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I.
Petrus de Pulka,
Abgesandter der Wiener Universität am Concilium zu Constanz.
Von
Friedrich Firnhaber,
correspondireDdem Mitgliede der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien.
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Archiv. XV. l I U
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I
Uas Constanzer Concilium, eine der wichtigsten Episoden in dem vielbewegten
Leben K. Sigismund's, nimmt insbesondere als Vorläufer des Coneils zu Basel
eine hervorragende Wichtigkeit ein. Der tiefe Verfall der Kirche , das Ringen
der geistlichen mit der weltlichen Macht, das gesunkene Ansehen der könig-
lichen Gewalt in Deutschland, die geringe Bedeutung derselben nach aussen —
sind charakteristische Merkmale der Zeit. Hier zu reformiren, das Schlechte
zu verbessern , das Verlorene wiederzugewinnen und wiederherzustellen , die
gestörten Verhältnisse in Kirche und Staat neu zu begründen, waren die grossen
Aufgaben, welche K.Sigismund vorschwebten, ihnen widmete er mit Aufopferung
seine ganze Kraft und seine ganze, gewiss aufrichtige Thätigkeit.
Dass die Folgen der aufgewandten Mühe und Anstrengung nicht entspra-
chen, dass nach dreijähriger Dauer des Coneils, und so vielen Anstrengungen
des Königs nur wenig Früchte geerntet wurden, lag mehr in der Macht der
Verhältnisse, welche zu bemeistern Sigismund bei dem besten Willen zu schwach
war, und in den Verhältnissen selbst.
Wir bringen in den folgenden Blättern einen Beitrag zur Geschichte des
Coneils, der, zwar von keiner hervorragenden Bedeutung für dessen äussere
Geschichte, jedoch einen Gegenstand beleuchtet, der für unser specielles Vater-
land zunächst von Wichtigkeit ist. Ich meine das Verhältniss der Wiener Uni-
versität und ihre Beziehungen als Corporation zum Concil.
Wie bekannt, wurden alle Universitäten — in ihrer damaligen Stellung
geistliche Corporationen — von Papst Johann XXIII. eingeladen, das ConciHum
durch Abgeordnete zu beschicken. Diesem Wunsche entsprechend, fanden sich
von Nah und Fern die berühmtesten Capacitäten ein, um an den Kämpfen für die
Kirche, an den Reformen der geistlichen Verhältnisse Theil zu nehmen, ihre eige-
nen Angelegenheiten zu ordnen, die Rechte der Universitfiten zu wahren und
zu vermehren.
Aus Deutschland, Frankreich , England , Spanien , Italien strömten die
Abgesandten der Universitäten herbei.
Auch die Wiener Universität beeilte sich, der Aufforderung Folge zu
leisten. Eine der jüngsten, 1367 gegründet , wie alle Universitäten rein geist-
i*
4
liches Institut, hatte sie das grösste Interesse daran, am Concil Theil zu nehmen ;
dass sie die Sache als wichtig betrachtete, beweist, dass sie schon 4 Tage nach
dem Eintreffen des Schreibens des Papstes Johann vom 25. Juli 1414 — am
29. Juli die Wahl der Abgesandten vornahm i). Es wurden gewählt mit Mehr-
heit der Stimmen der Doctor der Theologie Petrus de Pulka und Kaspar de
Meiselstein doctor decretorum et Ordinarius lector in iure canonico. Diese
beiden bestimmte die Universität zu ihrer Vertretung — ihnen schlössen
sich freiwillig mehrere Andere an.
Kaspar Meiselstein kehrte bald nach Wien zurück, um erst später wieder
sich an den Ort des Concils zu begeben. Peter von Pulka blieb von Anfang bis
zu Ende des Concils. Seine Briefe, welche er von dort an die Wiener Universität
richtete und in welchen er derselben die Vorgänge daselbst mittheilte, bilden den
Inhalt der folgenden Blätter. Die Wahl der Universität bezüglich Pulka's kann
eine glückliche genannt werden. Ausgezeichneter Kanzelredner, streng wissen-
schaftlich gebildeter Mann, reich begabt, geübt in Unterhandlungen, dabei
weder Zelot noch Freigeist, wurde Petrus de Pulka ein thätiges Glied in der
hohen Versammlung. Seine im Concil gehaltenen Beden, seine Predigten,
seine theologischen Schriften, die vielfältigen Vermlttelungen und Unterhand-
lungs-Aufträge während seiner Wirksamkeit an der Wiener Universität, so wie
seine hier mitgetheilten Briefe sind Beweise für das oben Gesagte.
Ganz richtig beurtheilt ihn Schelhorn (bei Baupach, evangelisches Öster-
reich p. XVI), gestützt auf seine in der Stadtbibliothek zu Memmingen befind-
lichen Beden , indem er sagt: dass Petrus, ob er gleich kein Anhänger des
Huss sondern vielmehr ein Feind desselben gewesen , den grossen Verfall
der römischen Kirche ziemlich wohl eingesehen „und die Nothwendigkeit der
„Beformation in allen Ständen, vornämlich im Geistliehen, erkannt und solche
„sehnlich gewünscht hat. Da er aber im Namen und auf den Befehl der Wie-
„ner Universität das Concilium besucht , so kann man leicht hieraus schlies-
„sen, dass er einer der angesehensten Männer auf derselben müsse gewesen
„sein, und möchte man fast auf den Gedanken gerathen, die Universität hätte
„a potiori damals selbst die gleichen principia geführt , und sie gleichsam
„diesem ihrem deputato in den Mund gelegt." Dass diese letztere Ansicht
vollkommen richtig ist, zeigen uns Pulka's Briefe im Zusammenhange mit den
Auszügen aus den Sitzungen der Universität über dieselben, welche Auszüge
Kink in seiner Geschichte der Wiener Universität im 2. Bande mittheilt.
Leider ist die Beihenfolge dieser Briefe keine vollständige. Die Angaben bei
Kink (1. c.) beweisen uns, dass viele fehlen, wie auch natürlich die geringe Zahl
derselben von vorneherein vermuthen liess. Wir besitzen von denselben 34,
davon 32 im Original im Besitze der Bibliothek des Klosters Göttweih,
zwei, welche aber nicht an die Universität, sondern an den Prior der Karthause
Gaming gerichtet sind, sind in einer Handschrift der k. k. Wiener Hofbiblio-
thek eingeschaltet.
Am vollständigsten ist die Reihe im Jahre 1415 ; sie enthält, 15 Stück, vom
Jahre 1416 haben wir nur 6, 8 vom Jahre 1417, 5 von 1418.
*) Kink, Geschichte der Wiener Universität II, p. 48, XVIII, 1 und 3.
Bevor wir mm die Briefe selbst folgen lassen, wollen wir noch die wenigen
Notizen, welche wir über ihren Verfasser sammeln konnten, in Kürze zusam-
menstellen.
Petrus Tzach oder Tzech de Pulka lebte am Ende des 14. und im An-
fange des 15. Jahrhunderts, beiläufig zwischen 1370 — 1430. Nach seinem
Erscheinen in den Würden der Universität dürfte er in den 70ger Jahren
des 14. Jahrhunderts geboren sein. Wenig und sparsam sind die Notizen,
welche wir über sein Leben und seine Wirksamkeit besitzen. Selbst über seinen
Namen fehlen uns bestimmte Angaben. Er selbst nennt sich in seinen Briefen
beinahe immer Petrus dictus de Pulka , einige Male aber blos Petrus
de Pulka.
Der Catalogus rectorum etc. arehigymnasii Viennensis von Sorbait (Eder),
Viennae 1670, 4". pag. 10, 5.^, nennt ihn Petrus de Pulka, und zum Jahre 1406
Petrus de Tzach de Pulka; Tilmez in seinem Conspectus bist, univers. nennt ihn
immer de Pulka ; Apfalterer nennt ihn Tzech auch Zach.
In den Acten der Universität, deren Auszüge mir bezüglich seiner akademi-
schen Würden mitgetheilt wurden, wird er Petrus Tzech a S. Bernardo alias
Zech a Pulka mehrere Male genannt. Mit einiger Bestimmtheit können wir
also vielleicht annehmen, dass sein Familienname Peter Zech gewesen sei , und
dass er von Pulka in Nieder-Österreich gebürtig war. In welcher Verbindung
er mit dem Nonnenkloster S. Bernhard gestanden ist, bevor er seine Lauf-
bahn an der Wiener Universität begann, war ich nicht im Stande zu
erörtern.
Die so eben erwähnten Auszüge aus den Universitäts-Acten wurden mir
bereits vor einigen Jahren von dem seither verstorbenen Dr. Seherer mitgetheilt.
Hier erscheint Petrus de Pulka zum ersten Male im Jahre 1396 als Canonicus
Viennae promovirt zum Doctor der Philosophie. In demselben Jahre im ersten
Semester wurde er auch gleich zum Decan der philosophischen Facultät zum
ersten Male, im Jahre 1400 zum zweiten Male im II. Semester , und zum dritten
Male im II. Semester 1403 gewählt.
1404 erscheint er als Magister artium als Ankläger in der Sitzung der
theologischen Facultät am Aschermittwoche gegen einen ungenannten magister
artium. Weder die Person des Geklagten noch der Gegenstand der Anklage
erhellt aus den Acten *). In derselben Sitzung belangte er und Magister Nico-
laus Dinkelsbühl einen Augustiner Prediger, doch nahm die Facultät ihre
Anklage nicht an 2). Würden wir bei diesen beiden Anklagen, welche uns zei-
gen, dass Petrus de Pulka schon frühzeitig als selbstständig und als Redner
auftrat, den Gegenstand kennen, so könnten wir wohl einen Schluss ziehen,
welcher Richtung sich Petrus hingegeben habe. Aber auch bei der zweiten
Klage fehlt die Angabe des Objectes.
*)Kink:l. c. 11, p. 19, 1404 in die cinerum congrcg. facult. thool. propter
magistrumPetrum de Pulka qui accusavit quendam magistrum in artibus decano
faciiltatis propter quedam que dixisse debuisset in disputacionc de quolibet et
propter absenciam tnagistrorum nihil conclusuro fuit.
»)Kink,I. c.
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Im Jahre 1407 circa festum Gcorgii wurde er zum ersten Male zum Rector
gewählt. Wie wir aus seinem in dem Verzeichnisse enthaltenen Titel entnehmen,
war er nach Beendigung seiner philosophischen Studien und Erlangung des
gradus zu den theologischen Studien übergetreten, denn er erscheint als Bacca-
laureus formatus theologiae canonicus Viennae.
Kink in seiner Geschichte der Wiener Universität, dem wir für unsern Gegen-
stand so viel verdanken, spricht sich über die Richtung und Zeit der damaligen
Studien der Theologie folgendermassen aus: Die Theologie schied sich mit
scharfer Abgrenzung in zwei Theile, deren ersterer sich mit der heiligen Schrift
(sacra pagina) des alten und neuen Testamentes befasste, während letzterer die
4 Bücher der Sentenzen des Petrus Lombardus enthielt, und vorzugsweise die
scholastische Theologie genannt wurde. Nach sechsjährigem Studium der Theo-
logie konnte man sich um das Baccalaureat melden, und erhielt von der Facultät
irgend ein Capitel der h. Schrift angewiesen, über welches man unter Anleitung
eines Doctors vorzutragen hatte.
Nach 2 Jahren durfte man in gleicher Weise über die Sentenzen vortragen.
Demnach unterschied man Bachalarii biblici und Bachalarii sententiarii, beide
aber hatten von dem Vortrags-Curse, den sie durchzumachen hatten, den Namen
Cursores. Jener ßaccalareus, welcher das dritte Buch der Sentenzen begonnen
hatte, hiessBachalarius formatus. Doch erst nach 3 Jahren, also im Ganzen nach
einem eilfjährigen theologischen Studium konnte man sich zur Licenz melden,
welche in dieser Facultät zugleich mit dem Doctorate verliehen wurde. Wenn
wir diese Zeitangaben auf Petrus de Pulka anwenden , so sehen wir , wie die
Jahre zusammentreffen: i396 wurde er zum Doctor der Philosophie promovirt,
unmittelbar darauf widmete er sich dem Studium der Theologie und erscheint
nach einem eilfjährigen Zeiträume im Jahre 1407 als Baccalaureus formatus. Die
einzige Notiz, die wir über diese Zwischenzeit seiner Studien besitzen, findet
sich bei Kink, 1. c. 107, 117: Anno 1402 circa festum S. Michaelis in eon-
gregatione facultatis receptus fuit ad eursus legendos M. Petrus de Pulka,
cui fuit assignatus Lucas; das war also nach sechsjährigem Studium die Auf-
nahme als Baccalaureus.
Während seines Rectorates im J. 1407 wurde der Process des Bischofs
von Trient, Georg Lichtenstein, gegen Erzherzog Friedrich, welcher ihn gefangen
hielt, vorgebracht. Der Bischof hatte sich als Mitglied und eraeritirter Rector
der Universität brieflich an diese gewendet, und sie um ihre Verwendung bei
den Herzogen Leopold und Ernst von Österreich gebeten, damit er seiner Haft
entledigt würde i). Trotz des Eingehens der Universität in die Angelegen-
heit des Bischofs konnte sie nichts für ihn erreichen^).
Im J. 1408 unter dem Rectorate des M. Heinrich KizbüchP) wurde
Petrus de Pulka vom akademischen Senate in die Commission erwählt, welche
über das gegen Gregor XIL versammelte Concilium von Pisa ein Gutachten
abgeben sollte. Wir treffen unseren Petrus hier im Vereine mit den
*) Das Nähere über diesen Gegenstand s. Brandig, Friedrich IV., p. 38 fT. et 48.
*) Mitterndorfer, consp. p. 81. — Apfaltrer p. 75.
^) Mitternd. 83, Apfaltrer 1. c.
k
ausgezeichnetsten Namen, den besten Kräften der Universität. Die M. Rud-
gerus de Ruremonda, Joannes Verwart, Nieolaus Dinlceisbühl, Peter Seglauer,
Peter Dekinger, Theodor de Hamelburg, meist Männer, welche die höchsten
akademischen Würden bekleideten oder erlangten, waren seine Genossen. Das
Gutachten derselben bezüglich des Concils fiel dahin aus, dass die Universität
dem Concilium anhängen und Abgesandte dazu schicken soll, ohne jedoch dem
Papste den Gehorsam zu entziehen, bevor Nützlichkeit oder Schädlichkeit des
Concils für die Herstellung des Kirchenfriedens erwiesen sein würde *). Dieser
Beschluss wurde jedoch erst in Vollzug gesetzt, nachdem sich die Universität
mit dem Herzog Leopold, dem Bischof Berthold von Freising und den in
Wels versammelten Räthen des Herzogs über die einzuschlagenden Massre-
geln verständigt hatte. Eine Stelle bei Kink^) aus den Acten der theologischen
Facultät zeigt uns, dass Pulka bei diesen Vorverhandlungen thätigen Antheil
nahm, und beweist unsere früher aufgestellte Ansicht über sein hervorragen-
des diplomatisches Talent. Er nämlich und Mag. Rudgerus wurden von der
philosophischen Facultät dazu ausersehen, den Wunsch der Universität sich
an die Cardinäle anzuschliessen, und dem Concil anzuhängen, dem Herzog
Leopold von Osterreich und dem Bischof Berthold von Freisingen mitzuthei-
len, und dahin zu wirken, dass diese sich auch der Meinung der Universität
anschlössen ; Mag. Konrad Seglauer wurde an die Räthe des Herzogs gesen-
det, um auch diese dahin zu stimmen. Die Angabe bei Kurz, p. 15Jj, „dass
erst jetzt (nachdem die Abgeordneten zurückgekehrt waren) die Univer-
sität beschlossen hat, sich dem Collegium der Cardinäle anzuschliessen und
zwei Abgesandte aus ihrer Mitte zum Concilium nach Pisa zu schicken,"
wird hierdurch etwas modificirt; die Universität war bereits entschlossen
(oder doch wenigstens die philosophische Facultät), dem Concil anzuhängen,
und stellte es sich nun zur Aufgabe, den Fürsten und den Bischof von Frei-
sing dahin zu vermögen , dass sie der Meinung der Universität beiträten.
Dann erst wählte man die zwei Abgeordneten nach Pisa den Dominikaner
Franz von Retz und den Mag. Paul Dekinger.
1410 wurde Petrus de Pulka zum Doctor der Theologie und Professor
sacrae paginae ernannt, und in demselben Jahre im 2. Semester zum Decan
der theologischen Facultät gewählt^).
*) Apfaltrer 1. c. — Mitterndorfer 1. c. — Kurz, Albrecht II, p. 155.
*) Kink II. 37. 6: 1409. 22. Febr. Kt facultati artium placuit, quod universi-
tas deberet agere conformiter prioribus actis et firmiter astare dominis
Cardinalibus quoad Concilium corum (i. e. pisanum) et ad hoc idem debe-
rent induci prineipes et prelati , quantum possibile esset; et deputauit
magistrum Rodgerum et magistrum petrum de pulka ut isti hie in Vienna
suaderent domino prineipi et domino Frisiensi, ut facerent idem seeundum
quod prius obligarunt se; et ad congregacionem concilii principis deputauit
mag. Conradum Seglawer ad suadcndum idem et similiter deputauerunt
alie facultates suos et boc fuit conclusum. Act. fc. th. f. 123.
') Scberer's Auszüge.
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1411 war er Decan der theologischen FacuUät im I. Semester und
wurde dasselbe Jahr zum z weiten Male zum Reetor gewählt*).
In dieses Jahr, während seiner Amtswirksamkeit, fällt die Begünstigung,
welche die Universität erlangte, einige Personen als Tutoren und Conserva-
toren zu erhalten, welche vor Angriffen von Aussen und Willkür der Bürger
schützen sollten ^).
1412 bekleidete er die Decanatswürde der theologischen Facultät im
II. Semester 3), 1413 dieselbe im I. Semester*).
Wir nähern' uns jetzt dem Zeitpuncte , in welchem er mit einer der
grössten Aufgaben , mit welcher ihn die Universität ehren konnte, belastet
wurde.
Papst Johann XXIII. hatte zu dem ihm abgedrungenen Concil in einer
deutschen Stadt, in Constanz, auch eine Einladung an die Wiener Universi-
tät ergehen lassen, dasselbe durch Abgeordnete zu bescheiden. Am 25. Juli
1414 langten die Schreiben des Papstes an'; 4 Tage darnach, am 29. des-
selben Monats versammelte sich die Universität zur Wahl der Männer,
welche sie vertreten sollte ^).
Mehrheit der Stimmen entschied für den Magister Petrus de Pulka,Doc-
tor der Theologie, und den dom. Caspar de Meiselstein, Doctor decretorum
et Ordinarius lector in iure canonico*). Zugleich wurde beschlossen, dass
wenn auch andere Mitglieder der Universität jedoch auf eigene Kosten das
Concil zu besuchen wünschten , ihnen das zwar gestattet sei, doch unter
der Bedingung, dass sie mit den beiden Abgesandten, d. i. den officiell
Deputirten der Universität in ihren Meinungsäusserungen übereinstim-
men '^). Zugleich bekamen die Gesandten eine Art Instruction über mehrere
im Interesse der Universität zu betreibende Angelegenheiten. Es ist übri-
gens aus der von Kink mitgetheilten Stelle aus den Acten der philosophi-
schen Facultät zum 9. October nicht klar, ob die Gesandten an jenem Tage
bereits nach Constanz abgegangen waren und man ihnen diese Aufträge
brieflich zumitteln wollte, oder ob sie noch in Wien persönlich anwesend
waren.
Wahrscheinlicher ist das Letztere, da in der genannten Sitzung vom
9. October auch erst die Briefe an den Papst, den Kaiser und das Concil ver-
lesen wurden, obwohl der Zeitraum seit der Wahl der Gesandten (29. Juli bis
9. October) im Vergleiche mit der Eile, mit welcher die Wahl vorgenommen
wurde , ein ungewöhnlich langer genannt werden muss. Weniger seheinen
hierauf andere Vorbereitungen als vielmehr die Geldfrage eingewirkt zu haben.
Zu dieser Ansicht bestimmt uns der Umstand , dass zu dem Auszuge der
*) Eder, Apfaltrer.
2) Apfaltrer.
^) Scherer's Auszüge.
*) Kink, 1. c. II, 21—24.
5) Kink, 1. c. 11, 48, XVIIl, 1 et 2.
*) Kink, I.e. — Apfaltrer, 1. c. — Tilmez,, l. c. p. 101.
') Kink, K c. p. 49.
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Sitzung vom 9. October (bei Kink 1. e.) die Kostenbeitrage angehängt sind,
welche die einzelnen Nationen beisteuerten, und zwar, die österreichische
22 Pfund 32 Denare, die rheinische 43 Pfund 83 Den., die ungrische und
sachsische zusammen 22 Pfund 66 Denare*). Wir wissen nicht, für welche
Zeit und in welchem Ausmasse ihnen diese Summen zugewiesen wurden, nur
geht aus dem ersten Schreiben , welches sie aus Constanz an die Universität
richteten — im November — ^) hervor, dass ihre Bezüge zu gering seien.
Sie beklagten sich über die grosse Theuerung in Constanz, so dass sie mit den
ihnen angewiesenen Beträgen nicht auskommen könnten.
Das nächste Schreiben ist vom Ende des Jahres 1414 und wurde in der
Universitäts-Sitzung vom 4. Jänner 1415 vorgelesen. Es enthält eine für die
Universität höchst wichtige Nachricht, nämlich das Gerücht, der Papst wolle
alle deutschen Universitäten aufheben. Es entstand die Frage, ob man sich
in dieser Angelegenheit an den Herzog wenden soll? — Die Universität
beschloss aber, dies nicht zu thun , sondern ihre Vertheidigung ihren eige-
nen Abgeordneten ans Herz zu legen ^), ein Beweis mehr, welches Gewicht
man auf die Tüchtigkeit der Abgeordneten legte. In einer anderen Angele-
genheit jedoch wollte sich die Universität an den Herzog wenden, um ihn
zu bewegen, dass seine Gesandtschaft in Cojistanz die Abgeordneten der
Universität in der Erlangung der Jurisdiction der Universität über die Kleriker
unterstütze *).
Alle diese Notizen über die Wirksamkeit unserer beiden Gesandten
haben wir nur aus den Verhandlungs - Acten der Universität entnommen
*) Kink, 1. c. II, 49, 3 : Item placuit facultati artium , quod si ambasiatores
viderent oportunitatem, quod moverent in concilio de syinonia, de promo-
cione inutilium ad beneficia ecciesiastica et de ceteris defeclibus et exor-
bitancijs in ecciesia dei (folgen die Kostenbeiträge).
^) Kink? p. 49, 4. Wir kennen dieses Schreiben nur aus dem Excerpt der
Universitätssitzung vom 27. Nov. Klagen der Gesandten über die Theuerung
„ita quod unus cum uno equo cottidie indigeret de uno floreno, et quod
„pecunia eis assignata non sufficeret."
•^) Kink n, 49, S.Aus den Excerpten der Acten der fac, art. : 4. Tan. 1415 con-
gregata universitas ad audiendum quandam literam per nuncios universitatis de
concilio constanc. rectori transmissam, in qua continebatur, quomodo dicebatur
in Constancia, quod prepoüitus patauiensis seil, wenceslaus diceret, se posse
et velle procurare , quod dominus papa reuocaret omnes universitates
alamanie. Die Universität wählte einen Ausschuss, um hierüber zu berathen,
und weiter wegen der Frage, ob man sich in dieser Angelegenheit an den
Herzog wenden solle: „et placuit Universität! quod non, sed quod univer-
sitas scriberet suis nuncijs quod defenderent universitatem in honore suo,
et quod eisdem nuncijs destinarentur litere ejusdem wenzeslai Universität!
directe et declarancia bulle papalis dominorum canonistarum et alia iuuamenta.
*) Kink 11,49, 7: 1416, 18. Jan. Tertius articulus fuit de iurisdictione habenda in
clericos universitatis et per ambasiatores in Constancia obtinenda. Placuit
Universität!, quod dominus rector caperet de officialibus suis quos vellet , et
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welche Kink in seiner Geschichte der Wiener Universität im II. Bande im
Auszuge mittheilt; erst jetzt gegen Ende des Jänner, 141^ fangen unsere
Originalbriefe an. Von nun an gehen sie fort bis zum Jahre 14i8. Es kann
nicht Aufgabe sein, bei der Skizzirung der Daten über das Leben des Petrus
de Pulka, in das Detail der Briefe einzugehen. Sie enthalten des Interessanten
über die Vorkommnisse im Concil , über König Sigmund , Huss u. s. w. viel.
Gegen Ende April *) reiste Kaspar von Meiselstein von Constanz ab
zurück nach Wien, denn Pulka erwähnt ihn als Mitschreiber seines Briefes
vom 18. April, aber als bereits abgereist. Da die Universität, wie es scheint,
beleidiget war, dass die Abgesandten ihre früheren Briefe nur an den Rector
und nicht an die ganze Universität richteten so addressirt jetzt Petrus an
den Rector und das Doctoren- und Magister-Collegium, und entschuldigt
sich, dass sie die Vorkommnisse für nicht hinreichend wichtig hielten, um die
Versammlung des ganzen Körpers zu rechtfertigen. Zugleich verspricht er,
dass sein College Meyselstain ihnen mündlich das Entgangene ergänzen werde.
Der Einwirkung Pulka's ist es auch zuzuschreiben, dass die Universität am
8. Mai 1415 beschloss ^) sich nach dem Beispiele der Pariser Universität gänzlich
an das Concil anzuschliessen, und zwar mit Einstimmigkeit der Facultäten ^).
Auf 3 Punete, deren Pulka häufig in seinen Briefen erwähnt, wollen wir
die Leser derselben vorzugsweise aufmerksam machen , es sind dies seine
Bemühungen, überall das Lob des Königs Sigmunds anzubringen, sein Andrin-,
gen an die Universität, die rotulos hinsichtlich der Pfründen- Verleihung
einzuschicken, dann die Angelegenheit des Propstes von Passau Wenzel
Thiem, des zur Verantwortung gezogenen Anklägers der Wiener Universität*).
Bis zum Mai 1418, blieb Petrus de Pulka in Constanz, bis zum Schlüsse des
Concils ; zurückgekehrt nach Wien hielt er am 31. Mai seinen Bericht über die
Ergebnisse seiner Bemühungen „congregata universitasadaudiendum relacionem
ven. mag. nostri magistri Petri de Pulka doctoris sacre pagine ambasiatoris
universitatis nostri reuersi de constanciensi concilio que audita fuit et facultas
arcium valde contenta erat de suis magnis diligencia sollici-
tudine et laboribus et sibi humiliter regraciabatur^).
dominum principem accederet supponendo eidem, ut ipse dignaretur scri-
bere sue ambasciate, ut in hoc articulo asslsterent ambasiate universitatis
pro dicta iurisdictione obtinenda.
*) Tilmez, p. 105, gibt bestimmt den 1. Mai an.
=*) Kink II. 50, 8: „congreg. vniu. ad audiendam literam ei transmissam per
mag. nostrura petrum de pulka de concilio. In qua hortatus fuit universi-
tatem, quatenus ad instar universitatis paris. scriberet concilio, se velle
assistere et adherere sibi penitus atque determinacionibus suis. Et ex
unanimi consensu facultatum placuit sie fieri.
^) Am 5. Juni 1415 ist bei Kink die Notiz, dass 20 Goldgulden an die Gesandten
beim Concil geschickt wurden. Kink II, 50, 10, und am 2. Aug. d. J. 36 Gold-
gulden 1. c. II, 50, 12.
*) S. Kurz, Albrecht II, 1, p. 201, ff. —Tilmez p. 97, ff. -Kink 1. c. II, 50, 13.
5) Kink II, 51, 17.
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Einige Male treffen wir ihn noch in den späteren Jahren seines Lebens
in den Acten der Universität.
Im J. i419 trug ihm die Universität die Vertheidigung gegen einige
irrige Lehrsätze auf, weiche in der Juristenschule aufgetaucht waren.
In demselben Jahre nahm die Universität zur Schlichtung der Streitig-
keiten bezüglich einer Irrlehre in Betreff der 24 Heiligen die in Judenburg
verehrt werd en , seine Kräfte in Anspruch *). Nicolaus Dinkelspühl musste
die Widerlegung gegen dieselbe verfassen , und an den Archidiacon und
Orts-Pfarrer schicken , Petrus de Pulka aber von Seite der Facultät abge-
sondert an diese Beiden schreiben.
1421 wurde er zum dritten Male zum Rector gewählt im October-).
Während dieses Jahres erhielt die Universität von der Bürgerschaft Wiens
die, bei der in diesem Jahre stattgefundenen ersten Judenverfolgung zer-
störte Synagoge zum Geschenk.
Bezüglich seiner Studien ist die Notiz interessant, dass er und Nicolaus
Dinkelspühl im Jahre 1420 beauftragt wurde, sich bei dem Herzoge und ande-
ren Orten für die Erlangung einiger hebräischer Bücher zu verwenden. Da
die Einführung der hebräischen Sprache als Lehrfach erst in späterer Zeit
geschah, so lässt uns diese Notiz einen Blick in die literarische Thätigkeit
unseres Petrus machen ^).
Im Jahre 1421 wurde er von der Universität beauftragt zugleich mit dem
Mag. Bartholomeus, Doctor der Theologie, den Streit zwischen dem Magister
Lauringus und Magister Paulus de Praga über einige häretische Ausdrücke zu
schlichten *).
Im Jahre 1423 wird er wieder erwähnt als Testaments-Executor des
Dr. Ulrich Grünwalder. Petrus de Pulka , Theodorich de Hammelburga und
Thomas Ebendorffer als Testaments -Executoren kauften nach dem letzten
Willen des genannten Doctors der Medicin für eine legirte Summe das Haus zur
rothen Rose nächst den Dominikanern als Stiftung für vier Schüler, woraus die
bursa rosae entstand^).
Dieses ist das letzte Erscheinen Pulka's , welches wir urkundlich mit
Sicherheit annehmen können. Apfaltrer führt zwar an, dass die letzte,
Erwähnung Pulka's im Jahre 1432 in den Acten der theologischen Facultät
geschehe, deren Decan er in diesem Jahre gewesen sein soll, allein
die schon öfter erwähnten Excerpte, welche mir Dr. Scherer aus den
Universitäts-Acten mittheilte, sagen ausdrücklich, dass es irrig sei, dass er
im Jahre 1432 Rector gewesen. Vom Jahre 1423 an also erlischt sein
Andenken, und wir können nicht mit der geringsten Sicherheit auf sein
Todesjahr schliessen, wenn uns nicht der Umstand seines Nichtmehrerschei-
nens muthmassen lassen durfte, dass nur sein bald nach diesem Jahre erfolgter
») Kink II, 22, 7.
*) Scberer's Extracte et Apfaltrer.
*) Kink I, p. 106, Note 115.
*) Tilinez conspectusp. 118.
*) Kink I, 143, Note 167.
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Tod die Ursache gewesen sein dürfte, dass die Universität seine reichen Kennt-
nisse nicht mehr in Anspruch genommen habe. Wenn wir daher beiläufig die
Zeit seiner Geburt ura 1370 setzten, so dürfte er ein Alter von nahe bei 60 Jahren
erreicht haben.
Tepzeichniss der wichtigsten Schriften Peters von Palka.
(S. Apfaltrer, Scriptores p. 101 et Denis.)
1. Lectura super Lucam.
2. Lectura in epistolam ad Roman.
3. Petri de Pulka et Alexandri ab Alexandria lectura in epist. ad Roman.
4. Exposicio literalis in epist. ad Roman.
5. Super epistola ad Corinth.
6. Pars I. dubioriim in I. ad Corinth. (In bibl. palat. caes. Denis II, p. 308.)
7. „ II. „ „ I. etc. Denis II, 308. Commentaria scholastica in
I. Pauli ad Corinth. epist. etc.
8. Sermones de Pestis.
9. Sermones ad concilium. Hofbibl. Sermones varii, quos inter Petri Zach de
Pulka in festo Petri et Pauli in concilio Constant. Denis II, p. III, 1959;
dann Denis I, II, 1560. Sermones aliquot Petri de Pulka ambasiat. Univ.
Vienn. ad concil. Constant. 1416 in illud: ostendite vossacerdotibus Luc.
17. item in illud: Tu es petrus Math. 16. etc. p. 1981.
10. Tractatus contra Hussitas cod. 474. Klostern. Stiftsbibl., s. Zeibig,
Archiv d. Akademie V, p. 313.
Denis führt noch mehrere Manuscripte an, welche er dem Petrus de Pulka
zuschreibt, so z. B. pag. 1S55 und 15S6, III, fol. 24, pag. 15Ö9, 416. Mss. cod.
pol. In demselben Codex pag. 197 ist die oratio legatorum academiae Viennen-
sis bei ihrer Ankunft bei Papst Johann und dem Constanzer Concil. Denis
schreibt diese Rede dem Petrus de Pulka zu.
Ebenso XI, fol. 200 und XX, fol. 312.
Endlich erwähnt Denis cod. pol. 416, I, 2, 1S54 eines codex chartac.
lat. sec. XV, fol. 340, 4. der die Notiz enthält : Iste liber datus est pro
libraria domus ex parte R. M. Petri de Pulka sacre theolog. professoris
eximii cuius anima feliciter requiescat in sancta pace amen.
I.
Ende Jänner 141S.
(Petrus von Pulka meldet, dass die Gesandtschaft des Petrus de Luna^)
am 12. Jänner vor König Sigmund erschien, dessgleichen am 13. e. die
Gesandtschaft des Königs von Aragonien, um den K. Sigmund einzuladen.
*) Zur Unterstützung des Gedächtnisses fügen wir bei, da Petrus de Pulka die
drei Päpste immer mit ihren Familiennamen bezeichnet: Balthasar Cossa ist
Johann XXIIL, Angelo Corario:= Gregor XII. Petrus de Luna =Benedict XII.
13
Johannes Dominicus legatus a latere des Papstes Angelo Corario über-
bringt die Botschaft des letzteren, auf alle Weise zur Einigung der Kirchen-
spaltung hinwirken zu wollen.
Sitzung des Concils wegen der Ankunft der Engländer verschoben. Man
fürchtet, djis Coneil werde bis Ostern dauern.
Huss im Kerker, Andringen der Böhmen auf seine Freilassung, Widerstand
der Nationen, Schwanken des Königs.)
Parata semper et debita obsequia servitutis ! Praeeeptor noster ac domine
recolende. Scientes certissimum quod dominatio vestra ceterorumque domi-
norum nostrorum magistrorum ac doetorum reverentiae ardentissime desi-
derant sepe de proeessu sacri Constantiensis concilii ac unione et reforma-
tione eeclesiae percipere et quasi erectis auribus auscultare et revera plerisque
offerentibus se nunciis raro scribimus, quia deest materia digna scriptis, post
ea namque, quae nuper scripsimus nichil pene actum est nisi quod amba-
siata Petri de Luna 12™a die Januarii coram Romanorum rege comparuit
perorando. Et ambasiata regis Arragonum die sequenti, et non plus
continebat ipsorum propositio saltem publica in effectum ; nisi quod deside-
rarent , quatenus ipse d. rex Romanorum dignaretur cum ipsis convenire in
mense Aprilis in civitatc Metensi vel quodam alio loco et ipsl secum vellent
tractare de quibuslibet modis congruis Dei ecclesiam reformandi. Speratur
tarnen, quod forte alia magis congrua regi ad partem retulerint, quam sint
illa. Johannes Dominici legatus a latere Angeli Corario cum sibi
adjunctis obtulerunt eundem Angelum paratum omnem viam rationabilem
uniendi ecclesiam Dei usque ad cessionem inclusive dummodo, alii duo parati
sint similiter ad cedendum. Intelleximus, quod Rex sit optimae spei; alii
vero de opposito valde formidant. Sessio alias a IT'"» die Decembris usque ad
14tmn (Jiein Januarii dilata, postea dilata fuit ad 24t"m diem ejusdem ad expec-
tandum Anglicos et alios ad instantiam regis; Anglici venerunt (ho) die
ante solempnia missarum 21ma die Januarii et quia non erant ad sessionem
praevisi instantibus etiam Francigenis ipsa sessio dilata est ad 4'"™ diem
Februarii; hinc perpendimus , quod nisi D. rex per amicabiles tractatus se
interponit non finietur concilium ante .Pasca. Idcirco dignemini nobis super
prius sepe scriptis celeriter respondere, nuncii domini nostri principis sepius
ascendunt, per quos rescribere nobis poteritis quidquid vultis. Johannes Huss
detinetur adhuc in carcere et respondit ad sibi objecta, cujus responsiones
una cum tribus suis codicibus scilicet libro de ecclesia , replicatione cum
magistro Stephane Palezz, et alia replicatione cum magistro Stanislao factae
materiac praesentatae sunt domino Cameracensi Cardinali quatenus cum aliis
magistris eas videat, qui ad haec plures deputavit magistros. Bohemi importu-
nissime instant apud regem pro ejus relaxatione allegantes salvum conductum
regis esse violatum cum tarnen ipse in scriptis fassussit, se sine salvo conductu
venisse, e contra nationes InstaDt, ut annuat ipsum servari in carcere ne evadat
^) Capt. 28. Nov. Uli.
14
sicque rex ad illam nunc partem ad aliam se inflectlt. Propicio Altissimo omnes
nos filii vestri tarn religiosi quam seculares sospitate potimur optata, qua et vos
et omnes nostros eonfratres perfrui exoptamus.
Vestri Petrus de Pulka et
Caspar Mayselstain.
Venerabili ae egregio domino Nieolao de Hebersdorf reetori alme univer-
sitatis studii Wyennensis doctori medicinae eximio vel ejus vices gerenti prae-
eeptori suo ac domino recolendo.
(Göttw. Bibl.)
11.
7. Februar 1415.
(Wenig Neuigkeiten, Verschiebung der Sitzung vom 17. December auf
den 14., dann 24. Jänner endlich auf den 4. Febr. Wurde auch an diesem
Termin nicht gehalten, wegen des Streites über die Art der Abstimmung.
Die Gesandten hoffen auf Gottes Hilfe für die Kirche , und auf die Abdica-
tion aller drei Päpste.
Huss im Kerker. Cristanus Brachadicz angekommen, und in Haft genom-
men. Gerüchte hierüber.)
Subjectivam semper promptitudinem ad quemvis debitum famulatum.
Venerabilis praeceptor noster ac domine; Scientibus vestris ac aliorum
dominorum nostrorum magistrorum ac doctorum desideriis quibus de sancte Dei
ecclesiae unione ac reformatione semper erectis auribus audire cupitis crebris
scriptis satisfacere nuUatenus ineuria vel negligentia differemus si aliqua nobis
digna relatibus se ofFerrent. Sed ultra priussepius scripta et prasertimproxime per
servitoremmagistri Ja cobi de Paden niehil oecurril, nisi quod sessio primum
ad 17 diem Decembris statuta et post ad 14 diem Januarii dilata et tertio ad 14
diem^) ejusdem mensisprorogata ulteriusad 4*"™ diem Februarii fuit suspensa et
quia de scrutinio votorum an scilicet per nationes aut singula capita habendum
foret, inter nationes quaestio oriebatur volentibus Anglicis Germanis et Galileis
scrutinium debere fieri per nationes, sicut in nostra universitate per facultates,
Ytalicis vero per capita singula, non est adhuc aliqua sessio celebrata nee alius
terrainus celebrandae sessionis constitutus. Et sie in accessoriis tot emergunt
eontrarietates, quod de principalis materia decisione per sententiam aut diflPi-
nitionem concilii vix potest esse spes tenuis, nisi forte altissimus mentes humanas
inspirando ecclesiae suae misericordissime dignetur succurrere; verum confidimus
de alio processu tractatus amicabilis, de viacessionis omnium de papatu conten-
dentium de qua cessione multum spem erigit, quod dominus noster dominus
Johannes XXHI sepe domino regi presentibus etiam aliis principibus
dixit, quod omnino vellet dare pacem ecclesiae nee ab urbe Constantia
recedere hoc infecto , etiam si oporteret papatui renunciare vel etiam
dexteram perdere, et ambasiatae PetrideLunaetAngeliCorarioad idem
*) I. e. 24. V. lit. 1.
18
suos dominos offerunt. Ex eo vero multi timent, quia fertur, quod multi temp-
tentur promissionibus pecuniarum et aliis modis ut Dominum nostrum in
papatu teneant Pysano concilio insistendo ; hec tamen quasi pro nunc secreta
scribimus requirentes propter bonum ecclesiae et ad obstruendum ora oblo-
quentium, quatenus nonnisi juratis universitatis et sub secreti speeie velitis
alieui revelare. Quam diu stare possumus, stabimus, sed expensis deficientibus
revertemur, nisi ad prius vobis scripta aliud nobis respondebitis aut comise-
ritis per mandatum. Dignemini quaesumus ad plurima vobis ante scripta
saltem uno verbo literaliter respondere; quia etiam notari possemus tanquam
sine vestre sollieitudinis cura hie moremur; eo quod aliis privatae personae,
quarum non gerunt negotia scribunt, nos autem quasi abortivi nee uno quidem
apice scriptotenus aut unica saltem salutatione verbali a dominatione vestra aut
aliquo tanto temporis curriculo meruimus consolari. Johannes Huss servatur in
earcere ut prius. Supervenerunt alii ßohemi unus quidem episcopus asserens se
eonfessorem regis Bohemiae eundem regem excusans quod nunquam ipsum
Huss aut Wiklefitas foverit sed quod ipsum Huss ad conciliura pro examine
suae doetrinae curaverit destinare. Post cito supervenerunt alii nuncii ejus-
dum regis Bohemiae, inter quos est magister CristannusBraehadicz astro-
noraus dicti regis rector ecclesiae Scti. Michaelis Frage qui asseritur ipsius Huss
complex et sibi par aut eo pejor et est arrestatus. De isto asseritur quod
novae favendo haeresi eorum qui in ßohemia docescunt, quod sicut baptis-
mus est de necessitate salutis juxta illud Job. 3''" „Nisi quis creatus fuerit etc."
ita Omnibus fidelibus necessarium esse ad salutemsub utraque speeie panis vide-
licet et vini eucharistiae sacramentum suscipere, quia eque praeceptive dicitur
Job. 16*" „Nisi manducaveritiscarnem filii hominis etbiberitis ejus sanguinem non
habebitis vitam in vobis" et ideo in sua parochia etiam laycy sacramentum
eucharistiae admittit sub utraque speeie ministrare.
Vestri Petrus dictus de Pulka , et
Caspar Mayselstain etc.
Reverendo ac eximio domino magistro Nicoiao de hebersdorf medicinae
et artium professori rectori alme universitatis studii Wyennensis aut ejus vice-
gerenti domino suo favoroso d. d. Feria 6. marcij 1415.
(Göttw. Bibl.)
III.
18. April 1415.
(Meyselstein abgereist. Wird mündliche Mittheilungen machen. Inder auf
den 18. April verlegten Sitzung wurde beschlossen, dass der Papst von jeder
Nation Procuratoren wühlen soll, welche auf Begehren des Concils die Abdan-
kung in seinem Namen thun können. Man soll den Papst zur Röckkehr nach
Conslanz bewegen, oder ihn der päpstlichen Würde entsetzen.
Beschluss der Pariser Universität , die Entfernung des Papstes zu
bedauern.
Schreiben des Papstes an die Herzoge von Bethun und Orleans und an
den König von Frankreich.
16
An den König von Böhmen. Schreiben der Pariser Universität an das
Concil.
Vorladung des Hieronymus von Prag.
Die Wiener Universität soll auch nach der Flucht des Papstes ihre
Anhänglichkeit an das Concil darthun. Sie soll auch den Herzog von Öster-
reich dazu ermahnen 1).
P. S. Abreise zweier Cardinäle zum Papst, um zu unterhandeln. Prote-
station des Hieronymus von Prag.)
Orationes cum debito ac parato in omnibus famulatu. Venerabilissimi
preceptores ac domini ! De omnibus in sacro concilio usque ad recessum
venerabilis domini Caspar i Mayselstain College mei carissimi gestis
reverentias vestras ego secum in comrauni ipso teste distincte inforraauimus
et diffuse per literas plurimas et extensas, quas tamen ex certa industria
non totius universitatis sed solius domini nostri rectoris epytaphyo volui-
mus superscribi, quia videlicet quaenam tarn exigua occurrebant quod ea
nee relatione digna in tanta communitate eensuimus nee tantas vestras reve-
rentias ad generalem congregationem pro tarn exilibus fatigandas. Idcirco in
una de primis meis literis eidem domino nostro rectori scripsimus, quatenus si
relatione digna censeret que scribimus, ad arbitrium suorum consiliariorum ea
referre dignaretur, et idem de omnibus sequentibus intelligi volebamus. Verum
cum in dominationum vestrarum litera , quam per dominum Hermannum
Piressum recepimus, intelleximus vobis placere ut toti vestre communitati
scriberemus, id facere curauimus diligenter. Si quae autem minus sufficienter
forte scripsimus aut scripta forte presentata non essent, dictus dominus
Caspar seripto suflFicientius ennarrabit. Post cujus discessum licet Sabbatho
precedenti quasimodogeniti^) fuisset concilii sessio decreta ad diem Martis^)
quo ipse recessit: tamen dominis cardinalibus, tractatum de procuratoribus
per dominum nostrum papam ad renunciandum papatui constituendis et for-
mam proeuratorii interponentibus usque hodie est dilata, et hodie*) cum
solitis solemnitatibus celebrata; in qua ut summariter referam quia formam
tam cito habere nequeo, diffinitum est, quod dominus papa,qui iuxta
d elib erationem presentis concilii papatui cedere se voto
juramento et promi ssi o ne ass tr i n xit, constituere habet de
qualibet natione procuratores nominatos 4 vel eorum duos
cum aliis quos voluerit, quorum duo quilibet etiam eo vel aliis invitis renun-
tiare valeant ad ipsius concilii requisitionem tempore opportuno, cum pacto
quod non habet eos revoeare nee de nihilitate ipsorum vel defeetu formae
proeuratorii in oportunis clausulis excipere ymo pro suppletis habere omissas.
Et si cohtraveniret eo facto ejectus debet esse a papatu. De hoc quoque per
) S. Kink II, 50, 8. 1415. in vigil. ascens. congreg. vniu. ad audiendam literam
ei transmissam per magistrum nostrum petrum de pulka de concilio. In qua
hortatus fuit universitatem, quatenus ad instar universitatis paris. scriberet
concilio, se velle assistere et adherere sibi penitus atque determinationibus
suis. Et ex vnanimi consensu facultatum placuit sie lieri.
2) 6. Apr. 3) 9. Apr. *) 18. Apr.
17
certas solempnes ambasiatores ex sacro d. cardinalium collegio et natio-
nibus singulis nominatos humiliter et deuote est hortandus ut sie faeiat et
si nollet acquieseere, preeibus et hortatibus nomine eoneilii legitime requi-
rendus. Item quatenus ad Constantiam ad implendum promissa sua et vota
redeat, vel saltem ad Ulmam Ravensburgam vel Basileam divertat, nee inde
sine eonsensu eoneilii recedat , aut ante sui promissi et voti impletionem.
Alioquin eo facto sit ejeetus a papatu. Si vero infra duos dies ab hujusmodi
requisitione computandos non acquiescat requisitioni vel infra 10 dies ad
unum dietorum 4 loeorum se non transferat, eitandus sit per edictum pubii-'
cum ad respondendum , qualiter exigentibus suis contumatia et diversione ab
executione promissorum et aliis' non (?) declarandus tamquam fautor scis-
matis de papatu ejiciendus. Item quod dominus vieeeaneellarius deberet exer-
cere officium suum, signando supplicationes , executionem justitiae concer-
nentes; alioquin esset contra ipsum per concilium procedendum legitime
via juris. Item decernebatur, quod ad reges principes comunitates et uni-
versitates etc. ad quos videretur expediens, scribendum «sset per ipsum con-
cilium de reeessu domini papae et legitima excusatione d. regis et totius
eoneilii, quod videlicet nee causam nee occasionem rationabiliter movere deben-
tera eidera prestiterunt. Ad quod movebatur concilium quadam fama satis pub-
lica quod dominus papa aliquibus scripserit multas causas sui recessus cul-
pando dominum regem et alios de multis minus bene, sicut clara luce com-
pertum est, nam herl ambasiatores universitatis Parisiensis in natione Galli-
cana publice vocitatis etiam aliis legerunt literas ejusdem universitatis datas
2''> die Aprilis in plena sua congregatione apud s. Bernhardum, quibus scribunt,
quod in vigilia Paschae ^) de reeessu papae percipientes plurimum fuerint
contristati quodque domino papae scripserint commendando suam promis-
sionem cessionis pure et simplicis sed non ejus recessum , ymo suadendo
reditum sui ad gregem sub stilo suasiuo et familiari cujus copiam eidem
literae insertam transmiserunt eisdem. Item scripserunt domino duci
Friderico Austriae cujus copiam non publicauerunt, quia forte non erat
transmissa. Item transmiserunt copiam bullae, quam dominus papa ad prin-
cipes F r a n c i a e et nominatim ad duces Bythuriae etAurelianensem^)et
puto regem Franc iae scripserat de suo reeessu, allegans metum qui cadere
poterat in constantem deditque nunciis certas instructiones, quibus de hoc
eosdem possent de metu rationabili informare, quarum copia in eisdem transmissae
tunc publicabantur, quae Deo teste nimis parcendo veritati, causas varias sui
recessus et maxime metum et irrationabilitatem processus eoneilii ac affcctum
suum maximum ad effectum perducendi comodius sua vota etc. continebant
culpando in eisdemgravissimetrespersonassincerissimasquas
fere consumit et comedit zelus domusDei videlicet Dominum
regem, dominum patriarcham Antiochenum et dominum Sares-
burgensem doAnglla quorum sinceritatem zeli extollit praesens totasynodus
sacrosancta. Similia scripsit idera dominus papa regibus Bobemi ae quem
etiam Homanorum regem vocitat et Cr acou i ae. Item scripsit eadem uniuersitas
1) .iO. .Mhiä. ^) Bcthunc? mnl ürhüins.
Archiv. XV. %
18
Parisiensis toti concilio satis late, ipsum animando, quatenus non obstante recessu
d. papae viriliter ageretperficiendobene coepta et commendando hucusque gesta,
promisit se eidemadhaesuram, credituram et obedituram in omnibus decernendis,
quae hodie in sessione aperiebatur et publice legebatur. Item tunc in eadem
sessione decernebatur citatio publica per edietum ipsius Jeronimi de Praga
includens salvum conductum ad justitiam quem publicis intimationibus affixis
valvis ecclesiarum et domorum in octava pascae petiverat adhue domino
Kasparo praesente ad respondendum cuilicet sibi in causa fidei volenti obji-
cere, de qua est plurimum infamatus quatenus infra 15 dies compareat si
tunc fiat sessio, alias in proxima sessione sequenti; alias etiam contra ipsum
absentem mediante justitia proeedetur cujus tunc etiam copia legebatur. Item
deputabantur comissarii in causa fidei de articulis 45 Wykleff et 260 et
libris ejusdem et Johannis Huss ad procedendum usque ad diffinitiuam senten-
tiam exclusive. Haec summarie quantum memorari potui perstruxi ; copias vero
praedictorum procuratorii etc. quas.repentino recessu nuncii (mittere) nunc
nequeo, cum aliis literis in brevi formaliter destinabo. Attentis praescriptis
dominationes vestras paternas exhortor in domino, quatenus ex eisdem ac domini
Kaspari verbalibus relatibus ubicunque expedire censueritis velitis excusare
dominum regem et totum concilium et mendosas adversariorum relationes aut
scripta si quae forte ad vos vel alios circumsedentesadvenerint excludere et veri-
tatis evidentiam quam nedum ex praemissis sed et domini Kaspari et reveren-
dorumpatrum domini n. abbatisMellicensis et praepositi Neuburgen-
sis et reverendi domini Pataviensis testimonio affirmare poteritis securiter,
studeatis penitus exsuffiare. Insuper multum expedire estimo pro nostrae
universitatis honore, quatenus acceptis literis concilii domino nostro duci
et eidem mittendis quantocius fieri poterit, rescribat ipsi concilio , quatenus
non obstante recessu domini papae, et quorumcumque sibi assistentium
assertionibus velitis plene stare determinationi concilii secundum formam
procuratorii per vestros legatos destinati nee ab ea quomodolibet declinare,
committendo mihi, jam unico vestrarum dominationum legato et syndico,
quatenus cum aliis ejusdem nostrae matris alumpnis haec offere habeam, ut
ipsa nostra u ni versi tas matris suae universitatis Parisiensis
vestigia quanto vicinior ceteris pedissequa tanto plenius insequatur. Sed et
dominum nostrum principem ad simile hortari dignemini , quatenus Juven-
tus nullatenus aetate seniorum prudentiae maturitate considerationis rerum,
quae tractantur maximarum valeat comparari. De gestis et successu domini
nostri Friderici ducis Austriae licet dominum nostrum non raodicum
tangat scribere nescio, nee ad vestras reverentias vel ad me pertinere cen-
seo, nee dubito quin domino nostro generossimo D. Alberto plus quam mihi
constet, cum certiores et ad illa diligentiores me habeat relatores. Scriptum
festinanter et inemendate 18 die Aprilis anno d. 1415.
Humillimus vester Petrus dictus de Pulka.
Credens nunclum repentine recessurum literas etiam inemendatas clausi
nee eo hucusque manente emendavi, sed Interim occurrentia decrevi adjicere.
Quod videlicet 19 die Aprilis duo cardinales scilicets. MareietFlorentinus
19
cum singuliirum nationum deputatis profecti sunt ad dominum papam
Friburgum quo se de Laufenburga transtulit ad requirendum eum et seeum
traetandum super diffinltis in proxima sessione. Item 21. die Aprilis quidam
publieavit in valvis eeelesiarum quod Jeronimus de Praga in Swabaeh prope
Nurembergam sub testimonio quorumdam Nobilium Bohemorum hie Con-
stantiae existentium per sua sigilla testificantium publicauerit, quod hie
Don potuerit habere audientiam petitam ad declarandum et probandum suae
doctrinae veritatem et innotescentiam deflere se impositis (?) nee hie esse con-
cilium generale sed syuagogam Sathanae. Quod sieut est utrum adprobabit
literas d. papae directas regibus ß ohem ia e et Craeoviae etc.
Venerabilibus et sapientibus dominis n. rectori ceterisque egregiis doc-
toribus et magistris almae universitatis studii "Wyennensis suis preceptori-
bus metuendis dd. (Gottw. Bibl.)
IV.
27. April 1415.
(Mittheilung über seine Correspondenz. Unsicherheit der Geldbeforderung.
Bemühung des Concils zur Einigkeit zu gelangen. Abreise des Papstes von
Laufenburg. Gefangennehmung des Hieronymus von Prag.
Fortsetzung der Versammlungen de articulis Wyclef. doctrina et per-
sona damnandis. Feierliche Procession des Concils mit dem K. Sigmund.
Lob des Königs und seines Eifers. Jurisdiction über die Kleriker von Seite
der Universität.)
Orationes cum devoto semper ac dedito famulatu. Paternas vestras ac
raetuendas reverentias de omnibus hie per sacrum concilium actis ac gestis
in communi ego eum domino Caspar collega meo fidissimo plurimis literis
diffuse informavimus et apud tam certos nuncios, quod de praesentatione
iterarum non erat nobis hesitandi occasio. Scripsimus equidem in crastino
Paschae per familiärem dominum Johannemde Westvalia, ante domini-
cam Palmarum per r. magistrum Johannem de Hamelburg circa
dominicam Reminiscere per quemdam civem Budensem Michaelem Laute!
nomine et antea per Achacium baccalaureum etc. et alios plures dominorum
praesentium iMellicensis etNeuburgensis nuncios antea ymo de Monaco ;
verum quod plures literarum solum tytulo domini n. domini rectoris superscri-
beudo insignivimuseo quod qucnam occurrcbant tam parva quae totius universita-
tis congregatione judicabamus indigna ; irao cxhibitionem in una primarum
literarum eidem domino rectori cum suis consiliariis commisimus idem de
reliquis innuentes. Scd et post recessum dicti domini Kaspari de Interim
actis per quemdam presbyterum dominum Wylhelmum insinuavi ut valui sub
datis 20 die Aprilis aut 21™». Post in crastino scilicet 22 die ejusdem praecep-
toris niei domini et magistri Nicolai de Hobersdorf rectoris literas per
dominum n. Pracmonstratcnsem exhibitorem praesentium consolatus acccpi,
scribentis de parata pccunia pro sumptibus nobis mittenda , quae proptcr
viarum pericula tunc milti non potuerit. Revera pericula invalescunt maxime hie
prope Constaiili.im qnia onmes Swcvi et Bavari se praeparant, et pracparavorunt
2'
20
exierunt et exeunt contra dominum nostrum dominum Fridericum ducem
Austriae ad invadendum suas civitates fortalitia et terras, et dicuntur jam
ab 20 civitates castra et fortalitia notabiles nuUo resistente obtentae. Idcirco
decrevi a venerabili praeceptore meo magistro Nicoiao de Dinkelspuhel
20 florenos recipere, quos nomine cujusdam Scolaris recepit ad depositum,
cui cum reverentiis vestris scripsero persolvetis. Nulla de statu eoncilii ultra
tunc scripta notabilia oceurrerunt, nisi quod omnium animis firmatis quantum
in nostra stabit obedientia procedere conabltur ad unionem, etiam si oporteret
domino papa invito; qui de Laufenburg ulterius versus Burgundiam processisse
dicitur Brisacum et in Mosmunster proponere proficisci. Sed speratur frustra
conari, quia dicitur, quod Dux Burgundiae eo die, quo suas literas et instruc-
iiones adversus concilium accepit, ab alio quodam de veritate pro concilio
informatus nuncium domini papae cum magna indignatione repulerit nolens
ejus assertioni contra concilium fidem quomodolibet adhibere. Eodem die
22'ia Aprilis famabatur magistrum Jeronymum de Praga esse captum
et in crastino scilicet 23*'» die certae literae domini Johannis du eis
Bavar iae praesentabantur, in cujus villa dicta Hyrzzauinventus est; et plures
literae nobilium Bohemorum tarn latinae quam theotbunicae quam bohemicae
testificantes , quod nee audientiam nee salvum conductum eoncilii obtinere
potuerit sigillis pendentibus secum feruntur inventae, quae statim domino regi
ad Cell ad quam pro suscipiendo fidelitatisjuramento declinaverat per magistrum
Alber tum deNuremberga nuneiabantur qui ultra solitum gavisus anulum
regium eidem commisit, quatenus sub eo domino Jo ha n ni scriberet, quatenus
ipsum Jeronymum concilio praesentare dignaretur cui similiter scribit. Conti-
nuus est tractatus et deliberatio de articulis Byklef doetrina et persona damp-
nandis Interim quod nuncii eoncilii ad dominum papam missi expectantur
26tadie ejusdem Aprilis celebrata missa cum sermone in loco sessionis fiebat
solennissima processio eoncilii de ecclesia majori ad s. Petrum ultra Renum
euntibus primo fratribus mendicantibus civitatis post clero s. Stephan i et
s. Johannis et ecclesie kathedralis, post clero eoncilii, post magistris et doe-
toribus vniversitatum post ambasiatis principum et regum et praelatorum,
post abbatibus- episcopis archiepiscopis et patriarchis in suis pontificalibus,
officiante domino patriarcha anthyoceno; postea cardinalibus in suis cappis
solitis cum caudis sine tamen vestibus sacris comitantibus se auditoribus etc.
curialibus in cappis; post dominus rex cum populo seculari, qui eodem die
redierat; qui revera inauditam sollicitudinem et laborem processui eon-
cilii adhibet adeo ut illi soli videatur intendere. Et credo quod si dominus
Fridericus se sibi humiliaret decenter et aliqui notabiles se interponerent
affando ad processum eoncilii totum iram contra eum conceptam licet gravissi-
mam mitigaret. In eademprocessione recepi literas paternitatum vestrarum datas
feria 5'» ante reminiscere per quemdam monachum de Ungaria quibus scribitis
de jurisdictione in clericos impetranda, de qua, quae adhuc praesentibus amba-
siatoribus Serenissimi domini nostri principis cum nobilibus d.N. de Ekardsau
N. de StarhembergN. de Herlsberg. D. decano Pataviensi et magistro
N i c 0 1 a 0 tractavimus, et faciendum deliberavimus, referet dominus Kasparus
et prius in simul scripsimus satis clare. Orate et alios ad orandum hortari
21
dignemini pro ecclesia universali et coneilio quatenus feliciter ad unionem et
reforinationem Deo placitas dirigatur. Scriptum 27. die Aprilis.
Vester Petrus dictus de Pulka.
Egregiis et sapientissimis viris domiiiis N. rectori ceteris doetoribus et
magistris almae universitatis studii Wyennae suis praeeeptoribus metuendis.
(Göttw. ßibl.)
V.
5. Mai 1415.
(Sehwanken des Concils. Verhandlungen H. Ludvvig's von Baiern mit
H. Friedrich von Tirol und dem Papste. Ankunft des H. Friedrieh in Constanz.
Fürbitte für ihn bei dem Könige, Vorladung des Papstes. Verurtheilung des
Hieronymus. Flucht des Papstes und dessen Auffindung in einem Bordell. Lob
des Königs. H. Friedrich unterwirft sich dem König. H. v. Malatesta, Gesandter
Angelo Corario's.)
Orationibus cum famulatu debito praeoblatis reverentiis vestris sapien-
tissimis de sacri concilii statu et successu 21. die Aprilis per dominum Wilhel-
mum et post per dominum Cristannum professum ordinis praemonstrat.
domini mei domini rectoris literam mihi exhibentem, quae tunc occurrebant ut novi
diffuse descripsi. Quia tarnen varia variis cottidie sibi invicem quasi alternando
ad oppositas partes tendentia succedunt, ut quasi aurae aspirante inicio nunc
triste celum nubibusymbribus et commixlis nivibus tempestatem terrae ingerunt
et mox plene propulsis nubibus sere»o sole radiante jocundissime mundum infe-
riorem delectant, ita nunc optatis fidelium votisdeunione et reformatione eccle-
siae tristia occurrunt et adversa et etiam eodem die vel momento succedunt
optata. Ecce post adversa, quae scripsi de accessu ambasiatae concilii ad dominum
papam et ejusdem domini papae ulteriore recessu etc. revertebatur dominus
Ludovicus dux Bavariae a domino Frid er ic o duce Au Striae ad quem
causa tractandi etipsura ad humiliationem et gratiam domini regis reducendi
transierat,et29. die ejusdem consolatorie referebat, quod opportunissimo tempore
convenerit cum eodem, quia si ultra 4. horarum spacium tardasset dominus
papa de manibus domini Frid erici evasisset petivitque a d. rege et coneilio sal-
vum conductum pro domino Friderico et obtinuit, et idem dominus F ri der icus
30 die Aprilis personaliter advenit Constantiam, primo die Maji d. Ludovicus
cum d. burgravioNurembergensi et magno comite deUngaria pro-
volutis gcnibus pracscntibus dcpututis nationum intercesserunt pro domino Fri-
derico apud d. regem ;qui respondit quod consueuisset misericorditer ignoscero
suis offensoribus recognoscentibus delicta et nunc vellet quantum in eo esset
similiter facere; sed quia peccatum non dimittitur, nisi ablatum restituatur, quod
restitueret d. papam ablatum coneilio et toti eccicsiae et candem redderet con-
tcntam seu concilium ejus nomine, post vellet sibi imperialem misericordiam de
commissis in se liberaliter exbibere, petivitque desingulis nationibus sibi aliquos
deputari, qui ipsam causam tractareut, quod ficbat, dominus papa existente
Domino Lüde vi CO, Friburgi de Neuburga aufugaro temptfivTTsed reductus
fuit invitus Friburgum eoque ingrediente flebant mulicres evellentcs crines
22
eoncurrebat populus quasi ad insultum paratus, timentes obsldionem civita-
tis propter ipsum, quos dominus Ludovicus pacauit exponens causam reditus
sui non contrariari regi nee concilio. Ex talibus et taliter attemptatis eva-
sionibus d. papae decreverunt nationes sessionem ad 2^^^ diem Maji ad
decernendum citationem ejusdem d. papae non obstantibus quibuseunque
responsis per ambasiatam ad ipsum missam referendis, quia cum jam prae-
sumatur, optata nequaquam potiri libertate juxta sepe factam protestationem
ipse prius causaretur, invalidum esse quidquid promitteret vel ageret; unde
licet eodem vespere rediret ambasiata tamen non audiebatur ejus relatio,
quia cum tarde esset non poterant congregari nationes, nee servat dominus
papa eonditiones sibi oblatas; hine 2«^" die Maji in publica sessione deeerne-
batur eitatio domini papae et suorura sequentium et receptatorum, quatenus
9na die a publicatione ejus ipse personaliter alii vero per suffieientes procura-
tores eoram sacro concilio compareant ad audiendum per sententiam dlflfinitivam
procedi ad suspensionem sui ab administratione papatus propter fugam suam
a concilio, malam administrationem, dissipationera bonorum et jurium ecelesiae
Romanae et aliarum ecclesiarum , symoniam , fautoriam scismatis, et alia
eriraina, de quibus existit in scandalum ecelesiae notorie diffamatus etc. ut in
forma, quam cum aliarum diffinitionum copiis aportabo. Et 3''» die Maji pub-
licabatur eitatio in audientia contradictarum et 4'* die in valvis, hine 15 die Maji
instabit terminus comparendi. Item Jeronymus de Praga sententiabatur
eontumax , quia in ejusdem sessionis termino sibi in eitatione praefixo non
comparuit, qui captus expeetatur in brevi personaliter addu-
cendus. Item decernebatur sessio ad 4*»'" diem Maji in causa fidei ad damp-
nandum 43 artieulos WyklefF communes, et alios 260 allatos per Anglicos
ejusque memoriam atque libros. Item eodem die referebatur quod dominus
papa in absentia d. ducis iterum attemptaverit occulte reeedere de Fri-
burgo et fere ad tres horas ubique quaesitus tandem inventus fuerit in lupa-
nari indutus desuper cappa raonachali subtus vero habitu layeali. Sic a
Deo totaliter videtur desertus et in reprobum sempiternum datus ut non
cogitet nisi machinationes pessimas , ad denigrandum eeleberri-
mam famam regis cujus laude m merito pronunciat omnis
ecelesia et ad infirmandum proeessum concilii , seque firmato etiam
scismate, in pestilentiae residendo kathedra conservare. A magistro meo
Nicoiao de Dinkelspuhl recepi 20 florenos Renenses sibi pro quodam
studente commendatos, qui vocatur Conrad us Rock de Rotenburga notus
magistro Georio de Horaw et pluribus magistris nostris, cui quaeso eosdem
florenos 20 Renenses dignemini solvere indilate. Item 4*^ die Maji saneti Floriani
celebrabatur sessio ad dampnationem articulorum et memoriae Wyklefi", sed
propter extensionem sermonis in quo episcopus Tholonensis papam quasi
inaudito modo aceusabat de fautoria scismatis ex suis dictis seriptis et factis,
et propter multitudinem articulorum non poterat ipsa sententia eonsummari sed ad
aliam sequentem sessionem prorogabatur diffinitionis eomplementum. Item
5*adie Mayi de vespere dominus Fridericus venit ad gratiam
d. regis hoc modo: ipse in praesentia deputatorum nationum irt loco
congregationis nationis Germanicae cum domino Ludovico duee Ba va riae,
23
burgravio Nurembergensi provolutis genibus omnes suas terras et sub-
ditos cum persona propria obtulit ad gratiam d. regis et concilii per eundem d.
burgravium et ipse promisit , se haec firmiter servatunim. Et dominus
rex aeeepta tali oblatione protestabatur hoc publice , quod de hiis
Omnibus haberet disponere ad nutum etiam requirendo notarios et vovit
quod restituat papam et quod juramentis literis cautionibus et promissionibus
sui ipsius et suorum assecuret se inviolabiter servaturum deeernenda per
ipsum. Et sie concilium ex parte d. Johannis papae poterit de unionc
disponere. Sed et dominus de Malatesta est in Ludrisna accedendo ad
concilium ex parte Angeli C o rarii cum pleno mandato ut dieitur etiam ad
cedendum, petens sibi per regem de salvo conductu d. Pride rici ducis
Au Striae vel domini Mediolanensis provideri et sie duorum obedientiae ut
speratur unientur et tertia per transitum d. regis ad Nyeeam adunabitur
largiente domino cum eisdem. Attamen haec speratae unionis opinio nequa-
quam tepere faciat quaeso vestrae devotionis affectus et desiderium unionis
quominus oretis vel alios orare hortemini ad Deum placandum maus nostris
quia incertus est futurus rei exitus nee dormit antiquus hostis , qui conatur
impedimenta inferre nee quomodolibet unita ecclesiae sequitur reformatio,
sed nisi emendemur et placemus altissimum etiam unita ipsa eeclesia stabi-
mus in peccatis propriis et in Dei offensa nuUatenus reformati nobis salu-
briter (?) quod plus quam unionem sine reformatione tamquam finem plus mediis
Omnibus arbitror affamandum. Scriptum Constantiae S* die Maji anno d. 1415.
Humilis vestrarum dominationum
Petrus dictus de Pulka.
Refertur volatiliter et incerte quod quidem trapezita ytalicus offerat
regi 300,000 florenos pro d. papa. Sed omni spreta pecunia velit stare
firmiter pro ecclesiae unione. Addita 8*^ die Maji.
Venerabilibus et sapientissimis viris domino n. rectori ceterisque eximiis
magistris et doctoribus alme universitatis studii Wyennensis suis praecep-
toribus metuendis. d. d. (Göttw. I3ibl.)
VI.
*^3. Juli 141S.*)
(Abreise des Königs Sigmund zum Konig von Arragonien. Verhör des
Hieronymus von Prag. Feierliche Messe für das Gelingen der Bestrebungen
K. Sigmund's. Dessen Lob. Klagen gegen die Universität.)
^) Zwischen diesem und dem vorhergehenden Briefe müssen einige Briefe
fehlen, wie wir aus den Kxcerpten hei Kink ersehen. So: „14i5 in octaua
„corp. Christi congreg. univ. ad audiendum literam a concilio missam, in qua
^petiit mag. Petrus de Pulka, quatenus universitas intencionem suam sibi
„insinuaret ex parte collacionis beneßciorum, quorum provisionem et collacio-
„nem quidam in concilio existentes estimant, domino papu debericommittendum,
24
Metuendi patres ac domini ! Informationes paternae vestrae de modo colla-
tionis beneficiorum *) oportunissimo tempore in die s. Marie Magdalenae ''^) mihi
praesentatae sunt, per earum p. v. filium JohannemdeConstantia baecalaureum
artium. Nam cum hueusque omnes tractatus concilii de unione eeclesiae et casu
emergentibus et in necessitatibus imminentibus habiti fuerint de quibus a die ad
diem usque ad egressum serenissimi Romanorumregisad PetrumdeLuna
etregemÄrragonum exelusive satis late per diverses deseripsi etnovissime duas
sessiones unam pro unione obedientiarum nostrae et Angeli Corarii Udairici
2dam de sententia diffinitiua in causa Johannis Huss et ejus exeeutione in
octavaPetriet Pauli ^) quibus et St'am adjunxi habitam in divisione apostolorum *)
de provisione d. An geii Corarii et de benedictione d.regis per quemdam domi-
num Johannem de Memmingen notum domino Stephano de Falken-
stein. Post quae hueusque acta sunt, quae seeuntur. Dominus rex 18 die pre-
sentis mensis Julii recepit se ad viam versus Nyceam personaliter, qui Omnibus
dominis cardinalibus circa horam 2^^^ post meridiem in claustro praediea-
torum congregatis cum osculo pacis amorosissime valedixit et circa Petri
domum navem conscendens navigavit in Gotlieb, quia occupatus tractatibus
remotius procedere nequibat. Sequenti die dicitur navigasse ßasileam, sicque
ad satisfaciendum termino praefixo disposuisse ut omnes sibi necessarii ad cotti-
dianum ministerium et quos pro sua persona praesentes habere disposuit, binos
habeant equospro majori festinatione, quodque rex Arragonum audiens famam
periculi et minarum eidem regi Romano impositarum potenter disponat sibi
obviare, quam distanter poterit. Et sie speratur quod in praesenti mense sint con-
venturi. Haec ex fama scribo non ex certo. 19'^^ die Julii Jeronymus respondit
articulis sibi propositis inter cetera negans se jurasse coram d, ofl'iciali patav.
non recedere, concedens tarnen quod obligaverit se sub poena excommunica-
tionis etc. sed coactus timens inearcerationem. Speratur ex responsis suis quod
sit peniturus utinam sineeriter et ex corde. 21» die Julii celebrabatur solempnis
missa cum sermone et processione secundum constitutionem de qua prius
scripsi pro salutari successu d. regis in quo me judice post deum
hujus concilii praecipue pendet salus. Ipse per duos praesidentes nationum
remandavit caritative eisdera nationibus quatenus diligenter intendant refor-
mationi eeclesiae et orent pro sua salute. 24*» die Julii proponitur fieri
„alii vero ordinarijs. Wurde ein Äusschuss niedergesetzt, dessen Vorschläge
„später — fer. 4. post Johannis Bapt. — angenommen wurden." (Leider
fehlen alle diese Sachen, nur der Rahmen hiefür ist da. Kink II, 59, 9);
dann 1415, 19. Juli. „Congreg. univ. ad audiendum literam de concilio
„missam. Conclusum fuit concorditer, quod mag. Petrus de Pulka deberet
„manere in concilio usque ad finem.« Kink II, 50, 11.
1415. 5. Juni wurden 20 Goldgulden an die Gesandten beim Concil
geschickt. (Ibidem.)
Solche Notizen über Geldsendungen kommen auch später noch einige Male
bei Kink vor, so am 2. Aug. 1415 und am 18. Dec. 1417.
*) S. die vorige Note, Kink 11, 50, 9.
2) 22. Juli. 8) 6. Juli. *) 15. Juli. —
25
generalem congregationem ad tractandum de reformationibus statuum ecclesiae.
Et speratur de bona concordia d. cardinalium etnationum, qui etiam obtule-
runt se nationibus ad hoc perficiendum. Dolenter scribo, quod duobus non mihi
scriptum est huc, quod nobiscum a multis detrahatur coneilii processibus quoad
plura et quoad rigorem sententiae contra dominum Balthasarum etc. De quo
vehementer admiror, non solum ego sed et alii cum domino et fratri meo d. Cas-
s p aro eonsocio, quod ipse taliter se habuerit, quod nulla potuerit promissis ejus
adhibei'i fides. Protestabatur nempe publice cum adhuc esset Constantiae coram
toto concilio, quod quidquid ageret (papa) promittendo vel constituendoprotinus
?el renunciando nisi plena potiretur übertäte, nullius vellet esse roboris vel
momenti, et imo post cum sciretur esse in manibus illustrissimi principis domini
F r i de r i c i et nulla potiri libertate, eumque bullas misisset contra concilium diffa-
matorias,nec ejus promissis stari posset nulla penitus erat aliavia pacis quam ejus
depositio. Cumque crimina ejus fuissent detecta inveniebantur tam enormia et
multiplicia, quod etiam nimis mite videtur secum actum quod non est degradatus
et depositus penitus ab omni dignitate et ordine clericali. Non patiamini tales obla-
tratores multiplicari tacendo veritatem, ne his quibus minus de praemissis constat
scrupulum causetur de veritate unici summi pontificis concedente domino eligendi,
qui revera omnia facta coneilii videtur gratiosissime dirigere ad prospera etiam
ultra quam credi potest aut diei, ymo frequenter occurrentes adversitates vertit
in melius, quam speratur, et ultra humanam providentiam sua immensa sapientia
disponit omnia. Qui novit etiam tales sinistre affectos oblatratores compescere
quando volet. Cui devotas preces in excelsum pro ecciesia sua porrigere non
cessate. Omnes vestri filii et alumpni ejus gratia jocundi et incolumes hie
consistunt, similia vobis ex intimis exoptantes.
Datum Constantiae 24 die Julii, quae erat Appollinaris.
Humilis paternarum v. reverentiarum
Petrus dictus de Pulka.
„Venerabilibus ac egregiis viris dominis N. rectori totique collegio
„doctorura et magistrorum alme universitatis studii Wyennensis suis prae-
„ceptoribus favorosis." (Göttw. Bibl.)'
VII.
26. Juli 1415.
(Anhänglichkeit des Pfalzgrafen Ludwig an das Concil. Abreise Karl's
?. Malatcsta, Gesandten Papst Gregor's XII. Antrag des Dom. Florentinus,
die ausgezeichnete Wirksamkeit des Coneils und die vorzüglichen Bemühun-
gen des Königs anzuerkennen. Die volle Bereitwilligkeit der Cardinüle zur
Unterhandlung mit den Nationen u. s. w. Entgegnung des Patriarchen von
Antiochia.
