 
treffenden Molar nach dem anatomischen Bau des Kiefers zu¬ 
treffend ist, nicht zu einer vollkommenen Trennung von der 
Alveole, so wird man folgendermassen Vorgehen: Es wird der 
Zahn zuerst in der einen Richtung luxiert, man verlässt aber 
diese Position nicht, um sogleich in die gegenseitige 
Luxation überzugehen, sondern verharrt in dieser 
Stellung einige Sekunden, dann erst geht man 
in die gegenseitige Luxation über und hält 
den Zahn auch in dieser Richtung durch einige 
Sekunden fixiert. 

Auf solche Weise kann man einen Zahn mit grösster 
Sicherheit in toto entfernen. Durch das längere Ver¬ 
harren in der einen Luxationsrichtung wird nämlich die 
Alveolarwand Zeit gewinnen, sich auszudehnen, selbst die 
Wurzeln werden sich den neuen Raumverhältnissen an¬ 
passen, anderseits wird der durch die teilweise Lostrennung 
des Zahnes von der Alveole entstehende Raum durch die 
innere Blutung ausgefüllt, so dass deren Spannung selbst auf 
die Extraktion befördernd wirkt. 

Analog kommt es zur Anwendung der Elevatoren, 
speziell des L’Ecluse. Die Wendung der Wurzel geschieht, um 
sich sinnbildlich auszudrücken, millimeterweise, das heisst, 
die Zahnwurzel wird durch das sukzessive Einkeilen des 
Hebels gradatim aus ihrer Alveole herausgehoben infolge der¬ 
selben mechanischen Verhältnisse, wie sie vorher bei der 
Extraktion mit der Zange geschildert wurden. Dieses Ver¬ 
fahren stellt also eine verlängerte Extraktions¬ 
dauer vor, es ist eine Extractio prolongata. 

Erkennt man den Wert derselben, so wird man sich so 
manche unliebsame Fraktur infolge „schnellen“ Zahnextra¬ 
hierens ersparen. 


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Beiträge zur zahnärztlichen Therapie. 


73 


IX. 

Durch Wurzelgangrän bedingte Gasbildung ist eine 
häufige Erscheinung, und wenn bei Kronenersatzstücken 
zur Befestigung Zementmaterial angewendet wurde, so ist 
die Gasbildung mitunter so expansiv, dass sie in die 
Weichteile eindringt und Erscheinungen hervorruft, die einen 
akuten Abszess Vortäuschen können. Nachstehender Fall be¬ 
weist dies: Herr Dr. D. fühlt am linken Oberkiefer in der 
Gegend des zweiten Prämolaris eine wiederkehrende Ge¬ 
schwulst, die am Gesichte auch äusserlich erkennbar ist. Nach 
Angabe des Patienten verschwindet die Geschwulst ganz, um 
nach einiger Zeit unter heftigen Schmerzen wiederzukehren. 
Diese Serie von An- und Abschwellen dauert seit einigen 
Wochen. Die Untersuchung zeigt, dass der Prämolaris II. s. s. 
mit einer Goldkappe versehen ist. Ueber der Wurzelspitze ist 
eine Geschwulst fühlbar, anscheinend fluktuierend. Eine bis auf 
den Knochen geführte Inzision hatte keine Eiterentleerung zur 
Folge; es floss nur Blut ab. In der nächsten Sitzung wird 
nochmals mit demselben Resultat inzidiert. Es wird nunmehr 
eine Wurzelspitzenresektion erwogen, zu welcher sich Patient 
nicht entschliesst. Hierauf wird eine antiseptische Behandlung 
des Zahnes mittels Trepanation durch die Goldkappe ein¬ 
geleitet. Der Wurzelkanal selbst war wenig alteriert, das fort¬ 
währende Spannungsgefühl verschwand sofort. Bei ausgiebiger 
Eröffnung der Kaufläche zeigt es sich, dass das als Klebemittel 
angewendete Zement gänzlich in Fäulnis geraten war. Nach 
energischer Antisepsis verschwanden sämtliche Symptome in 
der kürzesten Zeit. Es war also nur die entstandene Gas¬ 
bildung der Faktor, welcher die Symptome eines Abszesses 
imitierte, indem die Gase periodisch durch das Foramen durch¬ 
drangen und durch Irritation die Gewebe in eine Art Infil¬ 
tration versetzten. 

Man wird bei einem grossen Teile der künstlichen Gold¬ 
kronen beobachten können, dass zwischen deren Rand und 
dem Zahnfleisch fortwährend Fäulnisherde bestehen, da sich 
das verbindende Zement zersetzt. Man tut daher gut, die 


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74 Dr. Arp&d R. v. Dobrzyniecki, Wien. — Beiträge znr zahnärztl. Therapie. 

Patienten zu verhalten, solche gekrönte Zähne sehr fleissig zu 
reinigen, speziell den bezeichneten Rand öfters mit einem 
entsprechenden Antiseptikum zu waschen. 

Um bei solchen Zähnen, sowie bei Be¬ 
festigungen von Stiften in den Wurzelkanälen 
das Zement vor Fäulnis zu schützen, empfiehlt 
es sich, dasselbe mit etwas Sublimat zu vermischen. 

X. 

Zum Schluss sei es mir gestattet, noch über eine selbst 
erlittene Infektion durch Pulpagangrän zu berichten. Gelegent¬ 
lich der Ordination brachte ich mir mit einem Instrumente, 
welches ich zur Behandlung eines gangränösen Wurzelkanals 
verwendete, unter dem Nagel des rechten Daumens einen 
kleinen Ritzer bei. Am dritten Tage kam es zu einer starken 
Nagelentzündung, die sich im Laufe der Woche zu einer 
diffusen Beinhautentzündung des ganzen Fingers verbreitete, 
so dass derselbe um die Hälfte anschwoll. In der dritten 
Woche kam es zu Drüseninfiltrationen in der Armbeuge und 
in der Achselhöhle. 

Andauernde Sublimatumschläge, wiederholte Inzisionen, 
auch Bi ersehe Stauung brachten den Prozess in der vierten 
Woche zur Heilung. 

Seit dieser Zeit benützte ich bei der Arbeit ausschliesslich 
Gummifinger auf allen zehn Fingern, ohne dass mich die¬ 
selben bei der Arbeit irgendwie stören würden. Es gelingt 
mir selbst das Aufrollen von Watte auf die feinste Sonde, 
während ich durch den Gummi einen vollkommenen Schutz 
gegen alle Insulten geniesse. 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. — Ueber „Extension“ etc. 


75 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Deller „Eiteun“ bei Der Präparate approiimaler Hilei. 

Von Dr. Rudolf Bum , Zahnarzt in Wien. 

Die Lehre von der Extension hat in ihrem Siegeslauf 
aus ihrer Heimat, den Vereinigten Staaten von Nordamerika, 
nun auch zu uns den Weg gefunden und beginnt jetzt auch 
in unseren zahnärztlichen Kreisen das grösste Interesse zu er¬ 
regen. Die hohe Aktualität, welche diesem wichtigen Prinzipe 
der Höhlenpräparation zukommt, gab den Anlass zu nach¬ 
folgender Arbeit, in der wir uns unter Benutzung der ver¬ 
fügbaren Literatur bemühten, eine möglichst gründliche und 
objektive Darstellung der ganzen grossen Frage zu bringen. 

Die Notwendigkeit zur Vergrösserung (Extension) einer 
an sich kleineren approximalen Höhle kann sich aus ver¬ 
schiedenen Gründen ergeben. Wir wollen hier nur 1. die „Ex¬ 
tension for aecess“, Vergrösserung der Höhle, um Zu¬ 
gang zu gewinnen, 2. die „Extension for retention“, 
Vergrösserung der Höhle, um der Füllung besseren Halt zu 
geben, und B. die „Extension for prevention“, Ver¬ 
grösserung der Höhle zur Verhütung sekundärer Karies, in 
Rücksicht ziehen und vorzüglich in ihren Relationen zur Gold¬ 
füllung besprechen. 


I. 

Die „Extension for access“ ist ein notwendiges 
Erfordernis zur Legung von Goldfüllungen. Es mag wohl einzelne 
Aerzte geben, die eine Füllung trotz schwierigen und engen 
Zugangs musterhaft aufbauen können, zumeist aber wird der 
Mangel einer weiten und breiten Eröffnung des Operations¬ 
feldes zu Misserfolgen führen. Tatsächlich dürfte wohl immer 
als Hauptregel daran festzuhalten sein, dass jede approximale 
Höhle einen bequemen und weiten Zugang haben soll. Die 
individuell grössere oder geringere Geschicklichkeit und Uebung 


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76 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


des Zahnarztes dürften in bezug auf das Mass der Extension 
nur eine untergeordnete Rolle spielen; ja gerade der geübte, 
erfahrene Fachmann wird die breite Eröffnung der Höhle 
einem engen Zugang weitaus vorziehen. Die Höhle soll eben 
so geformt sein, dass sie in allen Winkeln und Buchten voll¬ 
kommen überblickt werden kann. 

Die approximalen Höhlen der Schneide- und Eck¬ 
zähne sind bei normaler Zahnstellung und eng geschlossenem 
Gebiss oft sehr schwer zugänglich. Wir sind imstande, diese 
Schwierigkeit dadurch zu verringern, dass wir die Zähne vor 
Beginn der Höhlenpräparation ausgiebig separieren; trotzdem 
aber sind wir in vielen Fällen, nur um uns den zur Reinigung 
der versteckten Höhle nötigen Zugang zu verschaffen, gezwungen, 
einen grösseren Teil von Zahnsubstanz durch Fortmeissejn 
oder Bohren aufzuopfern. Manchmal liegen allerdings so 
günstige lokale Verhältnisse vor, dass wir nicht viel Zahn¬ 
gewebe entfernen müssen; es gilt das vorzüglich für Front¬ 
zähne mit weiten Interstitien. Die Eröffnung der Höhlen an 
den Frontzähnen des Oberkiefers geschieht nach voraus¬ 
gegangener Separation meist von der lingualen (palatinalen) 
Wand her, da die Entfernung der labialen Wand eine all¬ 
zusichtbare Goldfüllung zur Folge hätte; hier spielt also das 
ästhetische Moment eine oft wichtige Rolle. Doch hängt die 
Entscheidung darüber, ob die Höhle durch Entfernung der 
lingualen oder labialen Wand zugänglich gemacht werden soll, 
vielfach auch von ganz speziellen Umständen des einzelnen 
Falles ab: So wird man bei sehr kleinen Höhlen und in Fällen, 
in denen das ästhetische Moment bedeutungslos ist, den Um¬ 
stand entscheiden lassen, welche Zahnwand der Höhle näher 
liegt, resp. von welcher Wand her die Höhle einfacher, leichter 
und unter Aufopferung von weniger Zahnsubstanz erreichbar 
erscheint. Bei grösseren Höhlen wird wieder die Beschaffenheit 
der Wände von Belang sein: dort, wo die labiale Wand durch 
den kariösen Prozess geschwächt erscheint, während die 
linguale Wand genügend stark und gesund ist, wird gewiss 
die Eröffnung der Höhle von der kranken, labialen Zahnwand 
aus am Platze sein. Und noch ein Punkt wäre hier zu be- 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 77 

rücksichtigen: Bekanntlich bietet das Legen einer grösseren 
Goldfüllung von der lingualen Seite her dadurch besondere 
technische Schwierigkeiten, dass wir gezwungen sind, die 
Füllung in mühevoller und anstrengender Weise im Spiegel¬ 
bilde aufzubauen; dieser Umstand könnte uns gelegentlich ohne 
Rücksicht auf das ästhetische Moment dazu verleiten, die 
Höhle von der labialen Seite her zu eröffnen, da wir da¬ 
durch den Vorteil einer relativ leichteren Füllungsmethode ge¬ 
winnen. 

Ja manchmal ist es für das Aussehen der Goldfüllung 
entschieden vorteilhafter, wenn wir sie unter Aufopferung 
eines grösseren Teiles der labialen Wand Jegen und sie da¬ 
durch direkt sichtbar machen. 1 Das gilt vorzüglich für jene 
approximalen Füllungen an Frontzähnen, welche man von 
der lingualen Seite her aufbaut und mit einem feinen, kaum 
wahrnehmbaren Goldsaum auf die labiale Fläche übergreifen 
lässt. Dieser Goldstreifen liegt nun im Schatten des Nachbar¬ 
zahnes und sieht daher, aus einiger Entfernung von vorne be¬ 
trachtet, schwärzlich aus; oft nimmt er, da er infolge seiner 
versteckten Lage weder durch das Kaugeschäft, noch durch 
die Bewegungen der Zunge und der Lippen gescheuert und 
rein gehalten wird, eine dunkle Verfärbung an, die allerdings 
durch einfache Polierung wieder zum Verschwinden gebracht 
werden kann. Lässt man aber eine solche Füllung auf einen 
grösseren Teil der labialen Fläche übergreifen, dann wird sie 
sich durch ihren Goldglanz allerdings sofort verraten, sie wird 
aber gewiss einen besseren Eindruck hervorrufen, als der oben 
beschriebene dunkle Streifen, der durch sein Aussehen eine 
nicht behandelte Zahnkaries Vortäuschen kann. 

Die approximalen Höhlen an unteren Frontzähnen 
machen wir uns am besten durch Eröffnung von der labialen 
Wand aus zugänglich. Hier ist das ästhetische Moment von 
geringer Bedeutung, da diese Zähne beim Sprechen, Lachen etc. 
von der Unterlippe mehr-minder gedeckt sind. Durch die Er- 


1 Man könnte da von „Extension for beauty“ sprechen. 


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78 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Öffnung von der Lippenseite aus erleichtern wir uns sowohl 
die Höhlenpräparation wie auch die Füllungsarbeit. 

Für Backen- und Mahlzähne gelten infolge ihrer 
verwandten Bauart die gleichen Regeln und daher wollen wir 
sie hier gemeinsam besprechen. Die Präparation und Füllung 
von rein approximalen Höhlen dieser Kategorie bieten ganz 
besondere Schwierigkeiten, da sie, zumal bei eng geschlossener 
Zahnreihe, äusserst schwer zugänglich sind; gerade die Füllung 
einer solchen kleinen, versteckten Höhle gibt viel mehr Arbeit 
und erfordert viel mehr Geschicklichkeit als die Füllung einer 
noch so grossen Höhle an einer frei zugänglichen Zahnfläche. 
Man kann sich die Arbeit gelegentlich durch weite Separation 
erleichtern, doch wird man zumeist gezwungen sein, die Höhle 
zu eröffnen und, um sich Zugang zu verschaffen, in eine kom¬ 
binierte Höhle umzuwandeln. Die „Extension for access“ be¬ 
steht hier fast ausnahmslos in der weiten und breiten Er¬ 
öffnung von der Kaufläche her. Die vollkommene, freie Ueber- 
sicht des Operationsfeldes ist eine Hauptforderung, die jeder 
zur Legung einer Goldfüllung kunstgerecht präparierten Höhle 
zukommen muss, denn nur dann sind wir imstande, die ohne¬ 
dies bestehenden technischen Schwierigkeiten des Goldfüllens 
zu überwinden; dann erst ist es uns möglich, die ganze Höhle 
zu überblicken und jedes Stückchen Gold an den richtigen Ort 
zu bringen und durch Druck an eine bestimmte Stelle der 
Höhlenwand zu pressen. Bei mangelhaftem, schmalen Zugang 
aber arbeiten wir, da die tieferen Partien und die ausge¬ 
buchteten Seitenteile der Höhle verdeckt sind, gleichsam wie 
Blinde; wir können unsere Arbeit nicht durch das Auge kon¬ 
trollieren und sind nur auf die unsichere Kontrolle unseres 
Tastgefühles angewiesen. 

Es gibt aber doch gewisse Fälle, in denen man die 
approximale Höhle statt von der Kaufläche her, besser von 
der buccalen oder lingualen Zahnwand aus zugänglich machen 
soll; und wieder andere Fälle, in denen die Eröffnung der 
approximalen Höhle vollkommen entfallen darf. Zu diesen 
letzterwähnten Fällen gehören vor allem jene Zähne, deren 
erkrankte approximale Wand gegen eine Zahnlücke sieht oder 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 


79 


infolge anderer lokaler Verhältnisse leicht zugänglich ist. 
Wir erinnern hier daran, dass es gewisse Fälle gibt, in 
denen die approximale Höhle infolge einer abnormen Stellung 
des erkrankten Zahnes oder seines Nachbars leicht zugänglich 
wird und verweisen z. B. auf das Heraustreten eines Zahnes 
bei Artikulationsanomalie (mangelndem Gegenbiss etc.). In diesen 
und ähnlichen Fällen wird die Eröffnung der approximalen 
Höhle, die „Extension for access“, ganz entfallen. Die Er¬ 
öffnung von der buccalen oder lingualen Zahnwand aus 
empfiehlt Johnson 1 1. für Fälle, in denen dem kariösen 
Prozess eine bedeutende Zahnfleischresorption vorausgegangen 
war, welche zum Zerfall des Zahnhalses tief unter dem Zahn¬ 
fleisch geführt hat. Diese relativ seltene Form beobachtet 
man häufiger bei älteren Leuten; hier dürfte sich die Eröffnung 
der Zahnhalskavität von der Kaufläche her schon darum kaum 
rechtfertigen lassen, weil sie nur unter Aufopferung eines sehr 
grossen Teiles gesunder Zahnsubstanz durchführbar wäre. 
Ausserdem aber lässt sich eine solche Höhle viel einfacher 
und leichter von der buccalen Seite her eröffnen, reinigen und 
füllen, und das ist desto mehr der Fall, je tiefer wurzelwärts 
die Höhle reicht. 2. Gehören hierher approximale Höhlen, 
welche nicht, wie das gewöhnlich der Fall, rundlich geformt 
sind, sondern eine ovale, längliche Gestalt besitzen, mit dem 
grösseren Durchmesser in bucco-lingualer Richtung. Auch in 
diesen Fällen wird die Eröffnung von der buccalen Seite her 
empfehlenswerter sein, da die Extension zur Kaufläche zu das 
Fortschneiden einer giossen Partie gesunden Zahngewebes er¬ 
fordern würde. 

Doch die meisten Fälle von Karies beginnen näher 
dem Kontaktpunkte und für sie gilt als Hauptregel die 
Eröffnung der Höhlen von der Kaufläche her. Zsigmondy 
machte schon 1885 auf diese in Amerika und England ziemlich 
verbreitete Methode aufmerksam, „welche die grossen Schwierig¬ 
keiten der Füllung von Approximalflächen-Kavitäten durch die 
Eröffnung von der Kaufläche aus bedeutend vermindert“. In 


* Seite 111 seines Buches. 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


gleichem Sinne empfiehlt Weiser (1890), man möge die 
approximale Höhle von der Kaufläche aus derart eröffnen, 
dass man eine etwa auf der Kaufläche vorhandene alte Füllung 
entferne oder die der approximalen Höhle nächstliegende 
Fissur zur Bildung einer künstlichen Kavität benütze und 
mit der approximalen Höhle verbinde. Er sagt: „Von dieser 
Kauflächenhöhle bohrt man, das Instrument (Fissuren - 
bohrer) stets vom Dentin gegen das Email hinziehend, 
nach vor- oder rückwärts, je nachdem der eigentliche kariöse 
Erkrankungsherd mesial oder distal liegt. Mit einem Ruck ge¬ 
langt man meist von der künstlich angelegten in die zu be¬ 
handelnde Zahnhöhle und bat sich dieselbe von der Kaufläche 
aus zugänglich gemacht“. Und an einer anderen Stelle der¬ 
selben Arbeit: „Wo nicht besondere Verhältnisse eine besonders 
leichte Zugänglichkeit approximaler Kavitäten vom Interstitium 
aus begünstigen, eröffne ich alle diese Kavitäten, gleichgiltig, 
ob ich sie dann mit Gold, Zinngold oder Amalgam füllen 
werde, von der Kau fläche aus“. 

Auf die zur Behandlung, Extraktion der Pulpa usw. not¬ 
wendige „Extension for access“ soll hier überhaupt nicht ein¬ 
gegangen werden. 


II. 

Die „Extension for retention“ ist ein altes und 
wichtiges Requisit jeden Goldifullers. Die zahnärztlichen Lehr- 
und Handbücher bringen Anleitungen und genaue Details für 
diese Art der Extension, welche zumeist in der Unterschneidung 
der Höhle oder in der Anlegung besonderer Verankerungs¬ 
gruben und Haftpunkte besteht. In neuerer Zeit kommt man 
aber immer mehr zur Erkenntnis, dass ein Ausschneiden von 
tiefen Gruben und Rinnen für die Verankerung der Füllung 
nicht notwendig ist, und dass seichte, an der rechten Stelle 
angebrachte Vertiefungen zumeist genügen. Es zeigt sich, dass 
der Hauptfaktor der Retention überhaupt nicht so sehr in der 
Anbringung von Unterschnitten, als vielmehr in der richtigen 
Höhlenformation gesucht werden muss. 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 81 

Bei rein approximalen Höhlen der Front¬ 
zähne werden wir noch am wenigsten auf die Vorteile der 
Unterschneidung behufs Retention verzichten können. Man 
pflegt hier den Forderungen der Retention zumeist dadurch 
gerecht zu werden, dass man die Höhle gegen den Zahnhals 
zu, wurzelwärts, etwas vertieft und ausserdem in der Richtung 
zur Schneidekante einen seichten Unterschnitt in das Dentin 
macht. Niemals soll man in die linguale oder labiale Wand 
Haftgruben einschneiden, da man dadurch die Wand zu sehr 
schwächen würde; der Unterschnitt in die labiale Wand ist 
aber auch darum zu vermeiden, weil die Verarbeitung des 
Goldes an dieser Stelle infolge des erschwerten Zuganges und 
der versteckten Lage die grössten Schwierigkeiten bereitet. 
Zumeist bieten approximale Kavitäten der kunstgerechten Prä¬ 
paration und der Füllung der Höhle so grosse Schwierigkeiten, 
dass man besser tut, wenn man sie nach den Regeln der 
„Extension for access“ eröffnet und in kombinierte Kavitäten 
umwandelt. Grosse Kavitäten, welche schon weit gegen den 
Zahnhals zu reichen, wird man fast ausnahmslos durch Er¬ 
öffnung der lingualen oder labialen Wand in diesem Sinne 
präparieren müssen. Selbstverständlich sollen dünne, unter¬ 
minierte Schmelzränder entfernt werden; dasselbe gilt auch 
ganz besonders für den Schmelzrand in der Zahnhalsgegend. 
Ebenso soll man bei Höhlen, welche nahe an die Schneide¬ 
kante reichen, die durch den ausgedehnten kariösen Prozess 
geschwächte Kante oder unterminierte Ecke mit dem Meissei 
abtragen; das ist deshalb notwendig, weil dünne Emailränder 
und Ecken schon bei der Füllung selbst oder später beim 
Kaugeschäft leicht abbrechen und die ganze Füllungsarbeit 
illusorisch machen können. Falls man aber die schwache 
Kante oder Ecke stehen lassen will, so darf man sie niemals 
durch tiefe Unterschnitte oder Haftpunkte schwächen; die Ver¬ 
ankerung soll seicht sein und sich von der freien Kante mög¬ 
lichst weit entfernt halten. In solchen Fällen, in denen man 
die Schneidekante durch den Unterschnitt zu sehr schwächen 
wurde und sie doch nicht abtragen will, empfiehlt sich eine 
von Guilford angegebene besondere Verankerung in die 

6 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


linguale Wand, indem man vom lingualen Höhlenrande aus, 
näher zur Schneidekante zu, eine durch den Schmelz bis in 
das Dentin reichende Grube nach Art eines kurzen Fortsatzes 
einschneidet; die Haftgrube soll wohl in der Nähe der Kante 
liegen, doch nicht so nahe, dass daraus eine Schwächung 
resultieren könnte. 

Kombinierte approximale Höhlen an Front¬ 
zähnen entstehen oft durch das Ineinanderfliessen von zwei 
Einzelhöhlen. Wenn zwei Höhlen durch einen dünnen Streifen 
mehr-minder kranken Zahnbeins getrennt sind, sollen sie mit¬ 
einander vereinigt werden; dasselbe gilt auch für den Fall, 
dass neben einer approximalen Höhle die zum Cingulum (des 
oberen lateralen Schneidezahnes) führende Fissur oder die 
Foveola (Zuckerkandis) selbst an ausgedehnter Karies er¬ 
krankt ist und die beiden Höhlen einander nahe kommen. 
Viel häufiger aber entsteht die kombinierte approximale Höhle 
dadurch, dass man eine rein approximale Höhle entsprechend 
den Forderungen der „Extension for access“ durch Abmeisselung 
des Schmelzrandes von der labialen oder lingualen Wand aus 
eröffnet, oder die geschwächte unterminierte Kante oder Ecke 
des Frontzahnes abgetragen hat. 

Wir wollen hier unter Benützung von Johnsons Dar¬ 
stellungen zwei Arten von kombinierten approximalen Höhlen 
unterscheiden: a) Höhlen, welche aus einem approximalen und 
aus einem labialen, respektive lingualen Anteil bestehen, und 
b) approximale Höhlen, welche auf die Schneidekante oder 
Ecke übergreifen. 

Bei den Höhlen der Kategorie a ) lässt uns die oben¬ 
erwähnte einfache Unterschneidung der Zahnhalspartie häufig 
im Stich, und zwar immer dann, wenn der gingivale Höhlen¬ 
boden so exkaviert wurde, dass die Konvexität der Krümmung 
zur Wurzel hinsieht; diese vielfach gebräuchliche Art der 
Präparation ist für die Goldfüllung nicht geeignet, da sie in 
der muldenförmigen Höhle keinen genügenden Halt finden 
kann. Die gingivale Höhlenwand soll sowohl in der labio- 
lingualen, als auch in der mesio-distalen Richtung flach und 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 83 

wagrecht verlaufen oder aber zur Schneidekante, resp. zur 
axialen Höhlenwand zu konvex (nicht konkav) gewölbt sein. 
Noch mehr wird für die Retention dadurch getan, dass man 
dem flachen Höhlenboden in mesio*distaler Richtung eine ge¬ 
wisse Neigung zur axialen Wand gibt. Manchmal empfiehlt 
sich an Stelle oder neben dieser Neigung das Einschneiden 
einer seichten Retentionsrinne, welche vom gingivo-labialen 
zum gingivo-lingualen Winkel laufen und hier in Form einer 
Grube enden soll; an dieser Stelle hat man dann mit der 
Füllung zu beginnen. Musste man einen grösseren Teil der 
lingualen Wand entfernen, so bleibt für die Retention vor 
allem die Umgebung des gingivo-axialen Winkels und die 
Schneidekantengegend übrig. Eine in die gingivale Wand ein¬ 
geschnittene Rinne kann ohneweiters bis nach der gingivo- 
axialen Region verlängert werden. Gerade am gingivo-lingualen 
Winkel ist die Schwächung der Wand durch die Anlegung 
einer auch etwas tieferen Haftrinne kaum zu befürchten und 
auch die Gefahr einer Pulpaverletzung ist hier sehr gering. In 
der hier eingeschnittenen Haftgrube lassen sich die ersten Gold¬ 
zylinder am leichtesten fixieren und kondensieren. Die linguale 
und die axiale Wand sollen, w r enn irgend tunlich, winkelig 
aneinander stossen. Bei der Präparation der labialen Wand 
sind Unterschnitte vollständig zu vermeiden; doch ist auch 
hier darauf zu sehen, dass diese Wand sich, wenigstens in 
ihrem gingivalen und inzisivalen Anteil, durch eine Demarkations¬ 
linie gewissermassen abgrenze und nicht mit runder glatter 
Krümmung in die axiale Wand übergehe. Auch die zur Schneide 
zu sehende kurze Wand soll mit der axialen Wand einen 
rechten Winkel bilden; doch hüte man sich vor der Anlegung 
einer Haftgrube, da diese die Schneidekante sehr schwächen 
würde. Will man aber durchaus die Retentionsfähigkeit an 
dieser Stelle steigern, so begnüge man sich damit, dass man 
die inzisivale Wand ein wenig geneigt zur axialen Wand ab- 
fallen lasse. Infolge dieser Höhlenpräparation bildet die axiale 
Wand mit ihren Nachbarwänden mehr-minder rechte Winkel, 
ein Umstand, der zur Retention der Füllung ausserordentlich 
viel beitragen muss. 

6 * 


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Dr. Rudolf Born, Wien. 


b) Approximale Höhlen, welche auf die b'chneidekante, 
resp. -Ecke übergreifen: Zumeist versuchte man früher die 
Retention dadurch zu erreichen, dass man in die gingivale 
Wand eine tiefe Haftrinne einschnitt, die linguale und wenn 
möglich auch die labiale Wand gleichfalls mit Unterschnitten 
versah und schliesslich nahe der Schneidekante eine Haft¬ 
grube anlegte, und zwar dort, wo sich die beiden Schmelzplatten, 
die labiale und die linguale, miteinander vereinigen. Es mag 
sein, dass einzelne derart gelegte Füllungen gute Dienste leisten; 
doch gilt das nicht für die Mehrzahl der Fälle, da die Gefahr, 
dass die Füllung durch den Biss der Gegenzähne hinausgehebelt 
oder gelockert wird, eine eminent grosse ist. Die häufigen Miss¬ 
erfolge führten zur Einführung einer anderen Methode, die sich 
seit Jahren sehr gut bewährt hat: man bedient sich nämlich 
zur Fixation der Füllung der Schneidekante selbst, indem man 
in diese eine tiefe, horizontal längs der Kante verlaufende 
Haftrinne einschneidet; die Haftrinne soll, je nach dem Er¬ 
fordernis des einzelnen Falles, verschieden tief reichen und 
sich auf einen grösseren oder kleineren Teil der lingualen 
Schmelzplatte der Schneide erstrecken. Die labiale Schmelz¬ 
platte wird man aus ästhetischen Gründen möglichst zu schonen 
haben. Der Biss der Gegenzähne trifft nun nicht eine freistehende 
und durch eine seitlich angebrachte Haftgrube nur locker ver¬ 
ankerte Goldkante, sondern die linguale Goldfläche des in einer 
tiefen Rinne fest verankerten Goldblocks; der dadurch erzeugte 
Druck wird* eher die Tendenz haben, die Füllung in die Höhle 
hineinzustossen und daselbst festzuhalten, als sie zu lockern 
oder hinauszuhebeln. Im übrigen gelten ähnliche Regeln wie 
für die sub a) erwähnten Höhlen: Die labiale Wand soll nach 
Möglichkeit erhalten werden und mit der axialen Wand, wenn 
irgend möglich, einen rechten Winkel bilden. Da diese (labiale) 
Wand den Hauptdruck auszuhalten hat, soll sie möglichst 
gross und dick sein; letzteres auch aus dem Grunde, damit 
das Gold nicht durchscheint. Falls die Randpartien der labialen 
Wand besonders dünn sein sollten, dürfte es vorteilhafter sein, 
selbe abzutragen und durch Gold zu ersetzen; in diesem Falle 
müsste allerdings das ästhetische Moment zugunsten der besseren 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 


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Haftung der Goldfüllung in den Hintergrund treten. Die linguale 
Wand soll zur Schneide zu in grosser Ausdehnung abgetragen 
werden. Die Retention der Füllung wird durch die Anlegung 
eines tiefen Unterschnittes an der gingivalen Wand und durch 
die erwähnte Verankerungsrinne längs der Schneidekante voll¬ 
kommen erzielt. Wenn an der Schneidekante das Dentin bloss¬ 
gelegt ist, soll man die Rinne auf die ganze Länge der Schneide 
ausdehnen. Im übrigen hängt die Länge und Tiefe der Rinne 
von dem einzelnen Fall ab: sie soll so lang und so tief an¬ 
gelegt werden, als es zur Fixation der Füllung im speziellen 
Falle notwendig ist; sie soll so tief sein, dass das Gold darin 
fest verankert ist und darf doch niemals die Pulpa gefährden. 
Die Breite der Rinne richtet sich zumeist nach der Dicke 
der Zahnschneide; dort, wo wir es mit sehr breiten, durch 
den Gebrauch abgenützten und abgeschliffenen Schneiden zu 
tun haben, wird das Anlegen der Rinne keine Schwierigkeiten 
bereiten; man kann der Rinne in diesen Fällen auch eine 
Trapezform mit schmäleren Eingang und breiterer Basis geben 
(dovetailed). Handelt es sich wieder um dünne Zähne mit 
schmaler Kante, so kann man zur Formierung der Rinne ohne 
weiteres einen Teil der lingualen Zahnwand heranziehen. Die 
Basis der Rinne soll flach sein; ihre Längswände sollen parallel 
zueinander verlaufen und mit der Basis rechte Winkel bilden 
oder noch besser gegen die Basis zu divergieren. Dadurch, 
dass man am Ende der Rinne eine tiefe, mit ihrem Boden 
gegen die Pulpa gerichtete Haftgrube anlegt, kann man die 
Verankerungsfähigkeit in ausserordentlicher Weise steigern. 
Diese Art der Verankerung ist eine so vorzügliche, dass man sich 
ihrer oft in Fällen bedient, in denen grosse, rein approximale 
Höhlen der Schneidekante sehr nahe kommen, indem man 
die aufgeschnittene Schneidekante zur Verankerung verwendet. 
In manchen Fällen kann man auch von der oben 1 beschriebenen 
Verankerungsart nach Guilford Gebrauch machen, indem 
man aus der lingualen Wand einen geraden oder haken¬ 
förmig gekrümmten Fortsatz ausschneidet. 


1 Vide Seite 82. 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Das früher häufig übliche Verfahren zur Retention appro- 
ximaler Füllungen an Backen- und Mahlzähnen bestand 
in der tiefen Unterschneidung der buccalen, lingualen und 
cervicalen (oder gingivalen) Höhlenwände; der Kauflächenteil 
des Zahnes wurde zumeist gar nicht in Betracht gezogen. 
Diese Art der Höhlenpräparation hat den grossen Nachteil, 
dass die Verankerung den Anforderungen eines starken Kau¬ 
druckes nicht gewachsen ist. Wenn man nämlich sehr tief 
unterschneidet, so werden die Wände so sehr geschwächt, 
dass sie leicht einbrechen; das gilt in gleicher Weise vom 
Zahnhals, wie von der buccalen und lingualen Zahnwand. 
Wenn man wieder zu seicht unterschneidet, so gewinnt die 
Füllung nicht genug Halt, so dass sie leicht gelockert wird. 
Das Hauptprinzip für die Retention dieser Füllungen ist nach 
Johnson nicht in Unterschnitten, sondern vor allem in der 
richtigen Höhlenpräparation zu suchen, indem man die Füllung 
auf breite grosse Bodenflächen aufbaut und die Höhlenwände 
nicht in abgerundeten Bogenlinien ineinander übergehen, 
sondern in rechten oder mehr-minder spitzen Winkeln an¬ 
einander stossen lässt. Es muss also der Höhlenboden, das ist 
die gingivale (oder cervicale) Höhlenwand, möglichst gross 
sein und flach verlaufen oder gegen die Höhle zu konvex 
gekrümmt sein; auf keinen Fall darf die Konvexität der 
Krümmung zur Wurzel sehen. Will man die RetentionsWirkung 
ganz besonders steigern, so kann man dem Höhlenboden eine 
geringe, zur axialen Wand abfallende Neigung geben. Die 
gingivale Wand soll ferner gegen die Zahnmitte zu mit der 
buccalen und lingualen Wand scharf ausgeprägte Winkel 
bilden, um dort den zuerst eingeführten Goldstückchen Haftung 
zu bieten, während die peripheren Wandpartien mit einer 
geringen Krümmung ineinander übergehen sollen. Das beliebte 
Einschneiden tiefer Haftrinnen in die gingivale, buccale und 
linguale Wand soll ganz vermieden werden; denn die Haft¬ 
rinne gibt beim Stopfen des Goldes leicht Anlass zur Ab¬ 
splitterung des Schmelzes und führt zur Schwächung der 
Wände. Gewöhnlich brauchen wir auch solche Unterschnitte 
nicht; denn wir erreichen schon dadurch eine glänzende 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 


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Retentionswirkung, dass wir die beiden Wände, die buccale 
und die linguale Wand, parallel zueinander und senkrecht 
zum Höhlenboden verlaufen lassen. Wir können übrigens die 
Retentionswirkung noch mehr steigern, wenn wir diese Wände 
zur axialen Wand zu ein wenig divergieren lassen, so dass 
der bucco-linguale Durchmesser der Höhle an der axialen 
Wand (Zahnmitte) um ein wenig grösser ist, als an der Rand¬ 
zone. Die senkrechten, durch die ganze Kronenhöhe von der 
Kaufläche bis auf den gingivalen Boden reichenden Seiten¬ 
wände geben der Füllung eine vorzügliche Sicherung. 

Das Hauptprinzip der Höhlenformation nach Johnson 
liegt also darin, dass man die Wände im Inneren der Höhle 
(axial) nicht, wie dies bisher üblich war, mit runden Flächen 
ineinander übergehen lässt, sondern im Gegenteil die Höhle 
so anlegt, dass die Wände winkelig aneinander stossen. Die 
winkelig formierte Höhle bietet vor allem den besonderen 
Vorteil, dass die zuerst eingeführten Zylinder leicht haften 
bleiben; sie gewährt ferner der Füllung, ohne dass ein tiefes, 
die Wände schwächendes Unterschneiden notwendig würde, 
einen besseren Halt und eine grössere Widerstandskraft 
gegenüber dem Kaudruck. Ein kantig formierter Block wird 
schon aus rein mechanischen Gründen viel weniger Neigung 
zum Lockerwerden haben als ein rundlicher Körper. 

Ein zweites, ebenso wichtiges Hilfsmittel zur Retention 
besteht in der Ausnützung der Kaufläche für die Fixation der 
Füllung. Wenn wir die approximale Höhle von der Kaufläche 
her öffnen und demnach auf die Kaufläche übergreifen lassen, 
so erfüllen wir die Forderungen der „Extension for access“. 
Doch auch die „Extension for retention“ und, wie wir später 
sehen werden, die „Extension for prevention“ fordern die 
Erweiterung der Höhle auf die Kaufläche. Wir verankern also 
die approximale Füllung in der aufgeschnittenen Kaufläche; 
es entspricht dieses Verfahren vollkommen der oben bei der 
Verankerung approximaler Füllungen an Frontzähnen be¬ 
sprochenen Anlegung einer Haftrinne an der Schneidekante. 
Dadurch, dass wir die Kauflächenfissur des Backenzahnes auf¬ 
schneiden, vertiefen und verbreitern oder an ihrem Ende 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


ampullenförmig erweitern, erreichen wir eine sehr gute Ver¬ 
ankerung. Dasselbe gilt auch für Mahlzähne, nur mit dem Unter¬ 
schied, dass hier die Kauflächenpartie der Füllung bis in die 
nach verschiedenen Richtungen verlaufenden Fissuren reicht oder 
in ihnen ausmündet. Noch besser wird die Verankerung, wenn 
wir der Kauflächenfissur des Backenzahnes eine stufenförmige 
Gestalt mit möglichst breiter, flach verlaufender Basis geben. 
Die Breite und die Tiefe der Stufe hängen allerdings einigermassen 
von der Zahnform ab: Bei gedrungen gebauten, kurzen, 
breiten Zähnen soll die Rinne breit und seicht angelegt 
werden; schlank gebaute, lange, schmale Zähne erfordern 
wieder eine tiefe aber relativ schmale Rinne. Wenn nun auch 
die Fissur möglichst breit und tief aufgeschnitten werden soll, 
muss doch darauf geachtet werden, dass man die Höcker 
nicht untergrabe und den Zahn zu sehr schwäche. Gerade 
beim Backenzahn ist die Gefahr, dass eine zu tief und zu 
breit angelegte Rinne zur Spaltung des Zahnes führen könnte, 
eine besonders grosse. Hier kann uns übrigens die Tiefe der 
häufig vorhandenen Kaufurchenspalte oft zur Richtschnur 
dienen und uns anzeigen, wie tief wir gehen dürfen. Nach 
neuen Untersuchungen Zsigmondys findet sich diese Spalte 
bei fast allen Backenzähnen (bei etwa 80 Prozent) und reicht 
mehr oder weniger tief in den Schmelz, manchmal bis nahe zur 
Dentinoberfläche. Der Boden der Stufe soll, ganz so wie 
die Haftrinne an der Schneidekante, flach verlaufen und 
senkrecht aufsteigende Seitenwände mit scharfen rechten 
Winkeln haben. Wenn die Kaufurche mit einer kleinen Ver¬ 
tiefung endigt, kann man diese, um die Verankerung zu steigern, 
ampullenförmig erweitern; dasselbe erreicht man dadurch, dass 
man der Rinne eine Trapezform mit schmälerem Eingang und 
breiterer Basis (dovetailed) gibt, doch dürfte sich diese Art 
der Verankerung nur für gedrungen gebaute, kurze, breite 
Zähne, bei denen das Ausschneiden einer tiefen Stufe ver¬ 
mieden werden sollte, empfehlen. 

In der Mehrzahl der Fälle finden wir die Kauflächen¬ 
fissuren kariös zerfallen oder zumindest verfärbt und aus diesem 
Grunde sind wir ohnedies, entsprechend den Forderungen der 


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lieber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 


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„Extension for prevention“ (siehe sub III), gezwungen, die Kau¬ 
fläche weithin zu eröffnen oder die Fissuren aufzuschneiden. 
Doch auch in den relativ seltenen Fällen, in welchen wir ganz 
gesunde Kaufurchen vorfinden, wird das Aufschneiden der 
einen oder anderen Fissur die richtigste Verankerung dar¬ 
stellen, weil wir auf diese Weise die Anlegung von Unter¬ 
schnitten im Innern der Höhle umgehen können. Die appro- 
ximale Höhle soll also auf die Kaufläche hin vergrössert werden 
und zwar, falls nicht die „Extension for prevention“ ein 
Eröffnen aller Fissuren und ein weites Ausschneiden der Kau¬ 
fläche erfordern sollte, so weit, als zur festen Verankerung der 
Küllung notwendig ist. 

Das weite Eröffnen und das breite, stufenförmige- Auf¬ 
schneiden der Kaufläche hat aber noch einen besonderen 
Vorteil, auf den wir hier näher eingehen wollen: Es ist von 
grosser Bedeutung, dass wir in jedem einzelnen Falle den 
Biss berücksichtigen, und den Kaudruck, welchen eine Füllung 
zu tragen haben wird, in Rechnung ziehen. Aus diesem Grunde 
soll der Höhlenboden, damit er dem Kaudruck gewachsen isf, 
eine möglichst grosse Basis besitzen. Bei zu schmaler kleiner 
Basis kommt es darum leicht zum Absprengen einer Seiten¬ 
wand, weil der Kaudruck vorzüglich die Seitenwände belastet. 
Wenn wir nun den Kauflächenteil der Höhle in Form einer 
breiten Stufe mit flacher Basis ausschneiden, so vergrössern 
wir dadurch den Höhlenboden, wir nehmen uns die Kaufläche 
zum Tragen des Kaudrucks gleichsam zu Hilfe, so dass der 
gingivale Höhlenboden von einem gewissen Anteil des Kau¬ 
drucks entlastet wird. In diesem Sinne spricht auch H. Pichler, 
der uns kürzlich über die Black sehe Höhlenpräparation be¬ 
richtete, von zwei Basisflächen; er sagt bei der Beschreibung 
der approximalen Kauflächenhöhle eines Mahlzahnes: „Die 
beiden Basisflächen, die den Kaudruck zu übernehmen haben, 
sind breit, flach, horizontal und grenzen sich mit scharfen 
rechten Winkeln gegen die Vertikalflächen ab. Nur im 
Bereich des Schmelzes sind diese Winkel abgerundet.“ 
Johnson selbst kennt nur einzelne wenige Fälle, in denen 
man ganz ausnahmsweise von der Formierung der Verankerungs- 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


stufe absehen darf und denkt da in erster Linie an untere 
Backenzähne mit tadelloser, fissurenfreier Schmelzdecke, mit 
mächtig ausgebildetem buccalen Höcker und in der Entwick¬ 
lung klein gebliebenem lingualen Höcker; die die Höcker ver¬ 
bindende Schmelzleiste ist stark und fehlerlos. Wenn nun in 
solchen Fällen auch die Artikulationsverhältnisse günstige sind, 
so dass die Füllung nicht direkt vom Biss getroffen wird und 
auch ein Absprengen der Schmelzleiste nicht zu befürchten 
ist, kann man von einer weiten Eröffnung der Kaufläche ab¬ 
sehen; hier wird die Anlegung je einer seichten Unterschnitts¬ 
rinne in die buccale und linguale Wand zur Sicherung der 
Füllung vollauf genügen. Auch v. M e t n i t z wird in der letzten 
Auflage seines Lehrbuches den Forderungen Johnsons ge¬ 
recht; er sagt hier im Abschnitt „über das Präparieren von 
Approximalkavitäten in den Backen- und Mahlzähnen u (S. 286): 
„Nach Eröffnung der Kavität von der Kaufläche aus, was 
möglichst gründlich erfolgen soll, kann man die Kavität in 
zwei Abschnitte teilen, in den Kauflächen- und den Berührungs¬ 
flächenteil. Beide Teile der Kavität sollen erweitert werden in 
der Weise, dass der Umriss jedes derselben die Form eines 
Trapezes erhält. Die beiden Trapeze stossen mit den kleineren 
Parallelseiten zusammen. Die Basis des Trapezes an der Be¬ 
rührungsfläche liegt am Zahnhalse. Die Basis des Kauflächen¬ 
trapezes soll möglichst weit von der Berührungsfläche entfernt 
sein.“ Die weitere Formierung der Höhle beschreibt Zsig- 
mondy in kurzen Worten auf folgende Weise: „Die Höhle 
wird von vier Wänden begrenzt, der Zervikal wand als Basis, 
der gegen die Mitte des Zahnes zu gelegenen Hauptseitenwand 
und zwei Nebenseitenwänden rechts und links davon* Alle 
drei Seitenwände sollten von ihrem Ende an der Kaufläche 
bis zum Ende, wo sie auf die Zervikalwand treffen, in einer 
Flucht verlaufen und ganz eben sein. Ebenfalls ganz flach 
sollte die Zervikalwand gemacht werden. Nach Entfernung des 
kariösen Dentins bleibt hier meistens ein vorstehender Email¬ 
rand, der aber auch, und zwar namentlich bei Goldfüllungen, 
weggenommen werden sollte, da er, wenn das Gold gegen die 
Zervikal wand zu gehämmert wird, sehr leicht abspringt.“ 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 


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Aus obigen Darlegungen geht hervor, dass sich die „Ex¬ 
tension for retention“ an Backen- und Mahlzähnen zumeist 
auf die winkelige, kastenförmige Präparation der Höhle mit 
breiter, ebener Bodenfläche und scharf ausgeprägten Flächen¬ 
winkeln und auf das Ausschneiden einer nach gleichen Regeln 
formierten Kauflächenstufe beschränkt; auf diese Art wird das 
Anlegen besonderer Unterschnitte und Haftpunkte umgangen 
Es wird aber immerhin noch Fälle geben, in denen trotz kunst¬ 
gerechter Höhlenformierung die Anlegung von Unterschnitten 
und Haftpunkten notwendig werden könnte. Wir wollen nur 
an die Füllung von distal - approximalen Kauflächenhöhlen 
erinnern. Der Aufbau solcher Goldfüllungen bietet die grössten 
technischen Schwierigkeiten und wird oft nur durch die An- 
legung geeigneter Unterschnitte ermöglicht. 

III. 

Die dritte Art der Extension ist die „Extension for 
prevention“; sie erhielt in der zahnärztlichen Welt der 
Vereinigten Staaten eine ganz besondere Bedeutung und bildet 
auch heute noch in den Fachvereinen den viel umstrittenen 
Gegenstand von grossen Vorträgen und langwierigen Debatten. 
Die drei Worte wurden für manche zahnärztliche Schule des 
fernen Westens eine Art von Losungswort, gleichsam ein 
mächtiger, laut tönender Schlachtruf . . . 

Die Lehre von der „Extension for prevention“ reicht bis 
auf das Jahr 1891 zurück. Damals stellten Black und John¬ 
son (Chicago) die Forderungen auf, dass der gingivale (cervi- 
cale) Rand einer approximalen Kavität womöglich bis unter 
das Zahnfleisch reichen und auf diese Art durch den freien 
Zahnfleischrand gedeckt werden solle; dass ferner die Kavitäten¬ 
ränder, labial- und lingualwärts, aus dem gefährlichen inter¬ 
proximalen Spatium hinaus nach Stellen verlegt würden, welche 
dadurch, dass sie „self-cleansing“ wären, die Kariesrezidive 
minder begünstigen. Die approximale Höhle soll also unter 
Aufopferung von gesunder Zahnsubstanz vergrössert werden, 
um das Auftreten neuer, sekundärer Karies zu verhüten: 
„Extension for prevention“. 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Der Gedankengang, welcher der Methode Blacks zu¬ 
grunde liegt, ist folgender: Zähne, deren approximale Wände 
wegen beginnender Karies mit kleinen, den vorhandenen 
Defekten entsprechenden Füllungen versehen werden, erkranken 
zumeist bald wieder; denn die Ansammlung von Speiseresten 
im interproximalen Raume erzeugt rezidivierende Karies der 
Approximalflächen. Wenn man aber eine den Black sehen 
Forderungen entsprechende, grosse, ausgedehnte Höhle aus¬ 
schneidet, so hat das zur Folge, dass die Füllungsränder an 
Stellen zu liegen kommen, die sich gewissermassen spontan 
reinigen, also ein Liegenbleiben von Speiseresten nicht be¬ 
günstigen und dadurch gegen Karies mehr-minder immun zu 
sein scheinen. Der Ausdruck „self-cleansing“ bezieht sich auf 
den Umstand, dass gewisse Zahnpartien durch das Gleiten der 
Nahrungsmittel während des Kaugeschäftes und durch die 
streifenden und reibenden Bewegungen der Zunge, der Lippen 
und Wangen während des Essens, beim Sprechen usw. fast 
kontinuierlich gescheuert werden; man kann also in diesem 
Sinne von einer natürlichen mechanischen Reinigung der Zähne 
sprechen. Dazu kommt noch, dass diese Zahnpartien, die Kau¬ 
flächen und die rein labialen (buccalen) und lingualen Zahn¬ 
wände, auch durch die Bürste leicht erreicht und rein ge¬ 
halten werden können. 

Tatsächlich weiss man schon seit langer Zeit, dass der 
kariöse Prozess an ganz bestimmten Stellen in der Zirkum- 
ferenz approximaler Füllungen zu rezidivieren pflegt. Bei den 
Frontzähnen finden sich diese Stellen am cervicalen Rande 
u. zw. am gingivo-labialen und am gingivo-lingualen Winkel 
und ausserdem zur Schneidekante zu in der nächsten Um¬ 
gebung des Kontaktpunktes. Die Erklärung für diese Tatsache 
ist wohl darin zu suchen, dass die erwähnten Zahnpartien, 
während des Kaugeschäftes und auch sonst, weder durch die 
Nahrungsmittel, noch durch die Bewegungen der Zunge oder 
Lippen gescheuert werden und daher der natürlichen mechani¬ 
schen Reinigung entbehren; infolgedessen beginnt die sekun¬ 
däre Karies an eben diesen Stellen. Falls man sich also bei 
der Präparation einer kleinen approximalen Höhle nur auf die 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 


93 


Entfernung der primär ergriffenen Paitie beschränkt und nur 
eine kleine Füllung legt, hat man die wahre Krankheitsursache 
eigentlich gar nicht beeinflusst und nichts getan, um das 
Wiederauftreten von Karies zu verhindern. Das einzig richtige 
Verfahren besteht nach Black in der entsprechenden Ver- 
grösserung der Höhle, damit deren Ränder in den Bereich der 
natürlichen mechanischen Reinigung fallen. Black und seine 
Schüler halten die „Extension for prevention“ für das einzige 
Mittel, um die häufigen Misserfolge approximaler Füllungen 
vermeiden zu können. Doch schon Johnson selbst ist nicht 
mehr der allzustrenge absolute Extensionsmann und kennt 
gewisse Ausnahmen von der Hauptregel, Fälle, in denen die 
„Extension for prevention“ überhaupt nicht ausführbar ist 
oder deren Durchführung nicht angezeigt erscheint: Das gilt 
(1.) für nervöse Patienten, bei denen die Bohrarbeit auf das 
kleinste Minimum reduziert werden soll, da ihre nervöse 
Konstitution den Anforderungen der Extension nicht gewachsen 
ist. Johnson sagt 1 : „ . . . und wir haben nicht das Recht, 
ihren (der Patienten) nervösen Zustand bloss deshalb schädlich 
zu beeinflussen, um den letzten Schlussfolgerungen einer Gewalt¬ 
theorie vollkommen gerecht zu werden“. Es gibt (2.) Leute, 
die so wenig zu Karies disponieren, dass die Durchführung 
der „Extension for prevention“ nicht wirklich notwendig wird 
und oft als ganz zwecklose Massnahme erscheint; in solchen 
Fällen wird auch eine kleine Füllung den Zahn jahrelang er¬ 
halten. So muss auch (8.) das Alter des Patienten in Betracht 
gezogen werden: Wenn es sich zum Beispiel um progressive 
Karies im Munde eines jüngeren Individuums handelt, dann soll 
man. mit Rücksicht auf die besondere Neigung zur Karies¬ 
erkrankung, die Forderungen der extremsten „Extension for 
prevention“ einhalten; finden wir aber bei einem älteren 
Patienten gelegentlich eine einzelne Karieserkrankung vor, dann 
können wir ohne weiteres auf das Gesetz von der Extension 
ganz verzichten. Endlich spielen (4.) gerade bei den Front¬ 
zähnen auch ästhetische Momente eine gewisse Rolle: Viele 


i Seite 87 seines Buches. 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Leute werden ganz "erne die Gefahren einer sekundären 
Karies auf sich zu nehmen bereit sein, falls sie damit der 
Legung einer grossen, sichtbaren Füllung aus dem Wege gehen 
können. Doch sollte man in solchen Fällen den Patienten 
darüber aufklären, dass die von ihm vorgezogene kleine, 
allerdings unsichtbare Füllung kaum als Dauerarbeit anzusehen 
wäre; eine solche Füllung besitzt entschieden häufig nur einen 
temporären Charakter und erfordert darum Ueberwachung 
durch den Fachmann. 

Die Notwendigkeit der Vergrösserung einer Höhle bis unter 
den Zahnfleischrand gründet sich auf die alte Beobachtung, 
dass dort, wo gesundes Zahnfleisch eine richtig gelegte Gold¬ 
füllung deckt, niemals Rezidive vorkommt. In diesem Sinne 
nimmt auch Sachs an, dass der die Füllung deckende 
Zahnfleischrand den Zahn vor Rezidive schützt; denn er sagt 
im Kapitel über das „Exkavieren der einzelnen Zähne“ in 
S ch e ffs Handbuch 1 : „Es empfiehlt sich, umfangreichere 
Kavitäten nach dem Zahnhals hin soweit zu vergrössern, dass 
sie über das Niveau des Schmelzrandes hinausgehen, damit 
die spätere Füllung zur Vermeidung wiederkehrender Karies 
möglichst tief unter den Zahnfleischrand hinaufragt.“ — Es 
wird zumeist angenommen, dass die Rezidive bei approximalen 
Kavitäten fast immer am Zahnfleischrand selbst beginnt; diese 
Ansicht ist aber nicht ganz richtig. Die Rezidive beginnt viel¬ 
mehr fast regelmässig an dem labio-gingivalen oder linguo- 
gingivalen Winkel, von wo aus sie sich allerdings oft auf den 
eigentlichen cervicalen Rand auszudehnen pflegt. Dass gerade 
diese Winkel zum Lieblingssitze der sekundären Karies werden, 
erklärt sich aber einfach aus dem Umstand, dass diese Stellen 
nicht vom Zahnfleisch gedeckt werden, und dass sie gerade 
jene Stellen sind, wo sich Beläge bilden und Speisereste an¬ 
sammeln, weil sie infolge ihrer versteckten Lage der natürlichen 
mechanischen Reinigung nicht teilhaftig werden. Dort also können 
die Mikroorganismen sich ansiedeln und ungestört entwickeln, 
um schliesslich zum Untergang des Emails zu führen. So nur 

1 II. Band, I Abteilung, Seite B57. 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 95 

erklärt sich die Tatsache, warum die Umgebung der kleinen 
approximalen Füllung nur selten vor sekundärer Karies sicher 
ist. Findet man, dass das Email der approximalen Wand am 
cervicalen Rand, dann am gingivo-labialenoder gingivo-lingualen 
Winkel ein kreidig verändertes Aussehen zeigt, welches aut* 
die beginnende Erweichung des Schmelzes hinweist, dann soll 
man die Höhlenränder weithin nach der Richtung der be¬ 
drohten Winkel ausdehnen; genau dasselbe sollte man aber 
auch in jenen Fällen tun, in denen der kariöse Prozess eine 
besondere Tendenz zur Fortschreitung zeigt, selbst dann, wenn 
jene Zahnpartien vollkommen gesund sind. Legt man eine 
kleine Füllung, so kann es leicht zur Rezidive kommen; sie 
wird dann eintreten können, wenn man die Höhle wurzelwärts 
nicht so weit ausgedehnt hat, dass der Zahnfleischrand der 
Höhle vom Zahnfleisch gedeckt wird, und wenn man jene ge¬ 
fährdeten Zahnpartien nicht so weit durch die Füllung ersetzt 
hat, dass den Füllungsrändern die natürliche, mechanische 
Reinigung durch das Kaugeschäft, durch die Bewegungen der 
Zunge und Lippen beim Essen, Sprechen etc. zugute kommt. 
Die gefährdete Zone hat* in der Regel eine ungefähr dreieckige 
Gestalt; sie begrenzt sich durch zwei gerade Linien, die den 
Kontaktpunkt mit dem labio-gingivalen und linguo-gingivalen 
Winkel verbinden und wird durch das Zahnfleisch bogenförmig 
abgeschlossen. Die Lieblingsstelle der Karies innerhalb der 
Zone liegt in der Region knapp vom Kontaktpunkt zum Zahn¬ 
fleisch zu. Selbstverständlich tritt bei Stellungsanomalien der 
Zähne eine Veränderung in Grösse und Form oder eine Ver¬ 
schiebung der Zone ein. Auch mit zunehmendem Alter und 
infolge der Retraktion des Zahnfleisches wird die Zone grösser, 
doch nimmt gleichzeitig die Neigung zur Karieserkrankung ab. 

Dass man bei beginnender Erweichung des Schmelzes 
den Forderungen der „Extension for prevention“ nachkommen 
muss, ist selbstverständlich. Es fragt sich aber, ob die Extension 
ausnahmslos, also in allen Fällen und in gleicher Ausdehnung 
durchgeführt werden soll, selbst dann, wenn die zu entfernende 
Zahnwand gesund aussieht. Die Gegner der unbedingten 
weitesten Ehetension weisen nun mit Recht darauf hin, dass 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


man in manchen Fällen die Extension zum Teile ersparen 
oder doch auf ein kleineres Mass einschränken kann. Es ge¬ 
schieht das dadurch, dass man nach vorausgegangener weiter 
Separation die Füllungsränder durch besonders hohen Aufbau 
des Kontaktpunktes von der Nachbarwand entfernt hält und 
dadurch aus dem interproximalen Spatium um ein wenig 
herausschiebt. Dieses, letzthin auch von Hofheinz (Rochester, 
N.-Y.) vertretene Verfahren legt mit Recht sein Hauptgewicht 
auf die Bedeutung des Kontaktpunktes und die unveränderte 
Erhaltung des interproximalen Raumes. Tatsächlich wird die 
„Extension for prevention“ ganz und gar zwecklos, wenn 
durch die Füllung nicht der richtige Kontakt wieder her¬ 
gestellt und der interproximale Raum nicht unverändert er¬ 
halten wird. 

Rein approximale Höhlen der Backen- und 
Mahl zähne müssen, wie schon sub II dargelegt wurde, 
fast immer von der Kaufläche her eröffnet werden. Der Grund 
hiefür liegt in folgender Ueberlegung: Wenn wir eine rein 
approximale Füllung kunstgerecht legen wollten, müssten wir 
vorher eine weite, langwierige und mühsame Separation der 
Zähne vornehmen; das entfällt durch die Eröffnung von der 
Kaufläche. Ausserdem aber wären die dem Kontaktpunkt all¬ 
zunaheliegenden Schmelzränder in der eminenten Gefahr einer 
Neuerkrankung, da sie sich in der die Karies begünstigenden 
Zone des interproximalen Raumes befinden würden, an Stellen, 
welche Mangels der natürlichen mechanischen Reinigung für 
Rezidive besonders disponiert erschienen. Wir umgehen die 
Separation dadurch, dass wir die Höhle von der Kaufläche 
her eröffnen („Extension for access u ) und genügen damit zugleich 
den Forderungen der „Extension for prevention“, da wir die 
Höhlenränder aus dem gefährlichen interproximalen Raume 
heraus auf die freie Kaufläche verlegen. Hiebei ist sehr darauf 
zu achten, dass wir die Höhle in ausgiebiger Weise auf die 
Kaufläche erweitern: Es wäre fehlerhaft, wenn wir den Schmelz¬ 
rand nur eben aus dem Bereich des Kontaktpunktes heraus 
auf die Kaufläche führen wollten; denn dadurch erführe die 
Kaufläche eine bedeutende Schwächung und wir hätten in- 


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Ueber „Extension“ bei der Präparatiou approxiinaler Höhlen. 


97 


direkt zum gelegentlichen Absprengen des Zahnrandes bsi- 
getragen. 

Noyes (Chicago), ein engerer Schüler Blacks, beschreibt 
die gefährdete approximale Zone bei Backen- und Mahlzähnen 
in Form eines liegenden Ovals, mit längerem bucco-lingualen 
und kürzerem axialen Durchmesser. Die Grenzlinien des Ovals 
gehen durch den Kontaktpunkt und von da aus in bogen¬ 
förmiger Krümmung zum bucco-gingivalen und linguo-gingivalen 
Winkel; sein cervicaler Rand folgt der Zahnfleischkurve. Die 
seitlichen Grenzlinien reichen also buccal und lingual wieder 
bis zu jenen Zahnwandpartien, die durch de n Kauprozess und 
durch das Reiben der Zunge und der Wange spontan ge¬ 
scheuert, respektive durch den Gebrauch der Bürste gereinigt 
werden. Der Lieblingssitz der Karies innerhalb dieser Zone 
liegt knapp beim Kontaktpunkt und reicht bis zum Zahn¬ 
fleischsaum. Die Zone wird mit zunehmendem Alter wohl 
grösser, doch nimmt gleichzeitig die Neigung zur Karies - 
erkrankung wesentlich ab. 

Wenn man die Forderungen Blacks voll und ganz 
erfüllen wollte, müsste man in allen Fällen die approximale, 
auf die Kaufläche erweiterte Höhle buccal und lingual bis zu 
den Grenzlinien dieser „Area of liability* ausschneiden. Es 
zeigt sich aber, dass diese Grenzlinien durchaus nicht unver¬ 
änderliche sind; sie sind von verschiedenen äusseren Um¬ 
ständen abhängig und demgemäss ist auch die gefährdete 
approximale Zone verschieden gross: Bei rundlich geformten 
Zähnen, deren stark gekrümmte approximale Flächen sich 
mehr punktartig berühren, ist die „Area of liability“ viel 
kleiner als bei Zähnen, wo breite abgeflachte approximale 
Wände flächenartig aneinander stossen. Im letzteren Falle 
werden die Grenzlinien lingual und buccal viel weiter vor¬ 
geschoben und die gefährdete approximale Zone wird be¬ 
deutend grösser sein. Wir verweisen hier wieder auf die mit 
instruktiven Illustrationen versehene Veröffentlichung des 
Blackschen Systems der Höhlenpräparation von Pichler. 
Viel wichtiger noch als die Zahnform sind andere individuelle 
Momente, so vor allem die grössere oder geringere Immunität 

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Dr. Rudolf Bum, Wieu. 


gegenüber Zahnkaries: Die Empfänglichkeit für Karies ist bei 
jedem Patienten eine verschieden grosse, und bei ein und 
demselben Patienten wieder zu verschiedenen Zeitpunkten und 
in verschiedenen Altersperioden bald grösser und bald kleiner. 
Es gibt in ein und demselben Munde eben Zeiten einer 
Immunitätsperiode und dann wieder Zeiten einer besonderen 
Neigung zur Karieserkrankung. So erklärt auch die Schule 
Blacks den Umstand, dass rein approximale Füllungen manch¬ 
mal ganz vorzügliche Dienste leisten, nämlich dann, wenn die 
Zähne sich zufällig gerade in einer gegen Karies immunen 
Zeitperiode befinden. Auch andere äussere Einflüsse dürften 
hier mit in Betracht kommen; so die Reinhaltung des Mundes 
und die systematische Mund- und Zahnpflege überhaupt. Es 
gibt eben in der Frage der Extension keine fixen Regeln und 
Gesetze: Was in dem einen Falle als genügende Extension 
gelten könnte, wird in einem anderen keinen Nutzen bringen 
und in wieder einem dritten Falle, welcher überhaupt keine 
Extension verlangt, eine ganz zwecklose Höhlenvergrösserung 
darstellen können. Jeder einzelne Fall muss eben je nach den 
besonderen Umständen für sich und gesondert beurteilt und 
behandelt werden. 

Bei den ko mbinierten Höhlen der Backen- und 
Mahlzähne treten die für die Frontzähne dargelegten Ge¬ 
setze der „Extension for prevention“, um so mehr in Kraft, 
als wir hier in unserem Vorgehen durch ästhetische Rücksichten 
nicht behindert sind, und ohneweiters grössere Partien der 
Zahnwand entfernen und durch die Füllung ersetzen können. 
Die Regeln, welche uns die „Extension for prevention“ vor¬ 
schreibt, decken sich hier zum grössten Teil mit den Forderungen 
der „Extension for access“ und „retention“. Die von Rezidive 
bedrohten Stellen der Höhle liegen wieder an ihrer Randzone, 
an dem bucco-gingivalen und linguo-gingivalen Winkel, und in 
den Kauflächenfurchen. Aus diesem Grunde sollen wir die 
linguale und buccale Wand so weit ausbohren, dass die Höhlen¬ 
ränder ausserhalb des gefährlichen interproximalen Raumes 
zu liegen kommen, und die Kauflächenfurchen weithin auf¬ 
schneiden und in die Füllung einbeziehen. Wenn wir beim 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 


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Aufschneiden der Kaufläche nicht radikal vorgehen und den 
Kauflächenteil der Höhle nur knapp bis zu den Randpartien 
reichen lassen, so riskieren wir ein späteres Absprengen des 
Schmelzrandes; die Emailkante wird nämlich gerade an ihrem 
Uebergang in die approximale Goldwand durch die darunter 
aufgebaute Füllung ausserordentlich geschwächt und infolge¬ 
dessen dem Kaudruck häufig nicht standhalten können. Be¬ 
kanntlich sind die Kauflächenfurche des Backenzahnes und die 
Mahlzahnfurchen Lieblingsorte der kariösen Erkrankung, die 
sich im ersten Beginne oft nur in einer dunkeln Färbung der 
Furchen kund gibt. Wenn wir die fertige Füllung an irgend 
einer Stelle der mesio-distalen Furche des Backenzahnes 
endigen lassen, werden wir die Entstehung sekundärer 
Karies kaum verhindern; die Furche ist eben oft eine 
wirkliche Fissur, ein spallförmiger Schmelzdefekt, der spätere 
Sitz der sekundären Karies. Das weite Ausschneiden der Fissur 
entspricht den Forderungen der „Extension for prevention“ 
und stellt gleichzeitig, wie wir früher sahen, die beste Art der 
Verankerung für die Füllung dar. — In den Vereinigten Staaten 
ging man in die Details der Extension so weit ein, dass man 
schliesslich „im Kampfeseifer für eine gute Sache“ ganz neben¬ 
sächlichen Dingen besondere Bedeutung zuschrieb und ihnen 
in Vereinen und Kongressen lange Debatten widmete: Hieher 
gehört auch die Entscheidung über die Frage, ob das Aus¬ 
schneiden der Kauflächen stufe der „Extension for prevention“ 
oder der „Extension for retention“ zuzuschreiben sei. Black 
und seine Schule sind Verfechter der Preventivansicht; 
nach Hofheinz wieder ist die Stufein erster Linie ein Mittel 
zur Retention und nur insoweit ein indirektes Preventivmittel, 
als sie die volle Uebersicht der Höhle gewährt und die Füllungs¬ 
arbeit dadurch wesentlich erleichtert; andere wieder dürften 
sich wohl in dieser ganz bedeutungslosen Frage für r Extension 
for access“ entscheiden. — In bezug auf die cervicale Wand 
gilt wieder das schon oben Gesagte: Die gingivale Wand muss 
nach Black wurzelwärts so tief ausgeschnitten werden, dass 
der Höhlenrand vom Zahnfleisch gedeckt wird. Unter normalen 
Verhältnissen braucht man, um den Zahnfleischsaum zu er- 

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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


reichen, nicht viel Zahnbein zu entfernen, da der interproximale 
Raum bis zum Kontaktpunkt durch die Zahnfleischpapille aus¬ 
gefüllt wird. Anders aber stellt sich die Sache in Fällen, in 
denen das Zahnfleisch geschwunden ist, dar: Hier müsste man, 
um den Vorschriften Blacks nachzukommen, oft einen grossen 
Teil gesunder Zahnsubstanz opfern. Die Entscheidung über 
diese Frage sollte immer von den besonderen Umständen des 
einzelnen Falles abhängig gemacht werden. Gewiss wird man 
bei jungen Leuten, deren Zähne vielfach kariös erkrankt sind 
oder eine ausgesprochene Tendenz zur Karieserkrankung auf¬ 
weisen, die Extension ganz im Ausmasse der Black sehen 
Lehre durchführen sollen. Handelt es sich aber um eine 
gelegentliche Karies bei einem älteren Individuum mit stark 
retrahiertem, doch hartem gesundem Zahnfleisch, dann wird 
man von der Entfernung einer grösseren Partie gesunden 
Zahnbeins ganz ruhig absehen dürfen. 

Zur besseren Illustration der Frage von der „Extension for 
prevention“ bringen wir zum Schlüsse den Bericht über einen 
Diskussionsvortrag des L)r. R. Ottolengui (New-York)', an 
welchem sich neben Black und Johnson die ersten Fach¬ 
männer und die hervorragendsten Lehrer des Landes be¬ 
teiligten. Wir erlaubten uns, die einzelnen Vorträge, insoweit 
sie alte und bekannte Dinge wiederholen, entsprechend zu 
kürzen; es geschah das zugunsten der genaueren Bericht¬ 
erstattung über Ausführungen, die uns neue, bisher nicht be¬ 
rührte Gesichtspunkte zu eröffnen schienen. 

Ottolengui sprach über „Extension for preven- 
tion mit besonderer Berücksichtigung der Prä¬ 
paration des cervicalen Randes approximaler 
Höhlen“: Er betont, dass man bei der Beurteilung der 
Black sehen Methode vor allem die Grösse der Kavität in 
Betracht ziehen muss. Die Vergrösserung einer sehr kleinen 
Höhle im Sinne der Lehre Blacks ist gewiss als fehlerhaft 
und als fast verbrecherisch (criminal) anzusehen, während die 


1 Second District Dental Society of the State of New-York, March 
Meeting. Items of Interest, Vol. XXIII (1901), Nr. 5, Seite 322—390. 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 


101 


Vergrösserung einer ohnedies sehr grossen Höhle belanglos 
erscheint. Wenn man aber der Forderung von Black aus¬ 
nahmslos nachkommt, dann kann es nur mehr grosse Höhlen 
und Füllungen geben; denn da alle Defekte unter Aufopferung 
gesunder Zahnsubstanz veigrössert werden sollen, so werden 
sie, je nach der absoluten Grösse der Zähne selbst, nur entweder 
gross oder sehr gross sein. Es ist klar, dass der Patient bei 
dieser Behandlungsart unter der langwierigen und schmerzhaften 
Operation (Reinigung, Präparation und Füllung der Höhle) be¬ 
sonders zu leiden hat; dass ferner auch die Polierung der 
grossen Metallfüllung, besonders in der Gegend des Zahnhalses, 
ausserordentlich schmerzhaft wird. Und all das geschieht nur, 
um die Möglichkeit einer rezidivierenden Karies, die ja gar 
nicht eintreten muss, auszuschliessen oder, besser gesagt, un¬ 
wahrscheinlich zu machen; denn wir sind wohl auch dann 
nicht in der Lage, das Eintreten eines Rezidivs sicher zu ver¬ 
hindern. Auch die grossen technischen Schwierigkeiten, welche 
mit dieser Behandlungsart, besonders bei der Arbeit an distalen 
Höhlen, verbunden sind, müssen bedacht werden. Gerade die 
kunstgerechte Legung einer approximalen Füllung, welche tief 
unter den Zahnfleischrand reichen soll, ist sehr schwierig und 
ganz besonders schwierig gestalten sich die Verhältnisse, wenn 
es sich um distale Mahlzahnkavitäten handelt. Der gewöhnliche 
• Zahnarzt von mittlerer Tüchtigkeit dürfte kaum den Anforderungen 
solcher Arbeit gewachsen sein. In diesen Fällen muss der Zahn¬ 
arzt die Höhle entsprechend vergrössern und genau beurteilen 
können, wie tief er gehen darf; er muss imstande sein, die 
Höhle trotz erschwerter Zugänglichkeit und trotz der grossen 
Schwächung, welche die Schmelzränder erfahren haben, kunst¬ 
gerecht zu füllen; er muss endlich die ganz besondere Ge¬ 
schicklichkeit besitzen, die Füllung an den Schmelzrändern 
vollkommen zu polieren und zu glätten. Nach Black muss 
der Höhlenrand so tief unter das Zahnfleisch reichen, dass er 
selbst bei späterem Schwund (Atrophie) des Zahnfleisches von 
diesem gedeckt wird. Da wäre wohl zu bedenken, dass die 
Zahnfleischatrophie und der Schwund des Alveolarkörpers 
Krankheiten höheren Alters sind, also in eine Periode fallen, 


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Dr Rudolf Bum, Wien. 


in welcher die Zähne überhaupt seltener an Karies erkranken. 
Eine Hauptursache für die Erkrankung und Atrophie der Zahn¬ 
fleischpapille bilden Verletzungen und Reize dieses Gewebes. 
Es ist aber sicher, dass die Polierung und Glättung einer nach 
den Lehren Blacks oder Johnsons gelegten Füllung fast, 
immer zu Verletzungen der Papille führen müssen; das zeigt 
auch die bei dieser Prozedur häufig beobachtete Blutung. Die 
Bewegungen der Zunge, der Wange und Lippen können aller¬ 
dings im Sinne des Begriffes „seif cleansing“ die lingualen 
und buccalen (labialen) Zahnflächen insofern reinigen, als sie 
dort befindliche Nahrungsreste forfschaffen; es wird aber gewiss 
leicht geschehen können, dass gerade durch die streifenden 
Bewegungen kleine Speisereste erst recht in die interproximalen 
Räume gedrückt und zwischen die Zähne „hineingeschmiert“ 
werden. Ebenso wird auch das Essen als solches nur die leicht 
zugänglichen, flachen, lingualen und buccalen Zahnwände von 
dort klebenden Speiseresten reinigen und gerade die für Karies 
so sehr prädisponierten Approximalflächen werden vom „seif 
cleansing“ gar nicht betroffen. Nur dann, wenn die approximale 
Höhle durch Entfernung gesunder Zahnsubstanz soweit ver- 
grössert wird, dass deren Ränder aus der gefährlichen approxi- 
malen Region bis auf die linguale und buccale Zahnfläche 
verlegt werden, wird das obige Moment des „seif cleansing“ 
wirklich und wahrhaftig in Frage kommen; dann erreicht die 
Füllung mit ihren Rändern diejenigen Zahnflächen, welche 
durch die reibenden und gleitenden Bewegungen der Zunge 
und Lippen, sowie durch den Kauakt als solchen spontan 
gereinigt werden. Dann aber bekommen wir Füllungen, die 
den ästhetischen Anforderungen unserer Zeit kaum mehr 
entsprechen, da die Füllungsränder bis auf die äussere sichtbare 
Zahnfläche reichen. Die Aufopferung gesunder Zahnsubstanz 
steht nach Ottolengui im umgekehrten Verhältnis zum 
Gewinn; auch kann die Bürste, wenn sie richtig gebraucht 
wird, unsichtbare, versteckte Füllungsränder erreichen und 
reinigen. Es wird häufig die Ansicht geäussert, dass approxi¬ 
male Füllungen zumeist am Zahnfleischrand durch sekun¬ 
däre Karies gefährdet seien; Ottolengui ist überzeugt, 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Hohlen. 108 

dass das für eine kunstgerecht gelegte und polierte Füllung 
nicht zutrifft. Fast jede Rezidive an dieser Stelle (und auch 
sonst irgendwo) ist auf eine fehlerhafte Arbeit (Höhlenpräpa¬ 
ration, Füllung, Polierung) zurückzuführen. Seine klinischen 
Erfahrungen führen ihn zur Aufstellung folgender Sätze: 
1. ln Fällen, in denen nur ein Zahn approximal erkrankt ist 
und unter Herstellung der Kontur und des Kontakts mit einer 
selbst kleinen Füllung versehen wird, erkrankt eher der zweite 
bisher gesunde Zahn, als dass es zur Rezidive am gefüllten 
Zahn kommen würde. 2. Wenn in zwei approximalen Nachbar¬ 
höhlen der einen Seite (selbst kleine) Füllungen gelegt werden, 
beobachtet man sehr oft innerhalb kurzer Zeit das Auftreten 
von Karies an denselben Stellen der Zähne der anderen Seite, 
während die gefüllten Zähne keine sekundäre Karies zeigen. 
3. In Fällen, in denen zwei Zähne infolge Stellungsanomalie 
mit besonders breiten Kontaktflächen aneinander stossen, wird 
das Auftreten von Karies viel früher beobachtet, als z. B. an 
denselben Zähnen der anderen Seite, deren Stellung und Kon¬ 
takt normal sind. 4. Bei den sub 3 erwähnten Zähnen ent¬ 
spricht die Karies, resp. die derselben vorausgehende Er¬ 
weichungszone in Form und Lage genau den abnorm grossen 
Berührungsflächen. Es ist sehr bemerkenswert, dass ungefüllte 
Zähne relativ häufiger an Karies erkranken ah gefüllte; wenn 
diese Beobachtung nicht richtig wäre, müssten wir immer¬ 
während alte, schlecht gewordene Füllungen zu ersetzen haben. 
Eine Karies-Rezidive ist eben im allgemeinen seltener als die 
Erkrankung gesunder, noch nicht gefüllter Zähne; sie ist auch 
seltener als der bleibende Erfolg von Füllungen. Bezüglich des 
Zahnfleischrandes laufen die Ansichten von Ottolengui und 
Black ganz auseinander: Ottolengui beobachtet einerseits 
sekundäre Karies in Fällen, in denen die Füllungen nach 
Black tief unter das Zahnfleischniveau gelegt worden waren, 
und anderseits keine Karies-Rezidive in Fällen, in denen die 
approximalen Höhlen nur bis zum Zahnfleischsaum reichten. 
Wenn Black behauptet, er habe viele Füllungen entfernen 
und wiederholen müssen, die von hervorragenden Zahnärzten 
gelegt worden waren und gerade am Zahnfleischrand im 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Stiche gelassen hatten, so bemerkt Ottolengui: Der gute 
Ruf als „hervorragender Zahnarzt“ entspricht nicht immer der 
wahren Tüchtigkeit. („Reputation is not skill“.) Das Schluss¬ 
resultat, zu dem Ottolengui gelangt, ist: Die Extension soll 
nur auf die Entfernung kariösen und infizierten Zahnbeins 
beschränkt bleiben. 

C. N. Johnson (Chicago) will nur mit wenigen Worten 
auf einige von Ottolengui vorgebrachte Punkte näher ein- 
gehen: Er wendet sich gegen die falsche Auffassung des Aus¬ 
druckes „Extension for prevention“. Wenn man darunter ein 
wahlloses Ausbohren ausserordentlich grosser Höhlen verstünde, 
dann habe man den Ausdruck falsch verstanden. Die „Ex¬ 
tension for prevention“ gilt nur für ganz bestimmte Flächen, 
an gewissen Zähnen und da wieder nur dann, wenn besondere 
Umstände vorliegen, die das Auftreten sekundärer Karies wahr¬ 
scheinlich machen oder direkt begünstigen. Johnson stützt 
sich auf die Tatsache, dass ein Zahn, dessen approximale 
Füllung unter den Zahnfleischrand reicht und demnach von 
Zahnfleisch bedeckt ist, niemals an Rezidive erkrankt, voraus¬ 
gesetzt, dass die Füllung kunstgerecht gelegt wurde, und dass 
das Zahnfleisch gesund ist und den interproximalen Raum aus¬ 
füllt. Deshalb soll die approximale Höhle in allen Fällen (mit 
nur wenigen Ausnahmen) so geformt werden, dass sie sich 
am Zahnhals bis unter das Zahnfleisch ausdehnt und von 
diesem gedeckt wird. Ein wenig Ueberlegung zeigt, dass dieses 
Verfahren, so radikal es auch zu sein scheint, leicht auszuführen 
ist: Zumeist wird der interproximale Raum durch die Zahn¬ 
fleischpapille ausgefüllt, so dass nur eine geringe Vertiefung 
der Höhle zum Zahnhals zu nötig sein wird, um den cervicalen 
Höhlenrand unter das Zahnfleisch zu bringen, wenn das nicht 
schon durch die notwendige Exkavation der kariösen Höhle ohne¬ 
dies geschehen ist. In jenen Fällen wieder, in denen die Höhle 
am Zahnhalse tief in das Dentin reicht und gleichzeitig einen 
dünnen Schmelzrand stehen lässt, soll dieser unbedingt entfernt 
werden, wodurch allein schon der Höhlenrand unter Zahn¬ 
fleischhöhe gelangt. Dort aber, wo das Zahnfleisch sich ziemlich 
weit vom Zahne zurückgezogen hat und so sehr geschrumpft 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 


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ist, dass die Distanz zwischen Höhlenrand und Zahnfleischsaum 
mehrere Millimeter (2 bis 3 oder noch mehr) gesunder Zahn¬ 
substanz beträgt, ist die Durchführung dieses Prinzipes gewiss 
nicht am Platze. Das Zahnfleisch füllt unter normalen Ver¬ 
hältnissen den interproximalen Raum in Form eines Bogens 
aus, dessen Kamm den Kontaktpunkt der approximalen Zahn¬ 
flächen nahezu oder vollständig erreicht. Diesen Normalzustand 
findet man vorzüglich in der Jugendzeit, also in erster Linie 
bei Kindern und dann bei Leuten, deren Zahnfleisch noch 
nicht geschrumpft ist. Bei Kindern ist der interproximale Raum 
vollständig durch Zahnfleisch ausgefüllt, das sich gegen den 
Kontaktpunkt zu in Form eines schmalen Saumes verdünnt. 
Daher findet man den cervicalen Rand solcher approximaler 
Höhlen fast immer unter dem Zahnfleischniveau gelegen; oder 
aber es ist nur ein geringes Fortbohren von Zahnbein not¬ 
wendig, um zu erreichen, dass die Füllung am Zahnhals von 
Zahnfleisch bedeckt wird. So erklärt es sich, dass Ottolengui 
nur relativ selten eine Karies-Rezidive am Zahnhals beobachtet 
hat und tatsächlich sieht man die sekundäre Karies nur selten 
am rein approximalen Anteil des Zahnhalses, wohl aber sehr 
oft am gingivo-buccalen (oder -labialen) und am gingivo- 
lingualen Winkel der Füllung. Hier an diesen Winkeln pflegt 
die Rezidive zu beginnen und dann später auch gegen den 
Zahnfleischrand fortzuschreiten. Ein tiefes Wegbohren am 
Zahnhals gegen die Wurzel zu ist gewiss in den Fällen, in 
denen das Zahnfleisch den interproximalen Raum ausfüllt, 
ganz zwecklos. Es mag ja sein, dass die Füllung späterhin 
durch Schrumpfung des Zahnfleisches blossgelegt wird, doch 
ist das meist erst im höheren Alter der Fall, zu einer Zeit 
also, in der die Zähne ohnedies wenig zu Karies neigen. 
Immerhin aber ist, nach Johnson, eine Höhle nur dann 
kunstgerecht präpariert, wenn sie gegen den Zahnhals zu so tief 
reicht, dass die gelegte Füllung am Zahnhals vom Zahnfleisch 
gedeckt wird; nur Fälle von extremer Zahnfleischschrumpfung 
wären aüszunehmen. Was ferner die Ausführung dieser For¬ 
derung betrifft, so ist sie, entgegen der Ansicht von Otto¬ 
lengui, weder mit grossen Schmerzen für den Patienten 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


verbunden, noch verlangt sie seitens des Zahnarztes einen 
besonderen Grad von Geschicklichkeit. Es wird gewiss einzelne 
Fälle geben, in denen wir wegen Uebererapfindlichkeit der Zähne 
oder wegen ausgesprochener Nervosität des Patienten von 
obiger Forderung werden absehen müssen; das sind aber eben 
nur einzelne wenige Ausnahmsfälle, die uns absolut nicht mass¬ 
gebend sein dürfen. Das Polieren und Finieren der unter das 
Zahnfleisch reichenden Fällung soll natürlich so durchgeführt 
werden, dass das Zahnfleisch weder zerrissen noch überhaupt 
erheblich verletzt wird; eine geringfügige Verletzung ist be¬ 
deutungslos. Schwerere Verletzungen heilen zwar auch spontan 
aus, doch ist zu bedenken, dass das neugebildete Gewebe 
häufig den Charakter eines Narbengewebes annimmt, dass 
also nicht mehr normales Zahnfleischgewebe in Form der 
Papille den interproximalen Raum ausfüllt. Das beste und 
einfachste Mittel, um die Verletzung des Zahnfleisches zu ver¬ 
meiden, ist die provisorische Füllung der approximalen Höhle 
mit Guttapercha, welche, ein bis zwei Tage vor der Haupt¬ 
füllung ausgeführt, das Zahnfleisch fortdrückt und den ganzen 
interproximalen Raum weithin freilegt. Ein weiteres Haupt¬ 
erfordernis liegt darin, dass man die Polierung und Finierung 
im interproximalen Raume vor der Entfernung des Rubberdam 
vornimmt; so nur ist man in der Lage, die Randpartien der 
Füllung deutlich zu sehen, während das Zahnfleisch selbst 
durch den Rubber geschützt bleibt. Das fortgedrängte Zahn¬ 
fleisch aber wird sehr bald den interproximalen Raum wieder 
ausfüllen und die nun finierte Füllung am Zahnhals bedecken. 
Es ist eine nach Johnson unbestritten feststehende Tatsache, 
dass grosse, breit aufgebaute approximale Füllungen den Zähnen 
mehr nützen als kleine, da sie das Wiederauftreten der Karies 
eher verhindern können. Man sieht täglich und stündlich im 
Munde der Patienten sekundäre Karies an Stellen, die man 
selbst vor kürzerer oder längerer Zeit mit kleinen Füllungen 
versehen hat. W enn man wiederum, wie 0 11 o 1 e n g u i sagt, 
Fälle beobachtet, in denen das Auftreten primärer Karies an 
bisher gesunden ungefüllten Zähnen häufiger vorkommt als die 
Karies-Rezidive der mit kleinen Füllungen versehenen Zähne 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 


107 


der anderen Seite, so beweist das nur, dass die kleine Füllung 
den Zahn teilweise geschützt hat, da durch dieselbe die für 
Rezidive so empfängliche approximale Wand, der Lieblingssitz 
der Sekundärkaries, bis zu einem gewissen Grade verkleinert 
wurde. Wenn man aber durch Ausdehnung der Füllung die 
ganze verdächtige Wand für eine Rezidive unzugänglich macht, 
dann ist doch gewiss alles, was man erreichen kann, geschehen, 
dann erst hat man all das getan, was das Auftreten einer 
Wiedererkrankung unwahrscheinlich macht. 

E. T. D arby (Philadelphia) spricht über den Gegenstand 
unter dem Titel: „Präparation der Höhlenränder am 
Zahnhals“. Er betont, dass die von Black aufgestellten und 
von Johnson etwas modifizierten Forderungen minder 
radikal erscheinen, wenn man der Sache näher tritt und alle 
Umstände genau in Betracht zieht. Der interproximale Raum 
ist bei Kindern und im jugendlichen Alter vollständig durch 
Zahnfleisch ausgefüllt, so dass überhaupt kein leerer Raum da 
ist; mit zunehmendem Alter aber entsteht infolge Retraktion 
des Gewebes tatsächlich ein Zwischenraum. Bei jungen Leuten 
im Alter bis zu zirka 20 Jahren reichen die meisten approxi- 
malen Höhlen der Schneidezähne, wenn sie kunstgerecht prä¬ 
pariert werden, unter den Zahnfleischrand; ganz anders aber 
verhält sich die Sache im Munde älterer Leute von 30, 40 und 
50 Jahren. Darby glaubt nicht, dass Johnson in diesen 
Fällen für die Forderung Blacks, der die Erweiterung der 
kleinen Höhle bis unter den Zahnfleischrand verlangt, wird 
eintreten wollen. Die Erfahrung lehrt auch, dass Hunderte 
solcher kleiner approximaler Füllungen die Zähne erhalten 
und vor sekundärer Karies schützen, trotzdem sie nicht bis 
unter den Zahnfleischrand reichen. Man muss eben zu unter¬ 
scheiden wissen, in welchen Fällen man die Höhle tief zum 

Zahnhals zu ausbohren muss, und wann wiederum die Auf¬ 
opferung gesunden Zahnbeins unnütz ist. Es hängt das vor¬ 
züglich von der Ausdehnung des kariösen Defekts, von der 

Zahnform und von der Stellung des Zahnes ab, und diese 
Momente müssen in erster Linie berücksichtigt werden. Ausser¬ 
dem soll man die Qualität des Zahnbeins (ob hart oder weich) 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


and die besondere Art der Karies (ob akut oder chronisch) 
in Rechnung ziehen. Im allgemeinen wird es kaum zu recht- 
fertigen sein, wenn man wegen eines kleinen kariösen Herdes 
die ganze approximale Zahn wand opfern und entfernen würde, 
nur um die Füllung nach jenen Regionen, welche als „self- 
cleansing“ bezeichnet werden, zu verlegen; ausgenommen sind 
nur gewisse Fälle von progressiver Karies. Wenn man nur an 
weichen Zähnen zu arbeiten hätte, an Zähnen, die regelmässig 
durch rezidivierende Karies zugrunde gehen, dann dürfte man 
keinen Moment zögern, immer nach Blacks Vorschrift, die 
Höhle buccal- und lingualwärts bis nach den Regionen der 
immunen Area zu erweitern. Diese Forderung darf aber eben 
nur für jene Fälle aufgestellt werden, in denen die Karies 
eine besondere Tendenz zur rapiden Ausdehnung zeigt; für 
diese Fälle schliesst sich auch Darby der Black sehen 
Methode voll und ganz an. Wenn man immer den An¬ 
weisungen von Black und Johnson nachkommen wollte, 
so müsste man wegen eines kleinen Defektes einen grossen Teil 
des gesunden und, wie die Erfahrung lehrt, gesund gebliebenen 
Zahnes entfernen. Und dieselbe Erfahrung lehrt, dass kleine 
Füllungen in zahllosen Fällen den kariösen Prozess für lange 
Zeit (15 bis 50 Jahre) zum Stillstand bringen. Darby empfiehlt 
daher, man solle die einzelnen Fälle sorgfältig auseinander 
halten und, falls progressive Karies nicht vorliegen sollte, nur 
soviel von Schmelz und Zahnbein entfernen, als zur Erhaltung 
des Zahnes notwendig erschiene. 

E. K. Wedelstaedt (St. Paul, Minn.) bemerkt in seiner 
teilweise scharfen Polemik gegen Ottolengui, dass man sehr 
oft in wenigen Sekunden die Höhle sowohl gegen den Zahn¬ 
hals, wie auch nach den Seiten zu schmerzlos so sehr er¬ 
weitern kann, dass die Höhlenränder vom Zahnfleisch gedeckt, 
resp. nach immunen Regenden verlegt werden; es geschieht 
das mit Hilfe des Meisseis oder eines von Wedelstaedt 
angegebenen Instrumentes (large Wedelstaedt obtuse hoe). Nebst- 
dem ist der Gebrauch der von Black empfohlenen Instru¬ 
mente (der Säge, Feilen etc.) von grösster Bedeutung; mit Hilfe 
von diesen, dem Ottolengui anscheinend ganz unbekannten 


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Ueber „Exteiision“ bei der Präparation approximaler Höhleu. 


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Mitteln wird die Finierung der Füllung am Zahnhals erleichtert 
und vereinfacht. Wenn man die Ursache, die zu Karies ge¬ 
führt hatte, entfernt hat, und verhindert, dass sich am Ort der 
primären Erkrankung neuerdings Mikroorganismen ansiedeln, 
dann ist jede Rezidive ausgeschlossen. Und das erreicht man 
eben durch Legung so grosser Füllungen, dass deren Ränder 
in „self-cleansing territories“ reichen, die notwendigerweise 
durch die Bewegungen der Zunge und Wange und durch den 
Kauakt selbst rein gehalten, resp. durch die Bürste gereinigt 
werden. Die von Ottolengui hervorgehobenen Schwierig¬ 
keiten bei der Bl ack-Methode existieren ganz und gar nicht. 
Gerade die alte Art der Präparation und Füllung von kleinen 
schwer zugänglichen Höhlen verlangt besondere Geschicklichkeit; 
die neue Methode aber macht jede Höhle zu einer grossen und 
einfachen. Es entfallen die grossen und tiefen Unterschnitte 
in die linguale und buccale Zahnwand, deren Füllung meist 
so grosse Schwierigkeiten macht; das Füllen einer grossen, 
leicht zugänglichen Höhle mit weiter Uebersicht bietet ganz 
besondere Erleichterungen in der Arbeit. Dadurch, dass man 
die Füllung tief unter das Zahnfleischniveau legt, entsteht dem 
Zahnfleisch kein Schaden; Schäden, welche das Zahnfleisch 
treffen, sind zumeist auf das Fehlen des Kontaktpunktes, auf 
die bleibende Separation zwischen Zähnen oder Füllungen, auf 
die mangelhaft ausgeführte Kontur im interproximalen Raume 
auf überhängende Füllungsränder etc. zurückzuführen. Genaue 
Untersuchungen, die an vielen Hundertei von gefüllten und 
später extrahierten Zähnen angestellt wurden, zeigten in zirka 
85 Prozent Karies-Rezidive am Zahnhals infolge Nichtbeachtens 
der „Extension for prevention“; es ist doch gewiss nicht an¬ 
zunehmen, dass die Misserfolge bei allen diesen primären 
Füllungen, die von verschiedenen bekannten Zahnärzten ge¬ 
legt wurden, auf eine mangelhafte Technik zurückzuführen 
wären. Diese Tatsache spricht sehr deutlich gegen die An¬ 
nahme Ottolenguis, der behauptet, dass die Karies-Rezidive 
viel seltener vorkomme als die primäre Erkrankung der korre¬ 
spondierenden Zähne der anderen Seite. Man sieht allerdings 
gar häufig kurze Zeit nach Legung einer approximalen Füllung 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


das Auftreten frischer Karies an der anstossenden Wand des 
Nachbarzahnes; die Ursache dafür liegt aber oft in einer 
mechanischen Läsion des Schmelzes, welche infolge Nachlässigkeit 
durch den Zahnarzt selbst verschuldet wurde, in wieder anderen 
Fällen in einer mangelhaften Konturierung oder in einer fehler¬ 
haften Polierung der Füllung, im Fcrtfall des Kontaktpunktes usw. 
Wenn man die Füllung regelrecht konturiert und den natür¬ 
lichen Kontakt mit dem Nachbarzahn wieder hergestellt hat, 
dann sieht man kaum jemals eine Erkrankung des Nachbar¬ 
zahnes, dann sind eben die Chancen für Karies nicht grösser 
als jene an irgend einem anderen Zahne desselben Mundes. 
Auch die Annahme, dass ungefüllte Zähne eher zu Karies 
neigen als gefüllte, stimmt nicht mit den Erfahrungen W e d e 1- 
staedts überein; Wedelstaedt sagt: „Gut 80 Prozent 
meiner Arbeit bestehen in der Entfernung und Erneuerung schlecht 
gelegter Füllungen, deren Misserfolg in der Nichtbeachtung 
der »Extension for prevention“ liegt; wer nach den Regeln 
der alten Schule arbeitet, beobachtet viel mehr Karies-Rezidiven, 
also Misserfolge, als Erfolge. In etwa 96 Prozent der von mir 
wegen Rezidive entfernten Füllungen war die Füllung am Zahn¬ 
hals nicht von Zahnfleisch gedeckt. Wie oft sehen wir die 
Zahnhals-Rezidive bei Füllungen, deren Rand ein oder zwei 
Millimeter über das Zahnfleischniveau reicht! Und wie zahl¬ 
reich sind die Fälle von kariöser Zerstörung am Zahnhals bei 
Goldkronen, deren Ränder nicht unter das Zahnfleisch gehen!“ 
Ottolengui spricht in seinem Vortrag von sogenannten 
„kleinen“ Füllungen; er glaubt nicht an die Karies-Rezidive 
rund um kleine approximale Füllungen, vorausgesetzt, dass 
die Füllungen vollkommen (perfekt) ausgeführt worden waren. 
Sowohl der Ausdruck „kleine“ Füllung, wie auch die Bezeich¬ 
nung einer Arbeit als „perfekt“ sind unklar und ungenau. Eine 
nach den alten Grundsätzen (der Jahre 1875 bis 1895) voll¬ 
kommene Arbeit wird den heutigen Anforderungen der Voll¬ 
kommenheit durchaus nicht entsprechen. Wie oft sieht man 
doch anscheinend vollkommene Füllungen, die bei genauer 
Untersuchung tiefgehende Sekundärkaries am Zahnhals, am 
bucco-gingivalen oder linguo-gingivalen Füllungsrand aufweisen! 


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TJeber „Exteusiou“ bei der Präparatiou approximaler Höhlen. 111 

Wedelstaedt kommt zu folgenden Schlusssätzen: 1. Ein 
Füllungsmaterial ist nur dann imstande, Zähne zu erhalten 
und vor dem Verfall zu bewahren, wenn es in Verbindung 
mit der geeigneten Höhlenpräparation verwendet wird; 2. nur 
durch die praktische Verwertung der Lehre von der „Extension 
for prevention“ kann die wahre Ursache der Karies erfolgreich 
bekämpft werden; wenn wir diese Lehre befolgen und unsere 
Füllungen so legen, dass der Randschluss ein vollkommener ist, 
verhindern wir das Auftreten sekundärer Karies. Wissenschaftlich 
gebildete Zahnärzte müssen diese neue Lehre als einen der 
ersten Grundsätze anerkennen und der ganze Fortschritt der 
Zahnheilkunde steht mit der Verwertung der Black sehen 
Theorie in dem innigsten Zusammenhang. 

G. V. Black (Chicago) weist darauf hin, dass er seine 
im Jahre 1891 veröffentlichte Arbeit kürzlich wieder durch¬ 
gesehen hätte; er würde heute kaum etwas daran geändert 
wünschen, weder die darin dargelegte Theorie, noch die für 
die Höhlenpräparation gegebenen Vorschriften. Er müsse heute 
nach den im Laufe so vieler Jahre gesammelten Erfahrungen 
erklären, dass er von der Richtigkeit seiner Lehre mehr denn 
je überzeugt sei. Black sagt: „Die neuen Forschungen über 
die Entstehung der Karies, die Art ihrer Ausbreitung, all das 
ist nur geeignet, die Theorie von der „Extension for preven- 
tion“ zu bestätigen. Man wirft mit Unrecht dieser Methode 
vor, dass sie die Frontzähne verunstalte; gewiss, es gibt auch 
Fälle, in denen eine Goldfüllung auf die labiale Fläche reichen 
muss. In der Regel aber braucht und soll der vordere Kavitäten¬ 
rand niemals so weit reichen, dass der Zahn durch die Füllung 
hässlich wird. Es genügt vollkommen, wenn der labiale Füllungs¬ 
rand in gerader Linie nach abwärts zum Zahnfleisch zu und 
unter dasselbe lauft, statt wie dies bisher üblich war, im inter¬ 
proximalen Raume eine gekrümmte Bogenlinie zu beschreiben. 
Nur dann, wenn der Zahn infolge ausgedehnter Karies labial¬ 
wärt s weithin und breit ausgebohrt werden musste, wird die 
Füllung durch ihre Grösse und Lage einen hässlichen Eindruck 
machen. In Fällen von akuter Karies, die wir besonders bei 
jungen Individuen häufig sehen, charakterisiert durch die tiefe 


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112 


Dr. Rudolf Bnm, Wien. 


Ausdehnung der Höhle, den raschen Zerfall des Zahnes, durch 
die bekannte kreidige, weissliche Verfärbung des Schmelzes etc., 
müssen wir rücksichtslos Vorgehen, selbst wenn wir der Schön¬ 
heit des Zahnes Schaden bringen sollten. Die breite Eröffnung 
des Zahnes mit Ausschneiden einer weiten ausgedehnten Höhle 
wird zumeist nur dann notwendig werden, wenn der akute 
kariöse Prozess durch Unterminierung des Zahnes das Dentin 
vernichtet und den Schmelz geschwächt hat. Im grossen ganzen 
aber wird man auch bei der Legung breiter, ausgedehnter 
Füllungen die Forderungen der Schönheit nich t vernachlässigen 
dürfen. Unverständlich erscheint es mir, dass es heute noch 
Aerzte gibt, welche die Notwendigkeit, den cervicalen Füllungs¬ 
rand unter das Zahnfleisch gehen zu lassen, bestreiten. Was 
ferner den Ein wand betrifft, dass der Aufbau grosser, breiter 
Füllungen sowohl an den Zahnarzt, als auch an den Patienten 
besonders grosse Anforderungen, Opfer an Zeit, Mühe etc, 
stellt, so muss ich folgendes bemerken: Gewiss, das Gesetz 
von der Extension hat im allgemeinen das Legen grosser 
Füllungen zur Folge; man braucht auch mehr Gold. Doch 
gerade die Grösse der Höhle, der leichte freie Zugang zu der¬ 
selben, sowie die durch die Ausdehnung gewonnene bessere 
Uebersicht aller Teile erleichtern dem Arzt und auch dem 
Patienten die Arbeit ganz ausserordentlich. Keinesfalls sind 
die eventuell erhöhten Schwierigkeiten nur im entferntesten 
mit dem bedeutenden Gewinn einer wirklichen Dauerfüllung 
zu vergleichen“ Nur in einzelnen, von Johnson erwähnten 
Ausnahmsfällen wird man sich gezwungen sehen, von der 
regelrechten Höhlenpräparation mit Rücksicht auf diesen oder 
jenen Zustand des Patienten derzeit abzusehen und die kunst¬ 
gerechte Legung der Goldfüllung zu verschieben. 

Wm. H. Trueman (Philadelphia) beginnt mit dem 
Hinweis auf einen Vortrag, den er im Jahre 1878 in der zahn¬ 
ärztlichen Gesellschaft von Pennsylvania hielt. Der Vortrag hatte 
den Titel: „Warum haben wir mit unseren Füllungen Miss¬ 
erfolge?“ Wir wissen auch heute noch keine erschöpfende 
Antwort zu geben. Die Anhänger Blacks verlangen, dass 
die Ränder der Füllung absolut rein gehalten werden müssen, 


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Ueber „Extension“ bei der ^Präparation approximaler Höhlen. 113 

denn Reinheit im engsten Sinne des Wortes verhindert Zahn¬ 
karies. Weil aber diese Bedingung bei vielen approximalen 
Füllungen nicht zutrifft, soll man die Höhlenränder jenseits 
der gefährlichen Zone und aus dieser hinaus verlegen, so dass 
das Gold mit seiner harten, glatten, polierten Fläche diese, 
Partie des Zahnes ausfüllt und ersetzt. Um das zu erreichen 
muss man, so verlangt es die Lehre Blacks, oft auch gesunde 
Zahnsubstanz fortbohren. — Die Hauptfrage, welche zu be¬ 
antworten wäre, ist die, ob die „Extension for prevention“ 
notwendig ist. Und ist sie notwendig, so muss sie gründlich 
und immer durchgeführt werden ; wenn sie aber nicht not¬ 
wendig ist, dann wäre die Entfernung eines noch so kleinen 
Stückchens gesunder Zahnsubstanz nicht zu rechtfertigen. Wenn 
man die Extension als eine Notwendigkeit darstellt, dann 
kann und darf sie niemals — wie das Dr. Johnson meint 
— Sache der Ueberlegung werden. Jeder wird ganz gewiss 
die Vorschriften Johnsons unwillkürlich befolgen müssen, 
wenn die approximale Höhle tief gegen den Zahnhals zu reicht, 
so dass die Reinigung der Höhle und die Entfernung des 
kariösen Zahnbeins ein tiefes Ausschneiden unter das Zahn¬ 
fleischniveau erfordern. Wenn Johnson es aber für unsinnig 
hält, in Fällen von ausgedehnter, bleibender Zahnfleisch¬ 
schrumpfung grosse Stücke gesunden Zahnes fortzuschneiden, 
warum sollte das nicht auch ebenso gut für jene Fälle gelten, 
in denen bei geringer oder fehlender Zahnfleischschrumpfung 
zwischen dem Höhlenrand und dem Zahnfleisch gleichfalls ein 
noch beträchtliches Stück gesunder Zahnsubstanz vorhanden 
ist? Ja, gerade die durch Zahnfleischschrumpfung vergrösserten 
interdentalen Zwischenräume sind kaum rein zu halten und 
werden erst recht eine Karies-Rezidive verursachen können. 
Die Frage von der Durchführbarkeit der Extension tritt gegen¬ 
über der Frage von deren Notwendigkeit in den Hintergrund, 
besonders wenn man jene sogenannten „nervösen u Patienten, 
welche den Anforderungen grösserer Arbeit nicht gewachsen 
erscheinen, nicht berücksichtigt. Der Umstand, dass ungefüllte 
Zähne ein und desselben Mundes eher an Karies erkranken, 
als gefüllte, hat mit dieser Sache gar nichts zu tun. Alle Zähne 

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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


desselben Mundes sind fast den gleichen Gefahren ausgesetzt 
und ganz besonders gilt das für die korrespondierenden Zähne. 
Dass die einen früher oder später, die andern überhaupt nie' 
erkranken, liegt zumeist in der Verschiedenheit ihrer Prädis¬ 
position lür Karies. Wenn die kleine Füllung einen Defekt er¬ 
folgreich verschliesst, also die Karies gleichsam heilt, so wird 
der Prozess zum Stillstand gebracht; tut sie das nicht, so 
kommt es zum Rezidiv. Um den Wert oder Unwert einer 
neuen Methode richtig prüfen zu können, ist es notwendig, 
dass eine genug lange Beobachtungszeit verstreiche; die Methode 
muss erst eine weitverbreitete, allgemeine werden, um bei 
möglichst grösstem Beobachtungsmateriale Trugschlüsse zu 
vermeiden. Trueman erinnert hier an die längst verlassene 
Theorie der „Separation for prevention“, die seinerzeit (1870), 
gestützt auf Statistik, Zeichnungen, Modelle etc., ein gewiss 
ebenso grosses Aufsehen erregte, wie unsere Extension. Auch 
sie forderte, dass man gesundes Zahnbein entferne, um die 
interproximalen Räume „seif cleansing“ zu gestalten. Bei der 
Beurteilung dieser Fragen muss der Missbrauch, welcher mit dem 
wahllosen Legen von Goldfüllungen vielfach getrieben wird, 
hervorgehoben werden. In all jenen Fällen von sogenannten 
„weichen Zähnen“ sollte, meint Trueman, die Goldfüllung 
zugunsten der Guttaperchafüllung ganz vermieden werden. Die 
Goldfüllung verlangt die gründlichste Entfernung des kranken 
Zahnbeins und selbst bei bester, mühsamster Arbeit haben 
wir gelegentlich Misserfolge aufzuweisen; das gering geachtete 
Guttapercha schützt auch den nicht sorgfältig exkavierten 
Zahn ganz merkwürdig gut, und wenn es so hart und so schön 
wäre wie Gold, keiner würde ein anderes Material verwenden. 
Trueman bedient sich der Guttapercha zur Füllung approxi- 
maler Höhlen mit besonderer Vorliebe und grossem Nutzen. 
Er rät, man solle den Höhlenzugang möglichst klein lassen 
und noch so schwache, dünne Seitenwände schonen und zu 
erhalten suchen; in vielen Fällen, zumal an Backenzähnen, 
würde die Füllung kaum sichtbar werden. Er sagt: „Ich weiss, 
dass in vielen solchen Fällen krankes Zahnbein in der Höhle 
zurückgelassen wurde, dass ferner in Hunderten von Fällen 


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lieber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 115 

Zähne und Füllungen nach 10, 15 und 20 Jahren in unverändert 
perfektem Zustand geblieben waren, dass demnach die Gutta¬ 
perchafüllung den Zahn erhalten hatte. Ich weiss ferner, dass 
eine Ausdehnung der Höhle nach den Seiten zu und eine 
Vertiefung derselben zum Zahnhalse hin nicht stattgefunden 
hatten: die „Extension for prevention“ war demnach nicht 
notwendig. Ich möchte aber gerne wissen, warum in diesen 
Fällen keine sekundäre Karies eingetreten war? Warum waren 
jene Mikroorganismen, die den kleinen approximalen Gold¬ 
füllungen so sehr gefährlich werden, hier, wenn die Höhlen 
mit Guttapercha gefüllt waren, so harmlos? Die absoluten 
Anhänger der Extension vergrössern kleine approximale Höhlen, 
die in einfacher Weise mit Guttapercha zu füllen wären, nach 
der gesunden Kaufläche zu, nehmen in ihre Füllung die ganze 
gesunde approximale Fläche auf und opfern schliesslich zur 
Anlegung der notwendigen Verankerung noch weiteres ge¬ 
sundes Zahnbein. Doch die oben dargelegten klinischen Er¬ 
fahrungen beweisen, dass man Zähne auch ohne Extension 
erhalten kann und sprechen daher nur zu deutlich gegen die 
Einführung der Extension als allgemein gütige Regel. Wir 
prüfen die Richtigkeit einer Theorie durch den praktischen 
Versuch; und eine Theorie, welche durch die praktische Er¬ 
fahrung ad absurdum geführt wird, muss eine gründliche 
Aenderung erfahren, mag sie noch so verständlich erscheinen 
und sich noch so sehr auf Experimente und Laboratorium- 
versuehe stützen. Die gewiss sonst sehr wertvollen Arbeiten 
im Laboratorium werden gefährlich, wenn sie uns Lehren 
geben wollen, denen unsere klinischen Erfahrungen wider¬ 
sprechen. Die Notwendigkeit der Extension, wenn sie über¬ 
haupt existiert, beruht vielfach auf dem häufigen Missbrauch, 
der mit der Goldfüllung getrieben wird, indem man Zähne mit 
Gold füllt, die einfacher und leichter durch die Verwendung 
eines anderen, den Zahn besser schützenden Materials (Gutta¬ 
percha) zu erhalten wären.“ 

Der nächste Sprecher, M. L. Rhein (New-York), erinnert 
daran, dass die Prinzipien der „Extension for prevention“ schon 
lange vor Black und Johnson bekannt waren und von 

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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


V a r n e y und M. H. W e b b geübt und gelehrt wurden. Letzterer 
brachte diese Lehre in seinem kleinen Lehrbuch der operativen 
Zahnheilkunde (1883) zu allgemeiner Kenntnis; nur gebraucht 
er nicht den heutigen Ausdruck „self-cleansing lines“, sondern 
spricht davon, dass man die Höhlenränder „frei machen“ müsse. 
Vor allem muss konstatiert werden, dass Ottolengui die 
Lehre von der Extension missverstanden hat, wenn er meint, 
sie müsste bei allen approximalen Höhlen ohne Ausnahme 
Anwendung finden. Was Black im Jahre 1891 geschrieben 
und Johnson in sein Lehrbuch (Principles and practice 
of filling teeth) aufgenommen hat, bezieht sich durchaus nicht 
auf alle approximalen Zahnhöhlen; man muss vielmehr die 
Grösse der Höhle, das Alter und die Konstitution des Patienten, 
die Zahnstruktur und die speziellen lokalen Verhältnisse des 
Einzelfalles in Rücksicht ziehen. Ottolengui generalisiert 
alle Fälle und darin eben besteht das Missverständnis. Es fragt 
sich nun, in welchen Fällen und bis zu welcher Ausdehnung 
haben wir die Extension anzuwenden: Eine scharf begrenzte 
präzise Beantwortung dieser Frage stösst darum auf Schwierig¬ 
keiten, weil jeder einzelne Fall gesondert beurteilt und nach 
den besonderen Umständen behandelt werden muss. Die 
typischen Fälle für die Extension sind jene grossen und breiten 
Kavitäten, deren Ränder den Zahnhals tief unterminieren; hier 
wird schon durch die einfache Reinigung der Höhle den 
Forderungen der Extension unwillkürlich entsprochen; wir 
wollen diese klaren, selbstverständlichen Fälle ganz ausser 
Diskussion lassen. Wichtiger ist es, festzustellen, wann man 
kleine Höhlen durch radikale Extenäfbn vergrössern soll. Hieher 
gehören manche Fälle von approximalen Höhlen an Zähnen 
mit Stellungsanomalien, welche die Reinhaltung des inter¬ 
proximalen Raumes sehr erschweren oder ganz unmöglich 
machen. Hieher gehören ferner alle jene Patienten, welche die 
Mundpflege vernachlässigen oder trotz aller Bemühungen den 
Mund nicht rein erhalten können; wir finden zwischen den 
Zähnen Fleischfasern und sonstige Speisereste stecken, die 
Zähne selbst immer mit einer gelblichweissen, weichen, reichlich 
Bakterien enthaltenden Masse belegt, ln diesen Fällen wird 


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lieber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 117 

die Extension der approximalen Höhle, die Vertiefung zum 
Zahnhalse zu und die Ausdehnung nach den Seiten hin indi¬ 
ziert sein. Wenn man die verschiedenen Mitglieder ein und 
derselben Familie zahnärztlich behandelt und deren Zähne 
unter regelmässiger ständiger Beobachtung hält, lernt man bald 
kennen, ob und bis zu welchem Grade die Extension not¬ 
wendig ist. 

Als nächster Redner spricht S. G. Perry (New-York) 
unter dem Titel: „Präparation der gingivalen Höhlen¬ 
ränder.“ Er schliesst sich in den Hauptpunkten den An¬ 
schauungen Ottolenguisan, doch tut er das gewissermassen 
zögernd und zaudernd, da er nur sehr ungern Johnson 
entgegentreten möchte, dessen grosse Summe von Können, 
Wissen und Beobachtungsgabe er hoch schätzt. Perry glaubt 
aber, dass die Differenz in seinen und Johnsons Ansichten 
vielleicht nur in einem Missverständnis liege, das aufgeklärt 
werden sollte. Johnson sagt in seinem Lehrbuch (S. 82): 
„Die Frage der Extension bedarf einer besonders sorgfältigen 
Ueberlegung. Wenn sie uns auch für viele Fälle von Bedeutung 
erscheint, indem sie die häufigen Misserfolge approximaler 
Füllungen erklärt, respektive verhindern kann, so darf sie doch 
nicht unterschiedslos Anwendung finden. Es gibt gar viele 
Fälle, in denen es direkt unmöglich und unangebracht wäre, 
die Höhle zu extendieren. Wie oft finden wir approximale 
Höhlen bei Leuten, die so nervös sind, dass wir das Aus¬ 
bohren und Reinigen der Höhle gern auf das allernotwendigste 
beschränken. Wir sollen nie das Nervensystem des Patienten 
in Gefahr bringen, rein nur um einer Gewalttheorie zu ent¬ 
sprechen. Dann wieder gibt es andere Leute, deren Zähne 
eine so geringe Tendenz zur Karies zeigen, dass die Extension 
gewiss als zwecklose, unnötige Massnahme erscheinen muss; 
in diesen Fällen wird auch eine kleine Füllung jahrelang gute 
Dienste leisten. Und auch das Alter des Patienten muss mit 
in Betracht gezogen werden.“ Doch wenige Seiten später sagt 
•Johnson vom Zahnhalsrand der Höhle (S. 88): „Dieser soll 
sich wurzelwärts so tief erstrecken, dass der Rand der Füllung 
unter das Zahnfleisch reicht. Bei einem Zahne mit approximaler 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Füllung kann man ein Rezidiv nur dann ausschliessen, wenn 
man, von obiger Forderung abgesehen, den bucco-gingivalen 
und linguo-gingivalen Füllungswinkel nach Orte verlegt, welche 
durch die Reibung der Wange und der Zunge rein gehalten 
werden“. Diese ausserordentlich radikale Auffassung dürfte 
den konservativer denkenden Zahnärzten nicht Zusagen und 
steht auch mit den früher zitierten Stellen desselben Buches 
in gewissem Widerspruch. Perry spricht sich gegen das tiefe 
Ausschneiden der Höhle am Zahnhals aus und zwar aus 
folgenden Gründen: 1. Die sekundäre Karies beginnt nur sehr 
selten am Zahnhals selbst; sie beginnt fast ausnahmslos am 
bucco-gingivalen oder linguo-gingivalen Winkel und breitet sich 
dann erst auf den Zahnfleischrand der Füllung aus. Dieses 
anscheinend merkwürdige Verhalten erklärt sich einfach und 
leicht aus technischen Momenten, die beim Aufbau der Gold¬ 
füllung in Betracht kommen: Wenn man mit dem Stopfen des 
Goldes beginnt, arbeitet man unter den allergünstigsten Be¬ 
dingungen, da man das Gold direkt an den horizontal ver¬ 
laufenden cervicalen Höhlenrand bringen und sehr kräftig 
kondensieren kann; auf diese Weise wird man hier den 
exaktesten Randschluss erreichen können. Dieser leicht zu¬ 
gängliche tiefste Teil der Höhle lässt sich also verlässlich und 
sicher füllen. Sobald man aber beim Legen der Füllung die 
Biegungen erreicht hat, also jene Stellen, die dem bucco- 
gingivalen und linguo-gingivalen Winkel entsprechen, dann 
kann nicht mehr direkt und mit voller Kraft gestopft und 
kondensiert werden. An diesen Stellen ist der Randschluss 
oft nicht ganz präzise ausgeführt und hier tritt daher zuerst 
die sekundäre Karies auf. Diese Umstände werden nun durch 
ein tiefes Ausbohren am Zahnhals durchaus nicht geändert. 
2. Der Umstand, dass der Zahnschmelz sich zum Zahnhals zu 
immer mehr verdünnt und schliesslich ganz aufhört, hat zur 
Folge, dass der tief gegen die Wurzel zu gelegten Füllung 
ein wichtiger Schutz verloren geht; endigt aber die Füllung 
knapp noch in Zahnfleischhöhe, so ist sie in einer starken und 
festen Schmelzschichte verankert. 3. Gegen das tiefe Aus¬ 
schneiden am Zahnhals spricht ferner die häufig gemachte 


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Ueber „Extension 4 * bei der Präparation approximaler Höhlen. 


119 


Beobachtung eines entzündlichen Reizzustandes des Zahn¬ 
fleisches, der sich immer dort geltend macht, wo das Zahn¬ 
fleisch nicht der Wurzel, sondern einer Füllung oder Goldkrone 
anliegt. Diesen permanenten entzündlichen Reizzustand, der 
sich oft durch Zahnfleischblutungen unangenehm bemerkbar 
macht, findet man selbst in Fällen, in denen die Füllung oder 
die Krone vollkommen glatt poliert und finiert wurde, vor. 
4. Doch noch andere, teilweise auch vou Ottolengui hervor¬ 
gehobene Bedenken sprechen gegen die allzuradikale Methode. 
Es ist unsere Hauptaufgabe, jeden uns anvertrauten Zahn 
möglichst schmerzlos und unter Aufwendung grösster Schonung 
des Patienten zu erhalten. Wir können so manchen Zahn, 
statt ihn radikal auszubohren und mit einer tadellosen aber 
kostspieligen Goldfüllung zu versehen, ebenso gut durch eine 
einfachere und den Patienten schonendere Arbeit erhalten. 
Eine kleine approximale Goldfüllung, die wir in den Backen¬ 
oder Mahlzahn eines Erwachsenen legen, wird häufig, wenn 
das Zahngewebe hart und der Mund gesund ist, die ganze 
Lebenszeit hindurch ihren Dienst erfüllen. Wenn eine solche 
Füllung den drohenden Gefahren der Kindheit und ersten 
Jugend getrotzt hat, ist die begründete Aussicht vorhanden, 
dass sie für immer ihre Aufgabe leisten wird. Anderseits 
gibt es Zähne von weichem Material, die so sehr zur Karies¬ 
erkrankung neigen, dass die einzige Möglichkeit, sie wenigstens 
für einige Zeit zu erhalten, in der Anwendung der Extension 
besteht; in diesem Falle muss man die an sich kleine Höhle 
so erweitern, dass ihre Ränder „freigemacht“ sind, dass sie 
mindestens bis zum Zahnfleisch und manchmal auch unter 
dasselbe reicht. Zwischen diesen zwei Extremen gibt es viele 
Zwischenstufen und derjenige Zahnarzt ist auf der Höhe seiner 
Aufgabe, der in jedem einzelnen Falle zu unterscheiden weiss, 
wann er mehr oder weniger radikal vorzugehen hat. 

In dem einen Falle wird es am Platze sein, den Zahn 
möglichst weit auszuschneiden und mit Gold zu füllen; in dem 
anderen. Falle erreichen wir dasselbe Ziel durch das Legen 
einer kleinen, plastischen Füllung, in wieder einem anderen 
Falle durch den kombinierten Gebrauch eines plastischen 


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120 


Dr Rudoll Bum, Wien. 


Füllungsmateriales mit Gold. Schliesslich ist ja die rezidivierende 
Karies keine so schreckliche Sache, und wenn wirklich nach 
Jahren neben der kleinen Füllung neuerdings Karies auffritt, 
hat man noch immer nichts versäumt, und zur Vornahme des 
radikalen Verfahrens Zeit genug. Es kommt wohl gelegentlich 
vor, dass die sekundäre Karies längere Zeit hindurch verborgen 
bleibt und nicht erkannt wird; bei sorgfältiger Mundpflege 
aber dürfte das kaum geschehen; zumeist wird der Defekt 
rechtzeitig bemeikt und, noch bevor grösserer Schaden ge¬ 
schehen ist, wieder gefüllt werden können. Perry wendet 
sich unter Bezugnahme auf seine Publikationen gegen das 
zwecklose Opfern, Wegmeisseln und Fortbohren von Zahn¬ 
substanz im allgemeinen. Die Beantwortung der Frage, wann 
wir eine kleine Füllung legen dürfen und wann wir die radikale 
Extension anwenden sollen, hängt vorzüglich von der Struktur, 
von der Härte des betreffenden Zahnes ab. Bei sehr harten 
Zähnen genügt das Legen einer kleinen Füllung; bei Zähnen 
von mittlerer Härte und noch mehr bei weichen Zähnen ist 
die radikale Methode am Platze. Perry sieht das Ideal einer 
approximalen Füllung darin, dass die Füllungsränder eben in 
Sicht sind; die Höhle braucht weder unter das Zahnfleisch 
zu gehen, noch soll sie den Zahn durch Fortnahme der die 
Höcker verbindenden Schmelzleiste an der Kaufläche schwächen. 
Die Füllung darf nicht flach poliert werden, sondern soll in 
der Kontur den betreffenden Zahn genauest nachahmen. Man 
kann in sehr vielen Fällen all diesen Forderungen nachkommen; 
bei ausgedehnter Karies aber kann selbstredend von einer 
Schonung der Kaufläche keine Rede sein. Perry spricht sich 
auch gegen die Entfernung des Schmelzrandes am Zahnhalse 
aus: Wenn man ihn nach Tunlichkeit schont, liegt das Zahn¬ 
fleisch dem Schmelzrande an und gibt keinen Anlass zu Ent¬ 
zündungsprozessen. Man pflegt approximale Höhlen, um sie 
leichter reinigen und füllen zu können, gerne von der Kau¬ 
fläche aus zu eröffnen. Dadurch aber, dass man ziemlich viel 
von der Kaufläche entfernt und bis in die Fissur, welche die 
beiden Höcker trennt, eingeht, wird der Zahn sehr geschwächt; 
noch mehr ist das der Fall, wenn beide approximale Flächen 


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Ueber „Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 121 

des Backenzahnes erkrankt sind und derart behandelt werden. 
Dann bleiben vom Zahne selbst nur mehr die beiden ge¬ 
schwächten Höcker übrig und irgend ein relativ kleines Trauma 
wird einen oder den anderen Höcker leicht absprengen können. 
Perry schliesst seinen Vortrag mit folgenden Sätzen: „Der 
Anhänger der modernen radikalen Methode, welcher in alle 
Zähne jeden Mundes grosse und vollkommene Goldfüllungen 
legt, berücksichtigt weder die grosse Summe von Arbeit, die 
mit dem Fortschneiden von Zahnsubstanz, mit dem Füllen der 
Höhle und dem Polieren der Füllung verbunden ist, noch be¬ 
denkt er die vielen Schmerzen, die er verursacht und die Kost¬ 
spieligkeit seiner Arbeit. Sein ein wenig eitles Streben ist darauf 
gerichtet, zu zeigen, dass er einer der ersten, besten Zahn¬ 
ärzte der Stadt ist. Im Gegensatz zu ihm dürfte der Anhänger 
der allzu konservativen Methode gar oft armselige Arbeiten 
leisten, da er Zähne, in welche er Goldfüllungen legen sollte, 
häufig nur mit Guttapercha füllt; er tut es, ohne Rücksicht 
auf seinen zahnärztlichen Ruf, einfach nur deshalb, weil er 
es für das Richtige hält. Irgendwo zwischen diesen zwei 
Typen, welche die Endglieder repräsentieren, dürfte sich jener 
verständige und weise Zahnarzt finden, der durch Vermengung 
beider Methoden den rechten Weg geht. Und ich glaube nicht, 
dass dieser alle approximalen Höhlen unter das Zahnfleisch¬ 
niveau ausschneiden wird.“ 

Im Schlusswort weist Ottolengui darauf hin, dass die 
sekundäre Karies immer am Füllungsrande zuerst entstehe; je 
grösser nun die Füllung sei, desto mehr Füllungsränder wären 
vorhanden und desto eher müsse dann die Rezidive zur Ent¬ 
wickelung kommen. Wedelstaedt fand an 100 extrahierten 
Zähnen 85 mal sekundäre Karies. Von diesen 100 Zähnen 
waren aber 80 primär mit Amalgam gefüllt worden, also mit 
einem Materiale, das durchaus nicht geeignet ist, die Zähne 
dauernd zu erhalten, da es im Laufe der Zeit seine Form 
ändert etc. Wenn man demnach diese 80 Zähne nicht in 
Rechnung zieht, so zeigten von 20 goldgefüllten Zähnen nur 
fünf sekundäre Karies. Im übrigen sind auch diese Zahlen 
nicht massgebend, sie zeigen nur, dass fünf Zähne, in welche 


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122 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


irgend ein Zahnarzt Goldfüllungen gelegt hatte, wieder an 
Karies erkrankten. Eine Statistik von dieser Art ist eben ganz 
wertlos; sie beweist weder etwas für Blacks Theorie, noch 
etwas gegen Ottolenguis Ansicht; sie zeigt nur, dass ein 
paar Zahnärzte vielleicht schlechtere Arbeit geleistet haben. 
Black und seine Anhänger behaupten, dass die Karies-Rezidive 
nicht gerade am Zahnfleischrand zu beginnen pflege, sondern 
meistens am bucco- gingivalen oder linguo-gingivalen Winkel. 
Diese zwei Winkel sind aber doch tatsächlich nichts anderes 
als die letzten Ausläufer des Zahnfleischrandes. So lange man 
nicht beweisen kann, dass die Partien unter dem Zahnfleisch 
gegenüber Karies wirklich immun sind, ist die Notwendigkeit 
der Extension nach dieser Richtung nicht begründet. Diesen 
Nachweis der Immunität ist man uns bisher schuldig geblieben. 
Wenn Black, Wedelstaedt und andere die Immunität 
als sicher erwiesen annehmen und behaupten, dass auch bei 
schlecht gelegten Goldfüllungen und schlecht sitzenden Kronen, 
wenn sie nur unter das Zahnfleischniveau reichen, keine Wieder¬ 
erkrankung vorkomme, dann stützen sie sich auf falsche Vor¬ 
aussetzungen. Denn die klinischen Erfahrungen zeigen, dass 
solche Zähne an sekundärer Karies erkranken, dass demnach 
die Partien unter dem Zahnfleisch nicht unbedingt immun sind. 

* 

Im Laufe der Jahre kam auch Black dazu, seine früher 
allzu strenge Auffassung von der „Extension for prevention“ 
aufzugeben und in seinen Forderungen trotz prinzipieller Auf¬ 
rechterhaltung der Lehre ein wenig nachgiebiger zu werden. 
Auch er vertritt heute, wie aus seinem letzten Vortrag (1904) 
über diesen Gegenstand hervorgeht, die Ansicht, dass man 
niemals generalisieren dürfe, sondern jeden einzelnen Fall 
besonders beurteilen und gewisse äussere Momente (die Karies¬ 
tendenz im Einzelfalle, in der Familie, das Alter etc.) unbedingt 
berücksichtigen müsse. In demselben Vortrag brachte Black 
zur Begründung seiner Lehre noch folgende Mitteilungen: Ein 
genaues Studium der Art und Weise, wie sich der kariöse 
Prozess im Schmelz der approximalen, buccalen und lingualen 
Zahnwand entwickelt und der Fläche nach ausbreitet, zeigt, 


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Ueber „ Extension“ bei der Präparation approximaler Höhlen. 


123 


dass er an gewisse Grenzlinien gebunden ist, über welche 
hinaus ein weiteres Fortschreiten nur selten stattfindet. Diese 
Grenzlinien entsprechen dem Uebergang der approximalen 
Wand in die buccale und linguale Zahnfläche; die zwischen 
den Grenzlinien befindlichen Zahnpartien, also die buccale 
und linguale Zahnwand, zeigen die relativ grösste Immunität 
gegenüber Karies; je mehr wir uns von der Grenzlinie aus 
dem interproximalen Raume nähern, desto grösser wird die 
Empfänglichkeit für Karies. Wir sollten also beim Ausschneiden 
einer approximalen Höhle darauf achten, dass die Kavitäten¬ 
ränder genügend weit aus dem interproximalen Raum hinaus 
zu liegen kommen. Black untersuchte an einem einwandfreien 
Material von zirka 8000 Personen dahin, in wie vielen Fällen 
sich die Karies von einer approximalen Höhle aus über die 
Grenzlinie hinaus buccalwäi ts und umgekehrt von einer buccalen 
Kavität aus bis in das Spatium interproximalwärts ausgebreitet 
hatte und fand auf 1000 Fälle kaum einen Fall. Das zeigt am 
besten, welch grosser Wert darin liegt, die Kavitätenränder 
durch weites Ausbohren der Höhle bis zu diesen Grenzlinien 
auszudehnen; je näher wir diesen Linien kommen, desto 
sicherer werden wir uns vor Rezidive fühlen dürfen. 

* 

Literatur: 

G. V. Black (Chicago): The Dental Cosmos, Vol. XXXIII (1891). Seite 92 
und 354. 

— Extension for prevention. Items of Interest, Vol. XXIII (1901), Nr. 5. 

— First District Dental Society of New-York. Tlie Dental Cosmos, 
Vol. XLVII (1905), Nr. 7, Seite 860. 

E. T. Darby (Philadelphia): Treatment of cavity margins. Items ot Interest, 
Vol. XXm (1901), Nr. 5. 

J. H. Guilford (Philadelphia): The American Textbook of Operative Den- 
tistry, Chapter 6, edited by E. C. Kirk (Lea Brothers & Co.), 
ß. H. Hofheinz (Rochester): First District Dental Society of New-York. 

The Dental Cosmos, Vol. XLVII (1905), Nr. 7, Seite 864. 

C. N. Johnson (Chicago): Principles and practice of filling teeth. The 
8. S. White Dental Mfg. Co., Philadelphia 1900, Seite 83 bis 136. 

— Extension for prevention. Items of Interest, Vol. XXIII (1901), Nr. 5. 

— Principles underlying the insertion of proximo-occlusal goldfillings in 
bicuspids and molars. The Dental Cosmos, Vol. XLVI (1904), Nr. 3 u. 4. 
(Referiert im letzten Heft dieser Zeitschrift, XXI. Jahrg., 1905, Heft IV.) 


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124 


Dr. Rudolf Bum, Wien. — Ueber „Extension“ etc. 


J. v. Metnitz (Wien): Lehrbuch der Zahnheilkunde, 1903, Seite 286. (Urban 
und Schwarzenberg.) 

F. B. Noyes (Chicago): Extension for prevention. A study of conditions in 
tlie mouth. The Dental Cosmos, Vol. XLV1 (1904), Nr. 10, Seite 832. 

R. Ottolengui (New-York): Extension for prevention, with special rela- 

tion to the gingival enamel margins in the preparation of approximal 
cavities. Items of Interest, Vol. XXIII (1901), Nr. 6. 

S. G. Perry (New-York): The Dental Cosmos, 1870, Nr. 11. 

— The Dental Cosmos, 1879, Nr. 5. 

— International Dental Journal, 1888, Nr. 2. 

— The treatment of cervical borders. International Dental Joun al, 1898, 
Nr. 9. 

— Management of gingival margins. Items of Interest, Vol. XXIII (1901), 
Nr. 5. 

H. Pichler (Wien): Ueber Extension for prevention und approximale Kau- 
flächenfüllungen. Oesterr.-nngar. Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde, 
XXI. Jahrg. (1905), Heft IV. 

M. L. Rhein (New-York): The importance of extending cavity borders. 

Items of Interest, Vol. XXIII (1901), Nr. 6. 

W. Sachs (Berlin): Das Füllen der Zähne. Scheffs Handbuch der Zahn- 
heilkunde. (A. Hölder, 1903.) 

C. E. Slagle (Abingdon): The fundamental pricciples of extension in 
approximal cavities in bicuspids and molars. The Dental Cosmos, 
Vol. XLVI (1904), Nr. 6. 

Wm. H. Trueman (Philadelphia): Wy do fillings fail? The Dental Cosmos, 
Vol. XX (1878), Nr. 11 und 12, Seite 591, 657. 

— Extension for prevention. Items of Interest, Vol. XXHI (1901), Nr. 5. 
E. K. Wedelstaedt (St. Paui): Extension for prevention. Items of Intexest, 

Vol. XXHI (1901), Nr. 5. 

R. Weiser (Wien): Praktische Winke für die Behandlung approximaler 
Kavitäten. Oesterr.-ungar. Vierteijahrsschrift für Zahnheilkunde, VI. Jahrg. 
(1890), Heft I, II und III. 

0. Zsigmondy (Wien): Ueber die Präparation von Kavitäten an den Be¬ 
rührungsflächen der Backen- und Mahlzähne. Oesterr.-ungar. Viertel¬ 
jahrsschrift für Zahnheilkunde, I. Jahrg. (1885), Heft I. 

— Ueber die Entstehung der Fissuren in der die Kauflächenfurchen tiber¬ 
kleidenden Schmelzdecke bei Prämolar- und Molarzähnen. Oesterr.-ungar. 
Vieiteljahrsschrift für Zabnheilkunde, XIX. Jahrg. (1903), Heft III. 


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Dr. Heinrich Reschofsky, Wien. — Ueber die Kautüchtigkeit etc. 125 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Ueta Die Intkltithit der PlaltenpM 1 

Von Dr. Heinrich Reschofsky , Zahnarzt in Wien. 

Oft genug kommen die Patienten, die Gebisse tragen, mit 
der Klage, dass, wenn sie auf einer Seite kauen, die Platte 
sich auf der andern Seite abhebt. 

Nun kann es ja sein (auch bei einem zahnlosen Kiefer), 
dass der Gipsabdruck nicht korrekt war; man erinnert sich: 
der Abdruck hat sich vom Kiefer zu leicht gelöst, dann adhäriert 
auch die Platte schlecht oder das Unglück passiert in der 
Küvette, wenn nach dem Stopfen des Kautschuk, besonders 
bei hochgewölbtem Gaumen, während des Zusammenpressens 
der Küvette an der Gaumenwölbung der Gips des Modelles 
komprimiert wird, wodurch an der Platte eine leichte Hervor¬ 
wölbung entsteht. Auch die Gewohnheit des Patienten ist zu 
berücksichtigen und die Zahnstellung einer eventuellen alten 
Platte nachzuahmen. 

Nehmen wir aber an, die Platte sässe sonst tadellos und 
doch hebelt das Gebiss während des Kauens. 

Die Kraft der Adhäsion und einer eventuellen Saug¬ 
kammer ist dem Kauakte gegenüber null und das ist ein Glück 
für uns und unsere Patienten. Denn, wenn Adhäsion und Saug¬ 
kammer der Hebelwirkung des Kaudruckes zirka 20 bis 25 Kg. 
entsprechend nicht nachgeben würden, was geschähe da? 
Versuchen Sie einmal an dem Gaumen eines Versuchstieres 
eine Luftpumpe mit einer Gewalt von 20 bis 25 Kg. wirken 
zu lassen, aus den Capillaren wird das Blut austreten und die 
Schleimhaut geht in Fetzen mit. Aehnliches haben wir ja 
schon gehört, wenn hie und da ein festangesaugter Abdruck 
gewaltsam losgerissen wird. 


1 Vortrag, gehalten auf der dritten Jahresversammlung des Zentral- 
verbaudes der österreichischen Stomatologeu, Dezember 1905. 


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126 


Dr. Heinrich Reschofsky, Wien. 


Wenn also die meisten Patienten ihre Gebisse zum 
Kauen gebrauchen können, so beruht das sicherlich nicht auf 
der Wirkung von Adhäsion und Saugkammer, sondern auf 
einer passenden Artikulation oder auf Uebung. 

Viele Patienten behalten ihre Platte, trotz des Verbotes, 
über Nacht im Munde und behaupten, sie sässe ihnen auf 
diese Weise besser. Das ist wohl unhygienisch, aber wahr. 
Unter der luftabschliessenden Platte entwickelt sich ein 
chronischer Katarrh mit klebrigem Sekret, während die Schleim¬ 
hautwucherung eventuelle nicht ganz schliessende Stellen aus¬ 
füllt, wodurch die Platten besser haften. 

Trotz der grundlegenden Untersuchungen von Bon will 
und dem Wiener Anatomen Grafen Spee kennen wir die 
Regeln der Artikulation noch nicht vollkommen, und nur die 
schmerzlosen Annonceure mit lebenslänglicher Garantie sind 
imstande, den Patienten im Vorhinein dafür gutzustehen. 

Im „Dental Review“ ist von 0. A. Weiss ein Artikel 
erschienen: „The practical application of the principles of the 
Bonwill articulation,“ den ich allerdings nur aus dem in der 
„Zeitschrift für Stomatologie“, Juli 1905, erschienenen Referate 
des Herrn Dr. Peckert kenne. 

Der Autor kritisiert die B o n w i 11 sehen Regeln der Arti¬ 
kulation, nach welcher bei der seitlichen Bewegung die Zähne 
beiderseits in geschlossenem Kontakte sein sollen, während 
beim Vorschieben des Unterkiefers die Zahnreihen stets drei 
Kontaktpunkte haben sollen. 

Wenn man aber auf den Bon will sehen Artikulator 
Zähne nach diesen Angaben aufgestellt hat und dann die 
Platte in den Mund bringt, klappt es doch nicht, da sich nach 
den Beobachtungen Walkers („Dent. Cosmos“ 1897) bei der 
seitlichen Bewegung die eine Kieferhälfte senkt, während die 
andere oben bleibt. Durch dieses Senken verlieren die Kau¬ 
flächen ihre Parallelstellung auf der sich senkenden Seite. 
Diese Tatsache ist richtig, aber die Schlussfolgerung, dass 
dieser Umstand dem kauakte hinderlich sei, ist unrichtig; auf 
das werde ich noch später zurückkommen. 


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Ueber die Kautüchtigkeit der Platteugebisse. 


127 


0. A. Weiss empfiehlt daher, den Bon will sehen Arti- 
kulator durch eine Biegung der Stäbe, welche die Proc. condy- 
loidei vorstellen, zu modifizieren, dadurch bekommen die Kau¬ 
flächen der oberen Zähne eine Neigung nach aussen. Diesmal 
hat der Autor, von der vorerwähnten falschen Prämisse aus¬ 
gehend, das Richtige getroffen. 

W a 11 i s ch 1 bezeichnet diese Stellung als anatomische 
Norm und erklärt sie teleologisch. Ich habe dies nicht ge¬ 
funden, wenigstens nicht bezüglich der Kauflächen, wo in den 
meisten Fällen der äussere Kauhöcker tiefer steht, als der 
innere. Stellen ja in Nachahmung dieses Umstandes die meisten 
ihre künstlichen Mahlzähne mit horizontaler, ja oft nach innen 
geneigter Kaufläche. Da wir bei den Ariikulatoren sind, will 
ich dieselben gleich abtun. 

Wie bekannt, hat Bon will gefunden, dass die Ent¬ 
fernung der beiden Gelenkskondylen, sowie die Entfernung 
dieser von dem Berührungspunkte der mittleren unteren 
Schneidezähne je 10 Cm. ist, also somit das Ganze ein 
gleichseitiges Dreieck bildet. Aus eigener Erfahrung bestreite 
ich dies, aber Bon will gibt als Regel an, die Gebisse so 
aufzustellen; die Misserfolge sind auch nicht ausgeblieben. Nun 
gibt aber Bon will andere, wirklich praktische Anhaltspunkte 
an, die Sie bei Wal lisch nachlesen können und bezüglich 
dieser macht Wallisch die boshafte, aber treffende Be¬ 
merkung: „Da Bon will nach diesen Ansichten seine Prothese 
ausführte, so ist es erklärlich, dass dieselben trotz seines 
Artikulators gut waren“. Schwarze modifizierte denBonwill- 
schen Artikulator, indem er der schiefen Ebene des Processus 
condyloideus Rechnung trug, durch eine besondere Ver¬ 
schiebung für die Vertikale, da doch beim Bonwillschen 
Artikulator nur eine reine horizontale Verschiebung möglich 
ist. Christensen sah schon ein, dass eine Individualisierung 
notwendig sei und will dies so erreichen, dass er den Pa¬ 
tienten zuerst für die Ruhestellung zubeissen lässt. Dann, 


1 Dr. Willi. Wal lisch: Kiefergelenk und Artikulator. Oesterr.-Ungar. 
Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde, April 1903. 


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128 


Dr. Heinrich Reschofsky, Wien. 


wenn diese Stellung im Artikulator fixiert ist, setzt er die 
Schablone nochmals in den Mund und lässt den Unterkiefer 
vorschieben; den dadurch entstehenden Spalt zwischen den 
Backenzähnen füllt er mit einem Wachsblock aus. Sein Arti¬ 
kulator macht es möglich, auch diese veränderte Stellung zu 
fixieren. Nun scheitert das vor allem daran, dass es uns sehr 
oft eben gar nicht gelingt, den Patienten zum normalen Zu- 
sammenbeissen zu bringen. Dann dient das Vor- und Rück¬ 
wärtsschieben nur zum Abbeissen, somit hat die Modifikation 
dieses Artikulators für den eigentlichen Kauakt keinen Wert, 
wie schon Wallisch richtig erkannt hat. 

So sinnvoll und anatomisch richtig ein Artikulator kon¬ 
struiert sein mag, kann er immer nur einen allgemeinen Typus 
wiedergeben und ist nur für die Zahnstellung bei Kieferschluss 
von wirklichem Werte und dazu genügen unsere gewöhn¬ 
lichen Artikulatoren. 

Wir haben es aber in der Praxis nicht mit Typen, 
sondern mit Einzelfällen zu tun. Es wird niemandem einfallen, 
nach einem typischen Abdruck resp. Modell Gebisse zu 
machen. Ebenso wenig kann man nach einem typischen Arti¬ 
kulator in den Einzelfällen die Artikulation richtig stellen, die 
Ruhestellung ausgenommen. 

Ganz ebenso, wie man von dem Kiefer eines jeden Pa¬ 
tienten, dem man ein Gebiss macht, einen Abdruck nimmt, 
ebenso müsste man sich für jeden Einzelfall einen Spezial- 
artikulator verschaffen und dazu bedarf es nicht der kunst¬ 
vollen Artikulatoren. Ober- und Unterkiefer des Patienten 
sind der natürlichste Spezialartikulator, den man sich nur 
wünschen kann. Man braucht nur die Methode, die Schrott 
für das Passen der Platten angewendet hat, auf eine passende 
Artikulation zu übertragen. Nun gibt es wohl kaum einen 
Menschen, der vollkommen symmetrisch gebaut ist; somit ist 
anzunehmen, dass auch die Kiefergelenke nicht gleich sind, 
und wir machen ja oft die Erfahiung, dass Patienten, welche 
ein ganzes Gebiss bekommen, nur auf einer Seite gut kauen 
können, trotzdem auf beiden Seiten die künstlichen Zähne 
analog aufgereiht sind. 


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Ueber die Kautüchtigkeit der Plattengebisse. 129 

Aber selbst wenn sämtliche menschliche Kiefergelenke 
und Bögen vollkommen gleich geformt wären, könnten wir 
nicht nach einem Artikulator korrekt arbeiten; denn die Details 
der Kaubewegung sind nicht nur individuell verschieden, 
sondern ändern sich auch bei den einzelnen Individuen, je 
nachdem, in welcher Reihenfolge es seine Zähne verliert, was 
ja bekanntlich auf die nachträgliche Formation des Kiefers 
seinen Einfluss hat und je nachdem, welche Zähne es wegen 
Schmerzhaftigkeit ausser Gebrauch setzt. 

Auf welcher Seite der Patient zu kauen gewohnt ist, 
fällt nach dem Gesagten nicht ins Gewicht. 

Selbst Tiere kauen nicht gleichmässig; ich habe ein Ge¬ 
spann Ochsen beobachtet, von welchem der eine von rechts 
aussen nach links innen, während der andere von links nach 
rechts kaute. 

Ich möchte hier betonen, was ich in der Kritik des 
Weisssehen Aufsatzes über Walkers Beobachtungen und 
die Bon will sehe Methode angedeutet habe: „Der Mensch 
kaut nicht auf der Seite, auf welcher sich das Gelenkköpfchen 
senkt, sondern auf der Seite, auf welcher das Gelenkköpfchen 
rotieren dnahezu am Platze bleibt; das ist natürlich cum grano 
salis zu nehmen. Im Kiefergelenke gibt es ja keine feste Achse, 
also das äussere Ende des Gelenkköpfchens bleibt nahezu am 
Platze, während das innere Ende sich entlang der Gleitfläche 
des Proc. condyloideus nach unten und vorwärts bewegt, 
was jeder an sich selbst beobachten kann. Wenn Sie zuerst 
die beiden Finger aussen vor dem Ohre an die Gelenkköpfchen 
legen und den Unterkiefer z. B. nach rechts bewegen, so 
bemerken Sie, dass das rechte Gelenkköpfchen sich wohl 
dreht, aber am Platze bleibt; wenn Sie nun die Finger tief 
in den äusseren Gehörgang stecken, so bemerken Sie beim 
Zurückgehen dieser Bewegung das Anstossen des inneren Ge¬ 
lenkköpfchens. Somit findet die Bewegung des Unterkiefers in 
einer nach oben konvexen Fläche statt. Gerade dadurch werden 
die Speisen allmählich der Zunge zugeschoben, da die Be¬ 
wegung von aussen nach innen verläuft, während auf der 
anderen Seite das umgekehrte der Fall wäre. 

9 


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Dr. Heinrich Reschofsky, Wien. 



Masseter prof. 
Masseter superf. 


TemporaHs 


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Ueber die Kautüchtigkeit der Plattengebisse. 131 

Die Winkelstellung der früher parallelen Kauflächen ist 
eine geringfügige für jene Seite, auf welcher gekaut wird, z. B. 
für die rechte, denn die ganze Höhe des Proc. condyloideus 
beträgt 4 Mm., um so viel senkt sich das eine Köpfchen auf 
der linken, somit ist die Senkung auf der rechten Seite als 
Angelpunkt um einen f / 4 Mm. 

Das hier Gesagte kann man benützen, um die Richtig¬ 
keit des Bisses zu konstatieren. 

Wenn man die Finger in den äusseren Gehörgang des 
Patienten steckt und ihn zubeissen lässt, so spürt man beim 
regelrechten Kieferschluss beiderseits ein Anstossen der Ge¬ 
lenkköpfchen an die Finger. Bleibt dieser Anstoss aus, dann 
hat der Patient mit vorgeschobenem Unterkiefer vorgebissen. 
Ist der Anstoss einseitig, so findet er auf jener Seite statt, 
nach welcher Seite der Patient den Unterkiefer verschoben hat. 

Noch etwas will ich bemerken. Bei der Aufstellung 
ganzer Gebisse orientiert man sich für die Höhe des Bisses 
nach der Lippenstellung. Berühren sich die Lippen, dann 
glaubt man die richtige Höhe zu haben; und das ist oft 
falsch. Meist sind nämlich, und besonders beim Unterkiefer, 
die Backen- und Mahlzähne verloren gegangen. Der Patient 
ist gezwungen, mit den vorderen Zähnen zu beissen, bis er 
sich entschliesst, künstliche Zähne machen zu lassen. Was ist 
inzwischen geschehen ? Die Wirkung der Masseteren, die keinen 
Widerstand mehr in den Mahlzähnen findet, streckt den 
Unterkieferwinkel. Wenn wir nun einen solchen Unterkiefer 
durch die aufgesetzten Zähne so weit heben, resp. senken, 
dass die Lippen sich gerade berühren, Hegt der Gelenkkopf 
nicht mehr wie normalerweise am hinteren Rande des Gelenks¬ 
hügels, er sitzt beim Kieferschluss auf dem Tuberculum, ja, 
wenn die Zähne gar zu hoch gestellt sind, kann er sogar ganz 
abgehoben werden, wodurch der Unterkiefer, seiner Stütze 
beraubt, haltlos wackelt. Dann ist natürlich ein ausgiebiges 
Kauen ermüdend und unvollkommen. Im umgekehrten Falle, 
wenn die Zähne zu niedrig gestellt sind, gleitet der Kopf ganz 
in die Pfanne zurück, ist auf diese Weise in seiner Be¬ 
weglichkeit gehindert und derselbe ungünstige Effekt entsteht. 

9 * 


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Die Kanten der Kanflächen sind beim Kauakt nicht parallel, sondern im 
Winkel zueinander. 


Dr. Heinrich Reschofsky, Wien, 


Pterygoidens 


/Google 


Die Summe der Resultanten ist von aussen unten nach oben innen gerichtet. 





Ueber die Kautüchtigkeit der Plattengebisse. 


138 


Dazu kommt noch, dass sich in diesem Falle die Kaumuskeln 
zu sehr kontrahieren müssen, was sie rasch ermüden lässt. 

Betrachten nun wir die Muskelwirkungen. Die Portio 
superficialis des Masseter ist oben vorne an der Pons zygomatica 
und unten am Unterkieferwinkel befestigt, ausserdem liegt die 
obere Befestigung in der horizontalen Ebene weiter nach 
aussen, somit ist die Hauptwirkung dieses stärksten aller 
Kaumuskeln eine Kiefer schliessende. Nebenbei rückt er den 
Kiefer etwas nach vorne und bei der Seitwärtsbewegung des 
Kiefers zieht es ihn in seine Ruhestellung zurück. Die Portio 
profunda desselben Muskels hat eine rein schliessende Kraft. 
Der am Processus coronoideus angeheftete Musculus temporalis 
schliesst und zieht nach rückwärts. Der Pterygoideus internus, 
innen am Unterkieferwinkel angeheftet, schliesst hauptsächlich 
und hindert, dass der Masseter den Kiefer um seine sagittale 
Achse dreht; der Externus hat eine rein drehende Wirkung. 
Da nun die Innervierung dieser Muskeln eine willkürliche ist, 
so kann man auch an eine Schulung desselben durch den 
Patienten denken und das tut er auch, da das künstliche 
Gebiss die Mundverhältnisse vollkommen ändert und der Be¬ 
treffende beim Kauen umlernen muss (Fig. 1, 2, 3 und 4). 

Es wäre ein Fehler, wenn wir in solchen Fällen wo die 
Slabilität der Gebisse darunter leidet, trotzdem sklavisch die 
anatomisch-physiologischen Verhältnisse des Mundes nach¬ 
ahmen wollten. 

Bei der Konstruktion der Lokomotive und des Dampf¬ 
bootes hat man sich nicht die Fortbewegungsart eines Tieres 
zum Muster genommen, sondern liess sich von mechanischen 
Prinzipien leiten. Ebenso unpraktisch wäre es, wenn wir die 
Verschiedenheit zwischen den Plattengebissen und den natür¬ 
lichen Kauwerkzeugen nicht berücksichtigen wollten. 

Die natürlichen Zähne sitzen fest im Kiefer, die künst¬ 
lichen nur auf der Platte und auch das nicht immer. Und 
nun sollen wir nach anatomischen Prinzipien eine ursprüng¬ 
liche Artikulation hersteilen, ohne dass uns die anatomischen 
Befestigungsmittel zu Gebote stehen; ja ohne dass auch der 
Kiefer die ursprüngliche Form mehr hat, da er doch im aller- 


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134 


Dr. Heinrich Reschofsky, Wien. 


günstigsten Falle gleichmässig, aber auf jeden Fall ge¬ 
schwunden ist und wir mithin meistens nicht mehr in der 
Lage sind, die Zähne an die ursprüngliche Stelle zu setzen. 

In ungünstigen Fällen, wo die Aufstellung der Zähne 
nach den anatomischen Verhältnissen versagt, verzichte ich auf 
die vollkommene Ausnützung der Kautlächen und übertrage 
die mechanischen Prinzipien der Hebelbewegung auf die Gebiss¬ 
platten. 

Eine anatomische Unrichtigkeit möchte ich noch korrigieren. 

Auch Wallisch behauptet, dass beim Verschieben des 
Unterkiefers die inneren Höcker der unteren Backen- und 
Mahlzähne auf die äusseren Höcker der oberen Zähne treffen. 



Das findet nun nie gleichzeitig statt, da ja die beiden Kiefer 
bei der Rotierung im Winkel zu einander stehen. Während 
z. B. beim Weisheitszahne der vordere innere Höcker den 
oberen äusseren berührt, steht der innere Höcker des ersten 
Bicuspis ganz ausserhalb des Oberkieferbogens. Und so stehen 
dazwischen sämtliche Kauflächen des Ober- und Unterkiefers 
in einem der Verschiebung entsprechenden horizontalen 
Winkel zu einander. 

Diese Winkelstellung ist natürlich nicht zu verwechseln 
mit jener in der vertikalen Ebene, welcher nach Walker 
durch die einseitige Senkung des Gelenkköpfchens entsteht. 

Gestatten Sie mir, das vorherige graphisch zu veran¬ 
schaulichen : 


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Ueber die Kantüchtigkeit der Plattengebisse. 


135 


Wenn auf eine schiefe Ebene ein Druck ausgeübt wird, 
so gleitet der Körper, auf welchem sich die schiefe Ebene be¬ 
findet, in der Richtung, in welcher derselbe höher ist oder, 
wenn hiefur Hindernisse bestehen, so dreht er sich nach der¬ 
selben Richtung. 

In zeichne zuerst einen frontalen Durchschnitt der Kiefer 
in der Molargegend (Fig. 5 und 5 a). 

Im Oberkiefer stehen dieselben senkrecht mit angeblich 
horizontaler Kaufläche. Durch das Tieferstehen der äusseren 
Kauhöcker entsteht eine nach innen sich senkende schiefe 
Ebene. Solange die Zahnreihen ohne irgend eine Zwischen¬ 



lage geschlossen werden, bleibt die Platte ruhig am Platze, 
weil sich die Zähne auf beiden Seiten gleichzeitig berühren. 
Wenn aber eine Speise dazwischen kommt, so drückt infolge 
der Verschiebung der untere Molar zuerst auf die äussere 
Kante des oberen Molaren und da diese Kante schon ausser¬ 
halb des Kieferbogens ist, hebelt er die Platte auf der anderen 
Seite ab. Und wenn wir das bemerken und richtig deuten, 
so können wir auch leicht Abhilfe schaffen. 

Wir brauchen nur die Kaufläche in einem nach aussen 
offenen Winkel zur Horizontalen zu stellen (Fig. 6). Dadurch 
gleitet die eine Komponente des Kaudruckes im ersten Stadium 
der Kaubewegung entlang der schiefen Kaufläche, während 
die zweite Komponente den Zahn samt Platte an den Kiefer 


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136 


Dr. Heinrich Reschofaky, Wien. 


andrückt. Aus der vorherigen Ausführung der Muskelwirkung 
ersehen Sie, dass die Resultante der Kraftwirkungen beim 
seitlichbewegten Kiefer nach innen und oben gerichtet ist. Als 
Führung dient die Gleitfläche des Processus condyloideus. 

Noch mehr findet dies statt bei der weiterhin auf die 
schiefe Ebene des Zahnes wirkenden Verschiebung des Kiefers 
nach innen. Unterstützt wird die Wirkung, wenn man den 
Patienten anweist, die Speisen von oben gegen unten in den 
Mund zu schieben und nicht, wie es gewöhnlich geschieht, 
von unten nach oben. 

So manches unrichtig gestellte Gebiss ist gerade dadurch 
gebrauchtüchtig geworden, dass der Zahnarzt durch nachträg¬ 
liches Abschleifen unbewusst diese Verhältnisse herstellte. 



Eine Parallelität der oberen und unteren Molarreihen können 
wir leider schon aus demselben mechanischen Grunde nicht 
darstellen. Die Kaufläche des unteren Molaren darf nicht nach 
innen geneigt sein, da dieselben Erscheinungen infolge der 
geringen Stabilität in noch höherem Grade zustande kämen. 

Da sich somit nicht die ganzen Kauflächen berühren 
muss die Kaufläche des oberen Molaren recht breit genommen 
werden und die innere Kante so tief als möglich zungenwärts 
verlegt sein, damit beim Kauen eine möglichst grosse Reibe¬ 
fläche erzielt wird. 

Selbstverständlich ist es besser, eine grössere Berührungs¬ 
ebene für die Mahlzähne zu schaffen, aber in den vielen Fällen, 
wo dies nicht gelingt, können wir auch schon fertige Gebisse 


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Ueber die Kautüchtigkeit der Plattengebisse. 


137 


auf diese Weise zuschleifen. Wo halbe Molaren verwendet 
werden, kann man durch Erhöhung des Kautschukbisses eine 
nach oben verlaufende konvexe Kaufläche herstellen. Die Spitze 
der künstlichen Eckzähne lasse ich bei ganzen Gebissen nie vor¬ 
stehen, da ich damit die Zahl der Berührungspunkte verringern 
würde. 

Ich will Ihnen mit Gesagtem eine Anregung zu weiteren 
Beobachtungen gegeben haben und Sie können Vergleiche an¬ 
stellen, wenn Patienten mit Reservegebissen kommen, wovon 
das eine kautüchtig ist und das andere nicht. Sie werden 
dadurch die Richtigkeit meiner Behauptung erwiesen sehen 
bezüglich der Zahnstellung in jeder Dimension, wenn sie 
ausser der einfachen Besichtigung die Differenz in der ganzen 
Höhe des Bisses in der Gegend des Molaren mit dem Taster¬ 
zirkel abmessen. 

Auf diese Weise wird es uns gelingen, wieder einen Teil 
der zahnärztlichen Technik auf wissenschaftliche Basis zu 
fundieren. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Zur Elettatefilisaln putrider ZihundL 

Von Fr. E. Zierler , Zahnarzt in Hamburg. 

Seit die vor 5 Jahren von mir in der „Zahnärztlichen 
Rundschau“ und auf der 72. Versammlung deutscher Natur¬ 
forscher und Aerzte zu Aachen bekannt gegebene und in einer 
späteren Monographie 1 noch näher beschriebene Methode der 
Elektrosterilisation einige Beachtung zu erfahren beginnt, finde 
ich in der zahnärztlichen Literatur verschiedene Angaben über 
den Gegenstand, welche im Interesse der Methode nicht 
unbesprochen bleiben können. 

Zunächst möchte ich die in erwähnter Monographie 
bereits angedeutete Bitte wiederholen, dass man sich, ehe man 

t Beiträge zur Behandlung putrider Zahnwurzeln unter spezieUer . 
Berücksichtigung der Anwendung schwacher galvanischer Ströme (Elektro¬ 
sterilisation). Würzburg, A. Stübers Verlag. 


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Zahnarzt Fr. E. Zierler, Hamburg. 


an die Versuche selbst herantritt, mit den in Betracht 
kommenden elektro-physikalischen, elektro-chemischen und 
elektro-physiologischen Fragen etwas genauer bekannt machen 
möge, als es in einzelnen Fällen geschehen zu sein scheint. 

Unerlässlich sind neben dem geeigneten Apparat, den 
man selbstverständlich auch kennen lernen muss, die geeigneten 
Elektroden. 

Als Anode (aktive Elektrode) dient am besten eine feine, 
in eine fast haarscharfe Spitze auslaufende Nadel aus Platin- 
Iridium. Zvveckmässigerweise hält man sich mindestens drei 
solcher Nadeln verschiedener Stärke. Es ist unrationell, einfach 
n ein Stück Platindraht“ in die Wurzel oder eventuell nur in 
den Zahn zu stecken, unbekümmert darum, wie weit dieser 
Draht reicht. Wenn trotz dieser Methodik Erfolge erzielt wurden, 
so ist das vielleicht ein erfreulicher Beweis für deren Wirk¬ 
samkeit, aber es sind Zufallserfolge. Sicher ist der Erfolg nur 
dann, wenn die Nadel bis nahe an das For. apicis geführt 
wird. Dazu bedarf es einer steifen Nadel, gerade noch bieg- 
und schmiegsam genug, um sich in den Wurzelkanal bei dessen 
mitunter gekrümmter Form einschieben zu lassen. Platin ist 
hinsichtlich dieser Forderung zu weich. 

Man lasse sich auch die Mühe nicht verdrossen, bei mehr¬ 
wurzeligen Zähnen jeden Kanal für sich zu sterilisieren. Wenn 
man sich in dem Bestreben nach Erhaltung eines Zahnes zu 
viel komplizierteren Methoden entschliesst, so ist die gesonderte 
Sterilisation jeder einzelnen Wurzel einen Aufwand von 12 bis 
15 Minuten sehr wohl wert Ich habe ausserdem experimentell 
und in der Praxis feststellen können, dass nur die Anwendung 
einer Stromintensität von 3 Milliampere bei 10 Minuten 
Dauer und genügend tiefer Einführung der Nadel eine voll¬ 
kommen sichere Sterilisation des Wurzelinhaltes gewährleistet. 1 
In meiner Monographie, sowie in den allerersten Veröffent¬ 
lichungen im Jahre 1900 habe ich das schon ausdrücklich betont. 


1 Untersuchungen über die Abtötung von Bakterien durch schwache, 
therapeutisch verwertbare Ströme. Von Prof. Dr. K. B. Lehmann und 
Fr. Zierler. Archiv für Hygiene 190', Band 46. 


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Zur Elektrosterilisation putrider Zahnwurzeln. 


139 


Werden nun beispielsweise die drei Wurzeln eines oberen 
Molars unter solcher unrichtiger Methodik zu sterilisieren versucht, 
so ergibt sich unter Voraussetzung dreier gleicher und auch 
gleich tief in die drei gleich feuchten Zahnwurzeln eingeführten 
Elektroden für jede derselben eine Stromintensität von nur 

1 Milliampere, wenn das Galvanometer eine Gesamtintensität 
von 3 Milliampere anzeigt. An jeder Elektrode wird also auch 
nur ein Drittel der Chlormenge ausgeschieden, welche zur 
sicheren Wirkung als nötig erkannt worden ist. 

Warum das so ist, brauche ich wohl nicht aus ein¬ 
schlägigen Lehrbüchern hier zusammenzutragen; der aus¬ 
reichend Informierte muss das wissen. 

Die Gesamtintensität auf 9 Milliampere zu steigern, da¬ 
mit jede der drei Wurzeln auf ihren auskömmlichen Teil 
kommt, geht nicht an, u. zw. aus verschiedenen Gründen, die 
ich als bekannt voraussetzen muss, wenigstens bei dem, der 
sich mit Elektrosterilisation abgeben will. 

Wer nun noch obendrein in allen Fällen mit nur 1*5 bis 

2 Milliampere und kürzerer Dauer als 10 Minuten auskommen 
will, geht nicht den sicheren Weg, soweit er uns geboten ist, 
sondern den des Zufalles. 

Ich habe eingehende Versuche darüber angestellt, die 
Intensitätsgrenze, resp. die der Dauer festzustellen und das 
Minimum zu bestimmen. Häufige Erfolge in der Praxis, deren 
Verhältnisse sich im Experiment nicht immer und ganz gleich¬ 
artig nachahmen lassen, machten auch mich geneigt, eine 
geringere Intensität, resp. Dauer als genügend anzunehmen. 
Sehr bald aber musste ich auf Grund erlebter negativer Erfolge, 
deren Quelle sich auch mit ziemlicher Sicherheit jederzeit 
erkennen liess, zu dem Grundsatz zurückkehren, der sich in 
den drei Forderungen formulieren lässt: 3 Milliampere, 10 Mi¬ 
nuten, tief bis nahe an das Foramen apicale. 

Ich ziehe ausnahmslose und korrekte Berücksichtigung 
dieser Forderungen dem unsicheren, nur auf die Möglichkeit 
des Erfolges begründeten Experimentieren entschieden vor, 
will selbst nicht mehr davon abgehen und möchte es auch 
anderen empfehlen. 


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Zahnarzt Fr. E. Zierler, Hamburg. 


Auf diese Weise wird fast ausnahmslos auch eine einzige 
anstatt mehrerer Stitzungen zur Sterilisation genügen, was 
sicher nicht zu unterschätzen ist. 

Eine vor ungefähr l 1 /* Jahren gemachte Erfahrung hat 
mich noch besonders in meiner Methodik bestärkt. 

Es handelte sich um einen 3|, welcher vor zirka 
15 Jahren in Paris behandelt und gefüllt worden war und 
nun eine periostale Reizung zeigte. Es ging gerade noch, 
den Zahn sofort zu öffnen, ohne der Patientin durch Entfernung 
der mesial-lingualen Goldfüllung und Eröffnung des Wurzel¬ 
kanales unerträgliche Schmerzen zu verursachen. Die Wurzel 
war sehr exakt mit Jodoform gefüllt, was nicht nur durch 
den Geruch, sondern auch durch die deutlich sichtbare 
Anwesenheit von Jodoform-Kristallen zu erkennen war. Der 
Jodoformgeruch war so prävalent, dass sich ein anderer 
Geruch nicht feststellen liess. 

Das Lumen des Wurzelkanales war bis oben ziemlich 
weit und sehr gut zugänglich; bei der Reinigung mit Watte- 
fasem zeigte sich nur wenig und sehr dunkles Blut, aber kein 
Eiter. Da die Sitzung bereits ziemlich lange gedauert hatte, 
weil die vollständige Eröffnung des Zahnes und Entfernung 
der Goldfüllung wegen der starken Empfindlichkeit doch nur 
mit Unterbrechungen vorgenommen werden konnte, so entliess 
ich die Patientin nach völliger Sistierung der Blutung mit 
einer Wurzeleinlage aus 1 prozentiger Kochsalzlösung auf Watte 
und verschloss die Kavität mit einem ebenfalls möglichst lose 
eingelegten Tampon. Die druckempfindliche, der Lage der 
Wurzelspitze entsprechende Stelle hoch oben am Zahnfleisch 
bepinselte ich leicht mit Jod-Aconittinktur. Eine für abends 
erbetene Nachricht meldete völlige Schmerzlosigkeit. Am über¬ 
nächsten Tag nahm ich die Elektrosterilisation vor, aber mit 
nur 2 Milliampere Stromintensität. 

Veranlasst wurde ich zu diesem Versuch durch die Scheu 
der ziemlich sensiblen Patientin vor dem „Elektrisieren“, das 
sie vom Faradisieren her in sehr unangenehmer Erinnerung 
hatte. Als bei Anwachsen des Stromes bis 2 Milliampere ein 
an der Kathode fühlbar werdendes Kribbeln die Dame ängst- 


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Zur Elektrosterilisation putrider Zahnwurzeln. 


141 


lieh machte, blieb ich bei dieser Intensität und liess nach 
10 Minuten den Strom wieder abschwellen, in der Hoffnung, 
dass ein Erfolg immerhin möglich sei, weil andere von „aus¬ 
nahmslos guten Resultaten“ bei 1*5 bis 2 Milliampere berich¬ 
teten. Nach Entfernung der Elektrode füllte ich den Wurzel¬ 
kanal mit der inzwischen vorbereiteten Paste. Ich verwende 
seit 5V, Jahren hiezu Zinkoxyd mit Thymol 20:5, frisch 
verrührt mit einer Flüssigkeit aus Acid. carb. liquef. und 
Oleum Caryophyll. ana. Seit etwa einem Jahre benütze ich 
als Flüssigkeit auch mitunter Ol. Caryoph. mit Chlorphenol 
10:2, bis jetzt mit gleichen Erfolgen. 