Schreiben der Universität Paris bezüglich der Verleihung der Pfründen.
Miltheilung über die Reise des Königs.
Beschwerden gegen die Universität über verleumderische Gerüchte.)
26
Venerabiles patres magisfri et praeeeptores! 23*!^ die presentis mensis
Julii scripsi per honorabilem magistrura Mathyam de W a l s e e confratrem
meum quae tune digna relatione censebam. Interea eadem die dominus
Ludovieiis comes palatinus etc. personaliter se presentauit nationibus et
faeiente solempnem colloeutionem domino Job ejus oratore obtulit se con-
cilio paratum ad omnia sibi ex eommissione vicis regiae incumbenti , petens
suis non parei laboribus, sibique insinuari siquid pro profeetu saeri eoncilii
fuerit aceomodum. Cui d. N. episcopus Sarusburgensis solempni regratiaba-
tur eollocutione. Item horavespertina dominus Carolus de Malatesta nationi
Germanicae valedicebat diffusius perorando offerens se eoncilio, futuro unico
summo pontifici et universali ecclesiae ad plenam et effeetuosam obedientiam
verbis ac gestibus maturissimis ae moralissimis; cui dominus Posoniensis
similiter brevi eollocutione regratiabatur et valedixit nomine nationis. In cra-
stino scilicet 24^» die Julii ad instantiam revern>»rum d. cardinalium toto
eoncilio in loco sessionis congregato raissa tarnen ae aliis solempnitatibus
ceremoniarum sessionis omissis rever'n"s dominus Florentinus per modum
collocutionis feeit solempnem propositionem nomine eorumdem dominorum
cardinalium ; quae, ut raptim inteliigere potui, tria summarie continebat, vide-
licet hujus eoncilii et suorum processuum excellentem commendationem ac
regiae majestatis assistentiam , quam valde extulit asserens nequaquam huma-
nitus sed diuinitus acta quae gesta sunt. 2*'» Reverend, d. cardinalium univer-
sorum et singulorum promptissimam oblationem ad unanimiter tractandum
de reformatione ecclesiae cum deputatis nationum excusans eosdem de
multis exorbitationibus de quibus culpantur quia illi obviare nequiverint
cum tarnen de aliquibus tantam habuerint displicentiam , quod nisi in
praesenti eoncilio reformatae fuerint, noluerint ad curiam redire nescien-
tes quid ibi agere quodque conceperint et conscripserint plura huic operi
accomoda, et valde soUicite laboraverint pro hujus eoncilii congregatione,
adventu d. papae et ceteris. Sed et de hoc exeusabat eosdem quod tam tarde
ad haec se Offerent, quia eoncilio aliis occupato nunc primo temporis opportu-
nitas se offerret. Et nunc operose assistere vellent ut incipiendo a cap ite seu
statu summi pontificis et per eos aliosque medios descendendo omnes eccle-
siae Status in pristinam rectitudinem secundum reformationis connotationem
opportune et rationabiliter reformentur. 3'^» quod haec essent praecipue aggre-
dienda potius conversione mentium ad Deum et deuotione orationum quam
diligentia humanarum inquisitionum, inducens exemplum de processu eoncilii
in causa unionis in qua nullus unquam potuerit firmiter asserere de aliquo modo
procedendi quod esset ydoneus et bonus ymo ipsemet sepe requisitus aut
cogitans de hoc dixerit, quod in tractu sapientum sensus tales esset aperturus.
Et sie Visum esset in processu, quod multa quae humanitus videbantur impossi-
bilia facillime sunt patrata Deo coperante; unde hortabatur ad mutuam unita-
tem caritatem devotionem et pietatem. Praemissa propositione finita surgens
rever™"s d. patriarcha Anthyocenus resumebat summarie dictae propositionis
puncta, petens quatenus verba conformarent effectus. Et quia dominus Floren-
tinus^rocessus eoncilii valde commendaverat, effectus ejus magis Deo quam
humanis altribuendo providentiis, petivit quatenus quasdam protestationes
27
quorundam eardinalium et verba dlcta contra gesta concilii retractare dignaretur.
Etquia idem eosdem d. cardinales deexorbitationibus curiae excusaverat cepit in
particularibus ymo individuis exorbitationes etiam eos tangentes clarissime
enumerare ita ut omnes quasi suspensis animis auscultarent quid diceret; post
surrexit rcver"»"» d. cardinalis camera censis asserens quod non esset alieui
ambigendura , quin domini cardinales cordiales suas aftectiones ad unionem ita
vellent ostendere ut etiam effectus opera excedere demonstrarent (?) petebat
etiam exprimi, in quibus contra processum concilii ali quando fuissent prolestati
vel locuti. qui nesciret ipse aliquid de hoc, sicut et credo; verum durius etiam
invehebat verbis, quasi dominus patriarcha in eollegium eardinalium impcgisset.
Cui respondens dominus patriarcba remisit ad acta concilii in quibus si quae talia
invenirentur emendanda ad Judicium concilii ferret; sin autem staret sie. Tunc
ceteri ne multiplicatione verborum oriretur scandalum, intercipiendo dicebant,
non sit cura ; si quae erunt emendanda emendabuntur. Dcmum presentabaturi
litera universitatis P ar isiensis et legebatur, quae hortabatur, ne ante elec-
tionem summi pontificis de beneficiorum collationibus ullatenus tractaretur,
ne inter personas concilii ad diversos modos affectas dissensio oriretur. Sona-
bant etiam aliqua eorum verba, quod ipsis pro bono ecclesiae videretur expedire,
quod beneficia non electiva, quibus communiter pauperes sustentantur in studiis,
quo sui (?) dispositionem et collationem apud Romanam curiam remanerent.
Item 2ö. die Julii Jacobi referebatur quod dominus Attrebatensis ambasiator
ducis Burgundiae quibusdam prelatis insinuaverit, quod idem dux B u r g u n-
d i a e cum Comite Sabaudiae praecedenti dominica domino regi obviantes ipsum
personaliter susceperint gratissime ; binc speratur duce domino ab eisdem securis-
sime et prosperrime adducendus. Nunc restabit tractatus reformationis de cujus
materia si quid volueritis mihi mandative scribere, poteritis in brevi una cum
hiis de quibus nuper paternarum vestrarum reverentiarum responsum satis
necessariura requisiui. Scriptum 26. die Julii anno domini lilJi. Constantiae
per veslrum Petrum de Pulka.
Iterum audiui scriptum esse pluribus quam prius quod aliqui in nostra
patria calumpnientur gesta concilii et ea quae interessentes scribunt, dicentes
literas esse conGctas, quia forte scribentibus mcndacium non possunt apparenter
imponere. Quos queso ad gloriam Dei , profectum ecclesiae et honorem pro-
prium ac universitatis dignemini animose compescere. Ego revera non mihi sum
conscius aliquid vobis contra veritatcm scripsisse. Multi ex vobis manum meam
noscunt, qua semper scripsi. Sic et aliorum vestrorum alumpnorum doctorum
et magistrorum meorum qui sepe scribunt vohis et aliis signeta et manus notao
habentur, qui nequaquaracujusquam amore vel odiovcritati in minimo derogarent.
Siquid de per me scriptis vertatur in dubium, rescribite mihi quaeso paterno
iraproperantes falsitatem, quam si invenero, non utique ex animo sed incon-
sideratione rae testor scripsisse, vel scripturum esse retractabo. Si antem verum
quis per me scriptum ealumpniatus fuerit probabo, defendendo honorem
paternarum vestrarum reverentiarum cujus nuncius sum ac proprium, ut sie
gesta concilii ymo opera Dei, cujus viae sunt irreprehensibiles videantur. Quas
paternas vestras pietates ad devocionem et orationem pro ecclesia Dei hortari
supertluuui arbitror quas ex intimis nosco devotissimis alTectibus enervere. Kx
28
certa causa scribo frequenter toti universitati etiam si parva scribo unde ad
cavendum multiplicitatem fatigationum potest ipsa universitas domino meo d.
rectori committere quod Hteras meas aperiat, et quando sib oportunura vide-
bitur ad totam Universitäten! deducat etc.
Venerabilibus et egreg. viris dominis d. rectori totique cetui doetorum
et magistrorum almae universitatis studii Wyennens. suis preceptoribus
favorosis. (Göttw. Bibl.)
VIII.
24. August 1415.
(Vorladung an den Propst von Passau Wenzel Tyem.
Nachrichten über die Reise des Königs.
Schreiben an Johann Dominici, Cardinal von Ragusa, von zwei Cardinälen
des Angelo Corario und dem Secretär desselben. Dessen Abdication. Hierony-
mus von Prag unterwirft sich ganz dem Ausspruche des Concils.
Widerruf der gratiae expectativae. Über die Pfründen - Verleihung an
Gelehrte.)
Venerabiles praeceptores mei magistri et domini. Intellexi veridice, quod
pridie missa sit citatio contra dominum Wenczezzlaum Tyem praepositum
Pataviensem, quatenusabejusinsinuatione SO''»» die personaliter in curia compareat
ex parte camerae apostolicae cujus est collector. Quare super hijs quae dudum
ex parte ipsius paternis vestris scripsi dominationibus dignemini mihi respondere
in brevi. Similiter et de expensis quia non habeo nisi 27 florenos , qui vix ad
duos menses et redifcum meum sufficient ; de fine vero concilii in tam brevi
tempore pauci sperant. Imo voluntatem vestram , scilicet quod nuper latius
scripsi, mihi dignemini demandare. Ex parte domini regis Romanoruraet
ambasiatae concilii adPetrumdeLuna post ea quae nuper scripsi nuUae literae
ipsi concilio missae sunt. Sed fertur cuidam cardinalium scriptum esse, quod
idem rex Arra gonum ambasiatores dicti domini regis Romanorum scilicet
Ottobonum cum suis collegis magnifiee honoraverit muneribus, miraeque
magnißcentiae munera ad honorandum ipsum d. regem Romanorum prac-
paraverit etiam ad valorem multorum millium florenorum nunciaveritque eidem,
quod non se fatiget festinando , quodque omnia bene disposita sint erga
P etrum de L una ad pacem ecciesiae, licet aliqualiter mala apparuerit dispositio
praeeedentium. Quemadmodum proxime scripsi domino meo domino rectori
post recessum domini regis nichil relatione dignum in concilio actum est, nisi
quod 32 deputati 8 de qualibet natione et toties cardinales cottidie labo-
rant in reformatione capitum ecciesiae scilicet Papae futuri cardinalium
et aliorum statuum ad curiam pertinentium ; et nuper 17'»» die Augusti ut
puto fuit sessio in qua de custodia et usu bullae concilii etc. cottidianam
practicam concernentia determinabantur. Proxima dominica ante sermonem
in missa quae ante processionem concilii pro prosperitate domini regis celebrari
solet pronunciabantur duae litera missae domino JohanniDominici cardinali
Ragusino una per duos cardinalos olym Angeli Corarii qui eidem valde
regratiabantur de scriptis, quibus eos de auctorizatione concilii renunciatione
29
facta nomine domini sui ac duarum obedientiarum unione inforraaverat asseren-
tes se de his cordialitergratulari, petentes abeodem informari amplius, an etiam
ipsi ad concilium accedere debeant, vel qualiter se gerere habeant convenienter.
Alia litera erat unius secretarii ejusdem An gel i eontinens quod in nocte, quae
inter 19»*° et 20»™ dies Julii mediat, literae de renunciatione facta nomine
dicti Angeli etc. eidem fuerint praesentatae quas cum magna jocunditate mentis
et vultus bilaritate suscepisset, gaudens ex intimis se ab imposito humeris suis
onere absolutum. Quodque statim in crastino mane depositis sandaüs ac cete-
ris summi pontificis insigniis in habitu cardinalatus ad suorum cardinalium et
aliorum concionem ad ecclesiam processisset dicens se non amplius esse
nee veile vocari papam. Cumque quosdam de suis lacrimantes conspieeret
ipse hylaris eos ad congaudendum sibi monuisset pro absolutione ab onere
papatus ac unione binc sperata, quodque per amplius noluerit in aliquo actu
se ut papam gerere, ymo quod mirantibus cunctis adeo se bumiliaret, ut
si quando cum aliquo suorum cardinalium haberet tractare nequaquam talem
ad se vocaret, sed bonore preveniendo ad alius hospicium personaliter adve-
niret. DeJeronymo nescio quid futurum sit; ipse nullum fatetur errorem,
et promittit se velle stare determinationi concilii in omnibus, etiam quoad
dampnationem articulorum et personarum Jobannis Wy kleff et Jobannes
Huss; non video adbuc contra ipsum gravius, nisi quod in excommunicatione
d. officialis Patav. hucusque se perdurasse confessus est nee petivisse abso-
lutionem nisi a quodam plebano in Praga, qui sibi suaserit ut pro absolu-
tione laboraret, binc ipsum absolverit sibique eucaristiae sacramentum mini-
straverit. Negat se jurasse sed solum simplici verbo promisisse, quod non
recederet etc. Attamen puto, quod omnes qui affuimus testati simus con-
corditer veritatem. Ob nimiam multitudinem gratiarum ab olim D. Johanne
simoniace concessarum volunt plurimi , quod omnes gratiae expectativae
indistincte revocentur, et forte sie fiet in proxima cessione. Vellem a paterni-
tatibus vestris informari occulte de rationabili et eflficaci modo, quo universi-
tatibus et graduatis et doctis provideri posset de certis beneficiis vel verius
quo beneficiis de doctis personis ac ydoneis provideri posset in futurum in
casu quo coUationes remanercnt sedi apostolicae reservatae vel etiam in
casu quo ad ordinarios redirent coUatores, de quo mihi videtur satis magna
necessitas et ecciesiae utilitas, quia nostis quod plurimi tam praelatorum
i(juam curialium sunt minus bene affecti literati ; unde nisi remedietur deficien-
tibus universitatibus et communiter (convenienter) literatis tohis in brevi mun-
(lus in detriinentum salutis animarum plurimarum gubernabitur ydyotis. Praecep-
tores ac magistri mei m. La nibertus,m. Nicolaus Dinkelspühel.m. Bar-
IhoIomaeusdeEboraco.m.JobannesStockacb officialis Constantiensis,
in. Henricus Neythard, dominus Wy 1 helmus Kyrlcber, m. Conradusde
If yldeshaim m. Albardus, m. W alt berus Lentzburg, m. Johannes
liu ebner, m. Johannes Hapraeswil, m. Johannes S tu ekel oflTe-
rente se oporlunitate tractandi cum aliis universitatibus diligonter veniunt ad
ipsarum eongrcgationes nomine matris nostrac univcrsitatis etc. et fideliler
mihi astant collaborando et pro honore universitatis comparendo ut frequcn-
tcr in congregaliunibus universitatum Germaniac simus in tanto numcro
30
quaiito omnium aliarum simul. Venerabilis dominus Johannes Abczieh er
auditor etc. eleetus in episcopum Warmiensem ad honorem universitatis invi-
tavit proxime praeeendenti dominica magistros meos Nicolaum Dinkel-
spühel, m. PetrumDekinger magistrum ConradumdeHyldeshaim
et me intendens post alios invitare universitatem in hoc speciaiiter hono-
rando. Non tepeat quaeso sed amplius semper ferveat vestrae devotionis affec-
tus ad misericordem patrem omnium pro ecclesia sua quam sanguine redemit,
quia revera oculis cernimus et omnes eonfiteri cogimur quod omnia quae hucus-
que gesta sunt et pro pace ecclesiae ipsius videntur aeeomoda non humanis con-
siliis aut providentiis sed divinis sunt instinctibus et dispositionibus asscribenda.
Cui et paternas vestras reverentias commendo. Datum Bartholomaei
Constantiae per h.umilem vestrum Petrum de Pulka.
Venerabilibus ae egregiis viris Dominis n, Rectori ceterisque doctoribus
et magistris alme universitatis studii Wyennensis suis praeceptoribus
favorosis d. d. (Göttvv. Bibl.)
IX.
19. April 1415.
(Nachrichten über die Reise des Königs. Gerüchte von der Abdankung
Peters de Luna.)
Orationes jugiter cum debito famulatu. Venerabiles mei praeeeptores
domini et magistri! Totus reverendissimorum patrum ae sacrae Constant.
sinodi cetus jam ultra duos menses suspiriosis desideriis expectans nichil
certi audire potuit de serenissimi d. regis et suorum nunciorum ad Arrago-
niam successibus, usque heri circa horam 6^^^ post meridiem deputatis natio-
num insimul congregatis venit quidam nuneians eisdem , quod literae allatae
essent, ipsarumque lator apud dominum ducem Hay dlberg ensem tune esset,
et quia jam longa sessione scilicet trium aut fere 4 horarum praelati fuerant
fatigati nee literae praesentes erant decreverunt in crastinum expectare.
Sed quia plures privatim literas sibi missas statim legebant et se bona
nova habere affirmabant, cunctis secundum cordis sui desideria ad meliora
interpretantibus , evolavit fama, quod literae missae sacro concilio contine-
rent Petrum de Luna jam papatui libere renunciasse. Et nescio quo dispo-
nente post occasum jam solis omnium ecclesiarum Constantiae campanae
celeberrimae compulsabantur et multorum corda ad jubilum levabantur. Sed
mane cum ipsorum nunciorum literae legerentur, non tam grata, ut putabatur
de vespera continebant. Summa siquidem in ipsis contentorum haec erat, quod
dominus rex statuto die videlicet 15'» Augusti Narbonam prospere venerit. Et
ambassiata solempnis domini Petri de Luna in Pergigniano in distantia
10 milliarium alamanicarum constituti, videlicet tres episcopi tres nobiles et
sex doetores cum 150 equis dominum regem reverentissime 20"»» die Augusti
accesserint, cum arcnga eundem humillime ac reverentissime suscipiendo, nun-
tiantes suminarie, quod dominus Petr u s de Luna dummodo per suamcessionem
posset perfecta unio ecclesiae fieri, non solum paratus sit cedere papatui, ymo
Omnibus suis rebus et vitae corporali; cumque nichil amplius nee in publiöo
31
nec ad partemipse rex nosse posset eos habere in comissis, attendens se hujus-
modi generalia verba et promissa habuisse hie Constantiae ab ambasiata ejus-
dem Petri et regis Arragoniae, eos cumreverentia debitaad eundem remisit. Tan-
dem rex A r r a g 0 n u m29"a die Augusti applicuit Perpignano licet tarn invalidus
corpore ut omnes medici sibi motum penitus dissuaderent, et proposuit ultimo
die Augusti Narbone cum domino rege R o ma norum personaliter eonvenire;
praevenerunt ipsum solempnes literae et nuneil moram ultra statutum terminum
corporali egritudine legitime excusantes; et quidam de suis pro certo d. Roma-
norum regi retulit, quod quasi in extremo spiritu constitutus cum jam ob vehe-
raentiam passionis arenarum et calculi pene nulla esset etiam medieis spes de
vita, cum gemitu dixerit: Nichil unquam in mundo desideravi tam affectuose
quam videre ecclesiam Dei reunitam et illum principem, qui tanto
conatu pro illa et ejus reformatione laborat, ut nec rebus nec corpori parcat,
sed forte non sum dignus , fiat voluntas domini ; quodque modicura releva-
tus contra medicorum consilia navigio se commisit et fuerit bona spes de
ipsius Salute etc. quae in copiis plenius continentur, quas propria manu scribere
in tam brevi non potui , nec alium nunc scriptorem meliorem habere potui
quare venerabilis domine rector de mala scriptura consuetum legere priusquam
praesententur universitati aut transumere facite, quatenus in ejus congregatione
expeditius legi et plenius intelligi valeant. Scriptum 19 die Septembris etc.
Super scripsi soli vobis domine rector ut propter copias inclusas aperiretis,
altamen toti universitati dignemini quaeso praesentare quia diu nequivi tarn
grata nunciare.
Venerabili ac eximio viro domino rectori almae universitatis studiiWyennens.
domino suo favoroso. (Göttw. Bibl.)
X.
26. September 1415.
(Hieronymus von Prag. Nachrichten über die Reise des Königs. Gerüchte
wegen der künftigen Papstwahl. Wenzel Tyem.)
Venerabiles praeceptores mei et domini !
Post pauca quae 20 die mensis praesentis paternis vestris dominationibus
insinuavi per baiolium nobilis domini domini Hart nid i de Po tendo rf de bis
quae de Narbona ambasiatae concilii scripserant nichil relatione dignumoccurrit,
nisi quod J e r o n y m u s de P r a g a 23 die ejusdem mensis non ut prius sub vcrbis
ex proprio Corde formatis sed secundum formam verborum perjudices sibi prae-
scriptam profitendo katholicam fidem in sessione publica concilii omnes errores
.lo h annis W ikl e f et Joha nni s Hu ss jurando detestabalur approbans sen-
tentiam dampnationis tam ipsorum errorum, quam personarum, obligans etiam sc
:»d severitatem canonicam si unquam illis consentaneus in posterum foret, ipsam
professionem etiam manu propria tradens in seripto. Cui d. cardinales judiees
sunt genccfsissimi, sed alii sibi parum de persevcrantia et cordis sinceritate
confidunt; hinc puto usque ad adventum d. regis aut forte ad finem concilii ipso
staute in vincnlis scntentia differetur. Pridie dominus Theodericus (?) dccre-
torium doctor existens incomitatu ejusdem d. regis scripsit domino Domini co
32
doctori decretorum quod ipse cum aliis doctoribus et militibus sccummissis
ultima dieAugusti et prima Septembris fuerint cum r e g e Arragonum in Per-
plgniano et cum eodemsimul tractaverint et concordaverint, quod ibidem debeant
eonvenire ambo reges cum Petro de Luna personaliter ad tractandum, et quod
sit optima spes de fine optato citius consequendo. Quaeso haec bona fidueia
non faciat devotionem vestram tepescere , quia dato quod actu cessisset
maxima restat difficultas de modo eligendi et electione summi futuri ponti-
ficis cum difficillimum omnibus videafur super hiis tres obedientias inter se et
cum dominis eardinalibus coneordare. Sed et ipsis concordantibus difficillimum
apparet omnibus vitare discordiam in electione praesertim propter nationes
Italicam et Gallicanam, quarum quaelibet vellet papatum apud se esse etutraque
multa habet adminicula intentionis suae efficaciter promotiva. Idcirco quaeso
amplius semper vestrae devotionis fervor inardescat apud Deum ne tanto-
rum laborum et expensarum fructus pereat, et tantum fidelium desiderium
fraudetur, sed vestris meritis compleatur. Praeterea de denunciatione prae-
positi Pataviensis nondum habui desideratum responsum ; literas vestras ipsi
sacro concilio seriptas 23» die praesentis mensis suscepi. Sed quia fere omnia
puncta in ipsis tacta jam apud reformatores advisata sunt, et si quae restarent
privatim ad eos deduci possunt , praesertim quia de praebendis ecclesiarum
kathedralium solum duae petuntur pro graduatis, cum reformatores de pluribus
advisaverint et universitates pro pluribus instare verisimiliter disponent , ne
ipsarum intentioni et promotioni pigriori impedimentum vel occasionem impe-
dimenti parare videantur apparet magistris meis m. Lamperto et m. Nicoiao
Dinkel spuh el sieut et mihi quod non sint praesentandae, cum omnis earum
effectus equaliter vel convenientius ad notitiam concilii deduci valeat praeter hoc
solum quod vestrarura paternitatum diligentia latebit. Et hoc tolerabilius prae-
misso dampno penitus judicamus. Scriptum Constantiae 26 die Septembris
anno d. 1415.
Humilis vestr. paternitatum
Petrus de Pulka.
Venerabilibus ac egregiis dominis domino n. rectori ceterisque doctoribus
et magistris alme universitatis studii Wyenns. dominis et praeceptoribus favoro-
sissimissuis. (Göttw. ßibl.)
XI.
27. September 1415.
(Wenzel Tyem. Pulka's Ansicht über die Anklage gegen denselben, und die
vorzunehmenden Schritte. *)
*) In dieser Angelegenheit beschloss die Universität am 28. October 1415 alle
Papiere an Pulka zuschicken, die zum Behufe seiner Anklagung vor dem
Concil dienen können, sammt einer Declaration der Juiisten-Facultät , betref-
fend die Frage: „quam potestatem habuissent predicti, Wenceslaus Thiem et
suus collega Pax de ßononia ad predicandum crucem contra Ladislaum de
Doracio regem SiclUe, und zwar ad denunciandum predictos Wencz. et pacem
sacro concilio Constanc. ut pro suis excessibus punireteosdem." Kink II, 13,50.
33
über die Verleihung der Pfründen und Provisionen, Verfassung der rotuli.
Hieronymus von Prag.)
Venerabilis doniine reetor ! Literas dominationis vestrae datas 9"'» dieSep-
tembris 27™* ejusdem suseepi in quibus inter cetera scribitis quod Universität!
ineautum videatur d. Wenzeslauum Tyem de suis injuriosis et detractoriis
verbis deferre ; fateor quidem et idipsum teste domino nieo ordinario eon-
corditer sentiebamus.
Nee hoe seribendo intendebam, sed quod denunciaretur coneilio super
enormissimis failaeiis et deeeptionibus quibus Christi fideles, praedieando eir-
cum minime deeipere formidabat, unde et me signanter hujus gratia seripsisse
reeolo, quod in easu, quo ipsa ejus denuneiatio per me fienda foret, quod mihi
mitterentur copie sue bulle, ejus deelamat iones doetorales et forme absolutionis
qua sui comissarii utebantur, et informationes de suis excessibus quantum tarnen
autentiee fieri posset. Quodque dominus noster generosissimus D. Albertus
Serenissimus dux Austrie etc. hortaretur quatenussimilem denunciationem
suis ambasiatoribus committere dignaretur et petitionem quatenus de sufticienti
cautela deceptis per ipsum fidelibus per concilium provideretur ne credentes se
der eundem W. et ejus commissarios a reservatis absolutos criminibus impoeni-
tentes in eisdem dampnabiliter morerentur. Cetera quae scribitis possetenus
exequar temporibus opportunis. Haec si placet ad matrem meam universitatem
deducere poteritis. Attamen quod omnino ordinetis ea ab omnibus celari ut odia
evitentur. Scriptum eadem die Septembris.
Vester Petrus de Pulka orator humilis et servitor.
(Auf einem beiliegenden Zettel.) De coUationibus beneficiorum et provi-
sionibus universitatum non bene intelligo quomodo signandi essent rotuli
universitatum si coUationes reraanerent apud ordinarium quia scribitis sive
collationes apud papam sive apud ordinarium remaneant disjunctive quod
universitates rotulos habeant etc. Dudum nuper scripsi, quod d. Went z es-
laus praepositus pataviensis personaliter citatus est ad comparendum ad
kalendas Octobris. Et si placeret, ipsum de suis excessibus quos praedieando
circum commisit, scriptis vestris denuneiare coneilio, vel mihi committere
ut universitatis nomine denunciarem, quod magistro meo m. Nicoiao de
Dinkels p übel magls placet, possetis instare circa serenissimum d. nostrurp
dominum AI her tum, quod ipse etiam suis ambasiatoribus similia comit-
tere dignaretur. Et mihi transmittere copias buUarum suarum et declamationes
doetorales, et formam absolutionis, qua sui commissarii utebantur, et informa-
tiones de suis excessibus etc. tunc haec opportuno, vel saltem mihi intentionem
vestram rescribere ut sollieitudinem diutinam de hoc saepius vobis scribendi
postponuni. Et haec omnia teneantur omnino secrete ad vitandum odia sine
effectu. Item transmitto per praesentem exhibitorem S.nempe professum ordinis
8. Benedict! copiam professionis Jeronymi apertam, quia non nocet ymo
verius prodcst si aliis quibuslibet innotescat.
Venorabili ac eximio magistro, ülrico de Petavia rectori ahne universitatis
studii Wicnn. ncrc theologie bacaulareo formato et m. artium praeceptori et
domino suo singiilari.
(Cottw. Bibl.)
Archiv. XV. 3
34
XII.
15. October 141S.
(Sehreiben des Cardinais S. Eustachii über die Zustände in Rom. Par-
teiungen , Krieg , Verarmung. Gerücht, dass Petrus de Luna nicht abdanken
wolle. Angebliche Abgesandte desselben in Rom.
Nachrichten von Narbonne. Vereinigung mit den Griechen. Polnische
Gesandtschaft von Krakau.
Nachrichten vom Könige aus Perpignan.
Hieronymus von Prag.)
Venerabiles mei praeceptores domini et magistri !
Paternarum vestrarum dominationum aures ex innatis pietatibus ad audien-
dum bonum matris ecclesiae semper erectas nequiens placidius consolari quam
quae ad pacem ejusdem in sacro geruntur concilio scribendo; et iam parva
non indignum censeo eisdem vestris paternitatibus etsi quanam cum fatigatione
earundem valeo, nunciis saltem occurrentibus exarare. Sabbatho quidem
quae erat 5*» Octobris in congregatione deputatorum omnium nationum legeban-
tur literae quas reverendissimus d. n. cardinalis scti. Eustachii legatus sedis
apostolicae de statu urbis Romanae et aliorum bonorum ecclesiae ipsi coliegio
cardinalium scripserat summarie continentes, quod ipsa urbs Romana ceteraque
fortalitia patrimonii ecclesiae tam intestinis bellis quam exteris tante esset
attenuata divitlis quod nisi in brevi notabili quantitate pecuniae suceurreretur,
quin satisfieret armigeris nequaquam posset in subjectione ecclesiae conser-
vari; unde petebat et celeriter de summo provideri pontifice etdesubsidio expen-
sarum. Idipsumetiamscribebantofficiales camerae urbis Romanae. Item scribebat
idem d. cardinalis quod quidam olym ejus in legibus discipulus nunc vero
studens juris canonici puto de Florentia sibi scripserit petendo, quatenus sibi
et cuidam fratri Johanni episcopo n. ordinis praedicatorum nuncio d.Petri de
Luna aut saltem alteri ipsorum salvum conductum concedere dignaretur ad
tractandum secum quaedam ardua ex parte ejusdem d. Petri de Luna. Ipse vero
dubius quid expediret praehabito consilio quorundam fidelium ecclesiae decre-
visset ipsorum annuere petitioni ambobus parando salvum conductum petitum^
Qui advenientes coram eisdem eonsulentibus eundem d.cardinalem nomine prae-
fati Petri de Luna cum maxima hortati fuissent instantia, quatenus urbem
Romanam ceteraque ecclesiae bona in fidelissima servaret custodia, ipsosque
Romanos et aiios ecclesiae Romanae subditos inclinare vellet modis congruis ad
sibi parendum ipsumque ut summum pontificem Romanum suscipiendum. Et
ipse possibili sibi acceleratione satagere vellet Romam accedere personaliter
sedemque suam inibi coUocare. Cumque ipse de Cardinalis diceret, haec esse
dissona hiis quae ambasiatae nedum regis Arragonum sed etiam ipsiusmet
Petri de Luna nuper Constantiae de intentione ejus Petri ad dandam pacem
ecclesiae d. regi Romanorum exposuerant ac eis, quae cottidie Constantiam
deArragonia describuntur,respondet idem frater Johannes quod certus esset
quod ipse d. Petrus de Luna nequaquam papatui renuntiaret; nisi ambo sui
adversarii in plena constituti libertate libere renunciarent : quodque ea, quae
3S
"Constantiae referentur scripta esse deNarbona, nequaquaminde esse scripta, sed
hie Constantiae conficta. Cumque idem d. cardinalis audiret eos omnino velle
contraria concilio practicare, ipse eos licenciaverit committens quod nequaquam
in dominio ecclesiae moram traherent, sed cito egredi non tardarent. Ex quibus
quoriimdam consternebantur animi , quasi Petrus de Luna viam cessionis
intenderet declinare. Verum sequenti feria 2''a dominus Sar esbur gensis in
congregatione deputatorum ex adverso retulit, optima esse scripta de Narbona
addens, quod etiam esset spes magna de reductione Graecorum ad ecclesiam
Romanam. Et ambasiata Pol oniae praesentavit literas regis Cracoviae sibi
super hoc missas ad insinuandum concilio, quaesummariae continebaut quodfrater
Theodor US ord. praedicat. vicarius Constantinopolitanus in graeca, latina et
ruthenica unguis peritus ad ipsum in eadem causa venerit, per quem etiam
speraret gentem suam Ruthenicam a fide christi deviam reducendam. Sic alter-
nantur relationes variae et ambiguae nunc prosperae nuncadversae paucae vero
certae. Nisi quod sequenti feria 6'aqueerat ll"iaOctobris adveneritliteradomini
Rige nsis data 24 die Septembris summariter continens, quod reges R oma-
norum etAragoniae starent in tractatu Perpigniani et per 4 personas duas
ex parte regis Romanorum una ex parte regis Arragonum et una ex parte P e t r i de
Luna tractarent, et esset optima spes de optata conclusione. Similia conti-
nentes liferae legebantur hodie sed alia vaga quae hinc inde referuntur
scribere non curo, ne forte me scribente falsitatis assertio confirmetur. Jero-
ny m u s stat ut prius nisi quod videtur quibusdam in bonitate voluntatis aliqua-
nter tepescere. De fine concilii nemo novit. Datum Constantiae 15 die
Octobris.
Paternitatum v. humilis
Petrus dietus de Pulka.
Venerabilibus ac egregiis dominis domino n. rectori totique cetui doctorum
et magistrorum almae universitatis studii Wyenn. suis praeceptoribus et
dominis metuendis d. d. (Göttw. Bibl.)
XIII.
7. December 1415.
(Nachrichten von Perpignan. Thomas doctor deeretorum wird von dort
nach Wien kommen. Schreiben des Erzbischofes von Riga über den König.
Petrus de Luna. Unterhandlungen mit ihm. Flucht desselben. Gesandtschaft
des Königs von Polen und seiner Brüder. Versicherung, mit dem Concil zu
halten, und Ungern vor den Türken zu schützen.)
Venerabilcs doraini et praeceptores! De successu serenissimi Roma-
norum etc. regis ac ambasiate concilii in tractatibus pacis ecclesiae cum
Petro de Luna post ea , quae nuper per venerabilem patrem dominum
Lconhardum priorem gcmniccnsem scribebam, multa quidem cottidie
referuntur incerta quae ne vestris maturitatibus etiam tanquam rclata vobis
referentibus auctoritatem accipiant , quia frequenter sibi ipsis contraria et
vcritati dissona inveniuntur, et nunc bona nunc mala reticere statui. Verum
de certo noveritis, quod 28. die Novcmbris rediit de Perpigniano et Narbona
3»
36
dominus Thomas doctor deeretorura qui credo pertranseundo Wyennam
reverentias vestras de statu dicti tractatus plenissime informavit. Venit et
quidam nuneius nationis nostre portans literam domini archiepiscopi Rigen-
sis quae legebatur Andreae summarie continens, quod dominus rex videns,
se solo verborum pasci vento die ultima Oetobris sine spe optati finis se ad
recessum a Perpigniano disposuerit premittendo coquinam suam , et alios
ipsum comitantes quos volebat, quod audiens rexArragonum cum suis in-
stabat, quod saltim ad triduum Perpigniani remaneret ipse sibi veliet finem
faeere. Qui pacis ecelesiae avidissimus desiderator non solum ad triduum,
ymo ad quintum diem ibidem remansit. Sed iterum considerans verbis effec-
tum non dari post prandium puto 5*» die Novembris abiit Narbonam, omni
jam spe destitutus. Quod audientes rex Arragonum, et ambasiate regum Na-
varre etCastelle, et communitatum notabilium de obedientia dicti Petri
de Luna satis stupefacti instabant apud ambasiatam concilii, quatenus ipsum
dominum regem ad redeundum vel saltem exspectandum aliquantulumin Narbona
inducerent, promittentes, quod uno trium modorum omnino vellent finem scis-
mati imponere, vel quod ipse Petrus de Luna sponte renunciaret papatui
vel quod premissa monitione canonica per quinque dies sibi obedientiam
concorditer subtraherent, vel sua pertinacia exigente captivitati traderent.
Et 4ta hora noctis dicti rex et regum etc. ambasiatores sollempnem lega-
tionem miserunt Narbonam ad d. regem de premissis ipsum possetenus cer-
tificantes. Qui pacis ecelesiae zelantissimus remisit suos fidis&imos Per-
pignianum prestolans ipse Narbone inter quos erat dictus d. Rigensis qui
ipsam literam redeundo in medio inter Perpignianum et Narbonam nono die
Novembris hora nona post meridiem dederat, sicque post desperationem iterum
aliqualis spes rediit unionis. Item 2''a die Decembris dominus Sarisbur-
gensis in congregatione nationum retulit d. cardinali de Brancatiis, sibi
ipsis dominis Colocensi etSlewicensi praescriptis conformia penitus esse
scripta adjieiens quod ipse d. Petrus de Luna audiens premissam obe-
dientiae suae intentionem stupefactus velut mortuus homo effectus de Per-
pigniano cum duobus suorum cardinalium et magna raultitudine armatorum
in 4 galeis recesserit ad quoddam fortalitium fortissimum fugiendo, quodque
sui proprii pacis ecelesiae zelantissimi , qui ipsum antea ut sanctissimum
devotissimo venerabantur affectu, jam ipsum tanquam dyabolum detestentur.
Item eodem die dominus episcopus Dolensis referebat pro eerto domino
V erd ensi me audiente quod dieto domino cardinali de Brancatiis scriptum
esset, quod IS^ die Novembris esset obedientia solemniter subtracta per reges
et communitates superius nominatos, et idem d. Verdunensis idem retulit in
plena congregatione totae nostrae Germanicae nationi. Verum hoc minus
certum reputo quia aliis non audio fore scriptum. Item Barbarae tres nota-
biles proceres in tota concione concilii in ambasiata nova regis Cracoviae,
et fratris ejus Alexandri alias Wytoldi ultra priorem ambasiatam, quam
cottidie hie habuit idem rex proponebant oblationem eorundem regis et dueis
ad asstandum ipsi coneilio et regi Romanorum, et possetenus cooperandum
ad treugas et communiter pacandum IJngariam a Turcis aut si oporteret, in
absenfia regis fidelitor defendendam et propugnandam excusantes eosdem a
i
37
detractorum impositione quam emuli ipsorüm eis imponant, quod Turcis
contra Un^ariam auxiüum prestiterint vel favorem. Satis angor , quod multis
quae de necessitatibus meis seripsi etiam per plures, quos certos reputavi,
nullum jam fere in duobus mensibus ascendentibus tarnen pluribus praeser-
tim de üngaria etiam Wyenne moram trahentibus habere merui responsum.
Mora domini regis de die in diem trahitur. Nescitur an ante festum pasee
concilium eoncludi valeat. Non multum ultra duos menses mihi sumptus
sufficiunt quia ultra censum jam debitum vix circa 24 florenos adhuc habeo,
etiam omnibus computatis , de quibus 3 vel 4 verisimiliter expendam pro
actis concilii copiandis. Scriptum festinanter 7"™^ die Decembris in noctis
profundo, propter inopinatum latoris reeessum.
Vester Petrus de Pulka.
Venerabilibus ac egregiis dominis domino n. rectori totique cetui doctorum
et magistrorum almae universitatis studii Wyenne suis praeceptoribus favo-
rosissimis d. d. (Göttw. Bibl.)
XIV.
17. December 1415.
(Schreiben des Erzbischofes von Riga über die Reise des Königs und die
Unterhandlungen mit Petrus de Luna.)
Venerabilis mi domine ac recolende mihi jngiter ! 14*» Decembris quaedam
literae reverendissimi patris d. archiepiscopi Rigensis afFerebantur datae
21. die Novembris in summa hiis quae priores canebant et hiis quas 7n»a die
praesentis mensis et vobis et matri meae universitati scripseram, satis concor-
des ; nisi quod commemorando reeessum Petri de Lunaa Perpigniano
annexum continebat, quod d. rex Romanorum et ambasiata concilii exspectarent
sub spe si per subtractionem obedientiae eidem Petro fiendae possent ad
unionem ecclesiae devenire, ex quo clare elicitur, quod non est eidem facta
obedientiae substractio die loa Novembris quemadmodum nuper scriptum
reverendissimo d. n. cardinali de Brancaciis dicebatur. Et ego credo me
scripsisse quod id foret incertum , quia alias et aliis verosimiliter foret
scriptum. Alia non occurrnnt ; sed hoc potestis matri meae universitati et
omnibus singillatim referre mei nomine, cui non scribo nunc , quia pro tam
exiguo ipsam indignum reor specialiter congregare. Scriptum 17» die Decem-
bris anno d. 1415.
Vester Petrus dictus de Pulka.
Venerabill ac egregio viro d"»- n. rectori almae universitatis studii
Wyenn. suo praeceptori ac domino favoroso d. d.
(Göttw. Bibl.)
38
XV.
22. December 14i5.
(Über die Angelegenheit des Wenzel Tyem. Geldsachen. Hoffnung auf
Schluss des Concils.
Die Gerüchte über die Abdankung des Petrus de Luna bestätigen sich
nicht. Hieronymus von Prag.
Streit des Capitels von Strassburg mit dem Bischöfe.)
Venerabilis mi praeceptor et domine. Litteras ae mandata recolendae
semper matris meae universitatis ae vestras datas 18. et 27. diebus Octo-
bris ex parte denunciationis domini Wentzl Tyem praepositi patav. etc.
et alias datas die 25. Novembris heri jocunde suscepi et SO florenos in auro
pro suinptibus per honorabilem virum m. MathiamdeWalsee; verum quod
quia jam ferein tribus mensibus ad multa quae scripsi, nuUum habui respon-
sum, considerans consilium ultra communem aestimationem hominum verisimi-
liter prolongandum, recepi nuper a venerabili patre d. Leonhardo priore
Gamnicens i20ducatos. Et post nescius illiusprovisionis recepi etiam a venera-
bili magistro Nicoiao de Dinkelspuhel 10 florenos renenses, quos idem
magister Nico 1 aus recepit in commendam ad transmittendum cuidam studenti
Wyenam nomine Conradus RockdeRotenburga notus magistro Curiae de
Rotenburg etGeorgio Haraio. Et spero, quod concilium cooperante Deo
non protendatur in tantum, quin illa pecunia michi sufficiat. Quare peto quatenus
eidemConrado Rock eosdem 10 florenos ren. procuretis solvere indilate.
Sepe libenter scriberem de processu coneilii si quidquam relatione dignum
oceurreret, ultra ea, quae nuper per cappellanum d. abbatis Scotorum
et post per quemdam scolarem Slesitam vel Polonum scripsi , multa qui-
dem referuntur incerta hodie optima cras pessima et vicissim contraria, bona
non credimus quia sepissime prius decepti sumus, ut nuper, ante Michaelem
quod Petrus de Luna actu cessisset et noviter, quod post ejus recessum
de Perpigniano subtracta sibi esset obedientia, quorum, primum tam palam
famabatur, ut pro jubilo et gratiarum actione post occasum solis omnes
campanae Constantiae compulsarentur. Et dominus Dolensis referebat domino
Verdensi secundum esse scriptum domino cardlnali de Brancaciis, quae
ambo tandem coinperiebantur dissona veritati imo incerta ; et si quaenam magna
et placentia videantur et satis magnis dicantur scripta vel relata et ab ipsis
ut sie accepta referantur, statui ad vitandam mendacii suspicionem calamum
teinperare. Non scribo matri meae universitati, quia tam exiguis ipsam for-
mitlo literis occupare, cui et vobis me desidero fore jugiter commendatum.
Scriptum in crastino S, Thomae videlicet 22» die Decembris anno domini 1413.
Humilis vester Petrus dictus de Pulka.
Jeronimus stat in priori statu; laboratur praedisposite in causa
reformationis ecclesiae. Tractatur et causa ecclesiae Argentinensis cujus
capitulum cepit electum ut dicitur cum consensu vel adjutorio civitatis impo-
nens sibi, quod alienando destruxerit ecclesiam et nudaverit usque ad unicum
I
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fortalitium, quod etiam jam alienare disposuerit et relinquendo ecelesiam con-
trahere matriraonium pro utraque parte, sunt maximae disputationes domi-
nus donet in hac et aliis causis justitiam praevalere. Magistri in theologia jam
dederunt in seriptis singuli suas sententias de novem assertionibus per
eancellarium Parisien, denuntiatas, Haec addidi ex superhabundanti ut noseatis
quod libenter magna seriberem, si haberem.
Veneiabili ae eximio domino n. reetori almae universitatis studii Wyenn.
suo praeeeptori ae domino favoroso d. d. (Göttw. Bibl.)
XVI.
1. Jänner 1416.
(Nacbrichten von König Sigmund. Freude darüber in Constanz.)
Venerabiles patres magistri ac domini jugiter metuendi! A quinque
nunc mensibus paternis v. dominationibus scribendi materiam me non habere
querulatus sum, sed nunc propricio deo obtuüt se mihi gaudiosa, ut nunciare
habeam vobis gaudium magnum quod erat omni populo christiano; nam 29 die
Decembris de vespera praesentabantur deputatis nationum concilii egregiae
majestatis et ambasiatae ejusdem literae gaudiosae , quarum tenorem ob
firmiorem certitudinem hiis includo ; quibus lectis inter horam 4tam et 5*»™
post meridiem una cum litera regia ad comitem palatinum etc. in noctis
crepusculo episcopi etc. qui aderant, unanimiter ascendebant in templum
ecelesiae cathedraüs jubilando cantantes inibi „Te Daum laudamus" eonso-
nantibus solempnissime omnibus civitatis campanis interpolatim usque ad horam
fere nonam. In crastino pro gratiarum actione celebrabatur missa solempnis
Deo Sanctissimo. Et post materia legationis declarabatur loco sermonis qui
tam inprovise fieri non poterat ; legebantur et litterae praedictae duae con-
cilii. Et quaedam alia per quemdam secretarium cuidam ad partem scripta,
quae ultra alias continebat, quod ultra alias difficultates serenissimo d. regi
in traetatu factas etiam objecta essent sibi plura gravissima erimina et impro-
peratum de pluribus (contra) papam etiam in traetatu concilii actis in quibus
se tam patienter et mite amore unionis ecelesiae gessisset ac rationabilissime
excusaverit quod mirabile apparet et inhumanum in super quod et se adeo
erga sathanam primum Petrum de Luna humiliaverit quod etiam nee potue-
rit facere simplex miles. Et per haec omnia vix illos cautelosos Catelonos
valuerit evincere et ad caritatem et pacem aliqualiter inclinare ymo quod
adeo multipliciter fuerint variati et instabiles tractatuum status et termini ut
quod hodie videbatur quasi conclusum cras in disputativam disceptationem
vertebatur. Et saepe dum se putarent prospere tractatus ingredi affuit inter
eos dissipans concilia praeconcepta. Attamen conclusus esset modus unionis
perfectae licet forte terminus praefixus et termini medii longitudo esset ipsi
concilio aliqualiter onerosus. Conclusiones autem capitula articuli et puncta
non sunt certitudinalitcr et manifeste nota , sed rclationi ambasiatae concilii
reservata, quae et tempore suo de ipsis certificatus describam; haec revera
jocunda consolatio et si non de jam conservata unione fuerit sed dumtaxat
de promissione eontigentis futuri, attamen in tanta concilii angustia divinitus
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superveniens tanto letiores reddidit pios patrum animos quanto jam diutur-
nissima dilatione spei gravius erant aflFIicti; niim cum jam ad 5'"™ mensem
a domini regis etc. absentia solum tres literae fide dignae una regis ad con-
cilium in die omnium sanctorum, aliae duae domini Rlgensis ad nationem
Germanicam et satis superficiales perfunctoriae et universales quarum etiam
ultima minus fiducialiter praecedentibus loquebatur advenerint nimium fatiga-
bantur piorum patrum animi. Sed et relatus diversi et sibi invieem adversi
cottidie licet ineerti evolantes nunc optimi eras pessimi ipsos nimium per-
turbabant et adeo ut jam nonnullis licentiam recedendi petentibus allegando
defectum sumptuum, necessitatem suarum ecclesiarum et hujusmodi timere-
tur dissolutio concilii imminere. ünde ipso die s. Innocentium ceperunt
tractare de ambasiata mittenda ad ipsum dominum regem etc. et ambasiatam ad
eos revocandum indilate, nisi forte infra brevem terminum optatam referre
possent pacis conclusionem nee amplius se vanis verborum ventis pertrahi
sinerent ne forte in pejus etiam concilium sine alio fructu inaniter solveretur.
Erat tune non modica anxietas de mittendis nunciis talibus et tantis, quales et
quanti in tanto sufficerent negotio ac decerent majestatem regiam auctoritatem
ecclesiae ac de expensis tantis et aliis hujusmodi oportunis hortabatur quasi
flendo ad patienter tolerandum d. Gnesensis archiepiscopus et mittendum
celeriter et tam sincere ut alios potuerit ad lacrimas provocare. Sed in tantis
perplexitatibus advenit desiderata consolatio nimis grata, quae adeo exhilara-
vit omnium eorda ut etiam tempore elevationis post sanctus usque ad oratio-
nem dominicam tubae et fistulae altis vocibus concreparent et post missam in
processione concilii similiter, ac cerei plures deportarentur et alia ostenderen-
tur indicia gaudiorum. Attamen nee in bis sathan defuit moliens inserere
materiam tristitiae ac lamenti ; nam ante missam dum reverendissimi d. cardi-
nales etc. congregarentur, praesentabantur oeto literae de Bohemia appensis
452 sigillis nobilium procerum et baronum contra concilium ex parte Huss
etc. Scribere nequeo propter repentinum et inopinatum recessum latoris.
Scriptum 1'«^ die Januarii anno 1416.
Petrus Pulka non potui emendare
praesentes, nee copiare.
Venerabilibus ac egregiis viris dominis n. rectori totique cetui doctorum et
magistrorum almae universitatis studii Wyennens. etc. •
(Güttw. ßibl.)
XVII.
15. Jänner 1416.
(Petrus de Pulka an den Prior Leonhard der Karthause Gaming.
Über die Gesandtschaft des Concils an Petrus de Luna. Schreiben des
Königs Sigmunds an das Concil und an den Pfalzgrafen sind angekommen.
Günstige Aussichten auf Frieden.
Schreiben an den Patriarchen von Antiochia. Lob des Königs. Anklagen
der Böhmen gegen das Concil. Schreiben des Bisehof von Riga aus Avignon.
Das Concil wird noch lange dauern.)
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Orationes cum debito jugiter famulatu. Venerabilis pater post recessum
vestrum hinc, de tractatu Serenissimi Romanorum regis ete. et ambasiatae
concilii cum Petro de Luna et ejus obedientia ex parte unionis ecelesiae
nil certum relationeque dignum oeeurrit usque ad crastinum s. Innocentium.
Sed diversa et adversa relata incerta de die in diem alternabantur nunc
bona nunc mala, quorum varietas ac multiplieitas piorum animos patrum
quasi spem dejieiendo nimis aftlixit tedioquc affecit adeo, ut in die s. Inno-
centium tractare inciperent de ambasiata ad d. regem et ambasiatam ipsius
concilii transmittenda Narbonam quatenus in omnem eventum etiam negotio
infecto redirent indilate nee ulterius vano votorum vento in gravamen con-
cilii ibidem se sinerent detineri, cum jam verosimiliter apparet , si ipsius
Petri de Luna suaeque obedientiae sineera foret intentio ad pacem ecelesiae
an sinistra aut effectus aliquis bonae spei erectus ; sie autem pene desolatur
et desperatur. In crastino Innocentium apparuit pastoribus congregatis
Christi angelus idest nuncius domini nuncians pacem in terra hominibus
bonae voluntatis per literas regias unam coneilio alteram comiti Palatino ac
literam ambasiatorum coneilio transmissas continentes summarie quod sepe
libenter seripsisset, sed tot fuerint in tractatibus difficultates, impedimentorum
illationes instantiae ac mutationes, ut quae hodie habuerint ut conclusa, cras
invenerint alterata. Ideo a eerto scribere nequiverint usque ad 13. Decembris
diem circa meridiem. D. rexet ambasiata concilii parte ex una et ambasiatae
regumArragoniae Castellae Navarrae, ac comitis Fux i parte ex
altera suflTicientibus fulcitae mandatis perfectam coneluserint ecelesiae unionem
certis modis et viis eonditionibus capitula vero articulos et puncta con-
clusa arabasiatores sui ac concilii essent plenarie relaturi, et in crastino pro
graciarum actione missam de spiritu s. cum processione solemniter celebra-
verint. Quibus literis in refeetorio minorum coram deputatis et aliis, qui
improvise advenerant perlectis circa occasum solis satis exhilarabantur pio-
rum prius turbata corda etiam de sola promissione pacis futurae contingentis
et incertae. Et statim ascendentes ad eeelesiam cathedralem de nunciato gau-
dio, quo auctore deo crevit omni populo gloriam in altissimis deo per ymp-
num Tedeum laudamus devotissime concinnebant consonantibus eeleberrime
Omnibus campanis civitatis pluribus etiam vicibus usque ad horam vesperae
nonam. In crastino scilicet penultima die Decembris pro gratiariim actione
felebratur missa de spiritu sancto in loco sessionis, et vice sermonis , qui
tarn repentine ßeri nequibat dominus Tolonensis declarat ipsarum literarum
effectum exhortans ad gratiarum actiones, legebantur etiam literae praedictae
et quaedam alia privatim puto domino Patriarcbae Antioceno scripta per
quendam seeretarium, quae ad singularem laudem domini regis Komanorum refe-
rebant quod inter ceteras difficultates maximas in tractatibus emergentes ipse
dominus rex etiam graves perpessus accusationes exprobrationes improperia et
objectiones plurimas de multis tamquam perperam in coneilio perpetratis et
aliis, de quibus tamen se rationabile et olTicacissime excusaverit, asserens sicut
et verum est, quod nil umquam attemptare praesumpserit nisi ad ordinationem
concilii, et jussis causas etiam actorum ipsorum assignando, quemadmodum
alii plenius scribunt et credo circa haec particularia plurima post ipsius
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reditum patebunt, quibus adjiciebatur in eadem litera , quod ipse d. rex
amore pacis ecclesiae praemissa inestitnabili paciencia toUeravit, ymo, quod
erga Petrum de L una se adeo humiliaverit quod vix similia feeisset simplex
miles. Infra canonem missae et elevationem ad ampliorem expressionem
gaudii tubae et fistulae in ecclesia celeberrime eoncrepabant cum quibus et
ceteris post missam proeessio fiebat ut fieri solet omni dominica per ecele-
siam solum quia pluuia egredi in ornatibus non sinebat. Nee mirum quod
solum de fiendis et promissis et eonelusis nondum factis sed multipliciter in-
pendentibus tante jocundabantur corda piorum ut gratias agerent ante fac-
tum quia dignum est ut nulla Dei dona etiam si pusilla sint gratiarum
actione frustrentur; fragmenta nempe jubentur apostoli colligere ne pereant
quia non decet etiam minima Dei dona beneficia oblivisci sed potius etiam
minima grate accepta majorem gratiarum actionem prevenire etiam gratitu-
dine. Sed ecce hostis pacis nee unius diei gaudium patiebatur purum. Nam
dum reverendissimi d. cardinales etc. ad ipsam missam se in expectando ut
solent congregarentnr, misit quemdam, qui dicitur fuisse familiaris Jeronymi
de Praga, qui tunc praesentabat octo literas quorundam Baronum proce-
rum et nobilium Bohemiae et Moraviae appensis sigillis 432 sigiilatas,
continentes summarie laudem regni Bobemiae et marchionatus eorun-
dem, de excellentia christianismi et fidei ibidem ab antiquo servatae, ita
quod nunquam fuerit ibi haeresis dogmatisata, sed justus Johannes Huss
sit injuste ex invidia condempnatus, sicut conentur etiam quidam facere
Jeronymo Philosopho eximio, eloquentiae fönte mananti etc. similia, quodque
quicumque asserens ibidem unquam dogmatigatas fuisse hereses nunciatur
tanquam proditor et diffamator regni, excepto solo serenissimo rege Koma-
norum quem credant abhine innoxium et immunem adicientes etiam non
obstante cujuscumque prohibitione velint usque ad sanguinem evangelicos
praedicatores defendere neminem curando usque ad unicum summum ponti-
ficem, tunc velint secundum Christi evangelium obedire in licitis. Praeterea
IIa die Januarii advenit litera domini Rigensi s data Avinione 28» die Decem-
bris continens summarie quod d. rex Romanorum attento quod Hispanis
datus esset terminus veniendi huc ad concilium per totum mensem Marcii
quodque tempore medio ipse multa notabilia agere hie posset , sed ipsos
Hyspanos seu obedientiam Petri deLuna expectare oporteret, de suorum
consilio decreverit ire ad Franciam et pro unione firmatione ac exalta-
tione ecclesiae reges Franciae et Angliae concordare si valeat vel saltem
mter eos treugas et pacem ad tempus ponere , et quod ad preparandum
materiam tractantibus premiserit magnum comitem et ipsum d. Rigensem.
Capitula conclusa de modo unionis dicuntur esse haec, sed ut seitis tociens
decepti sumus relatibus, qui etiam credebantur certissimi ut vobis nolim
scribere ipsa donec ambasiata concilii decerto ipsa afferet quae cottidie exspec-
tatur. Non spero de fine concilii ante festum pentecostes sed quod vero
similius per magnam partem estatis aut totam estatem durabit. Sed tollera-
bihus est post tantum tempus etiam per minus pati sumptus incommoda
exilii propriorumque bonorum neglectum, quam jam praeterita perdere et
forte multis futuris temporibus vix tarn propinque ad vnionem ecclesiae per-
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venire. Dudum volui paternitati vestrae scribere ad consolationem patrum
meorum sed neminem ad Ybsam divertere volentem habere potui , quorum
patrum meorum orationibus statum eeelesiae et me peceatorem dignemiui
diligentius commendare, ipsis scribere non est opus quia omnia verba com-
munia esse novi. Scriptum festinanter lo. die Januarii anno d. 1416 per
magistrum Petrum de Pulka.
Venerabili patri domino Leonhardo priori domus throni sanctae
Mariae in Gemnico ord. chartusiensis.
Cottidie dissensionum sator nova conatur inter nationes et personas con-
cilii serere discidiorum zizania sed Caritas piorum quamquam Dens donat, ea
exterminat imo eosdem pios sollicitius orationibus adjuvate.
(K. K. Hofbibl. in Wien.)
XVIII.
22. Jänner 1416.
(Nachrichten vom Könige. Schreiben des Bischofs von Riga. Sigmund will
nach Frankreich gehen. Hoffnung dass der König bald zurückkehrt.)
Venerabilis mi praeceptor et domine ! Nuncii sacri concilii missi cum
domino rege Narbonam dicuntur prope adesse et expectantur cottidie. Multa
referuntur incerta, quae scribere noio , pauca vero de certis nunc notabilia.
llma die Januarii advenit litera domini Rigensis data 28^ die Decembris
avinione summarie continens quod quia obedientia Petri de Luna totum
mensem Martii haberet ad veniendum Constantiamnec tempore medio possenthic
allqua ardua tractari (Sigism.rex) de suorum consilio decreverit intrare Fran-
ciam ad concordundum reges Franciae et Angliae, vel saltem inter ipsos
statuendum treugas et pacem ad tempus ad firmiorem eeelesiae unionem et
pacem et ad praedisponendum de suo ingressu et praeparandum materiam
tractandi praemittere voluerit ipsum d. Rigensem arcliiepiseopum et magnum
comitem de Ungaria, verum post 16» vel 17» die Januarii advenit quidam refe-
rens quod dux Burgundiae cum 40000 armatorum esset prope Parisium
cui rex Franciae vellet resistere , uride putatur quod dominus rex mutabit
propositum, quia ipse et Burgundiensis minus bene ad invicem credunlur
esse aflFecti, sed quod sit via directa reversurus. Ad cujus confirmationem
referebat reverendiss. p. n. d. cardinalis Salu t iarum 19» die Januarii episco-
pis Angliae, quod quidam veniens de Lugduno retulerit, quod comcs Souau-
diae occurreret ipsi domino regi obviam et secum esse voluerit 13» Januarii in
Lugduno ad susscipiendum eundem reverenter et conducendum per sua domi-
nia redeuntem quae si vera sunt ipse dominus rex in brevi aderit , quod
multuin reputo pro salute tractatuum et conservatione concilii. Solum hoc
seribo ne vagis magnis credatis reiatibus et incertis. Recommendo me vestrae
dominationi et omnium magistrorum etc. Sitis sinccriter devoti deo pro eccle-
sia sancta sua ; puto quod ante feslum pcnlhecostes non valeat tractalus
concilii eonsumari. De collatione l)cnenciorum nondum aliquid conelusum
est, nee de pruvisionc pro universitatibus ; bene quidem inter reformatores
materia mota est, et plures de universitatibus Alamanniae seu Germaniae con-
gregati ipsis coromendaverunt hanc causam et ecrtum ad paeoni et ipsi se
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paratissimos et ad hoe veluti affectissimos ostenderunt. Scriptum Vincentii
22 Januarii anno d. 1416.
Dominationis v. humilis
Petrus dictus de Pulka ad mandatum.
Venerabili ae eximo domino rectori almae universitatis studii Wyennens.
praeeeptori suo et domino favoroso vel ejus vices gerenti d. d.
(Göttw. Bibl.)
XIX 1).
7. Juli 1416.
(Petrus de Pulka an den Prior Leonhard von Gaming. Entschuldigungen
wegen langen Stillschweigens. Verurtheilung des Hieronymus von Prag. Hinrich-
tung desselben. Schreiben des Johann de Opicis ausBarcellona, über die Unter-
handlungen mit Petrus de Luna. Predigt des Cardinais Florentinus. Lob des Königs
Sigismund. Schreiben des Königs von Arragonien hinsichtlich seiner Gesand-
schaft und der Verzögerung ihrer Ankunft. Ursachen der letzteren.)
Venerabilis mi pater et domine recolende. Non indignetur queso mihi pater-
nitas vestra ymo apud patres meos alios de conventu medignetur legittime excu-
sare, quod tam diu de processu et statu sacri concilii desiderata non scripsi,
quia revera post ea quae nuper de tractatis Narbone satis insinuavi diffusse, non
oecurrit quidquam relatione dignum. Nisi ipsius leronymi digna dampnatio
facta penultima die Maij et ejus eodem die combustio in loco Johannis Huss ad
cujus simiiitudinem etiam cineres spargebantur in lacum. J u s t a inquam coram Deo
dampnatio quia cum noiens respondere judicibus audientiam publicam obtinuisset
ad Votum et propter multitudinem articulorum et tumultuationem ingentis
populi prima die, quae, ut puto erat 23 Mayi ipsa audientia compleri non posset
statuebatur sibi dies alia videlieet 26 ejusdem in qua post responsionem ad
omnes articulos induxit exempla plurima tam philosophorum gentilium quam
sanctorum utriusque testamenti quod veritas et innocentia sepissime a mundi
origine falsis testibus et mendaciis esset obruta, sie nunc nee mirum esse , asse-
rens, si emuli sui theotonici contra ipsum falsis testibus praevalerent assignans
etiam causam concepti contra ipsum rancoris qualem confingere astuttissime
poterat, et tandem conclusive subjunxit, quod alias nimia pietate et suasione
20 judicum in causa fidei deputatorum ac misero metu mortis inductus in plena
congregatione concilii catholicam fidem profitens enorme et gravissimum commi-
sisset mendacium contra Johannen! Wyk Jeff et Job annemHuss,asserendo
*) Aus Kink 1. c. entnehmen wir folgende Notiz eines hier fehlenden Briefes:
1416 ipsa die cinerum (4. Mz.) cong. uniu. ad audiendum literam missam
de Constantia, in qua considerauit vniuersitas unum punctum de hussitis,
quod quosdam de sua secta raitterent ad omnes terras vicinas qui ipsorum
errorem predicarent, propter quod vniuersitas deputauit doctores et magi-
stros, qui de remedio salubri toti christianitati et honesto uniuersitati
possetenus cogitarent. Kink 51, II, 14.
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tunc ipsos tanquam hereticos juste et legitime condenipnatos, de quibus tarnen
nunquam maluin seiverit sed multa bona ac se tarn graviter in hoc peccasse,
quod si totus mundus suus esset, medietatem dare vellet quod non fecisset
unde seiens quod relapso non pateat venia nunc libere profiteri vellet, quod in
Omnibus adhereretdoctrineJ ohan nis Wykleff , quem in nuUo reputaret errasse
nisi in materia de saeramento allaris, . . .non seeum sed cum doctoribus commu-
nlter de prima materia receptis vellet finaliter sentire et eductus ad poenitentiam
usque dictum diem penultimi Maji servabatur. Preterea in tractatu unionis nichil
hucusque factum est, nisi quod primo die presentis mensis sc. Julii data (?) ut
puto 8. die Junii per dominum J olianne in de 0 p i c i s ambasiatorem concilii
Barczelone qui missus fuerat ad presentandum literas convocatorias regi Arra-
gonum etc.juxta capitulaNarboneconcordata, et sie idem remansit ad sollieitan-
dum reges et alios, ipsosque Hrmandumin bono suo proposito, ne calliditate ipsius
Pe tri de L un a seducantur. Qui seribebat recomendando modernum regem
Arragonum de sincero zelo ad ecclesie unionem quodque ejus ambasiatores ad
concilium deputati eonstanter assererentur 16** die Junii eggressuri atque quod
de pluribus aliis credendum esset baiulo plenius etiara experientia informato.
Quireferebat quod regina et tutores regi s Ca stell e adhue in elate tenera eon-
stituti miiltum affeeti essent Petro de Luna. Sed communitates et alii potentes
repugnandovoluerint predictos a regis tutela amovere ac regi Arragonum insi-
nuaverint quatenus de alijs disponendo tutoribus ipsis astaret, qui illuc miserit
nobiles et fideles ut disponerent de premissis. Preterea magister Antonius gene-
ralis ord. B. Marie de Mercede similia praescriptis per dominum J o a n n e m
d e Op i eis sibi scripta retulit nee non et quedam alia in publica congrega-
tione referenda, petens ob id sibi hujusmodi audientiam publicam certo die
dari et terminum adventus obedientiae Petri de Luna ad festum assump-
tionis B. Marie Virginis ex causis rationabilibus aut saltem ad tres ebdo-
raadas prorogari. Nominabat etiam ambasiatores ad veniendum deputatos
eomites et alios notabiles laycos et doctores. Et interrogatus de adventu
cardinalium episcoporum etc. prelatorum , respondit sibi de biis non con-
stare, sed istos mitti tamquam unionis ecciesiae sincerrissimos zelatores,
quodque prelati a Petro de Luna seriosissime requisiti ne vadant Constan-
tiara audientes non nuUos de nostra obedientia cum ipso Petro de Luna
certos habere tractatus et quosdam sollicitare regem Arragonum et alios
ut subtractam obedientiam sibi reddant verisimiliter non ibunt nisi compel-
lanfur seriöse, timentes sibi imminere periculum in casu quo ipse Petrus
de Luna prevaleret in tantum ut in Petri kathedra quomodolibet rema-
neret. Prehabita deliberatione in nationibus 4*» die Julii congregato plene con-
cilio reverendissimus pater d. card. Flore ntinus stans in an»bone assumpto
themate „Pater rogo ut sint unum sicut et nos unum sumus" de unitate
ndelium discrtissime ut solet pluriina perorabat, inducens ea quae hucusque
IM «MMwilio magis prospere quam sperabatur humanitus gesta , divinitus
I i' i'lj possunt videlizet de concilii congregatione , de dnarum obedien-
tiarum uniono et de lertiae obedientiae ccrta expectationo asserens de hiis
Omnibus post doum preoipuum honorem et laudum prcconia inviclissimo H om a-
""•"'" I • '/ I iiKiibiii (IcImmc. sicut et voro (liLTniiiii cl jiisdim ossc dicunt
46
omnes qui tractatibus a principio affuerunt. Cui adjunxit quod tunc esset ter-
minus quo obedientia Petride Luna comparere tenetur juxta capitula
Narbone concordata, quo copiam presenti vel prius misi. Deaudienda essent
legitima documenta et ambasiata reg'is Arragonum ac sui nomine propo-
nenda. Postea legebantur instrumenta publica que dietus dominus J ohannes
de Opicis miserat de presentatione literarum eonvocatoriarum et salvorum
eonductuum et protestationibus utrimque factis etc. facientia plenam fidem.
Deinde dietus magister Anthonius etc. praesentabat literas credentiae
regis Arragonum et procuratorium ad excusandam dilationem adventus suae
ambasiatae et ulteriorem terminum postulandi juxta solitam formam procura-
toriorum satis largam longamque praemissa eollatione exbortativa ad expectan-
dum patienter, comendabat domini sui sincerum zelum ad unionem ecciesiae
excusans ipsum de mora quia ambasiata sua in termino statuto non potuerit
comparere allegando causas sex, que ipsum merito excusarent, prima nociva
retardatio missionis literarum eonvocatoriarum et salvorum eonductuum
que si mortem prioris regis Arragonum in tanto prevenissent ut in aliquali
adhuc fuisset valetudine «tatim de ipsarum executione disposuisset; nunc
autem venerunt ipso in mortis articulo constituto, dum jam sibi non licebat
de humanis sed de solis celestibus cogitare. Secunda, quia cum statim ipsa-
rum literarum presentationem sequeretur mors regis, decebat ymo oportebat
primogenitum luctui et obsequiis tanti funeris postpositis omnibus intendere
condeccnter. Tertia, quia cum ipse rex novus fuerit in regno habens com-
petitores potentissimos oportebat ejus primogenitum magis novum prius in
regno stabilire, ne forte aliis ei prevalentibus privaretur hereditate paterna,
et concordata capitula exequi non valeret. Quarta malivorum machinatio, qui
mortuo patre fillum ad obedientiam Petri de Luna et violationem capitu-
lorum predictorum inducere satagebant. Quinta, mutatio ambasiatorum quos
pater deputaverat quos ex eertis causis filius variavit. Sexta , dift'icultas
habendi alios tarn notabiles ut decebat tantique tractatus negotii requirebat
hincque petebat, quatenus sacrum concilium dominum suum a violatione capi-
tulorum predictorum Narbonae concordatorum haberet excusatum, sibique saltem
ad unum mensem terminum prorogaret. Tandem legebatur concilii responsio.
Qua se ofFerebat concilium tunc in presenti termino quemcumque de obedien-
tia Petri de Luna habentem sufficiens mandatum juxta sepe dieta concor-
data capitula sibi unire et incorporare in ipso tunc presenti termino. Quod-
que dictas excusationes reputaret legitimas ipsosque absque prejudi-
cio concordatorum capitulorum et absque discessu ab eisdem vellet ad
unum mensem ipsorum adventum prestolari. Protestabantur postremo utrae-
que partes de premissis et quod per ea in nullo vellent prius concordatis
capitulis derogare sequenti diese. 5» Julii dietus magister Anthonius asse-
rebat se veridico accepisse relatu, quod ambasiata Arragonum eodem die
proposuerit applicare ad Avinionem a qua possent in 12 vel 14 diebus huc ad
Constantiam advenire; de actis per serenissimum re gern Roman orum etc.
et ejus adventu multa referuntur, quae propter varietatem scribere non curavi,
similiter de statu Apuliae et Italiae. Sed queso tanto sollicitius domino Jesu
Christo sponsam suam orationibus eommendare curate, quanto nunc in arti-
culo conclusionis major incumbit necessitas et adversarius amplius sciendo
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nequitiae suae virus evomere non cessabit. Scriptum festinanter 7'»» die JuHi
per paternitatum vestrarum humilem Petrum de Pulka. Est hie quidara
honorabilis pater ordinis vestri ut dieitur nomine ejusdem decretorunvdoctor
et prior Coloniensis.
Venerabili patri domini Leonhardo priori monasterii Gamnice nsis etc.
et conventui ibidem, praesentetur in Ybsa ad hospicium pyligrimi.
(K. K. Hofbibl. in Wien.)
XX.
16. August 1416.
(Nachrichten vom König Sigmund und Petrus de Luna. Gefahren des
Königs in England. Ankunft eines Fraters ord. S. Mariae de Mercede, Vor-
gangers der Gesandtschaft Peter's de Luna. Hussitismus in Osterreich.)
Reverendissime ac metuende mi domine. Post ea quae nuper de orta
turbatione per famam quod obedientiam Petrus de Luna vellet hue mit-
tere, et ejusdem turbationis sedatione per literas domini Johannes de
Opicis quibus asseruit ambasiatam ejus 10 die Julii exisse, satis ut novi
certitudinaliter et late scripsi. Inimici et emuli pacis ecclesiae novum mur-
mur suscitaverunt asserentes, literas praedictas hie esse confictas et nequa-
quam aliquam de Arrago nia exisse ambasiatam adducentes relationes quas
dicebant certissimas ad contrarium. Sed et mala malis cumulantes adjiciebant,
quod Serenissimus Romanorum rex ex tractatu, quem inter reges Fran-
eiae et Angliae attemtaverat tantam Anglicorum incurrerit indignationem,
quod nisi ipsius Angliae regis ac procerum regni fultus fuisset presidio,
captivitatis aut forte mortis periculum sibi a plebeis imminens non evasisset.
Sed iterum Dens consolando suos mestos misit quemdam fratrem ordinis
B. Mariae de Mercede, qui ambasiatam Arragoniae ab Avinione et Sabaudia
hue festinando antecessit asserens ipsam in instanti nunc ebdomade affu-
turam. Sed et constanter asseritur quod infra 4 vel paulo plures adventurus
sit quidam comes deSulcz a serenissirao rege Romanorum relaturus sui
nomine certitudinaliter de ejus adventu, quod videlicet in brevi sit venturus
et de displicentia, que sibi dicebatur in Anglia fuisse exhibita. AngHci male
content! se asserunt nihil scire ymo confictum esse per aemulos ecclesiae atque
regis. Alia relatione digna non occurrunt nisi quod hie publice scitur,
quod hodie primo audivi scilicet quod illustrissimus princeps et dominus
noster dominus Albertus duxAustriae licentiaverit d. officialem de
Austria pro eo, quod quosdam Hussitas suspectos de haeresi de sua captivitate
absque ipsorum absoluta sententia liberos abire dimisserit , estimo quod
insligator in eadem causa hcresis petet contra eundem d. officialem decerni
citationem personalem, contra ipsum coram judicibus concilii processurus.
Scriptum velociter 16 die Augusti in crastino videlicet Assumptionis Virg.
Mariae Constantiae.
Tarn exilibus matrem meam mctuendam vexare verebar congregationcm
idco dominationi v. soli supcrscripsi, quae potcrit si videbitur haec aliis
insinuare ad partem vel si optulerit sc oportunitas in tota congregatione.
Dominationis v. scrvitor humillimus
Petrus dictus de Pulka.
48
Venerabili ac egregio domino domino Johanni de Westvalia rectori
alme universitatis studii Wyennensis doctori decretorum eximio suo domino
favoro»o. (Göttw. Bibl.)
XXI.
29. August 1416.
(Uneinigkeit und heftige Aufregung des Coneils durch einige Beschlüsse
der französischen Nation.)
Recolende mi praeceptor et domine! Orta est quaedam turbatio concilii
sed dono dei statim sedata. Nam natio Gallicana quedam conclusit eapitula
de ordinatione et modo procedendi et una cum dominis cardinalibus insta-
bant ut statim per totum concilium concluderentur concorditer, quae qui-
busdam apparebant saltim in certis punctis minus expedientia praesertim pro
nunc cum Arragones statim sint venturi, ratione quorum in natione Italica
quibusdam resistentibus quibusdam instantibus ut concluderentur tarn gravis
oriebatur dissensio in die scti. Bartholomei ut unus de cardinalibus contra
quendam archiepiscopum insurgeret initendo manus. Et communifer dicta
natio Gallicana cum una parte nationis Italicae instaret ut in plena congrega-
tione super ipsis audirentur feria S^a in loco sessionis advocans etiam vicarium
regium quemdam comitem et rectores civitatis. Et quia dudum ad cavendum
scandala in sessione concilii decretum est, quod nemini detur audientia
publica nisi prius presidentes nationum examinent proponenda, resistebant
nationes Germaniae et Angliae quae sibi invicem semper in bono consentiunt.
Et eodem die impedita tali audientia nationes omnes ad concordiam reduce-
bantur. Sed causa dictorum cardinalis et archiepiscopi comissa est arbitris ut
totaliter complanetur ; haec curavi scribere quia cum fama plena malis pernici-
bus evolet alis, timui ne dominationes vestra et aliorum meorum dominorum
forte imperfecte audientes discordiam motam esse et non sedatam, zelo eccle-
siae in suis animis nimium turbarentur; quae ex hoc quaeso nuUatenus move-
antur ymo alios quietare curent, si qui forte moti aut scandalizati jam fuissent
et cum acrimonia nimia ut multi solent referentes compescant, scientes quod
sperandum, illam turbationem ad speciale magnum bonum concilii et ecclesiae
a deo fuisse permissam, ne quidam postea sint ita proni ad importune majora
vel similia attemptandum, videntes in tam parvo subito defecisse. Arragones
dicuntur hodie vel cras adventurii, alia non occurrunt. Si non occurrat con-
gregatio totius universitatis, narrare dignemini ad partem omnibus ut conso-
letur. Scriptum festinanter 4 kalendas Septembris anno d. 1416.
Dominationis v. humilis
Petrus dictus de Pulka.
Venerabili ac eximio viro domino Johanni de Westvalia rectori
almae universitatis studii Wyennensis doctori decretorum egregio et domino
suo favoroso aut ejus locum tenenti.
(Güttw. Bibl.)
49
XXII.
24. Mai 1417.
(Citation des Petrus de Luna. Man hofft auf einen Ausspruch gegen ihn
yor Pfingsten. Vereinigung mit den Spaniern.)
Venerabilis ac recolende mi praeceptor et domine! Juxta vestrae commis-
sionis tenorem per iiteras vestras datas 15 die Martii alias reeepi mutuo
4 florenos Renanos a magistro n. m. Theodorico de Hamelburg quemadmodum
per eundem reverentiae vestrae scripsi et nunc offerente se oportunitate
reeepi 12 florenos ungar. ab honorabili LeonhardoPokehel de Salz-
burga baeealaureo in artibus et filio vestro. Quos quaeso dignemini eisdem
m. Theodorico et Leonhardo solvere indilate. Post recessum dicti
m. Theodorici nichil relatione dignum hie actum est, nisi quod termini
servati sunt contra Petrum de Luna. Et ad crastinum citatus est ad
dicendum contra dicta testium. Et quamvis ante instans festum Penthecostes
posset fieri sententia contra ipsum, tarnen non puto quod feratur, quia con-
tinuo cum magna laboratur instantia ad unionem Castellanorum nobiscum antea
conservandam, ne forte si prius sententiaretur , causari possent , quod non
a concilio plene congregato factum esset, hincque haberent occasionem ipsi
Petro de Luna tanquam non ejecto legitime adhaerendi. In unlone eadem
nobiscum est maxima difflcultas , quam nonnulli suspicantur oriri ex hoc,
quod in ipsa sacra synodo inter filios dei assit etiam Sathan nee tarnen unus
ymo plures, quorum suggestionibus Castellani difficultant materiam et se
firmant in suis propositis difficultatibus nimis fixe. In manu Dei solius est
unio ecclesiae cui quaeso dignemini ipsam comendare devote et alios ad id
ipsum sollicite exhortari. Dominationi vestrae et omnium dominorum et
praeceptorum meorum doctorum et magistrorum me humiliter recommendo.
Datum Constantiae 24** die Maji anno d. 1417.
Dominationis vestrae humilis
Petrus dictus de Pulka.
Venerabili ac eximio viro dno. n. rectori almae universitatis studii
Wyennens. suo praeceptori et domino favoroso d. d.
(Gottw. Bibl.)
xxm.
16. Juni 1417.
(Verhandlungen über Petrus de Luna und seine Gesandtschaft. Zer-
würfnisse mit demselben. Verhaftung des Leibarztes des Cardinais de Fliseo,
Klagen der Cardinale über Verletzung ihrer Privilegien. Einigung der Cardi-
nale und Nationen über den Wahlmodus. Streitigkeiten von Seite der Fran-
zosen. Massnahmen der deutschen Nation.)
Paratum jugiter debitum famulatum. Recolendi mei praeceptorcs et
domini! De longa mora in processibus coneilii contra Petrum de Luna
ei aliis et vos et alios neseientes causam, non ambigo plurimum admirari.
Archiv. XV. 4
50
Tetigi quidem alias, scribendo in genere ipsam causam aliqualiter. Et magi-
ster Theod ericus (de Hamelburg) ipsam bene perpendebat cum aderat.
Et nunc in spera (rem?) tango. Nam cum Castellani feria 3*'^ ante dominicam de
ramis Palmarum advenissent, instante termino peremptorio Petro de Luna
sequenti feria 5*^ non poterat die medio cum ipsis de unione ipsorum cum
concilio tractari, hinc succedentibus diebus sacerrimis differebatur usque ad
Pascha. Et tunc adhortati , ut se unirent , respondebant, se prius opor-
tere certificari de pluribus, quorum tria, quae omnem ingesserunt diflficultateni,
erant, de securitate loci, et libertate concilii , et modo eligendi futurum
summum pontificem ; de aliis non erat magna questio. Quae dominus rex ad
nationes detulit desiderans, quatenus ipse cum collegio cardinalium de securi-
tate loci, et libertate concilii responderent, quia diutissime probassent et de
expertis convenientius quam ipsemet testificari possent, quibus deliberatis in
octava Paschae proponebant singuli praesidentes nationum responsa, ipsarum
nomine asserentes, quod omnes contentissimi essent de securitate loci et liber-
tate nisi quod natio Gallicana occasione displicentiae inter reges Romanorum
et Franciae exortae petebat uberiorem priore salvum conductum , quem
d. rex eis negabat, nisi concilium decerneret ; et tunc se paratum offerebat
dare. Sed d. vicecancellarius nomine collegii cardinalium respondet, quod
omnino fuissent seeuri ; nee pro futuro de alio hesitarent. Sed et in omnibus
fuissent liberi praeter quam in ordinatione duorum decretorum concilii de
modo eligendi, in ejectione olim d. Joannis et cessione olim d. Gregorii
promulgatorum, in quae ipsi d. cardinales non consensissent libere, sed vi
metus, qui poterat cadere in constantissimos, non quidem ex parte d. regis
aut suorum sed ex parte quorundam de concilio qui tunc per expressum
dixerint, quod nisi ita synodaliter ordinaretur, d. Karo lus nuUatenus cede-
ret, quare resistentes , fautores scismatis et turbatores ecclesiasticae unionis
sacrique concilii eensentur ; unde timentes puniri ut tales in illa decreta
non libere consensissent ; de qua responsione ultra quam dici potest eonster-
nebantur animi omnium, timentium ne sie post electionem metum allegando
novum scisma inducerent via simili qua praesens primitus induxerunt. Respon-
detur tamenCastellanis decenter, quod de modo electionisnichil tractatum esset,
sed post ipsorum unionem etPetri de Lun a ejectionem et eeclesiae refor-
mationem tractandum restaret et speraretur quod cum bona concordia omnium
nationum et cardinalium. Sed ipsi forte ex dictis cardinalium moti se unire nole-
bant dicentes se hoc habere in commissis in certis suis instructionibus quodque
tolerabilius eis esset servare suum papam praesentem, quam in alio scismatealium
recipere. Interea oriebantur personales displicentiae. Nam dominus vicecamera-
riusdetineri jusserat quemdam doctorem medicinae, medicum d. cardin alis de
F 1 i s c 0 ; hinc collegium cardinalium causabatur, sua privilegia fuisse violata ; cau-
sabatur et tota fere natio Gallicana, cujus erat suppositum, quae et ipsum d. patri-
archam viceeamerarium a se exclusit allegans contra ipsum plura, quod d. rex
gravissime ferens turbabatur plurimum ponendo se pro patriarcha. Sed natio
nostra moestissima se ponebat mediatricem donee turbatio sopiretur ; unde
modieum intendebatur materiae unionis Castellanorum usque ad rogationes.
Tunc deliberabat dominus rex ad rogandum hortandum et requirendum
51
d. cardinales quatenus intuifu Dei et unionis ecclesiae vellent in decreta
concilii de modo eleetionis proxime futurae eonsentire et concordare cum
nationibus in modum per concilium determinandum. Nam speraretur quod
Casteliani in tali generali coneordia contentarentur; quare feeit in vigilia
ascensionis pro se et omnibus regibus et principibus quorum hie erant amba-
siatae praeter regem Franciae et pro tribus arehiepiseopis electoribus
imperii et pro universitatibus ParisiensiOxoniensietsexAlamanniae,
qui aeeepto tempore deliberandi sequenti puto dominica praesentabant quam-
dam eedulam valde generaliter continentem quod d. cardinales et nationes
de modo eligendi essent concordes asserentes in hoc Castellanos esse con-
tentos. Quae dum examinarentur in nationibus, praesentabat quidam ut dici-
tur ambasiatae regis Franciae quamdam aliam eedulam, ad quam, si aceep-
taretur, Casteliani se unirent, continentem, quod electio celebranda esset
promiscue per cardinales et deputandos nationum de qua aliae nationes nil
sciebant. Interim d. cardinales concipiebant aliam eedulam in particulari
modum eleetionis continentem in hac summa , quod totum collegium cardina-
lium haberet eligere, et cum eis singularum nationum deputati, ita quod insi-
mul numerus deputandorum per omnes nationes numerum cardinalium non
excederet et nullus acciperetur in papam nisi in quem consentirent duae
partes cardinalium et cum hoc duae partes deputandorum per nationes. Quam
eedulam offerebant d. regi in vigilia Penthecostes asserentes se certificatos
per Castellanos etiam publicis instrumentis, quod illo acceptato se statim
unireut. Quibus respondit majestas regia quod tractare cum Castellanis
de modo eleetionis ante unionem ipsorum et ejectionem Petri de Luna
obviaret capitulis Narbone conclusis et per eum et singulos de concilio juratis
ideo millatenus consentiret; feria2^apentecostes d. cardinales ipsam eedulam cum
magna solcmnitate praesentabant nationi Gallicanae operose suadendo ipsam
acceptari, quae statim ante prandium ipsam aeceptabat, ipsam etiam extollens
laudibus in immensum, feria 3''^ etiam aliis nationibus solemniter praesentabant.
Et natio Anglicana nee super ea deliberare volebatidem sentiens cum domino rege.
Nalio vero Italica eadem vice occasione praesidentis qui tunc eligendus erat
dividebatur ita, ut verbis adeo ad alterutrum tumultuarent, ut de mutuis verberibus
timeretur, et dominus rex in propria persona se in tumultum mitteret ad
sedandum. Nostra vero natio diversitatem de dicta cedula considerans dissi-
muiabat eam in deliberatioaem ponere. In crastino sc. feria 4*« quatuor tem-
porum dispositum fuit de sessione ad audiendum relationem judicum in causa
Petri de Luna. Et circa evangelium evocabantur praelati et deputati,
coram quibus protestabatur una pars nationis Italicae tanquam tola natio de
injuriis sibi illatis et certis comminationibus sibi factis, protestabatur, quod-
que nee in iliam sessionem nee aliquem actum vellet eonsentire , nisi prius
sibi salisfieret et assecuraretur, hinc finita misse, et post diu , cum molliri
non possent sine relatione redibat unus quisque ad propria, rege niniis tur-
bato. Statim natio noslra apud alios laborat , ut se interponerent , hinc vix
feria sexta ista turbatio sedabatur et sabbatho fiebat relatio prius diiata.
Interim non cessabant cardinales et Gallici sollicitare privatim et publice de
modo eleetionis in cedula praeoblata , et obtinuerunt ipsam ab una parte
4*
52
nationis Italicae videlieet Johannita rum quae fovet sententiam curiae accep-
tare. Sed et privatim apud personas singulares procurabant ipsam subscrip-
tione propriarum manuum approbari, iit multorum approbata judicio et aue-
toritate minus colorate posset a nationibus aliis reprobari. Instabat rex ex
adverso ut natio nostra eedulam repelleret; sollieitabant alii e contrario ut
aeeeptaret alleg^antes eam sententiam esse et justam et unionem eeelesiae
consummatam et ejus repulsam omnino impeditam et multitudinem sapien-
tum, qui ipsam approbaverant. ünde natio nostra Germanica ut potius rationi
quam voluntati inniteretur disposuit eedulam omnibus communicari , requi-
rens quatenus quilibet diligenti deliberatione praehabita suam deliberationem
et motiva scriberet, postea feria 3''^ post festum s. Trinitatis deputavit 8
praelatos 8 magistros theologiae et 9 doctores decretorum et legum , ad
advisandum ex omnium motivis quid super ceduia videretur , qui invenerunt
motiva efficacissima ad ipsam eedulam repellendum quorum deliberatio
instante festo sacramenti referri nationi non potuit, usque ad crastinum ejus-
dem. Eodem die sacramenti hora vespertina referebant quidam de consulibus
civitatis Consta ntiensis quod praecedenti feria 3'''' ad eos missi fuissent pro
parte coUegii d. cardinalium et nationum Italicae et Gallieanae multi numero
fere 200 vel plures qui regratiando ipsis de securitate et pace hucusque
procurata et servata petissent pro futuro taliter conservari, adjicientes obla-
tam esse efficacem viam unionis eeelesiae per d. cardinales , et per duas
nationes acceptatam scilicet Italicam et Gallicanam ac per plurimos peri-
tiores hujus concilii approbatam, cui tamen alii resisterent. Unde si contin-
geret unionem impediri non hoc ipsis sed aliis nossent esse impulandum.
Quibus respondissent praehabita deliberatione cum collegio canonieorum quod
securitatem et pacem vellent quantum in eis esset sicut hucusque et melius
procurare. Sed de via unionis oblata ad eos non pertineret sed ad concilium,
hinc detulissent ad regiam majestatem, quae ipsos ad nostram remisisset
nationem, quibus respondebatur approbando ipsorum responsum et quod ex
rationabilibus causis non potuerit via acceptari. In crastino vocatis omnibus
praelatis et doctoribus referebant deputati advisamenta cedulae quibus con-
corditer idem placebat. Interveniebat dominus rex seriosissime inst ans
pro response ad eedulam jam haesitans de natione nostra propter longam
moram; cui solum responsum fuit in genere de diligentia circa ipsius exami-
nationem factam, quodque ad sequentem horam tota natio esset conventura
super eadem, sed de advisatis tacebatur donec natio tota concluderet. Et
sequenti hora 8^'' conveniens natio tota consensit in advisata, eedulam con-
eludens nullatenus admittendam ac deputavit responsuros collegio cardina-
lium qui minus bene contenti quaerebant rationes offerentes se eis satisfac-
turos, quibus ofTerebantur rationes pro alio tempore allegande et domino
regi qui optime fuit contentus. Item in festo sacramenti quidam doctor
utriusque juris intimavit se in crastino de materia cedulae disputaturum
ipsam impugnando^ et alius vel alii ex adverso ipsam defendere per certas
conciones de haeresi intimationem faciendo. ünde natio nostra timens
rumorem et seandala conchisit quod non esset hoc admittendum in loco
nationis nostrae quo intimatura fuerat ad cavendum seandala et sui suspicionem
53
ne erederetur hoc ordinasse, hinc mane dum tumultuosissime cum protestationl-
bus convenisset multitudo maxima praesidens noster m. Petrus Dekinger
ipsis conelusionem nationis insinuavit et cum maximo tumultu solvebatur
eonventus; hiis aliqualiter sedatis d. rex et etiam tempore meridiano medi-
antibus Arragonensibus et Navarrensibus tractabat cum Castellanis ut exclu-
sis hujusraodi difficultatibus nobis unirentur et communiter absente ipso
d. rege qui profectus est Cellam ad d. Lodvieum ducem Bavariae ejus
consiliarii tractatum continuarunt. Qui videntes ipsorum oecasione tantas ortas
esse diffieultates ut non nulli minarentur recessum et alii plurimi procura-
torum revocationem , mitigabantur in tantum , ut , toto tractatu et certifica-
tione de modo electionis nunc omissis, offerant se nunc paratos uniri; unde
hodie coram omnibus deputatis et praesidentibus nationum et consilio regio
se offerebant petentes, sibi diem eertum ad unionem ipsorum assignari, qui-
bus praefigebatur proxima feria 6'». Item statim autem hoc hodie petebat
ambasiata d. H enric i fratris regisArragonum magist er ordinis milicie
s. Jacobi deSpata audientiam publicam, ad exhibendum se concilio, et oÖ'eren-
dum sead uniendum simul cum Castellanis, quibus assignabatur hora S'i^post meri-
diem, hinc hodie habet audientiam oflFerens se unire proxima feria 6'» cum praedi-
ctis concilio, quodque sie tunc tota ecclesia uniatur ut nihil restet nisi ejectio
Petri deLuna, reformatio et electio, quae licet difficillimae sint in se, tamen
spero quod facilitentur eo quod revelatis cogitationibus ex multorum cordibus
malivoli minus valebunt decipere in expertos. Teste Deo toto tempore concilii in
cottidianis varietatibus nunquam fuit tam longo tempore nee duravit adversitas
et timor mali quia plus quam per duos menses continue fere invaluerunt
mala. Sed nunc spero quod Hyspani conditiones hominum magis experti planius
incedent sinceritati domini regis et aliorum amplius quam antea confidentes.
Nam intelligentes se esse suspectos ob praemissa, quod cum collegio cardinalium
natione Italica et Gallica colligationes fecerint juraverunt Arragonenses et
juraturos se oflTerunt domino regi quod nee cum ipsis nee cum aliis quibuscum-
que ligas etc. fecerint , nee facient in futurum promittentes etiam se velle
sequi dominum regem in omnia via justa et canonica. Orate Deum ut perfi-
eiat quae cepit feliciter ad ecclesiae unionem. Parcatis, quod multiloquum et
rudiloquum modum epistolae non observat.
Scriptum in crastino scti. Viti manu humilis vestri Petri dicti de Pulka.
Venerabilibus ac eximiis dominis domino rectori ceterisque magistris
et doctoribus almae universitatis studii Wyenn. suis praeeeptoribus recolendis.
(Göttw. ßibl.)
XXIV.
20. Juli 14i7.
(Streit über die Belangung vor Gericht der Mitglieder des Coneils,
zwischen den Cardinälen und den Nationen.
Muhe des Königs wegen der Wahl des Papstes. Wahl von Magistern
und Doctoren der Theologie zur Untersuchung der Zweifel im Processe Peters
de Luna. Beschluss ihn abzusetzen.)
54
Orationes cum debito jugiter famulatu. Seripsi alias late dominationi-
bus vestris de omnibus, quae oecurrebant de statu, successibus in tractatibus
saeri coneilii usque ad turbationem ortam dominica ante festum s. Petri et
Pauli inclusive, qua domini cardinales cum majoribus partibus nationum
Galliae, Italiae et Hyspaniae causantes, quod duo judicum coneilii fecissent
certas commissiones 13 vel 14 praelatis et aliis ut possent procedere con-
tra quoslibet turbatores coneilii etiam usque incarcerationem etiam invoca-
tionem brachii saecularis, ideoque se non esse in plena securitate, ac übertäte;
protestabantur se deinceps in nullum actum velle consentire nisi vi metus nisi
plenissime assecurarentur, nee si alias consentirent in aliquid alicujus esse
roboris vel momenti tamquam vi metus extortum. Judiees autem culpati
negabant se baec fecisse aliis constanter affirmantibus quod fecissent 5 immi-
nebant undique angustiae cum quasi videretur omnis tractatus unionis rumpi
et forte diuturnior continuatio scismatis imminere ; cumque multis intervenien-
tibus hinc inde tractatibus totus processus fere staret arrestatus serenissimus
Romanorum rex misit consiliarios suos prineipes et alios ad omnes natio-
nes oflferens eis securitatem plenam in forma per concilium determinanda vel
si mallent per nationem Germaniae advisandum ac petens quatenus in agen-
dis expedite procederent, primo ad ejectionem Petri de Luna, 2«'« ad
reformationem ecclesiae saltem in capite seu curia Romana, 3*'a ad electionem
papae canonicam liberam et justam. Sed non contenti dicebant domini car-
dinales cum sibi conjunctis quod concilium vix de certa forma posset concor-
dare, cum nationes Germaniae et Angliae cum partibus aliarura ipsis non con-
sentirent. Sed volebant per se dare formam, quae aestimabatur tarn larga ut
non obstantibus decretis coneilii prius editis possent libere nullo prohibente aut
transferre hinc concilium aut dissolvere aut in agendis quomodolibet impe-
dire. Tunc dominus rex offerebat ipsis securitatem in forma latissima et
plenissima cum tali tamen clausula salvis decretis coneilii quam solam respue-
bant pro qua securitate servanda ipsis omnes prineipes cum judice curiae
et magistro curiae regiis ac aliis una cum consulatu Constantiensi se obliga-
bant. Sed et ad assecurandum eos contra impressionem aut tumultuationem
populärem, quam in electione se timere causabantur offerebant ipsis nationes
Germaniae et Angliae cum sibi junetis, ut in sessione primo celebranda syno-
daliter deeerneretur , quod non fieret electio papae nisi secundum determi-
nationem coneilii faciendam publice cum penis maximis secus attemtancium
ac decreto, quod si aliter fieret electio esset nulla nee quisquam pro papa
reciperet sie electum. Sed illi non contenti volebant a forma securitatis omnia
verba, de decretis coneilii mentionem facientia, removeri; et ultra praemissa
nationem Germaniae per omnia sua supposita dictis nationibus et cardinalibus
et singulis eorum promittere et jurare in plena congregatione more solito, quod
quantum in eis esset hujusmodi securitatem defenderent et irapressioni si
quae fieret in electione resisterent nee in electum per impressionem consen-
tirent; sed et circumjacentes civitates et dominia sibi obligari petebant ut
appareret obligatio a seculis inaudita. Ex adverso timebatur dolus cum tam
exquisitam formam securitatis peterent experti jam anno 3tio de plenissima
observantia securitatis et praesertim quia clausulam de non obstantibus decretis
55
eoncilii tantum horrebant; hinc ex utraque parte erant suspiciones dolorum et
in nullo procedebatur in prineipali nisi quod judices de singulis nationibus
petebant sibi deputari magistros in theologia et decretorum ae legum doe-
tores super dubiis ex proeessu contra Petrum de Luna extractis, qui a
crastino s. Petri et Pauli usque üdalriei inclusive cottidie quaenam solum, quae
nainque bis concernentes latissime pertractando niaterias dubiorum concordi-
ter declarabant ex actis, ipsura Petrum de Luna esse notorie per jurum
incorrigibilem scismatis nutrltorem et in hiis incorrigibilem et pertinacem ymo
deductum erat in actis, quod ante annos 13 Constitutionen! quandam ediderat,
quam usque bodie practicat errorem in fide continentem. Sed et alii duo articuli
bereticales fuerant sibi objecti unus videlicet, quod per nostram potentiara idem
posset esse in aliquo loco et extra eundum; 2*^^^ quod si ipse ivisset vel misis-
set Pysas ad renunciandum papatui, sicut sibi a nonnullis suadebatur atque
renunciasset, jam ecclesia non haberet claves nee habitura esset nisi Christus
denuo incarnareturet ei claves conferret verum quod ipsi vel saltem alter eorum
non erant contra ipsum sufficienter secundum rigorem juris probatus. Et omnium
clarissime et latissime haec mala contra ipsum declarabant Arragonenses et
Francigenae iidem qui olym sibi obediebant, hinc eodem die s. Udalrici conclu-
debant judices exvotis doctorum ipsum ejiciendum. Sed ob praemissa nequibant
nationes ad citandum ipsum concordare in sessionem. Accessit et aliud impe-
dimentum , videlicet discordia Castellanorum cum Arragonensibus. Nam eisdem
Arragonensibus alias concessuro est, ut in sua natione non solum possint
numerare vota praelatorura regni Arragoniae sed etiam Syciliae et alio-
rum suorum dominiorum , quod Castellani suo regi et regno praejudiciale
reputant dicentes , quod tunc regnum Arragoniae minus existens regno
Castellae majori in vocum numero praevaleret unde petunt id retractari, alias
noiunt in aliquem processum consentire. Natio nostra ab initio rogabat natio-
nes et obtinuit. Deputatos qui more solito de concordia et consensu in sessio-
Dcm tractarent, sed modicum proficere potuerunt. Principes seculares visi-
tabant nationes hortando ymo requirendo sui nomine, quatenus procederent
imponendo finem offerentes etiam ulteriorem securitatem si expediret. Requi-
rebat etiam cum ipsis natio Anglicana alias ; sed nostra solum petebat vitans
amaricationem, quae per requisitionem induci poterat. Hiis omnibus quasi
in deliberationem et tractatum positis et pendentibus, prudens dominus rex
limitabat se ad formam securitatis quam prius obtulerat, et die dominica ll'"'^
Julii sigillatas super ea litteras sub sigillis suis ac principum et Constanti-
ensium se obligantiuro affixit valvis publice, de qua aliqui contentantur alii non.
Gallici ultra jam petunt, se literali promissione nationis Gcrmanicae contra
impressionem in electione papae assecurari , et natio nostra se oflert paratam,
sed de forma est diversitas. Interea ad partem ambasiata Sabaudiaeet aliqui
d. regis secretarii Iractabant de concordia d. regis cum coUegio d. eardinalium ;
et est facta inter eos mutua confederatio et obligatio cujus ostenduntur formae
incedulascd divcrsificatae etmultum diversae; ideo non conor nunc scribere. Et
qui prius tenebant partem eardinalium contra regem male contentantur, quod eis
insciis se regi confoedcraverint et c contra aliqui adherentes domino regi (IS^'^
Julii tres cardinales nomine coliegii iunationeGcrmaniae praesenlibus etiam aliis)
S6
referebant, ipsum collegium eonsentire velle in ordinem procedendi, quem d. rex
desideraverat, videlicet primo ad ejectionem antipapae 2«'« ad reformationem 3'»«
ad electionem. Nesciebatur tarnen de mutuu obligatione etcredebatur, quod adhe-
rentesipsis eardinalibus etiam eonsentirent vel saltem facilius ad consentiendum
induci possent, nee restaret nisi disponere pro sessione ad minus ad diem veneris
vel saturni 17. Julii. Sed non poterat habere consensus ymo publicatis mutuls
obligationibus praemissis difficultabatur negotium multis timentibus quod car-
dinales cireumvenerint regem in fraudem reformationis. Sie die veneris d. rex
declinavit ultra lacum in Mersburg, ibi stat usque hodie, laboratur ad invenien-
dum raodum uniendi nationes inter se ut etiam invitis eardinalibus fiat reformatio.
In solius dei manus stant omnia, cujus voluntas fiat per omnia, quae ita
nobis sint placita ut de neeessitate faeiamus virtutem. Heri fuit tractatus
inter deputatos nationum tarn bene dispositus , ut quasi omnia impedimenta
viderentur amota usque ad unum de Castellanis , quod reputabatur hodie
amovendum, ut fieret sessio die crastina vel ad diem veneris quia illa expe-
dita non posset differri ejeetio. Scriptum est de urbe Romana quod quidam
stipendiarius Perusinus nomine Brachius ipsam aceeperit contra legatum urbis
et scribat se gubernatorem urbis et disponat de senatu etc. et seribitur
quod timeatur, quod habeat aliud de farina fermentata (?) a Petro de Luna.
Et legatus teneat castrum s. Angeli et maxime speret de auxilio dominae
Johannae reginaeApuliae sitque nimia miseria in urbe, ita ut pluribus
diebus non fuerit unus panis venalis. Dicitur etiam, quod aliquae communitates
Italiae forte in odium regis si possent acciperent eundem Petrum de
Luna. In cujus Signum ipsarum astrologi qui solent magis vaticinari eis pla-
centia quam in astris repraesentata jam praedueunt futurum esse quemdam
papam in partibus Oecidentis et Italiae potentissimum nomine Benedictum
13tium ipsum designantes. Item sabbato ingrediebatur ambasiata Januen-
sium. Item Gallici et Anglici dicuntur noviter commisisse bellum navale
et Anglici perdidisse 5 naves, cum plurimus gentibus. Vestrarum domina-
tionum alumpni magistri nostri hie omnes bene stant. Orate Deum pro
ecclesia sancta sua, qui nisi eam oculo suae pietatis respiciat in vanum oculi
hominum vigilabunt.
Scriptum festinanter propter reeessum latoris 20 die Julii. Vestrarum
dorainati onum humilis Petri dictidePulka manu propria festinantis.
Venerabilibus ac egregiis dominis n. rectori et magistris almae univer-
sitatis studii Wyennen. suis praeceptoribus et dominis favorosis d. d.
(Göttw. Bibl.)
XXV.
18. October 1417.
(Pulka wünscht zurückberufen zu werden. Hoffnung die Papstwahl vor
Martini zu vollziehen. Rotulus der Universität.)
Reverende raagister. Seripsi nuper caritati vestrae sed et magistro
nostro J oha n ni de Tannis confratri nostro viva voce commissum quatenus
a matre nostra universitate revocationem mei ante instantem hyemem impetrare-
57
tis, quod iterum peto fieri indilate quia de inevitabili periculo corporis timere
habeo, si in gelida hieine proficisci oporteret navigio. Item de statu concilii
quoad ea quae niiper scripsi jam nequeo adimplere; de aliis vero ejusdem
niehil dignum memoriae oceurit, nisi quod ante ebdomadam singulae nationes
et coUegium cardinaliuni dederunt deputatos ad tractandum de modo elec-
tionis papae futuri et estimatur, quod ipsa eleetio sit ante martiui utut
felieiter consummanda. De missione rotuli universitatis omnino videtur mihi
quod fiat, licet enira multa, quae utilia viderentur universitatibus advisata
sint et per nostram nationem in magna parte approbata de promotoribus
suppositorura universitatum Germaniae, tarnen non spero quod in praesenti
eoncilio possint conclusive ad effectum deduci sicut nee alia plurima refor-
raationem ecclesiae concernentia , eo quod diftlcillimum sit tam diversorum
statuum morum et regionum plurimos homines in unam sententiam brevi
tempore concordare. Nee post electionem papae possit concilium diu rema-
nere congregatum omnibus fere suum hie incolatum quaerulantibus prolon-
gatum. Ex eadem causa credo non esse timendum quod privilegia conserva-
torie et absentie universitatis nostrae nunc revocentur. Sed privilegiura de
jurisdictione difficillime ut credo poterit impetrari praesertim propter per-
sonalem praesentiam ordinarii qui utique se opponeret et una secum omnes
alii, censentes per hoc ordinariam jurisdictionem coactari. Item scribitis, quod
majores mei amici desiderent, me usque ad expeditionem mittendi rotuli per-
manere, quod personae meae est intolerabile, quia non sperarem me ante Pasca
reversurum et esset universitati omnino inutile, quia praetieam curiae, quae ut
vereor remanebit ut fuit ita destestatur anima mea , ut tantum de ea sciam
hodie quantum sciebam, dum exirem et minus essem ad illam animosus ; si
tamen rotulus venerit ante eonclusionem concilii libenter remanebo ad quinde-
nam vel mensem ut ejus praesentationi assisterem ita quod michi nulla ulte-
rior occupatio imponatur. Item si raittetur rotulus expedit quod universitas
magistris doctoribus et licentiatis in decretis quos hie habet omnibus ymo
siogillatim cuilibet scribat supplicando, quatenus ambasiatori rotuli assistant
in praesentando ad honorem universitatis et fruetum, quia papa videns tan-
tam multitudinem magistrorum et doctorum tanto tempore vacasse insudasse
laboribus rei publicae universalis ecclesiae inclinabitur ad gratias largiores.
Datum Lucae anno etc. XVII^».
Derelictus sum ita a domino m. rectore, quod nee de scriptis nee alias
intimatis unum habui responsum et cum proxime per fratrem scripserim quod
vix haberem sumptus ad mensem Kaspari interroganti an vellet mihi ali-
quid scribere respondet se niehil scire scribendum. Decumbens in lecto
cgritudinis forte habeo 4 florenos in terra aliena.
Honorabili ae scientifico viro magistro Theoderico deHamelburg
canonico ecclesiae omnium SS. alias s. Stephani Wyenne.
(Gottw. Bibl.)
88
XXVI.
29. October 1417.
(Wichtige Nachrichten über die Vereinigung der vier Nationen bezüglich
der zu schickenden Wähler und des Wahlraodus. Auf wen sich zwei Theile der
Cardinäle und zwei Theile jeder Nation vereinigen, der soll Papst sein.
Die italienische Nation will in diesen modus nicht eingehen.
Endliche Übereinstimmung aller , und öffentliche Verkündigung des
Beschlusses.)
Cum humili sui recommendatione debitum jugiter famulatura. Recolendi
mei praeceptores et domini. Heri hora prandii cum Kaspar de Erdinga
hinc abiret non habui quidquam memoria dignum quod vestrae reverentiae
scriberem. Sed statim eo egresso occurrit relatione dignissimum. Nam pen-
dentibus tractatibus de modo electionis inter deputatos nationum et collegii
cardinalium fere 18 diebus et variis modis propositis de nullo poterant
concordare usque hac ebdomada in vigilia s. Symonis et Judae 4 nationes
videlicet Gallicana Hyspanica Anglicana et nostra Germanica concordabant
in hunc modum, quod una cum collegio cardinalium quaelibet natio depu-
taret sex electores. Et in quemcumque concorditer consentirent duae partes
cardinalium et cujuslibet nationis deputandorum similiter duae partes fiat papa.
Et sie quaelibet natio habet suam electionem et collegium cardinalium simi-
liter suam. Modus tarnen est diffieilis cum oportet sex partium cujuslibet
duas partes concordare hineque sex fieri electiones sed multum aequus et
secundum praesentem statum concilii et ecclesiae valde ydoneus, quia quae-
libet natio pro suo interesse habebit vocem etiam efficacem. Et sperandum
est , quod pius Dens et omnipotens eui nichil est difficile dando concordiam
facilitet ipsum modum. Natio autem 5*» scilicet Italica volens stare in modo
dudum per eardinales oblato adhuc in vigilia dicta sanctorum apostolorum
possetenus resistebat ; et adhuc heri ante prandiura non obstante festo
eorumdom congregata eadem natione plures ipsorum protestabantur nomine
plurium episcoporum quorum se dicebat habere mandata. Et praesertim
ambasiata regis Siciliae pro 130 episcopis quod in ipsum modum nuUatenus
consentirent et si alii consentirent nollent sibi praejudicium generari. Sed super-
venientes quidam dominorum cardinalium inducebant eandem nationem ad con-
cordandum cum ceteris; et praevaluerunt ut praemissis protestationibus
retractis dictum modum acceptaret. Et statim post prandium ipsarum
omnium nationum una cum collegio cardinalium concordia unanimis divulgabatur
per universam civitatem , et in signum gaudii omnes compulsabantur cam-
panae. Unde non videtur modo restare nisi quod modus praedictus in
sessione concilii synodaliter statuatur et deputentur per nationes electores,
qui sperantur in futura ebdomada vel citius posse consummari ut intrent con-
clave. Nisi quod avertat Deus sator zizaniorum impedimentum interserat
iroprovisum altissimi pietalem exorare dignemini, ut confirmet hoc quod
operatus est et perficiat ac consumet quemadmodum hucusque oportuit
se totum effccisse et nichil humana industria consummatum. Scripsit mihi
59
dominatio vestra quod 20 floreni sint mihi pro sumptibus deputati de qui-
bus recepi quinque a dicto Kasparo de Erdinga, et alios quinque a
quadam eivissa Constantiensi onines Renenses quos precor dignemini solvere
indilate quemadmodum seripsi magistris n. Nicoiao de Getesprünn
et Johanni de Gmunden. Sed 20 floreni etiam üngaricales non
sufiricient nisi forte concilium eoneluderetur infra medium raensem quod
non speratur. Timeo etiam quod diffieulter habere possim mutuum quod
Wyennae solvatur nisi forte casualiter. ünde oceurrente certo nuncio
transmittatis mihi pecuniam ad minus ad sumariam 30 flor. Altissimus
vos conservet. Scriptum Constantiae in crastino SS. Simonis et Judae.
Humillimus dominationum vestrarum
Petrus dictus de Pulka.
Venerabilibus egregiis ac sapientissimis viris dominis n. rectori ceterisque
magistris et doctoribus almae universitatis studii Wyennensis suis praecep-
toribus et dominis favorosis d. d. (Göttw. Bibl.)
XXVII.
6. November i417.
(Nikolaus Dinkelspühl wurde durch die deutsche Nation zum Waiilmann
für die Papstwahl bestimmt. Das Conclave beginnt Montag den 8. November.)
Reverende mihi jugiter praeceptor et domine. Multis proxime scriptis
dominationi vestrae per Nicolaum de Buda hoc unum occurrit adden-
diim quod misericors Dens matrem nostram universitatem in hoc specialiter
honorare disposuit, quod magister noster m. Nicolaus de Dinkelspu-
hei per nationem Germaniae deputatus est in electorcm summi pontificis
proxima die Jovis praeterita. Qui proxime futura die Lunae cum dominis car-
dinalibus et aliis nationum deputatis ingredietur conclave; proposui omnia
prius scripta ob majorem certitudinem repetere, sed non patiebatur recessus
nuncii praefestinus. Datum Constantiae Leonhardi.
Vestrae dominationis humilis
Petrus dictus de Pulka.
Venerabili ac egregio viro domino n. rectori almae universitatis studii
\\ yennensis suo praeceptori et domino favoroso d. d. (Göttw. Bibl.)
XXVIII.
11. November 1417*).
(Otto de Colonna, gewühlt als Martin V. Einführung desselben in die
Sitzung durch den König. Beschleunigung des Universitütsrotulus. Zurück-
*) Am 20. November wurde dieser Brief in der Universit&tssitzung vorge-
lesen, und beschlosseD, an St. Caecilientag ein Te deum Laudamus und
ein Hochamt bei St. Stephan zu halten. Kink II, 51, 15.
60
bleibung einzelner Abgeordneter am Orte des Coneils, um die Reformation
der Kirche fortzusetzen.
Wünscht Empfehlungsschreiben von den Herzogen Albrecht und Ernst von
Österreich an den neuen Papst.)
Obedientiam debitam cum parato semper animo famulandi dominationibus
vestris; aliquoties prius scripsi et signanter latius in crastino sanctorum
Symonis et Judae per quemdam scolarem de Buda Nicolaum nomine notum
magistro ülrico de Egenburga tam de modo et tempore concordiae
omnium nationum et collegii d. cardinalium super modo electionis summi
pontificis, quam de collatione benefieiorum et provisione universitatum et
rotulo mittendo. Quibus in die s. Leonhardi per quemdam cursorem de
Buda perpauca addidi de decreto super eo sequenti sabbatho synodaliter
edito et deputatione electorum ac ingressu ipsorum ad conclave infra 10. dies
ab ejusdem decreti diffinitione et quod unus electorum pro natione Germa-
nica deputatus fuit venerabilis magister noster et signanter meus praeceptor
magister Nicolaus de Dinkel spühel. In quo nedum illustrissimus prin-
ceps et dominus noster dominus Albertus dux Au Striae etc. cujus
pei-sonam repraesentat ut ambasiator ejusdem ejusquetytulo
ymo clipeo Austriae usus est in conclavi, sed et tota nostra uni-
versitas plurimum dinoscitur honorata cujus est magister insignis. Sed et in die
4 coronatorum scripsi de sessione ipso die habita in qua diffiniebantur certa
in conclavi servanda et quod pro executione decreti penultimo die Octobris
edito electores eodem die ingredi deberent conclave et jurabant ibidem custo-
des videlicet serenissimus R o manorum rex, marchioßrandenburgen-
sis, et alii plurimi. Sed eadem scripta non mittebam ex errore ut puto vel
occupatione vel mei vel bajuli ; hodie vero dignissima relatione occurrunt
scribenda nam electoribus in conclave dicto die lunae 8. Novembris statuta
hora ingressis , et ibidem juxta Ordinationen! sacri concilii jurantibus ac
visitatis ipsorum tabernaculis et comperto quod juxta formam decreti omnia
essent disposita claudebatur conclave. Et in crastino scilieet feria tertia simi-
liter feria 4^^ fiebat totius cleri Constantiensis et concilii processio ad ipsum
conclave. Et quia timebatur longissima electionis mora propter difl'icultatem
raodi electionis conclusi tractabatur ipsa feria 4** inter deputatos de modis
denotationis observandis. Sed in crastino videlicet feria 5'^ ipsa die s. Mar-
tini cum post missam et processionem ipsa synodus ad ecclesiam principa-
lem et locum sessionis redisset et licencianda esset venit fama et vera
relatio, quod in summum pontifieem electus esset reverendissimus in christo
pater et d. d. Oddo eardinalis de Columpna, cui placuit mutato nomine
se Martinum Stum ^ore romanorum pontificum nominare, unde fiebat gene-
ralis omnium concursus ad conclave. Et tempore prandii praeparatus requi-
situs ipse electus hora vespertina serenissimo romanorum etc. rege et
electoribus cum innumera et incompescibili multitudine populi conducebatur
ad locum sessionis et communiter ad episcopale palatium. Et sie habet ecclesia
Dei unicum et indubitatum visibilis ecclesiae pastorem quantotius fieri pote-
rit benedicendura et coronandum. De prae paratione et missione rotuli apparet
61
mihi et aliis vestrls alumpnis accelerandum secundum quod proxinie late scripsi
et per magistros nostros Theod. de Hammelburg et Johanne m de
Tannis antea viva voce insinuavi; praesertim si fieri poterit ante recessum
magistrorum et doetorum nostrorum quia sua assistentia honorare poterunt
universitatem nostram et inrotulatos efficaciter promovere. Scripsit mihi
alias dominus meus dominus rector quod deputati mihi essent 20 floreni pro
expensis, qui si hodie possem recedere nequaquam mihi sufTicerent nee hie
habeo nisi quantum a Casparo de E r dinga literis meis me nostis mutuo
recepisse. Conclusum est reformationem debere fieri etiam post summi pon-
tificis eleetionem et si totum eoncilium non posset expectare quod saltem
de Omnibus nationibus deputarentur certi qui ipsarum auetoritate reforma-
tioDi haberent intendere. Sed quidquid futurum sit nescio; ad minus nempe
egebo 50 florenis quia si ante ehristi nativitatem lieentiabor ad reditum
timeo me navigio repatriari non posse propter gelu hiemis , sed oportere
equis uti. Si vero me hie hiemare oportebit usque ad navigationis tempus,
hie stando et tune redeundo, iterum in 50 florenis ') medioeriter contentabor.
Insinuate mihi quaeso voluntatem vestram tarn de meo reditu quam de
expensis quia sub dubio complacendi vel displieendi dominafionibus vestris et
siraul sub expensarum penuria temporis perditione negleetu profeetus pro-
prii tarn in studio quam quibuslibet aliis nimio affectus tedio mente simul
conthabesco et corpore ut mihi ipsi et aliis reddar inutilis toto evo.
Scriptum Constantiae completo die s. Martini nocte profunda manu
humillimi vestri Petri dicti de Pulka.
Pridie hinc abiit Wyennam quidam civis Constantiensis nomine Johan-
nes Imholtz cui sumptus si quos mihi transmittere decreveritis secure
per modum cambii vel alias committere poteritis et mihi scriptis summam
notifieare prout censueritis expedire. Laudate Deum de ecclesiae unione
perfecta tanto nunc amplius quam post Pysanum eoncilium quanto nunc
ipsam dinoscitis magis indubitatam. Et ipsius propicialionem pro ejus-
dem ecclesiae efficaci reformatione suppliciter exorate, qiiia nisi in prae-
senti concilio effectualiter hujusmodi fiat reformatio, timeo, quod ipsam
pauci nos intuebimur in hac vita. Insinuate haec omnibus cum debitis
gratiarum actione et Dei laudibus que madmodum post Pysanum eoncilium
laudabiliter perfecistis. Si rotulum mittere decreveritis, impetretis lite-
ras promotorias de bona forma et favorabiles illustrissimi principis domini
nostri d. Alberti ymo, si fieri posset etiam domini Ernesti ducis
Austriae etc. ad ipsum d. n. papam electum, qui favorabilis multum ipsis
creditur, quia se ipsorum consanguineum confitetur.
Venerabilibus ac egregiis viris domino n. rectori magistris et doctori-
bus alme universitatis studii Wyennensis suis praeccptoribus et dominis
recolendis d. d.
(Göltw. Bibl.)
') Kink, 1. c. II, 51, 1«. 1417, 18. Dec. wurden 31 Guhlcn lleiscgeia für
Peter von Pulka abgeschickt (act. fac. art IIb. II, 18).
62
XXIX.
27. December i417.
(Geldsachen. Verhandlungen der gewählten Reformatoren über den Artikel
de collaeione benefieiorum. Die Universität möge sieh durch den Herzog von
Österreich bei dem Papste empfehlen lassen.)
Reeolende mi praeceptor et domine ! Reverentiae v. literas datas dominiea
prima adventus domini feria 6*» ante Thomae per Franciscum famulum magi-
stri nostri m. Lamperti suscepi et simul per eundem accepi etiam literas
vestras et aliorum datas dominiea post Martini, quas m. Petrus de
Kapruncza susceperat praesentandas : sed in Ingolstat egritudine appre-
hensus dicto Francisco ipsas tradidit et tertiam datara in crastino s. Eliza-
beth similiter. Frater J o bann e s Imholtz paratus est mihi dare 40 flore-
nos Ungar, quos ipse Johannes a vobis suscepit, nee censemini quod alias
nesciens de illo recepi mutuum a domino Leotoldo de Kranichberg
quia si quid residui fuerit restituam, vel si placebit restitui Wyennae disponam.
Recepi etiam ut prius scripsi 10 florens Ungar, per HenricumdeCzips.
Transmisi alias per famulum Johann em de septemtriliis (sie) patrem Ladis-
1 a i d e B u d a literas pro fratre Sygis mundo in Gemniko expeditas ut credo ad
Votum et simul magistro Petro de Pirich alias literas de primariis (?) eisdem
conjunctas et tria confessionalia domino Thomae de Weytra praesen-
tanda. Scripsi alias, quod statim coronato domino nostro papa deputabantur
de singulis nationibus et collegio d. cardinalium certi reformatores. Qui inci-
piendo ab articulo de collatione benefieiorum nequiebant concordare. Volente
natione Italica ut omnes collationes remanerent apud papam sicut hucusque
ab editione Sexti et Clementinarum , quibus consentiebant Anglici salvis tamen
observationibus sui regni et Hyspani simpliciter. Sed natio Gallicana et nostra
volebant eas reduci ad ordinarios juxta jura antiqua quemadmodum etiam
mater nostra universitas ante censebat processu tamen temporis Gallici fuis-
sent et hodie essent contenti , quod S'"'» pars collationum apud ordinarios
libere remaneret. Cardinales concordabant cum Italicis addentes reservatio-
nes certas ultra comprehensas in corpore juris videlicet omnium ecelesiarum
cathedralium et aliarum praelaturarum valentium anno ultra 300 florenos
omnium secundariarum post pontificales dignitatum et certorum canonica-
tuum etc. Et sie natio nostra petivit dominum nostrum papam quatenus de
hiis aperiret mentem suam, qui respondit mitissime quod si nationes in aliquo
concordassent ipse non fuisset discors et libenter vellet facere quidquid
posset pro reformatione. Dicitur, quod praelatis Galliae tertia pars collationum
sit oblata, de qua contentarentur si haberent eam omnino libere ita quod
in ipsa non haberent locum reservationes nee rotuli quorumcunque. Pen-
dentibus ita praemissis sollicitant magistri universitatum Galliae et Germaniae
super provisione ipsis facienda, quantum possunt; sed differenter. Nara
Galliae rcpugnantes suis praelatis suadent expediens fore collationes remanere
apud papam juxta voluntatemltalicorura etc. sibi consenlaneorum, et Parisienses
63
dicunt se hoc habere in suis capitulis et instructiouibus juratis et ideo non posse
in ah'um modum eonsentire; allegantes se prius sensisse, qiiod praelati non
servaverlnt eis promissa de quotis collationum in synodo Gallicana assignatis.
Aliquibus vero de universitatibiis Germaniae apparet hoc reformationi eccle-
siae plurimum derogare. Nee pro promotione universitatum expediens attento
quod hucusque per rotulos et gratias expectativas modicum nimis est ipsis
provisum, sed quod si deputaretur 6*» pars in kathedralibus et 4*^ in aliis,
esset provisio melior et stabilior, quia certo jure subnixa et non pure de gra-
tia. Etenim quia non decet nos a conclusione nationis recedere, stamus in
genere petendo, quod universitatibus provideretur vel de certis quotis juxta
advisata in primo reformatorio et in nostra natione si fieri poterit vel per
certas praerogativas in gratiis expectativis. Et dominus noster papa gratio-
sissime semper respondet; nescio quid sequitur; puto quod collationes divi-
denturut pars remaneat apud papam et pars apud ordinarios; et quod universi-
tatibus non provideatur nisi per rotulos et gratias expectativas. Si vultis rotu-
lum in Alemania expedire et parcere expensis et laboribus ad Romam, mittatis
ipsum indilate et sufTicit , quod per unicum virum providum diligentem et
laboriosum (fiat) qui si venerit ante finem concilii cum aliis magistris nostris,
honeste poterit rotulum praesentare et post solus ejus reformationes rotulis
neeessarias soUicitare. Et levius erit in expensis et laboribus hie stare pere
mensem vel etiam duos, quam sequi curiam ad Italiam. In casu quo miseri-
tis rotulum praemoneatis latorem, quod tarn in via, quam hie eelantem
propter praemissa scilicet se exhibeat, quasi in proprio suo negotio vadat.
Valde expedivisset, quod dominus princeps per ambasiatam suam ipsam uni-
versitatem nostram domino n. papae recommendasset et si adhuc fieri posset
estimo expedire; hec vestrae reverentiae signanter scribo, quae non omnia
scribenda vel aperienda judico omnibus ex certis causis, sed secundum ea
vos ülios movere poteritis et eis , quae congruunt aperire nullam de me
faciendo penitus mentionem.
Scriptum festinanter in die s. Johannis evang. nativitate 27^ Decembris
anno d. 1418 manu humilis vestri Petri de Pulka salutantis omnes meos
dominos et raagistros.
Venerabili ac sapienti viro magistro Theodor ico de Hammel-
burg Baccalaureo formato in theologia canonico eeclesiae s. Stephani
Wyenne d. d. (Göttw. Bibl.)
XXX.
1. Februar 1418.
(Festmesse. Rede über das Concil vor dem Könige, dem Papste und der
ganzen Versammlung.
Freude des Königs r. Arragonien über die Wahl Martins V. Bestreben,
den Petrus de Luna zur Nachgiebigkeit zu bestimmen.
Bekehrung der Samailcn. Hoffnung auf Vereinigung mit den Griechen,
Mittheilungen des Königs von Polen und des Erzbischofcs von Lemberg.
Arbeiten der Keforraatoren. Beneficien- Verleihung.)
64
Recolendi mei praeeepfores et domini. Hodie infra missarum solemnia,
quae pro gratiarum actione agebantur, in loco sessionis eoram dominis n.
papa et imperatore ae tota synodo generali tarn de gratissima Christianae
ecclesiae paee ac unione ejusque firmatione, quam eeclesiae dilatatione joeunda
bonis (breuis) fiebat relatio quam quantum unica audieione recoHgere valui,
praesentibus inseram. Assumpto themate exeurrentis dominiee epistola , „pro
hujusmodi gloriabor" predicans lepidissime perorabat quod domino nostro
papae, imperatori , synodo et universo fideli populo de ecclesiae pace
unione dilatatione et profectu gloriandum sit in domino non in se nee pro se
et inducens narrationem gestorum asserebat, quod rex Arragonum lectis
sibi literis de eoneordi eleetione d. papae Martini V. et electionis
modo in solito gaudio exultarit adeo ut regiae maturitatis quasi obli-
tus personallter discurreret nunc ad matrem nunc ad cognatos nunc ad
migrantes qui in eadem villa secum aderant, nuncians illis ac ad congauden-
dum exhortans. Insuper et in omnibus suis civitatibus et ceteris locis laudes
et gratiarum aetiones in ympnis canticis et festis letitie deo offerri ordina-
bat. Sed et hec regi Castellae et reginae ejus genitrici literatenus insinuare
eurabat. Quae grate suscipientes relata mandabant omnibus obedire domino
Martino papae et nequaquam ulterius suo Benedicto, ac ipse rex Ar r ago-
num eadem insinuare eurabat ipsi Petro de Luna per ambasiatam solennem
praelatorum ac procerum, ipsum possetenus exhortando, quatenus adhuc pre-
tenso suo juri cedere dignaretur. Quo in sua pertinacia persistente ipsa ejus
pertinacia in certis locis divulgata ad castrum Paniscula vocatum, quod
maritimum est et firmissimum in quo ipse Petrus de Luna a Narbona in ^
tractatu unionis discesserat, cum serenissimus Romano r um rex ibidem esset
in tractatu, et se usque tunc conservaverat, idem rex Arragoniae remisit
ambasiatam cum edicto, mandans districte precipiendo omnibus tam clericis
quam laicis, quatenus a tam pestilenti et pertinaci homine recederent, ipsum
derelinquentes. Cui omnes obtemperantes discessisse ab ipso asseritur. Preter
tres personas, quarum conditiones obaudivi, sed dicitur quod solum una
ipsarum sit notabilis scilicet cardinalis de ejus sanguine. Ex quibus si ita
se habet, ut fertur, unio et pax ecclesiae plurimum dinoscitur roborata. Sub-
jungebat insuper de dilatatione ecclesiae per conversionem Samaitarum, qui
noviter fidem susceperunt et per speratam reductionem Graecorum ad quos
quemdam de dominis cafdinalibus, ut creditur Ragusinum, legationera
velle suscipere asserebat, et concludendo idem perorans contra symoniam
et usuram hoc novissimo seeuli tempore invalescentes acriter invehebat
hortans ad reformationem eeclesiae opportunara ; post quae venerabilis
dominus Petrus de Lamberga liceneiatus in decretis nomine regis Polo-
niae legebat literas ejusdem regis et archiepiscopi Leopolensis et alterius
cujusdam episcopi, quibus continebatur de conversione Samaitarum et rege-
neratione eorumdem lavacro baptismatis sacri in tanta multitudine, ut dicti
episcopi toto mense baptizando occupati fuerint, et ecciesiam kathedralem
cum parochialibus ecclesiis erexerint et sufficienter dotaverint, ac episco-
pum consecraverint et instituerint atque clerum prout fieri pro nunc poterat
competentem. Extensa erat premissorum relatie, quam et anxiatus pressura
es
non omnino plene recolligere potui , nee tarn brevi tempore quam audivi
ad plenum carte eommendare scribendo ob repentiniim latoris reeessum, quem
heri putabam abiturum, verum si quae addcnda oecurrerent, postea seribam
opportune. De statu reformationis et eoneilii ae ejus feliei eonditione persona-
liter fuisse dorainationibus vestris seribendum non ambigerem siquid certi
seirem et omnibus praeferendum , si non haee novitas improvisa prius sibi
ealamum adraovisset. Praecedenti ebdomada dominus noster papa super arti-
culos sibi per nationes praesentatos eisdem exhibuit meutern suam, quam
pro nunc exarare nequeo, non quoad ea quae nos concernunt punetualiter
videlieet quod tertia pars coUationum remaneret ordinariis et sibi duae partes
ita quod prima duo beneficia vacantia eederent papalibus, tertiam conferrent
ordinariis exeeptis vacantibus per liberam resignationem, et causa permuta-
tionis, quae neutri parti essent computanda. Item quod ultra reservationes
in corpore juris clausas et in extravagantibus ad regimen (sie) moderata
(sie) ad numerum officialium curiae consuetum et solum ad capellanos
qui fuerint magistri in theologia, doctores juris canonici civilis licen-
tiati in eisdem etiam reservatae sint omnes ecclesiae metropolitanae kathe-
drales et praelaturae exemtae et non exemptae quarum fructus secundum
taxam communem decimae extra Italiam et Hyspaniam 130. in Italia vero
et Hyspaniis 60 1 ibras Turonensium paruorum scilicet tot ducatorum valorem
annuura excedunt, ita quod electiones talium ad apostolicam sedem deferan-
tur infra tempus jure constitutum quae si non praesententur vel non fuerint
eanonicae papa provideat, si canonice confirmet non ex rationabili et evidenti
causa de fratrum consilio, de utiliore provideat. Ad minores vero praelatu-
ras non exemptas ordinarii confirment electos legitime. Item quod non velit
dare gratias expectativas , nisi ad unicum beneficiura , nisi ubi sunt beneficia
valde exilia nee ad dignitates majores post pontificalem in cathedralibus nee
in principalibus, in collegiatis nee ad prioratus conventuales. Pro universita-
tibus et graduatis nichil providit, nisi quod ad dignitates majores post pontifi-
cales in kathedralibus et principales in collegiatis solum magistri aut bacca-
laurei formati in theologia doctores vel licenciati in altero jure assumantur
si haberi valeant. Et quod ceteris literatis in praerogativis datis providen-
dura sit, sed primum major pars nationis nostrae quasi irridendo refutat
videlieet de praelaturis, secundum estimo inutile. Datae jam dicuntur distri-
butae. In quibus universitates sicut antea locum habent post principes et
praelatos. Examinatores in forma pauperum publice per valvas deputati sunt
verum quod non processerunt ad actum, nee audio quod aliqua gratia expec-
tativa signetur. Sed aliqui putant haec suspendenda esse usque ad concor-
diam inter papam et nationes de reformatione vel ad minus donec nationes
respondeant domino papae super tradita sibi per ipsa capitula reformationis
ea acceptando vel refutando ; propter latoris festinum reeessum nee praemissa
complete scribere valui nee emendare. Sed si quae in praemissis supplenda
occurrant postea praesertim in concernentibus dominationes vestras per pro-
ximum nuncium occurrentem emendabo possetenus et supplebo.
Scriptum Constantiae prima die Februarii anno d. 1418 manu oratoris
vestrarum dominationum Petri dicti de Pulka et humiilimi servitoris.
Archiv. XV. 5
66
Venerabilibus ae egregiis dominis domino n. rectori magistris ac docto-
ribus almae universitatis studli Wyenn. suis praeceptoribus et dominis
raetuendis. (Göttw. Bibl.)
XXXI.
10. Februar 14i8.
(Der Papst verleiht schon gratias expeetativas. Examinatores pauperum
werden ernannt. Der Papst soll vor Ostern abreisen. Rotulus der
Universität.)
Orationes cum debito jugiter famulatu ! Recolende mi praeeeptor et
domine! Dominus papa jam ffaeit gratias exspeetativas eunctis petentibus
signando rotulos plures cottidie etc. deputavit etiam examinatores pauperum
et jam multi sunt examinati licet tractatus reformationis pendeat. Et instat
apud nationem nostram quatenus super advisamenta reformationis quae alias
ipse dedit, concludat et sibi respondeat ut ad alia procedi valeat et con-
cilium celeriter concludi. Famatur etiam a nonnullis quod ante festum
pascae sit reeessurus; unde si placeret matri nostrae universitati rotulum
mittere et expediens videretur , puto non esse tardandum. De aliis nichil
occurrit scribendum, nisi quod pro nunc ut timeo non erit notabilis refor-
matio quantum per homines stabit , nisi Dens ipse praeter nos aliter et
melius voluerit ordinäre. Scribit dominatio vestra quod mutuum a domino
Leutoldo Kranichberger mihi conpraestitum solutum sit de mea pro-
pria pecunia tanquam pro meis personabilibus necessitatibus receperim vel de
40 florenis datis Johanni Imholtz solvere possim; certe tota illa summa
tam a dicto domino Leotoldo mutuata quam Johanni Imholtz com-
missa erit mihi pro sumptibus necessaria , quia non ut putabam statim abire
potero sed verisimiliter hie medium quadragesimae vel pasca expectabo.
Verum si licebit potius hodie quam cras redibo, quia nichil utilitatis delec-
tationis aut honestatis nostrae hie ultra posse agere multum spero. Datum
Constantiae iO. die Februarii in crastino cinerum anno d. 1418.
Dominationis vestrae servitor humilis
Petrus dictus de Pulka.
Venerabili ac egregio domino n. rectori alme universitatis studii Wyenn.
domino et fautori suo recolendo d. d. (Göttw. Bibl.)
XXXII.
19. Februar 1418.
(Bitte wegen des rotulus. Pfründenverleihung des Papstes.)
Servitutis debitae jugiter oblationem cum orationibus indefessis. Reco-
lendi mei praeceptores et domini. Dudum quidem de apertione gratiarum
expectativarum et datarum assignatione dominationibus v. scripsissem sed
nunciantibus mihi pluribus et praesertim Johanne Imholtz cive
67
Constantiensi ante ipsam apertlonem ipsias rotuli et ambasiatoris eitissimum
aduentuni ita etiam, ut pro eo disponerem de hospicio; et dicentibus Thoma
et Caspar quod infra tridium post eos egressurus erat, supersedi quare id
raeae pieeor nequaquam negligentiae imputari. Seripsi alias in genere domino
meo rectori cum literis domini raei praepositi ad s. Dorotheam de apertione
gratiarum expectativarum sed niehil in speeiali eausae praetaetae designatae
sunt datae hoc ordine. Septiino kalendas Februarii est data papae pro fami-
liaribus suis continuis commensalibus: 6'" kalendas Februarii eonelavis et pro
illis qui fuerunt in eonelavi. Et etiam pro electoribus non praelatis. 3*» kalendas
Februarii eardinalium pro continuis familiaribus domesticis et pro nepotibus fra-
trum etsororum d. Cardinalium usque ad numerum 30 tarnen pro quolibet. Et pro
dilectissolet esse data penultima usque ad numerura 60. Et cum familiaribus car-
dinalium concurrent familiäres domestiei domini imperatoris positi in rotulo suo
personali usque ad numerum 100 personarura. Et pro dilectis usque ad numerum
loO in rotulo dilectorum cardinalium. 4to kalendas Februarii praelatorum praesen-
tium in curia tempore electionis papae. Et quia datur eis S^ia pars benefi-
ciorum ad eorum collationem spectantium dirainuendus est numerus usque
ad 10. Cum istis concurrunt reges: pro numero personarum providebitur ; et
universitas studii Parisiensis: S*'" kalendas Februarii praelatorum absentium
cum quibus concurrunt duces et aliae universitates studiorum- Pridie kalen-
dis Febr. eonventuum capitulorum comitum baronum habentium lata dominia;
et illorura, qui porrexerunt supplicationes suas in die coronationis papae.
In forma pauperum in prima aperitura declarabitur de datis etc. Signati
sunt plures rotuli principum et praelatorum et ambasiatorum ; verum quod
de praelatione universitatls Parisiensis omnes aliae universitates Galliae male
contentantur, similiter et Germaniae et ad equiparationem possetenus labora-
bunt. Si dominationes vestrae mittere rotulum decreverint possetenus acce-
lerate propter causas alias per me scriptas ; et praesertim propter praesen-
tiam magistrorum nostrorum, quorum intuitu sperarem valde melius et
facilius ymo et honestius non ambigo posse rotulum promoveri. Non est verisi-
mile mihi nee aliis quod dom. papa diu post paseha sit hie mansurus nee quod
in Alaraania ponat alibi suam sedem , unde restaret eum ad alium locum
distantiorem cum gravioribus expensis et laboribus ac viarum periculis sequi
ubi deessent promotores hie praesentes. Datum Constantiae 19 die Febr.
quae erat sabbatho post Invocavit.
Dominationum y. humilis
Petrus dictus de Pulka.
Venerabilibus ac egregiis dominis domino n. rectori magistris et doc-
toribus almae universilatis studii Wienn. suis praeceptoribus et dominis
recolendis d. d. (Göttw. Bibl.)
68
XXXIII.
1. März 1418.
(Beschleunigung des rotulus. Gratiae expeetativae. Ankunft eines ruthe-
nischen Erzbisehofs v. Kyew mit Briefen des Königs von Polen. Vereinigung
mit den Griechen.)
Recolende mi praeeeptor et domine! Seripsi dominationi vestrae motiva
quare mihi videbatur missio rotuli acceleranda quae iterare non oportet nee alia
nunc occurrunt. Verum multis apparet quod expeetativae gratiae sint minns quam
antea valiturae. Nam ordinarii habebunt medietatem suarumcollationum libere ita,
quod primum beneficium vacans acceptare poterit papalis secundum Ordinarius
libere conferetnec ipsam papalis acceptare valebit (secundicijs) ? conuenienter.
Ex qua alternatione aestimantur lites multiplicandae etc. Sunt etiam certa bene-
ficia pro graduatis deputata sed pauciora quam alias; potuissemus obtinuisse si
tunc non fuissemus inixi gratiis expectativis ; sunt etiam reservationes multae
gratiis expectativis derogantes. Super praemissis tarnen noiidum est conclusum
speratur hac ebdomada concludendum. Alias aduenit quidam archiepiscopus
Ruthenorum de ritu et lingua Graecorum dictus K y o w»i e n s i s , qui pro-
xima die veneris 25. Februarii in publico consistorio literas regis Poloniae et
'fratris sui du eis Lituaniae exhibebat d.n. papae quibus congratulantes elec-
tionisuae et unioni ecclesiae, dictum arcbiepiscopum de zelo reductionis Grae-
corum ad Romanam ecclesiam commendabant petentes eisdem dari audientiam
super modo reducendi eosdem ; quem tarn ipsi in literis quam ipse archiepisco-
pus vivae vocis oraculo per interpretem exprimebant videlicet quod dispone-
retur de generalis concilii utrorumque congregatione ad quod summus pontifex
noster personaliter adveniret; similiter praelati utriusque partis cum doc-
toribus et concordaretur de miti ac honesto modo unionis nobiscum quam spera-
rent bene facilem, quia patriarcha Graecorum sit bene dispositus ad prae-
missa. Et in casu quo forte iratus ipsorum Imperator amore tyrannidis et iniquae
exactionis, quas dicitur exercere in ipsorum clerum reniteretur malivole, ipsi
parati essent se sibi opponere secundum dispositionem Romani pontificis et
ejusdem concilii. Similemmodum reducendi eos videlicet per congregationem con-
cilii etiam proponebat ipse archiepiscopus per interpretem. Cruciferi tarnen
fidem modicam adhibent praenarratis Credo quod dominus papa non diu post
pasca in Alamannia sit mansurus. Referatis de praemissis, quae relatione digna
censuitis matri nostrae universitati quam exilibus scribendo nolui occupare.
Scriptum festinanter prima die Martii. Anno d. 1418. Manu humilis v. Fe tri
dicti de Pulka.
Venerabili ac eximio viro domino n. rectori almae universitatis studii
Wyenn. suo praeceptori et domino recolendo. d. d. (Göttw. Bibl.)
XXXIV.
20. März 1418.
(Ankunft des rotulus der Universität von Köln, dann des Heidelberger.
Beschlüsse über die Reformation der Kirche. Gerücht von der baldigen Abreise
des Papstes. Gerücht eines neuen Concils.)
69
Venerabilis ac recolendi mei praeceptores et domini. Scripsi domlno meo
domino rectori nuper feria 5'» post letare per queradam monachum de Salem
ordinis Cistereiensis, qui in erastino estimabat se iturum ad Wyennam causa
studii, sed nescio qua oecasione differens heri mihi literas remisit. Hine peto
mihi dilationem scribendi non imputari quia non oeeurrit interim aliquid rela-
tione dignum. Scripsi inquam tunc, quod precedente die scilicet 4*» feria
post letare advenit ambasiata universitatis Coloniensis cum rotulo suo
et rotulus universitatis Haidelber^ensis dicitur in brevi venturus. Scripsi
etiam tunc, quod tractatus super reformatione ecclesiae quoad certos articu-
los in quodam decreto contentos adhuc pendebat inter deputatos nationum ex
una, et domini papae ex altera partibus sed pridie scilicet feria 2*'^ praesentis
ebdomadae penose habita est sessio in qua concordata concorditer pro omnibus
nationibus sunt diffinita, super certis vero articulis super quibus non poterat
fieri concordia nationum, ut super coUatione beneficiorum et qualificatione bene-
ficiandorum et aliis pluribus, super quibus etiam forte non expediret conformis
ordinatio pro omnibus mundi partibus , concordaverunt nationes singillatim,
quaelibet pro se cum dominis cardinalibus pro parte domini papae deputatis. Et
natio nostra concordavit, quod in medietate collationum gratiae expectativae
non praejudicabunt ordinariis. Ita, quod collatio alternatim fiet primum bene-
ficium vacans habebit papalis, secundum Ordinarius libere conferet, et deinceps. Et
sie gratiae expectativae in una medietate beneficiorum non habebunt locum. Sed
nee in primis dignitatibus post pontificiam in kathedralibus nee in principalibus
in collegiatis: magistri nostri de universitatibus Germaniae sollicitissime labo-
raverunt ad obtinendum quotam alias ipsis per praelatos oblatam, videlicet
ßtam in kathedralibus canonicatibus et prebendis , et 4'am in collegiatis, et
Omnibus beneficiis aliis curatis et non curatis. Imo fuissent contenti in 6'» omnium
indistincte. Sed praelati fortissime resistebant dicentes, se praemissa solum
ohtulisse in casu quo tota collatio apud eos remansisset, ita, quod papa solum
ad unam collationem duas gratias expectativas, unam in speciali, et alteram
in forma pauperum concessisset. Sed cum jam solum essent habituri medieta-
tem, reputabant se per illam quotam nimium pregravatos. Unde cum difficultate
maxima obtinuimus ö'^ns partem praebendarum in cathedralibus pro magistris
licentiatis et baccalaureis formatis in theologia doetoribus et licentiatis in
altero jurium, doetoribus medicinae et magistris in artibus, qui ad septen-
nium rexerunt in eisdem, vel in alia facultate studuerunt. Et sextam partem
canonicatuum et praebendarum in ecclesiis collegiatis pro talibus vel magi-
stris aut licentiatis in artibus, baccalaureis in theologia vel jure. Sed de
modo ingrediendi restabat difficultas maxima. Et obtinuimus, quod in kathedra-
libus prima sexta sit pro dictis graduatis ita, quod ubicumque in ecciesia
katbedrali de facto non sit sexta pars hujusmodi graduatorum, proxime vaca-
tura talibus conferant, si haberi possint, non obstantibus gratiis expectati-
vis aliorum, sed in collegiatis nolunt hujusmodi praerogativam concedere,
allegantes multitudinem magistrorum in artibus et aliorum , propter quod in
toto quinquennio quo dicta diirabit ordinatio, vix prima sexta videretur
posse compleri. üt sie omnium aliorum expectantium gratiae essent frustratae
nee ordinarii non graduatis aliquam prebcndam possent conferre. Et propter
70
alias causas res nimium difficultatur. Praesertim cum Interruptio aut vieis-
situdo videatur quasi in Polonia practieari. De illa tarnen sexta adhuc prae-
lati Poloniae contendunt. De paroehialibus autem et aliis benefielis praelati
constanter negabant aliquid pro graduatis deputare, dicentes , quod super-
habundanter provisum sit per sextam praebendarum eanoniealium in kathedra-
libus et collegiatis. Tractatur tarnen jam , et quasi eertum habemus , quod
ad paroehias loeorum insignium solum admittendi sint graduati tales quales
ad eeclesias kathedrales , et aliqui volunt , quod deelaretur , quod primae
parochiae dieantur insignes quae eommuni estimatione habent 3000 communi-
cantium. Nos instamus, ut deelaretur de duobus milibus et ubi forte taliter
graduati haberi non possent, quod ibi etiam admittantur alii graduati infe-
rioris gradus sicut ad canonicatus ecelesiarum eollegiatorum. Aliquibus etiam
placet ut ordinetur quod nullus ultra unum benefieium vigore praesentis
ordinationis assequatur quatenus adeo plures pertingat provisio. Timeo quod
vix unura, et nullatenus plura possimus obtinere. Angustiati sumus nimis, quia
illa, quae nobis pro universitatibus expedientia videntur obtinere non possu-
mus. Imo nee in traetatum dedueere aecelerantibus tarn papa quam eardinali-
bus ad coneludendum traetatum coneilii et nimio teraporis tractu attediatis
anhelantibus ad reeessum. Et i^o oportet nos aceipere, quod datur , et minus
cireumstantionare quam velimus ne forte exquisitis subtilitatibus provisio to-
taliter impediatur. Coneordata est etiam pro natione nostra provisio vel in-
dultum de absolutione symoniacorum tam in ordinibus quam benefieiis et
dispensatione super praeteritis et nova provisione de benefieiis etc. similiter
contra illaqueationem per eensuras ecclesiastieas generaliter latas, ut excom-
municationis, interdicti etc. quod nullus teneatur talibus illaqueatis vitare nisi
specialiter deelaretur ipsas incidisse , et omnia talia , quae non eoneernunt
omnes nationes generaliter, sed unam specialiter non diflfinientur in publica ses-
sione, sed expedientur privatim per cancellarium sub sigillo vice-cancellarii.
Omnium opinio est, quod dominus papa non diu post pasca sit hie Constan-
tiae moraturus. Attamen locus proxime futuri coneilii post quinquennium cele-
brandi nondum est determinatus, qui tarnen per mensem ante finem praesentis
coneilii debebit determinari. Multi mirantur de mora rotuli nostri quibus
rationabilem causam tante more post ejus conclusionem nescio assignare.
Praebete quaeso veniam de diffuse et inculte scriptis, quia non quaero leporem
cujus me nostis ignarum, sed expressionem simplicem veritatis.
Scriptum Constantiae feria 4*^ dominicae coenae 23 Martii anno d. 1418
manu humillimi vestri Petri dicti de Pulka.
Credo quod expediat premissa de collationibus per alios quam per
universitatem nostram similiter, et provisionera graduatorum in publicum
deduci, donec finaliter concludantur. Sed vobis hoc insinuandum censui qua-
tenus secundum ea nossetis gratias petendum in rotulo moderari.
Venerabilibus ac egregiis dominis domino n. rectori magistris et doctoribus
almae universitatis studii Wyenn. suis praeceptoribus et dominis metuendis d. d.
(Göttw. Bibl.)
n.
Georg III. Stobaciis von Palmbiirg,
Fürstbischof von Lavant.
Nach seinem Leben und Wirken geschildert
Dr. Jakob Stepischneg,
Domcapitaiar.
73
Einleitung.
riines der älteren Bisthümer der österreichischen Monarchie ist
jenes von Lavant. Es erstreckt sich gegenwärtig über den südöst-
lichen Theil von Kärnten, mit dem Bischofssitze zu St. Andrea,
einem kleinen, kaum 800 Einwohner zählenden Städtchen im Lavant-
thale, und 6 Decanaten dann über den vormaligen Cillier Kreis in
Untersteiermark mit 14 Decanaten. Wie überhaupt nach Kärnten
so gelangte auch in das Lavantthal die erste Kunde vom Christen-
thume von Aquileja aus. Dasselbe stand daher unter dieser Metro-
pole, und gehörte nach der Stiftung des Bisthums Tiburnia (am
Lurnfelde, bei Spital in Oberkärnten), so lange es bestand, wahr-
scheinlich zu dieser Diöcese. Die im siebenten Jahrhunderte in
Kärnten eingewanderten heidnischen Slaven wollten daselbst das
Christenthum bis auf die letzte Spur ausrotten; da erwarb sich
die Kirche zu Salzburg das unsterbliche Verdienst seiner Wieder-
erweckung und abermaligen . Begründung in diesem Lande. Der
h. Virgilius, Bischof zu Salzburg, sandte den h. Modestus als Land-
bischof — Chorepiscopus — um die Mitte des achten Jahrhunderts
mit einigen Gefährten nach Carentanien.
Zu Maria -Saal, wo auch seine Gebeine ruhen, hatte dieser
Apostel Carentaniens einen ordentlichen Wohnsitz , von wo aus
74
er seine Belehrungsreisen unternahm. Der Herr segnete seine
Bemühungen.
Durch die Entscheidung Kaiser Karl's des Grossen (811),
dass die Drave die Grenze beider Sprengel , Aquileja und Salzburg
bilden solle, wurde das Lavantthal förmlich der Diöcese Salzburg
einverleibt.
Schon unter dem h. Modestus soll die Kirche zu St. Andrea
erbaut worden sein; in mehreren seit 861 vorhandenen Urkunden
wird ihrer, und zwar als Pfarrkirche, Erwähnung gethan.
Erzbischof Eberhard II. von Salzburg, einer der ehrwürdigsten
Kirchenfürsten Deutschlands , hatte zu St. Andrea laut Urkunde
vom 20. August 1212 mit Bewilligung des Papstes Innocenz III.
und des Kaisers Friedrich's II. ein Stift für regulirte Chorherren des
h. Augustin gegründet. Die allzugrosse Ausdehnung des Salzburger
Sprengeis bestimmte ihn, wie (1215) zu Chiemsee, und (1219) zu
Seckau, auch zu St. Andrea ein Bisthum zu stiften, was er nach
erhaltener Genehmigung des Papstes Honorius III. mittelst Urkunde
vom 10. Mai 1228 bewerkstelligte. Das neue Bisthum war anfäng-
lich sowohl in Hinsicht des Umfanges, als auch der Dotation ein
nicht bedeutendes, durch die Diöcesen - Begulirung unter Kaiser
Joseph II. (1786) erhielt es seine gegenwärtige Ausdehnung. Sein
Name „Lavant" ist, nach Herrn Dr. TangTs Ansicht nicht vom
Lavantthale , oder dem dasselbe durchziehenden Flusse Lavant,
sondern von der zu St. Andrea befindlich gewesenen Burg Lavant,
dem Stammsitze eines bereits am Anfange des zwölften Jahrhunderts
vorkommenden adeligen Geschlechtes herzuleiten.