Das Cavum dentis verschloss ich mit Fletchers Art. 
Dentin. Schon am nächsten Morgen traten heftige, mit un¬ 
gewöhnlich starker Anschwellung verbundene Schmerzen auf 
und machten die schleunigste Entfernung der ganzen Füllung 
nötig. Durch den Wurzelkanal entleerte sich spontan eine 
relativ reichliche Menge Eiter. Die Schmerzen Hessen zwar 
a tempo nach, doch die Anschwellung blieb noch einige Tage 
bestehen und ging nur langsam zurück. Der Wurzelkanal 
wurde am ersten Tag offen gelassen, dann täglich gespült, 
resp. mit Einlagen aus Watte mit Kochsalzlösung versehen, 
bis jede Sekretion aufhörte. Am fünften Tag nach Entfernung 
der Wurzelfüllung entschloss ich mich zu dem Experimentum 
crucis durch erneuerte Elektrosterilisation. Verwendet wurde 
die gleiche Elektrode; es war meine stärkste und erforderte 
in dem ziemlich weiten Kanal noch eine Bewicklung mit Watte, 
um fest zu liegen, wie das auch bei der ersten Elektrosterilisation 
der Fall war. Da ich mir die Länge der Elektrode, so weit 
sie in den Wurzelkanal eindringt, zu notieren pflege, um für 
den Fall eines Misserfolges einen Anhaltspunkt zu haben, ob 
ich auch tief genug gekommen war, so konnte ich bei der 
zweiten Elektrosterilisation auch genau die gleiche Tiefe beob¬ 
achten. Auch die Stromspannung war mit Erreichung einer 
Intensität von 2 Milliampere die gleiche wie ehedem. Erkennbar 
ist das daran, wie viel Widerstände man auszuschalten hat 
bei gleichbleibender Stromspannung, die meiner Beobachtung 
nach bei Strassenanschluss in einer Grossstadt ziemlich konstant 


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Zahnarzt Fr. E. Zierler, Hambarg. 


ist. Die Patientin, weiche auch nicht mehr die anfänglich ge¬ 
zeigte Angst hatte, gestattete die Anschwellung des Stromes 
bis 3-2 Milliampere, obwohl sie den Strom auch diesmal am 
Unterarm etwas zu fühlen angab. Nach 11 Minuten langer 
Applikation der vollen Intensität liess ich den Strom ab¬ 
schwellen, entfernte die Elektrode und verschloss den Wurzel¬ 
kanal genau in der gewohnten Weise mit der erwähnten 
Thymolzinkpaste, nur dass ich die Wattefaser etwas länger 
wählte und dieses Plus im Cavum der Pulpakammer fest¬ 
drückte, anstatt mit Fletcher den Raum zu füllen. Patientin 
wurde angewiesen, bei Eintritt von etwaigen Schmerzen wo¬ 
möglich sofort wieder zu kommen und auf alle Fälle bei ge¬ 
ringster Empfindlichkeit des Zahnes mittels eines mitgegebenen 
Instrumentes die Wurzelfüllung zu entfernen. Im günstigen 
Falle wolle ich die provisorische Füllung des Zahnes nach 
3 Tagen vollenden. Als sie nach 3 Tagen wieder kam, erzählte 
sie, dass sie in der ersten Nacht, kurz nachdem sie das Bett 
aufgesucht hatte, wohl eine geringe Empfindlichkeit des Zahnes 
bemerkt habe. Da sie jedoch das mitgegebene Instrument nicht 
mit ins Schlafzimmer genommen, sondern erst selbst hätte 
holen müssen, so habe sie mit der Entfernung der Wurzel- 
füllung noch gewartet und sei darüber dann eingeschlafen. 
Am Morgen und seither habe sie auch nichts mehr verspürt. 
Ich verschloss den Zahn provisorisch mit Zement und nach 
5 Wochen ersetzte ich denselben durch Porzellan. Seit nun¬ 
mehr 18 Monaten ist keine Reaktion eingetrelen. 

Das ist nun zwar noch kein Beweis absoluter Sterilität, 
wenn man sich erinnert, dass der betreffende Zahn vordem 
mit Jodoform gefüllt 15 Jahre lang reaktionslos geblieben 
war, wobei eine latent gebliebene Sepsis nicht absolut aus- 
zuschliessen ist. 

Ohne mich auf Erörterungen von Möglichkeiten einzulassen, 
glaube ich aber doch den Ablauf dieses charakteristischen 
Falles mitteilen zu sollen, weil er in eklatanterer Weise als 
ältere Fälle aus der Praxis auch zu demonstrieren geeignet 
ist, was ich beim Laboratoriumsexperiment häufig beobachten 
konnte, nämlich, dass eine Stromintensität von weniger als 


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Zar Elektrosteriüsation putrider Zahnwurzeln. 


143 


3 Milliampere in 10 Minuten nicht zur sicheren Sterilisation 
ausreicht. Experimentell habe ich auch zu konstatieren Gelegen¬ 
heit gehabt, dass die Elektrode im Interesse sicheren Erfolges 
bis ganz nahe an das Foramen apicis reichen muss. In der 
Praxis habe ich darüber zu experimentieren unterlassen, in 
einem Falle aber bei nachträglicher Extraktion eines oberen 
Molaris konstatieren können, dass der ausgebliebene Erfolg 
auf die unvollständige Zugänglichkeit der mesial-buccalen 
Wurzel zurückgeführt werden könne. Eine abnorme Flexion 
derselben, verbunden mit einer solchen Verengerung, dass sich 
das umgebogene Ende auch später für die feinste Elektrode 
nur schwer passierbar zeigte, war sehr wahrscheinlich das 
Hindernis positiven Erfolges. Ich sage ausdrücklich * wahr¬ 
scheinlich“, denn ein hier erforderlicher, sicherer und einwand¬ 
freier Beweis ist es noch nicht. Ich möchte aber dringend 
raten, trotz mancher Erfolge nicht oberflächlich, sondern unter 
Beobachtung aller Kautelen zu sterilisieren. Namentlich ist das 
bei Wurzeln mit putridem Detritus nötig. 

Wird ausnahmsweise eine Intensität von 3 Milliampere 
aus irgend welchem Grunde nicht erreicht, so verlängere man 
die Dauer in entsprechender Weise. Die Formel dafür befindet 
sich in meiner Monographie. 

Mitunter fand ich bei Beschreibung meiner Methode, so 
zum Beispiel in Prof. Dr. Jungs neuem Buch „Das Füllen 
der Zähne und die verwandten Arbeiten“, die Angabe, dass 
es sich dabei um die elektrolytische Zersetzung einer in die 
Wurzel eingebrachten Kochsalzlösung handle. 

Das ist nur in gewissem Sinne richtig. Ich habe zwar 
seinerzeit angegeben, dass man die Zahnhöhle mit 1 prozentiger 
Kochsalzlösung tränken möge, so dass dieselbe womöglich auch 
in die Wurzelkanäle eindringe, dass man die Nadelelektrode, 
wenn nötig, resp. möglich, mit einer Wattefaser umwickelt und 
in die Kochsalzlösung getaucht in den Kanal einführen solle. 
Nötig und von wesentlichem Vorteil ist diese Vorbereitung aber 
nur dann, wenn es sich um so weite Wurzelkanäle handelt, 
welche durch die Nadelelektrode nicht oder nur sehr unvoll¬ 
kommen ausgefullt werden. Bei sehr engen Wurzelkanälen 


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Zahnarzt Fr. E. Zierler, Hamborg. 


wird das Füllen oder Spülen mit Kochsalzlösung oder die 
Einführung einer umwickelten Elektrode vergebliches Bemühen 
bleiben. 

Der Gehalt an Chlornatrium, den der Körper, auch der 
putride Inhalt einer Zahnwurzel und das Dentin etc., aufweisen, 
ist ausreichend, um die zur Desinfektion nötige Menge Chlor 
an der Anode auszuscheiden. 

Bei weiten Wurzelkanälen durch Chlornatriumlösung und 
eventuell auch noch durch Bewicklung der Anode die 
möglichst innige leitende Verbindung mit dem Körper her¬ 
zustellen, ist der Hauptzweck der von mir empfohlenen An¬ 
wendung von 1 prozentiger Kochsalzlösung. Diese Konzentration 
empfiehlt sich praktisch, weil sie neben bequemer Herstellung 
gleichzeitig der physiologischen Konzentration ziemlich ent¬ 
spricht und aus anderen Gründen, welche an anderer Stelle 
zur Erörterung gelangen sollen, rationell erscheint. 

Gerade in dem Umstand, dass es ohne Reinigung, ohne 
Einführung irgend welcher Medikamente oder Hilfslösungen 
noch gelingt, solche Wurzelkanäle zu sterilisieren, welche 
keinem anderen Instrument als nur noch der feinen Platin- 
Iridiumnadel zugänglich sind, also gar nicht gereinigt oder 
durchgespült werden können, erblicke ich den grössten Wert 
der Methode. Ich vermute, dass bei vorhandenem oder durch 
genannte Hilfsmittel unterstützten guten Anschluss der Elek¬ 
trode an die Wandung des Wurzelkanales frei werdendes 
Chlor auch zum Teil in das Dentin mechanisch zurückgepresst 
wird und die Wirkung unterstützt. Auch aus diesem Grunde 
sollten geeignet geformte Elektroden (anstatt „ein Stück Platin- 
drahl“) und auch möglichst weit in den Wurzelkanal eingeführt 
werden. Auch wenn das geschilderte „vereinfachte Verfahren“ 
meistens genügen würde, könnte ich es nicht empfehlen. Das 
Bessere — und hier ist es durch Experiment und Praxis hin¬ 
reichend erkannt — ist immer der Feind des nur Guten und 
soll gewissenhafterweise nicht vernachlässigt werden. Die 
Erhaltung eines Zahnes ist wichtig genug, sich relativ kleine 
Mühen nicht verdriessen zu lassen, auch auf die Möglichkeit 
hin, dass es mit weniger Sorgfalt vielleicht auch geht. So 


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Zur Elektrosterilisation putrider Zahnwurzeln. 


145 


weit und so bequem wir es in der Hand haben, darf der 
Wahrscheinlichkeit, und wenn sie 100 zu 1 wäre, kein Spiel¬ 
raum gelassen werden. 

Zu den Angaben, welche der Methode zum Unheil 
gereichen können, rechne ich auch teilweise die Erläuterungen 
zur Elektrosterilisation, welche in der „Kleinen elektrodentalen 
Preisliste 1905“ von Reiniger, Gebbert & Schall in 
Erlangen angeführt sind. 

Wenn dort ohne Einschränkung gesagt ist, dass die 
Eiterung „sofort beseitigt“ wird, dass man bei mehr wurzeligen 
Zähnen in jeden Wurzelkanal eine gesonderte Platinnadel 
einführen und dieselben ausserhalb des Zahnes vereinigen soll, 
dass es sich empfehle, bei „Zahngeschwüren“ eine abgestumpfte 
gebogene Platinelektrode in die „Zahnfleischtasche“ einzuführen 
und einen Strom von 2 Milliampere 5 Minuten lang anzuwenden, 
so verwahre ich mich ganz energisch gegen den Verdacht der 
Urheberschaft solcher Angaben, welche nicht nur unklar in 
der Diktion sind. 

Ich werde mich bemühen, dass brauchbare Elektroden 
erhältlich sind. Auch bei der mit dem —Pol verbundenen, am 
besten oberhalb des linken Handgelenkes des Patienten 
befestigten Plattenelektrode ist Form und Art nicht so ganz 
gleichgiltig. Es ist nicht rationell, dem Patienten die Elektrode 
einfach in die Hand zu geben. Erstens erzeugt verschieden 
festes Anfassen allein schon Stromschwankungen. Lässt der 
Patient plötzlich ganz los (und das kann bei einer 10 Minuten 
langen Dauer der Applikation schon allein durch Vergessen 
Vorkommen) oder weil der Strom zu „kribbeln“ beginnt, so 
ist ein ganz netter Trennungsschlag die sehr unerfreuliche 
Folge. Einer solchen sich auszusetzen finde ich mindestens 
unvorsichtig. 

Die Metallplatte darf nicht zu klein sein (ungefähr 4 : 6 Cm.) 
und muss einen wechselbaren Ueberzug aus Waschleder, 
eventuell noch mit unterlegter Watte, haben, welcher durch 
Kochsalzlösung leitend gemacht wird. Kork ist brauchbar, aber 
meiner Ansicht nach weniger zu empfehlen als Waschleder. 
Die zum Anfeuchten benützte Kochsalzlösung sei nicht oder 

io 


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Zahnarzt Fr. E. Zierler, Hamburg. 


nur wenig stärker als 1 Prozent. Ungelöste Salzpartikelchen 
auf die Minuselektrode zu bringen vermeide man strengstens. 
Sie machen sich auf der Haut eventuell sehr unliebsam bemerk¬ 
bar. Nirgends darf Metall die Haut leitend berühren. 

Auf eine Reihe weiterer, weniger wesentlicher Details ein¬ 
zugehen muss ich mir heute versagen; ich verweise auf das 
bereits in meiner speziellen Arbeit darüber Gesagte. Wenn 
meine dort und vor 5 Jahren in Aachen gegebenen An¬ 
weisungen cum grano salis befolgt werden, auch vielleicht 
noch die im „Archiv für Hygiene“, 1902, Band 46, S. 221 ff. 
gemeinsam mit Herrn Prof. Dr. K. B. Lehmann bearbeiteten 
theoretischen Fragen einer Durchsicht unterzogen und berück¬ 
sichtigt werden, so wird der Erfolg nicht ausbleiben. 

Zum Schlüsse kann ich nicht unterlassen, aus der 
„Schweizerischen Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde“, 1904, 
Heft 1, einige Sätze aus einer Arbeit des Herrn Dr. Hoffen- 
dahl, „Vorläufiger Bericht über die Behandlung der Zähne 
mit putrider Pulpa und der Pyorrhoea alveolaris mittels 
Elektrolyse“ zu zitieren. 

Leider ist mir diese Arbeit und auch ein Artikel von 
Herrn Prof. Dr. Warnekros in der „Berliner klinischen 
Wochenschrift“ erst vor einigen Tagen durch Erwähnung 
derselben in der neuen Preisliste von Reiniger, Gebbert 
und Schall in Erlangen bekannt geworden. Ich hätte sonst 
schon eher einige Worte zur Prioritätsfrage zu sagen unter¬ 
nommen. 

Nach einer kurzen, die Kataphorese berührenden Ein¬ 
leitung und dem Hinweis auf die Beachtenswürdigkeit der 
elektrolytischen Wirkung des konstanten Stromes fährt 
Dr. Hoffendahlfort: „Meine hiermit ausgeführten praktischen 
Versuche haben jetzt einen gewissen Abschluss erreicht, denn 
ich habe gefunden, dass man putride Wurzelkanäle und 
Abszesse oberhalb des Foramen apicale in wenigen Sitzungen 
sterilisieren und chronische Entzündungen des Zahnfleisches, 
wie Pyorrhoea alveolaris u. dgl. ebenfalls in kürzerer Zeit 
bessern, in günstigen Fällen ganz beseitigen kann.“ 


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Zur Elektrosterilisatiou putrider Zahnwurzeln. 


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Es folgen dann einige theoretische Exkurse über Strom¬ 
wirkungen, wobei auch der Untersuchungen von K B. Leh¬ 
mann und Fr. Zierler (im „Archiv füi Hygiene“, 1902, Band 46) 
gedacht ist und unter Beschreibung der Methodik wird über 
die erzielten praktischen Erfolge berichtet. 

Die Arbeit, zu deren Inhalt allerdings auch sonst einiges 
zu sagen wäre, worauf ich dieses Mal nicht eingehen will, 
schliesst dann mit den Worten: „Die wissenschaftliche Begrün¬ 
dung und den weiteren Ausbau der Versuche behalte ich mir 
für spätere Zeit vor.“ 

Herrn Dr. Hoffendahl scheint es demnach unbekannt 
geblieben zu sein, dass ich vier volle Jahre vor ihm, schon im 
Jahre 1900, in Wort und Schrift das von mir planmässig ge¬ 
suchte und herausgebildete Verfahren publiziert und demon¬ 
striert habe, sonst hätte er nicht in dieser Form von seinen 
praktischen Versuchen berichten können, ohne die meinigen 
zu nennen. Er hätte auch nicht die wissenschaftliche Begrün¬ 
dung der erzielten Resultate und den weiteren Ausbau der 
Versuche sich Vorbehalten können. Dieses Reservat haben 
Herr Prof. Dr. K. B. L ehm an n und ich durch die angeführte 
Publikation im „Archiv für Hygiene“ schon mehrere Jahre vor 
Hoffendahls Versuchen vorweg genommen. Auch in dieser 
Arbeit ist schon auf meine nochmals zwei Jahre weiter zurück¬ 
datierenden praktischen Erfolge hin gewiesen. 

Auch Herr Prof. Dr. Warnekros ist daher im Irrtum, 
wenn er in der „Berliner klinischen Wochenschrift“, 1904, 
Nr. 33, sagt: „Als bedeutendste Neuerung ist jetzt die von 
Dr. Hoffen dahl für die Einführung in die Praxis bearbeitete 
Elektrolyse anzusehen, welche Lehmann und Zierler in 
Würzburg zuerst beschrieben haben.“ In dieser Arbeit von 
Prof. Dr. Lehmann und mir ist bereits auf meine praktischen 
Erfolge und deren Publikation hingewiesen. Seit meinem 
Demonstrationsvortrag in Aachen im Herbst 1900 haben meine 
damaligen Angaben auch keiner wesentlichen Modifikation 
mehr bedurft und so viel mir bis jetzt bekannt ist, hat die 
Methode bisher auch von anderer Seite weder Einschrän¬ 
kungen noch Erweiterungen erfahren. Schon in Aachen war 

io* 


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148 


Zahnarzt Fr. E. Zierler, Hamburg. 


ich in der Lage, meine Ausführungen theoretisch und praktisch 
zu belegen, die Methode eingehend zu beschreiben, vorzu¬ 
führen und zu begründen, ohne vage Vermutungen zu riskieren, 
die einer wissenschaftlichen oder praktischen Kritik nicht stand¬ 
halten konnten, denn ich bemühte mich, mit einer reifen 
Sache an die Oeffentlichkeit zu treten. 

Dass es Jahre gedauert hat, bis man den Wert der 
Methode erkannte, sie eingehender versuchte und sich dann 
dafür zu verwenden begann, ist eine bedauerliche Erscheinung, 
aber nicht meine Schuld. Mir hat diese Erfahrung im Interesse 
der Sache oft leid getan, ebenso leid wie die hie und da 
mehr oder weniger unverblümt zum Ausdruck gebrachte 
Aversion, welche allerdings anderen als nur sachlichen Gründen 
zu entspringen schien. Es sollte mich sehr freuen, wenn das 
Prognostikon, welches Herr Privatdozent Dr. W e i s e r im 
Oktoberheft des „Korrespondenzblaltes für Zahnärzte“ dieser 
Methode gestellt hat, sich bald realisieren sollte. Nur gegen 
die von Herrn Dozenten Dr. Weiser übrigens ganz bona fide 
gebrauchte Bezeichnung „Hoffendahls Methode u muss ich pro¬ 
testieren und denke, dass mir das Recht hiezu auf Grund 
vorliegender Ausführungen nicht bestritten werden wird. 

* 

Nachtrag. 

Durch die Freundlichkeit des Herrn Herausgebers wird 
mir nachträglich noch eine Publikation des Herrn Dr. Peter 
(cf. vorl. Zeitschrift, Heft 2, April 1905) bekannt, welche ich 
ganz kurz berühren möchte. 

Dr. Peter formuliert 6 Sätze, welche nach meiner bis¬ 
herigen Erfahrung leider nicht durchwegs Geltung behalten 
dürften. 

Zunächst Satz 2 bezüglich der Konzentration des Elektro- 
lytes. Ich benütze lprozentige Kochsalzlösung, und zwar aus 
verschiedenen Gründen eben diese Konzentration. Auf die 
Quantität des auszuscheidenden Chlors etc, welches wir zum 
Zweck der Sterilisation benötigen, hat die Konzentration inner¬ 
halb der uns anderweitig gesetzten Grenzen keinen Bezug, 


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Zur Elektro8terili8ation putrider Zahnwurzeln. 


149 


denn die freiwerdende Chlormenge ist zunächst von der Strom¬ 
stärke abhängig. So lange wir quasi unlösliche Elektroden 
(Platin-Iridium-Nadeln) benützen und auch an der Anode keine 
Lösungen verwenden, deren elektropositive Bestandteile auf 
der Weiterwanderung infolge kataphorischer Stromwirkung 
unseren Absichten hinderlich sein könnten, brauchen wir uns 
um die Einschränkung kataphorischer Erscheinungen nach 
meiner Ansicht kaum sonderlich zu bemühen. Auch abgesehen 
davon glaube ich annehmen zu können, dass wir bei der so 
geringen möglichen Menge von Chlornatriumlösung, welche 
wir neben der Elektrode noch in einem Wurzelkanal deponieren 
können, die Kataphorese kaum in nennenswertem Grade be¬ 
einflusst werden kann, ob wir nun 1 prozentige oder kon¬ 
zentrierte Lösung verwenden. Das Natrium der Kochsalzlösung 
dürfte den Effekt wenig oder nicht verändern; eher kämen 
vielleicht Bakterienproteine, resp. Nucleoalbumine in Betracht, 
welche wir der kataphorischen Stromwirkung zu entziehen 
bestrebt sein müssten, um diese Gifte nicht zu verschleppen. 
Das scheint jedoch nicht der Fall zu sein. 

Aus praktischen Gründen und in der theoretischen Er¬ 
wägung, die grössere Isotonie der 1 prozentigen Lösung mit 
den Bakterien sowohl, als auch mit dem Gewebe der Um¬ 
gebung benützen zu sollen, wählte ich die genannte Kon¬ 
zentration. So weit es sich um die einfache, sagen wir typische 
Anwendung der Elektrosterilisationsmethode handelt, habe ich 
für einen erwähnenswerten kataphorischen Teileffekt, id est für 
eine Kombinationswirkung bisher keine Beweise aufzufinden 
vermocht. Ebensowenig kann aber eine solche kombinierte 
Wirkung negiert werden. 

Aus diesem Grunde mit dürfte auch Satz 3 der Peter- 
schen Formulationen nicht ganz uneingeschränkte Giltigkeit 
haben. Undurchgänglichkeit und Unzugänglichkeit ist nun aller¬ 
dings nicht ein und dasselbe. Unzugänglichkeit eines Wurzel¬ 
kanales, welcher mitunter ganz unauffindbar sein kann, wird 
wohl — wenigstens für Elektrosterilisation — eine Kontra¬ 
indikation bleiben, wie Breuer schon angegeben. Anders ver¬ 
hält es sich vielleicht, wenn man unter Verwendung anderer 


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150 


Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


Lösungen als Kochsalzsolution absichtlich die Kataphorese 
zuhilfe nimmt. Beweiskräftig sind die von mir dabei erzielten 
Resultate auch noch nicht und ich muss mir noch versagen, 
darauf einzugehen; ebensowenig kann ich von relativ sicheren 
Erfolgen sprechen, wenn auch die günstigen Resultate stark 
überwiegen. Hoffentlich gelingt es vereinten Kräften, auch hier 
dem Ziele näher zu kommen. 

Kurz erwähnen möchte ich noch, dass die Anwesenheit 
der Kochsalzlösung keine conditio sine qua non bildet. Der 
putride Inhalt einer zugänglichen Zahnwurzel, vorausgesetzt, 
dass er genügend feucht ist, lässt sich auch ohne Hinzufügen 
von Kochsalzlösung durch die angegebenen 30 Einheiten sicher 
sterilisieren. Dass man entfernbaren Detritus nicht in der Wurzel 
lässt, ist ja selbstverständlich; mitunter muss man ihn aber 
sitzen lassen, wenn der Kanal so eng ist, dass nur eben noch 
die feinste Nadel einzudringen vermag. Ausdrücklich warnen 
möchte ich davor, solch feine Kanäle erweitern zu wollen, 
obwohl diese Warnung vielleicht überflüssig ist. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Zwei Fälle m Aäantni 

Von Dr. Julius Bock , Zahnarzt in Heidelberg. 

(Mit zwei Tafeln.) 

Wie bekannt, wuchern ungefähr um die sechste bis achte 
Woche des Fötallebens von der Mundschleimhaut Epithelzapfen 
in die Tiefe des darunter liegenden Bindegewebes, an denen 
sich kolbige Verdickungen bilden. Die Zahl dieser Verdickungen 
entspricht der Anzahl der späteren Milchzähne. Zu derselben 
Zeit entwickeln sich auch in der Tunica propria dichtgedrängte 
Bindegewebszellen, die sogenannten Zahnpapillen, welche von 
der labialen Seite des Kiefers nach der lingualen zu gerichtet 
sind und die kolbigen Verdickungen derart umfassen, „dass 
diese wie ein Hut auf den Papillen aufsitzen“. Auf diese Weise 
wird jeder dieser Kolben zu einem Schmelzorgan. Eine weitere 


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Zwei Fälle von Adamantiuom. 


151 


Umwandlung dieses Organes geht nun in der Weise vor sich, 
dass die der Papille aufsitzenden inneren Zellen hohe Zylinder¬ 
zellen werden; man heisst sie innere Schmelzzellen. Die 
äusseren Zellen dagegen platten sich ab und werden immer 
niedriger. Es sind dies die äusseren Schmelzzellen. Die zwischen 
beiden Zellschichten liegenden Zellen, welche die sogenannte 
Schmelzpulpa bilden, werden durch eine „Vermehrung der 
Interzellularsubstanz zu sternförmigen, untereinander anastomo- 
sierenden Zellen“. 

Jenes in die Tiefe gewucherte Epithel wird nun nicht 
vollständig zur Zahnbildung aufgebraucht, sondern es bleiben 
Reste davon zurück, die entweder vollständig zugrunde gehen 
oder im Kiefer unverändert liegen bleiben. Malassez, der 
sich als der erste mit dem Studium der paradentären 
Epithelialreste, wie man die Abkömmlinge der Epithel- 
zapfen nennt, beschäftigte, lässt die Frage, ob diese Epithel¬ 
reste der „Ausgangspunkt von überzähligen Zähnen oder 
gar einer dritten und vierten Dentition sind“, offen; nähere 
Untersuchungen darüber sind nicht angestellt worden. Dagegen 
hat er sich speziell mit Untersuchungen beschäftigt, welche 
pathologische Rolle diese Epithelreste beim Menschen spielen 
und kam zu der Ueberzeugung, dass sie bei der Bildung von 
Kiefertumoren von ganz besonderer Bedeutung sind. Hiebe 
betont er, dass es von grosser Wichtigkeit ist, ob diese Epithel¬ 
reste, die durch irgend einen Umstand zur Wucherung 
kommen, in der Nähe von Zahnwurzeln sich befinden oder 
mehr in der Tiefe liegen. Der Autor weist in seiner Arbeit 
daraufhin, dass die Lokalisation dieser Epithelreste für 
den Charakter des sich daraus entwickelnden Tumors mass¬ 
gebend ist. Er behauptet auch, dass die Tumoren, die als 
Typus das Schmelzepithel haben, inmitten des Kiefers ent¬ 
standen sein müssen, also paradentären Ursprungs sind. 

Zwei zu dieser Kategorie von Tumoren gehörige Fälle 
die den Typus des Schmelzepithels zeigen und in der neueren 
Literatur als Adamantinome bezeichnet werden, möchte 
ich im folgenden beschreiben. 


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152 


Dr. Julius Bock, Heidelberg. 

Erster Fall. 

Patient M. 0. kommt am 6. Dezember 1903 in die 
chirurgische Klinik zu Erlangen wegen einer Schwellung am 
Unterkiefer. Patient ist 32 Jahre alt, Vorarbeiter, verheiratet 
und angeblich immer gesund gewesen. Eltern und Geschwister 
des Patienten leben und sind gesund. Vor 2 Jahren im Winter 
bemerkte er im linken Unterkiefer „Ticken“. Später stellten 
sich bei ihm Schmerzen ein und es bildete sich ein Geschwür. 
Er liess sich damals vom Bader vier Zähne ziehen. Daraufhin 
bekam er eine Eiterung ebendort, weswegen ihn der Bader 
öfters inzidierte. 2 Monate nach den ersten Zahnschmerzen 
bildete sich dann der jetzige Zustand aus. 

Status praesens: Patient ist kräftig gebaut, gut 
genährt und hat gesundes Aussehen. Die linke Unterkiefer¬ 
gegend ist in der Gegend des Foramen mentale fast hühnerei¬ 
gross vorgewölbt. Die Haut ist ohne entzündliche Erscheinungen. 
Der Mund kann gehörig weit geöffnet werden. Im linken Unter¬ 
kiefer stehen nur beide Schneidezähne und der Eckzahn. Die 
übrigen fehlen. Dicht neben dem Dens caninus beginnend, 
finden wir eine bis zum aufsteigenden Kieferast nach hinten 
reichende, in toto 2 1 /« Cm. breite, den Mundboden nach unten 
und nach aussen vorwölbende Zahnfleischwucherung. Diese ist 
auf der Oberfläche zerfallen. Aus den Alveolen entleert sich 
dünnflüssiger gelber, nicht fötid riechender Eiter. Drüsen¬ 
schwellungen sind keine vorhanden. Uebrige innere Organe 
ohne nachweisbare Störung. Reinigung der Mundhöhle durch 
häufige Spülungen, Desinfektion, Desordorantia. Die Diagnose 
wurde auf Sarkom gestellt. Am 10. Dezember Operation, 
Desinfektion. Der Schnitt wurde durch die Weichteile bis auf 
den Unterkieferknochen geführt; dann wurde das Periost zurück¬ 
präpariert und der Kieferknochen in der Medianlinie am Kinn 
durchsägt und die Weichteile von der linken Kieferhälfte 
losgetrennt; daraufhin erfolgte die Luxation des Kiefers 
aus dem Gelenk. Vorausgeschickt wurde der Operation die 
Unterbindung der Carotis sin., die am Schlüsse der 
Operation wieder gelöst wurde. Die grossen gesetzten 
Wunden in der Medianlinie des Halses und horizontal zum 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


153 


Kiefer mit Durchschneidung des Mundwinkels links wurden 
teilweise durch Catgut, meist mit Seidennähten vereinigt. Zwei 
Glasdrains wurden an den tiefsten Stellen eingebracht und ein 
komprimierender Verband angelegt. Ein Stückchen am Mund¬ 
winkel wurde gangränös und stiess sich ab. Die Bewegungen 
in der rechten Unterkieferhälfte gingen ziemlich gut. Am 
3. Jänner geheilt entlassen. 

Der Tumor zeigte makroskopisch folgendes Bild: Er sitzt 
dem ganzen Kieferkörper auf, und zwar geht er auf der 
lateralen Seite, dem untern Rand des Unterkiefers entsprechend, 
genau bis zum Angulus mandibulae. Von hier verläuft er schräg 
nach oben, dem Processus coronoideus zu, erreicht denselben 
aber nicht, sondern biegt hier genau 4 Cm. unterhalb desselben 
auf die mediane Seite um. Dort verläuft er über die Crista 
buccinatoria, den Sulcus mylohyoideus bedeckend, zum Angulus 
mandibulae. Das Foramen mandibulare bleibt vollständig frei 
und liegt noch oberhalb der Tumormassen. Die Länge des 
Tumors beträgt von der Resektionsstelle bis zum Angulus 
genau 8*1 Cm. auf der äusseren Seite und auf der inneren 
7*5 Cm. Sein grösster Breitendurchmesser beträgt 5*7 Cm.; sein 
Höhendurc.hmesser ist 5-5 Cm. Die Geschwulst ist also etwas 
grösser wie ein Hühnerei und hat auch ungefähr diese Form. 
Die Konsistenz derselben ist knochenhart. Der ganze Tumor 
macht den Eindruck, wie wenn er mit Periost umgeben wäre. 
Auf der oberen Seite der Geschwulst sieht man die Stelle der 
Umschlagsfalte des Zahnfleisches und der Wange; hier wurde 
der Schnitt von der Stelle des Ramus ascendens bis zum 
Eckzahn geführt, dessen Alveole noch vollständig vorhanden 
ist. Das noch vorhandene Zahnfleisch reicht von der eben 
angeführten Schnittlinie aus über den Kieferrücken bis zur 
Linea mylohyoidea und ist auf der inneren Seite auch voll¬ 
ständig vorhanden. Der Tumor ist vollständig glatt, nur un¬ 
gefähr in der Mitte, wo die Extraktionen früher stattgefunden 
haben, in einer Fläche von ungefähr kleiner Zwetschkengrösse 
faltig und etwas gewuchert. (Siehe Tafel I.) 

An der Stelle, wo der zweite Molar gesessen haben muss, 
ist eine ungefähr stecknadelkopfgrosse Oeffnung, durch die 


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154 


Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


die Sonde ohne Mühe bis 4*5 Cm. in die Tiefe reicht. Etwas 
weiter nach vorne ist eine zweite derartige Oeffnung, in der 
die Sonde aber nur 1 Cm. tief einzudringen vermag. Beide Male 
stösst sie auf eine harte Substanz. An der äusseren Seite des 
Tumors, an der Stelle, wo sich das Foramen mentale des 
Unterkiefers normalerweise befindet, ist eine ovale, haselnuss¬ 
grosse Oeffnung zu erblicken. Die Ränder dieser Oeffnung 
bestehen aus Knochensubstanz. Geht man mit der Sonde ein 
und richtet sie nach oben, so kommt man durch eine von 
oben nicht sichtbare kleine Oeffnung am Alveolarrande heraus, 
die durch scheinbar gewuchertes Zahnfleisch verdeckt ist. Nach 
hinten kann man dieselbe ungefähr 6*5 Cm einführen, und zwar 
entlang dem horizontalen Kieferaste. An der inneren unteren 
Seite des Tumors hängen noch einige Lymphdrüsen von un¬ 
gefähr Bohnengrösse, die bei der Operation mit entfernt wurden. 
Der Tumor wurde ungefähr in der Höhe der Eingangsstelle 
des Canalis mandibularis parallel dem Kieferaste in der Längs¬ 
richtung durchschnitten. Dabei zeigt es sich, dass der Unter¬ 
kieferast in der Reihe der Schneidezähne in einer Stärke von 
ungefähr 0-5 Cm. erhalten ist. Im übrigen werden durch die 
Zerschneidung vier grosse Hohlräume (siehe Tafel 11) eröffnet, 
und zwar sind zwei davon ungefähr gut wallnussgross, während 
die beiden andern Haselnuss- und Bohnengrösse aufweisen. 
Die Hohlräume sind unter sich durch kleinere Oeffnungen 
verbunden und waren mit einer käsig-eitrigen Masse ausgefüllt. 

An dem vordersten Hohlraum, dessen Basis der Kiefer¬ 
knochen selbst bildet, finden wir eine nach aussen gehende 
Oeffnung. Die Wand der Zysten, denn solche sind es doch 
wohl, scheint an dieser Stelle usuriert zu sein. Die Oeffnung 
ist ungefähr pfennigstückgross. Die übrigen Zysten bestehen 
aus einer ziemlich dünnen Knochenschale, die zum Teil knochen¬ 
hart, zum Teil elastisch und sehr dünn erscheint. Die Innen¬ 
wände der Zysten sind glänzend und mit einer dünnen Schicht 
derben fibrösen Gewebes überzogen. Der obere Teil, d. h. der 
Alveolarfortsatz, ist sehr stark verdickt und ungefähr 1 bis 
2 Cm. stark. Er hängt in keiner Weise mehr mit dem Kieferaste 
zusammen, sondern ist vollständig durch die Zysten abgehoben. 


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Zwei fälle von Adamantinom. 


155 


Mikroskopischer Befund: Mikroskopisch betrachtet, 
stellt sich der Tumor als ein Netzwerk von Epithel¬ 
strängen dar, das in eine bindegewebige Zwischensubstanz 
(Fig. 1 a) eingelagert ist. Was zunächst die Epithelstränge 
anbetrifft, so sind sie teils schmälere, teils breitere Züge, die 
ungefähr die gleiche Anordnung und dasselbe Aussehen haben, 
wie beim gewöhnlichen Plattenepithelkrebs, vielleicht mit dem 
Unterschied, dass in diesem Falle die Anastomosenbildung eine 


X X 



Fig. 1. 

a Bindegewebe schematisiert; b hohe Zylinderzeüen; c kubische Zellformen 
d stern- und netzförmige Zellen; e Alveole. 


etwas stärkere ist. Die äusserste (Fig. 16 und c) Zellage 
derselben besteht aus Zylinderzellen; von hier aus runden sich 
die Zellen mehr ab, so dass kubische Formen zustande kommen; 
teilweise folgen auf die Zylinderzellen auch spindelförmige 
Elemente. Die zentralen (Fig. lc und d) Partien einer An¬ 
zahl jener Epithelstränge werden teilweise durch spindlige, 
teilweise durch rundliche Zellen gebildet. Die Zellformen, wie 
sie bis jetzt beschrieben worden sind, haben auf den ersten 
Blick Aehnlichkeit mit den Elementen eines Plattenepithel- 


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Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


krebses. Die hier beschriebenen mikroskopischen Bilder 
stimmen fast völlig überein mit einer Abbildung Ribberts 
in seiner Abhandlung über Adamantinome Fig. 297, pag. 372. 
Ein Vergleich mit der hier beigefügten mikroskopischen 
Zeichnung (Fig. 1) wird die Richtigkeit des oben erwähnten 
Befundes bestätigen. Die anderen jener Epithelstränge zeigen 
in ihren mittleren Partien — die peripheren gleichen den 
oben beschriebenen genau — wieder spindelförmige und 
dann vor allem netzförmige Zellen, die in ihrer Form und 
Anordnung fast vollständig mit den Zellen übereinstimmen, 
wie wir sie in Myxomen finden. Eine mit diesem Bild genau 
stimmende Abbildung ist ebenfalls bei Ribbert pag. 371, 
Fig. 296, zu finden. Das Zwischengewebe besteht aus 
wenig zellreichem Bindegewebe, das zum Teil etwas ödematös 
durchtränkt erscheint, zum Teil myomatösen Charakter hat. 
Ausserdem finden sich zahlreiche Kapillaren in demselben. Von 
einer Bildung von osteoider Substanz ist in den untersuchten Prä¬ 
paraten nichts nachzuweisen. Das Bild, das wir bei Betrachtung 
des Präparates gewinnen, weicht trotz einzelner Aehnlichkeiten 
in jeder Beziehung von dem eines Plattenepithelkrebses ab. Man 
findet keine Epithelperlen, keine Verhornung, überhaupt keine 
Zellformen, die auf ein schnelles proliferierendes Wachstum 
hindeuteten. Anderseits findet auch die Annahme eines von 
den Drüsen der Mundschleimhaut ausgehenden Karzinoms 
durch den histologischen Charakter, welcher keine drüsen¬ 
artigen Zellformen erkennen lässt, keine Bestätigung. Wenn 
wir die hohen, dunkelgefärbten, einschichtig angeordneten Zellen 
betrachten, welche die mit vieler myxomatöser Interzellular¬ 
substanz von einander getrennten sternförmigen Zellen um- 
schliessen, wird man notgedrungen an das Bild des Schmelz¬ 
organes erinnert. 

Zweiter Fall. 

G. W., 42 Jahre, Bauersmann aus D., 25. Februar bis 
9. März 1904. Vor 23 Jahren wurde dem Patienten in hiesiger 
Klinik das linke Bein amputiert. Seitdem war Patient nie mehr 
krank. Vor mehreren Jahren hat sich Patient einen Zahn 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


157 


ziehen lassen und zwar den letzten des rechten Oberkiefers. 
Einige Tage darauf merkte er am Gaumen eine bohnengrosse 
harte Vorwölbung, die nicht schmerzte; nur wenn Patient 
Zahnschmerzen hatte, glaubte er Schmerz und Reissen daran 
zu spüren. Seit einem Vierteljahr ist die Geschwulst bedeutend 
gewachsen und seitdem tut sie auch etwas weh. Schluck¬ 
beschwerden sind gering. 

Status praesens: Kräftiger Mann, von gesundem 
Aussehen. In der Mundhöhle sieht man auf der linken 
Seite eine Vorwölbung, welche etwa vom hinteren Rand 
des harten Gaumens beginnt und den weichen Gaumen 
bis auf einen 1 Gm. breiten, hinteren Saum einnimmt. Der 
Tumor reicht nicht über die Mittellinie herüber und reicht 
nach aussen bis zur Gegend des hinteren Winkels des Alveolar¬ 
fortsatzes. Die hinteren Molarzähne fehlen. Die Geschwulst ist 
von prall gespannter, verdünnter und von erweiterten Gefässen 
durchzogener Schleimhaut überzogen. Die Schleimhaut ist nicht. 
verschieblich, die Konsistenz in den lateralen Partien fast 
knochenhart, in den medialen etwas weicher, dort auch druck¬ 
empfindlich. Die Geschwulst sitzt gegen den hinteren Rand 
des harten Gaumens fest auf. Man fühlt im Nasenrachenraum 
ebenfalls eine Vorwölbung von derselben Beschaffenheit, wie 
in der Mundhöhle. Die Atmung durch die Nase ist frei. Der 
linke Fuss ist amputiert, der etwas unregelmässige Knochen¬ 
stumpf ist mit gut verschieblicher, etwas blau verfärbter Haut 
bedeckt. CJeber der linken Clavicula eine unregelmässige, gegen 
diese verwachsene Narbe. An der rechten Halsseite am vorderen 
Sternokleidorande hat Patient eine verschiebliche Hautnarbe. 
Keine Drüsenschwellung am Hals. 

Am 29. Februar wird der Tumor einfach mit dem 
Meissei samt Gaumenplatte weggeschlagen. Die Höhle tamponiert. 
Am 3. März wird der Tampon gelöst und dem Patienten 
Mundspülungen verordnet. 9. März: Wunde granuliert fast 
vollständig, zeigt nur wenige Schorfe. Auf Wunsch nach Hause 
entlassen. 

Die dem Tumor entnommenen Präparate zeigen folgendes 
mikroskopische Bild: Der Tumor zeigt mikroskopisch einen 


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Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


ausgesprochenen alveolaren Bau. Es handelt sich um grosse 
Alveolen, die durch ganz schmale derbe Bindegewebszüge von 
einander getrennt sind. Teilweise finden wir sogar, dass Alveole 
direkt an Alveole liegt. Die Alveolen bestehen aus im allgemeinen 
epithelial angeordneten Zellen. In den zentralen Partien lockert 
sich jedoch die enge Verbindung der Zellen etwas auf. Dem¬ 
entsprechend haben wir es auch mit einer verschiedenen Ge¬ 
staltung der Zellen, einerseits in den peripheren, andersseits 
in den zentralen Partien zu tun. Die äussere Zellage 



Fig. 2. 

a Hobes Zylinderepithel; 6 stern- und netzförmige Zellen; 
c Bindegewebe schematisiert. 


(Fig. 2 a) besteht aus dicht aneinandergelagerten zylindri¬ 
schen Zellen. In einzelnen der Alveolen finden wir auch 
die äusserste Zellage aus mehr kubischen Zellen bestehend. 
An diese schliessen sich direkt dicht beieinander liegende 
spindelförmige Elemente an. In der Mitte endlich zeigen die 
Zellen deutliche Ausläufer. Sie liegen ziemlich weit auseinander 
und bilden auf diese Weise ein Netz von sternförmigen Zellen 
(Fig. 26), wie solche eingangs bei der Schmelzpulpa be- 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


159 


schrieben worden sind. Es ist im grossen ganzen dasselbe 
Bild, wie in dem vorangehenden Falle. Beide Male haben wir, 
wie auch aus den Abbildungen ersichtlich, die äusserste Zell¬ 
schicht aus Zylinderzellen bestehend, an die sich polygonale 
Zellen nach der Mitte zu anschliessen, dort werden sie immer 
spärlicher und vereinigen sich durch Anastomosenbildung zu 
einem Netz von unregelmässiger Gestalt. Eine besonders 
starke Gefässentwicklung war in dem Tumor nicht nach¬ 
zuweisen. 

Am 20. Februar 1905 kommt Patient wieder in die 
chirurgische Klinik zu Erlangen und macht folgende Angaben: 

„Seit ungefähr 8 bis 9 Wochen hats nun wieder an¬ 
gefangen mit Sausen im Ohr.“ Der Arzt behandelte den 
Patienten auf Erkältung. Er verordnete ihm Pulver zum 
Schwitzen, doch blieb der Ohrenschmerz nicht ganz weg. Eines 
Tages bemerkte nun Patient, dass an seinem Gaumen ein hartes 
Knöpfchen auftrat; die Behandlung mit Schwitzen musste aber 
fortgesetzt werden. Als sich bei dieser Behandlungsweise kein 
Erfolg zeigte, riet ihm der Arzt, die chirurgische Klinik zu 
Erlangen aufzusuchen. 

Statuspraesens: Patient ist mittelgross, kräftig gebaut, 
in gutem Ernährungszustand. Die Haut ist im Gesichte gebräunt, 
im übrigen von gewöhnlicher Farbe. Das Unterhautfettgewebe ist 
reichlich vorhanden. Die Muskulatur und der Knochenbau sind 
kräftig. Das Gesicht des Patienten zeigt keine Schwellung, die 
Nasolabialfalten sind zu beiden Seiten gleichmässig schwach 
ausgeprägt; keinOedem der Augenlider. Der Mund kann normal 
weit geöffnet werden. Also keine Kieferklemme. Von den Zähnen 
sind im Mund noch vorhanden: 

1 | 1 2 B 4 5 6 
8 7 6 5 4 8 2 1 j 1 2 8 4 5 6 

Die Zähne selbst in schlecht gepflegtem Zustande. Sie stehen 
fest im Kiefer. Am Unterkiefer sind sie am Zahnhalse von 
einem grünlich-gelben Saum umgeben und das Zahnfleisch ist 
etwas zurückgedrängt. Auf Druck von unten entleert sich Eiter 
aus einigen Zahnfleischtaschen. Bei weiterer Betrachtung sehen 
wir im hinteren Teil des linken harten Gaumens eine weissliche 


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Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


Narbe, die sternförmig ausstrahlt bis zum weichen Gaumen 
und zum Alveolarfortsatz links. Der Alveolarfortsatz ist an den 
Stellen der Zähne 7 und 8 vollständig geschwunden. An seine 
Stelle ist eine kleine, ungefähr erbsengrosse Geschwulst, die 
derb elastisch ist und auf Druck sich ziemlich schmerzhaft 
verhält. Von dieser Stelle aus klagt der Patient über aus¬ 
strahlende Schmerzen über den ganzen Ober- und Unter¬ 
kiefer und nach dem Ohre hin. Ausserdem sehen wir in der 
Mitte des harten Gaumens, unmittelbar neben der alten Narbe 
eine kleine Auftreibung, die ungefähr Pfennigstückgrösse hat 
und ein dunkleres Rot als die übrige Umgebung zeigt. Ein 
Narbenzug, der in diese Stelle hineinragt, ist entschieden heller 
als die übrigen Narbenstränge. Die Stelle ist auf Druck 
schmerzhaft, prall gespannt, aber doch elastisch. Fluktuation 
ist keine zu fühlen. In der Parotisgegend, in der Patient über 
Schmerzen klagt, ist nichts zu fühlen. Die Submaxillardrüsen 
sind nicht geschwollen. Die übrigen inneren Organe sind ohne 
nachweisbare Störung. Urin frei von Zucker und Eiweiss. 

Operation: Patient wird in Halbnarkose gebracht. Es 
wird ihm am rechten Mundwinkel ein Schnitt von ungefähr 
6 Gm. Länge durch die rechte Wange in der Richtung nach 
dem Ohr zu beigebracht und der Mund weit geöffnet. Sodann 
wird die Zunge mit einem Faden nach vorne gezogen. Der 
Oberkiefer linkerseits wurde mit einem Meissei teilweise in 
den hinteren Partien entfernt; ebenso fast der ganze weiche 
Gaumen. 

Nachdem diese Teile entfernt waren, bemerkte man, 
dass die Tumormassen noch in die Fossa pterygopalatina 
hinaufreichen. Es wurde hier eine gründliche Auskratzung vor- 
genoramen. Daraufhin wurde die Operationsstelle mit Jodo¬ 
formgaze austamponiert. Die Schnittwunde an der Wange 
wurde mit Nähten verschlossen und steril verbunden. 

Die anamnestische Angabe des Patienten, der den Tumor mit 
einer Zahnextraktion in Zusammenhang bringt, und zwar in 
der Weise, dass die Geschwulst einige Tage nach der Ex¬ 
traktion entstanden ist, und Bohnengrösse erreichte, ist wohl 
dahin zu rektifizieren, dass Patient bei der Gelegenheit der 


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Taf.i 


Dr Bock: Adamantinom 



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Zwei Fälle von Adamantinonj. 


161 


Extraktion sich des Vorhandenseins der bestimmt schon 
längere Zeit bestehenden Geschwulst bewusst wurde. 

Bei Betrachtung und Vergleichung beider vorliegender Fälle 
müssen wir das langsame und in Sonderheit schmerzlose Entstehen 
der Tumoren hervorheben. Es ist doch in beiden Fällen von 
der Entstehung des Tumors bis zur Operation ungefähr ein 
Zeitraum von 2 Jahren gelegen und stimmen auch die An¬ 
gaben beider Patienten hinsichtlich der Beschwerden und Er¬ 
scheinungen, die sie von den Tumoren hatten, ziemlich genau 
überein. 

Die Differentialdiagnose gestaltete sich insoferne schwierig, 
als doch eine grössere Anzahl von Erkrankungen in Er¬ 
wägung zu ziehen war. Tuberkulose und Lues wären für 
den ersten Fall vollständig auszuscheiden, da sowohl die 
Anamnese, als auch der Status keinerlei Anhaltspunkte für 
das Vorhandensein eines derartigen Leidens ergab. Dagegen 
wären beim zweiten Falle die infektiösen Granulome in Be¬ 
tracht zu ziehen. Es ist dem Patienten vor 23 Jahren ein 
Fuss wegen Knochenfrasses amputiert worden. Ausserdem 
lassen die an der Clavicula und am Halse befindlichen Narben 
auf einen früher stattgehabten Drüsenprozess schliessen. Für 
Lues ergaben sich keine Anhaltspunkte. Der Verlauf der 
Krankheit, zusammengeworfen mit dem oben geschilderten 
Bilde, liessen uns schliesslich auch die Tuberkulose ausschliessen, 
dafür aber an einen Tumor denken. Das ganze Bild beider 
Tumoren liess es erkennen, dass sie weder von der Schleim¬ 
haut noch vom Periost ausgegangen sind, sondern ihren 
primären Sitz im Knochen gehabt haben. Es liess sich am 
ehesten an ein myelogenes Sarkom denken, und darauf wurde 
auch die Diagnose gestellt, denn die Annahme eines Ada¬ 
mantinoms ist bei dem seltenen Vorkommen dieser Tumoren 
und dem nicht genügend charakteristischen klinischen Bilde 
last unmöglich. Erst durch den histologischen Befund wurde 
die Diagnose Sarkom umgestossen und die Tumoren als 
Schmelzkeimgeschwülste erkannt. 

* 


li 


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Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


Bei der Betrachtung der nun folgenden einschlägigen 
Literatur sind ausschliesslich jene Fälle besonders berück¬ 
sichtigt worden, die genau dasselbe mikroskopische Bild mit 
den zuletzt geschilderten typischen Stern- und netzförmig ver¬ 
zweigten Zellen aufweisen, wie wir solche in der Schmelz¬ 
pulpa in den ersten Zahnanlagen finden. 

l.Dr. M assin berichtet uns, dass eine 19jährigePrimi¬ 
para von einem gut entwickelten Kinde weiblichen Geschlechts 
entbunden worden sei, dem zwei Geschwülste zur Mundhöhle 
herausragten, welche die Oberlippe hoben und so einen 
völligen Verschluss des Mundes verhinderten. Die Geschwülste 
sassen breit auf am freien Rande des Zahnfleisches, die eine 
etwas grösser wie eine türkische Bohne, die andere etwa 
kirschkerngross. Die Tumoren waren derb und mit Schleim¬ 
haut überzogen. Operation am vierten Tage nach der Geburt, 
ohne Narkose. Das Geschwulstgewebe hat auf der Schnitt¬ 
fläche blassrote Farbe und kompakte Konsistenz. 3 Tage 
darauf geheilt entlassen. 

An der Peripherie waren die Tumoren mit einer Mem¬ 
bran bekleidet, die aus mehrschichtigem Epithel, vollkommen 
übereinstimmend mit dem der Mundhöhle, zusammengesetzt 
war. Die tiefen Lagen dieser Epitheldecke, welche aus zylin¬ 
drischen und kubischen Zellen bestanden, bildeten keilförmige 
Einsenkungen in das Stroma der Geschwulst, wodurch letztere 
in regelmässige Abschnitte geteilt erschien, was dem Tumor 
ein papilläres Aussehen verlieh. An den Zellen dieser Lagen 
waren die protoplasmatischen Fortsätze ganz besonders gut 
ausgesprochen. Die Epithelialmembran war von dem Stroma 
der Geschwulst getrennt durch eine unbeträchtliche Lage fein¬ 
faserigen Gewebes mit geringer Menge runder und spindel¬ 
förmiger Zellen. Das Stroma selbst bestand aus epithelialen 
Elementen verschiedener Grösse. Die spindelförmigen epithe¬ 
lialen Elemente zeigten stellenweise Neigung, sich in Zügen zu 
lagern, wodurch nach einer Richtung hin eine Schichtung zu¬ 
stande kam. ln den Zentralabschnitten der Geschwulst traf 
man mehr fibröses Gewebe an; hier erhielt letzteres schon den 
Charakter von Schleimgewebe. Stellenweise stiess man auf 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


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eine beträchtliche Menge lymphatischer Elemente, die in einem 
feinen Netze von fibrösem Gewebe eingebettet waren. Dem¬ 
gemäss trägt die Geschwulst vorzugsweise epithelialen 
Charakter. — Es wurde die Vermutung aufgestellt, dass der 
Tumor als Folge eines anormalen Wachstums der Bestandteile 
eines Zahnfollikels sich entwickelt habe. 

Der feinere histologische Bau der Alveolen zeigte fol¬ 
gendes Bild: Jede Alveole war von einer einfachen Schicht 
Zylinderzellen eingerahmt; innerhalb dieser Einfassung befand 
sich der Hauptsache nach feines Gewebe, das von zierlichen 
Zellen mit sternförmigen Ausläufern netzförmig zusammen¬ 
gesetzt war. Es handelt sich hier um dasselbe Epithel und 
dasselbe Netzwerk, wie es als inneres und äusseres Epithel 
des Schmelzorganes und der Schmelzpulpa beschrieben ist 
Wie in letzterer, fand sich auch zwischen den ausgesprochenen 
sternförmigen Zellen und dem Zylinderepithel vielfach eine 
Zone rundlicher Zellen, die also dem Stratum intermedium 
entsprechen würden. In vielen Alveolen waren die sternförmigen 
Zellen nach der Mitte zu dichter zusammengeballt. In anderen 
hatten sich an analogen Stellen runde Zellen zu dichten 
Gruppen angehäuft oder befanden sich konzentrisch geschichtete 
Epithelzwiebeln, meist war indes die Gleichmässigkeit des Netz¬ 
werkes nicht durch solche Interpositionen gestört. 

Gefässe waren nur in geringer Zahl in dem interstitiellen 
Gewebe, nirgends aber in den Alveolen. 

2. Falkson beschreibt einen Fall von Tumor des Unter¬ 
kiefers, dessen Entstehung er auf Grund genauer mikroskopischer 
Untersuchungen als eine Wucherung aus dem Schmelzorgan 
zurückführt. Der Tumor stammt von einer 40jährigen Frau. 
Dieselbe hatte 10 Jahre früher ein kleines Knötchen an der 
Vorderfläche der rechten Hälfte des Unterkieferkörpers be¬ 
merkt und sich einer Operation unterzogen, die nur unvoll¬ 
kommen ihren Zweck erreichte, denn an gleicher Stelle ent¬ 
wickelte sich ein neuer Tumor, der bis zur Operation Kinds¬ 
kopfgrösse erreichte. Radikaloperation (Resektion und Exar¬ 
tikulation) der rechten Unterkieferhälfte. Die Grundmasse des 
Tumors bestand aus zellreichem fibrösen Gewebe, in dem sehr 

u* 


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Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


unregelmässig Knochenpartikelchen verteilt waren. Sie enthielt 
eine grosse Menge von Zysten. Ursprünglich wurde die Ge¬ 
schwulst als Cystofibroid bezeichnet. Ueber den mikroskopischen 
Befund berichtet uns der Autor, dass er sämtliche Vorstufen 
der Zysten, von ihren ersten Anfängen bis zur höchsten 
Vollendung, gefunden habe. Bei schwacher Vergrösserung er¬ 
gab das mikroskopische Bild den Charakter alveolären Ge¬ 
webes. Zwischen den scharf abgegrenzten Alveolen befand sich 
dichtes, zellarmes Bindegewebe, hie und da in dasselbe 
Knochenbälkchen eingestreut. Der feinere histologische Bau 
der Alveolen ergab das Charakteristische für den Tumor: Jede 
Alveole war von einer einfachen Schicht feiner Zylinderzellen 
eingerahmt, innerhalb deren Einfassung sich feines Gewebe 
befand, das von zierlichen Zellen mit sternförmigen Ausläufern 
netzartig zusammengesetzt war. Wie in der Schmelzpulpa, so 
fand Falkson auch zwischen den ausgesprochenen stern¬ 
förmigen Zellen und dem Zylinderepithel vielfach eine Form 
rundlicher Zellen, die also dem Stratum intermedium ent¬ 
sprechen würde. In vielen Alveolen waren die stern¬ 
förmigen Zellen dichter zusammen geballt, in anderen hatten 
sich an analogen Stellen rundliche Zellen zu diesen Gruppen 
angehäuft oder befanden sich konzentrisch geschichtete Epithel¬ 
zwiebeln. 

3. Patient ist 53 Jahre alt, aufgenommen bei Dr. P o t a i 11 o n 
wegen eines Tumors am rechten Unterkiefer. Der Anfang dieser 
Affektion geht auf 5 Jahre zurück. 

Ungefähr ein Jahr lang hatte Patient eine bohnengrosse 
Geschwulst unter dem ersten Unterkieferaste. Nach dieser Zeit 
stellten sich Schmerzen ein und die Geschwulst begann grösser 
zu werden, bis sie die Grösse eines Kindskopfes erreichte. Der 
Tumor hatte das Zahnfleisch aufgehoben, war an einem Punkte 
ulzeriert, mit dem Unterkiefer verwachsen, reichte von der 
Symphyse bis zum aufsteigenden Kieferaste, war glatt, un¬ 
empfindlich, von verschiedener Konsistenz, mit Pergament¬ 
knittern. Diagnose: Osteosa kom. Resektion des rechten Unter - 
kieferastes. Keine Folgen. Nach einem Monat geheilt entlassen. 
Nach 2 Jahren kein Rezidiv. 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


165 


Makroskopisches Bild: Der Tumor zeigt beim Ein¬ 
schnitt eine Knochenschale, die von dem sehr atrophierten Unter¬ 
kiefer ausgeht. Der innere Teil desselben zeigt bindegewebiges 
Aussehen (apparence fibreuse), an verschiedenen Stellen hart, 
an anderen weicher, von zahlreichen Knochenbälkchen durch¬ 
zogen. ln seinem Unterteile befanden sich vier oder fünf 
baselnussgrosse Zysten. Der Tumor scheint sich in der Mitte 
des Kiefers entwickelt zu haben, indem er beide Knochen von 
der Mitte aus auseinanderlrieb. Die mikroskopische Unter¬ 
suchung zeig!, dass man es mit Bindegewebe (faserigem Gewebe) 
zu tun hat, in dem sich eine Menge Epithelzellen finden. Nach 
Mallass ez gehört der Tumor zu den Epitheliomes paraden taires. 

Mikroskopischer Befund: a ) Reihen und Haufen 
von unregelmässiger Form, zusammengesetzt von vielflächigen 
(polyedrique) Zellen, ohne besonders ausgeprägten Charakter. 
Teilweise bilden diese Zellen ziemlich grosse abgerundete Haufen, 
erinnernd durch ihre Anordnung inmitten des Bindegewebes 
(iravees fibreuses) an ein Karzinom; 

b) Reihen von Zylinderzellen, die sehr regelmässig auf 
der sie umgebenden Membran angeordnet sind. Auf den etwas 
dicken Schnitten sieht man, dass diese Reihen ineinander 
münden, um Verästelungen von besonderer Art zu bilden. 
Ihre freien Enden sind keulenförmig angeschwollen und ent¬ 
halten oft Zellen (centrales, polyödriques) und Sternzellen; 

c) Zellhaufen, die manchmal sehr gross und von be¬ 
sonderer Zusammensetzung sind. Sie werden gebildet von 
aussen nach innen von einer einzigen Schicht ziemlich hoher 
Zylinderzellen, dann von einer Schicht abgeplatteter Zellen 
die zwei Reihen bilden. Der Mittelpunkt der Haufen wurde 
von sternförmigen Zellen, die untereinander anastomo- 
sieren, gebildet. 

4. Erster Fall. Der Tumor stammt von einem 
21 jährigen Maurergesellen, ist im Laufe von 10 Jahren ent¬ 
standen und die Entwicklung begann im unmittelbaren An¬ 
schluss an ein Zahngeschwür, das zum Ausfall des Zahnes 
führte. Im ersten Jahre wurde sie hühnereigross, blieb lange 


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Dr. Julias Bock, Heidelberg. 


Zeit konstant, wuchs erst im letzten Jahre schneller und betraf 
die rechte Unterkieferhälfte. 

Die mikroskopische Untersuchung ergibt zierliche, den¬ 
dritisch verzweigte, durchweg solide Zapfen epithelialer Zellen 
in einem bindegewebigen, gefässarmen Stroma. Die Gestalt 
der Zellen ist im allgemeinen wenig wechselnd, meist polygonal. 
Sie sind klein, nicht glatt, nicht zylindrisch, nicht der Mund¬ 
schleimhaut und dem Schmelzepithel gleichend. Nach genauerer 
Vergleichung mit den verschiedenen Entwicklungen der Zahn¬ 
anlage bei menschlichen Embryonen entspricht die Geschwulst 
in ihrem Bau der normalen Zahnanlage in ihren frühesten 
Stadien aus dem dritten bis vierten Monate des fötalen Lebens 

Zweiter Fall betrifft ein 12jähriges Mädchen. Der 
Tumor hat sich im Laufe eines Jahres entwickelt, im An¬ 
schluss an länger dauernde Zahnschmerzen, ist langsam aber 
stetig gewachsen und veranlasste schliesslich Funktionsstörungen. 
— Exstirpation. — Die Geschwulst zeigt sich als diffuse 
flachhöckerige Auftreibung des Knochens, die 3 Mm. unter 
der Gelenkfläche beginnt, den Processus coronoideus einnimmt 
und nach vorn bis unter den Eckzahn reicht. Beim Aufsägen 
des Knochens ergibt sich, dass er zu einer papierdünnen, 
höchstens 3 Mm. dicken Schale aufgetrieben ist. Die mikro¬ 
skopische Untersuchung führt zu einem höchst charakteristischen 
Ergebnis. Einerseits finden sich nämlich Zapfen polygonaler 
Epithelien vollkommen analog denjenigen des vorigen Falles, 
doch bilden diese bei weitem die geringere Zahl. In der 
grossen Mehrzahl der Zapfen dokumentiert sich eine ausge¬ 
sprochene Tendenz zu höherer Entwicklung, erkennbar an der 
Ausbildung ungemein zierlicher, starker Zylinderzellen mit 
länglichem Kern und blassem Zelleib, selbst in relativ jungen 
und kleinen Epithelzapfen. Die Zylinderzellen sind dabei, durch¬ 
wegs einschichtig angeordnet, auf die äusserste periphere Zellen¬ 
lage beschränkt; die zentralen Partien der Zellzapfen werden 
von platten, unregelmässig gestalteten Epithelzellen gebildet, 
welche den Zylinderzellen in mehrfacher Lage anliegen. Den 
höchsten Grad der Ausbildung stellen solche Zellzapfen dar, 
in welchen ausser den genannten Bestandteilen in der Mitte 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


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sich kleine, aus einer mucinösen Umwandlung der Zellen her¬ 
vorgegangene Zysten befanden. Sie bilden den Uebergang zu 
der voll ausgebildeten Zystengeschwulst Vergleiche mit der 
Zahnanlage eines 6 Monate alten Embryos ergaben, dass die 
Epithelzapfen der Geschwulst in allen Einzelheiten den 
Elementen des Schmelzorganes auf dieser Entwicklungsstufe voll¬ 
ständig gleichen. Endlich gleichen die Zellen in solchen Stellen, 
wo die Differenzierung zu Zylinderzellen noch nicht erfolgt ist, 
dem äusseren Schmelzepithel. 

Dritter Fall: Der Tumor stammt von einer 30jährigen 
Tischlersfrau und ist in 18 Jahren gewachsen. Er entstand 
im 12. Lebensjahr nach einer Extraktion mit abszedierender 
Periostitis an der rechten Kieferhälfte. In den letzten 2 Jahren 
ist der Tumor stärker gewachsen; mehrfache Fistelbildung. 
Funktionsstörung des Kiefers. Resektion. Die Geschwulst reicht 
von der Gelenkfläche bis nahe an die Mittellinie; Oberfläche 
grob höckerig, die einzelnen Höcker entsprechen kleinen Zysten, 
deren Wandung teils häutig, teils knöchern ist. In der Gegend 
der verloren gegangenen Zähne ist der Unterkieferknochen zu 
einer dünnen Schale aufgetrieben. 

Die mikroskopische Untersuchung ergibt solide Zapfen 
polygonaler Epithelien und solche mit einer wandständigen Schicht 
schlanker Zylinderzellen und mit beginnender Zystenbildung, 
indessen treten diese in bezug auf Häufigkeit weit zurück 
gegen die wohlausgebildeten Zysten. Dort, wo sich in soliden 
Epithelzapfen die Zystenbildung vorbereitet, sind die wand¬ 
ständigen Zellen zylindrisch, während die zentralen unter teil¬ 
weiser mucinöser Umwandlung des Zellprotoplasmas und 
Bildung von anastomosierenden Ausläufern zu einem zierlichen 
Netzwerk umgebildet sind, genau entsprechend dem Netzwerk 
des Stratum mucosum des Schmelzorganes, etwa aus dem 
sechsten Monat des Fötallebens. In kleineren Zysten findet 
sich niedriges zylindrisches Epithel als Wandauskleidung, 
während das Lumen zum Teil erfüllt ist durch aufgequollene, 
stark granulierte glatte Zellen mit schwacher Kernfärbung. Die 
grösseren Zysten sind von einem niedrigeren, oft fast kubischen 
und dann dem äusseren Schmelzepithel gleichenden Epithel 


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Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


ausgekleidet. Auf diese einschichtige äusserste Lage folgt eine 
3- bis 4 schichtige Lage platter Zellen, die in einzelnen Exem¬ 
plaren den eben beschriebenen gleichen, meist aber blass, nur 
durch Pikrinsäure stärker färbbar, nicht dicht aneinander ge¬ 
drängt, sondern durch Lücken von einander getrennt sind. 
Sie entsprechen der beim Durchbruch des Zahnes vom Schmelz¬ 
organ gebildeten Cuticula. Vereinzelt sind kleine rundliche 
Zellen, mit eigentümlich braunen Zentrum, augenscheinlich 
Degenerationsformen, für die kein Analogon im Schmelz 
vorhanden ist. 

5. Ein 32 Jahre alter Bauer bekam einen Hufschlag auf 
die Kinnlade in seinem 6. Lebensjahre, infolge dessen er einen 
Bruch erlitt. Die Verletzung blieb sich selbst überlassen. Be¬ 
züglich des Zahnwechsels ist nichts wesentliches zu eruieren. 
Patient hat sich nur in dem folgenden Jahre 10 locker sitzende 
Zähne herausgerissen, um sich von den quälenden Schmerzen 
zu befreien, so dass der Unterkiefer mit 15 Jahren völlig 
zahnlos war. Während dieser Zeit Ausdehnung der Geschwulst 
auf das Mittelstück der Kinnlade. Im 18. Jahre bemerkte 
Patient beim Betasten mit dem Finger mehrere haselnuss¬ 
grosse Höcker, die sich trotz Schneidens vergrössert haben. 
Vom 23. Jahre an begann der Tumor rascher zu wachsen, 
Kauen harter Speisen unmöglich, Speichelfluss. Vor 5 Jahren 
beim Arzt, Inzisionen ohne Erfolg. 

Statuspraesens: Der Unterkiefer war zu einer grossen 
Geschwulst degeneriert. Der Tumor senkte sich über die vor¬ 
dere Halsfläche bis zum Niveau des zweiten Rippenknorpels, 
rechts bis zum Zygoma, links wölbte er die Wange. Die Ober¬ 
fläche etwas höckerig, Konsistenz stellenweise knochenhart, 
meist pergamentartig knisternd, auch weiche fluktuierende 
Stellen. Operation: Resektion unter Belassung beider Ge¬ 
lenke. Entlassung nach 3 Monaten. Der Tumor wog l 1 /* Kilo 
und zeigte ein Stück des betreffenden Kieferastes. Die Ge¬ 
schwulst war von einer Knochenschale umgeben, die nicht 
überall gleichmässig dick erschien, stellenweise pergamentdünn 
war und hie und da ganz fehlte. Die Zystenwandungen waren 
membranös, an der Verwachsungsstelle mit den Knochen etwas 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


169 


derber. Ossifikationsvorgänge nur an der Basis der Zysten und 
vereinzelte dünne Knochenplättchen. Die Innenfläche der 
Zystenhöhle glatt und glänzend. 

Mikroskopischer Befund: Bei stärkerer Ver- 
grösserung erschien jede Alveole von einer Schicht mattgrauer, 
senkrecht auf die bindegewebige Umrahmung derselben ge¬ 
stellter, kernhaltiger Zylinderepithelien eingesäumt. Einwärts 
derselben und das Zentrum der Alveolen einnehmend, befand 
sich ein Netz sternförmiger Zellen, die in einer mehr oder 
weniger breiten, an den scharf konturierten Saum des Epithel- 
lagers angrenzenden Zone von kleinen Rundzellen sich mit 
ihren Ausläufern verloren. 

Es gleichen die auf diese Art gewonnenen Präparate 
ganz der von Falkson gegebenen Beschreibung. 

6. Am 24. Jänner 1875 ging ein 28jähriges Bauern¬ 
mädchen in die Klinik mit einer enormen Geschwulst des 
linken Unterkiefers, die zu ihrer Entwicklung 8 Jahre brauchte. 
Patientin hatte viel Zahnschmerzen und liess sich deshalb 
schon einen Backenzahn ziehen. Steigerung der Schmerzen 
und Beginn der Geschwulstbildung. Der Tumor nimmt die 
ganze linke Wange ein und die entsprechende Submaxillar- 
gegend. Haut prall gespannt, an drei Stellen geschwürig, Ge¬ 
schwürswand weit unterminiert, im Grunde warzige Granula¬ 
tionen. Konsistenz elastisch derb, hie und da fluktuierend, 
weich. Zunge nach rechts disloziert. 

Diagnose: Sarkom des Unterkiefers. Resektion und 
Exzision der geschwürigen Haut. Grösse des Tumors ungefähr 
die eines neugeborenen Kindes, eiförmig. Das mit fort¬ 
genommene knöcherne Stück des Unterkiefers enthält zwei 
haselnussgrosse, durch eine dünne Membran von einander 
geschiedene Zysten. Der Durchschnitt zeigt grossmaschiges, 
stellenweise breites derbes Grundgewebe, das grauweisse Zysten 
von verschiedener Grösse einschliesst. 

Mikroskopischer Befund: Feine Schnitte aus dem 
frischen Präparat zeigen ein zartes Bindegewebsgerüst, das 
rundliche drüsige Zellenkörper einschliesst, an denen eine 


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Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


peripherische Schichte von einer zentralen sich deutlich diffe¬ 
renziert. Jene besteht aus einer regelmässigen Reihe kleiner 
schmaler Zylinderzellen, diese aus einer konzentrisch gestreiften 
Schichtung, welche bei genauer Untersuchung als aus äusserst 
abgeplatteten, aber kernhaltigen Spindelzellen bestehend sich 
erweist. Im Innern liegen Rundzellen, durchsetzt von ver¬ 
schiedenen grossen Physaliden, in welche sie sich zweifelsohne 
um wandeln. Die zentral sich bildenden Physaliden bedingen 
wohl die Abplattung der die Mittelschicht bildenden Zellen. 

7. Patient hat eine Anschwellung des Gesichtes in der 
linken Unterkiefergegend, war immer gesund, ist verheiratet 
und hat sechs Kinder. Vor 3 Jahren Anschwellen der linken 
Wange, Auftreten von Zahnschmerzen links unten. Reissen 
und Ohrenstechen bei schlechtem Wetter. Patient liess sich die 
hintern unteren Backenzähne ausziehen. 

Status praesens: Die Anschwellung der Wange be¬ 
ruht auf einer Auftreibung des Unterkieferknochens, die in der 
Gegend des fehlenden dritten Molaren beginnt. Konsistenz 
knochenhart, hie und da Pergamentknittern. Wange und Mund¬ 
boden gegen den Knochen gut beweglich. Schmerzen sind 
keine vorhanden. Die vier hintersten Backenzähne fehlen. 
Diagnose: Cystosarcom des Unterkiefers, Resektion. 

Der ganze resezierte Ast ist bis an die Sägefläche 
knöchern aufgetrieben, 4 Cm. breit und hoch, alles durchsetzt 
von Zysten verschiedenster Grösse. Zysteninhalt gelb dünn¬ 
flüssig, teilweise mit Cholestearingehalt. Die Zysten sind sehr 
dünn, durch knöcherne Scheidewände getrennt, vom Knochen¬ 
gewebe ist nicht viel übrig geblieben. 

Mikroskopischer Befund: Schnitte ergeben senk¬ 
recht zur Schleimhautfläche eine leicht wellige Epitheldecke von 
normaler Beschaffenheit, die aber Fortsätze in das unten 
liegende Gewebe schickt, die sich als Bänder, entsprechend 
dem Verlauf des Bindegewebes, darstellen. Die schmalen Fort¬ 
sätze bestehen aus Zellen, die wie die jüngsten Epithelschichten 
aussehen, mit einem verhältnismässig grossen Kern und wenig 
Protoplasma. Die Kerne sind kugelig, die Zellen Rundzellen. 
Hie und da findet man auch Zylinderzellen, die aber nur in 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


171 


einer einfachen Lage vorhanden sind. Nicht selten zeigt der 
Durchschnitt einer Zyste nicht weit vom Rande zelliges Netz¬ 
werk, mit grösseren oder kleineren Maschen. 

8. In diesem Falle handelt es sich um einen Tumor der 
linken Unterkieferhälfte von ungefähr Faustgrösse, der sich in 
10 Jahren entwickelt hat und durch Exartikulation der linken 
Unterkieferhälfte entfernt wurde. Der von einer Knochenschale 
umgebene, vielfach von Knochenbalken und Bindegewebszügen 
durchsetzte Tumor hatte eine lappige Schnittfläche, ähnlich 
einer drüsigen Geschwulst. Die Konsistenz war wechselnd, im 
allgemeinen sehr weich, mit zahlreichen kleinen Zysten; Haut 
und Schleimhaut unverändert. Mikroskopisch erwies sich der 
Tumor als epitheliale Geschwulst. Auffallend war die Aehn- 
lichkeit der Epithelhaufen in Gestalt und Anordnung der 
Zellen mit dem Schmelzorgan der sich entwickelnden Zähne. 

9. Becker beschreibt einen Fall aus der chirurgischen 
Poliklinik. Es stellte sich eine 41jährige Frau mit einermäch¬ 
tigen Auftreibung des linken Unterkiefers vor, die sich von 
den Schneidezähnen bis über den Kieferwinkel erstreckte, mit 
unregelmässig höckeriger Oberfläche. Der Tumor hatte sich im 
Anschluss an eine vor 3 Jahren überstandene Zahnperiostitis 
entwickelt. Patientin wurde damals von Herrn Prof. Witzei 
operiert. Inzision, Entfernung von Eiter und breiigen Massen 
mit dem scharfen Löffel. Teilweise Entfernung des Alveolar¬ 
fortsatzes. 

Am 27. Oktober 1888 war die Anschwellung zurück¬ 
gegangen, jedoch eine Fistel vorhanden. Bis 1891 kein Rezidiv. 
Dann wieder allmähliche Anschwellung der linken Unterkiefer¬ 
hälfte, so dass Patientin am 23. Februar 1893 die Klinik aufsuchte. 

Status praesens: Fast der ganze Unterkiefer ist vom 
Prämolar bis über den Kieferwinkel hinaus in einen mit 
Schleimhaut überzogenen grosshöckerigen, nicht ulcerierten 
Tumor verwandelt (derb elastisch). Alle Zähne fehlen, mit 
Ausnahme der stark gelockerten Schneidezähne und des Eck¬ 
zahnes. Keine Lymphdrüsenschwellung, keine Kieferklemme. 
Bei der Exartikulation wurden eine Reihe von Hohlräumen 
eröffnet und der Kiefer brach in der Nähe des Kieferwinkels 


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Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


entzwei, so dass der aufsteigende Ast extra exartikuliert werden 
musste. Heilung. Patientin am 18. März entlassen. 

Ein Querschnitt durch die Geschwulst zeigt, dass der 
ganze Unterkieferknochen zu einer dünnen Schale in einer Dicke 
von 1 bis 2 Mm aufgetrieben ist. Die Zysteninnenwand ist 
glatt, glänzend. 

Mikroskopischer Befund: Bei schwacher (40) Ver- 
grösserung erkennt man, dass die Geschwulst aus zahlreichen rund¬ 
lichen Alveolen und soliden Zellzapfen mit spärlichem Stroma 
besteht. Die rundlichen, elliptischen und ganz unregelmässig ge¬ 
stalteten Zellzapfen, die sich dendritisch verzweigen und an den 
Enden kolbig anschwellen, sind von einer einfachen Zylinderepithel¬ 
schicht umsäumt, während im Innern der Zapfen die Zellen in ihrer 
Gestalt wenig von einander abweichen. Sie sind meist polygonal 
und klein, mit verhältnismässig grossem blassen Kern, es 
treten jedoch auch sternförmige Zellen auf, mit langen, sich 
mit den Nachbarn verästelnden Zweigen. Je weiter das Maschen¬ 
netz der Sternzellen wird, desto zahlreicher treten kolloid¬ 
entartete Zellen und freie Colloidtropfen auf, die in den 
Maschenräumen oder an den Wandungen liegen. 

Zweiter Fall. Bei einer 26jährigen Arbeiterin entstand 
vor 5 Jahren nach dem Durchbruch des Weisheitszahnes eine 
Anschwellung des Unterkieferwinkels. Links auswärts Inzision. 
4 Monate später neue Anschwellung. Zweite Inzision, doch 
ohne Heilung. Bei der Aufnahme am Unterkiefer adhaerende 
Narbe, der Kieferwinkel hühnereigross aufgetrieben, an einigen 
Stellen Fluktuation und Pergamentknittern. Die Zähne fehlten 
vom zweiten Molar an. Operation entlang der alten Narbe. 
Exzision der Zysten wand. Der mikroskopische Befund ergibt: 
Die Wandung besteht aus einer Bindegewebsschicht, in die 
Knochenstückchen eingesprengt sind. An den der Zysten¬ 
innenwand am nächsten gelegenen Stellen findet man Epithel¬ 
haufen in Form von Kolben, Zapfen und Schläuchen, mit 
Zylinder- und Sternzellen. 

Dritter Fall. Krankengeschichte nicht vorhanden. 
Genau derselbe mikroskopische Befund, wie in den beiden 
andern Fällen. 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


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10. Erster Fall. Die klinischen Daten sind nicht zu 
erreichen. Das Präparat ist der durch Resektion erhaltene mittlere 
Teil eines erwachsenen Unterkiefers, der zu einer Geschwulst auf¬ 
getrieben ist. ln dem Tumor stehen noch fünf Zähne, zum Teil 
lose, zum Teil noch fest. Die Durchschneidung des Tumors nach 
verschiedenen Seiten zeigt, dass er aus einer zystischen Auf¬ 
treibung des Knochens besteht, denn es werden dadurch ver¬ 
schiedene zystenartige Hohlräume eröffnet. Der mikroskopische 
Befund ergab folgendes: Zu erwähnen ist, dass das Präparat 
dem oberen Teil einer Zystenwand entnommen ist. Man sieht 
das unveränderte Zahnfleischepithel, welches auf einer derben 
fibrinösen Schicht aufliegt. Darunter folgt eine unregelmässig 
gestaltete Knochenkapsel und unter dieser epitheliales Geschwulst¬ 
gewebe. Die Epithelmassen bestehen aus zylindrischen ein¬ 
fachen und verzweigten Ausläufern, die von dem weiter in der 
Entwicklung vorgeschrittenen epithelialen Gebilde ausgehen. 
Eigentümlich ist eine meist einschichtige Randeinfassung von 
regelmässigen Zylinderzellen, deren Kerne dem zentralen Ende 
näher gelegen sind, so dass die basalen Teile im ganzen einen 
hellen protoplasmatischen Saum darstellen, wie die Zylinder¬ 
epithellage des normalen Schmelzorgans bei älteren Föten. 
An verschiedenen Präparaten sieht man die Zylinderzellen 
mehrschichtig sich in das Innere hineinschieben. In den meisten 
dieser jüngeren Epithelmassen zeigen die das Innere aus¬ 
fallenden Zellen deutlich netzförmige Anordnung, ähnlich dem 
Schmelzorgan. 

Zweiter Fall. Klinische Daten fehlen. Die Geschwulst 
besteht aus dem resezierten mittleren Teil des Unterkiefers 
eines erwachsenen Mannes (1887). Das Präparat ist unsymmetrisch 
gestaltet. Die linke Hälfte erscheint bedeutend grösser wie die 
rechte. Der Mundboden ist stark in die Höhe gehoben und 
übersteigt das Niveau der Zahnkronen. 

Von Zähnen bestehen noch vier Schneidezähne, zwei Eck¬ 
zähne, rechts zwei, links ein Bicuspis. Mit Ausnahme der drei 
rechts stehenden sind alle etwas gelockert. Das Zahnfleisch 
ist von einer Anzahl dicht gedrängter, flach papillärer 
Wucherungen bis zu Stecknadelkopfgrösse eingenommen. Ein 


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Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


Durchschnitt durch den Tumor zwischen den mittleren Schneide¬ 
zähnen ergibt eine Knochenkapsel von ovalem Sagittaldurch- 
schnitt. Die Wände sind papierdünn, hie und da lückenhaft. 
Der Alveolarfortsatz ist vollkommen auseinandergezogen, so dass 
die Zähne nur durch fibröses Gewebe festgehalten werden 
Der Innenraum der Kapsel enthält eine weiche, elastische, grau¬ 
gelbliche Geschwulstmasse. Der feinere mikroskopische Bau 
zeigt folgendes Bild: Die schmalen, meist kolbig endenden 
Zellzüge zeigen alle meist einschichtige Randbekleidung von 
Zylinderzellen mit zentralwärts gelegenen Kernen. Der Innen¬ 
raum ist mit rundlichen Zellen ausgefüllt, die, der Längsrichtung 
der Zellzüge entsprechend, meist länglich sind. In den breiteren 
Zellhaufen liegen sie oft in konzentrischer Schichtung, ähnlich 
den Hornkugeln der Cancroidperlen, stellenweise auch lockerer, 
und hier findet sich, allerdings selten, netzförmige Anordnung 
des Epithels in verschiedenen Graden der Ausbildung. In dieser 
Geschwulst ist im allgemeinen die geringe Tendenz zur Aus¬ 
bildung eines Netzwerkes charakteristisch, ebenso wie die 
geringe Neigung zur degenerativen Veränderung des Epithels 
zur Zystenbildung. Zystenbildung tritt nur in den ältesten 
Partien ein, nie in den jüngsten Ausläufern. In diesem Falle 
bilden sich die Zysten aus dem unveränderten Epithelgewebe. 

11. Im Juli 1884 kam die 25jährige Magd M. R. mit 
einer Geschwulst am linken Unterkiefer in die Klinik mit der 
Angabe, sie hätte vor 4 Jahren das Auftreten der Geschwulst 
bemerkt. Vor 2 Jahren Exstirpation einer nussgrossen Geschwulst 
durch Prof. Billroth. Diagnose: Sarcom. Nach einem Jahre 
wiederum Wachsen der Geschwulst, seit 2 Wochen Eiterung, 
Inzision. Die Geschwulst ist hühnereigross, in der Region des 
linken Unterkieferwinkels knochenhart. Die ganze Geschwulst 
ist von einer harten, pergamentartig knisternden Kapsel um¬ 
geben. 

Der Querschnitt zeigt, dass die Geschwulst wie aus 
Zysten bestehend aussieht, von denen die einen gefüllt, die 
anderen leer erscheinen. Das mikroskopische Bild zeigt bei 
schwacher Vergrösserung das Vorhandensein von dicken Binde- 
gewebszügen aus reichlichen spindeligen Zellen mit faseriger 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


175 


Zwischensubstanz, reich an ziemlich weiten Gefässen. Von diesen 
Gerüstbalken strahlen schmälere Züge von papillärem Aussehen 
aus, die sich kolbig verdicken. Diese sind umschlossen von 
Lagern spindelförmiger Zellen mit deutlichem Protoplasma, 
mit ovalen, auch kugeligen scharf konturierten Kernen mit 
mehreren Kernkörperchen. Häufig bilden diese Zellen nur 
schmale Züge, die jene, meist papillenartigen Stränge des Binde¬ 
gewebes umgeben und so ein Netzwerk darstellen, dessen 
Maschen von dem gefässführenden Bindegewebe angefüllt 
sind. Die Zellen sind verschieden gross, wo sie dem Binde¬ 
gewebe aufsitzen, haben sie meist eine kubische oder zylindrische 
Form, die zweite Reihe ist polymorph, die dritte meist spindel¬ 
förmig. Der Charakter des Tumors ist also ein epithelialer. 
An Stellen, wo die Zellen etwas breitere Lager bilden, nehmen 
sie Sternform an, die Ausläufer vereinigen sich und zwischen 
ihnen tritt eine Zwischensubstanz auf, so dass eine Art Gallert¬ 
gewebe entsteht. Mit dem Zahnfleisch zeigt die Geschwulst 
keinen Zusammenhang. 

12. Vor 5 Jahren bemerkte der Patient eine diffuse, 
leicht auftreibende Anschwellung in der mittleren Partie des 
linken Unterkieferkörpers, ohne subjektive Beschwerden. Im 
Laufe des letzten Jahres begann die Anschwellung sich zu 
vergrössern, und erst in den letzten S Monaten wuchs sie 
ziemlich rasch an. Bei der Untersuchung bemerkte man eine 
zirkumskripte, spindelförmige, elastisch weiche Anschwellung in 
dem linken Unterkieferkörper. Die Weichteile des Gesichtes an 
der angeschwollenen Stelle sind nach aussen aufgetrieben und 
gespannt. Die den hühnereigrossen Tumor bedeckende Gingiva 
ist stark nach aussen und innen aufgehoben. In einigen 
Stellen liegen die Geschwüre auf tief verlaufenden Fistel¬ 
gängen. Die Zähne der betreffenden linken Unterkieferhälfte 
hinten vom zweiten Molarzahn, vorne bis zum Eckzahn gingen 
total verloren. Die Kieferwände sind papierdünn, mit Pergament¬ 
knistein; nirgends Drüsenmetastasen. Operation: Heraus¬ 
nehmen der Geschwulst in Chloroformnarkose. Heilung in 
5 Wochen. Mikroskopisch zeigt das Geschwulstparenchym 
einen drüsenartigen Bau mit dem sehr lockeren zellreichen 


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176 


Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


Bindege websstroma. Bei der Färbung in Resorzin- oder Orzein - 
lösung kommen keine elastischen Fasern im Kapselgewebe 
zum Vorschein. Zwischen den Bindegewebsfasern sind die den 
Sehnenzellen ähnlichen Elemente parallel eingelagert. Diese 
sind bald sternförmig, bald polymorph, mit schmalen, nach 
beiden Enden verlängerten feineren, oft korkzieherartig ge¬ 
bogenen Ausläufern versehen. Die auf oben erwähnte Weise 
gebildete, sehnig aussehende Kapsel ist von dem eigentlichen 
Geschwulstparenchym ziemlich scharf konturiert. Das letztere 
besteht aus zierlichen, fein verästelten, soliden Epithelzügen 
und zellenreichem Bindegewebsstrang. Auf der Schnittfläche 
der Epithelschläuche zeigt sich, dass ihre periphere Lage aus 
hochzylindrischen, dicht aneinander gereihten Zellen besteht. 
Die Epithelkerne, deren Grenze gegen das Zellprotoplasma 
stark konturiert ist, zeigen bald länglich ovale, bald an 
beiden Enden abgerundete zylindrische Form. Der periphere 
kernlose, dem Bindegewebsstroma zugekehrte Teil des Zylinder¬ 
epithels zeigt sich bald homogen, bald leicht granuliert. Das 
Zentrum des Epithelschlauches ist mit grossen polygonalen 
Zellen versehen; die feineren Ausläufer der einander be¬ 
nachbarten Epithelien kreuzen sich netzartig. Zwischen 
diesen bemerkt man verschiedenartig gestaltete helle Lücken. 
Manchmal konfluiert das Protoplasma einer Zelle mit dem der 
benachbarten und bildet eine grössere Protoplasmamasse, 
während der Kern unverändert bleibt. In der peripheren Lage 
der relativ jüngeren kleineren Epithelzapfen bemerkt man sehr 
zierliche schlanke, dicht stehende, bald ♦ein-, bald mehr¬ 
schichtige Epithelzellen mit länglichem, feinen, schmalen Kern. 
Der zentrale Teil des letzterwähnten Epithelschlauches besteht 
aus dichtgedrängten protoplasmaarmen, unregelmässig ge¬ 
stalteten kleineren Zellen mit grossen, chromatinreichen Kernen; 
hier fehlt dem Zelleib die helle Lücke, die in dem zentral 
liegenden des etwas älteren Epithelzapfens reichlich vorhanden 
ist. Jeder Epithelzapfen ist in den kernarmen, bald zirkulär 
verlaufenden, bald büschelförmig gebundenen feinen Fibrillen 
eingeschlossen. Dieses fibrilläre Gewebe entspricht ganz der 
Membrana propria eines Drüsenalveolus. 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


177 


13. Am 12. Juni 1904 erschien Fräulein W. aus H. in 
der Sprechstunde des Herrn Professor Dr. Michel (Würz¬ 
burg), um sich wegen einer Geschwulst am Unterkiefer Rat 
zu holen. Bei dem 16jährigen, etwas anämisch aussehenden 
Mädchen zeigte sich die linke Wange aufgetrieben. Bei der 
Inspektion der Mundhöhle ergab sich folgender Status: 

Links unten 1 1 2 B 4 5 vorhanden, |6 soll nach Aussage 
der Mutter wegen heftiger Zahnschmerzen und Kieferschwellung 
vor einem Jahre extrahiert worden sein. Rechts unten sind 
alle Zähne vorhanden; 6] ist tief kariös. Da auch die oberen 
beiden tief zerstört sind, so ist es glaublich, dass auch 
[6 vorhanden gewesen und extrahiert werden musste. Der [7 
links unten soll nie gekommen sein. Die Geschwulst beginnt 
in der Gegend des [4 spindelförmig und wölbt sich knollig, 
halbkugelig aus dem Alveolarfortsatz heraus, bis zum auf¬ 
steigenden Ast des Unterkiefers hin und ist kinderfaustgross. 
Die Konsistenz war an der Peripherie hart und zeigte gegen 
das Zentrum zu das bekannte Pergamentknittern. Schmerz, 
gibt das Mädchen an, hätte es nicht gefühlt, ausser vor der 
schon oben angeführten Zahnextraktion, und da nachher die 
Wunde schlecht verheilte, soll noch einige Tage Nach¬ 
schmerz vorhanden gewesen sein. Die Geschwulst ist in 
6 Wochen zur oben geschilderten Grösse gewachsen. 

Am 17. Juni wurde der Unterkiefer von 5 links bis zum 
aufsteigenden Ast reseziert. Der Tumor wurde als ein Ada¬ 
mantinom, d. h. Schmelzkeimgeschwulst, erkannt. Charakte¬ 
ristisch war im Stroma die Anhäufung von Spindelzellen und 
der Uebergang in Schleimgewebe. In dem Stroma eingebettet 
fanden sich vielfach gewundene und verzweigte Epithelkörper; 
dieselben zeigten den typischen Bau des Schmelzorganes, 
aussen Zylinderzellen, nach innen sternförmig verästelte poly¬ 
gonale Zellformen. Wir haben es hier jedenfalls mit Verviel¬ 
fältigungen des Schmelzkeimes von 7 zu tun. 

In der von Bayer aufgestellten Statistik der Kiefer¬ 
geschwülste finden wir drei Fälle, die er dem histologischen 
Befunde und der Genese nach als zu einer Kategorie gehörend 
bezeichnet. 

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Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


Der erste der Fälle wurde 1874 unter Prof. Heine be¬ 
obachtet. Der Fall präsentierte sich bei der Untersuchung vor 
der Operation als ein kindskopfgrosser Tumor der linken 
Unterkieferhälfte mit gleichmässiger Vorwölbung der knöchernen 
W andungen und gleichzeitiger hochgradiger Verdünnung derselben 
mit Pergamentknittern. Diagnose: Zentrales Osteosarkom. 
Der Tumor zeigte eine Zyste, in welche zahlreiche halbmond¬ 
förmig gegen die Höhle vorspringende Balken hineinragen. 
Die Innenwand ist überall von einer glatten, 1 bis V/ 9 Mm. dicken 
Membran ausgekleidet und zeigt folgende histologische Ver¬ 
hältnisse. Die innerste Lage besteht aus einem kontinuierlichen 
Lager einschichtigen Epithels, darunter folgt eine Lamelle 
fibrillären Bindegewebes mit reichlicher Vaskularisation, welche 
gegen die knöcherne Aussenwand hin in lockeres Bindegewebe 
übergeht. In der Gegend der letzten Mahlzähne zeigt die 
Schleimhaut ein aufgelockertes Aussehen. Das Epithel der 
Schleimhaut war dort gewuchert mit kurzen Einstülpungen und 
Fortsätzen gegen das darunter befindliche Gewebe, welches 
stellenweise normal, grösstenteils aber doch von Rundzellen¬ 
anhäufungen durchzogen, aus spindelzellenhaltigen Zügen mit 
reichlicher Gefässneubildung besteht. 

Der zweite Fall von B. betraf einen 15 Jahre alten Knaben 
Der Tumor präsentierte sich knochenhart, bucklig, uneben, 
von Zitronengrösse, auf dessen Durchschnitt man eine bröcke¬ 
lige, von Knochenbalken durchsetzte, von den dünnen Wan¬ 
dungen der Corticalis des horizontalen Astes des Unterkiefers 
eingeschlossene Masse vorfand, in der zwei Zähne eingebuchtet 
waren. Der Tumor sass in der Mitte des horizontalen Astes 
und am Kieferwinkel wie am Kinnteil ging die Corticalis kon¬ 
tinuierlich in die Knochenschale des Tumors über. Die mikro¬ 
skopische Untersuchung bot folgendes Bild: Unmittelbar unter 
der knöchernen Schale zieht ein mässiges Lager derben fibrösen 
Gewebes; darunter in der Richtung gegen die Mitte der Ge¬ 
schwulst hin findet man spaltförmige und durch schräge Ver¬ 
bindungsspalten mehrfach zusammenhängende Räume, welche 
durchwegs mit schönen Epithelzellen gefüllt sind und gegen 
die Mitte des Tumors hin immer breiter werden und endlich 


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Zwei Fälle von Adamantinom. 


179 


grosse, unregelmässig begrenzte Epithelzellenlager bilden. Das 
zwischen den einzelnen schlauchartigen Zellzügen befindliche 
Bindegewebe zeigt an multiplen Stellen Verkalkungen und 
trägt reichlich Gefässe. Stellenweise finden sich noch un¬ 
deutliche Reste des bekannten zierlichen Netzwerkes der 
Schmelzpulpa. 

Dritter Fall: Es handelte sich bei einem 8 Jahre alten 
Mädchen um eine klein-apfelgrosse Geschwulst des rechten 
horizontalen Unterkieferastes, welche, von intakter Schleimhaut 
überzogen, deutlich Pergamentknittern zeigte. Die Dauer der 
Geschwulstbildung wurde auf zwei Monate angegeben. Kurze 
Zeit zuvor fiel das Kind mit der rechten Seite des Unter¬ 
kiefers auf eine Bank. Operation. Heilung. Die mikroskopische 
Untersuchung des Tumors durch Herrn Dr. Jaksch lieferte 
einen dem von Falkson mitgeteilten Falle analogen Befund. 
Auch hier fanden sich Alveolen (teils rein, teils mit Ueber- 
gängen zu Zystenbildungen) „von einer Schicht Zylinderzellen 
eingerahmt, innerhalb dieser Einfassung ein feines Gewebe von 
zierlichen Zellen mit sternförmigen Ausläufern netzartig zu¬ 
sammengesetzt, u mit demselben Epithel und demselben Netz¬ 
werk, wie es als inneres und äusseres Epithel des Schmelz¬ 
organes und als Schmelzpulpa beschrieben ist. 

Von den hier erwähnten Arbeiten sind speziell die von 
Falkson veröffentlichten Fälle von Bedeutung. Er war einer 
der ersten, die auf die Zahnanlage zurückgegriffen haben und 
die die augenfällige Aehnlichkeit des Schmelzepithels im 3. bis 
4. Fötalmonat mit den in seinem Tumor gefundenen Netz¬ 
werk von sternförmigen Zellen bemerkten. Er nahm ganz richtig 
an, dass andere epitheliale Elemente, die den Ausgang des 
Tumors hätten bilden können, in den Kiefern nicht Vorkommen. 
Es müssen also derartige Geschwülste durch abundante 
Wucherungen der zelligen Elemente des Schmelzorganes her¬ 
vorgerufen werden. 

Weitaus die grösste Mehrzahl der übrigen Autoren konnte 
sich auf Grund ihres jeweiligen mikroskopischen Befundes 
seiner Ansicht vollständig anschliessen In gewissem Sinne ist 
oine Abweichung hievon bei Kolaczek und Büchtemann 

12 * 


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180 


Dr. Julius Bock, Heidelberg. 


zu finden, die sich den Drüsentypus ihrer Tumoren und den 
Ursprung desselben aus Zahnkeimen nicht erklären können. 

Bezüglich des mikroskopischen Befundes finden wir in 
allen vorliegenden Fällen — die Fälle von Heath undEve waren 
mir leider nicht zugänglich — eine ziemliche Einigkeit unter 
den Autoren. Bezüglich des ätiologischen Momentes gehen die 
Ansichten sehr auseinander. 

Falkson, Trzebicky, Malassez, Nasse, Kruse, 
Derujinsky, Becker, Benneke, Matsuoka sind alle 
wohl meistens auf Grund eingehender Studien der Zahn¬ 
entwicklung und vergleichender Untersuchungen der Zell¬ 
elemente ihrer Tumoren zu der Ueberzeugung gekommen, 
dass diese Geschwülste vom Schmelzkeimepithel ausgehen. 
Büchtemann und Kolaczek geben wohl zu, dass die von 
ihnen beschriebenen Fälle, da sie doch indirekt vom Mund¬ 
schleimhautepithel ausgehen, grosse Aehnlichkeit mit den 
übrigen Tumoren haben, doch können sie sich nicht ent¬ 
schlossen, sich der von Malassez aufgestellten Theorie an- 
zuschliessen. Für beide wirkt der ausgesprochene drüsige 
Typus störend und fehlt ihnen die richtige Erklärung der Ent¬ 
stehung. 

Ich schliesse mich für beide von mir veröffentlichten 
Fälle der Ansicht von Malassez an. Hat man doch in den 
beiden Tumoren alle charakteristischen Merkmale und Bestand¬ 
teile des Schmelzorganes gefunden, erstens Epithel und 
zweitens bindegewebige, sternförmige Zellen und was das 
wichtigste dabei ist, man hat sie in einer charakteristischen 
Anordnung gefunden. 

Von den zwei Tumoren zeigt der des Unterkiefers 
histologisch einen durchaus gutartigen Charakter, hingegen ist 
das Typische beim Oberkiefertumor schon viel schwerer heraus¬ 
zufinden. Man findet eine gewisse Neigung zur alveolären 
Wucherung und die der Schmelzpulpa entsprechenden Zellen 
treten gegenüber den epithelialen Elementen des Schmelz¬ 
organes entschieden in den Hintergrund, so dass man vielleicht 
im histologischen Sinne von einer gewissen Neigung zur 


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Zwei Fälle von Adamautinom. 


181 


Malignität sprechen kann. Die Adamantinome gehören aber zu 
den Geschwülsten, die einen gutartigen Charakter haben. 
Trotzdem mussten wir den vorliegenden Tumor als Adaman¬ 
tinom bezeichnen, weil er sich mikroskopisch in die Bestand¬ 
teile eines solchen analysieren liess. Der klinische V 7 erlauf des 
Unterkiefertumors war ein durchaus gutartiger, was wir hin¬ 
gegen von dem des Oberkiefers durchaus nicht sagen können, 
da er ungefähr ein Jahr nach der Operation rezidivierte. Als 
besonders auffallend muss es erscheinen, dass von den 24 bis 
jetzt bekannten Fällen sämtliche den Unterkiefer betrafen und 
nur dieser einzige, der seinen Sitz im Oberkiefer hatte, rezi- 
diviert ist. Man möchte fast von dem Vorkommen eines Adaman¬ 
tinoms an atypischer Stelle reden, wenn nicht die Zahn¬ 
entwicklung im Oberkiefer in der gleichen Weise vor sich 
ginge wie im Unterkiefer; die Geschwulst geht aber auch hier 
mit Bestimmtheit von der Zahnanlage aus. Die Frage, ob der 
Tumor von Beginn an als solcher ein bösartiger war oder 
ob sich auf Grund eines an sich gutartigen Adamantinoms 
ein Karzinom entwickelte, muss ich unbeantwortet lassen. 
Die Möglichkeit eines Rezidivs auf Grund kleiner bei der Ope¬ 
ration zurückgebliebener Tumormassen ist auch nicht direkt 
von der Hand zu weisen, denn wie uns die Operations¬ 
geschichte meldet, 4 wurde der Tumor teilweise mit dem Meissei 
entfernt, teilweise durch Auskratzung. Eine derartig radikale 
Operation wie am Unterkiefer ist am Oberkiefer eben aus¬ 
geschlossen. — Eine besondere Disposition für derartige 
Tumoren kann nicht angegeben werden. Wenn wir das Alter, 
in dem diese Adamantinome Vorkommen, näher bestimmen 
wollen, so müssen wir immerhin einen Spielraum zwischen dem 
6. und 45. Lebensjahr lassen. Auch scheint ihr Auftreten das 
eine oder andere Geschlecht nicht zu bevorzugen. Wenigstens 
verteilt sich der Prozentsatz bei den bis jetzt bekannten Fällen 
unmerklich mehr auf das weibliche Geschlecht. Die Selten 
heit dieser Tumoren bringt es mit sich, dass die Aetiologie 
noch nicht ganz geklärt ist. Man ist also darauf angewiesen, 
durch möglichst eifrig zu sammelndes Material Klarheit auf 
diesem Gebiete zu schaffen. 


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182 


Dr. Julius Bock, Heidelberg. — Zwei Fälle von Adamantinom. 


Zum Schlüsse meiner Arbeit möchte ich meinem hoch¬ 
verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. E. Graser, bestens für die 
gütige Ueberlassung der Arbeit danken, desgleichen Herrn Privat¬ 
dozenten Dr. Kreut er für seine freundlichen Ratschläge und 
Herrn Dr. A. Stoffel für die liebenswürdige Anfertigung der 
mikroskopischen Zeichnung. 

* 

Literatur. 

Allgayer: Epithelialgeschwülste des Unterkiefers. Beitr. zur klinischen 
Chirurgie, 1886. 

Bayer: Zur Statistik der Kiefergeschwülste. Prager medizinische Wochen¬ 
schrift, 1884, Nr. 41. 

Becker: Zur Lehre von den gutartigen Epithelialgeschwülsten der Kiefer¬ 
knochen. Archiv iür klinische Chirurgie, Bd. 47, 1894. 

Bennek e: Beitrag zur Kenntnis der epithelialen Kiefergeschwülste. Deutsche 
Zeitschrift für Chirurgie, Bd. 42, 1896. 

Borst: Lehre von den Geschwülsten. Wiesbaden 1902. 

Bryk: Zur Kasuistik der Geschwülste. Proliferierendes Zahnzystom des 
Unterkiefers. Archiv für klinische Chirurgie, Bd. 24, Heft 4, p. 793. 
Büchtemann: Zystom des Unterkiefers, bei dem die Zysten aus Wuche¬ 
rungen des Mundepithels hervorgegangen sind. Archiv für klinische 
Chirurgie, Bd. 26, p. 249. 

Busch: Mitteilungen über einige Geschwülste. Berliner klinische Wochen¬ 
schrift, 1877, Nr. 18. 

Chibret: Th6se de Paris. 

Derujinski: Ueber einen epithelialen Tumor im Unterkiefer. Wiener 
klinische Wochenschrift Nr. 40 und 41. 

E v e: Cystic tumours of the jaws. Brit. Jour, of dent. sc. 1888. 
Falkson: Virchows Archiv, Bd. 76, p. 504. 

H e a t h: Case of cystic disease of the lower jaws. Brit. Med. Joum. 1876, 
Kolaczek: Ein zystisches Adenom des Unterkiefers, entstanden nach 
dem Typus der fötalen Bildung der Schleimdrüsen. Zeitschrift für 
klinische Chirurgie, 1897, Bd. 21, p. 442. 

Kruse: Ueher die Entwicklung zystischer Geschwülste im Unterkiefer. 
Virchows Archiv, Bd. 124, p. 137. 

Malassez: Sur le röle des döbris Spitheliaux paradentaires. Archiv de 
Physiologie, 1885. 

M a s s i n: Ein Fall von angeborenem Epitheliom, entstanden aus dem 
Schmelzorgan. Virchows Archiv, Bd. 136, p. 828. 


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Zentralverband der österreichischen Stomatologien. 


183 


Matsuoka: Beitrag zur Lehre vom Adamantinom. Deutsche Zeitschrift 
für Chirurgie, Bd. 74. 

Michel: Ueber ein Adamantinom. Deutsche zahnärztliche Wochenschrift, 
Jahrgang VIT, Nr. 32. 

Mikulicz v.: Wiener medizinische Wochenschrift, 1876. 

Nasse: Zentrales paradentäres Zystom des Unterkiefers. Bericht über die 
Verhandlungen des XIX. chirurgischen Kongresses. 

Ribbert: Geschwulstlehre. Bonn 1902. 

St Öhr: Lehrbuch der Histologie. Jena. Gustav Fischer, 1901. 
Trzebicky: Zeitschrift für Heilkunde, 1885. 

W e d 1: Pathologie der Zähne, 1870. 


Berichte ans Instituten and Vereinen. 

He JahrmersanlOM ta ZeMverMes Der öster- 
reicHei Stoiatolop. 

Wien, 8. bis 10. Dezember 1905. 

Bericht über die wissenschaftlichen Sitzungen, erstattet von 
Cand. med. Josef Weinfeld. 

Die Versammlung war von etwa 200 Mitgliedern aus 
Wien und der Provinz besucht, auch aus Budapest hatten 
sich mehrere Kollegen als Gäste eingefunden. Die Demon¬ 
strationen fanden in den geräumigen Sälen des k. k. zahn¬ 
ärztlichen Universitäts-Institutes statt, welche Regierungsrat 
Prof. Sch eff bereitwilligst zur Verfügung gestellt hatte. 

Es war Gelegenheit geboten, die neueren Operations¬ 
methoden an Patienten vorführen zu sehen, auch interessante 
Regulierungen wurden vorgezeigt und Füllungen mit Gold und 
Porzellan hergestellt. 

Um einerseits dem Wunsche der Kollegen, welche auf den 
im Sommer 1905 ausgeschickten Fragebogen neuere Narkosen 
als Demonstrationsgegenstände angesetzt hatten, zu entsprechen, 
anderseits aber erfahrenen Praktikern und den von ihnen 
gewiss mit vorzüglichem Erfolge geübten Methoden auch ge¬ 
recht zu werden, veranlasste der Präsident Doz. Dr. Weiser 


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184 


Zentralverband der österreichischen Stomatologen. 


die Nebeneinanderstellung der altehrwürdigen Stickstoff¬ 
oxydul-, der Schlafgas-, der Somnoform- und Aetherrausch- 
Narkosen. Sämtliche Methoden bewährten sich auch bei dieser 
Vorführung äusserst zufriedenstellend. Die Einfachheit der 
neueren Narkosen spricht entschieden für letztere, die tausend¬ 
fältige Erfahrung und die unbestritten günstige Statistik, sowie 
das sichere Ausbleiben von unangenehmen Nachempfindungen 
vielleicht doch wieder mehr für die älteren Methoden. 

An Patienten wurden folgende Narkosen demonstriert: 
Doz. Dr. Weiser: Stickoxydul; Dr. v. Hauer: Aetherrausch; 
Dr. H i 11 i s c h e r: Schlafgas (Stickoxydul + Sauerstoff); Dr. Vi er- 
thaler: Somnoform. 

Die Vorträge von Dr. Ernst Smreker und Dr. Heinrich 
Reschofsky „Ueber dieKautüchtigkeit derPlatten- 
g e b i s s e a sind in dem vorliegenden Hefte auf Seite 33, resp. 125 
vollinhaltlich veröffentlicht, während wir den Bericht über die 
Demonstrationen nachstehend folgen lassen. 

* 

Doz. Dr. Rudolf Loos zeigte die exakte Vorbereitung 
der Kavitäten für Gold und Porzellan und den Werdegang der 
Füllungen in allen ihren Phasen am Phantom. 

* 

Doz. Dr. R. Weiser: 

Die „Ausmeisselung“ tief frakturierter Wurzeln. Die Aus- 
meisselung tief frakturierter Wurzeln war nur als Demon¬ 
stration an mit Weichteilen bedeckten Schädeln in Aussicht 
genommen und wurde an solchen auch von Dr. Weiser 
mehrfach ausgeführt. Da es aber ein günstiger Zufall mit sich 
brachte, dass von einem Kollegen ein Patient aus der Provinz 
zur Operation empfohlen wurde, dem vor einigen Tagen der 
8| tief frakturiert worden war, operierte Dr. Weiser unter 
Anwendung von Adralgin den aktuellen Casus. Sehr erwünscht 
war es dem Demonstrierenden, dass die als sehr gewandte Ex¬ 
trakteure bekannten Kollegen Doz. Dr. L o os und Dr. Schlemmer 
den Fall als schwierig, die atypische Entfernung des Fragmentes 
auch von ihrem Standpunkte aus als indiziert erklärten. 


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Zentral verband der österreichischen Stomatologen. 


185 


Patient äusserte während der Ausmeisselung fast keine 
Schmerzen. Die Operation verlief glatt und war vom besten 
Erfolge begleitet. 

Resektion einer Wurzelspitze. Gleich im Anschlüsse führte 
Dr. Weiser bei einer Patientin, deren Wurzel des j2 den üblichen 
unblutigen Behandlungen der Pulpagangrän und des chronischen 
Alveolarabszesses hartnäckig widerstanden hatte, die radikale 
Ausräumung der Granulationen, der Abszesshöhle, das Abfraisen 
der Wurzelspitze und schliesslich die Füllung des Knochen¬ 
defektes mit Mo setigscher Knochenplombe und die Ver¬ 
einigung der Wundränder durch Naht aus. Um das Verfahren 
einer anderen Gruppe von Zuschauern besser vor Augen zu 
fuhren, wurde es auch noch am {3 eines Kadavers de¬ 
monstriert. 

Gold-Konturfüllung. Am Nachmittage führte Dr. W eis er an 
einem [6 eine grosse Gold-Konturfüllung aus. Er demonstrierte 
das Auskleiden aller Seitenwände und das Decken der Kavitäten¬ 
ränder mit grossen, weichen, nicht geglühten Zylindern und ver¬ 
wies mit Nachdruck auf die Notwendigkeit, dafür zu sorgen, dass 
der Teil der Füllung, welcher die approximale Hälfte der Höhle 
ausfüllt, durch einen soliden, gut kondensierten Strang aus 
gerollter Standard-Goldfolie Nr. 40 mit dem auf der Kaufläche 
verankerten Teile der Füllung verbunden sei. Ferner demon¬ 
strierte er eingehendst, wie man die ursprüngliche Form des 
Zahnes unfreiwillig wieder herstelle, wenn man stets dafür 
sorgt, dass die schwerer zugänglichen und die Randpartien 
gedeckt werden. 

Er markierte den Zeitpunkt, von dem angefangen man 
— abgesehen von dem Ausgleichen kleiner Poren und 
Niveaudifferenzen — nur mehr gerollte Folie Nr. 40 ver¬ 
wenden solle, wenn man nicht Gefahr laufen will, beim 
Polieren und Richtigstellen des Gegenbisses gerade die best 
kondensierten Partien von faseriger Struktur (ähnlich dem 
Schmiedeeisen) wieder fortzuschleifen und die weniger wider¬ 
standsfähigen, aus Zylindergold hergestellten mehr körnigen 
Partien (ähnlich dem Gusseisen) an die Oberfläche zu befördern. 


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186 


Zentralverband der Österreichischen Stomatologien. 


Grosses Gewicht legt der Demonstrierende auf das Po¬ 
lieren des interdentären Raumes, auf die Glätte des cervicalen 
Randes und die Herstellung des Kontakt-Points. 

Alveolarpyorrhoe. Am Abend stellte Dr. Weiser zu¬ 
nächst einen Patienten im Alter von ungefähr 45 Jahren 
vor, der seit seinem 24. Lebensjahre an einer — vielfachen 
Behandlungsmethoden trotzenden — Alveolarpyorrhoe leidet. 
Ausser einem mässigen Grade von harnsaurer Diathese und 
Spuren von Neurasthenie lässt sich an dem Patienten, 
der vor 5 Jahren eine vermutlich durch Aspiration in 
einem Laboratorium für experimentelle Pathologie akquirierte, 
schwere Lungengangrän ohne jegliche bleibende Folgen über¬ 
wunden hat, nichts Krankhaftes nachweisen. Die im Oberkiefer 
noch vorhandenen und jeder für sich stark gelockerten 
8 i r I i r 3>- 4 7 sind zu einer siebenzähnigen Brücke links 
und zu einer achtzähnigen Brücke rechts verbunden, welche 
unbeweglich festsitzen und von welchen die erstere seit 1898, 
die letztere seit Juni 1905 zur vollsten Zufriedenheit funktioniert. 
Die Alveolarpyorrhoe scheint an den miteinander zu einem 
festen Systeme verbundenen Zähnen stillzustehen. Im Unter¬ 
kiefer sind nur mehr 3] und [3 vorhanden und alle anderen 
Zähne durch ein Vulkanit-Zahnersatzstück ersetzt. 

Brflckenarbeiten. Ferner demonstrierte Weiser an Gips¬ 
kopien mit sehr schmaler Basis aufsitzende Brückenarbeiten; sie 
waren in den betreffenden Fällen wegen sehr ungünstiger 
Artikulationsverhältnisse und wegen der Unmöglichkeit, partielle 
Zahnersatzstücke mittels Klammern überhaupt oder mindestens 
bei Vermeidung sichtbarer Klammern zu befestigen, indiziert 
gewesen. 

In einem dieser Fälle waren zwei untere Brücken, welche 
die Backen- und Mahlzähne rechts und links ersetzen, aus 
Platin- und Jenkins-Prosthetik-Porcelain hergestellt, um die 
kosmetisch störenden Goldkauflächen zu vermeiden. Während 
die vorderen Pfeiler Porzellankronen bildeten, waren die hinteren 
Enden des Platinbalkens mittels Amalgam in Goldringen ver¬ 
ankert, welche die Kronen der äusserst defekten und ab- 


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Zentr&lverband der österreichischen Storaatologen. 


187 


gestorbenen 8~f8 ersetzten. Hierauf folgten Fälle, in welchen die 
Rheinsche Fixation verloren gegangener Zähne in den Wurzel¬ 
kanälen der Nachbarn in der Weise modifiziert erscheint, dass 
in eine bis zu ihrer ursprünglichen Tiefe gebohrten Alveole von 
Zähnen, die bis zu einem Drittel ihrer Wurzeln ausgestossen 
waren, Porzellanzähne mit Porzellanwurzeln inseriert wurden. 
Während die durch Periostitis expulsiva ausgestossenen Wurzeln 
in diesen Fällen als permanente Eitererreger gewirkt und auch 
die Nachbarzähne bedroht hatten, werden die Porzellanwurzeln 
total reaktionslos vertragen; der kosmetische Effekt ist ein 
überraschender. 

Schienen bei Kieferfrakturen. Unter Hinweis auf Mo¬ 
delle und gestanzte Silberschienen, welche einen nach der 
Methode von Heath behandelten Fall von Fraktur des 
Alveolarfortsatzes im Bereiche der Frontzähne des Ober¬ 
und Unterkiefers, verbunden mit Replantation eines total 
luxierten mittleren oberen Schneidezahnes versinnlichten, 
stellte Weiser auch einen noch in Behandlung befindlichen 
Patienten vor; die starke Deviation der Bruchenden war 
sofort durch Einzementieren der für den Fall modifizierten 
Heathschen Metallschiene behoben und der bis dahin von 
Schmerzen gepeinigte Patient konnte vom Tage der Fixation 
des Apparates anstandslos essen und trinken. Er hatte sich dem 
behandelnden Arzte nur ab und zu vorzustellen, um die nach 
und nach sich abstossenden Sequester, die teils in einer sub¬ 
mentalen Fistel, teils in einer Wunde im Mundhöhlenboden sich 
einstellten, mit der Kornzange entfernen zu lassen. 

Prothesen bei grossem Substanzverlust. Zum Schlüsse 
zeigte Weiser noch Prothesen, welche bei Fällen von halb¬ 
seitiger Oberkieferresektion wegen Sarkom ausgeführt worden 
waren. Trotz der sehr ungünstigen Verhältnisse für die Be¬ 
festigung, war es durch Kronen und Brücken, sowie durch 
Federn, welche in Rinnen neben der geschlossenen Zahnreihe 
des Unterkiefers verliefen, möglich, die Kaufunktion, sowie das 
Schlucken von Flüssigkeiten und die Sprache wieder voll¬ 
kommen herzustellen. 

* 


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Zentralverband der österreichischen Stomatologen. 


Doz. Dr. G. v. Wunschheim: 

Das Füllen mit Höpfners Sammetgold. 

Bevor der Vortragende mit dem Füllen beginnt, zeigt er 
den innigen Zusammenhang der einzelnen Aggregate des 
Sammetgoldes durch Zerzupfen mit zwei Sonden, welche Eigen¬ 
schaft das lästige Bröckeln der früheren Kristallgoldpräparate 
und damit auch jeglichen Verlust an Material ausschliesst. 
Diese innige Kohäsion gestattet auch im Zusammenhänge mit 
der unerreichten Geschmeidigkeit, ein bedeutend grösseres Stück 
als die Kavität, in letztere durch vorsichtigen zarten Druck 
mit breiten Stopfern beim Beginne der Goldfüllung einzuführen, 
wodurch das Verspreizen der ersten Goldlage und damit die 
sichere Fixation der Grundlage der Füllung sehr erleichtert 
wird. Die Geschmeidigkeit des Sammetgoldes ist im Gegen¬ 
sätze zu den bisherigen Kristallgoldpräparaten so gross, dass 
sich auch eine bereits gedichtete Lage des Sammetgoldes noch 
treiben lässt, wie Blatt- oder Zylindergold, eine zur Erzielung 
eines guten Randschlusses ausserordentlich wichtige Eigenschaft. 
Man kann eine durch Handdruck fixierte Lage des Sammet¬ 
goldes mit Hammerschlag noch immer weiter dichten und an 
die Kavitätenwände treiben und wird dabei nicht jenen harten 
Ton vernehmen, wie ihn z. B. eine kondensierte Lage von 
Solilagold hören lässt, ein Beweis, dass der Schlag der Stopfer¬ 
spitze nicht bloss auf die Oberfläche mehr wirkt, sondern auch 
die tieferen Lagen noch beeinflusst. 

Vortragender demonstriert des weiteren die Art des Er¬ 
wärmens des Sammetgoldes und benützt diese Gelegenheit, 
auch über das „Glühen“ des Goldes im allgemeinen zu sprechen. 
Vortragender führt kurz aus, dass jedes chemisch reine Gold 
an und für sich kohäsive Eigenschaften besitzt und selbe erst 
beim längeren Liegen durch Absorption von Gasen aus der 
Luft, sowie durch Feuchtigkeit verliert. Sowie man aber das 
chemisch reine Gold erwärmt, kehrt seine Kohäsivität wieder 
zurück, und zwar bereits bei 120°, wie Prof. Al brecht ge¬ 
zeigt hat. Steigert man die Temperatur weiter, so steigert sich 
auch die Kohäsivität des Goldes und selbes wird schliesslich 


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Zentralverband der Österreichischen Stomatologen. 


189 


infolge des Aneinanderklebens der einzelnen Goldlagen eines 
Zylinders oder Pellets so „spröde“, dass eine zweck¬ 
entsprechende Dichtung der einzelnen Goldlagen nicht mehr 
möglich wird. Die Kunst des Goldfüllens besteht daher nicht 
zum geringen Teile in der Erzielung des eben passenden 
Grades von Kohäsivität. Während wir im Beginne einer Füllung 
grösstmöglichste Geschmeidigkeit des Goldes wünschen, um es 
so dicht als möglich an die Kavitäten Wandungen treiben zu 
können, müssen wir bei Beendigung der Füllung unser Haupt¬ 
augenmerk auf eine möglichst harte Oberfläche richten. Wir 
werden daher im Beginne einer kohäsiv zu arbeitenden Füllung 
das Gold nur wenig erwärmen und erst allmählich gegen den 
Schluss der Füllung die Erwärmung der einzelnen Gold¬ 
portionen gradatim steigern. 

Dr. v. Wunschheim zeigt nun, wie er speziell beim 
Sammetgolde bei dem Erwärmen des Goldes vorgeht. Während 
er die ersten Portionen überhaupt nicht erwärmt, führt er die 
weiteren Stücke nur über die Flamme eines mit absolutem 
Alkohol gespeisten Spirituslämpchens langsam hinweg, ohne 
das Gold direkt in die Flamme zu bringen, was nach der Er¬ 
fahrung des Vortragenden direkt schädlich ist. Die Entfernung 
der Flammenspitze vom Golde soll dabei 3 bis 1 Cm. betragen, 
im Anfänge also mehr, gegen den Schluss der Füllung weniger. 

Vortragender füllt nun mehrere Kavitäten an eingegipsten 
Zähnen mit Sammetgold und zeigt auch den Aufbau einer 
Ecke eines Schneidezahnes. Während er bei kleineren zentralen 
Kavitäten die erste Portion des Goldes so gross wählt, dass 
sie nach dem Dichten den Boden der Kavität in genügender 
Dicke bedeckt, um sich an den Wänden verspreizen zu können, 
werden die nachfolgenden Portionen bedeutend kleiner genommen 
und unter stetem Drucke gegen die Wandungen gedichtet. 
Dabei hält Vortragender stets mit einem passenden Stopf¬ 
instrumente die eben eingeführte Goldlage an einem Ende 
nieder, um das sonst leicht eintretende „Schaukeln“ zu ver¬ 
meiden. Vortragender arbeitet also stets gleichzeitig mit zwei 
Stopfern, von denen der eine zum Niederhalten des eben ein- 
geführten Stückes, der andere zum eigentlichen Kondensieren 


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Zentral verband der österreichischen Stomatologen. 


verwendet wird. Zum Dichten des Sammetgoldes lassen sich 
alle Stopfer verwenden, die eine möglichst grosse und dabei 
nur zart gerauhte Stopffläche haben. Ebenso lässt sich das 
Sammetgold gleich gut mit Handdruck und Hammer dichten 
und verwendet Vortragender zumeist beides, zuerst Handdruck 
und dann den Hammer. 

Bei Beendigung der Füllungen, die Dr. v. Wunschheim 
mehr aus Gewohnheit, als weil er dem Sammetgolde die 
hiezu nötigen Eigenschaften nicht Zutrauen würde, mit 
Rowans Goldzylindern ausführt, hebt er die Wichtigkeit einer 
tadellos hart gearbeiteten Oberfläche hervor und zeigt, wie er 
durch abwechselndes Bearbeiten der Goldfüllung mit ein¬ 
gefetteten Polierstählen unter sehr starkem Handdrücke 
und Abschleifen der stehenbleibenden Erhabenheiten mit ein¬ 
gefetteten Scheiben und Steinen eine solche erzielt. Auch eine 
noch so gehämmerte Goldfüllung weist, wie Vortragender zeigt, 
sofort Dellen auf, sowie man mit dem Polierstahle darüber 
geht, ein Beweis, dass es mit dem Hammerschlage allein nicht 
gelingt, eine gleichmässig harte und dichte Oberfläche zu er¬ 
zielen. Dieses sorgfältige Finieren der Goldfüllungen, das un¬ 
gefähr dieselbe Zeit in Anspruch nimmt, wie das Legen der 
Füllungen selbst, wird dadurch belohnt, dass so gearbeitete 
Goldfüllungen nicht herausfallen und auch nach Jahren noch 
mit der gleichen spiegelblanken Oberfläche sich präsentieren, 
wie sie gelegt wurden. 

* 


Dr. Franz Trauner: 

Wurzelfüllung mit Paraffin. 

Indikation für dieselbe ist ein offenes Foramen apicale. 
Das Paraffin vom Schmelzpunkt 45 bis 50° wird ohne 
Zusatz eines Antiseptikums angewendet, u. zw. verfertigt sich 
der Vortragende Paraffin-Points mittels der Böhm sehen Spritze 
indem durch Erwärmen verflüssigtes Paraffin in die erwärmte 
Spritze aufgesaugt und knapp vor dem Erhärten als Würstchen 
auf eine kalte Glasplatte ausgespritzt wird. Von demselben 


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Zentralverband der österreichischen Stomatologen. 


191 


werden dann Stückchen von der Länge der bekannten 
Guttapercha-Points heruntergeschnitten und ein Ende durch 
eine Spiritusflamme gezogen, um es abzurunden. 

Die Füllung des Wurzelkanales geschieht folgendermassen: 
Der Paraffin-Point wird mittels Pinzette soweit als möglich 
eingeführt und mit heisser Platinnadel verflüssigt, eventuell 
ein zweiter Point nachgeführt und ebenfalls erweicht. Um die 
ganze im Kanal befindliche Paraffinmasse weiter gegen die 
Wurzelspitze hinauf zu dichten, wird ein kurzer in Chloroform 
getauchter Guttapercha-Point nach geschoben. Das Vordringen 
desselben wird durch das Chloroform, welches auch Paraffin 
löst, ermöglicht, soll aber nicht zu hoch erfolgen, weil der 
Zweck — Dichten der Füllung — bei einem Zuviel durch 
reichliches Durchpressen von Material durch das Foramen apicale 
vereitelt wird. 

Der Vortragende bevorzugt diese Art der Manipulation 
mit Points vor dem Arbeiten mit Spritze, da sie gestattet, 
mit geringen Paraffinmengen zu arbeiten, wodurch eine Ueber- 
schwemmung des Gesichtsfeldes vermieden wird und die klare 
Uebersicht erhalten bleibt. Auch lässt sich das Paraffin in 
spärlicher Quantität leichter verflüssigen und kurze Zeit weich 
erhalten. 

Die Resultate, welche der Vortragende durch 4 Jahre 
erzielt, sind sehr befriedigend und rechtfertigen die seiner¬ 
zeitige Empfehlung des Paraffins als Wurzelfüllungsmaterial. 
(Oesterr.-ungar. Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde, 1902, 
pag. 229, woselbst auch die Abbildung der Platinnadel zu 
finden ist.) 

* 


Dr. Hans Pichler: 

a) Approximale Amalgamfüllung nach den Prinzipien von Black. 

(Demonstration am Phantom. Demonstrationsobjekt: Ein kleiner Kariesherd 
an typischer Stelle der Approximalfläche eines oberen Backenzahnes.) 

Der Vortragende zeigt an einer schematischen Zeich¬ 
nung die A Form des Areals der „habituellen Unrein¬ 
heit“ und somit der Disposition für Karies an der Appro- 


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Zentralverband der österreichischen Stomatologen. 


ximalfläche. Es würde dem Black sehen Prinzipe der 
„Extension for prevention“ genügen, die Kavität eben nur so 
gross zu machen, dass dieses Areale einbezogen wird; es zeigt 
sich jedoch, wie am Schema eines Sagittalschnittes durch 
den Zahn näher erläutert wird, dass die Spaltrichtung des 
Schmelzes eine kastenförmige Präparation der Höhle in diesem 
Umfang nicht erlaubt, sondern zum Wegbrechen des unter¬ 
minierten Teiles der Kaufläche zwingt. Dadurch wird auch die 
nötige Zugänglichkeit der Höhle hergestellt. Da es nun aber 
mit dem Prinzip der prophylaktischen Vergrösserung der 
Kavitäten (Extension for prevention) nicht vereinbar ist, die 
Füllung an einer Stelle in der Kauflächenfissur enden zu lassen, 
wo man ihren Rand nicht glatt mit der Zahnoberfläche 
finieren könnte, muss man die ganze Fissur ausschneiden. Dies 
hat auch noch den Vorteil, dass dadurch Unterschnitte im 
approximalen Teil der Höhle überflüssig werden. Es ist nur 
nötig, die gingivale Wand horizontal und eben oder konvex 
zu machen und das Verbindungsstück zwischen dem approxi¬ 
malen Teil der Füllung und dessen Verankerung in der Kau¬ 
fläche dick und breit genug zu gestalten, dann widersteht die 
Füllung auch grossem Kaudruck. Unterschneiden der buccalen 
und lingualen Wand ist also unnütz und ist auch durchaus zu 
widerraten, sobald man die Höhle nach diesen beiden Seiten 
hin ziemlich breit macht. Oft muss man sie aus Rücksicht auf 
die Prophylaxe der Kariesrezidive so breit machen, dass man 
die buccale und linguale Wand nicht einmal parallel machen 
kann, sondern sogar divergieren lassen muss. 

Nach Beendigung der Ausdehnung der Höhle nach der 
buccalen, lingualen und gingivalen Seite werden die Höhlen¬ 
wände geebnet, die Flächenwinkel scharf ausgearbeitet und 
schliesslich die Schmelzränder überall entsprechend der Richtung 
der Schmelzprismen abgeschrägt und geglättet. 

Dann wird mit Hilfe eines Ivoryhalters eine Matrize 
angelegt und eine Füllung aus schnell härtendem Amalgam 
gemacht unter der Annahme, dass die beiden Zähne in einer 
früheren Sitzung schon separiert worden seien. Abnehmen der 
Matrize, Entfernen des Füllungsüberschusses und Formen der 


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Zentral verband der österreichischen Stomatologen. 193 

Füllung und insbesondere des Kontaktpunktes mit Finiermessern 
und anderen schneidenden Instrumenten. 

(Vergl. Aufsätze des Vortragenden in Heft IV, 1905 dieser 
Zeitschr. und Heft II, 1905 der „Oesterr. Zeitschr. für Stoma¬ 
tologie“ ) 

b) Ein neues Instrument von Harper zur Vorbereitung von Zalur- 
stümpfen für Kronenarbeiten. 

Wer die Caseschen oder ähnliche Handinstrumente ver¬ 
wenden gelernt hat, um obere Frontzähne zur Aufnahme 
genau anschliessender Kronenringe vorzubereiten, wird sagen, 
dass damit diese Arbeit rascher, exakter und schonender 
gemacht werden kann, als mit rotierenden Fräsen und Steinen. 
Es geschieht in der Weise, dass der Schmelz und nötigenfalls 
auch etwas vom Dentin abgekratzt wird, bis eine konische 
Form des Stumpfs erzielt ist. 

Der „Harper Holder“ ermöglicht es, diese Methode auch 
an allen rückwärtigen Zähnen, insbesondere den so schwer 
zu präparierenden unteren Molaren anzuwenden. Man kann 
damit leicht alle Teile der Zahnperipherie abkratzen und die 
Kraft, die man anwenden kann, ist sehr bedeutend, da die 
Hand an einem langen Hebelarm angreift, während die Zahn¬ 
reihe der Gegenseite als Hypomochlion dient. Es ist die Ueber» 
zeugung des Vortragenden, dass die Erfindung dieses wert¬ 
vollen Hilfsmittels für Kronen- und Brückenarbeiten einen 
segensreichen Fortschritt bedeutet. Seine Anwendung wurde 
an eingegipsten Zähnen demonstriert. 

* 


Dr. M. Kärolyi: 

Behandlung der Alveolarpyorrhoe. 

Vortragender behauptet, dass die Caries alv. spec. auf die 
Artikulationsstörungen als Causa prim, zurückzuführen seien. 
Diese Artikulationsstörungen bestehen durch fortwährend 
krampfhaftes Zusammenpressen der beiden Kiefer während 
des Schlafes. Durch kontinuierliche üeberlastung und Er¬ 
is 


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Zentralverband der österreichischen Stomatologen. 


schütterungen der Zähne werden die den Zahnhals umgebenden 
Bindegewebe lädiert. Die Folge: Ernährung gestört; Taschen¬ 
bildung zwischen Zahn und umgebendem Weichgebilde. Speise¬ 
reste verbleiben in den gebildeten Nischen, wo die Mikro¬ 
organismen den Vernichtungsprozess des abgelösten Gewebes 
fortsetzen. Ferner bespricht der Vortragende die therapeutischen 
Mittel gegen die Garies alv. spec., die im Entlasten der kranken 
Zähne und Verteilung des Kauaktes auf mehrere Zahngruppen 
gipfeln. 


Dr. Franz Z e 1 i s k a: 

Die Angleschen Apparate und ihre Verwendung. 

Es wurden zunächst die einzelnen Apparate gezeigt und 
ihre Anbringung im Munde an einem aus natürlichen Zähnen 
hergestellten Phantome erläutert. Dann wird mit Hilfe dieses 
Phantoms und an Modellen durchgeführten Regulierungen 
gezeigt, wie einzelne Zähne hinein- und herausgedrängt und 
gedreht werden, wie die Kiefer verbreitert, verlängert und ver¬ 
kürzt werden und wie die normale Artikulation zwischen Ober¬ 
und Unterkiefer durch gegenseitige Verankerung hergestellt wird. 

Soweit es bei einer praktischen Demonstration möglich 
ist, wurde auch auf die Grundprinzipien und theoretischen 
Erwägungen Rücksicht genommen, die sich der Zahnarzt jeder¬ 
zeit vor Augen halten muss, wenn er daran geht, einen Fall 
von Irregularität zu behandeln. Es wird darauf hingewiesen, 
wie falsch es ist, die Raumbeschaffung durch Extraktion er¬ 
reichen zu wollen, wie ausserordentlich wichtig es für den 
idealen und bleibenden Erfolg ist, eine normale Artikulation 
herzustellen, dass nicht damit genug getan ist, die Frontzähne 
„gerade zu richten und in die Reihe zu stellen“, sondern dass 
die Behandlung bei den Molaren zu beginnen hat. 

Zum Schlüsse wird auf die Vorteile hingewiesen, welche 
die Verwendung der Angle sehen (oder ähnlicher Apparate) 
vor den früher angewandten Maschinen hat, welche für jeden 
einzelnen Fall erst eigens ersonnen und gebaut werden mussten, 
wo der Zahnarzt fast nie aus dem Stadium des Experimen- 


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Zentralverband der österreichischen Stomatologen. 


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tierens herauskam und daher selten von vomeherein der 
Wirkung seines Apparates sicher war und sich stets in einem 
Abhängigkeitsverhältnis zum Techniker befand. 

* 

Dr. Joh. Augst (Troppau) zeigt die Herstellung von 
Vollgoldkronen. Nach Fertigstellung des Ringes (Collar) wird 
die Kaufläche, resp. die Höcker derselben mit einem dazu 
besonders geeigneten Instrument hergestellt und dann auf den 
Ring aufgelötet. Die äusserst praktischen Handgriffe, die der 
Demonstrierende zeigte, lassen sich durch Beschreibung nicht 
wiedergeben. Nach seiner Methode kann man eine Vollgold¬ 
krone in einer Sitzung herstellen. 

* 

Dr. Rudolf Vierthaler demonstriert den Injektions¬ 
apparat von Noah und erklärt, wie das Noalin in den 
Wurzelkanal eindringt. Er nimmt sodann an einer Patientin 
eine Wurzelresektion vor — bei Anwendung von Kokain- 
Suprarenin — und füllt die blossgelegte und ausgekratzte 
Knochenhöhle mit Mosetigscher Jodoform-Knochenplombe aus. 

* 

Dr. Jos. Pöter führt die Sterilisation von Wurzel¬ 
kanälen mittels Elektrolyse vor. Da kein Strassenstrom zur 
Verfügung stand, benützte der Demonstrierende eine Tauch¬ 
batterie mit 32 Chromsäure-Elementen. Er hebt hervor, dass 
diese Methode den Vorzug hat, das erstrebte Resultat: die voll¬ 
ständige Sterilisierung des Wurzelkanals in einer Sitzung herbei¬ 
zuführen und empfiehlt die Anwendung hoher Intensität des 
Stromes — 4 bis 4 1 /* Milliamperes. Vollkommene Isolierung 
des zu behandelnden Zahnes mittels Kofferdam ist unbedingt 
erforderlich. (Es sei auf die Publikation des Demonstrierenden 
in Heft II des Jahrganges 1905 dieser Zeitschrift hingewiesen.) 

* 

Dr. Hch. Rieger demonstriert graphische Hilfsmittel 
für populäre Vorträge zur Aufklärung des Laienpublikums über 
Zahn- und Munderkrankungen. 


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Verein Wiener Zahnärzte. 


Tn Wiener Zahnärzte. 

Bericht über die Generalversammlung vom 
3. Jänner 1906. 

Anwesend die Herren Doktoren: Herz-Fränkl, 
Rosenfeld, M. Wolf, Mittler, Elkan, Schreier, Stein, 
Steinschneider, Friedmann, Weinmann, Goldstern, 
Hugo Trebitsch, Tugendhat, Kanitz, Knecht, 
Wellisch, Soos, Fritz Loos, Engel, Kreisler und 
Berg als Gast. 

Vizepräsident Dr. Herz-Fränkl eröffnet die Sitzung 
und konstatiert die Beschlussfähigkeit. Nach Begrüssung der 
Erschienenen gibt er eine chronologische Darstellung über die 
den Verein betreffenden Vorkommnisse seit der letzten Ver¬ 
sammlung vom 2. November 1905. Gemäss eines Beschlusses 
des Ausschusses wurde am 2. Dezember 1905 konform den 
Ergebnissen der Versammlung vom 17. Oktober und 22. No¬ 
vember an den Sanitätsausschuss des Abgeordnetenhauses ein 
Elaborat, respektive Gesuch um eine parlamentarische Enquete 
abgesendet, wofür er um die Indemnität bittet. 

Er erwähnt ferner die Vorgänge in den Ausschusssitzungen 
des Verbandes der österreichischen Stomatologen und die 
Niederlegung seines Mandates als Delegierter des Vereines 
Wiener Zahnärzte. 

Dr. Mittler teilt in einem Brief vom 11. Dezember 
seine Resignation als Präsident des Vereines mit. 

Zu Punkt II der Tagesordnung übergehend, erteilt 
Dr. Herz-Fränkl dem Schriftführer Dr. Steinschneider 
das Wort und dieser erstattet folgenden 

Jahresbericht: 

Im Gegensätze zu den einleitenden Worten zum Jahres¬ 
bericht des Vorjahres sind wir diesmal in der angenehmen Lage, 
zu konstatieren, dass die Vereinstätigkeit im abgelaufenen Jahre 
den gehegten Erwartungen entsprach und eine intensive und 
rege war. Wir hielten acht Plenarversammlungen ab, die 


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Verein Wiener Zahnärzte. 


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nahezu immer von der Hälfte der Vereinsmitglieder besucht 
waren. Leider waren wir auch diesmal nicht in der Lage, 
in einer ständigen Lokalität zu tagen und mussten von Fall 
zu Fall oft mit grosser Mühe eine Stätte für unsere Ver¬ 
handlungen gewinnen. 

Abgesehen von der ersten Plenarversammlung (General¬ 
versammlung), in der nur administrative Angelegenheiten be¬ 
raten und die Wahlen des Vorstandes vorgenommen wurden, 
nahmen im Programm neben den wissenschaftlichen Themen 
heuer wieder sozial-zahnärztliche und Standesangelegenheiten 
einen weiteren Raum ein. Bezüglich der wissenschaftlichen 
Themen kann sich der Bericht kürzer fassen, da die Vorträge, 
gleichwie die Protokolle unserer Sitzungen in dem Vereins¬ 
organ zur Veröffentlichung gelangten, wodurch auch die den 
Versammlungen fern gebliebenen Kollegen die Tätigkeit des 
Vereins verfolgen können. 

Wie sie aus diesen Publikationen entnommen haben, 
legten wir auch im abgelaufenen Jahre Gewicht darauf, neben 
engeren Fachkollegen auch Vertreter jener Disziplinen, die 
mit unserer Spezialwissenschaft im Zusammenhang stehen, zu 
Worte kommen zu lassen. 

Indem wir durch solche Vorträge unser Fach enger an 
die Gesamtmedizin zu schliessen trachten, glaubten wir im 
Interesse unserer Kollegen zu handeln, die aus derartigen 
Wechselbeziehungen reiche Anregungen gewannen. 

Am 9. November hielt Professor Königstein in 
unserem Verein einen Vortrag über Wechselbeziehungen 
zwischen den Erkrankungen des Auges und der Zähne. Redner 
wies auf die vielfachen Beziehungen der Erkrankung des Auges 
und der Zähne hin und hob besonders hervor die Ueber- 
tragung der Erkrankungen von einem Organ auf das andere 
per continuitatem und durch Metastasen. 

Am 7. April hielt Primarius Schnitzler einen uns 
Zahnärzte besonders interessierenden Vortrag über „Mundhöhle 
und Infdktion“ und zeigte, wie wichtig es sei, dass der Zahn¬ 
arzt allgemeine medizinische Bildung besitze, indem die Mund- 


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Verein Wiener Zahnärzte. 


höhle einerseits ein Erkennungszeichen vieler Krankheiten, ander¬ 
seits als Eingangspforte vieler Krankheiten zu beachten sei. 
Die lokale Infektion der Mundhöhle und die Möglichkeit der 
Infektion des Arztes durch Krankheiten des Mundes haben 
für uns Zahnärzte besonders aktuelles Interesse. 

Am 2. Mai beschloss Doz. Dr. Hammerschlag mit 
seinem mit besonderer Präzision gehaltenen Vortrage über 
die Beziehungen zwischen den Erkrankungen der Zähne und 
der Ohren die Reihe der Gastvorträge. 

Von unseren engeren Kollegen hielten wissenschaftliche 
Vorträge: 

Dr. Kreisler im Anschluss an eine Demonstration 
einer geheilten Zahnfraktur, der eine lebhafte Diskussion her¬ 
vorrief. In derselben Sitzung zeigt: 

Dr. Hartwig in anschaulicher Weise das Knappsche 
System der Regulierung schief stehender Zähne. 

Dr. Karolyi machte uns in einem Vortrage am 4. April 
mit seiner Theorie über Aetiologie und Therapie der Alveolar¬ 
pyorrhoe bekannt. 

Am 17. Oktober sprach Dr. v. Hauer über die neueste 
Methode der Pulpabehandlung mit dem Noah sehen Paraffin- 
Injektionsapparate. 

Und nun, meine Herren, kommen wir zu demjenigen Teil 
der Vereinstätigkeit, der sich mit Standesangelegenheiten be¬ 
fasst und im Zeichen des Kampfes der Zahnärzte und Zahn¬ 
techniker steht In diesem spielt, wie sie wissen, unser Verein 
eine hervorragende Rolle und es ist angezeigt, möglichst objektiv 
einen kurzen Rückblick über die Phasen des Kampfes im ab¬ 
gelaufenen Jahre zu geben. Wie Sie wissen, hat sich seinerzeit 
die Aerztekammer und mit ihr die gesamte Aerzteschaft mit den 
Zahnärzten solidarisch erklärt und in einer eigens dazu ein- 
berufenen allgemeinen Aerzteversammlung gleich den Zahn¬ 
ärzten beschlossen, energisch dagegen anzukämpfen, dass den 
Zahntechnikern ärztliche Befugnisse eingeräumt werden. Aber es 
währte nicht lange und es erhoben sich aus zahnärztlichen Kreisen 
Stimmen, die den Standpunkt vertraten, man dürfe nicht auf dem 
Standpunkte der starren Negation verharren und der Regierung 


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Verein Wiener Zahnärzte. 


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mit positiven Vorschlägen kommen, damit sie ein Substrat 
habe, auf Grund dessen sie die Zahnärztefrage gesetzlich regeln 
könne. Dr. Kanitz hielt in unserem Verein am 4. April einen 
Vortrag, in dem er dafür ein tritt, dass sich die Zahnärzte auf 
ein Programm einigen, wodurch die Behörden aus ihrer 
schwierigen Lage befreit wurden. Die Versammlung der Aerzte 
hätte den Prozess, die Kluft zwischen dem geltenden Rechte 
und der faktischen Entwicklung unseres Faches zu uberbrücken, 
verzögert. 

Als nun die Regierung den bekannten Gesetzentwurf vor- 
legte, geschah das Unerwartete. Während ein Teil der Zahn¬ 
ärzte und mit diesen die Majorität des Ausschusses der öster¬ 
reichischen Stomatologen nach einigem Schwanken sich mit 
wenigen belanglosen Aenderungen für die Regierungsvorlage 
erklärte und anführte, dass eine Weigerung der Zahnärzte nur 
Nachteile bringen könnte (Trennung der Zahnheilkunde von 
der Technik und anderes), blieb die Aerzteschaft mit der Aerzte- 
kammer und mit ihr ein grosser Teil der Zahnärzte auf dem 
Standpunkte, die Flinte jetzt nicht ins Korn zu werfen und, 
wenn schon die Vorlage Gesetz werden müsse, es besser sei, 
dass dies ohne unsere Zustimmung geschehe. 

In der Plenarversammlung vom 17. Oktober nahm nach 
einem Referate Dr. Kos eis unserVerein die bekannten zwei 
Resolutionen an. In der einen wurde dem Dr. Herz-Fränkl, 
der im Stomatologen-Ausschusse den Standpunkt vertreten hatte, 
dass die Zahnärzte gegen die in der Vorlage den Zahntechnikern 
erteilten ärztlichen Befugnisse Stellung nehmen müssten, 
die Zustimmung zu dieser Haltung einstimmig ausgesprochen, in 
der anderen die Aerztekammer aufgefordert, in ihrem Wider¬ 
stande nicht zu erlahmen. Damit war unser Verein an die 
Seite derjenigen getreten, die konform den Beschlüssen der 
Aerztekammer und des Aerztekammertages den Widerstand nicht 
aufgeben wollten und verliess derselbe diesen seinen Standpunkt 
auch dann nicht, als Dr. Vi e r t h a 1 e r in der Plenarversammlung 
vom 22. November jenes Referat in unserem Verein vorbrachte, 
auf Grund dessen die Majorität des Ausschusses des Zentral - 
verbandes der österreichischen Stomatologen seine oben er- 


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Verein Wiener Zahnärzte. 


wähnten Beschlösse fasste und seine Petition an den Sanitäts¬ 
ausschuss des Abgeordnetenhauses leitete. Unser Verein behielt 
sich vor, in einer eventuell stattfindenden parlamentarischen 
Enquete seine Delegierten bezüglich ihres Verhaltens zu in¬ 
struieren. In Uebereinstimmung mit den Ergebnissen dieser 
letzten zwei Sitzungen vom 17. Oktober und 22. November 
beschloss nun der Ausschuss unseres Vereines eine eigene 
Petition an den Sanitätsausschuss des Abgeordnetenhauses 
zu leiten. 

Diese wurde am 2. Dezember 1905 abgesendet. In der 
Jahresversammlung des Zentralverbandes der österreichischen 
Stomatologen wurde dem Ausschüsse des Zentralverbandes nach 
langer Debatte die Indemnität gewährt und infolge dessen sah 
sich der Delegierte unseres Vereines, Dr. Herz-Fränkl, ver¬ 
anlasst,sein Mandat niederzulegen. Undnoch eineFolge fürunseren 
Verein hatte dieser Zwist unter den Zahnärzten. Unser Präsident, 
der die Meinung des Vereines nicht teilte und auch in diesem 
Sinne auf der Jahresversammlung sprach, legte seine Stelle als 
Vorsitzender nieder. 

Soweit, meine Herren, sind die Dinge im abgelaufenen 
Jahre gediehen, und dass sie nicht zum Abschluss gekommen 
sind, lehrt Sie ein Blick in die heutige Tagesordnung. Es ist 
zu hoffen, dass die Herren den richtigen Weg finden werden, 
der dem Vereine jenen Einfluss auf den Gang der Dinge wahrt, 
der ihm gebührt. 

Ueber die sonstige Tätigkeit des Vereines ist nur wenig % 
mehr zu berichten. Es wurden auf Beschluss der Plenarver¬ 
sammlung vom 7. April 1905 die Statuten geändert, um sie 
den gegenwärtigen Verhandlungen besser anzupassen. 

Mit schmerzlichem Bedauern müssen wir noch des Todes 
des langjährigen Mitgliedes Dr. Bondy gedenken, an dessen 
Leichenbegängnis der Verein deputativ teilnahm. Auch der die 
gesamte Zahnärzteschaft erschütternde Tod des Professors 
v. Metnitz liess uns die traurige Pflicht erfüllen, der Witwe 
und dem Verein österreichischer Zahnärzte zu kondolieren. 

Hiemit schliesse ich den Bericht mit dem Wunsche, dass 
der Verein auch im neuen Jahre gekräftigt dastehe und dass 


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Verein Wiener Zahnärzte. 


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er in dem Bruderzwist im Hause der Zahnärzte keinen 
Schaden leide. 

Dr. Herz-Frankl dankt und erteilt Dr. Fried¬ 
mann das Wort zur Erstattung des Kassaberichtes. Nach 
Prüfung der Belege und Rechnungen wird dem Kassier der 
Dank und das Absolutorium erteilt. 

Zu Punkt IV ergreift Dr. Schreier das Wort und be¬ 
gründet kurz seinen Antrag auf Austritt des Vereines Wiener 
Zahnärzte als Korporation aus dem Zentralverband österreichi¬ 
scher Stomatologen. Da sich der Verein in einem prinzipiellen 
Gegensätze zum Zentralverband befinde, sei es nötig, dass er 
seine Beschlüsse ohne Rücksicht auf den Verband fasse und zur 
Wahrung seiner Handlungsfreiheit aus diesem austreten müsse, 
es sei jedoch jedem Mitgliede überlassen, für seine Person Ver¬ 
bandsmitglied zu bleiben. Dieser Antrag habe keine Spitze gegen 
den Ausschuss des Zentralverbandes, gegen den Redner nichts 
habe. Nach einer langen Debatte wurde der Antrag mit über¬ 
wiegender Mehrheit angenommen. Infolge dieser Abstimmung 
entfällt Punkt V der Tagesordnung: Wahl zweier Delegierten 
in den Zentralverband österreichischer Stomatologen, und es 
wird sogleich zu Punkt VI: Neuwahl des Vorstandes, ge¬ 
schritten. Es wurden gewählt: zum Präsidenten: Dr. Willy 
Herz-Fränkl; zum Vizepräsidenten: Dr. Schreier; zum 
Kassier: Dr. Friedmann; zu Schriftführern: Dr. Stein¬ 
schneider und Dr. Knirsch und in den Ausschuss die 
Herren DDr.: Fritz Loos, Wallisch, Mittler, Wolf, 
Stein, Kreisler; ins Schiedsgericht: Kanitz, Reschofsky, 
Loos. Alle Wahlen erfolgten nahezu einstimmig und die Ge¬ 
wählten erklärten, die Mandate anzunehmen. 

Bei Punkt VII: Referat Dr. Reschofsky über: 
a) Prof. Jung: Das Füllen der Zähne, 
i) Dr. Wallisch: Lehrbuch der zahnärztlichen Metall¬ 
technik, 

teilt der Vorsitzende mit, dass Dr. Reschofsky krankheits¬ 
halber am Erscheinen verhindert sei, aber seine Referate 
schriftlich eingesandt habe und bittet, diese verlesen zu dürfen. 


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202 


Verein Wiener Zahnärzte. 


Referate: 

Zwei Bücher, nach deren Durchlesung man die Ueber- 
zeugung gewinnt, dass im wohltuenden Gegensätze so mancher 
Publikationen überflüssige Theorie und spekulative Methoden 
sorglich gemieden sind, und alles, was die Verfasser be¬ 
schreiben, von ihnen auch erlebt, resp. ausgeführt wurde. 
Das Jungsche Buch gibt ausser den rein sachlichen An¬ 
weisungen auch Winke für die Räumlichkeiten des Operations¬ 
und Sprechzimmers, Stellung und Beschaffenheit der einzelnen 
Einrichtungsgegenstände, Verteilung des Lichtes usw. Für den 
erfahrenen Praktiker selbstverständlich bringt es sehr wenig 
neues, immerhin findet auch dieser hie und da einen neuen 
praktischen Kniff, jedenfalls aber ist es auch für diesen ein 
sehr schätzenswertes Buch und hat vor älteren Lehrbüchern 
den Anspruch vollster Modernität 

Das zweite Buch „Der Leitfaden für zahnärztliche Metall¬ 
arbeit“ von Wallisch ist selbst für den Praktiker wertvoll. Der 
Verfasser hat viel am technologischen Gewerbemuseum gearbeitet 
und seine Angaben sind verlässlich. Als ich das Buch zu Ende 
gelesen hatte, war ich erstaunt, auf dem letzten Blatte die 
Seitenzahl 80 zu finden. Für ein so dünnes Büchlein ist eine 
ganz respektable Menge des Wissens zusammengetragen und 
durch instruktive Abbildungen veranschaulicht. Selbstverständ¬ 
lich sind genug Dinge darinnen, die ich anders mache, das 
ändert jedoch an dem Werte des Büchleins nichts. 

Ich behalte mir vor, diese Aenderungen, die sich weit 
besser demonstrieren als erklären lassen, in einer der nächsten 
Versammlungen zu zeigen. 

Zum Punkt VIII, Eventualia, ist niemand zum Worte 
gemeldet, und Dr. Herz-Fränkl schliesst die Sitzung. 


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Referate uud Joumalschau. 


203 


Referate und Journalsehau. 


Das Fallen der Zähne und die verwandten Arbeiten. Von 

Prof. Dr. med. Karl Jung , Berlin. (Franz Deut icke, Leipzig 
und Wien, 1905.) 

Das kleine Werk soll nach der Absicht des Verfassers 
ein Gegenstück zu seinem technischen Lehrbuch sein („Lehr¬ 
buch der zahnärztlichen Technik, ein Handbuch für Studierende“), 
um den jungen Anfängern auch in der Zahnheilkunde für die 
erste Zeit ein bequemes Handbuch zu bieten. Wohl wird zu 
dem Zweck meist Prof. Millers grossangelegtes Werk be¬ 
nützt und Jung hat mit seiner Behauptung gewiss Recht, 
wenn er sagt, dass der „Miller“ seiner Fassung nach in 
Wirklichkeit ja nur für den älteren Studierenden, beziehungs¬ 
weise den schon mehr erfahrenen Praktiker zugeschnitten er¬ 
scheint, welcher den Wert oder Unwert der angeführten un¬ 
zähligen MethodenvarLtionen schon selbst ein wenig zu taxieren 
imstande ist, ohne dabei in hilflose Verwirrung zu geraten. 

Und so hat sich Jung bemüht — und sein Ziel auch er¬ 
reicht — die bei der konservierenden Tätigkeit notwendigen 
mechanischen Arbeiten als solche hinzustellen, ohne dabei die 
zum Verständnis notwendige „Wissenschaftlichkeit“ zu viel 
hervorzuheben. 

Ein Vorzug des kleinen zirka 290 Seiten umfassenden 
Werkes besteht darin, das in demselben für den jungen Zahnarzt 
Dinge zur Besprechung kommen, die gerade für die Praxis 
von Wichtigkeit sind, Dinge, von denen derselbe aus begreif¬ 
lichen Gründen auf der Schule gewöhnlich nichts erfährt und 
die der einzelne bisher immer nach eigenem Ermessen erledigt 
hat, so z. B. Einrichtung des Sprechzimmers, Buchführung etc. 

Dr. Alf\ Neumann, Wien, VIU. 


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204 


Referate und Jonmalachau. 


Druckanästhesie mit Adrenalin-Kokain-Formaldehyd. Von 

E. E. Müler , Geary. (Western Dent. Journ., XIX, 7.) 

Mit dieser Methode können Pulpen in 1 bis 3 Minuten 
unempfindlich gemacht und sofort extrahiert werden. Man legt 
Kofferdam an, bringt in die Kavität, wenn die Pulpa noch 
nicht freiliegt, einen Tropfen Adrenalin, dann einen Tropfen 
40prozentiges Formaldehyd; man druckt jetzt mit einem 
Stückchen Gebisskautschuk durch wenige Sekunden darauf und 
kann die Pulpadecke schmerzlos entfernen. Auf die bloss¬ 
gelegte Pulpa kommt wieder ein Tropfen Adrenalin, dann 
Kokain in Kristallen, dann ein Tropfen Formalin. Nun drückt 
man abermals mit Kautschuk darauf, anfangs recht schwach, 
so dass der Patient keine Schmerzempfindung dabei hat, 
dann stärker. Findet man in den Wurzelkanälen noch em¬ 
pfindliches Gewebe oder Neigung zu Blutung, so wird das 
Verfahren wiederholt. Die Vorteile dieser Methode sind: 1. dass 
man den Zahn in einer einzigen Sitzung füllen kann; 2. Schmerz¬ 
losigkeit; 3. Möglichkeit, die Blutung zu unterdrücken; 4. infolge¬ 
dessen Trockenhaltung des Wurzelkanals; 5. dass die Em¬ 
pfindlichkeit des Zahnes nach der Füllung minimal ist; 6. dass 
der Zahn seine Farbe nicht verändert. Miller konnte in einer 
Sitzung einer Patientin die Pulpen aus vier Zähnen entfernen 
und die Füllungen einlegen. Er verwendet die Druckanästhesie 
seit 17« Jahren und ist bis auf einzelne sehr ängstliche und 
misstrauische Patienten mit ihren Erfolgen ausserordentlich 
zufrieden. Dr. B. Kronfdd . 


Elektrolyse im Munde. (Electrolysis in the Mouth.) 
Von Davis. (Items of Interest, September 1905.) 

Die Verfärbung der Goldfüllungen ist auf elektrische Ströme 
im Mund zurückzuführen. Das oft nach ganz kurzer Zeit schon 
vorkommende Auftreten sekundärer Karies an Amalgamfüllungen, 
speziell solcher, die bis an oder unter das Zahnfleisch reichen, 
finden wir sehr häufig, ja fast regelmässig bei Patienten, die 
Goldfüllungen oder Kronen im Munde haben. Das Amalgam 
ist der negative, das Gold der positive Pol, Zahnfleisch und 
Speichel die Leiter, die im Moment der sauren Reaktion den 


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Referate und Journalschau. 


205 


Strom schliessen. Natürlich wird das Amalgam an der Zahn¬ 
fleischgrenze zuerst elektrolytisch zersetzt, daher hier das rasche 
Auftreten sekundärer Karies; Gold und Amalgam sollen daher 
womöglich in einem Munde vermieden werden. Dr. Opph. 


Erfolgreiche Behandlung einer Antrumeiterung. (Success- 
full treatment of antrum disease.) Von Jordan. (Dental 
Summary, Juli 1905). 

Eine akut auftretende Eiterung der Highmorshöhle be¬ 
handelte Autor nach Freilegung und Extraktion einer nach 
einer Extraktion (vor 4 Jahren) zurückgebliebenen Wurzel 
des dritten Molaren erfolgreich im Laufe zweier Wochen durch 
forcierte, dreimal täglich vörgenommene Ausspülungen mit 
W a m p o 1 e s Lösung (Chinin), Wasserstoffsuperoxyd und 
Glycothymolin; alle drei Medikamente wurden jedesmal in 
genannter Reihenfolge in einer für den Patienten gerade er¬ 
träglichen heissen Lösung verwendet. Nach zwölf Tagen war 
die Extraktionswunde, durch die die Spülungen vorgenommen 
wurden, so verkleinert, dass von weiteren Abstand genommen 
wurde. Nach fortgesetzten indifferenten Nasenspülungen war 
der Prozess in weiteren 14 Tagen ganz abgeklungen. 

Dr. Opph . 


IriMerui auf Zahnarzt Mich Liniatsckeh Tortrai: 

Die ßesettm ier farzclspitze (Maiilloteiie). 

Prof. Ad. Witzei ersucht uns mitzuteilen, dass seine 
Erwiderung auf diesen im IV. Heft 1905 unseres Blattes ver¬ 
öffentlichten Vortrag in diesem Hefte keine Aufnahme mehr 
finden konnte und für das Aprilheft zurückgestellt werden 
musste. 


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206 


Varia. 


Varia. 


WIEN. Zahnärztliche Abteilung der Allgemeinen Poliklinik 
(Dozent Dr. Wunschheim). Zum Assistenten an dieser Abteilung 
wurde Dr. v. An der Lan ernannt. 

* 

INNSBRUCK. K. k. zahnärztliches Universitäts-Institut 
(Professor Mayrhofer). Zum Instituts-Assistenten wurde Dr. Franz 
Riha ernannt. 

* 

KRAKAU. Universitätsnachricht. Professor Dr. Vinzenz 
Lepkowski, bisher Titular-Professor, wurde zum ausser¬ 
ordentlichen Universitäts-Professor ernannt. 

* 

BERLIN. Demission Professor Millers. Dem zahnärztlichen 
Institut droht ein grosser Verlust: Professor Dr. W. D. Miller 
ist bei dem Ministerium um seine Entlassung eingeschritten 
und beabsichtigt, in seine Heimat nach Amerika zurückzukehren. 
Als diese Nachricht in zahnärztlichen Kreisen in Berlin bekannt 
wurde, leiteten die Vorstände der verschiedenen Vereine — 
allen voran Dr. Misch, Vorsitzender des Standesvereines — 
eine grosse Agitation ein, um Professor Miller zu bewegen, 
seine Demission zurückzuziehen. In einer am 15. Dezember 1905 
abgehaltenen, ausserordentlich zahlreich besuchten Zahnärzte¬ 
versammlung gelangte eine von Dr. Misch beantragte 
Resolution zur Annahme, in welcher das Ministerium auf¬ 
gefordert wurde, nichts unversucht zu lassen, um Professor 
Miller dem Institut zu erhalten. Es wurde auch daraufhin¬ 
gewiesen, dass die allgemein bekannten traurigen Verhältnisse an 
der ersten zahnärztlichen Universitätsklinik des Reiches, haupt¬ 
sächlich der Mangel an Arbeitsräumen, geringe Dotation etc. 
an dem Entschluss Professor Millers, Berlin zu verlassen, 
zweifellos mitgewirkt haben dürften. 


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Varia. 


207 


Eine ad hoc gewählte Deputation bekam den Auftrag, 
Professor Miller der Dankbarkeit, Verehrung und An¬ 
hänglichkeit der deutschen Zahnärzte zu versichern und ihn 
zu bitten, seine Kräfte auch weiter der Stätte zu widmen, an 
welcher er bisher als Lehrer und Forscher einzig dastehende 
Erfolge errungen hat. — Möge es den vereinten Bemühungen 
gelingen, Professor Miller zur Zurücknahme seines Entlassungs¬ 
gesuches zu veranlassen. 

* 

PARIS. Ehrenmitgliedschaft. Der American Dental Club 
of Paris hat Professor Wilhelm Sachs in Berlin zu seinem 
Ehrenmitglied gewählt. Diese Ehrung ist bisher einem Aus¬ 
länder nicht zuteil geworden. 


Deutsche Patente und Gebrauchsmuster-Eintragungen. 

(Mitgeteilt von Ing. V. Monath, Patentanwalt, Wien, 
I. Jasomirgottstrasse 4.) 


Verfahren zur Herstellung metallischer Zahnersatzstücke 
durch Guss. Dr. Artur Ollendorf, Breslau. 

Konturmatrize mit gelenkig angeordneten Bändern. Fritjof 
Thue, Christiania. 

Injektionsspritze zum Einführen von Betäubungsmitteln 
in Zähne, mit durch eine zangenartige Vorrichtung bewegtem 
Kolben. Charles Gibson M y e r s, Cleveland, Ohio. 

Verfahren zur Herstellung von Gebissplatten. Jean 
Matheret, Juwelier in Paris. 

Automatischer Wärmeregler für zahn technische Vulkani¬ 
sierapparate. Peter Salocsani in Mostar. 

Verfahren zur Herstellung künstlicher Gebisse. Adalbert 
Pokorny in Iglau. 

Aspirator zum Entfernen der Feilreste bei zahnärztlichen 
Operationen. Dr. Wilhelm Kantz, Zahnarzt in Wien. 


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208 


Bügel mit verstellbarer Traverse für Zahnärzte. Mayr, 
Nagel & Co., München. 

Artikulator mit dreh- und abnehmbar an der Unter- 
gebissplatte festgehaltener, durch eine seitlich angebrachte 
Schraube verstellbarer Obergebissplatte und Scherenverschluss 
zum Auseinandernehmen. Dr. W. Schmidt, Stuttgart. 

Apparat zum Reinigen des menschlichen Gebisses mittels 
Presswassers. W. Marwitz, Mühlheim a. d. Ruhr. 

Kofferartiger Behälter mit Einrichtung zur Herstellung 
von Gebissen und Kronen etc. auf galvanoplastischem Wege. 
Louis Bein, Koblenz. 

Befestigungs-Vorrichtung für Federn an künstlichen Ge¬ 
bissen. Ernst Otte, Braunschweig. 

Zweiteiliger Formlöffel für Gebisse, dessen Hälften mittels 
mehrerer Zapfen gesondert an der Grundplatte befestigt sind. 
Oskar Wörner, Ebingen. 

Kautschukwärmer mit einem Leinwand- o. dgl. Ueberzug 
zum Verhindern des Anklebens des Kautschuks. Imre Röna, 
Budapest. 

Auswechselbare Zahnkrone. August Hauser, Frei- 
bürg i. B. 

Pinzette, gekennzeichnet durch einen Hebel, welcher 
die beiden Greifspitzen zusammendrückt. A. Herrmann, 
Remmelsingen bei Saargemünd. 

Instrument zum bequemen Entfernen von Zahnwurzeln, 
dessen Ende löfifelförmig geformt ist und winkelig mit scharfem 
Rande ausläuft. Louis Bein, Koblenz. 

Auswechselbarer künstlicher Zahn mit winkeliger, an 
einem Füllstück befestigter Rückseite. Leon Lervi, Boston, 
Goncil Bluffs, Jowa, V. St. A. 

Instrument aus Zelluloid zum Füllen der Zähne mit säure- 
hältigem Material. Karl Schön, Hamburg. 


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209 


Empfangene Bücher und Broschüren. 

(Mit Vorbehalt weiterer Besprechung.) 

Leitfaden der Zahn- und Kieferkerrektur. Von Prof. Dr med 
Karn ung, Berlin. Franz Deuticke, Leipzig und Wien, 190«' 
Bedras a«r Frage der Kittsuiwtanz der Sohmelzpriemen. Von 

Hjaimar Jungner, Zahnarzt in Stockholm. Sonder- 
ab druck aus „Nordisk Tandläkaretidskrift“, 1905. 

TeXt ^ d l h!“ St ? ti0nSpr ° ben auS ” Moderne zahnärztliche Metall- 
technik Von Zahnarzt Dr. E. Müller, Wädensweil- 

une . onderabdruck aus der „Schweizerischen Viertel- 
jahrsschrift für Zahnheilkunde“, Heft IV, 1905 

Ein neuer Operationstisch. Von Dr, Julius Fürth, Sanatorium- 
besitzer in Wien. Sonderabdrnck aus der .Wiener 
klinischen Wochenschrift“, Nr. 47, 1905. 

Ueber Stovain und dessen Anwendung. Von Dr. C. G. Coakley 
New-York. Sonderabdruck aus »Repertorium der prak¬ 
tischen Medizin“, Nr. 11, 1905. 

Hl. Jahresbericht der städtischen Schulzahnklinik in Strassburq 
i. E. 1904/05. a 

Zum 100 jährigen Gedenktag der Gründung der Firma Friedr. 
Jobst, Stuttgart. Von Friedrich Kober. Sonderabdruck 
aus der „Süddeutschen Apothekerzeitung“, 1905. 

Zahnärztliches Fach-Adressbuch 1906. Verlag: .Deutsche zahn¬ 
ärztliche Zeitung“, München. 

NB. Bei Zusendung von Rezensionsexemplaren, Tausch- 
'"=■ W °“ e SlCh n " r 

Julius Weiss 

Wien, I. Singerstrasse Nr. 1 


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210 


Empfangene Zeitschriften. 


Dental Era. 

Dental Cosmos. 

Dental Digest. 

Dental Review. 

Dominion Dental Jonrnal. 
Western Dental Jonrnal. 


Amerika: 

Dental Summary. 

Pacific Dent. Gazette. 

Items of Interest. 

Dental Brief. 

Dental Hints. 

Dental Office and Laboratory. 

Australien: 


Australian Journal of Dentistry. 

Belgien: 

Bulletin de la SocietS Beige de Stomatologie. 

Dänemark, Schweden und Norwegen: 

Odontologisk Tidskrift. I Reflector. 

Nordisk. Tandläk. Tidskrift. | Tandlägebladet. 

Excerpta odontologica. | 


Deutschland: 


Korrespondenzblatt für Zahnärzte. 
Die Zahnkunst. 

Zahnärztliche Rundschau. 

Deutsche zahnärztl. Wochenschrift. 
Odontologische Blätter. 


Zahntechnische Reform. 

Archiv für Zahnheilkunde. 

Deutsche zahnärztliche Zeitung. 
Deutsche Monatsschrift für Zahn¬ 
heilkunde. 


British Joum. of Dental Science. 
Journ. of the Brit. Dent. Assoc. 
The Dental Surgeon 


England: 

Dental Record. 
Quarterly Circular. 
Elliots Quarterly. 


L* Odontologie. 

Le Progräs dentaire. 

La Revue de Stomatologie. 
Le Laboratoire. 


Frankreich: 

Le Monde dentaire. 

Le mois mädico-chirurgial. 

Revue internat. de Prothese dentaire. 
Revue de Chirurgie dentaire. 


Holland: 

Handelingen v. h. Nederl. Tandheel- I Tijdschrift voor Tandheelkunde. 
kundig Genootschap. j 

Italien: 


Giomale di Correspond, pei Dentisti. | La Stomatologia. 

Japan: 

Shikwa-gakuho. 

Oesterreich-Ungarn: 


Wiener medizinische Blätter. 
Mediz.-chirurg. Zentralblatt. 

Ö8terr. ärztliche Vereins-Zeitung, 
österr. Zeitschrift für Stomatologie. 


Zeitschrift für Zahntechnik.^ 
Stomatologiai Közlöny. 

Zubni 16karstvi. 

Medico-technologisches Journal. 


Russland: 

Przeglad Dentystyczny. I Odontologitscheskoje Obosrenije. 

Zubowratschebni wjestnik. j 

Schweiz: 

Schweizerische Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde. 

Spanien: 

La Odontologia. | La Odontotecnica. 


Wir bestätigen den Empfang von Tauschexemplaren der genannten 
Zeitschriften und bitten um deren fernere Zusendung unter der Adresse: 

Julius Weist, Wien, I. Singerstrasse Nr. 1. 


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B ewerber um Assistenten- und Technikersteilen werden 
ersucht, ihren Offerten stets Zeugnisabschriften und 
Photographie beizulegen. Die Stellensuchenden werden 
dringend ersucht, uns sofort zu verständigen, wenn sie 
— gleichgiltig, ob durch oder ohne unsere Vermittlung — 
Stellung gefunden haben. 

Weiss & Schwarz. 


Folgende Stellen sind zu besetzen: 

Assistent: 

Nr. 604. MUDr. für Wien. 

T echniker: 

Nr. 6C5. Erstklassiger Techniker, in Kronen-, Brücken- und 
Regulierungsarbeiten perfekt, ausschliesslich im Labo¬ 
ratorium beschäftigt, gegen hohen Gehalt für Wien. 
„ 606. Erstklassiger Techniker für Wien. 


, 607. 

n 

» 

„ Graz. 

. 608. 

n 

yy 

„ westungarische Stadt. 

„ 609. 

yy 

7) 

n Agram. 

, 610. 

T) 

yy 

„ südungarische Stadt. 

, 611. 

n 

» 

„ Brünn. 

» 612. 

Erfahrener Techniker für südböhmische Stadt. 

. 613. 

yy 

yy 

„ südtirolische Stadt. 

» 614. 

yy 

yy 

„ Pilsen. 

, 615. 

yy 

yy 

„ galizische Stadt. 


, 616. Selbständig arbeitender Techniker für steirische Stadt. 


Praxis 

mit erstklassiger Klientel in einer Provinzialhaupt- 
stadt ist wegen Uebersiedliing preiswürdig abzugeben. 
Einführung durch vier Monate möglich. Kenntnis einer 
slawischen Sprache erwünscht. 

Anfragen befördern die Herren Weiss & Schwarz, 
Wien, I, Singerstrasse 1. 

14 * 


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212 


gratis 


in deutschböhmischer Stadt, mit 5000 Kronen Umsatz, sehr 
steigerungsfähig, ist wegen Uebersiedlung gegen Ablösung des 
Inventars abzugeben. 

Anfragen sind zu richten an die Herren Weiss & Schwarz, 
Wien, I. Singerstrasse 1. 



in einer Stadt von 16.000 Einwohnern, mit grosser, zahlungs¬ 
fähiger Klientel auch aus der Umgebung, ist wegen Zurück¬ 
ziehung preiswert zu verkaufen. Einführung durch 6 Monate, 
eventuell noch länger zugesichert. 

Anfragen befördern die Herren Weiss & Schwarz, 
Wien, I. Singerstrasse 1. 


Praxis -V erkauf. 

ln einer tschechischen Stadt von 14.000 Einwohnern ist 
eine gutgehende kleine Praxis wegen Uebersiedlung nur gegen 
Ablösung des Inventars zu verkaufen. 

Anfragen befördern die Herren Weiss & Schwarz, 
Wien, I. Singerstrasse 1. 


Aus zweiter Hand 

sind billig abzugeben: 

1 Columbia - Bohrmaschine für Akkumulatorenbetrieb; 
1 Klingelfuss - Bohrmaschine, stehendes Modell, für 110 Volt 
Gleichstrom; 1 Widerstand für Kauter und Lämpchen; 1 Kauter; 
1 Mundlampe; 1 Thermometer bis 600° C. 


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213 


Behufs Vervollständigung eines Literaturverzeichnisses 
über das 

Wolrabsche Gold 

bitte ich die Herren Kollegen höflichst, mir Angaben von 
Büchern, Zeitschriften u. dgl. zu machen, in denen über dieses 
Goldpräparat berichtet wird. Im voraus besten Dank. Auslagen 
werden gern vergütet. 

Gefl. Offerte unter „M. K. 432“ befördern die Herren 
Weiss & Schwarz, Wien, I. Singerstrasse 1. 



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214 


Im Verlag der „Deutschen zahnärztlichen Zeitung“, 
München, Frauenstrasse 20, ist erschienen: 

Fachadressbuch 1906 

enthaltend die Adressen, Telephonnummern der Zahnärzte und 
Zahntechniker Deutschlands, Oesterreich-Ungarns und der 
Schweiz, ferner praktische und wissenschaftliche Winke für die 

Fachwelt. 

Bedaktion 


des fachwissenschaftlichen Teiles des statistischen Teiles 

Prof. Dr. Jung in Berlin. A. Fader in München. 

Preis Mk. 4.- (N. N. 35 Pfg. mehr). 



Lehmanns medizinische Handatlanten. 

Band XXXIII. ===== 


Liehrbueh und Atlas 

der 

Zahnärztlichen Technik 

von 

Dp. med. und phil. Gustav Preiswerk 

Lektor an der Universität Basel. 

_ Mit 61 farbigen Tafeln und 293 schwarzen Textabbildungen. 

Preis K 16.80. 

Die vielen farbigen Ta¬ 
feln (61) und schwarzen Ab¬ 
bildungen (über BOO) machen 
das Buch besonders instruk¬ 
tiv; der Text ist überaus 
klar und übersichtlich und 
stützt sich sowohl auf die 
ausgedehnte eigene Er¬ 
fahrung des Verfassers, als 
auch auf die Ergebnisse der 
gesamten Forschung und 
Technik. Ausser ganz neuen 
durch Preiswerk erprobten 
Brückenarbeite n bringt das 
vorliegende Lehrbuch der 
Technik zum ersten Mal einen Anhang über die orthopädische Behandlung 
normaler Zahnstellungen. 

Aufträge nehmen ent egen di* Herren Weiss & Schwarz, Wien, I. Singerstrasse I. 



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215 


Zahnärztlicher Unterricht 

an den 

Universitäten in Oesterreich u. Ungarn. 

-- 

a,) Oesterreich. 

Wien. K. L zahnärztL UniYersitäts-Institnt, ix. TMenstras» 9. 

Vorstand: Reg.-Rat Prof. Dr. Julius Sc he ff. 

Assistent: Dr. B. Spitzer. 

Demonstratoren: I. stud. med. Weinfeld, II. stud. med. Schweiger, 

III. stud. med. Sofer. 

I. Semestralvorlesungen über operative und konservierende Zahnheilkunde 

fünfinal wöchentlich von 4 bis 6 Uhr abends. Dieselben umfassen die gesamte 
Theorie in Verbindung mit Uebungen am Phantom und dauern als solche bis 
zu den Weihnachtsferien. Nach letzteren beginuen die praktischen Uebungen 
an Patienten bis zum Semesterschluss. 

II. Semestralvorlesungen für Mediziner zweimal wöchentlich. 

III. Semestralvorlesungen Uber Zahnersatzkunde; Herstellung von Ersatz¬ 
stücken an Patienteu, fünfmal wöchentlich von 8 bis 10 Uhr vormittags. Von 
10 bis 12 Uhr praktische Uebuugen in den Arbeitsräumeu für Zahuersatzkunde. 

IV. Doz. Dr. Rudolf Loos liest ein zweistündiges Kolleg „über aus¬ 
gewählte Kapitel der Zahnheilkunde“. Samstag von 4 bis 6 Uhr nachmittags. 


V. Ferialkurs: 

Instituts - Assistent Dr. B. Spitzer hält einen theoretischen und 
praktischen Ferialkurs über operative und konservierende Zahnheilkunde und 
Zahnersatzkunde mit Uebungen am Patienten ab. 

Beginn: Mitte März 1906. 

Dauer: 6 bis 7 Wochen. 

Zeit: Täglich von 8 bis 11 Uhr vormittags: Zahnersatzkunde. 

„ „ 4 „ 7 „ nachmittags : Zahnheilkunde. 

Honorar: Zahnheilkunde 100 K , Zahnersatzkunde 100 K. 

Anfragen: EX. Türkenstrasse 9, Universitäts-Institut. 


Wien. Zabnärzü. Abteilung d. allg. Poliklinik, ix. »gassei. 

Vorstand: Doz. Dr. v. Wunschheim. 

Assistenten: Dr Rosenzweig, Dr. v. An der Lan. 

I. Theoretischer und praktischer Kurs über Zahnheilkunde mit Demon¬ 
strationen, sechswöchentlich, fünfmal von 6 bis 7 Uhr abends; an Stelle der 
Semestralvorlesungen, Studierende ein östündiges Kollegiengeld, Doktoren40 K. 

XI Praktische Uebungen in konservierender Zahnhellkunde an Patienten 
fürVorgeschrittene. zehnstündig, fünfmal wöchentlich von 5 bis 7 Uhr abends, 50IT. 

III. Praktische Uebungen in der Zahnersatzkunde, zehnstündig, fünfmal 
wöchentlich von 8 bis 10 Uhr vormittags, 100 K. 

IV. Abteilungs-Assistent Dr. v. An der Lan hält in den Weihnachts¬ 
ferien, zu Ostern und im September praktische Kurse über konservierende 
Zahnheilkunde und Zahnersatzkunde mit Uebungen am Patienten ab. 

Doz. Dr. Rudolf Weiser liest im Sommersemester nicht. 


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216 


Graz. K. k. zahnärztl. UniYersitats-Institut. 

Vorstand: Prof. Dr. Anton Bleichsteiner. 

Assistent: Dr. Ed. Urbantschitsch. 

Sechswöchentiicher obligater Kurs Ober Zabnhellkunde : Montag von 
5 bis 6 Uhr abends, Mittwoch nnd Freitag von 5 bis 7 Uhr abends als 
3stündiges Kollegium. 

Praktische Uebungen an Patienten für Vorgeschrittene: Dienstag, 
Donnerstag und Samstag von 5 bis 7 Uhr abends als 10 ständiges Kollegium. 

Zabnersatzknnde : Dienstag. Donnerstag und Samstag von 8 bis 10 Uhr, 
verbunden mit Arbeiten im Laboratorium für Ersatzkunde von 10 bis 12 Uhr 
als 20 stündiges Kollegium. 

Der Assistent Dr. Urbantschitsch liest Ferialkurse. 


Innsbruck. K. k. zahnärztl. Universitäts-Institut, Anmchstr.24. 

Vorstand: Prof. Dr. B. Mayrhofer. 

Assistent: Dr. Franz Riha. 

I. Theoretisch-praktischer Kurs Ober Zahnheilkunde für Mediziner, 
sechswöchentlich, fünfstündig; Dienstag und Donnerstag von 4 bis 6 Uhr 
abends, Samstag von 5 bis 6 Uhr abends. 

II. Zahnärztliche Pathologie, Therapie und Klinik, einschliesslich Zahn¬ 
ersatzkunde, fünfstündig; während der Dauer des Medizinerkurses Montag 
und Mittwoch von 4 bis 6 Uhr abends, Freitag von 5 bis 6 Uhr abends, dann 
Montag bis Freitag von 5 bis 6 Uhr abends. 

in. Praktische Uebungen am Patienten, ^einschliesslich Zahnersatzkunde, 
für Anfänger nnd Vorgeschrittene. Montag bis Freitag bis 4 von 2 Uhr, resp. von 
2 bis 6 Uhr abends. 


Prag. K. k. deutsche Universitäts-Poliklinik. 

Vorstand: Prof. Dr. H. Bönnecken. 

Assistent: Dr. A. Kerber. 

Theoretische und praktische Zahnheilkunde mit Demonstrationen nnd 
Uebungen au Zahnkranken, Montag, Mit twoch und Freitag von 6 bis 7 Uhr abends. 

Zahnärztliche Operationen mit besonderer Berücksichtigung der Er¬ 
haltung erkrankter Zähne durch die Füllung, täglich von 5 bis 6 Uhr abends. 


Prag. K. k. böhmisches Universitäts-Ambulatorium. 

Vorstand: Piof. Dr. E. Nessel. 

Assistent: Dr. J. V. M6zl. Zwei Demonstratoren. 

Zahnheilkunde. Theoretische Vorträge mit Uebungen am Phantom, 
Demonstrationen im Plombieren der Zähne für Anfänger. 

Klinik der Zahnkrankheiten mit Uebungen im Extrahieren und Plom¬ 
bieren der Zähne für Vorgeschrittene. 

Privatkurse für ausserordentliche Hörer und MU.-Doktoren nach vor¬ 
heriger Anmeldung nnd Verabredung mit dem Vorstand des Institutes. 
Ferialkurse liest Dr. Mözl. 


Doz. Dr. Jeseusky. 


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Oesterreichisch-ungarische 

Vierteljahrssehmft 

für 

Zahnheilkunde. 


XXII. Jahrg. April 1906. Heft II. 

Herausgeber: Julius Weiss, Wien, I. Petersplatz 7 . 


Inhalts -Verzeichnis: 

Original-Arbeiten: Seite 

Ueber die Hyperästhesie der Mundschleimhaut. Von Prof. Dr. H. B ö n n e c k e n 

in Prag.219 

Zur Therapie der Erkrankungen der Mundschleimhaut. Von Dr. M. K är olyi, 

Zahnarzt in Wien.226 

Ein Fall von Verschmelzung zweier Inc. inf. sinistr. des bleibenden Gebisses. 

Von Dr. Eduard Urbantschitsch in Graz. 231 

Behandlung der Pulpagangrän mit Trikresol-Formalin. Von Dr. Josef Lart- 

Schneider, Zahnarzt in Linz a. d. Donau.235 

Erwiderung auf den Artikel des Herrn Fr. Luniatschek „Ueber Maxillotomie“ 
in der „Oesterr.-Ungar. Vierteljahrsschrift für Zahuheilkunde“, Heft IV, 

1905. Von Prof. Dr. Adolf Witzei in Bonn.243 

Ueber Speichelsteine. Von Dr. Rudolf Bum, Zahnarzt in Wien.248 

Einige Bemerkungen zu Fr. E. Zierlers Aufsatz: Zur Elektrosterilisation 

putrider Zahnwurzeln. Von Dr. Richard Breuer, Zahnarzt in Wien . 275 
ünterkieferbruch mit Dislokation der Frakturendeu, geheilt durch den Ver¬ 
band nach Sauer. Von Marinestabsarzt Dr. Eugen Ciaston in Pola . . 279 

Aus der Praxis der Kautschuktechnik. Von Dr. Max Kulka, Zahnarzt in 
Teschen.,.280 

Berichte aus Instituten und Vereinen: 

Das 25 jährige Jubiläum des klinischen Unterrichtes der Stomatologie an der 

Budapester Universität. (Mit dem Porträt des Prof. Dr. Josef, v. Arkövy) 285 

Zentralverband der österreichischen Stomatologen.292 

Associazione storaatologica Triestina.293 

III. Internationaler Kongress für medizinische Elektrologie und Radiologie in 

Mailand 5. bis 9. September 1906 .. 294 

Missouri State DentaL Association in St. Louis..295 

Referate und iournalschau. 295 

Varia. 312 


Empfangene Zeitschriften ..* . . . . 313 

Empfangene Bücher und Broschüren .3(4 

Patente und Gebrauchsmuster-Eintragungen.315 


Abonnement für das Inland K 6.-, für Deutschland Mk 6.— pro Jahr inkl. Porto. 

Im Buchhandel zu beziehen durch die 

Wallishausser’sehe k. u. k. Hof-Buchhandlung Adolph W. Künast 

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dieser Art. Wegen seiner grossen Dünn¬ 
flüssigkeit ist „Harvardid-Varnish“ sehr viel 
ausgiebiger als „Harvard-Varnish“, erhärtet 
sehr schnell, fast unmittelbar, nachdem er auf- 
getragen ist und gibt einen sehr harten Ueber- 
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XXII. Jahrgang. 


April 1906, 


Heft II. 


Oesterreichisch-ungarische 

VierteljalirsscMft für Zalmheilknnde. 

Herausgegeben von 

JULIUS WEISS, Wien, I. Petersplatz 7 

unter ständiger Mitwirkung der Herren: 

Prof. Dr. J. Arkövy, Budapest — Dr. S. Bauer, Budapest — Prof. Dr. A. Bieichsteiner, Graz — 
Dr. W. Bruck, Breslau — Dr. R. Bum, Wien — Doz. Dr. L. Hattyasy, Budapest - Dr. A. Heller, 
Wien — Prof. Dr. C. Jung, Berlin - Dr. T. Kaas, Krems — Dr. M. Karolyi. Wien - Dr. R. 
Kronfeld, Wien — Doz. Dr. R. Loos« Wien — Dr. J. Mädzsar, Budapest — Prof. Dr. B. Mayr¬ 
hofer, Innsbruck — Prof. Dr. W. D. Miller, Berlin — Dr. G. Preis werk, Basel — Prof. Dr. G Port, 
Heidelberg — Doz. Dr. C. Röse, Dresden — Doz. Dr. A. Rothmann, Budapest — Prof. Dr. 
W. Sachs, Berlin — Prof. Dr. J. Scheff, Wien — Dr. F. Schenk, Wien — Dr. E. Smreker, Wien 
— Doz. Dr. J. Szabö, Budapest — Dr. F. Tänzer, Triest — Dr. F. Trauner, Wien — Doz. Dr. 
W. Vajna, Budapest — Prof. Dr. 0. Walkhofif, München — Dr. W. Wallisch, Wien — 
Doz. Dr. R. Weiser, Wien — Doz. Dr. G. v. Wunschheim, Wien. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Deler die HjjerästWe der Mnndschleimbant. ’ 

Von Prof. Dr. H. Bönnecken in Prag. 

Mit dem Namen Hyperästhesie der Mundschleimhaut 
möchte ich jenen krankkaften Zustand bezeichnen, bei dem 
die epitheliale Auskleidung der Mundhöhle, ohne dass besondere 
anatomische Veränderungen an ihr wahrzunehmen wären, 
auf jeden äusseren Reiz mit abnorm starker Empfindlichkeit 
reagiert. Die Erkrankung charakterisiert sich angesichts des 
Fehlens anatomischer Veränderungen als eine Neurose der 
Schleimhaut; sie gelangt recht selten zur Beobachtung und 
dann wohl nur bei Patienten mit allgemein nervöser Veranlagung. 
Auch die von mir behandelten drei Fälle betrafen Neurastheniker. 
Die jahrelange Beobachtung dieser Fälle erwies, dass es sich 
hiebei nicht um ein Symptom der Arteriosklerose, auch nicht 
um eine Uebergangserscheinung zu einer ernsteren Erkrankung 
der Mundschleimhaut handelte, etwa um das Initialstadium 
der Leukoplakia oris oder eine luetische Affektion der Mund¬ 
höhle, sondern dass hier eine Erkrankung sui generis vorlag, 

1 Vortrag, gehalten im „Verein deutscher Zahnärzte“ in Böhmen, 
Jänner 1906. 

1 


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220 


Prof. Dr. H. Bönnecken, Prag. 


die wohl am besten mit dem Namen Hyperästhesie der Mund¬ 
schleimhaut zu benennen ist. Das Hauptsymptom der Er¬ 
krankung ist eine bis zu grosser Schmerzhaftigkeit sich 
steigernde Empfindlichkeit der gesamten Mundschleimhaut gegen 
äussere Reize. Jede kalte, heisse oder gewürzte Speise, jedes 
schärfere alkoholische Getränk, jede Zigarre verursacht dem 
Patienten Schmerzen im Munde. Die Schmerzhaftigkeit ist 
entweder über die ganze Mundschleimhaut verbreitet oder es 
sind nur einzelne Partien derselben von der Erkrankung er¬ 
griffen. Am empfindlichsten ist gewöhnlich die Wangen¬ 
schleimhaut, die Zungenränder und das Zahnfleisch, weniger 
schmerzhaft sind Zungenrücken, Zungengrund und Gaumen¬ 
dach. Bei milder, reizloser Diät sind die Beschwerden des 
Kranken geringfügig, sie beschränken sich auf das Gefühl der 
Trockenheit oder des leichten Brennens in der Schleimhaut. Nach 
einem Diätfehler aber kann die Schmerzhaftigkeit so hochgradig 
werden, dass die Patienten grosse Qualen erdulden und aus 
Furcht vor Schmerzen beim Essen, nur ungenügend sich er¬ 
nähren. Auch die von den Zahnreihen ausgehenden Reize 
führen stets eine Verschlimmerung des Leidens herbei. Scharfe 
Zahnkanten, Zahnsteinmassen, schlecht gearbeitete Goldkronen 
mit überstehenden Rändern, die mitunter messerscharfen Ränder 
bei keilförmigen Defekten am Zahnhals, schlecht sitzende Pro¬ 
thesen, alles dies sind ständige Quellen für akute Exacerbationen 
des Leidens. Prothesen, insbesondere Kautschukprothesen 
werden gewöhnlich überhaupt nicht vertragen. Die Kautschuk¬ 
platte ruft das Gefühl der Wärme und des Brennens auf der 
Gaumenschleimhaut hervor, sie veranlasst bekanntlich selbst 
unter normalen Verhältnissen zuweilen chronische Katarrhe der 
Gaumenschleimhaut und wird daher begreiflicherweise von 
Patienten mit Hyperästhesie nicht ertragen. Aber selbst gut 
sitzende Goldplatten, die früher anstandslos getragen wurden, 
machen mit dem Einsetzen der Neurose dem Kranken allerlei 
Beschwerden und Schmerzen, so dass er sich lieber ohne die 
Prothese behilft. Manchmal gelingt es selbst bei genauester 
Untersuchung nicht, die von der überaus feinfühligen Zungen¬ 
spitze des Patienten entdeckte Störung an der Prothese oder 


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Ueber die Hyperästhesie der Mundschleimhaut. 221 

an den Zahnreihen ausfindig zu machen; jeder etwas schärfer 
gestaltete Schmelzhöcker, jede stärker abgekaute Schneidefläche 
wird von der überempfindlichen Mundschleimhaut als un¬ 
erträglicher Reiz empfunden. Nach gründlicher Zahnstein- 
entfemung und peinlich genauer Glättung der Zahnreihen mit 
Schmirgelrad und Arkansasstein fühlen sich die Kranken für 
einige Zeit wohl, ja die Beschwerden können bei dieser Be¬ 
handlung in Verbindung mit einer reizlosen Diät völlig ver¬ 
schwinden, bis irgend ein Diätfehler, neue Zahnsteinmengen 
oder sonst irgend ein von den Zahnreihen ausgehender Reiz 
ein Rezidiv des Leidens verursacht. — Die Aetiologie der Er¬ 
krankung ist nicht ganz geklärt. Zweifellos spielt das Rauchen 
als ursächliches Moment eine grosse Rolle. Der Tabakrauch ist 
für die Mundhöhle ein chronischer Reiz, auf den je nach ihrer 
Widerstandsfähigkeit die Schleimhaut mehr oder weniger stark 
reagiert. Eine gewöhnliche Folgeerscheinung intensiven Tabak¬ 
rauchens ist der chronische Katarrh der Mund- und Rachen¬ 
schleimhaut. Hierbei ist die Schleimhaut hyperämisch und glanz¬ 
los, infolge der Schwellung des Papillarkörpers fühlt sie sich sub¬ 
jektiv und objektiv sammetartig und rauh an. Dabei besteht ge¬ 
wöhnlich ein unangenehmes Gefühl der Trockenheit im Munde. 
In einer weiteren Reihe von Fällen sind die anatomischen 
Veränderungen markanter. Die Schleimhaut verhärtet sich, das 
Epithel nimmt an einzelnen Stellen den Charakter der Epidermis 
an, es kommt zur Sklerose der Schleimhaut, zur Leukoplakia 
oris. In einer dritten Kategorie von Fällen scheint das Trauma 
des Tabakrauchens die nervösen Endapparate in der Mund¬ 
schleimhaut in einen Zustand erhöhter Reizbarkeit zu ver¬ 
setzen und so das Krankheitsbild der Hyperästhesie zu er¬ 
zeugen. In den von mir beobachteten Fällen waren die 
Patienten sämtlich Raucher gewesen und glaubten den Beginn 
der Erkrankung auf exzessives Tabakrauchen zurückführen zu 
müssen. Auffallend ist aber, dass selbst bei gänzlicher Tabak¬ 
abstinenz die Beschwerden nicht gänzlich verschwinden, sondern 
dass, wie es scheint, eine dauernde Reizbarkeit der Schleim¬ 
haut zurückbleibt. Es ist daher fraglich, ob das Tabakrauchen 
allein für die Entstehung der Hyperästhesie verantwortlich 

1* 


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222 


Prof. Dr. H. Böonecken, Prag. 


gemacht werden kann. Wahrscheinlich genügen bei Personen 
mit nervöser Disposition auch die Reize, welche eine un¬ 
zweckmässige Diät mit sich bringt, insbesondere der regel¬ 
mässige Genuss von saueren und gewürzten Speisen, um das 
Krankheitsbild zu erzeugen. Ich habe die Erkrankung bisher 
nur bei Männern im vorgeschrittenen Alter zwischen 50 und 
60 Jahren beobachtet, doch dürfte sie zweifellos gelegentlich 
auch in anderen Lebensstufen und bei Frauen gefunden 
werden. Ich bin auch überzeugt, dass viele in der Literatur 
als Glossodynie beschriebene Fälle hieher gehören. Die Schmerz¬ 
haftigkeit der Zungenspitze und der Zungenränder ist für den 
Patienten das quälendste Symptom, das ihn veranlasst, ärztliche 
Hilfe aufzusuchen. Bei genauerer Untersuchung findet man 
aber auch die Wangenschleimhaut und das Zahnfleisch gereizt 
und schmerzhaft. Das Fehlen charakteristischer anatomischer Ver¬ 
änderungen an der Schleimhaut wurde bereits betont. In dieser 
Beziehung hat die Erkrankung eine gewisse Aehnlichkeit mit dem 
pruritus ani. Auch bei dieser schmerzhaften und äusserst quälenden 
Scbleimhautaffektion sind ausser einer zuweilen beobachteten 
venösen Hyperämie anatomische Veränderungen nicht zu kon¬ 
statieren. Für beide Erkrankungen ist oharakteristisch eine gewisse 
Widerstandsunfähigkeit des Epithels und eine dadurch hervor¬ 
gerufene Neigung der Schleimhaut zum Wundwerden. Einer 
meiner Patienten, der an ausgesprochener Karzinomophobie 
litt, hatte trotz sorgfältigster Pflege seiner Zahnreihen häufig 
kleine oberflächliche Epithelabschürfungen an den Zungen¬ 
rändern, die sehr heftige Schmerzen verursachten. Obwohl 
diese kleinen Epitheldefekte mit blossem Auge kaum zu er¬ 
kennen waren und der Patient schon mehrfach die Erfahrung 
an sich selbst gemacht hatte, dass jede Behandlung der wunden 
Stellen mit Aetzmitteln, jede Bepinselung derselben mit Jod¬ 
tinktur die Schmerzhaftigkeit derartig vergrösserte, dass die 
Zunge für einige Tage gänzlich gebrauchsunfähig war, wandte 
er sich, von seiner Karzinomfurcht getrieben, bei einem aber¬ 
maligen Rezidiv an einen Chirurgen, der ihm die wunden 
Zungenränder mit dem scharfen Löffel auskratzte. Der Erfolg 
dieser Behandlung war ein furchtbarer. Die Zunge schwoll 


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Ueber die Hyperästhesie der Muudschleiiuhaut. 228 

dermassen an, dass der arme Kranke für eine Woche kein 
Wort reden und nur mit Mühe flüssige Nahrung zu sich 
nehmen konnte. Die Schmerzen in der kurettierten Zunge 
waren derartig, dass der Kranke Tag und Nacht stöhnend im 
Lehnstuhl sass und die brennende Zunge mit Eisstückchen 
kühlte. Trotz dieser energischen Behandlung hatte der Patient 
bereits nach einigen Wochen wieder sein Rezidiv und sein 
Zustand besserte sich erst dann, als der Kranke in bezug auf 
Tabak und Alkohol gänzlich Abstinenzler geworden war und 
ängstlich alle reizenden Speisen vermied. — Die Prognose 
des Leidens ist in ausgesprochenen Fällen von Hyperästhesie 
quoad sanationem completam durchaus dubia zu stellen. 
Aehnlich wie der prurilus ani, pflegt auch die Hyperästhesie 
der Mundschleimhaut die davon Befallenen viele Jahre hindurch 
zu foltern. Die therapeutischen Massnahmen haben in meinen 
Fällen wohl eine Besserung, aber keine Heilung des Leidens 
zu bewirken vermocht. — Der oberste Grundsatz der Therapie 
heisst: nicht reizen. Alle Aetzmittel, wie der Lapisstift oder die 
Chromsäure, jeder chirurgische Eingriff, jedes Bepinseln mit 
Jodtinktur, alle alkoholhaltigen Mundwässer, kurz alle Caustica 
und Adstringentien sollten strengstens vermieden werden. Die 
sorgfältigste Pflege muss den Zahnreihen gewidmet und alle 
von diesen ausgehenden Reize müssen beseitigt werden. Der 
Genuss des Tabaks und der Spirituosen ist gänzlich zu unter¬ 
sagen, die Diät soll reizlos und milde sein. Die allgemein an¬ 
gewandten spirituösen Mundwässer pflegen selbst in starker 
Verdünnung den Zustand nur zu verschlimmern. Das einzige 
Medikament, von dem ich einen sichtbaren Nutzen gesehen 
habe, ist der Borax, entweder in 3 prozentiger wässeriger 
Lösung als Spülmittel oder in der Form 

Bp. Boracis 3*0 
Mel. rosati 25*0 

zum Bepinseln der schmerzhaften Schleimhautpartien. Eine 
weitere Aufgabe der Therapie ist die psychische Beruhigung 
der Patienten. Die Kranken schweben in ständiger Karzinom¬ 
furcht und die ängstliche Stimmung, in der sie sich befinden, 


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224 


Prof. Dr. H. Böunecken, Prag 


raubt ihnen jeden Lebensgenuss. Aufgabe des Arztes ist es 
daher, den Patienten zu überzeugen, dass ein ernsthaftes 
Leiden nicht vorliegt. Diese seelische Beruhigung hat den 
Erfolg, dass der Kranke seinen Beschwerden nunmehr weniger 
Beachtung schenkt, was von günstigstem Einfluss auf den 
Allgemeinzustand ist. Selbstverständlich ist auch die kon¬ 
stitutionelle Behandlung der neurasthenischen Beschwerden 
durch Kaltwasserkuren, allgemeine Faradisation und Körper¬ 
massage hier am Platze. Zur Illustration des Gesagten bringe 
ich im folgenden eine kurze Darstellung der von mir beobachteten 
Krankheitsfälle. 

1. Herr P., 56jähriger Kaufmann, ist, abgesehen von 
verschiedenen nervösen Beschwerden, stets gesund gewesen. 
Er leidet seit vielen Jahren an schmerzhaftem Brennen und 
dem Gefühl von Trockenheit im Munde. War früher mässiger 
Raucher, hat aber diese Gewohnheit seit Jahren aufgegeben, 
wegen zunehmender Schmerzhaftigkeit der Mundschleimhaut. 
Patient, der nur noch wenige Zähne im Munde hat, trug früher 
eine Prothese, die er aber schon seit Jahren abgelegt hat, weil 
sie ihm ein unerträgliches Gefühl des Brennens am Gaumen 
verursachte. Patient suchte vor zirka 6 Jahren meine Hilfe auf 
und wünschte die Entfernung des Zahnsteins und die Glättung 
verschiedener Zahnkanten, an denen sich seine Zunge wund 
rieb. Die Zungenränder, Wangenschleimhaut und Zahnfleisch 
waren bei der Berührung mit der Sonde exzessiv empfindlich. 
Schon’das längere Offenlassen des Mundes und das dadurch 
bedingte Einströmen kalter Luft in die Mundhöhle rief starke 
Schmerzen und reflektorisches Tränenträufeln hervor. Ana¬ 
tomische Veränderungen an der Schleimhaut nicht wahrnehmbar, 
auch das Zahnfleisch von normalem Aussehen. Trotzdem rief 
jede Berührung desselben mit dem Instrumente bei der Zahn¬ 
steinentfernung grosse Schmerzen hervor. Dem Patienten, der 
bereits anderweitig mehrfach in ärztlicher Behandlung gewesen, 
waren Mundwässer verschiedener Zusammensetzung verordnet 
worden. Jedesmal trat nach ihrem Gebrauche eine Ver¬ 
schlimmerung des Leidens auf. Diagnose: Neurasthenie, Hyper¬ 
ästhesie der Mundschleimhaut. Therapie: Zahnsteinentfernung, 


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Ueber die Hyperästhesie der Mundschleimhaut 


225 


Glättung der Zahnreihen, Spülungen mit 3 prozentiger Borax¬ 
lösung; Regulierung der Diät, gänzliches Verbot von Alkohol 
und Tabak; psychische Beruhigung des über seinen Zustand 
sehr aufgeregten Patienten. In der Folgezeit habe ich den 
Kranken häufiger wiedergesehen. Wesentliche Besserung der 
Beschwerden, aber keine Heilung. Alle Vierteljahre Zahnstein¬ 
entfernung, die jedesmal äusserst schmerzhaft ist. Verschiedene 
Allgemeinbehandlungen brachten jedesmal nur vorüber¬ 
gehenden Erfolg. 

2. Herr E , 52 jähriger Privatier, leidet seit vielen Jahren 
an neurasthenischen Beschwerden, war früher starker Raucher, 
hat aber diese Gewohnheit stark eingeschränkt, weil er seit 
Monaten jedesmal nach dem Genuss einer Zigarre brennende 
Schmerzen in der ganzen Mundschleimhaut verspürte, die an¬ 
fangs nur einige Stunden, später aber tagelang anhielten und 
in den letzten Wochen kontinuierlich andauerten. Besonders 
klagte Patient über ein wundes Gefühl an den Zungenrändern. 
An diesen und besonders an der Zungenspitze sieht man kleine, 
stecknadelkopfgrosse Epithelabschürfungen, die bei der Be¬ 
rührung mit der Sonde sehr schmerzhaft sind. Wangenschleim¬ 
haut und Zahnfleisch ebenfalls schmerzhaft. Diagnose: Hyper¬ 
ästhesie der Mundschleimhaut. Therapie: Vermeidung aller Reize, 
Boraxspülungen, psychische Beruhigung des sehr ängstlichen 
Kranken. In den nächsten Wochen wesentliche Besserung des 
Zustandes. Während einer Sommerreise plötzliche Steigerung 
der Beschwerden und Gefühl des Wundseins über die ganze 
Zunge. Patient konsultierte einen Chirurgen, der die Zungen¬ 
ränder mit dem scharfen Löffel behandelt, mit dem oben ge¬ 
schilderten Erfolge. Nach dieser Erfahrung blieb der Kranke 
bei dem verordneten Regime und wenn auch nach nunmehr 
4jähriger Beobachtung des Falles eine Heilung nicht erzielt ist, 
sind die Beschwerden doch geringer geworden und der Zustand 
erträglich. Anatomische Veränderungen an der Schleimhaut 
nicht vorhanden, insbesondere keine Leukoplakie. 

3. Herr W., 57 jähriger Rentier, Neurastheniker, mässiger 
Raucher, konsultierte mich im Jahre 1900 wegen schmerzhafter 
Sensationen in der Zunge und in der Wangenschleimhaut, die 


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Dr. M. K&rolyi, Wien. 


anfangs nur nach dem Rauchen auftraten, später aber auch 
nach dem Genüsse kalter oder heisser Speisen sich einstellten 
und trotz mittlerweile durchgeführter Tabakabstinenz nicht ver¬ 
schwanden. Ein Arzt hatte vor kurzem die Zungenränder und das 
Zahnfleisch mit Lapislösung bepinselt, worauf derartige Schmerzen 
auftraten, dass Patient nachts keinen Schlaf fand. Ausser einer 
leichten Rötung des Zahnfleisches war an der Schleimhaut 
nichts Krankhaftes zu bemerken. Zungenränder und Wangen¬ 
schleimhaut waren bei der Berührung sehr schmerzhaft. 
Diagnose: Hyperästhesie der Mundschleimhaut. Therapie: Wie 
oben. Patient stellte sich nach einigen Jahren wieder vor mit 
der Angabe, dass er sich wesentlich besser fühle, dass er aber 
nicht imstande sei, eine Zigarre zu rauchen, ohne wiederum 
eine Verschlimmerung seines Mundkatarrhs, wie er es nannte, 
hervorzurufen. Am wohlsten fühle er sich bei gänzlich reizloser 
KoSt und völliger Enthaltung von Tabak und Alkohol. Bei 
akuten Verschlimmerungen seines Zustandes leistete ihm die 
3prozentige Boraxlösung gute Dienste. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Zur Therapie der Ertraikonp der Hnadschlelmhanl . 1 

I. Lippen-Ekzem. — II. Traumatische Neuralgie. — HI. Chronisch-hyper¬ 
trophische Lippenentztindung. — IV. Chronische Zahnfleischblutang. — 
V. Hyperästhesie der Zunge. 

Von Dr. M. Rdrolyi , Zahnarzt in Wien. 

Zur Gruppe der pathologischen Erscheinungen, von 
welchen ich eine, die nächtliche Kontraktion der Masseteren, 
als die Hauptentstehungsursache der Pyorrhoea alveolaris be¬ 
zeichnet habe, gehören noch viele andere, die unsere Auf¬ 
merksamkeit auf sich lenken. Gleichzeitig mit den Kontrak¬ 
tionen der Masseteren kann auch die Lippen- und Zungen- 

1 Nach einem im Verein österreichischer Zahnärzte am 4. April 1906 
gehaltenen Vortrage. 


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Zur Therapie der Erkrankungen der MuLcLckleimhaut. 


227 


muskulaiur eine krampfhafte Kontraktion zeigen, deren Folge 
bald als Lockerung, Schwellung und Entzündung, bald als 
Hyperaesthesie der Zungen- und Lippenschleimhaut erscheint. 

Diese meine Beobachtungen habe ich gelegentlich einem 
unserer Dermatologen — denen zumeist die Behandlung ge¬ 
nannter Erkrankungen obliegt — mitgeteilt, worauf er mir 
drei Fälle zugewiesen hat, die ich, nebst zwei anderen, hier 
besprechen will. 

Der Fall I betrifft eine ungefähr 25 Jahre alte Französin, 
die seit sehr langer Zeit an einem so hochgradigen Ekzem 
der Unterlippe gelitten hat, dass sie jeden Morgen eine die 
ganze Lippe bedeckende, zusammenhängende Kruste abheben 
konnte. Die Krankheit machte sie gesellschaftlich unmöglich. 
Die Dame Hess sich in Daris, Berlin und Wien von den an¬ 
erkanntesten Dermatologen monatelang behandeln, es versagte 
jedoch jede Therapie. 

Bei der Untersuchung fand ich einen normalen Biss, 
doch mit der auffallenden Erscheinung, dass sämtliche oberen 
und unteren Frontzähne in einer geraden Linie solche Schliff¬ 
flächen zeigten, dass die Kanten der oberen Schneidezähne 
beinahe rasiermesserscharf erschienen. Dieser Befund weckte 
in mir die Annahme, dass Patientin während des Schlafes 
teils den Unterkiefer vorschiebend Mahlbewegungen macht und 
dadurch die scharfen Kanten erzeugt, teils aber die Unterlippe 
krampfhaft an die scharfen Kanten der oberen Zahnreihe presst 
und dadurch das Ekzem erzeugt. Ich wollte ihr eine Schiene 
anfertigen, durch welche die Fernhaltung der Lippen von den 
Zähnen am leichtesten und sichersten zu erreichen gewesen 
wäre, doch ging sie darauf nicht ein, weil sie mit Rücksicht 
auf die bisherigen vielen Misserfolge auch Von meiner Therapie 
keinen Erfolg erhoffte. Es war nichts anderes zu machen, als 
die scharfen Kanten der oberen Zähne abzurunden und der 
Patientin zu raten, vor dem Schlafengehen Rollen von hydro¬ 
philer Gaze unter die Lippen zu legen, durch welche die Lippen 
von den Zahnkanten ferngehalten werden sollten. Nach acht 
Tagen zeigte sich der Lippenrand, welcher bis jetzt geschwollen 
und verschwommen war, scharf abgegrenzt, die Lippenschleim- 


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228 


Dr. M. K&rolyi, Wien. 


haut abgeschwollen, blässer, nicht sezemierend, nach 14 Tagen 
trat volle Heilung ein. 

Fall II. Ein ungefähr 35 Jahre alter Schriftsetzer 
litt an einer Neuralgie, welche sich auf die rechte untere 
Lippenhälfte, von der Mittellinie bis zum Mundwinkel reichend, 
erstreckte. Infolge der grossen Schmerzen, welche schon die 
leiseste Berührung oder kleinste Bewegung auslöste, konnte 
er den Mund nicht öffnen und nährte sich ausschliesslich 
von flüssiger Nahrung, die er durch ein Glasrohr zu sich nahm. 
Er kam in der Ernährung so weit herab, dass er erwerbs¬ 
unfähig wurde. Durch drei Jahre lag er in den verschiedenen 
Krankenhäusern und Kliniken, konsultierte die meisten Nerven- 
pathologen in Budapest, wurde medikamentös und elektrisch 
mit der Diagnose einer Neuralgia mentalis behandelt, doch 
besserte sich sein Zustand nicht im geringsten. Als ihm dann 
ein operativer Eingriff vorgeschlagen wurde, fuhr er nach 
Wien. Hier konsultierte er einen Nervenarzt, der ihm vorschlug, 
sich behufs Beobachtung auf seine Abteilung aufnehmen zu 
lassen und ihn zu Augen-, Nasen-, Ohren-, Haut- und Zahn¬ 
spezialisten sandte, um ein Gutachten einzuholen. Das Resultat 
aller dieser Untersuchungen war negativ. Der Dermatolog, der 
schon den obenerwähnten Fall gekannt hat, riet dem Patienten, 
mich zu konsultieren. 

Ich fand eine beinahe vollkommene Zahnreihe mit intakten 
Zähnen. Das Zahnfleisch etwas hypertrophisch, Symptome des 
nächtlichen Pressens, insbesondere deutliche Belastungsgrenz¬ 
linie. Links fehlt der obere Eckzahn, um so mehr steht der 
rechte vor, wie auch die rechten oberen Schneidezähne mehr 
als die linken hervortreten; sehr tiefer Biss. An den Lippen 
keine sichtbare Veränderung. 

Wie in dem ersten Fall nahm ich auch hier an, dass 
die Lippe während des Schlafes fest an die oberen vor¬ 
stehenden Zähne gepresst wird und stellte die Diagnose: 
Neuralgia traumatica. Die Therapie bestand in der Anfertigung 
einer Kautschukschiene, welche sämtliche unteren Zähne und 
gleichzeitig die Kanten der oberen deckt und verhindert, dass 
sich die Lippen mit den Zahnreihen berühren. Nach acht Tagen 


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Zar Therapie der Erkrankungen der Mundschleimhaut. 329 

konnte Patient die Lippen frei bewegen, den Mund öffnen, ohne 
dabei einen nennenswerten Schmerz zu verspüren. Nach einem 
halben Jahre hatte ich wieder Gelegenheit, den Patienten zu 
sehen, der glücklich war berichten zu können, dass er von 
Schmerzen befreit, gesund und erwerbsfähig sei. 

Mein IIL Fall ist die Patientin, welche ich hier am 
Anfang der Behandlung vorstelle, um Ihnen die Krankheit 
noch auf ihrer Höhe zu zeigen, damit Sie später den Erfolg 
richtig beurteilen können. 

Die Patientin konsultierte mich vor ungefähr 6 Jahren 
wegen einer Schwellung der Gingiva und der Lippenschleim¬ 
haut. Auf das Krankheitsbild von jener Zeit kann ich mich 
nicht mehr erinnern, doch hatte ich ihr schon damals dieselbe 
Therapie vorgeschlagen, die ich heute bei ihr durchführe. Sie 
akzeptierte meinen Vorschlag nicht und ich sah sie erst vor 
kurzem wieder. Die Krankheit hat inzwischen immer weitere 
Fortschritte gemacht, so dass sie sich veranlasst sah, bei 
mehreren Autoritäten Hilfe zu suchen. Sie wurde medikamentös 
und chirurgisch behandelt. Ein Chirurg schnitt ihr aus Ober¬ 
und Unterlippe je ein Segment aus, ein anderer machte einen 
Monat lang, täglich 5 bis 6 tiefe Inzisionen, wahrscheinlich um 
eine Schrumpfung zu erzielen. Kein Eingriff hatte den er¬ 
wünschten Erfolg. Die Lippen wurden immer grösser, die 
Schwellung und Verfärbung dehnte sich auch auf die rechte 
Backe aus. Die Schwellung nahm solche Dimensionen an, 
dass die Dicke der rechten Lippenhälften und der rechten 
Backe etwa 4 bis 5 Cm. betrug. Die Entstellung war eine 
enorme, die Lippenbewegungen beschränkt, die Sprache sehr 
gestört. An den Lippen parallel dem Rande, etwa 1 Cm. ent¬ 
fernt, tiefe, lange Narben. Haut blaurot, gespannt, glänzend, 
fühlt sich heiss an, die Konsistenz der evertierten Lippen 
pastös. Die Hautgefässe der Wangen stellenweise durchscheinend 
und erweitert. Die Gingiva ist hauptsächlich auf der rechten 
Seite purpurrot, stark geschwollen, die Interdentalpapillen 
hypertrophisch, beinahe bis an die Zahnkanten reichend, leicht 
blutend, dabei sehr resistent. Die oberen Schneidezähne, tief 
über die unteren greifend, stehen mit den Kanten ungefähr 


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230 Dr. Mi Kärolyi, Wien. — Zur Therapie der Erkrankungeu etc. 

V* bis •/« Cm. vor den unteren, dabei deckt ]\ den Jl dach¬ 
ziegelförmig so weit, dass die scharfe mesiale Ecke etwa 

3 Mm. vorsteht. Obere Zahnreihe komplett, unten fehlen 7 5|5 7. 
Die Zähne schmierig belegt, unter dem gewucherten Zahnfleisch 
leicht entfernbarer Zahnstein und Detritus, Interalveolarlamellen 
zum Teile geschwunden. 

Das war der Status, als sich Patientin bei mir vorstellte. 
Ich nahm die gleiche Aetiologie wie in den anderen Fällen an 
und so war auch die Therapie die gleiche. 

Um keine Zeit zu verlieren, habe ich die Patientin an¬ 
gewiesen, bevor die Schiene angefertigt wurde, während der 
Nacht unter die Lippen eine Rolle hydrophiler Gaze zu legen. 
Am nächsten Tage schon war eine so bedeutende Abnahme 
der entzündlichen Erscheinungen zu konstatieren, dass ich 
bedauert habe, nicht schon tags vorher eine photographische 
Aufnahme gemacht zu haben. 

Seit 10 Tagen trägt Patientin den Schutzapparat und 
die krankhaften Veränderungen gehen so rapid zurück, dass 
ich die sichere Hoffnung habe, in kurzer Zeit sie ganz geheilt 
hier vorstellen zu können. 

Fall IV betrifft eine etwa 30 jährige Frau, die seit ihrer 
Kindheit häufigen Blutungen aus dem schwammig aufgelockerten 
Zahnfleisch unterworfen war, welche jeder Therapie wider¬ 
standen. Bei der Untersuchung fand ich alle, auf nächtliches 
krampfhaftes Zusammenbeissen beider Zahnreihen hinweisenden 
Symptome und applizierte eine Aufbisskappe. Nach 3 bis 

4 Wochen war das Zahnfleisch konsolidiert und die Blutungen 
blieben aus. 

Fall V. Ein Maschinen-Ingenieur im Alter von etwa 
40 Jahren konsultierte mich vor 5 Jahren wegen unerträglicher 
neuralgischer Schmerzen der Zunge. Er hatte bereits an 
mehreren deutschen Universitäts-Kliniken erfolglos Hilfe ge¬ 
sucht. Er erklärte, dass er bei mir noch einen letzten Versuch 
mache, von seinem Leiden geheilt zu werden, welches ihn zur 
Verzweiflung treibe und mit Selbstmordgedanken erfülle. Bei 
der Inspektion des Mundes fand ich infolge des nächtlichen 
Zusannnenbeissens der Zahnreihen und deren Mahlbewegungen 


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Dr. E. Urbantschitsch, Graz. — Ein Fall von Verschmelzung etc. 231 


scharf zugeschliffene Zahnkanten und an der Zunge die genauen 
Abdrucke der inneren Zahnflächen. Die Therapie bestand im 
Abschleifen (Abrundung) der scharfen Zahnkanten und Appli¬ 
kation einer die untere Zahnreihe vollkommen bedeckenden 
Kautschukmaschine. Der Erfolg stellte sich schon nach einigen 
Tagen ein. Die heftigen Schmerzen Hessen nach und nach 
einigen Wochen stellte sich der Patient vollkommen geheilt 
wieder vor. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 



Mm 



(Mitteilung aus dem k. k. zahnärztlichen Universitäts - Institut 
[Prof. Dr. A. Bleichsteiner] in Graz.) 

Von Dr. Eduard Urbantschitsch , Assistent daselbst. 


Unter Verschmelzung versteht man die organische Ver¬ 
bindung zweier benachbarter Zahnkeime im Stadium der Ent¬ 
wicklung. Von der Verwachsung und Zwillingsbildung unter¬ 
scheidet sie sich dadurch, dass erstere eine nachträgliche Ver¬ 
wachsung der Wurzeln zweier benachbarter Zähne durch 
Zementhypertrophie, letztere die Vereinigung eines normalen 
Zahnkeimes mit einem benachbarten Zahnkeim ist. Ver¬ 
schmelzung und Zwillingsbildung findet man an den Wechsel¬ 
zähnen häufiger als an den bleibenden. 

Im Jahre 1885 veröffentlichte Bleichsteiner einen 
Fall von verschmolzenen rechtsseitigen Milchschneidezähnen bei 
einem sechsjährigen Knaben. Busch stellte in einem Vortrage 
„Ueber Verschmelzung und Verwachsung der Zähne des Milch¬ 
gebisses und des bleibenden Gebisses“ 56 Fälle von Ver¬ 
schmelzungen, resp. Zwillingsbildungen der Milchfrontzähne 
und der bleibenden Frontzähne vom Oberkiefer und Unter¬ 
kiefer zusammen. In keinem dieser Fälle hat die Verschmelzung 
der Zähne die Mittellinie überschritten, so dass also die mitt¬ 
leren Schneidezähne des Oberkiefers oder Unterkiefers mit- 


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Dr. Eduard Urbantachitscb, Graz. 


einander verschmolzen angetroffen worden wären. Dem gegenüber 
liegen einige Angaben in der Literatur vor, nach welchen auch 
die mittleren oberen, resp. unteren Schneidezähne miteinander 
verschmolzen angetroffen wurden. So bei Fox: „The natural 
history and diseases of the human teeth, second edition,“ 
London 1814, part. I, plate 8, Nr. 8, Verschmelzung der 
mittleren unteren bleibenden Schneidezähne; Maury: „Voll¬ 
ständiges Handbuch der Zahnheilkunde“, aus dem Französi¬ 
schen, Weimar 1830, Tafel VIII, Fig. 15, Verschmelzung der 
bleibenden mittleren unteren Milchschneidezähne. Th. Bell 
zitiert bei S a 11 e r: „Dental pathology and surgery,“ London 1874, 
pag. 54. Nach dieser Angabe beobachtete Bell sechs Fälle 
von Zahnverschmelzung, drei davon bestanden in der seitlichen 
Vereinigung der oberen mittleren Milchschneidezähne, der 
vierte zeigte Verschmelzung der oberen mittleren bleibenden 
Schneidezähne, der fünfte Verschmelzung der bleibenden 
unteren mittleren Schneidezähne und der sechste Verschmelzung 
der zweiten und dritten oberen Molaren. An dieser Stelle gibt. 
Salter an, er selbst habe zwei Beispiele gesehen, in welchen 
die oberen mittleren Milchschneidezähne miteinander ver¬ 
schmolzen waren. 

Die wichtigste Angabe nach dieser Richtung hin findet 
sich aber bei John T o m e s. In seinem zweiten Werk: „A System 
of dental surgery,“ London 1859, Seite 242, ebenso in der 
zweiten Auflage desselben Werkes, die er mit seinem Sohne 
Charles Tom es zusammen herausgab, 1873, Seite 227, und 
in der dritten Auflage von Charles Tom es allein, 1887, 
Seite 128, sind zwei mit den Kronen verschmolzene, mit 
den Wurzeln getrennte obere Schneidezähne abgebildet, von 
denen er angibt, es wären die mittleren oberen bleibenden 
Schneidezähne. Doch gerade bei diesem Autor hält Busch 
diese Angabe für nicht vollständig erwiesen und illustriert im 
oben zitierten Vortrage, wie leicht Irrtümer in dieser Be¬ 
ziehung Vorkommen, an folgendem Falle: „Tomes bildet in 
der ersten Auflage seines Lehrbuches, Seite 243, einen Fall 
ab von beiderseitiger Verschmelzung des mittleren und seit¬ 
lichen oberen Schneidezahnes, der ihm von Mr. Styers ge- 


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Ein Fall von Verschmelzung zweier Inc. inf.. sinistr. 


233 


liehen war. M a g i 161 übernimmt diesen Fall in seinen Traitö, 
Tafel XIX, Fig. 20 und 21, mit der Angabe, derselbe wäre 
eine Verschmelzung der mittleren Schneidezähne in ihrer 
ganzen Länge, also eine durchaus irrige Angabe. Ich hebe 
ferner noch folgenden Fall hervor: C. H. S t o w e 11, Professor 
der Histologie und Mikroskopie an der Universität Ann Arbor 
im Staate Michigan, bringt in seinem Werke: ,The micro- 
scopic structure of a human tooth, second edition, 1 1888, 
auf Tafel X, Fig. 8, die Abbildung eines Falles, welcher dem 
Tomesschen so ähnlich sieht, als wäre es eine Kopie des¬ 
selben, mit der Angabe, dass dies eine Verschmelzung des 
rechten oberen mittleren und seitlichen Schneidezahnes wäre 
und nicht etwa eine Verschmelzung der beiden oberen mittleren 
Schneidezähne. Unter diesen Umständen kann ich das tat¬ 
sächliche Vorkommen einer Verschmelzung zweier Zähne über 
die Mittellinie hinweg noch nicht als über jeden Zweifel fest¬ 
gestellt betrachten“. 

Verschmelzungen können nun in der ganzen Ausdehnung 
der betreffenden Zähne stattfinden und sind dann totale, oder 
es können zwei Kronen oder zwei Wurzeln miteinander ver¬ 
schmolzen sein, also partielle Verschmelzungen. Bei vollkommen 
verschmolzenen ein wurzeligen Zähnen ist nach ^edl eine ge¬ 
meinschaftliche, in jede der beiden Kronen sich verlängernde 
Pulpahöhle und ein bald gemeinschaftlicher, bald gespaltener 
Wurzelkanal charakteristisch. 

Im Atlas von Heid er und Wedl ist dagegen ein 
Querschnitt durch die Kronen zweier verschmolzener Milch¬ 
zähne (Schneide- und Eckzahn) abgebildet, wo die Pulpahöhle 
des Schneide- und Eckzahnes voneinander getrennt ist. Die 
Verschmelzung der Pulpahöhlen scheint demnach doch nicht 
das Hauptcharakteristikum der Verschmelzung überhaupt zu 
sein, sondern nach A. Sternfeld besteht es darin, dass die 
Dentinmassen der beiden Zähne direkt ineinander übergehen; 
über den gemeinschaftlichen Dentinkörper breite sich dann in 
der Region der Kronen ein gemeinschaftlicher Schmelzmantel, 
in der Region der Wurzeln eine ebensolche Zementhülle. Die 


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234 Dr. E. Urbantschitsch, Graz. — Ein Fall von Verschmelzung etc. 


Grenze zwischen beiden Zähnen markiert sich durch eine mehr 
oder weniger tiefe Furche. 

* 

Im Dezember vorigen Jahres kam ein Herr wegen Ent¬ 
fernung des Zahnsteines in meine Behandlung. In reichlicher 
Menge war dieser speziell auf der Lingualseite der unteren 
Frontzähne vorhanden. Erst als ich mit dem Exkavator grosse 
Schollen des Zahnsteines loslöste, fiel mir die Verschmelzung 
der beiden unteren linken Schneidezähne auf. Da Patient sich 
begreiflicherweise dies Gebilde nicht extrahieren lassen wollte 
machte ich ihm den Vorschlag, sich röntgenisieren zu lassen 
worauf er bereitwilligst einging. 



Das Bild wurde aufgenommen bei sitzender Stellung des 
Patienten, der Kopf desselben um etwa 20° retroflektiert, die 
harte Röhre in 20 Cm. Entfernung, in Höhe der Clavicula 
dextra (inneres Drittel) angebracht. Primärstrom 50 Volt, 
15 Ampöres; Expositionszeit 30 Sekunden, die Platte 4 1 /*: 6 Cm. 
klemmte der Patient zwischen die rechten Zahnreihen. 

Das Röntgenogramm zeigt deutlich, dass es sich um eine par¬ 
tielle Verschmelzung handle. Die Pulpen sind vollständig getrennt. 

Es ist dies also ein neuerlicher Beweis, dass Wedls 
Charakteristikum für Verschmelzungen, nämlich die Konfluierung 
der Pulpen, sich nicht auf alle Fälle von Verschmelzungen an¬ 
wenden lässt. 


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Dr. J. Lartschneider, Linz. — Behandlung der Pulpagangrän etc. 235 


Es ist mir eine angenehme Pflicht, Herrn Dr. Karl 

DOswald für die Herstellung des Röntgenogrammes den herz¬ 
lichsten Dank auszusprechen. 

* 

Literatur: 

1 . Baume: „Lehrbuch der Zahnheilkunde,“ 1877. 

2. Busch: Ueber Verschmelzung und Verwachsung der Zähne des Milch¬ 
gebisses und de* bleibenden Gebisses, „Deutsche Monatsschrift für Zahn¬ 
heilkunde,“ XV. Jahrgang, Heft 11 und 12. 

3. Bleichsteiuer: Verwachsene rechtsseitige Milchschneidezähne, 
„Oesterr.-ungar. Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde,“ I. Jahrgang, 
Heft 1. 

4. A. Sternfeld: Anomalien der Zähne, „Scheffs Handbuch der Zahn- 
heilkuude“. 

5. Wedl: „Pathologie der Zähne,“ 1901. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Bebandlnni der Mpappn mit Trital-Formalii. 

Von Dr. Josef Lartschneider, Zahnarzt und Leiter der zahnärztlichen 
Ordination am öffentlichen Krankenhaus in Linz a. d. Donau. 

J. P. Bukley empfiehlt eine Mischung von Trikresol- 
Formalin zur Behandlung gangränöser Pulpen. „Ein kleines in 
die Lösung getauchtes Wattebäuschchen wird in die Zahnhöhle 
eingeführt und diese dann durch 24 bis 48 Stunden hermetisch 
verschlossen. Die einmalige Behandlung genügt.“ 1 2 Diese Be¬ 
hauptung hat mich überrascht. Da jedoch Bukley seinen 
Worten eine alle Zeichen exakter und gewissenhafter Forschung* 
aufweisende Abhandlung über di Chemie der Pulpagangrän 
vorausschickt, habe ich mich zu Versuchen entschlossen. Schon 
die ersten Fälle boten ein überraschendes Ergebnis. 

Ich habe durchwegs eine Mischung von Trikresol und 
Formalin zu gleichen Teilen benützt. Unter allen diesbezüg¬ 
lichen Fällen befindet sich kein „Fistelzahn“. 

Meine Untersuchungen stützen sich auf 93 Fälle. Das 
gesamte Beobachtungsmaterial zerfällt in verschiedene, aus 

1 Vierteljahrsschrift für Zahnheilkonde, 1905, Heft II, Seite 244. 

2 


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236 


Dr. Josef Lartschneider, Linz a. d. Donau. 


ähnlichen Fällen bestehende Gruppen, aus denen ich die 
markantesten herausgreife. 

I. Karies mit eröffneter Pulpahöhle und 
Gangrän der Pulpa. 

17jähriger Realschüler. 2. Jänner 1906. Der |2 wurde 
im September 1905 plombiert, zeigt jetzt an der mesialen 
Fläche eine grosse Kavität, am Grunde derselben eine winzige 
Oefifnung, durch welche die Sonde in die Pulpahöhle gleitet. 
Pulpahöhle und Nervkanal von jauchigen Detritusmassen ge¬ 
füllt. Erweiterung des Zuganges zur Pulpahöhle, vorsichtiges 
Auswaschen derselben mit in 3 prozentiges Karbolwasser ge¬ 
tauchter Watte, Einführung eines in Trikresol-Formalin ge¬ 
tauchten Wattefadens in den Nervkanal und Pulpahöhle, Ver¬ 
schluss mit Fletchers Artificial-Dentin. 

4. Jänner. |2 ganz reaktionslos. Eröffnung, Entfernung 
des Wattefadens, Einführung von Trikresol-Formalinpaste, 1 
Vers hluss der Kavität mit einer Dauerplombe. Seither ganz 
reaktionslos. 

21 jährige Patientin. 18. Dezember 1905. 4| grosse 
mesiale Kavität, Pulpahöhle offen und mit charakteristisch 
gangränösen Massen gefüllt. Pulpahöhle (nicht der Nervkanal!) 
mit 3 prozentigern Karbolwasser ausgewaschen, in dieselbe dann 
Trikresol-Formalinbäuschchen gelegt; Verschluss mit Fletchers 
Artificial-Dentin. 

19. Dezember. Gar keine Reaktion! Den Verschluss ent¬ 
fernt, Pulpahöhle und Wurzelkanäle mit Karbolwasser vor¬ 
sichtig ausgewaschen, diesmal auch in Nervkanäle Trikresol- 
Formalinfaden eingeführt, Verschluss mit Fletchers Artificial- 
Dentin. 

20. Jänner 1906. Keinerlei Reaktion! Eröffnung, Heraus¬ 
nahme der Fäden, Trikresol-Formalinpaste in Nervkanäle, Ver¬ 
schluss der Kavität mit Dauerplombe. 

46jährige Patientin. 11. Jänner 1906. 6} bläulich ver¬ 
färbt, sehr weit vorgeschrittene Karies. An manchen Stellen das 

1 Herr med. Dr. Ts eherne, Apotheker zum „schwarzen Adler“, Linz, 
Landstrasse 16, hat eine Trikresol-Formalinpaste augefertigt, die ich bisher 
mit bestem Erfolge verwendet habe. 


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Behandlung der Pulpagangräu mit Trikresol-Formalin. 237 

Dentin bis auf die Schmelzschichte zerfallen, daselbst die 
Wandung der Höhle durchscheinend, Pulpahöhle offen, mit 
gangränösen Massen gefüllt. Auswaschung mit 3 prozeniigem 
Karbolwasser (Nervkanäle nicht!), E nlegen eines Trikresol- 
Formalinbäuschchens, Verschluss mit Fletchers Artificial-Dentin. 

12. Jänner. Gar keine Reaktion. In die Pulpahöhle und 
Nervkanäle wird Trikresol-Formalinpaste gepresst, darüber 
Dauerplombe. Seither keinerlei Reaktion. 

II. Plombierter Zahn. Die Füllung den Wandungen 
derHöhle nicht allenthalben adhärent. Zwischen 
Zahn und Plombe faulende Speisereste. Nach 
Entfernung der Plombe Pulpahöhle offen, Gangrän. 

27 jährige Patientin. 27. Dezember 1905. |6 trägt eine 
grosse Amalgamfüllung, die besonders an ihren Rändern 
schadhaft ist. Die Plombe wird entfernt, darunter die Pulpa¬ 
höhle und Nervkanäle offen, Gangrän. Nach vorsichtigem Aus¬ 
waschen der Pulpahöhle (Karbolwasser) wird Patientin entlassen. 

6 . Jänner. Neuerliches Auswaschen der Pulpahöhle 
(nicht der Nervkanäle!), Einlegen eines Trikresol-Formalin- 
bäuschchens, Verschluss mit Fletchers Artificial-Dentin. 

7. Jänner. Patientin hatte am Vortage nach Verschluss 
des {6 durch 1*/« Stunden heftige, seither gar keine Schmerzen. 
Trikresol-Formalinfaden wird gewechselt, Verschluss mit 
Fletchers Artificial-Dentin. 

11. Februar. Patientin hatte nach der letzten Sitzung 
durch eine Stunde Schmerzen. Seither Ruhe. Trikresol-For- 
malinfaden wird entfernt, in die Wurzelkanäle kommt Trikresol- 
Formalinpaste, hierauf Dauerplombe. Reaktionsloser Verlauf. 

20jährige Patientin. 14. Dezember 1905. e]sehr grosse 
defekte Amalgamplombe. Dieselbe wird ganz entfernt. Unter 
der Füllung penetranter Foetor und gangränöse Detritus¬ 
massen. Auswaschen der offenen Pulpahöhle (nach Erweite¬ 
rung des Zugangs zu derselben) mit Karbolwasser. Es zeigt 
sich, dass im distalen Kanal der Nerv noch lebt und blutet, 
im mesialen Kanal Gangrän. Der Nerv wird aus der distalen 
Wurzel entfernt, Formalinpaste, Verschluss mit Zement. 

Auf Zugang zur mesialen Wurzel wird Trikresol Formalin- 

» 

o* 


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288 


Dr. Josef Lartschneider, Linz a. d. Donau. 


bäuschchen gelegt, Verschluss der ganzen Kavität mit Fletchers 
Artificial-Dentin. 

15. Dezember. Patientin kommt mit starken Schmerzen 
am 61. Derselbe wird durch die Fletchermasse bis auf den Zugang 
zur mesialen Wurzel trepaniert, Trikresol-Formalinbäuschchen 
entfernt und offen gelassen. Die distale Wurzel wird nicht 
eröffnet. 

16. Dezember. Seit Trepanation keine Schmerzen mehr. 
Auf den Zugang zur mesialen Wurzel wird ein Trikresol- 
Formalinbäuschchen gelegt, Verschluss mit Fletchers Artificial- 
Dentin. 

18. Dezember. Keine Reaktion. Trikresol-Formalin¬ 
bäuschchen wird gewechselt, Verschluss mit Fletchers Arti¬ 
ficial-Dentin. 

18. Februar 1906. Da gar keine Reaktion vorhanden, 
wird der Eingang zur mesialen Wurzel blossgelegt; Einpressen 
von Trikresol-Formalinpaste in dieselbe (distale Wurzel ist, wie 
erwähnt, seit 14. Dezember 1905 geschlossen), Dauerplombe 
in die grosse Kavität. Seither gar keine Reaktion. 

46jährige Patientin. [7 grosse schadhafte Amalgam¬ 
plombe, wird entfernt. Darunter offene Pulpahöhle und Gangrän. 
Auswaschung mit Karbolwasser. Am nächsten Tage, nach 
neuerlich vorgenommener Auswaschung, Trikresol-Formalin- 
bäuschchen und Fletcher-Verschluss. 3 Tage lang ziemliche 
Schmerzen, jedoch ohne periostitische Schwellung. Der Ver¬ 
schluss wird wieder entfernt und der Zahn bis auf weiteres 
offen gelassen. Behandlung wird 4 Wochen später mit Erfolg 
wiederholt und in drei Sitzungen vollendet. 

40jährige Patientin. 4. Dezember 1905. 4| trägt eine 
schlecht schliessende Guttaperchaplombe. Dieselbe wird ent¬ 
fernt, darunter offene Pulpahöhle mit gangränösem Inhalt. In 
derselben und im Nervkanal befindet sich seit 7 Jahren ein 
alter, jauchiger Wattefaden. Derselbe wird entfernt, Aus¬ 
waschung mit Karbolwasser (vorsichtig!), Einlegen eines Tri- 
kresol-Formalinfadens, Verschluss mit Fletcher. 


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Behaudlnng der Pulpagangrän mit Trikresol-Formalin. 


239 


4. Jänner 1906. Keine Reaktion. Entfernen des Trikresol- 
Formalinfadens, Einpressen von Trikresol-Formalinpaste in den 
Wurzelkanal, Fletchers Artificial-Dentin. 

15. Jänner. Keine Reaktion. Dauerplombe. 

III. Wurzelbehandelter Zahn. Periostitis und 
apicaler Abszess. Trepanation, Behandlung mit 
Trikresol-Formalin. 

38jährige Patientin. 21. Dezember 1905. Seit 
4 Tagen sehr heftige Schmerzen am Oberkiefer. 2| trägt 
Zementplombe, wurde vor 6 Wochen plombiert und die 
Füllung musste angeblich bald darauf wegen starker Schmerzen 
erneuert werden. Seither immer Schmerzen, welche sich in den 
letzten Tagen bis zur Unerträglichkeit steigerten. Am 2j apicale 
Schwellung und starke Druckschmerzen. Entfernung der Zement¬ 
plombe, Eröffnung der Pulpahöhle; es entleert sich sofort 
dicker, gelber, reichlicher Eiter durch die Trepanationsöffnung. 
Der Zahn wird offen gelassen. Die Schmerzen sind sofort viel 
geringer. 

23. Jänner 1906. 2| Auswaschen des Wurzelkanals. Kein 
Eiter mehr. Einlegen von Trikresol-Formalinfaden. Verschluss 
mit Fletchers Artificial-Dentin. 

24. Jänner. Gar keine Reaktion am 2j, Faden Wechsel, 
Verschluss. 

7. Februar. Keinerlei Reaktion. Entfernung des Fadens, 
Einpressen von Trikresol-Formalinpaste in den WurzelkanaL 
Dauerplombe. Seither vollkommene Heilung. 

14jährige Arztenstochter hat am 22. Dezember 1905 
plötzlich rasende Zahnschmerzen am Oberkiefer. 2 Tage nachher 
trat Schwellung der Oberlippe auf. Diese, sowie die Schmerzen 
haben angeblich die ganzen Weihnachtsferien überdauert. 

6. Jänner 1906. Schwellung und Schmerzen geschwunden. 
Das Zahnfleisch über dem intakten |F rot, daselbst eine auf 
Druck empfindliche, entzündliche Geschwulst. Der Zahn auf 
Klopfen schmerzhaft. Trepanation des |l durch das Foramen 
coecum. Sofort entleert sich ziemlich reichlicher dünnflüssiger 
Eiter. Der Zahn wird offen gelassen. 


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240 


Dr. Josef Lartschneider, Linz a. d. Donau. 


29. Jänner. Nach vorsichtigem Auswaschen des Nerv¬ 
kanals mit Karbolwasser wird in den [L ein Trikresol- 
Formalinfaden eingelegt. Verschluss mit Fletchers Artificial- 
Dentin. 

3. Februar. Gar keine Reaktion. Wechseln des Trikresol- 
Formalinfadens und Verschluss mit Fletchers Artificial-Dentin. 

6. Februar. Keine Reaktion. Entfernung des Trikresol- 
Formalinfadens, Einpressen von Trikresol-Formalinpaste, Dauer¬ 
plombe. Seither Heilung. 

löjähriger Gymnasiast bekommt am 7. Februar 1906 
plötzlich starke Schmerzen und geschwollene Backe rechts, 
steht damit 5 Tage in Behandlung seines Hausarztes und 
kommt nach Ablauf der Schwellung und des Schmerzes 
zu mir. 

12. Februar. Ueber 5[ entsprechend dem Apex klein¬ 
haselnussgrosse Vorwölbung und Rötung, auf Druck sehr 
schmerzhaft. Der Bl trägt mittelgrosse, mesiale Amalgam- 
plombe. Nach deren Entfernung entleert sich sofort reichlicher, 
jauchiger, dünnflüssiger Eiter und das Gefühl der Spannung 
verschwindet. 

13. Februar. Durch Druck auf die apicale Schwellung 
entleert sich noch immer Eiter durch die Trepanationsöffnung. 

15. Februar. Keine wahrnehmbare Sekretion mehr; Ein¬ 
legen eines Trikresol-Formalinfadens nach vorsichtiger Reini¬ 
gung des Wurzelkanals — ich wische denselben ungefähr 
zwanzigmal hintereinander mit Karbolwasserfaden aus — und 
Verschluss mit Fletchers Artificial-Dentin. 

16. Februar. Gar keine Reaktion, Fadenwechsel; Ver¬ 
schluss mit Fletchers Artificial-Dentin. 

Da vollständig reaktionslos, wird Trikresol-Formalin¬ 
paste in den Wurzelkanal eingepresst. Hierauf Dauerplombe. 
Seither vollständige Heilung. 

23jähriger Patient. 3. Februar. J5 trägt grosse 
Amalgamplombe, wurde vor etwa 4 Wochen plombiert, seither 
Schmerzen. Am Apex Schwellung und starke Schmerzen auf 
Druck. Entfernung der Plombe, Trepanation der Pulpahöhle. 
Letztere und Nervkanal mit schmierigen Massen gefüllt. Aus- 


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Behandlung der Pulpagangrän mit Trikresol-Formalin. 241 

waschen mit Karbolwasser, Einlegen eines Trikresol-Formaiin- 
fadens, Verschluss mit Fletchers Artificial-Dentin. 

4. Februar 1906. Keine Schmerzen mehr. Schwellung 
vermindert. Wechsel des Trikresol-Formalinfadens. Verschluss. 

18. Februar. Am J3 Reaktionserscheinungen vollständig 
behoben. Eröffnung, Entfernung des Fadens, Einpressen von 
Trikresol-Formalinpaste in den Nervkanal, Dauerplombe. 

27jährige Patientin hatte vor 3 Jahren am J2 peri¬ 
ostalen Abszess. Der Zahn wurde damals am Foramen coecum 
trepaniert und nach langwieriger Wurzelbehandlung plombiert. 
Seither Ruhe. 

24. Jänner 1906. J2 trägt am Foramen coecum Amalgam¬ 
plombe. Der Zahn auf Druck sehr empfindlich. Hatte die ganze 
Nacht riesig geschmerzt. Zeigt am harten Gaumen in der 
Gegend der Spitze des J2 eine rote, entzündliche, weiche 
Geschwulst. Trepanation durch Plombe hindurch. Es entleert 
sich sofort dünnflüssiges, jauchiges Sekret. Der Zahn wird offen 
gelassen. 

30. Jänner. Die entzündliche Geschwulst am Gaumen 
geschwunden. Sondierung des Wurzelkanals vollständig schmerz¬ 
los. Nach 10 Tagen wird Trikresol-Formalinfaden nach sorg¬ 
fältigem Auswaschen des Wurzelkanals eingelegt. Verschluss 
mit Fletchers Artificial-Dentin. Nach 6 Stunden kommt Patientin 
mit starken Schmerzen, die Geschwulst am Gaumen wieder 
vorhanden. Aufmachen und oflfenlassen. Nach 4 Tagen wieder 
Reinigen des Wurzelkanals, Trikresol-Formalinfaden und 
Fletchers Artificial-Dentin. Tags darauf kommt Patientin wieder 
mit starken Schmerzen, hat die ganze Nacht nicht geschlafen. 
Der Fletcher-Verschluss und Faden wird entfernt, der Zahn 
wird offen gelassen. Patientin wird zur Wurzelresektion bestellt. 

16jährige Forstratstochter hat am J2 vor 2 Jahren 
Periostitis mit Abszess durchgemacht. Wurde damals durch 
Foramen coecum trepaniert und nach langwieriger Wurzel¬ 
behandlung plombiert. „ 

13. Jänner. Hat seit gestern starke Schmerzen und api- 
cale Schwellung am |2. Trepanation durch eine am Foramen 
coecum befindliche Amalgamplombe. Es entleert sich wässeriges, 


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242 Dr. J. Lartschneider, Linz. — Behandlung der Pulpagangrän etc. 


jauchiges Sekret. Schmerzen und Spannung lassen sofort nach. 
Der Zahn wird offen gelassen. 

18. Jänner. Patientin befindet sich sehr gut. Nach sorg¬ 
fältigem Auswaschen des YVurzelkanals wird Trikresol-Formalin- 
faden eingelegt und mit Fletchers Artificial-Dentin verschlossen. 
Tags darauf musste wegen starker Schmerzen und wieder auf¬ 
tretender Schwellung Faden entfernt werden. Der Zahn wird 
offen gelassen. Nach 5 Tagen wird das gleiche Manöver mit 
gleich ungünstigem Erfolge wiederholt, daher wird Patientin 
für die Vornahme der Wurzelresektion bestellt. 

In den letzten beiden Fällen habe ich, nachdem der 
Wurzelkanal 2 Wochen offen gelassen wurde, doch noch die 
Trikresol-Formalinbehandlung versuchsweise eingeleitet und in 
beiden Fällen konnte nach weiteren drei Sitzungen der Wurzel¬ 
kanal geschlossen und eine Dauerplombe appliziert werden. 
Beide Fälle sind seither vollkommen geheilt. 

IV. Nach „Nervtöten“, Extraktion des Nerven, 
Wurzelbehandlung und Plombierung auftretende 
Schmerzen und Druckempfindlichkeit, durch Tri¬ 
kresol-Formalinbehandlung geheilt. 

42jährige Patientin. j& Karies, welche bis Pulpahöhle 
reicht. Pulpitis und starke Schmerzen und Ohrenstechen. 

21. November 1905. Nervextraktion, Walkhoff-Paste und 
Fletcher-Verschluss. Seither Zahn immer empfindlich gegen 
Kälte und Druck. Vergebliche wiederholte Jodpinselungen. 

27. Jänner 1906. Aufmachen, Walkhoff entfernen, Tri- 
kresol-Formalinfaden und Fletcher-Verschluss. 

3. Februar. Die Empfindlichkeit vollständig geschwunden. 
Faden entfernen, Einpressen von Trikresol-Formalinpaste und 
Verschluss. Seither gar keine Reaktion. 

36jährige Patientin. Am J2 wurde im April 1905 nach 
Arsenapplikation der Nerv extrahiert und Wurzelbehandlung 
vorgenommen. Seither wiederholt behandelt, da immer Schmerzen 
und Reissen. 

8. Jänner 1906. Am |2 die Zementplombe entfernt, aus 
Wurzelkanal antiseptische Paste herausgewaschen. Trikresol- 
Formalinfaden eingelegt und Fletcher Verschluss. 


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Prof. Dr. Adolf Witzei, Boun. — Erwiderung etc. 


243 


11. Jänner. Die Schmerzen am |2 ganz geschwunden; 
Faden wurde entfernt und Trikresol-Formalinpaste in Nerv¬ 
kanal eingepresst, Dauerplombe. Seither ganz reaktionslos. 

* 

Diese Erfolge scheinen mir, wenn auch die Beobachtungs¬ 
zeit noch nicht als genügend lang bezeichnet werden kann, 
einer Veröffentlichung wert. Jeder Zahnarzt kennt zur Genüge 
die unangenehmen Zwischenfälle, welche so häufig die Be¬ 
handlung gangränöser Pulpen zur Folge hat. Ich weiss, dass 
durch die Elektrolyse in allerjüngster Zeit glänzende Resultate 
bei Behandlung gangränöser Pulpen erzielt werden und ich 
stelle mir diese Behandlung als Ideal vor — leider ist ihre 
Ausführung an Orten, wo der Anschluss an eine Zentrale mit 
Gleichstrom nicht durchführbar ist, mit gewissen Schwierig¬ 
keiten verbunden. Daher wird in solchen Fällen die Behandlung 
mit Trikresol-Formalin ein Ersatz hiefür sein. Auf Grund dieser 
Beobachtung glaube ich, den Hsrren Kollegen die von Bukley 
angegebene Trikresol-Formalinbehandlung gangränöser Pulpen 
empfehlen zu dürfen. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Mermi auf iea Artikel jes Herrn Fr.LiiatsiM „Heber 
Mailotomle" in Her „Oesterr.-nntar. Vierteljahrnliriit für 
ZatnleilMe“, Heit IT, 1905. 

Von Prof. Dr. Adolf Witsel in Bonn. 

Zu den schon zahlreichen Kritikern meiner „Beiträge 
zur Behandlung der Al veolar-Zahnfleischfisteln“ 
in Heft 2 des „Korrespondenzblattes für Zahnärzte“ von 1905 
ist jetzt noch Herr Fr. Luniatschek, Zahnarzt in Breslau, 
neu hinzugekommen. Wie aber die bisher veröffentlichten 
Arbeiten meiner von mir geschätzten wissenschaftlichen Gegner, 
so wird auch die des Kollegen Luniatschek sicher mit dazu bei¬ 
tragen, die von mir vertretene Ansicht, dass der chirurgischen 
B eh an dlung de r Alveolar- Zahn fl eischfi stein stets 


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244 


Prof. Dr. Adolf Witzei, Bono. 


die medikamentöse vorangeschickt und der Er¬ 
folg dieser einfachen Massnahme erst abgewartet 
werden sollte, zu stützen. 

Dass auch Herr Luniatschek in seiner Kritik weit über das 
Ziel hinausschiesst und in dieselbe auch meine, von der Fistel¬ 
behandlung streng zu trennende Behandlung der Granulome 
mit hineinzieht, ist eine ihm im Eifer des Vortrages unter¬ 
gelaufene Erweiterung derselben, die den Leser seiner sonst 
beachtenswerten Mitteilungen etwas irreführen muss. Tatsächlich 
getäuscht wird dieser aber durch ein ohne nähere 
Quellenangabe von Herrn Luniatschek gebrauchtes und 
mit einem Anführungszeichen versehenes Zitat. 

Herr Luniatschek sagt (ich führe zum Verständnis des 
Zitates und des Zusammenhanges wegen auch den einleitenden, 
„inhaltsschweren“ Satz der Luniatschekschen Arbeit an): 
„Wenn ich imstande bin — immer die Durchgängigkeit des 
Foramen apicale vorausgesetzt — ätzende Medikamente, ganz 
gleichgiltig ob Jodtinktur, Aqua regia, Chlorphenol oder andere, in 
den Erkrankungsherd hineinzupressen und durch dieses wieder¬ 
holte Vorgehen soweit auf die Bakterien und die nicht mehr resti¬ 
tutionsfähigen Granulationsmassen zerstörend einzuwirken, dass 
ich gesundes Gewebe nicht reize, ich die Aetzwirkung also 
nur auf das relativ unempfindliche Granulations¬ 
gewebe beschränke und die Möglichkeit vorhanden ist, dass 
die verätzten Massen durch den Fistelkanal einen Ausweg 
finden, dann kann und wird menschlichem Ermessen nach, die 
Heilung der Periodontitis chronica cum fistula gingivalis ein- 
treten. Nun ist es aber ausserordentlich schwer, .diese — 
nach Ad. Witzei — „bei weiter Eröffnung der 
Kronen- und Pulpahöhle an jedem Zahne leicht 
durchführbare Behandlung- 1 erfolgreich vorzu¬ 
nehmen. .Leider bleibt auch heute . das Hin¬ 

durch pumpen eines Tröpfchens Jodtinktur bis in 
die erkrankte Alveole häufig noch ein frommer 
Wunsch; nur kritiklose Beobachter und Praktiker 
können durch ihre Mitteilungen die Vorstellung 
erwecken, dass die Desinfektion enger und ge- 


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Erwiderung auf den Artikel „Ueber Maxillotomie“. 245 

krümmter Kanäle, sowie auch die Ausheilung ent¬ 
zündeter und gangränöser Pulpen jetzt doch 
eine einfache Sache sei“. Sic dicit Ad. Witzei! 

Beim Lesen dieser Zeilen dürfte nun nicht allein bei mir, 
sondern auch bei jedem anderen Kollegen der Eindruck erweckt 
worden sein, als hätten jene fünf Trennungspunkte zwischen 
den Zeilen nur den Zweck, meine Herrn Luniatschek zu 
lang erschienene Auslassung abzukürzen, die ganz selbst¬ 
verständlich, da die Wiedergabe derselben ohne weitere 
Quellenangabe erfolgt, in meinen eingangs erwähnten und von 
Luniatschek kritisch behandelten Beiträgen gesucht wird. 

An dieser Stelle habe ich aber nur einen Teil dieses 
schneidig abgefertigten Zitats, und zwar auf Seite 106 1. c. 
(„diese“ bis Behandlung“) gefunden; den zweiten: „Leider 
bleibt auch heute — eine einfache Sache sei“ erst nach 
längerem Durchsuchen meiner letzten Arbeiten in einem Vor¬ 
trage entdeckt, den ich schon vor 8 Jahren in Frankfurt a. Main 
gehalten und in meinem Werke: „Das Füllen der Zähne mit 
Amalgam“ als Anhang auf Seite 52 veröffentlicht habe. 

Diese Art und Weise, einen wissenschaftlichen Gegner 
durch einen Seitenhieb abzuführen, ist ebenso originell wie 
neu; denn, indem Herr Luniatschek einen kurzen Satz 
aus meinen im vergangenen Jahre veröffentlichten Beiträgen 
zur Behandlung der Alveolarzahnfleischfisteln verstümmelt und 
entstellt wiedergibt, und ausserdem noch mit dem Torso eines 
schon vor 8 Jahren von mir geschriebenen Absatzes einer 
anderen Arbeit verbindet, hat er meinen beiden ganz ver¬ 
schiedenen Mitteilungen einen Sinn beigelegt, welcher ver¬ 
wirrend wirken muss. 

Es liegt für mich keine Veranlassung vor, diese beiden 
Arbeiten von mir gegen Herrn Luniatschek noch be¬ 
sonders in Schutz zu nehmen, denn der scheinbare Wider¬ 
spruch, der zwischen diesen zeitlich weit getrennten 
beiden Arbeiten liegt, wird für den aufmerksamen Leser, 
der den Fortschritten gefolgt ist, welche wir bei der Säure¬ 
therapie sowohl betreffs der Applikation der Säure, wie auch 


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246 


Prof. Dr. Adolf Witzei, Bonn. 


bei der Durchsondierung der Wurzelkanäle in den letzten 
Jahren gemacht haben, keineswegs befremden. Der Leser wird 
vielmehr die Beweggründe für die ganz interessante, wenn auch 
nicht gerade nachahmungswerte Zusammenschweissung und 
Verstümmelung meiner Mitteilungen vielleicht, wie ich, in dem 
Umstand suchen, dass dem Herrn Luniatschek bei der 
Drucklegung seiner Arbeit der Platz etwas beschränkt war 
und er doch Raum für sein r Sic dicit Ad. Witzei“ frei¬ 
halten musste. 

Weit mehr Verständnis wird aber Herr Luniatschek 
für seine Arbeit finden, wenn er in derselben an mich die 
Forderung stellt, dass ich ihm erst noch Beweise von Dauer¬ 
erfolgen meiner Methode auch bei der Behandlung kompli¬ 
zierter und veralteter Fistelfälle zu erbringen habe. Ich nehme 
vielleicht bald Gelegenheit, auf diese, auch von anderen Kol¬ 
legen mit vollem Rechte gestellte Forderung in einer grösseren 
wissenschaftlichen Arbeit zurückzukommen. Herrn Luniatschek 
möchte ich nur heute schon mitteilen, dass meines Wissens 
noch jetzt in Essen a. R, meinem ersten Wirkungskreise, 
eine Dame lebt, mit einer kleinen hübschen Einziehung der 
Haut in der Mitte des Kinnes, die Anfang der Siebziger-Jahre 
des vorigen Jahrhunderts entstanden ist, und zwar infolge 
einer von mir seinerzeit »medikamentös J vom Wurzelkanal 
eines unteren Schneidezahnes aus behandelten und ausgeheilten 
Alveolar-Kinn fistel. 

Das dürfte aber wohl zu einer Zeit gewesen sein, als mein 
Herr Kritiker — ich habe nicht das Vergnügen, den Kollegen 
Luniatschek persönlich zu kennen — noch nicht wusste, 
dass seine Milchzähne von bleibenden abgelöst werden und dass 
diese bleibenden, wenn sie fistelkrank werden, entweder nach 
Ad. Witzei r medikamentös“ oder durch eine lege artis aus¬ 
geführte „Maxillotomie* nach Friedrich Luniatschek zur 
Ausheilung gebracht werden können. Dabei haben die Be¬ 
gründer dieser beiden Methoden merkwürdigerweise bis jetzt 
noch nicht über Misserfolge zu berichten, die aber von 
anderen Kollegen doch hie und da beobachtet und genannt 
worden sind. 


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Erwiderung auf den Artikel „Ueber Maxillotomie“. 


247 


Wie richtig der Herr Kollege Luniatschek aber nicht 
allein den Wert meiner wissenschaftlichen Arbeiten, sondern 
auch mein seelisches Empfinden beurteilt, wenn er die Ver¬ 
mutung ausspricht, „dass mich der Ruhm der Partsch- 
-sehen Schüler , zu denen ja auch mein verehrter Herr 
Kritiker zählt, „wohl nicht mehr schlafen lässt,“ geht 
daraus hervor, dass ich diese kurze Mitteilung tatsächlich im 
Bette geschrieben habe — — jedoch nicht des Nachts, 
sondern am Tage, mit einem .Priessnitz“ um Brust und Hals, 
nach einem erquickenden, nicht mehr durch Hustenreize unter¬ 
brochenen Schlafe, der nur vorübergehend durch einen Traum 
von riesengrossen Bogenschnitten am Alveolarfortsatze und 
meterlangen, durch diu Maxillotomie direkt freigelegten Wurzel¬ 
spitzen gestört wurde, die ich weder resezieren gelernt noch 
mit den plötzlich nekrotisch gewordenen Schleimhautlappen 
wieder bedecken konnte. 

Mit dieser Niederschrift hoffe ich aber, das zahnärztlich¬ 
chirurgische Alpdrücken für immer gebannt zu haben und ich 
gebe am Schlüsse meiner Erwiderung gern und nunmehr in 
ernster Stimmung der Hoffnung Ausdruck, dass auch Herr 
Luniatschek zu denjenigen Kollegen zählen möge, die 
durch gute wissenschaftliche Arbeiten den weiteren Ausbau 
der deutschen Zahnheilkunde mit fördern helfen. 

In einer Periode des Byzantinismus, wie sie sich jetzt 
zum Erstaunen aller ruhig denkenden Kollegen auch in deutschen 
zahnärztlichen Kreisen plötzlich gezeigt hat, können wir selbst¬ 
ständig denkende und schaffende Arbeiter, wie der Kollege 
Luniatschek einer zu werden verspricht, nicht entbehren. 


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248 


Dr. Rudolf Bum, Wigou 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Uekr Speichelst«. 

Von Dr. Rudolf Bum , Zahnarzt in Wien. 

Am 15. Jänner vorigen Jahres besuchte mich ein Kollege 
vom Lande, praktischer Arzt in der Nähe von Wien, um sich 
mit mir wegen eines Krankheitsprozesses im eigenen Munde 
zu beraten. Der Kollege bemerkte seit zirka 6 Jahren eine 
zeitweilig, insbesondere beim Genüsse saurer Speisen und Ge¬ 
tränke (Essig, Limonade etc.) plötzlich auftretende Anschwellung 
der rechten Unterkiefergegend. Die harte Schwellung erreichte 
meistens Walnuss- bis Kleinapfelgrösse und drängte den Mund¬ 
höhlenboden so weit empor, dass dadurch eine Schwerbeweg¬ 
lichkeit der Zunge entstand. Ein mit drei Fingern auf die 
Schwellung ausgeübter Druck von aussen schaffte sofortige 
Erleichterung; während die Geschwulst unter dem Drucke ver¬ 
schwand, konnte man unter der Zunge, seitlich vom Zungen¬ 
bändchen (an der rechten Garuncula sublingualis) eine wasser¬ 
klare Flüssigkeit im feinsten Strahle wie aus einer Injektions¬ 
spritze hervorschiessen sehen. Dieser Zustand wiederholte sich 
einige Male im Monat; und da keine besonderen Beschwerden 
eintraten, der ganze Prozess vielmehr jedesmal durch einfachen 
Druck auf die Schwellung prompt zum Rückgang gebracht 
wurde, schenkte der Kollege der Sache keine weitere Be¬ 
achtung. Anfangs Jänner aber wurde die Anschwellung plötzlich 
stationär und verkleinerte sich auch auf Druck nur sehr wenig; 
das sonst nur geringfügige Spannungsgefühl steigerte sich und 
die Schwellung erreichte Hühnerei grosse. Der Kollege suchte 
ärztliche Hilfe auf und behandelte die den Aerzten rätselhaft 
erscheinende Geschwulst erfolglos mit Jodtinkturpinselungen, 
Jodsalbe und Kataplasmen. Auch alles Nachschlagen in Lehr- 
und Handbüchern, die dem Kollegen zur Verfügung standen, 
blieb resultatlos. Zufällig fiel dem Kollegen vor kurzer Zeit ein 
vom Herausgeber dieser Zeitschrift versendeter zahnäztlicher 
Notizkalender in die Hände und bei der flüchtigen Lektüre der 


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Ueber Speichelsteine. 


249 


dortselbst zusammengestellten „Diagnostischen und therapeu¬ 
tischen Bemerkungen etc.“ fand er unter dem Stichwort 
„Speichelstein (Sialolithiasis)“ die genaueste Beschreibung 
der eigenen Krankheitssymptome wie folgt: „Die relativ seltene 
Speichelsteinkrankheit betrifft zumeist den Duct. Wharton. der 
Gland. submax., seltener die Drüse selbst und die anderen 
Gänge und Speicheldrüsen (erklärlich aus der weiteren Oeffnung 
und der günstigen Lage des Ganges). In den Gang eingedrungene 
kleinste Fremdkörper (kleine Holzstückchen, Fischgräten, Ge¬ 
treidegrannen, Borsten, Fruchtkerne; wohl auch Zahnsteinpar¬ 
tikelchen) pflegen meist unter blitzartigem Schmerz Schwellung 
der Drüse (Speichelstauung) hervorzurufen; später Entzündung 
von Drüse und Gang und Entwicklung eines chronisch ent¬ 
zündeten Zustandes mit wiederholten Anfällen von Speichel¬ 
stauung (intermittierender Tumor salival., Coliques salivaires). 
manchmal Abszedierung; Speichelfistel. Durch Ablagerung 
organischer und anorganischer Stoffe (um den Fremdkörper 
herum) entstehen Speichelsteine. Grösse, Zahl, Farbe und Kon¬ 
sistenz der Steine verschieden; meist hirsekorn- bis bohnen¬ 
gross; von länglicher Form (Dattelkern), wenn Gangstein; 
Drüsensteine oft in Mehrzahl vorhanden und von unregel¬ 
mässiger Form; als zentraler Kern manchmal obiger Fremd¬ 
körper, meist aber Bakterienhauftn. Bei Sitz im Gang kommt 
es zu ulzeröser Entzündung (Sialodochitis) mit Eiterung, 
Abszess- und Fistelbildung; gelegentlich zu phlegmonösem 
Prozess des Mundbodens. Drüse oft sekundär entzündet (Sialo- 
adenitis) und mit Umgebung verwachsen. Bei Sitz in Drüse 
auch Entzündung mit Abszedierung etc. Oft wird der Speichel¬ 
stein jahrelang ohne Beschwerden getragen, kaum beachtet. 
Für Diagnose wichtig der intermittierende Tumor salival.; sonst 
nur ein derber harter Knoten (bimanuelle Untersuchung) zu 
tasten; plötzlich während des Essens unter grossen Schmerzen 
Schwellung in Gegend hinter dem Stein (Mundboden); Steigerung 
der Schmerzen und rascher Nachlass derselben unter Ent¬ 
leerung von Eiter und Speichel aus Gangöffnung (Coliques 
salivaires). Oft kein Stein zu tasten und Diagnose aus Son¬ 
dierung, Probepunktion und obigen Symptomen zu stellen.“ 


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250 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Es handelte sich demnach wahrscheinlich um einen Speichel¬ 
stein. In bezug auf die Aetiologie der Erkrankung erschien die 
Angabe des Kollegen, dass er seit Jahren die leidige Gewohn¬ 
heit habe, seine Schnurrbartspitzen zu beissen, von besonderem 
Interesse; es konnte möglicherweise ein in den Speichelgang 
eingedrungener Bartspitzenrest den Kern zur Ablagerung von 
Kalksalzen und damit den Anlass zur Entstehung eines Speicliel- 
steines gegeben haben. 

Der 40 jährige Kollege ist von gesunder, kräftiger Kon¬ 
stitution. An der rechten Halsseite unter dem Kieferwinkel ist 
ein zirka hühnereigrosser, gegen den Kiefer zu verschiebbarer 
Tumor zu fühlen, der mit den Weich teilen in innigerer Ver¬ 
bindung zu stehen scheint. Die Haut über dem Tumor ist 
unverändert und verschiebbar; die Oberfläche der sich derb 
anfüblenden Geschwulst ist anscheinend glatt. Die Mundschleim¬ 
haut ist, besonders am Mundhöhlenboden, diffus gerötet, Foetor 
ex ore. Man kann die Geschwulst vom Munde aus zwischen 
dem Kieferknochen und dem Zungenrand deutlich abtasten; 
sie liegt unter dem emporgedrängten Mundhöhlenboden. Bei 
bimanueller Untersuchung lässt sich der Tumor leicht auf- und 
abschieben; bei Druck von aussen entleert sich aus der Carun- 
cula sublingualis eine geringe Menge eitriger Flüssigkeit. Bei 
genauer Untersuchung fühlt der tastende Finger knapp hinter 
der Karunkel eine besonders harte Konsistenz, die sich dem 
Ductus Whartonianus entsprechend eine kurze Strecke weit in 
die Tiefe des Mundhöhlenbodens verfolgen lässt. Der Eindruck, 
den man erhält, lässt sich ungezwungen mit dem Gefühl beim 
Tasten eines hochgradig verkalkten Blutgefässes vergleichen. 

Am selben Nachmittage führte Primararzt Doz. Dr. Frank 
die Operation aus: Einführung der Hohlsonde in den Gang, bis 
diese auf harten Widerstand stiess, dann eine 1 Cm. lange 
Inzision. Aus der Wunde wurden zehn Steine von verschiedener 
Grösse entfernt. Nun konnte die Sonde, ohne Widerstand zu 
finden, bis in die Drüse vorgeschoben werden. Zweitägige 
Drainage mit Jodoformgazestreifen; flüssige, reizlose Diät; vom 
dritten Tage an wurde die Tamponade fortgelassen. Die 
Schwellung ging rasch zurück und war 5 tage nach der 


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Ueber Speicbelsteine. 


251 


Operation verschwunden. Reaktionsloser Wundverlauf. Der 
Speichel entleert sich derzeit in normaler Weise an normaler 
Stelle. 

Die entfernten Steine sind durchwegs rundlich geformt, 
"von weisslicher Farbe Der grösste von ihnen, von über Erbsen¬ 
grösse, hat kugelige Gestalt und zeigt an seiner Oberfläche 
zahlreiche kleine, bis stecknadelkopfgrosse warzenartige Er¬ 
höhungen. Die anderen Steine sind bedeutend kleiner, steck- 
nadelkopf- bis hanfkorngross, von mehr linsenartig platt¬ 
gedrückter Gestalt und glatter Oberfläche; sie erinnern in 
Form und Farbe an kleine sogenannte Krebsenaugen (Lapides 
oder Oculi cancrorum praeparati). An keinem der Steine sind 
Rinnen oder fazettierte Reibungsflächen zu sehen. 

Von einer chemischen Analyse der Steine, die ohnedies 
nur von geringem Interesse erschien, wurde zugunsten der 
histologisch-bakteriologischen Untersuchung der entkalkten 
Konkremente abgesehen; diese richtete sich mit Rücksicht auf 
die Aetiologie des Falles vorzüglich auf den Nachweis von im 
Zentrum der Steine eingeschlossenen Fremdkörpern (Haare). 
Die vonDoz. Dr. Karl Sternberg durchgeführte Untersuchung 
ergab, dass die Steine im wesentlichen aus nekrotischen, 
krümmeligen Massen bestanden. Haare konnten in denselben 
nicht nacbgewiesen werden, wohl aber fanden sich im Zentrum 
schollige, scharf konturierte Gebilde, die in ihrer Form einiger- 
massen an Pflanzenzellen erinnerten, sich aber nicht mit 
Sicherheit als solche identifizieren liessen. Zwischen dem 
krümmeligen Detritus lagen zahlreiche kleine Bakterienhäufchen, 
die der gewöhnlichen Mundflora angehörten. Die histologische 
Untersuchung fiel also insoferne negativ aus, als im Zentrum 
der Steine keine haarartigen Gebilde gefunden wurden. 

* 

Durch den oben beschriebenen Fall angeregt, bemühte 
ich mich, die spärlichen Arbeiten über diesen Gegenstand, 1 
sofern sie mir zugänglich waren, zu sammeln und zu sichten 

* Vide Literatur im Juliheft. 

3 


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252 


Dr. Rudolf Bum, Wien; 


und bringe im Nachfolgenden unter Benützung dieser Arbeiten 
eine möglichst genaue und erschöpfende Darstellung: : 

Die Konkrementbildung in den Speicheldrüsen und 
.Speichelgängen (Sialolithiasis) kommt, verglichen mit der 
Häufigkeit der Steinbildung in anderen Organen des mensch* 
liehen Körpers, in der Gallenblase, dem Nierenbecken und der 
Harnblase, relativ selten zur ärztlichen Beobachtung. Es hängt 
dies gewiss in erster Linie mit der absoluten Seltenheit ihres 
Entstehens zusammen. Doch muss man auch den Umstand, 
dass die Speichelsteine häufig nur geringfügige oder gar keine 
akuten Beschwerden erzeugen und oft Jahre hindurch ganz 
symptomlos getragen werden, in Rücksicht ziehen; ein Stein, 
der dem Träger nicht zum Bewusstsein kommt, entgeht dann 
meist der ärztlichen Beobachtung. Im grossen Ganzen findet 
dieser Krankheitsprozess überhaupt wenig Beachtung, in vielen 
Lehrbüchern wird er kaum erwähnt oder mit nur wenigen 
kurzen Bemerkungen abgetan. Gewiss ist auch die einfache 
und einheitliche Behandlungsweise der Speichelsteine mit ein 
Grund für das geringe Interesse, das speziell die Chirurgie 
ihnen entgegenbringt. Alle diese Momente dürften dazu beige¬ 
tragen haben, dass die Speichelsteinkrankheit vielen Aerzten 
mehr minder unbekannt geblieben ist, daher oft nicht erkannt 
wurde und zu diagnostischen Irrtümern Anlass gegeben hat. 

Ueber die Aetiologie der Speichelsteine ist man sich 
noch nicht völlig im klaren. Zu ihrer Entstehung stellte man 
verschiedene und teilweise ganz haltlose und sonderbare Hypo¬ 
thesen auf, die von Immisch (1860) in seiner Mono¬ 
graphie über Speichelsteine angeführt und kritisch beleuchtet 
.wurden. Die älteste Theorie reicht bis auf Hippokrates 
zurück, der die Speichelsteinbildung als den Ausdruck einer 
arthritischen Disposition, also als gichtische Ablagerung, 
betrachtete. Andere Autoren hatten einer chemischen Ver¬ 
änderung des Blutes oder einer Alteration des die Drüsen 
innervierenden Apparates die Schuld zugeschrieben. Diese und 
ähnliche Hypothesen, welche die Sialolithiasis als Teilerscheinung 
einer Allgemeinerkrankung hinstellen wollen, erscheinen uns 
umso unhaltbarer, als sie sich nur auf einzelne minder ver- 


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lieber SpetehelsteiHe.. 


; 253 

lässliche Fälle stützen, die nicht genau beobachtet wurden, und ihr 
Hauptgewicht auf zum Teile. minder verbürgte anamnestische 
J)aten legen. So berichtet ein Engländer, namens Wright, 
,von einem. Speic|ielstein, der aus Uraten bestanden haben soll. 
Seither (Anfang des* vorigen Jahrhunderts) wurde kein zweiter 
Stein von gleicher Zusammensetzung bekannt. In der ganzen 
Literatur findet sich kein Fall von Speichelstein, der Leute 
betraf, welche Gichtsymptome aufgewiesen hätten; und ebenso 
wurde bisher kein Fall von Gicht veröffentlicht, bei dem .gleich¬ 
zeitig ein Speichelstein bestanden hätte. 

Eine ganz merkwürdige ätiologische Auffassung stammt 
von Stansky (1846), der aus einem Falle, bei welchem er 
in der Submaxillardrüse zwei rudimentäre Backenzähne fand, den 
Schluss zog, dass es sich bei allen Fällen von Sialolithiasis 
nicht um Speichelsteine, sondern um Produkte einer von ihm 
angenommenen dritten Dentition handle. 

Andere französische Autoren versuchten, die Speichel¬ 
sleinbildung auf eine allgemeine „Diathese calculaire“ 
zurückzuführen. Diese Annahme könnte durch die Beobachtung 
wiederholter Speichelsteinbildung oder durch den Nachweis 
von gleichzeitiger Konkrementbildung in anderen Organen einige 
Unterstützung finden. Tatsächlich aber gibt uns die Literatur 
in dieser Hinsicht nur sehr spärliche und geringfügige Anhalts¬ 
punkte: So berichtet Wyatt Pratt von einem 51jährigen 
Phthisiker, der zu wiederholtenmalen Speichelsteine aus dem 
Ductus Whartonianus entleerte und angab, früher öfters kalkige 
Konkremente ausgehustet zu haben. Nun findet sich aber in 
der ganzen Literatur kein zweiter Fall dieser oder ähnlicher 
Art vor, und seine Bedeutung wird auch dadurch, dass es 
sich hier um unverbürgte anamnestische Angaben handelt, sehr 
herabgesetzt. Ueber die Beobachtung wiederholter Speichelstein¬ 
bildung bei einem und demselben Individuum hat Czygan 
(1890) im Anschluss an seinen Originalfall berichtet. Dieser 
fand im ganzen sechs Fälle in der Literatur vor, in denen eine und 
dieselbe Person in mehr weniger grossen Zwischenräumen an 
Sialolithiasis erkrankt war. Ein solcher jüngst (1904) von 
Perrone (Neapel) beschriebener Fall wiederholter Erkrankung 

3 * 


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254 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


in ein und derselben Drüse sei hier wegen seines typischen 
Verlaufes auszugsweise milgeteilt: Palient, ein 60jähriger.Mann, 
wurde wegen einer die ganze rechte Submaxillargegend aus¬ 
füllenden, mächtigen Schwellung in das Spital (de la Pitie) auf¬ 
genommen. Der schmerzhafte Tumor erschwerte das Schlucken 
und Sprechen. Der Wliartonsche Gang liess sich nur eine 
kurze Strecke weit sondieren, da die Sonde auf harten Wider¬ 
stand aufstiess. Die indurierte und verhärtete Submaxillardrüse 
war unverschieblich, mit der Umgebung fest verwachsen und 
offenbar der Sitz einer eiterig-chronischen Entzündung. Die 
Anamnese ergab folgendes: Mit 15 Jahren bemerkte Patient 
zum ersten Male eine schwache Schwellung der rechten Sub- 
maxillargegend, die rasch an Grösse zunahm und späterhin, 
ähnlich wie die jetzige Schwellung, grosse Schmerzen ver¬ 
ursachte und das Essen und Sprechen ausserordentlich er¬ 
schwerte. Damals entfernte man aus dem Whartonschen Gang 
durch einen operativen Eingriff einen Speichelstein von Erbsen¬ 
grösse, womit der Zustand behoben zu sein schien. Doch schon 
2 Jahre später wiederholte sich der ganze Prozess in gleicher 
Weise und machte eine gleiche Operation mit der Entfernung 
eines wieder etwa erbsengrossen Steines notwendig. Seither 
traten öfter in verschiedenen Zwischenräumen Schwellungen 
mit Schmerzanfällen auf, die immer erst nach spontaner Aus- 
stossung einiger kleiner Speichelsteine verschwanden. Kurz vor 
der jetzigen Spitalsaufnahme erkrankte Patient mit denselben 
Symptomen, diesmal aber unter so heftigen Erscheinungen, 
dass er sich zur Spitalsbehandlung behufs Radikaloperation 
entschloss. 

Es handelte sich aber in all diesen Fällen immer nur um 
Erkrankungen ein und derselben Drüse oder eines und des¬ 
selben Ganges. 

Nur der im nachfolgenden ausführlich mitgeteilte Original¬ 
fall des Czygans macht dadurch eine merkwürdige Aus¬ 
nahme, dass die Steinbildung in den Drüsen beider Seiten 
auftrat: Die zur Zeit der Beobachtung (1890) 37 Jahre alte 
Frau machte im Jahre 1883 oder 1884 eine Speichelstein¬ 
erkrankung mit. Damals entstand unter dem linken Unter- 


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Ueber Speichelsteine. 


256 


kiefer eine mässig schmerzhafte Geschwulst; Patientin sah im 
Spiegel an der linken Seite der Zunge einen weisslichen rauhen 
Körper hervorstecken. Drei Tage später gelang es durch 
häufiges Drücken von aussen und durch Nachhelfen mit einer 
Stecknadel einen zylindrisch geformten Stein unter reichlichem 
Abfluss einer weisslichen geruchlosen Flüssigkeit heraus¬ 
zupressen. Am nächsten Morgen fand sich ein kleinerer Stein 
in Form einer plattgedrückten Erbse am Mundhöhlenboden 
vor; die Anschwellung verschwand. Im Frühjahr 1888 beob¬ 
achtete die Patientin eine allmählich zunehmende Anschwellung 
unter dem rechten Unterkiefer. Im Oktober desselben 
Jahres nahm die Geschwulst rasch zu; die Zunge war empor¬ 
gedrückt, so dass der Mund nicht geschlossen werden konnte, 
Patientin konnte nicht essen, litt an Ohrenschmerzen und 
Erslickungsanfällen. Nach zirka 8 Tagen „ging die Geschwulst 
im Halse auf J und es entleerte sich neben reichlichem stinkendem 
Eiter ein etwa erbsengrosser Stein von länglich-zylindrischer 
Form und grauer Farbe. Die Beschwerden hörten nun wohl 
auf, doch blieb die Schwellung in der Submaxillargegend be¬ 
stehen. In letzter Zeit traten öfters unter stärkerer Anschwellung 
grössere Schmerzen auf, weshalb die Patientin Spitalshilfe auf¬ 
suchte (Februar 1890, chirurgische Klinik in Königsberg): Patientin 
zeigte an der rechten Halsseite einen walnussgrossen Tumor, 
der gegen den Kiefer verschiebbar war und mit den Weich¬ 
teilen verwachsen zu sein schien. Haut über dem Tumor ver¬ 
schiebbar und unverändert; Oberfläche kleinhöckerig, Konsistenz 
knorpelhart Bei der bimanuellen Untersuchung liess sich der 
Tumor bewegen; Prof. Mikulicz konstatierte bei dieser 
Gelegenheit ein eigentümliches Knistern und Reiben, wie es 
etwa durch Aneinanderreiben von Sand erzeugt wird. Am 
Ductus Whartonianus war nichts Besonderes zu finden. Die 
auf Drüsensteine der Glandula submaxillaris gestellte Diagnose 
wurde durch die Operation (Exstirpation der Drüse) bestätigt. 
Nach Durchtrennung einer die Drüse einhüllenden harten binde¬ 
gewebigen Schichte wurde die Drüse eröffnet und aus derselben 
ein etwa haselnussgrosser Klumpen von Konkrementen frei¬ 
gelegt. Die Steine waren von graugelber Farbe und hatten 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


25fr 

eine warzige Oberfläche; am Durchschnitt zeigte sich ein 
dunklerer Kern und eine weisse Rindenschichte. Letztere war 
härter und homogener in ihrer Struktur als der Kern, welcher 
poröser war und mehrere Hohlräume zeigte. Kein Fremdkörper. 
Es handelt sich also hier um einen Fall, bei dem Speichel¬ 
steine aus der rechten Submaxillardiüse entfernt wurden, 
während sich fünf Jahre früher, wie die Anamnese ergab, zwei 
Steine aus der linken Drüse spontan entleert haben sollen. 
Diese einzelne Beobachtung und auch die wenigen in der 
Literatur bekannten Fälle wiederholter Speichelsteinbildung in 
ein und derselben Drüse genügen aber durchaus nicht zur 
Annahme einer „Diathese calculaire“, zumal da es sich zumeist 
um unverbürgte anamnestische Angaben, wenn nicht um un¬ 
genaue Beobachtungen handelt. Die wiederholte Speichelstein¬ 
bildung in ein und derselben Drüse Hesse sich wohl ganz 
ungezwungen aus einer besonderen Neigung dieser Drüse zur 
Konkrementbildung erklären, ohne zur sonderbaren Annahme 
einer allgemeinen konstitutionellen Körperbeschaflfenheit nach 
Art einer »Diathfese calculaire“ Zuflucht nehmen zu müssen. 
Bisher wurden in keinem Falle von Speichelstein auch in anderen 
Organen, die besonders zu Konkrementbildung neigen, Steine 
vorgefunden; fast immer handelte es sich um vollkommen 
gesunde Personen. Ja, auch G z y g a n selbst, ein Anhänger 
und Verfechter der Fremdkörpertheorie, wünscht nicht, dass 
man aus seinem Falle tatsächlich die Konklusion einer 
Allgemein-Diathese ziehe. Wir müssen vielmehr die Sialolithiasis 
als einen rein lokalen Prozess auffassen, der mit einer kon¬ 
stitutionellen Diathese nichts zu tun hat. 

Immisch selbst hat gleichfalls eine Hypothese auf¬ 
gestellt; er nimmt an, dass entzündliche Rauhigkeiten der 
Speichelgangwandung den ersten Anreiz zur Ablagerung von 
Speichelsalzen abgeben, dass also eine chronische Entzündung 
des Speichelganges der Steinbildung vorausgehe. Die durch 
die Entzündung aufgelockerte, gequollene und rauh gewordene 
Schleimhaut verursache nun eine Verlangsamung des vorüber- 
fliessenden Speichelstromes ; an der rauhen Stelle entstünden 
dann krustenartige Niederschläge, die durch Anlagerung von 


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Ueber Speichelsteine. 


257 


Kalksalzen zuerst die Wand inkrustieren und infolge weiterer 
Ablagerung von Salzen den Gang immer mehr ausdehnen. 
G z y g a n macht mit Recht auf den Widerspruch aufmerksam, 
der darin liegt, dass eine den Gang innig auskleidende, starre, 
kalkige Röhre durch Anlagerung neuer Kalksalze im Quer¬ 
durchmesser wachsen solle und den Speichelgang ausdehnen 
könne. Gegen Immischs Theorie von der Wand-Inkrustierung 
spricht aber noch mehr der Umstand, dass noch gar niemals 
und nirgends ein röhrenförmiger, ein zentral gelochter oder 
kanalisierter Speichelstein gefunden oder beschrieben wurde. 

Nach Mare au (1876) ist die Entstehung von Speichel¬ 
steinen, ähnlich wie dies Immisch annimmt, auf eine Ver¬ 
langsamung des Speichelstromes im Bereiche der Drüsengänge 
zurückzuführen. Eine solche Verlangsamung kann nach Mareau 
infolge einer entzündlichen Striktur im Drüsengang 
entstehen: Durch die Hemmung des Speichelstromes bildet 
sich ein Niederschlag, der die Grundlage des späteren Steines 
darstellt; die durch die Striktur bedingte und unterhaltene 
Speichelstauung führt zur Absetzung der im Speichel enthaltenen 
Kalksalze und durch deren Anlagerung an den primären Nieder¬ 
schlag zur Steinbildung. 

Schon ältere Anschauungen geben Fremdkörpern, 
welche in die Ductus oder Drüsen eingedrungen sind, die 
Schuld an der Entstehung von Speichelsteinen und sehen sie 
als Veranlasser der Krankheit an. Neben Mareau hat in 
neuerer Zeit 'besonders C z y g a n diesen Standpunkt vertreten. 
Ersterer gibt als Ursache für die Entstehung der Speichelsteine 
1. Fremdkörper, 2. Zahnstein und 3. die oben besprochenen 
Strikturen an. Die sub l und 2 erwähnten Momente sind selbst¬ 
verständlich gleichsinnig und gleichwertig aufzufassen, da ein 
in die Speichelgänge eingedrungenes Stückchen Zahnstein nichts 
anderes wie eben einen Fremdkörper darstellt. Im misch 
gibt wohl zu, dass gelegentlich ein Fremdkörper die Veran¬ 
lassung zur Steinbildung abgeben könne, hält aber das Hinein¬ 
geraten eines solchen in die Speichelgänge für ein äusserst 
seltenes Vorkommnis. Czygan wieder glaubt, dass das Ein¬ 
dringen von Fremdkörpern eine der wichtigsten und häufigsten 


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258 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Ursachen der Steinbildung sei und ist der Ansicht, dass jeder 
Fremdkörper, der in den Speichelgang oder die Druse ein¬ 
gedrungen ist und dort längere Zeit liegen geblieben war, 
immer zur Bildung eines Speichelsteines führen müsse. Nun 
ist es sicher, dass sich um einen in die Speichelwege gelangten 
Fremdkörper Kalksalze ablagern können, so dass er auf diese 
Art zum Kern eines Steines wird. Da drängt sich uns sofort 
der naheliegende Vergleich mit den Phosphatsteinen der Blase 
auf, die sich in analoger Weise um in die Blase geratene Fremd¬ 
körper bilden. Im auffallenden Gegensatz zur Klarheit und Ein¬ 
fachheit der Fremdkörpertheorie steht aber der Umstand, dass 
tatsächlich nur relativ selten Fremdkörper im Zentrum der 
Speichelsteine gefunden werden. Buchwald findet (1894) in 
einer Zusammenstellung von 50 Fällen nur zweimal die Angabe 
von einem eingeschlossenen Fremdkörper (Obstkern, Getreide¬ 
korn), wohl aber häufig hervorgehoben, dass trotz genauer 
Untersuchung kein Fremdkörper nachgewiesen werden konnte; 
auch Immisch und Bardeleben halten die Bildung von 
Speichelsteinen um Fremdkörper für ein seltenes Vorkommnis. 
Czygan wieder hält das Eindringen von Fremdkörpern für 
nicht so selten. Er erklärt die relativ geringe Zahl 1 (etwa sechs) 
von sicher festgestellten Fällen von Speichelsteinbildung um 
Fremdkörper vor allem damit, dass nicht immer auf Fremd¬ 
körper untersucht wurde; ausserdem nimmt er an, dass sie 
entweder infolge ihrer Kleinheit oder ihrer besonderen Natur 
leicht der Entdeckung entgehen. Letzteres bezieht sich auf die 
zuerst von Mareau aufgestellte Hypothese, dass losgebröckelte 
Zabnsteinpartikelchen, welche in die Speichelwege eingedrungen 
waren, genau so wie Fremdkörper anderer Art den Kern von 
Speichelsteinen bilden könnten. Eine vollkommen sichere Beweis¬ 
führung für diese Zahnsteintheorie scheitert aber an dem 
Umstand, dass der Zahnstein sich in Struktur und chemischer 
Zusammensetzung vom Speichelstein überhaupt nicht unter¬ 
scheiden lässt, und daher der strikte Nachweis für die Bildung 
eines Speichelsteines um ein Zahnsteinpartikelchen herum un- 

1 Haferkorn, Flaumfeder, Holzstückchen (zweimal), Fischgräte, Gras¬ 
kachel. 


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Ueber Speichelsteine 


259 


möglich gelingen kann. Immerhin erscheint diese Theorie für die 
Entstehung von Speichelsteinen sehr einleuchtend und ausser¬ 
ordentlich verlockend. Berger (1883), Genzmer und auch 
Czygan schliessen sich den Anschauungen Mareaus mehr 
oder minder an. Berger betont das häufigere Vorkommen von 
Speichelsteinen bei Männern; er glaubt, dass der Grund dafür 
darin liege, dass die Männer im allgemeinen viel nachlässiger 
in der Mundpflege seien als die Frauen und daher viel häufiger 
Zahnsteinbeläge hätten; auch den Umstand, dass Steine öfter 
im Ductus Whartonianus als im Ductus Stenonianus gefunden 
werden, zieht er zur Begründung der Zahnsteintheorie heran, 
indem er darauf hinweist, dass der Stenonsche Gang für das 
Eindringen von Zahnsteinteilchen weniger günstig gelegen wäre. 
All das sind aber durchaus keine stichhältigen Beweise, sondern 
nur unsichere Vermutungen, die auch durch dürftige kasuistische 
Mitteilungen von Czygan kaum wertvoller werden. Dieser 
erwähnt, dass K o e c h 1 i n g einem Manne, der starke Zahn¬ 
steinablagerungen hatte, einen Speichelstein entfernte, und zitiert 
einen zweiten von licken berichteten Fall, in welchem 
einem zahnlosen Greis, der früher viel an Zahnstein gelitten 
haben soll, ein Speichelslein extrahiert wurde. Dem Umstand, 
dass gelegentlich ein Speichelstein in einem zahnsteinreichen 
Munde gefunden wurde, kann gewiss nicht besondere Beweis¬ 
kraft zugesprochen werden; Tausende Menschen mit mächtigen 
Zahnsteinablagerungen haben niemals eine Speichelstein- 
erkrankung durchgemacht! 

Vielleicht aber könnte das Zusammenfallen von Zahnstein¬ 
ablagerung und Speichelsteinbildung in ein und demselben 
Munde dahin gedeutet werden, dass es sich in solchen Fällen 
um die individuelle, vereinzelt vorkommende Neigung eines 
besonders kalkreichcn Speichels handelt, seine Kalksalze nieder¬ 
zuschlagen und abzulagern. Dann aber wäre der Speichelstein 
nicht als eine Sekundärerscheinung aufzufassen, in dem Sinne, 
dass ein kleines Teilchen des primär vorhandenen Zahnsteines 
in die Speichehvege geriet und dort zum Kern eines Speichel¬ 
steines wurde; es müssten vielmehr beide Bildungen, Zahn¬ 
stein und Speichelstein, auf ein und dasselbe ui sächliche 


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260 


Dr. Rudolf Bum, Wieu, 


Moment, nämlich auf eine individuelle Speichelbeschaffenheit, 
zurückgeführt werden. 

Ein ähnlicher Gedankengang führte auch Tillmanns zu 
der Annahme, dass zwischen Speichelsteinbildung und Zahnstein¬ 
ablagerung eine gewisse Analogie bestehe, dass der Speichelstein 
für die Speichelgänge dasselbe sei, wie der Zahnstein für die 
Zähne. T i 11 m a n n s setzt voraus, dass manche Individuen 
einen besonders kalkreichen Speichel sezernieren; ein solcher 
Speichel besitzt eine grosse Neigung zur Ausscheidung seiner 
Kalksalze. Wenn diese Ausscheidung, wie das gewöhnlich der 
Fall ist, erst in der Mundhöhle stattfindet, so führt sie zur 
Entstehung von Zahnsteinablagerungen; erfolgen aber die Nieder¬ 
schläge ausnahmsweise schon in den Speicheldrüsen selbst oder 
in deren Ausführungsgängen, dann kommt es zur Bildung von 
Speichelsteinen. Vielleicht übt dieser Speichel durch seinen 
abnorm hohen Kalkgehalt einen besonderen Reiz auf die 
Schleimhaut der Speichelgänge aus, so dass Entzündungen oder 
Strikturen entstehen, welche ihrerseits wieder die Bildung von 
Niederschlägen aus dem abnorm kalkreichen Speichel viel mehr 
begünstigen, als wenn es sich um einen Speichel von normalem 
Kalkgehalt handeln würde. Es mag von Interesse sein, hier 
an die früher besprochenen Hypothesen von Immisch und 
Mare au zu erinnern, welche annahmen, dass entzündliche 
Rauhigkeiten der Gangwandung und entzündliche Strikturen 
eine Verlangsamung des Speichelstromes bedingen und dadurch 
die Bildung von Speichelsteinen verursachen können. Czygan 
erwähnt, dass die Verlangsamung des Speichelstromes auch 
durch einen Fremdkörper, durch ein Bröckelchen einge¬ 
trockneten Schleimes oder durch ein Klümpchen zusammen¬ 
geballter Bakterien bewirkt werden kann. Er fasst aber die 
Bakterien, im Sinne seiner Theorie, nur als mechanisch wirkende 
Fremdkörper auf, indem er das Bakterienklümpchen zum Kern 
eines Speichelsteines werden lässt. Der Gedanke, dass die 
Bakterien als solche bei der Entstehung der Speichelsteine eine 
wichtige Rolle spielen könnten, lag Czygan ferne. 

Erst neuere Forschungen führten dazu, dass man den 
Bakterien als solchen eine besondere Bedeutung für die Aetiologie 


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lieber Speichel steiue. - 


261 


der Speichelsteine zuzusprechen versuchte. Diese neüe bak- 
teriologischeTheorie steht derzeit im Vordergründe und 
hat die meisten Anhänger; sie stützt sich vorzüglich auf die 
Arbeiten von K1 e b s und von Galippe (aus den Jahren 1893 
und 1894), Welche: die Sialolilhiasäs und die Odontolithiasis 
(Zahnstein) 1 2 auf die biologische Tätigkeit von Bakterien zurück¬ 
zuführen suchen. Klebs legt das Hauptgewicht auf die Ein¬ 
wirkung des Leptothrix buccalis, indem er die Speichelstein- 
bildung mit den durch Algen entstandenen Kalkniederschlägen 
in Parallele stellt. Der Leptothrix buccalis durchsetzt mit seinen 
Fäden die Konkremente und soll durch gewisse biologische 
Prozesse die Ausscheidung der Kalksalze hervorrufen. Klebs 
fand mehrere Steine, welche von Fäden dieses Spaltpilzes 
durchzogen .waren; seiner Ansicht nach ist der Kalk das Aus¬ 
scheidungsprodukt, „die biologische Leistung der Mikroorga¬ 
nismen, deren periodischem Wachstum die Steine ihre Ent¬ 
stehung verdanken“. Auffallend ist aber der Umstand, dass 
die von Klebs erwähnten Steine nur aus kohlensaurem Kalk 
bestehen, was, wie wir später sehen werden, sonst selten ist 
Aehnlich glaubt auch Galippe die in den Steinen enthaltenen 
Mikroorganismen als Erzeuger der Niederschläge ansehen zu 
müssen. Die im Inneren des Steines als dessen Skelett nach¬ 
weisbaren Bakterienhaufen sollen nach den erwähnten Unter¬ 
suchungen nicht, wie man früher glaubte, etwas Akzidentelles, 
sondern die Erzeuger des Konkrementes sein, sie behalten, wie 
Galippe. ulid neuerdings Hartmann feststellten, ihre Vitalität 
und können aus dem Stein heraus weiter gezüchtet werden. 
Wenzel zitiert aus Galippeä Arbeit]* folgende Sätze: „1. Die 
in den Konkretionen enthaltenen Parasiten existieren nicht 
akzidentell darin, sondern sind Erzeuger des Niederschlages, 
welcher sie zusammensetzt. 2. Das Skelett dieser Steine besteht 
aus. einem gedrängten Netz von Mikroorganismen, die den 
Niederechlag der erdigen Salze bedingen. 3. Die Mikroorganismen 
wechseln mit den einzelnen Stadien der Steine. 4, Dieselben 


1 Vide auch Seite 278. 

2 Henry: Zentralblatt für Chirurgie, 1898, 


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262 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


behalten ihre Lebensfähigkeit und können wieder auf Kulturen 
gezüchtet werden. 5. Das Wachstum solcher Steine kann un¬ 
begrenzt sein, wenn die konstituierenden Elemente sich in fort¬ 
gesetzter Form erneuern.“ 

Auch Kraus (1897) und nach ihm Küttner (1900) 
nehmen im Sinne der bakteriologischen Theorie für die Mehr¬ 
zahl der Speichelsteine eine infektiöse Entstehung an und lassen 
die Fremdkörpertheorie nur für einige wenige Fälle gelten. 
Küttner sagt: 1 „Da nun in jeder Mundhöhle Millionen von 
Bakterien enthalten sind und Speichelsteine doch so selten 
Vorkommen, so müssen noch besondere Momente hinzutreten, 
welche den Mikroorganismen die Ansiedlung und die Entfaltung 
ihrer Tätigkeit ermöglichen. Der intakten Schleimhaut der 
Speichelgänge gegenüber scheinen sie machtlos zu sein; ist 
dagegen infolge leichter entzündlicher Prozesse eine 
Rauhigkeit, ein Defekt der Schleimhaut oder gar eine entzünd¬ 
liche Striktur entstanden, die eine Verlangsamung des 
Speichelstromes zur Folge hat, so finden die Bakterien 
Gelegenheit, sich festzusetzen und bewirken durch ihr Wachstum 
die Abscheidung der Kalksalze aus den phosphorsauren Erden 
und den Bikarbonaten des Speichels. Natürlich wirkt das auf 
diese Weise entstandene Konkrement bei zunehmender Grösse 
gleichzeitig als Fremdkörper, und so erklärt sich die stetige 
Volumenzunahme der Speichelsteine.“ Unter normalen Ver¬ 
hältnissen dürfte der strömende Speichel das Einwandern von 
Mikroorganismen aus der Mundhöhle in die Speichelwege, das 
ist also in der entgegengesetzten Stromrichtung, verhindern; 
und gelegentlich eingedrungene Pilze dürften durch den Speichel¬ 
strom bald fortgeschwemmt werden. Es ist auch anzunehmen, 
dass die intakte Mucosa der Speichelwege den Mikroorganismen 
gegenüber immun ist Wenn aber die Mucosa an einer Stelle 
pathologisch verändert ist und dadurch eine Verlangsamung 
des Speichelstromes oder eine wirkliche Speichelstauung ent¬ 
steht, dann ist die Einwanderung von Bakterien aus der Mund- 


1 Handbuch der praktischen Chirurgie von Bergmann, Bruns, 
Mikulicz. I. Bd., 1. Teil, Seite 697. 


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Ueber Speichel steine. 


263 


höhle in die Speichelwege hinein und die Ansiedlung dieser 
Pilze am Platze der JokaleEL Erkrankung.Jsicht verständlich. 
Dieser Gedankengang zeigt eine gewisse Analogie mit der von 
Immisch und Mare au vertretenen Theorie, 1 welche der 
Verlangsamung des Speichelstromes eine entscheidende Rolle 
in der Aetiologie der Speichelsteine zumisst. 

Nach den neuesten Forschungen ist es nun sehr wahr¬ 
scheinlich, dass fast alle Entzündungen der Speichelorgane von 
der Mundhöhle aus ihren Ausgang nehmen und aszendierend ent¬ 
weder nur den Ausführungsgang oder auch die zugehörige Drüse 
ergreifen. Es gilt das nicht nur für die Entzündungen der 
Hauptausführungsgänge (Sialodochitis) und für die Parotitis 
epidemica (Mumps), deren Ursprung durch Fortleitung des 
Prozesses von der Mundhöhle kaum mehr bezweifelt wird, 
sondern auch für jene schweren Formen sekundärer Parotitiden, 
die manchmal im Gefolge schwerer Krankheiten, im Verlaufe 
von fieberhaften Infektionskrankheiten und nach Operationen 
(besonders nach Laparatomie) beobachtet werden; diese 
sekundäre Parotitis kommt besonders häufig bei Typhus, dann 
bei Scarlatina, Pneumonie, Variola, ferner bei septischen und 
pyämischen Erkrankungen vor. In fast allen diesen Fällen 
handelt es sich wahrscheinlich um Infektionen von der Mund¬ 
höhle aus und nicht, wie dies früher angenommen wurde, um 
metastatische Prozesse. Gewiss kommen hier noch ganz be¬ 
sondere Momente hinzu, welche die Einwanderung und An¬ 
siedlung der Bakterien begünstigen: nämlich die Schwächung 
des Gesamtorganismus durch die schwere Allgemeinerkrankung 
und die Verminderung oder vollständige Sistierung der Speichel¬ 
sekretion, welche im Fieber und auch bei Operationen in der 
Bauchhöhle * regelmässig beobachtet wird ; dazu kommt noch 
die meist mangelhafte Mundpflege der fiebernden und schwer 
bettlägerigen Patienten. 

Im grossen Ganzen scheinen die Parasiten der intakten 
Schleimhaut gegenüber machtlos zu sein. Wenn aber eine 


* Vide Seite 257. 

2 Nach Experimenten von Pawlow. 


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Dr. Rudolf Bum, Wieii 


Stelle der Speichelgangwandung pathologisch verändert' ist 
.und dadurch einen „Locus minoris resistehtiae“ bietet, dann 
könnten die Bedingungen zur Ansiedlung von Mikroorganismen 
gegeben sein, die durch ihren Lebensprozess aus den phosphor- 
sauren Erden und Bikarbonaten des Speichels die Kalk^alze 
zur Ausscheidung bringen. Man muss also annehmen, dass es 
nur unter ganz besonderen Verhältnissen und beim Zusammen¬ 
treffen bestimmter Bedingungen zur Steinbildung kommt. 

Eine solche zur Entstehung der Steine notwendige patho¬ 
logische Veränderung der Speichelwege, welche das Eindringen 
von Mikroorganismen begünstigt, kann nach Buchwald 
durch mannigfache Ursachen bedingt sein: Buchwald fand 
in der Literatur einen Fall von Speichelsteinbildung, der nach 
vierwöchentlichem Caloinelgebrauch beobachtet wurde, einen 
anderen, dessen Entstehung auf ein Trauma, und zwar einen 
Stoss unter das Kinn zurückgeführt wurde und einen dritten, 
als dessen Ursache von dem Patienten eine starke Erkältung (?) 
angegeben wurde. Michel sah die Entwicklung eines Kon¬ 
krementes in der Glandula sublingualis als Folge einer Ver¬ 
letzung durch den Stich einer Fischgräte. Einen ätiologisch inter¬ 
essanten Fall berichtete Hanszel (1900): Der 17jährigePatient, 
ein leidenschaftlicher Pfeifenraucher, litt schon seit Monaten 
an ziehenden Schmerzen links unter der Zunge, die sich 
besonders beim Essen bemerkbar machten; allmählich entstand 
dort eine etwa kirschengrosse Geschwulst. Patient machte die 
Angabe, dass er das Mundstück seiner schweren Pfeife immer 
gerade an der jetzt erkrankten Stelle liegen und drücken liess. 
Bei der Untersuchung fand man unter der linken Zungen¬ 
hälfte einen spindelförmigen Tumor, dessen Oberfläche un¬ 
gefähr in der Mitte eine verdünnte, gelblich durchscheinende 
Schleimhaut zeigte; an dieser Stelle konnte man mit der Sonde 
einen harten Körper tasten. Keine Drüsenschwellung. Die 
Diagnose auf ein Konkrement im Ductus Whartonianus wurde 
durch die Operation (Inzision und Extraktion eines Steines) 
bestätigt. Der nahezu kugelige Stein hatte die Form und Grösse 
einer kleinen Kirsche (1 Cm. Durchmesser), war von gelblich- 
weisser Farbe, mit glatter Oberfläche; er hatte eine homogene 


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Ueber Speichelsteine. 


265 


Struktur ohne Hohlraum oder Kanal. Die bakteriologische 
Untersuchung musste entfallen, da das ganze Konkrement bei 
der chemischen Analyse verbraucht worden war. Hanszel 
hält es für sicher, dass der Stein infolge des kontinuierlichen 
Insultes der linken Süblingualgegend durch das Pfeifenmund¬ 
stück entstanden sei; ob hier nur die mechanische Druck¬ 
wirkung, also ein Trauma, in Frage kommt, oder ob die inten¬ 
sive lokale Wärmewirkung, oder endlich das Nikotin von aus¬ 
schlaggebendem Einflüsse gewesen waren, diese Fragen lässt 
Hanszel unbeantwortet. 

Es lag ausserordentlich nahe, die durch die Arbeiten von 
Klebs und Galippe gewonnenen Resultate mit den früher 
erwähnten ätiologischen Anschauungen zu kombinieren; man 
brauchte nur von dieser und jener Theorie ein geeignet er¬ 
scheinendes Stückchen herauszunehmen und die einzelnen Teile 
unter Zuhilfenahme der bakteriologischen Forschungen ent¬ 
sprechend zusammenzustellen. Da man im Zentrum der Steine 
öfters ein Konglomerat von Bakterien fand, kam man zu der 
Annahme, dass man es doch nur mit der Inkrustierung eines 
Fremdkörpers zu tun habe. Genzmer wies, wie Wenzel 
mitteilt, darauf hin, „dass ein solches Konglomerat sich auch 
an die Wand eines Speichelgangs anlagern und hier zu einer 
entzündlichen Striktur führen könne; demselben Forscher ist 
es nicht unwahrscheinlich, dass auch mit dem Zahnstein ver¬ 
schleppte und in ihm weiterwuchernde Bakterien die Bildung 
freier Konkremente in den Speichelorganen herbeiführen 
können“. 

Man versuchte auch vorausgegangene Entzündungen 
der Speicheldrüsen für die Aetiologie der Speichelsteine zu 
verwerten; man nahm also an, dass der Stein sich infolge einer 
vorausgegangenen Entzündung gebildet habe. Und tatsächlich 
finden sich in der Literatur einzelne Fälle, bei denen an¬ 
scheinend die Drüsenentzündung zur Steinbildung geführt haben 
konnte. Hierher gehört der von Schuster (1886) im zweiten 
Jahrgang dieser Zeitschrift veröffentlichte Fall, den wir hier 
ausführlicher mitteilen wollen: Der Patient, ein 60jähriger 
Kollege, Zahnarzt in Arad, erkrankte, wie die Anamnese ergab, 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


vor 44 Jahren an einer akuten Entzündung der rechten Sub- 
maxillardrüse.unter Fieber*. Schlingbeschwerden, entzündlicher 
Infiltration der Drüse und Speichelverhaltung. Die Submaxillar- 
drüse war etwa zitronengross geschwellt, der Mundhöhlenboden 
stark emporgehoben, die Geschwulst schmerzhaft. Die akuten 
Erscheinungen gingen in den nächsten 6 bis 8 Tagen zurück, 
die Speicheldrüse blieb aber immer beträchtlich geschwollen 
und gab die Veranlassung zu langjährigen und häufigen Be¬ 
schwerden: Es kam nämlich, anfangs in Zwischenräumen von 
Monaten und Wochen, später aber fast täglich, zu anfallsweise 
auftretenden Drüsenanschwellungen. Diese Anfälle traten beim 
Essen, Rauchen, beim Sprechen, manchmal auch im Schlafe 
und scheinbar spontan auf, und wurden anfangs durch Druck 
von aussen und Massage, später durch Sondierung des Wharton- 
schen Ganges kupiert; dabei entleerte sich aus dem Aus¬ 
führungsgange der rechten Submaxillardrüse im Strahle ein 
gewöhnlich etwas getrübter, zuweilen ein flockig-fibrinöser, 
manchmal wieder ganz klarer Speichel. Oft kam es unter 
Fieber und Schlingbeschwerden zu eiterigen Abszessbildungen 
am Mundhöhlenboden, welche inzidiert werden mussten und 
nach deren Eröffnung und Entleerung rascher Rückgang der 
Beschwerden auf unbestimmte Zeit erfolgte. Vor vier Jahren 
überstand der Patient eine phlegmonöse Entzündung des peri¬ 
glandulären Bindegewebes und der benachbarten Lymphdrüsen 
mit Ausgang in Abszessbildung. Man inzidierte damals in der 
seitlichen Halsgegend in der Höhe des rechten Zungenbein- 
hornes, wobei sich eine grössere Menge dicken stinkenden 
Eiters entleerte. Einige Tage später entleerte sich aus dem 
skarifizierten Whartonschen Gang eine grosse Menge zäh 
flüssigen Eiters mit faserigen Gerinnseln und dann reichliche 
Massen von hellerem, klarerem Speichel, worauf die grosse 
Schwellung des Mundhöhlenbodens und der Submaxillargegend 
zurückging. Seither hat Patient keine besonderen Beschwerden 
mehr, klagt aber darüber, dass er am Boden der Mundhöhle, 
rechts unter der Zunge einen harten Körper fühle, der ihn be¬ 
lästige. Patient gibt an, dass niemals Steine abgegangen wären. 
Er hat infolge von Alveolarpyorrhoe alle Zähne des Untei- 


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Ueber Speichelsteine. 


267 


kiefers bis auf 3 Schneidezähne und 2 Eckzähne verloren; im 
Oberkiefer sind 3 Mahlzähne, 3 Schneide- und 2 Eckzähne 
erhalten. Patient konnte trotz wiederholter und sorgfältigster 
Anfertigung niemals ein unteres Ersatzstück tragen. Schuster 
fand bei der Untersuchung seitlich von der Zunge in der Höhe 
des fehlenden dritten Molaren an der Schleimhaut des Mund¬ 
höhlenbodens eine ovale bohnengrosse Perforationsstelle; durch 
die Oeffnung konnte man einen harten weisslichen Körper 
sehen und tasten; die Sondenberührung gab einen deutlichen 
hellen Klang. Neben dem Stein gelangte die Sonde in den er¬ 
weiterten Drüsengang. Bei bimanueller Untersuchung konnte 
man durch die Schleimhaut und die Muskeln des Mundhöhlen¬ 
bodens die obere Kante des Steines tasten, welcher dem Zungen¬ 
rand parallel innerhalb des nach hinten und unten ausgeweiteten 
Ductus lag. Die Operation bestand in der Erweiterung der 
Perforationsöffnung mit Schere und Knopfmesser. Der Stein 
war von den Weichteilen fest umschlossen und liess sich nach 
einigen Bemühungen mit einem löffelförmigen Raspatorium 
herausheben; er war ein etwa nussgrosses, eiförmiges Kon¬ 
krement mit teils glatter, teils warziger Oberfläche, von grauer 
oder grünlichgelber Farbe und trug an dem der Rachenhöhle 
zugewendeten Pol eine glatte Facette. Diese Reibungsfacette 
gestattete den Schluss auf das Vorhandensein eines zweiten 
Konkrements. Tatsächlich erfolgte 5 Tage später die spontane 
Ausstossung eines zweiten bohnengrossen Steines. Seither ist 
Patient gesund; die nicht tastbare Drüse sondert normalen 
Speichel ab, Patient trägt eine selbstverfertigte untere Prothese 
ohne Beschwerden. 

Einen zweiten Fall berichtet d’Arcy-Pover; Er ent¬ 
fernte bei einem 53 jährigen Mann, der schon seit 40 Jahren 
an zeitweise auftretenden Schwellungen der Submaxillardrüse 
gelitten hatte, einen Speichel6tein. Diese Schwellungen waren 
früher immer rasch zurückgegangen und erst wenige Tage vor 
der Operation war eine dauernde, mit Eiterung verbundene 
Schwellung eingetreten. 

Einen dritten Fall berichtet Hanszel: Die 37jährige 
Patientin bemerkte vor 22 Jahren, zur Zeit der ersten Menses, 

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Dr Rudolf Bum, Wien. 


eine mit Schmerzen verbundene Schwellung der linken Sub- 
maxillargegend; zwei Tage später trat links unter der Zunge 
eine Geschwulst auf, die auf Wärme wieder zurückging. Seit 
dieser Zeit kam es öfter zu vorübergehender An- und Ab¬ 
schwellung der Submaxillargegend. Vor 4 Wochen erkrankte 
Patientin angeblich unter Fieber und Verdauungsstörungen an 
einer Schwellung der linken Submaxillardrüse und bald darauf 
entstand, so wie das vor 22 Jahren der Fall war, eine Geschwulst 
unter der Zunge. Bei der Untersuchung fand Hanszel in der 
Gegend des linken Unterkieferwinkels einen walnussgrossen, 
prallen, auf Berührung sehr schmerzhaften Tumor; Haut darüber 
von normaler Beschaffenheit. Unter der linken Zungenseile 
war eine den Sulcus alveolo-lingualis ganz ausfüllende, auf 
Druck sehr schmerzhafte Geschwulst zu sehen; die Schleimhaut 
darüber von intensiv roter Farbe. Die Diagnose lautete: Stenosis 
ductus Whartoniani, wahrscheinlich infolge eines Konkrementes. 
Nach fruchtlosen Sondierungsversuchen wurde inzidiert, wobei 
das Messer am distalen Ende des Schnittes einen harten Körper 
berührte. Der extrahierte Stein hatte die Form und Grösse eines 
Kirschkernes, von graugelblicher Farbe, mit glatter Oberfläche; 
er erwies sich bei der Zerkleinerung als sehr hart (die 
Härteprüfung nach Genersich ergab, dass er Steinsalz 
ritzte), in seiner Struktur solid, ohne Kanal und ohne 
Schichtung. Bezüglich der bakteriologischen Untersuchung er¬ 
wähnte Hanszel nur, dass sie keinerlei Anhaltspunkte für eine 
bakterielle Ursache zur Steinbildung ergab und kommt zu dem 
Schlüsse, „dass in diesem Fall eine chronische Entzündung der 
Drüsensubstanz selbst mit konsekutiver Sekretstauung und Ein¬ 
dickung des Sekretes den ersten Anlass zur Steinbildung ab¬ 
gab, und dass erst in späterer Zeit dieses Konkrement durch 
den Speichelstrom in den Ductus gelangte.“ 

Man könnte nun allerdings aus diesen und ähnlichen 
Fällen den Schluss ziehen, dass die vorausgegangene Drüsen¬ 
entzündung zur Steinbildung geführt hat; es ist das aber eine 
Annahme, für die wohl kaum ein sicherer Beweis erbracht 
werden könnte. Das fragwürdige „Post hoc ergo propter hoc“ 
darf uns hier nicht irre leiten. Und wenn wir beispielsweise 


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Ueber Speichelsteine. 


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annehmen wollten, dass die Speichelsteine in diesen Fällen, 
ohne entdeckt worden zu sein, schon lange vor der Entzündung 
bestanden hätten, dass sie also nicht die Folge, sondern die 
Ursache der rezidivierenden Speicheldrüsenentzündungen ge¬ 
wesen wären, so könnte man uns kaum stichhältige Gründe 
entgegenhalten. 

-Auch Wenzel, der nur die zwei erstgenannten Fälle 
kennt, meint, es sei in diesen Fällen nicht nachgewiesen, ob 
nicht der Stein schon vorher bestanden habe, ohne dass er 
inder entzündlich vergrösserten Drüse nachweisbar gewesen 
wäre. Das anfallsweise Auftreten von schmerzhaften Speichel¬ 
stauungen mit Schwellung der Speicheldrüsen (Goliques 
salivaires) ist ein für den vorübergehenden Verschluss des 
Speichelganges charakteristisches Symptom. Man beobachtet 
es daher sowohl bei der Enlzündung des Ausführungsganges 
(Sialo dochitis) infolge dessen Verstopfung durch einen 
aus Eiter und Fibringerinnseln bestehenden Pfropf, wie auch 
ganz besonders bei Speichelsteinen oder Fremdkörpern. 

Während Hanszel in dem früher zitierten Falle die 
Steinbildung auf Stauung und Eindickung des Sekrets zurück¬ 
zuführen sucht, wird er in einer anderen Beobachtung wieder 
der bakteriologischen Theorie gerecht. Wir bringen im nach¬ 
folgenden die Krankengeschichte: Bei der 27jährigen Patientin 
entwickelte sich zur Zeit der ersten Menstruation links unter 
der Zunge eine etwa bohnengrosse Geschwulst; einige Tage 
später trat eine Anschwellung der linken Unterkieferdrüse 
hinzu. Der Geschwulstbildung waren stechende und ziehende 
Schmerzen, die sich besonders bei der Nahrungsaufnahme 
steigerten, vorausgegangen. Durch häufiges Andrücken der 
Finger auf die Kieferschwellung konnte die Patientin die Er¬ 
scheinungen zum Verschwinden bringen, wobei sich eine an¬ 
geblich salzig schmeckende, wässerige Flüssigkeit unter der 
Zunge im Strahle entleerte. Nach einer Pause von vier Jahren, 
während welcher Zeit Patientin keine weiteren Beschwerden 
hatte, wiederholte sich dasselbe Leiden an derselben Stelle; 
auch damals war Patientin imstande, die diesmal perlschnur- 
artige Schwellung durch Druck mit der Zungenspitze und den 

4 * 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Fingern zum Rückgang zu bringen. Fünf Jahre später trat 
ein neues Rezidiv, aber ohne Schwellung der Unterkieferdrüse, 
auf. Bei Druck auf die Geschwulst Hess sich eine dickliche, 
schleimige Masse auspressen und nach der damals von H a n s z e 1 
ausgeführten Sondierung des Ganges entleerte sich eine 
schleimige, trübe Flüssigkeit, worauf die Geschwulst und die 
Beschwerden verschwanden. Jetzt nach wieder einer Ruhe¬ 
pause von drei Jahren suchte Patientin (1900) wegen eines 
neuen Rezidivs ärztliche Hilfe (Wiener allgemeine Poliklinik, 
Abteilung Prof. C h i a r i) auf: Unter dem linken Unterkiefer¬ 
winkel findet sich eine kastaniengrosse, verschiebliche, mässig 
schmerzhafte Geschwulst von gleichmässig derber Konsistenz; 
Haut darüber normal. Der linke Sulcus alveolo-lingualis -i<^ 
durch einen taubeneigrossen Tumoiv^^en schlankerer Anteil 
gegen das Frenulum linguae gekehrt ist, ausgefüllt; die stark 
gerötete Schleimhaut ist stellenweise verdünnt und lässt einen 
gelblichen Farbenton durchscheinen. In der Mitte des Tumors 
tastet die Sonde einen harten Körper. Diagnose: Konkrement 
im Ductus Whartonianus. Bei der Inzision entleert sich eine 
reichliche Menge von trüber schleimiger Flüssigkeit; in der 
Wunde liegt ein länglicher, frei beweglicher Körper, der sich 
leicht extrahieren lässt. Der spindelförmige, sehr harte, 1 etwa 
1 Cm. lange Stein ist von gelblichweisser Farbe, die Ober¬ 
fläche fein höckerig; auf der Schnittfläche durchaus homogen, 
ohne eingeschlossenen Fremdkörper. Die chemische Unter¬ 
suchung ergibt den gewöhnlichen Befund: Zumeist phosphor¬ 
sauren Kalk neben wenig kohlensaurem Kalk und geringe 
Mengen organischer Substanz. Die bakteriologische Unter¬ 
suchung des Sekretes und Steines weist Streptococcen und 
Diplococcus pneumoniae nach. Hanszel glaubt, dass in diesem 
Falle offenbar Mikroorganismen als die ursächlichen Erreger der 

Steinbildung zu betrachten sind. 

* 

Wenn wir nun die Entstehung anderer Konkrement¬ 
bildungen im menschlichen Organismus vergleichsweise be¬ 
trachten, so stossen wir auch da vielfach auf noch unaufge- 

* Steinsalz wird geritzt. 


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Ueber Speichelsteine. 


271 


klärte Vorgänge. Es gilt das vorzüglich für die noch recht 
dunkle Aetiologie der Uratsteine und Oxalsteine, ferner 
der Cystin- und Xanthinsteine. Etwas mehr wissen wir 
von der Aetiologie der aus phosphorsauren Erden bestehenden 
riteine der Harnwege, der Phosphätsteine: Wir wissen, 
dass sich die im Harn gelösten Phosphate dann ausscheiden, 
wenn der Harn alkalisch wird. Sie entstehen zumeist in der 
Harnblase und enthalten oft einen aus andersartigen Stoffen 
(z. B. aus Uraten) bestehenden zentralen Kern; oder aber sie 
bilden sich, in gleicher Art wie manche Speichelsteine, um in 
die Blase von aussen eingeführte Fremdkörper infolge Ab¬ 
lagerung der aus dem alkalischen Harn ausgefällten Salze. 
Per Harn wird zumeist infolge von Cystitis alkalisch und diese 
entsteht wiederum oft hpi Harnstauung etc. etc. All das sind 
aber doch nur einzelne Anhaltspunkte für unser Verständnis. 
Der Kern der Sache ist doch nahezu unbekannt; und wenn 
man von den um Fremdkörper entstandenen Blasensteinen 
absieht, muss man zu geben, dass die Aetiologie der Steine 
der Harnwege unbekannt ist. Man weiss auch nichts sicheres 
darüber, warum es bei einzelnen Leuten zur Konkrementbildung 
kommt und bei anderen nicht. 

Wenn wir die neueren Untersuchungen über die Bildung 
der Gallensteine in Rücksicht ziehen, stossen wir immer¬ 
hin auf eine entfernte Analogie mit der bakteriologischen Theorie 
der Speichelsteinbildung: Man nimmt heute an, dass die Be¬ 
dingungen für die Entstehung der Gallensteine dann gegeben 
sind, wenn die Galle stagniert und infiziert wird. Die normale 
Galle des gesunden Menschen ist, nach Krehl, steril, obwohl 
Gallenwege und Darm in immer offener Verbindung stehen. 
Das liegt sicher in erster Linie an der Bewegung der Flüssigkeit, 
welche’ in gleichmässigem Strome von der Leber zum Darm 
zu geht und daher alle fremden Eindringlinge in diesen hinein¬ 
spült. Wenn aber die Galle staut, kommt es sogleich zu einer 
mächtigen Wucherung von Mikroorganismen, deren Zersetzungs¬ 
produkte die Schleimhaut der Gänge entzündlich reizen; die 
Entzündung führt zur Abstossung von Epithelien etc. etc. und 
damit zur Bildung von Kristallisationszentren. Durch die Fällung 


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27a 


Dr. ßndolf Bum, Wien. 


von Cholestearin und Bilirubinkalk entstehen die ersten Anfänge 
der Konkremente. Ob aber die Gallensteine tatsächlich infolge 
bakterieller Tätigkeit entstehen, ist immerhin noch lange nicht 
bewiesen. Man fand wohl in einzelnen Fällen im Innern von 
Gallensteinen Bakterien; viel öfter aber erwiesen sich die 
Steine als bakterienfrei, und ist es bisher experimentell noch 
nicht gelungen, mit Hilfe von Bakterien Steine zu erzeugen. — 
Zieglers Angabe, „dass Speichelsteine durch Imprägnation 
einer von den Drüsengängen, namentlich von den Epithelien 
gelieferten Substanz entstehen“, ist wohl nur so zu verstehen, 
dass die abgestossenen Epithelien einen organischen Grund¬ 
kern darstellen, der durch Ablagerung von Kalksalzen zum 
Zentrum des Speichelsteines wird. 

Wir möchten endlich noch auf jene Konkremente hin- 
weisen, die ihrer Natur nach den Speichelsteinen am aller¬ 
nächsten stehen, wenn sie nicht gar mit ihnen identisch sind, 
nämlich auf den Zahnstein: Dieser besteht aus den Nieder¬ 
schlägen der anorganischen Bestandteile des Speichels, die 
durch ein aus organischen Elementen (abgestorbene Epithel¬ 
zellen, Schleim- und Speichelkörperchen, Mikroorganismen etc.) 
gebildetes Bindemittel zusammengekittet sind. Die Haupt¬ 
bedingungen für die Entstehung des Zahnsteins liegen be¬ 
kanntlich in rein lokalen und mechanischen Momenten. Dass 
er sich mit Vorliebe an den buccalen Flächen der oberen 
Backen- und Mahlzähne und an der Zungenfläche der unteren 
Frontzähne ablagert, hat seinen Hauptgrund darin, dass die 
Speichelgänge an den entsprechenden Stellen ausmünden. Bei 
den oberen Backen- und Mahlzähnen begünstigt die sich den 
buccalen Zahnflächen anlagemde Backe die Ablagerung; und 
bei den unteren Frontzähnen spielt wieder die Sedimcntierung 
des sich am Mundhöhlenboden gleichsam wie in einer-Pfütze 
ansammelnden Speichels der Submaxillar- und Sublingual¬ 
drüsen eine wichtige Rolle. In gleicher Art erklärt sich auch 
die Zahnsteinbildung an ganzen Zahnreihen, an einzelnen 
Zähnen und Zahnresten, welche infolge Mangels der Gegen¬ 
zähne, wegen Schmerzhaftigkeit oder infolge einer Übeln Ge¬ 
wohnheit zum Kaugeschäft nicht verwendet werden, aus rein 


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Ueber Speichelsteine. 


273 


örtlichen und mechanischen Gründen, durch den Fortfall der 
mit dem Kauakt verbundenen Scheuerung und natürlichen 
Reinigung der Zähne, durch mangelhafte Zahnpflege usw. 
Alle diese Momente sprechen dafür, dass der Zahnstein durch 
Präzipitation der Kalksalze des Speichels entsteht; diese An¬ 
nahme erhält ferner durch den Umstand, dass die Zahnstein¬ 
ablagerungen und die Speichelsteine in ihrer chemischen 
Zusammensetzung die grösste Uebereinstimmung zeigen, ihre 
besondere Bestätigung. In diesem Sinne sagt auch Bäätyr 
inScheffs Handbuch der Zahnheilkunde (II. Band, Seite 629): 
„Der Zahnstein kann daher auch als ein in der Mundhöhle 
gebildeter Speichelstein, dessen anorganische Bestandteile durch 
organische Materie innig verbunden sind, aufgefasst werden.“ 
Die in Sch eff s Handbuch dargelegte chemische Theorie der 
Zahnsteinbildung geht dahin, dass die Kalksalze im Speichel 
durch Kohlensäure in Lösung erhalten weiden und dass sie 
beim Kontakt mit der atmosphärischen Luft durch Freiwerden 
von Kohlensäure aus dem Speichel herausfallen. Das Frei¬ 
werden der Kohlensäure erfolgt bei der Entleerung des Speichels 
in die Mundhöhle, indem ein Molekül Kohlensäure entweicht 
und die Salze sich als Präzipitate niederschlagen. Im Gegen¬ 
sätze zu dieser von Mitscherlich, Jakubovic, Bernard, 
Miller und anderen vertretenen Lehre meint H. H. Burchard 
(1896), dass die im alkalischen Speichel gelösten Kalksalze 
durch die meist sauer reagierende Mundflüssigkeit zur teilweisen 
Fällung gebracht würden. 

Man hat, ähnlich wie für die Speichelsteine, auch für die 
Aetiologie des Zahnsteins verschiedene, oft recht merkwürdige 
Hypothesen aufgestellt, die ihrer Unhaltbarkeit wegen nur von 
geringem Interesse sind und deshalb ganz übergangen werden 
mögen. Viel wichtiger sind die von Klebs und Galippe 
vertretenen Lehren, welche vielfache Verbreitung und An¬ 
erkennung gefunden haben: Beide Forscher sprechen die An¬ 
sicht aus, dass sowohl Zahnstein wie Speichelstein als ein Aus¬ 
scheidungsprodukt von Pilzen zu betrachten seien. Klebs 
nimmt, wie schon früher' erwähnt wurde, an, dass die Pilz- 

1 Seite 261. 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. — Ueber Speichelsteine. 


faden des Leptothrix buccalis die Erzeuger der Konkremente 
wären«. Er hält Leptothrix buccalis für eine sogenannte Kalk¬ 
alge ; die Fäden dieses Pilzes sollen die Fähigkeit besitzen, die 
phosphorsauren Salze aufzunehmen und als kohlensauren Kalk 
auszuscheiden. Gegen die Ansicht von Klebs, dass der Zahn¬ 
stein das Ausscheidungsprodukt einer Kalkalge sei, spricht aber 
schon der Umstand, dass er nur relativ geringe Mengen (nur 
etwa 8 Teile) von kohlensaurem Kalk enthält, da er zum 
grössten Teil aus phosphorsaurem Kalk besteht (etwa 60 Teile). 
Klebs erhebt gegen die chemische Theorie den Einwand, 
„dass bei der Bildung der Speichelsteine im Speichelgang selbst 
von einem Freiwerden der Kohlensäure an der Luft keine Rede 
sein könne. Er nimmt an, dass das Eindringen der kalkhaltigen 
Alge der primäre Vorgang sei, die schichten weise Ablagerung 
der Kalksalze aber, welche im Speichelstein, Zahnstein usw. 
regelmässig auftritt, von der Bildung neuer Vegetationsperioden 
der Leptothrix abhänge.“ Miller verweist gegenüber den An¬ 
schauungen von Klebs auf die schon oben erwähnten, einfach 
und plausibel klingenden, lokalen und mechanischen Gründe 
für die Zahnsteinbildung; er macht auf die grosse Differenz im 
Aschengehalt des Zahnsteins und der Mundbakterien aufmerk¬ 
sam und hebt hervor, dass man bisher noch niemals in Rein¬ 
kulturen von Mundbakterien Kalkablagerungen beobachtet hätte. 
Wir zitieren noch Wedls „Pathologie der Zähne“ (II. Band, 
Seite 267): „Bei der Bildung des Zahnsteins ist zweierlei aus¬ 
einander zu halten, erstens der organische Kitt, zweitens die 
anorganischen Salze. Der erstere wird von dem Schleime des 
Zahnfleisches und dessen Epithelzellen, von der muzinhaltigen 
Substanz des gemischten Speichels und von den Bakterien, die 
in den sich zersetzenden Substanzen wuchern, geliefert. Man 
kann jedoch nicht behaupten, dass letztere ein notwendiges 
Ingrediens zur Formation des Zahnsteines seien.“ Es scheint 
demnach, dass die Mikroorganismen nicht jene grosse Be¬ 
deutung für die Bildung des Zahnsteins besitzen, die ihnen von 
Klebs und Galippe zugeschrieben wurde. Das Vorkommen 
von Bakterien im Zahnstein, in den Speichelsteinen und anderen 
Konkrementen ist eben noch kein sicherer Beweis dafür, dass 


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Dr. Richard Brener, Wien. — Einige Bemerkungen etc. 


275 


diese sich durch eine bakterielle Wirkung gebildet haben mussten; 
der gelegentliche Nachweis von Pilzfäden der Leptothrix könnte 
als ein zufälliger Nebenbefund angesehen werden. 

Wenn wir nun resümieren, so müssen wir zugeben, dass 
wir die Aetiologie der Speichelsteine noch nicht genau kennen. 
Wir wissen wohl, dass sie sich manchmal um in die Speichel¬ 
wege eingedrungene Fremdkörper bilden, und das sind jene 
wenigen Fälle, deren Aetiologie, analog der Entstehung ge¬ 
wisser Phosphatsteine der Blase, klargelegt ist. In der Mehr¬ 
zahl der Fälle aber lässt uns die Fremdkörpertheorie im Stiche. 
Manche Hypothesen haben sich als ganz unhaltbar erwiesen, 
andere wieder kommen nur insoferne in Betracht, als sie uns 
Anhaltspunkte für eine gewisse Disposition zur Speichelstein¬ 
bildung abgeben. Die bakterielle Theorie aber erscheint heute 
noch lange nicht spruchreif: Es wäre ganz gut denkbar, dass 
die Mikroorganismen bei der Steinbildung eine gewisse, wichtige 
Rolle spielen; doch kaum im Sinne von Klebs als kalk¬ 
bildende, den Korallentieren vergleichbare Algen, sondern viel¬ 
leicht als Entzündungserreger oder als ein den Kern des Steines 
bildender zentraler Bakterienhaufen — also als Fremdkörper. 

(Schluss folgt im Jnlibeft.) 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Eiiip Bemertoiip zu Fr. E. Zierte Aufsatz: „Zur Elelttu- 
sterilisatiun putrider Zalrowzelu“. 

Von Dr. Richard Breuer , Zahnarzt in Wien. 

In der letzten Nummer dieser Vierteljahrsschrift (Heft 1,1906) 
hat Herr Zierler neuerdings zur Elektrosterilisation putrider 
Zahnwurzeln das Wort ergriffen. Wenn ich mich einerseits 
mit den von ihm erteilten Ratschlägen einverstanden erkläre 
und deren Befolgung jedermann empfehle, so kann ich mich 
anderseits nicht einverstanden erklären damit, dass Herr Z ierler 
die Elektrosterilisation konstant als „seine“ Methode bezeichnet. 


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276 


Dr. Richard Breuer, Wien*. 


Bereits im Jahre 1900, als Herr Z i e r 1 e r die ersten Mit¬ 
teilungen über eine „Neue Methode zur Therapie gangränöser 
Zähne, Alveolar-Erkrankungen etc.“ in der „Zahnärztlichen 
Rundschau“ vom 3. und 10. Juni 1900 veröffentlichte, nahm 
ich die Gelegenheit wahr, Herrn Zierler in derselben Zeit¬ 
schrift (in Nr. 416 und 419 vom 24. Juni und 15. Juli 1900) 
darüber aufzuklären, dass die von ihm beschriebene „Neue 
Methode etc.“ durchaus keine neue Methode sei, sondern 
von mir auf Grund bakteriologischer Studien schon lange vor 
ihm, nämlich in den Jahren 1890—1894 praktiziert worden ist. 
Hatte ich doch zweimal Gelegenheit gehabt, über die Elektro- 
sterilisation im Vereine österreichischer Zahnärzte zu sprechen, 
und zwar am 5. Mai 1897 und am 7. Februar 1900, also lange 
vor Herrn Zier ler s Publikation. Die Berichte hierüber finden 
sich in der , Oesterreichisch-ungarischen Vierteljahrsschrift“, 
Jahrgang 1898, Heft I, pag. 148—149, und Jahr¬ 
gang 1900, He ft II, pag. 304—307 und habe ich Herrn 
Zierler seinerzeit auf dieselben aufmerksam gemacht. Da 
nun Herr Zierler auch in seiner Monographie über die 
Elektrosterilisation auf diese Mitteilungen nicht in jener Weise 
Rücksicht nimmt, wie man dies von einem objektiven Bericht¬ 
erstatter voraussetzt, vielmehr die Sache so darstellt, als ob 
ich erst durch seine Publikationen veranlasst worden wäre, 
hervorzutreten, was nach den oben an geführten Daten 
vollkommen unrichtig ist, so sei hier nochmals auf die 
obigen Berichte in der „Oesterreichisch-ungarischen Vierteljahrs¬ 
schrift“ hingewiesen, aus denen klar hervorgeht: 

1. Dass bereits von Prof. Kretz, Prof. Ghon und mir 
die bakterizide Wirksamkeit selbst schwacher elektrischer 
Ströme (1 bis 1'/* Milliampere bei 5 Minuten Dauer) an 
Staphylokokken- und Diplokokken-Kulturen experimentell fest¬ 
gestellt worden ist, und 

2. dass ich die Elektrosterilisation auf Grund dieser Studien 
viel früher schon in derselben Weise, mit denselben Mitteln 
(Batterie, Rheostat, Galvanometer, Platinelektrode und Chlor¬ 
natriumlösung) und mit denselben Erfolgen und Misserfolgen 
ausführte, wie 10 Jahre später Herr Zierler. 


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Einige Bemerkungen zn Fr. E. Zierlers Aufsatz etc. 277 

Wenn auch Herr Zierler aus was immer für einem 
Grunde meine Mitteilungen ignoriert, die Tatsachen, die diesen 
Mitteilungen zugrunde liegen, kann er doch nicht aus der 
Weit schaffen. 

Herr Zier ler hat mir die Ehre erwiesen, in seiner 
Monographie jene Worte zu zitieren, die ich seinerzeit zur 
Begründung meines Schweigens über den Gegenstand an¬ 
geführt habe, nämlich dass ich „der Sache keine so hohe Be¬ 
deutung beilegte und ich mir eine allgemeine Anwendung der 
Elektrizität zur Wurzelbehandlung nicht recht denken konnte. 
Dem standen zu viele Hindernisse entgegen.“ Herr Zierler 
hat aber unterlassen, meine in Nr. 419 der „Zahnärztlichen 
Rundschau“, Seite 6860, Absatz 3 enthaltenen Worte hinzu¬ 
zufügen. Der Vollständigkeit und Klarheit halber seien sie hier 
wiederholt. Ich sagte damals: „Ich bedaure trotz seiner 
(Herrn Zierlers) weiteren Erklärungen an meinen Aus¬ 
führungen festhalten zu müssen, so z. B. dass ich an die 
allgemeine Anwendung der Elektrosterilisation nicht recht 
glauben kann, solange es Methoden der Behandlung gangränöser 
Zähne („ohne Einlagen“) gibt, welche bei geringerem Kosten- 
und Zeitaufwande und geringerer Umständlichkeit die gleichen 
Resultate ergeben.“ 

Und eine solche Methode hatte ich eben kennen gelernt 
und darum die Elektrosterilisation allmählich verlassen. Ich 
meine die Methode der Behandlung gangränöser Zähne mit 
Kalium-Natrium nach Dr. Schreier. 