Der 9. Bischof Dietrich Wolfhauer (1318—1332) kommt
der Erste als Fürstbischof vor; ununterbrochen aber
führen diesen Titel die Oberhirten von Lavant erst vom Jahre 1446
angefangen.
Anfänglich bildeten die Chorherren zu St. Andrea des Bischofs
Capitel, bis sich dieses Stift 1808 auflöste, worauf, mit Bewil-
ligung a. h. Sr. k. k. Majestät Franz L, 1825 ein seculares
Domcapitel an dessen Stelle trat.
75
Mit der Staats- und Kirchengeschichte Österreichs am Ende des
sechzehnten und Anfange des siebenzehnten Jahrhunderts ist der
Name des Fürstbischofes Georg III. Stobaeus von Lavant auf das
Innigste verbunden. Eine Monographie, welche das Leben und Wirken
desselben darstellt, schien mir daher eben so interessant als nicht
ohne Nutzen zu sein. Die mir zu Gebote gestandenen Quellen
suchte ich gewissenhaft zu benützen. Dieselben waren vor Allem :
die Epistolae ad Diversos Georgii Stobaei de Palmaburgo, Episcopi
Lavantini, Venetiis MDCCXLIX; die im Consistorial - Archive zu
St. Andrea vorfindlichen Documente; Friedrich von Hurter's Ge-
schichte Ferdinand's IL ; Dr. T a n g Ts Reihe der Bischöfe von Lavant ;
P. ,H ans iz's Germania sacra ; A. Julius Caesar Aquil. Staats- und
Kirchengeschichte von Steiermark; Anton Klein s Geschichte des
Christenthums in Österreich und Steiermark u. s. w.
St, Andrea im Lavantthale 1854.
Der Verfasser.
77
Uie vielseitige Wirksamkeit des Fürstbischofs Georg III. von Lavant und
seine Leistungen für Kirche und Staat erheischen es, dass dieselben unter
gewissen allgemeinen Gesichtspuncten dargestellt werden : wesshalb wir ihn im
ersten Artikel als Bischof seiner Diöcese ; im zweiten in seinem Verhält-
nisse zum Papste und Metropoliten ; im dritten als Statthalter in Inneröster-
reich vorführen; im vierten von seiner Mitwirkung bei der Gegenreformation
Erzherzogs Ferdinand; im fünften von seiner Beziehung zur Erzherzogin
Mutter Maria; im sechsten von jenem zur gesammten übrigen erzherzoglichen
Familie sprechen; im siebenten endlich noch einige Daten über seinen persön-
lichen Charakter in mehrfacher Hinsicht beifügen.
Erster Artikel.
Fürstbischof Georg III. Stobäus von Palmburg als Oberhirt der Dlocese Lavant.
Am 16. März 1584 war Georg II. Agricola, seit dem 7. Mai 1570 Fürst-
bischof von Lavant, seit dem Jahre 1572 aber solcher von Seckau , und
zugleich noch Administrator des Bisthums Lavant, gestorben.
Zu seinem Nachfolger auf dem bischöflichen Stuhle von Seckau erhielt er
den Sigmund von Arzt, Official zu Salzburg und Domherr alldort, so wie zu
Piissau undBrixon; und, als derselbe noch vor seiner Confirmation in Salzburg
starb, den eifrigen Martin Brenner. Zum Oberhirten der gleichfalls erledigten
Diöcese Lavant hingegen ernannte der Erzbischof von Salzburg Johann Jakob
aus dem tyrolischen Hause Kuen-Belasy, — welchem, da er in Folge eines
Schlaganfalles sehr geschwächt war, 1580 der Dompropst, und nachherige
Erzbischof Georg von Küenburg als Coadjutor beigegeben war — mittelst
Schreibens vom 19. October 1584 den Domdechant zu Brixen, Georg Stobäus
von Palmburg. Alsbald nach seiner Consecration hatte der neue Oberhirt
Besitz von seinem Bisthume genommen. — Der Bericht der Commission an
den Erzbischof von Salzburg über die Aufnahme und Einantwortung des
Invcntariums an Fürstbisehof Georg III. Stobäus, den 30. in der Beihonfolge
der Lavanter Oberhirten, ist datirt: St. Andrea im Lavantthale den 22. Mai
1585. Das Bisthum hatte er ohne Schulden überkommen.
78
Leider stehen uns über die früheren Lebensverhältnisse des Fürstbischofs
Georg in. vor seiner Erhebung auf den Oberhirtenstuhl von Lavant, und von
seiner, ohne Zweifel schon damals sehr erspriesslichen Thätigkeit nicht umständ-
lichere Daten zu Gebote. Dass derselbe nicht in Deutschland geboren war, darin
stimmen alle Berichterstatter überein. Nach dem Lavanter Verzeichnisse stammte
er von einem adeligen Geschlechte in Preussen ab , welches den Beinamen
„von Palmburg" führte.
Nach H. V. Hurter's Ferdinand IL, IV. Bd., S. 17, war Fürstbischof
Georg III. im Jahre 1532 zu Braunsberg, im ehemaligen polnischen Antheile
des Herzogthums Preussen (im heutigen Königreiche Preussen , gleichna-
miger Provinz, Regierungsbezirk Königsberg) geboren. Seine Bildung erhielt
er im deutschen Collegium zu Rom, dessen Gründer bekanntlich der h. Igna-
tius von Lojola, der grösste Wohlthäter aber der gelehrte Papst Gregor XIIL
(1S73 — lS8o) gewesen ist. Fürstbischof Georg III. gehörte zu den ersten
Zöglingen dieses bis in die Gegenwart bestehenden Institutes. Seiner eigenen
Meldung zufolge hatte er daselbst den nachmaligen Cardinal Robert ßellarmin
zum Lehrer (Brief anP. Johann Decker aus Krakau). Seine Ernennung zum Fürst-
bischöfe geschah 1584 unter der Regierung des Erzherzogs Karl IL, jüngsten
Sohnes des am 25. Juli 1564 gestorbenen Kaisers Ferdinand I. Dieser hatte
bereits im Jahre 1554 eine sogestaltige Theilung der Länder unter seine Söhne
für den Fall seines Todes angeordnet, dass Maximilian IL, der Älteste, ausser
dem Kaiserthrone und den Königreichen Ungarn und Böhmen von den eigent-
lichen österreichischen Stamm - Erbländern Nieder- und Oberösterreich mit
Hallstatt und Ischl, nebst Neuburg am Inn und Wildenek, der Zweitgeborene,
Ferdinand, Tirol mit Schwaben, Elsass, den Sundgau, und Burgau; Karl,
der Jüngste aber (geboren am 3. Juni 1540 zu Wien) Innerösterreich, nämlich
Steiermark, Kärnten, Krain, die Grafschaft Görz, und das Küstenland erhielt.
Wie überhaupt der religiöse Zustand Innerösterreichs ein trauriger war, so
gilt dies auch insbesondere von dem Lavanter Kirchensprengel, als Fürstbischof
Georg III. die oberhirtliche Leitung desselben übernommen hatte. In seinem Pro-
memoria, welches er im nämlichen Jahre, als er starb, verfasste, entwirft er ein
nichts weniger, als erfreuliches Bild seiner Diöcese; und so manche Thatsache,
von welcher in des Fürstbischofs Briefen, oder in sonstigen geschichtlichen Docu-
menten Erwähnung geschieht, zeigt, dass er die Farben kaum zu grell auf-
getragen habe. Die religiösen Neuerungen durch Luther hatten auch in das
stille Lavantthal frühzeitig Eingang und eben hier in unmittelbarer Nähe des
Bischofssitzes hartnäckige Anhänger gefunden. Dies kann aber nicht so sehr
befremden, wenn man erwägt, dass der Bischofsstuhl von Lavant durch fast
12 Jahre vorher, ehe ihn Georg Stobäus einnahm, nämlich von 1572 bis
1584 unbesetzt war , und die Diöcese , wie oben bemerkt wurde , vom
Seckauer Fürstbischöfe Georg Agricola als Administrator verwaltet
wurde. Es fehlte dem Sprengel gerade in der gefahrvollsten, entscheidenden
Zeit ein Hirte , der ihn ganz in der Nähe gehütet und über des Glaubens
Reinheit gewacht hätte.
Musste da nicht auch die Disciplin unter dem, der unmittelbaren Auf-
sicht seines Bischofs entrückten Clerus einigermassen gelockert werden?
79
Zwar waren auf der unter dem Erzbischofe Johann Jakob zu Salzburg im Jahre
1369 vom 14. bis 28. März abgehaltenen Provineialsynode, welcher im Namen
des wahrscheinlich durch Krankheit gehinderten Fürstbischofs Martin Hercules
Rettinger von Wispach, der Propst des regulären Chorherrenstiftes zu St.
Andrea bewohnte, die zweckmässigsten Beschlüsse gefasst worden, um dem
immer weiteren Vordringen der Irrlehren zu wehren, und das katholische
Bewusstsein im Volke und Clerus zu heben. Mit freudiger Anerkennung des vom
Erzbischofe an den Tag gelegten Eifers bestätigte dieselben Papst Gregor XIII.
in seinem an jenen erlassenen Breve ddo. 28. Juni 1572. „Es erübriget nur,
heisst es am Ende desselben, dass, was so heilsam und erspriesslich durch die
gemeinsame Übereinstimmung der Mitbischöfe in jener Synode festgesetzt
wurde , von Allen , welche der Diöcese angehören , getreu beobachtet werde.
Denn fruchtlos wurde mit noch so grosser Anstrengung eine Synode zusam-
mengerufen und abgehalten, wenn den sonst zweckmässigsten Verfügungen die
Ausführung mangelte." Dazu möchte also der Erzbischof seine Mitbischöfe
auflFordern.
Aber eben diese Ausführung scheiterte hie und da an der Ungunst der
Zeitverhältnisse und an der Gegenwirkung der Protestanten, welche die
gemeinsame Gefahr des Vaterlandes dazu benützten, um von dem Landesfür-
sten Zugeständnisse zu ihren Gunsten zu erlangen.
Auch im Lavantthale wandten sich zunächst die dort sesshaften adeligen
Geschlechter der neuen Lehre zu, welche sie dann in immer weiteren Kreisen
zu verbreiten suchten. An den Freiherren von Ungnad , Besitzern der Herr-
schaft Sonnek, unweit Eberndorf im Jaunthale, und Waidenstein, ungefähr
2 Stunden ober Wolfsberg hatte der Protestantismus eine der kräftigsten
Stutzen; nicht minder an dem BVeiherrn Johann Friedrich von Hoft'mann,
welchen der Bischof von Bamberg unklug genug zum Vicedom in Wolfsberg
ernannt hatte, von welchem Posten er jedoch lo83 enthoben wurde.
Bei Wolfsberg wurde das den Herren von Payerhofen gehörige Schloss glei-
chen Namens der Sammelplatz der akatholischen Stadtbürger, welche dort ein
eigenes Bethaus hatten. Die Lauheit einiger Priester, sogar offene Hinneigung
Einzelner zum Abfall vollendete das Übel.
Doch so schwierig auch die Verhältnisse waren , unter welchen Fürst-
bischof Georg III. sein Oberhirtenamt antrat, er schreckte davor nicht zurück,
sondern mit nie gebeugtem Muthe machte er sich an die Lösung seiner ihm von
Gott und der Kirche gewordenen Aufgabe.
Besondere Aufmerksamkeit widmete Fürstbischof Georg alsbald nach
seinem Amtsantritte dem regulirten Chorherrenstifte zu St. Andrea , welches
vom Verderben der Zeit auch nicht verschont geblieben war. Kr sah sich
unliebsam bemüssiget, gegen einige ihrem Berufe nicht entsprechende Mit-
glieder, sogar gegen den Vorstand desselben, mit Strenge vorzugehen. Wie
hStte er auch am Sitze des Bisthums selbst Unzukömmlichkeiten unter sei-
nem Clerus dulden können, wenn es ihm ernstlich darum zu thun war, seine
Herde im Geiste der katholischen Kirche zu erneuern? Der im Jahre 1575
erwählte Propst Valentin Kummer niusste 1585 seine Stelle niederlegen;
im Thesaurus protocoUi eollcgii Andrcani heisst es: Iste praepositus non erat
80
homo multi valoris, dissipabat enim bona monasterii, ideo fuit coactus resignare.
Habebat contrarios D. Episcopum et DD. Concanonieos. Am 20. Oetober 1S85
hatte ihm Fürstbisehof Georg die Temporalienverwaltung abgenommen. Auch
die Ordensstatuten wurden unter diesem Propste vom Fürstbisehof Georg
erneuert; zweifelsohne um dem unter so übler Leitung zu besorgenden immer
tieferen Verfalle der Zucht und Regel zu steuern. Propst Valentin soll am
2. April lo86 gestorben sein, und erst nach drei Jahren den nicht aus der
Capitelswahl hervorgegangenen , sondern durch den Fürstbischof unmittelbar
bestellten Blasius Sorger zum Nachfolger erhalten haben (1.^89 — 1590). Nach
dessen bald erfolgtem Hinscheiden wurde die Propstei vom Dechante zu Unter-
drauburg, Joseph Saan, administrirt, bis dieselbe 1594, wieder vom Fürst-
bischöfe Georg selbst, dem Dominieus Leo verliehen worden war.
Wir dürfen sicher annehmen, dass der Fürstbischof zu dieser , allerdings
dem Wortlaute der Errichtungsurkunde Erzbischofs Eberhard IL in Betreff
der freien Propstwahl zuwiderlaufenden Verfügung , nur durch die wichtig-
sten Gründe, zumal durch die Sorge, dem völligen Ruine des Stiftes vorzu-
beugen , bestimmt worden sei. — Es findet sich im Consistorialarchive zu
St. Andrea ein Fascikel vor mit der Aufschrift: Constitutiones dioecesanae
faetae ab episcopo Georgio mit dem (nur mit Bleistift angemerkten) Datum;
30. April 1586.
Darin sagt der Fürstbischof: seine angelegenlichste Sorge sei es
gewesen, seine Diöcese kennen zu lernen und in die Ordnung zu bringen.
Den Anfang mache er mit der Kathedralkirche zu St. Andrea. Da bei den
Canonikern seiner Kathedrale väterliche Ermahnung nichts fruchtete, musste
er schärfer eingreifen. Den Propst (Valentin Kummer) entsetzte er, strafte
auch den Decha»t und einige Andere. — Er sorgte, so viel er vermochte, für
bessere Mitglieder. Für die Canoniker schrieb er eigene Regeln zusam-
men , deren Beobachtung er anbefahl. Dieselben handeln über folgende
Puncte: a) Allgemeine Principien den Orden betreffend, h) Das Gebet,
Beichte etc. der Canoniker. c) Gute Sitten, häusliche Zucht, d) Abhaltung
des Gottesdienstes, e) Der Predigten, f) Breviergebet, g) Ausspendung der
h. Sacramente.
Durchweg sind diese Vorschriften sehr weise berechnet , und enthalten
Vortreffliches, was insbesondere von den Winken über das Predigtamt gilt.
Der religiöse Vortrag , heisst es unter Anderem , sei der Fassungskraft
und den Bedürfnissen der Gläubigen angemessen , und halte sich ferne
von blos augenblicklicher Effectmacherei, und von Erzählung unbegrün-
deter Wundergeschichten. Und für wahr! gerade damals war die eindring-
liche Ermahnung am Platze , gegenüber den lauernden Prädikanten , die
nur das „reine Wort Gottes" zu verkünden vorgaben, die Lehre Jesu
nach der irrthumslosen Auffassung der katholischen Kirche , ohne fremd-
artige Beimischungen, darzulegen. Dieser bedurfte sie ja zu keiner Zeit ;
stets bleibt sie Sieg'erin durch die Kraft ihrer inneren Wahrheit und durch
den Beistand des Herrn.
Die bemerkten, während der mehrjährigen Vacatur des bischöflichen
Stuhles in die Lavanter Diöcese eingeschlichenen Übelstände konnten allerdings
81
nur durch den Oberhirten selbst am wirksamsten behoben werden. Davon
hatte sich, zum Theile durch eigenes Anschauen der apostolische Nuntius zu
Wien (wahrscheinlich war damals zu Grätz noch kein solcher, wie später
unter dem Erzherzoge Ferdinand) während seiner Reise dahin überzeugt, und
fühlte sich berufen in einem Schreiben ddo. Wien am 21. December 1387
— unterschrieben ist Jos. Andr. Episcopus (unleserlich von wo) Nuntius
apcus — den Fürstbischof darauf aufmerksam zu machen , und ihn zu erin-
nern, den Sprengel zeitweilig zu besuchen, um persönlich Abhilfe zu brin-
gen. (Aus dem Consistor. Archiv.) Allein man würde dem Fürstbischöfe
Georg III. gewiss sehr Unrecht thun, wenn man darum meinte , er habe
seine Diöcese nicht canonisch visitirt, war er anders nicht durch Kränklich-
keit, oder anderweitige Geschäfte, — wie nachher als Statthalter — daran
gehindert. War dies Letztere der Fall , so Hess er sich wenigstens genaue
Berichte der in seinem Namen die Visitation vornehmenden Commissäre vor-
legen, und traf darnach die für geeignet erachteten Massregeln, zu welchen
selbst hie und da Entfernung Anstoss gebender Pfründner gehörte.
So liegen Visitationsberichte vor, zumeist des Commissarius zu St. Florian,
aus den Jahren 1586, 1587, 1613, 1613 ; ingleichen des Propstes und Erz-
priesters zu St. Andrea, Dominicus Leo, von 1603, 1608 u. s. w. Im Jahre
1596 wird einer beabsichtigten ohne Zweifel auch bewerkstelligten Kloster-
visitation der Dominikanerinnen zu Mahrenberg durch den Fürstbischof Georg
Erwähnung gethan.
Über seinen geistlichen Rechten, welche Fürstbischof Georg gegen jeden
Eingriff, er mochte von welcher Seite immer kommen, mannhaft zu vertheidigen
wusste, vergass er auch der Temporalien nicht, welche er hie und da mit
unnachsichtlicher Strenge wahrte. Einst hatten zwei Bauern von Lamm, am
Schönwege (in der Nähe von St. Andrea) wohnend , salzburgische Unter-
thanen, seinem Jäger, als er am Lammberge der Jagd oblag, Rebhühner zu
schiessen verwehrt, indem sie ihm dieselben so zu sagen von der Ferse
verjagten, zuletzt aber die Bedingung setzten, der Jäger solle mit ihnen die
Rebhühner auf halben Theil fangen. Weil die Bauern vorgaben, sie thäten
dies auf Befehl des Salzburger Vicedoms zu Friesach, Georg Sigmund von
Neuhaus, so fragte diesen der Fürstbischof in einem Schreiben ddo. 8. Jänner
1589 ob dem richtig so sei? und verlangte für diesen Fall Schadenersatz. Im
nächstfolgenden Jahre trat er gegen eben diesen Vicedom sehr scharf auf
wegen eines Eingriffes in das Fischereirecht des Lavanter Bisthums.
Den Erzherzog Ferdinand bat er 1597 um die Bestätigung aller Pri-
vilegien Frei- und Hoheiten, welche das Bisthum von weiland den römischen
Kaisern und Erzherzogen von Österreich erhalten hatte. Der Erzherzog will-
fahrte der Bitte.
Im Jahre 1500 am 10. Juli war Erzherzog Karl IL, Landesherr in Inner-
österreich, gestorben mit Hinterlassung von eilf lebenden Kindern, zu welchen
wenige Wochen nach des Vaters Tode das zwölfte kam. Wir führen sie hier
dem Alter nach auf: Anna, Maria Christina, Katharina Renata, Ferdinand,
Gregoria Maximiliana, Eleonore, Maximilian Ernst, Margaretha, Leopold, Maria
Magdalena, Constantia, und Karl posthumus.
Archiv. XV. 6
82
Erzherzog Ferdinand, Karl's ältester Sohn und bestimmter Nachfolger
(geboren am 19. Juli 11)78), war bei seines Vaters Tode nicht anwesend,
denn er hatte sich am 11. Jänner lo90 an die von Ludwig dem Reichen,
Herzoge von Baiern, zu Ingolstadt 1472 gestiftete, vom Horzoge Albrecht aber,
dem Vater der Erzherzogin Witwe Maria im echt katholischen Geiste aufge-
frischte Universität begeben. Jesuiten leiteten damals diese berühmte Lehr-
anstalt. Erzherzog Karl II. hatte in seiner letztwilligen Anordnung den Kaiser
Rudolf IL, den Erzherzog Ferdinand von Tirol, die Erzherzogin Witwe Maria,
und ihren Bruder, Herzog Wilhelm von Baiern als Vormünder seines noch min-
derjährigen Sohnes bestellt. Nach kurzer Regentschaft übergab Ferdinand's
Mutter Maria, dieselbe in die Hände des Erzherzogs Ernst, Bruder des Kaisers
Rudolph IL, welcher sie aber auch schon 1693 an seinen jüngeren Bruder
Maximilian abtrat, weil er die Statthalterschaft der Niederlande übernahm.
Anfangs März 1596 kehrte Erzherzog Ferdinand aus Ingolstadt nach Grätz
zurück, und trat im Sommer 1S9d selbstständig die Regierung Innerösterreichs
an. Im folgenden Jahre ernannte, wie später ausführlicher berichtet wird,
der neue Landesfürst den Fürstbischof Georg zu seinem Statthalter in Inner-
österreich mit der Verpflichtung in Grätz zu residiren. Hiedurch wurde der-
selbe zwar genöthiget, ausserhalb seiner Diöcese zu wohnen , doch Hess er
sich auch abwesend die Pflichten eines eifervollen Bischofs aufs Beste ange-
legen sein, und, wenn er nur immer konnte , besuchte er St. Andrea, wenn auch
nur auf kurze Zeit.
So oft sich eine passende Gelegenheit darbot, unterliess er es nicht an sein
Capitel, das schon erwähnte Chorherrenstift zu St. Andrea, Worte oberhirt-
licher Sorgfalt und Ermahnungen , wie sie eben Noth thaten , zu richten. So
schreibt er demselben den 1. Jänner 1604: „Könnte der Mensch körper-
lieh dort anwesend sein, wo er mit den Gedanken am liebsten weilt, so würde
ich euch jetzt wohl mündlich anreden , und Gaben heilsamer Lehren euch
mittheilen, wie dies die Seelenhirten beim Jahreswechsel zu thun pflegen. Ich
sehne mich sehr nach euch ; da aber der träge Körper die Schnelligkeit des
Geistes nicht zu erreichen vermag, und öff'entliche Geschäfte mich hindern, zu
euch zu reisen p so kann ich die Gefühle meines Herzens nur dem Briefe anver-
trauen. Ich bete, dass die wiederkehrende Sonne, oder vielmehr Jener, der die
Sonne lenkt, auch der Urheber einer heiligen Erneuerung sein möchte , auf
dass mit dem Wachsthume an Jahren ihr zugleich an Tugend zunehmet. Es ist
billig, dass gerade wir, die wir den Anderen vorleuchten sollen jährlich,
ja täglich und stündlich an Tugend und Frömmigkeit wachsen, und jene
Vollkommenheit anstreben, welche der Herr von uns verlangt. Ich weiss euch
nichts Besseres zu wünschen. Vergängliche Dinge , als Gold und Silber und
was der Eitelkeit Stofi" bietet, ziemt weder euch zu ersehnen, noch mir
anzuwünschen ; da wir laut unseres Berufes schon lange unser Herz Höherem
zugewendet haben. Damit ich euch aber doch nicht mit blossen frommen
Wünchen abfertige, so übersende ich euch als Neujahrsgeschenk einige
heilige Gewänder, mit Gold und Seide durchwirkt. Bewahret sie als fortwäh-
rende Zeichen meiner väterlichen Liebe zu euch." Noch im nämlichen Jahre,
a»n 13. August sehrieb der Fürstbischof neuerdings den Chorherren : „Seid
83
eingedenk, dass ihr als Canoniker zu einer grösseren Vollkommenheit berufen
seid. Habet die Regeln des h. Augustin fortwährend vor Augen ; wenigstens
Einmal in der Woche sollen sie über Tisch vorgelesen werden. Haltet fleissig
Capitel, auf dass Jeder auf seine Pflicht aufmerksam gemacht werde; betet
fleissig, aber nicht blos mit dem Munde, sondern auch im Geiste. Bleibt
gerne zu Hause ; Frauenspersonen sollen euere Wohnungen niemals, Miinnern
nur selten und aus wichtigen Ursachen off'en sein. Alle euere Geschäfte
sollen ihre bestimmte Zeit haben; fliehet den Müssiggang, die Quelle
aller Übel«. —
Zum Neujahr 1603 wünschte der Fürstbischof seinen Canonikern wieder
alles Glück, aber nicht jenes, welches den Wechselfällen der Welt ausgesetzt
ist, sondern jenes, welches im Christenthume — für sie insbesondere unter den
Auspizien des h. Augustin — seinen Stützpunkt hat. Damit sie aber des-
selben theilhaft werden, sollen sie gewissenhaft an ihrer Ordensregel halten. —
Nachdem Fürstbischof Georg 1609 die Statthalterschaft über Inner-
üsterreich niedergelegt hatte, wollte er ausschliesslich nur in seiner Diöcese
leben, bis der Tod das heilige Band, welches ihn an sie knüpte, gelöst haben
werde. Er that es auch — nur durch wiederholtes Verlangen des Erzherzogs
Ferdinand bewogen, entfernte er sich zwar wieder von seiner Kirche, um
dem Erzherzoge Karl bei der Verwaltung des Bisthums Breslau durch
ungefähr anderthalb Jahre rathend zur Seife zu stehen. Als er aber im Jahre
1611 nach St. Andrea zurückgekehrt war, blieb er ohne längerer Unter-
brechung bis zum Ende seines Lebens daselbst.
Keine kleine Betriibniss verursachte ihm daheim nebst ein Paar anderen,
nicht wohl gearteten Canonikern, der schon genannte Stiftspropst Dominicus
Leo, welchen er schon 1S99 einmal wegen Excessen suspendiren musste,
dann aber wieder theilweise mit seinem Vertrauen beehrte. Neuerlicher Aus-
artungen wegen wurde der Propst im Jahre 1614 seiner Würde, und sowohl
des activen als passiven Stimmrechtes verlustig erklärt ; jedoch auf Verwen-
dung der, mit seiner ökonomischen Leitung nicht unzufriedenen Canoniker
— wenigstens provisorisch — an seiner Stelle belassen. Sein Todestag
wird im thesaurus protocolli collegii Andreani auf den 1. September 1619
gesetzt. — Ein harter Mann war Fürstbischof Georg gewiss nicht. — Kaum
zwei Jahre vor seinem Hinscheiden hatte derselbe zu St. Andrea noch ein
Spital der Religiösen Fate ben fratelli, nach der Einrichtung des h. Johann
von Gott — also der barmherzigen Brüder — gestiftet, welches dermalen
nicht mehr besteht. Er berichtet dies mit Schreiben ddo. Lavant (St. An-
drea) am lo. Juli 1616 dem Cardinal Melino, ehemaligem Legaten in Prag,
Protector des Ordens, mit dem Bemerken , dass er mit den Leistungen der
Mönche sehr zufrieden sei, und die gemachten Auslagen nicht bereue; im
(Jegentheile sich zu noch grösseren Wohlthaten an dieselben gerne bereit
erkläre.
Dies genügt, um daraus zu entnehmen, dass die Lobsprüehe, welche
Fürstbischof Georg eben wegen seiner apostolischen Wirksamkeit von den
berühmtesten Männern seiner Zeit erntete, sehr wohl verdient wnren. So
pries ihn unter Anderen der tteclor des CoUegium gernianicum in Rom,
6*
84
Michael Coredam , als eine Zierde des Episeopates. An ihn hatte sieh der
Fürstbischof einst um Überlassung eines oder des anderen Mitarbeiters
(Priesters) gewendet.
Zweiter Artikel.
Fürstbischof Georg III. voo Lavant in seinem Verhältnisse zum Papste und zum
Metropoliten.
Jene Gefühle tiefer Ehrfurcht und treuer Anhänglichkeit an den heil,
apostolischen Stuhl und an die Person des Papstes, als des Stellvertre-
ters Christi auf Erden, von denen jeder wahrhaft katholische Bischof beseelt
ist, hatten auch den Fürstbischof Georg von Lavant in besonderem Grade
ausgezeichnet; so wie wiederum der heilige Vater demselben bei mancher
Gelegenheit Beweise seines Zutrauens gab. So erliess Papst Clemens VIII.
am 23. Juni 1595 ein Breve an denselben, worin er ihn auffordert, dem Proto-
notarius und Nuntius in Deutschland, Ilieronymus Porzia , in der Beilegung
einiger Streitigkeiten zwischen den Jesuiten und Carthäusern an die Hand zu
gehen. — Worüber diese Zwiste entstanden seien, wird nicht gesagt; wahr-
scheinlich bestand ihre Veranlassung darin, dass bereits 1590 Erzherzog
Ernst, Regent in Innerösterreich, die zwei Carthausen Seiz und Gayrach (in
Untersteier) dem Jesuiten - Collegium zu Grätz geschenkt hatte. Der Car-
thäuser- Orden wandte sich desswegen an den Papst Clemens VIII. und
erwirkte durch seinen Abgesandten , den Prior der Carthause zu Paulani,
Franz von Quietana, wenigstens so viel, dass Seiz 1592 den Carthäusern
zurückgegeben wurde (im Jahre 1782 wurde es aufgehoben); Gayrach aber
blieb aufgehoben, womit die Carthäuser noch immer nicht einverstanden sein
mochten. — Sein Nuntius, sagt der Papst weiter, habe zugleich den Auf-
trag, auszuforschen, auf welche Art am leichtesten in Laibach ein Jesuiten-
Collegium errichtet werden konnte *).
Als sich Fürstbischof Georg nach reifer Erwägung zur Annahme der
ihm vom Erzherzoge Ferdinand angebotenen Statthalterei entschloss , fügte
er ausdrücklich die Bedingung bei , dass auch der heil. Vater seine Zustim-
mung ertheile. (Im diese bewarb sich der Erzherzog selbst, worauf Papst
Clemens VIIL mittelst Breve vom 29. November 1597 dem Fürstbischöfe die
Erlaubniss gab , bei dem Erzherzoge in Grätz residiren zu dürfen , denn er
hege die Überzeugung, dass der Bischof daselbst auf mannigfache Weise der
Sache Gottes und der katholischen Religion werde dienen können , und
dass er seiner (Lavanter) Kirche die Hirtensorgfalt nicht ganz entziehen,
sondern seine Heerde öfters besuchen werde.
Gegen Ende des Jahres 1598 hatte Fürstbischof Georg die Erzherzogin
Witwe Maria auf ihrer Reise nach Spanien bis Mailand begleitet (wovon
*) Die Jesuiten waren 1797 nach Laibach gekommen ; der Stiftbrief ihres Col-
legiuras aber wurde erst am 5. December 1603 ausgefertigt, (v. Hurter's
Ferdinand. B. k, S. 14.)
85
später mehr). Iq St. Andrea wieder angelangt, beeilte er sich (Sehreiben
ddo. Lavant 24. April i399) bei Sr. Heiligkeit, welche damals zu Ferrara weilte,
sich zu entschuldigen, dass es ihm bisher unmöglich gewesen seie, ad Limina
Apostolorum zu kommen. Zugleich legte er Rechenschaft ab über seine
bisherige Amtsführung, und zwar dem Papste „als dem lebendigen
Petrus, dem Bischöfe der Bischöfe, seinem obersten Rich-
ter." Im Eingange schildert er das Lavantthal und sagt: er habe das
Bisthum auf Ansuchen des Erzbischofes Georg von Salzburg im Jahre
1585 übernommen. (Derselbe war nämlich damals schon Coadjutor des
Erzbischofs Johann , welcher 1586 starb , und scheint daher auf die Ernen-
nung des Bischofs Stobäus grossen Einfluss gehabt zu haben. (Siehe
1. Art.) Dann beschreibt er seine Diöeese , führt ihre Städte, Flecken und
Kloster auf, bemerkt, dass das Bisthum verschiedene Arten von Pfarren
habe, über welche dem Bischöfe, was deren Besetzung betreffe, nicht überall
gleiche Rechte zustehen. Das Lutherthum habe wohl seine Anhänger, in
den Städten zumeist; doch dürften die Prädicanten nicht mehr lehren; die
Adeligen lebten hie und da in einer Secte , die sich Jeder nach Belieben
wählte. In den exemten Klöstern leben die Mönche regelwidrig; wobei die
katholische Religion und Disciplin leide, aber auch die Güter und Gebäude
dieser Klöster zu Grunde gehen. Die Dominikanerinnen zu Mahrenberg wer-
den belobt. — Was seine Bisthumsverwaltung betrifft, so hat er Glauben,
Frömmigkeit, Religiosität gehoben. Kirchen- und andere Gebäude hat er her-
gestellt, den bischöflichen Palast fast ganz neu aufgebaut. Auch die Einkünfte
sind verbessert; Schulden hat er keine, wird auch keine machen, denn er ist
mit seinem Einkommen zufrieden. Aber auch Geld wird er nicht viel hinter-
lassen; was ihm Gott täglich beschert, verwendet er so, wie es sich für
einen treuen Haushalter Gottes zu ziemen scheint. Das Bisthum hat er nie
anders als in Staatsangelegenheiten verlassen. Schon im ersten Jahre seiner
Statthalterschaft sah er die Prädicanten aus Grätz und aus anderen Orten
ausgetrieben. Wenn er nicht abwesend war, predigte er alle Sonn- und
Festtage. Mehr als 10.000 Kronen hat er auf Gebäulichkeiten verwendet,
meist aus dem, was er auf seinen Gesandtschaftsreisen durch die Freigebig-
keit der Könige und Fürsten empfangen. Für sich , für seine Freunde und
Anverwandte, für Fleisch und Blut hat er nichts behalten. — Der Gottes-
dienst wird in der Kathedrale zu St. Andrea fleissig besucht. Ehedem waren
Katholiken (eifrige) selten; jetzt sind es die Protestanten. — Am Schlüsse
bemerkt er: „Sollte Se. Heiligkeit etwas zu rügen finden, so wird er sich
damit trösten, dass der gemeinsame Vater und Hirte rüge, und zwar gewiss
nicht um zu verderben, sondern um zu retten."
Unterm 4. November IGOO, im Jahre des Jubiläums erhielt Fürstbischof
Georg ein sehr anerkennendes Schreiben des h. Vaters Clemens VIII. worin
es heisst, dass ihm von seinem Nuntius viel Rühmliches über des Bischofs
ausgezeichnete Frömmigkeit, Klugkeit, seinen Eifer für die Ehre Gottes,
besonders aber darüber berichtet worden sei, dass er den Erzherzog Fer-
dinand in dessen Bemühungen um die Wiederherstellung der katholischen
Religion auf dus Kräftigste unterstütze, und ihm auch in der Augolegcuheil
86
der Räuber aus Zengg*) mit wirksamem Rathe an die Hand gehe, endlich
doch mit dem Nuntius in Allem, was die Ehre Gottes betrifft, gemeinschaftlich
handle. Schliesslich versichert der h. Vater schon früher von des Fürstbischofs
Tugend und Verehrung für ihn und den apostolischen Stuhl überzeugt gewesen
zu sein, versichert denselben seiner Liebe und ermuntert ihn zur Ausdauer.
Übergross war die Freude, welche Fürstbischof Georg über diese Aner-
kennung des h. Vaters empfand. Er dankte ihm dafür (1. Mai 1601), indem
er versichert , gar nicht aussprechen zu können , welchen Trost er daraus
geschöpft habe. So viel Gnade getraute er sich wohl nie zu erwarten! Sehr
bescheiden berührt er seine Mitwirkung mit dem edlen Erzherzoge, — dem
ja um so leichter zu rathen ist, je weniger er eines Rathgebers bedarf, —
zur Verbreitung der katholischen Religion und zu Beilegung der Zengger
Angelegenheit. Stets wird er den apostolischen Mahnungen getreuest nach-
kommen, und die gute Meinung Seiner Heiligkeit über ihn gewiss nicht
täuschen.
In einem gleichzeitigen Schreiben an den Cardinal Sylvius Antonianus
zu Rom äussert sich der Fürstbischof : Welches Glück, vom Papste niciit nur
mit einem vorübergehenden Worte, sondern sogar schriftlich belobt zu
werden! Dasselbe sei allen Gütern der Welt vorzuziehen! —
Einem Manne, der sich, wie Fürstbischof Georg bewusst war, der Kirche
mit aller Aufopferung gedient, und ihrem sichtbaren Oberhaupte die schuldige
Ehrfurcht jeder Zeit bezeugt zu haben , konnte gewiss nichts Schmerzli-
cheres begegnen , als wenn seine Ergebenheit für den h. Vater durch bös-
willige Verleumdungen in Zweifel gezogen wurde. Und eben in diesem
Punkte war er in Rom , — von Wem ist ungewiss — angeschwärzt worden.
Ist es ihm demnach zu verargen, dass sich sein Schmerz darüber in lauten
Klagen Luft macht, und sich damit das Streben verbindet, seine Unschuld,
so viel immer thunlich, zu vertheidigen ? In einigen Schreiben an den Car-
dinal Borghese rechtfertigt er sich auf das Nachdrücklichste ; so bereits am
23. März 1609 : Die Anklage , als habe er über den Papst übel gesprochen, ist
die erste, sagte er, aber auch gänzlich falsche, welche in seinem Leben wider
ihn erhoben wurde. Was hat er binnen bald 12 Jahren für das Vaterland,
für die Religion und auch für das Ansehen des h. Vaters gethan! Er ruft
Gott und. sein Gewissen zu Zeugen an, dass er hierin von jeder Schuld frei
und fälschlich angeklagt sei. Die Katholiken, deren Sache er bisher verfoch-
ten, und sogar die von ihm stets bekämpften Protestanten müssen ihm das Zeug-
niss geben, in welcher Weise er von dem Gesalbten des Herrn gesprochen. —
Der Cardinal möge ihm den Namen des Verleumders nennen; denn was ist
gerechter als dies? — Später macht er den Cardinal sogar darauf aufmerksam
(20. Februar 1610), dass man den Verleumdern eines Bischofs oder Priesters
^) Diese Räuber waren Uskoken , welche nach der Eroberung von Clissa,
unweit Spalatro in Dalmatien, durch die Türken 1537 in Zengg Aufnahme
fanden, aber durch ihre Raubzüge zur See zu fortwährenden Beschwer-
den der Nachbarstaaten, insbesondere der Republik Venedig Veranlassung
gaben.
8T
nicht, der apostolischen Weisung — nämlich des h. Paulus I, Timoth, 5, 19. —
entgegen , zu willig sein Ohr leihen sollte.
Dass es den geheimen Angebern denn doch nicht gelungen war, den Fürst-
bischof Georg um das persönliche Vertrauen des h. Vaters Paul V. (seit 160ö) zu
bringen, konnte derselbe zu seiner Beruhigung aus ein Paar Schreiben des Pap-
stes, welchem er aus Neisse am 2. Juni 1610 den Gang und glücklichen Erfolg der
Gegenreformation dargelegt hatte, entnehmen. Unterm 8. OctoberlölO belobt ihn
dieser wegen der Liebe und des Eifers, womit er den Erzherzog Karl in der
Verwaltung des Bisthums Breslau unterstütze ; mit einem gleich anerken-
nenden Breve ddo. 24. Jänner 1614 wurde der Fürstbisehof in Erledigung
eines Amtsberichtes erfreut , welchen er dem im November 1613 nach Rom
zurückkehrenden apostolischen Nuntius zu Grätz , Petrus Antonius Bischof
von Troja, mitgegeben hatte.
Nicht so ganz ungestört blieb immer das gute Vernehmen des Fürst-
bischofs Georg mit seinem Metropoliten zu Salzburg. Wie sehr er das Ver-
trauen des Erzbischofs Georg von Küenburg genoss, ist aus einem Schreiben
desselben, ddo. Salzburg den letzten December 1596 (aus dem Consistor.-
Arehive), an ihn zu entnehmen. Bei dem Stifte U. L. F. zu Maria-Saal (in der
Erzdiöcese) — heisst es darin — ist der katholische Gottesdienst sehr herab-
gekommen. Um diesem Übelstande abzuhelfen, wären die nicht entsprechen-
den Canonici (am dortigen CoUegiatcapitel) zu entfernen, und ein gelehrter,
tauglicher Decan zu bestellen. Weil die dem Stifte Maria-Saal incorporirte
Pfarre Klagenfurt von den Lutherischen intercipirt ist, so will der Erzbischof
dieselbe wieder vindiciren, und übersehickt desshalb dem Fürstbischöfe Georg
eine Copie des Schreibens an die Verordneten in Klagenfurt um Restituirung
der Kirche. Der Fürstbischof wolle dasselbe emendiren , wie er es für gut
finde, überhaupt sein Gutachten darüber abgeben*).
Erzbischof Georg war am 2S. Jänner 1587 gestorben, und erhielt zum
Nachfolger den Wolf Dietrich (Wolfgang Theodorich), aus einem gräflichen
Geschlechte Uhätiens. Er war ein Sohn des Johann Werner von Raitenau in
Langenstein und der Helena Gräfin von Hohenembs. Die Vorsehung hatte ihn
mit trefl'lichcn Gaben ausgestattet; wenn er dieselben nur auch mit Mass zu
benützen verstanden hätte !
Unterm 4. August 1587 erliess der neu erwählte und bestätigte Erz-
bischof ein Einladungsschreiben an Fürstbischof Georg (Consistor.-Archiv)
mit seinen Pontificialien in Salzburg zur Conseeration zu erscheinen, welche
auf den 18. October, als den 21. Sontag nach Trinitatis , Tags darauf aber
der feierliche Einzug anberaumt sei; welcher Aufforderung der Fürstbischof
Folge leistete. Am festgesetzten Tage fand die Conseeration durch den Bischof
zu Passau, Urban, 'unter Assistenz der Bischöfe von Chiemsee und Lavant Statt
*) Die Gegenäusserung des Fürstbischofs liegt zwar nicht vor ; doch wird er ohne
Zweifel den Erzbischof in seinem Entschlüsse nur bestärkt haben, im J. 1 508 eröff-
nete er als salxburgischer Generalvikar die Pfarrkirche in Klagenfurt wieder dem
katholischen Gottesdienste, und gab sie dem Dechantc von Maria-Saal zurück;
doch nicht lauge darnach bcmäühligleu öich die ProlcsUuleu abcrmal« derselben.
•
88
Erzbischof Wolf Dietrich rechtfertigte nicht durchweg die Erwartungen,
welche sich an seine Erwählung anknüpften. Durch manche unüberlegten
Schritte entfremdete er sich die Gemüther mehr und mehr, und machte sich
sogar die Fürsten Österreichs und Baierns durch die 1607 getroffene Bestim-
mung abgeneigt, dass in Zukunft kein Sprössling dieser beiden Regenten-
häuser, welche sich doch immer als Wohlthäter des Hochstiftes bewiesen
hatten, als Erzbischof von Salzburg gewählt werden dürfe. Freilich nahm er
die Erhaltung des Friedens, welcher am besten durch die vollständigste Neu-
tralität des Erzbisthums gegenüber den benannten Fürstenhäusern gewahrt
werde, zum Vorwande.
Die Veranlassung aber, welche den Erzbisehof mit dem Fürstbischöfe
Georg von Lavant in Conflict brachte, war folgende: Der Magistrat zu
St. Andrea hatte sich trotz viermaliger Aufforderung von Seite des Fürst-
bischofs geweigert, die Ehebrecherin Agnes, des Paul Zach Eheweib, entwe-
der vor das geistliche Gericht zur Bestrafung zu stellen , oder selbst abzu-
strafen, wesshalb der Fürstbischof über den Stadtrichter, und seine Collegen,
als Verächter seiner und der Kirche Macht, das Interdict — die Excommuni-
cation — verhängte , und den diesfälligen Erlass an die Thüre der Kathedral-
kirche anzuschlagen befahl. Erzbischof Wolf Dietrich, an den sich die
gebannten Bürger wandten, Hess dieselben, ohne vorläufige Untersuchung des
Thatbestandes, durch seinen Archidiacon in Unterkärnten , zumeist aus dem
Grunde wieder lossprechen , weil die St. Andreäer seine Unterthanen seien.
Dieses kränkte den Fürstbischof Georg , er machte in zwei Schreiben an
den Erzbischof (das Erste führt das Datum Graecii Idibus Julii 1599; das
Andere hat keines) seiner Empfindung in etwas harten Ausdrücken Luft. „Was
ist so ein Verfahren anders, sagt er, als die kirchliche Obrigkeit dem Hohne
Preis geben?— Nicht Deine Unterthanen habe ich gestraft; denn sie
sind eben so gut meine Untergebenen in Betreff der Seel sorge, als
Deine hinsichtlich der leiblichen Botmässigk e it. Ich habe nur räudige
Schafe aus der Heerde ausgeschlossen. — Soll ich etwa die Schande an mir
dulden, und mein Recht einem Archidiacon Preis geben? So geht ja der
Ehebruch nicht nur frei einher , sondern triumphirt sogar öffentlich in der
Kirche und im Wirthshause! Gerade am Feste des h. Johann des Täufers,
der lieber sterben, als den Ehebrecher ertragen wollte, hat sich der Archi-
diacon solchen Frevel erlaubt.« Zum Schlüsse droht der Fürstbischof wieder-
holt mit der Klage beim h. Stuhle, wenn der Erzbischof das Verfügte nicht
widerrufe, und erklärt, dass, bis die Gebannten nicht von ihm selbst oder vom
Papste losgesprochen werden, dieselben im Banne bleiben. — Seinem Capitel,
dem oft erwähnten Chorherrenstifte zu St. Andrea, notificirt er, dass nicht
nur die schuldigen Bürger, sondern auch der Archidiacon (Michael Herbest)
und seine Helfershelfer sich die Excommunication zugezogen haben — welche
Strafe, — wie er dem Erzbischofe bedeutete, — die Bulle: „Coena Domini«
über die Frevler an der kirchlichen Jurisdiction verhänge. —
Der Erzbischof scheint seine Übereilung eingesehen zu haben, und, wie
der Propst und der Dechant des Capitels dem Fürstbischöfe unterm 18. Sep-
tember 1599 berichteten , hatten die widerspenstigen Bürger ihre Reue und
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die Bereitwilligkeit erklärt , künftig den kirchlichen Gehorsam getreu zu
leisten , wesshalb sie auf Bevollmächtigung des Fürstbischofs wieder feierlich
in die Kirchengemeinschaft aufgenommen wurden. (Consistorial- Archiv.)
Sonderbar, dass die Sache damit noch nicht vollends beendet war, denn in
einigen Briefen, insbesondere an den apostolischen Nuntius, Hieronymus Porzia,
lässt der Fürstbischof noch immer hie und da eine gereizte Stimmung gegen
den Erzbischof durchblicken.
Wenn Fürstbischof Georg in diesem unerquicklichen Streite auch im
Rechte war, und nach der Weisung des h. Concils von Trient sess. 24. de
reform, matrimonii c. 8 vorgehen wollte, so kann doch Niemand seine heftige
Sprache wider den eigenen Metropoliten rechtfertigen. — Ein Beweis mehr,
dass es auch im Leben der ausgezeichnetsten Männer nicht an menschlichen
Schwächen fehle.
Erzbischof Wolf Dietrich hatte sich ein tragisches Ende bereitet. Der
alterschwache Propst zu ßerchtesgaden, Jakob Pitrich, hatte den Bruder
des Herzogs Max von Baiern, Ferdinand, Coadjutor des Kurfürsten von Cöln
und Canonicus zu Salzburg, zu seinem Coadjutor angenommen, welcher mit
päpstlicher Genehmigung 1S93 von dieser Würde, und im folgenden nach
dem Tode des Propstes Jakob von der Propstei selbst Besitz nahm. Erz-
bischof Wolf Dietrich, der auch nach ihr verlangte, besetzte 161i das
Ländchen Berchtesgaden und vertrieb den Propst, dessen Sache aber
sein Bruder, Herzog Max, zur eigenen machte. Vom Capitel und den Ständen
zu Salzburg selbst zum Einschreiten gegen den Erzbischof eingeladen,
rückte der Herzog über die Grenze, worauf der Erzbischof den Muth verlor,
und , nachdem er die kostbarsten Geräthschaften vorausgeschickt , ver-
kleidet, mit 14 Dienern Abends am 23. November g. Jahrs aus Salzburg
gegen Kärnten entfloh. Herzogliche Reiter jagten ihm nach und ereilten ihn
in der Nähe von Gmünd in Ober-Kärnten , worauf er als Gefangener zuerst
auf die Feste Hohenwerfen , dann nach Hohensalzburg gebracht wurde. Er
musste seiner Würde entsagen; starb aber, ergeben in sein Schicksal, am
16. September 1617. (Siehe P. Hansiz's Germania sacra tom. H.) Mit päpst-.
lieber Erlaubniss war das Salzburger Capitel zu einer neuen Wahl geschrit-
ten, aus welcher der Domherr allda, zugleich Dompropst von Constanz Marcus
Sitticus, aus dem Hause der Grafen von Hohenems — einer Feste zwischen
Bregenz und Feldkirch — als Erzbischof hervorging. In einem sehr freund-
lichen Schreiben ddo. Salzburg am 30. Juni 1612 dankt derselbe dem Fürst-
bischöfe Georg für die Gratulation zu seiner Wahl. Die Wünsche desselben,
sagt er, sind ihm um so angenehmer, „weil sie von einer solchen
Person kommen, deren vortreffliche Qualitäten und treuher-
zige Neigung gegen dasErzbisthum ihm zum höchsten berühmt
(angerühmt) worden". In einem zweiten (28. August 1612) ladet er
den Fürstbischof zu seiner Consccration und zum fürstlichen Einzüge auf den
7. und 8. October ein. Derselbe solle ihm ein sehr angenehmer lieber Gast
sein! (Consistor. -Archiv.) Fürstbischof Georg machte von der Einladung
Gebrauch, und erschien in Salzburg, wo am anberaumten Tage die Consc-
cration durch den Bischof Wolfgang von Regensburg stalthatte. In einem
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Briefe an den Beichtvater des Erzherzogs Ferdinand, den Jesuiten P. Bartho-
lomäus Willer , in welchem er die Festlichkeiten beschreibt , sagt er von dem
abgesetzten Erzbischofe Wolf Dietrich : „Er sei stürmisch und äussere sich :
Die Papalia stelle er dem Papste zurück; die Imperialia aber, die er vom Kai-
ser empfangen, behalte er für sich; gleich als ob der Erzbis chof von dem
Fürsten zu Salzburg getrennt werden könne. Gott weiss, welcher Macchia-
velli ihm dies beigebracht hat!"
Es wurde schon oben bemerkt, dass sich der unglückliche Erzbischof
später ruhig benahm; er starb eines auferbaulichen Todes.
Dritter Artikel.
Fürstbischof Georg III. von Lavant als Statthalter in Inneroslerrekh.
Einen wichtigen Wendepünct im Leben des Fürstbischofs Georg bildet
seine Ernennung zum Statthalter in Innerösterreich, an welchen einflussreichen
Posten ihn Erzherzog Ferdinand bald hernach berief, als er die selbstständigc
Regierung seiner Lande angetreten hatte. Dadurch war der Thätigkeit des
viel erfahrenen Mannes ein weites Feld eröffnet; da war es ihm gegönnt,
seine weitaussehenden Plane zum Besten der katholischen Kirche über die
engen Grenzen seiner Diöcese hinaus zu verwirklichen. Auch zum Frommen
des Staates hatte er während dieser Zeit als nächster Rathgeber des Fürsten
höchst Anerkennenswerthes geleistet; wesshalb ihn dieser nach langjähriger
Mühewaltung nicht anders als mit grossem Bedauern wieder abtreten sah.
Sein Vorgänger im Statthalteramte war der fromme Bischof von Laibach
Johann Tauscher gewesen. Der an ihn ergangene Ruf machte den bisher
ausschliesslich seinem h. Berufe lebenden Fürstbischof nachdenklich, ob er
wohl in allwege zu entsprechen vermöge , und ob es nicht gerathener sein
würde, den Antrag abzulehnen? Er antwortete dem Erzherzoge (13. Septem-
ber 1397): „Er ehre des Fürsten väterliche Gesinnung gegen seine Unter-
thanen und sein Vorhaben, seinem Volke einen solchen Verwalter zu geben,
welcher der Geschäftsführung kundig , Gott liebend, klug, und vom Eifer für
die Gerechtigkeit beseelt sei. Aber, frage er sich selbst, habe denn wohl ich
diese Eigenschaften? Dessen kann er sich noch nicht ganz versichert halten,
und bittet also um Bedenkzeit , um seine Kräfte zu prüfen , ob sie einer
solchen Bürde wohl gewachsen seien. Sonst müsste auch er einst jenes Wort
(des Evangeliums) hören: „Dieser Mensch hat angefangen zu bauen, konnte
aber nicht vollenden".
Nachdem er aber das Amt angenommen , wurde er am 30. Septem-
ber (siehe Dr. Tangel) als Statthalter installirt. Nicht lange hernach (am
31. October 1597) erwidert er die Beglückwünschung des Patriarchen zu
Aquileja, Franciscus Barbarus, mit dem gewiss aufrichtigen Geständnisse, dass
er es beinahe bereue die Statthalterschaft nicht abgelehnt zu haben, denn
sie ist doch gewissermassen fremd seinem Berufe, und er ist schon im Alter
vorgerückt. Unvorbereitet kommt er aus seiner Müsse in den Schwall welt-
licher Geschäfte, in einer schwierigen Zeit, wo es nicht leicht ist Freunden,
r
9t
«resehwelge denn Feinden und Neidern, Genüge zu thun. Indess, er ver-
traut nächst Gott auf den religiösen Sinn des Erzherzogs. — So bescheiden
dachte der vor Allen als tauglich Erachtete von sich selbst !
Strengste Uneigennützigkeit betrachtete er als die wesentlichste Eigen-
schaft eines Richters. Er empfahl sie sowohl Andern . als er sie selbst beobach-
tete. „Ein Richter soll durchaus keine Geschenke annehmen, auch nicht unter
dem Scheine von Freundschaft," so äusserte sich der Fürstbischof in einem
Schreiben an Maximilian Eder, als er diesem zur Aufnahme unter die Mit-
glieder des Regierungssenates Glück wünschte. Und als sich eine gewisse
Barbara Schitter durch ihren Agenten in Grätz bei ihm darüber beklagte,
dass er ihre Geschenke zurückgewiesen, so erklärte ihr der Bischof, wesshalb
er dies gethan. „Die Gerechtigkeit kann nicht frei sein, schrieb er ihr, wenn
sie Geschenke annimmt. Auch der Schein der Bestechlichkeit rauss gemieden
werden.**
Fürstbischof Georg musste als Statthalter nach allen Seiten seine Auf-
merksamkeit richten; überall gab es zu ordnen und abzuhelfen. Die Lage
der erzherzoglichen Länder war keine erfreuliche; denn im Innern machten
die unablässig nach grösserer Religionsfreiheit strebenden Protestanten viel
zu schaffen, indess von Aussen die grösste Gefahr durch die Türkeneinfälle
drohte. Welche rastlose Thätigkeit der Fürstbischof entwickelte, beweisen
schon seine vielen, eben während der Statthalterschaft in Angelegenheiten
des Vaterlandes an Personen der verschiedensten Berufssphären geschriebenen
Briefe, welche schon für sich allein einen sehr interessanten Beitrag zur Zeitge-
schichte liefern. Wir werden des Fürstbischofs Bemühungen gegenüber den
Protestanten im nächsten Artikel ausführlicher besprechen ; hier sei von sei-
nen anderweitigen Leistungen die Rede.
Es lag ihm sehr daran, dass Person und Eigenthum der Bürger gesichert
sei; desshalb beschwerte er sich in einem seiner Briefe an den Kanzler und
Regierungsrath zu Grätz, Dr. Wolfgang Jöchlinger, über jene Rathgeber des
Erzherzogs , welche die Freilassung von Gattinmördern und Ehebrechern
verlangen. „Solche Bösewichte sollen exemplarisch bestraft werden ; sonst
mehren sich die Verbrechen immer mehr. Wozu führt denn der Fürst das
Schwert? Es könnte von den Verbrechern am Ende gar gegen ihn selbst"
gezogen werden. Nicht Blutdurst, sagt er, gebe ihm diesen Rath ein, sondern
treue Sorge für den Landesfürsten und für Aller Wohl.
Sogar in Kriegssachen wurde des Fürstbischofs Stimme und Rath gerne
gehört und beachtet; mit der aufrichtigsten Theilnahme freute er sich
der Erfolge , welche Erzherzog Ferdinand über die Türken errang , und
beklagte die allfälligen Nachtheile gegenüber dem Erbfeinde der Christenheit.
So schreibt er (l*i. October ICOO) unter Anderem an die Reformations-
Commissäre in Kärnten : „Wir mühen uns hier fruchtlos ab mit der Ver-
theidigung von Canissa. (Eine Festung unweit des Zusammenflusses der Mur
und der Drau , welcbö die Türken am 7. September 1600 zu belagern
begannen.) Es ist vom Feinde schon so eingeschlossen , dass der Besatzung
weder Proviant, noch Verstärkung zugeführt werden kann. Der Herzog von
Mercoeur rückte zwar mit wenigen Truppen zum Entsalze heran , musste
92
aber wieder umkehren. Der Festungscommandant — Freiherr Georg von
Paradeiser — versprach wohl, sich bis zum letzten Blutstropfen zuhalten;
aber, da nun die ganze Kriegslast auf ihm allein liegt , ist zu besorgen, dass
er den Muth verliere; zumal die Türken die umliegenden Sümpfe schon mit
Brettern, Reisig, Balken und Flechten in Unzahl belegen. So weit ist Canissa
gebracht, diese Vormauer Deutschlands und Italiens !"
Bald darauf (ddo. Grütz am 4. November) berichtet er dem apostoli-
schen Nuntius Hieronymus Porzia, dass Canissa gefallen sei. Es heisst (10. Cal.
Novembris): der Commandant habe dasselbe mehr aus Feigheit, als aus
Nothwendigkeit übergeben. Nun sei die Gefahr für die gesammte Christen-
heit, insbesondere für Innerösterreich sehr gross; wesshalb Canissa, wenn
möglich, wieder genommen werden müsse.
Erzherzog Ferdinand liess es auch in der That nicht an der äussersten
Anstrengung fehlen, um die verlorene Festung wieder zu gewinnen. Auch
auswärtige Mächte, insbesondere der Papst und der König von Spanien,
wurden um Hilfeleistung an Mannschaft und Geld angegangen, die sie bereit-
willig gewährten. Dieserwegen schrieb Fürstbischof Georg an den Cardinal
Octavianus Paravicini, dass der Erzherzog den ausgezeichneten Grafen Sig-
mund von Thurn an seine Heiligkeit sende, um Beistand zu erlangen. — (Der
Papst erbot sich ausser der Mannschaft zu einem Geldbeitrage von 300.000
Kronen.)
Unterm 26. Mai meldet der Fürstbischof dem kaiserlichen Kriegsrathe
Bartholomäus Petz, dass der Erzherzog dem Verlangen Sr. kaiserlichen Maje-
stät, sein Heer gegen die Türken nach Ungern zu entsenden, nicht entspre-
chen könne ; denn nach dem Falle von Canissa stehen seine eigenen Pro-
vinzen dem Feinde oft'en ; zudem sind die Hilfstruppen zur Belagerung dieser
Festung schon bereit. Zu diesem Zwecke sind sie vom Papste, vom Könige von
Spanien und dem Grossherzoge von Toscana bestimmt worden. Überdies
wären alle Zurüstungen zur Belagerung, welche einige hundert tausend Gulden
kosten, fruchtlos. Der Kaiser wolle also nicht zürnen , sondern die Wieder-
eroberung Canissa's durch seine Truppen unterstützen. Dies liegt in seinem
und der ganzen Christenheit Interesse.
Fürstbischof Georg war, wie er sieh gegen den k. Hofkriegsrath, Johann
Freiherr von Kisel, äusserte, persönlich der Ansicht, man solle dem Kaiser wifl-
fahren und Ofen erobern , aus Besorgniss, dass die erzherzogliehen und Hilfs-
truppen zur Belagerung von Canissa ohnehin nicht stark genug seien. — Er
hatte recht gesehen! — Johann von Medici bot als Anführer des von seinem
Bruder, dem Grossherzoge von Toscana , gestellten Hilfscorps von 2000 Mann,
dem Erzherzoge seine Dienste zur bevorstehenden Belagerung an. Der Fürst-
bischof bedeutete ihm (1. Juni i601), dass dem Herzoge von Mantua , Vincenz,
einen Blutsverwandten der steiermärkischen Fürsten, die Vertretung des Erzher-
zogs Ferdinand schon versprochen sei, wesshalb er, wenn gefällig, nur den
Posten eines Befehlshabers der Reiterei erhalten könne. (Diesen nahm Johann
von Medici zwar an , hatte sich aber nicht nach Erwartung ausgezeichnet.)
Papst Clemens VIII. hatte sein Hilfsheer von 10.000 Mann unter den Befehl
seines Neffen, des Fürsten Franz Aldobrandini gestellt, welcher später zu
93
Warasdin am Fieber starb. Es verlautete, der Fürst werde durch Kärnten
und Judenburg nach Gratz ziehen, wesshalh der Fürstbischof dem Andreas
Rosenberger — wahrscheinlich sein Verwalter — den Auftrag gab , densel-
ben in die bischöfliche Residenz zu St. Andrea einzuladen, ihn dort mit aller
Liberalität zu bewirthen.
Am 23. August war Erzherzog Ferdinand selbst zum Relagerungsheere
abgegangen, was Fürstbischof Georg seinem Capitel zu St. Andrea mit der
Weisung anzeigte, dass durch acht Tage feierliche Gebete abgehalten und
Gott durch sonstige gute Werke um seinen Segen für das Unternehmen
angefleht werden solle.
Fürstbischof Georg begleitete im Geiste den Erzherzog, welchem er herz-
lichst ergeben war, bei dem gefahrvollen Werke. Unterm 27. September schrieb
er ihm nach Canissa, welches bereits eingeschlossen war: „Es bange ihn, weil
der Erzherzog laut Berichten sich selbst der grössten Gefahr aussetze ; denn
er schlage sein Lager auf Schussweite vom Feinde auf, umreite häufig mit
Wenigen das Lager, und leiste nicht minder als gemeiner Soldat, wie als Feld-
herr Dienste. Dies sei zwar sehr schön, aber höchst gefahrvoll für Alle;
denn Allen sei an seiner Erhaltung sehr viel gelegen. Er möge sich also
mehr schonen".
Fürstbischof Georg war mit der Art der Belagerung nicht ganz einver-
standen. Im Briefe an den aus Lothringen gekommenen Zeugmeister Orpheus
Galloni bemerkt er mit Missfallen, dass das Belagerungsheer die Zufuhr von Pro-
viant in die Festung gestatte. Das sei eine übel angebrachte Grossmuth, welche
sehr bittere Folgen haben könne. Die Entschuldigung, dass der Feind durch
Tapferkeit, nicht durch Hunger bezwungen werden solle, tauge zu
Nichts; denn wozu Umwege, wenn man auf geradem Wege zum Siege
gelangen kann ?
Die Besorgniss des Fürstbischofs , dass Canissa nicht werde genommen
werden, wenn anders nicht Gott, — wie er sich in einem Schreiben an
den Beichtvater Ferdinand's am 26. October ausdrückt — wegen der Fröm-
migkeit des Erzherzogs den Sieg verleihe, erwahrte sich leider nur zu
bald. Man hätte wohl gethan , nach seinem Rathe die Belagerung freiwillig
aufzuheben, statt mit dem Himmel selbst, d. i. mit der ungewöhnlich früh ein-
getretenen Kälte, und üblen Witterung Krieg zu führen. Daran, so wie an
der Unfähigkeit und . Unvorsichtigkeit der ausländischen Führer scheiterte
die Unternehmung. Am i7. November musste das Heer seinen Rückzug
antreten, nachdem es ansehnliche Belagerungsvorräthe, 6000 Kranke und
Verwundete zurückgelassen, welchen die Türken die Köpfe abschlugen. (Siehe
T. Hurter's Ferdinand H.)
Sehr schmerzlich berührte die Kunde davon, wie alle Patrioten , so ins-
besondere den Fürstbischof. Sein grosster Trost war, dass Erzherzog Fer-
dinand keinen persönlichen Nachtheil erlitten. Er bezeugte diesem brieflieh
seine Freude darüber, dass er wohlerhaltcn in Czakaturn angelangt sei, und
bald nach Grätz zurückkehren werde: „Wenn nur der Landesfürst gerettet
ist! Der Kriegsschaden lässt sich leicht wieder herstellen! Es ist sehr
löblich, heisst es weiter, dass Erzherzog Ferdinand mit wahrhaft öster-
94
reiehis eher G ros s h erz ig-keit (ma gn a ninii ta te austriaca) das
Missgeschick ertrage. Der Ausgang des Krieges liegt ja nicht in des Menschen
Macht, sondern hängt von Gott ab !" Zudem hat sich ja Se. Durchlaucht vor
der ganzen "Welt als einen muthigen , opferwilligen Vertheidiger der Chri-
stenheit und des Vaterlandes bewährt !
Erzherzog Ferdinand dachte zwar ferner an die Wiedereroberung von
Canissa ; aber es kam nicht mehr dazu, die Festung blieb verloren , bis sie
im Carlowitzer Frieden 1699 mit den übrigen ungrischen Besitzungen von
den Türken herausgegeben wurde.
Die schon besprochenen Räuber aus Zengg machten dem erzherzoglichen
Statthalter auch viele Sorgen; ein gräuliches Attentat derselben erfüllte ihn
mit unsäglichem Kummer. Er hatte dem dortigen Bischöfe Marcus Antonius
unterm 12. Juli 1601 Dank gesagt für seine guten Rathschläge, wie die Piraten
zu bändigen wären, mit dem Beisatze, dass der k. k. Commissarius alldort, Joseph
Rabatta, von denselben mit gutem Erfolge Gebrauch mache. Eben dieser Stell-
vertreter des Landesfürsten war einem höchst traurigen Loose erlegen. Am
18. December 1601 hatte ihm Fürstbischof Georg noch gemeldet, dass seine
Anträge, wie die Zengger Sache ins Reine zu bringen, und die beschwerde-
führenden Venetianer zu beschwichtigen wären, dermalen wegen der Abwe-
senheit der Kriegsräthe, — welche eben in Wien aus allen Erbländern zusam-
mengetreten waren, um über den Türkenkrieg zu berathen — nicht erlediget
werden können, war aber nächstens geschehen werde. Dass der ergriffene
Anführer der üskoken und Piraten , Jurissa , in Zengg gefangen gehalten
werde, sei, meint er, nicht zu billigen , denn es könnte seinetwegen ein Auf-
ruhr entstehen, und ihm (nämlich dem Rabatta) etwas Übles zustossen. Der-
selbe möchte den Räuber nach Laibach schicken.
Wiederholt warnte ihn der Fürstbischof, welcher sich seiner überhaupt
auch gegen Verdächtiger am Hofe annahm, sich vor den üskoken in Acht
zu nehmen. (4. Jänner 1602.) Was der tiefblickende Staatsmann befürch-
tete, war schnell eingetroffen. Am 30. December 1601 gegen Mittag hatten
tumultuirende Zengger das Haus des erzherzoglichen Abgeordneten umzingelt,
und den darin gefangen gehaltenen Jurissa mit Gewalt befreit. Dieser selbst
streckte alsdann Rabatta mit einer Kugel nieder; die Übrigen tödteten ihn
vollends, worauf die Unmenschen noch gegen seinen Leichnam in empören-
der Weise wütheten, sie hieben ihm den Kopf ab, welchen sie auf einen
Pallasch steckten, und dann von der obersten Mauer-Einfassung dem Volks-
hohne Preis gaben.
Die Nachricht hiervon betrübte den Fürstbischof auf das Äusserste.
„0 hätte er doch nie Zengg gesehen ! schrieb er dem (Stief-) Bruder des
Gemordeten, Johann Jakob von Edling, Präses von Krain; oder wäre er doch
vorsichtiger gewesen !« — Aber er fasste sich und sprach dem Präses noch
Trost zu, indem ja Rabatta in der Erfüllung seiner Pflicht ein Opfer wurde.
„Beruhige dich«, ruft ihm der Fürstbischof zu, „menschlich ist's vom
Schmerze gedrückt, eines Thoren aber, davon erdrückt zu werden!" Zu-
gleich aber zeigte er den Vorfall dem in Prag weilenden Erzherzoge Ferdinand
an, mit dem Beisatze, dass vier der Mörder bereits in Grätz gefangen sitzen.
9S
Wir übergehen so manche Briefe, welche der Fürstbischof an hervorra-
gende Männer in Angelegenheiten des Staates schrieb, und welche auf eben
damals vorgefallene, insbesondere kriegerische Ereignisse Bezug haben. In ihnen
begegnen wir mitunter Namen, welche in der Profan- und Kirchengesehichte
den besten Klang haben; als da sind : Der schon genannte Patriarch von
Aquileja, Franz Barbaro, welcher die Verwendung des Fürstbischofs zur
Beilegung einiger Differenzen, betreffend die Berufung einer Synode, die
Widerspenstigkeit der Villacher gegen ihn als ihren Oberhirten , und die
Eingriffe des Capitäns von Tolmain in die kirchliche Jurisdiction in Anspruch
nahm; ferner [die beiden Grafen Nicolaus und Georg Zrini; Peter Casal,
Secretär des Erzherzogs Ferdinand; Melchior Kiesel, damals noch Admini-
strator des Bisthums Wien und Bischof von Neustadt ; der Bischof von Agram,
Simon; Graf Philipp von Ahremberg; Adolf von Altann; Johann Ambros Graf
von Thurn ; Johann Draskowitz, General in Slavonien und Banus von Croa-
tien ; Baron Franz Bathiani ; Bischof Martin Siskowski zu Lutzk , dann zu
Plotzk in Polen; Claudius Rangoni, Bischof von Reggio und apostolischer
Nuntius bei dem Könige von Polen; Baron Balthasar von Schrattenbach,
Erzherzog Ferdinand's Obersthofmeister; Graf Max Schrattenbach, Oberst-
hofmeister der Erzherzogin Witwe; der berühmte Jesuit, nachmaliger Car-
dinal-Erzbischof zu Gran, Petrus Pazmani (damals [1607] Lehrer der Phi-
losophie und Theologie zu Grätz); der Cardinal -Erzbischof zu Gran, Franz
Forgacz (1608); Baron Ludwig Colloredo in Görz ; General Rupert von
Eckenberg; Hermann von Attems, kaiserl. Rath und Kammerpräsident; Erz-
herzog Ferdinand selbst, u. A. Aus allen Briefen leuchtet die wärmste Anhäng-
lichkeit des Fürstbischofs zu dem Vaterland, an den Landesfürsten, das lau-
terste Streben nach Recht und Gerechtigkeit hervor.
Nicht nur Steiermark, auch die anderen Provinzen waren der Gegen-
stand seiner regen Sorgfalt. Er drang z. B. darauf (1607, im Briefe an Peter
Casal), dass in Görz wieder die deutsche Sprache eingeführt, und den Ruthen
der Regierung ein Prälat, als Vertreter des Clerus beigegeben werden solle.
Unparteiisch stimmte er (1608) dafür , dass den Ungern bewilliget würde,
die croatisch-slavonische Grenze wieder selbst zu verwalten, weil sie ja das
Ihrige verlangen, und ihnen die Rückgabe versprochen worden sei. (Brief an
den General Rupert Eckenberg.)
Vor Allem, aber benutzte er seine Stellung als Statthalter dazu, sich der
Rechte der h. Kirche .und ihrer Vorsteher kräftigst anzunehmen. Als einen
der vielen Belege davon, erwähnen wir hier seines Schreibens an den Cardi-
nal Sylvius Antoniani in Rom (26. April 1602) , worin er sich bitter dar-
über beklagt, „dass, wie überhaupt der geistliche Stand in den inneröster-
reichischen Landen, so insbesondere die bischöfliche Auctorität in letzter Zeit
sehr an Achtung verloren habe. Dazu trage sehr viel bei, dass die Bischöfe
von jedem Menschen aus der unbedeutendsten Veranlassung vor dem welt-
lichen Gericht belangt werden können, vor welchem sie persönlich erscheinen,
and inmitten der Menge des Richters Spruch erwarten müssen. Er habe
schon öfters in den Erzherzog gedrungen, dass die Bischöfe sich wenigstens
durch Stellvertreter ersetzen lassen dürften , und ihm dargethan wie sehr
96
von solcher Immunität das Ansehen der Religion abhänge. Seine Durchlaucht
wäre wohl geneigt, den Missstand abzustellen, aber einige Rathgeber wenden
ein, dass hiedureh die Privilegien der Provinzen verletzt würden. Damit lasse sich
der Erzherzog wieder einschüchtern. Der heil. Vater allein kann dem abhelfen,
wenn er den Erzherzog diesfalls ermahnen würde. Dieser fromme, dem heil.
Stuhle ganz ergebene Fürst würde dem Papste eine so gerechte, ja noth-
wendige Forderung gewiss nicht versagen. Der Cardinal wolle also das bespro-
chene Anliegen Sr. Heiligkeit anempfehlen."
Papst Clemens VIII. Hess sich die Sache sehr angelegen sein; denn
schon am 13. Juli 1602 erliess er ein Breve an Erzherzog Ferdinand, worin er
die persönliche Vorladung der Bischöfe vor Gericht als einen Missbrauch
bezeichnet, der 'die Würde und Freiheit der Kirche untergrabe; und den
Fürsten auffordert, den Bischöfen zu gestatten, sich durch Andere vertreten
zu lassen*).
In Folge oftmaligen Ansuchens wurde der Fürstbischof, welcher sich
so sehr nach Ruhe und nach seiner Kirche zurücksehnte, vom Erzherzoge
seiner Statthalterschaft entbunden. Am 28. Sieptember 1608 bereits, bat er
den Fürsten: „Rüstig und kräftig kam ich in den Dienst Euer Durchlaucht;
geben Sie mich nun als grauen, gebrochenen Mann mir selbst zurück,
damit ich ungestört für meine Kirche, mein Haus und meine Seele sorgen
könne." Er war am 13. Jänner 1609 schon in Lavant (nur auf kurze Zeit besuchte
er wieder Grätz), denn an demselben Tage wiederholte er von dort sein Ansu-
chen um Entlassung an den Erzherzog, mit dem Beifügen, dieser wolle sowohl
dem Papste, als auch dem Metropoliten berichten, dass er sein Amt frei-
willig niedergelegt, und es wohl verwaltet habe. — Ferdinand wird dem
gewiss willfahrt haben.
Am 8. Mai 1609 werden ihm als gewesenem Statthalter SOO Gulden
und 25 Fuder Salz jährlicher Pension angewiesen, (v. Hurte r's Ferdinand II.
Bd. 5, S. 22.) Erzherzog Ferdinand hatte ihn grossmüthig beschenkt (wie, ist
nicht ganz ersichtlich), wofür sich der Fürstbisehof (ddo. Palmburg 30. Octo-
ber 1609) bedankt. (War das Geschenk etwa die obige Pension?) Ebenso
stattet dieser (ddo. S. November 1609 den Deputirten von Steiermark sei-
nen Dank ab, für das prachtvolle von einem höchst ehrenvollen Schreiben
begleitete Geschenk „ganz aus Gold und Künstlerarbeit," welches ihm durch
den Baron Ruppert Teuffenbach in Anerkennung seiner als Statthalter gelei-
steten Dienste überschickt worden war. — Noch im Jahre 1614 schrieb ihm
Erzherzog Ferdinand's Leibarzt, Gisbert Voss (ddo. Wien 21. Juli), dass sein
Andenken bei Hof sehr lebhaft sei , und derselbe durch seinen Abgang viel
verloren habe.
*) Ungeachtet des päpstlichen Anlangens blieb es beim Alten ; die Schwie-
rigkeiten , an denen des Erzherzogs bester Wille scheiterte, scheinen zu
gross gewesen zu sein.
97
Vierter Artikel.
Eiofluss des Fürstbischofs Georg III. yon Layant auf Erzherzog Ferdinand's Gegen-
reformation.