Seitdem diese Methode bekannt geworden, das ist seit 
dem Jahre 1892', übe ich dieselbe in meiner Praxis aus; an¬ 
fangs benützte ich sie nur vergleichsweise neben der Elektro¬ 
sterilisation, seit 1895 praktiziere ich sie ausschliesslich. Heute, 
nach 11 Jahren, blicke ich bereits auf eine Zahl mit dieser 
Methode behandelter Fälle zurück, die erheblich grösser ist, 
als die von Herrn Zierler für seine Elektrosterilisationen an¬ 
geführte Zahl. 


t Siehe Oesterr.-uagar. Vierteljahrsschrift, Jahrg. 1892, Heft II. 


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278 Dr. Richard Breuer, Wien. — Einige Bemerkungen etc. 

Beide Methoden haben eines gemeinsam, nämlich die 
chemische Umwandlung des gangränösen Inhaltes der Wurzel¬ 
kanäle. Während die Elektrosterilisation den gangränösen 
Wurzelkanal durch Elektrolyse unschädlich macht (Abscheidung 
von Sauerstoff, Säuren und Halogenen an der Anode), be¬ 
wirkt dies die Kalium-Natrium-Methode durch Verseifung des 
Wurzelkanalinhaltes (infolge Bildung von Kali- und Natronlauge), 
wobei in auffallender Weise der gangränöse Geruch in der 
kürzesten Zeit, ja, man kann sagen sofort verschwindet. Die 
Erfolge mit Kalium-Natrium sind nicht besser, aber auch nicht 
schlechter, das Verfahren jedoch einfacher, billiger und weniger 
umständlich, als das der Elektrosterilisation. Aus diesem Grunde 
habe ich mich für die Kalium-Natrium-Methode entschieden 
und bis zum heutigen Tage habe ich noch keinen Grund ge¬ 
habt, diese wirksame und einfache Methode zu verlassen. 
Infolgedessen muss ich meine im Vorhergehenden angeführte 
Ansicht über die Elektrosterilisation trotz Herrn Zierlers 
Monographie aufrecht erhalten. 

Herrn Zierler scheint die Kalium-Natrium-Methode 
überhaupt unbekannt zu sein; denn er hat bei seinen bakterio¬ 
logischen Studien sehr viele, mehr oder weniger bekannte 
Antiseptika auf ihre Wirksamkeit untersucht, auf das Kalium- 
Natrium hat Herr Zier ler leider gar keine Rücksicht ge¬ 
nommen. Und doch wäre es interessant gewesen, zu erfahren, 
zu welchen Folgerungen er gerade bei diesem Mittel gekommen 
wäre. Doch genug hievon. Es liegt mir ferne, den Wert der 
Elektrosterilisation etwa herabsetzen zu wollen. Gewiss nicht! 
Wer an eine Elektrizitätsquelle angeschlossen ist, dem rate 
ich, die Elektrosterilisation zu versuchen; er wird die Vorteile 
der Methode bald schätzen lernen. Wer aber mit Batterien 
arbeiten muss, dem wird die Umständlichkeit des Verfahrens 
nicht lange verborgen bleiben. Der Zweck meiner Erwiderung 
war nur der, zu konstatieren, dass Herr Zierler die bakteri¬ 
zide Wirkung des elektrischen Stromes keineswegs ent¬ 
deckt, sondern nur diese Wirkung auch für das Bacterium 
gangraenae pulpae bestätigt hat, und dass die Behandlung 
gangränöser Zähne mittels Elektrolyse von mir schon 


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Dr. Engen Ciaston, Pola. — Unterkieferbrach etc. 279 

einige Jahre vor ihm geübt und auch kurz beschrieben 
worden ist. 

Dass Herr Zierler die schon vor ihm bekannte Methode 
der Elektrolyse in gangränösen Zähnen mit dem Namen „Elektro- 
sterilisation“ benannt, gründlich studiert und ausführlich be¬ 
schrieben hat, das allerdings ist sein unbestreitbares und un¬ 
bestrittenes Verdienst. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

OnterMerM lit Dislokation 1er FralMen, urteilt 
H den Vertan! naclt Sauer. 

(Mitteilung aus dem zahnärztlichen Ambula¬ 
torium des k. u. k. Marinespitales in Pola.) 

Von Marinestabsarzt Dr. Eugen Ciaston. 

Seefinanzaufseher Georg Fr., 36'Jahre alt, stürzte am 
2. Februar d. J. über eine Treppe und fiel mit dem Gesicht 
auf eine Stufe. Er erlitt mehrere Rissquetschwunden im Ge¬ 
sichte und ausserdem eine sagittale Fraktur des Unterkiefer¬ 
bogens in der Mittellinie zwischen den beiden zentralen 
Schneidezähnen. Die beiden Bruchenden bildeten eine Stufe 
gegeneinander, indem das rechte Frakturende etwas nach 
hinten zurücktrat. Auf der rechten Seite bestand auch eine 
Längsfraktur des Alveolarbogens, wobei derselbe gegen die 
Mundhöhle samt den zwei Schneidezähnen disloziert erschien. 
Es bestand eine Schwellung der Weichteile; das Essen und 
Schlucken war wegen der Schmerzen und der Dislokation un¬ 
möglich. 

Dieser Fall wurde von der chirurgischen Abteilung des 
Marinespitales dem zahnärztlichen Ambulatorium zur Behand¬ 
lung überwiesen. 

Ich habe nach der Reposition der Knochenenden einen 
Verband nach Sauer angelegt, wobei jedoch, da alle anderen 
Zähne fehlten, nur die Schneide- und Eckzähne, wie auch der 
rechte Backenzahn mit Drahtligaturen befestigt werden konnten. 


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280 


Dr. Max Kulka, Teschen. 


Der Effekt des Verbandes war so gut, dass weiche Speisen 
sofort gegessen werden konnten. Der Patient verliess am 
15. März mit dem Verbände das Spital, trat seipon Dienst an 
und zeigte sich nur von Zeit zu Zeit im Ambulatorium behufs 
der Kontrolle desselben. Als ich nach 5 Wochen den Verband 
entfernen wollte, habe ich wahrgenommen, dass die Fraktur 
noch nicht verheilt war und musste denselben noch durch 
weitere 2 Wochen belassen, so dass die Heilungsdauer im 
ganzen 7 Wochen betrug. 

Der Kiefer weist jetzt keine Formveränderung auf und 
ist so gebrauchsfähig wie vor dem Unfälle. 

Der beschriebene Fall verdient Erwähnung wegen der 
ausgezeichneten Dienste, die ein Sauerscher Verband leistet, 
wie auch wegen der ziemlich selten vorkommenden Lokali¬ 
sation des Bruches und der längeren Heilungsdauer, als sie 
gewöhnlich angegeben wird. Diese längere Heilungsdauer 
dürfte vielleicht mit der Lokalisation des Bruches und der 
schlechteren Ernährung des Knochens im Zusammenhänge 
stehen. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Aus Jur Praxis der KautscMtectmit. 

Von Dr. Max Kulka, Zahnarzt in Teschen. 

Schnellreparatur von Kautschukprothesen. 

Der Sprung oder Bruch einer Platte, das Herausbeissen 
oder Abbrechen eines künstlichen Zahnes, das Abbrechen 
einer Klammer, sind für die Träger von Kautschukprothesen 
so unangenehme Ereignisse — speziell in jenen Fällen, wo 
kein Reservestück zur Verfügung steht — dass der Wunsch 
einer möglichst raschen Reparatur, die aber trotz „Blitzguss¬ 
metall“ etc. rationell und verlässlich doch nur mit Kautschuk 
in Kautschuk ausführbar ist, begreiflich erscheint. 

Im folgenden will ich auf eine Methode der Kautschuk¬ 
verarbeitung aufmerksam machen, die im Vergleich zur Press¬ 
methode wenig bekannt zu sein scheint, zum mindesten aber 


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Aus der Praxis der Kautschuktecbnik. 


281 


in den Lehrbüchern stiefmütterlich behandelt und daher wenig 
geübt wird, dennoch aber speziell für Reparaturen sich vor¬ 
züglich eignet. 

Durch Schilderung des Ganges einer Reparatur nach 
dieser Methode, glaube und hoffe ich hauptsächlich jenen 
Kollegen einen Dienst zu erweisen, die nicht in der glücklichen 
Lage sind, sich eine technische Hilfskraft halten zu können, 
sondern sich in ihrem Laboratorium selbst betätigen müssen, 
infolgedessen das in der Praxis nicht seltene Ereignis einer 
Reparatur, abgesehen von| anderen Ursachen, der Zeit- 
versäumnis wegen beinahe ebenso unangenehm empfinden, wie 
der Träger der Prothese. 

Ich meine dieModelliermethode, auch H u m m sehe Methode, 
in ihrer Modifikation schlechtweg aber ungenau „Das kalte 
Stopfen“ genannt. 

Während eine nach der Pressmethode zu fertigende 
Reparatur je nach der Uebung mindestens 3 bis 4 Stunden 
Zeit erfordert, kann eine Reparatur „kalt gestopft“ in längstens 
2 Stunden fix und fertig sein. 

Nehmen wir den einfachen Fall des Bruches einer Platte, 
so werden die Bruchteile in üblicher Weise in der richtigen 
Stellung mittels Siegellacks fixiert, hierauf durch Ausgiessen mit 
Gips ein Modell hergestellt. 

Während dieses erhärtet, benutzt man die Zeit, um sich 
kleine Stücke von Kautschuk zuzuschneiden und dieselben auf 
dem Kautschukwärmer vorzuwärmen. 

Ist inzwischen das Gipsmodell erhärtet, so hebt man die 
beiden Plattenfragmente von demselben, trägt mit der Feile 
in üblicherweise von den Bruchrändern etwas ab, wodurch die¬ 
selben auch aufgefrischt werden, bringt dann an ihnen schwalben¬ 
schwanzartige Ausschnitte mit der Laubsäge an und versieht 
den Rand mit Rauhheiten, um auch die Plattenbasis aufzu¬ 
frischen und dadurch eine bessere und sicherere Verbindung des 
neuen mit dem alten Kautschuk zu erzielen. 

Dieses Aufgravieren von Rauhheiten geschieht am besten 
mit einem in der Bohrmaschine rotierenden grösseren birn- 


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Dr. Max Kulka, Teschen. 


förmigen Querhiebbohrer, den man um den Rand der Aus¬ 
schnitte auf der Zungenfläche der Plattenstücke laufen lasst. 

Dann werden die so hergerichteten Bruchstücke wieder 
auf das inzwischen vorgewärmte Modell gebracht und in den 
jetzt dazwischen liegenden freien Raum — ein vorheriges Be¬ 
pinseln desselben mit Chloropercha ist meiner Erfahrung nach 
bei Reparaturen nicht nötig — die erwärmten nun plastischen 
Kautschukstückchen gestopft. 

Es folgt dann Anpressen derselben mit dem leicht be¬ 
feuchteten Zeigefinger, Modellieren und Glätten mit einem über 
der Flamme oder in heissem Wasser erwärmten Spatel. 

Nach dieser in kurzer Zeit ausführbaren Vorarbeit wird 
das Ganze in die Küvette eingegipst, diese geschlossen und 
nach dem Erhärten des Gipses, dessen Fortschreiten, bzw. 
Beendigung an dem im Gipsnapf gebliebenen Rest kontrolliert 
werden kann, in den Kessel getan, um nun vulkanisiert zu 
werden. Das Erhärten des Gipses beschleunigt man bekanntlich 
durch Auflösen von Salz oder Pottasche in dem zum Anrühren 
verwendeten Wasser. 

Die Vulkanisierungszeit kann natürlich ebenfalls durch Ver¬ 
wendung von Reparaturkautschuk verkürzt werden, nachdem 
für diesen gewöhnlich nur 15 bis 20 Minuten Härtezeit bei 
170° C. verlangt wird, dann lässt man bis auf 100° C. ab¬ 
kühlen. 

Diese Methode des „kalten Stopfens“ hat nun gegenüber 
der Pressmethode nicht nur den Vorzug der Zeit- und Mühe¬ 
ersparnis — Entfallen des grössten Teiles der sonstigen Gips¬ 
arbeit, des Auswachseins, Ausbrühens und Pressens — sondern 
sie gibt auch speziell bei Reparaturen bessere Resultate. 

Untersucht man nämlich die Gaumenfläche der so 
reparierten Platte, so findet man, dass der neu eingebrachte 
Kautschuk auch nicht 1 Mm. über die ihm durch die schwalben¬ 
schwanzartigen Ausschnitte gesteckten Grenzen geflossen ist; 
es hat also das reparierte Stuck keinerlei Formveränderung 
erlitten und muss, falls es früher gut gepasst hat, dies auch 
jetzt der Fall sein. 


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Ans der Praxis der Kantscbnktechnik. 


283 


Bei den nach der Pressmethode reparierten Stücken sieht 
man aber auf der Gaumenseite der Platten ausnahmslos 
immer neuen Kautschuk unverbunden, also ablösbar, resp. ab- 
schabbar liegen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil 
beim Ausbrühen des Wachses die Bruchstücke mit erwärmt, 
daher nachgiebig werden, infolgedessen der neu eingebrachte 
Kautschuk beim Pressen die Bruchränder immer ein wenig 
hebt und unter diese mehr oder weniger gepresst wird, um 
dort liegen zu bleiben. Die Folge davon ist natürlich, nicht 
mehr genaues Anliegen und Passen des vor der Reparatur gut 
passenden Stückes 

Ein weiterer Vorteil ist, dass der nach dieser Methode 
vulkanisierte Kautschuk, was man auch gleich beim Ausarbeiten 
bemerkt, härter, aber auch elastischer ist (vide Jung: Lehr¬ 
buch der zahnärztlichen Technik), eine nun angenommene 
Eigenschaft, die uns speziell bei Reparaturen nur höchst will¬ 
kommen sein muss. 

Der Vorgang bei allen übrigen möglichen Reparaturen 
ergibt sich aus dem Vorhergesagten von selbst. 

Möglichkeit des AbkQrzens der üblichen Vulkanisierzeit. 

Ohne jede darauf hinzielende Absicht hatte ich kürzlich 
Gelegenheit, die einschlägigen Versuche vonSüersen, Kapp, 
Schwarzkopf und Jung nachzuprüfen und kann dieselben 
vollinhaltlich bestätigen. 

Eines Tages geriet mir beim Putzen meines einzigen 
Kessels das Kupferplättchen im Ventil in Verlust, ohne dass 
ich ein frisches vorrätig hatte. Der Zufall wollte es, dass ich 
gerade an diesem Tage ein in der Arbeit befindliches Stück 
vulkanisieren und fertigstellen musste, da die von auswärts 
bestellte Patientin darauf wartete. 

Ich versuchte nun das Ventil dadurch zu dichten, dass 
ich Watte einpresste und dann den Kessel anheizte. 

Anfangs ging es ganz gut. Ich vulkanisierte bei 155° C. 
eben 25 Minuten und versuchte für die nächste Zeit die Hitze 
ein wenig zu steigern. 

& 


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284 Dr. Max Kulka, Teschen. — Aus der Praxis der Kautschuktechnik. 

Als aber das Thermometer gerade 160° C. zeigte, begann 
das Ventil langsam zu dampfen. Bei dem nun folgenden V er¬ 
such, die Watte fester einzupressen, flog der ganze Wattepfropf 
hinaus und unter heftigem Pfeifen und Zischen entströmte der 
Dampf vollständig. 

Zagend öffnete ich hierauf den Kessel, nahm die Küvette 
heraus, kühlte sie im Wasser ab, öffne und siehe das Resultat: 
eine gut gehärtete Platte! 

Die Vulkanisationszeit dauerte in diesem Falle vom An¬ 
heizen des Kessels bis zur Explosion gerade 50 Minuten. 

Dass aber an derartige Platten, was Elastizität anbelangt, 
keine grossen Anforderungen gestellt werden dürfen, ist ein¬ 
leuchtend. 

Verwendung von weichbleibendem Kautschuk. 

In Heft I des Jahrganges 1904 der „Oesterr.-ungar. Viertel¬ 
jahrsschrift für Zahnheilkunde“ schlägt Scheff behufs Erzielung 
eines besseren Haltes von Unterkiefer-Ersatzstücken bei zahn¬ 
losen und infolge vollständiger Resorption des Processus alveo- 
laris flachen Unterkiefern die Belederung der Prothese vor. 

Einen ebenso guten Erfolg erzielt man, wenn man als 
unterste Lage beim Stopfen weichbleibenden Kautschuk ver¬ 
wendet. Die so hergestellte Prothese passt sich genau der 
Oberfläche des Unterkiefers an, rutscht und drückt nicht. Der 
Träger der Prothese ist der umständlichen Manipulation ent¬ 
hoben, das Leder öfters zu erneuern, ebenso auch der Gefahr, dass 
ihm dabei durch Unvorsichtigkeit (Fallenlassen etc.) das Stück 
bricht; dass auch die Herstellung durch Verwendung von weich¬ 
bleibendem Kautschuk sich vereinfacht, ist einleuchtend, da 
das Anbringen von Schrauben entfällt. 

Eine weitere praktische Verwendung findet der weich¬ 
bleibende Kautschuk bei oberen Adhäsionsplatten, die wegen 
flacher und harter Gaumenfläche mit Saugkammern versehen 
werden müssen. 

Belegt man den Rand der Schablone mit weichbleibendem 
Kautschuk, so erzielt man erstens ein besseres Haften der Platte, 
weiters wird der durch die Prothese ausgeübte Druck wesentlich 


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25 jähriges Jubiläum des klinischen Unterrichtes der Stomatologie etc. 285 

heräbgemindert, wenn nicht ganz aufgehoben und, last not 
least, der beim langen Tragen einer mit harter und scharf- 
randiger Saügkammer versehenen Platte sich sicher einstellende 
entzündliche Reiz der Gaumenschleimhaut dadurch beinahe 
vermieden. 

Verwendet man bei mit künstlichem Zahnfleisch zu ver¬ 
sehenden Adhäsionsplatten als letzte Lage beim Aufbau des 
künstlichen Zahnfleisches auf das verkehrt eingegipste Modell 
weichbleibenden Rosa-Kautschuk, so wird dadurch die Adhäsion 
ebenfalls ganz bedeutend erhöht. 


Berichte ans Instituten nnd Vereinen. 


Das 25 jäbrip Jntilänm tes Klinisch UatmMes der 
Stomatologie n der Budapest« 1 Universität. 

(Nach dem Bericht in der Festnumraer des „Stomatologiai 
Közlöny“ vom März 1906.) 

Mit dein Porträt des Prof. Dr. Josef v. Arkövy. 

Der klinische Unterricht der Stomatologie in Ungarn ge¬ 
langte in diesem Jahre zu einem denkwürdigen Abschnitte: Zur 
Feier seines 25jährigen Bestehens. 

Die Vertreter unseres Faches wollten diesen Zeitpunkt 
nicht unbeachtet vorübergehen lassen und veranstalteten eine 
Festversammlung zu Ehren Prof. v. Arkövys, der an den 
Kämpfen und Erfolgen des verflossenen Vierteljahrhunderts den 
grössten Anteil genommen hatte. Am 19. März d. J. ver¬ 
sammelten sich zu diesem Zwecke zahlreiche Kollegen — die 
Schüler Arkövys — in den Lokalitäten der zahnärztlichen 
Universitätsklinik. Unter den Anwesenden bemerkten wir unter 
anderen die DDr.: Fuchs, Tolnai, Berger, Koronczay, 
Walheim, Thöbusz, Sturm, fernes, Engel, Frank, 
Sandor, Doz. Rothmann, Doz. Vajna, Siklos, Biro, 
Gyengö, Höllossy, Balassa, Balogh, Hay, Kareff, 

5 * 


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286 25jähriges Jubiläum des klinischen Unterrichtes der Stomatologie etc. 

Salamon, Feuer, Kozma, Doz. Hattyasy, Gadanyi, 
Landgraf, Fürst, Doz. Szabö, Kanitzer, Mathe* 
Marikovszky, Mädzsar, Szekely, Nagy, Szirtes, 
sämtlich aus Budapest, Kärolyi aus Wien, Wolff aus Agram 
und Szekulesz aus Kecskemet. 

Prof. v. Arkövy wurde von einer Deputation eingeholt 
und bei seinem Erscheinen von begeisterten Eljenrufen em¬ 
pfangen. Dr. H. Salamon, I. Assistent än der zahnärztlichen 
Universitätsklinik, richtete an den Gefeierten im Namen der 
gegenwärtigen Schüler eine schwungvolle Ansprache, aus 
welcher wir die markantesten Stellen hier folgen lassen wollen. 
Nach einigen einleitenden Worten sagte Redner: Der Mann, 
den wir heute als unseren Lehrer und Meister ehren, begann 
vor 25 Jahren seine wissenschaftliche Laufbahn und wenn die 
begeisterten Zurufe, mit denen er empfangen wurde, nur dem 
glücklichen Sterblichen galten, der heute von sich sagen kann, 
er habe seinen Lebenszweck erreicht, so wäre unser Fest nur 
eine dem persönlichen Erfolg dargebrachte Huldigung; aber 
wir alle fühlen, dass unser heutiges Beisammensein eine hoch 
über dem Personenkultus stehende erhabenere Bedeutung hat. 
Die heutige Jahreswende ist nicht nur der Markstein eines 
persönlichen Erfolges, sondern zugleich ein Meilenzeiger in der 
Geschichte der Wissenschaften unseres Vaterlandes. 

Redner entrollt ein Bild des Standes unserer Fach¬ 
wissenschaft und gedenkt des im Jahre 1844 zum a. o. Professor 
der Zahnheilkunde ernannten Dr. Nedelko, der diese Lehr¬ 
kanzel durch 38 Jahre inne hatte, und des im Jahre 1865 habili¬ 
tierten Dozenten Dr. Bar na, deren Wirksamkeit aber leider 
keine tieferen Spuren zurückzulassen vermochte. Mit dem im 
Jahre 1882 erfolgten Tod Prof. N e d e lk o s wurde die von ihm 
innegehabte Lehrkanzel nicht wieder besetzt. Fast gleichzeitig 
jedoch begannen zwei junge Aerzte, Dr. Iszlai und Dr. Arkövy, 
die Arbeit von neuem und vermöge ihrer Fähigkeiten und 
Ambition waren beide im gleichen Masse dazu berufen, die 
Entwicklung des Faches zu fördern. Leider stellte sich zwischen 
ihnen ein unüberbrückbarer Antagonismus ein und als später 
von Seite der Unterrichtsverwaltung an beide Dozenten das 


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25 jähriges Jubiläum des klinischen Unterrichtes der Stomatologie etc. 287 

Ansinnen gestellt wurde, den Unterricht unentgeltlich zu er¬ 
teilen, zog sich Iszlai grollend zurück. 

Arkövy hatte seine zahnärztliche Ausbildung bis zum 
Jahre 1877 in England erhalten und wollte, dem dort ge¬ 
gebenen Beispiele folgend, die Zahnheilkunde in die Spitals¬ 
praxis einführen. Es ist ja natürlich, dass der Kranke, der in 
den Spitälern für jedes körperliche Leiden Hilfe findet, auch 
für Zahn- und Mundkrankheiten daselbst die Behandlung sucht 
und zu erhalten hofft. Diese von Arkövy propagierte Idee 
begegnete jedoch in den massgebenden Kreisen grosser Ab¬ 
neigung und so musste der Mann, der ‘die wissenschaftliche 
Kultivierung und den Unterricht in der Zahnheilkunde zu seinem 
Lebenszweck gemacht hatte, ausser seiner Zeit und Arbeits¬ 
kraft, auch noch nicht unbeträchtliche materielle Opfer bringen, 
indem er ein zahnärztliches Institut aus eigenen Mitteln er¬ 
richtete. 

Arkövy widmete sich gleich vom Beginn seiner Tätig¬ 
keit an der klinischen Richtung, deren Ausbau unerlässlich war, 
um die Zahnheilkunde den übrigen Fächern der Medizin gleich¬ 
wertig zu machen. Die Voraussetzungen des klinischen Unter¬ 
richtes: die klinisch-pathologischen, pathologisch-anatomischen 
und patho-histologischen Vorarbeiten, waren nur sehr lückenhaft 
vorhanden. Man hielt noch anfangs der Achtziger-Jahre bei 
Zahnerkrankungen eine Diagnose nicht für notwendig; so sagte 
beispielsweise der Präsident der berühmten Odont. Soc. of 
Gr. Br. in einer Eröffnungsrede: „Es ist wahr, dass wir die 
Zahnkrankheiten nicht diagnostizieren können, aber es ist das 
auch nicht notwendig.“ Leider ist diese Auffassung auch heute 
noch nicht überall und vollständig ausgerottet. In 25 Jahren 
konnten die lrrtümer von Jahrhunderten, während welcher die 
Zahnheilkunde aus dem Komplex der Medizin herausgerissen 
war, nicht vollständig beseitigt werden. Für den modern 
denkenden Arzt ist es aber heute unfassbar, wie man zu 
heilen imstande ist, ohne vorher eine exakte Diagnose auf¬ 
gestellt zu haben. 

Arkövys erste Aufgabe bestand also darin, zuvörderst 
eine Diagnostik der Zahnerkrankungen zu schaffen. Drei volle 


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288 25 jähriges Jubiläum des klinischen Unterrichtes der Stomatologie etc. 

Jahre gingen in dieser Tätigkeit auf, an welcher sich einige 
seiner Schüler beteiligten. Von diesen nehmen an unserem 
heutigen Feste teil: Rothmann, Hattyasy, Kozma und 
Nagy. 

Die „Diagnostik“ 1 erschien im Jahre 1885 und erst von 
diesem Zeitpunkte kann man von einer wissenschaftlichen 
Zahnheilkunde sprechen, denn sie bedeutet in der Geschichte 
unserer Fachwissenschaft nichts weniger als den Beginn des 
ärztlichen Denkens und der Anwendung ärztlicher Methoden 
in der Zahnheilkunde. Es wurden ja auch früher verschiedene 
Versuche gemacht und es stand eine Anzahl klinisch-patho¬ 
logischer Werke zur Verfügung. Tomes, Albrecht, Magitot, 
Wedl, Salt er u. a. haben nicht vergebens gelebt und ge¬ 
forscht, nur waren diese Daten systemlos aufgespeichert, sie 
waren ungeordnet und harrten des Meisters, der sie mit seinen 
Arbeiten und Forschungen harmonisch verbinden sollte. 

Der „Diagnostik“ Arkövys wurde dasselbe Los zuteil, 
welches allen geistigen Hervorbringungen, die ihrer Zeit vor¬ 
auseilen, beschieden ist. Die zahnärztliche Welt der Achtziger- 
Jahre war noch nicht genügend vorbereitet, um dieses streng 
wissenschaftliche Werk würdigen zu können. Heute allerdings 
steht der grössere Teil der Zahnärzte auf dem Boden der 
„Diagnostik“, aber gleichwohl, ob für oder gegen, ohne sie 
vermag heute niemand zu lehren und zu lernen. 

Mit der Herausgabe der „Diagnostik“ war die ungarische 
stomatologische Schule auf dem Plan erschienen. Die Erfor¬ 
dernisse einer „Schule“ sind: Eine auf selbständige Forschung 
gegründete Lehre, ein System, durch welches die Wissenschaft 
auf neuem Boden emporblüht, und die Fähigkeit dieser Lehre, 
Jünger und Anhänger zu werben. Unserem Meister ist es ge¬ 
lungen, diesen Forderungen zu entsprechen, seine „Diagnostik“ 
ist eine auf selbständige Untersuchungen gegründete Lehre 
welche der Entwicklung unserer Wissenschaft neue Bahnen 
eröffnete; er vermochte auch zahlreiche Anhänger für dieselbe 


1 Die Diagnostik der Zahnkrankheiten nnd der durch Zahnleiden be¬ 
dingten Kiefererkrankungen. Verlag Ferd. Enke, Stuttgart 1885. 


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25 jähriges Jubiläum des klinischen Unterrichtes der Stomatologie etc. 289 

zu gewinnen, und mit Stolz können wir auf die vier Dozenten, 
die aus seinem Institute hervorgegangen und die in seinem 
Geiste weitergearbeitet haben, hinweisen. 

Die zahnärztliche Universitätsklinik wurde endlich im 
Jahre 1890 eröffnet, an deren Tätigkeit Sie ja alle zu ver¬ 
schiedenen Zeiten Anteil genommen haben, so dass ich es mir 
erlassen kann, auf die Einzelheiten einzugehen und verweise 
auf die an verschiedenen Stellen publizierten Daten über die 
praktischen volkshygienischen Leistungen und über die Zahl 
der daselbst herangebildeten Zahnärzte. Die wissenschaftlichen 
Leistungen sind in einer grossen Reihe von Publikationen 
Gemeingut sämtlicher Fachkollegen geworden. Einige dieser 
Arbeiten haben grosse Anerkennung gefunden und sind in die 
Zeitschriften fremder Zungen übergegangen. Es sei in Kürze 
nur der Untersuchungen über Bac. gangr. pulpae, Aetiologie 
des Absc. alveolaris chron. und der Lehre der Indikationen 
gedacht. 

Es mag auch noch erwähnt werden, dass während der 
letzten 15 Jahre die grossen Vorarbeiten zu einem monumentalen 
Werke, einer Operationslehre gemacht worden sind, welches 
Werk ein Abschluss des durch die „Diagnostik“ begonnenen 
Baues der wissenschaftlichen Stomatologie sein wird. 

Wenn Sie in diesen engen, niedrigen, für eine klinische 
und wissenschaftliche Tätigkeit höchst ungeeigneten Räumlich¬ 
keiten Umschau halten, so werden Sie zugeben müssen, dass 
unser Meister und seine Mitarbeiter von einer grossen Hin¬ 
gebung an die Wissenschaft und von einem echt humanen 
Geiste für das hilfesuchende Publikum beseelt gewesen sein 
müssen. 

Als diese Lokalitäten im Jahre 1890 ihrem Zwecke über¬ 
geben wurden, hiess es, dass die Zahnheilkunde hier nur pro¬ 
visorisch untergebracht sei und bald eine ihrer würdige Unter¬ 
kunft erhalten wird. Dieses Provisorium dauert nun schon 
15 Jahre! 

Es gereicht mir zu einer ausserordentlichen Genugtuung, 
dass ich Ihnen heute verkünden darf, dass die rastlosen 


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290 25jähriges Jubiläum des klinischen Unterrichtes der Stomatologie etc. 


Kämpfe, welche unser Meister geführt hat, endlich den ver¬ 
dienten Erfolg erreicht haben. Die Systemisierung des Lehr¬ 
stuhles für Stomatologie und der Neubau einer modernen 
Klinik sind in das Stadium der Aktualität getreten. Wir stehen 
an dem Ausgangspunkte einer neuen Epoche. Auf breiterer 
Basis, mit reichlicheren Mitteln versehen, werden wir von nun 
an vorwärts schreiten können; die Richtung ist gegeben und 
so hoffen wir, dass sie zu einer neuen Blüte unserer Wissen¬ 
schaft führen wird, verbürgt dadurch, dass der Mann, der einst 
den ganzen Entwicklungsprozess in Bewegung gesetzt hat, 
noch heute physisch und psychisch jugendlich und arbeits¬ 
freudig an der Schwelle dieser Epoche und an der Spitze 
seiner Jünger steht. 

Meister! ich wende mich nun zu dir. Nur mit matten 
Falben vermochte ich den Kampf zu schildern, welchen unser 
Fach, die Stomatologie, zu bestehen hatte, ehe sie sich aus 
einer verschmähten Beschäftigung zur ärztlichen Disziplin 
emporgerungen hat. 

Doch nein! ich irrte mich, als ich sagte, die Stomatologie 
habe den Kampf geführt. Stomatologie ist ein Wort, ein Be¬ 
griff. Worte, Begriffe kämpfen nicht. Es bedurfte eines 
Menschen, eines Mannes, der diesen Kampf zu Ende führt 
gegen die Gleichgültigkeit, im besten Falle gegen die gegen¬ 
teilige Ueberzeugung der massgebenden Faktoren. Du warst 
dieser Mann! Du hast den Kampf geführt, du hieltst die 
Fahne in deiner starken Hand, du warst aber nicht allein, 
denn dein grosses Verdienst bestand darin, dass du andere zu 
beseelen wusstest, sich auch in die Schlachtreihe zu stellen, um 
neben dir zu kämpfen. Du aber nahmst dir den Löwenteil an 
dem Kampfe für dich und wohlverdient hast du den Sieg und 
den Preis. Ich meine nicht die Auszeichnungen, deren du 
seitens deines Königs und von deinen in- und ausländischen 
Kollegen teilhaftig wurdest. Ich verstehe unter dem Preise 
jene innere Befriedigung, die du heute empfinden musst, 
wenn du nach einem vierteljahrhundertlangen Kampfe zu 
dir sagen kannst: Ich habe gesiegt; was ich anstrebte, 
ist erreicht. 


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25jähriges Jubiläum des klinischen Unterrichtes der Stomatologie etc. 291 

Gestatte mir zum Schlüsse, dass ich zum Andenken des 
heutigen Tages dir dieses bescheidene Buch überreiche.' Es 
enthält die Geschichte des Unterrichtes der Stomatologie in 
unserem Vaterlande, jenes Unterrichtes, dessen Gründer und 
Meister du bist! Gott erhalte dich, dass du es noch lange 
bleiben mögest! 

* 

Stürmischer Applaus und begeisterte Eljenrufe ertönten 
nach der von edlem Pathos getragenen und aus dem Herzen 
kommenden Anrede Dr. Salamons. 

Hierauf sprachen Dr. Kozma namens der alten Schüler, 
Doz. Dr. Hattyasy als Vertreter des Landesverbandes der 
ungarischen Stomatologen, Dr. Sandor für die stomatologische 
Sektion des königlichen Aerzte-Vereines dem Jubilar die Glück¬ 
wünsche ihrer Mandanten in beredten Worten aus. 

Prof. v. Arkövy erwiderte tief gerührt und dankte für 
die ihm dargebrachten Ovationen, lehnte jedoch die seiner 
Person zugeschriebenen Verdienste ab, seiner treuen und un¬ 
ermüdlichen Mitarbeiter gedenkend, die er zu seiner grossen 
Freude fast vollzählig um sich versammelt sieht. Er sagte im 
Verlaufe seiner Antwort, dass er die Gelegenheit ergreifen will, 
aus den langjährigen Erfahrungen seiner Lehrtätigkeit einige 
Schlussfolgerungen abzuleiten. Er möchte feststellen, dass die 
fachlich© zahnärztliche Ausbildung nur innerhalb des Universitäts- 
Systems am erfolgreichsten gedeihe; die Anhänger des Kollege- 
Systems sind im Irrtume, wenn sie behaupten, dass aus¬ 
schliesslich das praktische Training ohne Vorschule und ohne 
ärztliche Kenntnisse zur Ausbildung tüchtiger Zahnärzte ge¬ 
eignet sei. Diese Auffassung muss er auf Grund reichlicher 
Erfahrung und gewissenhafter Erwägung öffentlich als unge¬ 
eignet, ja gefährlich erklären. Die Erfahrungen seiner 25 jährigen 
Lehrtätigkeit bestärkten ihn in der unerschütterlichen Ueber- 
zeugung, dass der Zahnarzt in erster Linie Arzt sein muss. 
Die Erfolge bei seinen Schülern, die den Wettkampf mit jedem 

* A Stomatologia Tanitäsänak Tört6nete Magyarorazägon 1906-ig. 
Dr. Arkövy Jozsef, Egyet. Tauär Tanitöi Müködesönek 25-ik fSvi Emläk- 
napja Alkalmära irta Dr. Salamou Henrik, T. Tanärseg6d. 


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292 


Zentralverband der österreichischen Stomatologen. 


Fachmanne des Auslandes aufnehmen können, beweisen die 
Richtigkeit seiner Ueberzeugung. 

Zum Schlüsse bittet er auch weiter um die Unterstützung 
jener Garde, welche heute ihrer Zusammengehörigkeit so 
glänzenden Ausdruck gegeben hat, zum Wohle der gemein¬ 
schaftlichen Sache, der Förderung des Faches. 

* 

In den Räumlichkeiten des Aerzte-Klubs versammelten 
sich die Festteilnehmer zu einem Souper, bei welchem 
ernste und heitere Toaste von den Herren Doz. Dr. Roth- 
mann, Doz. Dr. Szabo, Dr. Kärolyi aus Wien, Dr. Wolff 
aus Agram und Dr. Richard Arkövy ausgebracht wurden. 

Im Laufe des Abends gelangten zahlreiche briefliche und 
telegraphische Gratulationen aus Ungarn, Oesterreich und dem 
Auslande an den Jubilar zur Verlesung. 

In später Nachtstunde trennten sich die Versammelten 
und nahmen den Eindruck mit, einem seltenen Feste bei¬ 
gewohnt zu haben, dessen Erinnerung für sie unverlierbar 
bleiben wird. 

Malverbam der österreicUschen Stomatologen. 

In der am 24. Jänner d. J. stattgefundenen Konstituierung 
des neugewählten Ausschusses wurden zu Funktionären ge¬ 
wählt : Doz. Dr. R. Weiser, Präsident (Wiederwahl); 
Dr. A. Fried mann, Vizepräsident; Dr. R. Bum, I. Schrift¬ 
führer; Dr. Podpecnik, II. Schriftführer; Dr. Vierthaler, 
Kassier. 

Dem Ausschüsse gehören ausserdem als Mitglieder an: 
Dr. S. Hecht, Doz. Dr. R. Loos, Prof. Dr. B. Mayrhofer 
(Innsbruck), Dr. A. Mittler und Dr. H. Trebitsch. 

Als Ersatzmänner wurden gewählt: Dr. E. v. Günther, 
Dr. E. Steinschneider, Dr. V. Ziegler. 

Delegierte des Vereines deutscher Zahnärzte in Böhmen: 
Dr. M. Lederer (Prag), Dr. W. Wittenberg (Aussig). 

Delegierte des Vereines österr. Zahnärzte: Dr. B. Faden- 
hecht und Dr. R. Vierthaler. 


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Associazione stomatologica Triestina. 


293 


Associazione stonatolopca Triestina. 

Am 21. März fand in Triest die konstituirende Ver¬ 
sammlung der „Associazione stomatologica Triestina“ statt. 
Der Zweck des Vereines ist die Förderung der Interessen der 
Zahnärzte in wissenschaftlicher, sozialer, kollegialer und wirt¬ 
schaftlicher Beziehung. 

Zu Funktionären wurden gewählt: 

Zum Präsidenten Dr. Ferdinand Tänzer; 

zum Präsidenten-Stellvertreter Dr. Eugen Videucich; 

zum Schriftführer Dr. Hermann Bodo; 

zum Kassier und Schriftführer-Stellvertreter Dr. Rudolf 
Fuchs. 

Dem Kollegen Vinzenz Harvalik wird für sein Eingreifen 
in Standesangelegenheiten der Dank des Vereines votiert. Es wird 
beschlossen, dem Zentralverbande der österreichischen Stoma- 
tologen die Sympathie auszudrücken und den Beitritt jedes 
Mitgliedes zum Verband anzuempfehlen. 

Dem Vorsitzenden des Verbandes österreichischer Stoma- 
tologen, Herrn Dozenten Dr. Rudolf Weiser in Wien, wird 
der besondere Dank des Vereines votiert für seine erfolgreiche 
und unverdrossene Tätigkeit in Wahrung der Standesinteressen 
der österreichischen Kollegen und für sein energisches Eintreten 
im Interesse der Triester Kollegen. 

Auch Herrn Dr. Rudolf Vierthaler in Wien wird für 
seine Kooperation in letzterer Beziehung gedankt. Es wird 
ferner beschlossen, zu den wissenschaftlichen Sitzungen hervor¬ 
ragende zahnärztliche Kollegen aus dem In- und Auslande für 
Vorträge und Demonstrationen zu gewinnen und Herr Dozent 
Dr. Rudolf Weiser ersucht, den Reigen der Vorträge in der 
ersten Monatssitzung zu eröffnen. 


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294 III. Internationaler Kongress für med. Elektrologie u. Radiologie. 


m. Internationaler Kontras für meflizinlKtse Elektrolop 
il Railolotto io Hallanfl. 

5. bis 9. September 1906. 

Das Pariser Organisationskomitee hat in seiner Ver¬ 
sammlung vom 16. November 1905 beschlossen, den III. Inter¬ 
nationalen Kongress für medizinische Elektrologie und Radio¬ 
logie vom 5. bis 9. September 1906 in Mailand abzuhalten. 
Die Vorarbeiten hat das Lokalkomitee übernommen. 

Die Kongressmitglieder, welche an den Diskussionen 
teilzunehmen oder Mitteilungen zu erstatten wünschen, sind 
gebeten, sich bei Professor Doumer, Generalsekretär des 
Organisationskomitees, in Lille, 57, Rue Nicolas-Leblanc, vor 
dem 15. August d. J. zu melden. 

Während des Kongresses findet eine Ausstellung von 
Apparaten für elektrobiologische und radiologische Zwecke statt. 

Exkursionen und Besuche der Kunstsammlungen von 
Mailand werden vom Lokalkomitee organisiert und von Fach¬ 
männern' geleitet. 

Kongressmitglieder erlegen 25 Francs, Kongressteilnehmer 
12 Francs 50 Cent. Die Mitglieds- oder Teilnehmerkarte be¬ 
rechtigt zur Benützung ermässigter Fahrkarten, zum Besuche 
aller Veranstaltungen, welche das Komitee vorbereitet, und der 
Ausstellung. Nur Kongressmitglieder erhalten die verschiedenen 
Publikationen des Kongresses und dürfen an den Diskussionen 
teilnehmen. 

Es wird gebeten, Anmeldungen und sonstige, auf den 
Kongress bezügliche Mitteilungen an Professor Dr. E. Schiff in 
Wien, I., Maximilianstrasse 13, den Vertreter des Organisations¬ 
komitees für Oesterreich-Ungarn, einzusenden. 

Für das Organisationskomitee: Für das Lokalkomitee: 

A. Tripier, Präsident. C. Bozzolo, Präsident. 

E. Doumer, Generalsekretär. C. Luraschi, Generalsekretär. 


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Missouri State Dental Association in St. Louis. 


295 


. Kauri State Dental Association in St Louis. 

Die einund vierzigste jährliche Versammlung der Missouri 
State Dental Association wird in diesem Jahre am 5., 6. und 
7. Juni in Springfield Mo. stattfinden. 

Ein reichhaltiges Programm ist in Vorbereitung und eine 
Anzahl vorzüglicher Fachleute hat ihre Mitwirkung zuge¬ 
sichert. 

Alle praktischen Zahnärzte sind zur Teilnahme freundlichst 
eingeladen. 

Sam. T. Bassett 

Korrespondenz - Sekretär. 


Referate und Journalsehau. 


Chirurgie der Mundhöhle. Leitfaden für Mediziner und 
Studierende der Zahnheilkunde von Privatdozent Dr. H. Kaposi 
und Prof. Dr. Port in Heidelberg. (Verlag von J. F. Berg¬ 
mann, Wiesbaden.) 

Es war zweifellos ein guter Gedanke, dass sich in die 
Abfassung der „Chirurgie der Mundhöhle“ Zahnarzt (Port) und 
Chirurg (K a p o s i) geteilt hatten, da es ja so oft in der Praxis 
vorkommt, dass die Vertreter beider Fächer gezwungen sind, 
eng mit- oder nebeneinander zu arbeiten. Und so wurde denn 
auch voll und ganz der von den Verfassern angestrebte Zweck 
des Werkes erreicht, die chirurgischen Erkrankungen der Mund¬ 
höhle mit besonderer Beziehung zu den Zahn- und Kiefer¬ 
krankheiten derart zur Darstellung zu bringen, dass sie für 
die Zwecke der Zahnärzte brauchbar zur Anschauung kommen. 
Es kann aber dabei auch der nur mit der Chirurgie sich be¬ 
schäftigende Praktiker entsprechend der zweckmässigen Art 
der Darstellung das vielfache Ineinandergreifen der chirurgischen 
Mundkrankheiten und der Zahn- und Kiefererkrankungen 
studieren, sowie in einschlägigen Fällen sich Rat holen. 


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296 


Referate und Jouraalschau. 


Es wurden daher die verschiedenen Methoden der 
Obturatoren und Prothesen, sowie die moderne Kieferfraktmv 
behandlung ausführlich und anschaulich geschildert. 

Was die genauere Einteilung des Werkes betrifft, so wird 
in den Anfangskapiteln eine kurze anatomische und physio¬ 
logische Darstellung der Mund- und Nebenorgane gegeben, 
dann folgt das Wichtigste über die Untersuchungsmethoden, 
hierauf werden die einzelnen Erkrankungen nach der allgemein 
üblichen Gruppierung in Missbildungen, Verletzungen, Ent¬ 
zündungen und Geschwülste abgehandelt und endlich werden 
die Beziehungen der Zahn- und Munderkrankungen zu All¬ 
gemeinerkrankungen besprochen. 

Dr. Alfred Neumann, VIII. 


Leitfaden der Zahn- und Kieferkorrektur. Von Professor 
Dr. Karl Jung . Mit 165 Abbildungen. (Verlag von Franz Deuticke, 
Leipzig und Wien 1906.) 

In den letzten Jahren ist das allgemein bekannte vor¬ 
zügliche Lehrbuch der Zahnregulierung von Angle (eine grosse 
und eine kleine Ausgabe) und auch jenes von Knapp erschienen, 
aber beide Autoren befassen sich ausschliesslich mit den von 
ihnen erfundenen Systemen, ohne auf die anderen bewährten 
älteren und neueren Methoden zu reflektieren. Das letzte ein¬ 
schlägige Lehrbuch, welches den verschiedenen Systemen 
Rechnung trägt, rührt von Walkhoff aus dem Jahre 1891 
her und es war demnach hoch an der Zeit, dass sich ein 
praktisch erfahrener Fachmann der Aufgabe unterzog, ein 
sämtliche neuere Methoden zusammenfassendes Lehrbuch über 
Zahn- und Kieferkorrekturen zu publizieren. 

Das Bedürfnis nach Regulierungen hat sich gerade in 
den letzten Jahren aus dem Kreise der Patienten heraus geltend 
gemacht und weder die Studierenden noch die in der Praxis 
stehenden Zahnärzte waren in der Lage, sich über die ver¬ 
schiedenen Methoden aus einem Lehrbuche zu unterrichten und 
nur darauf angewiesen, sich mit den in den Fachzeitschriften 
von Zeit zu Zeit publizierten Fällen zu begnügen. Nun ist es 
natürlich, dass die zur Veröffentlichung gelangenden Fälle 


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Referate und Journalschau. 


297 


meistens sehr kompliziert sind und nicht für die tägliche Praxis 
vorbildlich sein können. 

Prof. Jung hat in dem vorliegenden Leitfaden es ver¬ 
standen, Kürze mit Gründlichkeit zu verbinden, um Studierenden 
und Praktikern die Möglichkeit zu bieten, sich auf dem grossen 
Gebiete der Orthodontie unschwer orientieren zu können. Die 
zahlreichen guten Abbildungen erleichtern das Verständnis, die 
Kritik der verschiedenen Methoden ist präzis und enthält manche 
wichtige Hinweise auf Verbesserung derselben. 

Wer zu individualisieren versteht, und das ist auf keinem 
Gebiete so wichtig wie auf dem der Zahn- und Kieferregulierung, 
wird das Werkchen mit grossem Nutzen als Nachschlagebuch 
und im Wortsinne als „Leitfaden“ schätzen lernen. 

Bei Durchlesung des Buches erhält man den bestimmten 
Eindruck, dass der Autor alle Beispiele selbst durchgearbeitet 
hat und über eine grosse Erfahrung verfügt. Viele „Winke 
werden selbst dem erfahrenen Praktiker von Vorteil sein. 

— s. 


Leitfaden der zahnärztlichen Metallarbeit. Von Dr. Wilhelm 
Wallisch , Zahnarzt in Wien. (Verlag von Artur Felix, 
Leipzig 1905.) 

Verfasser bespricht in der Einleitung seines kleinen 
Werkchens die wesentlichen Eigenschaften der in der zahn¬ 
ärztlichen Metalltechnik verwendeten Materialien (Gold, Platin, 
Silber, Kupfer, Zinn, Zink, Aluminium, Wismut, Kadmium, 
Blei, Spencemetall). Die weiteren Kapitel sind der Bearbeitung 
dieser Metalle gewidmet. 

Im speziellen Teile, der auf jeder Seite den erfahrenen 
Praktiker erkennen lässt, behandelt Wallisch Kronen- und 
Brückenarbeiten, also detailliert die Herstellung der einzelnen 
Teile von Brückenpfeilern (Stift, Hülse, Schutzplatte, Ring und 
Krone der Wurzel mit Stift), dann die Vollkronen, die ge¬ 
fensterte Goldkrone, die Richmond-Stiftzähne und schliesslich 
die fixen und die abnehmbaren Brücken. 

Nach einer kurzen Schilderung der Bearbeitung der 
Metallplatten und der Apparate für Regulierungen kommen 


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Referate und Journalschau. 


im Schlusskapitel recht ausführlich die Reparaturen zur Be¬ 
sprechung, und zwar sowohl die der Goldplatten, als auch die 
Reparaturen im Munde. Bei diesen handelt es sich meist um 
den Ersatz eines abgebrochenen Porzellanzahnes, sei es bei 
einem einfachen Stiftzahn oder bei einer Krone oder Brücke. 
Bei diesen Arbeiten wendet Wallisch häufig die von ihm 
angegebene, recht zweckmässig konstruierte „Nietzange“ an. 

Dr. Alfred Neumann, VIII. 


Index der deutschen zahnärztlichen Literatur und zahn¬ 
ärztliche Bibliographie. Im Aufträge des Zentralvereines deutscher 
Zahnärzte bearbeitet von Prof. Dr. Tort in Heidelberg. II. Jahr¬ 
gang 1904. Heidelberg 1905. 

Als Fortsetzung des Index vom Jahre 1903 erschien nun 
der des Jahres 1904. Das mit so seltenem Fleisse zusammen¬ 
gestellte Werk, das fürderhin kein wissenschaftlich arbeitender 
Zahnarzt mehr wird entbehren können, blieb in seiner Ein¬ 
teilung unverändert. Auch diesmal enthält es drei Abteilungen; 
die erste umfasst die Anführung der Titel, welche nach grösseren 
Gruppen geordnet sind, die zweite das Autorenverzeichnis, die 
dritte ein Schlagwörterverzeichnis. Mit vollem Recht wollte 
Port an dieser Einteilung im Interesse der Uebersichtlichkeit 
nichts ändern, zumal bei der Zusammensetzung des grossen 
Index, der im Jahre 1906 erscheinen soll, Gelegenheit sein 
wird, neue Erfahrungen über die zweckmässigste Einteilung 
des Stoffes zu sammeln. 

Der zweite Jahrgang umfasst bereits 184 Seiten. 

Dr. Alfred Neumann , VIII. 


Beiträge zur Lehre von den Degenerationszeichen. Von 

Dr. Dohm , kgl. Kreisassistenzarzt, und A. Schede, prakt. Zahn¬ 
arzt. (Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medizin, 1906.) 

Ueber den Wert der sogenannten Degenerationszeichen 
als Merkmale der Entartung wird noch viel hin und her¬ 
gestritten. Lombroso und seine Anhänger vertreten die An¬ 
sicht, dass der geborene Verbrecher neben seiner geistigen 
Minderwertigkeit auch äusserlich die Zeichen der Entartung 


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Referate und Journal schau. 


299 


trägt, dass bei ihm die Stigmata häufiger und in schwererer 
Form Vorkommen, als beim ehrlichen Menschen. Die Verfasser 
haben 1011 Entartete, Zuchthäusler aus Wehlheiden, Cassel, 
Ziegenhain, Zöglinge der Besserungsanstalt Wabern und Kinder 
der Hilfsschule Cassel und als Vergleichsmaterial 600 Soldaten 
(Unteroffiziere und Mannschaften) untersucht. Nebst den Ano¬ 
malien des Gehirn- und Gesichtsschädels wurden die Ab¬ 
weichungen des Kiefers, der Zähne und des Gaumens besonders 
sorgfältig untersucht, und das perzentuelle Vorkommen von 
gespaltenem Zäpfchen, spitzer, breiter, gefurchter Zunge, 
Prognathie, Aufbiss, Kreuzbiss, eckigem Zahnbogen, Diastema, 
Meisseiform und Zapfenform der Zähne, Erosionen, hohem und 
V-förmigem Gaumen etc. etc. konstatiert. Anomalien der Mund¬ 
organe fanden sich bei den Verbrechern in 80*82 Prozent, bei den 
Normalen in 72-34 Prozent, ein Unterschied, der als so gering zu 
bezeichnen ist, dass eine besondere Häufigkeit von Anomalien 
an den Organen der Mundhöhle bei den Verbrechern bestritten 
werden muss, um so mehr, als die zum Vergleich dienenden 
Soldaten eher ein über dem Durchschnitte stehendes Material 
bieten, da sie ein viel geringeres Durchschnittsalter besassen 
und durch die Assentierung eine gewisse Elite des Volkes 
darstellen. 

Auch die Stigmata pathologischen Ursprungs (Rhachitis, 
Lues, Skrophulose etc.) waren bei den Verbrechern nicht häufiger 
zu finden. Wohl kam z. B. der Hydrocephalus im Verhältnisse 
von 0 : 1*03 Prozent, die Erosionen im Verhältnisse von 
2-7 :3-3 Prozent vor, anderseits fand sich der hohe Gaumen, 
die Folgeerscheinung adenoider Vegetationen bei den Soldaten 
viel häufiger vor, als bei den Verbrechern ^6*2 : 3*9 Prozent). 
Und doch ist gerade der äusserst ungünstige Einfluss adenoider 
Vegetationen auf die geistige Entwicklung bekannt. Dr. P. H. 

Ueber eine scheinbar pathogene Wirkung der Spirochaete 
dentium. Von Prof. Miller, Berlin. (Deutsche medizinische 
Wochenschrift, 1906, Nr. 9.) 

Prof. Miller fand beim Aufspalten eines kariösen Zahnes 
und bei genauerer Untersuchung der Pulpa, dicht unter der 

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300 


Referate und Joumalschau. 


Oberfläche einen Abszess von der Grösse eines Stecknadel¬ 
kopfes. Derselbe war mit auffallend weissem Eiter gefüllt. Die 
mikroskopische Untersuchung desselben ergab neben vereinzelten 
Stäbchen und Kokken eine so massenhafte Ansammlung von 
Spirochaeten, dass Miller geneigt ist, diese als die Ursache 
des Abszesses anzunehmen. Das Vorkommen der Mund- 
spirochaeten an dem schmutzig belegten Zahnfleisch, bei Angina 
und Noma, dann wieder ihre Abwesenheit an anderen Stellen, 
z. B. in kariösen Zahnhöhlen, lässt in Verfasser die Vermutung 
einer gewissen Beziehung des erwähnten Mikroorganismus zu 
Entzündungs- und Eiterungsprozessen entstehen. 

Dr. Alfred Neumann, Wien, VIII. 

Lieber einige Beziehungen der Otologie und Rhinologie 
zur Zahnheilkunde. Von Doz. Dr. 0. Piß , Prag. (Prager 
medizinische Wochenschrift, XXX, 50.) 

Verfasser geht nur auf drei Kapitel ein, die für den 
Zahnarzt wie für den Ohren- und Nasenarzt von grosser 
Wichtigkeit sind. 

Otalgia e carie dentis. Die Zahl der durch kariöse 
Zähne verursachten Otalgien ist ziemlich beträchtlich. Die 
Patienten kommen mit der Klage, an mitunter äusserst heftigen, 
andauernden oder zeitweiligen Schmerzen in der Tiefe des Ohres 
zu leiden, welche, wenn sie intermittierenden Charakter haben, 
meist in der Nacht auftreten und nicht selten zur bestimmten 
Stunde kommen, um nach verschieden langer Dauer wieder zu 
verschwinden. Untersuchen wir das Gehörorgan eines solchen 
Patienten, so finden wir in der Regel nirgends eine entzündliche 
Veränderung und prüfen wir das Gehör, so erweist es sich als 
normal. Auf der Suche nach der Ursache des Schmerzes ent¬ 
decken wir dann in der Regel einen kariösen Zahn meist im 
Unterkiefer mit Erkrankung der Pulpa oder der Beinhaut. Auch 
ein durchbrechender Weisheitszahn lässt sich nicht selten als 
Urheber des Leidens feststellen. Es ist bekannt, dass nicht nur 
die von der schmerzauslösenden Ursache direkt betroffenen 
Nervenbahnen erregt werden, sondern dass die Sensationen 
auch auf benachbarte Bahnen übergreifen und dass der 


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Referate und Journalschau. 


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irradiierte Schmerz sogar stärker werden kann als der primäre, 
indem die Erregbarkeit der primär affizierten Nervenfasern 
sich abstumpft. Vergegenwärtigen wir uns im Hinblicke auf diese 
Ausführungen, dass beide hier in Betracht kommenden Gebiete, 
sowohl das Gehörorgan als auch der Ober- und Unterkiefer 
bezüglich ihrer Sensibilität von denselben Nerven, nämlich vom 
Trigeminus und vom Glossopharyngeus versorgt werden, so liegt 
die Erklärung des Phänomens auf der Hand. Es erklärt sich, 
warum am erkrankten Zahne oft nicht der geringste Schmerz 
empfunden wird und die Patienten beim Ohrenarzt, statt beim 
Zahnarzt Hilfe suchen. Es ist auch verständlich, dass die Irra¬ 
diation des Schmerzes in den hier besprochenen Gebieten eine 
gegenseitige ist, dass also auch im Ohre entstandene Schmerzen 
z. B. bei akuten Mittelohrentzündungen in den Zähnen empfunden 
werden. In gewissem Sinne hierher gehörig ist auch die eigen¬ 
tümliche Erscheinung, dass manche, insbesondere hohe Töne 
mitunter in den Zähnen unangenehm empfunden werden. 
So berichtet V. Urbantschitsch von einem Wiener Arzte, 
der bei sehr hohen und sehr tiefen Tönen schwingender Saiten 
eine Schmerzempfindung in bestimmten Zähnen beobachtete, 
und zwar bei hohen Tönen am stärksten in den Eckzähnen 
des Oberkiefers, bei tiefen Tönen in einzelnen Zähnen des 
Unterkiefers. 

Einfluss der behinderten Nasenatmung auf 
die Ausbildung des Oberkiefers und der Zähne. 
Wie bekannt, beobachtet man bei Individuen, die infolge von 
Undurchgängigkeit oder starker Verengerung des normalen 
Atmungs weges durch die Nase gezwungen sind, zur Zeit ihrer 
körperlichen Entwicklung jahrelang durch den Mund zu atmen, 
gewisse Veränderungen in den Weichteilen und am Skelet des 
Gesichtes und des Thorax. Die Ursache der Verlegung der 
Nase kann eine verschiedene sein, Schwellung oder Tumor¬ 
bildung in der Nase, angeborener Verschluss der Choanen, 
Geschwülste des Nasenrachenraumes, Hyperplasie der Tonsilla 
pbaryngea. Die letztere Erkrankung liegt wohl in weitaus der 
grössten Zahl der hier in Betracht kommenden Fälle den Ver¬ 
änderungen zugrunde und daher kommt es auch, dass man 

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Referate und Journalschau. 


sich vielfach gewöhnt hat, die angedeuteten Alterationen in 
ihrer Gesamtheit als adenoiden Habitus zu bezeichnen. Man 
versteht darunter ein langes schmales Gesicht, mit schmaler 
Nase, wenig ausgesprochenen Nasolabialfalten, schlaffen flachen 
Wangen, herabgezogenen unteren Augenlidern, kurzer Ober¬ 
lippe und stets offenem Munde; die Schneidezähne sind un¬ 
regelmässig eingepflanzt, oft übereinander liegend und stossen 
vorne in einen spitzen Winkel zusammen, da die beiden Alveolar¬ 
fortsätze nach Art eines lateinischen V zusammentreten. Der 
Abstand der beiden Reihen der Backenzähne von einander ist 
geringer als im normalen Oberkiefer, dafür ist der harte Gaumen 
stark spitzbogenförmig nach oben ausgebuchtet. Da nun dieser 
hohe Gaumen die vertikale Ausbildung des Septums der Nase 
unmöglich macht, kommt es zu einer mehr weniger starken 
Verbiegung desselben. Am Brustkorb entstehen infolge der er¬ 
schwerten unnatürlichen Atmung Veränderungen, die als Pectus 
carinatum bekannt sind. Doch findet man keineswegs bei allen 
Kindern mit Rachenmandelhyperplasie diesen adenoiden Habitus 
und anderseits wird diese Gesichtsform oft beobachtet, wo die 
Untersuchung ganz freien Nasenrachenraum ergibt. Diese Er¬ 
kenntnis ist wohl nicht zuletzt die Ursache, weshalb sich die 
Meinungen über die Aetiologie dieser Veränderungen so schroff 
gegenüberstehen. Vortragender steht mit vielen anderen Autoren 
auf dem Standpunkte, dass die Mundatmung allein nicht im¬ 
stande ist, die oft hochgradigen Veränderungen am Gaumen 
und am Kiefer hervorzubringen, dass auch der Druck der 
Wangenmuskulatur unmöglich solche Wirkungen an einem 
normalen Knochen zur Folge haben könne, dass vielmehr noch 
eine abnorme Weichheit des Knochens zur Zeit des Zahn¬ 
wechsels, eine gesteigerte plastische Bildsamkeit des Schädels 
(Kayser) supponiert werden müsse. 

Kieferhöhlenempyem. Ueber die Aetiologie der 
Eiterungen der Oberkieferhöhlen sind die Meinungen der Autoren 
noch immer geteilt; während man früher geneigt war, alle 
Empyeme als Folgeerkrankungen der Zähne, respektive des 
Alveolarfortsatzes hinzustellen, nimmt man heute ziemlich all¬ 
gemein an, dass ein grosser Teil dieser Erkrankungen von der 


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Referate und Journal schau. 


303 


Nasenhöhle aus induziert ist. Manche Infeklionskrankheiten, 
unter diesen vor allem die Influenza, führen zur Entstehung 
von Kieferhöhleneiterungen, es ist sogar nachgevviesen, dass 
bei jedem heftigeren Schnupfen die Schleimhaut der Neben¬ 
höhlen der Nase mehr weniger mitbeteiligt ist. Hajek konnte 
unter 200 Empyemen seiner Beobachtung den sicheren Zu¬ 
sammenhang zwischen Zahnerkrankung und Empyem nur in 
13 (6*5 Prozent) Fällen konstatieren. Unter den vom Ver¬ 
fasser beobachteten 51 Fällen von Oberkieferhöhleneiterungen 
waren 12, also 23'/ 2 Prozent, bei denen aus der Anamnese 
mit Sicherheit auf dentalen Ursprung der Eiterung geschlossen 
werden konnte. 5 von diesen Erkrankungen waren entstanden 
direkt im Anschluss an eine Zahnextraktion (zweimal des 
zweiten Prämolaris, zweimal des ersten Molaris, einmal un¬ 
bestimmt welchen Zahnes). In den 7 anderen Fällen wurden 
von den Patienten Zahnschmerzen und Anschwellung der 
Oberkiefergegend ganz kurz vor Beginn der einseitigen Nasen¬ 
eiterung beobachtet. Die schuldtragenden Zähne waren viermal 
der erste Molar, einmal der zweite Molar, einmal der erste 
Prämolar; in einem Falle war derselbe nicht sicher zu be¬ 
stimmen, da bereits alle anderen Zähne fehlten. 

Die Diagnose der Kieferhöhlenempyeme ist bei ent¬ 
sprechender Deutung der Befunde in der Nase, deren Unter¬ 
suchung durch Kokain und Adrenalin sehr erleichtert ist, nicht 
schwierig. Besonders muss die Lokalisation des Eiters in der 
Nase, wenn nötig unter Zuhilfenahme des Fränkelschen Ver¬ 
suches und das Ergebnis der Durchleuchtung der Kieferhöhlen 
mittels der Vohsenschen Lampe berücksichtigt werden. In 
zweifelhaften Fällen muss die Ausspülung durch die natürliche 
oder die akzessorische Oeffnung, oder die Probepunktion mit 
nachfolgender Aspiration nach M. Schmidt, oder schliesslich 
die Ausspülung nach Punktion mittels der Lichtwitzschen 
Nadel, welche Punktionen beide durch den unteren Nasen¬ 
gang ausgeführt werden, zur Entscheidung verhelfen. Als 
Therapie genügt bei akuten Empyemen manchmal die Aus¬ 
spülung durch das Ostium maxillare oder das Ostium acces- 
sorium, die beide im mittleren Nasengang liegen und daselbst 


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304 


Referate und Journalschau. 


nach vorheriger Kokainisierung aufgesucht werden müssen. 
Bei chronischen Fällen soll in der Regel sofort die Anbohrung 
der Kieferhöhle vom Alveolarfortsatze aus nach Cooper 
vorgenommen werden. Der Bohrkanal wird in der Regel offen 
gelassen, da das Hineingelangen von Speiseteilchen wegen 
der Verlagerung des Zahnfleisches nicht zu befurchten ist. 
Wohl aber bilden sich, besonders in der ersten Zeit nach der 
Operation, von einem Tage zum anderen leicht Verengerungen 
und Adhäsionen im Bohrkanal, die dann das Einfuhren der 
Kanüle zu einer sehr schmerzhaften Manipulation gestalten. 
Dies ist auch der Fall, wenn der Knochenkanal sehr lang ist 
oder knapp an einer benachbarten Wurzel vorbeifuhrt. Zur 
Beseitigung dieses Uebelstandes lässt man Stifte anfertigen, 
die ständig getragen und nur vor der Ausspülung entfernt 
werden. Ein solcher Stift hat die Länge des Bohrkanales, 
verschmälert sich nach oben etwas und ruht mit seiner Basis 
auf einer dem Alveolarfortsatze angepassten Platte, die mit 
Klammern an den Nachbarzähnen befestigt wird und an ihrer 
unteren Fläche auch mit einem dem fehlenden entsprechenden 
künstlichen Zahn versehen werden kann. Dr. B. Kronfeld. 


Fixe und abnehmbare Brücken. (Fixed and remo- 
vable bridge-work.) Von F. A. Peeso . (Dental Summary, 
November 1905.) 

Autor schildert eingangs erst die vielen Unzukömmlich¬ 
keiten, die durch schlecht sitzende Brücken verursacht werden, 
legt das Hauptgewicht, wovon der Erfolg oder Misserfolg jeder 
Brückenarbeit abhängt, auf die Stellung, den jeweiligen Zu¬ 
stand und die Präparation der als Pfeiler zu benutzenden 
Zähne und vermerkt es übel, dass das punctum saliens aller 
Brückenarbeit, ob dieselbe fix oder abnehmbar gemacht werden 
soll, bisher so wenig Beachtung und Aufmerksamkeit gefunden 
hat. Jede fixe Brückenarbeit ist mehr oder weniger unrein; 
die self-cleansing surface wird man nach Monaten und Jahren 
immer von einem dicken Belag überzogen finden; die Reinigung 
mit der Bürste ist, wenn nicht ganz unmöglich, so doch für 
den Patienten sehr schwierig. 


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Referate und Joumalschau. 


305 


Ein zweiter Umstand, der unbedingt vermieden werden 
muss, ist das Aufstellen der Zähne in unmittelbarem Kontakt 
mit dem Zahnfleisch; das Radieren des Modells muss un¬ 
bedingt vermieden werden, da durch den Druck einesteils Ent¬ 
zündungen hervorgerufen, andernteils eine mechanische Reini¬ 
gung unmöglich ist. 

Ein Sattel, eine Umklammerung eines gesunden Zahnes 
durch einen dem Zahnfleisch eng anliegenden Bügel, muss un¬ 
bedingt vermieden werden; liegt derselbe nicht dicht an, so 
bietet er Speiseresten eine sehr günstige Retention, liegt er 
dagegen wieder dem weichen Gewebe des Gaumens dicht an, 
so muss er notgedrungen entzündliche Erscheinungen ver¬ 
ursachen, welche früher oder später die Entfernung der Brücke 
fordern. 

Ein weiteres Moment, das Autor gegen die fixen Brücken 
ins Feld führt, ist die Schwierigkeit, Reparaturen vorzunehmen 
oder nötigenfalls noch Zähne anzubringen. 

Ein weiterer Grund, der gegen die Verwendung fixer 
Brücken spricht, ist die Schwierigkeit, die Nachbarzähne zu be¬ 
handeln. Rotterdam ist meist schwierig, oft unmöglich anzu¬ 
legen; eine in den meisten Fällen nötige Separation ist un¬ 
möglich zu erreichen; Amalgamfüllungen können nicht in Ver¬ 
wendung kommen und es bleiben nur die zwei Möglichkeiten, 
entweder Zement zu füllen oder die Brücke zu entfernen. 

Mit der Verwendung der abnehmbaren Brücken haben 
sich die Möglichkeiten der Brückenarbeiten überhaupt bedeutend 
vermehrt; in Fällen, in denen es ganz unmöglich wäre, eine 
fixe Brücke einzusetzen, kann man einen absolut tadellosen 
und dauernden Ersatz durch eine abnehmbare Brücke schaffen, 
z. B. in Fällen, in denen alle unteren Molaren fehlen. Ab¬ 
gesehen von diesen Fällen, sind noch manche Vorteile, welche 
den abnehmbaren Brücken die Superiorität über die fixen 
sichern. 

Vor allem die Möglichkeit der leichten und gründlichen 
Reinigung; die Leichtigkeit, Reparaturen ohne Belästigung des 
Patienten vornehmen zu können. Die leichte Zugänglichkeit 
der Nachbarzähne, im Falle diese einer Behandlung bedürfen. 


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Referate und Journalschau. 


Die Möglichkeit, das Modell radieren und die Zähne so 
besser an das Zahnfleisch anschliessen zu können; stellen sich 
Reizungserscheinungen, d. i. Druckstellen, ein, so können die 
Zähne jeden Moment gekürzt werden. 

Die von manchen Autoren gegen die abnehmbaren Brücken 
erhobene Einsprache, dass die Pfeiler durch das häufige Ab¬ 
nehmen und Einsetzen leiden und locker werden müssen, ist 
absolut nicht stichhältig, wenn die Arbeit genau und präzise 
und das Material, aus dem die Kronen gemacht sind, hart und 
unnachgiebig ist. Dr. Opph. 


Ueber Perhydrol-Mundwasser. Von Prof. H. Koerner , Halle. 
(Aerztliche Vierteljahrs-Rundschau, II, 1.) 

Es gibt kein Mittel, welches so schnell und so sicher bei 
manchen akuten und chronischen Prozessen in der Mundhöhle, 
bei Alveolarpyorrhoe etc. wirkt wie Wasserstoffsuperoxyd. 
Der täglichen Anwendung stellen sich jedoch dadurch Hinder¬ 
nisse entgegen, dass die Haltbarkeit und die daraus resultierende 
Wirksamkeit des H % 0* eine sehr beschränkte ist und es, soweit 
die bis jetzt im Handel befindlichen Präparate in Betracht 
kommen, für die Zähne nicht gleichgiltig, ja eventuell sogar 
schädlich ist. In reinem Zustande zersetzt es sich bald. Der 
Zusatz von Säuren macht es zwar haltbarer, schliesst jedoch 
die tägliche Anwendung des Mittels als Mundwasser aus. Auf 
Koerners Veranlassung suchten Mering und Henrici 
nach einem Mittel, um wässerige Lösungen von H 2 0 % ohne 
Säurezusatz haltbar zu machen und fanden ein solches im 
Zusatze minimaler (0*05 Prozent) Mengen von neutralen Körpern 
aus der Klasse der Acylamide, Acylderivate, aromatischen 
Basen etc. Damit erhält man ein absolut säurefreies, also un¬ 
schädliches, anderseits aber haltbares Präparat, welches von 
der Kölner chemischen Fabrik Krewel & Co. hergestellt wird. 

Ein ideales Mundwasser muss vor allem unschädlich 
sein in bezug auf den Gesamtorganismus (keine Gifte!), auf 
die Mundschleimhaut (nicht reizend oder ätzend) und auf die 
Zähne (nicht entkalkend und nicht verfärbend). Es soll gut 


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Referate und Journalschau. 


307 


desinfizieren, d. h. da es nicht möglich ist, die Mund¬ 
höhle keimfrei zu machen, die Bakterien nach Möglichkeit ver^ 
mindern und in ihrer Virulenz und Entwicklungsfähigkeit 
schädigen. In dritter Linie müsste es mechanisch reinigend 
wirken. Säurefreies H\ 0* entspricht diesen Anforderungen voll¬ 
kommen. Es ist ungiftig, indifferent für den Organismus, für 
Schleimhaut und Zähne. Es verfärbt die Zähne nicht, wirkt 
eher bleichend und reinigend. Es ist ein vorzügliches Des¬ 
infektionsmittel, das noch in 1 prozentiger Lösung die Bakterien¬ 
menge im Munde nach einer Minute auf etwa die Hälfte, 
nach fünf Minuten auf den vierten bis fünften Teil herabsetzt. 
Für uns ist es ganz besonders interessant, dass Wasserstoff¬ 
superoxyd sehr stark die Bakterien der Milchsäuregärung be¬ 
einflusst und dass es gärungshemmend wirkt. Es ist diese 
Tatsache deshalb so ausserordentlich wichtig für den Gebrauch 
des Wasserstoffsuperoxyds als Mundwasser, weil gerade eine 
Entfaltung dieser Eigenschaften im Munde besonders wünschens¬ 
wert ist. Die desodorierende Wirkung des Perhydrol ist ganz 
ausserordentlich und von der Anwendung bei jauchenden 
Wundflächen, Karzinomen usw. bekannt. Schliesslich wirkt es 
auch in eigentümlicher Art mechanisch reinigend. Bekanntlich 
tritt, wenn Wasserstoffsuperoxyd rein oder in Lösungen mit 
Gewebsflüssigkeiten, mit Bakterienaufschwemmungen, mit Mund¬ 
speichel usw. in innige Berührung kommt, eine starke, mächtige 
und rapide Schaumbildung auf, und zwar dadurch, dass 
eine grosse Menge von Sauerstoff plötzlich frei wird. Eben 
diese Schaumbildung ist es aber, welche O s für unsere 
Zwecke, eine Reinigung der Mundhöhle und der Zähne herbei¬ 
zuführen, so ausserordentlich geeignet macht. Der sich schnell 
entwickelnde Schaum reisst von der Oberfläche der Zunge, 
der Mundschleimhäute, der Zähne den anhaftenden Schleim* 
Speisereste und alles, was sonst an ihnen haftet, mit in die 
Höhe und reinigt so auch Stellen, an die wir sonst mit unseren 
reinigenden Instrumenten wohl schwer oder gar nicht heran¬ 
kommen. Diese Schaumbildung wird ja auch bei der Reinigung 
eiternder, putrider und stinkender Wunden ganz besonders 
geschätzt. 


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308 


Heferate nnd Jouraalschau. 


Perhydrollösungen sind nahezu geschmacklos. Da aber 
manchen Menschen der freiwerdende Sauerstoff gleichwohl 
eine metallische Geschmacksempfindung verursacht, wurde dem 
Mundwasser etwas Ol. menth. pip., ferner des besseren Aus¬ 
sehens wegen ein roter organischer Farbstoff zugesetzt. 

Was nun die Art und Weise des Gebrauches des Perhydrol- 
mundwassers anlangt, so ist nach erfolgter sorgfältiger und 
gründlicher Reinigung des Mundes und der Zähne mit Wasser, 
Bürste, Zahnstocher, Zahnseife oder Pulver — eine Reinigung, 
die am besten nach jeder Mahlzeit, mindestens aber früh und 
abends ausgeführt werden sollte — das Perhydrolmundwasser 
mit 2 Teilen Wasser zu verdünnen (vielleicht 1 Teelöffel in 
2 Teelöffel Wasser). Diese Menge ist auf einmal in den Mund 
zu nehmen und unter den gewöhnlichen starken Spülbewegungen 
möglichst lange, mindestens aber 2 bis 3 Minuten im Munde 
zu lassen. Es wird eine sehr starke Schaumbildung erfolgen, 
welche zur Erzielung des vollen Erfolges nötig ist. 

Dr. R. Kron/eld. 


Pulpaexstirpation mittels Druckanästhesie. Von W.E. Griffin , 
Ryde. (British Dental Journal, XXVI, 23.) 

Im Jahre 1902 schrieben G*abell und Austen in ihrer 
»Materia Medica for Dentists“, dass Kokain nicht imstande sei, 
die Pulpa eines Zahnes zu anästhesieren. Heute haben wir 
alltäglich Gelegenheit, uns von dem Gegenteil zu überzeugen. 

Griffin bevorzugt bei der Druckanästhesie die Hypo- 
dermic-Tablets Nr. 81 von Parke Davis, welche Kokain, 
Morphin und Atropin enthalten. f / a oder y* Tablette wird 
mit Hilfe eines winzigen, in Adrenalin getauchten Wattekügelchens 
in die Kavität gebracht und bleibt dort einige Sekunden auf 
der exponierten Pulpa liegen. Dann wird ein Stück unvulkani¬ 
sierten Kautschuks, nicht ganz so gross wie die Kavität, darüber¬ 
gelegt und sehr sanft angedrückt. Bei der geringsten Schmerzens- 
äusserung lässt man im Drücken nach und beginnt nach einigen 
Sekunden wieder sehr vorsichtig von neuem. Nach einigen 
weiteren Sekunden kann der Druck allmählich und kontinuier¬ 
lich, stets ohne Schmerz zu erzeugen, gesteigert werden. Bei 


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Referate und Jouraalschau. 


309 


Approximalkavitäten drückt man den Kautschuk zunächst fest 
gegen die Ränder der Kavität und dann erst sanft gegen die 
Pulpa. Kugelige, kleine Instrumente sind hiezu ungeeignet, da 
sie sich in den Kautschuk einbohren und keinen gleichmässigen 
Druck gestatten. Man nehme daher nur flache, breite 
Stopfer, welche sich auch leicht ohne Verschiebung des 
Kautschuks wieder entfernen lassen. Wenn nach 1 bis 2 Minuten 
auch der starke Druck nicht mehr empfunden wird, entfernt 
man Kautschuk und Wattebäuschchen, eröffnet die Pulpa¬ 
kammer und kann die Pulpa sofort ohne Schmerz und ohne 
Blutung extrahieren. Nur in seltenen Fällen ist eine Wieder¬ 
holung des Druckverfahrens innerhalb des Cavum pulpae nötig. 

Am bequemsten ist das Verfahren bei blossliegender 
Pulpa anzuwenden, doch versagt es auch dann nicht, wenn 
dieselbe noch von Zahnbein bedeckt ist; ein Tropfen Adrenalin, 
einige Kokainkristalle, ein Tropfen Formagen und dann Druck 
mit Kautschuk. Zur Erzielung vollständiger Anästhesie braucht 
Verfasser '/* bis 3 Minuten. Dr. R. Kronfeld. 


Eine neue Methode, das Dentin unempfindlich zu machen. 

(A new obtünding method.) Von Orittenden Van Wyck, 
San Francisco. (Items of Interest, Oktober 1905.) 

Nach Aufzählung der allbekannten, bisher angewandten 
Mittel bespricht Autor das Nervocidin und Erytbrophlein etwas 
eingehender in ihrer Wirkung, spricht jedoch zum Schlüsse 
nur der Druckmethode mit Kokain oder der hohen Kälte- und 
Wärmeeinwirkung das Wort; alle diese drei Methoden erfüllen 
voll den von einem Anästhetikum verlangten Zweck. Sie er¬ 
zeugen vollständige Unempfindlichkeit; sie sind für alle, auch 
schwer zugänglichen Kavitäten anwendbar; sie ermöglichen die 
Fertigstellung des Zahnes in einer Sitzung; sie üben keine nach¬ 
teilige Wirkung auf die Pulpa. Eingehend bespricht Autor dann 
seinen Aethersprayapparat, wobei es, ebenso wie bei der Ver¬ 
wendung des Chloräthyls, dessen planlose Anwendung jedoch 
sehr schmerzhaft ist, hauptsächlich darauf ankommt, das Mittel 
langsam und allmählich auf den Zahn einwirken zu lassen, also 


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310 


Beferate und Journalschau. 


vorerst etwas mit dem Mittel angefeuchtete Watta auf den Zahn 
zu legen, keinen zu starken Strahl auf denselben fallen zu lassen 
und für die rasche Verdunstung zu sorgen. Dr. Opph. 


Devitalisation bei Kronen- und Brückenarbeiten. (Devi- 
talisationin crown and bridge-work.) Von Älden Bush, 
Ohio. (Dental Summary, August 1906.) 

Die Devitalisation lebender Zähne für Kronen- und 
Brückenarbeiten, die durch richtige Anwendung von Anästheticis 
zu einem relativ leichten Eingriff sich gestaltet, ist eine un¬ 
bedingte Notwendigkeit für eine genaue mechanische Präpa¬ 
ration, namentlich an den Molaren, sowie sie ein nicht zu um¬ 
gehendes Postulat ist zur Vermeidung des Selbstzerfalles der 
Pulpa und der daraus resultierenden entzündlichen Erscheinungen 
und Alveolarabszesse. 

Eingehendes Studium der Histologie und Physiologie des 
Zahngewebes, sowie der Funktionen des Pulpagewebes recht¬ 
fertigt vollständig die vom Autor aufgestellte Forderung der 
Devitalisation. 

Ein Zahn ohne Nerv ist nicht tot, er wird durch die peri¬ 
dentale Membran ernährt und in einem solchen Zahn ist das 
Tastgefühl ebenso vorhanden wie in einem intakten Zahn. Das 
Dentin hat keine Nerven, sondern steht mit den Ausläufern 
der Odontoblasten, den Tomesschen Fasern, mit dem Zahn¬ 
nerv in Verbindung; an der Berührungsfläche des Dentins mit 
dem Schmelz endigen dieselben und sind hier am empfind¬ 
lichsten; soll nun ein Zahn mit einer Krone versehen und 
lege artis der ganze Schmelz weggenommen werden, so hindert 
die überaus grosse Empfindlichkeit die exakte mechanische 
Präparation und Vollendung. Der Reiz der mechanischen Prä¬ 
paration, der von den Tomesschen Fasern zur Pulpa weiter 
geleitet wird, der Reiz der grossen Menge Zement auf die 
freiliegenden Fibrillen, die metallische Bedeckung des Zahnes, 
dem physikalischen Gegenteil der natürlichen Schutzhülle, dem 
Schmelz, die plötzliche Isolierung oder wenigstens bedeutende 
Herabsetzung der normalen sekretorischen und Temperatur¬ 
einflüsse auf das Pulpagewebe, all das sind Gründe genug, 


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Referate und Journalschau. 


311 


welche, um einem Pulpazerfall und dessen unausbleiblichen 
Folgen vorzubeugen, für die Devitalisation eine beredte Sprache 
führen. 

Nach dem 50. Lebensjahre, zu welcher Zeit schon Pulpa¬ 
atrophie und Ablagerung sekundären Dentins stattgefunden 
hat, wo sich also die Gefahr des Pulpazerfalles und seiner 
Folgen auf ein Minimum reduziert hat, kann man von der 
Devitalisation Abstand nehmen. Dr. Opph. 


Novocain, ein neues örtliches Anästhetikum. Von Dr. B. Sachse, 
Leipzig. Vorläufige Mitteilung (Separatabdruck aus Nr. 45, Jahr¬ 
gang III, der „Deutschen zahnärztlichen Wochenschrift“.) 

Also wieder ein neues Anästhetikum! Vor dem Kokain 
soll das Präparat folgende Vorzüge haben: Die wässerige 
Lösung des Novocain lässt sich, was von besonderer Wichtig¬ 
keit ist, aufkochen, ohne dass das Präparat an Wirksamkeit 
verliert oder eine Zersetzung erleidet. Die Lösungen des 
Novocain bleiben auch ferner beim tagelangen Stehen in lose 
verstopften Glasflaschen vollständig klar. 

Nach den Versuchen Brauns ist Novocain ein An¬ 
ästhetikum mit geradezu idealer Reizlosigkeit. Auch lOprozentige 
Lösungen des Mittels werden bei endermatischer Injektion re¬ 
sorbiert, ohne Spuren am Ort der Einverleibung zu hinterlassen. 

Die Extraktionswunden, die nach Kokaip-Suprarenin 
leicht geschwollene und gerötete Ränder haben und ent¬ 
schieden langsamer verheilen, als solche ohne jede Injektion, 
sehen bedeutend besser aus und verheilen reaktionslos bei der 
Injektion von Novocain-Suprarenin. Viel wichtiger aber ist diese 
Reizlosigkeit bei Injektion ins gesunde Gewebe behufs Erzielung 
von Dentinanästhesie. 

Ein weiterer Vorzug des neuen von den Höchster Farb¬ 
werken fabrizierten Mittels besteht darin, dass es vom Gesamt¬ 
organismus besser vertragen wird als Kokain. 

Was nun die in der zahnärztlichen Praxis anzuwendende 
Dosis betrifft, so kommt die 2prozentige Lösung in Frage. Man 
kann, je nach dem Falle, 1 bis 5 Ccm. davon injizieren und 
wird, je nach dem zu injizierenden Quantum, 2 bis 5 Tropfen 


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312 


Varia. 


der Sol. supraren. boric. (1 : 1000) hinzusetzeri. Für 1 bis 2 
Extraktionen verwende man nicht mehr wie 2 Gern. Novocain 
+ 3 Tropfen Sol. supraren. Mit 5 Ccm. Novocain -f* 6 Tropfen 
Sol. supraren. hat Braun (1. c.) den ganzen Alveolar-Fortsatz 
des Oberkiefers auf einmal unempfindlich gemacht! Für Dentin¬ 
anästhesie, zum Separieren, Abschleifen der Zähne, Wurzel¬ 
spitzenresektion etc. genügt durchaus die lprozentige Lösung. 

Dr. Alfred Neumann, VIII. 


Varia. 


WIEN. Todesfall. Nach kurzem Krankenlager verschied am 
2. April d. J. Dr. Viktor Dembon, Assistent des Dr. Smreker 
und Schriftführer des Zentralverbandes österreichischer Stoma- 
tologen. 

* 

BRESLAU. Auszeichnung. Prof. Dr. Part sch wurde durch 
die Verleihung des roten Adler-Ordens IV. Klasse ausgezeichnet. 

* 

MÜNCHEN. Ernennung. Dr. Meder, Dozent für Zahn¬ 
ersatzkunde am zahnärztlichen Universitäts-Institute, wurde der 
Titel eines königlichen Professors verliehen. 

* 

STRASSBURG. Professur. Doz. Dr. Oskar Römer wurde 
zum a. o. Universitäts-Professor ernannt. 

* 

BERLIN. Todesfall. Prof. Dr. Klingelhöfer ist in Genua, 
wo. er sich auf einer Erholungsreise befand, einer Lungen¬ 
entzündung erlegen. Die Leiche wurde zur Beerdigung nach 
Berlin überführt. 


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Empfangene Zeitschriften. 


Dental Era. 

Dental Oosmos. 

Dental Digest. 

Dental Review. 

Dominion Dental Journal. 
Western Dental Journal. 


Amerika: 

Dental Summary. 

Pacific Dent. Gazette. 

Items of Interest. 

Dental Brief. 

Dental Hints. 

Dental Office and Laboratory. 

Australien: 


Australian Journal of Dentistry. 

Belgien: 

Bulletin de la Soci§t6 Beige de Stomatologie. 

Dänemark, Schweden und Norwegen: 

Odontologisk Tidskrift. I Reflector. 

Nordisk. Tandläk. Tidskrift. | Tandlägebladet. 

Excerpta odontologica. | 

Deutschland: 


Korrespondenzblatt für Zahnärzte. 
Die Zahnkunst. 

Zahnärztliche Rundschau. 

Deutsche zahnärztl. Wochenschrift. 
Odontologische Blätter. 

British Joum. of Dental Science. 
Joum. of the Brit. Dent. Assoc. 
Dental Record. 


Zahntechnische Reform. 

Archiv für Zahuheilkunde. 

Deutsche zahnärztliche Zeitung. 
Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk. 
D’h Gesundheitswarte der Schule. 

1 : 

Quarter ly Circular. 

Elliots Quarterly. 


England 


L’Odontologie. 

Le Progrös dentaire. 

La Revue de Stomatologie. 
Le Laboratoire. 

Revue odontologique. 


Frankreich: 

Le Monde dentaire. 

Le mois mSdico-chirurgial. 

Revue internat. de Prothese dentaire. 
Revue de Chirurgie dentaire. 

Revue g6n6ral de l’Art dentaire. 


Holland: 

Handelingen v. h. Nederl Tandheel- I Tijdschrift voor Tandheelkunde. 
kundig Genootschap. | 

Italien: 


Giomale di Correspond, pei Dentisti. | La Stomatologia. 

Japan: 

Shikwa-gakuho. 

Oesterreich-Ungarn: 


Wiener klinische Wochenschrift. I 

Wiener medizinische Blätter. 

Mediz.-chirurg. Zentralblatt, 
österr. ärztliche Vereins-Zeitung. 

Österr. Zeitschrift für Stomatologie. 
Zeitschrift für Zahntechnik. j 

Russland: 


Ash’s Wiener Vierteljahrs-Fachblatt. 
Stomatologiai Közlöny. 

Magyar Fogorvosok Lapja. 

Zubni 16karstvi. 

Medico-technologisches Journal. 


Przeglad Dentystyczny. I Odontologitscheskoje Obosrenije. 

Zubowratschebni wjestnik. [ 

Schweiz: 

Schweizerische Vierteijahrsschrift für Zahnheilkunde. 

Spanien: 

La Odontologia. | La Odontotecnica. 


Wir bestätigen den Empfang von Tauschexemplaren der genannten 
Zeitschriften und bitten um deren fernere Zusendung unter der Adresse: 

JULIUS WEISS, Wien, I. Petersplatz 7. 


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314 


Empfangene Bücher und Broschüren. 

(Mit Vorbehalt weiterer Besprechung.) 

Lehrbuch der Orthodontie für Studierende und Zahnärzte mit 
Einschluss der Geschichte der Orthodontie. Von W. Pfaff, Hof¬ 
zahnarzt, Dresden. Mit 456 Abbildungen. Verlag der Zentral¬ 
stelle für Zabnhygiene, 1906. 

Leitfaden der Zahn- und Kieferkorrektur. Von Prof. Dr. 
med. Karl Jung, Berlin. Mit 165 Abbildungen. Franz Deuticke, 
Wien und Leipzig, 1906. 

Oie Aufklappung der Schleimhautbedeckung der Kiefer. 

Von Prof. C. Partsch in Breslau. Sonderabdruck aus der 
„Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“. 

Zur Wurzelresektion. Von A. Masur in Breslau. Sonder¬ 
abdruck aus der „Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“. 

Der Zahnschmerz. Von Dr. Robert Kr onfeld, Zahnarzt 
in Wien. Sonderabdruck aus der „Wiener medizinischen 
Wochenschrift“. 

Ueber operative Eingriffe an den Kiefern. Aus dem zahn¬ 
ärztlichen Institut der Universität Breslau (Direktor Prof. Dr. 
C. Partsch). Von Zahnarzt Kurt Riesenfeld. Sonderabdruck 
aus der „Oesterrechischen Zeitschritt für Stomatologie“. 

Die Zahnverderbnis der Schuljugend und ihre Bekämpfung. 
Von Prof. Dr. med. Jessen, Strassburg im Eisass. Sonder¬ 
abdruck aus der „Gesundheitswarte der Schule“. 

Validol Camphoratum. Von Zahnarzt Emil Voigt, Herne. 
Sonderabdruck aus der „Zahnärztlichen Rundschau“. 

Traite theoretique et pratique des Couronnes artificielles 
et du Bridgework. Par G. A. Roussel, D. D. S. Avec 1173 
figures dans le texte. Paris 1906. Octave Dorn, Editeur, 8, Place 
de l’OJeon. 

E. Mlercks Jahresberichte. XIX Jahrg., 1905. Darmstadt, 
Jänner 1906. _ 


NB. Bei Zusendung von Rezensionsexemplaren, Tausch¬ 
exemplaren von Zeitungen etc. wolle man sich nur meiner 
Adresse bedienen. T ,. TTr ■ 

Julius Weiss 


Wien, I. Petersplatz Hr. 7. 


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(Mitgeteilt von Ing. lf. Monath, Patentanwalt, Wien, 
I. Jasomirgottstrasse 4.) 


Verfahren zur Herstellung künstlicher Mineralzähne. 
W. Abel in Hamburg. 

Rotierende Zahnbürste. Eduard Penkala in Agram. 

Zahnzange. Adolf Schweickhardt, Fabrikant in Tutt¬ 
lingen. 

Federmotor mit Antriebsvorrichtung für rotierende Werk¬ 
zeuge, besonders für zahntechnische und chirurgische Zwecke. 
Josef B er ent, Zahnarzt in Paris. 

Apparat zum Anwärmen von Kautschuk mittels Dampf. 
Erich Güntert, Nordhausen. 

Verfahren zur Herstellung künstlicher Zähne, Mund- und 
Gesichtsteile aus Metall und Email. J. F. Cornaud, Paris. 

Verfahren und Vorrichtung zum Abformen des Kiefers 
für die Zwecke des Zahnersatzes. F. Ko es t er, München. 

Vorrichtung zur Bestimmung der Mittellinien bei der 
Bissnahme und beim Aufbau künstlicher Gebisse. Willy Stern 
und R. Kurz, Allenstein. 

Auswechselungsvorrichtung für künstliche Zähne an festen 
Brücken. Fritz Krumnow, Berlin. 

Winklig zum Handgriff verstellbarer Bohrkopf für Zahn¬ 
bohrmaschinen. Chester M. Freeman, Baltimore. 

Hülse für das Handstück der Bohrer für zahnärztliche 
Bohrmaschinen aus einem Hartgummikörper, welcher gegen 
Drehung und Längsverschiebung gesichert ist. Paul Reproldt, 
Riga. 

Küvette zum Vulkanisieren von Kautschukplatten Jfür 
zahnärztliche Zwecke mit an den Aussenseiten angebrachten 
Verschlusshebeln und glattem Innenraume. W. Schmidt, 
Stuttgart. 

Achatpolierspitze für zahnärztliche Bohrmaschinen, zum 
Polieren sämtlicher Zahnfüllungen. F. Schmidt, Altona i. E. 


7 


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316 


B ewerber um Assistenten- und Technikerstellen werden 
ersucht, ihren Offerten stets Zeugnisabschriften und 
Photographie beizuelgen. Oie Stellensuchenden werden 
dringend ersucht, uns sofort zu verständigen, wenn sie 
— gleichgiltig, ob durch oder ohne unsere Vermittlung — 
Stellung gefunden haben. 

Weiss & Schwarz 


Folgende Stellen sind zu besetzen: 

Techniker: 

Nr. 617. Erstklassiger Techniker, in Kronen-, Brucken- und 
Regulierungsarbeiten perfekt, ausschliesslich im Labo¬ 
ratorium beschäftigt, gegen hohen Gehalt für Wien. 
„ 618. Wie vorher. 

„ 619. Wie vorher. 

620. Erstklassige Kraft für böhmischen Kurort. 


621. 

TI 

, „ Budapest. 

622. 

V) 

„ „ südungarische Stadt. 

623. 

r 

„ n nordungarische Stadt. 


„ 624. Tüchtiger Kautschukarbeiter für Schlesien. 

„ 625. „ „ „ Mähren. 

„ 626. „ selbstständiger Techniker als Vertreter für 

vier bis sechs Wochen für Mähren. 


Praxis-Verkauf. 

In deutscher Stadt mit 18.000 Einwohnern ist eine gut 
gehende Praxis mit 15.000 K Brutto-Einnahmen um 12.000 K> 
inklusive Inventar, zu verkaufen. 


Anfragen an die Herren Weiss & Schwarz, Wien* 
I. Petersplatz 7. 



MUDr., zahnärztlich gut ausgebildet, für zwei Monate 
in deutschböhmischer Stadt gesucht. 


Anträge unter „Vertreter Nr. 627“ befördern die 
Herren Weiss & Schwarz, Wien, I. Petersplatz 7. 


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317 


Zahnärztlicher Unterricht 

an den 

Universitäten in Oesterreich u* Ungarn. 

-- 

a.) Oesterreiclx. 

Wien. K, k. zahnärztl. Universitäts-Institut, ix. T&rkenstrasse 9. 

Vorstand: Reg.-Rat Prof. Dr. Julius Scheff. 

Assistent: Dr. B. Spitzer. 

Demonstratoren: I. stud. med. Weinfeld, II. stud. med. Schweiger, 

III. stud. med. Sofer. 

I. Semestral Vorlesungen Ober operative und konservierende Zahnheilkunde 

fünfmal wöchentlich von 4 bis 6 Uhr abends. Dieselben umfassen die gesamte 
Theorie in Verbindung mit Uebungen am Phantom uud dauern als solche bis 
zu den Weihnachtsferien. Nach letzteren beginnen die praktischen Uebungen 
an Patienten bis zum Semesterschluss. 

II. Semestralvorlesungen für Mediziner zweimal wöchentlich. 

III. Semestralvorlesungen Ober Zahnersatzkunde; Herstellung von Ersatz- 
ettieken an Patienteu, fünfmal wöchentlich von 8 bis 10 Uhr vormittags. Von 
10 bis 12 Uhr praktische Uebungen in den Arbeitsräumen für Zahnersatzkunde. 

IV. Doz. Dr. Rudolf Loos liest ein zweistündiges Kolleg „über aus- 
gewählte Kapitel der Zahnheilkunde“. Samstag von 4 bis 6 Uhr nachmittags. 


V. Ferialkurs: 

Instituts - Assistent Dr. B. Spitzer hält einen theoretischen und 
vraktischen Ferialkurs über operative und konservierende Zahnheilkunde und 
Zahnersatzkunde mit Uebungen am Patienten ab. 

Beginn: 8. September 1906. 

Dauer: 6 bis 7 Wochen. 

Zeit: Täglich von 8 bis 11 Uhr vormittags: Zahnersatzknnde. 

„ „ 4 „ 7 „ nachmittags: Zahnheilkunde. 

Honorar: Zahnheilkuude 100 K , Zahnersatzkunde 100 K. 

Anfragen: IX. Türkenstrasse 9, Universitäts-Institut. 


Wien, Zahnärztl Abteilung d. allg. Poliklinik, ix. Hörergasse 1. 

Vorstand: Doz. Dr. v. Wunschheim. 

Assistenten: Dr. v. An der Lan. 

I. Theoretischer und praktischer Kurs über Zahnheilkunde mit Demon¬ 
strationen, sechswöchentlich, fünfmal von 6 bis 7 Uhr abends; an Stelle der 
Semestralvorlesungen, Studierende ein BstündigesKollegieneeld, Doktoren40 JT. 

II. Praktische Uebungen in konservierender Zahnhellkünde an Patienten 
fttrVorgeschritteue. zehnstündig, fünfmal wöchentlich von 5 bis 7 Uhr abends, 502T. 

III. Praktische Uebungen in der Zahnersatzkunde, zehnstündig, fünfmal 
wöchentlich von 8 bis 10 Uhr vormittags, 100 AT. 

IV. AbteiluDgs-Assistent Dr. v. An der Lan hält in den Weihnachts¬ 
ferien, zu Ostern und im September praktische Korse über konservierende 
Zahaheilkunde und Zahnersatzkunde mit Uebungen am Patienten ab. 

Doz. Dr. Rudolf Weiser liest im Sommersemester hicht. 


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Verstand: Prof. Dr. Anton Bleichsteiner. 

Assistent: Dr. Ed. Urban tschitsch. 

Sechswöchentlicher obligater Kurs über Zahnhellkunde: Montag von 

5 bis 6 Uhr abends, Mittwoch und Freitag von 5 bis 7 Uhr abends als 
3 ständiges Kollegium ' . 

Praktische Uebungen an Patienten für Vorgeschrittene: Dienstag, 
Donnerstag und SaniBtag von 5 bis 7 Uhr abends als 10 ständiges Kollegium. 

Zahnersatzkunde : Dienstag. Donnerstag und Samstag von 8 bis 10 Uhr* 
verbunden mit Arbeiten im Laboratorium für Ersatzkunde von 10 bis 12 Uhr 
als 20 ständiges Kollegium. 

Der Assistent Dr. Urbantschitsch liest Ferialkurse. 


Innsbruck. K. k. zahnärztl. Universitäts-Institut, Annichstr. 24. 

Vorstand: Prof. Dr. B. Mayrhofer. 

Assistent: Dr. Franz Riha. 

I. Theoretisch-praktischer Kurs über Zahnhelikunde für Mediziner* 
secbswöchentlich, fünfstündig; Dienstag und Donnerstag von 4 bis 6 Uhr 
abends, Samstag von 5 bis 6 Uhr abends. 

II. Zahnärztliche Pathologie, Therapie und Klinik, einschliesslich Zahn¬ 
ersatzkunde, fünfstündig; während der Dauer des Medizinerkurses Montag k 
und Mittwoch von 4 bis 6 Uhr abends, Freitag von 5 bis 6 Uhr abends, dann 
Montag bis Freitag von 5 bis 6 Uhr abends. 

III. Praktische Uebungen am Patienten, einschliesslich Zahnersatzkunde,. 
für Anfänger und Vorgeschrittene. Montag bis Freitag bis 4 von 2 Uhr, resp. von 
2 bis 5 Uhr abends. 


Prag. K. k. deutsche Universitäts-Poliklinik. 

Vorstand: Prof. Dr. H. Bönnecken. 

Assistent: Dr. A. Kerber. 

Theoretische und praktische Zahnheilkunde mit Demonstrationen und 
Uebungen an Zahnkranken, Montag, Mittwoch und Freitag von 6 bis 7 Uhr abends. 

Zahnärztliche Operationen mit besonderer Berücksichtigung der Er¬ 
haltung erkrankter Zähne durch die Füllung 1 , täglich von 5 bis 6 Uhr abends. 


Prag. K. k. böhmisches Universitäts-Ambulatorium. 

Vorstand: Prof. Dr. E. Nessel. 

Assistent: Dr. Tereba Zwei Demonstratoren. 

Zahnheilkunde. Theoretische Vorträge mit Uebnngen am Phantom* 
Demonstrationen im Plombieren der Zähne für Anfänger. 

Klinik der Zahnkrankheiten mit Uebungen im Extrahieren und Plom¬ 
bieren der Zähne für Vorgeschrittene. 

Privatkurse für ausserordentliche Hörer und MU.-Doktoren nach vor¬ 
heriger Anmeldung und Verabredung mit dem Vorstand des Institutes. 

Ferialkurse (Weihnachten, Ostern. Ferien) liest Dr. Tereba. 

Das Ambulatorium wird vom Oktober 1906 an im eigenen Gebäude* 
Prag, II. Vinicnä ulice (das Gebäude des früheren böhmischen Kinderspitals) 
nntergebracht werden. — Tägliche Ordination, mit Ausnahme der Sonn- und 
Feiertage, von 4 bis 6 Uhr abend*. 


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Vorstand: Prof. Dr. W. Lepkowski. 

Assistent: Dr. Raczka. 

Sechswöchentlicher Kurs, von 8 bis 9 Uhr früh, fünfmal wöchentlich. 
Uebungen im Plombieren und Extraktiou der Zähne, 8 Stunden 
wöchentlich von 9 bis 10 Uhr früh. 

Zahnersatzkunde, 8 Stundeu wöchentlich von 8 bis 9 Uhr früh (Privat). 


Lemberg. K. I Universität. 

Doz. Dr. Theodor Bohosiewicz. 

Kurse: Die Kraukheiten der Zähne nnd ihre operative Behandlung, 
2 Stundeu wöchentlich. 

Praktische Uebungen in der Zahntechnik, 2 Stunden wöchentlich (Privat). 


Doz. Dr. Gonka. 


-- 

To) "CT n.g'Strn. 

Budapest. Zahnärztl. Klinik d. kgl. Universität, Yi11.0110erstr.2e. 

Vorstand: Prof. Dr. J. Arkövy. 

Assist.nten: Dr. Salamon, Dr. Wallheim. 

Demonstrator: Dr. Sturm. 

I. Semestraivorlesungen, zweimal wöchentlich von ö bis >/,7 Uhr abends, 
über spezielle Pathologie und Therapie der Zahnkrankheiten und einmal 
wöchentlich Operationslehre. 

II. Zahnersatzkunde unter Leitung des Doz. Dr. L. Hattyasy, dreimal 
wöchentlich. 

III. Zahnärztliche Operationslehre, einmal wöchentlich von 5 bis 7 Uhr 
abends, Samstag, Doz. Dr. J. Szabö. 

Die Klinik ist von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Vormittags arbeiten die Vor¬ 
geschrittenen, abends die Anfänger. 

Privatkurse werden von den Assistenten abgehalten. 


IV. Dozent Dr. A. Roth mann, Leiter der zahnärztlichen Ordination 
an der Allgemeinen Poliklinik. 

V. Dozent Dr. Antal, Leiter der zahnärztlichen Ordination im Spital 
der PP. Barmherzigen Brüder. 


Klansenbnrg. Königl. Universität. 

Kurse: Doz. Dr. Hoencz: Mund- und Zahnkrankheiten verbunden 
mit Extraktions- und Füllungs-Exerzitien. 

Doz. Dr. Gerö Rudas: Histologie und Pathologie der Zähne. 


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320 


latoeill. ?ol\WÄ 

Belle Alllancestr. 88. Berlin SW Belle Alllancestr. 88. 
Institut für Fortbildungskurse in der operativen Zahn¬ 
heilkunde und in der zahnärztlichen Technik. 


Spezial-Kurse 


in Kronen- und BrQckenarbeiten und Be¬ 
handlung unregelmässiger Gebisse.- 


I 


Die Kurse sind nicht für Anfänger, setzen Q 
IM vielmehr die elementare Kenntnis des Gebietes 111 


voraus. Kursisten ohne spezialistische Vor¬ 


bildung müssten beim Assistenten der Ab¬ 


teilung ein Privatissimum nachsuchen. 


I 


Das Institut ist fast das ganze Jahr geöffnet. 
Vorherige Anmeldung liegt im Interesse der Kursisten. : 

= Prospekte und alle Auskünfte bereitwilligst- 

Alfred Körbitz. 


Odontologf$cbe$ Institut, 
Hin Berlin, mm 


0 0 0 0 


Jlu$- und Weiter- • Prospekte u. nähere 
T“ ' ~ 7" Jf Auskunft durch den 

bildung ittdenpralt- V cmr 


tischen fächern der V Prof. Dr. med. Juna 
Zahnhcimundc. ■ ■ w pj^*,. 














321 

/**’************************************************+. 

Dental Department of Washington University 

Missouri Dental College, St. Louis, Mo. 

Dieses Institut bietet äusserst günstige Studienverhältnisse, 
um die Zahnheilkunde in allen ihren Einzelnheiten gründlich 
kennen zu lernen. Das neue Gebäude ist speziell für die Zwecke 
des Institutes eingerichtet, mit allen modernen Lehrmitteln ver¬ 
sehen und steht den Praktikanten eine reichlich besuchte Klinik 
zur Verfügung. 

Das Institut ist ein Mitglied der National Association of 
Dental Faculties. 

Weitere Auskunft erteilt _ . 

Der Dekan : 

J. H. Kennerly, M. D., D.D.S. 

Beaumont and Locust Sts. 

St. Louis, Mo. 

Verlag der Zentralstelle für Zahnhygiene, Dresden. 

Lehrbuch der Orthodontie. 

Von Hofrat W. Pfaff, Dresden. 

31 Bogen, 8°, mit 456 Abbildungen. Preis: Geb. Mk. 18.-*, K 12. Frks. 22.50. 

Das Werk ist berufen, eine schmerzlich empfundene Lücke in der 
zahnärztlichen Literatnr auszüfiillen, da bisher eine systematische Zusammen¬ 
stellung des ganzen, weit ausgedehnten Stoffes fehlte. Die Anlage des Werkes 
schliesst sich eng an die Anforderungen der Praxis an, die vom Orthodonten 
in erster Linie ein ziemlich bedeutendes Mass von Kenntnissen anf dem Ge¬ 
biete der Metallurgie und der Anfertigung von Regulierungsapparaten verlangt. 

Kurze Inhaltsübersicht: Der erste Hanptteil des Lehrbuches 
beschäftigt sich mit theoretischen Erörterungen über die Entwicklung der 
Zähne (Dentitionen usw.), der Beschreibung von Anomalien und deren Ursachen. 
-Der zweite Hauptteil ist der prophylaktischen und therapeutischen Behandlung 
der Anomalien gewidmet und dem vorhergehenden Teile analog gegliedert. 
Der Schluss enthält einige Betrachtungen über die Notwendigkeit künst¬ 
lerischer Studien für den Gesichtsorthopäden. Ein besonderer Abschnitt des 
Lehrbuches befasst sich mit der Geschichte der Orthodontie, wobei die weit¬ 
zerstreute Literatur aus allen Ländern berücksichtigt worden ist. — Die 
zahlreichen, sehr anschaulich gehaltenen Abbildungen von Gebissen, Schädeln, 
Apparaten nsw. sind mit peinlichster Sorgfalt ausgefiibrt worden. Das Werk, 
desseu Preis im Interesse einer weiten Verbreitung so niedrig wie möglich 
bemessen worden ist, kann durch jedes Dental-Depot und jede Buchhandlung 
bezogen werden. 

In Wien nehmen Aufträge entgegen die Herren WEISS & SCHWARZ, 
Wien, I. Pa torsplatz 7. 


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Ifrermarm /Ißcusscr 

Berlin W. 35/106, Steglitzerstrasse 58 

Einzige Spezialbnchhandlnng für 
= Zahnheilknnde : = 

ist bestrebt, durch solide, kulante und 
schnelle Bedienung ihren Kundenkreis 
zu erweitern. Zur Erleichterung der 
Anschaffung werden monatliche Teil¬ 
zahlungen in der Höhe des zehnten 
Teiles des Kaufpreises eingeräumt. 

Bei grösseren Aufträgen Ermässigung der Monatsrate auf 
den zwanzigsten Teil. 

Vollständiges Lager. — Allerneueste Auflagen. 

Fachkatalog gratis. Portofreie Sendung. 




Lehmanns medizinische Handatlanten. 

_ Band XXXIII. =-= 

Ltehrbueh und Atlas 

der 

Zahnärztlichen Technik 

von 

Dr. med. und phil. Gustav Preiswerk 

Lekto' an der Universität Basel. 

■ Mit 6i farbigen Tafeln und 293 schwarzen Textabbildungen. ■ 

Preis K 16.80. 

Die vielen farbigen Ta¬ 
feln (61) nnd schwarzen Ab¬ 
bildungen (über 300) machen 
das Buch besonders instruk¬ 
tiv; der Text ist überaus 
klar und übersichtlich und 
stützt sich sowohl auf die 
ausgedehnte eigene Er¬ 
fahrung des Verfassers, als 
auch auf die Ergebnisse der 
gesamten Forschung und 
Technik. Ausser ganz neuen 
durch Preiswerk erprobten 
Brückenarbeiteu bringt das 
. vorliegende Lehrbuch der 

Technik znm ersten Mal einen Anhang über die orthopädische Behaudlang 
normaler Zahnstellungen. 

Aufträge nahmen entgegen die Herren Weits & Schwarz, Wien, i. Patertplatz 7. 



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Oesterreichisch-ungarische 

Viertel jahrssehtöft 

für 

Zahnheilkunde. 


XXII. Jahpg. Juli 1906. Heft III. 

Herausgeber: Julius Weiss, Wien, I. Petersplatz 7 . 


Inhalts -Verzeichnis: 

Original-Arbeiten: Seite 

Wangenfistel: Heilung mit Erhaltung des schuldigen Zahnes durch Wurzel¬ 
resektion von aussen und Jodoform-Knochenplombe. Von Professor 

Dr. B. Mayrhofer in Innsbruck. ... 323 

Zahnärztliche Kasuistik. Von Dr. Ferdinand Tänzer, Zahnarzt in Triest . 330 
Ueber die Ursachen der Rückbildung der seitlichen Schneidezähne und der Weis¬ 
heitszähne beim Menseheu. Von Dr. P. Adloff in Königsberg i. P. . . 336 

Die Behandlung von Fistelzähnen mit Trikresol-Formalin, Von Dr. Josef Lart¬ 
schneid er, Zahnarzt in Linz a. d. Donau.344 

Die mechanische Formierung des Gebisses. Von Alfred Körbitz. Zahnarzt 

in Berlin. 357 

Ueber lokale Anästhesie mit besonderer Berücksichtigung des Novokains. Von 

Dr. Julius Misch, Zahnarzt in Berlin.372 

Beiträge zur zahnärztlichen Therapie. Von Dr. Arpäd Ritter v. Dobrzyniecki, 

k. u. k. Regimentsarzt in Wien.392 

Miszelien. Von Dr. A. Oppenheim, Zahnarzt in Brünn.398 

Berichte aus Instituten und Vereinen: 

Die zahnärztliche Ausstellung in der Rotunde (Allgemeine hygienische Aus¬ 
stellung, 12. Mai bis lo. Juli 1906.) Mit 3 Tafeln.403 

Aus dem zahnärztlichen Institute der Universität in Innsbruck (Vorstand: 

Prof. Mayrhofer). Bericht über das erste Studienjahr 1905/06. . . 412 

Associazione Stom tologica Triestina.417 

45. Jahresversammlung des Zentral Vereins Deutscher Zahnärzte. Dresden, 

4. bis 6. August 1906 (Programm).418 

Föderation Dentaire Internationale. Vorläufiges Programm der Sitzung in 

Genf am 8. uud 9. August 1906 . 421 

XXL Jahresversammlung der Schweizerischen Odontologischen Gesellschaft. 

Genf, 10., 11. und 12. August 1906 (Programm).423 

Congresso Stomato-odontojatrico. Mailand. 20. bis 22. September 1906 . . 428 

Referate und Journalschau. 428 

Varia.440 

Patente und Gebrauchsmuster-Eintragungen. . . 442 

Empfangene Bücher und Broschüren.444 

Empfangene Zeitschriften.446 


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Literatur: Zahnarzt Dr. Ritter (Berlin), Deutsche Zahnärztliche 
Wochenschrift Nr. 140 und 141. Dr. Schwersenski, Therapeutische 
Monatshefte, 1901, Nr. 5 und 6. 

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XXII. Jahrgang. 


Juli 1906 


Heft HI. 


Oesterreichisch-ungarische 

Vierteljahrsschrift für Zabnheilkunde. 

Herausgegeben von 

JULIUS WEISS, Wien, I. Petersplatz 7 

unter ständiger Mitwirkung der Herren: 

Prof. Dr. J. ArkÖvy, Budapest — Dr. S. Bauer, Budapest — Prof. Dr. A. Bleichsteiner, Graz — 
Dr. W. Bruck, Breslau — Dr. R. Bum, Wien — Doz. Dr. L. Hattyasy, Budapest — Dr. A. Heller, 
Wien — Prof. Dr. G. Jung, Berlin — Dr. T. Kaas, Krems — Dr. M. Karolyi, Wien — Dr. R. 
Kronfeld, Wien — Doz. Dr. R. Loos t Wien — Dr. J. Mädzsar, Budapest — Prof. Dr. B. Mayr¬ 
hofer, Innsbruck — Prof. Dr. W. D. Miller, Berlin — Dr. G. Preiswerk, Basel — Prof. Dr. G. Port, 
Heidelberg — Doz. Dr. C. Röse, Dresden — Doz. Dr. A. Roth mann, Budapest — Prof. Dr. 
W. Sachs, Berlin — Prof. Dr. J. Schelf, Wien — Dr. F. Schenk, Wien — Dr. E. Smreker, Wien 
— Doz. Dr. J. Szabö, Budapest — Dr. F. Tänzer, Triest — Dr. F. Trauner, Wien — Doz. Dr. 
W. Vajna, Budapest — Prof. Dr. 0. Walkhoff, München — Dr. W. Wallisch, Wien — 
Doz. Dr. R. Weiser, Wien — Doz. Dr. G. v. Wunschheim, Wien. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Waiplstel; Mit mit Erhallnni des sctalüip 
Mm M Wnmlrertlioi von aussen onl Joäofom- 

KiotepMe. 

Von Prof. Dr. B. Mayrhofer in Innsbruck. 

Vor einiger Zeit hatte ich Gelegenheit, einen Fall zu be¬ 
obachten, der sowohl in diagnostischer Beziehung, als auch 
hinsichtlich der zur Anwendung gebrachten Therapie einiges 
Interesse beanspruchen dürfte. 

Es handelte sich um eine 30jährige Bäuerin, welche 
folgende Angaben machte: Vor etwa 4 Monaten trat am rechten 
Unterkiefer allmählich eine nicht schmerzende, nur auf Druck 
etwas empfindliche Geschwulst auf, welche durch mehrere 
Wochen bestand, worauf sich an der rechten Wange oberhalb 
des Unterkieferrandes ein Bläschen bildete, das bald aufbrach 
und mässig Eiter entleerte; vor 6 Wochen suchte sie einen 
Arzt auf, der einen Einschnitt machte, die Wunde auskratzte 
und verband. Alle paar Tage wurde diese Prozedur wieder¬ 
holt, ohne dass eine Besserung eingetreten wäre. Seit 3 Wochen 
ist die Patientin ohne Behandlung; die Wunde verklebt manch- 

1 


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824 Prof. Dr. B. Mayrhofer, Innsbruck. 

mal für einige Tage, dann bricht sie wieder auf und „fliesst“ 
von neuem. 

Die Inspektion konstatierte zunächst oberhalb des rechten 
Unterkieferrandes, nicht weit vom Mundwinkel entfernt, eine 
bohnengrosse, lividverfärbte, weiche, teilweise narbig ein- 
gezogene, flach gewölbte Geschwulst, welche mit eingetrockneten 
Eiterborken besetzt war; im Vestibulum oris fühlte man einen 
derben Strang, welcher anscheinend von der beschriebenen 
Geschwulst gegen die Backenzähne hinzog; in derselben Kiefer¬ 
seite fehlten die Mahlzähne, und zwar schon seit längerer Zeit, 
denn der Alveolarfortsatz war vollständig geschwunden; die 
beiden Backenzähne rechterseits, ebenso der Eckzahn, sowie 
alle vier Schneidezähne waren kariesfrei, der linke Eckzahn 
und die Backenzähne tief kariös, der erste Mahlzahn links 
fehlte, die beiden anderen Mahlzähne zeigten ebenfalls vor¬ 
geschrittene Karies. 

Es handelte sich also um eine Wangenfistel, ohne dass 
auf derselben Kieferseite ein kariöser Zahn oder eine solche 
Zahnwurzel vorhanden gewesen wäre, doch wurde durch den 
oberwähnten anormalen Gewebsstrang der Verdacht auf die 
beiden rechtsseitigen Backenzähne gelenkt; die Untersuchung 
mit dem faradischen Strome ergab in der Tat beim zweiten 
eine tote Pulpa, während der erste Backenzahn, sowie seine 
weiteren Nachbarn lebten. Bei der sofort von der Kaufläche 
aus vorgenommenen Trepanation des zweiten Backenzahnes 
stiess man auf einen höchst übelriechenden Detritus, der die 
Pulpakammer und den Wurzelkanal ausfüllte. 

Wiederholte Desinfektionen nach den üblichen Methoden, 
verbunden mit energischer Auskratzung des Fistelganges führten 
keine wesentliche Aenderung des Zustandes herbei und so 
entschloss ich mich zum operativen Vorgehen, und zwar auf 
dem von der Natur selbst vorbereiteten, wenn auch bisher 
noch nicht betretenen Wege von der Wange aus längs des 
Fistelganges. 

Der Verlauf der Operation war folgender: 

Nach vorausgegangener nochmaliger Desinfektion des 
Wurzelkanales und Füllung desselben mit Guttaperchaspitzen, 


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Wangenfistel; Heilung mit Erhaltung des schuldigen Zahnes etc. 335 

wurde die Haut desinfiziert und eine Injektion von Novokain- 
Paranephrin (1 Prozent, bzw. 1 : 10.000 in sterilen Phiolen) 
gemacht; ferner anästhesierte ich aber auch die Schleimhaut 
und überdies die Granulomgegend durch direkten Einstich in 
die Knochenusur und feste Einpressung von Injektionsflüssig¬ 
keit in dieselbe, wie ich es bei jeder Wurzelresektion zu machen 
pflege, um das eigentliche Operationsfeld selbst möglichst un¬ 
empfindlich zu bekommen. 

Während der nun vorgenommenen nochmaligen Hände¬ 
desinfektion verstrich die rücksichtlich der Anästhesie not¬ 
wendige Wartezeit; hierauf schräger Schnitt durch die Ge¬ 
schwulst, Auskratzung schlaffer Granulationen, sorgfältige 
Exzision des derben Fistelstranges, stumpfe Freipräparation 
des Knochens, dadurch Blosslegung des etwa 8 Mm. im Durch¬ 
messer haltenden, fast kreisrunden Einganges zur Knochenusur; 
da der Zugang zur letzteren durch die von Knochen entblösste 
Wurzelspitze völlig verlegt war, wurde letztere reseziert; nun 
erst gelang es in die Usur selbst hineinzukommen und massige 
Granulationen aus derselben zu entfernen; dadurch wurde eine 
kirschgrosse Knochenhöhle zur Ansicht gebracht. Nach Glättung 
des Wurzelstumpfes und Blutstillung rasche Ausfüllung des 
Knochendefektes mit Jodoformknochenplombe und Vereinigung 
der vorher durch Abtragung der unterminierten Hautränder 
glatt gemachten Wundränder durch drei tiefergreifende und 
eine mehr oberflächliche Naht; darüber ein Heftpflaster. Die 
Blutung war sehr mässig, die Anästhesie vollkommen; der 
weitere Verlauf reaktionslos, Heilung per primam, Entfernung 
der Nähte am fünften Tage; lineare, nicht eingezogene Narbe. 

Wenn wir nun zur Epikrise des Falles schreiten, so ist 
in diagnostischer Beziehung hervorzuheben, dass der Mangel 
an Zahnkaries auf der erkrankten Wangenseite geeignet war, 
einen Verdacht von den Zähnen als veranlassende Ursache 
abzulenken und dürfte wohl auch der zuerst beigezogene Arzt 
den Fall nicht als Zahnfistel, sondern vielleicht — nach der 
eingeschlagenen Therapie zu vermuten — als Lupus auf¬ 
gefasst haben, eine bei einem Nichtspezialisten durchaus ent¬ 
schuldbare Sache, um so mehr, als der veranlassende zweite 

l* 


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Prof. Dr. B. Mayrhofer, Innsbruck. 


Backenzahn für die Inspektion rein nichts Pathologisches bot: 
er war weder kariös, noch alveolar pyorrhoetisch, noch ver¬ 
färbt, nur in ganz geringem Grade locker, ein diagnostisch 
oft belangloses, in diesem Falle gar nichts entscheidendes 
Symptom. Erst die Vitalitätsuntersuchung mittels des faradischen 
Stromes, ein seit mehreren Jahren mit Vorteil angewendetes, 
für jeden, der Wurzelresektionen machen will, unerlässliches 
Hilfsmittel, gab den gewünschten Aufschluss: der zweite Backen¬ 
zahn hatte eine abgestorbene, verjauchte Pulpa und dadurch 
wurde erst die Diagnose: Wangen-Zahnfistel, ausgehend vom 
zweiten rechten unteren Prämolaren ermöglicht, die Operation 
bestätigte ihre Richtigkeit. 

Wodurch war nun aber die Pulpa zum Absterben ge¬ 
bracht worden? 

Der Zahn hatte keine Füllung, er wies kein Zeichen 
von Alveolarpyorrhoe auf, Patientin will niemals ein Trauma 
erlitten haben. 

Patientin trug im zahnlosen Obeikiefer eine mit zehn 
Zähnen ausgestattete Kautschukplatte; ich untersuchte, ob 
vielleicht ein zu langer Zahn der Prothese auf 5 | einen be¬ 
sonderen Druck ausübe; auch das war nicht der Fall, denn 
bei der Probe mit Blaupapier färbten sich alle Zähne gleich- 
mässig stark. 

Die Aetiologie bleibt also’unaufgeklärt; höchstens könnte 
man die Vermutung aussprechen, dass die Patientin bei dem 
kläglichen Zustande ihres Gebisses linkerseits auf beständiges 
rechtsseitiges Kauen angewiesen war und die porzellanharten 
Antagonisten nach und nach den 5 } geschädigt hätten; doch 
fehlt es an ausreichenden Beobachtungen, ob derlei möglich ist. 

Was nun die diesfalls angewendete Therapie anlangt, 
so gilt es bislang mit Recht als Regel, einen Zahn, der eine 
äussere Fistel unterhält, zu extrahieren; hat man es doch 
meist mit tief zerstörten Zähnen, noch öfter überhaupt nur 
mehr mit Wurzelresten zu tun. Dass obige Regel aber Aus¬ 
nahmen gestattet und die Forderung nach der Extraktion nicht 
so unbedingt gestellt werden darf, wie dies in den Lehr¬ 
büchern der Chirurgie, auch selbst in jüngst erschienenen zahn- 


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Wangenfiste]; Heilung mit Erhaltung des schuldigen Zahnes etc. 337 


ärztlichen Werken (Mundhöhlenchirurgie von Kaposi-Port) ge¬ 
schieht, zeigte ich vor 2 Jahren in einem Falle, wo mir die 
Heilung einer Wangenfistel durch Wurzelresektion an dem 
sie bedingenden 2| mit Erhaltung des Zahnes gelang. Damals 
habe ich vom Vestibulum oris aus operiert; diesmal ging ich 
einen Schritt weiter und suchte von aussen durch den bereits 
vorhandenen Weg, den Fistelkanal, zum Krankheitsherde vor¬ 
zudringen. 

Dieser Weg bietet mehrfache Vorteile, die sich aus der 
nun zu beschreibenden Technik der Operation ergeben. 

Die letztere beginnt mit einem Längsschnitte über die 
Fistelmündung, auf welchen Auskratzung der vorhandenen 
Granulationen mit dem scharfen Löffel und Exzision der unter¬ 
minierten Ränder mit einer krummen Schere folgt; der nächste 
Akt besteht in vorsichtigem Ausschneiden des derben Fistel¬ 
stranges ; nun werden von der Assistenz mittels zweier kleiner 
Häkchen die Wundränder auseinandergehalten und, wenn der 
Einblick noch kein genügender sein sollte, nach Orientierung 
mittels Knopfsonde, wobei ich in meinem Falle die Wurzel¬ 
spitze deutlich fühlen konnte, des weiteren stumpf vorgegangen, 
um eine Verletzung der Umschlagfalte der Mundschleimhaut 
zu vermeiden, sowie um die aus dem Foramen mentale aus¬ 
tretenden Gebilde möglichst zu schonen; ziemlich weiter 
rückwärts, als in meinem Prämolarfalle, käme die Arteria 
maxillaris externa in Betracht, welche entweder gemieden oder 
aber natürlich auch leicht doppelt unterbunden und durch¬ 
trennt werden könnte. Auf diese Weise gelangt man an den 
Apex heran, der, wenn er hinderlich im Wege ist, reseziert wird, 
worauf dann mit Auskratzung alles Krankhaften und Glättung 
des Wurzelstumpfes die Operation als solche beendet ist. 

Betreffs der Wund Versorgung steht in solchen Fällen die 
Tamponade so weit hinter der Jodoform-Knochen¬ 
plombe mit Naht zurück, dass ich ausschliesslich die 
letztere Methode anempfehlen kann, auf dass man sich nicht 
selbst um den schönen Erfolg, einer fast auf Null redu¬ 
zierten Nachbehandlung, einer linearen, nicht ein- 
gezogenen knochenfreien Narbe bringe. Tatsächlich 


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328 


Prof Dr. B. Mayrhofer, Innsbruck. 


bewährte sich M o s e t i g s Erfindung, wie in zahlreichen 
anderen, so auch in diesem Falle und verhalf ohne weitere 
Nachbehandlung, als Entfernung der Nähte nach 5 Tagen, 
anstatt der bekannten verunstaltenden, runzeligen, tiefeinge- 
zogenen, mehr oder minder am Knochen fixierten Narbe zu 
dem oberwähnten erfreulichen und auf keine andere Weise 
erreichbaren kosmetischen Resultate. 

Das letztere wird bei äusseren Fisteln, auch wenn ex¬ 
trahiert werden musste, erreicht, indem man, wie dies viele 
Chirurgen üben, unmittelbar nach der Extraktion die Fistel im 
Gesunden umschneidet, die lividen Hautpartien, die Fungosi- 
täten und den Fistelstrang exzidiert, den Grund der Alveole 
von der äusseren Wunde auskratzt und durch Naht eine Prima 
intentio herbeiführt — natürlich ohne Knochenplombe, sondern 
mit Drainage durch die Alveole — anstatt sich mit der Ex¬ 
traktion allein und ein bisschen Auskratzen der Fistel zu be¬ 
gnügen und letztere der Selbstheilung mit ihren kosmetisch 
ungünstigen Konsequenzen zu überlassen. In veralteten Fällen 
wird durch Exzision der Narbe die Haut vom Knochen mo¬ 
bilisiert. 

Schliesslich sei noch, wenn auch selbstverständlich, doch 
ausdrücklich erinnert, dass die beschriebene Operation, die 
Wurzelresektion von aussen, zufolge der Vermeidung einer Er¬ 
öffnung der Mundhöhle (durch Schonung der Umschlagfalte 
der Mundschleimhaut im Vestibulum oris, mutatis mutandis 
vergleichbar der Umgehung des Peritoneums bei der sectio alta) 
gestattet, trockene Asepsis anzuwenden. 

Was nun die praktische Bedeutung der Heilung 
äusserer Zahnfisteln durch Wurzelresektion von aussen mit 
Erhaltung des Zahnes anlangt, so wird dieselbe von vorne- 
herein dadurch eingeschränkt, dass vielfach der schuldige 
Zahnrest einer Erhaltung nicht wert oder überhaupt nicht 
mehr fähig ist. Immerhin ist sie grösser, als es auf den 
ersten Blick scheinen möchte. Hier sind vor allen Dingen 
die so häufigen Kinnfisteln zu erwähnen; ein grosser Teil 
derselben bricht nach aussen durch und in der über - 
wiegenden Mehrzahl der Fälle haben die veranlassenden 


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Wangenfistel; Heilung mit Erhaltung des schuldigen Zahnes etc. 398 

unteren Schneidezähne sogar eine intakte Krone oder sind 
nur wenig angegriffen, während anderseits der Verlust dieser 
Zähne für Prothesen ungünstige Verhältnisse schafft, ohne 
Prothese aber die bekannten unangenehmen Folgen — Zischen 
und Spucken beim Sprechen — eintreten. Nun dürfte hier die 
Operation noch obendrein verhältnismässig leicht sein; so be¬ 
richtete mir vor einigen Jahren ein befreundeter Chirurg, dass 
er bei Spaltung einer Kinnfistel sofort auf die frei zutage 
liegende Wurzel gestossen sei; auch das Foramen mentale ist 
hier weit genug entfeint. Bei den unteren Molaren dürfte — 
unter sonst gleichen Verhältnissen — die Wurzelresektion von 
aussen bequemer als von der Mundhöhle ausführbar sein; im 
Oberkiefer sind äussere Fisteln überhaupt seltener; hie und da 
mag die Situation eine Wurzelresektion von aussen rechtfertigen. 

Aber noch einen anderen Ausblick bietet die in Rede 
stehende Operation. Wenn wir keine Gelegenheit versäumen, 
sie auszuführen, so werden wir mit der Topographie des 
Kiefers immer vertrauter werden, wir werden befähigter sein 
und uns leichter enlschliessen, in den Fällen dentaler Pyämie 
chirurgisch-operativ auf den Eiterherd vorzudringen. 

Ich begegne hier, von einem anderen Wege kommend, 
dem Gedankengange Weisers, wie er ihn in seinen „Studien 
und Beiträgen zur Mundhöhlenchirurgie“ entwickelt hat. 

Wie mancher von Pyämie Bedrohte wäre vielleicht ge¬ 
rettet worden, wenn man, anstatt planlos einen Zahn nach 
dem andern zu extrahieren, ohne dabei den Eiterherd zu er¬ 
öffnen, und schliesslich ratlos den Unglücklichen zugrunde 
gehen zu lassen, in rationeller Weise durch faradische 
Untersuchung — was bisher noch nicht einmal 
versucht worden ist — den schuldigen Zahn be¬ 
stimmt und den solchermassen diagnostizierten 
Sitz der toddrohenden Infektion, nämlich die 
Apexgegend des betreffenden Zahnes rasch ent¬ 
schlossen von aussen angegangen und unschäd¬ 
lich gemacht hätte! 

In dieser Richtung wird die Operation der Wurzel¬ 
resektion von aussen eine gute Schulung darstellen und 


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380 


Dr. Ferdinand Tänzer, Triest. 


uns auf dem Wege zur Chirurgie wieder um einen Schritt 
vorwärts bringen, so dass sie mir auch in Rücksicht auf die 
medizinisch-wissenschaftliche Vertiefung unseres jungen Spezial¬ 
faches einer gewissen grundsätzlichen Bedeutung nicht ganz 
zu entbehren scheint. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet 

Zahnärztliche Kasuistik . 1 

Von Dr. Ferdinand Tamer, Zahnarzt in Triest. 

I. 

Sogenannter erschwerter Durchbruch des Weisheitszahnes. 

Im Februar v. J. wurde ich zu Frl. W., der Tochter 
unseres Gynäkologen Professor W., gerufen. Rechts Lympha¬ 
denitis mit Perilymphadenitis mit Schmerzen der Drüsenpakete 
und nach dem Ohr zu, Schlingbeschwerden, Kieferklemme, die 
Zahnreihen kaum für ein Blatt Papier durchgängig, Fieber, 
39 Temperatur. Diese Erscheinungen waren vor 2 Wochen 
in geringerem Grade vorhanden. Da die Erkrankung damals 
fieberlos verlief, wollte Prof. W. mich nicht bemühen. 

Ich konnte mich zu einer gewaltsamen Oeffnung des 
Mundes nicht entschliessen, um so weniger, als trotz des Fiebers 
der Allgemeinzustand ein zufriedenstellender war und erhoffte 
durch stundenlange Einwirkung trockener Wärme eine Besserung 
der Kieferklemme. 

Am nächsten Tage konnte ich bereits eine Pinzette 
zwischen die Zahnreihen einschieben und zur Behandlung des 
Decubitusgeschwüres nach Prof. Partsch schreiten. An diese 
Behandlungsweise wurde ich erinnert durch die Lektüre der 
klassischen Arbeit Dr. W i 11 i g er s 2 : „Der sogenannte er¬ 
schwerte Durchbruch des Weisheitszahnes“. Die klinische Be- 

1 Vortrag, gehalten in der Mai-Sitzung der Associazione stomatologica 
Triestina. 

* Aus den Arbeiten aus dem zahnärztlichen Institut der Universität 
Breslau, Direktor Prof. Dr. Karl Partsch. 


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Zahnärztliche Kasuistik. 


831 


obachtung in der Breslauer zahnärztlichen Universitätsklinik 
hat ergeben, dass der Ausgangspunkt für sämtliche vom ge¬ 
sunden Weisheitszahn ausgehenden entzündlichen Erscheinungen 
in der primären Verletzung und sekundären Infektion der den 
vorbrechenden Zahn bedeckenden Schleimhautpartien zu suchen 
ist. Das souveräne Mittel ist die Tamponade mit Jodoformgaze, 
nach vorheriger Reinigung des Geschwüres von seinem Inhalt. 
„Die lästigen Beschwerden“, sagt Partsch, „schwinden wie 
mit einem Zauberschlage“. 

Tatsächlich war das auch bei der Behandlung des Frl. W. 
der Fall. Das Fieber verschwand an demselben Tage, die Zahn¬ 
reihen waren bereits für den kleinen Finger durchgängig. 
Doch währte es noch eine Woche, bis die Kieferklemme voll¬ 
ständig wich. Der Jodoformtampon wurde täglich ein- bis zwei¬ 
mal gewechselt. Den „Capuchon“, den über dem Zahn liegenden 
Lappen, konnte ich mit einem stumpfen Instrument schon am 
zweiten Tage über die Zahnränder zurückschieben. Den Lappen 
entfernte ich nicht, in der Befürchtung, die Wunde könnte von 
dem Geschwüre infiziert werden. Doch nach etwa zehntägiger 
Pause erfolgte eine Neuerkrankung (also die dritte), jedoch in 
bedeutend geringerem Grade fieberlos, die in wenigen Tagen 
der Jodoformtamponade wich. Ich folgte dem Rate Partsch', 
der die Exzision erst nach Beseitigung der Entzündungs¬ 
erscheinungen empfiehlt. Nachdem ich einige Tage nach Ver¬ 
schwinden sämtlicher krankhafter Erscheinungen gewartet 
hatte, machte ich die recht ausgiebige Exzision. 

Eigentümlicherweise hatte ich in meiner langjährigen 
Praxis es nur etwa fünf Male mit dieser Krankheitsform, 
wenigstens bedenklicheren Grades zu tun. 

Das eine Mal bei dem damals praktischen Arzt, jetzt 
geschätzten Spezialkollegen Dr. V., musste sogar der |7 ge¬ 
opfert werden. 

Ein anderes Mal musste ich zur Extraktion des ]§ schreiten, 
da hohes Fieber kein Zuwarten gestattete. 

Die von mir sehr gefürchtete Extraktion gelang mittels 
einer Zange, deren Zeichnung ich hier bringe, da sie mir auch 
in anderen Fällen der Extraktion der unteren Weisheitszähne 


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332 


Dr. Ferdinand Tänzer, Triest. 


wiederholt ausserordentliche Dienste leistete. Ich habe diese 
Zangenform einmal in einem Depot gesehen, an welches sie 
behufs Vernickelung gelangt war und Hess mir ein gleiches 



Exemplar anfertigen; ich 
glaube mich überdies zu 
erinnern, eine ähnliche 
Zange im Instrumentarium 
meines Vaters gesehen zu 
haben. Eine Abbildung 
dieser Zange habe ich 
vergeblich in der Litera¬ 
tur gesucht. 

II. 

Empyem der Highmors- 
hfihle. 

Herr B. wurde im Mai v. J. 
von seinem Arzt wegen 
heftiger Kopfschmerzen zur 
Untersuchung der Zähne 
an seinen Zahnarzt ge¬ 
wiesen. Die Schmerzen 
waren seit 3 Tagen un¬ 
erträglich. Patient ver¬ 
nachlässigte nie seine 
Zähne, besuchte mich 
einigemal im Jahre. Erst 
bei seinem letzten Besuche 
konnte ich versichern, dass 
der Mund in Ordnung sei. 
Patient erzählt, dass er die 
letzten Nächte nicht 
schlafen konnte, ganz 


arbeitsunfähig sei, die Schmerzen seien einfach unerträglich, 
die präzise Lokalisation nicht anzugeben. 


Ich untersuchte auf das sorgfältigste, die Zähne waren ab¬ 
solut unempfindlich gegen Kälte oder Wärme und Perkussion, 


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Zahnärztliche Kasuistik. 333 

nirgends waren im Munde die leisesten Entzündungs¬ 
erscheinungen wahrzunehmen. Aus meinen Büchern entnahm 
ich, dass kein Zahn von mir devitalisiert worden war. Nur 
der mit einer grossen Amalgamfüllung versehene jß war bei 
mir nicht notiert. 

Patient erinnert sich, dass der Jß vor mehr als 10 Jahren 
von einem anderen Kollegen gefüllt wurde. Ich hatte den 
Zahn in Verdacht, damals devitalisiert worden zu sein, doch 
war er jetzt bei Perkussion ebenfalls unempfindlich. Ich er¬ 
klärte dem Patienten, dass ich nur den Jß verdächtigen könnte, 
wenn überhaupt der Kopfschmerz von den Zähnen ausgehen 
sollte, wofür übrigens gar nichts spricht. Patient verspricht, 
nächsten Tag vorzusprechen und nochmals seinen Hausarzt, 
einen unserer bewährtesten Internisten, zu konsultieren. Da 
am nächsten Tage der Zustand eher ärger wurde, Arzt und 
Patient mit der Extraktion des zwar ganz unempfindlichen, 
felsenfesten, aber von mir wegen seines devitalisierten Aus¬ 
sehens verdächtigten jß einverstanden waren, so entschloss ich 
mich zur Extraktion desselben. Trotz Kokain-Adrenalin war 
die Extraktion recht schmerzhaft, was ja wohl bei sorgfältiger 
Applikation und fehlender Periodontitis zu den Seltenheiten 
gehört. Ich hatte mit meiner Vermutung recht. Der Zahn war 
devitalisiert, die Kanäle verjaucht. Am folgenden Tage erzählte 
mir der Patient freudestrahlend, dass der Kopfschmerz ver¬ 
gangen sei. Ich untersuchte noch die Wunde und drang mit 
der Sonde in die Highmorshöhle ein. Jetzt erst erfuhr ich vom 
Patienten, dass er an vagen Kopfschmerzen schon seit Jahren 
litt, davon aber seinem Arzt gar nichts meldete, da er seine 
Schmerzen von den Berufsarbeiten und Ueberanstrengung auf 
der Jagd ableitete. 

Trotzdem Patient seit Jahren unter ärztlicher und zahn¬ 
ärztlicher Aufsicht stand, war es in diesem Falle ganz unmög¬ 
lich, die Diagnose auf Empyem der Kieferhöhle zu stellen. Die 
Sekretion und der charakteristische üble Geruch aus der Nase 
fehlten ganz und doch datiert der Beginn des Leidens, meiner 
Ansicht nach, seit wenigstens 2 Jahren. 


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334 


Dr. Ferdinand Tänzer, Triest. 


III. 

Parotitis. 

Im vorjährigen Sommer ersuchte mich Med. Dr. F., sein 
9 jähriges Töchterchen in Opcina, Sommerfrische bei Triest, 
zu untersuchen. Tags vorher sei sie im Garten ohnmächtig 
geworden, abends fieberte sie bedenklich (40 Temperatur), die 
linke Seite, wo unlängst der ]6 plombiert wurde, sei stark ge¬ 
schwellt, der Zahn, der bei der Plombierung auch schmerzte, 
sehr empfindlich. Es scheint sich also um eine heftige Peri¬ 
ostitis zu handeln. Das Fieber hat jedoch bedeutend nach¬ 
gelassen. Das plötzliche Auftreten des Leidens, das rapide An- 
und Abschwellen des Fiebers liess mich vermuten, dass es sich 
kaum um eine Wurzelerkrankung des plombierten jä handeln 
könnte. Auch erinnerte ich mich ganz wohl, dass die Opera¬ 
tion des Plombierens zwar ziemlich schmerzhaft war, dass 
jedoch die Pulpa noch nicht im Bereich des Operationsfeldes 
lag. Bei meinem Besuch fand ich das Mädchen schon recht 
munter, den Zahn gegen Perkussion unempfindlich, in seiner 
Umgebung keine Entzündungserscheinungen, dagegen schmerz¬ 
hafte Anschwellung der submaxillaren Drüsen. Die Gegend 
der Ohrspeicheldrüse war kaum noch nachweisbar geschwellt. 
Ich erinnerte mich, gerade zu dieser Zeit in der Praxis von 
einer Orecchioni-Epidemie (Mumps) gehört zu haben. In diesem 
Falle scheint die Entzündung der Ohrspeicheldrüse unbedeutend 
gewesen zu sein, während die fortgeleitete Entzündung der 
Submaxillardrüsen ausserordentlich imponierte und im Zusammen¬ 
hang mit der kurz vollführten Plombierung — post hoc ergo 
propter hoc — eine Verwechslung mit einer heftigen Peri¬ 
odontitis begreiflich machte. 

Es ist nicht ausgeschlossen, dass selbst ein erfahrener 
Kollege, besonders wenn er die Anamnese der Zahnfüllung 
nicht kannte und er im ersten Momente, wo der Zahn recht 
schmerzhaft gewesen sein soll, gerufen worden wäre, zur 
Zange gegriffen hätte. 

Die Krankheitserscheinungen waren, wie mir Dr. F. mit¬ 
teilte, in wenigen Tagen verschwunden. 


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Zahnärztliche Kasuistik. 


335 


IV. 

Reimplantation. 

Herr Giusto S. kam im September 1902 zu mir. Ich fand 
den ]5 im Zustande akuter Periodontitis. Patient wünscht die 
Extraktion des sehr schmerzhaften Zahnes. Im Moment der 
Extraktion entschied ich mich, den Versuch zu machen, den 
Zahn wieder zu replantieren. Patient war damit einverstanden, 
die erkrankte Wurzelspitze wird reseziert, der Kanal gefüllt 
und der Zahn wieder eingesetzt. Das Interessante in diesem 
Falle ist, dass der Zahn 4 Jahre vollkommen fest sass, während 
die übrigen recht locker sind. Erst vor kurzem musste ich den 
Zahn wegen neuerdings aufgetretener Periostitis extrahieren. 
Patient erklärte mir, sehr zufrieden zu sein, den Zahn so lange 
noch gebraucht zu haben. 

Reimplantation nach ausserhalb des Mundes vorgenommener 
Wurzelresektion werden ja wohl seit langem geübt, doch wie 
mir scheint ziemlich selten und doch lassen sich gute Erfolge 
erzielen. Obiger Fall war so ungünstig als möglich, fast alle 
Zähne schon gelockert, Patient t bei 50 Jahre alt, abundante 
Eiterung aus der Alveole. Ich entschloss mich in diesem Falle 
zur Replantation, da Patient geduldiger Art ist und mir ein 
Nichtgelingen nicht übel genommen hätte. Meiner Meinung 
nach dürfte die Reimplantation nach ausserhalb des Mundes 
vorgenommener Wurzelreseklion in manchen Fällen die Radikal¬ 
operation der Wurzelspitzenresektion ersetzen. 


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336 


Dr. P. Adloff, Königsberg (Preussen). 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Düte die Drsacta der RMIMii der seitlichen Schneide- 
zähse id der Teisheitszhiine dein Menschen. 

Von Dr. P. Adloff in Königsberg (Preussen). 

Das öftere Fehlen, resp. die Verkümmerung der zweiten 
Schneidezähne und der dritten Molaren beim Menschen ist 
schon seit lange bekannt. Man hielt diese Erscheinung bisher 
allgemein für ein Zeichen der Entartung, deren unheilvolle 
Folgen sich auch in der Tat im Gebisse der höheren Kultur¬ 
völker in hohem Grade bemerkbar machen. Ich habe dagegen 
an anderer Stelle 1 bereits darauf aufmerksam gemacht, dass in 
der Stammesgeschichte des menschlichen Gebisses ein Prozess 
im Gange ist, der auf eine immer stärkere Verkürzung der 
Kiefer hinausläuft und der zweifellos eine Verminderung der 
Zahnzahl im Gefolge haben muss. Die Reduktion der beiden 
genannten Zähne ist daher sicherlich kein Degenerationszeichen, 
sondern ein normaler Entwicklungsprozess. R ö s e 2 ist in einer 
neuesten Arbeit zu demselben Schlüsse gekommen. An der 
Hand eines umfangreichen statistischen Materials weist auch 
er nach, dass die Rückbildung der seitlichen Schneidezähne 
des Oberkiefers und der Weisheitszähne auf stammesgeschicht¬ 
lichen Ursachen beruhe und nicht auf ungünstigen räumlichen 
Verhältnissen in krankhaft entarteten Kieferknochen. Röse 
kommt aber noch zu weiteren Folgerungen. „Bei den höher¬ 
stehenden europäischen Menschenrassen mit grösseren Ge¬ 
hirnen ist die Rückbildung der seitlichen oberen Schneidezähne 


1 Dr. P. Adloff: Zur Frage nach der Entstehung der heutigen 
Säugetierzahnformen. Zeitschrift für Morphologie und Anthropologie, Bd. V, 
Heft II, 1902. 

2 Dr. med. C. Röse: Ueber die Rückbildung der seitlichen Schneide¬ 
zähne des Oberkiefers und der Weisheitszähne im menschlichen Gebisse. 
Deutsche Monats sc hri ft für Za hnh eO ktmd e , XX Wr Jahrg., 6. Heft, 1906. 


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Ueber die Ursachen der Rückbildung der seitlichen Sehneidezähne etc. 837 


und der Weisheitszähne im allgemeinen weiter vorgeschritten, 
als bei den tieferstehenden aussereuropäischen Rassen.“ 

„Beim weiblichen Geschlechte ist die Rückbildung der 
seitlichen oberen Schneidezähne weiter vorgeschritten als beim 
männlichen.“ 

R ö s e wirft die Frage auf, ob nicht vielleicht die all¬ 
mähliche Rückbildung der seitlichen Schneidezähne auf die 
zunehmende Entwicklung des Gehirnes zurückzuführen ist. Ich 
glaube dies nicht. Mit demselben Rechte könnte man um¬ 
gekehrt schliessen. Eine höhere Entwicklung des Gehirnes 
konnte erst dann eintreten, als die Kaumuskulatur nicht mehr 
derartig beengend auf die Schädelkapsel einwirkte, wie es 
z. B. noch bei den Anthropoiden der Fall ist. Beide Prozesse 
stehen sicherlich in Beziehung zueinander, wie ja stets die 
Umformung eines Organs auch eine Reihe anderer in Mit¬ 
leidenschaft zieht. Ich wäre jedoch eher geneigt, anzunehmen, 
dass die Verringerung der Zahnzahl die primäre Ursache ist. 
Verminderung der Zahnzahl, einhergehend mit einer Verkürzung 
der Kiefer ist nämlich ein Vorgang, der dem Menschen oder 
dem Affen nicht allein eigentümlich ist, sondern der in der 
ganzen Säugetierreihe verbreitet ist. Seit dem Eozän können 
wir schrittweise das allmähliche Schwinden einzelner Zähne 
und eine Verkürzung der Kiefer verfolgen. Aber erst nachdem 
der Mensch den aufrechten Gang erworben, konnte die Ent¬ 
wicklung des Gehirns und Schädels vor sich gehen. Die Ent¬ 
wicklung eines menschlichen Schädels bei einem Quadrupeden 
ist, wie Schwalbe 1 nachgewiesen, schon aus statischen 
Gründen undenkbar. Die häufigere Rückbildung des zweiten 
Schneidezahnes bei höheren Rassen dürfte daher auch wohl 
eine andere Ursache haben. Sie ist doch, wenn auch indirekt, 
eine Folge der Entartung. Zweifellos ist Degeneration nicht 
imstande, einen Zahn mitten aus der geschlossenen Reibe zu 
eliminieren. Wenn aber die stammesgeschichtliche Rückbildung 
eines Zahnes im Gange ist, dann kann dieselbe sicherlich 
hierdurch beschleunigt werden, während sie bei niedrigen un¬ 
verbrauchten Rassen ihren normalen Verlauf nimmt. 

1 8. Schwalbe: Die Vorgeschichte des Menschen. Braunschweig 1904. 


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888 Dr. P. Adloff, Königsberg (Preussen). 

Aus diesem Grunde ist wohl auch die Reduktion des 
seitlichen Schneidezahnes beim weiblichen Gescblechte weiter 
vorgeschritten, wie beim männlichen. Denn wenn auch Röse 1 
in einer anderen Arbeit nachgewiesen hat, dass Knaben und 
Mädchen durchschnittlich gleich viel kranke Zähne haben, so ist 
damit noch nicht bewiesen, dass die Widerstandsfähigkeit der 
Zahnsubstanzen dieselbe ist Im 12. Lebensjahre ist die Durch¬ 
schnittszahl der erkrankten Zähne gleich gross, im 13. und 
14. Lebensjahre aber haben die Mädchen bereits etwas schlechtere 
Zähne. Röse sieht den Grund hierfür darin, dass, da die 
bleibenden Zähne bei den Mädchen etwas früher durchbrechen, 
sie auch den schädigenden Einflüssen in der Mundhöhle länger 
ausgesetzt sind und daher auch früher erkranken werden. 
„Diesen unangenehmen Vorsprung behält dann das weibliche 
Geschlecht zeitlebens bei und schon aus dem Grunde müssen 
erwachsene Frauen stets etwas mehr kranke Zähne haben als 
gleichalterige Männer.“ 

Auch hierin kann ich Röse nicht ganz beistimmen. 
Wenn die Mädchen schon im 13. und 14. Lebensjahre schlechtere 
Zähne wie die gleichalterigen Knaben haben, so scheint mir 
doch hieraus hervorzugehen, dass der geringe Zeitunterschied 
im Zahnwechsel nicht die Ursache hievon sein kann, um so 
weniger, als dieser Unterschied vielleicht kompensiert wird 
durch die wohl sicher etwas sorgfältigere Zahnpflege der 
Mädchen. Der Grund ist wohl ein anderer. Die geringere 
Widerstandsfähigkeit des weiblichen Organismus, die sich schon 
in seiner gesamten anatomischen Beschaffenheit ausspricht, 
bedingt zweifellos auch einen mangelhafteren Aufbau der harten 
Zahnsubstanzen und ein leichteres Unterliegen derselben gegen¬ 
über schädigenden Einflüssen erworbener oder vererbter Natur. 
Hierauf beruht meines Erachtens sowohl die höhere Karies¬ 
frequenz, wie die weiter vorgeschrittene Rückbildung des 
zweiten Schneidezahnes. 


1 Dr. med. C. Röse: Die Verbreitung der Zahnverderbnis in Deutsch¬ 
land und den angrenzenden Ländern. Deutsche Monatsschrift für Zabnheil- 
kunde, XXIV. Jahrg., 6. Heft, 1906. 


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Ueber die Ursachen der Rückbildung der seitlichen Schneidezähne etc. .339 

Die Frage nach der Ursache der Verkürzung der Kiefer 
hat. bereits Branco 1 2 eingehend erörtert. Als solche führt er 
zunächst die Art der Nahrungsbeschaflenheit an. Es ist fest¬ 
gestellt, dass beim arabischen Pferd durch die Kultur eine 
Verkürzung der Kiefer und Vergrösserung des Gehirns hervor r 
gerufen ist. Kultur ist aber in diesem Falle gleichbedeutend 
mit besserer Ernährung. Experimentell ist nämlich bei Haus¬ 
tieren nachgewiesen, dass durch eine reichliche stickstoffhaltige 
Ernährung, zum Teil auch durch weich zubereitete Nahrungs¬ 
mittel, schon in kurzer Zeit eine Verkürzung des Gesichtsschädels 
und damit der Kiefer erzielt werden kann. Nun entsteht aber 
wieder die neue Frage, wem der Hauptanteil hierbei zufällt, 
der reichlichen Ernährung oder dem Umstande, dass die 
Nahrungsmittel weich zubereitet sind. Branco gibt einer¬ 
seits zu, dass durch starke Kautätigkeit Kiefer und Zähne 
grösser, durch schwache kleiner werden, anderseits legt er 
aber auch wieder das Hauptgewicht auf die reichliche Er¬ 
nährung. Er schliesst daher auch: Wenn die Art der Nahrungs¬ 
beschaffenheit wirklich die alleinige Ursache für die Verkürzung 
der Kiefer wäre, dann müsste auch beim Menschen ein Unter¬ 
schied zwischen den gut und schlecht ernährten Individuen vor¬ 
handen sein, dann müssten die besser ernährten Schichten der 
Bevölkerung orthognather sein, wie die ärmeren Klassen. Zu 
ersteren rechnet Branco selbstverständlich aber nicht eben nur 
die oberen Zehntausend, sondern z. B. auch die grössere Masse 
der ländlichen Bevölkerung. Branco bemerkt: „Wenn z. B. 
der hinterpommersche Landarbeiter sich wesentlich durch ganz 
grobes Brot, Milch und Kartoffeln ernährt, so ist das eine so 
stickstoffreiche Nahrung, dass man sie im obigen Sinne als 
eine ganz reichliche bezeichnen muss. Hier wäre also eventuell 
ebenso, ja vielleicht noch mehr eine fortschreitende Verkürzung 
der Kiefer zu erwarten, wie bei den oberen Zehntausend, deren 


1 Prof. Dr. W. Branco: Die menschenähnlichen Zähne ans dem 
Bohnerz der schwäbischen Alb. II. Teil: Art und Ursache der Reduktion 
des Gebisses bei Säugetieren. Programm der württembergiscben Akademie 
Hohenheim, Stuttgart 1897. 

2 


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$40 


Dt. P. Adloff, Königsberg (Prenssen). 


Speisekarte zwar viel Fleisch, daneben aber- auch Weissbrot, 
Euchen, Zucker und andere stickstoffarme Delikatessen auf¬ 
weist. Den stärksten Gegensatz zu jener Reichlichkeit würden 
endlich diejenigen Bewohner der Städte bilden, welche neben 
dem kraftlosen weissen Brote der städtischen Bäcker wesentlich 
auf Kartoffeln angewiesen sind“. 

Da nun aber, schliesst Branco weiter, ein Unterschied 
in der Länge der Kiefer bei den reichlich und schlecht er¬ 
nährten Klassen der Bevölkerung nicht vorhanden zu sein 
scheint, so müssen noch andere Umstände als die Nahrung 
auf die Verkürzung der Kiefer eingewirkt haben. Ebenso auch 
beim Tiere. „Denn wäre dem nicht so, dann müsste man 
folgern: Da in der geologischen Entwicklung des Säugetier¬ 
stammes von den ältesten Zeiten desselben bis zur Jetztzeit 
hin eine Verringerung der Zahnzahl im Gefolge einer Ver¬ 
kürzung der Kiefer sich vollzogen hat, so muss die Nahrung 
der Tiere früher eine sehr harte, nährstoffarme gewesen und 
allmählich eine immer weichere, nährstoffreichere geworden sein.“ 

Das letztere Argument ist zweifellos richtig insofern, als 
in der Tat, falls die Nahrungsbeschaffenheit die Ursache der 
Verkürzung sein würde, eine allmähliche Aenderung der 
Nahrung angenommen werden müsste. Nicht richtig erscheint 
mir aber die Annahme Braneos, dass es der grössere oder 
geringere Gehalt an Nährstoffen ist, der eine Verkürzung der 
Kiefer herbeiführt. Wenn Branco glaubt, dass bei dem Land¬ 
arbeiter, der sich von ganz grobem Brot, Milch und Kartoffeln 
nährt, eine grössere Verkürzung der Kiefer zu erwarten sein 
wird, als bei dem Städter, der gezwungen ist, sich mit dem 
kraftlosen weissen Brot der städtischen Bäcker und haupt¬ 
sächlich mit Kartoffeln zu ernähren, so befindet er sich offen¬ 
bar im Irrtum. Die grössere oder geringere Tätigkeit der 
Kaumuskeln ist sicherlich für die Gestaltung der Kiefer von 
höherer Bedeutung. So erfordert auch grobes Brot als Nahrung 
eine bedeutend grössere Muskelarbeit als Weissbrot und wir 
werden daher bei dem Landarbeiter mit weit grösserem 
Rechte zum mindesten keine Verkürzung der Kiefer erwarten 
dürfen, während bei dem Städter durch Mangel an Gebrauch 


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Ueber die Ursachen der Rückbildung der seitlichen Schneidezähne etc. 84t 

im Laufe hinreichend langer Zeit sicherlich eine Reduktion 
der Kiefer und Zähne eintreten wird. Wir kommen also zu 
ganz entgegengesetzten Resultaten, wie Branco. Bei den 
besser ernährten Klassen infolge Ernährung durch weich zu¬ 
bereitete Speisen, die eine geringere Tätigkeit der Kaumuskulatur 
beanspruchen, Rückbildung der Kiefer, bei der ärmeren Be¬ 
völkerung und vor allem bei den Landbewohnern, wo die Haupt¬ 
kost grobes Brot bildet, und noch mehr, dies möchte ich 
hinzuftigen, bei niederen Rassen wohlausgebildete, kräftige 
und geräumige Kiefer. Und diesen Erwägungen entsprechen 
auch die tatsächlichen Verhältnisse. Unregelmässigkeiten der 
Zahnstellung infolge Raummangel werden am häufigsten bei 
hochzivilisierten Völkern beobachtet, besonders aber in den 
oberen und mittleren Klassen und ausserdem häufiger bei 
Städtebewohnem als bei der Landbevölkerung. 

Diese Verkürzung der Kiefer durch Nichtgebrauch, die 
übrigens weniger eine Verkürzung als eine Verringerung sämt¬ 
licher Grössendimensionen ist, hat aber mit jenem Entwicklungs¬ 
prozess, der seit den ältesten geologischen Perioden einen 
grossen Teil der Säugetiere beherrscht, sicherlich nichts zu tun. 

Als weitere Ursache, die erwiesenermassen umgestaltend 
auf die Schädelform einwirkt, führt Branco die Inzucht an. 
Inzucht ruft eine Verlängerung der Extremitäten und der 
Gesichtsknochen hervor, Nicht-Inzucht eine Verkürzung derselben. 
Branco weist nun darauf hin, dass in früheren geologischen 
Zeiten die Säugetiere und ebenso der Mensch auch nicht 
annähernd so zahlreich gewesen sein werden wie heute. Sie 
werden in kleinen Trupps von wenigen Individuen gelebt 
haben und in der Regel werden sie sich in mehr oder weniger 
naher Blutsverwandtschaft gepaart haben. Je zahlreicher sie 
aber wurden, um so weniger wird dies der Fall gewesen 
sein. Daher muss, wie die ältesten Säugetiere, so auch der 
Mensch früher längere Kiefer besessen haben, er muss prognalh 
gewesen sein. Doch auch diese Erklärung kann wohl für die 
ältesten Zeiten Geltung gehabt haben, aber niemals für die 
unendlichen Zeiträume, in denen die Bedingungen für eine 
Paarung blutsverwandter Individuen nicht mehr zwingend waren. 

2* 


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842 Dr. P. Adloffj Königsberg (Preussen). 

Wollen wir nun unsere Zuflucht nicht zu der Annahme 
einer bestimmt gerichteten Variation aus inneren Ursachen 
nehmen, so müssen wir uns nach anderen Momenten Umsehen. 
Meines Erachtens nach müssen wir direkt an der Wurzel des 
Stammbaumes der Säugetiere anknüpfen. Ob reptilienartige 
oder, was wahrscheinlicher ist, amphibienartige Tiere die Vor¬ 
fahren derselben waren, beide Formen besassen lange und 
mit zahlreichen Zähnen besetzte Kiefer. Es war dies kein 
Kau-, sondern lediglich ein Greifapparat. Erst bei der Umr 
Wandlung dieser wahrscheinlich im Wasser lebenden Kriechr 
tiere in Land- und Säugetiere wurden auch die Kiefer und das 
Kiefergelenk von Grund aus umgestaltet. Hier setzte bereits 
die Verkürzung der Kiefer ein. Es ist ja auch einleuchtend, 
dass ein fester und einheitlicher Kiefer leistungsfähiger sein 
wird, wie der schlanke und aus mehreren Teilen zusammen¬ 
gesetzte der Amphibien, ja er wird überhaupt erst jetzt zum 
Kauen brauchbar. Doch sieht Fürbringer 1 auch hierin nicht 
den alleinigen Grund für die Verkürzung. Er nimmt an, dass 
der Erwerb der Saugfunktion bei den Mammalia den äusseren 
Anstoss hierzu gegeben hat. Wie dem aber auch sein mag, 
wir wissen einmal, dass die Säugetiere von Tieren abstammen, 
die bedeutend längere Kiefer und eine höhere Anzahl von 
Zähnen besessen haben, wir wissen aber auch ferner, dass 
schon bei der Umwandlung der letzteren eine Verkürzung 
der Kiefer eintreten musste. Dieselbe ging aber so allmählich 
vonstatten, dass die ersten Säugetiere sicherlich mit Kiefer 
und Zähnen ausgestattet waren, die sowohl in der Länge der 
ersteren, wie in der Anzahl der letzteren das zu einer normalen 
Kaufunktion notwendige Mass noch bedeutend überschritten, 
während anderseits die Solidität des Kieferknochens noch zu 
wünschen übrig gelassen haben wird. Erst allmählich im Laufe 
unendlicher Zeiträume passte sich der Kauapparat den An¬ 
forderungen des Nahrungserwerbes an und dieser Anpassungs¬ 
prozess ist auch heute noch im Gange. Es entsteht nun die 


1 Fürbringer Max: Zur Frage der Abstammung der Säugetiere. 
Festschrift zum 70. Geburtstage von Emst Häckel, Jena 1904. 


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Ueber die Ursachen der Rttckbildnng der seitlichen Schneidezäbne etc. 843 

neue Frage* wie weit diese Verkürzung der Kiefer fortschreiten 
wird. Es ist sehr wohl denkbar, dass die Macht der Vererbung 
den Prozess im Gange erhält, auch wenn kein direkter Vor¬ 
teil mehr damit verknüpft ist, sicherlich aber wird ein Still¬ 
stand eintreten, wenn die Funklionstüchtigkeit dadurch be¬ 
einträchtigt wird. Ist doch bei gewissen Tierformen sekundär 
sogar wieder eine Verlängerung der Kiefer eingetreten, als die 
Anpassung an eine veränderte Lebensweise die Rückkehr zur 
alten Form erforderte. 

Wir kommen also zu dem Schlüsse, dass die normale 
Verkürzung des menschlichen Kiefers, die sich gleichzeitig auch 
in einer Rückbildung der zweiten Schneidezähne und der 
Weisheitszähne äussert, eine Verschlechterung des Kauapparates 
an sich nicht bedeuten kann, um so weniger, als mit der Ver¬ 
kürzung, wie ich an andrer Stelle ausgeführt habe', eine Ver¬ 
breiterung der Kaufläche des ersten Molaren verbunden ist. 

Anders verhält es sich aber mit der Grössenreduktion 
der gesamten Kieferknochen und der Zähne durch Mangel an 
Gebrauch, die noch vielfach durch ererbte pathologische Ein¬ 
wirkungen vergrössert wird. Dass hiedurch die Funktions¬ 
tüchtigkeit des Gebisses erheblich beeinträchtigt wird, liegt 
auf der Hand. Es wäre nun mehr wie wunderbar, wenn diese 
Degeneration den normalen Verkürzungsprozess nicht in un¬ 
günstigem Sinne beeinflussen sollte und das scheint nach den 
Ergebnissen der R Öse sehen Untersuchungen ja in der Tat 
der Fall zu sein. Die höhere Rückbildung der zweiten Schneide¬ 
zähne und Weisheitszähne bei den höheren Kulturrassen ist 
zweifellos hierauf zurückzuführen. Die Reduktion der beiden 
Zähne, die im übrigen ja nur eine Regleiterscheinung der 
normalen Kieferverkürzung ist, ist eben bereits so sehr im 
Gange, dass die Folgen der Entartung nicht ohne Wirkung 
bleiben konnten. Dagegen verläuft die Verkürzung selbst wohl 
so unendlich langsam, dass eine Beschleunigung derselben 
durch letztere wohl kaum zu befürchten ist. Man braucht 
daher in dieser Beziehung nicht allzu pessimistisch in die 


Dr. P. A dl off, 1. c. 


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344; 


Dr. Josef Lartschneider, Lins a. d. Donau. 


Zukunft zu schauen. Dagegen ist eine andere Tatsache der 
äussersten Beachtung wert. Die Verkümmerung der Kiefer und 
Zähne, die immer mehr zunehmende Zahnverderbnis sind nur. 
Symptome und die noch so energische Bekämpfung derselben 
wird ohne dauernden Erfolg bleiben, wenn nicht dem Grund¬ 
übel der allgemeinen Entartung entgegengetreten wird. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet 

Die Belaiilni toi Fisteltiln Bit Tribesal-Fonialu. 

Von Dr. Josef Lartschneider , Zahnarzt und Leiter der zahnärzt¬ 
lichen Ordination am Krankenhaus in Linz a. d. D., gewesener 
Assistent am k. k. anatomischen Institut in Wien, gewesener 
Operateur an der ersten chirurgischen Klinik in Wien. 

Mein Aufsatz über die Behandlung der Pulpagangrän mit 
Trikresol-Formalin 1 ist, wie ich aus verschiedenen Zuschriften 
und Anfragen ersehe, nicht ohne Interesse aufgenommen 
worden. Mittlerweile hat ein zweiter Beobachter, 0. Esch er, 
Hofzahnarzt in Rudolstadt, zu diesem Thema das Wort er¬ 
griffen. Er hat mit dem Trikresol-Formalin glänzende Erfolge 
erzielt Seine Ausführungen 2 gipfeln in den Worten: 

„Die Angaben des Dr. Bukley* habe ich ihrem prak¬ 
tischen Werte nach seit 12 Monaten nachgeprüft und damit 
wundervolle Resultate erzielt. Ich halte es für meine Pflicht, 
den Gebrauch des Trikresol-Formalin zur Behandlung der Pulpa- 

1 Behandlung der Pulpagangrän mit Trikresol-Formalin von Dr. Josef 
Lartschneider, Lins. Oesterr.-ungar. Vierteljahrsschrift für Zahnheil¬ 
kunde 1906, Heft II. 

2 Behandlung der Pulpagangrän. Nach einem Vortrage, gehalten von 
0. Becher, Hofzahnarzt in Rudolstadt, auf der 25. Jahresversammlung des 
zahnärztlichen Vereines fttr Mitteldeutschland zu Eisenach am 5. Mai 1906. 
Deutsche zahnärztliche Wochenschrift, IX. Jahrg., Nr. 26, 30. Juni 1906. 

1 J. P. Bukley, D. D. S., Chicago: Die Chemie der Pulpagangrän und 
ihre rationelle Behandlung. IV. internationaler zahnärztlicher Kongress in 
St. Louis. 


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Die Behandlung von Fistelzähnen mit Trikre*ol-Fornalin. 346 

gangrän dringend zu empfehlen und beizutragen, dass man in 
der deutschen zahnärztlichen Literatur nicht länger die Bedeutung 
dieser Mittel achtlos übergeht. Für mich bedeutet das Formal- 
Trikresol ein therapeutisches Hilfsmittel ersten Ranges, Welches 
ich nicht mehr entbehren möchte“. 

Diese Worte sind mir aus der Seele gesprochen. 

Es eher schlägt vor, bei der Wurzelfüllung die aus „zahl¬ 
reichen älteren und neueren Publikationen Adolf Witzeis“ er¬ 
sichtlichen Methoden mit der Formal-Trikresolbehandlung in 
geeigneter Weise zu kombinieren. Ich fürchte, die Trikresol- 
Formalinbehandlung, so einfach sie an und für sich kt, ’wird 
durch die Kombination mit einer der A. Witzei sehen Wurzel¬ 
behandlungsmethoden erschwert. Ich kenne die zahlreichen 
Publikationen A. W i t z e 1 s und bin seit Jahren ein treuer An¬ 
hänger seiner genialen Methoden. Allein ich bin herzlich froh, 
dass ich die Schwefelsäure und das Königswasser aus meinem 
Arbeitszimmer entfernen konnte. Das Trikresol-Formalin ist 
mir ein harmloser und dabei vollwertiger Ersatz, um so mehr, 
als mit demselben, wie auch Esc her bestätigt, geradezu 
wunderbare Erfolge erzielt werden. 

Dadurch ermutigt, habe ich meine Trikresol-Formalin- 
versuche auch auf die Behandlung von „Fistelzähnen“ aus¬ 
gedehnt. Bis jetzt bin ich 16 solche Fälle angegangen und zu 
meiner Freude kann ich berichten, dass sämtliche 16 Fälle 
schon nach der dritten Sitzung geheilt waren. Diese Ver¬ 
suche datieren erst 4 Monate zurück — immerhin glaube ich, 
verdienen die bisherigen Erfolge Beachtung. 

Es sei mir gestattet, an der Hand einiger Kranken¬ 
geschichten näher auf das eigentliche Thema einzugehen. 

I. 24 jähriger, kräftiger Bankdiener kommt am 
2. April d. J. in meine Behandlung. Im Oktober 1905 hat 
er sich seinen schadhaften |t bei einem Kollegen plom¬ 
bieren lassen. Der plombierte Zahn hat sich öfter durch 
„Reissen“ unangenehm bemerkbar gemacht. Um Weih¬ 
nachten 1905 traten plötzlich sehr heftige Zahnschmerzen 
im Oberkiefer auf, bald darauf war die ganze Oberlippe 


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846 


Dr. Josef Lartschneider, Linz &. d. Donau. 


und die Nasengegend mächtig angeschwollen. Patient hatte 
mehrere schlaflose Nächte und die Gesichtsschwellung 
hielt 2 Wochen lang an. Er führte die ganzen Beschwerden 
auf eine ^rheumatische Erkältung“ zurück. Der Prozess 
war ohne jegliche Therapie in einigen Wochen ab¬ 
gelaufen. Seit 2 Wochen bemerkt er am Ji ein „Geschwür“, 
aus dem sich auf Druck Eiter entleert. Schmerzen hatte 
-e£ seit der um Weihnachten durchgemachten Attacke 
nicht mehr verspürt. 

Status praesens: Am Jl eine grosse mesiale 
Zementfüllung. Im Bereiche des mittleren Drittels der 
Wurzel, mesialwärts, ein hanfkorngrosses, dunkelrotes, 
weiches Zahnfleischknöpfchen. In der Mitte desselben eine 
kleine Oeffnung, in der nach Druck auf die apicale Gegend 
dieses Zahnes ein gelbes Eitertröpfchen zum Vorschein 
kommt. Keine Schwellung oder auffallende Rötung oder 
Druckempfindlichkeit. Bei Trepanation durch die Zement¬ 
füllung zeigen schon die Bohrspäne vor Eröffnung der 
Pulpahöhle einen jauchigen Geruch. Der Wurzelkanal ist 
von feuchten, farblosen, jauchig riechenden Detritus¬ 
massen erfüllt. 

Therapie. In den Nervkanal wird nach möglichster 
Austrocknung desselben mit heisser Luft, ohne vorherige 
Sondierung ein in Trikresol-Formalin getauchter Watte¬ 
faden ohne Anwendung von Gewalt möglichst weit hinauf¬ 
geschoben. Verschluss mit Fletchers Artificial Dentin. 

8. April. Patient hatte seit der letzten Sitzung 
auch nicht die geringsten Beschwerden von seiten des 
behandelten Zahnes. Fadenwechsel. Derselbe war nicht 
missfärbig, roch nach Trikresol, der jauchige Geruch war 
vollständig verschwunden! An der Fistelmündung und 
Papille keine Veränderung. Einführen eines frischen 
Trikresol-Formalinfadens in den Nervkanal und Verschluss 
mit Fletcher. 

16. April. Patient hatte gar keine Beschwerden, 
Fistelmündung und Papille verschwunden, an ihrer Stelle 
ein kleines, blassgraues, narbig eingezogenes Pünktchen, 


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Die Behandlung 'Ton Fistelzähnen mit Trikresol-Formalin. 347 

welches fest an der knöchernen Unterlage adhärent war. 
Entfernen des Trikresol-Formalinfadens, Einpressen von 
Trikresol-Formalmpaste in den Wurzelkanal, Dauerplombe. 

28. Juni. Status idem: Vollständige Heilung 
anhaltend. 

II. 13. Mai. 27jährige, gesunde, kräftige Köchin 
behufs zahnärztlicher Behandlung vom Lande zugereist. Der 
l| wurde vor 1'/* Jahren plombiert (Zementfüllung). Das 
Exkavieren war sehr schmerzhaft. Ein ganzes Jahr hin¬ 
durch konnte sie weder Heisses noch Kaltes in den Mund 
nehmen, ohne dass sie am behandelten Zahn grosse 
Schmerzen verspürt hätte. Vor einem halben Jahre stellten 
sich plötzlich anhaltende starke Schmerzen und Spannen 
im Oberkiefer ein und bald hierauf bildete sich am U, 
nahe dem Zahnfleischrand (wie Patientin angibt) ein 
„Geschwür“. Auf Druck entleerte sich Blut und Eiter. 
Die Schmerzen, bald mehr bald weniger heftig tobend, 
wollten nicht aufhören, ja schliesslich hatte sie sogar 
an der Nase das Gefühl starker Spannung, so dass diese 
kaum berührt werden durfte. Im Verlaufe der nächsten 
5 Wochen war allmählich die Oberlippe stark ange¬ 
schwollen und oberhalb des l| hatte sich jetzt ein finger¬ 
dicker, harter, sehr schmerzhafter Wulst im Zahnfleisch ge¬ 
bildet, der sich senkrecht bis zur Nasenwurzel hinaufzog. 
Aus dem Geschwür entleerte sich noch immer auf Druck 
Eiter. Patientin hat sich damals an einen Zahnarzt ge¬ 
wendet, der ihr riet, zuzuwarten und tatsächlich ist auch 
die Geschwulst, im Verlaufe der nächsten 6. Wochen ziem¬ 
lich zurückgegangen bis zu dem Grade, der auch heute 
noch besteht. 

Status praesens: l| trägt grosse mesiale Zement¬ 
plombe. Im Bereiche seiner Wurzel ein deutlich merk¬ 
barer, harter, im Vergleich zur Umgebung dunkler, rot- 
gefärbter Wulst, welcher senkrecht bis zur Nasenwurzel 
sich hinzieht. Ungefähr in der Mitte dieser Geschwulst 
eine von Granulationen umwucherte winzige Fistelöffnung, 
aus der sich etwas dicker Eiter ausdrücken lässt. 


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348 


Dr. Josef Lartschneider, Linz a. d. Donau. 


Therapie. Trepanation durch die Zementfüllung. 
Zementbohrspäne jauchig riechend. Der Nervkanal mit 
stinkenden, feuchten, graufärbigen, krümeligen Massen 
gefüllt. Austrocknen mit heisser Luft. In den Nervkanal 
wird ein in Trikresol- Formalin getauchter Wattefaden 
ohne Anwendung von Gewalt eingeführt, Verschluss mit 
Fletcher. Da Patientin schon am selben Tage wieder ab- 
reisen muss, wird sie nachmittags nochmals vorgenommen. 
Sie gibt an, gar keine Schmerzen seit der vormittägigen 
Sitzung empfunden zu haben. Der vormittags eingelegte 
Trikresol-Formalinfaden wird ausgewechselt und zeigt 
keine Verfärbung, riecht nach Trikresol. Der jauchige Geruch 
war jetzt nach 7 Stunden schon vollkommen verschwunden! 

26. Mai. Patientin gibt an, dass sie 2 Tage und 
1 Nacht hindurch nach dem letzten Eingriff am Ober¬ 
kiefer starke Schmerzen empfand. Die Oberlippe sei auch 
etwas angeschwollen gewesen. Die Schmerzen haben nach 
dieser Zeit aufgehört. Seither hat sie am behandelten 
Zahne nicht die geringsten Schmerzen verspürt. Die 
Untersuchung ergab ein überraschendes Resultat: Der 1} 
war auf Klopfen ganz unempfindlich, am Oberkiefer im 
Bereiche seiner Wurzel jegliche Schwellung und Rötung 
geschwunden, an Stelle der Fistelöflfnung und Papille ein 
blasses, narbig eingezogenes, auf der Knochenunterlage 
fest adhärentes Pünktchen. Die Nase, welche vor der 
Behandlung auf die leiseste Berührung schmerzte, ist jetzt 
weder beim Anfassen oder auf Druck irgendwie schmerz¬ 
empfindlich. Der Trikresol-Formalinfaden wird entfernt; 
derselbe ist rein und riecht nach Trikresol. Einpressen 
von Trikresol-Formalinpaste, Dauerverschluss der Kavität. 

Am 17. Juli schreibt mir Patientin, dass es ihr sehr 
gut geht, der behandelte lj macht ihr nicht die geringsten 
Beschwerden, „er ist wie ein gesunder Zahn“! 

UI. 16. Mai. 28 jährige Primararztensgattin. 1J grau¬ 
gelb verfärbt, trägt mesial eine Zementfüllung. Im Bereiche 
des oberen Drittels seiner Wurzel, distal von ihr, eine 


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Die Behandlung von Fistelzähnen mit Trikresol-Fonnalin. 349 

stecknadelkopfgrosse Zahnfleischpapille mit winziger Fistel¬ 
öffnung. Durch Druck platzt die Papille und entleert sich 
blutig gefärbte, seröse Flüssigkeit Die apicale Gegend 
dieses Zahnes etwas aufgetrieben, hart, nicht besonders 
gerötet, nicht druckempfindlich. Deutlicher Wurzelfremitus. 
Patientin gibt an, dass dieser Zahn seit ihrem 9. Lebens¬ 
jahre krank ist und ihr oft zu schaffen machte. Das 
„Zahnfleischgeschwürchen“ ist seit 1889 vorhanden. Sie 
hat öfters Zahnärzte über diese Vorkommnisse befragt, 
wurde aber dieserhalb nie behandelt. Erst nach einigem 
Zureden willigte sie in eine Behandlung dieses Zahnes. 

Therapie: Trepanation durch die Zementfüllung. 
Der Nervkanal mit grau verfärbten, feuchten, krümeligen, 
furchtbar jauchig riechenden Massen gefüllt. Schon die 
Bohrspäne zeigten üblen Geruch. Austrocknen des Nerv¬ 
kanals mit heisser Luft, Einfuhren eines in Trikresol- 
Formalin getauchten Wattefadens, Verschluss mit Fletcher. 

Da in dem früheren Falle II, wo die Fistelmündung 
ebenfalls eng und anscheinend ungenügend durchgängig 
war, nach der ersten Behandlung starke, mehrere Tage 
anhaltende Schmerzen auftraten, habe ich bei dieser Pa¬ 
tientin eine V* Cm. lange, über die höchste Erhebung der 
Fistelpapille senkrecht verlaufende, die Weichteile bis auf 
den Knochen durchtrennende Inzision, sozusagen „prä¬ 
ventiv“ gemacht und in die Wunde einen kleinen Streifen 
Vioformgaze eingeführt. Patientin wurde mit dem Auf¬ 
träge, den Vioformstreifen am nächsten Tage aus der 
Wunde zu entfernen, entlassen. 

21. Juni. Nicht die leisesten Unannehmlichkeiten 
von seiten des behandelten ^1; derselbe ist auf Klopfen 
ganz unempfindlich. An Stelle der Fistelpapille und der 
gemachten Inzision eine kleine, lichte, fest am Knochen 
adhärente Narbe. Die apicale Gegend des U zeigt voll¬ 
ständig normale Verhältnisse. Die Fistel war nach 
17jährigem Bestände in einer Sitzung geheilt. 

10. Juli. Status idem: Vollständige Heilung an¬ 
haltend. 


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350 


Dr. Josef Lartschneider, Linz a. d. Donau. 


IV. 5. Juni. 20 jährige, zugereiste Landesgerichtsrats¬ 
tochter. l| trägt mesial und distal seit Frühjahr 1902 eine 
Porzellanplombe. Vor 7 Wochen traten plötzlich heftige 
Schmerzen im Oberkiefer auf, die ganze Oberlippe war 
stark angeschwollen, der ^1 war ungemein empfindlich 
und durfte nicht berührt werden. Seit der Zeit „eitert“ 
dieser Zahn. Die Untersuchung ergibt nichts besonderes. 
Der ij nicht druckempfindlich. Wenn man mit dem Finger 
auf die Wurzelgegend dieses Zahne» drückt, entleert sich 
am Zahnhals, unter dem Zahnfleischrand heraus, dünner, 
gelber Eiter. 

Therapie: Trepanation durch das Foramen coecum; 
Gangrän der Pulpa. Austrocknen des Nervkanals mit 
heisser Luft. Einführen eines Trikresol - Formalinfadens, 
Verschluss mit Fletcher. Abends kommt Patientin noch¬ 
mals vor der Abreise zum Fadenwechseln. Der vormittags 
eingelegte Wattefaden ist nicht verfärbt, riecht nach 
Trikresol, der jauchige Geruch ist seit vormittag voll¬ 
ständig geschwunden. Keine Schmerzen. 

3. Juli. Nicht die geringsten Beschwerden am be¬ 
handelten Zahn seit der letzten Sitzung, kein Eiter mehr 
am Zahnhals. Der Faden wird entfernt, in den Wurzelkanal 
wird Trikresol-Formalinpaste eingepresst. Dauerplombe. 

V. 8 . April. 45jährige Arztensgaltin gibt an, dass 
sie vor 2 Jahren plötzlich durch einige Wochen starke 
Schmerzen und eine Verhärtung am Kinn hatte. Dabei 
war j2 sehr empfindlich. Seither hatte sie stets ein Gefühl 
der Härte am Kinn, aber nie mehr Schmerzen. ]2 hat sich 
bräunlich verfärbt und unter ihm, am Zahnfleisch hat sich 
ein kleines „Geschwür“ gebildet. Der Zahnarzt, den sie 
öfter deswegen befragte, hat dieser Sache nie eine Be¬ 
deutung beigelegt. 

Therapie: Trepanation des \2 durch das Foramen 
coecum; Pulpagangrän. Wegen grosser Enge des Nerv¬ 
kanals war an das Einführen eines Wattefadens nicht zu 
denken. Ein in Trikresol-Formalin getauchtes Watte- 


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Die Behandlung von Fistelzäbnen mit Trikresol-Formalin. 


351 


bäuschchen wird in die Trepanationskavität, auf die 
Ausmündung des Nervkanals gelegt, Verschluss mit 
Fletcher. 

19. Mai. Patientin hatte keine Beschwerden von 
seiten des behandelten Zahnes, ja das Gefühl der Härte 
und Spannung am Kinn, das sich seit langer Zeit, wenn 
auch nicht schmerzhaft, so doch unangenehm bemerkbar 
gemacht hat, ist geschwunden. Die Fistelpapille entschieden 
flacher und blässer! Das Wattebäuschchen wird aus¬ 
gewechselt, Verschluss mit Fletcher. 

Patientin ist seither aufs Land übersiedelt und ich 
habe sie nicht mehr gesehen, berichtet mir aber brieflich 
hocherfreut, wie gut es ihr am j! geht Im September 
wird sie sich wieder vorstellen. 

VI. 12. Juni. 36jährige Patientin, hat viele Zement¬ 
plomben im Munde, von denen die meisten ziemlich aus¬ 
gewaschen sind. Eine grosse mesiale Zementplombe am 4|. 
Oberhalb des 4| im Zahnfleisch eine Fistel mit kleiner 
Papille. Auf Druck entleert sich dünnflüssiger Eiter. 
Näheres über Entstehung der Fistel nicht zu eruieren. 
Trepanation dieses Zahnes. Die Bohrspäne riechen jauchig. 
Beide Nervkanäle mit jauchiger, dünner, weisslicher Flüssig¬ 
keit gefüllt. Trocknen mit heisser Luft, Trikresol-Formalin- 
fäden in die Wurzelkanäle, Verschluss mit Fletcher. 

10. Juli. Nach der letzten Sitzung einige Stunden 
hindurch leise Schmerzen im M. Seither keine Beschwerden. 
Fistel vollständig verheilt; überhaupt nicht mehr zu er¬ 
kennen, dass eine Fistel bestand. 

Aus den geschilderten Krankengeschichten ist der Verlauf 
der Trikresol-Formalinbehandlung von Fistelzähnen ohneweiters 
ersichtlich. Der betreffende Zahn wird trepaniert, der Wurzel¬ 
kanal mit heisser Luft möglichst ausgetrocknet und nach Ein¬ 
führung eines in Trikresol-Formalin getauchten Wattefadens 
provisorisch verschlossen. Nach Verlauf einiger Zeit wird der 
Wattefaden entfernt, Trikresol-Formalinpaste in die Wurzel 
eingepresst und der Zahn dauernd verschlossen. 


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352 


Dr. Josef Lartscbneider, Linz a. d. Donau. 


Sehr bewährt hat sich die im Falle III erwähnte prä¬ 
ventive Inzision an der Zahnfleiscbpapille, die ich seither 
immer mache, wenn die Fistelmündung verklebt ist oder für einen 
genügenden Abfluss der Sekrete aus dem periapicalen Ent¬ 
zündungsherde, dessen Ausheilung ich mir ohne Abstossung 
und Sekretion nicht denken kann, zu eng erscheint. 

In welchem Verhältnis die Heilkraft des Trikresol-Formalin 
zur Grösse des Erkrankungsherdes steht, lässt sich auch nicht 
annähernd bestimmen, jedoch glaube ich, dass man die dies¬ 
bezüglichen Erwartungen ziemlich hoch spannen darf. §jphe 
Fall III (Primararztensgattin), wo die Entstehung der Fistel 
schon 17 Jahre zurückdatierte, wie die Patientin mit voller 
Bestimmtheit angibt, und der periapicale Entzündungsprozess 
also sicher bereits zu merklichen Zerstörungen im betreffenden 
Alveolarfach geführt hat und trotzdem Heilung in einer Sitzung 
eingetreten war. 

Freilich dürfte für die Folgeerscheinungen der betreffenden 
periapicalen Erkrankung nicht so sehr die Krankheitsdauer an 
und für sich, als vielmehr der Moment entscheidend sein, in 
welchem es den Entzündungsprodukten, Eiter, nekrotische 
Fetzen, Sequester etc., gelingt, nach aussen durchzubrechen. 
Die jeweilig bestehenden anatomischen und pathologisch-ana¬ 
tomischen Verhältnisse bilden die Widerstände, welche über¬ 
wunden werden müssen. Je früher es zur Bildung einer Fistel 
kommen kann, desto weniger folgenschwer wird der Krankheits¬ 
prozess ablaufen. Natürlich kommt auch die Virulenz der be¬ 
treffenden Krankheitserreger in Betracht. 

In den Krankengeschichten der von mir operierten 
Fällen finde ich die Bestätigung für diese Behauptungen. Eine 
weitere Erörterung dieser interessanten Frage würde zu weit 
fuhren. 

Immerhin wird es aber noch Fälle geben, die einer 
operativen Behandlung unterzogen werden müssen. Die von 
R. Weiser (Wien) aufgestellten Operations-Indikationen werden 
auch fernerhin ähre Giltigkeit haben, ihnen wird sich kein ge¬ 
wissenhafter Operateur verschliessen können. Ich möchte gleich 


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Die Behandlung von Fistelzähnen mit Trikresol-Formalin. 853 


über einen Fall berichten, in welchem mich das Trikresol- 
Formalin im Stich gelassen hat. 

Vor 4 Wochen kam ein resolutes Fräulein (Französin) zu 
mir. Sie hatte mehrere Goldkronen und sehr viele Goldplomben 
im Munde und erzählte mir eine lange Leidensgeschichte über 
ihren J2. In Kürze will ich erwähnen, dass sie seit 3'/» Jahren 
öfters rasende Schmerzen im Oberkiefer (links) hatte. Zu solchen 
Zeiten durfte der jjjj nicht berührt werden. Mehrmals wollte sie 
während solcher Anfälle aus Verzweiflung den ziehen lassen, 
aber noch kein Arzt wollte sich dazu hergeben, wie sie 
sagte, wohl wegen der zwei schönen Goldplomben, die ihn 
schmücken. Anschwellung war nie vorhanden. Vor 2 '/* Monaten 
hat die Patientin in Wien eine Wurzelbehandlung an diesem 
Zahn durchgemacht und wurde ihr damals Paraffin in die 
Wurzel injiziert. Auch dies war erfolglos, da sie seither wieder 
mehrere Anfälle von rasenden Gesichtsschmerzen gehabt hat. 
Während einer solchen Attacke habe ich sie in Behandlung ge¬ 
nommen. Der Befund war folgender: \% trägt mesial und distal eine 
grosse Goldplombe, am Foramen coecum eine Amalgamfüllung. 
Leichte Schmerzen auf Beklopfen. Der Kiefer über dem 12 auf 
Druck schmerzhaft. Zahnfleisch nicht entzündlich gerötet, keine 
Anschwellung. 

Trepanation des Zahnes durch das Foramen coecum, der 
Nervkanal war mit Guttapercha ausgefüllt. Dieselbe wurde vor¬ 
sichtig entfernt, endlich konnte die Nadel bis zur Wurzelspitze 
Vordringen. Kein Gangrängeruch! Einlegen eines Trikresol- 
Formalinfadens, Verschluss mit Fletcher. Patientin ist dann, 
da sie von auswärts kam, wieder abgereist. Nach 5 Tagen 
kehrte sie wieder zurück und konnte nicht genug über ihren 
Zustand klagen. Die Schmerzen haben gar nicht nachgegeben 
und steigern sich zeitweise bis zur Unerträglichkeit. Sie willigt 
gern in eine operative Behandlung des J2 ein. 

Unter Kokainanästhesie wurden die Weichteile in der 
apicalen Gegend des J2 durch einen 1'/« Cm. langen Quer¬ 
schnitt bis auf den Knochen durchtrennt und nach oben und 
unten geschoben. Mit einem grossen Rosenbohrer bin ich durch 
die Wurzelspitze des 12 hindurch in eine walnussgrosse Knochen- 


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854 


Dr. Josef Lartschneider, Linz a. d. Donau. 


höhle eingedrangen. Der Zugang wurde entsprechend erweitert, 
so dass die Höhle besichtigt werden konnte. Dieselbe w^u: an¬ 
scheinend leer. (Wo ist das Paraffin?) Die mir gegenüber¬ 
liegende Höhlenwand war glatt, wie von einer serösen, Haut 
überzogen. 

Ich wollte anfangs kaum glauben, dass ich nicht in die 
Oberkieferhöhle geraten bin. Eile war dringend geboten, denn 
die durch schlaflose Nächte heruntergekommene Patientin fiel 
von einer schweren Ohnmacht in die andere. Leichte Tampo¬ 
nade mit Vioformgaze. ln 12 Minuten war die ganze Opera¬ 
tion erledigt. Nach 7 Tagen kommt. Patientin wieder; es geht 
ihr sehr gut und heute nach 3 Wochen ist die Höhle per granula- 
tionem reichlich zur Hälfte ausgeheilt. Patientin hat gar keine 
Schmerzen mehr und ist glücklich über, den Erfolg. Das seit 
Jahren kontinuierlich bestehende Spannungsgefühl im Ober¬ 
kiefer ist seit der Operation völlig geschwunden. 

Im Anhänge an diese Ausführungen möchte ich noch 
über die Verwendung des Trikresol-Formalin bei Nerv-Ex¬ 
traktionen und über den Einfluss desselben auf die 
amputierte blutende Pulpa berichten. 

Nach Extraktion des Nerven mit der Donaldson-Nadel 
führe ich in den noch mit Blut überschwemmten Nervkanal 
einen in Trikresol-Formalin getauchten Wattefaden und lasse 
ihn mindestens 5 Minuten, wenn tunlich sogar einige Tage, 
natürlich in solchen Fällen unter Fletcherverschluss, liegen. 
Nach Entfernung dieses Wattefadens, der dann mit braunen, 
krümeligen Partikelchen (vom koagulierten Blut herrührend) 
imprägniert ist, presse ich Trikresol-Formalinpaste in den 
Wurzelkanal, worauf der Zahn plombiert wird. 

Wird der Nerv nicht extrahiert, sondern nur die Kronen¬ 
pulpa amputiert, so lege ich auf den blutenden Stumpf ein in 
Trikresol-Formalin getauchtes Wattebäuschchen und ver- 
schliesse die Kavität mit Fletcher. Nach einigen Tagen, wenn 
tunlich, sonst in kürzerer Zeit, wird das Bäuschchen entfernt, 
Trikresol-Formalinpaste auf den Stumpf gepresst und der Zahn 
plombiert. 


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Die Behandlung von Fistelzälmen mit Trikresol-Formalin. 


365 


Meine Trikresol-Formalinmischung lasse ich seit dem 
Beginne meiner Versuche ausschliesslich nach folgendem Rezepte 
hersteilen: 

Rp. Tricresoli 200 
Formoli 10*0 
Glycerini 5*0 

M. D. S. Trikresol-Formalin zu zahnärztlichen Zwecken. 

Zur Dauerfüllung von Wurzelkanälen, sei es nach Nerv¬ 
extraktion, sei es nach behandelter Pulpagangrän, benütze ich 
ausschliesslich eineTrikresol-Formalinpaste.' Nach dem heutigen 
Stande halte ich den Zusatz von Trikresol zum mindesten für 
rationell, wenn nicht in bestimmten Fällen für unerlässlich. 

Seitdem ich diese Art der Wurzelbehandlung ausübe, 
habe ich auffallend gute Erfolge zu verzeichnen. Das Fläschchen 
mit der Tinctura Jodi steht seither beinahe vergessen im 
Medikamentenschrank. Ich verwende auch Trikresol-Formalin 
aus hygienischen und prophylaktischen Rücksichten bei der Be¬ 
festigung von Kronen und Brücken, indem ich dem 
Zement einen Tropfen davon beimenge. 

Prof. Miller (Berlin) schreibt mir, dass von mancher 
Seite behauptet wird, mit Formalin allein erziele man die 
gleichen Resultate wie mit Trikresol-Formalin. Meine dies¬ 
bezüglichen Versuche musste ich bald aufgeben, ja ich möchte 
vor der Anwendung von stärker konzentriertem Formalin 
warnen ! Schon B u k 1 e y und in neuester Zeit 0. E s c h e r 
betonen, dass durch Formalin schwere Entzündungsprozesse 
hervorgerufen werden. Dies ist ja der Grund, dass Bukley, 
trotzdem das Formalin wie kein anderes Agens die Fätilnis- 
produkte hoch zusammengesetzter Körper in geruchlose und 
ungiftige Stoffe verwandelt, sich um ein geeignetes Ver¬ 
dünnungsmittel umsehen musste. Dabei fiel die Wahl auf das 

i Herr Dr. T sc her ne, Apotheker zum „Schwarzen Adler“ in Linz, 
Landstrasse 14, hat, wie schon erwähnt, eine Trikresol^Formalinpaste her¬ 
gestellt, die ich seit 8 Monaten in mehr als 800 Fällen mit bestem Erfolge 
verwende. Dieselbe wird in Zinntuben verabfolgt und ist leicht zu vei- 
arbeiten. 


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856 Dr. J. Lartschneider, Linz. - Die Behandlung von Fistelzähnen etc. 

Trikresol (eine gereinigte Mischung aller drei Kresole: Meta-, 
Orto- und Pankresol), und zwar aus folgenden Granden. 

1 Es ist mit Formalin in jedem Verhältnis gut mischbar. 

2 . Es ist ein gut keimtötendes Mittel und nahezu dreimal so 
wirksam wie Karbolsäure. 3. Es wirkt auf die fettartigen Be¬ 
standteile der gangränösen Detritusmassen, respektive auf die 
Spaltungsprodukte, Fettsäuren und Glyzerin, eine Eigenschaft, 
die dem Formalin, auch in stärkster Konzentration, vol - 
ständig fehlt. 

Es eher spricht sich sehr gegen die Verwendung von 
Jodoform zu Wurzelfüllungen aus und ich kann ihm hierin nur bei¬ 
stimmen, ja, wenn ich wurzelbehandelte Zähne wegen plotz ic 
auftretender periostaler Beschwerden trepanieren muss, kann 
ich sehr häufig Jodoform im Nervkanal konstatieren. 

Was die Verwendung von Jodoform zur Dauerfüllung 
von Wurzelkanälen betrifft, so mussich Esch er, der sehr 
davor warnt, vollkommen recht geben. Gerade bei jenen 
Fällen, wo ich Jodoform verwendet habe, kamen die ge- 
iürchteten periostalen Reizungen besonders häufig vor und 
wenn ich wurzelbehandelte Zähne wegen stärkerer plötzlich 
auftretender Beschwerden und Anschwellungen trepanieren 
muss, sind es beinahe ausschliesslich Zähne, deren Wurzel¬ 
kanäle seinerzeit mit Jodoformpaste gefüllt wurden — ja sogar 
ausgesprochene Gangrän ist mir wiederholt bei solchen Zähnen 
untergekommen. Das Jodoform scheint eben sehr flüchtig und 
leicht resorbierbar zu sein und kann daher als Dauerfüllung 
für Wurzelkanäle nicht gut verwendet werden. 

Ich weiss, dass auch vor der Anwendung des Trikresol- 
Formalin sehr gute Erfolge bei Wurzelbehandlungen, sei es 
am toten oder am lebenden Zahn, erzielt wurden. Zweifels¬ 
ohne hat sich jeder Kollege irgendeine Methode zurechtgelegt, 
mit welcher er stets sein gutes Auskommen gefunden hat, 
allein die Trikresol-Formalmbehandlung ist so einfach in ihrer 
Ausführung und bietet so glänzende Aussichten, dass sie 
gewiss in kurzer Zeit sehr viele Anhänger haben wird. 


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Zahnarzt A. Körbitz, Berlin. — Die mechanische Formierung etc. 357 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Die necbaoisciie Dornt ta Geltes.' 

Von Alfred Körbitz, Leiter der Berliner zahnärztlichen Poliklinik, 

in Berlin. 

Alle Autoren bestätigen die Beobachtung, dass Unregel¬ 
mässigkeiten im Milchgebiss viel seltener Vorkommen als im 
bleibenden und suchen diese Tatsache in mannigfacher Weise 
zu deuten, so führt sie beispielsweise Warnekros auf die 
Gleichförmigkeit der Nahrung und somit der Funktion 
der Kiefer und Zähne des Kindes zurück. 

Wenn man nun die Kiefer des Neugeborenen unter¬ 
sucht, findet man, dass der Zahnbogen des Milchgebisses schon 
intrauterin vorgebildet ist, indem die Zahnscherbchen un¬ 
mittelbar unter der dünnen Knochendecke des dem Alveolar¬ 
rand entsprechenden Teiles des noch sehr unentwickelten 
Knochens liegen. Diese Anordnung wird auch durch die folgende 
Ausbildung der Kiefer, d. h. besonders der Kieferkörper nicht 
geändert, so dass also der Milchzahn nur aus der primären 
Alveole herauszutreten braucht, um seinen Platz im Gebiss 
einzunehmen. Ganz anders verhält es sich mit der Lage der 
zweiten Zähne, wie wir sie vor deren Durchbruch im kind¬ 
lichen Kiefer konstatieren. Gehen aber schon alle Entwicklungs¬ 
prozesse im jugendlichen Organismus mit frischerem Impuls 
von statten, als im fortgeschrittenen, so stellen sich der zweiten 
Dentition in der grösseren Dichtigkeit des Knochengewebes und 
in dem Vorgänge des Zahn Wechsels Schwierigkeiten ent¬ 
gegen, die der ersten Dentition fremd sind. 

Zu alledem aber erscheint mir wichtig, dass die zweite 
Dentition von ungleich stärkeren funktionellen 
Leistungen beeinflusst wird, als die erste. Eine voll¬ 
ständige Darstellung der beim Aufbau des bleibenden Ge¬ 
bisses sich abspielenden Vorgänge habe ich in keinem zahn¬ 
ärztlichen Lehrbuch gefunden und da man sie auch in jenen 

• Nach einem Vortrage, gehalten in der 20. Jahresversammlung des 
Vereines Bayrischer Zahnärzte in Nürnberg, 28. Juni 1006. 

3* 


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358 


Zahnarzt Alfred Körbitz, Berlin. 


Büchern vermisst, die sich mit der Entstehung und Behandlung 
des unregelmässigen Gebisses befassen, habe ich geglaubt, 
diesen Gegenstand um so eher für einen Vortrag verwenden 
zu dürfen, als die inneren Dentitionsprozesse, welche so oft 
und so eingehend dargestellt wurden, dem praktischen Inter¬ 
esse des Zahnarztes viel ferner sind, als die gröberen und 
äusserlichen, mehr mechanischen Verhältnisse, welche die Kiefer 
und Zähne nach dem Durchbruch der letzteren beherrschen 
und welche doch der Kontrolle und Beeinflussung des Zahn¬ 
arztes zugänglich sind. Zur Erklärung der meisten Unregel¬ 
mässigkeiten im Gebiss hat man sich früher des Ausdruckes 
„Raummangel“ bedient. In der Art, wie dieser gebraucht 
wurde, war er nur ein Wort, wie es sich nach dem mephi¬ 
stophelischen Ausspruch einstellt, wo Begriffe fehlen und der 
Begriff, an dem es vor allem fehlte, war der der funk- 
tionellenSelbstgestaltung, wie er uns erst jüngst und 
in bezug auf die Kiefer besonders durch Arbeiten Walkhof fs 
geläufig geworden ist. 

Wenn man beispielsweise die Abhandlungen Stern- 
felds über die Anomalien des Gebisses im Scheffschen 
Handbuch liest, so bemerkt man, dass dieser Autor sich noch 
nicht bewusst ist, wie die Gestaltung der Alveolarfortsätze der 
Zahnbögen, überhaupt des ganzen Gebisses beherrscht wird 
von dem einen Hauptfaktor der Funktion und wie alle 
anderen Faktoren Vererbung, konstitutionelle Erkrankungen 
u. dgl. nur akzessorisch oder mittelbar Bedeutung gewinnen. Im 
grossen und ganzen dürfte der selbstverständliche Satz, dass- 
nur ein normales Gebiss normal funktioniert, auch so um¬ 
zukehren sein, dass nur bei normalen Funktionen ein 
normales Gebiss entsteht. Auch besteht! Denn wir sehen 
oft im Laufe der Jahre sich Umformungsprozesse vollziehen, 
die im höheren Lebensalter Anomalien hervorbringen, wie sie 
ganz ähnlich im Zusammenhang mit der Dentition entstehen. 
Welche Funktionen hierbei in Betracht kommen und welche 
Bedeutung sie im einzelnen haben, sind Fragen, die unser 
grösstes Interesse beanspruchen und die einer erschöpfenden 
Beantwortung noch harren. 


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Die mechanische Formierung des Gebisses. 


859 


Eine grosse Bedeutung für die Formierung der Zahn¬ 
bögen hat man von jeher der Zunge, diesem voluminösen 
und höchst aktiven Muskel, mit Recht beigemessen. Seine für 
die Zähne wichtigsten Funktionen sind die Formung und Be¬ 
wegung der Bissen, die Lautbildung und der Druck, den der 
erschlaffte Zungenkörper auf die Lingualflächen der unteren 
Zähne ausübt. Wie innig die Wechselbeziehungen zwischen 
Zahnbogen und Zunge sind, erhellt daraus, dass die letztere 
bei Verlust der Zähne grösser wird und anderseits patho¬ 
logische Makroglossie mit Deformierung der Zahnbögen einher- 



Fig. 1. 


geht, wie Virchow und andere beschrieben haben. Bemerken 
wir nun, dass im Unterkiefer die Zähne stets lingual vom 
Platz der Milchzähne durchbrechen, so bedarf es kaum weiterer 
Beweise dafür, dass die Formierung des unteren Zahnbogens 
in der Hauptsache von der Zunge abhängt. Viel geringer 
scheint zunächst der direkte Einfluss der Zunge auf die oberen 
Zähne, welche der Regel nach labial von dem Platz der Milch¬ 
zähne durchbrechen. Da aber die beiden Zahnbögen sich gegen¬ 
seitig beeinflussen, wobei nach der Auffassung Angles der 
untere die Patrize darstellt, über die der obere sich formt, so 
ist jedenfalls in dieser Verbindung die Zunge für die Formierung 
auch des oberen Bogens mitbestimmend. 


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860 


Zahnarzt Alfred Körbitz, Berlin. 


Die nächsten Muskeln, welche unmittelbar auf die Zähne 
einwirken, sind die M. buccinatores und orbicularis, 
welche den Alveolarbogen umspannen und ihn sowohl passiv 
als aktiv kontrahierend beeinflussen (Fig. 1). Da nun die Zähne 
im Oberkiefer, wie bemerkt, labial vom Platze der Milchzähne 
erscheinen, so können diese Muskeln zur erwähnten Anpassung 
des oberen Zahnbogens an den unteren beitragen. Für mannig¬ 
fache Funktionen dieser Muskeln dient der obere Zahnbogen 
als Stütze, was leicht experimentell festzustellen ist, wenn man 
die Lippen beispielsweise zum Pfeifen eines hohen Tones oder 
für ein deutliches „Sch“ oder wie zum Schlürfen einer Flüssig¬ 
keit einstellt. Hierbei wird der gegen die Eckzähne und Bicus- 
pidaten gerichtete Druck deutlich fühlbar. Er entsteht durch 
die gleichzeitige Kontraktion der M. orbicularis und buccinatores, 
welch letztere die Mundwinkel nach hinten fixieren und so die 
Lippen zu ihren Aktionen befähigen. Durch derartige funktionelle 
Inanspruchnahme lässt sich allein der kontrahierte Kiefer er¬ 
klären, wie auch Charles Tomes, Walkhoff u. a. getan haben. 

Lenken wir nun unsere Aufmerksamkeit von der Gesamt¬ 
heit der Zahnbögen auf das Schicksal des einzelnen Zahnes 
nach seinem Durchbruch, so sehen wir ihn unter dem Druck 
der Muskulatur im Unterkiefer von innen, im Oberkiefer von 
aussen her seinem Antagonisten entgegenstreben und durch 
die sich treffenden Artikulationsflächen eine exaktere Einstellung 
erfahren. Hierbei ist der ersten Durchbruchsrichtung des 
einzelnen Zahnes ein relativ grosser Spielraum gelassen, inner¬ 
halb dessen er noch zur Normalstellung gelangt, weil durch 
die Exkursionen des Unterkiefers das gegenseitige Erfassen der 
Antagonisten begünstigt wird. Auf die Rolle, welche überhaupt 
die Beweglichkeit des unteren Zahnbogens bei der Formierung 
des oberen spielt, hat Warnekros zuerst hingewiesen. 

Wir sind damit zu der dritten Muskelgruppe gekommen, 
welche an den Kiefern inserieren, den Kaumuskeln. Eine 
direkte Einwirkung derselben auf die Zähne findet nicht statt, 
um so grösser aber ist die indirekte. 1 Hängt doch von dem 

1 Eine Druckwirkung seitens der M. masseter oder pterygoid. int. auf 
die Molaren kommt normalerweise nicht zustande. 


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Die mechanische Formierung des (Jebisses. 


861 


Gebrauch der Kiefer zur Mastikation deren innerliche und 
äusserliche Entwickelung und Ernährung naturgemäss ab, so 
dass wir dauernd untätige Zähne durch Atrophie der Alveolen 
ausfallen sehen. Aber auch bei der Formierung des entstehenden 
Gebisses ist der Kaumuskulatur, wie schon bemerkt, zu ge¬ 
denken. Der untere Zahnbogen, als der in der Dentition voran¬ 
gehende, der Struktur nach kompaktere, gewinnt durch seine 
Aktivität auf den oberen Bogen gestaltenden Einfluss, welcher 
grösser ist, als die Rückwirkung des oberen Bogens auf den 
unteren. Endlich werden durch den Kaudruck die Zähne in 
ihrer Stellung im Knochen fixiert. Anderseits können durch 
lange andauernden, ungenügend verteilten oder ungünstig zur 
Wirkung gelangenden Kaudruck bei einzelnen oder allen Zähnen 
des Gebisses atrophische Zustände geschaffen werden. 1 Die 
Kaumuskulatur tritt normaler Weise nur in Tätigkeit beim 
Kauen und beim Kieferschluss, wie er im Schluckakt, aber 
nur vorübergehend, hergestellt wird. 

Wenn die gesamte Muskulatur, welche wir betrachtet 
haben, erschlafft ist, so wird folgende Situation geschaffen: 
Die Lippen und Wangenteile liegen den Zahnbögen, in der 
Hauptsache dem oberen an. die Zunge füllt den unteren Zahn¬ 
bogen und ist nach hinten und unten herabgesunken. Die 
Zahnreihen haben sich von einander entfernt, indem der Unter¬ 
kiefer durch die Bänder und den Tonus der Kaumuskeln ge¬ 
halten wird. Dieser Zustand kann aber nur vorübergehend 
bestehen, denn durch den dauernden, von Unterkiefer und 
Zunge ausgeübten Zug ermüden alsbald die belasteten Muskeln 
und es kommt zu unwillkürlichen Kontraktionen derselben oder 
der Unterkiefer sinkt unter Oeffnung der Mundspalte weit 
herab, wie man dies bei im Sitzen Schlafenden beobachtet. 
Aber auch wenn dies nicht erfolgt, wenn im Schlaf bei Rücken¬ 
lage der Mund geschlossen bleibt, stellt sich Behinderung der 
Nasenatmung ein, die zum Schnarchen oder zur Mundatmung 
führt. Die Ursache dieser Behinderung finden wir in dem Nach- 


1 Vgl. die Arbeiten Kärolyis, dessen grundlegende Anschauungen 
Verfasser oft in prägnantester Weise bestätigt gefnnden hat. 


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Zahnarzt Alfred Körbitz, Berlin. 


hintensinken des Gaumensegels, welches durch den zwischen 
ihm und der hinteren Pharynxwand passierenden Luftstrom in 
Schwingungen versetzt wird. 

Wir sehen also, dass dieser Status nicht den physiolo¬ 
gischen Ruhezustand der Mundhöhle darstellt. Diesen aber zu 
kennen, ist wichtig, weil er in der Dauer seiner Wirkung allen 
anderen Zuständen vorangeht, wie auch seinem Wesen nach 
bestimmenden Einfluss haben muss. Einigen Aufschluss geben 
folgende Experimente. 

I. Schliessen wir den vorher geöffneten Mund langsam, 
bis sich die Lippen und die ersten Zahnhöcker berühren und 
erschlaffen nun die Muskulatur, so beginnt sofort ein Gefühl 
der Unbehaglichkeit, des Gezwungenen. 

II. Schliessen wir dagegen den Mund und führen zugleich 
den Schluckakt aus, so können die Muskeln erschlaffen und 
wir haben die Empfindung der Ruhe und eines natürlichen 
Zustandes. 

Suchen wir nach den Unterschieden der beiden Zustände, 
so zeigt sich, dass bei dem Schlucken ein Ansaugen der Zunge 
an den Gaumen einerseits und des Unterkiefers samt Lippen, 
Wangen und Mundboden an den Oberkiefer anderseits statt¬ 
gefunden hat, und dass die Saugwirkung unverändert fort¬ 
besteht, wenn nach Erschlaffung der Muskulatur der Unterkiefer 
ein wenig sinkt, so dass sich die Zahnreihen nicht mehr be¬ 
rühren. 

Diese Erscheinungen hat Mezger schon im Jahre 1875 
beschrieben, um darzutun, dass der Unterkiefer im Ruhezustand 
durch den Druck der äusseren Atmosphäre getragen werde. 
Fragen wir nun, welche Bedeutung diese Ergebnisse für das 
Gebiss haben, so erkennen wir bald, dass dieselben von aller¬ 
grösstem Einfluss auf dessen Formierung sind. Kuhnert hat 
diesen in seiner Monographie über die Selbstregulierung des 
Gebisses sehr eingehend behandelt, hat aber, wie mir scheint, 
einige Momente nicht richtig gewürdigt. 

Das eine ist klar, dass ein innerhalb der Mundhöhle be¬ 
stehender Saugraum äussere atmosphärische Druckwirkungen 


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Die mechanische Formierung des Gebisses. 368 

bedingt. Die Richtung derselben aber hängt ab von der 
Lokalisation dieses Saugraums, den Wandungen, welche ihn 
darstellen. Nehmen wir an, wie es Mezger und auch 
Kuhnert zu tun scheinen, dass der Saugraum dem Cavum 
oris entspricht, so wurde er gebildet nach unten und hinten 
von der Zunge, nach oben vom harten Gaumen, nach vorn 
und den Seiten durch die Alveolar- und Zahnbögen, bzw. den 
diesen aufliegenden Wangen und Lippenteilen. Unter diesen 
Umständen wäre die bedeutungsvollste Wirkung ein auf die 
Zahnbögen von vorn und den Seiten gerichteter Druck. Ein 
Druck des Unterkiefers gegen den Oberkiefer, wie ihn Kuhnert 
annimmt, kann nur im Augenblick des Schluck- und Saug¬ 
aktes statthaben; nach Erschlaffung der Muskeln könnte der 
Unterkiefer theoretisch in der eingenommenen Lage verharren, 
also „schweben“, daher nie einen Druck ausüben. In Wirklich¬ 
keit aber sinkt der Unterkiefer nach vollendetem Schluck-, 
bzw. Saugakt stets ein wenig herab, was seine einfache Er¬ 
klärung darin hat, dass die Saugwirkung, welche die Zungen¬ 
muskulatur hervorbringt, nach deren Erschlaffung etwas geringer 
ist, als unmittelbar während ihrer Aktion. Man kann noch so 
forciert ansaugen, im Moment gänzlicher Muskelentspannung 
sinkt der Unterkiefer ein wenig herab. 1 Entfernt man will¬ 
kürlich die Kiefer weiter voneinander, so legen sich die Lippen 
noch fester an, während an den Seiten die Wangen zwischen 
die Mahlzähne einstülpen. Beides Erscheinungen, die sich aus 
dem äusseren Druck erklären. 

Rekapitulieren wir die Druckwirkungen, welche den oberen 
Alveolarbogen beeinflussen: 

1. Passiver Weichteildruck, 

2. aktiver Muskeldruck, 

3. atmosphärischer Luftdruck. 

Alle diese Komponenten vereinigen sich in der Tendenz, 
den oberen Bogen zu kontrahieren. 

1 Kuhnert konstatiert dies gleichfalls, führt aber im Widerspruch 
damit dennoch „Unterkieferluftdruck“ als wirksamen Faktor an; anderseits 
führt Kuhnert dann wieder das häufige Geschlossensein der Zahnreihen 
auf Muskeldruck zurück (1. c. S. 22). ' 


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364 


Zahnarzt Alfred Körbitz. Berlin. 


Suchen wir nun nach Faktoren, welche jene kompen¬ 
sieren können und das Gleichgewicht hersteilen, so finden wir: 

а) Die architektonische Wölbung des oberen 
Alveolarbo gens; 

б) den funktionellen Reiz, ausgeübt durch 
den aktiven unteren Zahnbogen; 

c) Druckwirkung der adhärierenden Zunge. 

Dass diese Faktoren es wirklich sind, die den normalen 
oberen Bogen bilden helfen und erhalten, versuche ich besonders 
aus den Folgeerscheinungen zu beweisen, die entstehen, wenn 
einer oder mehrere derselben nicht in Wirkung treten. 

Was zunächst die architektonische Wölbung des 
Bogens betrifft, so ist gemeint, dass ein vollständiger, sei es 
aus Milch-, sei es aus bleibenden Zähnen bestehender Bogen 
nicht leicht deformiert werden kann, weil ein Zahn den andern 
stützt. Sobald dagegen ein Baustein entfernt wird, verliert der 
Bogen seine mechanische Widerstandsfähigkeit. 

Wenn so die Wölbung den Bogen gegen zusammen- 
gedrücktwerden schützt, sorgt anderseit der auf ihm lastende 
Druck für einen immer festen Zusammenschluss der Zähne. Wir 
sehen daher nur in Ausnahmsfällen Lücken im intakten Zahn¬ 
bogen auftreten und suchen alsdann mit Recht nach einer 
besonderen Ursache. So erklärt z. B. Angle das zwischen 
den mittleren oberen Incisiven vorkommende Diastema durch 
übermässige Entwicklung des Lig. labii sup. Sobald aber die 
Kontinuität des Bogens unterbrochen wird, sei es durch 
Extraktion, sei es durch Nichterscheinen eines Zahnes oder 
Durchbruch desselben ausserhalb des Zahnbogens, beginnen 
Vorgänge, welche auf eine Schliessung der Lücke abzuzielen 
scheinen und insofern der Funktion der äusseren Druck¬ 
wirkungen nur entsprechen. Wir können bei diesen Vorgängen 
allerdings zwei Phasen unterscheiden. Die erste betrifft die der 
Lücke benachbarten Zähne, welche sich alsbald gegenseitig 
nähern, was Walkh o ff aus der durch die Extraktion hervor¬ 
gerufenen Entspannung des Knochengewebes erklärt hat. Die 
zweite besteht in einer Abflachung des betreffenden Bogen- 


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Die mechanische Formierung des Gebisses. 


365 


Stückes, die ebenfalls zur Schliessung der Lücke führt, aber 
nicht durch ein Rücken der Zähne, sondern durch eine 
Transformation des Alveolarfortsatzes er¬ 
zeugt wird. 

Fig. 5 zeigt einen Oberkiefer, bei dem diese Vorgänge 
auf der rechten Seite nach Extraktion von M t ziemlich ab¬ 
gelaufen sind. Auf der linken hat ebenfalls durch vorzeitigen 
Verlust des Milcheckzahnes die Abflachung des Bogens ein¬ 
gesetzt, ist aber vom durchbrechenden bleibenden Eckzahn 



Fig. 2. Fig. 3. 


aufgehalten worden, der die Kontur des eigentlichen Bogens 
ziemlich nahe erreichen dürfte. Tritt in solchen Fällen der 
Eckzahn noch später ein, so kann inzwischen die Abflachung 
des Bogens, besonders auch in der Sagittalrichtung so vor¬ 
geschritten sein, dass ein verkleinerter, aber geschlossener 
Zahnbogen entstanden ist, in dem die Eckzähne keine Lücke 
finden und dann sehr weit oberhalb des Alveolarrandes meist 
aussen erscheinen. Ein solcher Fall ergab das in Fig. 2 ge¬ 
zeigte Profil eines 18 jährigen Mädchens, welches fast auf 
eine Progenie schliessen lässt. Die Frontzähne des Unter- 


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366 


Zahnarzt Alfred Körbitz, Berlin. 


kiefers waren eng aneinander- und übereinandergedrängt und 
nach lingual geneigt. 

Aber auch wenn im Oberkiefer sämtliche Zähne ihren 
Platz im Alveolarbogen einnehmen, können die äusseren 
Druckwirkungen eine Verkleinerung desselben bei Ueber- 
einanderschiebung einzelner Zähne herbeiführen, sofern durch 



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mangelhafte Beziehungen zum anderen Bogen dietrophische 
Reiz wirkung der normalen Funktion fehlt. Ausser bei jenen 
Fällen von zurückstehendem Unterkiefer, wo die Unterlippe 
zwischen die oberen und unteren Frontzähne gepresst wird 
(Fig. 3) und somit eine der dargestellten ziemlich entgegen¬ 
gesetzte Druckrichtung folgt, sehen wir die Kontraktion des 
oberen Bogens sich vollziehen. Alsdann finden wir die oberen 


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Die mechanische Formieruug des Gebisses. 367 

ITrontzähne gedreht, zusammengesehoben und lingualwärts 
geneigt. 

Es wird unter diesen Voraussetzungen allerdings der 
normale Bogen kaum zustande kommen, indem die Zähne 
schon während des Durchbruches den äusseren Druckwirkungen 
unterliegen. Aber wo der fertige Bogen erst später die funk« 




tionelle Inanspruchnahme verliert, sehen wir ihn allmählich 
nachgeben. 

Fig. 4 zeigt den Oberkiefer eines 21jährigen Mädchens^ 
bei dem im Verlauf der Jahre der linke seitliche Schneidezahn 
mehr und mehr aus dem oberen Bogen heraus- und über den 
mittleren hinübergeschoben wurde. Die Erklärung für diese 
auffallende Erscheinung gibt der untere Zahnbogen, dessen 


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368 


Zahnarzt Alfred Körbitz. Berlin. 


Mittellinie um einen unteren Incisivus nach rechts verschoben 
und dessen linke Bogenhälfte daher um die Breite dieses 
Zahnes abgeflacht ist. 1 Die linke Hälfte des oberen Bogens 
wurde trotz ihrer Architektur in entsprechender Weise um¬ 
gestaltet, wobei der relativ schwächste und wegen seiner 
schmalen Krone von aussen her am wenigsten belastete Teil, 
der seitliche Schneidezahn, weichen musste. 

Es wird in dieser Weise von den äusseren Druckwirkungen 
nicht allein der Zusammenschluss des oberen Bogens, sondern 
auch dessen Anpassung an den unteren besorgt. Bei diesem 
Vorgänge kann die Architektur des oberen Bogens durchbrochen 



werden, anfangs aber verhindert und verzögert sie jene An¬ 
passung. Beispiele hiefür geben Fig. 6 und 7. 

Dieses in Fig. 5 in der Aufsicht gezeigte Gebiss besitzt 
einen verkleinerten, beiderseits um einen ganzen Zahn zurück¬ 
stehenden unteren Zahnbogen, woraus die bereits besprochene 
geringe Widerstandsfähigkeit des oberen Bogens weiterhin er¬ 
klärt ist. Wir sahen diesen auf beiden Seiten abgeflacht Auf 
der rechten Seite aber, wo die Architektur durch den Verlust 
von M t unterbrochen ist, hat diese Anpassung grosse Voll¬ 
kommenheit erreicht (Fig. 6). Hierbei ist natürlich den schiefen 

1 Im Unterkiefer ist auf der rechten Seite M t extrahiert, wodurch 
•diese Seite kürzer ist, als die linke. Da aber nur im gleichschenkeligen 
Dreieck der Scheitelpunkt in der Mitte über der Basis liegt, so ist die Ver¬ 
schiebung der Mittellinie, wie auch die Abdachung der linken Seite aus jener 
Extraktion geometrisch erklärt. 


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Die mechanische Formierung des Gebisses. 


Eibenen der Artikulationsflächen ein entscheidender Einfluss 
beizumessen. Bei den Backenzähnen könnte man sogar die 
Hauptwirkung an den ineinandergreifenden Höckern suchen. 
Bei den Frontzähnen dagegen bedarf man der äusseren Druck¬ 
wirkungen durchaus zur Erklärung. Indessen spielt auch bei 
diesen die Artikulationsfläche eine die feinere Einstellung des 
Zahnes bestimmende Rolle. So wird sie bei den Incisivis der 
Drehung, bei den Caninis einem Distalrücken über die unteren 
hinweg im Verein mit dem äusseren Druck entgegenwirken 
(Fig. 6). 

Ganz andere Verhältnisse zeigt die linke Seite dieses Ge¬ 
bisses (Fig. 7), wo kein Zahn eingebüsst wurde. Hier hat der 



obere Bogen durch inneren Widerstand diese Anpassung zum 
Teil verhindert und wir sehen B t vollständig ausserhalb 
des unteren Zahnbogens. 

Wenn die Kontraktion des oberen Bogens nicht vollendet 
ist, so dass sowohl die mittleren Schneidezähne noch recht 
prognath gestellt und auch Lücken auf der rechten Seite ge¬ 
blieben sind, so hat das seinen Grund darin, dass die unteren 
Schneidezähne in Ermanglung eines normalen Gegenbisses 
das Wachstum fortgesetzt haben, bis sie mit ihren Schneiden 
die Tubercula der oberen nahe dem Zahnhalse erreichen. 
Dadurch wurden die letzteren in ihrer Stellung befestigt. 

So hätten bisher aus den in Betracht gezogenen Mo¬ 
menten alle Vorgänge ihre Erklärung gefunden und es er¬ 
übrigt nun die Gegenprobe zu machen und zu untersuchen, 


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370 


Zahnarzt Alfred Körbitz, Berlin. 


ob unsere Auffassung auch dann aufrecht zu erhalten ist, wenn 
unter total veränderten Bedingungen andere Formen entstehen. 
Dies ist der Fall, wie schon den ältesten Beobachtern nicht 
entgangen ist, bei Mundatmung. Wenngleich aber der ätio¬ 
logische Zusammenhang erkannt war, verwickeln sich die 
näheren Erklärungen der pathologischen Erscheinungen in 
Widerspruche. So sagt Port, dass der Oberkieferbogen bei 
Mundatmern im ganzen kleiner bleibt, ausserdem aber seitlich 
zusammengedrückt wird von den Weichteilen der Wange. 
Ausserdem schreibt Port dem in der Nase negativen, im Munde 
positiven Druck Einfluss zu. 

Was das erste betrifft, so dürfte Kuhnert nicht Un¬ 
recht haben, wenn er den Eigendruck der Wange auf die 
Alveolarbögen als sehr unbedeutend hinstellt, weil diese Weich¬ 
teile vom Jochbogen und Oberkieferkörper ziemlich glatt zum 
Unterkiefer gespannt sind. Was aber die Druckverhältnisse 
betrifft, so ist in jedem Falle der Alveolarbogen des Mund- 
atmers einer ungleich geringeren Summe äusserer Druck¬ 
wirkungen ausgesetzt, als der des Nasenatmers nach unseren 
früheren Ausführungen. Dem entspricht auch regelmässig eine 
Schrägstellung der oberen Frontzähne nach vorn und aussen. 
Das markanteste Merkmal des Mundatmers ist aber der „hohe“ 
oder kielförmige Gaumen und an seiner Deutung scheinen alle 
Autoren gescheitert zu sein. Die Auffassung Ports, dass die 
anormalen Druckverhältnisse ihn erzeugen, steht mit seiner 
eigenen Beobachtung im Widerspruch, nach der die „Höhe“ 
des Gaumens nur relativ, nicht aber absolut abnorm ist. 

Handelt es sich danach um eine Verkürzung der Quer¬ 
achse des Bogens, so fehlen doch durchaus Druckwirkungen, 
welchen eine solche zuzuschreiben wäre, insbesondere wenn 
weder Lücken noch Artikulationsstörung eine Prädisposition 
hierfür bieten. Es liegt daher nahe, jene Form des harten 
Gaumens auf mangelhafte Entwicklung zurückzuführen, und ich 
glaube, dass mir dies gelungen ist. 

Wir wissen, dass die Entwicklung der Nasenhöhle 
zurückbleibt, wenn ihr die trophische Reizwirkung der Atemluft 
fehlt, und da der harte Gaumen den Boden der Nasenhöhle 


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Die mechanische Formierung des Gebisses. 


371 


bildet, sö ist der Zusammenhang nach dieser Richtung wohl 
klar. Es handelt sich indessen beim kielförmigen Gaumen nicht 
allein um die Schmalheit des Gaumendaches, gerade die 
Alveolarfortsätze scheinen . „zusammengedrückt“. Diese Tat¬ 
sache erkläre ich ebenfalls durch das Fehlen eines funktionellen 
Reizes, der normaler Weise von der Zunge ausgeübt wird. 

Wir hatten oben zunächst angenommen, der bei Mund¬ 
ruhe bestehende Saugraum entspräche dem Gavum oris und 
waren dadurch auch auf keine Widersprüche gestossen. Ander¬ 
seits konnten wir nach Experiment II feststellen, dass beim 
Schluckakt die Zunge am harten Gaumen angesaugt wird und 
dort adhäriert. Selbst bei vorsichtigem Oeffnen des Mundes 
bleibt die Zunge angesaugt. Die Zunge trägt sich also für sich 
durch einen am harten Gaumen gebildeten Saugraum unab¬ 
hängig vom Unterkiefer. Diese von Donders im Anschluss 
an die Experimente Mezgers gemachte Feststellung gewinnt 
nunmehr besondere Bedeutung. Nicht allein, dass der Saug¬ 
raum des Unterkiefers die Zunge nicht mitzutragen hat, also 
auch der äussere relative Druck geringer ist, sondern es findet 
auch noch eine Einwirkung der Zunge auf den Oberkiefer statt, 
welche nichts anderes als eine Erweiterung sein kann. Denn 
die Zungenränder sind bei jener Lagerung dem oberen Zahn¬ 
bogen und Alveolarrande angepresst, während der am Zungen¬ 
rücken bestehende Saugraum im Sinne einer Abflachung des 
Daches wirkt. Gerade diese Wirkungen fehlen beim Mund- 
atmer ganz, denn er hält weder Zunge noch Kiefer angesaugt. 

Somit wäre auch der direkte Einfluss der Zunge auf die 
Formation des oberen Alveolarbogens, ja des ganzen Gaumen¬ 
daches erkannt. Es bestehen hier eben analoge Beziehungen 
wie zwischen Zunge und unterem Bogen, es handelt sich auch 
beim Oberkiefer um eine funktionelle Anpassung, auf die man 
übrigens a priori hätte schliessen können. 

Ich bin mir bewusst, im Vorstehenden nur den flüchtigen 
Umriss einer Darstellung der Formierung des Gebisses gegeben 
zu haben. Und nicht nur viele wichtige Einzelheiten wären zu 
bearbeiten, sondern vor allem auch das Wachstum der 
Kiefer während jener Epoche in den Kreis der Betrachtungen 

4 


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Dr. Julias Misch, Berlin. 


zu ziehen. Dieses um so mehr, als darüber keine abschliessenden 
Untersuchungen vorliegen und das Studium desselben im Zu¬ 
sammenhang mit dem Aufbau des Gebisses, wie mir scheint, 
neue Aufschlüsse geben kann. Dass aber die Formierung des 
bleibenden Gebisses vor sich geht unter sehr deutlichen mecha¬ 
nischen Wirkungen und dass wiederum die Funktion das 
gestaltende Prinzip ist, glaube ich dargetan zu haben. 

Literatur. 

Warnekros: Entstehung der anomalen Zahnstellangen, ö esterr. -Ungar. 

Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde, 1894. 

Walkhoff: Die Unregelmässigkeiten in den Zahnstellnngen. Leipzig 1891. 
Sternfeld: Anomalien der Zähne. Scheits Handbuch, 1902, Bd. I. 

Angle: Malocclnsion of Teeth. Philadelphia 1900. 

Port: Kieferdifformitäten. Oesterr.-ungar. Vierteljahrsschrift für Zahnheil- 
knnde, 1896. 

Mezger: Ueber den Luftdruck als mechanisches Mittel zur Fixation des 
Unterkiefers gegen den Oberkiefer im rnhenden Zustand. Archiv f. d. ges. 
Physiologie d. M. n. d. T. (Pflüger), Bd. X, 1875. 

Donders: Ueber den Mechanismus des Saugens, ebendaselbst. 

Kuhnert: Ueber die Selbstregulierung des Gebisses. Deutsche Monatsschrift 
für Zahnheilkunde, 1908. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet 

Delier Male Anästhesie nit taoaderer MchMtim Im 

Maies' 

Von Dr. Julius Misch , Zahnarzt in Berlin. 

Als Braun, der Vater der modernen Lokalanästhesie, 
in seinem jüngst erschienenen Lehrbuch (2) zum Schlüsse des 
Kapitels 7 über die örtlich anästhesierenden Arzneimittel aus¬ 
führte, dass man „der Entdeckung neuer Anästhetika nicht zu 
viel Erwartungen entgegenbringen dürfe, da ein grosses Be¬ 
dürfnis nach solchen nicht vorliege a und dass „weit mehr Nutzen 
die Ermittelung und das Studium neuer Anwendungsformen der 
alten Mittel verspreche,“ ahnte er wohl nicht, wie schnell er 

1 Nach einem Vortrage in der Berliner zahnärztlichen Vereinigung im 
April 1906. 


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Ueber lokale Anästhesie mit besonderer Berücksichtigung des Novokains. 373 

selbst in die Lage kommen würde, diesen seinen Ausspruch 
hinsichtlich eines neu gefundenen Lokalanästhetikums zu er¬ 
gänzen (4). 

Dieses Arzneimittel, welches allen anderen gleichartigen 
überlegen zu sein scheint, ist das bei einer Prüfung aus 451 Sub¬ 
stanzen als das wertvollste befundene Medikament Novokain 
welches von Einhorn in Gemeinschaft mit Uhlfelder dar¬ 
gestellt wurde und von den Höchster Farbwerken hergestellt wird. 

Novokain gehört nach den Mitteilungen von Biber¬ 
feld (1), H'Hneke und Läwen (10) und Braun (4) zu 
einer Reihe bisher noch wenig untersuchter Verbindungen, den 
aminobenzoesauren Alkaminester (respektive deren 
Salzen). Es ist das salzsaure Salz des Para-Aminobenzoyldi- 
aethylaminoaethanols, also ein Körper von der Zusammen¬ 
setzung ^ NR ' 

C * H '\ COO-C % H t ’N(0 ,#,)„ HCl 
und der Konstitutionsformel: 



HC CH 


HC CH 



C 


COO-QH^NiQHX HCl 

Das Salz stellt, aus Alkohol kristallisiert, farblose Nüdelchen 
vom Schmelzpunkt 156° C. dar, welches, ohne Zersetzung zu 
erleiden oder an Wirksamkeit zu verlieren, in wässeriger Lösung 
aufgekocht werden kann — nach Danielsen (6) sogar mehr¬ 
mals — und auch bei tagelangem Stehen in lose verstopften Glas¬ 
flaschen vollständig klar bleibt. Es löst sich in kaltem Wasser 
im Verhältnis 1:1 zu einer neutral reagierenden Flüssigkeit, in 
kaltem Alkohol im Verhältnis von 1:30. — Aetzende und kohlen¬ 
saure Alkalien fällen aus der wässerigen Lösung die freie Base 
als farbloses, bald kristallinisch erstarrendes Oel aus, dagegen 

4 * 


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374 


Dr. Julias Misch, Berlin. 


lässt sich die wässerige Lösung mit Natriumbicarbonat ohne 
Trübung mischen. Die freie Base kristallisiert aus verdünntem 
Alkohol mit zwei Molekülen Kristallwasser, aus Aether oder 
Ligroin in wasserfreien, glänzenden Prismen. Der Schmelzpunkt 
der wasserhaltigen Base liegt bei 51°, der der wasserfreien 
bei 58 bis 60°. Mit Alkaloidreagenzien, wie Kaliumquecksilber¬ 
jodid, Pikrinsäure und Jodjodkalium gibt Novokain selbst in 
stark verdünnten wässerigen Lösungen noch Niederschläge. 

Beider pharmakologischen Untersuchung fand 
Bibörfeld (1. c.) im Tierexperiment, dass Novokain dieselbe 
Wirkung auf periphere sensible Nerven besitzt, wie Kokain; 
die 74 P rozen üg e Lösung reicht vollkommen aus, um selbst 
dicke Nervenstämme in zirka 10 Minuten unempfindlich gegen 
-starke faradische Ströme zu machen. Um Nervenendigungen, 
welche bekanntlich feiner auf sensible Reize als die Leitungs¬ 
bahnen reagieren, zu anästhesieren, braucht man ebenso 
wie vom Kokain 1-, 2- bis 3prozentige Lösungen. Nach 
Braun (4) ist dieses Präparat ein örtliches Anästhetikum mit 
starker, jedoch im Vergleich zu anderen Mitteln flüchtiger 
Wirkung, ähnlich dem Tropakokain. Ein ähnliches Ergebnis 
hatten die Untersuchungen von Heineke und Läwen (1. c). 
Diese stellten fest, dass die anästhesierende Potenz des Novo¬ 
kains, namentlich in stark verdünnten Lösungen, ziemlich er¬ 
heblich geringer als die des Kokains ist. Auch bei konzen¬ 
trierteren Lösungen, wie z. B. bei öprozentigen, ist die Novo¬ 
kainanästhesie flüchtiger, fast nur halb so lange während, als 
die entsprechende Kokainanästhesie. Ausgesprochene Diffusions¬ 
wirkungen, d. h. Wirkungen auf die der infiltrierten Partie nahe 
gelegenen Nervenenden, sind beim Novokain bei Lösungen von 
etwa 1 Prozent an zu konstatieren. Nach Cieszynski (5) gibt 
sich die relative (z. B. gegenüber Kokain) flüchtige Wirkung 
•in schwächeren Konzentrationen vorzugsweise kund. Hieraus 
ergibt sich, dass Novokain für sich allein niemals das Kokain 
ersetzen kann und dass es höchstens, wie Braun hervorhebt, 
als gutes Ersatzmittel für Tropakokain in Betracht kommen 
könne. Dagegen erfüllt es aber in Verbindung mit Suprarenin, 
wie wir später erfahren werden, alle Ansprüche. 


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Ueber lokale Anästhesie mit besonderer Berücksichtigung des Novokains. 375 


In bezug auf Reizlosigkeit ist Novokain also, wie alle 
Forscher (Biberfeld, Braun, Heineke und Läwen) be¬ 
tonenfein geradezu ideales Anästhetikum. Nach Biberfeld (1. c.) 
zeigt es sich, dass Novokain in stärksten Konzentrationen (bis 
zu 20 Prozent), ja selbst in Substanz auf frische Wunden und 
auch auf so zarte Gewebe, wie die Gornea, aufgebracht werden 
kann, ohne dass die behandelten Stellen auch nur die mindeste 
entzündliche Reaktion erkennen lassen, und Heineke und 
Läwen (1. c.) fanden, dass die Lähmung der sensiblen Nerven¬ 
enden zustande kommt, „ohne dass ihr eine als Schmerz wahr¬ 
nehmbare Reizung vorhergegangen wäre“, die Quaddeln sind 
bei den Versuchen immer spurlos wieder verschwunden; „eine 
Schädigung desGewebes findet also nicht statt“. 
Auch Danielsen (1. c.) hat keine Reizerscheinungen oder 
nekrotisierenden Wirkungen beobachtet, desgleichen Erhard 
Schmidt (15), Braun (4), Sachse (14) und Cieszyüski (l.c.). 
Ich selbst kann diese Beobachtung nur voll und ganz bestätigen. 
In den zirka 300 Fällen, in denen ich Novokain in Verbindung 
mit Suprarenin sowohl zur Dentinanästhesie, wie zur Entfernung 
von Zahnwurzeln etc. angewendet habe, hatte ich niemals 
Gelegenheit, wahrzunehmen, dass die Patienten über eine Schmerz¬ 
empfindung beim Injizieren klagten oder eine Schädigung des 
Gewebes zu beobachten. Ja selbst in entzündeten Geweben ist 
die Wirkung dieses Präparates, wie schon Danielsen (1. c.) 
bemerkt, sicher und ausreichend, wie weiter unten noch näher 
berichtet wird. 

Mit Recht betont aber Sachse (1. c.), dass noch mehr 
als die.Reizlosigkeit bei diesem Präparate der Umstand ins 
Gewicht fällt, dass dasselbe vom Gesamtorganisirius 
augenscheinlich besser vertragen wird, wie Kokain Und 
ähnliche Mittel. Nach Biberfeld (1. c.) wird die Zirkulation 
und die Respiration nicht beeinflusst, wenn nicht exzessiv hohe 
Dosen angewendet werden. Die Herztätigkeit leid et also 
nicht Novokain ist nach Biberfeld bei jeder Art der An¬ 
wendung fünf- bis sechsmal weniger giftig als Kokain und zwei- bis 
dreimal weniger giftig als Stovain und nach den Untersuchungen 
von Heineke und Läwen (1. c.) ist das Novokain bei sub- 


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Dr. Julius Misch, Berlin. 


kutaner Anwendung sogar siebenmal weniger giftig als 
Kokain. 

Braun (4) und Erhard Schmidt (1. c.) haben toxische 
Nebenwirkungen des Novokains in keinem Falle gesehen, obwohl 
wiederholt eine Dosis von 0'25 erreicht wurde. Braun findet, 
dass sowohl die absolute, als auch die relative Toxizität des 
Mittels unvergleichlich geringer ist, als die der bisher bekannten 
örtlichen Anästhetika. Danielsen (1. c.) hat ebenfalls niemals 
toxische Nebenerscheinungen beobachtet, selbst in jenen Fällen 
nicht, wo 10 Ccm. einer lprozentigen Novokain- Suprarenin- 
lösung injiziert wurden. Auch Heineke und Läwen 0- c.) 
bekamen irgendwelche Allgemeinwirkungen des Novokains 
niemals zu Gesicht, auch nicht bei Verbrauch von 0*5 Gr. des 
Mittels. Diese Autoren haben ferner festgestellt, dass im Gegen¬ 
satz zum Kokain die Konzentration der subkutan injizierten 
Novokainlösungen innerhalb gewisser Grenzen keinen Einfluss 
auf die Erzeugung der Allgemeinwirkungen hat. Desgleichen 
teilt Sachse (1. c.) mit, dass in 130 von ihm notierten Fällen 
die Patienten auch nicht die geringste Störung des Befindens 
zeigten. Sachse führte Pulszählungen regelmässig aus und 
sah nur in 27 Fällen eine unbedeutende Beschleunigung, die 
jedoch nicht zum Herzklopfen ausartete. Cieszynski (1. c.) 
hebt hervor, dass ernstere Störungen in keinem Falle beobachtet 
wurden, obwohl die Anästhesie ausnahmslos jedem Patienten, 
der sie wünschte, gewährt wurde. Leichtere Störungen sah er 
in sieben Fällen, doch glaubt er nicht, dass die Ursache der¬ 
selben im Novokain zu suchen sei. Ich kann an der Hand 
meines Materiales diesen Mitteilungen nur beipflichten. Auch 
ich habe, gleich Sachse, in jedem einzelnen Falle vor und 
nach der Injektion regelmässig die Pulszählung ausgeführt und 
in 300 Fällen nur bei 14 Patienten eine ganz geringe Be¬ 
schleunigung gefunden. Fünf dieser Fälle betrafen sogar Pa¬ 
tienten, welche bei früheren Injektionen mit Kokain-Suprarenin, 
respektive anderen Anästhetizis recht bedenkliche Erscheinungen, 
wie heftiges Zittern, Uebelkeit, Gesichtsblässe, Schwindel und 
leichte Ohnmacht aufwiesen. Alle diese Patienten vertrugen 
die Injektion von Novokain-Suprarenin, in der Konzentration, 


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Ueber lokale Anästhesie mit besonderer Berücksichtigung des Novokains. 877 

wie ich sie seit längerer Zeit anwende und an späterer Stelle 
eingehend beschreiben werde, recht gut. Sie zeigten keinerlei 
Störungen des Allgemeinbefindens. Wenn aber Sachse (1. c.) 
ausführt, dass diese Erfahrungen mit Novokain ihm zu beweisen 
scheinen, dass die unangenehmen Nebenerscheinungen mehr 
auf das Konto des Kokains als der Nebennierenpräparate zu 
schreiben sind, so kann ich dem nicht ganz zustimmen. Mir 
scheint die Menge des Suprareninzusatzes, worauf gleich mir 
auch schon Rosenberg (12) hingewiesen hat, hierbei eine 
recht gewichtige Rolle zu spielen, wenn ich auch nicht, gleich 
Rosenberg, die Nebenerscheinungen auf das Konto des 
Suprareninzusatzes allein setzen will. Vielmehr scheint 
mir die Indifferenz des Anästhetikums ebenso 
wichtig zu sein wie der möglichst geringe Zusatz 
des Suprarenins. Und besonders für die Zahnheilkunde 
dürfte dies noch aus anderen Gründen, wie an späterer Stelle 
ausgeführt werden wird, wichtig und zutreffend sein. 

Während Novokain allein, wie wir oben erfahren haben, 
für die lokale Anästhesie nicht in Betracht kommen würde, 
scheint es in Verbindung mit Suprarenin allen anderen bisher 
üblichen Kombinationen weit überlegen zu sein. Seitdem wir 
wissen, welche wichtige Rolle der Suprareninzusatz zu den 
Lösungen der Anästhetizis für deren Wirksamkeit spielt, ist die 
erste Frage, die wir hinsichtlich eines neu auftauchenden 
Anästhetikums aufzuwerfen haben: Wie verhält sich dasselbe 
zu der Wirkung des Suprarenins? Ein Mittel, welches die 
Wirkung des Suprarenins auch nur im mindesten beeinträchtigen 
würde, wäre, wie uns Braun (2) gezeigt hat, wertlos. Und 
dieser Forderung entsprechen die neuerdings empfohlenen 
Ersatzpräparate für Kokain vielfach nicht. Anders liegt es aber 
beim Novokain. Biberfeld (1. c.), welcher dasselbe haupt¬ 
sächlich in dieser Hinsicht einer Prüfung unterzog, stellte fest, 
„dassNovokain die Wirkung des Suprarenins nicht nur nicht 
schwächte, sondern sie im Gegenteil steigerte“ 
Dieselbe Beobachtung machte auch Braun (4), welcher, un¬ 
abhängig von Biberfeld, ohne das Ergebnis von Biber¬ 
felds Untersuchungen zu kennen, fand, dass die Suprarenin- 


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Dr. Julius Misch. Berlin. 


anämie entschieden intensiver ist, als bei Verwendung reiner 
Suprareninlösungen oder Kokain-Suprareninlösungen mit dem 
gleichen Suprareningehalt. Aus den Beobachtungen von 
Heineke und Läwen (1. c.) geht ebenfalls hervor, dass das 
Suprarenin eine wesentliche Verlängerung der 
Novokainanästhesie zur Folge hat, d. h. das Novo¬ 
kain beeinträchtigt in keiner Hinsicht die gefössverengende 
Wirkung des Suprarenins. Besonders interessant ist, worauf 
diese Autoren hinweisen, dass Novokain, welches, wie wir oben 
gesehen haben, an und für sich verhältnismässig geringe 
anästhesierende Wirkung besitzt, erst durch den Zusatz von 
Suprarenin dem Kokain ebenbürtig wird. Dies tritt jedoch erst 
bei höheren Konzentrationen ein. In schwächeren Lösungen 
ist Novokain hinsichtlich der Dauer der Anästhesie dem 
Kokain unterlegen und erst bei einer 0*5 prozentigen Novokain- 
Suprareninlösung hält die anästhesierende Wirkung genau so 
lange an, wie bei einer gleich starken Kokain - Suprarenin - 
lösung. 

Im Gegensatz zu Braun hat nun Sachse (1. c.) den 
deutlichen Eindruck gewonnen, „dass die Anämie des 
Zahnfleisches wenigstens eine geringere sei, als nach Kokain- 
Suprarenin“. Sachse fand, dass die Extraktionswunden ent¬ 
schieden viel mehr bluten, wie nach Kokain-Suprarenin, eine 
Beobachtung, welche ich durchaus bestätigen kann, obwohl ich 
eine vollkommen blutleere Alveole auch bei der Kokain- oder 
Eukain- oder Alypin-Suprarenin-Anästhesie, wie von anderen 
Seiten vielfach behauptet wird, nie gesehen habe. Tatsächlich 
ist aber bei der Novokain-Suprarenin-Anästhesie die Blutung 
aus der Extraktions wunde eine stärkere. Der weiteren An¬ 
schauung von Sachse, dass „damit die Gefahr des Pulpen¬ 
todes nach Novokain-Suprarenin-Injektion eben wegen der ge¬ 
ringeren Anämie auch verringert erscheine“, kann ich aber 
keineswegs beistimmen. Denn bei dieser Gefahr ist weniger die 
Intensität der Anämie, als die Dauer derselben ausschlag¬ 
gebend, Und die Dauer der Anämie ist weniger von dem an¬ 
gewandten Anästhetikum, als vielmehr von der Menge des 
Suprareninzusatzes abhängig. Von diesem Gesichtspunkte 


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Ueber lokale Anästhesie mit besonderer Berücksichtigung des Novokains. 37 9 

ausgehend, habe ich meine Untersuchungen auf die Ermittelung 
neuer Anwendungsformen der alten Mittel gerichtet. 

Wir wissen, dass die wirksame Substanz der Nebenniere, 
welche wir nach dem Vorschläge Brauns (3) Suprarenin 
nennen, kontraktionserregend auf die glatte Muskulatur wirkt 
und somit die Arterien und Kapillaren des Körpers zur Kon¬ 
traktion bringt, weshalb Lermoyez das Präparat das „Alkaloid 
der Esmarchschen Blutleere“ nennt. Die Untersuchungen ver¬ 
schiedener Forscher. (Biedi, Bates, Dor, Darier und 
Königstein, Läwen undVelich) haben nun gezeigt, dass 
die Wirkung des Suprarenins auf die glatte Muskulatur, be¬ 
sonders auf diejenige der Blutgefässe, eine direkt periphere ist. 
Es zeigte sich, dass man die Konzentration der Suprarenin- 
lösung verstärken musste, wollte man Arterien grösseren 
Kalibers zur Kontraktion bringen, d. h. also, man hat in den 
verschiedenen Geweben des Körpers bei der Anwendung des 
Suprarenins bei der Konzentratiqn desselben gleichen Schritt 
mit dem Kaliber der Arterien zu halten. Man muss den 
Suprareninzusatz verringern, wenn es sich um Gewebe handelt, 
deren Gefässe einen geringeren Durchmesser haben, und um¬ 
gekehrt. Wir wissen ferner, dass minimale Mengen von Supra¬ 
renin die lokal anästhesierende Kraft, z. B. der Kokainlösungen 
bedeutend erhöhen und gleichzeitig die Dauer derselben bis 
auf Stunden verlängern. Nun ist aber die Ausbreitung der 
Gewebsanämie und Anästhesie voneinander unabhängig. Die 
erste wird lediglich bestimmt durch den Suprareningehalt, die 
letztere durch den Kokaingehalt der Lösung (Braun). Eine 
langdauernde und mehr ausgebreitete Anämie, resp. Anästhesie 
ist aber für das betreffende Gewebe und für die in demselben 
befindlichen Organe gefährlicher, als eine schnell vorüber¬ 
gehende. Ganz besonders gilt dies für das Gebiet der Zähne, 
wo die Ab- und Zuflussverhältnisse der Blutbahn zu den 
Ernährungsorganen derselben, der Pulpa und dem Perizement, 
ausserordentlich schwierige sind. Hier könnte, wie schon Ad. 
Witzei (16, 17) betont, ein stundenlanges Ruhen der Zirkulation 
die Lebensfähigkeit der Pulpa z. B. arg gefährden. Ist nun aber 
eine so lang andauernde Anästhesie, wie sie die bisher üblichen 


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Dr. Julius Misch, Berlin. 


Konzentrationen von Suprarenin mit irgend einem Anästhetikum 
ergeben, für das Gebiet der Zahnheilkunde durchaus nötig? 
Brauchen wir Zahnärzte Anästhesien von ein- und mehrstündiger 
Dauer überhaupt? — Man kann diese Fragen wohl in jedem 
FaHe verneinen, denn der langandauerndste Eingriff, den wir 
vorzunehmen haben, dürfte höchstens einer Anästhesie von 
einer halben bis dreiviertel Stunden benötigen. Da nun die 
Dauer und Ausbreitung der Gewebsanämie, resp. Anästhesie 
im direkten Verhältnis zu dem Suprareninzusatz steht, müssen 
wir versuchen, denselben auf das geringste wirkungsvolle Mass 
herabzusetzen. Während man bisher Suprarenin stets in der 
Konzentration 1:1000 gebraucht — das neue Eusemin allein 
hat einen geringeren Zusatz —> und hievon 1 bis 3 Tropfen 
pro Kubikzentimeter der anästhesierenden Lösung zusetzt, 
haben meine seit langem angestellten Versuche ergeben, dass 
man mit viel geringeren Zusätzen eine gleich 
wirksame, aber nicht so lang andauernde Anästhesie 
erhält. 

Nachstehende Aufstellung ergibt, wie viel Gramm Supra¬ 
renin in je einem Tropfen der verschiedenen Konzentrationen 
enthalten sind. 

1 Tropfen Supr. boric. (1:1000) enthält 0*00006 reines Supr. 
1 „ . (1:2000) „ 0-000025 „ „ 

1 „ , (1:3000) , 0-000016 „ 

1 . , , ( 1 : 4000 ) „ 0-000012 „ „ 

Meine Untersuchungen haben nun gezeigt, dass 1 Tropfen 
einer Suprareninlösung ( 1 : 4000 ) auf 1 Ccm. Novo¬ 
kainlösung vollauf genügt, um eine Anästhesie 
von halb- bis dreiviertelstündiger Dauer hervor¬ 
zurufen. Ich verwende also pro 1 Ccm. Novokainlösung 
nur 0*000012 Suprarenin, während sonst meist 2 Tropfen 
einer Lösung 1:1000 (0-0001 Suprarenin) gebraucht werden. 
Eusemin allein enthält, wie ich schon oben erwähnte, einen 
geringen Zusatz, nämlich nur O-000Ö5 Suprarenin. Ob dieser 
geringe Suprareninzusatz von Anfang an in dem Eusemin 
enthalten war oder erst neuerdings eingeführt wurde, ist un- 


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Ueber lokale Anästhesie mit besonderer Berücksichtigung des Novokains. 881 

bekannt, da die Zusammensetzung desselben ja erst später 
bekannt gegeben worden ist. [Wohlauer (18).] Wenn aber 
trotz dieses verhältnismässig geringeren Suprareninzusatzes 
verschiedentlich Störungen des Allgemeinbefindens bei An¬ 
wendung dieses Mittels beschrieben worden sind, so dürften 
dieselben wohl mit auf das im Eusemin enthaltene Kokain, 
resp. Azetonchloroform zurückzuführen sein. 

Bei meinen Untersuchungen ist sodann stets die Ein¬ 
wirkung des injizierten Mittels auf dieZahnpulpa geprüft 
worden. Und es sind nicht nur die Zähne beobachtet worden, 
in deren Zahnfleischbedeckung die Einspritzung gemacht worden 
ist, sondern auch die Nachbarzähne. Es ist hierbei festgestellt 
worden, dass bei allen Einspritzungen, sowohl bei denen zur 
Hervorrufung der Dentinanästhesie, wie bei denen zur Herbei¬ 
führung schmerzloser Extraktionen, fast ausnahmslos die Nach¬ 
barzähne in weiterer oder geringerer Ausdehnung ebenfalls 
empfindungslos wurden. Aber in allen diesen Fällen — es sind 
deren 400, die alle der Privatpraxis entnommen wurden, also 
genau beobachtet werden konnten — sah man stets die 
Reaktionsfähigkeit der Pulpa allmählich wieder zurückkehren 
und erhalten bleiben. Alle diese Untersuchungen wurden genau 
aufnotiert und mit dem Induktionsapparat (Spamer) aus¬ 
geführt. Bei diesem Apparat liess ich das Verstärkungsrohr 
mit einer Zahlenskala versehen. Sollte nun eine Anästhesie 
zur Anwendung kommen, so wurden bei der Dentinanästhesie 
zuerst bei dem zu behandelnden Zahn und dann bei den medial 
und distal befindlichen Nachbarzähnen — bei Extraktionen 
natürlich nur bei diesen — vermittelst des Induktionsstromes 
"festgestellt, bei'welcher Zahl der Skala der untersuchte Zahn 
noch reagiert. Der Name und die Zähne des Patienten werden 
in eine Tabelle eingetragen und die gefundene Zahl der Skala 
bei dem betreffenden Zahn hinzugefügt, sodass jederzeit fest¬ 
gestellt werden kann, auf welche Stromstärke der Zahn reagiert 
hat und reagieren muss. Dann wurde die Injektion gemacht 
■ und nach einiger Zeit vermittelst des Apparates geprüft, ob 
der resp. die Zähne bei den aufnotierten Zahlen, oder ob die¬ 
selben überhaupt noch auf den elektrischen Strom reagierten. 


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Dr. Julias Misch, Berlin. 


Auf diese Weise ist es möglich gewesen, genau zu beobachten, zu 
welchem Zeitpunkt die Reaktionsfähigkeit der Pulpa aufhört. Die 
Zeitdauer, während welcher die Empfindungslosigkeit der Pulpa 
anhält, schwankt zwischen 12 und 50 Minuten. In derselben 
Weise wurde das Erlöschen derselben festgestellt. Dasselbe er¬ 
folgte frühestens 25 Minuten nach Eintritt der Anästhesie, tritt 
jedoch je nach der Menge des Suprareninzusatzes bisweilen 
erst nach einigen Stunden ein. Bei Anwendung von Suprarenin 
boric. in der Konzentration 1 : 4MI (einen Tropfen auf 1 Gern.) 
hielt die Anästhesie niemals länger als ®/ 4 Stunden an. Die grosse 
Mehrzahl der so behandelten Zähne konnte nach Monaten noch¬ 
mals in derselben Weise geprüft werden. Alle Zähne Hessen normal 
reagierende Pulpen erkennen, nur bei einem einzigen Zahn 
war die Pulpa inzwischen abgestorben. Da dieser Zahn am 
Tage nach der Behandlung eine nur um einen Skalenteilstrich 
geringere PulpenempfindUchkeit zeigte und in denselben eine 
A.-K.-Z.-Füllung (altes Präparat) gelegt worden war, dürfte 
das Absterben der Pulpa wohl auf die A.-K.-Z.-Füllung zurück¬ 
zuführen sein. 

Man ist daher zu der Schlussfolgerung berechtigt, dass 
in der Hauptsache die Gefahr des Pulpentodes 
hei der lokalen Anästhesie im direkten Verhältnis 
zu der Höhe des Suprareninzusatzes steht. Je 
geringer also der Zusatz des Suprarenins be¬ 
messen wird, um so weniger ist das Absterben 
der Pulpa zu befürchten. Doch spielen hier auch noch 
zwei weitere Momente eine Rolle, nämlich die Art der Injektion 
und der Einfluss, den das Anästhetikum selbst auf die Gefässe 
ausübt Diese Frage wird noch in einer besonderen Arbeit 
erörtert werden. 

Die Indikationen zur Anwendung von Novokain in 
der. Zahnheilkunde sind dieselben, wie bei den anderen An- 
ästlietizis. Sachse und Cieszynski empfehlen die 2pro- 
zentige Lösung, von welcher 1 bis 5 Ccm. mit entsprechendem 
Zusatz von Suprarenin injiziert werden kann. Für die Dentin¬ 
anästhesie, zum Separieren, Abschleifen der Zähne, zur Wurzel¬ 
spitzenresektion genügt nach Sachse die 1 prozentige Lösung. 


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Ueber lokale Anästhesie mit besonderer Berücksichtigung des Novokains. 383 

Braun (4) konnte mit 5 Ccm. Novokain (2 Prozent) + 5 Tropfen 
Suprarenin (1:1000) eine vollständige Anästhesie des ganzen 
Alveolarfortsatzes des Oberkiefers auf einmal erzeugen, während 
er: beim Gebrauch' der Kokainlösungen die Ausräumung des 
ganzen Oberkiefers auf zwei Sitzungen verteilen musste. 
Cieszyftski (1. c.) warnt vor gleichzeitiger Anästhesierung 
beider Oberkieferhälften auf Grund der in der eigenen Mund¬ 
höhle gemachten Erfahrungen. Man kann sich seiner Warnung 
nur anschliessen. Die Anästhesierung des ganzen Oberkiefers 
auf einmal ist vielleicht im klinischen Betriebe bisweilen an¬ 
gezeigt — unterbleibt aber auch besser hier — sollte aber in 
der zahnärztlichen Praxis durchaus vermieden werden, denn 
sie bereitet, wie ich in einem Falle beobachten konnte, dem 
Patienten recht unangenehme Beschwerden. Die gleichzeitige 
Ausräumung beider Kieferhälften in einer Sitzung sollte aber 
auch umgangen werden, weil ein in seiner ganzen Ausdehnung 
mit Wunden besetzter Kiefer die Nahrungsaufnahme recht 
wesentlich behindert. Ich halte mit Berten (6) es für richtiger, 
die Extraktionen nur in einer Kieferhälfte oder auch im Ober¬ 
und Unterkiefer derselben Seite auf einmal auszuführen. 
Braun ersetzt in seinen bekannten vier Lösungen das Kokain 
durch Novokain und betont, dass die anästhesierende Wirkung 
dieser vier Novokainlösungen nach Intensität, Dauer und Aus¬ 
breitung zum mindesten die gleiche ist, wie die der Kokain¬ 
lösungen I bis IV. Heineke und Läwen (1. c.) haben in 
40 Fällen am Alveolarfortsatz dieselben günstigen Resultate 
erzielt, wie mit Kokainlösungen. Nach, ihnen wird man gerade 
hier ohne Gefahr auch 3- und 4 prozentige Lösungen von 
Novokain-Suprarenin anwenden können, „da am Alveolar¬ 
fortsatz erhebliche Diffusionswirkungen von dem örtlich an¬ 
ästhesierenden Mittel verlangt werden und ein Ueberschuss 
der Substanz deshalb hier recht erwünscht ist“. Mir erscheinen 
gleich Cieszyüski (1. c.) diese höheren Konzentrationen durch¬ 
aus unangebracht und überflüssig. — Danielsen (1. c.) ver¬ 
wendet für Zahnextraktionen die 1 prozentige Lösung, von der 
er */♦ Ccm. in die labiale, ’/« Ccm. in die linguale Partie 
injiziert. In zwei Fällen, bei denen die Zähne sehr locker 


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Dr. Julias Misch, Berlin. 


sassen, genügte die Bepinselung mit 10 prozentiger Lösung, 
um Unempfindlichkeit zu erzielen. Auch Erhard Schmidt (1. c.) 
benutzte für diese Zwecke die 1 prozentige Lösung. Dieser 
hat einem Mädchen von 10 Jahren 15 Ccm. dieser Lösung 
(also 0*15 Gramm Novokain) injiziert, ohne Nebenwirkungen 
zu beobachten, und auch bei einem Manne von 68 Jahren 
Novokain-Suprarenin ohne Beeinträchtigung des Allgemein¬ 
befindens angewendet. 

Gleich diesen letzten drei Autoren kann auch ich nur 
darauf hinweisen, dass die lprozentige Lösung auch in 
der Mehrzahl der Fälle-für Zab n extr& kti o g g n -genügt Nur* in 
schwierigeren Fällen und bei Extraktionen im Unterkiefer 
würde die 2 prozentige Lösung anzuwenden sein, bei der 
nötigenfalls der Suprareninzusatz auf drei Tropfen pro 
2 Ccm. erhöht werden kann. Selbst bei pericementi- 
tischen Zähnen und recht starken Oedemen ge¬ 
lang es mir, mit dieser Lösung vollkommene 
Schmerzlosigkeit herbeizuführen. Auch Cieszyüski (1.c.) 
erzielte bei entzündlichen Prozessen recht gute Resultate. Er 
weist darauf hin, dass bei Pericementitis und starker Pulpitis 
der schon vor der Injektion bestehende Schmerz 2 bis 3 Minuten 
nach der Injektion gewöhnlich aufhört. Horizontale Lagerung 
des Patienten halte ich bei der Injektion von Novokain- 
lösungen, im Gegensätze zum Kokain, nicht für notwendig. 
Dagegen muss — und dies gilt meines Erachtens für die In¬ 
jektion mit jedem Anästhetikum — vor einem zu raschen 
und zu kräftigen Injizieren dringend gewarnt werden, 
damit nicht grössere Mengen des Anästhetikums und des 
Suprarenins dem Körper auf einmal einverleibt werden. Es 
erscheint nicht ausgeschlossen, dass manche der bisher be¬ 
schriebenen Allgemeinerscheinungen hierauf allein zurück¬ 
zuführen sind. Bei locker sitzenden Wurzeln, zum Einprobieren 
von Kronenringen und zur Anästhesierung der Schleimhaut 
genügt das Aufpinseln einer lOprozentigen reinen Novokain¬ 
lösung. 

Die von mir subkutan angewandten Novokain-Supra- 
reninlösungen haben folgende Zusammensetzung: 


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Ueber lokale Anästhesie mit besonderer Berücksichtigung des Novokains. 386 

A. Novokain Ol 

Physiologische Kochsalzlösung 10*0 
Suprarenin boric. (1:4008) 10 Tropfen 

B. Novokain 0-1 

Physiologische Kochsalzlösung 5*0 
Suprarenin boric. ( 1 : 4000 ) 5 Tropfen 

(eventuell Zusatz eines weiteren Tropfens Suprarenin boric. 
auf 2 Ccm. Novokainlösung). 

Ich habe seit Benützung derselben weder lokale 
Reizerscheinungen, noch Störungen des Allgemeinbefindens, 
weder bei, noch nach der Injektion zu beobachten Ge¬ 
legenheit gehabt. 

Bemerkenswert ist auch noch, dass alle Autoren darin 
übereinstimmen, dass der bei der Anästhesierung mit 
Kokain oft so unangenehm auftretende Nachschmerz 
beim Novokain nicht auftritt und in den wenigen 
Fällen, in denen er bemerket wurde, weniger heftig war, 
als bei Kokain. Diesem Moment, welches in der Zahnheil¬ 
kunde ja eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, habe 
ich besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Und ich kann die 
diesbezüglichen Hinweise der anderen Autoren nur durch¬ 
aus bestätigen. Während früher die Patienten bei Anwendung 
von Kokain-, Stoväin- und Alypin-Suprareninlösungen verhält¬ 
nismässig häufig nach Zahnextraktionen über recht heftigen 
Nachschmerz klagten, den zu beseitigen, trotz Tamponade, Phen¬ 
acetin, Validol oder Valyl, nicht immer gelang, tritt seit Ver¬ 
wendung der Novokain-Suprareninlösungen diese Erscheinung 
in meiner Praxis weniger zutage. Und in jenen wenigen Fällen, 
in denen Nachscbmerz auftrat, war derselbe weniger heftig und 
verschwand nach Verabreichung von Eis und Validol oder Valyl 
sehr bald. 

Das Novokain wird von den Höchster Farbwerken in 
Pulverform, in Tabletten und in fertiger Lösung in den Handel 
gebracht. Für uns kommen hiervon in Betracht: 

a) Die Pulverform und die Novokain-Tabletten D, welche 
zur Herstellung frischer Lösungen dienen, denen vor dem 


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Dr. Julius Misch, Berlin. 


Gebrauch das entsprechende Quantum Suprarenin zuzu¬ 
setzen ist; 

b) die Novokain-Suprarenin-Tabletten E, welche durch 
Zusatz von 1 Ccm. destilliertem, sterilisiertem Wasser pro 
Tablette eine 2prozentige Novokain-Suprareninlösung ergeben, 
die nötigenfalls durch weiterep Zusatz von 1 Ccm. physio¬ 
logischer Kochsalzlösung zu einer 1 prozentigen Lösung ver¬ 
dünnt werden kann; 

c) die fertige 2prozentige Novokain-Suprareninlösung in 
Ampullen, welche durch Verdünnen mit dem gleichen Volumen 
physiologischer Kochsalzlösung in eine 1 prozentige Lösung 
verwandelt werden kann. 

Von dem oben näher ausgeführten Standpunkte ausgehend, 
dass der jetzt übliche Suprareninzusatz ein zu starker ist, 
würde zu empfehlen sein, reine Novokainlösungen aus dem 
Pulver oder den Tabletten D herzustellen und vor dem Ge¬ 
brauch das notwendige Quantum abzugiessen, durch Aufkochen 
zu sterilisieren und dann erst mit dem nötigen Suprarenin¬ 
zusatz zu versehen. Es empfiehlt sich, eine kleine Menge der 
Suprareninlösung in einem kleinen braunen Fläschchen mit 
Gummistopfenverschluss vorrätig zu halten, aus dem 
dann bei Bedarf vermittelst einer Pipette einige Tropfen ent¬ 
nommen werden. Gewöhnliche Tropfgläser mit eingeschliffenem 
Stöpsel verwende man nicht, da dieselben nie luftdicht 
schliessen und daher das Suprarenin in denselben schneller 
zersetzt wird. 

Reine Novokainlösungen halten sich sehr lange und ver¬ 
tragen mehrmaliges Kochen recht gut. Doch empfiehlt es sich, 
Lösungen, welche längere Zeit stehen, häufiger zu filtrieren. 
Injektionsspritzen, welche mit Sodalösung steri¬ 
lisiert worden sind, müssen erst mit sterilisierter 
physiologischer Kochsalzlösung ausgespült werden, 
bevor man Novokain einzieht; das Soda würde 
das Novokain sonst ausfällen (Biberfeld). Für die 
lokale Anästhesie genügt es, wenn die Injektionsspritzen, aus¬ 
einandergeschraubt, ständig in 3 prozentiger Karbollösung liegen. 
Die sogenannten auswechselbaren Stahlkanülen aber müssen 


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Ueber lokale Anästhesie mit besonderer Berücksichtigung des Novokains. 889 


iniajjsolutem Alkohol auf bewahrt werden, dettn sie rosten iri 
der Karbollösung. , » . .. ( ! 1 

' Fassen wir nun das Ergebnis unserer Betrachtungen zu¬ 
sammen, sohabenwirin dem Novokain ein Präparat,' 
welches hinsichtlich seiner anästhesierendem 
Wirkung in Verbindung mit Suprarehin dem 
Kokain durchaus ebenbürtig ist, ohne dessen un¬ 
angenehme Nebenwirkungen zu zeitigen. Es ist 
bedieutehd -weniger giftig als dieses und hat 
bei subkutaner: Anwendung weder lokale Re-i«- 
erscheinungen noch Störungen des Allgemeiin- 
befindens im Gefolge, selbst nicht bei Ver¬ 
abreichung grösserer Gaben. Auch verursacht 
Nevokailn meist keinen Nachschmerz, welcher 
selbst in den wenigen Fällen, in denen er be¬ 
obachtet worden ist, weniger heftig auftrat und 
9ilch leicht beseitigen liess. Die Wundheilung ver : 
läuft gütNovokainistin wässeriger Lösung halt¬ 
bar, lässt sich mehrmals durch Kochen sterili¬ 
sieren und beeinträchtigt dieWirkung des S-upra- 
renins in keiner Weisel "■ 

Wir haben ferner erfahren, dass die Gefahr des 
Pulpentodes in der Hauptsache durch die Höhe 
des Suprareninzusatzes bedingt ist, und wir 
daher in der Zahnheilkunde, diesen gegen die 
bisher verwerteten Dosen herabzusetzen haben, 
um so mehr, als zweifellos ein Teil der bisher 
beobachteten Allgemeinerscheinungen nach an¬ 
ästhesierenden, subkutanen Injektionen mit Su- 
prareninzusatz. auf das Konto des letzteren mit 
zu setzen ist. • 1 

. .■ ,| ., , , i- 

Nac htrag. 

O ‘ * ‘ *: ■ . . 1 ' * 

, A Während .der Drucklegung der vorstehenden Arbeit: sind 
noch einige Abhandlungen von Euler (7 und 8), Fiach er(9) 
und Lieh 1 (LI) über dieselbe Frage j erschienen, i welche hier 
wenigstens, noch kurz besprochen werden müssen. Alle drei 

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Dr. Julias Misch, Berlin. 


bestätigen auf Grund eines reichen Materiales die guten Er¬ 
fahrungen der anderen Autoren mit diesem Präparat 

Euler (7) hebt wiederum die relativ geringe Toxizität des 
neuen Mittels hervor. Auch er hat bei über 300 Injektionen 
in keinem einzigen Falle Erscheinungen beobachtet welche 
auf die toxische Wirkung des Novokains hingedeutet hätten. 
Nach Liebl ist das „Novokain für die Zwecke der Lokal¬ 
anästhesie mittels Injektionen ins Gewebe ein praktisch un¬ 
giftiger, vollwertiger Kokainersatz, der neben absoluter Reiz¬ 
losigkeit die Kombination mit Suprarenin in idealer Weise zu¬ 
lässt“. Liebl hält sogar das Novokain für den geeigneten 
Körper, um auch dem technisch weniger Geübten die gefahr¬ 
lose Erlernung der Technik der Lokalanästhesie zu ermöglichen. 
Beide Autoren weisen jedoch übereinstimmend darauf hin, dass 
befriedigende Resultate nur erzielt werden, wenn die Novokain- 
Suprareninlösung ganz frisch ist. Längere Zeit auf bewahrte 
Lösungen dieser Mischung nehmen an Zuverlässlichkeit für die 
anästhesierende Wirkung wesentlich ab. Diese Beobachtung ist 
sehr zutreffend. Die Ursache der Veränderung in der Wirkung 
dürfte aber wohl nicht in der Kombination Novokain-Suprarenin 
zu suchen sein — denn längere Zeit aufbewahrte Lösungen von 
Kokain oder Alypin mit Suprareninzusatz zeigen dieselben Er¬ 
scheinungen — sondern vielmehr in der ja bekannten Tatsache, 
dass Suprarenin beim längeren Aufbewahren in Flaschen, 
welche häufiger geöffnet werden, durch den Zutritt der Luft ver¬ 
ändert wird und dann weniger oder gar nicht mehr wirksam 
ist. Deshalb empfiehlt es sich, wie auch schon an anderer 
Stelle hervorgehoben wurde, nur Novokainlösung ohne 
Suprareninzusatz vorrätig zu halten, welcher man bei Bedarf 
die nötige Menge entnimmt, diese durch Kochen sterilisiert 
und derselben dann erst die entsprechende Quantität 
Suprarenin hinzusetzt. Eine derartige Herstellung der Novokain- 
Suprareninlösungen gewährleistet stets frische Lösungen, bei 
denen Nebenerscheinungen oder verminderte Wirkung nicht zu 
befürchten sind. 

Fischer setzt noch den Novokainlösungen auf 50 Ccm. 
0*033 Thymol hinzu, damit die Wirksamkeit und Haltbarkeit 


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Ueber lokale Anästhesie mit besonderer Berücksichtigung des Novokains. 889 

der Lösungen nicht verringert werde, welche nach ihm durch 
das wiederholte Oeffnen der Flasche leiden könnten. Mir scheint 
dieser Thymolzusatz jedoch nicht durchaus notwendig zu sein, 
da Novokainlösungen ohne Suprareninzusatz sich selbst in 
grösseren Mengen (50 Ccm.) recht lange aufbewahren lassen, 
ohne dass die anästhesierende Kraft derselben irgend welche 
Einbusse erleidet. Gerade in dieser Haltbarkeit der Lösungen 
liegt ja, wie von den verschiedensten Beobachtern hervor* 
gehoben wird, mit ein Vorzug des Novokains vor den anderen 
anästhesierenden Präparaten. 

Im übrigen bestätigt Fischer die guten Erfahrungen, 
welche mit Novokain bei der lokalen Anästhesie gemacht 
werden. Auch er fand, worauf ich schon oben hingewiesen 
habe, dass pericementitische Erkrankungen, sowie hochgradige 
Entzündungsformen in der Mundhöhle eine Kontraindikation 
für die Anwendung der Novokainlösungen nicht bilden. 

Dann sucht Fischer gleich mir die Gefahr lokaler und 
allgemeiner Nebenerscheinungen bei der Lokalanästhesie durch 
Herabsetzung der bisher gebräuchlichen Konzentrationsgrenzen 
der einzelnen Komponenten der Injektionsflüssigkeit zu ver¬ 
meiden. Es kann heute wohl keinem Zweifel mehr unterliegen, 
dass die bisher verwendeten Konzentrationen, namentlich des 
Suprarenins, für das Gebiet der Zahnheilkunde zu hohe waren. 
Hierfür sind von neuem die Ausführungen Eulers (8) be¬ 
weisend, dass in jedem Falle, in dem er die für einfache 
Zahnextraktionen vorzüglich geeigneten Novokain-Suprarenin- 
tabletten E, die 2 Tropfen einer ’/oo Suprareninlösung auf 
1 Ccm. enthalten, benützte, Erscheinungen auftraten, die nur 
als Zirkulationsstörung im Gehirn, herrührend von der in¬ 
tensiven Suprareninwirkung, an gesprochen werden konnten. 
Wenn aber Euler fand, dass ein Herabgehen um einen 
Tropfen Suprarenin derselben Konzentration auf 
1 Ccm. die Wirkung des Anästhetikums ganz erheblich beein¬ 
trächtigt, so kann ich dem nicht beipflichten. Die Erfahrungen 
Fischers und die meinigen sind eigentlich für das Gegenteil 
beweisend. Wenn wir beide, dieser sowohl wie ich, gänzlich un¬ 
abhängig voneinander, ohne von den Untersuchungen des 

6 * 


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Dr. Julias Miseb, Berlin. 


anderen Kenntms zu haben, den Zusatz des Suprarenins fast um 
das achtfache verringert haben und trotzdem bei einem verhältnis¬ 
mässig umfangreichen Material keine Beeinträchtigung der 
Wirkung hinsichtlich der Intensität sahen, so kann wohl bei der 
Verminderung des Suprareninzusatzes (1: 1000) um 1 Tropfen 
auf 1 Ccm. die Wirksamkeit des Anästhetikums schwerlich 
leiden. Fischer verwendet Suprarenin in der Konzentration 
1 :5000. Leider ist die Angabe des Zusatzes zu den Novokain¬ 
lösungen etwas ungenau, da von 2 bis 4 Tropfen Suprarenin 
auf 2 Ccm. der anästhesierenden Lösung gesprochen wird. Bei 
der Anwendung von 2 Tropfen auf 2 Ccm* würde tatsächlich 
eine Suprareninlösung von 1:5000 gebraucht werden, dagegen 
würde der Zusatz von 4 Tropfen auf 2 .Ccm. nur einem solchen 
von 2 Tropfen einer Konzentration von 1 : 2560 entsprechen. 
Im ersteren Falle wäre Fischer über die von mir bisher als 
wirksam befundene Konzentration 1 ?4006 hinausgegangen, im 
letzteren Falle aber wäre selbige noch nicht erreicht. Ich habe 
zwar auch im Anfänge meiner Untersuchungen die Konzentra¬ 
tion 1:5000 Suprarenin — 1 Tropfen auf I Ccm. — in den 
Bereich derselben gezogen, dieselbe aber bald verlassen, "da 
diese Konzentration sich nicht für alle Fälle ausreichend er¬ 
wies. Jedoch ist die Anzahl der Fälle zu gering, um ein ab¬ 
schliessendes Urteil fällen zu können. Dagegen haben meine 
Untersuchungen ergeben, dass die Verwendung der Suprarenin- 
Konzentration 1 : 4000 1 in der von mir oben geschilderten Weise 
durchaus zuverlässige und gute Resultate ergibt, welche den¬ 
jenigen der bisher üblichen Lösungen bezüglich der Intensität 
der Wirkung vollkommen gleichwertig sind. 

i Wie mir die Farbwerke- vorm. Meister, Lucias & Brüning, Höchst 
am Main, mit teilen, haben sie auf Grand der von mir mit Novokain und 
Suprarenin gemachten Erfahrungen den Suprareningehalt der für 
zahnärztliche Zwecke bestimmten 2prozentigen No voka in-Suprarenin- 
Lösungen (Ampullen ä 1 Ccm.) und der Novokain - Suprarenin - 
Tabletten E herabgesetzt, so dass von nun an in 1 Ccm. der Lösung, 
resp. in 1 Tablette nur mehr 0000015 Gr., anstatt wie bisher 0 00009 Gr. 
Suprarenin boric. enthalten sind. In je 1 Ccm. der gebrauchsfertigen 
2prozentigen Novokain - Suprarenin - Lösung ist alsdalnn 
1 Tropfen einer Supzarenin-Lösung 1:4000 enthalten; genau 
dieselbe Lösung erhält man durch Auflösen einer Novokain-Suprarenin- 
Tablette B in 1 Ccm. destilliertem Wasser. 


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Ueber lokale Anästhesie mit besonderer Berücksichtigung des Novokains. 391 


Literatur: 

. 1 ' ' y i 

1. Biberfeld: Pharmakologisches über Novokain. Medizinische Klinik 
1905, Nr. 48. 

2. Braun: Die Lokalanästhesie, ihre wissenschaftlichen Grundlagen und 
praktische Anwendung. Leipzig 1905. 

3. Braun: Die Technik der ^Kokain - Suprareninanästhesie bei Zahn¬ 
extraktionen. Deutsche Monatsschrift für Zahnheilkunde, Januar 1905. 

4. Braun: Ueber einige neue, örtliche Anästhetika (Stovain, Alypin, Novo¬ 
kain). Deutsche, medizinische Wochenschrift, 1905, Nr. 42. 

5. Cieszyiiski: Beitrag zur lokalen Anästhesie mit spezieller Berück¬ 
sichtigung von Alypin und Novokain. Deutsche Monatsschrift für Zahn¬ 
heilkunde, April 1906. 

6. Danielsen: Poliklinische Erfahrungen mit dem neuen Lokalanästheti¬ 
kum Novokain. Münchener medizinische Wochenschrift, 1905, Nr. 46. 

, 7. Euler; Ueber Novokain und seine Anwendung in der Zahnheilkunde. 
Deutsche zahnärztliche Wochenschrift 1906, Nr. 20 und 22. 

8. Euler: lieber die Indikationsstellung für Lokalanästhesie und Narkose 
in der Zahnheilkunde. Deutsche zahnärztliche Wochenschrift 1906, Nr. 23. 

9. Fischer: Beiträge zur Frage der lokalen Anästhesie (Kokain, Nirvanin, 
Tropakokain, Stovain, Novokain). Deutsche Monatsschrift für Zahnheil- 
kunde 1906, Juni. 

10. Heineke und Läwen: Experimentelle Untersuchungen und klinische 
Erfahrungen über die Verwertbarkeit von Novokain für die örtliche An¬ 
ästhesie. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie, Bd. 80, pag. 180. 

11. Liebl: Ueber Lokalanästhesie mit Novokain - Suprarenin. Münchener 
med. Wochenschrift 1906, Nr. 5, 

12. Rosenberg: Weitere Erfahrungen mit Eusemin, ein Mittel zur Dentin¬ 
anästhesie und schmerzlosen Extraktion. Deutsche zahnärztliche Wochen¬ 
schrift, 1904, Nr. 37. 

13. Rpsenberg: Beiträge zur Injektionsanästhesie. Deutsche Monatsschrift 
für Zahnheilkunde, Oktober 1905. 

14. Sachse: Novokain, ein neues örtliches Anästhetikum. Deutsche zahn¬ 
ärztliche Wochenschrift, 1905, Nr. 45. 

15. Schmidt: Ueber Novokain-Höchst. Münchener medizinische Wochen¬ 
schrift, 1905, Nr, 46. 

16. Witzel Ad.: Ueber Dentinanästhesie. Deutsche zahnärztliche Wochen¬ 
schrift, 1904, Nr. 32. 

17. Witzei Ad.: Schädigt die subgingivale Injektion von Nebennierenextrakt 
die Zahnpulpa? Deutsche zahnärztliche Wochenschrift, 1904, Nr. 33. 

.18. Wohlauer: Ueber Kokainanästhesie in Verbindupg mit Adrenalin uqd 
Über Dentinanästhesie. Berliner klinisch-therapeutische Wochenschrift, 

4 1904, Nr. 42. 


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392 


Dr. Arp&d Ritter y. Dobrzyniecki, Wien. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Beiträge zur zaboärztlicta Therapie. 

(I. Retentio canini. — II. Atrophia dentium omnium. — III. Operatio 
subgingivalis. — IV. Entfernung von Wurzeln nach verheiltem Zahn¬ 
fleisch. — V. Randschluss bei Porzellankronen.) 

Von Dr. Ärpdd Bitter v. Dobrzyniecki , k. u. k. Regimentsarzt 

in Wien. 

I. 

Frl. v. Z., 20 Jahre alt, hat sehr gut konservierte Zähne; 
an Stelle des Caninus s. d. ist nach innen eine halberbsengrosse, 
mit normaler Gingiva bedeckte Pro tuberanz. Da nach Angabe 
der Eltern dieser Zahn nie zum Vorschein kam, daher die 
Möglichkeit einer vorangegangenen Extraktion auszuschliessen ist, 
wird die Diagnose auf Retentio canini superioris dextri gestellt. 

Die Entfernung dieses retinierten Zahnes wird verlangt 

Die Indikation der Operation war vorhanden. Es musste 
angenommen werden, dass nach Entfernung des retinierten 
Zahnes die Lücke in der Zahnreihe durch die konsekutive An¬ 
näherung der Prämolaren bedeutend verkleinert werden wird; 
ferner wurde eine eventuelle Replantation in Erwägung 
gezogen. 

Um die Extraktion durchzuführen, musste die Richtung 
der Zahnachse bestimmt werden und da die Untersuchung 
keine Anhaltspunkte ergab, wurde ein Röntgenbild auf- 
genommen (Fig. 1). 

Die Aufnahme zeigt vor allem die unangenehme Tat¬ 
sache, dass die Wurzel verbogen ist und die Krone sich an 
den Nachbarschneidezahn anlehnt. Es konnte also die Traktion 
in der Längsachse nicht vorgenommen werden, da dann eine 
Fraktur zu befürchten war, auch konnte die hakenförmig ge¬ 
krümmte Wurzel leicht den Nachbarzahn mitnehmen. Die 
Operation musste entweder auf chirurgischem Wege 
von der labialen Seite durch Aufmeisselung der Alveole oder 


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Beiträge zur zahnärztlichen Therapie. 


durch die Alveole mittels Zange und möglichster Schonung 
des Oberkiefers erfolgen. Nach der ersten Methode wäre 
eine grosse Einziehung des Zahnfleisches infolge des Knochen¬ 
verlustes entstanden, was für die Dame einen entstellenden 
Schönheitsfehler zur Folge gehabt hätte; ich zog daher die 
Anwendung der ungleich schwierigeren zweiten Methode 
vor und operierte wie nachstehend beschrieben: Auf 
dem Tumor wird ein bis auf den Knochen reichender 
1*/* Cm. langer Schnitt geführt, bei der Erweiterung der 
Oeffnung ist die Spitze der Zahnkrone sichtbar, sie hatte da¬ 
her den Gaumenknochen usuriert. Es wird eine obere starke 
Bajonettzange angewendet; bei dem Luxationsversuche ist gar 



Fig. 1. 


keine Nachgiebigkeit fühlbar und die Zange kann nicht bis zum 
Zahnhalse hinaufgeschoben werden, aber infolge Raummangels ist 
kein anderes Instrument anwendbar. 

Es war daher nur ein Modus möglich, die Drehung des 
Zahnes nach einer Richtung in der Alveole zu versuchen. 
Nach nicht zu starkem Schliessen der Zange begann ich den 
Zahn nach links zu drehen, indem ich die Rotation in einem 
Winkel von 1 bis 2 Graden begann. In dieser Position wurde 
jedoch die Zange fest fixiert, um die Alveole stufenweise aus¬ 
zudehnen. Der Widerstand war so enorm, dass es notwendig 
war wiederholt auszurasten, um Kraft zu gewinnen. Der linke 
Daumen und Zeigefinger wurden auf den Kieferknochen 
aufgelegt und kontrollierten hiebei die Exkursionen. Nach 


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4Ä4 Dr. Arpad Ritter v. Dotorzyniecki, Wien. 

wiederholten Angriffen gab der Widerstand plötzlioh nach! ittd 
der. Zahn konnte entfernt werden. ‘ * 

Infolge der physikalischen* Schwierigkeiten, und der 
öfteren Unterbrechung infolge zeitweiliger UnrüH& der Üon^t 
tapferen Patientin, dauerte die Operation zirka 3 /* Stunden. 
Als Anästhetikum wurde Chloräthyl angewendet. Die Rotations¬ 
bewegungen wurden nicht als besonders schmerzhaft eiii- 
pfunden. 

Der extrahierte Zahn zeigte folgendes Bild: Die Wurzel¬ 
spitze ist mesialwärts rechtwinklig, hakenförmig ümgebogen. 
Die Zahnkrone hat in der distalen Hälfte einen keilförinigen 
Sübstanzmangel, die mösiale Seite ist sehr rauh, zeigt Schmelz¬ 
defekt. Der Zahn lag mit der lingualen Seite nach auswärts 
gedreht, der Keildefekt entspricht der Berührungsfläche mit 
dem Schneidezahn. 

Eine Replantation war infolge dieser Umstände unmöglich. 

II. 

t 

Frau J., zirka 24 Jahre, kräftig, von normalem Körperbau, 
zeigt in der ganzen oberen und unteren Zahnreihe den Zahn¬ 
fleischrand kaum um 1 bis 2 Mm. überragende, durch den 
Kauakt glatt abgeschliffene, dunkelbraun verfärbte Zahnkronen; 
es sind noch drei Kronen vorhanden, die erkennen lassen, dass 
di^selb^n in ihrer vollkommenen Höhenentwicklung kaum 
einige, Millimeter erreicht hatten. Von den Prämolaren und 
Molaren sind sowohl oben als unten nur die separat stehenden 
^przeln vorhanden. Es besteht daher eine hochgradige Ent¬ 
wicklungsstörung des ganzen Gebisses. 

Der Kauakt vollzieht sich nach Angabe der Patientin un¬ 
gestört, die Sprache ist jedoch ziemlich beeinträchtigt und es 
wird dieserhalb um Abhilfe gebeten. Da der Processus alveolaris 
selbst überall gut entwickelt und das Zahnbein ziemlich hart 
ist, wird in Erwägung gezogen, ob die vordere obere und 
untere Zahnreihe nicht durch eine Brücke zu ersetzen wäre. 
Behufs genauerer Orientierung wurde ein Röntgenbild auf- 
genommen (Fig. 2). j ’ 


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. Beiträge zur. zahnärztlichen Therapie. 


»5 


ti . i Aus det Aufnahhie ist zu erkennen, dass sämtliche 
-Wurzeln ausserordentlich kurz sind, so:\ dass die Anfertigung 
' einer Brücke ausgeschlossen war und es musste daher eine 
Kp.utschukprothese gemacht werden. Es kam jedoch in Frage, 
,,oty Entfernung der Wurzeln und naphheriger Kautschuk- 
Zahnersatz oder, Belassung der Zähne und Anfertigung 
ejner dieselben deckenden Kautschukprothese angezeigt sei. 
Im ersteren Falle wäre ein starkes Einschmelzen der Kiefer¬ 
knochen entstände^, was mit Rücksicht auf das jugendliche 
Alter zu vermeiden war; im zweiten Falle war die grosse 
technische Schwierigkeit der Adaptierung des Kautschukstückes 
vorhanden: Im Interesse der Patientin wurde letzteres Projekt 



Fig. 2. 

durchgeführt. Nach Entfernung einiger rückwärtigen lockeren 
Wurzeln bekam Pafieritin ein‘oberes und 1 unteres Ersatzstuck, 
‘welches über die ganze obere und untere Zahnreihe adaptiert 
werden musste. 


HL 

Frl. E., 21 Jahre. Der Incisivus 1. s. d. ist stark be¬ 
weglich, der Wurzelspitze entsprechend besteht eine grosse 
Fistel, welche stark sezerniert; nach eingehender Untersuchung 
ist eine zweite Fistel am harten Gaumen zu entdecken, deren 
Eingang hinter einer grossen Gaumenfalte verborgen liegt. Nach 
Entfernung einer alten Zementfüllung wird ein kaum einige 
Millimeter passierbarer Nervkanal blosgelegt. Das Leiden be- 


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Dr. Arp&d Bitter v. LK>brcyniecki, Wien. 


steht seit 3 Jahren, wurde während dieser Zeit wiederholt 
behandelt und zuletzt wurde die Extraktion des Zahnes vor¬ 
geschlagen. 

Ich versuchte die Behandlung nach der von mir früher 
schon beschriebenen Art, 1 nämlich die subgingivale 
Operation mit Jodoforminjektion durchzuführen. Der 
Bohrer wurde durch die äussere Fistel eingefuhrt und die 
Wurzelspitze in ihrem unteren Teile abgefeilt; da die vordere 
Alveolarwand stark resorbiert war, stand ein bequemer 
Operationsraum zur Verfügung. Nach Ausspülung des ent¬ 
standenen Detritus wurde durch beide Fistelgänge Jodoform¬ 
glyzerin injiziert. In den folgenden Tagen wurden die In¬ 
jektionen wiederholt. Die innere Fistel war Ende der zweiten 
Behandlungswoche vernarbt. Beim Einfuhren einer Knopfsonde 
durch die äussere Fistel konnte man konstatieren, dass die 
Alveolarhöhle stets kleiner wurde, und schliesslich war nur 
ein enger Fistelgang vorhanden, durch den das Instrument 
nicht mehr eingeführt werden konnte. Nach weiteren 10 Tagen 
war auch diese Fistel verschlossen, der Zahn sehr fest ge¬ 
worden und wurde mit „Silizin“ geschlossen. Der ganze Prozess 
wurde in drei Wochen zur Heilung gebracht. 


IV. 

Ein Soldat meldet, es sei ihm vor einigen Wochen der 
7| extrahiert worden, dabei sei die Krone abgebrochen und 
die Wurzeln zurückgeblieben; derzeit fühlt er Schmerzen und 
wünscht die Entfernung derselben. 



Fig. 3. 


St. pr. Dem 7| entsprechend ist normales, derbes Zahn¬ 
fleisch sichtbar, nirgend wo eine Einkerbung oder irgend ein 

* Siebe Heft I, 1906, S. 55 dieser Zeitschrift. 


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Beiträge zur zahnärztlichen Therapie. 


397 


Zeichen einer verborgenen Wurzel bemerkbar. Bei wieder¬ 
holtem starken, gleitenden Druck mit dem Finger über der 
Stelle sind geringe unebene Stellen wahrnehmbar, die 
vorhandene Wurzeln vermuten lassen. Um Sicherheit zu ge¬ 
winnen, wird das Zahnfleisch über dieser Stelle eröffnet. (Fig. 3.) 

Die Schnittführung war wie aus der Skizze ersichtlich 
und nach Abheben der vier dreieckigen Lappen sind die 
Wurzeln sichtbar, die lege artis entfernt werden. 

Bei der Operation wurde Tanogen suprarenale Richter 
angewendet; die Operation der Weichteile erfolgte nahezu 
blutleer, die Elevation der Wurzeln erfolgte bei bedeutend 
herabgesetzter Blutung. 


V. 

Die Haltbarkeit der Porzellankronen, sowohl Logans, als 
auch der in neuerer Zeit fabrizierten, hängt hauptsächlich 
von einem guten Randschluss ab. Diese Bedingung wird sehr 
häufig durch den Umstand beeinträchtigt, dass die abzu¬ 
schleifende Wurzel in einer Richtung durch Karies mehr an¬ 
gegriffen ist als in der anderen, daher oft zwischen Zahn und 
Krone eine Lücke entsteht, die durch das Verbindungszement 
ausgefüllt werden muss. Wir beobachten diesen Umstand bei 
subcervicaler Karies täglich. Ein weiterer Uebelstand ist, dass 
sich das Zement allmählich zwischen Krone und Zahn auflöst 
und so eine chronische marginale Periodontitis verursacht. 
Diese Tatsachen vermindern oft den Wert der sonst sehr 
guten und in der minderen Praxis stark anwendbaren Kronen. 

Nachstehendes Verfahren bezweckt die Dauerhaftigkeit 
dieser Kronen zu vermehren. 

Die Krone wird nach entsprechendem Zuschleifen mit 
Zement befestigt. Nach Erhärtung des Zementes wird noch 
in derselben Sitzung mit einem stärkeren Randbohrer die An¬ 
schlusslinie rundherum in Form einer Rinne ausgebohrt und 
in diese sofort Kupferamalgam eingepresst. Auf diese Weise 
ist der vollkommenste Randschluss durch den Amalgamring 
hergestellt. Von besonderem Vorteil ist dabei, dass bei An- 


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398 


Dr. A. Oppenheim, Brünn. 


w^näung der Zahnbürste der Randschluss intakt bleibt, was 
bei der gewöhnlichen Befestigung mit Zement allein nicht er¬ 
reichbar ist. f ' 1 

Zum Schluss erlaube ich mir für die Herstellung der 
Photogramme dem Herrn k. ü. L Regimentsarzt Dr. Sett- 
macher, sowie dem Herrn k. kt Oberarzt:Dtf. flor;äk für 
die Assistenz meinen verbindlichsten Dank Auszusprechen. 


I • ■ * ' Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

' Miszellen. : 

Von Dr. A. Oppenheim, Zahnarzt in Brünn. 

I. 

Stillung elnbr schweren Nachblutung nach Extraktion eines 
oberen zweiten Molaren. 

Unter lokaler Schleichanästhesie extrahierte ich bei einer 
26jährigen Frau einen oberen rechten zweiten Molaren, 
wobei ich nach Dr. Weis er s Angaben die drei Wurzeln 
nach Abhebung eines buccalen Zahnfleischperiostlappens und 
Durchmeisselung des Knochens ohne besondere Schwierig¬ 
keiten und ohne stärkere Blutung extrahierte. Naht und 
Jodoformgaze-Tamponade. Nach 3 Tagen kam Patientin zur 
bestellten Ordination; Nahtwunde verheilt Nach Entfernung 
des Tampons mächtige arterielle Blutung. Adrenalin und Eisen¬ 
chlorid sowie feste Tamponade, wobei die Naht wieder aufging, 
erfolglos. Ich wandte nun ein Verfahren an, das ich in einer 
englischen oder französischen Zeitschrift einmal beschrieben 
fand (ich konnte den Autor nicht ausfindig machen) und hatte 
einen vollen Erfolg. Vorerst legte ich buccal zwei feine Ligaturen 
an und tamponierte ganz leicht mit Jodoformgäze, tingiert mit 
Eisenchlorid. Regelrechte Anlegung von Kofferdam über den 
dritten und ersten Molar; Retention desselben mittels doppelter 
Seidenligatur} am dritten Molar wollte dieselbe nicht halten 
und befestigte ich den Kofferdam mit Angles ligature wire. 
Der Üeberschuss des Kofferdams wurde entfernt und es blieb 


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Miszellen; 


899 


nur der Zwischenraum zwischen: dem dritten und ersten : Molar 
überbrückt ; unter den 1 Köfiferdam wurde noch eine Lage GaZe 
gestopft und Patientin i nach einer halben Stunde : ohne Spur 
einer Blutung entlassen. Der leichte elastische Druck dös 
Gummis und der .in:idem zarten Maschennetz? der Gaze sich 
bildende Thrombus genügten, um den Blutdruck einer jeden¬ 
falls > arrodierteft Arterie zu überwinden; die Entfernung des 
Tampons erfolgte nach 6 Tagen und zeigte eine reaktions¬ 
lose' Wunde ;; weitere normale Wundbehandlung. 

• Die Entfernung eines festen Tampons hätte sicherlich 
wieder eine Arrosion des Gefässes mit erneuerter BlntUng 
zur Folge gehabt. > 

II., 

• . i , - . ; 

Stift in die Highmorshöhle. 

Die bisher übliche Methode, den Stift für die HighUiors- 
höhle aus Kautschuk und in Verbindung mit einer Piece her¬ 
zustellen öder als separaten Teil durch eine Piece durchgehend 
mit Klammern an den falschen oder natürlichen Zähnen zu 
befestigen, habe ich mich bei einem Falle von doppelseitigem 
Empyem zu verlassen bewogen gesehen und die dabei ge¬ 
wonnene Erfahrung bei einem weiteren Falle wieder nutz¬ 
bringend verwendet. Bei den mir untergekommenen Fällen, 
die -schon jahrelang Stiftobturatoren aus Kautschuk getragen 
haben 1 , konnte ich immer ziemlich starke entzündliche Er¬ 
scheinungen der Eingangsöffnung und des Kanales, soweit ich 
denselben verfolgen konnte, konstatieren. Ich gab der Reizung 
durch den Kautschukstift und den fortwährenden mechanischen 
Ihsulten beim Kauakte die Schuld. Beide Faktoren habe ich 
ausgeschaltet und in wenigen Wochen bot die Eingangsöfifnung 
des Kanales und seine Umgebung ein ganz anderes Bild. Die 
Rötung und Schwellung — sit venia verbo für das gedunsene 
Aussehen der Schleimhaut — waren ganz geschwunden, die 
Sekretion bedeutend vermindert. (Bei chronischen Fällen, in 
denen die Sekretion eine ganz geringe ist, kann man die 
entzündlichen Erscheinungen durch Sekretreizung aüf oia 
Minimum herabsetzen.) 


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400 


Dr. A. Oppenheim, Brünn. 


Der Vorgang ist folgender: Der Stift wird in entsprechender 
Länge und Dicke aus 22kartigem Gold hergestellt, ein Gold* 
plättchen, das die äussere Oeffnung im Umkreise von V* Cm. 
überragt, gestanzt, durch dasselbe der Stift hindurchgesteckt, 
mit beiden in situ Abdruck genommen und verlötet. Der Stift 
wird am besten mit dem Sharpschen Kronenapparat her¬ 
gestellt, indem man eine Krone entsprechend lang und dünn 
auszieht und so einen absolut gleichmässigen, fugenlosen hohlen 
Stift erhält; sind Stift und Platte miteinander verlötet, so wird 
die Oeffnung des Stiftes separat mit einem Plättchen Gold 
verlötet. Sitzt jetzt Stift und Plättchen tadellos, so wird das 
Plättchen durch eine Stanniolplatte (0*20) verstärkt, die mit 
etwas Wachs angeheftet wird, und jetzt Abdruck für die Piece 
genommen; in derselben ist, der Stärke des Stanniols ent¬ 
sprechend, eine Vertiefung, so dass, wenn nach Fertigstellung 
der Piece die Verstärkungsplatte von der Stiftbasis entfernt 
wird, dieselbe in der Piece hohl liegt und von den mechanischen 
Insulten beim Kauakte verschont bleibt. Bei dem beiderseitig 
bestehenden Empyem war ich wegen Divergenz der Kanäle zu 
dieser Modifikation gezwungen und würde entschieden nur für 
diese Art des Verschlusses plädieren, wenn es sich nicht um 
breite Verschlüsse handelt. Die Reizlosigkeit des Materials und 
die Ausschaltung der mechanischen Insulte lassen bei gleich¬ 
zeitiger lokaler Therapie einen rascheren Ablauf des Pro¬ 
zesses erhoffen; denn dieselben entzündlichen Erscheinungen, 
die wir an der äusseren Oeffnung wahrnehmen, müssen in 
erhöhterem Masse noch an der inneren bestehen, woselbst, als 
am Ende des Hebels die Exkursionen des Stiftes beim Kauakte 
viel grössere, die mechanischen Insulte und die daraus resul¬ 
tierenden entzündlichen Erscheinungen also viel intensivere sein 
müssen. 


III. 

Logankrone bei tiefem Biss. 

In verzweifelten Fällen von tiefem Biss, in denen es un¬ 
möglich ist, mit Aussicht auf guten Erfolg eine Richmondkrone 
anzubringen, erhält man glänzende kosmetische und Dauer- 


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Mil seilen. 


401 


erfolge durch Verwendung von Logankronen, bei denen man 
den zwischen Krone und Wurzel freibleibenden V-förmigen 
Baum mit Porzellan ausfüllt. Man schleift die Logankrone im 
Munde zurecht, so dass dieselbe labial tadellos sitzt, fixiert 
dieselbe mit Wachs oder Guttapercha in der Wurzel und 
nimmt von der labialen Fläche zur Fixierung der Stellung 
Stents- oder Gipsabdruck. Jetzt entfernt man die Krone, poliert 
Goldfolie Nr. 30 oder dünne Platinfolie an die Wurzel an, 
durchlocht die Folie, bringt die Logankrone in die richtige 
Stellung, was durch den Abdruck jetzt sehr leicht geschieht, 
fixiert Krone und Folie durch etwas Wachs aneinander und 
lässt selbes erhärten, entfernt beide, bettet in Gips und Sand 
ein und vollendet die Arbeit mit Porzellan; Randschluss an 
der Wurzel ist natürlich ganz genau und der kosmetische und 
hygienische Effekt ist ein ganz vorzüglicher. 


IV. 

Behandlung perforierter Wurzeln. 

So oft dieses Thema auch schon behandelt wurde, so 
finden sich doch immer einzelne Details, die, in speziellen Fällen 
angewandt, bedeutendere Vorteile gewähren. So will ich 
über einen Fall berichten, in dem es gelang, eine Caninus- 
wurzel zu erhalten und als Pfeiler für eine vierzähnige Brücke 
zu benützen, bei der durch zweimalige Extraktionsversuche vor 
Jahren Teile abgesprengt und durch tiefgehende Karies die 
mesiale und distale Wurzelwand bis in die Höhe der halben 
Wurzel perforiert waren; das Zahnfleisch liess über der 
Wurzel nur eine fistulöse Oeffnung bestehen, aus der sich bei 
Druck auf die Umgebung Eiter entleerte. Exzision des Zahn¬ 
fleisches und Blutstillung durch Tamponade, sowie energisches 
Auswaschen mit 27, 0, (33%) machten den Zugang zum 
Wurzelkanal frei und bereitete auch die bleichende Wirkung 
des H % 0* eine genügende Uebersichtlichkeit, um den Wurzel¬ 
kanal zu sondieren und mit H, 0 * zu behandeln; um das 
Zahnfleisch dauernd zurückgedrängt zu erhalten, musste eine 
ziemlich starke Tamponade mit Jodoformgaze angewandt werden; 


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402 


Dr. A. Oppenheim, Brtinh. — Miszellen. 


da jedoch die Wände nachgaben und namentlich'die bucc&fe 
Wand Unter dem Drücke abzubreclten * drohte^ wurde vorerst 
eine feine Platindrahtligatur hoch uriter dem Zahnfleischrand 
angelegt;. um ferner durch Verlegen des Wurzelkanales nicht 
eine Periostitis zu erzeugen, würde in den Wurzelkanal eine 
abgebrochene Nadel, wie sie bei den Injektionsspritzen an-* 
gewandt werden, mit dfcm verbreiteten unteren Ende das Zähri- 
fleischniveau erreichend, gesteckt und um diese herum jetzt 
eine feste Jodoformgazetamponade ausgeführt, welche durch 
Guttapercha in ihrer Lage erhalten wurde. Nach 2 Tagen 
Wiederholung desselben Prozesses, dem nach (weiteren 4 Tagen 
Verschluss des Apex mit. Point und weite Aufbohrung des 
Kanales zur Aufnahme einet Würzelkanüle folgte. Die Per¬ 
forationsstellen, die jetzt ganz frei lagen, wurden mit Platinfolie, 
die der an dem Zahnfleisch zugekehrten Seite in Chloropercha 
und Jodoformpulver getaucht war, gedeckt und mit Schwamm 
leicht angedrückt. Da sich die Kanüle für die Wurzel zu stark 
erwies, die Gewähr für die Dauerhaftigkeit der Brücke die 
stärkste Kanüle forderte, von den Wurzelwänden gegen den 
Apex zu jedoch niühts mehr ausgebohrt werden konnte, so 
lötete ich an das Ende der Kanüle ein Stück Platindraht, mit 
Gewihde versehen, an, das in dem relativ en&en Wurzelkanal 
mit Zement genügend Verankerung fand. Mit weichem Zement 
eingesetzt wurde Amalgam nachgestopft und die Kontur der 
Wurzel hergestellt; die Richmomdkrone aus Platin-Iridium sitzt 
tadellos uhd leistet die Brücke jetzt nach 10 Monateri, wo ich 
selbe: fcum erstenmal wieder Sehe, beste Dienste; (Die Brücke 
ist fix mit Zement eingesetzt. 

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Die zahnärztliche Ausstellung in der Rotunde. 


403 


Berichte ans Instituten und Vereinen. 


Die Hliärztiiclc Aessteltat ii der Bituae. 

(Allgemeine hygienische Ausstellung,' 12. Mai bis 15. Juli 1906.) 

Mit 3 Tafeln. 

Die Bestrebungen der Gegenwart zielen vielfach auf die 
Popularisierung der Naturwissenschaften hin. Diese mächtige, 
wohltätige Bewegung macht sich ganz besonders auf dem Ge¬ 
biete der Gesundheitslehre geltend. Doch für die Volksaufklärung 
in Fragen der Zahnheilkunde und der Mund- und Zahnpflege 
ist noch nicht all zu viel geschehen; und es könnten doch die 
weitesten Volksschichten durch Verteilung gemeinverständlicher 
Schriften, durch Abhaltung von leicht fasslichen Vorträgen und 
ausserdem durch die allgemeine Einführung einer periodischen 
Untersuchung der Zähne an Volks- und an Mittelschulen auf¬ 
geklärt und belehrt werden. Doch noch viel wichtiger für die 
Volksaufklärung als all das ist eine Ausstellung, die Vorführung 
einer grossen Sammlung von Präparaten, Modellen, Zeichnungen, 
Tabellen, von Objekten, welche dem Publikum die regelrechte 
und fehlerhafte Bildung des Gebisses zeigen und es darüber 
belehren, welchen Erkrankungen es ausgesetzt ist, wie man 
diese verhüten kann und inwieweit Schäden, die schon ent¬ 
standen sind, behoben werden können. 

Diese Aufgabe wurde durch die Kollektivausstellung für 
Zahnheilkunde in der hygienischen Ausstellung in glänzender 
Weise gelöst. Es wurde hier dem Publikum zum erstenmal 
Gelegenheit gegeben, das über die Zähne Wissenswerte aus 
eigener Anschauung kennen zu lernen. 

Die Ausstellung wurde auf Anregung des Zentralverbandes 
der österreichischen Stomatologen von diesem, von dem k.k. zahn¬ 
ärztlichen Universitäts-Institut in Wien, von der Abteilung für 
Zahnheilkunde der Allgemeinen Poliklinik in Wien, vom Verein 

1 Unter Benützung des offiziellen Berichtes von Dr. Otto Zsigmondy 
(Oesterreichische Zeitschrift für Stomatologie, IV. Jahrg., Mai 1906). 

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404 Die Eahnärztliche Ausstellung in der Rotunde. 

österreichischer Zahnärzte und vom Verein Wiener Zahnärzte 
veranstaltet. 

Sie ist eine Kollektivausstellung ohne Namennennung 
des Einzelausstellers, steht ausserhalb jeden Preisbewerbes und 
ist demnach, frei von jeder selbstsüchtigen Reklame, nur zum 
Zwecke des allgemeinen Volkswohles geschaffen worden. Die 
äussere Ausgestaltung wurde in ebenso würdiger als zweck¬ 
entsprechender Weise von dem Wiener Architekten Herrn 
Robert Oerley ausgeführt. 

Die Ausstellungsobjekte sind in acht grossen Vitrinen 
untergebracht, von denen sechs in die Seitenwände ein¬ 
gelassen sind; eine freistehende, den Ausstellungsraum 
scheidende Mittelwand enthält die letzten zwei Vitrinen. Die 
Rückwand des 25 Quadratmeter grossen Raumes wird durch 
bildliche Darstellungen aus der Physiologie und Pathologie 
der Zähne und durch Tabellen über die Durchbruchszeit der 
Zähne und die Kariesfrequenz abgeschlossen. 

Das ganze, grosse Ausstellungsmaterial wurde in über¬ 
sichtlicher Weise in Gruppen eingeteilt und untergebracht: Die 
zum eintretenden Besucher linke Seitenwand enthält in ihren 
ersten zwei Vitrinen die normale und abnormale Entwickelung 
der Kiefer und Zähne. In den diesen beiden Vitrinen zu¬ 
gekehrten Glasschränken der Mittelwand sind die Ver¬ 
nachlässigung der Zähne und ihre Folgen, die Krankheiten, 
zur Darstellung gebracht. Die Vitrinen der anderen Seite der 
Mittelwand zeigen die Folgen der übertriebenen Zahnpflege 
durch massloses Bürsten mit zum Teile ungeeigneten Prä¬ 
paraten, ferner eine Reihe von Moulagen, welche die Er¬ 
krankungen der Weichteile des Mundes veranschaulichen, und 
endlich die Darstellung der Therapie der Zahnkaries in Form 
einer reichen Sammlung musterhafter Zahnfüllungen. Die rechte 
Seitenwand zeigt den Zahn- und Kieferersatz und die Re¬ 
gulierung unregelmässig stehender Zähne und ganzer Zahn¬ 
reihen. Die Endvitrinen der Seitenwände sind der Geschichte 
der Zahnheilkunde gewidmet: Die letzte Vitrine der linken 
Seitenwand bringt eine Sammlung der in der letzten Hälfte 
des XIX. Jahrhunderts gebräuchlichen zahnärztlichen Instru- 


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Die zahnärztliche Ausstellung in der Rotunde. 


405 


mente. Ihr gegenüber (in der letzten Vitrine der rechten Seiten¬ 
wand) ist die berühmte Sammlung des Prof. v. Carabelli 
(Lehrer der Chirurgie von 1821 bis 1842) ausgestellt, welche 
Zahnersatzstücke (Kronen und Brücken), Obturatoren und 
Richtmaschinen umfasst und ein klares Bild von der hohen 
Vollendung der technischen Arbeiten jener Zeit gibt. Die 
Prothesen sind zumeist den aus Elfenbein oder Hippopotamus- 
zähnen geschnitzten Kiefern in kunstvollster Weise aufmontiert. 
(Aus dem Privatbesitze des Doz. Dr. v. Wunschheim.) 

Die beiden ersten Vitrinen der linken Seitenwand bringen 
die Darstellung der normalen und fehlerhaften Ent¬ 
wicklung der Kiefer und Zähne in geradezu muster- 
giltiger Anordnung. Fast alle Präparate entstammen der be¬ 
kannten grossen Sammlung des Dr. Otto Zsigmondy. Wir 
sehen hier die Kiefer- und Zahrianlagen des neugeborenen 
Kindes, die Kiefer und Zähne des vier- und achtjährigen Kindes, 
dann des Vollerwaehsenen und den Greisenkiefer. Auf ein¬ 
zelnen Tafeln sehen wir die aus den Kiefern gelösten einzelnen 
Zähne, sowohl die Milchzähne, wie die bleibenden Zähne in 
den verschiedensten Altersstufen; wir sehen die Zähne im 
Zahnwechsel und die Milchzähne in den verschiedenen Stadien 
der Wurzelresorption. Andere Tafeln wieder zeigen die Zähne 
in Längs- und Querschnitten und das verschiedene Verhalten 
der Pulpakammern. An den zur Erläuterung des Zahnwechsels 
dienenden Knochenpräparaten (im oberen Abschnitt des mitt¬ 
leren Teiles der ersten Vitrine) ist die knöcherne Aussenwand 
entfernt worden. Der Schädel des dreijährigen Kindes (aus dem 
Museum des anatomischen Instituts, Hofrat Prof. Zuckerkand 1) 
zeigt die Milchzähne in ihrer vollen Ausbildung; hier und bei 
den anderen Kieferpräparaten sehen wir die Kronen der Ersatz¬ 
zähne hinter den Milchzähnen und zwischen den Milchzahn¬ 
wurzeln liegen. Der siebenjährige Oberkiefer erklärt die gelegent¬ 
liche Entstehung des unregelmässigen Zahndurchbruches. Die 
seltene Zusammenstellung von fünf Gipsmodellpaaren, das 
Gebiss ein und desselben Individuums in fünf aufeinander¬ 
folgenden Altersstufen darstellend, bringt den richtigen Kapitel¬ 
abschluss. 

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406 


Die zahnärztliche Ausstellung in der Rotunde. 


In der anstossenden zweiten Vitrine fällt uns vor allem 
ein Spirituspräparat auf, das die Versorgung der Zähne durch 
die vom Trigeminus stammenden Nervenästchen zeigt. Dieses 
schöne Präparat, sowie alle anderen Spirituspräparate verdankt 
die Ausstellung dem gütigen Entgegenkommen des Hofrates 
Prof. Zucke rk an dl. An den Schädeldurchschnitten wird das 
verschiedene Verhalten der Kieferhöhle in ihrer wechselnden 
Grösse demonstriert. Auf acht über diesen Gläsern angebrachten 
Tafeln sehen wir das Wechsel volle Verhalten der Zahnwurzeln 
zur Kiefer- und Nasenhöhle (Dozent Dr. Loos); zwei andere 
Knochenpräparate zeigen die Lagerung der Zahnwurzeln zum 
Unterkieferkanal und die Stellung der Wurzeln im Ober- und 
Unterkiefer (aus dem zahnärztlichen Universitäts - Institut» 
Regierungsrat Prof. Sch eff). 

Den grössten Teil der zweiten Vitrine nehmen Tafeln ein* 
welche die Missgestaltung der Wurzeln einzelner Zähne zur 
Anschauung bringen. (Aus den Sammlungen des Vereines öster¬ 
reichischer Zahnärzte und der zahnärztlichen Abteilung der 
Allgemeinen Poliklinik, Dozent Dr. v. Wunschheim.) Man 
sieht hier Schneide-, Eck- und Backenzähne, die sonst nur 
eine Wurzel haben, mit zwei bis drei Wurzeln, obere Mahlzähne 
mit vier statt mit drei Wurzeln und untere Mahlzähne mit 
drei statt mit zwei Wurzeln, ferner Verkrümmungen und Ver¬ 
bildungen der Wurzeln in mannigfachster Art Einige Zähne 
zeichnen sich durch enorme Grösse aus (ein Eckzahn von 41 Mm. 
Länge); eine besondere Tafel zeigt wieder Verschmelzungen 
und Verwachsungen benachbarter Zähne usw. Alle diese Bei¬ 
spiele beweisen dem Publikum die gelegentliche Schwierigkeit 
von Wurzelbehandlungen und Extraktionen und machen daher 
indirekt auf die Notwendigkeit der rechtzeitigen Behandlung 
kariöser Zähne aufmerksam. Unterhalb der erwähnten Tafeln 
ist der mangelhaft entwickelte, rauhe Schmelz der Wangen¬ 
fläche eines Weisheitszahnes mit Hilfe einer Ze iss sehen Lupe 
zur Anschauung gebracht; eine zweite Lupe zeigt eine andere, 
das Auftreten der Karies begünstigende fehlerhafte Entwicklung : 
es ist das die tiefe Fissur, welche sich oft in der Schmelzdecke 
der Backen- und Mahlzähne dort vorfindet, wo zwischen den 


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Jahrgang 1906 


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Die zahnärztliche Ausstellung in der Rotunde. 


407 


einzelnen Höckern der Kaufläche Furchen eingeschnitten sind. 
An einem Gipsmodell sehen wir die fehlerhafte Lagerung des 
unteren Weisheitszahnes, die bekanntlich oft schwere lang¬ 
wierige Entzündungsprozesse verursachen kann- Zwei andere 
Modelle zeigen die Verbildung des Oberkiefers bei behinderter 
Nasenatmung: den V-förmigen und den lyraförmigen (kontra¬ 
hierten) Kiefer mit hohem, engem Gaumenbogen. 

Ein weiteres Modell vergegenwärtigt die durch die schlechte 
Gewohnheit des Daumenlutschens bedingte Deformation, die 
schiefe, nach vorne geneigte Stellung der vordersten oberen 
Zähne. Abweichungen von der normalen Grösse zeigen die 
Modelle, welche das Gebiss eines Riesen und eines Zwerges 
zur Darstellung bringen. Während aber hier Grösse des Kiefers 
und Grösse der Zähne in einem guten Verhältnis zueinander 
stehen, sind bei einem anderen Modell die Kiefer für die 
normal grossen Zähne zu klein, wodurch eine zu enge, un¬ 
regelmässige Stellung der Zähne resultiert, die dann sehr leicht 
der Karies verfallen. Zur fehlerhaften Entwicklung gehören 
auch die „Bissanomalien“ und sind auch diese in dem Auf¬ 
biss, dem offenen Biss und dem Vorbiss hier zur Darstellung 
gebracht worden. Ein letztes Modell zeigt den Fall eines Wolfs¬ 
rachens (Uranokoloboma), bei dem die Gaumenteile nicht zur 
Verwachsung gelangten, wodurch eine bleibende Spalte 
zwischen Mund- und Nasenhöhle entstanden ist. 

In den Vitrinen, welche die Erkrankungen der Zähne 
und deren Folgen bringen, wurde die ganze mittlere Ab¬ 
teilung der Zahnkaries eingeräumt: Wir sehen hier die ver¬ 
schiedenen Formen und Stadien der Karies (meist in Durch¬ 
schnitten), ferner Beispiele von der Bildung von Sekundär¬ 
dentin zum Spontanschutz der Pulpa, dann Resorptionsprozesse 
an Wurzeln infolge von Wurzelhautentzündungen und Knochen¬ 
eiterungen nach Karies. An einigen Objekten sehen wir die 
schweren Schäden, welche bisweilen durch das Weitergreifen 
der von kariösen Zähnen veranlassten Entzündungsprozesse 
in den Kieferknochen hervorgerufen werden. Eine Sammlung 
von derartig zum Absterben und zur Abstossung gelangter 
Stücke der Kieferknochen beweist, wie schwere Formen der 


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Die zahnärztliche Ausstellung in der Rotunde. 


Krankheitsverlauf gelegentlich annehmen kann. Zwei lehrreiche 
Photographien zeigen uns eine andere, nicht so seltene Folge 
vernachlässigter Zahnerkrankungen, die Bildung der äusseren 
Wangen- und Hals- oder Kinnfistel infolge Durchbruchs des 
Eiters nach aussen durch die Haut. Im unteren mittleren Raum 
dieser Vitrine stehen einige Spirituspräparate, Schädelschnitte 
aus dem anatomischen Institute; sie zeigen krankhafte Ver¬ 
änderungen der Kieferhöhlen und durch kranke Zähne ver- 
anlasste Zystenbildungen. Eine weitere Gruppe von Modellen 
soll auf die Gefahren aufmerksam machen, die den be¬ 
nachbarten bleibenden Zähnen durch kariöse Milchzähne und 
durch stehen gebliebene Reste und Wurzelstümpfe der Milch¬ 
zähne drohen; wieder andere Modelle zeigen die hohe Karies¬ 
gefahr bei unregelmässig, ausser- oder innerhalb der Zahn¬ 
reihe stehenden Zähnen infolge der erschwerten Reinhaltung 
derselben. Der linke Seitenteil dieser Vitrine umfasst Dar¬ 
stellungen der am häufigsten vorkommenden Vernach¬ 
lässigungen des G eb isses: so das vernachlässigte Milch¬ 
gebiss mit tiefer Zerstörung der Zahnkronen durch Karies; 
den falschen Durchbruch der bleibenden Zähne infolge des 
Umstandes, dass Milchzähne nicht rechtzeitig entfernt worden 
waren; den abnormen Zahndurchbruch nach Verkleinerung 
des Alveolarbogens infolge allzufrühen Verlustes der Milch¬ 
zähne. Zwei Modelle zeigen, wie die vorderen Zähne nach 
dem Verluste der Backen- und Mahlzähne eine falsche Stellung 
einnehmen, so dass kein Zahn des Unterkiefers die Zähne des 
Oberkiefers berührt und ein fast tierischer Gesichtsausdruck 
entsteht. Diese Modelle sind mehr als alle anderen geeignet, 
die Wichtigkeit der Erhaltung auch der rückwärtigen 
Zähne zu illustrieren. Hier sehen wir ferner die Folgen er¬ 
schwerter Nasenatmung an einer Reihe höchst lehrreicher 
Modelle, welche die dadurch entstandene Kieferdeformation 
zeigen; die rechtzeitige Operation der Nasenrachenwuche¬ 
rungen hätte die hässliche Kieferbildung verhindern können. 
Eine besondere Gruppe von Objekten wird der mangelhaften 
Entfernung des Zahnsteines gewidmet: Wirsehen die massen¬ 
hafte Anhäufung des Zahnsteines auf der einen Kieferseite, 


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Die zahnärztliche Ausstellung in der Rotunde. 


409 


weil dieselbe wegen eines schmerzhaften Zahnes längere Zeit 
hindurch vom Kaugeschäft ausgeschlossen wurde, während die 
andere gesunde Kieferseite ganz frei von Belag ist; ferner 
künstliche Zahnersatzstücke, die niemals oder wenig gereinigt 
wurden und daher von Zahnstein bedeckt oder umschlossen 
sind. Ein besonders interessantes Objekt ist eine von Zahn¬ 
steinmassen umschlossene Kautschukpiece (Prof. B1 e i c fa¬ 
st e i n e r, Graz); ja, einige dieser Stücke sind, an benachbarte 
Zähne durch Klammern befestigt, durch den Zahnstein zu 
einer Masse verschmolzen und endlich mit den gelockerten 
Zähnen aus dem Munde entfernt worden! Neben einer Tafel, 
auf welcher die Alterserscheinungen dargestellt werden, sind 
Modelle ausgestellt, welche zeigen, wie nach Verlust der rück¬ 
wärtigen Zähne die Schneidezähne und Eckzähne manchmal 
bis zum Verschwinden der ganzen Kronen durch den Kauakt 
abgerieben werden. Sehr interessant sind die Modelle von 
Pfeifenrauchern mit den durch das Pfeifenmundstück ent¬ 
standenen lückenartigen Ausreibungen. Einige schöne Modelle, 
aus der Sammlung der Allgemeinen Poliklinik stammend, 
demonstrieren die Entzündung und Wucherung des Zahn¬ 
fleisches infolge Anhäufung von Zahnstein und die sich an¬ 
schliessende Erkrankung der Zahnwurzeln (Alveolarpyorrhoe). 
Die unteren Fächer dieser Abteilung enthalten Objekte, welche 
die Berufskrankheiten behandeln: wir finden da die 
Bäckerkaries und vor allem die Phosphornekrose. Fast alle 
Objekte dieser Vitrinen (Erkrankungen der Zähne und deren 
Folgen) entstammen den Sammlungen des Dr. Zsigmondy, 
des Vereines österreichischer Zahnärzte, des zahnärztlichen 
Universitäts-Institutes (Regierungsrat Professor Sch eff) und 
der Allgemeinen Poliklinik (Dozent Dr. v. Wunsch heim). 

Die Eckvitrine der anderen Seite zeigt im rechten Fache 
die Folgen der übertriebenen Zahnpflege, den Miss¬ 
brauch bei der Pflege der Zähne. Wir sehen hier die durch 
übermässiges Bürsten der Zähne mit zum Teile ungeeigneten 
Stoffen entstandenen tiefen und ausgedehnten Kerben an den 
Zahnhälsen. Die Folgen des Gebrauches von Kohlenpulver und 
Bimsstein und die Wirkung des Bürstens mit verschiedenen 


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Die zahnärztliche Ausstellung in der Rotunde. 


minder schädlichen Stoffen sind hier an Knochenpräparaten 
zur Ansicht gebracht. An einzelnen hochinteressanten Modellen 
sehen wir den Schwund der harten Zahngewebe unter dem 
Einfluss von Säuren (Genuss von Zitronen) und bei Ver¬ 
nachlässigung der Mundpflege während schwerer Krankheit 
(Typhus). 

In der mittleren Abteilung dieser Vitrine stehen einige 
meisterhafte Moulagen des Dr. C. H e n n i n g, des Vorstandes 
des Institutes für Moulagen; sie entstammen zum Teile auch 
der grossen Sammlung der Klinik für Syphilis und Dermatologie 
(Prof. E. Finger). Sklerosen der Lippen und des Zahn¬ 
fleisches, Zahnfleischwucherung infolge chronischer Entzündung, 
Soor, Epulis, Diphtheritis etc. finden hier ihre Darstellung. 
Die letzte Abteilung dieser Vitrine zeigt eine reiche Sammlung 
extrahierter Zähne mit kunstvollen Füllungen in Gold, Por¬ 
zellan und Amalgam; auch an dem an der Kopfseite der Mittel¬ 
wand befindlichen Schädel (aus dem Museum des zahnärzt¬ 
lichen Universitäts-Institutes, Regierungsrat Prof. Sch eff) sind 
alle möglichen Arten von Füllungen und künstlichen Kronen 
dargestellt. 

Die Vitrinen der rechten Seitenwand sind dem Zahn¬ 
ersatz und der Zahnregulierung gewidmet. Neben 
dem Fache, das die schon oben besprochene Sammlung von 
Prof. v. C a r a b e 11 i enthält, befindet sich eine Zusammen¬ 
stellung von Modellen, welche den „Zahnersatz, wie er nicht 
sein soll“ darstellt; wir sehen da Beispiele des schlechten 
Zahnersatzes, Stücke, welche faulenden, nicht behandelten 
Wurzeln und abgezwickten Zahnresten aufsitzen, und Gebisse, 
welche ohne Rücksicht auf die hygienischen Forderungen des 
Kauapparates nur die Frontzähne ersetzen und die Backen- 
und Mählzähne ganz unberücksichtigt lassen. Die Kollektion 
dieser leider noch vielfach geübten Methode des Zahn¬ 
ersatzes entstammt der forensischen Sammlung des Dr. Hock 
(Salzburg). Dann folgen Beispiele des fachgemässen Zahn¬ 
ersatzes in reichster Auswahl: Kronen, Brücken, einzelne 
Zähne auf Platten, partielle und ganze Gebisse, ferner Obtu¬ 
ratoren' für Kieferhöhlen und Gaumenspalten, Kieferersatzstücke 


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Die zahnärztliche Ausstellung in der Rotunde. 


411 


und Schienen bei Kieferbruch. Diese Objekte geben ein klares 
Bild von der Vollendung der modernen Technik auf diesem 
schwierigen Gebiete. Die letzte, der Regulierung gewidmete 
Vitrine zeigt die Erweiterung des zu engen Kieferbogens, die 
Zurückziehung der vorstehenden, die Vorschiebung der zurück¬ 
stehenden Zahnreihen, die Drehung einzelner Zähne usw. 
Modelle, die den einzelnen Fall vor und nach der Behandlung 
darstellen, geben uns die erzielten ausgezeichneten Resultate 
an; in vielen Fällen gelangt auch der Regulierungsapparat zur 
Darstellung. Die ausserordentlich reiche Beschickung dieser 
beiden letztbesprochenen Vitrinen war nur durch das einheit¬ 
liche Zusammenwirken vieler Kollegen ermöglicht worden; die 
meisten Objekte wurden von den DDr. R. Breuer, Bum, 
v. Günther, v. Hauer, Müller (Agram), Pichler, Pod- 
pednik, Smreker, Tänzer (Triest), Trauner, Vier¬ 
thaler, Doz. Weiser, Doz. v. Wunschheim und Ze- 
liska zur Verfügung gestellt. 

Die den Hintergrund der Ausstellung abschliessenden, 
zumeist dem Lehrbuch und Atlas von Dr. Preiswerk ent¬ 
nommenen Bilder hat Dr. Heinrich Rieger beigestellt. Sie 
veranschaulichen die Durchbruchszeiten der Milchzähne und 
der bleibenden Zähne, bringen Durchschnitte durch den 
Schneidezahn und Mahlzahn und die schematische Darstellung 
der Pulpitis acuta partialis, der Pulpitis chronica totalis puru- 
lenta, der Periodontitis acuta umilateralis, des Abscessus 
periostalis, der Zahnfleischfistel, der beginnenden Knochen¬ 
nekrose und der Alveolarpyorrhoe. 

Es ist gewiss sehr zu bedauern, dass diese mustergiltige, 
ein geschlossenes Ganzes darstellende Kollektion jetzt mit dem 
Schlüsse der Ausstellung gewaltsam auseinander gerissen wird, 
da die einzelnen Objekte ihren Besitzern wieder zurückgegeben 
werden müssen. Als einziges Andenken bleiben uns nur ein 
paar Bilder, photographische Aufnahmen, 1 die im Aufträge des 

1 Die Aufnahmen sind vom Hof - Photographen Viktor An ge rer 
(IX. Waisenhausgasse 16) zum Preise von K 4.— (für die Qesamtaufnahme 
26x81) und von je K2 m bQ (für 7 Einzelaufnahmen der Vitrinen 18x24) zu 
beziehen. 


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Zahnärztliches Institut der Universität in Innsbruck. 


Komitees ausgeführt wurden und von denen wir einige hier 
reproduzieren. 

Am 5. Juli hielt Doz. Dr. Weiser, als Präsident des 
Ausstellungskomitees, einen gemeinverständlichen Vortrag „über 
die Bedeutung der Zahnheilkunde für die Hygiene und über 
die Mund- und Zahnpflege u im Vortragssaale der Ausstellung 
ab; durch die Vorführung einer grossen Anzahl von Licht¬ 
bildern, die dem Entgegenkommen des Dr. Rieger zu ver¬ 
danken waren, fand der von dem zahlreich anwesenden 
Publikum sehr beifällig aufgenoramene Vortrag einen schönen 
Abschluss. 

* 

Dem Ausstellungskomitee gehörten an die DDr. Bertel, 
Rieh. Breuer (der eigentliche Anreger zur Beteiligung an der 
Ausstellung), Bum, Kreisler, Doz. Loos, Reg.-Rat Professor 
Scheff, Steinschneider, Vierthaler, Doz. Weiser, 
Doz. v. Wunschheim und Zsigmondy. Das Exekutiv¬ 
komitee bestand aus den Herren Zsigmondy (als Leiter), 
Bertel und Bum, welche, durch die rege Mitwirkung 
einzelner Herren unterstützt, die Hauptarbeit zu leisten hatten. 
Herrn Dr. Otto Zsigmondy, welchem der Löwenanteil der 
Arbeit zufiel und der während vieler Tage und Wochen seine 
ganze Zeit und seine volle Arbeitskraft der guten Sache ge¬ 
widmet hat, gebührt besonderer Dank und Anerkennung. 

Dr. — u —. 


Am im zakiärztMei Mite der Oumrsitit ln IornM 
(Vorstand M MajMtr). 

Bericht Ober das erste Studienjahr 1905/06 (vom 19. Dezember 1905 
bis 15. Juli 1906). 

Von Prof. Dr. B. Mayrhofer. 

Mit der Einrichtung des neu systemisierten zahnärztlichen 
Institutes an der Innsbrucker Universität betraut, begann Be¬ 
richterstatter am 16. November 1905 mit der Adaptierung der 


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Zahnärztliches Institut der Universität in Innsbruck. 


413 


im Hochparterre des Hauses Anichstrasse 24 gelegenen Räum¬ 
lichkeiten. Am 19. Dezember konnte die Ambulanz eröffnet 
werden. 

Die Inanspruchnahme der jungen Anstalt seitens Zahn¬ 
leidender entwickelte sich aus bescheidenen Anfängen bald in 
rasch aufsteigender Linie, so dass am 7. Februar der hundertste, 
schon am 27. April der fünfhundertste und am 28. Juni der 
tausendste Patient in Behandlung kam. Bis zum Schlüsse des 
Sommersemresters (15. Juli d. J.) wurden 1127 Zahnkranke be¬ 
handelt. Es wurden 825 Füllungen (Zement, Amalgam, Gold. 
Porzellan verschiedener Art) mit 221 Wurzelbehandlungen 
und 103 Gangränbehandlungen gemacht und 1463 Zahn- und 
Wurzelextraktionen ausgeführt, letztere fast ausschliesslich in 
lokaler Anästhesie, und ergab eine Novokain-Paranephrin- 
mischung in sterilen Phiolen (Novokain 1 Prozent, Paranephrin 
1:10.000) durchaus befriedigende Resultate. Behufs Zahn¬ 
ersatz (Plattenprothesen, Stiftzähne, Kronen und Brücken) 
wurden 392 Zähne verarbeitet.. Hiebei wurde mehrfach eine 
Kiefer- und Zahnfleischpl astik zum Zwecke des Zahn¬ 
ersatzes in Anwendung gebracht, wie ich sie in der „Deutschen 
zahnärztlichen Wochenschrift“ vom 18. März 1905 beschrieben 
habe; hiezu Hess ich mir eine Luersche Knochenzange in ver¬ 
kleinertem Massstabe anfertigen. 

Einzelne Krankheitsformen. 

Trigeminus-Neuralgie dentalen Ursprunges. 
Drei Fälle, darunter: Marie G., 25 Jahre alt; seit 5 Jahren 
sehr heftige anfallsweise Schmerzen im Gebiete des ersten 
und zweiten Trigeminusastes linkerseits, zur Zeit der 
Menses gesteigert. |6 vor 3 Jahren frakturiert, Wurzeln 
zurückgeblieben, ]7_8 kariöse Wurzeln. Extraktion sämtlicher 
Wurzeln. Heilung. 

Otalgie dentalen Ursprunges. Vier Fälle. Ver¬ 
anlassender Zahn dreimal im Unterkiefer, einmal gleichzeitig 
ein oberer und ein unterer Weisheitszahn beteiligt. Jedes¬ 
mal freiliegende Pulpa, durch deren Berührung der typische 


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Zahnärztliches Institut der Universität in Innsbinck. 


Schmerzanfall ausgelöst wird. Heilung durch Behandlung des 
Zahnes. 