Erzherzog Ferdinand, der Icatholisehen Kirche aufrichtigst und aus voller
Überzeugung ergeben , auf das Sorgfaltigste nach den Grundsätzen und Lehren
derselben auferzogen, hatte vielleicht schon während seines Aufenthaltes zu
Ingolstadt den Plan gefasst, das Lutherthum aus seinen Landen zu verdrängen
und die katholische Religion wieder zur alleinherrschenden zu machen. Seine
darauf abzielenden Massregeln begreift man unter der sogenannten „Gegen-
reformation Ferdin and's." Nachdem er die Regierung Innerösterreichs
angetreten, schritt er bald zur Ausführung. Ohne Zweifel nicht ausser aller
Verbindung damit war seine Wallfahrtsreise, nach Loreto und Rom , welche
er gegen Ende April i598 unter dem Namen eines Grafen von Cilli unter-
nommen hatte. Am 9. Mai, als am Vorabende des h. Pfingstfestes traf er
zu Ferrara ein , wo ihn der damals dort anwesende h. Vater auf das Herz-
lichste empfing. Nach verrichteter Andacht in der casa santa zu Loretto,
kam er am 24. Mai nach Rom, wo er im Collegium der Jesuiten seine Her-
berge nahm. Am 30. Mai reiste er von dort ab, und langte in den letz-
ten Tagen des Juni wieder in Grätz an. Möglich, dass sich Ferdinand durch
ein zu Maria Loreto abgelegtes Gelübde vor Gott noch besonders zur
Bekämpfung des Protestantismus verpflichtete; aber unwahr ist es, dass er
dies dem Papste zu Rom, der, wie gesagt, damals nicht dort, sondern zu
Ferrara war, durch einen feierlichen Eid angelobt habe.
Zum richtigeren Verständnisse des Folgenden dürfte es nicht unzweck-
mässig sein , wenn wir das Schreiben des Fürstbischofs Georg: De peracta
reformatione religionis in Stiria, Carinthia, Carniolia, ad serenissimum prin-
cipem D. Carolum Archiducem Austriae (Erzherzog Ferdinand's jüngster
Bruder), Palmaburgi Calendis Maji anni 1604 schon hier im Auszuge
mittheilen. Daraus wird ersichtlich, wie der Fürstbischof die Gegenreforma-
tion selbst und die ihr zunächst vorausgegangenen religiösen Zustände auf-
gefasst und betrachtet habe — um was es sich im vorliegenden Schreiben
besonders handelt — woran wir dann die Daten über seine Betheiligung bei
derselben anreihen.
Nach vorausgeschickter Bemerkung, dass die Gegenreformation, wie nicht
anders zu erwarten, von Manchen nicht nur ausser- sondern sogar inner-
halb der Kirche stehenden getadelt werde, heisst es: „Damit Du durchlauch-
tigster Erzherzog! Dir selbst ein richtiges Urtheil über dieselbe bilden kön-
nest, erzähle ich ihren Ursprung und Verlauf, der ich ihr Zuschauer
vom Anfange bis jetzt , ja zum grossen Theilc mitwirkende Per-
son war."
„Vom Anfange ihrer Bekehrung durch die Predigten Rupert's und Virgil's»
dieser Nachfolger der Apostel, bis auf die Zeit Martin Lutber's verharrten
die Steirer, Kärntner und Krainer im h. Glauben, und zwar im altüberlieferten.
Archiv. XV. 7
98
In demselben dienten sie Gott, unserem Erlöser und Heilande, unter' den
Bannern der römischen Kirche, waren glücklich, blühten, und feierten oft
Triumphe über ihre Feinde. Luther hatte mit seiner Irrlehre zuerst einen
grossen Theil von Norddeutschland, dann auch diese Provinzen angesteckt.
Wie einst der Apostel (Paul) den Galatern, so möchte ich euch zurufen, ihr
Steirer, Kärntner und Krainer! wer hat euch bethört, nicht zu gehorchen
der Wahrheit? Gut seid ihr bisher gewandelt, und nun, schon in letzter
Zeit , wendet ihr euch weg von der Gnade Christi zu einem anderen
Evangelium! Fehlte euch etwas im alten Glauben? Er brachte euch ja nur
Segen! Leuchtete euch vielleicht ein neues Glaubenslieht vom Himmel? Wie
wäre dies möglich ? Denn Gott, der Offenbarer des Glaubens, ist ja unwan-
delbar; auch der katholische Glaube kann somit nicht geändert werden! Was
Gott einmal sprach, bleibt unverrückbar fest, wie geschrieben steht: Das
Wort des Herrn währt in Ewigkeit . Desswegen sagt der Apostel (zu den
Galatern) : wenn auch ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium
verkündete, so sei er im Banne!"
„Soll etwa der wahre Glaube, bisher durch menschliche Irrthümer ver-
dunkelt, jetzt erst wieder zu leuchten beginnen? Nein! Gott befahl Chri-
stum zu hören, Christus aber, seine Apostel und ihre Nachfolger , denen er
überdies den h. Geist versprach , der sie alle Wahrheit lehren werde. Die
Kirche irrte nie und irrt noch jetzt nicht !"
„Die Hauptursache, warum so Viele in diesen Provinzen zu Luther's Lehre
übertraten, war, weil ihre Werke nicht gut waren; vorzüglich gilt dies
vom Adel, welcher alsdann alle Kräfte aufbot, die katholische Religion aus-
zurotten. Er bemächtigte sich der öffentlichen Ämter, insbesondere der ober-
sten Gerichts- und Militärstellen ; bald setzte er seinen Fuss auch auf das
kirchliche Gebiet; bemächtigte sich hie und da einer kleinen Kirche, dann
auch grösserer Gotteshäuser, und übergab sie den Prädikanten, welche sich
aber bisher noch nicht öffentlich sehen Hessen. Viele Katholiken Hessen sich
auch von Furcht, von Neuerungssucht, oder wodurch schon immer, zum
Abfalle verleiten. Es geschah sogar, dass bei Gelagen Einer dem Luther
zutrank (d. i. auf ihn ein Hoch ausbrachte) , der Andere (den Toast erwi-
dernd) ihn hineintrank, und so ging er als Lutheraner nach Hause, der
noch kurz vorher dasselbe als Katholik verlassen hatte. Ein benennenswer-
thes Beispiel davon trug sich in Judenburg zu. Ein dortiger Bürger veran-
staltete einen Taufschmaus, dem zehn Gäste, neun katholische und Ein
unkatholischer, beiwohnten. Als Alle recht heiter waren , trank ihnen dieser
Luther's Wort zu. Einige zeigten Anfangs Bedenken ; als aber der Becher im
Kreise herumging, wurden sie bald von falscher Scham besiegt, und um nicht
als Sonderlinge gehöhnt zu werden, griffen sie hastig nach demselben. Nach-
dem sie ihn geleert, forderte der Zutrinker von Jedem einzeln das Gelöbniss
seines neuen Glaubens ab; Alle entsagten der wahren Religion und unter-
schrieben das lutherische Glaubensbekenntniss."
„Die Katholiken baten den Kaiser Ferdinand L um Abhilfe, welcher sie
ihnen auch gewiss ausreichend gewährt hätte, wenn er nicht zu früh gestor-
ben wäre." (loG4.j
99
„Nach dem Tode dieses Kaisers übernahm sein drittgeborner Sohn, Karl,
die Regierung dieser Provinzen , ein Fürst von ausgezeichneter Herzensgüte
und Frömmigkeit. Da die Akatholiken Religionsfreiheit nicht erlangen konn-
ten, schlössen sie unter einander ein Bündniss zur Vertheidigung des Luther-
thums; ja! sie beschlossen sogar, Karin den Eid der Treue nur dann zu
leisten, wenn er ihnen hinreichende Garantie hinsichtlich der Religionsfreiheit
geben würde. Nachdem sie der Fürst zur Eidesleistung verhalten, erliess er
ein Edict , dass Niemand in Religionssachen weitere Neuerungen einführe,
dass alles Kirchengut zurückerstattet werden , die Prädikanten ohne Auf-
schub abziehen sollen." — Fruchtlos! —
„Endlich schrieb (1578) Erzherzog Karl den Landtag nach Brück an der
Mur aus. Hier übergab er den Ständen eine Schrift, in welcher die den
Staat betreffenden Verhandlungsgegenstände abgefasst waren , zur Berathung.
Die Protestanten versprachen zwar Anfangs den Befehlen des Fürsten nachzu-
kommen, erwiderten aber hernach: die Stände können nicht früher auf Mittel
sinnen, den Bedürfnissen des Vaterlandes abzuhelfen, bis nicht über die Reli-
gionsangelegenheit zur Beruhigung ihres Gewissens etwas Erwünschtes
beschlossen werde. Erzherzog Karl entgegnete kurz : der Landtag sei wegen
politischer Angelegenheiten einberufen worden; diese sollen sie
gemeinschaftlich mit ihm zu ordnen trachten, ihre allenfälligen Forde-
rungen hinsichtlich der Religion aber zu einer anderen gelegenen Zeit
vorbringen."
„Dem wiederholten Andringen der protestantischen Ständemitglieder setzte
Karl alle möglichen Vorstellungen entgegen. Alles vergebens! Schon schickten
sich einige Protestanten zur Abreise (von Brück) an ; das Volk begann unruhig
zu werden. Noch blieb Karl standhaft; aber nach wenigen Tagen sah er sich
endlich genöthigt, in Etwas nachzugeben. Er bewilligte nämlich dem Adel die
freie Religionsübung in den vier Städten Grätz, Judenburg, Klagenfurt und
Laibach.
„Dies ging nach Sonnenuntergang — am 9. Februar — vor sich ; in Abwe-
senheit, ja nicht einmal mit Vorwissen der katholischen Ständemitglieder.
Ich konnte nicht in Erfahrung bringen (sagt der Fürstbischof) , wodurch denn
eigentlich der Sinn des Fürsten geändert wurde. (Er meint, es sei geschehen
um grösserem Übel zuvorzukommen.) Als nach Tagesanbruch die Katholiken den
Vorgang vernahmen, wurden sie sehr bestürzt; die Neuerer aber jubelten.
Sogleich eilten die Prädikanten nach den bezeichneten Städten, führten dort
ihre Gebräuche ein, verschrieen die Lehren und Gesetze der Kirche."
„So wurde allmählich der Name „Katholik" zur Schmach. Sehr Viele fielen
von der katholischen Heligion ab. Die Katholiken lagen den Erzherzog an , den
Übergriffen der Lutheraner (die sich nicht auf die 4 Städte beschränken woll-
ten) Einhalt zu thun. Als der Erzherzog dieselben auf den Brucker Vertrag auf
merksam machte, entgegneten sie: „Sie dürften Niemanden zurückweisen, der
an das Licht des Evangeliums kommen wolle. Keinem dürfe der Weg des
Heils verschlossen sein." Darauf befahl der Erzherzog den Landstanden (Land-
!• nl( ii). iiiivcrweilt die Prädikanten zu entlassen; denn da sie sich an den Ver-
li'iig nicht hielten, erachte auch er sich davon entbunden."
100
„Die Protestanten übersandten das Ausweisungsdecret an den Befehlshaber,
der die Grenzen des Vaterlandes gegen die Türken vertheidigen sollte, — Einer
aus den Ihrigen — und trugen ihm auf, den gefährdeten Prädikanten beizusprin-
gen ; worauf derselbe binnen wenigen Tagen eine Sehaar gegen Grätz abord-
nete , und das Gerücht sich verbreitete , Mehrere würden noch folgen. In der
Stadt und am Hofe gerieth Alles in Schrecken. Als Karl die Deputirten aus
der Provinz fragte, was diese Soldaten wollen, antworteten sie: „Ihnen liege die
Vollziehung des neulichen Ausweisungsdecrets in Betreff der Prädikanten ob ;
denn da dieselben unter sehr mächtigem Schutze auf den Burgen des Adels
sich aufhielten, könnten sie nur durch Waffengewalt vertrieben werden."
Karl merkte wohl die mit Hohn gepaarte List; aber um einem Aufrühre
vorzubeugen, widerrief er das Beeret. Über die ihm persönlich zugefugte
Kränkung setzte er sich vor der Hand hinweg, einzig darauf bedacht, wie er
wenigstens die Überbleibsel der Katholiken erhalten könnte."
„Als wirksamstes Mittel, dem Umsichgreifen des Protestantismus zu
steuern, erkannte Erzherzog Karl den Bau eines Jesuiten-CoUegiums zu Grätz,
wozu er selbst den Grundstein legte. Zur Abwehr errichteten aber auch die
Akatholischen zu Grätz ein Collegium mit Professoren aller Facultäten, und
fügten demselben eine ßuchdruckerei bei."
„So oft Einer aus den Unsrigen ihnen zu widerstehen wagte, erhoben die
Protestanten alsbald einen gewaltigen Lärm. Dies erfuhr Johann (Peter)
Muchitz (aus Cilli gebürtig), ein eben so frommer als gelehrter Mann, einst
Propst zu Pöllau (des dortigen Chorherrenstiftes, -\- als solcher 1600), welcher
(1588) eine Schmähschrift des Prädikanten Herbrand, Professor zu Tübingen,
widerlegt hatte."
„Dicgeplünderten und profanirten katholischen Kirchen wurden den
Prädikanten übergeben. Nachdem das Jesuiten- Collegium vollendet, und die
Schulen alldort eröffnet worden , luden die Professoren der Theologie die
lutherischen zur öffentlichen Disputation über einige aufgestellte Thesen ein ;
wozu Erzherzog Karl selbst als Zuhörer kam. Die Lutherischen raussten als
Besiegte abziehen."
„Von den Landständen unterstützt, gingen die protestantischen Städte in
ihren Übergriffen immer weiter. Zuerst vertrieben die Bürger von Mitters-
dorf in Obersteier ihren rechtmässigen Seelsorger, und setzten einen Prädi-
kanten an seine Stelle. Ähnliches thaten die Iladkersburger, die Marburger,
und die Bewohner anderer Städte und Flecken in Steiermark, Kärnten und
Krain. Karl sandte eilig in die einzelnen Ortschaften Commissäre ab , welche
das Volk zur Besinnung bringen sollten, aber ohne Erfolg. Dieselben gerie-
then hie und da in grosse Gefahr. Auch die Grätzer fingen nun haufen-
weise an in das Lager der Protestanten überzugehen; wodurch die Kirchen
beinahe leer wurden, so dass der Fürst nur mit wenigen Hofleuten dem
Gottesdienste beiwohnte. Die Prädikanten schmähten die Katholiken, statt
dass sie Gottes Wort verkündet hätten, nannten selbst den Fürsten „Beför-
derer der Abgötterei." Dadurch fasste das Volk den grimmigsten Hass
wider die Katholiken , besonders waren die kirchlichen Personen fortwäh-
rend ärgeren Unbilden ausgesetzt. Es erzählte mir einst mein Vorgänger
101
in der Statthalterschaft, der Bisehof von Laibaeh (Johann Tauscher), dass
er selten vom Hofe nach Hause oder umgekehrt ohne Insulten habe kommen
können. Ich wenigstens, habe damals keinen Priester oder Ordensmann anders,
als in fremder Kleidung, damit er unkenntlich bleibe, reisen gesehen."
„Besonders in Steiermark war der Zustand der Katholischen heinahe
ein verzweifelter. Im schönsten Glänze bewährte sich Karl's Standhaftigkeit
und Frömmigkeit, welcher sogar einige kleingläubige und zaghafte Prälaten
und Pfarrer öfters durch seine Reden zum Muthe aneiferte. Vor Allem
beschäftigte ihn der Gedanke, die Prädikanten aus seinen Landen auszutrei-
ben. Er beauftragte mich mit der Entfernung des Predigers und Wiederein-
setzung des katholischen Seelsorgers in dem, dem Erzbischofe von Salzburg
gehörigen, Marktflecken Althofen in Kärnten. Der Prädikant entfloh noch
früher, worauf der Pfarrer seinen Platz wieder einnahm."
„Indess zankten die Prädikanten selbst unter einander. Der Super-
intendant Zimmermann (ein geborener Würtemberger) wurde bei den steie-
rischen Ständen als des Calvinismus verdächtig angezeigt ; er hingegen
beschuldigte seine Collegen, dass dieser dem Matthias Flaccus, Jener dem
Oslander (Andreas, der ältere -|* 1552, Professor der Theologie etc. zu
Königsberg, der von Luther in der Lehre von der Rechtfertigung abwich)
anhange. Die Aufforderung der Ständemitglieder an die Hadernden , sich
zu vereinigen, widrigens sie ihren Platz den Jesuiten, die unter sich
ganz einig seien, einräumen sollen, wirkte. Sie versöhnten sich bis
auf Einen."
„Ein zu früher Tod entriss den Erzherzog Karl, diesen tugendhaften, an
Eifer für die katholische Religion Niemandem nachstehenden Fürsten, seinen
zum Besten der Kirche und des Staates gefassten Planen. — Nachdem seinem,
aus Ingolstadt zurückgekehrten Sohne Ferdinand die Regierung seiner Lande
vom Kaiser übergeben worden war, erhielt derselbe mit Mühe (1596) die
Huldigung der Steirer; in Kärnten und Krain hatte sie darnach (Anfangs
1597) ebenfalls Statt.«
„Auf dem steierischen Landtage (1599), auf welchem Erzherzog Ferdinand
selbst eine Rede hielt, forderten die Protestanten wiederholt freie Ueligions-
übung ; bei jenem für Kärnten — im nämlichen Jahre — musste ich in Fer-
dinand's Namen den Vorsitz führen, und sollte die Stände zu baldiger Hilfe-
leistung gegen die Türken stimmen. Durch drei Monate muhte ich mich
damit vergebens ab ; denn die Ständeglieder (Landleute) wollten von den
Postulaten des Fürsten nichts hören, bevor ihnen nicht freie Religionsübung
zugestanden würde. Doch war nach mehrtägigem Gezanke der Ausgang der
gleiche hier, wie in Steiermark und Krain; des Fürsten Güte besiegte die
Störrigen.«
„Die Villacher in Oberkärnten thaten sich durch Gewaltthutigkciten hervor.
Sie misshandelten einen Priester, Namens Jakob, weil er das Volk vom Luther-
thume abmahnte; und als der Patriarch von Aquileja (Franz Barbaro) dorthin
kam , um eine Pfarrkirche seiner Diöcese (nämlich St. Jakob in Villach),
welche sich die Bürger angeeignet, zurück zu verlangen, entstand ein Tumult
(1594); nur durch die Mühe des Bamberger Vicedoms, Georg von Stadion
102
(Villaeh gehörte dem Bisehofe von Bamberg), entging er mit den Seinen der
Gefähr. Die Bürger von St. Veit in Kärnten setzten an die Stelle der katho-
lischen Stadträthe protestantische und verordneten , dass kein Katholik das
Bürgerrecht künftighin erhalten solle. Die Rädelsführer wurden zwar nach
Grätz in das Gefängniss abgeführt, aber bald wieder entlassen , nachdem sie
Abbitte geleistet. So milde handelte der Fürst! Zu Wolfsberg verfolgten
Handwerker und anderes Volk einst zwei Jesuiten, Sigmund und Bartholo-
mäus, über eine halbe Meile weit mit Geschrei und Steinwürfen. Unter dem
Schutze der Waldungen, und auf Seitenwegen kamen sie glücklich bei mir
in Lavant (St. Andrea) an, aber so müde, und erschöpft, dass sie kaum
athmeten. — In Klagenfurt wurde ein Propst (er ist nicht näher bezeichnet),
der Geschäfte halber dorthin kam, von Lutheranern mit Schimpfworten,
dann auch mit Schlägen übel empfangen. — In Steiermark ging es nicht
besser, noch schlimmer aber in Krain zu. — In Klagenfurt bes assen die Aka-
tholischen zwei Kirchen. Eine davon hatten sie selbst unlängst erbaut; die
Andere aber verlangten die Prälaten zurück, um in derselben zur Zeit der
Landtage Gottesdienst abhalten zu können. Da die Kirche nicht gutwillig
abgetreten werden wollte , so schickte Erherzog Ferdinand (iS98) Commis-
säre dorthin ab , unter welchen auch ich mich befand (der Fürstbischof).
Da ich mit dem Zorne des Fürsten drohte, überschickten mir die Prote-
stanten endlich die Schlüssel der Kirche; alsbald trat ich in dieselbe, und
übergab sie ihrem Pfarrer (dem Dechante zu Maria-Saal , wie schon erwähnt
wurde). Die Glocken läuteten; das Te Deum ward angestimmt, worauf ich
eine Rede von der Kanzel hielt. — Die Kirche wurde zwar den Unseren in
Klagenfurt von den Protestanten wieder entzogen, aber durch Strenge erhielt
sie Ferdinand abermals zurück."
„Als der Fürst einen neuen Landtag in Steiermark und in den andern
Provinzen berief, konnte er von den Protestanten nur nach langer Verhand-
lung erlangen, dass das von den Türken belagerte Canissa mit grösserer
Besatzung, Getreide, und dem sonst Nothwendigen versehen werde. Nach
dem Falle dieser Festung schöpften die Protestanten neue Hoffnung für die
Gewährung freier Religionsöbung durch den bedrängten Erzherzog; dieser
aber bewilligte sie ihnen auch jetzt nicht. Die darüber erbosten Prädikanten
wollten nicht einmal mehr ihrem Landesfürsten die schuldige Achtung bezeu-
gen (der Fürstbischof erzählt , wie zwei aus ihnen den Hut nicht abnahmen,
als sie dem Erzherzoge mit seiner Mutter, und den übriüren Prinzen in Grätz
begegneten)."
„In Klagenfurt wäre ein Priester, während er die h. iMesse las, von einem
Fanatiker bald erwürgt worden; ein anderes Mal wurden Wallfahrer nach
Maria-Saal schändlich misshandelt. — Zu Eisenerz in Obersteiermark, wo die
Bürger gleichfalls den katholischen Pfarrer vertrieben, und ihn durch einen
Prädikanten ersetzten , wurde der dahin abgeordnete erzherzogliche Rath,
Namens Kugelmann, welcher die Sache mit Güte beilegen sollte, unter Hohn
abgefertigt. Endlich dachte Ferdinand alles Ernstes daran, aus seinen Landen
das Lutherthura vollends zu verdrängen; befragte aber vorläufig noch seine
Rälhe um ihre Meinungen. Diese waren getheilt; denn einige stimmten für
103
Aufschub, die Andern widerriethen jede Gewaltanwendung; Einige brachten
öffentliche Disputationen zwischen Katholiken und Protestanten in Vorschlag;
wieder Andere stimmten endlich dem Fürsten bei."
„Ferdinand übertrug mir (dem Fürstbischöfe) das Geschäft, die lutheri-
schen Stadtrüthe in Grätz mit katholischen zu ersetzen. Nach dem Mittag-
male, zu welchem ich sie einlud, verlangte ich von ihnen , sie möchten ent-
weder dem Protestantismus entsagen , oder ihre Posten Andern überlassen.
Nach einem Tage Bedenkzeit erklärten sie sich für das Zweite. — Bald
hernach verbot der Fürst unter schwerster Strafe alle Conventikel ohne
vorläufige Erlaubniss. Die Katholiken fingen an Muth zu schöpfen. Der glaubens-
eifrige Stadtpfarrer in Grätz (Lorenz Sonabender) bat den Fürsten , er wolle
die Rechte seiner ihm unlängst verliehenen Kirche schützen, denn ihm, nicht
den Prädikanten, gebühre hier die Seelsorge. Nichts konnte dem Erzherzoge
willkommener sein , als dieses Ansuchen. Denen , welche auch jetzt noch
Aufschub riethen, wegen der Türkengefahr, entgegnete Ferdinand: „Ich ver-
fechte nicht meine, sondern Gottes Sache. (Gott, der mir den Entschluss
eingeflösst, die Religion zu reformiren (d. i. die katholische wieder herzu-
stellen), wird mir auch die Kräfte verleihen dieses Werk zu seiner Ehre und
zum Heile der Seelen glücklieh zu vollbringen." Und alsbald trug er den
Verordneten Steiermarks auf, die Prädikanten binnen 14 Tagen aus Grätz zu
verweisen. Hievon wurden die Prädikanten selbst verständigt. Am 14. Tage,
als am letzten Termine, am Vorabende des Festes des h. Michael verliessen
diese mit ihren Weihern und Kindern die Stadt. Dies geschah im Jahre 1598,
worauf Ferdinand die Prädikanten aus .Judenburg, Klagenfurt und Laibach
vertrieb. Keiner wagte sich zu widersetzen. Aus Rache wurden die Katho-
liken vielfach beunruhigt ; selbst Fremde ; so der Gesandte des Königs von
Spanien (Philipp II.) , Don Wilhelm von St. Clemente, welcher im Septem-
ber li)98 nach Grätz gekommen war, um die Erzherzogin Margaretha,
Ferdinand's Schwester, Braut des jetzigen Königs (Philipp III.) nach Spanien
zu begleiten, sammt seinen Dienern. — Hierauf liess der Fürst — der
Sicherheit halber — 300 in Wien geworbene Musketiere kommen , welche
die Thore besetzten , wodurch Ruhe und Sicherheit einigermassen wieder
einkehrten."
„Die Eisenarbeiter von Eisenerz hatten sich mit den Salzsiedern von
Aussee bewaffnet, und den Friedhof mit der Kirche , auch die Bergschiuch-
ten , durch die der Weg zum Orte führt , besetzt. Die Empörer wurden
zuerst schriftlich zur Besinnung ermahnt ; da aber dies nichts fruchtete, beauf-
tragte der Fürst die Äbte von Admont (Benedictiner) und von Neuberg
(Cistercienser) 1000 Mann in Bereitschaft zu halten, während allerhand
Waffenrüstung in ungeheure Behälter (in Fässern) verpackt, an den
bestimmten Ort geschickt wurde. Der Abt von Admont, Johann Hoffmann
(Sohn eines armen Schneiders zu Kremsbrücken in Oberkärnten), übernahm die
Stelle eines Anführers (im October 1599). Der Freiherr Andreas von Her-
herstorf, geheimer Rath, war einer aus den Gefährten des Abts. Zur Nachtzeit
besetzten sie das Städtchen. Die StadtrSthe wurden eingekerkert und nach
Grätz abgeführt; wo sie zwar als Hochverräther (schon wegen der schmählichen
104
Behandlung des erzherzoglichen Commissärs) zum Tode verurtheilt, allein,
nachdem sie die Irrlehren mit dem wahren Glauben vertauscht, begnadigt
und entlassen wurden. Auch das Volk ging straflos aus; unter der einzigen
Bedingung, dass es den Pfarrer wieder aufnehmen und der katholischen Reli-
gion fortan treu anhängen solle. Von Eisenerz zog der Abt von Admont nach
Aussee, wo er gleichfalls die Ordnung wieder herstellte."
„Hierauf hiess der Erzherzog den genannten Freiherrn von Herberstorf mit
seiner Schaar nach Untersteiermark abgehen, zur Herstellung der katholischen
Religion. Als aber derselbe noch vor der Abreise starb , wurde an seine Stelle
der Bischof von Seckau , Martin Brenner, berufen, und ihm einige Hauptleute
und fürstbischöfliche Räthe, Allen aber, damit sie desto sicherer
und freier ihrem Auftrage nachkommen könnten, dreihun-
dert Musketiere beigegeben, deren sie sich gegen die Auf-
rührer, wenn es nöthig sein sollte, bedienen könnten. (Also
bildeten dieselben nur die Bedeckung der Commissionüre 5 auf die Durch-
führung der Gegenreformation selbst, welche einzig durch Ermahnung und
Belehrung bewerkstelliget wurde, hatten sie keinen Einfluss. Dies musste ein
Zeitgenosse, wie der Fürstbischof es war, doch wohl am besten wissen.)
Kaum irgendwo stiessen sie auf ernstlic he Gefahren oder Hindernisse."
„Nun schien die kirchliche Ordnung nach Möglichkeit hergestellt ; da
war ein Prädikant mit seinem Weibe (1601) nach Grätz gekommen, mit
Namen Heisinger, aus Lauingen, einer Stadt in Schwaben. Er gab sich für
einen Propheten aus , vom himmlischen Vater gesandt gegen die Verfolger
des Evangeliums. Als Prophet weissagte er den Untergang der Papisten binnen
anderthalb Monaten , das darauf folgende Gericht und Weltende. Den Erz-
herzog, seine Räthe und die übrigen Katholiken beschuldigte er der Gottlo-
sigkeit und Tyrannei; sein Weib Eva bestätigte seine Reden durch Stellen
aus der h. Schrift, meist aus Moses und Daniel. Endlich wurden sie einge-
sperrt und als Lästerer zum Tode verurtheilt. Es ist geschehen, ich weiss
nicht wie, dass auch der Scharfrichter — gleich den beiden Verurtheilten —
von Sinnen kam , da er (während er denselben doch nur Stillschweigen hätte
auflegen sollen) ihre Kehlen verstopfte und ihren Athem durch einen Strick
absperrte. (Im Schreiben des Fürstbischofs an den nachmaligen Cardinal Mel-
chior Clesel, ohne Zweifel aus dem Jahre 1601, heisst es aber, dass der
Scharfrichter die Leichen der auf Befehl des Magistrates von ihm im
Kerker erdrosselten Eheleute nachher an einen Baum gehängt habe, welche
Variante wahrscheinlicher ist.)"
„Diese sind, so viel ich mich erinnere, die Einzigen, an welchen
durch die ganze Zeit der Reformation die Todesstrafe vollzogen worden ist,
weil die Nothwendigkeit dazu zwang. — Der Prädikant Paulus Odontius
(von dem der Fürstbischof auch in dem Briefe an den apostolischen Nuntius
Hieronymus Porzia, ddo. 1. Mai 1602, Meldung macht), im Schlosse Wald-
stein ob Grätz, welches den Freiherren von Windischgrätz gehörte, wusste
der auf ihn gemachten Fahndung stets dadurch zu entgehen, dass er
sich bald als Bettler, bald als Reisender, ein anderes Mal wieder als
Bauer verkleidete. Der Stadthauptmann von Grätz, Balthasar Pettinger, zog
103
mit SO Mann in aller Stille bei finsterer Nacht nach dem Schlosse, wo der
Prädikant (am 25. April 1602) nach zweistündigem Suchen endlich in der
Speisekammer unter geräuchertem Fleische gefunden , und nach Grätz abge-
führt wurde. (Da alle von den Jesuiten an ihm angestellten Bekehrungs-
versuche fruchtlos waren , wurde er zuletzt zur Galeerenstrafe verurtheilt.
In Senosetsch , drei Meilen von Triest entwischte er aber , und wusste auf
Umwegen Sachsen zu erreichen.)
„Während dies in Steiermark vorging, führte der Bischof von Laibach
(Thomas Chrön) nach Ferdinand's Auftrag die Reformation in Krain mit
gleicher Geschicklichkeit aus."
„Um seinem Werke die Krone aufzusetzen, Hess Erzherzog Ferdinand
durch alle seine Provinzen verkünden, dass fortan Niemand einer anderen
Religion, als der katholischen, angehören dürfe; Wer sich nicht zu ihr
bekennen wolle, dem stehe es frei, sieh ein anderes Vaterland zu suchen,
welches seinem Gewissen mehr zusage. Nur dem Adel ward zwar freie,
aber nicht öffentliche Ausübung des lutherischen Bekenntnisses
bewilligt."
„Die Freude der Katholiken über die Herstellung ihrer Religion war sehr
gross; sie äusserten dieselbe wohl auch laut, aber wunderbar! Keiner aus
ihnen erlaubte sich auch nur ein hartes Wort wider die besiegten Gegner,
noch viel weniger sannen sie auf Rache für die früher erlittenen Beleidi-
gungen. Man bemitleidete sie nur, und betete zu Gott um ihre Bekehrung;
worin der Fürst mit einem guten Beispiele voranging; denn er stellte sehr
oft häusliche, manchmal auch öffentliche Andachten zu diesem Zwecke an.
Und nicht fruchtlos !"
Merkwürdig ist das Urtheil, welches der Fürstbischof am Schlüsse
seines Schreibens an Erzherzog Karl über die Gegenreformation fällt. „Ihrem
Ursprünge nach, sagt er, ist 'sie beinahe ein Wunder, weil von einem
kaum zwanzigjährigen Fürsten, in vom Protestantismus schon ganz beherrsch-
ten Ländern , in der gefahrvollsten Zeit , ohne Gewaltanwendung und Blut-
vergiessen, gegen den Rath so mancher Katholiken, mit wahrhaft heldenmü-
thiger Standhaftigkeit unternommen und vollbracht. Ich bin Fürst, ent-
gegnete Ferdinand unter Anderm auf die vorgebrachten Bedenken , und sollte
nicht Hilfe bringen Denen, die ihrer in der wichtigsten Angelegenheit des
Lebens bedürfen, und um sie flehen? Ich bin Katholik, und sollte den Verfall
meiner Religion dulden? — Soll ich den völligen Untergang meiner Auto-
rität, und unserer Religion abwarten ? Lieber will ich hundertmal sterben,
als diese länger noch in Gefahr sehen. Denn s i e getreten und gedrückt sie,
so ist mir das Leben bitter.
„Die Gegenreformation ging einzig aus ihrer Nothwendigkeit , aus der
Gewissenhaftigkeit und Gottesfurcht des Erzherzogs und aus dem Übermuthe
der Gegner hervor. Was ihre Ausführung betiilTt, so kann man sich gewiss
nichts Milderes, und Bescheideneres denken. Sie geschah nur nach und nach,
der Anfang wurde mit der Wiedererstattung der von den Akalholiken wegge-
nommenen Kirchen und deren Einkünfte — auch da nur allmählich —gemacht.
Mit den Prädikantcn, welche oft das Volk aufstacheln, den Fürsten, die
106
Religion und ihre Diener verunglimpften, wurde gelinde verfahren ; dieselbe
Schonung erfuhren Städte, Unterthanen und der Adel.
„Dem ungeachtet, schliesst das Schreiben, gibt es und wird es immer
Solche geben, welche über diese Reformation bitter und gehässig aburtheilen.-'
Der Antheil, welchen der Fürstbischof Georg von Lavant an der Gegenre-
formation hatte, war ein wesentlicher, ja wir dürfen ihn einen entscheidenden
nennen. Er hatte den Erzherzog in dem einmal gefassten Entschlüsse bestärkt,
und ihn zur Ausdauer ermuntert; überhaupt alle Mittel, welche ihm seine
Stellung als Statthalter und das Ansehen, worin er beim Landesfürsten stand,
an die Hand gaben, aufgeboten, um das schwierige Werk dem erwünschten
Ende zuzuführen.
Ehe Ferdinand zur Ausführung seines Vorhabens sehritt , wandte er
sich an den Fürstbischof mit der Aufforderung, seine Äusserung hierüber
abzugeben. Dieser kam dem Refehle nach, in einem Schreiben an den Erz-
herzog (ddo. Lavant 20. August 1598), welches auszugsweise in der Samm-
lung seiner Rriefe, vollständig aber bei Hans iz, Germania sacra (Tom. H,
pag. 736) zu lesen ist. Er lobt den Entschluss Ferdinand's, und beantwortet
folgende drei ihm vorgelegte Fragen: 1. Ob die Reformation wohl jetzt
vorzunehmen räthlich sei; 2. in welcher Weise sie zu geschehen habe;
3. wo damit anzufangen wäre?
Zu 1. äusserte er sich dahin: Der Türkenkrieg soll kein Hinderniss sein,
dass sie nicht alsogleich vorgehen könnte. In Retreff der Religion soll es ja
keine Menschenfurcht geben. Ausrottung des Irrthums tauge für jede Zeit,
des Krieges sowohl, als des Friedens. Eben die Wiederherstellung des katho-
lischen Glaubens werde bessere Zeiten bringen. Auch die Resorgniss vor
einem Rürgerkriege sei eine übertriebene und dürfe keinen Aufschub her-
beiführen.
Zu 2. Einige wollen Gewalt angewendet wissen, weil der Protestan-
tismus durch beinahe 40 Jahre in Innerosterreich schon tiefe Wurzeln geschla-
gen habe. Andere rathen durch eine recht schmeichelnde Regegnung die Aka-
tholiken zu gewinnen ; wieder Andere schlagen öffentliche Disputationen vor.
Der Fürstbisehof aber erklärt sich für Keines aus diesen Mitteln. Jene, die
Zwang anrathen, sagt er, haben wohl Eifer, aber ohne richtige Einsieht.
Wo es sich um Religion handelt , kann es nichts Gefährlicheres geben , als
Waffengewalt. Welchen Gewinn haben wir Katholiken davon , dass wir rebel-
lische Kinder der Kirche mit Gewalt in sie zurückführen? Gott will ja
nicht im Unwillen , sondern mit Rereitwilligkeit gepriesen und verehrt
werden! — Schmeichelei hingegen ist unwürdig. Disputationen haben sich
bisher als Komödien und als unnütz erwiesen. — Also was ist zu thun? —
Der Erzherzog solle seine ihm von Gott verliehene Autorität anwenden;
befehlen, dass alle Unterthanen katholisch werden; die nicht Gehorchen-
den auswandern müssen. Um aber seinen Zweck desto sicherer zu erreichen,
solle er die Liebe und Zuneigung seiner Unterthanen sich zu erwerben trach-
ten ; wozu die besten Mittel folgende seien : zweckmässige Polizei , durch
welche die Rürger im Zaume gehalten werden, dass sie den Guten nicht
schaden; unparteiische Rechtspflege und Fürsorge, dass das Getreide und
107
sonst zum Lebensunterhalte Nothwendige Allen um einen billigen Preis käuf-
lieh sei.
Zu 3. Nicht bei allen Stünden zugleich müsse mit der Reformation
begonnen werden; dies wäre zu gewagt. Der Anfang sei vielmehr mit den
Prädikanten, als den Verführern, zu machen; und zwar vor der Hand in
Grätz. Schweigen und Auswandern binnen einer bestimmten Zeitfrist sollen
ihnen bei strenger, selbst Todesstrafe im Falle ihres Ungehorsams aufgetra-
gen werden. Vorsichtshalber könne die Stadt von einigen katholischen Sol-
daten besetzt und bewacht werden. Zu den Kosten würden uöthigenfalls die
Prälaten beisteuern.
Erzherzog Ferdinand ging ganz nach den Rathschlägen seines treuen
Statthalters vor. Unmittelbar vor seiner Abreise mit der Erzherzogin Witwe
und der Braut König Philipp's III. von Spanien nach Italien, trägt der Fürst-
bischof seinem Capitel in Lavant auf: „durch ein feierliches Hochamt Gott
zu danken für die Austreibung der Prädikanten aus Grätz, für die Erhal-
tung des Erzherzogs, so wie seiner selbst, der dazu nach Kräften mitwirkte,
zu beten." Die Ausweisung geschah, sagt er, am Tage vor dem Michaelsfeste
(1598) gegen Abend, 40 Jahre, nachdem sie hereingekommen; und zwar
ohne Tumult, ohne Waffengewalt; blos durch das ernste Decret des Fürsten.
„Mögen die Leute daräber nach Belieben glossiren!''
Schon aus obigem Gutachten des Fürstbischofs Georg erhellet, dass der-
selbe bei aller Abneigung gegen den Protestantismus, der von ihm als ein
unverantwortlicher Abfall von der Einen Wahrheit und der Einen Kirche Christi
angesehen wurde, doch gegen die Personen der Irrenden nicht von Hass
erfüllt war, so wenig als Erzherzog Ferdinand selbt , der gesagt hatte : er
liebe die Irrenden so sehr, dass er willig sein Leben opfern wollte, wenn er
wüsste, dass sie durch seinen Tod auf den Weg des rechten Glaubens zurück-
gebracht werden könnten. Einen verfolgungssüchtigen Mann darf man sich in
dem Bischof nicht vorstellen. — Noch im Jahre 1598 hatte ihm Erzherzog Fer-
dinand seine Meinung über etwaige Einführung der Inquisition in Inner-
österreich abgefordert. Der Fürstbischof erklärte , dass dieselbe in den
deutsehen Provinzen, nämlich in Steiermark, Kärnten und Krain nichts
nützen, wohl aber schaden wurde. Denn hier bekennten bereits zu Viele
öffentlich und frei Luther's Lehre, wären daneben die Ersten in der Rechtspflege
und im Heere. Da käme sie mithin schon zu spät. Anders verhalte sich die
Sache in den italienischen Provinzen, wozu die Grafschaft Görz, Gradiska, Tol-
mein, St. Veit (Fiume), Triest, Idria , Aquileja und andere Besitzungen am
adriatischen Meere gehören. Diese wären von der Irrlehre noch nicht angesteckt ;
hier könne die Inquisition als Abwehr dienen.
So oft der Fürstbischof über den Erzherzog Ferdinand zu sprechen kam,
lobte er ihn wegen seines Eifers in der Vertheidigung der katholischen
.Kirche; so unter Anderm in zwei Schreiben an den Cardinal-Erzbischof zu
Mailand, Friedrich Borromäus (Neffe des h, Karl), vom Jahre 1599: „Fer-
dinand lässt sich in der Verfechtung der Sache Christi und seiner Kirche nicht
irre machen; bereit, lieber Alles, als die Schmach der Kirche in seinen Provin-
zen länger zu dulden. Er wird gedrückt, in die Enge getrieben. Was thut dies?
108
Wegen Gott und der Kirche gedruckt werden, rechnet sich der beste Landes-
fürst zum Glücke an. Übrigens hoffen wir, fährt der Fürstbischof fort, dass
auch der Papst diese Provinzen nicht verlassen werde, aus denen ja Luther
oder Mohamed so leicht nach Italien vordringen können, als einst die Vandalen
und Gothen , und dass er den Fürsten nicht im Stiche lassen werde , welcher
sich nach keinem andern Ruhme sehnt, als ein Sohn und Beschützer der hei-
ligen römischen Kirche zu heissen und zu sein."
Und wieder: „Täglich erhebt sich der Erzherzog zu höherem Ruhme.
Er äusserte sich: Eher werde er sich selbst, als seinem Vorsatze untreu wer-
den, die Kirche zu vertheidigen. Seinen Ernst auf die Probe zu stellen, Hessen
die Protestanten ein Weib (in Grätz) nach ihrem Ritus begraben; darauf
folgte Verbannung. Auch die Vornehmen lässt er nicht straflos ausgehen."
In dem bereits erwähnten Schreiben an die Reformatoren, d. i. an die
Vollführer der Gegenreformation in Kärnten (12. October 1600) bemerkt der
Fürstbischof , dass des Erzherzogs Freude über den Erfolg derselben sehr
gross sei. Sein Brief enthalte die näheren Weisungen, mit welchen er (der
Fürstbischof) vollkommen einverstanden sei ; vorzüglich in so weit sie die
Unterwerfung der Klagenfurter beträfen. — Ferdinand's Bemühungen um die
Niederhaltung des Protestantismus waren von Erfolg ; da stellte aber der
Adel von Steiermark , Kärnten und Krain abermals das Begehren um freie
Religionsübung. Erzherzog Ferdinand wandte sich unter Übersendung eines
Exemplars der Bittschrift um Rath nach Rom. Als dies Fürstbischof Georg
erfuhr, schrieb er (IS. December 1603) an den Cardinal Cencio Aldobran-
dini : „Dieser Beweis von Ehrfurcht gegen den h. Vater sei zwar höchst
löblich, doch fühle er sich etwas beunruhiget, dass der Erzherzog nicht
alsogleieh den Bittstellern eine abschlägige Antwort ertheilt habe; denn die
Erfahrung lehre, dass in so ernsten heiligen Dingen nichts so sehr schade,
als Zaudern."
„Es verbreitete sich das Gerücht, 'dass Rom wanke, gleichsam als besorge
man dort, es möchte dem Erzherzoge aus der Abweisung obiger Forderung
irgend welche Gefahr erwachsen. Er (der Fürstbischof) glaube zwar diesem
Gerüchte durchaus nicht. Es könne doch nicht der erkämpfte Sieg wieder
aufgegeben , und der schon im sicheren Hafen geborgene katholische Glaube
abermals den Wogen der hohen See preisgegeben werden ! Mit der angedroh-
ten Auswanderung sei es den Protestanten nicht Ernst. Wenn der Landes-
fürst sich beständig bleibe, würden vielmehr die Meisten aus dem Adel in
den Schooss der Kirche zurückkehren, was Gott verleihen wolle!" —
Der Cardinal Hess nicht lange auf die Antwort warten. In derselben
wird dem Eifer des Fürstbischofs um die Wiederaufnahme der katholischen
Religion alle Anerkennung gezollt. „Wohl dir, sagt er, du tapferster
Streiter Christi ! Obwohl der Herr zur Prüfung seiner Getreuen Irrlehren
zulässt, so stellt er ihnen doch auch die kräftigsten Kämpfer entgegen ;
wie er dies jetzt in jener Provinz, in Innerösterreich, gethan." — Die Besorg-
niss, dass Rom wanken, oder dass von dort zu späte oder zu wenig
energische Rathschläge an den Erzherzog erfolgen würden, sei völlig unbe-
gründet.
109
Obige Lobsprüche wird er dem Fürstbischöfe wohl auch im Hinblicke
auf ein schon früher (nach P. Honsiz Germania sacra, tom II, pag. 734
bereits im December 1600) an Se. Heiligkeit P. Clemens VIII. .unmittelbar
gerichtetes Schreiben (von der auch der Cardinal in Kenntniss gesetzt
wurde) ertheilt haben. In diesem bat nämlich der Fürstbischof, „es möchte ein
Jesuiten-Collegium in Kärnten errichtet werden, damit die Gegenreformation
daselbst, wo es an Arbeitern im Weinberge des Herrn mangle, durch den
Uüterricht und die anderweitige Pflichterfüllung der Ordensväter für die Dauer
gesichert würde. Dies Messe sich am besten bewerkstelligen, wenn die
Propstei Eberndorf (im Jaunthale Kärntens , wo ein Collegiatcapitel bestand)
dazu verwendet würde. Der Patriarch von Aquileja, zu dessen Sprengel Ebern-
dorf gehöre, werde dagegen nichts einzuwenden haben"*).
Höchst wahrscheinlich nicht viel früher, wenn nicht unter Einem, also im
Jahre 1603 (nicht aber 1605, wie das Datum bei Hans iz Germ, sacra pag. 736
lautete), als sich Fürstbischof Georg in seiner Sorge um den Fortgang der
Gegenreformation an den Cardinal Aldobrandini wandte , richtete er ein sehr
eindringliches Schreiben an den Erzherzog Ferdinand selbst.
„Gross ist Dein frommer Eifer für Gott und die Religion — so beginnt
dasselbe — gross Dein Fortschritt in der Gottseligkeit! Wenige Jahre regierst
Du erst, das achte ist zu Ende, das neunte hat begonnen (von Ferdi-
nand's Rückkehr aus Ingolstadt an gerechnet) ; noch weniger Jahre sind es,
seit Du die Religion wieder herzustellen trachtest; denn kaum ist auf das
dritte das vierte gefolgt (seit der völligen Ausweisung der Prädikanten),
und schon athmen die Katholiken, welche beinahe ganz darniederlagen, wieder
auf, — Du verlangst, dass ich über das Begehren der lutherischen Stände-
glieder um Religionsfreiheit und Widerruf der gegentheiligen Decrete meine
Ansicht aussprechen solle. Ich will es thun ; weiss Dir aber nichts Besseres
zuzurufen, als: Imitare te ipsum, ahme Dich selbst nach! — Du hast so schön
begonnen, also sollst Du daß Werk fortsetzen; sonst wärs ja besser, gar nicht
angefangen zu haben. In dem Drangsal erprobt sich des Mannes Muth! So
viel hast Du schon bisher für die Kirche gethan ; willst Du Dir jetzt den
Triumph entwinden lassen? — Man wird Dir vielleicht einwenden: der Adel
werde die Beisteuer verweigern und die Lutheraner in Masse auswandern!
Diese Besorgnisse sind eitel. Den ünterthanen darf es nicht freistehen, ob sie
dem Vaterlande beistehen wollen oder nicht. — Auch auswandern wird der
Adel nicht, wenn er Ernst sieht, sondern eher zum Glauben zurückkehren.
Schon bist Du bald am Ziele! — Wir wollen Gott bitten, dass er Dich stärke!"
Erzherzog Ferdinand schlug das Begehren um freie Religionsübung in der
That auch diesmal ab; worüber Fürstbischof Georg in einem Schreiben an sein
*) Bereits am 29. Juli 1603 wurde den Jesuiten das Stift Fiberndorf übergeben;
am 30. November 1604 wurde die ihnen sammt dem anstossenden Bürger-
spitale überlassene Kirche in Klagenfurt zu Ehren der Apostelfürsten Petrus
und Paulus eingeweiht; am 11. December erfolgte die feierliche Übergabe
des Collegiums an den ersten Rector P. Nicolaus Cnronius. (Programm des
Staats-Oymnasiums zu Klagenfiirt Iböl.)
HO
Capitel zu St. Andrea berichtet. „Ein Gott, Ein Glaube, Eine Religion — so
entgegnete Ferdinand den Petenten — und zwar keine andere, als diejenige
welche die. römisch-katholische Kirche bekennt! An ihr haben meine Vorfahren
schon seit dem Beginne des österreichischen Hauses festgehalten j dieselbe bin
auch ich fest entschlossen zu bewahren und zu vertheidigen bis zu meinem
letzten Athemzuge. — Gott sei Dank und Ehre! — schliesst der Fürstbischof —
Lob auch dem Erzherzoge, dessen unbesiegte Geistesstärke und ausgezeichnete
Frömmigkeit uns diese Freuden bereitet hat! Bittet Alle Gott um seine lange
Erhaltung!«
Auch dem oben genannten Cardinale Cencio Aldobrandini meldete der
Fürstbischof das Ereigniss und dass Ferdinand den Adelichen Steiermarks,
Kärntens und Krains folgendermassen geantwortet: „Ich rufe Gott zum Zeugen
an und ihr wisst es selbst, wie ich stets gegen euch gesinnt war. Beweis
dessen sind die Einkünfte, Ehren, Privilegien, mit denen ihr überhäuft und
ausgezeichnet wurdet. Wenn euch dies gering scheint, so bin ich gern bereit,
mehr und Grösseres hinzuzufügen. Das freie Bekenntniss des Lutherthums
aber hängt nicht von meiner Macht ab und ist gegen die göttlichen , kirch-
lichen und Staatsgesetze, gegen mein Gewissen und euer eigenes Heil. Dess-
halb kann ich es auch nicht bewilligen. Nehmet diesen meinen Entschluss
nicht übel auf, sondern deutet ihn zu eurem Besten! Ich wünsche nichts
so sehr, als dasselbe zu befördern. Darüber werde ich einst beim letzten
Gerichte Rechenschaft ablegen müssen. In allen übrigen erlaubten Dingen bin
ich euch zu aller Willfährigkeit erbötig."
In seiner Antwort (ddo. 7. August 1604) bemerkt der Cardinal , nachdem
er sich in den grössten Lobsprüchen über Erzherzog Ferdinand's Religions-
eifer äussert, dass ihm auch des Fürstbischofs Tapferkeit in diesem Kampfe
nicht entgehe, obwohl sie dieser durch seine Bescheidenheit zu verhüllen
suche.
Wahrscheinlich nach schon niedergelegter Statthalterschaft empfahl
dieser dem Erzherzoge Ferdinand (Brief ohne Datum) recht warm, für
gute Priester zu sorgen; es sollen daher Alumnen in den Collegien unter-
halten werden; insbesondere sei dem Concubinate ernstlichst zu steuern; nur
so werde die Frucht der Gegenreformation eine bleibende.
Sogar für die Besiegung des Protestantismus ausserhalb Innerösterreichs
interessirte sich Fürstbischof Georg auf das Lebhafteste. So schrieb er dem
Bischöfe von Agram (6. August 1604), dass die Ausweisung der Prädikanten
aus Kopreiniz wohl nicht so schwer zu bewerkstelligen sein werde; und später
(am 18. März 1606) wünscht er ihm Glück, dass er zu Petrinia die Irrlehre
im Keime erstickt habe.
Die Lage der katholischen Kirche hatte in Steiermark nach Verlauf
mehrerer Jahre — als Fürstbischof Georg schon wieder bei seiner Kirche in
Lavant war — eine etwas ungünstigere Wendung genommen. Kaiser Matthias
(seit 24. Juni 1612) besteilte in der ersten Hälfte 1613, als er zum Reichs-
tage nach Regensburg abreiste, den Erzherzog Ferdinand zum Statthalter
von Ungern und Österreich. Als solcher hielt sich derselbe meist zu Wien,
und als sich hier die Pest äusserte, zu Wiener-Neustadt auf. Die Protestanten
111
machten sich die Abwesenheit des Fürsten hie und da zu Nutzen und traten
etwas lauter auf. Darüber klagt der Fürstbischof in einigen Briefen an die
P. P. Willer und Decker; er fürchtete für den Bestand der mit so viel An-
strengung und Opfern durchgeführten Gegenreformation. Nach seiner Rückkehr
nach Grätz gab sich Ferdinand wieder alle Mühe, vorzüglich durch Errich-
tung verschiedener Klöster in Steiermark, der Gefahr zu begegnen. Die Ordens-
priester sollten die mit ihren Kräften nicht ausreichende Pfarrgeistlichkeit
in der Belehrung des Volkes, zunächst in den Missionen, unterstützen. Dem-
ungeachtet fühlte sich (siehe Hansiz, Germania saeratom. II, pag. 742)
Fürstbischof Georg gedrungen, in einem Schreiben (ddo. Lavant am Tage vor
dem Feste des Erzengels Michael 1615) an den Erzherzog Ferdinand, denselben
recht eindringlich zur völligen Entfernung der Reste des Protestantismus
aufzufordern. „Heute, sagt er, ist gerade der Jahrestag der im Jahre 1398 voll-
brachten Ausweisung der Prädikanten aus Grätz. Mit der grössten Festlichkeit
feiere ich diesen Tag im Tempel und in meinem Hause. — Doch um Alles
zu sagen, was ich auf dem Herzen habe: ich glaube noch immer nichts gethan
zu haben , wenn ich die Irrlehre unter uns sich ausbreiten , ja herrschen
sehe. Unser Loos wäre fürwahr das traurigste, wenn Dir, durchlauch-
tigster Fürst, etwas Menschliches widerführe, was Gott abwenden möge ! Das
Trachten der Protestanten geht dahin , Dein Werk der Reformation zu
vereiteln. Dies stört meine Freude gewaltig; und ich fürchte für unser und
unseres Glaubens Wohl. Du hast der Welt ein Beispiel des regsten Eifers
für die katholische Religion gegeben, wohl wissend, dass Deiner dafür eine
ewige Belohnung harre. Die Vollendung fehlt noch, auf dass Dir die Krone zu
Theil werde. — Dem Beginne füge das Ende hinzu!"
Dieses Schreiben enthielt die letzte Bitte des greisen Fürstbischofs an
den Erzherzog in Angelegenheiten der Gegenreformation, an welche er ja alle
seine Kräfte hingegeben und sie zur Aufgabe seines Lebens gemacht hatte.
Er meinte nicht ruhig sterben zu können, so lange dieselbe nicht zum
Abschlüsse gebracht und gesichert würde.
Man würde dem Fürstbischöfe Unrecht thun, wollte man seine Bemü-
hungen um das Gelingen der Gegenreformation nur als religiöse Unduldsam-
keit beurtheilen. Wenn seine Grundsätze von bürgerlicher Toleranz
auch nicht die volle Billigung haben, so kann ihm doch keip Unparteiischer
den Ruhm schmälern wollen, dass er vom Eifer für die katholische Religion
und Kirche glühte, dass er für dieselbe aller Aufopferung fähig war.
Fünfter Artikel.
Fürstbischof Georg 111. von Lavant In Beziehung zur Erzherzogin Maria.
In welch hohem Ansehen Fürstbischof Georg bei seinem Landesherrn,
dem Erzherzoge Ferdinand stand, ergibt sich aus dem bisher Gesagten zur
Genüge. Eines Gleichen hatte er sich von Seite der Mutter Ferdinand's,
Maria, ununterbrochen zu erfreuen. Sie war die Tochter Herzogs Albrecht V.
von Baiern und der Erzherzogin Anna von Österreich, Kaiser Ferdinand's I.
112
Tochter, geboren zu München am 20. März ISSl. Ausgestattet mit einem
hellen Verstände und grosser Willenskraft genoss sie einer sehr sorgfälti-
gen, streng katholischen Erziehung, welche ihre Neigung zu religiösen An-
dachtsübungen, ihren dem Ernsten zugewendeten Sinn, und ihren Widerwillen
gegen eitle Vergnügungen für ihr ganzes Leben festigte. Nach erhaltener
Dispens vom h. Vater Pius V. vermählte sie sich mit dem Erzherzoge (Karl II.,
ihrer Mutter Bruder) am 26. August 1571 zu Wien; am 10. September
darauf wurde sie auf das Feierlichste in Grätz empfangen , wo sie fortan an
der Seite ihres dort Hof haltenden Gemahles lebte.
An dieser ausgezeichneten Fürstin hatte Fürstbischof Georg eine grosse
Gönnerin, und konnte, schon als ihr Begleiter auf mehreren Reisen, ihre
edlen Eigenschaften des Geistes und Herzens genau kennen lernen, densel-
ben daher gewiss auch das wahrheitsgetreueste Zeugniss geben. Erzherzogin
Maria hatte den betrübenden Hinscheid ihres Gemahles Karl auch dem
damals zu St. Andrea weilenden Fürstbischöfe Georg, mit Schreiben ddo.
Grätz am 12. September 1590, angezeigt, und ihn eingeladen, mit seinen
Pontificalien an dem bestimmten Tage in Grätz zu erscheinen, dort den Got-
tesdienst mit Vigil und Seelenamt für den verstorbenen Landesherrn zu
verrichten und dessen Leiche sodann nach Seckau zu begleiten. — (Consist.-
Archiv.)
Dass der Fürstbischof dieser Aufforderung Folge geleistet habe, ist zwar
nicht aufgezeichnet, kann jedoch billiger Weise nicht bezweifelt werden *).
Als nach dem Abtreten des Erzherzogs Ernst sein jüngerer Bruder Maxi-
milian die Regentschaft Innerösterreichs übernahm , da galt es wieder, sich
gegen die Türken zu rüsten, und alle möglichen Hilfsquellen zu eröffnen. Von
Wiener-Neustadt erliess Erzherzog Maximilian am 4. März 1594 an den
Fürstbischof Christoph Andreas von Gurk , Georg Fürstbischof von Lavant,
Karl Grimming, Dompropst zu Gurk, und Hansen von Passego , seinen
Rath und Landesverweser in Kärnten den Auftrag, als seine Commissäre am
27. März sich nach Klagenfurt zu verfügen, und bei dem, am folgenden Mor-
gen daselbst zu eröffnenden Landtage an die Stände, neben Überantwortung
des angeschlossenen Credenzschreibens, einen Vortrag zu halten, um sie zu
möglichst ausgiebiger Beisteuer zu bewegen. Der Fürstbischof von Gurk,
sammt den beiden Mitcommissären durch eine bevorstehende Reise verhin-
dert, ersuchte (ddo. Strassburg den 13. März 1504) den Fürstbischof Georg
von Lavant, statt ihrer in Klagenfurt den erwähnten Vortrag an die Stände
zu halten. Alsogleich erwiderte ihm der Fürstbischof, und entschuldigte sich,
dass er wegen seiner Leibesschwachheit an der Commission nicht werde Theil
*) Erzherzogs Karl II, Leiche blieb vom 12. Juli an, durch volle drei Monate
in der Schlosscapelle. Die EingeAveide wurden an der Epistelseite des Hoch-
altars von St. Ägyden begraben; erst am 14. October kam die Leiche in
die Hauptpfarrkirche. Am 17. October, nach dem Todtenamte , wurde der
Sarg erhoben, und am 21. d. M. um 10 Uhr in einer hiezu neu erbauten
Capelle der Kathedralkirche zu Seckau (in Obersteiermark) in die Gruft
gesenkt, (v. Hurter's Ferdinand IL Bd. 2, S. 270.)
113
nehmen können. Auch an den Herzog Maximilian selbst schreibt er (ddo.
St. Andrea am 29. März 1594) wegen seiner Leibesschwachheit,
mit welcher er noch von der polnischen Reise her beladen
ist, könne er der Commission zum kärntnerischen Landtage nicht beiwohnen.
Er bittet desshalb um Entschuldigung ; verleiht ihm Gott die Gesundheit, wie
er sich denn taglich besser befindet — so wird er stets sehr gerne in Unterthä-
uigkeit zu Diensten stehen. (Cons.-Archiv.)
Dieser Brief ist besonders in der Hinsicht von Bedeutung , weil sich
daraus entnehmen lässt, dass Fürstbischof Georg schon damals von einer
Reise nach Polen zurückgekehrt war. Er hatte dieselbe aus Veranlassung
der Vermählung der Prinzessin Anna (Karl's H. ältesten Tochter, geboren
am 16. August 1573) mit Sigismund HL, Könige von Polen (seit 1587; im
Jahre 1592 bestieg er auch den Thron von Schweden, verlor ihn aber 1604
an seines Vaters, Johann HL, Bruder, den Herzog Karl von Südermannland ;
er war ein eifriger Katholik), als Begleiter der Erzherzogin Witwe Maria unter-
nommen*).
Etwas über ein Vierteljahr war seit der Rückkehr Erzherzog Ferdinand's
aus Ingolstadt nach Grätz verflossen , als seine Mutter Maria abermals eine
weite Reise unternahm. Es war nämlich am 7. Februar 1595 eine Gesandt-
schaft des Fürsten von Siebenbürgen, Sigmund Bathori, an deren Spitze
Stephan Bocskay von Kis-Marja stand, in Grätz zur Brautwerbung um Marlens
Zweitälteste Tochter, Maria Christina (geborei den 10. November 1574)
erschienen. Nachdem am 5. März der Heirathsvertrag geschlossen worden,
erfolgte am 15. Juni d. J. die Abreise der Braut mit ihrer Mutter. Unter den
Begleitern befanden sich der Bischof von Triest und Fürstbischof Georg
von Lavant. Dieser war schon am 9. Juni vonTwimberg — dem bischöflichen
Schlosse, 3 Stunden oberhalb St. Andrea — abgefahren, und hatte sich in Wien
den Erzherzoginnen angeschlossen. (Siehe die Reiseroute bei Dr. Tange I
S. 239 u. s. f., und in v. Hurter's Ferdinand H.) Der Weg durch Ungern
war wegen der, oft bis ganz in der Nähe der freilich mit Escorte Reisenden,
streifenden Türkenhorden nicht ohne Gefahr. In Weissenburg, der Hauptstadt
des Fürstenthums, hatte die Vermählung Statt. Die Weiterreise aus Sieben-
bürgen geschah nach Polen, wo man am S. September in Krakau eintraf.
Der Einladung Königs Sigmund III. und seiner Gemahlin Anna, welche kurz
vorher (am 5. Juni 1595) ihren ersten Sohn, nachmaligen Konig Ladislaus V.,
geboren hatte , nach Polen zu kommen , entsprach die Erzherzogin Witwe
um so lieber, weil sie bei dieser Gelegenheit ihres Eidams Beistand zu dem,
beinahe ausschliesslich auf Österreich lastenden Kampfe gegen die Türken
ansuchen konnte. Am 26. September wurde von Krakau aufgebrochen; über
') Am 26. M;ii 1592 hielt die Prinzessin Anna in einem von acht Pferden gezo-
genen Wagen, der König zwischen den Bischofen von Lavant
und Breslau unmittelbar voranreitend, den Einzug in Krakau ;
wo ihre Trauung und Krönung am 1. Juni stattfand, (v. Hurter's: Fer-
dinand II., Bd. 3, S. 50). Dies war also des Fürstbischofs erste Reise mit
der P>zherzogin Maria.
Archiv. XV. 8
114
Neisse, Olmülz, u. s. w. langte man am 16. October Abends in Gratz an,
wo der Fürstbisehof Georg blieb, indess seine Dienerschaft am 18. October
St. Andrea erreichte.
Die unglückliche Ehe Maria Christinens mit dem charakterlosen Sigmund
Bathori wurde, da sie erwiesenermassen nie vollzogen war, 1S99 vom Papste
Clemens VIII. aufgelöst. Sigmund starb nach vielfachen Umtrieben, deren
er sich schuldig machte, 1613 zu Prag; Maria Christina aber war sammt
ihrer Schwester Eleonora (geboren den 2S. September 1382) im Jahre 1607
in das (um 1364) von den Erzherzoginnen Magdalena, Margaretha und Helena,
Kaisers Ferdinand I. Töchter, gestiftete Kloster Hall in Tirol als Nonne ein-
getreten, wo sie am 6. April 1621 aus dem Leben schied.
Der Infant von Spanien und Prinz von Asturien, nachmaliger König
Philipp III., Sohn Philipp's IL, hatte die Erzherzogin Gregoria Maximiliana,
ebenfalls eine Tochter Mariens (geboren den 22. März 1381) sich zur Gemahlin
erkoren ; als sie aber noch vor der Vermählung (am 20. September 1597)
starb, trat ihre jüngere Schwester, Margaretha (geboren den 25. December
1584) an ihre Stelle.
Am 24. September 1398 wurde zu Grätz zwischen dem spanischen Bot-
schafter, Don Wilhelm von SL Clemente, und deni Fürstbischöfe Georg von
Lavant, als Bevollmächtigten, der Heirathsvertrag abgeschlossen. Kurz vorher
(am 13.) war König Philipp II. gestorben, worauf sein Sohn den Thron
bestieg. Fürstbischof Georg war abermals als Begleiter der königlichen Braut
und ihrer Mutter Maria ausersehen. Nachdem er (am 27. September) schrift-
lich dem Propste zu St. Andrea seine Diöcese anempfohlen, und ihm aufge-
tragen hatte, alle Vierteljahre Visitation zu halten, während gleiche Weisungen
an den Propst zu Unterdrauburg und an den Comniissarius zu St. Florian
ergingen, reiste er ab (am 30. September), und zwar um Einen Tag vor den
Erzherzoginnen nach Mahrenberg, um im dortigen Dominikanerinnen -Kloster
einige Geschäfte zu schlichten. Fürstbischof Georg machte die Reise durch
Kärnten und weiter nur bis Mailand mit, von wo er am 22. December zurück-
kehrte und am 16. Jänner 1399 wieder in St. Andrea eintraf, aber alsbald
nach Klagenfurt abging, um dem dortigen Landtage im Namen des Erzher-
zogs zu präsidiren. Auf dieser Reise schrieb er mehrere Briefe an Verschie-
dene, welche seine rege Sorgfalt für das Wohl des Staates und der Kirche
auch in der Ferne beurkunden. So aus Ferrara, wo am 15. November Papst
Clemens VIII. selbst die Ehe der Erzherzogin mit Philipp III. , dessen Stelle
hier Erzherzog Albrecht, Bruder Kaisers Rudolph IL, vertrat, einsegnete,
an den Kanzler Wolfgang Jöchlinger. Diesem bemerkte er, er habe vernom-
men, dass zu Grätz ein Landtag wegen der Kriegshilfe gegen die Türken
abgehalten werden solle. Derselbe dürfe ja nicht wieder durch Umtriebe
hinausgeschoben und vereitelt werden. Religionsgegenstände sollten da nicht zur
Sprache kommen. Diese gehörten vor das kirchliche Forum; denn den
Kirchenvorstehern gilt der Auftrag des Herrn: ,, Weide meine Schafe"
und: „Wer euch höret, der höret mich!"
Dem hier aus authentischen Quellen (siehe insbesondere v. Hurter's
Ferdinand II.) Angeführten zufolge, kann Fürstbischof Georg nicht in Spanien
115
gewesen sein , wie bei Julius Caesar Aquil. in seiner Geschichte der Steier-
mark, Bd. 7, S. 243 zu lesen ist. Heisst es gleichwohl in des Bischofs Pro -
memoria : er sei nach Italien, Spanien und Siebenbürgen, und das vierte
Mal nach Polen gereist, so können wir dies etwas unvollständig Vorgebrachte
nur so auslegen: „nach Polen das erste Mal; nach Italien, als er die Erz-
herzoginnen, die nach Spanien reisten, begleitete, nach Siebenbürgen,
das vierte Mal abermals nach Polen." — Die Reisen sind hier überdies
nicht genau in der Ordnung angegeben, in welcher sie gemacht wurden. —
Diese Deutung ist um so gegründeter , weil der Fürstbischof in seinem
schon erwähnten Amtsberiehte an Se. Heiligkeit v. J. 1599 sagt : „Das Bis-
thum habe ich nie anders als in Amtsangelegenheiten verlassen; so als ich
mit der Erzherzogin Witwe, dieser auf dem ganzen Erdkreise hochberühmten
Frau und sehr glücklichen Mutter von Königinnen, nach Polen (zur Ver-
mählung Anna's mit Sigismund III.); nach Siebenbürgen, und heuer
(wo er nämlich zurückkam) nach Italien reisen musste."
Auf Ferdinand's Vorhaben, die katholische Religion in seinen Landen
herzustellen , und das Lutherthum daraus zu verdrängen, wirkte die Erzher-
zogin Witwe wohl ermunternd und aneifernd ein, obwohl ihr Einfluss hie
und da übertrieben geschildert wird. Ist es ja auch nicht wahr, dass sie
ohne Wissen ihres Gemahles Karl II. die Jesuiten heimlich aus Baiern
nach Grätz eingeführt habe, da, abgesehen davon, dass die ersten zwei Jesui-
ten aus Innsbruck nach Grätz gekommen waren, bereits am 12. Mai 1571
— also vier Monate früher als Maria in Grätz eintraf — der Rector
aus Wien P. Emerich Torsler alldort mit dem Erzherzoge Alles wegen der
Gründung eines Collegiuras verabredet hatte. Es musste ihr wehe thun,
dass Ferdinand insbesondere wegen seiner Gegenreformation von Manchen
verkannt und seine aufrichtigen Absichten verdächtiget wurden, als wolle
er nur seinen Eigennutz befriedigen. Sie mag den Fürstbischof um seine
Meinung hierüber befragt haben , welcher ihr in einem Schreiben an sie
(ddo. Grätz den 12. October 1601) entsprach: „Die fortwährende Begleiterin
der Tugend, sagt er, ist die Missgunst, die Mutter der Verleumdung.
Wer ist grossmüthiger , als Ferdinand gegen die Vorsteher der Kirche.
Und doch verunglimpft man ihn, dass er die Einkünfte der Bisthümer an
sich reisse! Wie unwahr dies sei, spricht die Sache selbst. Sechs Bisthümer
gibt es in seinen Staaten: das Seckauer, Gurker, Lavanter, Laibacher,
jenes zu Petina (Pibra , bei Mitterburg in Istrien) und das Triester. Die
ersten drei haben schon bei 20 Jahren einen und denselben Bisehof. Die
übrigen drei wurden unlängst nach dem Tode ihrer Hirten wieder sogleich
mit Andern besetzt. Die bischöflichen Einkünfte wurden nirgends verkümmert.
Hätte Ferdinand so etwas thun können? Er, der die Diener der Kirche
begünstigt, die Bischöfe ehrt, die Kirchen bereichert. Welche Verleumdung!
— Schon ins fünfte Jahr vertrete ich die Stelle des Fürsten in diesen Pro-
vinzen; bin der Erste unter seinen Ruthen; immer habe ich gefunden, dass
derselbe eben so sehr für den Schutz der Kirchengüter, als für sein eigenes
Heil besorgt sei. — Nicht einmal im Traume fiel es ihm je bei, auch nur
Einen Heller, welcher Gott und seiner Kirche geweiht ist, sich anzueignen.
8»
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Die Unschuld des besten Fürsten noch weiter durch Gründe beweisen wollen,
wäre eben so viel, als der Sonne ein Licht anzünden. Dies Wenige sei vor-
gebracht, um dem Befehle Euer Durchlaucht nachzukommen."
Am 10. Februar 1598 war Anna, Königin von Polen, nach kaum zurück-
gelegtem 24. Lebensjahre mit Hinterlassung zweier Kinder: Anna Maria
(f 1600) und des Kronprinzen Ladislaus, gestorben ; worauf 1605 K. Sigis-
mund um ihre Schwester Constantia (geb. 24. December 1588) durch seine
Abgeordneten , Martin Siskowsky, Bischof von Lutzk (in Volhynien), und den
Marschall Sigismund und Miskowsky werben Hess. Am 22. October g. J. hielt
Fürstbischof Georg an dieselben in Grätz eine Anrede, worin er die Freude
der Erzherzogin Witwe über die abermals auf ihre Tochter gefallene Wahl
des Königs ausdrückt, für welche bereits der heil. Vater Paul V. die Dispens
und der Kaiser die Genehmigung ertheilt hätten.
Auch diese Tochter führte Maria selbst nach Polen , mit den Geschwi-
stern der Braut: Maximilian Ernst und Maria Christina, und wieder in
Begleitung des Fürstbischofs Georg. Derselbe erwiderte an der Weichsel
Namens der hohen Reisenden (am 28. November 1605) die Begrüssung der
polnischen Gesandten , und hielt am 12. December auf dem Felde vor Krakau
an den König selbst eine feierliche Anrede. Hierauf folgte der Einzug in
Krakau, wo des anderen Tages Constantia als Königin gekrönt und die
Trauung durch den Cardinal Masciniowsky, des Palatins von Sandomir Bruder,
vollzogen wurde. — Am 5. Februar 1606 erfolgte die Rückkunft des Fürst-
bischofs und seiner hohen Reisegesellschaft nach Grätz.
Grosse Besorgniss empfand, wie Alle, welche die hohen Tugenden der
Erzherzogin Maria kannten, auch Fürstbischof Georg, als sie im Jahre 1604
sehr gefährlich erkrankte. Er berichtete (ddo. Grätz den 20. April) dem
Jesuiten P. Bartholomäus Willer, Ferdinand's Beichtvater, welcher den Erz-
herzog Maximilian Ernst (Ferdinand's Bruder) auf seiner Wallfahrt nach
Rom begleitete, dass Maria kurz vorher dem Tode sehr nahe war , so dass
sie von den Ärzten schon aufgegeben wurde, und von ihren Kindern Ab-
schied nahm. Nun sei sie aber wieder hergestellt. Binnen acht Tagen ging
die glückliche Umwandlung vor sich. „So viel vermögen die Gebete und
Wallfahrten der Guten, welche während ihrer Krankheit häufig von Personen
aller Stände waren abgehalten worden! Nicht minder hat die letzte Ölung
ihre Kraft bewährt; denn schon während derselben schien sich die hohe
Patientin an Geist und Körper zu erholen."
Wie Erzherzog Ferdinand bei seines Vaters Tode nicht gegenwärtig
war, so wurde ihm auch während seiner Abwesenheit die Mutter durch den
Tod entrissen. Er war als Stellvertreter Kaiser Rudolfs H. am 13, November
1607 von Grätz nach Regensburg zum dorthin ausgeschriebenen Reichstage
abgereist, welchen er am 12. Jänner 1608 mit einer glänzenden Rede eröff-
nete. Seinem Beichtvater und Begleiter P. Bartholomäus Willer meldete der
Fürstbischof (ddo. Palmburg — so hiess wahrscheinlich nach seinem Fami-
lienschlosse sein Haus in Grätz — am 29. April 1608) : „Ein höchst trauriges
Ereigniss ! Maria, diese heilige Witwe, die fruchtbare Mutter glücklicher Kin-
der, die Mutter von Königinnen, der Trost Aller, ist gestorben, nachdem sie
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erst den fünften Tag krank war. Am Georgitage gab sie mir zu meinem
Geburtsfeste ein Angebinde: am Mareustage (2d. April) wohnte sie
der grossen Litanei noch gesund bei; dann ging sie zum Mittagessen
nach Karlau, wo ihr Unwohlsein begann. Am nächsten Tage ging's schlech-
ter; am dritten war Stillstand ; am vierten stellten sich Todeszeichen ein 5
am fünften Tage starb sie (also am 29. April) ungefähr um 10 Uhr Vormit-
tags, während wir in der Kirche „Allerheiligen" öffentlichen Gebeten um ihre
Herstellung oblagen. Das ist das Ende dieser ruhmwürdigen Frau! — Wie
traurig es nun bei uns aussehe, könnt ihr euch leicht vorstellen; euren Schmerz
ermessen wir nach dem unsrigen. Wir haben eine besondere Zierde des Hau-
ses Österreich, ja der christlichen Welt verloren! Uns Allen ward eine tiefe
Wunde geschlagen; keine Arznei scheint sie heilen zu können!" — Auch an
den Erzherzog Ferdinand selbst schrieb er (ddo. Palmburg den 1. Mai 1608),
und versuchte ihn über den herben Verlust seiner Mutter zu trösten: „wenn
dies überhaupt möglich, und es nicht besser ist, zu schwei-
gen, und die Linderung des Schmerzens von der Zeit zu
er warten." — Dieser Trauerbericht bestimmte Ferdinand, Regensburg schon
am 6. Mai zu verlassen.