Hämophilie. Fünf Fälle. Dreimal wurde die Behandlung 
unter Vermeidung von Extraktion angestrebt und durchgeführt; 
einmal musste {?, einmal 6| gezogen werden; in letzterem Falle 
schwere Nachblutung in der Nacht; Patient kam am folgenden 
Tage, den Mund voll von Blutkoagulis, in hochgradig anämi¬ 
schem Zustande wieder ins Institut; Blutstillung durch feste 
Tamponade der drei Alveolen mittels kleinster Tampons aus 
Styptizingaze und Aufbeissen auf einen Watteballen; am nächsten 
Tage beim Tamponwechsel neuerliche Blutung, welche auf 
dieselbe Weise gestillt wurde und sich nicht mehr wiederholte. 

Antrumeilerung. Drei Fälle, nicht oder fraglich den¬ 
talen Ursprunges, von der rhinologischen Klinik überwiesen 
behufs Untersuchung und Behandlung des Mundes, bzw. Ex¬ 
traktion kariöser Wurzeln und Anbohrung durch den Alveolar¬ 
fortsatz. 

Erschwerter Durchbruch des Weisheitszahnes. 
Fünf Fälle. Dreimal unterer, zweimal oberer Dens. sap.; durch 
Inzision, Kauter, antiseptische Ausspülung der Tasche konnten 
die Beschwerden behoben werden; in einem Falle nach 
Monaten neuerliches Rezidiv, so dass Extraktion beider unterer 
Weisheitszähne in Erwägung steht. 

Konsiliarextraktionen. Es handelte sich meist um 
gewöhnliche Zahnfrakturen bei anderwärts versuchter Ex¬ 
traktion, ferner um ausgedehntere Alveolarwandfraktur oder 
Weichteilverletzung oder Dolor post extractionem. 

Kiefernekrose nach Extraktion (Kieferfraktur 
gelegentlich der Extraktion?). E.S., 20 jähriger Patient; 5 Wochen 
vor der Aufnahme wurde ihm links unten ein Backenzahn 
gezogen; die Extraktion verlief schwierig; danach schwoll die 
Wange stark an und aus der Wunde floss viel Eiter; nach 
10 Tagen extrahierte ein anderer Arzt drei lockere Zähne. 
Eiterung und Schwellung blieben gleich stark; Patient begab 
sich deshalb auf die chirurgische Klinik. 

Status loci vom 11. April. Starker Foetor ex ore; 
mächtige Schwellung der linken Wange und Unterkiefergegend; 


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Zahnärztliches Institut der Universität in Innsbruck. 


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abnorme Beweglichkeit hinter dem linken unteren Eckzahn; 
Backen- und Mahlzähne fehlen; nackter Knochen ist sichtbar; 
lingual davon quillt reichlich Eiter hervor. 

13. April. Narkose (Billrothmischung). Inzision längs des 
Unterkieferrandes zirka 7 Cm. lang; massenhafter Eitererguss; 
Entfernung mehrerer Sequester; Drainage; feuchter Verband. 
Im weiteren Verlaufe starke Sekretion anhaltend, Entfernung 
von weiteren zwei Sequestern; auf eigenes dringendes Ver¬ 
langen, in Heilung begriffen, am 17. Mai entlassen. 

Es bleibt unaufgeklärt, ob schon bei der erstmaligen 
Extraktion eine Fraktur des Unterkiefers passierte oder ob sich 
an die Extraktion eine den ganzen Querschnitt der Mandibula 
durchsetzende Nekrose anschloss und diese erst sekundär zur 
Kontinuitätstrennung führte. 

Zahn Verletzungen: a) Ausgeschlagene Zähne: Ein Fall. 
12 jähriges Mädchen; beide grossen Schneidezähne ausgeschlagen, 
der Unfall vor längerer Zeit schon geschehen durch die Kurbel 
eines Aufzuges; Prothese. 

b) Abgeschlagene Zähne: Sechs Fälle. Zweimal jl (in dem 
einen Falle durch Sehlag mit der leeren Faust), einmal ^1, 
zweimal 1^, einmal beide grossen Schneidezähne; Ersatz durch 
Stiftzähne, bzw. Plattenprothesen. 

Obere Wangenfistel. Ein Fall. Angeblich vor 2 Mo¬ 
naten Fraktur des 6j bei Extraktionsversuch, hierauf Schwellung 
der Wange, Durchbruch des Eiters nach aussen mit Zurück¬ 
lassung einer Fistel entsprechend dem Jochbogen; Extraktion 
der Wurzeln; Heilung. 

Untere Wangenfistel. Fünf Fälle, davon zwei be¬ 
merkenswert: Der eine betraf einen 54jährigen Arbeiter; 
Wangenfistel am linken Unterkieferrand besteht seit 5 Monaten ; 
sämtliche Zähne des linken Unterkiefers vorhanden, kariesfrei, 
mit lebender Pulpa; Mahlzähne mit Alveolarpyorrhoe behaftet 
und etwas gelockert; je verlängert, zwischen seinen Wurzeln 
an Stelle des geschwundenen Wurzelseptums eine eiternde- 
Höhle, in welche man von der Zahnfleischtasche aus mit einer 
Sonde eindringen kann; nach Extraktion des Zahnes rasche 
Heilung der Fistel. Der andere Fall, Wangenfistel, geheilt durch 


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Zahnärztliches Institut der Universität in Innsbruck. 


Wurzelresektion von aussen, ist im vorliegenden Hefte, Seite 323, 
ausführlich beschrieben. 

Kinnfistel. Ein Fall. Periostaler Abszess, ausgehend 
vom T\ mit drohendem Durchbruch nach aussen, der jedoch 
durch Wurzelbehandlung hintan gehalten wurde. 

Wurzelresektionen. Neun Fälle, teils vom Bericht¬ 
erstatter, teils unter dessen Assistenz von Frequentanten aus¬ 
geführt. 

Zahlreiche Fälle von irregulärer Zahnstellung, Ueber- 
zahl, Unterzahl, Retention, spätem Durchbruch bleibender 
Zähne, Dentitionsanomalien, Milchzahnpersistenz, Reduktion des 
Gebisses, Zahnmissbildung usw., ferner Alveolarpyorrhoe, 
Stomatitis, Gingivitis, Zahnfleischhypertrophien und lokalen 
Wucherungen, Lippenekzem etc. trugen dazu bei, das Kranken¬ 
materiale abwechslungsreich zu gestalten und nach allen 
Richtungen möglichst auszunützen. 

Was endlich die chirurgische Prothetik anlangt, so wurde 
das Institut seitens der chirurgischen Klinik anlässlich einer 
ausgedehnten Oberkieferresektion wegen Sarkom (Obturator), 
einer Unterkieferfraktur (Schiene), einer halbseitigen Unter¬ 
kieferresektion wegen Carcinoma mandibulae (Immediat-Pro- 
these), sowie zweier schwerer Fälle von Gesichtszerreissung 
(Tentamen suicidii durch blinden Schuss unter das Kinn und 
Dynamitexplosion) in Anspruch genommen. Letztere drei Fälle 
stehen derzeit noch in Behandlung und wird hierüber später zu 
berichten sein. 

Schliesslich kann ich nicht unerwähnt lassen, dass der 
allverehrte Altmeister unseres Faches, Eduard Mühlreiter 
in Salzburg, seine im Laufe von 37 Jahren angelegte, höchst 
reichhaltige und wertvolle Sammlung von Zahnanomalien, 
sowie eine grosse Anzahl besonders schöner und instruktiver 
histologischer Präparate dem jungen Institute zum Geschenke 
gemacht hat, wofür ihm im Namen desselben auch an dieser 
Stelle der innigste Dank ausgesprochen sei. 


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Associasione Stomatologica Triestina. 


417 


Assoclazioie Stonataloaiea Triestina. 

In der ersten Monatssitzung der Associazione Stoma¬ 
tologica Triestina, die am 29. April stattgefunden hat, hielt 
Universitätsdozent Dr. Rudolf Weiser (Wien) einen äusserst 
interessanten Vortrag: „Der heutige Stand der Therapie der 
Pulpitis“. Als Gäste waren anwesend die Herren Prof. Dr. 
Welponer, Dr. Forssman aus Stockholm, Dr. Dalma 
aus Fiume, Dr. Pickel und Dr. Schorl aus Görz. 

Beim Bankette sprach der Präsident Dr. Tänzer für 
den innigen Anschluss an die Associazione medica und er¬ 
suchte die neuen Mitglieder, die derselben noch nicht bei¬ 
getreten sind, bald ihren Eintritt zu erklären, befürwortet 
dringendst den engen Anschluss an den Zentralverband und 
toastiert auf die beiden anwesenden Präsidenten Prof. Dr. 
Welponer und Doz. Dr. Weiser, der zwei Nächte für die 
Reise opferte, um den jungen Verein mit einem glänzenden 
und erschöpfenden Vortrag über das wichtigste Kapitel des 
Faches zu beschenken; er beglückwünschte den Verein zur 
Wahl zweier Vertreter in die Aerztekammer. Doz. Dr. Weiser 
beglückwünschte im Namen des Zentralverbandes die Triester 
Organisation und deren ideale Bestrebungen. Unter den 
anderen Toasten sei erwähnt die freundliche Einladung 
Dr. Forssmans aus Stockholm zum Besuche der dortigen 
zahnärztlichen Gesellschaft. 

Dr. Schorl aus Görz ersuchte, auch den Zahnärzten 
aus der Provinz den Zutritt in die Associazione Stomatologica 
Triestina zu ermöglichen. 

Die zweite Monatssitzung fand am 28. Mai statt. 
Dr. Tänzer teilt vier Krankheitsfälle mit: Sogenannter er¬ 
schwerter Durchbruch des Weisheitszahnes, Empyem der 
Highmorshöhle, Parotitis, Reimplantation. 

Dem Wunsche der Görzer Kollegen entsprechend, wird 
eine Statutenänderung beschlossen, die den Kollegen aus den 
Nachbarprovinzen den Eintritt in den Verein ermöglicht. 

Dr. T-. 


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418 


Zentralverein Deutscher Zahnärzte. 


4yatairamlMi des Zentral« 1 « Dentscber Zabiärrte. 

Dresden, 4. bis 6. August 1906. 

Angemeldete Vorträge und Demonstrationen. 

1. Kirk (Philadelphia): Die Semiologie des Speichels. 

2. Röse (Dresden): Pathologie und Therapie der Erd¬ 
salzarmut 

3. Röse (Dresden): Die Durchbruchsverhältnisse der 
bleibenden Zähne des menschlichen Gebisses. 

4. Landgraf (Budapest): Prinzipien in der Behandlung 
der Alveolarpyorrhoe. 

5. Körbitz (Berlin): Das Wachstum des Unterkiefers 
in seinen Beziehungen zum Aufbau des bleibenden Gebisses. 

6. Walkhoff (Mönchen): Eine neue Therapie der 
Wurzelhautentzündung und ihrer Folgezustände, besonders des 
Alveolarabszesses. 

7. Walkhoff (München): Ueber die neuen Kieferfunde 
von Krapina. 

8. Sachse (Leipzig): Ueber einen operativ geheilten 
Fall einer seitlichen Wurzelperforation. 

9. Ganzer (Berlin): Die physiologische Injektion zum 
Studium der Histogenese des Zahnschmelzes (mit Demonstration 
der Methode). 

10. Riegner (Breslau): Zahnersatzkunde und ihre Be¬ 
ziehungen zur operativen und konservierenden Zahnheilkunde. 

11. W. Herbst (Bremen): Herstellung und Zweck der 
Kapselbrücke. 

12. E. Herbst (Bremen): Beziehungen zwischen Zahn¬ 
stellung und Antlitz (Projektion). 

13. Kunert (Breslau): Beitrag zum Kapitel „Brücken¬ 
arbeiten“, mit Demonstration von Modellen. 

14. Hey den haus s (Berlin): Ueber den gegenwärtigen 
Stand meines Regulierungsverfahrens und Demonstration einer 
neuen fixierbaren Dehnungsschraube. 

15. Hesse (Leipzig): Asepsis und Antisepsis in der 
zahnärztlichen Praxis. 


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Zentralverein Deutscher Zahnärzte. 


41 # 

16. Morgenstern (Strassburg): Einige überraschende 

zabnhistologische Tatsachen (Projektion). , 

17. R. Parreidt (Leipzig): Der Einfluss des Durch» 
bruchs der Milchzähne auf den ^Organismus des Kindes. 

18. Miller (Berlin): Beobachtungen und Experimente 
über die Ursachen der Erosion (keilförmigen Defektes) der 
Zähne. 

19. Pf aff (Dresden): Ueber die Behandlung der un» 
regelmässigen Zahn- und Kieferstellung. 

20. Schröder (Greifswald): Die Äspirationstechnik und 
ihre Verwertung in der Zahnheilkunde. 

21. Hentze (Kiel): a) Demonstration histologisch-patho¬ 

logischer Präparate von Erkrankungen der Mund- und Rachen¬ 
schleimhaut (Projektion); b) Die moderne Therapie der Er¬ 
krankungen der Mundschleimhaut. ' 

22. Reich (Marburg): Ueber die physiologische Bildung 

irregulär geformten Dentins.. 

23. J. N. Sandblom (Christiania): Vorbereitung von 
Wurzeln für Kronen- und Brückenarbeiten (Demonstration an 
Patienten, resp. am Phantom). 

24. G. Willmer (Gross-Lichterfelde): Demonstration von 
Kronen- und Brückenarbeiten (Gold and Prosthetic Porcelain). 

25. Körbitz (Berlin): Die Handhabung der An gl eschen 
Richtapparate (Demonstration am Schädel). 

26. Hans Al brecht (Berlin): Demonstration der Sammr 
lungen zu den Arbeiten: et) Adhäsion und Luftdruckgebisse; 
b) Kombination von Kautschuk und Metall; c ) Antrumobtura¬ 
toren ; d) Zahnärztliche Prothesen des Rachens. 

27. Schramm (Berlin): Herstellung von Porzellan» 
füllungen (Demonstration). 

28. Schäffer-Stuckert (Frankfurt a. M.): Die Technik 
bei der Lokalanästhesie. 

29. Dieck (Berlin): Ueber Anomalien der Zahnentwick¬ 
lung (Zwillingsbildung, Verwachsung, Knickung, Keimzerteilung, 
Schmelzperlen). 

30. Kleinsorgen (Elberfeld): et) Fettbehandlung der 
Zähne; b) Demonstration einiger Neuheiten. 

7 


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426 Zentralerem Deutscher Zahnärzte. 

Mit Rücksicht auf das umfangreiche Programm werden 
die Herren Vortragenden dringend gebeten, ihre Mitteilungen 
so knapp zu gestalten, wie es eine klare übersichtliche Be¬ 
handlung des Themas gestattet, jedenfalls den Vortrag möglichst 
nicht über 25 Minuten ausdehnen zu wollen. Die Ausarbeitung 
des zur Veröffentlichung bestimmten Manuskriptes, welches nach 
dem Vortrage dem Schriftführer übergeben werden möchte, ist 
damit selbstverständlich in seiner Ausführung nicht eingeschränkt. 

* 

Approximative Reihenfolge der Vorträge. 

Sonnabend, vormittags: 1, 4, 6, 8, 20, 216, 30a. — 
Nachmittags: 2, 5, 9, 15, 17, 22. 

Sonntag, vormittags: 12, 16, 18, 21a, 28, 29. — Nach¬ 
mittags: 7, 10, 11, 13, 14, 19, 3. 

Montag, vormittags: Praktische Demonstrationen: 9, 
11, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 306. 

Alle Anfragen, die sich auf den Projektionsapparat und 
auf die praktischen Demonstrationen beziehen, sind an Herrn 
Kollegen Walter Pol scher, Dresden-A., Carolastrasse 15, zu 
richten. 

* 

i Wissenschaftliches Programm. 

Sonnabend den 4. August, vormittags 9 Uhr: Er¬ 
öffnung der Versammlung; im Anschluss daran wissenschaftliche 
Sitzung. — Nachmittags 1 Uhr: Wissenschaftliche Sitzung; im 
Anschluss daran Mitgliedersitzung. 

Sonntag den 5. August, vormittags 9 Uhr: Wissen¬ 
schaftliche Sitzung; Projektionsvorträge. — Nachmittags 1 Uhr: 
Wissenschaftliche Sitzung. 

Montag den 6; August, vormittags 9 bis 12 Uhr: Demon¬ 
strationen. 

Zahnärzte und Aerzte, welche- nicht Mitglieder des Ver¬ 
eines sind, können von Mitgliedern eingeführt werden und sind 
bei den wissenschaftlichen Sitzungen und praktischen Demon¬ 
strationen herzlich willkommen. 


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Federation Dentaire Internationale. 


421 


Mratioi Eentaire Internationale. 

Vorläufiges Programm der Sitzung in Genf am 8. und 
9. August 1906. 

Allgemeine Eröffnungsversammlung. 

1. Bericht des Vorsitzenden. 

2. Bericht des Generalsekretärs. 

3. Bericht des Schatzmeisters und Wahl der Rechnungs¬ 
revisoren. 

4. Wahl der Mitglieder der internationalen Kommission 
für Terminologie (Vorsitzender: Grevers). 

5. Wahl der Mitglieder der internationalen Kommission 
für zahnärztliche Jurisprudenz und Ethik (Vorsitzender: Carr). 

6. Diskussion über die Richtung, in welcher die Tätigkeit 
der Föderation Dentaire Internationale in der nächsten Zukunft 
sich zu entfalten hat. 

7. Antrag eines Mitgliedes: Die Versammlungen der Fede¬ 
ration Dentaire Internationale sollen zukünftig nur alle zwei 
bis drei Jahre stattfinden. 

Sitzungen der Kommissionen. 

I. Unterrichtskommission, a ) Antrag von Prof, 
v. Arkövy: „Die Zahnheilkunde (Stomatologie) ist ein Glied 
der allgemeinen Medizin und gehört in das Gebäude der medi¬ 
zinischen Wissenschaften und des medizinischen Unterrichts.“ 

b) Vorschläge des französischen Komitees: 1. Ergänzende Be¬ 
ratung über den Studienplan. 2. Man möge Mittel ausfindig 
machen, um regelmässige Verbindungen zwischen den an¬ 
gesehenen Schulen der verschiedenen Länder anzuknüpfen. 

c) Antrag von Ghiavaro: „Mediziner, welche Kurse an 
zahnärztlichen Instituten nehmen wollen, müssen sich ver¬ 
pflichten, ihre Studien lange genug fortzusetzen, um sich in der 
praktischen Zahnheilkunde in genügender Weise auszubilden.“ 

II. Kommission für Hygiene und Volkszahn¬ 
pflege. a) Vorschlag des französischen Komitees: 1. Auf¬ 
stellung eines genauen Programmes für die Arbeiten der Kom¬ 
mission. 2. Veröffentlichung einer zahnhygienischen Flugschrift. 

7* 


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422 


F6d6ration Dentaire Internationale. 


b) Anfragen von Bryan: 1. Wie können wir das Volk er¬ 
reichen, es für Zahnhygiene interessieren und darüber be¬ 
lehren? 2. Wie müssen die Schulkinder behandelt werden, um 
ihre Zähne während ihres ganzen Lebens in gutem Zustande 
zu erhalten?, 3. Wie sind die unbemittelten Volksklassen zu 
behandeln? 

III. Kommission für Zahnhygiene in Heer und 
Marine. 

IV. Internationale Kommission der zahn¬ 
ärztlichen Presse. Untersuchung der Mittel, um ein inter¬ 
nationales zahnärztliches Organ zu schaffen und engere Be¬ 
ziehungen zwischen den Fachblättem der verschiedenen Länder 
anzubahnen. 

V. Kommission für zahnärztliche Jurisprudenz 
und Ethik. 

VI. Kommission für die Geschichte der Zahn¬ 
heilkunde. 

VII. Kommission für zahnärztliche Terminologie. 

VIII. Kommission, ernannt, um die Frage zu 
regeln, was man unter „Nationalkomitee der Fede¬ 
ration Dentaire Internationale“ zu verstehen hat. 
(Harlan, Guy, Sauvez.) 

IX. Kommission, beauftragt, die Mittel zu 
untersuchen, um eine billige Zahnbürste in den 
Handel zu bringen. (Antrag Haderup.) 

Allgemeine Schlussversammlung. 

1. Bericht der Kassenrevisören und Annahme des Kassen¬ 
berichtes. 

2. Berichte der verschiedenen Kommissionen (I bis IX) 
und Diskussion über dieselben. 

3. Die in Verbindung mit dem nächsten internationalen 
Kongress zu unternehmenden Schritte. 

4. Bestimmung des Ortes der nächsten Versammlung. 

Mitglieder der verschiedenen Kommissionen sind ersucht* 

Berichte vorzubereiten. 

Edw. C. Kirk W. D. Miller 

Generalsekretär. Vorsitzender. 


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Schweizerische Odontologische Gesellschaft. 


428 


HL Mravranilw der ScMerüclei OMloptkcn 

Gntllstkaft 

Genf, 10., 11. und 12. August 1906. 

In diesem Sommer werden zwei wichtige zahnärztliche 
Zusammenkünfte in Genf stattfinden: Die Generalversammlung 
der Fed§ration Dentaire Internationale am 8. und 9. August und 
die Jahresversammlung der Schweizerischen Odontologischen 
Gesellschaft am 10., 11. und 12. August. 

Das Zusammentreffen dieser beiden Versammlungen hat 
uns veranlasst, unserem schweizerischen Kongress einen mehr 
internationalen Charakter und dadurch einen bedeutenderen 
Umfang zu geben. Zu diesem Zweck haben wir uns die Teil* 
nähme mehrerer ganz hervorragender und bekannter aus¬ 
ländischer Fachleute zugesichert, die uns ihre aktive Beteiligung 
freundlichst zugesagt haben. 

Die drei offiziellen Sprachen des Kongresses werden 
französisch, deutsch und englisch sein. 

Unsere Stadt scheint uns in ganz hervorragender Weise 
in der Lage zu sein. Bedeutendes zum Fortschritt unseres 
Faches beizutragen. Die Nachbarschaft grosser Länder, deren 
verschiedene nationale Eigenschaften sie zu vereinigen vermag, 
ihr wissenschaftlicher Ruf, ihre natürliche Schönheit, die jährlich 
Tausende bedeutender Fremder an die grünenden Ufer ihres 
schönen Sees lockt, berechtigen uns zur Hoffnung, man dürfe 
auch bei dieser Gelegenheit auf sie die Dichterworte anwenden: 
„Omne tullit punctum qui miscuit utile dulci“. 

Längst haben sich zahlreiche Kommissionen gebildet, um 
unseren Gästen einen Empfang zu bereiten, der modernsten 
Komfort mit republikanischer Einfachheit vereinigen soll. Der 
Staat und die Stadt Genf haben uns das Palais Eynard und 
die Ecole des ßeaux Arts für die administrativen und wissen¬ 
schaftlichen Sitzungen zur Verfügung gestellt. 

Wir haben uns auch entschlossen, eine Ausstellung zahn¬ 
ärztlicher Bedarfsartikel zu veranstalten, die nur während der 
drei letzten Jahre eingeführte Neuerungen umfassen soll. Unsere 


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424 


Schweizerische Odontologische Gesellschaft. 


Lieferanten und sämtliche Kollegen, die Erfindungen oder 
wichtige Verbesserungen bekannt zu geben wünschen, können 
sich an derselben beteiligen. Anmeldungen können nur bis 
zum 25. Mai angenommen werden. 

Ausserdem haben wir, dem Wunsche folgend, dass die 
Familien der Kongressmitglieder die schöne Gelegenheit, unser 
herrliches Land zu besuchen, benützen können, ein Komitee 
eingesetzt, dessen spezielle Aufgabe es sein wird, unseren 
Damen Zerstreuung und Unterhaltung zu bieten, während ihre 
Männer und Väter sich der ernsten Wissenschaft widmen, 
immer mit der Möglichkeit sich für die festlichen Anlässe 
wieder zu treffen. 

Aber da der Kongress mitten in der Fremdensaison 
stattfindet, ist es von grosser Wichtigkeit, dass wir so bald 
als irgend möglich über die annähernde Zahl unserer Besucher 
und die voraussichtliche Dauer ihres Aufenthaltes im klaren 
sind, um dem entsprechend die nötigen Vorbereitungen treffen 
zu können, denn zur Stunde haben wir noch keine genügende 
Grundlage, um diese Zahl zu bestimmen. Wir bitten deshalb 
dringend, uns noch vor dem 25. Mai die Anmeldung zur 
Teilnahme und zugleich die Titel der Vorträge und Demon¬ 
strationen zukommen zu lassen. 

Preis der Festkarte 20 Fr., der Damenkarte 15 Fr. 

Die Aktuare: Der Präsident der Schweiz. Odontolog. Gesellsch.: 

E. Gerster, Bern. P. Guye 

A. Reymond, Lausanne. 12, rue de Candolle, Genf. 

Für Teilnehmerkarte, Vorträge und Demonstrationen 
wende man sich an P. Guye. 

Für Auskünfte über Hotel und Reise an Albert Bardet, 
18, rue de Candolle. 

Für die Ausstellung an L. Soutter, 31, Quai des 
Bergues. 

* 


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Schweizerische Odoutologische Gesellschaft. 


496 


Statuten des Kongresses. 

Art 1. Der Kongress wird am 10., 11. und 12. August 
in Genf in der Ecole des Beaux-Arts, Boulevard Helvetique, 
stattfinden. 

Art 2. Die Anmeldungen müssen an Herrn P. Guye, 
Präsident der Schweizerischen Odontologischen Gesellschaft, 
12, rue de Candolle, adressiert werden. Sämtliche Zahnärzte, 
Aerzte und Lieferanten für zahnärztliche Bedarfsartikel können 
an diesem Kongresse teilnehmen. Dem Komitee steht jedoch 
das Recht zu, die Teilnahme jedem Zahnarzte zu verweigern, 
der sich einer unerlaubten Reklame durch Plakate, Verteilen 
von Prospekten usw. schuldig macht. 

Art. 3. Deutsch, Französisch und Englisch sind die 
offiziellen Sprachen des Kongresses. 

Art. 4. Die Vorträge und Abhandlungen dürfen eine 
Dauer von 20 Minuten nicht überschreiten. Jedoch ist es dem 
Präsidenten erlaubt, unter Zustimmung der Versammlung die 
Dauer zu verlängern. 

Art. 5. Die Abhandlungen müssen nach Verlesung dem 
Sekretär übergeben werden, der deren Veröffentlichung im 
offiziellen Organe der Gesellschaft,, der „Schweizerischen Viertel¬ 
jahrsschrift für Zahnheilkunde“, besorgen wird. Die Abhand¬ 
lungen dürfen unter keiner Bedingung in einer anderen Zeit¬ 
schrift vor deren Erscheinen in der Vierteljahrsschrift gedruckt 
werden. 

Art. 6. Jedem Redner werden 5 Minuten für die Dis¬ 
kussion bewilligt. 

Art. 7. Jeder, der sich an der Diskussion beteiligt, ist 
gebeten, seine Bemerkungen auf ein Formular niederzuschreiben 
und dasselbe dem Sekretär zu übergeben. 

Art. 8. Preis der Festkarte 20 Franks, Damenkarte 
15 Franks. 

Art. 9. Jeder Kongressteilnehmer erhält ein Festabzeichen, 
dessen Tragen obligatorisch ist, 

* • 


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486 


Schweizerische Odontolcf gische Gesellschaft. 


Vorträge und Demonstrationen: 

Prof. Dr. M. Ayräpää (Helsingfors): Ueber prothetische 
Behandlung der Pharynx^Strikturen. 

A. Barden (Paris): Repercussion cutanee des irritations 
gingivo-dentaires. 

Prof. Dr. Berten (Mönchen): Ueber Alveolarresektion 
und Demonstration von Extraktions- und Resektionsinstrumenten. 

D. E. Gau sh (Brighton): Lantem exhibit of microscopi- 
eal slides. 

Prof. Dr. Giuria (Genua): I. Le prognathlsme patho- 
logique, ses causes et son traitement. II. Le traitement de la 
pyorrhee alväolaire. 

Dr. Ch. Godon (Paris): Application du paraMogramme 
et du polygone des forces pour demonstrer le maintien et la 
rupture de Tequilibre articulaire des dents dans les arcades. 

V. Guerini (Neapel): Präsentation du pare-haleine, 
nouvel appareil pour l’hygiäne professionnelle du dentiste. 

Paul Guillermin (Genf): Prothese du maxillaire apräs 
une Operation pour le cancer. Präsentation du malade. 

W. Guy, F.R.C.S., L.R.C.P., L.D.S. (Edinbourg): The 
administration of Gas and Ethyl Chloride in mixture. 

P. Guye, D.D.S. (Genf)- Deux nouvelles mäthodes de 
fixation pour les reconstitutions de contour en porcelaine. 

Dr. A. W. Harlan (New-York): (Clinic) Demonstration 
of a method of treating recession of the gums. 

Emil Herbst (Bremen): Meine originalen Regulierungs¬ 
apparate. 

C. Heydenhaus, Hofzahnarzt (Berlin): Ueber sein 
System der Kieferdehnung zur Behandlung der Prognathie. 
Demonstration einer fixierbaren Dehnungsschraube. 

Edw. C. Kirk (Philadelphia): Some of the Chemical 
principles relating to tooth discoloration and its treatment. 
(Uiustrated by Chemical experiments.) 

Prof. Metral (Genf): Un cas de fraeture du maxillaire. 

Prof. Dr. W. D. Mil 1 er (Berlin): Experimente und Be¬ 
obachtungen über die Erosion der Zähne (Projektionsvortrag). 


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Sehweisemsch« Odontologische Gesellschaft. 


427 


Eug. Möller, D. D. S. (Wädenswyl): Kronen- und 
Brückenarbeiten mit Silikat-Zement-Facetten. 

B. Platschiok (Paris): I. Pourquoi le pyrometre est-il 
le meilleur moyen de contröle pour la cuisson de Ia porcelaine ? 
II. Un nouveau four 4 gencive continue. 

Dr. Pont (Lyon): Contribution ä I’gtude de l’aträsie 
du maxillaire. 

Dr. Preiswerk (Basel): (Thema Vorbehalten). 

Dr. Prudhomme (Paris): Fistules du cou d’origine 
dentaire. 

Prof. R6dard (Genf): I. Erosion dentaire (de 1’). II. Prä¬ 
sentation de malade. 

Alb. Reissner (Mönchen): Ueber Mundhygiene. 

D. Mce. Roy (Paris): Sur quelques formes particulieres 
de n4crose du maxillaire. 

J. H. Sandblom, D.D.S. (Christiania): Preparation of 
roots for crowns and bridges and practical demonstration 
of same. 

Dr. Sauvez (Paris): (Thema Vorbehalten). 

F. Schaeffer-Stuckert (Frankfurt a. M.): Para¬ 
nephrin-Kokain als Lokalanästhetikum. Weitere Erfahrungen 
seit 1904 mit besonderer Berücksichtigung der Technik der 
subkutanen Injektion (Projektionsvortrag). 

H. L. Schaffner, D.D.S. (Florenz): Demonstration: De 
l’obturation des cavites au moyen de capsules metalliques. 

Dr. Siffre (Paris): Un cas de redressement par l’action 
de l’ouate hydrophile. 

Prof. Dr. G. A. Stoppany, D.D.S. (Zürich): (Thema 
Vorbehalten). 

Dr. Thier sch, D.D.S. (Genf): (Thema Vorbehalten). 

Dr. Stanislaus Tot wen (St. Petersburg): La lAimplantation. 

Prof. Dr. Walkhoff (München): Die Kiefer und Zähne 
des Diluvialmenschen (Projektionsvortrag). 

Dr. R. We i s e r (Wien): ln die Alveole inserierte Porzellan¬ 
wurzeln in Verbindung mit Brückenarbeiten. 


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428 


Congresso Stomato-odontojatrico. 



Mailand, 20. bis 22. September 1906. 

Zur Teilnahme sind alle Aerzte und Chirurgen, welche 
zur Ausübung der Zahnheilkunde gesetzlich befugt sind, zu¬ 
gelassen. 

Die Teilnehmerkarte wird gegen Einsendung von 10 Lire 
von dem Komitee (Mailand, Via T. Grossi 2) zugesendet. 

Das Programm erscheint demnächst. 

Dr. C. Rovida, Dr. L. Maggioni Prof. Dr. Ludw. Coulliaux 

Sekretäre. Präsident. 


Referate und Journalsehau. 


Ueber die Ursachen des frühzeitigen Verlustes der Zähne. 

Von Prof. Dr. Warnekros. (Berliner klinische Wochenschrift, 
1906, Nr. 25.) 

Unter diesem Titel hielt Prof. Warnekros, Leiter 
der odontotechnischen Abteilung des Berliner zahnärztlichen 
Universitäts-Instituts, in der Berliner medizinischen Gesellschaft 
einen Vortrag. Derselbe erschien in extenso in einem hervor¬ 
ragenden deutschen ärztlichen Blatte, weshalb wir — zumal 
der Gegenstand des Vortrages uns zunächst angeht — 
ihn nicht unbeachtet lassen können. Ein jeder Versuch, 
welcher es bezweckt, unsere Fachkenntnisse dem grossen Aerzte- 
publikum vorzuführen, ist von vornherein schon lobenswert, 
da es heute aus begreiflichsten Gründen , wünschenswert er¬ 
scheint, dass die einzelnen Spezialzweige der Gesamtmedizin 
einander zeitweilig über ihren wissenschaftlichen Fortschritt 
gegenseitigen Bericht erstatten. Die Aufgabe einer solchen 
Berichterstattung ist aber eine ziemlich schwierige und die Wahl 
des Gegenstandes allein erfordert schon grosse Umsicht. Um 
so mehr muss der Referent darauf bedacht sein, dass sein 


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Referate und Joumalschau. 


420 


Vortrag ein leicht verständlicher sei, da doch die Zuhörer zu¬ 
meist Laien sind; unserem Fache, der Stomatologie gegenüber 
ist es auch der allgemeine Praktiker fast immer. Solch ein Vor¬ 
trag kann auch niemals streng fachmännisch sein, folglich 
muss auch die Beurteilung desselben von ganz anderen Ge¬ 
sichtspunkten ausgehen. Der Zweck eines solchen Vortrages 
ist; den aufgenommenen Gegenstand so zu beleuchten, dass 
der Zuhörer ein dem gegenwärtigen Stande der Wissen¬ 
schaft entsprechendes, wahres, vollkommenes Bild be¬ 
komme. Betrachten wir nun, inwieferne der in Rede stehende 
Vortrag diesen Forderungen entspricht. 

Schon die Wahl des Gegenstandes muss als eine 
wenig glückliche bezeichnet werden. — Ueber den früh¬ 
zeitigen Verlust der Zähne haben selbst die Fachleute keine 
übereinstimmenden Ansichten. Man kann behaupten, dass 
gegenwärtig ein verschwindend kleiner Bruchteil derselben 
die Anschauung des Autors teilt. Aber selbst die Anhänger 
der von ihm verkündeten Fundamentaltheorie gehen nicht 

so weit, wie Verfasser, der behauptet, „ .dass nicht 

nur 75 Prozent aller Fälle von Alveolarpyorrhoe, sondern auch 
75 Prozent aller Fälle von Karies, von Zahnsteinbildung 
und von Abnützung der Zähne durch Artikulationsstörung. be¬ 
wirkt werden“. Nach dem heutigen Stande der Dinge, denken 
wir, ist es zu voreilig, das Aerztepublikum über die Ursachen 
des frühzeitigen Verlustes der Zähne so zu informieren, da 
doch die Frage selbst in fachmännischen Kreisen noch nicht 
genügend erörtert wurde und keinesfalls als endgiltig gelöst 
betrachtet werden kann. Wenn wir nun schon den Gegenstand 
als nicht geeignet bezeichnen müssen, um vor einem Laien¬ 
publikum, vor einer ärztlichen Gesellschaft im Rahmen eines 
Vortrages behandelt zu werden, können wir uns über den 
Vortrag auch meritorisch nicht zustimmend äussern. — Ver¬ 
fasser leitet seinen Vortrag mit der Beschreibung des Kau¬ 
mechanismus ein und es wird so manchen Physiologen der 
medizinischen Gesellschaft eigentümlich berührt haben, als er 
diese Behandlungsweise des streng ärztlichen, physiologischen 
Lehrsatzes hörte. Es geschah, wie so häufig in der Literatur, auch 


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430 


Referate and Journalschau. 


diesmal, dass die in eine gefällige Gestalt gekleideten Anschau¬ 
ungen irgend eines Autors* seine bildlichen Darstellungen usvv, 
jahrzehntelang immer wieder auftauchen, selbst wenn sie ganz 
willkörlich sind und einer gediegenen wissenschaftlichen Be¬ 
gründung entbehren. Der Mechanismus des Kauens ist mit 
seinen beispiellos komplizierten Faktoren durch die Physiologen 
mit wissenschaftlicher Präzision festgestellt worden. Es geht 
also nicht an, denselben in solcher Weise, bloss mit dem 
Schema Benwills, darstellen zu wollen. Sodann veran¬ 
schaulicht Autor durch Kasuistik und Modelle die Folgen 
der Artikulationsstörung — begeht dabei aber einen Fehler, 
welchen' er eben in Anbetracht seiner exponierten Stellung 
nicht begehen durfte. Der ganze Inhalt des Vortrages nämlich 
ist nichts anderes, als die von Kärolyi vertretene Theorie. 
Und obzwar schon vor Kärolyi für dieselbe Stimmen er¬ 
hoben wurden (Northrop, Van Orden, Walker, Brown, 
B o n w i 11), ist dennoch er als Urheber jener Theorie zu be¬ 
trachten und somit wäre es vielleicht auch vom ethischen 
Standpunkte richtiger und gerechter gewesen, wenn der Vor¬ 
trag ausdrücklich die Kär o lyische Anschauung in den Vorder¬ 
grund gestellt hätte; wir begegnen nur am Schlüsse des Auf¬ 
satzes dem Namen Kärolyis, und zwar in den spärlichen 
Worten „ . . . . und Kärolyi in Wien dieser Ansicht jetzt 
Geltung zu verschaffen sucht .... * Der Umstand, dass Autor 
die richtig erklärten Anschauungen Peters über die Artikula¬ 
tionsstörungen und deren Folgen nicht ausführlicher zitiert, 
ist nicht als Fehler zu betrachten, da doch von einem 
Fachreferate abgesehen wurde — aber wir registrieren mit 
grösster Satisfaktion, dass Autor sich die Argumente und 
den Vernunftschluss Päters ganz zu eigen gemacht hat. 

Zwei Stellen müssen jedoch ’ beanständet werden, denn 
selbst in einem solchen Referate darf nicht behauptet werden, 
dass „ .. .. der Patient hatte diese allmählich fortschreitende 
Abnützung nicht beachtet, zumal, da er die Kautätigkeit ohne 
Schmerzen.ausüben konnte,_ weiLsjch.die PulpA-Zurück¬ 
gezogen und-mit neuen Schutzzellen bedeckt hatte“. Die 
zweite Behauptung, zu welcher sich Autor hinreissen liess, 


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Referate and Joarnalschtn. 


431 


tautet: „Auch betreffs des Beginnes der Vereiterung lässt 9ich 
an jedem Schädel mit erkrankten Zähnen feststellen, ob dieselbe 
am Zahnhalse oder an der Wurzelspitze ihren Ausgang nahm". 

Die Schlussfolgerung, welche Verfasser macht, indem er 
den frühzeitigen Ersatz verloren gegangener Zähne der Auf* 
merksamkeit der Aerzte empfiehlt, ist in jeder Hinsicht gerecht¬ 
fertigt. Stdbö. 


Bemerkungen zur Pulpabehandlung. Von J. P. Buckley, 
Chicago. (The Dental Review, XVIII, 5.) 

Soll man bei tiefgreifender Karies die Pulpakammer er¬ 
öffnen und die Pulpa entfernen P Diese schwierige Frage lässt 
sich nur von Fall zu Fall beantworten. Wenn einmal sichere 
Anzeichen von Entzündung da sind, muss die Pulpa entfernt 
werden, also bei Erwachsenen stets, wenn der Zahn bereits 
längere Zeit schmerzt. Bei jüngeren Personen kahn man eher 
mehr konservativ verfahren. Ueberkappung der eröffneten Pulpa 
verwirft Buckley entschieden und lässt sie nur in zwei Fällen 
versuchsweise gelten: bei Weisheitszähnen, wegen all zu Un¬ 
günstiger Lage der Kavität und bei jungen Zähnen, deren 
Wurzelwachstum noch nicht vollendet ist. 

Die kürzeste, schonendste und beste Methode der Pulpa¬ 
extraktion ist die Druckanästhesie mit Kokain. Kofferdam ist 
immer anzulegen, überhaupt kann auf Reinlichkeit und Asepsis 
gar nicht genug geachtet werden. Die Kavität wird mit ab¬ 
solutem Alkohol und warmer Luft getrocknet. Ein winziges 
Wattekügelchen wird in einen Tropfen einer wässerigen anti¬ 
septischen Flüssigkeit (Pfefferminzwasser mit etwas Karbol) 
getaucht, durch die Flamme gezogen und in pulverisiertes 
Kokain versenkt, wobei sich eine gesättigte Kokainlösung 
bildet. Das Bäusclichen kommt in die Kavität, wird mit un¬ 
vulkanisiertem roten Kautschuk bedeckt und nun wird mit 
einem grossen, die Kavität möglichst ausfallenden Stopfer ein 
anfangs schwacher, dann stärkerer Druck ausgeübt, so lange 
bis der Patient keine Spur von Empfindlichkeit mehr Aussert. 
letzt kann man die Pulpakammer eröffnen und die - Pulpa 
schmerzlos entfernen. Den Zusatz'von Adrenalin, um Hämor- 


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432 


Referate und Journalschan. 


rhagien zu verhindern, tadelt Verfasser. Gewöhnlich ist die 
Pulpa, wenn der Zahn zur Behandlung kommt, schon einige 
Zeit entzündet, mithin blutüberfüllt, desgleichen das periapicale 
Gewebe. Die Blutung aus dem letzteren ist das beste Mittel, 
um dieses Gewebe wieder zur normalen Beschaffenheit zurück¬ 
zuführen. Am besten ist es, die Blutung nach einigen Sekunden 
mit absolutem Alkohol zu stillen, dann Nelkenöl, Karbolsäure 
oder ein anderes Antiseptikum, welches den Zahn nicht ver¬ 
färbt, in die Kanüle. einzuführen und erst in der nächsten 
Sitzung Wurzel und Krone zu füllen. Es ist gefährlich, in 
einer Sitzung die Pulpa zu entfernen und die Wurzeln zu 
füllen. Gewöhnlich ist bei dem beschriebenen Verfahren auch 
das periapicale Gewebe unempfindlich, es besteht daher die 
Möglichkeit das Wurzelfüllungsmaterial durch das Foramen 
apicale in die Alveole zu drängen, ohne dass der Patient dabei 
eine schmerzhafte Empfindung hat. 

Sehr wichtig ist die Entfernung aller Blutspuren. Buckley 
verwendet dazu nur absoluten Alkohol. Wasserstoffsuperoxyd 
soll hiezu nicht genommen werden, denn es zersetzt die Blut- 
koagula, bildet Eisenoxyde, welche in die Dentinröhrchen ein- 
dringen und die spätere Verfärbung des Zahnes bewirken. Die 
Farbe des Zahnes hängt nicht davon ab, ob die Pulpa lebt 
oder nicht, sondern nur von Farbstoffen, welche ins Dentin 
eindringen und durch das Email durchscheinen. 

Dr. R. Kronfeld . 


Beziehungen zwischen der Menstruation und den Zähnen. 

Von Regnier. (Wiener klinisch-therapeutische Wochenschrift, 
1905, 34.) 

Dieselben geben sich durch besondere Empfindlichkeit 
des Dentins, neuralgische Schmerzen in den Zähnen, Schwellen 
des Zahnfleisches etc. kund. Verfasser berichtet über einen 
Fall, wo eine Frau, welche wegen Zahnkaries eine Goldplombe 
erhalten hatte, bei jeder nachfolgenden Menstruation die 
heftigsten, durch Hyperämie der Pulpa bedingten Schmerzen 
im plombierten Zahne bekam. Ebenso finden sich Beob¬ 
achtungen von vikariierender Zahnfleischblutung zur Zeit der 


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Referate und JournaUcbau. 


43 3 


Menstruation. Die Frage nach der Berechtigung von Zahn¬ 
extraktionen zur Zeit der Menstruation im Hinblick auf die 
Gefahr starker Alveolarblutungen oder Störung des Ablaufes 
der Periode ist meist in dem Sinne beantwortet worden, dass 
die Menstruation die Vornahme einer Zahnextraktion nicht 
kontraindiziert, wenn auch zugestanden wird, dass letztere eine 
vorübergehende Hemmung der Menstruation zur Folge haben 
kann. Von Interesse ist eine Beobachtung, welche dafür spricht, 
dass eine während der Menstruation vorgenommene Zahn¬ 
extraktion auch ernstere Folgen nach sich ziehen kann. Es wurde 
eine 25 jährige hysterische Frau mit bis dahin normaler Menstrual- 
funktion wegen akuter Anämie im Gefolge von schwerer Menor¬ 
rhagie in die Klinik aufgenommen. Die Periode war schon ihrem 
normalem Abschlüsse nahe, als sich die Patientin in Chloroform¬ 
narkose sechs Zahnstümpfe extrahieren liess, wobei die Blutung 
nicht beträchtlich war. Bald darauf stellte sich eine immer 
heftiger werdende Menorrhagie ein, welche durch Ergotin nicht 
beeinflusst wurde und zu schwerer akuter Anämie führte, 
welche erst durch Auskratzung des Uterus und wiederholte 
Bepinselung mit 10 prozentiger Adrenalinlösung, sowie Ein¬ 
legen eines mit dieser Lösung getränkten Tampons zum Still¬ 
stand gebracht werden konnte. Die mikroskopische Unter¬ 
suchung der ausgekratzten Partikel ergab das Bestehen einer 
Endometritis glandularis, doch hatte dieselbe früher niemals 
zu Menorrhagien geführt. Der Verfasser bringt die schwere 
Menorrhagie mit der Zahnextraktion in Zusammenhang und 
widerrät daher die Vornahme von Zahnextraktionen während, 
sowie kurz vor und nach der Menstruation, besonders in jenen 
Fällen, wo Verdacht auf Endometritis besteht. 

Dr. R. Kronfdd. 


Vergiftungen durch Kautschukgebisse. Von AL Eilertsm , 
Paris. (La Mädöcine moderne, 1905, 30.) 

Der rote und rosafarbige Kautschuk birgt Gefahren für 
Mund und Schleimhäute. Man findet bei den Besitzern solcher 
Zahnersatzstücke häufig Entzündungen der Schleimhaut; die¬ 
selbe erscheint schwammig, gelockert, der Speichel ist ver- 


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434 


Referate und Journolschatt. 


mehrt, schleimig und übelriechend. Diese Erscheinungen 
gleichen jenen einer Quecksilbervergiftung und sind 
auch angeblich auf eine solche zurückzuführen. Der Gebiss¬ 
kautschuk enthält als Farbstoff Zinnober im Verhältnis von 
30: 100 Gewichtsteilen. Dieses an und für sich schwer lösliche 
Metallsalz soll unter dem Einflüsse der chemisch-bakteriellen 
Vorgänge im Munde in löslichere Verbindungen übergehen 
und Vergiftungen erzeugen. Dr. R. Kronfdd. 


Ein Todesfall in Aethylchloridnarkose. „The Lancet* 
(Nr. 4305) bringt einen Bericht über einen Fall von letalem 
Ausgang einer Aethylchloridnarkose. Zu einem Zahnarzt kam 

ein 67jähriger Geistlicher, um sich in Narkose vier Zähne 

extrahieren zu lassen. Er bekam in die Gesichtsmaske die 
übliche Dosis von 5 Ccm. Bei der Extraktion des vierten 

Zahnes wurde der Patient plötzlich blass und starb sofort 

darauf. 

Dies ist der neunte in der Literatur bekannte Fall von 
letaler Aetylchloridnarkose. Der erste betraf einen überaus stark 
gebauten Schweizer. Die Sektion ergab Fettinfiltration des 
Herzens. Das zweitemal war es ein Kind von 14 Monaten mit 
diphtheritischer Stenose der Luftröhre, der dritte Patient starb 
infolge Suffokation durch Erbrechen einer grossen Menge von 
Flüssigkeit (Herniotomie). Die Ursache des vierten bekannten 
Todesfalles war Herzverfettung, des fünften Meteorismus mit 
konsekutiver Atembehinderung, des sechsten Glottisödem, des 
siebenten Asphyxie, des achten Synkope bei einem 18jährigen 
Mädchen. (Ebenfalls Anwendung von 5 Ccm.) Prof. Word 
hebt hervor, dass Ghloräthyl eine starke cardio-depressorische 
Komponente besitzt. Chloräthyl ist nach den bisherigen Er¬ 
fahrungen, da ein Todesfall auf zirka 10.000 Narkosen zu 
rechnen ist, unter Stickoxydul und Aether zu rangieren. Bei 
hohem Alter und Atembeschwerden ist seine Anwendung auf 
jeden Fall zu unterlassen. Dr. Neumann, Wien, IX. 


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Referate and Jonmalschau. 


436 


Die Erfolge der Desaultschen Operation des Kieferhöhlen- 
empyems. Von Dr. W. Kottreuter. (Münchener medizinische 
Wochenschrift, 1906, Nr. 9.) 

Die D e s a u 11 sehe Operation des Kieferhöhlenempyems, 
zu der Verfasser erst dann schreitet, wenn jeder Versuch einer 
konservativen Behandlung misslingt, besteht in folgendem: 
Nach lokaler Anästhesierung wird in der Fossa canina zirka 
1 Cm. über dem Alveolarrande die Schleimhaut und das Periost 
durch trennt und nach oben zurückgeschoben. Nun wird die 
faciale Wand der Kieferhöhle aufgemeisselt, so weit, dass der 
Recessus praelacrimalis und die Recessus alveolaris zugänglich 
gemacht werden* Unter Beleuchtung mit der Stirnlampe wird 
nun die erkrankte Schleimhaut des Antrums mit dem scharfen 
Löffel entfernt, die Höhle mit H* 0* ausgetupft und mit Jodo¬ 
formgaze austamponiert. Nach drei Tagen wird der Tampon 
entfernt, die Höhle vom Munde aus mit abgekochtem Wasser 
und H u 0 2 -Zusatz ausgespült. Um einen vorzeitigen Schluss der 
Operationsöffnung zu verhindern, wird in diese ein Gazetampon 
eingeführt. Die Vorteile der D e s a u 11 sehen Operation bestehen 
darin, dass zum Offenhalten der Wundhöhle eine Prothese un¬ 
nötig ist, da der täglich gewechselte Gazetampon genügt; sie 
ermöglicht eine vollkommene Uebersicht über das Operations¬ 
feld und die absolute Restitutio ad integrum in den Beziehungen 
der Kieferhöhle zu Nase und Mund. Verfasser hat diese Methode 
in den Jahren 1901 —1904 in 66 Fällen mit vortrefflichen 
Resultaten angewendet. Dabei konnte er Ende 1905 in 61 Fällen 
einwandsfreie Heilungen konstatieren. Von diesen waren acht 
dentalen Ursprunges, die anderen 58 Fälle hatten keinen sicheren 
Ausgangspunkt. Dr. Neumann, Wien, IX. 


lieber die Beziehungen der Grössenvariationen der Highmors¬ 
höhlen zum individuellen Schädelbau und deren praktische Be¬ 
deutung für die Therapie der Kieferhöhleneiterungen. Von 

Dr. phil. 0. Schürch, Zahnarzt in Langnau (Bern). (Sonder¬ 
abdruck aus dem r Archiv für Laryngologie“, 18. Bd., 2. Heft.) 

In seinem bekannten Lehrbuch (1891) gibt Zuckerkandl 
den ersten Anstoss zu der vorliegenden Arbeit, indem er 

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486 


Referate und Joumaischau. 


darauf hinweist, dass die individuellen Schwankungen beim 
Kubikinhalt des Antrum Highmori nicht nur einen für das 
Gesichtsskelett morphologischen, sondern auch einen für den 
Zahnarzt und Kliniker praktischen Wert besitzen. Letztere 
Ansicht auf ihre Berechtigung zu untersuchen, war Schürchs 
Aufgabe, der er sich mit begreiflichem Eifer unterzog und 
dabei zu Schlüssen kam, die uns Zahnärzte lebhaft inter¬ 
essieren dürften. 

In zeitraubender und anstrengenderWeise hat Schürch 
das Volumen der Highmorshöhlen an 118 Schädeln gemessen, 
indem er die Oeffnung der Höhle gegen das Nasencavum vor¬ 
sichtig mit Wachs verklebte, das Antrum Highmori von der 
Pterygoidseite aus eröffnete und dann den Höhlenraum mit 
feinen Schrotkörnern ausfüllte, die, in einen Messzylinder über¬ 
gefüllt, den gesuchten Kubikinhalt angaben. Dabei zeigte sich 
als erstes unerwartetes Resultat, dass die beiderseitigen 
Highmorshöhlen ungleiches Volumen haben, dass nämlich die 
linke 15*2, die rechte 13-8 Ccm. und ferner, dass die Höhlen 
beim weiblichen Individuum im Durchschnitt 11*4, beim männ¬ 
lichen 18*5 Ccm. enthalten. 

Dass die linke Höhle voluminöser ist, als die rechte, 
dürfte in erster Linie von der gewöhnlich vorhandenen nach 
rechts gerichteten Nasenscheidewanddeviation herrühren. Der 
sexuelle Unterschied im Volumen der Highmorshöhlen hat 
seinen Grund in der tieferen Lage des Höhlenbodens, der 
nämlich beim männlichen Individuum das Niveau der Nasen¬ 
höhle nach abwärts überragt. Ein weiterer beachtenswerter 
Punkt ist der, dass bei kleinen Highmorshöhlen der zugehörige 
Gaumen höher und vor allem schmäler ist, als bei grossen 
Highmorshöhlen (Schönemann). Schürch wendet sich im 
folgenden gegen die Ansicht, dass die kleinsten Oberkiefer¬ 
höhlen vorzugsweise bei kleinen Köpfen und die grossen 
Highmorshöhlen auch bei grossen Köpfen zu finden seien und 
ebenso, dass die Niedergesichter die grössten, die Hochgesichter 
die . volumetrisch kleinsten Oberkieferhöhlen aufweisen. 
Schürch stellt dagegen den Satz auf, dass weder die Kon¬ 
figuration des ganzen Schädels, noch auch diejenige des Ge- 


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Referate und Journalschau. 


437 


sichtsschädels einen annähernd sicheren Schluss ziehen lassen 
auf den volumetrischen Inhalt der Oberkieferhöhlen; ähnliches 
treffe zu für die absoluten Grössenverhältnisse des Oberkiefers 
verglichen mit denjenigen der Highmorshöhlen. 

Für den Praktiker resultiert die wichtige Schlussfolgerung 
aus der Schürchsehen Arbeit: 

1. Bei schmalem, hohen Gaumen soll die 
Perforation des Antrum Highmori nicht von der 
Alveole aus geschehen, sondern vom unteren 
Nasengange aus. 

2. Bei plattem Gaumen wird die Perforation 
am besten vom Alveolarfortsatz aus unternommen, 
da in diesem Falle die zu durchbohrende Knochen¬ 
schicht dünn ist. 

Da nun bei hohem, schmalen Gaumen eine kleine 
Highmorshöhle zu finden ist und umgekehrt bei flachem 
Gaumen eine grosse, und da die kleine Highmorshöhle geradezu 
ein Merkmal der weiblichen und die grosse eines der männ¬ 
lichen Individuen ist, so könnte man daraus das Fazit ziehen, 
dass bei weiblichen Patienten die Perforation vom unteren 
Nasengange und bei männlichen Patienten vom Alveolar¬ 
fortsatz aus zu erfolgen hat, vorausgesetzt, dass die ange¬ 
führten sexuellen und morphologischen Differenzen sich als 
regelrechte Tatsachen erweisen. Darüber werden uns weitere 
diesbezügliche Untersuchungen vermutlich Aufschluss geben. 

_ Dr. phil. de Terra. 


Verdopplung von Gipsmodellen mittels Gelatine. (Dupli- 
cating plaster models with Gelatin.) Von H. D. Keder. 
(Dental Brief, 19u6.) 

Zur Erreichung eines tadellosen Resultates ist eine zweck¬ 
entsprechende Gussform unbedingt notwendig, deren Haupt¬ 
vorteil in der leichten Loslösung von der Gelatine beruht; 
dieselbe ist aus Messing oder Kupfer hergestellt und besteht 
aus drei Teilen; den Boden bildet eine runde Metallplatte von 
entsprechender Grösse (15 Gm. Durchmesser), in welche am 

8 * 


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438 


Referate und Jouraalschau. 


Rande ein zirkular verlaufender Falz eingeschnitten ist; in 
diesen passen zwei Halbringe von entsprechender Höhe (6 Gm.), 
die durch einen schmalen Vollring, der über sie von oben her 
geschoben wird, zusammengehalten werden; durch Abschieben 
dieses Vollringes lassen sich die einzelnen Teile dieser Gussform 
leicht von der Gelatine lösen. Man kann natürlich auch andere 
Gussformen aus Holz oder Gips benützen, doch ist dann die 
Ablösung der Gelatine sehr schwierig. 

Nun wird das Modell mit fein gemahlenem Seifenstein 
eingepinselt, bzw. mit dem Finger eingerieben. Benützt man 
nun die oben beschriebene Gussform, so ist eine weitere Vor¬ 
bereitung nicht nötig; benützt man aber einen Holz- oder 
Gipsring, so muss derselbe auf eine Glasplatte gestellt und der 
Rand mit Gips abgeschlossen werden, um ein Ausfliessen der 
Gelatine zu verhindern. 

Einige Platten Gelatine werden jetzt in so wenig als 
möglich Wasser aufgelöst und etwas Glyzerin zugefügt, um 
ein Schrumpfen der Gelatine beim Hartwerden zu verhüten. 

Das Modell wird jetzt mit den Zähnen nach oben mit 
W achs am Boden der Gussform befestigt und die Gelatine so 
kalt als möglich und unter Vermeidung von Blasenbildung 
gegossen; die Form wird bis an den Rand gefüllt und einige 
Stunden härten gelassen. Ist die Gelatine hart, so wird die 
Gussform entfernt (bei Gips weggebrochen) und jetzt die 
Gelatine langsam und ohne Gewalt vom Modell entfernt, was 
bei der weichen und zähen Beschaffenheit derselben leicht 
gelingt; das Aufbiegen und Dehnen der Gelatine verändert 
nicht deren Form, da sie infolge der grossen Elastizität gleich 
wieder in die ursprüngliche Form zurückkehrt. 

Ist das Originalmodell aus der Gelatine entfernt, so wird 
diese in die Gussform gebracht und die Oberfläche 4- bis 5 mal 
mit einer gesättigten Lösung von Alaun oder Formalin be¬ 
strichen; dies hat den Zweck, die Oberfläche der Gelatine zu 
härten. Ist das Gelatine-Negativ wieder ganz trocken geworden, 
so wird dasselbe zweimal mit alkoholischer Schellack- und 
dann mit alkoholischer Sandaraklösung bestrichen. Jetzt wird 


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J 



Berichtigung. 


439 


das Modell in Gips ausgegossen und steht dem Originalmodell 
in Glanz und Glätte der Oberfläche, sowie in Genauigkeit in 
nichts nach. 

Will man mehrere Modelle herstellen, so kann dieselbe 
Gelatineform benützt werden, nur muss man vor jedem Guss 
die Oberfläche mit Schellack und Sandarak bestreichen. 

Dr. Opph . 


Bericktipi. 

Auf Seite 456 meines „Lehrbuches über Orthodontie“ 
ist mir bei Besprechung der E. Herbstschen Arbeiten ein 
bedauerlicher Irrtum unterlaufen, den ich hiermit berichtigen 
möchte. In dem Satz: „Als besonders auffallend müssen seine 
Erfolge in der Praxis beurteilt werden, veröffentlicht er doch 
einen Fall von offenem Biss, den er in 14 Tagen reguliert 
hat!“ ist statt 14 Tage zu lesen „5 Wochen“. Der Nachsatz: 
„Ich meinerseits muss diese Schnellproduktionen auf dem 
Regulierungsgebiet wieder und immer wieder aufs entschiedenste 
verurteilen, da die Nachteile auf der Hand liegen und füglich 
nicht besprochen zu werden brauchen,“ behält deshalb trotz¬ 
dem seine Giltigkeit. Einen offenen Biss, ganz gleichgiltig, ob 
es sich um einen partiell oder total offenen Biss handelt, kann 
man nicht erfolgreich und ohne die Gesundheit zu gefährden 
in wenig mehr als einem Monat behandeln, dazu genügt kaum 
eine Behandlungsdauer von einem Jahr. Die z. B. von mir be¬ 
handelten und zum Teil veröffentlichten Fälle erforderten eine 
viel längere Dauer. 

Eine eingehende Besprechung, der E. Herbstschen Arbeiten 
erfolgt in nächster Zeit. 

Hofrat W. Pfaff, Dresden. 


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440 


Varia. 


Varia. 


WIEN. Prämiierung. Dem Zahnarzt Dr. Herrn. Alb in ger 
in Bregenz wurde für seine Arbeit „Ueber zahnärzt¬ 
liche Schulkinder-Untersuchungen“ von den Preis¬ 
richtern der Allgemeinen hygienischen Ausstellung in Wien das 
Ehrendiplom zur goldenen Fortschrittsmedaille zuerkannt. 

* 

PRAG. Kostenfreie Zahnpflege für Unbemittelte. Der Stadt¬ 
rat hat in seiner Sitzung vom 22. Mai das Referat der städtischen 
Sanitätskommission über den Antrag des Vereines der tschechi¬ 
schen Zahnärzte, betreffend die unentgeltliche Zahnpflege der 
unbemittelten Einwohner und Schulkinder, in Verhandlung ge¬ 
zogen. Nach einer ausführlichen Debatte wurde der Beschluss 
gefasst, sechs Zahnärzte anzustellen, welche auf Unkosten der 
Gemeinde den unbemittelten Schulkindern über Auftrag des 
Schülarztes, und den Erwachsenen über Auftrag des städtischen 
Bezirksarztes, unentgeltliche zahnärztliche Hilfe, mit Ausschluss 
des künstlichen Zahnersatzes, angedeihen zu lassen haben. Die 
Agenden dieser zahnärztlichen Armenärzte werden dem Stadt- 
physikat untergeordnet und für den Anfang ein jährliches 
Honorar von 500 Kronen für jeden Arzt festgestellt. Dieser An¬ 
trag, dessen Annahme ausser Zweifel steht, wird dem Stadt- 
verordneten-Kollegium unterbreitet werden. 

* 

MARIENBAD. Auszeichnung. Zahnarzt Dr. Siegmund 
Reinhold — im Winter in Lemberg — wurde durch die 
Verleihung des Ritterkreuzes des Franz Josefs-Ordens aus¬ 
gezeichnet. 

* 

BONN. Todesfall. Prof. Adolf Witzei verschied am 
12. Juli d. J. infolge einer Herzlähmung im Alter von 59 Jahren. 
Im Jahre 1847 zu Langensalza in Hannover geboren, erlangte 
er im Jahre 1869 die zahnärztliche Approbation in Berlin und 


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Varia. 


441 


etablierte sich in Essen a. d. Ruhr als Zahnarzt. Schon im 
Jahre 1879 publizierte er „Die antiseptische Behandlung der 
Pulpakrankheiten des Zahnes u und war damit einer der ersten, 
welcher der modernen Richtung in der konservativen Zahn¬ 
heilkunde den Weg gewiesen hat. Witzei unterbrach im 
Jahre 1882 die Ausübung seiner Praxis, um sich dem Studium 
der allgemeinen Medizin und Chirurgie an der Universität in 
Heidelberg widmen zu können und erlangte daselbst 1884 den 
medizinischen Doktorgrad. Im Jahre 1891 wurde er als Dozent 
für Zahnheilkunde nach Jena berufen, wo er eine erfolgreiche 
wissenschaftliche und Lehrtätigkeit entfaltete. Ein Herzleiden 
zwang ihn, der Dozentur zu entsagen und sich nach Bonn 
zurückzuziehen, wo er jedoch weiter publizistisch tätig blieb, 
und als sich seine Gesundheitsverhältnisse besserten, gab er 
sich so viel als möglich seiner Lieblingsbeschäftigung hin, 
jüngere Kollegen in Fortbildungskursen mit den Ergebnissen 
seiner Forschungen und der Anwendung seiner Methoden be¬ 
kannt zu machen. Ausser dem genannten Erstlingswerk haben 
grosse Verbreitung und Anerkennung gefunden: „Deutsche 
Zahnheilkunde in Vorträgen“, „Kompendium der Pathologie 
und Therapie der Pulpakrankheiten“ und „Das Füllen der 
Zähne mit Amalgam“. Witzei war eine polemische Natur 
und hat neben vielen Verehrern auch manchen Gegner gehabt. 
Alle stehen aber trauernd an seiner Bahre, da mit ihm ein 
Pfadfinder und Förderer der zahnärztlichen Wissenschaft heim¬ 
gegangen ist. 

* 

WIESBADEN. Todesfall. Zahnarzt Friedrich Stieren 
wurde am 22. Juni d. J. früh auf dem Bahndamm der Strecke 
Genua-Spezia schwer verletzt aufgefunden und verschied schon 
nach wenigen Stunden. Die Beerdigung fand in Genua am 
25. Juni statt. Stieren stand im 38. Lebensjahre und hatte, 
ehe er sich dem Studium der Zahnheilkunde in Breslau zu¬ 
wendete, in seiner Vaterstadt Königsberg und in Zürich philo¬ 
sophische und nationalökonomische Studien betrieben. Im 
Jahre 1897 wählte ihn die Delegiertenversammlung des Vereins¬ 
bundes deutscher Zahnärzte zum Redakteur des Vereinsorganes 


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442 


Varia. 


„Deutsche zahnärztliche Wochenschrift“, welche verantwortungs¬ 
reiche und mühevolle Stellung er durch 8 Jahre bekleidete. 
Zu Ostern d. J. legte er die Redaktion nieder, um sich mehr 
seinen Studien und seiner Praxis widmen zu können. Leider 
hat ihn in den schönsten Mannesjahren ein jäher Tod auf 
fremder Erde erreicht, ehe seine Pläne reiften. Die ganze 
deutsche Zahnärzteschaft wird ihm ein treues Gedenken be¬ 
wahren. 

* 

ZÜRICH. Ernennungen. Den Professortitel erhielten die 
Dozenten an der zahnärztlichen Schule der Universität : 
Dr. Stoppani, Dr. Machwürth und Dr. Gysi. Zum 
Direktor wurde Prof. Dr. Stoppani ernannt. 

* 

PARIS. Oie Socidtd de Stomatologie hat in ihrer Sitzung 
vom 23. April d. J. die Herren Dr. Otto Zsigmondy in 
Wien und Dr. Gustav Preiswerk in Basel einstimmig zu 
korrespondierenden Mitgliedern gewählt. 


Deutsche Patente und Gebrauchsmuster-Eintragungen. 

(Mitgeteilt von Ing. V, Monatli, Patentanwalt, Wien, 
I. Jasomirgottslrasse 4.) 


Rotierende Zahnbürste. Eduard Penkala, kgl. technischer 
Kontrollor, Agram. 

Gaumendeckplatte als Resonanzhoden. Antoinette Mar¬ 
garete Arntzen, Hannover. 

Vorrichtung zum Abfangen von Blut, Speichel und Fremd¬ 
körpern bei zahnärztlichen Operationen. Hans Guichard, 
Berlin. 

Zahnstocher. Wilhelm Bruns, Brandenburg a JEL 

Metallener Zahnstocher mit einer biegsamen Spitze und 
einem beim Nichtgebrauch zur Aufnahme desselben dienenden 
Halter. Wilh. Scholz, Karlsruhe. 


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443 


Künstliche Zähne mit vergoldeten Befestigungsstiften. 
Rudolf Starke, Elberfeld. 

Winkelstück für zahnärztliche Bohrer oder Schleifscheiben 
mit in einem Bogenstück gelagertem, durch eine biegsame 
Welle angetriebenem Spannfutter. W. Hoff mann & Co., 
Düsseldorf. 

Säurefester Wurzelkanalerweiterer. Max Carow, Berlin. 

Mund- oder Abdrucklöffel für zahntechnische Zwecke aus 
Papiermasse. Jaky Rosen, Berlin. 

Künstlicher Zahnersatz, dessen massive Kronen an der 
sichtbaren Seite mit einer zahnschmelzähnlichen Masse ver¬ 
kleidet sind. Frederic Eggler, Göppingen. 

Gummisaugerbefestigung an Gebissplatten, dadurch ge¬ 
kennzeichnet, dass am Kopf der Befestigungsschraube ein schräg 
stehender Ranid angebracht und der Gummisauger mit einer 
damit korrespondierenden Rippe versehen ist. Julius Laahr, 
Landshammer. 

Elektrischer Ofen zum Vulkanisieren künstlicher Gebisse 
mit am Kesseläusseren vorgesehenen Heizkörpern, sowie am 
Ofenmantel angeordneten Kontaktstücken. Heinrich Scholl, 
Edenkoben. 

Veranschaulichungsapparat für zahnärztliche Zwecke, be¬ 
stehend aus zwei den Ober- und Unterkiefer darstellenden, 
die Zähne tragenden Platten, welche an einem Stativ gelenkig 
befestigt sind. R. Brunzlow, Brüssel. 

Instrumentenlisch mit in denselben eingebauten, die Tisch¬ 
platte samt Instrumenten erwärmenden Heizkörpern. TheDental 
Manufacturing Co., Ltd., London. 

Griff zum Einspannen von Instrumenten zur Behandlung 
der Backenzähne J. Beutelrock & Sohn, München. 

Achatmeissei mit einseitiger Reibfläche zu plastischen 
Füllungen für zahnärztliche Zwecke. Jakob Brinzer, Leipzig. 

Vulkanisierapparat mit nebeneinander angeordneten, zur 
Aufnahme der zu vulkanisierenden Gebisse dienenden Küvetten. 
Karl Höppner, Rostock. 


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444 


Empfangene Bücher und Broschüren. 

(Mit Vorbehalt weiterer Besprechung.) 

Neue Beiträge zur Anthropologie der Schweiz. Von Dr. phil. Otto 
Schürch, mit 18 Tafeln, enthaltend 32 Reproduktionen 
von prähistorischen Unterkiefern und Schädeln (in Auto¬ 
typie). Schmid & Francke, Bern 1906. 
lieber die Beziehungen der Grössenvariationen der Highmors¬ 
höhlen zum individuellen Schädelbau und deren praktische 
Bedeutung für die Therapie der Kieferhöhleneiterungen, 
von Dr. phil. 0. Schürch, Zahnarzt in Langnau (Bern). 
Sonderabdruck aus dem „Archiv für Laryngologie“, 18. Bd., 
2. Heft. 

Die Entwicklung der Zahnscheiden; gleichzeitig ein Beitrag zur 
Entwicklung der Zahnbein-Grundsubstanz. Von Dr. Leo 

Fleischmann. Sonderabdruck aus dem „Archiv für 
mikroskopische Anatomie und Entwicklungsgeschichte“, 
68. Bd., 1906. 

Ueber Bau- und Inhalt der Dentinkanälchen. Von Dr. Leo 

Fleischmann. Sonderabdruck aus dem „Archiv für 
mikroskopische Anatomie und Entwicklungsgeschichte“, 
66. Bd., 1905. 

Uebersicht der jüngsten wissenschaftlichen und technischen 
Neuerungen auf dem Gebiete der Zahnheilkünde. Von 

Prof. Dr. Jung, Berlin. 

Ueber die Ursachen des frühzeitigen Verlustes der Zähne. 

Vortrag, gehalten in der Berliner medizinischen Gesell¬ 
schaft am 7. Februar 1906 von Prof. Dr. L. Warnekros. 
Mit 25 Textabbildungen. Berlin 1906, Verlag von August 
Hirschwald, NW. 68. 

Zdrave zuby. Podävä MUDr. V. Folprecht, em. assistent, 
zubni lekar v. Praze. Predn&üsky pro lid z oboru v§dy a 
präce. 1906, Rada VII., Cis. 1. 

Weitere Erfahrungen über Rückenmarksanästhesie mit Stovain 
und Novokain. Von Dr. 0. Hermes, aus der chirurgischen 
Abteilung des Krankenhauses Moabit in Berlin. Sonder¬ 
abdruck aus der „Medizinischen Klinik“, Nr. 13, 1906. 
Aerzte und Nichtärzte. Ausbildung letzterer durch Prof. Dr. Benning¬ 
hoven. Benninghovens Sturz und Kritik seiner Broschüre: 
Aerzte, Zahnärzte, Zahntechniker und Kurpfuscher. Von 
Dr. med. M. Hahn, Breslau. II. Sonderabdruck der 
„Deutschen zahnärztlichen Zeitung“, München. 


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445 


Verhandlungen der 44. Jahresversammlung des Zentralvereines 
deutscher Zahnärzte, Hannover, 4. bis 6. August 1905. 

Bericht von Zahnarzt Otto Köhler, Darmstadt, I. Schrift¬ 
führer, und Zahnarzt Schaeffer-Stuckert, D. D. S., 
Frankfurt a. M., II. Schriftführer. Sonderabdruck aus der 
^Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“, 1905/06. 

Beiträge zur Frage der lokalen Anästhesie (Kokain, Nirvanin, 
Tropakokain, Stovain, Novokain). Von Dr. Guido Fischer, 
praktischer Zahnarzt in Hannover. Sonderabdruck aus 
der „Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“, 
XXIV. Jahrg., 1906. 

Beitrag zur lokalen Anästhesie mit spezieller BerOcksichtigung 
von Alypin und Novokain. Von Zahnarzt A. Cieszynski, 
Assistent am zahnärztlichen Institut (Prof. Berten) in 
München. Sonderabdruck aus der „Deutschen Monats¬ 
schrift für Zahnheilkunde“, IV. Jahrg., 1906. 

Einiges Ober den Dolor post extractionem. Von Zahnarzt 
Luniatschek, Assistent am zahnärztlichen Institut 
(Prof. Partsch) in Breslau. Sonderabdruck aus der 
„Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“, I. Jahrg., 1904. 

Einiges Ober den Wert der Nebennierenextrakte (Renoform) in 
Verbindung mit Anästhetizis (Novokain). Von Friedrich 
Luniatschek, praktischer Zahnarzt in Breslau. Sonder¬ 
abdruck aus der „Oesterreichischen Zeitschrift für Stoma¬ 
tologie“. Wien 1906. 

Ueber Stovain als lokales Anästhetikum in der kleinen Chirurgie. 

Von Dr. Hermann Poth, Lindenhorst. Sonderabdruck 
aus der „Medizinischen Klinik“, Nr. 15, 1905 

Die Topographie der Lymphgefässapparate des Kopfes und Halses 
in ihrer Bedeutung für die Chirurgie. Diskussionsbemerkungen 
zu dem Vortrag des Herrn Most Sonderabdruck aus 
der „Allgemeinen medizinischen Zentral-Zeitung“. 

Validol. Von Zahnarzt C. Block, Ratibor. Sonderabdruck aus 
der „Deutschen zahnärztlichen Wochenschrift“. 


NB. Bei Zusendung von Rezensionsexemplaren, Tausch¬ 
exemplaren von Zeitung en etc. wolle man sich nur meiner 
Adresse bedienen. JuUus Weigs 


Wien, I. Petersplatz Nr. 1 . 


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Empfangene Zeitschriften. 

Amerika: 

Dental Era. Dental Summary. 

Dental Cosmos. Pacific Dent. Gazette. 

Dental Digest. Items of Interest. 

Dental Review. Dental Brief. 

Dominion Dental Journal. Dental Hints. 

Western Dental Journal. Dental Office and Laboratory. 

Australien: 

Australian Journal of Dentistry. 

Belgien: 

Bulletin de la Soci6t6 Beige de Stomatologie. 

Dänemark, Schweden und Norwegen: 

Odontologisk Tidskrift. I Reflector. 

Nordisk. Tandläk. Tidskrift. | Tandlägebladet. 

Excerpta odontologica. | 

Deutschland: 

Rorrespondenzblatt für Zahnärzte. Zahntechnische Reform. 

Die Zahnkunst. Archiv für Zahnheilkunde. 

Zahnärztliche Rundschau. Deutsche zahnärztliche Zeitung. 

Deutsche zahnärztl. Wochenschrift. Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk. 
Odontologische Blätter. Die Gesundheitswarte der Schule. 

England: 

British Joum. of Dental Science. Quarterly Circular. 

Joum. of the Brit. Dent. Assoc. Elliots Quarterly. 

Dental Record. 

Frankreich: 

L’Odontologie. Le Monde dentaire. 

Le Progr^s dentaire. Le mois mädico-chirurgial. 

La Revue de Stomatologie. Revue internst, de Prothese dentaire. 

Le Laboratoire. Revue de Chirurgie dentaire. 

Revue odontologique. Revue g£n£ral de TArt dentaire. 

Holland: 

Handelingen v. h. Nederl. Tandheel- I Tgdschrift voor Tandheelkunde. 

kundig Genootschap. | 

. Italien: 

Giomale di Correspond, pei Dentisti. | La Stomatologia. 

Japan: 

Shikwa-gakuho. 

Oesterreich-Ungarn: 

Wiener klinische Wochenschrift. I Ash’s Wiener Vierteljahrs-Fachblatt. 

Wiener medizinische Blätter. Stomatologiai Közlöny. 

Mediz.-Chirurg. Zentralblatt. Magyar Fogorvosok Lapja. 

Osterr. ärztliche Vereins-Zeitung. Zubni 16karstvi. 

österr. Zeitschrift für Stomatologie. Medico-technologisches Journal. 

Zeitschrift für Zahntechnik. | 

Russland: 

Zubowratschebni wjestnik. | Odontologitscheskoje Obosrenije. 

Schweiz: 

Schweizerische Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde. 

OiuinlA« i 
Ijpilltlvll • 

La Odontologia. 

Wir bestätigen den Empfang von Tauschexemplaren der genannten 
Zeitschriften und bitten um deren fernere Zusendung unter der Adresse: 

JULIUS WEISS, Wien, I. Petersplatz 7. 


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447 


Praxis -V erkauf. 

In deutscher Provinzial - Hauptstadt ist eine Praxis mit 
jährlicher Bruttoeinnahme von K 8000—12.000, sehr erweite¬ 
rungsfähig, unter günstigen Bedingungen abzugeben. Deutsche 
Nationalität, katholische Konfession, fachmännische Tüchtigkeit 
erforderlich. 

Anfragen unter „Praxis 12.000“ befördern die Herren 
Weiss & Schwarz, Wien, I. Petersplatz 7. 

Iprarts^lDerkaut 

In galizischer Stadt mit 30.000 Einwohnern, Sitz von Be¬ 
hörden, Garnison, mit K 12.000 Einnahme, ist eine erweiterungs- 
fähigePraxis gegen Zahlung von K - 10.000 inkl. Inventar abzugeben. 

Anfragen unter -Praxis Gal “ befördern die Herren 
Weiss & Schwarz, Wien, I. Petersplatz 7. 

Praxis - Verkauf. 

In grosser tschechischer Stadt ist eine seit 6 Jahren be¬ 
stehende lukrative Praxis preiswert zu verkaufen. Dreimonat¬ 
liche Einführung möglich. 

Anfragen unter „Praxis Tsch.“ befördern die Herren 
Weiss & Schwarz, Wien, I. Petersplatz 7. 

' Suche Praxis 

zu kaufen in Wien oder deutscher Provinzial-Hauptstadt. 

Offerte befördern unter „Praxis baldigst“ die Herren Weiss 
& Schwarz, Wien, I. Petersplatz 7. 

— flssistentenstelle gesucht 

in erstklassiger Praxis in Wien oder Graz von tüchtigem, wissen¬ 
schaftlich tätigem Fachmann mit achtjähriger Praxis. 

Anfragen unter „Assistent MUDr.“ befördern die Herren 
Weiss & Schwarz, Wien, I. Petersplatz 7. 

3er Inhaber des österreichischen fatentes 14.868 

betreffend 

lösbare Feder für künstliche Gebisse 

wünscht behnfs Ausübung des Patent-Objektes mit österreichischen Fabrikanten 
in Verbindung zu treten. 

Derselbe ist auch bereit, das Patent zu verkaufen, Lizenzen zu erteilen, 
sowie andere Vorschläge zur Ausführung des in Rede stehenden Patentes 
entgegen zn nehmen. 

Diesbezügliche Anträge befördert bereitwilligst 

iDgeoienr VICTOR MONATH, Patentanwalt, Vien, I. Jasomirgottstrasse 4. 


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448 


B ewerber um Assistenten- und Technikerstellen werden 
ersucht, ihren Offerten stets Zeugnisabschriften und 
Photographie beizulegen. Die Stellensuchenden werden 
dringend ersucht, uns sofort zu verständigen, wenn sie 
— gleichgiltig, ob durch oder ohne unsere Vermittlung — 
Stellung gefunden haben. 

Weiss & Schwarz. 


Folgende Stellen sind zu besetzen: 

Assistenten 

Nr. 627. MUDr., erstklassiger Plombeur, für Wien. 

„ 628. MUDr., tüchtiger, erfahrener Arbeiter, für Provinzial¬ 
hauptstadt. 


Techniker: 

Nr. 629. Erstklassiger Arbeiter in Kronen- und Brückenarbeiten 
und Regulierungen, ausschliesslich im Laboratorium 
beschäftigt, für Wien. Antritt anfangs September. 

„ 630. Erstklassiger Arbeiter in Kronen- und Brückenarbeiten 
und Regulierungen, ausschliesslich im Laboratorium 
beschäftigt, für Wien. Antritt anfangs September. 

„ 631. Erstklassiger Arbeiter in Kronen- und Brückenarbeiten 
und Regulierungen, ausschliesslich im Laboratorium 
beschäftigt, für Wien. Antritt anfangs September. 

„ 632. Erstklassiger Arbeiter in Kronen- und Brückenarbeiten 
und Regulierungen, ausschliesslich im Laboratorium 
beschäftigt, für Provinzialhauptstadt. Antritt anfangs 
Oktober. 

„ 633. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Ooldarbeiter für Provinzialhauptstadt. 

„ 634. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für Provinzialhauptstadt. Antritt 15. Sep¬ 
tember. 

„ 635. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für Provinzialhauptstadt. Antritt 1. Sep¬ 
tember. 

„ 636. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für Agram. Antritt sofort. 

„ 637. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für südungarische Stadt Antritt sofort. 


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449 


Nr. 638. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 
Goldarbeiter für Schlesien. Antritt 1. September. 

„ 639. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für Badeort. Antritt 15. August. 

„ 640. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für Agram. Antritt baldigst. 

„ 641. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für Sarajevo. Antritt baldigst. 

„ 642. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für Triest. Antritt baldigst. 

„ 643. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und Gold¬ 
arbeiter für deutschböhmische Stadt. Antritt baldigst. 

„ 644. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für nordungarische Stadt. Kenntnis der 
ungarischen Sprache erforderlich. Antritt baldigst. 

„ 645. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für grosse ungarische Stadt. Antritt 
15. August. 

„ 646. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für galizische Stadt Antritt baldigst. 

„ 647. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für Provinzialhauptstadt. Antritt baldigst. 

„ 648. Erstklassiger Arbeiter für Mailand. Antritt 1. September. 

„ 649. Zweiter Techniker für oberösterreichische Stadt. An¬ 
tritt baldigst. 

„ 650. Zweiter Techniker für kleine mährische Stadt. Antritt 
baldigst. 


Preiswert —= 

sind folgende Gegenstände zu verkaufen: 

Elektrische Columbia-Bohrmaschine, gut erhalten, für 
110 Volt Gleichstrom. 

Elektrische Columbia-Bohrmaschine, gut erhalten, für 
Akkumulatorenbetrieb. 

Elektrische Cuttris-Bohrmaschine für Akkumulatoren¬ 
betrieb, ganz neu, mit elektrischem Warmluftbläser, Kauter 
und zwei Beleuchtungslämpchen. 

Elektrischer Ofen, System Klingelfuss, kleines Modell. 

Wandarm, vernickelt, System Morrison, mit einfachem Tisch. 


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450 


Zahnärztlicher Unterricht 

an den 

Universitäten in Oesterreich u. Ungarn. 

-- 

a,) Oesterreicli. 

Vieo. K. L zabnärztL UniYersitäts-Institnt, ix. Tarxenstrasse». 

Vorstand: Reg.-Rat Prof. Dr. Julius Sc he ff. 

Assistent: Dr. B. Spitzer. 

Demonstratoren: I. Dr. Bruno Klein, II. stud. med. Sofer, III. stud. 
med. Goldberger. 

I. Semestralvorlesungen über operative und konservierende Zahnheilkunde 

fünfmal wöchentlich von 4 bis 6 Uhr abends. Dieselben umfassen die gesamte 
Theorie in Verbindung mit Uebungen am Phantom und dauern als solche bis 
zu den Weihnacbtsferien. Nach letzteren beginnen die praktischen Uebungen 
an Patienten bis zum Semesterschluss. 

II. Semestralvorlesungen für Mediziner zweimal wöchentlich. 

III. Semestralvorlesungen über Zahnersatzkunde; Herstellung von Ersatz¬ 
stücken an Patienten, fünfmal wöchentlich von 8 bis 10 Uhr vormittags. Vön 
10 bis 12 Uhr praktische Uebungen in den Arbeitsräumeu für Zahnersatzkunde. 

IV. Doz. Dr. Rudolf Loos liest ein zweistündiges Kolleg „über aus¬ 
gewählte Kapitel der Zahnheilkunde“. Samstag von 4 bis 6 Uhr nachmittags. 

V. Ferialkurs: 

Instituts - Assistent Dr. B. Spitzer hält einen theoretischen und 
praktischen Ferialkurs über operative und konservierende Zahnheilkunde und 
Zahnersatzkunde mit Uebungen am Patienten ab. 

Beginn: 3. September 1906. 

Dauer: 6 bis 7 Wochen. 

Zeit: Täglich von 8 bis 11 Uhr vormittags: Zahnersatzkunde. 

„ „ 4 „ 7 „ nachmittags: Zahnheilkunde. 

Honorar: Zahnheilkunde 100 2T, Zahnersatzkunde 100 K. 

Anfragen: IX. Türkenstrasse 9, Universitäts-Institut. 


Vien. ZabnärztL Abteilung d. allg. Poliklinik, IX. Höfergasse 1. 

Vorstand: Doz. Dr. v. Wunschheim. 

Assistent: Dr. v. An der Lan. 

I. Semestralvorlesungen Uber Zahnheilkunde für Mediziner, zweistündig, 
Dienstag, Donnerstag von 6 bis 7 Uhr abends. K 4 20. 

H. Praktische Uebungen in konservierender Zahnheilkunde an Patienten 
fürVorgeschrittene. zehnstündig, fünfmal wöchentlich von 5 bis 7 Uhr abends, 502T. 

III. Praktische Uebungen in der Zahnersatzkunde, zehnstündig, fünfmal 
wöchentlich von 8 bis 10 Uhr vormittags, 100 K. 

IV. Abteilungs-Assistent Dr. v. An der Lan hält in den Weihnachts¬ 
ferien, zu Ostern und im September praktische Kurse über konservierende 
Zahnheilkunde und Zahnersatzkunde mit Uebungen am Patienten ab. 

V. Doz. Dr. Rudolf Weiser: Praktische Uebungen im Gebiete der 
konservierenden und operativen Zahnheilknnde. Nur für Vorgeschrittene. 
Teilnehmerzahl auf 4 beschränkt. Beginn: 5. Oktober 1906. Dauer: 6 Wochen. 
Zeit: Montag, Mittwoch und Freitag von 8 bis 10 Uhr vormittags. Honorar: 
250 K. Anfragen sind nur schriftlich zu richten an Doz. Dr. R. Weiser, 
Wien, IX. Frankgasse 2. 


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451 


Graz. K. k. zahnärztl. UniYersitäts-Institut. 

Vorstand: Prof. Dr. Anton Bl eich st ein er. 

Assistent: Dr. Ed. Urbantschitsch. 

Sechswöchoutlichor obligater Karo Ober Zabnbellkanile: Montag von 
5 bis 6 Uhr abends, Mittwoch nnd Freitag von 5 bis 7 Uhr abends als 
Sstündiges Kollegium. 

Praktische Uebuagea an Patienten für Vorgeschrittene: Dienstag, 
Donnerstag und Samstag von 5 bis 7 Uhr abends als 10 ständiges Kollegium. 

Zahneroatzkaade: Dienstag. Donnerstag nnd Samstag von 8 bis 10 Uhr, 
▼erbnnden mit Arbeiten im Laboratorium für Ersatzkunde von 10 bis 12 Uhr 
als 20 ständiges Kollegium. 

Der Assistent Dr. Urbantschitsch liest Ferialkurse. 


Innsbruck. K. k. zahnärztl. UniYersitäts-Institut, Annichstr. 24. 

Vorstand: Prof. Dr. B. Mayrhofer. 

Assistent: Dr. Franz Biha. 

I. Zahnärztlicher Kurs für Mediziner mit Demonstrationen und prak¬ 
tischen Uebungen im Extrahieren, sechswöchentlich, fünfstündig; Stunde 
wird später bekamt gegeben. 

II. Zahnärztllohe Pathologie, Therapie und Klinik, einschliesslich Zahn¬ 
ersatzkunde, fünfstündig; Montag bis Freitag von 5 bis 6 Uhr abends. 

in. Praktische Uebungen am Patienten, einschliesslioh Zahnersatzkunde, 
für Anfänger und Vorgeschrittene. Montag bis Freitag von 2 bis 5 Uhr abends. 

IV. Zahnchirufgische Operationslehre (theoretisch-praktisch) und 
chirurgische Prothetik, zweistündig; Samstag von 10 bis 12 Uhr vormittags. 


Prag. K. k. deutsche UniYersitäts Polikliuik. 

Vorstand: Prof. Dr. H. Bönnecken. 

Assistent: Dr. A. Kerber. 

Theoretische und praktische Zahnheilkunde mit Demonstrationen und 
Uebungen au Zahnkranken, Montag, Mittwoch und Freitag von 6 bis 7 Uhr abends. 

Zahnärztliche Operationen mit besonderer Berücksichtigung der Er¬ 
haltung erkrankter Zähne durch die Füllung, täglich von 5 bis 6 Uhr abends. 


Prag. K. k. böhmisches Universitäts-Ambulatorium. 

Vorstand: Prof. Dr. E. Nessel. 

Assistent: Dr. Tereba. Zwei Demonstratoren. 

Zahnhellkunde. Theoretische Vorträge mit Uebungen am Phantom, 
Demonstrationen im Plombieren der Zähne für Anfänger. 

Klinik der Zahnkrankbeiten mit Uebungen im Extrahieren und Plom¬ 
bieren der Zähne für Vorgeschrittene. 

Privatkurse für ausserordentliche Hörer und MU.-Doktoren nach vor¬ 
heriger Anmeldung und Verabredung mit dem Vorstand des Institutes. 

Ferialkurse (Weihnachten, Ostern, Ferien) liest Dr. Tereba. 

Das Ambulatorium wird vom Oktober 1906 an im eigenen Gebäude, 
Prag, II. VinicnA ulice (das Gebäude des früheren böhmischen Kinderspitals) 
untergebracht werden. — Tägliche Ordination, mit Ausnahme der Sonn- und 
Feiertage, von 4 bis 6 Uhr ahends. 


9 


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462 


Krakau. K. k. zabnärztl. ÜDiYersitats-Ambulatorium. 

Vorstand: Prof. Dr. W. Lepkowskl 
Assistent: Dr. Ruczka. 

Sechswöchentlicher Kurs, von 8 bis 9 Uhr früh, fünfmal wöchentlich. 
Uebungen im Plombieren und Extraktion der Zähne, 3 Ständen 
wöchentlich von 9 bis 10 Uhr früh. 

Zahnersatzkunde, 3 Stunden wöchentlich von 8 bis 9 Uhr früh (Privat). 


Leiberg. K. k. Universität. 

Doz. Dr. Theodor Bohosiewicz. 

Kurse: Die Krankheiten der Zähne und ihre operative Behandlung, 
2 Standen wöchentlich. 

Praktische Uebungen in der Zahntechnik, 2 Stunden wöchentlich (Privat). 
Doz. Dr. Gonka. 


-- 

t>) "CrugraraaL. 

Budapest. Zahnärztl. Klinik d. kgl. Universität, viu.üimrstr.26. 

Vorstand: Prof. Dr. J. Arkövy. 

Assistenten: Dr. Salamon, Dr. Wallheim. 

Demonstrator: Dr. Sturm. 

I. Semestralvoriesungen, zweimal wöchentlich von 5 bis i/ t 7 Uhr abends, 
über spezielle Pathologie und Therapie der Zahnkrankheiten und einmal 
wöchentlich Operationslehre. 

II. Zahnersatzkunde unter Leitung des Doz. Dr. L. Hattyasy, dreimal 
wöchentlich. 

III. Zahnärztliche Operationslehre, einmal wöchentlich von 5 bis 7 Uhr 
abends, Samstag, Doz. Dr. J. Szabö. 

Die Klinik ist von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Vormittags arbeiten die Vor¬ 
geschrittenen, abends die Anfänger. 

Privatkurse werden von den Assistenten abgehalten. 


IV. Dozent Dr. A. Roth mann, Leiter der zahnärztlichen Ordination 
an der Allgemeinen Poliklinik. 

V. Dozent Dr. Antal, Leiter der zahnärztlichen Ordination im Spital 
der PP. Barmherzigen Brüder. 


Klausenburg. Königl. Universität. 

Kurse: Doz. Dr. Hoencz: Mund- und Zahnkrankheiten verbunden 
mit Extraktions- uud Füllungs-Exerzitien. 

Doz. Dr. Gerö Rudas: Histologie und Pathologie der Zähne. 


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456 


fytltaa i&toiU. ?oMmk 

Belle Alllancestr. 88. Berlin SW Belle Alllancestr. 88. 

Institut für Fortbildungskurse in der operativen Zahn¬ 
heilkunde und in der zahnärztlichen Technik. 

^ntyial.UlirCO ln Kronen- und Brockenarbeiten und Be- 
vpvAlUI l\UI 9v handlung unregelmässiger Gebisse.- 


vpvAlUI l\UI 9v handlung unregelmässiger Gebisse.- 

^ Die Kurse sind nicht für Anfänger, setzen 


vielmehr die elementare Kenntnis des Gebietes 


voraus. Kursisten ohne spezialistische Vor¬ 


bildung müssten beim Assistenten der Ab¬ 


teilung ein Privatissimum nachsuchen. 


Das Institut ist fast das ganze Jahr geöffnet. 

Vorherige Anmeldung liegt im Interesse der Kursisten. ■ 

= Prospekte und alle Auskünfte bereitwilligst. 

Alfred Körbitz. 


I 


1 


Odontologi$cbe$ Institut 
hiu Berlin. ***** 


o o o o 


Hut- und melier- • Pr«*n«M««. na«« 

.... , , .i Htukult dircb den 

bildung isdcnprah- \ f to Utmut 
tischen fSchern der )! Prof. Dr. med. Jung 

M* 11 ""« 1 '- ■ ■ * JÜH. 












454 

Dental Department of Washington University 

Missouri Dental College, St. Louis, Mo. 

Dieses Institut bietet äusserst günstige Studienverhältnisse,, 
um die Zahnheükunde in allen ihren Einzelnheiten gründlich 
kennen zu lernen. Das neue Gebäude ist speziell für die Zwecke 
des Institutes eingerichtet, mit allen modernen Lehrmitteln ver¬ 
sehen und steht den Praktikanten eine reichlich besuchte Klinik 
zur Verfügung. 

Das Institut ist ein Mitglied der National Association of 
Dental Faculties. 

Weitere Auskunft erteilt Der Dekan; 

J. H. Kennerly, M. D., D. D. S. 

Beaumont and Locust Sts. 

St. Louis, Mo. 

*********************************************"*"* 


Verlag der Zentralstelle für Zahnhygiene, Dresden. 


Lehrbuch der Orthodontie. 

Von Hofrat W. Pf aff, Dresden. 

31 Bogen, 8», mit 456 Abbüdungen. Preis: Geb. Mk. 18.-, K i2.-, Frks. 12.50. 

Das Werk ist berufen, eine schmerzlich empfundene Lücke in der 
zahnärztlichen Literatur auszufüllen, da bisher eine systematische Zusammen¬ 
stellung des ganzen, weit ausgedehnten Stoffes fehlte. Die Anlage des Werkes 
schliesst sich eng an die Anforderungen der Praxis an, die vom Ortbodonten 
in erster Linie ein ziemlich bedeutendes Hass von Kenntnissen auf dem Ge¬ 
biete der Metallurgie und der Anfertigung von Regulierungsapparaten verlangt. 

Kurze Inhaltsübersicht: Der erste Hauptteil des Lehrbuches 
beschäftigt sich mit theoretischen Erörterungen über die Entwicklung der 
Zähne (Dentitionen usw.), der Beschreibung von Anomalien und deren Ursachen* 
Der zweite Hauptteil ist der prophylaktischen und therapeutischen Behandlung 
der Anomalien gewidmet und dem vorhergehenden Teile analog gegliedert. 
Der Schluss enthält einige Betrachtungen über die Notwendigkeit künst¬ 
lerischer Studien für den Gesichtsorthopäden. Ein besonderer Abschnitt dea 
Lehrbuches befasst sich mit der Geschichte der Ortbodontie, wobei die weit¬ 
zerstreute Literatur aus'allen Ländern berücksichtigt worden ist. — Die 
zahlreichen, sehr anschaulich gehaltenen Abbildungen von Gebissen, Schädeln, 
Apparaten usw. sind mit peinlichster Sorgfalt ausgefübrt worden. Das Werk, 
dessen Preis im Interesse einer weiten Verbreitung so niedrig wie möglich 
bemessen worden ist, kann durch jedes Dental-Depot und jede Buchhandlung 
bezogen werden: 

In Wien nehmen Aufträge entgegen die Herren WEISS & SCHWARZ,, 
Wien, I. Putersplatz 7. 


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' • 

Oesterreichisch-ungarische 

Vierteljahrssehmft 

für 

Zahnheilkunde. 


XXII. Jahrg. Oktober liHHl 


Heft IV. 


Herausgeber: Julius Weiss, Wien, I. Petersplatz 7. 




Inhalts-Verzeichnis: 

. ■ Seite 

Original-Arbeiten: 

Heber die Ilerabbolung retinierter Zähne ans ihren anomalen Lagen und ihre 

Zm “»“'S w 

Spitzer. Assistent daselbst..' ' ' ' ' ' ' , n 

Ueber Speichelsteine. Von Dr. Kndolf Bum, Zalmarzt m Wien (Schluss) . oll 
Ueber Kokain-Adrenalin. Von Dr. Viktor Frey, Zahnarzt in Wien - . . • »“4 

Ueber einen interessanten Fall von Speichelstein in einer tf**™«** des ^ 
Dnctns Stenonianns. Von Zahnarzt Dr. Alfred Kling. Olmiit .... 
Antwort anf die Erwiderung des Herrn Prof. Dr. Adolf Witzei in Bonn. Von ^ 
Zahnarzt Friedrich Luni atschek, Breslau 
Die Behandlung von Fistelzähnen mit Trikresol-Fonnalin (Richtigstellung) . 55 

Berichte aus Instituten und Vereinen: 

Bericht des k k. zabnärztl. Universitäts-Institutes (Prof. Dr. A. Bleichstemer) 

t Gm. Erstattet von Dr. Eduard Urbantschitsch, Ass,stent daselbst 6o9 

Zentralverband der österreichischen Stomatologeu in Wien. IV. Jahres- 
Versammlung» 24. November .. 

Verein Wiener Zahnärzte. 

... 570 

Referate und Journalschau. 

# .... 579 

Varia . . ... 

~ 582 

Patente und Gebrauchsmuster-Eintragungen. .583 

Empfangene Zeitschriften . 534 

Empfangene Bücher und Broschüren. . 

Abonnement flr das Inland K 6.-, für Dentschlanfl Mt 6.— pro Jahr infcl. Porto. 

Im Buchhandel zu beziehen durch die 

Wallishausser’sehe k. u. k. Hof-Buchhandlung Adolph W. Künast 

Wien, I. Hoher Markt 1. 

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Diesem Hefte Ist das Inhalts -Verzeichnis des XXII. Jahrganges beigegeben. 











WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 






nach Zahnarzt Dr. Karl Hermann, Karlsbad. 


Zahnsteinlösend * Unschädlich * Säurefrei 

HF"* Enthält Karlsbader Sprudelsalz. 

, ..- . Urteile aus der Fachwelt: - ■ 

Prof. W. Sachs, Berlin: „Ich habe in der Tat recht befriedigende 
Resultate vom Gebrauche des Solvolith zu berichten.“ 

Prof. 0. Homer, Strassbnrg : „Der Erfolg des Putzens mit der 
Solvolithpasta ist wirklich überraschend. Dih Pasta entfernt tatsächlich Zahn¬ 
stein und hemmt seine Weiterbildung und beseitigt somit eine wichtige 
Prädisposition zur Pyorrhoe.“ 

Erhältlich in Wien in den Apotheken: B. V. Bibus, I. Schottenring 14; „Zum 
Salvator“, I. Kärntnerstrasse 16; Dr. Joh. Lamatsch, IV. Hauptstrasse 14; 
Apotheke „zum schwarzen Bären“, I. Lugeck 3; Alte k. k. Feldapotheke, 
I. Stepbansplatz 8; Engel-Apotheke, I. Bognergasse 9; Parfumeriegeschäft 
E. Schäfer, 1. Tuchlauben 7, Basar; bei deu Herren Wei88 & Schwarz, 

I. Petersplatz 7. 

- Für Zahnärzte Ausnahmspreise. 














Heft IV. 


XXII. Jahrgang. Oktober 1906. 


Oesterreichisch-ungarische 

Yierteljahrsschrift für Zahnheilkunde. 

Herausgegeben von 

JULIUS WEISS, Wien, I. Petersplatz 7 

unter ständiger Mitwirkung der Herren: 

Prof. Dr. J. Arkövy, Budapest — Dr. S. Bauer, Budapest — Prof. Dr. A. Bleichsteiner, Graz — 
Or. W. Bruck, Breslau — Dr. R. Bum, Wien — Doz. Dr. L. Hattyasy, Budapest — Dr. A. Heller, 
Wien — Prof. Dr. C. Jung, Berlin — Dr. T. Kaas, Krems — Dr. M. Karolyi. Wien — Dr. R. 
Kronfeld, Wien — Doz. Dr. R. Loos, Wien — Dr. J. Mädzsar, Budapest — Prof Dr. B. Mayr¬ 
hofer. Innsbruck — Prof. Dr. W. D. Miller, Berlin — Dr. G. Preiswerk, Basel — Prof. Dr. G. Port, 
Heidelberg — Doz. Dr. G. Röse, Dresden — Doz. Dr. A. Rothmann, Budapest — Prof. Dr. 
W. Sachs, Berlin — Prof. Dr. J. SchefF, Wien — Dr. F. Schenk, Wien — Dr. E. Smreker, Wien 
— Doz. Dr. J. Szabö, Budapest — Dr. F. Tänzer, Triest — Dr. F. Trauner, Wien — Doz. Dr. 
W. Vajna, Budapest — Prof. Dr. 0. Walkhoff, München — Dr. W. Wallisch, Wien — 
Doz. Dr. R. Weiser, Wien — Doz. Dr. G. v. Wunschheim, Wien. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

lieber die Herabbolmi retieierler Zähle aus ihren anomalen 
Lapn not ihre EMipi in den Zahnbopn . 1 

(Aus dem k. k. zahnärztlichen Institut der Wiener 

Universität.) 

Von Prof. Dr. Julius Sclirß\ Vorstand desselben. 

Wenn wir die Fortschritte in der Zahnersatzkunde nach 
rück- und vorwärts einer genauen und eingehenden Prüfung 
unterziehen, so müssen wir dem bekannten Ausspruche: „Es 
gibt nichts Neues unter der Sonne“, vollends und ohne Vor- 

1 Die vorliegende Arbeit war mit Aufnahme einiger, zur Erläuterung 
des Textes bestimmter Röutgenaufnahmeu für den Druck schon vorbereitet, 
als mir die „Deutsche Monatsschrift für Zahnheilkuude“ vom Juli 1906 zu¬ 
gestellt wurde, in welcher vou F. Luuiatschek „die Ursachen und 
Formen der Zahnretention“ in gründlicher Weise und, wenn ich hinzufügen 
darf, mit erschöpfender Genauigkeit dargestellt werden. Ich freute mich offen 
gestanden über die interessanten Ausführungen des Autors uud fand, dass 
dieselben eigentlich dem Wesen nach eine organische Ergänzuug meiner 
schon längst erfolgten Auffassung über die Ursachen der Zalmreteution bilden. 
Wenn auch der Inhalt in meritorischer Beziehung nichts wesentlich Neues 
bringt, weil meiner Ansicht nach hinsichtlich der die Retention veranlassenden 
Ursachen eigentlich nichts Neues geboten werden kann, so darf doch den 

1 


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456 


Prof. Dr. Julius Schelf, Wien. 


behalt beipflichten. Obwohl die Beobachtungen aus früherer 
Zeit gewiss nicht gleichen Schritt halten können mit denen 
der späteren und gegenwärtigen Periode, so kann doch als 
erwiesen angenommen werden, dass die technischen Kenntnisse, 
den damaligen Verhältnissen entsprechend, nicht auf so tiefer 
Stufe standen, wie man vielleicht zu glauben scheint und dass 
die Aerzte oder diejenigen, die sich mit ärztlicher Gelehrsamkeit 
zu umgeben wussten, die Kunst verstanden haben, die Menschen 
und namentlich ihre Gebrechen zu beobachten, zu erkennen 
und zu behandeln. Darüber besteht demnach kein Zweifel, 
dass viele dieser Aerzte bei ihrer natürlichen Begabung, wenn 
sie dieselbe zur Ausbildung brachten, manches, möglicherweise 
vieles geistvoll ausklügelten, was schliesslich zu allerdings be¬ 
scheidenen Erfolgen führen musste und in der Tat führte. 
Ich brauche nur an die bekannten Namen, von Fauchard, 
Maury und andere, zu erinnern und man wird, wenn man die 
ihren Schriften beigegebenen Illustrationen beachtet, ohne- 
weiters zugestehen müssen, dass von diesen Männern gleich¬ 
falls Entsprechendes geleistet wurde, was dem Schaffen unserer 
Zeit würdig angereiht werden kann. Manche dieser Leistungen 
stehen so hoch, dass sie für uns noch immer als eine Quelle viel¬ 
fach zu verwertender Ideen angesehen werden können und als 
solche auch immer bleiben werden. Dass einiges gut erdacht, 
in der Anlage aber nicht immer richtig war, soll schon des¬ 
halb keiner ernsten oder scharfen Bemängelung unterzogen 
werden, weil nicht übersehen werden darf, dass die Vor- und 


Ausführungen Luniatscheks die Anerkennung nicht versagt bleiben, 
schon deshalb nicht, weil er die gegenwärtige Situation dieser Anomalie 
aufs beste charakterisiert und mir bezüglich einiger Tatsachen aus dem 
Inneren gesprochen hat. Meine Aufgabe, die ich mir im Beginne bei der 
Abfassung der vorliegenden Arbeit gestellt habe, war eigentlich eine be¬ 
stimmt umschriebene, aber angeregt durch Luniatschek werde ich aus 
dem eng begrenzten Rahmen heraustreten müssen, da ich in einigen 
Punkten nicht ganz seine Anschauungen teilen kann, wie ich aus 
seiner Darstellung zu entnehmen berechtigt bin. Anderseits enthält sie 
Wahrheiten, die immer wahr bleiben werden und die nicht laut genug zur 
Wiederholung gelangen können. Meine Erwiderung wird am Schluss meines 
Aufsatzes als Anhang Aufnahme finden. 


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Ueber die Herabholung retirierter Zähne etc. 


457 


Ausbildung zur damaligen Zeit unzureichend und die zur Ver¬ 
fügung gestandenen Hilfsmittel sehr mangelhaft waren. 

Die damit im Zusammenhang stehenden Anschauungen 
mussten allerdings im Laufe der Zeit wesentlichen Aenderungen 
unterworfen oder gänzlich aufgegeben werden, aber immer¬ 
hin haben sie den Anstoss zu neuem Forschen, vielleicht auch 
zur Heranziehung und Verwertung jener Mittel gegeben, die 
im Verlaufe zur Stelle traten. Wir stehen demnach heute 
noch in gewisser Beziehung in innigem Kontakt mit vielen 
von den früheren Anschauungen. Wenngleich dieselben als 
veraltet und überwunden unseren heutigen Verhältnissen nicht 
angepasst werden können, erregen sie bei uns noch immer 
Bewunderung, mitunter sogar das lebhafteste Interesse. 

Wir begegnen in der Zahnheilkunde vielen Fragen, die 
sich noch vielfach im Widerstreit befinden und nicht ganz zur 
Lösung gebracht sind. Zu diesen gehört wohl die Retention 
der Zähne, namentlich im Bei eiche der sogenannten Frontzähne, 
sie spielt eine grosse Rolle und man ist nicht wenig erstaunt, 
bei genauer Prüfung und Sichtung des Patientenmaterials, wie 
es in grosser Menge nur an einem klinischen Institute vorzu¬ 
kommen pflegt, interessante Fälle in rascher Aufeinanderfolge 
zur Wiederholung gelangen zu sehen. 

Es ist nicht die Aufgabe dieser Zeilen, festzustellen, welche 
Ursachen bei gewissen Zahnsorten ihrer Retention zugrunde 
liegen, darüber sind wohl die Ansichten der verschiedenen 
Autoren sehr stark auseinandergehend. Wir sind auch heute 
kaum in der Lage, bestimmen zu können, ob wir uns dieser oder 
jener Anschauung anschliessen sollen. Hievon sind zumindest 
jene Fälle, trotz der gegenteiligen Ansicht mancher Autoren, 
auszunehmen, bei welchen die Ursache klar zutage tritt, wie 
beispielsweise bei jenen Milchzähnen, die zu lange in ihren 
Alveolen verblieben sind und auf welchen Umstand wir später 
noch zu sprechen kommen werden. 1 

Es ist für die Zwecke, die wir mit dieser Arbeit ver¬ 
folgen, wohl ganz gleichgiltig, welche Ansicht wir vertreten 

t Dieser Anschauung wird von Seite Luniatscheks direkt wider¬ 


sprochen. 


1 * 


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Prof. Dr. Julias Scheff, Wien. 


und von welchem Standpunkte aus wir die Retention und 
ihre Ursachen beuiteilen. Es handelt sich weniger um die 
Einzelheiten der verschiedenen Theorien, als vielmehr darum, 
dass der mechano - therapeutischen Art Rechnung getragen 
werde, inwiefern wir bei dem einen oder anderen Falle von 
Retention in entsprechender Weise und mit halbwegs sicherem 
Erfolge die Behandlung vornehmen könnten, damit ein aus 
der Zahnreihe oder, besser gesagt, aus dem Zahnbogen aus¬ 
geschalteter Zahn wieder ein brauchbares Glied desselben 
werde. Der Rahmen, in welchem wir uns bewegen werden, 
wird allerdings ein beschränkter bleiben müssen, insoferne wir 
unsere Beobachtungen und die denselben angeschlossenen 
therapeutischen Massnahmen bloss auf jene Zahnsorten aus¬ 
dehnten, die dem vorderen Bogensegmente entsprechen, und 
•das sind die Schneide- und Eckzähne. Die hinter diesen be¬ 
kanntlich seltener vorkommenden Retentionen dürften einer 
späteren Bearbeitung unterzogen werden, obwohl sie, streng 
genommen, weder in ästhetischer noch in irgend einer anderen 
Beziehung nachteilig für den Zahnbogen sind, vorausgesetzt, 
dass sie keine Störungen für die Nachbarzähne im Gefolge 
haben. Ist das letztere nicht der Fall, so mag es für den hievon 
Betroffenen ganz gleichgiltig sein, ob eine Behandlung der Ano¬ 
malie vorgenommen werde oder nicht. 

Ich habe mich von jeher mit der Retention gewisser Zähne 
eingehend befasst, weil dieselbe gewissermassen etwas Mystisches 
in sich birgt, ich habe mich aber bloss mit dem tatsächlichen 
Befund begnügt und konnte mich in der Privatpraxis wohl 
nicht auf Versuche einlassen. Ganz anders steht es mit dem 
Patientenmaterial auf einer Klinik. Hier gilt der Grundsatz, 
vorerst genau beobachten und, darauf fussend, können Versuche 
der verschiedensten Art unternommen werden, die einerseits 
im Interesse des Patienten gelegen sind, anderseits aber auch 
für uns neue Gesichtspunkte schaffen, Anregung bietein und 
‘über den Zwiespalt hinweghelfen, der zweifellos in manchen 
Fällen zwischen unserer Auffassung und dem Gesetze der 
Natur besteht. Die letztere pflegt oft schlimme Streiche zu 
spielen und einer der schlimmsten ist wohl das Zurückhalten 


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Ueber die Herabholuug retinierter Zähne etc. 


m 


verschiedener Zähne im Kiefer, so dass bei normalen Verhält¬ 
nissen der sonst so schöne und künstlerisch gebaute Zahn¬ 
bogen eine arge Missgestaltung erleiden kann. Derartige Ab¬ 
normitäten auszugleichen, war von jeher das Bestreben der 
denkenden Zahnärzte und man kann mit Recht behaupten, 
dass mitunter Verbesserungen und der Ausgleich abnormer 
Verhältnisse mit Leichtigkeit erzielt werden, wenn richtige Kom¬ 
bination Hand in Hand mit der Behandlung einhergeht. Der 
anzustrebende Erfolg muss ausschliesslich in dem Resultate 
gipfeln, dass der Zahnbogen wieder ein schönes Aussehen er¬ 
halte gegenüber jenen Fällen, bei welchen wir ausschliesslich 
die Naturkräfte frei walten lassen. 

Nicht selten hört man von Patienten, trotz der gewissen¬ 
haftesten Pflege, die sie ihren Mundorganen angedeihen lassen, 
die Klage, dass die Natur alles wunderbar eingerichtet habe, 
nur die Zähne seien bei dieser Gelegenheit stiefmütterlich weg¬ 
gekommen. Vom praktischen Standpunkte vielleicht richtig ge¬ 
dacht, wer aber kann sagen, ob nicht vielleicht doch eine tief¬ 
sinnige Idee der Gestaltung und Anordnung unserer Zähne zu¬ 
grunde lag? Unwillkürlich muss ich einen Satz Spinozas 
in Erinnerung bringen, den ich vor nicht langer Zeit in einem 
Tagesjournal gelesen und meinem Gedächtnisse neuerdings ein¬ 
geprägt habe. Er lautet: „Was uns in der Natur wider¬ 
sinnig und schlecht scheint, scheint uns nur des¬ 
halb so, weil wir die Dinge nur teilweise kennen, 
die Ordnung und den Zusammenhang der ge¬ 
samten Natur aber grösstenteils nicht kennen.“ 

Dieser Satz spricht viel, deutlich und klar, ich erachte 
cs daher für überflüssig, noch eine weitere Erläuterung hiezu 
geben zu müssen. 

Der augenblickliche Stand unserer Behandlung bei un¬ 
regelmässig gestellten oder retirierten Zähnen, die wir gegen-, 
über den früheren mangelhaften und vielleicht ungeeigneten 
Methoden in mechano-therapeutischer Hinsicht zur Verwendung 
bringen, gestattet ein rasches Erzielen günstiger Erfolge, wobei 
wir mit den einfachsten Mitteln in verhältnismässig kurzer Zeit 


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460 


Prof. Dr. Julius Scheff, Wien. 


mehr erreichen als dies früher möglich war, vielleicht gerade 
deshalb, weil alles Komplizierte ein nüchternes Urteil einengt. 
Musste da nicht eine Zeit kommen, in welcher von schwierigen 
Regulierungen Umgang genommen wurde, und sie kam in der 
Tat nur zu bald, denn das Vertrauen zu den Erfolgen war 
verloren gegangen, weil dieselben zum grössten Teil gegenüber 
der aufgewendeten Zeit, Mühe und Arbeit in keinem ent¬ 
sprechenden Verhältnis standen. Dabei sehe ich von den vielen 
Misserfolgen ab, die, wie begreiflich, zum geringsten Teil zur 
Kenntnis gelangten. Jetzt aber mehren sich wieder in auf¬ 
fallender Weise die zur Behandlung kommenden Fälle, auch 
in Kreisen, in welchen auf eine regelmässig geformte und 
normal gestellte Zahnreihe kein oder nur wenig Wert gelegt 
wird. Es scheint das Verständnis hiefür immer mehr zuzunehmen, 
denn die unregelmässigen Zahnstellungen, bei welchen Eltern, 
die sogar in ärmlichen Verhältnissen leben, an der zahn¬ 
ärztlichen Klinik vorspreöhen und ihrer Kinder wegen unsere 
Hilfe in Anspruch nehmen, gehören nicht zu den Seltenheiten. 
Derartige auffallende Erscheinungen müssen unwillkürlich zu 
Reflexionen führen, denen der Vorstand eines Instituts um so 
mehr unterworfen ist, weil er das Interesse für das zu ver¬ 
wertende Material sich stets vor Augen halten muss, während 
gleichzeitig der angehende Zahnarzt dadurch in eine Sphäre 
versetzt werden kann, die ihn über das gewöhnliche Niveau 
seiner erfolgten Ausbildung hinwegzuführen vermag. 

Wer sich die Mühe nimmt, die in den letzten Jahren ver¬ 
öffentlichten Arbeiten über Regulierung unregelmässig gestellter 
Zähne zu studieren — nicht zu vergessen der hiebei in Ver¬ 
wendung gebrachten Mittel und Methoden — muss staunen, 
in welch kurzer Zeit und in welch einfacher Weise Fälle 
reguliert werden können, die nicht lange vorher als inkurabel 
bezeichnet worden sind Es hat sich nämlich auf diesem Ge¬ 
biete nach und nach eine ganz neue Disziplin herausgebildet, 
durch deren praktische Verwertung die unregelmässigsten Zahn¬ 
reihen in normale und schöne, allen Anforderungen ent¬ 
sprechende Formen umgestaltet werden können. Dieser be¬ 
sondere Teil der Zahntechnik hat sich, wie alles in unserem 


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Ueber die Herabholung retinierter Zähne etc. 


461 


Zeitalter, rasch zur vollsten Blüte entwickelt und in der über¬ 
wiegenden Zahl der Regulierungsfälle stellt sich immer mehr 
heraus, dass dieselben ohne Zuhilfenahme der Zahntechnik 
nicht verbesserl werden können. 1 

Die Durchführung mancher Regulierung ist nicht nur inter¬ 
essant, sondern bietet auch nebenbei viel Lehrreiches, abgesehen 
von dem ästhetischen Erfolg, der hiebei erzielt werden kann. 
Die Wirkung der Behandlung ist manchmal geradezu über¬ 
raschend und diese enormen Fortschritte auf einem Gebiete, 
welches lange Zeit vollständig vernachlässigt geblieben ist, 
kann nur der richtig schätzen, dem daran gelegen ist, schwierige 
Fragen zur Lösung zu bringen. Besonnenheit, Scharfsinn, 
richtige Auffassung der vorhandenen Verhältnisse in Verbindung 
mit zahntechnischen Kenntnissen führen bei Anwendung auch 
der einfachsten Mittel sehr häufig zu einem glänzenden Erfolg. 
An solche Behandlungen könnte man eine grosse Reihe von 
Fragen anschliessen, die wert wären, besonders bearbeitet zu 
werden; ich unterlasse es, darauf näher einzugehen, weil 
sonst der sachliche Inhalt dieser Arbeit allzusehr kompliziert 
werden würde. 

Nach dieser kurzen, wenn auch sachlich begründeten Ab¬ 
schweifung will ich mich wieder meinem eigentlichen Thema, 

* Die Zahnersatzkunde (Zahntechuik) wurde von jeher und wird auch 
heute noch in gewissem Sinne als Stiefkind der Zahnheilkande behandelt. 
Es wäre gewiss sehr empfehlenswert, wenn die Zahnärzte — zumal die 
jüngere Generation — sich diesem hoch interessanten unblutigen Zweige mit 
grösserem Interesse zuwenden würden, einerseits um ihr schwer erschüttertes An¬ 
sehen bei der öffentlichen Meinung zu befestigen, womit das teilweise verloren 
gegangene Veitrauen wieder zu gewinnen wäre, anderseits um ihr Abhängig¬ 
keitsverhältnis, dem sie im Laufe der Zeit unterlegen sind und das schon manche 
böse Frucht gezeitigt hat, auf ein Minimum zu reduzieren. Wie leicht könnte 
das erreicht werden, wenn nur etwas mehr Pflichtbewusstsein, gepaart mit 
Interesse für die Sache, vorhanden wäre. Leider sind auch heute noch die 
jungen Kollegen, trotz der vielen ungünstigen Erfahrungen, die sie gemacht 
haben, nicht darauf bedacht, auch nicht zu bewegen, die Zahntechnik mit 
Lust, Liebe und Fleiss zu studieren und darin selbst zu arbeiten. Wer aber 
zu dieser Erkenntnis gelangt ist, wird bald zu seinem Vorteil inne werden, 
welch hoher Wert für seine Praxis daraus erwachsen kann und wie nicht 
zum geringsten Teil fruchtbringende Ergebnisse sich dabei erzielen lassen. 


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Prof. Dr. Julius Scheff, Wien. 


zumal hauptsächlich der Besprechung der Retention einzelner 
Zahnsorten, zuwenden, insbesondere der oberen Schneide- und 
Eckzähne. Fehlt in der Zahnreihe ein oder der andere Zahn, 
so ist dadurch noch nicht erwiesen, dass er auch in seiner 
Keimanlage vorhanden war. Er ist aber äusserlich nicht vor¬ 
handen und erst wenn wir nachzuweisen imstande sind, dass 
er an dieser oder jener Stelle zur Entwicklung gekommen ist, 
aber aus irgend einer Ursache an dem für ihn bestimmten 
Ort nicht durchbrechen konnte, dürfen wir von seiner Re¬ 
tention sprechen. Es darf hiebei nicht unerwähnt bleiben, dass 
beim Fehlen eines Zahnes im Zahnbogen der Keim hiefür ent¬ 
weder nicht vorhanden gewesen oder dass derselbe, wenn er 
auch angelegt war, nicht zur Entwicklung gelangen konnte 
und nach und nach spurlos verschwunden ist. Das letztere, 
möglicherweise bloss eine Vermutung, lässt sich nur dann mit 
ziemlicher Gewissheit annehmen, wenn in der Nähe der 
vermeintlichen Durchbruchsstelle Reste eines vorhanden ge¬ 
wesenen Keimes gefunden werden können. Auf die ver¬ 
schiedenen Ursachen der Retention hier einzugehen, würde 
zu weit führen, 1 ich habe bereits oben erwähnt, dass ich 
wegen der vielfach divergierenden, noch nicht geklärten An¬ 
sichten hievon absehen will. Es sei nur vorübergehend er¬ 
wähnt, dass die Ursachen sowohl im retinierten Zahn selbst, 
in der Umgebung desselben, resp. im Knochen und in den 
Nachbarzähnen gelegen sein können. Auch noch andere, aller¬ 
dings entfernter gelegene Ursachen können den Durchbruch 
eines ausgebildeten Zahnes verhindern. Inwieweit ein oder das 
andere Moment dabei in Frage kommt, soll nicht entschieden 
werden, ebensowenig ob Ursachen verschiedener Art bei dem 
Zustandekommen dieser Anomalie mithelfen, denn mit der 
letzteren haben wir es immerhin zu tun, wenn die normale 
Zahnreihe um ein oder mehrere, Glieder weniger aufzuweisen 
hat, als ihr von der Natur zugedacht ist. Zumeist sind die 
zurückgehaltenen Zähne normal entwickelt, es kommt. aber 
nicht selten vor, dass auch sogenannte Griffel- oder über- 


1 Siebe Anmerkung Seite 455. 


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Ueber die Her&bholnng retiuierter Zähne etc. 


463 


zählige Zähne, das sind solche, die in Form und Gestalt der 
Krone sowohl als auch der Wurzeln den normalen Zähnen 
nicht gleichen, an irgend einer Stelle des Ober- und Unter¬ 
kiefers retiniert bleiben. In vielen Fällen erfolgt der Durch¬ 
bruch der retinierten Zähne im späten Alter, allerdings zu 
einer Zeit, wo er mehr Schaden als Nutzen bringt. Der erstere 
besteht darin, dass zumeist der Kiefer schon zahnlos geworden 
ist und dass der Durchbruch des retiniert gewesenen Zahnes 
ein etwa vorhandenes Ersatzstuck in seiner Adhäsion stört. 
Es ist übrigens keine vereinzelte Erscheinung, dass retinierte 
Zähne auch Beschwerden anderer Art im Gefolge haben 
können, so werden sie beispielsweise bei ihrem Vordringen 
durch unausgesetzten Druck auf die Nachbarwurzeln leicht 
Periostitis, Eiter-Fistelbildung verursachen, mitunter auch die 
Veranlassung zu einer langsam sich entwickelnden Zyste 
geben. Eine der Retention ähnliche Anomalie, die Salter 
Inversion nennt, besteht darin, dass der Zahnkeim voll¬ 
kommen verkehrt gelagert erscheint, so dass sich an der 
Stelle der Wurzel die Krone und umgekehrt die Wurzel dor t 
entwickelt hat, wo die Krone zu liegen käme. Solche Inversionen 
betreffen die oberen mittleren und seitlichen Schneidezähne, 
die dann gewöhnlich gegen die Nasenhöhle zu gelagert er¬ 
scheinen mitunter auch in dieselbe hineinragen. 1 In solchen 
Fällen von sichtbarer Retention, zumal die Wurzel der be¬ 
treffenden Zähne meist geknickt ist, kann kaum eine Korrektur 
vorgenommen werden, es tritt vielmehr die Zange in ihre 
Rechte. Ich möchte diese Art von Anomalie nicht Inversion, 
sondern einfach Transposition nennen, denn es handelt sich 
hier nicht um ein Zurückbleiben des fertigen Zahnes, sondern 
vielmehr darum, dass ein nicht normal geformter, aber doch 
ausgebildeter Zahn an einer anderen, für ihn nicht bestimmten 
Stelle zum Durchbruch gelangt. 

Magitöt hat auf diese Art der Durchbruchsanomalie 
hingewiesen und für sie die Bezeichnung „Höterotopie par 
genese“ gewählt. 

* Siehe Scheffs Handbuch der Zahuheilknude, Bd. I, S. 562. 


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Prof. Dr. Julius Scheft, Wien. 


Auf die vielen in der Literatur verzeichneten Fälle von 
Retentionen will ich hier nicht näher eingehen. Ich verweise 
diesbezüglich auf das „Handbuch der Zahnheilkunde“, 1 in 
welchem dieselben eingehend und ausführlich zusammen¬ 
gestellt sind. 

Solange der Zahn im Kiefer verbleibt, kann er sich voll¬ 
ständig entwickeln, denn er bezieht, gleichwie der Embryo im 
Mutterleib, seine hiezu notwendigen Bildungsstoffe aus seiner 
Umgebung. Vom Mutterboden losgelöst, kann nur noch die 
Wurzel in ihrer Länge wachsen und damit erhält er auch die 
treibende Kraft zum Durchbruch. Ist die letztere nicht energisch 
genug, um das entgegenwirkende Hindernis — ein solches ist 
zumeist vorhanden — zu überwinden, so besteht ein ungleicher 
Kampf, der damit endet, dass der Zahn nicht austreten kann, 
somit dem als stärker sich erweisenden Hindernis unterliegt 
und schliesslich im Kiefer zurückgehalten verbleibt, wo er sich 
trotzdem noch weiter, ja vollständig entwickeln kann. Liegt die 
Vermutung auf Retention eines Zahnes vor, so besteht der 
Kernpunkt der Sache darin, dass wir das Verhältnis des 
retinierten Zahnes zu seiner unmittelbaren Umgebung genau fest¬ 
stellen und uns darüber auf das eingehendste informieren, denn 
nur dadurch sind wir gegebenenfalls in der Lage, zu bestimmen, 
ob die Retention bei entsprechender Behandlung Erfolg ver¬ 
spricht oder ob wir von einer solchen abstehen sollen. Eine 
Garantie kann selbstredend bei den günstigsten Verhältnissen 
nicht im vorhinein gegeben werden, weil der Erfolg nicht 
immer ausschliesslich von unserem Wollen und Können ab¬ 
hängig gemacht werden kann, es spielen dabei noch ver¬ 
schiedene Nebenumstände mit, die hinsichtlich ihres Einflusses 
nicht immer im vorhinein bestimmt werden können. Auch 
während der Behandlung, die im Anfang vielleicht anstandslos 
vor sich geht, kann es zu unliebsamen Ueberraschungen kommen, 
die mitunter den scheinbar schon erzielten Erfolg sehr ernst 
in Frage stellen. Was sich zu Beginn der Behandlung in der 


1 Siebe Scbeffs Handbuch der Zahnheilknnde, Wien 1902, II. Anfl., 
I. Bd., S. 560. . 


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Ueber die Herabholang retinierter Zähne etc. 465> 

Auffassung und Beurteilung als richtig erweist, kann im weiteren 
Verlaufe zum Gegenteil werden, ja es ist nicht ausgeschlossen 
dass sogar die Existenz des in Frage kommenden Zahnes und 
seiner anstossenden Kollegen gefährdet erscheint. Deshalb ist 
es notwendig, schon vor Beginn der Behandlung den Status 
praesens genau festzustellen, insbesondere wie der retinierte 
Zahn gelagert, wie und ob er entwickelt ist, in welchem Ver¬ 
hältnis er zu seinen seitlichen Nachbarn und auch zu jenem 
Zahn steht, durch dessen Einfluss sein Durchbruch verhindert 
worden ist. Derartige Vorsichtsmassregeln sind niemals zweck¬ 
los, will man sich gegen unliebsame Ueberraschungen schützen. 
In vielen Fällen wird man nach der vorhandenen Situation, 
nach dem objektiven Befund, hie und da mit Zuhilfenahme der 
Anamnese, obgleich dieselbe nicht immer verlässlich und deshalb 
manchmal unverwendbar ist, über die Lageverhältnisse des im 
Zahnbogen fehlenden Zahnes kaum im Zweifel sein. Es muss dabei 
festgehalten werden und es wurde bereits darauf hingewiesen, 
dass ein im Zahnbogen fehlender Zahn nicht immer als retiniert 
zu betrachten sei, da ja frühzeitiger Mangel desselben auch 
aus anderen Gründen Vorkommen kann — vorzeitige Extrak¬ 
tion, Verlust infolge mechanischer Einflüsse etc. Immerhin ist 
vorerst festzustellen, aus welcher Ursache nicht nur eine vor¬ 
handene Lücke besteht, sondern auch, ob der daselbst fehlende 
Zahn nicht etwa durch ein unvorhergesehenes Ereignis oder 
durch anderweitige Ursachen ausgeblieben, bzw. abhanden ge¬ 
kommen ist. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wird 
es zweifellos unter Anwendung aller hiezu verwendbaren Mittel 
gelingen, selbstverständlich bei entsprechender Prüfung der 
vorhandenen Verhältnisse, den tatsächlichen Befund zu kon¬ 
statieren. 

Zumeist handelt es sich in einer gewissen Altersperiode, 
namentlich bei den im vorderen Segment vorkommenden 
Lücken, wenn anderweitige Zustände ausgeschlossen werden 
können, um retinierte Zähne. In früherer Zeit war es in vielen 
Fällen unmöglich, eine strikte Diagnose auf Retention zu 
stellen; das Fehlen eines an seiner normalen Stelle durch¬ 
zubrechenden Zahnes konnte möglicherweise die Annahme, aber 


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466 


Prof. Dr. Julius Schelf, Wien. 


nicht die Gewissheit einer Retention zulassen. Erst mit der 
Entdeckung der Röntgenstrahlen sind wir imstande, mit vollster 
Sicherheit den ausgebliebenen Zahn, wenn dessen Keim angelegt 
war, als einen im Kiefer zurückgehaltenen zu diagnostizieren 
und dadurch wurde eine grundlegende Aenderung herbei¬ 
geführt. Dies ist auch die Veranlassung, warum gegenwärtig 
Retentionen häufiger zur Beobachtung und zur Behandlung 
gelangen, als dies früher der Fall war. 

Während beispielsweise retinierte grosse und kleine 
>chneidezähne seinerzeit zu den Seltenheiten gerechnet wurden. 



Der an Stelle des linken oberen grossen Scbneidezahnes befindliche, abnorm; 
{eckzahnartig) geformte Zahn zeigt die Gestalt eines kleinen Schneide* 
zahnes mit nach links geneigtem Hals, so dass seine mesiale Ecke als am 
meisten hervorragende Spitze heraustritt. In der Spongiosa des Alveolar¬ 
fortsatzes, und zwar oben und hinter den Wurzeln des eben besprochenen 
und benachbarten kleinen SchneidezahneB findet sich ein wuhlausgebildeter, 
retinierter, schräg zur Kronenreihe liegender grosser Schneidezahn; über 
diesem liegt in der Spongiosa des harten Gaumens ein sogenannter Griffelzahn. 

finden wir sie heute weitaus häufiger vertreten, allerdings nicht 
in dem Umfang, wie dies bei den Eckzähnen der Fall ist 
(Fig. 1, 2, 3).* (Einige Fälle von retinierten, grossen Schneide- 
Gähnen sind in den schematischen Bildern [Fig. 1, 2, 3] nach vor¬ 
heriger Röntgenaufnahme zur Ansicht gebracht.) Das Mehr bei 

• Oesterr.-ungar. Vierteljahrsscbrift für Zahnheilkunde, 1905, S. 429. 


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Ueber die Herabholuog retinierter Zähne etc. 


467 


den letzteren hat aber einen tieferen Grund, der darin besteht, 
dass ihre Durchbruchsverhältnisse sowie der Zeitpunkt ihres 
Erscheinens ganz andere sind als die der übrigen Zahn- 



Milch schneid ezahn resorbiert, oberhalb desselben ein wohlansgebildeter, schräg, 
gegen den anderen Inc. gelagerter, grosser Schneidezahn. 



Der Inc. I. s. d. steht hoch oben im Alveolarknochen, ein kleinerer Teil der 

Schneide fehlt. 

Sorten und darauf kommt es ja vielfach an. Eine Ver¬ 
schiebung nach der einen oder anderen Stelle hin kann so 
leicht erfolgen, dass man sich nicht wundern darf, wenn eino 
grössere Zahl von Retentionen zur Beobachtung gelangt. Die- 


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468 


Prof, Dr. Julias Schelf, Wien. 


Ansichten, ob Retention vorhanden sei oder mehl, konnten in 
vielen Fällen verschieden sein, weil der Nachweis schwer za 
erbringen war, beste hebt das Röntgenbild jeden Zweifel auf. 
Die mangelhafte, mitunter unmögliche DiagnosensteHtmg war 
der Grund, dass viele Retentionen nicht beachtet wurden und 
infolgedessen auch wenige der Behandlung zugeführt werden 
konnten. Zur vollen Erkenntnis und richtigen Würdigung eines 
noch in der Tiefe sitzenden retinierten Zahnes gelangte man 
demnach erst durch die Sicherstellung der Diagnose beim 
Lebenden mittels der Röntgenuntersuchung und deshalb 
kann die hohe Bedeutung dieser Entdeckung auch für die 
Zahnheilkunde nicht genug und oft hervorgehoben werden.' 
Ihre Auffindung muss wohl als eine der grössten epoche¬ 
machenden Errungenschaften hingestellt werden. Wenn wir 
demnach die heutigen Untersuchungsmethoden mit jenen der 
früheren Zeit vergleichen, so stellt sich das Mass der Schwierig¬ 
keiten auf ein geringes, aber trotzdem müssen wir zugestehen, 
dass das Gefühl der Ueberlegenheit gegenüber unseren Vor¬ 
männern nicht recht am Platze wäre, denn die leichtere Art 
der Diagnosenstellung stärkt zwar unser Urteil aufs höchste 
und sichert es gegen manchen Einwand, ist aber nicht aus¬ 
schliesslich unser Verdienst. 

Die Verhältnisse haben sich einfach zu unseren Gunsten 
geändert, das ist das hervorstechendste Moment. 

Nebenbei glaube ich annehmen zu dürfen, dass die Ge¬ 
schmacksrichtung zur damaligen Zeit vielleicht nicht so aus¬ 
gebildet war wie jetzt, wenn auch ein normal geformtes, gleich- 
mässig angeordnetes Gebiss zweifellos mit zu den Schönheiten 
gerechnet wurde. Das wesentliche Merkmal in der heutigen Be¬ 
handlung unregelmässig gestellter Zähne liegt demnach in den 
besseren und technisch ausgebildeteren Methoden sowie in der 
richtigen Verwertung derselben. 


1 Die meisten Fälle, namentlich die von Salt er beschriebenen, sind 
•erst post mortem bekannt geworden, denn die retinierten Zähne wurden mit 
Hammer and Meissei freigelegt, sind demnach im Leben nicht diagnostizierbar 
gewesen. 


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Ueber die Herabholung retiuierter Zähne etc. 


469 


Von den vielen in letzter Zeit an meiner Klinik zur Be¬ 
obachtung gelangten Retentionen will ich bloss einige markante 
Fälle herausheben, insbesondere einen näher beschreiben und 
dessen Behandlung mitteilen, resp. eingehender besprechen. 
Diese Gelegenheit hat es mir möglich gemacht, auf das Studium 
der Retention näher eingehen zu können; ich habe gewisser- 
massen erst dadurch ihr Wesen kennen und verstehen gelernt. 
Ich begnügte mich dabei nicht bloss auf die Stellung der Diag¬ 
nose, auf die Notwendigkeit, technische Hilfsmittel anzuwenden, 
sondern ich war hauptsächlich darauf bedacht, solche selbst 
zu konstruieren, von denen anzunehmen war, dass sie auch in 
ihrer Wirkung meine Auffassung unterstützen und wesentlich 
fördern werden. Ich konnte dies aber nur auf Grund eigener 
Beobachtungen möglich machen, in Verbindung mit verschiedenen 
Versuchen, da diesbezüglich unsere Literatur, soweit ich die¬ 
selbe durchsehen konnte und insoferne sie mir zur Ver¬ 
fügung stand, wenig Brauchbares enthält Ich war demnach 
auf mich selbst, auf meine eigene Kombination angewiesen 
und infolgedessen stand ich im Anfang der vorzunehmenden 
Behandlung fremd gegenüber. Ein Fall, den ich in der Literatur 
beschrieben fand und den ich später eingehender berücksichtigen 
werde, verdient jedoch unsere besondere Aufmerksamkeit, denn 
es besteht zwischen ihm und dem von mir später zu erwähnenden 
Fall I. eine entfernte Aehnlichkeit, allerdings weniger in der 
Anwendung der maschinellen Vorrichtung, als vielmehr hinsicht¬ 
lich der Lagerung des retinierten Zahnes. Er hat deshalb auf 
meine Entschliessungen insoferne fördernd gewirkt, dass er 
mich zu verschiedenartigen Versuchen anregte, bis es mir 
endlich gelungen ist, eine Methode zu finden, deren Verwertung 
ich den vollständigen Erfolg zu danken habe. 

Unter solchen Umständen ist und bleibt für die weitere 
Beurteilung, sowie für die daraus sich ergebenden notwendigen 
Massnahmen als einzig richtigste Voraussetzung eine gute, den 
Verhältnissen entsprechende Röntgenaufnahme. Haben wir uns 
eine solche verschaffen können, so begreifen wir vor allem, 
welcher Art die Verschiebung oder die Verlagerung des reti¬ 
nierten Zahnes ist. Damit ist aber schon ein bedeutendes 



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• HHW(*i* - 


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Prof. Dr. Julius Scheff, Wien. 


Stück Arbeit geleistet und gleichzeitig ein Teil des Erfolges 
gesichert. Ich hielt es ausserdem noch für notwendig und glaube 
damit der Uebersichtlichkeit zu nützen, dass ausser den Röntgen¬ 
aufnahmen diesen entnommene Situations- oder, besser gesagt* 
schematische Bilder hergestellt und angefügt wurden. Es ist durch¬ 
aus kein Kampf, den ich gegen vielleicht vorhandene, mir aber 
nicht bekannte Methoden führen will, es soll vielmehr eine Richt¬ 
schnur angegeben werden, nach welcher im allgemeinen bei 
der Behandlung jener komplizierten Retentionen vorzugehen 
sei, die jetzt häufiger Vorkommen. Es ist ja nicht ausgeschlossen* 
dass das für den einen Fall vollkommen Klare für einen anderen 
unklar ist und die sich daraus ergebenden Resultate bloss 
einen beschränkten Wert haben. Je eingehender aber die ver¬ 
schiedenen Anschauungen zur Geltung gebracht werden, um so 
mehr gelangt man zur Erkenntnis, dass dadurch der Boden 
für eine entsprechende Behandlung vorbereitet wird. Deshalb 
soll jedwede Meinung, von welcher Seite sie auch immer 
kommen mag, vorausgesetzt, dass sie rein sachlich ist, rück¬ 
haltslose Anerkennung finden, denn ich bin überzeugt und 
halte es bei dem überwiegenden Interesse, welches diese An¬ 
gelegenheit mit sich bringt, für nicht ausgeschlossen, dass dank 
der nie ruhenden Fortschritte unserer Wissenschaft bald die 
verschiedensten Meinungen ausgesprochen werden dürften und 
damit ist vielleicht eine wirkungsvolle Austragung dieser Frage 
in der Entstehung begriffen. 

Ich gehe nun in medias res über und werde in An¬ 
knüpfung an eine schon oben gemachte Bemerkung einige be¬ 
sonders charakteristische Fälle anführen. Die eingehende Be¬ 
schreibung und Besprechung der einzelnen Fälle mögen mir 
erlassen sein, sie würden den Rahmen dieser Arbeit über¬ 
schreiten. Dagegen wird die mechano-therapeutische Behandlung 
in geeigneter Weise besprochen und dem interessantesten Falle 
angeschlossen werden. 

Unter den zahlreichen Fällen von Retentionen, die an 
unserem Institut in Behandlung standen, nimmt der nach¬ 
folgende einen ganz besonderen Platz ein, denn er ist der 
Typus jener Retentionen, die im Leben ohne Beihilfe des 


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Ueber die Herabbolung retinierter Zähne etc. 


471 


Röntgenverfahrens nicht zu diagnostizieren sind. Ich habe in 
erster Linie das Hauptaugenmerk auf eine genaue Röntgen¬ 
aufnahme und auf die hievon entnommene schematische Zeich¬ 
nung gelegt. Beide sind vollkommen gelungen, wie die Fig. 5, 
7, 9, 10, 11 und 12 zeigen. 


Fall (Prot.-Nr. 1272). 

Frl. H. R., 19 Jahre alt, kommt auf die zahnärztliche 
Klinik mit der Frage, ob es richtig sei, dass sie links oben (Fig. 4) 
noch einen Milchzahn besitze. Nachdem dessen Vorhandensein 
konstatiert worden, wurde die Röntgenaufnahme behufs Sicher¬ 
stellung des eventuell retinierten Ersatzzahnes veranlasst. Die¬ 
selbe bestätigte die Existenz des retinierten Eckzahnes, dessen 



Fig 4. 

Erste Aufnahme bei noch vorhandenem Milchzahn. A nach vorn gedrängter 
kleiuer linker Scbneidezahn; B an der Kronen^pitze abgenützter linker 

Milcheckzahn. 


Kronenspitze schief gegen die Wurzel des linken kleinen 
Schneidezahnes gerichtet war, während seine Wurzel quer 
unterhalb derjenigen des ersten Prämolars lag (Fig. 5). 

Der Milcheckzahn wurde extrahiert, seine Wurzel war 
zum Teil resorbiert (Fig. 6),» die Krone des Ersatzzahnes nicht 
sichtbar. Einige Wochen nach der Extraktion wurde am 
Gaumen, an der Stelle, wo nach dem Röntgenbilde der re- 
tinierte Zahn zu liegen schien, ein Einschnitt gemacht und 
mittels Sondierung ein harter Körper konstatiert, den man 

1 Mit Hilfe dieses Falles lässt sich feststellen, dass Punkt 1, der zu 
den Ursachen der Retention gerechnet wird, das zu lange Verbleiben des 
Milehzahnes betreffend, s»ine volle Berechtigung hat. 

2 


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Prof. Dr. Julius Scheff, Wien. 


als den im Zahnbogen fehlenden Ersatzzahn ansprechen 
musste. Eine neuerliche Röntgenaufnahme bestätigte die 
Richtigkeit der Diagnose. 



Fig. 5. - 

Ausser dem äusserlich rechts sichtbaren Milchzahn ist noch ein schief gegen 
die Wurzel des kleinen Schneidezahnes gelagerter retinierter Eckzahn zweiter 
Dentition gerichtet. 


Fig. 6. 

Resorption der Milchzahnwurzel. 

M. Kraus, Wien*, berichtet über zwei Fälle von re- 
tinierten Eckzähnen im Oberkiefer, deren Einbeziehung in den 
Zahnbogen mittels Ligaturen erfolgte, und zwar in der Weise, 

* Oesterr.* ungar. Viertel)ahrsschrift für Zahnheilkunde 1901, S. 258. 



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Ueber die Herabholung retinierter Zähne etc. 


473 


dass ein gegenüberstehender Zahn im Unterkiefer für die 
zweite Befestigung der Ligatur benützt wurde. Diese Methode 
wollte ich schon deshalb nicht verwenden, weil dadurch die 
Beweglichkeit der beiden Kiefer wesentlich beeinflusst wäre. 

W a 11 i s c h' beschreibt, wie schon früher erwähnt, die 
Behandlung eines retinierten grossen Schneidezahnes, den er 
auf operativem Wege an seine normale Stelle gebracht hat. 
Wenngleich der retinierte Zahn in diesem Falle oberhalb des 
zurückgebliebenen Milchzahnes quer gelagert war, ein Umstand, 
welcher das normale Vorxücken des grossen Schneidezahnes 
hinderte, so ist zu berücksichtigen, dass er an der Aussenfläche 



des Zahnbogens fühlbar war, was für die Behandlung immer¬ 
hin günstigere Angriffspunkte bietet, während bei meiner 
Patientin der Zahn innerhalb des Zahnbogens, bzw. am 
Gaumen retiniert erscheint, mithin schwieriger zu erreichen 
war. Immerhin war der Erfolg bei Wal lisch ein voll¬ 
kommener und die Idee, den zurückgehaltenen Zahn langsam 
mittels des einfach konstruierten Apparates herauszuziehen, 
verdient Anerkennung und Erwähnung. Ich selbst vermied 
in meinem Falle die Verwendung dieses Verfahrens, einerseits 
weil mir die Anbohrung des zu behandelnden Zahnes nicht 
sympathisch, anderseits weil der Zugang zum retinierten Zahn 

i Oesteir.-nDgar. Vierteljahrpschrift für Zahnheilknnde, 1905, S. 28. 

2 * 


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Prof. Dr. Julius Schelf, Wien. 


schwierig war und endlich, weil ich einen anderen Vorgang 
für zweckmässiger hielt. Da in meinem Falle die Krone un¬ 
sichtbar war, musste ich bestrebt sein, dieselbe wenigstens so 
weit frei zu legen, dass dadurch die einzuschlagende Richtung 
für den anzubringenden Regulierungsapparat gegeben sei. Das 
Röntgenbild (Fig. 5) und die davon entnommene Skizze (Fig. 7) 
erleichterten meine Absicht. Ich versuchte vorerst, das Zahn¬ 
fleisch in der Umgebung der Kronenspitze zurückzudrängen, was 
mir aber nicht gelingen wollte. Ich entschloss mich deshalb zu 
einem die Krone herum verlaufenden Zirkularschnitt, wodurch 
die Zahnfleischdecke entfernt und der Zugang zum Zahn frei 


i 



wurde. Nachdem dies geschehen, Hess ich nach einem vorher ge¬ 
nommenen Gipsmodell einen breiten Neusilberring (Fig. 8[1]> 
anfertigen, der über die Krone des retinierten Eckzahnes ge¬ 
schoben werden konnte. Mit diesem Ring (breites Metallband) 
wurde neuerdings ein Gipsabdruck genommen, der den Zweck 
hatte, das Metallband in seiner Lage zu fixieren. Der kleine 
Apparat ist, wie die obige Zeichnung ersichtlich macht, zur 
weiteren Behandlung in folgender Weise hergestellt worden. 

Ausser dem für den retinierten Eckzahn bestimmten Metall¬ 
band (1) wurden um die beiden Prämolaren rechts oben zwei mit- 
.einander verlötete Bänder (2) geschoben, welche an ihrer Gaumen- 



Ueber die Herabholung ruinierter Zähne etc. 475 

seite mittels eines Scharniers mit einer 1 Cm. langen, dickwandigen 
Röhre (4) verbunden sind. Diese ist mit einem Gewinde ver¬ 
sehen, in welchem sich eine l 1 /» Cm. lange Spindel (6) be¬ 
wegt. Zu diesem Zwecke trägt die Spindel, beiläufig in ihrer 
Mitte, eine olivenförmige, mit vier Löchern in gleichem Ab¬ 
stande versehene Verdickung (7). Durch die Drehung der 
Olive von hinten nach vorne (beziehungsweise in der Richtung 
von rechts nach links) kann eine Verlängerung der Spindel 
erzielt werden. Von der Olive weg nach links (im Munde des 
Patienten) läuft die Spindel in eine Spitze (8) aus. Diese ruht 



zur Verhinderung des Abgleitens in einem Näpfchen (la), 
welches sich an der Gaumenfläche des für den retinierten 
Zahn bestimmten Metallbandes befindet. Labialwärts wurde dem¬ 
selben Metallband, und zwar schräg gegen den ersten Prä- 
molar, eine zweite kurze Spindel (9) angelötet. Anschliessend 
bekamen die beiden linken Prämolaren gleichfalls zusammen¬ 
gelötete Bänder (10) aus Neusilber. Das Band des ersten Prä¬ 
molaren trägt einen dicken durchlochten Bügel (11), durch 
welchen die letztgedachte Spindel (9) durchgeführt wird. Diese 
kurze Spindel läuft jenseits des Bügels in einer festen Schrauben¬ 
mutter (12). Durch die Drehung der letzteren von links nach 


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Prof. Dr. Julius Schelf, Wien. 


rechts wird das den retinierten Zahn umfassende Metallband 
dem Bügel genähert und dadurch der Zahn selbst in den in 
der Linie des Zahnbogens befindlichen freien Raum gedrängt. 
Diese Wirkung wird durch Drehung der langen, innerhalb des 
Zahnbogens gelegenen Spindel im verkehrten Sinne von rechts 
nach links unterstützt. 

Der Apparat wurde mittels Zement befestigt und prä¬ 
sentiert sich aufgesetzt in der Aufnahme Fig. 8. 

Schon nach dreiwöchentlichem Tragen und nach suk¬ 
zessivem Anziehen der Schraubenmutter (12) war der retinierte 
Eckzahn, wie Fig. 9 zeigt, tiefer in den freien Raum gezogen 



worden, nach weiteren 8 Tagen wurde er (Fig. 19) mehr nach 
aussen geschoben. Fig. 11 und 12 geben die Situation eines 
späteren Stadiums. Nach zweimonatlichem Tragen wurde der 
Apparat abgenommen; ein Abdruck (Fig. 13 a) zeigt das bisnun 
erzielte Resultat, wonach der retinierte Zahn mit der bereits 
zur Hälfte herausgezogenen Krone zwischen grossem und 
kleinem Schneidezahn eingefügt erscheint. Er stand innerhalb 
des Zahnbogens, so dass sein Einrücken in denselben durch 
den Antagonisten verhindert werden musste. Dies veranlasste 
mich, durch Ueberkappung der unteren Prämolaren den Biss 
zu heben; durch gleichzeitiges Anlegen einer schiefen Ebene 
auf die unteren vorderen Zähne sollte der retinierte Zahn nach 
aussen gedrängt werden. Die schiefe Ebene wirkte zu langsam 


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Ueber die Herabholung retinierter Zähne etc. 


477 


und deshalb ersetzte ich sie durch einen im Oberkiefer an¬ 
gebrachten Apparat (Fig. 14), bei welchem an einem Draht¬ 
bogen links eine Hülse für den grossen Schneidezahn, an dem 



Fig. 11. 


anderen Ende eine desgleichen und eine Klammer für die 
beiden Prämolaren angebracht sind. In der Mitte des Draht¬ 
bogens befindet sich eine durch ein Schraubengewinde zu be- 



Fig. 12. 


wegende Hülse für den retinierten Zahn. Zwischen dieser und 
der Schneidezahnhülse sitzt an dem Verbindungsstück eine 
Schraube, mittels welcher der durch den durchbrechenden Eck- 


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Prof. Dr. Julius Scheff, Wieu. 


zahn nach vorne verschobene kleine Schneidezahn nach hinten 
gedrängt werden konnte. Nach kurzer Zeit — 14 Tage — 
wurde der retinierte Zahn in seine normale Stellung — Zahn¬ 
bogen — gebracht (Fig. 15). Da er jedoch noch nicht voll- 



Fig 13(a). 


ständig herabgerückt ist, wird er gegenwärtig mit Hilfe einer 
kleinen Zugvorrichtung bis ins Niveau der Zahnreihe herunter¬ 
geholt, was wohl keinen weiteren Schwierigkeiten begegnet 
und in kürzester Zeit von Erfolg begleitet sein wird; derselbe ist 



auch tatsächlich eingetreten, wie ich mich während der Fahnen¬ 
korrektur überzeugen konnte. 

Die anderen in den schematischen Zeichnungen ge¬ 
brachten Fälle, wie beispielsweise Fig. 16, befinden sich im 
Anfang der Behandlung, dürften aber in viel kürzerer Zeit 
ihre Erledigung finden, da die vielfachen Versuche in Wegfall 
kommen. Das Verfahren ist vorgezeichnet und ein nahezu 
sicheres Resultat vorauszusehen. 


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Ueber die Herabholung retinierter Zähne etc. 


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Luniatschek hat auf Seile 378 der „Deutschen 
Monatsschrift für Zahnheilkunde“, 1906, über die „Ursachen 
und Formen der Zahnretention“ unter anderem auch jene 



Fig. 15. 

Iü beiden Oberkieferhälften ein wohlausgebildeter Eckzahn, der hart unter 
der Gingiva steht, links (ßild) derart gesellt, dass er sich mit der Krone 
am Halse des grossen linken Scbneidezahnes emporschiebt. Er lagert in dem 
Räume zwischen dem grossen Schneide- und dem Milcheckzahn. 



Fig. 16. 

Punkte angeführt, die ich seinerzeit als Ursachen der wieder¬ 
holt genannten Anomalien aufgezählt habe. 

Es möge mir gestattet sein, zu diesem Aufsatze das Wort 
zu ergreifen, um in einzelnen Punkten die Gegensätze, die 


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Prof. Dr. Julius Schelf, Wien. 


zwischen meiner und des Autors Ansicht bestehen, auszu¬ 
gleichen, wobei es mir am Platze zu sein scheint, die Be¬ 
merkung vorauszuschicken, dass ich nicht die Absicht habe, 
mich in eine engere kritische Erörterung einzulassen. 

In der Arbeit Luniatscheks fällt vor allem auf, dass 
nur jene im Kiefer zurückgehaltenen Zähne als retiniert an¬ 
genommen werden sollten, die niemals zum Durchbruch ge¬ 
kommen sind, während diejenigen Zähne, die nach der nor¬ 
malen Durchbruchszeit zum Vorschein kommen, bloss als 
Dentitio tarda zu betrachten wären. 

Die Auffassung Luniatscheks erscheint dadurch in 
einem ganz anderen Lichte, als sie dem Inhalte nach dargestellt 
werden kann, ja ich glaube darin sogar einen Widerspruch 
zu finden, denn meiner Meinung nach sollte jeder im Kiefer 
zurückgebliebene Zahn, wenn er nicht zu der unter normalen 
Verhältnissen für ihn bestimmten Durchbruchszeit im Zahnbogen 
erschienen ist, als retiniert angesehen werden, gleichviel, ob er 
nach einer gewissen Zeit von selbst durchbricht oder künst¬ 
lich aus seinem Versteck herausbefördert wird. Deshalb er¬ 
achte ich es für richtiger, unter Retention alle Zähne zu be¬ 
greifen, die im Kiefer über die normale Durchbruchszeit hinaus 
zurückgehalten werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Zurück¬ 
haltung nach 10, nach 30 Jahren oder gar nicht aufgehoben wird. 
Wir hätten also nach Luniatschek zwei scharf getrennte 
Phasen der Retention zu unterscheiden, was mir im Sinne der 
obigen Auseinandersetzung nicht recht einleuchtend erscheint. 
Ebenso kann ich mich mit der vom Autor gegebenen Definition 
über das Wesen der Retention nicht ganz einverstanden er¬ 
klären, die gegenüber der von mir vertretenen bloss eine Wort¬ 
umstellung ist, aber gewiss keine andere Deutung zulässt, 
denn „spätestens bis zum erfolgten Abschluss der Dentitions¬ 
periode“ soll doch nichts anderes sagen, als was ich mir in 
dem Nachsatz meiner Definition auszusprechen erlaubte, der 
also lautet „so dass sie — die Zähne — zu der für sie be¬ 
stimmten Durchbruchszeit nicht erschienen sind“. Luniatschek 
möge mich nicht missverstehen, denn ich lege absolut keinen 
Wert darauf, ob meine oder die von ihm gegebene Definition 


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Ueber die Herabholung retiuierter Zähne etc. 


481 


für die Retention in der Literatur verzeichnet bleiben wird. 
Immerhin müsste im Interesse der Gemeinverständlichkeit eine 
Aenderung in der Darstellung Luniatscheks Platz greifen 
und deshalb würde ich vorschlagen, den eingeschobenen 
Zwischensatz, bzw. „bis zur Zeit des erfolgten Durchtrittes von 
Zähnen späterer Entwicklungsperiode“, zu eliminieren, weil 
meinem Empfinden nach das klare Verständnis dadurch ge¬ 
stört ist. 

Ich habe bereits in der meinem Aufsatze auf Seite 1 
vorausgeschickten Anmerkung meinem Urteil Ausdruck ver¬ 
liehen, was ich hier nochmals betonen und wodurch ich den 
Beweis erbringen will, dass ich nicht die Absicht habe, als 
Gegner aufzutreten, dass ich vielmehr, wie schon erwähnt, 
lediglich in einigen Punkten mit seinen Ansichten nicht ganz 
übereinstimme. 

Auch hinsichtlich der die Retention veranlassenden Ur¬ 
sachen bin ich anderer Anschauung und nehme einen ent¬ 
gegengesetzten Standpunkt ein. 

Luniatschek sieht unter anderem als Ursache für die 
Retention von Zähnen an: 

„Die primäre Verlagerung von Zahnkeimen, d. h. die Zahn¬ 
keime liegen vom Orte des Durchbruchs so weit ab, dass die 
die Austreibung aus dem Kiefer bewirkenden Kräfte nicht aus- 
reichen, den Durchbruch rechtzeitig zu bewerkstelligen“. 

Ich kann mich bei diesem Satz in den Gedankengang 
Luniatscheks nicht gut hineinfinden, da doch sämtliche 
Keime, auch wenn die normalsten Verhältnisse vorliegen, nicht 
an dem für sie bestimmten Durchbruchsoit gelagert, sondern 
wie bekannt über, resp. unter und teilweise auch hinter den 
Milchzähnen verteilt sind, kurz es liegen die Ersatzzähne vor 
ihrem Durchbruch im Kiefer regellos nebeneinander, gewisser- 
massen in einem chaotischen Zustand. In diesen letzteren muss 
Ordnung gebracht werden, und dies hängt lediglich von dem 
Weg ab (es gibt deren verschiedene), welchen die den Austritt 
des Zahnes bewerkstelligenden Naturkräfte einzuschlagen beab¬ 
sichtigen. Ob wir uns der einen oder der anderen Theorie des 
Zahndurchbruchs anschliessen, ist für die Auffassung der von mir 


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Prof. Dr. Julius Schelf, Wien. 


beanständeten Punkte wohl gleichgiltig, denn als letzte Konse¬ 
quenz bleibt unter allen Umständen, normale Verhältnisse voraus¬ 
gesetzt, immer der Austritt des Ersatzzahnes nach dem Ausfallen, 
resp. nach der Wegnahme des gleichnamigen Milchzahnes an der 
für ihn bestimmten Durchbruchsstelle, das Vorhandensein eines 
Ersatzkeimes oder eines schon ausgebildeten Zahnes voraus¬ 
gesetzt. Ich kann mich für eine primäre Verlagerung des Zahn¬ 
keimes nicht recht begeistern, wohl aber lässt sich denken, 
dass die Kräfte zum Austreiben des Zahnes aus dem Kiefer 
ab und zu nicht ausreichen oder den entgegengesetzt wirkenden 
weichen müssen und dadurch könnte ohne vorhergegangene 
Verlagerung sicherlich eine Retention entstehen. Ich halte das, 
was Luniatschek primäre Verlagerung nennt, weit eher für eine 
sekundäre Verschiebung und bin der Meinung, dieselbe komme 
zumeist dadurch zustande, dass der angelegte Keim allerdings 
an seiner richtigen Stelle gelagert ist, bei seiner Entwicklung 
aber, wie auch bei dem Bestreben durchzubrechen behindert 
und an jenen Ort gedrängt wird, wo er nicht weiter be¬ 
hindert ist, schliesslich liegen bleibt. Dass ihm da in einer für 
ihn fremden Umgebung jene treibenden Momente fehlen, die 
ihn sonst an die Oberfläche befördert hätten, ist ohne Zuhilfe¬ 
nahme der Phantasie erklärlich und begreiflich. Jene retinierten 
Zähne, die am Gaumen verlagert und nur durch Röntgen 
nachzuweisen sind, gehören hieher. 1 


1 Man könnte bei diesen in abnormer Lage sich befindenden Zähneu 
allerdings dem Gedanken Raum geben, dass es sich um eine primäre Ver¬ 
lagerung des Zahnkeimes bandelte. Eine solche Vermutung ist aber nur 
möglich, solange wir nicht in der Lage sind, ein die Situation beleuchtendes 
Röntgenbild zu erhalten. Da wir jedoch bei einem Kinde bald nach seiner 
Geburt kaum eine solche Aufnahme vornehmen lassen können, die uus 
eventuell über die notmale oder abnorme Lage der Zahnkeime Aufschluss 
geben könnte, so dürfen wir auch hinterher eine etwa vorhandene und 
diagnostizierte Retention nicht als von einer primären Verlagerung entstandene 
ansprechen. Auf Seite 568 meines Handbuches, I. Bd., ist zu lesen: „Hier 
wäre als Ursache einer bestehenden Retention die falsche Lage des Zahn¬ 
keimes anzuuehmen 11 . Damit ist wohl klar und deotlich zugegeben, dass ich 
die Verlagerung des Zahnkeimes nicht ausschliesse, sondern sogar ab und 
zu als Ursache anzunehmen gewillt bin. 



Ueber die Herabhoiaog retirierter Zähne etc. 


48a 


Zur primären Verlagerung von Zahnkeimen als Retentiom- 
Ursache macht Luniatschek auf die relativ hohe Anlage 
des Ersatzkeimes vom Eckzahn aufmerksam und ist geneigt,, 
die grosse Zahl der retinierten Eckzähne in erster Linie darauf 
zurückzufuhren. Es sei mir gestattet, seine Ansicht wörtlich 
zu zitieren. „Wenn wir uns am mazerierten Schädel in der 
zweiten Dentitionsperiode die Lagerung des Eckzahnkeimea 
betrachten, so finden wir, dass fast am Infraorbitalrandi? 
oberhalb der Wurzel des Milcheckzahnes sich die Anlage 
des permanenten Ersatzzahnes befindet. Die Lage am Infra¬ 
orbitalrande erklärt sich daraus, dass zwischen den Wurzeln 
der Milchzähne, oder facial, oder palatinal von diesen die Zahn¬ 
keime der permanenten Zähne nicht genügend Platz finden, 
und deshalb über den Milchzahnwurzeln zur Entwicklung 
kommen müssen. Nun ist ausserdem die Wurzel des Milch¬ 
eckzahnes die längste im Milchgebiss, infolgedessen hat die Krone 
des permanenten Caninus den weitesten Weg von ihrer An¬ 
lage bis zum Orte ihres Durchbruches am Alveolarfortsatz, 
zurückzulegen.“ Diesen Ausführungen gegenüber muss bemerkt 
werden, dass auch der nachrückende Ersatzeckzahn in» 
Unterkiefer gleich der grossen Alveole des ersten Mahlzahnes 
bis an die Basis des Unterkiefers herabreicht. Verfolgen wir 
nun die Ersatzkeime der Eckzähne in den verschiedenen Alters¬ 
perioden, wie dies an Kinderschädeln leicht möglich ist, so 
finden wir die Eckzähne im Oberkiefer weit oben, im Unter¬ 
kiefer weit unten gelagert. Luniatschek führt nun den 
weiten Weg, den der obere Eckzahn bis zu seinem Durch¬ 
bruch zurückzulegen hat, als häufige Ursache für seine Re¬ 
tention an, während er beim unteren Eckzahn übersieht, dass 
sein zurückzulegender Weg beinahe ebenso lang ist, wie bei 
seinem Antagonisten und dennoch unterliegt er selten der 
Retention. Das letztere ist eine nicht wegzuleugnende Tatsache, 
anderseits aber scheint mir der Zusammenhang der Retention 
des oberen Eckzahnes mit dem zurückzulegenden Weg in keinen. 
Zusammenhang gebracht werden zu können. Luniatschek 
vergisst offenbar, dass auch der Zeitraum, innerhalb dessen 
der Durchbruch der Eckzähne zu erfolgen hat, ein weitaus- 


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Prof. Dr. Julius Schelf, Wien. 


längerer ist, als für seine unmittelbaren Nachbarn. Dies scheint 
mich von der Natur berücksichtigt worden zu sein, denn sie 
hat in ihrer alles überblickenden und weisen Art auch diesen 
scheinbaren Fehler richtig paralysiert. Dass der untere Eckzahn 
weniger häufig zur Retention kommt, sucht Luniatschek 
durch die festere Corticalis zu erklären, die ein labiales oder 
palatinales Durchbrechen verhindert. Das letztere muss zu¬ 
gegeben werden, doch darf man dabei nicht ausseracht lassen, 
dass sich innerhalb der beiden Corticalwände hauptsächlich 
Spongiosa befindet und eine Verlagerung des unteren Eck- 
zahnes quer in dieselbe nicht nur möglich, sondern, wie solche 
Fälle bekanntlich Vorkommen, auch leicht begreiflich erscheint. 
Die Spongiosa würde dem Drängen des Zahnes, der ja kom¬ 
pakter äst als sie, keinen erheblichen Widerstand entgegen¬ 
setzen. Retentionen unterer Eckzähne werden in weitaus ge¬ 
ringerer Zahl als bei deren Antagonisten beobachtet. Es sei jedoch 
nicht unerwähnt, dass die unteren Eckzähne häufig nach aussen 
gedrängt Vorkommen und dabei die Schneidezähne dachziegel¬ 
förmig übereinander geschoben erscheinen. 

Für dieses Verhalten finde ich keine andere Erklärung, 
-als die der Raumbeengung gegenüber den abnormen Grössen¬ 
verhältnissen der Zähne, ein Vorkommen, das nicht selten ist 
und deshalb nicht übersehen werden darf, denn bei einem höheren 
Urad von Raumbeengung wäre die Retention eines oder des 
anderen Zahnes eine nicht ausbleibende Folge. Wir ersehen da¬ 
raus, dass sich während der Dentition ein ununterbrochen be¬ 
stehender Kampf zwischen zwei ungleichartigen Kräften abspielt, 
bei dem es lediglich darauf ankommt, welche von beiden den 
Widerstand leichter zu überwinden vermag. Näher will ich auf 
die Raumbeengung nicht eingehen, sie ist ja sowohl von 
Luniatschek wie auch von mir unter den Ursachen der 
Retention angeführt; ich musste sie trotzdem erwähnen, schon 
um zu zeigen, dass die anomale Stellung des unteren Eck¬ 
zahnes mit einer zu frühen oder zu späten Entfernung seines 
Vorgängers zusammenhängt. 

Luniatschek zählt unter anderen Ursachen auch die 
-auf, die ich in meinem Handbuche für die Retention der Zähne 


ligitizf 


Ueber die Herabholung retinurter Zähne etc. 


486 


anführe. Daselbst heisst es: „Sie kann bedingt werden: 1. da¬ 
durch, dass der entsprechende Milchzahn zu lange in seiner 
Alveole verbleibt, somit der nachrückende Zahn in die für ihn 
bestimmte Zelle nicht ein treten kann.“ Gegen diese Auffassung 
wendet sich Luniatschek mit der Begründung, dass der 
Ausfall des Milchzahnes erst die Folge des nachrückenden 
Zahnes sei, wie Kallhardt, Treuenfels u. a. nachgewiesen 
hätten. 

Wenn dies richtig ist, und wir wollen daran feslhalten, 
so lässt sich erst recht der Zusammenhang der Retention mit 
dem längeren Verbleiben des Milchzahnes nicht in Zweifel 
ziehen. Dafür spricht eine Reihe von Fällen, die ich selbst 
beobachtet habe und Luniatschek stellt auch solche in den 
Dienst meiner Annahme. Ich verweise auf seine angeführten 
Krankengeschichten, die sich in seiner Arbeit unter Fall 1, 
7, 8 beschrieben finden, wiewohl er das Verbleiben der Milch¬ 
eckzähne anders deutet. Für mich ist es zweifellos und der 
auf Seite 475 beschriebene Fall I, sowie die sich an¬ 
schliessenden sprechen übrigens gleichfalls dafür, dass die 
Retention von dem Verbleiben des Milcheckzabnes abhängig 
ist. Wenn Luniatschek die Retention und ihre Ursachen 
weiter genau verfolgen wird, dann dürfte er bald zur Be¬ 
achtung dieser Tatsache gelangen. 