Sechster Artikel.
Fürstbischof Georg HL von Lavant in seinem Verhältnisse zur gesaiiimtcn übrigen
erzherzoglichen Familie.
Die wahrhaft aufrichtige und uneigennützige Anhänglichkeit, welche
Fürstbischof Georg stets gegen das erzherzogliche Haus bewies, wurde ihm
mit inniger Zuneigung von Seite aller Mitglieder desselben vergolten. Er
war ein väterlicher Freund der jungen Prinzen und Prinzessinnen, und gerade
als solcher manchmal in der Lage, durch Belehrung und Ermahnung sehr
heilsam auf dieselben einzuwirken, — Zwei Brüder Ferdinand's hatten sich
schon sehr früh dem geistlichen Stande gewidmet , nämlich Leopold und
Karl ; mit diesen unterhielt der Fürstbischof eben desshalb den lebhaftesten
Briefwechsel.
Leopold, geboren am 9. October 1586, hatte bereits am Feste des
h. Johann des Täufers lo96 vom Seckauer Fürstbischöfe Martin Brenner die
niederen h. Weihen empfangen. Er wendete sich bald darauf (1597) an den
Fürstbischof Georg mit der Frage: wie er die canonischen Tageszeiten mit
Nutzen beten solle? Sehr schön erwidert ihm dieser: Es freue ihn, dass
sich der so junge Erzherzog jetzt schon mit dem Breviergebete vertraut
mache. Alle Christen, ganz besonders aber die Geistlichen, seien zum Gebete
verpflichtet; siebenmal des Tages sollen wir Gott Lob singen. Diese sieben
Gattungen des Lobes nenne die Kirche die sieben canonischen Hören.
Hierin sei Rücksicht zu nehmen auf die Zeit und auf den Stoff des Gebe-
tes. Die Zeit der einzelnen Theile des Gebetes solle genau eingehalten wer-
den , wie dies schon ihr Name andeute , welchen ihnen die Kirche gewiss
nicht bedeutungslos gegeben habe. Was den Inhalt und die Meinung betrifft,
so pflege er selbst so zu beten : In der Matutin preise er Gott wegen seiner
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Schöpfung und Erlösung , in der Prim flehe er , dass Gott sein Tagewerk
segnen wolle; in der Terz hitte er um Vergebung seiner Schuld; in der
Sext um jene Tugenden, deren er am meisten bedürfe; in der Non lege er alle
Bedürfnisse der Seele und des Leibes dar, und bitte Gott, dass er diese
wegnehmen, jene aber vermindern möge. In der Vesper opfere er sich und
all das Seine Gott auf; im Completorium endlich sage er Gott Dank für alle
empfangenen Wohlthaten. Diese Art zu beten habe ihn der königliche Pro-
phet gelehrt. — Überdies pflege er die sieben Bitten des „Vaterunser" so zu
vertheilen, dass jeder canonischen Tageszeit immer eine Bitte entspreche. Die
dritte Art zu beten bestehe darin, dass er Gott inbrünstig bitte, er wolle die
sieben Hauptsünden aus seinem Herzen vertilgen, und demselben dafür die ent-
gegengesetzten sieben Gaben des h. Geistes einpflanzen. Und so bete er nicht
nur in seinem eigenen, sondern auch im Namen des Nächsten und der Kirche.
— „Welche Art und Weise Du Dir, durchlauchtigster Prinz! — so schliesst
der Brief — schon immer auswählen mögest, bestrebe Dich , im Geiste und in
der Wahrheit mit Ernst und Ausdauer zu beten; dann wird Dein Gebet gewiss
nicht unfruchtbar und eitel sein."
Leopold war zum Bischöfe von Passau bestimmt. Manche damalige, der
heiligen Kirche aufrichtigst ergebene katholische Regentenhäuser bemühten
sich die Wahl ihrer sogar noch minderjährigen Prinzen zu Bisthümern
durchzusetzen; nicht aus ehrgeizigen und selbstsüchtigen Absichten, son-
dern desshalb zunächst, um die Besetzung der Bisthümer durch protestantische
Fürsten zu verhindern, ürban, aus dem adeligen Geschlechte von Treubach,
sass seit dem Jahre 1361 auf dem bischöflichen Stuhle von Passau. Alfj es
sich i. J. lo95 um die Bestellung eines Coadjutors für denselben handelte,
suchte Herzog Wilhelm von Bajern die Wahl seines, ebenfalls noch minderjäh-
rigen Sohnes Philipp, seine Schwester, die Erzherzogin Witwe Maria, aber
jene Leopold's durchzusetzen, wobei ihr der nachmalige Cardinal Melchior
Clesel erfolgreiche Dienste leistete. Nachdem iS98 mittlerweile Bischof Urban
gestorben war, erkannte Papst Clemens VIH. den Erzherzog Leopold als
rechtmässig erwählten Bischof von Passau an ; ein 1600 erlassenes Breve
bestimmte für denselben bis zur erreichten Volljährigkeit den Unterhalts-
betrag aus dem Bisthume, welches inzwischen der Passauer Dompropst Chri-
stoph Pöttinger verwaltete.
Fürstbischof Georg setzte allen Werth darauf, dass Leopold — der sich
mit seinem Bruder Karl meist zu Judenburg aufhielt — zu seinem hohen
Berufe recht tauglich herangebildet würde. Desshalb tadelt er in einem
Schreiben den Obersthofmeister der beiden Prinzen, Johann Jakob von Lam-
berg, Domherrn zu Passau, dass er den jungen Erzherzog, bereits erwählten
Bischof, zur Jagd verleite. „Die Enthaltsamkeit davon — sagt er — gebie-
ten den Clerikern die Canones, die Vernunft und die Sitte. Wer für Gott
streiten will, darf sich nicht in weltliche Geschäfte verwickeln. Jagd nach
Wild und jene nach Seelen, vertragen sich nicht mit einander. Dem
Fürsten ist erlaubt zu jagen, nicht aber dem Bischöfe. Ein Bischof
muss von Kindheit an an das Heilige gewöhnt werden. Jagd zieht vom
Studium ab."
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Das neue Jahr 1603 gab dem Fürstbischöfe Georg abermals Veranlas-
sung, dem Erzherzoge Leopold, welchem, und seinem Bruder Karl er 1602
ein Neujahrsgeschenk zugeschickt hatte, alles Glück anzuwünschen. Beim
Jahreswechsel, bemerkt er, soll man sich insbesondere der Ermahnung des
Apostels erinnern : „den alten Sauerteig wegzuräumen." Er legt dem Prinzen
recht warm die Sorge für seine , dem allgemeinen Gerüchte nach sehr dar-
niederliegende Diöcese an das Herz. Davon hänge ja seine Ehre und sein
Heil ab!
Gegen Ende des Jahres 1604 erhielt Leopold vom h. Vater die Voll-
macht, die Verwaltung des Bisthumes Passau selbst zu übernehmen. Als
Fürstbischof Georg dies erfahren, schrieb er demselben (ddo. Palmburg
den 1. Jänner 160S): „Rüste Dich nun zur Reise! Was weilst Du noch zu
Judenburg? Welch ein Feld ist Dir, Durchlauchtigster, geöffnet! Welch eine
Arbeit wartet dort Deiner! Was fürchtest Du? Die Last der Regierung?
Wohl ist sie sehr schwer; aber die Kräfte dessen werden sie stützen, dem
Du Dich gewidmet hast!"
Leopold hatte schon i. J. 1599 eine Präbende im Capitel zu Strassburg
erhalten, und nach dem Tode des dortigen Bischofs, Cardinais von Lothringen,
1607, trat er auch daselbst an seine Stelle. Überdies erhielt er 1614 die
fürstliche Abtei Murbach im Elsass; seine Hoffnung aber auf das Bisthum Con-
stanz, welches mit Brixen 1600 durch das Hinscheiden des Cardinais Andreas
von Österreich, Sohnes Ferdinand's von Tirol, erledigt war, wurde durch eine
andere Wahl des Capitels vereitelt. Im J. 1625 resignirte er (der die höheren
h. Weihen nicht empfangen hatte) seine geistlichen Ämter in die Hände des
Papstes Urban VHL, worauf er sich 1626 mit Claudia, Tochter Ferdinand's,
Grossherzogs von Toscana , vermählte. Leopold starb den 3. September 1633.
(Siehe v. Hurter's K. Ferdinand IL)
Karl, geboren am 7. August 1590, hatte den ersten Unterricht von Jakob
Eberlein, Pfarrer zu Brück an der Mur, des Fürstbischofs Martin von Seekau
Vetter und Nachfolger, erhalten. Das, wie oben erwähnt, 1600 erledigte Bis-
thum Brixen wollte der h. Stuhl ihm seiner zu grossen Jugend wegen nicht
anvertrauen. Später wurde ihm eine Präbende im Domstifte seines Bruders
Leopold in Passau zu Theil. Ihm hatte Fürstbischof Georg die minderen h. Wei-
hen am 29. August 1598 in dem, der unbefleckten Empfängniss Maria geheilig-
ten Oratorium der Erzherzogin Witwe zu Grätz in Gegenwart aller Prinzen
und Prinzessinnen verliehen, und die diesfälligen Formaten (1604) an KarPs
Mutter auf deren mehrmaliges Begehren eingesendet, nachdem er sie nach
langem, fruchtlosem Suchen zufällig in einem Gebetbuche gefunden.
Karl zeigte in seiner frühesten Jugend — spater nicht mehr in gleichem
Grade — grosse Wissbegierde; der Fürstbischof hatte zeitweise vollauf zu
thun, um dieselbe zu befriedigen. Seinen vielleicht auch zunächst dadurch
veranlassten Bericht an ihn über die Gegenreformation haben wir bereits kennen
gelernt. In mehreren rein didaktischen Briefen (wahrscheinlich aus d. J. 1604)
beantwortet derselbe verschiedene Fragen in einer Welse, welche des Fürst-
bischofs tief christliche Lebensweisheit auf das Schönste beurkunden. Der
Prinz fragte ihn einst: Was denn das Kostbarste unter allen Dingen auf
120
der Welt sei? Dieser erwiderte: „Eigentlich sei Alles kostbar, was Gott
geschaffen, aber in verschiedenem Grade. Unter den Geschöpfen stehe obenan
der Mensch; desshalb solle er sich nicht durch Laster unter dieselben
erniedrigen. Dem Gebrauche nach sei jenes kostbarer, was in näherer
Beziehung zum Seelenheile stehe, und das sei die Zeit ganz besonders.
Denn von ihr hänge ja unsere Glückseligkeit im Himmel , unsere Ewig-
keit ab. Wie schwer sündigt also derjenige, welcher die Zeit zum Bösen
missbraucht!" —
Karl wollte wissen, was denn das Stärkste sei? „Im Allgemeinen
lautet die Antwort, das, was vor Nichts weicht und Alles besiegt. Dies aber
sei einzig nur das gu te Ge wi ss en. Wie man aber ein gutes Gewissen
erlange, zeige der Weltap?)stel, wenn er schreibt: Ich habe einen guten Kampf
gekämpft, ich habe den Glauben bewahrt."
Scherzhaft fragte ein anderes Mal Karl: warum denn gerade er jetzt in
den Hundstagen von der grossen Hitze so sehr leide, der Fürstbischof aber so
wenig? Dieser entgegnete recht heiter: „Das kommt daher, weil Du frisch
und gesund bist, ich aber ein alter kränklicher Mann bin. Freilich könnte man
umgekehrt behaupten: wer leide, sei krank, nicht: wer nichts leide! —
Ich bin ferners zu viel beschäftigt, als dass ich auf die Sonnenhitze Acht
haben könnte, und bestehe aus Körper und Geist, nicht aus Wachs und
Butter."
Auf sein Verlangen thut ihm der Fürstbischof dar, dass und wie sehr
dem Landesfürsten gute und treue Rathgeber nothwendig seien. „Auch Du,
schliesst er, sollst nichts ohne weisen Rath unternehmen; dann wird Dir Alles
glücklich von Statten gehen."
Der Prinz hatte dem Fürstbischöfe zum Kaufe seines Hauses am bequem-
sten Posten in Grätz (vielleicht das oft erwähnte „Palmburg") gratulirt, ihn
aber dabei scherzweise an den Spruch David's erinnert: „divitiae si affluant,
nolite cor apponere." Der Fürstbischof bedankt sieh dafür, meint aber, die
Erinnerung sei überflüssig, denn er habe das Haus leer und Iheuer gekauft,
sei also nur ärmer geworden. Überdies lehre der königliche Sänger den
rechten Gebrauch der Reichthümer, ohne den sie zum Gifte und zur Pest
werden. Daher soll man Almosen geben, und zwar nicht nur von dem Über-
flüssigen, soll auch, wenn noth , seiner Bequemlichkeit hie und da etwas
versagen.
Ein anderes Mal spricht er von den Gefahren des Hoflebens. Dann
wieder legt er ihm mit Bezug auf den Ausspruch des heil. Paulus I. Timoth.
IV, V. 8 aus einander, was die Gottseligkeit (pietas) sei, und wie sie zu
Allem fromme.
Auf die Frage, welche Tracht sich für Kleriker am besten zieme, erhält
Karl zur Antwort: „Eine weder eitle, noch schmutzige."
Derselbe hatte sich an den Fürstbischof gewendet, um durch ihn Dispens
vom Abgange des canonischen Alters zu den höheren heiligen Weihen zu
erwirken. Dieser erwiderte: „Er selbst habe nicht die Vollmacht zu dispen-
siren; aber auch um des Erzherzogs willen wolle er um dieselbe nicht beim
h. Stuhle einschreiten, ja nicht einmal die ihm von dort freiwillig
i
121
angebotene mochte er annehmen. Ich weiss, sagt er, was meinem Gewissen
frommt. Ich ängstige mich sehr, so oft ich Priester reiferen Alters
weihen solle, ob es wohl Würdige sein werden! Und nun soll ich Unreifen
die Hände auflegen I Der Priester nach dem Evangelium soll vollkommen sein,
und sich durch heilige Sitten, Gelehrsamkeit, Lehrautorität empfehlen. Diese
Eigenschaften werden nur durch grosse und lange Mühe erworben. Sie kommen
vor dem männlichen Alter Niemandem, in diesem selbst nur Wenigen
zu ! (Karl wurde auch später nicht zum Priester geweiht.)
Auf abermalige schriftliche Anfragen lehrt ihn der Fürstbischof: dass die
Furcht Gottes der einzige Zügel sei, um die unbändige Jugend im Zaume zu
halten; ferner, dass unter den Übeln, welche aus der Sünde des Adam her-
stammen, der Tod und der Verlust des Paradieses wohl grosse, das grösste aber
die Blindheit des Geistes (der V'erlust der Gnade Gottes) sei.
Erzherzog Karl wurde zum Bischöfe von Breslau vom dortigen Capitel
postulirt , wozu ihn Fürstbischof Georg in einem Schreiben (ddo. Palmburg
18. Juli 1608) beglückwünscht. „Heil Dir, sagt er unter Anderm, wenn Dein
Leben und Deine Lehre so beschaffen sein werden, dass sie Führer und Richt-
schnur für Alle sein können!"
Erzherzog Ferdinand, wohl wissend, dass sein Bruder noch eines weisen,
erfahrneren Rathgebers bedürfe , ersuchte den kaum von der Statthalterschaft
abgetretenen Fürstbischof durch seinen eigens an ihn abgesandten Beicht-
vater P. Bartholomä Willer, das Amt eines Obersthofmeisters bei Karl zu
übernehmen. Jener entschuldigte sich wohl mit seinem Alter und seiner
Gebrechlichkeit (ddo. Lavant 18. September 1609), kam aber doch endlich
der wiederholten dringenden Aufforderung des Erzherzogs nach. Am Vorabende
des Weihnachtsfestes, am vierten Tage nach Erzherzog Karl, traf er in Neisse
ein, wo dieser vorläufig seinen Sitz aufgeschlagen hatte.
Im Berichte an Erzherzog Ferdinand (ddo. Otmachau 24. Jänner 1610)
beschreibt der Fürstbischof den religiösen Zustand der Diöcese Breslau als
einen traurigen; sie ist, sagt er, wegen der (im Majestätsbriefe Kaiser
Rudolph's am 11. Juli 1609) zugestandenen Religionsfreiheit sehr herabge-
kommen. — Welche Mühe sich derselbe gab, der katholischen Kirche auch in
Schlesien aufzuhelfen, erhellt insbesondere daraus, dass er (Neisse, 15. October
1610) die Königin von Polen, Constantia, bat, sie möge ihren Gemahl Sigis-
mund III. bewegen, an die Herzoge und Stände Schlesiens ein Ermahnungs-
schreiben zu erlassen, sie sollten sich aller Gewaltthätigkeit gegen die Katho-
liken und seinen Schwager Karl enthalten. Der König entsprach dem Gesuch
(aus dem Lager bei Smolensk den 14. December 1610) und ging zugleich
den Kaiser Rudolph II. an, die Rechte Karl's und der katholischen Kirche
zu schützen. — Am 13. April 1611 verliess Georg Schlesien und schrieb
(ddo. Breslau den 15. October 1610) an Erzherzog Ferdinand: Er sehne
sich nach der Ruhe des Körpers und des Geistes , wie der Hirsch nach
dem Schalten und der Taglöhner nach dem Endo seiner Arbeit. Am 6. Mai
langte er in Lavant (St. Andrea) an, wo es sein erstes Geschäft war, über
seine Verwaltung dem Erzherzoge Ferdinand Rechenschaft abzulegen (ddo.
7. Mai 1011).
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Von Karl werden in diesem Berichte lobenswerthe Züge angeführt; nnr sei
er kein Freund der Musen, welche er wie Sehlangen hasse. Was zur ßeschützung
des katholischen Glaubens geschehen könne, sei geschehen, auch ein Streit
zwischen dem Capitel zu Breslau und dem Erzherzoge Karl geschlichtet wor'den,
durch seine (des Fürstbischofs) Vermittlung. (Derselbe betraf den Verlust
des Capitanates — der Landeshaupfraannschaft — von Schlesien an die
Protestanten und überhaupt den herabgekommenen Stand der katholischen
Kirche.)
Im Consistorial-Archive zu St. Andrea befindet sich ein Schreiben, worin
Karl (ddo. Neisse 30. October 1617) dem Fürstbischöfe meldef , er habe ein
Canonikat am Domstifte zu Olmütz angenommen. Weil er aber zur Besitznahme
die ordentlichen Formaten über die erhaltene Tonsur und die über vier niederen
Weihen brauche, so wollen ihm dieselben zugefertigt werden. (Er wird die
ersten wohl verloren haben, welche der Fürstbischof bereits 1604 an die Erz-
herzogin-Mutter eingesendet hatte.)
Karl, auch Hoch- und Deutschmeister, war 1624 zu Madrid gestorben, bald
darauf, als ihn sein Schwager König Philipp III. im nämlichen Jahre erst als
Landpfleger von Portugal berufen hatte.
Auch bei den übrigen Prinzen und Prinzessinnen des erzherzoglichen Hauses
galt Fürstbischof Georg sehr viel. Bei der Vermählung Ferdinand's mit Maria
Anna (Tochter des Herzogs Wilhelm von Baiern, Bruders der Erzherzogin-
Mutter Maria, geb. 8. December l.i72 zu München), die am 23. April 1600 zu
Grätz statthatte, hielt er die wahrhaft ausgezeichnete Trauungsrede, während
die Einsegnung von dem Cardinal Franz von Dietrichstein, Bischof zu Olmütz,
vorgenommen wurde.
Die Königin Margaretha von Spanien hatte ihm noch als Braut ein Geschenk
im Werthe von 1000 Ducaten gemacht; durch ihre sie begleitende, aus Spanien
nach Hause zurückkehrende Mutter überschickte sie ihm wieder eines, wofür
sich der Fürstbischof (ddo. Lavant 17. November 1600) bedankt. Sie starb am
3. October 1611 eines unverhofften Todes, worüber der Fürstbischof im Schrei-
ben an den Erzherzog Ferdinand (ddo. Lavant 23, November g. J.) sein Leid-
wesen ausdrückt.
Der Erzherzogin Maria Magdalena (Ferdinand's Schwester, geb. 7. October
1587) war er Firmpathe. Zum Neujahre 1603 verehrte er ihr (laut Schreibens
an den erzherzoglichen Leibarzt Gisbert Voss, ddo. 31. December 1602)
tausend auserlesene Perlen, die er um mehr als 330 Kronen gekauft. Im Jahre
1G08 hatte sie sich mit dem Grossherzog von Toscana, Cosmus IL, vermählt.
Durch einen gewissen Philibert liess sie (1609) dem Fürstbischöfe ihren Gruss
entrichten; im Briefe, ddo. Pisa am 16. April 1610, an ihn sagt sie, dass, so sehr
sie ihm die verdiente Buhe nach niedergelegter Statthalterschaft gegönnt hätte,
sie sich doch sehr darüber freue, dass er die Verwaltung des Bisthums Breslau
für ihren noch mehr unerfahrenen Bruder zu dessen und der Beligion Frommen
übernommen habe. Sie lobt ihn ausserordenth'ch, nennt ihn ihren besten Vater,
sich selbst aber seine Tochter. (Maria Magdalena starb 1631.)
So drückt auch Constantia, Königin von Polen, im Schreiben ddo. Wilna
am 31. März 1610 ihm ihre Freude darüber aus, dass er ihrem Bruder Karl zur
123
Seite stehe. „Wäre dies früher geschehen, so würde Karl gewiss vielen Unan-
nehmlichkeiten enthoben worden und auch das Capitanat von Schlesien nicht in
die Hände der Akatholiken gekommen sein."
Fürstbischof Georg war dem Hofleben im Allgemeinen nicht besonders
hold; aber dem Hofe Erzherzog Ferdinand's spricht er doch das grösste, gewiss
bestverdiente Lob. „Es gibt keinen heiligeren Wandel, keine aufrichtigere
Frömmigkeit, kein gerechteres Handeln, sehreibt er an den Regierungsrath
Camillo Suardus, als das Ferdinand's und der anderen Erzherzoge. Nach dem
Beispiele des Fürsten richten sich die Höflinge. An diesem Hofe wird kein
Schlechter geduldet, eben so wenig als das Meer einen Todten verträgt."
Recht lieblich ist die kurze Schilderung des Familienlebens und der ein-
zelnen erzherzoglichen Personen, welche der Fürstbischof im Briefe (ddo.
31. December 1607) an den Beichtvater Ferdinand's P. Bartholomä Willer,
damals mit jenem in Regensburg, entwirft. „Alle Prinzen sind gesund, heisst
es darin. Die Erzherzogin -Mutter klagt zwar hie und da über Kopfbeklem-
mung, ist aber bald wieder frei davon. Maria-Anna (Ferdinand's Gemahlin)
vereinigt die Eigenschaften der Maria und Martha in sich, sie ist ein Muster
von Güte. Maximilian Ernst, voll Bewegung, ist immer mit Etwas beschäftigt;
Karl studirt den Cicero, verlässt ihn aber hie und da, denn er ist schon
beredter als Cicero und klüger als ein Fuchs ; der kleine Johann Karl (Ferdi-
nand's Sohn, geboren 1605, -|- 1619) ist recht geschwätzig, die Freude seiner
Grossmutter, Mutter und der Übrigen."
Es war gewiss ein sehr schönes Verhältniss , in welchem Fürstbischof
Georg zum hohen Regentenhause Innerösterreiehs stand !
Siebenter Artikel.
Noch einige Bemerkungen über den Charakter Fürstbischofs Georg III. von Lavant. -
Sein Tod.
Wie das öffentliche Leben des Fürstbischofs Georg beschaffen
war, und was er in der Kirche und im Staate, wo er eine so hohe Stellung
einnahm, für Beide Erspriessliches geleistet habe, ist bisher dargethan worden.
Zur Vervollständigung des von ihm entworfenen Bildes wird hier noch Einiges
angefügt, was seinen persönlichen Charakter in mehrfacher Beziehung aufzu-
hellen im Stande ist.
Die betreffenden Daten sind zumeist seinen Briefen entnommen; und in
der That! woraus lässt sich auf den Charakter eines Menschen, auf seinen
Werth sicherer schliessen, als gerade aus seinen Briefen, in welchen die
innersten Regungen und Wünsche seiner Seele, seine geheimsten Gedanken
und Plane, seine Ansichten um so wahrer, je offener und rückbaltsloser dar-
gestellt sind?
Was Fürstbischof Georg für die katholische Kirche in Innerösterreich
Grossartiges vollbrachte, ging aus seiner aufrichtigsten Überzeugung von ihrer
guttlieheo Einsetzung und der alleinigen Wahrheit ihrer L<>hre hervor. Man-
ches Andere noch stellt ihn uns als einen innig frommen Mann dar. Er war
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ein Freund des Gebetes, dem er, auch noch so viel beschäftigt, gerne oblag,
ebenso den kirchlichen Andachtsübungen, deren würdige Feier er möglichst
beförderte. So unter Anderm, als er 1605 (Palmburg, 26. Juli) seinem Capitel
zu St. Andrea die päpstliche Jubiläums- Ausschreibung zur Verlautbarung
zufertigte. „Ihr wisst ja, sagt er in der Einleitung, welche Drangsale jetzt die
christliche Welt drücken!" Er liebte religiöse Vereine und schloss sich selbst
denselben an. Gewiss war er über die Mittheilung des fünften Generals der
Gesellschaft Jesu, Claudius Aquaviva (ddo. Rom den 19. Mai 1604), hoch
erfreut, dass sich nämlich die Gesellschaft ihm wegen seiner Tugend und
seines Wohlwollens zu ihr besonders verpflichtet fühle, und dies nicht
besser an den Tag legen könne, als wenn ihn der General hiemit kraft seiner
vom Herrn erhaltenen Vollmacht aller Opfer, Gebete, Fasten und sonstigen
guten Werke, welche mit der Gnade Gottes in der ganzen Gesellschaft ver-
richtet werden, theilhaftig mache.
Die Sodalität der heil. Barbara in Wien lud ihn (16. November 1604) als
ihr Mitglied zum bevorstehenden Feste der heil. Patronin am 4. December
ein. Sehr bedauert es der Fürstbischof (ddo. Palmburg den 1. December),
dass er durch Amtsgeschäfte verhindert sei, zu erscheinen.
Fürstbischof Georg war dem Protestantismus aus ganzer Seele abgeneigt;
auch suchte er dessen Bekenner von öffentlichen Amtern aus religiösen
Gründen möglichst ferne zu halten. So ereifert er sich (im Schreiben an
Erzherzog Ferdinand, ddo. Grätz am 18. November 1608) sehr über die-
jenigen, welche dem Landesfürsten den Rath geben, er solle auch Akatholiken
in den Senat aufnehmen. „Dann ginge ja, sagt er, die Frucht der Reformation
wieder verloren. Sollten denn die Protestanten tauglicher sein als die
Katholiken?«
Aber im gewöhnlichen Lebensverkehre setzte er auch gegen die Pro-
testanten die Pflichten der christlichen Liebe und Höflichkeit nicht ausser Acht.
Er lud sie hie und da sogar zu Tische; als Jemand dies rügend bemerkte,
entgegnete er, dass er den Herrn nachahme, der ja auch mit Solchen umging,
die er für das Himmelreich gewinnen wollte.
Er war zwar, wenn es die öff'entliche Sicherheit, Zucht und Ordnung galt,
insbesondere als Statthalter, sehr strenge. Als sich in Grätz die Ruhestörungen
und Excesse durch Betrunkene mehrten, Raufereien, sogar Mofdthaten vor-
fielen, da drang er bei dem Erzherzoge (Schreiben an denselben ddo. Grätz,
auch den 18. November 1608) auf das Kräftigste auf Abstellung der Sauf-
gelage, die beinahe allnächtlich statthatten , und bezeichnete die Straflosigkeit
als die Quelle solcher Verbrechen. Er legte aber manchmal sein Fürwort um
Milde ein, wo er sie am Platze hielt. So unter Anderm damals, als Erzherzog
Ferdinand den zum Tode verurtheilten Verbrecher, welcher sich an einem die
Messe lesenden Pfarrer vergriffen, zum lebenslänglichen Kerker begnadigte.
Der Fürstbischof rieth (an Erzherzog Ferdinand ddo. Grätz 26. August 1607)
auf Umwandlung dieser Strafe in eine andere zu; theils weil lebensläng-
licher Kerker früher hier nicht gebräuchlich war, theils weil er eine
schwerere Strafe sei als selbst der Tod. „Was soll der Verbrecher im Kerker
thun? fragt er. Was denken in der Finsterniss? Wird er nicht vergehen?
125
Ja, wird er nicht etwa aus Verzweiflung mit eigener Hand sich den Tod
geben?"
Er half, wo er konnte, und seine Verwendung wurde gewiss von nicht
Wenigen in Anspruch genommen. Verkannter nahm er sich mit Wärme an ;
z. B. des so gräulich ermordeten Joseph Rabatta u. A. Es gereichte ihm zum
Vergnügen, ihre Unschuld dargethan zu sehen. Er war der zartesten unver-
brüchlichen Freundschaft fähig. Es ist wahrlich in vielen Briefen des Fürst-
bischofs rührend zu lesen , wie er um die freundliche Gesinnung Solcher
bittet, die unter ihm standen, die sich durch seine Huld hoch geehrt
und beglückt fühlten. In den Schreiben an den gelehrten Robert Turner
(ein geborner Engländer aus Dervonshire, tüchtiger Philosoph und Theo-
log , zu Ingolstadt , später Geheimschreiber Erzherzog Ferdinand's , *{- wahr-
scheinlich 160i) beklagte er sich manchmal, dass er von ihm nichts erfahre,
er möchte ihm zum Beweise seines Andenkens wenigstens einen leeren Brief
zuschicken. Als Turner erkrankte, stellt er ihm Alles, was er hat, zu Gebote,
wenn er nur sein Leiden erleichtern könnte. Mit eben solcher Liebe war er
dem schon genannten Beichtvater Ferdinand's, P. Bartholomä Willer, insbeson-
dere aber dem Pater Johann Decker, ebenfalls aus der Gesellschaft Jesu
(Kanzler der Grätzer Universität und Rector des Collegiums zu Olmütz,
geboren zu Haesbrock in Belgien), zugethan. Nach dessen Umgang sehnt er
sich sehr (noch 1614); er fühlt sich ganz glücklich bei seiner Kirche in
Lavant, nur „sein P. Decker" geht ihm ab.
Den innigsten Antheil nimmt der Fürstbischof am Familienglücke seines
Neffen Martin von Palmburg, für den er während der Studienzeit zu Ingol-
stadt väterlich sorgte, und welcher sich 1608 mit der Enkelin des Präses von
Krain, Johann von Edling, Clara von Rabatta, vermählte.
Dieser selbst übersendet er kleine Brautgeschenke als Beweise seiner
vollen Beistimmung zu ihrer Verehelichung. — Ein Mann, der so menschlich
fühlt, ist gewiss nicht harten Gemüthes!
Er weiss so schön christlich über den Verlust theurer Angehörigen zu
trösten, als z. B. (1601) den Kanzler Wolfgang Jöchlinger, dem seine Gattin
starb: „Der Herr thut Alles wohl; Er gibt und nimmt wieder; man solle sich
in solchem Falle eben als Mann zeigen" u. s. w.
Kleinliche Eifersucht war ihm fremd; im Gegentheile freute er sich des
Guten, durch Wen es immer geschah ; wenn fremde Verdienste Anerkennung
fanden, so beeilte er sich, dem Belohnten oder Beförderten zu gratuliren, wie
er dies besonders dann that, wenn einer seiner Bekannten auf einen bischöf-
lichen Stuhl oder zu einer sonstigen geistlichen Würde erhoben wurde. Zu
Hause und in Grätz übte er gerne Gastfreundschaft, aber ohne übertriebenen
Aufwand. „Zu Mittag hat er, als Statthalter, meist Hofleute von Adel zu
Gästen. Aber sein Tisch ist (wie er seinem Freunde Karl Finnik berichtet)
frugal, sowohl was Speise als Trank betrifft. Verleumderische oder possen-
reisserische Gespräche werden da nicht geduldet." Als er einmal die steieri-
schen Deputirten bewirthete, paradirte unter den Weinen „echter Wolfsberger."
(Brief an Pater Willer 12. November 1608.) — Bewegung und Beschäftigung
in freier Natur war ihm Erholung nach anstrengender Amtsarbeit. „Sobald
126
er Müsse gewinnt, eilt er in sein Tusculum (in oder bei Gratz, etwa das
Palmburg?), wo er ganz Winzer ist," sehreibt er 1608 an P. Willer. „Wenn
die Götter von den Giganten wären aus dem Himmel vertrieben worden , so
hätten sie sich gewiss keine andere Wohnstätte als sein Tusculum auserwählt"
(an Gisbert Voss, 14. Oetober 1609).
Als er einige Zeit zu St. Florian in Steiermark weilte, sehrieb er an
eben diesen Voss : „Er sehe den Schnittern auf dem Felde und den Maurern zu,
denn er lasse ein neues Gebäude aufFühren. Seine Freunde möchten aus Grätz
zu ihm kommen; da sollen sie finden ein Tractament von Gemüse und Hülsen-
früchten. Dies ist jetzt sein Gericht; es schmeckt ihm aber so süss, als ihnen
Pasteten und Hirschfleisch."
Aus seinen Briefen spricht oft die heiterste Laune; hie und da macht
er einen Scherz. Als er dem P. Willer (ddo. Krakau den 13. Jänner 1606)
seine baldige Abreise aus Polen meldet, fügt er bei: „Sieh zu, dass wenn
ich nach Hause komme, Alles so vorbereitet sei, wie es sich für einen an
königliche Genüsse Gewöhnten ziemt." Recht drollig berichtet er ihm nach
Regensburg über eine Hasenjagd in der Stadt Grätz selbst. Die daselbst anwesen-
den Deputirten hatten nämlich bei 100 Hasen sammt den Hunden ausgelassen
und machten .fagd auf sie. Die Bürger, die davon nichts wussten, geriethen in
Schrecken. Die Akademiker im Jesuiten-CoUegium, wo eben der Fürstbischof
zu Mittag speiste, schrien „Aufruhr!" Der Hector stellte an alle Thore und
Fenster Wachen hin, die er mit allerhand Waffen, als: Speeren, Pfählen,
Brennholz, Steinen u. dgl. versah. Auch der Fürstbisehof postirte sich mit
einem Scheitholz an das Hauptthor. Schon hörte man den Lärm ganz in der
Nähe. „Da rief ich (sagt er); Auf, Gefährten! Der Feind ist da! Nun braucht
es Muth! Da ich aber von aussen Mehrere laut lachen hörte, machte ich das
Thor ein wenig auf. Wie ich aber den Kopf vorstrecke, husch! da stürzen
15 Hasen, von den Hunden heftig verfolgt, um sich zu retten, durch das Thor.
Als die Jäger nach ihnen hinein wollten, schliessen die Wächter mit gewalti-
gem Geschrei das Thor zu. Nicht weit davon war der Kanzler; der, als er
das Geräusch hörte und meinte, man sei schon im Handgemenge, schrie:
Der Feind ist da! Lasst uns kämpfen, Brüder! Der Rector aber, als er den
Irrthum gewahr wurde, winkte mit der Hand Stillschweigen, hiess Alle die
Waffen niederlegen und auf die Hasen losgehen. Am selben Tage wurden deren
13 gefangen, am folgenden die übrigen zwei, von denen einige unter Freunde
vertheilt, die anderen aber im Collegium verzehrt wurden."
Ein anderes Mal erzählt er dem Pater, was er sich für einen Spass
erlaubt habe. Er war bei einer Jagd auf Biber. Nach derselben wurde gestritten,
was davon am besten zu essen wäre; endlich entschied man sich für den Schweif.
Das merkte er sich. Am nächsten Tage schickte er den Höflingen die Schweife
von gefangenen Wölfen; damit ist er aber übel angekommen, denn sie fanden
dieselben sehr unsehmackhaft.
Fürstbischof Georg war ein Patriot im edelsten Sinne. Gemeinnützige
Anstalten hatten an ihm einen eifrigen, opferwilligen Beförderer, insbesondere
wenn sie auch für die Kirche vom Nutzen waren. Schon Erzherzog Karl H.
hatte mit dem Jesuiten-CoUegium zu Grätz eine andere Anstalt in Verbindung
127
gebracht, welche vom Erzherzog Ferdinand ansehnlich erweitert und nach ihm
das Ferdinandeum genannt wurde. Ihr Zweck war, Söhnen unbemittelter
Eltern das kostenfreie Studium gegen die einzige Bedingung zu erleichtern,
dass sie sich zu musikalischen Leistungen in der Hofkirche verwenden Hessen.
Diesem Institute widmete der Fürstbischof alle Sorgfalt. Er hatte dem P. Barth.
Willer am li. November 1604 mit grosser Freude Geld für das Collegium ein-
geschickt, mit dem Beisatze: „Ich meine, dass keine Ausgabe Gott wohl-
gefälliger sei, als jene zur Ausbildung der Jugend." Unterm 2. December i606
bedeutete er demselben: „Die Zöglinge leiden Mangel. Zu ihrem Unterhalte
habe er neulich einen Zehend um 5000 Gulden gekauft, welche er aber nicht
bezahlen könne. Darum wolle Erzherzog Ferdinand entweder das Geld her-
geben oder die zollfreie Ausfuhr von so viel Getreide in das Gebiet der Vene-
tianer erlauben, dass obige Summe hereingebracht werde." — Die Hauptstadt
Grätz hatte dem Fürstbischöfe, ausser den Vorkehrungen für die Sicherheit in
ihr als Statthalter, viel zu verdanken. Er wünschte die Errichtung einer Lehr-
kanzel für Rechtswissenschaften, und eines Bisthums allda (Brief an P. Willer,
11. November 1604); verlangte ihre Befestigung, als einer Grenzstadt, und
Beobachtung grösserer Eleganz und Ordnung im Aufbauen der Häuser, weil
sie ja die Residenz des Landesfürsten sei.
Mehr als einmal ergeht er sich in den heftigsten Ausdrücken über jene
Protestanten, als Feinde des Vaterlandes, welche auf den Landtagen die Bei-
steuer zum Türkenkriege geradezu verweigern oder von der Gewährung freier
Religionsübung abhängig machen wollten. Er selbst kam seiner Bürgerpflicht
bereitwilligst nach. Der Regent Erzherzog Maximilian bezeugt ihm (ddo. Grätz
den 14. Mai 1594) eigens sein Wohlgefallen darüber, dass er zur bevorstehenden
Kriegs-Expedition dreihundert Vierling Haber dargeben wolle. (Cons .-Archiv.)
Nur aus Mangel am Gelde konnte er, bei dem besten Willen, einer vom Erzherzog
Ferdinand an ihn am 28. März 1597 erlassenen Aufforderung nicht entsprechen.
Derselbe hatte nämlich vom Kaiser Rudolf IL, der sich in einer bedrängten
Finanzlage befand, für 20,000 Gulden Zobelfelle erhalten, um sie zu verkaufen
und mit dem Erlöse das Kriegsvolk zu Petrinia (an der Kulpa) zu bezahlen.
Ferdinand schickte für 600 Gulden davon an den Fürstbischof zur Abnahme.
Dieser bedauert (St. Andrea den 0. Mai 1597) sehr, nicht im Stande zu
sein, es jetzt zu thun: er „wird aber hinfüro mit Allem, so ihm der Segen
Gottes geben wird, zu Diensten stehen (Cons.-Archiv). Er erfüllte sein Ver-
sprechen. Auch in seinem Promemoria bemerkt er, dass er Vieles für die
Kriegsbedürfnisse gegen den Feind des christlichen Namens hergegeben habe.
Aus einigen Äusserungen des Fürstbischofs könnte man zwar versucht
werden auf Selbstgefiilligkeit zu schliessea, aber gewiss würde man ihn unge-
recht beurtheilen. Wenn er seiner Leistungen, wie insbesondere in seinem, im
Todesjahre verfassten Promemoria geschieht, Erwähnung macht, so thut er
es nur zu seiner Rechtfertigung, weil ersieh hie und da verkannt wusste,
hier aber, weil er es sich und der Welt schuldig zu sein glaubte, am Ende
seiner irdischen Laufbahn öffentlich Rechenschaft zu geben über sein
vieljähriges Wirken in der Kirche und im Staate. Bescheidenheit darf ihm
nicht abgesprochen werden. I^obsprüche nahm er ungerne an. „Sind meine
128
Verdienste, schreibt er an Robert Turner, wohl richtig so gross als Du sie rühmst,
oder werden sie nicht durch Deine Liebe zu mir vergrössert? Arbeiten habe
ich wohl, besonders geben mir die Türken und Akatholiken viel zu thun;
dann die unzähligen Streitsachen, die ich erledigen muss. Die übrige Zeit
nehmen das Breviergebet und die kirchlichen Verrichtungen in Anspruch. Doch
dies ist noch immer nicht so viel, dass es Lob verdiente. Es könnte von mir
mehr verlangt werden als ich leiste. Ich bin also mehr zu bedauern wegen
der Schwäche meiner Kräfte, als zu loben wegen der Menge der Arbeiten.
Indessen, das Lob beredter Männer zeigt uns, nicht wie wir sind, sondern
wie wir sein sollen."
Erzherzog Ferdinand wollte die treuen, aufopfernden Dienste seines Statt-
halters auch dadurch vergelten, dass er ihn zur Erlangung der Cardinals-
würde beim heil. Vater in Vorschlag zu bringen gedachte. Als der Fürst-
bischof dies erfahren, bat er denselben (ddo. Palmburg den 18. Juli 1604),
von seinem Vorhaben abzustehen. „Eure Durchlaucht, sagt er, wollen für mich
den Cardinalshut erbitten? Ihre eigene, und Ihrer Familie angeborne Güte
macht es mich glauben. Durch diese Beförderung würde ich aber aus dem
stillen Hafen meines Lebens auf das weite, gefahrvolle Meer hinausgetrieben.
Und so wie ich mit meinem Loose zufrieden und nach nichts Neuem lüstern
bin, finde ich auch grössere Freude an dem gütigen Urtheile Eurer Durch-
laucht über mich, als an dem purpurfarbenen Hute. Ich ziehe es vor, von einem
solchen Fürsten so grosser Ehre werth g eh a It en , als damit be theilt zu
werden. Damit ich Alles sage: ich möchte mich fernerhin nur der Betrach-
tung himmlischer Dinge hingeben, dadurch die Flecken meines vorigen Lebens
sühnen und die kurze mir noch bevorstehende Laufbahn in wahrer Gottesfurcht
beschliessen." — Seine Erhebung unterblieb.
Dass Fürstbischof Georg genügsam war, ergibt sich wohl daraus, dass
er nie, auch nicht den leisesten Wunsch verrieth, den Hirtenstab über Lavant,
diesem damals so kleinen und schwach dotirten Bisthume, mit einem andern
zu vertauschen.
Ob er freimüthig gewesen? Ja gewiss! manchmal wohl vielleicht zu sehr;
vorzüglich, wenn es sich nach seiner besten Überzeugung um die gute Sache
oder um sein Recht handelte. Wir haben dies schon bemerkt. Sogar dem Erz-
herzoge Ferdinand brachte er ungescheut seine Meinung über die Beseitigung
eines oder des andern Übelstandes in der Verwaltung vor. In einem Schreiben
an den Nuntius und Bischof von Sarzona, Johann (1608), verbietet er sich mit
aller Höflichkeit, aber eben so entschieden, die Visitation seines — des Lavanter
— Sprengeis. „Er weiss schon selbst die Pflichten eines guten Hirten, heisst es
darin, und ist bemüht, sie zu erfüllen. Auch hören ohne Zweifel seine Schafe
lieber die Stimme ihres e i g e n e n , als eines fremden Hirten !"
Menschenfurcht kannte der Fürstbischof eben so wenig , als er um Men-
schengunst buhlte.
Seine Briefe beurkunden ihn überdiess als einen wissenschaftlich gebil-
deten Mann, als einen Freund, einen Mäcenas der Gelehrten, ja selbst als sol-
chen. Er war in der alten Literatur nicht unbewandert, schrieb ein classisches
Latein; insbesondere zeigte er sich als gründlichen Theologen. Seine Polemik
129
gegen den Protestantismus ist schlagend. Doch wir können hier zum Beweise
unserer Behauptung nur Einiges aus dem Vielen anführen: Der Propst von
Seekau, Sebastian, hatte von ihm Aufschluss darüber verlangt, warum sich Jesus
beschneiden Hess. Der Fürstbischof antwortete : „um das Gesetz zu erfüllen
Diese Erfüllung müsse aber nicht so verstanden werden, als wenn Jesus seine
Gläubigen von aller Gesetzbeobachtung frei erklärte; sondern dass
er dem alten ein ne u es und zwar vollkommenes Gesetz substituirte. Aus
dem Ersteren würde ja die „absurde" Behauptung folgen, dass der
hl OS se Glaube allein zum ewigen Heile genüge." (Er spielt auf die Prote-
stanten an.) — Höchst wahrscheinlich dem nämlichen Propste (der Brief hat
nämlich keine Aufschrift) schreibt er: „Am meisten freue ihn das Studium der
h. Schrift. Vorzüglich seien ihm die Ansprüche Christi und der Apostel Quelle
des Lebens. Die schwierigsten Stellen aus dem neuen Testamente habe er
gesammelt, und ihnen kurze Erklärungen katholischer Lehrer beigefügt". —
Den gelehrten Jesuiten P. Fahianus Quadrantinus (zu Stargard in Preussen
"•eboren , damals zu Ingolstadt) ermunterte er zur Ausgabe seines Werkes
(vielleicht der von ihm verfassten Biographie der Königin Anna von Polen);
ersucht aber, dass ihn Jener darin nicht etwa aus Liebe zu sehr
loben möchte. — Den Jesuiten zu Grätz P. Gisbert Schavenhavius,
welcher eine Schrift über die hohe Würde der Priester verfasst hatte,
fordert er auf, die Frage zu beantworten: warum denn doch die Priester
lind selbst Bischöfe häufig so wenig geachtet würden? was Jener (ddo, 27. Mai
1604) eben so freimüthig als richtig thut. — - Aus Krakau (zur Zeit der Ver-
mählung König Sigmund's mit Constantia) verlangt er vom P. Johann Decker,
— dem er schon früher (160.^) die Frage vorlegte, ob den Bischöfen (er
meint wohl, von Lavant) der Fürstentitel mit Recht gebühre? — Auskunft,
„wann sich die Geschichte der Judith zugetragen habe, und ob der in der-
selben vorkommende König Nabuchodonosor Eine Person mit Jenem sei, wel-
cher Jerusalem einnahm und zerstörte?" Zugleich spricht er, nachdem er den
Gegenstand sehr gründlich und tiefsinnig untersucht, seine Ansicht dahin aus,
dass es zwei verschiedene Personen, und der Nabuchodonosor der Judith älter
sei (was auch in der That so ist). — Er erbietet sich zur Tragung der
Kosten, damit P. Decker ein, nicht näher bezeichnetes, Werk herausgeben
könne (ddo. Grätz 17. November 1607). — Der verdienstvolle Propst des
reg. Chorherrenstiftes zu Stainz, Jakob Rosolenz, hatte sein Buch über Erz-
herzog Ferdinand's Gegenreformation dem Fürstbischöfe zur Kritik unterlegt;
welcher es ungünstig beurtheilt. Wahrscheinlich hat es Jener dann verbes-
sert. — Im Schreiben an P. Willer, ddo. 12. November 1608, sagt er: „Abends
schwatze er mit den Musen, bis ihn der Schlaf überwältige." — Der schon
erwähnte erzherzogliche Leibarzt, Gisbert Voss, scheint an theologischen Dis-
cussionen Gefallen gehabt zu haben. Einmal fragte er den Fürstbischof.,
warum denn die ersten Christen Alles gemeinsam gehabt hätten ? Ein anderes
Mal verlangt er Aufschluss über die Secten der Juden zur Zeit Christi. Mit
grosser Sachkenntniss erwiderte ihm Jener (aus St. Florian in Steiermark):
„Das Erstere geschah: 1. Weil so leichter das Evangelium verbreitet wurde;
2. weil die Liehe, die sie verband, esse mit sich brachte; 3. weil sie, und
Archiv. XV. 9
130
ihre Habe einzeln nicht sicher waren. Übrigens war dies gemeinsame
Leben kein G ebot, sondern ganz f rei wi llig. — Zweier Seelen, sagt er,
erwähnt die evangelische Geschichte; nämlich der Pharisäer und der Saddu-
cäer. Nach Josephus Flavius gab es auch Essäer, oder Essener, welche der
Heuchelei der Pharisäer und des Epicuräismus der Sadducäer gleich über-
drüssig waren. Was die beiden : Theudas und Judas Galilaeus, von welchen,
die Apostelgeschichte Meldung macht, eigentlich lehrten, lässt sich nicht
bestimmt angeben.
Wissenschaftliche Arbeiten des Fürstbischofs, — ausser seinen Briefen —
liegen nicht vor. In ein paar Schreiben an ihn aus den Jahren 1612 und
1613 lobt P. Johann Decker sehr eine ihm zur Durchsicht und ßeurtheilung
voro-eleo-te Schrift über die Gegenreformation sammt einer derselben einzu-
schaltenden kleinen Abhandlung (digressiuncula). Darunter ist wahrscheinlich
des Fürstbischofs ursprünglich nicht so weitläufiger Bericht an
den Erzherzog Karl vom Jahre 1604 , den wir aus P. Hansiz anführten , zu
verstehen.
Sehr zu bedauern ist der Verlust des vom Fürstbischöfe verfassten
Werkchens: „de clericorum meorum institutione" welches er (ddo. Lavant
23. April 1614) Erzherzog Ferdinand's ältestem Sohne Johann Karl, gewidmet
hatte. Es wird gewiss Vortreffliches enthalten haben.
S e h 1 u s s.
Des Fürstbischofs Georg III. von Lavant „Pro ineuioria" und Tod.
(Vergleiche Dr. Tangl, S. 243 ff.)
Das mehrerwähnte „pro memoria" des Fürstbischofs, welches sich am
Ende der Sammlung seiner Briefe befindet, führt den Titel: Georgius de
Palmburgo, Dei Gratia Episcopus Lavantinus , Sacrae Caesareae Majestati,
nee non Serenissimo Regi ßohemiae Ferdinande, Archiduci Austriae a Sanc-
toribus Consiliis. Ad perpetuam memoriam. — (Am Schlüsse.) Datum Lavanti
apud S. Andream Anno Domini millesimo sexcentesimo decimo octavo, tertio
Idus Januarii, Aetatis nostrae octogesimo quinto, Episcopatus nostri tri-
ges imo quinto.
Es mahnt, und drängt mich, — so beginnt dieser Rechenschaftsbericht des
Bischofs über sein gesammtes Thun — am Endpuncte meines Lebens meinen
Nachkommen meine Gesinnungsweise, das von mir im Bisthume Geleistete, und
dessen Zustand kurz darzulegen. Denn ich werde schon aufgeopfert, und in
meine Ohren schallt der Ruf des Propheten: Bestelle Dein Haus, denn Du wirst
sterben und länger nicht leben! — Den Tod. fürchte ich nicht, wohl aber
131
das letzte Gerieht Christi , erschrecklicher als aller Tod! — Ich will in
jenem Glauben sterben, welchen die h. römisch-katholische Kirche lehrt;
sie, die Säule, und Grundfeste der Wahrheit, ohne welchen Glauben Nie-
mand Gott gefallen und das Heil erlangen kann. Gott verehre und liebe ich
als das höchste und einzige Gut aus ganzem Herzen. Den Nächsten aber
umfasse ich mit derselben Liebe , als mich selbst. Ich habe keine Klage
wider Andere ; hege keinen Groll , keine Rachsucht noch sonst Etwas , was
gemeiniglich bei Beleidigten anzutreffen. Aber auch bitte ich und beschwöre
Alle, denen durch mich vielleicht etwas Menschliches — eine Kränkung —
widerfahren, mir mit gleicher Milde zu verzeihen, wie uns ja Jesus Christus
auch nach seiner Barmherzigkeit unsere Sünden nachlässt. — Nun noch Einiges
über mein Bisthum. Er fährt fort: 43 Jahre sind es, seit er das Bis-
thum angetreten. (Eine offenbare Unrichtigkeit, die aber dem Abschreiber
oder Drucker zur Last zu legen sein wird. Im Autographum dürfte 35 (das
Ernennungs- und Todesjahr ganz gerechnet) mit Ziffern, nicht mit
Buchstaben gestanden haben.) Ferner erwähnt er, dass der Zustand des
Bisthums in geistlicher Beziehung sich gehoben habe ; seiner Reisen , Statt-
halterschaft, Verwaltung des Breslauer Bisthums, seiner thätigen Theilnahme
an der Gegenreformation ; dessen, was er für die Kathedrale, das Chorherren-
stift zu St. Andrea, und des Temporale des Bisthums gethan ; dass er die
Einkünfte desselben nur auf das Nothwendige und zu Aufrechthaltung seiner
Würde, nicht aber zum Pompe oder zur Bereicherung seiner Anverwandten
und Freunde verwendet habe. Endlich empfiehlt er sich und das Seine in die
Hände des Herrn, durch die Fürbitte der Gottesmutter und aller Heiligen."
Fürstbischof Georg starb noch im nämlichen Jahre. Nach zu Hause abgelegter
h. Beichte kam er am 10. September auf dem Schlosse Tellerberg — bei Völ-
kermarkt— welches er seinem Neffen Martin v. Palmburg gekauft und geschenkt
hatte, auf Besuch an. Am 12. war er in Klagenfurt, wo er an der Sehwelle der
Jesuitenkirche einen Schlaganfall erlitt. Zu Tellerberg , wohin er am 14. zurück-
gekehrt war, traf ihn am 19. gegen Mittag abermals der Schlag ; am 23. Octo-
her 1618 zwischen 3 und 4 Uhr Morgens verschied er , nachdem er Tags
zuvor von seinem Caplane und Beichtvater die sacramentale Absolution erhal-
ten hatte. Am 26. d. M. wurde sein Leichnam auf einem ganz gewöhnlichen,
mit 4 Pferden bespannten Wagen ohne Gepränge nach St. Andrea abge-
führt, wo derselbe unvermuthet schnell anlangte, wesshalb man ihm nicht, was
beabsichtigt war, entgegengehen und ihn feierlich empfangen konnte. In der
Residcnz-Capelle wurde die Leiche dann nach Gebühr aufgebahrt, und die
vorgeschriebenen Todten-Verrichtungen abgehalten. Erst am 12. December
ging die Beerdigung in feierlicher Weise vor sich. Die Leichenrede hielt in
der Kathedralkirche ein Chorherr unter Zugrundelegung des mit Hinblick
auf den Namen des hohen Verblichenen passend gewählfen Vorspruches :
Justus ut palma florebit; das Seelenamt aber celebrirte der Abt des
nahen Benedictinerstiftes zu St. Paul.
Fürstbischof Georg hatte sich selbst seinen BegrUbnissplatz nahe am
Hochaltare der Domkirche, und das Monument — einen kupferfarbigen, an der
9*
132
Epistelseite in der Wand eingemauerten Marmorstein mit der Inselirift (siehe
Dr. Tangl) bestimmt.
Sein Wahlspruch war: „Noli vinei a malo, sed vinee in hono malum".
Gewiss war er ein Bisehof, den die katholische Kirche in Österreich zu
ihren thatkräftigsten Oberhirten zählen darf.
Zu seinem Nachfolger ernannte Erzbischof Marcus Sittich am 21. Jän-
ner 1619 den Geheimrath und Hof-Vieekanzler König Ferdinand's Leon-^
hard Götz.
133
IIL
Beiträge
zur
Geschichte von Mttnzbach und Windhaag
Oberösterreich im einstigen Machlandviertel.
Franz Xaver Pritz,
regnlirlem Chorherrn vou St. Florian.
135
Vorzügliche Quellen.
I. Original - Urkunden im Museum Francisco - Carolinura zu Linz und
Abschriften aus den Originalen.
II. Topographia Windhaagiana aucta. Durch F. Hyaeinthum Marianum.
Gedruckt zu Wien 1673, mit vielen Abbildungen von Schlössern, Ortschaften,
Kirchen und Ruinen. Der Verfasser hatte mehrere Jahre in Windhaag gelebt
und dort die neue Bibliothek eingerichtet, kannte Alles recht gut und benützte
viele vorfindliche Urkunden und Instrumente, Münzbach und Windhaag betref-
fend. Er begab sich dann wiederum in das Dominicanerkloster nach Wien
zurück, wo er dieses Werk im Drucke herausgab und dem Grafen von Wind-
haag widmete.
III. Eine vorzugliche Quelle, besonders für die Stiftung und Einrichtung
der Klöster zu Münzbach und Windhaag, den Stand der damaligen Unter-
thanen- und Rechtsverhaltnisse u. s. w., ist ein Manuscript, welches wir
benützten; es enthält in Klein-Quart 38 Blätter und hat von aussen die Auf-
schrift : Gesatzordnung und Observanden zur Information Einer zeitl. Frauen
Priorin allhier zu Windhaag. Von aigner Handt der Ersten Frauen Priorin und
Mitstüffterin Eva Magdalena Gräfin von Windhaag beschribener hinterlassen
worden. Anno 1691. — Es sind aber auch einige Daten aus dem Jahre 1693 von
ihr angeführt. Diese Priorin hat noch Mehreres beschrieben , was uns leider
nicht zugekommen und wahrscheinlich nicht mehr vorhanden ist; so heisst es
im ersten Blatte jenes von uns benützten Manuscriptes (das Stiftungsbüchel
genannt) „Verzeichniss der Büecher, so ich beschriben hab.<* Es
werden zuerst mehrere geistliche Werke angeführt, dann folgt :
Ordination für das Windhaagerlsche Convent.
Beschreibung der Ämter, des Conventes.
Ch ronikenbue h» darin des Stifters und der Stifterin Leben beschrie-
ben. (Dies w&re unstreitig das Interessanteste.)
Das Arsenal, so ich aus Welsch ins Teitsch versetzt und ist gedruckt
worden.
136
Buech göttlicher, heimlichei" gnadten, auf Befelch meines Beichtvaters
beschriben.
Instructions-Büecher für die Beichtväter, für den Hofrichter, Hofmeister,
Spitalraeister und die Bewohner des Spitales, für die Zechpröpste in den
verschiedenen Pfarren, und mehrere Stiftbriefe. Zuletzt: Geistliche Nachtigall,
ney componirter, geistlicher Gesänge.
IV. Es ist noch vorhanden ein Gebetbuch des Grafen Joachim von Wind-
haag. Es ist fast vier Finger dick , in lateinischer Sprache recht deutlich
geschrieben, die ersten Buchstaben bei dem Anfange eines Gebetes sind mit
Silber oder schönen Farben geziert. Es enthält vielerlei Gebete und Betrach-
tungen , mehr oder minder schöne Bilder , auch , wie das ganze Buch , auf
Pergament gemalt, Scenen aus den Evangelien oder dem Leben der Heiligen
darstellend. Es ist im Jahre 1656 zu Windhaag geschrieben worden, aber
von wem, ist nicht gesagt; fast möchte man glauben, von EnzmüUer selbst
(allein die Menge seiner Geschäfte Hessen es schwerlich zu) , denn in dem
beigefügten Kalender heisst es immer bei den betreffenden Tagen: dies
natalis meus, dies nominis mei, dies obitus patris vel matris, dies nuptiarum,
dies natalis conjugis meae, nativitatis , professionis filiae meae etc. Dies
sind aber zugleich auch die einzigen Daten, die wir aus diesem Buche
schöpfen können.
Dieses interessante Gebetbuch kam als Geschenk Seiner königlichen
Hoheit des Erzherzogs Maximilian von Este durch den seligen Bischof Gre-
gorius von Linz im Jahre 1840 an das Museum Francisco-Carolinum.
§. 1.
Münzbach und Windhaag vor der Stiftung der Kloster daselbst.
Die Ortschaft und Pfarre Münzbach im einstigen Machland sind
sehr alt; letztere erscheint zum ersten Male im Jahre IUI: da schenkte
dieselbe der Adelige , Namens Friedrich (vielleicht der Erbauer der-
selben), sammt dem Vermögen der Pfarre dem Stifte St. Florian; dies geht
aus einer Urkunde hervor, in welcher der Bischof Ulrich von Passau die
Besitzungen jenes Stiftes und insbesondere den Besitz der Pfarren Münz-
bach und Wartberg bestätigt. Diese Verhandlung geschah zu Enns am
23. August IUI 1).
Eine zweite Urkunde ähnlichen Inhalts bestätigte wieder den Besitz von
Münzbach; sie wurde vom Bischöfe mit Übereinstimmung der Domherren
und Ministerialen ausgestellt und ist auch vom 23. August 1111 datirt^).
1) Stulz's Geschichte des Stiftes St. Florian. Linz, bei Cajetan Haslinger, 1835.
S. 209, Original-Urkunde N. X : Ecclesia munichispach cum dote, quam tra-
didit Friederich. Actum Lauriaco 1111, X. Kai. Septembris.
*) L. c. S. 216, Original Nr. XI: Preterea quidam nobilis bomo Friedericus
nomine ecclesiam in Munichspach cum dote ipsius ecclesie sepe diclo
monasterio contulit. Datum Palavie IUI, 33. Augusti.
137
Auch in einer Urkunde des Bischofs Ulrich von Passau vom 26. Juni 1113
wird der Besitz der Kirche zu Munzbach sammt einem Zehenten dem Stifte
St. Florian bestätigt*).
Jedoch nicht lange besass es diese Pfarre ; es befand sich damals in
ziemlieh schlechten Umständen, und daher übergab der edle Bischof Reginmar
von Passau im Jahre 1122 demselben gegen die Pfarre Münzbach die grosse und
einträgliche Pfarre Ried bei Mauthhausen^). Die Kirche Münzbach blieb nun
im Besitze der Bischöfe von Passau bis zum Jahre 1146; da übergab der
Bischof Reginbert das Patronatsrecht über dieselbe und den dritten Theil des
Zehenten dem neu errichteten Chorherrenstifte Waldhausen ^).
Im Jahre 1313 verkaufte Laurenz, Pfarrer von Münzbach, einige Besitzungen
an jenes Stift mit Bewilligung des Bischofs von Passau und 1325 trat er
als Schiedsrichter in einem Streite des Abtes Konrad von Baumgartenberg
gegen Wisento, Propst von Waldhausen, über einen Drittelzehent vom Gute
Hofstatt auf*). Bald darnach im Jahre 1331 wurde die Pfarre Münzbach sammt
der Filiale St. Thomas vom Bischöfe Albert von Passau dem Stifte Waldhausen
wegen dessen traurigen Zustandes gänzlich einverleibt und dann diese Ein-
verleibung auch vom Papste Johann XXII. bestätigt^).
Er hatte die Untersuchung, ob das Stift wirklich so arm sei, den Prä-
laten von Gleink, St. Florian und St. Nikola bei Passau übertragen , welche
den Zustand so fanden und am 17. Mai d. J. die Pfarre wirklich dem Stifte
einverleibten*).
Der Pfarrer von Münzbach erhielt dann seine Congrua und musste jähr-
lich dem Stifte 10 Pfund Pfennige zur Kleidung der Chorherren zahlen, und
das Übrige gehörte dem Propste für die Bedürfnisse des Stiftes ').
1347 stiftete Herzog Albrecht II. von Österreich eine Frühmesse in der
Kirche zu St. Thomas am Blasensteine; sie sollte dort täglich von einem
Chorherrn aus Waldhausen gelesen werden, der daselbst auch seinen bestän-
digen Sitz hatte ^).
*) Stülz's Geschichte, S. 223 etc., Original Nr. XII : Ecclesia in Munichspach
cum una decima. Data Patavie 11 13, 26. Junii.
2) L. c. S. 234 etc., 'Original Nr. XVI, datirt Lauriacl 1122, 22. Aprilis.
') Original-Urkunde des Bischofs im Museum Francisco- Carolinum zu Linz. —
Meine Geschichte des Stiftes Waldhausen, im „Archive" von der kais. Akademie
der Wissenschaften zu Wien herausgegeben, B.IX, 1853, S. 7. Kurz's Beitrüge^
B. IV, S. 419, Nr. I, actum 1146, und Nr. IV, 8. 427, Jahr 1147, 16. Mai.
*) Meine Geschichte von Waldhausen, S. 21 und 23.
5) Kurz's Beiträge, B. IV, S. 473. Datum Avinione VII. Cal. Marcii, Pontificatus
nostri anno XIV.
*) L. c. S. 473 : Incorporationem parochialis ecciesic in Munspach cum capella
saneti Thomae eidcm parochiali ecclcbie subjecta etc. — Acta et gesta sunt
hec anno domini MCCCXXXI, XV. Kai. Junii.
'^) Meine Geschichte von Waldhausen, S. 23 und 24; 1331, 14. September.
•) L. c. S. 26; Kurz'8 Beiträge, B. IV, S. 474, aus dem Original««, Wien,
10. Mai 1347.
138
Von dieser Zeit au wurde St. Thomas fast als unabhängig von Münzbaeh
betrachtet; 13S8 wird schon ein Pfarrer von dort genannt*) und 1359,
1388 u. s. f. erscheint diese Kirche als selbstständig ^).
1477 wurde nebst anderen Pfarren auch Münzbach von dem päpstlichen
Legaten, Bischof von Forli, dem Stifte Waldhausen einverleibt und diese
Einverleibung im Jahre 1483 vom Papste Sixtus bestätigt^); dies war aber in
Bezug auf Münzbach nur eine Erneuerung oder vielleicht war diese Pfarre vom
Stifte weggekommen.
Im Jahre 1382 am 10. Juni vertauschten Eberhard und Wenzel, Vettern
von Capellen, mit Bewilligung des Herzogs Albrecht III. (ertheilt am 2. Juni)
das österreichische Satzgut , das Fuchslehen zu St. Thomas im Machland,
weiches sie dem Pfarrer Kaumig daselbst gaben, für den Hof zu Steinbach in
der Pfarre Altenburg*).
1530 kam dann die Pfarre Münzbach mit allen Rechten, und mit päpst-
licher, bischöflicher und landesfürstlicher Bewilligung an Anna von Prag, Witwe
des Lassla von Prag, Besitzers von Windhaag, um eine gewisse Summe Geldes,
indem damals das StiftWaldhausen wegen des Türkenkrieges grosse Leistungen
machen musste^) ; so gehörte nun die Pfarre Münzbach zur Herrschaft Windhaag.
Was den Markt Münzbach betrifl't , so ist er auch sehr alt und
kommt schon in einer Urkunde König Friedricirsdes Schönen, Herzogs von Öster-
reich, vom Jahre 1318 an Hanns von Capellen, als solcher vor ®). Er gehörte
eigentlich zur Herrschaft Klingenberg; das Schloss gleiches Namens lag
auf einem hohen Felsen in der Pfarre Pabneukirchen, ist aber schon lange
eine Ruine. Es gehörte anfangs den Herzögen von Österreich und wurde
vom Herzoge Albreeht Illr im Jahre 1395 den zwei Brüdern Ernst und Wenzel
von der Familie Preuhafen als Leibgedinge überlassen '). Als Ernst starb, über-
gaben es im Jahre 1397 die Herzöge Albreeht IV. und Wilhelm dem Sohne des-
selben Georg ebenfalls als Leibgedinge ^). Dann kam die Herrschaft an verschie-
dene adelige Familien, als die von Rohrbaeh, dann an die Prüeschenken; 1491
verkauften diese dieselbe an Leonhard Schneckenreuter: von ihm kam sie an
Lassla von Prag um 1500, dann an Achaz von Losenstein ; 1525 besass die-
selbe Lorenz Krembser , Kaiser Ferdinand's I. Einnehmer und Vicedom, dann
Erasmus Gera, Hofkaminerrath, 1562 Gabriel Kollonitsch»).
*) Geschichte von Waldhausen, S. 29, Original.
2) L. c. S. 30, 33.
^) L.c.S. 39; Originale v.VValdhausen, Wien den 20. Juli 14 77 U.Rom 1483, 14. Mai.
*) Sechster Bericht über das Museum Francisco- Carolinum zu Linz, 1842.
S. 151. — Die Kirche Altenburg liegt nun in der Pfarre Windhaag.
*) Topographia Windhaagiana aucta. Durch Hyacinth Marian. Wien 1673, S. 40.
Nach Instrumenten datirt vom 25. Juli und 24. August 1530.
«) Sechster Bericht über das Museum Francisco-Carolinum, 1842, S. 128, Nr. 22 .
''') Meine Geschichte von Waldhausen, S. 44.
8) L. c. S. 44.
®) So sagen wenigstens die Topographia Windhaagiana aucta, S. 39, und
HoheneckI, B. II, S. 759.
139
Später fiel sie als Lehen an Kaiser Rudolf II. zurück, welcher im Jahre
1588 diese Herrschaft Klingenberg sammt dem Schlosse seinem Bruder, dem
Erzherzoge Maximilian, erwähltem Könige von Polen, um 12.204 Gulden,
6 Schillinge und 20 Pfennige verkaufte*). Dieser aber überliess schon am
10. August loSS auf Vermittelung des Erzherzogs Ernst die Herrschaft Klingen-
berg sammt dem dazu gehörigen Markte Münzbach dem Diener desselben und
Oberdreissiger zu Üngarisch-Altenburg, genannt Lorenz Schütter^).
Bald darnach machte Georg Kirchhammer, ein Handelsmann, protestantischer
Bürger zu Wien und Mitglied des äusseren Rathes, eine bedeutende Stiftung zu
Münzbach. Er legte nämlich bei den damaligen zwei evangelischen Ständen des
Landes ob der Enns ein Capital von 22.000 Gulden Rheinisch an ; die Interessen
mit 5 pCt. jährlich, im Betrage von 1100 fl., sollten theils zu Stipendien
für Junglinge , welche sich verpflichteten , die protestantische Theologie zu
studiren, und theils Hausarmen zu Wien ausgetheilt, 600 Gulden aber davon
zur Errichtung oder Vermehrung eines akatholischen Schulwesens benützt wer-
den. Der Stiftbrief ist unterm Datum Wien vom 24. April 1591, der Schuld-
brief der Stände darüber aber erst zu Linz 24. April 1593 ausgestellt. Mit der
Vollziehung dieser Anordnung des Stifters wurde dessen Schwiegersohn und
Universalerbe Lorenz Schütter von Klingenberg betraut, welcher auch dann
in dem ihm gehörigen Markte Münzbach ein protestantisches Privat-Schulwesen
für Knaben errichtete.
Er starb im Jahre 1599 und sein Sohn Georg war sein Erbe; diese
Anstalt dauerte auch unter ihm fort bis 1625: da wurde sie aufgehoben,
weil vom Kaiser Ferdinand II. die Religions-Reformation im ganzen Lande ob
der Enns durchgeführt wurde und die protestantischen Lehrer und Prediger
überall, also auch zu Münzbach, sich entfernen mussten. Das zur Erhaltung
des Schulwesens bestimmte jährliche Einkommen wurde nun zu anderen from-
men Zwecken verwendet 3). Georg Schütter, durch grosse Schuldenlast
gedrängt, überliess seine Güter seinen Verwandten, denen er das Meiste
schuldig war, und diese verkauften im Jahre 1630 die Herrschaft Klingenberg
sammt dem Markte Münzbach dem Stifte Waldhausen, welches jedoch den
Markt, weil er zu entfernt lag, mit dem neuen Schulhause und dem Spitale
am 1. September 1639 an Joachim Enzmüller gegen andere Güter vertauschte,
welchen Tausch Kaiser Ferdinand HI. in einer eigenen Urkunde, datirt vom
22. August 1640 aus Regensburg, bestätigte*). Enzmüller kaufte dann auch
von einer Bürgerin ein Hans zu Münzbach um 300 Gulden und 6 f. Leitkauf,
^) Meine Geschichte von Waldhausen, S. 44 ; nach dem Originale, datirt Pr<ig
n. März 1588.
*) L. c, nach dem Originale, datirt Krasnistaw 1588, 10. August.
*) Sechster Bericht über das Museum Francisco-Carolinum zu Linz, nebst Beiträgen
zur Landeükunde von Österreich ob der Knnä und Salzburg. Linz 1843.
Das k. k. Convict zu Kremsmünsler und seine Stiftungen, geschildert von
Karl August Reichenbach, S. 108,202—205.
*) Meine Geschichte von Waldhausen, 8. 44; nach der Original-Urkunde von
Windbaag, datirt Regensburg 22. August 1640.
140
und befreite es von allen bürgerlichen Lasten, dass es ein Freihaus wurde.
Er kaufte ferner die Herrschaft Windhaag sammt dem alten Schlosse
von der Familie Schütter am 17. April 1636*).
Dieses Windhaag ist ein altes Besitzthum, welches aber nach und nach
an verschiedene Familien kam, theils pfandweise, theils als Lehen vom Lan-
desfürsten. Im Jahre 1300 besass einen halben Theil davon das Geschlecht
Fr ein von Windhaag und Freiherstorf, der andere Theil gehörte den Lass-
bergern^). Von jener Familie Fr ein, welche jedoch wohl die nämliche ist
wie jene der Freit el von Windhaag, welcher Name öfters urkundlich erseheint,
kommt im Jahre 1333, dann 1340 ein Freitel der Junge von Windhaag vor,
welcher in diesem Jahre am 24. April dem Kloster Baumgartenberg eine
Hofstatt zu Huebenbach in der Pfarre Saxen und eine Hube zu Münzbach
verkaufte ^).
1345 erscheinen wieder ein Freite] der Junge von Windhaag und seinige
ünterthanen*).
1361 versetzte Heinrich von Windhaag dem Abte Johann von Baumgarten-
berg vier Güter in der Pfarre Mitterkirchen ^).
1379 überliess Otto der Frein (der Freitel) seinem Oheim , Hanns von
der Au, seinen Antheil an Witidhaag^); der Herzog Albrecht HL belehnte
ihn mit demselben am 19. Jänner 1379'^), und er erhielt im Jahre 1380 auch
den andern halben Theil von den Lassbergern käuHich^).
1400 war Leopold der Drockendorfer, Schenk des Herzogs Leopold , im
Besitze der Hälfte von Windhaag ^) , verkaufte dieselbe aber um 100 Pfund
Wiener Pfennige im Jahre 1407 an Thomas Tampeck ^^).
14S5 erscheint Veit der Tampecker als Besitzer; da belehnte ihn König
Ladislaus, Herzog von Österreich, mit Windhaag **). So blieb es bis 1485; da
kam dieses Besitzthum sammt dem Tampeekhof durch Regina, die Tochter
und Erbin des Hanns von Tampeck, des letzten dieses Geschlechtes, an ihren
Gemahl, Lassla von Prag, mit dem sie sich in diesem Jahre 1485 vermählte.
Er war Kaiser Friedrieh's HL Kämmerer und Erbmarschall in Kärnten und
wurde von ihm am 25. August dieses Jahres mit dem Schlosse Windhaag
*) Topographia Windhaagiana aucta, S. 2.
3)L. c. S. 1.
^) Original-Urkunde von Baumgartenberg. Meine Geschichte des Landes ob der
Enns, B. II, S. 697.
*) Meine Geschichte von Waldhausen, S. 26.
^) Meine Geschichte des Landes ob der Enns, B. 11, S. 700, Hegest, 138 ; nach
dem Copialbuche von Baumgartenberg 1361, 2. Februar.
®) Topographia Windhaagiana, S. 1.
^) Li chnowski's Geschichte des Hauses Habsburg, B. IV, Regest, 1397, k. k.
geheimes Archiv. Da heisst er auch : Otto der Freitel.
^) Topographia Windhaagiana.
») L. c. S. 1.
*®) L. c. S. 1, und Original von Windhaag.
") Original von Windhaag, Wien 23. September 1455. Hohe neck, B. III, S. 737.
141
belehnt, welches dem Kaiser von Rechtswegen von Hanns dem Tampecker heim-
gefallen war *).
1491 bewilligte Kaiser Friedrich III. dem Lassla von Prag den Burgfrieden
und das Landgericht zum Schlosse Windhaag, welches früher bei der uralten
Burg Mitterberg, dem einstigen Sitze des Landrichters im Machland, die
lange und noch 1333 der Familie von Capellen gehörte, aber landesfürstliches
Lehen war, gewesen war; auch verlieh ihm der Kaiser die Wildbahn und
bestimmte die Grenzen beider ^}. Dann machte Lassla von Prag einen Vergleich
mit seinem Schwiegervater, der ihm dazu einige Gülten abtrat. Durch dieses
Alles wurde nun Windhaag zu einer ordentlichen Herrschaft erhohen.
Das Schloss Mitterberg, damals schon eine Ruine, kam ebenfalls an Wind-
haag, aber das Übrige wurde vom Kaiser Friedrich IlL um das Jahr 1493 an die
Prueschinke, Freiherren von Stettenberg (dann Grafen von Hardeck genannt),
zum Schlosse Greinburg, welches sie in jenem Jahre erbauten, verkauft ^).