Ich habe Punkt 1 bei den von mir aufgestellten Ursachen 
nicht als alleinigen Grund für die Retention angenommen, 
sondern unter den vielen anderen auch diesen mit heran¬ 
ziehen müssen, weil damit keine theoretische Annahme, sondern 
eine durch wiederholte Beobachtung gezeitigte Erfahrung ver¬ 
bunden ist. Uebrigens gebe ich zu, dass nicht in allen Fällen 
der Persistenz des Milcheckzahnes der Ersatzzahn retiniert sein 
muss. Er kann als Keim schon zugrunde gegangen oder durch 
irgend eine andere Ursache, die wir nicht immer kennen, in der 
Entwicklung und im Durchbruch behindert worden sein. Bei¬ 
folgende Fig. 17 und 18 zeigen im vorgeschrittenen Alter 
persistierende Milcheckzähne. Durchschnitte über denselben und 
in der Nachbarschaft lassen keinen retinierten Ersatzzahn 
finden. 


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Prof. Dr. Julius Scheff, Wien. 


Hierher müssen wohl jene Fälle gerechnet werden, bei 
welchen die Milcheckzähne fest im Kiefer verbleiben, während 
die Ersatzzähne, die für jene einireten sollten, ausserhalb oder 
innerhalb des Zahnbogens oder an einer mehr rückwärts ge¬ 
legenen Stelle zum Durchbruch gelangen. Solche zurück- 



Oberkiefer (Spirituspräparat) eines 18- bis 20jährigen Mannes. 

4III81 1 12 lli 4 In demselben befinden sieb rechts neben dem grossen 
Schneidezahn der Ersatzeckzahn 3, neben diesen der Milcheckzahn III, dessen 
Wurzelspitze eine nur wenig bemerkbare Resorption zeigt, der bleibende 
kleine Schneidezahn fehlt. Links: grosser, nebenan kleiner Schneidezahn, 
folgend der festsitzende Milcheckzahn III, dessen Wurzel gegen den kleinen 
Schneidezahn eine seichte Resorptionsstelle zeigt, die gewiss von dem Vorbei¬ 
gleiten der kleinen Schueidezahnkrone herrübrt. 



Oberkiefer (Spirituspräparat) eines 25jährigen Mannes. 

Rechts grosser Schneidezahu, anstossend der kleine Älilchschneidezahu, neben 
dsm der bleibende Eckzahn sitzt. Die Wurzel des Milchschneidezahnes gegen 
den Eckzahn zu eine seichte Resorptionsstelle zeigend, offenbar seinerzeit 
durch den heranrückenden Eckzahn herrorgerufeu. 





Ueber die Herabholuug retinieiter Zähne etc. 487 

gebliebene Milcheckzähne zeigen nicht immer Resorption ihrer 
Wurzel. Wenn dieselbe aber trotzdem an einer seichten Stelle 
seitwärts vorkommt, wie dies Fig. 17 und 18 zeigen, so lässt sich 
beinahe bestimmt nachweisen, dass sie durch einen vorbei- 
i fickenden Ersatzzahn veranlasst worden ist. Sind das nicht 
Fälle, die geeignet erscheinen, jene Ansicht zu unterstützen, 
wonach der Ersatzzahn, wenn er normal vorrückt, die Milch- 
/.ahnwurzel tatsächlich zur Resorption bringt, anderseits aber 
sprechen sie dafür, dass die intakt gebliebene Milchzahn¬ 
wurzel die Ursache für die Deviation des nachfolgenden 
Frsatzzahnes abgeben kann. In beiden Fällen scheint mir 



Fig. 19. 

Oberkiefer eines 18jährigen Mädchens. 

Links Transposition des Eckzahnes zwischen den beiden Prämolaren, der 
kleine Schneidezahn fehlt. 

die Persistenz des Milchzahnes eine Schädigung für den nach¬ 
rückenden Ersatzzahn zu sein, der dadurch entweder retinierl 
oder transponiert wird. Uebrigens darf nicht unausgesprochen 
bleiben, dass die Resorption der Milchzahnwurzel eigentlich 
kein physiologischer Vorgang ist und dass wir im Gesamt¬ 
organismus keine, auch nur annähernd analogen Verhältnisse 
finden. Es spricht demnach vieles für, aber nur weniges gegen 
die bisherige Annahme von der Resorption der Milchzahn¬ 
wurzel durch den nachrückenden Ersatzzahn. Ich könnte mich 
ohneweiters den neuen Anschauungen anschliessen, wenn die 
hiefür vorgebrachten Beweise überzeugender wirken würden. 

3 


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488 


Prof. Dr. Julius Scheff, Wien. 


Aehnlich wie die oben angeführten Fälle müssen auch die Trans¬ 
positionen einzelner Zähne aufgefasst werden, bei welchem bei 
spielsweise der erste Prämolar an die Stelle des Eckzahnes und 



Fig. 20. 

Oberkiefer, bei welchem rechts der kleine Scliueidezahn zwischen Eckzahn 
und Prämolar dnrchgebrochen ist. 



Fig. 21. 

Oberkiefer, bei welchem ein einem Molar ähnlicher Backenzahn zwischen 
grossem Schneide- und Eckzahn gelagert ist. 

der letztere an den Platz des ersten Prämolars gerückt ist, dem¬ 
nach der Eckzahn zwischen den beiden Prämolaren sitzt (Fig. 19). 
Derlei Vorkommnisse sind ziemlich häufig (Fig. 20, 21, 22). 
Liegt vielleicht hier auch eine Verwechslung von Ursache und 


Ueber die Her&bholung retiuierter Zähne etc. 


489 


Wirkung vor, worauf sich einige Autoren zu stützen suchen? 
Ich glaube nicht, dass der eigentliche Grund der Transposition 
missverstanden werden kann, wenn man bedenkt, dass ein 
oder der andere von der Regel abweichende Fall kaum ge¬ 
nügen dürfte, eine bisnun nicht vollkommen widerlegte Annahme 
hinfällig zu machen. Ebenso steht es mit der Retention, denn 
so viele Fälle sprechen dafür, dass sie auch durch zu langes Ver¬ 
bleiben eines Milchzahnes bedingt werden kann, während bloss 
vereinzelte Fälle dagegen sprechen. Es ist gewiss nicht unum¬ 
gänglich notwendig, dass die Milchzahnwurzel durch den nach¬ 
rückenden Ersatzzahn zur Resorption gebracht werde, ausfalle 
und damit Platz schaffe. Tatsache ist aber, dass der Milchzahn, 



Unterkiefer (Spirituspräpar&t) eines 18- bis 20jährigen Mannes. 

Rechts zwischen den beideu Prämolaren der persistierende Milcheckzahn, Er- 
satzeckzabn fehlt. FttnfSchneidezäbne, wovon möglicherweise einer den fehlenden 
Ersatzeckzahn substituiert. 

wenn er nicht ausfällt, gewiss dem nachfolgenden Ersatzzahn im 
Wege steht Die Folgen hievon sind dann ohne Zuhilfenahme von 
aussergewöhnlichen Umständen klar einzusehen. Und deshalb 
kann dieses Moment nicht übergangen werden, denn die ins 
Treffen geführten Gegenansichten stehen wahrlich auf sehr 
schwachen Füssen. Ob die Aenderung in der Auffassung über 
die Ursachen der Wurzelresorption sich in Wirklichkeit mit 
den erhobenen Tatsachen deckt, bleibe vorderhand unwider— 
sprochen. In der Theorie muss jedoch zugestanden werden, 
dass es vorläufig nicht zweckmässig sei, schon mit dem Hin¬ 
weis auf das in Betracht kommende geringe Material, jene An¬ 
sichten zu verwerfen, die der Wahrscheinlichkeit entsprechen, 

3 * 


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490 Prof. Dr. Julius Schelf, Wien. lieber die Herabholung etc. 

gegenüber jenen, die noch nicht genügend gestützt werden 
können. Es kann wohl keiner Täuschung unterliegen, dass 
eine Ueberbrückung der ganz entgegengesetzten Anschauungen 
erst dann möglich sein wird, wenn in der Folge mehr und un- 
widerleglichere Beweise als die bisherigen für die neue Theorie 
herbeigeschafft werden. 

In seinen Schlussbemerkungen erwähnt Luniatschek, 
dass er aus der Literatur für seine Arbeit keinen Fall von 
Retention des Mol. III. inf. verwerten konnte. Auf Seite 566, 
Fig. 218, meiner Arbeit über das gleiche Thema findet sich 
ein als typisch zu bezeichnender Fall angeführt und be¬ 
schrieben. 1 

In allen anderen Punkten stimme ich mit Luniatschek 
überein, so dass eine Wiederholung derselben wohl über¬ 
flüssig erscheint. 

Frei von jeder persönlichen Gegnerschaft, war ich bloss 
bemüht, meinen Standpunkt in gewisser Beziehung nicht nur 
zu vertreten, sondern durch Nachweise auch aufrecht zu halten, 
wobei ich bloss den Zweck erfüllt wissen wollte, dass meine 
durch Erfahrungen erzielten und gewonnenen Ergebnisse einer 
vieljährigen Arbeit und Beobachtung auch weiterhin anerkannt 
bleiben mögen. 


1 Scbeffs Handbuch der Zahnheilkunde, I. Bd, 1902, S. 566. 


Prof. Dr Mayrhofer, Innsbruck. Ein Pall von dentaler Oberkiefernekrose etc. 491 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Eil Fall toi partieller Maler OMieferaekrase nit Dorclt- 
M iahe den Aaiealide und io die NaseiMle 

Von Prof. Dr. B. Mayrhofer in Innsbruck. 

Folgender differentialdiagnostisch bemerkenswerte Fall 
gelangte kürzlich im Innsbrucker zahnärztlichen Institute zur 
Beobachtung: 

Ein 20 jähriges Bauernmädchen erkrankte 6 Wochen vor 
der Aufnahme an heftigen Zahnschmerzen im linken Oberkiefer, 
welche von bedeutender Schwellung der Wange begleitet waren. 
Unter Anwendung von Kataplasmen brach die Geschwulst nach 
einer Woche imVestibulum oris entsprechend den Backenzähnen 
auf, wobei sich reichlich Eiter entleerte; die Geschwulst ver¬ 
kleinerte sich etwas, schwand aber nicht vollständig; vielmehr 
ereignete sich nach weiteren 2 Wochen ein Durchbruch der 
Haut in der Nähe des linken inneren Augenwinkels; beide 
Fisteln entleerten beständig Eiter, welcher Zustand durch 
8 Wochen unverändert bestehen blieb, weshalb Patientin end¬ 
lich das Spital aufsuchte, und zwar wurde sie mit der Diagnose 
Dakryocystitis an die augenärztliche Klinik in Innsbruck 
gewiesen. Von dort wurde sie, der Kiefereiterung wegen, dem 
zahnärztlichen Institute zugefuhrt. 

Status loci: Mässige, diffuse, nicht druckschmerzhafte 
Schwebung der linken Wange mit einer deutliehen Prominenz 
in der Gegend der Fossa canina; nahe dem linken inneren 
Augenwinkel eine erbsengrosse Granulationswucherung, aus 
deren Mitte sich bei Druck unterhalb derselben reichlich 
stinkender,, missfärbiger Eiter entleert; zugleich drängen sich 
aus der Fistelöffnung schlaffe Granulationen vor, welche bei 
Nachlassen des Druckes wieder zurückschlüpfen; das linke 
untere Augenlid in geringem Grade ödematös geschwollen, etwas 
nach unten und aussen von demselben eine umschriebene, 
an einem Punkte bläulich durchschimmernde Anschwellung; 


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492 


Prof. Dr. B. Mayrhofer, Inusbrnck. 


das obere Lid, ebenso die Bindehaut normal; aus den Tränen¬ 
punkten entleert sich bei Druck auf die Tränensackgegend 
kein Sekret (Fig. 1). 

Die Inspektion des Mundes ergibt im Oberkiefer gesunde 
Zähne mit Ausnahme des ersten und zweiten linken oberen Mo¬ 
laren, welche an den einander zugekehrten Berührungsflächen 
tief kariös zerstört sind; jedoch sind J£ bis J5 hochgradig locker t 
während sämtliche Zähne der rechten Oberkieferhälfte von U 
angefangen tadellos festsitzen. Linkes Vestibulum oris ver¬ 
strichen^ die Gingiva daselbst zwischen dem: ersten und 
zweiten Backenzahne nahe dem Zahnfleischrande von einer 
Fistelöffnung durchbrochen, aus welcher sich bei Druck auf 
die Umgebung massenhaft Eiter von der Qualität des aus der 
äusseren Fistel entleerten ergiesst. Starker Foetor ex ore, ge¬ 
ringe Mundsperre. 

Diagnose: Necrosis superficialis maxillae 
superioris sinistrae e carie dentium. 

Am Tage nach der Aufnahme stellte sich eine profuse 
Eiterung aus dem linken Nasenloche ein, die in ziem¬ 
licher Stärke anhielt. Tags darauf Operation. Narkose (Billroth- 
Mischung); Extraktion der beiden kariösen Mahlzähne; hori¬ 
zontaler, etwa 4 Cm. langer Schleimhautschnitt längs des Alveolar¬ 
fortsatzes etwas oberhalb des Zahnfleischrandes; Zurückschiebei i 
des Schleimhaut-Periostlappens, Extraktion eines daumennagel¬ 
grossen, missfärbigen, ausgenagten Sequesters, der Vorderwand 
des Alveolarfortsatzes entsprechend, Auskratzung massiger, die 
Fossa canina bis hinauf zur äusseren Wangenfistel bedeckender, 
schlaffer Granulationen, ebensolcher in der Richtung gegen die 
Nase, wobei der scharfe Löffel vor der Apertura pyri- 
formis in den unteren Nasengang vordringt; ferner 
wurde konstatiert, dass sich von der Fistel unter dem Lid¬ 
rande schräg nach aussen und abwärts ein etwa 2 Cm. langer 
Granulationsgang erstreckte, an dessen Ende die Haut bläulich 
durchschimmerte, sich mithin ein neuer— vierter — Durch¬ 
bruch vorbereitete, dessen Zustandekommen jedoch durch die 
Operation vorgebeugt wurde. 


Eia Fall vou pariieller dentaler Oberkiefernekrose etc. 


493 



•Fi g. 1. 

Oberkieferoekrose, Tränensackfistel vortäuschend. Fistel nächst dem linken 
inneren Augenwinkel; etwas nach unten und aussen davon eine Vorwölbung 
mit bläulich durchschimmernder Kuppe, durchbruchdrohemi. Fossa canina 
prominent, Wange leicht diffus geschwollen 


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494 


Prof. Dr. B. Mayrhofer Imj&biuik. 


Der vorliegende Fall stellt sich als Periostitis alveolaris 
mit Ausgang in Nekrose eines Teiles der Corticalis des Alveolar¬ 
fortsatzes dar. Derartige Vorkommnisse, wenn auch mit geringerer 
Ausdehnung der Nekrosierung, sind häufiger, als gemeinhin an¬ 
genommen wird, und oft die richtige Erklärung für nachträg¬ 
liche „Eiterung nach Zahnexlraktion“, für welche so gerne in 
oft gedankenloser Weise das „unreine Instrument“ verantwort¬ 
lich gemacht wird. Insbesonders bei Peiiodontitis acuta totalis 
pflegt oft der Rand oder auch ein grösserer Teil der Alveole 
nekrotisch zu werden, ja, manches Mal kommt fast die ganze 
Alveole, den Zahn ringförmig umfassend, bei der Extraktion 
mit heraus (Fig. 2). 

Es empfiehlt sich daher, nach der Extraktion periostitischer 
Zähne die Alveole zu untersuchen und eventuelle Sequester 

M 

b 

Fig. 2. 

I. Molaris rechts unten mit ringförmiger Nekrose um die distale Wurzel. 
a in situ, buccale «nid linguale Ansicht; b nekrotische Alveole, getrenut 

von der Wurzel. 

sofort mit der Pinzette zu entfernen; man wird dadurch nicht 
bloss die Heilung beschleunigen, sondern sich auch vor un¬ 
gerechten Vorwürfen schülzen. 

Ausgedehntere Nekrosen sind schon ein selteneres Vor¬ 
kommnis. Besonders Interesse beanspruchen dabei die den 
Prozess begleitenden Fistelbildungen. 

Am häufigsten bricht sich der Eiter durch die Schleim¬ 
haut Bahn und ergiesst sich in die Mundhöhle; wird längere 
Zeit keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen oder wird 
nur inzidiert, bzw. extiahiert, der Sequester aber nicht ent¬ 
fernt, so kommt es trotz Offenbleiben der Inzisionsstelle und 



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Ein Fall von p rtieller dentaler Oberkiefernekro e etc. 465 

beständigen Eiterflusses aus deiselben häufig doch noch zum 
Durchbruch an irgendeiner anderen Stelle. Dieser zweite Durch¬ 
bruch kann im Munde selbst erfolgen, oft ganz nahe der ersten 
Fistel, oder aber nach aussen. Prädilektionsstelle ist hier bei 
OberkiefiTnekmse der Vorderrand des M. masseter, bei 
Unterkiefernekrose der Rand des Unterkiefers, ins¬ 
besondere die Gegend des Unterkieferwinkels. Auch auf der 
äusseren Haut können sich manchmal zwei Fislelöffnungen 
unmittelbar nebeneinander auf je einem Granula!ionspfropfe 
befinden, letzteres sowohl an der Wange, als auch am Unter¬ 
kieferrande. 

Eine minder häufige Durchbiuchslelle ist vor dem Ohre 
in der Höhe der Mündung des äusseren Gehörganges gelegen; 
dieselbe berechtigt durchaus nicht zur Annahme eines Ober¬ 
kieferprozesses, im Gegenieile ist folgendes Krankheits¬ 
bild geradezu typisch: Brettharte Infiltration der Wange, 
Fistel in der Parotisgegend, bedeutende Kiefersperre,* Wochen-, 
selbst monatelanges Bestehen, Fehlen akut entzündlicher Er¬ 
scheinungen: Ausgang der Erkrankung von kariösen unteren 
Molaren. Diese Fälle lassen manchmal an einen Prozess in 
der Parotis, auch an Lues denken. Therapie: Extraktion 
der Molaren in Narkose unter Anwendung des Alundspiegels. 

Manchmal kommt es zu Senkungen am Halse, mit 
Durchbruch am Vorderrande, seltener am Hinterrande 
des M. sternokleidomastoideus; auch Senkung längs 
dieses Muskels bis zur Clavicüla ist beobachtet worden, die Vor¬ 
stellung einer tuberkulösen Karies derselben erweckend. 

Bemerkenswert sind die Fälle von mehr als zwei Durch¬ 
bruchstellen, die mitunter ziemlich weit voneinander entfernt 
sein können. So fand sich z. B. bei einer partiellen Unter¬ 
kiefernekrose eine Fistel unter dem Kinne, eine zweite nahe 
dem Kieferwinkel und eine dritte vor dem Ohre. 

Mehifache Durchbrüche sind geeignet, denVerdacht 
auf Aktinomykose zu lenken. 

Von den seltenen Durchbruchstellen am bekanntesten ist 
die Perforation nahe dem inneren Augenwinkel, worauf 


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496 Prof. Dr. Mayrhofer, Iuusbiuck. Ein Fall von dentaler Oberkiefernekrose etc. 

besonders die Augenärzte wegen der möglichen Verwechslung 
mit Tränensackfistel aufmerksam machten. 

ln unserem Falle gesellte sich zu dieser interessanten 
Komplikation noch der äusserst seltene Durchbruch nach 
der Nase mit einseitigem Eiterflusse aus der letzteren, ein 
sonst für Nebenhöhlen-, insbesondere Antrumeiterung 
charakteristisches Symptom. Genauere Untersuchung gibt aller¬ 
dings bald Aufschluss. Inspektion der Nase konstatiert den 
Antrumeiter im mittleren, nicht wie in unserer Beobachtung 
im unteren Nasengange. Ferner ist der Eitererguss beim Empyem 
nicht konstant, sondern wird durch gewisse Momente (Schneuzen, 
Vornuberneigen des Kopfes) erst hervorgerufen, bzw. gesteigert. 
Niemals kann, wie im vorliegenden Falle, durch Druck auf die 
Wange eine Eiterentleerung aus dem Antrum bewirkt werden. 
Der Weg, den diesmal der Eiter nahm, ging direkt von der 
Fossa canina an der Apertura pyriformis vorbei in die Nasen¬ 
höhle. In einem am Allgemeinen Krankenhause in Linz (Prima¬ 
rius Dr. A. Brenner) beobachteten Falle durchsetzte der 
Eiter horizontal den Alveolarfortsatz, gelangte dadurch unter 
die Gaumenschleimhaut, durchbrach aber nicht diese, sondern 
nach aufwärts sich wendend das Palatum durum und trat in 
der Nasenhöhle zutage. 

Die bei dentaler Kiefernekrose möglichen Fistelbildungen 
geben sohin reichlich Gelegenheit zu differentialdiagnostischen 
Erwägungen. 


Dr. Bertold Spitzer, Wien. Zur Aetiologie und Pathologie der Kiunfistel. 497 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Z«r Aetioloiie nid Pathologie der KinM 

Aus dem k k. zahnärztlichenUniversitäts-Institut 
(Prof. Dr. Sch eff) in Wien. 

Von Dr. Bertold Spiteer, Assistenten daselbst. 

Gleich den Zahnfleisch-Wangenfisteln unterhalb des Augen¬ 
lides gehört auch die Kinnfistel z 1 jenen Krankheiten, die sich 
scheinbar in gewissen Symptomen berühren, zur falschen Diagnose 
und dementsprechend zu unzweckmässigen therapeutischen 
Massnahmen führen. 

Wir unterscheiden je nach der Stelle, wo die Ausfluss¬ 
öffnung liegt, Zahnfleischfisteln und Haut- oder Zahnfisteln* 
Beide Arten sind zumeist dentalen Ursprungs und das End¬ 
resultat einer meist chronisch verlaufenden Wurzelhaut¬ 
entzündung mit eventuellen akuten Nachschüben. Die Kinn¬ 
fistel gehört zu den Hautfisteln und kann am Kinn, im 
Kinngrübchen oder unter dem Unterkieferrande zu liegen 
kommen. 

Differential-diagnostisch wäre zu erwägen, ob die Ursache 
der Fistel in einer Zahnaflfektion oder in einem Knochenleiden 
liegt, bei Ausschluss des letzteren Umstandes, welcher Zahn 
die Erkrankung eingeleitet hat, ob ein oder gleichzeitig mehrere 
Zähne den Ausgang des Leidens bedingen. Im allgemeinen 
fällt es nicht schwer, bei Anwesenheit einer Fistel den schuld¬ 
tragenden Zahn ausfindig zu machen, da wir in den meisten 
Fällen in der Nachbarschaft einen tief zerstörten Zahn oder 
eine Wurzel finden, die bei genauerer Untersuchung ihren 
Zusammenhang mit der bestehenden Fistel konstatieren lassen. 
Bei der Kinnfistel liegt die Schwierigkeit der Diagnose darin, 
dass in ihrem Bereiche meist tiefzerstörte Zähne fehlen und 
dass die in Betracht kommenden Zähne in der Mehrzahl 
äusserlich vollkommen intakt sind. Die Erfahrung lehrt, dass 
die Kinnfistel ihren Ursprung gewöhnlich von den unteren 


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496 Prof. Dr. Mayrhofer, Innsbruck. Ein Fall von dentaler Oberkiefernekrose etc. 

besonders die Augenärzte wegen der möglichen Verwechslung 
mit Tränensackfistel aufmerksam machten. 

In unserem Falle gesellte sich zu dieser interessanten 
Komplikation noch der äusserst seltene Durchbruch nach 
der Nase mit einseitigem Eiterflusse aus der letzteren, ein 
sonst für Nebenhöhlen-, insbesondere Antrumeiterungr 
charakteristisches Symptom. Genauere Untersuchung gibt aller¬ 
dings bald Aufschluss. Inspektion der Nase konstatiert den 
Antrumeiter im mittleren, nicht wie in unserer Beobachtung 
im unteren Nasengange. Ferner ist der Eitererguss beim Empyem 
nicht konstant, sondern wird durch gewisse Momente (Schneuzen, 
Vornüberneigen des Kopfes) erst hervorgerufen, bzw. gesteigert. 
Niemals kann, wie im vorliegenden Falle, durch Druck auf die 
Wange eine Eiterentleerung aus dem Antrum bewirkt werden. 
Der Weg, den diesmal der Eiter nahm, ging direkt von der 
Fossa canina an der Apertura pyriformis vorbei in die Nasen¬ 
höhle. In einem am Allgemeinen Krankenhause in Linz (Prima¬ 
rius Dr. A. Brenner) beobachteten Falle durchsetzte der 
Eiter horizontal den Alveolarfortsatz, gelangte dadurch unter 
die Gaumenschleimhaut, durchbrach aber nicht diese, sondern 
nach aufwärts sich wendend das Palatum durum und trat in 
der Nasenhöhle zutage. 

Die bei dentaler Kiefernekrose möglichen Fistelbildungen 
geben sohin reichlich Gelegenheit zu differentialdiagnostischen 
Erwägungen. 


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Dr. Bertold Spitzer, Wien. Zur Aetiologie und Pathologie der Kiunfistel. 497 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Zur Aetislip irnl Patöolojie der KinM 

Aus dem k k. zahnärztlichenUniversitäts-Institut 
(Prof. Dr. Sch eff) in Wien. 

Von Dr. Bertold Spitzer , Assistenten daselbst. 

Gleich den Zahnfleisch-Wangenfisteln unterhalb des Augen¬ 
lides gehört auch die Kinnfistel z 1 jenen Krankheiten, die sich 
scheinbar in gewissen Symptomen berühren, zur falschen Diagnose 
und dementsprechend zu unzweckmässigen therapeutischen 
Massnahmen führen. 

Wir unterscheiden je nach der Stelle, wo die Ausfluss¬ 
öffnung liegt, Zahnfleischfisteln und Haut- oder Zahnfisteln* 
Beide Arten sind zumeist dentalen Ursprungs und das End¬ 
resultat einer meist chronisch verlaufenden Wurzelhaut¬ 
entzündung mit eventuellen akuten Nachschüben. Die Kinn¬ 
fistel gehört zu den Hautfisteln und kann am Kinn, im 
Kinngrübchen oder unter dem Unterkieferrande zu liegen 
kommen. 

Differential-diagnostisch wäre zu erwägen, ob die Ursache 
der Fistel in einer Zahnaffektion oder in einem Knochenleiden 
liegt, bei Ausschluss des letzteren Umstandes, welcher Zahn 
die Erkrankung eingeleitet hat, ob ein oder gleichzeitig mehrere 
Zähne den Ausgang des Leidens bedingen. Im allgemeinen 
fällt es nicht schwer, bei Anwesenheit einer Fistel den schuld¬ 
tragenden Zahn ausfindig zu machen, da wir in den meisten 
Fällen in der Nachbarschaft einen tief zerstörten Zahn oder 
eine Wurzel finden, die bei genauerer Untersuchung ihren 
Zusammenhang mit der bestehenden Fistel konstatieren lassen. 
Bei der Kinnfistel liegt die Schwierigkeit der Diagnose darin, 
dass in ihrem Bereiche meist tiefzerstörte Zähne fehlen und 
dass die in Betracht kommenden Zähne in der Mehrzahl 
äusserlich vollkommen intakt sind. Die Erfahrung lehrt, dass 
die Kinnfistel ihren Ursprung gewöhnlich von den unteren 


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498 


Dr. Bertold Spitzer, Wien. 


Schneidezähnen nimmt, wobei die mittleren am meisten in 
Betracht kommen. Bei genauer Untersuchung kann man des 
öfteren bemerken, dass diese unter dem Niveau der Schneide¬ 
flächen der Nachbarzähne liegen, ein Umstand, der für die 
starke Abnützung dieser Zähne spricht Ihre Schneide zeigt 
deutlich Abschliff-Facetten und ihre labiale Fläche oft mit der 
Lupe zu beobachtende Spalten im Schmelz. Diese Ver¬ 
änderungen sind zumeist Zeichen einer traumatischen Ein¬ 
wirkung und unter einem solchen länger dauernden Einflüsse 
kann es zum Zerfall der Pulpa kommen. Das feste Aufeinander- 
beissen der Zähne, sowie das mit denselben bei vielen 
Individuen zur Gewohnheit gewordene Festhalten harter Gegen¬ 
stände verursacht bei den an und für sich zarter gebauten 
unteren Schneidezähnen Erschütterungen, die langsam einen 
Zerfall des dünnen Pulpagewebeß bedingen können. Diese 
Pulpanekrose wird anscheinend erst dann zu entzündlichen 
Erscheinungen führen, wenn dabei die Möglichkeit zur Invasion 
von Bakterien gegeben ist. 

Die häufigste Ursache einer Periostitis ist die Infektion vom 
Foramen apicale aus, seltener von der Zahnfleischtasche, bzw. vom 
Alveolarrande und auf dem Wege des Blutkreislaufes. Ziehen wir 
die beiden ersten Möglichkeiten in Betracht, so wird es nicht 
schwer werden, die an den Zerfall der Pulpa sich anschliessenden 
Erscheinungen entzündlicher Natur auf eine Infektion zurückzu- 
führen, die nicht nur auf das Periost lokalisiert bleiben, sondern 
auch den Knochen und die Wurzelspitze in Mitleidenschaft ziehen 
können, während an eine Einwanderung von Mikroorganismen 
auf dem Wege der Zirkulation am we ni g st en zu denken wäre. 
Bedenkt man, dass die Schneideflächen oft des Schmelzes be¬ 
raubt sind, wodurch an ihrer Oberfläche das Dentin frei zu 
liegen kommt, ferner dass an den labialen Flächen feinste 
Sprünge Vorkommen, so wird die Möglichkeit des Eindringens 
der Mikroorganismen auf diesem Wege nicht abzuweisen sein. 
Eine Infektion von der Zahnfleischtasche oder vom Alveolar¬ 
rand aus wäre gleichfalls möglich, wenn bei Miterkrankung des 
Zahnfleisches und eventuell des Periostes die Fixation des 
Zahnes in seiner Alveole herabgesetzt werden würde, so dass 


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Zar Aetiologie und Pathologie der Kinnfistel. 49i> 

die kleinsten Lebewesen längst des Periostes oder der in dem» 
Septum alveolare hoch emporsteigenden Spongiosa zum 
Foramen apicale gelangen könnten. 

Die sich nun im Bereich der Wurzelspitze abspielenden ent¬ 
zündlichen Prozesse fuhren allmählich zur Bildung eines Alveolar¬ 
abszesses. Sei es nun, dass dieser durch die Schleimhaut oder 
durch die äussere Hautdecke durchbricht, stets bleibt, insolange 
die Eiterungsursache nicht entfernt wird, ein chronischer Alveolar¬ 
prozess zurück, der durch die Fisfelbildung, durch die Ver¬ 
änderungen am Knochen und an der Wurzelspitze charakterisiert 
ist. Ich hatte wiederholt Gelegenheit, Zahnfleischfisteln im Be¬ 
reiche der unteren Schneidezähne mit starker Sekretion zu be¬ 
obachten. Karies war nicht vorhanden, dagegen zeigten die 
Schneideflächen Abschliff-Facetten und nach Trepanation wurde 
die Pulpa im Innern zerfallen gefunden. Erst kürzlich kam ein 
solcher Fall zur Behandlung. Mediziner Leo L., 25 Jahre all. 
Vor 3 Jahren angeblich ohne äussere Veranlassung Schwellung 
im Bereich der unteren Schneidezähne, die nach kurzer Zeit 
zurückging, sich aber öfters wiederholte. Seit 2 Jahren besteht in 
der Gegend der beiden mittleren Schneidezähne je eine Zahn¬ 
fleischfistel, aus denen sich Patient stets selbst den Eiter durch 
Druck entleerte. Die beiden Schneidezähne sind auffallend ver¬ 
färbt, Transparenz geringer, an den Schneideflächen sichtbare 
Abschliff-Facetten. Nach Trepanation beider Zähne findet man 
im Kanal geringe Reste der gangräneszierten Pulpa von putridem 
Geruch. Radiogramm: Der Alveolarfortsatz zeigt in der Gegend 
der mittleren Schneidezähne die Zeichen eines konsumptiven 
Prozesses, der die Wurzeln beider umgibt, aber im Bereich 
der linken stärker erscheint. Nach gründlicher Desinfektion 
werden die Kanäle verschlossen. Hierauf Resektion der Wurzel¬ 
spitze des linken unteren Schneidezahnes, die besonders an 
der Vorderfläche in der Höhe von 4 Mm. stark arrodiert war- 
Die die Höhle ausfüllenden Granulationen werden entfernt — 
die Wurzelspitze des rechten Schneidezahnes war nicht arrodiert 
-Trockenlegen der Höhle, Jodoformknochenplombe, zwei Nähte. 

Im Anschluss an das bereits Erwähnte will ich das Bild 
und die Beschreibung eines Unterkieferpräparates (Fig. 1) folgen 


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500 


Dr. Bertold Spitzer, Wien. 


lassen, das die Schädelsammlung des Institutes verwahrt Es 
ist das klassische Bild eines chronischen Alveolarprozesses, aus¬ 
gehend von den beiden mittleren Schneidezähnen, die keine 
kariöse Zerstörung zeigen. Die Kronen erscheinen verkürzt und 
die Schneideflächen tragen Abschliff-Facetten. Im Oberkiefer 
sind sämtliche Zähne im gesunden Zustande vorhanden, ihre 
Stellung mit Ausnahme des linken Caninus, der ausserhalb 
des normalen Zahnbogens durchgebrochen und ein wenig um 
seine Längsachse gedreht ist, normal. Die Zähne des Unter¬ 
kiefers mit Ausnahme einer superfiziellen Karies in den 
Fissuren der Molaren gesund. Der Zahnschluss ergibt eine 



Fig. 1. 


richtige Artikulation. Die Schneideflächen der mittleren unteren 
Schneidezähne sind um 2 Mm. niedriger als das Niveau der 
benachbarten Incisivi mit gegen die Mitte konkav abfallenden 
Abschliff-Facetten versehen, die zungenwärts eine Rinne bilden, 
in der das Dentin besonders deutlich vorliegt. Auch der 
linke untere seitliche Schneidezahn lässt eine Abschliff- 
Facette erkennen. Hinsichtlich der Veränderung am Knochen 
selbst findet sich annähernd in der Mitte der Vorderfläche 
eine 10 Mm. hohe und 6 Mm. breite Oeffnung, die in eine 
Höhle führt, deren Höhen- und Breitendurchmesser grösser 
sind, als die entsprechenden der Eingangsöffnung. Letztere 
reicht mit ihrem oberen spiizen Pol bis 6 Mm. unter den 


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Zur Aetiologie und Pathologie der Kinnfi^tel. 


501 


Alveolarrand und mit ihrem unteren spitzen Pol bis 12 Mm. 
ober den Kinnrand Die Begrenzung der Eingangsöffnung ist 
allenthalben ziemlich glattrandig und scharf. Die Höhle selbst 
besitzt eine Tiefe von 7 Mm. und nimmt mehr als die Hälfte 
der Dicke des Unterkiefers ein. In sie ragt die an der Spitze 
deutlich arrodierte Wurzel des linken medialen Schneide¬ 
zahnes auf eine Strecke von 5 Mm. frei vor. Die Wand der 
Höhle wird von spongiöser Substanz gebildet, nur die mediale 
Fläche zeigt einen kleinen, fast dreieckigen Defekt, in dem man 
das Wurzelende des rechten mittleren Schneidezahnes erblickt. 
Das Aussehen der Spongiosa gegenüber der Norm erscheint 
verändert. Es fehlt die Bälkchenstruktur, wie man sie an nor¬ 
maler Spongiosa des Unterkiefers an dieser Stelle zu sehen 
bekommt, sondern der Knochen erscheint hier siebartig, von 
mehr rundlichen oder ovalen dicht gedrängten kleinen Löchern 
durchsetzt. Im übrigen ist die Höhlenwand ziemlich glatt, 
nirgends springen Knochenbälkchen in die Höhle vor. Diese 
Veränderung des Knochenpräparates haben wir in vielen Fällen 
zu beobachten Gelegenheit, und höchstwahrscheinlich* hatte 
sich auch hier der Inhalt der Höhle nach aussenhin, sei es 
durch das Zahnfleisch, sei es durch die Haut, den Weg ge¬ 
bahnt, um abfliessen zu können. Der Eiter kann in nächster 
Nähe der Wurzelspitze oder auf grossen Umwegen zum Durch¬ 
bruch gelangen. Im Bereiche der unteren Schneidezähne liegt 
die Fistelöffnung fast immer labialwärts. 

Metnitz und Wunschheim beschreiben einen Fall, 
wo die durch den linken mittleren und unteren Schneidezahn 
bedingte Hautfistel unter dem rechten zweiten Prämolar ge¬ 
legen war. 

Die Kinnfistel repräsentiert sich meist als eine etwa 
hanfkorngrosse Oeffnung, um welche die Gulis trichterförmig 
eingezogen und an den Kiefer fixiert ist (Fig. 2). Das Fistelmaul ist 
in Fällen, wo die Eitersekretion gering ist, mit festhaftenden 
Borken bedeckt. Die Kinnfistel ist gewöhnlich dentalen Ursprungs 
und es kämen in differential-diagnostischer Hinsicht Knochen¬ 
erkrankungen, die zur Nekrose führen, in Betracht. Die letzteren 
nehmen einen weit stürmischeren Verlauf als die erstere. 


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502 


Dr. Bertold Spitzer, Wien. 


Die in der Literatur verzeichneten Fälle und die eigene Er¬ 
fahrung lehren, dass die mittleren unteren Schneidezähne zu¬ 
meist die Ursache zu dieser Erkrankung abgeben. Von einem 
unteren, äusserlich intakten Eckzahne scheint äusserst selten 



Fig. 2. 

1'/* Jahre bestehende Fistel. 


eine Fistel auszugehen. Amoedo beschreibt einen Fall, wo eine 
seit 3 Jahren bestehende starke Schwellung der Unterkinn¬ 
gegend mit Fistelöffnungen nach aussen und gegen die Mund¬ 
höhle auf einen Ganinus zurückzuführen war. der äusserlich 
intakt, dessen Pulpa aber eitrig zerfallen war. 


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Zur Aetiologie und Pathologie der Kinnfistel. 


503 


Avanzi beschreibt drei Fälle von Kinnfisteln, ausgehend 
von kongenitalen Zysten. Dieselben können schon deshalb 
nicht weiter verwertet werden, da der Verfasser für ihre Ent¬ 
stehung Ursachen annimmt, die vom anatomischen Standpunkte 
nicht unanfechtbar sind. 

Schon im XVIII. und XIX. Jahrhunderte erschienen 
Arbeiten über die Kinnfistel, in denen auch die diagnostischen 
Schwierigkeiten hervorgehoben werden, die jene Fälle bieten, 
wo die schuldtragenden Zähne nicht kariös sind. 

Unter anderen berichtet Jour dain über einen Fall 
einer 14 Jahre alten Kinnfistel, die viele Aerzte vorher in Be¬ 
handlung hatten, die aber der jeweifig angewendeten Therapie 
Trotz bot, da niemand an den dentalen Ursprung dachte. 
Pont beschreibt zwei Fälle von Zahnfisteln als Folge einer 
traumatischen Pujpanekrose. Der eine Fall betraf eine Näherin, 
welche die Gewohnheit hatte, den Faden mit den Zähnen zu 
zerreissen, der andere eine Patientin, die hinter dem Kinn 
in der Mittellinie eine Fistel besass. Es waren ihr bereits vorher 
einige Zähne gezogen worden, ohne dass die Fistel ausheilte. 

Nessel berichtet über einen Fall eigener Beobachtung. 
„Er betraf eine Patientin, bei welcher eine von Zeit zu Zeit 
wiederkehrende Geschwulst in der Kinngegend durch die Haut 
entleert und als Nekrose der Kinnpartie des Unterkiefers be¬ 
handelt wurde. Während 13 Jahren, so lange bestand die 
Affektion, wurden die energischesten therapeutischen Eingriffe 
an der jetzt 28 Jahre alten Dame vorgenommen. Auskratzen 
mit scharfen Löffeln, Ausstemmen des sequestriert sein sollenden 
Knochens in der Ghloroformnarkose, Drainageeinlage von 
Jodoformstäbchen, Aetzungen mit Argent. nitric. usw. wurden 
durchgeführt. Doch trotzdem liess die Rezidive nie lange auf 
sich warten, immer wieder brach die Geschwulst in der Kinn¬ 
gegend durch die Haut auf.“ Die Patientin wurde endlich 
Nessel zugewiesen und dieser konstatierte als Ursache des 
Leidens die beiden mittleren unteren Schneidezähne. 

In diesem Fall ergab die Anamnese, dass die Patientin 
vor 13 Jahren mit dem Mund auf einen Stein gefallen war 
und dass sich obige Erscheinungen angeschlossen haben. 

4 


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504 


Dr. Bertold Spitzer, Wien. 


Jn letzterer Zeit waren es Schmid (Prag) und Part sch, 
welche über „Kinnfistel“ eingehende Arbeiten veröffentlichten. 
Schmid beschreibt in ausführlicher Weise fünf von ihm be¬ 
obachtete Fälle, die vor ihm meist den verschiedensten thera¬ 
peutischen Massnahmen unterworfen wurden, ohne dass ein 
Erfolg erzielt wurde. Er fand die Ursache in den unteren 
Schneidezähnen und schlägt als Therapie die Extraktion des 
die Erkrankung verursachenden Zahnes mit oder ohne nach¬ 
folgender Replantation vor. 

Part sch schildert an der Hand von 13 Fällen genauest 
die Erscheinungen der Kinnfistel, die diagnostischen Behelfe 
und die von ihm in dem Einzelfall eingeschlagene Behandlungs¬ 
art. Ihm erscheint die Resektion der Wurzelspitze weitaus 
sicherer und, wie die Erfahrung lehrt, im Erfolg auch dauernder 
als die Replantation, da doch auch diese nur mit Entfernung 
der veränderten Wurzelspitze ausgeführt werden könnte, und 
ich stimme Partsch da vollkommen bei. 

An der zahnärztlichen Universitäts-Klinik hatte ich Ge¬ 
legenheit, drei Fälle von Kinnfisteln zu beobachten und der 
Heilung zuzuführen, die schon durch längere Zeit, teils von 
Chirurgen, teils von Zahnärzten behandelt wurden. An den 
dentalen Ursprung scheint nicht gedacht worden zu sein, des¬ 
halb, weil die Zähne im Bereich der Fistel keine Karies auf¬ 
wiesen. 

I. Fall: 21 jähriger Fleischhauergehilfe Karl M. Vor 
2 Jahren im Bereich des Kinns eine unter starken Schmerzen 
periodisch auftretende Schwellung, die immer allmählich zurück¬ 
ging. Vor einem Jahre bemerkte er eine Fistel an der Mittel¬ 
linie des Unterkieferrandes, aus der sich durch 2 Tage Eiter 
entleerte, die sich nach 2 bis 3 Tagen wieder schloss, um sich 
neuerdings zu öffnen. Im Jänner 1906 suchte er ein Spital 
auf, wo die Fistel durch 3 Monate mit Lapis tuschiert wurde. 
Am 17. April wurde Patient dem zahnärztlichen Institute zu¬ 
gewiesen. Das Fistelmaul liegt in der Tiefe eines eingezogenen 
Gewebstrichters, aus dem sich auf Druck eine geringe Menge 
Eiter entleert. Die Zähne mit Ausnahme der Molaren gesund; 
die Schneide- und Eckzähne an der Zungenseite mit Zahnstein 


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Zur Aetiologie und Pathologie der Kinnfistel. 505 

belegt. Die Zähne lassen äusserlich keine besonderen Kenn¬ 
zeichen erkennen, nur der Incisivus I. inf. sin besitzt an der 
Vorderfläche eine deutliche Abschliff-Facette. Bei der Perkussion 
desselben keine Schmerzempfindung, wohl aber Dämpfung des 
Schalles; der Zaho in seiner Alveole festsitzend. Das Röntgen¬ 
bild ergibt, dass die Wurzelspilze des linken mittleren unteren 
Schneidezahnes in eine erbsengrosse Konsumptionshöhle des 
Knochens hineinragt. Die Trepanation des Zahnes bestätigte, 
dass die Pulpa zerfallen war. Mit Rücksicht auf den Umstand, 
dass das Leiden von langer Dauer war, der Patient über 
wenig Zeit verfügte, entschloss ich mich, von dem Versuche, 
eine rein konservierende Behandlung einzuleiten, abzustehen 
und schlug dem Patienten einen operativen Eingriff vor. Unter 
Novokain - Adrenalin - Anästhesie suchte ich in der üblichen 
Weise von der Umschlagsfalte aus die Konsumptionshöhle des 
Knochens auf, in die das Wurzelende des Zahnes tauchte. Die 
Wurzelspitze, von schlaffen Granulationen umgeben und stark 
arrodiert, wurde von mir reseziert, worauf ich den Herd 
gründlich ausräumte. Die Fistelöffnung wurde Umschnitten, der 
Fistelgang bis zu seiner inneren Oeffnung ausgekratzt und 
drainiert; der noch nicht definitiv gefüllte Zahn und der 
Fistelgang wurden 3 Tage hindurch mit 10 Prozent Wasserstoff¬ 
superoxyd durchgespritzt, am vierten Tage definitive Füllung 
des Zahnes und Sistieren der Drainage. Die Granulationsflächen 
werden mit Tinct. Jodi bepinselt. Am zehnten Tage nach der 
Operation war die orale Wunde verklebt, die äussere Fistel¬ 
öffnung bloss für die dünnste Sonde’ passierbar. Patient wurde 
aus der Behandlung entlassen und bekam zum Ausspülen ein 
Mundwasser. Nach 4 Wochen sah ich ihn wieder. Die innere 
und äussere Wunde waren vollständig verschlossen, an Stelle 
der Kinnfistel eine lineare, nicht eingezogene Narbe, der Zahn 
festsitzend. 

II. Fall: Marie B., 15 Jahre alt, gibt an, dass sie im 
März 1904 eine steinharte Geschwulst im Bereich der unteren 
incisivi gehabt haben soll. Auf Druck von unten entleerte 
sich aus den Zahnfleischtaschen der beiden mittleren Incisivi 
Eiter. Die Geschwulst war nach 3 Wochen vollständig zurück- 

4 * 


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506 


Dr. Bertold Spitzer, Wien. 


gegangen. Der behandelnde Arzt legte ihr zur Zeit der Ge¬ 
schwulst ein Pflaster auf. Im Oktober des gleichen Jahres 
neuerdings Schwellung, die nach 14 Tagen fiel. Im März 1905 
trat die Geschwulst von neuem auf und es bildete sich bei fort¬ 
gesetzter Therapie in Form eines Eraplastrums im Kinngrübchen 
eine Fistelöffnung, aus der sich Eiter entleerte. Im Juni Ex¬ 
traktion des Praemolaris II. inf. sin. Die Eiterung währte bis 
August, dann schloss sich die Fistelöffnung. Weihnachten 1905 
neuerdings Eiterentleerung aus der Fistel, die auch nach An¬ 
wendung einer besonderen Salbe anhielt. Der Patientin wurden 
schliesslich die 6 516 extrahiert. Da auch darauf keine 



Fig. 3. 

Schematische Darstelluug des Radiogramms. 


Besserung erfolgte, kam die Patientin in die zahnärztliche 
Klinik. Die im Unterkiefer vorhandenen Zähne T4 3 21112 3 4T 
mit Ausnahme einer oberflächlichen Karies der Prämolaren, 
äusserlich intakt. Die beiden mittleren Schneidezähne stehen 
etwas tiefer als die Nachbarn, Perkussionsschall dumpf, beide 
deutlich verfärbt und minder transparent. Wurzelfremitus ist 
nur beim T\ zu fühlen; beide Zähne sind etwas gelockert, druck¬ 
empfindlich und zeigen an ihren Schneideflächen Abschliff- 
Kacetten. Die Trepanation ergibt, dass die Pulpa beider Zähne 
zu einer krümligen Masse von putridem Geruch zerfallen ist. 
Das Radiogramm (Fig. 3) zeigt, dass die beiden Schneidezähne in 
eine haselnussgrosse Höhle ragen, die fast bis an die Wurzeln 
der seitlichen Schneidezähne reicht. Ein Prozess von diesem 


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Zur Aetiologie und Pathologie der KinufisteJ. 


507 


Umfang konnte nach meiner Erfahrung nur durch einen 
radikalen Eingriff der Heilung zugeführt werden. Es wurden 
deshalb beide Wurzelspitzen, die stark arrodiert waren, reseziert 
und die die Umgebung ausfüllenden schlaffen Granulationen 
vollständig entfernt. Ansonsten gleicht die weitere Therapie 
dem I. Fall. Vor kurzer Zeit sah ich die Patientin wieder und 
war von dem Erfolg sowohl äusserlich als auch in bezug auf die 
Festigkeit der Zähne überrascht. Das neuerlich aufgenommene 
Radiogramm ergab, dass die seinerzeitige Konsumptionshöhle 
von einem knochendichten Gewebe erfüllt ist (Fig. 4). 



F«g. 4. 


III. Fall: Marie A., 32 Jahre alt. Vor 3 Jahren Schwellung 
in der Kinngegend, die sich beiderseits bis in die Wangen¬ 
gegend erstreckte; nach kurzer Zeit Rückbildung. 3 Wochen 
nachher neuerdings Schwellung unter starken Schmerzen. Es 
wurde der Patientin ein Pflaster appliziert. Nach 8 Tagen 
bemerkte sie am Kinn eine Fistelöffnung, aus der sich 
eitriges Sekret entleerte. Die Fistel wurde mit Lapis tuschiert. 
Da die Therapie keinen Erfolg brachte, wandte sich Patientin 
an eine chirurgische Klinik, von welcher sie dem zahnärztlichen 
Institute zugewiesen wurde. Die unteren Zähne äusserlich 
intakt, die beiden mittleren Schneidezähne stehen um U/s Mm. 
tiefer als die Nachbarzähne, sind deutlich veifärbt und lassen 
mit der Lupe Sprünge im Schmelz erkennen. Perkussions- 


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508 


Dr. Bertold Spitzer, Wien. 


schall dumpf. Wurzelfremitus zu fühlen. Nach Trepanation 
der beiden Zähne werden schmierige Pulpareste entfernt; die 
Fistelöffnung mit Borken bedeckt, die Sonde gelangt leicht in 
eine Höhle und slosst auf rauhen Knochen (Fig. 5). Das Radio¬ 
gramm ergibt, dass die Wurzelspilzen der beiden mittleren 
Schneidezähne von einer erbsengrossen Konsumptionshöhle um¬ 
geben sind. Therapie: Wurzelspitzenresektion der beiden Incisivi. 

Einen Monat nach dem operativen Eingriff sah ich die 
Patientin wieder und konnte den glatten, vollständigen Ver¬ 
schluss der Fistelöflfnung und der oralen Wunde, sowie das 
Festsitzen der beiden Zähne konstatieren. 

Wir wissen aus Erfahrung, dass sich die Patienten zu¬ 
meist erst dann entschliessen, ärztliche Hüfe in Anspruch zu 



nehmen, wenn sie von Schmerzen geplagt werden oder 
äusserlich sich verunstaltet sehen. Glücklicherweise wird die 
Erhaltung des Gebisses heutzutage im allgemeinen hoch ein¬ 
geschätzt und so findet man auch Gelegenheit, sich mit den 
akuteren Stadien einer solchen Erkrankung zu befassen und 
letztere raschest einer Heilung zuzuführen. 

Nicht nur die subjektiven, sondern auch die objektiven 
Symptome müssen uns veranlassen, an eine Aflfektion dentalen 
Ursprungs zu denken, wenngleich die im Bereich der Er¬ 
krankung liegenden Zähne auf den ersten Blick nicht als 
ursächliches Moment erscheinen. Die genauere Untersuchung 
des einzelnen Falles wird die Diagnose leicht machen, schon 
dadurch, dass die Knopfsonde oder ein strangförmiger Narben- 


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Zur Aetiologie und Pathologie der Kinnfi9tel. 


509 


zug zu der unterhalb der Wurzel liegenden Konsumptionshöhle 
fuhrt, und dass die nähere Beobachtung gleichfalls Ver¬ 
änderungen erkennen lässt, durch welche sich schon hinsichtlich 
seiner Farbe der erkrankte Zahn von der Umgebung unter¬ 
scheidet. Die Abnützungsflächen, die eventuell verminderte 
Transparenz in Verbindung mit den verschiedenen Unter¬ 
suchungsmethoden (Ausbleiben der Empfindung für thermische 
Einflüsse, Verdunkelung des Klopfschalles und der Wurzel- 
fremitus) führen schliesslich zur richtigen Diagnose. 

Mayrhofer tritt besonders für die faradische Unter¬ 
suchung des Zahnes ein. 

Die zur Zeit fast unentbehrlich gewordene radio- 
lo gische Untersuchung bewahrt vor Irrtümern, denn sie 
gibt ein klares Bild des Prozesses. 

In früherer Zeit wurde bei einer äusseren Fistel der 
schuldtragende Zahn extrahiert. Kaposi und Port vertreten 
in ihrem Lehrbuch der Mundchirurgie sonderbarerweise noch 
jetzt die gleiche Anschauung, trotzdem die konservierende Zahn¬ 
heilkunde fortschreitend eine immer höhere Stufe erreicht und 
die verschiedenen Behandlungsmethoden uns in den Stand 
setzen, die meisten Zähne zu erhalten, ja bei rechtzeitig ein¬ 
geleiteter Therapie die Patienten vor Fistelbildungen zu be¬ 
wahren. 

Da jeder Zahn ein wichtiger Faktor im Munde ist, muss 
die konservierende Behandlung mit allen uns zu Gebote 
stehenden Mitteln versucht werden und ein Erfolg ist, wenn 
sich der Patient mit der einzuleitenden Behandlungsart ein¬ 
verstanden erklärt, zumeist mit Sicherheit zu bestimmen. 

Indiziert ist nur dann die Extraktion, wenn die Fistel 
von einem Zahn ausgeht, der durch Karies sehr tief zerstört 
oder durch eine Wurzel bedingt ist, deren Erhaltung zwecklos 
wäre. Angezeigt dürfte sie auch bei mehrwurzeligen Zähnen 
sein, bei denen die konservierende Behandlung wohl selten einen 
dauernden Erfolg verspricht, wenn der Prozess von längerer 
Dauer war und bei denen ein operativer Eingriff (Wurzel¬ 
spitzenresektion) mit grossen Schwierigkeiten verbunden wäre. 


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510 Dr. Bertold Spitzer, Wien. Zur Aetiologie und Pathologie der Kinnfistel. 

Nach Fesstellung des erkrankten Zahnes ist die Eröffnung 
der Pulpahöhle mit nachfolgender gründlicher antiseptischer 
Behandlung die erste Aufgabe. Ist der definitive Verschluss des 
Zahnkanales erfolgt, dann kann sich in weniger chronischen 
Fällen die Fistel schliessen, ohne dass eine gleichzeitige Aus¬ 
kratzung des Fistelganges notwendig wäre. Bei Vorhandensein 
von schwammigen Granulationen ist die Ausräumung der¬ 
selben mit etwa gleichzeitiger Wurzelspilzenresektion kaum zu 
vermeiden, weil dadurch eine gesunde Granulationsfläche ge¬ 
schaffen wird, die zur Ausheilung der Fistel unumgänglich 
notwendig erscheint. 

Meinem hochgeehrten Chef, Herrn Regierungsrat Prof. 
Dr. Sch eff, sage ich für die Zuweisung der Arbeit und gütige 
Unterstützung bei derselben, ergebensten Dank. 

Literatur. 

Jour dain: Traite des maladies et des operatious r Geilemen t chirurgicales 
de Ja bouche et le parties qui y correspondent. Paris 1878. 

Pont: Deux cas de fistule dentaire consecutive ä une nGcrose de la pnlpe 
par traumatisuie. L’Odontologie, 1900. 

Avanzi: Fistola Mentoniera. Stomatologia, Vol 1, Nr. 7. 

Nessel: Schelfs Handbuch der Zahnheilkunde, H. Bd., 2. Abteilung. 

Schmid: Die Zahnfisteln der Kinngegenl. Prager medizinische Wochen¬ 
schrift, 1895. 

Partsch: Die Kinnfistel. Korrespondenzblatt für Zahnärzte, Bd. 34. 

Mayrhofer: WangenfUtel etc. Oesterr.-ungar. Vierteljahrsschrift für Zahu- 
heilkunde, 1906, Nr. III. 

Kaposi und Port: Lehrbuch der Mundhöhlen Chirurgie. Wiesbaden 1906 
Börner: Schelfs Handbuch der Zahnheilkuude, II. Bd., 1. Abteilung. 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. Ueber Speichelsteme. 


511 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Heber Speichelst«. 

Von Dr. Rudolf Bum , Zahnarzt in Wien. 

(Schluss. 0 

In einer jüngst (Mai 1906) erschienenen kleinen Arbeit 
vertritt Ch. Schaefer die bakteriologische Theorie Ga 1 ippes 
von der Entstehung der pathologischen Verkalkungen des 
Organismus. Er zitiert den Ausspruch Galippes vom Jahre 
1894: „Dass es Kalkablagerungen gäbe, die sich unter dem Ein¬ 
fluss von Mikroorganismen bilden, dass wir allerdings diese Orga¬ 
nismen nicht kennen und auch über den Mechanismus der Ab¬ 
lagerungen nichts wissen.“ Er erwähnt auch, dass es Galipp e 
nach langen Versuchen (1885 bis 1890) gelang, auf künstlichem 
Wege Speichelsteine darzustellen; dass endlich verschiedene 
Forscher (N aunyn, Gilbert, Dominici, Hanot, Letienne, 
Fournier, Mignot) auch für die Bildung der Gallensteine 
eine parasitäre Theorie aufzustellen versuchten. Tatsächlich 
fand man in Speichelsteinen Pilzfäden von Leptothrix buccalis, 
ferner Streptokokken und den Bacillus subtilis; auch im künst¬ 
lich dargestellten Speichelstein Hessen sich Leptothrixfäden 
nachweisen. — Dass sich die Fäden dieses Pilzes in jedem 
Munde vorfinden und dass sie auch im Zahnstein häufiger als 
andere Mikroorganismen Vorkommen, all das beweist noch 
lange nicht, dass der Speichelstein infolge der Einwanderung 
dieses Pilzes in die Speichelwege entstanden sein muss, wie das 
Schaefer als sicher nachgewiesen hinstellen möchte. Schaefer 
bemüht sich aber auch gar nicht, diesen unmöglichen Beweis zu 
erbringen ; er scheint eben nur ein theoretischer Anhänger der 
Lehre Galippes zu sein, da er sich die Bildung des Speichel¬ 
steins, ganz ähnlich wie wir selbst, folgendermassen vorstellt: „Die 
Speichelgänge enthalten infolge ihrer offenen Kommunikation mit 


* Siebe „Oesterr.-uugar. Vierteljahrsschrift für Zahnheilkuude“, 1906, 
Heft II, Seite 248. 


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512 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


der Mundhöhle immer Mikroorganismen. Infolge einer Steigerung 
der Virulenz der Bakterien oder infolge einer verminderten Wider¬ 
standskraft des Organismus kommt es nun zu einer akuten 
Entzündung mit Abstossung von Epithelien. Auf diese Art ent¬ 
steht der Kern des Steines, der sich aus Haufen von Epithel¬ 
zellen, Leukozyten und Bakterien zusammensetzt. Die Speichel¬ 
salze aber setzen sich um diesen Kern herum an. Durch seine 
Gegenwart reizt der Stein die Kanalwandung und erzeugt, so¬ 
bald er genug gross geworden ist, auf mechanischem Wege 
die Speichelstauung.“ 

Diese Darstellung Schaefers von der Entstehung der 
Speichelsteine zeigt also trotz der anfangs entschiedenen Be¬ 
tonung der bakteriologischen Theorie viel Aehjilichkeit mit 
älteren Auffassungen (Immisch, Mareau') und fast volle 
Uebereinstiminung mit der Annahme Küttners und Kraus,' 1 2 
dass der Konkrementbildung ein entzündlicher Zustand voraus¬ 
gehen dürfle. 

* 

Die Sialolithiasis ist ein seltenes Leiden, welches viel 
öfter die Speichelgänge als die Drüsen selbst betrifft; es kommen 
also Gangsteine viel häufiger als Drüsensteine vor. 

Was nun das Vorkommen der Speichelsteine in den ver¬ 
schiedenen Gängen und Drüsen betrifft, so zeigen sich da nach 
den vorliegenden statistischen Zusammenstellungen grosse Unter¬ 
schiede. Es erkranken nämlich gewisse Gänge und Drüsen 
viel häufiger als andere: Weitaus die meisten Speichelsteine 
werden im Ausführungsgange der Submaxillardrüse, im Ductus 
Whartonianus, gefunden, schon erheblich seltener sind sie in 
der Drüse selbst, noch seltener im Ductus Stenonianus und 
seiner Drüse, der Parotis (Ohrenspeicheldrüse); an letzter 
Stelle stehen die Ausführungsgänge der Sublingualdrüse, die 
Ductus Rivini oder (falls die 8 bis 12 Gänge zu einem gemein¬ 
samen Gang vereinigt sind) der Ductus Bartholini und die 


1 Tide Aprilheft 1906 dieser Zeitschrift, Seite 256 und 257. 

2 Vide Aprillieft 1906 dieser Zeitschrift, Seite 262. 


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Ueber Speichelsteine. 


518. 


Sublingualdrüse selbst. Ja, das Vorkommen von Sublingual¬ 
steinen ist so selten, dass es lange Zeit überhaupt ganz be¬ 
stritten wurde. Closmadeuc kannte nur Submaxillarsteine- 
und auch Im misch bezweifelte noch die Existenz von Sub¬ 
lingualsteinen. Der erste in der Literatur bekannte Fall dieser 
Art wurde von Burdel-Cloquet (1860) beschrieben und 
betraf einen drei Wochen alten Säugling, bei dem sich der 
Stein schon während des intrauterinen Lebens entwickelt haben 
musste; es handelte sich um ein Konkrement von Getreide¬ 
korngrösse, welches das Sauggeschätt ausserordentlich er¬ 
schwerte. — Czygan fand in der Literatur noch weitere 
fünf,* Buchwald acht sichere Beobachtungen von Steinen 
in einem der Ductus Rivini oder im Ductus Bartholini. 

Am häufigsten kommt der Speichelstein im Ductus 
Whartonianus vor. Closmadeuc, der über eine Statistik von 
112 Fällen verfügte, bezeichnete diesen Gang als „lieu de pre- 
dilection exclusif“; er hatte eben keinen sicher konstatierten 
Fall gefunden, in dem der Stein in einem anderen Gang ge¬ 
sessen wäre. Nach der Statistik von Czygan lagen in 
37 Fällen 22 Steine im Ductus Whartonianus, 4 im Ductus 
Stenonianus, 5 in den Ductus Rivini, 4 in der Submaxillar- 
drüse und je 1 in der Parotis und im Ductus Bartholini. 
Wenzel berichtet über 45 Fälle, von denen 19 den Ductus 
Whartonianus, je 2 den Ductus Stenonianus und Bartholini 
und 4 Fälle die Ductus Rivini betrafen; in 11 Fällen war dio 
Glandula submaxillaris und in 4, respektive 3 Fällen die Glan¬ 
dula sublingualis, bzw. Parotis der Sitz des Steines. Wenn 
wir die statistischen Daten von Czygan, Buchwald und 
Wenzel zusammenfassen, so ergibt sich, dass 81 von 
132 Fällen den Ductus Whartonianus und seine Drüse (dio 


• F1 e u r y : Gazette des Höpitaux 1864, p. 106. 

Michel: Gazette des Höpitaux 1867, p. 307. 

Geoffroy: L’art dentaire 1876. 

Freudenberg: Berliner klinische Wochenschrift, 1877, Nr. 48. 
Strassmann und Davidsohn: Berliner klinische Wochenschrift, 
vom 15. August 1887. 


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4>14 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Submaxillaris) betrafen; in 27 Fällen waren es Steine des 
Ductus Stenonianus und der Parotis, und in 24 Fällen Steine 
der Sublingualdruse und ihrer Gänge. Es kommen also etwa 
•61*4 Prozent aller Steine auf den Whartonschen Gang und 
seine Drüse; 20*4 Prozent entfallen auf den Stenonschen Gang 
und die Parotis, und etwa 18*2 Prozent auf die Sublingual¬ 
drüse und ihre Gänge. 

Es fragt sich nun, wie diese auffallend grosse Differenz 
in der Häufigkeit der Speichelsteine in den verschiedenen Gängen 
und Drüsen zu erklären ist. Die Annahme, dass die Lage und 
die Weite der betreffenden Gangöffnung hier von grosser Be¬ 
deutung sein könnten, ist nicht leicht von der Hand zu weisen ; 
die mehr oder minder geschützte (versteckte) Lage und die 
geringere oder grössere Weite der Gangöffnung werden das 
Eindringen von Fremdkörpern und Entzündungserregern (Mikro¬ 
organismen) verhindern oder erschweren, bzvv. begünstigen 
können. Und tatsächlich ist auch der Whartonsche Gang durch 
seine Lage und die Weite der Gangöffnung Bakterien und 
Fremdkörpern am relativ leichtesten zugänglich; der Stenonsche 
Gang hat gewiss eine geschütztere Lage, und noch schwerer 
zugänglich als die zwei obgenannten sind die sehr engen Gänge 
der Sublingualdrüse. Im Gegensatz zu dieser Auffassung führt 
Wenzel die Differenz in der Häufigkeit der Speichelsteine 
auf die besondere Eigenschaft des Sekretes zurück: Er glaubt, 
„dass das häufige Vorkommen von Konkrementbildungen in dem 
Ductus Whartonianus dadurch bedingt ist, dass das Sekret der 
Glandula submaxillaris zähe, fadenziehend und schleimig ist, 
während das der Sublingualdrüse und vor allem der Parotis 
eine mehr wässerige Beschaffenheit zeigt“. Daher die Selten¬ 
heit der Parotissteine und Sublingualsteine. Uns aber scheint 
es, wie wenn die Seltenheit der Parotis- und Sublingualsteine 
auch darin ihre teilweise Erklärung finden könnte, dass sie, 
zumal die Sublingualsteine, sehr oft ganz symptomlos verlaufen 
und infolge des Mangels besonderer Beschwerden nur selten 
zur ärztlichen Beobachtung gelangen. 

Die Sialolithiasis ist eine Krankheit, die in jedem Lebens¬ 
alter vorkommt; sie wird allerdings am häufigsten im mittleren 


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Ueber Speichelsteine. 


515* 


Lebensalter (40 bis 50 Jahren) beobachtet. Nach einer Zu- 
sammenstellung von Czygan entfielen von 29 Steinen: 

4 Fälle auf Leute im Alter unter 20 Jahren, 

„ von 20 bis 29 Jahren, 
n „ 30 „ 39 „ 

» „ 40 „ 59 „ und 

„ von über 60 Jahren. 

Nach Wenzel entfielen von 3o Steinen: 

4 Fälle auf das 1. bis 19. Lebensjahr, 

5 n n „ 20. „ 29. 

6 . * , 30. „ 39. 

10 * „ » 40. „ 49 

7 » » » 5 ( >. » 59- n und 

3 n „ein Alter von über 60 Jahren. 

Die Speichelsteinkrankheit ist also im jugendlichen Alter 
recht selten. Früher hatte man angenommen, dass sie bei 
Kindern überhaupt nicht vorkommt, doch ist durch die Beob¬ 
achtungen von Bürde 1, Wright und Schenk das Gegen¬ 
teil bewiesen worden. Wir erinnern nur an den von Burdel 
mitgeteilten Fall eines Sublingualsteines bei einem Neugebornen.' 
Der älteste Patient, der zur Beobachtung gekommen ist, war 
nach Czygan eine 70jährige Frau, die erst seit kurzer Zeit 
die Entstehung des Steines gemerkt hatte. Uebrigens sind viele 
von diesen Altersdaten nicht allzu verlässlich; denn bei der 
Altersbestimmung sollte nicht das Alter zur Zeit der ersten 
Beobachtung, sondern das Alter zur Zeit der mutmasslichen Ent¬ 
stehung des Steines ausschlaggebend sein, eine Feststellung, die 
wohl häufig auf grosse Schwierigkeiten stossen dürfte. Ja, in 
manchen Fällen dürfte sich der Beginn der Erkrankung auch 
nicht annähernd bestimmen lassen. 

Besonders auffallend ist die grosse Zahlendifferenz in der 
Beobachtung von Speichelsteinen bei Männern und Frauen^ 
Alle in der Literatur vorfindlichen Angaben zeigen in über- 


* Vide Seite 513. 



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516 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


oinstimmender Weise den merkwürdigen Umstand, dass die 
Sialolithiasis bei Männern viel häufiger vorkommt als bei Frauen, 
und zwar etwa im Verhältnis von 3:1. Laut den statistischen 
Angaben entfielen nach: 

Duparque u. Mölion von 60 Fällen 50 auf Männer u. 10 auf Frauen 


Closmadeuc 

81 

n 

62 

» 

n 

D 

19 

n 

«» 

Immisch 

26 

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20 

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n 

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Czygan 

36 

n 

24 

n 

n 

w 

12 


n 

Buchwald 

43 

T) 

32 

n 

7) 

n 

11 

n 

n 

Wenzel 

38 

n 

29 

n 

n 


9 

n 

n 


Mit Rücksicht auf dieses merkwürdige Verhalten sollte man 
wohl annehmen, dass das häufigere Vorkommen der Speichel¬ 
steinkrankheit bei Männern kein zufälliges ist, sondern seine 
besonderen Gründe hat. Vielfach wird die Ansicht ausgesprochen, 
•dass der Grund in der bei Männern meist viel mangelhafteren 
Mundpflege zu suchen sei, und Berger 1 verwertete auch diesen 
Umstand für die Aetiologie des Speichelsteins, indem er die 
bei Männern infolge der vernachlässigten Mundpflege angeblich 
häufiger und reichlicher entwickelten Zahnsteinablagerungen 
als Hauptursache der Speichelsteinbildung ansah. Neben der 
mangelhaften Mundpflege wird auch der Tabakgenuss be¬ 
schuldigt, den Grund für das häufigere Vorkommen der Sialo¬ 
lithiasis bei Männern zu bilden. Doch erscheinen alle diese 
Annahmen zumindest noch recht zweifelhaft. 

* 

Was nun die Zahl der aufgefundenen Gangsteine betrifft, 
so finden wir in der neueren Literatur die übereinstimmende 
Angabe, dass es sich zumeist nur um einen Stein handelt; zu¬ 
weilen kommen 2 oder 3 Steine, doch nur in seltenen Fällen 
noch mehr Konkremente vor, die man mit Recht als wirkliche, 
selbständige Steine bezeichnen kann. Am seltensten ist das 
Vorkommen einer grösseren Anzahl von nach Im misch als 


1 Vide Aprilheft 1906 dieser Zeitschrift, Seite 259. 


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Ueber Speichelsteine. 


517 


„sandkornförmige Konkretionen“ bezeichnten Steinen; Czygan 
fand von Fällen dieser Art nur einmal 13 Steinchen von Steck¬ 
nadelkopf- bis Weizenkorngrösse und in einem anderen ähn¬ 
lichen Fall einen sandigen Bodensatz erwähnt, der sich in dem 
der Geschwulst durch Blutegel entzogenen Blute vorfand. Auch 
der von uns berichtete Originalfall mit 10 Steinen^ von denen 
einer Erbsen grösse erreichte, während die anderen 9 Steine 
nur Stecknadel- bis hanfkorngross waren, gehört zu dieser 
Gruppe. Andere Fälle mit der Beobachtung vieler Steine wurden 
von Snyders(3 Steine), Heyfelder (11 Steine) und Piater 
(30 Steine) veröffentlicht. Das Vorkommen einer grösseren An¬ 
zahl von Gangsteinen ist also recht selten; dagegen findet man 
ziemlich häufig neben einem grösseren Stein mehrere kleine, 
die sich unschwer als losgelöste oder losgebröckelte Teile des¬ 
selben erkennen lassen (Wenzel). Ganz anders verhält sich 
die Sache bei Drüsensteinen: Hier ist das Vorkommen 
zahlreicher Konkremente recht häufig und nur in seltenen Fällen 
haben wir es mit einem einzigen Stein zu tun. 

Auch die Grösse der Steine ist sehr verschieden. Im grossen 
ganzen aber stehen Zahl und Grösse der Steine in einem ge¬ 
wissen Verhältnisse zu einander. Je zahlreicher die Konkremente, 
desto kleiner pflegen sie zu sein, und je weniger Steine vor¬ 
handen sind, desto grösser werden sie. Neben der Zahl ist 
vor allem auch der Entstehungsort für die Grösse der Steihe 
von Bedeutung: denn wenn man die statistischen Zusammen¬ 
stellungen über die Grösse und den Fundort der Steine ver¬ 
gleicht, so findet man, dass die grösseren Steine sich in den 
Drüsen bilden, und dass die grössten aller bekannten Steine 
in den Drüsen gesessen haben. Ein weiteres Moment, das für 
die Grösse der Steine in Betracht kommt, bildet das Alter, 
welches der Stein bis zu seinem spontanen Durchbruch oder 
bis zu seiner operativen Entfernung erreichte. Es ist das natür¬ 
lich in erster Linie von den Beschwerden, welche das Kon¬ 
krement dem Patienten bereitet hat, abhängig, nicht am 
wenigsten aber auch von dem subjektiven Empfinden des be¬ 
treffenden Kranken, das ja, wie bekannt, bei sehr vielen In¬ 
dividuen, besonders bei denen der arbeitenden Klasse, ein 


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518 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


sehr geringes ist (Wenzel). Man denke nur daran, dass 
jahrelang getragene Steine, die keine oder nur geringe Be¬ 
schwerden verursacht haben, zu einer bedeutenden Grösse, 
selbst bis zur Grösse eines Hühnereies, heranwachsen können. 
Wir erinnern hier an den von Schuster berichteten Fall, 
in dem ein durch etwa 44 Jahre getragener Stein bis zu Nuss¬ 
grösse herangewachsen war. Wenzel sagt über die Grösse 
der Steine folgendes: „In der Mehrzahl der Fälle findet mau 
erbsen- bis kirschenkerngrosse Steine, doch existieren natürlich 
auch zwischen den hirsekornartigen, sandkornförmigen Kon¬ 
krementen und den Steinen von obiger Grösse allerlei Ueber- 
gangsformen, ebenso wie auch noch bedeutend grössere Steine 
bekannt geworden sind. Leider sind die Angaben in der 
Literatur äusserst dürftig; es lässt sich daher die Grösse meist 
nur ungefähr aus dem Gewicht, welches fast stets mitgeteilt 
ist, bemessen.“ 

Das Gewicht ist natürlich auch sehr verschieden. Es 
richtet sich wohl hauptsächlich nach der Grösse des Steines, 
wenn auch vielleicht die chemischen Bestandteile einen ge¬ 
wissen Einfluss auf dasselbe haben. Zumeist findet man bei 
der Mehrzahl der Steine ein Gewicht von 5 bis höchstens 20 Gr. 
angegeben; dieses Gewicht würde Steinen von Erbsen- bis 
Bohnengrösse entsprechen. Ein Gewicht von über 20 Gr. ge¬ 
hört immer zu den Seltenheiten. Wenzel fand in der Literatur 
als die drei grössten Gewichtszahlen 34*50, 67 und 93*50 Gr. 
angegeben. Die letztgenannte Zahl gibt das Gewicht des grössten 
in der Literatur erwähnten Speichelsteines vom Menschen an. 
Es ist das ein von Thorowgood' beschriebenes Konkrement 
von 1V* Zoll Länge und 2 Zoll Umfang. Bei Tieren aber, 
namentlich bei Pferden, kommen noch grössere Steine vor; 
sie können hier ein Gewicht von */* Pfund und darüber er¬ 
reichen. So sahMegnier einen aus dem Ductus Stenonianus 
des Pferdes stammenden Riesenspeichelstein, welcher 282 Gr. 
schwer, 9 1 /* Cm. lang und 5'/« Cm. dick war. 


1 Tiansact. of the Pathologie Society, XXIII. p. 103. 


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Ueber Speichelsteine. 


519 


Die Gestalt der Speichelsteine zeigt grosse Unterschiede. 
Manchmal ist die Form des Steines ganz unregelmässig und 
so wenig charakteristisch, dass der Vergleich mit irgend einem 
bekannten Gegenstand ganz unmöglich wird. In wieder anderen 
Fällen erinnert die Form des Steines an irgend ein Vergleichs¬ 
objekt, an eine Linse, Erbse, Haselnuss, Bohne, Kirsche oder 
an einen Kirschkern, an einen Dattel- oder Olivenkern; oder 
der Stein wird als oval, elliptisch, eiförmig, als Pyramiden-, 
kugel-, nierenförmig, als erdbeer- und olivenförmig oder als 
walzenförmig, als keulen- und spindelförmig beschrieben. Im 
allgemeinen sind kleinere Steine zumeist ganz unregelmässig 
gestaltet, während die grösseren eine mehr abgerundete und 
zumeist auch deutlicher ausgesprochene Form besitzen. 

Unter den regelmässig geformten Konkrementen sind die 
länglich-zylindrischen, ovalen, an einen Dattelkern oder Oliven¬ 
kern erinnernden Steine am häufigsten. Weniger häufig sind 
kugelig-rundliche Formen. Die Gestalt des Steines steht oft 
mit seinem Entstehungsort in einem gewissen Zusammenhang: 
Die länglich geformten sind nämlich fast immer Ductussteine, 
also Steine, die in den Ausführungsgängen entstanden sind; 
die rundlichen Formen kommen zumeist Drüsensteinen zu. 
Doch gibt es auch gelegentlich länglich geformte Drüsensteine 
und rundlich gestaltete Gangsteine. Wenzel erklärt die oblonge 
Form der Gangsteine aus anatomischen Verhältnissen: Das 
enge Lumen des Ausführungsganges ist einem Dicken- oder 
Breitenwachstum des Steines bedeutend weniger günstig, als 
einem Wachstum in die Länge; ausserdem erfolgt der Speichel¬ 
zufluss in der Längsrichtung des Ganges und des sich bildenden 
Steines, so dass die Anlagerung der den Stein aufbauenden 
Elemente nur in dieser Richtung stattfindet. Manchmal ist das 
eine Ende des oblongen Steines zugespitzt, wodurch der Stein 
eine Keulenform erhält; in anderen Fällen sind beide Enden 
zugespitzt, so dass sich ein spindelförmiger Stein entwickelt. 
So berichtet Freudenberg von einem keulenförmigen Stein, 
den er aus dem Whartonschen Gang entfernte; spindelförmige 
Steine wurden von Strassmann im Ductus Bartholini und 
von Rosenberg und Hanszel im Ductus Whartonianus 


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520 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


gefunden. Einen Stein von ganz merkwürdiger Form beschreibt 
Virchow in seinem Archiv, Band 21: „Er ist von länglicher, 
im allgemeinen plattrundlicher, fast konkav-konvexer Gestalt 
und läuft an dem einen Ende in eine stumpfe und etwas ab¬ 
geflachte Spitze, an dem anderen in zwei durch einen tiefen 
Einschnitt von einander getrennte Hörner aus.“ Vielleicht 
handelte es sich hier um einen Gangstein, der einen förmlichen 
Ausguss des Hauptganges an seiner Teilungsstelle in zwei Neben¬ 
gänge darstellte. Czygan machte auf den merkwürdigen Um¬ 
stand aufmerksam, dass die keulenförmigen Steine mit ihrem 
dickeren Ende gewöhnlich nach dem Ausgang des Ganges hin 
zu liegen kommen; er fand nur einmal die umgekehrte Lage 
eines solchen Steines ausdrücklich erwähnt. — Die für Drüsen¬ 
steine typische Rundform erklärt W enz el damit, dass in den 
Drüsen die Ablagerung der Kalksalze, Schleimzellen und Epi- 
thelien von allen Seiten gleichmässig stattfindet. 

Die Oberfläche der Steine ist in manchen Fällen ganz 
glatt, in anderen uneben; zuweilen kommen neben glatten 
Teilen rauhe Partien vor. So war die Oberfläche des von 
Virchow beschriebenen Steines zum grössten Teil uneben 
und nur an der Spitze etwas glatter. Die Unebenheit der Ober¬ 
fläche wird meist durch zahlreiche miliare bis stecknadelkopf¬ 
grosse Prominenzen hervorgerufen, die der Oberfläche ein 
höckeriges, drüsiges oder warziges Aussehen (surface mamel- 
lonee) verleihen. In einigen Fällen werden an der Oberfläche 
auch seichte, gerade oder spiralig verlaufende Längsrinnen be¬ 
schrieben, die offenbar dem Abfluss des Speichels gedient haben. 
Lelong 1 schildert in dem von ihm mitgeteilten Falle eine 
spiralförmig sich aussen um den Stein herumziehende Rinne. 
Auch der Originalfall von Czygan, ein Drüsenstein, „hat an 
seiner Oberfläche warzenartige Erhöhungen, von denen einige 
in eine deutliche Spitze auslaufen und zwischen welchen eine 
Rinne unverkennbar ist“. Auch ein von Morelli beschriebener, 
aus dem Whartonschen Gang entfernter Stein ist entsprechend 
dem Ende des Ausführungsganges mit einer Furche versehen, 


1 Gazette des Höpitaux 1866, p. 42. 


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Ueber Speichelsteine. 


521 


wodurch er in seiner Form an eine Kaffeebohne erinnert. 
Ebenso weisen drei von Wenzel beschriebene Steine seichte 
flache Rinnen an der Oberfläche auf. Wenzel fand in der 
Submaxillardrüse und seinem erweiterten Ausführungsgang einen 
pflaumengrossen Stein und elf kleine Konkremente von Steck¬ 
nadelkopf- bis Erbsengrösse; er beschreibt den grossen Stein 
mit folgenden Worten: „Der grosse Stein hat eine unregel¬ 
mässig kegelförmige Gestalt mit abgerundeter Spitze und einer 
Basis von Fünfpfennigstückgrösse, welche durch mehrere Ver¬ 
tiefungen stark zerklüftet erscheint. Der Stein scheint aus zwei 
Teilen zusammengesetzt, die sich an der Basis ziemlich genau 
differenzieren lassen, und zwar in einen äusseren Teil, den 
man als Kegelmantel bezeichnen kann, und einen inneren, den 
Inhalt desselben. Der Kegelmantel bedeckt jedoch den Inhalt 
nicht vollständig, sondern nur zwei Dritteile. Seine Oberfläche 
ist uneben. Abgesehen von einer unregelmässigen Vertiefung 
an der Spitze, bemerkt man mehrere seichte Rinnen auf der 
Oberfläche. Die Färbung ist teils weiss, teils gelblich; daneben 
finden sich Stellen von mattgrünlichem Aussehen. Auch der 
Kegelinhalt zeigt ein unebenes Aussehen; jedoch sind hier die 
Unebenheiten bedingt durch zahlreiche teils grössere, teils 
kleinere Prominenzen, welche sich gleichsam zu Konglomeraten 
vereinigt haben. Auch glatte Partien sind hier zu bemerken. 
Dieselben zeigen fast vollständig eine weisse Farbe, während 
die warzigen Teile gelblich, schmutzigweiss erscheinen.“ Ein 
zweiter von W e n z e 1 beschriebener Stein aus dem Ductus 
Bartholini hat die ungefähre Grösse und Gestalt eines halben 
Dattelkernes, von annähernd weisser Farbe; die Oberfläche 
zeigt zahlreiche stecknadelkopfgrosse Hervorragungen und an 
dem vorderen Ende eine deutlich ausgeprägte glatte Rinne. 
Ein dritter von demselben Autor geschilderter Parotisstein ist 
über kirschkerngross, von rundlicher abgeplatteter Gestalt; die 
Oberfläche wiederum teilweise warzig-uneben, teilweise glatt; am 
Rande mehrere seichte Einkerbungen, an der unteren Fläche eine 
besonders breite Rinne. Es ist als sicher anzunehmen, dass diese 
Längsrinnen und Furchen durch die Wirkung des andrängenden 
Speichels entstehen, der sich einen Weg nach auswärts sucht. 

5* 


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522 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Wenn mehrere grössere Steine im Ausführungsgange oder 
in der Drüse dicht nebeneinander liegen, so zeigen sie oft 
glatte, facettierte Berührungsflächen; manchmal hat es den 
Anschein, als ob die Steine wie nach Art eines Gelenkes mit 
einander verbunden wären. Wir erinnern hier an den von 
Schuster 1 veröffentlichten Fall: Das etwa nussgrosse, ei¬ 
förmige Konkrement trug an dem der Rachenhöhle zugewendeten 
Pol eine glatte Reibungsfacette, welche den Schluss auf das 
Vorhandensein eines zweiten Steines gestattete; und tatsächlich 
erfolgte fünf Tage nach der operativen Entfernung des ersten 
Steines die spontane Ausstossung eines zweiten bohnengrossen 
Konkrementes. Krön lein und Tross beobachteten bei drei 
Konkrementen im Whartonschen Gang eine förmliche Gelenk¬ 
bildung: „Die drei Steine sind über 4 Gm. lang und haben 
durch Verjüngung von hinten nach vorne annähernd spindel¬ 
förmige Gestalt. Der erste Stein trägt an seiner hinteren Fläche 
eine halbkugelige glatte Facette, mit der er in eine Pfanne 
passt, die der zweite Stein an der Vorderfläche zeigt. Die 
Hinterfläche dieses zweiten Steines lässt eine von oben nach 
unten schwach gewölbte Fläche erkennen, auf welche die Vorder¬ 
seite des dritten Steines sattelgelenkartig passt.“ Tross nimmt 
an, dass anfangs nur ein einziger grosser Stein bestanden hat, 
der späterhin in drei Stücke zerbrach; die Facetten sollen sich 
durch die Bewegungen beim Sprechen und Kauen gebildet 
haben. 

Was die Farbe der Speichelsteine anlangt, so zeigen 
sich auch in dieser Hinsicht grosse Verschiedenheiten. Zumeist 
sind die Steine grauweiss, schmutzigweiss oder gelblichweiss 
gefärbt; manchmal haben sie eine mehr gelbe, graugelbe oder 
bräunliche Farbe, nur selten sind sie reinweiss oder schwärz¬ 
lich. Maisonneuve sah einen ziegelroten, Strassmann 
einen intensiv schwefelgelb gefärbten Stein. Der oben erwähnte 
Stein aus Virchows Sammlung hatte eine schmutzigweiss- 
liche Farbe mit einem eigentümlichen grünlichen Anflug in den 
Vertiefungen zwischen den Warzen. Dieselbe grünliche Färbung 

i Vide Aprilheft 1906 dieser Zeitschrift, Seite 265. 


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Ueber Sp eiche] steiue. 523 

zeigt auch der von Wenzel beschriebene grosse Stein aus 
der SubmaxiUai drüse.' 

An der Bruch- und Sägefläche der Steine ist oft eine 
Anordnung der Kalksalze in konzentrischen Schichten und 
Lamellen deutlich zu sehen, manchmal beobachtet man an 
diesen Schichten eine verschiedene Färbung und ungleiche 
Härte. Bei dem schon oft zitierten Steine Virchows waren 
die äusseren Schichten etwas brüchig und blätterten sich sehr 
leicht bei rauherer Behandlung ab; die innere Masse (Kern) 
war sehr dicht und äusserst schwer zu durchsägen. An der 
dichten, weissen Schnittfläche konnte man nur schwer eine 
konzentrische Schichtung entdecken. Mikroskopische Durch¬ 
schnitte aber zeigten eine sehr regelmässige Uebereinander- 
schichtung meist dünnerer und ganz homogener Lamellen, nur 
hie und da einzelne mehr körnige Schichten von grünlich¬ 
gelblicher Färbung; zwischen ihnen lagen manchmal in ganzen 
Lagen rundliche Körner von sehr verschiedener Grösse, bald 
gleichmässig und glänzend, bald aus konzentrischen Lamellen 
zwiebelförmig zusammengesetzt. — Die Schichtung in einen 
Kern und eine Rindensubstanz verschiedener Färbung und Härte 
wird auch von vielen Autoren hervorgehoben. Czygan konnte 
auf einem Durchschnitt einen grauen Kern und eine weisse 
Rindensubstanz unterscheiden; die Rinde war härter und zeigte 
eine mehr homogene Struktur als der Kern, welcher porös 
war und mehrere Hohlräume besass, um die sich die graue 
Kemsubstanz in konzentrischen Schalen gruppierte. Auch 
Wenzel findet bisweilen Härteunterschiede im Kern und in 
der Rinde; doch erwähnt er im Gegensatz zu Czygan, dass 
sich zumeist die äusseren Schichten leicht abbröckeln lassen, 
während die inneren selbst scharfen Instrumenten grossen 
Widerstand bieten. 

Die Härte der Speichelsteine hängt wesentlich von ihrer 
chemischen Konstitution ab und nicht selten kann man aus 
der Härte auf die Zusammensetzung des Steines schliessen. 
Genersich, welcher die Konkrementbildungen im mensch- 


i Vide Seite 521. 


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524 


Dr. Rudolf Bum, Wieu. 


liehen Organismus in systematischer Weise auf ihre Härte prüfte, 
fand bei der Untersuchung eines aus phosphorsaurem und 
kohlensaurem Kalk bestehenden Submaxillarsteines, „dass er 
Lithiumglimmer und Steinsalz ritzt, dagegen von Kalkspat 
geritzt wird; auch der Fingernagel, ferner Gold- und Silber¬ 
münzen ritzen den Stein“. Der Stein erreicht also nicht ganz 
den dritten Härtegrad und ist ungefähr so hart wie ein Urat¬ 
stein (2-9°). Auch ein von Hanszel geprüfter Stein zeigte den 
gleichen Härtegrad. 

Bezüglich der im Zentrum der Steine in seltenen Fällen 
eingeschlossenen Fremdkörper verweisen wir auf unsere Be¬ 
sprechung der Aetiologie. 1 

Die chemischeAnalyse der Speichelsteine ergibt, dass 
jeder Stein aus einer organischen Grundlage und aus ver¬ 
schiedenen anorganischen Verbindungen, zumeist Kalksalzen, 
besteht. Wenn man den Stein durch langsames Ein wirken von 
Säuren entkalkt und den Rest mikroskopisch untersucht, so 
findet man, dass die Hauptmasse der organischen Substanz, 
abgesehen von einigen Speichelkörperchen, Schleimzellen und 
Epithelien, vorwiegend aus Bakterien besteht. 

Die anorganische Substanz wird der Hauptmasse nach 
(50 bis 75 Prozent) aus phosphorsaurem Kalk gebildet. Kohlen¬ 
saurer Kalk ist zumeist nur in geringen Mengen (3 bis 12 Pro¬ 
zent) vorhanden. Doch gibt es anderseits, wenn auch selten, 
Konkremente, die, wie Klebs und Strassmann berichten, in 
der Hauptmasse aus kohlensaurem Kalk bestehen. Der phosphor¬ 
saure Kalk bildet aber in den meisten Fällen, der kohlensaure 
nur ausnahmsweise die Hauptmasse. Ausserdem wurden noch 
viele andere Körper, allerdings nur in Spuren, gefunden, so: 
Eisen, Tripelphosphat, phosphorsaure und kohlensaure Magnesia, 
Chlornatrium und Kieselsäure. Alle diese Stoffe kommen aber 
gegenüber dem phosphorsauren und kohlensauren Kalk nur in 
verschwindender Menge vor. Auffallend ist der Umstand, dass 
Rhodankalium, ein konstanter Bestandteil des Mundspeichels, 


1 Vide Aprilheft 1906 dieser Zeitschrift, S. 257. 


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Ueber Speichelsteine. 


525 


niemals in Speichelsteinen nachgewiesen werden konnte. Die 
chemischen Analysen bei Steinen verschiedener Herkunft er¬ 
gaben keine wesentlichen Unterschiede. Bezüglich genauerer 
chemischer Analysen verweisen wir auf die quantitativen, von 
Gzygan und Wenzel zitierten Bestimmungen von Magnier 
de la Source 1 2 , Doutrelepont* und Blas, 3 sowie auf 
die Abhandlung des Prof. Mautner in Scheffs Handbuch 
(I. Band, Seite 355). 

♦ 

Die Speichelsteine erzeugen in den Gängen und Drüsen 
gewisse pathologisch-anatomische Veränderungen, 
welche unter Umständen von grosser Bedeutung werden können. 

Handelt es sich um einen Gangstein, so bedingt er, 
wie jeder Fremdkörper, an der Stelle seines Sitzes infolge des 
lokalen kontinuierlichen Reizes eine Entzündung der Schleim¬ 
haut, welche sich in einer Hypertrophie derselben äussert. Das 
allmähliche Wachsen des Steines führt zu einer zirkumskripten 
Erweiterung des betroffenen Ausführungsganges, wobei die 
elastischen Elemente der Schleimhaut atrophisch werden. Der 
Stein nimmt immer ausserordentlich langsam an Grösse zu; 
nur dadurch ist es möglich, dass die Speichelgänge, deren Ka¬ 
liber sehr klein ist, sich so weit auszudehnen vermögen, dass 
sie einem Stein von Haselnussgrösse und darüber Platz ge¬ 
währen können. Wenzel bezeichnet die resultierende ampullen¬ 
artige Erweiterung des Ganges als Ptyaloektasie. Wenn 
der Stein noch nicht so gross ist, dass er den Gang vollständig 
verschliesst, so kommt es wohl zu einer Behinderung des 
Speichelabflusses, aber nicht zu einer vollständigen Hemmung 
des Speichelstromes. Die fortwährend nachrückenden Speichel¬ 
mengen überwinden schliesslich den Widerstand, indem sie 
sich zwischen den kleinen Höckern und Warzen des Steines 
oder auf dem Wege oberflächlicher Rinnen den Durchlass er¬ 
zwingen und sich durchpressen. So kann es geschehen, dass 


1 Revue mensuelle, 1877, Nr. 4. 

2 Berliner klinische Wochenschrift, 1875, Nr. 23. 

3 Bulletin de l’Acadgmie de Medecin de Belgique. 


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526 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


ein Stein sehr gross wird und trotzdem keine wesentliche 
Speichelstauung hervorruft. Wenn aber der Stein durch seine 
Grösse den Gang vollständig verschliesst, so dass der Speichel 
absolut nicht abfliessen kann, dann staut sich dieser in dem 
hinter dem Stein gelegenen Teil des Ganges und weiterhin 
in der Drüse selbst. Dieser Teil des Ganges wird infolge der 
Speichelstauung ausgedehnt und es bildet sich eine Speichel¬ 
retentionszyste, eine Art von Ranula. Oft tritt trotzdem noch 
die spotane Ausstossung des Steines dadurch ein, dass die 
andauernde Speichelstauung den im Gang eingeklemmten Stein 
fortdrückt und zur Gangmündung hinausdrängt Häufig wird 
aber der spontane Abgang dadurch unmöglich, dass sich zwischen 
dem Stein und der entzündeten Gangwandung Adhäsionen 
gebildet haben; in anderen Fällen verhindert die Grösse des 
Steines seine spontane Entleerung. Wenn nun der Stein weder 
spontan abgeht, noch auf operativem Wege rechtzeitig entfernt 
wird, so kommt es in sehr seltenen Fällen zur einfachen Ruptur 
des Speichelganges: Der Stein entleert sich dann nebst dem 
retinierten Speichel in das umgebende Gewebe und es bildet 
sich hier eine zystenartige Geschwulst, welche Ptyalokele 
heisst. In den meisten Fällen aber treten zu den mechanischen 
Stauungserscheinungen Entzündungsprozesse hinzu: Der an¬ 
haltende Druck des eingeklemmten Steines führt sehr oft zu 
einer schweren Entzündung des Ganges mit Drucknekrose und 
eiterigem Katarrh. Gleichzeitig wird durch die vorhandene 
Speichelstauung die Einwanderung der verschiedensten Ent¬ 
zündungserreger aus dem Munde in den Speichelgang be¬ 
günstigt, und auf diese Weise kommt es zur Bildung von 
eiterigen Abszessen, welche zumeist nach der Mundhöhle 
hin durchbrechen. (Hanszel und Perrone fanden in 
solchen Abszessen virulente Bakterien: Streptokokken und 
Diplococcus pneumoniae.) Das Endresultat nach dem Durch¬ 
bruch in die Mundhöhle ist die Bildung einer inneren 
Speichelfistel; der Stein geht durch die Fistel ab und 
damit kommt es zum Abschluss des Krankheitsprozesses. — 
Einen Fall dieser Art berichtet Bassferes: Ein 25jähriger 
Leutnant erkrankt am 26. August an einer plötzlichen An- 


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Ueber Speichelsteiue. 


527 


Schwellung der rechten Submaxillargegend und des rechten 
Mundhöhlenbodens. Die Geschwulst unter dem Kieferwinkel ist 
etwas beweglich, druckempfindlich und hart, die Haut unver¬ 
ändert. Bei Druck auf die Geschwulst hat der Patient die Em¬ 
pfindung, dass eine salzige Flüssigkeit in den Mund fliesst. Am 
Mundhöhlenboden findet sich rechterseits zwischen Zunge und 
Zahnbogen eine mandelgrosse, schmerzhafte Schwellung, welche 
die Mittellinie nicht überschreitet. Die anfangs geringen Spannungs¬ 
beschwerden steigern sich in den nächsten Tagen zu Schmerzen 
beim Kauen, Schlucken und Sprechen; gegen Abend meist 
fieberhafte Temperatur. Am 1. September erreicht die Geschwulst 
im Munde ihren Höhepunkt und ist auch auf leiseste Berührung 
sehr schmerzhaft; Lymphdrüsenschwellung, andauerndes Fieber. 
Der Kranke wird wegen der bedrohlichen Erscheinungen mit 
der Diagnose Angina Ludovici ins Spital gebracht. Beim Trans¬ 
port spürt derselbe unter gleichzeitiger Entleerung einer eiter¬ 
artigen Flüssigkeit im Munde ein plötzliches Fallen der Mund¬ 
schwellung. In der Flüssigkeit finden sich zwei harte Körper, 
die vom Kranken als Wurzelstümpfe angesehen werden. Rascher 
Rückgang aller Krankheitssymptome. Die Untersuchung zeigt, 
dass es sich um zwei kleine Speichelsteine im Gewicht von 
0-094 und 0-166 Gr. handelt. Nahe der Mündung des Wharton- 
schen Ganges findet sich die Durchbruchsöffnung, aus der sich 
bei Druck eitrige Flüssigkeit entleert. Die Sonde gelangt durch 
die Fistelöffnung in den Speichelgang. Eine spätere Unter¬ 
suchung (25. Oktober) zeigt normale Verhältnisse. Doch die 
Fistelöffnung hat sich nicht geschlossen; die Sonde lässt sich 
eine Strecke weit (3-5 Cm.) in die Richtung des Whartonschen 
Ganges vorstossen. Aus der Fistel entleert sich normaler 
Speichel. — Die Bildung einer inneren Speichelfistel ist natürlich 
ganz belanglos. Gelegentlich kann es geschehen, dass der Stein 
nach seinem Durclibruch im benachbarten Bindegewebe weiter¬ 
wandert (Bardeleben) und zur Entwicklung neuer Abszesse 
Anlass gibt Der Durchbruch nach aussen kommt glücklicher¬ 
weise nur selten vor; er führt zur Entstehung einer äusseren 
Speichelfistel mit all ihren Unannehmlichkeiten. Ein Fall 
dieser Art (Fistel des Ductus Stenonianus) wird von Lombard 


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528 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


berichtet. In wieder anderen, gleichfalls seltenen Fällen, ent¬ 
wickelt sich an Stelle eines lokalen, zirkumskripten Abszesses 
eine progrediente sekundäre Phlegmone des Mundhöhlenbodens; 
es kommt das gelegentlich bei Steinen des Whartonschen Ganges 
vor. Diese schweren phlegmonösen Prozesse spielen sich 
immer im hinteren Abschnitt des Mundbodens neben dem 
Zungengrund ab und greifen leicht auf die Gaumenbögen über. 
Einen Fall dieser Art berichtete Poncet.' 

Die. Drüsen selbst erleiden bei Gang st einen, solange 
es sich um relativ kleine Steine handelt, in der Mehrzahl der 
Fälle kaum wesentliche Veränderungen, da die gesetzte Speichel¬ 
stauung eine geringe und bald vorübergehende ist. Andauernde 
Speichelstauung führt aber immer zu bedeutenden pathologischen 
Veränderungen des Ganges und der zugehörigen Drüse. Es ge¬ 
schieht das immer dann, wenn der Stein so gross ist, dass 
er den Gang vollkommen verschliesst. Die andauernde Stauung 
begünstigt die Ausbreitung der anfangs lokalen Entzündung 
des Ganges auf seine Verzweigungen und auf die Drüse selbst, 
Sialoadenitis. Die Drüsenzellen verlieren allmählich ihren 
Charakter; sie werden zuerst kubisch und dann blätterig. Der 
Drüsengang und die benachbarten Drüsen teile gehen eine 
fibröse Umwandlung ein, die sich nach und nach auf die 
ganze Drüse ausbreiten kann. Der schliessliche Ausgang ist 
die Verödung und Atrophie eines Teiles der Drüse oder des 
ganzen Organes. Es sind das ganz dieselben Veränderungen, 
wie sie Viborg durch Unterbindung des Ductus Stenonianus 
an der Parotis hervorrufen konnte; auch hier kam es anfangs 
zu einer starken Anschwellung der Drüse, der eine vollständige 
Verödung folgte. Auch bei Speichelgangzysten infolge dauernden 
Verschlusses des Ganges kommt es zur Verödung der be¬ 
treffenden Drüse. 

Zu diesen auf das mechanische Moment der Stauung 
zurückzuführenden Veränderungen gesellt sich nun auch die 
Wirkung der Bakterien, die zum Teil im Konkrement ent¬ 
halten sind (oder auf dem Wege der Lymphbahnen in die 

* Soc. de chir. de Lyon 1887. 


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Ueber Speichelsteine. 


529 


Drüse gelangen), zum Teil aber durch den Gang vom Munde 
aus ein wandern. Diese Einwanderung von Eitererregern wird 
durch den Mangel des Speichelstromes ausserordentlich be¬ 
günstigt, und die entzündete, verödete Drüse ist gewiss nicht 
imstande, der Ansiedlung und Vermehrung der Bakterien 
einen wesentlichen Widerstand entgegen zu setzen. So also 
kommt es sekundär zur Entstehung von Drüsenabszessen, die, 
wenn nicht doch noch der Stein spontan ausgestossen oder 
der Abszess operativ geöffnet wird, in die Mundhöhle oder 
nach aussen durchbrechen und zur Bildung einer Speichel- 
gang- oder Drüsenfistel führen. 

Dieselben pathologischen Veränderungen entwickeln sich 
in Fällen von Drüsensteinen. Hier kommt es immer zu 
einer chronischen Entzündung, welche zur vollständigen Atrophie 
des Drüsengewebes, zur schwieligen Verödung der Drüse 
führen kann. Die Drüse ist vergrössert, induriert und mit der 
Umgebung mehr oder minder verwachsen. Die exstirpierte, durch¬ 
schnittene Drüse zeigt sich häufig von zahlreichen Abszessen 
durchsetzt und die bakteriologische Untersuchung des Eiters 
ergibt Streptokokken. Die Steine selbst sind entweder in derbe, 
entzündliche Schwielen fest eingebettet oder sie liegen im 
Innern eines Abszesses, der bisweilen mit dem stark er¬ 
weiterten Ausführungsgang kommuniziert. Die mikroskopisch¬ 
histologische Untersuchung zeigt, dass das Drüsenparenchym 
mehr oder minder durch ein schwieliges, interlobuläres Binde¬ 
gewebe, welches das geschrumpfte Drüsengewebe in breiten 
Zügen durchsetzt, verdrängt wird. In weit fortgeschrittenen 
Fällen ist das Drüsengewebe ganz verschwunden und durch 
Bindegewebe ersetzt, in dem zahlreiche Rundzellen eingelagert 
sind, und die ganze Drüse besteht schliesslich nur noch aus 
derbem, schwieligem, fast kernlosem Bindegewebe. Wir finden 
also das Bild einer chronisch-interstitiellen Entzündung mit 
Hundzelleninfiltration, mit Vermehrung des Bindegewebes und 
mehr oder minder ausgesprochener Atrophie des Drüsen¬ 
parenchyms. 


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530 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


Die klinischen Erscheinungen der Krankheit sind 
sehr verschieden. Sie hängen vorzüglich von dem Sitze und 
der Grösse des Steines, von den durch ihn hervorgerufenen 
Komplikationen und in gewissem Grade auch von der sub¬ 
jektiven Empfindlichkeit des Patienten ab. Die ersten Anfänge 
der Speichelsteinbildung werden zumeist übersehen; eine Aus¬ 
nahme von dieser Regel bilden jene Fälle, in denen ein in 
den Speichelgang eingedrungener Fremdkörper zur Bildung 
eines Steines geführt hat, da das Eindringen des Fremdkörpers 
gleichsam blitzartig heftige Schmerzen auslöst. In den meisten 
Fällen dürfte der Stein schon lange Zeit — selbst viele Jahre 
— vor dem Auftreten der ersten Symptome bestanden haben, 
ehe er zur Beobachtung gelangte, und Fälle, in denen ein 
Speichelstein als zufälliger Nebenbefund bei einer ärztlichen 
Untersuchung der Mundhöhle oder bei der Sektion gefunden 
wird, sind nicht so selten. So berichtet BassÖres von einem 
19jährigen, wegen eines Augenleidens in militärärztlicher Be¬ 
handlung stehenden Matrosen, welcher einen Stein im Wharton- 
schen Gange stecken hatte, der bei einer zufälligen Unter¬ 
suchung der Mundhöhle entdeckt wurde und niemals Be¬ 
schwerden verursacht hatte. 

In der Regel treten die ersten Krankheitssymptome und 
Beschwerden dann ein, wenn der Stein Speichelstauung hervor¬ 
ruft, das heisst, wenn er so gross geworden ist, dass er den Aus¬ 
führungsgang verschliesst. Die Erscheinungen pflegen also im 
allgemeinen mit dem Wachstum des Steines zuzunehmen; doch 
kann manchmal ein kleiner Stein, der den Ductus vollkommen 
verschliesst, die grössten Beschwerden verursachen, während 
ein grosser Stein Jahre hindurch ganz symptomlos getragen 
wird, wenn der Speichel längs einer oberflächlichen Rinne ab- 
fliessen kann. Im grossen und ganzen kann man mit Recht an¬ 
nehmen, dass die meisten Steine schon monate- oder jahre¬ 
lang getragen wurden, ehe sie zur ärztlichen Beobachtung 
gelangen. 

In den anamnestischen Daten zeigt sich, wie dies 
auch aus den in diese Abhandlung aufgenommenen Kranken¬ 
geschichten hervorgeht, oft eine gewisse Uebereinstimmung: 


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Ueber Speichelsteine. 


531 


Die Patienten geben bei genauer Nachfrage an, schon lange 
Zeit vor der Erkrankung beim Essen ein gewisses Spannungs¬ 
gefühl oder leichte Schmerzen empfunden zu haben. Später 
steigern sich diese Erscheinungen und gleichzeitig bemerken 
die Kranken am Mundhöhlenboden (in typischen Fällen von 
Steinen des Whartonschen Ganges, der Sublingualdrüse und 
ihrer Gänge) eine kleine Geschwulst, die, ohne besondere Be¬ 
schwerden zu verursachen, nach kurzer Zeit wieder ganz ver¬ 
schwindet. Nach Wochen oder Monaten tritt die Geschwulst 
in gleicher Weise wieder auf, bleibt abermals einige Tage be¬ 
stehen und verschwindet wieder. Dieser Vorgang wiederholt 
sich noch öfter, bis die Geschwulst eines Tages bestehen bleibt 
und nun durch ihr rasches Anwachsen und durch die sich 
steigernden Beschwerden die Patienten veranlasst, ärztliche 
Hilfe zu suchen. Wir haben uns dieses ganze Krankheitsbild 
in folgender Weise zu erklären: Wenn das eingeklemmte Kon¬ 
krement den Gang verschliesst und dadurch Speichelstauung 
erzeugt, erscheint die Geschwulst. Sie verschwindet sofort, 
wenn der Stein zurücktritt oder wenn der gestaute Speichel 
die Gangwand so weit ausgedehnt hat, dass er sich zwischen 
Stein und Wand durchpressen und abfliessen kann. Jedesmal, 
wenn der Speichelgang verschlossen wird, erscheint die Ge¬ 
schwulst und mit ihr treten die Beschwerden auf, um, falls 
der Speichel abfliessen kann, rasch wieder zu verschwinden. 
Wenn aber der Gangverschluss ein vollständiger und dauernder 
ist, dann bleibt die Geschwulst bestehen. In manchen Fällen be¬ 
ginnt die Erkrankung mit einer stationär bleibenden Schwellung, 
die lange Zeit hindurch, ohne besondere Beschwerden zu ver¬ 
ursachen, besteht und von dem Patienten kaum beachtet wird. 
Ganz plötzlich aber wächst die Geschwulst unter heftigen 
Schmerzen zu bedeutender Grösse an und veranlasst den 
Kranken, den Arzt aufzusuchen. In wieder anderen, selteneren 
Fällen geben die Patienten an, dass sie seit längerer Zeit im 
Munde einen harten Körper fühlen, der, ohne besonders zu 
belästigen, immer grösser werde. 

Im allgemeinen sind die Beschwerden bei Drüsensteinen 
meist viel geringer als bei Gangsteinen und wird daher ein 


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532 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


schmerzloser Verlauf uns oft darauf hin weisen, dass es sich 
nicht um einen Gangstein, sondern um einen Drusenstein 
handeln dürfte. Es erklärt sich das leicht aus dem Umstand, 
dass Drüsensteine kaum eine Speichelstauung erzeugen; immer 
ist die Behinderung des Speichelflusses die eigentliche Haupt¬ 
ursache der Beschwerden, der Schmerzen und der Geschwulst¬ 
bildung. Eine mit grossen Schmerzen verbundene Steinerkrankung 
ist also zumeist auf einen Gangstein zurückzuführen. 

Eine Ausnahme von dieser Regel bilden aber die Fälle 
von Steinbildung in einem der Ductus Rivini minores der 
Glandula sublingualis, denn diese Fälle verlaufen immer schmerz¬ 
los : Das erklärt sich aber sehr leicht aus dem Umstand, dass 
bei Verschluss eines der Gänge die anderen (8 bis 12 Gänge) 
vikariierend ein treten, so dass der Speichelabfluss durch die 
übrigen steinfreien Gänge erfolgt. Es kommt eben hier nicht 
zu länger andauernder Speichelstauung und daher auch nie 
zu jenen Beschwerden, die mit der Stauung verbunden sind. 
Michel hält dieses Verhalten für ein so typisches, dass er 
zur Schlussfolgerung kommt, Steine, die keine Entzündung und 
keine bedeutende Geschwulstbildung bewirken, müssten in 
einem der Ductus Rivini liegen. Wahrscheinlich ist dieser 
schmerzlose Verlauf schuld daran, dass Sublingualsteine so 
selten zur ärztlichen Beobachtung gelangen und deren Vor¬ 
kommen daher lange Zeit überhaupt ganz in Abrede gestellt 
wurde. 

Doch gibt es ausnahmsweise auch Sublingualsteine, die 
genau wie die anderen Gangsteine grosse Beschwerden, 
Schmerzen und Geschwulstbildung, verursachen: Es sind das 
jene Fälle, in denen der Stein nicht in einem der Ductus 
Rivini, sondern im Ductus Bartholini, dem vereinigten Haupt¬ 
ausführungsgang der Sublingualdrüse, sitzt. Dann tritt eben 
Speichelstauung ein. Einen Fall dieser Art beschreibt Wenzel: 
Der Patient, ein gesunder Mann von 43 Jahren, empfand etwa 
3 Wochen vor der ärztlichen Untersuchung an der rechten 
Seite der Zunge während des Essens Schmerzen, welche er 
aber, da sie rasch wieder verschwanden, nicht weiter beachtete. 
Die Schmerzen wiederholten sich in immer kürzeren Pausen 


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Ueber Speichelsteine. 


538 


während der Mahlzeiten und wurden immer heftiger. Vor 
einigen Tagen bemerkte der Patient auf der rechten Seite 
des Mundhöhlenbodens eine Anschwellung; zu gleicher Zeit 
hatte sich am rechten Unterkiefer, etwas vor dem Kieferwinkel, 
eine taubeneigrosse Geschwulst gebildet. Bei der Untersuchung 
fand sich am Mundboden, rechts vom Frenulum linguae, eine 
etwa apfelsinenkerngrosse, fluktuierende Geschwulst, welche bei 
der Palpation in ihrer Mitte einen kleinen, sehr harten Körper 
durchfühlen liess. Der Ductus erschien in seinem Verlaufe zur 
Sublingualdrüse verdickt; die Drüse selbst war vergrössert, 
hart, druckempfindlich und gegen die Umgebung verschieblich. 
Eine dünne Sonde liess sich nur 1 Cm. weit in den Bartho- 
linischen Gang vorschieben und stiess dann auf einen stein¬ 
harten Widerstand. 

Das wichtigste und am meisten charakteristische, nahezu 
pathognomonische Symptom der Sialolithiasis sind die infolge 
der Speichelstauung periodisch oder intermittierend auftretenden 
Schmerzanfälle, die „Coliques salivaires“ der Franzosen, 
welche mit der Bildung eines sogenannten Tumor salivalis 
einhergehen: Gewöhnlich findet sich an der Stelle, wo der 
Stein sitzt, eine derbe, mehr oder weniger druckempfindliche 
Geschwulst, welche den Kauakt und die Sprache ein wenig 
behindert und auch geringe, ausstrahlende Schmerzen ver¬ 
anlasst. Im Gegensatz zu diesem ruhigen Krankheitsbild 
charakterisieren sich die „Coliques salivaires“ in folgender 
Weise: Es treten plötzlich, meist während des Essens, mit¬ 
unter beim blossen Anblick von Speisen und beim Gedanken 
an das Essen oder auch ganz ohne jede Ursache sehr heftige 
Schmerzen auf, die sich zumeist im Mundboden und in der 
Zunge konzentrieren und von hier aus nach dem Unterkiefer, 
den Zähnen, gelegentlich auch nach dem Ohre und der 
Gesichtshälfte hin ausstrahlen. Gleichzeitig bildet sich eine 
deutliche, an eine Ranula erinnernde Anschwellung, welche 
die ganze hinter dem Steine befindliche Partie des Ausführungs¬ 
ganges und der Drüse betrifft; Schmerzen und Schwellung 
nehmen immer mehr zu, bis schliesslich eine reichliche Ent¬ 
leerung von Speichel und oft auch von Eiter erfolgt. Manch- 


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584 


Dr. Badolf Bum, Wien. 


mal wird auch gleichzeitig spontan ein Konkrement ausgestossen. 
Nun gehen die Erscheinungen meist rasch zurück, die Schmerzen 
lassen nach und die Schwellung reduziert sich auf ihr ur¬ 
sprüngliches Mass. 

Wir beobachten diese Anfälle vorzüglich bei Gangsteinen; 
insbesondere die Steine des Ductus Whartonianus und Barthoüni 
lösen die heftigsten Schmerzanfälle aus. Viel geringere Be¬ 
schwerden verursachen, wie schon erwähnt wurde, die Drüsen¬ 
steine, ferner die Steine des Stenonschen Ganges ; und die 
Steine der Ductus Rivini verlaufen überhaupt meist ganz ohne 
Beschwerden. Doch kommt es auch vor, dass Drüsensteine 
heftige Anfälle auslösen, vor allem dann, wenn es zur Ent¬ 
zündung der Drüse gekommen ist. Die Erklärung der Anfälle 
ist darin zu suchen, dass der beim Essen usw. reichlicher ab¬ 
gesonderte Speichel sich hinter dem Stein staut und erst dann 
abfliessen kann, wenn er den durch das Konkrement gesetzten 
Widerstand überwunden hat. Das Kauen und Schlucken be¬ 
reitet den Patienten besonders starke Schmerzen, da die gegen 
den Mundboden gedrängte Zunge auf den eingeklemmten Stein 
drückt. Manchmal kommt es infolge der mächtigen Speichel¬ 
stauung zu Schwerbeweglichkeit der Zunge und zu Sprach¬ 
störungen, da die Zunge durch die Schwellung des Mund¬ 
bodens seitlich verdrängt wird, ln viel selteneren Fällen werden 
auch Erstickungsanfälle beobachtet; es handelt sich dann 
immer um eine Erkrankung der Submaxillardrüse, deren 
Schwellung die Zunge nach hinten und oben verdrängt und 
dadurch eine Verengerung des Aditus laryngis herbeiführt. 
Gelegentlich werden auch Ohrenschmerzen angegeben. Wenzel 
zitiert ferner einen von K r ö n 1 e i n mitgeteilten Fall, in welchem 
die Speichelsteinbildung in der linken Submaxillardrüse mit 
einer Herabsetzung des Hörvermögens auf dem linken Ohre 
einherging. 

Der objektive Befund bei Speichelsteinerkrankungen 
hängt vor allem von dem Umstande ab, ob zur Zeit der 
ärztlichen Untersuchung eine erhebliche Speichelstauung vor¬ 
handen ist oder nicht. Die Stauung führt zur Entstehung des 
oben besprochenen Tumor salivalis mit den charakteristischen 


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Ueber Speichelsteine. 


535 


Schmerzanfällen. Ausserdem sind für das Krankheitsbild der 
Sitz des Steines, seine Grösse und die eventuelle Entzündung 
der Speicheldrüse von ausschlaggebender Bedeutung. 

Wenn der Stein in der Parotis sitzt oder wenn er den 
Ductus Stenonianus der Parotis verschliesst, so finden wir 
an der Wange dicht unter dem Jochbogen vor dem Ohre eine 
Geschwulst. Manchmal ist Kieferklemme vorhanden; sie wurde 
bisher immer nur bei Parotissteinen beobachtet. Liegt der Stein 
im Duclus Stenonianus, ohne ihn vollständig zu verschliessen, 
so verrät er sich als eine geringe Vorwölbung an der inneren 
Wand der Wange. Einen Fall von Parotisstein berichtet Wenzel: 
Die 21jährige gesunde Patientin bemerkte seit etwa 1 Jahre 
von Zeit zu Zeit vor dem linken Ohre eine Geschwulst, welche, 
von geringen stechenden Schmerzen in der linken Wange ab¬ 
gesehen, keine Beschwerden verursachte und nach kurzem Be¬ 
stände immer wieder zurückging. Bei der Untersuchung fand sich 
auf der Wange, einen Finger breit vor dem Ohre, dicht unter 
dem Jochbogen eine etwa taubeneigrosse, fluktuierende Ge¬ 
schwulst ; im vorderen Anteil war ein etwa erbsengrosser Körper 
von grosser Härte durchzutasten. Die Diagnose, Speichelzyste der 
Parotis infolge Speichelsteins, bestätigte sich bei der Operation. 
- Wenn der Stein in der Submaxillardrüse sitzt, so 
dokumentiert sich die Vergrösserung und Entzündung der Drüse 
als eine Schwellung am Kieferwinkel, die sich bei der Unter¬ 
suchung von der Mundhöhle aus meist mit einer Geschwulst 
im hinteren Abschnitt des Mundbodens identifizieren lässt. 
Bei Steinbildungen im WhartonschenGang, in der Sub¬ 
lingualdrüse und ihren Gängen füllt die Mundhöhlen¬ 
geschwulst mehr den vorderen Abschnitt des Mundbodens aus. 
Doch auch bei Gangst einen ist die zugehörige Drüse häufig 
vergrössert und entzündet; die Schwellung entwickelt sich ent¬ 
weder langsam und schleichend oder unter den Erscheinungen 
einer heftigen akuten Entzündung. 

Die entzündete Drüse ist vergrössert, druckempfindlich 
und, falls die Entzündung schon längere Zeit besteht, mit der 
Umgebung mehr oder minder verwachsen. Die Geschwulst ist 
höckerig und von derber, knorpelharter Konsistenz. Manchmal 

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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


lässt sich der Speichelstein als ein besonders harter, kleiner 
Körper durchtasten. Gelegentlich findet man bei der bidigitalen 
Untersuchung Fluktuation, ein Befund, der auf Speichelstauung 
oder auf eine Abszessbildung schliessen lässt. Ist es zur Ptyalo- 
ektasie gekommen, so finden wir die Umgebung der Druse oder 
des Ausführungsganges stark geschwollen; die Schwellung macht 
den Eindruck einer ödematösen Infiltration und lässt sich leicht 
eindrücken (Wenzel). 

In fast allen Fällen ist die Speichelsteinerkrankung von 
einer diffusen Stomatitis und von Speichelfluss begleitet. 
Minder konstant ist die durch die Entzündung des Ganges 
(Sialodochitis) veranlasste Pyorrhoea salivalis, die 
sich durch den eiterigen Ausfluss aus der geschwollenen, ge¬ 
röteten und manchmal weit klaffenden Gangmündung kenn¬ 
zeichnet ; die Pyorrhoe ist nur selten eine profuse, zumeist ent¬ 
leeren sich nur wenige Tropfen Eiter. Foetor ex ore ist häufig 
vorhanden und oft klagen die Kranken über einen schlechten 
und widerlichen Geschmack im Munde. 

In jenen, relativ seltenen Fällen, in denen es zur Bildung 
eines akuten Abszesses oder zur Entwicklung eines phlegmonösen 
Prozesses am Mundboden mit Schwellung der regionären 
Lymphdrüsen, Fieber, Behinderung der Nahrungsaufnahme und 
schwerer Störung des Allgemeinbefindens gekommen ist, treten 
natürlich diese Erscheinungen in den Vordergrund und be¬ 
herrschen das ganze Krankheitsbild. 

* 

Die Diagnose eines Speichelsteins ist unter Umständen 
sehr leicht zu stellen, macht aber gelegentlich die allergrössten 
Schwierigkeiten. 

Sehr einfach stellt sich die Diagnose in jenen Fällen dar, 
in denen das Konkrement mit dem Finger oder der Sonde zu 
tasten oder, weil es frei zutage liegt, für das Auge direkt 
sichtbar geworden ist. ln manchen Fällen ragt der Stein mit 
einem zugespitzten Ende aus der Gangmündung hervor, in 
anderen ist er nach Perforation der Gangwandung und des 


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Ueber Speichelsteine. 


537 


Mundbodens als harter, weisslicher Körper zu tasten und zu 
sehen. In vielen Fällen führen uns die charakteiistischen An¬ 
fälle zur richtigen Diagnose; doch ist zu bedenken, dass auch 
ein in den Gang geratener Fremdkörper, sowie die entzünd¬ 
liche Schwellung des Drüsenganges und dessen Nachbarschaft, 
ferner ausnahmsweise Tumoren, die den Ausführungsgang 
komprimieren, und narbige Verengerungen des Ganges das 
Auftreten eines Tumor salivalis veranlassen können. Es gibt 
ferner Speichelsteine, bei denen das Symptom der Coliques 
salivaires ganz fehlt oder nur wenig angedeutet ist; hierher 
gehören viele Drüsensteine, die Steine der Ductus Rivini und 
gelegentlich auch andere Gangsteine. Es kommt vor, dass 
sogar der Whartonsche Gang sich an den Stein gleichsam ge¬ 
wöhnt, so dass der Kranke niemals oder kaum eine störende 
Empfindung hat und trotz jahrelangen Tragens nicht zur 
Kenntnis seiner Krankheit gelangt; dann gibt es allerdings 
wieder Fälle, in denen sich ganz plötzlich, ohne jeden Ueber- 
gang unter heftigster Reaktion die akutesten Erscheinungen 
entwickeln und erst mit der Ausstossung des Steines zur Ruhe 
kommen. 

In zweifelhaften Fällen von Gangsteinen ist die genaue 
Untersuchung des Ausführungsganges von entscheidender Be¬ 
deutung. Sehr häufig gelingt es, den Stein durch bimanuelle 
Untersuchung (durch Palpation von der Mundhöhle und von 
aussen her) zu tasten. Im Falle aber diese Untersuchung im Stiche 
lässt, so versuche man die Sondierung des Ganges: Die ein¬ 
geführte, dünne Sonde stösst bei Anwesenheit eines Konkre¬ 
mentes auf einen rauhen, sehr harten Körper, den Stein. Im 
Falle, dass die Sondierung wegen zu tiefer Lage des Steines 
oder starker Schwellung der Gangschleimhaut gleichfalls zu 
keinem Ziele führen sollte, empfiehlt sich die Vornahme der 
Akupunktur, indem man auf den verdächtigen Tumor mit 
einer spitzigen Nadel oder einer Lanzette einsticht, bis das 
Instrument auf den Stein stosst; eine Probepunktion hat schon 
oft auf die richtige Diagnose geführt. Man hüte sich bei der 
.Sondierung vor einer Berührung der Zähne, weil dadurch das 
Anschlägen an einen Stein vorgetäuscht werden könnte. 

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538 


Dr. Rudolf Büro, Wien. 


Besonders schwierig gestaltet sich die Diagnose mancher 
Drüsensteine. Gelegentlich lässt sich der Stein allerdings 
bei der bimanuellen Untersuchung als harter Körper durch¬ 
tasten und Mikulicz' konstatierte in einem Falle von multipeln 
Steinen der Submaxillardrüse ein Reiben der Konkremente 
aneinander. Die Diagnose der Drüsensteine wird dadurch 
ausserordentlich erschwert, dass die Drüse zumeist entzündet 
ist. Die entzündete Drüse gestattet aber infolge ihrer derben, 
knorpelharten Konsistenz kein Durchtasten und kann unter 
Umständen zu Fehldiagnosen Anlass geben. Wenn die An¬ 
schwellung der Drüse sich schleichend und ohne ausgesprochene 
Entzündungserscheinungen entwickelt, so liegt der Gedanke, 
dass es sich um eine Neubildung handeln könne, sehr nahe. 
Hier kämen in erster Linie die an Speicheldrüsen am relativ 
häufigsten Miscbgesch wülste in Betracht; doch ist auch eint* 
Verwechslung mit malignen Tumoren, mit bösartig degene¬ 
rierten Mischgeschwülsten und mit Karzinomen, leicht möglich, 
zumal dann, wenn es im Verlaufe der Drüsenentzündung zur 
Schwellung der regionären Lymphdrüsen und zu Verwachsungen 
mit der Umgebung gekommen ist. Die zuerst von Küttner 
unter dem Namen „entzündliche Tumoren der Submaxillar¬ 
drüse“ beschriebenen, chronisch - entzündlichen Affektionen 
scheinen den Speichelsteintumoren besonders ähnlich zu sein. 
Doch auch mit tuberkulösen Lymphomen* mit Gummen und 
selbst mit Knochentumoren sind schon Verwechslungen vor¬ 
gekommen. 

Wenn wiederum die Entzündungserscheinungen im 
Vordergrund des Krankheitsbildes stehen, so sind, besonders 
dann, wenn die Untersuchung durch grosse Druckempfindlichkeil 
oder durch Kieferklemme erschwert ist, Verwechslungen mit 
einer Alveolarperiostitis leicht möglich. In anderen Fällen 
imponieren die Symptome für einen anginösen Prozess. Bei 
Komplikationen des Krankheitsverlaufes durch Abszedierung 
oder durch Entwicklung einer Phlegmone des Mundbodens 
sind Verwechslungen mit Angina phlegmonosa und Angina 

1 Vide Aprilheft 1906 dieser Zeitschrift, Seite 255. 


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Uebfr SpeicbeMeine. 


539 


Ludovici oder wieder mit Periostitis alveolaris sehr leicht 
möglich, besonders deshalb, weil die lokalen Symptome durch 
das schwere Krankbeitsbild einer Eiterung oder Sepsis vielfach 
verwischt und verdeckt werden. 

Die Diagnose des Speichelsteines ist also unter Um¬ 
ständen eine recht schwierige. Bei zweifelhaften Geschwülsten 
des Mundhöhlenbodens und der Parotisgegend soll man immer 
die Möglichkeit eines Speichelsteines ins Auge fassen. Ver¬ 
wechslungen mit anderen Krankheitsprozessen kommen in 
Fällen mit wenig ausgesprochenen Symptomen recht häufig 
vor: Wir verweisen auf die obigen Ausführungen, sowie auf 
zwei von Hulke berichtete Fälle, in denen Speichelsteine 
unter der Diagnose eines Atheroms, bzw. eines Fibroms zur 
Operation gekommen waren. — Nicht so selten werden Steine 
jahrelang getragen und trotzdem nicht erkannt: Wir erinnern 
beispielsweise an den von Schuster 1 mitgeteilten Fall, welcher 
zeigt, dass ein 60 jähriger Arzt durch 44 Jahre Träger eines 
Steines war, der trotz häufiger Anfälle von Stauungen und Ent¬ 
zündungen, trotz zahlreicher Untersuchungen und Sondierungen 
nicht erkannt worden, „bis endlich, nachdem wieder einmal 
ein Abszess auf gebrochen war, durch die Perforationsöffnung 
hindurch ein weisslicher. walnussgrosser Stein sich den er¬ 
staunten Augen präsentierte.“ Der verstorbene Wiener Zahn¬ 
arzt Dr. Witzinger wurde ein Jahr hindurch wegen einer 
haselnussgrossen, periodisch wiederkehrenden Geschwulst am 
Mundhöhlenboden von den ersten Klinikern Wiens wiederholt 
untersucht; er wurde als Hypochonder verlacht oder — unter 
geheimnisvollen Andeutungen mit Jodpräparaten behandelt, 
bis ein Chirurg bei einer abermaligen Untersuchung die richtige 
Diagnose auf Speichelstein stellte. Auch der von uns mit¬ 
geteilte, gleichfalls einen Arzt betreffende Stein war trotz 
häufiger Untersuchungen 6 Jahre lang nicht erkannt worden. 

Ob in solchen und anderen zweifelhaften Fällen eine 
Unteisuchung mit Röntgenstrahlen die Diagnose sicher stellen 
Hesse, ist noch fraglich; selbstverständlich wird ein durch An- 

1 Vide Aprilbeft 1906 dieser Zeitschrift, Seite 265. 


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540 


Dr. Rudolf Bum, Wien. 


lagerung um einen metallischen Fremdkörper, z. B. ein Schrot¬ 
korn, entstandener Stein ein positives Resultat geben. 

Die Speichelsteinkrankheit hat einen eminent chronischen 
Charakter und pflegt viele Jahre zu dauern. Die Prognose 
ist eine günstige; ein letaler Ausgang ist bisher noch nie 
beobachtet worden. M a r e a u bezeichnet daher die Sialolithiasis 
treffend als „une affection gäneralement plus incommode que 
dangereuse“. Nach der Entfernung des Steines tritt fast immer 
Heilung ein; zurückgebliebene Stückchen oder übersehene 
kleine Steine können allerdings zu einer Rezidive führen. 
Trotzdem aber darf die Speichelsteinkrankheit nicht als ein 
ganz harmloses, unschuldiges Leiden aufgefasst werden, denn 
die periodischen Speichelkoliken, die in schweren Fällen fast 
bei jeder Mahlzeit auftreten, können durch die Behinderung 
der Nahrungsaufnahme zu schwerer Schädigung des Organismus 
fuhren und jeden Lebensgenuss beeinträchtigen. Zuweilen 
kommt es zur Entstehung äusserer Speichelfisteln, welche 
einen höchst lästigen Zustand herbeiführen und unbedingte 
Behandlung erfordern. Wirklich gefährlich aber werden nur 
die fieberhaften phlegmonösen Prozesse am Mundboden, welche 
Erstickungsanfälle und allgemeine Sepsis zur Folge haben 
können, eine glücklicherweise seltene Komplikation. 

Die Therapie besteht in der Entfernung der Steine. 
Der Stein soll, wenn nur irgend möglich, von der Mundhöhle 
aus entfernt werden, was bei Gangsteinen fast immer sehr 
leicht gelingt. In manchen Fällen, in denen der Stein frei zu¬ 
tage liegt oder dicht hinter der Mündung des Ganges sitzt, 
macht die Entfernung gar keine Schwierigkeiten. Gelingt es 
nicht, den Stein durch direktes Fassen mit der Pinzette oder 
Kornzange zu entfernen, so versuche man, ihn einfach mit 
den Fingern bei der Mündung hinauszudrücken. Falls das nicht 
gelingen sollte, so erweitere man die Gangöffnung stumpf mit 
der Pinzette und extrahiere dann den Stein. Etwas schwieriger 
wird die Entfernung des Steines dann, wenn er mit der Gang¬ 
schleimhaut durch Adhäsionen verbunden ist, ferner wenn er 
besonders gross ist oder wenn er in einem tieferen Abschnitt 
des Ganges sitzt. Manchmal genügt in solchen Fällen das Ein- 


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Ueber Speicbelsteine. 


541 


schneiden auf den Stein, also die Spaltung der ihn deckenden 
Weichteile oder die Schlitzung des Ganges auf der Hohlsonde, 
um den Stein freizulegen und hierauf mit der Pinzette oder 
Kornzange oder einem löffelartigen Instrument herauszuheben. 
Gelegentlich wird es nötig sein, vorerst die vorhandenen Ad¬ 
häsionen zu lösen oder zugleich mit dem Stein die mit ihm 
verbundenen Partien der Gangschleimhaut zu entfernen. Die 
Blutung ist oft eine ganz beträchtliche und wird durch Tam¬ 
ponade gestillt. Nach der Steinexlraktion leichte Drainage mit 
Xeroform- oder Orthoformgaze etc., sorgfältiges Reinhalten des 
Mundes und fleissiges Spülen mit Mundwasser (auch Wasser¬ 
stoff-Superoxyd empfohlen). In gewöhnlichen, einfachen Fällen 
ist eine Nachbehandlung kaum nötig. Die Wunde schliesst sich 
meist rasch und vollständig und, wenn sie sich nicht schliesst, 
so bleibt eine innere Speichelgangfistel zurück, die, da sie in 
das Gavum oris mündet, ganz belanglos ist und dem Patienten 
keine Nachteile bringt. Sofort nach der Entfernung des Steines 
pflegt eine wesentliche Erleichterung einzutreten. Zu beachten 
ist nur, dass man alle Konkremente entfernt, da zurückgebliebene 
Teilchen oder übersehene kleine Steine zu Rezidiven Anlass 
geben können. Die Entfernung des Gangsteines durch einen 
operativen Eingriff von aussen her sollte, wenn irgend möglich, 
vermieden werden, da sie, abgesehen von der Setzung einer 
entstellenden Narbe, zur Entstehung einer äusseren Speichel^ 
gangfistel fuhren kann, deren Heilung zumeist nur durch eine 
weitere operative Behandlung möglich ist. Es gilt das vorzüglich 
für den Ductus Stenonianus, da wohl alle Speichelgangfisteln 
diesen Gang betreffen; man wird daher bei suspekten Tumoren 
an der Wange mit der Inzision von aussen her sehr vorsichtig 
sein müssen. Der Eingriff von aussen ist bei Gangsteinen 
eigentlich nur dann indiziert, wenn sich schon eine äussere 
Fistel gebildet hat oder wenn der Stein in einem zum spontanen 
Durchbruch reifen Abszess liegt. 

Ganz anders verhält sich die Sache bei Drüsensteinen, 
bei Steinen der Parotis und der Submaxillaris. Hier ist die Ent¬ 
fernung vom Munde her überhaupt nicht ausführbar, man muss 
vielmehr die Steine — und es handelt sich zumeist nicht um 


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Dr. Rudolf Bum, Wien. 


einen, sondern um viele Steine — von aussen her freilegen 
und entfernen. Doch fuhrt auch dieses Verfahren nicht immer 
zum Ziele: Vor allem ist das Freilegen der Konkremente oft 
sehr schwierig und ausserdem gelingt es auch nicht immer, 
alle Steine zu entfernen; kleine zurückgebliebene oder über¬ 
sehene Steinpartikelchen können aber leicht die Grundlage zu 
einer neuen Erkrankung — zu einer Rezidive — abgeben. Es 
gilt das besonders für jene Fälle, in denen zahlreiche Steine 
in schwieligen Bindegewebsmassen eingebettet liegen und fest¬ 
gehalten werden. Für solche Fälle empfiehlt sich die totale 
Exstirpation der Submaxillardrüse, besonders aber dann, wenn 
es zur Vereiterung oder Verödung des Organes gekommen ist, 
das ohnedies seine physiologische Funktion nicht mehr aus¬ 
üben kann. Durch die Totalexstirpation wird jede Rezidive am 
sichersten verhütet. 

Doch auch in manchen Fällen von Gangsteinen wird sich 
die radikale Drüsenexstirpation empfehlen: Hierher gehören 
jene Fälle von rezidivierenden Gangsteinen, welche, genau so 
wie viele Drüsensteine, allmählich zur Vereiterung und Verödung 
der Drüse geführt haben. In einem von Perrone 1 berichteten 
Fall von Steinen des Whartonschen Ganges war dieser im 
wahrsten Sinne des Wortes mit Steinen gefüllt. Die exstirpierle, 
steinfreie Drüse war der Sitz zahlreicher eiteriger Abszesse, das 
Drüsengewebe war atrophisch und durch ein schwieliges Binde¬ 
gewebe ersetzt. Perrone empfiehlt für alle vorgeschrittenen, 
rezidivierenden Fälle die vollständige Exstirpation der sklerotisch 
veränderten und dadurch funktionsunfähig gewordenen Drüse. 

Bei den Drüsensteinen der Parotis begnügt man sich mit 
der sorgfältigen Entfernung aller Steine und der Abtragung 
der schwer erkrankten Drüsen teile. 

Für Steine der Sublingualdrüse gilt zumeist die für Gang¬ 
steine empfohlene Therapie; die eventuelle Exstirpation macht 
übrigens keine besonderen Schwierigkeiten. 

* 


1 Vide Aprilheft 1906 dieser Zeitschrift, Seite 253. 


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Ueber Speichels« eine. 


548 


Literatur: 

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Bästyf: InScheffs Handbach der Z&hnheilknnde, II. Bd., p. 629, Wien 1903. 

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Burdel: Gazette des höpitanx, 1860, p. 111. 

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Burchard: Die Entstehung des Zahnsteins. Ref. im Korrespondenzbl&tt, 

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Kttttner: Im Handbuch der praktischen Chinagie (von Bergmann, 

Bruns u. Mikulicz), I. Bd., I. Teil. 

— Ueber entzündliche Tumoren der Submaxillarspeicheldrtise. Bruns Bei¬ 
träge zur klinischen Chirurgie, XV, p. 815, und Archiv für klinische 
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Lombard: Gazette des höpitaux, 1875, p. 134. 

Mareau: Etudes sur les calcnls salivaires du canal de Wharton. Thöse de 
Paris, 1876. 

Mauthner: In Scheffs Handbuch der Zahnheilkunde, I. Bd., p 354. 

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Strassmann: Berliner klinische Wochenschrift, 10. August 1887. 


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544 


Dr. Viktor Frey, Wien. 


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Tillmanns: Lehrbuch der Chirurgie, Leipzig 1895. 

Tross: Facettierte Speichelsteine. Beitr. von Ziegler, VIII, 1890. 
Virchows Archiv, Band XXI, 1861. 

Wedls (Metnitz-Wunschheim) Pathologie der Zähne, 1903. 

Wenzel: Ueber Speichelsteine. Inaugoral-Dissertation, Halle-Wittenberg 
1896. 

Wyatt-Pratt: Lancet, II, Oktober 1871. 

Ziegler: Pathologisch-anatomisches Lehrbach, I. Teil, p. 244. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Detef Malt-MiwI. 

Von Dr. Viktor Frey , Zahnarzt in Wien. 

Vorliegende Arbeit ist das Ergebnis einer Statistik von 
über 600 Fällen, bei denen ein Kokain-Adrenalingemisch an¬ 
gewendet wurde. Es handelte sich um allerlei Eingriffe, wie 
sie im täglichen Leben des Zahnarztes Vorkommen. Von der 
Betrachtung waren Extraktionen, die ja gewöhnlich den Mittel¬ 
punkt der meisten Publikationen über Lokalanästhesie bilden, 
prinzipiell ausgeschlossen. Die Zusammensetzung der Lösung 
war, ausser wo es speziell angeführt wird: 

Cocaini mur.0*02 

Aqu. destill.100 

Sol. Adrenal. hydrochl. 

(Takamine) .... gtt. I. (pro Spritze). 

* 

Gewaltsame Separation mit dem Ivory-Separator (366 Fälle). 

Diese sonst so schmerzhafte Prozedur konnte in den 
allermeisten Fällen vollkommen schmerzfrei vorgenommen 
werden. Zumeist handelte es sich um obere und untere Front¬ 
zähne. Zur Separation von 1-1, 1-2, 2-3 und 3-4 genügte eine 
Wartezeit von zirka 5 bis 10 Minuten. Die Separation von 
4-5 eiforderte gewöhnlich einen Zeitraum von 10 bis 15 Minuten. 


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Ueber Kokain-Adrenalin. 


Ö45\ 

Bisher wurden Ober- und Unterkiefer gemeinsam betrachtet, 
wiewohl die innerhalb der angeführten Wartezeit liegenden 
höheren Zahlenwerte in erster Linie für den Unterkiefer gelten. 
(Schwierigere Injektionstechnik. Dickere Alveolarwand.) 

Um 5-6 und 6-7 des Oberkiefers schmerzlos separieren zu 
können, sind gewöhnlich 10 bis 15 Minuten erforderlich, eventuell 
muss man sich auch auf mehr gefasst machen. Uebrigens 
gelingt es nur in sehr seltenen Fällen (weite Mundöffnung), 
ohne den Patienten zu quälen, den Separator zwischen 
6 und 7 des Oberkiefers anzulegen, im allgemeinen ist hiezu 
nicht zu raten. — Bei 5-6 und 6-7 des Unterkiefers (auch hier 
unterbleibt sie besser bei 6-7 aus den obenangeführten Gründen) 
lässt die Anästhesie meistens im Stich. Man kann bei 15 bis 
iO Minuten Wartezeit eine Abschwächung der Empfindlichkeit 
erzielen, einwandfreie Anästhesie fast nie. Bisweilen lässt aber 
die Anästhesie auch bei unteren Front- und Seitenzähnen 
(besonders bei starkknochigen Individuen) im Stich. 

Sind die Zähne separiert, so kann man bei ganz ober¬ 
flächlicher Karies (am besten nur bis höchstens zur Mesial- 
fläche des Eckzahnes von der Mitte aus gerechnet) den 
Defekt gleich ausbessern. In die anderen separierten Zwischen¬ 
räume oder auch in die vorgenannten bei tiefer gehender 
Karies zog ich es vor, nach Art der von Bon will angegebenen 
Methode ein Stückchen erwärmter rosa Tafelguttapercha ein- 
zupressen oder auch Fletcher (Doz. Dr. Weiser) aufr 
zubauen. Sind diese Materialien erhärtet und geglättet, so 
nimmt man den Separator ab und setzt die Behandlung nach 
frühestens 5 Tagen fort. Die Zähne stehen dann genügend 
separiert und haben sich an die neue Lage gewöhnt, 
dass die Erschütterung beim Exkavieren nicht schmerzhaft 
empfunden wird. 

Anästhesierung der Pulpa (115 Fälle). 

Dieselbe gelingt bei oberen Schneide- und Eckzähnen 
prompt in 5 Minuten, bei den gleichen Zähnen des Unter¬ 
kiefers manchmal in derselben Zeit, zumeist in zirka 10 Minuten, 
in manchen Fällen gelingt sie überhaupt nicht. Glücklicher- 


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546 Dr. Viktor Frey, Wien. 

weise sind solche Fälle wegen der geringen Kariesfrequenz 
dieser Zähne selten. Bei Bicuspen des Oberkiefers tritt die 
Anästhesie vor 10 bis 15 Minuten fast nie ein, ja ich erinnere 
mich eines Falles, wo die Empfindungslosigkeit 45 Minuten 
auf sich warten liess. Unter 115 Fällen war die Anästhesie 
102mal einwandfrei: Incisivi Canini und Bicuspen des Ober¬ 
und Unterkiefers (1 unterer Bicuspis 4| Wartezeit 15 Minuten), 
ferner ein Wartezeit 10 Minuten (schwächlicher Mensch, 
offenbar dünne Alveolarlamelle). Bei den anderen 13 Fällen, 
es handelte sich um zwei Eckzähne des Unterkiefers, ferner 
um Prämolaren und Molaren des Ober- und Unterkiefers, 
war die Anästhesie nach halbstündiger Wartezeit unge¬ 
nügend und machte teils Kokaindruckanästhesie, teils Arsen- 
einlage nötig. 

In einem Falle traten heftige örtliche Reizsymptome auf. 

5| pulpa nuda; keine Entzündungserscheinungen. Anäs¬ 
thesie in 5 Minuten vollkommen, so dass die Pulpenextraktion 
vollkommen und schmerzlos gelingt. Karboleinlage. Asepsis 
vollkommen. Der Eingriff wurde zirka 5 Uhr abends vorgenommen. 
In der Nacht beginnen heftig klopfende Schmerzen, die zirka 
36 Stunden anhalten. Die Extraktion des Zahnes wird vom 
Patienten nachdrücklich verlangt. Ich lehnte ab. Es bestand 
keine Rötung, keine Schwellung des Zahnfleisches, dagegen 
heftiger apicaler Druckschmerz, desgleichen Schmerz bei Per¬ 
kussion und beim Kauen. Keine lokale Temperaturerhöhung. 
Für eine blosse, jedem Zahnarzt wohlbekannte Reaktion nach 
Pulpenextraktion, wie sie ein periapicales Hämatom erzeugt, 
waren die Erscheinungen viel zu stürmisch. Die subjektiven 
Beschwerden glichen einer beginnenden suppurativen Periostitis. 
36 Stunden nach der Pulpenextraktion waren die Schmerzen 
wie weggeblasen, ohne wiederzukehren. 48 Stunden nachher 
Wurzelfüllung, in einer späteren Sitzung Dauerverschluss der 
Kronenkavität. Der Zahn ist seit November vorigen Jahres 
absolut schmerzfrei. Ich bin geneigt, diesen Zustand mangels 
einer anderen Erklärung dem Anästhetikum zur Last zu legen, 
trotzdem andere Patienten Injektionen aus dem gleichen Lösungs¬ 
vorrat anstandslos vertragen haben. 


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Utsber Kokain-Adrenalin. 


64 T 


Uebrigens stehe ich mit dieser Beobachtung nicht ver¬ 
einzelt da; gesprächsweise hat Herr Doz. Dr. Weiser mit¬ 
geteilt, ähnliche Wahrnehmungen nach Kokain-Adrenalin- 
anwendung gemacht zu haben. 

Anästhesierung des Dentins (57 Fälle). 

Als Dentinanästhetikum erweist sich das Kokain-Adrenalin¬ 
gemisch sehr brauchbar. Es ist anwendbar bei Incisivis, Caninis 
und Prämolaren, besser des Ober- als Unterkiefers, desgleichen 
bei Molaren des Oberkiefers bei entsprechend langer Warte¬ 
zeit. Bezüglich der Molaren des Unterkiefers (teilweise auch der 
Prämolaren) verweise ich auf den vorhergehenden Abschnitt. 
Hätte ich dem Wunsche der Patienten Rechnung tragen wollen, 
so wüsste ich mehr über die Dentinanästhesie zu berichten. 
Aber ich habe es für besser befunden, nur in berücksichtigens- 
werten Fällen zur Injektion zu greifen. Nur bei ganz ober¬ 
flächlicher Karies kann man es wagen, eine Füllung zu legen 
dringt die Höhle nur etwas tiefer ins Dentin ein, so ist ein 
derartiger Vorgang sehr gewagt, namentlich bei Metallfüllungen 
dabei habe ich von den durch das Exkavieren zufällig frei¬ 
gelegten Pulpen selbstverständlich gänzlich abgesehen. Durch 
die Dentinanäslhesie verliert man eben auch die Möglichkeit, 
die physiologischen Reaktionen der Pulpa zu beobachten,, 
was keineswegs gleichgiltig ist. Das Wort: „Der Schmerz ist 
der Wächter der Gesundheit“, gilt auch hier. Die meisten 
Dentinanästhesien habe ich zum Exkavieren von (labialen, 
bzw. buccalen) kariösen Hals- oder von keilförmigen Defekten 
bei Incisivis, Caninis und Prämolaren (meist des Oberkiefers) 
angewendet und sehr befriedigende Resultate erzielt. Diese 
Anwendung halte ich für gerechtfertigt, weil das Exkavieren, 
das Kofferdamanlegen, sowie das Adaptieren der Ivoryhals- 
klanimer bei derartigen Defekten ausserordentlich schmerzhafte 
Prozeduren sind. Da ich mich grundsätzlich daran gehalten, 
habe, nur seichte Defekte auszubessern, tiefere jedoch nach, 
dem vollständigen Exkavieren provisorisch zu verschliessen und 
erst in einer zweiten Sitzung definitiv zu füllen, so kann iclL 
mich auch nicht über die Resultate beklagen. Ausserdem habe: 


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548 


Dr. Viktor Frey, Wien. 


ich die Dentinanästhesie bei keinem buccalen Molarenhalsdefekt 
angewendet, weil sich eine derartige Höhle in erster Linie nie 
vollkommen genau überblicken lässt. 

Kronen- und BrQckenarbeiten (24 Fälle). 

Es handelte sich um diverse Verrichtungen: Zuschleifen 
der Zähne und Wurzeln, Ringmass nehmen, Hinauttreiben des 
Ringes bei verschiedenen Zahnkategorien. Die Resultate waren 
befriedigend. 

Curettement bei Alveolarpyorrhoe (17 Fälle). 

Zumeist kamen die unteren Frontzähne in Betracht. Die 
W irkung des Kokain-Adrenalins tritt prompt ein. Man reicht 
mit geringen Lösungsmengen aus, die man entweder sub¬ 
gingival injiziert oder — was ich vorziehe — in die Zahn¬ 
fleischtaschen einträufelt. Die anämisierende Wirkung des 
Adrenalins ist namentlich hier sehr angenehm. 

Wurzelresektionen (10 Fälle). 

Verwendet wurde eine zweiprozentige Lösung von Kokain 
und drei Tropfen Adrenalin pro Spritze. 

Die Operation betraf: 


viermal. ]\ 

zweimal.2| 

zweimal.J2 

einmal.15 

einmal.|4 


Die Anästhesie war während des ganzen Eingriffes voll¬ 
kommen bis auf das Exkochleieren der Abszesshöhle. In sieben 
Fällen traten grössere oder geringere Schmerzen, selbst nach 
teilweiser intraalveolärer Injektion bei der Exkochleation auf. 
Drei Fälle verliefen absolut schmerzfrei, hievon wurde einmal 
die Resektion zweizeitig gemacht, in den anderen zwei Fällen 
in einer Sitzung beendet. 

Varia. 

Ausserdem wurde ein quergelagerter und retinierter aus- 
gemeisselt, siebenmal Exkochleation von Fungositäten aus Ex- 


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Ueber Kokain-Adrenalin. 


549 


traktionswunden, einmal Abtragung der Zahnfleischkappe bei 
erschwertem Durchbruch des Weisheitszahnes und viermal 
Anästhesierung des hyperästhetischen Zahnfleisches behufs An¬ 
legen des Eofiferdam und Adaptierung hochhinaufreichender 
Matrizen; die Anästhesie war befriedigend. 

* 

Die lokalanästhetischen Eigenschaften des Kokain-Adre¬ 
nalins verschaffen uns also mancherlei Erleichterungen, jedoch 
dürfen wir von dem Mittel nicht zu viel verlangen, denn 
unsere besten Absichten scheitern oft (namentlich bei den 
unteren Molaren) an den Klippen anatomischer Verhältnisse. 
Schwerer wiegend sind die unbeabsichtigten Wirkungen des 
Kokain-Adrenalins, nämlich die toxischen. Dass solche bei 
Dosen, die tief unter der Maximaldose stehen, Vorkommen, 
steht fest, obzwar ich überzeugt bin, dass manche üble Zufälle 
auf die momentane Disposition oder auf die psychische Alteration 
des Patienten zurückzuführen sind. 

Ich habe in 26 Fällen das Auftreten von Allgemein¬ 
erscheinungen nach der Injektion beobachtet. Wenn ich diese 
26 Personen Revue passieren lasse, so waren darunter: 

16 anämische (sämtlich jüngere weibliche) Individuen. 

1 Hysterische. 

1 Fall von beginnendem Morb. Basedow (Wahrscheinlich¬ 
keitsdiagnose nach geringem Exophthalmus und be¬ 
stehender Nervosität ohne Herzsymptome). 

2 Fälle betrafen junge, kräftige, im Training befindliche 
Sportsleute (ein Ruderer, ein Fussballspieler). Offenbar 
war dem durch das Training überanstrengten Herzen 
schon der eine Tropfen Adrenalin zuviel zugemutet. 

6 Gesunde. 

Die Allgemeinerscheinungen bestanden in Blässe des Ge¬ 
sichtes, Schweissausbruch, Zittern, Oppressionsgefühl, öfters 
sehr heftige Palpitationen und Luftschnappen, ln drei Fällen 
traten bloss Weinkrämpfe bei vermehrter Herzaktion auf, ob¬ 
wohl die Patienten hinterher angaben, absolut keine Angst 
gehabt zu haben. 


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550 


Dr. Viktor Frey, Wien. 


In der Mehrzahl der Fälle waren die Erscheinungen 
nach einigen Minuten vorüber, nur zwei Fälle machten eine 
Ausnahme: Die Hysterische behauptete, 3 Tage krank gewesen 
zu sein und der junge kräftige Fussballspieler brauchte 1 Stunde 
zur Erholung. Bei ihm waren die Beschwerden auch ganz 
kollapsartig. 

Ich möchte hier ganz besonders auf die Unverträglichkeit 
mancher Anämischer gegen Kokain-Adrenalin hinweisen, wobei 
ich jedoch betone, dass nicht alle Anämischen mit Allgemein¬ 
erscheinungen reagiert haben. Manche haben zwei und mehr 
Spritzen der gleichen Lösun*, gelegentlicher Extraktionen er¬ 
halten und anstandslos vetuagen. — Sollten daher die Er¬ 
wartungen, die sich an das Novocain in Verbindung mit einem 
Nebennierenpräparat knüpfen, erfüllen, so wäre das neue 
Mittel mit Freuden zu begrüssen. Allerdings werden wir uns 
gelegentlich auf gewisse toxische Einflüsse von seiten der 
Nebennierenpräparate gefasst machen müssen, selbst wenn es 
gelänge, ein Lokalanästhetikum von absoluter Ungiftigkeit zu 
finden. Ich verweise auf das im Buche Brauns' unter dem 
Kapitel „Suprarenin“ Gesagte. 

Es wird vielleicht wundernehmen, dass ich schwer zu 
anästhesierende Gebiete (untere Molaren- und Prämolaren¬ 
gegend) nicht durch direkte Leitungsunterbrechung des Nerv, 
alveolaris und Nerv, lingualis anästhesiert habe; hiezu bemerke 
ich, dass die hinterher auftretende halbseitige Gefühlstaubheit 
(auch der Zunge) und die Schluckbeschwerden diese Anästhe¬ 
sierung vielleicht für eine oder mehrere Extraktionen, nicht 
aber z. B. für eine Separation rechifertigen. 

Ausser den Lokalerscheinungen, die ich bei dem nach 
Pulpenextraktion oben angeführten Falle erwähnte, habe ich 
leider einen höchst unangenehmen Zustand nach einer Injektion 
zu beobachten Gelegenheit gehabt. 

Am 22. Februar 1905 wurde bei einer 22 jährigen anä¬ 
mischen Patientin ein lebender, aber stark zerstörter I? behufs 


1 Die Lokalanästhesie, ihre wissenschaftliche!! Grundlagen und prak¬ 
tische Anwendung. Leipzig 1905. J. A. Barth. 


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Ueber Kokain-Adrenalin. 


551 


Kronenersatz zusammengeschliffen und der Ring probiert. Zu 
diesem Zwecke anästhesierte ich die ganze Gegend durch sub¬ 
gingivale Injektion. Einige Tropfen lingual, den Rest der Spritze 
buccal. Lösung nicht zersetzt, frisch bereitet und gleich den 
Instrumenten steril. (Die Stammlösung, welcher die Spritze ent¬ 
nommen wurde, wird von anderen Patienten anstandslos ertragen.) 
Das Operationsfeld wurde mittels eines Lysoltupfers vor dem Ein¬ 
stich gereinigt. Der Eingriff war schmerzfrei, die Blutung gering. 
Am 23. Februar klagte Patientin über starke Schmerzen, die an 
der buccalen Injektionsstelle aufgetreten waren. Die Unter¬ 
suchung ergab zirkumskripteIj.Bgivitis am Orte der Injektions¬ 
quaddel. Bis zum 28. Februar Hatte sich unter andauernden 
Schmerzen ebendort (sowohl Alveolargingiva, Umbiegungsfalte 
und Wangenschleimhaut) eine Schleimhautnekrose in gulden¬ 
grosser Ausdehnung etabliert. Desgleichen bestand starkes links¬ 
seitiges Wangenödem. 4. März war der Schorf abgestossen, 
10. März Prozess abgeschlossen. 

Nach einigen Monaten sah ich die Patientin wieder. Die 
glatte Schleimhautnarbe war kaum sichtbar. 

Es war dies derjenige Fall, der mir die Beobachtung 
der Wirkung des Kokain-Adrenalins auf Anämische nahelegte. 
Die nach der Injektion auftretende Ischämie schien mir für 
ein ohnehin anämisches, deshalb schlechter ernährtes Gewebe 
gefährlich zu sein. Ich führte die Nekrose auf diese Ursache 
zurück. Ausserdem schien die Injektionsquaddel, deren Decke 
doch in einem gewissen Spannungszustand sich befindet, wegen 
der grösstenteils unterbrochenen Zirkulation in erster Linie 
gefährdet. Ich habe daher durch leicht massierende Bewegungen 
der Injektionsstelle (nach Brauns Angabe) getrachtet, die Lösung 
im Gewebe zu zerteilen. Dabei nun konnte ich die Beobachtung 
sowohl an Patienten, als auch an mir selbst machen, dass die 
Anästhesie fast in der halben Zeit eintritt und schwindet, dass 
aber (offenbar wegen Resorption grösserer Kokain-Adrenalin¬ 
mengen auf einmal) eher Allgemeinerscheinungen auftreten als 
sonst. Ich bin daher von der Massage wieder abgekommen 
und habe auch seither nekrotische Prozesse nicht mehr gesehen, 
trotzdem ich wiederholt Anämische mit derselben Lösung be- 


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552 


Dr. Alfred Kling, Oluiütz. 


handelte. Allmählich aber hat sich in mir die Ueberzeugung 
Bahn gebrochen, dass die damalige Nekrose dem Kokain- 
Adrenalin nicht zur Last zu legen ist, sondern vielmehr trotz 
peinlichster Asepsis meinerseits, doch infektiösen Ursprunges 
(Mundhöhle!) gewesen sein durfte, wobei ich eben eine be¬ 
sondere Vulnerabilität anämischer Gewebe annehme. 

Unter den lokalen Erscheinungen wurde wiederholt von 
verschiedenen Autoren Pulpentod nach Injektionen angeführt. 
Einen derartigen üblen Zufall konnte ich bisher nicht beobachten. 

Zur möglichsten Verhütung von Allgemeinerscheinungen 
habe ich nach Dr. Schlemmers Angabe Kola (neuestens 
Extractum Kolae siccum saccharatum, Praescriptio Viennensis) 
und bei aufgetretenen Erscheinungen Validol (Zimmer) in 
einigen Fällen mit gutem Erfolg verwendet. 


Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. 

Delier einen Interessanten Fall tod Speictelstein in einer it- 
zmpi des Dectns Mais. 

Von Zahnarzt Dr. Alfred Kling in Olmütz (Mähren). 

Im Monate Juni dieses Jahres wurde mir von einem aus¬ 
wärtigen Kollegen ein junger Bauernbursche wegen einer Wangen¬ 
geschwulst zugeschickt, mit der Bitte, diese genau zu unter¬ 
suchen und das Nötige zu veranlassen. Aus dem beigegebenen 
Schreiben entnahm ich, dass der Kollege — auch mir wäre 
es bald so ergangen — die Geschwulst für eine aneurysmatische 
Erweiterung eines Gefässes hielt und daher vor der Operation 
zurückschreckte. 

Der junge Mann, ein kräftig gebaute Bursche, gibt an, 
die in Frage kommende Geschwulst bestehe schon seit mehreren 
Jahren, allerdings sei sie erst in den letzten 2 Jahren besonders 
gewachsen. Erst jetzt hätte er sich zu einer ernsten Behandlung 
entschlossen, da die Sprache erschwert sei und seine Freunde 


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Ueber eineu interessanten Fall von Speichelstein etc. 553 

im Dorfe ihn wegen des entstellten Gesichtsausdruckes aus¬ 
lachen. 

Ohne mich in eine weitere Anamnese einzulassen, unter¬ 
suchte ich den jungen Mann und konnte, abgesehen von einer 
beiderseitigen Bronchitis geringen Grades, die auch keinerlei 
Beschwerden verursachte, keine Erkrankung konstatieren. Ich 
ging nun sogleich an die Untersuchung der Geschwulst und 
konstatierte dieselbe an der rechten Wange, in der Grösse 
eines Hühnereies. Das Auffallendste an der Geschwulst 
aber war nicht die Grösse, denn man sieht solche mitunter 
im Gesichte von viel grösserem Umfange, sondern eine deut¬ 
liche Pulsation, von der si h aber im vorhinein nicht sagen 
liess, ob sie nur die Geschwulst oder auch das umliegende 
Gewebe betraf. Die Haut über der Geschwulst war dunkelblau 
und sehr dünn; jedenfalls hatte in der letzten Zeit von seiten 
der darunter liegenden Geschwulst ein starker Druck auf die 
schon ohnehin verdünnte Haut stattgefunden; die Pulsation 
war eine sehr kräftige und ich musste staunen, dass die Haut 
über der Geschwulst nicht schon längst gerissen war. 

Um nun in der Erkenntnis der Diagnose weiter zu 
kommen, verfolgte ich zunächst die Pulsation genauer und 
ich konstatierte weiter, dass, wenn der Patient mit der Zunge 
die Wange von innen heraustrieb, die Pulsation kleiner wurde. 
So musste ich in Erwägung ziehen, ob nicht vielleicht ein 
darunter liegendes Gefäss die Ursache derselben sei; ich über¬ 
zeugte mich, dass bei Druck auf die Geschwulst von aussen 
die Pulsation weiter bestand, dass sie dagegen bei Druck 
auf eine bestimmte Stelle der Innenseite der Wange, die 
ich erst ausfindig machen musste, sofort auf hörte, um 
wiederum bei Nachlassen des Druckes zu beginnen. Es war 
demnach die Pulsation der Geschwulst nur eine 
von einem Gefäss fortgeleitete und an ein Aneurysma 
war daher nicht mehr zu denken. Nun betastete ich die Ge¬ 
schwulst und konstatierte, dass dieselbe äusserst hart und auf 
der Unterlage verschieblich war. Fluktuation war keine vor¬ 
handen; die Palpation selbst verursachte keine Schmerzen. Da 
die Haut sehr dünn war, so konnte ich die Oberfläche der 

7* 


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554 


Dr. Alfred Kling, Olmtttz. 


Geschwulst genauer abtasten und fand, dass sie nicht glatt t 
sondern grobhöckerig war und man konnte daher auch an 
Verkalkungen in einer vergrösserten Druse denken. Dem Patienten 
riet ich daher zur Operation, id est zur Entfernung der ihn so 
entstellenden Geschwulst. Der Patient war damit nicht ein¬ 
verstanden und kehrte unverrichteter Dinge nach Hause zurück. 
Doch schon nach 3 Tagen kam er wieder und erzählte, er 
wäre bei einem anderen Kollegen gewesen, der ihm ein Pflaster 
auflegte (jedenfalls Quecksilberpflaster) und ihn mit dem Be¬ 
deuten entliess, dass er sich, falls binnen 2 bis 3 Tagen die 
Geschwulst nicht weicher würde, unbedingt einer Operation 
unterziehen müsse. Da nun in diesen 3 Tagen in der Kon¬ 
sistenz der Geschwulst nicht die geringste Aenderung eingetreten 
war, suchte er von neuem in Begleitung seines Vaters meine 
Ordination auf und war viel gefasster. Ich schritt nun daran, 
die Geschwulst zu entfernen. Das Operationsfeld wurde nach 
der nötigen Rasur sorgfältig mit alkalischem Seifenspiritus ab¬ 
gerieben und mit Aether gewaschen. Zur sonstigen Desinfektion 
verwendete ich eine Alsollösung von Athenstaedt und Redecker. 
Unter Kelen-Anästhesie öffnete ich mittels eines Knopfbistouris 
kreuzförmig; es entleerte sich eine geringe Menge blutig seröser 
Flüssigkeit und wenige Tropfen Eiter; als ich etwas stärker 
zusammendrückte, kam zu meinem Erstaunen ein Stein zum 
Vorschein, der die Grösse einer Nuss hatte; da er ziemlich 
fest sass, musste ich ihn mittels einer Zange hervorholen. Die 
Untersuchung des Steines behielt ich mir für später vor. Die 
Wunde wurde mittels Häkchen weit offen gehalten, um nach¬ 
zusehen, ob nicht etwa noch andere kleine Steinchen da waren 
— die Möglichkeit war ja nicht auszuschliessen. Ich überzeugte 
mich, dass nur ganz kleine Konkremente vorhanden waren, 
die ich natürlich sämtlich durch Auswaschen der Wundhöhle 
entfernte. Nach sorgfältigster Desinfektion drainierte ich mittels 
Xeroformgaze. 

Ich entliess den Patienten und empfahl ihn der Behandlung 
seines Hausarztes. Die Wundheilung ging wie ich aus Briefen 
erfuhr, recht gut von statten und nach kaum 12 Tagen war 
die Wunde bis auf eine etwa erbsengrosse Stelle vollkommen 


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Ueber einen interessanten Fall von Speicheiste in etc. 555 

geschlossen. Allein von nun an änderte sich nichts, das heisst 
die Grösse der Oeffnung blieb stationär. Das Wesentlichste 
aber an der Sache war, dass aus der Oeffnung sich Speichel 
entleerte und zwar in ziemlicher Menge. Es bestand dem¬ 
nach eine Speichelfistel; durch Sondierung konnte ich 
die Richtung des Fistelkanals genau erkennen; wenn ich eine 
Sonde in den Fistelkanal und eine zweite Sonde von innen 
her in den Ductus Stenonianus einführte, so begegneten sich 
in einer Höhe von 1'/« Cm. die beiden Sonden; daraus musste 
ich schliessen, dass der Hauptstamm des Ductus 
Stenonianus zwei Aeste hatte, von denen der eine 
zum Fistelkanal wurde. Dass eine solche Speichelfistel nicht 
von selbst ausheilt, das war mir klar; ich suchte daher den 
ganzen Fistelkanal zu zerstören. Zum grossen Teile gelang 
mir dies durch Anwendung des Paquelin-Thermokauter. Der 
Fistelkanal verödete beinahe ganz, eben bis auf den Teil, an 
welchem er vom Stamme abging. An dieser Stelle also blieb 
eine Speichelfistel zurück. Ich versuchte eine jede in das Gebiet 
des Fistelschlusses einschlägige Therapie, allein ohne Erfolg. 
Ich konstatierte, dass die Speichelmenge, welche sich durch 
den Fistelkanal entleerte, viel grösser war als die, welche durch 
den eigentlichen Ductus Stenonianus entleert wurde — nämlich 
nach innen. Ich warf mir daher die Frage auf, ob ich nicht 
irgendwo den natürlichen Ausweg vergrössern könnte, und 
siehe da, durch Aufschlitzen des Ductus Stenonia¬ 
nus von seinem Ende aus nach aufwärts (etwa 1'/* Cm. 
weit) schaffte ich einen breiten Ausführungsgang und der 
Speichel floss jetzt reichlich innen, aussen dagegen war nur 
hie und da ein Tröpfchen zu sehen. Dies war bereits ein 
bedeutender Fortschritt; allein dies hätte nicht genügt, denn 
der breite Kanal, den ich künstlich herstellte, hätte sich alsbald 
wieder verengert, daher ich ihn offen halten musste, was 
mittels eines kleinen Kautschukröhrchens geschah. Schon nach 
5 Tagen bemerkte ich, dass das noch übrig gebliebene Ende 
des Fistelkanals winzig klein wurde und kaum mehr feucht 
zu nennen war. Nach weiteren 14 Tagen schloss sich zu 
meiner und meines Kollegen Freude die Fistel vollkommen 


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656 


Dr. Friedrich Luniatschek, Breslau. 


und ich konnte nach Anfrischung der Wundränder die kleine 
offene Stelle durch eine Naht schliessen. Das Röhrchen liess 
ich im ganzen 8 Tage lang liegen, allerdings wurde es öfters 
herausgenommen, mit frischer Xeroformgaze umhüllt und nach 
einer Ruhepause von einigen Stunden wieder eingeführt. 

Nunmehr sind bald 2 Monate verflossen und der Patient 
ist vollkommen gesund ; auch ästhetisch ist nichts auszusetzen, 
denn es ist kaum mehr zu sehen als eine ganz kleine, nicht 
eingezogene Narbe, die man für die Spuren eines Furunkels 
halten könnte. 