Lassla von Prag Avurde im Jahre 1305 vom Kaiser Maximilian I. in den Freiherrn-
stand erhoben und führte nun den Namen von Windhaag. Nach dem Tode seiner
ersten Gemahlin vermählte er sich um 1505 mit Anna, der Tochter des Fux von
Fuxberg, Rath des Kaisers Maximilian.
Er hinterliess nach seinem Tode, um 1515, mehrere Söhne, aber seine
Witwe Anna verwaltete während der Jugend derselben treflflich die Herrschaft
Windhaag und kaufte dazu im Jahre 1525 von Julius Grafen von Hardeck
das alte Saxenegg, welches dann als ein Amt zur Herrschaft Windhaag
gehorte.
Dieses Saxenegg, liinst ein Schloss in der Pfarre St. Thomas am Blasen-
steine gelegen, nun eine Ruine, war im Besitze verschiedener Familien gewesen.
1359 besass es der Ritter Burchard der Chneusser, welcher vermöge eines Ver-
trages mit dem Propste Johann von Waldhausen und dem Pfarrer von St. Thomas
die Erlaubniss erhielt, in dieser seiner Burg einen Caplan zu halten, welcher
den Gottesdienst für seine Familie und die Hausleute besorgen sollte. Bischof
Gottfried von Passau bestätigte diese Anordnung*). 1382 verkaufte Hanns der
Chneusser dem Herzoge Albrecht III. die Feste Saxenegg ^). Dann kam sie an
die Drockendorfer, und 1405 überliess Herzog Wilhelm für sich und für Herzog
Albreeht V. dem Schweinwarter, seinem Truchsess, diese Feste, welche er von
Hanns dem Drockendorfer gelöst hatte *).
1410 übergaben die Herzöge Leupold und Ernst diese Burg an Erhart und
Wilhelm von Zelking als Leibgedinge, da sie dieselbe vom Schweinwarter an sich
*) Original von Windhaag, 1485, 25. August, Rotweil. Meine Geschichte des
Landes ob der Enns, B. II, S. 733, Regest. 489.
^) Original von Windhaag. Auch Topographia Windhaagiana, S. 39.
3) lloheneck, B. II, S. 236.
*) Meine Geschichte von Waldhausen, S. 30; nach einem Originale von Wald-
hausen, datirt vom 38. März 1359.
^) Meine Geschichte des Landes ob der Enns, B. II, Seite 703, Regest. 196,
1382, 17. Februar, k. k. geheimes Archiv.
•) L. c. S. 710 ; 1405, 17. Februar.
142
gebracht hatten *). Dann kam S a xe n e g g an die Grafen von Hardeek, welche
es nun im Jahre 1323 an Anna, die Witwe des Lassla von Prag, verkauften.
Diese erbaute im Jahre 1324 von Neuem die Schlosscapelle zu Windhaag; es
durfte dort täglich Messe gelesen und der Gottesdienst gehalten werden durch
einen eigenen Geistlichen, wozu der Pfarrer von Altenburg (nun Pfarre
Windhaag genannt) am 8. September 1324 seine Einwilligung gegeben hatte ^) ;
auch war sie vom päpstlichen Legaten, vermöge der Bullen vom 31. Juli und
13. August d. J., mit Privilegien und Ablässen versehen worden •").
Als im Jahre 1339 die Söhne des Lassla von Prag, Hanns, Lassla und
Andreas, das Erbe ihrer Eltern theilten, erhielt Andreas, der Jüngste, die
Herrschaft Windhaag und das Schloss Pragthal *). Nach dessen Tode im
Jahre 1372 erbte dessen jüngster Sohn Beides, verkaufte es aber 1397, als
der Letzte seines Stammes, an Lorenz Schütter von Klingenberg ^). Nachdem
dieser 1399 gestorben war, führten seine Witwe Barbara, geborne Pruner, und
die ihr zugetheilten Gerhaben die Verwaltung darüber , bis ihr Sohn Georg
Schütter dieselbe persönlich übernahm. Er besass nun Windhaag bis zum
Jahre 1629, wo er es an seine Verwandten, denen er sehr viel schuldig war,
gerichtlich abtrat; diese aber verkauften dann am 17. April 1636 Windhaag
sammt Saxenegg und dem Schlosse Pragthal, welches Andreas von Prag im
Jahre 1364 neu erbaut hatte •'), an Joachim Enzmüller, später Reichsgrafen
von Windhaag. Damals kam nun mit dieser Herrschaft auch die dazu gehörige
Pfarre Münzbach an ihn ; da aber Windhaa g ein landesfürstliches Lehen
war, so machte er es frei und sich eigenthümlich; der Freibrief darüber ist datirt
von Wien, den 13. September 1642 '). Nachdem er nun in dieser Gegend so
bedeutende Besitzungen hatte, beschloss er auch davon, vermöge seines edlen,
grossartigen Charakters, einen schönen Gebrauch zu machen. Doch wir müssen
diesen Mann, der sich um Österreich und besonders um das Land ob der Enns
so sehr verdient machte, näher kennen lernen.
*) L. c. S. 711, Regest. 315, Wien den 4. April 1410; aus der Oe dt 'sehen
Sammlung.
'^) L. c. S. 726, Regest. 547, Original von Windhaag.
^) Topographia Windhaagiana, S. 4.
*) Meine Geschichte des Landes ob der Enns, B. II, S. 727, Regest. 553; Origi-
nal von Windhaag, Theilbrief des elterlichen Erbes zwischen den Brüdern
von Prag, datirt VVindhaag den 27. April 1539.
5) L. c. B. II, S. 728, Regest. 579, actum Windhaag den 12. April 1597.
^) Man vergleiche xu allem diesem über Windhaag Gesagten meine Geschichte
des Landes ob der Enns, B. II, S. 643, 644, und die Topographia Windhaagiana
aucta, S. 1- — 3.
'^) Topographia Windhaagiana, S. 2.
143
§. 2.
Joachim Enzmriller, seine Stellung und seine Besitzungen in Österreich.
Er wurde am 21. Februar 1600 geboren und am folgenden Tage getauft;
sein Vater hiess Jodocus, der Name seiner Mutter ist nicht beliannt, docii
walirscheinlich hiess sie Eva, weil ihre Enkelin, die Tochter EnzmüUer's, diesen
Namen erhielt.
Sein Vaterland war Schwaben, aber der Geburtsort ist unbekannt. Seine
Eltern waren zwar bürgerlichen Standes, jedoch von einer ausgezeichneten
Familie, weiche von Alters her ein Wappen hesass, worin der Greif den
Hauptbestandtheil ausmachte; dergleichen Wappen führten sonst auch raths-
fähige Familien zu Augsburg. Er studirte als Jüngling die Rechte und kam als
Rechtsgelehrter nach Linz. Er wurde dann in Wien zum Doctor der Rechte
befördert, ward Advocat und Secretär der Landschaft oder der Stände zu Linz;
bald darnach war er schon kaiserlicher Rath, Fiscal und ständischer Syndicus.
Er entsagte aber bald dieser Stelle und bewarb sich um die Landmannschaft
im Lande ob der Enns, nachdem er in den Ritterstand erhoben worden war;
am 12. April 1636 war er schon als Ritter immatriculirt worden ^).
Am 19. August 1636 ward er Regimentsrath in ünterösterreich und blieb
es auch unter Kaiser Ferdinand III., welchem er als solcher den 28. März 1637
den Eid ablegte.
Am 5. Jänner 1631 wurde er in den Freiherrnstand erhoben, dann im
Anfange des Jahrs 1652 zum Reformations-Commissär im Viertel o. d. Mannharts-
berge ernannt. Er erhielt die freie Bedienung schon den 26. Juni 16ö2 und am
11. Juli die Confirmation darüber ohne Abbruch seiner bisher gehabten, noch
habenden Ordinari-Stellen und aller damit verbundenen Rechte.
Am 1. März 16ö7 wurde er zum General-Reformations-Commissär für ganz
ünterösterreich ernannt^); dann ward er es auch für Oberösterreich.
Es waren nämlich selbst nach der strengen Reform unter Kaiser Ferdinand II.
?iele Tausende von Protestanten noch in Österreich ob und unter der Enns
zurückgebliehen ; diese suchte man nun zum katholischen Glauben zurückzu-
fuhren; Joachim Enzmüller bekehrte auch durch seine weisen Anstalten, durch
Gewandtheit und unermüdeten Eifer für diese Sache eine grosse Monge, noch
mehr in ünterösterreich als im Lande ob der Enns. Die Zahl der durch ihn
Bekehrten wird sogar auf 40,000 angeschlagen !
Und er konnte mit Recht in der Grabsebrift, die er sieh selbst einst
verfertigte, sagen :
„Nefandana haeresim ex Austria inferiori ejecit"
^) Zeitschrift dco Museum Francisco - Carolinum mi Linz, 1843, Nr. 27,
28 , „über Joachim Enzmüller, Grafen von Windhaag'' , von Schumann von
Mansegg.
') Nntizenblatt, herausgegeben von der historischen Commission der kaiserlichen
Akademie der Wissenschaften zu Wien als Beilage zum „Archiv Tür Kunde
österreichischer Geschicbtsquellcu*', Jahrgang 18öl, Nr. 17, S. 263, 267.
144
Er hatte freilich auch manche Anklagen und Verfolgungen, vorzüglich von
Seiten protestantisch Gesinnter, zu erdulden, aber er vertheidigte sich und drang
siegreich durch.
Auch der Kaiser Leopold I. erkannte seine grossen Verdienste um Staat
und Kirche und erhob ihn im Jahre 1669 in den Reichsgrafenstand, und er
nannte sich dann gewöhnlich „Graf und Herr von Windhaag", um welchen
Titel er angesucht hatte. Und in eben diesem Jahre erscheint er auch in einer sehr
hohen politischen Stellung, nämlich als Sr. k. k. Majestät Rath und Regent der
niederösterreichischen Lande, was so viel heisst wie: Präsident der Regierung*).
Er hatte sich zuerst vermählt mit Maria Kirchstetter von Kirchstetten, aus
einer sehr alten niederösterreichischen adeligen Familie; sie war die Tochter
des kaiserlichen Secretärs und Rathsherrn von Wien Christoph Kirchstetter,
welcher vom Kaiser Matthias im Jahre 1612 auch in den Reichsadelsstand
erhoben worden war. Sie wurde am 19. Mai 1608 geboren und am 21. September
1627 mit Joachim Enzmüller vermählt; sie gebar ihm eine Tochter, Eva, sein
einziges Kind, und starb am 10. März 1659. Seine zweite Gemahlin, welche ihn
überlebte, war Maria Emilia Katharina, geborne Gräfin von Sprinzenstein, aus
einer oberösterreichischen Familie, Tochter des Grafen Simon Hieronymus und
seiner Gattin Emilia Katharina, gebornen von Walkehfels ^).
Joachim Enzmüller war ein sehr reicher Mann und hatte viele Besitzungen;
nebst den schon erwähnten im Machlande besass er in Unterösterreich die Herr-
schaften Reichenau, Rosenburg und Wolfshofen, Gross-Perchtolz, Kirchstetten,
Neunzehn, Gross-Poppen und Wurmbach.
1. Reichenau am Freiwald im V.O. M.B., welches er am 4. September 16S2
von der Familie der Freiherren von Leysersammt den Glashütten erkaufte; dazu
gehörte das Aigen Gross-Perchtolz sammt dem Herrenhause daselbst und
das Dorf Langenschlag eine Stunde entfernt, auch mit einem Herrenhause und einer
Meierei. Reichenau liegt nicht weit von der Grenze des Landes ob der Enns und
Böhmens. Er Hess im Jahre 1661 daselbst auf seinem Grund und Boden, wo Böhmen
das Land ob und unter der Enns zusammenstossen, eine Säule setzen und die
Bildnisse der h. Patrone, des Wenzeslaus, Leopold und St. Florian darauf malen^).
2. R 0 s e n b u r g , ein grosses, schönes Schloss imV. 0. M. B., nahe dem Flusse
Kamp, eine Stunde von dem Benedictiner-Kloster Altenburg und eben so weit
von der Stadt Hörn entfernt. Es gehörte einst der Familie von Rogendorf, dann
verschiedenen Anderen; zuletzt kam es im Jahre 16o7 durch Cessionen an Herrn
Johann Ignaz Spindler von Hofegg, k. k. n. ö. Regimentsrath, welcher es jedoch
mit allem, was dazu gehörte, schon am 8. October 1638 dem Joachim Enzmüller
verkaufte, der das Schloss, den Meierhof u. s. f. im besten Zustande herstellte.
Zur Herrschaft Rosenburg gehörten damals auch der freie adelige Sitz Wolfs-
hofen, das Freihaus und der Edelsitz zu Meissau und mehrere andere Ämter *).
*) Topographia Windhaagiana.
*) H ebene ck, B. II, S. 488, 489.
*) Topographia Windhaagiana, S. 46.
*) Weitläuftiger über diese Besitzungen Enzraüllers ist abgehandelt in der Topogra-
phia Windhaagiana, S. 50 u. s. f. Es sind darin auch alle Schlösser abgebildet.
145
3. Das Schloss und Landgut Gross-Poppen, drei Meilen von Rosenburg
entfernt, kaufte Enzmüller am 14. Februar 1636 mit den dazu gehörigen
Dörfern und Häusern von Sigmund von Isen. Da es ein landesfürstliehes
Lehen war, machte er es im Jahre 1663 frei und baute das ruinirte Schloss
grösstentheils neu auf.
4. Schloss und Herrschaft Neunzehn, eine Stunde von Gross-Poppen,
drei Stunden von Zwettel und Waidhofen an der Thaya entfernt, kaufte er am
28. October 1638 von dem Freiherrn Rudolph von Leyser auf Kronsegg und
Schiltern.
Auch dieses schon ziemlich verfallene Schloss liess er herstellen und sehr
verschönern. Zu dieser Herrschaft gehörte auch der adelige Freisitz Wurmba eh.
5. Das Schloss Kirchstetten an der mährischen Grenze zwischen
Nikolsburg und Staats im V. ü. M. B. brachte er am 26. Februar 1636 von
Eustach von Altheim an sich.
6. Er besass auch einige Zeit den Auhof, ein adeliges Landgut in der
Pfarre Pergkirchen, in der NähÄ des Marktes Perg, welches er samrat dem
Meierhofe im Jahre 1663 von Christoph Adam Meixner gekauft hatte. Er
überliess aber den Auhof am 27. Februar 1667 gegen andere Güter und Geld
dem Kloster Baumgartenberg, welchen Tausch oder Verkauf der Kaiser
Leopold L am 3. Juli d. J. bestätigte ^).
Zu Windhaag hatte seit alter Zeit der sogenannte Eibelspergerhof
gehört , welcher zwischen Linz und Ebelsberg lag. Er war ein Passau'sches
rittermässiges Lehen, wurde aber verschiedenen Personen gegen gewisse
Abgaben überlassen; weil er jedoch von Windhaag zu entlegen war, so ver-
kaufte ihn Enzmüller am 12. Juli 1666 dem Gabriel Heinrich Baldegger*).
Er hatte auch drei Häuser zu Wien, eines zwischen der vorderen und
hinteren Bäckergasse, nahe der Universität und dem Kloster der Dominicaner,
welches er am 11. Februar 1648 von der Frau Anna Sophia, Witwe des
Sebastian Scheffier, erkauft hatte; die zwei anderen lagen in der Rossau, nahe
der Donau und dem Servitenkloster, jedes hatte einen grossen Garten; eines
derselben hatte er am 27. Mai 1631 von den Erben des Adam Ekl, k. k. Taxa-
tors bei der niederösterreichischen Regierung, das andere den 27. October 1633
von Lukas Frischenhauser, Raitrath zu Wien, erkauft ^j.
Enzmüller besass auch ein grosses Haus zu Linz auf dem Stadtplatze
neben dem Schmidthor, welches er schon im Jahre 1633 an sich brachte und
viel schöner herstellen liess. Er versah dasselbe nach erhaltener bischöflicher
Erlaubniss (datirt vom 30. April 1633) mit einer Hauscapelle. — Eivllich
gehörte ihm noch das Mauth- und Herrenhaus mit einem schönen Garten zu
Neumarkt an der Ips, welches er den 16. April 1634 von Albrecht Grafen
von Zinzendorf, Sr. k. k. Majestät geheimem Rathe, erkauft hatte*).
^) Topograpbia Windbaagiana, S. 61. Meine Geschichte von HiiUiDgartenberg,
S. 46.
*) Topographia Windhaagiana, S. 60; Kaufbrief vom 12. Juli 1666.
) L. c. S. 58, 59.
^) L. c. S. 60.
Archiv. XV. iO
146
§3.
Stiftungen des Enzmüllerj Grafen von Windhaag, im Lande ob der Enns.
Stiftungen und wohltliätige Anstalten zu Münzbaeii.
Von diesen seinen Besitzungen und iiiren Erträgnissen wollte Enzmüller,
da er nur ein einziges Kind hatte, nämlich seine Tochter Eva Magdalena,
welche aber als Nonne in einem Dominicaner-Kloster zu Tulln lebte, einen
edlen Gebrauch machen, besonders zur Beförderung des katholischen Glaubens,
zur Hilfe für Arme und Kranke, zur Unterstützung von Studirenden, und zum
Emporbringen der Wissenschaften.
Wir wollen nun zuerst berichten, was er in diesen Beziehungen zu Münz-
bach bewerkstelligte.
a^Studienanstaltzu Münzbach.
Es war, wie wir schon früher berichteten, um 1591 eine protestantische
Schulanstalt daselbst von Kirchhammer gestiftet worden, welche jedoch im Jahre
1625 wieder aufhörte. Kaiser Ferdinand II. hatte 1629 verordnet, dass zwar eine
jede Stiftung, durch welche auf die Beförderung des protestantischen Lehramtes
und Glaubens gedacht wurde, bei ihrer Kraft verbleiben und der Wille des
Stifters erfüllt werden sollte, aber mit der Einschränkung und Bedingung,
dass Alles, was für die protestantische Religion gestiftet war, zur Beförderung
der katholischen zu verwenden sei. Nachdem nun Enzmüller Windhaag mit
Münzbach an sich gebracht hatte, so haben die Schütter'schen Erben und
Verwalter der Kirchhammer'schen Stiftung in Bezug auf Wiederaufrichtung
des zu Münzbach einst bestandenen Schulwesens mit ihm unterm 10. April
1641 einen Vergleich abgeschlossen, vermöge dessen er daselbst eine katholische
Schulanstalt zu errichten und für die Zukunft zu erhalten sich verpflichtete,
wogegen jene Erben und Verwalter demselben und seinen Erben alles Ein-
kommen und alle Rechte abtraten, welche sie und ihre Nachkommen in Kraft
der Kirchhammer'schen Stiftung und des darüber ausgefertigten Stiftbriefes
oder anderwärts wegen dieses Schulwesens gehabt haben oder hätten haben
mögen. Dieser Vergleich wurde dann auch am 17. August 1641 von Sr. Majestät
dem Kaiser Ferdinand III. bestätigt^).
Enzmüller brachte dies auch bald in Vollzug: es wurde sein Freihaus
(nahe dem später dort erbauten Kloster) dazu verwendet; es waren daselbst
immer zwei oder drei Professoren und sechs Alumnen , welche mit allem
Nöthigen versehen wurden, aber auch Andere konnten dort ohne Bezahlung
eines Schulgeldes studiren. Sie wurden in den sogenannten Rudimentis, in
der lateinischen und griechischen Sprache, in der Poesie und Rhetorik, im
Gesänge und in der Instrumental-Musik unterrichtet; es waren sechs Classen
*) Sechster Bericht über das Museum Francisco-Carolinum. Linz 1842. Das
k. k. Convict zu Kremsmünster und seine Stiftungen. Von Karl August Rei-
chenbach. S. 202 — 204. — Topographia Windhaagiana, S. 40.
147
und Jahrgänge. Alles wurde aber genauer bestimmt und regullrt, nachdem
das Dominieanerkloster zu Münzbaeh gestiftet und jene Studienanstalt den
Priestern dieses Ordens übertragen worden war.
bj Gründung des Dominicanerklosters zu Münzbach.
Enzmüller hatte schon lange den Plan gefasst, daselbst ein solches Kloster
zu errichten, und begann auch schon im Jahre 1662 dafür Sorge zu tragen.
Er wandte sich nämlich zuerst an den Erzherzog Leopold Wilhelm, damaligen
Bisehof zu Passau, und erhielt nach zweimaligen Conferenzen unterm Datum
des 20. September 1662 von demselben die Incorporation der Pfarre und
Kirche Münzbach zu dem neu zu erbauenden Dominieanerkloster. DieVogtei
darüber und andere weltliche Rechte blieben jedoch bei der Herrschaft Windhaag.
Diese Einverleibung bestätigte später, zwischen 1664 und 1673, auch der Bischof
Wenzeslaus von Passau *). Da jedoch die Kirche sehr alt und in schlechtem
Zustande, auch zu klein war, beschloss Enzmüller, dieselbe fast ganz neu zu
erbauen, zu vergrössern und zu verschönern. Am 12. Oetober 1664 wurde mit
grosser Feierlichkeit der erste Stein sowohl zur Kirche als zum Kloster
gelegt und dann thätig im Baue fortgefahren und der Thurm erhöht. Der
Boden der Kirche wurde mit rothem und weissem Marmor gepflastert , das
obere Gewölbe sammt dem ganzen Innern schön ausgemalt ; von schwarzem
gebeiztem Holze wurden neun Altäre und eine Kanzel errichtet, und eine
ansehnliche Orgel mit sieben Registern aufgestellt. Vor dem Hochaltare liess
er ein grosses steinernes Grabmal für sich und seine Familie errichten und
es mit einem eisernen Gitter einfangen; daselbst wurde auch seine erste
Gemahlin Maria begraben, welche am 10. März 1659 gestorben war ^).
An diese Kirche, auf dem Platze, wo früher der im Jahre 16S4 gänzlich
abgebrannte Pfarrhof stand , in der Nähe des Schulhauses für Studirende,
wurde das Kloster gebaut, und mit allem Nothdürftigen versehen.
Es wurden in demselben zwölf Zellen nach einander, errichtet, es war
daselbst ein grosses Refectorium und unterhalb desselben ein bedeutender
Keller. Um die Zellen war ein langer Gang, durch welchen die Mönche in
dieselben, und die Professoren durch eine eigene Thür in die daran slossende
Stiftschule kommen konnten. Es waren zwei Hauptstiegen, und im oberen
Stockwerke 18 Zimmer, theils für Kranke, theils für geistliche Gäste. Vom
Kloster sah man auf den ganzen Markt Münzbach und in weite Ferne bis zur
Donau hin, von den Zellen aber in den grossen, schönen Klostergarten, auf
den Meierhof und selbst nach Windhaag hin. In dem geistlichen Chore hinter
dem Hochaltare waren zwölf Chorstühle von zierlicher Tischlerarbeit, und in
der Mitte desselben eine kleine Orgel zum Gebrauche der Religiösen. Daneben
war ein eigenes Bibliothekszimmer für dieselben mitOrdoiisbüchern und anderen.
Es gehörte zum Stifte auch ein grosser, neu erbauter Meierhof mit Pferden,
Rindvieh u. s. w., und ein Teich.
Der Bau dieses Klosters kostete dem Stifter beilüufig 20.000 Gulden; er
bestimmte auch dazu Zehenten und ein Capital von GOOO Gulden.
^) Topographia Windhaagiana, S. 41.
*) L. c. S. 41, 42.
10»
148
Das Kloster wurde vorzüglich zu Ehren des heiligen Joachim gegründet;
neun Väter und drei Laienbrüder waren die ersten Bewohner desselben. Der
Pater Vincentius Hauser, welcher die Tochter des Enzmüller vom Kloster zu
Tulln, wo sie Nonne war, nach Windhaag gegen Ende des Jahres 1667 begleitet
hatte, wurde der erste Prior oder Vicarius zu Münzbach; mit ihm kam
auch dahin F. Hyacinthus Marianus, Lector der heiligen Schrift, welcher
längere Zeit als Bibliothekar die grosse Bibliothek zu Windhaag einrichtete
und ordnete und dann die „Topographia Windhaagiana aucta" herausgab.
Das Kloster war im Jahre 1669 vollendet und vom 3. December d. J. ist
der Stiftungsbrief ausgestellt, in dem auch die Verpflichtungen und Bedin-
gungen für die Dominicaner enthalten waren; er wurde von dem Provincial,
vom Prior und Convent daselbst unterschrieben und mit ihren Siegeln ver-
sehen. Sie verpflichteten sich gegen den Stifter, die Stifterin, ihre Tochter
Eva Magdalena, und ihre Erben, Folgendes zu beobachten und zu vollführen:
I. In religiöser, kirchlicher Beziehung.
a) Sie sollen alle Tage zur Prim die erste Messe für den Stifter lesen.
h) Nach seinem Tode die drei Tage, nämlich den ersten, siebenten und
dreissigsten Tag nach katholischer Sitte mit zwei gesungenen Ämtern und der
Todtenvigil, dann alle Jahre den Jahrestag mit zwei Ämtern und derVigil feiern,
und eben so sollte es in Betreff der Stifterin und der Tochter Magdalena nach
ihrem Tode sein.
c} Sie sollen nach und nach für den Stifter 1000 heilige Messen lesen,
auch alle Quatember ein Seelenamt für den Stifter und seinen ganzen Stamm
halten. Ferner müssen sie am 26. Februar für den Vater des Stifters *) einen
Jahrestag mit zwei gesungenen Ämtern halten und am21.0ctober den Sterbetag
seiner Mutter auf ähnliche Weise begehen. Aber an den Jahrestagen des
Stifters , der Stifterin und ihrer Tochter Magdalena sollen sie allezeit das
Requiem und Lobamt mit Leviten halten, wozu ihnen der Stifter einen gold-
gestickten Ornat verehrte; auch gab er ihnen zwei kleine silberne Monstranzen,
seine Tochter aber schenkte ihnen 50 Gulden zum Ankaufe einer grösseren.
d) Da zu dieser Zeit auch das Nonnenkloster zu Windhaag schon bestand,
so waren die Dominicaner verpflichtet, so oft der Beichtvater der Nonnen
oder sein Nebenpriester ausreisen wollten oder krank sein würden, den Gottes-
dienst zu Windhaag ohne Entgelt zu versehen; sie konnten sich aber dess-
wegen mit den Beichtvätern abfinden. Besonders aber sollten sie auf höfliches
Ansuchen der jeweiligen Priorin zu Windhaag am Palmsonntage zur Passion
singen, wie auch am Charfreitage den Gottesdienst halten helfen, und letzteres
auch an den drei Jahrestagen des Stifters, der Stifterin und ihrer Tochter,
nachdem zu Münzbach dieses geschehen sein würde, auch zu Windhaag thun.
Im Monate Juni sollten sie, wie auch die Franciskaner zu Grein, am ersten
Sonntage nach St. Anton von Padua den Gottesdienst in der Portiuncula-Kirche
zu Windhaag halten, im Juli das Fest der heiligen Magdalena und der Kirch-
weihe, im August den ersten Sonntag nach dem Portiuncula-Feste, wie im
Juni, feiern helfen, im October eben so den ersten Sonntag nach dem Feste
^J Er war am 26. Februar 1616 gestorben.
149
des heiligen Franz Seraphicus. Endlieh so oft im Kloster zu Windhaag die Ein-
kleidung oder der Profess einer Nonne vor sieh gehen würde, sollten sie (so wie
an den genannten Festtagen) die völlige Musik mit den Alumnen und dem Schul-
meister (der sie darin unterrichtete) halten ').
II. Verpflichtung der Dominicaner zu Münzbach in Betreff
des Studienwesens unddes Alumnates.
In dem Cessionsbriefe , welchen am 20. Jänner 1669 Joachim Enzraüller
zu Windhaag ausstellte , bestimmte er die 600 Gulden Interessen von der
Kirchhammer'schen Stiftung für die Vorsteher des Klosters zu Münzbach, mit
der Bedingung, dass sie die Jugend in Gottesfurcht und in den Studien, auch
in der Musik und im Gesänge unterrichten und besonders sechs Alumnen in
Speisen, Kleidern und was sonst nothwendig ist, unterhalten sollten. Dazu
Hess sich auch der Dominicaner -Orden laut seiner, dem Cessionsbriefe von
1669 beigefügten Erklärung (datirt Wien 8. Juni) herbei.
Der Graf von Windhaag behielt aber sich und seinen Erben vor, die
Alumnen selbst aufzunehmen und Alles zu verordnen, was zur beständigen Fort-
pflanzung und Beförderung dieses Schulwesens dienen könnte '^). Er Hess auch
das Schulgebäude und Alumnat, ganz nahe dem Kloster, diesem einverleiben
und recht tauglich zurichten. Die Dominicaner übernahmen also diese Anstalt
und stellten die Lehrer aus ihrer Mitte auf. Das Kloster genoss dafür
300 Gulden von den jährlichen Interessen pr. 600 Gulden, das Übrige wurde
für die Alumnen verwendet, welche von ihnen Kost und Kleidung, und zwar
täglich drei, an Festtagen vier Speisen, aber immer nur Wasser zum Tranke
erhielten. Alle Jahre zu Ostern oder Pfingsten bekamen sie ein neues Kleid
von braunem Tuche , jährlich vier Paar Schuhe und jedes zweite Jahr einen
Mantel. Der Graf hatte auch eine genaue Instruction und Ordnung sowohl für
die Alumnen als für die Priester vorgeschrieben. Die Knaben mussten bei allen
gestifteten Jahrestagen und ausserordentlichen Feierlichkeiten, welche in der
Kirche Portiuncula oder in der Klosterkirche zu Windhaag gehalten wurden,
erscheinen und den Gottesdienst mit figurirten Ämtern verherrlichen helfen.
Obwohl die Priorin von Windhaag über sie befehlen konnte, so Hess sie
doch gewöhnlich wegen Erhaltung freundschaftlichen Verhältnisses den Prior
darum ersuchen. Über dieses Alumnat mussle der Hofrichter von Windhaag
im Namen der Priorin fleissige Aufsicht führen, damit die Knaben nach des
Stifters Vorschrift gut verpflegt würden und keine Klage hätten. Die jeweilige
Priorin hatte vermöge des Testamentes des Grafen das Recht, die Knaben
dem Pater Prior zu Münzbach zu präsentiren, jedoch ehe sie einen in das
Alumnat aufnahm, musste sie sich mit ihm und dem Präfecten besprechen, ob
er dazu tauglich wäre.
Jeder Knai>e musste der Priorin einen von ihm eigenhändig geschriebenen
und noch dazu von einem anderen Knaben, gleichsam als Zeugen, unterfer-
tigten Revers ausstellen. Was aber die Aufnahme in dieses Alumnat betraf,
•) Nach dem Manuscripto der ersten Priorin.
^) Nach einer collationirten Abschrift der Cessionsurkunde, datirt Linz den
11. December 1726, im stSndlscben Archive bu Llnx.
150
so sollten vermöge der Anordnung vor Allen den Vorzug haben: die Kinder
der Bürger und der Ünterthanen, dann die Kinder der Beamten und Bedienten,
ferner jene, welche von den Verwandten oder Sehwägern des Grafen empfohlen
wurden, endlieh jene, welche zum Studiren tauglich erkannt wurden. Anfangs
liess die Stifterin, die erste Gemahlin des Grafen, den Alumnen ihre Betten
umsonst zubereiten, später aber wurde mit Wissen und Einwilligung der ersten
Priorin Magdalena die Einrichtung getroffen, dass jeder neu aufgenommene Knabe
ein Bett für sich mitbringen musste *).
In Münzbach studirten die Alumnen durch sechs Jahre; von dort kamen
sie, als nach dem Tode des Grafen von Windhaag das grössere Alumnat zu
Wien errichtet wurde, in dieses und setzten ihre Studien fort.
III. Die Dominicaner hatten auch die Pfarre Münzbach zu versorgen;
diese war dem Kloster einverleibt und wurde nur jährlich, wie andere Kirchen,
vom Dechant visitirt. Der Prior war immer zugleich Pfarrer und wurde von
dem Provincial dem Bischöfe präsentirt.
Jede Priorin von Windhaag war aber darüber rechtmässige Vogtei-, Lehens-
Frau und Grundobrigkeit. Sie setzte auch, jedoch mit Wissen des Priors, die
Zechpröpste, den Schulmeister und Messner ein oder schaffte sie ab. Die
Instruction für dieselben hatte schon der Graf Joachim entworfen, seine Tochter
aber hat sie noch vermehrt und verbessert. Es bestand ein eigenes Inventarium
und die Zechpröpste mussten jährlich eine ordentliche Rechnung über alle
Empfänge und Ausgaben ablegen, und zwar der Priorin von Windhaag vor
Lichtmessen. Sie zog dabei den Hofrichter zu Rathe, und die Rechnung wurde
öffentlich in der Kanzlei zu Windhaag gemacht; die Priorin sass dabei an
einem Tische in einem inneren Zimmer und hatte den Vorsitz, daneben waren
der Prior, der Hofrichter und der Hofschreiber. Sie unterschrieb zuerst die
Rechnung, dann der Prior zur linken Seite derselben, und weiter unterhalb der
Hofrichter. Dann gab dieser dem Prior und den Zechpröpsten ein kleines Mit-
tagsmahl, wozu von dem Einkommen der Kirche drei Gulden verwendet wurden.
Die Kirche Münzbach hatte übrigens ünterthanen. Wiesen, Zehente und
Getreidekästen.
Die Kirehenpröpste führten die Aufsicht über das alte deutsche Schul-
haus zu Münzbach, in welchem auch der Schulmeister mit seiner Familie
wohnte und die Kinder unentgeltlich unterrichten musste; was an dem
Schulgebäude zu machen war, wurde von dem Einkommen der Kirche
bestritten.
IV. Die Dominicaner hatten ferner die Pfarre Altenburg (nahe bei
Windhaag) zu versehen. Sie war sehr alt, die Herrschaft Windhaag hatte in
derselben ihre meisten ünterthanen und war darüber Patron und Vogtei. Nach
der Stiftung des Nonnenklosters und dem Tode des Stifters hatte die jeweilige
Priorin beide Rechte. Diese Pfarre war in ihrem Vermögen sehr herabge-
kommen, so dass um jene Zeit kein eigener Pfarrer sich dort befand, sondern
der Caplan im Schlosse Windhaag war zugleich Pfarrer von Altenburg und
genoss die Windhaag'sche Capellen-Stiftung pr. 2000 Gulden.
*) Alles dieses nach dem Manuscripte der ersten Priorin.
131
In Abwesenheit der Herrschaft hielt er an Sonn- und Feiertagen den Gottes-
dienst zu Altenburg, an Wochentagen aber las er die heilige Messe zu Windhaag.
Da aber Joachim Enzraüller sich einen steten, eigenen Caplan auf seine Kosten
hielt, so nahm er jene 2000 Gulden von der Capellen- Stiftung weg und über-
ÜTig dieselbe an das Kloster Münzbach, verordnete aber, dass ein jeder Prior
allda auch die Pfarre Altenburg durch einen Priester des Conventes versehen
lassen sollte. Dieses Gotteshaus besass jedoch einiges Holz, Äcker, Wiesen und
Zehente, einen Pfarrhof und ein Messnerhaus; in der Kirchfe war auch die Grab-
stätte der Familie von Prag. Es war ferner angeordnet , dass die Priorin von
Windhaag auf Ansuchen des Priors von Münzbach den von ihm zum Pfarrer
bestimmten Priester dem Bischöfe von Passau prösentiren sollte, welcher dann
demselben ein Änstellungsdecret zuschickte. Die Priorin ernannte die zwei
Zechpröpste und den Schulmeister, welcher zugleich Messner war. Der Pfarr-
hof und das Messnerhaus mussten von dem Einkommen der Pfarre erhalten
werden.
Die Kirchenrechnung wurde nach der Angabe des Schulmeisters zu Alten-
burg selbst vom Hofschreiber gemacht, welcher dafür einen Gulden erhielt; der
Hofrichter führte dabei anstatt der Priorin den Vorsitz , aber die Rechnung
musste ihr zur Bestätigung übergeben werden.
Magdalena, die Tochter des Stifters von Münzbach und Windhaag, Hess in
der dortigen Kirche einen neuen Hochaltar machen , stiftete ein ewiges Licht
davor und errichtete einen Stiftbrief, vermöge dessen dort jährlich am Magda-
lenentage eine heilige Messe für sie und nach ihrem Tode ein Jahrestag gehalten
werden sollten. Am Bartholomäusfeste war der Kirchtag; der Amtmann nahm
das Standgeld ein und übergab es der Priorin ^).
c} Das Kloster Münzbach musste auch einen Priester als Vicarius nach
Rechberg stellen. Dieses war früher nur eine Filiale von Pierbach und es
wurde dort von hier aus jeden dritten Sonntag Gottesdienst gehalten. Joachim
Enzmüller machte aber nach Rechberg eine neue Stiftung mit Gründen und
Zehenten und errichtete den Pfarrhof für einen Priester , der immer dort
wohnen sollte ; auch die Kirche wurde vergrössert. Der Bischof von Passau,
Leopold Wilhelm , Erzherzog von Österreich , erklärte Rechlierg unterm
Datum des 15. August 1656 als selbstständige Pfarre und als unabhängig von
Pierbach.
Der Stiftbrief Joachim Enzmüller's ist vom 6. December 1657, dem Feste
des heiligen Nikolaus, dem die Kirche geweiht ist, datirt 2). Das Prfisentations-
recht, die Vogtei und Lehensherrlichkeit gehörten der jeweiligen Priorin von
Windhaag. Schon die erste Priorin ernannte zwei Unterthanen zu Zechpröpsten,
denen sie auch eine Instruction und ein Inventarium zustellte; die Kirchen-
rechnung wurde in der Art und Weise wie zu Altenburg aufgenommen. Die
Priorin nahm stets den Pfarrer aus dem Kloster Münzbach , der ihr aber vor
dem Antritte der Pfarre einen Revers ausstellen musste; sie präsentirte ihn dem
Bischöfe von Passau , welcher ihn jedoch nur auf drei Jahre anstellte und ihm
^) Nach dem Manuscripte.
') Topograpbia Windhaagiana, S. 41.
1S2
den Titel Vicar ertheilte; nach drei Jahren musste wieder die Präsentation
erfolgen, die Unkosten davon musste er selbst bestreiten *).
Den Zehent der Pfarre genoss das Kloster Münzbaeh , es musste aber den
Vicarius , der zu Reehberg wohnte , mit Lebensmitteln und Wein versehen. Die
erste Priorin von Windhaag stiftete dort 200 Gulden Capital zu einem ewigen
Lichte, und eine heilige Messe für sich, so lange sie lebte, am 23. Februar als an
ihrem Geburtstage, dann am 2. Mai als dem Tage ihres Professes, und am 23. Juli
als an ihrem Namensfeste ; nach ihrem Tode sollte immer ein Jahrestag abge-
halten werden.
Wenn der Vicar in Rechberg starb , musste der Hofrichter im Namen der
Priorin inventiren und sperren und konnte dazu den Prior einladen; dies Letztere
aber sollte unterlassen werden , wenn der Dechant von Freistadt selbst zur
Sperre kommen würde ^).
An den dortigen fünf Kirchtagen musste der Amtmann von Saxenegg das
Standgeld einsammeln und der Priorin übergeben.
d) Joachim Enzmüller hatte zu Münzbach auch ein Spital, noch zu Leb-
zeiten seiner ersten Gemahlin, für sechs Männer und eben so viele Weiber einge-
richtet; das frühere war schon seit längerer Zeit eingegangen. Er Hess ihnen
braune Mäntel von Tuch mit langen Ärmeln machen; jede Person besass in ihrem
Zimmer ein grünes Himmelbett mit Vorhängen, ein grünes Tischlein, solchen Stuhl
und solche Truhen; sie hatten die nöthige Beheizung, einen Becher von Zinn, drei-
mal in der Woche Fleischspeisen. Eine Pupille der Herrschaft musste dort als
Meierin ihren Hofdienst abdienen, zu Spitalmeistern wurden ein Bürger und ein
Bauer bestimmt; letzterer musste die nöthigen Fuhren umsonst für das Spital
leisten, war aber dafür von aller Robot frei. Zu dem Spitale gehörten ein Gar-
ten mit Obstbäumen, Wiesen, Äcker und ein Zehent; auch zwei Kühe, mehrere
Schweine und Hühner waren für dasselbe bestimmt.
Das Spital war zu Ehren der heiligen Barbara gestiftet ; eine Capelle mit
einem Altare befand sich in demselben, wo die Bewohner, wenn sie krank waren,
die heilige Messe hören konnten , welche die Priester von Münzbach lesen
mussten. Diese hatten auch die Verpflichtung, den Kranken Beichte zu hören, sie
zu communiciren, ihnen die letzte Ölung zu ertheilen und die Verstorbenen einzu-
segnen; sie mussten dieses Alles unentgeltlich leisten. Der Graf verschaffte dem
Spitale in seinem Testamente noch überdies 1000 Gulden, welche seine Tochter
nach Belieben entweder zur Aufnahme mehrerer in das Spital oder zur Ver-
besserung des Zustandes der Gegenwärtigen verwenden konnte. Sie that das
Letztere , verbesserte ihre Kleidung , verschaffte ihnen täglich Fleischspeisen
(ausgenommen an den gesetzlichen Fasttagen) und ein Seitel Bier. Sie legte
ihnen aber dafür auf , dass sie täglich eine heilige Messe hören und dann zu
Hause einen Rosenkranz beten, an allen Festtagen Jesu und Mariens, am St.Mag-
dalenentage und am Sonntage vor oder nach des Stifters Sterbetage die heilige
Beichte verrichten und die heilige Communion empfangen sollten ; an die-
sen Tagen bekamen sie aber auch anstatt des Bieres Wein. Sie Hess das
*) Nach dem Manuscripte der Priorin,
*) Auch nach dem Manuscripte.
I
153
Spital verschönern, mit Bildern zieren, das Wappen des Stifters dort aufstellen,
schenkte ein grosses Kreuz zu Leichenbegängnissen , ein Crucifix und ein
schönes Marienbild. Zwei Bürger wurden nun zu Spitalmeistern ernannt ; der
Bader, welcher die Kranken besorgte, erhielt jährlich 4 Gulden. Die Spitalauf-
seher mussten jährlich die Rechnung legen, welche die Priorin und der Hofriehter
durchschauten und prüften; die Bewohner des Spitales durften dabei erscheinen,
wurden über ihren Zustand und ihre Behandlung gefragt, und getröstet entlassen.
Sie konnten zu kleinen Arbeiten, wie Nägel ausziehen, Hopfen pflücken u. dgl.,
aufgefordert werden, wo sie dann mehrBrod erhielten; sie durften aber nicht als
Tagewerker um Geld arbeiten. Verdienten sie jedoch etwas, ohne dass der Ord-
nung im Spitale Eintrag geschah , so musste es in die allgemeine Casse abge-
liefert werden.
Bei der Aufnahme in das Spital sollten besonders die Unterthanen und Dienst-
leute des Grafen und ihre Nachkommen berücksichtigt werden *}.
e) Einführung der Erzbrüderschaft Jesu, Mariens und
des ewigen Rosenkranzes.
Enzmüller liess dieselbe schon vor Erbauung des Klosters zu Münzbach am
2. Februar 1653 durch den Prediger -Orden einführen und so einrichten , wie
es in grossen Städten der Fall war. Er ernannte einen Rector aus dem Laien-
stande und einen Vicerector , einen Secretär und einen Ansager. Für die
Priester , welche dazu gehörten , war ein Dominicaner als geistlicher Vater
bestimmt. Über die Brüderschaft selbst hatte nach der Gründung des Klosters
kein Prior von Münzbach etwas zu befehlen. Der Stifter wollte vielmehr , dass
die Rechnung des Klosters, welche dem Prior und Procurator zustand, von der
Brüderschaft untersucht und von dem Rector und dem geistlichen Vater ratificirt
werden sollte. Er gab die Mittel dazu her, dass die Patres ein eigenes Brüder-
schaftsbüchlein und Kataloge der Verstorbenen jährlich drucken lassen und
vertheilen konnten. Die Mitglieder hatten ein eigenes Local für das Geld und
die Schriften der Brüderschaft; die Rechnung wurde alle zwei Jahre um Licht-
messen aufgenommen und der Stifter unterschrieb sich immer vor allen Anderen.
Nach seinem Tode wollte man jedoch dies nicht mehr der Priorin von Windhaag
gestatten und ertheilte ihr nur die Rechnung in Abschrift. Zur Wahl der Rec-
toren mussten allezeit der Hofrichter und andere Beamte beigezogen werden;
es gab bei dieser Brüderschaft auch Consultores.
Der Stifter that derselben viel Gutes; er verehrte ihr mehrere schön einge-
fasste Reliquien, Tafeln und Bilder, und eine geschnitzte grosse Statue der Mutter
Gottes mit dem Kinde Jesus, und liess dieselbe schön kleiden, um bei der Pro-
cession der Brüderschaft mitgetragen zu werden; er liess ferner 15 sogenannte
Geheimniss-Stäbe (mit Abbildungen der Geheimnisse des Hosenkranzes) und fünf
blaue und eben so viele rothe und gelbe Röcke für die Trüger derselben ver-
fertigen. In seinem Testamente vermachte er dieser Brüderschaft ßOO Gulden
unter der Bedingung, dass sie von ihrem Einkommen die weissen Wachskerzen
zu seinem und seiner Familie Jahrestagen hergeben sollte. Da aber hierüber nichts
^) Nach dem Manuscripte.
154
Näheres bestimmt war und es der Brüderschaft hätte beschwerlieh fallen können,
so Hess seine Tochter und Erbin Magdalena mit Rath geistlicher und weltlicher
Personen von den anliegenden Capitalien , welche von der Kirche Münzbach
kamen und mit denen der Stifter für die Kirchenbaukosten entschädigt worden
war, loO Gulden der Brüderschaft übergeben und errichtete mit ihr einen Stift-
brief, worin sie die Anzahl der Kerzen festsetzte ; dieselbe sollte nämlich bei
dem Jahrestage des Stifters 140, bei jenen der Stifterin und der Tochter, nach
ihrem Tode, 50, für den Vater und die Mutter des Stifters 25 Kerzen, vier Loth
schwer, aufstecken *).
f) Joachim Enzmüller machte auch mit der Pfarre Pergkirchen eine
Änderung; diese war vom Kaiser Ferdinand II. im Jahre 1624 dem Abte Kaspar
von Baumgartenberg übergeben worden , allein die Vogtei darüber gehörte seit
alter Zeit zur Herrschaft Windhaag; nun wurde dieselbe auf Ansuchen des Abtes
Bernard durch eine Commission und einen Vergleich jenem Kloster in so fern
überlassen, dass der Abt einen Pfarrer nach seinem Belieben dort anstellen und
dem Bischöfe präsentiren konnte, doch sollte er ihn stets der Herrschaft Wind-
haag anzeigen und dieselbe als Vogtei verehren , welche auch den Messner und
die Kirchenrechnung aufnahm. Nach dem Tode des Stifters machte seine Toch-
ter wieder eine Veränderung; der Abt versprach nämlich diese Kirche zu Ehren
des heiligen Georg zu restauriren und auf seine Kosten verschönern zu lassen ;
daher überliess sie , indem das Kloster Windhaag ohnehin keinen Nutzen davon
hatte, auf Ansuchen des Abtes die ganze Vogtei auch über die Kirchenrechnung
und den Messner dem Kloster Baumgartenberg , jedoch gegen Cedirung von
1000 Gulden , welche zu Klamm anliegend waren ; aber die landesgerichtliche
Jurisdiction , die Grundherrlichkeit und die Wildbahn behielt sie ihrem Kloster
Windhaag vor ; sie überliess dem Abte auch einen ünterthan , der ohnehin
der Vogtei unterthänig war, gegen einen anderen, welcher jedoch weniger
eintrug ^).
Was das Kloster zu Münzbach betrifft , so ist noch zu bemerken , dass
dasselbe von dem Bischöfe zu Passau unterm Datum des 12. December 1675
förmlich bestätigt wurde und dass immer pro primis fructibus (bei dem Wechsel
eines Priors) zehn Gulden nach Passau bezahlt werden mussten ^).
Auch die Einverleibung der Pfarre Münzbach zum Kloster erhielt am 14. Mai
1681 eine neue Bestätigung vom Bischöfe Sebastian von Passau *).
Das neue Schloss zu Wiiidhaag saiuiut den Nebengebäuden.
I. Joachim Enzmüller hatte überall auf seinen neu erkauften Herrschaften
mit vielen Unkosten die alten Schlösser, Kirchen und Capellen in einen besseren
Zustand bringen und verschönern, und neue Gebäude aufführen lassen; dieses
*) Nach dem Manuscripte. ,
^) Auch nach dem Manuscripte.
^) Original-Urkunde von Waldhausen.
*) Nach der Original-Urkunde darüber.
155
that er nun auch zu Windhaag , wo er gewöhnlich wohnte , wenn ihn nicht die
Geschäfte anderswo festhielten. Er hatte im alten Schlosse daselbst Wohnungen
für sich und seine Leute , für die Beamten und die Kanzlei herrichten lassen,
allein es genügte ihm mit der Zeit nicht mehr. Es war in vieler Hinsicht unbe-
quem und in einem alterthümlichen Style erbaut ; er beschloss daher neben
demselben ein ganz neues, grosses und schönes Schloss aufzuführen und das-
selbe herrlich einzurichten zu einer angenehmen Residenz für sich und zur
Zierde des Landes.
Wann der Anfang zu demselben und den Nebengebäuden gemacht wurde,
ist uns nicht bekannt , es scheint jedoch nach dem Jahre I60O geschehen zu
sein. Das neue Schloss wurde nahe an das alte angebaut und durch eine Brücke
über den Graben bei dem Eingange in dieses mit ihm in Verbindung gesetzt.
Ein neuer tiefer Graben wurde aus dem Felsen gehauen und eine ßrustmauer
vor dem Schlosse gezogen. Über eine Aufzugbrücke kam man zu dem Haupt-
thore; oberhalb dessen ragte ein hoher Thurm empor, in dem mehrere Zimmer
sich befanden. Vor der Fronte war ein grosser, ebener Platz mit vieler Mühe
angelegt , welchen ein Springbrunnen zierte , der nach dem Muster jenes zu
Augsburg auf dem Weinmarkt stehenden verfertigt wurde. Im Innern des
neuen Schlosses war ebenfalls ein grosser Hof mit einem Springbrunnen ; es
befanden sich darin schöne bequeme Wohn- und Gastzimmer , dann eine drei-
fache Gallerie; in einer waren gemalt zu sehen die vier grossen Monarchien,
als die babylonische, persische, griechische und römische; in der mittleren die
Portraits der vorzüglichsten römischen Kaiser , ausser jenen aus dem Hause
Österreich; diese waren nebst anderen ausgezeichneten Fürsten aus demselben
in der dritten Gallerie, der Letzte von ihnen war der Kaiser Leopold I.; auf der
Seite gegen den Schlosshof befanden sich die Portraits der Gemahlinnen dieser
Kaiser.
Im Schlosse war auch eine schöne Capelle; es bestand zwar schon früher
eine ausserhalb des alten Schlosses, allein sie war schlecht gebaut und kaum
mehr brauchbar; daher wurde nun daselbst eine fast ganz neue errichtet und mit
dem neuen Schlosse verbunden, mit neuen Altären, Bildern, Stühlen und einer
Kanzel, mit einer Beichtstube und Sacristei versehen. Der Boden war mit
weissem und rothem Marmor gepflastert und die Herrschaft konnte sich von
ihrer Wohnung durch einen Gang in ein schönes Oratorium begeben , wo sie in
die Capelle sehen , ja über eine Stiege in diese selbst gelangen konnte. Unter
der Capelle war eine Gruft zur Betrachtung des bittern Leidens und Sterbens
Jesu , zum Theile aus einem Felsen gehauen. Diese Capelle wurde auf Bitten
des Erbauers am 29. Juni 1664 von dem damaligen Weihbischofe zu Passau
sammt der Gruft feierlich eingeweiht *).
Grossartig und reichhaltig war auch die Bibliothek zu Windhaag.
Der Stifter hatte schon viele Bücher von seinen Voreltern geerbt und dann
Hylmhard Jorger's hinlorlassene vortreffliche Bibliothek, welche sich zu Steier-
(M-k iiL'fand, durch Kiuii :ia sich gebracht. Allein dazu kamen noch mehrere
Tausende, welche Enzmüllcr von Buchhändlern kaufte, ferner die Bibliotheken
*) Topographia Windhaagiana, S. 5.
1S6
der Herren von Minkennitz, Fernberger u. s. w. Da das schon bestehende Local
der Bibliothek viel zu klein war, so erbaute er noch zwei grosse Stockwerke;
in jener Bibliothek, welche die alte genannt wurde, waren die Bücher aufge-
stellt , welche bis auf das Jahr 15o0 erschienen waren; im zweiten Saale , die
neue Bibliothek geheissen , waren die Bücher von diesem Jahre bis 1650,
und im dritten Saale , die moderne Bibliothek genannt, die Bücher von
i630 bis zu seiner Zeit.
Alle drei Locale waren gut gewölbt, mit grossen Fenstern, schönen Stucca-
turarbeiten, Gemälden und Bildern der vorzüglichsten Gelehrten versehen. Bücher
waren vorhanden aus allen Facultäten und Gattungen der Wissenschaft ; zwei
schöne Globen befanden sich auch dort. Ansehnliche Manuscripte , dreissig
geschriebene Bücher de rebus politicis et privatis variarum nationum,
besonders auch die Stände Österreichs betreffend, ferner Gemälde, die wichtig-
sten Ereignisse der neueren Zeit darstellend , waren dort zu sehen. Sie war
unstreitig damals die vorzüglichste Bibliothek im Lande ob der Enns. Ihre
Einrichtung fällt in die Jahre 1656—1670; der Dominicaner Hyacinthus Maria-
nus war längere Zeit mit der Anordnung derselben beschäftigt *).
An die Bibliothek war die Kunstkammer angebaut; sie hatte eine Länge
von sechs Klaftern. Der grösste Theil davon wurde nach dem Jahre 1660 aus
der Verlassenschaft des Adam Fernberger, Rait-Marsehall bei den niederöster-
reichischen Ständen, angekauft. Es befanden sich in schönen schwarzen Kästen
Seltenheiten der Natur und Kunst, von Gold, Silber, Elfenbein und Edelsteinen,
Reliquien, ein Einhorn und ein Rhinoceros von Bildhauerarbeit, Gemälde auf
Holz und Kupfer, Stücke von Gyps, Kunststücke und Schnitzwerke von Holz.
Ferner seltene ausländische Vögel, Mineralien der verschiedensten Gattung und
Kupferplatten , worauf die Wappen fast aller Familien des ganzen österreichi-
schen Adels gravirt waren.
Mitten in der Kunstkammer stand der Münzkasten, von schwarzem
gebeiztem Holze und mit vielen goldenen Zierrathen versehen. Es befanden sich
in demselben 600 Schubladen, worin alte und neue Münzen waren, und zwar von
den verschiedensten Völkern , von Gold und Silber ; die Zahl derselben wurde
auf 20.000 Stücke angegeben 2).
Unter der modernen Bibliothek war die Rüstkammer mit drei Abthei-
lungen; dazugehörten sieben eiserne Feldkanonen mit ihren Lafetten, welche
jedoch wegen ihrer Grösse unter der Gallerie aufgestellt waren ; dann viele
eiserne Kugeln , zwei kleine Kanonen von Metall , eine Menge Musqueten und
Lunten, neun aus Harnischen gebildete Statuen, Hellebarden, Partisanen, Helme,
Casquete , Scheibenröhre , worunter manche mit zierlich eingelegten Figuren,
Pistolen, Terzerole , Stilete, grosse Schlachtschwerter, rothe, gelbe, grüne
Schützenröcke, türkische Pfeile, Bogen, Köcher, Panzer, Schilde, 39 Gewehre,
welche den rebellischen Bauern im Kriege abgenommen worden waren, Trom-
meln, Pfeifen, Kriegsfahnen, endlich die beiden Bildnisse des Grafen Adam
Herberstorf, Statthalters im Lande ob der Enns während des Bauernkrieges,
*) Topographia Windhaagiana, S. 9 — 17.
3)L. c. S. 17 — 19.
157
und des baierischen Generals Pappenheim, des Besiegers der Bauern im Jahre
4626*). Diese Rüstkammer mit den Waffen wollte der Graf von Windhaag dem
Kaiser zu Wien widmen , damit dieselben zur Zeit der Noth verwendet werden
könnten; als er sich aber überzeugt hatte, dass die Zeughäuser in Wien ohnehin
gut genug versehen seien, so unterliess er es und verordnete, die Waffen zur
anfälligen Vertheidigung des Schlosses Windhaag selbst gegen einen plötzlichen
Anfall zu gebrauchen.
Aus der Rüstkammer gelangte man in die We rk zeugkammer, worin
sich vielerlei Handvverkzeug befand, z. B. für Buchbinder, Goldschmiede, Bild-
hauer, Drechsler, Tischler, Schlosser u. s. f.
Der Römer -Saal war mit Abbildungen aus der Geschichte Roms von
den ältesten Zeiten , der Könige und Kaiser, der Städte Rom, Constantinopel
und Wien, und mit Landkarten geziert.
Der Öster r e ich er - Sa a 1 prangte mit Gemälden aus der Geschichte
Österreichs, mit den Bildnissen der Kaiser aus dem Hause Habsburg, mit sehr
vielen Portraits aus dem österreichischen Adelstande und selbst von Damen;
aber das Brustbild Kaiser Ferdinand's HI. war künstlich aus Erz gegossen.
Der Speisesaal war an den vier Wänden geschmückt mit den Bildern
der Kaiser , Könige und Herzöge aus dem Hause Habsburg , immer mit ihren
Wahlsprüchen und grösstentheils mit den Portraits ihrer Gemahlinnen und Töch-
ter und den Sinnbildern derselben , bis auf Kaiser Leopold L Von diesem Saale
kam man zu einem Altane, von dem eine sehr schöne Aussicht war.
Ferner befanden sich im Schlosse eine wohl eingerichtete Apotheke und
ein Laboratorium, schöne Gastzimmer, Keller, Küchen, Speisekammern u. dgl.
In der Schlafkammer der Herrschaft war ein vergoldeter Altar zu Ehren des
heiligen Schutzengels, nebst Bildern mehrerer Heiligen. Zu bemerken ist noch
die schöne Sala terrena , deren Fussboden mit weissem und rothem Marmor
gepflastert war und worin sich ein Springbrunnen befand. Ein kleiner Lust-
garten schied dieselbe von der herrlichen Grotte, welche mit vielen Figuren und
einem Springbrunnen geziert war.
Ausserhalb des Schlosses waren zehn Teiche, mehrere Brunnen und eine
grosse Cisterne , ferner ein wohl eingerichtetes Brauhaus , ein doppeltes Bad,
sechs kleine Häuser für Künstler und Handwerker , die Hofschmiede , Binder-
und Zeug-Stadel, das Back- und das Wasch-Haus; alles gehörte zum Schlosse.
Sehr gross und schön war der eigentliche Hofgarten, mit Blumen und Obst-
bäumen, Weinhecken und Gängen versehen; in der Mitte desselben standen ein
Lusthaus und ein Springbrunnen.
Gross, wohlgebaut und festgewölbt war auch der viereckige Meierhof ;
da waren ein Thurm, Zimmer, Stallungen und ein grosser Röhrbrunnen, an den-
selben grenzte ein Garten mit einem Lusthaus, daneben befanden sich auch die
Wohnung des Gärtners, Waschkuchen, die Pfisterei, Getreidekästen u. s. f. ").
IL Als ein Nebengebäude stand ausserhalb des neuen Schlosses d i e
Kirche Portiuncula oder der heiligen Maria zu den Engeln.
^) Topographia Windhaagiana, S. 20 u. s. w.
*) Nach der Topographia Windhaagiana und den Abbildungen in derselben.
158
Dies war ein Bau ganz eigenthüml icher Art und die Veranlassung dazu
war eine Reise, welche Enzmüller im Jahre 1645 nach Italien machte. Er kam
nämlich auf derselben am 22. Mai in das Thal Spoleto und nach Assisi , wo die
kleine Kirche Portiuncula stand , welche jedoch der heilige Franciscus Sera-
phicus zum Haupte seines Ordens erwählt und wofür er im Jahre 1223 den
grossen Ahlass erhalten hatte. Der Anblick derselben ergriff den Enzmüller
gewaltig und er gelohte, mit Einwilligung des Franciscaner-Ordens und des
Bischofs von Passau bei seinem Schlosse Windhaag eine ganz ähnliche Kirche
zu erbauen. Er reiste dann auch nach Rom, wo er die Ehre hatte, bei dem
Papste Innocenz X. am 23. Juni 1645 eine Audienz zu erhalten, welcher ihm
auch mancherlei geistliche Gnaden ertheilte. Zu diesem Baue bei Windhaag
erhielt er einen bauverständigen Capuziner, den Pater Franciscus , der von
seinem Ordens -General eigens zur Abmessung und Verfassung eines genauen
Abrisses aus Venedig nach Portiuncula geschickt wurde, welches* ihm auch recht
gut gelang. Er kam dann nach Windhaag und leitete den Bau unter Beihilfe
des Pater Jovita, welcher des Ordens Definitor Generalis war.
Am 1. April 1651 wurde der Stiftbrief ausgestellt und am 1. Mai d. J. der
Grundstein gelegt in Gegenwart eines bischöflichen Abgesandten, vieler Stan-
despersonen und einer grossen Menge Volkes. Nach wenigen Monaten war schon
der Bau der Kirche vollendet, der Boden mit Marmor gepflastert, eine Sacristei
und das Musikchor hinter dem Altare errichtet. Neben der Kirche waren Woh-
nungen für einen Messner und auch für Gäste hergerichtet.
Am Vordertheile derselben war der Ursprung der Andacht von Portiuncula
abgebildet, aber ober dem Hauptthore stand die Aufschrift : Porta coeli , und
gleich darunter waren die Worte des heiligen Franz Seraphicus in Betreff' des
Ablasses angebracht: „Augusti hie veniam dat tibi quaeque dies'', um anzu-
zeigen, dass zu Assisi dieser Ablass nicht nur am 2. August, sondern an jedem
Tage des Jahres genommen werden könne. Auf dem Altare in der Kirche stand
zuerst der Tabernakel , ober demselben in einer Reihe waren zu sehen : der
heilige Franciscus , Benedictus , zwei Engel (davon die Kirche auch „Kirche
Maria der Engel" genannt wurde) , die heilige Scholastica , die heilige Clara.
Oben war das Bild von der Verkündigung Mariens künstlich gemalt ^).
Das Ganze war wohl schon früher benedicirt worden , aber die eigentliche
Consecration wurde den 29. .Juni 1664 voft dem Weihbischofe von Passau feier-
lich vorgenommen. Der Stifter hatte für diese Kirche vom Papste einen voll-
kommenen Ablass dreimal im Jahre erhalten, am Feste des heiligen Anton von
Padua, zu Portiuncula (2. Aug.) und am Feste des heiligen Franz Seraphicus. Die
Feier war aber immer auf den nächsten Sonntag nachher verlegt , damit die
Leute Zeit dazu hätten und an ihren Arbeiten nicht gehindert würden, und weil
an den genannten Festtagen selbst die benachbarten Capuziner und Francis-
caner die Feier in ihren Kirchen hielten. Es wurden auch immer Processionen
und Kirchtage abgehalten. Diese Ablässe dauerten aber immer nur auf sieben
Jahre ; dann musste von der Priorin zu Windhaag durch einen Dominicaner zu
Rom um die Verleihung derselben angesucht werden , was manche Ausgaben
*) Topographia Windhaagiana, S. 6 — 8.
159
verursachte. An den obengenannten Sonntagen hielten die Franciseaner von
Grein zu Windhaag den Gottesdienst, die Dominicaner von Windhaag predigten
und hörten Beichte nach ausdrücklicher Anordnung des Stifters in seinem Testa-
mente. Alle Patres erhielten von der Priorin Geschenke; Legate waren ohnehin
auch für sie vermacht und es musste für dieselben eine reichliche Mahlzeit mit
8 bis 10 Speisen und Wein zugerichtet werden.
In dieser Kirche Portiuncula war auch ein Opferstock angebracht, welcher
immer nach Weihnachten durch den Hofmeister in Gegenwart des Beichtvaters
der Nonnen eröfinet wurde ; das Geld musste der Priorin übergeben werden.
An diese Kirche war das Wohnhaus des Messners angebaut , welcher ein
Schneider sein musste , um die Kirchenparamente ausbessern zu können ; er
musste übrigens den Dienst bei allen drei Kirchen versehen , niimlich zu Por-
tiuncula, in der Stiftskirche und in der alten Schlosscapelle, und besonders um
das ewige Licht besorgt sein. Er hatte jährlich 15 Gulden Besoldung , freie
Wohnung und Kost, auch Bier und noch andere Emolumente *^).
§. 3.
Die Stiftung des Nonnenklosters zu Windhaag.
Eine der grössten Stiftungen machte Joachim Enzmüller , indem er das
Nonnenkloster der Dominicanerinnen oder des Prediger -Ordens zu Windhaag
gründete. Die Veranlassung dazu war seine schon bekannte Tochter Eva,
geboren den 23. Februar 1629. Ihr stand eine glänzende Zukunft bevor,
Ansehen, Reichthum, die Freuden dieses Lebens warteten ihrer; aber sie ent-
sagte freudig und freiwillig denselben allen, und trat in den strengen Orden der
Dominicanerinnen und zwar in dem berühmten Kloster zu Tulln in Unteröster-
reich , welches Kaiser Rudolf I. von Habsburg nach seinem Siege über Ottokar
gestiftet hatte. Sie wurde daselbst am 2. April 1647 eingekleidet, erhielt den
Namen Magdalena und begann das Noviziat. Sie unterrichtete sich dann in
den Statuten des Ordens , lebte genau und streng nach denselben und legte
dort am 2. Mai 1650 als Nonne die feierlichen Gelübde ab. Da jedoch ihr Vater
sie mehr in seiner Nähe zu haben wünschte , so beschloss er das alte Schloss
Windhaag zu einem ähnlichen Kloster herzurichten, dieses mit guten Einkünften
zu versehen und zu bewerkstelligen , dass seine Tochter als Priorin demselben
vorstehen und alles leiten könnte. So geschah es auch ; er machte diese Stif-
tung, versicherte dieselbe und erhielt die voriäuOge Bewilligung des Bischofs von
Passau und die Erlaubniss des Kaisers Leopold I. dazu , welcher in einem
eigenen Diplome das Kloster bestätigte , es in seinen besonderen Schutz nahm
und der niederösterreichischen Regierung, wie auch der Landoshau|)tm:)nnschaft
ob der Enns streng auftrug , dieses Kloster bei dessen Vermögen und Rechten
immer kräftig zu schirmen.
Im Jahre 1607 war alles vollendet, das Stift für zwölf Nonnen eingerichtet
und mit allem Nöthigen versehen, und fflr eine jede derselben waren 100 Reichs-
thaler zur Sustentation versichert.
') Nach dem Manuscripte.
160
Der edle Stifter wendete sieh nun an den damaligen General des Domini-
caner-Ordens, Johann Baptist (gebornen Grafen von Marinis), um die Bewilli-
gung, dass seine Tochter mit noch fünf anderen Nonnen aus dem Kloster zu Tulln
entlassen werde und nach Windhaag sich begeben dürfe , um hier das neue
Kloster zu beziehen. Der General bewilligte es auch , allein es konnten nicht so
viele Nonnen ohne Schaden des Stiftes entlassen werden und es zogen daher
nur drei Chorschwestern und eine Laienschwester von Tulln ab, und kamen auf
Anordnung des Provinciais des Prediger-Ordens, Friedrich Adriani, sammt der
Tochter des Stifters, Eva Magdalena, am 24. Decemher 1667 in Windhaag an.
Von dem Austritte aus Tulln bis hierher wurden sie von ihrem Beichtvater, Pater
Vincenz Huuser, Vicarius (dann erster Prior zu Münzbach), und vom F. Hyacin-
thus Marianus begleitet.
Im Anfange des Jahres 1668 wurde also eigentlich das Kloster constituirt,
Eva Magdalena indessen als Priorin eingesetzt und dann als solche 1669 vom
Bischöfe zu Passau, Wenzeslaus, Grafen von Thun, ordentlich bestätigt. Recht
bald schon traten zwölf Jungfrauen von gemeinem Stande in dieses Kloster ein,
so dass die Nonnen von Tulln wieder dorthin zurückkehren konnten.
Zur Einkleidung der ersten Jungfrau, welche in das Kloster Windhaag trat,
Hess der Stifter ein sehr schönes, sogenanntes Brautkleid von blauem Taffet mit
einer Schleppe und langen Ärmeln machen , in welchem dieselbe feierlich zum
Altare zur Einkleidung zog. Dieses Kleid verehrte aber später die erste Priorin
sammt schönen Schleiern der Rosenkranz - Brüderschaft zu Münzbach, um die
Marienstatue mit demselben zu zieren.
Die ersten neu aufgenommenen Nonnen unterrichtete die Priorin selbst im
Lesen, Singen und klösterlichen Gottesdienste, und lehrte sie auch die Ämter im
Kloster zu verrichten ; sie war überhaupt eine sehr verständige und thätige
Person. Ihre Kirche war die alte Schlosscapelle, wo sie auch den Chor hielten;
im Schlosse wohnten auch ihre zwei Beichtväter ^).
Das Kloster wurde am 9. Mai 1673 vom Bischöfe von Passau ordentlich
bestätigt ^}. Was das Verhältniss des Stiftes zu jenem Bischöfe und dem
Dominicaner - Orden betrifft , so war es mit beiderseitiger Einwilligung in
gewisser Beziehung ein eigenthümliches. Der Bischof verblieb Oberhaupt des-
selben, und wenn der Orden den Nonnen etwas Beschwerliches auflegen würde,
so konnten sie sich nach Passau um Schutz wenden ; wenn etwas gegen die
Clausur gesündigt werden sollte, so hatte auch nur der Bischof das Recht, die
Untersuchung darüber vorzunehmen und das Unrechte abzustellen. Ferner
musste auch bei jeder Einkleidung oder Ablegung der feierlichen Gelübde einer
Nonne vorher durch einen Abgeordneten des Bischofs das Scrutinium vorge-
nommen werden. Doch war das Kloster auch in mancher Hinsicht vom Bischöfe
*) Nach dem Munuscripte der Priorin.
^) Notizenblatt , von der kais. Akademie der Wissenschaften zu Wien heraus-
gegeben. Jahrgang 1853, Nr. 23. Blatricula Dioecesis Pataviensis per Austriam
superiorem. 1633 etc. S. 459 u. s. w. — S. 487 heisst es: Monasterium
sanctimonialium ordinis S. Dominici in Windhaag a comite de Windhaag fun-
datum et aucl. ordinarie anno 1673 die 9. Maji confirmatum.
161
exemt und ihm nicht ganz so unterthanig, wie z.B. das Kloster der Domini-
canerinnen zu Minnbach (Imbach) in Unterosterreich. Der Bichof Sebastian von
Passau stellte aber erst im Jahre 1681 darüber einen ordentlichen gesiegelten
Revers aus *).
Was den Provincial des Dominicaner-Ordens betrifft, so hatte er das Recht,
das Kloster zu visitiren, ob die Satzungen des Ordens genau befolgt würden, und
die Beichtväter zu bestimmen ; aber er konnte nichts wider die bischöflichen
Confirmationspunctc thun , noch durfte er sich in das Ökonomische einmischen
oder etwas in dieser Hinsicht auflegen (wie dies Alles doch zu Tulln der Fall
war), worüber das Kloster Windhaag vom Provincial einen eigenen Revers
erhalten hatte.
In Ansehung des Verhältnisses zum Landesfursten war derselbe durch die
besondere Gnade und Erklärung Kaiser Leopold's I. der Beschützer des Klosters
in Bezug auf das Vermögen und die verschiedenen Besitzungen desselben. Jede
Priorin sollte ihn in dieser Beziehung als Oberhaupt verehren, und wenn sie
starb , musste um einen Commissär von der Landeshauptmannschaft zu Linz,
vom Bischöfe zu Passau und vom Orden zur neuen Wahl schriftlich angesucht
werden.
Ihrem klösterlichen Leben lag die alte Regel des heiligen Augustin zu
Grunde; dazu kamen aber die Statuten vom heiligen Dominicus und die
Anordnungen, welche die erste Priorin gemacht hatte; sie beschwor auch
alle nachfolgenden Vorsteherinnen, dieselben genau zu beobachten und davon
nicht zu dispensiren. Es waren anfangs zwölf Chorschwestern und vier Laien-
schwestern ; sie mussten dem Chore und ihren Ordensregeln Genüge leisten,
aber auch die Ämter besorgen, sogar Handwerke erlernen und die jüngeren
Nonnen wieder in denselben unterrichten, damit alles Nöthige für das Kloster
in diesem selbst besorgt und verfertigt werden konnte.
Jede Nonne hatte einen Klosternamen , den sie bei der Einkleidung
erhielt, aber auch einen Beinamen, wie aus dem folgienden Verzeichnisse der-
jenigen erhellt, welche noch während der Lebenszeit des Stifters im Kloster
waren, worin auch ihre besondere Bestimmung oder Beschäftigung angegeben ist.
1. Eva Magdalena, Priorin, Tochter des Stifters.
2. Maria Dominica, Subpriorin, von der Kreuzigung Christi.
3. M. Rosa, von der Blutschwitzung Christi, Schaffnerin.
4. M. Katharina, von der Geisselung Christi, Apothekerin.
5. M. Agnes, von der Krönung Christi, Gärtnerin.
6. M. Augustina, von den fünf Wunden Christi, Gewandmeisterin.
7. M. Margarita, von den sieben Worten Christi, Kellnerin.
8. M. Osana, von der Kindheit Christi, Kusterin (sie).
9. M. Stephana, von der Geburt Christi, Milchsammlerin.
10. M. Columba, von der Urständ Christi, Refenderin (sie).
11. M. Adelheid, von der Kreuzigung Christi, Nadcrin.
12. M. Diana, von der Himmelfahrt Christi, KrankenwSrlerin.
13. M. Hypolita, von der Verklärung Christi, Kantcrin (Singmeisterin).
*) Nach dem Manuscripte.
Archiv. XV. 11
I
162
14. Magdalena, von der Mutter Gottes, Metten- Weckerin.
15. Martha, von der Himmelfahrt Mariens, Köchin.
16. Caritas, vom heiligen Kreuze, Unterköchin.
Die Beschäftigungen und Arbeiten der Nonnen waren sehr mannigfaltig,
ja manche erseheinen sonderbar, welche jedoch grösstentheils von den Laien-
schwestern ausgeführt wurden ; sie mussten Bucher binden, drechseln, Leuchter
machen, Schuhe, Pantoffeln, Gürtel, Messerscheiden verfertigen, Leder, Zwirn
und Seide färben, Tischler- und Bildhauerarbeiten, selbst Klemptnerarbeiten
für die Küche und in die Keller liefern u. s. f.
Die Schaffnerin musste die Gärtnerei und die Wirthschaft verstehen,
Zuckerbackwerk, Unschlittkerzen und Seife machen. Die A poth ekerin sollte
Alles verstehen, was in eine Apotheke gehört, und es für die Kranken 'anzu-
wenden wissen, wie ein Doctor und ein Chirurgus, sowohl für innerliche
Krankheiten als';* für äussere Schäden.
Die Kantorin musste den Choralgesang kennen, vollkommen lateinisch
und deutsch lesen und schreiben , die kirchlichen Ceremonien verstehen und
die Orgel spielen können.
Die Ku Sterin (vom lateinischen custos ecclesiae) sollte Wachskerzen
machen, Oblaten backen, die Kirchenwäsche besorgen und herrichten, schöne
Arbeiten von Blumen verfertigen.
Die Gewandmeisterin musste alle Kleidung der Nonnen verfertigen
und die Kürschnerei verstehen, Strümpfe stricken und Spitzen für die Kirche
machen. Ebenso sollten im Kloster die Cilicien aus Rosshaaren und Eisen,
auch die Geissei gemacht werden.
Die sogenannte Refenderin*) musste die verschiedenen Gänge und das
Refectorium reinigen und besorgen, einheizen u. dgl.