Die Untersuchung des Steins ergab folgendes: Die Ober¬ 
fläche des die Grösse einer Nuss besitzenden Steines war 
vollkommen höckrig, seine Form spindelförmig und oval; 
chemisch bestand der Stein aus phosphorsaurem und etwas 
kohlensaurem Kalk. Noch am selben Tage liess ich den Stein 
zerschneiden und fand als Ursache der Steinbildung 
ein Stückchen eines Strohhalmes. Die Entstehung 
des Steines ist so zu erklären, dass sich um dieses Stückchen 
desStrohhalms der Kalk ablagerte und so der Kern eines 
Steines gebildet wurde. 


AM auf die Eraideraei des Herrn Prot Dr. Adolf littet 

io Bor 1 

Von Zahnarzt Friedrich Luniatschek in Breslau. 

Im Heft 2 der „ Oesterr.-Ungar. Vierteljahrsschrift für 
Zahnheilkunde“ und in der „Zahnärztlichen Rundschau“, Heft 8, 
von diesem Jahre hat Prof. Adolf Witzei eine Erwiderung 
auf die Veröffentlichungen meines Vortrages: „Die Resektion der 
Wurzelspitze (Maxillotomie)“ gebracht. 

1 Auf ausdrücklichen Wunsch des Herrn Luniatschek erscheint 
diese Antwort, welche schon für das Juliheft bestimmt war, aber von mir 
infolge des Ablebens Prof. Witz eis zurückgestellt wurde. 

Der Herausgeber . 


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Google 




Antwort auf die Erwiderung des H^rni Prof. Dr. Ad. Witzei in Bonn. 557 

Im allgemeinen versieht man unter einer Erwiderung 
eine sachliche Widerlegung aller oder einzelner ange¬ 
führten Behauptungen. Trotz des verheissungsvollen Titels war 
es mir in beiden zitierten Witze Ischen Erwiderungen nicht 
möglich, eine Widerlegung meiner Behauptungen zu finden. 
Oder wollte sie Witzei nicht bringen? Wollte er nur den 
„gewaltsam zusammengeschweissten Satz“ erklären? Wenn für 
ihn keine „Veranlassung vorliegt 0 , sich sachlich dazu zu äussern, 
warum der Widerspruch in den beiden von mir zitierten Sätzen 
nicht gerechtfertigt sein soll, so hätte er sich ja die ganze 
Erwiderung sparen können. Wenn er vor 6 (oder 8?) Jahren 
schon so klug war, einzugestehen, dass es „häufig noch ein 
frommer Wunsch“ ist, ein Tröpfchen Flüssigkeit durch enge 
und gekrümmte Kanäle hindurchzutreiben, so wäre es auch 
heute noch recht klug gewesen, die Wahrheit dieses Satzes 
für eine grosse Anzahl von Fällen anzuerkennen, zumal ich 
nur von solchen Fällen sprach. Denn es ist eben auch heute 
noch unmöglich, in alle Kanäle einzudringen, viel weniger 
durch sie zu dringen, trotz Witzei und trotz Aqua regia. 
Daraus eben leitet die Wurzelspitzenresektion zum grössten 
Teile ihre Berechtigung her. Dass selbst eine Kinnfistel, wie 
das Witzei anführt, durch rein „medikamentöse“ Behandlung 
vom Wurzelkanal aus zur Ausheilung gebracht werden kann, 
ist mir eine längst bekannte Tatsache. Das beweist hinwiederum, 
dass es nicht nötig ist, ätzende Medikamente durch das Foramen 
hindurchzutreiben, denn das hat damals (vor 34 Jahren), so¬ 
weit mir bekannt, auch Witzei nicht getan. 

Die weiteren Ausführungen Witzeis in der „Oesterr -Ungar. 
Vierteljahrsschrift“ entbehren des nötigen sachlichen Ernstes. 
Infolgedessen gehe ich nicht auf sie ein. De mortuis nihil nisi 
bene! 


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558 Die Behandlung von Fistelzähnen etc. (Richtigstelluug). 

Die BMlni tb FisteMtaien it Tritresol-Ioriaiin. 

Richtigstellung. 

Irrtümlicherweise hat sich in meinem unter obigem Titel 
in dem Juliheft dieser Zeitschrift veröffentlichten Aufsatze 
folgendes Rezept eingeschlichen: 

Ep. Trikresoli 200 
Formoli 10*0 
Glycerini 5-0 

Diese Mischung mit dem Beisatze von Glyzerin habe ich 
einigemal zu histologischen Untersuchungen benützt, thera¬ 
peutisch jedoch verwende ich vom Anbeginn der diesbezüglichen 
Versuche ausschliesslich das Mischungsverhältnis, welches ich 
schon in dem Aufsatze: „Behandlung der Pulpagangrän mit 
Trikresol-Formalin 14 (Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde, 1906, 
II. Heft) angegeben habe. 

Das betreffende Rezept lautet deshalb: 

Ep. Trikresoli 
Formoli 

ää 10*0 

MDS. Trikresol-Formalin zu zahnärztlichen Zwecken. 

Dr. LartSchneider, Linz. 


DmtfeHerliericlitipü. 

In meiner Arbeit „Ueber lokale Anästhesie mit besonderer 
Berücksichtigung des Novocains“ im Julihefte 1906 ist ein be¬ 
dauerlicher Druckfehler unterlaufen. Auf pag. 382 (3. und 4. Zeile) 
muss es statt: 

„während welcher die Empfindungslosigkeit der Pulpa 
anhält, schwankt zwischen 12 und 50 Minuten“ 
folgendermassen heissen: 

„während welcher die Empfindungslosigkeit der Pulpa 
ein tritt, schwankt zwischen 2 bis 50 Minuten.“ 

Dr. Julius Misch. 


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K. k. zahnärztl. Universitäts-Institut (Prof. Dr. A. Bleichsteiner) in Graz. 559 


Berichte ans Instituten and Vereinen. 

Bericht des k. k. sahnärztlieheD Dimrsitäts-Mlite 
(Prof. Ir. Anton Bleichsteiner) in Errat. 

Erstattet von Dr. Eduard Urbantschitsch, Assistent daselbst. 

Vorliegender Bericht umfasst die Tätigkeit des Institutes 
vom Tage der Eröffnung, 8. Februar 1904, bis zum Schluss des 
Sommersemeaters 1906. 

Wintersemester 1903—1904. 

9. Februar 1904 bis 2«. März 1904. — Protokotlnnmuiern: 196. 

I. Operative Behandlung (95 Patienten). 
Extraktionen.151 

II. Konservative Behandlung (67 Patienten). 


1. Ordinationen: 

Arseneinlagen.23 

Wurzelbehandlungen.24 

Fistelbehandlungen.2 

Necrosis alveolaris.1 

2. Füllungen: 

Zement.62 

Silberamalgam.25 

Kupferamalgam.8 

Gold.1 

Porzellan.3 

149 


HI. Zahntechnische Behandlung (15 Patienten). 

Prothesen aus Kautschuk 13 mit 61 Zähnen 
Umarbeitungen .... 1 

Reparaturen.1 


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560 K. k zahnärztI. Universitäts-Institut (Prof. Dr. A. Bleichsteiner) in Graz. 


Sommersemester 1904. 

11. April bis 31. Juli 1904. — Protokollnummem: 579, 

I. Operative Behandlung (360 Patienten). 

Extraktionen.7l8 

Fraktur des Processus alv. sup. . 1 

II. Konservative Behandlung (179 Patienten). 


1. Ordinationen: 


Arseneinlagen. 

. . . 63 

Wurzelbehandlungen . . 

. . . 58 

Fistelbehandlungen . . . 

. . . 11 

2. Füllungen: 

Zement. 

. . .168 

Silberamalgam .... 

. . . 91 

Kupferamalgam .... 

... 38 

Gold. 

. . . 7 

Guttapercha. 

. . . 21 

457 

III. Zahntechnische Behandlung (64 Patienten). 

Obere Prothesen (Kautschuk) . . . 

26 mit 194 Zähnen 

Untere 0 „ ... 

14 „ 125 „ 

Umarbeitungen „ ... 

Ö „ 41 „ 

Reparaturen. 

13 360 

Stiftzähne. 

2 

Kronen . 

3 


Goldgebisse. 1 mit 1 Zahn 

Wintersemester 1904—1905. 

5. September 1904 bis 14. April 1905. — Protokollnummern: 1246. 
I. Operative Behandlung (633 Patienten). 

Extraktionen.1298 

Resektion der Wurzelspitzen . . 2 

Kieferzysten. 1 


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K. k. z&hnärztl. UniversitÄts-Institnt (Prof. Dr. A. Bleiclisteiner) in Graz. 66) 


II. Konservative Behandlung (350 Patienten). 

1. Ordinationen: 

Arseneinlagen.97 

Wurzelbehandlungen.103 

Fistelbehandlungen.15 , 

2. Füllungen: 

Zement.314 

Silberamalgam.359 

Kupferamalgam.38 

Gold.9 

Guttapercha.12 

947 

III. Zahntechnische Behandlung (108 Patienten). 

Obere Prothesen (Kautschuk) .... 53 mit 345 Zähnen 

Untere „ „ .... 25 n 130 „ 

Umarbeitungen „ . . . . 8 „ 35 „ 

Reparaturen. 44 510 

Stiftzähne.3 

Kronen.14 

Goldgebisse. 1 

Sommersemester 1905. 

1. Mai bis 12. August 1905. — Protokollnummern: 468. 

I. Operative Behandlung (411 Patienten). 

Extraktionen.658 

Parulis.3 

II. Konservative Behandlung (170 Patienten). 

1. Ordinationen: 

Arseneinlagen.65 

Wurzelbehandlungen.90 

Fistelbehandlungen . -.7 

2. Füllungen: 

Zement. .238 

Silberamalgam.94 

Kupferamalgam ...... 24 

Guttapercha.5 

Gold.4 

Porzellan.3 

53Ö 


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£62 K. k. zahnärztl. Universitäts-Institut (Prof. Dr. A. Bleichsteiner) in Graz. 


III. Zahntechnische Behandlung (55 Patienten). 


Obere Prothesen (Kautschuk) . 

... 27 

mit 318 Zähnen 

Untere „ 

... 21 

„ 135 , 

Umarbeitungen „ 

... 1 

» 5 n 

JReparaturen. 

... 12 

458 

Stiftzähne . .. 

... 5 


Richmondkronen. 

... 2 


Hichtmaschinen. 

... 1 


Obturatoren. 

... 1 



Wintersemester 1905—1906. 


2. Oktober 1905 bis 6. April 1906. — Protokollnummem: 1464. 

I. Operative Behandlung (817 Patienten). 

Extraktionen.1304 

Resektion der Wurzelspitzen . . 2 

Kieferzysten . 1 

Parulis. 3 

Phosphomekrose. 1 

Unterkieferfraktur. 1 


II. Konservative Behandlung (400 Patienten). 


1. Ordinationen: 

Arseneinlagen.70 

Wurzelbehandlungen . . . .118 

Fistelbehandlungen.16 

2. Füllungen: 

Zement.204 

Silberamalgam.. . 239 

Kupfer amalg am.22 

Gold.11 

Porzellan.14 

Guttapercha . . 8 

702 


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K. k. zahnärztl. Universitäts-Institut (Prof. Dr. A. Bleichsteiner) in Graz. 563- 


III. Zahntechnische Behandlung (98 Patienten). 

. . 60 mit 408 Zähnen 

... 28 „ 151 „ 

• • 6 » 22 , 

. . 20 581 

. . 10 

. . 2 

. . 1 

. . 5 

. . 1 

Sommersemester 1906. 

26. April bis 14. Angnst 1908. — Protokollnnmme.n: 688. 

I. Operative Behandlung (523 Patienten). 

Extraktionen.763 

Zystenoperationen.1 

II. Konservative Behandlung (204 Patienten). 


1. Ordinationen: 

Arseneinlagen.40 

Wurzelbehandlungen.119 

Fistelbehandlungen.16 

2. Füllungen: 

Zement.95 

Silberamalgam.112 

Kupferamalgam.8 

Gold.14 

Guttapercha.2 

Porzellan.4 

Silicin. . . 58 

468 


Obere Prothesen (Kautschuk) 
Untere 

n * 

Umarbeitungen „ 

Reparaturen. 

Stiftzähne. 

Richmondkronen .... 

Brücken. 

Regulierungen. 

Schiene für Unterkieferfraktur 


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564 K. k. zahnärztl. Universitäts-Institut (Prof. Dr. A. Bleichsteiner) in Graz. 


III. Zahntechnische Behandlung (70 Patienten). 

Obere Prothesen (Kautschuk) .... 46 mit 245 Zähnen 
Untere „ 

Umarbeitungen 
Reparaturen 
Stiftzähne 
Kronen . . 

Regulierungen 
Obturatoren . 

Schiefe Ebene für Artikulations - Regu¬ 
lierung nach Resektion des linken 
Unterkiefers.1 

Extraktionen und Anwendung einiger Lokalanästhetika. 

Sämtliche Extraktionen wurden unter Lokalanästhesie 
-ausgeführt. Zu Beginn wurde eine lprozentige Kokainlösung 
und dann eine */* prozentige Kokainlösung in Verbindung mit 
Rpirenan angewendet, und zwar 

Rp. Epirenan .... 5*00 

Cocaini mur. . . . 0*25 

0-6% Sol. Ghlornatrii 
Physiolog. steril. . 50*00 
DS. V 8 0 /o Kokain 1:10.000 Epirenan. 

Die Injektionen wurden nach der Bleichstein ersehen Me¬ 
thode ausgeführt und erlangten wir fast durchgehends vor¬ 
zügliche Resultate. Die wenigen Misserfolge waren auf Fehler 
in der Injektionstechnik zurückzu führen. 

Auch andere Nebennierenpräparate, wie Tonogen, Supra- 
renin, Adrenalin etc., allein und in Verbindung mit Kokain 
»(Tablettenform), wurden versuchsweise bei einzelnen Extraktionen 
verwendet und wurden auch mit diesen sehr gute Erfolge erzielt. 

Das Benesol musste infolge seines hohen Kostenpunktes 
»(jede Extraktion unter Lokalanästhesie wird nämlich unent¬ 
geltlich ausgeführt) als für die Klinik ungeeignet, aufgegeben 
werden. 


ZU 

6 

13 

5 

4 

2 

2 


iöö 

41 


416 


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K. k. zahnarztl. Universitäte-Institut (Prof. Dr. A. Bleichsteiner) in Graz. 565 

Von den andern neueren Mitteln in der Zahnheilkunde, 
welche zur Verwendung im Institute gelangten, möchte ich 
noch das Alypin, Jodthion und Trikresol erwähnen. Ueber 
Alypin und Jodthion, ersteres als Ersatzmittel für Kokain, 
letzteres als Ei satzmittel für Jod, liegen bei uns noch nicht 
genug Versuchsfälle vor, um ein endgiltiges Urteil darüber ab¬ 
geben zu können. Mit der von J. P. Bukley empfohlenen, von 
Dr. Lartschneider in die Praxis eingeführten Trikresol-For- 
malinmischung erzielten wir bei Pulpagangränen überraschende 
Resultate; allerdings konnten wir infolge der verspäteten Zu¬ 
sendung dieses neue Mittel nur bei wenigen Fällen erproben, 
doch bei allen (22 Fälle) war das Endergebnis ein vollständig 
befriedigendes. 

♦ 


Bei den Extraktionen hatten wir kein einzigesmal üble 
Nebenerscheinungen durch Intoxikation mit dem betreffenden 
Anästhetikum zu verzeichnen. Kollapse bei zwei Patienten 
waren nur auf deren Aufregung zurückzuführen. 

Auffallend sind die starken Blutungen der Steiermärker 
post extractionem. Ich abstrahiere vollkommen von den mehr 
minder starken Nachblutungen nach Anwendung eines Neben¬ 
nierenpräparates oder Blutungen nach diffizilen Extraktionen 
mit starker Gingivalverletzung. 

Bei mindestens 40 Prozent der Extraktionspatienten 
mussten Wattetampons verwendet werden (ein ungefähr wal¬ 
nussgrosses Stück Karbolwatte, zu einem Knäuel zusammen- 
gedreht, wird dem Patienten auf die blutende Alveole gepresst, 
darauf lässt man zubeissen und mindestens 15 Minuten in 
dieser Stellung verharren), bei ungefähr 10 Prozent ist die Tam¬ 
ponade mit Jodoformgaze ausgeführt worden. 

ln einem Falle wäre es sogar fast ad exitum der Pa¬ 
tientin, allerdings durch ihre eigene Schuld, gekommen. 

Am 12. Oktober 1905 kam die 38jährige Christine H., 
Beamtensgattin, in die Ambulanz. Die Zahnformel der Patientin 


war folgende: 


654821112345 


Da es sich um Her- 


76 5 321 | 12345 
Stellung einer Prothese handelte, so wollte ich im Oberkiefer 


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566 K. k. zalmärztl. Universitäts-Institut (Prof. Dr. A. Bleichsteiner) in Graz. 


sämtliche Zahnreste extrahieren und begann mit der Extraktion 
von 13 4 5 . 

Nach Herausnahme dieser Wurzeln, welche ohne nennens¬ 
werte Schwierigkeit gelang, blutete Patientin sehr stark, wes¬ 
halb ich sie auf Watte zubeissen Hess; nach 20 Minuten stand 
die Blutung und Patientin wurde mit den nötigen Verhaltungs- 
massregeln entlassen. 

Am 13. Oktober, 4 Uhr nachmittags, kam der Gatte der 
Betreffenden in hellster Aufregung auf die Klinik, „seine Frau 
blute ununterbrochen seit der vorigen Nacht und sei kaum 
noch am Leben“. 

Sofort begab ich mich, mit den notwendigen Instrumenten 
versehen, in die mir bezeichnete Wohnung. 

Bei der Patientin fand ich das ausgesprochene Krank¬ 
heitsbild einer schweren Anämie. Die Haut, wie auch die sicht¬ 
baren Schleimhäute blass und livid, die Extremitäten fühlten 
sich kühl an, Ohnmachtsanwandlungen, starke Dyspnoe und 
ein elender, kaum fühlbarer Puls. 

Mein erstes war, die Blutung zu beseitigen und fand ich 
bei Inspektion der Mundhöhle ein langsames, aber konstantes 
Blutrieseln aus der Alveole des {3. Nach Tamponade mit 
Jodoformgaze stand die Blutung sofort. Ich liess die inzwischen 
wieder ohnmächtig gewordene Patientin zu Bette bringen mit 
Tieflagerung des Kopfes und regte durch Massage und diverse 
Analeptika die Herztätigkeit wieder an. Als ich mich abends 
nochmals vom Zustande der Patientin überzeugte, fand ich.sie 
bereits ausser Gefahr. Am nächsten Morgen entfernte ich den 
Tampon, worauf sich keine Nachblutung mehr einstellte. 

Durch Bekanntgabe dieses Falles möchte ich ausserdem 
nur dokumentieren, dass man auch als r Zahnarzt“ des öfteren 
in die Lage kommen kann, als „Doktor der gesamten Heil¬ 
kunde“ wirken zu müssen. 

Auch einige schwierige Extraktionen retinierter Schneide- 
und Eckzähne hatten wir zu verzeichnen, von denen speziell 
die Extraktion eines retinierten Eckzahnes einiges Interesse 
bieten dürfte. 


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K. k. zahnärztl. Universitäts-Institut (Prof. Dr. A. Bleichstewer) in 6raz. 567 

Frl. Mizzi S., 22 Jahre alt, aus Pettau, kam behufs Ex¬ 
traktion eines angeblich überzähligen kariösen Zahnes zu einem 
hiesigen Zahnarzt. Nach vergeblichen Extraktionsversuchen, bei 
welchen die Krone frakturierte, kam Patientin in die Ambulanz. 
Die Inspektion der Mundhöhle ergab folgendes: An Stelle des 
bleibenden Eckzahnes rechts stand sowohl im Ober-, wie auch 
im Unterkiefer der Milcheckzahn. 

Palatinal, zwischen rechtem oberen Milcheckzahn und 
erstem Prämolar, zeigte sich eine ungefähr hellergrosse mit 
Blutkoagula bedeckte Wunde. Bei Sondenuntersuchung stiess 
man auf einen harten, glatten Körper, welcher sich ganz deut¬ 
lich als retiniertir Zahn erkennen liess. Das Röntgenogramm 
ergab die Richtigkeit der Diagnose, und zwar war der Zahn 
schief gelagert, die Wurzelspitze der palatinalen Wurzel des 
ersten Prämolars zugekehrt. Da ein Herunterziehen an seine 
richtige Stelle ausgeschlossen schien, schritt der Vorstand zur 
Extraktion der Wurzel, welche sich äusserst schwierig ge¬ 
staltete und zirka '/, Stunden in Anspruch nahm. Anästhesiert 
war mit Braunschen Tabletten (Suprarenin-Kokain). Da während 
der Extraktion der Milcheckzahn, erster und zweiter Prämolar 
stark luxiert waren, so wurden nachträglich durch Seidenligatur 
die Zähne fixiert und zur Schonung derselben der Biss erhöht. 
Nach ungefähr 14 Tagen, nachdem mehrmals die Zementschicht 
auf den Molaren erneuert werden musste, standen die lockeren 
Zähne wieder fest. Die Wundheilung ging anstandslos vonstatten. 

Fraktur des Unterkiefers. 

Am 20. Oktober 1905 wurde der 8jährige Keuschlerssohn 
Hans L. von der chirurgischen Klinik zu uns gebracht. 

Die Krankengeschichte ergab folgendes: Am 9. Oktober 
zog sich der Kleine durch den Hufschlag eines Pferdes eine 
Fractura mandibulae complicata directa zu, und zwar fraktu¬ 
rierte die Mandibula links zwischen medialem und lateralem 
Incisivus. Am Kinn eine starke bis zum Knochen gehende 
Rissquetschwunde. 

Am 12. Oktober wurde auf der chirurgischen Klinik die 
Adaption der Bruchenden durch Silberdraht ausgeführt. 

8 


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568 K. k. zahnärztl. Uuiversitäts-Institut (Prof. Dr. A. Bleichsteiner) in Graz. 

Am 20. Oktober wurde, wie oben erwähnt, Patient ins 
zahnärztliche Institut gesendet. Nachdem vorsichtig mit Stents 
Abdruck genommen war, wurde eine Schiene aus Feinsilber, 
welche sämtliche Zähne des Unterkiefers übelkappte, gestanzt 
und einzementiert. Patient gewöhnte sich sehr bald an die 
Schiene und konnte am 11. November 1905 geheilt entlassen 
werden. 


Narbendehnung nach Unterkieferresektion. 

In zwei Fällen wurde nach Operation wegen Phosphor¬ 
nekrose die schiefe Ebene ausgeführt, um die Abweichung des 
Unterkiefers nach rechts, bzw. links zu beheben. 

Am 28. Oktober wurde ,der 50jährige Franz S., Arbeiter 
der Zündholzfabrik in Steinz, auf die chirurgische Klinik auf¬ 
genommen. 

Nach der Operation, welche in einer medianen Durch- 
sägung der Mandibula und Enukleation des linken Kiefer¬ 
gelenkes bestand, stellte sich eine bedeutende Abweichung der 
Artikulation nach links dar. Die Abdrucknahme war eine äusserst 
schwierige, da Patient kaum imstande war, den Mund zu 
öffnen. Aus Kautschuk wurde eine Saugplatte für den Ober¬ 
kiefer hergestellt und ein Kautschukklotz in schiefer Richtung 
anvulkanisiert, so dass durch das Gleiten der Zähne der rechten 
Unterkieferhälfte über diese schiefe Ebene die Mandibula ge¬ 
zwungen wurde, bei Schliessung des Mundes ihre richtige Lage 
einzunehmen. In kürzester Zeit gewöhnte sich Patient richtig 
zu artikulieren. Eine ganz analoge Prothese wurde im Juni 1906 
bei einem jungen Mädchen ausgeführt. 

Regulierung. 

Von den im hiesigen Institute ausgeführten Regulierungen 
möchte ich speziell eine nicht unerwähnt lassen. 

Am 23. April 1906 kam die 8 jährige Else R. in Be¬ 
handlung. Es handelte sich in diesem Falle um die Regu¬ 
lierung des rechten oberen Incis. I, der ungefähr um 80* 
um seine Längsachse gedreht war Sämtliche Milchmolaren 
rechts mit Einschluss des Milchschneidezahnes und die Milch- 


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Zentral verband der österreichischen Stomatologeu in Wien. 569 

molaren links, inklusive des bleibenden linken grossen 
Schneidezahnes, wurden mit je einer Schiene aus Feinsilber 
bedeckt. Ueber den rechten grossen Schneidezahn wurde 
eine Silberkapsel aufzementiert. Durch Gummiringe, welche 
vermittels Häkchen sowohl an den Silberschienen, als auch 
an der Kapsel befestigt waren, wurde der rechte Schneidezahn 
in kürzester Zeit gedreht und konnten wir schon am 9. Mai 
die Fixation einzementier en. Vorsichtshalber wurde der Patientin 
diese Fixationsmaschine, welche aus einer die beiden bleibenden 
Schneidezähne umfassenden Silberkapsel besteht, bis Oktober 
belassen. 

Zum Schlüsse fühlt sich das Institut verpflichtet, Herrn 
Dr. Karl .Dosswald für die in vielen Fällen bereitwilligst 
ausgeführten Röntgenogramme den besten Dank auszusprechen. 


Zeatralwband der österreichischen Stonatolip in Wien. 

IV. Jahresversammlung, 24. November 1906. 

Tagesordnung: 

1. Begrüssung durch den Präsidenten. 

2. Jahresbericht, erstattet vom Schriftführer Dr. R. Bum. 

3. Kassabericht, erstattet vom Kassier Dr. Rudolf Vier¬ 
thaler. 

4. Neuwahl des Ausschusses. 

5. Bestimmung des Jahresbeitrages. 

6. Bestimmung des Ortes der nächsten ordentlichen Ver¬ 
bandsversammlung. 

7. Alltällige Anträge. 

Anträge sind schriftlich bis längstens 22. November an 
die Verbandsleitung zu richten. 

Die Versammlung findet im „Riedhof“, VIII. Wickenburg¬ 
gasse 15, 7 Uhr abends, statt. 


8* 


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570 


Verein Wiener Zahnärzte. 


Verein Wiener Zafcnärate. 

Der Verein begeht am 17. und 18. d. M. die Feier seines 
25 jährigen Bestandes. Er erlaubt sich, zu derselben alle Fach¬ 
kollegen höflichst einzuladen. 

Tagesordnung: 

Samstag den 17. d. M., 7 Uhr abends: Geschäftssitzung (nur 
für die Mitglieder). 

7*9 Uhr abends: Festessen. 

Sonntag den 18. d. M., 7*12 bis V*2 Uhr mittags: Klinische 
Demonstrationen. 

Ort: K.k. zahnärztliches Universitätsinstitut des Herrn Reg.-Rates 
Prof. Dr. J. Sch eff, IX. Türkenstrasse 9. 

Diejenigen Herren Kollegen, die an dem Festessen teil¬ 
nehmen wollen, mögen dies dem Schriftführer des Vereines» 
Dr. Emil Steinschneider, I. Johannesgasse 1, freundlichst 
bekanntgeben. 


Referate und Journalsehau. 


Lehrbuch der Orthodontie für Studierende und Zahnärzte 
mit Einschluss der Geschichte der Orthodontie. Von Wilhdm 
Pfaff. Mit 456 Abbildungen. Verlag der Zentralstelle für Zahn¬ 
hygiene. Dresden 1906. 

Wenn man ein Lehrbuch der Orthodontie auf seinen 
Wert prüfen soll, muss man sich zuerst darüber im klaren 
sein, was man von so einem Werke verlangen darf und ver¬ 
langen muss. Obzwar die Literatur heute nicht mehr gar so 
klein, scheinen die Meinungen über diesen Punkt noch nicht 
ganz geklärt zu sein. Aus diesem Grunde möchte Referent 
die Prinzipien klar legen, welche seines Erachtens bei einem 
Lehrbuch der Zahnregulierungen vor Augen zu halten wären. 


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Referate nnd Jonraalscban. 


571 


Ein Lehrbuch sei keine blosse Kasuistik, keine Anpreisung 
eines Systems, kein einseitiges in den Vordergrund drängen 
der eigenen, soll aber auch keine blosse Geschichte der bis¬ 
herigen Leistungen sein. Eine Würdigung der Hilfsmittel, und 
zwar aller Hilfsmittel, welche im gegebenen Falle in An¬ 
wendung gezogen zu werden verdienen, ist ein unbedingtes 
Erfordernis. Bei Behandlung der einzelnen Fälle handelt es 
sich nicht darum, zu zeigen, wie man einen Erfolg zu erzielen 
imstande ist, denn auch in der Orthodontie führen, wenn 
schon nicht alle, so doch viele Wege nach Rom, sondern ge¬ 
rade durch Vergleich der verschiedenen Mittel und Methoden 
und objektive Würdigung der Vor- und Nachteile derselben 
einen Fingerzeig geben, welchem Verfahren unter den ge¬ 
gebenen Verhältnissen der Vorrang einzuräumen ist. Das Per¬ 
sönliche im Urteil und Material wird trotz voller Objektivität 
seinen Stempel dem Werk aufdrücken und gewiss auch Inter¬ 
esse erregen. 

Dass die Unregelmässigkeiten der Zahustellung in Klassen 
zu teilen sind, scheint wegen der Uebersichtlichkeit nicht zu 
vermeiden zu sein, nur wäre im Interesse der allgemeinen Ver¬ 
ständlichkeit wünschenswert, dass diese Einteilung eine all¬ 
gemein anerkannte wäre. Ob wir Zahnärzte die anatomische 
Nomenklatur und Einteilung für die Orthodontie zu über¬ 
nehmen hätten, erscheint mir nicht ganz fraglos, da wir die 
Anomalien aus einem ganz anderen Gesichtspunkte beurteilen 
müssen und die Analogien in der Korrektur automatisch eine 
gewisse Gruppierung der Irregularitäten ergeben werden. 

Allgemeine technische Kenntnisse dürfen wohl voraus¬ 
gesetzt werden und eine spezielle Technik für Regulierungen 
gibt es ja nicht. Die Entwicklungsgeschichte ist ebenfalls be¬ 
kannt, dagegen ist ein wichtiges Kapitel die Aetiologie, ganz 
besonders in Berücksichtigung der Prophylaxe. 

Was nun Pfaffs Buch anbelangt, ist es eine Arbeit, 
welche die Aufmerksamkeit voll verdient. Ein Lehrbuch ist es 
allerdings nicht, wenigstens keines, welches allen Anforderungen 
entspricht, aber ein sehr interessantes Werk. Eine Arbeit, 
welche eine wertvolle Bereicherung der zahnärztlichen Literatur 


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672 


Referate und Joumälschau. 


bildet und deren einzelne Kapitel geradezu vollkommen zu 
nennen sind. Wenn ich nun einige Fehler erwähne, geschieht 
es durchaus nicht, weil dieselben einen überwiegenden Teil des 
Werkes ausmachen würden — im Gegenteil, das Ganze ist 
gut, nur Teile sind fehlerhaft. 

Gleich der erste Teil über Technik ist sehr mangelhaft, 
doch hätte er am liebsten überhaupt wegbleiben sollen. Dass das 
Vorkommen von Zähnen in Dermoidzysten als Transposition 
aufzufassen wäre (S. 59), ist mehr als fraglich. Bei der Ein¬ 
teilung der Anomalien geht Verfasser auf ausgetretenen Wegen, 
ob er das Richtige getroffen hat, bleibe dahingestellt, aber als 
Merkmal der pathologischen Prognathie anzugeben, dass die 
oberen Prämolaren und Molaren um etwa */ 4 Molarbreite vor 
die unteren artikulieren (S. 70), geht wohl nicht an. Auch die 
Behauptung (S. 72), dass der offene Biss nur mit Prognathie 
vorkommt, möchte ich auf Grund meiner Modelle bezweifeln, 
natürlich auch die aus dieser Prämisse gezogenen Schlüsse. 

Die Beschreibung vom unten partiell und total vorstehenden 
Bisse (S. 73 bis 74) ist sehr mangelhaft, noch schwächer die 
Definition des „nach innen geneigten Bisses“ (S. 76). Beim 
„Aufbiss“ könnte gesagt werden, dass die Kieferbögen nicht 
nur häufig (S. 74), sondern in der Regel normal erscheinen, 
jedenfalls am häufigsten von allen Bissarten. Der Versuch einer 
Erklärung der Entstehung des offenen Bisses (S. 107 bis 109) 
hält einer Kritik auch nicht stand. Verfasser wäre jedenfalls in 
grosser Verlegenheit, wenn er in allen Fällen eine pathologische 
Veränderung der Schädelknochen nachweisen müsste. 

Unvergleichlich besser ist der nachfolgende Teil über Be¬ 
handlung der Anomalien. Auf Grund sehr schöner, äusserst 
exakt korrigierter Fälle bespricht Verfasser die einzelnen Haupt¬ 
typen der Anomalien und zeigt, auf welche Weise es ihm ge¬ 
lungen ist, so glänzende Erfolge zu erzielen. Entschieden der 
beste Teil des Werkes, auch von bedeutendem absoluten Werte, 
doch leider im Vergleich zu den anderen Teilen viel zu kurz 
geraten. Durchwegs sehr gut durchgeführt sind die anderen 
Kapitel. Die früher vermisste Ausführlichkeit findet sich in dem 
Kapitel über „Die Notwendigkeit künstlerischer und anthro- 


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Referate und Joumalschau. 573 

pologischer Studien“ ; sehr gut ist die Geschichte der Ortho- 
dontie, doch ist deren Umfang (S. 294 bis 456) durchaus in 
keinem Verhältnis zu den anderen Kapiteln des Lehrbuches» 
Dankbar können wir den Fleiss im Zusammenstellen der 
Literatur (S. 463 bis 4^6) quittieren. 

Jetzt noch einige Bemerkungen. Der Verfasser ist zu sub¬ 
jektiv. Anstatt überall die verschiedenen Methoden neben¬ 
einander zu bringen, um dem Leser einen Vergleich und selbst¬ 
ständiges Urteil zu ermöglichen, gibt er so manches in die 
Vergangenheit, i. e. Geschichte, was noch sehr der Gegenwart 
angehört. Trotz dieser Fehler und manch anderer kleiner 
Lapsus ist Pfaffs Buch ein vorzügliches Werk, welches mit 
Vergnügen, aber auch mit Nutzen gelesen werden kann. Die 
Ausstattung des Buches ist recht gut, die Illustrationen sind 
ausgezeichnet, das vorgeführte Material ist ein selten schönes 
und, um noch einmal zu betonen, die Regulierungen sind 
jedesmal ideal durchgeführt. Möge das Werk die verdiente 
Popularität finden! Dr. Peter, 


Primo trattato italiano di Odontotecnica. Del Dr. prof. 
Carlo Platschick, libero docente nella r. universilä di Pavia. 
Opera illustrata da circa 300 incisioni e tavole con aqnessa 
Enciclopedia tecnica. Milano, tipografia editrice L. F. Cogliati, 
1905. (Heft I—V.) 

Die italienischen speziellen Lehr- und Erziehungs-Ver¬ 
hältnisse auf zahnärztlichem Gebiete sind einer wissenschaftlich- 
iterarischen Tätigkeit in keiner Weise günstig. Befindet sich 
doch die zahnärztliche Praxis in Italien zum überwiegenden 
Teil in nichtmedizinisch geschulten Händen. Es ist deshalb 
begreiflich, dass unter solchen Umständen von einer italienischen 
zahnärztlich-stomatologischen Literatur kaum nennenswerte 
Spuren zu finden sind. 

ln neuerer Zeit allerdings regt es sich doch schon einiger- 
massen zum Besseren, namentlich seitdem junge italienische 
Mediziner ausländische stomatolo gische Schulen zur fach¬ 
lichen Ausbildung aufsuchen. 


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574 


Referate und Journalschau. 


Carlo Platschick, Autor des oben betitelten Werkes, 
gehört wohl nicht zu dieser ganz jungen Generation, aber 
gewiss zu jener kleinen Garde italienischer Männer, deren 
Ideal eine auf wissenschaftlicher Basis gepflegte Zahnheilkunde 
ist und die diesem Ziele sowohl in der Praxis, als auch auf 
literarischem Gebiete zustreben. 

Als Ausfluss letzterer Tendenz unterzieht sich Platschick 
der mühevollen Arbeit, ein ausführliches Hand- und Lehrbuch 
der Odontotechnik in italienischer Sprache zu verfassen und 
herauszugeben. Dem Umfange nach dürfte es das grösste sein, 
welches bisher von einem Verfasser zusammengestellt wurde. 

Es erschienen bis heute fünf Hefte (480 Grossoktav-Druck¬ 
seiten), deren Inhalt als allgemeiner Teil des ganzen Werkes 
gelten kann. Wir wollen daher im folgenden diesen zusammen¬ 
hängenden Abschnitt einer kritischen Besprechung unterwerfen. 

* 

Der Titel des Werkes: Primo trattato italiano di 
Odontotecnica, wirkte auf uns etwas deprimierend. Möglich, 
dass dies mehr Gefühlssache ist, aber wir empfinden einen 
ganz entschiedenen reklamehaften Beigeschmak in der 
Pointierung, dass es das erste in italienischer Sprache ver¬ 
fasste Handbuch der Odontotechnik ist. Abgesehen davon, 
dass dieser Umstand noch kein besonderes Verdienst in sich 
birgt, müsste gerade so ein reell-ernsthafter Autor und Fach¬ 
mann, wie Platschick selbst, den Anschein jedweder Reklame 
meiden und gerade in Italien, wo im allgemeinen nicht nur 
die Praxis reklamenhaft arbeitet, sondern wo auch zahlreiche, 
in ein literarisches Gewand gekleidete Arbeiten erscheinen, die 
nichts anderes sind, als eine besondere Form der Reklame 
für den betreffenden Autor. Diesem kleinen Schönheitsfehler 
lässt sich bei der Herausgabe des completten Werkes gewiss 
leicht abhelfen. 

Kapitel 1 beginnt mit einer skizzenhaften Geschichte der 
Odontotechnik (la via percorsa dall’ Odontotecnica), die einen 
ziemlich getreuen Ueberblick über diesen Zweig der Stomatologie 
bietet. Allerdings ist auch ein grober Irrtum unterlaufen, pag. 11 


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Referate and Jonraalschau. 


675 


schreibt Verfasser: „Nel 1830, seguendo l’esempio di altre 
specialitä di medicina, la dentistica ebbe il suo primo periodico 
— British Journal of Dental Science — . . . .“ Die 
erste zahnärztliche Zeitschrift erschien im Jahre 1840 in Amerika 
unteF dem Titel: „The American Journal of Dental Science“. 

Die folgenden kleineren Abschnitte enthalten viel Be¬ 
herzigenswertes, aber auch manches, mit dem wir nicht voll 
übereinstimmen können. So z. B. gleich über den Unterricht 
der Odontotechnik. Verfasser stellt als Muster eine in London 
(4. Langhain Chambers) bestehende Schule lür Technik hin. 
Unseres Wissens gibt es in London berühmtere Institute, aber 
abgesehen davon, gehört unserer Ansicht nach, der Unterricht 
der Odontotechnik in den Rahmen der Stomatologie, also 
nicht in besondere Schulen. 

Bei den Kontraindikationen (pag. 24) sagt Verfasser: 

' 8 I 8 

„E controindicata la sostituzione degll g-j-g, giä destinatl a scom- 

parive dalla serie dentale. a Kontraindiziert ist der Ersatz des 
Weisheitszahnes nicht, er kann nur weggelassen werden, wenn 
nicht genügend Raum vorhanden ist. Ansonst sind die Kontra¬ 
indikationen des Zahnersatzes ziemlich gut zusammengestellt, 
wiewohl bei dieser Materie noch manche medizinische Momente 
eine Rolle spielen. 

Abschnitt 6, della fissitä degli apparecchi . . . etc., ist nicht 
genügend systematisch bearbeitet. Nebensächliche Momente 
{z. B. Kautschuk- oder Metallklammern) sind mit den mass¬ 
gebenden Prinzipien verwoben, so dass dadurch kein ganz 
klarer Ueberblick über die Methoden der Fixierung von Zahn¬ 
ersatzstücken gewonnen wird. 

Die folgenden vier Abschnitte, womit das erste Kapitel 
beendet wird, sind durchwegs gut gehalten und vorzüglich 
geschrieben. 

Kapitelll (Enciclopedia merciologica e tecnica, 190 Druck¬ 
seiten) befasst sich mit einem Material, das bisher in den Lehr¬ 
büchern mehr weniger stiefmütterlich behandelt wurde; es gibt 
nämlich eine ausführliche zahnärztliche und technische Waren¬ 
kunde, das heisst, es beschreibt sämtliche Materialien (in alpha- 


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576 


Referate und Journalscbau. 


betischer Ordnung), mit denen wir im Laboratorium zu turr 
haben. Besonders ausführlich sind natürlich die wichtigeren 
Materialien abgehandelt, z. B. Amalgam, Kautschuk, Kunst¬ 
zähne, Wachs, Gold etc. sind sozusagen selbständige Ab¬ 
handlungen. Den Artikel „gesso“, Gips, hätten wir etwas aus¬ 
führlicher gewünscht, besonders hätten die neueren Forschungen 
über Expansion und Kontraktion des Gipses, welche eine sehr 
wichtige Rolle spielen, berücksichtigt werden müssen. (Wir 
finden allerdings diesbezüglich einige Aufklärungen in einem 
späteren Kapitel: Abdrucknahme mit Gips.) Zum Artikel „Kunst¬ 
zähne“ möchten wir eine Bemerkung machen. Die beigefügten 
zahlreichen Abbildungen zeigen ausschliesslich die amerikanischen 
Fabrikate. Es drängte sich uns wieder der Gedanke auf, dass 
diesem Vorgehen etwas reklamehaftes für die betreffende Firma 
anhaftet (vom Verfasser ganz gewiss unbeabsichtigt, denn in 
anderen Kapiteln finden wir wieder zahlreiche Klischees 
englischer Herkunft). Aber davon abgesehen, hätten z. B. die 
englischen Fabrikate schon deshalb berücksichtigt werden 
müssen, weil dieselben in gewissen Eigenschaften (z. B. Form* 
Farbe, Densität) von den amerikanischen abweichen und sich 
beide eigentlich ergänzen. 

Das ganze Kapitel ist, wie gesagt, vortrefflich und eminent 
nützlich. 

Das nächste Kapitel (III) entspricht nicht minder einem 
praktischen Bedürfnis. In ausführlicher Weise wird das technische 
Laboratorium und dessen ganze Einrichtung beschrieben 
(120 Druckseiten). Die Klischees entstammen sämtlich dem Ash- 
sehen Katalog und wir glauben, hierin (wie vorher bei Artikel 
„Kunstzähne“) wieder einen Mangel zu entdecken, denn es fehlen 
deshalb mehrere wichtige amerikanische Werkzeuge und 
Maschinen, z. B. der amerikanische „plate-nipper“ (für Gold- 
platten-Arbeiten); manche sehr gute amerikanische Vulkani¬ 
satoren etc. 

Es drängt sich uns hierbei die Ansicht auf, dass bei 
Bearbeitung des einschlägigen Materials, die leichtere Be¬ 
schaffung der fertigen Depot-Klischees eine wichtige 
Rolle spielte, ein Umstand, der aber deshalb in mancher Hin- 


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Referate und Journalschau. 


577 


sicht nachteilig einwirkte, wie die oben angeführten Beispiele 
zeigen. 

Die folgenden Kapitel. IV (preparazione della bocca); 
V (le impronte); VI (scelta dei denti) behandeln das Gebiet der 
klinischen Odontotechnik. Alle drei sind durchwegs ausgezeichnet 
geschrieben, lehrreich, ausführlich, also in jeder Hinsicht be¬ 
friedigend und dem Leser — selbst dem gutgeschulten Praktiker 
— nützlich. Besonders das Abdrucknehmen ist vom praktischen 
Standpunkte aus musterhaft abgehandelt. 

Kapitel VII (i modelli di gesso) ist der Herstellung des 
Gipsmodelles gewidmet. Wie in den vorhergehenden, finden 
wir auch hier alles Wissenswerte gut und klar dargelegt. 

Kapitel VIII (articulazione e articolatori) befasst sich 
mit der Bestimmung der Artikulation. Verfasser hat diesbezüglich 
alles zusammengetragen, was in der Literatur sowohl vom 
anatomischen, wie auch vom praktischen Standpunkte aus 
aufgespeichert ist. 

Hiermit schliesst Heft V, also der einleitende Teil des 
ganzen Werkes. Wir hoffen, die folgenden Hefte werden den. 
günstigen Eindruck, den wir erhalten haben, noch bekräftigen 
und behalten uns die Besprechung derselben vor. 

Dr. Heinrich Salomon. 


Eine von den Zähnen aus verursachte Ohrenerkrankung. 

(Hang, Archiv für Ohrenheilkunde, LIX, 3 und 4, nach Blau: 
Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.) 

Bei einem 12jährigen Mädchen entwickelte sich unter 
starken, aber nicht sehr lange dauernden Ohrschmerzerr 
Blutung aus dem Ohre und Schwerhörigkeit, eine akute recht¬ 
seitige Otitis media mit serös-hämorrhagischer Exsudation und 
Ekchymosen im äusseren Gehörgange. Zugleich trat eine 
schmerzhafte Empfindung an der Stelle des ersten rechten 
oberen Molaris ein und es bildete sich hier eine bohnengrosse, 
bläulichgraue, kugelige Hervorragung (Hämatom); mit ihrem 
Erscheinen waren die Ohrschmerzen verschwunden, doch rief 
ihre Berührung sofort eine schmerzhafte Empfindung ihm Ohre 


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Referate und Journalschau. 


£78 

hervor. Die hämorrhagische Mittelohrentzündung heilte in 
3 Wochen, nur blieb ein sehr quälendes Sausen, Rauschen 
und Klingen zurück, das jeder Lokalbehandlung trotzte. Erst 
als das inzwischen kleiner gewordene Hämatom an der Stelle 
des Molaris inzidiert und dem dort angesaramelten Blute 
Abfluss geschafft worden war (wobei das Mädchen einen Stich 
im Ohr gefühlt hatte), hörte das Sausen wie mit einem 
Schlage auf. Hang betrachtet als das Entstehen der Ohr- 
-affektion in diesem Falle begünstigend eine bei der Patientin 
vorhandene Gefässanomalie, die sich schon durch die ausser¬ 
ordentliche Verschiebung der Herzgrenzen kundgab, die 
beginnende Pubertät, die nachgewiesene Chlorose und eine 
gewisse hystero-neurotische Disposition. Dr. P. H. 


Zur Frage Ober Anomalien der zweiten Dentition. Von 

Privatdozent G . J. Wilga , Moskau. (Odontologiceskoje Obo- 
izrinie, 1906, 2.) 

Elf von ihm beobachtete Fälle sind: 

1. Vorzeitiger Durchbruch. Ein 3 Jahre 1 Monat altes 
Kind mit dui chbrechendem ersten rechten Schneidezahn. Der 
JMilchzahn ist nach einem Sturz vor einem halben Jahre verloren 
gegangen. Alle anderen Zähne normal. 

2. Eine 23jährige Patientin klagt über Schmerzen im 
zweiten rechten unteren (kariösen) Prämolar, der nach der 
Extraktion als Milchzahn erkannt wurde. In der Wunde 
sondiert man den nachfolgenden Bicuspis. Andere Zähne 
normal, doch stark kariös. 

3. Eine 22jährige Patientin mit Schmerzen im V. 1. u. 
Extraktion. In der Alveole mit der Sonde ein nachfolgender 
.Zahn zu fühlen. 

4. Ein 18jähriger Gymnasialschüler mit Milchzähnen 
oben, beiderseits an Stelle des zweiten Prämolars, unten fehlen 
die ersten Prämolaren. Sonst normal. 

5. Ein 17 jähriges Mädchen. Der linke erste Eckzahn 
wurde vor 2 Jahren gezogen; der Zwischenraum ist ver¬ 
schwunden. Am Zahnfleisch fühlt man eine Vorbauchung vom 
.zurückgehaltenen bleibenden Eckzahn. 


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Varia. 


679- 


6. und 7. Bei einem 20jährigen Mann und 22 jährigen 
Patientin wurde je ein unterer erster Prämolar wegen Karies¬ 
gezogen. In 2 bis 3 Monaten kamen wieder an diesen Stellen 
Zähne hervor. 

8. und 9. Bei einem 15- und 26jährigen Patienten 
fehlen beide seitlichen Schneidezähne, sonst alles normal. 

10. Bei einem 15 jährigen Patienten wurde wegen Em¬ 
pyem der Highmorshöhle der zweite kariöse Prämolar ge¬ 
zogen. Es war aber ein Milchzahn; man fühlte mit dem 
Troikar den zurückgehaltenen bleibenden Zahn, der dann 
nach einer gewissen Zeit gezogen werden musste, weil er den 
Kanal verlegte. 

11. Bei einer 20jährigen Patientin wurde wegen derselben« 
Ursache, wie beim letzten Fall, der erste Molar gezogen und 
zugleich auch der Milchmolar, damit der nachfolgende Bicuspis 
um so rascher an richtiger Stelle erscheint. Doch auch nach 
einem halben Jahre wurde nichts von dem Bicuspis bemerkt. 

Dr. Kuzmovice. 


Varia. 


WIEN. Zahnärztliches Ambulatorium der k. k. militärärzt¬ 
lichen Applikationsschule. Der k. u. k. Stabsarzt Dr. Karl 
Feyertag, welcher neben seiner Tätigkeit in der 14. Ab¬ 
teilung des Reichs-Kriegsministeriums, das Ambulatorium kreieit 
und seit 4 Jahren geleitet hat, wurde über eigenes Ansuchen* 
dieses Dienstes enthoben. 

Stabsarzt Dr. Feyertag hat das Ambulatorium über 
Auftrag des Kommandos der Applikationsschule im Jahre 1902 
errichtet und unter schwierigen Verhältnissen den komplizierten 
Dienst allein versehen, da ihm anfänglich keine eigenen Räumlich¬ 
keiten bewilligt wurden und nur während der Abendstunden 
ein Operationssaal der chirurgischen Abteilung im Garnisons¬ 
spital zur Verfügung stand, wo die Ambulanz abgehalten und 
Kurse gelesen werden mussten. 


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580 


Varia. 


Die mit kargen Mitteln erzielten sehr günstigen Erfolge 
veranlassten die leitenden Organe, Stabsarzt Dr. Fey er¬ 
lag mit der Einrichtung einer eigenen Abteilung zu betrauen, 
die, mit allen modernen Hilfsmitteln ausgestattet und vortreff¬ 
lich organisiert, seit dem 15. März 1904 in der Währinger- 
strasse Nr. 25 (Josefs-Akademie) im Betriebe steht. 

Infolge des fortwährend steigenden Zuspruches von 
Patienten des Offiziers- und Mannschaftsstandes wurde zur 
speziellen Dienstleistung an diesem Institut der k. u. k. 
Regimentsarzt Dr. Ludwig Hradsky kommandiert und dem¬ 
selben der Oberarzt Dr. Karl Öerny als Sekundararzt bei¬ 
gegeben. * — 

— Auszeichnung. Dem Zahnarzt Dr. Wilhelm Wallisch 

wurde der Titel eines kaiserlichen Rates verliehen. —.— 

* 

— Uebersiedlung. Dr. Adolf Müller, bisher Zahnarzt in 
Agram, ist nach Wien übersiedelt und übt seine Praxis 1. Opern- 
dng Nr. 17 aus. Während der Sommermonate ordiniert 
Dr. Müller wie früher in Bad Gastein. —.— 

* 

BERLIN. Auszeichnung. Dem aus seiner Stellung am könig¬ 
lichen zahnärztlichen Institut scheidenden Prof. Dr. W. D. Miller 
ist der Titel eines Geheimen Medizinalrates verliehen 
worden. * —.— 

— Ernennung. Oberstabsarzt Dr. Williger — ein Schüler 
Prof. Partschs — ist an Stelle Prof. Dr. W. D. Millers 
zum Leiter der Abteilung für konservative Zahnheilkunde des 
königlichen zahnärztlichen Instituts ernannt worden. —.— 

% 

LEIPZIG. Todesfall. Prof. Dr. Friedrich Hesse ist nach 
langem schmerzvollen Leiden am 22. Oktober d. J. freiwillig 
-aus dem Leben geschieden. Wir entnehmen einem Nekrolog 
in der „Deutschen zahnärztlichen Wochenschrift“ von Zahnarzt 
Bünger folgende Daten: 

Friedrich Hesse wurde in Bischofswerda im Königreich 
Sachsen als Sohn eines Arztes am 7. Dezember 1849 geboren. 


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V a r i a. 


581 


Von Ostern 1868 ab studierte er in Leipzig Medizin. Beim 
Ausbruch des Krieges trat er als Einjährig-Freiwilliger in das 
107. Infanterie Regiment ein, ging im September mit dem 
ersten Ersatz nach Frankreich und nahm an der Belagerung 
von Paris teil. Ende November 1870 wurde er einem Feld¬ 
lazarett zugeteilt, einige Monate später zum Unterarzt ernannt, 
und kehrte als solcher im Juli 1871 nach Leipzig zurück. 
1874 legte er die ärztliche Staatsprüfung ab, promovierte 1875 
und habilitierte sich 1877 an der Universität Leipzig für Ana¬ 
tomie; seit 1873 war er Assistent, von 1875 an Prosektor 
an der anatomischen Anstalt gewesen. Im Frühjahr 1877 
arbeitete er am College de France in Paris unter der Leitung 
von Prof. Rouvier und machte später eine Reise nach den 
Vereinigten Staaten. 

Ende 1880 ging Hesse nach New-York, um sich 
am dortigen College of Dentistry in der Zahnheilkunde aus¬ 
zubilden und Hess sich im Jahre 1882 in Leipzig als Zahn¬ 
arzt nieder, wo er auch noch die deutsche zahnärztliche 
Prüfung ablegte. 1884 wurde von der Universität Leipzig nach 
seinen Angaben ein zahnärztliches Institut eingerichtet, dessen 
Leitung ihm bei gleichzeitiger Ernennung zum ausserordent¬ 
lichen Professor übertragen wurde. 22 Jahre hat Hesse dem 
Leipziger Institut vorgestanden, das im Laufe der Zeit wieder¬ 
holt vergrössert werden musste. Zahlreiche Zahnärzte hat er 
hier ausgebildet, die sein hervorragendes Lehrtalent, das von 
einer aussergewöhnlichen manuellen Geschicklichkeit und von 
unermüdlichem Fleiss getragen war, zu rühmen wissen. 

Leider hatte in den letzten Jahren seine Gesundheit immer 
mehr gelitten. Er nahm im Frühjahr dieses Jahres Urlaub, der ihm 
jedoch nicht die nötige Erholung brachte. Die neurasthenischen 
Beschwerden, besonders eine überaus quälende Schlaflosigkeit 
nahmen stetig zu. In dem Glauben, nicht wieder gesund werden 
zu können, hat er einen freiwilligen Tod jahrelangem Siechtum 
vorgezogen. Hesse war Ehrenmitglied zahlreicher wissenschaft¬ 
licher Vereinigungen, so auch des Vereines österreichischer 
Zahnärzte. —.— 


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582 


Deutsche Patente und Gebranchsrnnster-Emtragangen. 

(Mitgeteilt von Ing. lf. Monath, Patentanwalt, Wien, 
I. Jasomirgottstrasse 4.) 

Zahnreinigungsvorrichtung. Valentin J a n a c h, Beamter 
in Triest. 

Zahnbürste. Hermann Rauhe, Zahnarzt in Düsseldorf. 

Zahnbürste. Dr. Moritz Jakobovics, praktischer Arzt 
in Zniovaralja (Ungarn). 

Verfahren zur Herstellung eines Zahnzements. Dr. Otto 
Hoffmann, Berlin. 

Artikulator für zahnärztliche Zwecke. Heinrich Ley, Cöln. 

Vorrichtung mit einer feststehenden und einer beweg¬ 
lichen Hülse für zahnärztliche Bohrmaschinen zum selbsttätigen 
Rückwärtsdrehen des Oberteiles. Weber & Hampel, Berlin. 

Luftdicht abgeschlossener zahnärztlicher Apparat zur 
Aufnahme von Sputum. Otto Eichentopf, Naumburg a. S. 

Nach aussen dünner werdendes Gummisaugscheibchen 
mit Riefen für künstliche Gebisse. Ludwig Fries, Leipzig. 

Mit Stellvorrichtung versehene Vorrichtung zum Schleifen 
der Porzellaneinlagen für hohle Zähne. Adolf Schönsee, 
Lüneburg. 

Saugekammer für künstliche Gebisse mit mehrstufigem 
Rande und Gummischeibe. Georg Schubert, Dresden. 

Mit weichem Kautschuk oder Gummi überzogener, kiefer¬ 
förmig geformter, federnder Doppelbügel, der das Kokain nur peri¬ 
pherisch zur Wirkung kommen lässt. H. C. Falkenstein, Breslau. 

Speicheltampon mit hoher, dem Verderben nicht unter¬ 
liegender Saugbarkeit für zahnärztliche Zwecke. Karl Spiess- 
h o f e r, Chemnitz. 

Aus Elfenbein bestehende Instrumente mit gebogener 
Spitze zum Stopfen und Formen von plastischen Zahnfüllungen. 
General Dental Manufacturing Co. m. b. H., Berlin. 

Vorrichtung zur Regulierung der Zähne, bestehend aus 
in einen Bügel geschraubten, zweiteiligen, federnden Stangen, 
die mittels Ringes den Zahn umfassen. Hermann Schröter, 
Bremen. 


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4 



Empfangene Zeitschriften. 

Amerika: 

Dental Era. Western Dental Journal. Items of Interest. 

Dental Cosmos. Dental Review. Dental Brief. 

Dental Digest. Dental Summary. Dental Hints. 

Dominion Dental Journal. Pacific Dent. Gazette. Dent. Office and Laborat. 

Australien: 

Australian Journal of Dentistry. 

Belgien: 

Bulletin de la Soci6t6 Beige de Stomatologie. 

Dänemark, Schweden nnd Norwegen: 

Odontologisk Tidskrift. | Reflector. 

Nordisk. Tandläk. Tidskrift. | Tandlägebladet. 

Deutschland: 

Korrespondenzblatt für Zahnärzte. Zahntechnische Reform. 

Die Zahnkunst. Archiv für Zahnheilkunde. 

Zahnärztliche Rundschau. Deutsche zahnärztliche Zeitung. 

Deutsche zahnärztl. Wochenschrift. Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk. 
Odontologische Blätter. Di« Gesundheitswarte der Schule. 

England: 

British Journ. of Dental Science. Quarter ly Circular. 

Joum. of the Brit. Dent. Assoc. Elliots Quarter ly. 

Dental Record. # 

Frankreich: 

L’Odontologie. Le Monde dentaire. 

Le Progr&s dentaire. Le mois mMico-chirurgial. 

La Revue de Stomatologie. Revue internst, de Prothese dentaire. 

Le Laboratoire. Revue de Chirurgie dentaire. 

Revue odontologique. Revue g6n6ral de l’Art dentaire. 

Holland: 

Handelingen v. h. Nederl. Tandheel- I Tijdschrift voor Tandheelkunde. 

kundig Genootschap. | 

Italien: 

Giomale di Correspond, pei Dentisti. | La Stomatologia. 

Japan: 

Shikwa-gakuho. 

Oesterreich-Ungarn: 

Wiener klinische Wochenschrift. I Ash’s Wiener Vierteljahrs-Fachblatt. 

Wiener medizinische Blätter. Stomatologiai Közlöny. 

Mediz.-chirurg. Zentralblatt. Magyar Fogorvosok Lapja. 

Osterr. ärztliche Vereins-Zeitung. Zubni 16karstvi. 

österr. Zeitschrift für Stomatologie. Medico-technologisches Journal. 

Zeitschrift fttr Zahntechnik. 

Russland: 

Zubowratschebni wjestnik. | Odontologitscheskoje Obosrenije. 

Kroniki dentistiÖni. j 

Schweiz: 

Schweizerische Vierteljahrsschrift ffir Zahnheilkunde. ' 

Spanien: 

La Odontologia. 

Wir bestätigen den Empfang von Tauschexemplaren der genannten Zeit¬ 
schriften nnd bitten am deren fernere Znsendang unter der Adresse: 

JULIUS WEISS, WIm, I. Pntnrsplatz 7. 


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684 


Empfangene Bücher und Broschüren. 

(Mit Vorbehalt weiterer Besprechung.) 

Die künstliche Deformation des Gebisses Eine zahnärztlich¬ 
ethnologische Studie von Dr. Hermann Schröder, Privat¬ 
dozent für Zahnheilkunde an der Universität Greifswald. 
Mit 23 Bildern und 3 Tafeln in Vierfarbendruck. Verlag 
von Julius Abel, Greifswald 1906, 

Eine neue Verankerungsmethode für gebrannte Porzellanfüllungen. 
Von Dr. Guido Fischer, Hannover. Sonderabdruck aus 
der r Deutsche Monatsschrift für Zahnheilkunde“, Sep¬ 
tember 1906. 

Die chirurgische Wurzelbehandlung Maxillotomie und Wurzel¬ 
resektion. Von Dr. Guido Fischer, Hannover. Sonder- 
abruck aus der „Deutsche Monatsschrift für Zahnheilkunde“, 
August 1906. 

Ueber Kiefernekrosen. Inaugural-Dissertation von Georg Gold¬ 
schmidt. Aus der königl. Poliklinik für Zahn- und Mund¬ 
krankheiten (Prof. Part sch) zu Breslau. 

Ueber die Karzinome der Mundschleimhaut. Inaugural-Dissertation 
von Franz Thomas. Aus dem Konvent-Hospital der 
Barmherzigen Brüder (Prof. Partsch) zu Breslau. 

Primo Trattato Italiano di Odontotecnica. Del Dr. Prof. Carlo 
Platschik. Fascicolo V, Milano 1906, L. F. Cogliati 

Some Phases of Crown and Bridge Work. By W. Störer How, 
D. D. S., Philadelphia, Pa. (Reprinted from the Trans¬ 
actions of the National Dent. Assoc. Buffalo, July 1905). 

Der Einfluss des Durchbruchs der Milchzähne auf den Organismus 
des Kindes. Von Dr. R. Parreidt in Leipzig. Sonder¬ 
abdruck aus der „Deutschen Monatsschrift für Zahnheil¬ 
kunde“, September 1906. 

Untersuchungen über den bakterientötenden und gärungs¬ 
hemmenden Einfluss des haltbaren 3 prozentigen, chemisch 
reinen Merckschen Wasserstoffsuperoxydes, unter besonderer 
Berücksichtigung seiner Verwertung als Mundspülwasser. 

Von Bodo Schmidt, Cand. med. dent. Sonderabdruck 
aus der „Hygienischen Rundschau“, Nr. 10, 1906. 


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J 



586 


Beitrag zur Schmelzentwicklung. Mitteilung aus dem Institute 
der Zoologie und der Komparativen Anatomie (Vorstand 
Prof. Dr. Stephan v. A p a t h y) von Doz. Dr. Gerö R u d a s 
in Klausenburg. Sonderabdruck des r Stomatologiai Köz- 
löny“, Nr. 6, 1906. 

Das Absterben von Pulpen unter Füllungen. Von Dr. Max Kulka. 
Teschen. Sonderabdruck aus der „Deutschen Zahnärztlichen 
Wochenschrift“, Jahrg. IX, Nr. 40. 

lieber einen operativ geheilten Fall einer seitlichen Wurzel¬ 
perforation. Von Dr. B. Sachse in Leipzig. Sonderabdruck 
aus der „Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“, 
Oktober 1906. 

Erfahrungen mit der Jodoform-Knochenplombe hinsichtlich Ver¬ 
einfachung der Nachbehandlung nach Wurzelresektion und 
Zahnzystenoperation. Von Prof. Dr. B. Mayrhofer in 
Innsbruck. Sonderabdruck aus der „Oesterreiehischen Zeit¬ 
schrift für Stomatologie“, 8. Heft, 1906. 

Die Technik der Wurzelresektion und ihr Ausbau auf Grund 
moderner Anschauungen. Von Prof. Dr. B. Mayrhofer 
in Innsbruck. Sonderabdruck aus der „Oesterreiehischen 
Zeitschrift für Stomatologie“, 9. Heft, 1906. 

Erfahrungen aus der Praxis über die Untersuchung der Zähne. 
Von Zahnarzt Dr. Julius Haas, Bielitz. Sonderabdruck 
aus der „Zahnärztlichen Rundschau“, Berlin, Jahrg. XV., 
Nr. 40. 

Ueber Novokain-Suprarenin-Lösungen mit Thymolzusatz. Von 

Dr. Guido Fischer in Hannover. Sonderabdruck aus 
der „Deutschen Zahnärztlichen Wochenschrift“, Nr. 35,1906. 

Ursachen und Formen der Zahnretention. Von Zahnarzt 
F. Luniatschek in Breslau. Sonderabdruck aus der 
.Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“, Juli 1906. 

Dymal, ein neues Desinfiziens. Von Zahnarzt Albert Reissner, 
München. Sonderabdruck aus der „Deutschen Zahnärztlichen 
Wochenschrilt“, Jahrg. IX, Nr. 23. 

Zahnpflege im Kindesalter. Von Prof. Dr. Ernst Jessen, 
Direktor der städtischen Schulzahnklinik in Strassburg. 
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin, 1906. 

»* 


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58 « 


Ueber Perhydrolmundwasser. Von Prot. Dr. med. H. Körner, 
Halle a. S. Sonderabdruck der „Aerztlichen Vierteljahrs- 
Rundschau“, Göln, Jänner 1906. 

Chemisch-technische Rezepte und Notizen für die Zahnpraxis. 
Eine Sammlung von über 1200 praktischen Vorschriften, 
Methoden und Winken von Alfred Sedlacek. Zweite, 
vollständig umgearbeitete und bedeutend verbesserte Auf¬ 
lage. A. Hartlebens Verlag in Wien und Leipzig, 1906. 


NB. Bei Zusendung von Rezensionsexemplaren, Tausch¬ 
exemplaren von Zeitungen etc. wolle man sich nur meiner 
Adresse bedienen. t i* ttt • . 

Julius Weiss 

Wien, I. Petersplatz Nr. 7- 


Assoziations-Gesuch. 

MUDr. wünscht in ein gutgehendes zahnärztliches Atelier 
in Wien einzutreten, eventuell dasselbe später zu übernehmen. 

Anfragen unter „Zahnarzt Nr. 663“ befördern die Herren 
Weiss & Schwarz, Wien, I. Petersplatz 7. 


.— Praxis-Verkauf. - 

Tüchtiger Zahnarzt, Deutscher, Christ, kann gute, noch 
ausdehnungsfähige Praxis mit nachweisbarer Einnahme von 
K 20.000 in grösserer Provinzialstadt nach Einführung und 
gegen Barzahlung übernehmen. 

Anfragen unter „Praxis Nr. 664“ befördern die Herren 
Weiss & Schwarz, Wien, I. Petersplatz 7. 


Praxis-Verkauf ev. Assoziation. 

Erstklassige, vieljährige Praxis mit sicherer Klientel in 
grosser Landeshauptstadt. Erforderliches Kapital K 40.000, 
eventuell die Hälfte bei Assoziation. 

Anfragen unter „Praxis Nr. 665“ befördern die Herren 
Weiss & Schwarz, Wien, I. Petersplatz 7. 


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A 







587 


B ewerber um Assistenten- und Technikerstellen werden 
ersucht, ihren Offerten stets Zeugnisabschriften und 
Photographie beizulegen. Die Stellensuchenden werden 
dringend ersucht, uns sofort zu verständigen, wenn sie 
— gleichgiltig, ob durch oder ohne unsere Vermittlung — 
Stellung gefunden haben. 

Weiss ft Schwarz. 


Folgende Stellen sind zu besetzen: 

Assistent: 

Nr. 651. MUDr., tüchtiger, selbständiger Arbeiter für erst¬ 
klassige Praxis in Provinzialhauptstadt. 

Techniker: 

Nr. 652. Erstklassiger Arbeiter in Kronen- und Brückenarbeiten 
und Regulierungen, ausschliesslich im Laboratorium 
beschäftigt, für Wien. 

„ 653. Erstklassiger Arbeiter in Kronen- und Brückenarbeiten 
und Regulierungen, ausschliesslich im Laboratorium 
beschäftigt, für Provinzialhauptstadt. 

„ 654. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für Prag. 

„ 665. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für Sofia (Bulgarien). 

„ 656. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter tür galizische Stadt. 

„ 657. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für westungarische Stadt 

„ 658. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und Gold¬ 
arbeiter für südböhmische Stadt. 

„ 659. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für Deutschböhmen. 

„ 660. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für westböhmische Stadt. 

„ 661. Tüchtiger, vollkommen versierter Kautschuk- und 

Goldarbeiter für südösterreichische Stadt. 

„ 662. Zweiter Techniker für westböhmische Stadt. 


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588 


Zahnärztlicher Unterricht 

an den 

Universitäten in Oesterreich u. Ungarn. 

-- 

a,) Oesterreicli. 

Vien. K. I. zahnärztl. Universitäts-Institut, ix. Türkenstrass« 9. 

Vorstand: Reg.-Rat Prof. Dr. Julius Scheff. 

Assistent: Dr. B. Spitzer. 

Demonstratoren: I. Dr. Bruno Klein, II. stud.med. Sofer, III. stud. 
med. Goldberger. . . 

I. Semestralvorlesungen Ober operative und konservierende Zahnheilkunde 
fünfmal wöchentlich von 4 bis 6 Uhr abends. Dieselben umfassen die gesamte 
Theorie in Verbindung mit Uebungen am Phantom und dauern als solche bis 
zu den Weihnachtsferien. Nach letzteren beginuen die praktischen Uebungen 
an Patienten bis zum Semesterschluss. 

II. Semestralvorlesungen für Mediziner zweimal wöchentlich. 

III. Semestralvorlesungen über Zahnersatzkunde; Herstellung von Ersatz¬ 
stücken an Patienten, fünfmal wöchentlich von 8 bis lO Uhr vormittags. Von 
10 bis 12 Uhr praktische Uebungen in den Arbeitsräumen für Zahnersatzkunde. 

IV. Doz. Dr. Rudolf Loos liest ein zweistündiges Kolleg „über aus¬ 
gewählte Kapitel der Zahnheilkunde“. Samstag von 4 bis 6 Uhr nachmittags. 

V. Ferialkurs: 

Instituts-Assistent Dr. B. Spitzer hält einen theoretischen und 
praktischen Ferialkurs über operative und konservierende Zahnheilkunde und 
Zahnersatzkunde mit Uebungen am Patienten ab. 

Beginn: 28. November 1906. 

Dauer: 6 bis 7 Wochen. 

Zeit: Täglich von 8 bis 11 Uhr vormittags: Zahnersatzkunde. 

n „ 4 „ 7 „ nachmittags: Zahnheilkunde. 
Honorar :”Zahnheilkunde 100 K, Zahnersatzkunde 100 K. 

Anfragen: EX. Türkenstrasse 9, Universitäts-Institut. 


Wien. Zaiinärztl. Abteilung d. allg. Poliklinik, ix. mwm 1. 

Vorstand: Doz. Dr. v. Wunschheiui. 

Assistent: Dr. v. An der Lan. 

I. Semestralvorlesungen Ober Zahnheilkunde für Mediziner, zweistündig, 
Dienstag, Donnerstag von 6 bis 7 Uhr abends. K. 4 20. 

n. Praktische Uebungen in konservierender Zahnhellkunde an Patienten 
fürVorgeschrittene. zehnstündig, fünfmal wöchentlich von 5 bis 7 Uhr abends, 60K. 

III. Praktische Uebungen in der Zahnersatzkunde, zehnstündig, füufinal 
wöchentlich von 8 bis 10 Uhr vormittags, 100 K. 

IV. Abteilungs-Assistent Dr. v. An der Lan hält in den Weihuachts- 
ferien, zu Ostern und im September praktische Kurse über konservierende 
Zahnheilkunde und Zahnersatzkunde mit Uebungen am Patienten ab. 

V. Doz. Dr. Rudolf Weiser: Praktische Uebungen im Gebiete der 
konservierenden und operativen Zahnheilkunde. Nur für Vorgeschrittene. 
Teilnehmerzahl auf 4 beschränkt. Beginn: 6. Oktober 1906. Dauer: 6 Wochen. 
Zeit: Montag, Mittwoch und Freitag von 8 bis 10 Uhr vormittags. Honorar: 
250 K. Anfragen sind nur schriftlich zu richten an Doz. Dr. R. Weiser, 
Wien, IX. Frankgasse 2. 


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68» 


Graz. K. k. zahnärztl. üniYersitats-Institnt. 

Vorstand: Prof. t)r. Antou Bleichsteiner. 

Assistent: Dr. Eil. Urbantschitsch. 

Seehswächentlleher obligater Kart Ober Zahnheilkuade: Montag von 
5 bis 6 Uhr abends, Mittwoch und Freitag von 5 bis 7 Uhr abends als 
Bständiges Kollegium. 

Praktische Uebaagaa an Patienten für Vorgeschrittene: Dienstag, 
Donnerstag und Samstag von 5 bis 7 Uhr abends als 10 ständiges Kollegium. 

Zahnarsatzkande: Dienstag. Donnerstag und Samstag von 8 bis 10 Uhr, 
verbunden mit Arbeiten im Laboratorium für Ersatzkunde von 10 bis 12 Uhr 
als 20 ständiges Kollegium. 

Der Assistent Dr. Urbantschitsch liest Ferialkurse. 


Innsbruck. K. k. zabnärztl. Universitäts-Institut, Annichstr. 24 . 

Vorstand: Prof. Dr. B. Mayrhofer. 

Assistent: Dr. Franz Riha. 

I. Zahnirztllober Kars für Mediziner mit Demonstrationen und prak¬ 
tischen Uebnngen im Extrahieren, sechswöchentlich, fünfstündig; Stunde 
wird später bekannt gegeben. 

II. Zahnärztliche Pathologie, Therapie und Klinik, einsehliesslich Zahn- 
eraatzkunde, fünfstündig; Montag bis Freitag von 5 bis 6 Uhr abends. 

III. Praktische Uebnngen am Patienten, einschllesslloh Zahnersatzkande, 
für Anfänger nnd Vorgeschrittene. Montag bis Freitag von 2 bis 5 Uhr abends. 

IV. Zahnehirurgisehe Operationslehre (theoretisch-praktisch) und 
chirurgische Prothetik, zweistündig; Samstag von 10 bis 12 Uhr vormittags. 


Prag. K. k. deutsche Universitäts Poliklinik. 

Vorstand: Prof. Dr. H. Bönnecken. 

Assistent: Dr. A. Kerber. 

Theoretische und praktische Zahnheilkunde mit Demonstrationen und 
Uebungen an Zahnkranken, Montag, Mittwoch und Freitag von 6 bis 7 Uhr abends. 

Zahnärztliche Operationen mit besonderer Berücksichtigung der Er¬ 
haltung erkrankter Zähne durch die Füllung, täglich von 5 bis 6 Uhr abends. 


Prag. K. k. böhmisches Universitäts-Ambulatorium. 

Vorstand: Prof. Dr. E. Nessel. 

Assistent: Dr. Tereba. Zwei Demonstratoren. 

ZahaliallkMda. Theoretische Vorträge mit Uebungen am Phantom, 
Demonstrationen im Plombieren der Zähne für Anfftuger. 

Klinik der Zahnkrankheiten mit Uebungen im Extrahieren nnd Plom¬ 
bieren der Zähne für Vorgeschrittene. 

Privatkurso für ausserordentliche Hörer und MU.-Doktoren nach vor¬ 
heriger Anmeldung und Verabredung mit dem Vorstand des Institutes. 

Ferialkurse (Weihnachten, Ostern, Ferien) liest Dr. Tereba. 

Das Ambulatorium wird vom Oktober 1906 an im eigenen Gebäude, 
Prag, II. Vinicnä ulice (das Gebäude des früheren böhmischen Kinderspitals) 
untergebraoht werden. — Tägliche Ordination, mit Ausnahme der Sonn- nnd 
Feiertage, von 4 bis 6 Uhr abends. 


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Vorstand: Prof. Dr. W. Lepkowski. 

Assistent: Dr. Ruczka. 

Sechswöchentlicher Kurs, Von 8 bis 9 Uhr früh, fünfmal wöchentlich. 
Uebnngen im Plombieren nnd Extraktion der Zähne, 3 Stunden 
wöchentlich von 9 bis 10 Uhr früh. 

Zahnersatzkunde, 3 Stunden wöchentlich von 8 bis 9 Uhr früh (Privat). 


Lemberg. K. I Universität. 

Doz. Dr. Theodor Bohosiewicz. 

Kurse: Die Krankheiten der Zähne nnd ihre operative Behandlung. 
2 Stunden wöchentlich. 

Praktische Uebungen in der Zahntechuik, 2 Stunden wöchentlich (Privat). 


Doz. Dr. Gonka. 


-- 

"b) Ungarn. 

Budapest. ZahnärztLKM d. kgl. Universität, viu.0iuserstr.26 

Vorstand: Prof. Dr. J. Arkövj. 

Assistenten: Dr. Salamon, Dr. Wallheim. 

Demonstrator: Dr. Sturm. 

J. Semestralvorlesungen, zweimal wöchentlich von ö bis \/ t l Uhr abends, 
über spezielle Pathologie und Therapie der Zahnkrankheiten und einmal 
wöchentlich Operationslehre. 

II. Zahnersatzkunde unter Leitung des Doz. Dr. L. Hatt jasy, dreimal 
wöchentlich. 

III. Zahnärztliche Operationslehre, einmal wöchentlich von 5 bis 7 Uhr 
abends, Samstag, Doz. Dr. J. Szabö. 

Die Klinik ist von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Vormittags arbeiten die Vor¬ 
geschrittenen, abends die Anfänger. 

Privatkurse werden von den Assistenten abgehalten. 

IV. Dozent Dr. A. Roth mann, Leiter der zahnärztlichen Ordination 
an der Allgemeinen Poliklinik. 

V. Dozeut Dr. Antal, Leiter der zahnärztlichen Ordination im Spital 
der PP. Barmherzigen Brüder. 


Klausenburg. Königl. Universität. 

Kurse: Doz. Dr. Hoencz: Mund- und Zahnkrankheiten verbunden 
mit Extraktions- und Füllungs-Exerzitien. 

Doz. Dr. Gerö Rndas: Histologie und Pathologie der Zähne. 


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591 


lataiäntt. TotMtaak 

Belle Alllancestr. 88. Berlin SW Belle Alllancestr. 88. 

Institut für Fortbildungskurse in der operativen Zahn¬ 
heilkunde und in der zahnärztlichen Technik. 

Cn^Vial Ktirt* * n Kronen- und BrQckenarbeiten und Be- 
#V handlung unregelmässiger Gebisse.- 


Q Die Kurse sind nicht für Anfänger, setzen q 
III vielmehr die elementare Kenntnis des Gebietes III 


voraus. Kursisten ohne spezialistische Vor¬ 


bildung müssten beim Assistenten der Ab¬ 


teilung ein Privatissimum nachsuchen. 


Das Institut ist fast das ganze Jahr geöffnet. 
Vorherige Anmeldung liegt im Interesse der Kursisten. -- 

— Prospekte und alle Auskünfte bereitwilligst. 

Alfred KSrbitz. 


l 


Odontologlscbes Institut. 
11 *■ * i Berlin. * * * * * 


o o o o 


Jh$- und melier- • «• mim« 

. Ja Auskunft durch den 

bildami iudeuurak- ^ r .»„... i..«,.,.. 


litcbeu Täcbcra Jet V Prof. Dr. wed. Jang 
w . 1 Berllu OP ss 

Z almbeilKunde. — w poudumerstrasse m. 









Lehmanns medizinische Handatlanten. 

- Band XXXIII. - 

Liehrbueh und Atlas 

der 

Zahnärztlichen Technik 

von 

Dr. med. und phil. Gustav Preiswerk 

Lektor an der Universität Basel. 

■ Mit 61 farbigen Tafeln und 293 schwarzen Textabbildungen. ——• 

Preis K 16.80. 

Die vielen farbigen Ta¬ 
feln (61) und schwarzen Ab¬ 
bildungen (über 300) machen 
das Buch besonders instruk¬ 
tiv; der Text ist überaus 
klar und übersichtlich und 
stützt sich sowohl auf die 
ausgedehnte eigene Er¬ 
fahrung des Verfassers, als 
auch aut die Ergebnisse der 
gesamten Forschung und 
Technik. Ausser ganz neuen 
durch Preiswerk erprobten 
Brückenarbeiten bringt das 
vorliegende Lehrbuch der 
Technik znm ersten Mal einen Anhang über die orthopädische Behandlung 
normaler Zahnstellnugen. 

Aufträge nehmen entgegen djt Harren Wales & Schwarz, Wien, I. Patertplaiz 7. 


Verlag der Zentralstelle für Zahnhygiene, Dresden. 



Lehrbuch der Orthodontie. 

Von Hofrat W. Pf aff, Dresden. 

31 Bogen, 8«, mit 456 Abbildungen. Preis: Geb. Mk. 18.—, lit-, Frks. **.50. 

Das Werk ist berufen, eine schmerzlich empfundene Lücke in der 
zahnärztlichen Literatur auszufttllen, da bisher eine systematische Zusammen¬ 
stellung des ganzen, weit ansgedehnten Stoffes fehlte. Die Anlage des Werkes 
schliesst sich eng an die Anforderungen der Praxis an, die vom Orthodonten 
in erster Linie ein ziemlich bedeutendes Maas von Kenntnissen auf dem Ge» 
biete der Metallurgie und der Anfertigung von ßegulierungsapparaten verlangt. 

Kurze Inhaltsübersicht: Der erste Hanptteil des Lehrbuches 
beschäftigt sich mit theoretischen Erörterungen über die Entwicklung der 
Zähne (Dentitionen nsw.), der Beschreibung von Anomalien und deren Ursachen. 
Der zweite Hanptteil ist der prophylaktischen nnd therapeutischen Behandlung 
der Anomalien gewidmet und dem vorhergehenden Teile analog gegliedert. 
Der Schluss enthält einige Betrachtungen über die Notwendigkeit künst¬ 
lerischer Studien für den Gesichtsorthopäden. Ein besonderer Abschnitt des 
Lehrbuches befasst sich mit der Geschichte der Orthodontie, wobei die weit- 
zerstrente Literatur ans allen Ländern berücksichtigt worden ist. — Die 
zahlreichen, sehr anschaulich gehaltenen Abbildungen von Gebissen, Schädeln. 
Apparaten nsw. sind mit peinlichster Sorgfalt ausgefübrt worden. Das Werk, 
dessen Preis im Interesse einer weiten Verbreitung so niedrig wie möglich 
bemessen worden ist, kann dnreh jedes Dental-Depot und jede Buchhandlung 
bezogen werden. 

In Wien nehmen Aufträge entgegen die Herren WEISS 6 SCHWARZ, 
Wien, I. Peterspiatz 7. 


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Ifrermanit /Ißeusser 

Berlin W. 35/106, Steglitzerstrasse 58 
Einzige Spezialbachhandlnag für Küy 
I - Zahnheilkande ; - iA 




ist bestrebt, durch solide, kulante und 
schnelle Bedienung ihren Kundenkreis 
zu erweitern. Zur Erleichterung der 
Anschaffung werden monatliche Teil¬ 
zahlungen in der Höhe des zehnten 
Teiles des Kaufpreises eingeräumt. 


Bei grösseren Aufträgen Ermässigung der Monatsrate auf 
den zwanzigsten Teil. 

Vollständiges Lager. — Allerneueste Auflagen. 
Pachkatalog gratis. Portofreie Sendung. 


1 Unser . . = —— - 

Zahnärztlicher Hotiz-Kalender pro 1907 

ist in Vorbereitung und wird unseren P. T. Abnehmern schon 
zu Weihnachten gratis und franko zugesendet werden. 

Derselbe enthält nebst einem vollständigen Kalendarium, 
Vormerkblätter mit Stundenvordruck, sowie eine alphabetisch 
geordnete Sammlung diagnostischer und therapeutischer Be¬ 
merkungen Ober die Erkrankungen der Knochen und Weichteile 
der Mundhöhle. 

Um die Höhe der Auflage bestimmen zu können, wollen 
Reflektanten sich schon jetzt mittels Korrespondenzkarte vor¬ 
merken lassen. 

Welss & Schwan 

Wien, I. Petersplatz Nr. 7. 


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594 

Verlag von Arthur Felix in Leipzig. 


Soeben erschien: 


Handbuch der Zahnersatzknnde. 

Von 

Julius Parreidt 

praktischem Zahnarzt in Leipzig. 

■, —-- Vierte Auflage. - — - 

Mit 337 Abbildungen. 

Gr. 8°. X. 478 Seiten. 1906. Mk. 14.60. Geb. Mk. 16.—. 


Preisermässigung. 

Statt für Mark 35-— für Mark 18.— , liefere ich, solange der 
Vorrat (etwas ramponierter Exemplare) reicht: 

Atlas zur Pathologie der Zähne. 

Von 

Prof. Dr. M. Heider und Prof. Dr. C. Wedl. 

Zweite vermehrte Auflage. 

^= ::: Bearbeitet von br. J. von ttetnitz === 

Dozent der Zahnheilkunde an der Universität Wien. 

Mit englischer Uebersetzung von 

E. W. Ruggles, M. D., New-York City* 

Gr. 4°. XVI. 74 Seiten und XXIV Tafeln. 1893. In Leinen geb. Mk. 36.- 

Wegen der hohen Nachnahmeepeeen bitte ich den Betrag vorher einzueenden. 

Leipzig, im Juli 1906. Arthur Fall*. 



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595 


pjjnleifung 

zur 

^esichtsopthopödie. 

Kurzgefasstes Lehrbuch 

für Zahnärzte und Studierende. '■■■ 

II. Auflage. — Mit 215 Illustrationen. 

(Die I. Auflage hatte nur 68 Illustrationen.) 

o — - - o 

I. Teil: a) Bedarfsartikel 

b) Einteilung der Anomalien. 

U. Teil: Behandlung des einzelnen Kiefers: 

a) Kontraktion des Zahnbogens 

b) Expansion „ „ 

c) Transformation des Zahnbogens. 

III. Teil: Artikulationsanomalien: 

a) Sagittale Bewegung des Zahnbogens 

b) Laterale „ „ „ 

e) Vertikale „ „ 

IV. Teil: Mein Universalapparat. 

V. Teil: Passive Zahnregulierung: 

a) Regulierung mit Naturkräften 

b) Kiefergelenkregulierung. 

VI. Teil: Retentionsapparate. 

VIL Teil: Prophylaxe und Prothese in der Orthodontie. 

Im Interesse einer weiten Verbreitung dieses Lehr¬ 
buches ist der Preis sehr niedrig bemessen. M. 9. — . 

Dr. €mil herbst. Bremen. 


Aufträge für Oesterreich-Ungarn nehmen entgegen die Herren: 

Weiss & Schwarz, Wien, I. Petersplatz 7. 



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596 



„MedicO'Technologisches Journal“ 

Zentralblatt für das Sesamtgebiet der medizinischen Technologie 

bringt Berichte aus dem Gebiete der medizinischen und chirurgischen 
Instrumenten- und Apparatenkunde, Mikroskopie, Bakteriologie, Photo¬ 
graphie, Radiologie, Hygiene, Krankenpflege, physikalischen Heil¬ 
methoden, Pharmazie und Pharmakotherapie. 

— Wirkungsvollstes Insertionsorgan. ■ 

Probenummern auf Wunsch gratis und franko. 
Redaktionu. Administration: Wien, IX Mariannengasse 15. 


„Schutzblock.“ 


1). R.-P., Auslandspatente. 

Hygienischer Kopfpolster, elastisch, 
elegant. 

Bestehend aus 100 Blatt Ia weiss Crepp • 


Japanpapier. 


Unentbehrlich für jede 
Praxis! 

Ideale Kopflage. 


, Gipfel der Bequemlichkeit. 


Es urteilen: 

Königl. Hofzahnarzt Rauschanbach, Dresden: „Ich kann nur wiederholen, dass ich 
Ihren Schutzblock für unentbehrlich halte“. 

Prof Michel, Univorsit&t Würzburg : „.... und den Schutzblock zu meiner Zufriedenheit 
seit längerer Zeit verwende“. 

Zahnarzt Paileske, Berlin: „Seit zirka I Jahr benütze ich Ihren Sohutzblook und 
könnte solchen Jetzt nicht mehr entbehren. Die Patienten sind ganz entzückt davon“. 

Zahnarzt Petry-Forst: „.... höchste Befriedigung anssprechen. Heute kann ich nicht 
begreifen, wie man sieh mit Servietten u. dgl. beneKen konnte“, new. usw. 


1 1^ ********^^ 



Wiener chemiscMMopisclies Laboratorium 

Dr. P. Urban O J. Hellmann 

Laboratorium für medizinisch-klinische Diagnostik 

T»wian «r. 18.288. Wien, IX , Mariannengasse I. Telephon m- ia-28». 

Vollständige Untersuchung der menschlichen Sekrete und Exkrete, 
sowie Ausführung aller Untersuchungen zu diagnostisch-medizinischen 
Zwecken: Harn, Sputum, Magensaft, Faeces, Milch, Blut, Eiter, 
Punktionsflüssigkeiten, Gewebe, Serumreaktionen, Kryoskopie, Mem¬ 
branen des Nasen- und Raohenraumes etc. 


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WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 



- zur sterilen Aufbewahrung von Miller-Nadeln- 

(nach Weiser). 



In dem hier abgebildeten geschliffenen Glasgefäss befindet sich auf 
dem Boden eine Asbestplatte, die mit Formalinlösuug getränkt wird. Auf 
derselben steht ein tischförmiger Einsatz aus vernickeltem Metall mit sieb¬ 
artiger Platte. Eine entsprechende Anzahl der zur Reinigung des Nervkanals 
bestimmten Miller-Nadeln wird in üblicher Weise mit Watte umwickelt und 
senkrecht in die Glaswanne, resp. iu die Oeffnuugen des Einsatzes ein¬ 
gebracht und sind so jederzeit zur Behandlung putrider Wurzelkanäle etc. 
bereit. 

gflT Preis pro Stück K 5.—. ^ 


Dappens Medikamentenglas. 



Fig. 1. 


zzzzzz Preis ■ ■ 

per Stück (Fig. 1) aus 
weissem gepressten Glas 
ä -.40 

aus weissem gesohliffenen 
Glas K —.50 

aus färbigem geschliffenen 
Glas K -.00. 


Kugelförmiges Medika¬ 
mentenglas (Fig. 2) mit 
Deckel per Stück K 1.—. 



Fig. 2. 


I 


* 


I 


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Google 



































































Ein elektrischer Goldwärmer mit einem Widerstand 


verhindert das Ueberhitzen des Goldes voll¬ 
ständig. Dieser Apparat gestattet die An¬ 
wendung von niedrigen, mittleren und honen 
Hitzegraden. , , , . „ , 

Wenn man den Einschalthebel aut den 
ersten Knopf einstellt, wird das Gold nicht 
geglüht, aber warm zum Gebrauche bereit ge¬ 
halten. Auf dem vierten Knopf erhalt man rasch 
die Temperatur zum Glühen des schwersten 
Goldes. Dann geht man auf den ersten Knopf 
zurück und das Gold bleibt warm und völlig 
koliäsiv bis zum Gebrauche. 

PREISE: 

Für 110 Yoit: Doli. 

Nr. 1. Dimension des Sockels 4X^I nc k* 12* 

„ 2. * * 14- 


Für 200 bis 250 Yolt: 

Dimension des Sockels 4«/,X^ Inch. 


Doll. 

15.— 


ontinuous Gum-Ofen. 


Auf Grund unserer Erfahrungen können wir für die Leistungsfähigkeit 
dieses Ofens garantieren. Die Pelton-Muffeln sind sehr fest und werden nicht 
leicht verdorben. Sie werden für Gleich- und Wechselstrom von 52 bis 500 Volt 
hergestellt. In dem Ofen Nr. 1 kann man eine sechszahnige Brücke hersteilen. 
Die Hitze ist im Umkreis von 2 Inches vollkommen gleichmässig. Das höchst¬ 
schmelzbare Porzellan kommt im Pelton-Ofen zum Fliessen. . 

Die Muffeln sind weit und geräumig, werfen sich nicht und haben keine 
leicht zerbrechlichen Teile. 

PREISE: 

Nr. 1. Für Einlagen, Kronen- und Brückenarbelten: 

Dimensionen der Muffeln 2 9 / 18 Inch, tief, 1 Inch, hoch, 1 */ 8 Inch, weit Doll. 40.— 

Nr. 2 (wie die Abbildung). Für Oontinuous Gum-Arbeiten: 

Dimensionen der Muffeln 3 3 / 8 Inch, tief, 2‘/ a Inch, hoch, 3‘/ s Inch, weit Doll. 60.— 

PELTON & CRANE, Detroit Mich. ü. 8. A., li Raynor Street. 

Zu beziehen von: Weiss & Schwarz, Wien, I. Petersplatz Nr. 7. 


Di-gjti'zed by 


■jOö&ie 











WEISS <fe SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7 


„The Harper Holder 11 . 


Dieses Instrument ist zum Entfernen der vorstehenden Emailräuder 
hei Vorbereitung der Zahnstümpfe und Zähne für Kronen- und Briickenersatz 

bestimmt. 

Die Stahleinsätze, welche mit scharfen schneidenden Widerhaken 
versehen sind, werden in die Klemme an dem vorderen Ende des 


Halters eingesetzt. Die stumpfe 
Knickung des Halters ist der Hebel¬ 
punkt, den man auf den vorderen 
Zähnen aufruhen lässt, wenu der 
Schmelz vou Bicuspidaten oder Mo¬ 
laren buccal, respektive lingual ent¬ 
fernt werden soll. 



Man kann aber auch die Zähne 
der linkeu Seite als Stützpunkt be¬ 


nützen, um den Schmelz eines rechtsstehenden Zahnes zu beseitigen und 
ebenso umgekehrt. Bei genügenden Zwischenräumen ist das Instrument 
gleichwertig distal und mesial zu benützen, indem man den schneidenden 
Einsatz entsprechend einstellt. Die Wirkung ist eine ausserordentlich rasche 
und ausgiebige. Die sichere Führung des Instruments ermöglicht die Her¬ 
stellung genau paralleler Wände. 

Zur Schonung der als Stützpunkt verwendeten Zähne ist der Halter 
mit einem Weichgummirohr überzogen. 


Preis pro Stück mit 3 Einsätzen. . . K 23*— 
„ eines Einsatzes.„ 2*60 



2-60 


Leonards ^ 




Diese Klammer ist aus zwei übereinander angeordneten federnden 
Stahllamellen hergestellt und mit zwei keilförmigen Ansätzen aus¬ 
gestattet, die sich der Krone und dem Halse des zu füllenden Zahnes 
genau anpassen können. Aus den Abbildungen ist ersichtlich, wie ein 
Metallband — Matrize — durch die beiden Keile an die Zahnwand 
angepresst wird, so dass eine vollkommene Kontur aufgebaut werden 
kann. Der Bügel wird zurückgeschlagen, um dem Operateur ein freies 
Arbeitsfeld zu bieten. Diese Klammer kann auch als Separator ver¬ 
wendet werden und wird in zwei Formen — Nr. 1 für Bicuspidaten, 
Nr. 2 für Molaren — hergestellt. 


Preis per Satz von zwei Stück K 9.-—. 


r 


in 


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WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 


Wellauers Wandtafel. 


Dimensionen: 78X60 Cm. 

Auf dieser Tafel ist in instruktiver, polychromer Ausführung dar- 
gestelit: die Anatomie und Pathologie der Zähne, der Zahnwechsel, Füllungen 
und Ersatz durch Kronen. Der ausführliche Text ist zweisprachig, deutsch- 
italienisch, sowie französisch-englisch zu haben. 

Preis per Stück K 5.—. Verpackung K 1.—. 

— IV — 


Digitiz-e 


1 ,G< 


















WEISS & SCH WARZ, Wien, L Petersplatz 7. 


Elektrische Stanfclampe 


zur» JVIundbeleuehtung. 



Wie aus der Abbildung ersichtlich, gestattet diese Kon¬ 
struktion eine grosse Anzahl von Einstellungen der Lampe, 
deren intensives Licht durch eine Linse auf eine Entfernung 
von 50 Cm. in einem Durchmesser von 70 Cm. projiziert wird. 

Sämtliche Teile sind dauerhaft vernickelt. 

' , , . . ■.. = PREIS R 125.—. ===== 
















■ m mamm 



Dr. Lartschneiders 

Original- — 


Trikresol - Formalin-Paste 

zur 

Dauerfttllung behandelter Ulurzelkanäk. 


Die Einführung des Trikresol-Formalin in die Zahn¬ 
heilkunde bedeutet eine effektive Bereicherung unseres Heil- 
mittelschatzes. 

o o o ■ 

Literatur über Trikresol-Formalinbehandlung: 

J. P. Bukley, D. D. S., Chicago: Die Chemie der Pulpagangrän und 

deren rationelle Behandlung. Vortrag, gehalten auf dem IV. inter¬ 
nationalen zahnärztlichen Kongress in St. Louis. 

Dr. Josef Lartschneider, Linz: Behandlung der Pulpagangrän mit 
Trikresol-Formalin. Oesterr.-ungar. Vierteljahrsschrift für Zahn¬ 
heilkunde, XXII. Jahrgang, Heft II. 

O. Escher, Hof Zahnarzt in Rudolstadt: Behandlung der Pulpa¬ 
gangrän. Deutsche zahnärztliche Wochenschrift, IX. Jahrgang, 
Nr. 26. 

Dr. Josef Lartschneider, Linz : Die Behandlung von „Fistelzähnen“ 
mit Trikresol-Formalin. Oesterr.-ungar. Vierteljahrsschrift für 
Zahnheilkunde, XXII. Jahrgang, Heft III. 

O O O 

Zu beziehen durch: 

WEISS <£ SCHWARZ 

Wien, I. Bezirk, Petersplatz Nr. 7. 

o o o 

Preis einer Tube Trikresol-Formalin-Paste samt Gebrauchs¬ 
anweisung (nach Dr. Lartschneider, Linz) K 5.—. 

: ■ 1 Flacon Trikresol-Formalin-Lösung K 1.—. ~r- 




Eine Tube genügt für mindestens 400 Wurzelfüllungen. 






VI 


























Gebrauchsanweisung 

ZU 

Dr. Lartschneiders Tr ikr esol - Formal in - Paste. 

Nach Amputation der Pulpa oder nach Extraktion des Nerven 
wird die Paste mittels eines Schwämmchens auf den Nervenstumpf, 
bzw. in den Wurzelkanal gepresst. Periostale Reizerscheinungen 
kommen nach Gebrauch des Trikresol-Formalin viel seltener vor als 
nach Gebrauch des Forraalin allein. Besonders günstige Erfolge werden 
erzielt, wenn man nach Amputation der Pulpa auf den Nervenstumpf 
ein in Trikresol-Formalin (zu gleichen Teilen) getauchtes Watte- 
bäuschchen legt, resp. nach Extraktion des Nerven einen in Trikresol- 
Formalin getauchten Wattefaden in den Wurzelkanal einführt, die 
Kavität dann mit Fletcher verschliesst und erst in einigen Tagen den 
Zahn nach Applikation der Trikresol-Formalin-Paste dauernd plombiert. 

Bei Gangrän der Pulpa wird ein Bäuschchen Watte, getränkt 
mit Trikresol-Formalin (zu gleichen Teilen), in die eröffnete Pulpa¬ 
höhle gelegt und dieselbe dann mit Fletcher luftdicht verschlossen. 
Man vermeide in der ersten Sitzung intensiveres Sondieren der Nerv- 
kanftle! Bei mehrwurzeligen Zähnen ist darauf zu achten, dass die 
Ausmündungen aller Wurzelkanäle freigelegt und mit dem Trikresol- 
Formalin-Bäuschcken Überdeckt sind. Nach 24 bis 48 Stunden wird 
der Zahn wieder eröffnet, Pulpahöhle und Nervkanal mit 3prozentigem 
Karbolwasser ausgeschwemmt, getrocknet und hierauf die Trikresol- 
Formalin-Paste eingepresst. In der weitaus grössten Anzahl der Fälle 
kann schon in der zweiten Sitzung der Zahn dauernd plombiert werden. 

Hie und da treten nach der ersten Sitzung Schmerzen auf, die 
aber gewöhnlich nach 1 bis 2 Stunden vergehen. In solchen Fällen 
empfiehlt es sich, in der zweiten Sitzung nach neuerlicher Ueber- 
schwemmung des Operationsfeldes mit Bprozentigem Karbolwasser in 
die Kavität und in die gut zugänglichen Nervkanäle in Trikresol-For¬ 
malin getauchte Watte (ohne Anwendung grosser Gewalt) einzuschieben 
und den Zahn mit Fletcher zu verschliessen In einigen Tagen kann 
dann der Zahn nach Applikation der Trikresol-Formalin-Paste dauernd 
plombiert werden. 

Zähne, welche vor langer Zeit eine Wurzelbehandlung durch¬ 
gemacht haben und infolge plötzlicher, mit starken Anschwellungen 
und Schmerzen auftretender periapicaler Entzündungsprozesse trepaniert 
werden müssen, werden einige Tage offen gelassen und können dann 
in zwei Sitzungen dauernd geschlossen werden: 

1. Sitzung: Trikresol-Formalin-Faden und Fletcherverschluss. 

2. Sitzung: Trikresol-Formalin-Paste und Dauerverschluss. 

Jeder Praktiker wird an den Erfolgen dieser Behandlungsmethode 
seine Freude haben! 

Vergleiche hiezu: Dr. Lartsclmeider, Linz: „Behandlung der Pulpa¬ 
gangrän mit Trikresol-Formalin“. Oesterr.-ungar. Vierteljahrs¬ 
schrift für Zahnheilkunde, 1906, Heft II. 

Zu beziehen durch: 

WEISS & SCHWARZ. Wien, I. Petersplatz 7. 


— VII — 




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WEISS & SCHWARZ, Wien, 1. Petersplatz 7. 


Q1LICIN_^*» 




Gesetzlich 

geschützte 

Wortmarke 


(von Silex = Kieselsäure). »Silicin“. 


^ Cransparcntcs Porzellan-Zement.« 


SILICIIM“ ist seit mehr als zwei Jahren im 
— chemischen Laboratorium und im 

menschlichen Munde allen erforderlichen Versuchen unter¬ 
worfen worden und die dabei gewonnenen Erfahrungen 
wurden benützt, um dieses Präparat mit allen jenen Eigen¬ 
schaften auszustatten, welche es zu dem 

Füllungsmaterial der Zukunft 

machen. 

—. . Gebrauchs-Anweisung, - ■ ■ ■ ■ 

Um einen vollen Erfolg mit dem „Silicin“-Porzellan-Zement 
zu erzielen, müssen bei dessen Verarbeitung die folgenden Vorschriften 
genau befolgt werden: 

1. Man verwende zum Anrühren des „Silicin“-Pulvers mit der 
beigegebenen Säure nur Knochen- oder Achatspateln, niemals aber 
Metallinstrumente. 

2. Man verreibe die Mischung gründlich unter sukzessivem 
Pulverzusatz zu einer konsistenten Paste und führe diese mit r einen 
glatten Stahl- oder noch besser Achatinstrumenten unter kräftigem 
Druck in die Kavität ein, welche mit unter sich gehenden Wänden 
oder Haftrinnen versehen sein muss. 

- 6 . Man lasse die Füllung ein wenig aus der Kavität heraus¬ 
ragen und benütze mit Vaselin eingefettete Stahl- oder Achat- 
instrumente zur Formung der Kontur. 

4. Nachdem die Füllung — in 15 bis 20 Minuten — erhärtet 
ist, behandle man sie mit feinen Papierscheiben oder Strips, die mit 
Vaseline eingefettet sein müssen, wodurch die dem Material eigen¬ 
tümliche Transparenz zum Vorschein kommt. 

'■ . Preis pro Portion K 12.—. ■ 

Ein Pulver allein K 9.30. 

Eine Säure allein K 2.70. 






Bei Abnahme von 10 Portionen 10% Nachlass. 

Muster und Farbenkarten werden auf Verlangen franko und gratis 
====:=:=::::= zugesendet. — 


f 




VIII 






























WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 


Q IÜICIN 


Gesetzlich 
* « «: geschützte 

Wortmarke 


(voüjSilex = Kieselsäure) 


„Silicin“. 


* transparentes Porzellan-Zement. ■» 

Dieses Silicat-Zement ist dem Zahnschmelz an Transparenz 
vollkommen gleichwertig und besitzt alle Eigenschaften, 
== welche man an eine Dauerfüllung stellen kann. ===== 

° ° Silicill“ * n ^ en Mundsekreten voll 
w kommen unlöslich- - - - - - 


Silicill“ ‘ st ^ re * von allen schädlichen 
” Agentien.. 


„Silicin“ ist bruch- und kantenlest - 
„Silicill“ adhäriert am Zahnbein - - - 
„Silicin“ kontrahiert sich nicht - - - - 


„Silicin“ expandiert sich nicht - - - - 

Silicin“ hat eine unerre i c hte Trans 
v parenz . 


o o 


„Silicin“ verarbeitet sich plastisch - 


o o 


o o 


„SILICIN“ wird in zehn sorgfältig gewählten Farben-* 
; -- nuancen hergestellt. =■■■■■■ =~ 

General-Depot: 


Für Oesterreich-Ungarn und den Orient: 

WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7 


Für die Schweiz: 

P. Ä. Koelliker & Co. 

ZÜRICH. 


Für Frankreich: 

Sociäte franpalse de fournltures 
===== dentaires ~~ 1 


PARIS. 


— ix — 


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WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 


Preise in Kronenwährung, gütig ab 1. Oktober 1906. 


Prima 

fllMneral=Zähne 


8. 8. White, H. D. Justi & Son, 
C. Ash & Sons, Dental Mfg. Go. 

in Garnituren von 28, 24, 16, 8, 4 und 
2 Stück, flach oder mit Absate, per 100 St. 
bei Abnahme von 

- 100 500 1000 Stück 

“X"88^ 86.50 85.— 

Einzeln K 1.— per Zahn. 

Diatorische Zähne 

per 100 Stück bei Abnahme von 

100 250 500 1000 Stück 






K 20.— 18.60 17.50 15.— 

Whites und Justis 

l^aüehepH Zähne 

mit oder ohne Zahnfleisch, 100 St. K 180.— 
per Zahn.. 1*^0 

Zabnfarbenmu$t«r 

3 S. S. Whites, per Satz von 25 St. K 12.80. 
H. D. Justis, „ „ » 25 „ ^ 9. 

S Dental Mfg. Co.’s gratis. 








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WEISS & SCHWARZ, Wien, 1. Petersplatz 7. 


r 


Preise In Kronenwährung, gütig ab I. Oktober 1906. 



Whites und Justis 

Zahnfleisch-Zähne 


Preise wie die der gewöhnlichen Absatz- und Flach¬ 
zähne. 



Logan-Kronen 


bei Abnahme von Stück 1 


50 


200 


mit 1 Platinstift per Stück K B.25 


8.— 


2.75 


Porzellan-Einlagen 


Runde. . 

Ovale mit Platinstift 

Dr. Dalls . 

Stäbchen, runde 
„ Dr. Ho ws 


per 100 Stück K 80.— 

„ 100 „ „ 70. 

„ 1 » v -90 

„ 1 „ » — 60 

1 „ „ 1.80 


Auswahlsendungen von Zähnen in jeder Quantität stehen 
unseren P. T. Abnehmern jederzeit zu Gebote. 




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’ 


























Wir erlauben uns, Sie darauf aufmerksam zu machen, 
dass die 

Preise für unsere Zähne vom L Oktober er. 

an, infolge der andauernd gestiegenen Platinpreise, vorläufig 
wie folgt sind: 

Zähne mit oder ohne Zahnfleisch 

(mit Platinstift oder Platin-Knopfkrampons). 

Einzeln unter ICO per 100 per 500 per 1000 

per Stück K 1.— 


K 88 .- 


K 86.50 


K 85.- 


per 100 Stück 

Logan-Kronen mit einem Platinstift. 

Einzeln bei 50 bei 200 Stück 


K 3.25 


K 3.— 


K 2.75 per Stück 

Diatorische Zähne ohne Platinstift. 

Einzeln bei 100 bei 500 bei 1000 Stück 

K 20.60 i 7 17.65 


K —.30 


K 16.50 


per 100 Stück 


Kombinationsgebisse 

in Sätzen ä 28 (obere und untere) oder ä 14 (obere) 

bestehend aus 12 Platin-Knopfkrampon-Zähnen (6 obere und 6 untere) 
und aus 16 diatorischen Zähnen (8 obere und 8 untere Bikuspidaten und 
Molaren). Dieselben werden zu den entsprechenden Preisen der Piatinstift- 
und diatorischen Zähne berechnet; bei Quantitäten jede Sorte für sich. 

Neu! Abnehmbare Kronen. Neu! 

Ohne Stift: Einzeln bei 100 Stück bei 200 Stück 


K 1.- K —.94 K —.88i 

Stifte hierfür: „ —.55 „ — .41^ „ —.35J 

Per Kasse gewähren wir folgenden Skonto: 

Bei Beträgen von K 25. — an 5°/ 0 
» » t> n 480. „ 10% 

Berlin, 1. Oktober 1906. 


Eindenstrasse 37 


The S. S. White Dental 


GO. G.m.b.H. 


— XII — 


Digitize.d 














| pt-v. WEIS S & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 

Zahnärztliches Kontobuch. 

Dieses Kontobuch ist ausserordentlich praktisch ein¬ 
gerichtet. Jede Seite zeigt die beiden Zahnreihen-zweimal 
(frontal, buccal und lingual, resp. palatinal). Die Füllungen 
werden durch fortlaufende Zahlen bezeichnet, welche genau 
an jene Stelle gesetzt werden, wo sie am Zahne gelegt wurden 
(frontal, distal, mesial, cervical etc.); derselben Zahl im Konto 
wird nur das verwendete Material (Gold, Amalgam etc.) bei¬ 
gefügt. Ebenso verfährt man bei Kronen und Kunstzähnen etc. 
Die untenstehende Reproduktion gilt als Beispiel und zeigt die 
1 halbe natürliche Grösse. 




sse:,. 







Behandlung 


SJj 


tföl 

er 1 <A / // ' 



Preis eines Kontobuches mit Index, In Lelnwandfgebunden, auf starkem 
Papier, rot und blau Hnllert, mit schwarzem Eindruck, enthaltend 
300 Selten Kronen 9.—, 500 Seiten Kronen 15.—. 




— XIII — 


Digitjzedby 


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* 

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I 























WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 


tliche Buchführung 

Blitz.“ I 


Fig. 1. 


Dieses System der Kartellregistratur, 
welches in den verschiedensten Be¬ 
rufen (Handel, Gewerbe, Advokatur, 
Journalistik etc.) Eingang gefunden 
hat, eignet sich ganz besonders für J 
die zahnärztliche Buchführung, da es 
die Uebersicht ausserordentlich er¬ 
leichtert und die lästige Uebertragung der Restforderungen, 
welche bei Benützung gebundener Bücher unausweichlich ist, 
wenn das Buch vollgeschrieben wurde, vollständig vermeidet 
Erledigte Karten werden einfach ausgehoben und durch neue 
ersetzt. jfjis; 

Fig. 1 zeigt eine Kassette, enthaltend 1000 Karten, die 
alphabetisch angeordnet sind. Fig. 2 veranschaulicht die Vorder¬ 
seite der aus starkem Karton hergestellten Karte, links mit 
den Diagrammen eines temporären und eines bleibenden Ge¬ 
bisses, dem Raum für Namen und Adresse des Patienten, sowie 
für besondere Notizen, während die rechte Hälfte, sowie die 


k 



































































WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 


Rückseite der Karte, Fig. 3, Rubriken für Datum, Behandlung 
und den Schuldbetrag enthält, so dass auf jeder Karle 
59 Zeilen für Aufschreibungen zur Verfügung stehen. 

Die Karten sind 
200X125 Mm. gross 
und haben in der Mitte 
unten einen Ausschnitt, 
durch welchen sie mittels 
einer federnden Schliess- 
stange in der Kassette 
festgehalten werden. 

Durch eine halbe Um¬ 
drehung des unterhalb 
A —Z Fig. 1 ersichtlich 
gemachten Griffchens 
wird das Ausheben der 
Karten ermöglicht. 

Die Karten werden 
in vier verschiedenen 
Farben, (weiss, grün, 
gelb, rosa) geliefert. 

Durch Aufsetzen kleiner 
metallener Reiterchen 
können Besonderheiten 
(z. B. Mahnung, Revi- 



Fig. 4 . 


sion der Arbeit etc.) in Evidenz gehalten werden. Fig. 4 
zeigt eine Doppelkassette mit 2000 Karten. 


PREISE: 

Einteilige, absperrbare Kassette aus Eichenholz 
(Fig. 1) mit 1000 Karten inklusive Schliess- 

stange. K 41.— 

Zweiteilige, absperrbare Kassette aus Eichenholz 
(Fig. 4) mit 2000 Karten inklusive Schliess- 

stange.. 82.— 

1000 Karten zum Nachfüllen.. 16- - 


Digitized by 


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XV 

















Dr. Blochs 

ADRALGIN 

unschädlich, sicher wirkendes 

Lokal-Anästhetikum 

in dem k. k. zahnärztlichen Institut der Wiener Universität 
(Prof. Sch eff) mit grösstem Erfolg erprobt. 

Im zahnärztlichen Institut der königl. Ludwigs Maximilians- 
Universität München im Gebrauch. 

Alleiniger Fabrikant: 

Pharm. Laboratorium Basel (Schweiz), Dr. E. Bloch 

St. Ludwig im Eisass. 

Preis per Schachtel ä- 12 Phiolen Mk. 2.—. 


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Analeptikum und Stomachikum bei Synkope, Uebelkeit 
vor oder nach der Narkose und beim Abdrucknehmen. 

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Ausgezeichnetes und dabei unschädliches Mittel zur 
Beseitigung von Pulpa-Schmerzen in kariösen Zähnen. 

Literatur: Zahnarzt Dr. Ritter (Berlin), Deutsche Zahnärztliche 
Wochenschrift Nr. 140 und 141. Dr. Schwersenski, Therapeutische 
Monatshefte, 1901, Nr. 5 und 6. 

Literatur und Proben stehen gern zu Diensten. 

Vereinigte Chininfabriken Zimmer & Go., Frankfurt a. M. 


— XVI — 
















Chemisches Institut Dr. Thilo & Cie., Mainz. 


Chemisch reines 

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Diese automatisch verschliess - /TpÄ > 

baren Flaschen werden entleert _ j (. 

in gutem Zustande zurückge- 

nommen, resp. gegen Neufüllung ^ | 

umgetauscht und sind dann , |L^_ 

für zirka 30 Gr Inhalt nur K 1.90 \ü i jj; 

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CAMILLO RAUPENSTBAUCH, Wlon, II. Cestollozgasso 25. 




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sowie alle übrigen in der Zahnarzneikunde zur Verwendung gelangenden 

Chemikalien. 

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gratis und franko. 


















WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. _ 

Raubes Saugscbablone 

ist im Deutschen Reiche - -- ~ 

_ und in vielen Auslandsstaaten patentiert. 


Fig.1. 



Rauhes Saugschablone 


liefert eine Gummisaugvorrichtung, bei welcher die Fehler der alten Gummi¬ 
sauger beseitigt und die Vorteile derselben vermehrt sind. Die mit Rauhes 
Saugschablone hergestellte Saugvorrichtung besitzt keine Nieten oder 
Schrauben oder Teile, welche verloren gehen könnten. 

Ein Drücken der mit Rauhes Saugschablone hergestellten Saug- 
vorricbtungen ist ausgeschlossen, da die Schablone etc. auf einfachste Weise 
genau den Gaumenverhältnissen angepasst wird. 

Rauhes Saugvorrichtung lässt sich leicht rein halten, da die 
Gummischeibe in wenigen Sekunden auf- und abgeknttpft werden kann, und 
zwar ohne Verwendung irgend eines Werkzeuges. 

Infolge der einfachen Befestigungsart der Gummischeibe kann dieselbe 
auch jederzeit vom Patienten selbst erneuert werden. Die mit Rauhes 
Saugvorrichtung versehenen Gebisse sitzen im Munde durchaus fest. 
Bei partiellen Stücken augewendet, macht diese Saugvorrichtung den Ge¬ 
brauch von Klammern überflüssig. 

Rauhes Saugschablone - =- 

wird nur mit 16karätiger Goldplatte geliefert. 

- PREISE: ~ 

1 Rauhes Saugschablone (inkl. drei Gummiringscheiben) . . . . K 8.— 

1 Dtz. Rauhes Saugschablonen (inkl. je drei Gummiringscheiben) „ 83.60 

X 144_ 

° n n n » n » » » 

Gummiringscheiben extra pro Dtz.. „ 1.20 

— xviii — 


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WEISS & SCHWARZ, Wien, 1. Petersplatz 7. 


Schweizer Regulierungs - Apparate. 

Diese Apparate sind nach den bekannten amerikanischen Systemen 
konstruiert. Dem Praktiker, der sich an jene gewöhnt hat, werden sie will¬ 
kommen sein, nicht nur wegen ihrer Wohlfeilheit, sondern auch wegen der 
bequemeren Zusammenstellung der einzelnen Teile. Die Apparate sind aus 
eigens hergestellten, zuverlässig geeigneten Legierungen mit grösster Exakt¬ 
heit angefertigt und nach dem Urteil der massgebenden Fachleute, welche die 
Fabrikate erprobt haben, ttbertreffen sie in mehreren Punkten auch die ameri¬ 
kanischen. Alle Teile sind galvanisch stark vergoldet. Die Preise der „Schweizer 
Regulierungs-Apparate“ sind derart, dass keinem beschäftigten Praktiker die 
Selbstanfertigung seines Bedarfs mehr lohnend sein kann, abgesehen davon, 
dass verschiedene Einrichtungen nur auf besonderen Maschinen herznstellen sind. 
Sämtliche Teile werden einzeln abgegeben. 


Bänder. 



Nr. 1. 

Molar en-Band 

Preis: K 8.90. 



Nr. 3. 

Molaren-Band mit an¬ 
gelötetem Röhrchen. 
Preis: K 4.20. 


NB. Um in allen Fällen einen 
genauen und festen Anschluss 
der Bänder ohne Abänderung zu 
ermöglichen, werden diese in 
zwei Grössen „eng“ und „weit“ 
gefertigt Hiebei ist Grösse „eng“ 
nur um ein geringes kleiner als 
das entsprechende frühere Nor¬ 
malband und wird in der Regel 
die passende sein. Aber bei kräfti¬ 
gen Gebissen und ebenso bei den 
ersten Molaren vieler Durch¬ 
schnittsgebisse werden die 
„weiten“ Bänder eine will¬ 
kommene Verbesserung sein. 



Bicuspidaten-Band. 

Preis: K 8.90. 



Nr. 4. 

Bicuspidaten-Band m. 

angelötetem Röhrch. 
Preis: K 4.20. 


Expansionsbogen. 



Expansionobogen mit 2 Muttern, 

welche mit ihren Ansätzen in die 
Röhrchen der Bänder 8 u. 4 passen, 
so dass das Gewinde des Expansions¬ 
bogens geschont bleibt. Preis: 2T4.80. 


Expansionsbogen mit 2 Muttern, 

nebst passenden Röhrchen zum An¬ 
löten an die Bänder 1 und 2 oder 
an Kronen, Kappen etc. 
Preis: K 5.70. 


— xix — 


10 


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WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 


: Schweizer RegnliernngS'Apparate. 



Kontraktionsbogen. 


Kontraktionsbogen mit Kugel u. Haken. 

Preis: K 5.40. 

Zum Verkleinern des Zahnbogens u. Zu¬ 
rückziehen vorstehender Vorderzähne. 
Von den angelöteten Haken werden 
Gummibänder nach den Molaren des 
Ober- und Unterkiefers gespannt. Die 
Häkchen sind so weich gelassen, dass 
sie nach Wunsch gekürzt oder zur Oese 
gebogen werden können. Die Kugel ist 
für den Fall vorgesehen, dass auch das 
Anglesche Kopfnetz zu Hilfe genommen 
werden soll. 



. ; Protraktionsbogen. 

Protraktionsbogen mit Muttern 
und Haken. Preis: K 6.—. 

Dieser Bogen wird in allen den 
Fällen verwendet, wo der Unter¬ 
kiefer zurücksteht und durch 
Gummibänder zur richtigen Arti¬ 
kulation vorgezogen werden soll, 
während ein gleichzeitiges Zu- 
rüokziehen der oberenFrontzähne 
nicht wünschenswert ist. Er wird 
deshalb oft an Stelle des Bogens 
Nr. 9 treten müssen, um mit Hilfe 
der vorhandenen Muttern die 
Frontzähne von dem Druck des 
Bogens zu entlasten. 

Schraubenschlüssel 




zum Anziehen der Muttem an den Bändern 1—4 und an den Expansionsbogen. 

— Preis K —.60. - 

— XX — 


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i 

J 




VVEISS & SCHWARZ. Wien, 1. Petersplatz T. 


Schweizer Regnllernngs'Apparate. 


Der Reifen ist ans vernickeltem 
Metall erzeugt und kann auf vier 
verschiedene Weiten eingestellt 
werden. Das Netz ist engmaschig 
aus starkem, reinem Seidengarn ver¬ 
fertigt und mit dem Kopfreifen so 
verbunden, dass mau es durch Nach¬ 
lassen oder Anziehen der Ver¬ 
bindungsschnur der Kopfform an¬ 
passen kann. 

Preis mit 6 Gummibändern 

K 16 . 20 . 


= Kinnkappe. - 1 

Dieser aus Aluminium hergestellte Apparat dient in Verbindung mit 
dem Kopfnetz zum Zurückziehen des Unterkiefers (Progenie). 

- — - ~ _= Preis K 9.—. • — . — 

Hetraktionsbalken. 

Dieses aus Stahl in Form eines Wagebalkens angefertigte Instrument 
wird in Verbindung mit dem Kopfnetz zum Zurückziehen des Oberkiefers 
angewendet (Prognathie). 

—- = Preis K 7.80. - — 


Ligaturdraht für Regulierungszwecke. 

Dieser Draht ist bestimmt, Zähne an den Expansions- oder anderen 
Bögen festznbinden, nm die Federkraft des Bogens auf den Zahn zu über¬ 
tragen. Die Drahtligatur ist aber gleich der Schraube selbst ein wirksames 
Agens, wenn sie regelmässig nacbgezogen oder erneuert wird. Der Draht 
wird in zwei Stärken geliefert, von denen der kräftige für Bicnspidaten und 
Eickzähne, der zartere für Frontzähne verwendet wird. 

Durch seine hervorragende Schmiegsamkeit und Zähigkeit ist dieser 
Draht ein äusserst wertvolles Hilfsmittel. Er ist aus einer speziellen Bronze 
gefertigt, welche sich im Munde ausgezeichnet hält, keine Oxyde bildet and 
das Zahnfleisch absolut nicht reizt. 

Preis per Paket Iv 1.10. 

— xxi — 10* 




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WEISS & SCHWARZ, Wien, 1. Petersplatz 7 



fiohrmaschinc 


Verbessertes Kugelmodell 


Bescbrelbung 
und Preise auf der 


nächsten Seite 


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WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 



Hängende elektrische Bohrmaschine. 

Verbessertes Kugelmodell. 

Der Motor ist in einer oxydierten Kugel¬ 
hülse untergebracht, deren zwei Hälften ab¬ 
nehmbar sind, so dass er jederzeit inspi¬ 
ziert werden kann. Der Gang ist geräusch¬ 
los ; der Stromverbrauch äusserst gering. 

Der Motor schwebt auf einem Draht- 
seil und ist durch ein Gewicht equilibriert. 

Wir machen ganz besonders auf diese 
Schwebevorrichtung aufmerksam, da bei 
anderen ähnlichen Fabrikaten das Zu¬ 
leitungskabel selbst zum Aufhängen des 
Motors benützt wird, wodurch ein vor¬ 
zeitiges Verderben und Auswechseln des¬ 
selben erforderlich wird. 

Der Rollenwandarm ist aus vernickel¬ 
tem Messing, 100 Cm. lang und kann bis 
zu 170 Cm. ausgezogen werden. 

Der Rpgulierwiderstand zum Bewirken 
verschiedener Laufgeschwindigkeiten und 
des Moment-Stillstandes ist im Fuss- 
kontakt untergebracht, dessen Einschalt¬ 
hebel von rechts nach links mit dem 
Fusse verschoben wird. Die Umkehrung 
des Laufes (nach links) wird durch 
Umstellung eines 
zweiten Hebels er¬ 
zielt. 

Dieser Motor 
wird sowohl für 
Gleich- als auch 
für Wechselstrom 
geliefert. 



Pedal mit Rheostat znm Ein-, 
Ansschalten nnd Stromwenden. 

PREISE: 


% 


Motor für Gleich- oder Wechselstrom in den normalen 
Spannungen von 100 bis 110 Volt nebst vernickeltem 
Rollenwandarm, Fusskontakt, Zuleitungskabeln und 
dem Bohrmaschinen-Oberteil mit Duplex-Spirale 
und Handstück Nr. 4. K 450. 

Otto, mit Handstück Nr. 7 . 459. 


— XXIII — 


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— XXIV — 


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Branchea Sie ela hervorragendes Mittel 
« zur Konserylernng sprttder Zähne? 

Dann verwenden Sie 

Gilberts 

Superior Guttapercha. 

Dieses Ist eine permanente Füllung, und am rechten 
Orte angewendet, konserviert es mehr zahne, als alle anderen 
Materialien zusammengenommen. 

Preis per 1/2 Oz.Doll. 1.-. 

o j- :o 

Warum verwenden Sie Borai, 
wann Sie ela Flussmittel wie 

.— Gilberts 

Excelsior Soldering Fluid 

haben können? 

Es Ist dem Borax weit überlegen; man bringe es dort' 
hin. wo man das Lot haben wlU und dieses wird genau dort 
Blessen. Es korrodiert das Blech nicht, was allein schon 
ein grosser Vorteil ist 

Preis per Flakon.Doll. —.25. 

Veranlassen Sie Ihr Depot, es zu besorgen, wenn es 
nicht lagernd Ist 



1627 Columbia Ave. Philadelphia, Pa., U. S. A. 

— xxv — 


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Der abnehmbare Schulterstift der 

Davis-Crown. 

Er ist rund und dies ist die 
beste Form zum Einsetzen und 
Fixieren im Nervkanal. 

Um der axialen Bewegung des 
Stiftes der Krone zu begegnen, ist 
eine Seite abgeflacht. 

Die Rinnen rund um den Stift 
erhöhen die Haltbarkeit im Zement. 

Das Metall des Stiftes ist fester 
als Platin und kann nach Bedarf 
geschnitten und gefeilt werden. 

Bei Ausbohrung des Nervkanals 
braucht man nur wenig von dem 
Dentin zu entfernen, so dass die 
Splitterung der Wurzel vermieden 
wird. 

Der Stift ist dort am stärksten, 
wo die Inanspruchnahme am 
grössten ist. Die Schulter trägt den 
grössten Teil der Pressung; sie beugt 
der Federung vor und reduziert 
die Hebelung auf ein Minimum. 

W enn das Zement rund um den 
Stift erhärtet ist, wird die Ver¬ 
ankerung vollständig, ohne be¬ 
furchten zu müssen, dass sich die 
Krone drehen oder lose werden wird. 

Die Davis-Krone mit Stift kostet 40 cents. Ein Mahagoni- 
Kästchen mit 100 Davis-Kronen gibt ein gutes Sortiment 
von Farben und Formen und kostet .... 35 Dollar. 


Zu beziehen von allen erstklassigen Dental-Depots 

CONSOLIDATED DENTAL MFG. CO. 

NEW-YORK. 



— XXVI — 


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Man aoHte genau aul Originalpackung. 


Gebrüder Lozze vorm. Grass & Worff 

chemisch-technisches Laboratorium 

Berlin SW. 10, Markgrafenstrasse 16. 
Alleinige Fabrikanten der Prof. Dr. Walkhoffschen Präparate. 
Lieferanten des königlichen zahnärztlichen Instituts Manchen. 

d (§r .. 


Prof. Dr. Walkhoffs 

Chlorphenol- und ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ 
♦ ♦ Jodoform-Chlorphenol'Pasta 


I 


sind seit Jahrzehnten durch ihre enorme Desinfektions¬ 
kraft die schätzenswertesten Präparate aller zur Zeit an¬ 
gepriesenen Mittel für die Behandlung pulpakranker Zähne. 

Ausführliche Literatur gratis, 

ln Portionen zu Mk. 1.5t, Mk. 2.5# und VI k. 5.— erhältlich. 

Herr Prof. Dr. Walkhoff schreibt: 

Infolge der vielseitigen Anwendbarkeit des Chlor¬ 
phenols ist mein zahnärztlicher Medikamenten-Schatz 
sehr zusammengeschrnmpft und ich sehne mich nicht 
mehr nach den vielen neu anftauchenden Mitteln, 
welche nur zu oft wie die Eintagsfliegen kommen 
nnd verschwinden. Die Einfachheit wie die Er¬ 
folge des Chlorphenols von Gebr. Lozze werden 
jeden Kollegen befriedigen und ich kann Ihnen das¬ 
selbe auf Grund meiner langjährigen Erfahrungen 
anf das wärmste empfehlen. 


Causticum mit phenolsaurem Kali. 

Diese Nervpasta wirkt ungemein schnell und 
schmerzlos und hat vor allen anderen Gausticis den 
Vorzug, dass sie Periostitis nicht verursacht. 

Genaue Anleitung liegt jeder Portion bei. 


Preis per Portion Mk. 3.—. 


Zu beziehen durch die Fabrikanten, sowie 
sämtliche Dental-Depots und Apotheken. 


— XXVII — 


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'S[o^jne u-ora eetom uo*iinratiiatio«M 














The D. M. Co.’s 


HIGH FUSING 
PORCELftIHS 

besitzen ein Minimum von Kontraktion, 


eine gleichmässige Textur, 

stehen wie gemeisselt, 
sind bemerkenswert wegen 
ihrer Transparenz, 
Mannigfaltigkeit der Farben 
und hervorragenden Stärke. 
v v 

The b. n. Co.'s 
Porzellan-Satz 

besteht aus 4 Farben von Grund¬ 
masse, 24 Farben high fusing und 
24 Farben medium fusing Körper- 
-masse. — - 

Ausführliche Beschreibung in englischer Sprache auf 
• - - • Verlangen von der — ■■ - . — 

Dental Manufacturing Co., Ltd. 

London, Manchester und Dublin 

und von den Herren 

WEiSS & SCHWARZ, Dental-Depot, Wien, I. Petersplatz 7. 

— XXVIII — 


= PREIS = 

komplett in Etuis 
Pld. Strl. 6.10.— 
(= K 156.—). 


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Karl Wolrab 
fcingold'$cblägmi, Ccipzig • IHustadt 

empfiehlt sein vorzüglich anerkanntes 

= Plombiergold. = 


Gegründet 1852. 



Gegründet 1852. 


Wolrabs Goldzylinder, pro Unze (82 Gr.).Mk. 127*50 

n n « 7, Unze (4 Gr.).„ 16*50 

„ V.« » (2 Gr.).„ 8*50 

Wolrabs Goldfolie, weiche kohäsive . . ) pro Unze (82 Gr.) „ 125*— 

„ „ „ non-kohäsive \ „ */ 8 Unze (4 Gr.) „ 16*— 

Der Preis stellt sich billiger als für amerikanisches, englisches 
oder Schwammgold, da ich auf die Unze volle 82 Gr. statt 31 Gr. gebe. 
K&uflich zu beziehen durch die Dental-Depots. 


Atteste über Karl Wolrabs Goldpräparate. 

Ihr Gold benütze ioh in Zylindern nnd Folie »eit drei Jahren in meiner eigenen 
Praxi» nnd für die Füllungen im zahn&rztlichen Institut. Ich freue mich, Ihnen mit- 
teilen zu können, dass ioh e» dem besten Fabrikate an die Seite stelle, ja seiner ausser¬ 
ordentlichen Geschmeidigkeit nnd Haltbarkeit wegen, es fast jedem anderen Gold- 
präparate für überlegen halte. 

Leipzig, den 10. November 1887. Prof. Dr. Fr. Hesse. 

Direktor des zahnärztlichen Instituts der Universität Leipzig. 

Nach mehrjährigem Gebrauch Ihres Goldes bestätige Ihnen hiemit gern die Güte 
Ihres Fabrikat«. Die Goldzylinder sind sehr plastisch und frei von Verunreinigungen, 
welohe man sonst h&uflg ündet. Ungeglüht schmiegt sioh das Gold ausgezeichnet den 
Wänden der Kavit&t an, leicht geglüht wird es ausserordentlioh adhäsiv. Das Blatt¬ 
gold verarbeitet sich ebenfalls vorzüglich. Nr. 10 bis 60 kann ioh zum Herstellen von 
Konturfüllungen und für Oberflächen bestens empfehlen. 

Stockholm, 20. September 1897. Dr. Elof Färbern, Hofzahnarzt. 

Mit Vergnügen bezeuge ioh, dass Ihre Goldpräparate meine Erwertiing übertreten 
heben und verdienen dieselben die höchste Anerkennung. 

New-York. C. F. W. Btfdecker, D. D. S. M D. S. 

Ich bin mit Ihrem Golde eehr zufrieden. Ihre Zylinder sind die vorzüglichsten, welohe 
ich je gesehen. 

Hobokea, S. J. Dr. med. A. C. Timme. 

Ihr Wolrab-Gold ist wirklioh ausgezeichnet, es haftet wunderbar. 

Prag. Dr. M. LengsfeM. 

Ihr Gold habe ioh für die Methode von Dr. Herbst mit alor Zufriedenheit gebraucht, 
and ioh muss sagen, dass ich sonst kein Gold gesehen habe, das SO gut für dieses 
System geeignet ist. 

Prof. Störer Bennet. 


Ihrem Wunsche gem&ss erkläre ioh mit grossem Vergnügen, dass Ihr Gold, die 
Folie sowohl wie die Zylinder, sioh ausgezeichnet verarbeiten liest, nnd bei Anwendung 
der Rotationsmethode alten anderen vorzuziehen ist. Bei meinen Demonstrationen in 
Paris habe ioh dasselbe aussohliesslioh benutzt. 

Grenoble (Isöre). G. C. Clndiue, Dooteur en Chirurgie Dentaire. 

Durch die Güte des Herrn Br. Bidecker erhielt ich folgende Atteste aus Amerika: 

As von are about to sail for Europe and will probably see Mr. Wolrab, I wish 
jou would make my kind regards to him, and say to him for me, that the dental 

r >fession in this oountry is ander great Obligation» to him tor the results of his labors 
the manufacture of Gold for flfiing teeth. He has not only given us this most 
txeellent preparation, but has stimulated our own manufaotnrers to prodnoe its equal, 
in working qualities, whioh they are now attempting, and hope soon to aooomplish. 
New-York. Frank Abbott, M. D. 

Conoerning our opinion of Wolrab’s Gold we have to say, that we regard it as 
the best form of $old for filling theeth that yet been produoed. It is wonderfully soft 
even after anneallng and possesses the great merit of not becoming hard or „crankey“ 
ander the mailet. 

New-Haven. I. 8. Williame E. 8. Gayterd. 


— XXIX — 


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Xatmaut ScfaaUls xteuesYtvoMstiiclj. 

D. R. G. M. 256306, geschützt in Oesterreich 88507, Ungarn 20031, Eng¬ 
land 459732, Frankreich 22050, Amerika prov. Patent 271559. 

Dieses Winkelstück mit Bohrerbefestigung durch Hebel und 
Stift übertrifft das alte mit Schraube respektive Feder ganz bedeutend. 

Der Bohrer sitzt absolut ist 

schnell zu fixieren und ebenso schnell wieder 
zu lösen. 

Der Bohrer lockert sich nicht beim 
Arbeiten. 

Der Bohrer ruht in einem festen Lager 
von Stahl, es ist also keine Abnutzung mögiich, 
daher auch keine so häufige Reparatur, wie 
beim alten Modell. 

Die Befestigung des Bohrers rotiert 
mit und sitzt nicht fest, so dass keine Ab¬ 
nützung eintritt. 

Der Kopf des Winkelstückes Ist kleiner, 
so dass man mehr Platz beim Arbeiten hat. 

Das Winkelstück ist leichter und besser 
zu reinigen, da ja Federn und Schrauben 
fehlen. 

Die Befestigung des Bohrers ist 
leicht. Nachdem die Klappe geöffnet ist, 
hebt man den kleinen Hebel, der quer 
am Kopfende liegt, hoch. Man schiebt 
den Bohrer ein und dreht ihn etwas 
herum, so dass der runde Einschnitt am 
Bohrerende sich gegen den Stift legt. Durch 
Schliessen des Hebels wird dann der 
Bohrer fixiert. Es sind die gewöhnlichen Bohrer zu verwenden. 

Preis des Winkelstücks für Handstück Nr. 4 und 1 ... K 24— 
„ für Slip joint-Handstück Nr. 2.„ 38.— 

, Nickel - Kupfer - 

ist ein Amalgam, das aufs genaueste betreffs Randschluss, Farbe und 
Formbeständigkeit geprüft ist. Es ist auf Grund wissenschaftlicher 
Versuche zusammengesetzt und wird aus reinen Metallen hergestellt. 
Seine vorzüglichen Eigenschaften sind bekannt und haben ihm seine 
grosse Verbreitung gesichert. Portion K 480. 

Nickel-Platln-Goldamalgam.Unze K 18.— 

Pulpanaigen, seit 7 Jahren im Gebrauch, vorzüglich 

für Nerv- und Wurzelfüllung.Portion ,, 6.— 

Kronenlegierung zur Herstellung von Stiftzähnen, 

Kronen und Brücken. ,, „ 5.40 

Künstliches Dentin für provisorische Füllung ... ,, „ 3.60 

Zu beziehen durch alle Dental-Depots. 

— XXX — 



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Danziger —- = 

€del tnctall-Scbmelze 

Danzlfl-Langfohr (Vestprenssen). 



Kuiewels Goldlote •§• *§• •§• 
Knie weis Klammergold •§• 
Kniewels Amalgame *f* *f* 

Kniewels Kronenbleche 


II 


20 Karat per Gramm Mk. 2.60 | 22 Karat per Gramm Mk. 2.80 

.. . Per Gramm 

rlatina-GoId, die eine Seite Platin, die andere Feingold Mk. 4.— 

Platin-Gold, legiert, sehr weich, von heller Farbe und leicht 
zu löten, da die Legierung durch den Platinzusatz einen 
hohen Schmelzpunkt hat. „ 

Sämtliche Kniewel-Fabrikate stets vorrätig bei WEISS & SCHWARZ. 


Hoffmanns Porzellanersatz * 

ein ganz neues Produkt wissenschaftlicher Forschung, hergestellt aut 
Grund der Erfahrungen, die in den letzten Jahren mit sogenannten 
Porzellanzementen gemacht wurden, ist ein transparenter Zement 
von grösstem Härtegrade mit unerreichter Kantenfestigkeit, in seiner 
Widerstandsfähigkeit gegen Säuren und Alkalien nachweislich der 
beste Zahnzement. 


Es werden folgende Farben hergestellt: 


1. weis* 

1 a. elfenbeinweiss 

2. weisalich-gelb 

3. gelblich 

4. gelb 


5. dunkelgelb 

6. bläulich 

7. weisslich - grau 

8. perlgrau 

9. rosa 


10 grau 

11. grünlich 

12. braun. 


_ — preise: - = 


Satz von 4 Farben Mk. 30.— 

,, .. 6 , „ 46 — 

9 „ „ 70.- 

12 ,. „ 90.- 


11 

11 


Einzelportion. . . Mk. 8.50 
Glaspolierer (Dtzd.) „ I.— 
I Flasche Pulver . „ 6.— 
I Fluid. 2.50 


Zu beziehen durch alle Dental-Depots oder von der Unterzeichneten 

Hauptversandstelle von Hoffmanns Porzellanersatz 

===== Freiburg i/Brg., 6##th#straaa# Nr. 13.- - 

- XXXI — 


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Weshalb Sie einen 



(Columbia Cbair 

^ .. 


kaufen sollen? 



1. Weil die Funktion sicher und geräuschlos ist. 

2. Der Hebe- und Senkmechanismus verschiebt den Sitz 
sehr hoch und sehr tief mit absoluter Genauigkeit und Festig¬ 
keit in jeder Position. 

3. Zu der Herstellung aller Teile wird mehr Aufmerksam¬ 
keit verwendet, als bei irgend einem anderen Operations-Stuhl. 

4. Weil das Vorhandensein eines Columbia Chairs einem 
jeden Operationszimmer eine Vornehmheit verleiht, die es vor 
anderen nicht so ausgestatteten Operationsräumen auszeichnet. 


The Ritter Dental Manufacturing Co. 

Rochester N.-Y., U. S. A. 

Vollständige Beschreibung und Abbildungen der Maschinen und 
Stühle werden franko zugesendet von uns oder Ihrem Dental-Depot. 

— XXXII — 


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Columbia „Cord Suspension“-, 
„All Cord“-Bohrmaschinen 


sind in derselben Weise aufgehängt, 
wie unsere bestens bekannten Ma¬ 
schinen mit flexiblem Bohrschlauch, 
dessen Zuleitungskabel auf einem 
Rollenwandarm laufend angeordnet 
ist. Dieses ist die ideale Methode, 
eine elektrische zahnärztliche Bohr¬ 
maschine zu befestigen. 

Wir haben eine Vorrichtung 
an dem Maschinenarm angebracht, 
welche das Handstück bei Nicht - 
gebrauch aufzunehmen bestimmt ist, 
um nicht im Wege zu sein, wo es 
aber auch leicht erreichbar ist. Dies ist eine neue und will¬ 
kommene Bequemlichkeit 

Diese Maschine betreibt den Bohrer mit absoluter Ruhe 
und Gleichmässigkeit. Viele Stellungen sind bei dieser Ma¬ 
schine mit dem geraden Handstück zu erzielen, zu denen 
man bei der „Cable“ Engine das Winkelstück anwenden 
müsste. 

Columbia „All Cord“-Maschinen sind besser aufgehängt, 
besser betrieben und vorteilhafter als alle anderen. 



The Ritter Dental Mannfactoring Co. 

Rochester N.-Y., U. S. A. 

— XXXIII — 


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Cords patentierte geformte Saugscheiben. 

Patentiert in England 1889. 



FlC 2. 


In 10 verschiedenen Formen und Grössen. 

Preise per Schachtel zu 12 Satz, in rotem oder grauem Kautschuk 

mit goldenen Platten und Platinabolzen. K 25.20 

„ Dental-Alloy-Platten und Platinabolzen ... 18.— 

„ vergoldeten Dental-Alloy-Platten und vergold. Silber-Bolzen „ 14.40 

„ reinen Aluminium-Platten und Bolzen.„ 9.— 

Kautschukscheiben, jedes Muster rot oder grau, per Dutz. . . „ 4.80 

Zinn-Muster-Schablone.. ., Satz ., 1.20 


Lords Pyramid-Amalgame. 


Die Formeln für diese Amalgame sind das Resultat einer 40jähr. Praxis. 
Ihre hauptsächlichsten Eigenschaften sind Reinheit, Unveränderlich¬ 
keit der Farbe, Dichtigkeit und Härte, vollkommene 
Kantenfestigkeit und ausserordentlich niedrige Preise. 

Wir garantieren, dass unser Amalgam Nr. 5 über 
21 °/ 0 von dem Verkaufspreis in reinem Golde enthält. 

Preis«: 

Amalgam Nr. 1 Kupfer-Amalgam 


! Ä" 



\ r . ^^ LO 
Richard Lord &C? 

I SudellWorks, 
BLACKBURN^. 


„ 3 Silber- „ 

,, 4 Platin- „ 

„ „ 5 Gold- 

Gefeilt oder gefraist zu haben. 
Quecksilber.per 2 Unzen Fl. K 1.80 


Per 1 Unze Fl. 

K 3.- 
„ 4.20 

„ 9. 

„ 12.60 
„ 18 .- 


Lords verbesserte Compound Capsicin Dental Pflaster. 

Medizinische Bestandteile. Ein besonderer Extrakt von spanischem 
Pfeffer, mit einem kleinen Prozentsatz von Morphium. 

Verbesserungen. Eine Seite dieses Pflasters ist mit einer dünnen 
Platte von reinem roten Gummi bedeckt. Entgegen anderen Pflastern 
befinden sich die wirksamen Bestandteile nicht nur auf der Oberfläche, 
sondern die Pflaster sind mit denselben gesättigt. Der Gummiüberzug 
macht diese Pflaster speicheldicht, schützt die Wangen und Lippen und 
beschränkt die Wirkung auf das Zahnfleisch. 

Preis per Schachtel von 80 Pflastern K 3. . 


Cords verbesserte Cuftklammern 

aus reinem Zinn. 

Einfach. Billig. Wirksam. Leicht zu gebrauchen. 

Preis per Schachtel ä l Gross mit oder ohne Saug¬ 
scheiben zu gebrauchen K 1.20 
Zu beziehen von den Dental-Depots und von 

Richard Lord & Co., Sudeil Works, Blackburn, England. 

— XXXIV - 



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Keine Fabrik 

in Europa fabriziert und versendet auch nur annähernd solch 
enorme Quantitäten Bohrer und Fräsen, wie die deutsch¬ 
amerikanische zahntechnische Fabrik A. Meisinger in 
Düsseldorf! und zwar nur deshalb, weil Meisingers Bohrer 
in der ganzen Welt als vorzüglichstes Fabrikat bekannt sind 
und stets mehr begehrt werden. 


Zn beziehen von 



I. Petersplatz 7. - 


u 


xxxv 


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Meisingers *»«* 

• • Querhiebbohrer 



Zu beziehen von 


WEISS & SCHWANZ 

WIEN, I. Petersplatz 7. 

















Meisingers Querhieb'Bohrer. 

Die Vorzüglichkeit und Zweckmässigkeit dieser Instrumente ist allseitig 
anerkannt. Meisingers Bohrer mit Querhieb, welche sich immer mehr und 
mehr Freunde erwerben, sind bereits in der ganzen Welt bekannt, und wird 
jeder Operateur, der mit Meisingers Querhieb-Bohrern zu arbeiten gewohnt 
ist, solche nicht mehr entbehren wollen. 

Von den grossen und vielen Vorteilen, welche Meisingers Bohrer mit 
Querhieb, gegenüber den gewöhnlichen einfach gefragten Bohrern haben, 
wollen wir nur einige hervorheben : 

Ein gewöhnlicher Bohrer mit einfacher Schneidefläche bohrt lange nicht 
mit dem sogenannten „Gift“, wie ein Querhieb-Bohrer, und zwar erklärt sich 
dieses erfahrungsgemäss dadurch, dass ein quergezahntes Instrument zum 
Bohren von Bein oder Knochen, demnach auch für Zähne, viel geeigneter ist, 
als ein einfach gezahntes, d. h. ein solches mit glatten Schneideflächen ohne 
Querschnitte. Mit anderen Worten: Ein einfach geschnittener Bohrer hat 
mehr die Eigenschaft, von den auszubohrenden Stellen kleine Spänchen abzu- 
schabeu. wohingegen ein Querhieb-Bohrer in die zu entfernende Zahn-Substanz 
kräftig und schnell einschneidet, dieselbe klein zermalmt und in mehlartiges 
Pulver verwandelt. Ausserdem ist das Arbeiten mit Meisingers Querhieb- 
Bohrern für den Patienten entschieden weniger empfindlich, weil sie nicht 
nolpernd and erschütternd — wie die gewöhnlichen grobgezahnt**n Instru¬ 
mente — bohren, sondern bei einem überraschend rapiden Wirken eine 
auffallend ruhige Gangart bewahren. 

Ferner haben Meisingers Bohrer mit Querhieb noch den ganz bedeu¬ 
tenden, nicht hoch genug zu schätzenden Vorteil, dass sie vermittelst der 
kleinen quergeschnittenen Zäckchen in die Wände der Kavität gleichmässig 
'aufende Rinnen (siehe obige Abbildung) einschneiden, wodurch die Füllungen 
(Amalgam, Zement oder Gold) einen durchaus festen Halt bekommen und 
nur mit änsserster Anstrengung entfernt werden können. 

Meisingers Bohrer mit Querhieb werden in allen bestehenden Formen 
nnd Grössen gefertigt. 

Zu beziehen von 

WEISS * SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 

— XXXVII — 11 * 


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H. D. Justi & Son 

PHILADELPHIA CHICAGO 

1301 und 1303 Arch Street. 96 State Street. 

- 

Der auf der Nebenseite ab gebildete Zahn¬ 
farbenhalter besteht aus vier Teilen, jeder Zahn 
kann einzeln herausgenommen und in jeder 
gewünschten Stellung gebraucht werden, ein Vor¬ 
teil, den keine andere Musterkarte bietet. 

Die Originalität unserer Mineralzähne, so 
weit Form, Stärke und natürliche Mischnng der 
Farben in Betracht kommen, ist durch die ganze 
Welt zu wohl bekannt, um weiterer Erwähnung 
zu bedürfen. 

Die Mannigfaltigkeit unserer Farben ist 
endlos, von der hellsten bis zur dunkelsten in 
allen Schattierungen. Die vierundzwanzig in dem 
Halter befindlichen Farben werden, unserer Er¬ 
fahrung gemäss, für die meisten Fälle genügen, 
doch sind wir in der Lage, weitere Farben auf 
Verlangen zu liefern. 

—- 

H. D. Justi & Son 

PHILADELPHIA CHICAGO 

1301 und 1303 Arch Street. 96 State Street. 



— XXXVIII — 


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Google 














H. D. Justi & Sons 

Zahn-Farben-Musterkarte. 


(Pat. 10. Nor, 1890.) 



19 20.212228 24 
☆ H.D. JUSTI &.SON 


H.D.JUSTI&SON 

. PHILÄ 


PAT. NO V. 10.1S96 
PAT.APPLO FOR, 


J \ ä 4U I 

ifSMI 

1 2 3 4 5 6 

£ 8 9 10 11 12 

☆ H.D.JUSTI& SON 

☆ H.D. JUSTI & SON 

PHII'A 

r AT W ni# «n IQ rt C - r - •*»-—-■ , T T^l ■ 

PHI LA 

rAT.NOV.1U*lB)#ö- ^ 

PAT.APPL'O FÜR. V - 

,‘PAT.N0V.10.1896 * 1 ,|U - 7 ' 

. PAT. APPl^D FOR. ; 


16 1 7 


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wirklich präzisen Abdruck, der Gips nicht nachsteht. 

„Thalatta“ vereinigt alle Vorzüge plastischer Abdruck¬ 
massen, ohne deren Nachteile zu besitzen, ist appetitlich, 
geruchlos, geschmackfrei, erhärtet schnell, klebt nicht 
und braucht nicht heiss in den Mund gebracht zu werden. 

Preis pro Kilo K 9.—. 

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Auf Wunsch wird „Thalatta“ auch in rosa geliefert. 

Zu beziehen durch alle Dental-Depots oder durch 

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dem Operateur nicht hinderlich. 
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Zn beziehen durch den Erfinder und alle Dental-Depots. 

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kttnstl. Zähne. — Grosse Zeitersparnis 
(gegen das frühere Hartwerden und 
Austrocknen des Gipses). — Kein Zer¬ 
springen der künstl. Zähne.— Schnelle 
und gute Arbeit. — Kein Abspringen 
von Funken.—Ersparnis der Holzkohle. 
— Selbstverlöschen und Unverbrenn¬ 
barkeit des Lötblocks. 

Unentbehrliches Hilfsmittel für Metall-, Kronen- und Brückenarbeit. 

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und durch alle Dental-Depots. 

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gegen franko durch die Herren Weiss & Schwarz, 
= WIEN, I. Petersplatz 7. === 

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Patentiert in den meisten Kulturstaaten. 

Harvardld-Füllungen haben ßlanz and 
Anssehen des natürlichen Schmelzes. 

Harvardid wird plastisch wie Harvard-Zement verarbeitet. 
Harvardid ist die transparenteste n. zahnähnlichste Füllung. 
Harvardid-FüHungen sind in den Zähnen kaum sichtbar. 
Höchster Widerstand gegen Mundsäuren, o o o o o o o 
Arsenfreie Füllung, daher keine Reizung der Pulpa, o o 



' 1 — Proben und Farbenmuster durch die Den al-Depots. — 

FflldlAn 1 1 weisslich, la weissblau, 2 weissgelb, 3 hellgelb, 4 gelb, 
raiUDlli 5 hellperlgrau, 6 perlgrau, 7 grau, 8 braun, 9 rosa. 


Preise ■ Kleine Portion Mk. 4.25 I Sortiment 4 Farben 
— Grosse Portion „ 10.— I Mk. 12.- 


The Harvard Dental Manufacturing Co. 

BERLIN W., Victoria-Strasse 23. o o o o LONDON. 









Zement Harvardid <m Harvardid <^> Harvardid 


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Aus 

HarYardid '^■^verschiedenen w Harvardid 

Weltteilen —-- 

berichten glänzende, freiwillige Urteile über 
die Erfolge mit Harvardid: 


Herr Prof. Dr. med. Brandt: 

Ich bin mit Ihrem Harvardid 
sehr zufrieden und kann daher 
dieses Präparat allen Kollegen 

angelegentlichst empfehlen 
Berlin, 29. Mai 1906. 

Herr Zahnarzt Meinke: 

Tatsache ist, dass das Harvardid 
genau wie Ihr Harvard-Zement ein¬ 
fach grossartig ist. Diesen Moment 
erst hat mir mein Assistent zwei 
Harvard-Zement-Füllungen her¬ 
ausbohren müssen und dafür 
Harvardid-Füllungen eingelegt. 
Charloitenburg 24. Mai 1905. 


Herr Zahnarzt Weissensee, Leib¬ 
zahnarzt d.Frau Prinzess.Reuss: 
Betreffs meiner Versuche kann 
ich Ihnen mitteilen, dass Harvardid 
von allen transluzenten Zementen 
der transluzenteste ist. Die Ver¬ 
arbeitung ist sehr gut. 

Züllichau, 16. März 1906. 

Herr Dr. Albadeira Bastos: 

Die Erfahrung, welche ich mit 
Ihrem Harvardid gemacht habe, 
war ausgezeichnet. 

Rio de Janeiro (Bras.), 2t.Aug.1906. 


Herr Dr. H. Spaulding: 

Ich habe häutig Gelegenheit ge¬ 
habt, Ihr Harvardil zu verarbeiten 
und muss ich sagen, dass es mir 

mehr und mehr gefäJt. Es sieht sic er 
besser aus in dem Munde als sogar 
eine Porzellan-Einlage. 

Pa r is, 9. Juli 1906. 

Herr Zahnarzt Döring: 

Seit längerer Zeit gebrauche 

ich ihren Harvardid Zahnschmelz und 
teile Ihnen hierdurch mit, dass 
ich dadurch nur gut: Resultat er¬ 
zielt habe, auch u. einen Patienten¬ 
kreis vergrösserte. Ihr Harvardid- 
Zahnschmelz macht das Brennen von 
Porzellanplomben überflüssig. Habe 
deshalb das Brennen von Porzellan¬ 
plomben vollständig aufgegeb^n und 
verarbeit^ nu<* noch Inr Harvadid- 
Zahnschmälz. 

Lodz (R.-Polen), 29 Jänn. 1906. 

Herr Dr Miguel A. Prado: 

Ich habe die Anzeige von 
Ihrem Harvardid-Porzellan gelesen 
und wäre es mir angenehm, es in 
meiner Praxis zu gebrauchen, da 
ich von anderen Seiten sehr Gutes 
darüber gehört habe. 

Caracas ^Venez.), 27. Sept. 1906. 


! Warnung vor Täuschungen! 


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"mm? 


Wie uns bekannt geworden, wird 
4 * mit dem Hamen unseres 

= weltbekannten = 

Harvard-Zement 

Iß ^2 L, r V Q 91 von verschiedenen Seiten für Re dame¬ 
ll ' 7 zwecke Missbrauch getrieben. Sich im 

\\ \r/ 1 ' * Hi Handel befindende Fabrikate mit 

Namen, wie: „Harvard-Type“ etc. ent- 
S J / / halten nicht Harvard-Zement. Im eigenen 

Interesse raten wir beim Einkauf 
von Harvard-Zement genau auf neben- 
i ^ stehende Marke zu achten, um sich 
vor Enttäuschungen zu schützen. 

I Alle unsere Original-Harvard-Zementpackungen tragen nebenstehende Etikette. 
Kleine Portion Mk. 4.25. Grosse Portion Mk. 8.—. Sortiment vierfärbig Mk. 10.65. 
Schnellhartendes, nach Hofrat Jenkins Angabe gefer igt, Mk. 5.— und Mk. 10.— 


The Harvard Dental Manufacturing Co. 


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LONDON. 


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c) „ Goldpellets I und schnelle Verarbeitung) 

B. Die bekannten Goldsorten: 

a) Goldcylinder Nr. 0—5. 

b) Goldfolien Nr. 4—10. 

c) dto. „ 20—120 . 

d) Goldrollen (Nr. 3) glatt j 

e) Goldpellets \ . 

C. Zinngold-Rollen. 

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A. Goldfolien zum Belegen von Kautschuk (sog. Vulkanit- 
folien) Nr. 20 und 30 (Gebrauchsanweisung beiliegend) 

B. Folien zum Abdrucknehmen für Glas-, Emaille- u. Porzellan¬ 
füllungen: 

a) Platingoldfolien Nr. 20—601 Sämtliche Folien sind I 

b) Goldfolien Nr. 30 und 40 Äfi? 1 ” ht 

C) Platinfolie Nr. 30 | Vor Gebrauch zu gl ü hen, ( 

C. Platingoldfolie Nr. 120 für Kronen- und Brückenarbeiten etc. 

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Kronen-, Brücken- sowie sonstiger Goldarbeiten ... K 3.90 per Gramm 


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C. Zinnfolie Nr. 60, ein ganz vorzügliches Material bei Herstellung von Kantschnk- 
arbeiten, unübertroffen weich, glatt poliert u. bleifrei K 2.40 per Buch (10 Blatt) 


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Kronen- und Brückenarbeiten. 22 Riuge zuui Messen des Umfanges und ein 
Winkelmass zum Messen der Höhe der Zähne. K 30.— per Stück 

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C. Herbsts Kondensierstreifen (znm Kondensieren und Finiereu von Gold- und 

Ziungoldfüllungen, sowie zum Separieren engstehender Zähne) K 2.40 per Dutz. 

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von Wllh. Herbst 

nebst ersten und zweiten Nachtrag, sowie kostenloser Nachlieferung weiter er¬ 
scheinender Nachträge.Preis K. 21.60 per Exemplar 

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Expansion, erprobter Widerstandsfähigkeit gegen saure und 
alkalische Mundflüssigkeiten, aussergewöhnlicher, physikalisch 
nachgewiesener Dichtigkeit und dadurch bedingter hoher Politur¬ 
fähigkeit, ist Loves’ Achatfüllung berufen, den ersten Platz in 
der Reihe der plastischen Füllungsmaterialien einzunehmen. 

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und grosse: I Farbe und 2 Fluid 16 Mark. Proben gegen 2 Mark 
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Herbst erprobt und empfohlen. Schnelle Erhärtung auch bei 
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der Welt und vom Erfinder J. C. BD. LOVßS, Dentist, 
München, Karstr. 1, nur gegen Einsendung des Betrages 
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besitzt eine ausserordentliche Klebfähigkeit, so dass es sich innig 
mit den Zahnwandnngen und Rändern verbindet; 

erhärtet hinreichend langsam; 

ist das bruchfesteste aller Füllmittel; 

besitzt unvergleichliche Transparenz; 

hat eine dichte, gleichmässige, durch keine Risse und Sprünge zer¬ 
störte Struktur; 

kontrahiert sich nicht, ist nicht spröde und im Munde absolut 
unlöslich; 

steht ästhetisch und in der Gesamtheit seiner Eigenschaften an 
der Spitze aller Füllmaterialien; es ist in allen Fällen, also 
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General Dental Manufacturing Company m. b. H. 

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Abgesehen von dem naturgetreuen Abdruck, den man erhält, kann 
mit „Trilbi “-Abdruckmasse fast kalt Abdruck genommen werden, was 
jeder Fachmann gewiss mit Freuden begrüssen wird. 
„Trilbi“-Abdruckmasse kann nach vorheriger Desinfektion zu wieder¬ 
holten Malen gebraucht werden, ohne an Vorzüglichkeit Einbusse 

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Wien, l. Petersplatz 7. 

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und Täuschungen 

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der Kupferamalgam- 
Plombe Jedes einzelne 
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stehende 

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Hof -Zahnarzt 

HUGO LIPPOLD 

Rostock. 



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Probe- „ 

* 7*0 1 

n = * 7-55 


Literatur: 



Herr Prof. Dr. W. Sachs in Nr. 12 der „Deutschen zahnärzt¬ 
lichen Wochenschrift“, 1904. 

Herr Zahnarzt E. A. Glogau, Frankfurt a. M., im Oktober- 
Heft der „Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“, 1904. 

Herr Dr. med. Hugo Trebitseh, Wien, „Oesterreichische Zeit¬ 
schrift für Stomatologie“, Jänner 1905, I. Heft. 

Herr Dr. M. Ch. J. Fleisehmann, Chirurgien-Dentiste, Lyon, 
„L’obturation des dents“, 1905. (Verlag A. Rey, Lyon.) 

Herr Prof. Dr. med. B. v. Dzierzawski in der Zeitschrift 
„Przegl^d Dentystyczny“, 1905, Nr. 5, Warschau. 


Anmerkung. Zur Vermeidung von Verwechslungen sei bemerkt, dass 
ausser obigem Sammetgold ein kurzfaseriges Präparat unter dem 
Namen „Dr. L. Hopfners Kristallgold“ zu denselben Preisen im 
Handel ist. 

Chemisches Laboratorium Dr. L. Döpfner 

Berlin W. 30, Neue Winterfeld-Strasse 22. 

Telegramm-Adresse: Fernsprecher: 

Plombiergold Bsriin. Amt Via, Nr. 10258. 

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WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Petersplatz 7. 



Wenn man seine Subkutanspritzeu stets 
gebrauchsfertig und vollständig keimfrei 
erhalten will, muss man zum Sterilisieren 
derselben die 

„Protektor“ 

Desinfektionsflasche 

aus braunem Glase, zirka 125 Gramm 
Inhalt, mit eingeprägter Vorschrift für 
die anzuwendende Desinfektionsflüssigkeit 
benutzen. 

- Preis pro Stück K 1.—. - 

Der entsprechend ge ormte Huls dieser Flasche hält 
1 und 2 Gramm-Spritzen sicher in senkrechter Lage fest. 

Sie mlmn mit ihr m K-nülenende auf einem im 
Flaschenhälse hervorspringenden Rand und können 
in die Flasche selbst nictit hineingleite i, dagegen 
reichen die Kanülen, Schraubkapseln und Zwischen¬ 
stücke in d e stark antiseptisch wirkende, dabei jedoch 
die Metallteile nicht angreifende Desinfektionsflüssig¬ 
keit hinab, die durch hochziehen des Kolbens in die 
Spritze hineingesaugt wird, so dass sie den Kolben 
berührt. Hierdurch wird ein Austrocknen und Undicht¬ 
werden des Kolb-ns ausgeschlossen; dieser sowohl >-ls 
auch die Nadeln und Ansätze bleiben stets steril und 
die Spritzen immer gebrauchsfertig. 

Spritzen mit Lederkolben dürfen weder ausgekocht noch, 
mit Alkohol oder Aether behandelt werden, da dadurch das 
. eder zusammenschrumpft un l der Kolben dann nicht 
mehr dicht schliesst. 


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Matrizenhalter Nr. 5. 



Die zarte Form dieses kleinen Apparates, der bei Front-. 
Backen- und Mahlzähnen gebraucht werden kann, gestattet 
seine Anwendung auch bei eingeengtem Operationsfeld. 


Preis mit 1 Dutzend Matrizen. K 19.20 

Matrizen extra per 1 Dutzend.. 1.20 



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P erhydrol* Mundwasser 

nach Prof. Dr. Körner, Halle a. d. S. 
Haltbares 3prozentlges Hydrogen peroxydat. puriss. Merck 

mit Zusatz von Ol. menth. pip. 

Das Präparat entspricht den von ärztlicher und zahn¬ 
ärztlicher Seite zu stellenden Anforderungen in voll¬ 
kommenster Weise. 

P erhydrol - Mundwasser 

ist völlig- ungiftig und unschädlich, 
greift die Zähne nicht an, n □ □ 
wirkt stark desinKzierend, □ □ □ 
sowie in hohem (Jrade desodorierend. 

Die durch Sauerstoffabspaltung erzeugte starke Schaum¬ 
entwickelung ermöglicht eine durch keine andere Mass¬ 
nahme zu erreichende gründliche mechanische Reinigung 
der Mundhöhle. 

In Originalflaschen mit Aiuminium-Messgefäas. 

-- Literatur zu Diensten. — —■ ■■ — ■ 


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Novocain 

ein neues, vollkommen reizlos wirkendes Lokalanästhetikum. 

Bestep Kokainersatz. 

Nnwnrain ist mindestens 7 mal weniger giftig wie Kokain nnd 3 mal 
WOwOUdin weniger giftig wie dessen Ersatzpräparate. Es beeinflusst 

weder die Zirkulation, Respiration, noch die Herztätigkeit. 

Nnvnrain ist leicht wasserlöslich, seine Lösungen sind durch Kochen 
■WZf wtf aterilisierbar nnd werden gut resorbiert. 

Nnunrain verursacht keine Intoxikationen, keine Gewebsschädi- 
lUwiibdm gungen und keinen Nachschmerz. 

Rlnwnram ist von den ersten Kliniken für Zahnheilkunde als sicher 

imwuuain und gefahrlos wirkendes Lokalanästhetikum empfohlen. 

In der zahnärztlichen Praxis haben sich folgende gebrauchsfertige Novocain- 
Präparate bewährt: 

Novocain-Tabletten D, ohne Suprareninzusatz, ä 0*2 Gr., in Röhrchen ä 10 Stück. 
Novocain-Suprarenin-Tabletten E, a 0 02 Gr., in Röhrchen ä 20 Stück. 
Novocain-Suprareninlösung, 2prozentig, in Kartons ä 10 Ampi Men ä I Ccm. 

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Isoform 


Trigemin 


ein ausgezeichnetes Analgetikum 

bei schmerzhaften Affektionen der 
direkten Gehirnnerven. 

Mit sofortigem Erfolg angewandt bei den 
verschiedenen Arten von Zahnschmerz. 
Spezifikum beim Schmerz der Peri¬ 
ostitis, Pulpitis. Neuritis und gegen 
Schmerzen, welche nach Freilegen 
der Pulpa und Einlagen von Aets- 
pasten auftroten. 

Dosis: 2 bis 3 Gelatinekapseln k 025 Gt. 


ein neues, ungiftiges, stark bakterizid 
"■Wirkendes 

Dauerantiseptikum und Desodorans, 

spaltet bei Gegenwart von Eiter und 
Sekret allmählich aktiven Sauerstoff ab. 
In der Zahnheilkunde an Stelle von 
Jodoform bei eitrigen Wunden, Ge¬ 
schwüren, zu Wurzelfüllungen etc. 
bestens empfohlen. 

Isoform hemmt das Bakterienwachs¬ 
tum stärker als Sublimat. 


Pyramidon, das zuverlässigste Antineuralgikum und Antipyretikua. 

Spezifikum gegen Kopfschmerzen, Neuralgien, besonders Trigeminus¬ 
neuralgie und die lanzlnierenden Schmerzen der Rückenmarksleidenden, 
mit Erfolg angewandt zur Kapierung asthmatischer Anfälle und bei Kenstrua- 

tionsbesohwerden. Dosis 0-3 bis 0-5 Gr. Angewandt zur Bekämpfung des Fiebers 
jeder Art, speziell bei Tuberkulose, Typhus, Influenza etc. Dosis 0*2 bis 0*3 1 


Suprarenin, die wirksame Substanz der Nebennieren, 

kommt in l°/ 00 Lösung als Suprareninum hydroclilor. oder boricum, chemiso 
rein, in Flaschen ä 2ß, 10 und*5 Ccm. in den Handel. Ferner als Suprareninum 
boricum crist., unbegrenzt haltbar, leicht wasserlöslich. 

Bestes Hämostatikum und Adstringens der Gegenwart. 

Die Lösungen von Suprareninum hydrochlor. oder boricum vertragen Zusätze 
von Novocain, Kokain, Atropin, Eserin, Zinc. sulfur., ohne sich zu zersetzen^ 


Anästhesin 

Lokalanästhetikum von sicherer, lang¬ 
andauernder Wirkung, absoluter Reiz¬ 
losigkeit und Ungiftigkeit für den ex¬ 
ternen und internen Gebrauch. Indiziert 
hei allen Arten von schmerzhaften 
Wunden und Hautentzündungen, bei 
tuberkulösen nnd syphilitischen Larynx- 
und Pharynxgeschwüren. 


Albavgin 

(Verbindung der Gelatose mit Arg. 
nitrioum). 

Vorzügliches Antiseptikum von absc 
lut sicherer, stark bakterlsider, trotz 
dem aber reizloser Wirkung. 

Mit Erfolg angewandt zu Spülungen b 
Kieferhöhlenempyemen, in 0*1 bis 2*0 pr 
zentigen wässerigen Lösungen. 


Ausführliche Literatur steht den Herren Aerzten zur Verfügung. 













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