Zu dem Convente gehörten auch die zwei Beichtväter ; diese waren, nach-
dem P. Hauser Prior oder Vicar zu Münzbach geworden war, der P. Gregorius
Seiler, welcher vom Kloster die Kost und 60 Gulden erhielt, und der zweite
(welcher immer sein Socius im Manuscripte genannt wird) P. Kaspar Arthuber,
der ebenfalls die Kost, aber nur 40 Gulden Besoldung hatte. Zu den Dienern
des Conventes rechnete man auch den Pfisterer oder Bäcker für das Kloster,
welcher die Kost und 20 Gulden Gehalt, und einen Kirchendiener, der stets ein
Schneider sein musste und nebst der Kost 6 Gulden jährliche Besoldung hatte.
§. 6.
Der Tod des Grafen von Windhaag.
So war beiläufig der Stand der Dinge zu Münzbaeh und Windhaag bei
Lebzeiten des Stifters beschaffen, allein nun nahte das Ende seines thätigen
Wirkensund schönen Lebens heran; er war alt und schwach geworden und
entschlief ruhig in dem Herrn, und zwar nach der Aufschrift auf seinem Grabmale
am 21 . Mai 167S. Dieses Grabmal stand und steht noch in der Kirche zu Münzbach
*) Sie hatte besonders das Refent, d. I. das Refectorium zu besorgen.
163
in einer grossen Nische, aus Marmor gehauen; oben liegt das Biidniss des
Stifters in Lebensgrösse , auch von Stein ; es ist mit einem Gitter von Eisen
eingefasst. In demselben ruhen er und seine erste Gemahlin Maria in kupfernen
Särgen , mit darauf gemalten Wappen und mit Inschriften. An der Mauer bei
dem Grabmale Hess dann seine Tochter aufhängen des Stifters und der Stifterin
Wappen von Bildhauerarbeit gemacht, mit Farben, Gold und Silber geschmückt,
die vergoldeten Sporen des Grafen und seinen Degen. Er selbst Hess das Grab-
mal von weissem und rothem Marmor, während er lebte, machen und soll beide
Aufschriften auf demselben selbst verfasst haben, die seinige freilich nur bis
zur Bestimmung des Jahres und Tages seines Todes. Diese lautet folgender-
massen:
Deo Uni Trinoque Authori Fidei!
Cujus Gratia
Joachimus S. R. Imp. Comes Ab et In Windhag etc.
Commissarii Generalis Cura Sibi Demandata
D. Ferdinande III.
Nefandam ex Austria Inferiori Ejecit Haeresim,
Ecclesiam Isthanc
Restauratam A se Auctam Et Ornatam
Debitae Gratitudinis Causa
Electo Sibi In Eadem Monumente
Dedicavit,
Cui Coenobium Sub Honore S. Joachimi
Ä Fundamentis Erectum Dotatumque
Adjecit,
Victurus et Resonaturus Semper
Deo Suo laudes
In Servis Dei F. F. Praedicatoribus
Et Hoc Viuens Sibi Morituro Posuit,
Mortalitäten!
Quam Indult XXI. Februarii Anno Salutis MDC.
Eandem Exuit Anno MDCLXXV. die XXI. Maji,
Sepultus In Conventu Münzbacensi.
Die Grabsehrift seiner Gemahlin ist folgende:
Deo Optimo Maximo
Mariae Baronissae Ab Et In Windhag etc.
Conjugi Duicissimae, Integerrimae,
rt Cum Tempore
Tumuü Aeqiie Consors Esset Ac Thaiami
Moestissimus Maritus
Joachimus S. R. Imp. Comes Ab Et In Windhag
Posuit,
Sui Et Debiti Memor Et Fidei Amorem
Qualicunque Hoc Obscrvantiac Suae
Contestatus Argumente
11»
164
Donec Numini Placeat Tumulo
Jüngere, Ae Domum
Ad Misericordiae Suae Complexus
Resuseitare.
Nata XIX. Maji Anno M.D.CVIIT.
Denata Vero Anno M.D.C.LIX. die X. Martii.
Beide sind genau nach dem Grabmale abgesehrieben; diese Inschriften
sind auch im 3. Bande von Hohe neck S. 84i abgedruckt, jedoch nicht
ganz richtig.
Gegen das Jahr und den Tag des Todes Joachim's Grafen von Windhaag,
wie sie in der Grabschrift bezeichnet sind, werden übrigens von Schumann
von M an segg Zweifel erhoben; er gibt den 31. Mai 1678 als die Zeit des
Todes an und stützt sich dabei auf eine Familienschrift, in welcher gesagt
wird, dass des Grafen Joachim Testament gleich nach seinem Tode bei der
Landeshauptmannschaft von Oberösterreich am 6. Juni 1678 eröffnet und
öffentlich verlesen worden sei. Ferner sei ein Codicill zu seinem Testamente
vorhanden vom 19. December 1676 und ein anderes vom 9. Mai 1678 datirt ^).
Diese sind uns jedoch nie zu Gesichte gekommen und wir zweifeln an
der Richtigkeit der Angabe. In einem Extracte des Testamentes (welches
vom letzten October 1670 datirt ist), der im Jahre 1726 gemacht und
genau collationirt wurde, kommt nur ein Codicill vor, datirt Windhaag den
8. December 1672; dieses haben wir selbst gesehen. Auch ist in Schumann's
Angabe derTodestag Joachim's irrig auf den 31. Mai angesetzt, denn in dem
Manuscripte der Priorin, wo oft von dem Tode und dem Testamente ihres Vaters,
über leider nie von dem Jahre des Sterbens desselben die Rede ist, wird
immer der 21. Mai als der Tag seines Todes angegeben, und stets musste
er auch als der Jahrestag dieses Ereignisses gefeiert werden.
Bemerken müssen wir aber doch, dass es auffallend ist, dass erst im
Jahre 1680 die Herrscb-^ft Windhaag der Tochter und Erbin des Grafen
feierlich übergeben worden ist. Auch ist jener oben angeführte Extract gemacht
worden aus dem von der Landeshauptmannschaft über das gräffich Windhaag'sche
Testaments-Codit'ill und andere appendices gemachten und unter des Herrn
Landschreibers Michael Antoni Engel eigenhändigen Unterschrift sub dato
13. Juni 1678 ausgefertigten Original-transumpto^).
§. 7.
Anordnungen liu Testamente des Grafen von Windhaag und neue Stiftungen desselben.
Der Graf hatte in seinem Testamente wichtige Anordnungen gemacht,
welche theils seine alten Stiftungen betrafen, theils neue gründeten. Die Aus-
führung derselben hatte der Erblasser seinerToehter Eva Magdalena übertragen,
*) Zeitschrift des Museum Francisco-Carolinum auf das J. 1843 ; Nr. 28, S. Hl.
^) So heisst es im Aclenstücke oder Exlracte, welcher aber leider erst bei Nr. IV
des Testamentes anfängt; das Vorhergehende ist hier nicht mehr vorhanden.
165
welche eigentlich seine üniversalerbin war und dann auch Alles getreu
zu vollführen sieh bestrebte. Die grosse Herrschaft Windhaag mit Allem,
was dazu gehörte, und allen Rechten wurde ihr jedoch erst am 1. Novem-
ber 1680 feierlich übergeben. Die kaiserlichen Commissüre dabei waren der
hochwurdige Herr Abt Bernhard von Baumgartenberg und Herr Michael Anton
Engel, Landschreiber zu Linz; als bischofliche Commissäre erschienen Herr
Anton Graf von Losenstein, Dompropst, und Herr Maximus Staner, Kanzler zu
Passau , abgeordnet von dem Fürstbischöfe Sebastian Grafen von Pötting *).
Die Herrschaft Windhaag gehörte aber nicht etwa seiner Tochter Magdalena
zur ganz freienVerfügung darüber, sondern sollte dem Kloster Windhaag incor-
porirt oder einverleibt werden. Wir wollen die Stelle darüber aus dem Extracte
des Testamentes wörtlich anführen: „Und obwohlen ich zwar dasselbe neue
Kloster Anfangs nach inhalt meines dem fürstlichen Bistumb Passau eingehen-
digten Instrumentes nur auf zwelff Schwestern und für jede jährlich ainhundert
Reichsthaler gestüflftet, so will und verordtne ich doch mit vertrösteter Landts-
furstlicher Allergnedigster Special-Consens, dass mehrermelte meine aigenthumb-
liche ganze Herrschaft Windthaag mit sambt dem Markht Münzbach neben selbigem
Spitallund allen angehörigen Herrschafts-Gerechtigkeiten alss Juribus Patronatus
und Advocatiae respective über die Pfarren Münzbach, Altenburg, Pettkirichen
(d.i. Pergkirchen). Rechbergund Schloss Capell Windthaag, sambt dem Khürchen-
schatz sowohl zum Khürchl Portiunculae, als auch erstermelter Schloss Capell
und zur Gruft S. Mariae Magdalenae gehörig, nitweniger die Apodeckhen darzue
gewidmet und gleich alssbalden nach meinem zeitlichen Ableiben demselben
neuen Jungfrauen Kloster wirklich incorporirt und eingeantwordtet werden
solle. Darzue ich auch ausstrücklich verstandten haben will das jus praesen-
tandi Alumnos sowohl naeher Münzbach alss auch auf das vorhabende neue
Alumnat oder Seminarium naeher Wienn, Ingleichen alles vorhandtene Vieh
und Baumanzeug in beeden Meyrhöffen Windthag und Pragthal, fürnemblich
aber die Wein im Kheller und Traydt auf dem Kasten, in Summa alles und
jedes was sich nicht allein in immobilibus nach inhalt des gefertigten Urbarii
und anderer vorhandener brieflicher Documenten, sondern auch in mobilibus
daselbst zu Windthag und auch angehörungen zur Zeit meines Todtfahls
betindten wird und von mir nicht austrucklich ausgenommen oder anderwehrts
hin verwendet worden ist, dagegen aber solle die iezige und Khünftige Priorin
schuldig sein die hernach specificirten beede Legata dem Kloster Münzbach
abzustatten, alss nemblich mit gewisser Mass die verschaffte Sechs tausent
Gulden und bei Khünftigen Jahr - Tagen die Spendt und Almosen, weichein
meinen und meiner Gemahlin seel. Exequien in Gelt oder victualien auszu-
theilen sein werden". Nebst diesen fiOOO Gulden, welche bei Windhaag anlie-
gend blieben, vermachte der Graf noch ferner in seinem Codicille, datirt den
8. December i672, dem Kloster Münzbach einen Schuldschein pr. Ü'Mil Gulden,
Einen Schilling, V/^ Pfennige . welchen ihm die Eiseneompagnie zu Steier für
geliehenes Geld ausgestellt hatte ^).
') Nach dem Manuscripte der Friorin.
*) Nach dem Codicille in dem schon angefahrten Extraet«.
166
Die Tochter des Grafen und erste Priorin zu Windhaag vollzog auch die
Anordnungen ihres Vaters, besorgte die Legate und die neuen Stiftungen
desselben.
Was sie in Bezug auf das Kloster Münzbach, die Kirche, das Spital und
Alumnat daselbst, ferner in Betreff der Pfarren Rechberg, Pergkirchen und
Altenburg that und anordnete, ist schon vorher gesagt worden, um den
Zusammenhang nicht zu zerreissen. Hier ist also noch die Rede von den
zwei neueren Stiftungen des Grafen, nämlich von der Errichtung des
grossen Alumnates und dann der Win dh a a g'sc hen Bibliothek
zu Wien.
I. Was das Erstere betrifft, so hatte der Graf in seinem Testamente ver-
ordnet, dass nach Abstattung aller Legate von seinem übrigen Vermögen ein
Alumnat zu Wien auf so viele , als es austragen würde , gestiftet werden
sollte , in welches aber keiner aufzunehmen wäre , als jener , der sich schon
in der sechsten Schule befände. Er bestimmte dazu sein eigenthumliches
Haus zu Wien in der Bäckerstrasse (von dem schon vorher die Rede war).
Die Vollziehung dieser Anstalt war seiner Tochter überlassen , welche auch
den Prior der Dominicaner in jener Stadt im Namen des ganzen Ordens
zu Rathe zog. Es waren anfangs nur sechs Alumnen dort und diese Anstalt
gleichsam eine Fortsetzung derjenigen zu Miinzbach ; allein später wurde
die Zahl immer grösser. Für jeden Zögling waren eigentlich 200 Gulden
bestimmt; davon erhielten sie Kost, Kleidung, Dinte , Papier u. s. w. Ein
Doctor der Rechte sollte immer die Oberaufsicht führen , welcher für seine
Mühe jährlich 100 Gulden bekam; auch ein Hofmeister oder Präceptor wa^.
angestellt.
Was die Kost und Kleidung der Alumnen betrifft, so sollten sie täglich
zu Mittag vier, Abends drei Speisen, und noch dazu am Dinstag, Donnerstag
und Sonntag einen Braten und jeder ein Seitel Wein erhalten; sie bekamen
jährlich einen neuen Rock von braunem Tuche, mit blauen seidenen Bändern
versehen, oder er konnte auch zugeknöpft werden, ferner die übrige Kleidung
und alle zwei Jahre einen Mantel.
Die erste Priorin und jede nachfolgende zu Windhaag hatte das Präsen-
tationsrecht nach Art und Weise wie für das Alumnat zu Münzbach. Doch musste
sie sieh vorher bei dem Prior zu Münzbach erkundigen , ob der Candidat oder
Vorrückende auch würdig und tauglich sei. Die Präsentation wurde aber an
das Landmarsehallgericht zu Wien eingesendet, welches eigentlich im Namen
des Landesfürsten die Oberaufsicht über das Alumnat führte und von dem
mit Wissen und Einwilligung der ersten Priorin die Statuten für die Zöglinge
entworfen wurden. Es musste ihr aber jährlich die Rechnung über die Capi-
talien, Interessen und Ausgaben zur Einsicht und Beurtheilung übersendet
werden. Auch wurde von der Priorin ein Mandatar ernannt, welcher jährlich
15 Gulden erhielt.
Die Bestimmung der Alumnen daselbst war nun, in die höheren Studien ein-
zutreten, die Philosophie, Mathematik, Physik zu studiren und dann zu den soge-
nannten Facultäts- Wissenschaften überzugehen. Übrigens waren sie besonders
verpflichtet, an dem Jahrestage des Stifters zu beichten und zu communiciren.
1
I
167
und dem dabei abgehaltenen Gottesdienste vom Anfange bis zum Ende bei-
zuwohnen, auch musste jeder die Vigil und einen Rosenkranz beten *).
Wir haben schon früher gesagt, dass besonders die Abkömmlinge der
Verwandten des Grafen von Windhaag zu dieser Stiftung vorgeschlagen wer-
den sollten; da er nun selbst ausser seiner Tochter, der Priorin, keine
leiblichen Descendenten hatte , so verstand er unter den Abkömmlingen seiner
Familie seine Schwester Anna Maria, verehelichte Pirkl von Pirkenfeld, und
den Bruder seiner ersten Gemahlin, Johann von Kirchstetter, Syndicus an der
Universität zu Wien, dann k. k. Rath und Kriegsrichter. Dieser hatte drei
Söhne und eine Tochter Katharina ; von jenen pflanzte Franz Joseph die
Familie der Kirchstetter fort, aber von der Katharina stammte dann Maria
Regina, nachher verehelichte Freiin von Feigenputz und Griessegg ab, welche
dem Windhaag'schen Alumnate zu Wien 80.000 Gulden (!?) vermachte,
wodurch für die Alumnen desselben die nothigen Kosten zur Erlangung der
Doctorwürde, nämlich 300 Gulden, bestritten werden konnten^); es soll die
Zahl der Alumnen sogar auf dreissig gekommen sein.
II. Von der grossartigen Bibliothek zu Windhaag war schon vorher die
Rede ; dieselbe wurde immer vermehrt und nun nach dem Willen des Stifters
nach Wien gebracht , wo sie einen viel grösseren Nutzen stiften konnte.
Sie sollte bei den Dominicanern daselbst, aber ausserhalb ihres Klosters,
errichtet werden. Es wurde auch aus dem hinterlassenen Vermögen des
Stifters ein Platz um 7000 Gulden erkauft und ein schönes Gebäude aufgeführt,
worin die Bücher gut geordnet aufgestellt wurden. In der Bibliothek war ein
Portrait des Grafen, und eine Statue aus Marmor, ihn vorstellend. Oberhalb
des Thores prangte das Windhaag'sche Wappen und unterhalb desselben war
in Marmor gegraben mit goldenen Buchstaben die Aufschrift : „Bibliotheca
Windhaagiana" angebracht. Dabei waren ein geistlicher Bibliothekar, welcher
200 Gulden Gehalt hatte, ein weltlicher Bibliotheksschreiber mit 50 Gulden
und ein Zimmerwärter mit 30 Gulden angestellt.
Zum Ankaufe neuer Bucher , von Papier und anderen nothwendigen
Sachen waren jährlich 300 Gulden bestimmt und alles wurde aus der Verlassen-
schaft des Stifters bestritten. Die Stunden, in denen man die Bibliothek
besuchen und benützen konnte, waren genau angeordnet. Der Stifter hatte auch
befohlen, dass zwei Inspectoren (Superintendenten genannt) über dieselbe
aufgestellt werden sollten, einer von der Regierung und einer von der Uni-
versität: ein Jeder bekam jährlich eine Remuneration von 25 Reichsthalern ;
daneben war noch ein Curator ad latus mit 50 Gulden Gehalt. Der Convent der
Dominicaner verpflichtete sich, jährlich für den Stifter einen Jahrestag feierlich
nach der Sitte des Ordens zu halten , indem die Bibliothek doch als eigent-
lich ihm gehörig betrachtet wurde ').
*) Nach dem Manuscripte der Priorin.
*) Schumann von Man segg, 1. c. S. 1 12, und Zeitschrift dea Museums, 1844,
8. 21, 22.
*) Nach dem Manuscripte der Priorin.
168
§.8.
Das neue Kloster und die Kirche zu Windhaag.
Nach dem Tode des Stifters und der im Jahre 1680 an seine Tochter erfolg-
ten Übergabe der Herrschaft Windhaag und zum Theile des grossen, hinterlas-
senen Vermögens, beschloss sie ein ganz neues, umfangreiches Kloster unweit
des alten, sammt einer Kirche zu erbauen. Die Nonnen hatten bisher im alten
Schlosse gewohnt, wo manches zu klein und unbequem war; die Schloss-
capelle und der Chor waren ebenfalls zu wenig geräumig und schön, und die
Tochter des Stifters wollte das Kloster auf 34 Chorschwestern und sieben
Laienschwestern bringen, von denen ohne ünterlass zur Tages- und Nachts-
zeit der Chor gehalten, gesungen und gebetet werden könnte, ohne dass es
denselben zu schwer fallen oder ihrer Gesundheit nachtheilig sein würde.
Das neugebaute, schöne Schloss konnte sie nicht dazu benützen, sie selbst
und die Nonnen konnten nichts davon profitiren ; wahrscheinlich befürchteten
sie auch eine unruhige Nachbarschaft , wenn vielleicht eine andere Familie
dasselbe bewohnen würde , und sie wollten ganz ungestört ihrem heiligen
Berufeleben. Auch wäre wohl die Erhaltung des Schlosses in gutem Zustande mit
vielen Kosten von Seiten des Klosters verbunden gewesen, und so beschloss
die Priorin Eva Magdalena als Erbin, das schöne Schloss ganz niederzubrechen,
und die Materialien desselben zum Baue des neuen Klosters zu verwenden.
Sie wählte dazu den dem Schlosse gegenüber liegenden Hügel, wo der zierliche
Hofgarten sich befand.
Es war am 15. Tage des Monats April 1681 , als der Beichtvater der
Nonnen zu Windhaag, P. Cölestinus Essing, sein Gehilfe P. Thomas Olmann, und
der ausserordentliche Beichtvater Thomas Hamreiter, Pfarrer von Hechberg,
die Grundfeste mit Schaufeln (nach damaliger Sitte bei kirchlichen Gebäuden)
zu graben anfingen ; am 21. danach legten die Priorin Eva Magdalena, die
Subpriorin Maria Agnes und Maria Margarita, die Schaffnerin, den ersten Stein
zum Klostergebäude und der Bau wurde rastlos fortgesetzt.
Sehr feierlich war die Grundsteinlegung zur Klosterkirche, welche im
Jahre 1685 vorgenommen wurde; am 21. Juli, als dem Vorabende von
St. Magdalena, dem Namensfeste der ersten Priorin und Stifterin, legte diese
selbst den ersten Grundstein , am folgenden Tage aber wurde der geweihte
Stein von dem Propste zu St. Florian, David Fuhrmann, in Gegenwart hoher
Cavaliere und edler Damen feierlich eingelegt und dann ein Hochamt gehalten.
Den 15. August 1689 bezogen die Priorin, 14 Chor- und 5 Laienschwestern
das Kloster.
Im Jahre 1691 wurden sowohl diese Kirche als auch das Kloster ganz
vollendet und eingerichtet, die fünf Gärten ausgenommen , welche noch längere
Zeit in Anspruch nahmen.
Im Jahre 1693 am 6. October wurde vom Fürstbischöfe Johann Philipp
zu Passau, gebornem Grafen von Lamberg, die neue Kirche sammt dem Hoch-
altare zu Ehren der heiligen Magdalena, der Altar an der rechten Seite zu
Ehren des heiligen Dominicus, und jener links der heiligen Agnes eingeweiht.
169
Das Hochaltarblatt wurde im Jahre 1690 von Wolfgang Johann Dallinger in
Linz gemalt. — Am nämlichen Tage empfingen bei der heiligen Messe alle Nonnen
die Communion, und die Priorin hielt sieben derselben zur Firmung.
Hernach wurden eine grosse, eine mittlere und eine kleine Glocke geweiht.
Auch der Dompropst von Passau, Graf von Harrach, befand sich zu Windhaag
und nahm kirchliche Weihen vor. Es war zugleich eine'grosse Tafel, wobei über
200 Personen speisten; ein eigener Koch war von Linz hergerufen worden,
dem die Priorin 800 Gulden bezahlte. Der Fürstbischof erhielt von ihr nebst
kostbaren geistlichen Sachen auch JOO Ducaten ; alle Unkosten zusammen
beliefen sich auf 1811 Gulden 56 Kreuzer.
Das Kirchweihfest sollte immer am nächsten Sonntage nach Maria
Geburt gehalten werden. Ob zu dieser Zeit auch das Kloster selbst einge-
weiht wurde, ist nicht gesagt, aber sehr wahrscheinlich, weil von einerneuen
Einweihungsfeier nirgends mehr die Rede ist und alle Theile desselben , alle
Localitäten als irgend einem Heiligen geweiht noch von der ersten Priorin
in ihrem Manuscripte aufgeführt werden. Dieses geschah mit den verschie-
denen Garten, sogar mit den Behältnissen unter der Erde, den Gewölben
und Kellern, mit den Zellen der Nonnen, ihrem Dormitorium , dem Wärme-
zimmer, den Winter- und Sommer-Exercitienzimmern, mit der Bibliothek, der
Kusterei, der Novizenstube und dem Novizialschlafhause, mit dem Archive,
dem Oratorium, dem Kreuzgange, der Beichtstube, der Apotheke , dem Labo-
ratorium, dem Kerker, dem Werkhause, dem Refectorium, den verschiedenen
Zimmern und Gängen, dem Capitelhause, den Zimmern der Kostkinder, mit
der Küche und anderen kleinen Behältnissen, dem Sprachzimmer, der inneren
und äusseren Kanzlei, den Localitäten für die Kranken, dem Badezimmer,
der Gewandkammer u. s. w. Im Schlafhause der Nonnen war der alte, ganz
vergoldete Altar zu Ehren Mariens Himmelfahrt und der 14 Nothhelfer auf-
gestellt, welchen Anna von Prag im Jahre 1524 hatte machen lassen.
Im Kreuzgange waren mehrere Statuen und Bilder von Heiligen , ein
Altar und ein grosses Crucifix. — Die Priorin hatte zwei Zimmer zu ihrem
Gebrauche und eine eigene Nonne als Wärterin.
Die Klosterfrauen befolgten in ihrem religiösen Leben als Grundlage die ^
Regel des heiligen Augustin, die Statuten des heiligen Dominions und jene Ver-
ordnungen, welche die Stifterin Eva Magdalena sowohl in kirchlicher als in welt-
licher Beziehung gemacht hatte, und von welchen keine Priorin dispensiren sollte.
Sobald die Zahl der 34 Chor- und 7 Laienschwestern voll sein würde, sollte auch
Tag und Nacht im Chore Gott gepriesen und zu ihm gebetet werden. Sie sollten
abwechseln; dazu war ein Theil der Nonnen für den rechten und ein Theil für den
linken Chor bestimmt. Der Terz, Non und Vesper wohnte aber der ganze Convent
bei. Sie hatten auch junge Mädchen zur Erziehung im Kloster und solche, welche
einst Nonnen werden wollten , diese mussten auch an bestimmten Stunden
beten. Sie wohnten in eigenen Localitäten und standen unter der unmittel-
baren Aufsicht und Leitung einer Chorschwester, welche Ki ndermeisterin
genannt wurde. Sie hatten ebenfalls Klosternamen, und diese waren solche von
Nonnen des Ordens des heiligen Dominicus , welche heilig oder selig gespro-
chen worden waren. Die erste Priorin machte ein langes Verzeiebniss solcher
170
Namen und bestimmte die Festtage derselben. — Da die Zahl der Nonnen nun
vermehrt wurde , bedeutende Besitzungen an das Kloster kamen und die
Geschäfte sich vermehrten, so wurde auch die Zahl der Amter in demselben
vergrössert oder einzelne doppelt besetzt; so gab es nun zwei Kastnerinnen,
Krankenwärterinnen, Apothekerinnen, Kusterinnen und Kellermeisterinnen;
neue Ämter waren nun: eine Bibliothekarin, welche meistens zugleich die
Subpriorin war, eine Novizenmeisterin, Wasch- und Bettmeisterin,
eine Suecenterin (sie), welche das Heizen der Zimmer besorgte, eine
Naderin, eine Beschliesserin und eine Gärtnerin.
§.9.
Besitzungen des neuen Klosters zu Windhaag in einiger Entfernung, und verschie-
dene Einrichtungen in demselben.
Diesem Kloster war nun die Herrschaft Windhaag mit allen Rechten ein-
verleibt; dieselbe war aber sehr bedeutend, denn es gehörten dazu mehrere
Besitzungen, welche derselben ferner oder näher lagen; zu jenen sind zu
rechnen: der Markt Münzbach, sammt dem Spitale und dem Freihause
daselbst, dann das Schloss und der Meierhof zu Pragthal. Im Markte
Münzbach befanden sich 3i Bürger- und il Wimmer -Häuser (gewidmete),
alle mit kaiserlichen Freiheiten begabt. Die Besitzer mussten bei Lebzeiten
des Stifters alle Jahre hundert Eimer Wein von seinen Weingärten abnehmen;
sie erhielten aber dann eine Herabsetzung und nahmen nur 30 Eimer ab,
zahlten aber jährlich 70 Gulden. Nach seinem Tode milderte die Erbin auch
dieses und bestimmte nur 50 Gulden in zwei Raten, jedoch mit dem Vorbe-
halte, dass eine andere Priorin wieder die alte Forderung machen könnte.
Sonst trug dieser Markt nur 15 fl. 3 Seh. Robotgeld, 3 fl. 22 Pfennige
Dienste und von jedem Rüstgelde den Überschuss von 2 fl. 4 Seh. ein.
Übrigens mussten diese Unterthanen immer zur Schnittzeit, zu der Jagd
und bei der Bereitung des Landgerichtes Dienste leisten.
Jährlich am Andreastage kamen zwei Bürger in Mänteln zur Priorin und
erbaten von ihr ein T ei d i n g (Gerichtstag) und eine Richterwahl ; später Hess
sie ihnen den Tag verkünden, damit sie sich wegen einer Mahlzeit vorbereiten
konnten. An demselben wurden dann der Hofrichter und der Hofschreiber in
einer Kalesche von Windhaag nach Munzbach geführt; es wurden das Teiding
abgehalten, ein Protokoll aufgenommen, Stimmen eingesammelt und denen,
welche auf ihre Ämter resignirt hatten und etwa wieder dazu erwählt wurden,
dieselben provisorisch zurückgegeben.
Die Priorin bestimmte nun den Tag, an dem sie nach Windhaag kommen
sollten; da hielt ihnen dieselbe in Gegenwart des Hofriehters, der Subpriorin
und der Schaffnerin eine Ermahnung und machte die Ämter bekannt, welche
der Hofrichter zu übertragen hatte, und die Personen, denen sie anvertraut
wurden; es wurden nämlich ernannt: ein Marktriehter, sechs Bathsfreunde,
zwei Fleisch- und Brodbeschauer, ein Marktfürsprecher, zwei Brunnenmeister
und auf der Seite der Herrschaft zwei Tazer (Tazeinnehmer).
171
Die Angestellten konnten nun auch ihre Angelegenheiten vortragen und
erhielten Beseheid; dann zogen sie wieder nach Hause, Das Robotgeld und
die Dienste brachten sie mit einander am 29. September, den Vorlag-Bestandt
(sie) *) theils zum neuen Jahre, theils zu Sonnenwenden.
Von einer Schuld der Bürger zu Münzbach pr. 265 Gulden schenkte ihnen
die erste Priorin 65 Gulden, das Übrige wurde nach und nach abgezahlt.
Die Wimer -) (sie) mussten allezeit bei Veränderungen einen Brief lösen,
und es wurde ihnen bei einem Todesfalle vom Kloster aus gesperrt und inven-
tirt; sie zahlten kein Freigeld, den Dienst und die Robot gaben sie dem Kloster
Münzbach, als ihrem eigentlichen Pfarrer. Die Fleischhauer mussten das Fleisch
dem Stifte Windhaag allezeit um 2 Pfennige, auch die Kerzen das Pfund um
einen Kreuzer wohlfeiler geben als Anderen. Ihre Grundstücke durften die
Wimer ohne Wissen und Erlaubniss der Priorin nicht verkaufen, auch die
Burger mussten jeden Kauf anzeigen; ohne Willen der Priorin durfte kein
Bürger entlassen oder aufgenommen werden. Alle Strafen, welche über fünf
Gulden betrugen, durfte der Marktrichter nicht einfordern, sondern musste
dieselben dem Hofrichter überlassen; das Drittheil der von jenem eingenom-
menen Strafgelder gehörte ihm, das Übrige musste er der Priorin verrechnen
und überliefern, und ihr auch die Markt rechnung überreichen. Zu Miinzbach
waren jährlich drei Märkte und in der Fasten ein Wochenmarkt; das Kloster
Windhaag hatte daselbst den Taz pr. 6 Kandel, welchen einst der Graf erkauft
hatte, ferner das üngeld pr. 3 Kandel; dieses Letztere gehörte zwar nach
Grein, das Kloster hatte es aber in Bestand genommen. Taz und üngeld lagen
auch auf den drei Hoftavernen zu Münzbach, Windhaag und Rechberg' ; beide
wurden alle Vierteljahre durch den Hofmeister und Hofschreiber beschrieben.
Auch diejenigen, welche nicht leitgaben, d. i. Wein ausschenkten, sondern
denselben nur im Gebinde verkauften, mussten ihn beschreiben lassen und
schriftlich anzeigen, wohin sie ihn verkauft hatten ; dann mussten die Wirthe
an dem ihnen von der Priorin bestimmten Tage kommen und Taz und üngeld
bezahlen.
Die Hoftaverne zu Munzbach gehörte ganz dem Kloster Windhaag, und
es war der Wirth ein ünterthan desselben mit Robot und Dienst; die Priorfn
ordnete jedoch an, weil das Kloster selbst den Wein kaufen musste, dass er
gegen jährlichen Bestand von 40 Gulden den Wein kaufen durfte, wo er wollte,
das Bier musste er aber immer vom Brauhause zu Windhaag nehmen: statt
des Tazes wurden, durch die Güte der Priorin, von ihm nur jährlich sechs
Gulden bezahlt. Bei diesem Hofwirthe mussten alle Zehrungen im Saxenegger
Amte gehalten werden; der Wirth war zugleich Bäcker, weil dieses Recht auf
der Taverne lag.
*) Unter Vorlage verstand man den freien Einkauf des Weines von Seiten
der Unterthanen , welcher von der Herrschaft denselben auf gewisse Zeit
gegen eine bestimmte Summe gestattet oder in Bestand gegeben wurde.
*) Unter diesen sind solche zu verstehen, deren Besitzungen zwar der Herrschaft
unterthänig waren, die aber ihre Abgaben an eine Kirche cinzuliercrn halten,
welcher eigentlich ihr Besitztbum gewidmet war. (Widern, Widum, Wim.)
172
Dem Kloster Windhaag gehörte auch das Freihaus zu Münzbaeh, welches
der Stifter früher von einer Bürgerin um 300 Gulden und 6 Gulden Leitkauf
an sich gebracht und von allen Lasten befreit hatte. Dabei war ein schöner
Garten und ein Stall ; es litt aber einst durch eine Feuersbrunst grossen Schaden,
indem das Dach des Hauses, die Stallungen und Scheunen verbrannten; ersteres
wurde wieder hergestellt, aber die anderen Gebäude nicht. Dieses Haus war,
ausser zwei Zimmern und dem Garten, um sechs Gulden jährlich in Bestand
gegeben worden. Da es aber zu wenig eintrug, so übergab die erste Priorin
dasselbe ihrem Hofrichter und Landgerichtsverwalter Ehrenreich Schönbäcker,
welcher lange in Diensten des Grafen von Windhaag gewesen war, gegen
das geringe Capital von iSO Gulden und 6 Gulden Leitkauf, damit er in seinem
Alter eine ruhige Wohnung hätte. Jenes Capital sollte aber immer auf dem
Hause liegen bleiben, und jährlieh 7 Gulden 4 Schillinge Interessen abliefern;
sie behielt sich jedoch die landgerichtliche und obrigkeitliche Jurisdiction vor.
Es wurde ihm auch mit Einwilligung der Bürgerschaft erlaubt , bürgerliche
Gewerbe zu treiben (nach Ausweisung ihrer kaiserlichen Freiheiten); wenn er
den Wein nicht ausschenken, sondern nur im Gebinde verkaufen würde, sollte
er vom Taz ganz frei sein. Übrigens nannte man ihn weder Burger, noch
Wimer, und es war ihm nicht erlaubt, mehrere Grundstücke zu haben, als der
einstige Besitzer hatte; wollte er mehrere kaufen und sollte dieselben ein Bürger
des Marktes verlangen, so musste er sie demselben überlassen.
Dem Kloster Windhaag gehörten ferner das Schloss und der Meier-
hof zu Pragthal; da aber dieser und die Ökonomie doch zu weit vom
Kloster entfernt lagen , als dass die Nonnen selbst die Aufsicht hätten führen
können, so beschloss die erste Priorin nach dem Rathe geistlicher und welt-
licher Herren, den Meierhof einem wohlhabenden Salnitersieder zu vererben, dazu
alle Gründe, Wiesen und Wälder, Gärten und fruchtbaren Bäume, welche früher
zu zwei Höfen gehört hatten, die Krotenthalhöfe hiessen und zu dem Meier-
hofe geschlagen worden waren, um 800 Gulden, für Leitkauf und fertige
Taxe 10 Gulden 4 Schillinge, zu verkaufen und mit einer Herrenforderung
zu belegen.
Man bemerkte jedoch bald, dass dieser Verkauf dem Kloster schädlich war,
weil dadurch ein grosser Mangel an Heu für den Meierhof zu Windhaag sich
herausstellte. Daher brachte die Priorin jenen Meierhof zu Pragthal wieder
käuflich gegen obige Summe an sich; aber kleinere, vereinzelte Häuser, Gründe
und Wiesen verkaufte sie um gute Preise an Bauern und Tagelöhner, so dass
das Kloster einen viel grösseren Nutzen hatte als zuvor. Die Erhaltung des
ziemlich grossen Schlosses Pragthal machte auch viele Unkosten, und da man
ohnehin Mangel an Steinen beim Klosterbau zu Windhaag hatte, so fasste die
Priorin den Entschluss , dasselbe ganz abbrechen und die Steine , worunter
viele grosse Quaderstücke waren, nach Windhaag führen zu lassen; nur so
viel Hess man übrig, dass ein kleines Haus hergerichtet werden konnte, wozu
ein Grund und einiges Holz gegeben wurden; man verkaufte es dann einem
Weber um 62 Gulden, Leitkauf 3 Gulden, und bestimmte die Herrenforderung
auf 3 Gulden. — Das Kloster Windhaag war auch im Besitze einer Taverne zu
Rechberg, Hoftaverne genannt; darauf sass ein Unterthan, welcher mit einer
173
Herrenforderung belegt war, auch ein Bäckerreeht war dabei; die Vorlage des
Weines wurde dem Wirthe um 2 Gulden jährlich überlassen, das Bier aber
musste er im Kloster-Brauhause zu Windhaag kaufen und den Taz bezahlen;
der Bestand der Vorlage konnte übrigens von beiden Seiten aufgekündet
werden. Es war auch in dieser Taverne ein Stock (Gefangnisslocal mit einem
Stocke, an dem der Schuldige festgemacht wurde), und es hatte der Wirth
die Macht, die Strafbaren in denselben einzulegen *).
§. 10.
Besitzungen des Klosters Windhaag In der uächsten Umgebung.
Dazu gehörte das alte Schloss zu Windhaag; in diesem hatten
früher die Nonnen gewohnt, nun aber war dort noch eine Wohnung für den
Hofrichter und seine Familie, welcher auch eine geschriebene Instruction und
zwei Inventarien hatte, in deren einem die Mobilien, in dem anderen die
Urkunden und Documente verzeichnet waren. Ihm war ein Hofschreiber bei-
gegeben, weicherauch ein Inventar der Mobilien hatte; bei ihrer Abtretung vom
Dienste mussten die Inventarien dem Hofmeister übergeben werden. Der Hof-
schreiber erhielt die Kost vom Kloster Windhaag und zur Besoldung 15 Gulden;
er bezog aber die Kanzleitaxen. Der Hofrichter bekam für die Kost 50 Gulden,
taglich einen Achtering Wein und zwei Laibe Conventbrod. Der Hofschreiber
und Gärtner assen an demselben Tische, der Brauer, Binder und Pfisterer
speisten auch mitsammen. Zwei unterthänige Mägde mussten für sie kochen ;
diese assen mit den Handwerkern. Dem Messner, weil er verehelicht war,
wurde wie anderen Handwerksleuten die Kost in seine Wohnung geschickt.
Zu den Dienern des Klosters rechnete man den Hofrichter und Land-
gerichtsverwalter, den Hofmeister und den Hofschreiber, welche der Priorin
den Eid der Treue ablegen mussten, ferner den Gärtner, den Brauer, den
Binder, den Pfisterer oder Bäcker, und den Messner.
Im Dienste des Klosters waren übrigens auch ein Hofamtmann, ein Ober-
förster und mehrere Jäger, welche ebenfalls beeidet wurden.
Eine bedeutende Besitzung war ferner der grosse Meierhof, zunächst-
dem Kloster Windhaag, welchen der Stifter neu erbaut hatte. In demselben
wohnte der Hofmeister, der eine Instruction und ein Inventar besass. Er
hatte die Aufsicht über alle Mobilien und Geräthschaften sowohl in den sechs
Gastzimmern und an anderen Orten des alten Schlosses, als auch des Meier-
hofes, über alle Handwerker im Dienste des Klosters, über das Gesinde und
über die Gebäude.
Er bekam anstatt der Kost sechs Metzen Roggen, zwei Mefzcn Gerste,
neun Eimer Bier und 50 Gulden Gehalt, freie Wohnung und das nothige Holz.
Im Meierhofe waren viele Kammern für die Knechte und Mägde u. s. w.,
eine Stall ung für siebzehn rothbraunc Schweizerkühe, eine andere für acht-
zehn Ochsen gleicher Farbe und einen Stier, ferner Örter für das junge oder
kranke Vieh. Der Schafstall enthielt wenigstens 50 flämische Schafe und
*) Alleo nach dem Manuscriple der Priorin.
174
zwei Widder. Im Pferdestalle standen sechs schöne schwarze oder braune Rosse
und jenes des Hofrichters. Auch waren daselbst Localitäten für Hühner, Reb-
hühner, für fremde Pferde, Gewölbe zur Aufbewahrung der Jagdgeräthe,
Böden für das Getreide und andere Behältnisse.
Im Meierhofe befanden sieh der Ober -Rossknecht mit einem Lohne von
6 Gulden, der Unterknecht mit ä Gulden; die ersten drei Ochsenknechte
bekamen jeder 6 Gulden, die anderen 5 Gulden, der Kuhknecht 5 Gulden,
der Schafhirt 2 Gulden 4 Schillinge, die Gartenbuben jeder 4 Gulden; über
alle diese war der Meier zur Aufsicht und zur Leitung der Ökonomie gesetzt;
er war gewöhnlich ein lediger ünterthan, hatte wie die Genannten die Kost
und 6 Gulden Lohn.
Die M e i e r i n hatte die Aufsicht über die weiblichen Dienstboten, rausste
für die Leute des Meierhofes kochen und hatte 3 Gulden Lohn; eben so viel
bekamen die Ober- und Unterdirne; sie hatten aber sonst manche Emolumente.
Auch das Brauhaus des Klosters, welches vom Stifter neu erbaut und
von seiner Tochter renovirt worden war, war gut eingerichtet und mit allem
Nöthigen versehen; da wohnte der Brauer, welcher gewöhnlich unverehelicht war.
Zum Schlosse gehörte ferner die Pfisterei, in der das nöthige Brod
gebacken wurde; daneben waren die Hofschmiede, die Holzhütten, und die
Stuben der Nachtwächter nahe an den Mauern des Klosters; diese hatten
jährlich jeder 5 Gulden Gehalt.
Die Ho f ta ve rn e , womit das Recht der Bäckerei verbunden war, besass
einige Zeit ein Ünterthan; er zahlte jährlich 10 Gulden Dienste für alle
Herrenforderung. Er wurde nach dem Tode des Stifters abgestiftet, erhielt
aber auf seine Bitten das kleine Waschhaus käuflich; es wurde ihm unent-
geltlich das Bäckerrecht von der Taverne auf dasselbe übertragen und er selbst
zum Hofbäcker erhoben. Dieses Recht konnte aber von einer Priorin wieder
auf die Taverne zurückgebracht oder einem Bäcker gegen ordentliche Bezahlung
auf dem Hause gelassen werden. Die Taverne selbst wurde damals einem
braven Manne, Johann Kirchweger, welcher den Titel Hofwirth führen
durfte, um 421 Gulden verkauft und ihm gegen eine bestimmte Summe die
Vorlage von Wein, Bier und Branntwein gestattet.
In dieser Taverne mussten die Unterthanen im Hofamt, im Neu-Perg-
kirchner- und Lindenöder-Amt alle Zehrungen halten, Avie Gelöbnisse und Hoch-
zeiten, Kindtauf- und Todtenmahle, Häuserkäufe und andere Abhandlungen.
Allezeit am nächsten Tage nach dem 6. Jänner wurde dort das Teiding für alle
jene Ämter abgehalten, wobei der Hofrichter, Hofmeister und Hofschreiber sich
einfanden; Letzterer musste auch das Teidinggeld einnehmen und der Priorin
verrechnen.
Da aber jener Hofwirth, Johann Kirchweger, nicht aufhausen konnte, so
kaufte ihm die Priorin um 421 Gulden die Taverne wieder ab, machte ihn
zum Hofmeister, Hess die Taverne fast neu erbauen und gab sie, aber immer
nur auf drei Jahre, in Bestand *).
*) Ebenfalls nach dem Manuscripte.
175
§.11.
Ökonomie, Zehciiten, Dienste, herrschaftliche Einnahmen, Steuern.
Die Ölconomie des Klosters Windhaag war selir bedeutend; es besass 79 Joch
Wiesen und 158 Jocli Äciier, wo jedocli nur Roggen und Hafer wuciis; Weizen
beliam es als Zehent aus den besseren Gegenden; die Gerste musste geltauft
werden , darnach wurde auch der Preis des Bieres regulirt. Die erste Priorin
kaufte noch zu dieser Ökonomie 5 Joch Wiesen in der Gegend von Pragthai
Die Waldungen des Klosters waren auch sehr umfangreich; sie betrugen 437 Joch
und enthielten verschiedene Gattungen von Bäumen, als Eichen, Tannen , Fich-
ten, Föhren, Erlen, Eiben, Buchen und Linden, dann Holz zum Zimmern und
Blöcke. Die Wälder wurden von acht Unterförstern besorgt, die keinen Gehalt,
jedoch anderes Einkommen hatten und unter dem Oberförster standen , der
immer zugleich ein Jäger sein musste. Er hatte 15 Gulden Besoldung und das
Fangrecht (d.i. vom Hochwildpret den Theil vom Kopfe bis zur dritten
Rippe von dem verkauften Wilde). Er musste jährlich um Weihnachten eine
Rechnung legen, wohin er das übrige Holz und Reisig verkauft habe; er sollte
die R eisgejai dbestände ausfertigen, d. i. die Bestandgebung der niederen
Jagd auf Rehe, Hasen, Füchse und Rebhühner besorgen, auch der Wiidbann
oder die höhere Jagd stand unter seiner Aufsicht und Leitung. Es wurde übri-
gens jährlich nur ein Mal und zwar nach Michaelis von Klosterleuten gejagt, was
aber dem Oberförster nichts eintrug.
Das Kloster besass ferner Fisch wässer und Teiche, es hatte das
Fischrecht in der Naarn und hielt dort einen eigenen Fischer ; da wurden auch
Fischottern gefangen und er hatte zwei Schillinge Fangrecht für jede. Das Fisch-
recht in der Aist wurde wegen grösserer Entfernung gegen 12 Gulden und eine
Lieferung von Fischen in Bestand gegeben , auch der Bach Dobra war sammt
dem Reisgejaid um 4 Gulden 4 Schillinge verpachtet. Zum Kloster gehörten
noch 22 Krebsbäche, worin ein bestellter Unterthan zu fangen schuldig war;
er bekam aber für 100 Stück grosse Krebse nur 6 Kreuzer und für 100 iileine
3 Kreuzer. In der Nähe des Klosters befanden sich auch neun Teiche volL
von Karpfen, Hechten und anderen Fischen; alle drei Jahre wurden sie ausge-
fischt und aufs Neue wieder besetzt. Im Kloster seihst war ein kleiner Teich,
in dem sich Schildkröten befanden , und in einem Zwinger ein Garten , in dem
Schnecken herangezogen wurden.
Das Kloster besass auch mehrere Steinbrüche, wo theils Mühlsteine, theils
herrliche Stücke zu Brunnenkörben , Thürpfosten , Fensterstucken und zu
Bauten versciiafft werden konnten. In Pragthal besass es einen guten Lehmboden
und grossen Ziegelofen, worin mehrere tausend Ziegeln auf ein Mal gebrannt
werden konnten; 100 derselben wurden um 4 Schillinge verkauft; spater, im
Jahre 1685, wurde der Lehmgrund dem Hafner zu Perg in Bestand gegeben.
Was die Zehenien betrifft, so hatte Windhaag früher einen von Steiereck,
welches eigentlich ein Passau'schcs Lehen und bei 1000 Gulden werth , auch
sehr nützlich und gut gelegen war; allein nach dem Tode des Stifters löste jene
Herrschaft denselben um 800 Gulden ein, und alle Bemühungen, ihn wieder zu
176
erhalten, scheiterten. Dann hatte Windhaag noch sechserlei Zehenten, welche
aher grösstentheils in Stroh gefechst wurden ; dabei war auch ein Zehent von
Flachs , den die Unterthanen selbst zum Kloster bringen mussten. Der Mitter-
kirchner Zehent im Machlande wurde immer, aber nur auf drei Jahre, in Bestand
verlassen. Dann besass das Kloster den kleinen Machland-Zehent, Blut zehent
genannt, welcher von dem Hofmeister oder dem Amtmanne allezeit um Sonnen-
wenden beschrieben und eingenommen wurde ; die Giinse und Enten mussten
eingeliefert, die Hühner aber und andere Hausthiere mit Geld abgelöst werden.
Nebst diesem Zehenten hatte das Kloster auch den sogenannten Küchendienst
von den Unterthanen ; dazu gehörten 2325 Eier, ferner Gänse, Hühner und Käse;
sie konnten aber diese alle ablösen, und bezahlten für eine Henne 10 Kreuzer,
für einen Hahn 5 Kreuzer, für eine Gans 30 Kreuzer, für ein Stück Käse 4 Pfen-
nige; die zwei Frischlinge mussten sie aber lebendig bringen, welche dann im
Meierhofe zu Windhaag entweder gemästet oder geschlachtet wurden. Was den
Hanf, Mohn und die Erbsen betraf, so gaben die Unterthanen entweder eben so
viel Weizen dafür oder für einen Metzen 1 Gulden 4 Schillinge. Der Küchendienst
wurde ihnen übrigens nicht in ihr Herrenforderungs-Büchlein eingeschrieben.
Andere Dienste oder Abgaben an die Herrschaft Windhaag waren folgende :
Robotgelder für abgelöste Robot, das Anfallgeld, wenn Jemand ein
Haus oder Besitzthum erbte , Gespunstgeld oder Ablö sung für gesponnenen
Hanf und Flachs, der Dienst von Haus und Gründen , den alle (ausser den
Vogtholden) zu Maria Geburt zu leisten hatten und wobei jeder auch einen
Pfennig Schreibgeld bezahlen musste , ferner das Teidinggeld für Abhal-
tung des Gerichtstages, das Wach t gel d (wahrscheinlich eine Ablösung von dem
einstigen Dienste der Bewachung der Herrschaft), die sogenannte Weih nac hts-
Ehrung, eine Ablösung der sonst um jene Zeit gelieferten Naturalien , das
Sterbe haupt, —dies war früher das zweitbeste Stück Rindvieh, welches nach
dem Tode eines Unterthans oder Lehensmannes an die Herrschaft abgeliefert
werden musste, später aber gewöhnlich um einen schon bestimmten Preis abge-
löst wurde *) , — ferner die F r e i g e 1 d e r bei Verkäufen der Häuser, Schreib-
und Urkunden-Taxen; alles dieses musste der Hofrichter einnehmen, aber
sogleich der Priorin verrechnen. Hofdienst-Abfindung, Strafgelder, Lehens-
abfindungen und dergleichen wurden auch von ihm der Priorin zur Ratification
übergeben und das Geld von ihr eingenommen. Um Michaelis wurde das
Bestandgejaid oder die niedere Jagd verlassen, die Register der Pachter in
der Kanzlei aufgenommen und vom Jäger unterfertigt, und umGeorgi wurde das
Geld eingenommen. Die Inleut-Steuer an die Herrschaft wurde im Teiding
beschrieben , das Geld von den Amtleuten eingenommen und der Priorin ver-
rechnet; eben so wurde von ihnen das Bestandgel d von den Kirchtagen
in den Pfarren Altenburg, Pergkirchen und Rechberg gesammelt und der
Priorin übergeben. DasForstgeld von verkauftem Holze und Reisige wurde vom
^) In einer sehr alten Aufzeichnung vom Jahre 1277 kommt das Sterbehaupt
unter dem Namen Totlaip vor und wird erklärt als: „Secundum pecus post
Optimum." Sitzungsberichte der k. Akademie zuWien, 1853, Bd. XI, IV. und V.
Heft, S. 941.
r
177
Oberförster eingebracht, zu Ende des Jahres schriftlich verrechnet und der
Priorin eingeliefert.
Andere Abgaben, welche die Unterthanen leisten mussten, waren die Rüst-
gelder — diese gehörten dem Landesfürsten, — und dann die L an ds teuer,
welche von den Stünden des Landes ausgeschrieben wurden. Beide nahm der
Hofrichter ein und brachte sie in das Landhaus zu Linz , der Überschuss aber
wurde von ihm der Priorin verrechnet; dieser trug gewöhnlich sammt dem von
Münzbach auf ein volles, ganzes Rüstgeld 60 fl. o Schill, ein , in das Landhaus
aber wurden 713 fl. 6 Schill, übergeben.
Der Landsteuer -Überschuss betrug 113 fl. 32 kr., welche der Hofrichter
der Priorin theils zu Sonnenwenden , theils zu Martini erlegte ; ins Landhaus
wurden aber zu Mittfasten 157 fl. 1 Schill. 1 D. und eben so viel zu Martini
abgeliefert *).
§. i2.
Ton den Unterthauen und den verschiedenen Äuifern und Leistungen 5 Art und Welse
der Verwaltung.
Nach dem Tode des Stifters wurden seiner Tochter als Erbin sammt den
drei Hoftavernen 345 Unterthanen übergeben , davon aber einer , als Lieh ten-
stein'sches Lehen, ganz hinwegkam, ohne dass ein Ersatz geschehen wäre;
die übrigen Unterthanen lösten einen neuen Brief auf ihre Namen. Dieselben
waren in fünf Ämtern vertheilt; erstens im Hofamte, wo die Priorin den
Georg Puchmaier am Tremelpichlgut zum Amtmann einsetzte; er hatte unter
sich 142 Bauern sammt dem Hofwirthe; diesen hat die Priorin nach und nach
sechs Unterthanshäuser hinzugestiftet , es waren also im Ganzen 148. Im
Amte Pergkirchen erhielt sie 46 Unterthanen, denen sie den Gregor Holzner
am Robatslehen als Amtmann vorsetzte ; dazu stiftete sie auch noch zwei
Unterthanen. Im Neu-Amte, welches ebenfalls der vorhergenannte Amtmann
leitete, befanden sich nur 11 Unterthanen. Im Amte Linden öd, welches
damals dem Amtraanne von Pergkirchen zugetheilt wurde, waren 49 Unter-
thanen. Im Amte Saxenegg war Jakob Puechmayr am Baumgartengut
Amtmann ; da befanden sich 96 Untertha nen, und die Priorin stiftete noch
zwei dazu.
Alle mussten, wenn eine neue Priorin erwühlt wurde, einen Lehensbrief
lösen, und wenn Einer eines Anderen Haus kaufte, miisste er nebstdem auch eine
Lehensabfindung geben, er mochte nun ein Unterthan oder ein Fremder sein.
Dergleichen Briefe wurden jahrlich vor dem Gerichtstage vom Hofschreiber
geschrieben der Priorin übergeben, in der Kanzlei in ihrem Beisein mit dem
grossen Siegel des Klosters gefertigt und dann dem Hofriehter überreicht,
damit er dieselben im Teiding austheilen konnte. Denjenigen, welche das Geld
nicht sogleich erlegen konnten, wurde es als Ausstand in einem Buche angemerkt.
An den nachfolgenden Tagen mussten immer die Unterthanen vor der
Obrigkeit oder der Herrschaft erscheinen:
^) Nach dem Manuscripte.
Archiv. XV. 12
178
1 . Am 7. Jänner kamen alle Ämter (Saxenegg ausgenommen) in der Hoftaverne
zu Windhaag zusammen; da wurde vom Hofrichter im Beisein des Hofmeisters, des
Hofschreibers und der Amtleute das Teiding nach alter Sitte abgehalten und die
Sehranne mit zwölf Beisitzern, aus den vermögliehsten Unterthanen gewählt,
besetzt, welche dort ihre Sitze hatten. Die Priorin konnte nun ihre Besehwerden
gegen die Unterthanen und diese gegen dieselbe vorbringen und eine Ent-
scheidung erhalten. Bei der darauf folgenden Mahlzeit musste jeder seinen Theil
bezahlen. Gleich nach dieser Verhandlung wurde der Gerichtsdiener ausgesendet,
die Schulden an die Herrschaft einzufordern. Er hatte ein kleines Haus, welches
die Priorin in gutem Zustande erhalten musste , bekam von der Herrschaft
8 Klafter schlechtes Holz, 8 Metzen Korn, und wenn er straffällige Leute zu
bewachen hatte oder dergleichen anzeigte, so durfte er auch nach Gutdünken
des Hofrichters als Landgerichtsverwalters von denselben Strafgelder ein-
sammeln. Auch musste er ungehorsame oder zögernde Unterthanen zur Herr-
schaft abholen und sie mussten ihm dafür Strafgelder zahlen.
2. Gleich nach Pauli Bekehrung wurde das Robotgeld angesagt und da
kamen am ersten Tage das Hofamt, am zweiten die drei kleinen Ämter, am
dritten das Saxenegger Amt. Dieses Geld nahm die Priorin selbst ein und
zwar in Gegenwart der SchafFnerin und noch einer Nonne; die Bezahlung
wurde in das Herrenforderungs-Buch eingetragen.
3. Nach dem 2. Februar wurde das Lichtmess-Rüstgeld angesagt und
vom Hofrichter eingenommen.
4. Am ersten Donnerstage darnach war das Teiding des Saxenegger
Amtes in der Taverne zu Münzbach und es wurde gehalten wie zu Windhaag.
Die Amtleute resignirten immer ihre Ämter und wurden nach dem Willen
der Priorin entweder bestätigt oder entlassen.
5. Im März, zu Mittfasten, wurden das Büstgeld und die Landsteuer
angesagt, dieselben dem Hofrichter zu erlegen.
6. Am Georgitage nahm die Priorin den Georgidienst für die ledigen
Grundstücke ein ; es waren sieben solche Unterthanen und eilf Fremde, deren
jeder einen Bestandbrief darum lösen musste, und die bei Veränderungen
wie behauste Unterthanen mit Freigeldern belegt wurden; auch wurde zu
dieser Zeit der Gejaid-Bestand eingefordert.
7. Im Juni oder Juli wurde nach Belieben der Priorin die Einbringung
der Rückstände angesagt.
8. Im August wurde das Laurenzi-Rüstgeld vom Hofrichter angesagt
und eingenommen.
9. Im September, einen Tag nach Maria Geburt, musste jeder Unter-
than seine Haus- und Grunddienste der Priorin bringen und den Schreib-
pfennig bezahlen.
iO. Im October wurden wieder die Ausstände angesagt.
11. Im November wurde das Martini-Rüstgeld vom Hofrichter, das Anfall-
und Gespunstgeld von der Priorin eingenommen , und im December wurden
wieder die Ausstände eingetrieben. Bald zu Anfange des Jahres oder in den
Fasten, nach Gewohnheit, wurde den Unterthanen befohlen, ihre Kinder, welche
über zwölf Jahre alt waren , der Priorin vorzustellen ; dann wurden alle in
I
179
der Kanzlei nach Alter, Namen und ihrem Aufenthalte besehrieben. Bei dieser
Verhandlung musste der Hofmeister gegenwärtig sein und jene auswühlen,
welche zum Dienste im Meierhofe, oder im Garten oder zum AVächterdienste
tauglich waren ; er musste darüber für die Priorin ein Verzeichniss machen,
damit sie nach und nach zum Hofdienste von ihr genommen werden konnten.
Jedes Unterthanskind beider Geschlechter musste drei Jahre, jedoch gegen
eine bestimmte Bezahlung, dienen; diejenigen aber, welche untauglich oder
durch Heirathen daran verhindert waren, mussten sich mit Geld, nach Bestim-
mung der Priorin, welche den Hofrichter darüber zu Rathe zog, abfinden
oder ablösen.
Um Sonnenwenden wurde der kleine IVfachland - Blutzehent durch den
Hofmeister und den Amtmann beschaut und der Priorin verrechnet. Am
St. iMichaelstage vor Aufgang der Sonne musste der Tampecker - Bauer im
Namen des Klosters Windhaag zu Achleithen^) den verzügten Dienst
(bei Verzug oder Verspätung desselben ging das Besitzthum verloren) mit sechs
Schillingen entrichten wegen eines Zehenten, welcher dem Kloster V^^indhaag
von dem Stifte Tegernsee in Baiern zu Lehen verliehen worden war; sollte
derselbe wegen Versäumnisses des Bauers verloren gehen, so hatte das Klo-
ster den Schadenersatz von jenem Bauer anzusprechen; sonst wurden die
sechs Schillinge demselben allezeit an seiner Herrenforderung abgerechnet
oder auch baar bezahlt.
Es waren auch viele ledige Grundstücke in den verschiedenen Ämtern,
von denen die Herrenforderung zu nehmen war ; 56 Fremde, 41 Unterthanen
besassen dieselben. Die Besitzer waren schuldig, als noch das Schloss Prag-
thal bestand, dahin einen Tagewerker zum Schnitte (zur Ernte) zu schicken,
aber nach dem Verkaufe des Meierhofes alldort und der Grundstücke des-
selben musste jeder einen Schilling Schnittergeld zahlen; dies trug zusammen
10 fl. 1 Schilling aus. Übrigens mussten die Unterthanen, obwohl sie Robotgeld
zahlten, dennoch den Bedarf an Wein , Kalk, Holz, Getreide, Heu, Kraut und
an anderen Sachen dem Kloster zuführen, sie mussten Handrobot leisten beim
Schnitte, Kraut- und Rübenschneiden u. s. w., und obwohl sie das Anfallgeld
zahlten, mussten sie doch die nöthige Gerste der Herrschaft um den Werth
wie er überall war, auch die nöthigen Kälber nach Beschreibung derselben
um einen der Priorin beliebigen Preis vor anderen anbieten. Welche Vögel
hatten, waren verpflichtet, dieselben vor allen Anderen dem Kloster zu geben,
die kleinen das Stuck um einen Pfennig, die grösseren um einen Kreuzer,
die Kernbeisser um zwei Pfennige, die Drosseln um zwei , die Kranawitvögel
um 3 Kreuzer.
Den Amtleuten wurden, so lange sie dem Amte vorstanden , das Robot-,
Anfall- und Gespunstgeld nachgelassen, aber den Haus- und Küchendienst
und alle anderen Geldabgaben mussten sie wie jeder ünterthan leisten, doch
hatten sie auch ihre Kanzleitaxen einzunehmen. Es wurden jedoch dem Hof-
amtmanne, weil er sich fast immer bei der Kanzlei einfinden und auch im
Meierhofe brauchen lassen musste, jährlich vom Kloster vier Metzen Roggen
^) Ein Schloss am rechten Ufer der Donau, gegenOber von Baumgartenberg.
12*
180
verabfolgt und wenn er zu Mittag noch in der Kanzlei oder im Meierhofe
war, hatte er die Kost wie die anderen Handwerksleute, doch bekam er dabei
weder Brod noch Trank. Übrigens mussten sich alle Amtleute zugleich jeden
Montag und Freitag in der Kanzlei anmelden, um zu fragen , ob die Priorin
oder der Hofrichter etwas zu befehlen haben. Der Graf von Windhaag war
schon während seines Lebens wohlthätig und nachsichtig gegen seine Unter-
thanen gewesen, aber auch in seinem Testamente ordnete er noch manches
Gute für sie an. Er Hess allen denselben auf seinen Gütern das Robotgeld
für ein ganzes Jahr nach, welche aber keines zu bezahlen hatten, waren von
der Landsteuer frei; auch alle Abgaben, mit welchen sie seit zwei Jahren bis zu
seinem Tode ausständig waren, durften nicht eingefordert werden. Er bestimmte
ferner 1000 fl. Almosen, von denen seine Tochter den armen Unterthanen
700 fl. und dem Bettelvolke 300 fl. austheilen sollte. Ferner war jede Priorin
vermöge seines Testamentes verpflichtet, jährlich 50 fl. unter die Armen zu
vertheilen , nämlich S fl. zu Münzbach am 26. Februar , als dem Todestage
des Vaters des Stifters von Windhaag: blieb etwas übrig, so gehörte der
Rest den ärmsten Unterthanen in dem Pergkirchner und im Neu-Amte; ferner
IS fl. auch zu Münzbach am 9. März, als an dem Todestage der ersten Gemahlin
des Stifters , der Rest war im Saxenegger Amte zu vertheilen ; dann am
2i. Mai, als dem Todes- oder Jahrestage des Stifters, 15 fl., der Rest gehörte
den ärmsten im Hofamte; am 20. October, als am Jahrestage seiner Mutter»
5 fl. zu Münzbach, der Rest war für die ärmsten im Lindenöder Amte bestimmt.
Seine Tochter selbst verordnete , dass an ihrem Sterbetage jährlieh 10 fl.
dort ausgetheilt werden sollten, wo ihr Leichnam ruhen würde; der Rest
aber sei in allen Ämtern auszutheilen.
Sie war auch früher gegen ihre Unterthanen sehr gut und wohlthätig;
sie unterstützte Verarmte und durch Feuer Verunglückte , half ihnen mit
Geld und Materialien, liess manchen die Herrenforderung nach, die zu stark
belastet waren und desswegen nicht vorwärts kommen konnten, legte aber
bisweilen das Geschenkte strafbaren oder vermöglicheren Unterthanen auf,
damit das Kloster keinen bedeutenden Schaden hatte.
Dergleichen Veränderungen, so wie Verkäufe und Stiftungen, von denen
schon die Rede war, durfte die erste Priorin noch machen, weil sie von ihrem
Vater mündlich, und schriftlich im Testamente, dazu die Gewalt erhalten hatte
und die Vollzieherin dieses Testamentes war ; sie erklärte aber ausdrücklich,
dass keine ihrer Nachfolgerinnen solche Veränderungen machen oder von dem
Vermögen des Klosters ohne Erlaubniss des Landesfürsten, als obersten Schutz-
herrn des Klosters, etwas hintangeben oder verkaufen dürfte^).
Wie lange nun diese thätige und weise Priorin noch dem Kloster vor-
stand, konnten wir lange nicht genau bestimmen; nur so viel wussten wir,
dass sie bei der Einweihung der Klosterkirche zu Windhaag im J. 1693
noch lebte und kräftig wirkte. Damals befanden sich 24 Nonnen, worunter
zwei Novizinnen, daselbst; Beichtväter waren: P. Johann Schleisser und P. Paul
Flach, als ausserordentlicher wird P. Angelus Baumann angeführt.
*) Alles ist genau nach dem Manuscriple der Priorin bearbeitet.
181
Nun wurde endlich ein Todtenbuch aufgefunden (welches die erste Priorin
selbst angefangen hatte) ; diesem zufolge starb sie am dritten Jänner 1700
in dem ziemlich hohen Alter von 70 Jahren und 10 Monaten ; sie wurde in
der neuen Klostergruft begraben.
Von der ferneren Geschichte dieses Klosters wissen wir fast nichts mehr;
wir kennen weder die Reihe der Priorinnen, noch etwaige Schicksale oder
bedeutende Veränderungen , doch scheint nichts Besonderes vorgefallen zu
sein. Was aber die Verwaltung in weltlicher Hinsicht betrifft, so wissen wir,
dass durch die Sorgfalt der Landesfürsten in späterer Zeit gewöhnlich
benachbarte Prälaten die Administration des Klosters führten, vielleicht wegen
des grossen Anwesens, welches zu leiten mancher Priorin zu schwer fiel,
oder aus anderen Gründen; gut für das Kloster war es gewiss. Ein solcher
Administrator war der brave Abt Eugenius von ßaumgartenberg , welcher
im J. 1765 durch ein kaiserliches Decret dazu ernannt wurde.
Ihm folgte in diesem Amte der Propst Matthäus von St. Florian, und an
seine Stelle trat im J. 1775 Christian III., der letzte Abt von Baumgartenberg.
§. i3.
Letzte Schicksale der Kloster Wliidbaag und .Vunzhach ond der Stiftungen des
Grafen Joachim von Wiiidhaag.
Es nahte endlich auch für die beiden Klöster W i n d h a a g und Münzbach
die Zeit ihres Unterganges ; sie fielen als ein Opfer des Klosfersturmes unter
Kaiser Joseph II. Bestimmte Acten über das Jahr und den Tag der Aufhebung
beider haben wir nicht aufgefunden, jedoch andere, aus denen wenigstens
das Jahr deutlich hervorgeht. So wurde am 26. September 1782 von dem
Bisthume Passau der hochwürdige Herr Franz Steininger zum geistlichen
Vorsteher der Exnonnen, welche aber damals noch zu Windhaag beisam-
men lebten, ernannt und ihm die Vollmacht ertheilt , auch ausserhalb des
Klosters im Orte Windhaag einstweilen provisorisch und mit Abhängigkeit von
dem nächsten Pfarrer die Seelsorge auszuüben*). Vermöge eines anderen
Decretes von der damaligen Landeshauptmannschaft zu Linz, datirt vom 7. Octo-
ber 1782, wurde ihm als Vorsteher der Exnonnen ein Gehalt von
600 Gulden durch Anweisung der Einkünfte der Klosterkirche, der Best aber
aus den eingezogenen Kl o s t e r g ü t e rn abgereicht und ihm seine
Wohnung in dem Hause des Beichtvaters angewiesen. In diesem Jahre war
also das Kloster schon aufgelöst, und nach einer alten Aufzeichnung geschah
die eigentliche Aufhebung den 1. April d. J. Aber die meisten Nonnen blieben
noch hier und lebten gemeinschaftlich , selbst Exnonnen von anderen Klöstern
fanden sich daselbst ein.
Am 6. October wurde der Chor das letzte Mal von den Nonnen gesungen,
es war am Rosenkranzfeste; am Tage darnach fing das vom Bisehofe zu
*) Nach Actenstücken im bischöflichen Archive zu Lim. — Passau den 36. Sep-
tember 1782. — Linz den 7. October 1782.
182
Passau vorgeschriebene Gebet an, nämlich die sieben Busspsalmen und an
jedem Samstage das Officium beatae Mariae virginis.
Wie lange dieses Zusammenleben oder die Congregation noch gedauert
habe, können wir nicht genau angeben; nur so viel ist bekannt, dass noch
im Jahre 1790 die Schwester Magdalena, welche früher ausgetreten war und
zu Linz bei den Elisabethinerinnen lebte, sich wieder nach Windhaag begab,
wo sie bis zur gänzlichen Auflösung des klösterlichen Lebens verblieb ; dann
wurde sie in das Spital zu Münzbach gebracht. Wir glauben , dass diese
Congregation um jene Zeit aufhörte, als Windhaag und Münzbach im J. 1792
dem Domcapitel von Linz zur Nutzniessung überlassen wurden.
Wir wollen auch noch bemerken, dass jener Franz Steininger dann der
erste Pfarrer der neu errichteten Pfarre Windhaag ward ; er wurde am
21. Mai 178S zu Linz als solcher investirt*). Früher gehörte Windhaag
selbst zur Pfarre Altenburg, die jetzt nur eine Filiale von jener ist. Franz
Steininger starb am 23. März 1805.
Was nun die Auflösung des Klosters zu Mün zbach betriffst, so
ist uns nur bekannt, dass dieselbe im J. 1785 geschah. Am 14. Mai d. J.
bestand es noch, nach einer Zuschrift des P. Dominic Thronner, damaligen
Provinciais, welcher in dem Capitel zu Wien am 10. Mai als solcher bestätigt
worden war und dieses dem Bischöfe von Linz anzeigte, weil in seiner Diöcese
ein Kloster der Dominicaner bestand'^). Ein solches befand sich aber auch
zu Steier, welches am 16. Juli 1785 aufgelöst wurde.
Unterm Datum des 29. August d. J. übergab Cajetan Stallmayer,
Exsuperior von Münzbach, eine Bittschrift an das Consistorium zu
Linz um Ertheilung der Jurisdiction für die Gegend um Enns , wo er sich
nach Autlösung des Klosters zu Münzbach aufhielt, bis ihm die Anstellung
zu Theil werden würde, welche ihm seit einigen Monaten versprochen worden
war^). Die Auflösung erfolgte also zwischen dem Mai und August 1785.
Zu Münzbach blieb immer die alte Pfarre und sie wird nun, wie jene von
Windhaag, von Weltpriestern besetzt; Patron über dieselben und über die Pfarre
Rechberg ist seit jener Zeit der Religionsfond. Die Besitzungen Windhaag,
Münzbach und die verschiedenen dazu gehörigen Ämter wurden am 24. Jän-
ner 1792 noch vom Kaiser Leopold IL dein Domcapitel zu Linz zur Nutz-
niessung bestimmt, dann demselben vom Kaiser Franz IL, seinem Nachfolger,
übergeben; aber die Dotationsurkunde wurd§ erst am 29. December 1817
von diesem Kaiser errichtet und ausgefertigt. Nebst diesen Umänderungen
trafen andere auch die schönen Stiftungen des Grafen von Windhaag sowohl
zu Münzbach als zu Wien. Die Studienanstalt im ersteren Orte hörte auf,
das Capital wurde aber zu Handstipendien für Studirende verwendet. Dies
dauerte bis zur Errichtung des k. k. Convictes zu Kremsmünster im Jahre 1805,
damals wurde nämlich bestimmt, dass nur die ursprünglich von Georg Kirch-
hamraer für eine Schulanstalt zu Münzbach gestifteten jährlichen 600 Gulden,
^) Nach Actenstücken im bischöflichen Archive zu Linz.
*) Ebendaselbst.
^) Auch nach einem Äctenstücke.
183
welche der Graf von Windhaag zum Unterhalte von sechs Alumnen gewidmet
hatte, zur Einbeziehung für das Conviot geeignet seien. Das Präsentations-
recht darüber wurde dem Linzer Domcapitel, als Nutzniesser der Herrschaft
Windhaag und des dazu gehörigen Münzbach, überlassen ; doch musste immer
die allerhöchste Bestätigung angesucht werden. Da aber die Einkünfte der
einzelnen Stiftungen schon nicht mehr zureichten, um die volle Zahl dersel-
ben zu erhalten, so wurden sie zusammengezogen und im Jahre 1811 vermöge
der herabgesetzten Interessen aller Obligationen nochmals vermindert, so dass
endlich nur mehr ein Kirchhammer'scher Stiftungsplatz im Convicte zu
Kremsmünster war*).
So dauerte es bis zur neuen Anordnung im Jahre 1849, wo diese Anstalt
als eine kaiserliche aufhörte und nur als eine Privat - Anstalt des Klosters
fortbestand, in welche gegen bestimmte Bezahlung jeder Taugliche aufgenom-
men werden konnte; da entstanden nämlich aus der Kirchhammer'schen Stif-
tung wieder Handstipendien.
Das grössere Alumnat zu Wien mit allen Stiftungen hob ebenfalls
Kaiser Joseph H. auf und verwandelte die Stiftungsplätze in Stipendien
mit Darreichung eines Jahrgeldes von beträchtlicher Summe, welche noch
die Windhaag'schen Stipendien genannt und ebenfalls vom Domcapitel zu
Linz, jedoch mit Bestätigung der Regierung, verliehen werden. Dies war
freilich nie der Wille des Stifters gewesen, sondern vielmehr eine geregelte
Erziehung der Alumnen unter genauer Aufsicht, mehr entfernt von der Welt
und ihren Verlockungen ; doch lebten auch immer einige der Betheilten im
Convicte zu Kremsmünster und dann im einstigen Convicte in Wien zur
Vollendung ihrer Studien.
Auch über die Windhaag'sche Bibliothek zu Wien, welche
nach dem Willen des Stifters für sich bestehen und keinem Kloster oder
Collegium einverleibt werden sollte, verfügte Kaiser Joseph H. etwas ganz
anderes ; sie wurde als selbstständige Anstalt aufgehoben und der Univer-
sitäts-Bibliothek zu Wien einverleibt.
Das Barbara -Spital zu Münzbach verblieb bis jetzt, aber im Jahre 1784
kamen die Siechen , welche die Stadt Linz zu versorgen hatte, dorthin und
standen unter einem eigenen Verwalter; dies dauerte bis 1849, wo die
Siechenanstalt nach Linz verlegt wurde, nachdem der Magistrat den soge-
nannten Posthof in der Nähe der Stadt zu diesem Zwecke im Jahre 1848
angekauft und hergerichtet hatte.
Nun befinden sich zu Münzbach nur der Pfarrer und der Cooperator.
Bemerkenswerth in der Kirche ist ein kreisförmiger alter Stein ober dem
Portale in der inneren Seife derselben, welcher den heiligen Laurentius mit
dem Hoste vorstellt und die Jahreszahl 1100 enthält, welche wahrscheinlich
die Zeit der Erbauung dieser Kirche angibt.
Was das Klostcrgebäude zu Windhaag betrifft, so wurde es theils
in Abtheilungen verkauft, theils diente es zur Wohnung domcapitelischer
Beamten und ihrer Witwen. Ein Theil liegt nun in Ruinen, besonders wo einst
^) n e i c h e n l> a c h , I. 0. S. 20* — 207.
184
die Zellen der Nonnen waren. Die Peterskirche, als ehemalige Capelle des alten
Schlosses , wo die Klosterfrauen vor dem Baue des neuen Stiftes wohnten,
ist nun ein Getreidekasten des Brauers, das Schloss selbst eine Buine. Das liebe
Portiuneula-Kirchlein, an den Pfarrhof angebaut, ist jetzt ein Stall und eine
Holzhütte. Es befindet sich nun zu Windhaag noch eine Wohnung für die Dom-
herren, wenn sie hinabkommen, und eine für den Oberförster des Domcapitels.
Gegen Ende des Jahres 1854 wurde das noch übrige Gebäude verkauft.
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DB Archiv für österreichische
1 Geschichte
A73
Bd. 15
Heft 1
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